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Full text of "Paulys Real Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft v3 pt2"

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A.M.Vaci)r-haltl 5c 



PAULYS 



REAL-ENCYCLOPADIE 



DEE 



CLASSISCHEN ALTERTDMSWISSENSCHAFT 



NEUE BEARBEITUNG 



UNTER MITWIRKUNG ZAHLREICHER FACHGENOSSEN 

HERAUSGEUEBEN 

VON 

GEORG WISSOWA 



DRITTER BAND 

Barbaras — Claudius 



■ m - 



STUTTGART 

J. B. METZLERSCHEE VEELAG 
1899. 



c. 

(Griechische Worte sind unter K zu suchen.) 

Cabacos, Ort an der taurischen Nordkiiste, Mansi Act. concil. Ill 846); vgl. Augustinus contra 

nahe den Graben(s. Taphroi) oder Aet fossa faeta Cresconium Donatistam IV 6, 7 (Migne IX 552). 

per servos Seutarum, Tab. Peut. [Tomaschek.] Bischofe eben dieser Stadt scheinen erwahnt zu 

Cabaeum s. Gabaeum. werden, als Teilnehmer an eben jener Versamm- 

Cabalaca s. Chabala. lung im J. 393 (Aug. enarr. in psalm, a. a. 0. 

Gabalio (Caballio) s. Cabellio. gegen Ende: Cebresutanus, var. Cebresusitanus), 

Caballodnnuin s. Cabillonum. bei dem Religionsgespr&ch zu Karthago im J. 411 

Caballucome, ein Ort zwiscben Laodikeia (collat. Carth. 1208, bei Mansi Act. concil. IV 

Katakekaumene und Iconium, Tab. Peut. IX 5 161. Migne Patr. Lat. XI 1348 Cebarsussensis), 
(Miller). Ramsay (Asia minor 359) und Tom a- 10 unter Iustinian (Victor. Tonn. chron. s. a. 555 

schek (S.-Ber. Akad. Wien 1891 vm 103) setzen und 567, bei Mommsen Cbron. min. II 204. 206: 

es gleich KafiaXka (Cinnamus II 5f.). Ramsay Cebarsusitana eeelesia, Cebarssussitanus oder 

sucbt dieses bei Tschigil nordwestlich von Konia. Cebarsuseitanus episeopus) , und vielleicht noch 

Wenn es wirklich = C. ist, so hat Ramsay recbt im J. 646 (Mansi Act. concil. X 928: Cebara- 

mit seiner Behauptung, dass die Tab. Peut. falsche defensis; bier unter den Bischofen der Byzacena). 
Angaben macbt. Dass hier etwas in Unordnung [Dessau.] 

ist, geht schon aus der vOllig falschen Angabe Cabellio, Stadt der Cavaren in Gallia Nar- 

Laudieia-Iconium = 98 Milien (140 km.) hervor, bonensis, an der Druentia gelegen, Strab. IV 179 

wahrend die Entfernung in Wirklichkeit nur 20 km. (Kafla\U<ovos). 185 (KafiallicDva). Ptol. II 10, 8 
betragt. [Ruge.] 20 (Kajislfa'ov xoXcovia). Nach Artemidoros bei Steph. 

Caballng s. Tettius Caballus. Byz. (KafieMicov) hatte sie einst zu Massalia ge- 

Cabardiacensis , Beiname der Minerva (me- hort; Plin. n. h. Ill 36 fiihrt sie unter den op- 

dica) auf zwei Inschriften, die aus dem bei Travi pida latina der Provinz auf, Ptol. a. O. als Co- 

gelegenen Heiligtum (s. Cabardiacum) dieser lonie (vgl. die Miinzaufschriften bei Holder Alt- 

Gottin stammen, OIL XI 1301. 1306 (Minervae celt. Sprachschatz I 660f.). Sie gehorte zur Tri- 

medicae Cabardiacensi); vgl. Preller ROm. bus Voltinia(Brambach CIRh. 1203 Cabalione); 

Myth, is 295. Friedlander Sittengesch. III6 von Magistraten sind nachweisbar Illlviri (OIL 

575. WissowaRoschersLexikonII2991. Schwer- XII 1050. 1051), ausserdem sexviri Augustales 

licb darf mit dieser Minerva die spanische dea (nr. 1052) und eine flaminica Aug(ustae) , CIL 
Cabar .... CIL II 403 (aus Vizeu in Lusitanien, 30 XII 3242 Cabell(ione). Ein curator Oabellfien- 

der Dedicant ist imaginifer der coh. Ill Qallo- siumj CIL XII 3275 (u. p. 837). Erwahnt wird 

rum) identiflciert werden, wie Steuding (Ro- die Stadt, das heutige Cavaillon (dep. Vaucluse), 

schers Lex. I 842) anzunehmen geneigt ist. Der ferner auf den Gefassen von Vicarello , CIL XI 

Name des Orts ist keltisch. Holder Altcelt. 3281 — 3284 (Cabellionem , Cabettione), im Itin. 

Sprachsch. s. Gabardensis (pagus). [Ihm.] Ant. 343 (Cabellione). 388 (Cavellione), auf der 

Cabardiacum, ohne Zweifel antiker Name Tab. Peut. (Carnitine) und sonst (die Zeugnisse 

des jetzigen Pleckens Caverzago bei Travi am am vollstandigsten bei Holder a. O.). Ableitungen 

linken Ufer der Trebia, wo ein vielbesuchtes Hei- sind Cabellicus (Not. Gall. XI 13 civitas Oa- 

ligtum der Minerva (medica) Cabardiacensis be- veltieorum), Cabellonensis (Oavdlonensis Gregor. 
stand. Weihinschriften daher CIL XI 1292— 1309. 40 Tur.). Desjardins Table de Peut. 59. Longnon 

Bertolotti Bull. d. Inst. 1867, 219—224. 237 Geogr. de la Gaule 442. O. Hirschfeld CIL 

— 247. Auch der Name eines fundus Aestini- XII p. 136. [Ihm.] 

anus Antistianus Cabardiacus und eines fun- Cabenses. 1) In Hispania ulterior. Eine res 

dus Cabardiacus vetus, beide pago Ambitrebio pfublieaj Cabensium wird erwahnt als auf einer 

in Veleiate adfine republiea Plaeentinorum in jetzt verlorenen Inschrift genannt, die unweit 

der Tabula alimentaria Veleias (CIL XI 1417 n Teba, zwischen Campillos und Hardales im sud- 

47. 65) sind wohl sicher damit zusammen zu lichen Andalusien nur von Rodrigo Caro gesehen 

bringen. [Hulsen.] worden ist (CIL II 1948). An der Richtigkeit 

Cabarsussis (dies scheint die tfberlieferung der Lesung braucht nicht gezweifelt zu werden, 
bei Augustinus enarr. in psalm, zu s'ein, wahrend 50 da Caros Angaben sich meist als zuverlassig heraus- 

sonst Cebarsussis uberwiegt), Ort in Africa, ver- gestellt haben. Caba oder Cabum wird der Name 

mutlich in Byzacena, wo im J. 393 eine Gruppe des Orts gewesen sein. [Hiibner.] 

donatistischer Bischofe ihren Collegen Primianus 2) Cabenses (Oabienses cod.) in monte Albano 

von Karthago ab- und dafiir Maximianus einsetzte wurden von Plin. n. h. Ill 64 unter den unter- 

(Schisma der Maximianisten), Aug. enarr. in psalm. gegangenen Velkerschaften Latiums genannt ; sie 

XXXVI 2, 20 (Aug. opera ed. Migne IV 376. sind, wie Mommsen Bull. d. Inst. 1861, 206 



1163 Cabetius Caccabus 1164 

bemerkt hat, identisch mit den Kafiavol bei Dionys. heisst der Unterlauf des Kurram von Bannah ab- 
V 61. Die Stadt Cabe oder Cabum ist in histo- warts Gambila. Die Suari sassen am Indus von 

rischer Zeit spurlos verschwunden , hat aber den der Salzkette bei Kalabagh abwarts ; zufallig heisst 

saeerdotes Cabenses (s. Nr. S) und, nach Mo mm- auch eine Afganentribus Suri. [Tomaschek.] 

sens hOchst wahrscheinlicher Vermutung, dem Cablie(n)ses heissen die Bewohner einer un- 

Monte Cavi oder Cave (so correct, nicht Cavo, im bekannten Ortschaft auf der Inschrift von Narbc- 

13. Jhdt. mons Cavae; vgl. Nibby Dintorni di OIL XII 4537 Kabliesi[bus]. Hirschfeld CIL 

Roma I 106) seinen noch dauernden Namen ge- XII p. 933 bezieht sie auf Cabellio; man konnte 

geben. Man mochte sie demnach im hochsten auch an die Gabales denken (vgl. CIL XII 4370 
Teile des Albanergebirges, oberhalb Rocca di Papa, 10 Gabaliensis veteranus). Holder Altcelt. Sprach- 

suchen. Vgl. Dessau zu CIL XIV 2228 (= VI schatz I 665. [Ihm.l 

2021. 2173). [Hiilsen.] Cablium s. Gabaeum. 

3) Cabenses saeerdotes, mit vollem Namen Cabris s. Gabris. 

Cabenses saeerdotes feriarum Latinarum montis Cabruagenigi in Hispania citerior. Ein zu 

Albani (CIL VI 2173 = 2021 = XIV 2228) oder den Zoelae gehoriger asturischer Stamm, nur er- 

saeerdotes Cabenses montis Albani (CIL VI 2174. wahnt in dem Gastfreundschaftsvertrag aus Astu- 

2175), ein nur aus drei Inschriften der Kaiser- rica vom J. 154, CIL II 2633. [Hubner.] 

zeit bekanntes rCmisches Staatspriestertum, wel- Cabnniaeginns , iberischer Gott, angefuhrt 

ches die sacra der untergegangenen Gemeinde von Hubner Monumenta linguae Ibericae 252 
der Cabenses in monte Albano (s. Nr. 2) wahr- 20 aus Bol. de la Acad. XX 1892, 538. Vgl. Aegia- 

zunehmen hatte und, wie der voile Name zeigt, munniaegus. [Ihm.] 

an der Veranstaltung der feriae Latinae beteiligt Cabyllinum s. Cabillonum. 

war. In der Reihe solcher ehemals latinischer Caca wird in der Litteratur nur zweimal er- 

Staatspriestertiimer (s. Mom m sen St.-R. III5791 wahnt, Lact. inst. I 20, 36 eolitur et Caca, quae 

Marquardt St.-V. Ill 475ff.), die von Leuten Hereuli fecit indicium de furto bourn. Serv. 

ritterlichen Standes bekleidet zu werden pflegten Aen. VIII 190 == Mythogr. Vatic. II 153. Ill 13 

(Mommsen a. a. O. Ill 5671), scheinen die hune (Caeum) soror sua eiusdem nominis pro- 

C. s. eine mittlere Rangstellung eingenommen zu didit, unde etiam sacellum meruit, in quo ei 

haben (vgl. G. Wilmanns De sacerdotiorum p. pervigili igne sieut (andere Lesart per virgines) 
p. R. quodam genere, Berol. 1868, 54f.). Bruch- 30 Vestae sacrificabatur. In der Notiz von dem 

stilcke eines Albums dieser saeerdotes Cabenses Verrate der C. an ihrem Bruder steckt kein my- 

vermutet De Rossi Ephem. epigr. II p. 99 in thologischer Gehalt, es ist eine atiologische Er- 

der Inschrift CIL VI 2019. [Wissowa.] flndung, weil unvereinbar mit der in der Sache 

Cabetius s. Cnabetius. begriindeten und auch in den Sagen der ver- 

Cabillonum , Stadt der Aeduer am Arar in wandten indogermanischen Volker wiederkehren- 

Gallia Lugudunensis, jetzt Chalon-sur-Sa6ne, Caes. den Version der Cacussage , wonach die Rinder 

b. g. VII 42. 90. Strab. IV 192 {KaflvXkTvov im selbst durch Brullen ihren Aufenthaltsort und den 

t<£ "Agaot). Ptol. II 8, 12 (Kaflvlfavov liest C. Rauber verraten (Wissowa in Roschers Myth. 

Miiller, Ka§a?.Xivov, KafSovifovov die Hss.). In WOrterbuch I 842); die Zusammenstellung mit 
spaterer Zeit war dort eine elassis Ararica statio- 40 Cacus erweist C. als eine Gottin der altromischen 

niert (Not. dign. occ. XLII 21 praefeetus elassis Religion, der diepaarweise Verehrung einer mann- 

Ararieae, Caballoduno, nach Seecks Vermutung lichen und weiblichen Gottheit eigentumlich ist; 

ist diese Namensform durch Schreiberversehen fur ihren Kult zeugt das Vorhandensein eines 

entstanden aus Cabillono-Lugduno; vgl. Eumen. Heiligtums und das dort stattfindende Opfer. 

paneg. Constant. Aug. d. 18 a Cabillonensi portu). Preuners Vermutung (Hestia- Vesta 386f.), C. 

Ausserdem erwahnt Tab. Peut. (Gabillione). Itin. sei eine uralte Gottin des Herdfeuers, deren Be- 

Ant. 360 (Cavilunno). Cod. Theod. IX 40, 2 deutung durch Vesta verdunkelt sei, findet in der 

(Cabilluno, im J. 315). Amm. Marc. XIV 10, 3. unsichern Lesart des Servius pervigili igne ihre 

XV 11, 11 (Cabillona). Sidon. Apoll. epist. IV einzige Stiitze; denn ein Opfer durch die vesta- 
25. Gregor. Tur. {Cabillonum, Cavillonnum) und 50 lischen Jungfrauen erhalten auch andere Gottinnen, 

sonst (namentlich auch auf merowingischen Mini- z. B. Ops , und die Etymologie lasst man am 

zen); die Zeugnisse am vollstandigsten bei Hoi- besten aus dem Spiele; vgl. noch die Hypothesen 

der Altcelt. Sprachschatz s. v. Vgl. Desjar- Osthoffs Quaest. myth. Bonn 1869, 7ff. 

dins Table de Peut. 30; Geogr. II 466. Long- [Aust.] 

n o n Geogr. de la Gaule 216ff. Auch den Artikel Caccabaria s. Herakleia. 

Calidona. [Ihm.] Caccabus (xaxxdf)*], xdxxaflog), ein Kochtopf, 

Cabios, angebliche Insel in der Nahe von Varro de 1. 1. V 127, meist aus Thon (Antiphanes 

Sicilien beim Geogr. Rav. V 24 p. 407 P. (Cossura bei Athen. IV 169 e. Coram. XII 42, 1. Scrib. 

Cabios Coene MeUte), vielleicht nur Dittographie Larg. 220. Geop. VIII 25), aber auch aus Kupfer 
fiir Qaulos, was in correcter Form wenige Zeilen 60 (Colum. XII 48, 1), Stagnum (Colum. XII 42, 1) 

spater wiederkehrt. [Hulsen.] und Silber (Dig. XXXIV 2, 19, 12). Cber die 

Cabirus, Zufluss des Indus von Arachosia her, speciell mit diesem Namen bezeichnete Form giebt 

an dessen Miinde die indischen Suari mit Booten einige Auskunft Photius s. v. : der C. war einer 

verkehrten, Plin. VI 94. Die angegebene Lage Pfanne ahnlich (AojraSqides), also breit und niedrig, 

zwischen dem Kophes und dem Pomanus, d. i. und hatte drei Fiisse. Doch war es kein e Pfanne 

rcouaug skr. G6mati, weist auf den heutigen Kur- (Antiphanes bei Athen. IV 169 c: xoiXoig iv fiv- 

ram, Krumu des Rig-VMa; der Name erklart &0T01 xaxxaflrjs); von dieser (patina) wird C. Dig. 

sich aus skr. gabMr a, gambhir a ,tief'; noch jetzt XXXIH 7, 18, 3 nnterschieden. [Mau.] 



1165 Cachina Cacus 1166 

Cachina oder Cachinna, Inselchen im roten stionesmythologicae,Bonnael869, 7ff. A. Schnei- 

Meere an der arabischen Uferseite, Plin. VI 150; der Rom. Mitt. X 1895, 163f. ; iiber die Versuche 

dieBankDachchache'inderDanaq-gruppeinl9 N. der Wortdeutung R. Peter in Roschers Myth. 

[Tomaschek.] Lexik. I 227Sf.). Dm so eifriger ist die aetio- 

Caci atrium, in Rom, wird in derNotitia und logische Sagenbildung thatig gewesen, den Namen 

dem Curiosum (Jordan Top. II 553) genannt, und die Ortlichkeiten zu erklaren, und zwar hat 

muss im sildwestlichen Teil der regio VIII, zwi- sie, da die C.-Treppe vom Palatin nach dem 

schen Capitol und Velabrum gelegen haben ; mit Forum boarium und der Ara maxima hinabfiihrte, 

den scalae Caci kann es raumlich nicht zusammen- den C. einerseits zur altesten Besiedelung des 
gehangen haben (so Gilbert Top. I 50 besser als 10 Palatin durch Buander, andererseits zu der An- 

III 417). Alter und Bestimmung (Vermutungen wesenheit des Hercules in Rom in Beziehung ge- 

dariiber bei Preller Regionen 153) des Gebaudes setzt. Der alteste uns vorliegende Bericht scheint 

sind ebenso ungewiss wie seine genaue Localisie- der aus Timaios bei Diod. IV 21 , 2 (liber die 

rung. [Hiilsen.] Herkunft des Timaios 0. Sieroka Die mythogr. 

Caci scalae (Kaxiov xardflaaig, xklfxa^ Kaxia Quellen f. Diodors 3. und 4. Buch [1878] 23f. 

Diodor. IV 21), in Rom, Stufenweg, der vom Pa- Bethe Quaest. Diodor. mythogr. [1887] 35£; 

latin nach dem Thai des Circus Maximus hinab- dagegen mit unzureichenden Griinden Geffcken 

flihrte, fast an der Westspitze des Hiigels, daher Timaios Geogr. des Westens [Philol. Untersuch. 

das supereilium scalarum Caci bei Solin. 117 XIII] 54); danach sind Kamog (diese Namensform 
als einer der Eckpunkte der Roma quadrata ge- 20 ist wohl aus dem Namen scalae Gaciae her- 

nannt wird; ohne Zweifel identisch mit dem geleitet) und TIivaQioe angesehene Burger der 

uralten Aufgange, der nach einem Thore der alten palatinischen Gemeinde, welche den Herakles gast- 

palatinischen Stadt zwischen dem Tempel der lich aufnehmen und beschenken, woran noch einer- 

Magna Mater und dem Hause der Livia fiihrt seits die Beziehung der Pinarier zum Hercules- 

(Plan bei 0. Richter Mon. d. Inst. XII tab. kulte (das war offenbar in der Quelle des Diodor 

VIII A; vgl. Annali 1884, 189). Auch in den herrorgehoben, wahrend dieser nur das Alter des 
corrupten Worten, mit denen Plutarch. Rom. Geschlechtes betont), andererseits die xXTua!- Kaxia 
20 die Lage der casa Romuli beschreibt naga am Palatin erinnere. In andrer und ganz eigen- 
iovs Xsyofisvovs fiaftfiovg f xalrjg dxrijg- ovxoi artiger Weise war C. bei dem Annalisten Cn. 
Ssloiv neQl rt]v sig xbv ijinodgofiov xbv fisyav 30 Gellius in die Urgeschichte der italischen Stamme 
ex nakaziov xaxdflaoiv muss der Name axaXr] verflochten; nach ihm (Solin. 1, 8f.) wird C. zu- 
Kaxiov oder ahnlich stecken (so Bethmann sammen mit einem Phryger Megales (arg miss- 
Bull, d. Inst. 1852, 40, dessen Anderung 2xdi.ijg verstanden von R. Peter in Roschers Mythol. 
Kaxirjf freilich sprachlich nicht zulassig ist). Vgl. Lexik. I 2276) zum Tyrrhenerkonige Tarchon als 
Gilbert Topogr. I 46 — 53. Richter Topogr. Gesahdter geschickt, der beide ins Gefangnis 
27. 100. A. Schneider ROm. Mitt. 1895, 163. werfen lasst; C. weiss jedoch zu entfliehen und 
Hiilsen Atti dell' Accademia Pontificia N. S. dorthin, von wo er gekommen (d. h. nach dem 
VI 255. [Hiilsen.] Lande der Marser, deren Konig Marsyas nach 

Cacum, angeblicher Name fur das Forum Boa- Cn. Gellius war, Plin. n. h. Ill 108 ; vgl. Solin. 
rium bei Aethicus Cosmogr. 83 Riese (vgl. Polem. 40 2, 6. Sil. Ital. VIII 503) , zuriickzukehren ; mit 

Silvius latere, bei Mommsen Chron. min. I 545 Hiilfe grOsserer Streitkrafte griindet er ein eigenes 

forum boarium, ubi Cacus habitavit), wenn nicht Reich am Volturnus in Campanien; als er sich 

mit Preller Regionen 153 locum zu emendieren jedoch an den rechtlich den Arkadern zugehorigen 

ist. S. Jordan Top. I 2, 482. Gilbert Top. I Gebieten vergreift, wird er von Hercules, der da- 

51. [Hiilsen.] mals gerade in Italien weilt, gestiirzt; Megales 

Cacnnus , Beiname Iuppiters , der vielleicht findet bei den Sabinern Aufnahrne und lehrt ihnen 

zum Hehenkulte in Beziehung stent; er begegnet die Auguralwissenschaft (vgl. auch Serv. Aen. 

uns auf einer im Gebiet des sabinischen Trebula III 359 nonnulli autem dicunt a Marsya rege 

Mutuesca auf dem Berge Moretta gefundenen In- missos e Phrygia regnante Fauno, qui disci- 
schrift, die den Buchstaben nach aus der Zeit bOplinam auguriorum Italis ostenderunt); hier hat 

des Augustus stammt, [IJovi Caeuno f. c, CIL sich also die Zugehorigkeit des C. zur arkadi- 

IX 4876 und auf einer stadtrOmischen Inschrift schen Ansiedlung auf dem Palatin in ein feind- 
Iovis | Cacu | mis CIL VI 371. [Aust.] liches Verhaltnis verkehrt, und Hercules ist aus 

Cacus, Name einer verschollenen Figur der dem Gastfreunde des C. zu seinem Unterwerfer 

altrOmischen Religion , der sich noch in den Be- geworden. Wenn man gemeinhin sowohl die Er- 

zeichnungen der Localitaten atrium Caci und zahlung des Diodor als die Version des Cn. Gellius 

scalae Caci (s. o.) erhalten hatte ; auf einen fiir jiingere und willkiirliche Umgestaltungen der 

alten Kult eines Getterpaares C. and Caca weist gewohnlichen Sage vom Rinderraube des C. und 

die Nachricht hin, dass Caca (s. d.) durch die , seiner Totung durch Hercules anzusehen pflegt, 
vestalischen Jungfrauen verehrt wurde (Serv. Aen. 60 so darf dem gegeniiber nicht ausser acht gelassen 

VIII 190, vgl. Lact. I 20, 36); iiber das Wesen werden, dass fiir diese letztere Sage erst Vergil 

dieser Gottheiten und ihre ehemalige geschicht- der alteste, fiir wichtige Elemente derselben sogar 

liche Stellung ins klare zu kommen, diirfen der alleinige Gewahrsmann ist. Bei ihm (Aen. 

wir nichthoifen, da den Alten selbst von ihnen VIII 190ff.) ist C. ein Sohn des Volcanus, ein 

nichts weiter als die Namen und die erwahnte halbtierisches, feuerschnaubendes Ungeheuer, das 

Notiz iiber den Kult der Caca ilberliefert war in einer Hohle am Aventin haust und von da 

(mehr oder weniger haltlose Vermutungen s. z. B. aus mit Menschenmord die Dmgegend verheert ; 

beiPreuner Hestia-Vesta 386f. Osthoff Quae- als Hercules auf der Riickkehr von der Erlegung 



1167 Cacus Cacus 1168 

des Geryones mit der diesem abgenommenen Herde unter Euander und die Aboriginer unter Faunus. 

am Tiber rastet, stiehlt thm C. acht der schOn- Die spateste Auffassung sieht im Sinne des Eu- 

sten Binder, indem er sie an den Schwanzen rilck- hemerismus (Veritas secundum philologos et hi- 

warts in seine Hohle zieht. Nach vergeblichem storicos Serv.) in C. einen nichtsnutzigen und 

Suchen will Hercules mit dem Eeste der Herde spitzbiibischen Sclaven des Euander, der dem Her- 

weiter Ziehen, als die in der Hshle eingeschlossenen cules die Binder stiehlt und nicht von diesem, 

Einder auf das Brlillen ihrer Genossen antworten sondern von seinem Herrn dafur zur Verantwor- 

und so ihren Aufenthalt verraten; sofort stiirmt tunggezogen wird (Serv. Aen. VIII 190 = Mythogr. 

Hercules auf die Hohle zu, deren Eingang C. Vat. I 66. II 153. Origo g. E. 6); der Charakter 
mit Pelsstiicken verrammelt ; indem er eine ge- 10 des Mannes sollte schon im Namen angedeutet 

waltige Steineiche mit den Wurzeln ausreisst, gewesen sein, den man — unbekiunmert um die 

schafft er sich von oben Zutritt, vergebens speit Quantitat — als xaxog deutete (Serv. a. a. 0. 

ihm der Unhold Feuer und Qualm entgegen, der August, c. d. XIX 12. Fulg. myth. II 6. Alber. 

Gott dringt ein, erschlagt inn und schleppt die 22; dagegen Eustath. Horn. p. 157, 1 xal Kaxog 

Leiche am Fusse aus derHOhle; draussen feiern ub> lyaxrjg, xaxog Ss zo sm&exov; vgl. 906, 45. 

die Anwohner ihren Befreier, und die Ara maxima 1817, 11); die vergilische Erzahlung vom Feuer- 

bewahrt fur alle Zeiten das Andenken an die speien des Unholdes erklarte man sinnreich, quod 

Heldenthat. Aus Vergil sind die Erzahlungen des agros igne populabatur (Serv. a. a. 0.). Nichts 

Ovid. fast. I 543ff. (vgl. V 648. VI 80ff.) und Prop. anderes als eine ahnliche euhemeristische Um- 
V 9, Iff. (nur dass dieser, offenbar in Erinnerung 20 deutung wird endlich auch die Notiz darstellen, 

an die Gery ones- Sage, dem C. drei Kopfe giebt, fur die Verrius Flaccus ausdrucklich als einziger 

v. 10. 15) geflossen; die Abstammung des C. von Gewahrsmann bezeichnet wird, dass namlich der 

Volcanus (aus Vergil auch Serv. Aen. VIII 190. Besieger des C. vielmehr Garanus geheissen habe 

Augustin. c. d. XIX 12. Euseb. chron. I p. 283 und ein Hirt von ausserordentlicher Korperkraft 

Sch. = Sync. I p. 323 Ddf. Plut. amat. 18), die gewesen sei, weshalb man ihn Hercules genannt 

Auffassung desselben als eines feuerschnaubenden habe, da man diesen Namen alien Leuten von 

Ungeheuers (vgl. auch Serv. Augustin. Plut. a. a. 0. besonders grosser Korperkraft zu geben gewohnt 

Claud, rapt. Pros, n pr. 43. Myth. Vat. IH 13, 1. gewesen sei (soltis Verrius Flaeeus dieit Oa- 

Pulg. myth. II 6. Alberic. 22 ; silmrum tremor ranum fuisse pastorem magnarum virium, qui 
Martial. V 65, 5 geht auch auf die vergilische 30 Gaeum adflixit, omnes autem magnarum virium 

Schilderung) und wohl auch die Localisierung apud veteres Hercules dictos Serv. Aen. VIII 203, 

der Hohle am Aventin (Solin. 1, 8. Colum. I 3, 6) daraus Origo g. E. 6, wo der Name Beearanus [so] 

sind der vergilischen Erzahlung eigentiimlich. in die gewOhnliche Erzahlung fur den des Hercules 

Von ihr unterscheidet sich der von Liv. I 7, 3ff. eingesetzt wird) ; woher Verrius Flaccus den Namen 

und Dion. Hal. I 39 (auch Cassius Dio hatte xd Garanus hatte, wissenwirfreilich nicht (J or dan zu 

xov Kaxov erzahlt, Tzetz. hist. V 21) iiberein- PrellerE0m.Myth.II283f.,4denktan den Hera- 

stimmend wiedergegebene Bericht dadurch, dass kliden Karanos, s. d., sehr wenig tlberzeugend), aber 

in ihm alles Phantastische und Ubernaturliche die Versuche, in ihm mit Hillfe einer vollig un- 

entfernt ist. C. ist ein Hirt und Bauber, der, haltbaren Etymologie den Cerus = Genius zu 
nachdem er den Diebstahl auf die beschriebene 40 erkennen (Preller a. a. 0. 180. Eeifferscheid 

schlaue Weise ausgefuhrt hat und durch das Brullen Annali d. Inst. 1867, 353. E. Peter in Eoschers 

der gestohlenen Einder verraten worden ist, gegen Mythol. Lexik. I 2257f.) und damit fur die Glei- 

den auf ihn eindringenden Gott die umwohnenden chung Hercules = Genius sowie den uritalischen 

Hirten zu Hiilfe ruft; die Totung des C. macht Charakter der C.-,Sage' einen Beweis zu finden, 

hier nicht sowohl den Eindruck der Befreiung diirften jetzt ziemlich allgemein aufgegeben sein. 

des Landes von einem Schrecknis, als vielmehr Fiir die Auffassung der Figur des C. bei den 

den eines Mordes, der die Gemiiter der BevOl- Neueren ist es verhangnisvoll geworden, dass man 

kerung erregt (eoneursu pastorum trepidantium sich die Frage nach dem Alter der einzelnen Ver- 

circa advenam manifestos reum caedis Liv. I sionen nicht entschieden genug vorgelegt und die 
7, 9), und darum folgt in dieser Version auf den 50 vergilische Fassung der Erzahlung zum alleinigen 

Fall des C. nicht sofort die Stiftung des Hercules- Ausgangspunkte genommen hat. Niemand wird 

kultes an der Ara maxima, sondern die Griin- die MOglichkeit leugnen, dass die uns erst durch 

dung eines Altars des Iuppiter Inventor, den Her- Gewahrsmanner der augusteischen Zeit ilberlieferte 

cules zum Danke fiir die Wiederfindung der Einder Fassung die alteste sein und das Fehlen frilherer 

stiftet (Dion. I 39, 4; vgl. Solin. 1, 7. Origo Zeugnisse auf einem Zufalle beruhen kOnnte ; aber 

g. E. 6, 5. 8, 1. Samter Quaest. Varron., Berol. Grande, welche diese MOglichkeit zur Wahrschein- 

1891, 22f.). Dieser Fassung, welche er als den lichkeit oder Sicherheit brachten, giebt es nicht, 

fiv&txo; Xoyog bezeichnet (I 39, 1), stellt Dio- im Gegenteil begreift man nicht recht, wie, wenn 
nysios I 42, 2f. den dXriMoxsQog Xoyog (I 41, 1) , einmal die Erzahlung vom Einderdiebstahle des 
gegenuber, der sich als eine historisierende Um- 60 feuerspeienden Vulcanssohnes vorlag , die gellia- 

bildung der ersteren charakterisiert ; danach war nische und insbesondere die diodorische Fassung 

C. ein in einer Bergfeste wohnender wilder und hatten aufkommen kOnnen. Ich sehe keinen Grund, 

rauberischer Fiirst, der das in der Ebene lagernde weshalb die vergilianische Erzahlung nicht von 

Heer des Herakles nachts uberfiel und ihm die Vergil selbst oder aus der unmittelbar vorher- 

Herden wegtrieb, worauf die Griechen ihn ein- gehenden Zeit stammen kOnnte; aber auch wenn 

schlossen und belagerten, bis sie seine Burg ge- sie alter ist, haben wir kein Eecht, in der ganzen 

brochen und er selbst dabei seinen Tod gefunden Erzahlung irgend etwas ausser dem Namen des 

hatte; das umliegende Land erhielten die Arkader C. fur altes Sagengut zu halten; durch die C- 



1169 Cadaei Caduceus 1170 

Treppe, den Namen des forum boarium, die Kulte ansetzt, danach von Cat (Maure'tanie Ce"sarienne 

des Hercules Invictus und des Iuppiter Inventor 201) bei dem Einfluss des Oued-Riou in den Chelif 

waren die Elemente gegeben, die aetiologisch zu gesucht. [Dessau.] 

verkniipfen waren, die einzelnen Ziige der Aus- Caddarenses s. Cattharenses. 

gestaltung aber boten die griechischen Sagen von Cad(enusJ), Beiname des deus Mogon auf 

Alkyoneus und Geryones und die Erzahhmg vom zwei Insehriften von Risingham. CIL VII 996 

Rinderdiebstahle des Hermes. MOglich, dass eine Deo Mogonti Cad. ei n(umini) dfominij nfostrij 

uns verlorene Sage der unteritalischen Griechen Augfusti) u. s. w. 997 Deo Mouno Cad. Die 

von der Ziichtigung eines Rinderdiebes durcb He- Dedicanten sind beneficiarii cofnjsfularisj. 
rakles zu erzahlen wusste ; ein Bronzegefass von 10 [Ihm.] 

Capua (Mon. d. Inst. V 25; vgl. Minervini Cadenm, Stadt in Oberagypten, am rechten 

Annali 1851, 36ff.) zeigt wenigstens eine Darstel- Nilufer , Plin. VI 179. Stromabwarts von Tani 

lung, in der man Analogien linden kann: Hera- (= Athena; vgl. Miiller zu Ptol. p. 769). 
kles, mit Keule und Bogen bewaffnet, treibt eine [Fischer.] 

Rinderherde vor sich her, dabei sich nach einem Cadianum, mutatio der Strasse von Verona 

Baume umschauend, an dem ein Mann an Armen nach Vicentia, 10 mp. von ersterer , 21 mp. von 

und Beinen aufgehangt ist und eben von einem letzterer Stadt (Itin. Hieros. 558). Die Distanzen 

LOwen zerfleischt werden soil; aber eine Grund- fiihren auf den modernen Ort Cazzano ostlich von 

lage fur sichere Schliisse bietet dieses Denkmal Illasi (wonach der Strassenlauf auf Kieperts 
nicht, da schliesslich ebenso gut Herakles hier der 20 Karte zum CIL V zu berichtigen ist). [Hiilsen.] 
Herdenrauber sein kann, und jedenfalls bei der Cadiciamis s. Caedicianus. 

Verschiedenheit des Strafgerichtes fur uns keine Cadienses, Bewohner einer Ortschaft in Gallia 

Berechtigung vorliegt, das Bild auf C. zu beziehen Narbonensis , CIL XII 1341 (in Beaulieu bei 
(vgl. C. Robert Herm. XIX 480, der auch auf Mirabel im Gebiet der Vocontii gefunden, jetzt ver- 

andre Erzahlungen hinweist, nach denen Herakles schollen): Vinturi Cadienses v. s.l.m. Herzog 

in Italien Gefahr lief, der Rinder des Geryones be- Gall. Narb. 145. CIL XII p. 161. Holder Alt- 

raubt zu werden, so von den Poseidonsohnen Ale- celt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] 

bion [s. d.] und Derkynos in Ligurien). Wirkliche Cadistus s. Kadis tos. 

Darstellungen aus der C.-Sage begegnen uns nur Cadius. C. CadiusRufus, Proconsul von Pontus 

auf Medaillons des Antoninus Pius und Marc Aurel 30 und Bithynien zwischen 43 und 48 n. Chr. (Miinzen 

(Eckhel D. N. VII 29. 47". Frohner Medaillons von Nicomedia: Mionnet Suppl. V 172 nr. 999; 

de Temp. Rom. 56) und zeigen uns, in unverkenn- und von Nicaea: Mionnet II 450 nr. 212. 213; 

barer Abhangigkeit von der vergilischen Schilde- Suppl. V81f.nr. 411.412. 413. Imhoof-Blumer 

rung, Hercules neben der Leiche des C. von den Monnaies Grecques 240 nr. 62. Catalogue of Greek 

Umwohnern dankbar verehrt; dagegen sind mo- coins in the British Museum, Pontus p. 153f. 

dernen Ursprunges die Abbildungen des Rinder- nr. 13. 14; die Zeitbestimmung wird durch die 

raubes auf einem geschnittenen Steine in Berlin Nennung des Britannicus und der Messalina ge- 

(Winckelmann Descr. des pierres grav. du f eu geben, vgl. Klebs Prosopogr. imp. Rom. I 245 

Baron deStosch cl. II nr. 1759 = Tolken Erklar. nr. 5). Auf die Anklage der Bithynier wurde er 
Verzeichn. d. antik. vertieft geschn. Steine IV 40 im J. 49 lege repetundarum verurteilt (Tac. ann. 

91 = Furtwangler Beschr. d. geschn. Steine XII 22), erhielt jedoch im J. 69 durch Otho wieder 

im Antiquar. nr. 9583) und auf den Basisreliefs den Sitz im Senate unter der Fiction, dass er 

einer verschollenen Marmorurne bei Montfaucon wegen Majestatsverletzung bestraft worden sei 

Antiqu. expl. Suppl. I pi. 50—52. (Tac. hist. I 77). Auf ihn wird gew6hnlich die 

Die Anzeichen, die auf einen altitalischen Ur- fragmentierte Ehreninschrift bezogen, die mehrere 

sprung der Hercules-C.-Sage zu weisen (Hartung Stadte von Pontus und Bithynien einem Proconsul 

Relig. d. Romer II 21ff.) oder gar in ihr die italische ...us L. f. Rufus setzten (CIL VI 1508 = CIG 

Fassung eines uralten indogermanischen Mythus, III 5894 = IGI 1077). [Groag.] 

die Parallele zu dem vedischen Kampfe des Indra Cadrusi, eine von Alexander d. Gr. am Sud- 

gegen Vritra um die himmlischen Kiihe, zu verraten 50 abhange des indischen Kaukasos angelegte Stadt, 

schienen (A. Kuhn Ztschr. f. deutsch. Altert. VI Plin. VI 92; Cadrusia Solin. 57. Der Name 

1848, 117ff. M. Bre"al Hercule et Cacus, Paris erinnert an skr. kadru ,braun', vgl. Gadrosoi, 

1863. R. Peter a. a. O. 2279ff. Oldenberg Kedrosoi. Gleichwohl liesse sich an Entstellung 

Religion des Veda 144) haben sich damit durch- aus Asterusia denken, Steph. Byz. p. 139 M., wo 

weg als triigerisch erwiesen, die ganze Erzahlung allerdings Vossius fur lvbixr\ lesen will mvdixrj, 

ist nichts als die verhaltnismassig spat vorge- trotz Eust. Horn. p. 332, 20. Cunningham 

nommene Ubertragung eines griechischen Herakles- Anc. geogr. of India I 31 findet C. in den Ruinen 

abenteuers auf rdmischen Boden und lateinische auf dem Tumulus von Koratas, welche nach Mas - 

Namen (vgl. auch U. v. Wilamowitz-Moellen- son Travels III 166 sechs miles nordostlich von 
dorff Eurip. Herakles 2 p. X und 25). Im allge- 60 Begram am nordlichen Ufer des Panghirflusses 

meinen s. auch Art. Hercules. [Wissowa.] liegen und wo aus der hellenistischen Zeit stam- 

Cadaei (gens), ein Volk an der Ostkliste Ara- mende Miinzen und Topfscherben gefunden werden. 

biens (Plin. VI 149). [D. H. Miiller.] Vgl. Alexandreia Nr. 6 und Cartana. 

Cadanm Castra (ein Teil der Hs. Cadaum [Tomaschek.] 

Castro), in Mauretania Caesariensis, 36 Mill, west- Caduceus (andre Form eadueeum, z. B. bei 

lich von Castellum Tingitanum (Itin. Ant. p. 37; Gellius X 27, 5. Serv. Aen. IV 242; die Form 

erwahnt auch beim Geogr. Rav. Ill 9 p. 160), das caduceus erklart fiir richtiger Caper GL VII 

man gewohnlich bei dem heutigen Orleansville 108, 11 K.), Mercursstab, KrjQvxeiov. Das 



1171 Caducum Caecilianus 1172 

Wort ist eine Latinisierung des dorischen xolqv- fest bestimmtes Mass wie xdSog bei den Griechen.' 
xiov, unter Anlehnung an eadere, cadueus (trotz Colum. de r. r. XII 28 erwahnt einen oadus dua- 
abweichender Quantitat des a: cadueeus, eadu- rum urnarum, d. i. das Mass einer rOmischen Am- 
cus), wozu der Gedanke an Mercur als Toten- phora (s. d. Nr. 2). Der anderthalbmal so grosse 
geleiter veranlasste (Curtius Griech. Etyniol. attische Metretes wird durch cadus bezeichnet im 
438. Keller Lat. Volksetymologie 41). Als Carm. de pond. 84f. und bei Isid. etymol. XVI 25, 
Symbol der Heroldswiirde des Hermes verbreitete 17 (Metrol. script. II 120); also werden auch bei 
sich das xrjgvxeiov als C. friihzeitig mit dem Plin. n. h. XIV 96f. die vini Chit cadi, denen dort 
Kulte des Mercur (s. d.) fiber das mittlere Italien Falerni amphorae gegeniiberstehen, als attische 
(Preller-Jordan R8m. Mythologie II 232); auf lOMetretenaufzufassensein. Hultsch Metrol. script. 
den italischen Bronzemlinzen gehort der C. zu Ind. s. eadus; Metrologie 2 114. [Hultsch.] 
den altesten Zeichen (Roscner Lex. II 2809ff.); Caecas s. Caecilius u. S. 1174, 49. 
eherne und eiserne Caducei befanden sich nach Caecidianus, Praetor, von Pomponius erwahnt. 
dem Berichte des Timaios in dem alten Penaten- Ulp. Dig. IV 3, 7, 10. [Groag.] 
heiligtum zu Lavinium (Dionys. I 67, 4). Gleich Caecilia castra, Ort in Lusitanien. In un- 
dem xrjQvxsiav der Griechen gilt der C. als mittelbarer Nahe der Colonie Norba (s. d.) lagen 
Friedenszeichen (Gell. X 27, 3: die Bonier sen- zwei alte Lager der Legionen, wie es scheint, 
den den Karthagern hasta und cadueeus zur castra Caecilia und castra Servilia, die nach 
Auswahl; nach Varro ebd. § 5 senden sie zwei dem Zeugnis des Plinius (IV 177) mit ihr eine 
tesserulae mit dem Bilde von hasta und cadueeus), 20 Gemeinde bildeten (in earn contributa). Dazu 
neben dem eigentlichen rSmischen Friedenszeichen, stimmt die Lage der castra Caecili des Itinerars 
der sagmina oder verbenae (s. d.), das die Feti- an der Strasse von Emerita nach Caesaraugusta 
alen fuhren (Non. p. 528, 16). (434, 4; castra schlechthin beim Geogr. Kav. 319, 
In die Schwelle des tiberianischen Concordia- 14) sowie des Ptolemaios KaixlXia reueXXivov (H 
tempels war ein bronzener C. eingelassen (Arch. 5, 6): so die Hss., K. Miillers Anderung in Ms- 
Anzeiger XVI 138). Auf Miinzen der Kaiserzeit reXXiva ist willkiirlich , obgleich Ptolemaios es 
ersetzt der C, verbunden mit doppeltem Fullhorn, oftenbar mit Metellinum (s. d.) verwechselt , das 
als Symbol des Senates die Formel S. ft (Eckhel er sonst nicht nennt. In dem Beinamen gemellum 
VI 192). Uber die Verbindung von C. und Fiill- ist vielleicht das andere Lager , die castra Ser- 
horn vgl. noch BSm. Mitt. X 93. ttber romische 30 vilia, mit einbegriffen. Spuren des alten Doppel- 
Bilder des Mercur mit dem C. s. unter Mercu- lagers sind bis jetzt nicht aufgefunden, aber auch 
rius. [Samter.] nie ernstlich gesucht worden, in der Nahe des 
Caducum s. Bona c a due a. heutigen Caceres, das Norba entspricht (CIL II 
Cadurci, Volk in Gallia Aquitanica, Nachbarn p. 81) und seinen Namen den castra verdankt. 
der Ruteni und Nitiobriges, zuerst von Caes. b. g. D'Anvilles Vermutung, dass die in dem Livius- 
VII 4. 5. 7. 64. 75. VIII 30. 32. 34 erwahnt; fragment 1. XCI erwahnten castra Aelia bei Con- 
dann von Strab. IV 190. 191. Plin. IV 109. XIX trebia (s. d.) mit den e. ft identisch seien, ist 
8. 13. Frontin. strat. Ill 7, 2. Ptol. II 7, 9. Tab. ganz unbegriindet. [Hubner.1 
Peut. Sidon. Apoll. carm. IX 281 ; auch auf In- Caeeiliana. 1) Station der Strasse von Oli- 
schriften z. B. CIL VI 1568. Boissieu Inscr. 40sipo nach Salacia im siidlichen Lusitanien (Itin. 
de Lyon 278 (die Zeugnisse am vollstandigsten Ant. 417, 2), von unbekannter Lage; wohl von 
bei Holder Altcelt. Sprachschatz s. v.). Be- einem praedium benannt. [Hubner.] 
rtihmt waren ihre Leinwandfabrikate (Strab. IV 2) Ceeiliana (sc. castra Tab. Peut. ; Geogr. 
191 na,Qa de rols Kadovpxois Xivovgyiai. Plin. Rav. II 15 p. 87, 12 P. Celciliana; Ptol. V 
XIX 8) und ihre Polsterarbeiten, eine Art Matratze 15, 14 Kaixdla), Stadt in der syrischen Land- 
hat daher den Namen eadurcum erhalten (Iuv. schaft Kyrrhestika am rechten Ufer des Euphrat, 

VI 537 magnaque debetur violato poena cadurco. nach Tab. Peut. 24 Millien unterhalb Zeugma 

VII 221 institor hibernae tegetis niveique ca- und 24 Millien von Hierapolis entfernt; nicht 
durei, dazu das Scholion eadurcum quidam cu- identiflciert. [Benzinger.] 
eullum dieunt candidum propter hiemes et nives 50 Caecilianus. 1) Willkiirlich gewahlter Name 
comparatum; alii tabernaculum aut tentorium .. . bei Martial (I 20. 65. 73. II 37. 71. 78. IV 15. 
quibus merces suas protegere consuerunt; vgl. 51. VI 5. 35. 88. VII 59. VIII 67. IX 70. XI 42). 
Plin. n. h. XIX 13 in euleitis praeeipuam glo- 2) Senator, klagte im J. 32 n. Ch. den (M. 
Ham Cadurci obtinent). Stadte der C. sind Aurelius) Cotta Messalinus der Majestatsverletzung 
Uxellodunum (Hirt. b. g. VIII 32) , Diolindum an, wurde vom Senate verurteilt (Tac. ann. VI 7). 
(Tab. Peut.), Divona, letzteres nach Ptol. II 7, 9 [Groag.] 
der Hauptort, spater Cadurci (Fortunat. de virt. 3) Galenus widmet seine Schrift r«j5 imXijjctq> 
Hilarii IV 11. Greg. Tur. hist. Fr. II 12. Le- naidl ijto^xy einem gewissen C, dessen Sohn 
blant Inscr. chre"t. de la Gaule II 575 = Rev. an Epilepsie litt. Galen. XI 357 Kuhn. [Stein.] 
epigr. 1891, 69 nr. 845), auch Cadureus (Greg. 60 4) Caecilianus, wabrscheinlich Cognomen des 
Tur.) und Cadurea (merowingische Miinzen; vgl. Cos. suff. 186 n. Chr. ft Sab[ueius Maior Cae- 
Auson. prof. XVIII 15 sede Cadurea) genannt, eilianus]. 

das heutige Cahors (dep. Lot). Von den C. hat 5) Caecilianus s. unter Aurelius Nr. 71, Bae- 

die heutige Landschaft Quercy ihren Namen. Des- bius Nr. 24, Caecilius Nr. 41, Domitius, La- 

jardins Table de Peut. 5; Geogr. 422. Long- bienus, Magius, Marius, Memmius, Sabu- 

non Geogr. de la Gaule 522. Allmer Rev. epigr. cins, Sentius und Sulgius. [Groag.] 

1891 nr. 845 — 848 p. 69ff. [Ihm.] 6) Rationalis urbis Romae, Rationalis Africae, 

Cadus war bei den ROmern ebensowenig ein Praeses Lusitaniae, Corrector Apuliae et Cala- 



1173 Caecilia via Caecilius 1174 

briae , Vicarius Italiae , Vater der Vinicia Mar- nur bekannt aus der in Eom geftmdenen Inschrift 

ciana, die mit L. Nonius Veras, Corrector Apuliae OIL VI 3824 (= 31603), deren (im CIL und Eph. 

et Calabriae zwischen 317 nnd 326 (CIL IX 1115. ep. II p. 199 falsch gelesenen) Anfangsworte lauten : 

1116), verheiratet war. Dessau 1218. opera loefata .. .vjia Caecilia. Der Stein stammt 

7) M. Maecius Memmius Furius Baburius Cae- etwa aus der sullanischen Zeit; da er jedoch mehr- 
cilianus Placidus, Consul 343, s. Placidus. fach Reparaturen erwahnt, muss die Strasse selbst 

8) Praefectus annonae um das J. 397 (Symm. ep. alter sein. Die v. C. war in ihrem ersten Teil 
III 36. IX 58), vielleicht identisch mit dem Aure- wahrscheinlich identisch mit der Salaria (die In- 
lius Rutilius Caecilianus der Inschrift von Ostia, schrift ist nahe der porta Salaria der Servius- 
CIL XIV 666. Im J. 400 reiste er als Gesandter 10 mauer gefunden), bog am 35. Stein derselben 
des Senats zum Kaiser (Symm. ep. VIII 14); (unweit Trebula Mutuesca) ostlich ab, tiberschritt 
402—404 war er Vicarius (Symm. IX 50. Cod. die Bergketten des Aequiculergebietes zwischen 
lust. I 51, 4) ; 409 wurde er zum zweitenmale Torano, Salto und Velino, gelangte ins Thai von 
mit einer Gesandtschaft beauftragt, um Honorius Amiternum, passierte den Centralappennin nOrd- 
zum Friedensschlusse mit Alarich zu veranlassen. lich vom Gran Sasso und folgte endlich dem 
Der Zweck wurde zwar nicht erreicht, doch er- Laufe des Vomano zum adriatischen Meere. Zwi- 
hielt C. die Praefectura praetorio Italiae (Zos. V schen dem 98. und 130. Meilenstein , wahrschein- 
44. Cod. Theod. IX 2, 5. 6. 3, 7. 16, 12. 31, 1. lich bei Beregra (ca. 112 mp. von Bom), ging 
36, 2. 37, 4. XI 8, 3. 39, 13. Cod. lust. I 55, 8). eine Seitenstrasse nach Teramo (Interamnia Prae- 
Als die Usurpation des Heraclianus gescheitert 20 tutianorum) ab. Der urspriingliche Endpunkt ist 
war, wurde er 414 gemeinsam mit Plavianus zum vielleicht Hadria gewesen. Von Meilensteinen 
ausserordentlichen Richter in Africa ernannt (Cod. lasst sich nur ein einziger vermutungsweise dieser 
Theod. VII 4, 33) und trat in dieser Stellung den Strasse (CIL IX 5953) zuweisen ; er ist bei S. Omero, 
Donatisten durch ein scharfes Edict entgegen nOrdlich von Teramo, gefunden und tragt die Zahl 
(August, ep. 86). Als Freund des Comes Marinus CXIX sowie den Namen des Consuls L. Caecilius 
kam er in den Verdacht, diesen zur Hinrichtung Q. f. Metellus (Diadematus, 117 v. Chr.). Ware die 
des ApringiusundMarcellinusangestiftet zuhaben ZugehOrigkeit des Steines zur v. C. sicher (was 
(August, ep. 151, 4. 7. 11. 12). Obgleich er schon sie nicht vollig ist, da der Stein als spates Grab- 
in hoherem Alter stand, war er damals noch monument benutzt gefunden wurde), so fiele die 
Katechumene (August, ep. 151, 14). An ihn ge- 30 Anlegung der Strasse in die gracchische Epoche. 
richtet Symm. ep. VHI 14. IX 50. 58. August. Nach Ausbau des mittelitalischen Strassennetzes 
ep. 86. 151 = Migne L. 33, 296. 646; vgl. Seeck durch Augustus (Verlangerung der Via Salaria 
Symmachus p. CXCIV. CCVt. [Seeck.] durchs Thai des Truentus bis Asculum, 16 v. Chr.) 

9) Caecilianus, in der diocletianischen Verfol- und Claudius (Verlangerung der Via Valeria a Cer- 
gung Archidiacon in Carthago und im Einver- fennia ad ostia Aterni, 48 — 49 n. Chr.) verlor die 
standnis mit seinem Bischof Mensurius gegen die v. C. an Wichtigkeit, ihr Name kommt in den Itine- 
Excesse der Martyrerverehrung und des Drangens raren nicht vor, sie scheint zur Salaria gerechnet 
zum Martyrium thatig. Damit schuf er sich lei- worden zu sein, wurde jedoch noch im 4. Jhdt.n. Chr. 
denschaftliche Feinde, und als 311 nach Erledi- im Stand gehalten (Meilenstein CIV des Valen- 
gung des Bischofssitzes die Wahl auf ihn flel 40 tinian Valens und Gratianus gefunden in Poggio 
und die Ordination auffallend eilig durch einen Umbricchio im Vomanothal, CIL IX 5958). Vgl. 
Nachbarbischof Felix von Aptunga (oder Autumna?) HillsenNot. d. scavi 1896, 87 — 99. [Hlilsen.] 
vollzogen wurde, erklarte die Gegenpartei seine Caecilionlcum s. Caecilius vicus. 
Wahl und Weihe fur ungiiltig und erhob ihrer- Caecilius (urspriingliche Form Gaicilios, 
seits einen Lector Maiorinus zum Bischof. Die griechisch KaixiXwg und KexiXiog), plebeisches 
Mehrheit der africanischen Bischofe hielt es mit G-eschlecht, dessen bedeutendster Zweig die Me- 
diesem, aber C. besass die Gunst des romischen telli waren. Die Sagen, die es auf Caeculus, den 
Collegen und des Kaisers Constantin; zwei Syno- mythischen Grfinder von Praeneste, oder auf Cae- 
den, zu Rom und zu Aries (313. 314), untersuchten cas, einen Gefahrten des Aeneas zuriickfuhren 
die Sache und gaben dem C. Recht ; als dessen 50 (Fest. ep. 44) , sind in spater Zeit aufgebracht 
Widersacber appellierten , stellte der Kaiser die worden. 1) Caecilius, Quaestor 695 = 59 (Cic. ad 
Staatsgewalt in den Dienst der Interessen des C, Att. II 9, 1), ohne Grund mit Q. Caecilius Bassus 
und dieser ist, in Africa heftigbefehdet, vom iibrigen (Nr. 36) identificiert. [Miinzer.] 
Abendland als rechtmassiger Besitzer der Cathedra 2) Caecilius , nachst Dionysios von Halikar- 
von Carthago anerkannt , dort bis nach 340 Bi- nassos der bedeutendste Rhetor und Kritiker der 
schof geblieben : Athanasius preist ihn in der En- augusteischen Zeit. Geboren zu Kale Akte im 
cyclica an die agyptischen Bischofe Cap. 8 als nordlichen Sicilien (Athen. VI 272 f. XI 466 a: 
eine Saule der Orthodoxie innerhalb der voran- K. QrJTWQ 6 and KaXfjg axzijg. Phoibammon III 
gegangenen Generation. S. Artikel Don at us. 44, 7 Sp. K. 6 KaXaxrhyg. Suidas falschlich 
Eine Ubersetzung der nicaenischen Canones , die 60 KaXavnavog statt Kalaxnvog), fuhrte er ursprung- 
C. von der romischen Synode mitbrachte und die lich den Namen Archagathos (Suid.). Die An- 
in Africa viel gebraucht wurde, pflegt nach ihm gaben bei Suidas axo dovXcor, &g uveg (Hermip- 
benannt zu werden, doch ist sehr zweifelhaft, ob pos von Berytos in neql raw diajigeydvzcor iv 
er selbst der Ubersetzer war. S. Maassen Gesch. naibeiq, dovkaivf) loTopfaaoi und rtjv dot-av 'Iov- 
der Quellen u. d. Lit. d. canon. Rechts I 8ff., Text daiog waren an sich unanstOssig, doch werden sie 
der tfbersetzung 903ff. [JUlicher.] verdachtig, wenn wir die gleichen Bestimmungen 

10) Publilia Caeciliana s. Publilius. von dem Quaestor des Verres aus dem J. 73 oder 
Caecilia via, grosse Landstrasse in Italien, 72, Q. Caecilius Niger (Nr. 101), domo Sieulus (Fs.- 



1175 Caecilius Caecilius 1176 

Ascon. 98), mitdemihn BuchenauDe script, libri Strassburg 1893, 196). Da Apollodoros um 23 v. 
jr. vy., Marburg Diss. 1849, 15. 41ff. mit Unrecht Chr. 82jahrig starb und nicht gut anzunehmen 
identiflciert, bei Plut. Cic. 7 lesen: cmelev&eQtxog ist, dass er noch in seinen letzten Lebensjahren 
av&gamog , k'voxog z<p lovdat&iv (vgl. auch Plut. unterrichtet haben wird, so diirfte C. spatestens 
Cic. 36. Blass 174. R. Schell Gotting. gel. Anz. in den J. 40 — 35 seinen Unterricht in Bom ge- 
1872, 1047); mOglich, dass beide einer und der- nossen haben. War C. damals, wie wahrschein- 
selben Familie entstammten (Martens De libello lich, noch jung an Jahren, so mag man seine Ge- 
ar, vyj., Diss. Bonn 1877, 18f., 5). Unter Voraus- burt etwa um 50 ansetzen. Seine Lehrthatigkeit 
setzung der Richtigkeit der Suidasnotiz denkt zu weit, womOglich in die ciceronische Zeit (0. 
C. Miiller FHG m 331 an syrische Herkunft 10 Muller Griech. Litt-Gesch. 113 305, 20) zuriick- 
der Familie des C. und sieht in dem jiidischen zusetzen, geht auch wohl deshalb nicht an, weil 
GlaubendesC. eine Stiitze fur seine Hypothese (dazu die anonyme Schrift aegl vyjovg, die Martens 
Bergk-Peppmiiller Griech. Litt.-Gesch. IV 553, a. 0. 22 — 33 mit grosser Wahrscheinlichkeit in 
52). Den Namen C. wird er von Nachkommen die Zeit des Tiberius setzt, — sie hat einen 
des Praetors L. Caecilius Metellus (Nr. 74), der Schiiler des Theodoros von Gadara (Geburt um 
im J. 70 Sicilien verwaltete, erhalten haben. Nach 60, Bliite um 33) zum Verfasser — eine gleich- 
Suid. s. Kaixiliog, 'EgfiayoQa; , Tifiayevqg wirkte namige Schrift unseres C. zur unmittelbaren Vor- 
C. als Zeitgenosse des Theodoreers Hermagoras, aussetzung und Grundlage ihrer lebhaften Polemik 
der unter Augustus lehrte und hochbetagt unter hat. Wenn der Rhetor Seneca unsern C. nicht 
der Regierung des Tiberius gestorben ist (Hill- 20 nennt, so kSnnte das seinen Grund darin haben, 
scher Jahrb. f. Philol. Suppl. XVni 1892, 398) dass seine Sonne ihn selbst haben horen konnen 
und des Timagenes, der, um 80 geboren, unter (contr. I praef. 4) und zwar, da sein jiingster 
Pompeius seine rhetorische Lehrthatigkeit begonnen Sohn Mela nach 4 v. Chr. geboren ist, etwa um 
und bis in die Zeit des Augustus fortgesetzt hat, 10 n. Chr.; dadurch wiirde der obige Zeitansatz 
zweifellos unter Augustus in Rom , nicht friiher, eine neue Stiitze erhalten. Indes erklart sich das 
hOchstwahrscheinlich aber bis in die Zeit des Ti- Schweigen des Seneca hOchstwahrscheinlich daraus, 
berius hinein (die Bestimmung xal e'cog 'AdQiavov dass C. nie als Declamator Gffentlich aufgetreten 
in dem C.-Artikel des Suidas ist naturlich wider- ist, jedenfalls nicht in der damals beliebten Art 
sinnig, doch scheint sie eine iiber Augustus hinaus- zu declamieren , die ihm , weil sich gerade der 
gehende Lehrthatigkeit des C. anzudeuten ; D aub 30 Asianismus in ihr breit zu machen pfiegte, zweifel- 
Jahrb. f. Philol. Suppl. XI 1880, 432 vermutet los zuwider war. Das carmen de flguris, das man 
xal {elg roiv) e'cog 'AdQiavov ; der Zusatz Sfia Kai- friiher in die augusteische Zeit setzte und zum 
xilico in dem Timagenes-Artikel kann sich seiner grossen Teil von C. neol o%i][tdrcov abhangig 
Stellung nach nur auf em re Kaloaoog rov Av- machte, ist als Erzeugnis friihestens des 4. Jhdts. 
yovoxov xal fiexenena beziehen, vgl. den Herma- n. Chr. neuerdings erwiesen worden, mithin fiir 
goras-Artikel; wenn nun Timagenes liber Augustus die Chronologie des C. ohne Belang. 
hinaus unmOglich gelehrt, kaum noch gelebt hat, C.entfalteteeinevielseitigelitterarischeThatig- 
so liegt ohne Frage ein Irrtum des Suidas oder keit. Die Aufzahlung seiner Schriften leitet Suidas 
seiner Gewahrsmanner vor, der durch die gewalt- ein mit den Worten §i(SUa <5' avrov nolld und 
same Textesanderung des Reinesius enl re Kai- 40 schliesst sie ab mit xal alia nleTora. Wir ver- 
aaQog ratov 'Iovliov xal pereneira Avyovorov afia missen bei Suidas die anderwarts bekannten histo- 
KaixdCcj) gewiss nicht aus der Welt geschafft rischen und rhetorisch-technologischen Schriften 
wird; C. Muller a. O. 331 nimmt zwei Caecilii und flnden nur die atticistischen Streitschriften 
und zwei Timagenes an). Die Angaben des Suidas und die philologischen, kritisch-asthetischen und 
iiber die Zeit der Wirksamkeit des C. werden ge- lexikographischen Werke verzeichnet; ob dabei 
stiitzt durch die gut begriindete Annahme, dass eine Absicht seines Gewahrsmannes vorgelegen 
C. ein jiingerer Zeitgenosse des Dionysios gewesen hat , ob insbesondere damit auf das eigentliche 
ist; von ihm, der nachweislich zwischen 30 und und fruchtbarste Feld der Thatigkeit des C. hin- 
8 in Rom lebte und lehrte und dort seine rheto- gewiesen werden sollte, muss dahingestellt bleiben. 
rischen und asthetisch - kritischen , an rOmische 50 Wir beginnen mit den beiden historischen Werken, 
Adressaten gerichteten Werke zum Teil jedenfalls deren Titel Athenaios iiberliefert: 1) ovyygapifia 
gegenEnde der angegebenen Zeit (Christ Griech. sieQlrwv dovlixwv noleficov (VI2721), eine Special- 
Litt.-Gesch.2 539, 7) schrieb, erscheint, wie be- geschichte der Sclavenaufstande auf Sicilien, denen 
sonders Weise nachgewiesen hat, der mit ihm der Kalaktit begreiflicherweise ein warmes Local- 
eng befreundete C. (Dion, ad Cn. Pomp. 3) in interesse entgegenbrachte (daher and doilcov bei 
seiner litterarischen Thatigkeit stark beeinflusst Suidas?); weite Verbreitung scheint das Werk 
(fiir einen alteren Zeitgenossen des Dionysios hal- nicht gefunden zu haben, da ausser der Notiz bei 
ten den C. u. a. v. Wilamowitz Herm. XII Athenaios nichts davon erhalten ist. 2) negl 
1877, 332f., 12. J. Muller De figuris quaest. lozogias (XI 466a), nach Blass 175 eine Theorie 
crit., Diss. Greifswald 1880, 6, 5. C. Muller 60 der Geschichtschreibung, wie die gleichbetitelten 
a. 0.331. Caccialanza 16). Anderseits ist C. Werke der Rhetoren Theodoros und Tiberius, die 
nicht viel jiinger als Dionysios gewesen, dessen Suidas anfiihrt; ,iibrigens ist der Titel vieldeutig 
Geburt um 60 v. Chr. gesetzt wird; denn abge- genug, wenn er iiberhaupt vollstandig ist'; das 
sehen davon , dass sich Dionysios auf ein Urteil einzige Fragment 51 B. bezieht sich auf exitcofiara 
des also damals jedenfalls schon einflussreichen des Tyrannen Agathokles. Unter den streng rheto- 
C. beruft, gilt C. als Schiiler des Apollodoros von rischen Schriften nenne ich zuerst 3) die rexvt] 
Pergamon (s. Bd. I S. 2888 ; zu einem Theodoreer Qt]roQixr\ oder wie sonst der Titel gelautet haben 
macht ihn seltsamerweise Thiele Hermagoras, mag, vielleicht seine friiheste, unter apollodorei- 



1177 Caecilius Caecilius 1178 

schem Einflusse verfasste Schrift. Sie wird be- nische xi%vr) bekannten kdyot Saxvf*axia/usvoi be- 

zeugt durch Quint. Ill 1, 16 und Syrian. Schol. schrankte, natiirlich zu eng erscheinen (Quintil. 

Hermog. oxao. IV 59 W. = II 11, 9 Rabe = IX 1, 14 = Phoib. Ill 44, 1 = frg. 41. 42). Er 

frg. 48. Wohl mit Recht sieht Burckhardt 46, selbst dehnte den Begriff des axnjia, wie die Frag- 

41 in den Worten Syrians mgi %S>v /te&odcov ai mente 29 — 42 lehren, sehr weit aus, so dass er 

yvftvdiovaiv rjudg elg roe fisQrj xov nofaxixov Xoyov die geringsten Abweichungen von dem gewOhn^ 

den Hauptinhalt des Lehrbuches des C. Unsicher lichen Sprachgebrauche und der streng grammati- 

ist die Annahme Morawskis, dass Alexandres schen Correctheit zu den Figuren rechnete. Schon 

Numeniu in einzelnen Abschnitten der Rhetorik auf diese Weise wurde die Zahl der Figuren ins 
von der xex rt l des C. abhangig sei (s. Bd. 1 10 Ungemessene erweitert. Dazu kam , dass er bei 

S. 1458). Nur zwei Fragmente sind uns daraus einigen Figuren verschiedene Species unter be- 

erhalten, beide durch Quintilian, eins aus der sonderen Namen unterschied, gelaufige Bezeich- 

Statuslehre III 6, 48 = frg. 49 (den drei oxdoeig nungen durch andere ersetzte , wahrend er zu- 

Apollodors ziQayfiaxixov = an sit?, aiept xov ovo- gleich die alten Bezeichnungen zu feineren Niian- 

fiaxos = quid sit? und Ttoioxrjg = quale sit? fiigte cierungen beibehielt, auch wohl Tropen unter die 

er wie spater Theon einen vierten aoooxr/s = Figuren aufnahm (die Belege s. bei Weise llf.; 

quantum sit? hinzu), das andere aus dem Kapitel vgl. auch Coblentz De libelli nt. vy>. auctore, 

uber die Argumentation V 10, 17 = frg. 50 (da- Diss. Strassburg 1888, 14. 30. 36). In dieser auf 

nach will er in der Rhetorik den Ausdruck cuto- das kleinste Detail gerichteten , haarspaltenden 

deihe gebraucht wissen fur das , was man ge- 20 Thatigkeit macht sich zweifellos Apollodors Ein- 

wohnlich, besonders in der philosophischen Ter- fluss geltend. Aber gerade diese Ausfiihrlichkeit 

minologie, iv&vfitjfta nennt, so dass, wie dieses und Subtilitat verschaffte dem C. damals und bei 

einen unvollendeten Syllogismus bezeichne, and- der Nachwelt grosses Ansehen. Kein Buch tisqI 

dei$is ein imperfectum epiehirema sei; wir er- axrj/ndtwv , trotzdem deren viele gleichzeitig im 

innern uns, dass der dritte Teil der Rede im apol- Umlaufe waren , wie das des Gorgias, Dionysios, 

lodoreischen Lehrsystem oJioSeigeig heisst, nicht, Hermagoras, ist in gleicher Weise von griechischen 

wie gewOhnlich, maxeig; natiirlich war C. der Aus- und rOmischen Rhetoren ausgepliindert worden. 

druck sv&vftrj/Mt in der allgemeinen Bedeutung Ich nenne nur Quintilian und Alexandras Numeniu 

,Gedanke' sonst gelaufig). Beide Fragmente legen (s. Bd. I S. 1456f.), auf dessen Schultern wieder 

Zeugnis ab von der peinlichen , ja kleinlichen 30 Apsines (s. Bd. II S. 282), Aquila Romanus (Bd. 

Subtilitat des C. in rhetorischen Dingen. Noch II S. 315f.), Tiberius, Phoibammon, der Verfasser 

weit mehr tritt dies hervor bei den Fragmenten, des Carmen de flguris u. a. stehen, und verweise 

die sich aus seiner ausfuhrlichen Specialschrift im iibrigen auf die genannten Arbeiten von J. 

4) jtsgi oxifidxcov (Quint. IX 3, 89) erhalten haben; Miiller und Coblentz, der 27f. auch directe Be- 

hier bot sich die beste Gelegenheit zu den feinsten niitzung durch Aristeides und Hermogenes (vgl. 

Distinctionen , und C. hat es an solchen nicht auch 67ff. Martens 15, 1) annimmt, und Mo- 

fehlen lassen. Man fasste damals (vgl. Quintil. IX rawski Quaest. Quintil., Berliner Diss., Posen 

1, lOff.) die Figur entweder in dem allgemeinen und 1874, 44ff. Die Beispiele, mit denen C. seine 

weitesten, aber fur rhetorische Zwecke unfrucht- Figuren belegt, entnimmt er nicht bios den Red- 

baren Sinne, wonach qualiseumque forma senten- 40 nern , besonders Demosthenes , sondern auch den 

tiae, sicut in eorporibus, quibus , quoquo modo Historikern, so dem Thukydides und Herodotos, 

sunt eomposita, utique habitus est aliquis (Alex. und den Dichtern, so dem Sophokles , Euripides, 

Num. Ill 12, 15 Sp.: nas Xoyos idiov xt axijfia Eupolis (Aijfioc). Daraus zieht Burckhardt 20 

sxsi xaxa tpvmv), dann ist nihil non ftguratum, den unberechtigten Schluss, dass — was iibrigens 

und Apollodoros hat recht, wenn er nach dem an sich wahrscheinlich ist — die Schrift nsgc 

Zeugnisse des C. der Meinung ist incomprehen- ox^ftaxcov vor der fiber die zehn Redner abgefasst 

sibilia (= ajzsQiXrjTiTa Alex. Num. Ill 9, 8 Sp.) ist, weil C. nach Abfassung der letzteren nur 

huius partis (i. e. ftgurarum) praeeepta; oder noch aus den Rednern seine Beispiele hatte ent- 

— und das war die Regel — man fasste die lehnen konnen. Dass wir es hier mit einer Jugend- 

Figur in der speciellen und engeren, allein nutz- 50 arbeit des C. zu thun haben, ist so ausgemacht, 

baren Bedeutung, wonach sie in sensu vel ser- wie Weise uns glauben machen mochte, durchaus 

mone aliqua a vulgari et simpliei specie eum nicht. Uberhaupt kann ich Weise nicht unbe- 

ratione mutatio ist. Letztere Fassung scheint die dingt beipflichten, wenn er scharf zwei Perioden 

des C. gewesen zu sein, wenn wir seine Definition der litterarischen Thatigkeit des C. unterschieden 

bei Phoibammon HI 44, 7 Sp. = frg. 41 ver- wissen will, eine, in der C. ,fast widerspruchslos 

gleichen : oxrjfid. Saxt xqojiyj els xo ufj xaxa <pvaiv mitten im vielverzweigten und inhaltsarmen For- 

xo xrjg diavoiae xai (»/?) Xigecog (Anspielung auf malismus seines Lehrmeisters Apollodoros'(Stangl 

diese Definition bei Ps.-Long. 16, 2, vgl. Mar- in der Recension von Weises Arbeit, Wochenschr. 

tens 14); wir rermissen in ihr die an sich selbst- f. klass. Philol. VI 1889, 888) stehend seine streng- 
verstandliche Bestimmung eum ratione, die jedoch 60 rhetorischen Schriften abfasste, und eine zweite, 

durchaus caecilianisch war, wie frg. 5 lehrt; dort in der er sich von Apollodoros vOllig lossagte und 

nennt C. den Antiphon deswegen aaxrjfidxiaxog unter dem Einflusse des Dionysios in dessen Weise 

xaxa. didvoiav, weil er /uij xax' kmxrjSevaiv fiqde als Atticist kritisch, asthetisch und litterarhisto- 

ovvex&s exSV aaT0 xovxotg (i. e. xotg axrjftaoi), all' risch arbeitete. Weise unterschatzt die Bedeu- 

evfta f) <pvoig avxrj fte&odeiag xivos x^Q^s inijyev tung Apollodors, der, wenn er des C. Lehrer war, 

(Text nach Sauppe 1667). Bei dieser Fassung als Atticist auch zweifellos des C. atticistische 

des axfji^a musste dem C. die Definition des Zo'ilos, Richtung bestimmt hat. Mir will es scheinen 

der das o/W a au f die durch die pseudodionysia- — und dahin muss wohl Weises Urteil modi- 



1179 Caecilius Caecilius 1180 

ficiert werden — , dass nachst Apollodoros und Martens 8. lOf. Coblentz 32f.). Daher nennt 

hauptsachlich nach des Apollodoros Tode um 23 v. ihn Martens 7 mit Eecht incomptae medio- 

Chr. Dionysios den nachhaltigsten Einfluss auf C. critatis acerrimus patronus ; wir erkennen in 

in der gleiehen Richtung ausgeubt hat (vgl. auch ihm den echten Jttnger Apollodors wieder (s. Bd. I 

Susemihl Griech. Litt.-Gesch. II 486, 111). Als S. 2889), und wenn Ps.-Long. 32, 1 von ihm 

Atticist hat sich nach der Ansicht J. Miillers sagt: nsoi jtXri&ovs xai xwv [isxatpoodiv eoixe 

C. in seiner Schriffc iiber die Piguren gegen die ovyxaxaxi#eo&ai tots Svo rj %6 nXsTaxov zoeTs lid 

Asianer gewendet; offenkundig richtet sich gegen xavxov vopo&exovoi xdxxeo&ai, so scheint der 

ihr hohles, falsches, massloses Pathos seine Schrift Theodoreer dem Apollodoreer den starren Dogma- 
5) nsgi vipovg, die wir nur aus der gleichnamigen 10 tismus seiner Schule zum Vorwurfe zu machen. 

Schrift des ohen erwahnten anonymen Rhetors Es unterliegt keinem Zweifel, dass ausser den 

kennen (iiher den in den Atticistenkreisen des genannten Fragmenten viele rhetorischen Termini, 

1. Jhdts. v. Chr. zuerst aufgestellten Begriff vyiog Beispiele, ja ganze Abschnitte der anonymen Schrift 

s. SchmidRh. Mus. XLIX 1894, 151). Die Schrift auf C. n. vxp. zurfickgehen; so hat sich der Ano- 

war kurz, ein ovyyoafi^dxiov (1, 1), ein erster nymus in dem einleitenden Abschnitte fiber das 

theoretischer Versuch liber den hohen Stil, in der jiagazodycpdov oder oidovv und das /isioamrndss 

Hauptsache eine fieissige, ausserordentlich reiche ganz eng an C. angeschlossen (Rothstein 1 — 4) 

Beispielsammlung (1, If. 4, 1), im Anschlusse an und nicht bios die verkehrte Zurfickfuhrung des 

die Bestimmung des Begriffes des vipog (nach Schwures des Demosthenes de cor. 208 auf Verse 
Rothstein geht die Definition 1, 3 auf C. zu-20des Eupolis in den Afj/toi 16, 3 aus C. entlehnt 

Tiick) und seiner Gattungen mit ausffihrlichen (Wilamowitz Herm. X 338), sondern in dem 

kritisch-asthetischen Erbrterungen, aber ohne be- ganzen Abschnitte iiber die Piguren und Tropen 

sondere Vorschriften dariiber, durch welche Unter- C. beniitzt, wenn er auch vieles naturgemass zu- 

richtsmittel man zur wahren Erhabenheit des Aus- sammengezogen oder ausgelassen hat (Morawski 

druckes gelangen konne (1, 1), wohl weil C. der 36, 38. 45f. Martens 13ff. Coblentz 13ff. Roth- 

Ansicht war, dass dies bei richtiger Erklarung stein 4 — 9. llf.); mit Sicherheit geht auf C. der 

des Wesens derselben und Veranschaulichung durch Vergleich des Colosses (Platon) mit dem Dory- 

Beispiele iibernussig sei (besonders deswegen greift phoros des Polykleitos (Lysias) 36, 3 zurfick (Blass 

ihn sein nOrgelnder Gegner an, ohne selbst mehr 192, 1. Martens 12f.), wahrscheinlich auch die 
und Besseres zu leisten oder leisten zu kbnnen, 30 andern Kunstvergleiche (Coblentz 59ff.); ziem- 

Ro thst ein 9ff. Coblentz 54). Einleitend scheint lich allgemein fiihrt man auch das der Genesis 

C, nach der Anlage der von ihm abhangigen Gegen- entnommene Beispiel 9, 9 auf C. zuriick (daher 

schrift zu schliessen, erst iiber die Fehler, die sich xijv dog'av'Iovdalos'!), mit Recht auch das Lob auf 

bei einem verkehrten oder iibertriebenen Streben des Hypereides delische Rede 34, 2 (Morawski 

nachErhabenheitleichteinstellen, iiber das Schwiil- Rh. Mus. XXXIV 375f. Coblentz 66), wie ftber- 

stige und Frostige gehandelt zu haben (nicht auch haupt vieles in den cap. 32 — 36 (Martens 11. 

iiber das TiaQsv&vgaov des Theodoros, das nach Coblentz 64f.), den Tadel auf eine Stelle aus 

Rothstein 1—4 der anonyme Theodoreer selbst der pseudodemosthenischen Rede de Halon. 38, 1 

in den Zusammenhang eingeschaltet hat). Daran (Martens 19. Coblentz 67); mit Wahrschein- 
schloss sich die Lehre vom Erhabenen selbst, in- 40 lichkeit bezieht man auf C. als Quelle die Parallele 

sofern dasselbe entweder aus dem Gedanken oder zwischen Demosthenes und Cicero 12, 4 (Blass 

aus dem Ausdrucke entstehe. Ps.-Long. 8, 1 194,2. Morawski 33. Coblentz 57ff; dagegen 

unterscheidet fiinf ,Quellen' des erhabenen Stiles, Martens 6), das Beispiel aus Aischylos 3, 1 

zwei mehr in der nattirlichen Anlage begriindete: (Weise 43, 2), die Stelle aus Xenophon 4, 4 

to nsol xai vorjoets &5(>e7irj{SoXov = xo fieyaXotpvis (Rothstein 20, 1) U.S. w. Dass unter den zexvoyQa- 

und to OTa^os, drei technische: f] xwv axt]fiaxa>v <poi 12, 1, deren Definition der avtyois bekampft 

aXdois, rj ysrvala cpoaois und r\ iv d^ico/xaxi xai wird, auch C. zu verstehen sei, bebauptet Mar- 

StaQoet avv&soig. Von diesen — fahrt der Ver- tens 20, bestreitet Rothstein llf., 3. Sicher 

fasser fort — 6 K. sotiv a jiaoefonev, d>s xai xb nicht gegen C. gerichtet sind die Ausfuhrungen 
jcdtiog . Was C. ausser dem nd&og noch wegge- 50 iiber den Wert theoretischer Untersuchungen fiber 

lassen hat, ist fraglich; Blass 202f., 3 denkt an das Erhabene 2, Iff., wie Martens 10, der zu <prjol 

die ajrjfxaxa, die sich unter der ovvfoois subsu- Kexlhos erganzt, behauptet und Weise 45, 1 naher 

mieren liessen (ihm folgt, wie auch sonst fast zubegriindenversuchthat, vgl.Rothstein llf.,3. 

tiberall, Caccialanza 56), Rothstein 15f. an Coblentz 52f. Was die Quellen des C. betrifft, 

das /xeyaXoyvk (dagegen Weise 44f., der sich so behauptet Rothstein 13f. Abhangigkeit von 

seinerseitsanBlassanschliesst.jedochmitanderer Theophrastos jregi U^sms, Coblentz 23f. 40f. 45 

Begrundung). Jedenfalls hatte C. die Figuren in von stoischen Quellen; letzterer 56f. will ausser 

n. vy. beriicksichtigt. Aus den unter dem Namen 9, 9 auch noch eine weitere Entlehnung aus dem 

des C. aus der Schrift des Anonymus iiberkom- alten Testamente finden. Zu C. n. vy>. vgl. die 
menen Fragmenten ersehen wir, dass C. des Ti- 60 Arbeiten von Buchenau bes. 44ff. Burckhardt 

maios affectierte und frostige Redeweise (4, 1 = 20f. 44ff. Martens 5—22. Coblentz, darin 

frg. 45), kiihne Neubildungen, wie des Theopompos kurzes Re'sume' 72 — 75. Weise 43— 46. Roth- 

uvayxocpayfjaai (31, 1 = frg. 46) und den fiber- stein Herm. XXIII (1888) 1—20. Die Werke 

massigen Gebrauch von Metaphern (32, 1 = frg. 1—5 fehlen in der Aufzahlung bei Suidas. Er 

47) bekampfte ; zweifellos griff er nicht bios in beginnt seine Schriftenreihe mit 6) xaxa $QvyG>v 

den 32, 8 angezogenen ovyyodfifiaxa vtisq Avoloii, in zwei Bttchern, einer Streitschrift gegen die 

sondern auch in ti. vxp. selbst die schwungvolle, spottisch Phryger genannten Asianer, von der uns 

poetische Sprache Platons an (vgl. 29, 1. 32, 7. kein Fragment erhalten ist. Schon im Titel klingt 



1181 Caecilius Caecilius 1182 

der Ton leidenschaftlicher Gereiztheit wieder, den Ausnahme des Lykurgos und Hypereides. Als 

wir aus den Schriften des Dionysios zur Geniige Quellen fur den biographischen Teil beniitzte C. 

kennen (zum Ausdruck vgl. Dion, de ant. or. des Krateros vortreffliche Sammlung athenischer 

prooem. 1. Cic. or. 25. 27). Mit nr. 6 identifl- Staatsurkunden (hieraus ist zweifellos durch C. 

cieren nr. 14 Blass 176, Caccialanza 18, entlehnt das Psephisma gegen Antiphon bei Ps.- 

Nitzsche Quaest. Eudoc, Leipziger Diss., Alten- Plut. 833dff., sehr wahrscheinlich die Ehrendecrete 

burg 1868, 36f. Bergk-Peppmuller a. 0. IV fiir Lykurgos 307/6, Demosthenes 280/79, Demo- 

554, 53 u. a. tlber den Unterschied der damals chares 271/70 bei Plut. 850e— 852e; vgl. Krech 

herrschenden zwei Richtungen der Beredsamkeit De Crateri yitjcpiafiaxoov ovvaycoyfj, Berliner Diss., 

handelte die Schrift 7) xhi SiayeQu 6 'Arrixos lOGreifswald 1888, 20. Blass III 2, 73. Susemihl 

£ijXog xov 'Aoiavov (Suid.), von der ebenfalls kein I 601, 387), daneben so schlechte und unzuver- 

Fragment auf uns gekommen ist. Wohl sein be- lassige Quellen wie Idomeneus tisqi drj/taycoyaiv 

deutendstes und reifstes Werk, die Frucht lang- und die Biographien des Hermippos, letztere nicht 

jahriger Studien, liegt uns vor in 8) jibqI xov bios fiir Aischines, sondern auch z. B. fiir Iso- 

Xagaxxfjgog xa>v dsxa gt/xogcov (Suid.), frg. 1 — 23 krates (vgl. Keil Analecta Isocr., Prag u. Leipz. 

(Burckhardt 6—13. Weise 21ff.). Dem Titel 1885, 89-94. Susemihl I 495, 14. 594). Als 

nach scheint es , als ob das Werk nur iiber den Quellen fur die Kritik der Reden dienten ihm die 

Stilcharakter der zehn Eedner des Kanons (der Pinakes des Kallimachos und der Pergamener, 

nach der keineswegs iiberzeugenden Ansicht meh- daneben vermutlich Schriften des Dionysios, dessen 

rerer Gelehrten von C. selbst zuerst aufgestellt 20 Angaben er Sfter nachzupriifen scheint. Die anti- 

worden sein soil, vgl. die Litteratur liber den Kanon phontischen Reden beurteilte bios C. als der erste 

beiBrzoskaDecanonedec. or. Att., Diss. Breslau Rhetor, der den Antiphon eines eingehenden Stu- 

1883, 3ff.; dazu Blass Att. Ber. 12 117f. Weise diums wiirdigte, und zwar traf seine Athetese 

26ff. Hartmann De canone dec. or., Diss. Got- 25 Reden unter 60 (Blass I 2 102f.); desgleichen 

tingen 1891. Frankel Arch. Jahrb. VI 1891, 55. kennen wir bei Isaios, Aischines und Lykurgos 

Usener Arch. Anz. 1891, 93. Susemihl Griech. nur die Anzahl der von C. als echt angesehenen 

Litt.-Gesch. II 694ff. Kroehnert Canonesne Reden ; bei Lysias erklarte C. in trbereinstimmung 

poetarum scriptorum artificum per antiquitatem mit Dionysios (so verstehe ich ol tzbqi Aiovvaiov 
fuerunt? Diss. Koenigsberg 1897; naheres unter xal Kaixthov bei Ps.-Plut. 836a) 233 Reden unter 
Kanon der Redner) gehandelt hatte, in Wirk-30 425 als echt (Blass 12 354f.); unter den 60 dem 

lichkeit aber beschaftigte es sich auch mit ihrem Isokrates zugeschriebenen Reden liess C. 28, Dio- 

Leben und untersuchte die Echtheit der unter nysios 25 als echt gelten (Blass II 2 103); auch 

ihrem Namen iiberlieferten Reden, weil dies Stu- bei Deinarchos scheint C. eine grossere Anzahl 

dium die notwendige Voraussetzung und Grund- echter Reden als Dionysios angenommen zu haben 

lage bildete for eine richtige Wtirdigung ihrer (so Burckhardt 37, 29; anders Blass III 2, 

Stileigentiimlichkeiten (vgl. das ahnliche Verfahren 275), desgleichen bei Demosthenes (Burckhardt 

des Dionysios in der Schrift iiber Deinarchos). 8. 33, 20) ; der von Dionysios vorgeschlagenen Um- 

Was die Zeit der Abfassung betrifft, so hat Weise stellung der olynthischen Reden widersprach C. 

iiberzeugend nachgewiesen, dass die Schrift nach (frg. 17a), gegen ihn verteidigte er nach Din- 

des Dionysios ahnlichen Werken iiber die alten 40 dorfs Vermutung zu Schol. Dem. Phil. I 30 die 

Redner, iiber Deinarchos, Thukydides und de adm. Einheit der ersten philippischen Rede (Blass III 

vi die. in Dem. geschrieben sein muss, da einer- l 2 , 300), die Rede iiber Halonnesos (des Hegesip- 

seits Dionysios den mit ihm am gleichen Orte pos) hielt er im Gegensatze zu ihm fiir unecht 

lebenden, engbefreundeten, dieselben Studien be- (frg. 18). Mit den Reden des Demosthenes hat 

treibenden C. an Stellen, wo er iiber seine Quellen sich C. ganz besonders eingehend beschaftigt (vgl. 

spricht, nicht hatte ignorieren konnen und an Sauppe 1664f.); Suidas citiert ein Sonderwerk 

andern Stellen zweifellos beniitzt hatte, wenn er 10) jiegl Aq/uoo&evovg noToi avxov yvrjoioi Xoyoi 

sein Werk gekannt hatte (so ad Amm. I bei xal notoi ro&ot; ob wir es aber wirklich mit 

Pestsetzung des Geburtsjahres des Demosthenes einer Monographie, einer Vorarbeit 2u dem grOsse- 
und in den Schriften iiber Thukydides bei der50ren Werke, oder bios mit einem Abschnitte aus 

Frage nach dem Verhaltnisse zu Antiphon), ander- demselben in der Vita des Demosthenes zu thun 

seits C. in vielen Punkten sich auf Dionysios be- haben, lasst sich mit Sicherheit nicht entscheiden. 

zieht, teils mit ihm iibereinstimmend, teils von Nach einer Hypothese von Christ Abh. Akad. 

ihm abweichend. Aus diesem Werke des C. sind Miinchen XVI 1882, 175 fusste die Textesrecen- 

auf uns gekommen , mehr oder weniger gut ver- sion des Demosthenes, die unter dem Namen des 

biirgt, biographische Notizen iiber Antiphon, wenn Atticus in Umlauf gesetzt wurde (wohl aus der 

anders, wie gewOhnlich angenommen wird, das ersten Halfte des 1. Jhdts. der Kaiserzeit, im Ver- 

9) ovvxayfia jiegl 'Avxup&vxog bei Ps.-Plut. vit. X lage des Atticus erschienen), auf den Resultaten 

or. 832 e sich mit dem betreffenden ersten Ab- desjenigen Rhetors, der sich nach Dionysios (der 

schnitte unseres Werkes deckt (Burckhardt 26, 60 es nicht gewesen sein kann) am meisten um De- 

3; zu frg. 1 vgl. Blass Att. Ber. P 97. 206. mosthenes verdient gemacht hat, des C. Ob und 

II 2 465), iiber Isokrates, Aischines (Blass a. O. wieweit C. in der asthetischen Wtirdigung der 

112 55), Lykurgos und Demosthenes (Blass III Redner von Dionysios und alteren Quellen ab- 

l 2 , 5), Bestimmungen iiber die Anzahl der er- hangt, ist noch eine offene Frage. Sein Urteil 

haltenen echten und unechten Reden und eventuell iiber Lysias frg. 9.9 b deckt sich mit dem des 

anderen Schriften aller Redner, endlich ErOrte- Dion, de Lys. 15. Auf das gleichlautende Urteil 

rungen iiber Vorziige und Schwachen, Stilcharak- des C. in der Frage der Nachabmung des Thuky- 

ter und ktinstlerischen Wert aller Redner mit dides durch Demosthenes beruft sich Dion, ad Cn. 



1183 Caecilius Caecilius 1184 

Pomp. 3 (ygl. auch Coblentz 30. 32ff.). In ahn- den angehenden Redner als der dithyrambische 

licher Weise wie Dionysios beobachtet C. den Schwung und die wortreiche, poetische Sprache 

Stil der Redner nacb der theophrasteischen Drei- Platons, die nur zu leicht zu falschem vyiog ver- 

teilung: o%r\fiaxa, exXoyr) 6vo(idxi»v und ovv&eoig. leiten konnten ; strenger Lysianer nach dem Muster 

Es ist interessant zu verfolgen, wie C. die Redner der von Cicero oft verspotteten Attiker par ex- 

mit Bezug auf das o%r}fiaxi&iv xrjv didvoiav vom cellence war er deshalb nicht (ygl. frg. 9. 9 b). 

ersten bis zum letzten untersucht; so sind An- In Ps.-Longins Schrift 12, 4 begegneten wir be- 

tiphon und Andokides noch do%rnidxiaxoi frg. 5. reits einer zweiten Parallele, der zwischen Demo- 

7 , Isaios tiqcotos o%r\naxl&iv ijQ^axo xai tqsjisiv sthenes und Cicero , die der Anonymus in den 

ini xo noXixixov (Blass II e 499, 1) xtjv didvoiav, 10 Hauptziigen, gewiss nicht in der Form, dem C. 

6' fialiaxa itefitfirjxai Atjfioa&svrjg frg. 11, Deinar- entnommen haben wird. C. hat namlich nach 

chos xaw offlfrnxoov avxov (Demosthenes) fUfirjxrjg dem Zeugnisse des Suidas eine 12) avyxoioig 

vixaQxei frg. 23; zu Isokrates vgl. Phot. cod. 260, Arjfioo&evovg xai Kixsoaivog geschrieben. Die 

487b 28 und Sauppe 1664, zu Aischines Phot. Richtigkeit der Annahme vorausgesetzt, hat C. 

cod. 61, 20b 17 und Blass III 2, 164. Natttr- die Grosse des Romers keineswegs gegen die des 

lich vernachlassigte er iiber dem Xsxxixog xomog Griechen herabsetzen wollen, vielmehr ihn als in 

den TiQayfiazixog nicht, wie das Beispiel des Ly- seiner Art grSssten Redner neben den gewaltigen 

sias zeigt. Eingehendere Urteile sind uns erhal- Griechen hingestellt und die Vorzfige beider 

ten iiber Antiphon (Blass I 2 117ff.), Isokrates Manner gegen einander abgewogen. Plutarchos 

(Blass 112 121. Sauppe 1664) und Aischines 20 Dem. 3 = frg. 52, der auf diese Schrift des C. 

(Blass HI 2, 132, 1. 163, 3. 164). Ein so ausser- Bezug nimmt, tadelt mit auffallender Heftigkeit 

ordentlich reichhaltiges Repertorium verschieden- den C., der sich in jugendlichem Ubermute ver- 

artigster Notizen, wie es das Werk iiber die zehn messen hatte, eine iiber seine Krafte gehende Auf- 

Redner bot, wurde natiirlich von den Spateren gabe anzugreifen. Vielleicht liegt in der Plutarch- 

viel herangezogen , besonders fur die den Aus- stelle ein weiterer Anhalt fur die Richtung vor, 

gaben der Redner vorauszuschickenden y«v»; (Buss e nach der des C. Kritik die beiden Grossen auf 

Rh. Mus. XLIX 1894, 83). Es bildet die Grund- Grund einer Priifung ihrer Reden mit einander 

lage fur die pseudoplutarchische Schrift von den verglich : xo xovg Xoyovg dvxs§sxd(stv (wie es C. 

zehn Rednern. Direct oder indirect , mit oder gethan) xai ano<paiveo&ai, jtoxsgog tjdtcov (Cicero) 

ohne Namennennung flndet es sich unter anderem 30 ij Seivoxegog (Demosthenes) ehieiv idoofiev. Wenn 

beniitzt von dem Biographen Apollonios, Laertius man das svsavisvoaxo des Plutarchos wo'rtlich 

Diogenes (iiber die beiden letzten vgl. Maass nehmen diirfte, so lage ein Jugendversuch des C. 

Philol. Unters. Ill 131. Blass IEE 2, 159f., 4), vor, andererseits setzt eine solche Parallele in der 

Libanios , Hermias zu Platons Phaidros , den Regel eingehende Beschaftigung mit den in Ver- 

Scholiasten zu Demosthenes und Aischines, Suidas, gleich gestellten Mannern, hier also mit der grie- 

besonders Photios, dessen Angaben eine neue not- chischen und romischen Litteratur voraus , ver- 

wendige Fragmentsammlung sehr bereichern wiir- weist uns also in ein spateres Alter. Interessant 

den. Fur einen Teil dieses Werkes halten die ist es, zu beobachten, dass der Grieche in dem 

von Ps.-Long. 32, 8 citierten 11) ovyygd/ifiaxa vniq heftigen Streite darfiber, wem unter den Romern 

Avoiov (in mehreren Biichern?) Martens 7f., 6 40 der erste Platz als Redner zukomme, den von den 

und Weise 21, 1; Burckhardt dagegen 13 — 15 Attikern strengster Observanz und noch mehr von 

fasst sie als Specialschrift und versieht sie nach den Asianern seiner Zeit (z. B. von Cestius Pius) 

dem Inhalte des einzigen a. O. erhaltenen Frag- heftig angegriffenen Cicero iiber alle andern ge- 

mentes = frg. 24 mit dem zweiten Titel ovyxqi- stellt zu haben scheint. Wie er den Demosthenes 

oig nXdxmvog xai Avoiov ohne ersichtlichen Grund. mit dem grOssten rOmischen Redner, so verglich 

C. ergreift in dieser Schrift Partei fur Lysias und er in der 13) ovyxqtoig At]fioo&evovg xai Alo%ivov 

stellt den Redner in jeder Beziehung fiber den (Suid.) den Demosthenes mit seinem grOssten grie- 

Philosophen. Das harte Urteil Ps.-Longins ftaX- chischen Nebenbuhler. Man wird unwillkurlich 

kov /xiost xo} Mavtl niaxoiva rj Avotav qpdsT ist an Ciceros Schriftchen de optumo genere orato- 

iibertrieben und erscheint unberechtigt, wenn man 50 rum erinnert, mit dem er seine Ubersetzung der 

die ruhige Beurteilung der beiden Manner durch nobilissumae orationes inter seque eontrariae 

C. in frg. 9. 9 b und der Fortsetzung von frg. 12 b duorum eloquentissimorum , Aesehini et Demo- 

aus dem Werke fiber die Redner dagegenhalt ; stheni einleitet (14). Ein Fragment aus dieser 

es lasst sich erklaren , wenn man mit B u r c k- ovyxQioig hat sich nicht erhalten. Wohl im An- 

hardt nr. 11 als Sonderschrift ansieht und viel schlusse an sein Werk fiber die zehn Redner ver- 

friiher ansetzt als nr. 8; in diesem Falle hatte effentlichte er, um das allseitige Verstandnis ihrer 

jugendliches Ungestfim den leidenschaftlich erreg- Werke zu ftirdern , ein rhetorisches Lexikon und 

ten und vielleicht durch Angriffe von einseitigen eine Specialschrift fiber das Historische bei den 

Platonenthusiasten auf Lysias gereizten Jttnger Rednern. Blass 177, 1 unterscheidet zwischen 

Apollodors zu unbedachten und ungerechten Aus- 60 einer atticistischen , von Suidas citierten sxXoyij 

fallen gegen Platon fortgerissen. Im fibrigen dvofidroiv und einem als solches nirgends citierten 

werden wir uns die Beurteilung Platons bei ihm Xsgixdv Qr/xogixov, das dem des Harpokration ver- 

ahnlich zu denken haben wie bei Dionysios (wor- wandt sei. Er hat recht; nur scheint die ver- 

fiber Blass 189ff. Coblentz 32f. 65f.); es derbte Suidasstelle beide Werke zu bezeichnen: 

handelte sich nicht sowohl um die materielle als xaxa $Qvya>v dvo • soxi 8s xax'a oxotxeTov omo- 

um die stilistische Seite, und da erschien dem deig~ig zov slQijoftai jtaoav Xi^iv xaXXiQQr\(jioGvvr\g • 

rigorosen Apollodoreer die einfache, schlichte loxi be ixXoyr\ Xegecov xaxa oxoixsTov (die ver- 

Sprache des Lysias ungleich empfehlenswerter fur schiedenen Versuche, den Text herzustellen, s. bei 



1185 Caecilius Caecilius 1186 

Boysen De Harpocrationis lexici fontibus quaest. Thatigkeit passt (vgl. nr. 9. 11. 10. 13), am 

sel., Diss. Kiel 1876, 26 und Nitzsche a. 0. wenigsten Andokides. Ausserdem werden hie und 

36f.). Mit saxi 8s wird aller Wahrscheinlichkeit da Homer, Thukydides, Sophokles, oi xco/mxoi, je 

nach der Inhalt eines Werkes angegeben, dessen einmal Aristophanes und Simonides, bezeichnender- 

Titel dariiber Zweifel lasst. Den ungewOhnlichen weise nie Platon citiert, so jedoch, dass sie den 

Titel des einen Werkes hat Rohde Griech. Roman Rednern entgegengesetzt werden. Die Glossen 

326, 2 ans dem auch sonst anstOssigen xaXXig- legen beredtes Zeugnis ab von dem intensiven, 

etj/j,oovrrjs richtig hergestellt: 14) Die KaXXig- kritischen Sprachstudium , das C. den Rednern 

Qtj/^oavvt] (in mehreren Banden, wenn der Genetiv widmete, deren Sprachgebrauch er unter sich, mit 
beibehalten wird) war danach identisch mit der 10 dem anderer dgxatoi und dem seiner Zeit zu ver- 

sxXoytj Xsg'ewv xata axoixsTov , eine Schule der gleichen pflegte. Welche Quellen ihm fur die 

Wohlredenheit, das alteste Beispiel einer Worter- sachlichen Glossen vorlagen, lasst sich nicht be- 

sammlung zum Behufe der Ausbildung rein atti- stimmen; an keiner Stelle nennt er einen Ge- 

scher Schreibweise, eines atticistischen Lexikons wahrsmann. Sein Lexikon lag dem Lysimachides 

(woher Coblentz 11 den Titel Xsgsig 'Attixai hat, vor, der in seiner Schrift jtegi tmv naga toig 'Ax- 

ist mir nicht gelungen festzustellen). Es ent- xixoXg sogxwr (so ist langst richtig statt des iiber- 

steht die Frage, ob mit eoxi de xata oxoixeXov lieferten gtjxogcov emendiert) die Ableitung des 

duiodeil-ig u. s. w. der Inhalt der ebenfalls un- &ecogix6v von at deai , &s KaixiXiog vnsXafiev, 

gewohnlich betitelten Schrift xata $>gvyG>v wieder- verwarf (Ammon. de diff. an 7 , voc. s. ftecogog. 
gegeben werden sollte (s. unter nr. 6). Das scheint20Miiller FHG III 341f.). Gegeniiber Schmidt 

unwahrscheinlich, vielmehr haben wir in den iiber- und Althaus, die eine directe Abhangigkeit des 

lieferten Worten die Umschreibung des ungewOhn- Pollux von C. annehmen, sucht Boysen 27 — 30 

lichen Titels fur das rhetorische Lexikon zu suchen, nachzuweisen, dass Pollux aus Telephos von Per- 

das schlechterdings mit den Asianern nichts zu gamon geschOpft hat, und lasst es unentschieden, 

thun hat. Danach mOchte die Suidasstelle also ob dieser des C. Lexikon oder dieselben Quellen 

zu emendieren sein: xata &gvya>v dvo, [Titel des wie C. beniitzt hat. Die Glossen des Harpokration 

rhetorischen Lexikons], eoxi de xaxa oxoixeXov and- sind in der Regel von den caecilianischen so ver- 

detlgig xov sigijo&ai naoav Xkg~iv [xoig gr/xogoit schieden, dass Boysen 31f. 16f. wohl gegen 

vgl. den Titel zu nr. 16], KaXXiggrjfioovvrjg [Band- Schmidt Recht behalt, wenn er direkte Be- 
zahl], eoxi 8's exXoyi] Xek~ea>v xaxa. oxoixeXov. Denk- 30 niitzung des C. durch Harpokration ablehnt; jeden- 

bar ware auch , wenn man auf das dem Suidas- falls bildete C. nicht die Grundlage fur das Lexi- 

lexikon vorausgeschickte Quellen verzeichnis , in kon des Harpokration. Mittelbare Beniitzung des 

dem als Quelle fur die auf ein rhetorisches Lexi- C. liegt zweifellos vor in den Demosthenesscholien 

kon hinweisenden Notizen K. 2ixsXicoxrjg, sxXoyrjv (durch Suidas) , vermutlich auch in den Platon- 

Xig~ea>v xaxa oxoi%uov angegeben wird , Gewicht scholien, bei Methodios, Photios, im sog. Etym. M. 

legt, eine Verscniebung der Worte des Suidas- (Boysen 30). Das andere vermutlich auch alpha- 

textes in der Weise, dass man liest: xaxa $Qvycbv betisch angeordnete lexikalische Werk des C. ftihrte 

Svo, sxXoyrj Xsfswv xaxa axoixsTov , soxi ds cuio- nach Suidas den Titel 16) msqI xoiv xa#' ioxopiav 

dsigig .... Xei-tv, KaXXiQQtjfioavvrjgP], saxt ds xata r) tioq 1 toxoQiav slgrj^isrcov xoig QrjxoQOi. Darin 
axoixsTov. Wie dem auch sei, ein 15) rhetorisches 40 wurden die geschichtlichen Notizen bei den Red- 

Lexikon hat C. hinterlassen. Es war ein alpha- nern der Dekas aus den Historikern belegt oder 

betisch angeordneter Wort- und Sachcommentar, widerlegt. Um sich eine Vorstellung von dem 

in dem teils seltenere bei den attischen Rednern Charakter eines solchen Werkes zu machen, ver- 

vorkommende, einer Erklarung bedlirftige, eigen- gleiche man Artikel bei Harpokration wie unter 

artige oder ungewohnliche Ausdriicke erklart, teils Maooalia als Beispiel fur nag' iaxogiav und unter 

Antiquitaten, besonders aus dem Staats- und Ge- Mavtivemv dioixwfiog als Beispiel fiir «ai?' lato- 

richtswesen erlautert wurden. EsistBoysens Ver- glav (Blass 220f.). Buchenau a. O. 43f. zahlt 

dienst (De Caecilio Calactino lexici rhetorici auctore falschlich unter den Werken des C. noch eine 

a. 0. 18 — 33), aus Suidas, dem vierten und funf- rSmische Geschichte auf; an der Stelle bei Stra- 
ten Lexikographen bei Seguier und aus Gregorios 50 bon V 230 , auf die er sich beruft , wird seit 

von Korinth, Schol. Hermog. VII 2, 1119ff. W., Kramer o ye KoiXtog 6 t&v'Pa>(ialoyv ovyyoatpevg 

denen alien des C. Lexikon vorgelegen hat, eiue gelesen. 

sehr stattliche Anzahl von Fragmenten des C. Das Urteil iiber C. ist, je mehr man den Um- 

gehoben zu haben, deren Index er in der Appen- fang und die Art seiner Thatigkeit durch Auf- 

dix zu seiner Dissertation 85 — 90 in alphabeti- deckung neuer Fragmente tibersehen konnte, ein 

schertrbersichtzusammengestellthat. Vollstandig immer gunstigeres geworden. Fruher stimmte 

ist des C. Lexikon in kein rhetorisches Glossar man vielfach Kriiger Leb. d. Thukyd. 34 bei, 

aufgenommen worden, vielmehr finden sich bald der ihn einen jiidischen Kritiker von leichtferti- 

mehr bald weniger Glossen in mehr oder weniger ger Keckheit' nannte, jetzt neigt man mehr dazu, 
verkiirzter und verderbter Gestalt bei den ge- 60 mit v. Wilamowitz Herm. XII 333, 12. 334, 14 

nannten Schriftstellern, am besten noch bei Suidas in ihm ,den streitbarsten , gelehrtesten und be- 

erhalten. Dass sich C. bei der Erklarung auf die triebsamsten' der Atticisten, einen ,Mann von sehr 

Redner der Dekas beschrankt hat, ergiebt sich feiner Sachkunde' zu achten. Auf dem Gebiete 

aus seiner Glosse xeopalaiov bei Suidas. Unter geschichtlicher Forschung darf man seine Starke 

diesen Rednern hat er, nach den Fragmenten zu freilich nicht suchen, als Historiker tritt er durch- 

schliessen, am meisten commentiert Antiphon, Ly- aus in den Hintergrund. Als Rhetor hat er seine 

sias, Demosthenes, Aischines, was vortreff lich zu grossen Verdienste, wenn er auch ein neues System 

der auch sonst von ihm iiberlieferten kritischen nicht begriindet hat; hier liegt seine Bedeutung 

Pauly-Wissowa III 38 



1187 Caecilius Caecilius 1188 

nicht sowohl auf dem Gebiete der evpeoig und gel. Anz. 1863, 1661 — 1668). Blass Griech. Be- 

raf<s (rixrrj), als vielmehr auf dem der Stillehre reds. v. Alex, bis Augustus, Berlin 1865, 169 — 221. 

(nsgi oxqfiazwv, jisqI vytovg). Am bedeutendsten Weise Quaest. Caecil., Diss. Berlin. 1888. Cac- 

ist er in seiner philologisch-kritischen und asthe- cialanza Biv. fllol. XVIII 1890, 1 — 73. Ham- 

tischen Thatigkeit. Hier knfipft er an den ver- mer Jahresber. LXII 1890, 62 — 72. [Brzoska.] 

mutlich von seinem Lehrer Apollodoros (iberkom- 3) Bin sonst unbekannter Caecilius medicus 

menen Kanon der zehn Bedner an. Die Methode wird von Plin. n. h. im Quellenregister zum 

seiner Forschung ist die des Dionysios. Um an- 29. Buche genannt mit Bezugnahme auf XXIX 

geben zu konnen, wie weit ein jeder der zehn 85, wo Gaeeilius in commcntariis citiert wird. 

Bedner als Stilmuster dienen konne, stellt er zu- 10 [Wissowa.] 

vorderst fest, welche Werke man ihnen mit Becht 4) Caecilius, willkiirlich gewahlter Name Dei 

zueignen diirfe; erst auf dieser Grundlage wiirdigt Martial (I 41. II 72. XI 31). [Groag.] 

er die Bedner asthetisch und misst ihren Wert 5) Caecilius, Eunuch, Vertrauter der Kaiserin 

durch Vergleichung unter einander und mit son- Faustina. Hist. Aug. Av. Cass. 10, 9. [Stein.] 

stigen GrOssen ab, indem er gleichzeitig die histo- 6) Caecilius, an den ein Bescript des Kaisers 

rische Entwicklung der Beredsamkeit von dem Alexander vom J. 222, Cod. lust. VI 3, 6, ge- 

aaXaioxazog xwv QrjroQtov Antiphon (C.-Glosse bei richtet ist. 

Suidas) bis auf ihren Hohepunkt in Demosthenes 7) Caecilius, an den Bescripte des Kaisers 
verfolgt. Als Kritiker feiert ihn deshalb schon Gordianus III. vom J. 239 (Cod. lust. V 37, 11) 
das Altertum mit und neben Dionysios (Plut. 20 und 241 (Cod. lust. X 11, 3) gerichtet sind. 
Dem. 3. Herm. Plat. Phaedr. 188. Phot. cod. 61. [Groag.] 
265). Durch sein Ansehen hat er dem Kanon 8) Sohn des Celer, der 429 Proconsul Africae 
der Bedner allgemeine Geltung verschafft. Auf war, August, ep. 57, 1 = Migne L. 33, 224. 
ihn und Dionysios geht im wesentlichen zuriick, [Seeck.] 
was in der Folgezeit iiber das Eigentum eines 9) Ein nur einmal von Laurentius Lydus (de 
jeden Bedners angenommen wurde. Doch genflgt mensibus II 7 p. 37 Boether, p. 19 Bekker) er- 
es ihm nicht, Stilmuster zur Nachahmung fur die wahnter Neupythagoreer, von dem die Worte fj 
Jiinger der Beredsamkeit hinzustellen; er sucht xQiag jxQwxrj avvsoxrjosv oqxV v > i^eaoxrjxa xal re- 
Asm, bei der Schullecture der Bedner alsbald her- Xevrr/v angefiihrt werden. Statt KexiUog lesen 
vortretenden Bediirfnisse nach exegetischen Hiilfs- 30 andere Hss. "QxeXXos , was wahrscheinlich das 
mitteln durch Speciallexica und Commentare zu richtige ist. Zeller V3 103. Mullach II 53. 
den Bednern zu entsprechen. Mit ihm beginnt Vgl. Okellos. [E. Wellmann.] 
die umfassende Litteratur der attischen Bedner- 10) A. Caecilius. Vielleicht dieselbe Person 
lexica. So ist C. eine (iberaus vielseitige Er- ist der Miinzmeister A. Cae[cilius] Mitte des 
scheinung, ein subtiler Bhetor, ein feinfuhlender 6. Jhdts. d. St. (MommsenMunzwesen 508 nr. 62) 
Stilist, ein fur seine Zeit griindlicher Kritiker, und der plebeische Aedil von 565 = 189 (Liv. 
ein ungemein regsamer Philologe und Schulmann, XXXVIII 35, 6). Der Vorname Aulus kommt 
aber zugleich und gerade deshalb auch einer der bei den bekannten Caeciliern in republicanischer 
streitbarsten Vorkampfer des Atticismus. Je mehr Zeit nicht wieder vor, doch eine alte Grabschrift 
er die Stilvorziige der alten Bedner wurdigt, um 40 (CIL I 1034 = VI 2247) und eine bilingue Bau- 
so tiefer wird sein Abscheu gegen die Stilver- inschrift auf Delos aus der Mitte des 7. Jhdts. 
derbnis, die bald nach Demosthenes Tode alliiber- (CIL III Suppl. 7212) nennen Freigelassene von 
all aufschiessend im Asianismus die iippigsten Mannern dieses Namens. 

Bliiten trieb, um so energischer, ja riicksichts- 11) C. Caecilius. Eine Bede des alten Cato 

loser seine Polemik gegen den verhassten Barock- gegen einen unbekannten C. Caecilius citiert Fest. 

stil, die ihn selbst ungerecht werden liess gegen p. 242. 

Manner wie Platon. Wie weit es ihm selbst ge- 12) C. Caecilius als Name eines Praetors von 

lang, in seinen Schriften die von ihm bevorzugten 664 = 90 ist falsche Lesart bei Liv. ep. LXXIII 

Stilmuster zu erreichen, entzieht sich unserer Be- fur C. Caelius. [Milnzer.] 
urteilung. Bedner war er, so viel wir wissen, 50 13) C. Caecilius heisst bei Dio LVII 17, 1 der 

nicht; von den historischen Schriften, die fur die Cos. ord. des J. 17 n. Chr. C. Caelius Bufus; 

Losung der Frage in erster Linie in Betracht s. d. [Groag.] 

kamen (vgl. Dionysios und sein Geschichtswerk) 14) M. Caecilius. Eine alte Grabschrift in 

kennen wir nur die Titel; von deniibrigen Werken Saturniern ist einem Maareus Caicilius gesetzt 

sind meist nur so kurze, dazu vielfach aus abge- (CIL I 1006 = VI 13696, vgl. Bitschl Opus- 

leiteten und getriibten Quellen geschOpfte und cula IV 342. 735). 

mit anderen untermischte Notizen erhalten, dass 15) M. Caecilius, Legat des Praetors L. Furius 

es gewagt erscheint, danach den Stil des C. zu Purpurio in Gallien 554 = 200 (Liv. XXXI 21, 

beurteilen. Die Terminologie ist im wesentlichen 8), ist samt dem ganzen Schlachtbericht, in dem 
die dionysianische. 60 er eine Bolle spielt, von Valerius Antias erfunden. 

Litteratur uber C. im allgemeinen : Die altere 16) M. Caecilius 581 = 173 Decemvir agris 

Litteratur s. bei Westermann Gesch. d. Bereds. dividundis (Liv. XLII 4, 4), 582 = 172 zu Ge- 

I Leipzig 1833, 197. Meier De Andocidis quae treideankaufen nach Unteritalien geschickt (ebd. 

vulgo fertur oratione contra Alcibiadem comm. 27, 8). 

IV, Halle 1837 = Opusc. I 128ff. Milller FHG 17) M. Caecilius, Bruder des Q. Caecilius 

m 1849, 330—333. Burckhardt C. rhetoris Niger (Nr. 101. Cic. div. in Caec. 29). Vielleicht 

fragm. coll., disp., comment., Basel 1863; Frag- fiihrte er dasselbe Cognomen, 

mentsammlung 26— 47 (rec. v. Sauppe Getting. 18) M. Caecilius, Anklager des L. Calpurnius 



1189 Caecilius Caecilius 1190 

Bestia in ciceronischer Zeit (Plin. n. h. XXVII driicklichen Zeugnis des Hieronymus, dasRitschl 

4) ; moglicherweise ist M. Caelius zu lesen. (Opusc III 233) nicht den Fabeleien der suetoni- 

19) Q. Caecilius, Volkstribun 315 = 439 und schen Terenzvita zu liebe, die den Terenz auf Be- 
Anhanger des Sp. Maelius (Liv. IV 16, 5). fehl der Aedilen vor C. eine Probevorlesung der 

20) Q. Caecilius, ein Freigelassener, weihte Andria (aufgefiihrt 166) halten lasst, durch Con- 
Mitte des 7. Jhdts. d. St. der Iuno Sospita in jectur hatte verderben sollen. Ebenso wenig liegt 
Lanuvium eine Kapelle (CIL I 1110 = XIV 2090). ein zwingender Grund vor, mit Bitschl in die 

21) Q. Caecilius, romischer Bitter, ein fried- Angabe der Grabstatte bei Hieronymus (iuxta 
liebender alterer Mann, wurde wahrend der sulla- Ianiculum) eine Beziehung auf das Grab des 
nischen Proscription en von seinemeigenenSchwager 10 Ennius (iuxta eum in Ianieulo) hineinzuconjicie- 
L. Catilina, mit dessen Schwester er verheiratet ren. Wie alt C. bei seinem Tode war, wissen wir 
war, umgebracht (Q. Cic. de petit, cons. 9. Ascon. nicht, doch macht Bitschl Parerg. 183 Anm. 
tog. cand. p. 75). darauf aufmerksam, dass er nie wie doch Livius 

22) Q. Caecilius , Volkstribun und Curator Andronicus, Naevius, Plautus und andere Dichter 
viarum 683 = 71 (CIL 1593 = VI 1299. 31590), jener Zeit unter den longaevi genannt wird. Seine 
vielleicht identisch mit Nr. 86. Bliite setzt Hieronymus ins J. 179; es stimmt 

23) Q. Caecilius, romischer Bitter, Oheim des dazu nicht iibel, dass Ambivius Turpio im zweiten 
T. Pomponius Atticus, befreundet mit L. Lucullus Prolog der terenzischen Hecyra, also im J. 160, 
(Nep. Att. 5, 1. Val. Max. VII 8, 5), war ein als senex thun zu wollen erklart, was er als adu- 
reicher Wucherer (Cic. ad Att. I 1, 3. 12, 1), mit 20 leseentior gethan habe; wie er damals dem Publi- 
dem sich auch Cicero gut zu stellen suchte (ad cum nach und nach Geschmack an den Stiicken 
Att. II 19, 5. 20, 1). Es war mit ihm schwer des C. , die anfangs durchfielen oder sich kaum 
auszukommen, doch Atticus wusste sich sein Wohl- hielten, beigebracht habe, so wolle er es jetzt mit 
wollen in solchem Masse zu erbalten, dass C. ihn Terenz thun (V. llff.). Ist Ambivius, als er dies 
bei seinem Tode 696 = 58 (Cic. ad Att. Ill 20, 1) spricht, etwa 60 Jahr, so kann die dichterische 
im Testament adoptierte und zum Erben einsetzte Thatigkeit des C. im ersten Jahrzehnt des 2. Jhdts. 
(Nep. Att. 5, 2). Er hinterliess ihm zehn Mil- begonnen, um 180 ihren Hdhepunkt erreicht haben. 
lionen Sestertien und ein Haus auf dem Quirinal Wir lernen ans den Versen des Terenz , dass 
(ebd. 13, 2). Nach Val. Max. war er dem Lu- das Publicum dem C. anfanglich nicht giinstig 
cullus sehr zu Dank verpflichtet, und als er ihn 30 war. Die ,Gegner' trieben es so arg, dass er fast 
in seinem Testament Iiberging, erbitterte das den schon der Dichtkunst entsagen wollte und nur 
Pobel so, dass er die Leiche des C. schandete. seines Schauspieldirectors Bemiihungen ihm die 
Sein Grab lag am fiinften Meilenstein der Via ersten Erfolge brachten. Die Polgezeit vergalt 
Appia (Nep. Att. 22, 4). [Munzer.l ihm mit um so grOsserem Lobe; auf ihr Urteil 

24) Sex. Caeeilius oder Caecilius schlechthin sind wir, da nicht ganz 300 Verse und Versbruch- 
wird Ofter in den Digesten als romischer Jurist stiicke des C. erhalten sind (Bibbeck Com.' 2 
erwahnt. In den meisten Fallen (Lenel Pal. I p. 35ff.), im wesentlichen angewiesen. C. rangiert 
35f.; frg. 123—125. 127—130) haben wir es je- nicht nur bei Quintilian (Inst. X 1, 99) und Vel- 
doch mit dem bekannten Sex. Caecilius Africanus leius (I 17, 1) mit Plautus und Terenz, sondern 
zu thun (s. Nr. 29), in Dig. XXI 4, 14, 10 und XV 40 im Kanon des Volcacius Sedigitus (Gell. XV 24) 
2, 1, 7 ist aller Wahrscheinlichkeit nach Caelius sogar vor alien andern Palliatendichtern, und eben- 
(Sabinus) und in XXXIII 9 , 3, 9 sicher Aelius dahin stellte ihn, wenngleich nicht ohne Bedenken, 
(Sex. Aelius Catus, vgl. Gell. IV 1, 20) zu lesen. Cicero (de opt. gen. orat. 2). Varro (Men. 399 B. 
Zweifel konnte nur Dig. XXIV 1, 64 (Iavolenus und bei Charis. p. 241 K.) preist ihn wegen der 
I. VI ex posterioribus Labeonis : verum est quod Piihrung der Handlung, mit der er die na&t) zu 
Proeulus et Caecilius putant) erregen. Doch erregen wisse, im Gegensatz zur Charakterschilde- 
haben wir fur einen C, der dann spatestens ein rung des Terenz und dem Dialog des Plautus; 
Zeitgenosse des Iavolenus sein konnte, also dem auf dasselbe kommt es hinaus, wenn Horaz ep. 
1. Jhdt. n. Chr. angehSren wurde, sonst keinen II 1, 59 seine gravitas gegenliber der ars des 
Anhalt, so dass auch hier der Gedanke an den 50 Terenz riihmt. Diesen Vorzug verdankt C. gewiss 
bekannten Caelius Sabinusnahe liegt. Vgl. Momm- dem Umstande, dass er sich seine Vorbilder vor- 
sen Ztschr. f. R.-G. IX 92, 29. Buhl Ztschr. d. zugsweise bei Menander suchte (L e o Plaut. Forsch. 
Sav.-Stftg. II 181, 1; Salv. Iul. 68, 2. Karlowa 89); von etwa vierzig (oder, nach Ausschluss der 
B. B.-G. I 711f. Lenel Pal. I 35, 3. Bremer lateinischen, einigen dreissig) Titeln seiner Stiicke 
Iur. antehadr. I 13f. [Jers.] finden sich sechzehn auch bei Menander, elf nur 

25) Caecilius, mit Vornamen Statius (Gell. IV bei diesem ; sicher steht Nachahmung des Menander 
20, 12f., vgl. anon, de praenom. 4), hervorragen- fiir Hypobolimaeus Chaerestratus , Plocium und 
der Dichter der Palliata, ein Kelte vom Stamm Synephebi (Cic. de opt. gen. orat. 18; de fin. 
der Insubrer, vielleicht aus Mailand geburtig (Hie- I 4). tfber den Grad, in dem C. von seinen Vor- 
ronym. z. J. Abr. 1838 = 179 v. Chr.). Sclave 60 bildern abhangig war, hat man allerlei vermutet. 
geworden in einem der zahlreichen Kampfe zwi- Weil seine Titel teils nach plautinischer Art latei- 
schen den oberitalischen Kelten und den EOmern nisch teils nach terenzischer und turpilianischer 
wahrend des letzten Drittels des 3. Jhdts., muss er griechisch sind, glaubte Bitschl (Parerg. 145) 
von einem C. freigelassen worden sein (Gell. a. a. O.). eine altere Periode, in der C. nach Art des Plau- 
In Bom war er zuerst contubernalis des Ennius tus mit den Originalen freier schaltete, und eine 
auf dem Aventin (Hieron. a. a. O.; vgl. 0. Jahn jungere, in der er sich gleich den jiingeren Pal- 
Ber. sachs. Ges. d.Wiss. 1856, 298). Diesen (f 169) liatendichtern enger an die Griechen anschloss, 
uberlebte er nur uin ein Jahr nach dem aus- unterscheiden zu konnen; ja er dachte gar da- 



1191 Caecilius Caecilius 1192 

ran eine tTbergangsperiode zu constatieren , der mit Hypobolimaeus Bastraria und Hypobolimaeus 

die griechisch-lateinischen Doppeltitel angehoren Chaerestratus identisch ist, und bei Plocium, fiir 

sollten. Solcher Doppeltitel ist bezeugt fur Hypo- erheblichere Einzelheiten noch etwa bei Hymnis 

bolimaeus Rastraria, ausserdem die Identitat von und Synephebi eine Vorstellung machen (vgl. Bib- 

Hypoboliinaeus und Subditivos, Obolostates und beck zu den betreffenden Stiicken und B. Dicht. 

Faenerator hOchst wahrscheinlich. Aber es ist, I 2 127ff.; wertlos Schliiter De Caec. Stat, fabu- 

um von andern MtSglichkeiten abzusehen, sehr wohl larum fragmentis, Progr. Andernach 1884). Menan- 

denkbar, dass die Doppelbenennungen bei Wieder- ders 'Yno^oki/xaXog rj "Aygoixos hat eine gewisse 

auffiihrungen entstanden sind. Dass C. nie con- Ahnlichkeit mit seinen (d. h. Terenz) Adelphen 
taniiniert habe, will Leo a. a. 0. daraus schliessen, 10 besessen, eine grOssere Plocium mit der ebenfalls 

dass Terenz Andr. 18 den Gegnern der Conta- durch Terenz uns bekannten Hecyra Apollodors; 

ruination nur das Muster des Naevius, Plautus und naheres iiber den Inhalt des ersteren Stiickes, 

Ennius vorhalt; ein Argumentum ex silentio. Und zum Teil recht hypothetisch, bei Grauert Hist, 

gerade die Abkehr des Terenz von den Griechen u. philol. Analekten , Minister 1833, 75ff. (vgl. 
in einem andern wesentlichen Punkte mag auf EitschlParergap. XlVf.). RibbeckAgroikosll, 

eine Neuerung des C. zuriickgehen: die Loslosung iiber den des letzteren Gellius a. a. 0. Das Lob, 

des Prologs vom Stucke, um ihn zur ErOrterung das die alten Kunstrichter dem Inhalt der Stiicke 

persOnlicher Angelegenheiten und zur Polemik des C. spenden, wird auf die Form nicht ausge- 

gegen die adversarii zu beniitzen , wird Terenz dehnt. Cicero stellt den Insubrer als malus auetor 
dem C. abgesehen haben, dem er auch in Einzel- 20 latinitatis in Gegensatz zu Terenz (ad Att. VII 

heiten manches verdankt (z. B. Adelph. 985 e*» 3, 10), charakterisiert ihn und Pacuvius als male 

Caec. frg. 91; Phorm. 686 o» Caec. frg. 215; Andr. loeutos (Brut. 258) und citiert ihn verhaltnis- 

770 oj Caec. frg. 225). Uber das Verhaltnis des mSssig nicht hauflg (Kubik Dissert, phil. Vindob. 

C. zu seinen Originalen in Einzelheiten zu ur- I 314ff.). Thatsachlich ist die Sprache des C. 

teilen, ermOglicht uns das interessante Kapitel des weit altertiimlicher als die des Terenz (s. die zum 

Gellius II 23, in dem grossere Partien aus der Teil nur auf conjecturalen Lesarten beruhenden 

Komoedie Plocium mit dem menandrischen Ori- Zusammenstellungen in Engelbrechts Studia 

ginal verglichen werden. Dass in der ttbertragung Terentiana, Wien 1883, 78); nur ein Kennzeichen 

das simplex, die elegante Einfachheit des attischen dieses Archaismus ist die grosse Freiheit in der 
Dichters, verloren gegangen ist, muss man Gellius 30 Abstractbildung (puleritas 55, ineptitudo 61, eom- 

zugestehen. Auch die unappetitliche Zufflgung an memoramentum 166 nur bei C). Auch sonst fehlt 

einer Stelle (frg. 158ff.) ist nicht geschmackvoll, es nicht an Eigentilmlichkeiten in Wortform und 

selbst wenn die Anwendung des gleichen Scherzes -gebrauch: &rce| Xsy6f.isva sind deintegrare (nomen. 

bei Plautus (Asin. 894ff.) es glaublich erscheinen virginis) 255, dibalare 249, profluia fides 30, 

lassen sollte, dass er auch Attikern nicht fremd reluere im Sinn von , wieder einlosen' 105, die 

gewesen ist. Am wenigsten befriedigt die Wieder- Nominativbildungen immemoris masc. 81, uter 

gabe der allgemeinen Betrachtungen frg. 169ff.; = uterus 94; aus altem adprobe hat C. dieHypo- 

hier besteht Gellius Urteil iiber die Leistung des stase adprobus 228 geschaffen, die merkwiirdige 

C. trunea quaedam ex Menandro dicentis et Wendung operis remex 274 hat ihm Cicero de 
eonsareinaitiis verba tragiei twmoris zu recht. 40 orat. II 40 nachgebraucht. Was schliesslich die 

Aber im iibrigen hat Gellius zu Ungunsten des Metrik des C. angeht, so zeigt er die bekannten 

romischen Dichters iibertrieben. Die Hauptstelle Haupterscheinungen der archaischen Prosodie ; an 

(frg. 142ff.) ubertrifft Menanders Trimeter nicht Versarten finden sich, von dem oben besprochenen 

nur durch die kunstvollen, an Plautus (z. B. Bacch. Canticum und einigen baccheisch-kretischen Bruch- 

640ff.) erinnernden, von Terenz Eintonigkeit vor- sttickchen (117. 276; ganz unsicher 1081) abge- 

teilhaft abstechenden Ehythmen (erst, was bisher sehen , nur die iiblichen stichischen Formen der 

verkannt ist, anapaestische,danntrochaeische Lang- iambischen und trochaeischen Verse. Dass er 

verse , darauf Kretiker mit Senaren und kurzen Clauseln wie Terenz auch im Beginn von lyrischen 

trochaeischen Gliedern untermischt), sondern auch Stellen anwendete, berichtet Varro bei Euflnus 
durch die Lebendigkeit der Schilderung: der 50 GL VI 556. Vgl. W. S. Teuff el Caecilius Statius, 

Pantoffelheld fuhrt seine energische Eheliebste Pacuvius etc., Progr. Tubingen 1858. [Skutsch.j 

sprechend ein und weckt so im HOrer eine viel 26) T. Caecilius nennen Hss. des Livius (IV 

lebhaftere Vorstellung als das griechische Original 7, 1) einen der Militartribune mit consularischer 

mit seiner Objektivitat. Anderswo beweist da- Gewalt vom Jahre 310 = 344. Die richtige Les- 

gegen das Criterium, dessensichLeoa. a. O. lOlff. art ist vielmehr T. Cloelius. 

in ausgiebiger Weise fiir Plautus bedient hat, engen 27) T. Caecilius, primi pili centurio im Heer 

Anschluss an das Original: wenn frg. 259ff. genau der Pompeianer, flel bei Ilerda 705 = 49 (Caes. 

zu Euripides frg. 269 N. 2 stimmen, so ist der b. c. I 46, 5). [Miinzer.] 

attische Komiker das Zwischenglied , wie schon 28) Caecilius Aemilianus, der Statthalter der 
Meineke Frg. Com. IV p. 709 gesehen hat. Und 60 Baetica gewesen war, wurde auf Caracallas Befehl 

von jener Mischung der griechischen Farben mit getOtet, weil er das Orakel des Hercules Gadi- 

den romischen, die Plautus liebt, haben wir bei tanus.befragt hatte (Dio LXXVII 20). [Groag.] 

C. nur ganz geringe Spuren, so die caterva gla- 29) Sex. Caecilius Africanus, romischer Jurist. 

diatoria frg. 38, wahrend eieeit me ex hoc decuria Der voile Name begegnet nur einmal bei Ulpian 

frg.l5(vgl.Plaut.Pers.l43)undsiferwwmfrg.l22 (Dig. XXV 3, 3, 4), sonst heisst er Afrieanus (so 

nur im Wort latinisiert sind. Vom Gang der stets in den Inscriptionen der Digesten und Dig. 

Handlung konnen wir uns nur beim Hypoboli- XXXVHI 17, 2, 8) oder (Sex.) Caecilius (vgl. 

maeus oder Subditivos, der hOchst wahrscheinlich Ni. 24). Seine Lebenszeit fallt in die Mitte des 



1193 Caecilius Caecilius 1194 

2. Jhdts. n. Chr. Man halt ihn mit Eecht fur 1; 102 Abs. 1, 3. Abs. 2; 104; 107 pr.; 109; 

einen Zeitgenossen und Schiller Iulians: ersteres 110 pr. 1. 5. 8. 9; 111 pr.; 112 pr.; 113 Abs. 1. 

wird durch Dig. XXV 3, 3, 4 (wo ihm Mian ein 2; 114; 115 pr. 1; 116; 117, 1; 118 pr. 1; 121 

Besponsum erteilt) und Dig. XXX 39 pr. (wo ihn pr. 1. 3; 122), in anderen Stellen flnden wir die 

Lilian citiert; vgl. Mommsen Ztschr. f. E.-G. indirecte Eede ohne ein solches leitendes Verbum 

1X92,30) erwiesen, letzteres durch das Verhalt- (frg. 9 Abs. 1; 10; 25 Abs. 2; 33, 1; 36; 39; 

nis seiner Quaestionen zu dem grossen Meister 41 pr.; 46; 48, 13. 14; 62; 80; 95 Abs. 2; 98; 

glaubhaftgemacht(vgl. KarlowaI712f. Kriiger 102 pr. 1. 2). Sicherlich hatte Africanus in einem 

177. Buhllul. I 68f.). Natiirlich muss er dann uns verlorenen Teile seines Werkes angegeben, 
junge'r als dieser gewesen sein. Aller Wahr- 10 von wem diese Entscheidungen herrilhrten. Aber 

scheinlichkeit nach ist er auch der bei Gellius auch so konnen wir darilber kaum im Zweifel 

XX 1 erwahnte Sex. C. (in diseiplina iuris atque sein : wenn Africanus es fur der Miihe wert Melt, 

in legibus populi Romani noscendis interpre- neun Biicher mit den Meinungen eines andern 

tandisque seientia usus auctoritateque inlustris), zeitgenossischen Juristen zu fallen, so musste dies 

der mit dem Ehetor Favorinus liber das Zwolf- schon einer sein, der die Augen aller auf sich 

tafelgesetz disputiert : wenigstens lasst sich nichts gezogen hatte. Und als solcher kann um die 

Stichhaltiges gegen diese Verselbigung sagen (vgl. Mitte des 2. Jhdts. nur einer in Betracht kom- 

Zimmern I 351, 10. Karlowa I 177. Kriiger men: Salvius Iulianus. Innere wie aussere Grande 

177,25. Buhl Iul. I 68 und fur die Abfassungs- unterstiitzen diesen Wahrscheinlichkeitsschluss : 
zeit der Noctes Atticae Teuffel §365,5); dafiir 20 spatere Schriftsteller fiihren Aussprilche, die wir 

aber, dass Africanus die Quelle dieses Kapitels in den Quaestionen lesen, auf Iulian zuriick, der 

des Gellius gewesen sei (Dirksen Hinterl. Schr. iustinianische Jurist Dorotheos nennt (in den Scho- 

I 63) lasst sich nichts anfiihren. lien zu den Basiliken) geradezu Iulian als Subject 

Africanus Hauptwerk sind seine Quaestiones zu dem ait, respondit u. s. w. Ausfiihrlichere 

in neun Biichern (Ind. Flor. XVI; Pragmente bei Begriindung s. bei Buhl Ztschr. 194ff.; Iul. 77ff. 

Lenel Pal. I 2ff.; frg. 2— 122). Die Materien Schulin Ad Pand. tit. deorig. iur. lOff. Momm- 

scheinen willkiirlich geordnet zu sein: unsere sen Ztschr. f. E.-G. IX 90ff. Karlowa 713. Krii- 

Bruchstiicke, die sowohl das Civilrecht wie das ger 177, 26. Gegen diese Annahme spricht weder, 

Edictsrecht umfassen, deuten auf keines der be- dass Iulian bisweilen mit Namen genannt ist (frg. 
kannten Bechtssysteme (vgl. Lenel Pal. I 1, 2. 30 6; 24 Abs. 2, 1; 81, 4; 108; 121 pr.; vgl. Momm- 

Buhl Ztschr. 193; Iul. I 84f. Kriiger 178; die sen 91,28), noch dass verhaltnismassig wenige Aus- 

Ansicht von Voigt Abh. d. sachs. Ges. d. W. sprilche in den Quaestionen begegnen, die wir auch 

VII 343, dass den Quaestionen das System des in den Fragmenten von Iulians Digesten nachweisen 

Q. Mucius Scaevola zu Grande liege, ist, wie konnen (Buhl Ztschr. 196; Iul. 79). Uberhauptist 

Buhl und Kriiger dargethan haben, unhaltbar). es nicht wahrscheinlich, dass Africanus sein Mate- 

ttber die Abfassungszeit lasst sich nichts weiter rial aus den Schriften des Meisters,sondernerscheint 

mit Sicherheit ermitteln, als dass dem Africanus es aus den miindlichen Unterweisungen und Erorte- 

eine erst von Iulian in das Edict eingefiigte rungen von Bechtsfallen entlehnt zu haben : es ist 

Clausel bekannt war (Naheres s. bei Buhl Ztschr. in dieser Hinsicht bezeichnend, dass sich in den 

II 198f.; Iul. I 85. Kriiger 179; die weiteren 40 Quaestionen niemals ein dem ait, respondit (u. s. w.) 
von Buhl und Pitting Alt. d. Schr. 15 ver- paralleles seribit findet (vgl. Buhl Ztschr. 187; 
suchtenAnsatzemiissenzweifelhaftbleiben). Gegen Iul. 77ff. Mommsen 93f.). Aber die Quaestionen 
die Behauptung von Kalb (Eoms Juristen 66f.), des Africanus sind nicht bios Eeferat. Nicht 
dass die Quaestionen des Africanus den Compi- nur dass der Verfasser bisweilen Zusatze, nahere 
latoren Iustinians nur in einer aus der Zeit des Ausfiihrungen oder abweichende Ansichten hin- 
Modestinus stammenden tfberarbeitung vorgelegen zufugt (z. B. frg. 27; 46; 62; 75; 100 Abs. 1. 
hatten, wendet sich mit gutem Eecht Schulze 2; 109; 110, 7): es linden sich auch eine nicht 
(Ztschr. d. Sav.Stftg. XII 114ff.). Die Quaestionen unbetrachtliche Anzahl von Stellen, in denen 
weisen die herkommlichen Merkmale dieser Lit- er in der ersten Person (puto, existimo und dergl. 
teraturgattung (vgl. Bd. I S. 573. Kriiger 132f. 50 frg. 16; 24, 3; 29 pr.; 45; 46; 48, 2; 52 pr.; 
Karlowa I 669. Mommsen Ztschr. f. E.-G. IX 53; 54, 1; 55 (ego existimabam); 56, 2; 67 pr.; 
93f. Buhl Ztschr. 186ff.; Iul. I 72ff.) in reichem 70; 81, 3. 5; 99; 100 Abs. 1. Abs. 2, 1; 101; 
Masse auf (Nachweise bei Buhl a. a. O.). Die 103) oder ohne weiteres in directer Eede spricht 
Darstellung aber ist eine eigenartige: in den (frg. 2—5; 8 pr.; 11; 15 — 22; 24 Abs. 2; 26; 
meisten uns erhaltenen Bruchstiicken tragt der 33 pr. 2; 35; 44; 48 pr. 1.4. 5—8. 10. 11. 15; 
Verfasser die darin niedergelegten Meinungen und 52, 1—3; 56 pr. ; 57—59; 61, 1; 65; 66; 67, 
Entscheidungen nicht als seine eigenen, sondern 2; 68; 69; 74; 78; 81, 5; 82, 1; 83; 84; 86; 
als die eines ungenannten Juristen vor (respondit, 89, 3; 90, 1; 91; 94; 101 pr.; 105; 106; 107, 
ait, dieebat, negavit, existimat, putat, inquit, 1; 108; 110; 111, 1; 112, 1; 117; 119; 120; 
notat: s. frg. 7; 8, 1; 9 Abs. 2; 12; 13; 14; 22; 60 121, 2). Es ist wohl mdglich, dass auch in diesen 
24 Abs. 1 pr. 2. Abs. 2 pr. 5; 25 Abs. 1 pr. 1. Fragmenten manche Ansicht Iulians enthalten ist, 
2; 27 Abs. 1. 2; 28, 1. 2; 29, 1; 30; 31; 32; und dass die Compilatoren Iustinians hier oft- 
34 pr. 1; 37 Abs. 1. 2 pr.; 42 pr. 1. 2; 48, 3. mals den wahren Thatbestand entstellt haben 
9. 12; 49; 51 pr. 1: 54 pr.; 60 pr. 1; 61 pr.; (z. B. durch Streichung von inquit, vgl. Momm- 
63 pr. 1. 2; 64; 71; 72 pr. 1. 2. 3; 73; 75; sen 91, z. B. frg. 92, 1; 100 Abs. 1, wo das in- 
76; 77; 79 pr. 1; 81, 2; 82 pr. 2. 4. 5; 85? quit oder ait ohne weitere Anderungen hatte weg- 
87 pr. 1. 2. 3; 88 pr. 1. 2; 89 pr. 1. 2; 90 pr.; gelassen werden konnen; namentlich sind auch 
92 pr. 1; 93; 95 Abs. 1. 3; 97; 100 Abs. 1. 2, solche Stellen verdachtig, in denen directe und 



1195 Oaecilius Caecilius 1196 

indirecte Rede abwechseln). Aber dass dies iiberall 32) Caecilius Argicius Arborius s. Arborius 

der Fall sein sollte, ist wenig glaubhaft: dazu Nr. 1. 

sind derartige Stellen zu hauflg. Ein allgemeines 33) Caecilius Aristo, curfatorj oper(umJ pu- 

Merkmal fur eine Auseinandersetzung zwischen bl(ieorum) im J. 214 n. Ch. (CIL VI 31338 a). 

Mian und Africanus haben wir nicht, und fur Statthalter von Bithynien im J. 218 (Dio LXXVIII 

die Priifung der einzelnen Stellen, die auch nur 39, 5). Seine Gemahlin war in den Acta ludorum 

in wenigen Fallen zu einem sichern Ergebnis fiihrt, saecularium vom J. 204 (IV 14 , Ephem. epigr. 

ist hier kein Raum, so dass wir auf eine Ent- VIII p. 288) genannt (dass hier hochstens Frauen 

scheidung, wie viel von dem angefuhrten Material von Rittern genannt seien, wie Mommsen ebd. 
dem Iulian gebiihrt, verzichten mflssen. 10 p. 300 meint, lasst sich doch kaum erweisen, da 

Ausser den Quaestionen wird noch eine Schrift gerade die ersten Zeilen teils grosse Liicken, teils 

von Africanus Epistulae in mindestens zwanzig Namen bisher unbekannter PersOnlichkeiten auf- 

Biichern erwahnt, aus der nur ein Citat durch weisen). [Groag.] 

Iulian erhalten ist (Dig. XXX 39 pr. : Africanus 34) Caecilius Balbinus , unrichtige Namens- 

libro vicesimo epistularum apud Iulianum quae- form fur Caelius Balbinus bei Vict. Caes. 26, 7. 

rit, Lenel Pal. I 1; vgl. Mommsen Ztschr. 27, 6. S. unter D. Caelius Calvinus Balbinus. 

f. R.-G. IX 92, 30. Buhl Ztschr. 181 ; Iul. 69, 2. [Stein.] 

Krtiger 179, 36). Man hat hiergegen geltend 36) Unter dem Namen Caeeilius Balbus wird 

gemacht, dass ein Citat des augenscheinlich jfinge- von Ioannes Saresberiensis in seinem 1159 ab- 
ren Zeitgenossen bei Iulian , wenn auch nicht 20 gefassten Policraticus III 14 ein langeres Apo- 

unmSglich, so doch unwahrscheinlich sei. Aber phthegma citiert (ohne Buchtitel) ; von den weiter- 

die positiven Erklarungen, welche man den an- hin in demselben Kapitel des Policraticus erzahlten 

gefiihrten Worten gegeben hat (Zimmern 351, Anekdoten findet sich eine auf einem aus dem 

8. Fitting Alter d. Schr. 15: Antwort Iulians 14. Jhdt. stammenden Pergamentblatte der Ham- 

auf eine briefliche Anfrage des Africanus; Kar- burger Stadtbibliothek (vgl. Ch. Petersen Ver- 

lowa 714: Africanus im Anschluss an eine Mei- handl. Philol. Versamml. Cassel 1844, 109) wieder- 

nung Iulians), sind sprachlich nicht zu rechtfer- gegeben mit der Beifiigung Ceeilius balbus I. 3 

tigen: vgl. Kalb Roms Juristen 70, 2, dessen de nugis philosophorum, und in einer von Lin- 

eigener Meinung (Africanus im Anschluss an ein denbrog excerpierten Apophthegmen- und Sen- 
Werk Iulians, das den Titel Epistulae fiihrte) 30 tenzensammlung (schedae Lindenbrogianae, ex vet. 

entgegensteht, dass ein solches zwanzig Blicher ms. lib. sententiarum, abgedruckt bei Wolfflin 

starkes Werk des bekanntesten Iuristen bei den Caec. Balb. p. 13ff.) war drei (von siebzehn) Anek- 

Spateren doch sicherere Spuren hatte hinterlassen doten, die mit Ioann. Saresb. policr. V 17 und 

mflssen. Die weitere Vermutung von Kalb, dass III 14 ubereinstimmen, beigeschrieben Caeeilius 

die in den Digesten excerpierten Quaestiones des Balbus lib. Illldenug. Philosopher, hezvr. Libr. 3 

Africanus als eine Verarbeitung jener Epistulae und Ex lib. Ill, wonach Lindendrog das Ganze 

des Iulian aufzufassen sei, steht so sehr in der mit fragmenta Caeeili Balbi de nugis philoso- 

Luft, dass sie auf sich beruhen kann. phorum iiberschrieb. Aber ein solches Buch des 

Ob Africanus noch andere Schriften hinter- C. B. hat nie existiert, sondern die angefuhrten 
lassen hat, muss zweifelhaft bleiben. Mommsen 40 Stellen geben samtlich mit den Worten de nugis 

(92, 29) hat auf Grund von frg. 123. 127 — 129 philosophorum den Policraticus als ihre Quelle an, 

eine Schrift de adulteriis vermutet, weil Erorte- da dieses Werk sehr hauflg nach seinem Neben- 

rungen iiber iudieia publica den Digesten Iulians titel de nugis curialium et vestigiis philoso- 

und iiberhaupt der Quaestionenlitteratur fremd phorum abgekflrzt als de nugis philosophorum 

gewesen seien. Aber schon Buhl (Ztschr. II citiert wird; auch der Name Caecilius Balbus ist 

181, 1) hat auf die Unrichtigkeit dieser Voraus- diesem Werke entnommen, indem er falschlich 

setzung hingewiesen (vgl. Lenel Pal. I 483 frg. statt auf das Apophthegma auf die nachfolgenden 

832. 833) ; auch einer Einreihung dieser Stellen in Anekdoten bezogen wurde. 

die Epistulae wflrde gewiss nichts im Wege stehen. Fur die Entstehungsgeschichte dieses Irrtums 
Noch weniger lasst sich ffir die Existenz zweier 50 ist wichtig die Thatsache, dass Ioannes Walensis 

Schriften de fideicommissis un&ad SC. Tertullia- (t 1285; vgl. iiber ihn V. Rose De Aristot. libr. 

num, welche Mommsen aus frg. 130 und 126 ordine et auctoritate [1854] 248), der den Policra- 

entnehmen will, anfiihren. ticus oft unter dem Titel de nugis philosophorum 

Neuere Litteratur: Zimmern Gesch. d. R. citiert, das Apophthegma des Caecilius Balbus zwei- 

Privatrechts I 350. Rudorff R. R. G. I 176. mal anfiihrt, einmal (communiloqu. I 8, 2) in der 

T euffel in PaulysR-E. 12 510; R.L.-G.§360, 3. Form Et Poll li. Ill e. XIII Egregieinquit Ceeilius 

Karlowa R. R. G. I 711. Buhl Ztschr. d. Sav.- Balbus u. s. w., das andre Mal (breviloqu. II 4) et 

Stftg. II 180ff. ; Salvius Iulianus I 67ff. Krflger ideo ait Celius Baldus prout legitur li. Hide 

Quell, und Litt. d. R. R. 177ff. [Jdrs.] nugis philosophorum u. s. w. Diese letztere Citier- 

30) Caecilius Agricola, gehorte zum Kreis des 60 weise hat namlich schon bei mittelalterlichen Be- 
Plautianus, wurde nach dem Sturze des letzteren nfltzern des Ioannes Walensis dahin gefiihrt, samt- 
(im J. 205 n. Chr.) zum Tode verurteilt und starb, liche unter dem Titel de nugis philosophorum 
indem er sich die Adern Offhete; novr\Qia. 81 xai angefuhrte Stellen mit dem Autornamen Caecilius 
aosXyeiq ovdevos avd'QOjTiojv SsvrsQOs &v. Dio ep. Balbus zu versehen, bis der so gelaufig gewordene 
LXXVI 5, 6. [Stein.] Titel dann zuweilen auch solchen Stflcken mittel- 

31) P. Caecilius Allenius Faustus Maximus alterlicher Spruchsammlungen vorgesetzt wurde, 
Severianus, Consul (suffectus) in unbekanntem die nicht aus Ioannes Saresberiensis stammten. 
Jahre. CIL VI 1362. [Groag.] Dieser Sachverhalt ist durch A. Reiffer- 



1197 Caecilius Caecilius 1198 

scheid (Rh. Mus. XVI 1861, 12ff.) und Val. Rose 0. Friedrichs Ausgabe des Publilius Syrus (Be- 

(Hermes I 1866, 394ff.) festgestellt und damit rolini 1880) p. lOff. 81ff. _ [Wissowa.] 
eine Hypothese vonE. Wolfflin beseitigt worden, 36) Q. Caecilius Bassus. tiber seine Anfange 

die aus Caecilius Balbus einen verschollenen Schrift- liegen zwei abweicbendeBerichte vor. Der eine stent 

steller des 1 . Jhdts. der Kaiserzeit machte. W 6' 1 f f - nur bei Appian (b. c. Ill 77. IV 58) : im J. 707 = 47 

lin verOffentlichte im J. 1855 eine lateinische habe Caesar die Statthalterscnaft von Syrien 

Sammlung prosaischer Sprfiche und Sentenzen, die seinem jungen Verwandten Sex. Caesar iibertragen 

uns in Ausziigen verschiedenen Umfanges einerseits und ihm als erfahrenen Berater , besonders fur 

(<P) in einer ehemals Preisinger Hs. (jetzt Monac. den Partherkrieg, den C. beigegeben; indes Sextus 
6292 saec. X), andererseits — kiirzer (<p) — in 10 habe dessen Ratschlage nicht beachtet, ihn selbst 

mehreren Pariser Hss. vorliegt (Caecilii Balbi de schimpflich behandelt und sei von seinen Soldaten, 

nugis philosophorum quae supersunt. E codicibus die sich deshalb empOrten , erschlagen worden ; 

et auctoribus vetustis eruit, nunc primum edidit, daraufhin habe C. aus Furcht vor der Rache des 

commentario et dissertatione illustravit Eduardus Dictators gemeinsame Sache roit den Meuterern 

Woelf f tin, Basileae 1855; vgl. dazu die zustim- gemacht. Den Ubergang von dieser Version zu 

mende Besprechung von J. Maehly Jahrb. f. der zweiten bilden bei App. Ill 77 die Worte: 

Philol. LXXI 459ff. und die Polemik zwischen H. <5<5« fiev xiai tceqI zov Bdaaov doxeT, Aijiayvi Sk 

Diintzer und Wolfflin ebd. 654ff. LXXIII 188ff. xxX. Hier hat Perizonius an Stelle des Aifimvi 

554ff.). Da sich einige der in dieser anonymen den Namen des T. Livius eingesetzt (Peter Rell. 
Sammlung iiberlieferten Ausspruche auch in den 20 hist. Rom I p. CCCLXVI. E. Schwartz o. Bd. II 

schedae Lindenbrogianae finden, glaubte Wolff- S. 226), wahrend neuerdings WachsmuthEinl.in 

lin den dort vorkommenden Namen des Caecilius d. Stud. d. alten Gesch. 144, 3 und Kornemann 

Balbus auf die ganze von ihm edierte Sammlung Jahrb. f. Phil. Suppl. XXII 651 die Uberlieferung 

beziehen zu diirfen und kniipfte daran Unter- verteidigen und an L. Scribonius Libo denken. Je- 

suchungen fiber Zeit und Eigenart dieses ver- denfalls ist die Darstellung dieser Quelle glaub- 

meintlichen Autors, auf die hier um so weniger wiirdiger, als die erste. Denn sie findet sich 

eingegangen zu werden braucht, als Wolfflin auch bei Autoren, die nicht von Livius abhangen, 

seine Ansicht auf Grund der Reifferscheidschen sie hat eine grOssere innere Wahrscheinlichkeit, 

Abhandlung selbst vollstandig preisgegeben hat und die Art, wie Cicero beini ersten Auftreten 
(Rh. Mus. XVI 1861, 615f. und in dieser R.-E. 30 des C. von ihm spricht (Herbst 708 = 46, ad fam. 

12 2244f.). Der Name Caecilius Balbus bleibt XII 18, 1 iste neseio qui C. B.), passt viel besser 

auf die eine Stelle des loannes Saresberiensis be- auf einen unbekannten Abenteurer, als auf einen 

schrankt, wenn auch die Prage, wie dieser zu erprobten caesarischen Officier. Demnach war 

dem Namen kam, noch nicht endgiiltig gelflst ist ; C. ein rOmischer Bitter, der im Burgerkriege unter 

Reifferscheid (a. a. 0. 16ff.; dagegen Wolff- Pompeius gefochten und sich nach dessen Nieder- 

lin ebd. 616f.) vermutet, dass darin der will- lage nach Tyros gerettet hatte. Hier kniipfte 

kiirlich umgestaltete Name des jflngeren Plinius er insgeheim mit alten Parteigenossen und rait 

(Caecilius Plinius Secundus) stecke, in dessen Mannschaften der Garnison Verbindungen an, 

Panegyricus auf Traian sich so starke An- wurde festgenommen , aber wieder losgelassen. 
klange an die Stelle des Policraticus finden, dass 40 Nun verbreitete er das Gerucht, Caesars Gegner 

diese allenfalls ein freies Citat daraus darstellen hatten im africanischen Kriege gesiegt und ihn 

kOnnte. selbst mit der Provinz Syrien belehnt, und erhob 

Was die einst falschlich mit dem Namen des offen die Pahne des Aufruhrs. Zwar wurde er 

Caecilius Balbus in Verbindung gebrachte Sen- zuerst von Sex. Caesar besiegt , aber er zog dessen 

tenzen- und Apophthegmensammlung anlangt, so Truppen auf seine Seite, und sie ermordeten ihren 

ergiebt sich fur ihre Entstehungszeit ein Ter- Peldherrn (Cic. Deiot. 25. Schol. Ambros. z. d. St. 

minus ante quem daraus, dass um die Mitte des p. 373 Or. Liv. ep. CXIV. App. Dio XL VII 

9. Jhdts. der Ire Sedulius in die von ihm hernihrende 26,3 — 7). C. folgte den Truppen, die Caesar 

Excerptensammlung der bekannten Hs. von Cues treu blieben, bis nach Kilikien, setzte sich dann 
an der Mosel (C 14 saec. XII) den kiirzeren Aus- 50 in Apamea fest und verstarkte sich auf jede Weise, 

zug (<p) aus dieser Sammlung fast vollstandig auf- so dass er bald iiber zwei Legionen gebot (Dio 

genommen hat, sowie dass die aus derselben Zeit c. 27, 1. Strab. XVI 753. Jos. ant. XIV 268; 

herriihrenden Collectaneen des Heiric von Auxerre bell. I 216). Er behauptete sich gegen C. An- 

(cod. Paris. 8818 saec. XI u. a., s. L. Traube Rh. tistius Vetus, der ihn belagerte, erhielt Hiilfe 

Mus. XLVII 1892, 561) diesen Auszug <p ganz von einem Araberhauptling Alchandonios oder 

enthalten (s. L. Traube Roma nobilis 73ff. = Alchaidamnos und sogar von dem PartherkOnige 

Abhdl. Akad. Munchen XIX 2, 369ff.). Damit Pacorus (Cic. ad Att. XIV 9, 3. Dio c. 27, 2—5. 

wird der Ursprung der Originalsammlung, aus der Strab. a. 0.) und scheint auch in Onterhand- 

und 9? Excerpte sind, jedenfalls noch ins spatere lungen mit Deiotaros von Galatien eingetreten 
Altertum hinaufgenickt ; im wesentlichen war es 60 zu sein (Cic. Deiot. 23). Jetzt riickte aber der 

eine lateinische Bearbeitung eines griechischen neue von Caesar gesandte Statthalter Statius 

Plorilegiums, die aber an einer Reihe von Stellen Murcus mit drei Legionen gegen Apamea, mit 

aus Publiliussammlungen (s. Publilius Syrus) ihm vereinigte sich sein bithynischer College Mar- 

interpoliert war; vgl. W.Meyer Die Sammlungen cius Crispus an der Spitze einer ebenso starken 

der Spruchverse des Publ. Syrus (Leipzig 1877) 44 Macht, und beide begannen die Stadt zu belagern 

— 46. J. Scheibmaier De sententiis quas (App. Dio Strab. Joseph, aa. 00.). Auch nach- 

dicunt Caecilii Balbi, Diss. Munchen 1879; kein dem in Rom Caesar unter den Dolchen der Ver- 

Gewinn fur Caecilius Balbus ergiebt sich aus schworenen gefallen war, liessen sie davon nicht 



1199 Caecilius Caecilius 1200 

ab, woraufhin naturgemass die Partei der Morder lich freigesprochen wurden. Plin. epist. Ill 4. 

den C. zu den Ihrigen rechnete (Cic. ad fam. XI 9. VI 29, 8. [Groag.] 

1, 4; Phil. XI 32). Um die Wende des Jahres 43) C. Caecilius Cornutus, Volkstribun 693 

710 = 44 erschien C. Cassius als Propraetor in = 61 und Anhanger der Senatspartei (als Pseudo- 

Syrien ; das Belagerungsheer erkannte ihn als cato bezeichnet von Cic. ad Att. I 14, 6), vielleicht 

Piihrer an, C. weigerte sich dessen, aber seine der 695 = 59 erwahnte C. Caecilius (Cic. Place. 

Truppen erklarten sich fiir Cassius (Cic. ad fam. 89), Praetor 697 = 57, verwandte sich damals 

XII 11, 1. 12, 3. Dio c. 28, 1. App. IV 58. Jos. fiir Ciceros Riickkehr aus dem Exil (Cic. p. red. 

ant. XIV 219; bell. 1272). Unter dessen Befehl 23) und war im Jahre darauf Statthalter von 
einigten sich dadurch samtliche syrischen Legionen ; 10 Bithynien (Mrinzen von Amisus Borghesi Oeuvres 

C, der nicht unter ihm dienen wollte, wurde von I 463. Catal. of greek coins, Pontus u. s. w. 21). 
ihm ungekrankt entlassen (Dio 28, 4) und hatte 44) M. Caecilius Cornutus. Der Gentilname 

seine Rolle ausgespielt. [Mtinzer.] ist zwar bei diesem und bei dem Folgenden nicht 

37) Caecilius Capella, Christenverfolger, der bei ausdriicklich iiberliefert, kann aber als gesichert 
der Eroberung von Byzanz durch Severus (196 n. betrachtet werden. M. Cornutus ist vielleicht 
Chr.) umkam. Tertullian. ad Scap. 3. [Groag.] Vater von Nr. 43, hatte die Praetur bekleidet 

38) Caecilius Celer, bald nach Domitians Tod und war spater Legat im Bundesgenossenkriege 
(18. Sept. 96 n. Chr.) von M. Aquillius Regulus (Cic. Font. 43). Als Anhanger Sullas ware er 
angegangen , um ihn mit Plinius zu versChnen nach der Riickkehr des Marius und Cinna 667 = 87 
(Plin. ep. 15, 8). An denselben ist vielleicht 20 deren Rache zum Opfer gefallen, wenn ihn nicht 
ep. VII 17 {Geleri suo) gerichtet. [Stein.] eine List seiner Sclaven gerettet hatte; sie gaben 

39) L. Caecilius L. f. Celer Rectus, Quaestor ihn namlich fiir tot aus (App. b. c. I 73. Plut. Mar. 
von Baetica, Volkstribun, Praetor (CIL II 190 43, 9), und er entkam nach Gallien (Plut.). 
Olisipo). 45) M. Caecilius Cornutus stent gewiss in ver- 

40) L. Caecilius L. f. Gilo, quattuorvir afedi- wandtschaffclichem Zusammenhang mit den beiden 
licia) pfotestate) in Comum, setzte sich, seinen Vorhergehenden. Er war Praetor urbanus 71 1 = 43 
Sehnen (?) L. Caecilius L. f. Valens und P. Cae- und ubernahm die Vertretung dei Consuln , als 
cilius L. f. Secundus und seiner contubernalis diese beide gegen Antonius ins Peld riickten und 
Lutulla Pieti f, die Grabschrift CIL V 5279. besonders, als der unerhorte Fall eintrat, dass 
Mom m sen erblickte in ihm den leiblichen Vater 30 sie beide fast gleichzeitig den Tod fanden (Cic. 
des jiingeren Plinius und in P. Caecilius Secundus ad fam. X 12, 3. 16, 1; Phil. XIV 37. Val. Max. 
diesen selbst (Herm. Ill 60f.). Doch giebt er V 2, 10). Wenige Monate spater, als Octavian 
jetzt selbst zu, dass auch L. Caecilius Secundus sein Heer gegen Rom fiihrte und die Truppen 
(Nr. 115) als Plinius Vater angesehen werden konne. in der Stadt zu ihm iibergingen, legte Cornutus 
Die letztere Annahme ist zwar gleichfalls unsicher, selbst Hand an sich (App. b. c. Ill 92). trber 
aber noch eher zu billigen, weil die Beziehung seine Nachkommen vgl. Hula Arch.-epigr. Mitt, 
von CIL V 5279 auf die Familie des Plinius zu XV 28. Mommsen Eph. epigr. VIII p. 304. 
bedenklichen Schliissen beziiglich der Mutter des- Hiilsen ebd. p. 318. [Miinzer.] 
selben fiihrt. Uberdies spricht die Wahrschein- 46) M. (Caecilius) Cornutus, frater Arvalis in den 
lichkeit dafiir, dass Plinius vor der Adoption C. 40 Jahren 733 = 21 und 734 = 20 v. Chr. (Ephem. 
Caecilius Secundus hiess, da er sonst nach dem epigr. VIII p. 316 Acta Arvalium). Wohl Sohn 
Gebrauche seiner Zeit auch das friiher gefiihrte von Nr. 45. Beziiglich der Zeitbestimmung vgl. 
Praenomen nicht aufgegeben hatte (vgl. z. B. den Hula Arch.-epigr. Mitt. XV 1892, 23 — 28, da- 
Namen seines Zeitgenossen M. Eppuleius Proculus gegen Mo mm sen Ephem. epigr. VIII p. 303 — 308. 
Ti. Caepio Hispo u. v. a.). [Groag.] 47) M. Caecilius Cornutus, frater Arvalis in 

41) Q. Caieilius Oisiaeus Septieius Piea den Jahren 14, 20 und 21 n. Chr. (CIL VI 2023 
Caicilianus, procurfator) Augustor(um) et pro a. b. Ephem. epigr. VIII p. 318), curator loeorum 
legfatoj provincial Raitiai et VindelicfiaiJ et publicorum wdicandorum unter Tiberius (CIL 
vallis Poenin(ai), augur, flamen divi Aug(usti) VI 1267 a. b. 31573. 31574), war als Praetorier 
et Romai, CIL V 3936 = Dessau 1348. Die50im J. 24 in den Process des Vibius Serenus ver- 
Augusti, deren Procurator er war, sind wohl Kaiser wickelt, totete sich selbst (Tac. ann. IV 28. 30). 
Marcus und Verus. Vgl. Mommsen Eph. epigr. Wohl Sohn von Nr. 46. [Groag.] 
IV p. 519f. O. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. 48) Sex. Caecilius Q.f. Quir(ina) Orescens 
1889, 430f. [Stein.] Volusicmus,praefect(us)fab(rum),advoeatusfisei 

42) Caecilius Classicus, aus Africa, homo foedus Romae, procurator [X]X herfeditatium), ab epi- 
et aperte malus, Proconsul der Baetica in dem- stu[l(is) dijvi Antonini (J. 138 — 161), ab epi- 
selben Jahre, in welchem Marius Priscus den Pro- stu[L] Augustorum (namlich Marcus und Verus, 
consulat von Africa bekleidete. Seine Verwaltung J." 161 — 169) ; sacerdos curio saeris faeiendis, 
war hart und schlecht ; doch kam er der Anklage patronus munieipii (von Thuburbo Minus), CIL 
durch zufalligen oder freiwilligen Tod zuvor. 60 VIII 1174 = Dessau 1451. [Stein.] 
Nichtsdestoweniger bestand die Provinz auf der 49) L. Caecilius Denter, war Praetor 572 = 182 
Anklage auch des Toten und seiner Helfershelfer. (Liv. XXXIX 56, 5) und verwaltete als solcher 
Sie wurde im J. 99 (so Asbach Rh. Mus. XXXVI Sicilien (Liv. XXXX 1, 2). 

1881, 39ff.) von Plinius d. J. und Lucceius Albinus 50) M. Caecilius Denter, wohl ein Bruder des 

vertreten, denen es gelang, des C. Schuld zu er- Vorhergehenden, wurde 581 = 173 als Gesandter 

weisen. In den Process waren auch die Gattin nach Makedonien und Griechenland geschickt (Liv. 

des C, Casta, seine Tochter und sein Schwieger- XLII 6, 5). [Miinzer.] 

sohn Cluvius Fuscus verwickelt, die jedoch samt- 51) Caecilius Dextrianus, Procurator aquarum 



1201 Caecilius Caecilius 1202 

im J. 161 n. Chr., R. Lanciani Silloge epigr. eol. Pisaurensium, Ug(atus) leg(ionis) XIII. Qe- 

aquaria (Topografla di Roma antica. Rom 1880) minae (CIL III 1011. 1012. 1013 Apulum), so- 

227 nr. 108. [Stein.] dalis Augustalis, procos. provinciae Baetieae. 

52) Q. Caecilius Dio aus Halaesa in Sicilien (CIL VIII 8207 Mileu). 

wurde von Q. Metellus Creticus mit dem Burger- 61) L. Tettius Nonius Caecilius Lysias s. 

recht beschenkt (Cic. Verr. II 19ff.). [Miinzer.] unter Tettius. 

53) Q. Caecilius Epirota, Grammatiker, aus 62) Caecilius Macrinus (der Gentilname im 
Tusculum gebiirtig, Freigelassener des T. Pom- Codex Ashburnhamensis) , Preund des jiingeren 
ponius Atticus. Sein Name erklart sich daraus, Plinius, der an ihn epist. Ill 4 schrieb. An den- 
dass Atticus bekanntlich von seinem Mutterbruder 10 selben sind vielleicht die Briefe II 7. VII 6. 10. 
Q. Caecilius testamentarisch adoptiert wurde (Nep. VIII 17. IX 4 gerichtet, die nur die Adresse 
Att. 5) und darnach eigentlich Q. Caecilius Q. Macrino tragen. Dagegen ist VIII 5 wohl nicht 
/. Pomponianus Atticus Mess (Cic. ad Att. Ill (Caecilius) Macrinus gemeint. 

20). Als Lehrer der Pomponia, der Tochter des 63) Q. Caecilius Q. f. Arn(ensis) Marcellus 

Atticus und Gemahlin des M. Agrippa, wurde C. qu(aestor) provfinciae) Narbone(n)sis, tr(ibunus) 

unerlaubter Beziehungen zu ihr beschuldigt und pl(ebis), pr(aetor) : in utroqu(e) honor e candidates 

verbannt (724 = 30 oder 725 = 29, da im darauf- divi Traiani Aug(usti), leg(atus) pro pr(detore) 

folgenden Jahr Agrippa schon Marcella heiratete; prov(inciae) Narbon(ensis) et prov(inciae) Bae- 

vgl. Gardthausen Augustus II 2, 447). Er ticae, procos. prov. Siciliae (CIL XIV 2498 ager 
begab sich zu dem Praefecten von Agypten, C. 20 Tusculanus). Wahrscheinlich Vater von Nr. 64. 

Cornelius Gallus, dem bekannten Eclogendichter, 64) Q. Caecilius Q. f. Am(ensis) Marcellus 

der ihn freundschaftlich aufhahm, und der sich Dentilianus (Q. Caecilius Dentilianus im Mili- 

angeblich dadurch die Gunst des Augustus ver- tardiplom, s. u.) X vir stlitibfusj iudicfandisj, 

scherzte. Nach der Katastrophe des Gallus (727 trib(unus) milfitum) legfionisj XL Cl(audiae) 

= 27 oder 728 = 26) eroffhete C. eine Schule, piaefid(elis),[qiiaest.] provinc. Afric(ae),aed(ilis) 

in der er nur einen kleinen Kreis von Junglingen eurfiilis) candidatus divi Hadriani — vgl.Momm- 

meist reiferen Alters unterrichtete. Er soil der sen St.-R. IIS 926, 4 — , pr(aetor) candidatus 

erste gewesen sein, der in lateinischer Sprache eiusdem, leg(atus) provinc. Cretae Oyrenarfum), 

aus dem Stegreif disputierte und Vergil sowie leg. provinc. Hispan(iae), procos. provinc. Cre- 
andere zeitgencissische Dichter erklarte, wofur er30foe Cyrenar., leg. leg. XII. Fulminatae, leg. 

von dem Epigrammatiker Domitius Marsus ver- Augfusti) pr(o) pr(aetore) provinciae Calliae 

spottet wurde. Suet, de gramm. 16. [Stein.] Aquitanicae (CIL VIII Suppl. 14291 = Dessau 

54) A. Caecilius Paustinus, Consul suffectus 1096. VIII Suppl. 14292 Thibiuca). Consul suf- 
am 14. August 99 n. Chr. mit Q. Fabius Bar- fectus am 5. Mai 167 (also lange nach seiner Prae- 
barus (CIL III Suppl. p. 1970 Dipl. XXX. p. tur, in der er Candidat des 138 verstorbenen 
1971 Dipl. XXXI). Legat von Moesia inferior Hadrian war) mit M. Antonius Pallas (CEL III 
im J. 105 (CIL III p. 865 Dipl. XXII). Pro- p. 888 Dipl. XLVT = Suppl. p. 1992). Wahr- 
consul von Africa im J. 116; dedicierte als solcher scheinlich Sohn von Nr. 63. 

dem Kaiser Traian den Triumphbogen von Makter 65) Caec(ilius) Maternus, Legat von Thracien 
(CIL VIII Suppl. 11798). [Groag.] 40 unter Commodus (Munzen von Philippopolis : Po- 

55) Q. Caecilius L. f. Qal(eria) JPronto, stolakkas KaraXoyog rmv dg^aiW vofiio/idrcov 
quaest(or), Ilvir (beides in Tarraco); proeurat(or) p. 147 nr. 1020. 1021; von Pautalia: Mionnet I 
AugCustiJ. CIL II 4139 (Tarraco). [Stein.] 398 nr. 237; Suppl. II 373f. nr. 1010. 1011. 

56) M. Caecilius Fuseianus Crep[e]reianus 1012) im J. 187 (Bull. hell. VI 1882, 181 nr. 3). 
F [I] or [i] anus, Legat von Arabia, Vater von 66) Caecilius Maximus, an den Kaiser Pius 
Nr. 106 (CIL III 93 Bostra). Vgl. auch Nr. 108. ein Rescript beziiglich der Delatoren und ihrer 

[Groag.] Auftraggeber richtete. Callistr. Dig. XLIX 14, 2, 5. 

57) Caecil(ius) Hermianus, o xq&i(iotoc;J, [djov- 67) L. Caecilius Maximus, c(larissimus) v(ir), 
xfrjJvdfQtoJs [sjjil ovpflovAiov (= consiliarius) Patron von Canusium im J. 223 n. Chr., ClL IX 
rod 2ef>[aoxov], jiQoordrrjS rijg /j,[rj]xQcm6X(ecoe) 50 338 I 18. 

(dig) vecoxogfov] 'AvxvQag (= patronus), Bull. 68) Q. CaefeiliusJ Maximus, cflarissimusj 

hell. VII (1883) 16 nr. 3. Seine Nachkommen p(uer), Christ, in der Krypta der hi. Lucina be- 

gehorten schon dem Senatorenstand an (die In- graben. De Rossi Roina sotterranea I 311 

schrift nennt ihn jiareQa xal najcnov ovvx[lr}x]i- Tafel XXXI 5. [Groag.] 

[x&v]). Aus der zweiten Halfte des 3. Jhdts. 69ff.) Caecilius Metellus. Den Beinamen sucht 

n. Chr., wegen des dig vscoxSqov, das erst seit Pest. p. 146 zu erklaren. Die Meteller gehoren 

Valerian und Gallienus (253 — 268) vorkommt in den beiden letzten Jahrhunderten der Repu- 

(Ramsay). Vgl. Mommsen St.-R. lis 989. blik zu den hervorragendsten romischen Familien. 

68) C. Caecilius C. l(ibertus) Isidorus, als Bei- Als ihre glanzendste Zeit bezeichnet Velleius (II 
spiel eines sehr reichen Mannes angefuhrt, starb6011, 3) das zweite Drittel des 7. Jhdts., quippe 

im J. 746 = 8. Plin. n. h. XXXIII 135. intra duodecim ferme annos huius temporis con- 

59) [GJaecilius [I]u[v]entianus, proefurator) sules fuere Metelli aut censores aut triumpha- 
Aug(usti), von Noricum, CIL III 5182 (Celeia). runt amplius duodecies, unci in der That zahlen 
Vielleicht derselbe, an den ein Rescript des Kaisers wir von 631 = 123 bis 652 = 102 sechs Consuln, 
Pius, erwahnt bei Arcadius Charisius Dig. XLVIII funf Triumphatoren und vier Censoren aus diesem 
18, 10 pr. [Stein.] Hause. Der gebrauchlichste Vorname war bei 

60) Q. Caecilius C. f. Quir(ina) Laetus prae- ihnen Q. , daher lassen sich manche Inschriften 
[tor], curator ool(oniae) Formianorum, curator und Munzen mit Q. Caecilius Metellus nicht be- 



1203 Caecilius Caecilius 1204 

stimmten Personlichkeiten zuteilen; jungere Sohne VII 139. XVIII 17. Sen. brev. vitae 13, 8), die auf 

ffihren die Praenomina L., M., G. Ihre Tribus eigens construierten FlOssen iiber die sicilische 

war vielleicht die Arnensis (SC. de Adramytt. Meerenge geschaflt waren (Zon. Plin. n. h. VIII 

Viereck Sermo graecus 23 nr. 15, 10, doch Me- 16. Frontin. I 7, 1). Seit dieser Zeit erscheint 

tellus Scipio [Nr. 99] in der Tribus Fabia , SC. der Elefant gewissermassen als Wappentier haufig 

bei Cic. ad fam. VIII 8, 5. 6) ; ihr Familiengrab auf Munzen der Meteller. 505 = 249 war C. Keiter- 

lag an der Via Appia vor der Porta Capena (Cic. oberst des Dictators A. Atilius Calatinus auf Si- 

Tusc. I 13; das Monument der Caecilia Metella cilien (f. Cap. Plin. Zon. VIII 15), 507 = 247 

liegt etwa 4 km. vor diesem Thor). Die Geschichte zum zweitenmale Consul (f. Cap. Chronogr. Idat. 
des Geschlechts bis zur Gracchenzeit behandelt 10 Chron. pasch. Cassiod. Plin.) und wiederum Ober- 

Wende De Caeciliis Metellis I. Bonn 1875; s. befehlshaber auf dieser Insel (Zonar. VIII 16), 

die Stammtafel unten S. 1229f. 530 = 224 Dictator eomitiorum habendorum 

69) Caecilius Metellus, gestorben 698 = 56 causa (f. Cap. Plin.) und in einem unbekannten 
(Cic. ad Att. IV 7, 1); welcher von den bekannten Jahre Quindecimvir agris dandis (Plin.). Die 
Metellern dies sein kOnnte, ist nicht festzustellen. Wurde des Pontifex Maximus hatte er von 511 

70) Caecilius Metellus, Parteiganger des An- = 243 bis zu seinem Tode 533 = 221 inne (Cic. 
tonius, wurde 723 = 31 bei Actium gefangen Cato 30. Val. Max. VIII 13, 2). In dieser Eigen- 
und spater in Samos vor des Siegers Gericht ge- schaft untersagte er 512 = 242 dem Consul A. 
stellt ; erst bei dieser Gelegenheit erkannte ihn Postumius, den Befehl iiber das Heer in Africa zu 
sein Sohn, der auf Octavians Seiten gestanden 20 iibernehmen, weil er als Plamen des Mars die Stadt 
hatte, und erbat von diesem seine Begnadigung nicht verlassen diirfe (Liv. ep. XIX. XXXVII 
(App. b. c. IV 42). Der Vater ist vielleicht mit 51, If. Val. Max. I 1, 2. Tac. ann. HI 71). Bei 
Nr. 79 gleichzusetzen, doch sind alle Identiflcie- dem Brande des Vestatempels 513 = 241 rettete 
rungsversuche (vgl. Klovekorn De proscriptio- er das Palladium aus den Flammen, verlor aber da- 
nibus a triumviris factis [Konigsberg 1891] 76f.) bei der Tradition nach das Augenlicht (Cic. Scaur, 
nicht uberzeugend. 48. Liv. ep. XIX. Plin. n. h. VII 141. Ampel. ' 

71) C. Caecilius Metellus, Senator 672 = 82, 20, 11. Sen. contr. IV 2. VII 2, 7. Sen. dial. I 
soil durch eine harmlose Frage Sulla zur Auf- 5, 2. Augustin c. d. Ill 18, 2. Iuvenal III 139. 
stellung der Proscriptionslisten veranlasst haben VI 265 ; etwas abweichend Val. Max. [Iul. Paris] 
(Plut. Sulla 31, If., dagegen erzahlt Schol. Gronov. 30 1 4, 5. Plut. Par. min. 17 ; iiber die Darstellung 
p. 394 Or. dasselbe von seinem Bruder Nr. 78). Ovids fast. VI 437 vgl. Preller Rom. Mythol. 
Vermutlich ist er ein Sohn des Metellus Capra- II 169) und erhielt deshalb das ausserordentliche 
rius und Urheber der Munzen mit Aufschrift C. Ehrenrecht, im Wagen in den Senat fahren zu 
Metellus (Mommsen Miinzwesen 532 nr. 127, diirfen (Plin.). Die Blindheit ist jedoch unver- 
vgl. Wende De Caec. Met. 68). Da er aber einbar mit der spateren Bekleidung der Dictatur 
bei Plut. ra>v vecov sig genannt wird, kann er nicht (vgl. Ulpian. Dig. Ill 1, 1, 5) und gehOrt daher 
Vater des Creticus sein, der damals selbst schon wohl der Legende an, zumal sie weder in der 
seine politische Laufbahn begann, sondern nur Leichenrede noch in dem Elogium erwahnt ist. 
dessen alterer Bruder. In jener riihmte dem Metellus sein Sohn nach, 

72) L. Caecilius Metellus war L. f. C. «., viel-40er habe die zehn Bedingungen erfullt, die nach 
leicht Sohn des L. Metellus Denter Nr. 92. Plin. rOmischer Anschauung zur vollkommensten Gliick- 
n. h. VII 139. 140 giebt einen Auszug aus der seligkeit gehorten. Wohl von ihm an waren seine 
laudatio funebris, die ihm sein Sohn hielt, Dionys. Nachkommen Patrone Siciliens (Pseudo-Ascon. div. 
1166,4 einen solchen aus seinem Elogium ; aus- in Caec. p. 100 Or.). 

fuhrlich iiber ihn Wende De Caec. Met. 7 — 18. 73) L. Caecilius Metellus, vielleicht ein Sohn 

Als Consul 503 = 251 (f- Cap. Chronogr. Idat. des Vorhergehenden , fasste nach der Niederlage 

Chron. pasch. Cassiod.) wurde Metellus mit seinem von Cannae 538 = 216 mit anderen vornehmen 

Amtsgenossen C. Furius nach Sicilien geschickt, Jiinglingen den Plan, Italien zu verlassen, wurde 

wo er sich langere Zeit unthatig in Panormus aber von P. Scipio zu dem eidlichen Versprechen 
hielt (Polyb. I 39, 8). Nachdem Furius mit einem 50 gezwungen , davon abzustehen (Liv. XXII 53, 

Teil der Truppen heimgekehrt war, wagte der 5—13. Val. Max. V 6, 7). Als Quaestor 540 = 

karthagische Feldherr Hasdrubal im Vertrauen 214 wurde er wegen jenes Vergehens von den 

auf seine iiberlegene Macht einen Angriif gegen Censoren aus der Tribus unter die Aerarier ver- 

die Stadt, aber Metellus brachte durch sein ge- stossen (Liv. XXIV 18, 3 — 6. Val. Max. 119,8); 

schicktes Manovrieren die Elefanten, auf denen trotzdem wahlte ihn das Volk zum Tribunus plebis 

die Starke des Gegners vornehmlich beruhte, in fiir das nachste Jahr, und als solcher wollte er 

Verwirrung und errang einen glanzenden Sieg sofort die Censoren vor Gericht ziehen, was nur 

(Polyb. I 40. Diod. XXIII 35. Liv. ep. 19. Flor. die Einsprache seiner Amtsgenossen vereitelte 

I 18, 27. Eutrop. II 24. Oros. IV 9, 14. Frontin. (Liv. XXIV 43, 2f.). 

II 5, 4. Cic. rep. 1 1. Zonar. VIII 14). Die Schlacht 60 74) L. Caecilius Metellus, wahrscheinlich Sohn 

fallt vielleicht in den folgenden Sommer (vgl. des Metellus Caprarius (Nr. 84), Munzmeister um 

Meltzer Gesch. d. Karthager II 315. 576f.) und das J. 665 = 89 (Mommsen Miinzw. 558 nr. 173), 

der Triumph des Metellus in den August 504 = 250 war Praetor 683 = 71 (Cic. Tull. 39 ? vgl. Dru- 

(Acta tr,). Er ist besonders deshalb den spateren m a n n G. E. V 258) und im folgenden Jahre 

Geschlechtern in lebhafter Erinnerung geblieben, Propraetor in Sicilien als Nachfolger des C. Ver- 

weil dabei ausser dem feindlichen Feldherrn eine res. Er kampfte mit Gluck gegen die Seerauber 

grosse Anzahl erbeuteter Elefanten aufgefiihrt und notigte sie, die Insel zu raumen (Liv. ep. 

wurde (Liv. Flor. Eutrop. Oros. Dion. aa. OO. Plin. LXXXVHI. Oros. VI 3, 5). Seine innere Verwaltung 



1205 Caecilius Caecilius 1206 

wird von Cicero an vielen Stellen gelobt ; er bemiihte Magna Mater wieder aufbaute (Ovid. fast. IV 

sich nach der Misswirtschaft seines Vorgangers 348 verbunden mit Obseq. 39), doch mit dem- 

die Ordnung wiederherzustellen und den Wohlstand selben Recht darf man an L. Metellus Delmaticus 

wieder aufzurichten (Cic. Verr. I act. 27 ; II act. Nr. 91 denken. 

n 10. 63. 140. m 43—46. 121. 123—128. 144. 78) M. Caecilius Metellus, vermutlich Sohn 

156. V 55; vgl. Pseudo-Ascon. p. 97. 98. 131. des C. Metellus Caprarius Nr. 84, vielleicht der 

136. 139. 207 Or.) ; omnia erant Metelli eins- Beistand des Sex. Roscius im J. 674 = 80, wenn 

modi ut non tarn suam praeturam gerere quam man namlich annimmt, dass in den Hss. das Prae- 

istius praeturam retexere videretur (Cic. Verr. nomen M. vor Metellus ausgefallen ist (Cic. Rose. 
II 63). Aber der Redner beklagt sich bitter, dass 10 77. 119). Er wurde zum Praetor fur 685 = 69 

plotzlich Metellus und seine beiden einflussreichen gewahlt, unterstiitzt durch das Geld des C. Verres 

Briider (Nr. 78 und 87) auf die Seite des Verres (Cic. Verr. act. I 23ff. Pseudo-Ascon. z. d. St. 

getreten seien, mit dem sie in verwandtschaftlichen p. 136 Or.), und erhielt durchs Los den Vorsitz 

Beziehungen standen; seitdem habe der Statt- in den Gerichten iiber Erpressungen. Daher 

halter eifrig die Provincialen abzuhalten gesucht, wiinschte Verres die Hinausschiebung seines Pro- 

gegen Verres als Klager und Zeugen aufzutreten cesses bis zur Praetur des Metellus (Cic. Verr. 

(Cic. Verr. II 63ff. 138f. 160. 162. 164. in 122. I 21. 26. 27. 30ff. Pseudo-Ascon. p. 134. 139. 140. 

152ff. 156ff.; vgl. Pseudo-Ascon. p. 139 Or.). Im 143. 147. Schol. Gronov. p. 394 Or.). Als er 

J. 685 = 68 gelangte Metellus zum Consulat doch schon im vorhergehenden Jahre zur Ver- 
(flglina Veleias CIL I 781. Chronogr. Idat. Chron. 20handlung kam, gehSrte Metellus zu seinen Rich- 

pasch. Cassiod.), starb aber kurze Zeit, nachdem tern (Cic. Verr. act. I 30. 31f. Pseudo-Ascon. 

er es angetreten hatte (Dio XXXVI 4, 1). z. d. St. p. 143 Or.). Vgl. auch Nr. 71. 

75) L. Caecilius Metellus, Sohn des Vorigen, 79) M. Caecilius Metellus gab im Sommer 
war 684 = 70 als Jiingling mit seinem Vater in 694 = 60 Gladiatorenspiele (Cic. ad Att. II 1 , 1). 
•Sicilien (Cic. Verr. Ill 159) und spater ebendort Er kdnnte mit dem Vorigen identisch oder dessen 
als Quaestor (Mom m sen zu CIL X 7258 = IGI Sohn sein, aber darf auch fur einen Sohn des 
282). Er bekleidete das Volkstribunat beim Aus- Q. Metellus Creticus Nr. 87 gehalten werden, da 
bruch des Biirgerkrieges 705 = 49, scheint zuerst die Verbindung zwischen diesera und den Cretici 
dem Pompeius gefolgt zu sein, da wir ihn im der ersten Kaiserzeit (vgl. Nr. 88) durch einen 
Marz in Capua flnden (Cic. ad Att. IX 6, 3), war 30 Marcus hergestellt werden muss, der sonst ganz 
aber am 1. April wieder in Rom, als Caesar dort unbekannt ware. 

einzog. Gegen dessen Vorhaben, das Geld aus dem 80) M. Caecilius Metellus. Auf zweifelhafter 

Aerarium Saturni fur seine Rustungen zu ent- hsl. tlberlieferung beruht die Ansetzung zweier 

nehmen, erhob er zuerst kraft seines Amtes Ein- Manner dieses Namens : a) M. Metellus, Genosse 

spruch. Da Caesar unbekummert darum Anstalten Catilinas, bei dem dieser in der letzten Zeit, die 

traf, die verschlossene Thur der Schatzkammer er in Rom zubrachte, Aufnahme fand (Cic. Cat. 

zu erbrechen, stellte sich der Tribun im Ver- I 19). Dio XXXVII 32, 2 sagt dasselbe von dem 

trauen auf seine Unverletzlichkeit davor, wurde Praetor Q. Metellus Celer (Nr. 86), und da er 

aber mit dem Tode bedroht und zum Weichen sich hiermit in Widerspruch zu Cicero (a. O.) 
gezwungen (Cic. ad Att. X 4, 8. 8, 6. Plut. Pomp. 40 setzt, so nimmt man an, dass er die beiden Me- 

62, 1 ; Caes. 35, 3f. ; Apophth. Caes. 8. Zon. X 8. telli mit einander verwechselt. Die meisten Ge- 

Dio XLI 17, 2. App. b. c. II 41. Lucan. Ill 114ff.); lehrten lesen jedoch bei Cic. M. Mareellus (vgl. 

diese ungesetzliche Handlungsweise hat Caesar den umgekehrten Fehler beiNr. 96, unten S. 1217, 

selbst mit Absicht verschwiegen (b. c. I 33, 3, vgl. 58). b) M. Metellus Ofter als Volkstribun 699 = 

Glode Histor. Glaubwiirdigk. Caesars [Kiel 1871] 55 und Gegner der Triumvirn aufgefuhrt und fur 

25). Als Metellus 706 = 48 nach Rom zuriick- den Vater von Nr. 88 gehalten. Diese Angaben 

kehren wollte, liess er ihn aus Italien ausweisen beruhen auf Flor. I 46, 3, wo man aber besser 

(Cic. ad Att. XI 7, 2). Ateius statt M. Metellus liest. 

76) M. Caecilius Metellus, vielleicht Sohn des 81) Q. Caecilius Metellus, Sohn von Nr. 72, 
L. Metellus Nr. 72, plebeischer Aedil 546 = 208 50 war Pontifex seit 538 = 216 (Liv. XXIH 21, 7), 
(Liv. XXVII 26, 9), Praetor urbanus und pere- Volkstribun 545 = 209 (ebd. XXVII 21, 9), Aedilis 
grinus zugleich 548 = 206 (Liv. XXVIII 10, 3. curulis 546 = 208 (ebd. 36, 8), brachte 547 = 207 
9. 12), Mitglied der nach Pessinus geschickten die Nachricht von dem Siege am Metaurus nach 
Gesandtschaft 549 = 205 (Liv. XXIX 11, 3). Rom (ebd. 51, 3), war Ende dieses Jahres Magister 

77) M. Caecilius Metellus, dritter Sohn des Me- equitum des Dictator comit. habend. M. Livius 
tellusMacedonicusNr.94(Plut.fort.Rom.4),Miinz- Salinator (f. Cap. Liv. XXVIII 10, 1) und wurde 
meister um 625 = 129 (Mommsen Miinzwesen filr das folgende 548 = 206 mit L. Veturius Philo 
533 nr. 128), Consul im Todesjahr seines Vaters zum Consul gewahlt (f. Cap. Liv. a. O. Eutrop. 
639 = 115 (Chronogr. Idat. Chron. pasch. Veil. Ill 19. Cic. Brut. 57. Cassiod. Chronogr. Idat. 
Ill, 7. Cassiod.), verwaltete Sardinien und Corsica 60 Chron. pasch.). Beide erhielten Bruttium , wo 
bis zum Jahre 643 = 111, wo er wegen seiner Hannibal sich noch behauptete, als Provinz (Liv. 
Erfolge gegen die Sarden gleichzeitig mit seinem XXVIII 10, 8), gingen nach Erledigung der inne- 
jungstenBruderC. Metellus Caprarius triumphierte ren Angelegenheiten im Anfang des Friihlings 
(Actatr. Sardinisches Decret CIL X 7857, 2; vgl. dorthin ab und fuhrten die Truppen spater nach 
Mommsen Herm. II 106. Eutrop. IV 25, 2 Lucanien. Wahrend des ganzen Jahres trug sich 
irrig zum J. 641. Ruf. Fest. 4. Veil. II 8, 2). auf dem unteritalischen .Kriegsschauplatz nichts 
Einer von ihnen konnte der Metellus sein, der von Bedeutung zu (ebd. 11, 11—14. 13, 1. Dio 
den in diesem Jahre abgebrannten Tempel der frg. 56, 61). Metellus behielt auch 549 = 205 



1207 Caecilius Caecilius 1208 

das Commando fiber zwei Legionen in Bruttium Met. 73 denkt an den Consul dieses Jahres L. 

(ebd. 45, 9 — 11. 46, 3), bis Ende des Jahres sein Metellus Delmaticus (Nr. 91), doch ware dessen Amt 

Heer aufgelOst und er selbst zum Dictator comit. in der Erzahlung schwerlich mit Stillschweigen 

habend. ernannt wurde (f. Cap. Liv. XXIX 10, 2. fibergangen worden. Naturlich bleiben alle Ver- 

11, 9 — 11). Bei den Verhandlungen fiber die mutungen dieser Art unsicher. Ebensowenig lasst 

Missethaten der rOmischen Besatzung in Locri 550 sich beweisen, dass er der Senator ist, der im SC. 

= 204 trat er im Senat entschieden ffir P. Scipio de Adramyttenis als erster Zeuge aufgeftthrt 

ein und veranlasste die Einsetzung einer Com- wird (Viereck Sermo graecus 23 nr. 15, 9), weil 

mission zur Untersuchung der Sache (Liv. XXIX neben ihm noch Q. Metellus Nepos Nr. 95 in Be- 
20, 1—5). Nach einem Bericht soil er als Mit- 10 tracht kommen kann (vgl. Mommsen St.-B. Ill 

glied der Commission selbst den Hauptschuldigen 968 Anm.). 

Q. Pleminius verhaftet haben (ebd. 21, 1). Auch 83) L. Caecilius Metellus Calvus, Consul 612 = 
wahrend der beiden folgenden Jahre war er ein 142 (f. Cap. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. 
Hauptffihrer der scipionischen Partei im Senate Obsequ. 22. Oros. V 4, 8. Cic. ad Att. XII 5, 3), 
(Liv. XXX 23, 3f. 27, 2). 553 = 201 wird er zeugte spater mit seinem Bruder Q. Metellus Mace- 
als Decemvir agris divid. (XXXI 4, 3), 561 = 193 donicus (Nr. 94) gegen Q. Pompeius in einem Eepe- 
gelegentlich einer Senatssitzung erwahnt (XXXV tundenprocess (Cic. Pont. 23 [13]. Val. Max. VII 5, 
8,4); 568 = 186 ging er an der Spitze einer Ge- 1 , der inn ungenau als eensorius bezeichnet). Bich- 
sandtschaft nach Makedonien, um die Streitig- tiger aufihn als auf den jfingereu L. Metellus Dia- 
keiten zwischen Konig Philipp und seinen Nach- 20 dematus (Nr. 93) wird man die Grenzsteine eines 
barn zu schlichten (Polyb. XXII 1, 2ff. 9, 6. Paus. Proconsuls L. Caicilivs Q. f. zwischen Ateste und 
VII 8, 6. Liv. XXXIX 24, 13, vgl. Nissen Kri- Patavium beziehen, wonach er also wahrend zwei 
tische Untersuchungen 231), und von dort zur Jahren die Provinz Gallien verwaltete (CIL I 547. 
Untersuchung der spartanisch-achaeischen Handel 548 = V 2491. 2492; vgl. Borghesi Oeuvres VI 
in den Peloponnes , woher er erst 570 = 184 in 513), desgleichen die Ehreninschrift , welche die 
die Heimat zuruckkehrte (Polyb. XXI 1, 6 — 8. Athener auf Paros einem OTQoCirjyos vxaxog L. 
13, Iff. 15, Iff. 16, 5ff. XXIII 2, 7. 4, 7. Liv. Caecilius Q. f. Metellus setzten (Dittenberger 
XXXIX 33, Iff. 47, 6. Paus. VII 9, 1). 575 = 179 Syll. 238), vielleicht wahrend der Gesandtschafts- 
bemfihte er sich um die VersOhnung der mit ein- reise , die er nicht lange nach seinem Consulat 
ander verfeindeten Censoren M. Aemilius Lepidus 30 mit Scipio Africanus Minor und L. Mummius an 
und M. Pulvius Nobilior (Liv. XL 45, 8ff.). dieKonigshofedesOstensmachte(Iustin.XXXVIII 
Als Bedner wird er von Cic. Brut. 57 (vgl. 77) 8, 8). Auf L. Metellus Nr. 74 kann die Inschriffc 
genannt, wohl besonders auf Grund der Leichen- nicht bezogen werden, was Homo lie Bull. hell, 
rede , die er 533 = 221 seinem Vater hielt und VIII 149 vorschlug, weil dieser zweifellos C. f. war. 
die verOffentlicht wurde. Einen Auszag aus diesem 84) C. Caecilius Metellus Caprarius, jungster 
altesten Denkmal lateinischer Prosa hat Plin. n. h. Sohn des Q. Metellus Macedonicus Nr. 94 (Plut. 
VII 139 — 141 erhalten. Vielleicht stammt aus fort. Bom. 4), vielleicht der MttnzmeisterC. Metellus 
einer andern Bede der Ausspruch des Metellus, (Mommsen Munzwesen 532 nr. 127, Trad. Blac. 
er zweifle, ob die Beendigung des hannibalischen II 335 nr. 143), diente 621 = 133 unter Scipio 
Krieges dem rOmischen Volke mehr Nutzen oder 40 Aemilianus vor Numantia (Cic. de or. II 267, wo 
Schaden bringe (Val. Max. VII 2, 3). Gewiss ist man eine Anspielung auf seinen unerklarten Bei- 
er der Consul Metellus, der sich an dem Dichter namen gesucht hat). Beim Tode seines Vaters, 
Naevius ffir dessen Angriffe so schwer rachte (Cic. 639 = 115, wird er als praetor (Cic. fin. V 82. 
Verr. act. I 29. Ps.-Ascon. z. d. St. p. 140 Or. Plin. n. h. VII 142), praetorius (Val. Max. "VTI 
Hieron. z. Euseb. II 125 d SchOne, vgl. Wende 1, 1), eandidatus eonsulatus (Veil. I 11, 7) be- 
De Caec. Met. 31 — 34). zeichnet, hat also ein bis zwei Jahr vorher die 
82) Q. Caecilius Metellus Baliaricus, altester Praetur bekleidet. Als Consul 641 = 113 (CIL 
Sohn des Macedonicus Nr. 94 (Plin. n. h. VII 144. ni Suppl. 7367. Chronogr. Idat. Chron. pasch. 
Plut. fort. Bom. 4). Als Consul 631 = 123 (f. augur. Cassiod. Obsequ. 38. Eutrop. IV 25, 2. Plin. n. 
CIL 12 p. 60. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cas-50h. II 100. Tac. Germ. 37. Ioann. Antioch. 61, 
siod. Cic. Brut. 259; de domo 136, irrig L. Me- I'HG IV 559) ffihrte er einen glficklichen Krieg 
teZZwsEutrop. IV 21. Oros. V 12, 1) unterwarf er in Thrakien, auf Grund dessen er gleichzeitig mit 
in zweijahrigem Kampfe die balearischen Inseln, seinem Bruder Marcus 643=111 triumphierte 
deren Bewohner als Seerauber die Meere unsicher (Acta tr. Eutrop. Veil. II 8, 2) und den Imperator- 
machten (Liv. ep. LX. Plor. I 43, 1. Oros. V 13, titel annahm (elog. XXXV CIL 1 2 p. 200 = VI 
1. Strab. HI 167), und legte dort Stadte an (Stra- 1273). 652 = 102 war er Censor mit seinem Vetter 
bon). Nach seiner Heimkehr 633 = 121 erhielt Q. Metellus Numidicus (Cic. ad Quir. 6. Veil.), ffir 
er einen Triumph und den Siegesbeinamen des dessen Bfickkehr aus dem Exil er sich 655 = 99 
Baliaricus (Acta tr.) ; 634 = 120 gelangte er zur verwandte (Cic. a. O. und p. red. 37). 
Censur. Alle diese Ehren wurden ihm noch bei 60 85) Q. Caecilius Metellus Celer empfing seinen 
Lebzeiten seines Vaters zu teil (Cic. fin. V 82. Beinamen von.der Eile, mit der er nach dem Tode 
Val. Max. VIII, 1. Veil. 1 11, 7. Plin., n. h. VII seines Vaters (etwa Nr. 93) die Leichenspiele 
142. Auct. de vir. ill. 61, 6). Vielleicht ist er feierte (Plut. Coriol. 11, 4); er war non ills qui- 
te* Metellus, der dem C. Marius zum Volkstri- dem orator, sed tamen non infans (Cic. Brut, 
bunat verhalf (Plut. Mar. 4, 1), aber mit ihm, 305) und adoptierte den Folgenden. 
als er es im J. 635 = 119 erreicht hatte, in hef- 86) Q. Caecilius Metellus Celer war nach seinem 
tigen Streit kam, so dass er sogar ins Gefangnis eigenen und nach fremdem Zeugnis ein Bruder 
abgeffihrt wurde (a. O. 4, 4f.). Wende De Caec. des Q. Metellus Nepos (Nr. 96), also wahrschein- 



1209 Caecilius Caecilius 1210 

lich gleichfalls Sohn von Nr. 95, wurde aber ad- lassen (Dio XXXVII 50, 1—5). Dieselbe Ent- 

optiert von Nr. 85, vgl. Drumann G. R. II 25. schiedenheit bewies er dem Clodius gegeniiber, 

Im J. 674 = 80 klagte er gemeinsam mit Nepos mit dem er als Vetter und Schwager doppelt ver- 

den M. Aemilius Lepidas wegen seiner schlechten wandt war; anfangs achtete er wenig auf dessen 

Verwaltung Siciliens an, zog aber die Klage wie- Plan , sich durch Ubergang zur Plebs den Weg 

der zuriick (Ps.-Ascon. Verr. p. 100. 206 Or., vgl. zum Tribunat zubahnen (Cie. ad Att. 1 18, 5), aber 

o. Bd. I S. 554). Auf seine Teilnahme an irgend sobald er die Gefahrlichkeit des Vorhabens durch- 

einem Feldzuge ums J. 676 = 78beziehtMauren- schaut hatte, suchte er es mit Aufbietung aller 

brecherSall.hist.frg.I135. 683 = 71 bekleidete Mittel zu vereiteln (Cic. ad Att. II 1, 4; har. resp. 
er vielleicht das Volkstribunat (vgl. Nr. 22). 688 10 45; Cael. 60. Dio XXXVII 51, 2; vgl. Momm- 

= 66 war Celer Legat des Pompeius in Asien und sen R. Forsch. I 399ff.). Da ein Krieg in Gallien 

wurde in seinen Winterquartieren an der arme- drohte, mussten die Consuln um die beiden galli- 

nischen Grenze plotzlich von den Albanern iiber- schen Provinzen losen (Cic. ad Att. I 19, 2), aber 

fallen ; trotzdem schlug er sie tapfer und glucklich Celer kam in die seinige weder in diesem Jahre 

zuriick (Dio XXXVI 54, 2f.). Die stadtische Praetur (Cic. ad Att. I 20, 5. Dio XXXVII 51, 2) noch 

verwaltete er in dem ereignisreichen J. 691 = 63 im nachsten. In dessen Anfang leistete er gegen 

(Cic. Sull. 65, vielleicht auch Val. Max. VII 7, 7). Caesars Ackergesetz Widerstand und weigerte sich, 

Er verhinderte die Verurteilung des C. Rabirius, es zu beschwOren, wurde indes schliesslich zum 

indem er die rote Pahne vom Ianiculum hinweg- Nachgeben genOtigt (Dio XXXVIII 7, 1). Bald 
nehmen Hess und dadurch die entscheidende Volks- 20 darauf ereilte ihn der Tod. Er hatte in ungliick- 

versammlung aufloste (Dio XXXVII 27, 3). Als licher Ehe mit der berilchtigten Clodia gelebt 

Catilina sich freiwillig unter seine Aufsicht be- (Cic. ad Att. II 1, 5. Plut. Cic. 29, 2), und als er 

geben wollte, wies er ihn ab (Cic. Cat. I 19; fiber nun so iiberraschend schnell starb, erhob sich der 

die entgegengesetzte Angabe Dios XXXVII 32, 2 Verdacht, sie habe ihn vergiftet. Cicero, der bei 

vgl. Nr. 80). Ende October wurde er nach Pi- seinen letzten Stunden zugegen war, hat dieser 

cenum und Gallien geschickt, wo einer der Ver- BeschuldigungoffentlichWortegeliehen(Cael. 59f. ; 

schworenen, Septimius, Truppen sammelte (Cic. vgl. Schol. Bob. Sest. p. 508). Celer war bereits 

Cat. II 5. 26; ad fam. V 2, 1. Sail. Cat. 30, 5. Plut. im J. 691 = 63 Augur (Cic. Vat. 19. Schol. Bob. 

Cic. 16, 1); Celer ging erst gegen diesen ener- z. d. St. p. 318. Dio XXXVII 27, 3). Erhalten ist 
gisch vor (Sail. 42, 3) und verlegte dann mit 30 ein Brief von ihm an Cicero (ad fam. V 1). Nach 

drei Legionen bei Faesulae dem Catilina den Weg dessen Urteil (Brut. 247) war er als Redner von 

nach Gallien; dort traf bald auch das Hauptcorps massiger Begabung; von seiner ganzen Personlich- 

unter dem Consul Antonius ein, und die Rebellen keit entwirft einer der Liebhaber seiner Frau ein 

mussten sich daher zur Entscheidungsschlacht wenig schmeichelhaftes Bild (Catull. 83, Iff.), 
stellen (Sail. 57, 2f. Dio XXXVII 33, 4. 39, 2). 87) Q. Caecilius Metellus Creticus war nach 

Cicero (Sest. 131) rilhmte Celer als seinen soeius la- den Inschriften Sohn eines Gaius, also wahrschein- 

borum, perieulorum, eonsiliorum, und es geschah lich des Metellus Caprarius (Nr. 84) undEnkel des 

teilweise auch zu dessen Vorteil, dass er selbst Macedonicus Nr. 94, nicht dessen Sohn, wie Flor. 

auf eine Provinz verzichtete. Celer erhielt Gallia I 43, 1 meint. Vermutlich ist er der Q. Metellus, 
Cisalpina mit dem Titel eines Proconsuls (Auf- 40 der in einem nicht bekannten Jahre Volkstribun 

schrift von Cic. ad fam. V 1. 2. 2, 3. Corn. Nepos und im folgenden Legat war (Cic. imp. Cn. Pomp. 

beiPlin. n. h. II 170 und Mela HI 45). Mit Unter- 58). Er bewarb sich 679 = 75 um die Praetur 

stutzung des Pompeius wurde er neben L. Afra- (Sail. hist. p. 127 Jord. = II 45 Maur.) und muss 

nius zum Consul fiir 694 = 60 gewahlt (f. Cap. sie in einem der nachsten Jahre bekleidet haben, 

Tessera CIL I 727. 728. Chronogr. Idat. Chron. da er 684 = 70 als Bewerber um das Consulat 

pasch. Cassiod. Flor. II 13, 8. Obsequ. 62. Plin. auftrat. Hierbei unterstiitzte ihn C. Verres, der 

n. h. II 170. Hor. carm. II 1, I. Dio XXXVII seinerseits von Metellus und dessen Verwandten 

ind.). Noch als designierter Consul hinderte er begflnstigt wurde (Cic. Verr. act. I 26 — 29, vgl. 

durch das blosse Ansehen seiner Person die Feier Ps.-Ascon. p. 98. 126. 139f. 148. 162. 207 Or.). 
der Compitalien, die der Senat untersagt, aber 50 Metellus wurde fur 685 = 69 mit Q. Hortensius 

einer der Tribunen freigegeben hatte (Cic. Pis. 8. zum Consul gewahlt (Tessera CIL I 724; flglina 

Ascon. z. d. St. p. 7), und sprach gegen die For- ebd. 780. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. 

derung der Ritter, ihre Steuerpachtsumme zu er- Ascon. Pis. p. 14) und erhielt das Obercommando 

massigen (Cic. ad Att. I 17, 9). Wahrend seines auf Kreta, worauf sein Amtsgenosse, dem es durchs 

Amtsjahres selbst erwarb er sich den Beifall der Los zugefallen war , freiwillig verzichtet hatte 

Optimaten und Ciceros (ad Att. 1 18, 5. 19, 4), da (Dio XXXVI Anf. bei Xiphilin. p. 358 Melb. 

er im Bunde mit Lucullus und Cato wiederholt Schol. Bob. Flacc. p. 233 Or.). Die Insel war 

dem Pompeius entgegentrat (Dio XXXVII 49, neben Kilikien die Hauptbrutstatte der Piraterie; 

3. 5). Seine Beweggrunde waren sowohl politische, ihre tapferen Bewohner wussten , dass sie jetzt 
als personliche, deren Ursprung darin lag, dass 60 um ihre Existenz kampfen mussten, und deshalb 

sich Pompeius von seiner Gemahlin Mucia, Ce- war die Aufgabe, die des Consuls harrte, keine 

lers Halbschwester , geschieden hatte. Nament- leichte. Zu seiner Verffigung standen drei Legio- 

lich dem Ackergesetz , das der Volkstribun L. nen (Phleg. 12, FHG III 606) ; nach einem Siege 

Flavius im Interesse des Pompeius einbrachte, in offener Feldschlacht bei Kydonia (Phleg. a. al O. 

widersetzte sich Celer mit solcher Scharfe, dass App. Sic. 6. Veil. II 34, 1, vgl. 38, 6) begann er den 

ihn der Tribun ins Gefangnis abfuhren liess, und langwierigen Belagerungskrieg, der zur Einnahme 

seine selbst dadurch nicht erschiitterte Festigkeit von Kydonia (App. Liv. ep. XCVIII) , Knossos 

zwang die Gegner, die ganze Sache fallen zu (App. Liv. ep. XCIX), Lyktos (Liv. Flor. I 42, 4) 



1211 Caecilius Caecilius 1212 

und anderen Festungen fuhrte und bis in die 58) und 700 = 54 bei der Verhandlung gegen Cn. 

Mitte des J. 687 = 67 mit steigender Erbitterung Plancius unter den Anwesenden genannt (Plane. 

fortgesetzt wurde (vgl. noch Liv. frg. 28 Weissenb. 27); bald darauf ist er wohl gestorben (Veil. II 

beiSerr.Aen. Ill 106. Val. Max.VII6ext. 1. Oros. 48,6). [Miinzer.] 

VI 4, 2. Eutrop. VI 11, 1). Gortyna scheint sich 88) [Q. CJaeeilius M. f. M[etellus Cretieus], 

freiwillig ergeben zu haben , denn diese Stadt pr(aetor) urb(anus), Proconsul von Sardinien (CIL 

schlug in der tFbergangszeit , wahrend Kreta als X 7581 Carales) vor dem J. 6 n. Chr., in welchem 

romische Provinz eingerichtet wurde, Munzen zu die Proconsuln von Sardinien fur langere Zeit 

Ehren des Metellus (Friedlander Ztschr. f. aufheren (Dio LV 28). Nach Mommsens Ver- 
Numism. X 119). Ehreninschriften auf Kreta 10 mutung (Ephem. epigr. Ill p. 14) Sohn des M. 

selbst (Eevue archeol. XV 1867, 418), in Argos Caecilius Metellus Nr. 79 und Adoptivvater des 

(CIL I 595 = 111 531) und in Athen (CIA HI Q. Caecilius Metellus Cretieus Silanus Nr. 90; 

565) bezeugen , welche Verdienste der Feldherr, vgl. die Stammtafel. 

der auf ihnen den Imperatortitel fuhrt, sich um 89) [Q. Caecilius Metellus Crjetieus Junius 

die Sicherheit der griechischen Meere erworben Silafnus]: so erganzt und emendiert Henzen 

hatte. Inzwischen wurde in Rom dem Pompeius das (iiberlieferte) Inschriftfragment eetieus Iunius 

der ausserordentliche Oberbefehl gegen die See- Silla (CIL VI 31720 = 3833). Behalt er Eecht, 

rauber im ganzen Mittelmeergebiet fibertragen so war auf der Inschrift ein Nachkomme, viel- 

und somit auch Kreta unterstellt. Auf die Kunde leicht Sohn des Cretieus Silanus (Nr. 90) genannt. 
von seiner Milde gegen die Besiegten boten ihm 20 90) Q. Caecilius Metellus Cretieus Silanus. 

die Kreter ihre Unterwerfung an; er nahm sie an a) Name. Q. Caeeilius Q. f. M. n. Metellus Cre- 

(Cic. imp. Cn. Pomp. 35, 46. Liv. ep. XCIX. tieus Silan(us) CIL 12 p. 29 Fasti Capitolini; 

Flor. I 42, 5f. App. Sic. 6. Plut. Pomp. 29, If.) Q. Caeeilius Cretieus Me... CIL 1 2 p. 60 Fasti 

und schickte seinen Legaten L. Octavius, um dem augurum; Q. Caeeilius M. . . CIL 12 p. 72 Fasti 

Metellus Einhalt zu gebieten und die Regierung Praenestini ; Q. Caeeil .... CIL I p. 202 ; Q. 

zu iibernehmen. Aber der Proconsul achtete dessen Cret. CIL I 756; A. KatxlXios MhsXXoe Kqtj- 

nicht, er setzte nicht nur den Krieg mit desto zixos Dio ind. 1. LV; KaaeiXioe MsrsXXos Dio LV 

grosserem Eifer fort , wobei er Eleutherna und 30, 6 ; Cretieus Silanus Tac. ann. II 4. 43 ; Cre- 

Lappa einnahm, sondern behandelte auch den tieus CIL 12 p. 244. VI 20626 Fasten. Silanus 
Octavius, als er ihm in die Hande flel, mit Schimpf 30 Joseph, ant. Iud. XVIII 52. CIL VI 914. Miinzen. 

und Hohn (Dio XXXVI 18, 1—19, 3. Plut. Pomp. b) Leben. Consul ordinarius im J. 7 n. Chr. 

29, 3f.). Es kam dahin, dass der Legat die Trup- mit A. Licinius Nerva Silianus, dann mit (Luci- 

pen seines Collegen L. Sisenna aus Griechenland lius) Longus (vgl. zu den oben angefuhrten Stellen 

gegen Metellus herbeirief (Dio), dass Pompeius mit CIL 12 p. 324). Statthalter von Syrien von Sep- 

diesem heftige Briefe wechselte (Liv. ep. XCIX) tember 11/12 bis September 16/17 (Munzen aus 

und zuletzt geradezu zum Kampf gegen ihn rustete der Regierungszeit des Augustus und Tiberius, 

(Dio XXXVI 45, 1). Die Ubertragung des Com- von Antiochia: Mionnet V 156ff. nr. 79. 80. 

mandos im mithridatischen Kriege brachte ihn 81. 96. 97. 98. 99. 100; von Berytus: Eckhel 

noch rechtzeitig auf andereGedanken; er iiberliess III 357. Mionnet V 338 nr. 26. Cohen 12 207 
die Insel ihrem Schicksal, Metellus vollendete die40nr. 201; von Gabala: Mionnet V 233 nr. 625; 

Unterwerfung und die Organisation, denn Kreta von Seleucia: Mionnet V 275f. nr. 877. 886; 

wurde zur Provinz gemacht (Cic. Flacc. 30, vgl. beziiglich der Zeitbestimmung vgl. Klebs Pro- 

63. 100. Liv. ep. C. Iustin. XXXIX 5, 3. Ruf. sopogr. imp. Rom. I 250f.). Er wusste den Vo- 

Fest. 7, 1. Solin. p. 23, 2 Momms. Strab. XVII nones, der von den Armeniern zum Konig ge- 

840). Der Sieger erscliien erst 691 = 63 vor Rom wahlt worden war, im J. 16 in seine Gewalt zu 

und forderte den Triumph, den indes die Partei- bekommen und hielt ihn in ehrenvoller Bewachung 

ganger des Pompeius hintertrieben; Metellus wurde (Tac. ann. II 4. Joseph, ant. Iud. XVIII 52). 

nach Apulien, wo Unruhen drohten, gesandt (Sail. Vor der Sendung des Germanicus in den Orient 

Cat. 30, 3) und feierte seinen Triumph erst nach berief Tiberius den C. ab , angeblich wegen der 
vollstandiger Unterdriickung der catilinarischen 50nahen Beziehungen, die diesen mit Germanicus 

VerschwOrung, Ende Mai des nachsten Jahres (Acta verbanden (s. u.), Tac. ann. II 43. 

tr. Cic. Pis. 58. Veil. II 34, 2. Eutrop. VI 11, 1. c) Familie. C. war, nach seinen Namen zu 

16. App. a. a. O. Dio bei Xiphilin. p. 369 Melb.), schliessen, der leibliche Sohn eines Iunius Silanus 

ohne die feindlichen Feldherren dabei aufzufiihren, — der Zeit nach kamen C. Iunius C. f. Silanus 

weil durch einen tribunicischen Antrag diese Ehre Cos. 17 v. Chr. oder C. Iunius M. f. Silanus oder 

fur den Triumph seines Rivalen aufgespart wurde L. Iunius M. f. D. n. Silanus in Betracht — und 

(Veil. II 40, 5. Flor. II 13, 9. Dio XXXVI 19, 3). wurde von einem Q. Caecilius M. f. Metellus Cre- 

Er selbst fuhrte fortan den Siegesbeinamen Cre- tieus (wahrscheinlich Nr. 88) adoptiert. Seine 

tieus (Schol. Bob. p. 233. 255 Or., noch nicht auf Tochter (Caecilia) Iunia (Nr. 129) war mit Nero, 
den oben citierten Inschriften), und seinen Solda- 60 dem altesten Sohne des Germanicus, verlobt. Sein 

ten kamen spater die Ackergesetze der Triumvirn Sohn ist vielleicht [Q. Caeeilius Metellus Gr]e- 

zu gute (Dio XXXVIII 5, 1) , doch gehOrte er tieus Iunius Silafnus] (Nr. 89). [Groag.] 

aus Hass gegen Pompeius fortan zu den Fiihrern der 91) L. Caecilius Metellus Delmaticus, alterer 

senatorischen Opposition gegen diese selbst (Veil. Sohn des L. Metellus Calvus Nr. 83, Consul 635 = 

Flor.). 694 = 60 bereiste er, an der Spitze einer 119(Chronogr. Idat. Chron.pasch. Cassiod. Obsequ. 

Gesandtschaft, Gallien (Cic. ad Att. 1 19, 2); 697 34), griff aus Ruhmbegier (Appian) die Dalmater 

= 57 wird er von Cicero unter den Pontifices er- an, triumphierte uber sie 637 = 117 und empflng 

wahnt (har. resp. 12) , 699 = 55 im Senat (Pis. davon seinen Beinamen (Acta tr. Liv. ep. LXII. Eu- 



1213 Caecilius Caecilius 1214 

trop.IV23,2. App.Illyr. ll,beidemitkleinenVer- 45, 3. XLV 1, 1 — 2, 7); mindestens wird man 
sehen). Als Censor mit Cn. Domitius Ahenobarbus diese Nachricht am passendsten auf ihn beziehen. 
639 = 115 (Lex agrar. OIL 1 200 v. 28. 86. 88. Cic. Als Praetor wurde er 606 = 148 mit starker Macht 
Verr. 1 143 ; die Beziehung von GIL VI 3824 auf ihn nach Makedonien entsandt, wo Andriskos, del- 
ist falsch, vgl. Nr. 93) stiess er 32 Mitglieder aus falsche Philippos, ein romisches Heer aufgerieben 
dem Senat (Liv. a. 0.), darunter C. Licinius Geta hatte. Zur See unterstiitzt von den Pergame- 
(Cic. Cluent. 119. Val. Max. II 9, 9), und schritt nern (Strab. XIII 624. Zonar. IX 28), vielleicht 
mit Strenge gegen unsittliche Theaterauffiihrungen auch den Byzantinern (Tac. ann. XII 62), drang 
ein (Cassiod. chron. z. diesem Jahre, vgl. Hertz Metellus in Feindesland ein, erlitt zwar in einem 
Jahrb. f. Philol. XCIII 582). Vor 640 = 114 10 Reitergefecht bei Pydna eine Schlappe (Zonar.), 
muss er Oberpontifex geworden sein, denn damals schlug aber dann den Gegner, der sein Heer un- 
entschied er in dem bekannten Vestalenprocess vorsichtig geschwacht hatte, entscheidend aufs 
(o. Bd. I S. 590) zur Unzufriedenheit des Volkes Haupt. Er folgte ihm nach Thrakien , besiegte 
(Ascon. Milon. p. 40 K.; vgl. Bardt Priester der ihn zum zweitenmale und erlangte von dem Haupt- 
vier grossen Collegien 7). Aus der dalmatinischen ling Byzes seine Auslieferung (Liv. ep. L. Plor. 
Beute bestritt er den Neubau des Castortempels I 30, 5. Eutrop. IV 13. Ampel. 16, 5. 43. Euf. 
am Forum (Cic. Verr. act. I 154. Ps.-Ascon. i. Pest. 7. Veil. I 11, 2. Auct. de vir. ill. 61, 1. 
d. St. p. 198 Or. Cic. Scaur. 46. Ascon. z. d. St. Zonar. Paus. VII 13, 1. Porphyr. rV 13, FHG 
p. 24; Anekdote von geringer Zuverlassigkeit bei III 702). Auch ein anderer Praetendent, der sich 
Plut. Pomp. 2, 5 ; vgl. Bardt a. 0. J o r d a n 20 fur Alexander, den Sohn des Perseus, ausgab, wurde 
Topogr. I 2, 371f. Anm., unten Nr. 98) und den von ihm unterworfen (Zonar.), falls hier nicht eine 
des Heiligtums der Ops Opifera (Plin. n. h. XI 174. Verwechslung mit einem spateren Aufstande vor- 
Jordan Ephem. epigr. I p. 229). Er starb um liegt (vgl. Mommsen B. G. II 41. Ihne E.G. 
das J. 650 = 104. Ill 249). Ausserdem beschaftigte den Metellus vor- 

92) L. Caecilius Metellus Denter, Consul 470 nehmlich die Einrichtung des Landes als rOmische 
= 284 ([Metejll. Denter Fast. Cap. ; Metello Chro- Provinz , aber zugleich hatte er ein wachsames 
nogr.; Dantone Idat.; Asvxovos Chron. pasch.; L. Auge auf die Vorgange in Griechenland. Seine 
Caelius Cassiod.), suchte Arretium, das von den wiederholten Mahnungen zur Ruhe fruchteten bei 
Semnonen belagert wurde, zu entsetzen, wurde ge- den erregten Achaeern nichts (Polyb. XXXVIH 
schlagen und mit einem grossen Teile seines Heeres 30 10, Iff. Paus. a. 0.); der Krieg wurde erklart. 
getotet (Polyb. II 19, 8 Aevxiov xov oxoaxrjyov). Da der mit seiner Fiihrung beauftragte Consul 
Die jiingere annalistische Uberlieferung verlegt des J. 608 = 146 L. Mummius noch nicht ein- 
diese Katastropbe ins folgende Jahr und macht Me- getroffen war, ubernahm Metellus den Befehl und 
tellus zum Praetor (Liv. ep. XII. Oros. Ill 22, 13. errang in kurzer Frist glanzende Erfolge (vgl. die 
Augustin. c. d. IH 17, 2; vgl. Mommsen R. Darstellung Bd. I S. 187f. , die sich im Gegen- 
Forsch. II 367. 375 besser als St.-R. II 195, 1). satz zu den unzuverlassigeren rOmischen Berichten 

93) L. Caecilius Metellus Diadematus, zweiter bei Liv. ep. LII. Flor. I 32, 3 [falschlich Metellus 
Sohn des Macedonicus Nr. 94 (Plin. n. h. VII 144. consul]. Oros. V 3, 2—5. Val. Max. VII 5, 4. 
Plut. fort. Rom. 4), erhielt denBeinamen Diadema- Veil. I 11, 2. 12, 1. Auct. de vir. ill. 60, 1. 61, 1 
tus on Ttolhv xqovov skxos s%o>v neaievooxei jcegtde- 40 mit Recht auf Polybios und Paus. VII 15, Iff. stiitzt). 
defievog to (ikxwnov (Plut. Coriol. 11, 4). Gewiss Als der Consul ankam, schickte er den siegreichen 
ist er der L. Metellus, gegen welchen sich eine Propraetor in seine Provinz zuriick (Oros. Paus. 
Rede des C. Gracchus richtete (Diomed. p. 311, VII 16, 1), von wo dieser noch in demselben Jahre 
23 K.). Wahrend seines Consulates 637 = 117 heimkehrte. Er feierte einen Triumph iiber Make- 
(L. Caecilius Cassiod. Obsequ. 36. Sententia de donien und Andriskos (Cic. Muren. 31 ; Pis. 61 : 
Genuatibus CIL I 199 = V 7749 v. 5. 29. 37; fin. V 82. Liv. ep. LII. Val. Max. VII 1, 1. 5, 4. 
Diademmo Chronogr.; Metello Diademeo Idat.; Plin. n. h. VII 145. App. Lib. 135), der selbst 
Mexittov Chron. pasch.; L. Caecilius Metellus dabei aufgefuhrt wurde (Flor. I 30, 5. Eutrop. IV 
Eutrop. IV 23, 2. der ihn mit L. Metellus Del- 14,2. Ampel.), und erhielt den ehrenden Beinamen 
maticus verwechselt) erhielt er Italien als Provinz 50 des Macedonicus (vgl. noch Plut. Mar. 1, 2); auch 
und legte die nach ihm benannte via Caecilia (s. die Miinzen seiner Nachkommen zeigen Anspie- 
d.) an (Meilenstein CIL IX 5953; Bestimmung lungen auf seine makedonischen Siege. Er baute 
Tiber den Bau einer Seitenstrasse CIL VI 3824, in der nachsten Zeit die Tempel der Iuno Regina 
vgl. 31603. Hulsen Notizie degli scavi 1896, und des Iuppiter Stator beim Circus Flaminius 
87). Im J. 654 = 100 griff er zu den Waffen um und umgab sie mit der nach ihm benannten 
gegen Saturninus und Glaucia (Cic. Rab. perd. 21), Porticus (Vitr. Ill 2, 5. Veil. I 11, 3. II 1, 2. 
im Jahre darauf verwendete er sich fur die Ruck- Plin. XXXIV 31. XXXVI 40. Cic. Verr. IV 126), 
berufung seines Vetters Q. Metellus Numidicus aus wo er ausser anderen beriihmten Kunstwerken 
der Verbannung (Cic. p. red. 37 ; ad Quir. 6). besonders die nach Rom entfuhrte Gruppe Lysipps, 

94) Q. Caecilius Metellus Macedonicus war 60 Alexander und seine Gefahrten, aufstellte (Veil. 
Q. f. und wird gewfihnlich auf Grund von Plin. Plin. XXXIV 64). Ungefahr damals ist ihm eine 
n. h. VII 142 fur den Sohn von Nr. 81 und folg- Statue in Megara errichtet worden (IGS I 3490); 
lich L. n. gehalten. Dagegen machte Wende fur die guten Beziehungen, in denen er zu seiner 
De Caec. Met. 37f. den allzuweiten Zeitabstand alten Provinz Makedonien blieb, zeugt die unter 
geltend und schiebt zwischen beide Manner einen oder bald nach seinem Consulat gesetzte Weih- 
nicht bekannten Q. ein. Metellus kampfte bereits inschrift in Olympia (Dittenberger Syll. 237 
586 = 168 in Makedonien mit und brachte die = Inschriften von Olympia 325) und eine andere 
Siegesbotschaft von Pydna nach Rom (Liv. XLIV in Hypata (Dittenberger Herm. VI 140 mit 



1215 Caecilius Caecilius 1216 

Arch. Ztg. XXXVII 127). Trotz seiner anerkann- Max. IV 1, 12. Plin. VII 144. Plut. apophth. Caec. 

ten Verdienste flel Metellus zweimal bei der Be- 3). Eine Folge dieser Verhaltnisse war, dass er von 

werbung um das Consulat durch, weil seine Strenge dem Dichter des Scipionenkreises, Lucilius, mehr- 

ihn beim Volke unbeliebt machte (Val. Max. VII fache Angriffe zu erfabren hatte (Hor. sat. II 1, 67. 

5, 4. Auct. de vir. ill. 61, 3). Erst fiir 611 = 143 Aero z. d. St. Lucil. bei Non. 165, 15). Ausser 

wurde er gewahlt (f. Cap. Chronogr. Idat. Chron. seinen Amtern hatte er eine Priesterwiirde inne ; 

pasch. Cassiod. Obsequ. 21. Front, aqu. 7. Dio er war Augur (Cic. fin. V 82 ; Lael. 77). Er starb 

frg. 74, 1), unterdriickte zun&chst eine Sclaven- irn J. 639 = 115, von der Nachwelt gliicklich ge- 

erhebung in Minturnae (Oros. V 9, 4, vgl. Wilms priesen, da er nicht nur selbst die hSchsten Ehren 

Jahrb. f. Phil. CLI 215f.) und fuhrte dann in 10 erreicht, sondern auch seine Sohne zu ihnen ge- 



diesem und noch eifriger als Proconsul im folgen- 
den Jahre den Krieg gegen die Keltiberer in 
Hispania citerior (Li v. ep. LIII. Eutrop. IV 16, 1. 
Plor. I 33, 10. Ampel. 18, 14. Veil. II 5, 2. Auct. 



langen sah (Cic. fin. V 82. 88; Brut. 81. 212; 
Phil. VIII 14; Tusc. I 85. Veil. I 11, 7. Val. 
Max. VII 1, 1. Plin. VII 142. Plut. fort. Rom. 4). 
Er hinterliess vier Sohne (Nr. 82. 93. 77. 84) und 



de vir. ill. 61, 3. App. Iber. 76, vgl. R. Kohler zwei Tochter (Plin. VII 59, irrig drei Cic. fin 

Der rOmisch-celtiberische Krieg [Dessau 1880] V 82. Val. Max. VII 1, 1), omnes qui se patris 

18 — 21), wo er sich namentlich bei der Einnahme appellations salutarent, viginti septem (Plin.). 

der Festung Contrebia als ausgezeichneter Peld- Da die Tochter Nr. 130 und 131 durch Heirat in 

herr bewahrte. Klugheit und List, Strenge gegen die Pamilien der Servilier und Scipionen iiber- 
Untergebene und Milde gegen Besiegte werden 20 gingen, so reichen die Beziehungen, in denen die 

ihmin verschiedenenAnekdotennachgeruhmt(Vell. Roscii von Ameria gerade zu den Metellern und 

Auct.de vir. ill. Ampel. Val.Max. 117, 10. 1112,21. diesen beiden Geschlechtern stehen (Cic. Rose. 15), 

V 1, 5. VII 4, 5. Prontin. strat III 7, 3. IV 1, 11. wohl bis auf den Macedonicus zuriick. 

1, 23. J, 42 [1 1, 12 irrig auf Metellus Pius iiber- 95) Q. Caecilius Metellus Nepos, Sohn des Balia- 

tragen]. Plut. apophth. Caec. 1. 2). Die Nach- ricus Nr. 82 und altester Enkel des Macedonicus 

richt des Val. Max. IX 3, 7, er habe seinem Nach- Nr. 94 (Ascon. Cornel, p. 56; Cic. Rose. 147 gilt als 

folger Q. Pompeius, einem homo novus, das Heer Glossem, aber mit Unrecht), nach einer Vermutung 

absichtlich in schlechtem Zustande iibergeben, Drumanns G. R. II 23 aus diesem Grunde Ne- 

wird durch die Darstellung Appians als falsch pos zubenannt. 655 = 99 bewarb er sich um das 
oder gar als zeitgenOssische Verleumdung erwiesen. 30 Consulat und hat fiir den verbannten Q. Metellus 

Allerdings waren beide Manner mit einander ver- Numidicus Nr. 97 (Cic. p. red. 37; ad Quir. 6). 

feindet, und spater (nach der Censur?) zeugte Me- Er wurde Consul 656 =98 mit T. Didius (f. Cap. 

tellus einmal gegen jenen in einem Repetunden- Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. Obsequ. 47. 

process (Val. Max. VIII 5, 1), aber dennoch nOtigte Ascon. a. O. CIL I 570 = X 3789), und von ihnen 

sie 618 = 136 der Consul P. Purius Philo, ihm fiihrten zwei leges Caeciliae-Didiae ihren Namen 

zusammen als Legaten wiederum nach der iberi- (Cic. de domo 41. 53; Sest. 135 m. Schol. Bob. z. 

schen Halbinsel zu folgen (Val. Max. HI 7, 5. d. St. p. 310 Or.; Phil. V 8; ad Att. II 9, 1). Aus 

Dio frg. 81), und 623 = 131 gelangten sie zu- unbekannten Griinden wurde Metellus von Curio, 

sammen zur Censur (f. Cap. Liv. ep. LIX. Cic. fin. wohl dem Consul des J. 678 = 76, angeklagt und 

V 82). Unter einer Anzahl Manner, die sie aus 40 verpflichtete sterbend seinen Sohn, seinerseits den 
dem Senat stiessen (Fest. p. 286), war der Volks- Klager zu belangen (Ascon., vgl. Nr. 96). Von 
tribun C. Atinius Labeo; dieser wollte sich an unsittlichem Lebenswandel seiner Gemahlin spricht 
Metellus fiir den Schimpf rachen , indem er ihn Cicero (bei Plut. Cic. 26, 8). Vgl. auch Nr. 82. 
vom tarpeischen Fels zu stiirzen gedachte; durch 96) Q. Caecilius Metellus Nepos, Sohn des 
Intercession eines Amtsgenossen gehindert, belegte Vorhergehenden. Den Beinamen hatte er schon 
er wenigstens seine Gliter mit dem Bann (Cic. von seinem Vater iiber kommen und nicht, wie 
de domo 123. Liv. Plin. VII 143). Als Cen- Val. Max. IX 14, 4 irrtumlich meint, erst selbst 
sor suchte Metellus durch Zwangsmassregeln der a moribus erhalten. Der Vater hatte auf seinem 
uberhandnehmenden Ehelosigkeit zu steuern; eine Totenbette den Jiingling eidlich verpflichtet, den 
Rede , die er iiber diese Frage hielt , las Au- 50 C. Curio anzuklagen, doch kam infolge der Drohung 
gustus, der ahnliche Bestrebungen hatte, einmal mit einer Gegenklage von seiten Curios ein Aus- 
im Senat vor (Liv. Suet. Aug. 89), und Bruch- gleich zwischen den Parteien zu stande (Cic. 
stucke aus ihr sind erhalten (bei Gell. I 6, Iff., Cornel, und Ascon. z. d. St. p. 55. 56). 674 = 80 
der sie falschlich dem Q. Metellus Numidicus zu- wollte Nepos mit seinem Bruder Celer (vgl. oben 
weist). Metellus war, ein Vorbild fiir seine Nach- Nr. 86) den M. Lepidus wegen Erpressung be- 
kommen, sein ganzes Leben lang ein entschiede- langen, vielleicht 677 = 77 den P. Gabinius (Cic. 
ner Vorkampfer der Nobilitat gewesen ; so griff div. in Caec. 64) und 684 = 70 nach Angabe 
er Tib. Gracchus in einer Rede aufs heftigste an, einiger Gewahrsmanner den Verres wegen seiner 
die C. Fannius in seine Annalen aufnahm (Cic. Rauberein in Achaia (Ps.-Ascon. Verr. p. 128 Or.), 
rep. I 31 ; Brut. 81. Plut. Ti. Gracch. 14, 2), und 60 Im Seerauberkriege 687 = 67 war er als Legat 
folgte noch 633 = 121 in Waffen dem Consul des Pompeius mit fjberwachung der See zwischen 
Opimius zum Kampf gegen C. Gracchus (Cic. Phil. Kleinasien und Phoinikien betraut (App. Mithr. 
VIII 14). Doch auch mit dem grossten seiner 95. Flor. I 41, 10) , im syrischen Feldzuge von 
Zeitgenossen, dem jiingeren Africanus, lebte er in 690 = #4 nahm er mit Lollius Damaskus ein 
Feindschaft; freilich erstreckte sie sich nur auf (Joseph, ant. XIV 29; bell. I 127) und kehrte 
das politische Leben (Cic. rep. I 31; Brut. 81; im folgenden Jahre nach Rom zuriick, denn er 
Lael. 77; off. I 87), denn nach des Gegners Tode wollte das Volkstribunat erlangen, um dann die 
erkannte er seine GrSsse voll und gem an (Val. ehrgeizigen Plane des Pompeius wirksam unter- 



1217 Caecilius Caecilius 1218 

stiitzen zu konnen (Plut. Cato min. 20, Iff. Quintil. Zunachst zeigte er freilich noch keine solche Ge- 

IX 3, 43, vgl. Mommsen R. G. Ill 200). Er sinnung. Einer von Ciceros Anhangern, der Volks-- 

wurde gewahlt, aber mit ihm Cato, der sich be- tribun P. Sestius, unterbrach ihn bei einer Ver- 

worben hatte, um ihn zu bekampfen (Plut. a. 0. handlung im Castortempel, worauf es zum Hand- 

und 21, 2. Cic. Mur. 81). Cicero, der sich zu- gemenge kam (Cic. Sest. 79; de domo 13). Als 

nachst bedroht sah , suchte vergeblich , sich gut Milo gegen Clodius eine Klage nach der lex Plautia 

zu ihm zu stellen ; als er am letzten Tage seines de vi erhob, verhinderte der Consul ihre Annahme 

Consulats die iibliche Rede an das Volk halten (Cic. Sest. 89. Dio XXXIX 7, 4). Erst bei der 

wollte, erhob Nepos Einspruch und gestattete ihm Abstimmung des Senats iiber Ciceros Riickkehr 

nur, den gewShnlichen Eid zu leisten, worauf jener 10 Anfang August trat er auf dessen Seite, der all- 

schwur, er habe die Republik vom Untergange gemeinen Stimmung und der Uberredung seines 

gerettet (Cic. fam. V 2, 6 — 8 ; Pis. 6. 7 u. Ascon. Verwandten P. Servilius nachgebend (Cic. Sest. 

z. d. St. p. 6; Sest. 11 u. Schol. Bob. z. d. St. p. 294. 130; p. red. 25; de prov. cons. 22; Pis. 35; fam. V 

366. Plut. Cic. 23, 1. Dio XXXVII 38, 2). Am 4 [Dankbrief des Cicero an ihn]. Dio XXXIX 8, 2). 

1. Januar 692 = 62 erhob sich nun Cicero gegen Doch infolge seiner Verwandtschaft mit Clodius 

Nepos im Senat ; am 3. vergalt es ihm dieser unterstiitzte er im November wiederum diesen bei 

durch einen Angriff in der Volksversammlung (Cic. seiner Bewerhung um die Aedilitat (Cic. ad Att. IV 

fam. V 2, 8. Plut. Cic. 26, 4. 7) und hierauf er- 3, 3f. Dio XXXIX 7, 4). Als Provinz erhielt er 

widerte Cicero mit der Rede eontra eontionem Q. dann das diesseitige Spanien (Plut. Caes. 21, 2); 
Metelli, von der einzelne Bruchstiicke erhalten sind20 Cicero (ad Qu. fr. II 1, 1) nennt ihn nicht unter 

(Cic. ad Att. I 13, 5. Gell. XVIII 7, 7. Quintil. denen, welche an einer Senatssitzung im December 

IX 3, 50. Schol. Gronov. p. 412 u. a., vgl. Cicero teilnahmen, woraus man geschlossen hat, er sei 

ed. C. P. W. Miiller IV 3, 269—271). Die Ab- schon gegen das Ende seines Amtsjahres dorthin 

sicht des Tribunen, ihn in Anklagezustand zu ver- abgereist, indes spricht seine Gegenwart bei der 

setzen, scheiterte anderEntschiedenheit desSenats Zusammenkunft der Triumvirn in Luca April 698 

(Dio XXXVII 42, 2f.). Ebensowenig drang er mit = 56 fur einen spateren Termin (Plut. a. 0.). In 

dem Antrage durch, den er im Einvernehmen mit der Provinz flberraschte er die Vaccaeer und schlug 

dem Praetor Caesar stellte, Pompeius solle nach sie (Dio XXXIX 54, 1. Cic. prov. cons. 22), doch 

Italien berufen werden, um mit bewaffneter Hand gelang es ihnen im folgenden Jahre, ihre Nieder- 

die Ordnung wiederherzustellen. Als die Rogation 30 lage wett zu machen und Clunia zu erobern, ohne 

vor das Volk gebracht wurde, kam es zu form- dass Nepos mit seinen schwachen Streitkraften 

lichem Kampfe. Cato intercedierte erst gegen die etwas gegen sie thun konnte (Dio XXXIX 54, 2). 

Verlesung und suchte sie dann mit Gewalt zu Nach Ablauf des zweiten Jahres scheint er nach 

hindern; er wurde durch bewaffnete Haufen ver- Rom zuruckgekehrt und dort bald gestorben zu 

trieben, kehrte an der Spitze anderer Scharen zu- sein (Ascon. Scaur, p. 24; vgl. Wilsdorf Fasti 

nick und behauptete das Peld. Nepos erklarte, Hisp. prov. [Leipz. Stud. I] 126f.); er setzte den 

er weiche der Gewalt, und ging zu Pompeius nach Carrinas zu seinem Erben ein (Val. Max. VII 

Asien; der Senat suspendierte ihn, wie Caesar, von 8, 3). Ausserlich ahnelte er einem bekannten 

seinem Amte (Dio XXXVII 43, 1—4. Plut. Cato Schauspieler Pamphilus (a. 0. IX 14, 4. Plin. 

26, 2— 29, 2; Cic. 23, 2. Suet. Caes. 16. Schol. Bob. 40 VII 54) ; als Redner war er ohne viel Bedeutung 

Sest. p. 302 Or.; vgl. Mommsen St.-R. I 262, 1. (Cic. Brut. 247); erhalten ist ein Brief, den er 

III 1244, 2; in diesen Zusammenhang gehort aus Spanien an Cicero schrieb (fam. V 3). 

wohl die Rede , welche Caesar fur einen Q. Me- 97) Q. Caecilius Metellus Numidicus, jungerer 

tellus verfasste. Suet. Caes. 55). Nepos kehrte Sohn des Metellus Calvus Nr. 83. Als Jungling 

nach kurzer Zeit mit Pompeius zurilck (Plut. Cic. hCrte er in Athen den Karneades (Cic. de or. Ill 

26, 8) und wurde 694 = 60 Praetor. Als solcher 68). Wahrend seiner Praetur verwaltete er eine 

brachte er ein Gesetz iiber Abschaffung der Zolle Provinz , die Rom mit Getreide versorgte (Cic. 

in Italien durch, das der Senat anfangs nicht mit Verr. Ill 209). Es wird erzahlt, dass er einmal 

seinem Namen bezeichnen wollte (Dio XXXVII 51, wegen Erpressungen angeklagt war; die Richter 

3). Er wollte im nachsten Jahre erst an Stelle 50 aber hatten ein solches Vertrauen in seine Ehren- 

seines verstorbenen Bruders Celer (Nr. 86) Augur haftigkeit gehabt, dass sie seine Rechnungen gar 

werden und nachher als Statthalter in eine Pro- ' nicht einmal priifen wollten (Cic. Balb. 11; ad Att. 

vinz abgehen (Cic. ad Att. II 5, 2), da er aber im I 16, 4. V'al. Max. II 10, 1). Vielleicht fallt 

April noch in Rom war (a. 0. 12, 2), scheint es dieser Process nach jene praetorische Statthalter- 

unterblieben zu sein. Zum Consulat gelangte er schaft, wenigstens findet sich in dem spateren 

697 = 57 mit P. Lentulus Spinther (Inschriften Leben des Metellus kein Zeitpunkt , fiir den er 

CIL I 604 = X 219. X 8098? Chronogr. Idat. besser passte. Im J. 645 = 109 erhielt C. das 

Chron. pasch. [beide Mareellus statt Metellus]. Consulat (Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. 

Cassiod. Dio XXXIX 1, 1 und ind. Val. Max. IX Cic. Cornel, u. Ascon. z. d. St. p. 60 K.) und die 

14, 4. Ascon. Milon. p. 43. Schol. Bob. Sest. p. 291. 60 Fiihrung des Krieges gegen Iugurtha. Fiir diesen ist 

308. Plin. VII 54). Cicero, dessen Zuriickberu- Hauptquelle Sallust. lug., iiber die vielfach strittige 

fung damals verhandelt wurde, fiirchtete ihn um Chronologie vgl. Mommsen R. G. II 146 Anm. 

der alten Feindschaft willen (Cic. ad Att. Ill 12,1. Meinel Zur Chronologie des iugurthin. Krieges, 

Dio XXXIX 6, 3), doch die Riicksicht auf Pom- Augsburg 1883. Die Consulnwaren erst imAnfange 

peius bestimmte den Nepos, schon am 1. Januar des Amtsjahres selbst gewahlt worden (Mommsen 

im Senate zu erklaren, dass er der Herstellung Herm. I 428), und die umfassenden Rustungen 

Ciceros nicht entgegen sein werde (Cic. Sest. 72. hielten den Metellus lange in Rom auf, so dass 

87; p. red. 5. 9; de domo 7. 70; ad Quir. 10. 15). er erst spat im Jahre nach Africa abreiste (Sail. 

Pauly-Wissowa III 39 



1219 Caecilius Caecilius 1220 

43, 1—4) , begleitet von den Hoffhungen und Oberbefehl bestimmt worden. Tief verletzt brach 

Wfinschen der Biirgerschaffc, die sich vornehmlich er die kriegerischen Unternehmungen ab und ver- 

auf seine makellose Unbestechlichkeit griindeten brachte den Best der Zeit mit Verhandlungen mit 

(43, 5. Plut. Mar. 7, 1). Er fand das Heer in -Bocchus (80, 1—83, 3). Er vermied die persOn- 

trostlosestem Zustande (44, 1—5) und bethatigte liche Begegnnng mit dem neuen Consul, liess ihm 

bei dessen durchgreifender Beorganisation sein das Heer durch einen Legaten iibergeben (86, 5. 

Feldherrntalent in glanzender Weise (45, 1 — 3. Plut. Mar. 10, 1) und kehrte gegen Ende des 

Val. Max. II 7, 2, vgl. IX 1, 5. Frontin. IV J. 647 = 107 heim. Nach Sallust 88, 1 kamen 

1, 2; ungenau Cassiod. var. IX 25, 10). Iugur- ihm jetzt, postquam inwidia cesserat, Senat und 
tha geriet in ernste Besorgnis und bot seine 10 Volk gleich freudig entgegen; gewiss ist, dass er 

Unterwerfung an; der Consul hielt ihn durch von den Optimaten stets als der eigentliche tTber- 

scheinbares Eingehen auf seine Vorschlage hin, winder Iugurthas betrachtet wurde (Plut. Mar. 

gewann sogar seine Gesandten fur sich und ruckte 10, 6) und nicht mit Unrecht sich selbst dafiir 

allmahlich in Numidien ein (46, 1—47, 4, vgl. hielt (ebd. 10, 1, vgl. Gell. XII 9, 4). Er erhielt 

Frontin. I 8, 8). Am Flusse Muthul stellte sich den Ehrenbeinamen Numidicus und feierte 648 

ihm der Konig entgegen und erlitt eine schwere = 106 einen Triumph (Acta tr. Veil. II 11, 2. 

Niederlage (48, Iff.), die wohl mit Mommsen Eutrop. IV 27, 6. Auct. de vir. ill. 62, 1, vgl. 

schon ins J. 646 = 108 zu setzen ist , obwohl fiber den Krieg noch Lit. ep. LXV. Flor. I 36, 10 

Meinel a. O. 16ff. erst nach ihr die Grenze der —12. Eutrop. IV 27, 1—3. Oros. V 15, 7. Veil. 
Feldzfige von 645 und 646 sucht. Nach kurzer20II 11, 1. 39, 2. Auct. de vir. ill. 62, 1. 67, 1. 

Bast marschierte Metellus in Feindesland vor- Exuper. 1 p. 1 Burs.'). Im J. 652 = 102 wurde 

warts (54, 1) , vielfach belastigt durch Streif- Metellus Censor zusammen mit seinem Vetter C. 

scharen (54, 5 — 10) und Angriffe Iugurthas selbst Metellus Caprarius (Cic. de domo 87. Veil. II 8, 2; 

(52, 3—8), bis er sich gegen Zama wendete (56, 1). zu Gell. I 6, Iff. vgl. S. 1215, 53). Er bestrafte 

Wahrend des Sturmes auf die Stadt (57, 1 — 6) den L. Appuleius Saturninus mit einer Bfige (Cic. 

drang der Feind in das rOmische Lager ein, wurde Sest. 101) und wollte ihn nebst dem Servilius 

aber zuruckgeschlagen (58, 1 — 7); indes die weitere Glaucia aus dem Senat stossen, was jedoch sein 

Belagerung blieb erfolglos (59, 1 — 60, 8) und Me- Amtsgenosse verhinderte (App. b. c. I 28). Nach 

tellus kehrte in die rOmische Provinz zuriick, wo Oros. V 17, 1 kam deswegen die EmpOrung des 

er Winterquartiere bezog (61, If.). Wahrend des 30 Volkes so heftig zum Ausbruch, dass der Censor 

Winters wurden neue Verhandlungen mit Iugurtha in persflnliche Gefahr geriet; doch scheint die Ver- 

angeknupft und einer von seinen Anhangern, Bo- anlassung dieses Tumultes vielmehr gewesen zu 

milkar, auf die rOmische Seite gezogen (61, 3 — sein, dass er den L. Equitius, einen angeblichen 

62, 9. Dio frg. 89, 1), doch dessen Anschlage Sohn des alteren Gracchus und Anhanger des 

scheiterten spater (70, 1 — 72, 2). Dem Metellus Saturninus, von der Biirgerliste ausschloss (Frg. 

wurde der Oberbefehl fur das folgende J. 647 seines Elogium CIL 12 p. 196 el. XIX. Cic. Sest. 

= 107 bestatigt (62, 10), aber seine Stellung er- 101. Val. Max. IX 7, If.. Auct. de vir. ill. 62, 1, 

schwert durch die Intriguen seines Legaten C. vgl. Bardey Das sechste Consulat des Marius 

Marius. Dieser bat ihn um Urlaub fur die Be- [Nauen 1883] 26). Fur das J. 654 = 100 war 

werbung urns Consulat, wurde von ihm erst freund- 40 Marius zum Consul, Glaucia zum Praetor und Sa- 

lich, dann mit Spott abgewiesen (64, 1 — 4. Dio turninus zum Tribunen gewahlt worden; ehe sie 

89, 3. Plut. Mar. 8, 1 — 4, der dies frfiher als Sail. ihre revolutionaren Plane ins Werk setzen konn- 

erzahlt) und suchte nun mit alien Mitteln das ten, gait es, sich des gefahrlichsten Gegners, des 

Ansehen des Feldherrn in der Provinz und in Bom Numidicus, zu entledigen (Plut. Mar. 28, 5 — 7). 

zu untergraben. Er gewann u. a. den numidi- Es wurde das Ackergesetz des Saturninus ange- 

schen Praetendenten Gauda fur sich, der gleich- nommen mit der Clausel, dass jeder Senator bei 

falls von Metellus schroff behandelt war (65, 2), Strafe von Ausstossung und Verbannung es be- 

wie diesem iiberhaupt seine strenge Harte viele schwOren musste. Urn dem Metellus eine Falle 

Feinde machte (Sail, mehrfach, App. Num. 2. zu bereiten, erklarte Marius sich anfangs selbst 

Dio 89, 4). Den neuen Feldzug erOffnete er mit 50 gegen den Eid (ebd. 29, 4), anderte dann plotz- 

der Einnahme der abgefallenen Stadt Vaga, die lich seine Ansicht, und aus Furcht folgte nun 

fur ihren Treubruch schwer bussen musste (68, der gesamte Senat seinem Beispiel (ebd. 29, 7; 

1—69, 4. App. Num. 3) und schritt auf seiner fiber die Haltung des Marius vgl. Bardey a. O. 

Siegeslaufbahn vorwarts, wahrend in Bom Marius, 47ff.). Nur Metellus beharrte bei der Verweige- 

den er schliesslich kurz vor dem Wahltermin dort- rung des Schwures und verliess, als Saturninus 

hin entlassen hatte (73, If. Plut. Mar. 8, 5), zum seine Verbannung beantragte, freiwillig die Stadt; 

Consul gewahlt und durch Volksbeschluss mit der darauf erklarte ihn der Consul in die Acht (Plut. 

Ffihrung des numidischen Krieges betraut wurde. Mar. 29, 8f; Cat. min. 32, 2. App. I 29 — 31. 

Metellus zersprengte das neue Heer, das ihm Iu- Dio XXXVIII 7, 1. Liv. ep. LXIX. Flor. II 4, 2. 

gurtha entgegenstellte, in einer Feldschlacht (74, 60 5, 3. Ampel. 18, 14. Oros. V 17, 4. Veil. II 15, 4. 

3), verfolgte den fliehenden Konig nach Thala Val. Max. 1118,4. Auct. de vir. ill. 62, 2. 73,8. 

mitten in der Wiiste und nahm diesen Ort ein Cic. Sest. 37. 101. 130; de domo 82. 87; p. red. 

(75, 1—76, 6. 89, 6). Er blieb jenem auf den 5. 25; Cluent. 95; Plane. 89; Pis. 20. Schol. Bob. 

Fersen, der wiederum entkommen, zu den Gaetu- p. 272. 347). Er ertrug sein Schicksal mit Buhe 

lern gefliichtet war und ein Biindnis mit Bocchus und Gleichmut (Cic. fam. I 9, 16. Sen. ep. Ill 

von Mauretanien geschlossen hatte, und holte 3, 4), lebte erst in Bhodos mit philosophischen 

schon zu einem neuen Schlage aus, als die Nach- Studien beschaftigt (Liv. ep. LXIX. Plut. Mar. 29, 

richt eintraf, Marius sei zu seinem Nachfolger im 10), dann in Tralles, wo ihn die Nachricht von 



1221 Caecilius Caecilius 1222 

seiner Rfickberufung traf (Val. Max. IV 1, 13. er in Apulien, nahm das wichtige Venusia ein 

Auct. de vir. ill. 62, 3). Diese war sofort nach und schlug den gefiirchteten Feldherrn der Marser 

der Katastrophe des Saturninus und Glaucia be- Q. Pompaedius Silo in einer Schlacht , bei der 

antragt worden , doch hatte der Consul Marius dieser selbst das Leben einbfisste (Diod. XXXVII 

sich ihr mit Erfolg widersetzt (Oros. V 17, 11); 2, 10. App. I 53. Liv. ep. LXXVI. Auct. de vir. 

er widerstrebte audi im folgenden J. 655 = 99 ill. 63, 1 ; fiber die Abweichungen der Berichte 

(Plut. Mar. 31, 1), aber die dahin zielende Roga- vgl. Marcks tTberlieferung des Bundesgenossen- 

tion des Volkstribunen Q. Calidius drang durch, krieges . [Marbg. 1884] 89). Vielleicht schon da- 

untersttitzt durch die Fttrbitten der grossen Fa- mals empfing er den Imperatortitel, denn er fuhrt 
milie der Meteller und besonders durch die 10 ihn auf Miinzen, die anscheinend vor seinen spa- 

eifrigen Bemtthungen des Sohnes des Verbannten nischen Siegen geschlagen sind (Klugmann 

(Liv. Veil. Auct. de vir. ill. Val. Max. IV 1, Ztschr. f. Numism. VIII 68 gegen Mommsen 

13. V 2, 8. Cic. Plane. 69; p. red. 37f.; ad Miinzwesen 612 nr. 244; Tr. Blac. II 459 nr. 248). 

Quir. 6. 9. 10. Schol. Bob. p. 252 Or., etwas ab- Er stand noch im nachsten Jahre, 667 = 87, mit 

weichend App. I 33, vgl. Nr. 98). Dass Metellus proconsularischem Iniperium gegen die Samniten 

nach seiner Rfickkehr fraelo animo et demisso im Felde, als nach Sullas Abgang aus Italien 

gewesen sei, erklart Cic. fam. I 9, 16 fur falsch; Marius und Cinna Rom bedrohten. Damit seine 

jedenfalls horen wir nichts mehr von seiner Offent- Streitkrafte zum Schutze der Hauptstadt verffig- 

lichen Thatigkeit. Ob er der Metellus ist, den bar wiirden, wies ihn der Senat an, mit den Geg- 
Q. Varius, Tribunus plebis 663 = 91 , durch Grift 20 nern in Verhandlung zu treten ; doch deren Frie- 

ums Leben brachte (Cic. nat. deor. Ill 81) , ist densbedingungen waren unannehmbar, und infolge- 

nicht zu erweisen. Zu seiner Charakteristik liefert dessen vereinigten sich die Samniten vielmehr mit 

Sallust manche Beitrage, und noch mehr Cicero, den Demokraten (Sail. hist. I 25 Kr. = I 28 Maur. 

der es liebte, sich selbst mit jenem Vorkampfer Licinian. p. 24. 26 Bonn. App. 168. Dio 99, 6. 7). 

der Optimatenpartei, der ins Exil gehen musste, Metellus war ausser stande dies zu verhindern 

in Parallele zu stellen (die Belege sind oben an- und eilte dem gefahrdeten Rom zu Hiilfe (App. 

gefiihrt; fur einen charakteristischen Zug vgl. die I 69); doch weigerte er sich, an Stelle des mili- 

Stellen unter Caecilia Metella Nr. 132). Die Reden tarisch unfahigen Consuls Cn. Octavius den Be- 

des Metellus wurden geruhmt (CicBrut. 135; de fehl zu iibernehmen, wie seine Soldaten forderten 
or. I 215. Veil. II 9, 1) und in der Zeit der An- 30 (Plut. Mar. 42, 4), und als sie daraufhin in Massen 

tonine wegen ihrer Sprache gelesen (Fronto I 7 zum Feinde ubergingen, musste die Verteidigung 

p. 20 Nab.) ; daher hat Oellius Fragmente aus Roms aufgegeben werden. Metellus selbst gehorte 

mehreren erhalten , so aus der gegen den Volks- zu den Gesandten, die der Senat an Cinna schickte 

tribunen C. Manlius (vielleicht T. Manlius Man- (Licinian. p. 28 Bonn. Plut. Mar. 42, 5). Er ging 

cinus, der die Abberufung aus Numidien veranlasst zuerst nach Africa, um gegen die Marianer zu 

hatte, Sail. lug. 43, 7), Gell. VII 11. Prise. VIII riisten, und nachdem er von dort durch C. Fabius 

17 (I 382 Hertz) , aus der iiber seinen Triumph Hadrianus im J. 670 = 84 vertrieben worden war 

(Gell. XII 9, 4) , aus der Anklageschrift gegen (Liv. ep. LXXXIV. Plut. Crass. 6, 2f.), nach Ligu- 

einen Valerius Messalla (XV 4, If.) und aus einem rien. Bei Sullas Wiedererscheinen auf italischem 
in der Verbannung an Cn. und L. Domitius ge- 40 Boden gehorte er zu den ersten , die zu ihm 

richteten Schreiben (XV 13, 6. XVII 2, 7). Viel- stiessen, ubernahm aufs neue sein proconsularisches 

leicht unterstiitzte den Metellus bei Abfassung Commando (App. I 80f. Dio 102, 1), kampfte an- 

seiner Reden der ihm in treuer Freundschaft er- fangs mit ihm zusammen in Apulien und Campa- 

gebene L. Aelius Stilo (Cic. Brut. 206. Suet, nien gegen die Consuln Norbanus und Scipio (App. 

gramm. 3, vgl. Bd. I S. 532 Nr. 144). Metellus I 84. 85), dann 672 = 82 allein im Norden mit 

besass eine Villa bei Tibur (Cic. de or. II 263), demselben Erfolge, wahrend die Demokraten ihn 

die im Besitze seiner Nachkommen blieb. als Feind des Vaterlandes erklarten (App. I 86) 

98) Q. Caecilius Metellus Pius, Sohn von und Sulla sich bereits gegen Rom wandte. Es 

Nr. 97. Er leistete seine ersten Kriegsdienste gelang Metellus, am Flusse Aesis eine Abteilung 
im Alter von etwa zwanzig Jahren, 647 = 107, 50 Carbos unter seinem Legaten Carrinas zu schla- 

unter seinem Vater in Africa (Sail. lug. 64, 4. gen (App. I 87. Oros. V 20, 5) und kurze Zeit 

Plut. Mar. 8, 4); als Mann spectata iam aetate darauf eine andere vSllig aufzureiben (App. I 88); 

(Cic.) hot er 655 = 99 alle Mittel auf, um die dann marschierte er iiber Ravenna (App. I 89) 

Rfickberufung des Vaters aus der Verbannung zu nach Faventia und gewann hier einen entschei- 

bewirken und erhielt davon den Beinamen Pius denden Sieg fiber die feindliche Hauptmacht unter 

(Cic. p. red. 37; ad Quir. 6; Arch. 6. Veil. II Norbanus und Carbo selbst (Veil. II 28, 1. Oros. 

15, 3f., vgl. 45, 3. Val. Max. V 2, 7. Plin. paneg. V 20, 7. App. I 91. Plut. Sull. 28, 14). Die 

88. Auct. de vir. ill. 63, 1. Ampel. 18, 14. App. Folge des Sieges war, dass zahlreiche Mannschaf- 

b. c. I 33. Dio frg. 93, 1), doch ist es nicht rich- j ten der Gegner und das ganze gallische Land bis 

tig, dass er das Bild der Pietas auf die Denare 60 zu den Alpen hin auf seine Seite traten (App. 

setzte, die er wenige Jahre spater, gegen 660 192, vgl. Plut. Pomp. 8, 5f. ohne grossen Wert). 

= 94, als Mvinzmeister pragte (Mommsen Mttnz- Fttr diese wichtigen Djenste wurde er Consul mit 

wesen557 nr. 172; Ztschr. f. Numismatik II 43). Sulla im J. 674 = 80{'(fast. Cap. SC. de Oropiis 

Schon frfihzeitig gelangte er zum Pontiflcat, ob- IGS I 413, 53. Tessera CIL I 718. Chronogr. 

gleich er Consulare zu Mitbewerbern hatte (Auct. Idat. Chron. pasch. Cassiod. Cic. Verr. I 130. 

de vir. ill. 63, 3), und wurde 665 = 89 Praetor Gell. XV 28, 3. App. I 103). Damals vergalt er 

(ebd. Cic. Arch. 7. 9. 31). Im folgenden Jahre dem Q. Calidius, der die Rfickkehr seines Vaters 

wahrend des Bundesgenossenkrieges commandierte beantragt hatte, diese Wohlthat, indem er seine 



1223 Caecilius Caecilius 1224 

Bewerbungum die Praetur unterstiitzte (Cic. Plane. 162. App. 1 112), doch blieb die Belagerung von 

69. Val. Max. V 2, 7). Im folgenden Jahre ging Calagurris, zu der sich Pompeius mit ihm ver- 

er nach Spanien und wurde hier durch den Krieg einigt hatte, ohne Erfolg (Liv. ep. XCIII). Die 

gegen Sertorius acht Jahre lang festgehalten (App. nachsten Jahre brachten endlich den Tod des Ser- 

I 97. 108). Metellus war damals ein erprobter torius, die Vernichtung seiner Anhanger durch 

Feldherr, nur neigte er schon etwas zu Bequem- Pompeius und die Beruhigung Spaniens durch 

lichkeit; aber seine methodische Kriegskunst und Metellus (App. 1115. Plut. Sert. 27, 1). Allge- 

seine geschulten Legionen waren machtlos gegen- gemein gehaltene Notizen iiber dessen Kriegfiih- 

iiber dem genialen Gegner, der den hier zu alien rung geben z. B. Liv. ep. XCI —XCIII. XCVI. 
Zeiten heimischen Guerillakrieg meisterlich zu 10 Flor. II 10, 5. Eutrop. VII, 2f. Oros. ¥23, 3ff. 

organisieren verstand (gute Charakteristik nach Exuper. 8. Val. Max. VIII 15, 8. Auct. de vir. 

Sallust bei Plut. Sert. 12, 4. 13, Iff. 18,1; Pomp. ill. 63, 2. Cic. Bull. 70 spielt vielleicht auf 

17,1). Wahrend des ersten oder der beiden ersten einen Mordanschlag an, der damals gegen ihn 

Jahre ergriff Metellus die Offensive, indem er von geplant wurde. Ende 683 = 71 kehrte Metellus 

seiner Provinz , dem jenseitigen Spanien , nach heim, entliess sein Heer in Oberitalien im Gegen- 

Lusitanien vordrang und die festen Stadte zu satz zu Pompeius und triumphierte gleichzeitig 

nehmen suchte. Es gelang ihm bei Dipo am Anas mit diesem in den letzten Tagen des Jahres (Sail. 

(Sail. hist. I 74 Kr. = I 113 Maur.), an dessen hist. IV 52 Kr. = IV 49 Maur. Veil. II 30, 2. 

Stelle er wahrscheinlich das nach ihm benannte Eutrop. VI 5, 2). In der Polge scheint er sich 
Metellinum griindete (H ii b n e r CIL II p. 73. 20 vom politischen Leben zuriickgezogen zu haben 

Bieiikowski Wiener Studien XIII 155), dagegen (Plut. Lucull. 6, 6; Cat^24, 12); nur 688 = 66 

wurde er von Langobriga an der Munching des trat er gegen Catilina auf, als dieser mit einem 

Tagus mit Verlust zuriickgeschlagen (Plut. Sert. Process wegen seiner Verwaltung Africas bedroht 

13, 4 — 7). Auch mehrere seiner Legaten erlitten wurde (Cic.jn tog. cand. bei Ascon. p. 77 K.), 

Niederlagen, und wahrend Sertorius den grOssten vermutlich als Patron der Africaner von seinem 

Teil der Halbinsel wieder unterwarf , Melt sich Vater her, und im nachsten Jahre erschien er als 

Metellus ruhig in seiner Provinz. Zu seiner Zeuge beim Majestatsprocess des C. Cornelius 

Unterstiitzung wurde Pompeius bestimmt. Er (Ascon. p. 53. 70. Val. Max. VIII 5, 4). Er starb 

traf, wie es scheint, erst im Anfang 678 = 76 in ein bis zwei Jahr spater, denn damals folgte ihm 
Spanien ein (Maurenbrecher Sail. hist. frg. II 30 Caesar in der Wurde des Pontifex Maximus nach, 

227 gegen Bierikowski), und im August suchte die er bald nach 672 = 82 erlangt hatte (Dio 

sich Metellus mit ihm zu vereinigen und schlug XXXVII 37, 1. Plut. Caes. 7, 1. Macrob. m 13, 

bei Italica am Baetis Hirtuleius, den Unterfeld- 10ff., wo seine Notizen iiber einen Priesterschmaus 

herrn des Sertorius, der sich ihm entgegenstellte erhalten sind). Dass er auch Augur war, ist trotz 

(Frontin. str. II 1,2. 3, 5. Oros. V 23, 10). Im des Angurstabes auf seinen Miinzen nicht wahr- 

folgenden Jahre wurde Hirtuleius von ihm zum scheinlich, ebensowenig die Gleichsetzung mit dem 

zweitenmale bei Segovia vollstandig besiegt und C. Metellus, der den Castortempel ausschmiickte 

fand dabei seinen Tod (Sail. hist. II 21 Kr. = II (Plut. Pomp. 2, 5, vgl. Jordan Topogr. I 2, 371f. 

59 Maur.); dann eilte der Sieger dem Pompeius Anm.). Aus seiner Villa in Tibur stammt offenbar 
zu Hulfe. Doch noch vor seinem Eintreffen griff 40 das Bruchstfick einer Weihinschrift , auf der er 

dieser, um allein den Buhm zu ernten, an und sich [Imp.] iter(um) nennt (CIL XIV 3588). 

erlitt eine Niederlage am Plusse Sucro (Jucar). Ein Urteil fiber ihn aus Sullas MenToiren giebt 

Als Metellus am nachsten Tage anlangte, wurde Plut. Sull. 6, 7. 

er von dem jiingeren Feldherrn mit grosster Ehr- 99) Q. Caecilius Metellus Pius Scipio ging 

erbietung empfangen, und ein derber Ausspruch durch Adoption aus der Pamilie der Scipionen in 

des Sertorius bezeugte, dass nur seine Dazwischen- die der Meteller iiber. Piir seine verwandtschaft- 

kunft jenen vom Verderben gerettet hatte (Plut. lichen Beziehungen zu den hervorragendsten rS- 

Sert. 19, 2—7; Pomp. 18, 1. 19, 1—4; unzu- mischen Geschlechtem ist die Hauptstelle Cic. 

verlassig App. I 110, vgl. noch Veil. II 29, 5). Brut. 211f. , wonach sich das in dem Stamm- 
Die vereinigten rOmischen Armeen lieferten dem 50 baum S. 1225f. dargelegte Bild ergiebt (vgl. dazu 

Eeinde eine Schlacht an der Turia (Guadalaviar); noch Cic. de dom. 123; ad Att. VI 1, 17. Dio XL 

wiederum kampfte Pompeius ungliicklich, Metel- 51, 3, uogenau Eutrop. VI 23, 2). Vor der Adop- 

lus aber, der von einem Wurfspiess getroffen wurde, tion, die vielleicht testamentarisch war, fiihrte 

mit Gliick (Sail. hist. II 25. 26 Kr. = II 67. 68. er den Vornamen P. , mit dem er auch spater 

Maur. Liv. ep. XCII. Plut. Sert. 21, 1—3. bisweilen genannt wird (Cic. Verr. IV 79; de dome. 

Ajp^aJ).). Die Erfolge dieses Feldzuges steiger- 123. Liv. ep. CXIII. CXIV. Val Max. IX 5, 3. 

ten sein Selbstbewusstsein ausserordentlich , so Ascon. Cornel, p. 66. Suet. Tib. 4); Appian nennt 

dass er nicht nur den Imperatortitel annahm und ihn meistens falschlich Lucius. Das Cognomen 

auf seine Munzen setzte (Plut. Sert. 22, 2. Momm- Nasica hat Cic. ad Att. II 1, 9. Als junger Mann 
sen Munzwesen 612 nr. 244), sondern auch, wenn 60 wird er zuerst im J. 676 = 78 erwahnt (Cic. Cornel, 

den Berichten zu trauen ist , sich gleich einem bei Ascon. p. 66), dann 684 = 70 als einer der 

Gotte feiern und verherrlichen liess (Sail. hist. II Verteidiger des Verres (Cic. Verr. IV 79ff.). Er 

29 Kr. = II 70 Maur. Val. Max. IX 1, 5. Plut. heiratete eine Aemilia Lepida, die mit Cato ver- 

a. O., vgl. Pomp. 18, 2; iiber die Beziehungen lobt war; dafiir rachte sich dieser an ihm durch 

des Metellus zu Archias und anderen Sangern Spottgedichte (Plut. Cat. min. 7, 1, vgl. o. Bd. I 

seiner Thaten vgl. Cic. Arch. 26). Auch im J. 680 S. 591 Nr. 166). In der Nacht zum 21. October 

= 74 war ihm das Gliick hold, denn zahlreiche 691 = 63 kam er mit M. Crassus und M. Marcel- 

spanische Stadte unterwarfen sich ihm (Strab. Ill lus zu Cicero , um ihn vor dem Anschlage der 



1225 



Caecilius 



Caecilius 



1226 



Catilinarier gegen sein Leben zu warnen (Plut. 
Cic. 15, 1, vgl. Crass. 13, 4). 694 = 60 wurde er 
zum Volkstribunen fur das nachste Jahr gewahlt, 
von seinem Mitbewerber M. Favonius wahrschein- 
lich de ambitu belangt mid von Cicero verteidigt 
(Cic. ad Att. II 1, 9). 697 = 57 gab er Fechterspiele 
zu Ehren seines Adoptiwaters (Cic. Sest. 124. 
Schol. Bob. z. d. St. p. 306) und erscbeint in 
demselben Jahre als Pontifex (Cic. de domo 123; 
har. resp. 12; Brut. 212. Suet. Tib. 4), welche 
Wurde er kaum vor dem Tode jenes 691 = 63 
erlangt haben wird (Bardt Priester der vier 
grossen Collegien 16). Die Praetur verwaltete er 
spatestens 699 = 55 , denn 701 = 53 bewarb er 
sich um das Consulat. Scipio und P. Plautius 
Hypsaeus traten damals als Candidaten der Volks- 
partei gegen Mffo in die Schranken (Liv. ep. CVII. 
Ascon. Milon. p. 26. 29. 37. Schol. Bob. Mil. 
p. 281; aer. al. Mil. p. 341. Schol. Gronov. p. 443. 
Plut. Cato min. 47, 1. Dio XL 53, 1), doch 
keiner von ihnen wurde gewahlt, sondern sie alle 
spater wegen Wahlumtrieben vor Gericht gestellt. 
Vor der Verurteilung bewahrte den Scipio das 
ungesetzliche Einschreiten des Cn. Pompeius, der 
zum ajleinigen Consul fur 702 = 52 ernannt wor- 
den war und sich bald darauf mit seiner Tochter 
Cornelia vermahlt batte (Plut. Pomp. 55, Iff. Dio 
XL 51, 2ff. 53, 2. App. b. c. II 24. Val. Max. 
IX 5, 3. Veil. II 54, 2 falsch datiert). In einer 
Senatssitzung im Februar war Scipio gegen Milo 
und seine Beschiitzer aufgetreten (Ascon. Milon. 
p. 30f.). Fiir die letzten funf Monate des Jahres 
nahm ihn sein Schwiegersohn zum Collegen im 
Consulat an (Tessera glad. Epb. epigr. Ill p. 204. 
Cassiod. Idat. Chron. pasch. Dio a. O. u. XL ind. 
Plut. Pomp. 55, 5. App. II 25). Natiirlich spielte 
er neben Pompeius eine ganz untergeordnete Rolle; 
nur beantragte er, den Censoren die ihnen von 
Clodius entzogenen Rechte wiederzugeben (Dio XL 
57, 1 — 3); im iibrigen machte ihn sein Verkehr 
mit verrufenen Wiistlingen beriichtigt (Val. Max. 
IX 1, 8). Vielleicht stellte er als Consul auf dem 
Capitol die Bronzestatuen seiner Vorfahren auf, 
die zwei Jahre spater Cicero den Anlass gaben, 
fiber seine aviaxoQtjaia zu spotten (ad Att. VI 1, 17). 
Als entschiedenster Anhanger des Pompeius for- 
derte er am 1. September 703 = 51, die Bera- 
tung fiber Caesars gallische Statthalterschaft auf 



die Tagesordnung fiir den 1. Marz des nachsten 
Jahres zu setzen (Cic. fam. VIII 9, 5); in dem 
Senatsbeschluss, der am 29. September in dieser 
wichtigen Frage gefasst wurde, ist er als Zeuge 
verzeichnet (a. 0. 8, 5f.). Im April 704 = 50 
widersetzte er sich den zu Ehren Ciceros beschlos- 
senen Supplicationen (a. 0. 11, 2). In der Neu- 
jahrssitzung des Senats 705 = 49 gab er, nachdem 
der Consul L. Lentulus Caesars Ultimatum abge- 

10 lehnt hatte, im Namen seines abwesenden Schwie- 
gersohns die entscheidcnde Erklarung ab, Pompeio 
esse in animo, rei publieae non deesse, si sena- 
tus sequeretur (Caes. b. c. 1 1, 4. 2, 1. 6, 1), und 
stellte den Antrag, dass Caesar bis zu einem be- 
stimmten Tage sein Imperium niederzulegen und 
sein Heer zu entlassen habe, widrigenfalls er als 
Feind des Vaterlandes betrachtet wurde (a. 0. 2, 
6f. Plut. Caes. 30, 3). Durch die Erhebung dieses 
Antrags zum Beschluss war der Krieg erklart. 

20 Gewiss richtig urteilt bei dieser Gelegenheit der 
Gegner (Caes. b. c. 14, 3): Scipionem spes pro- 
vinciae atque exereituum impellit, quos se pro 
neeessitudine partiturum cum Pompeio arbitra- 
tor, simul iudieiorum metus (vgl. Cic. ad Att. IX 
11, 4), adulatib atque ostentatio sui et potentium, 
qui in re publiea iudiciisque turn plurimum 
pollebant. Scipio erhielt Syrien als Provinz (Caes. 
b. c. 6, 5. Cic. ad Att. IX 1, 4. Plut. Pomp. 62, 2). 
Er kampfte mit den Parthern am Berge Amanus 

30 und nahm den Imperatortitel an (Caes. b. c. Ill 
31, 1); diesen ffihrt er auf seinen wenig spater 
in Pergamon geschlagenen Mfinzen (Pinder Ci- 
stophoren 570. Catal. of greek coins, Mysia p. 126) 
und in der Inschrift einer ihm daselbst gesetzten 
Statue (Dittenberger Syll. 264 = Inschriften 
von Pergamon II 411). Den jfidischen Thron- 
praetendenten Alexander liess ei als Anhanger 
Caesars hinrichten (Joseph, ant. Iud. XIV 125. 
140; bell. Iud. I 185. 196). Im iibrigen suchte 

40 er in Syrien (Caes. Ill 31, 2—4) und in der Pro- 
vinz Asia, wo er den Winter zubrachte, moglichst 
viel Geld zu erpressen (a. 0. 32, 1 — 6) und seine 
unzufriedenen Legionen durch reiche Geschenke 
bei guter Laune zu erhalten (31, 4). Nach der 
etwas tendenziOsen Darstellung Caesars (33, Iff.) 
rettete den ephesischen Artemistempel vor Plfin- 
derung nur das Eintreffen der Nachricht, der 
Feind stehe bereits in Epirus. Scipio ging mit 



Stammbaum zu S. 1224. 

P. Cornelius Scipio Nasica Corculum 

Consul 592. 599 
Schwiegersohn des Africanus Maior 

P. Cornelius Scipio Nasica Serapio 94. Q. Caecilius Metellus Mace- 
Consul 616 donicus 

Consul 611. Censor 623 



C. Laelius 

Sapiens 

Consul 614 

Q. Mucius Scaevola cxs Laelia 
Augur 
Consul 637 



P. Cornelius Scipio Nasica 
■ Consul 643 



131. Caecilia Metella 



*L. Licinius Crassus os Mucia 
Consul 659 ] 



P. Cornelius Scipio Nasica 
Praetor 660 



Licinia 



P. Cornelius Scipio Nasica 

nach seiner Adoption durch Metellus Pius (Nr. 98) 

99. Q. Caecilius Metellus Pius Scipio 



? Cornelius Scipio Nasica 

nach seiner Adoption durch *Licinius Crassus 

L. Licinius Crassus Scipio. 



1227 Caecilius Caecilius 1228 

zwei Legionen nach Europa fiber, wo ihn Pompeius Selbst Cato bereute, sich ihm so bereitwillig unter- 

schon seit einiger Zeit erwartete (4, 3). Er mar- geordnet zu haben; zwar gelang ihm noch, die 

schierte zunachst gegen den in Makedonien stehen- Zerstorung Uticas zu verhindern (Plut. Cato 58, 1), 

den Cn. Domitius Calvinns, machte dann plotz- doch sah er spater nach Caesars Landung im 

lich eine Schwenkung und wandte sich nach Thes- December 707 = 47 seine guten Batschlage schnode 

salien gegen L. Cassius Longhras (36, 1), der sich zuriickgewiesen (a. 0. 58, 3f.). Auch mit dem 

vor ihm in sttdwestlicher Eichtung zurfickzog. Er tfichtigen Labienus war der neue Oberfeldherr 

brach die Verfolgung ab auf die Kunde, dass Do- nicht immer einig (Val. Max. VIII 14, 5); hingegen 

mitius sein mit geringer Bedeckung am Haliakmon scheinen die Angaben fiber seine allzugrosse Nach- 

zurfickgelassenes Gepack bedrohe (36, 3—8), und 10 giebigkeit gegen Iuba, dem er das Eecht, allein 

nahm gegenfiber diesem gleichstarken Gegner auf im Purpurmantel zu erscheinen, eingeraumt (b. 

dem anderen Elussufer Stellung (37, Iff.). Beide Afr. 57, 5) und das ganze romisehe Africa ver- 

hielten sich einen Teil des Monats Mai 706 = 48 sprochen habe (Dio XLIII 4, 4f.) , ebensowenig 

hindurch auf diese Weise im Schach, bis Mangel unparteiisch, wie die von seiner Harte gegen ge- 

an Vorraten den Legaten Caesars notigte, in der fangene Caesarianer (b. Afr. 28, 4. 44, 3ff. , vgl. 

Eichtung auf die Hauptarmee langsam zurfickzu- Val. Max. Ill 8, 7). Der "Winter verging mit 

gehen (38, 1 — 4); sie blieben einander gegenfiber, kleineren Unternehmungen (ausffihrliche Darstel- 

bis der Hauptschauplatz des Krieges im Juli nach lung b. Afr., vgl. App. II 95f. Dio XLIII 4, 4ff.); 

Thessalien verlegt wurde (79, 3, vgl. Plut. Pomp. Scipio wusste die anfangs schwierige Lage des 

66, 4 ; Caes. 39, 5. App. II 65). Abweichend be- 20 Gegners nicht zu beniitzen , sodass dieser seine 
richten fiber diese Operationen Dio XLI 51 , 2, Veteranenlegionen aus Italien an sich ziehen und 
doch auch nicht ungiinstiger ffir die Caesarianer, zahlreiche Uberlaufer gewinnen konnte. Als er 
und App. II 60, schwerlich zuverlassiger, vgl. sich gegen Thapsus wandte, war Scipio gezwungen, 
Glbde Caesars histor. Glaubwfirdigkt. (Kiel 1871) zum Schutz der wichtigen Stadt am 6. April 708 
19. St off el Hist, de Jules Cesar II 236. In = 46 die Schlacht unter ungiinstigen Bedingungen 
dieser Zeit seiner Bedrangnis bei Dyrrhachion anzunehmen (b. Afr. 79, 2. 80, Iff. Plut. Caes. 
wandte sich Caesar an Scipio mit der Bitte, den 53, 1. Dio 8, 1) , seine vollstandige Niederlage 
Frieden zu vermitteln (Caes. Ill 57, Iff); anfangs war die Folge (b. Afr. 82, 1—86, 1. Dio a. O. 
schien dieser dazu geneigt, doch auf Drangen der Liv. ep. CXIV. Veil. II 54, 2. Suet. Caes. 35. 37. 
Kriegspartei wies er den Boten ab (57, 5, vgl. 30 59. Auct. de vir. ill. 78, 8). In der Schlacht 
90, 2). In Larissa vereinigte er sein Heer mit selbst wird der Oberfeldherr kaum einmal ge- 
dem des Pompeius (80, 4. 81, 2), der mit ihm die nannt; er entkam und wollte mit einigen Ge- 
Ehre des Oberbefehls teilte (82, 1). Damals, als fahrten nach Spanien flfichten, da Cato vor einer 
die Optimaten schon urn das Pell des Lowen strit- Landung in Utica warnte (Plut. Cato 58, 5. 60, 3. 
ten , den sie noch erlegen sollten , beanspruchte 62, 1). Er wurde nach Hippo Eegius verschlagen 
auch Scipio wie andere die Wurde des Pontifex und dort von den Schiffen des caesarischen Partei- 
Maximus, die Caesar inne hatte (83, 1. Plut. Pomp. gangers P. Sittius umzingelt; als er keine Ket- 

67, 6 ; Caes. 42, 1 , vgl. App. II 69). In der tung mehr sah und die Feinde nach ihm , dera 
Schlacht bei Pharsalus am 9. August ffihrte er Imperator, suchten, durchbohrte er sich mit den 
das aus seinen syrischen Legionen gebildete Mittel- 40 Worten: Imperator se bene habet (Liv. ep. CXIV. 
treffen gegen Calvinus (Caes. Ill 88, 1. App. II Val. Max. Ill 2, 13. Sen. ep. Ill 3, 10f.) und 
76. Plut. Pomp. 69, 1; Caes. 44, 2); nach deren liess sich ins Meer sinken (App. II lOOf. Dio 9, 5; 
unglficklichem Ausgang floh er fiber Kerkyra (App. b. Afr. 96, Iff. Cic. fam. IX 18, 2. Schol. Bob. 
II 87) nach Africa (a. O. Plut. Cat. 56, 3). Die p. 306 Or. Eutrop. VI 23, 2. Ampel. 24). Hochstens 
Macht , die hier dem pompeianischen Statthalter sein Tod rechtfertigt Ciceros spateres Lob (Phil. 
Attius Varus und dem KOnig Iuba von Numidien XIII 29) : clarissimns vir maiorumqvs suorum 
zur Verffigung stand, schien den Fluchtlingen von simillimtis und das giinstige Urteil des Livius 
Pharsalus die sicherste Gewahr far die erfolg- (Tac. ann. IV 34). Er verstand satis bene et 
reiche Wiederaufhahme des Krieges, und wahrend loqui et dicere (Cic. Brut. 212) und schrieb eine 
Caesar im Orient weilte, steigerte sich ihre Kraft 50 Schmahschrift gegen Cato nach 698 = 56 (Plut. 
und Zuversicht. Auf das Obercommando erhoben Cat. 57, 7 ; Fragmente Plin. n. h. VIII 196. XXIX 
der Statthalter Scipio und der hochmtttige Konig 96). tfber sein Landgut bei Tibur Cic. Phil. V 
Anspruch; die Soldaten wiinschten Cato zum Feld- 19; fam. XII 2, 1; fiber seine Geflugelzucht Varro 
herrn, doch dieser lehnte ab, wies den Numider de r. r. Ill 10, 1 (auch 2, 16? vgl. 1 13, 7. Plin. 
in seine Schranken zuruck und ubertrug das Im- n. h. X 52 , Gemiisesorten nach einem Caecilius 
perium dem Scipio, obwohl er bisher mit ihm Metellus benannt Colum. X 182). Einem sonst 
verfeindet war, als Consularen und ehemaligem nicht bekannten, jung verstorbenen Sohn gehOrfc 
Mitfeldherrn des Pompeius (Liv. ep. CXIII. Veil, vielleicht das Fragment einer Grabschrift mit 
II 54, 4. Auct. de vir. ill. 80, 3. App. II 87. [Metjellus Seip[io] an (CIL I p. 13 = XIV 3589). 
Plut. Cato 57, 1. Dio XLII 57, 1—4). Scipio 60 [Mfinzer.] 
gait nun den Seinen als units imperator populi 100) Caecilius Natalis, in dem Dialoge des 
Bomani (b. Afr. 4, 4) und setzte den Imperator- Minucius Felix (s. d.) ,Octavius' die eine der strei- 
titel auf die Miinzen, die er damals pragte (B a- tenden Hauptpersonen, der Vertreter des Heiden- 
belon Monnaies de la rep. rom. I 278). Es ging turns bezw. der Eeligion der Vater, durch die Eom 
die Eede, dass ein Scipio in Africa nicht besiegt gross geworden. Da die Anlage des Dialogs 
werden ksnne (Dio XLII 57, 5) , doch der Ge- kiinstlerische Einkleidung ist , steht nicht fest, 
wahlte war so untfichtig , dass er iiberhaupt in ob dieser C. nicht ebenso wie Octavius, sein Geg- 
den Berichten fiber den Krieg kaum hervortritt. ner, bios eine erdachte Figur ist; auch wenn er 



Stammtafel 

der 
Caecilii Metelli 



CO 

CO 



92. L. Metellu8 Denter 
Consul 470 



72. L. Metellus 
Consul 503 



81. Q. Metellus 
Consul 548 



73. L. Metellus 
Tribunus plebis 541 



76. M. Metellus 
Praetor 548 



94. Q. Metellus Maeedonieus 
Consul 611 Censor 623 



83. L. Metellus Calvus 
Consul 612 



82. Q. Metellus Baliarious 98. L. Metellus Dia- 77. M. Metellus 84. C. Metellus Caprarius ISO.Metella lSl.Metella 91. L. Metellus Del- 97. Q. Metellus Nu- 182. Metella 
Consul 631 Censor 634 dematus Consul 639 Consul 641 Censor 652 matieus midicus 



Consul 637 



Consul 635 
Censor 639 



95. Q. Metellus 135. Metella 85. Q. Metellus Celer 71. C. Metellus 87. Q. Metellus 74. L. Metellus 78. M. Metellus 134. Metella 



Nepos 
Consul 656 



86. *Q. Metellus Celer 
Adoptivsohn 



Cretious 
Consul 685 



86. *Q. Metellus (leler 96. Q. Metellus Nepos 
adoptiert von Nr. 85 Consul 697 

Consul 694 



Consul 686 

75. L. Metellus 
Tribunus pi. 705 



Praetor 685 



Consul 645 
Censor 652 

98. Q. Metellus Pius 
Consul 674 

99. Q. Metellus Pius Seipio 
Consul 702 



79. M. Metellus (Creticus) 186. Metella 
erwahnt 694 



Cornelia 



88. Q. Metellus Cretious 
Praetor Ende der Republik 

90. *Q. Metellus Creticus Silanus 
Consul 760 (Adoptivsohn) 

89. Q. Metellus Cretious 129. Iunia 
Iunius Silanus ? 



O 

sa 



w 



O 

SB 



I 5 



to 

CO 

o 



1231 Caecilius Caecilius 1232 

wirklich ein Mann aus clem Preundeskreise des Q(eminae), CIL III 1142 (Apulum); vgl. Add. 

Minucius war, ist es eine sehr uberfliissige Be- p. 1015. [Groag.] 

mfihung, ihn mit anderen C. identificieren zu 110) L. Caecilius Rufus, Sohn eines L., durch 

wollen. Die Hypothese z. B., dass er mit einem seine Mutter Halbbruder des P. Cornelius Sulla, 

aus Inschriften in Cirta, die der Zeit um 215 Nach Bekleidung der Quaestur (elog.) wurde er 

angehoren, bekannten M. Caecilius Natalis (s. 690 = 64 zum Volkstribunen gewahlt und brachte 

Dessau Hermes XV 471) identisch sei, hat wenig bald nach seinem Amtsantritt, am 10. December, 

Bedeutung. [Jiilicher.] einen Gesetzvorschlag ein, der eine Milderung der 

101) Q. Caecilius Niger, ein Sicilier von Ge- Strafe des Ambitus bezweckte und dem Sulla und 
burt, war unter dem Praetor Verres Quaestor in 10 Autronius Paetus, die deswegen verurteilt waren, 
Sicilien (Cic. div. in Caec. 4. Ps.-Ascon. div. in wieder den Bintritt in den Senat verschaffen sollte. 
Caec. argum. p. 98 Or.) und hatte selbst an dessen Der ungunstige Eindruck, den die Rogation gerade 
Erpressungen Anteil (Cic. 32 — 35. 56). Um Cicero damals machte, veranlasste den C, sie schon am 
von der Anklage des Praetors zu verdrangen und 1. Januar 691 = 63 zuriickzuziehen (Cic. Sull. 62 
dann diesen zu retten, drangte er sich seinen — 66, bes. 65. Dio XXXVII 25, 3). Im Laufe 
Landsleuten gegen ihren Willen als Anklager auf seines Amtsjahres stand er auf seiten des Senats 
(Cic. 21. Ps.-Ascon. p. 98. 112), und Cicero musste und des Consuls Cicero (Cic. Sull. 65). 697 = 57 
sich erst durch die gegen ihn gerichtete Rede, war er Praetor urbanus und beantragte mit fast 
die divinatio in Q. Caecilium, sein Vorrecht er- alien seinen Collegen die Ruckberufung Ciceros 
ringen, indem er nachwies, wie ungeeignet Niger 20 (Cic. p. red. 22); nachdem diese erfolgt war, zur 
in Vergleich zu ihm selbst ware, den Verres zu Zeit, da C. die Ludi Apollinares leitete, wurde er 
belangen (35 — 47. 58 — 62). Niger bewarb sich von Clodius angegriffen und von dessen Banden 
damals 684 = 70 um die Aedilitat (Cic. 70). Einen in seinem Hause belagert (Cic. Mil. 38. Ascon. 
Witz Ciceros fiber seine angebliche Hinneigung z. d. St. p. 43 K.). Spater verwaltete er als Pro- 
zum Judentum erzahlt Plut. Cic. 7, 3. consul (elog.) eine Provinz, unterschrieb 700 = 54 

[Munzer.] mit seinem Bruder die Klage de ambitu gegen 

102) M. Caecilius Novatillianus, qu(aestor) A. Gabinius (Cic. ad Qu. fr. Ill 3, 2), fiel 705 = 49 
provfineiae) Afric(ae), trib(unus) plebfisj, prae- in Corfinium mit anderen Anhangern des Pom- 
tforj, iurid(icus) Apulfiae) et Galabr(iae), iuri- peius in die Hande Caesars , wurde von diesem 
d(icus) HispanfiaeJ cit(erioris) (CIL II 4113 30 entlassen (Caes. b. c. I 23, 2) und scheint bis in 
Tarraco), allectus inter eonsulares, praeses pro- die Zeit des Augustus hinein gelebt zu haben. 
vfinciae) Moes(iaeJ supferioris). orator et poeta Seine Grabschrift und Elogium sind erhalten CIL 
inlustris, Patron von Benevent (CIL IX 1572 = I 639 = XIV 2464. 

Dessau 2939. IX 1571) und Tarraco (CIL II 111) M. Caecilius Rufus M. f., municipaler 

4113); der Allection unter die Consulare und des Magistrat in Signia in republicanischer Zeit (CIL 

Titels Praeses wegen in das spatere 3. Jhdt. ge- I 1145 = X 5961). [Munzer.] 

hong (vgl. Mommsen St.-R. 113 942. 240). 112) C. Caecilius Salvianus, iuridicus Alexan- 

103) Q. Caec(ilius) Pudens , Legat von Ger- dreae vice praefecti Aegypti (0 xoanarog Sixcuo- 
mania superior unter Kaisern, deren Namen auf dortjs diadsxo/ievog xal ret xara ri]v tfyeftovtav; 
der Inschrift radiert sind (Brambach CIRh40vgl. CIL VI 1638) im J. 176 n. Chr. (1. April), 
1608, Jagsthausen). Borghesi (Oeuvres IV 186) namlich im 16. Jahr der Regierung des Kaisers 
dachte an Macrinus und Diadumenianus oder Ma- Marcus, wie Fr. Krebs nachgewiesen hat, der 
ximinus und Maximus oder an die beiden Philippi. aber aus Versehen 166 ansetzt, Agypt. Urk. aus 

[Groag.J d. kgl. Mus. zu Berlin I 321 nr. 327. Allem An- 

104) Q. Caecilius Redditus, proefuratorj Au- schein nach hatte er deshalb die Stellvertretung 
g(usti) von Noricum, CIL III 5163 (Celeia). Ein des Praefecten zu fibernehmen, weil damals der 
Fragment aus Troe'smis, wo die tres militiae und Praefectus Aegypti Plavius Calvisius (s. Calvi- 
eine Procuratur eines [GJaecilius Be ... . er- sius Statianus) wegen Teilnahme an dem Auf- 
wahnt sind , ist vielleicht auch auf ihn zu be- stand des Avidius Cassius seines Amtes entsetzt 
ziehen, Arch.-epigr. Mitt. XIX (1896) 91 nr. 33. 50 worden war. Es qualificiert sich somit das vice 

[Stein.] praefecti als ein ausserordentliches Amt. Iuridi- 

105) Caecilius Ruflnus, Quaestorier, wurde von cus war C. als Nachfolger des Maecianus (sicher 
Domitian aus dem Senat gestossen, weil er tanzte, nicht identisch mit dem beriihmten Juristen L. 
Dio LXVII 13, 1. Suet. Dom. 8 (ohne Nennung Volusius Maecianus, s. d.), der gleichfalls an dem 
des Namens). cassianischen Aufstand beteiligt war und von den 

106) M. Caecilius Ruflnus, Sohn von Nr. 56, s.d. Soldaten getotet wurde, Hist. Aug. Marc. 25, 4; 

107) Q. Caecilius Ruflnus, Proconsul von Creta Av. Cass. 7, 4. [Stein.] 
und Cyrene (CIG II 2588 Gortyn). 113) Caecilius Saturninus, centurio cohortis 

108) Q. Caecilius Ruflnus Crepereianus, consul VII. praetoriae im J. 149 n. Chr. (Lib. col. p. 244). 
(suffectus) in unbekanntem Jahre, leg(atus) Am- 60 Mommsen (Feldm. II 171) meint, der Name des 
g(ustorum) pr(o) pr(aetore) von Pannonia inferior Mannes sei L. Marculeius Saturninus (CIL IX 
(CIL III Suppl. 10407. 10415 Aquincum). An- 3923 Alba Fucens) gewesen. 

scheinend ein naher Verwandter von Nr. 56 und 114) Caecilius Secundus, Freund Martials, com- 

Nr. 106. Vgl. auch Q. Ca[ecilius] Grep[ereia- mandierte im J. 92 an der Donau im Dakerkriege 

nus] Salv .... CIL XI 6188 Ostra. Domitians. Martial sandte ihm damals das VII. 

109) M. Caecilius Ruflnus Marianus, tr(ibu- Buch seiner Epigramme und liess sich fur ihn 
nus) lat(iclavius) leg(ionis) IV. F[l(aviaeJ], CIL malen (Mart. VII 84). Mit dem jimgeren Plinius 
HI 3463 (Aciuincum); leg(atus) leg(ionis) XIII. ist C. nicht identisch (Mommsen Herm.IH 79, 1). 



1233 Caecilius Caecilius 1234 

Dagegen ist Mart. V 80 wohl Plinius gemeint (vgl. 123) L. Caecilius Vindex s. Caesellius 

diserto . . Seeundo v. 6, 7 ; docti . . Seeundi v. 13). Vindex. 

115) L. Ca[eciliu]s C. f. Ouf(entinaJ Secun- 124) Caecilius C. f. Virgilianus, vir [p(er- 
dus, praef(ectus) [fabr(umj] a co(n)s(ule), quat- fectissimus)] , procurator) Aug(usti) ripae pro- 
tuorvir ifure) d(icundo) , pontif(ex) in Comum, v(ineiae) Baetieae, OIL II 1177. Hiibner be- 
wird mit seinem Sonne [Caecijlius Seeundus und merkt, dass eine Vermengung der Procuratur ad 
seiner Tochter [Caeeiflia in einer Inschrift aus ripam Baetis (vgl. CIL II 1180) mit der Procu- 
Comum genannt (Pais Additamenta ad CIL V ratwc provineiae Baetieae (vgl. CILHIndexp. 751; 
745). Mommsen bemerkt zuderselben, dass man Suppl. p. 1118) vorliegt. [Stein.] 
ihn fur den leiblichen Vater des jiingeren Plinius 10 125) Caecilia, an die ein Rescript der Kaiser 
und seinen Sohn Seeundus fur diesen selbst halten Severus und Caracalla vom J. 210, Cod. lust. Ill 
konne. Vgl. o. Nr. 40. 32, 1. 

116) C. Plinius Caecilius Seeundus, der unter 126) Furia Caecilia s. Purius. 

dem Namen Plinius der Jungere bekannte Schrift- 127) Iulia Flavia Herennia Caecilia Honora- 

steller, Consul suffectus im J. 100 n. Chr., s. unter tiana Optata s. Flavius. [Groag.] 

Plinius. 128) Oaia Caecilia nennen die Antiquare 

117) Caeci(lius) Servilianus, Legat von Thra- Varro und Verrius die Gemahlin des Tarquinius 
Men unter Commodus. Mlinzen von Nicopolis ad Priscus (auct. de praen. 7. Plin. n. h. VIII 194. 
Istrum (Numismat. Ztschr. XXIII 1891, 51f. Mion- Pest. p. 224. 238; ep. p. 95; Plut. quaest. Bom. 
net Suppl. II 117f. nr. 359. 361. 362), von Phi- 20 30 ungenau zwv TaQxvviov nai&wv hi avroixtj- 
lippopolis (Catalogue of Greek coins in the British oaoav) ; es wird auch bisweilen angegeben , dass 
Museum, Thrace p. 163 nr. 18. KOnigl. Museen Tanaquil in Rom diesen Namen gefuhrthabe (Plin. 
zu Berlin , Beschreibung der antiken Miinzen I Paul.) , doch sind ursprunglich beide Personlich- 
224 nr. 22. Mionnet I 417. nr. 347; Suppl. II keiten wohl von einander verschieden. Die von 
456 nr. 1495. 1496. 1497) und von Pautalia (Konigl. Gaia Caecilia tiberlieferten Anekdoten sind aetio- 
Museen zu Berlin etc. I 199 nr. 8). logische Mythen, welche einzelne bei der romi- 

118) Cn. Caecilius Simplex (das Praenomen schen Eheschliessung iibliche Gebrauche erklaren 
nur bei Dio), vir clarrissimus , Proconsul von sollen; vgl. Schwegler B. G. I 678, 7. Momm- 
Sardinien im J. 67/68 n. Chr. (Decret von Ester- sen R. Forsch. I 11, 8. [Mlinzer.] 
zili CIL X 7852, mit Mommsens Anm.). Im30 129) (Caecilia) Iunia, Tochter des Q. Caeci- 
J. 69 wollte er angeblich den Consulat an Stelle lius Metellus Creticus Silanus (Nr. 90). Sie war 
des Marius Celsus von Vitellius erkaufen, doch bereits im J. 17 n. Chr. mit Nero, dem altesten 
lehnte dieser das Ansinnen ab und verlieh ihm Sohne des Germanicus, verlobt (Tac. ann. II 43). 
spater diese Wiirde aus freien Stiicken (Tac. hist. Da sie auf ihrer (mutmasslichen) Grabschrift (CIL 
II 60). Consul suffectus im November und De- VI 914 = Dessau 184) noch [sponjsa Neronis 
cember 69 mit C. Quinctius Atticus, wohnte C. Caes[aris] genannt wird, muss sie vor dem J. 20 
in dieser Eigenschaft der Abdankung, die Vitel- gestorben sein. Denn damals heiratete Nero die 
lius am 18. December (Tac. hist. Ill 67) in Scene Iulia, Tochter des Drusus Caesar (Tac. ann. Ill 
setzte, bei (Tac. hist. Ill 68). Dios Bericht, dass 29). [Groag.] 
sich (nachher) die beiden Consuln und Flavius 40 130) Caecilia Metella, Tochter des Metellus 
Sabinus zu Vitellius begeben wollten, um ihn zur Macedonicus Nr. 94, vermahlt mit C. Servilius 
Resignation zu bewegen, von dessen Leibwache Vatia, dem Praetor von 640 = 114, und Mutter 
jedoch zur Flucht aufs Capitol genOtigt wurden des P. Servilius Isauricus (Cic. Brut. 211f. ; Verr. 
(LXV 17, 1. 2), erscheint in Betreff des C. durch III 211; de domo 123; p. red. 37; ad Quir. 6). 
Tacitus Stillschweigen als kaum glaubwiirdig. 131) Caecilia Metella, Tochter des Metellus 

119) Ti. Iulius Candidus Caecilius Simplex Macedonicus, vermahlt mit P. Scipio Nasica, Con- 
s. unter Iulius. sul 643 = 111, und Grossmutter des Metellus 

120) L. Iulius Marinus Caecilius Simplex s. Pius Scipio (vgl. dieselben Stellen wie uber ihre 
unter Iulius. SchwesterNr. 130 und den Stammbaum S. 1229f.). 

121) C. Caecilius Strabo, Consul designates 50 132) Caecilia Metella, Tochter des Metellus Cal- 
im J. 103 oder 104 n. Chr. (Plin. epist. IV 17), vus Nr. 83 und Schwester des Numidicus Nr. 97, 
gab als solcher sein Votum im Senate ab (Plin. vermahlt an L. Licinius Lucullus, Mutter des be- 
epist. IV 12, 4), processierte mit Corellia Hispulla, rilhmten L. Lucullus (Cic. Verr. IV 147 ; p. red. 37; 
deren Sache Plinius, obwohl mit Strabo ziemlich ad Quir. 6. Auct. de vir. ill. 62, 4. Plut. Luc. 1, 
befreundet, vertrat (Plin. epist. IV 17), Frater 1), ijdo^oer Ss ov fiepia»cvTa oaxpQovws (Plut.). 
Arvalis in den J. 101 und 105 (CIL VI 2074. 133) Caecilia (Metella), Gemahlin eines Me- 
2075), starb im J. 117 (CIL VI 2078 Acta Arva- tellus, also eines Verwandten, der nach ihrem 
Hum). _ [Groag.] Tode eine Nichte von ihr heiratete. Ein Omen, 

122) T. Caecilius Teucer. Q. Ennius T. Cae- wodurch dieses vorhergesagt war, ist dem Cicero 
cilium Teuerum fratremque eius praecipue mi- 60 (div. I 104, danach Val. Max. I 5, 4) von L. Va- 
ratus propter eos sextum deeimum adieeit an- lerius Flaccus, dem Consul des J. 654 = 100, er- 
nalem Plin. n. h. VII 101. Das 16. Buch des zahlt worden; die betreffenden Personlichkeiten 
Ennius behandelte den istrischen Krieg von 576 mussen also dessen Zeitgenossen gewesen sein, 
= 178f., also muss das sonst nicht bekannte lassen sich aber nicht fest bestimmen. 
Briiderpaar sich in diesem ausgezeichnet haben. 134) Caecilia Metella, Tochter des Metellus 
Den Beinamen hat man auch in Denter andern Delrhaticus Nr. 91 (Cic. Scaur. 45. Ascon. z. d. St. 
und C. mit Nr. 49 und 50 in Verbindung setzen p. 24 K. Plut. Sull. 6, 14), war in erster Ehe mit 
wollen. [Miinzer.] M. Aemilius Scaurus, dem Consul von 639 = 115, 



1235 Caecilius Caecina 1236 

vermahlt und gebar ihm zwei Sohne und eine ihre Sittenlosigkeit, hatte ein Verhaltnis mit Ci- 

Tochter (Cic. a 0. und Sest. 101. Ascon. Plin. ceros Schwiegersohn Dolabella (Cic. ad Att. XI 23, 

n. h. XXXVI 113. Plut. Sulla 33, 4; Pomp. 9, 2; 3), wurde 709 = 45 von ihrem Manne geschieden 

Cato min. 3, 1, vgl. o. Bd. I S. 587f.). Im J. 666 (ebd. XII 52, 2. XIII 7, 1) und heiratete den ver- 

= 88 nahm sie Sulla zur Gemahlin , verstiess schwenderischen Sohn des Tragfiden Aesopus (Hor. 

ihretwegen seine dritte Frau Cloelia und erregte sat. II 3, 239. Porphyr. z. d. St., der sie uxor 

dadurch viel Anstoss (Plin. Plut. Sull. 6, 14 — 16). des M. Aesopus nennt). [Miinzer.] 

Aus Furcht vor den Marianern verliess sie 668 138) Caecilia Paulina, allem Anschein nach 

= 86 Eom und flfichtete in sein Feldlager nach Gattin des Kaisers Maximinus (235 — 238 n. Chr.). 
Griechenland (Plut. 22, 2. App. b. c. I 73. 77). 10 Ihr Name ist vollstandig nur auf einer lnschrift 

Der Hohn und Spott, den sie von den belagerten angegeben : Diva Caecilia Paulina Pia Aug(usta), 

Athenern, besonders dem Tyrannen Aristion er- CIL X 5054 = Dessau 492. Als Diva erscheint 

fuhr, erbitterte Sulla dermassen, dass er deshalb sie auch auf Munzen; solche, die zu ihren Leb- 

die Stadt nach der Einnahme harter hehandelte zeiten gepragt wurden, existieren nicht. Auf 

(Plut. 6, 18. 13, 1. Sen. dematrim. frg. 63 Haase). Munzen heisst sie einfach Diva Paulina (Eckhel 

Vermutlich damals besuchten beide das Amphia- VII 297. Cohen IV 2 523f. Mionnet III 395). 

raosheiligtum bei Oropos, wo ihnen Statuen ge- Hiegegen ist ihr Name bei Schriftstellern ttber- 

setzt wurden (lnschrift IGS I 372, vervollstandigt haupt nicht fiberliefert. Ammianus Marcellinus 

durch ein zweites Fragment 'E<pri(t. dgx- 1891, 137 erzahlt von Maximins Gattin, dass sie die rauhe 
nr. 59). Natfh der fiiickkehr bat das Volk sie, 20 Gemiitsart ihres Mannes zur Versehnlichkeit und 

durch ihren Einfluss den Dictator zur Milde zu Milde zu lenken suchte (Amm. Marc. XIV 1, 8). 

stimmen (Plut. 6, 17). Als sie wahrend der Zonar. XII 16 p. 124 Dind. und Synk. p. 680 

Triumphfeste 673 = 81 erkrankte, liess der aber- ed. Bonn, berichten, dass Maximin seine Gemahlin 

glaubische Gatte sie aus seinem Hause schaffen hinrichten liess. Aber an keiner dieser Stellen 

und gab ihr den Scheidebrief , veranstaltete ihr wird ihr Name genannt. Obwohl wir daher keinen 

aber nach dem totlichen Ausgang der Krankheit absolut sicheren Hinweis darauf besitzen , dass 

eine prachtvolle Leichenfeier (Plut. 35, 2f.). Sie C. Maximins Gemahlin ist, so durfte dies doch 

hatte ihm einen Sohn, der noch vor ihr starb kaum zu bezweifeln sein und ist auch die von 

(Plut. 37, 2), und die Zwillinge Faustus und Fausta fast alien neueren Forschern angenommene An- 
geboren (Plut. 34, 5. 37, 4), 30 sicht. Ihre Consecration erfolgte vielleicht unter 

135) Caecilia Metella, Tochter des Metellus Ba- Gordian III. 

liaricus Nr. 95 und Schwester des Metellus Nepos 139) Aelia Caeci[l]ia Philippa s. A e 1 i u s 

Nr. 82 (Cic. div. I 4; Rose. Am. 147, wonach die Nr. 168. " [Stein.] 

tfberlieferung der Hss. ebd. 27 zu andern ist). Ein Caecilius Ticus , Station der Strasse von 

Traumgesicht, das sie im J. 664 = 90 hatte, veran- Emerita nach Salmantica im Ostlichen Lusitanien 

lasste den Senat zur Wiederherstellung des Kultes (Itin. Ant. 434, 1), unweit Capera (s. d.), nach 

der Iuno Sospita (Cic. div. I 4. 99. Obsequ. 55). den Resten der Strasse und Meilensteinen (CIL 

674 = 80 nahm sie den Sex. Koscius, mit dessen II 4674) unweit Banos, bei dem Gebirgspass von 

Vater sie und ihre Familie iiberhaupt in freund- Bejar (Guerra Discurso a Saavedra 89). 
schaftlichen Beziehungen gestanden hatte, in ihrem 40 [Hiibner.] 

Hause in Kom auf und gew&hrte ihm Schutz und Caecilia. 1) Caeeina (Ceeina die Hss. bei 

Hiilfe (Cic. Rose. Am. 27. 147. 149, vgl. 15). Sie Mela II 72, Ceeina oder Ceeinna bei Plin. Ill 

war verheiratet mit dem Consul von 675 = 79 50), Fluss in Etrurien, jetzt Ceeina, entspringt 

Ap. Claudius Pulcher , denn beider Sohne Ap. sudostlich von Volaterrae und mundet nach 78 km. 

Claudius und P. Clodius, der bekannte Demagog, langem Laufe ins tyrrhenische Meer ; an seiner 

einerseits und die beiden Sohne des alteren Me- Mundung lag die Hafenstadt Vada Volaterrana. 

tellus Nepos, Celer und Nepos, andererseits wer- Die Einfahrt in die durch Sandbanke unsichere 

den mehrfach als fratres d. h. Geschwisterkinder Mundung des C. anschaulich geschildert bei Rutil. 

bezeichnet (z. B. Appius, Clodius, Nepos Cic. ad Att. Namatian. I 453ff. (vgl. Reumont z. d. St.). 

IV 3, 4. Clodius und Nepos Cic. dedomo7; fam. 50Miiller-Deecke Etrusk. I 416. Nissen Ital. 

V 3, 1. Clodius und Celer Cic. har. resp. 45; Cael. Landeskunde 306. [Hiilsen.] 
60, wo patruelis nach frater Glossem ist). 2ff.) Caecina, etruskisch Ceiena, das ange- 

136) Caecilia Metella, Tochter des Metellus sehenste tuskische Geschlecht in Volaterrae (vgl. 
Creticus Nr. 87 und Gemahlin eines Crassus nach Cic. fam. VI 6, 9 an A. Caecina: te hominem in 
der lnschrift ihres beruhmten, jetzt Capo di bove parte Italiae minime contemnenda facile omnium 
genannten, grossen runden Grabmals an der Via nobilissimum). Ein reich ausgestattetes Grab der 
Appia nahe bei Rom (CIL VI 1274, vgl. 31584). Familie ist 1739 aufgefunden worden; es enthielt 
Schon Drumann G. R. II 55 hat es fast zweifel- zahlreiche Urnen mit etruskischen und einzelnen 
los gemacht , dass ihr Gemahl M. Crassus der lateinischen A.ufschriften ; spater fand man zwei 
zweite Sohn des Triumvirn war, nicht dieser selbst, 60 weitere Graber mit Aschenkisten, und auch ver- 
wie noch zuweilen behauptet wird (z. B. Bull. einzelte Grabsteine mit dem Namen C. koromen 
com. XXIII 14 — 25), und Hiilsen hat kiirzlich in der Gegend vor. Das alte Geschlecht zerflel 
(Neue Heidelberger Jahrbiicher VI 50ff.) aus den in mehrere Zweige ; in Rom treten seine Mit- 
Reliefs des Grabmals einen weiteren Beweis dafur glieder im letzten Jahrhundert der Republik auf, 
entnommen. und einige davon fiihren noch in der ersten Kaiser - 

137) Caecilia Metella, unbekannter Abkunft, zeit den Beinamen Tuseus. Noch der Stadt- 
Gemahlin des P. Lentulus Spinther, dessen Vater praefect C. des J. 414 n. Chr. besass eine Villa 
im J. 697 = 57 Consul war, beruchtigt durch in der Nahe von Volterra, und nach der Local- 



1237 Caecina Caecina 1238 

tradition hatten sich Nachkommen der antiken fang October 708 = 46 bringt dem C. nur trost- 

Caecinae gar bis in die Neuzeit hinein erhalten. lichen Zuspruch, der zweite (VI 8) vom Anfang 

Ihren Namen bewahrt der benachbarte Fluss und December die erwirkte Erlaubnis, in Sicilien sich 

das Ortchen Cecina ; vgl. Mfiller-DeeckeEtrus- aufhalten zu diirfen (VI 8, 1), den Eat, davon 

ker I 486. Dennis Cities and cemeteries of Gebrauch zu niachen und eine geplante Eeise 

Etruria2 II 152. 185. CIL XI p. 325. nach Asien fallen zu lassen (VI 8, 2), und eine 

2) Caecina , Parteiganger des Pompeius, von Empfehlung an P. Furfanius Postumus (VI 8, 3. 
Caesar nach der Schlacht bei Thapsus April 708 VI 9). Darauf antwortet C. , dass er dern Bate 
= 46 begnadigt (b. Afr. 89, 5). Seine Identifi- folgen wolle (VI 7, 5), und entwirft ein lebhaftes 
cation mit Nr. 7 ist nur mOglich, wenn manlOBild seiner Stimmung und der Schwierigkeit, den 
annehmen will, dass ihm damals bios das Leben rechten Ton in seinem Buche, das Cicero durch- 
geschenkt und nicht die Erlaubnis zur Biickkehr sehen sollte, zu treffen (VI 7, iff.). Auch Ende 
erteilt wurde. December konnte der Redner ihm nur den Trost 

3) Caecina, Sohn von Nr. 7, 708 = 46 als spenden, dass er unausgesetzt fur ihn thatig sei 
adulescens erwahnt, bemuhte sich damals fiir die (VI 5, Iff.), und etwas spater, als die fur den 
Biickberufung seines Vaters (Cic. fam. VI 5, 1. 1. Januar 709 = 45 erhoffte Begnadigung aus- 
6, 13. 7, 1. 4. 5). blieb, und C. seinen Plan einer Reise nach Asien 

4) Caecina quidam Volaterranus, Vertrauter wieder aufnahm, einen Empfehlungsbrief an den 
Octavians , von diesem im November 710 = 43 dortigen Statthalter Servilius Isauricus mitgeben 
an Cicero geschickt (Cic. ad Att. XVI 8, 2) und im 20 (XIII 66). Welcher Art die alten Geschafte waren, 
J. 713 = 41 mit L. Cocceius an Antonius (App. die er dort erledigen wollte (VI 8, 2. XIII 66, 2), 
b. c. V 60). Mit Nr. 2 kann er nicht identisch ist unbekannt. 

sein , weil dieser dem Cicero wohl bekannt war. C. ist einer der wichtigsten Schriftsteller iiber 

5) Caecina Volaterranus equestris ordinis etruskische Disciplin (Plin. n. h. II ind. auct.), 
quadrigarum dominus hirundines comprehensas und zwar scheint es , dass er ihr durch Verbin- 
in urbem seeum auferens victoriae nuntias ami- dung ihrer Lehren mit denen der stoischen Philo- 
eis rnittebat in eundem nidum remeantes inlito sophie eine etwas wissenschaftliche Grundlage 
victoriae colore, Plin n. h. X 71. Die Zeit ist geben wollte. Er behandelte nur die Blitzlehre; 
nicht naher zu bestimmen ; die Farben der Circus- nicht unbedeutende Fragmente seines Werkes sind 
parteien kamen im letzten Jahrhundert der Re- 30 bei Sen. nat. quaest. II 39ff. und Plin. II 137ff. 
publik auf (vgl. Friedlander bei Marquardt erhalten; ferner ist er von Verrius Flaccus (bei 
Staatsverw. 2 Ill 517). Fest.) Ofter benutzt und durch eine Mittelquelle 

6) A. Caecina aus Volaterrae (Cic. Caec. 18), bei Servius; vgl. Schmeisser De Etrusca di- 
wurde von Cicero im J. 685 = 69 in einem Erb- sciplina (Breslau 1872) 23 — 29; Die etruskische 
schaftsprocess vertreten, anscheinend mit Erfolg, Disciplin (Liegnitz 1881) 13f. Miinzer Beitrage 
da Cicero spater (orat. 102) mit Befriedigung zur Quellenkritik des Plin. (Berlin 1897) 2. Teil 
dessen gedenkt. Seine Rede ist erhalten. Er war Kap. 6. [Miinzer.] 
mit C. befreundet und spricht von ihm mit Ach- 8) Sex. Caecina, Praetor peregrinus im J. 11 
tung (fam. VI 6, 3. 9, 1. XIII 66, 1). n. Chr. (CIL 12 p. 70 Fasti Arvalium). 

7) A. Caecina, Sohn des Vorhergehenden, be- 40 9) Publilius Caeionius Caecina Albinus s. 
zeichnet sich deswegen als alten Clienten Ciceros Ceionius. 

(fam. VI 7, 4). Dieser kannte ihn von Jugend 10) A. Caecina Alienus. a) Name. Aulus 

auf (fam. VI 9, 1), erwahnt, dass C. von seinem Caecina Suet. Titus 6; Kcuxtvas'AXitjvog Joseph. 

Vater in der etruskischen Disciplin unterwiesen bell. Iud. IV 634 ; Alienus Caecina Tac. hist. I 

wurde (ebd. 6, 3), und ruhmt seine Begabung 52; Caecina Tac. hist. I 53 und sonst. Epit. de 

und Beredsamkeit (ebd. 5, 3. 6, 8. 9, 1, vgl. Caes. 10; Kaixlwag Joseph, bell. Iud. IV 547; 

Sen. nat. quaest. II 56, 1) ; ferner gedenkt er ge- Kexlvag Plut. Otho 5 und sonst ; 'Ahtjvog Dio LXV 

meinsamer Studien (fam. VI 6, 1) und verdankt 10, 1 und sonst. Mommsens Erganzung zu der 

wahrscheinlich dem Umgang mit diesem Freunde Inschrift Ephem. epigr. VIII 227 : [A. Caecina 
seine Kenntnis etruskischer Weissagekunst , die 50 Aliejnus Larg[us], ist sehr zweifelhaft. Alienus 

er in den Btichern de divinatione zeigt. Um 697 diirfte derselbe Name wie Allienus (vielleicht vom 

= 57 war C. in Asien und prophezeite dem Cicero Flusse Allia abgeleitet) oder Allenius und daher 

seine Ruckkehr aus dem Exil (fam. VI 6, 2. 7), als zweiter Gentilname aufzufassen sein. 

wie er iiberhaupt von der Wahrheit seiner Kunst b) Leben. Geboren in Vicetia (Tac. hist. Ill 

durchaus iiberzeugt war (Plin. n. h. XI 179). Im 8). Im J. 68 n. Chr. Quaestor in Baetica, schloss 

Burgerkriege kampfte er auf seiten des Pompeius er sich dem Galba an und wurde von diesem an 

(armatus fam. VI 7, 1. 4) und griff ausserdem die Spitze einer Legion gestellt, spater jedoch 

Caesar in einer Schmahschrift auf das heftigste wegen Veruntreuung Offentlicher Gelder zur Ver- 

an (Suet. Caes. 75. Cic. fam. VI 5, 3. 6, 9). Nach antwortung gezogen (Tac. hist. I 53). Dadurch 
dessen Siege suchte er von ihm seine Begnadi- 60 gegen Galba erbittert, wirkte er im Januar des 

gung, vor allem die Ruckkehr nach Italien zu er- nachsten Jahres (69), damals Legionslegat in Ger- 

langen durch einen liber querelarum (Cic. fam. VI mania superior, zu Vitellius Erhebung mit (Tac. 

6, 8) und durch die Fiirbitte seiner Freunde, be- hist. I 52. 53). Dieser vertraute ihm das Com- 

sonders des Cicero. Dariiber liegt der Briefwechsel mando liber ein Heer von 30 000 Mann, mit wel- 

beider vor (fam. VI 5 — 9. XIJI 66), dessen chrono- chem er in Italien einbrechen sollte , an (Tac. 

logische Reihenfolge leicht ersichtlich ist (vgl. O. hist. I 61). C. zuchtigte auf dem Marsche die 

E. Schmidt Briefwechsel des Cicero [Leipzig Helvetier und rfickte fiber den grossen St. Bern- 

1893] 269f.). Ciceros erster Brief (VI 6) vom An- hard in die Poebene ein (Tac. hist. I 67. 68. 70. 



1239 Caecina Caecina 1240 

II 20. Plut. Otho 5). Seine ersten Operationen 644). Unter der Regierung des ersten Plaviers 

gegen die ihm gegenuberstehenden Peldherren des wurde er reich mit Bhren bedacht (Dio LXVI 

Otho waren jedoch von Misserfolg begleitet. Ver- 16, 3) und stand auch dem Titus nahe (Dio LXVI 

geblich bestiirmte er Placentia, das Vestricius 15, 2). Dennoch verschwor er sich gegen das 

Spurinna verteidigte (Tac. hist. II 20—22. Plut. Ende von Vespasians Regierung mit (T. Qlodius) 

Otho 6). Er zog hierauf nach Cremona und traf Eprius Marcellus gegen den Kaiser. Die Ver- 

unweit dieser Stadt bei Castores auf die Haupt- schwOrung wurde jedoch entdeckt: man fand das 

macht der Othonianer unter Suetonius Paulinus Concept einer Ansprache C.s an die Soldaten. Bei 

und Marius Celsus, denen gegcnuber er in einem einem Gastmahl im Palaste, zu dem er geladen 
Gefechte den kiirzeren zog (Tac. hist. II 22 — 26. 10 worden war , wurde C. auf Titus Befehl nieder- 

Plut. Otho 7). Erst als er sich mit der von Fa- gestossen (Suet. Titus 6. Dio LXVI 16, 3. Zonar. 

bius Valens befehligten Streitmacht, die von Vi- XI 17). Falsch ist die Nachricht in der Epit. 

tellius durch Gallien nach Italien gesandt worden de Caes. 10, dass Titus den C. 6b suspicionem 

war, vereinigte (Tac. hist. II 30. Plut. Otho 7), stupratae Berenieis uxoris suae toten liess. 
wendete sich das Kriegsgliick. In der Schlacht c) Ausseres und Charakter. C. war ein 

bei Bedriacum schlugen C. und Valens die Otho- Mann von gewaltigem Korperbau (Tac. hist. I 53. 

nianer und nahmen am folgenden Tage die Capi- Plut. Otho 6). Massloser Ehrgeiz und Treulosig- 

tulation des feindlichen Heeres, bald darauf, nach keit werden ihm zur Last gelegt (Tac. hist. I 53. 

Othos Selbstmord, auch die der letzten Truppen II 101). 

desselben entgegen (Tac. hist. II 41 — 45. 51. Plut. 20 d) Pamilie. C.s Gemahlin hiess Salonina 

Otho 11—13. 18. Joseph, bell. Iud. IV 547; vgl. (Tac. hist. II 20). Ein naher Verwandter des- 

Schiller Geschichted. rem. Kaiserzeit 1 1, 376ff.). selben war wohl der Bull. com. XIV 1886, 103 

C. begab sich hierauf nach Lugudunum zu Vi- nr. 1156 genannte Ti. Alienus Caecina. 
tellius, der ihn auszeichnete (Tac. hist. II 59), [Groag.] 

und begleitete den Kaiser auf seiner weiteren 11) A. Claudius Caecina .... aeus s. Clau- 

Keise (Tac. hist. II 67. 70). Er wurde von Vi- dius. 

tellius zum Consul designiert (Tac. hist. II 71) 12) Caecina Decius Aginatius Albinus s. Cei- 

und bekleidete den Consulat wahrend der Monate o n i u s. 

September und October (Tac. hist. Ill 31. 37. 13) Caecina Decius Albinus s. Ceionius. 

Dio LXV 10, 4. 14, 4), vielleicht auch schon wah- 30 14) Plavius Caecina Decius Basilius s. Basi- 

rend des Augusts (vgl. Asbach Rhein. Jahrb. leios Nr. 6 — 8. 

LXXIX 1885, 129). Unter Vitellius Regierung 15) C. Laecanius Bassus Caecina Placcus s. 

besorgte er neben Fabius Valens die Staatsge- Laecanius. 

schafte (Tac. hist. II 92) und beniitzte die Ge- 16) (Caecina) Largus. In der ersten Kaiser- 
legenheit, ran sich zu bereichern (Tac. hist. II zeit wird diese Pamilie mehrfach genannt; daher 
92. Ill 13). Doch war er dem Valens schon von ware es denkbar, dass ein dem A. Caecina (Nr. 7) 
friiher her unfreundlich gesinnt (Tac. hist. II 30), nahestehender Largus (Cic. fam. VI 8, 1) dazu 
und jetzt war es die Eifersucht auf den Neben- gehort. [Miinzer.] 
buhler, die ihn seine Pflichten gegen Vitellius 17) [Caejeina Largus, praeffeetus) a[nn(o- 
vergessen liess (Tac. hist. II 92. 93. 99). Ahnungs- 40 nae)] im J. 250 n. Chr. (1. Februar), CIL VI 
los iibertrug ihm dieser den Befehl iiber das gegen Suppl. 31849. [Stein.] 
die Flavianer bestimmte Heer (Tac. hist, ft 99. 18) C. Silius A. Caecina Largus, Cos. ord. im 
Dio LXV 10, 1). C. begab sich nach Ravenna, J. 766 = 13 n. Chr., s. Silius. 
von hier nach Patavium, wo er mit dem Flotten- 19) C. Caecina Largus. a) Name. C. Cae- 
praefecten Lucilius Bassus den Verrat verabredete cina Largus Acta Arvalium; C. Case. CIL I 772; 
(Tac. hist. II 100). Zu seinen Truppen zuriick- C. . . . Largus CIL VI 2015 = XIV 2241 =12 
gekehrt , schlug er zwischen Hostilia und den p. 58 Fasti feriarum Latinarum ; C. Largus Dio 
Siimpfen des Tartarusflusses ein Lager auf und LX 10, 1; Caecina Largus CIL X 6638 = 12 
kniipfte, obwohl an der Spitze einer bedeutend p. 247 Fasti Antiates; Caeeina Largus Ascon. 
iiberlegenen Macht, mit den Feldherren der Fla- 50 (s. u.). Plin. n. h. XVII 5. Tac. ann. XI 33. 34 
vianer Unterhandlungen an. Nach dem Abfall (die Hs. des Tacitus hat XI 33 p. Largo Caecina ; 
der Flotte versuchte er sein Heer zum tTbergang doch erkannte Nipperdey, dass p. aus der Ab- 
zu Vespasian zu verleiten, wurde jedoch von den kiirzung von et entstanden ist). 
Soldaten in Fesseln geworfen (Tac. hist. Ill 9. b) Leben. Consul ordinarius im J. 42 n. Chr. 
13. 14; unrichtig geben Dio LXV 10, 2—4 und mit Kaiser Claudius Cos. II, bekleidete den Con- 
Joseph, bell. Iud. IV 634—641 als Ort dieser Vor- sulat das ganze Jahr hindurch (Dio LX 10, 1. 
gange Cremona an und als C.s Motiv die Furcht, Asconius in Scaur, p. 23 K.-Sch.; vgl. ferner die 
von den iiberlegenen Feinden geschlagen zu wer- oben angefuhrten Stellen). Als nach der Ent- 
den). Als man in Rom hievon Kunde erhielt, hiillung von Messalinas Treiben (im J. 48) Clau- 
wurde C. seines Amtes entsetzt, obwohl nur noch 60 dius von Ostia nach Rom zuriickfuhr, begleiteten 
ein Tag, der 31. October, von seinem Consulate ihn in demselben Wagen L. Vitellius, C. und Nar- 
iibrig war (Tac. hist. Ill 37). In Cremona in- cissus (Tac. ann. XI 33. 34; vgl. auch ann. XI 
terniert (Dio LXV 11, 2), erlangte er erst nach 31: turn (Claudius) potissimum quemque ami- 
dem entscheidenden Siege des Antonius Primus eorum voeat). Dies, sowie die Verleihung des 
die Freiheit und vermittelte die Capitulation seines Consulats fur das voile Jahr beweist, dass C. bei 
Heeres (Tac. hist. Ill 31. Dio LXV 14, 4). An- Claudius in hohem Ansehen stand (vgl. Nipper- 
tonius sandte ihn zu Vespasian, der ihn ehrenvoll dey-Andresen II 5 zu XI 33). Als Frater Ar- 
aufnahm (Tac. hist. Ill 31. Joseph, bell. Iud. IV valis wird C. genannt in den J. 38 (CIL VI 2028), 



1241 Caecina Caecina 1242 

39 (VI 2029. Ephem. epigr. VIII p. 322), 40 (VI in seine Provinz eingefallen waren (Dio LV 30, 

2030. Ephem. epigr. VIII p. 324) und in unbe- 3. 4). Im folgenden Jahre (7 n. Chr.) kam er 

stimmten Jahren unter Claudius (VI 2035) zwi- wieder nach Pannonien, wurde in seinem Lager 

schen 43 und 48 (VI 2032) und zwischen 50 und an den volcaeischen Siimpfen (bei Cibalis , vgl. 

54 (Ephem. epigr. VIII p. 326). Er uberlebte OIL III p. 415. 422. Schiller Geschichte der 

den Kaiser Claudius, starb aber vor dem J. 57, r(5m. Kaiserzeit I 227) von den Aufstandischen 

in welchem er nicht mehr unter den Arvalbriidern angegriffen, schlug sie jedoch zuriick (Dio LV 32, 

erscheint (vgl. Kiessling-Schoell Asoon. praef. 3). Im J. 14 n. Chr. war C. Legat von Germania 

X). C. besass einen Palast am Palatin, der friiher inferior unter Germanicus Obercommando (Tac. 

dem Redner Crassus, dann dem M. Scaurus (s. o. 10 ann. I 31). Sein Heer emporte sich nach dem 

Aemilius Nr. 141) gehort hatte (Ascon. in Scaur. Tode des Augustus, ohne dass er dem Aufruhr zu 

p. 23). Er pflegte daselbst Lotosbaume zu zeigen, steuern vermochte. Erst dem Germanicus selbst 

die auch Plinius der altere sah (Plin. n. h. XVII gelang es, durch Nachgiebigkeit die Soldaten zu 

5). Ein Mawimus Largi Ca[e]einae CIL VI beschwichtigen (Tac. ann. I 31. 32. 36. 37). C. 

22331. " fiihrte die I. und XX. Legion in die Civitas Ubio- 

20) C. Caecina Largus, Legat von Thracien rum (Koln), kehrte jedoch bald in das Winter- 
unter Severus und Caracalla (Miinzen von Pau- lager der V. und XXI. Legion nach Castra Ve- 
talia Mionnet Suppl. II p. 376. 383 nr. 1029. tera zuriick (Tac. ann. I 37. 48; vgl. Nipper- 
1030. 1075. 1077. Catalogue of Greek coins in dey-Andresen 19 zu diesen Stellen). Er liess 
the Brit. Mus., Thrace p. 143f. nr. 16. 25. Konigl. 20 die Unruhestifter in diesen Legionen niederhauen 
Museen zu Berlin, Beschreibung der antiken Miln- (Tac. ann. 1 48. 49). Noch in demselben Jahre nahm 
zen I 200 nr. 13; von Serdica Mionnet Suppl. er an dem Streifzug gegen die Marser teil (Tac. 

II 485ff. nr. 1663. 1664. 1678; von Traianopolis ann. I 50). Im folgenden Jahre (15) schreckte 
Mionnet Suppl. II 511 nr. 1807) im J. 199 (CIL er die Cherusker davon ab, den von Germanicus 

III Suppl. 7418 Banja). bedrangten Chatte'n Hiilfe zu bringen, und lieferte 

21) P. Licinius Caecina s. Licinius. den Marsern ein giinstiges Gefecht (Tac. ann. I 

22) Caecina Paetus, schloss sich als Consular 56). Bei dem grossen Peldzug des Germanicus 
dem (L. Arruntius) Camillus Scribonianus an, als gegen die Cherusker fiihrte er seine vier Legionen 
dieser sich in Dalmatien gegen Claudius erhob. durch das Gebiet der Brukterer zur oberen Ems, 
Nach der Unterdriickung des Aufstandes wurde 30 wo er sich mit Germanicus und dem Befehlshaber 
er nach Bom gebracht und musste im J. 42 sterben. der Beiterei (Albinovanus) Pedo vereinigte (Tac. 
Ihm ging seine treue Gattin Arria (s. Arrius ann. I 60. 61). Beim Riickzug erhielt er den 
Nr. 39) im Tode voran (Plin. epist. Ill 16. Dio Auftrag, so schnell als moglich fiber die pontes 
LX 16, 6 = Zonar. XI 9. Mart. I 13). Ein Sohn longi in seine Provinz zurtickzukehren, wurde je- 
eximia pulchritudine, pari vereeundia starb vor doch von den Germanen unter Arminius iiberholt 
dem Vater (Plin. epist. Ill 16, 3); diesen iiber- und umstellt. Er schlug ein Lager auf, das von 
lebte die Tochter (Caecinia) Arria, die Gattin den Germanen am nachsten Tage bestiirmt wurde. 
des P. Clodius Thrasea Paetus (s. Arrius Nr. 40). Die Romer konnten sich, auf ungiinstigem, sumpfi- 
Vielleicht ist auch Nr. 23 C.s Sohn. gem Terrain kampfend, ihrer nur mit grosser An- 

23) C. Caecina Paetus , Consul suffectus am 40 strengung erwehren. Den Tag darauf griff Ar- 
17. November 70 n. Chr. mit L. Annius Bassus minius, der dem C. das Schicksal des Varus zu 
(CIL VI 200), curator riparum et alvei Tiberis bereiten gedachte, von neuem an und brachte die 
vom 1. Januar bis 30. Juni 74 (CIL VI 31548 a. Romer in ausserste Gefahr. Ihrem Peldherren 
b. c). Vielleicht Sohn des Caecina Paetus (Nr. 22) wurde ein Pferd unter dem Leibe getotet. Erst 
und der Arria. Ein C. Caecina Paetus als Pa- gegen Abend gelang es den Legionen, eine offene 
tron eines Preigelassenen CIL X 5375. Gegend zu erreichen und dort abermals ein Lager 

24) A. Caecina Severus. a) Name. A. Cae- zu schlagen. Nur mit Miihe vermochte C. der 
etna Veil. II 112, 4. Tac. ann. I 31. 72; Cae- Entmutigung, die sich seiner Truppen bemachtigt 
eina Severus Tac. ann. Ill 18. 33. Dio LV hatte , zu steuern. Am Morgen des folgenden 
29, 3. Tertull. de pallio 4. 50 Tages suchten die Germanen gegen Arminius Bat 

b) Leben. Consul (suffectus) in unbekanntem das Lager durch tlberrumpelung zu erstiirmen. 
Jahre vor 6 n. Chr. (Veil. II 112, 4. Borghesi Sie fanden jedoch die Romer wider Erwarten ge- 
Oeuvres IV 461 wollte Dig. I 13, 1, 2 Decimo rilstet und erlitten eine vollstandige Niederlage. 
Druso et Poreina consulibm in Druso et Caecina So wurde es C. mOglich, die vier Legionen gliick- 
umandern und C.s Consulat dem J. 9 v. Chr. zu- lich an den Rhein zuriickzufuhren (Tac. ann. I 
weisen. Seine Vermutung ist irrig, vgl. Momm- 63 — 69 ; vgl. Schiller Geschichte der rOm. Kaiser- 
sens Anmerkung zu der Digestenstelle). Statt- zeit I 262ff. Mommsen R. G. V 46ff.;.beziig- 
halter von Moesien im J. 6 n. Chr. zur Zeit des lich der oft behandelten Prage nach der Ortlich- 
Aufstandes der Pannonier (Dio LV 29, 3), Er keit dieser dreitagigen Kampfe vgl. oben Bd. II 
zog gegen die Rebellen und lieferte ihnen an der 60 S. 1197 und dazu Wilms Jahrb. f. Philol. 1897, 
Drau eine verlustreiche Schlacht, die schliesslich 18ff.). Fiir seine Thaten empfing C. die trium- 
mit dem Siege der Romer endete (Dio LV 29, 3. phalia insignia (Tac. ann. I 72). Im J. 16 wurde 
Veil. II 112, 4—7, wo wohl die namliche Schlacht er von Germanicus mit dem Bau einer Flotte be- 
gemeint ist). Gegen die vereinigten Pannonier auftragt (Tac. ann. II 6). Im J. 20 stellte er 
und Dalmater richtete er dagegen in einem Treffen einen Antrag im Senate (Tac. ann. Ill 18). Im 
am Berge Alma bei Sirmium (vgl. CIL III p. 415) folgenden Jahre beantragte er , dass keinen Be- 
nichts Wesentliches aus und musste bald nach amten, dem eine Provinz zugefallen ware, seine 
Moesien zuriickkehren , da Daker und Sarmaten Gattin begleiten diirfe, und schalt iiber die Aus- 



1243 Caecinum Caeculus 1244 

artung der Prauen Roms (Tac. ann. Ill 33. Ter- Plinius, der den Caecuber an erster Stelle unter 
tullian. de pallio 4, der eine von Tacitus nicht den italischen Weinen nennt (vgl. auch Colum. 
erwahnte Ausserung des Sevens mitteilt). In III 8, 5), giebt an, dass zu seiner Zeit die Pro- 
seiner Kede wies er darauf hin , dass ihm seine duction so gut wie ganz aufgehOrt habe : intereidit 
Frau sechs Kinder geboren, dass er in mehreren et ineuria coloni loeique angustia, magis tamen 
Provinzen 40 Dienstjahre vollendet habe (unge- fossa Neronis, quam ab Avemo laeu Ostium 
nau, denn nach I 64 stand C. schon im J. 15 usque navigabilem ineohaverat (XIV 61: vgl. 
im 40. Dienstjahre, war aber noch im nachsten XXIII 35). Trotzdem erwahnt ihn nicht nur Martial 
Jahre Legat von Germania inferior, s. o.). Sein (s. u.) hauflg, sondern auch die metrische Inschrift 
Antrag wurde jedoch abgelehnt (Tac. ann. Ill 34). 10 des Ursus togatus CIL VI 9797 aus der Zeit des 

25) A. Caecina Tacitus (das Cognomen ist Hadrian zusammen mit Palerner und Setiner. 
nicht ganz sicher), [pr(aetor)] eandidatus, prae- Der Name erhielt sich als generelle Bezeichnung 
s(es) pro[v(ineiae)] Ba[et(ieae)] , consul (suffec- edlen Weines (Dioscor. V 10. Galen. VI 805. 
tus in unbekanntem Jahre), septemvir epu[l]o- 809. X 834 K.). Eine Amphora aus Rom mit 
[nu]m (CIL VIII 10988 Sala). Der Titel praeses Gaeefubum) publiciert vonDresselBull.com. 
weist auf das 3. Jhdt. n. Chr. (vgl. Mommsen 1879, 54. Der .Sophist' Galenus bei Athen. I 
St.-R. IP 240). [Groag.] 27 a nennt den C. nXrjxxixog, svxovog (den Pun- 

26) Caecina Tuscus, Neros Milchbruder (Suet. daner evxovog, noXvxQoyog, xeyalrjg xal oxo/tdxov 
Nero 35) , soil nach einer Nachricht des Pabius mixsxat) ; vgl. Horat. epod. 9, 35 quod fluentem 
Eusticus (bei Tac. ann. XIII 20) im J. 55 n. Chr. 20 nauseam coerceat metire nobis Caeeubum. Ge- 
schon den Auftrag erhalten haben, an Stelle des priesen wird der Caecuber von Horat. od. I 20, 
Afranius Burrus das Commando ilber die Prae- 9. II 14, 25. 37, 5. Ill 28, 3; epod. 9, 1; serm. 
torianercohorten zu iibernehmen, und nur durch n 8, 15. Martial. II 40, 5. Ill 26, 3. VI 27, 9. 
Seneca bewogen, habe Nero den Befehl wieder X 98, 1. XI 56, 11. XII 17, 6. 60, 9. XIII 
riickgangig gemacht. Hingegen wurde C. spater 115; vgl. Marquardt Privatl. 2 449. Imager 
Praefectus Aegypti, aber im J. 66 dieses Postens Caeeubus liegt der laeus Fundanus (la.go &i Fondi); 
enthoben und verbannt, weil er sich in den eigens vielleicht bezieht sich auf diesen die Notiz iiber 
fiir Nero errichteten Thermen badete (Suet. Nero eine schwimmende Insel Plin. II 209: [Hiilsen.] 
35. Dio LXIII 18, 1 zum J. 67; aber das oben Caeculus. 1) Nach der einheimischen tiber- 
angegebene Jahr ist das richtige , da wir schon 30 lieferung der Griinder von Praeneste, dessen Ge- 
im J. 66 Ti. Iulius Alexander als Praefecten von schichte die ilblichen, auch bei Romulus und Ser- 
Agypten flnden , in welcher Stellung dieser bis vius Tullius in fast gleicher Weise wiederkehren- 
69 blieb, vgl. L. Eenier Memoires de l'acad. den Elemente der Griindungssage auf weist. Durch 
des inscr. XXVI 1867, 296). Nach dem Tode einen seiner am Herd sitzenden Mutter in den 
Neros wurde er aus seiner Verbannung zuruck- Schoss gefallenen Punken erzeugt, nach seiner 
gerufen; denn wir erfahren, dass er im J. 69 Geburt ausgesetzt und von wasserholenden Jung- 
wieder in Eom war (Tac. hist. Ill 38f.). frauen neben einem Feuer gefunden, gilt er fur 

[Stein.] einen Sohn Vulcans und erhalt wegen seiner in- 

27) (Caecinia) Arria s. o. Arrius Nr. 40. folge des Eauches blinzelnden Augen den Namen 

28) [GJaeeinia A. f. Larga, Gattin des [A. 40 C. Auferzogen von den Briidern seiner Mutter 
Larcius Lepidus], Mutter &er[La]rcia Priseilla, (divi fratres , Depidii, Digidii), die als Hirten 
CIL X 6659 = Dessau 987 Antium. [Groag.] in jener Gegend wohnen und die man gewOhnlich 

29) Caecinia Lolliana s. Ceionius. als die Lares praestites von Praeneste erklart 
Caecinum. KaixXvov x<oqIov 'Ixahxov. Steph. (Preuner Hestia- Vesta , Tubingen 1864, 400), 

Byz. aus Philistos Sikel. IJ. [Hiilsen.] fiihrt er zunachst eine Zeit lang unter den Hirten 

Caecinus (Kaixlvog), Fluss im Bruttierlande ein Eauberleben, griindet dann mit einer Anzahl 

unweit Lokri (Thukyd. ni 103), nach Pausanias Genossen die Stadt Praeneste und vereint die be- 

VI 6, 4 Grenze der Gebiete von Lokri und Regium nachbarten Volker zu festlichen Spielen. Als die 

(wofur Strabon den Halex angiebt; auch das Natur- versammelte Menge an seine gOttliche Abstam- 
wunder der Cicaden, die auf der Seite von Lokri 50 mung nicht glauben will, wird sie auf seine Bitte 

singen, auf der von Regium stumm sind, bezieht an Vulcan plotzlich von lodernden Plammen um- 

Strabon auf den Halex); der Athlet Euthymos ver- leuchtet, die erst auf sein Geheiss wieder ver- 

schwand nach Pausan. a. a. O. und Aelian. v. h. schwinden (Vergil. Aen. VII 678f. X 544. Schol. 

Vni 18 auf mysteriose Weise im C. Identification Veron. und Serv. Aen. VII 681. Mythogr. Vatic, 

mit einem der zahlreichen kleinen calabrischen I 84. Solin. II 9). Die Pamilie der Caecilier sieht 

Kiistenbache nicht moglich. [Hiilsen.] in C. ihren Ahnherrn (Paul. p. 44). Die altla- 

Caeciritanum (oppidum), Ort in Africa (Prov. tinische Religion kennt keine mannliche Gottheit 

proconsularis), von dem ein Bischof im 7. Jhdt. des Herdfeuers, denn die Laren sowohl wie Vulcan 

genannt wird, Man si Act. concil. X 941 (der verdanken eine solche Beziehung erst spaterer 
Name ist zweifelhaft). [Dessau.] 60 Combination, wahrend ihre urspriingliche Bedeu- 

Caecubus ager (Varro bei Non. 226 M. Plin. tung auf anderem Gebiete liegt (vgl. Wissowa 

II 209 ; to Kalxovpov Strab. V 231), Kiistenebene in Roschers Mytholog. Worterbuch II 1887f. u. 

in Latium, am sinus Amyelanus, zum Territorium De feriis anni Romani vetustissimi, Ind. lect. 

von Fundi (in Terracina et Fundis Caeeubum Marpurg. 1891, 14f.). Der Gedanke, die Gott- 

mnum proereatur, Vitruv. Vin 3, 12) gehOrig. heiten des Herdes zu Erzeugern der Stadtegriin- 

Ihr sumpfiger, mit Pappeln bestandener Boden der zu machen, entspringt also nicht aus volks- 

(Plin. XVI 173. XVII 31) lieferte einen vortreff- tumlich italischer Anschauung, sondern geht auf 

lichen Wein (Rebe SevdQlxig Strabo V 231. 234). griechische Vorbilder zuruck, wie wir denn in der 



1245 Caecus Caelemontanus campus 1246 

That wissen, dass dem in der Alexandrinerzeit Feldherrn durch das Heer, entlehnt aus der Ge- 

lebenden Verfasser einer lotoQia 'haltxrj, Proma- schichte des spanischen Krieges von 542 = 212; 

thion, eine wesentlich gleichartige Erzahlung iiber vgl. Mommsen E. Porsch. II 323. 
die Geburt des Romulus zugesohrieben wird (Plut. 7) Q. Caedicius hiess bei Cato (Orig. IV 7 

Rom. 2, vgl. Susemihl Griech. Litteraturge- Jord. bei Gell. Ill 7, 1. 20, vgl. Frontin. I 5, 15. 

schichte d. alex. Zeit II 356). IV 5, 10) der Kriegstribun , der sich im J. 496 

2) Mit dem Grunder von Praeneste nur den = 258 auszeichnete und meistens Calpumius 

Namen gemein hat der Gott der Indigitamenta Flamma (s. d.) genannt wird. 
Caeculus, qui oeulos sensu exanimet (Tertull. 8) Q. Caedicius, Q. f. Q. n., jedenfalls Sohn 

ad nat. II 15). Da er unter einer Reihe von 10 von Nr. 10, war Consul 498 = 256 (Fasti Cap. 

TodesgSttern erscheint, so tritt er wahrscheinlich Cassiod. ; Decio Idat. ; Asxiov Chron. pasch.) und 

in Function, wenn das Augenlicht des Sterbenden starb bald nach seinem Amtsantritt, so dass der 

erlischt. [Anst.] Name des an seiner Statt gewahlten M. Atilius 

Caecus s. Ap. Claudius Caecus. Regulus (Fasti Cap. Idat.) haufiger zur Bezeich- 

Caedicianus. 1) Willkiirlich gewahlter Name nung des Jahres genommen wurde. [Munzer ] 
bei Martial (I 118. VIII 52. X 32. 84). 9) C. Caedicius Agrippa, curator riparum et 

[Groag.] alvei Tiberis unter Tiberius (an dritter Stelle ge 

2) Caedicianus (hss. Ka&ixiavog), wird unter nannt), CIL VI 31543. [Groag.] 
denen, welche ein hohes Alter erreichten, aufge- 10) Q. Caedicius Noctua, offenbar Vater von 
zfthlt, Marc, eig I. IV 50. [Stein.] 20 Nr. 8 und folglich Q. f., war Consul 465 = 289 

3) Caedicianus s. Aburnius Nr. 1. (Q. Caedicius Cassiod., Noctua Chronogr. Idat.) 
Caedicius, rSmische plebeische Gens. 1) Er- und Censor 471 = 283, musste aber die Censur 

finder grausamer Strafen (Iuv. XIII 197); es ist wegen des Todes seines unbekannten Collegen 

fraglich, ob er mit dem Iuv. XVI 46 genannten oder aus einem andern Grunde niederlegen (er- 

Anwalt identisch ist. Auch ist die Bemerkung halten: n. Noctua abd. in den Fasti Cap.). 

des Scholiasten kaum richtig, der ihn als einen [Munzer.] 

grausamen HOfling Neros bezeichnet, vgl. Fried- 11) Caedicia (iiberliefert ist Cadicia), Gattin 

lander z. St. [Stein.] des Flavius Scaevinus, wurde nach dem Misslingen 

2) C. Caedicius, befehligte unter L. Papirius der pisonischen VerschwSrung , an welcher ihr 
Cursor in der Schlacht bei Aquilonia 461 = 293 30 Gatte beteiligt war, im J. 65 n. Chr. aus Italien 
zusammen mit T. Trebonius die Reiterei und trug verwiesen, ohne dass sie vorher von ihrer Anklage 
bedeutend zur Erringung des Sieges iiber die Kenntnis hatte (Tac. ann. XV 71). [Groag.] 
Samniten bei (Li v. X 40, 7. 41, 8). Die Einzel- Caedlcus. 1) Ein Krieger im Heere des Mezen- 
heiten des Schlachtberichts sind indes wenig zu- tius , der den Troianer Alcathous tOtete , Verg. 
verlassig, vgl. Ihne R. G. 12 447. Aen. X 747. 

3) L. Caedicius, Tribunus plebis 279 = 475, 2) Ein Gastfreund des Tiburtiners Romulus, 
zog mit einem seiner Amtsgenossen den Consul Aen. IX 360ff. Mit der gens Caedicia steht der 
des Vorjahres, Sp. Servilius, wegen einer durch von Vergil erfundene Name kaum in Zusammen 
die Etrusker empfangenen Niederlage vor Gericht hang. [O. Rossbach.] 
(Liv. II 52, 6. Dionys. IX 28, 1. 4). [Munzer.] 40 Caeduum s. Canduum. 

4) L. Caedicius (Oaedius primipilaris Fron- Caeionius s. Ceionius. 
tin.), Praefectus castrorum, rettete sich und die Caelatura s. Toreutik. 
Truppenabteilung, die sich aus der Varusschlacht Caelanus pagus in Beneventano, genannt auf 
nach Aliso gefliichtet hatte, indem er sich durch der Tabula alimentaria Ligurum Baebianorum CIL 
List und Tapferkeit den Riickzug bahnte, im IX 1455 n 40. [Hiilsen.] 
J. 9 n. Chr., Veil. II 120, 4. Frontin. strat. IV Caelemontaua porta in der servianischen 
7, 8. [Stein.] Mauer, wahrscheinlich am Ostlichen Ende des 

5) M. Caedicius . horte 363 = 391 vor dem Caelius beim Lateran. Aus Cic. in Pis. 55 kann 
Einfall der Gallier auf der Nova via unweit des man schliessen, dass sie der Esquilina zunachst 
Vestatempels eine gettliche Stimme, die ihm das 50 gelegen habe. Piso wohnte selbst in der Nahe 
kommende Unheil vorher verkiindete und den Ma- der p. C. (a. a. O. 61); in geringer Entfernung 
gistraten Mitteilung davon machen hiess. Die vom Lateran (in Via della Ferratella) sind Blei- 
Warnung des schlichten Mannes blieb damals un- rohren mit dem Namen L. Piso, (natiirlich eines 
beachtet (Liv. V 32, 6. Plut. Camill. 14, 2f. 30, spateren: atria Pisonum Martial. IV 40, 1) gefun- 
4); spater wurde an der Stelle, wo er den Ruf den: ein merkwiirdiges Zusammentreffen, das frei- 
vernommen, ein Heiligtum des Aius Locutius er- lich auch zufallig sein kann, um so mehr, da Cicero 
richtet (vgl. Bd. I S. 1130). zunachst von einem gemieteten Hause spricht. 

6) Q. Caedicius, ein Centurio, wurde 364 = 390 Sonst wird die p. C. noch erwahnt Liv. XXXV 
nach der Alliaschlacht von den Romern, die nach 9, 3. In der Kaiserzeit bezeichnete wahrschein- 
Veii entkommen waren, zn ihrem Ffihrer gewahlt 60 lich ein Strasseniibergang der Aqua Claudia ihre 
und schlug einen Angriff der Etrusker zuruck (Liv. Stelle, der noch im Mittelalter erhalten war und 
V45, 7); nachher stellte er sich bereitwillig unter Arcus Basilidis hiess (Lanciani Acque 154; 
den Befehl des Camillus (ebd. 46, 6). Nach App. Monum. dei Lincei I 536). Vgl. Gilbert Top. 
Celt. 5 (ohne Vornamen) soil er diesem das II 291 (der auch Liv. II 11 hierher zieht, wo 
Schreiben des Senats, durch das ihm die Dicta- freilich der Name p. C. nicht ausdriicklich vor- 
tur angetragen wurde, iiberbracht haben. Die kommt). [Hiilsen.] 
Berichte sind tendenziose Erfindungen jungerer Caelemontanus campus in Rorn, genannt 
Annalisten, der wichtigste Zug, die Wahl des nur in der Inschrift CIL VI 9475 (hymnologus 



1247 Caelemontium Caelestis 1248 

de eampo C); wahrscheinlich (entsprechend dem widmet haben (Herodian V 6, 4), und wie jede 

eampus Esquilinus und Viminalis) die Hoch- semitische Ba'alat (s. Baltis) gait sie als die 

flache vor der porta Gaelemontana der Servius- Herrin (domino, CIL VI 77. Eph. epig. VII 460 ; 

mauer, in der Nahe des Laterans. S. Lanciani 3to%iov%og , vgl. Movers Phonizier I 611) und 

Mon. dei Lincei I 534 — 536. Hiilsen Rom. Mitt. Beschiitzerin (Verg. Aen. I 15, vgl. Tertull. apol. 

1892, 299. [Hiilsen.] 27. Mythogr. Vatic. 1 215) ihrer Kultstatte. tber 

Caelemontium s. Caelius mons Nr. 1. die Verehrung dieser punischen Gottin s. u. Tanit. 

Caeles s. Caelius monsNr. 1 und Vibenna. Bei der ZerstOrung Karthagos wurde ihr Bild nach 

Caelestinns. 1) Beiname des Iuppiter (der Rom iiberbracht (s. u.), aber bei der Anlage der 
sonst auch Caelestis heisst, CIL III 1948. X 4852) 10 Colonia lunonia (122 v. Chr.; Plut. C. Grac. 11. 

auf der stadtromischen Inschrift CIL VI 404 Solin.27, 11) scheint dasselbe in seinem hergestell- 

Iovi optimio maximo eaelestino, Fontibus et Mi- ten Tempel wieder aufgerichtet worden zu sein. 

nervae u. s. w., wahrscheinlich in den Kultkreis Dieser Tempel, von einem heiligen Hain umgeben 

des Mithras gehorig (Cumont Mithras II p. 174 (Verg. Aen. I 441), befand sich auf der Akropolis 

zu inscr. nr. 554) , in dem die Verehrung der (Byrsa, Ovid fast. VI 45, vgl. Apul. met. VI 388 

Himmelsgottheit eine grosse Rolle spielt (Cumont eelsae Oarthaginis). Es waren ihm vom Staate, 

Westd. Zeitschr. XIII 1894, 96f.; s. auch unter wann ist unsicher, besondere Privilegien erteilt 

Caelus). [Wissowa.] worden (Ulp. Reg. XXII 6 Deos heredes insti- 

2) Remischer Historiker der Kaiserzeit, wird tuere non possumus nisi . . . Caelestem Sali- 
Hist. Aug. Valerian. 8, 2 als Gewahrsmann dai'iir 20 nensem [Sidonensem ? selenen ? selinensem ?J 
citiert, dass Valentinianus iunior von seinem Bru- ' Carthagini). Er stand noch in seinem vollen 
der Gallienus zum Augustus ernannt worden sei. Prunkinder Jugendzeit Augustins (civ. dei II 4. 26; 
C. lebte also zwischen der Regierung des Gallien vgl. Roschers Lexikon II 614). Erst im Jahre 
(259 — 268) und der Zeit des Verfassers der Bio- 399 wurde er in eine Kirche verwandelt (Morcelli 
graphie des Valerian, Trebellius Pollio, welcher Africa Christiana II 344). Trotzdem klagt noch 
gegen Ende der Regierung des Constantius I. Salvianus im 5. Jhdt. (gub. Dei VIII 9f.) iiher die 
(gest. 306) geschrieben hat. Von seiner schrift- Hartnackigkeit, mit welcher sogar Christen an dem 
stellerischen Thatigkeit ist uns weiter nichts be- Dienst der Gottin festhielten. Nicht nur in der 
kannt. [Gensel.] Hauptstadt (CIL VIII 993 = 12454. 999 = 14850), 

3) Consularis Baeticae im J. 357. Cod. Theod. 30 sondern in der Provinz Africa (VIII 859. 1318. 
IX 42, 3. [Seeck.] 1360. 1424. 14850. 15512. 16145. 16411. 16415. 

4) Bischof von Rom 422—432. Gennad. de 16417. 16865. Rev. arcWol. 1895 I 278 nr. 28), 
vir. ill. 54 widmet ihm ein eigenes Kapitel, ob- in Numidien (CIL VIII 1837. 1887 = 16510. 
wohl er nicht als Schriftsteller aufgetreten ist; 2226. 2592. 4286ff. 4635 = 16810. 4673f. 6351. 
wir besitzen von ihm nur Briefe und Pragmente 6939. 6943 [Cirta, vgl. Val. Max. II 6, 15]. 8239. 
officieller Ansprachen (Migne Patrolog. lat. L 8241) und bis nach Mauretanien (CIL VIII 8432f. 
417—558, neue Lesarten: Spicileg. Casinense I 9015. 9195. 9796. Eph. ep. V 948. VII 460) 
1888, 193 — 95). Aber allerdings ist seine Cor- zeigen die Inschriften die Ausdehnung ihres Kultes. 
respondenz inhaltlich von hervorragender Bedeu- Sie wurde mit Recht als die africanische Gottin 
tung, weil der Papst zum Nestoriamsmus und40*ar' i^oxrjv betrachtet (Tertull. apol. 24 Unieui- 
zum Semipelagianismus Stellung nehmen musste que provineiae suus deus est ut . . . Afrieae Cae- 
und seine abweichende Entscheidung sicher von testis, vgl. ad nat. II 8 Caelestem Afrorum. 
grossem Einfluss auf das Schicksal beider Rich- Salv. gub. Dei VIII 9 Caelestem Afrorum dae- 
tungen gewesen ist. Die Briefe zeigen in ihm monem. Ambros. epist. c. Syrumach. I 18, 30 
einen mit der kirchlichen Litteratur wohl ver- [Migne XVI 98 o]. Herodian a. a. O. Hor. od. 
trauten, in den Traditionen Roms feststehenden, II 1 , 25). Schon zu der Zeit der punischen 
klar sein Ziel verfolgenden und ohne Prunk des Macht verbreitete sich der Dienst der C. nach 
Wortes machtigen Mann; fur Einzelheiten der Melita (Cic. Verr. IV 103 = Val. Max. I 1 extr. 
kirchlichen Kulturgeschichte ist am ausgiebig- 2) und Spanien (Insel in der Nahe Gibraltars und 
sten ep. IV an alle BischOfe der provineiae Vim- 50 in Gades, Strab. Ill 168. 170. Plin. n. h. Ill 7. 
nensis et Narbonensis. Socrates hist. eccl. VII IV 120. Mela III 4. Lucus Augusti CIL II 2570. 
11 beschuldigt C. die Novatianer in Rom miss- Tarraco II 4310), vielleicht auch nach Sicilien (IGI 
handelt zu haben. Seine Grabschrift ist noch er- 287). Nach der Eroberung Karthagos wurde die 
halten, s.L.Duchesne Liber pontificalis I 231 b. Schutzgdttin der Stadt, welche wahrend des z weiten 
J. Lang en Gesch. d. rOm. Kirche I 793ff. punischen Kriegs schon beschworen worden war, 

[Julicher.] feierlich evociert und nach Rom uberfuhrt (Serv. 

Caelestis. Schon in uralter Zeit wurde die Aen. XII 481. Macrob. Ill 9, 7). Sie besass in 

phoinikische Astarte (s. d.), die regina eaelorum der Kaiserzeit , wahrscheinlich auf dem Capitol 

(Jerem. VII 18. XLIV 19) , von den Griechen (Not. d. Scavi 1892, 407) einen Tempel, und schon 
ihrer ,himmlischen Aphrodite' (s. o. Bd. I S. 2773) 60 ehe Elagabal sie mit seinem syrischen Gott ver- 

gleichgestellt (Herod. I 105, vgl. Paus. I 14, 7. mahlte und ihr Bild aus dem Tempel von Karthago 

CIA II 1588 u. a.) , welche gewohnlich einfach auf den Palatin versetzte (Herodian. V 6, 4. Cass. 

fj Ovgavia hiess (Herod. Ill 8. Paus. a. a. O.). Auf Dio LXXIX 12), zahlte sie in der Hauptstadt zahl- 

gleiche Weise wurde die HauptgOttin von Kar- reiche Verehrer (CIL VI 77ff. 545 = 30789. 2242). 

thago, welche von den Einwohnern als Tanit ange- Auch an verschiedenen Orten Italiens sind ihr ge- 

betet wurde, lateinisch Caelestis genannt. Bei widmete Inschriften zu Tage gekommen (Puteoli 

der Grundung der Stadt soil Dido ihren Tempel CIL X 1596. 1598. Bovianum IX 2562. Tibur 

gestiftet (Verg. Aen. I 441) und ihr Bild ge- XIV 3536. Mediolanium V 5765. Pola V 8137). 



1249 Caelestis Caelestius 1250 

Fur die Mehrzahl dieser Steine ist allerdings ihren primitiven Anschauungen war die Unverletz- 

zweifelhaft, ob sie nicht vielmehr einer asiatischen lichkeit mit der Jungfrauschaft verbunden (Herod. 

Ba'alat gehOren. In die iibrigen Provinzen scheint IV 180). Die Bescfoitzerin Karthagos war auch 

der Dienst der C. nicht vorgedrungen zu sein. eine KriegsgOttin (Verg. Aen. I 17. Cic. Verr. IV 

Nur in Apulum (Dacien) taucht sie auf , wohin 103 eburneae Vietoriae. CIL VI 756 victrix. VI 

sie offenbar durch die africanischen Soldaten fiber- 78. 80 invieta) , welche man auf den Munzen 

tragen worden war (CIL III 992. 993 Caelesti (Cohen a. a. 0.) mit der Lanze und dem Blitz 

Augustae, et Aesculapio [s. Eschmun] et genio darstellt. Sie wurde ebenfalls als virgo caelestis 



(Aug. c. d. II 4. Tertull. apol. 23. Apul. met. 

»vi - ■ ■ •— — 



Die semitischen Gottheiten haben nicht wielOVl 388), dea magna virgo caelestis (CIL VIII 

die griechischen eine scharfausgepragtelndi vidua- 9796. Not. d. Scavi 1892, 407) gepriesen , und 

litat. Ihr Charakter ist vielfaltiger und unbe- man sprach sogar von ihr als einer Venus virgo 

stimmter. Je nachdem man die eine oder andere (Firm. Mat. a. a. 0. ; vgl. Aug. civ. dei IV 10), 

ihrer Eigenschaften hervorheben wollte, hat man aber passender wurde sie in dieser Hinsicht von 

sie verschiedenen abendlandischen Gettern gleich- den Eomern Diana genannt (CIL VIII 999. V 

gestellt, aber vOllig entsprechen sie keinem. Des- 5765. XIV 3536). Diese Benennung verdiente 

halb wird die Tanit auf den africanischen Inschrif- sie auch, weil sie nach der in Africa wie in Phoi- 

ten gewohnlich schlechthin Caelestis oder dea Cae- nikien (s. Astarte) sehr verbreiteten astrono- 

lestis genannt oder tragt allgemeine Beinamen wie mischen Theologie eine Mondgottin war wie Baal 
augusta (CIL VIII 859.993 u. s. w.), sancta (VIII 20 ein Sonnengott (Herodian. V 6, 4. Cass. Dio LXXIX 

8483), magna (VIII 9796), numen praesens (VI 12, vgl. CIL X 1598 lunas eum gemmis [s. Ta- 

30789 [enrjxoog^i vgl. Hesych s. v.]). Aber seit nit]). Schon die alten Libyer nach Herodot IV 

alter Zeit hatten die BSmer die hochste Gottin 188 dvovoi f\lia> xal aeXrjvn ftovvowi. Es lag end- 

ihrer Feinde mit Iuno identificiert (luno caelestis lich fur die Sterndeuter nahe, die HimmelsgOttin 

nur CIL VIII 1424, sonst einfach Iuno, Cic. Verr. in eine SchicksalsgOttin zu verwandeln (Philastr. 

IV 103. Hor. od. II 1, 25f.; Iuno P oena Minuc. Haeres. 15 Fortunam caeli quam et Caelestem 

Fel. 25, 9). In der That hatte die Begina cae- vocant, vgl. CIL VIII 6913 Fortuna caelestis). 

lorum (s. o.) mit der lateinischen Iuno regina Schwer erklarlich dagegen sind die Caelestes Au- 

manche Beriihrungspunkte. Spater, der stoischen gustae (plural.), welche neben den dii caelestes 

Lehre entsprechend, wurde die Iuno caelestis wie 30 Augusti in Auzia vorkommen (CIL VIII 9015. 

die anderen als die Luft gedeutet (Firm. Mat. de Eph. ep. V 950f.). 

err. prof. rel. 4). Von dem Himmel, dessen Ge- Der Kult der C. ist bis jetzt wenig bekannt. 
stirne sie tragt, schickt sie auf die Erde wie Von der Unzucht mancher Feste ist schon die 
das Gewitter so auch den segenspendenden Begen Bede gewesen. Die an diesen Tagen stattflnden- 
vgl. Tertull. ap. 23 pluviarum pollieitatrix und den Spiele gaben zu allerlei Ausschweifungen An- 
Eckhel D. N. VII 184) und giebt Menschen und lass (Aug. civ. d. II 4). Orakel wurden in dem 
Tieren das Leben (s. den Hymnus CIL VIII 4635 Tempel der C. zu Karthago erteilt und gaben 
= 16810). Also wie Saturnus-Ba'al ist die C- der weissagenden Gottin einen zuweilen bedeuten- 
Tanit in Africa eine Gottheit der Fruchtbarkeit, den politischen Einfluss (Hist. Aug. Pert. 4; Macr. 
und sie wird demnach der Venus gleichgestellt 40 3. CIL VIII 9796 ipso numine dietante; vgl. 
(Val. Max. II 6, 15. Firm. Mat. a. a. 0. Philastr. VIII 8433. VI 77). Mit dem Mantel (peplus) 
Haeres. 15. CIL V 8137f. VI 80. 780. IX 1596. dieser HimmelskOnigin liessen sich Thronbewerber 
X 2562 [keine africanische Inschrift]). Wie in ausschmiicken (Hist. Aug. XXX tyr. 29). Von dem 
Syrien (s. Bait is) waren ursprilnglich mit ihrem eigentlichen Dienst erfahren wir kaum etwas 
Dienst heilige Prostitutionen verbunden (Valer. (Kerzen angeziindet: Amm. Marc'. XXII 13, 3; 
Max. a. a. 0.), und ihre Feste wurden nie von Un- symphoniacos : Aug. a. a. 0.). Der Clerus der 
zucht rein (Aug. civ. d. II 4. 26. Firm. Mat. a. a. 0.). C. war ohne Zweifel zahlreich, aber wenige Titel 
Als befruchtende Gottin wurde die C. auch den sind uns iiberliefert (sacerdos publicus deae Cae- 
Erdgottheiten, in Italien der Bona Dea (Bona dea lestis et Aeseulapii[= Eschmun], CIL VIII 16417 ; 
caelestis, CIL X 4849. XIV 3530 [wenn hier c. 50 prineeps sacerdotum deae Caelestis [Bom] VI 
nicht bios Beiname ist wie in Mereurius caelestis, 2242 ; sacerdos publicus VIII 993; sacerdos VIII 
Silvanus caelestis, CIL VI 521. 638]), in Africa 1360. 4673f. 16918). Neben den Mannern ge- 
selbst der Kybele angenahert (Aug. a. a. 0. II 4. hOrten auch Weiber dieser Geistlichkeit an (sa- 
Tertull. apol. 12, vgl. CIL X 1596 taurobolium cerdos CIL II 4310; sacerdotia Bev. archeol. 
Veneris caelestae). Beiden war der Lowe be- 1893 II 379; Weissagerin, Hist. Aug. Macr. 3). 
sonders gewidmet (Apul. met. VI 388 vectura Aus einem neu entdeckten Stein sehen wir, dass 
leonum eaelo commeantem. Cass. Dio LXXIX neben sacratae auch Kanephoren an dem Dienst 
12. Tertull. apol. 12, vgl. die Munzen bei Co- teilnahmen, woraus sich erklart, dass diese ca- 
ll en III Severe 130. 131. 520ff.; Caracalla 65. nistrariae nur in Africa (VIII 9321. 9337. 12919) 
408. 409 ,Cybele [lies Caelestis] assise sur un 60 vorkommen. Movers PhOnizier I 604ff. (fast 
Hon . .'). unbrauchbar). Preller Bom. Myth. 113 406ff. 

In schroffem Gegensatz zu dieser Auffassung Buggiero Dizion. epigr. II 4ff. Roscher My- 

stellte man sich diese Naturgottin als eine Jung- thol. Lexik. I 844. II 614ff. Uber die africa- 

frau vor. Dieser Zug, der die C. im semitischen nische Religion im allgemeinen vgl. Tout a in 

Pantheon besonders kennzeichnet, hangt wohl mit Les cit<*s romaines de la Tunisie 1896, 214ff. 

dem alten einheimischen Glauben zusammen : Die [Cumont.] 

Libyer verehrten eine kriegerische Jungfrau, welche Caelestius. 1) Von Ammian Marcellianus 

die Griechen mit Athena verglichen, und nach genannt, Sohn des Praefectus praetorio Maximi- 

Pauly-Wlssowa III 40 



1251 Caelestius Caelia 1252 

nus , wurde durch den Einfluss seines Vaters in seinen Schriften ist begreiflicherweise nur weniges 

frliher Jugend zum Dux Valeriae befordert. In uns erhalten, was seine Bestreiter aufzubewahren 

diesem Amte lud er den Kflnig der Quaden Ga- nfitzlich fanden. Gennad. de vir. ill. 44 meldet, 

binius bei sich zu Gaste und liess ihn verraterisch C. habe vor seiner Bekanntschaft mit Pelagius, 

nach Beendigung der Mahlzeit ermorden. Dies immo adhue adolescens ad parentes suos de 

rief 374 einen Einfall der Quaden in das rOmische monasterio epistulam in modum libelli geschrie- 

Gebiet hervor, Amm. XXIX 6, 3 — 6. Zosim. IV ben, deren moralis dictio dem Referenten hohen 

16, 4. [Seeck.] Lobes wiirdig scheint; Augustin hat eine ganze 

2) Christlicher Schriftsteller um 420. Geboren Sammlung von opuseula des C. und von libelli, 
etwa 380, vielleicht in Campanien — denn die 10 die er den kirchlichen Gerichtshbfen zugestellt 

fibliche Annahme, er sei Schotte oder Ire ge- habe, besessen (de grat. Chr. 32); der Praedesti- 

wesen, beruht auf sehr anfechtbarer Deutung natus I 88 will wissen, C. habe als erster gegen 

der Worte des Hieronymus Praefatio zu lib. Ill die Erbsfinde geschrieben, schon in seinem (vor 

des comment, in Hierem. (vgl. C. P. Caspar! 410 geschriebenen) Commentar zum RCmerbrief 

Briefe, Abhdlgn. und Predigten 1890, 348ff.) — nehme Pelagius auf ihn Rticksicht. Ob die de- 

von der Geburt an Eunuch, studierte er in Rom, finitiones, die dem C. zugeschrieben wurden, wirk- 

anscheinend vorwiegend Philosophie und Jurispru- lich von ihm selber herriihrten oder nur von einem 

denz, als Pelagius um 405 dort auftrat und in seiner Schiiler, lasst Augustin de perfectione 1 un- 

ihm einen eifrigen Schiiler gewann. Auch andere entschieden; er giebt dort diese breves defmitio- 
Lehrer, z. B. den Ruflnus, lernte er in Rom kennen, 20 ties velpotius ratiocinationes im einzelnen wieder, 

aber den entscheidenden Einfluss auf sein Leben um sie dann zu widerlegen; unwahrscheinlich ist 

hat Pelagius mit seiner moralistischen Theologie es sicher nicht, dass C. sie geschrieben hat (vgl. 

gewonnen. C. begleitete den Meister 411 nach Caspari a. a. O. 266). In de gestis Pelagii 

Africa; und als Pelagius sich von dort entfernte, citiert Augustin mehrfach Satze, die zu Diospolis 

blieb C. zuriick und bewarb sich um die Pres- als caelestianisch vorgetragen worden waren; die 

byterwiirde; aber eine Synode zu Karthago, vor wichtigen Abschnitte aus dem von C. 417 an Zosi- 

der ihn der mailandische Presbyter Paulinus als mus eingereichten libellus fuhrt er de pecc. origi- 

Irrlehrer verklagte, sprach vielmehr 412 die Ex- nali 5. 6. 23 an (darnach abgedruckt bei Hahn 

communication iiber ihn aus. Er begab sich nun Bibliothek d. SymboleS 1877, 218f.). Hieronymus 
nach Ephesus , wurde hier Presbyter und agi- 30 spottet in seiner Weise ep. 133, 5 fiber den aus 

tierte unermiidlich fur seinen Standpunkt, nicht dem Schiiler zum Meister und totius duetor exer- 

blos geschwatziger und minder vorsichtig als Pe- eitus gewordenen C. , der per soloecismorum et 

lagius, wie Augustin meint, sondern mit wahrer non, uti jactitant, per syllogismorum spineta de- 

Freude an mOglichst radicalen und das Empffn- eurrens sie philosophatur et disputat, und fuhrt 

den nicht bios der Augustinianer, sondern selbst einen Abschnitt aus C.s Schriften vor. Ausser 

der Durchschnittschristen verletzenden Thesen, Augustins zahlreichen antipelagianischen Tracta- 

z. B. der, dass getaufte Reiche, die nicht auf all ten (Migne Patrolog. lat. XLIV) ist Hauptquelle 

ihren Besitz verzichten, trotz guter Werke nicht fur C. Marius Mercator, von dessen besonders ge- 

in den Himmel kommen konnten. Pelagius musste rade auf C. gemunzten Streitschriften uns die 
seine Freisprechung auf der Synode zu Diospolis 40 beiden Commonitoria erhalten geblieben sind ; 

415 durch Anathematisierung mehrerer Satze, die es lag fur den Herausgeber der Werke des Ma- 

der Freund in Schriften vertreten hatte, erkaufen; rius Mercator, den Jesuiten Gamier (Paris 

von nun an trug die neue Haeresie den Namen 1673), nahe, bei dieser Gelegenheit die Reliquien 

Caelestiana (Hieron. ep. 143, 1), und fur ihre An- von C. zu sammeln und zu bearbeiten; ein Ab- 

hanger hat die Kirche (Augustin. de haer. 88 ; druck davon bei Migne Patrolog. lat. XLVHI 

Praedestinatus I 88) die Bezeichnung Pelagiani 497ff. ; vgl. 277ff. S. Art. Pelagius. 

seu Caelestiani. C.s Selbstrertrauen war nicht so [Jfilicher.] 

leicht zu erschtittern; 416 appellierte er an Bischof Caelia. 1) Caelia (die Schreibung mit Diph- 

Innocentius von Rom, und da dieser sich in der thong nach Inschriften und Munzen die correctere ; 
Hauptsache auf die Seite der Africaner stellte, 50 dagegen KeXla Strab. VI 282. Ptol. Ill 1 , 73 ; 

erschien er personlich in Rom, um bei dem 417 Gelia Tab. Peut.) in Apulien an der Via Traiana, 

neugewahlten Bischof Zosimus den Eindruck des jetzt Ceglie di Bari. Die Munzen mit Kadfocov 

von ihm eingereichten Glaubensbekenntnisses durch (s. Mommsen ROm. Miinzwesen 857. Garrucci 

kluge Verhandlungen zu verstarken. Der Erfolg Monete dell' Italia II 117. Berl. Miinzkatalog 

war anfangs glanzend, aber nach dem ernsten III 1, 185 — 190) gehoren ihrem Fundort nach 

Protest der Africaner interpretierte Zosimus das dem apulischen C, nicht dem calabrischen an. 

dem C. Gilnstige aus seiner Entscheidung hin- Erwahnt noch in der stadtrOmischen Soldatenliste 

weg, gleichzeitig verffigte Kaiser Honorius seine vom J. 179 CIL VI 2382 b, 33, die als Tribus 

Verbannung aus dem Westreich, eine Verffigung, der Stadt die Claudia angiebt; der Caelimusager 
die freilich erst 420 in Kraft getreten ist. C. 60 in der schlechteren Recension des Liber coloniarum 

scheint jetzt Constantinopel aufgesucht zu haben; p. 262 Lachm. Lateinische Inschriften aus Ceglie 

offene Begunstigung erfuhr er dort aber erst seit CIL IX 275—281. 6179; ein griechisches Frag- 

428 durch Nestorios, eben diese Verb indung wurde ment bei Kaibel IGI 686. 

bald verhangnisvoll ; die Synode von Ephesus 431, 2) Ort in Calabrien, nur genannt bei Plin. 

die den Nestorios verdammte , war leicht bereit, n. h. HI 101 zwischen Baletium und Brundisium, 

auf den Wunsch Roms hin auch den C. und seine entweder das Dorf Cellino zwischen Campi und 

Anhanger als Irrlehrer zu verdammen. Bald nach Brindisi, oder das Stadtchen Ceglie bei Franca- 

diesem Schlage wird C. gestorben sein. Von villa (jetzt Ceglie Messapica) in der Provinz Lecce ; 



1253 Caelianense Caelius 1254 

letzteres, wie die ttberreste eines uralten Mauer- stitutionen 74ff. § 37 ; Das Heiraten in alten und 

ringes und zahlreiche hier gefundene messapische neuen Gesetzen, Berlin 1874 (Sammlunggemeinver- 

Inschriften beweisen, in friiher Zeit ein nicht un- standlicherVortragevonHoltzendorffsHeftnr.211). 

bedeutender Ort. S. Tommasi Bull. d. Inst. Jors trber das Verhaltnis der lex Mia de mari- 

1834,54. Mommsen Unterital. Dialekte 62. 63. tandis ordinibus zur lex Papia Poppaea, Diss. 

Viola Notizie d. scavi 1884, 128—130. Bonn. 1882; Die Ehegesetze des Augustus, Mar- 

[Hiilsen.] burg 1894 und daselbst Anm. 1 genauere Litte- 

Caelianense (oppidum) in Numidien, Bischofs- raturangaben. L. Seuffert Constantins Gesetze 

sitz im J. 484 (Notitia Numidiae nr. 49, in Halms und das Christentum. Wurzburger Festrede 1891, 
Victor Vitensis p. 65). [Dessau.] 1015. Wissowa Die Sakularfeier des Augustus, 

Caelianum, Ort in Apulien, an der Strasse Marburger Festrede 1894, 15ff. Karlowa Bo- 

von Heraclea nach Venusia, 28 mp. von ersterem, mische Bechtsgeschichte 1 618. II 121ff. Puchta- 

52 nip. von der Station ad Pinum (bei Spinazzola) Kriiger Institutionenl ' I 297 § 107. II 451ff. 

•entfernt, also etwas siidlich des modernen S. Mauro § 313. Schulin Geschichte des rOm. B. 234ff. 

Forte zu suchen. [Hiilsen.] § 56. Leonhard Institutionen 96 § 27 III. 

Caelianus. 1) Bhetor aus Africa, Lehrer 203ff. § 53 He. [Leonhard.] 

des Kaisers Diadumenianus, Hist. Aug. Diad. 8, 9. Caelina, Ort im Binnenlande der Veneter, 

[Stein.] Plin. n. h. ni 131, der sie als untergegangen nennt. 

2) S. Calpurnius, Claudius, Iunius, Pul- Die angeblich bei Maniago in Friaul (wo es einen 
laienus, Sempronius. [Groag.] 20 torrente Celina giebt) gefundene Inschrift Gruter 

3) Vir illustris und Patricius nach Cassiod. 544, 4, welche die Celinenses nennt, ist eine 
var. I 23. 27. IV 22. [Hartmann.] Falschung des 16. Jhdts. S. Mommsen zu CIL 

Caelibatus. Die Ehelosigkeit wurde ebenso V 1807. [Hiilsen.] 

wie die Kinderlosigkeit von seiten des romischen Caeliolus mons in Bom, Teil des Caelius 

Staatswesens, das der Fortpflanzung einer wehr- mons in Bom (Varro de 1. 1. V 46. Martial. Xn 

kraftigen Biirgerschaft bedurfte, mit Ungunst be- 18, 3 minor Caelius), auf dem ein sehr altes, 

handelt. Schon in alter Zeit soil sich hierauf von L. Piso (s. Caelemontana porta) zerstortes 

ein Gesetz bezogen haben (Sozom. hist. eccl. I 9; Heiligtum der Diana lag (Cic. de har. resp. 15); 

Festus p. 379 erwahnt eine Strafe, die wegen Ehe- wahrscheinlich die Hohe von SS. Quattro Coronati. 
losigkeit entrichtet wurde). Die Sittenpfiege des30Vgl. Becker Top. 196. Gilbert Top. II 32. 
Censors suchte dem Mangel an Heiraten und Ge- [Hiilsen.] 

burten entgegenzutreten, teils durch Ehrenstrafen Caelis, Fluss im nordlichen Britannien (Ptol. 

(Val. Max. II 9, 1. Mommsen B. St.-B.3 II II 3, 4 KaiXiog noxafiov ixfSoXai) , an der Ost- 

376ff.), teils durch ermahnende Ansprachen (Plut. lichen Ktiste milndend , dessen Namen man in 

Cam. 2), z. B. die Bede des Censors Q. Metellus dem der Lage nach der Aufzahlung nicht ent- 

Macedonicus de prole augenda, auf welche Au- sprechenden Orte Cullen zu finden glaubt (K. 

gustus bei seinen Gesetzgebungsplanen Bezug Miiller zu Ptol. a. a. O.). [Hiibner.] 

nahm. Liv. per. LIX. Suet. Oct. 89. Gell. I 6. Caelius, plebeische Familie, in den Hss. hauflg 

Auch sonst erfuhren die Ehe- und die Kinder- mit Cbelius verwechselt und umgekehrt, was mit 
losen mancherlei Zuriicksetzungen (vgl. Bruns40der verschiedenen Ableitung und Schreibung von 

Fontes iuris Bomanis 183, 4. Suet. Oct. 31). caelum zusammenhangt. Hier fehlende Namen 

Andererseits wurden die Verheirateten und mit s. unter Coelius. 

Kindern Gesegneten auf mannigfache Art bevor- 1) Zwei Caelii, denen man noch ofter begegnet, 

zugt, z. B. bei der Aufnahme Freigelassener in danken ihre Existenz nur der schlechten hsl. Uber- 

die Tribus (Liv. XLV 15), bei Landverteilungen lieferung bei Macrobius. Der Tribunus militum 

(Cass. Dio XLIII 25. App. b. civ. II 10. Cic. p. dieses Namens , der nach Macrob. VI 3, 3 von 

Marc. 23, woselbst dies Verfahren gebilligt wird). Ennius wegen seiner Heldenthaten im istrischen 

Am scharfsten griff in dieser Bichtung die Ehe- Kriege 576 = 178 gefeiert wurde , ist vielmehr 

gesetzgebung des Augustus durch, erganzt durch mit dem Bd. I S. 489 Nr. 6 genannten C. Aelius 
spatere Gesetze (Tac. ann. Ill 25, 28) und Senats- 50 identisch (vgl. Vahlen Enn. poes. rel. p. LXXX), 

schliisse. Gai. II 144. 206. 286. Dip 13 — 18. und der Senator dieses Namens, der nach Macrob. 

Paul. sent. IV 9. Tacit, ann. XV 19. Cass. Dio 15, 16 im J. 599 = 155 die athenische Philo- 

LVI 1 — 10; s. Ius trium liberorum, Lex sophengesandtschaft einfuhrte, heisst in der Quelle 

Iulia, Lex Papia Poppaea, S. C. Calvi- des Macrobius, bei Gell. VI 14, 9, richtig C. 

sianum. Diese Gesetzgebung hatte nicht nur Aoilius (vgl. Bd. I S. 251 Nr. 4). 
einen driickenden Zwang zur Heirat im Gefolge 2) Caelius, Bankier in ciceronischer Zeit (Cic. 

(Propert. eleg. II 7. Iuven. VI 38ff. Mart. II 92. VI ad Att. VII 3, 11. XII 6, 1, vgl. O. E. Schmidt 

7),sondernauchschweresittlicheSchaden(Kuntze Briefwachsel des Cicero [Leipzig 1893] 301. 326). 
Cursus des rom. Bechts 2 557 § 794 spricht von einem [Miinzer.] 

,Treibhaussystem'; vgLIuvenal.VI 38ff.). Unter dem 60 3) Caelius , willkiirlich gewahlter Name bei 

Einflusse strengerer sittlicher Anschauungen und Mart. VII 39. 

veranderter wirtschaftlicher Zustande, bei denen 4) Caelius, Bauber, Hor. sat. I 4, 69. 

ein tTbermass der Bevolkerung gefahrlich werden [Groag.] 

konnte, wurde diese Gesetzgebung seit Constantin 5) Verfasser des rSmischen Kochbiichleins : 

vollig beseitigt. Cod Theod. de infirm, poenis Apieius de opsoniis et eondimentis sive arte 

coelib. et orbit. VIII 16. Cod. lust. VIII 57 (58) eoquinaria (der Titel nach der Analogie von 
c. 1. Euseb. vit. Const. IV 26. Sozom. a. a. O.; Cicero Cato de seneetute; vgl. Meyer Gesch. d. 

s. auch Bona caduca. Litteratur. Baron In- Bot. II 242. M. Schanz Gesch. d. rom. Litt. II 



1255 Caelius Caelius 1256 

4641), das frfihestens im 3. Jhdt. n. Chr. ver- 14) Q. Caelius, im J. 711 = 43 als Freund 

fasst ist, da einige Kttchenrecepte nach spateren des M. Antonius erwahnt (Cic. Phil. XIII 3. 26). 

Kaisern benannt sind : so V c. 4 die Commodiana KoiXiog, der nach Plut. Anton. 65, 1 in der Schlacht 

eonehiela nach dem Kaiser Commodus , VI c. 9 bei Actium seinen linken Fliigel fiihrte, hat nichts 

der Varianus pullus nach Varius (Elagabal). Das mit diesem C. zu thun, sondern ist entstellt aus 

Bfichlein, das sich haufig in griechischer Ter- (L.) Gellius (Poplicola), vgl. Drumann G. E. I 

minologie bewegt, ist insofern nicht ohne Interesse, 481, 21. 

als es die einzige Schrift ist , welche uns fiber 15) T. Caelius, aus Tarracina, wo die Pamilie 

die Kochkunst der Romer (natiirlich nach griechi- auch spater nachweisbar ist (CIL X 6328), wurde 
schen Vorbildern) zu belehren und einen, fibrigens 10 non ita multis annis vor 674 = 80 in dem Schlaf- 

nicht sehr gfinstigen Bericht davon zu geben im gemach, wo er mit seinen zwei Sohnen zusammen 

Stande ist. Bs ist eine Sammlung von Kiichen- schlief, ermordet aufgefunden; die Sohne wurden 

recepten, die in zehn Biichern zusammen gefasst trotz der gegen sie sprechenden Umstande vor 

sind, von denen jedes eine besondere Aufschrift Gericht von der Anklage des Vatermordes frei- 

nach dem darin behandelten Gegenstande und gesprochen (Cic. Rose. Am. 64f., daraus Vai. Max. 

zwar in griechischer Sprache ftthrt: Buch I Epi- VIII 1, 13; vgl. Schol. Gronov. z. d. St. p. 432 Or.). 

meles, Buch II Sareoptes, Buch III Cepuros idest [Mfinzer.] 

hortulanus, Buch IV Pandecter, Buch V Osprios, 16) Caelius Aconius Probianus s. Probianus. 

Buch VI Aeropetes, Buch VII Polyteks, Buch VIII 17) Caelius Attianus (so lautet der Name 
Tetrapus, Buch IX Thalassa, Buch X Halieus. 20 Hist. Aug. Hadr. [im folgenden nur Hadr. citiert] 

Ausgaben: Edit, princeps Mediolan. per Guilielm. 1, 4; Attianus an den fibrigen Stellen der Hist. 

Signerte 1498, mit den Noten von G. Hummel- Aug.; doch finden sich in den Hss. auch ab- 

berg, Tigur. 1542 und insbesondere mit dem Com- weichende Pormen Tacianus, Tatianus, Atutinus; 

mentar von M. Lister, Lond. 1705, dessen Noten Axxiavog Dio LXIX 1, 2; Taxiavo? Zonar. XI 23) 

nebst andern in der Ausgabe von Th. P. ab Al- war rOmischer Ritter (Hadr. 1, 4. 4, 2) und Lands- 

meloveen, Amstelod. 1709 wieder abgedruckt mann Hadrians (Dio LXIX 1, 2), d. h. er stammte 

sind. Die neueste Ausgabe von Schuch, Hei- aus Italica in Baetica. Als Hadrians Vater im 

delberg 1867 , beruht besonders auf drei Hss., J. 85/86 starb, iibernahmen M. Ulpius Traianus, 

cod. Vatic. 1146 saec. X. Paris. 6167. Laurent. der nachherige Kaiser, und C. die Vormundschaft 
73, 20; vgl. M. Haupt Opusc. Ill 150. Eine 30 fiber den zehnjahrigen Knaben (Hadr. 1, 4. Dio 

Erlauterungsschrift der vorkommenden Pflanzen LXIX 1, 2). Unter Traians Regierung gehorte 

von Dierbach Flora Apiciana, Heidelberg und C. zu den Freunden Hadrians (Hadr. 4, 2). Nach 

Leipzig 1831. Ein Pflanzenregister bei Meyer Dios Bericht war es C. , der im Verein mit der 

Gesch. d. Bot. II 242ff. [M. Wellmann.] Kaiserin Plotina die Thronbesteigung seines ehe- 

6) C. Caelius unterdrttckte 664 = 90 als Statt- maligen Mundels im J. 117 ins Werk setzte (Dio 
halter von Gallia transalpina einen Aufstand der LXIX 1, 2. Zonar. XI 23; vgl. Hadr. 9, 6). Unter 
Salluvier (Liv. ep. LXXIII, vgl. Wehrmann Hadrian erscheint C. als Praefectus praetorio 
Fasti praet. 24). (Hadr. 8, 7. 9, 3. 4); doch ist es wegen seiner 

7) C. Caelius , Volkstribun 703 = 51 inter- Anwesenheit beim Tode Traians und wegen seiner 
cedierte mit mehreren seiner Collegen gegen die 40 Rolle bei der Erhebung von dessen Nachfolger 
damals zum Nachteil Caesars erlassenen Senats- wahrscheinlich, dass er dieses Amt schon unter 
beschlusse (Cic. ad fam. VIII 8, 6f.). Traian bekleidete (Plew Quellenuntersuch. z. 

8) L. Caelius, Zeuge im Process des A. Caecina Gesch. Hadrians, Strassb. 1890, 35f.). In den 
685 = 69 (Cic. Caecin. 26). [Miinzer.] ersten Tagen der Herrschaft des neuen Kaisers 

9) L. Caeli[us], Consul in unbekanntem Jahre forderte C. diesen brieflich auf, mehrere Vornehme 
mit . . . inus (CIL IH 6051). [Groag.] aus dem Wege zu riiumen, doch erzielte erkeinen 

10) M. Caelius, Volkstribun zur Zeit des alteren Erfolg (Hadr. 5, 5). Mit Plotina und Matidia ffihrte 
Cato, vielleicht unter dessen Consulat 559 = 195 er Traians Leiche von Selinus nach Rom (Hadr. 
(Jordan Cat. frg. p. LXIXf.). Von einer Rede, 5,9). Die guten Beziehungen des C. zu Hadrian 
die Cato gegen ihn richtete, sind mehrere, aber 50 trubten sich bald. Der Kaiser, dem C. schon all- 
fur seine Geschichte unergiebige Bruchstucke er- zu machtig schien, ging sogar damit um, ihn zu 
halten, vgl. Jordan a. a. O. 57 — 59. toten. Er stand davon ab, weil die Hinrichtung 

11) M. Caelius, rOmischer Ritter, lebte 683 = 71 von vier Consularen, ffir welche er fibrigens C.s 
in Lilybaeum (Cic. Verr. IV 37); vielleicht mit ihm Ratschlage verantwortlich machte, ohnehin grosse 
identisch ist der gleichnamige im J. 695 = 59 er- Missstimmung hervorgerufen hatte (Hadr. 9, 3). 
wahnte Steuerpachter (Cic. Flacc. 11). [Mfinzer.] Im J. 119 entzog er ihm die Praefectur der Prae- 

12) M. Caelius T. f. Lem(onia) Bonfbnia), Cen- torianer (Hadr. 9, 4). "Wohl zur selben Zeit nahm 
turio der 18. Legion, flel in der Varusschlacht er C. , der bereits die Ornamenta consularia er- 
(Brambach CIRh 209 = Dessau 2244, Castra halten hatte, in den Senat auf, indem er dies als 
Vetera). Die Abbildung seines Grabsteines giebt 60 die grOsste Ehre hinstellte, die er ihm hatte er- 
Lindenschmit Altertfimer unserer heidn. Vor- weisen konnen (Hadr. 8, 7). Spater behandelte er 
zeit I, Heft VI Taf. 5. [Groag.] ihn als Feind (Hadr. 15, 2). [Groag.] 

18) P. Caelius hatte im marianischen Burger- 18) Caelius Aurelianus, Arzt aus Sicca in Nu- 

kriege 667 = 87 von dem Consul Octavius das midien (vgl. V. Rose Herm. IV 143: ex geneeia 

Commando in Placentia erhalten. Als die Stadt celii aureliani methodiei sieeensis), vermutlich 

von den Gegnern genommen wurde, liess er sich Zeitgenosse des Cassius Felix, also aus dem 5. Jhdt. 

durch L. Petronius den Tod geben, worauf dieser n. Chr. ; daffir spricht seine schon ganz zum Ro- 

sich selbst entleibte (Val. Max. IV 7, 5). manismus hinneigende Latinitat und seine grosse 



1257 Caelius Caelius 1258 

sprachliche Ahnlichkeit mit Cassius Felix (vgl. verschwunden. Man beniitzt beide Scbriften am 
V. Rose Anecd. gr.-lat. II 167). Er ist heut- besten in der Ausgabe von J. C. Amman, Amster- 
zutage der bekannteste von den ftbersetzern grie- dam 1709 (= Venet. 1757), doch ist zu raten, 
chischer Arzte aus jener Zeit, wahrend er in der in Fragen der Kritik die edit. pr. zu Rate zu 
Folgezeit nur einmal von Cassiodor de instit. div. ziehen; vgl. Friedel De scriptis Caelii Aureliani 
litt. 31 unter dem Namen Aurelii Caelii de me- methodici Siccensis Bonn. Diss., Bischweiler 1892. 
dieina erwahnt wird. Seine litterarische Thatig- 0. G. Kiihn De Gael. Aur. opusc. ac. II 1. 
keit bestand darin, die gesaroten Werke des Soran, Von den drei Bflchern responsiones medici- 
nes beriihmten Vertreters der methodischen Scbule, nates , die gleichfalls nach Soran (ibersetzt sind 
denLateinernzuganglichzumachen. Die Scbriften 10 (vgl. V. Rose a. a. 0. 172) und die ganze Me 
des Soran scheinen ihm noch in ziemlicher Voll- dicin in der kurzen Form von Frage und Ant- 
standigkeit vorgelegen zu haben ; die Titel seiner wort umfassten, sind Bruchstucke des ersten und 
tfbersetzungen sind folgende : 1) 3 B. celerum zweiten Buches erhalten in einer Reichenauer (saec. 
sine aeutarum passionum (iv xotg 6£sot Sor. gyn. X, jetzt in Karlsruhe) und einer Londoner Hs. (saec. 
II 25, 319), 2) 5 B. tardarum sive ehroniearum XV). Aus Buch I die salutaria praecepta (Gesund- 
passionum (vgl. Sor. gyn. II 41. 44. 46), 3) grae- hcitsregeln), aus Buch II de significatione diaeti- 
carum epistolarum liber ad Praetextatum (M. earum passionum, d. h.einePathologiederinneren, 
Chr. II 1, 266), 4) de febribus (A. M. II 37, 119), nicbt chirurgischen Krankheiten. Buch III um- 
5) Medicaminum libri (M. Chr. II 4, 272), 6) Mu- fasste wahrscheinlich die Gynaekologie und Chi- 
liebrium passionum libri (M. Chr. II 1, 257), 20 rurgie. Beniitzt sind diese Responsiones medicinales 
7) de passionum eausis (A. M. I 8, 16), 8) 3 B. von Aurelius-Escolapius, Pseudo-Plinius und Isidor 
responsionum medieinalium, 9) salutarium prae- (V. Rose a. a. 0. 175). Die Bruchstucke sind 
ceptorum libri (M. Chr. Ill 7, 341 ; vyizivov Sor. herausgegeben von V. Rose a. a. 0. II 183. 
I 40, 205), 10) problemata (M. Chr. Ill 3, 327), Eine neue Ausgabe der salutaria praecepta stellt 
11) Ghirurgumena (M. Chr. Ill, 257; x sl 6 0V G- Friedel in seiner Dissertation in Aussicht. 
yoifisva Sor. I 76, 246 R.), 12) liber de speeialibus [M. Wellmann.] 
adiutoriis (A. M. I 10, 21; iv rots tzsqi fioijftn- 19) Caelius Calvinus, leg (atus) Aug (usti) pr(o) 
fxazcov vjiouvr/fiaoiv Sor. II 28, 324 R.). Erhalten pr(aetore) entweder der legio XV. Apollinaris 
sind von seinen tlbersetzungen die drei Biicher oder der Provinz Kappadokien im J. 185 n. Chr. 
iiber die acuten Krankheiten, die an einen Bellicus, 30 (CIL III 6052 Valarsapa). War er , wie wahr- 
diseipulorum summus, gerichtet sind, die fllnf scheinlich, Vater des Folgenden, so lebte er noch 
Biicher iiber die chronischen Krankheiten, um- im J. 191, da sein Sohn (s. d.) friihestens in die- 
fangliche Bruchstucke seiner an einen Lucretius sem Jahre unter die Salii Palatini aufgenommen 
gerichteten medicinales responsiones, d. h. seines wurde, demnach damals noch patrimus und ma- 
kurzen Abrisses der Medicin in Frage und Ant- trimus war. [Groag.] 
wort, und ein kleines Bruchstiick aus seinen gy- 20) D. Caelius Calvinus Balbinus , rCmischer 
naeeia am Schluss der Leidener Apuleius-Hs. de Kaiser im J. 238 n. Chr., zugleich mit M. Clodius 
herbis (L. MullerRh. Mus. XXIII 189. V.Rose Pupien(i)us Maximus. 
Herm. IV 141f.). Die beiden ersten Werke sind I. Quellen. 
nach Sorans Schrift tisqI o£e<ov xai xeovicov sta- 40 a) Balbinus Lebensbeschreibung in den Scrip- 
•&aiv verfasst (A. M. II 1: Sor anus, cuius haec tores Historiae Augustae (Maximus et Balbinus), 
sunt, quae latinixanda suseepimus u. Oft.) und verfasst von Iulius Capitolinus, stiitzt sich haupt- 
bilden neben der uns erhaltenen Schrift tisqi yvvau- sachlich auf drei Quellen: Aelius Iunius (?) Cor- 
xua>v Tiaft&v die Hauptquelle fiir unsere Kenntnis dus, P. Herennius Dexippus und Herodianus (vgl. 
der Arbeitswerke dieses grossen Methodikers sowie K. Dandliker Die drei letzten Biicher Hero- 
der medicinischen Grundsatze seiner Schule. Einen dians, Untersuchungen zur rom. Kaisergeschichte, 
besonderen Wert fiir die Geschichte der Medicin herausgeg. von M. Biidinger, Leipzig 1870, 
erhalten sie durch das reiche doxographische Ma- III 259ff.), deren letzte erhalten ist (Herod. VII 
terial, das Soran seiner Schrift einverleibt hatte; 10 — 12. VIII). Dass diese von dem Biographen 
die therapeutischen Grundsatze des Hippokrates, 50 unmittelbar beniitzt wurde , lasst sich bei dem 
Diokles, Praxagoras, Herophilos, Erasistratos, He- engen Anschluss des letzteren an Herodians Ge- 
rakleides von Tarent, Asklepiades und Themison schichte, der in der Lebensbeschreibung des Maxi- 
sind ausfiihrlich behandelt. In seine Thatigkeit mus und Balbinus stellenweise unzweifelhaft statt- 
als Ubersetzer gestattet uns die Vergleichung des flndet, trotz der gegenteiligen Ansicht W. Bohmes 
Bruchstiickes seiner Gynaecia mit der uns er- (Dexippi fragmenta ex Iulio Capitolino, Trebellio 
haltenen Schriften des Soran einen Einblick; er Pollione, Georgio Syncello collecta, Leipz. 1882 
giebt das Original im ganzen und grossen treu = Diss. Jenens. II) nicht leugnen (vgl. H. Peter 
wieder, allerdings mit Kurzungen und Ubertra- Philol. XLIII171; die Script. Hist. Aug., Leipz. 
gung dessen, was Soran von sich sagt, auf seine 1892, 49 — 76). Ausserdem flnden sich Notizen 
Person (secundum nos = xaft' rjuag des Soran) ; 60 iiber den Kaiser in den Biographien der beiden 
vgl. V. Rose Anecd. gr.-lat. II 167. Die beiden Maximine und der drei Gordiane (im folgenden 
Handschriften (die der Chronia wahrscheinlich aus citiert als Max. und Gord. , die des Maximus 
dem Kloster Lorsch, spater im Privatbesitz des und Balbinus als Max.-Balb.). Gegen die Authen- 
Frankfurter Ratsherrn Philipp Furstenberg ; vgl. ticitat des Max.-Balb. 1. 2 eingelegten Protocolls 
V. Rose a. a. 0. 165), nach denen Joh. Sichard, der Senatssitzung konnen begriindete Bedenken 
Basel 1529, die Chronia herausgab (daraus in der erhoben werden , da das durch den Zusatz ludis 
Aldiner Sammlung der Med. antiqui Venet. 1547) Apollinaribus gesicherte Datum (9. Juli) mit den 
und Paris 1533 die Oxea erschienen, sind spurlos bestimmten Zeugnissen der Miinzen und Papyri 



1259 Caelius Caelius 1260 

im Widerspruch steht; noch weniger lasst sich er, obwohl Etitrop. IX 2, 1 das Gegenteil be- 

das hsl. iiberlieferte Datum (26. Mai) mit dem richtet, aus vornehmem Geschlecht gewesen zu 

fur die Erhebung der Gordiane gegebenen (24. Mai sein, wie dies Max.-Balb. 2, 7. 7, 1 und Herod, 

oder 26. Juni, Max. 16, 1) vereinbaren. Ebenso VII 10, 4. VIII 7, 4. 8, 4 ubereinstimmend be- 

zweifelhaft erscheint die Echtheit des Gliick- zeugt wird; denn als Mitglied des Collegs der 

wunschschreibens des Consuls Claudius Iulianus palatinischen Salier (s. u.) musste er Patricier 

(Max.-Balb. 17). sein, wenn es auch nicht unm'Oglich ist, dass er 

b) Ziemlich verwirrt und ganzlich abweicbend erst von Septimius Severus unter die Patricier 
yon Dexippus (bei Iulius Capitolinus) ist die Dar- aufgenommen wurde. Wahrscheinlich ist er ein 
stellung dieser Begierung bei Zosim. I 14, 2. 10 Verwandter (Sohn?) des Legaten Caelius Calvinus 
15. 16, weshalb fur diese Zeit wenigstens die her- Nr. 19 ; dass er ein Bruder seines Mitkaisers gewesen 
kemmlicheMeinung, dass Dexippus ZosinrasHaupt- sei, ist Erflndung des Orosius (VII 19, 3). Seine 
quelle sei, aufzugeben ist (vgl. L. Mendels- Familie besass betrachtliche Keichtiimer, die er 
sohn Zosim. p. XXXIIIf.; Herod, p. XVf.). Durch- durch Erbschaften vermehrte (Max.-Balb. 7, 4). 
aus unrichtig und in sich widersprechend ist der tfber sein Alter aussert sich Zonaras (XII 17), 
Bericht bei Zonar. XII 16—17. Nur sparliche dem zufolge er mit 60 Jahren getotet wurde (im 
Nachrichten flnden sich bei Victor Caesares 26, 7. J. 238) , er ware demnach im J. 178 geboren. 
27, 4 — 6; Epit. 26. Eutrop. IX 1. 2, If. ( = Euse- Das lasst sich einigermassen vereinbaren mit dem 
bios-Hieronymus chronicon a. Abr. 2254. 2256 Umstand, dass er frtlhestens im J. 191 unter 
= Cassiodori chronicon. Momm s en Chronica mi- 20 die palatinischen Salier aufgenommen wurde. Denn 
nora II 146. Oros. VII 19, 2. 3. lord. Rom. 282). er trat in demselben Jahr in das Collegium ein, 
Ioannes Antiochenus (p. 249—251 in Mendels- in welchem Cornelius Scipio Orfitus ausschied 
sohns Ausg. Herodians) schreibt Herodian aus. (CIL VI 1891), der seinerseits im J. 189 einge- 

c) Die Inschriften flnden sich zusammenge- treten war, wahrend 190 keine Veranderung in 
stellt bei Ruggiero Dizion. epigr. I 961 (E. dem Stand der Mitglieder des Collegiums vor sich 
Ferrero). Dazu kommt eine in Mainz gefundene ging (CIL VI 1890); und es waren nur ganz. 
Inschrift im Corresp.-Bl. d. Westd. Ztschr. VI junge Manner, die unter die Salier aufgenommen 
nr. 144. Ausserdem ist sein Name, und zwar wurden. Waddington (Fast. p. 744) nimmt 
aus der Zeit vor seiner Thronbesteigung, auf einem daher an, dass dieser Eintritt 197 oder 198 er- 
Fragment aus dem Verzeichnis der palatinischen 30 folgte. Jedenfalls stand er zur Zeit seiner Thron- 
Salier erhalten (CIL VI 1981). besteigung, im J. 238, bereits in hcherem Alter 

d) Miinzen des Kaisers Balbinus bei Eckhel (Herod. VIII 8, 3. 6. 8). 

IV 88. VII 305 — 307. Cohen V2 p. 7 — 13; die Er konnte auch auf eine verhaltnismassig ruhm- 

alexandrinischen Miinzen bei Mionnet VI 405f. liche Laufbahn zuruckblicken. Er hatte eine ganze 

Poole Catalogue of the Greek coins, Alexandria, Beihe von Provinzen verwaltet (Max.-Balb. 7, 2, 

London 1892, 238f. Vgl. A. v. Sallet Die Daten wo die Provinzen in absteigender Beihenfolge an- 

der alexandrinischen Kaisermunzen 58f. ; Ztschr. gefiihrt sind. Herod. VII 10, 4). Zweimal war er 

f. Numismatik VIII 26. Consul (Max.-Balb. 7, 1. 15, 2. Herod. VII 10, 

e) Neuere Litteratur: H. Schiller Geschichte 4. VIH 8, 4), das erstemal Consul suffectus in 
der romischen Kaiserzeit 1 2, 790-796. E. Herzog 40 einem unbestimroten Jahr (nach Waddington 
Geschichte und System der romischen Staatsver- a. a. 0. 210 oder 211), dann Consul ordinarius im 
fassung II 1, 508— 512. B. Niese Grundriss der J. 213 mit Kaiser Caracalla IIII (Klein Fasti 
romischen Geschichte 216. Jos. Lchrer De C. consulares p. 93). Noch vor der Bekleidung des 
Iulio Vero Maximino, Diss. Minister 1883, 20 — 27. ersten Consulats muss er Statthalter von Gallien 
0. Seeck Preuss. Jahrb. LVI (1885) 267 — 300; (Gallias; iiber den Plural s. Mommsen Herm. 
Kh. Mus. XLI (1886) 161—169. A. Sommer Die XXV 232, 7), Thracien (vgl. Dumont Melanges 
Ereignisse des J. 238 n. Chr. und ihre Chrono- d'arche'ologie et d'e'pigraphie, reunies par Th. Ho- 
logie, Gorlitz Progr. 1888, 21—32. E. Sad<5e molle, Paris 1892, 526. D. Kalopothakes De 
De imperatorum Bomanorum tertii p. Chr. n. sae- Thracia prov. Bom., Diss. Leipz. 1893, 48) und 
culi temporibus constituendis, Diss. Bonn. 1891, 50 Galatien und Pontus (vgl. G. Perrot De Galatia 
8_28. Vgl. auch J. J. Bernouilli Bomische prov. Bom., Paris 1867, 53, 1. 121—122; dessen 
Ikonographie II 3, 128 — 130. E. Ferrero in Ansatz 205— 208 ist in etwas spatere Zeit hinab- 
Buggieros Diz. epigr. 1(1894) 961. W. Kubit- zuriicken, da Balbinus doch nicht vor 204 die 
schek Bundschau liber ein Quinquennium der Praetur bekleidet haben konnte) gewesen sein; 
antiken Numismatik (1890 — 1894) , Wien 1896, wahrscheinlich schon als Consular hat er Bithynien 
76 — 77 und die dort angegebene Litteratur. E. verwaltet (s. Brandis Herm. XXXI 168. Per- 
Klebs Prosopographia imperii Bomani I 259f. rot a. a. 0. 122), wahrend der Proconsulat 

II. Leben vor dem Begierungsantritt. von Africa, der ohne Grund gewohnlich in das 

ttber die Abstammung des Kaisers Balbinus J. 221 versetzt wird (s. Tissot Fastes de la 
ist uns nichts Sicheres bekannt; er selbst leitete 60 province de l'Afrique, Paris 1885, 155) und 

seinen Stammbaum auf Cornelius Balbus (Max.- der von Asien (Waddington a. a. 0.) bestimmt 

Balb. 7, 3 a Balbo Cornelio Theophane originem nach seinem zweiten Consulat, also nach 213 

ducens, wobei eine Vermengung des Mytilenaeers fallen. Dass er Praefectus urbi gewesen sei, ge- 

Theophanes mit dem von diesem adoptierten [vgl. rade so wie sein spaterer Mitkaiser Maximus, 

Cic. ad Att. VII 7, 6; pro Balb. 57] Gaditaner flndet sich nur an einer Stelle (Balb.-Max. 15, 2) 

L. Cornelius Balbus vorliegt) zuriick, eine Fiction, und ist jedenfalls ein Irrtum , da ausdriicklich 

die allem Anschein nach in dem Cognomen des berichtet wird, dass Maximus sich dem Balbinus 

Kaisers ihren Ursprung hat. Immerhin scheint gegeniiber auf die Bekleidung der Stadtpraefectur 



1261 Caelius Caelius 1262 

etwas zu gute that (Herod. VIII 8, 4). Sicher klaren. So erklart essich, dassauf einer kleinasia- 

aber ist, dass beide zu den XXviri ex senatus tischenlnschriftdie Namen des Balbinus undMaxi- 

emsulto rei publieae curandae (s. CIL XIV 3902 nras aus Versehen eradiert worden sind (Momm- 

= Dessau 1186) gehOrten (Gord. 10, 1. 22, 1; sen zu CIL III Suppl. 6953). In Bezug auf den 

Max. 32, 3). Als die Nachricht von dem Tode Namen des Kaisers Balbinus finden sich bei den 

der beiden Gordiane in Rom bekannt wurde, w&hlte Schriftstellern mannigfache Irrungen ; so ist durch 

der Senat aus der Zahl dieser Zwanzigercommis- Vermengung mit dem Namen seines Mitkaisers ent- 

sion , die wahrscheinlich schon unter den beiden standen der Name Clodius Balbinus (Gord. 10, 1. 

Gordianen eingesetzt worden war (Gord. 10, 1. 2. 22, 1; nach einigen Hss. auch Max. 20, 1). Eben- 
14, 3. 4. 22, 1, hingegen Max. 32, 3; Zosimus 10 so unrichtig ist Gaeeilius Balbinus (Vict. Caesares 

Bestatigung I 14, 2, hat hier weniger zu bedeuten; 26, 7. 27, 6) und Albinus (Eusebios-Hieronymus 

vgl. Mommsen St.-E. 113 708,3. Klebs Pro- chronieon a. Abr. 2256 = Cassiodori chronicon 

sopogr. imp. Rom. I 260), ausser Balbinus noch a. a. O. lord. Rom. 282. Zonar. XII 16; hingegen 

einen zweiten Kaiser, den M. Clodius Pupien(i)us wird XII 17 Ton P. Balbinus als einem ganz 

Maximus, und druckte dadurch, wenn auch nur vor- andern Kaiser gesprochen). 

iibergehend, die Riickkehr zu altrepublicanischen b) Alsbald zeigte sich die wahre Stimmung 

Principien aus (Max.-Balb. 1. 2; Max. 20, 2; Gord. des Volkes. Denn nachdem die neuen Kaiser un- 

22, 1. Herod. VII 10, 2; vgl. Mommsen St.-R. mittelbar nach der Senatssitzung sich in den Iup- 

113 708. 1108). Das Princip der Collegialitat pitertempel auf dem Capitol begeben hatten, urn 
ging so weit, dass beide zugleich Pontifices maximi 20 zu opfern, strCmten unruhige Menschenmassen yon 

wurden , wie dies die Miinzen und Inschriften alien Seiten herbei, um die Zugange zum Capitol 

zeigen; vgl. auch Max.-Balb. 8, 1. Die Senats- zu versperren. Diese und die folgenden Unruben 

sitzung, in welcher diese Wahl erfolgte, fand im in Rom sind bei Herodian im allgemeinen deut- 

Tempel der Concordia statt (Max.-Balb. 1, 1. lich und richtig erzahlt, wahrend Iulius Capito- 

Herod. VII 10, 2f. irrt, wenn er sagt, es sei eine linus mehrere Berichte vermengt und so Scenen 

geheime Sitzung im Iuppitertempel auf dem Capitol aus dieser Erhebung in die Erzahlung derspate- 

gewesen). Iulius Capitolinus giebt das unrichtige ren Unruhen hineintragt , hingegen in einigen 

Datum des 9. Juli an;letzteres ist unmOglich, weil Einzelheiten genauer und verlasslicher ist (vgl. 

den alexandrinischen Miinzen zufolge Gordian III. Dandliker 268—270); die iibrigen Schriftsteller 
spatestens am 28. August 238 Alleinherrscher ge- 30 lassen uns teils ganz im Stich, teils sind sie, wie 

worden war (Mionnet VI p. 409 — 416. Sallet Zosimus und Zonaras, nur geeignet, die Sache 

Alex. Miinz. 59. Poole Catalogue p. 241 — 247), noch mehr zu verwirren. Der eigentliche Sach- 

wahrend die Regierung der beiden Senatskaiser verhalt scheint folgender zu sein. Die Leute 

nach dem Ansatz des Chronographen vom J. 354 waren hauptsachlich auf Maximus erbittert, der 

(Mommsen Chron. min. 1 147) 99 Tage dauerte, sich wahrend seiner Stadtpraefectur verhasst und 

ihre Wahl also spatestens auf den 21. Mai zu gefiirchtet gemacht hatte (Max.-Balb. 8, 2. 6, 5. 

setzen ist. Aber auch die sonstigen chronologi- Herod. VII 10, 5f.). Zugleich zeigten sich im Volke 

schen Angaben , die uns zur Verfflgung stehen, dynastische Regungen, und es verlangte die Erhe- 

widersprechen einander; den Versuch diese ver- bung des Enkels des alteren Gordian (Max.-Balb. 
wickelte Frage zu losen, hat zuletzt P. v. Rohden 40 8, 3. Herod. VII 10, 6). Erst als die Begleiter der 

unternommen (s. Bd. I S. 2622ff., wo auch die Kaiser den jungen Gordian holten und ihn, auf 

anderen Ansatze zusammengestellt sind). die Schultern erhoben, der Menge zeigten (Max.- 

JUI. Regierung. Balb. 9, 4. 5, aber in anderm ZusammeDhang 

a) Name und Titel: imp. Goes. D. Gaelius erzahlt. Herod. VII 10, 7—9; vgl. Max.-Balb. 

Galvinus Balbinus Pius Felix Augustus, ponti- 15, 6), stand diese von ihrer drohenden Haltung 

fex maximus, tribunieia potestate, pater patriae, ab , und die Kaiser konnten ungehindert in den 

consul II, proconsul, Der Name ist vollstandig Palast einziehen. Noch am selben Tage wurde 

erhalten auf den africanischen Inschriften (CIL Gordianus zum Caesar ausgerufen (Max. 20, 2; 

VHI 10342. 10365. Ephem. epigr. VII 660), ferner Gord. 22, 2—3; Max.-Balb. 3, 3—5. 8, 3. 16, 6. 
auf einem Papyrus (Mitteilungen aus der Samm- 50 Herod. VII 10, 9; vgl. Gord. 19, 9; unrichtig ist, 

lung der Papyrus Erzherzog Rainer II/III 23) dass die Erhebung des jungen Gordian gleich- 

und auf einer Munze aus Amisos in Pontus (Sal- zeitig mit der seines Grossvaters und Oheims er- 

let Alex. Miinz. 59, 134); die (ibrigen Miinzen folgt sei, Max. 16, 7). 

geben nur die Namen. D. Caelius Balbinus; be- Eine der ersten Regierungshandlungen der 

merkenswert ist die Umschrift einer alexandrini- beiden Kaiser war die Consecration der zwei Gor- 

schen Miinze: A(vxokq6.x(oq) K(aToaQ) Aixfiixos) diane (Gord. 16, 4; Max.-Balb. 4, 1 — 3; die hier 

K(aihog) 'Av{T(onog1> BaXfiTvog SefSfaozog), wobei geausserten Zweifel werden durch die Inschriften 

AN wohl auf einen Irrtum zuriickzuftthren ist beseitigt; vgl. v. Sallet Ztschr. f. Numism. VII 

(Mommsen Ztschr. f. Numism. VIII 26. Sallet 239f.). Hierauf wurde Vettius Sabinus zum Prae- 
Alex. Miinz. 59. Eckhel VII 307). Die Angabe 60 fectus urbi, Pinarius Valens zum Praefectus prae- 

proconsul findet sich nicht auf den Miinzen. torio ernannt (Max.-Balb. 4, 4; vgl. 5, 5). Nach- 

Andrerseits kommt der Titel patres senatus nur dem noch dem Volke prachtige Spiele (Max.-Balb. 

auf Miinzen, sowohl des Balbinus wie des Maxi- 8, 4) nebst einem ansehnlichen Congiarium (Chrono- 

mus vor (Eckhel VII 306. Cohen V 10. 16). graph, vom J. 354, a. a. O.; auch Miinzen mit der 

Bei der im J. 238 herrschenden Verwirrung und Aufschrift Liberalitas Augustorum, Eckhel VII 

bei dem wiederholten Wechsel von Erhebung und 306. Cohen V 9f. 15f., weisen darauf hin) ge- 

Sturz der Kaiser war man in den Proviuzen nicht geben worden waren, schritt man zur Teilung der 

immer iiber den jeweilig anerkannten Kaiser im Regierungsaufgaben. Entsprechend der Person- 



1263 Caelius Caelius 1264 

lichkeit der beiden Herrscher wurde Maximus heit halber noch bis Aquileia gezogen war (Max.- 

ausersehen, gegen Maximin zu ziehen , wahrend Balb. 12, 3. Herod. VIII 7, 1), trat er den Riick- 

Balbinus in Rom blieb (Max.-Balb. 8, 4; Max. marsch nach Rom an, wo die Nachricht vom Tod 

20, 6. Herod. VII 12, 1). der beiden Maximine ungeheuren Jubel erregte 

Nach dem Abmarsch des Maximus kam es in (Max. 24,6. 25. Herod. VHI 6, 7 — 9); besonders 
Rom zu blutigen Kampfen, welche der schwache dem angstlichen Balbinus war damit ein schwerer 
Kaiser Balbinus vergebens zu unterdrticken be- Stein vom Herzen gefallen (Max. 24, 7; Max.-Balb. 
mfiht war. Diesmal war es eine Erhebung der 11, 4—7. Herod. VIII 6, 9). Maximus wurde 
Praetorianer gegen das Volk und den Senat, ver- iiberall auf seinem Wege von Deputationen der 
anlasst durch den tlbermut zweier Senatoren. Als 10 Stadte begrfisst und zu dem Siege begliickwunscht 
sich namlich einige Veteranen der Praetorianer, (Herod. VIII 7, 1); selbst das HeerMaximinsschloss 
die von Maximus in Rom gelassen wurden (Max.- sich diesen Ghickwiinschen an, aber bier war diese 
Balb. 8, 4. 9, 1), wahrend einer Senatssitzung aus Stimmung nur erheuchelt, und trotz der Amnestie- 
Neugier bis in die Mitte des Versainmlungssaales versprechungen des Maximus blieb es den beiden 
vorwagten, wurden sie , die Unbewaffneten (vgl. Senatskaisern iibel gesinnt (Max.-Balb. 12, 7 — 9. 
Lcshrer a. a. 0. 22), von dem Consularen Galli- Herod. VIII 7, 2 — 6; vgl. 6, 1). Das Heer wurde 
canus und dem Praetorier Maecenas erdolcht (Max. iibrigens entlassen, und Maximus behielt nur die 
20, 6; Gord. 22, 8f.; Max.-Balb. 9, 2. Herod. Praetorianer und die germanischen Hiilfstruppen 
VII 11, 1 — 4; wie eng sich Iulius Capitolinus in bei sich (Herod. VIII 7, 7 — 8; irrig ist Max. 24, 6, 
seiner Erzahlung an Herodian anschliesst, mag 20 da die Germanen spater wirklich in Rom sind). 
man unter anderm auch aus dem Missverstandnis Der Senat decretierte ihm fur den unblutigen 
orQartiyixo? [Herod. VII 11, 3] = dux [Gord. 22, 8] Sieg iiberschwengliche Ehren und sprach den 
anstatt^raeforJMsersehen; vgl. Mommsen Herm. Kaisern den Dank aus (Max. 26; Max.-Balb. 12, 
XXV 237, 1), worauf die iibrigen Praetorianer in 4. 9. 13, 1. 3); Miinzen mit der Aufschrift Victoria 
ihr Lager fluchteten. Es fand nun eine regel- Augg. wurden gepragt (Cohen V 12. 18). 
rechte Belagerung der Praetorianer durch das Nun begann die geordnete Regierung der bei- 
von den Senatoren aufgehetzte Volk statt , dem den Kaiser, recht eigentlich eine Senatsherrschaft 
man Gladiatoren beigesellte; aber bei einem Aus- (Max.-Balb. 13, 4. Herod, VIII 8, 1. Zonar. XII 
fall richteten die Praetorianer namentlich unter 17) ; auch die auswartige Politik wurde geregelt, 
diesen ein Blutbad an und zogen sich dann wieder 30 indem Balbinus gegen die Gothen , welche die 
zuriick (Herod. VII 11, 5 — 9). Mit erneuerter Stadt Istros in Moesia inferior zerstort hatten 
Heftigkeit wurde die Belagerung fortgesetzt; Bal- (Max.-Balb. 16, 3), Maximus gegen die Parther 
binus nahm in seiner Hiilflosigkeit zu Bitten und Ziehen sollte (Max.-Balb. 13, 5). Aber die an- 
Versprechungen seine Zuflucht, aber ohne Erfolg, fangliche Eintracht, von der zahlreiche Mfinzen 
der Kampf wiitete nur umso arger (Herod. VII mit den Bezeichnungen amor mutuus Augg., ca- 
ll, 2—3. Max.-Balb. 9, 2. 10, 5), und Balbinus ritas mutua Augg., fides mutua Augg., pietas 
geriet sogar pers6nlich in Gefahr (Max.-Balb. 9, mutua Augg., concordia Augg. und der Darstel- 
2 — 3). Als endlich die Belagerer nach langen lung von verschlungenen Handen Zeugnis ablegen 
fruchtlosen Anstrengungen die in die Castra prae- sollen (Eckhel VII 305f. Cohen V 2 8. 11. 15. 
toria fiihrenden Wasserleitungsrohre abschnitten, 40 16), schwand bald. Der erste Anlass dazu war die 
machten die Praetorianer in ihrer Verzweiflung Eifersucht des Balbinus auf die dem Maximus 
einen zweiten, weit heftigeren Ausfall; es kam erwiesenen Ehren (Max.-Balb. 12, 5); bald war 
zu einem erbitterten Strassenkampf, in welchem der Zwiespalt, obwohl verborgen gehalten, kein 
angeblich ein grosser Teil der Stadt verbrannte Geheimnis mehr (Max.-Balb. 14, 1. Herod. VIII 
und viele Menschen umkamen (Herod. VII 12, 3 8,4). Darauf rechneten nun die Praetorianer, wohl 
—7. Max.-Balb. 9,2. 10, 6—8; Max. 20, 6. Vict. hauptsachlich die mit Maximin ins Peld gezogen 
Caes. 27, 2; der Chronogr. vom J. 354, a. a. O. und mit Maximus nach Rom zuriickgekehrt waren, 
verzeichnet diesen Kampf unter der Regierung als sie den Entschluss fassten, die Kaiser zu er- 
Maximins, was insofern richtig ist, als dieser da- morden. War ihre Stimmung von Anfang an fur 
mals wahrscheinlich noch nicht gefallen war). 50 die Senatskaiser ungunstig gewesen, so wurde sie 

Wahrend so der Bflrgerkrieg in Rom grosse es noch mehr durch die fur die Truppen Maxi- 

Verluste zur Folge hatte, wurde der gefahrlichste minsbeleidigendenAcclamationendesSenats(Max.- 

Feind Maximin fast ohne Blutvergiessen beseitigt. Balb. 12, 9. 13, 1—3). Als eines Tages der 

Obgleich namlich der Senat die umfassendsten grosste Teil der Hofleute und Garden scenischen 

Verteidigungsmassregeln in ganz Italien getroffen Spielen beiwohnte, beniitzten die erbitterten Prae- 

(Max. 23, 2. 3; Max.-Balb. 10, 1— 3. Herod. VIII 5, torianer den Augenblick, in welchem die ger- 

4—5) und starke Aushebungen vorgenommen hatte manischen Leibwachter um Balbinus waren (doch 

(Herod. VII 12, 1), kam Maximus mit dem so ge- nicht in dessen unmittelbarer Nahe , s. u.) , und 

bildeten Heere, dem sich germanische Hiilfstruppen drangen in den Teil des Palastes ein, wo Maxi- 
freiwillig zugesellten (Herod. VIII 6, 6; vgl. Max. 60mus wohnte; vergebens bat dieser Balbinus, ihm 

24, 5), nicht in den Kampf, denn in Ravenna die Germanen zu Hulfe zu schicken, aus Argwohn 

wurde ihm der Pall Maximins gemeldet (Herod, verweigerte Balbinus diese Bitte (Max.-Balb. 14, 

VIII 6, 6. Max. 24, 5; vgl. Max.-Balb. 11, 1), 2-4. Herod. VIII 8, 3. 5); so wurden, da die 
dessen Marsch nach Italien vor den Mauern Aqui- Germanen auch fur Balbinus zu spat kamen, beide 
leias ein Ende gefunden hatte (Herod. VIII 1—5. nach grausamen Misshandlungen getotet (Max.- 
Max. 21— 23; Max.-Balb. 11, 1—3. 12,2. Eutrop. Balb. 14, 5. 6; Gord. 22, 5. Herod. VIII 8, 6. 

IX 1. Vict. Caes. 27, 4; epit. 25, 2. Zosim. I 15. Zonar. XII 17. Vict. Caes. 27, 6 ; Epit.26. Eutrop. 
Zonar. XII 16). Nachdem Maximus der Sicher- IX 2, 2 = Euseb.-Hieron. chron. a. Abr. 2256 = 



1265 Caelius Caelius 1266 

Cassiod. a. a. 0. = Oros. VII 19, 3. Polem. Silv. 31) L. Caelius Plautius Catullinus, cflarissi- 

Mommsen Chron. min. 1521; wenn lord. Rom. mus) v(ir), tribunieius, Curator von Sufetula. 

282 sagt, dass sie durch Gordian umkamen, so Als solchem wurde ihm in Sufetula eine Statue 

hat diese Nachricht gar nichts zu bedeuten). Ihre gesetzt (CIL VIH Suppl. 11332). [Groag.] 

Regierung hatte 99 Tage gedauert (Chronogr. vom 32) Caelius Pollio, bei Dio bios UolUow ge- 

J. 354 a. a. 0.; die abgerundete Zahl von drei nannt, praefectus {castrorumT) im Castell Gor- 

Monaten giebt Zonar. XII 17. Chron. Pasch. 501 neae, beging im J. 51 n. Chr., von dem Iberer- 

Dind., die andere Version bei Zonaras, 22 Tage, konig Pharasmanes und dessen Sohn Radamistus 

die auch Glykas, bei Migne LVIII 459 hat, be- bestochen, an dem Bruder des ersteren, dem Konig 

ruht auf Verwechslung mit den Gordianen; vgl. 10 Mithridates von Armenien, einen Verrat, indem er 

Borgbesi Oeuvres V 485). diesen, der sich zu ihm gefliichtet hatte, auslieferte 

c) Balbinus war von Haus aus eine angstliche (Tac. ann. XII 45. 46). Drei Jahre spater wurde 

Natur von geringer Energie (Max. 20, 6. 24, 7; er, wie es scheint, durch den (spateren?) Praefec- 

Max.-Balb. 9, 2. 11, 5 — 7. Herod. VIII 6, 9), aber tus vigilum Laelianus im Commando ersetzt, Dio 

durch Einfachheit und Reinheit der Sitten immer- LXI 6, 6. [Stein.] 

hin eine achtungswiirdige Gestalt (Max. 20, 1 ; 33) C. Caelius Rufus, Consul des J. 17 n. Chr. 

Max.-Balb. 2, 7. 7, 2. Herod. VII 10, 4); dabei Wahrend die meisten Inschriften und auch Ta- 

wird seine Herzensglite gerilhmt und in Gegen- citus (ann. II 41) ihn Caelius nennen, heisst er 

satz gestellt zur Strenge und Festigkeit seines CIL XI 1356 0. Caecilius, Dio LVH 17, 1 rdwg 

Mitkaisers (Max.-Balb. 7, 7. 15, 1). Balbinus 20 Kaixihog und Dio ind. 1. LVII R KauciXiog R 

hatte sich auch in der Beredsamkeit und in der vl. Nexwg rj 'Povyog. Daraus hat Nipperdey 

Dichtkunsthervorgethan (Max.-Balb. 7, 5;vgl. 2, 7). (zu Tac. ann. II 41) geschlossen, dass der voile 

Den Tod hat er nach dem Bericht des Dexippus Name des Mannes C. Caecilius Metellus Nepos 

(Max.-Balb. 16, 4) standhaft ertragen. Caelius Rufus oder C. Caelius Rufus Caecilius 

21) C. Caelius Censorinus s. Censorinus. Metellus Nepos gelautet habe ; eine Annahme, die 

22) Caelius Cursor, rSmischer Ritter, im J. 21 wenig Wahrscheinlichkeit fur sich hat (vgl. Klebs 
n. Chr. wegen falscher Anklage des Majestats- Prosopogr. imp. Rom. I 261 nr. 112). Praetor 
verbrechens gegen den Praetor Magius Caecilianus (aerarii) im J. 13 n. Chr. (CIL VI 1496 = 12 
bestraft, Tac. ann. Ill 37. [Stein.] p. 74 , wo allerdings nur . . . lius Rufus vom 

23) Caelius Felix, Consul (suffectus in unbe- 30 Namen erhalten ist). Consul ordinarius im J. 17 
kanntem Jahre), nach dem Sturze Oleanders (189 n. Chr. mit L. Pomponius Flaccus (CIL 12 p. 70 
n. Chr.) auf Commodus Befehl getStet, Hist. Aug. fasti Arvalium; P p. 72 = X 6639 fasti Antiates; 
Comm. 7, 6. " 12 p. 73 = XI 1356 fasti Lunenses; 12 p. 73 = 

24) Q. Caelius Flavianus, c(larissimus) v(ir), VI 10051. 12 p. 74 = VI 1496. Tac. ann. H 41. 
Patron von Canusium im J. 223 n. Chr. (CIL IX Dio LVII 17. Dio ind. 1. LVII). Aedil von Tus- 
338, 1, 19). culum mit C. Caninius Rebilus (C. Caelius C. f. 

25) M. Caelius Flavus Proculus, deeemvir Rufus CIL XIV 2622). [Groag.] 
stlitibus iudicandis, tribunus latielavius leg(io- 34) M. Caelius Rufus, Vater von Nr. 35, 
nis) XX. V(aleriae) V(ictricis) , sevir turmae stammte aus einem Municipium (Cic. Cael. 5), war 
equiturn Romanor(um), quaestor, tribunus plebis 40 rOmischer Ritter (ebd. 3f.) und hatte unter andern 
eandidatus, praetor candidates, curator rei pub- Besitzungen auch solche in Africa (ebd. 73). So- 
licae Aquinatium (Grabschrift CIL XI 3883 Ca- wohl er selbst, wie seine Frau waren schon sehr 
pena). [Groag.] bejahrt , als inr einziger Sohn im J. 698 = 56 

26) Caelius Floras, Procurator Augusti von vor Gericht stand (ebd. 3f. 79); vgl. Wiesch- 
Lycia Pamphylia unter Hadrian, jedenfalls vor 129. helter De M. Caelio Rufo oratore 3. 
Inschrift des Opramoas in Rhodiapolis, Reisen im 35) M. Caelius Rufus, Sohn von Nr. 34. Sowohl 
siidwestlichen Kleinasien II 83, Col. Ill A. B. IV; die Zeit wie der Ort seiner Geburt sind fraglich. 
vgl. S. 124. 126. 132f. '[Stein.] Die Angabe des Plin. n. h. VII 165: C. Mario On, 

27) M. Caelius Iulianus, tr(ibunus) l(ati)- Carbone HI cos. a. d. V. kal. lunias (28. Mai 672 
e(lavius) der legio XIII. Gemina (CIL in 995 50= 82) M. Caelius [Hss. Caecilius] Rufus et C. 
Apulum). Ein Caelius Iulianus c(larissimus) Lieinius Calvus eadem die geniti sunt, oratores 
v(ir) CIL XV 475. quidem ambo, sed tarn dispart eventu ist von 

28) Caelius .. illianus Maximus, [cur(atorJ] Nipperdey (Rh. Mus. XIX 289ff. = Opusc. 
aed(iurn) sacr(arum) [et op(erum/] pu[b(lico- 298ff.; vgl. Mommsen St.-R. I 570, 3) als falsch 
rum)] im J. 159 n. Chr. (CIL VI 857). nachgewiesen worden, weil sie sich vor allem 

29) Caelius Oneratus, Legat von Thrakien nicht mit der Amterlaufbahn des C. vertragt. 
unter Septimius Severus (Miinze von Philippopolis, C. muss alter gewesen sein, aber es lasst sich 
Catalogue of Greek coins in the British Museum, nicht mit Sicherheit feststellen, wie der Fehler 
Thrace p. 237 nr. 27 a). Darnach ist die Lesart entstanden ist, und ob das Geburtsjahr L. Ginna 
T. Aelius Oneratus oder Neratius (s. o. Aelius60 III On. Carbone eos. 669 = 85 (Nipperdey. 
Nr. 95) auf Miinzen von Pautalia (Mionnet Wieschholter 5f.) oder ein fruheres ist "'' 



Suppl. II 376 nr. 1025-1028) irrig. Vgl. Klebs = 88 nach Wegehaupt 5). Die Vermutungen 

Prosopogr. imp. Rom. I 261 nr. 109. fiber die Heimat des C. sind angekniipft an die 

30) P. Caelius Optatus, Legat von Numidien Wiederherstellung des verdorbenen Wortes bei 

(CIL VIII 2736 Lambaesis; Suppl. 17958 Me- Cic. Cael. 5: nam quod est obiectum munici- 

na'a) im J. 166 n. Chr. (CIL VIII Suppl. 18067 pibus esse adoleseentem non probatum suis, ne- 

castra Lambaesitana). Freund des Rhetors M. mini unquam praesenti f praetoriani maiores 

Cornelius Fronto (Fronto ad amic. I 9 p. 180 N.). honores habuerunt, quam absenti M. Caelio, 



1267 Caelius • Caelius 1268 

doch ist es fraglich, ob in praetoriani tiberhaupt alles sehr gut auf M. Caelius Rufus passt. In c. 58 

der Name des Municipiums steckt (vgl. Har- wendet sich dann Catull an ihn, weil beide schliess- 

necker Woohensohr. f. klass. Philol. Ill 1099). lich dieselben Erfahrungen mit der Geliebten ge- 

Immerhin kann zu. Gunsten der sich sachlich macht haben und sich nun, auch ohne dass ihre 

empfehlenden Conjectur Baiters (Cieero ed. alte Freundschaft wiederhergestellt ware, gemein- 

Orelli 2 II 1451), wonach C. aus Tusculum stam- sam dariiber freuen kOnnten, wie die Treulose 

men wiirde, der Umstand angeftihrt werden, dass von Stufe zu Stufe sinkt. Obgleich Cicero be- 

dort Caelii zu den angesehensten Familien ge- hauptet, der Stadtklatsch habe sich in der Aus- 

hOren (CIL XIV 2624. 2627) und namentlich ein malung des Verhaltnisses zwischen C. und Clodia,. 
Caelius Eufus in augustiscber Zeit ein munici- 10 die nur eine feile Strassendirne sei, gefallen (30. 

pales Ehrenamt bekleidete (Nr. 33), wahrend sonst 48 — 50. 75), so lasst er doch manches ahnen, 

ein Caelius Rufus nur auf einer verdachtigen und wenn er sagt (35) : aeeusatores quidem libidines, 

jedenfalls spaten Inschrift aus Aeclanum vorkommt amores, adulteria, Baias, actus, eonvivia, eomis- 

(CIL IX 1238). C. wurde von seinem Vater streng sationes, eantus, symphonias, nuvigia iactant, 

erzogen und bald nach Anlegung der Toga virilis und obgleich er angiebt, C. habe sich bald von 

zu M. Crassus und Cicero gebracht, um sich diesen Fesseln befreit (75), so miissen die Be- 

unter ihrer Anleitung besonders in der Bered- ziehungen doch etwa zwei Jahre hindurch gewahrt 

samkeit auszubilden (Cic. Cael. 9. 12. 39, danach haben (vgl. Schwabe a. 0. 66f.). Ende 697 = 

Quintil. inst. or. XII 11, 6). Mit Cicero stand 57 erhob C. eine Anklage de ambitu gegen L. Sem- 
er im J. 688 = 66 schon seit einiger Zeit in 20 pronius Atratinus und bereitete nach (lessen Frei- 

Beziehung und blieb im Verkehr mit ihm (Cic. sprechung eine neue Klage vor, als ihn selbst 

10), bis er sich 691 = 63 dem Catilina naherte der Sohn des Atratinus vor Gericht lud (Cic. 1. 

(Cic. 10 — 14). Es scheint richtig zu sein, dass 76. 78, vgl. 16. 45). Mit Atratinus erschienen 

er sich dabei nicht ernstlich compromittierte (Cic. als Klager C. Herennius Balbus und P. Clodius, 

15), aber dennoch hielt er es wahrscheinlich fur aber hinter ihnen stand Clodia, die den C. nach 

angemessen, auf einige Zeit aus Rom zu ver- dem wohl von ihm ausgegangenen Abbruch ihrer 

schwinden, und begleitete daher 692 = 62 den Beziehungen grimmig hasste. Die Verhandlung 

Proconsul Q. Pompeius nach Africa, wo auch sein fand in den ersten Tagen des Aprils 698 = 56 

Vater Besitzungen hatte (Cic. 73; vgl. Schwabe statt (Schwabe a. O. 63 Anm. Wegehaupt 
Quaest. Catull. 65. Wieschholter 13). Nach 30 10. Wieschholter 26f.). Es scheint, dass auch 

seiner Ruckkehr trat er Anfang 695 = 59 mit die Beteiligung an Wahlumtrieben zu den An- 

zwei Genossen erfolgreich als Anklager gegen C. klagepunkten gehOrte, und zwar an solchen zu 

Antonius auf (Cic. 18. 47. 74. 78. Schol. Bob. Gunsten des L. Calpurnius Bestia, der damals 

Place, p. 229 ; Vatin. p. 321 Or. ; Pragmente seiner deswegen vor Gericht stand (Cic. 16, vgl. 26. 30). 

Anklagerede bei Quintil. inst. or. IV 2, 123f. C. verteidigte sich selbst (Cic. 45. Quintil. inst. 

IX 3, 58; vgl. o. Bd. I S. 2580ft.). Er nahm sich or. VIII 6, 53 vgl. I 5, 61. XI 1, 51. Suet. rhet. 

damals eine eigene Wohnung auf dem Palatin 2), als zweiter sprach fur ihn M. Crassus de 

in einem dem P. Clodius gehOrigen Hause, weil seditionibus Neapolitanis , de Alexandrinorum 

er mit dessen Schwester ein Liebesverhaltnis an- pulsatione Puteolana, de bonis Pallae (Cic. 23) 
gekniipft hatte (Cic. 17f.), und machte sich durch 40 und als dritter Cicero in der erhaltenen Rede, 

sein ausgelassenes und wiistes Leben sehr ver- Er ging besonders auf die Behauptungen der 

rufen (Cic. 19. 20. 25. 27 — 30). Clodia war ihres Gegner ein, C. habe die Ermordung des alexan- 

bisherigen Geliebten Catull iiberdriissig, als sie drinischen Gesandten Dio veranlasst und sich von 

ihre Gunst dem C. zuwandte (Cic. 36f.), und der Clodia fur diesen Zweck Geld geben lassen (23 

Verschmahte griff nun diesen aufs heftigste an. — 25. 30. 51 — 55), und er habe dann, nachdem 

Denn ohne jeden Zweifel ist unser C. der Rufus, der Bruch mit Clodia erfolgt war, ihr mit Gift 

dem der Dichter (c. 77) vorwirft, er habe ihre nach dem Leben getrachtet (30. 56 — 69), aber 

alte Preundschaft verraten und ihm das Herz seine Rede erregt durch ihre Angriffe und Sitten- 

der Geliebten gestohlen, und derselbe Rufus, der schilderungen mehr Interesse als durch die sach- 
c. 69 mit giftigem Spott verfolgt wird, wahrend 50 liche Verteidigung (vgl. Quintil. inst. or. IV 2, 

die Beziehung anderer Gedichte wie c. 59 und 27). Die Feindschaft des C. mit P. Clodius und 

71 unsicher bleibt. Dagegen wird meistens (z. B. Clodia dauerte nach seiner Preisprechung fort, 

von Wegehaupt 9, 3. Wieschholter 17f.) denn im J. 700 = 54 sah er sich aufs neue durch 

der in c. 58 und 100 genannte Caelius von ihm eine von ihnen angestiftete Klage bedroht, die 

unterschieden, und wo die Identitat angenommen aber nicht zur Ausfuhrung gekommen zu sein 

worden ist (besonders von F. SchOll Jahrb. f. scheint (Cic. ad Q. fr. II 13, 2). Es war daher 

Phil. CXXI 483ff. ; nur fur den C. in c. 58 neuer- naturlich, dass er als Volkstribun im J. 702 = 52 

dings von Penner Quaest. Catull. [Barmen 1896] — fiber seine Verwaltung der Quaestur ist nichts 

21), bleiben meistens die Beweisgriinde unbe- bekannt — auf jede Weise den MOrder des Clo- 
friedigend. Der Anstoss, dass der C. in c. 100 60 dius, Milo, zu unterstutzen suchte, indem er ihm 

in Verona erscheint, wo allerdings spater Caelii Gelegenheit gab, sich in einer Volksversammlung 

vorkommen (CIL V 3441, 2. 3570. 3689; ebenda zu verteidigen, und dabei selbst fur ihn sprach 

der ganz seltene Name Auffilenus 3506. 3507, (Cic. Mil. 91; Brut. 273. Ascon. Miloi-. p. 29. 

vgl. 4008. 4129), kann auf verschiedene Weise App. b. c. II 22), indem er Anderungen in dem 

gehoben werden (vgl. SchOll a. O. Bahrens Processverfahren zu Gunsten Milosvorschlug (Ascon. 

Commentar. Catull. 587), und das ganze Gedicht Milon. p. 30. 31), dessen Sclaven in Schutz nahm 

ist voll der boshaftesten Ironie gegen den falschen (ebd. 32), spater nach der Verurteilung des MOr- 

Preund, der unnatiirlichen Lastern frOhnt, was ders dessen Genossen M. Saufeius verteidigte 



1269 Caelius Caelius 1270 

febd. 48) und sich seiner Vermogensverhaltnisse de aqu. II 76), und im Senat wirkte er fur die 

annahm (Cic. ad fam. VIII 3, 2). Von Cicero liess Bewilligung von Supplicationen zu Ciceros Ehren 

er sich fur die Forderung der Plane Caesars ge- (VIII 11, If. II 15, 1), aber mehr personliche 

winnen, der mit Unterstutzung samtlicher Volks- Nachrichten enthalt nur sein Brief vom 20. Sep- 

tribunen danach strebte, sich abwesend um das tember, VIII 12. Er gab damals seine Spiele, 

Consulat bewerben zu diirfen (Cic. ad Att. VII 1, 4). fiir die ihm Curio wilde Tiere zur Verffigung ge- 

Anfang 703 = 51 klagte C. nach Niederlegung stellt hatte (VIII 9, 3. 8, 10), und geriet in ein 

des Tribunates seinen bisherigen Amtsgenossen ernstes Zerwilrfnis mit Ap. Claudius. Er meinte 

Q. Pompeius Rufus de vi an, weil er jene fur sich diesen durch seine Untersttttzungen zu hoch- 
Milo abgehaltene Volksversammlung gewaltsam 10 stem Dank verpflichtet zu haben , aber Appius, 

gestOrt hatte ; er erreichte seine Verurteilung, der damals mit L. Piso Censor war, schlug nicht 

aber als Pompeius darauf durch die Habsucht nur seine Bitte um Geld ab, sondern bereitete 

seiner Mutter in grosse Not geriet, verhalf er ihm im Bunde mit L. Domitius verschiedene Nach- 

selbst ihm zu seinem Eechte (Val. Max. IV 2, 7. stellungen. Als C. gegen eine Riige des Censors 

Cic. ad fam. VIII 1, 4). Da Pompeius in Baiae bei dessen Amtsgenossen Schutz fand, veranlasste 

lebte, hatte vielleicht diese Angelegenheit den jener den Seryius Pola, eine gewiss nicht ganz 
C. dorthin gefuhrt, denn im Frfihjahr war er in ' unbegriindete Klage gegen ihn wegen widernatfir- 

Cumae und sprach dort noch einmal Cicero, der auf licher Unzucht zu erheben, worauf C. den Appius 

der Eeise in seine Proyinz Kilikien war (ad fam. nach derselben lex Scantinia vor Gericht zu ziehen 
VEH 1, 2). Dieser hatte ihn gebeten, ihn selbst 20 drohte (vgl. VIII 14, 4); Anspielungen auf sein 

wahrend seiner Abwesenheit fiber alle wichtigeren lockeres Leben auch in dieser Zeit vielleicht VIII 

Ereignisse in Rom auf dem Laufenden zu er- 7, 2. II 15, 5 nach Boissier 185). Wichtigere 

halten, und C. liess nicht nur durch einen Sclaven Ereignisse liessen diese Zankereien in den Hinter- 

oder Freigelassenen Chrestus Neuigkeiten sam- grand treten, aber sie standen doch mit der Bil- 

meln und berichten (ad fam. VIII 1, If. II 8, 1), dung der grossen Parteien in Zusammenhang. 

sondern erfullte auch selbst die Bitte des Freundes. Denn jeder der beiden Censoren stand auf der 

Seine Briefe bilden das VIII. Buch der ep. ad Seite eines anderen der zwei Machthaber, und 

fam., die Antworten Ciceros ebd. n 8 — 16; ein- C. entschied sich schliesslich durchaus fur Caesar 

zelne sind yerloren. Die chronologische Reihen- (Cic. ad Att. VII 3, 6 vom 9. December), nach- 
folge ist leicht ersichtlich. Im J. 703 = 51 30 dem er schon langst die Personlichkeit des Pom- 

schrieb C. vom Ende Mai an VIII 1. 2. 3. 4. 5. peius durchschaut hatte (VIII 1, 3), und obgleich 

9. 8. 10 und Cicero II 8. 9. 10, im J. 704 = 50 bis ihm Cicero (II 8, 2) zum Anschluss an diesen 

gegen Ende September Caelius VIII 6. 11. 7. 13. geraten und er selbst noch im September ge- 

12. 14 und Cicero II 14. 11. 13. 12. 15 (vgl. schwankt hatte (VIII 14, 2). Psychologische und 

Wieschholter 32 — 38.40 — 45. O.E.Schmidt materielle Motive wirkten wohl bei seiner Ent- 

Briefwechsel des Cicero [Leipzig 1893] 74f. 79. scheidung damals zusammen und ebenso spater 

83. 86 — 88). Mitteilungen fiber das aussere Leben bei seinem Abfall von Caesar (vgl. Boissier 205 

des C. sind darin verhaltnismassig sparlich. Er — 208). Dem zurfickkehrenden Cicero kam er 

bewarb sich um die Aedilitat (VIII 2, 2. 3, 1. auf sein cumanisches Landgut entgegen und offen- 
4, 3) und wurde Ende August 703 = 51 mit 40 barte ihm nicht nur den Wechsel seiner Gesin- 

M. Octavius gewahlt (VIII 9,1. 119, Iff.; Brut. 273). nung, sondern wollte sogar ihn selbst zum An- 

Schon vorher hatte er Cicero gebeten, ihm in schluss an Caesar bewegen (II 16, 3; Brut. 273; 

Kilikien fur seine Spiele Panther zu verschaffen, vgl. Schmidt 95). In der Senatssitzung vom 

und kam auf diese Bitte immer wieder zurttck 1. Januar 705 = 49 stimmte er den Antragen 

(VIII 2, 2. 4, 5. 9, 3. 8, 10. 6, 4), obgleich der des eifrigsten Caesarianers M. Calidius mit ge- 

Freund sie recht lastig fand und mit einem Witz ringen Abweichungen bei (Caes. b. c. I 2, 4. Dio 

abfertigte (II 11, 2, daraus Plut. Cic. 36, 3. Cic. XLI 2, 1), und nach dem Senatsbeschluss vom 

ad Att. V 21, 5). Eine andere Bitte des C, die 7. Januar, der die Kriegserklarung bedeutete, 

Schuldverschreibung eines gewissen Sittius be- eilte er mit M. Antonius, Q. Cassius und Curio 
treffend, die in der Provinz einzutreiben war, hat 50 sofort zu Caesar nach Ariminum (Dio 3, 2. Oros. 

Cicero nach wiederholtem Drangen (VIII 2, 2. VI 15, 2). In der Nacht war er noch heimlich 

4, 5. 9, 3. 8, 10) anscheinend schliesslich erfullt bei Cicero gewesen (ad fam. VIII 17, 1) und 

(VIII 11, 1), wahrend er die Zumutung, noch hielt die Verbindung mit dem Redner auch weiter- 

andere Mittel ffir die Spiele des C. aufzubringen, hin aufrecht. Er schrieb ihm ungefahr am 9. Marz, 

argerlich ablehnte (ad Att. VI 1, 21). Gelegent- dass Caesar ihn nach Rom berufen wolle, aber 

lich empfahl einer dem andern einen Freund (II furs erste zur Unterdrfickung eines Aufstandes 

14. Val. Max. V 3, 4) , und C, der an manchen nach Intemelium im westlichen Ligurien senden 

Processen lebhaften Anteil nahm (VIII 8,1), ver- mttsse (VIII 15, vgl. Schmidt 165), und von 

wandte sich bei Cicero besonders eifrig fiir dessen dort am 16. April gleichzeitig mit Caesar selbst 
Vorganger in der kilikischen Statthalterschaft Ap. 60 und in dessen Auftrage, Cicero solle unter alien 

Claudius, der Anfang 704 = 50 von dem Ver- Umstanden seine bisher beobachtete Neutralitat 

lobten Tullias Dolabella angeklagt wurde und bewahren und nicht zu Pompeius iibergehen (VIII 

Ciceros Gegnerschaft furchtete (VIII 6, If. 6, 5. 16 = ad Att. X 9 A, vgl. X 9, 2; Ciceros Ant- 

II 13, 2f. Ill 10, 5. Vin 12, 1). Von seiner wort II 16). Von sich selbst berichtete er dabei 

amtlichen Thatigkeit als Aedil in diesem Jahre nur, dass Caesar ihn mit sich nach Spanien nehme. 

meldet C. nur, dass er gegen Missbrauche in der In Ciceros Briefen an Atticus ist in der folgenden 

BenutzungderihmunterstehendenWasserleitungen Zeit wiederholt (X 12, 6 [= 12 b, 2]. 14, 3. 15, 

einschritt (Ende Februar VIII 6, 4; vgl. Frontin. 2. 16, 4) in dunklen Wendungen von einem C. 



1271 Caelius Caelius 1272 

und einem caelianischen Plane die Eede; unter sorgfaltige Studien geschult (Cic. Cael. 44f.; ad 

den verschiedenen MOglichkeiten, diese geheim- fain. II 10, 3) und gait stets als einer der ersten 

nisvollen Anspielungen zu deuten (vgl. Ziehen Eedner seiner Zeit (vgl. z. B. Colum. I praef. 80. 

Ephemerides Tullianae [Budapest 1887] 24ff.) hat Tac. dial. 17. Quintil. inst. or. XII 10, 11. Plin. 

die von Schmidt (a. 0. 179) angenommene am ep. I 20, 4). Aher seinen glanzenden Geistes- 

meisten fur sich, dass darunter die Entscheidung gaben standen sehr grosse Pehler gegeniiber, die 

Ciceros fur Pompeius zu verstehen sei, die ihm Cicero bei all seiner grossen Vorliehe fur C. so- 

C. in dem an Atticus weitergeschickten Briefe wohl in seiner Verteidigungsrede, wie in gelegent- 

zugetraut hatte. Nach der Riickkehr aus dem lichen Bemerkungen (ad Att. VI 1, 21 u. a.) und 
spanischen Peldzuge iibertrug Caesar dem C. die 10 besonders in seinem Nachruf (Brut. 273) deutlich 

Praetur fur 706 = 48, setzte ihn aher dadurch erkennen lasst. Auch die Urteile von Spateren 

zuriick, dass er die angesehenere Stadtpraetur fiber C, wie Veil. II 68, If. Quintil. inst. or. 

dem C. Trebonius ubergab. Schon langst hatte X 1, 115, und kleine Beitrage zu seiner Charak- 

sich im Herzen des C. infolge seiner getauschten teristik wie Sen. de ira III 8, 6 sind von Inte- 

Hoffhungen Groll und Erbitterung gegen das neue resse. In tfbereinstimmung mit solchen Urteilen 

Begiment angesammelt, und er gedachte, als der zeigen die Bruchstiicke seiner Reden (gesammelt 

Herrscher den Rftcken gekehrt hatte, seine Macht bei Meyer Orat. Bom. frg. 2 458—470) einen 

gegen ihn zu gebrauchen, wohl kaum zu Gunsten schlagfertigen Witz und eine geschickte Darstel- 

der Pompeianer, sondern als ein zweiter Catilina lung. Die besten darunter, die noch von Quin- 
zunachst zum Umsturz aller Ordnungen ohne po- 20 tilian und Tacitus eifrig studiert wurden , waren 

sitive Ziele. Sein letzter Brief an Cicero ist Ende die Anklagereden (Cic. Brut. 273. Quintil. inst. 

Januar 706 = 48 geschrieben, als er schon an or. VI 3,69); es ist aus der Stelle Ciceros aber 

die Ausfiihrung seiner Plane gegangen war (vgl. nicht mit Nipperdey (Opuscula 299, 1) zu fol- 

Ziehen a. 0. 42ff. Schmidt a. 0. 196). tFber gem, dass er iiberhaupt nur dreimal als Anklager 

die Einzelheiten weichen die Berichte Caesars aufgetreten sei, sondern auch eine Notiz wie Plin. 

b. c. Ill 20, 1—22, 3 und Dios XLII 22, 1—25, n. h. XXVII 4 kann sich auf ihn beziehen. Seine 

3 mehrfach von einander ab (vgl. o. Bd. I S. 2276) ; Briefe gehOren zu den interessantesten der cice- 

daneben sind die kurzeren des Liv. ep. CXI. Veil. ronianischen Sammlung; die Gabe fesselnder und 

II 68, If. Oros. VI 15, 10 (jedenfalls ungenau). pikanter Schilderung, scharfer Beobachtung und 
Hieron. zu Euseb. II 137 r SchOne von geringerer 30 treffender, oft boshafter Beurteilung verleiht ihnen 
Bedeutung. C, der vermutlicb immer mit finan- einen besonderen Beiz. Eingehend aber iibel- 
ziellen Schwierigkeiten zu kampfen hatte und launighatDrumannG. R.II411— 422Lebenund 
dadurch ha fig in seinen Entschliissen beeinflusst PersOnlichkeit des C. gewiirdigt ; eine giinstigere 
wurde, versp'rach zunachst alien Schuldnern, die Beurteilung erstrebte Wegehaupt (M. Caelius 
auch nach den von Caesar eingefuhrten Erleich- Bufus, Breslau 1878), doch hat seine Monographie 
terungen bei der Schuldentilgung nichts bezahlen sonst nicht viel mehr selbstandigen Wert als die 
wollten, seinen Schutz, fand aher infolge der ge- von Wieschholter (De M. Caelio Rufo oratore 
rechten Durchfiihrung der Beformen keinen An- Leipzig 1885, mit Recension von Harnecker 
klang. Darauf beantragte er ein Gesetz, das den Wochenschr. f. klass. Philol. Ill 1098 — 1103). Am 
Schuldnern dieBflckgabe derDarlehen ohne Zinsen 40 meisten ist vielleichtBoissier (Cice'ron et ses amis 
in einer sechsjahrigen Prist gestatten sollte, und 167 — 219) dem C. gerecht geworden, indem er 
auf den Widerstand der uhrigen Magistrate ant- ihn als typischen Vertreter der rOmischen Jugend 
wortete er mit der Veroffentlichung von zwei jener Zeit auffasste und darstellte, obgleich bei 
weiteren Gesetzentwurfen , die Erlass des Miet- Boissier selbst dieses Bild manchmal etwas 
zinsee fur ein Jahr und Aufstellung neuer Schuld- freie Zilge aufweist. tFber die Stellung und Be- 
bucher bezweckten. Damit erreichte er den Aus- deutung des C. in der rOmischen Litteratur vgl. 
bruch einer Bevolte, bei der Trebonius in grosse Teuffel-Schwabe § 209, 6. 7, wo weitere mo- 
Gefahr geriet, aber nun schritt der Consul Ser- derne Litteratur verzeichnet ist. [Miinzer.] 
vilius ernstlich gegen ihn ein und suspendierte 36) Cn. Arulenus Caelius Sabinus,rOmischerJu- 
ihn laut Senatsbeschluss von seinem Amte (vgl. 50 rist, wird in den Arvalacten des Jahres 69 n. Chr. 
noch Quintil. inst. or. VI 3, 25. Mommsen St.-R. am 30. April und 1. Mai als Consul genannt 
1262,4). Die folgenden Begebenheiten lassen (CIL VI p. 498. Henzen Act. fratr. Arval. XCIV; 
sich nur in ihren Hauptziigen erkennen; C. gab vgl. Tac. hist. I 77). Er scheint auf den am 
vor, sich persOnlich an Caesar wenden zu wollen, 16. April gestorbenen Kaiser Otho gefolgt zu sein 
aber statt dessen trat er in Verhindung mit Milo, (Mommsen Eph. ep. I p. 190f.). Auch unter 
der in Campanien einen Aufstand zu erregen Vespasian stand er noch in hohem Ansehen (Pomp, 
suchte. Es gelang ihm nicht, sich mit Milo zu Dig. I 2, 2, 52). Als Jurist war er Schulhaupt 
vereinigen , sondern dieser wurde vorher besiegt der Sabinianer und zwar Nachfolger des C. Cassius 
und getetet; seine eigenen Versuche, Unruhen zu Longinus, also wahrscheinlich seit dessen Ver- 
erregen, schlugen fehl, und schliesslich wurde er 60 bannung im J. 65. Sabinus lieferte einen Com- 
in Thurii von keltischen und spanischen Reitern mentar ad edictum, aedilium curulium (Gell. IV 
Caesars, die er durch Bestechung gewinnen wollte, 2, 3; Fragmente bei Lenel Pal. I 77ff. frg. 1-7), 
niedergehauen (spatestens imMarz nach Schmidt der von spateren Juristen (Gaius, Venuleius, Ul- 
a. 0.). pian) Offer benutzt ist. Andere Bruchstiicke, 

C. war mit reichen kOrperlichen Vorziigen be- welche diesem Edict fremde Gegenstande behan- 

gabt (Cic. Cael. 6. 36, dazu Gell. XVII 1, 4ff.), deln (frg. 8—11 ; wegen frg. 11 und 12 vgl. Cae- 

und wie er diese ausgebildet hatte (Macrob. sat. cilius Nr. 24), lassen darauf schliessen, dass Sa- 

III 14, 15), so hatte er auch seinen Geist durch hinus noch anderweite Schriften verfasst hat. Er 



1273 Caelius mons Caelius mons 1274 

citiert Ofter den Labeo (frg. I; 3, 12. 15), auch Quadermauer im Garten bei S. Gregorio, die ihrer 

Ofilius und Trebatius (frg. 7 ; 2) finden sich. Construction nach eher in die spat republicanische 

Den Compilatoren Iustinians haben seine Werke oder gar erst die Kaiserzeit gehOren durfte. Nach 

nicht mehr vorgelegen. Vgl. Zimmern Gesch. der servianischen Regionseinteilung bildete der C. 

d. E. Priv.-R. I 321. Teuff el R. Litt.-G. § 316, den Kern der regio prima Suburana (s. Wissowa 

1. Karlowa R. Rechtsg. I 695. Kriiger Quell. a. a. 0.). 

und Litt. d. R. R. 155f. [Jors.] Von Kultusstatten auf dem C. werden genannt 

37) Cn. Arulenus Caelius Sabinus, cos. suff. ein sacellum deae Carnae (Macrob. sat. I 12, 31. 
69 n. Chr., s. o. Arulenus Nr. 2. Tertull. ad nat. II 9) und ein anderes der Minerva 

38) C. Caelius Saturninus s. Saturninus. 10 Capta (Ovid. fast. Ill 837; Minervium in der 

39) C. Flavius Caelius Urbanus s. Urbanus. Argeerurkunde bei Varro de 1. 1. V 47), welch letz- 

40) Caelia , willkiirlich gewahlter Name bei teres wahrscheinlich in der Nahe von SS. Quattro 
Mart. IV 61. VI 67. VII 30. XI 75. [Groag.] Coronati lag (vgl. das lateranische Haterier-Relief 

Caelius mons. 1) In Rom (Caelius constant Benndorf-Schoene 232 — 234. Jordan Top. 
die Inschriften, z. B. C1L VI 334. 9479. 10099, II 255 ; vielleicht stammt die Weihinschrift an 
und guten Hss. ; falsch Coelius) der siidOst- Minerva CIL VI 524, welche zuerst ,in hortis 
lichste der sieben Hiigel. Er bildet, gleich dem Theophilis in monte Caelio' abgeschrieben ist, 
Oppius Cispius Viminal und Quirinal vom Plateau daher). Ubrigens muss der C. wenigstens in spa- 
der Esquiliae ausgehend, eine von Osten nach terer republicanischer Zeit ein stark bevolkertes 
Westen ca. 2 km. lange, 4—500 m. breite Zunge; 20 Quartier gewesen sein (Mietskasemen : Haus des 
die Hohe betragt zwischen 40 und 49 m. Ein Ti. Claudius Centumalus, welches demoliert werden 
nach Norden sanft abfallender Vorsprung gegen- muss, soweit es durch seine Hohe die Himmels- 
iiber dem Oppius ffihrte den Namen Caeliolus beobachtungen der Auguren in arce stort! Cic. 
(s. o.). Uber den angeblichen Urnamen Quer- de off. Ill 66. Val. Max. VIII 2, 1), aber nicht 
quetulanus mons (Tac. ann. IV 65) s. d.; den fur vornehm gegolten zu haben (Cic. in Pison. 61). 
Namen C. leiten die Alten ab von dem etruski- Doch wird als prachtvoll der Palast des Mamurra 
schen Heerfiihrer Caeles Vibenna, dessen Scharen in Caelio monte erwahnt (Plin. n. h. XXXVI 48; 
einem der romischen Konige zu Hiilfe gekommen vgl. Catull. 28, 4). 

und zum Dank den Berg als Wohnsitz erhalten Augustus bildete aus dem innerhalb der Ser- 
hatten (Varro de 1. 1. V 45. Dionys. II 36. 50. 30 viusmauer gelegenen Teil des Berges seine zweite 
Pestus 355. Paulus epit. 44. Tac. ann. IV 65. Region, Caelemontium, wahrend der Aussenbezirk 
Orat. Claudii de Lugdun.). Welchem Konige der zur funften Region, Esquiliae, kam. Im J. 27 
Etrusker zu Hiilfe gekommen sei, steht nicht n. Chr. wurde ein grosser Teil des Berges durch 
fest; die Tradition schwankt, ob der C. von Ro- Peuersbrunst verwiistet. Tiberius gab Geld zum 
mulus (Varro a. a. 0.), Tullus Hostilius (Besiede- Wiederaufbau, wofiir man zum Dank vorschlug, 
lung durch Einwohner des zerstOrten Alba longa: den Namen des Berges in Augustus mons um- 
Liv. I 30. 33. Auct. de vir. ill. 4. Dionys. Ill 1), zuandern (Sueton. Tib. 48. Tac. ann. IV 64, 
Ancus Marcius (Cic. de rep. II 18. Strab. V 234), s. Bd. II S. 2372 ; aber oQog TijisQiavov rj KatXiov 
Tarquinius Priscus (Tacit, a. a. 0.) oder Servius bei Lydus de mensibus p. 118 Bekk. ist eine miss- 
Tullius (or. Claudii. Pest. a. a. 0.) zur Stadt 40 gliickte Conjectur W. A.Beckers: zu lesen Ti- 
gezogen sei. Gegenflber diesen teils auf etymo- jIovqxiov, wie Wissowa a. a. 0. 4 nachweist). Die 
logischen Combinationen , teils auf unbewiesenen Katastrophe macht Epoche in der Baugeschichte 
Hypothesen beruhenden angeblichen Nachrichten des C, der seitdem einen vornehmeren Charakter 
giebt es eine einzige gut beglaubigte sacrale bekam, vielleicht zum Teil deshalb, weil der be- 
Thatsache : der C. gehOrte zu den Stadtbezirken, nachbarte Palatin , den die Nobilitat bisher be- 
in welchen am 11. December jeden Jahres das vorzugt hatte, allmahlig ganz von den Kaiser- 
,Fest der sieben Berge' (Antistius Labeo bei Festus palasten eingenommen wurde. Hervorzuheben 
348. 340; der Name C. steht bezw. stand an sind: der Palast des Annius Verus, Grossvaters 
beiden Stellen in der Hs. und ist nur von den des Marc Aurel, der in hortis in Caelio monte 
neueren Herausgebern gestrichen , vgl. Wissowa 50 geboren war (Hist. Aug. Marc. 1; s. Bd. I 
Satura Viadrina 5) gefeiert wurde. Der C. ist S. 2279. 2281; daher vielleicht die jetzt den 
also zur Stadt gezogen in der ersten fur uns Kapitolsplatz schmiickende Marc Aurel-Statue, 
zu constatierenden Erweiterungsperiode der pala- die im Mittelalter beim Lateran stand) ; ein Palast 
tinischen Ansiedlung, deren Resultat die Septi- des M. Opellius Macrinus (Lanciani Acque 214, 
montialstadt (Palatium Cermalus Velia Pagutal 16. 17); einer derPisones (Lanciani a. a. 0. 214, 
Oppius Cispius Caelius mitSucusa; vgl. Wissowa 20); der des Kaisers Tetricus (Hist. Aug. trig, 
a. a. 0. mit der Karte S. 16 , wonach die Dar- tyr. 25), vielleicht auch des Philippus Arabs (do- 
stellung auf Bl. I meiner Forma Urbis Romae zu mus Philippi Not. reg. II); die domus Veetiliana, 
berichtigen ist). Die servianische Befestigung in der Commodus ermordet wurde (Hist. Aug. 
schloss vom C. die westliche Halfte ein ; die Mauer 60 Commod. 16 ; Pertin. 5. Notit. reg. II. Chrono- 
uberschritt in nordsudlicher Richtung den HOhen- graph, a. 354 bei Mommsen Chron. min. I 147. 
riicken in der Nahe des Laterans (hier lag die Oros. VII 16); vor allem der grossartige Palast 
Porta Caelemontana) und folgte sodann nach der Laterani (Iuvenal. X 18. Aur. Victor epit. 
Westen umbiegend dem Sudrande des Hugels (in 20. Lanciani Acque 214, 14. 15), der spater 
diesem Abschnitte lag wahrscheinlich die Porta in kaiserlichem Besitz war und in dessen Bereich 
Querquetulana, s. d.). Reste einer Sonderbefesti- durch Constantins Munificenz die basilica Sal- 
gung des Hugels sind nicht nachzuweisen, nament- vatoris ,eunetarum mater caput ecelesiarum' er- 
lich halt man dafiir ohne jeden Grund eine grosse stand. Aus dem 4. und 5. Jhdt. n. Chr. sind be- 



1275 Caelobothras Caelus 1276 

kannt das Haus des Symmachus (epist. Ill 12. 88. Ptol. a. 0. nennt als die Residenz des C. Koqovqoi, 

VII 18. 19) in der Villa Casali (dort gefunden die das wohl mit Kerala identisch ist). Es scheint 

Ehrenbasis fur Sj'mmachus OIL VI 1699) und der dies also kein Individualname zu sein , sondern 

glanzende Pamilienpalast der Valerii (OIL VI ein den KOnigen dieses Landes gemeinsamer (vgl. 

1684—94. Acta SS. Piniani et Melaniae, vgl. Lassen Indische Altertumskunde 12 188, 1). Der 

de Rossi Bull. com. 1890, 288. Rdm. Mitt. Peripl. mar. Erythr. c. 54 (Muller Geogr. Graeci 

1891, 109) bei S. Stefano rotondo (de Rossi min. 1297 z. St.) nennt auch als zum Reich des 

Studj e documenti di stor. e diritto VII 1886, KyoofioTris gehorend die Stadte Tyndis und Mu- 

235 — 244). Unscheinbar blieb dagegen der Stid- ziris. Da der Verfasser des Periplus ganz kurze 
rand des Hugels, nach der Vallis Camenarum 10 Zeit vor der Abfassung der Naturalis historia 

zu, die in spatester Zeit den Namen Decennium schrieb (Dillmann M.-Ber. Akad. Berlin 1879, 

fiihrt. Hier nennt die Regionsbeschreibung den 413ff.), so ist hier derselbe C. wie bei Plinius 

Namen lupanarii, vielleicht von einem vicus lu- gemeint. [Stein.] 

panarium ; mOglich, dass bier die summoenianae Caelobriga, Stadt in Lusitanien. Nach der 

des Martial (vgl. Friedlan der zu Mart. 134, 6) iberischen Inscnrift in lateinischer Schrift von 

ihr Quartier hatten. Lamas de Molledo bei Viseu (OIL II 416 = Mon. 

Von offentlichen Gebauden auf dem C. aus ling. Iber. nr. LVII caeilobricoi), wahrscheinlich die 

der Kaiserzeit sind zu erwahnen : der Tempel im Thai des Plusses Cuda (s. d.), am Zusammen- 

des Divus Claudius, von Agrippina begonnen, von fluss des Durius und Agueda, unweit der Grenze 
Vespasian vollendet (Sueton. Vesp. 9. Prontin. 20 von Spanien und Portugal gelegene alte Stadt, 

de aq. 20. 76. Aur. Victor Caes. 9. Notit. reg. die auf westgotischen Miinzen Caliabria genannt 

II. CIL VI 10251a) mit der umgebenden Por- wird (HeissMonn. Wis. p. 47) und einen Bischofs- 

ticus Claudia (Martial, de spect. 2, 9; auf den sitz hatte. Ihre Uberreste fiihren den Namen o 

Substructionen steht der Garten des Klosters von castello de Calabre ; sie ist vielleicht identisch 

S. Giovanni e Paolo) ; das paedagogium ad Caput mit der bei Ptol. II 6, 41 Kodi6$Qiya genannten 

Afrieae (s. d.) fur die kaiserlichen Pagen; das Stadt der Coelerner (s. d.). [Hiibner.] 

Maeellum magnum (s. d.), liber dessen Punda- Caelus (oder Caelum, vgl. Serv. Aen. V 801. 

menten die Kirche S. Stefano rotondo erbaut ist; Neue-Wagener Pormenl. 12 416) gehort nicht 

die Castra Peregrina (s. d.) und benachbart die als Gotterfigur der romischen Religion an, son- 
Station der 5. Cohorte der Vigiles in Villa Mattei; 30 dem ist nur Ubersetzung des griecbischen Uranos 

ausserhalb der Serviusmauer die Kaserne der equiies (s. d.). Daher ist er schon bei Ennius (ann. frg. 25 

singulares, das Amphitheatrum Castrense (s. d.), Baehr. und Euhem. frg. 513. 514. 521 Baehr.) 

das ratselhafte Sessorium neben S. Croce in Ge- Vater des Saturnus-Kronos und Grossvater des 

rusalemme, die Thermen der Helena, endlich wenig Iuppiter-Zeus (Cic. n. d. II 63. Ill 44. Serv. Aen. 

ausserhalb der Aureliansmauer das Grabdenkmal V 801. Mythogr. Vat. I 204. n 1. Macr. Comm. 

des Antinous (s. Erman und Hulsen ROm. Mitt. I 2, 11), dann weiter Sohn des Aether-Aither und 

1896, 113—130). der 2>*'es-Hemera (Cic. n. d. HI 44. Hyg. fab. 

Ungewisser Lage sind die in der Constanti- praef. p. 9, 17 Sehm.; Uranos ist Sohn des Aither 

nischen Regionsbeschreibung genannten Locali- nach Titanomach. frg. 1 Kink.), nach andrer Uber- 
taten Arbor sancta, Mica aurea, antrum Cyclopia 40 lieferung des Okeanos und der Tethys (Mythogr. 

(vielleicht an der Grenze der reg. I unterhalb Vat. 1 204 Ophion et secundum philosophos Ocea- 

Villa Mattei). Dass Caelemontium in der Uber- nus , qui et Nereus , de maiore Thetide genuit 

schrift der Region (vgl. CIL VI 10099. Bull. Caelum, wahrscheinlich blosse Entstellung der 

crist. 1874, 41. Bull. com. 1891, 348) eine Strasse hesiodeischen Genealogie, theog. 132ff., nach der 

bezw. einen Platz bedeute, vermutet Elter (De umgekehrt Okeanos und Tethys Kinder von Uranos 

forma Urbis Romae I Bonn 1891, 17). Das samia- und Gaia sind) ; ihm opfert Iuppiter-Zeus vor dem 

rium , spoliarium und armamentarium lagen Kampfe mit den Titanen (Fulg. myth. I 25. Myth. 

vermutlich nicht auf dem Hiigel, sondern im Thale Vat. II 198. Ill 3, 4) ; aus seinem herabtraufelnden 

nOrdlich nach dem Colosseum zu. Vgl. Becker Blute (als er von seinem Sohne Saturnus-Kronos 
Topogr. 494— 508. Jordan Topogr. I 1, 186 50 entmannt wurde, Cic. n. d. II 63. Myth. Vat. II 30. 

—188. Gilbert Topogr. II 1—143. Ill 347 III 1, 7) sollte Silenus entsprungen sein (Serv. Eel. 

— 351. [Hiilsen.] 6, 13), und in dem grossen genealogischen Lehrge- 

2) Die Station Celio monte verzeichnet das baude derkurzvorCiceroentstandenen ,Differenzie- 

Itin. Ant. 250 in Raetien zwischen Guntia (Giinz- rungs-Theologie' (s. uber diese jetzt R. Hirzel 

burg?) und Cambodunum (Kempten). Vgl. Not. Ber. sachs. Gesellsch. d. Wiss. 1896, 277ff.) war 

dign. occ. XXXV 30 tribunus cohortis tertiae Caelus-Urarms als Vater des zweiten Iuppiter (Cic. 

Herculeae Pannoniorum, Caelio. Lage unsicher, n. d. Ill 53), des ersten Volcanus (Cic. n. d. Ill 55. 

Mommsen CIL III p. 721 (auf der Kiepert- Lyd. de mens. IV 54), des ersten Mercurius (Cic. 

schen Taf. IV ist Coelius mons das heutige Kell- a. a. O. 56. Serv. Aen. IV 577. I 297. Schol. Stat. 
mtinz an der Hier). Vgl. Miillenhoff Deutsche 60 Theb. IV 482. Arnob. IV 14. Ampel. 9, 5) und 

Altertumskunde II 355. [Ihm.] der ersten Venus (Cic. a. a. O. 59. Ampel. 9, 9. 

Caelobothras, indischer Konig, der in der Lyd. de mens. IV 44) aufgefuhrt. Die kosmo- 

Hafenstadt Muziris residierte, zur Zeit Vespasians gonische Speculation der Stoiker stellte Himmel 

(cum hose proderem sagt Plinius) , Plin. n. h. und Erde an die Spitze der Theogonie und identi- 

VI 104. Die richtige Namensform scheint Ptolem. flcierte die HauptgOtter der verschiedenen Religi- 

VII 1, 86 zu bieten: KrjQo()6$Qag ; denn dieser onen mit ihnen; vgl. Varro de 1. 1. V 57: Prin- 

Name ist dem der Gegend entnommen (ai. Kera- cipes dei Caelum et Terra, hi dei idem qui 

laputra, Sohn von KSrala [an der Kflste Malabar] ; Aegypti Serapis et his . . idem prineipes in Latio 



1277 Caemani Caenina 1278 

Satwrms et Ops. Non. p. 197 Varro rerum divi- verschiedensten, jeder Landschaft eigentiimlichen 

narum VI (deum significans non partem mundi) : Bruchen (vgl. Vitruv. II 7. Plin. n. h. XXXVI 

sie pater magnus, mater magna (mater magna 166ff.), insofern sie, nach uralter Sitte durch Lehm, 

Iunius, materna Hss.) his stmt Caelus {Tel- in jiingerer Zeit durch Kalkmfirtel (Vitruv. 114) 

lus) (zugefiigt von Quicherat). gebunden, als Baumaterial verwendet wurden. 

Nirgends ist hier von einem Kulte des C. die Diese seit altester Zeit verbreitete Mauertechnik 

Bede, und darum kann sich die Vorschrift des (griech. UftoXoynfia, den Germanen war sie an- 

Vitruv. I 2, 5 Iovi Fulguri et Oaelo et Soli et geblich unbekannt, Tacit. Germ. 16) steht im 

Lunae aedifieia sub diu hypaethra eonstituentur, Gegensatz zum Quaderbau (saxa quadrata) und 
was C. anlangt, nicht auf heimisch romische Ver- 10 zur Verwendung von gebrannten oder ungebrann- 

haltnisse beziehen, sondern nur auf einen einge- ten Ziegeln (struetura testaeea und laterieia); 

drungenen Fremdkult. Alle Weihinschriften, die sie heisst caementieium , eaementicia struetura 

den C. erwahnen , gehoren in den Bereich der (parietes caementieii u. a.) oder opus ineertum. 

orientalischen Superstition; darauf weist schon Verlangt wurden dazu bei den Remern e. minuta 

das Beiwort aeternus (Optimus maximus Caelus (Cato agric. 18, 7) oder minutissima (Vitruv. II 

aeternus Iuppiter CIL VI 81 = Cum ont Mithras 8, 1. IV 4, 4), und in der puteolanischen Bau- 

inscr. nr. 59, Caelus aeternus auch CIL VI 83. inschrift wird als Maximalgewicht der Bruch- 

84; tiber die Bedeutung des Beiwortes aeternus steine fiinfzehn Pfund ausbedungen, fur die Wande 

s. Cumont Rev. arche'ol. 1880 I 184ff. und oben von Cisternen wird gar nur 1 Pfund anempfohlen 
Bd.IS.696f.)unddieengeBeziehungdesHimmels-20(Vitruv. VIH 7, 14 = Plin. n. h. XXXVI 173); 

kultes zur Mithrasreligion (die erwahnte Inschrift fur die Mauerecken waren besondere eaementae 

CIL VI 81 ist zusammen mit einer Weihung an angolariae erforderlich. Die Bruchsteinwande 

Mithras , ebd. 82 , gefunden ; vgl. auch CIL VI erhielten meistens einen Verputz von Lehm oder 

754 = Cumont Mithras inscr. nr. 13, wo ein Ein- von Stuck; waren sie mit kleinen schrag gestellten 

geweihter des Mithrasdienstes oaelo devotus et Steinen oder Ziegeln von quadrater Form ver- 

astris heisst, und s. u. Caelestinus Nr. 1), die blendet, so nannte man das retieulatum; beim 

am deutlichsten auf einer im dritten Mithraeum empleeton und beim diatonicon bestand die Ver- 

von Heddernheim gefundenen Stele (Cumont blendung aus Quadern. Einzelheiten der Bau- 

Mithras Monum. fig. nr. 253/, Abbild. 289 — 291, weise mit eaementa sind namentlich aus Pompeii 
vgl. Westd. Ztschr. XIII 1894, 96f.) hervortritt; 30 bekannt gemacht worden. 

wahrend die Vorderseite die Felsgeburt des Mithras Litteratur. Nissen Pomp. Studien 57. Mau 

darstellt, zeigen die Nebenseiten je miter einem Pomp. Beitrage 3. Overbeck-Mau Pomp. 503. 

Fackeltrager einerseits Oceanus, andererseits einen Bliimner Technol. Ill 146. Durm Die Baustile 

auf der Himmelskugel sitzenden blitztragenden II 2, 136. Th. Wiegand Die puteolan. Bau- 

Adler mit der Unterschrift Celum (Accus.). Aus inschr., Jahrb. f. Philol. Suppl. XX 710. Da- 

diesem Gedankenkreise heraus wird auch die Auf- remberg et Saglio Dictionn. I 810. 
nahme von Caelus allein (CIL II 2407 = Cu- [Puchstein.] 

mont Mithras inscr. nr. 520) oder Caelus und Caena. 1) Ort in Kappadokien, stidostlich 

Terra (Altar der equites singulares, Ann. d. Inst, von Tyana, Itin. Heros. 578, 3. 
1885, 260 nr. 23 = C u m o n t a. a. O. nr. 130) 40 2) Ebenfalls in Kappadokien gelegen, auf der 

in grOssere Gotterreihen zu erklaren sein, wahrend Strasse von Tyana nach Ankyra, Tab. Peut. X 1 

die Weihung Caelo aeterno, Terrae matri, Mereu- (Miller). Die Lage beider Orte ist unbekannt. 
rio menestratori (CIL VI 84) vielleicht den samo- [Ruge.] 

thrakischen Gottern gilt (Terra enim et Caelum, Caenia, nach Plin. n. h. Ill 35 Berg in den 

ut Samothracum initia docent, sunt dei magni, Alpen, auf dem der Varus entspringt. Desjardins 

"Varro de 1. 1. V 58; der dienende Mercur ist der Geogr. de la Gaule I 95. 175 liest Gema. 
Hermes Kadmilos). fjber bildliche Darstellungen [Dim.] 

des Himmels in Gestalt eines mit halbem Leibe Caenicenses s. Caen us. 

auftauchenden bartigen Mannes, der ein Gewand Caenina (Kaivlvtj; Einw. gewOhnl. Caeni- 

bogenffirmig iiber seinem Haupte halt (z. B. auf SOnmses, doch Gaenini Propert. IV 10, 9, KaivTzai 

dem Panzer der Augustusstatue von Prima Porta, Dionys. Halic. II 33, Ksvivrjzai Plut. Rom. 16), 

Monum. d. Inst. VI. VII 84), s. Visconti Museo Stadt in Latium (irrig Steph. Byz. nohg Zaftivcov), 

Pio-Clem. IV 137. O. Jahn Arch. Beitr. 85, 28; nur in der Urgescbichte Roms zweimal erwahnt: 

Ber. sachs. Gesellsch. d. Wiss. 1849, 63ff. erstens gelegentlich eines Opfers, das Romulus 

[Wissowa.] (vor der Stadtgrundung) gebracht habe (Dionys. 

Caemani (?), Belgisches Volk, von Caes. b. g. I 79, 13), zweitens beim Prauenraube an den 



II 4 zusammen mit den Condrusi Eburones Cae 
rosi genannt (qui uno nomine Oermani appel 
lantur). Die gewShnliche Lesart ist Paemanos. 
Aus Caesar schOpft Oros. VI 7, 14 (Caemani). 



Consualien. Die Einwohner von C. zusammen 

mit denen von Crustumeria und Antemnae greifen 

zuerst zu den WafFen, Romulus besiegt sie und 

60 erwirbt von dem KSnige Aero von C. die ersten 

Zeuss Die Deutschen 212. 213. Miillenhoff spolia opima (Act. triumph. CIL I a p. 43. Elog. 

Deutsche Altertumskunde II 196f. R. Much IV CIL 12 p. 189 = X 809. Liv. 1 10. Propert. 

Deutsche Stammsitze 166. [Ihm.] IV 10. Dionys. Halic. II 32— 34. Plutarch. Romul. 

Caementain, meistens im Plural eaementa 16. 27; Marcell. 8. Plor. 1 1. Val. Max. Ill 2, 1. 3. 

(als fem. u. a. auch in der puteolanischen Bau- Eutrop. I 2. Auct. de vir. ill. 2. Solin. I 20. Am- 

inschrift CIL I 577 = X 1781), bezeichnet nur pelius 21. Serv. Aen. VI 859; vgl. Bd. I S. 1199). 

selten den Baustein im allgemeinen; in der Regel Die Stadt verschwand spurlos (Plin. in 68), die 

sind eaementa die formlosen Bruchsteine aus den Sacra wurden nach Rom ubergefuhrt (s. Cae- 



1279 Caeninenses sacerdotes Caepol... 1280 

ninenses sacerdotes). trber ihre Lage ist nur Erfolg versucht worden. Vgl. Gardthausen 
zu vermuten, dass sie sehr nahe an Bom, viel- Augustus II 1, 19f. [Stein.] 
leicht zwischen Eom und Gabii am linken Ufer Caepio, rfimisches Cognomen, besonders bei 
des Anio gelegen habe. Nib by Dintorni di Roma den Serviliern (s. d.) in Gebrauch. Es gehert zu 
1332 — 335. A. Bormann Altlatin. Chorographie den seltenen Beinamen, die in einem bestimmten 
183 — 185. [Hiilsen.] Falle zu Namen wurden (auct. de praen. 2), denn 
Caeninenses sacerdotes (CIL V 4059. 5128. M. Brutus, der CaesarmOrder, ffihrt es nach der 
VI 1598. IX 4885f. X 3704. XI 2699. 3103. XII Adoption durch semen Oheim Q. Servilius Caepio 
671), romisches Staatspriestertum der Kaiserzeit, an Stelle des Gentilnamens ; er heisst offlciell 
bestimmt ftir die Pflege der sacra der unterge- 10 Q. Caepio Brutus, auch Q. Caepio oder familiar 
gangenen Gemeinde Caenina (s. d.). Die Trager M. Brutus (Mommsen B. Forsch. I 51). Da er 
dieses Priestertums gehorten dem Bitterstande und aber unter dem Namen M. Iunius Brutus allein 
zwar dessen vornehmsten Kreisen an (Wilmanns bekannt ist, wird er unter diesem behandelt werden. 
De sacerdotiorum p. p. R. quodam genere, Bero- [Miinzer.] 
lini 1868, 51ff. Mommsen St.-R. Ill 568); an 1) Caepio s. Fannius, Rustius. 
ihrer Spitze stand ein summus Caeninensis (vna- 2) Caepio, Botaniker zur Zeit des Kaisers Ti- 
ros Kcuvelvtjvoig legcov drjuov 'Pcofxalmv CIA III berius; Quelle des Plin. n. h. XXI 18; ind. 1. 
623, 7 = 624, 4, vgl. Marquardt Ephem. epigr. XXI. XXII. [Stein.] 

I p. 203). [Wissowa.] 3) Caepio Crispinus, Quaestor des Proconsuls 

Caenis. Antonia Caenis s. AntoniusNr. 117. 20 von Bithynien Granius Marcellus, klagte diesen 

Caenns (Kaivog), Kiistenfluss in Gallia Nar- im J. 15 n. Chr. der Majestatsverletzung an. Der 

bonensis, Ostlich von der RhSnemiindung , Ptol. erste gewerbsmassige Delator (Tac. ann. I 74). 

II 10, 5. Heute der Arc, nach andern die Tou- "Vgl. Nr. 4. 

loubre. An diesem Flusse wohnten die von Plin. 4) A. Caepio Crispinus, genannt in der In- 

n. h. Ill 36 genannten Caendeenses, deren Name schrift seiner Aschenurne (CIL VI 31 762). Da 

auf gallischen Silbermiinzen in der Form KAINI- seine Tochter (Nr. 7, s. d.) mit einem leg(atus) 

KHTQN wiederkehrt. Dictionnaire archeol. de la der Kaiser Tiberius und Caligula vermahlt war, 

Gaule, monnaies Gauloises nr. 1; vgl. De la Saus- gehort er selbst in die Zeit des erstgenannten 

s a y e Numism. de la Narbonnaise 105f. Herzog Herrschers und ist demnach wahrscheinlich mit 
Gallia Narb. 30. 137. Desjardins Geogr. de la 30 Nr. 3 identisch. 

Gaule II 88f. (auch 1 172. 194). Holder Altcelt. 5) A. Caepio Crispinus, Consul suffectus 96 n. 

Sprachschatz s. Kainiketai (I 683). [Ihm.] Chr. mit Q. Asinius Marcellus (Rom. Mitt. 1 1886, 

Caenys promontorium s. Kainys. 128). Welcher Crispinus Caepio in der Inschrift 

Caeparius. M. Caeparius aus Terracina, Ge- seines Sclaven, CIL VI 9341 gemeint ist, bleibt 

nosse Catilinas, nahm an den Verhandlungen mit zweifelhaft. 

den allobrogischen Gesandten teil (Sail. Cat. 47, 6) M. Eppuleius Proculus Ti. Caepio Hispo 

1) und hatte die Aufgabe erhalten, die Hirten- s. Eppuleius. 

sclaven Apuliens fur die Sache der Verschworenen 7) (Caepia) Crispina Caepionis ffiliaj, d. i. 

zu gewinnen (Cic. Cat. Ill 14. Sail. Cat. 46, 3); Tochter des A. Caepio Crispinus (Nr. 4), da dessen 
auf die Nachricht, dass alles entdeckt sei, entfioh 40 Aschenurne in demselben Grabmal gefunden wurde 

er aus Rom (Sail. 46, 4), wurde eingeholt, dem wie die Grabschrift, die sie ihrem Gatten (Sep- 

Cn. Terentius zur Bewachung iibergeben (47, 4) ticius?) setzte. Der ebenda genannte M. Septi- 

und mit den anderen Hauptradelsfuhrern am 5. De- eius Sur[a] war vermutlich ihr Sohn. Not. d. 

cember 691 = 63 hingerichtet (55, 6). [Miinzer.] scavi 1896, 468 (unvollstandig CIL VI 31765). 

Caepasius. C. und L. Caepasii, zwei Bruder, 8) Caepia Procula , Gemahlin des M. Regu- 

Zeitgenossen des Hortensius, qui multa opera, l(us) (Bull. com. XIX 1891, 294). Klebs (Pro- 

ignoti homines et repentini, quaestores oeleriter sopogr. imp. Eom. I 262 nr. 116) denkt an M. 

facti sunt, oppidano quodam et ineondito genere Aquilius Regulus. [Groag.] 

dieendi (Cic. Brut. 242). 680 = 74 verteidigten Caepionianns. A. Crispinus Caepionianus s. 
sie, wenigstens der altere von ihnen, den C. Fa- 50 Crispinus. 

bricius gegen eine Anklage des A. Cluentius Ha- Caepionis monuinentum, 6 Kaimmvog nvo- 

bitus (Cic. Cluent. 57f. citiert von Iul. Vict. 17 yog, nach Strab. Ill 140, der dem Poseidonios folgt, 

p. 248, 35 Or.). [Miinzer.] der unweit der Baetismiindung von Q. Servilius 

Caepiana, Station im siidlichen Lusitanien, Caepio, dem Besieger des Viriat (Appian. Hisp. 

wohl nach einem praedium benannt (wenn die 70), etwa 615 = 139 v. Chr. errichtete befestigte 

Namensform richtig iiberliefert ist), zwischen Anas Leuchtturm (im nhoag afMpixlvaxov , dav/taoicog 

und Tagus nach Ptol. 115,5 und an der rOmi- xarsoxevao/Aevog , wotieq 6 $doog, xr\g %<ov itXo'C- 

schen Strasse zwischen Laccobriga (s. d.) und t,o(iivayv amtrjqiag x<* oiv )- Danach nennt ihn Mela 

Mirobriga (s. d.). Die Lage ist nicht genauer in ipso mari monumentum Caepionis scopulo 
ermittelt; Cezimbra zwischen Setubal und Caf60magis quam insulae impositum (III 4) ; in dem 

Espichel, woran man gedacht hat, liegt viel zu entsprechenden Abschnitt bei Plinius (III 7) fehlt 

nSrdlich. [Hiibner.] er. Der Name lebt in dem der kleinen Stadt 

Caepias (Kamiag), angebliches Cognomen des Chipiona fort; doch ist der Fels, auf dem der 
C. Octavius, des spateren Kaisers Augustus, Dio Turm stand , noch nicht nachgewiesen, da Cber- 
XLV 1, 1 Dind. V p. 36. Die Erklarung dieses reste zu fehlen scheinen. [Hiibner.] 
sonderbaren Namens, den man mit dem andern Caepol ...(?), angeblich Rest eines Getter- 
Cognomen des Octavius, Thurinus, in Verbindung namens auf der Inschrift CIL II 5613 (Tuy, Con- 
bringen zu miissen geglaubt hat, ist bisher ohne ventus Bracaraugustanus). [Ihm.] 



1281 Caeracates Caere 1282 

Caeracates, Volk in Obergermanien, nur von und um die Halfte ihres Gebietes gestraft (Cass. 

Tac. hist. IV 70 (z. J. 70) zusammen mit den Dio frg. 33 p. 138 Boiss.), wogegen nach Liv. VII 

Vangiones und Triboci erwahnt. Prilhere lasen 20 ihnen, ohne Gebietsverringerung, ein hundert- 

auch Garaoates. ZeussDieDeutschen222. Bergk jahriger Waffenstillstand bewilligt wurde. In 

Zur Geschichte und Topographie der Rheinlande diese Zeit fallt vermutlich die Umwandlung von 

lllff. Much Ztschr. f. Deutsches Alt. XXXIX 21. C. in eine Halbbfirgergemeinde zweiter Klasse 

Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. C. Miiller (Mommsen St.-R. Ill 585f.), deren Einrichtungen 

identiflciert sie mit den Caritni des Ptolemaios fur eine ganze Reihe soldier Gemeinwesen vor- 

(zu II 11, 6). [Ihm.] bildlich wurden (Strab. V 220. Gell. XVI 3, 

Caere (indecl., nur Abl. Gaerete bei Prise. IV 10 7. Fest. 127 s. munieipium und 233 s. prae- 

29; griechisch Koiqs Ptol. Ill 1, 43 und Steph. fecturae. Horat. epist. I 6, 62 m. d. Scholien; 

Byz. s. "AyvXXa; KaiQr\ Steph. Byz. s. v.; Kaigia vgl. Caeritum tabulae). Ein Zeugnis fur den 

Strab. V 220; iTac'e^ra Dionys. Halic. Ill 58; Einw. Verkehr zwischen C. una Bom im 4. Jhdt. ist 

meist Gaeres, -itis, doch auch Abl. Gaerete Vergil. die Stelle bei Liv. IX 36, 3 (zum J. 310) consults 

Aen. X 183 ; Gaeretanus Val. Max. I 1, 10. Plin. frater M. Fabius Caere educatus apud hospites 

n. h. Ill 51. Martial. VI 73, 3. Rutil. Namatian. Etruseis inde litteris eruditus erat linguamque 

I 225. C1L XI 3614 [zweimal, woneben auch Etruscam probe mover at. ImhannibalischenKriege 

zweimal Gaerites]; Ceretanus CIL XI 3367; die lieferten die Caeretaner der rSmischen Flotte Ge- 

Griechen KaiQtjtavos oder KaiQeravog Dionys. Halic. treide und sonstigen Proviant (Liv. XXVIII 45, 15 ; 
I 20. HI 58. IV 27. Strab. V 220. 226. Steph. 20 vgl. Sil. Ital. VIII 474). Sonst wird aus repu- 

Byz. s. "AyvXXa und Kaigfi), Stadt im siidlichen blicanischer Zeit nur noch von nach Rom ge- 

Etrurien, nahe der Kiiste des tyrrhenischen Meeres meldeten Prodigien berichtet (Liv. XXI 62, 5. 8. 

an dem Fliisschen Vaccina (Gaeretanus amnis XXVn 23, 3. XXVIII 11, 3. XLI 21, 13). Die 

Plin. n. h. Ill 51 , Caeritis amnis Verg. Aen. Stadt muss in augustischer Zeit vOllig verfallen 

VIII 59). Als urspriinglicher Stadtname wird gewesen sein, so dass Strabon angiebt, sie habe 

Agylla angegeben , ein ,pelasgisches' Wort nach an BevOlkerungszahl hinter den nahen Aquae Cae- 

den Alten, wahrend Neuere es aus dem Phoini- retanae (s. Bd. II S. 297) zuruckgestanden. Doch 
kischen ableiten (s. Bd. I S. 913). Dass dieser unter Augustus oder spatestens unter Tiberius 

Name noch in spaterer Zeit gebrauchlich war, wurde die Stadt erneuert und scheint wieder zu 
beweisen Herodot. I 167 (Siihnfest der 'AyvXXaToi 30 einer gewissen Bliite gekommen zu sein. Sie 

in Delphi). Strab. V 220 (Schatzhaus der A. eben- hatte zum obersten Magistrat einen dictator, da- 

daselbst). Diodor. XV 14, 3. 4 (Pyrgos als 'AyvXXrjg neben eine aedilis iure dicundo (der zugleich 
enlvsiov bezeichnet). Griindungssagen und absurde praefectus aerari sein konnte) und einen aedilis 

Etymologie von griechisch Xoiqs bei Strab. V annonae (CIL XI 3614). Auch ein quaestor (CIL 

220 (daraus Steph. Byz.) und Serv. Aen. VIII XI 3615), ein censor perpetuus (CIL XI 3616. 

597 (nach Hygin.); fabulose Kriegsgeschichten 3617), ein curator Pyrgensium et Geretanorum 
zwischen C. und den fliichtigen Trojanern unter (CIL XI 3367, 3. Jhdt.) werden genannt. Die 

Aeneas bei Liv. I 2. Verg. Aen. VIII 480 (s. Decurionenversammlung heisst senatus (CIL XI 

auch Mezentius). Wann C. in die Hand der 3595. 3596. 3601. 3604. 3608. 3610. 3619). C. 
Etrusker gekommen ist, bleibt dunkel ; jedenfalls 40 wird in friiherer Kaiserzeit noch gelegentlich er- 

darf man daraus, dass Herodot. I 167 zum J. 535 wahnt wegen seines (mittelmassigen) Weines (Mar- 

v. Chr. es noch Agylla nennt, nicht schliessen, tial. XIII 124. Colum. r. r. Ill 3), von den 

dass es noch bis Ende des 6. Jhdts. eine unab- Geographen Ptolemaios (HI 1, 43) und Plinius 

hangige ,pelasgische' Stadt gewesen sei. Wahrend (III 51), ferner bei Martial. VI 73, 3. Gemalde 

die meisten Schriftsteller mit diesem Wechsel in C, welche alter sein sollten als Rom, erwahnt 

der Herrschaft den Wechsel des Namens (C. statt Plin. XXXV 18. Dass im 5. Jhdt. n. Chr. C. 

Agylla) verknupfen, behauptet allein Probus zu Bischofssitz gewesen sei, schloss man aus der 

Aen. X 183, C. sei der alteste Name, den die Subscription der romischen Synode von 499; aber 

Etrusker in Cisra geandert hatten. C. wird unter dort ist Cerrensis episeopus nur Schreibfehler 
die Zwolfstadte Etruriens gerechnet und war durch 50 fur Lorenis. S. Mommsen im Index zu Cassio- 

Seehandel bluhend und machtig; riihmend wird dor p. 503. 513. Im Mittelalter sank die Stadt 

hervorgehoben, dass die Einwohner nicht Seeraub immer mehr ; anfangs des 13. Jhdts. verliess ein 

trieben (Strab. a. a. O.). In der Geschichte der Teil der Bewohnerschaft C. und griindete Ostlich 

rOmischen Konige spielt C. eine bedeutende Rolle davon im Thale des Fosso Sanguinara den Ort 

(s. Dionys. Halic. Ill 58: Krieg unter Tarquinius Caere novum, jetzt Ceri, im Gegensatz zu welchem 

Priscus ; IV 27 unter Servius Tullius) ; als Zu- die antike Stadt nun den Namen Cervetri erhielt. 
fluchtsort der vertriebenen Tarquinier nennt es Die Stadt C. lag auf einem ca. 100 m. ii. 

Liv. I 60, 2. Vgl. noch Liv. IV 61 und V 16, 5. M. sich erhebenden, von Nordost nach Siidwest 

Nach der Gallierinvasion 390 wurden die Vestalen streichenden Tuffhugel, der nach drei Seiten schroff 
und die saera nach C. in Sicherheit gebracht 60 abfallt und nur von Nordost her zuganglich war. 

(CIL 12 p. 191 elog. VI = CIL VI 1272. Liv. V 40, Der Lauf der ca. 6 km. langen Mauer ist noch 

10. Val. Max. II, 10. Strab. V 220; daher Ab- erkennbar, ebenso die Stellen von acht Thoren. 

leitung der caerimoniae von C. Val. Max. a. a. O. Im Innern der Stadt linden sich, abgesehen von 

Paul. epit. 44) : deshalb ward nach Liv. V 50, 3 dem 1846 ausgegrabenen Theater, das zahlreiche 

im gleichen Jahre ein Preundschaftsvertrag zwi- Inschriften und Kaiserstatuen geliefert hat (B e n n- 

schen Rom und C. geschlossen. Im J. 353 ergriffen dorf-Schoene Lateran 121ff.), keine nennens- 

die C. aus Freundschaft fur die Tarquinienser werten Rumen; dagegen ist die Nekropole auf 

die Waffen gegen Rom, wurden aber iiberwunden dem nordwestlich gelegenen Hiigel (la Banditaccia) 

Pauly-Wissowa HI 41 



1283 Caerellius Caeritum tabulae 1284 

sehr bedeutend. Unter den Grabern , meistens c(larissimus) v(ir) , Proconsul von Makedonien 

in den Pelsen gehauenen Kammern von ober- (CIL VI 1366. 1367 = Dessau 1161). Henzen 

irdischen Tumuli iiberragt, ist das bedeutendste identiflcierte ihn mit C. Caerellius Pufldius An- 

die 1836 ausgegrabene tomba Eegulini-Galassi, nius Eavus Pollittianus (Nr. 5), was jedoch von 

deren reicher Inhalt an Goldsehmuck, Waffen etc. Klebs, der ihn der Diocletian vorangehenden Zeit 

jetzt im Museo Gregoriano des Vaticans ist (Mus. zuweisen mOchte, wohl mit Eecht bezweifelt wird 

Gregor. A I tav. 1 — 33); ferner das Pamilien- (Prosopogr. imp. Eom. I 263 nr. 126). 
grab der Tarcna-Tarquinii (CIL XI 3626 — 3634), 8) Caerellius Priscus , praetor tutelaris , an 

die 1850 von Campana aufgedeckte Grotta dei den Marcus und Verus Schreiben richteten (Paulus 
Eilievi und ein 1874 ausgegrabenes mit bemalten 10 frg. Vatic. 244; die unmittelbar vorher erwahn- 

Terracottaplatten (Brizio Bull. d. Inst. 1874, ten epistulae divorum Hadriani et Antonini 

128 — 136). Neuere Ausgrabungen Not. d. scavi waren keinesfalls an C. gerichtet). 
1876, 37. 1877, 155. 1881, 166. 1886, 38. 39 9) C. Caerellius Sabinus, Legat der legio XILL 

(Borsari). Lateinische Inschriften aus C. CIL Gemina (CIL IE 1074. 1075. 1076. 1111 Apu- 

XI 3592—3709. S. Canina Etruria Maritima I lum) zwischen 183 und 185 n. Chr. (CIL III 1092 

135 — 203 und Taf. 41 — 73. Nibby Dintorni di Apulum). Seine Gattin, die auf den drei erst- 

Eoma I 335— 352. Dennis Cities and cemeteries genannten Inschriften neben ihm erscheint, hiess 

of Etruria 2 226— 284. [Hiilsen.] Fufldia Pollitta. Demnach war C. Caerellius Fu- 

Caerellius, plebeische Pamilie. 1) [Caerel- fidius Annius Eavus Pollittianus (Nr. 5) wahr- 
lius], [leg(atus) Aug(usti)] pr(o) pr(aetore) von 20 scheinlich sein Sohn. [Groag.] 

Thracia, Moesia superior, Eaetia — das er dem- 10) Caerellia war eine Prau, die viel Interesse 

nach als Consular verwaltete (und zwar nach dem und Sinn fur Philosophic hatte und dadurch zu 

J. 166) — , Germania superior und Britannia. Ge- Cicero wahrend seiner letzten Lebensjahre, min- 

mahl der Modestiana, Vater des Caerellius Mar- destens von 708 = 46 an, in nahere Beziehung 

cianus (Nr. 6) und der Caerellia Germanilla(Nr. 12), kam (Cic. ad Att. XII 51, 3. XIII 21, 5. 22, 3. XIV 

CIEh 1003 Mogontiacum; vgl. Zangemeister 19,4. XVI, 4. 26, 4; ad fam. XIII 72, 1). Bei 

"Westd. Ztschr. XI 1892, 314. [Groag.] Dio XL VI 18, 4 wirft Q. Pufius Calenus in einer 

2) Q. Caerellius, M. f., Tribunus militum, Schmahrede, die im Januar 711 = 43 gehalten 
Quaestor, Volkstribun, Praetor, Legat des Trium- sein soil , dem Cicero vor , er habe mit C. ein 
vim M. Antonius und Proconsul nach der Grab- 30 Liebesverhaltnis gehabt. Offenbar ist dies spatere 
schrift, die ihm sein Sohn gesetzthat (CIL VI 1364. Verleumdung; sie stutzte sich auf den Briefwechsel 
Mommsen Ees g. d. Aug. 2 180). [Miinzer.] der beiden (Dio a. O. Quintil. inst. VI 3, 112. 

3) Q. Caerellius Q. f. Qui(rina), Sohn des Auson. cent. nupt. 4, 9), der den Nachkommen 
Q. Caerellius M. f. (Nr. 2), Illvir cap(italis), pikanter erschien, als zulassig, wahrend doch 
quae(stor) pro pr(aetore), trfibunus) pl(ebis), le- Cicero damals ein Sechziger und C. noch alter 
gatus pro pr. ter — vgl. Mommsen Ees g. d. war, vgl. Drumann G. B. VI 415. Boissier 
Aug. 2 181 — , pr(aetor), praeffectusj frumfenti Ciceron et ses amis 94. [Miinzer.] 
dandi) ex sfenatus) c(on)s(ulto), Legat des Kaisers 11) Caerellia, als mater bezeichnet, kommt 
Tiberius, Proconsul (Grabschrift CIL VI 1364 a auf der Fahrt von Bauli nach Baiae durch Er- 
= Dessau 943). [Groag.] 40 trinken ums Leben, Mart. IV 63. Hingegen ist 

4) Q. Caerellius (die Hss. Gerellius). Ihm die IV 20, 1 genannte C. wohl nur eine ringierte 
widmet Censorinus zu seinem 49. Geburtstag das Personlichkeit. [Stein.] 
Buch de die natali (vgl. 1, 1. 15, 1 cum istum 12) Caerellia Germanilla, Tochter des Cae- 
annum .... transieris, vgl. 14, 14), im J. 238 rellius Nr. 1, s. d. [Groag.] 
n. Chr. (v. e. Pii et Pontiani eonsulatus 21, 6). Caeriana (Kaigidva), Station in der westlichen 
Sein Eeichtum , seine Kenntnisse und seine Be- Hispania Baetica zwischen Canaca (s. d.) am Anas 
redsamkeit werden in einer dem Zweck der Schrift und Urium (s. d.) am Odiel, nur bei Ptolemaios, 
entsprechendenWeisegepriesen(l. 15). Erhatver- der sie den Turdetanern zuteilt (II 4, 10). Wenn 
schiedene Municipalamter und Municipalpriester- der Name richtig iiberliefert ist (vgl. Caepiana), 
schaften bekleidet (15, 4). Vgl. auch Cassiod. 50 wohl von einem romischen praedium benannt. 
de mus. 586 = Migne lat. LXX 1208. [Stein.] Die Lage ist nicht bestimmt ; mit Ceret (s. d.) 

5) O. Caerellius Fufidius Annius Eavus C. hat es nichts zu thun (wie K. Miiller zum Ptol. 
fil. Ouf(entina) Pollittianus, sodalis Mareianus annahm). [Hiibner.] 
Aurelianus Commodianus Helvianus Severianus, Caeriamis s. Pica Caerianus. 

triumvir monet(alis) a(ere) a(rgento) a(uro) / "(Ian- Caeritum tabulae. Die geringere Bechts- 

do)f(eriundo), tribfiinusjlaticlavius kg(ionis) III. stellung der Caerites, welche fur eine Klasse von 

Cyr(enaieae), sevir equitfum) RomfanorumJ tur- romischen Muncipien typisch geworden ist, pflegt 

mae primae, quaestor candidatus des Caracalla man an den von Liv. VII 20, 8 zum J. 353 v. 

(2\2—2\l),trib(unus)pl(ebis)eandid(atusJ,pr(ae- Chr. gemeldeten Friedensschluss zwischen Eom 
tor) hastarfius), CIL VI 1365 = Dessau 1160. 60 und Caere zu knupfen. Der zeitliche Ansatz diirfte 

Wohl der Sohn des C. Caerellius Sabinus (Nr. 9) ungefahr richtig sein, da wirdochannehmenmussen, 

und der Fufldia Pollitta. Vgl. auch C. Caerel- dass Caere Mher als Aricia (338) und Anagnia 

lius Pollittianus (Nr. 7). (306), welche nachmals in der gleichen Kategorie 

6) Caerellius Mareianus, Sohn des Caerellius wie Caere standen, jener Bestimmung unterworfen 
Nr. 1 (s. d.) und der Modestiana; vgl. Cerellius worden ist, und da Gellius ausdriicklich Caere 
Macrinus. als das alteste Municipium sine suffragio be- 

7) C. Caerellius Pollittianus, mit dem Agno- zeichnet. Die antiken Berichte aber, deren auf- 
men Helvinus (in der zweitgenannten Inschrift), fallige Verwirrung Mommsen St.-E. Ill 572, 3 



1285 Caerosi Caesar 1286 

darlegt (s. ausserdem uber die Einordnung von Caeruleus tons, eine der Quellen der Aqua 

frg. 33 des Cassius Dio die Ausgabe Boissevains Claudia, an der Via Valeria 45 mp. von Bom 

I 138: zwischen 292 und 273 v. Chr.), sind dafur (Frontin. de aq. 1 14. II 72. CIL VI 1256. 1257. 
nicht zu verwerten. Es scheint, dass man bereits 1258), wahrscheinlich eine der ,acque Serene' ge- 
in augusteischer Zeit keine Behelfe fand, die An- nannten Quellen zwischen Arsoli und Agosta. 
fange und die Griinde dieses Institutes oder viel- S. Lanciani Acque 65. 70. [Hiilsen.] 
mehr der tabulae Gaeritum zu ermitteln, aufdie Caesada, Stadt der Arevaker, in Hispania 
(ausser Pest, p. 127) alle Erwahnungen der Cae- citerior, zwischen Complutum und Segontia (Itin. 
rites sich beziehen. Ant. 436, 8. 438, 11. Geogr. Bav. 310, 1), des 

Festusunterscheidet p. 257 die durch die OaeWfes 10 Ptolemaios Kaioada, zwischen Bilbilis und Erca- 

repraesentierteKlasse von der bestberechtigten Ka- viva (II 6, 57), wahrscheinlich das eaiSesa der 

tegorie (im spateren Sinne des t. t. Municipium) iberischen Miinzen (Mon. ling. Boer. nr. 91). Es 

und von den ubrigen Municipien sine suffragio wird danach auf den Platz einer alten Stadt, ge- 

so: id genus hominum definitur, quorum eivitas nannt el Monte, bei Espinosa de Henares und Car- 

universa in civitatem venit, ut Arieini, Caeri- rascosa gesetzt (Guerra Discurso a Saavedra 89). 

tes, Anagnini. Die anderen Zeugnisse (Gell. XVI [Hiibner.] 

13, 7, wo der Mangel des ius suffragii als Haupt- Caesar. 1) Das alterbliche Cognomen der Iulii 

merkmaldescaeritischenBechteserscheint; Strab. wurde von den mannlichen Mitghedern des iuli- 

V 220: die loovofila ist nicht gegeben, weil die schen Kaiserhauses teils an Stelle des nicht ge- 
Caerites nicht in den Biirgerlisten gefuhrt wer- 20 fuhrten Geschlechtsnamens, teils neben dem Ge- 

den; Pest. p. 233: die Bechtsprechung in Caere schlechtsnamen als Cognomen gebraucht. Der 

wird, wie in andern des Vollbiirgerrechts entbehren- letzte agnatische Descendent des Augustus war 

den Municipien, dem vom praetor urbanus dele- (infolge der Adoption des Tiberius durch Augustus 

gierten Praefecten zugewiesen) bieten nur Daten, und des Germanicus durch Tiberius) Caligula (G. 

welche sich auf alle nicht vollberechtigten Burger- Gaesar Augustus Germanicus, s. unter C. Iulius 

gemeinden oder selbst auch auf die von Vollbur- Caesar), mit dem somit das Geschlecht der Iulii 

gerngebildeten^trae/eciwraeerstrecken, undnichts, ausstarb. Das Cognomen C. blieb zwar auch 

was die Gaerites als solche kennzeichnet. Genauer weiterhin im Gebrauch, aber nunmehr ausschliess- 

umschreibt Liv. IX 43, 24 dieses Becht, da er von lich als Bestandteil der Titulatur fur die Begen- 
Anagnia und seinen Bundesgenossen sagt: eivitas SO ten und deren directe mannlichen Nachkommen 

sine suffragii latione data, eoneilia eonubiaque (s. Nr. 2). Als Namensteil erscheint C. also nur 

adempta et magistratibus praeterquam sacrorum bei wenigen Personen der Kaiserzeit. Diese sind : 

euratione interdietum. Spatestens durch die Ge- der spatere Kaiser Augustus (imperator Caesar 

setze de civitate, welche im Verlauf des Bundes- Augustus, s. unter C. Iulius Caesar), schon nach 

genossenkriegs promulgiert wurden, sind die Ge- der testamentarisch erfolgten Adoption durch den 

meinden mit caeritischem Becht in vollberechtigte Dictator C. ; ferner seine Enkel und spater Adop- 

umgewandelt worden. Damit horte aber die Exi- tivsohne, namlich die Sohne der Iulia und des 

stenz von tabulae O. nicht auf; in quas eensores M. Agrippa, Gaius, s. unter O. (Iulius) Caesar, 

referri iubebant, quos notae causa suffragiis pri- Lucius, s. unter L. (Iulius) Gaesar und. Agrippa 
vabant Gell. a. O.; vgl. Horat. epist. I 6, 62 und 40 Postumus (Agrippa Iulius Gaesar); der spatere 

die Cruquius-Scholien dazu , sowie Strab. a. O. Kaiser Tiberius nach der Adoption durch Augustus 

So war in tabulas 0. referre synonym geworden (Ti. Caesar Augustus, s. unter Ti. Iulius Cae- 

mit aerarium faeere und tribu movere. S. Bd. I sar) ; Germanicus nach der Adoption durch Ti- 

S. 675. Mommsen St.-B. IIS404. 406. III583ff. berius (Germanicus Iulius Caesar); Tiberius 

CIL X p. 584. Bormann CIL XI p. 534. Wil- leiblicher Sohn Drusus (Drusus Iulius Gaesar) 

lems Droit public 5 105. [Kubitschek.] und dessen Sohne Tiberius, s. unter Ti. (Iulius) 

Caerosi, belgisches Volk, nur von Caes. b. g. Gaesar, und Germanicus, s. unter Germ. (Iulius) 

II 4 zusammen mit den Condrusi, Eburones, Cae- Caesar) ; endlich die Sohne des Germanicus, Nero 
mani (oder Paemani?) erwahnt(aus Caesar schSpft (Nero Iulius Caesar), Drusus (Drusus Iulius 
Oros. VI 7, 14); Variante Caeroesi. Zeuss (Die 50 Caesar), Gaius der Altere, s. unter C. (Iulius) 
Deutschen 213) setzt sie in Verbindung mit dem Caesar, Tiberius, s. unter Ti. (Iulius) Gaesar, 
pagus Garoascus, Caraseus (auf den Hehen um sowie der uns unbekannte, einer von den dreien, 
Prum). Mullenhoff Deutsche Altertumskunde II die fruhzeitig starben (vgl. Mommsen Herm. Xin 
196f. E.MuchZtschr.f.d.Alt.XXXIX20. Gliick 247f.), und Caligula. 

Kelt. Namen bei Caesar 40ff. Holder Altcelt. Zur Veranschaulichung der eben besprochenen 

Sprachschatz s. v. Vgl. auch Bergk Zur Gesch. Descendenzen diene folgender Stammbaum*): 
und Topographie der Bheinlande 114. [Ihm.] 

Imperator Caesar Augustus 



M. Agrippa ess Iulia Ti. Caesar Augustus 



C. Caesar L. Caesar Agrippa Drusus Iulius Germanicus Iulius 

Iulius Caesar Caesar 

Caesar y , 



Ti. Caesar Oermanicus Nero Drusus C. Caesar Ti. Caesar ignotus C. Caesar 
Caesar Iulius Iulius Augustus 

Caesar Caesar Germanicus. 



*) Das Verhaltnis der Adoption ist durch punktierte Linien gekennzeichnet. 



[Stein.] 



1287 Caesaraugusta Caesarea 1288 

2) Den C.-Titel haben alle Kaiser gefiihrt Heiss Mon. Wis. p. 48) lassen an der Lage keinen 

mit Ausnahme des Vitellius , der ihn ablehnte Zweifel. Die unter Augustus, Tiberius und Gaius 

(Tac. hist. I 62. II 62. Ill 58. Suet. Vit. 8; Caesar geschlagenen romischen Erziminzen (Mon. 

anders OIL X 8016). Wahrend von Galba bis ling. Iber. nr. 35 a) mit den Eeldzeichen dreier 

Nerva Caesar verschiedenfach gestellt ist, steht Legionen und dem pflugenden Priester, der die 

seit Traian regelmassig Imp. Caesar voran. Ausser Coloniegriindung bezeichnet , scheinen zu lehren, 

dem Kaiser selber fiihren auch seine agnatischen dass zuerst Vexillationen der IV., VI. und X. Le- 

Descendenten den C.-Namen, bis ihn Hadrian auf gion des Augustus in der Stadt lagen und nach- 

den designierten Nachfolger beschrankt. Der erste her vielleicht bis auf Nero die ganze X. hier oder 
agnatische Descendent eines Kaisers, dem der C- 10 in der Nahe ihr Lager hatte (OIL II p. LXXXVIII). 

Name fehlt, ist der spatere Kaiser L. Verus. Inschriftliche Zeugnisse und Reste von Bauten, 

Diese fiir die Nachfolge in Aussicht genommenen bis auf die Mauern und Thore und die Briicke 

Caesaren treten an dem auf ihre Ernennung fol- iiber den Hiberus, deren Fundamente wohl rOmisch 

genden 1. Januar das Consulat an, werden in die sind , haben sich nur in sehr geringer Zahl er- 

grossen Priestercollegien aufgenommen (vgl. z. B. halten; doch fehlt es noch ganz an einer genauen 

Hist. Aug. Comm. 1, 10. 12, 1) und pragen mit Untersuchung und Aufnahme der romischen Stadt 

ihrem Bildnis (Herodian. II 15, 5). Sie sind ti- (CIL II p. 406). Auf Inschriften (z. B. CIL II 

tulare, subordinierte Mitregenten und im Besitze 4073 der Aufschrift einer Statue des Genius con- 

eines secundaren proconsularischen imperium und ventus Caesaraugustani in Tarraco, und sonst) 
einer secundaren tribunieia potestas (CIL III 20 und bei den Schriftstellern (Auson. epist. 24, 88 

4366 L. Aelius Caesar trib. potes. und pro cos). p. 280, 88 und in der Ep. des Paulinus v. 232 

Seit Septimius Severus fehlt den Caesaren das p. 303 Peiper. Priscillian ad Damasum p. 35, 15 

proconsularische Imperium und in der Kegel auch Schepss. Isid. orig. XV 1. Iul. Honorius p. 35, 2. 

die Tribunieia potestas ; Caracalla und Geta haben Cosmogr. Aethici p. 80,5 Riese) wird die Stadt 

als Caesaren beides nicht mehr besessen. Die Cae- nicht oft genannt — stets in derselben Namens- 

saren sind jetzt also in der Kegel auch nicht form (Caesarea Augusta nur bei Ausonius des 

mehr titulare Mitregenten, sondern nur designierte Verses wegen) wie Bracaraugusta — ; sie scheint 

Nachfolger. Wo indessen im 3. Jhdt. sich Cae- nach Augustus, wie viele seiner Colonien in Hi- 

saren im Besitze der Tribunieia potestas finden spanien, nicht recht zur Blute gelangt zu sein, 
(vgl. Herennius Etruscus CIL VI 1100 und Ho- 30 wie der auffallende Mangel an inhaltreichen in- 

stilianus CIL VI 1102), sind sie wirkliche Mit- schriftlichen Zeugnissen beweist, obgleich die hohe 

regenten. Seit Geta wird der C. titular als no- Lage an dem grossen Strom mit seiner Briicke 

bilissimus bezeichnet. Uber das diocletianische ihr immer eine gewisse Bedeutung sicherte. Im 

System zweier Augusti und zweier Caesaren vgl. Mittelalter gewann sie erst nach der Wieder- 

Lact. de mort. pers. 18 : debere ipsius disposi- eroberung Wichtigkeit als Hauptstadt des Reiches 

tionem in perpetuum conservari, ut duo sint in Aragon. [Hiibner.] 

re publiea maiores, qui summam rerum teneant; Caesarea (Kaio&Qua) ist ein Beiname , der 

item duo minor es, qui sint adiumento. Momm- vielen Stadten im Osten des romischen Reiches, 

sen R. St.-R. 113 770f. 1139—1143. 832. 1153 dann in Syrien, Numidien und Hispanien von ihren 
— 1167. [Neumann.] 40 Bewohnern zur Zeit der Regierung des Octavia- 

Caesarangusta, frfiher Salduba, Stadt am nus Augustus und (im Osten geschah das bei der 

Iberus in Hispania citerior. Obgleich die iberi- Mehrzahl) nach 17 n. Chr. unter Tiberius (Erd- 

schen Miinzen mit der Aufschrift salduie in ihren beben und Wohlthaten seitens des Kaisers) bei- 

den der ubrigen aus jenen Gegenden gleichen gelegt und einige Zeit belassen worden ist. 

Typen keine Ahnlichkeit zeigen mit den spateren 1) Im westlichen Kleinasien ist das der Pall bei 

der Colonie Caesaraugusta (Mon. ling. H>er. nr. 35), a) in Aiolis:Kyme; b)inLydien: Sardeis, Mostene, 

so ist doch nicht zu bezweifeln, dass sie die ein- Bageis, Troketta, Tralleis (in der Kaiserzeit wur- 

zigen uns erhaltenen Zeugnisse fiir die vorremische, den die am rechten Ufer des Maiandros gelegenen 

iberische Stadt Salduba (der Name kommt auch Stadte zu Lydien gerechnet). S. die einschlagigen 
als der eines Plusses in Baetica vor) am Hiberus 50 Artikel; ausserdem Neokaisareia. Zur Littera- 

sind, an deren Stelle Augustus wahrscheinlich tur besonders I mho of -Blumer Revue Suisse de 

nach dem cantabrischen Krieg die Veteranen- Numismatique V (1895) 306ff. 325f. VI (1897) 

colonie griindete, die er nach seinen beiden Haupt- 211ff. 

titeln benannte. Daher sie zuerst in der Welttafel 2) Caesarienses werden von Plin. n. h. V 120 

und den Commentarien des Agrippa als Sitz des neben den Metropoliten , Kilbianern , Mysomake- 

eonventus iuridieus und damals bedeutendste Stadt donern, Mastaureiern, Briulliten u. a. als Bewohner 

im Innern der Tarraconensis am Hiberus bei den einer Stadt genannt , die in Ephesos ihren Ge- 

Keltiberern erscheint (Strab. Ill 151. 161. 162. richtsstand haben. Unter diesen Caesarienses sind 

Mela II 88. Dio Lni 26); aus derselben Quelle wohl die Einwohner von Tralleis zu verstehen. 
stammt die Nachricht bei Plinius Caesaraugusta 60 S. Imhoof-Blumer Revue Suisse de Numis- 

colonia immunis amne Hibero affusa, ubi oppi- matique V (1895) 312, 5. [Burchner.] 

dum antea voeabatur Salduba regionis Sedeta- 3) Stadt in Thessalien, zu Iustinians Zeit ver- 

niae (IV 24, so die Leidener Hss. fiir Edetaniae; fallen, und von diesem wieder hergestellt, Prokop. 

vgl. Sedetania). Zahlreiche Angaben in den aed. IV 3. [Oberhummer.] 

Itinerarien (Ant. 392, 1 u. s. w.), da vier ver- 4) Caesarea in Bithynien, jj xal UpvQaleta 

schiedene romische Strassen von hier ausgingen, (Cod. Palat. ZuvQdiavrj), Ptol. V 1, 14. Hierocl. 

und der heutige Name Zaragoza (schon auf west- 693, 1. Notit. I 198 u. a., kleine Stadt in der 

gotischen Miinzen Cesaragosta und Cesarausta, Nahe von Prusa. Dio Chrysost. orat. XLVH p. 



1289 Caesarea Caesarea 1290 

226 Eeiske. Nach Mannert Geogr. VI 3, 559 Erg. -Heft 3, 56. Cuinet Turquie d'Asie I 307ff. 

= Germanicopolis oder Helgas bei Plin. V 143, Ein Plan der Ruinen bei Lejean a. a. 0. 

«ine Vermutung, firr die sich kein entscheiden- 6) Caesarea in Armenia minor, Plin. n. h. VT 

•der Beweis erbringen lasst. Er setzt es nach 26, unbekannter Lage. 

Tournefort vermutungsweise nordwestlich von 7) Caesarea Antiochia in Pisidien, s. Anti- 

Bmssa an, ebenso Kiepert Porma orb. ant. IX. ocheia Nr. 15. 

Anders Ramsay Asia minor 180, der es an der 8) Caesarea ad Anazarbum in Kilikien, s. Ana- 

Kiiste zwischen Apamea und Daskylion sucht. zarba. [Ruge.] 

Miinzen mit der Aufschrift Kaiodgeia FsQixanxr) 9) Caesarea Panias oder Caesarea PMlippi 
bei Head HN 438 und Wien. Numism. Ztschr. 10 (Ildviov Polyb. XVI 18, 2. XXVH 1, 3; Kaiad- 

1889, 24. geia Jos. ant. Iud. XVIII 28 u. o.; Katodgeia 

5) Caesarea in Kappadokien , friiher Mazaka i? <PiUumov Jos. bell. Iud. Ill 443. VII 23 u. a. ; 

oder Eusebeia (Evosfisia), am Argaios (fj jiqos t<|3 ant. XX 211 u. a.; Vita 74. Evg. Matth. 16, 3. 

'AQyaiqi), Hauptstadt von Kappadokien, in der Marc. 8, 27; Kaiadgeta lianas Ptol. V 15, 21. 

Landschaft(prae/eetera)Cilicia. FolgendeNamens- CIG 4750. 4921. Le Bas-Waddington III 

formen finden sich: Maxacum (Plin. n. h. VI 8), 1620b. Tab. Peut. Caesar eapaneas. Geogr. Rav. 

Md(a (Ptol. V 6, 15), Ksaagia Kajtnadoxla(gJ II 15 ed Pinder p. 85; Steph. Byz. unrichtig 

(Miiller Denkmaler d. alten Kunst LXXII 416 Kaiadqua f\ tiqos xfj Ilaveddi; Ilavtds Euseb. 

= CIG 7287), KaioaQsla m T. e 6nohs (Head HN onom. ed. Lagarde 215, 82. 217, 40. 275, 36 u. o. 
633. Imhoof-Blumer Monnaies grecques 416ff. 20 = Hieron. ebd. 88, 18. 90, 19ff. 126, 14 u. a. Euseb. 

Blanchet Revue numism. XIII 65ff., daher wohl hist. eccl. VII 17—18. Sozom. hist. eccl. V21. 

bei Solin. 45, 4 und Mart. Capella VI 690 die Malalas chron. 237 Dindorf. Philostorg. PHG IV 

Bezeichnung mater urbium). Der Name Mazaka 546. Hierocl. Synecd. 716, 9. Not. ep. I 980 

wurde abgeleitet von Mosoch, dem Stammvater Parthey. Theodos. de situ terrae sanctae § 13 

der Kappadokier (Oonst. Porphyr. de them. I Gildemeister u. a.), Stadt in Phoinike am Fusse 

p. 20. Joseph, ant. Iud. I 125. Philostorg. hist. des Hermon , an der Quelle des Jordan (Strab. 

eccles. IX 12). Eusebeia hiess sie vielleicht nach a. a. O. Plin. a. a. O. Euseb. onom. a. a. O. Jos. 

dem auf Miinzen genannten Ariarathes Eusebes bell. Iud. Ill 509). Den alten einheimischen 

(Imhoof-Blumer a. a. O.). Den Namen C. er- Namen des Orts kennen wir nicht. Derselbe 
hielt sie von Tiberius, nachdem dieser 17 n. Chr. 30 wird zuerst zur Zeit des Antiochos d. Gr. unter 

Kappadokien zur Provinz gemacht hatte. Ram- dem griechischen Namen Jldvior erwahnt, war 

says Behauptung (Asia minor 303ff.), dass die also damals schon hellenisiert. Dort schlug An- 

Anderung auf Claudius zuriickgehe, ist direct nur tiochos die Agypter in entscheidender Schlacht 

durch Sozomenus (nicht Socrates) hist, eccles. V 4 und gewann dadurch Palaestina (Polyb. a. a. O.). 

und Cassiodor hist, eccles. trip. VI 4 gestutzt; die Den Namen Panias tragt die Stadt und die Land- 

andern Beweise sind wohl nicht uberzeugend ge- schaft (Plin. V 74 Panias in qua Caesarea. 

nug, urn die entgegenstehenden Angaben des Alter- Jos. ant. Iud. XV 360 u. a. s. Panias) nach 

turns zu entkraften (Eutrop. VII 11, 2. Suid. der dem Pan geweihten Grotte, ITdvsiov genannt 

s. TifisQios und Kaiodgeia. Hieron. chron. p. 147 (Jos. ant. Iud. a. a. O. ; bell. Iud. I 404. Steph. 
Schoene). Immerhin ist zu beachten, dass Strabon 40 Byz. s. Ilavia). Nach dem Tode des Zeno- 

(XII 538ff.) wohl Kappadokien als Provinz, nicht doros wurde (im J. 20 v. Chr.) die ihm gehOrige 

aber den Namen C. kennt. Nach Sex. Rufus Landschaft Panias von Augustus dem Herodes 

breviar. 11 war es Archelaos, nach Const. Porphyr. geschenkt. Dieser erbaute bei der Pangrotte 

de them. I p. 20ff. ed. Bonn. Iulius Caesar, der einen prachtvollen Tempel zu Ehren des Au- 

die Umnennung veranlasste. Hirt. bell. Alex. 66, 4. gustus (Jos. ant. Iud. XV 363f.; bell. Iud. I 407). 

Plin. n. h. VI 8. Ptol. V 6, 15. Itin. Ant. 179, 5. Philippus, Tetrarch von Trachonitis und Sohn 

201. 205ff. 210. 211ff. 214. Tab. Peut. X 2, 3 des Herodes, machte den Ort durch seine Ver- 

(Miller). Philostr. vit. sophist, n 13. Ammian. grOsserungs- und Verschonerungsbauten erst zu 

Marc. XX 9, 1. Hierokl. 698, 6. Not. episc. 1, 8 u. a. einer bedeutenden Stadt und nannte sie zu Ehren 
Bei der Teilung der Provinz Kappadokien unter 50 des Augustus Kaiodgeia (Jos. ant. Iud. XVUI 

Kaiser Valens blieb C. Metropolis von Cappadocia 28 ; bell. Iud. II 168). Zum Unterschied von 

prima (Hierokl.). Dass der Name Md£axa auch den anderen Stadten dieses Namens wurde sie im 

spater noch gebraucht wurde , zeigt CIG 4472. 1. Jhdt. n. Chr. Kaiadgsia f) idmnov genannt 

Hauptstelle ilber die Stadt ist Strab. XII 537— (Jos. a. a. O. Ev. Matth. 16, 13. Marc. 8, 27). 

539 , dazu vgl. Procop. de aedif. V 4. Niceph. Die vollstandige officielle Bezeichnung der Stadt 

Bryenn. II 3. Miinzen: Eckhel III 187. Mion- auf den Miinzen von Aurelius an ist Kato(agsiaJ 

netIV407; Suppl. VII 658ff. Imhoof-Blumer Ss^(aarri) isQ(a) xal aav(log) hn(b) Havua> (Mion- 

a. a. 0. tber Miinzen mit Serapiskult Wien. net V 312 nr. 10ff.; Suppl. VIII 218 nr. 4ff.). 

Numism. Ztschr. XXI 232. Die unbedeutenden Daneben ist bei den Schriftstellern die kiirzere 
Ruinen der Stadt , Eskischehir (tiirkisch) oder 60 Bezeichnung KaiaaQeia lianas im Gebrauch. Von 

Zorzot (armenisch; Lejean Bull. d. 1. socWte' d. der Neugriindung durch Philippus an rechnete die 

g^ographie V. ser. XX t. 8) genannt, liegen sfld- Stadt ihre Aera (auf Miinzen), welche im Jahr 3 

westlich vom heutigen Kaisarieh, sie sind mehr oder oder 2 v. Chr. beginnt. (N o r i s Annus et epochae 

minder ausfiihrlich beschrieben von Kinneir Syromac. IV 5, 4 ed. Lips. 442—453. Eckhel 

Journey through Asia minor 98ff. Brant Aus- III 342). Eusebius (Chron. ed. Schoene II 146ff.) 

land 1837, 275. Texier Description de l'Asie verlegt irrtumlicherweise die Griindung in die 

Mineure II 47. 53ff. Hamilton Reisen in Klein- Zeit des Tiberius (vgl. Schiirer Gesch. des jti- 

asien (tibers.) II 248ff. Barth Petermanns Mitt, dischen Volkes II 127, 390). Nach dem Tode 



1291 Caesarea Caesarea 1292 

des Philippus kam die Stadt und ihr Gebiet Jos. ant. XIII 313; bell. Iud. I 80. Ill 409. 

erst einige Zeit unter romische Verwaltung, dann 443 , oder r\ im zfl fiaAdoofj Kaiadgeia Jos. 

an Agrippa L, dann wieder an die Romer und bell. Iud. VII 20. 30), 60 Millien (Itin. Hie- 

endlich (seit 53 n. Chr.) an Agrippa II. Dieser ros.), beziehungsweise 600 Stadien (Jos. ant. 

erweiterte die Stadt abermals und gab ihr zu XIII 312; bell. Iud. I 79) von Jerusalem ent- 

Ehren des Nero den Namen Neronias (NeQcovidg fernt. Der alte Name der Stadt war SrQdtwvog 

Jos. ant. XX 211). Doch flndet sich dieser nur nvgyog (Artemidor. bei Steph. Byz. fragm. s. 

selten auf Miinzen (Mionnet V 315, 24f. De Awgog. Jos. ant. XIII 313. XV 331 u. a.; bell. 

Saulcy p. 316. 318. Madden Coins of the Iud. I 80 u. a. Plin. Chron. Pasch. Euseb. 
Jews p. 145. 146) und scheint sieh sonst nicht 10 chron. Synk. a. a. O.). Noch Strabon (a. a. O.) 

eingebiirgert zu haben. Wahrend des jiidischen kennt die Stadt nur unter diesem Namen. Alter 

Eriegs und nach der Zerstbrung Jerusalems feierten und Ursprung des Ortes sind dunkel. Stark 

Vespasian und Titus in C. grosse Peste mit Spielen, (Gaza 451) halt die Stadt fur eine Grundung 

bei welchen die gefangenen Juden im Tierkampf der Ptolemaier. Wenn L. M tiller (Numisma- 

auftreten mussten (Jos. bell. Iud. Ill 443f. VII tique d'Alexandre le Grand p. 306 planches nr. 

23f.). Im 4. Jhdt. ist C. Sitz eines christlichen 1466) mit seiner Vermutung Recht hat, dass eine 

Bistums. Der Name C. verschwand um diese Miinze Alexanders d. Gr. mit den Buchstaben 

Zeit immer mehr, und der alte Name Panias 2% auf unser Stratonsturm zu beziehen sei, so 

wurde der allein gebrauchliche in der christlichen hatte die Stadt schon zur Zeit Alexanders exi- 
wie in der rabbinischen Litteratur (s. die angef. 20stiert, und man diirfte sie als eine Griindung 

Stellen, vgl. bes. Philost. a. a. O. me 8e lianas der Sidonier ansehen. Thatsachlich waren diese 

ion xaXovfiivrj. Hieron. in Jes. 42, Iff. ed. Ende der Perserzeit im Besitz dieses Kiisten- 

Vallarsi IV 507; in Ez. 27, 19 ed. Vallarsi V strichs; auch ist Straton der Name einiger der 

317; in Matth. 16, 13 ed. Vallarsi VII 121. Pur letzten Konige der Sidonier (CIG 87, vgl. dazu 

die rabbinische Litteratur vgl. Neubauer Geogr. Boeckh). Sicher bezeugt ist die Existenz der 

du Talmud 236 — 238). In den Kreuzziigen wurde Stadt erst ftir das Ende des 2. Jhdts. v. Chr. 

viel um die Stadt und ihre von den Pranken er- (durch Artemidoros a. a. O., der um 100 v. Chr. 

baute feste Burg Kal'at es-SubSbe gestritten. schrieb, und durch Jos. ant. XIII 313, der sie 

Das heutige Banias ist ein kleines Dorf in in der Geschichte Aristobuls I. im J. 104 v. Chr. 
sehr schSner Lage 329 Meter iiber dem Meer, in 30 erwahnt). Damals war ein Tyrann Zoilos Herr 

einem Winkel des Hermongebirges. Dem grossen von Stratonsturm und Dora (Jos. ant. XIII 324). 

Reichtum an Wasser entspricht eine tippige Vege- Alexander Iannaeus gelang es nach langem Kampf, 

tation. Aus der Hohle am Pusse des Schlossberges, diesen zu unterwerfen und die Stadt und den 

dem Paneion , bricht ein Strom klaren , scho'nen Ktistenstrich dem jiidischen Reich einzuverleiben 

Wassers hervor, der als Hauptquelle des Jordan (Jos. ant. XIII 335. 395). Mit den ubrigen 

gilt. Hier stand der Augustustempel; vier Votiv- Kiistenstadten wurde sodann auch Stratonsturm 

nischen in der Felswand sind erhalten. von Pompeius den Juden abgenommen, erhielt 

Inschriften: CIG 4537 — 4539. LeBas-Wad- seine communale Freiheit wieder und wurde dem 

dingtonlll 1891 — 1894. Mtinzen: Eckhel III Statthalter der neugegrtindeten Provinz Syrien 
339—344. Mionnet V 311—315; Suppl. VIII 40 unterstellt (Jos. ant. XIV 76; bell. Iud. I 156). 

217 — 220. DeSaulcy Numismatique 313 — 324 Von Augustus wurde die Stadt Herodes d. Gr. 

pi. XVIII. Litteratur: Reland 918-922. Raumer wieder zuruckgegeben (Jos. ant. XV 217; bell. 

245. Kuhn Stadteverfassung II 334. Robin- Iud. I 396). Dieser legte an Stelle des schon 

son Palastina III 612ff. 626—630; Neuere bibl. im Verfall begriffenen Ortes (Jos. bell. Iud. I 408) 

Forschungen 520 — 538. Ritter Erdkunde XV eine grossartige Stadt an mit einem Tempel 

195—207. Gue'rin Galilee II 308—323. The des Augustus, Theatern , prachtigen Palasten 

Survey of "Western Palestine, Memoirs I 95. 109 aus weissem Marmor u. s. w. Nach mehr als 

— 113. 125 — 128. Ebers u. Guthe Palastina zehnjahriger Arbeit wurde die Stadt im acht- 

in Bild und Wort I 356— 366. B u h 1 Geogr. Pa- undzwanzigsten Jahr des Herodes (10/9 v. Chr.) 
lastinas 239f. Baedeker Palastina u. Syrien* 50 mit grossem Pomp und glanzenden Pestspielen 

S. 291f. Die BibelwOrterbiicher von Winer, eingeweiht und dem Augustus zu Ehren C. ge- 

SchenkelundRiehm. nannt (Jos. ant. XV 331ff. XVI 136ff. u. a.j 

10) Caesarea Stratonis oder Palaestinae (Ptol. bell. Iud. I 408ff. Plin. Amm. Marc. Chron. 

V 16, 2. Plin. n. h. V 69. Euseb. onom. ed. Pasch. Euseb. chron. Synk. a. a. O.; Novell. 103 

Lagarde 207, 1 u. o. Hieron. ebd. 95, 5 u. o. praef. wird irrttimlich Vespasian als derjenige be- 

Itin. Hieros. Totius orbis descr. = Miiller Geogr. zeichnet, der der Stadt den Namen C. gegeben 

Gr. min. II 517. Steph. Byz. Hierocl. Synecd. habe). Von da an datiert erst die eigentliche 

718, 1. Tab. Peut. Apostelgesch. 8, 40. 10, 1. Bedeutung der Stadt. Herodes hatte vor allem 

18, 22. 21, 8. 23, 23ff. Jos. ant. Iud. oft; bell. grosse Miihe darauf verwendet, hier einen vor- 
Iud. oft. Tacit, hist. II 78. Amm. Marc. XIV 60 trefflichen , durch kunstvolle Danvmanlagen ge- 

8, 11. Philo leg. ad Gaium § 38 ed. Mang. II sicherten Hafen herzustellen, der als einziger an 

590. Euseb. chron. II 142 Schoene; hist. eccl. der sonst hafenlosen Kiistenstrecke von Joppe 

III 31, 5 u. a. Eutrop. VII 10. Chron. Pasch. bis Dora rasch grosse Bedeutung gewann. Der 

I 367 Bonn. Prokop. hist. arc. 11. Synk. 595 Hafen erhielt den Namen 2efiaar6g Atfirjv (Jos. 

Bonn. Apollon. Tyan. epist. XI = Epistologr. ant. XVn 87; bell. Iud. I 613). Daher tragt 

gr. ed Hercher p. 112. Clement, homil. I 15. auf Mtinzen des Nero die Stadt den Namen K. 

20. IV 1. VI 26. XII 5. Xin 7; recogn. I f) agog StfiaoxQ ktftsn (Sestini Class, gener. 

12), am Mittelmeer gelegen (daher >j jtagdhog 149 ed. sec. Eckhel IH 428f. Mionnet V 



1293 Caesarea Caesarea 1294 

486f. De Saulcy Numismatique H6f., vgl. fiber a. a. 0.). Ende des 2. Jhdts. n. Chr. war sie 

diese Mfinzen Belley Mem. de l'Acad. des Inscr. Sitz eines Bischofs (Euseb. h. eccl. V 22. 23 u. a. ; 

et Belles-Lettres, alte Serie XXVI 1759, 440— Verzeichnis der Bischefe s. bei Reland 676f.). 

455). Vereinzelt (Jos. ant. XVI 136. Philo a. Als Metropole von Palaestina prima war sie auch 

a. 0.) wird sie auch K. Sefiaorri genannt. Sonst dem Bistum Jerusalem ilbergeordnet (Hierocl. a. 

gewohnlich wird sie zur Unterscheidung von den a. 0.) , bis dieses auf dem Konzil zu Chalkedon 

anderen Stadten gleichen Namens, besonders von zum Patriarchat erhoben wurde. Seit dem 3. Jhdt. 

C. Philippi, naher bezeichnet als K. fj nagaUog war C. Sitz einer gelehrten Schule, an welcher 

oder rj em xfj &akaoori K. (s. o.), oder K. f/ Stqo.- unter anderen Origenes thatig war und aus wel- 
tfovoe (Ptol.LeBas-WaddingtonHInr. 1620b. 10 cher der bertthmteste Bischof von C, Eusebius 

Clem. a. a. 0.), bei spateren Schriftstellern K. rij? Pamphili, der Kirchengeschichtschreiber, hervor- 

IlaXawTivtjs (Euseb. onom. a. a. 0. ; de martyr. ging. Auch Prokop stammte aus C. (Prokop. 

Palaest. I 2; hist. eccl. Ill 81, 5 K. rrjg 'lov- hist. arc. a. a. 0.). Unter Heraclius flel die 

data;. Apoll. Tyan. a. a. 0.) oder C. Palaestina Stadt in die Hande der Saracenen. Die Kreuz- 

(Itin. Hieros. a. a. 0.). Bald wurde C, das von fahrer unter Balduin I. eroberten die Stadt 1001 ; 

Herodes an bei Iudaea blieb , eine der grossten unter der reichen Beute befand sich auch die 

und bedeutendsten Stadte Palaestinas und blieb Gralsschiissel. Die Stadt wechselte iibrigens in 

dies lange Zeit hindurch (Jos. bell. Iud. Ill den Kreuzzfigen noch mehrmals die Herren, bis 

409. Amm. Marc. Tot. orbis descr. Clem, recogn. Beibars sie 1265 zerstorte. Das heutige el-Kai- 
a. a. 0. Apoll. Tyan. a. a. 0. maxima eivitas. 20 sarije hat noch zahlreiche Buinen der mittel- 

Eutrop. a. a. 0. urbs elarissima). Seit Iudaea alterlichen oder alten Stadt, die allerdings mehr 

unter rOmische Verwaltung gekommen war, hatten und mehr zerstOrt werden ; die Hafenbauten mit 

die romischen Procuratoren ihren Sitz in C, da- dem Drususturm des Herodes, das grosse Amphi- 

her Tacitus (a. a. 0.) die Stadt als Iudaeae caput theater , ein Hippodrom sind noch erkenntlich, 

bezeichnen kann (vgl. Jos. ant. XVIII 55; bell. auch die Aquaeducte sind zum Teil erhalten. 
Iud. II 169 Pilatus; ant. XX 116; bell. Iud. Miinzen: Eckhel III 428—432. Mionnet 

II 230 Cumanus. Apostelgesch. a. a. 0. Felix V 486— 497 ; Suppl. VIII 334— 343. De Saulcy 
und Festus. Jos. bell. Iud. II 288 u. a. Florus Numismatique p. 112—141 pi. VII. 
Gessius); zugleich war die Stadt Hauptgarni- Litteratur: Eeland 670 — 678. Raumer 
sonsort fur die romische Besatzung (fiber die 30 Geogr. Palaestinas 152f. W i n e r Realworterbuch 
dort stationierten Truppen s. Schfirer Gesch. und SchenkelBibel-Lex.unter Caesarea. Schfirer 
d. jiid. Volkes I 882ff.). Die Bewohnerschaft war Gesch. d. jfid. Volkes II 74—77. Ritter XVI 
aus Heiden und Juden gemischt, doch waren 598 — 607. Guerin Samarie II 321 — 329. The 
erstere bedeutend in der Mehrheit (Jos. bell. Iud. Survey of Western Palestine, Memoirs II 13 — 29. 

III 409). Da jeder Teil die Regierung der Stadt Baedeker Palastina und Syrien* 265f. 
fur sich beanspruchte (Jos. ant. XX 173; bell. 11) Caesarea Libani s. Ark a Nr. 3. 

Iud. II 266), scheint es mehrfach za Streitig- 12) Caesarea Germanice (Kaioagela rsg/ia- 

keiten gekommen zu sein. Unter dem Procurator vixr\ auf Mfinzen, Eckhel III 250f. Mionnet 

Felix kam es zu blutigen Kampfen; Nero nahm V 112ff. ; Suppl. VIII 85ff.) in Kommagene s. 
infolge dessen den Juden die Gleichberechtigung, 40 Germanicia. [Benzinger.] 

die sie bisher besessen. Darfiber kam es dann 13) Kaioagua in der magila EvcpQaxrjoiag 

unter Gessius Florus zu neuen Unruhen, die mit (Georg. Cypr. 882, vgl. dazu Gelzer p. 151) s. Neo- 

zum Anlass des jfidischen Krieges wurden (Jos. kaisareia. [Fraenkel.] 

ant. XX 173ff. 184; bell. Iud. II 266ff. 284ff.). 14) Caesarea Mauretaniae, bis zur Kaiserzeit 

Bei Ausbruch des Kriegs sollen nach Josephus Iol, Stadt der Kfiste Maaretaniens, in deren Ruinen 

samtliche Juden in der Stadt, 20000 an der Zahl, jetzt das Stadtchen Cherchel (ca. 100 km. west- 

in einer Stunde gemordet worden sein (bell. Iud. lich von Algier) liegt. Eine Insel vor dem Hafen 

II 457. VII 361f.). Vespasian, der hier zum von C, die Strab. XVII 831 und Ptol. IV 2, 35 

Kaiser ausgerufen worden war, erhob die Stadt erwahnen, ist jetzt mit dem Festlande verbunden. 
zur rOmischen Colonie (Plin. a. a. 0. Novell. 103 50 Nach Solin. 25, 16 Residenz des Konigs Bocchus 

praef.) , jedoch ohne das voile ius italieum, von Mauretanien, vorher zeitweise zur Herrschaft 

nur mit Freiheit von der Kopfsteuer. Titus der numidischen KOnige gehOrig, wenn wirklich 

verlieh ihr auch Freiheit von der Grundsteuer eine dort gefundene phoinikische Inschrift den 

(Dig. L 15, 8, 7 divus Vespasianus Caesarienses Namen des KOnigs Micipsa enthalt (Berger Revue 

eolonos fecit rum adieeto, ut et iuris italiei essent, d'assyriologie et d'archeologie orientale II 2, 1888, 

sed tributum his remisit capitis ; sed divus Ti- 36, vgl. Comptes rendus de lAcademie des inscr. 

tits etiam solum immune factum interpretatus et b.-l. 1888, 197. 310). Als Iuba II. zum Er- 

est; vgl. ebd. L 15, 1, 6.) Als Colonie fuhrte satz fur Numidien von Augustus die Herrschaft 

sie den Namen Colonia prima Flavia (Plin. a. fiber ganz Mauretanien erhielt, machte er Iol zu 
a. 0.) , auf Mfinzen col(onia) prima Fl(avia) 60 seiner Hauptstadt und gab derselben den Namen 

AugfustaJ Caesarensis oder Caesarea. Eine Ab- C. (Strab. XVII 831. Mela I 30. Plin. n. h. V 

kfirzung davon ist die auf einer Inschrift (CIG 20. Eutrop. VII 10). Aus der Zeit der Herr- 

4472 = Le Bas-Waddington III 1839) vor- schaft des Iuba und seines Sohnes Ptolemaeus 

kommende Bezeichnung Avyovara Kaoageia. Seit stammen zahlreiche Inschriften von Freigelassenen 

Alexander Severus hat sie auch noch den Titel des Konigshauses, zum Teil auch solche zu Ehren 

metropolis pr(ovinciae) Sfyriae) Pal(aestinae) der KSnige selbst. Das Kunstinteresse am Hofe 

(s. Eckhel u. Mionnet a. a. 0.). Das Christen- von C. bezeugen die in Cherchel gefundenen zahl- 

tum fand frfihzeitig Eingang in C. (Ap.-Gesch. reichen und verhaltnismassig guten Statuen (vgl 



1295 Caesariana Caesaris forum 1296 

Monceaux Statues de Cherchel provenant du zelnen Dioecesen vorstanden (Cod. Theod. X 8, 2), 

musee grec des rois maures a Caesarea, Gazette und wurden deshalb auch eatholieiani genannt 

archeologique 1886, 60ff. G. Boissier L'Afrique (Cod. lust. IX 49, 9 § 3). Da diese Leute be- 

romaine 31f. Gauckler Mus^e de Cherchel, Paris sonders viel Gelegenheit hatten, sich auf Kosten 

1895). Nach der Beseitigung des Ptolemaeus und des Staates zu bereichern , so ist es in jenen 

der Annexion von Mauretanien durch die Bomer Zeiten selbstverstandlich , dass sie wegen ihrer 

wurde C. die Hauptstadt der einen der beiden Unterschleife beriiehtigt waren (CIL V 2781, 34. 

Provinzen, in die das Land geteilt wurde und die CIA III 48. Cod. Theod. IX 42, 1 § 4. X 1, 5. 8, 2. 

nach der Hauptstadt den Namen Mauretania Cae- Cod. lust. X 1, 5). Daher darf ihnen, so lange sie 
sariensis fiihrte (Dio LX 9). Die Stadt selbst 10 im Amte sind, keine Wurde verliehen werden, die 

wurde durch Claudius rCmische Colonie (Plin. sie von der Anwendung der Folter hefreien wurde 

n. h. V 20; colonia Claudia Caesarea nach den (Cod. Theod. X 7, 1), und wahrend sonst die 

Inschriften CIL VI 3262. VIII 9400) und der Eegel gilt, dass diejenigen, an welche der Piscus 

Tribus Quirina zugeteilt (CIL III Suppl. 6758). Porderungen hat, so lange im Besitz ihres Ver- 

Unter Severus erhielten die Caesarienser das mogens bleiben, bis der Process entschieden ist, 

Recht, nach dem Muster anderer Stadte einen und dass Geschenke, die sie vor Entstehung jener 

Agon oder vielmehr Doppelagon zu veranstalten, Forderungen an Prau und Kinder gemacht haben, 

Ssovrjgeia und Ko/ifiodeia genannt (CIL XIV 474). giiltig bleiben, sind die C. von diesen Wohlthaten 

Die noch immer bedeutende Stadt wurde gegen des Bechtes ausgeschlossen (Cod. Theod. IX 42, 
Ausgang des 4. Jhdts. von den Mauren in Brand 20 1. X 1, 5). Da sie in der Begel vermOgende Leute 

gesteckt (Ammian. Marc. XXIX 5, 17. 19. 42. Oros. waren, gestattete Kaiser Lilian, sie zum Eintritt 

VII 33, 5). Im J. 533 wurde C. von den Truppen unter die Decurionen zu zwingen (Iul. misop. 
Iustinians besetzt (Procop. Vand. II 5. 20) , im 367 D) ; doch machte dies Valentinian I. von der 
folgenden Jahre zum Sitz des Dux von Maure- personlichen Erlaubnis des Kaisers in jedem ein- 
tanien erklart (Cod. lust. I 27, 2, 1 a). Vgl. CIL zelnen Palle abhangig (Cod Theod. X 7, 2). 

VIII p. 800ff.; Suppl. p. 1985ff. Waille De Cae- " ' [Seeck.] 
sareae monumentis (Algier 1891). Caesarion s. Ptolemaios. 

15) Caesarea in Numidien (?). Im J. 484 er- Caesaris forum in Kom, auch forum lulium 
scheint auch unter den Bischefen von Numidien (Mon. Ancyr. IV 12), Erweiterungsbau des alten 
ein Caesariensis (Notit. episc. Num. nr. 47, in 30 Forums, vom Dictator Caesar schon 54 v. Chr. 
Halms Victor Vitensis p. 65). Vielleicht ge- geplant, nach 52 (Sueton. Caes. 26) begonnen, 
h8rt auch hieher der (donatistische) episeopus am 24. oder 25. September 46 unfertig dediciert 
Caesarianensis, der an dem Religionsgesprach in (beim Siegesfeste nach der Schlacht von Thapsus), 
Karthago im J. 411 teilnahm (coll. Carth. c. 188. von Augustus vollendet (Mon. Ancyr. a. a. O.). Die 
189, bei Migne Patr. Lat. XI 1331), der jeden- Erwerbung des Baugrundes kostete 100 Millionen 
falls mit dem mauretanischen C. nichts zu thun Sesterzen (Sueton. a. a. O. Plin. XXXVI 103) ; 
hatte; vgl. Morcelli Africa Christiana I 114. zu dem von Privaten gekauften kam noch ein 

16) Caesarea Tingitanae, s. Ting is. nicht unbetrachtliches Terrain, das durch Ein- 

[Dessau.] ziehung des altrepublicanischen Comitiums ge- 

17) Caesarea, Insel in mari Oeeano quod 40 wormen war (fiber die Bebauung der Area des Co- 
Oallias et Britannias interluit, Itin. marit. 509. mitiums, sowie den an das f. C. anstossenden 
Heute Jersey. Desjardins Geogr. de la Gaule Tempel der Felicitas vgl. Hulsen Bom. Mitt. 
I 332. [Lhm.] 1893, 86). Den Mittelpunkt der Anlage bildete 

Caesariana. 1) Station der von Mogentianae ein Tempel der Venus Genetrix (Appian. b. c. II 

(Penek?) nach Aquincum (Alt-Ofen) langs des 68. 102. Ill 28. Nic. Damasc. Caes. 22. Hemerol. 

Plattensees verlaufenden Transversalstrasse in Pan- Pine. Arv. Vail, zum 26. September, s. Momm- 

nonia superior (Itin. Ant. 263). Kiepert ver- sen CIL 12 p. 323. 330. Cass. Dio XLI1I 22), 

legt CIL III tab. IV und Formae orbis antiqui ein Pyknostylos (Vitruv. Ill 2, 2) von reiebster 

XVII den Ort nach Nagy Vasony, wo CIL III Ausstattung und mit Kunstschatzen gefiillt (Plin. 
4141. 4142 gefunden wurden. Vgl. K. Mullen- 50 VII 126. 1X116. XXXV 26. 156. XXXVII 11). 

hoff Deutsche Altertumskunde II 116. Das Kultbild war ein Werk des Arkesilaos (Plin. 

[Patsch.] XXXV 156; vgl. Bd. II S. 1168) ; ausserdem stand 

2) Ort in Lucanien (Itin. Ant. 110) an der in der Cella u. a. eine Statue des Divus Iulius 

Strasse von Regium nach Salernum, 23 mp. von mit dem Kometen (Cass. Dio XLV 6) und eine 

Neruli (Botonda), 21 mp. von Marcelliana (bei der Kleopatra (Appian. b. c. II 102). Auf dem 

Sala Consilina), also in der Nahe von Lagonegro. Platze vor dem Tempel stand eine Reiterstatue 

[Hiilsen.] des Dictators, an der das ikonisch behandelte 

Caesarian! ist anfangs die allgemeine Be- Schlachtross besonders geruhmt wird (Statius silv. 

zeichnung fur das Hausgesinde des Kaisers (Mart. I 1, 84. Plin. VIII 155. Sueton. Caes. 61. W. 

IX 79. Cypr. epist, 80, 1), dann specialisiert sie 60 H. Roscher Berichte der sachs. Gesellsch. d. 
sich fur diejenigen TJnterbeamten, denen die Be- Wiss. 1891, 96 — 154) ; ferner ein Springbrunnen 
sitznahme confiscierter oder auf andere Weise an mit den Appiades des Stephanus (Ovid, ars am. 
die Krone gefallener Privatgiiter iibertragen ist. I 79. in 451. Plin. XXXVI 33; vgl. Bd. II 
In diesem Sinne ist das Wort zuerst um das S. 237f.); eine statua loricaia des Dictators Caesar 
J. 290 nachweisbar (Cod. lust. X 1, 5). Die C. (Plin. XXXIV 18); eine Colossalstatue des Tiberius 
gehorten zu den Officia der Rationales Sacrarum (Phlegon mirab. 13). Ein Brand unter Carinus zer- 
largitionum (xaSofaxot CIG 4807. 4892. Athan. storte es (Chronogr. a. 354 bei Mommsen Chron. 
ap. c. Ar. 14), die der Finanzverwaltung der ein- min. I 148), Diocletian stellte es wieder her. Er- 



1297 Caesaris horrea Caesarius . 1298 

wahntwirdesnochinderNot.reg. VIII (ob dagegen Naumaehia Augusti erbaut wurde. Mon. Ancyr. 

CIL VI 10097 Caesareo earmina nota foro auf IV 44 ; Tac. aim. XIV 15. Sueton. Aug. 43. CIL 

dies Forum zu beziehen, bleibt zweifelhaft ; das XI 3772 a = VI 31566 (dazu Barnabei Not, 

Caesaris forum in der Nahe des Argiletum, von d. scavi 1887, 186. Hiilsen Rem. Mitt. 1889, 

welchem Martial. 1 1 1 7, 1 spricht, ist ohne Z weifel 289). [Hulsen.] 

das spatere forum Nervae). Caesarius. 1) Armenier (Lib. ep. 291), ver- 

Erhalten ist vom f. C. nur ein Teil der Um- mahlt mit der Schwester des Eusebios , die ihm 

fassungsmauer aus grossen TuffblOcken (Beber zwei Sohne (Lib. ep. 252), von denen einer Eudo- 

Buinen Boms 155ff.). Vom Tempel der Venus xios hiess (Lib. ep. 291), gebar. Beide wurden 
Genetrix sind um 1570 Beste gefunden, aber sofort 10 Schiiler des Libanios (ep. 251. 252. 253. 257. 291). 

wieder verbaut worden. Zeichnungen davon bei Er starb um 359 (Lib. ep. 291; vgl. Sievers 

L abac co Libro appertenente all' architettura Libanius 211). An ihn gerichtet Lib. ep. 252. 257. 

tav. 33 — 36 ed. 1558. P all a dio Architettura 1. 2) Antiochener (Lib. ep. 1454; vgl. Amm. 

IV p. 128 ed. 1581. Vgl. im allgemeinen Canina XXIII 1, 2. Lib. ep. 327), Bruder des Alypios 

Edif. I tav. 92. Jordan I 2, 436—441. Gilbert (Lilian, ep. 29), Neffe des Hierokles (Lib. ep. 1583). 

Top. Ill 225—227. [Hiilsen.] Um 362 gebot er iiber Phrygien (Lib. ep. 674), 

Caesaris horrea in Bom, genannt Dig. XX aber wohl nicht als Praeses dieser Provinz, son- 

4, 21, 1 (dagegen kann die fragmentierte Inschrift dern mit der ausgedehnteren Macht des Vicarius 

CIL VI 4240 Stephanus . . . . i Caesaris horr .... dioeceseos Asianae ; denn sonst ware sein spateres 
auch auf andere horrea beziiglich gewesen sein, 20 Avancement ein gar zu scmielles. Schon bald 

vgl. 4239: EJros [Caesjaris horrfeariusj [de nach dem Tode des Iulian (Lib. ep. 1488) wurde 

LJollianis), wahrscheinlich allgemeiner Name fur er zum Kaiser berufen, um ein Amt zu iiber- 

die grossen kaiserlichen Speicher unterhalb des nehmen, das eine ganz verschiedene Thatigkeit, 

Aventins (Galbana, Lolliana u. a.). Eine lex als seine fruheren Statthalterschaften , erforderte 

horreorum, die sich auf kaiserliche Speicher in (Lib. ep. 1064). Es war die Comitiva rerum pri- 

Bom bezieht (aber nicht des Hadrian, sondern vatarum, in welcher wir ihn 364 thatig finden 

eher das Nerva: Mommsen bei Bruns Fontes (Cod. Theod. X 1, 8). Am Hofe des Valens ubte 

iurisS 270) publiciert Gatti Bull. com. 1885, er grossen Einfluss aus (Lib. ep. 1069. 1070. 1285. 

llOff. [Hulsen.] 1483. 1485. 1492) ; man erwartete, dass die Prae- 

Caesaris horti, bei Bom am rechten Tiber- 30 fectur ihm nahe bevorstehe (Lib. ep. 1454). Wirk- 

ufer, vom Dictator testamentarisch dem romischen lich war er 365 schon Praefectns urbis Constantino- 

Volke vermacht (Cic. Phil. H 109. Sueton. Caes. 83. politanae, wurde aber als solcher von dem Usur- 

Appian. b. c. II 143. Plutarch. Brut. 20. Cass. Dio pator Prokopios gefangen und eingekerkert (Amm. 

XLIV 35). Die Lage wird dadurch bestimmt, dass XXVI 7, 4. Zos. IV 6, 2). Das Gerucht, dass er 

unter Tiberius 15 n.Chr. eine aedis Fortis Fortunae im Gefangnis gestorben sei, scheint zwar falsch 

Tiberim iuxta, in hortis quos Caesar dictator gewesen zu sein (Themist. or. VII 92 c), doch hort 

populo Romano legaverat (Tac. ann. II 41 ; vgl. man spater nichts mehr von ihm. An ihn ge- 

Plut. Brut. a. a. O.) geweiht wurde. Da nun richtet Lib. ep. 674. 1064. 1070. 1092. 1132. 1284. 

das Hemerol. Amiterninum am 24. Juni ein Opfer 1285. 1330. 1385. 1442. 1454. 1480. 1483. 1485. 
an die Fortuna trans Tiberim ad milliar. pri- 40 1492. 1494. 1502 ; erwahnt 1466. 

m(um) verzeichnet, so ist es wahrscheinlich, dass 3) Kappadokier aus Nazianzus, Sohn des dor- 

der tiberianische Tempel an der Stelle oder in tigen Bischofs Gregorios und seiner Gattin Nonna 

der Nahe eines alteren Heiligtums erbaut wurde (Greg. Theol. poem, de se ipso XCI. XCVI; epit. 

(Mommsen CIL 12 p. 320). Der Fortunatempel VII 1. XVI 1. XX 3 = Migne Gr. 37, 1446. 1450. 

wird sonst noch erwahnt von Varro de 1. 1. VI 38, 14. 18. 21), jfingster Bruder des beriihmten 

17. Ovid. fast. VI 775ff. Plut. de fort. Bom. 5. Gregorios und der Gorgonia (Greg. Theol. poem. 

Donat. zu Terent. Phorm. V 6, 1, sowie in der de se ipso XC; epit. VI 2. VIE 4; laud. Caes. 

Notitia reg. XIV; seine Fundamente glaubt Lan- 25 = Migne Gr. 35, 788), der Gattin eines Aly- 

•ciani (Bull. com. 1884, 27f. mit Taf. I) in der pios, der aber von dem Bruder des Antiocheners 
ehemaligen Vigna Costa wiedergefunden zu haben. 50 C. zu unfcerscheiden ist. Denn dieser war Heide, 

Die Garten Caesars rmissen demnach an den Ab- jener Christ (epit. XXIV). C. studierte in Ale- 

hangen des ,Monte Verde', gegenttber dem Monte xandreia (laud. Caes. 6 ; epit. XXI 1) Geometrie, 

Testaccio, gesucht werden; das Terrain hat seit Astronomie (laud. Caes. 7; epit. XII 2. XIII 3) 

dem 16. Jhdt. reiche Ausbeute an Kunstschatzen und namentlich Medicin (laud. Caes. 7. 20; poem, 

geliefert (C. L. Visconti Ann. d. Inst. 1860, de se ipso I 181; epit. XIII 4. XIV 3). Um 

415 450; Bull. com. 1884, 25—38. Borsari 356 (Migne Gr. 35, 170) trat er die Heimreise 

Bull. com. 1887, 90 — 96. Bom. Mitt. 1890, an, errang aber unterwegs bei einemkurzen Aufent- 

149. 1892, 331). Erwahnung verdient die Exi- halt in Constantinopel so hohes Ansehen, dass die 

stenz zahlreicher orientalischer Heiligtiimer in Stadt eine Gesandtschaft an den Kaiser schickte, 
und bei den h. C. (Belus CIL VI 50—52; Sol 60 dieser mOge den C. zum hauptstadtischen Archia- 

CIL VI 708. 709. 712. 755; vgl. Borsari Bull, tros ernennen. Ein Sitz im Senat und eine vor- 

com. a. a. O). nehme Ehe wurden ihm angetragen ; er aber liess 

Einen anderen Garten des Caesar an der Porta sich durch seinen Bruder, der um dieselbe Zeit 

polBna erwahnen Obsequens 71 (131). Ps.-Cicero aus Athen in Constantinopel eingetroffen war, 

in Sallust. 7. Garten des L. Caesar ungewisser dazu bestimmen, dies alles auszuschlagen und mit 

Lage Cic. ad Att. XI 6. [Hulsen.] Gregorios gemeinsam die Eeise nach Nazianz fort- 

Caesarnm nemus, Park in Trastevere in zusetzen (laud. Caes. 8. 9). Gleichwohl wurde 

Bom, wo die aqua Alsietina endigte und die er spater von Constantius zum Archiatros und 



1299 Caesarius Caesarius 1300 

Comes ernannt und erwarb sich an dessen Hof verschiedenen in der Uberschrift genannten Per- 

durch unentgeltliche Behandlnng der Beamten sonen zu verteilen. Doch pragt sich dies nur 

grossen Anhang (a. 0. 10). Nach dem Regie- darin aus, dass dem Constantius die Vertretung 

rungsantritt Iulians zitterte der Bruder fiir sein der astrologischen Weisheit iibertragen wird (II 

Christentum und suchte ihn brieflich zu veran- 108 p. 977); im iibrigen ist es noch nicht zur 

lassen , dass er sein Amt niederlege (epist. 7 = Durchfiihrung gekommen, sondern nevoig und ano- 

Migne Gr. 37, 32). Wirklich machte der Kaiser xqiois stehen sich wie im Katechismus unpersOn- 

auch an C. Bekehrungsversuche , ja er liess sich lich gegeniiber. Auch finden sich hier und da 

sogar auf eine Disputation mit ihm ein. Als aus verschiedenen theologischen Schriftstellern 
diese erfolglos blieb, gab er ihm zwar nicht ge-lOrohe Ausziige eingestreut, welche noch nicht iD 

rade seine Entlassung, schickte ihn aber doch die Form Ton Frage und Antwort gebracht sind 

vom Hofe fort. C. kehrte in seine Heimat zu- (p. 1045. 1080. 1088. 1105). Der Dialog ist teil- 

riick (a. O. 11 — 13), wurde aber nach dem Tode weise polemisch gegen Arianer, Makedonianer, 

des Apostaten wieder an das Hof lager berufen Apollinaristen und Origenisten , teils beschaftigt 

und genoss jetzt als Bekenner eines doppelten er sich mit Fragen der Bibelinterpretation, teils 

Ansehens bei Iovian und Valens (a. 0. 14; poem. endlich versucht er die Astronomie und Natur- 

de se ipso I 177; epit. VII 2. XIV 3. XVI 3. lehre in christlichem Sinne zu begrtinden oder 

XVII 1. XVIII 5). 368 ward er zum Comes sa- umzugestalten. Deswegen ist wohl auch C. zum 

crarum largitionum ernannt (laud. Caes. 15 ; poem. Hauptsprecher gemacht, weil er einerseits als Arzt 
de se ipso XI 370) und hielt sich als solcher in 20 und Naturkundiger beriihmt gewesen war und 

Nicaea auf, als er durch das Erdbeben vom 11. man ihm andererseits um seines heiligen Bruders 

October 368 (Mommsen Chron. min. I 241. Socr. willen auch theologisches Wissen zuschrieb. Die 

IV 11) verschiittet wurde. Zwar zog man ihn Abfassungszeit der Schrift dflrfte das letzte Ende 

unter den Trummern des Hauses unverletzt her- des 4. oder der Anfang des 5. Jhdts. sein, da der 

vor (laud. Caes. 15; poem, de se ipso I 172; Autor den Donauubergang der Hunnen im Winter 

epit. XV. Gratulationsbriefe zu seiner Rettung 394/5 schon zu kennen (I 68 p. 936 ; vgl. Claud, 

von Gregor. ep. 20 und Basileios ep. 26 = Migne in Ruf. II 26. Philost. XI 8), dagegen von den 

Gr. 32, 301. 37, 53); doch einen grossen Teil nestorianischen und monophysitischen Streitig- 

seines VermOgens hatte die Erde verschlungen keiten noch nichts zu wissen scheint. 
(poem, de se ipso 1 1 72), und er selbst starb, noch 30 4) Claudius Hermogenianus Caesarius, Praefec- 

ehe er Bithynien verlassen hatte (epit. XIV 4), tus urbisBomae 374— 375, s. Bd. I S. 2204 Nr. 43. 

an einer Krankheit (epit. XV 3; vgl. epist. 80). 5) Domesticus des Magister officiorum Remi- 

Sein Tod erfolgte im Amte (poem, de se ipso XI gius , von diesem zum Notarius des Kaisers be- 

370) , muss also noch Ende 368 stattgefunden fordert, wurde 374 oder 375 auf Befehl des Prae- 

haben , da sein Nachfolger Archelaos schon im fectus praetorio Galliarum Maximums auf die Fol- 

Januar 369 erwahnt wird (Cod. Theod. IV 12, 6; ter gespannt, um gegen seinen Gonner auszusagen, 

vgl. IX 21 , 7. X 21 , 1). Seine Keste wurden Amm. XXX 2, 11. 

nach Nazianz geschafft und im Grabhugel seiner 6) Flavius Caesarius, Consul 397 (DeBossi 

Mutter beerdigt (poem, de se ipso XCI 3), wobei Inscr. christ. urb. Rom. I 442. 443. 445. 449. 
ihm sein Bruder die noch erhaltene Leichenrede 40 450. 451. 454. 455. 458), unter dem Namen Ty- 

hielt. Da er keine Familie hinterliess, vermachte phos Vertreter des bOsen Princips bei Synesios 

er sein Vermogen den Armen (laud. Caes. 20 ; Aiyxmrioi rj jisqi jtgovoiag. Er war der Sohn des 

poem, de se ipso I 222. Basil, epist. 32 = Migne Palladius Rutilius Taurus Aemilianus, Consuls 

Gr. 32, 316) ; doch gab dasselbe noch Anlass zu 361 (Synes. 88 a), der altere Bruder des Aurelia- 

langwierigen Processen (Basil, ep. 32. Greg. ep. nus, Consuls 400 (Synes. 90 a. 94 a. 110 a. 126 d). 

29; poem, de se ipso I 173. 183. XI 371). An Schon als Greis vermahlte er sich, vielleicht zum 

ihn gerichtet Basil, epist. 26. Gregor. ep. 7. 20. zweitenmal, mit einer jungen Frau, die auf ihn 

Sein Andenken feiern Gregor. epitaphia VI — XXI. einen grossen Einfiuss ausiibte (105 b). Sie hing 

Uns ist ein Dialog in vier Tagesabschnitten er- der arianischen Secte der Makedonianer an (So- 
halten (abgedruckt bei Migne Gr. 38, 847), wel- 50 zom. IX 2) und mag dazu beigetragen haben, 

chen schon Photios (cod. 210), wenn auch zweifelnd, die von seinem Vater ererbte Neigung zum Aria- 

diesem C. zuschrieb. Doch weiss Gregorios nichts nismus (Synes. 115 b. 121b) in C. zu festigen. 

von irgendwelcher schriftstellerischen Thatigkeit Nach ihrem friihen Tode bereitete er sich sein 

seines Bruders, und die tlberschrift : Ilsvastg jiqoo- eigenes Grab bei dem ihrigen und errichtete da- 

ax&eTaai and Kwvoxavxiov , Osoxagtatov, 'AvSqcov, bei in der Nahe von Constantinopel eine prach- 

rw/oQiov, Aojxvov, 'loibwqov, Aeovnov km at- tige Kirche des hi. Thyrsos (Sozom. a. O.). Eine 

xeiT<p (in seereto) Kaiaagifp t<j5 adekytji xov dyiov sinnliche Natur von ungeziigelter Leidenschaft- 

rgriyoQiov imoxoaov Nat,mvt,ov , oittjvixa IxQa- lichkeit (90 d), dem Wein und den Weibern er- 

trjdt) iv KwvoxavTirovnohi SiSdaxcov im hrj x' geben (91b. 104 c. 107 c. d), in seinem Verhalten 
(oder nach anderer Uberlieferung htj g) bezeich- 60 hochst ungleichmassig (91 a. 93 a. b) und vielleicht 

net ihn nicht als den Verfasser, sondern als den geistig nicht ganz gesund (93 a) , verachtete er 

Hauptredner des Dialogs. Dass dies im Text nur Philosophie und Rhetorik (90 c. 93 c) und bewun- 

in der Erwahnung von seiner kappadokischen derte nur die rohe Korperkraft (91 a). Daher ver- 

Heimat (I 99 p. 964) hervortritt, liegt an dem trat er am Hofe im Gegensatz zu seinem Bruder, 

Zustande der Schrift. Denn offenbar ist dieselbe mit dem er in offenkundiger Feindschaft lebte 

nicht vollendet, sondern nur im Entwurf erhalten. (90 d. 91 c. 107 b. 1 12 d), die Partei der Germanen 

Der Verfasser hatte die Absicht, die Fragen (nev- (94 b. 109 a. 121b. 122 b). Er erOfmete seine 

osis), welche an C. gerichtet werden, unter die Laufbahn in einem Finanzamte, wahrscheinlich 



1301 Caesarius Caesarius 1302 

als Rationalis irgend einer Dioecese, und wurde iiberdauerte sie doch dessen Katastrophe (114 d. 
angeklagt, sich dabei des Unterschleifs und der 115 b. 121 d. 125 c). Erst 402 wurde er als Mit- 
Bestechlichkeit schuldig gemacht zu haben (92 a); verschworener der Barbaren vor das Gericht des 
spater verwaltete er mehrere Provincialamter(92b), Senats gestellt und seines Amtes entsetzt (122d), 
einen Teil derselben noch unter Lilian und Valens ; aber durch die Fursprache seines Bruders, der 
denn schon vor Theodosius hatte er mehr als wieder an seine Stelle trat, zum zweitenmal be- 
einem Kaiser gedient (Lib. or. I 680). Als Ma- gnadigt (124a). Seeck Philol. LII 450. 
gister offlciorum ist er von 387 (Theodor. h. e. 7) Tribunus et notarius am Hofe Valenti- 
V 19. Lib. or. I 678) bis 389 (Cod. Theod. VIII nians III., Nov. Val. 20, 2. 
5,49) nachweisbar. In der Fastenzeit 387 wurde 10 8) Andere Homonymen Symm. ep. I 75; rel. 
er mit dem Magister militum Hellebicus nach 28, 2. 4. [Seeck.] 
Antiochia geschickt, um die Stadt fur ihren Auf- 9) Caesarius von Aries f 542 , wohl der vor- 
stand zu strafen (Theodor. a. O.), zeigte sich aber nehmste und einflussreichste Vertreter christlichen 
bei der Untersuchung sehr milde. Nach Einlei- Rdmertums in Gallien wahrend der ersten Halffce 
tung derselben reiste er in fabelhafter Eile zum des 6. Jhdts. Geborenspatestens470imtfemform»J. 
Kaiser Theodosius zuriick und erwirkte bei ihm der eivitas Chalons-sur-Sa6ne ist er auf dem Land- 
Begnadigung (Sie vers Libanius 177). Dies bildet gute seiner Eltern, wohlhabender ROmer, als bur- 
den Gegenstand einer Rede, welche Libanius zu gundischer Unterthan aufgewachsen, anscheinend 
seinem Lobe gehalten hat (I 678 — 696). Nach ohne nennenswerte Bildung zu empfangen. Von 
der Ermordung des Rufinus (27. Nov. 395) wurde 20 dem kirchlichen Zuge der Zeit ergriffen, erbat er 
er an dessen Stelle Praefectus praetorio Orientis gegen den Willen seiner Familie, etwa 587, von 
(Philost. XI 5) ; doch wurde ihm ein College in dem Bischof von Chalons die Aufnahme in den 
der Person des Eutychianus (s. d.) beigegeben. dortigen Klerus; um auch das Vaterland noch 
Als Inhaber dieses Amtes lasst er sich von 395 seinem Gott zum Opfer zu bringen, entwich er 
— 398 nachweisen (395 Cod. Theod. X 6, 1. XII 589 nach dem Kloster Lerinum, wo er unter dem 
1, 150. XVI 5, 27; 396 Cod. Theod. VI 3, 2. Abt Porcarius etwa neun Jahre verbrachte. Als 
26, 7. 27, 10. VII 4, 21. VIII 17, 1. IX 1, 18. seine Gesundheit durch den Aufenthalt auf der 
38, 9. 42, 14. 15. XV 1, 34. 35. XV 6, 1. XVI 5, ungesunden Insel, zumal bei dem Cbermass von 
31. 32. 7,6. 10, 14; 397 Cod. Theod. VI 2, 14. asketischen Leistungen. die sein Enthusiasmus 
26, 9. 10. VIII 15, 8. IX 26, 1. XI 8, 1. XVI 8, 30 sich auferlegte, bedenklich erschiittert wurde, 
13 ; 398 Cod. Theod. XVI 2, 32 ; vgl. Cod. lust, schickte man ihn nach Aries, wo er in dem Hause 
XI 70, 4. Synes. de prov. 92 c ff.), diirfte es aber eines reichen Christen Pirminus freundliche Auf- 
wohl wahrend der ganzen Zeit, welche die Herr- nahme fand. An diesetn Mittelpunkte eines an- 
schaft des Eutropios dauerte , behauptet haben. geregten geistigen Lebens lernte ihn der Rhetor 
In dessen Sturz (399) wurde er mit verwickelt und Grammatiker Pomerius (s. d.) kennen; in 
und entging der Verbannung nur durch die Gnade dessen Schule diirfte er mehr gelernt haben, als 
seines Bruders (Synes. de prov. 96 b. 97 a. 102 d. die fromme Angstlichkeit seiner Biographen zu- 
124 a). Seine Bemuhungen, an Stelle des Eunu- geben will ; aber auch dem Bischof von Aries, 
chen selbst die Herrschaft iiber den schwachen Aeonius, stellte sein Patron ihn vor, und da dieser 
Arcadius zu gewinnen, waren vergeblich gewesen 40 sein specieller Landsmann war und Gefallen an 
(95 d). Er soil dann durch Vermittlung seiner ihm fand, wurde sein Verhaltnis zu Lerinum bald 
Prau, die mit der Gattin des Gainas befreundet deflnitiv gelOst, er zum Diaconus und Presbyter 
war, diesen aufgehetzt haben, gegen Constanti- geweiht und nach dem Tode des friiheren AMes 
nopel zu marschieren und die Auslieferung des er an die Spitze des auf einer Rhoneinsel bei 
Aurelian zu verlangen (108bff.). Als die Gothen Aries gelegenen Klosters gestellt. Als drei Jahre 
bei Chalkedon standen, ging er heimlich in ihr spater, 502, Aeonius starb, hatte er, eigentlich 
Lager (110 b) und wirkte dort fur die Hinrichtung gegen die kanonischen Vorschriften, schon Sorge 
seines Bruders (Ilia). Nachdem dieser gegen getragen, dass man den erst 32jahrigen C. zu 
seinen Willen nur verbannt worden war (400), seinem Nachfolger wahlte; trotz der obligaten 
iibernahm er selbst die Praefectur und die Leitung 50 Versteckung, mit der er der hohen Wurde anfangs 
des Kaisers (111c. 400 Cod. Theod. I 35, 1; 401 zu entgehen suchte, hat er sie gem ilbernommen 
Cod. Theod. VIII 5, 62; falsch datiert Cod. lust. und 40 Jahre lang das Bistum der damaligen 
VII 41, 2, wohl in das J. 402 zu setzen). Im kirchlichen Hauptstadt von Gallien unter den 
Gegensatz zu dem gar zu freigiebigen Regiment schwierigsten politischen Verhaltnissen verwaltet. 
des Aurelian war er sehr strenge in der Steuer- Bis 507 gehOrte Aries zu dem westgothischen 
erhebung, erhohte die Lasten der Stadte (111c) Reich; von Alarich II. ist C. auch einmal als 
und machte die Vergiinstigungen und Privilegien, Hochverrater nach Bordeaux verbannt worden; 
welche sein gutmiitiger Bruder im Ubermasse er- nachdem die Stadt die schwere Belagerung durch 
teilt hatte, meist wieder riickgangig (112 c. 114b). Pranken und Burgunder, 508—510, glucklich 
Sein eigenes VermOgen soil er durch Amterhandel 60 uberstanden hatte, kam sie, wie die ganze Pro- 
bereichert haben (111 d), und auch seine Prau soil vence, in die Gewalt der Ostgothen; schon um 
der Bestechung zuganglich gewesen sein (112 c). 513 musste C. sich vor Theoderich in Ravenna 
Er wirkte dahm, dass den Gothen in Constanti- personlich gegen die Anklage auf verraterische 
nopel eine arianische Kirche eingeraumt werde Conspirationen verteidigen; unter Vitiges wurde 
(115 b), und als sie aus der Stadt gefliichtet waren, 537 die Provence den Franken tiberlassen, und 
suchte er den zuriickgebliebenen Rest vergeblich Aries kam an Childebert von Paris. So hat C. 
gegen die Volkswut zu schiitzen (121 a). Obgleich in seinen letzten Lebensjahren einen orthodoxen 
er seine Stellung durch Gainas erhalten hatte, Landesfiirsten besessen. 



1303 Caesarius Caesellius 1304 

Unsre Hauptquelle fur seinen Lebensgang bil- angefertigt hatte , auf deren Namen ediert zu 

det die bald nach 542 durch fanf seiner Freunde haben scheint , eine besondere Art von Pseudo- 

verfasste Vita , deren erstes Bucli drei Bischdfe, nymitat. Augenblicklich ist mit der Vorbereitung 

Cyprianus (von Toulon), Firminus und Viventius, einer kritischen Gesamtausgabe der Opera Caesarii 

das zweite ein arelatensischer Presbyter Messianus G. M o r i n beschaftigt , eine Anzahl wertvoller 

und ein Diacon Stephanus geschrieben haben Beitrage hat er in der Revue b^ne'dictine schon 

(Migne Patrolog. lat. LXVII 1001—42). Als Bio- vorgelegt; neu entdecktes Material auch bei C. P. 

graphie hat die Arbeit mit ihren vielen Wieder- Caspari Kirchenhist. Anecdota 1 1883, 213 u. s. 
holungen und der grossen Ungleichmassigkeit in Eine zusammenfassende Biographie hat C. Fr. 

der Berichterstattung starke Mangel, aber ihr 10 Arnold unternommen: Caes. von Arelate u. d. 

Material ist wertvoll, und die bona fides der wohl- gallische Kirche seiner Zeit, Lpzg. 1894; dort findet 

unterrichteten , wenn auch von mdnchischen und man die tibrige Litteratur vollstfindig verwertet, 

klerikalen Vorurteilen beeinflussten Erzahler nicht doch fehlt eben noch das Fundament fur derartige 

anzutasten. tfber die Bedeutung des C. aber fur Arbeiten, so lange keine brauchbare Ausgabe der 

die Kirche seiner Zeit werden wir besser unter- Werke des C. existiert. Aber schon ein ober- 

richtet durch die mannigfachen Zeugnisse der flachlicher Vergleich eines Ausschnittes aus seiner 

Verehrung fur ihn, die wir aus dem Munde von Schriftstellerei etwa mit den Arbeiten des 50 Jahre 

Zeitgenossen , selbst seines Concurrenten Avitus spater gestorbenen Bischofs Gregor von Tours ge- 

in Vienne, namentlich aber auch der damaligen niigt, um den tiefen Einschnitt, der zwischen 
rOmischen BischSfe, sowie von spateren Theolo- 20 diesen Mannern liegt, erkennen zu lassen: Gregor 

gen, z. B. Venantius Fortunatus und Cassiodor steckt ganz in der Barbarei des merovingischen 

besitzen. Auf einer Beihe von Synoden, die er Mittelalters, C. von Aries ist in seiner schlichten, 

persSnlich geleitet oder inspiriert hat, hat er am volkstiimlichen, auf rhetorischen Prunk erfreulich 

starksten unter alien gallischen Bischofen der verzichtenden, aber des Gefiihls fur Sauberkeit der 

alten Kirche die Ausbildung von Rechtsordnungen Sprache und der Darstellungsmittel nicht ent- 

jeder Art in seiner Landeskirchebeeinflusst; der in behrenden Art einer der letzten Repraesentanten 

Gallien heimische Semipelagianismus ist durch ihn der classischen Periode der lateinischen kirch- 

— entscheidend 529 auf der Synode zu Orange — lichen Litteratur. [Jiilicher.] 

beseitigt und ein gemassigter Augustinismus, wie Caesarobriga in Lusitanien, in den Verzeich- 

man damals in Rom ihn pfiegte, zur Herrschaft 30 nissen des Agrippa und Augustus unter den ei- 

gebracht worden; durch Klostergriindungen und vitates stipendiariae genannt (bei Plin. IV 118), 

Aufstellung von MOnchsregeln hat er eine ver- nach den inschriftlichen Zeugnissen (CIL II 895. 

haltnismassig gesunde Entwicklung des MOnchs- 896) aber schon im 1. Jhdt. municipium; jetzt 

wesens in seiner Heimat gefordert. Eine wirk- Talavera de la Reina in der reichen Ebene des 

lich religiose Natur , hat er sich bemiiht seinen Tagusthals westlich von Toledo mit alten Mauern 

bischoflichen Pfiichten gerecht zu werden und ist und Thoren und zahlreichen inschriftlichen und 

durch sein unermiidliches Predigen in Stadt und andern Denkmalem (CIL II p. 111. 828). 
Dorf das Muster eines Volkspredigers fur viele [Hubner.] 

Jahrhnnderte geworden. LongepositisinFraneia, Caesarodnnum , Hauptstadt der Turones in 

in Gallia atque in Italia et Hispania diver sis- 40 Gallia Lugudunensis , am Liger, Ptol. II 8, 11 

que provinciis eonstitutis transmisit per saeer- mxga rov Alyeiga Tovqovioi xai jtoXig avr&v Kai- 

dotes quid in eeelesiis suis praedieare faeerent, oaoddovvov. Tab. Peut. (Casaroduno). Spater 

bemerkt die Vita I 42, und sie weiss auch, dass hiess sie Turoni (s. d.), oppidum Turonicum u. a.; 

den Predigten des C, soweit sie nicht eongruae heute Tours. Desjardins Table de Peut. 27. 

festivitatibus et loots d. h. Gelegenheitsreden Longnon Geogr. 242ff. H o 1 d e r Altcelt. Sprach- 

waren, vor allem eigentumlich das Eifern gegen schatz s. v. Der Name bedeutet Caesaris arx 

sittliche Mangel und tjberreste heidnischen Wesens (Glilck Keltische Namen 139). [Ihm.] 

ist, z. B. eontra calendarum paganissimos ritus, Caesaromagus. 1) Stadt der Bellovaci (s. d.) 

eontraque . . lignicolas, fontieolas, dadurch werden in Gallia Belgica, Ptol. II 9, 4. Itin. Ant. 380. 
sie fur die Kulturgeschichte so schatzbar! 50 384. Tab. Peut. (Casaromago); das heutige Beau- 

Leider befindet sich die litterarische Hinter- vais. Desjardins Table de Peut. 21. Longnon 

lassenschaft des C. noch im iibelsten Zustande. Geogr. de la Gaule au Vie siecle 415f. Der 

Sie fullt mit Einschluss von Unechtem und Zweifel- Name bedeutet Caesaris campus (Gliick Kel- 

hafteminMignePatrolog.lat.LXVII1041-1166. tische Namen 122f.). Vgl. Bratuspantium. 
Ausser von ihm redigierten Concilienbeschlussen [Ihm.] 

und ein paar Briefen bilden den Inhalt ein aller- 2) Stadt bei den Trinovanten in Britannien, 

dings hOchst interessantes testamentum, regulae wahrscheinlich zu Caesars Ehren benannte rO- 

fflr MOnche und Nonnen und Homilien. Weitaus mische Griindung (s. o. S. 866), an der romischen 

die meisten aber von den Predigten des C. sind Strasse von Londinium nach Camulodunum (Tab. 
unter falschem Namen veroffentlicht worden; bei- 60 Peut. Baromaci. Itin. Ant. 474, 1. 480, 4. Geogr. 

nahe 70 haben schon die Benedictiner in ihrer Rav. 429, 13), ungefahr bei Chelmsford zu suchen. 
Augustinausgabe von pseudoaugustinischen ser- [Hubner.] 

mones dem C. zuerkannt (s. Migne Patrolog. lat. Caesellius. 1) Caesellius Bassus, rOmischer 

XXXIX). Aber auch unter den Namen des Effrem, Ritter, Karthager von Geburt. Durch einen Traum 

Eusebius , Faustus ist caesarisches Gut auf uns veranlasst, war er von der Aufflndung eines grossen 

gekommen, und an dieser Versprengung ist C. Schatzes in seinem Landgut fest iiberzeugt und 

selber nicht ohne Schuld, indem er bisweilen suchte auch dem Kaiser Nero den Glauben bei- 

Predigten, die er unter Beniitzung alterer Meister zubringen, es sei der Schatz der Dido mit leichter 



1305 Caesellius Caesennius 1306 

Miihe zu Tage zu fOrdern. Die Nachricht erregte 8; vgl. Ribbeck Proleg. ad Verg. 173f.) in 

damals grosses Aufsehen in Rom und gab Nero seinen Quaestiones epistolicae und Terentius Scau- 

zu den ttberschwenglichsten Hoffnungen, ja sogar rus in einer, wie es scheint, besonderen Schrift 

zu wahnsinnigen Ausgaben Anlass. Als aber die de Caeselli erroribus (Gell. XI 15, 3 inter alia 

Nachforscbungen erfolglos blieben, gab sich C. quae de Caeselli erroribus eonposuit; dass man 

aus Furcht und Scham den Tod, im J. 65 n. Chr. auch an die Schrift de rebus per epistulam quae- 

Nach einer andern Version wurde er gefesselt, sitis denken kOnne, erwahnt Kummrow Symb. 

aber wieder entlassen, nachdem man sich an seinem crit. 3 Anm. 8). Aus beiden hat Gellius gescnSpft 

Besitz schadlos gehalten hatte, Tac. ann. XVI (Mercklin Jahrb. Suppl. Ill 658). Benutzt hat 
1—3; vgl. Suet. Nero 31. [Stein.] lOihn sicher Caper, von dem Priscian abhangig ist 

2) L. Caesellius Vindex (L. nach GL VII 147, (Kirchner Jahrb. Suppl. VIII 516); vielleicht 

14 ; irrtfimlich steht ebenda und GL VI 565, 3 hat der von Charisius ausgeschriebene Iulius Ro- 

Caecilius), lateinischer Grammatiker der hadria- manus seine Citate eben daher (Proehde a. a. 0. 

nischen Zeit (Keil GL VII 139), ist nach der 636). Ob Nonius im 3. Buche neben Caper den 

tFberlieferung der Verfasser zweier Werke: 1) eines C. benutzt hat, wie L. Mueller Non. II 254 an- 

Werkes stromateus betitelt (in stromateo GL II nimmt , wage ich nicht zu entscheiden ; vgl. P. 

210, 7. 230, 11); 2) eines eommentarius lectio- Schmidt De Nonii Marc. auct. gramm. 152. Im 

num antiquarum (so Gell. II 16, 5. XI 15, 2 ; iibrigen dttrfte sein Einfluss weiter reichen, als es 

eommentaria ebenda VI 2, 1. XI 15, 5. XX 2, die noch vorhandenen Spuren erweisen. [Goetz.] 
2; in leetionibus suis antiquis ebd. Ill 16, 11). 20 3) Caesellia als altrOmischer Frauenname an- 

Da nun aber Charisius oder vielmehr dessen Quelle geffihrt vom Auct. de praen. 7 und in der (echte- 

Iulius Romanus keinen dieser Titel anfiihrt (Vin- ren?) Form Caesulla von Pest. 274. [Mfinzer.] 

dex A litterae libro 1 117, 13 ; Caesellius Vindex Caesena (so meist, auch CIL XI 3283 [= vase. 

libro B litterae 239, 21 ; Caesellius Vindex libro Apoll. 3], Cesena Itin. Hierosol. 615. Tab. Peut. 

L 195, 26), so nimmt man an, es habe nur ein CIL XI 3281 [= vase. Apoll. 1], Caesana CIL XI 

einziges Werk vorgelegen, etwa mit dem Titel 3282 [= vase. Apoll. 2], Curva Caesana Itin. 

Stromateus sive leetiones antiquae (so z. B. Ant. 286. Tab. Peut. CIL XI 3284 [= vase. 

Proehde De C. Iulio Rom. 637; vgl. Ritschl Apoll. 4], Kaiarjva Strab. V 217, Kaioaiva Ptol. 

Parerg. 1360. Kretzschmer De auctor. A. Gellii III 1, 46, Ethnikon Caesenas), Stadt in Gallia 
gramm. 96; ahnlich schon Osann Beitr. II 329 30 Cispadana am Sapis (Savio) und der via Aemilia, 

adn. und Grafenhan IV 69; an zwei verschie- jetzt Cesena. Zuerst erwahnt wird es von Cic. 

dene Werke dachten Lersch Ztschr. f. Alt.-Wiss. ad fam. XVI 27, 2, in der frtiheren Kaiserzeit 

1841, 1103 und Mercklin Jahrb. fur Philol. nur selten (ausser den angeffihrten Stellen noch 

Suppl. Ill 638 Anm. u. 658): eine Annahme, der Plin. Ill 116 and XIV 67, wo die Gaesenatia 

die Pragmente inhaltlich wenigstens nicht wider- vina gelobt werden; Itin. Ant. 99, 126; stadt- 

sprechen. Danach ware das Werk alphabetisch rOmisclie Soldatenliste vom J. 143. 144 CIL VI 

angelegt gewesen in der Weise, dass manche Buch- 2379 a m 29. 55. 58). Auch die Inschriften sind 

staben — wie bei Verrius Placcus — wieder in wenig ergiebig ; einmal heisst C. munieipium 

mehrere Bttcher zeriielen. Den Inhalt bildeten (CIL XI 558), aber nicht einmal die Tribus steht 
grammatische Erorterungen verschiedener Art, die 40 fest. Dagegen spielt es eine nicht unwichtige 

sich an bestimmte Lemmata anschlossen und be- Rolle im 6. Jhdt., namentlich in den Gothenkriegen 

sonders das alte Latein berficksichtigten (so fiber des Belisar und Narses, wo es als wichtige Pestung 

cor als Masculinum; fiber dies statt diei, Mul- erscheint (Prokop. b. Goth. I 1. II 11. 19. 29. 

eiber, Mulciberis und Muleibris u. dgl.). Aus III 6. Agathias I 20; vgl. castrum Cesinate 

eben diesem Werke wiirden auch die orthographi- Agnell. lib. pontif. Ravenn. c. 90 und Cesinate 

schen Excerpte genommen sein, die Keil GL VII castrum Lib. pontif. vita S. Zachariae p. 431 

202ff. abgedruckt hat. Beide Tractate stammen Duchesne). Apollinaris Sidonius ep. I 8 nennt C. 

in dieser Form nicht von C. ; aber wahrend der furnum potius quam oppidum. Lateinische In- 

zweite (ex L. Caeeilio Vindiee deflorata) inhalt- schriften aus C. CIL XI 554 — 570. [Hfilsen.] 
lich keine Bedenken erregt, zeigt der erste (ex 50 Caesennius, romische Gens. 1) Caesennius, 

orthographo Caesellio colleeta) manche Spur spa- Verfasser einer Schrift fiber Gartenbau (xtjjtov- 

terer Zeit (vgl. Keil GLVH 139. L. Mackensen otxa), Quelle des Plin. n. h. ind. 1. XIX. 

De Verrii Flacci libris orthogr. [Jena 1896] 20). [Stein.] 

Cassiodor, der diese Excerpte bereits vorfand, nahm 2) M. Caesennius Sex. f. auf einer stadtrOmi- 

beideauf in derMeinung, dass sie von verschiedenen schen Weihinschrift republicanischer Zeit (CIL 

Verfassern (C. und Caecilius) herrfibrten (Bram- VI 31097). 

bach Neugestaltung d. Orthogr. 40). Unter den 3") P. Caesennius, Zeuge im Process des A. 

Quellen des C. kommen namentlich Varro und Caecina (Cic. Caec. 27), wohl verwandt mit Nr. 14. 

Cornutus in Betracht; vgl. Keil a. a. O. 139. 140. [Mflnzer.] 
Dass C. den Plinius benutzt hat, darf ebenfalls als 60 4) A. Caesennius Gallus. Der ganze Name auf 

wahrscheinlich gelten; vgl. Neumann De Plinii den Inschriften; Kaiosvvio; r&Xlog und bios rdkkog 

dubii serm. libris 46. Beck Stud. Gell. et Plin. 5. bei Josephus und auf den Mfinzen. XVvir s(acris) 

Aus Gellius, der ihn mehrfach lobend erwahnt f(aeiundis), CIL III Suppl. 12218. Im J. 66 

(grammatieo ut mea opinio est hautquaquam n. Chr. Legat der legio XII. Fulminata wurde C. 

inerudito XVIII 1 1 ; hominis herele pleraque von dem Statthalter Syriens , C. Cestius Gallus, 

haut indiligentis VI 2, 1) wissen wir, dass das in das aufstandische Galilaea gesandt (Joseph, bell. 

Werk von andern Grammatikern lebhaft bekampft Iud. II 510). Die Stadt Sepphoris nahm ihn mit 

wurde; so von Sulpicius Apollinaris (z. B. II 16, Preudenauf (Joseph. bell. Iud. II 511) undempfing 



1307 Caesennius Caesennius 1308 

von ihm eine Besatzung (Joseph, bell. Iud. m 31). b) Leben. Consul ordinarius im J. 61 n. Chr. 

Die iibrigen Orte verhielten sich ruhig, wahrend mit P. Petionius Turpilianus (Tac. ann. XIV 29. 

die Aufruhrer auf den Berg Asamon flohen und Phlegon a. a. 0.). Im folgenden Jahre (vgl. 

daselbst von C.s Truppen niedergeraacht wurden. Nipperdey-Andresen zu XV 8) sandte ihn 

C. kehrte hierauf nach Caesarea zu Cestius zu- Nero als Statthalter nach Kappadokien, um den 

nick (Joseph, bell. Iud. II 511—513). Consul von den ROmern eingesetzten Armenierkenig Ti- 

suffectus in unbestimmtem Jahre unter Vespasian granes gegen die Parther zu schiitzen (Tac. ann. 

(CIL III Suppl. 12218). Statthalter von Galatien XV 6. Dio LXII 20, 4). Mit der IV. und XII. 

und Kappadokien in den J. 80—82 (CIL III 312. Legion riickte C, den Euphrat iiberschreitend, 
318; Suppl. 12218; Mflnzen von Caesarea in Kap- 10 in Armenien ein in der Absicht, Tigranocerta 

padokien, Mionnet Suppl. VII 663 nr. 25. 26; wieder zu gewinnen. Er gelangte jedoch nur 

auf diese Legation beziehen sich wohl auch die dazu, einige Castelle wegzunehmen, und fiflirte, 

Miinzen unsicherer Herkunft bei Mionnet VI da der Winter bevorstand, seine Truppen zuriick 

687 nr. 502. 503; Suppl. IV 348 nr. 325. 326. (Tac. ann. XV 7. 8; falsch Dio LXII 21, 1). 

V 173 nr. 1010 , die zum Teil auf Kreta oder Er selbst bezog mit der IV. Legion das Lager 
auf Nikomedia in Bithynien bezogen wurden). Ein in Feindesland, bei Bhandeia am Arsanias (Dio 
A. Caesennius Oalli I. Herma CIL XIV 730 LXII 21, 1). Da uberraschte den Sorglosen die 
(auch 729. 731) Ostia. Dass neben diesem eine Nachricht, dass der Partherkonig Volagases mit 
Caesennia L. 1. genannt wird, weist auf nahe Ver- einem grossen Heere heranrucke. Er verstarkte 
wandtschaft des A. Caesennius Gallus mit den 20 sich durch die XII. Legion und stellte den Fein- 
Lucii Caesennii Paeti. den, um sie an der Uberschreitung des Taurus- 

5) Caesennius Isauricus schied im J. 178 n. gebirges zu hindern, Pussvolk auf dem Berges- 
Chr. aus dem Collegium der Salii Palatini (CIL rticken und Reiterei in der Ebene entgegen. Die 

VI 1979). [Groag.] Parther vertrieben jedoch die Reiter und rieben 

6) Caesennius Lento (Namensform Caesennius die Legionare auf. Der Truppen bemachtigte sich 
Cic. Phil. XIII 2. Dio XLIII 40, 2; Caesonius jetzt grosse Angst, wahrend Paetus unkluger- 
Flor. II 13, 86. Oros. VI 16, 9) diente unter Caesar weise durch Entsendung einer Schutzmannschaft 
709 = 45 in Spanien , holte den Cn. Pompeius fur Prau und Sohn in das Castell Arsamosata 
nach der Schlacht bei Munda ein und totete ihn sein ohnehin kleines Heer noch schwachte. Gleich- 
nach kurzem Gefecht (Dio. Flor. Oros. ; Anspielung 30 zeitig rief er den Beistand des Statthalters von 
darauf Cic. Phil. XI 13. XII 23). Nach Caesars Syrien, Domitius Corbulo, an (Tac. ann. XV 9—11. 
Ermordung 710 = 44 wurde er unter Antonius Dio LXII 21, 1). Volagases schloss die Romer 
Septemvir agris dividundis (Cic. a. O. und Phil, ein und bedrangte Lager und Castell (Arsamo- 
XIII 2. 26). [Miinzer.] sata). Die Entmutigung seiner Soldaten zwang 

7) Caesennius Maximus (so lautet der Name Paetus schliesslich, mit dem PartherkSnig in Unter- 
Tac. ann. XV 71; Caesonius Maximus Mart, handlungen zu treten, die zu einem tFbereinkommen 

VII 44, 1; welche Form die richtige ist, lasst fuhrten; die Legionen sollten von der Belagerung 
sich nicht entscheiden , doch hat Caesennius befreit werden, aber jeder rOmische Soldat niiisse 
grOssere Wahrscheinlichkeit fur sich, weil sena- Armenien verlassen, Castelle und Proviant seien 
torische Caesonii in der Kaiserzeit erst im 2. Jhdt. 40 den Parthern zu iibergeben. Die Capitulation 
nachweisbar sind; das Cognomen allein bei Se- war voreilig erfolgt, da die Parther fur eine langere 
neca epist. XIII 2, 2 und Mart. VII 45, 3), Freund Belagerung nicht die Mittel besassen , auch Cor- 
des Philo3ophen Seneca (Senec. epist. XIII 2, 2. bulo nicht mehr feme war. Paetus musste noch 
Mart. VII 45) , den er vielleicht in die Verban- die Demfitigung uber sich ergehen lassen, fur die 
nung nach Corsica begleitete (Mart. VII 44; vgl. Parther eine Briicke uber den Arsanias zuschlagen. 
Teuffel-Schwabe R. L.-G.5 287, 1). Es mtissen Dann nahm er einen fiuchtartigen Riickzug, bis 
auch Briefe Senecas an ihn existiert haben (Mart. er am Ufer des Euphrat auf Corbulo traf (Tac. 
VII 45; vgl. Friedlanders Anm.). Mit (An- ann. XV 13—16. Dio LXII 21, 2—4. 22, 1; falsch 
naeus) Serenus war C. gleichfalls befreundet (Mart. Suet. Nero 39). Er forderte diesen auf, vereint 
VII 45). Consul suffectus in unbekanntem Jahre 50 mit ihm wieder Armenien anzugreifen, was Cor- 
vor 65 (Mart. VII 44), wurde er in diesem Jahre bulo jedoch ablehnte. Hierauf uberwinterte Paetus 
nach der Entdeckung der pisonischen Verschwo- in Kappadokien (Tac. ann. XV 17 ; vgl. im allge- 
rung aus Italien (Tac. ann. XV 71) nach Sicilien meinen Schiller Gesch. der rOm. Kaiserzeit I 
verwiesen. Ihn begleitete Q. Ovidius (Mart. VII 1, 351. Mommsen R. G. V 388ff. Niese 
44. 45). Grundriss der rom. GeschichteS 197f.). Auf die 

8) Caesennius Paetus, Gemahl der Flavia T. Kunde von diesen Ereignissen enthob ihn Nero 
[f.] Sabina (CIL XIV 2830 = Dessau 995 ager seines Amtes und rief ihn nach Rom zuriick. 
Praenestinus), augenscheinlich einer Verwandten Wahrend Paetus Schlimmeres furchtete, begniigte 
des fiavischen Kaiserhauses. Ob an L. Caeseh- sich der Kaiser, seinen Witz an ihm auszulassen 
nius Paetus (Nr. 9) oder an L. Iunius Caesennius 60 (Tac. ann. XV 25. Dio LXII 22, 4). Im J. 70 
Paetus (Nr. 10) zu denken ist, lasst sich nicht wurde Paetus von Vespasian zum Statthalter 
entscheiden. Doch vgl. Nr. 9. Syriens ernannt (Joseph, bell. Iud. VII 59; dass 

9) L. Caesennius Paetus. a) Name. Aovmog der Consul des J. 61 und dieser Legat von Syrien 
Kaioevtog IlaTxog Dio LXII 20, 4; Caesennius identisch sind, hat Klebs Prosopogr. imp. Rom. 
Paetus Tac. ann. XIV 29 (in der Hs. Cesonius). I 265 nr. 137 erwiesen). Als solcher klagte er 
XV 6. Joseph, bell. Iud. VII 59.220; Kaiomvios im Fruhjahr 72 (vgl. Niese Hermes XXVIII 
IlaXxos Phlegon mir. 20 (frg. 49 Muell.); sonst 1893, 212) den Konig Antiochos IV. von Kom- 
Paetus. magene — es ist fraglich, ob mit Grund — heim- 



1309 Caesemius Caesetius 1310 

licher Verbindungen mit den Parthern an. Da 3) Caesemius Statianus, 6 xgdrtoTog, Curator 

ihm der Kaiser freie Hand liess, fiel er in Kom- von Nicomedia in Bithynien (Xoyunsvmv) unter 

magene ein, besetzte das Land und die Haupt- Septiinius Severus, nach 198 n. Chr., da in der 

stadt Samosata und lieferte den Sohnen des Konigs Inschrift die Sefiaaxol genannt werden , namlich 

ein unentschiedenes Treffen. Als jedoch Antiochos Septimius Severus und Caracalla, der letztere 

seine Sache verloren gab und nach Kilikien ent- aber erst 198 Augustus wurde , CIG 3771. In 

floh, gingen seine Truppen zu den Komern iiber. welcher Beziehung er zu T. Caesemius Statius 

Der KOnig selbst wurde gefangen und von Paetus Quintius Statianus Memmius Macrinus (Nr. 5) 

nach Bom gesendet (Joseph, bell. Iud. VII 219 — stent, ist unklar. _ [Stein.] 
238), seinLand annectiert (vgl. Marquardt BOm. 10 4) T. Caesemius Statius Quinctius Maeedo 

Staatsverw. I 2 399). Quinetianus, t[riumvir aujro argenfto aere 

c) Familie. Paetus Gemahlin und ein an- f(lando) f(eriundo)] , t[ribunus mil(itum) l]egi- 

scheinend noch im Knabenalter stehender Sohn onis XXX. [Ulpfiae) Vijctricis, [qufaestor)] 

werden Tac. ann. XV 10 erwahnt. Ein alterer candidatus, [censitor per] Africam Maur[etani- 

Sohn, wohl L. Iunius Caesennius Paetus (Nr. 10) asque], [tribfunus)] plebis Candida [tus], [praet. 

diente als Tribunus militum im J. 63 (Tac. ann. candfidatusj] inter civesetp[eregr(inos)],eo[mes 

XV 28). War Paetus der Gemahl der Flavia imp(eratorisJ] per orientem, legatus legio[nis . . .] 

Sabina (Nr. 8), so ist seine Brnennung zum Statt- piae fidelis, p[raef(ectusj alim(entorum)] , [cu- 

halter Syriens bald nach Vespasians Begierungs- ratorj viae Appiae, cos. (suffectus in unbekanntem 
antritt und die Nachsicht, die dieser Herrscher 20 Jahre) , sodalis Augfustalis) CIL V 865 (vgl. 

seinem Versuche gegenliber bewies, die im J. 62 Addit. p. 1025) = Dessau 1069. 866 (Aquileia). 

compromittierte militarische Ehre wiederherzu- XIV 2253 (ager Albanus). Einen Preigelassenen 

stellen, nicht auffallend (vgl. Klebs a. a. 0.). des C. nennt die Inschrift CIL V 482 (Isola). 

10) L. Iunius Caesennius Paetus (der vollstan- C. war vielleicht Sohn des T. Caesemius Maeedo 

dige Name Herm. XXIII 1888, 159), allem An- (Nr. 2) und Bruder von Nr. 5. 

schein nach der altere Sohn des L. Caesennius 5) T. Caesemius Statius Quintius Statianus 

Paetus (Nr. 9), demnach Tribunus militum unter Memmius Macrinus. Mit vollem Namen nennt 

Domitius Corbulo im J. 63 (Tac. ann. XV 28); ihn die Inschrift CIL VIII 7036 = Dessau 1068 

Consul suffectus im Marz eines unbestimmten (Cirta), die seine Amter bis zum Consulat auf- 
Jahres unter Vespasian mit P. Calvisius Buso30zahlt. Er war nach derselben : XVvir (unrichtig 

(CIL VI 597. Herm. XXIII 1888, 158. 159; die statt Xvir) stlitib. iu[diean]dis, quaefst.J ean- 

Zeit 'wird dadurch bestimmt, dass die Consuln didatus divi Hadriani, comes eiusdem in [ori-] 

auf poropeianischen Geschaftsurkunden genannt ente, tribfunusj pl(ebis), (praetor), missus ad 

werden und beide nicht vor dem J. 83/84 den dilec[tu]m iuniorum a divo Hadriano in r[e]- 

Proconsulat von Asia bekleideten; vgl. Klebs gionem Transpadanam, legfatus) legfionis) XIV. 

Prosopogr. I 266 nr. 138), Proconsul von Asia Gt(eminae) M(artiae) V(ietricis). Legat von Nu- 

nach dem J. 83/84, in welchem Domitian den midien und Consul designatus im J. 141 (CIL 

Beinamen Germanicus annahm : Inschrift von My- VIII 2361 = Suppl. 17849. 17850 Thamugadi; 

lasa L e B a s III 358 ; Mtinzen von Ephesus Suppl. 17678 Mascula) ; demnach Consul suffectus 
Mionnet III 94 nr. 259. 95 nr. 264; Suppl. VI 40 141 oder 142. Legat von Germania superior im 

133 nr. 361—365. 135 nr. 373. Waddington J. 150 (Revue archil. XIV 1889, 373), sod[al]is 



Pastes nr. 107. Leake Numism. Hell., Asiat. Augustalis. Wohl Sohn des T. Caesemius Maeedo 

Greece 56; von Smyrna Mionnet III 226 nr. 1263. (Nr. 2), vielleicht Bruder des Vorhergehenden. 
227 nr. 1267. [Groag.] [Groag.] 

11) C. Caesennius Philo zog 702 = 52 mit Caesetius, rOmische plebeische Familie. 1) C. 
Erfolg den Sex. Clodius vor Gericht (Ascon. Milon. Caesetius eques Romanus, Freund des Q. Liga- 
p. 49). [Miinzer.] rius (Cic. Ligar. 33), vielleicht identisch mit dem 

12) Caesennius Silvanus, Tribunus militum. Vater von Nr. 4. 

Der jiingere Plinius verhalf ihm zu dieser Stellung 2) L. Caesetius wurde von dem alten Cato 

auf die Bitte des Geschichtschreibers Sueton, eines 50 verteidigt. Fest. p. 301. Diomed. I p. 376, 4 = 

Verwandten von C. Plin. ep. Ill 8, 1. [Stein.] Priscian X p. 520, 23. 

18) A. Iunius Pastor L. Caesennius Sospes, 3) P. Caesetius, Quaestor des Verres 682 = 

Cos. ord. 163 n. Chr., s. unter Iunius. [Groag.] 72 (Cic. Verr. IV 146. V 63). 

14) Caesennia e municipio Tarquiniensi (Cae- 4) L. Caesetius Flavus (Praenomen Dio. Nic. 
sennii in Tarquinii CIL XI 3392. 3415—3417), Damasc. ; Cognomen <PXaovios irrig Dio. Plut.) 
summo loco nata et probatissima femina, war und L. Epidius Marullus, Volkstribunen 710 = 
in erster Ehe mit M. Fulcinius (Cic. Caec. 10), 44, nahmen von einer Statue Caesars das Diadem, 
in zweiter mit A. Caecina verheiratet, den sie das man ihr aufgesetzt hatte, hinweg, indem sie 
zu ihrem Erben einsetzte (a. O. 17). [Munzer.] erklarten, der Dictator selbst wiinsche solches 

15) Arria Caesennia Paulina s. o. Arrius60 nicbt, und verhafteten die Schuldigen. Ebenso 
Nr. 43. [Groag.] fiihrten sie Leute, die ihn bei der Buckkehr von 

Caesemius. 1) C. Caesemius, Schwieger- den feriae Latinae mit dem Konigstitel begriisst 

sohn des L. Mestrius Florus. Plut. quaest. conviv. hatten, ins Gefangnis ab und emteten beim Volke 

V 7, 6 (682 F). VII 4, 2 (702 F). VII 6, 2 (707 C). allgemeinen Beifall fur ihr Verhalten. Daraufhin, 

2) T. Caesemius Maeedo, Procurator Augusti nicht erst nachdem er noch weiter durch sie ge- 

in Mauretania Caesariensis im J. 107 n. Chr., reizt war (wie Dio XLIV 10, 2 sagt), beschwerte 

CIL IH Suppl. 10224 und p. 1973 dipl. XXXVI sich Caesar iiber sie beim Senat, der sich seinen 

(vom 24. November 107). Wiinschen ohne weiteres filgte. Caesar stiess sie 



1311 Caesi Caesius 1312 

kraft seiner Censorwiirde aus dem Senat und ent- Caesins, rOmischer Gentilname, flndet sich 

setzte sie ihres Amtes gemass eines von dem schon in republicanischer Zeit in verschiedenen 

Tribunen C. Helvius Cinna (vgl. Dio XLIV 10, Teilen Italiens. [Miinzer.] 

3. XLVI 49, 2. Obsequ. 70) beantragten Volks- 1) Caesius, fingierter Name bei Mart. VII 55. 

beschlusses. Sie wurden zwar nicht, wie Nic. Da- [Groag.] 

masc. v. Caes. 20, 5—9 behauptet, verbannt, aber 2) Caesii, Aquini von Catull. 14, 18 zusammen 

verliessen Eom freiwillig. Auch dass Caesar sie als Beispiele schlechter Dichter genannt. 

selbst begnadigt habe, ist eine unrichtige Angabe [Skutsch.] 

desselben Autors (22, 1) ; vielmehr forderten Brutus 3) C. Caesius M. f., hOchster municipaler Be- 
und Cassius nach Caesars Ermordung ihre Zurilck- 10 amter in Praeneste, Ende des 7. Jhdts. d. St. 

berufang (App. b. c. II 122), die nun auf Antrag (CIL I 1140 = XIV 2980). 

des Praetors Cornelius Cinna erfolgte (Nic). Das 4) L. Caesius, Miinzmeister urn 644 = 110 

Recht der Amterbewerbung wurde ihnen zurttck- (Mommsen Munzwesen 560 nr. 174). 

gegeben, aber nicht das Tribunat (Cie. Phil. XIII 5) L. Caesius C. f. , municipaler Magistrat 

31. Liv. ep. CXVI. Veil. II 68, 4f. Suet. Caes. von Pompeii in sullanischer Zeit (CIL I 1250 = 

79. 80. Dio XLIV 9, 3—10, 3. App. b. c. II X 819). 

108. 122. 138, vgl. IV 93. Plut. Caes. 61, 3; Anton. 6) L. Caesius, 694 = 60 Begleiter Q. Ciceros 
12, 2. Zon. X 11 p. 369 aus Plut. Nic. Damasc. in Asien (Cic. ad Q. fr. I 1, 14. 2, 4), vielleicht 
a. 0.; vgl. Schelle Beitrage zur Gesch. des Todes- der im J. 700 = 54 erwahnte C. (a. 0. Ill 1, 3). 
kampfes der rOm. Republik [Dresden 1891] 2 — 5). 20 [Miinzer.] 
Nach Val. Max. V 7, 2 weigerte sich der Vater 7) L. Caesius , praefeet[us aerari mi- 
tes C, der rOmischer Patter war (vgl. Nr. 1) und litjaris zwischen 21 und 30 n. Chr. (CIL V 8845 
noch zwei andere Sonne hatte, mit Entschieden- Verona). [Groag.] 
heit, diesen zuverstossen, wie Caesar ihmzumutete. 8) M. Caesius wurde zur Zeit des pyrrhischen 
5) Caesetius Eufus wurde wegen eines Hauses, Krieges von den meuterischen Soldaten in Rhegion 
das der Pulvia geflel, 711 = 43 proscribiert und nach dem Tode ihres ersten Hauptmanns Iubellius, 
getotet, obwohl ihn Antonius gar nicht gekannt dessen Schreiber er gewesen war, zum Fiihrer ge- 
hatte. Er war Senator, doch ist die Identification wahlt (Val. Mas. II 7, 15). 
mit Nr. 3 durch nichts gerechtfertigt (App. b. c. 9) M. Caesius, Praetor urbanus 679 = 75 
IV 29, der nur das Cognomen bietet. Val. Max. 30 (Cic. Verr. I 130). 
IX 5, 4). [Miinzer.] 10) M. Caesius, sicilischer Steuerpachter unter 

Caesi oder Cesi, indisches Volk im Berggebiet der Verwaltung des Verres 682 = 72 (Cic. Verr. 

zwischen der Yamuna und dem mittleren Sindhu, III 88. 101). 

neben den Caetriboni und Megallae, Megasth. bei 11) M. Caesius, Freund Ciceros, Aedil in 

Plin. VI 73. Kurzform fur die in indischen dessen Vaterstadt Arpinum (Cic. ad fam. XIII 11, 

VOlkerlisten erwahnten ,langhaarigen' Aboriginer 3. 12, 1). 

Dirgha-Keea und K§ca-dhara der Nordregion. 12) P. Caesius, rOmischer Ritter aus Ravenna, 

[Tomaschek.] hatte von Cn. Pompeius Strabo das Biirgerrecht 

Ciiesianus. 1) S. Iuventius, Nonius, erhalten; Cicero erwahnt ihn noch 698 = 56 
Numicius, Plautius. 40(Balb. 50) und richtete vielleicht ein Jahr friiher 

2) Caesianus, Cognomen des cos. 39 n. Chr. den Empfehlungsbrief ad fam. XIII 51 an ihn. 

L. Apronius Caesianus (mit C. Caesar Germa- 13) Sex. Caesius, rOmischer Ritter und Steuer- 

nicus II) = Apronius Nr. 6. [Groag.] pachter in Asien 692 == 62 (Cic. Flacc. 68). 

Caesia silva. Germanicus iiberschreitet im • [Miinzer.] 

J. 14 bei Vetera den Rhein und zieht gegen die 14) T. Caesius wird von Pomponius (Dig. I 2, 

Marsen: agmine propero Caesiam silvam limi- 2, 44) unter den Schulern des Ser. Sulpicius Rufus 

temque a Tiberio eoeptum seindit, Tac. ann. 1 50. genannt. Ob er Schriften verfasst hat und ob 

Der Wald wird sonst nicht erwahnt. Nach v. Veith diese Aufhahme in das Sammelwerk des Namusa 

Bonner Jahrb. LXXXIV 6 ist es der Coesfelder gefunden haben, lasst sich nicht mit Sicherheit 
Wald (vgl. LXXXIX 89), nach andern der Haesern- 50 bestimmen. Vgl. Aufidius Nr. 31. [Jors.] 

wald. Nach Miillenhoff Deutsche Altertums- 15) C. Caesius T. f. Clfaudia) Aper, prae- 

kunde II 222 steht Caesia fur Chaesia (deutsch ffectusj eohfortisj II. HispanorfumJ equitatae 

haisi); in einer mittelalterlichen Urkunde vom im J. 60 n. Chr. (CIL III p. 845 dipl. II), tri- 

J. 796 findet sich der Wald Heisi wieder in aqui- b(unus) milit(wm), quaestor pro pr(aetore) Ponti 

lonari parte fluvii Rurae zwischen Werden und et Bithyniae (demnach vorher in den Senatoren- 

Essen. [Ihm.] stand aufgenommen), aedilis plebfisj Cer(ialis), 

Caesidius. 1) . . . [CJaesidius . . . wird auf pr(aetor) , legat(us) pro pr(aetore) provineiae 

einem Inschriftfragment genannt als [tr]ib(unusj Sardiniae. CIL XI 6009 = Dessau 981 Sesti- 

Ug(ionis) [III. Aug(ustae)] , [qufaestorj? divi num. [Groag.] 
Vespjasiani und Consul (CIL VIII Suppl. 12539). 60 16) Caesius Bassus , Dichter der neronischen 

2) Caesidia Longina, an die Marcus und Ve- Zeit. Als Lyriker genoss er Achtung bei Zeit 

rus ein Rescript richteten, Dig. XXXVII 14, 17. genossen und Spateren: Persius (VI 2 — 4) feiert 

[Groag.] ihn als ernst- und scherzhaften Lyriker, und Quin- 

Caesilius. 1) C. Caesilius C. f., Municipal- tilian (Inst. X 1, 96) nennt ihn den einzigen Ly- 

quaestor von Tibur in republicanischer Zeit (CIL riker, der etwa ausser Horaz gelesen zu werden 

XIV 3655). [Miinzer.] verdiene. Seine sonstige dichterische Thatigkeit 

2) Q. Fabius Caesilius Titianus s. Fabius. wird von Persius (a. O. v. 3. 5f.), fur uns nicht 

[Groag.] gerade klar, umschrieben: mire opifex rwmeris 



1313 Caesius Caesius 1314 

veterum primordia voeum . . . intendisse , was L. VI 278 — 304 Atilius Fortunatianus (s. Bd. II 

man doch wohl am einfachsten von einem ety- S. 2082). Als Keil G. L. VI 250 zeigte, dass 

mologischen Lehrgedicht versteht. Erhalten ist der Name vielmehr allein fur das letztere fiber- 

von diesen Erzeugnissen nur ein Hexameter aus liefert ist, spraoh er zugleich, auf eine sorgfaltige 

dem zweiten Buch lyrieorum (Priscian GL II 527). Vergleichung mit den namentlich iiberlieferten 

Die Lebenszeit des C. bestimmt sich durch sein Pragmenten gesttitzt, die Vermutung aus, dass 

Verhaltnis zu Persius. Dieser ist a prima adu- jenes , jetzt berrenlos gewordene Fragment der 

lescentia, mit Bassus befreundet gewesen, hat ihm Schluss des von den Metrikern viel benutzten 

seine sechste Satire gewidmet und sein dichte- liber de metris des C. sei. 
rischer Nachlass ist von Bassus herausgegeben 10 Als sicher darf gelten, dass wir hier caesi- 

worden (vita Persii p. 58, 18. 59, 18B.3). In anische Doctrin besitzen, aber ob nicht vielleicht 

jener Satire, die bei Persius Tode (24. Nov. 62) nur einen Abscbnitt einer kiirzeren Schrift des 

noch nicht beendigt war (vita p. 59, 17), wird C. oder einen kiirzenden Auszug aus jenem liber 

Bassus senex genannt (so die gute Uberlieferung lasst sich einstweilen nicht entscheiden. 

v. 6 ; senes g, was trotz B i e g e r De Persii co- Das Fragment enthalt den Schluss des metrum 

dice Pithoeano, Berlin 1890, 4 nicht einmal ver- Sotadeum, das Arehebuleum, die Hipponaetea, 

standlich ist); er muss also, als er beim Aus- den hendecasyllabus Phalaecius mit einigen Ab- 

bruche des Vesuvs 79 mit seiner Villa verbrannte leitungen, das metrum Philieium, das Paeonieum 

(als fama gemeldet vom Schol. Pers. VI 1 ; Plin. und Proceleusmatieum, den Saturnius, die reli- 
ep. VI 16 , 8 hat damit schwerlich etwas zu 20 qua Horatii metra (carm. I 2. 5. 9. 8) und ein 

thun), ungefahr Siebziger gewesen sein (Biiche- kurzes Schlusswort iiber Bildung neuer Metra. 

1 e r Bh. Mus. XLI 458). Gewiss identisch mit Ein System ist in der Anordnung nicht vorhanden ; 

unserm C. ist der C. Caesius Bassus, der auf einer trotzdem ist sie sicher urspriinglich und die syste- 

vermutlich der neronischen Zeit angehorigen In- matische Darstellung derselben Lehre bei Teren- 

schrift aus Sublaqueum als Verkaufer eines Grund- tianus und Aphthonius erst das spatere ( W e s t p h a 1 

stucks erscheint(CIL XIV 3471); dass der Dichter Metr. 12 154. Leo a. a. O. 282, 2; doch vgl. 

C. ein Sabinum besass, wissen wir durch Persius auch Usener S.-Ber. Akad. Munch. 1892, 613). 

(VI 1). Zeit und Name empfehlen die Identiflca- Der verlorene Abschnitt der Schrift enthielt unter 

tion mit Nr. 17. [Skutsch.] anderem eine pedum demonstratio (264, 28) und 

17) Ein Caesius Bassus wird als ange- 30 einen eignen Abschnitt iiber die metra des Arehi- 

sehener, gelehrter Metriker und Verfasser eines lochos (268, 29). Im iibrigen kann die Schrift 

liber de metris mehrfach von den lateinischen des Terentianus de metris znr Erganzung dienen, 

Metrikern citiert. Mar. Vict. G. L. VI 209, 10 wenn er auch den C. nicht direct benutzt hat 

(vir dootus atque eruditus). Terent. Maur. G. L. (Leo a. a. O. 283 A.) , und namentlich anstatt 

VI 395 (v. 2358 u. v. 2369 auetore tanto eredo der Beispiele des C. sich hier solche aus den 

me tutum fore). Diom. G. L. I 513. Dass der- novelli poetae flnden. Von den libri de melicis 

selbe Caesius Bassus gemeint ist bei Rufin. G. L. poetis et de tragieis ehoris, die C. 272, 6 in Aus- 

VI 555, 22 Bassius ad Neronem, kann einem sicht stellt, wissen wir garnichts. 

Zweifel um so weniger unterliegen, als der von Danach ergiebt sich, dass C. der alteste und 
Victorinus als Eigentiimlichkeit des C. angefiihrte 40 wichtigste erhaltene Vertreter derjenigen metri- 

Ausdruck trimetrus sich in dem Fragment bei schen Schule ist, dieWestphal in seiner grund- 

Rufln vorflndet. Danach ist also C. Zeitgenosse legenden Arbeit Metr. I 2 139ff. charakterisiert, 

des Nero, und es ist kein Grund vorhanden, die und als deren Eigentiimlichkeit er, mit nicht 

naheliegende Identiflcierung des auf die Neubil- glucklichem Ausdruck, die metra derivata be- 

dung von Metren abzielenden Metrikers (G. L. zeichnet. Diese Schule ist fur uns allein durch 

VI 271, 2ff.) mit dem gleiehnamigen lyrischen lateinische Metriker vertreten und knupft auf 

Dichter und Freund des Persius (Nr. 16) abzu- romischem Boden an die Autoritat Varros an. 

weisen. Trotz der Obereinstimmung seiner Lehre Ihre Regeln bilden auch die Grundlage fur die 

mit der Verstechnik des Seneca (L e o Senec. trag. Verstechnik des Horaz (Christ S.-Ber. Akad. 
I 120ff. 132ff.) lasst sich iiber das Verhaltnis der 50 Munch. 1868, Iff. Kiessling Philol. Untersuch. 

beiden nichts Bestimmtes sagen. Leo Hermes II 65 und Ausgabe der Oden 1884), dann des 

XXIV 294, 2 vermutet, dass mit dem non igno- Seneca (Leo Sen. trag. I 98ff.) und der sich an 

bilis poeta Quint. IX 4, 90 C. gemeint sei. ihn anschliessenden novelli poetae, wie Pomponius, 

Unter dem Namen des C. B. enthielt das Ammianus, Serenus. Die Haupteigentumlichkeit 

beriihmte im J. 1493 im Kloster Bobbio gefundene der Schule besteht darin, dass sie als das eigent- 

Corpus lateinischer Grammatiker und Metriker lich constituierende Element des Verses nicht 

(G. L. I p. VIII. VI 245) einen ganz diirftigen sowohl den Versfuss ansieht als das comma. Aus- 

Abschnitt iiber ein paar Horazmetra (G. L. VI gehend von der Behauptung, dass die beiden 

253. 305f.). Aber entweder gehOrt hier der Name altesten Metren der herons (d. h. der daktylische 
des C. B. iiberhaupt nicht hin, oder der spate 60 Hexameter) und der iambus (d. h. der iambische 

Grammatiker hat ihn nur hingesetzt, weil er eine Trimeter) seien, urspriinglich selbst von einander 

Schrift des C. benutzte, freilich nicht ohne aller- nicht verschieden, glaubt man dem historischen 

hand Versehen und Entstellungen. Fur die Er- Gang der Entwicklung zu folgen, wenn man aus 

kenntnis der Lehre des C. ist das Stuck vfillig den Abschnitten (eommata) dieser Verse durch neue 

wertlos. Besser stent es mit dem Fragment G. L. Zusammenstellungen, unter Weglassung oder Hin- 

VI 255— 272. Durch einen Irrtum des Parrh a sius zufiigung einzelner Silben, die Formenfiille der 

gait seit der ed. princ. (vom J. 1504) als fiber- griechischen Metra ableitet. Damit hangt es 

lieferter Verfassername fur dieses Stuck wie fur G. zusammen , dass zur Bezeichnung der einzelnen 

Pauly-Wissowa III 42 



1315 Caesius Caesius 1316 

Verse nicht ihre genaue metrische Gestalt ange- Untersuchung fiber den Stil des Caesius Bassus 

geben wird, sondern der Name des evoerris, d. h. und Atilius Fortunatianus bei Ziwsa Serta Har- 

desjenigen, der diese Versart zuerst in grCsserern teliana (Wien 1896) 251ff. [Consbruch.] 

Umfange gebraucht hat, gelegentlich unter Hin- 18) C. Caesius Clemens, aus Arretium, Fabri- 

zuftigung der Rhythmenart oder der Silbenzahl. kant von gepressten Reliefvasen. Gamurrini 

Dabei kann auch nicht von vollstandigen und Iscr. d. vasi fltt. Arettini 49. Dragendorff 

unvollstandigen Versen die Rede sein, sondern Terra sigillata 27 (43). [C. Robert.] 

es heisst etwa versus eluditur cmtibaccheo (256, 19) Caesius Cordus, Proconsul von Kreta und 

24) oder eluditur semipede (262, 25). Diese Kyrene, im J. 21 n. Chr. von Ancharius Priscus 

conelusio oder clausula wurde bei den Griechen 10 wegen Erpressungen und Majestatsverletzung an- 

xaTdXtj^ig genannt. Auch die von der hephaestio- geklagt (Tac. ann. Ill 38) , im folgenden Jahre 

neischen Tradition ganz abweichende Sitte dieser des ersteren Verbrechens wegen verurteilt (Tac. 

Schule, Musterbeispiele fur die einzelnen Verse ann III 70). 

selbst zu bilden, die bei den Lateinern durch 20) Ti. Catius Caesius Fronto, cos. suff. 96 

Varro eingefuhrt ist (vgl. auch Dion. Hal. de n. Chr., s. Catius. 

comp. I 25, dazu L e o a. a. 0.), erklart sich leicht 21) A. Caesius Oallus, aedfilisj pl(ebis) (Je- 
ms ihrem Princip, von bekannten Versabschnitten r(ialis), pr(aetor), flam(en) August(alis). CIL 
ausgehend durch Zusatz oder Veranderung ein- XIV 3590 (Tibur?). ' [Groag.] 
zelner Silben das neue Metrum vor unseren Augen 22) Caesius Honoratus s. C. Octavius Pu- 
entstehen zu lassen. Bei der Analyse der com- 20 dens Caesius Honoratus. [Stein.] 
mata wurden nur zwei- und dreisilbige Fusse 23) L. Caesius Martialis, Consul suffectus in 
verwendet , wie auch Horaz nur solche Fusse zu der zweiten Halfte des Jahres 57 mit Kaiser Nero II, 
kennen scheint (G. Schultz Herm. XXDT 266. CIL II 2958. VI 268. Tab. cer. Pompeianae nr. 29. 
274). Dagegen enthielten die Fusslisten wohl 31—34. 

auch alle viersilbigen und darunter auch den 24) Caesius Nasica, Legionslegat in Britannien 

Antispast (Schultz a. a. 0. 265). unter A. Didius Gallus (52—58 n. Chr.), kampfte 

Dass der Ursprung dieser Lehre bei den Grie- gliicklich gegen die Britannen (Tac. ann. Xn 40). 

chen zu suchen ist, liegt auf der Hand. Varro [Groag.] 

hat sie wahrscheinlich aus Tyrannio ubernommen 25) O. Caesius Q. f. Ter(etma) Niger, ex 

(Usener a. a. 0. 613ff. 640ff.). Weiter hat Leo in SO prima admissions, ex qua[t]tuor decuris, curio 

seinem wertvollen Aufsatz Herm. XXIV 280ff. dar- minor, CIL VI 2169 = Dessau 1320. Da er 

auf hingewiesen, dass sie in den pergamenischen Mitglied der vier Geschworenendecurien ist, so 

Rhetorenschulen die Grundlage der metrischen gehort er, wie Mommsen bemerkt, der Zeit vor 

Betrachtungen gebildet hat. Leo und Usener Caligula an, unter dem eine fiinfte Decurie er- 

stimmen darin iiberein, dass die Ableitungstheorie richtet wurde. Er befand sich also unter den 

im Gegensatz zu dem schon entwickelten compli- Freunden der Kaiser Augustus oder Tiberius, und 

cierten System der Alexandriner (ftir uns nament- zwar in der vornehmsten Klasse derselben {ex 

lich durch Hephaestio vertreten) erfunden sei, prima admissions; vgl. Mommsen St.-R. II 3 

nach Leo in den Kreisen der Rhetoren, nach 2, 834). Tiber curio minor s. Marquardt- 

Usener in denen der jiingeren Peripatetiker. 40 W i s s o w a St.-Verw. Ill 194, 2. 

Doch scheint die Einfachheit der Lehre, die Art 26) P. Caesius Phosphorus , Freigelassener, 

der Namengebung wie manches andere auf weit fur den der jiingere Plinius das Biirgerrecht von 

altere Zeit zu fiihren ; vgl. Schultz Herm. XXII Kaiser Traian erbittet (Plin. ad Trai. 11, 2). 

280; Aus der Anomia (Berl. 1890) 57ff. Cons- Er wirkte als Lehrer der Beredsamkeit in Kar- 

bruch De vet. jieol noirifiarog doctr. (Bresl. phi- thago, Tertull. advers. Valent. 8 (Phosphorus). 

lolog. Abh. I 3) 91ff. C. behauptet prahlerisch, 27) Sex. Caesius Sex. [f.J Propertianus, pro- 

aber sicher mit Unrecht, er habe geschrieben cfurator) imp(eratoris) a patrim(onio) et here- 

memoria tantummodo adiuvante (271, 3); viel- ditfatibus) et a li[b]ell(is), tr(ibunus) milfitumj 

leicht .benutzte er Excerpte, deren Quellen er leg(ionis) IIII Maeedonie(aeJ , praeffectusj eo- 

nicht wieder einsah' (L e o). Benutzt hat C. sicher 50 hfbrtisj III His[pa]nor(um), hast(a) pura et 

den Varro, namentlich fur den Saturnius, dann coron(aJaureadonat(us); flamen Cerialis Romae ; 

einen auch von Diomedes ausgeschriebenen Horaz- IIII vir i(ure) dficundo), IIII vir quinq(uen- 

metriker (Remmius Palaemon? Leo 293, 1), nalisj, pon[t] (if ex), patron(us) mun(icipiij (sc. 

ausserdem wohl einen nicht viel alteren griechi- Mevaniae), CIL XI 5028 = Dessau 1447. Bor- 

schen Metriker, der auch aus dem alexandrinischen mann (Arch.-epigr. Mitt. XV 1892, 29 — 33) hat 

System einiges verwandte (Leo 281, 2). mit vOlliger Sicherheit dargethan, dass C. die in 

C. selbst ist wieder, wenn auch nicht direct, der Inschrift erwahnte Procuratur unter Vitellius 

Hauptquelle in des Terentianus liber de metris und (im J. 69 n. Chr.) bekleidete. [Stein.] 

fur die Darstellung der derivata bei Aphthonius 28) Q. Petillius Cerialis Caesius Rufus, cos. 

(Victorinus). Diomedes benutzt wohl nur einzelne 60 1 suff. 70 n. Chr., cos. II suff. 74, s. Petillius. 

Stellen aus C. Benutzung des C. durch Iuba, 29) C. Caesius Sabinus (das Praenomen auf 

dieHense Act. soc. phil. Lips. IV 64. 118 annahm, den Inschriften) aus Sassina, Freund und Ver- 

ist mit Recht zuruckgewiesen von Gerh. Schultz ehrer des Martial (Mart. VII 97. IX 60). Er 

Quibus auctor. Ael. Fest. Aphthon. usus sit, Diss, baute bei Sassina der Nymphe eines dortigen Sees 

Bresl. 1885. einen Tempel (Mart. IX 58). Sein Name findet 

Die beste Handschrift ist der cod. Neap. IV A sich auf Widmungen an mehrere Gottheiten und 

11, danach die Ausgabe Caesii Bassi, Atil. Fortun. einer Inschrift zu Ehren Traians in Sassina (CIL 

de metris libri ed. H. Keil, Halis 1885. Eine XI 6489—6493. 6499 mit Bormanns Anmer- 



1317 Caesoninus Caesoriacum 1318 

kung). Mart. XI 8 und 17 beziehen sich nicht auf die neuen Augusti Maximus und Balbinus her- 

C. ; hier ist der Name Sabinus wie in IV 37 fingiert. vorgingen. Schliesslich wurde C. procos. prov. 

[Groag.] Africae und praeffeetus) urbi (wohl unter Gor- 

30) Caesius Taurinus hat seinem Vater T. Cae- dian III.), als solcher eleetus ad eognoscendas 
sius Primus, einem Getreidehandler, auf dessen vice Caesaris cognitiones. Er geherte der Prie- 
Befehl zu Praeneste im J. 136 n. Chr. eine Bild- sterschaft der fratres Arvales an, in deren Acten 
saulegesetztundderFortuna, quae Tarpeio ooleris er bereits 213 und 218 erscheint (CIL VI 2086. 
vieina Tonanti, also wohl nach Wernsdorf und 2104). 

Biicheler der Fortuna Primigenia (Plut. de fort. 4) C. Caesonius G.f. Quirfina) Macer ~Ru- 
Kom. 10) , geweiht. Die Marmorbasis mit der 10 fmianus, triumvir capitalis, tribfunus) leg(ionis) 

Weihinschrift in 23 correcten Hexametern ist in I. adiutricfis) donatus donis militaribfus) a divo 

Praeneste wieder aufgefunden worden, CIL XIV Mareo (161 — 180), quaestor provfineiae) Nar- 

2852. Wernsdorf PLM IV 309. Biicheler An- bonfensis), tribfunus) pi febis), legfatus) provfin- 

thol. epigr. 249. [Skutsch.] ciae) Baetiefae), prfaetor), legfatus) prov. Asiae, 

31) Cornelia Caesia s. Cornelius. curfator) rfei) pfublieae) Asculanforum) , leg. 
Caesoninus s. Calpurnius und Suillius. legfionis) VII. Glaudfiae), procos. prov. Aehaiae, 
Caesonius. 1) M. Caesonius war Eichter, eur. rfei) p(ublieae) Tarraeinens(ium), leg. Au- 

und zwar der einzige unbestechliche, im ersten g(usti) pr(o) pr(aetore) prov. lAisitanfiae), eur. 

Process des A. Cluentius Habitus 680 = 74, ferner r. p. Teanensfium), eonsularis — Consul suffectus 
Richter in dem des Verres 684 = 70, curulischer 20 in unbekanntem Jahre — , eur. alvei Tiberis, leg. 

Aedil mit Cicero 685 = 69 (Cic. Verr. act. I 29. Aug. pr. pr. Oermanfiae) superioris, cur. aqua- 

Pseudo-Ascon.z.d.St. p. 140. 141 Or. Schol. Gronov. r(um) et Minieiae, procos. prov. Africae, cur. 

p. 395 Or.) und ganz zweifellos Praetor mit dem- r. p. Lanivinorfum) II, comes impferatoris) 

selben 688 = 66, da man von seiner Absicht Severi Alexandri Aug(usti) (222 — 235), sodalis 

sprach, sich fur 691 = 63 um das Consulat zu Augustalis (CIL XIV 3900 = Dessau 1182 

bewerben (Cic. ad Att. 1 1, 1). Er kOnnte auch ager Tiburtinus). Gemahl der Manilia Lucilla 

der im J. 708 = 46 erwahnte C. sein (Cic. ad (CIL XIV 3901) , Vater des L. Caesonius Lucillus 

Att. XII 11). Macer Rufinianus (Nr. 3), der ihm, selbst bereits 

2) Caesonius Lento s. Caesennius Nr. 6. Consular, die Grabschrift setzte. 

[Mfinzer.] 30 5) Caesonius Maximus s. Caesennius Nr. 7. 

3) L. Caesonius C. fll. Quirina Lucillus Macer [Groag.] 
Rufinianus. Der ganze Name findet sich in der 6) Amnius Manius Caesonius Nicomachus Ani- 
Inschrift CIL XIV 3902 = Dessau 1186 (ager cius Paulinus s. Bd. I S. 2199 Nr. 28. 
Tiburtinus), die die Laufbahn des Mannes ent- 7) M. Iunius Caesonius Nicomachus Anicius 
halt. Er war der Sohn des C. Caesonius Macer Faustus Paulinus s. Bd. I S. 2199 Nr. 23. 
Rufinianus und der Manilia Lucilla (s. Nr. 4) und 8) T. Caesonius Priscus , romischer Ritter, 
wahrscheinlich der Vater des L. Caesonius Quintus bekleidete das von Tiberius auf Capreae neuge- 
Rufinus Manlius Bassus (Nr. 9). Nach der Be- schaffene Amt a voluptatibus, Suet. Tib. 42. 
kleidung des Decemvirats stlitibus iudicandis wurde [Stein.] 
er eleetus in familiam patrieiam, was wohl heissen 40 9) L. Caesonius L. f. Quirina Quintus Bu- 
soll, dass seine Familie in die Reihe der patricischen finus Manlius Bassus, elarissimus vir, salius 
aufgenommen wurde. Denn da er die Namen seines Palatinus, pontifex maior (daher nicht vor Au- 
wenigstens ursprfinglich plebeischen Vaters auch relian; vgl. Marquardt-Wissowa Rom. Staats- 
weiterhin behielt, ist an dieAnfnahme in eine ein- verw. Ill 2 245), quaestor, praetor (CIL X 1687 
zelne patricische Familie (durch Adoption) nicht zu = Dessau 1206 Puteoli). Wohl Sohn des L. 
denken. C. wurde hierauf quaestor kandidatfus), Caesonius Lucillus Macer Rufinianus (Nr. 3). 
praetor eandidatus, curator r(ei) pfublieae) Su- 10) Caesonius Vectilianus, in einem Briefe des 
essanorum, curator r. p. [PJuteolanorum, legatus Kaisers Marcus erwahnt (Hist. Aug. Avid. Cassius 
provfinciae) Africae eodem tempore vice procon- 5, 5). [Groag.] 
sulis, Consul (suffectus), letzteres vor dem Tode 50 11) Milonia Caesonia, Gemahlin Caligulas, s. 
des Kaisers Alexander (235 n. Chr.), da er in der Milonius. [Stein.] 
zu dessen Lebzeiten (vgl. Dessaus Anm. zu XIV 12) Caesonia, Gemahlin eines Rufus, hatte 
3900) gesetzten Grabinschrift seines Vaters bereits den gleiclien Geburtstag wie Domitian (24. Octo- 
eonsularis heisst. Nach der Bekleidung der Amter ber). Mart. IX 39 (aus dem J. 93). [Groag.] 
eines curfator) albei Tgberis et cloaearum urbis Caesoriacum. Die vielumstrittene Florusstelle 
und eines curator aquarum et Minieiae wurde II 30 (Drusus) Bormam (Var. Bonam) et Oaeso- 
C. XXvir ex senatus eonsulto rfei) pfublieae) riaeum(Ya.r.gesogiamcwm)pontibusiunxitelassi- 
curandae: er gehOrte demnach zu jenen zwanzig busque firmavit hat die mannigfachsten Deu- 
Mannern, die der Senat im J. 238 noch zu Leb- tungen herausgefordert, auf die, da sie samtlich 
zeiten der beiden Gordiane aus seiner Mitte wahlte, 60 unsicher sind, hier nicht naher eingegangen wer- 
um Italien gegen Maximinus zu schutzen (Hist. den kann. Floras erwahnt den Ort noch einmal 
Aug. Gord. 10, 1. 2. 14, 3. 22, 1. Zosimus I 1 5 (Var. gesoriacum), ohne dass wir etwas Naheres 
14, 2; abweichend davon, doch wahrscheinlich iiber die Lage erfuhren. Es liegt nahe, Oaeso- 
unrichtig, wird Hist. Aug. Maximin. 32, 3 die riaeum fur die richtige Schreibung zu halten 
Wahl dieser Commission in die Zeit nach dem (Holder Altcelt. Sprachschatz I 1512), so lautet 
Tode der beiden Gordiane verlegt; vgl. Momm- der alte Name von Bononia (Boulogne-sur-Mer); 
sen St.-R. n 3 708), und aus welchen nach der vgl. Mommsen R. G. V 28, 2. Bergk (Bonn. 
Ermordung der beiden in Africa erhobenen Kaiser Jahrb. LXXXI 17) sucht C. bei Xanten, Pohl 



1319 Caesoris Caestus 1320 

(Verona und Caesoriacum, die altesten Namen fur gai ist offenbar zu erkennen auf der durch den 
Bonn und Mainz. Miinstereifel 1886. 1887, vgl. Archontennamen Pythodelos auf das J. 336 da- 
Berlin. Phil. Wochenschr. 1887, 259. Holder tierten panathenaeischen Amphora des Brit. Mu- 
Altcelt. Sprachschatz I 679) sieht darin einen seum (Mon. d. Inst. X 48 e 2, genauer Abh. XII 
alten Namen von Mainz, v. Veith (Bonn. Jahrb. 83). Die verstarkten Riemen sind durch die Hau- 
LXXXVII 186ff. und Das rom. Lager in Bonn, fung um die FingerknOchel so gefahrlich geworden, 
Winckelmannsprogr. Bonn 1888, 26) pladiert fur dass man genOtigt ist, eine Art Handschuh zum 
Gensem bei Bonn und fur die Lesart Gensonia Schutz von Hand und Unterarm anzulegen. So 
u. s. w. Vgl. auch J. Becker Bonn. Jahrb. XXXIII auch auf einer zweiten Amphora Bull. hell. VI 
Iff. Asbach ebd. LXXXV 39. Hiibner ebd. lOpl. II, an der Peterschen Cista (Reisch Fiihrer 
LXXXVIII 57f. [Ihm.] S. 331), auf einem Spiegel (Gerhard Etr. Sp. 

Caesorix, Hauptling der Cimbern , bei Ver- 171), voll entwickelt und sichtlich aus Leder her- 
cellae 653 = 101 gefangen (Oros. V 16, 20). gestellt an Polydeukes und Amykos der ficoro- 

[Mtinzer.] nischen Cista (Braun V. Benndorf Vorlegebl. 
Caesticillns s. Arculum Nr. 1. 1889 XII). Aufgekommen ist diese Form uni 

Caestiei ludi s. Ludi. rund 400. Aber wohl bald daTauf kam man in 
Caestuarii s. Pugiles. dem Bestreben, den Boxer einerseits immer ge- 

Caestus, die Schlagvorrichtung der Faust- fahrlicher zu gestalten, anderseits das zeitraubende 

kampfer in romischer Zeit, bei den Griechen in Anlegen des Riemens zu vereinfachen, auf den 
successiver Entwicklung ifidvxsg, fisdixcu, atpaiQai, 20 Gedanken , das Gewinde um die FingerknSchel 

ifias 6t-vg, fivQfir/xes genannt. Der Sage nach ein- ftir allemal als fertigen festen Schlagriemen 

vom Bebrykerfursten Amykos erfunden (Clem, herzustellen. Diesen eigentlichen C., 1/j.dg o^vg, 

Alex, strom. 1 16, 76. Schol. Plat. leg. VII 796 A), beschreibt Philostrat. gymn. 10 givovg ydg x&v 

sind die einfachen weichen Riemen (l/j,dvxes) dem moxdxcov fio&v deyovxeg 1/A.dvxa sgydCovxai xvx- 

Epos bereits wohl bekannt (II. XXHI 684 Ijiavxag xixbv 61-vv xal Tigoe/x^aXXovxa, 6 8s ye dvxi%ug ov 

svxfirjxovg fioog dygavXoio). Seitdem bleiben sie, ^vXla/t/idvei xoig datcxvlotg xov %Xi\xxuv vtisq ovfj.- 

wie die Vasenbilder lehren, ohne wesentliche Ande- ftexglag xwv xgavpdxwv, thg \xrj naoa f) %sIq (id- 

rung bis ins 5. Jhdt. hinein in der Palaestra wie ^oiro. Besser als diese Schilderung belehren uns 

bei den Offentlichen Spielen, spater wenigstens hieruber die erhaltenen Monumente, als altestes 
in den Vorubungen zum Ernstkampfe in Ver- 30 die Marmorstatue eines Athleten aus Sorrent im 

wendung (Plat. leg. VIII 830 B. Paus. II 23, 3). Neapler Museum (abgeb. Kalkmann Proport. 

Nach Paus. VIII 40, 3 waren sie ix jjoeag a>/j,ijs d. Gesichts Taf. 3, die Faust in den Rem. Mitt, 

d. h. aus rohem, nicht in der spater vervollkomm- IV 179. Abh. XII 78), die beriihmte Bronze im 

neten Weise gegerbtem Leder hergestellt. Einzeln Thermenmuseum (Rom. Mitt. IV 177. Abh. XII 

hatten sie wegen der grossen Anzahl der erfor- 77), eine Bronzefaust in Neapel 7417 (Antich. 

derlichen Windungen eine Lange von beilauflg di Ercol., Bronzi II Vign. I. Krause XVnid 

doppelterManneshOheund wurden ausser Gebrauch 66 i. Abh. Xn 79) und eine noch unveroffent- 

zu einem Biindel zusammengelegt, wie man solche lichte Bronzehand in Verona, andere kleinere und 

in den Handen der Palaestriten (Benndorf Vor- daher weniger fordernde Monumente ungerechnet. 
legebl. VIII 1. Catal. vas. Brit. Mus. Ill pi. III. 40 Die Hand ist bedeckt von dem manchmal, wie 

Abh. d. arch.-epigr. Sem. Wien XII 68) oder an es scheint, gefutterten Lederhandschuh, der die 

der Wand aufgehangt sieht (Arch. Anz. 1892, Fingerspitzen frei lasst und an seinem hinteren 

164. Hart wig Meistersch. LXI). Beim Anlegen Ende, etwa in der Mitte des Unterarmes, mit 

bildet der Athlet zunachst in jeder Hand eine Fellbaar verbramt ist. Der aus einigen durch 

Schlinge (Benndorf a. O. Gerhard Auserl. Vas. diinne Lederstreifen zusammengeschniirten festen 

271. Hartwig LXI und S. 410), und diese dann Lagen gefertigte ovale Schlagriemen mit einer 

zur Verflechtung und Verknupfung des Riemens Offnung in der Mitte zur Aufnahme der vier Finger 

benutzend legt er denselben um die Hand an sitzt uber deren Ansatzknochel und erhalt durch 

(Arch.-epigr. Mitt. V Taf. 4. Abh. XII 69ff.). die nach riickwarts verlaufenden und um Hand- 
Das fertiggestellte Riemengeflecht bedeckt in der 50 gelenk und Arm gewundenen Riemen sowie durch 

Regel die Mittelhand, das Gelenk und meist einen einen an dem Handschuhrticken aufgenahten Wulst 

geringen Teil des Armes , wahrend die Finger eine unverruckbare Lage. Die verheerenden Wir- 

entweder unbedeckt bleiben (Philostr. gymn. 9. kungen dieses bereits sehr gefahrlichen Instru- 

Paus. VHI 40, 3. Gerhard a. O.) oder eben- mentes, auf das dann gleichfalls die Bezeichnung 

falls mit einbezogen werden (Abh. XII Fig. 59 e. oydiQai. ubergegangen ist, sind an der Thermen- 

60). Mehr auf den Schutz der Faust als auf bronze mit kiinstlerischer Beschrankung, aber doch 

Verwundung des Gegners berechnet, wurden die augenfallig angedeutet. Wurde es in den Vor- 

weichen Riemen neben der spateren gefahrlicheren ubungen statt der fisdlxat angewendet, so konnte 

Art als iftdvxeg fiakaxdixegot oder /acdlxcu be- seine Gefahrlichkeit durch die ijzloqpatga, wohl 
zeichnet. Die scharfere Faustarmatur, die sogar 60 eine Art weichen tfberzuges , paralysiert werden 

totliche Wirkung iiben konnte, ist zum erstenmal (Plut. praec. reip. ger. 32, 825 E). Eine merk- 

erwahnt bei Platon a. 0. xal dig syyvxaxa xov wiirdige Abweichung von der geschilderten ge- 

ofioiov lovxeg dvxl i/idvxcov a<paigag av jxegisdov- wOhnlichen Form zeigt das Faustkampferrelief 

fte&a, oncog ai nlrjym xe xal at xcov nXrjywv ev- im Lateran (Helbig 619), wo nebst dem Schlag- 

Xdfte.iai SiefieXsx&vxo eig xo ovvaxov txavdis. Vgl. riemen filr vier Finger noch ein kleinerer den 

Plut. de prof, in virt. 9. Bekker Anecd. I 62. Daumen umgiebt. fiber den Casseler Athleten 

Poll. Ill 150. Krause Gymn. u. Agon. I 505, vgl. Abh. XII 86f. Bios von romischen Schrift- 

10. Die alteste bijdliche Darstellung der ocpaT- stellern (Verg. Aen. V 404. Val. Flacc. I 420. 



1321 Caesulenus Caiatia 1322 

Stat. Theb. VI 732) wird eine Verscharfung des Lucan. VII 232. Sil. Ital. Ill 278. Varro bei 
Siemens durch Metall iiberliefert. Die Einfiihrung Non. p. 82, 17 M. Plin. n. h. XI 227. Hesych. 
eines durchaus metallenen C. erfolgte in der rOmi- s. xaigerai. In der Gestalt war die c. der Pelta 
schen Kaiserzeit. Fiinf Monumente zeigen seine ahnlich, Liv. XXVIII 5 , 11 -pelta eaetrae hand 
eigenartige Bildung; eine Heine Bronzeapplik in dissimilis est. Auf Miinzen nachgewiesen von 
Athen, Nat. Mus. 7574 (Abh. XII 88), den Oberteil Borghesi Oeuvr. II 336f. Danach heissen cas- 
ernes siegreichen Faustkampfers darstellend, ferner trati die mit der e. bewaffneten Auxilia der Hi- 
Lateranrelief Benndorf-Schoene nr. 384 (Gar- spanier bei Caes. b. c. I 39, 1 (eaetratae eohortes). 
rucci Tav. XXXVI 4), Capitalrelief im Vatican 48, 7. 55, 2. 70, 4. 75, 2. 78, 1; vgl. Strab. Ill 
<Abh.XIIFig.72),LateransarkophagHelbig62810163; bei Living (XXXI 36, 1. XXXIII 4, 4. 8, 
(Garrucci XXXVI 1), eine Figur auf dem Ath- 7. 13. XXXV 30, 3. XLII 51, 4. XLIII 41, 2) 
Iethenmosaik im Lateran (Abh. XII Pig. 74). ist eaetrati Obersetzung von neXraarai. 
Ubereinstimmend zeigen diese Athletendarstel- [v. Domaszewski.] 
lungen als Schutz einen glatten Fausthandschuh Caetriboni silvestres , indisches Aboriginer- 
(fiir sich angebracht an der Stiitze des Dresdner volk im Berg- und Hiigelgebiet zwischen der Ya- 
Faustkampfers , Abh. XII Pig. 75) und einen muna, und dem Mittellauf des Sindhu, neben Caesi 
zottigen, riemenumwundenen Armel vom Hand- und Megallae, Megasth. bei Plin. VI 73. Viel- 
gelenk bis zur Achsel. Der C. selbst besteht aus leicht eine Abteilung der Ksatriya, prakr. Khat- 
einer etwa halbkugeligen , den Handriicken und tiya (s. Chatriaioi, Kathaioi); dazu skr. vana 
die vier Finger deckenden Metallhiilse, die an20,Wald', — vqneya ,silvestris' ; vgl. Vivien de 
der Aussenseite einen zwei- oder dreigezackten St. Martin Etude sur la ge'ogr. grecque de l'lnde 
Vorsprung tragt und an einer Handhabe fur die 198. [Tomaschek.] 
vier Finger innen, mittelst eines um den Vor- Caetronius. 1) C. Caetronius, Legat der 
sprung laufenden und am Handriicken gekreuzten legio I. in Germania inferior, bestrafte die Badels- 
Kiemens aussen festgehalten wird. Der Daumen fiihrer des Aufstandes im J. 14 n. Chr. (Tac. 
liegt aussen an. Bei den Schriftstellern nirgends ann. I 44). [Groag.] 
erwahnt , bezeichnet dieser auf barbarische Ver- 2) Caetronius Cus[p]ianus, p(rimus) pfilus), 
wundung berechnete Totschlager bereits den Ver- procurator) Aug(usti), vielleicht von den Alpes 
fall und die Verrohung der Boxkunst. Mercu- Graiae et Poeninae. Seine Gattin hiess Aegnatia 
rialis De arte gymn. 187ff. Paber Agonistica 30 Priscilla. OIL XII 112 (Axima). 
55f. Fabretti Columna Trai. 260ff. Krause 3) Caetronius Pisanus, praefectus castrorum 
Gymn. u. Agon. I 502ff. Hiilsen Bern. Mitt. der leg. Ill Augusta (in Lambaesis) im J. 70 
IV 175ff. Jiithner Abh. d. arch.-epigr. Sem. n. Chr. Als der Legionscommandant und Legat 
Wien XII 65ff. [Jiithner.] von Numidien (C. Calpetanus Bantius Quirinalis) 

Caesulenus. 1) L. Caesulenus, zur Zeit des Valerius Festus nach der Totung des Proconsuls 

C. Gracchus accusator de plebe fuit, quern, ego von Africa L. Calpurnius Piso aus Hadrumetum 

audivi iam senem, cum ab L. Sabellio multam zur Legion zuriickkehrte, liess er aus personlicher 

lege Aquilia. petivisset. Non fecissem hominis Peindschaft zu C. diesen in Fesseln legen. Tac. 

paene infimi mentionem, nisi iudicarem, qui hist. IV 50. [Stein.] 

suspiciosius aut criminosius diceret, audivisse 40 Cafaues, maurische Volkerschaft, mit der der 

me neminem Cic. Brut. 131. [Miinzer.] rOmische Feldherr Theodosius im J. 373 in Unter- 

2) S. Matius. handlung trat, Ammian. Marc. XXIX 5, 33. 

Caetobriga, Stadt im siidlichen Lusitanien, [Dessau.] 

an der Kiiste zwischen Salacia und Olisipo , bei Cagiri (Kagiri) deo ist eine in den Pyrenaeen 

Plinius iibergangen, bei Ptolem. II 5, 2 Kaao- gefundene Inschrift geweiht, Luchaire Etudes 

flgiS, bei Markian. II 13 p. 547 Mull, (die Hss. sur les idiOmes pyren^ens 59 nr. 204. Holder 

KaotoflQit;) ebenso, im Itin. Ant. 417, 2 Catobriga Altcelt. Sprachsch. I 682. Der Name wird auf 

(Cetobricca der Geogr. Bav. 306, 18), entspricht den Pic de Cagire (de'p. Haute- Garonne) bezogen. 

der Lage und wohl auch dem Namen nach dem Das nomen Cagirus bei Br am bach CIBh. 1780. 

heutigen Setubal. Auf der Landzunge siidlich 50 " [Ihm.] 

davon , die vielleicht erst in neuerer Zeit den Cahi (Tab. Peut. ; Geogr. Bav. II 15 p. 87, 

Namen Troya erhielt, lag eine rOmische Villa, 7 P. Galhi), Ort in Syrien an der Strasse von 

vielleicht des Cornelius Bocchus, des von Plinius Apamea nach Bathne und Hierapolis; sonst un- 

beniitzten Schriftstellers iiber Hispanien (CIL II bekannt. [Benzinger.] 

35. 5184. Eph. epigr. VIII p. 356), aus der bis Caiatia (Katatia, Einwohner Caiatinus CIL X 

auf die eben erwahnte Inschrift des Bocchus nur 4570. 4579. 4590), Stadt in Campanien rechts vom 

unbedeutende rOmische Grabsteine des 1. und 2. Volturnus unweit der Grenze von Samnium, jetzt 

Jhdts. zu Tage gekommen sind (CIL II p. 8. Caiazzo. In der litterarischen tfberlieferung wird 

803). [Hiibner.] C. durch Schuld der Abschreiber fortwahrend mit 

Caetra. 1) Einer der Anklager des L. Valerius 60 Caiatia verwechselt : erst Mommsen (IBN p. 203 

Flaccus 695 = 59 (Cic. Place, bei Schol. Bob. und CIL X p. 444) hat nach Lepsius Vorgang 

p. 230 Or.). Der Name ist vielleicht verderbt. (Inscr. Umbr. et Oscae 113) mit Hillfe der Miinzen 

[Mtinzer.] und Inschriften die auf beide Stadte beziiglichen 

2) Caetra , hispanischer Schild , rund , aus Nachrichten gesichtet. Danach wird C. zuerst 306 

Leder, Serv. Aen. VII 732 caetra scutum loreum, v. Chr. erwahnt, wo es sich bereits in der Gewalt 

quo utuntur Afri et Eispani. Isid. orig. VIII der BOmer befand und von den Samniten ange- 

12. Auch der Schild der Britanni wird so be- griffen wurde (Liv. IX 43, 1. Diodor. XX 80). 

zeichnet, Tac. Agric. 36. Vgl. Liv. XXI 21, 12. Aus der Miinzpragung (Zeit zwischen pyrrhischem 



1323 Caieta Cal. 1324 

tind hannibalischem Kriege ; nur Kupfer mit latei- chron. ad a. 711. Sen. suasor. VI 17; dagegen 

nischer Aufschrift CAIATINO : Mommsen Rom. bei Appian. b. c. IV 19 ist dfupl Kairjxtjv nur 

Miinzwesen 330. Garrucci Monete dell' Italia Conjectur fur dfupl Kajivr/v). Nach der Zersto- 

II tab. 88, 16. Berliner Miinzkatalog III 1 p. 75) rung von Formiae durch die Sarazenen 847 hob 
schliesst Mommsen, dass C. Bilrgercolonie sine sich Gaeta zu einer der bedeutendsten Seestadte 
suffraqio gewesen sei. Im hannibalischen Kriege Mittelitaliens (neben Amain). Ygl. Mommsen 
erwahnt es Liv. XXII 13, 6. XXIII 14, 13. XXVI CIL X p. 603. Not. d. scavi 1893, 361. Un- 

4, 4 (die Hs. Calatiam oder ahnliche Corruptelen). bedeutend D. Monetti Cenni storici dell' antica 
Im Bundesgenossenkriege gegen Rom rebellisch, citta di Gaeta, Gaeta 1872. [Hiilsen.] 
wurde C. von Sulla seiner Selbstandigkeit beraubt 10 Caietae promontnrium (dxgcoxr/Qtov Kair^xrj 
und das Gebiet zu Capua geschlagen (Liber colon. Dionys. I 53), die Landspitze, welche den porlus 
232 nach Mommsen s Verbesserung). Doch hatte Caietae abschliesst, gekrOnt von dem wohlerhal- 
diese Anordnung keinen Bestand; in der Kaiser- tenen Grabmal des Munatius Plancus cos. 32 
zeit flnden wir C. als Municipium (CIL X 4570. v. Chr. (CIL X 6087; Abb. bei Bartoli Sep. 
4580. 4584. 4590). Die Tribus ist ungewiss, s. u. antich. tab. 88), jetzt Torre d'Orlando genannt. 

5. 1335 ; von Autoren erwahnt es nur Plin. Ill [Hiilsen.] 
63 ; unsicher ist der Name im Nundinarium Alii- Caietanus, flngierter Name bei Mart. VIII 37. 
fanum (CIL IX 2318) und der stadtrOmischen [Groag.] 
Praetorianerliste von 150 n. Chr. CIL VI 2380 Caietanus sinus, xoXitog Katdxag, die Bucht 
i 15. Lateinische Inschriften aus C. CIL X 4570 20 von Gaeta, Strab. V 233, der die Ableitungen 
— 4614. 8235 — 8237. [Hiilsen.] hinzufiigt : to yaQ xoXka ndvxa xaiixag oi Adxcovsg 

Caieta , Personification der gleichnamigen nQooayogeiovoiv (vorher geht Qopfiiai Aaxco- 

Hafenstadt in Latium und Amine des Aeneas, vixbv xriofia soxiv , 'Opfiiai Isyopsvov tiqoxsqov). 

Verg. Aen. VII Iff. Ovid. met. XIV 442ff., nach Ivioi 5' ijiwvv/nov xijg Alvelov xQoipov xbv xoXjzov 

andern Amtne der Creusa oder des Ascanius, Serv. <paolv. [Hiilsen.] 

z. St. Dagegen ist nach Strab. V 233 der Name Caiiarus, keltische Gottheit auf der Inschrift 

des xoXxog Kaidxag von dem lakonischen Worte von Aries CIL XII 655 Eoo imperio T. Attius 

xaiexa (= xoXkov) abzuleiten, wahrend wieder Quartus CAIlARO v. s. I. m. KeuneKorr.-Bl. d. 

andere (philologi bei Serv. z. d. St. Orig. gent. Westd. Ztschr. 1896, 104 vergleicht den Namen 
Rom. 10) ihn mit xaieiv in Verbindung brachten 30 der Gottin Caiva {Caiiarus aus Caivarusl). 

und den aetiologischen Mythos daran ankniipf- [Ihm.] 

ten, dass hier die Flotte der Troianer von deren Caimine(h)ae(?), Beiname der Matronae auf 

Frauen verbrannt sei. [O. Rossbach.] einer Inschrift aus Euskirchen (Brambach CIRh. 

Caietae portns (Vergil. Aen. VI 900. Origo 563), die jetzt verschollen ist. Ob richtig iiber- 

gentis Rom. 10, 3) oder portus Caieta (Plin. liefert? Bonn. Jahrb. LXXXIII 21. 137 (nr. 220). 

III 59. Floras I 11), Hafen im Gebiet von For- [Ihm.] 
miae, jetzt Gaeta (Gaieta beieits die Hs. des Caino(n), vicus (eastrum) der Turones, jetzt 
Geogr. Ravenn. IV 32 p. 265 und V 2 p. 333 P., Chinon (dep. Indre-et-Loire), Greg. Tur. hist. Franc, 
dagegen Caieta an den entsprechenden Stellen V 11 Cainon Toronieum victim u. 0. (die Zeug- 
Guido 473. 510). Der Name (dass er urspriing- 40 nisse bei Holder Altcelt. Sprachschatz s. Cainon 
lich Alr\xri gelautet habe, iiberliefern Timaios und Cano). Damit identisch Cano bei Venant. 
bei Diodor. IV 56 und Lykophr. Alex. 1024) wird Fort, vita S. Germani 153 de Canone Toronieo. 
gewOhnlich abgeleitet von der Amme des Aeneas Longnon Geogr. de la Gaule au Vie siecle 266f. 
(s. o.), wogegen Serv. Aen. VII 1. X 36 und der [Ihm.] 
Verfasser der Origo gentis Romanae (10, 3. 4) Caistena (Var. Carstena) nennt der Geogr. 
ihn von der Verbrennung der Flotte des Aeneas Rav. IV 26 p. 231 zwischen Basel und Constanz, 
(dbro xov xaieiv) herleiten. Wegen des vortreff- das heutige Kaisten. [Ihm.] 
lichen Ankergrundes war C. viel besucht und be- Caiva dea. Eine im J. 1833 bei Pelm (un- 
deutend (portus C.eeleberrimusatquepknissimus weit Gerolstein) gefundene, jetzt im Provincial- 
navium Cic. de imp. Cn. Pomp. 33) ; Antoninus 50 museum zu Trier befindliche Inschrift lautet nach 
Pius restaurierte ihn (Hist. Aug. Pius 8). Einen Hettner (DierOm. Steindenkmaler des Provincial- 
Apollontempel in C. erwahnt Livius XL 2, 1. mus. zu Trier p. 65 nr. 112) Caivae deae aedem 
Stadtisch organisiert scheint C. niemals gewesen omni sua impensa donavit M. Vietorius Pollen- 
zu sein ; dagegen war der Strand als Sommer- tin(us) et ob perpetuam tutelam eiusd(emj aedis 
aufenthalt beliebt (Cic. de or. II 22. Val. Max. dedit (sestertium) n(ummurn) c(entum milia). 
VIII 8, 1. Iuvenal. XIV 87. Martial. V 1, 5. Dedieatum III Non. Oct. Glabrione et Torquato 
X 30, 8). Hier hatte Cicero eine Villa (ad Att. eos. v. s. I. m. (im J. 124 n. Chr.). Die Gottin 
I 3, 2. 4, 3. Val. Max. I 4, 5. Plut. Cic. 47), (keltisch?) ist sonst nicht bekannt. Friiher las 
ebenso die Kaiser (ein Ti. Claudius Speclator, man falschlich Caivae deae (Brambach CIRh. 
procurator Formis Fundis Caietae CIL VI 8583) 60 853), unter falscher Bezugnahme auf die Venus 
so Domitian (Martial. V 1, 5), Pius und Faustina caiva (vgl. Bergk Zur Gesch. u. Topographie der 
(Hist. Aug. M. Aurel. 19. Fronto ep. ad Marc. Rheinlande 33. 34. Wis sowa Festschrift fur M. 
V 5. Symmach. laud. I in Valentinian. 16 p. 322 Hertz 159 und unten u. Caiva). Vgl. Caiiarus 
Seeck). Reste romischer Gebaude sind am Strande und C a n a Nr. 2. [Ihm.] 
zwischen Gaeta und Formiae zahlreich, auch finden Caius s. Gaius. 

sich Reste eines Aquaeducts ( Oaieforea /brma : Sym- Cal. L. Cal. Vetfus), Consul suffectus am 

mach. ep. IX 131 Seeck). Erwahnt wird C. noch 27. September 51 n. Chr. mit Kaiser Claudius, 

gelegentlich des Todes des Cicero (Cassiodor. der damals zum fiinftenmal Consul war (Bull. 



1325 Cala Calabria 1326 

d. Inst. 1871, 151). Henzen erganzt Calft- verschwinden die alten Stammnamen der Iapyges , 

dius). [Groag.] Messapii und Sallentini immer mehr, und Calabria 

Cala, Ortschaft, zur civitas Parisiaea ge- wird der Gesamtname fur die Halbinsel. Die Be- 

horig, Gregor. Tur. hist. Fr. V 39. VI 33 u. 0. volkerung ging zuriick; nach Strab. VI 281 hatte 

(die Zeugnisse vollstandig bei Holder Altcelt. die Landschaft in alter Zeit dreizehn St&dte ge- 

Sprachschatz s. v.). Das heutige Chelles bei Paris, habt , von denen nur noch Tarent und Brundi- 

Longnon Ge"ogr. de la Gaule 358f. [Ihm.] sium einige Bedeutung behalten hatten (Plin. Ill 

Calabra curia s. Curia. 105 nennt als Galabrorum mediterranii die Axe- 

Calabria (RaXa/Hgla, KaXa^goi, nach Eustath. tini Apamestini Argetini Butuntinenses Deeiami 
zu Dion. Perieg. 378 auch KakavQia). Die siid- 10 Orumbestini Norbanenses Palionenses Stulnini 

Cstliche Halbinsel Italiens , zwischen der Hadria Tutini, greift aber, wie die Erwahnung der Bu- 

und dem Sinus Tarentinus, ist ein flaches Hiigel- tuntinenses zeigt, iiber die Grenzen des eigent- 

land aus weissem Kalk, das nur selten bis zu lichen C. hinaus). Nach der augustischen Ein- 

500 m. steigt. Die Kiistenrander sind niedrig teilung bildet C. mit Apulia zusammen die zweite 

aber steil, die Kiiste ungegliedert, ein Name eines Region Italiens ; die Grenze zwischen Apulia und 

Caps aus dem Altertum nur iiberliefert fur die C. lauft so, dass Tarent auf der West-, Brundi- 

Sudspitze, Leuca, auch Iapygiiim oder Sallentinum sium auf der Ostseite die nordlichsten Stadte von 

promuntorium, jetzt Capo S. Maria di Leuca. Der C. sind , wogegen Genusia einer- und Gnathia 

Boden ist gleich dem nflrdlich angrenzenden Apu- andrerseits schon zu Apulien gehOren. Die Strassen 
lien (s. Bd. II S. 289) wasserarm. Pliisse von 20 folgen den Kiisten, namlich die von Hydruntum 

einiger Bedeutung fehlen ganz ; der von Plinius und liber Brundisium nach Gnathia (Stationen: Itin. 

auf der Tab. Peut. verzeichnete Pactius zwischen Ant. 118. 315; Hieros. 609. Tab. Peut. Geogr. 

Brundisium und Baletium , ebenso der Galaesus Rav. IV 81. V 1 ; hervorzuheben Lupia Baletium 

bei Tarent sind kleine Wasserlaufe ; der von Plin. Speluncae) und von Hydruntum iiber Leuca nach 

III 102 genannte Iapyx ist nicht naher zu locali- Tarentum (Peut. Rav. a. a. O.; Stationen Castrum 

sieren. Trotzdem war C. fruchtbar und ertrag- Minervae, Veretum, Uzentum, Baletium, Neretum, 

reich, namentlich durch seine W alder und Weiden Manduria); auch waren Brundisium und Taren- 

(Strab. VI 281). Ausgezeichnete Wolle lieferten turn durch eine directe Strasse verbunden (an der 

Tarent und Brundisium; bei Tarent bestanden u. a. Una [Hyria] und Mesochorum lagen, Peut. 
Wollfarbereien (Serv. Georg. IV 335) , welche in 30 Rav. a. a. O.). Im Innern des Landes sind ausser- 

spater Zeit unter kaiserlicher Verwaltung standen dem Manduria, Sturni, Rudiae , an der Ostkiiste 

(Not. dign. occ. 10 procurator bafii Tarentini Kallipolis zu nennen. Seit Ende des 2. und im 

Calabriae). Schlangen, zum Teil immensae molis, 3. Jhdt. wird C. von einem iuridieus geleitet, der 

waren nach Solin. II 33 in C. hauflg. gleichzeitig entweder Apulien oder Lucanien saint 

Durch die ganze Halbinsel zerstreut finden dem Bruttierlande unter sich hat (Marquardt 

sich Spuren einer Urbevolkerung, welche der Stein- Staatsverwaltung I 2 226. de Ruggiero Dizio- 

und der alteren Bronzezeit angehOrt. Ganz einzig nario epigrafico I 533. II 17); in der diocletia- 

auf dem italienischen Pestlande sind die mega- nischen Ordnung steht C. zusammen mit Apulien 

lithischen Denkmaler, pietre fitte, den nordischen unter einem Corrector, der den Perfectissimat hat 
Menhirs entsprechend, die sich z. B. bei Lecce, 40 (Marquardt a. a. O. 238. Cantarelli Bull. 

Gallipoli, Muro Leccese erhalten haben, zum Teil com. 1892, 218). Bis gegen Ende des 7. Jhdts. 

von bedeutenden Dimensionen (4 — 5 m. hoch). bleibt der Name C. an die ostliche Halbinsel ge- 

Nur in Sardinien finden sich ahnliche; ebenso kniipft (das scheinbar altere Zeugnis des um 600 

haben die calabrischen speeehie und truddhi, runde schreibenden Georgius Cyprius descr. orbis 600 — 

turmahnliche Steinbauten , ihre nachsten Analo- 608 beweist nichts, da die Stelle iiberarbeitet ist, 

gien in den sardinischen Nuraghen. S. dariiber Gelzerpraef. adGeorg.XXV); nachdemum670die 

Nicolucci Bullettino di Paletnologia Italiana V langobardischen HerzOge von Benevent sich Tarent, 

(1879) 139 — 148 und in den Atti del! Accad. Brundisium und das ganze siidliche Gebiet unter- 

Pontaniana XXIII 1893. Lovisato Atti dell' worfen hatten, iibertrug die byzantinische Ver- 
Acc. dei Lincei Ser. Ill vol. 9, 1881 ; weitere 50 waltung den Namen auf die westliche Landspitze, 

Litteratur bei Pigorini Bull, di paletnol. XIX das friihere Bruttierland, an dem er seitdem auch 

1893,347. Pr. Lenormant Gazette archeo- haften geblieben ist. Vgl. dariiber Diehl Etudes 

logique VII (1882) 30—39. sur l'administration byzantine (Paris 1888). M. 

In historischer Zeit finden wir die Halbinsel Schipa Archivio storico per le province Napoli- 
besetzt von einem Volke graecoitalischen Namens, tane XX (1895) 27ff. und Studj storici V (Pisa 
das vielleicht den Illyriern am nachsten steht 1896) 51ff. mit den Gegenbemerkungen von Cri- 
und Iapyges oder Messapii (s. d.) genannt wird. vellucci Studj storici IV (1895) 425ff. 
Als Unterabteilungen desselben gelten die Sal- Hauptstellen iiber C. : Strab. VI 277 — 282. 
lentiner an der West- und die Calabrer an der Mela II 66. Plin. n. h. Ill 99—105. Ptol. Ill 
Ostkiiste; der Name KaXa§Qol ist vielleicht ver-601, 67. 68. Lib. coloniar. 211. 261. tfber die 
wandt mit dem der ralafSom in Illyrien. In der messapischen Inschriften vgl. Mommsen Unter- 
Eroberungsgeschichte der Halbinsel spielen die ital. Dialekte 41— 98. Maggiulli und Castro- 
Calabrer keine hervorragende Rolle; die Trium- mediano Le iscrizioni messapiche, Lecce 1871. 
phaltafel verzeichnet von 272— 266 sechs Triumphe Von Neueren: Helbig Herm. XI 257ff. De Si- 
de Tarentineis, Sallentineis, Messapieis, ohne die mone bei Fabretti Terzo supplements alle ant. 
Calabrer iiberhaupt zu nennen. Seitdem jedoch iscrizioni italic. (1877) 171—229. Nissen Ital. 
die Romer in der Halbinsel festen Fuss gefasst Landeskunde 2431 539ff. Pais Storia della Si- 
haben (Anlegung der Colonie Brundisium 244), cilia e della Magna Grecia I 335ff. [Hillsen.] 



1327 Calacticus sinus Calama 1328 

Calacticus sinus s. Calathe. 8). Plinius neimt nach den Listen des Agrippa die 

Caladunum, Stadt der Bracarer in Hispania Calagurritani qui Nasiei eognominantur unter 

citerior, auf der Strasse , die von Braeara west- den oppida civiwm Romanorum des Bezirks von 

lich nach Aquae Flaviae und Asturica (Itin. Ant. Caesaraugusta (III 24). Ptolemaios teilt sie, wie 

422, 5) fiihrte. Ptolemaios teilt es den callaeci- schon Strabon, den Vasconen zu (II 6, 66, wo 

schen Bracarern zu und setzt es siidlich von Bra- das uberlieferte KaXayogha von Ukert mit Wahr- 

cara (II 6, 38). Aber da die Stationen dieser scheinlichkeit in KaXayogi Na[ai>ca] verbessert 

Strasse nicht ermittelt sind (OIL II p. 636) — ist). Die altesten autonomen Asse fiihren die 

ihre Richtung entspricht im ganzen der der heuti- iberische Aufschrift calaqriql (Mon. ling. Iber. 
gen Hauptstrasse von Braga nach Chaves (P. M. 10 nr. 64). Die alteren Asse tragen neben einem Kopfe, 

Capella Milliarios do conv. Bracar. Porto 1895, der nicht mit Sicherheit fur den des Augustus 

55) — , so ist die Lage des Ortes auch noch angesehen werden kann — ist es der Caesars? 

nicht annahernd bestimmt. Der Stamm des kel- — die Aufschrift Calagurri Iulia Nassiea; die 

tischen Namens Cala kehrt in dem Portus Cale jiingeren mit den Kopfen des Augustus und Ti- 

(s. d.) und in vielen anderen iberischen Namen berius und den Namen zahlreicher Duumvirn 

wieder. [Hiibner.] die Bezeichnung rnun(icipium) Cal(agurris) Iulia 

Calagna im Liber colon. 231 Lachm., angeb- (Mon. ling. Iber. nr. 64 a). Also ist die Stadt 

liche Veteranencolonie des Drusus in Campanien, noch unter Augustus Municipium geworden und 

wohl nur Dittographie fur Anagnia p. 230 (s. o. erhielt den Beinamen Iulia — die Listen des 
Bd. I S. 2025. Mommsen Gromat. II 186 und 20 Agrippa kannten ihn wohl noch nicht — , der 

OIL X p. 584). [Hfilsen.] sich zufallig auch in der Liste des Geogr. Rav. 

Calagorris, Station in Aquitanien, an der (309, 8) erhielt. Es sind noch manche Oberreste 

Strasse von St. Bertrand de Comminges nach Tou- von der am Zusammenfluss des Cidacos — so 

louse, Itin. Ant. 457. Nahere Lage unbestimmt. heisst der Pluss mit einem wohl altiberischen 

[Ihm.] Namen noch heut — und des Hiberus gelegenen 

Calagum (nach Longnon zu verbessern in Stadt erhalten (OIL II p. 404), aber nur wenige 

Calaeum), Ort in Gallia Lugudunensis an der Inschriften von Soldaten aus der friihen Kaiser- 

Strasse von Augustobona (Troyes) nach Samaro- zeit (CIL II 2983. 2984). Auch als Heimat von 

briva (Amiens), nach allgemeiner Annahme das Legionaren der X. Legion wird es genannt (Bram- 
heutige Chailly-en-Brie (dep. Seine-et-Marne). Des- 30 bach 117), und die Tribus der Burger war die 

jardins Table de Peut. 21. Holder Altcelt. Galeria (CIL H 4245. Brambach 117). Be- 

Sprachschatz s. Galiacus. [Ihm.] ruhmter ist die Stadt als Heimat Quintilians 

Calagurris. 1) Stadt der Vasconen in Hi- (Suet, de vir. ill. 129, 7 Reiff. Auson. profess. I 

spania citerior. Die nur bei Plinius aus den Listen 7) und wird auch sonst genannt (Suet. Aug. 49. 

des Agrippa angefuhrten stipendiarii des Bezirks Auson. epist. 25, 57. Paulin. ad Auson. V 223. 231. 

von Caesaraugusta, die zum Unterschied von der Prudent, peristeph. II 551. IV 31. VIII tit. Gre- 

beriihmten Stadt dieses Namens bezeichnet wer- gor. Turon. in glor. martyr. 92. CIL XII 3167). 

den als Calagurritani qui fibularemes eognomi- Die Schreibung schwankt zwischen Galagurris, 

nantur — woher der Beiname kommt, ist unbe- was die gewShnliche und den ahnlichen Bildungen 
kannt, etwa von der Herstellung von fibulas'? — , 40 entsprechende ist, und Calagorris (CIL II 2959. 

sind wahrscheinlich nach dem unweit von Osca 4245. Ill 5932. V 6987). In Turin und Nemausus 

gelegenen Loharre zu setzen. Danach sind die fanden sich die Basen von ihren senatorischen 

von Caesar b. c. I 60, 1 erwahnten Calagurri- Patronen unter Traian von den Calagurritani ex 

tani qui erant cum Oseensibus eontributi fur Hispania eiteriore gesetzten Statuen vor (CIL 

die Pitularenses zu halten, weil Loharre zwischen V 6987. XII 3167). [Hiibner.] 

Osca und Iacca liegt. Das beim Geogr. Rav. Calama. 1) In Numidien, von Oros. V 15, 6 

309, 8 gleich nach Iacca genannte Iulia wird genannt als der Ort, dessen Belagerung im J. 110 

danach mit Unrecht von K. Miiller zu Ptol. v. Chr. der rOmische Feldherr A. Postumius ver- 

auch fur C. Fibularensis angesehen. Die kleine sucht hatte, ehe er von Iugurtha besiegt wurde 
und wohl friih verschollene Gemeinde der Fibu- 50 (wofiir Sallust lug. 37 Suthul nennt, woraus man 

larenses hat nie Miinzen geschlagen (wie K. die Identitat von C. und Suthul gefolgert hat, 

Miiller zum Ptol. annahm) und nie den Namen wohl kaum mit Recht), nach Augustinus contra 

Iulia gefiihrt. Doch ist die Gleichsetzung C.s litteras Petiliani H 99, 228 zwischen Cirta und 

mit Loharre , die nur auf der vermeinten Ahn- Hippo Regius gelegen ; zahlreiche Inschriftenfunde 

lichkeit des Namens beruht, unsicher. haben die Lage bei dem heutigen Guelma be- 

2) Calaguris Nasica wird zuerst in dem Frag- statigt (CIL VIII 5290. 5325 u. s. w.). Die Stadt 

ment aus Livius B. XCI nach Poseidonios im ser- war zum mindesten seit Hadrian rSmisches Muni- 

torianischen Krieg genannt. Sertorius gelangt cipium (CIL VIII 5351, vgl. p. 521), hiess spater 

den Hiberus aufwarts fiber Bursavo , Cascantum auch eolonia (CIL VIII 5332. 5340. 5356. Augu- 
und Graccurris nach C. (vgl. Flor. II 10, 9. Oros. 60 stin. ep. 90; de civ. Dei XXII 8). Unter Diocletian 

V 23, 14). Dies fiihrt mit Sicherheit auf das und spater stand die Stadt unter dem Proconsul 

heutige Calahorra, das den Namen bewahrt hat. von Africa (CIL 5290. 5334. 5335. 5336. 5341. 

Dazu stimmen alle iibrigen Zeugnisse, wie zuerst 5357. 5358 = 17522), aber die Bischofe rechneten 

der treffliche Petrus de Marca (Marca Hispanica sich zu denen von Numidien (Acten einer Bischofs- 

2, 28) mit Recht hervorhob (Strab. Ill 161. Liv. versammlung aus dem J. 419: Possidius epi- 

XXXIX 21, 8. Epit. XCIII. Appian. b. c. I 112. seopus eeclesiae Calamensium legatus provin- 

Val. Max. VII 7 ext. 3. Suet. Aug. 49), und die ciae Numidiae, einmal legatus provincial Numi- 

Itinerarien (Ant. 393, 1 Calagurra. Geogr. Rav. 309, diae inferioris, bei Mansi Act. concil. IV 



1329 Calamantia Calata comitia 1330 

433. 437 — 438. Notit. episcop. aus dem J. 484 der Bormida, doch nicht genau zu localisieren. 

prov. Num. nr. 3, in Halms Victor Vitensis S. Mommsen OIL V p. 853. [Hiilsen.] 

p. 64); vielleicht hatte also die Stadt im 3. Jhdt. Calarona, Ort in provineia Gallia Eipa- 

unter den Legaten von Numidien gestanden (nach rensi, Not. dign. occ. XLII 17 tribtmus eohortis 

Mommsen CIL VIII p. 468 unter einem Legaten primae Flaviae Sapaudieae, Galaronae, schwer- 

des Proconsuls von Africa). Bischofe der Stadt lich verschrieben fur Cularone (Grenoble), wie 

werden Ofters genannt, am haufigsten Possidius, u. a. Holder im Altcelt. Sprachschatz s. Oularo 

Zeitgenosse des Augustinus und Verfasser einer annimmt, wahrend er s. Calarona (I 689) an der 

Biographie desselben (Aug. opp. ed. Migne I tfberlieferung festhalt (Ort la Chaleronne); vgl. 
33ff.), zuletzt im J. 484 (s. o.). Der Name C. bei 10 Boecking Not. dign. II 1017f. 0. Hirschfeld 

Petrus Diaconus (um 1140) im Chron. Cass. IV CIL XII p. 273. [Ihm.[ 

50 (Mon. Germ. Scr. VII 786: rex civitatis Ga- Calata, Station imsiidlichen Armenien, Geogr. 

lamensis quod a Saracenis Mchila dicitur), wird Eav. p. 49, 22. Man denkt zunachst an die am 

wohl eine augustinische Beminiscenz sein. Nordwestufer des Van-See gelegene Feste Chilat, 

2) Calama, in Mauretanien, Ausgangspunkt armen. Chlath, byz. Chaliat oder Chleat. Assi- 

einer Strasse, die vom aussersten Westen von Maure- mani Bibl. Or. 1106b z. J. 731 bezeugt einen 

tania Caesariensis ausgehend fast die ganze Pro- Fluss von B§th-Qalath im Tigrisgebiet ; Qalath, 

vinz durchschnitt, Itin. Ant. 36, wobl in der Nahe aTmen. KhaTirth, hiess der im Hochgebirge von 

der Kuste gelegen, nach Itin. Ant. 513, obwohl Sasun im Gau Salin entspringende und zwischen 
Ptol. IV 2, 22 anscheinend dieselbe Stadt (Ks- 20 KMimar, byz. Xko/^aQwv, und Arzan streichende 

Xa/ia) unter den binnenlandischen des aussersten Zufluss des Tigris. [Tomaschek.] 

Westens von Mauretania Caesariensis auffilhrt. Calata comitia hiessen in republicanischer 

[Dessau.] Zeit diejenigen Versammlungen des romischen 

Calamantia s. Celemantia. Volkes, welche unter Leitung der Pontiflces zu 

Calamistrum, das Brenneisen zum Krauseln sacralen Zwecken stattfanden. Das Wort ealare 

der Haare, Aero Hor. sat. I 3, 98. Oft genannt (rufen), das diesen Versammlungen den Namen 

als gebraucht fiir Prauen und Manner , auch fur gegeben hat, mag ursprunglich weitere Anwendung 

Luxussclaven , Marquardt Privatl.2 147, 7. gehabt haben (Fest. ep. p. 38 s. ealatores) ; spater 

601, 14. [Mau.] hat es sich auf bestimmte technische Ausdriicke 

Calamon. 1) Mutatio Calamon, an der Kiiste 30 der Priestersprache beschrankt, wahrend es in der 

Palaestinas (Itin. Hieros. 584, 7) zwischen Ptole- Umgangs- und Amtssprache durch vocare ver- 

mais und Sycamenos genannt, 12 Millien von drangt wurde, vgl. ealendae, curia ealabra, ca- 

ersterem, 3 Millien von letzterem entfernt ; nicht lator. Es ist daher wahrscbeinlich, dass diese 

identificiert. Versammlungen calata genannt wurden mit Riick- 

2) Calamona in Iudaea (Not. dign. or. XXXIV sicht auf die ihnen eigentumliche Art der Be- 
43), Militarstation der Cohors I equitata im Ge- rufung durch die Pontiflces. Sie fanden sowohl 
biet des Dux Palaestinae, wahrscheinlich in der nach Curien als nach Centurien statt; jene wur- 
Wiiste gleichen Namens siidOstlich von Jericho den durch einen lictor curiatius (diese Form be- 
gelegen ; nicht identificiert. zeugen die Inschriften, bei Gellius stent curiatus) 

3) Calamona in Phoinikien (Not. dign. or. 40 berufen, diese durch einen Hornisten. Gell. XV 
XXXII 11 = 26), Militarstation (equites sagit- 27, 1. 2: in libro Laelii Felieis ad Q. Murium 
tarii indigenae) im Gebiet des Dux Phoenicis. primo scriptum est, Labeonem scribere, ,calata' 
Nach Moritz (Abh. Akad. Berl. 1889, 19) iden- comitia esse, quae pro collegio pontificum haben- 
tisch mit Adamana der Tab. Peut. und 'Oduava tur aut regis out flaminum inaugurandoruin 
bei Ptolemaios (V 15, 24) und dann der Lage causa. Eorum autem alia esse curiata, alia 
nach dem heutigen Nebk entsprechend, in welcher centuriata. Curiata per lictorem curiatum ca- 
Gegend noch heute der Name Kalamun sich flndet, lari, id est convocari, centuriata per cornicinem. 
s. d. Art. Adamana. Baedeker Palast. und Als Handlungen, welche in den C. c. stattfanden, 
Syrien 4 391f. nennt Labeo a. a. O. erstens die Inauguration 

4) Calamos (Plin. n. h. V 78 ; Polyb. V 68 50 des Konigs und der drei Flamines (Dialis , Mar- 
KdXafiog), Castell nahe bei Tripolis an der sy- tialis, Quirinalis). Unter dem Kenig kann fiir 
rischen Kiiste, von Antiochos zerstCrt; jetzt el- die republicanische Zeit nur der Rex sacrorum 
Kalmun I1/2 Std. siidwestlich von Tarabulus. gemeint sein; wir dflrfen aber daraus den Schluss 

[Benzinger.] ziehen, dass in monarchischer Zeit der Konig 

Calamus, Gladiatorenname, CIL III 6014, 2 selbst in C. c. die Inauguration erhalten hat, 

als Beischrift einer Gladiatorenkampfscene, ferner mag er sich nun'selbst inauguriert (Mommsen 

auf einem griinen Glasgefasse im Wiener Museum St.-R. II 9. Ill 307) oder durch den Augur 

(Arneth Kameen Taf. 22, 5), auf einem bei die Weihe empfangen haben (L an ge Rom. Altert. 

Chambery gefundenen Glasgefasse (Fr. Lenor- 13 298). Die Versammlung nach Centurien be- 
mant Bev. archeol. 1865, 305—310 Taf. XX = 60zog Mommsen friiher (Rom. Forsch. I 273) auf 

CIL XII 5696, 32) und auf einem in der Vendee die Weihung der Flamines des Mars und Qui- 

gefundenen(H\ibnerEph. epigr.IV209. Allmer rinus, jetzt aber nur noch (St.-R. Ill 307, 1) 

et Terrebrasse Insc. de Vienne III 220ff). auf die Weihung des Flamen Martialis, der sicher 

Friedlander S.-G. lie 522. [Pollack.] auf dem Marsfelde geweiht worden sei (Serv. Aen. 

Calanicuin (Tab. Peut.) oder Canalicum (Itin. VI 859 Quirinus est Mars, qui praeest pari et 

Ant. 293. CIL V p. 853), Ort in den ligurischen intra civitatem colitur : nam belli Mars extra 

Alpen an der Via Iulia Augusta zwischen Aquae civitatem templum habuit), Lange (R6m. Altert. 

Statiellae und Vada Sabatia: jedenfalls im Thale 13 400) auf die Verkiindigung des Festkalenders, 



1331 Calata comitia Calata comitia 1332 

woriiber unten, Huschke (D. rOm. Jahr 181) auf Zeugnis des Varro (de 1. 1. VI 27 Primi dies 

die Inauguration des Rex. Alle diese Ansichten mensium nominati Kalendae, quod his diebus 

scheinen uns nicht genilgend begriindet. Es ist ealantur eius mensis Nonae a pontificibus, quin- 

nicht unbedingt notig, aus den Worten des Gellius, tanae an septimanae sint futurae, in Capitolio 

welche die Meinung des Labeo erst durch Vermitt- in curia Galabra sic dicto quinquies [dictae quin- 

lung des Laelius Felix wiedergeben, den Schluss zu que codd., emend. Turnebus] ,Kalo luno Govella', 

Ziehen, dass sich das Volk in C. c. nach Centu- septies dicto [septem dictae codd.] ,Kalo luno 

rien nur zu Inaugurationen versammelte, wie das Covella') und des Macrobius (sat. I 15, 10 Itaque 

Mommsen verlangt (St.-R. II 37, 4. Ill 307); saerificio a rege et minore pontifice celebrato 
vielmehr konnen diese Comitia auch bei einer der 10 idem pontifex calata, id est vocata , in Gapito- 

andern weiterhin zu besprechenden Gelegenheiten, Hum plebe iuxta curiam Oalabram, quae easae 

die Gellius noch anfuhrt, centuriata gewesen sein. Bomuli proxima est, quot numero dies a Kalen- 

Aueh entbehrt es der Wahrscheinlichkeit , dass dis ad Nonas superessent pronuntiabat, et quin- 

die Volksversammlungen bei der Weihung der tanas quidem dicto quinquies verbo xalw , sep- 

Mitglieder desselben Priesteramtes verschieden an- timamas repetito septies praedicabat; vgl. Past. 

geordnet gewesen seien. Noch weniger ist freilich Praenest. zum 1. Jan. CIL 12 p. 231. Serv. Aen. 

Langes Ansicht zu begreifen, wonach sich das VIII 654. Plut. quaest. Rom. 24. Lyd. de mens. 

Volk bei der Abrufung der Pesttage nach Cen- III 7) nehmen die meisten (z. B. Lange Rem. 

turien versammelt hatte. Als fernere Handlungen, Altert. 1 3 362. 399, dieser freilich mit Vorbehalt, 
die in den C. c. vorgenommen wurden, bezeichnet 20 und Herzog Staatsverf. I 109ff.) an, dass an 

Gellius (nach Laelius Felix, vgl. Huschke Iurispr. jedem ersten eines Monats C. c. stattfanden, in 

Anteiustin. Reliqu.5 p. 145) die sacrorum detestatio welchen von den Pontifices mitgeteilt wurde , ob 

und die Errichtung von Testamenten (isdem eo- die Nonen auf den funften oder den siebenten 

mitiis, quae ,ealata' appellari diximus, et sa- Tag nach dem Kalender angesetzt seien, und 

crorum detestatio et testamenta fieri solebant). dann noch einmal an den Nonen selbst, um vom 

Ersteres bezieht sich sicherlich auf die Adrogation Eex sacrorum die Daten der Feste des laufenden 

(so Mommsen ROm. Forsch. I 126; St.-R. Ill Monats verkiindigen zu lassen. Dagegen bemerkt 

38ff. und Lange EOm. Altert. 13 132. 137. 178; Mommsen (St.-R. II 39), dass nur an den Nonen 

dagegen Huschke D.rom. Jahr 182, 39 und Kar- eine Versammlung des Volkes stattfand, an den 
Iowa Rechtsgesch. II 97ff.). Wir verstehen unter 30 Kalenden dagegen die Abrufung der Nonen bios 

detestatio sacrorum die feierliche Erklarung des in durch den Diener des Pontifex (pontifex minor 

eine neue Familie aufzunehmenden Burgers, dass nach Macrobius und den Fasti Praenestini; vgl. 

er aus dem bisherigen sacralen Verbande austrete Liv. XXII 57, 3 sriba pontifieis, quos nunc mi- 

(Gai. Dig. L 16, 238, 1. Ulp. Dig. L 16, 40 pr.; nores pontifices voeant) vorgenommen wurde und 

hierauf bezieht Lange I 3 137 auch das Jfo- nur vorbereitend war. Indessen heisst es bei Varro 

fivvo&ai bei Cass. Dio XXXVII 51, 1). Erst nach- a. a. O. ealantur nonae a pontificibus, und 

dem dies geschehen ist (Serv. Aen. II 156 eon- wir kOnnen wohl auf die Ausflucht Langes (Ram. 

suetudo apud antiquos fuit, ut qui in familiam Altert. I s 353) verzichten, dass die Verkiindigung 

vel gentem transiret prius se abdiearet ab ea, in der Nonen erst nach VerOffentlichung des Kalen- 
qua fuerat, et sic ab alia reciperetur), kann er40ders durch Cn. Flavius 442 = 312 dem Pontifex 

sich durch feierliche Verpflichtung in die vater- minor iibertragen worden sei. Ob aber jene Ver- 

liche Gewalt eines andern Burgers begeben. Auch sammlungen an den Kalenden und Nonen wirk- 

dies geschah nach dem Zeugnis des Gellius in lich C. c. waren, bleibt freilich zweifelhaft, da 

Curiatcomitien nach vorhergegangenem Beschluss es aus den Worten des Macrobius (calata id est 

der Pontifices , nicht aber in C. c. Gell. V 19, vocata in Capitolium. plebs) und des Servius (Aen. 

5. 6 adrogationes non temere nee inexplorate com- VIII 654 ut ibi [in curia ealabra] patres vel 

mittuntur : nam comitia arbitris pontificibus populus calarentur) nicht mit vOlliger Sicherheit 

praebentur, quae curiata appellantur. Die Te- hervorgeht, anderweitig aber nicht bezeugt ist. 

stamentserrichtung in C. c. bezeugen auch Gai. Doch spricht die Wahrscheinlichkeit dafilr. 
Inst. H 101. Ulp. Reg. 20, 2. lust. Inst. II 50 Mommsennimmt ausserdem noch Mitwirkung 

10, 1. Theophil. ad h. 1. p. 154 ed. Ferrini. der Curien und daher Beschliisse der C. c. an 

Gaius sagt, die C. c. zur Errichtung von Testa- 1) bei Constituierung der ausserhalb des Ge- 

menten hatten zweimal jahrlich stattgefunden, schlechterrechtes stehenden Burger zu einem neuen 

und mit grosser Wahrscheinlichkeit hat Mom m- Geschlechtsverbande , 2) beim Ausheiraten einer 

sen (ROm. Chronol.2 241; St.-R. Ill 319; bei- Frau aus ihrem Geschlechte in ein anderes, 3) bei 

stimmendLangeRom. Altert. Ill 3 399. Huschke der Restitution des Geschlechtsrechtes an einen 

D. rOm. Jahr 179) vermutet, dass diese beiden aus dem Biirgerverbande ausgeschiedenen und in 

Termine der 24. Marz und der 24. Mai gewesen denselben zuriicktretenden Mann (St.-R. Ill 318ff.). 

seien, da zu diesen Tagen in den Fasten ver- Allein einerseits stiitzt sich diese Annahme auf 
merkt wird Q. R. C. F. (quando rex comitia- 60 Vorgange, bei denen die Mitwirkung der Curien 

vit fas, vgl. Varro 1. 1. VI 31. Fest. ep. p. 259). in comitiis ealatis nicht ausdrucklich bezeugt 

Der Einspruch, den Herzog (Rom. Staatsverf. ist (bei der Constituierung neuer Geschlechter 

I 110) gegen diese schfine Vermutung erhebt, wohl vornehmlich auf die Cooptation in patres 

scheint uns nicht hinreichend begriindet (vgl. auch des Attius Clausus, Liv. II 16, 5. Suet. Tib. 1, 

Hirschfeld Herm. VIII 1873, 469ff., dessen die Aufnahme albanischer Geschlechter, Liv. IV 

Vorschlag bei Varro zu schreiben quod eo die rex 4, 7, und der gentes minores, bei dem Aushei- 

saerifieolus litat ubrigens von Jordan Topogr. raten auf die gentis enuptio, welche der Fece- 

I 1, 508, 32 wiederholt wird). Gestutzt auf das nia Hispalla im J. 568 = 186 durch Senats- 



1333 Calata comitia Calatia 1334 

schluss verliehen wurde , Liv. XXXIX 19, 5, Waren die Comitia erst einmal zur Abstimmung, 

bei der Restitution auf Camillus , der nach Liv. Beschlussfassung oder Wahl ordnungsraassig con- 

V 46, 10 oomitiis curiatis revoeatus de exilio stituiert, so hOrten sie auf, Contio zu sein. 

iussu populi zum Dictator ernannt wurde). In der Zeit, aus welcher unsere Nachrichten 

Andererseits hangt die Beantwortung dieser Prage stammen, hatten die C. c. jegliche Bedeutung 

von der weiteren ab, ob die C. c. uberhaupt das verloren. Es gait das Mancipationstestament 

Recht der Beschlussfassung gehabt haben oder (Gai. II 103), die Verkiindigung des Festkalenders 

nur assistierend gewesen sind. Das letztere war uberfliissig, seitdem Cn. Flavius den Kalen- 

nahm zuerst J. H. Dernburg an (Beitrage zur der veroffentlicht hatte (450 = 304), und es 

Gesch. des rOm. Testaments I § 10 — 12 S. 53 10 dauerte nur noch die Inauguration der Flamines 

— 78); es wurde ausfiihrlich begriindet von Ru- und des Rex sacrorum fort, die aber auf das 

bino (Untersuch. 242ff.) und von fast alien Offentlicbe Leben ohne Einfluss war. v. Gruber 

Forschern (Lange Altert. P 398. Soltau, Ztschr. f. Altertumswissenschaft IV 1837, 172ff. 

Huschke, Schiller) und Mommsen selbst [Kiibler.] 

(Rdm. Forsch. I 126. 239. 270) als richtig an- Calathe. Kala&r), TtoXie ov jioqqco rwv 'Hga- 

erkannt. Neuerdings hat jedoch Mommsen eme xXdwv arrjXwv nach dem einzigen Zeugnis des 

andere Ansicht ausgesprochen. Er sagt St.-R. Hekataios (frg. 3 bei Steph. Byz. 347, 11), von 

II 37: ,Es sind darunter (unter den C. c.) be- Ephoros (nach demselben Zeugnis des Steph. Byz.) 

griffen teils alle bei der Inauguration zur blossen KaXa&ovoa genannt, vielleicht durch Missver- 

Assistenz berufenen Comitien, mOgen sie die der 20 standnis , vielleicht durch absichtliche Verande- 

Curien oder die der Centurien sein, teils alle rung des an xaXaftog Korb erinnernden Namens 

beschlussfassenden Comitien der Curien, insonder- in eine Korbstadt, ist zuerst von W. Christ 

heit diejenigen, aus denen das urspriingliche Te- (in seiner Abhandlung iiber Avien, Abh. Akad. 

stament hervorging und die noch in historischer Miinchen Bd. XI 1 1865, 115ff.) mit der An- 

Zeit die Adrogation vollziehen.' Und ferner (III gabe des alten Periplus in der Ora maritima 

318): ,Den beschliessenden Curiatcomitien, deren des Avien (v. 424) in Verbindung gebracht wor- 

Leitung durchaus dem Oberpontifex zusteht und die den fiber die Tartessier, qui porriguntur in Ca- 

daher wie die Inaugurationscomitien calata heissen, lactieum sinum; wonach also Calatieum oder 

ist die Erteilung der folgenden Personalprivilegien richtiger Calathicum zu schreiben ware. Es ist 

vorbehalten u. s. w.' Diese Ansicht scheint uns 30 kein Grund vorhanden, mit K. Miiller den sinus 

unhaltbar, Denn bei den beiden Acten, zu wel- Calaetieus von der xaXt) axtr\ oder dem xaXdv 

chen nach dem Zeugnis des Laelius Felix die C. dxQconjQiov des zweiten karthagisch-rOmischen 

c. berufen wurden, der Detestatio sacrorum und Vertrags bei Polybios abzuleiten und dies fur 

der Testamentserrichtung , ist nur die Rede von das Cap de la Nao, die Siidostspitze Iberiens, zu 

Zeugnisleistung, nicht von Beschlussfassung des erklaren, die gar nicht an einem sinus liegt. 

versammelten Volkes. Zwar beziehen auch wir Das schSne Vorgebirge gehOrt, wie alle alteren 

die Detestatio sacrorum mit Mommsen auf die Erklarer annahmen und F. Riihl zuletzt mit 

Adrogation, betrachten aber Detestatio sacrorum Recht hervorhob (Jahrb. f. Philol. 1888, 347ff.), 

und Adrogatio als zwei aufeinanderfolgende Acte, vielmehr sicher nach Africa; die Angaben des 
von denen wir nur den ersten in C. c. vollzogen wer- 40 Polybios (III 23, 1. 24, 2) waren sonst unver- 

den lassen, den zweiten dagegen (mit Gell. V 19, 6) standlich oder beruhten auf grober Unkenntnis, 

in Comitia curiata (oder wenn der Ausgeschiedene wie sie ihm sicher nicht zuzutrauen ist. Calathe 

in ein plebeisches Haus iibertrat, vielleicht in einer — ob die Gewahrsmanner des Hekataios, wohl 

Versammlung der plebeischen Tribus, wieHerzog Massalioten, den iberischen Namen genau aus- 

Rom. Staatsverf. I 1063 nach Cass. Dio XXXVII sprachen und er sie richtig verstand, ist natiir- 

51, 1 annimmt). Was das Testament betrifft, so lich ganz unsicher — ist fur eine von den spater 

behauptet zwar Mommsen (St.-R. II 38), es sei von verschollenen iberischen Stad ten an der Siidkiiste 

der romischen Rechtswissenschaft seiner Rechts- zu halten, ,nicht allzu weit von den Herakles- 

kraft nach nicht zu den Privatacten, sondern zu saulen', nach der die Bucht zwischen Barbesula 

den Gesetzen gezahlt und in alien seinen Con- 50 und Suel benannt wurde ; denn ungefahr bis da- 

sequenzen als solches behandelt worden ; doch hat hin erstreckte sich nach dem Periplus das Gebiet 

dieser Satz nicht allgemeine Anerkemrang gefunden der Tartessier und begann das der Mastiener. 

(vgl. z.B. Huschke D.rom. Jam- 182,38. Holder An die Insel KaMfo) bei den Syrten (Mela H 

Ztschr. d. Savigny-Stiftg. XVI 1895, 236). Ausser- 120. Plin. V 42. Ptol. IV 3, 44) ,allzuweit von 

dem sagt Laelius Felix ausdriicklich, das Testament den Heraklessaulen' ist nicht zu denken, wie F. 

werde errichtet calatis oomitiis in eontione, Unger wollte, der ausserdem noch den Calacti- 

worauf schon Rubino aufmerksam macht (Unter- eus sinus bei Avien in einen schon der Form nach 

such. 244, 2; ebenso fruher Mommsen Rem. ganz unmiiglichen Malaeitinus sinus (statt Ma- 

Forsch. I 270,3); denn contionem habere est verba laeitanus) andert. [Hiibner.] 

faeereadpopulum.sineullarogatione,vfieGel- 60 Calatia (Kalatia CIL X 3893; KaXaiia), Stadt 

lius (XIII 16,3) sagt. Allerdings sucht Mommsen in Campanien (Einw. Galatinus), zwischen Capua 

(St.-R. Ill 320) jetzt diesen Satz, den er fruher und Benevent ; den Ort bezeichnet die Kirche San 

selbst anerkannte, zu entkraften, indem er sich Giacomo alle Gallazze zwischen Maddaloni und San 

auf seine Darstellung des Verlaufes der Comitia Nicola la Strada. Die Stadt, welche fast durch- 

beruft, wo er nachweise, dass die Contio ein in- weg (ebenso wie Atella) das Schicksal des benach- 

tegrierender Bestandteil der Comitia sei. Indes barten machtigen Capua teilte, wird zuerst er- 

dort wird gerade gezeigt, dass die Contio die wahnt313 v. Chr., wo der Dictator Q.Fabius sie den 

eigentlichen Comitia nur einleitete (St.-R. ni 390). Samniten abnahm (Diodor. XIX 101 nach Momm- 



1335 Calatonnum Calavius 1336 

sens Verbesserung; KeXlav die Hs.). Eine zweite die in den Inschriften fast stets verbunden er- 

Eroberung berichtet Livius IX 28, 6 zum J. 311 scheinen (von den beiden erhaltenen Verzeichnissen 

v. Chr. Aus dem 3. Jhdt. v. Chr. stammen die dieses Collegiums enthalt das eine, CIL VI 2184, 

Miinzen mit der oskischen kvischnit Kalati{Ga,r- 36, das andre, CIL VI 2185, vgl. Bull. comm. 

rucci Mon. dell' Italia II 89, tab. 87, 19—21. 88, 1887, 94, 27 Namen; s. noch CIL VI 712 und 

1—3. Berliner Mfinzkatalog III 1, 75f.). Imhanni- X 1726), der augures (VI 2187. Sueton. de 

balischen Kriege emporten sich die Calatiner zu- gramm. 12), der XVviri (VI 3878), der Vllviri 

sammen mit ihren Nachbarstadten im J. 216 epulones (X 6227. 8388), der fratres Arvales (VI 

(Liv. XXII 61, 11. Sil. Ital. VIE 542) und 2053, 15 und Ofter), der sacerdotes Titiales Fla- 
wurden dann von den siegreichen Eomern mit 10 males (VI 2188f. 2190), der sodales Marciani 

dem Verluste ihrer Selbstandigkeit gestraft (Liv. Antoniniani (Eph. epigr. VIII 368). Die ge- 

XXVI 16, 5. 34, 6. XXVII 3, 7). Aus dem 2. Jhdt. nauesten Angaben tiber die calatores liefern die 

v. Chr. wird, ausser einigen nach Bom gemeldeten Arvaleninschriften. Die calatores sind nach diesen 

Prodigien (Liv. XLII 20, 5. XLV 16, 5) eine dem persOnlichen Dienste der einzelnen Arvalen 

"Wiederherstellung der Mauern durch die Censoren zugewiesen , letztere wahlen ihre eigenen Prei- 

174 v. Chr. erwahnt (Liv. XLI 27, 10). Im J. 59 gelassenen zu C. Beim Antritt ihres Dienstes 

wurde nach Erlass der lex Iulia de agro Cam- miissen diese eine Summe an die area des col- 

pano eine Veteranencolonie nach C. gefiihrt; nach legium entrichten (CIL VI 2080, 45. Henzen 

Caesars Tode ergriffen die neuen Einwohner so- Acta fratr. Arv. VIII 160). Die calatores assi 
fort Partei fiir Octavian (Cic. ad Att. XVI 8, 1.20stieren, in Gemeinschaft mit den publiei (s. d.), 

Vellei. II 61. Nicol. Damasc. p. 135 Dind. Appian. den Arvalen beim Opfer (2067, 61. 2068 n 20 

b. civ. Ill 40). Spater wird es nur von Strabon u. &.), sie bringen, ebenfalls gemeinsam mit den 

(V 249, wo die Hs. KaUareola und VI 283, wo publiei, im Auftrage ihrer Herrn Piacularopfer 

sie ralazia haben) und auf der Tab. Peut. er- dar (2053, 14. 2107, 24 u. 0. Henzen 132—134. 

wahnt; die Notiz im Liber colon. 232 Lachm. 139). Nach Beendigung des Opfers schicken die 

wird mit grOsserem Becht auf Caiatia bezogen Arvalen die Opfergerate (tuseaniea) durch ihre 

(das iiberhaupt durch Schuld der Abschreiber haufig calatores nach Hause (2065 n 47. 2075 n 37). 

mit C. verwechselt ist, s. o. S. 1322). Die Tribus CIL VI 2080, 6 bringen die C. gemeinsam mit 

war die Falerna, wie sich aus der bei San Nicola den Arvales selbst der consecrierten Matidia Au- 
la Strada gefundenen Inschrift CIL X 3893 ergiebt 30 gusta ein Weihgeschenk dar. Die calatores pon- 

(wo, wieein mirvorliegender Abklatsch zeigt, nicht tifieum et flaminum waren bevollmachtigt, die 

KAIATIA, sondern KALATIA zu lesen ist; vgl. Erlaubnis zu Opfern und zur Niederlegung von 

B8m. Mitt. Xn 82). Vgl. G. Sivo Storia di Ga- Weihgeschenken zu erteilen (CIL VI 712. 2185. 

lazia. Neapel 1860 — 65. Mommsen CIL Xp.359. 2186). Die calatores der pontifiees werden nach 

369. B e 1 o c h Campanien 370-372. Ausgrabungen dem Interpolat. Serv. Georg. 1 268 von ihren Herren, 

bei S. Giacomo alle Galazze (vorromische Nekro- wenn sie zum Opfer gehen, vorausgesandt, um 

pole) Not. d. scavi 1884, 277 — 280. [Hiilsen.] zur Vermeidung von StOrungen der Ceremonie 

Calatonnum, vicus zur Civitas Turonum ge- die Handwerker von der Arbeit zuriickzuhalten ; 

h&rig, erwahnt von Gregor. Tur. hist. Franc. X ob die praeeiae (Fest. epit. p. 224, 1) oder prae- 
31, 4, jetzt Chalenton (dep. Indre-et-Loire). Hoi- 40 eiamitatores (Fest. p. 249 a 20: praecones Macrob. 

der Altcelt. Sprachschatz s. Galetodunon. Long- I 16, 9), welchen dasselbe Amt bei den flamines 

non Geogr. dela Gaule au VI« siecle 267. [Ihm.] zugescnrieben wird, mit den calatores identisch 

Calatores (kalatores). Zusammenhangend mit sind, lasst sich nicht feststellen. Wenn es in 

ealare, bezeichnet der Name urspriinglich Sclaven, den Acten der Arvalen heisst ad summotum (CIL 

die dem Herrn stets zur Hand sind, um zu rufen, VI 2060 16 u. &.) oder summoto (CIL VI 2075 

wen er befiehlt (Plaut. Pseudol. 1009; Merca- n 13 u. &.) immolavit oder lucum deae Diae 

tor 852; Budens 335. Fest. epit. p. 38, 12: eala- ascenderunt u. a., so fiel die Anfgabe des summo- 

tores dicebantur servl crno xov xaluv, quod est vere jedenfalls den C. zu, da die Arvalen Lictoren, 

vocare). Doch scheint in spaterer Zeit dieser die dieses Amt bei den Magistraten ubten, an- 
Ausdruck fur derartige Sclaven ausser Gebrauch 50 scheinend nicht besassen (Henzen Acta fr. Arv. 

gekommen zu sein, da sich in den Inschrif- 28). Litteratur: Marquardt Staatsverwaltung 

ten kein Beispiel dafur findet und auch das Im- III 226f. Mommsen Staatsrecht I 359. Bug- 

perfectum in der oben citierten Notiz des Festus giero Dizionario epigr. II 19ff. (vollstandige Zu- 

zu zeigen scheint, dass von einem alten Gebrauche sammenstellung des inschriftlichen Materials), 
die Bede ist. Durch zahlreiche Inschriften be- [Samter.] 

zeugt sind dagegen freigelassene calatores, die Calavins, angesehene campanische Familie 

den Mitgliedern der hoheren Priestercollegien als in Capua. 1) Calavii wurden 544 = 210 in Bom 

Diener beigegeben sind (vgl. auch Corp. gloss. wegen Brandstiftungen bingerichtet ; sie gehoren 

lat. II 96, 3). Die vereinzelte Angabe der Gloss. dem campanischen Geschlecht an (Liv. XXVI 
Labb. p 24, nach der auch diese Art der cala- 60 27, 7ff.). 

tores Sclaven sind, steht mit den Inschriften in 2) Novius und Ovius Calavii traten 440 = 314 

Widerspruch und muss deshalb auf einem Irrtum an die Spitze einer Verschworung gegen die BOmer 

beruhen. Singular ist ein Freier (eques) als ea- in Capua und to'ten sich selbst, als sie entdeckt 

lator Mareianus Antoninianus Eph. epigr. VHI wurden (Liv. IX 26, 7). 

368 (der funfzehnjahrige ealator Q. Caecilius Ferox 3) Ofillius Calavius Ovi filius clarus genere 

CIL VI 2188f. ist wohl der Sohn eines Freige- factisque turn etiam aetate verendus, in Capua 

lassenen, Buggiero Dizionario epigr. II 20). Er- 433 = 321 (Liv. IX 7, 1), vielleicht Vater von 

wahnt werden calatores der pontifiees et flamines, Nr. 2. 



1337 Calautica Calcatorium 1338 

4) Pacuvius Calavius, mit den vornehmen deutung hervor (z. B. Maccius in Anthol. Pal. 
rOmischen Familien der Claudier und Livier ver- IX 403, 1. Geop. VI 11, 3. 13, 3), ja man ver- 
schwagert, war 537 = 217 das Haupt der demo- stand darunter sogar auch einen Tretkubel von 
kratischen, zu den Karthagern hinneigenden Partei Holz (Bekker anecd. 51. 277), aus welchem Stoffe 
in Capua und der erste Beamte (Meddix tutious) auch die Xrjvog gezimmert gewesen sein mag, welche 
der Stadt (Liv. XXIII 2, 1—4, 5. 8, 2). Sein in Alexandreia unter Ptolemaios Philadelphos bei 
Sohn dagegen hielt treu zu Rom; als Hannibal einer Procession einhergefahren wurde und in 
die Stadt in Besitz genommen hatte, erlangte der welcher 60 Satyrn den Most austraten ; diese hatte 
Vater seine Begnadigung, konnte ihn aber bald bei 24 Ellen Lange und 15 Ellen Breite eine ob- 
darauf nur mit grosster Muhe abhalten , den pu- 10 longe Form (Kallixenos bei Athen. V 199 a). 
nischen Peldherrn bei einem Mahle zu ermorden Im Jahre 1894 hat man zu Athen im Innern 
(ebd. 8, 2 — 9, 13). [Miinzer.] des heiligen Bezirks des Dionysos Lenaios eine 

5) Calavius Sabinus, Legat der legio XII Ful- Xrjvog aufgefunden, welche W. Dorpfeldbeschrie- 
minata unter L. Caesennius Paetus im Feldzug ben und abgebildet hat (Athen. Mitt. XX 1895, 
des Jahres 62 n. Chr. (Tac. ann. XV 7). 168f.). Die Kelter bildet im Grundriss ein etwas 

[Groag.] unregelmassiges Viereck von 4,70 m. mittlerer 

Calautica (oder ealvatica ? so uberliefert Cic. Lange und 2,80 m. Breite. Ihr Inneres zeigt einen 

frg. in Clod. V 3, Orelli IV p. 949), ein von gut gearbeiteten Estrich von Flusskieseln und 

Frauen getragenes Kopftuch, Cic. a. O. Von mitra KalkmOrtel, der nicht horizontal ist, sondern nach 

unterscheidet es Afranius bei Schol. Bob. Cic. ed. 20 seiner siidostlichen Ecke das starke Gefalle von 

Orelli V 2, 336. Dig. XXXIV 2, 25, 10. Dagegen 0,25 m. hat. Neben der tiefsten Stelle des Fuss- 

Serv. Aen. IX 613: mitrae feminarum quas ea- bodens ist die Ostmauer durchbohrt, und vor 

lauticas dieunt. Auson. perioch. Odyss. Viibersetzt der Offnung befindet sich noch jetzt ein rundes, 

mit C. das homerische xQrjde/ivov; die C. wird oben mit einem viereckigen Rande versehenes 

also wohl wie dieses weiter herabgehangen haben Thongefass von 0,50 m. innerem Durchmesser und 

als die Mitra, Becker-Goll Gallus III 275. etwa 55 Liter Inhalt. Neben dem Gefasse be- 

[Mau.] flndet sich noch eine aus MOrtel hergerichtete 

Calcaria. 1) Ort an der Kilste von Gallia kleine viereckige Vertiefung, deren Form und Be- 

Narbonensis zwischen Massilia und Fossae Mari- deutung sich wegen der starken Zerstorung nicht. 

anae , Itin. Ant. 299. Tab. Peut. Geogr. Rav. 30 mehr erkennen lasst. Wahrend die nSrdliche und 

IV 28. V 3. Desjardins Geogr. de la Gaule I westliche Mauer der Kelter zugleich als Grenz- 

202 (,carrieres de chaux de Calas, sur la route de mauer des Bezirks dienten und als Umfassungs- 

Marseille en contournant l'etang de Berre') ; Table mauern des Gebaudes, zu dem die Kelter gehorte, 

de Peut. 65. [Ihm.] vielleicht auch ein Dach trugen, war die ostliche 

2) Station der rOmischen Strasse im mittleren nur 0,35 m. hoch. Die Hohe der stidlichen Mauer 

Britannien , zwischen Deva und Eburacum (Itin. ist nicht bekannt. Noch heute werden in vielen 

Ant. 468, 5) von unsicherer Lage; die Ansetzungen Gegenden Griechenlands die Weinkeltern in ganz 

schwanken zwischen Tadcaster Newbury und Sea- ahnlicher Weise gemacht. Ein viereckiger ge- 

croft. Der Name ist sicher rOmischen Ursprungs pflasterter Platz wird mit niedrigen Mauern um- 

wie der der gleichnamigen Station in Gallien 40 geben, dem Fussboden giebt man ein starkes Ge- 

und wird von Kalkgruben hergeleitet sein. falle, durchbohrt an dem tiefsten Punkt die eine 

[Hiibner.] Aussenmauer und ordnet vor dem Loche ein kleines 

Calcatorinm, von calcare gebildet, bezeichnet gemauertes oder thOnernes Gefass an, damit der 

das Behaltnis, in welchem den Trauben durch Traubensaft von dem Tretplatze in dieses Gefass 

Austreten mit den Fiissen der Saft entzogen wurde laufen und dort geschOpft werden kann. Auch 

(Isid. XV 6, 8). Unser Wort ,Kelter', obwohl da- in byzantinischer Zeit stellte man die Weinpressen 

von herstammend, deckt sich begrifflich nicht mehr in derselben Weise her, wie die zahlreichen in 

vollstandig damit, sofern heute bei uns die Trau- Olympia gefundenen Keltern beweisen, welche dem 

ben durch einen Stempel oder in einer Miihle zer- 5. und 6. Jhdt. n. Chr. angehoren. Dorpfeld 

quetscht werden, ehe sie durch die Kelter gepresst 50 weist noch auf die leQaTtjQsg vmoXtjvioi in der In- 

werden, wahrend das Austreten noch vielfach in schrift des Konigs von Kommagene bei Humann- 

den Mittelmeerlandern sich erhalten hat. Ursprung- Puchstein Reisen in Kleinasien und Nordsyrien 

lich wurde dafttr forus oder forum gesagt (Isid. a. 1890, 275 Z. 25 hin und vermutet, dass die von 

a. O.; vgl. Varr. r.r. 154, 2. Col. XI 2, 71. XII 18, ihm beschriebene Kelter etwa aus dem 4. Jhdt. 

3), wie foramen von der indogermanischen Wurzel v. Chr. stamme, aber unterhalb derselben , nach 

bhera = schneiden, bohren abzuleiten (FickVgl. den Resten eines noch alteren Fussbodens zu 

WOrterbuch d. indog. Spr. 14 90. 491), wie denn schliessen, schon in archaischer Zeit eine Kelter 

auch bei Cato (18, 3) forum eine Hohlung im bestanden habe, ebenso wie spater eine ganz neue 

Erdboden zur Aufnahme von Pfosten zu bezeichnen kleinere Kelter dariiber errichtet worden ist, deren 
scheint. Dem e. entsprach im Griechischen Xrjvog 60 Boden , ebenfalls aus Kalk und kleinen Kieseln 

(Corp. gloss, lat. Ill 192, 46. 196, 62. 357, 56), hergestellt und ein Gefalle nach Osten zeigend, 

welchem wohl wie Unter eine europaische Form noch erhalten ist. 

lentro-: Intrei = Trog, Wanne zu Grunde liegt Zu bemerken ist, dass das Gefass, in welches 

(Fick ebd. 537). Zwar kann Xr/rog auch auf das der ausgetretene Most floss, gewohnlich vjioXrjviov, 

ganze Keltergebaude iibertragen werden (Geop. bezw. lacus (s. d.) hiess. Ahnlich wie die Xrjvog 

VI 1, 2 u. 3. 10; = toreular Corp. gloss, lat. II wird natiirlich das forum der Rbmer gewesen 

199, 15. 360, 25. Ill 27, 13. 263, 16. 396, 66. sein. Eingehend wird es unter dem Namen c. 

498, 81), doch tritt Ofters die ursprungliche Be- von Palladius (I 18) beschrieben. Schneider 



1339 Calcatorium Calceus 1340 

(in s. Comment, z. d. St.) und Rich (111. WOrterb. dolium, schiittet. Besonders haufig ist dieser Vor- 

d. rom. Alt., fibers, v. C. Mfiller, 1862) verstehen gang, nach griechischer Auffassung idealisiert (vgl. 

freilich darunter dasselbe, was Cato (154) sug- Kallixenos bei Athen. V 199 a. Nic. alex. 30f.), auf 

ffestum nennt, eine ErhOhung in der eella vinaria, in Italien gefundenen jungeren Reliefs dargestellt 

auf welche man ein Gefass stellte, um den Wein worden, woruber besonders Welcker (Alte Denk- 

aus den Lagerfassern in dieses iiberzugiessen und maler II 119f.) und Baumeister (Denkm. Ill 

zu vermessen. Ihr Haupteinwand , dass das c. 1564f.) handeln. Von beiden ist naher besprochen 

nicht in die eella vinaria gehore, wo man nicht und nach Z o e g a (a. 0. II 87) abgebildet ein 

den Wein gemacht habe, sondern in das torcu- rOmisches Marmorrelief , auf welchem wie auch 
larium (Presshaus), wird schon dadurch entkraftet, lOsonst nach jener Auffassung Satyrn die Trauben 

dass Palladius (I 20) in seiner eella olearia auch austreten. Zur Linken des Beschauers blast ein 

das 01 presste und zubereitete; auch fiihrt ihre solcher eine Doppelflote; in der Mitte erblickt 

Auffassung zu ungereimten Folgerungen (s. auch man eine sehr niedrige , daher wohl nur ange- 

Cella). Wie in einer Basilika soil in der eella deutete Kufe, in welcher zwei mit den Handen 

vinaria das c. eine erhohte Lage erhalten, also sich an einem Riegel haltende und im Kreise 

wohl dem erhabenen Anbau jener, dem tribunal, umherschwingende Satyrn eine diinne Schicht 

entsprechend; auf drei oder vier Stufen sollte man Trauben austreten; von rechts tragt ein Silen 

zu demselben gelangen ; zu beiden Seiten derselben einen mit Trauben gefiillten Korb herbei; die 

die beiden laeus sich befinden , in welche der Trauben sehen seltsamerweise wie rundliche Steine 
ausgetretene Saft hinabfliessen konnte; von diesen 20 aus. [Olck.] 

laeus aus sollten gemauerte Canale oder thonerne Calceolarius, kommt nur Plaut. Aulul. 507 

Rohren an den Wanden entlang den Most den vor. Da hier der sutor ausserdem genannt ist, 

Gangen (oder Rinnen) zufiihren, durch die er in so wird wohl C, der Ableitung vom Deminutiv 

die zur Seite jener Canale oder Rohren aneinander entsprechend, der Verfertiger feinen Schuhwerks 

gereihten Passer (um hier zu garen) gelangte (vgl. sein. In der allgemeinen Bedeutung Schuster ist 

Maccius a. 0. 5). Wenn die Lese sehr reichlich das Wort in die romanischen Sprachen iiberge- 

ausflel, sollten in der Mitte der eella noch cupae gangen. [Mau.] 

(zum Austreten der Trauben) auf einem erhehten Calceus, der Schuh, ist im Gegensatz zur 

und mit Ziegelsteinen gepflasterten Raume in Sandale, solea, die nationale, zur Toga gehorige 
der Weise aufgestellt werden, dass sich die Fasser 30 Pussbekleidung des rOmischen Burgers (Polyb. 

unter ihnen befanden und etwa aus den cupae XXX 19, 3. Plut. Pomp. 24; coniug. praec. 22) und 

tiberfliessender Most von dem gepflasterten Raume in seinen verschiedenen Formen Standesabzeichen. 

aufgenommen und einem tiefer liegenden laeus Es werden unterschieden 1) mulleus, 2) e. pa- 

zugeffihrt werden konnte. Diese eupae werden trieius, 3) c. senatorius, 4) der gewOhnliche C. 
holzerne Kufen gewesen sein, doch schwerlich wird 1. Den mulleus beschreibt Isid. orig. XIX 34, 

in ihnen die Garung vor sich gegangen sein, 10: mullei similes sunt eothurnorum (vgl. Lyd. 

wie E. Pernique meint (bei Daremberg et de mag. I 7) solo alto, superiore autem parte 

Saglio Diet. I 1594). Das Wort, welches von cum, osseis vel aeneis malleolis, ad quos lora 

einer indogermanischen Urform kupo = Grube, deligabantur. Dieti autem sunt a colore rubro, 
Vertiefung abzuleiten ist und ursprunglich eine 40 qualis est mulli piseis. Also ein roter Schuh 

Grabnische bezeichnete (Pick a. 0. 28), konnte mit hoher Sohle und KnOpfen oder Haken am 

sehr verschiedene Bedeutung haben. Den e. ahn- oberen Rande zur Befestigung der Riemen. Er 

lich scheint die ausgepichte xoXvuprj&Qa in dem gait als Tracht der albanischen Konige, Pest. 142. 

Hause des Gellias zu Agrigent am Ende des Rote Schuhe des Romulus nennt Zonaras VII 4, 

5. Jhdts. v. Chr. gewesen zu sein, aus welcher wahrend Plutarch, dem er sonst folgt, von den 

die Pliissigkeit in die Weinfasser floss und welche Schuhen schweigt. Als Konigstracht wurde der 

1000 Amphoren = 388,8 hi. fasste (Diod. XIII Mulleus auch von Caesar getragen. Cass. Dio 

83 , 2). Den Vorgang bei dem Austreten der XLXII 43 , 2 : rfj vnodeoei .... xal vi^nlfj >cai 

Trauben versinnbildlicht sehr gut das Relief einer sqv&qoxoocp xara tovg (iaadsag zovg iv rfj "Akfin 
Brunnenrinne , welche sich jetzt in dem Zimmer 50 note yevoftsvovg . . . ixgijro, wodurch die Identi- 

an der Halle der Villa Albani zu Rom befindet flcierung dieses Schuhes mit dem e. patrieius 

(abgeb. bei Zoega Bassirilievi I 26 und sonst; (Festus a. 0.) widerlegt wird; denn die Beschuh- 

vgl. W. H e 1 b i g Pflhrer II 60). Links vom Be- ung Caesars war offenbar verschieden von der 

schauer tragt ein Jiingling einen mit Trauben ihm als Patricier ohnehin zustehenden. Zu wider- 

gefullten Korb heran; daran schliesst sich ein sprechen scheint Cato bei Pest. a. 0. : Qui magi- 

anderer, welcher aus einem Korbe die Trauben stratum eurulem eepisset calceos mulleos allu- 

in die die Mitte des Reliefs einnehmende Kufe taeiniatos, ceteri per ones. Hier ist allutaei- 

schiittet; diese hat eine oblonge Form und reicht niatos corrupt, alluta einetos oder vinetos (Jor- 

den drei sich umfassenden und die Trauben aus- dan, Mommsen) unmoglich; dem notwendig 
tretenden Junglingen fast bis zum Knie; unmittel- 60 erforderten Sinn wurde alutaeeos entsprechen. 

bar daran schliesst sich der niedrigere und klei- Aber mulleus ist hier wohl einfach Adiectiv: 

nere laeus nach rechts hin ; hinter diesem steht rote Schuhe aus feinem Leder. Gemeint ist offenbar 

ein zur Presse gehoriges, aber nicht in Thatigkeit der Senatorenschuh. 

gesetztes Gestell mit einer Haspel; dann folgt 2. Den Patricierschuh beschreibt Isid. a. 0. 

weiter nach rechts ein den Most mit einer Kanne 4 : patricios calceos Romulus reperit quatuor 

aus dem laeus in einen , jedenfalls verpichten, corrigiarum assutaque luna. lis soli patrieii 

Korb schCpfender Jiingling und zum Schluss ein utebantur. Luna autem in Us non sideris for- 

solcher, welcher den Most in ein bauchiges Gefass, mam, sed notam eentenarii numeri significabat, 



1341 Calceus Calceus 1342 

quod initio patrieii senatores centum fuerint. (mit Mom m sen St.-R. Ill 892) als Schmeichelei 

Die Patricier, denen dieser Schuh zukommt, sind verstanden werden ; aber Mart. I 49, 31 und be- 

die patricischen Senatoren ; in der Kaiserzeit frei- sonders Iuv. VII 192 ist von Schmeichelei nicht 

lich tragen ihn schon die Kinder, Stat. silv. V die Rede. Art und Ort ihrer Anbringung ergiebt 

2, 28. Mo mm sen Staatsr. Ill 217, 1. 3. 890, sich aus CIG und Philostr. a. 0., wo sie sm- 

4; Rem. Porsch. I 255. Ein besonderer patri- acpvQiov heisst und gesagt wird, sie sei h rots 

cischer Senatorenschuh ergiebt sich sicher aus der aoxqayaXoig, jieqi ocpvga angebracht. Sie wird 

Erzahlung von Marius, der nach seinem Triumph also wohl vorn oberhalb der Knochel angenaht 

iiber Iugurtha in Triumphaltracht und mit den gewesen sein. 

zu dieser gehorigen, ihm aber sonst als Plebeier 10 Auch die bildlichen Darstellungen ergeben 

nicht zukommenden ealcei patrieii in den Senat keinen Unterschied zwischen patricischem und 

kam. Elogium CIL 12 p. 1 95f . ; vgl. Liv. epit. senatorischem C. Es kommt hier vor allem eine 

LXVII. Plut. Mar. 12. Ferner bezeugt ihn aus- haufige Porm in Betracht, die ohne Unterschied 

driicklich Zonaras (d. h. Dio Cassius) VII 7 ; vgl. an Togastatuen und an solchen in militarischer 

Plut. qu. rom. 76. Io. Antioch. frg. 33 Mull. Tracht vorkommt, an letzteren besser kenntlich, 

Und noch im Edict Diocletians IX 7. 8 werden wahrend die Toga den Teil vom KnOchel auf- 

die Patricierschuhe mit 150, die Senatorenschuhe warts bedeckt. Der C. reicht bis an die Wade ; 

mit 100 Denaren tariflert. beim Domitian im Braccio nuovo des vatic. Mu- 

3. Dass auch die plebeischen Senatoren einen seums 129 (Helbig Fiihrer 60) endet er hier 
besonderen Schuh trugen , ist vielfach bezeugt. 20 mit einer Art krausem Wulst. Zwei bei den 

Nach Cato bei Pestus a. 0. war er zu seiner Zeit Zehenansatzen zwischen Sohle und Oberleder be- 

rot und trugen ihn nur die, welche zu einem festigte, auch wohl auf dem Oberleder festgenahte 

curulischen Amt gelangt waren und daher das Riemen laufen, auf dem Pussblatt sich kreuzend, 

Vorschlagsrecht hatten, mit Ausschluss der pie- gegen den KnOchel, oberhalb dessen das Bein um- 

beischen Pedarii. Spater, als diese Kategorie weg- schnurt ist von Riemen, deren Verbindung mit 

gefallen war, trugen ihn alle Senatoren. Momm- den genannten wohl anzunehmen ist, aber nicht 

sen St.-R. Ill 890, ferner Cic. Phil. XIII 28. deutlich zu sein pflegt. Sie sind vorn zusammen- 

Hor. sat. 16, 27. Iuv. VII 192 , e. senatorius gebunden und die Enden fallen meist lang auf 

Serv. Aen. VIII 458. Missbrauchlich wird auch beiden Seiten herunter. Dieser Knoten ware wohl 
dieser Schuh bisweilen als patricisch bezeichnet, 30 der Platz der Luna, die aber nie vorkommt. Eine 

Sen. de tranqu. an. 11, 9. Stat. silv. V 2, 28. zweite Umschniirung mit Riemen flndet weiter 

Plut. de tranqu. an. 10. Nach Cato a. 0. war aufwarts statt; auch diese sind vorn zusammen- 

er rot, wahrend nach dem, was von Caesar (Dio gebunden und die Enden fallen beiderseits lang 

a. 0.) erzahlt wird, es scheint, dass zu seiner herab, meist so, dass die untere Umschniirung 

Zeit diese Parbe auch fur den Patricierschuh iiber sie hinweggeht und sie am Pusse festhalt. 

nicht mehr ublich war. Der Senatorenschuh wird An der Innenseite pflegt noch ein iiber den Knochel 

als schwarz bezeichnet, Hor. sat. I 6, 27. Iuv. mehr oder weniger faltig herabfallendes Stuck 

VII 192. Mommsen (St.-R. Ill 889f.) bezieht Leder kenntlich zu sein, welches den hier befmd- 

dies nur auf die Riemen ; doch ist weder die Ver- lichen , zum Anziehen notigen Schlitz bedeckt. 
schiedenfarbigkeit des Schuhes und der Riemen, 40 Durch das feine Leder (aluta) sind die Zehen 

noch die Hervorhebung der Farbe der letzteren, kenntlich. Die auf dem Fusse gekreuzten Riemen 

die ja gar nichts Besonderes ist, recht wahr- ahmen offenbar die Schniirung einer Sandale nach. 

scheinlich. Dass an diesem auch von Kaisern getragenen 

ttber den Unterschied zwischen dem patrici- C. die Riemenenden der beiden Knoten, welche, 

schen und dem Senatorenschuh erhalten wir keine tief hinabreichend, offenbar sichtbar sein sollten, 

geniigende Auskunft. Nach Isid. a. 0. 4 war der die quattuor eorrigiae des e. patrieius sind, 

patricische quattuor eo rrigiarum assutaque luna; kann nicht wohl bezweifelt werden. Die officielle 

auch Zon. a. 0. spricht von enaXXayfj rcov i/udvrcov. Bedeutung dieses Schuhes bestatigt auch seine 

Wie die vier Riemen angebracht waren, wie und lange Dauer. Ihn tragt Augustus (Vatican , Ro- 
wo die Riemen sich kreuzten, dariiber fehlt jede 50 tunde 555 u. Sala a croce greca 597. Helbig 

nahere Angabe. Ein besonderes, hoch hinaufgehen- Fiihrer 310. 319), Caligula (Clarac 277, 2373. 

des Riemenwerk wird aber auch den Senatoren Daremberg-Saglio I 817 Fig. 1016), Claudius 

im allgemeinen zugeschrieben : Hor. sat. 16, 27. (Vatican, Braccio nuovo 117), Titus (ebenda 26), 

Sen. de tranqu. an. 11, 9. Die oft genannte Traian (Relief auf dem rSmischen Forum. Mon. 

luna, Mondsichel (aus Elfenbein, Philostr. v. soph. d. Inst. IX 47), Marc Aurel (Reiterstatue auf dem 

II 1, 8) wird erklart als das Zahlzeichen C, wegen Capitol) und noch die Consuln der Diptychen, an 

der ursprimglichen Hundertzahl der patricischen deren Schuhen (ealcei aurati, Cassiod. var. VI 1) 

Senatoren. Isid. a. 0. Zon. VII 9 (wo missver- freilich nur die Enden des unteren Knotens sicht- 

standlich von dem griechischen Zahlzeichen P die bar zu sein pflegen. In diesem C. nun aber den 
Rede ist). Io. Antioch. a. 0. Lyd. de mens. I 19. 60 c. patrieius zu erkennen , verbietet nicht nur 

Als patricischen Schmuck trug sie der von An- das Pehlen der Luna, sondern auch die Thatsache, 

toninus Pius in den Patriciat erhobene Sohn des dass er von Nichtpatriciern (der Kaiser ist als 

Herodes Atticus, CIG 6185. 6280 B 23; vgl. solcher Patricier, Mommsen St.-R. 113 noi. 

Philostr. a. 0. Auch bei Plut. qu. rom. 76 ist III 1236) getragen wird. Ein sicheres Beispiel 

eyyevsta wohl der Patriciat. Es scheint aber eines plebeischen Senators ist M. Nonius Balbus 

sicher, dass die Luna in der Kaiserzeit mit Recht in Herculaneum, gewesener Praetor und Proconsul 

oder Unrecht auch von plebeischen Senatoren (CIL X 1426 ; seine Statue Mus. Borb. II 38. 39) ; 

getragen wurde. Zwar Stat. silv. V 2, 28 konnte es ist aber auch sonst unmOglich, dass die zahl- 



1343 Calceus Calceus 1344 

reichen so beschuhten Togastatuen lauter Patricier Zeit lang eine moderne Beschuhung nichtsenato- 

darstellen. Es scheint darnach, dass seit der rischer Personen war. 

ersten Kaiserzeit auch die Patricier sich gewOhn- Es ist aber selbstverstandlich, dass, wenn fur 

lich mit dem c. smatorius begniigten, und dieser die Senatoren eine bestimmte Form fiblich war, 

in der besprochenen Beschuhung zu erkennen ist. dies in Betreff der iibrigen Burger nicht der Fall 

Er wird aber auch von Nichtsenatoren getragen; sein konnte, vielmehr mancherlei verschiedenes 

ein sicheres Beispiel ist M. Holconius Rufus in Schuhwerk getragen wurde. Cato bei Festus 

Pompeii, gewesener tribunns militum a populo, 142 b 29 fasst dasselbe unter dem Namen perones 

Duumvir, Quinquennal und municipaler Priester (s. d.) zusammen, welcher einen bis zum KnOchel 
des Augustus (CIL X 830). Entweder haben 10 reichenden und hier zugebundenen, iibrigens wohl 

wir hier ein Zeugnis, dass (wovon sonst nichts verschieden geformten Schuh bezeichnet. Ausser 

bekannt; vgl. Mommsen St.-E. Ill 888, 1) wie der eben beschriebenen Form sind noch mehrere 

die Municipalbeamten die Praetexta, so die De- aus Bildwerken bekannt; es fehlt eine vollstan- 

curionen den Senatorenschuh trugen, oder es ist dige Zusammenstellung derselben. Auf dem er- 

letzter einfach von Unberechtigten usurpiert wor- wahnten Belief vom romischen Forum tragen die 

den. Wurde doch auch die Luna von hierzu dem Kaiser gegentiber weiter zurfickstehenden 

ganz unberechtigten Personen getragen. Martial. Burger, also wohl geringeren Standes, einen auf 

III 29, 7, der darin gar nichts Besonderes findet. dem Riicken des Fusses zugeschnurten und vom 

Haufig sind an Statuen C. mit den auf dem beim KnOchel zugebundenen C. Ebenda gleicht 
Fussblatt gekreuzten Biemen, ohne dass die herab- 20 der C. der hinter dem Kaiser stehenden Lictoren 

hangenden Enden und namentlich die des oberen dem oben beschriebenen, nur dass die den KnOchel 

Knotens sichtbar waren. Sichtbar sind diese letz- umschniirenden Riemen fiber dem gamaschenartig 

teren an dem linken Fusse der schonen Togastatue iiberfallenden Leder liegen und also sichtbar sind. 

in der Sala della biga des Vaticans nr. 612, Wieder anders zwei kleine Togati im Cortile del 

Helbig Fiihrer 329, aber so kurz, dass sie ftir Belvedere des Vaticans: ein Riemen geht quer 

gewflhnlich von der Toga bedeckt sein mussten. fiber den Fuss, dichtes Riemenwerk umhiillt den 

Ob hierin ein nicht senatorischer, aber dem sena- hinteren Teil von der Ferse bis zum Knochel. 

torischen angeahnelter C. zu erkennen ist, muss Ein der Statue eines Ritters entnommener C. bei 

zweifelhaft bleiben. Wenn , so ist die Darstellung Daremberg-Saglio I 816 Fig. 1014 (= Clarac 
der Schuhe der Consuln auf den Diptychen, die 30 277, 2315): ein gamaschenartig tiberfallendes, 

regelmassig nur ein Riemenpaar zeigen, eine ab- aber glatt anliegendes Leder bedeckt die den 

gekfirzte und ungenaue. Es mag hier noch er- KnOchel umschniirenden Riemen , so dass nur vom 

wahnt werden, dass auch der Poseidippos und der Knoten zum Vorschein kommt. Eine andere 

der sog. Menander des Vaticans (Helbig Fiihrer Form ebd. Fig. 1015; hier bedeckt das fiberfallende 

198. 199) einen ahnlichen Schuh tragen, mit auf Leder, unten abgerundet, nur die Knochel. Auf 

dem Fussblatt gekreuzten Riemen und Umschntt- einem pompeianischen Bilde (Bull. d. Inst. 1885, 

rung oberhalb des KnOchels, aber ohne herab- 246, 13. Niccolini Suppl. XII) wird dem zu 

hangende Riemenenden. einem Gelage Gekommenen ein Schuh ausgezogen, 

Es fehlt nicht ganz an Bildwerken, in denen an dem ein Stuck Leder den vorderen Teil des 

dem eben besprochenen Senatorenschuh andere, 40 Fusses bedeckt, wahrend ein anderes, die Ferse 

auch von Burgern getragene Beschuhungen als und die Seiten von hinten bis zur Mitte um- 

geringere entgegengesetzt werden. Auf dem oberen fassend, von beiden Seiten fiber jenes erste gelegt 

Rande der Cavea des Theaters von Herculaneum und vor dem KnOchel zusammengebunden ist. 

(Ruggiero Scavi di Ercolano XXIVf.) standen Dieselbe Form kommt auf campanischen Wand- 

Bronzestatuen, teils Kaiser und Mitglieder der bildern auch als Frauenschuh vor. 
kaiserlichen Familie, teils Privatpersonen. Von Auch die Frauen trugen den C. und zwar in 

ersteren ist nur der sog. Nero Drusus (Br. di verschiedenen Farben ; genannt werden rote, grime, 

Ercol. II 79. Bernoulli Ikonogr. II 1, 172, 16) gelbe, weisse C. Ovid, ars am. Ill 271. Apul. 

oicht in heroischem Costfim dargestellt; er tragt met. VII, 8. Hist. Aug. Aurel. 49, 7. Tertull. 
den eben beschriebenen C. Dagegen haben die50de pallio 4. Die Form des Frauenschub.es ist 

beiden Statuen des M. Calatorius M. f. Quartio an Statuen nicht kenntlich, da er fast ganz vom 

und des Augustalen L. Mammius Maximus (Br. Gewande bedeckt wird. Wir dfirfen annehmen, 

di Ercol. II 84. 85. CIL X 1447. 1452) einen dass sehr verschiedene Formen fiblich waren, von 

anderen C, an dem die Schnurung verdeckt ist denen pompeianische Bilder, wenn gleich nicht 

durch ein vom oberen Rande, eben oberhalb des romischen Costfims, namentlich die Darstellungen 

KnOchels, fiber die ganze hintere Halfte des Fusses von Tanzerinnen und Personificationen der Jahres- 

gamaschenartig, etwas faltig, herabfallendes Leder. zeiten, eine Vorstellung geben kOnnen. Eine Form 

Und auf dem Relief einer der beiden von den ist die soeben bei Gelegenheit des Mannerschuhes 

Rostra stammenden Balustraden auf dem rOmi- erwahnte; andere haben auf dem Riicken des 

schen Forum (Mon. d. Inst. IX 47) hat nur Traian 60 Fusses einen kurzen, oben zugeschnurten Schlitz; 

(zweimal) den C. mit den vier Riemen , die ihm wieder an anderen ist keine Zuschniirung sichtbar ; 

zunachst gegenuberstehenden Burger denselben sie endigen am KnOchel mit einem kleinen Wulst 

wie die herculanensischen Togastatuen, andere (soecil s. d.). Mus. Borb. Ill 40. VII 33—36. 

noch ganz andere Formen. Eben diesen C. mit 38. XIV 32. 

iiberfallendem Leder tragen auch drei Togastatuen Der C. gehOrte zur Tracht des romischen 

des Lateranmuseums, darunter zwei Knaben mit Bttrgers, und Offentliches Erscheinen in anderer 

der Bulla (804. 812. 846. Benndorf-SchOne Beschuhung wurde stets getadelt. Liv. XXIX 

419. 426. 453). Es ist also klar, dass dies eine 19, 12. Cic. Verr. V 86; Phil. II 76. Suet. Tib. 



1345 Calceus Herculis Caldenses 1346 

13; Cal. 52. Gell. XIII 22 (21), 1. Eine aner- Calda. Es ist ein in alteren Biichern vor- 

kannte Ausnahme war die, dass man zum Gast- kommendes Missverstandnis , als sei C. ein be- 

mahl in soleae ging, Hor. sat. II 8, 77. Sen. sonderes Getrank, etwa warmer, irgend wie an- 

controv. IX 25. Martial. Ill 50, 3. Dass Ahn- gemachter Wein. Es ist vielmehr iiberall nur das 

liches auch fur die Frauen gait, kann vermutet zum Mischen des Weines gebrauchte heisse oder 

werden aus Suet. Vitell. 2, wo der Schuh der warme "Wasser. Beim Trinken musste jederzeit 

Messalina soceulus heisst, also unrSmischer Form fiir diesen Zweck sowohl warmes als kaltes Wasser 

war; die dort erzahlte Scene spielte jedenfalls zur Auswahl bereit sein, Iuv. 5, 63. Mart. VIII 

bei einem Convivium. 67, 7. XIV 105. Sen. de ira I 12, 4. Ammian. 
Als besondere Form verdienen nocb Erwahnung 10 XXVIII 4, 16. Die Vorliebe auch des niederen 

die calceoli repandi der Iuno Sospita, Cic. n. d. Volkes fiir die warmen, in den Thermopolien ver- 

I 29, am besten sichtbar an der vaticanischen kauften Getranke bezeugt scbon Plaut. Cure. 293 ; 
Statue Helbig Fiihrer I 233, 307; vgl. Over- Mil. 832; Trin. 1014. Uber Gerate zur Bereitung 
beck Kunstmyth. Ill 160ff. Marquardt Privat- der C. s. Authepsa. [Mau.] 
leben d. RemerS 588. Becker-Goll Gallus III Caldarium, cella caldaria, in den romischen 
231. Daremberg-Saglio I 815. [Mau.] Badeanlagen der Eaum des warmen Bades; er 

Calceus Herculis, in Numidien, nacb Tab. diente, wo kein besonderer trockener Schwitzraum 

Peut. Station einer von Lambaesis nach Siiden vorhanden war, auch diesem Zweck. tiber die 

fuhrenden Strasse, vermutlich das heutige El- Lage s. Bader Bd. II S. 2752ff. Die von Vitruv 
Kantara, Oase am Ausgang eines Engpasses, durch 20 V 10, 4 vorausgesetzte regelmassige Form ist die 

den die Strasse von Constantine (Cirta) nach der eines langlichen Saales mit TonnengewSlbe, wel- 

Wiistenregion (jetzt die Eisenbahn nach Biskra) cher an dem einen, rechtwinklig abgeschlossenen 

fiihrt. An dem militarisch wichtigen Punkte lag Ende die die ganze Breite einnehmende Badewanne 

in der Kaiserzeit (2. und 3. Jhdt.) eine Truppe (alveus, s. d. Nr. 1) enthalt, am anderen durch 

palmyrenischer Soldner (OIL VIII 2502. 2505. eine das Waschbecken (labrum, s. d.) enthaltende 

2515; Suppl. 18007. 18008). Die hier gefundenen Apsis (schola labri) erweitert ist. Die Lange, 

lateinischen Inschriften (eine mit palmyrenischer ohne Alveus und Apsis, soil sich nach Vitruv zur 

Ubersetzung) s. CIL VIII p. 280; Suppl. p. 1721. Breite verhalten wie 3:2. Diese Form hat in 

tiber die Position iiberhaupt s. Wilmanns CIL Pompei das Manner-C. der sog. Stabianer Ther- 
VIII p. 276. Cagnat L'armee romaine dAfrique 30 men, annahernd auch das derThermen beimForum, 

569. Kobelt Reiseerinnerungen aus Algerien und wo aber das Verhaltnis ziemlich 2:1 ist. Im 

Tunis (Frankf. 1885) 322. [Dessau.] Frauen-C. ersterer Anstalt fehlt die Apsis und 

Calculator, der Rechenlehrer, Isid. or. I 3, 1. steht das Labrum in dem rechtwinkligen Raume, 

Er hatte eine nOhere Geltung als der Lese- und der dafiir langlichere Verhaltnisse hat (etwa 2 : 1). 

Schreiblehrer (litterator), so dass es Cod. lust. X Ganz unregelmassige Gestalt hat das Frauen-C. 

52, 4 fur nOtig gehalten wird, ihn von den libe- der Thermen beim Forum. Wieder anders ge- 

ralium studiorum professores zu unterscheiden. staltet ist das C. der jiingsten und grOssten pom- 

So wird auch im Ed. Diocl. VII 66ff. die Bezah- peianischen Anstalt (,Centralthermen l ) : an jedem 

lung des inagister institutor litterarum auf 50, Ende des rechtwinkligen Raumes (etwa 15 : 8) ein 
die des C. und notarius (Schnellschriftlehrer, mit 40 Alveus; statt des Labrum eine kleine Wanne in 

dem der C. auch Martial. X 62, 4 zusammen ge- der Mitte der einen Langseite. Die C. in Privat- 

nannt wird) auf 75 Denare (1 M. 37 Pf.) fiir Kind hausern wiederholen meist im kleinen die regel- 

und Monat bestimmt. C. in Inschriften CIL V massige Anordnung. In den grossen hauptstadti- 

3384. VIII 12902 (nach MommsensErganzung). schen Thermenanlagen der Kaiserzeit (s. Bd. II 

XIV 472. MarquardtPrivatl.297,2.3. Becker- S. 2755f.) war wohl die iiblichste Form die eines 

Goll Gallus II 101. Ruggiero Diz. epigr. II 25. rechteckigen Saales mit vier rechteckigen Nischen, 

[Mau.] die die Wannen, drei halbrunden (durch eine vierte 

Calculi {moool, y>ij<poi.) Steinchen; insbeson- fiihrt der Eingang), die die Labra enthielten: so 

dere: 1) Rechensteine (vgl. Abacus Nr. 9). Mar- in den Thermen Traians und Diocletians und in 
quardt Privatl.2 100. Becker-Goll Gallus 50 denen von St. Barbara bei Trier (Westd. Ztschr. 

II 100. X 1891, 268). Dagegen war das C. der Cara- 
2) Spielsteine zum Brettspiel; meistens aus callathermen rund. In den drei genannten stadt- 

Glas (Ovid. a. a. II 207. Laus Pisonis, Baeh- rOmischen Anlagen tritt das C. nach Siiden aus 

rens PLM I 15, 193. Mart. VII 72, 8; von Glas dem Gebaudekflrper vor, um durch grosse Fenster 

ist auch zu verstehen gemma, gemmeus Mart. XII recht viel Sonne aufzunehmen. Hiefiir ist auch 

40, 3. XIV 20, vgl. XIV 94, 2). Solche C. sind in den pompeianischen .Centralthermen' durch 

wahrscheinlich die in Pompei oft gefundenen acht grosse Fenster nach Siidost und Sudwest 

kleinen Glasstiicke in Form eines Kugelsegments gesorgt, wahrend die C. der alteren Anlagen nur 

von etwa 0,008 m. Durchmesser. Elfenbeinerne wenige und kleine Fenster haben, wie das Bad 
C. Iuv. 11, 132. Die C. waren von zwei ver- 60 des alteren Scipio Africanus in Liternum, Sen. 

schiedenen Farben fur die beiden Parteien (dis- ep. 86, 8. t)ber die Heizung der C. s. Bd. II 

color miles Ovid. tr. H 477. Mart. XIV 17. S. 2748. Fiir den Bd. I S. 1704 erwahnten halb- 

Poll. IX 98), meist weiss und schwarz, Laus Pis. cylinderformigen Kessel zum Warmhalten des 

194. Halbkugelformige steinerne weisse, rote und Wassers im Alveus ist Gett. Nachr. 1896, 80 aus 

schwarze C. aus einem Grabe bei Cumae Bull Vitruv V 10, 1 der Name testicdo wahrscheinlich 

nap. 1853, 192 Taf. 8, 6. Marquardt Privatl.2 gemacht worden. [Mau.] 

855. Becker-Goll Gallus III 468. [Mau.] Caldenses, vielleicht der Name der Bewohner 

CalculusMinerTaes.AbsolutioBd.IS.122. einer Ortlichkeit am Ampsagaflusse in Numidien, 

Pauly-Wissowa III 43 



1347 Caldius Caledonii 1348 

in der Nahe von Cirta und noch mehr von Milev, unwegsamen saltus Calidonius; ebenso Martianus 

nach einer dort gef undenen Inschrift : Genio Cald. Capella VI 666. Plinius nennt als das Ziel, fiber 

Aug. sacr. (Cherbonneau Eecueil de la soctete' das seit dreissig Jahren, d. h. seit der Eroberung, 

archeologique de Constantine 1863, 182. OIL die romischen Heere nicht hinausgekommen waren, 

VIII 6857). [Dessau.] die Nachbarschaft der silva Calidoniae, IV 102 

Caldius. Biberius Caldius Mero, Spottname (so, mit i, die Leidener Hs. und noch bei Nen- 

(anstatt Tiberius Claudius Nero), mit welchem die nius c. 56 die silva Celidonis). Solin folgt auch 

Soldaten den jungen Ti. Claudius Nero, den spate- hier noch andern Quellen wie Plinius , wenn er 

ren Kaiser Tiberius, mit Anspielung auf seine von dem Galidonicus angulus spricht, in quo 
Vorliebe fur das Weintrinken za belegen pflegten. 10 reeessu TJlixem Galidoniae adpulsum manifestat 

Suet. Tib. 42. Epit. de Caes. 2, 2. [Stein.] ara Oraeeis litteris imcripta (22 , 1 , also ge- 

Caldonius , africanischer Bischof urn 255, rade wie bei Asciburgium, Tacit. Germ. 3) ; auch 

Freund Cyprians , von dem zwei Briefe in der dies weist auf eine altere griechische Quelle (wohl 

cyprianischen Correspondenz erhalten sind, nr. 24. Pytheas-Tiraaios), wie die Angabe, dass man von 
42, der letztere nur eine amtliche Notiz, die auf dem Vorgebirge Calidoniens nach Thyle fahre 

einen — verlorenen — Brief (41, 1) zurtlckweist. (addit. p. 234 Mommsen). Erst der Feldzug des 

[Julicher.] Agricola vom J. 83 brachte genauere Kunde (Ta- 

Cale an der Miindung des Durius in Callae- cit. Agricola 10. 11. 25. 27. 31, wo selbst die 

cien, Station der rSmischen Strasse von Olisipo schlechte Uberliefenmg an den meisten Stellen 
nach Bracara (Itin. Ant. 421, 8 Calem); der alte20die Form mit i erhalten hat, wie auch die Vero- 

Name ist in Villanova de Gay a, gegeniiber von neser Volkertafel 13, 4). MOglich, dass schon 

Porto erhalten (CIL II p. 332). Zu Cales in die Quelle des Tacitus die Calidonier wegen ihrer 

Campanien bemerkt Servius Aen. VII 728 est et Korpergrosse und ihres blonden Haars fur den 

in Gallia (Callaecia verbesserte mit bekannter Germanen stammverwandt hielt (danach lord. Get. 

Gelehrsamkeit J. Vossius zu Mela p. 186) hoc II 13). Der Name ihres Fflhrers Calgacus klingt 

nomine, quam Sallustius (frg. inc. 37 Dietsch) jedoch keltisch. Die Zahl der waffentragenden 

captain a Perperna commemorat. Die erste Er- Calidonier wird im Agricola auf uber 30000 an- 

wahnung im Krieg des Sertorius wird daher auf gegeben, et adkuc adfluebat omnis inventus et 

Poseidonios zuruckgehen. Danach wird der Ort quibus cruda ac viridis senectus (c. 27); gewiss 
erst wieder in der Chronik des Hydatius genannt 30 nicht zu gering. Die von einigen der Heraus- 

locus qui Portu Cale appellatur {p. 29, 157 Momms. geber geforderte Anderung der Zahl in 70,., 80, 

Portugale die jiingeren Hss. , Portuealo Isidor. ja 130000 beruht auf der irrtiimlichen Uber- 

hist. Gothor. p. 280, 31 Momms.) und Portu Cale schatzung von Agricolas Heer, das hSchstens 

castrum (p. 30, 187 Momms. Portumcale cos- 20 — 25 000 Mann betragen haben wird (vgl. meine 

trum p. 31, 195). Bekannt ist, dass hieraus der Ausfiihrungen im Hermes XVI 1881, 513ff. und 

Name Portugal entstand, wahrend die Stadt an in der Westdeutschen Ztschr. fur Geschichte und 

der Miniusmiindung, die im 5. Jhdt. schon eine Kunst II 1883, 308ff.). Die Namen einzelner 

gewisse Bedeutung gehabt haben muss, der Hafen Stamme oder Ortschaften vernahm Agricola auf 

schlechthin genannt wurde und noch so heisst. seinem Kriegszug, wie es scheint, noch kaum (vgl. 
Der Stamm ist wohl iberischen Ursprungs, vgl. 40Boresti und Trucculensis port us); oder Ta- 

Caladunum, Calagurris, Calecula, Callaeci u. a., citus veischwieg sie. Erst bei Ptolemaios, wohl 

obgleich auch in keltischen Gebieten hauflg. infolge der britannischen Feldziige des Hadrian 

[Hiibner.] und seiner Nachfolger, werden die Grenzen ihrer 

Calecula. Stadt in Hispania citerior, in der Wohnsitze nordlich bis zum lemannonischen Busen 

Nahe von Hiberris, wie die bei dem Gehoft von (s. d.) und bis zum Aestuarium des Varar (s. d.) 

Daragoleja unweit Pinos Puente aufgedeckten angegeben; darin befand sich das caledonische 

Dberreste und Inschriften lehren (CIL II p. 881). Waldgebirge (II 3, 8). Aus der Erzahlung von 

Ptolemaios erwahnt KaXrjxovXa zwischen Oscua Agricolas Feldziigen ergiebt sich, dass das Ta- 

und Hiberris bei den Turdulern (II 4, 9, so die naum aestuarium (s. d.), von dem an neue, von 
besseren Hss.). Eine dort gefundene Grabschrift 50 den Brigantes verschiedene Volkerschaften be- 

nennt einen Caleculensis (CIL II 5500). Caviclum ginnen (Tacit. Agric. 22, vgl. 33), schon unge- 

(s. d.) hat nichts damit zu thun. Verschieden ist fahr mit dem terminus Britanniae zusammen- 

auch Callicula (s. d. Nr. 2). [Hiibner.] fallt, von hier an also nOrdlich die Calidonier 

Caleda. Volumnia Caleda s. Volumnius. wohnen (vgl. CIL VII p. 183). Die Siidgrenze 

Caledonii , Volk im nordlichen Britannien Calidoniens wird also mit der des heutigen Schott- 

(Schottland). Obgleich der offenbar unter griechi- land ziemlich zusammenfallen. Die romischen 

schem Einfluss gebildete Name in Verbindung Stationen siidlich von der Linie Clota-Boderia 

mit Thyle vielleicht schon durch Pytheas gehort (s. d.) oder Glasgow-Edinburgh, Blatum Bufr]- 

worden war, so erscheint er doch auch noch nicht gium (Birrens bei Middleby) , Bed Abbey Stead 
bei Caesar, sondern zuerst, infolge der Eroberung 60 und die in der Umgebung von Inveresk liegenden 

Britanniens durch Claudius, bei den Dichtern der (CIL VII p. 186), die zehn Stationen des An- 

neronischen und flavischen Zeit, bei Lucan in toninuswalles auf der oben bezeichneten Linie 

Verbindung mit den seit Caesar bekannten Ge- Glasgow-Edinburgh, deren alte Namen allein der 

staden von Butupiae (VI 67), bei Valerius Flac- Geogr. Bav. (434, 19ff.) in starker Entstellung 

cus (Argon. I 8) , bei Silius zugleich mit Thyle erhalten hat, sowie das vom Walle vorwarts ge- 

(IH 597), iiberall in der gracisierenden Form mit legene einzige Castell Ardoch , die nSrdlichste 

e; ebenso bei Martial (X 44, 1) und Statius (silv. Station des romischen Beiches (uber alle diese 

V 2, 142). Danach gedenkt Florus I 17, 3 des Stationen und ihre Inschriften CIL VII p. 191 



1349 Caledonii Calendarium 1350 

—206), bilden die wenigen trberreste des wohl Truppen nicht weiter konnten, und viele um der 

kaum hundert Jahre lang (von Severus bis auf Gefangenschaft zu entgehen von ihren eigenen 

Diocletian) rOmischenSchottland; doch ist es kein Leuten sich toten liessen, so dass gegen 50000 

2ufall, dass die beiden grossten Stadte Schott- umgekommen sein sollen; die Zahl wird stark 

lands an dem westlichen und ostlicben Endpunkt iibertrieben sein. So wird ihre Lebensweise und 

des Antoninuswalls entstanden sind. "Wie es zu Kultur sich nicht verandert haben, zumal sie sich 

erklaren, dass das ganze nordliche Meer bei Pto- bald darauf , kurz ehe Severus starb, von neuem 

lemaios mxsavb? xalov^ievo? Aovt]xaXr]86vioe heisst empbrten (Dio LXXVI 15, 1). Die diocletia- 

(II 3, 1), bleibtunsicher; auch dieser Name scheint nischen Provinzen reichen mir bis zum Hadrians- 

aus alterer Uberlieferung (vielleicht Pytheas) zu 10 wall; erst unter Valens im J. 369 ist als neue 

stammen und beruht vielleicht nur auf miss- Provinz im Norden Valentia hinzugekommen (Am- 

verstandlicher Wiedergabe der einheimischen an mian. XXVIII 3, 7), aber wohl bald wieder auf- 

die Calidonier ankntipfenden Bezeichnung. Doch gegeben worden (vgl. CIL VII p. 4). Bei den 

scheinen die Dicalydones, die Ammian in dem Dichtern des 4. und 5. Jhdts. wie bei Ausonius, 

Bericht Tiber das Jahr 368 neben den Verturionen werden die Calidonier als Bewohner des nSrd- 

als einen der beiden Stamme der Picten zugleich lichen Britanniens ilberhaupt wegen der Perlen 

mit den Attacotti und Scotti nennt (XXVII 8, 5), ihrer Kiisten, wie sie schon Caesar aus Britan. 

den alten Namen zu bewahren. Die Feldziige nien (s. o. S. 878) heimbrachte (Mosella 68 — 72), 

des Commodus und des Septimius Severus nord- und wegen der Pluten (de rat. librae 32) zusammen 

warts vom Hadrians- und Antoninuswall brachten 20 mit den Anwohnern des litus Pictondaum (epist. 

neue Kampfe mit den Calidoniern (Dio LXXV 9, 36) genannt, bei Claudian und Sidonius Apol- 

5, 5 vom J. 197) und Maeaten (Dio LXXVI 12, linaris den Britanniern fast gleichgestellt (Claud. 

1 — 4 vom J. 208; daraus lord. Get. II 14). Dies de IV cons. Honorii 26; de cons. Stilichonis II 

Zeugnis des Dio hat uns die beruhmte, wohl auf 247 ; laus Serenae 45. Sidon. carm. 7, 89). Dass 

Pytheas und Timaios zuriickgehende Schilderung schon fruh einzelne Caledonier nach dem Beispiel 

der Maeaten und Calidonier und ihrer Sitten er- vieler Gallier und Germanen in rOmische Dienste 

halten. ,Sie bewohnen wilde und wasserlose Ge- traten, zeigt die zu einer der am Hadrianswall 

birge und wiiste und sumpfige Gefilde, ohne stehenden Cohorten gehorige eenturia Caledoni 

Mauern, Stadte und Landbau, und leben von Vieh- Seeundi (Ephem. epigr. VII 1077) etwa aus 

aucht, Jagd und einigen Baumfruchten, Pische 30 dem 3. Jhdt.: ein Caledonier gebraucht seinen 

dagegen geniessen sie nicht, obgleich es ihrer un- Volksnamen als Gentile. Dagegen wird der n(u- 

■endliche und gewaltig grosse giebt. Sie wohnen merits) Britftonum) Gal . . . einer Inschrift aus 

in Hiitten nackt und unbeschuht , haben die einem der Castelle des raetisch-germanischen Limes 

Weiber gemeinsam und ziehen alle Geburt auf. (Ohringen, Brambach 1563d 1) schwerlich auf 

Meistens herrscht das Volk — d. h. sie haben keine Caledonien zu deuten sein, sondern eine ihrer viel- 

Konige — und treiben gem Rauberei. Zu Feld leicht nicht britannischen Garnisonen bezeichnen. 

ziehen sie zu Wagen (vgl. B r i t a n n i oben Die letzten Reste lateinischer Sprache und rOmi- 

S. 876) mit kleinen und schnellen Pferden, und scher Kultur im Norden Britanniens bilden die 

zu Fuss , und sind sehr schnell im Lauf und in Caledonien gefundenen wenigen Grabschriften, 
stehen fest zusammen. Bare Waffen sind ein40meist Geistlicher, die etwa dem 6. bis 8. Jhdt. 

Schild und ein kurzer Speer mit einem ehernen angehoren mogen (Inscr. Brit, christ. nr. 205 — 214; 

Apfel an der unteren Spitze des Schaftes, so dass neuerdings sind einige in einheimischer Sprache 

«r geschwungen durch sein Gerausch — also waren hinzugekommen; vgl. John Rhys The Inscriptions 

die Apfel hohl und mit kleinen Steinen gefiillt and Language of the Northern Picts, Proceedings 

— die Gegner erschreckt; auch haben sie Schwer- of the Soc. of Antiq. of Scotland, New Series II 

ter. Hunger und Kalte und jedes Ungemach 1892, 263 — 351. Ill 1893, ,411). Dazu geben die 

kOnnen sie ertragen; sie tauchen in die Sumpfe Berichte des Gildas und Nennius einige Ergiin- 

nnd halten viele Tage darin aus, nur den Kopf zungen, die jedoch mit Vorsicht zu gebrauchen 

aus dem Wasser haltend; in den Waldern leben sind. 

sie von Baumrinde und Wurzeln und von allem 50 Pur den saltus Calidonius (s. o). gelten die 

bereiten sie eine Speise, von der sie nur etwas Gebirge im aussersten Nordwesten Schottlands, 

von der Grosse einer Bohne zu verzehren brauchen, den Grafschaften Ross, Sutherland und Caithness, 

um weder Hunger noch Durst zu leiden'. Obgleich Aber die ganz unbestimmten Angaben des Ptole- 

«iniges in dieser Schilderung auf Missverstandnis maios (II 3, 8) schliessen nicht aus, dass damit 

oder falscher Auffassung beruhen kann, wie die das eigentliche Hochland gemeint sei, dem sehr 

Weibergemeinschaft, auf die sich die kecke Ant- mit Unrecht der Name der Grampian Mountains 

wort bezieht, die Mia Domna, die Gemahlin des (s. Graupius) beigelegt worden ist. tflber den 

Severus, von der Prau des Calidoniers Argento- jetzt so genannten caledonischen Canal, zwischen 

koxos erhielt (Dio LXXVI 16, 5), so macht sie Loch Lhynne und dem Moray Firth, scheint die 

doch im ganzen den Eindruck grosser Glaub- 60 romische Kenntnis nicht hinausgegangen zu sein. 

wiirdigkeit. Auch wird Dio oder sein Gewahrs- [Hiibner.] 

mann sie mit Recht als noch fiir die Zeit des Calefacelenses coton, Bauern auf einer kaiser- 

Severus zutreffend angesehen haben. Ihre Unter- lichen Domane in Mauretanien. Die Inschrift CIL 

werfung durch Severus, der die Walder ausrottete, VIII 8426, gefunden in Ain-Zada, westlich von 

die Sumpfe zuschuttete und die Flusse uberbruckte, S^tif (Sitifis), ist dem Kaiser Caracalla gewidmet 

misslang. Denn ohne dass die Calidonier je in von den coloni Caput saltus Horreorum et Kale- 

«iner Feldschlacht ihm gegentibertraten, bereiteten facelenses Pardalarienses. [Dessau.] 

sie ihm so grosse Schwierigkeiten , dass seine Calendarium s. Fasti und Kalendarium. 



1351 Calenum Caleti 1352 

Calenum s. Cales. V 243. Horat. od. I 20, 9. 81, 9. IV 12, 14. 

Calenus. 1) Fingierter Name bei Mart. I 99. Iuvenal. I 69. Plin. XIV 65). Ausserdem war 

2) Calenus; vielgenannt als Gemahl der Dich- die Thonwarenindustrie von C. seit alter Zeit 
terin Sulpicia, mit der er in glucklichster Ehe beriihmt (Cato agric. 135. Varro bei Nonius 
lebte, Mart. X 35, 21. X 38. Apoll. Sidon. carm. 545); Schalen aus den Officinen des L. Canoleius 
9, 262, ferner in der sog. Sulpiciae satura v. 62 (der sich ausdriicklich als Galenus bezeichnet), 
und in einem Bruchsttick des echten Gedichts in K. Atilius , Eetus Gabinius u. a. mit schSnem, 
Vallas Probus-Scholion zu Iuv. VI 537. sehwarzem Fimis und Beliefschmuck sind in Cam- 

3) Calenus (die Hss. Callenus), Mitschuler und panien und Etrurien in grosser Anzahl gefunden 
Freund des spateren Kaisers Marcus. Hist. Aug. 10(Gamurrini Bull. d. Inst. 1874, 82. CIL X 
Marc. 3, 8. [Stein.] 8054. Foerster Ann. d. Inst. 1883, 66—75).. 

4) S. Fufius und Iulius. Ende des 3. Jhdts. erscheint C. als Colonie (CIL 
Caleorsissa, Stadt in Armenia minor, zwi- VI 1419); spater verfiel die Stadt (doch war sie 

schen Nicopolis und Zimara , Tab. Peut. XI 1 schon im 5. Jhdt. Bischofssitz : synodus Bom. 
(Miller). Ptol. V 7, 3 (KaXzioQiooa). Uber das a. 499 in Mommsens Cassiodor 400. 408) und 
Verhaltnis zu Olotoedariza des Itin. Ant. vgl. ist auch in moderner Zeit unbedeutend. Als 
Bam say Asia minor 56. [Buge.] Station der Via Latina wird C. erwahnt auf der 
Cales (Plur., Gen. Galium ; nach Consentius Tab. Peut. (der Geogr. Bav. IV 33 p. 276 P. hat 
art. gramm. V 348 Keil masc, dagegen Sing. die Corruptel Galligus); gelegentlich noch Cic. 
neutr. nach Probus cathol. I 44 [Gramm. V 23 20 ad Att. VII 14, 1. XVI 11, 6. Plin. XXVIII 15. 
ed. Keil]; Calenum als Stadtname Plin. Ill 53; CIL IX 2318 (Nundinarium Allifanum). Gura- 
Cale Sil. Ital. XII 525, mit Ableitung von Calais, tores r. p. Calenorum aus der Kaiserzeit CIL. 
Sohn des Boreas. VIII 514; KaXr,aia Dionys. 1. VI 1368 = XIV 3993. VIII 7049. Eine Quelle 
XV frg. bei Steph. Byz. ; Einw. Caleni, KaXijoiavol in Caleno agro, deren Wasser betaubende Kraft 
Dionys.), Stadt im Aurunkergebiet in Campanien haben sollte (Val. Max. I 8 ext. 18. Plin. II 
(Verg. Aen. VII 728), jetzt Calvi. Die erste Er- 230) , identificiert man mit der Mineralquelle 
wahnung der Stadt fallt ins J. 335 v. Chr., wo von Francolisi 6 km. westlich von Calvi. Latei- 
der Consul M. Valerius Corvus sie einnahm und nische Inschriften aus C. CIL X 4631 — 4716. 
triumphierte (Liv. VIII 16. Dionys. a. a. O. Fasti 8378 — 8379. Ausgrabungen in der rSmischen Ne- 
triumph. z. d. JA Im folgenden Jahre wurde 30 kropole von C. Not. d. scavi 1883, 515—519. 
eine latinische Colonie von 2500 Biirgern nach [Hiilsen.] 
C. deduciert (Liv. a. a. O. Vellei. I 14), welches Calestrius. 1) Calestrius Maximus s. C. 
fur lange Zeit das Centrum der rOmischen Herr- Servilius Septidianus Firmus. 
schaft in Campanien und der Sitz des mit der 2) Calestrius Tiro, enger Freund des jiingeren 
Iurisdiction fur das ganze romische Unteritalien Plinius, der an ihn mehrere Briefe (I 12. VI 1. 
betrauten Quaestors war (Tac. ann. IV 27, Unter- 22. IX 5) richtete. Er hatte zu gleicher Zeit 
druckung eines Sclavenaufstandes bei Brundisium wie Plinius (als Tribunus militum) gedient und 
durch den Quaestor, eui provincia vetere ex more war zugleich mit ihm Quaestor des Kaisers (Do- 
Cafes evenerat. Mommsen St.-B. ns 571). Aus mitian) gewesen (89/90 n. Chr.). Im Volkstribunat 
dieser Epoche stammen die zahlreichen Kupfer- 40 kam er dem Freunde durch das ius liberorum 
und Silbermiinzen mit GALENO (CIL I 15.21. zuvor; in der Praetur (im J. 93) waren beide 
Garrucci Monete dell' Italia II 79 tav. 83, wieder Collegen. Urn 107 war C. Proconsul der 
13 — 18. Berliner Miinzkatalog III 1, 76—82). Baetica, demnach noch Praetorier. Plin. epist. 
Im J. 296 verwiisteten die Samniten das Gebiet VII 16. 23, 32. IX 5. 

von C, wurden aber von den Consuln Fabius S) Calestrius Tiro, fyeficbv d. h. Legat von 

und Decius geschlagen (Liv. X 20). Im hanni- Lycia-Pamphylia im J. 136/137 n. Chr. (Serta 

balischen Kriege erscheint C. als Hauptstiitzpunkt Harteliana 1896, 1; die Meinung Heberdeys 

der Bomer (Liv. XXVI 14—16); doch im J. 209 und Kalinkas a. a. O. 6, dass er Brocurator 

verweigerte die Stadt die weitere Stellung von gewesen sei, entbehrt der Begriindung; der in. 
Mannschaft und Geld (Liv. XXVII 9) und wurde 50 demselben Jahre fungierende Statthalter Seneca, 

spater dafur gestraft (Liv. XXIX 15. Val. Max. ist eben als sein Nachfolger zu betrachten). Wohl 

III 2 ext. 1. 8, 1). Kurz vor 184 fiihrte P. Clau- Sohn des Vorausgehenden. [Groag.] 

dius Pulcher neue Colonisten nach C. (Elogium Caleti (Cta/efes?), namhafte Volkerschaft in. 

XXXII CIL 12 p. 200). Auch in der spateren Belgium (Caes. b. g. II 4 Galetos, VII 75 Ca- 

republicanischen Zeit nimmt C. neben Teanum letes, Hirt. VIII 7 Caletos; aus Caesar Oros. VI 

den ersten Platz unter den Stadten im Binnen- 7, 14. VI 11, 12). Sie wohnten westlich von den 

lande von Campanien ein (Polyb. Ill 91. Cic. Ambiani und Bellovaci am unteren Lauf der Seine 

de lege agr. II 86. 96; Phil. XII 27). Nach bis zu ihrer Miindung (im heutigen pays de Caux), 

dem Bundesgenossenkriege wurde C. Municipium Strab. IV 189 (vadsrovg die Hss.). 194 rots Ms- 
(Cic. de leg. agr. II 86; ad fam. IX 13,3. Lib. 60 vajtiois d' slot ovrsx £ % &" T H ^aXarry MoqTvoi 

colon. 232) und behielt diese Stellung in der xal BeXXodxoi xal 'Afifliavol xal Zoveoelmvss xal 

besseren Kaiserzeit. Die Tribus war die Publilia K&Xetoi fisxQi rfjs SxfioXfjg tov Sr/xoava siorafiov. 

(CIL VI 2382 b 1. CIL X 3910. 4655. Eph. Ptol. 118, 5 (KaXezai, die Hss. bieten KaXXijtai,, 

ep. VHI 530. Kubitschek Imper. Bom. tri- KaXuxai). Plin. n. h. XIX 8 (Galeti, IV 107 bieten 

butim discr. 14). C. erfreute sich eines be- die Hss. Galetos, Galletos) hebt ihre Leinwand- 

deutenden WoHstandes (Strabo V 237), nament- fabrication hervor. Ihre Hauptstadt Mess Iulio- 

lich infolge der Fruchtbarkeit seines Gebietes, bona (s. d.). Zeuss Die Deutschen 187. Des- 

welches einen beruhmten Wein lieferte (Strab. jar dins Geogr. de la Gaule I 343. II 461. Zur 



1353 Caletranus ager Caliendrum 1354 

Deutung des Nainens (kelt. caleto = durus) vgl. Milo bei (Ascon. Milon. p. 30). 703 = 51 bewarb 

Gliick Kelt. Namen bei Caesar 43f. Die Zeug- er sich vergeblicli urn das Consulat (Cic. ad i'am. 

nisse vollstandig bei Holder Altoelt. Sprach- VIII 4,1; ad Att. V 19, 3) und wnrde darauf von 

schatz s. v. S. auch Vassocaleti. [Ihm.] den beiden Sehnen seines ehemaligen Gegners 

Caletranus ager in Etrurien, nacb Plin. Ill Q. GaUius de ambitu angeklagt ; er verteidigte 

52 von einer untergegangenen Stadt (Caletra?) sicb selbst, offenbar mit Gliick (Cic. ad fam. VIII 

genannt. Die Lage wird bestimmt durch die 4, 1. 9, 5). Im Jabre darauf, 704 = 50, bewarb 

Nachricht bei Livius XXXIX 55, dass die Colonie er sich noch einmal um das Consulat, aber wie- 

Saturnia 183 v. Chr. in agro Caletrano gegriindet derum ohne Erfolg (Cic. ad Att. VI 8, 2; vgl. Moll 
sei. [Hiilsen.] 10 De temporibus epistularum Tullianarum [Berlin 

Calgacus, Feldherr der Caledonier, von Cn. 1885] 1 — 8). In der Senatssitzung am 1. Januar 

lulius Agricola am Berge Graupius besiegt, im 705 = 49 trat er fur Caesar ein (Caes. b. c. I 

J. 84 n. Chr. Tac. Agr. 29ff. [Stein.] 2, 3) ; dieser ubergab ihm etwas spater die Ver- 

Caliabria s. Caelobriga. waltung von Gallia Cisalpina, und dort, in Pla- 

Calicardama promontorium , an der west- centia, ist C. nicht lange nach Beginn des Burger- 
lichen Endseite des gangetischen Golfes, Oros. I krieges gestorben (Hieron. a. O.). Er war einer 
2,13 (ed. Caligardamana). Ptolemaios verzeicbnet der bedeutendsten Bedner seiner Zeit; non fitit 
den Ort einmal im Lande der Sahara in der Form orator unus e multis, potius inter multos prope 
KaQixaQSajxa VII 1, 80, dann an der Kuste selbst singularis fuit (Cic. Brut. 274). Schon in reiferen 
in der Form Karixagdaua VII 1, 16 in einer Lage, 20 Jahren liess er sich durch Apollodor von Pergamon 
welche dem heutigen Hafen Manika-pattam ent- beeinflussen (Hieron. zu Euseb. II 135 u Schone; 
spricht, der die Einfahrt in den grossen Sumpf- vgl. Bohde Bh. Mus. XLI 176 Anm.) und wird 
see Cilka ermOglicht. Die Zusammensetzung mit von Veil. II 36, 2 zu den Attikern gestellt. Er 
skr. kardama , Sumpf bestatigt diesen Ansatz; war mehr ein Vorlaufer und Bahnbrecher der 
an der Siidseite des Cilka erhebt sich als Land- neuen attischen Bichtung, die sich dem Cicero 
marke der Palur-bluff zu 1100', d. i. to. IlaXovQa femdlich gegeniiberstellte. Dieser hat ihn ein- 
des Ptol., a derradeira terra alta ou serra de gehend charakterisiert (Brut. 274 — 278). Er iobt 
Paluro der portugiesischen Karten; so erklart sich die Eleganz, Zierlichkeit und kunstvolle Aus- 
der Ausdruck promontorium auf der Weltkarte arbeitung seiner Beden, sowie deren leichten Fluss, 
des Orosius; von da an nordwarts beginnt der30wie auch Quintilian (XII 10, 1, vgl. 39) seine 
gangetische Golf mit seinen ungeheuren Fluss- subtilitas, aber hebt einen Fehler stark hervor: 
ablagerungen, welche nur Kleinschiffahrt gestatten. duo summe tenuit, ui et rem illustraret disse- 

[Tomaschek.] rendo et animos eorum, qui audirent, devinciret 

Calidava, auf der Tab. Peut. falschlich statt voluptate; aberat tertia ilia laus, qua permo- 

Capidava, s. d. [Patsch.] veret atque ineitaret animos nee erat ulla 

Calidius, romische plebeische Familie. 1) Ca- vis atque eontentio (Brut. 276). Nach dem Urteil 

lidius iiberbrachte 672 = 82 dem Murena den des Caelius (ad fam. VIII 9, 5) war er ein besserer 

Befehl des Senats, vom Kriege gegen Mithridates Verteidiger als Anklager (vgl. auch Harnecker 

abzulassen; im Geheimen bestarkte er ihn mOg- Jahrb. f. Phil. CXXV 607f.). 
licherweise in seiner Absicht (App. Mithr. 65). 40 6) Q. Calidius, Volkstribun 655 = 99, stellte 

2) Cn. Calidius, rOmischer Bitter, unter dem den Antrag auf Zuriickberufung des Metellus Nu- 
J. 682 = 72 erwahnt, dessen Sohn damals Senator midicus aus der Verbannung. Aus Dankbarkeit 
war (Cic. Verr. IV 42). unterstutzte dessen Sohn Metellus Pius als Consul 

3) M. Calidius, Munzmeister um 644 = 110 674 = 80 den C. bei der Bewerbung um die 
(Mommsen Munzwesen 538 nr. 133). Durch Praetur (Cic. Plane. 69. Val. Max. V 2, 7. Auct. 
einen Volksbeschluss von Megara wird jemand de vir. ill. 62, 3). Nach seiner Biickkehr von 
geehrt, der Gesandtschaften an den romischen der spanischen Statthalterschaft wurde er von 
Senat und einen M. Calidius ubernommen hat Q. Lollius angeklagt und verurteilt (Cic. Verr. 
(IGS 1 18), vermutlich einen Proconsul oder Frem- III 63); als er erfuhr, dass die Bichter durch 
denpraetor. Sprachliche Indicien lassen die Be- 50 verhaltnismassig geringe Summen bestochen seien, 
ziehung auf Nr. 4 zweifelhaft erscheinen, daher spottete er daruber, dass ein Praetorier so wohl- 
kann auch an den Munzmeister gedacht werden. feil verurteilt werde (Cic. Verr. act. I 38, dazu 

4) M. Calidius, Sohn von Nr. 5 (Ps. -Ascon. Verr. Pseudo-Ascon. p. 145 Or.). [Miinzer.] 
p. 145 Or.), belangte 690 = 64 den Q. Gallius wegen 6) L. Calidius Strigon, aus Arretium. Fabri- 
Amtserschleichung und zugleich wegen eines Ver- kant von gepressten Beliefvasen , Gamurrini 
giftungsversuches, den dieser gegen ihn selbst Iscr.d.vasifitt. Arretini 43. Dragendorff Terra 
unternommen hatte; Gallius wurde von Cicero sigillata 27 (43). [C. Bobert.] 
verteidigt (Cic. Brut. 277, daraus Val. Max. VIII Calidona. Bei Ammian. Marc. XXVII 1, 2 
10, 3. Fest. p. 309. Non. p. 208, 27). Als Praetor (a. 367) ist iiberliefert apud Calidona Divitensi- 
697 = 57 stimmte er fur die Wiederherstellung 60 bus praesidebat et Tungrieanis. Man vermutete 
•Ciceros (Cic. p. red. 22; Hieron. zu Euseb. II 137 d in C. den Ort Keldenich (bei Koln). Valesius 
SchOne setzt in dieses Jahr seine Blute) und hielt hat, wie es scheint mit Becht, Cabillona in den 
wohl damals eine Bede de domo Cieeronis (Quintil. Text gesetzt (a. Cabillonum). A. Biese Das 
X 1, 23). Im J. 700 = 54 sprach er fur die Frei- Bheinische Germanien in d. antik. Litt. 302. 467. 
lieit_ von Tenedos (Cic. ad. Q. fr. II 9, 2) , ver- [Ihm.] 
teidigte den M. Scaurus (Ascon. Scaur, p. 18) und Caliendrum oder ealiandrum, ealiandrium, 
T)eabsiehtigte auch fur A. Gabinius aufzutreten ein Kopfputz (xoauiov ies<palrjg Gloss.), von dem 
(Cic. ad Q. fr. Ill 2, 1). 702 = 52 stand er dem wir nichts naheres wissen , Hor. sat. I 8, 48. 



1355 Caliga Callaici 1356 

Varro bei Porph. z. d. St. Tertull. de pall. 4. zeichneter Strom Indiens, der im Hemodus ent- 

Arnob. VI 26 (hier als Gstterattribut). Bei Aero springt und hinter dem Ganges in das Ostmeer 

und Porph. zu Hor. a. 0. wird C. als Periicke miindet; d. i. entweder der Brahmaputra (s. Oi- 

erklart; doch ist diese Erklarung wohl nur eben danes, Dyardanes) oder die Kaniaphuli von 

dieser Horazstelle entnommen, wo das altum ea- Cittag6ng. Bis dahin hatte sich v'oreinst das 

liendrum der Sagana mit den falschen Zahnen dravidische Volk der Kalinga (s. Kalingai) er- 

der Canidia zusammen genannt wird; sie ist schon streckt, wahrend anderseits die Godavari, wie noch 

deshalb unmoglich, weil eine hohe Haartracht der heute, die Siidgrenze bildete. Auf der Weltkarte 

Zeit des Horaz fremd ist. Die Ableitung des stand wohl Galingicus. [Tomaschek.] 

Wortes von ndllwtQov stimmt nicht besonders 10 Calingi, ein Volk im siidwestlichen Arabien, 

gut mit der Bedeutung. [Mau.] dessen Hauptstadt Mariaba ist {quorum Mariaba 

Caliga, der Schuh des gemeinen Soldaten, der oppidum signifieat dominus omnium). Plinius 

deshalb ealigatus genannt wird, Suet. Aug. 25; VI 159 nennt daneben Murannimal = Mermel 

Cal. 9. 52; Vitell. 7. Sen. de ben. V 16, 2. Dig. am Kharidflusse (Hamdani 241, 21. 26. 278, 13). 

XXVII 1, 10. XLIX 16, 6, 5. CIL VIII 2848. XI Sprenger (Alte Geogr. 291) vergleicht damit 

3057. XIV 2888 ; caliga wird auch fur den Dienst Kahlan und will in Mariaba das Marasdu des Ptole- 

des Soldaten unterhalb des Centurio gebraucht (Sen. maeus und das heutige Sa'da erkennen. Mordt- 

dial. X 17, 6. Plin. n. h. VII 135. CIL HI 7108. mann dagegen (ZDMG XXX 321) will damit 

VI 2440. IX 5840. 5647; vgl. VI 3035). Doch Ma'rib vergleichen, aber gerade das supra dictam 

wurden C. auch von anderen Personen getragen. 20 Maribam, aus dem er den Beweis fur die Iden- 

Das Ed. Diocl. IX 5 — 6 erwahnt ausser den e. titat mit Ma'rib ableiten will, spricht dagegen, 

militares zu 100 Denaren (II. 83 Pf.) noch c. weil ja Gallus nur bis Mariaba gekommen ist, die 

mulionicae sibe rusticae zu 120 Denaren, e. eque- Stadt selbst aber nicht einnehmen und zerstoren 

stres zu 70 vmd e. muliebres zu 60 Denaren. Eine konnte. Auch ist Ma'rib die Hauptstadt der Sa- 

elegantere Beschuhung scheint auch Cic. ad Att. baeer, nicht der Kalingi. fiber die verschiedenen 

II 3, 1 gemeint zu sein; c. gemmeae Hist. Aug. Versuche, die oben angefuhrte Glosse des Plin. 

Gall. 16, 4. fiber die Form der C. erfahren wir zu erklaren, vgl. Mordtmann a. a. O. 

aus den Schriftquellen nur, dass sie mit Nageln [D. H. Miiller.] 

beschlagen waren, Plin. n. h. IX 69. XXXHI 143. Caliordi, eine nicht weiter bestimmbare Ge- 

Iuv. 3, 248. Jos. b. Iud. VI 85. Ed. Diocl. a. 0. 30 meinde an der Siidostkiiste der taurischen Halb- 

Lex Met. Vipasc. CIL H 5181, 34. Und zwar insel, Plin. IV 85. [Tomaschek.] 

scheint es nach Ed. Diocl., dass man sie ohne Calippe, eine bios in der Tab. Peut. ver- 

Nagel kaufte und dann benageln liess. Aus den merkte Hafenstadt an der vorderindischen Ost- 

bildlichen Darstellungen von Soldaten ergiebt sich, kiiste zwischen fl. Aunes (s. d.) und fl. Paleris 

dass die C. verschiedene Pormen haben konnte. (tamil. Pal-ar ,Milchfluss'), vgl. Geogr. Bav. p. 41, 

Immer ist es eine Art Sandale. Aber auf der 20 : Colchis Indorum, Calippa, Pitinna, Oama- 

Traianssaule ist deutlich kenntlich die Sohle mit gora. Entweder das heutige Kalinga-pattam oder 

Oberleder, welches aus einem Stuck gefertigt aber auch Madras mit S. Thoma. Vielleicht wurden 

riemenartig zerschnitten ist. Dagegen erscheint nach diesem Hafen die geschatzten Pferde aus 

auf Grabsteinen romischer Soldaten eine andere 40 Persien gebracht. Storend sind nur die in der 

Form, am deutlichsten auf dem von E. Hiibner Tab. Peut. beigefiigten hohen Entfernungszahlen 

(Belief eines rOm. Kriegers im Mus. zu Berlin, (Parasangen ?), welche den Eindruck machen, als 

26. Berliner Winckelm.-Pr.)publicierten: die Sohle ob es sich ran Entfernungen von und zur ela- 

ist durch acht Lederstreifen am Fuss befestigt, mitischen Kiiste und zu den aussersten Posten 

von denen vier dicht aneinander quer iiber den Fuss des seleukidischen Beiches handle; dann konnte 

gehen, einer unter, drei iiber dem KnOchel das sich C. auf Cathippe oder selbst auf Kalliope 

Bein umfassen; durch einen oben auf dem Fuss beziehen; vgl. Antiocheia Nr. 13. 

liegenden schnurartigen Streifen sind sie unter [Tomaschek.] 

einander verbunden. Vgl. Lindenschmit Altert. Calisia (Kahoia), Stadt im inneren Germa- 
uns. heidn. Vorzeit IV 6. VIII 6. IX 4. XI 6. 50 nien , anscheinend das heutige Kalisch , Ptol. n 

Noch anders, einfacher, ist das Biemenwerk an 11, 13. [Ihm.] 

Lampen in Form einer C: Caylus Bee. IV 100. Calix s. KvAi$. 

D'Agincourt Fragm. de terre cuite 28, 7. Callaici, der iberische Name der KaXXcuxol, 

Marquardt Privatl.2 595. Becker-G6ll der mit Kelten und Galliern nichts zu thun hat 

Gallus HI 235. Bliimner Maximaltarif 126. (vgl. Caladunum, Gale u. a.), erscheint zuerst in 

[Mau.] den auf Poseidonios zuruckgehenden Berichten 

Caligo, die Finsternis personificiert, nach fiber den Feldzug des Caepio gegen sie im viria- 

Hyg. fab. praef. (p. 9, 1. 2 Sch.) als Urfinsternis tischen Krieg (Appian. Hisp. 70) und ihreUnter- 

Mutter des Chaos und durch das Chaos Mutter werfung durch D. Iunius Brutus in den J. 616 

von Nox Dies Erebus Aether, erstes Glied in der 60 = 138 v. Chr.— 620 = 134 v. Chr. (Liv. epit. 

Genealogie der Gotter, erste Phase in der Welt- LVI. Strab. Ill 152. 162. Flor. I 33, 12. Appian. 

werdung , entsprechend griechisch "Eqs^os und Hisp. 73—75. 99, wo die Brakarer genannt wer- 

2x6xo?, s. d. [Waser.] den. Obseq. 62 [123]. Oros. V 5, 12). In der 

Caligula, Spitzname des Kaisers Gaius (C. Schilderung der Lusitaner (s. d.) bei Iustin. XLIV 

Caesar Augustus Germanicus), 37 — 41 n. Chr., 3, 1—9, die in der Hauptsache mit der auf die 

der spater meist nur damit bezeichnet wird , s. Lusitaner allein beschrankten des Poseidonios (bei 

C. (Iulius) Caesar. [Stein.] DM. V 38,4. Strab. Ill 157, vgl. Miillenhoff 

Calincius, ein bios in der Tab. Peut. ver- D. A. II 317) ubereinkommt , finden sich auch 



1357 Callaici Callaici 1358 

auf die Kallaiker beziigliche Nachrichten einge- der von der gens Callaica der Eosse spricht 

mischt, die wohl wiederum dem Poseidonios zu (VIII 166), statt der lusitanischen und asturischen 

verdanken sind. Asklepiades von Myrlea hatte kallaekische Eosse bei den Wettfahrten nennt 

die Fabel von ihrem griechischen Ursprung in (XVI 334ff. 377. 382). So spricht Martial vom 

Umlauf gesetzt (Strab. Ill 157; Callaeci Grae- kallaekischen Ocean, wo er das Meer an den 

earn originem sibi adserunt Iustin. XLIV 3, 3): hispanischen Kiisten uberhaupt meint (X 37, 3. 

Tenkros sei von Troia erst nach Cypern gelangt 20). Poseidonios hatte ferner berichtet, dass die 

nnd dann an die iberische Kiiste, da wo spater Kallaiker wie die Keltiberer a&soi seien, d. h. 

Neukarthago lag, und von dort nach Kallaekien die griechisch-romischen Gotter nicht kennten, 
hintibergegangen (transisse, wohl zu Schiff). Als 10 wahrend ihre einfache Lebensweise im ubrigen 

Beweis galten die Namen der angeblich von Teu- der der Kantabrer und Keltiberer entsprach (Strab. 

kros gegriindeten Stadte der "EXtyvss (Heleni, s. Ill 164, vgl. Sil. Ill 344f.). Caesars Zug in ihr 

d.) und Ainflloxoi (s. d.), sowie die Grovii-Graii Gebiet (Plut. Caes. 12. Dio XXXVII 53, 4) wah- 

(s. d.) und das eastellum Tyde (s. d.). Die Zinn- rend seiner Praetur von Lusitanien, wobei er bis 

gewinnung bei den Artabrern (s. d.), deren Posei- zum westlichen Meer vordrang, wird ihre Hafenstadt 

donios nebenher bei Besprechung der Kassiteriden Brigantium (s. d. Nr. 4) den Bomern unterworfen 

(s. d.) gedachte, hat zu der irrtiimlichen Ansetzung haben. Aber erst nach dem kantabrischen Peld- 

dieser Inseln an der Nordwestspitze von Iberien zug des Augustus (Oros. VI 21, 2) sind rSmische 

verleitet. Sie war von jeher ganz gering und hat Besatzungen von Asturica (s. d.) und Lucus Augusti 
nach und nach aufgehOrt (George Smith The20aus (s. d.) nach Westen vorgedrungen. Damals 

Cassiterides, London 1863, 52). Auch des Goldes, auch wurde die erste der romischen Strassen von 

Silbers und Kupfers wird dabei Erwahnung ge- dort nach Bracara (s. d.), der kallaekischen Haupt- 

schehen sein , ohne genau zu unterscheiden , was stadt, angelegt. Schon unter Augustus ist in der 

davon auf Iberien uberhaupt, was auf Lusitanien Hauptstadt Bracara ein Blitz gesiihnt worden (CIL 

und Kallaekien im besondern zu beziehen. Wenn II 242; vgl. oben die Erzahlung bei Iustin), und 

es daher bei Iustin heisst (XLIV 3, 4), die Gegend errichtete die Landschaft Callaecia, die man friiher 

sei reich an Erz, Blei und Minium, wovon der nahe zu Lusitanien zahlte (Strab. Ill 166), dem Enkel 

Fluss Minius, den Strabon allein nennt (III 153; und Adoptivsohn des Augustus C. Caesar ein Stand- 

vgl. Minius), seinen Namen habe, so fragt sich, bild (CIL II 2422). Callaecia bildete seitdem schon 
wieweit das von Kallaekien zu verstehen ist. Mit 30 seiner Entfernung von Tarraco wegen mit Astu- 

den Goldminen, die auch Plinius erwahnt (XXXIII rien (s. d.) einen gesonderten Verwaltungsbezirk, 

66), kOnnte die Stadt der Baedyer Aurium (s. d.), der unter Vespasian einen legatus iuridieus er- 

mit dem Silber, das bei Iustin vielleicht nur zu- hielt neben dem Legaten der Legio VII Gemina. 

fallig fehlt, ein Ort Argentiolum (s. d.) zusammen- Dieser wird schon im 2. Jhdt. als dux legionis 

gebracht werden. Goldklumpen fordere oft die und legatus Augusti per Astwiam et Callaeeiam 

Pflugschar; ein heiliger Berg sei dort, den man bezeichnet (CIL II 2634); unter ihm gab es einen 

nicht mit Eisen beriihren diirfe, aber wenn der militarischen_prae/ee£ws Callaeeiae (CIL II 3271), 

Blitz die Erde Offne, was in jenen Gegenden sowie kaiserliche Procuratoren. Die siidliche Grenze 

haufig geschehe, so kfinne das blosgelegte Gold Kallaekiens gegen Lusitanien bildete der Durius 
wie eine Gabe des Gottes eingesammelt werden. 40 (Mela III 10. Plin. IV 112), die ostliche gegen 
Der bis in die Gegenwart betriebene Bergbau auf Asturien eine von der Stadt Noega (s. d.) an der 

edle Metalle hat, wie uberall in Europa, stetig Nordkiiste nach Stiden gezogene Linie (Mela III 

abnehmende Ergebnisse. Immerhin wird zu dem 13. Plin. IV 111), die sich nur annahernd be- 

aus dem Ertrag der Beute von Brutus dem Kal- stimmen lasst. Es umfasste die beiden Gerichts- 

laiker gestifteten Tempel des Mars (Plin. XXVI bezirke (Plin. Ill 28) von Lucus Augusti (s. d.) 

26) Kallaekien selbst trotz der Armut seiner Be- mit 16 Gemeinden und 175 000 freien Einwohnern, 

wohner beigetragen haben, da er de Oallaicis et und Bracara Augusta (s. d.) mit 24 Gemeinden 

Lusitanis triumphierte (Eutrop. IV 19, vgl. CIL und 285 000 freien Einwohnern. Von den Ge- 

I 2 p. 176). Ob die gemma Callaica (oder eal- meinden des Bezirks von Lucus nennt er nur 2, 
lainal) des Plinius (XXXVII 151. 163) uberhaupt 50 von denen von Bracara nur 7; doch lassen sich 

mit Kallaekien zusammenhangt, ist zweifelhaft. die Listen des Agrippa aus der Kiistenbeschreibung 

Was nachher bei Iustin iiber das Eisen gesagt (bei Mela und Plinius) und aus Ptolemaios er- 

ist, bezieht sich auf Keltiberien (trotz Silius II ganzen. Einige dieser Volker und Gemeinden 

402). Aber von den Kallaekern gilt, wie die noch werden ausdriicklich als keltischen Ursprungs be- 

bestehende Sitte beweist, dass die Frauen neben zeichnet. Aus dem Bezirk von Bracara wurden 

dem Haushalt auch den Ackerbau besorgen, wan- mindestens ftlnf Cohorten der Bracaraugustaner 

rend die Manner dem Krieg und Eaub nachgehen und eine der Kallaiker, aus dem von Lucus fiinf 

(Sil. Ill 344ff.); noch jetzt dienen zahlreiche Gal- Cohorten der Lucenser und zwei der Asturer und 

legos in Lissabon und Madrid als Wasser- und Kallaiker ausgehoben (Ephem. epigr. V p. 168. 
Lasttrager, wahrend die Prauen zu Haus das Feld 60 169). Die Notitia dign. zahlt das Quartier der 

bestellen. In freier Weise haben dann die Dichter 7. Legion, Legione (s. d.), das in Asturien liegt, 

der flavischen Zeit von kallaekischem Gold (Sil. zu Kallaekien und zahlt vier Cohorten an vier 

II 602. IV 326. X 118. Martial. IV 39, 7. X 16, anderen Orten der Provinz auf (occ. XLII 25—30). 

3), Erz (Sil. II 395ff., wo Schild, Helm, Schwert Ptolemaios zahlt von den lucensischen Kallaikern 

von kallaekischem Erz und Stahl geschildert wer- 17 Stadte auf (II 6, 4. 5, 22), von denen Plavium 

den, und Martial. XIV 95, 1) geredet; die kal- Brigantium (s. d.), Plavionavia (s. d.), Iria Plavia 

laekischen Bergleute setzt Silius fur die iberischen (s. d.), Lucus Augusti die bekanntesten sind. Von 

uberhaupt (II 416), ebenso wie er mit Plinius, den Brakarern nennt er (II 6, 38—48) 16; dar- 



1359 Callenses Oallinipaza 1360 

unter neben Bracara (s. d.) Aquae Flaviae (s. d.) dem Kaiser Traianus Decius gesetzt (OIL II 1372). 
and die fora oder Marktflecken der Bibaler, Li- Wahrscheinlich ist trotz der doppelten Angabe 
miker, Narbaser (s. d.). Die Kiistenfliisse zahlt und obgleich von Gallet eigentlich Calletani, nicht 

am vollstandigsten Mela auf (III 10 — 13), mit Callenses gebildet werden sollte — doch weohseln 

dem Plinius (IV 112 — 115) und Ptolemaios (II die Pormen der Ethnika auch sonst — bei Pli- 

6, 1. 2) stimmen, soweit ihre Angaben reichen. nius dieselbe Stadt gemeint (vgl. CIL II p. 186. 
Im J. 216 wurde der Bezirk von Asturien und 847), die den ehrenden Beinamen oppidum Aenea- 
Kallaekien zu einer besonderen Provinz erhoben nieum vielleicht erst etwas spater, nach Ab- 
(die Nachweisungen CIL II p. LXXXVI). Nach fassung der eommentarii des Agrippa, aber noch 
der diocletianischen Verfassung wurde Callaecia 10 unter Augustus, erhalten haben wird; aus welchem 
neben Asturia eine besondere Provinz, die zuerst Grunde wissen wir nicht. Ahnliche Beinamen 
unter praesides (CIL II 4911), dann unter eon- aus der rSmischen Sage, wie Romula Latonium 
sulares stand (CIL II 2635). Diese Provinz er- u. a. sind in der Ulterior ziemlich haufig; Aenea- 
scheint in der Notitia dign. (occ. I 67. Ill 9. nieus ist richtig von Aeneas gebildet. Ebenda- 
XXI 5. 10 iiberall Callaeeia) und in den jfingeren hin gehSren die autonomen Kupfermiinzen mit 
geographisch-statistischen Quellen (Pest, breviar. der Aufschrift Callet (Mon. ling. Iber. nr. 162). 
5. Nomina provinc. p. 128, 13. Polem. Silv. p. 131, Ausser der Inschrift fur Decius sind noch eine 
11 Riese). Erst bei Hydatius (c. 4 und sonst; fur Hadrian (CIL II 1371) und einige Grabschrif- 
danach bei Isidor iiberall und in der Divisio prov. ten (CIL II 5410. 5411) dort gefunden worden. 
p. 16, 1, sowie bei Iul. Honorius p. 34, 5 Biese) 20 Die Lage des alten Oppidum irgendwo in der 
findet sich die Schreibung mit g (Gallaecia, wor- Nahe von el Coronil bedarf noch der genaueren 
auf U.Boiss e vain Callaeci-Gallaeci, Mnemosyne Peststellung. [Hubner.] 
XX 1892, 286 — 293 zuerst aufmerksam machte). Calleva, Hauptstadt der Atrebaten im siid- 
Calleeia (wie CIL VI 1599. 1620 und das Itin. lichen Britannien, beim jetzigen Silchester (Ptol. 
Ant. 387, 7) haben die Hss. des Claudian, der II 3, 12), schon auf den im 1. Jhdt. geschlagenen 
das Land als die Heimat von Stilichos Gemahlin Miinzen des KSnigs der Atrebaten Eppillus ge- 
Serena preist (laus Serenae 71), Kallkyia wie es nannt (Evans Coins of the ancient Britons 195), 
scheint Zosimos, der wie Hydatius des Theodosius Knotenpunkt der ersten rSmischen Strasse von 
Heimatstadt Cauca (s. d.) hierhersetzt (IV 24, 7 ; Clausentum an der Siidkuste her, die von da nach 
doch seine Quelle Eunapios KaXlamta). Die hieraus 30 Osten, Westen und Norden weiter gefuhrt worden 
entstandene noch jiingere und heutige Schreibung ist (Itin. Ant. 478, 3. 484, 10. 485, 7. 486, 7. 8. 
Qallieia haben Iordanes (Bomana 213; Getica I Geogr. Bav. 427, 17). Einige Inschriften aus 

7. XXXn 136. XLIV 229), Venantius Portunatus dem Anfang des 2. und dem 3. Jhdt. (CIL VH 
(carm. 1. V praef.), Gregor von Tours (hist. Franc, p. 16), sowie erhebliche Beste der Stadtanlage 
VI 43 u. o.), die Hss. der Dimensur. prov. p. 13, und reich ausgestatteter Villen mit Mosaikfuss- 
5, des Iul. Honor, p. 36 B 4 und der Cosmogr. bsden u. s. w. haben sich dort gefunden und 
Aethici p. 79, 5. 98, 3 Biese; womit Boissevain neue Bauten werden unausgesetzt zu Tage ge- 
richtig Portu Cale und das heutige Portugal ver- fSrdert. [Hubner.] 
gleicht. Der moderne Name Qalieia schliesst Callicula. 1) Berg in Campanien, nicht weit 
sich unmittelbar an den spateren Gebrauch an. 40 von Casilinum (Liv. XXII 15, 3. 16, 5), den Fa- 
Alle inschriftlichen Zeugnisse der guten Zeit haben bius Cunctator besetzte, um dem Hannibal den 
die Formen Callaecus Callaecia (von Boissevain Bilckzug abzuschneiden, was durch des letzteren 
gesammelt) ; der Beiname des Brutus Callaieus List vereitelt wurde. Der Gang der Operationen 
(CIL 12 p. 26) wird bei Ovid (fast. VI 461), Grat- zeigt, dass eine der Hohen Sstlich oder siidSstlich 
this (cyneg. 514) und ein paarmal bei Martial von Cales zu verstehen ist; nahere Localisierung 
viersilbig gebraucht; vielleicht nur des Metrums nicht mSglich. [Hiilsen.] 
wegen (fur Callaicieus wegen Achaicus, wie Ma- 2) Stadt in Hispania ulterior. Plinius nennt 
cedonieus und ahnliche nach Boissevain; doch unter den eivitates stipendiariae des Bezirks von 
vgl. Hispanus). [Hubner.] Astigi C. (Ill 12); Ptolemaios setzt KaUxovla 

Callenses {Callet), Stadt in Hispania ulterior. 50 zwischen Hispalis und TJrso zu den Turdetanern 

Unter den eivitates stipendiariae des Bezirks von (H 4, 10 so die besseren Hss.). Die Lage ist nicht 

Astigi nennt Plinius nach den Listen des Agrippa ermittelt; man konnte an Marchena denken (CIL 

Callet (III 12), wahrend er gleich nachher in II p. 190); vgl. Ilipula minor. Verschieden ist 

einem zu der Kiistenbeschreibung gehSrigen Ab- Calecula (s. d.). [Hubner.] 

schnitt , der aus Varro stammt , unter den Ge- Callifae, Stadt in Samnium oder Campanien, 

meinden des keltischen Baeturiens. das zum Be- von Liv. VIII 25, 4 mit Kufrae und Allifae zu- 

zirk von Hispalis gehSrte, die Callenses mit dem sammengenannt ; der Name wahrscheinlich ver- 

Beinamen Aeneaniei nennt (HI 14; so die beiden dorben. [Hiilsen.] 

Hss.). Vitruv berichtet, gewiss auch nach Varro, Callinipaza oppidum, im Gangesgebiet zwi- 
von auf dem Wasser schwimmenden Ziegeln (vgl. 60 schen Bhodapha und der Vereinigung der Ya- 

Schneider zu den Eel. phys. p. 88) aus zwei muna mit der Ganga (bei Prayaga oder Piag, 

eivitates der Hispania ulterior Maxilua (s. d.) und jetzt Allahabad) vermerkt im Eoutier des Seleu- 

Callet (113, 4: Calle Bose, doch fiihrt die trber- kos Nikator bei Plin. VI 63. Lassen andert 

lieferung deutlich auf Gallet); nur ihm folgt Pli- das zweite Glied in -paxa, skr. pakSa ,Plugel, 

nius (XXXV 171 wo die Hss. Calient oder ahn- Seite, Halfte' ; noch besser empfiehlt sich -para, 

lich schreiben). Nun hat sich bei el Coronil im skr. para jenseitiges Ufer, tiberfuhr'. Im Vorder- 

siidlichen Andalusien, unweit Salpensa , eine In- glied steckt sicher der Name der Kali-nadi, Ka- 

schrift gefunden, von der res pfubliea) Callensis lini oder Kalindri, welche von Nordwesten her 



1361 Calliopius Calor 1362 

oberhalb Kanyakubga (s. Kanogyz a) dem Ganges richtige, so riickt C. bis ins 3. oder den Anfang 
zufliesst; die Fahre lag demnach zwischen den des 4. Jhdts. hinauf (Dziatzko Comment. Woelffl. 
Ruinen von Ahi-ch§tra und Kan6g. [Tomaschek.] 225f. weist ihn dem 5. Jhdt. zu), da sowohl der 
Calliopius, Name eines Grammatikeis , der Metriker Arusianus Messius (vgl. H. Schindler 
uns nur aus den Subscriptionen der Terenz-Hss. Observat. crit. et histor. in Terentium, Diss. Halis 
Calliopius recensui, felieiter Calliopio, felieiter 1881, Iff.) als auch Donat (Leo Rh. Mus. XXXVIII 
Calliopio bono scholastioo bekannt ist (0. Jahn 323ff.) bereits Hss. dieser Familie d bentitzten. 
Ber. d. sachs. Gesellsch. d. Wiss. 1851, 362f.) und tiber die Person des C. ist nicht das Geringste 
nach dem man die durch alle Terenz-Hss. mit zu ermitteln; die mittelalterlichen Randscholien 
Ausnahme des alten cod. Bembinus vertretene 10 unserer Terenz-Hss. machen ihn zumPrologspreclier 
tTberlieferung als die calliopische Recension zu und reeitator des Terenz (Schlee Scholia Terent. 
bezeichnen pflegt. Die Hss. dieser Recension zer- p. 9). Die hechst ungliickliche Hypothese Casp. 
fallen nach der Reihenfolge der Stiicke, der Form Barths, der C. mit Karls d. Gr. Zeitgenossen 
der Didaskalien und der Textgestaltung deutlich Alcuin identificierte, ist neuerdings von E. Gut- 
in zwei Gruppen, von denen die eine (8) vor allem jahr (Ber. d. sachs. Gesellsch. d. Wiss. 1891, 
durch den Victorianus D und den Decurtatus G 273ff.) wieder aufgenommen, aber von Dziatzko 
(ausserdem eine Leipziger und eine Pariser Hs.), (Rh. Mus. XL VII 1892, 635ff.) mit vollem Rechte 
die andre (y), deren Archetypus mit Blustrationen zuriickgewiesen worden. [Wissowa.] 
nach alter guter Vorlage geschmiickt war, durch Callipolis (Callipolida) , Platz neben Olbia, 
Parisinus P, Vaticanus C, Ambrosianus F u. a. 20 lord. Get. 5. Geogr. Rav. p. 173, 14. 370, 2. 
vertreten ist; die den Namen des C. enthaltende Wohl eine Verwechslung mit den bei Olbia sess- 
Subscription findet sich in Hss. beider Gruppen haften Kallipidai (s. d.); einen Hafen Kallipolis 
in gleicher Weise (doch steht die Wendung feli- vermerkt Skylax 93 bei dem bithynischen Olbia- 
eiter Calliopio bono scholastieo nur in Hss. der Astakos. S. uberhaupt Kallipolis. 
Gruppe y, vgl. F. Leo Rh. Mus. XXXVIII 334), [Tomaschek.] 
und es ist eine vielfach ventilierte Streitfrage, Callipianus s. Claudius und Ulpius. 
zu welcher von beiden C. in nachster und un- Callipus s. Collippo. 
mittelbarster Beziehung steht. F. Umpfenbach Callode, Insel in der Nahe von Sardinien, 
(Ausg. d. Terenz p. I. LXVIIIf.), W. Prinzhorn Plin. Ill 85. [Hiilsen.] 
(De libris Terentianis, quae [so] ad recensionem 30 Calloniana s. Galloniana. 
Calliopianam redeunt, Diss. Gotting. 1885) und Calluin, Ort in Thrakien, s. Kallon. 
K. Dziatzko (Ausg. d. Terenz p. XI f. ; Com- Calmaciacus, vieus in Gallien, Ps.-Fortunat. 
mentat. Woelfflin. 1891, 219ff.; vgl. F. Schlee vita s. Remedii 11 p. 65, 19 Krusch. Jetzt Chau- 
Scholia Terentiana p. 8. 10) halten die Gruppe y muzy (dep. Marne). Holder Altcelt. Sprachschatz 
fiir die eigentliche Repraesentantin der calliopi- s. v. [Ihm.] 
schen Recension und weichen nur in der Bestim- Calmes . Ort in den westlichen Alpen zur 
mung des Verhaltnisses von 8 zu ihr von einander eivitas JEbredunensis (Embrun) gehfirig, Gregor. 
ab; diese Gruppe stellt nach den einen eine Modi- Tur. hist. Franc. IV 29. Longnon Geogr. de 
fication des calliopischen Textes dar, herbeigefuhrt la Gaule au Vie siecle 457ff. Holder Altcelt. 
durch systematisches Durchcorrigieren entweder 40 Sprachschatz s. v. [Ihm.] 
nach Donat (so Umpfenbach) oder nach einer Calo, Station in Untergermanien zwischen 
Schwester-Hs. des Bembinus (so Prinzhorn), nach Gelduba und Castra Vetera, Itin. Ant. 255. 370 
Dziatzko dagegen enthalt sie eine von C. unab- (Calone). Vielleicht das heutige Rheinkamp; vgl. 
hangige, altere und bessere Recension (naher ver- v. Veith Picks Monatsschrift f. d. Geschichte 
wandt der des Bembinus), in welche erst spater, Westdeutschlands VI 1880, 164. [Ihm.] 
als die Fassung von y zur Vulgata ge worden war, Calocerus s. Kalokairos. 
Name und Text des C. eingedrungen seien. Im Calones, imrOmischenHeeredieTrossknechte; 
GegensatzedazuverfichtF.Leo(Rh.Mus. XXXVIII sie sind unbewaffnet (Liv. XXVII 18, 12. Tac. 
1883, 317ff.) mit grossem Scharfsinne die umge- hist, ni 33) und marschieren mit dem schweren 
kehrte Anschauung, wonach in d die Ausgabe des 50 Gepack (Suet. Calig. 51. Caes. b. G. II 24). Zu- 
C, in y eine spatere Bearbeitung derselben vor- sammengestellt mit den liocae (s. d.) bei Liv. XXHI 
liege. Ausfiihrlicher wird auf diese Frage unter 16, 8. Tac. hist. I 49. Ill 20. 33. Suet. Galb. 
Terentius einzugehen sein, hier mag nur her- 20. Nur Vegetius III 6 berichtet, dass je 200 
vorgehoben werden, dass Leos Ansicht die sehr ein vexillum bildeten. [v. Domaszewski.] 
viel einfachere und natiirlichere LOsung der Frage Calor. 1) Jetzt Calore, linker (siidlicher) 
darstellt und dass das , was von Gegengriinden Nebenfiuss des Volturnus, entspringt im Appennin 
gegen ihn vorgebracht worden ist, nicht viel zu an der Grenze von Samnium, Campanien und 
bedeuten hat; dass der Name des Redactors der Lucanien, ftiesst zuerst nach Norden, wendet sich 
Recension 7 nirgends genannt ist, und dass Donat ungefahr in der Mitte seines Laufes westwarts, 
u. a., welche Hss. der Familie d beniitzen, des C. 60 empfangt von rechts den Tamarus (Tamaro), fliesst 
als des Urhebers dieser tTberlieferung keine Er- bei Benevent vorbei, wo er von links den Sabatus 
wahnung thun, das sind gewiss keine Thatsachen, (Sabato) empfangt und mundet unterhalb Teleria 
die zu einem Schlusse ex silentio berechtigten ; nach einem Laufe von 116 km. in den Volturnus. 
■die Textverwandtschaft von 8 mit dem Bembinus Liv. XXIV 14, 2. XXV 17, 2. Appian. Hannib. 
aber erklart sich sehr ungezwungen daraus, dass 36. Vib. Sequest. p. 4 Burs. Serv. Aen. VII 
C. ,eben die Ausgabe zu Grunde gelegt hat, von 563. Tab. Peut. Geogr. Ravenn. IV 33 p. 276 P. 
der der Bembinus ein Exemplar ist' (Leo Plautin. Nissen Ital. Landeskunde I 332. 
Forschungen 34, 2). Ist Leos Auffassung die 2) Siidlicher Nebenfiuss des Silarus (Sele) 



1363 Calpar Calpumianus 1364 

in Lucanien, 72 km. lang, nur bekannt aus dem Aug. pro pr. von Hispania Tarraconensis (in den 

Stationsnamen ad Oalorem im Itin. Ant. 110. Jahren 79 nnd 80, CIL II 2477. 4799. 4802. 4803. 

[Hiilsen.] 4838. 4847. 4854). Nach der Praetor war C. 

Calpar hiess nach Fest. ep. 65, 13 der an Sodalis Augustalis, nach der cura alvei Tiberis 

den Vinalia (23. April) zuerst aus dem Dolium Pontifex geworden. Wenn bei Mart. I 78 unter 

geschopfte und dem Iuppiter geopferte Wein. Festus, wie Friedl&nder ansprechend vermutet, 

Nach Varro hei Non. 15, 31 (vgl. Fest. ep. 46, 17) unser C. gemeint ist, so gehorte dieser zu den 

war C. urspriinglich ein alter Name fiir das Do- Freunden des Kaisers Domitian und endete vor 

Hum , der dann auf den aus diesem geschopften dem J. 85/86 (in welchem Martial das erste Buch 
Wein ubertragen wurde. Es liegt nahe zu ver- lOderEpigrammeedierte) durch sein eigenes Schwert, 

muten, dass das alte Wort vielmehr calpa, xaXnrj, weil er eine krankhafte Entstellung seines Gesichts 

das Schopfgefass , war und von diesem C. ahge- nicht zu ertragen vermochte. 
leitet ist. [Mau.] c) Charakter. Als hochstrebenden Mann, der 

Calpenus. Q. Calpenus, Senator, trat unter eine aufwandsvolle Jugend hinter sich hatte, 

Caesar Offentlich in Fecnterspielen auf (Suet. Caes. schildert ihn Tacitus (hist. IV 49). 
39). [Miinzer.] d) Familie. Er diirfte der leibliche und spater 

Calpetanus. 1) Als angesehener Arzt bei von C. Calpetanus Eantius Sedatus (Nr. 3) adop- 

Plin. n. h. XXIX 7 (multos praetereo medicos tierte Sohn eines P. Valerius Festus gewesen sein. 

celeberrimosque ex his Oassios Galpetanos Arrun- Mit Vitellius war er durch Verschwagerung ver- 
tios Bubrios; ducena quinquagena HS annua its 20 wandt (Tac. hist. IV 49). 
mercedes fuere apud prineipes) genannt , sonst 3) C. Calpetanus Eantius Sedatus (der Name 

unbekannt. [Wissowa.] Metronius, der ihm in der Inschrift noch beigelegt 

2) C. Calpetanus Eantius Quirinalis Valerius wird, ist, wieMommsen bemerkte, durch Ditto- 

P. f. Pomp(tina) Festus. a) Name. Den ganzen graphie entstanden), curator tabulariorum publi- 

Namen enthalten oder enthielten die Inschriften eorum (Vorsitzender des Collegiums) im J. 46 

CIL V 531 (hier auch die Vaters- und Tribus- n. Chr. (CIL VI 916 = 31201). Wahrscheinlich 

angabe). II 2477. 4799. 4802. 4803. 4838. 4847. Adoptivvater des Vorausgehenden. 
4854. in Suppl. 11194. 11195. 11196. VI 31546; 4) C. Calpetanus O. f. Statius Rufus, curator 

C. Valerius Festus CIL 12 p. 59; OvaXsQios locor(um) publieorfwm) iudicandforum) CIL VI 
$ijatog IGI 760 ; Valerius Festus Tac. hist. 30 1266 ; curator riparum et alvei Tiberis zwischen 

II 98. IV 49. Plin. epist. Ill 7, 12. 15 und 24 n. Chr. CIL VI 1237. 31544. Er 
b) Leben. Seine Carriere enthalt die von den diirfte der Vater des C. Calpetanus Eantius Se- 

Tergestinern ihm als ihrem Patron gesetzte In- datus (Nr. 3) sein. Einen seiner Freigelassenen 

schrift CIL V 531. Darnach war er: [II1I] vir nennt die Inschrift CIL VI 1815. [Groag.] 
viar. curand., t[r(ibunusj mil(itum) le]g(ionis) Calpetianus, fingierter Name bei Mart. VI 

VI. victr(icis), quaestor, se[vir equjit. Romanor., 94. [Groag.] 

trfibunusj phbfisj, prae[tor], legfatus) pro prae- Calphurnius. In den Ausgaben der Donat- 

t(ore) ex[ercit(us) Afrijeae 69/70 n. Chr. In scholienzuTerenzpflegtgemeinhinzumHeautonti- 

dieser Stellung hielt er es zuerst mit Vitellius, morumenos an Stelle des zu diesem Stiicke nicht 
spielte aber bald in dem Biirgerkriege zwischen 40 erhaltenen Donatcommentars Io. Calphurnii Bri- 

diesem und Vespasian eine zweideutige Eolle (Tac. xiensis uiri clarissimi in P. Sexti Terentii 

hist. II 98). Nach dem Siege der Flavier beflel Heautontimorumenon examinata interpretatio (so 

ihn Angst wegen seiner Verwandtschaft mit Vi- in der editio Tarvisiana von 1477) abgedruckt zu 

tellius. Er hatte haufige Unterredungen mit L. werden. Der Verfasser, wie er selbst sich nennt 

(Calpurnius) Piso, dem Proconsul von Africa, von ego qui dicor Calphurnius Planxa de Rufinoni- 

deren Inhalt man freilich keine sichere Kenntnis bus ex Bordonia agri Bergomatis, geboren 1443, 

hatte (Tac. hist. IV 49). Als ihm die Dnruhen starb als Professor zu Padua 1503 und veroffent- 

in Karthago und die Hinrichtung des von Mucian lichte seinen Commentar zum Heaut. 1476 ( Vene- 

entsandten Centurionen auf Befehl Pisos zu Ohren tiis per Antonium Moretum), um den fehlenden 
kamen, schickte er Eeiter zu Pisos Ermordung 50 Donat zu ersetzen; seine Quellen sind Donat (in 

aus, die diesen auch wirklich tCteten (Tac. hist. den Scholien zu den iibrigen Stiicken), Paulus, 

IV 50. Plin. epist. in 7, 12). Er legte hierauf Gellius, Nonius, die Vergil- und Horazscholien u. a., 
Zwistigkeiten zwischen den Oeensern und Lepti- der Commentar ist wertlos. Vgl. Fr. J. Loeffler 
tanern bei und schlug die Garamanten, welche De Calphurnio Terentii interprete, Argentorati 
von den ersteren zu Hiilfe gerufen worden waren, 1882 = Diss, philol. Argentor. VI 265ff. 

aus dem Felde (Tac. hist. IV 50 ; vgl. Plin. n. h. [Wissowa.] 

V 38). Wohl zur Belohnung fiir diese Thaten Calpurniana, Station der romischen Strasse 
wurde er bereits im Mai und Jnni des nachsten (Itin. Ant. 402, 7) zwischen Corduba und Urgavo 
Jahres (71) Consul suffectus mit dem Caesar Do- (s. d.), in der ostlichen Baetica, etwa bei Canete 
mitianus (CIG 5838 = IGI 760. CIL VI 2016 60 de las Torres (Guerra Discuiso a Saavedra 89), 
= XIV 2242 = 12 p. 59) und von Vespasian unweit Bujalance, nach Ptolemaios zu den Tur- 
donatus [hastisj puris Illlvexillis Illleofronis dulern gehorig (II 4, 9) mit abweichender Orts- 
IIII vjallari murali classica a[urea]. In seiner bestimmung, die etwa nach el Carpio fuhrt, dessen 
weiteren Laufbahn wurde C. curator riparum et Namen man ohne Wahrscheinlichkeit als aus dem 
alvei Tiberis (zwischen 1. Januar und 30. Juni 73, romischen entstanden ansieht. Die Station wird 
CDL VI 1238. 31546), leg(atus) Augfitsti) pr(o) ihren Namen von einem romischen praedium er- 
pr(aetore) von Pannonien (schon im J. 73, CIL halten haben. [Hiibner.] 

III Suppl. 11194. 11195. 11196 Carnuntum), leg. Calpumianus. 1) Calpumianus ge 



1365 Calpurnius Calpurnius 1366- 

horte zu den jungen SenatorensShnen, die den stimmter Zeit (Val. Max. VHI 4, 2; Vermutungen 

Arvalbrlidem im J. 145 n. Chr. Dienste leisteten, tlber die Zeit des hier Erzahlten s. unter C. 

Act. Arv. Ephem. epigr. VIII p. 332. [Groag.] Plavius). 

2) Calpurnianus, ducawdorrjs (= iuridicus), 15) M. Calpurnius, Quaestor 722 = 32 (fasti 
von Alexandria. Agyptische tfrkunden aus d. Venus. CIL 12 p. 66). [Miinzer.] 
konigl. Mus. zu Berlin II 38 nr. 378. Aus nach- 16) M. Calpurnius . . . ieus (kaum . . . reus),. 
traianischer Zeit. [Stein.] Consul suffectus am 10. October 96 n. Chr. mit 

3) Calpurnianus, Peind des Apuleius (apol. Ti. Catius Caesius Pronto. CIL III p. 861 dipl. 
6. 60). XVIII = X 7890; vgl. HI Suppl. p. 1967 dipl. 

4) Calpurnianus s. Antius, Aurelius, Cre- 10 XXVI. [Groag.] 
pereius, Decrius, Platorius. [Groag.] 17) P. Calp(urnius), Munzmeister in der Zeit 

Calpurnius. Die Gens Calpurnia ist plebeisch der Gracchen, daher zu alt, um mit dem einzigen 

und gelangte ert im letzten Jahrhundert der Re- Publius, der sonst wahrend der Republik in dem 

publik zu grosserer Bedeutung, namentlich in Geschlecht vorkommt (Nr. 49), identificiert zu 

dem Hause der Pisones. Erst damals wurde die werden (Mommsen Miinzwesen 522 nr. 104). 

Genealogie erfunden, welche ihren Ursprung auf [Miinzer.] 

Calpus, einen der vier SChne Numas, zurilckfuhrt 18) Sex. Calpurnius Agricola (das Praenomen 

(Plut. Numa 21, 1. Hor. ars poet. 292 mit den im Militardiplom und CIL VII 225), Consul suf- 

Schol. Pest. ep. p. 47. Paneg. ad Pis. 5. 15). Sie fectus am 27. September eines unbekannten Jahres 

setzten seitdem, zuerst Cn. Piso (Nr. 95), den Kopf 20 zwischen 145 und 161 mit Ti. Claudius Iulianus 

dieses Konigs auf ihre Munzen. 1) Calpurnius, (CIL III p. 886 dipl. XLIV). Etwa 162 n. Chr. 

der auch, nachdem er die Praetur bekleidet hatte, wurde er, als ein Krieg in Britannien auszubrechen 

den eisernen Ring nicht ablegte (Penestella bei drohte, yon Marcus und Verus dahin gesendet 

Plin. n. h. XXXIII 21), konnte, da er in die (Hist. Aug. Marc. 8,8). Als Legaten dieser Pro- 

Mitte des 7. Jhdts. der Stadt zu gehOren scheint, vinz nennen ihn die Inschriften CIL VII 225 

L. Piso Prugi Praetor 642 = 112 (Nr. 97) sein. (Coccium). 758. 773. 774 (Magnae). Noch vor 

[Miinzer.] dem J. 170 nahm er auch am Markomannenkrieg 

2) Calpurnius, Adlertrager der I. Legion, schiitzt teil (CIL III Suppl. 7505 Troesmis). 

im J. 14 n. Chr. den Consular L. Munatius Plancus 19) (Nonius) Calpurnius Asprenas s. Nonius. 

(Tac. ann. I 39). 30 20) P. Calpurnius Atilianus Atticus, Consul 

3) Calpurnius bei Mart. V 54. ordinarius im J. 135 n. Chr. mit L. Tutilius 

4) Calpurnius, an den ein Rescript des Kaisers Lupercus Pontianus (P. Calpurnius Atilianus 
Pius. Marcian. Dig. XL 1, 8. [Groag.] CIL VI 31125; .. .rnius Atilianus XIV 4235 ; 

5) Calpurnius, in einem Brief des Kaisers Atilianus VI 31143. Ill 1078 und sonst ; Attieus 
Verus an M. Cornelius Pronto noster genannt. nur beim Chronographen vom J. 354). 

Verus ad Prontonem 1 2 p. 115 Naber. [Stein.] 21) C. Calpurnius Aviola, Consul suffectus im 

6) Calpurnius, iibergab der jtingeren Faustina J. 24 n. Chr. mit P. Cornelius Scipio (CIL 1 2 
einen Brief des Kaisers Marcus. Hist. Aug. Avid, p. 71 fasti Arvalium). Proconsul von Asia im. 
Cass. 10, 9. [Groag.] J. 37/38 (Munzen von Smyrna Mionnet III 220 

7) Calpurnius, praefectus (wahrscheinlich40nr. 1228. 1229. 221 nr. 1231. 1232; Suppl. VI 
praetorio) unter Claudius Gothicus (268—270 331 nr. 1641. 1642. Waddington Pastes nr. 79;. 
n. Chr.). Acta SS. Pebr. IV 753. Vgl. Bor- vgl. Klebs Prosopogr. I 275 nr. 199). [Groag.] 
ghesi Oeuvres X 140. [Stein.] 22) Calpurnius Bassus, naturwissenschaftlicher 

8) C. Calpurnius, wurde nach dem Bericht Autor, Quellenschriftsteller des alteren Plinius, 
des Acilius und Claudius Quadrigarius (bei Liv. nat. hist. ind. 1. XVI — XIX. XXI. XXII. 
XXII 61, 6, vgl. Soltau Wochenschr. f. klass. [Stein.l 
Phil. VII 1243) bei Cannae gefangen und wegen 23) L. Calpurnius Bestia. Als Volkstribun be- 
AuslOsung seiner Genossen nach Rom geschickt. antragte er 633 = 121 die Zuriickberufung des 
Er konnte mit dem Praetor von 543 = 211 C. von C. Gracchus verbannten P. Popillius Laenas 
Piso (Nr. 61) identisch sein. [Miinzer.] 50 (Cic. Brut. 128). Zum Consulat gelangte er 643 

9) C. Calpurnius, wurde im J. 731 = 23 v. Chr. =111 (f. Cap. Lex agrar. CIL I 200 v. 95; 
an Stelle eines Verstorbenen Aedilis plebis, ob- vgl. XI 364 a. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Val. 
wohl er schon vorher Aedilis curulis gewesen war. Max. I 8, 11. Oros. V 15, 1. Obsequ. 39. Cassiod.) 
Dio LIII 33, 3. und erhielt Numidien zur Provinz. Er schloss 

10) C. Calpufrnius ], Consul suffectus am ein Biindnis mit Leptis (Sail. lug. 77, 2f.) und 

22. Januar und 1. Pebruar 87 n. Chr. mit L. fing an, den Krieg gegen Iugurtha mit Nach- 

Volusius Saturninus (CIL VI 2065 Acta Arvalium). druck zu fiihren, aber gar bald liess er sich von 

Vielleicht, wie Stevenson vermutet (Bull. d. Inst. dem Konige bestechen und gewahrte ihm einen 

1885, 24), C. Calpurnius Crassus Prugi Licinianus ungemein giinstigen Prieden (Sail. lug. 27, 4 — 29, 

(Nr. 32). [Groag.] 60 7. Liv. ep. LXI. Flor. I 36, 7. Eutrop. IV 26, If. 

11) On. CalpCurniusJ, Munzmeister im 6. Jhdt. Oros. V 15, 4, ungenau Plut. Mar. 9, 3 nach Sail. 
der Stadt (Mommsen Miinzwesen 499 nr. 38). 85,16), worauf er zu den Wahlen nach Rom reiste 

[Miinzer.] (Sail. 29, 7. 32, 2). Die allgemeine Erbitterung 

12) Iulius Calpurnius, s. Iulius. [Stein.] iiber die schmachvolle Kriegfiihrung forderte seine 

13) L. Calpurnius, erschien 556 = 198 als Bestrafung; er wurde auf Antrag des Tribunen 
romischer Gesandter bei dem Bundestage der C. Mamilius Limetanus zur Verantwortung ge- 
Achaeer (Liv. XXn 19, 11). zogen und verurteilt, obwohl sein mitschuldiger 

14) L. Calpurnius, Triumvir capitalis in unbe- Legat M. Scaurus zu den Richtern gehorte und 



1367 Calpurnius Calpurnius 1368 

ihm beistand (Sail. 40, 5. Cic. de orat. II 283; schen Antonius und Octavian zu vermitteln ge- 

Brut. 128). Wahrscheinlich ist er der Bestia, der habt und war z. B. 719 = 35 in solcher diplo- 

664 = 90 freiwillig ins Exil ging, als das neue matischer Sendung in Rom (Appian. IV 38. V 132. 

Hochverratsgesetz des Q. Varius alle die bedrohte, Hor. sat. I 10, 86). Vermahlt war er wahrschein- 

welche mit den Bundesgenossen in Verbindung lich mit einer Domitia (CIL VI 5876. 9523. 16988. 

standen (Appian. b. c. I 37). Nach dem Urteil Borghesi Oeuvres II 56. 93ff.). [Mtlnzer.] 

Sallusts und auch Ciceros war er ein tiichtiger Von schriftstellerischer Thatigkeit des Bibu- 

Mann, in dem jedoch Habsucht alle guten Eigen- lus, der als gelehrter Freund des Horaz von diesem 

schaften iiberwog. Eine karthagische Inschrift sat. 1 10, 86 genannt wird, wissen wir nur durch. 

der Kaiserzeit scheint ihn als Mitglied eines 10 Plutarch Brut. 13 xai zi (SijiXidiov jxlxqov ditofivt]- 

Triumviralcollegiums zu nennen (CIL VIII Suppl. fiovev/tdTcov Bqovtov ysyQa/j-fisvov for avrov (d. 

12535). h. Bibulus) diaocbCsrcu. Aus dieser Schrift ist 

24) L. Calpurnius Bestia war im J. 691 = 63 Plutarcb Brut. 23 {xavta (ikv 6 ttjg IIoQxlag vlog 
Teilnehmer an der catilinarischen VerschwSrung laxo^xt BvjiXog) entnommen, wo eine Ausserung 
und designierter Volkstribun (Sail. Cat. 17, 3). des Brutus liber Poroia berichtet wird. Das Buch, 
Nach dem Plane der Verschworenen sollte er das nur geringen Umfang gehabt haben kann, 
"bald nach seinem Amtsantritt offentlich Anklage scheint demnach etwa Apophthegmata des Brutus 
gegen den Consul Cicero erheben und damit das enthalten zu haben. tfbrigens beweist die unbe- 
Zeichen fiir den Ausbruch der Revolution geben stimmte Art, wie Plutarch den Bibulus citiert, 
{a. O. 43, 1, ungenauer Appian. b. c. II 3). Da 20 dass er dessen Schrift keinesfalls selbst vor sich ge- 
sie im Keime erstickt wurde, konnte C, der straf- habt, sondern beide Stellen aus einer Mittelquelle 
los blieb und sein Amt iibernahm, nur gegen den tibernommen hat. Es muss deshalb auch als aus- 
abdankenden Consul seine heftigen Angriffe richten geschlossen erscheinen , noch weitere Stellen aus 
(Cic. Sest. 11 u. Schol. Bob. z. d. St. p. 294. Sull. Plutarchs Biographie des Brutus auf Bibulus zu- 
31 u. Schol. Bob. z. d. St. p. 366. Plut. Cic. 23, 1). riickzufiihren, wie es Peter Die Quellen Plutarchs 
Calpurnius Bestia, gegen den M. Caecilius die An- 140 thun will. [Cichorius.] 
klage erhob, mehrere seiner Frauen vergiftet zu 28) M. Calpurnius Bibulus, Sohn eines Gaius 
haben (Plin. n. h. XXVII 4), kann mit diesem (CIG II 1880), wird bisweilen irrig Lucius ge- 
oder mit dem Folgenden identisch sein. nannt. Seine politische Laufbahn ging parallel 

25) L. Calpurnius Bestia, ohne Zweifel ver- 30 derjenigen des C. Iulius Caesar. Gegeniiber diesem 
schieden von dem Vorhergehenden, war Aedil (Cic. Amtsgenossen sah er sich schon wahrend der Aedi- 
Phil. XIII 26) und ein Freund des M. Caelius litat 689 = 65 so in den Hintergrund gedrangt, 
Eufus (Cic. Cael. 26) , des Cicero und des P. dass er selbst dariiber spottete (Dio XXXVII 8, 2. 
Sestius, den er vor einem Angriff des Clodius in Suet. Caes. 10), und die Spannung zwischen beiden 
Sicherheit gebracht hatte. 698 = 56 wurde er wurde noch grosser wahrend der Praetur 692 
de ambitu, wahrscheinlich bei der Bewerbung um = 62 , in welcher Bibulus die beabsichtigte Er- 
die Praetur begangen , angeklagt und trotz der hebung von Anhangern Catilinas im Gebiet der 
Verteidigung durch Cicero (ad Q. fr. II 3, 6; Cael. Paeligner unterdriickte (Oros. VI 6, 7). Im fol- 
26) verurteilt. Er kam nicht iiber die Aedilitat genden Jahre suchte er eine VersOhnung mit 
hinaus. 701 = 43 schloss er sich an M. Antonius 40 Caesar, um das Consulat zu erlangen (Cic. ad 
an und gedachte sich um das Consulat zu bewer- Att. I 17, 1), und wurde mit ihm fiir 695 = 59 
ben (Cic. Phil. XI 11; vgl. XII 20. XIII 2. 26). gewahlt (CIL I 729. 602 = V 4087. Chronogr. 

[Miinzer.] Idat. Chron. Pasch. Eutrop. VI 17, 1. Oros. VI 

26) C. (Calpurnius) Bibulus, Aedil im J. 22 7, 1. Cassiod. Suet. Caes. 19. Schol. Bob. p. 304. 
n. Chr., fuhrte als solcher Klage iiber den iiber- Gell. IV 10, 5. Plut. Caes. 14, 1. Dio XXXVIII 
landnehmenden Aufwand, Tac. ann. Ill 52. ind.). Aus Besorgnis vor Caesar war den Con- 

[Groag.] suln ein ganz untergeordneter Geschaftskreis zu- 

27) L. Calpurnius Bibulus, dritter Sohn des gewiesen worden (Suet.), aber jener kummerte 
M. Bibulus (Nr. 28) und der Porcia. Der Vater sich darum nicht. Naturgemass trat sein Amts- 
suchte ihm nach dem Tode seiner Briider 704 = 50 genosse an die Spitze der Gegner und bekampfte 
50 das Augurat zu verschaffen (Cic. ad fam. II seine Ackergesetzgebung auf das heftigste (Suet. 
17, 6), der Stiefvater M. Brutus 710 = 44 ebenso 20. Liv. ep. CIH. Dio XXXVIII 4, 3. 6, 1—6. 
«rfolglos das Pontificat (Cic. ad Brut, 1 7, 1. 14, 1). Appian. b. c. II 10—22. Plut. Pomp. 47, 3. 48, 1 ; 
C. ging 709 = 45 zum Studium nach Athen (Cic. Cat. min. 31, 3. 32, 1). Nachdem jedoch sein 
ad Att. XII 32, 2) und schloss sich spater, wah- Widerstand in dieser Frage sich als ohnmachtig 
rend ihn die Triumvirn in Rom vielleicht auf die erwiesen hatte, zog er sich von alien Amtsgeschaf- 
Proscriptionslisten setzten (Appian. b. c. IV 38), ten zuriick, so dass Caesar eigentlich allein regierte 
ebenso wie die anderen ihm befreundeten jungen (Suet. Veil. II 44, 5. Cic. Vat. 22. Dio. Appian. 
Leute in Athen an Brutus an; er fuhrte auf dem Plut. Caes. 14, 4; Pomp. 48, 4), suchte ihn nur 
Marsch nach Philippi dessen Vorhut (Appian. IV 60 zu hemmen durch die Erklarung , er werde an 
104). Nach der Niederlage ergab er sich 712 = 42 alien Comitialtagen den Himmel beobachten (Cic. 
dem Antonius und trat in dessen Dienste (a. O. har. resp. 48 ; de domo 39f. Schol. Bob. p. 263. 
38. 136). Er wurde unter ihm Praefectus classis, 317. Dio XXXVIEL 13, 5), und durch Edicte, denen 
dann 720 = 34 zum Praetor designiert und Statt- Cicero archilochische Scharfe nachruhmt (ad Att. II 
halter von Syrien, wo er um das J. 722 = 32 20, 6. 21, 4; Proben daraus bei Suet. Caes. 9. 49). 
starb (Appian. b. c. IV 38; Syr. 51. Babelon Dafiir wurde er von der Gegenpartei mit beissen- 
Monnaies de la rep. romaine 1304. Cohen Me"- dem Spott und Hohn uberschiittet (Cic. ad Att. 
dailies impenales I 48). Mehrfach hatte er zwi- II 19, 2. Suet. 20. Dio XXXVIII 8, 2), von Ser- 



1369 Calpurnius Calpurnius 1370 

vilius Caepio (Suet. 21), noch mehr von Vatinius von Seldnern des Gabinius niedergehauen (Caes.. 

angegriffen (Cic. Vat. 21ff. 24. Schol. Bob. z. d. b. c. Ill 110, 6). Nahere (Jmstande sind nicht 

St. p. 318. Dio XXXVIII 6, 6) und von dem ilberliefert , sondern nur, dass der Vater seinen 

Volkstribun P. Clodius , dessen Adoption er sich Schmerz bezwang und die private Rache an den 

umsonst widersetzt hatte, gehindert, die (ibliche Mordern verschmahte (Val. Max., ungenauer aus 

Rede bei der Niederlegung des Amtes zu halten dem Gedachtnis Sen.; vgl. Cic. ad Att. VI 5, 3). 

(Dio XXXVIII 12, 3). Man hatte auch gesucht, [Mfinzer.] 

ihn in die angebliche Verschworung gegen Pom- 29) M. Calpurnius Caelianus, v(ir) efyregius), 

peius zu verwickeln, wahrend er diesen gerade procurator) \sxAprae[f(eetus)] afcxprae[ses]Sar- 
gewarnt hatte (Cic. ad Att. II 24, 2. Appian. II 10 diniae unter den Kaisern M. Aemilius Aemilianus. 

12. Dio XXXVIII 9, 3). In der folgenden Periode sowieValerianusundGallienusim J. 253/54 n.Chr.,. 

spielte Bibulus im Senat eine gewisse Rolle; im CIL X 8011. 8012. 8033; vgl. p. 1020. Ephem. 

J. 697 = 57 beantragte er, die Entscheidung fiber epigr. VIII 751. 774. 781 a. 782. Hingegen ist 

Ciceros Hausbau den Pontifices zu fiberweisen (Cic. CIL X 8000 kaum auf ihn zu beziehen, da trib. 

de domo 69), im J. 698 = 56, den Ptolemaios pot. V cos. II weder auf Aemilianus noch auf 

Auletes nicht durch bewafmete Intervention, son- Valerianus passt, denn Aemilianus hat fiberhaupt 

dem durch Gesandte nach Agypten zurflckzu- nur wenige Monate regiert, und Valerianus 3. Con- 

ftthren (Cic. ad fam. 1 1, 3. 2, If.). Als derBruch sulat fallt schon mit der trib. pot. Iff zusammen. 

zwischen Caesar und Pompeius nahe war, neigte [Stein.] 

er dem letzteren zu; er stimmte, im Senat als 20 30) Calpurnius Celerianus, an den Hadrian 

erster befragt, fur die tlbertragung des alleinigen ein Rescript richtete, Ulp. Dig. XLVHI 18, 1, 22. 

Consulats an ihn (Plut. Pomp. 54, 4; Cat. min. [Groag.] 

47, 2. Dio XL 50, 4. Ascon. Mil. p. 31) und be- 31) Calpurnius Crassus, Legat ,des Regulus in 

kampfte den Anspruch Caesars auf dieses Amt Africa, also 498 = 256, und Held einer romanti- 

(Eutrop. VI 19, 2). 703 = 51 ging er als Statt- schen Liebesgeschichte (Plut. Par. min. 23 nach 

halter nach Syrien (Liv. ep. CVIII. Val. Max. IV einem unbekannten Autor Hesianax). Die Notiz 

1, 15. Dio XL 30, 1. Appian. Syr. 51; b. c. V 10). verdient schwerlich Vertrauen. [Mfinzer.] 

Cicero als Proconsul in Kilikien war sein Nach- 32) C. Calpurnius Crassus Prugi Licinianus 

bar und erwahnt ihn daher oft in seinen Briefen wird auf einer stadtromischen Inschrift, die wohl 

aus dieser Zeit; seiner inneren Verwaltung zollt 30 seine Grabschrift war, aber absichtlich getilgt ist 

er Anerkemrang (ad Att. VII, 13. 15), aussert sich (CIL VI Suppl. 31724), genannt. Er ist allem 

aber geringschatzig fiber seine Massnahmen gegen Anschein nach identisch mit dem unter Nerva, 

die Parther, obwohl ihm daffir ein Dankfest be- Traian und Hadrian erwahnten Calpurnius Crassus 

willigt wurde(adAtt. VI 5, 3. 8, 5. Vn 2, 6; fam. Prugi {Calpurnius Crassus Dio LXVIII 3, 1. 

II 17, 2ff. VIH 6, 4. XH 19, 2. XVI, 1; vgl. Epit. de Caes. 12, 7. Zonar. XI 20 ; Frugi Crassus 

Caes. b. c. Ill 31, 3. Plut. Ant. 5, 2). Im Marz Hist. Aug. Hadr. 5, 5). Nachkomme der (Licinii) 

705 = 49 kehrte Bibulus nach Italien zurfick, be- Crassi (Dio LXVIII 3, 2), genauer gesagt, des 

gab sich bald darauf zu Pompeius (Cic. ad Att. M. Licinius Crassus Frugi, cos. 27. Consul (suf- 

IX 9, 2) und erhielt den Oberbefehl fiber dessen fectus in unbekanntem Jahre, vielleicht 87, s. o. 
gesamte Plotte (Caes. b. c. Ill 5, 4. Dio XLI 40 C. Calpufrnius] Nr. 10), Pontifex, Gemahl der Age- 

44, 3. Appian. b. c. II 49. Plut. Cat. min. 54, 2). dia Quintina (Inschrift). Unter Nerva zettelte er 

Zum Hauptquartier wahlte er Corcyra , wo ihn eine Verschworung gegen den Kaiser an und suchte 

eine Inschrift als Patron der Stadt ruhmt (CIG die Soldaten durch masslose Verheissungen zu 

II 1880). Infolge seiner Nachlassigkeit gelang gewinnen. Sein Plan wurdejedochverraten,worauf 
es Caesar, nach Epirus fiberzusetzen (Caes. b. c. sich Nerva grossmfitig damit begnfigte , ihn mit 

III 7, Iff. Oros. VI 15, 11), aber er machte diesen seiner Prau nach Tarent zu verweisen (Dio LXVIII 
grossen Fehler wieder gut , indem er dreissig 3, 2. Zonar. XI 20. Epit. de Caes. 12, 7). Auch 
Schiffe, dieVerstarkungen aus Italien holenwollten, gegen Traian verschwor sich Crassus; vor den 
verbrannte (Caes. Ill 8, 3. Dio) und durch zweck- Senat gebracht , wurde er bestraft (Dio LXVIH 
massige Verteilung seiner Plotte und angestreng- 50 16, 2) und zwar mit der Verweisung auf eine 
ten Wachtdienst den Peind ganzlich von der Heimat Insel (dies ist aus Hist. Aug. Hadr. 5, 6 zu 
abschnitt (Caes. Ill 15, Iff.). Infolge der grossen schliessen). In den ersten Tagen von Hadrians 
Strapazen erkrankte er und starb noch vor den Regierung forderte Caelius Attianus diesen auf, 
Kampfen bei Dyrrhachion (Caes. in 18, 1. Dio Crassus zu tsten, ohne dass jedoch Hadrian darauf 
XLI 48, 1); nach Oros. VI 15, 10 hat er den Tod einging (Hist. Aug. Hadr. 5, 5). Spater tetete 
gesucht. Als Redner schildert ihn Cic. Brut. 267 ; ein Procurator den Crassus, als er die Insel, neue 
fiber seinen Charakter urteilen die Gegner wenig Umwalzungen im Sinne ffihrend , verliess (Hist, 
gunstig (Ps.-Sall. ad Caes. 9, 1); namentlich wirft Aug. Hadr. 5, 6). 

Caesar (b. c. Ill 14, 3. 16, 3) ihm Jahzorn und 33) Ser. Calpurnius Domitius Dexter, Consul 

Grausamkeit vor. Andere Berichte zeigen ihn 60 des J. 225 n. Chr. Seine Laufbahn enthalt die 

dagegen in einem weit besseren Lichte (Cic. Phil. nach seinem Tode von seiner Tochter gesetzte In- 

II 23. XHI 29. Invect. in Sail. 12. Sen. cons, ad schrift CIL VI 1368 = XIV 3993. Er war dar- 

Marc. 14, 2. Val. Max. IV 1, 15). Bibulus war nach triumvir monetalis, [q]ua [est] or eandidatus, 

vermahlt mit Porcia, der Tochter Catos und spa- praetforj tutelfaris) — also Patrizier, vgl. Momm- 

teren Gemahlin des M. Brutus, die ihm drei Sonne sen St.-R. IS 555 — eur(ator) via[e] Ae[m(i- 

gebar (Plut. Cat. min. 25, 2; Brut. 13, 2; vgl. liaej] et alimentorum, c[ur. rei pfublieaej] Min- 

Mommsen Herm. XV 99). Von diesen wurden turnensium — hier ist in der Inschrift einiges 

zwei wahrend seiner syrischen Statthalterschaft zerstOrt — item Calenorum, [legfatusj] pro- 



1371 Calpurnius Calpurnius 1372 

.vfinciae) Asiae. Consul ordinarius im J. 225 mit bingen 1881, 268f. Anm.). Die Themen erinnern 

Ti. Manilius Fuscus II (CIL VI 1984. 2107. 3001. vielfach an die aus Seneca und Quintilian be- 

VIII Suppl. 15497. 18830 u. s. w.). XVvir sae(ris) kannten (beispielsweise 39 an Sen. Exc. VI 6. 

fac(iundis), Promagister des Collegiums im J. 213 Quint. 354); bevorzugt sind Themen, die sich mit 

{CIL X 6422). Vater der Calpurnia Eufria Aemilia der Entfuhrung von Madchen und Verstossung 

Domitia Severa (Nr. 136), CIL VI 1369. Welche von Kindern, mit Belohnungen ffir viri fortes und 

verwandtschaftlichen Beziehungen ihn mit C. Do- Strafen fur desertores und mit dem scharfen 

mitius Dexter Cos. II 196 und mit Calpurnius Gegensatze zwischen divites und pauperes be- 

Maximus (Nr. 55, s. d.) verbanden, ist nicht ganz fassen; Prostitution in jeder Form, Schandung, 
liar. [Groag.] lOEhebruch, schmahliche Behandlung und unge- 

34) L. (?) Calpurnius L. f. Ouf(entina) Faba- rechte Misshandlung von Kindern, Frauen, Vatern, 
tus, romischer Bitter, Grossvater der dritten Frau Blendung , Giftmischerei, Totschlag, Selbstmord, 
des jtingern Plinius, dessen Landsmann er war Streben nach der Tyrannis und Tyrannenmord, 
(Plin. ep. V 11, 2). Seine Laufbahn ersehen wir Anmassung des Biirgerrechtes und laesa respu- 
aus der Inschrift CIL V 5267: VIvir , Ullvir bliea erschOpfen so ziemlich den Kreis der von 
i(ure) dfieundo), praef(ectus) fabr(um), trib(u- C. behandelten Themen. Die Darstellung ist reich 
nus) iterum legfionis) XXI rapae(is) , [prjae- an Sentenzen, Exclamationen, Fragen und Figuren 
f(eetus) cohortis VII Lusitan(orum) [et] natio- aller Art, die Sprache weist in Ausdruck und 
n(um) Oaetuliearum sex quae sunt in Numidia. Satzbau friihestens auf das 1. nachchristliche Jhdt., 
Unter Nero wurde er dann als angeblicher Mit- 20 wobei vorausgesetzt wird, dass die Excerpte sich 
wisser des wegen Incests angeklagten (L. Iunius) ahnlich wie die aus Seneca eng an das Original 
Silanus (Torquatus) im J. 65 n. Chr. mitangeklagt, angeschlossenhaben. Gewohnlich setzt man unsern 
entging jedoch der Verurteilung (Tac. ann. XVI 8). C. in die Zeit der Kaiser Hadrian und Antoninus 
Hierauf zog er sich in seine Vaterstadt Comum Pius (vgl. Ausg. von Burmann 793. Wester- 
zurilck, wo er das Priesteramt eines flamen divi mann Gesch. d. Bereds. II 266), nach Borghesi 
AugCusti) bekleidete und Patron des Municipiums dagegen Mem. dell' Inst. I 48—51 = Oeuvr. Ill 
wurde (CIL V 5267). Plinius erwahnt ihn sehr 385—388 ist er eine Person mit dem einer spani- 
baufig in seinen Briefen, an ihn gerichtet (Fabato schen Familie entstammenden Consul des J. 96 
prosocero suo) sind IV 1. V 11. VI 12. 30. VII 11. Nr. 16 und dem Freunde des jiingeren Plinius (ep. 
16. 23. 32. VIII 10. Er besass ausser einigen 30 V 2) Calpurnius Flaccus Nr. 36 und vielleicht ein 
Landgutern (V 30, 2. VIII 20, 3) auch ein nicht Schfiler Quintilians. Fur die Zeit, wann die Excerpte 
unbedeutendes VermOgen, das er zum Teil gemein- gemacht worden sind, lasst sich nur der terminus 
niitzigen Zwecken zuwendete. Seinen Sohn, den ante quern angeben, d. i. das 10. Jhdt., aus dem 
Vater von Plinius Gemahlin, der im J. 105 schon die alteste Hs., die uns die ersten Excerpte fiber- 
tot war (IV 19, 1; vgl. VIII 11, 3), iiberlebte er liefert, der Cod. Montepessulanus 126 stammt; 
und starb hochbetagt (VII 23, 1. VIII 10, 2) im ausserdem sind uns alle 51 Excerpte durch zwei 
J. 112 (Plin. ad Trai. 120, 2). Seine Tochter ist engverwandte Hss. aus dem 15. Jhdt.bekannt, einen 
die Calpurnia Hispulla Nr. 132. Vgl. fiber ihn Cod. Monacensis und einen Chigianus; verschollen 
Mommsen Index zu Keils Plinius s. v. ist ein von Campanus (f 1477) eingesehener Codex 

[Stein.] 40vetustus (fiber den Bitter Ausg. v. Quint, decl. 

35) Calpurnius Flaccus, Zeitgenosse des (Ma- XII— XVIII). Frfihzeitig wurden zu Schulzwecken 
surius) Sabinus, Pomp. Dig. XL 5, 34, 2. umfangliche Sammlungen von Declamationen und 

36) Calpurnius Flaccus, an den der jtingere Excerpten aus solchen angelegt; Reste solcher 
Plinius epist. V 2 richtete. Sammlungen liegen uns auch in den genannten Hss. 

37) [C. Calpurnius] Flaccus erganzt Bor- vor. Im Montepessulanus folgen unsere Excerpte 
ghesi (Oeuvres ni 386) in der Inschrift CIG auf Quintilians Declamationen und die Excerpte 
2638. Seine Erganzung ist vollig unsicher, s. aus Seneca unter der tfberschrift Incipit ex Cal- 
unter Flaccus. purnio Flaceo excerptae • exeerpta'X- rethoru 

38) Calpurnius Flaccus, an den ein Rescript minorum • uxor tyrannicida (so nach Bursian 
Hadrians, Paul. Dig. XXXVII 9, 8. 50Ritter Ausg. v. Quint, decl. VI; excerptae, fehlt 

39) Calpurnius Flaccus, an den ein Rescript in Schenkls Beschreibung der Hs. bei Miiller 
der Kaiser Severus und Antoninus, Ulp. Dig. IV Sen.-Ausg. XXV, excerpta bei Ritter Die quintil. 
4,22. [Groag.] Declam. 269f. Anm.); im Monacensis und Chigianus 

40) Calpurnius Flaccus, Rhetor der Kaiserzeit, folgen sie unter wOrtlich fibereinstimmender Uber- 
aus dessen Schulreden ahnlich wie aus denen des schrift (nur ineipiunt statt incipit, Ritter Ausg. 
Rhetors Seneca Ausziige gemacht worden sind. IX. XI) unmittelbar auf Quintilians Declamationen. 
Die auf uns gekommene, aus 51 Stucken be- Daran, dass wir es mit Excerpten eines Unbe- 
stehende Sammlung enthalt ErOrterungen fur und kannten aus C. und nicht mit Excerpten des C. 
wider in moglichst verwickelten, zum Zwecke der aus 10 rhetores minores zu thun haben, ist nicht 
Obung erdichteten Rechtsfallen. Besonders die60zu zweifeln, da immer nur die Auffassung eines 
altera pars ist recht durftig und fehlt von der Rhetors gegeben wird. Fraglich konnte sein, ob 
10. Declamation ab ganz. Um sich von der Dfirf- wir die tfberschrift mit Hertz dahin zu deuten 
tigkeit der Excerpte eine Vorstellung zu machen, haben, dass ausser den Excerpten aus C. noch 
vergleiche man z. B. die Declamation fiber den solche von 9 weiteren Rhetoren (nach dem Codex 
miles Marianus bei Calp. 3 mit der bei Ps.- des Campanus Antonius Iulianus) in der Samm- 
Quint. 3, in der man jedoch schwerlich das Ori- lung ursprunglich enthalten waren (dann hatte 
ginal fur das C- Excerpt wird suchen durfen sich der Specialtitel ex C. F. excerptae vor den 
<(Ritter Die quintil. Declam. , Freiburg u. Tu- allgemeinen Titel excerpta X rhetorum minorum 



1373 Calpurnius Calpurnius 1374 

verirrt) oder mit Eitter Die quintil. Declam. 270 dessen Bitten ihm der Kaiser zwei Procuraturen 

Anm. dahin, dass des C. Werk wie das mit aim- verliehen hatte, Fronto ad Antonin. Pium 9 p. 170 

licher Kiirze in demselben Montepessulanus citierte Naber. [Stein.] 

Werk des Seneca (Hie iam ineipit Seneca decern 49) P. Calpurnius Lanarius erschlug 673 = 81 

retorii feliciter, Kies sling Ausg. 140. Muller den Iulius Salinator, der im Auftrag des Sertorius 

Ausg. 1. XXV) aus 10 Biichern bestanden babe die Pyrenaeenpasse besetzt hielt (Plut. Sert. 7, 3; 

(also Excerpte aus C. P. und zwar aus dessen vgl. Sail. hist. I 95 Maurenbr.), und hatte einen 

10 Biichern rhet. min.); wahrscheinlicher ist die Process mit T. Claudius Centumalus, den M. Cato 

erste Ansicht. Herausgegeben wurden die Ex- zu seinen Gunsten entschied (Cic. off. Ill 66, dar- 
cerpte zusammen mit den quintilianeischen De- 10 aus Val. Max. VIII 2, 1) , vgl. Nr. 17. 

damationen zuerst von Pithou, Paris 1580; es [Miinzer.] 

folgten die Ausgaben vonGronov, Leiden 1665. 50) Calpurnius Longinus, Advocatus flsci im 

Cbrecht, Strassburg 1698, 761 — 806 und Bur- J. 166 n. Chr. (Pudente ct Pollione consulibus), 

mann, Leiden 1720, 791— 838. Cber den Wert Dig. XXXVIII 4, 3. [Stein.] 

der Ausgaben vgl. Bitter XXII — XXV; eineneue 51) Ti. CI. Flavianus Titianus Q. Vilius Pro- 

kritische Ausgabe erscheint dringend netig. tfber c(u)lus L. Marcius Celer M. Calpurnius Longus 

C. iiberhaupt Teuffel-Schwabe B0m. Litt. 5 s. Claudius. 

886. 804. Schanz Bom. Litt. II 443. 52) C. Vaternius Calpurnius Lucretianus s. 

[Brzoska.] Vaternius. 

41) C. Calpurnius Flaccus , Consul suffectus 20 53) P. Calpurnius Macer Caulius Bufus, Legat 
am 15. December eines unbekannten Jahres mit von Moesia inferior im J. 112 (CIL III 777 Troes- 
L. Trebius Germanus (CIL VI 10241); vgl.Klebs mis; Suppl. p. 1974 dipl. XXXVffl) zur selben 
Prosopogr. I 277 nr. 214. [Groag.] Zeit, wahrend der jungere Plinius die Statthalter- 

42) M. Calpurnius Flamma (Vorname M. bei schaft von Pontus und Bithynien bekleidete (Plin. 
Liv. und Plin., nirgends L., wie o. Bd. II S. 2080 ad Tr. 42. 61. 62. 77). Plinius richtete an ihn 
gesagt wird), als der romische Leonidas in den den Brief V 18, in welchem er sein Glflck preist 
Annalen gefeiert , die nach dem Muster seiner und seiner Gattin sowie seines Sohnes Erwahnung 
Thaten eine Erzahlung fiber den alteren P. Decius thut. Vielleicht ist auch Plin. epist. VI 24 (Macro) 
Mus ausgestalteten. C. war Rriegstribun im ersten an C. adressiert. Entweder C. selbst oder sein 
punischen Kriege und befreite durch seine und 30 Sohn , der dann Calpurnius Macer Bufianus ge- 
seiner dreihundert Gefahrten heldenmiitige Auf- heissen hatte, ist auf der Inschrift Arch.-epigr. 
opferung das consularische Heer, welches 496 = Mitt. XVII 89 nr. 15 (Tomi) genannt. 

258 bei Camarina in einen Hinterhalt geraten [Groag.] 

war; er allein von der ganzen Schar soil sich, 54) Calpurnius Maximus, Procurator aquarum 

obwohl schwer verwundet , gerettet haben (Liv. im J. 177 , Notizie degli Scavi 1895, 346 ; vgl. 

ep. XVII. XXII 60, 11. Flor. I 18, 13. Ampel. Hirschfelds Bemerkung Verw.-G. I 168. 

20, 5. Oros. IV 8, 2. Plin. n. h. XXII 11. Auct. [Stein.] 

de vir. ill. 39, 3. Zonar. VIII 12). Nach Front. 55) Calpurnius Maximus, Senator, in den Acta 

I 5, 15. IV 5, 10 stimmten die meisten Autoren lud. saec. vom J. 204 n. Chr. genannt (Ephem. 

liber den Namen des Helden iiberein; doch einige 40 epigr. VIII p. 280, dazu Mommsenp. 296). Die 

(z. B. Cato bei Gell. Ill 7, 18) nannten ihn Q. in denselben Acta (p. 287f.) erwahnte Rufria 

Caedicius, andere (Claudius Quadrigarius bei Gell.) [Cal]purn[i] . ... mi war vielleicht seine 

Laberius. [Miinzer.] Gemahlin. Ist diese Vermutung begrundet, so 

43) Calpurnius Front [must] , dessen Ge- dtirfte er zu Ser. Calpurnius Domitius Dexter 
mahlin in den Acta lud. saec. vom J. 204 n. Chr. (Nr. 33), dessen Tochter Calpurnia Bufria Aemilia 
genannt war (Ephem. epigr. VIII p. 288). Ver- Domitia Severa hiess , in verwandtschaftlichem 
mutlich Verwandter des Folgenden. Verhaltnis gestanden haben. [Groag.] 

44) C. Arrius Calpurnius Frontinus Honoratus 56) Q. Calpurnius C. f. Quir(ina) Modestus, 
s. o. Arrius Nr. 17. procurator) Lucaniae, proc. Ostiae ad anno- 

45) C. (Calpurnius) Frugi erscheint als Patron hOnfam), proc. Alpium, CIL XIV 161 = Dessau 
«ines Freigelassenen CIL V 495 (Capodistria). 1427. [Stein.] 
Naher Verwandter des C. Calpurnius Crassus Frugi 57 ff.) Calpurnius Piso. Der Beiname wird 
Licinianus (Nr. 32) und des C. Calpurnius Piso abgeleitet von pisere, pinsere (Plin. n. h. XVIII 
Crassus Frugi Licinianus (Nr. 91) oder vielleicht 10. Paneg. ad Pis. 16f.). Als Vornamen finden 
identisch mit einem von diesen. sich in republicanischer Zeit O. On. L., einmal Q. 

46) Calpurnius Galerianus, Sohn des C. Piso [Miinzer.] 
(Nr. 65), Consobrinus und Schwiegersohn des L. In der Kaiserzeit gehSrten die Pisonen zur 
Piso cos. 57 (Nr. 79), fand, Ende des J. 69 n. hochsten Aristokratie. Ihre Vornehmheit setzte sie 
Chr. auf Befehl des Licinius Mucianus , der ihn der Aufmerksamkeit der Menge , aber auch dem 
als eventuellen Thronpraetendenten furchtete. ge- 60 Misstrauen der Kaiser aus. Das letztere war der 
totet, ein friihes Ende, Tac. hist. IV 11. 49. Grund, dass nicht wenige von ihnen eines unnattir- 

47) Calpurnius Iulianus, legfatus) leg(ionis) V. lichen Todes starben, des Strebens nach der Herr- 
Macfedonicae), leg(atus) Augfusti) prfq) pr(ae- schaft entweder schuldig oder nur angeklagt. Das 
tore) [provCineiaej] Moes[i]ae [superiorijs, CIL Geschlecht bliihte noch gegen Ende des 2. Jhdts. 
Ill 1566 (adMediam); vgl. Domaszewski Arch.- n. Chr., wenn wir der Hist. Aug. Trig. tyr. 21, 1. 
epigr. Mitt. XILL 144, 81. [Groag.] 32, 5 trauen diirfen, sogar noch urn die Mitte 

48) Sex. Calpurnius Iulianus, rOmischer Bitter, des 3. Jhdts. Im allgemeinen s. die folgende 
Freund des Eedners M. Cornelius Fronto, auf Stammtafel: 



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57) (Calpurnius) Piso. Nach einigen Angaben 
war der Mann, welcher 684 = 70 den C. Verres 
wegen Brpressungen, die er in Achaia veriibt hatte, 
anklagen wollte, ein Piso (Schol. Gronov. p. 388). 

[Miinzer.] 

58) (Calpurnius) Piso, wurde von Augustus 
belobt, weil er so sorgfaltig baute, ,als ob Eom 
ewig stehen werde', Plut. apophth. reg. p. 208 A. 
Man kOnnte an Cn. Piso (Nr. 70) denken (vgl. 

lOTac. ann. Ill 9). [Groag.] 

59) Calpurnius Piso recitierte 105 oder 106 
n. Chr. xaraaTSQiafioi (Plin. ep. V 17). Das Ge- 
dicht war in elegischen Distichen geschrieben> 
Plinius lobt den Fluss der Verse und ihre Er- 
habenheit. Der Dichter ist nach Mommsen viel- 
leicht mit dem Consul des J. Ill (Nr. 66) identisch. 

[Skutsch.] 

60) [C]alpurnius [Pi]so, Sohn des (Ser. Cal- 
purnius) Scipio Orlitus (Nr. 116), CIA III 620. 

20 [Groag.] 

61) C. Calpurnius Piso, yielleicht identisch 
mit Nr. 8, Praetor urbanus 543 = 211 (Liv. XXV 
41, 12, nur hier das Cognomen), wurde beim Heran- 
ziehen Hannibals gegen Eom zum Commandanten 
des Capitols und der Burg ernannt (Liv. XXVI 
10, 2 ; vgl. 15, 8. 21, 1) und beantragte Erneue- 
rung der im vorhergehenden Jahre eingerichteten 
Ludi Apollinares (a. 0. 23, 3. Pest. p. 326: M. Cal- 
purnius Piso), weshalb die Pisones Prugi den 

30 Apollokopf auf ihre Milnzen setzen. Als Proprae- 
tor war er erst in Etrurien (Liv. XXVI 28, 6), 
spater in Capua (Liv. XXVII 6, 1) und 545 = 209 
wieder in Etrurien thatig (a. 0. 7, 10. 21, 6). 

62) C. Calpurnius Piso C. f. C. n., wohl Sohn 
des Vorhergehenden , wurde Praetor 568 = 186 
(Liv. XXXIX 6, 1) und erhielt Hispania ulterior 
(a. 0. 8, 2. 21, 4f.). Er operierte dort im folgenden 
Jahre gemeinsam mit seinem Collegen L. Quinctius 
und besiegte nach einigen ungliicklichen Gefechten 

40 die Eingeborenen in einer grossen Schlacht am 
Tajo, in der er sich persenlich riihmlich aus- 
zeichnete (a. 0. 30, 1 — 81, 18); daher triumphierte 
er 570 = 184 de Lusitanis et Celtiberis (a. 0.. 
42, 2f.). 573 = 181 Triumvir eoloniis deducendis 
(Liv. XL 29, 2), 574 = 180 Consul (f. Cap. Chro- 
nogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. XL 35, 1. 3. Cassiod.). 
Er sollte nach Ligurien abgehen (Liv. XL 35, 8. 

36, 6f.), starb aber kurz nach dem Amtsantritt 
(f. Cap. Liv. XL 37, 1), wie man vermutete, von 

50 seiner Prau Quarta Hostilia vergiftet (Liv. XL 

37, 5). Eine Rede Catos contra O. Pisonem 
citiert Priscian X 43 (I 533 Hertz); Naheres ist 
daruber nicht bekannt. Vielleicht adoptierte er 
Nr. 87. 

63) C. Calpurnius Piso, wahrscheinlich 678 
= 76 Eichter im Process des Schauspielers Eoscius 
(Cic. Eosc. com. 7. 18), 685 = 69 Verteidiger des. 
Sex. Aebutius in dessen Eechtshandel mit A. Cae- 
cina (Cic. Caec. 34ff.), bekleidete die Praetur (Val. 

60 Max. VII 7, 5), vielleicht im vorhergehenden Jahre 
zugleich mit seinem spateren Collegen im Consu- 
lat. Zu dieser Wurde gelangte er, nachdem er 
einer Anklage wegen Amtserschleichung gliicklich 
entgangen war (Dio XXXVI 38, 3; vgl. Sail. hist. 
IV 61 Kr. = IV 81 Maur.), mit M'. Acilius Glabrio 
im J. 687 = 67 (CIL IX 390. Chronogr. Idat.. 
Chron. Pasch. Ascon. Cornel, p. 50. 61. Dio XXXVI 
12, 1. Cassiod.). An der Spitze der Optimaten, 



1377 Calpurnius Calpurnius 1378 

widersetzte er sich mit grSsstem Eifer der Ro- der fratres Arvales cooptiert (OIL VI 2028) und 
gation des Gabinius fiber die Verleihung des Com- erscheint als anwesend in den J. 38 und 40 (CIL 
mandos gegen die Seerauber an Pompeius, so dass "VI 2028. 2030. Ephem. epigr. YIII p. 324). Er 
er in personliche Gefahr geriet (Dio XXXVI 24, 3. wurde demnach wahrscheinlich Ende des J. 40 
Plut. Pomp. 25, 4) ; als er nach der Annahme des verbannt. Claudius gestattete ihm die Riickkehr 
Gesetzes seiner Ausfuhrung Schwierigkeiten in (Schol. Iuv. V 109), vermutlich sehr bald nach 
den Weg legte, vermochte ihn nur Pompeius selbst seinem Regierungsantritt (41). In einem nicht 
vor der Amtsentsetzung zu schiitzen, welche dessen naher bestimmbaren Jahre zwischen 43 und 48 
Anhanger forderten (Dio XXXVI 37, 2. Plut. war Piso wieder im Arvalcollegium anwesend (CIL 
Pomp. 27, 2). Ebenso brachte ihn sein Wider- 10 VI 2032). Unter Claudius bekleidete er den Con- 
stand gegen die Antrage des Tribunen C. Cor- sulat als suffectus in unbestimmten Jahre (Paneg. 
nelius in ernste Gefahr (Dio XXXVI 39, 3. Ascon. in Pis. 68—71. Schol. Iuv. V 109) und verwaltete 
p. 51. 67); dieser Streit fuhrte zu der nach ihm als Statthalter die Provinz Dalmatien (CIL III 
benannten lex Calpurnia de ambitu (Dio XXXVI Suppl. 12794 , wohl mit Recht auf C. Piso be- 
38, 1. Ascon. Cornel, p. 50f. 61. 67; tog. cand. zogen). Nach dem Consulat erlangte er durch 
p. 79). Ferner vereitelte Piso wahrend seines die miitterliche Erbschaft grossen Reichtum (Schol. 
Consulats die Wahl des M. Lollius Palicanus fur Iuv. V 109). Seit dem J. 57 befand er sich wieder 
das nachste Jahr (Val. Max. Ill 8, 3). Wahrend in Rom; die Arvalacten der J. 57, 58, 59, 60 
der beiden folgenden Jahre verwaltete er das nar- und 63, sowie eines unbestimmten Jahres unter 
bonensische Gallien (Dio XXXVI 37, 2. Cic. ad 20 Nero (vor 65) nennen ihn als anwesend (CIL VI 
Att. I 1, 2) und unterdruckte unbedeutende Er- 2039—2043. 2048). Im J. 62 klagte Romanus 
hebungsversuche bei den Allobrogern (Cic. ad Att. den Seneca vor Nero an als Genossen Pisos, wor- 
I 13, 2). 691 = 63 wurde er auf Caesars Ver- auf Seneca mit der gleichen Beschuldigung er- 
anlassung wegenErpressung und Hinrichtung eines wiederte, schon damals empfand demnach Nero 
Transpadaners angeklagt (Sail. Cat. 49, 2), von Verdacht gegen Piso. Diesen selbst befiel auf 
Ciceroverteidigtundfreigesprochen(Cic.Flacc.98). die Kunde von den Vorgangen am Hofe Angst, 
Aus Rache suchte er diesen' zu iiberreden, gegen und so keimte damals die Verschwerung, die den 
Caesar wegen seiner Beziehungen zu den Cati- Sturz Neros und Pisos Erhebung auf den Kaiser- 
linariern vorzugehen (Sail. Plut. Caes. 7, 2). Er thron zum Zwecke hatte (Tac. ann. XIV 65; ebd. 
nahm an der Debatte fiber deren Bestrafung teil 30 XV 48 setzt Tacitus den Beginn der Verschwfirung 
(Cic. ad Att. XII 21, 1), zeugte gegen Cethegus in das J. 65, doch vgl. Nipperdey-Andresen 
(Plut. Cic. 19, 1) und billigte das Verfahren des II 5 zu der Stelle). Die Zahl der Verschworenen 
Consuls (Cic. Phil. II 12). Im J. 693 = 61 ausserte war gross; gross aber auch die Unentschlossen- 
sich Cicero mit Missvergniigen dariiber, dass Piso, heit, mit der sie Plane zur Ausfuhrung ihres Vor- 
nicht er selbst im Senate zuerst befragt wurde (ad habens fassten und wieder verwarfen. Endlich 
Att. 113, 2). Spater sollte C. zwischen Caesar und beschlossen sie, am 19. April 65 bei den Ludi 
Bibulus vermitteln (ebd. 17, 11) und hatte An- Ceriales Nero im Circus zu toten und hierauf Piso 
griffe von seiten des Clodius zu erfahren (ebd. ins Lager zu tragen (Plinius Bericht, dass diesen 
14, 5). Da er nicht weiter erwahnt wird, ist er Antonia, die Tochter des Claudius, begleiten sollte, 
wohl um diese Zeit gestorben. Er wird als Redner 40 bezweifelt Tacitus XV 53). Jedoch am Tage des 
von Cicero (Brut. 239) nicht ungiinstig beurteilt. geplanten Mordes wurde das Complott Nero ver- 

64) C. Calpurnius Piso. Ein Historiker dieses raten. Piso starb durch Offhen der Adern (Tac. 

Namens wird von Plut. Mar. 45, 8 fiir den Tod ann. XV 48—59; die VerschwOrung des Piso 

des Marius angefuhrt, und Dionys. I 7, 3 nennt wird ausserdem erwahnt Suet. Nero 36; vit. Luc. 

unter den romischen Geschichtschreibern KaX- p. 51 ed. Reiff. Hist. Aug. Pesc. Niger 9, 2; Clod. 

jiovqvioi in der Mehrzahl. Vielleicht hat ein Alb. 12, 10). 

jiingerer Geschlechtsgenosse, etwa der Consul von c) Pamilie. Piso gehorte selbst dem hSchsten 

687 = 67 (Nr. 63) das Werk des alteren Annalisten Adel an und war durch seinen Vater mit vielen 

fortgesetzt. [Miinzer.] Eamilien der rOmischen Aristokratie verwandt 

65)C.CalpurniusPiso. a)Name. G. Calpurnius 50 (Tac. ann. XV 48. Paneg. in Pis. 2 — 4. 15ff.). 

Piso Acta Arvalium. Dio LIX 8, 7. Zonar. XI 5; Wer allerdings sein Vater war, ist nicht iiber- 

C. Piso Tac. ann. XIV 65 und sonst. Suet. Cal. liefert. Sein Sohn wird eonsobrinus des L. Piso 

25; Piso Calpurnius Schol. Iuv.; [PJiso CIL cos. 57 (Nr. 79) genannt (Tac. hist. IV 49), aber 

III Suppl. 12794, Piso sonst bei den Schrift- dessen Bruder oder auch dessen Vetter, also der 

stellern. Sohn des M. Piso (Nr. 85), kann C. Piso nicht 

b) Leben. Piso heiratete Livia (Dio nennt sie gewesen sein. Er diirfte demnach der Nachkom- 

Coruelia) Orestilla. Obwohl Caligula selbst den menschaft des L. Piso augur (Nr. 74) oder des 

Hochzeitsfeierlichkeiten beigewohnt hatte , ent- L. Piso pontifex (Nr. 99) angehert haben. Seine 

fuhrte er Orestilla im J. 37 (nach Dio) ihrem erste Gemahlin hiess Livia Orestilla (s. o.), seine 
Gatten, verstiess sie jedoch nach wenigen Tagen 60 zweite, die er dem Domitius Silus entfuhrt hatte, 

und verbannte beide zwei Jahre spater , weil sie Atria Galla (Tac. ann. XV 59). Sein Sohn war 

den Umgang mit einander wieder aufgenommen Calpurnius Galerianus (Nr. 46). 

hatten (Suet. Cal. 25. Dio LIX 8, 7. 8. Zonar. d) Ausseres und Charakter. Piso war eine 

XI 5. Schol. Iuv. V 109). Die Nachricht Dios, glanzende Erscheinung. Schon sein Ausseres war 

dass Piso schon zwei Monate nach der Entfiih- stattlich und einnehmend (Tac. ann. XV 48. Paneg. 

rung Orestillas verbannt wurde, wird durch die in Pis. 100—105). HOflichkeit (Tac. ann. XV 48. 

Arvalacten als unrichtig erwiesen. Diesen zu- Paneg. 112—132), Treue, Freimut, Neidlosigkeit 

folge wurde Piso im Mai 38 in das Collegium werden an ihm geruhmt (Paneg. 106—108). Seine 

Pauly-Wissowa III 44 



1379 Calpurnius Calpurnius 1380 

Beredsamkeit ubte er als Sachwalter und im Senate seine zerriltteten Vermogensverh&ltnisse den Re- 

(Tac. a. a. 0. Paneg. 25—67). Berfihmt war die volutionaren in die Arme getrieben; er erscheint 

Dankrede , die er nach der Erlangung des Con- neben Catilina als das Haupt der ersten Verschwfi- 

sulates an Claudius richtete (Paneg. 68— 71). Viel- rung Ende 688 = 66 und Anfang des folgenden 

seitig waren seine sonstigen Gaben. Er sang in Jahres (Cic. Sull. 67; Mur. 81. Ascon. Cornel, 

tragischem Costume (Tac. ann. XV 65. Schol. p. 58; tog. cand. p. 74. 82. 83. Dio XXXVI 44, 

Iuv. V 109), declamierte (Paneg. 84 — 96), dichtete 4. 5). Sobald der entscheidende Schlag in Bom 

(Paneg. 163—165), spielte die Lyra (Paneg. 166 gefallen ware, sollte Piso sich der beiden spani- 

— 177). Er war ein guter Fechter und ausge- schen Provinzen versichem (Sail.). Nach dem 
zeichnet im Ball- und Brettspiel (Paneg. 178-208. 10 Scheitern dieser Anschlage wagte der Senat nicbt, 

Schol. Iuv. V 109). All diese Eigenschaften hatten ihn zu bestrafen, sondern entfernte ihn unter einem 

hingereicht, um seine Popularitat zu begriinden. ehrenvollen Vorwande, indem er ihn auf Antrag 

Diese wurde noch gesteigert durch seine Frei- des Crassus als Quaestor pro praetore nach Hispania 

gebigkeit, mit welcher er Diirftige unterstutzte ulterior entsandte (Grabschrift des Piso CIL I 

und alle Jahre einigen Leuten aus der Plebs zur 598 = VI 1276. Sail. 19, 1. 21, 3. Suet. Caes. 9. 

Ritterwiirde verhalf (Schol. Iuv. V 109. Tac. ann. Ascon. Dio). Er bedriickte die Provincialen sehr 

XV 48). Namentlich die Dichter erfreuten sich hart und wurde deshalb bei einer Meuterei von 

seiner Gunst. Um die Aufnahme in sein Haus zu seineneingeborenenKeiternerschlagen(Sall.Ascon. 

erlangen , verfasste ein unbekannter Poet (Cal- Dio XXXVI 45, 1), Anfang oder Mitte 690 = 64 
purnius Siculus?, s. unten S. 14n4f.) zu seinem 20 (Cic. tog. cand. bei Ascon. p. 83). Vielleicht war 

Euhme den Panegyrieus in Pisonem, und noch er nur ein Werkzeug in den Handen des Caesar 

lange nach seinem Tode erinnerten sich Martial und Crassus gewesen, daher schrieb das Gerucht 

(IV 40, 1. XII 36, 8. 9) und Iuvenal (V 108 dem gemeinsamen Gegner Pompeius die Schuld 

— 110) der Zeit, da die atria Pisonum cum stem- an dem Morde zu (Sail. Suet. Ascon.). Aller Wahr- 

mate toto den Dichtern offen standen. Piso ist scheinlichkeit nach ist diesem Piso die eine von 

wahrscheinlich auch unter Meliboeus gemeint, den zwei zusammengehorigen Ehrenbasen in Oropos 

T. Calpurnius Siculus in zwei Eklogen (I und gesetzt (IGS I 268), die andere seiner sonst nicht 

IV) als seinen vornehmen Gonner feiert (vgl. bekannten Gemahlin Popillia Paulla (ebd. 305). 

Haupt Opuscula I 392 und unten S. 1404). Ist 70) Cn. Calpurnius Piso. a) Name. On. Cal- 
diese Meinung begriindet, so lasst sich vielleicht 30 purnius Cn. f. Piso Dio index 1. LV; On. Piso 

auch schliessen, dass die beiden von Hag en Cn. f. Munzen; Cn. Piso Fru(gi) f. Miinze bei 

gefundenen Bucolica, die Nero verherrlichen und Babelon I 306 nr. 37 ; Cn. Calpurnius Piso 

anscheinend in die Zeit vor 65 gehoren (Riese CIL X 924. Dio LVII 15, 9; Cn. Piso Monum. 

Anthol. Latina II 180f. Bahrens PLM III 60f.), Ancyr. 3, 28. CIL I 747. V 8112, 83. VI 7461. 

von Piso, der ja selbst dichtete, verfasst sind. Das IX 5308. Strab. II 130. Senec. dial. Ill 18, 3. 

zweite Gedicht beginnt namlich mit denselben Plin. n. h. XI 187. Tac. ann. I 13 u. 0. Suet. 

Worten, die Calpurnius Siculus im Beginn der Tib. 52; Calig. 2; Vitell. 2. Dio LV 8, 1. LVII 

vierten Ekloge dem Meliboeus in den Mund legt. 20, 2. LIX 20, 7 ; Calpurnius Piso Dionys. Hal. 

Die Zeitbestimmung wird durch I 38ff. gegeben, I 3, 4; sonst Piso. 

wo Neros Recitation seiner halosis Troiae fiber- 40 b) Leben. Triumvir a(ere) a(rgento) a(uro) 

schwenglich gepriesen wird; diese war bereits im f(lando) f(eriundo) unter Augustus (Milnzen bei 

J. 64 vollendet (Tac. ann. XV 39. Suet. Nero 38. Babelon I 306f. nr. 36—40) um das J. 729 = 

Dio LXII 18, 3), und nach dem Brande Roms 25 v. Chr. (vgl. Tac. ann. Ill 16). Consul ordi- 

(Juli 64) wird sich Nero gehiitet haben, sie vor- narius im J. 747 = 7 v. Chr. mit Ti. Claudius 

zutragen. Dass Nero in den Bucolica gefeiert Nero, dem spateren Kaiser, der damals zum zwei- 

wird, spricht keineswegs gegen Pisos Autorschaft; tenmal Consul war (vgl. die oben angefuhrten 

vor der VerschwBrung mtissen die Beziehungen des Nachweise). Er veranstaltete damals mit dem 

Kaisers zu Piso wenigstens ausserlich intime ge- jungen C. Caesar Spiele zu Ehren des Augustus 

wesen sein (vgl. Tac. ann. XV 52). Bei so vielen (Dio LV 8, 3. CIL VI 385; vgl. Suppl. 30751). 
Vorziigen Pisos fehlten jedoch auch Fehler nicht, 50 Statthalter von Hispania (citerior) unter Augustus, 

Leichtsinn, iibermassige Prachtliebe und Schwel- soil er die Provinz ambitiose avareque verwaltet 

gerei (Tac. ann. XV 48. Schol. Iuv. V 109). Seine haben (Tac. ann. Ill 12. 13). Proconsul von Africa 

flaltung wahrend der Verschworung lasst ent- vor dem J. 15 n. Chr. (Strab. II 130. Senec. dial, 

schlossene Thatkraft vermissen. Vgl. iiber ihn im III 19, 3). In diesem sowie in dem folgenden 

allgemeinen Friedlander S.-G. 16 249. Ill 6 440f. Jahre (16) war er im Senate in Rom, wo er seinem 

66) C. Calpurnius Piso, Consul ordinarius im Freimute ofter Ausdruck gab (Tac. ann. I 74. 79. 
J. 11 1 n. Chr. mit M. Vettius Bolanus (Prae- II 35. Dio LVII 15, 9). Im J. 17 ernannte ihn 
nomen und Gentilicium nur CIL VI 222. XII Tiberius zum Statthalter Syriens, zur selben Zeit, 
1840. XIV 3437, sonst Piso); vgl. Calpurnius als Germanicus mit einem ausserordentlichen, der 
Piso Nr. 59. - . ^ Q ewa ^. ^ er kajgej-iiehen Legaten iiberlegenen Com- 

67) C. (Calpurnius) Piso, genannt in den In- mando im Orient betraut wurde. Die Absicbt 
schrifteu seines Procurators (CIL VI 9831) und des Kaisers war wahrscheinlich, der tfberschrei- 
seines Preigelassenen (VI 14203). [Groag.] tung seiner Rechte, wie sie Germanicus liebte, 

68) Cn. Calpurnius Piso, Officier im zweiten durch die Entsendung eines Mannes von unab- 
punischen Kriege, von Mago geschlagen (Front, hangiger Gesinnung Schranken zu setzen. Doch 
strat. Ill 6, 5). beging er einen verhangnisvollen Fehler, dass er 

69) Cn. Calpurnius Piso Cn. f. war ein Mann (auf Veranlassung des Senates?, vgl. Tac. ann. 
von nicht geringer Begabung, wurde aber durch III 12) gerade Piso wahlte, bei dem die Unbeug- 



1381 Calpurnius Calpurnius 1382 

samkeit in starren Trotz und Hochnmt ausartete, das ihm Tiberius nicht verzeihen konnte; der 

und der sich berufen ffihlte, von Anfang an eine Senat war ihm unfreundlich gesinnt , das Volk 

feindselige Stellung gegen Germanicus einzuneh- verfolgte ihn mit seinem Hasse. Da gleichzeitig 

men. Dazu kam noch die nicht geringere Hoffahrt Plancina ihre Sache von der seinigen zu trennen 

seiner Gemahlin Plancina, die, vielleicbt von Livia begann, gab sich Piso verloren und durchschnitt 

aufgestachelt, gegen Germanicus Gattin Agrippina sich die Kehle mit dem Schwerte. Vorher hatte 

intriguierte. Im J. 18 begab sich Piso in seine er noch einen Brief an Tiberius verfasst, in wel- 

Provinz. Er erwarb sich in derselben durch Frei- chem er seine Unschuld und Treue beteuerte und 

gebigkeit und Nachsicht so sehr die Zuneigung den Kaiser beschwor, in Erinnerung an seine ffinf- 
3er Soldaten, dass er Vater der Legionen genannt 10 undvierzigjahrige Thatigkeit in seinem und des 

wurde. Germanicus Befehl, einen Teil der Legio- Augustus Dienste seine unschuldigen Sonne zu 

nen nach Armenien zu senden, liess Piso ausser beschiitzen. Im Senate beantragte Aurelius Cotta, 

acht. In Cyrrus traf er dann mit dem Prinzen Pisos Namen aus den Fasten zu tilgen, was je- 

zusammen, dessen Umgebung im Anfachen der doch Tiberius nicht zuliess. Trotzdem ist sein 

Feindschaft nicht miissig war. Die Unterredung der Name auf der Inschrift OIL VI 385 (vgl. Suppl. 

beiden Manner hatte nur den Erfolg, dass sie mit 30751) eradiert. Tac. ann. II 43. 55 — 58. 69 — 82. 

offenkundigem Hasse von einander schieden. Bei- III 7 — 18 (wo die sonst unvergleichliche Darstel- 

derseitige Krankungen folgten. Am schwersten lung an dem Widerspruche krankt, dass der Autor 

musste es jedoch Germanicus empflnden, dass er den Tod seines Helden Germanicus in tragische 
nach seiner Riickkehr aus Agj'pten (im J. 19) alle 20 Beleuchtung riicken will und doch an die Schuld 

seine Verordnungen aufgehoben oder ins Gegen- des, ihm iibrigens durchaus nicht unsympathischen, 

teil umgewandelt fand. Er liess Piso seine Ent- Piso nicht zu glauben vermag; bei den Spateren 

Tiistung derart fiihlen, dass dieser Syrien zu ver- ist natiirlich die Vergiftung eine feststehende That- 

lassen beschloss. Jedoch die Kunde von seines sache geworden). Suet. Tib. 52; Calig.2. 3; Vitell.2. 

Feindes Erkrankung hielt ihn zuriick. Germanicus Dio LVII 18, 9. 10 = Zonar. XI 2. Plin. n. h. XI 

war, sicherlich grundlos, iiberzeugt, dass ihn Piso 187. Joseph, ant. Iud. XVIII 54. Veil. II 130, 3; 

vergiftet habe. Er kundigte diesem fOrmlich die vgl. Schiller Geschichte der rOm. Kaiserzeit I 

Freundschaft auf und befahl ihm vielleicht auch, 272ff. Eanke Weltgeschichte III 1, 65f. 2, 298f. 

die Provinz zu verlassen, was Piso denn auch Liebenam Jahrb. f. Philol. 1891, 865ff. 
that. Bald darauf (10. October 19) starb Ger- 30 c) Familie. Piso war der Sohn des On. Calpur- 

manicus , nachdem er seine Freunde zur Eache nius Piso Frugi Nr. 95 cos. 731 = 23 v. Chr. (Tac. 

aufgefordert hatte. Die Nachricht von seinem ann. II 43), der Bruder des L. Piso augur (Nr. 74). 

Tode erreichte Piso bei der Insel Kos; weder er Seine Gemahlin war Munatia Plancina (Tac. ann. 

noch Plancina legten sich den Zwang auf, ihre II 43 und sonst), beider Sohne Cn. spater L. Piso 

Freude zu verbergen. Gegen den Bat seines Sohnes (Nr. 76) und M. Piso (Nr. 85), vgl. die Stammtafel. 

Marcus beschloss Piso, in seine ihm, wie er glaubte, d) Charakter. Piso hatte von seinem Vater 

widerrechtlich genommene Provinz zuriickzukeh- den unbeugsamen Starrsinn ererbt. Gehorsam war 

ren,derenVerwaltungCn. Sentius Satuminus, einer seinem Charakter fremd. Sein und seiner Ge- 

von Germanicus Legaten, fibernommen hatte. Er mahlin Adel machten ihn so hochmutig, dass er 
sandte einen Brief an den Kaiser voll Anklagen 40 nur noch dem Tiberius wich, wahrend er dessen 

gegen den Toten und setzte gleichzeitig mit einer Sohne missachtete (Tac. ann. II 43). Eine Anek- 

eilig gesammelten Mannschaft, die durch Hulfs- dote von seiner rficksichtslosen Harte erzahlt Se- 

truppen der kilikischen Fiirsten verstarkt wurde, neca (dial. Ill 18, 3 — 6. 19, 3) mit Bezug auf 

aufs Festland fiber. An der kilikischen Kuste seinen Proconsulat in Africa. Doch war er auch von 

besetzte er das Castell Celenderis, wurde jedoch vielen Fehlern frei (Senec. a. a. O.), und Augustus 

von dem Heere des Sentius vor den Thoren der soil ihn (nach anderen jedoch den L. Arruntius) 

Festung geschlagen und zum Aufgeben des Wider- als derHerrschaft nicht unwurdig bezeichnet haben 

standes sowie zum definitiven Verlassen der Provinz (Tac. ann. I 13). Bezilglich der Hypothese von 

genotigt. Durch Asia und Achaia reiste er nun Michaelis, der diesen Piso fur den maior iu- 
(im J. 20) zu Drusus, Tiberius Sohn, der in Illy- 50 venum in der Ars poetica des Horaz halt , vgl. 

ricum weilte, fand diesen jedoch sehr zuriick- u. S. 1399. 

haltend. Er begab sich hierauf nach Bom, wo 71) Cn. Calpurnius Piso, fruherer Name des 

schon am Tage nach seiner Ankunft die Freunde Consuls im J. 27 n. Chr. L. Calpurnius Piso, s. d. 

d.es Germanicus zunachst vor dem Kaiser mit der (Nr. 76). 

Anklage gegen Piso hervortraten. Tiberius liber- 72) Cn. Calpurnius Piso, CIA III 602, s. bei 

liess jedoch die Entscheidung des Processes dem C. Calpurnius Piso Frugi (Nr. 94). [Groag.] 

Senat. Pisos Verteidigung iibernahmen M'. Aemi- 73) L. Calpurnius Piso , Consul mit M. Po- 

lius Lepidus , L. Calpurnius Piso (sein Bruder) pillius Laenas 615 = 139 (Chronogr. Idat. Chron. 

und Livineius Kegulus; die Anklage wurde ver- Pasch.). Cassiodor nennt ihn On. Piso, dagegen 
treten durch Fulcinius Trio, der Pisos Verwaltung 60 Val. Max. (Iul. Paris.) I 3, 3 L. Calpurnius, und 

von Spanien angriff, und durch Q. Servaeus, Q. dass dieser Vorname der richtige ist, hatRitschl 

Veranius und P. Vitellius, die ihn der Misswirt- (Opusc. V 117f.) durch Vergleich mit Maccab. I 

schaft im Heere, der Verfolgung von Germanicus 15, 16 erwiesen (angenommen z. B. vonMomm- 

Begleitern, der Vergiftung dieses Prinzen selbst sen Herm. IX 28lf.). Viereck (Genethliacon 

und der Anwendung von Waffengewalt gegen den Gottingense 60ff.) suchte zu zeigen, dass dieser 

Staat beschuldigten. Den Vorwurf der Vergiftung Consul es ist, der einen Grenzstreit zwischen zwei 

zu widerlegen, wurde Piso nicht schwer. Aber kretischen Gemeinden auf Senatsheschluss ent- 

•der Kampf mit Sentius war ein Staatsverbrechen, schied (CIG II add. 2561b); er ware demnach 



1383 Calpumius Calpumius 1384 

Sohn eines Lucius gewesen. Indes bleibt die sein Praenomen in Lucius umandern (Tac. ann. 

Moglichkeit, dass es sich um den Consul von 621 III 16. 17). So heisst er nachher L. Calpumius 

= 133 handelt (Nr. 96; vgl. Klein Verwaltungs- Piso (CIL II 2633. V 4919. VI 251); L. Calpur. . . 

beamte I 50), immer noch offen. [Mlinzer.] (CIL 12 p. 71 Fasti Arval.); L. Calpumius (tab. 

74) L. Calpumius Piso augur, a) Name. X. cer. Pompeiana 2. Tac. ann. IV 62); L. Piso (CIL 

Piso augur CIL V 3257 (die priesterliche Wurde V 4920. Plin. epist. HI 7, 12. Dio LIX 20, 7), 

wurde wohl zur Unterscheidung von seinem Zeit- sonst Piso. 

genossen L. Piso pontifex [Nr. 99] seinem Namen b) Leben. Er war der altere Sohn des Cn. 

hinzugefugt) ; L. Calpumius On. f. Piso Dio Piso (Nr. 70) und der Munatia Plancina (Tac. 
index 1. LV; L. Piso CIL 12 p. 69 Fasti min. 10 ann. Ill 16. Dio LIX 20, 7). Wahrend sein Vater 

XIII; p. 70 Fasti Arval. VI 8738. CIG II 2943. als Statthalter Syriens im Orient weilte (18— 

Tac. ann. II 34. Ill 11; Calpumius Piso Tac. 19 n. Chr.), befand er sich in Rom, war dem- 

ann. IV 21. Vgl. Nr. 99. nach an den Schicksalen des Vaters unbeteiligt. 

b) Leben. Sohn des Cn. Piso Frugi cos. 731 Dies hob derselbe auch in dem Schreiben hervor, 
= 23 v. Chr. (Nr. 95), Bruder des Cn. Piso cos. das er vor seinem Selbstmord an Tiberius richtete 
747 = 7 v. Chr. (Nr. 70). Augur (CIL V 3257). (Tac. ann. Ill 16). Doch musste Piso jetzt seinen 
Consul ordinarius im J. 753 = 1 v. Chr. mit Cossus Vornamen wechseln (Tac. ann. Ill 17). Consul 
Cornelius Lentulus (s. die oben angefflhrten Stel- ordinarius im J. 27 n. Chr. mit M. Licinius Cras- 
len). Im J. 16 n. Chr. hielt er im Senate eine sus Frugi (die Belegstellen s. o.). Praefectus urbi 
heftige Eede gegen das Uberhandnehmen der Amts- 20 im J. 36 und 37 (Joseph, ant. Iud. XVIII 169. 
erschleichung, Bestechlichkeit und Angeberei und 235; Josephus nennt ihn nur Ilsiawv, doch kann 
erklarte , er sei entschlossen , Rom zu verlassen. kein anderer als L. Piso gemeint sein). In dieser 
Doch bestimmten ihn Tiberius besanftigendes Zu- Stellung empflng er von Caligula die Nachricht 
reden und die Bitten seiner Verwandten zu bleiben. vom Tode des Tiberius und vom Regierungsantritt 
Bald darauf belangte Piso die Urgulania, die des neuen Herrschers (Joseph, ant. Iud. XVIII 
machtige Freundin der Kaiserin- Mutter Livia, bei 235). Im J. 39 war Piso Proconsul von Africa. 
Gericht und gab, obwohl sich Livia personlich Nach Dios Bericht (LIX 20, 7) entzog ihm der 
beleidigt fiihlte und Tiberius selbst sich anschickte, Kaiser aus Furcht vor seinem hochstrebenden 
Urgulania Beistand zu leisten, nicht nach, bis Sinn den Befehl fiber das in Africa garnisonie- 
seine Anspriiche befriedigt waren (Tac. ann. II 34. 30 rende Heer, der einem selbstandigen Legaten an- 
IV 21). Im J. 20 ubernahm er mit anderen die vertraut wurde. Denselben Vorgang bezieht je- 
Verteidigung seines Biuders Cn. Piso (Tac. ann. doch Tacitus (hist. IV 48) auf den Proconsulat 
III 11). Im J. 24 wurde er von Q. Granius der des M. Iunius Silanus. Dies diirfte auch das 
Majestatsverletzung beschuldigt, starb jedoch, be- richtige, und der Widerspruch so zu erklaren sein, 
vor es zur Verhandlung vor dem Senate kam (Tac. dass Piso der Nachfolger des Silanus und der 
ann. IV 21). Piso war ein Mann von leidenschaft- erste Proconsul ohne militarisches Commando war 
lichemCharakter,dessenUnabhangigkeitssinnkeine (Marquardt Rom. Staatsveiw. 12 467f.). Er 
Riicksicht kannte. Daher sind auch die Stellen Tac. war der Vater des L. Piso cos. 57 (Nr. 79) und 
ann. II 32. HI 68, in denen von einem L. Piso erreichte ein so hohes Alter, dass er schliesslich 
auf Tiberius Beifall berechnete Ausserungen im 40 alle iiberlebte, die sich wahrend seines Consulats- 
Senate berichtet werden, nicht auf ihn, sondern jahres im Senate befunden hatten, Plin. epist. 
vielleicht auf L. Piso (Nr. 75) zu beziehen. Die III 7, 12. Dass in dieser Pliniusstelle unser L.. 
Nstigung, in jenenSenatssitzungenzu reden, schloss Piso gemeint ist, hat Klebs Prosopogr. I 284 
noch nicht den Zwang ein, in dieser Weise zu nr. 238 uberzeugend dargelegt. Zu seinen Aus- 
reden (gegen Nipperdey-Andresen 19 zu fuhrungen ware noch hinzuzufiigen, dass die Be- 
ll 32). zeichnung des Suetonius Paulinus, Consuls 41 oder 

75) L. (Calpumius) Piso, Statthalter von Hi- 42 n. Chr. , als vetustissimus consularium im 
spania citerior (daher Consular), wurde als solcher J. 69 (Tac. hist. II 37) durchaus nicht beweist,. 
im J. 25 n. Chr. von einem Landmanne aus dem dass L. Piso damals nicht mehr lebte. Denn auch 
Stamme der Termestiner ermordet. Die Veran- 50 C. Cassius Longinus, Consul im J. 30, also fruher 
lassung soil seine Harte bei der Eintreibung unter- als Paulinus, war, wie wir bestimmt wissen, da- 
schlagener Cffentlieher Gelder gewesen sein (Tac. mals noch am Leben; er befand sich allerdings 
ann. IV 45). Er ist wohl mit dem L. Piso iden- als Verbannter in Sardinien (Pompon. Dig. I 2, 
tisch, der in den J. 16 und 22 n. Chr. sein Votum 52). Man muss demnach annehmen, dass Tacitus 
im Senate dem Tiberius zu Gefallen abgab (Tac. an jener Stelle nur die fur die Kaiserwahl in Be- 
ann. II 32. Ill 68), da an die beiden gleichnami- tracht kommenden Consulare im Auge hat. Zu 
gen PersSnlichkeiten dieser Zeit, L. Piso pontifex diesen konnte man Piso wegen seines hohen Alters 
(Nr. 99) und L. Piso augur (Nr. 73), nicht zu gewiss nicht rechnen. Piso wird fibrigens auch 
denken ist (s. d.). Er war vermutlich der altere den C. Cassius, der unter Vespasian starb (Pom- 
Sohn des L. Piso pontifex (vgl. MommsenEphem. 60 ponius a. a. O.), iiberlebt haben, da sich dieser 
epigr. I p. 145). Ist djese Annahme begrundet, im J. 27 im Senate in Rom befunden haben diirfte 
so ist er der maior iuvenum, den Horaz in dem und sonst Plinius den Cassius und nicht den Piso 
Buche de arte poetica anredet und als selbst dich- als Beleg fur die Kurzlebigkeit der meisten und die 
terisch thatig bezeichnet (v. 128—130. 153. 154. Langlebigkeit weniger Menschen angefuhrt hatte. 
366 — 369. 385—390). 77) L. Calpumius Piso wird in der fruhesten 

76) L. Calpumius Piso. a) Name. Er hiess Kaiserzeit von den Pergamenem als Wohlthater 
ursprunglich On. Piso, musste aber nach der Ver- ihrerStadt geehrt (Frank el Inschriften von Perga- 
urteilung seines Vaters (s. u.) im J. 20 n. Chr. mon II 425). Wohl der namliche ist der L. Cal- 



1385 Calpurnius Calpurnius 1386 

purnius Piso, dem die Stadt Stratonicea in Karien Athen neben M. Licinius M. f. Frugi durch eine 

als ihrem Patron und Wohlthater eine Ehren- Statue geehrt (CIA III 607. 608). Mommsen 

inschrift setzte (Bull. hell. V 1881, 183 nr. 5). hat gezeigt, dass bei diesen beiden Mannern ent- 

Er dfirfte Proconsul von Asia gewesen sein, doch weder an L. Piso pontifex (Nr. 99) und dessen 

ist vorlauflg nicht zu entscheiden, mit welchem mutmasslichen Sohn M. Licinius Crassus Prugi 

der sonst bekannten gleichnamigen Manner dieser cos. 27 n. Chr. oder an L. Piso cos. 57 n. Chr. 

Zeit er zu identiflcieren ist. (Nr. 79) und den Bruder von dessen Gemahlin 

78) L. Calpurnius Piso pr(aetor) aer(arii) mit M. Licinius Crassus Frugi cos. 64 zu denken ist 
M. Salluius (zwischen 23 v. und 44 n. Chr.; vgl. (Ephem. epigr. I p. 150); vgl. die Stammtafel 
Mommsen St.-B. 113 558f.), CILVI1265. Die 10 S. 1375. 

Personlichkeit ist nicht naher zu bestimmen. 81) L. Calpurnius L. f. Piso, Duumvir von 

79) L. Calpurnius Piso. a) Name. L. Cal- Pola mit L. Cassius C. f. Longinus (CIL V 54). 
purnius L. f. Piso oder L. Piso L. f. in den Ein L. Calpurnius L. f. Pfiso] auf einem In- 
Arvalacten (L. f. wird hier seinem Namen wohl schriftfragment aus Tibur (CIL XIV 3591f.). 
zur Unterscheidung von seinem Vater beigeftigt); 82) L. Calpurnius Piso, Consul ordinarius des 
L. Calpurnius Piso CIL VI 845. X 5204; tab. J. 175 n. Chr. mit P. Salvius Iulianus (der ganze 
cer. Pompeiana 28; L. Calpurnius tab. cer. Pomp. Name CIL VI 30865. X 7457). Anscheinend Bruder 
•23—27. 30; L. Calp[ur]nius ... CIL VI 853; des Ser. Calpurnius Scipio Orfltus (Nr. 116), s. d. 
L. Piso CIL VI 1445. Pront. de aqu. 102. Tac. 83) L. (Calpurnius) Piso auf Inschriften von 
ann. XIII 28 und sonst; Piso Plin. epist. Ill 7, 12. 20 Preigelassenen und Sclaven (CIL VI 5458. 9246). 

b) Leben. Sohn des L. Piso cos. 27 n. Chr. Ein L. Calpurnius duom Pisonum libertfus) 

(Nr. 76, s. d.). Pontifex (wenn sich namlich die Apollonius CIL VI 6001. [Groag.] 

Inschrift CIL VI 1445, wie wahrscheinlich, auf 84) M. Calpurnius Piso s. M. Pupius Piso. 

ihn bezieht). Frater Arvalis : er begegnet in den [Miinzer.] 

Arvalacten der J. 57, 58, 59, 60, 63; im J. 59 85) M. (Calpurnius) Piso, jiingerer Sohn des 

war er Magister des Collegiums (CIL VI 2039. Cn. Piso (Nr. 70) und der Munatia Plancina. 

2041. 2042. 2043). Im J. 56 stellte er als de- Senator (vgl. Tac. ann. Ill 17 exuta dignitate), 

signierter Consul einen Antrag im Senate (Tac. begleitete in noch jugendlichem Alter (vgl. Tac. 

ann. XIII 28). Consul ordinarius im J. 57 mit ann. II 78. Ill 8. 16. 17) seinen Vater, wahr- 
Xaiser Nero II (Tac. ann. XIII 31; die sonstigen 30 scheinlich als Legat, nach Syrien (18 n. Chr.), 

Belege oben). Curator aquarum von 60 — 63 (Front. Tac. ann. II 57. Nach dem Tode des Germanicus 

■de aquis 102). Im J. 62 wurde er von Nero nebst riet er dem Vater vergeblich, nach Bom zuruck- 

zwei anderen Consularen mit der Eegelung der zukehren, nahm jedoch nachher an dem Versuche 

indirecten Steuern, die in das Aerar flossen, be- desselben , sich mit Waffengewalt in den Besitz 

auftragt (Tac. ann. XV 18). Im J. 69/70 war er der Provinz zu setzen, thatigen Anteil (Tac. ann. 

Proconsul von Africa (an der Identitat des Pro- II 76. 78). Im J. 20 sandte ihn der Vater nach 

consuls mit dem Consul des J. 57 hatte nie ge- Rom voraus, um Tiberius zu besanftigen. Der 

zweifelt werden sollen; vgl. Klebs Prosopogr. I Kaiser nahm ihn wohlwollend auf (Tac. ann. Ill 8). 

284 nr. 238). Man fiirchtete zu Beginn des J. 70 In seinem letzten Schreiben an Tiberius bat Cn. 
in Bom, dass er von Vespasian abgefallen sei, ohne 40 Piso diesen, seinem Sohne Schutz zu gewahren 

Grand, da Piso kein revolutionares Naturell besass (Tac. ann. IH 16). Thatsachlich sprach ihn Ti- 

(Tac. hist. IV 38). Licinius Mucianus, der damals berius von der Beschuldigung des Bfirgerkrieges 

die Gewalt in Bom in Handen hatte, sandte den frei und milderte die harten Strafen, die der Consul 

Centurio Papirius nach Africa, um Piso zu tbten. Aurelius Cotta fur ihn beantragt hatte , indem 

Dieser selbst hatte Unterredungen mit (Calpeta- er ihm seine Wiirde und sein vaterliches Erbteil 

nus Bantius Quirinalis) Valerius Festus, dem beliess (Tac. ann. Ill 17. 18). [Groag.] 

Legionslegaten , fiber deren Inhalt jedoch nichts 86) Q. Calpurnius Piso , Sohn eines Gaius, 

•Sicheres bekannt wurde. Keinesfalls dachte Piso schlichtete als Praetor einen Grenzstreit zwischen 

an Emporung. Weder die Vorstellungen einiger Sparta und Messenien (Dittenberger Syll. 240, 
Flfichtlinge aus Bom, noch die stfirmische Accla- 50 43 = Inschriften von Olympia 52) ; wenige Jahre 

mation des Volkes von Karthago vermochten ihn spater, 619 = 135, bekleidete er das Consulat (f. 

zur Annahme der Kaiserwahl zu bewegen. Er Cap. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Obsequ. 26. 

tadelte das Volk in einem Ausschreiben und ver- Oros. V 6, 1. Cassiod.) und kampfte ohne Gliick 

mied es, offentlich zu erscheinen. Dagegen Hess mit den Numantinern (Appian. lb. 83). 

<er Papirius hinrichten, weil dieser zu den Mor- 87) L. Calpurnius Piso Caesoninus C. f. C. n. 

•dern des Clodius Macer gehOrt hatte. Als die ging wahrscheiulich durch Adoption aus der wenig 

stark entstellte Kunde von diesen Ereignissen zu bekannten Gens Caesonia in die Calpurnia fiber. 

Valerius Festus gelangte, sandte derselbe Beiter Seine Nachkommen behielten den Beinamen Cae- 

zu Pisos Totung nach Karthago. Diese drangen soninus, scheinen dagegen den andern Frugi trotz 
in das Haus des Proconsuls und toteten den ihnen 60 Ciceros Worten (bei Ascon. p. 2. 4) in republica- 

Ton Baebius Massa Verratenen, Tac. hist. IV 48 nischer Zeit nicht gefuhrt zu haben. Piso wurde 

—50. Plin. epist. Ill 7, 12. Die Gattin dieses als Praetor in Hispania ulterior 600 = 154 von 

Piso war wahrscheinlich Licinia Magna (CIL VI den Lusitanern geschlagen (Appian. lb. 56); als 

1445; vgl. Mommsen Ephem. epigr. I p. 149 und Consul 606 = 148 (f. Cap. Chronogr. Idat. Chron. 

die Stammtafel S. 1375). Sein Consobrinus und Pasch. Obseq. 19. Cassiod.) befehligte er die Land- 

Schwiegersohn war Calpurnius Galerianus (Nr. 46), armee in Africa, suchte die kleineren Stadte im 

Tac. hist. IV 49. karthagischen Gebiet zu nehmen und erlitt dabei 

80) L. Calpurnius L. f. Piso, von der Stadt mehrere Niederlagen (Appian. Lib. 110—112. Zo- 



1387 Calpurnius Calpumius 1388 

nar. IX 29); vgl. Nr. 62. Wohl sein Sohn ist der geschiitzter (S 26) oder wegen wirklicher (P 13. 

Folgende. Dio XXXVIII 16, 6). Aber er verbot mit Gabi- 

88) L. Calpurnius Piso Caesoninus war 642 nius dem Senat, Trauer um Cicero anzulegen (S 
= 112 Consul (Lex agrar. v. 29, CIL I p. 81. 32; P 17; Plane. 87; p. red. 12. 16. 81; ad Quir. 
Cassiod. ; Caesoniano Chronogr.; Peona Idat.; 13. Schol. Bob. p. 249. Plut. Cic. 31, 1. Dio 
Ileorog Chron. Pasch.), 647 = 107 Legat des Con- XXXVIII 16, 3); er spottete, als Pompeius den 
suls L. Cassius in Gallien und wurde mit diesem Eedner fallen liess, sein stolzer Vers cedant arma* 
von den Tigurinern geschlagen und getOtet (Caes. togae habe ihm das eingetragen (P 72ff.) ; er gab 
b. G. 112, 7. Oros. V 15, 23. Appian. Celt. 3). den Fiirbittem, die Pompeius an ihn wies, eine 

89) L. Calpurnius Piso Caesoninus, Sohn deslOkuhl ablehnende Antwort (P 77), und als Cicero 
Vorhergehenden und Vater des Polgenden, war in Begleitung seines Schwiegersohnes ihn per- 
Quaestor ungefahr 654 = 100 und erhielt bedeu- sonlich aufsuchte , gab er ihm einfach den Eat, 
tende Summen fur Getreideankaufe iiberwiesen sich in sein Geschick zu fiigen (P 13. Plut. 31, 3. 
(Mommsen Miinzwesen 560 nr. 175; Tr. Blac. Dio XXXVIII 16, 5). Endlich erklarte er sich 
II 385 nr. 192). Ausfiihrlichere Nachrichten tiber in der von Clodius berufenen, entscheidendenVolks- 
ihn gab Cicero im Anfang der Eede in Pisonem versammlung offen gegen ihn mit den Worten,. 
(Bruchstiicke bei Ascon. p. 3. 4), wonach Piso die er missbillige ein grausames Verfahren, namlich 
Tochter eines Kaufmanns von gallischer Herkuni't, das gegen die Catilinarier geiibte (P 14ff.; p. red. 
Namens Calventius, geheiratet hatte (vgl. die An- 17. Dio). Von diesem Zeitpunkt an datiert der 
spielungen auf diese Abstammung seines Sohnes 20 furchtbare Hass , mit welchem Cicero den Piso- 
Cic. p. red. 13. 15; prov. cons. 7; Pis. 53. 67; verfolgte und dem er namentlich in den ersten 
ad Q. fr. Ill 1, 11. Schol. Bob. p. 248). Im Eeden nach seiner Kiickkehr den scharfsten Aus- 
Bundesgenossenkriege stand er der Waffenfabrica- druck lieh. PersOnliche Feindschaft hatte zwi- 
tion vor (Cic. Pis. 87). schen beiden bis dahin nicht bestanden; nurEigen- 

90) L. Calpurnius Piso Caesoninus. Die Haupt- nutz und Habsucht waren es, die Piso zu seiner 
quelle fur sein Leben ist Cicero; im folgenden Stellungnahme bestimmten. Gewiss ist der Vor- 
abgektirzt S = Eede pro Sestio, P = in Pisonem. wurf ubertrieben, er habe sich an dem Eigentume 
Piso war Sohn von Nr. 89, Enkel von Nr. 88 Ciceros bereichert und dessen Verbannung mit 
(Caes. b. G. 1 12, 7), Schwiegersohn eines Atilius Freudenfesten gefeiert (S 54; P 22; de domo 62; 
oder Eutilius Nudus (Fenestella bei Ascon. p. 4), 30 p. red. 18). Nachdem er den Vertrag erfullt 
Vetter des Catilinariers C. Cethegus (Cic. p. red. hatte, erhielt er seinen Lohn; Clodius brachte ein 
10; de dom. 62). Zur Zeit des Bundesgenossen- Gesetz ein, durch welches Gabinius Syrien, sein 
krieges grandis iam puer (P 87) bekleidete er Amtsgenosse Makedonien als Provinz erhielt (S 24f. 
spater Quaestur, Aedilitat und Praetur (P 2), 44. 53. 71; P 37. 57; de domo 23. 55. 60. 70; 
letztere wahrscheinlich 693 = 61, und verwaltete prov. cons. 2ff. Schol. Bob. p. 271. Auct. de vir. 
darauf eine Provinz. Wegen dort begangener Er- ill. 81, 4. Plut. Cic. 30, 1), angeblich mit ausser- 
pressungen wurde er von P. Clodius angeklagt, ordentlichen Vollmachten und Mitteln (P 37. 86; 
aber freigesprochen , da er durch seine Selbst- de domo 55). Bei den Streitigkeiten , die jetzt 
erniedrigung das Mitleid der Eichter erregte (Val. sehr rasch zwischen den bisherigen Verbiindeten 
Max. VIII 1, 6) und einen machtigen Biickhalt 40 ausbrachen, suchte Piso neutral zu bleiben (P 27 ; 
an dem Consul Caesar hatte , der damals seine de domo 66). Von seiner Amtsthatigkeit wird 
Tochter Calpurnia heiratete (vgl. Nr. 126,. dazu das strenge Vorgehen gegen die Ausbreitung der 
P 59. 90. Caes. b. G. 112, 7. Plut. Cat. min. agyptischen Kulte geruhmt (von Varro bei Tertull. 
33, 3). Dessen Beistand verdankte er es auch, apol. 6; ad nat. I 10. Arnob. II 73; vgl. Preller 
dass er mit dem Candidaten des Pompeius A. EOm. Mythol. II 378), wogegen ihm von Cicero- 
Gabinius zum Consul fur 696 = 58 gewahlt wurde (har. resp. 32) die Aufhebung eines kleinen alten 
(f. Cap. CIL I 730. 787. Lex Furfon. CIL I 603, Heiligtums vorgeworfen wird. Ende des Jahres 
2 = IX 3513, 2. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. ging er in seine Provinz ab (S 71; P 31), die 
Caes. b. G. I 6, 4. Ascon. Milon. p. 41. Suet. er bis in den Anfang 699 = 55 verwaltete (P 86. 
Caes. 21. Cassiod. Plut. Caes. 14, 4; Pomp. 48, 3; 50 97). Wahrend dieser Zeit lebte fiber ein Jahr der 
Cat. min. 33, 3. Appian. b. c. II 14. Dio XXXVIII verbannte Cicero in Thessalonike und Dyrrhachion ;. 
9, 1. 13, 3 und ind.). Er hatte sich bei der Be- auf Grund eigener Beobachtung entwarf er nach 
werbung auch Ciceros Untersttitzung zu verschaf- der Heimkehr zunachst in der Eede fur Sestius 
fen gesucht, zu dem er durch die Heirat des C. (94) mit wenigen Strichen ein Bild von der Miss- 
Piso (Nr. 93) mit Tullia in verwandtschaftliche wirtschaft Pisos, das er dann in der de provin- 
Beziehungen getreten war (S 20; P 11; p. red. eiis eonsularibus (2—8) und schliesslich in der 
17; ad Quir. 11. Schol. Bob. p. 248), und erwies Invectiva (P 83—98) in den schwarzesten Farben 
ihm die Ehre, im Anfang seiner Amtsfiihrung bei ausmalte (vgl. auch die Angriffe Catulls aus der- 
Senatssitzungen ihn gleich nach den Triumvirn selben Zeit gegen Piso und sein Gefolge c. 28 
zu befragen (P 11; p. red. 17). Sehr bald aber 60 und 47). Zwar hatte der Statthalter infolge eini- 
naherte er sich dem Clodius, indem er ihm iiberall ger gliicklicher Gefechte seiner Legaten den Impe- 
freies Spiel liess (S 331; P 8. 23. Ascon. p. 6f.), ratortitel angenommen (vgl. noch har. resp. 35),- 
und es wurde nun eine Art Vertrag zwischen aber thatsachlich sei das Land schutzlos den Thra- 
diesem und den beiden Consuln geschlossen, dessen kern preisgegeben , das Heer in ganzlicher Auf- 
Zweck die Beseitigung Ciceros war. Anfangs lOsung; er hatte Unterthanen und Bundesgenossen 
hielt sich Piso noch zuriick, z. B. fehlte er in der auf das schamloseste ausgesogen, Gesetz und Eecht 
Senatssitzung, in welcher die Angelegenheit zur nur zu seinem Vorteil walten lassen, Kunstwerke 
Sprache kam, wegen Krankheit, sei es wegen vor- geraubt, den Frauen nachgestellt, schliesslich die 



1389 Calpurnius Calpurnius 1390 

Provinz in dem trostlosesten Zustand verlassen Beifall eintrug, und zu erklaren, dass er unter 

und sei vor den eigenen Truppen fltichtend heim- keinen Umstanden dessen Herrschaft dulden wolle 

lich und unbemerkt nach Rom zuriickgekommen. (Cic. Phil. XII 14). Doch mit derselben Ent- 

Die einzelnen Anklagen auf ihr richtiges Mass schiedenheit wandte er sich am 1. Januar 711 

zuriickzuftthren , ist aus Mangel an anderen Be- = 43 gegen Ciceros fiinfte Philippica und gegen 

richten nicht moglich; dass sie ungemein fiber- die Verh&ngung der Acht fiber Antonius (Appian. 

trieben und entstellt sind, liegt auf der Hand. Ill 50. 54—61). Er ging selbst mit Sulpicius 

Piso saumte auch nicht, sich 699 = 55 bald zu Eufus und L. Philippus in das Lager vor Mutina 

rechtfertigen und seinerseits gegen Cicero Klage und auch nach dem Scheitern dieser Sendung (Cic. 
zu erheben, worauf dieser kurz vor Einweihung 10 Phil. VII 28. IX 1. XIV 4; ad fam. XII 4, 1) gab 

des Pompeiustheaters , also im Frfihjahr (P 65. er die Hoffnung noch nicht auf, eine VersShnung 

Ascon. z. d. St. p. 14 u. p. 1), mit einer Rede ant- zu erzielen (Cic. Phil. XII 3. 15). Spatere Nach- 

wortete, die uns nebst dem Commentar des Asco- richten fiber ihn fehlen , vielleicht weil er sehr 

nius erhalten ist. Hire masslose ungezfigelte Hef- bald darauf starb. Von seinem 'Ausseren und 

tigkeit lasst erkennen, dass die vorangegangene seinem Charakter giebt Cicero eine gleichmassig 

des Piso ihre Wirkung gethan hatte und der Reiner abschreckende und offenbar verzerrte Schilderung. 

sich empfindlich getroffen ffihlte. Auf diese In- In seiner Erscheinung und in seinem Privatleben 

vectiva entgegnete Piso mit einer Plugschrift und suchte Piso den ROmer der guten alten Zeit heraus- 

Q. Cicero hielt es fur angemessen, dass sein Bruder zukehren ; doch war er der griechischen Bildung 
den Kampf fortsetze (ad Qu. fr. Ill 1, 11), aber 20 keineswegs fremd (vgl. z. B. S 23; P 68; p. red. 

dies erfolgte ebensowenig, wie die Anklage, mit der 14. Ascon. p. 14). Die Hypothesen fiber seine 

dem Gegner gedroht worden war (P 94. 96). Im Villa in Herculanum , seine Bibliothek und sein 

Gegenteil, Piso, der ruhig in Rom lebte, ohne an Portrait sind von M o m m s e n (Archaeol. Ztg. 

den politischen Kampfen teilzunehmen und nur XXXVIII 32) mit vollstem Recht zurfickgewiesen 

700 = 54 unter den Ffirsprechern des M. Scaurus worden ; die Beziehung der Inschrift CIL XIV 3591 

auftrat (Ascon. Scaur, p. 24), gelangte sogar 704 (vgl. Nr. 81) ist zweifelhaft. [Miinzer.] 

= 50 mit Ap. Claudius Pulcher zur Censur (Caes. 91) C. Calpurnius Piso Crassus Frugi Lici- 

b. c. I 3, 6. Tac. ann. VI 10. Invect. in Sail. 16. nianus, genannt auf der Inschrift CIL VI Suppl. 

Dio XL 63, 2), was gar nicht sein Wunsch war 31725 (wohl Grabschrift). Seinem Namen zu- 
(Dio). Das Schweigen des Gegners fiber seine 30 folge Nachkomme des M. Licinius Crassus Prugi 

Verwaltung dieses Amtes spricht zu seinen Gunsten ; cos. 27 n. Chr. 

es scheint, dass er damals schon eine neutrale 92) (Calpurnius?) Piso Prugi, einer der sog. 

Stellung zwischen den Parteien einnahm , denn dreissig Tyrannen. Er erscheint nur in der Hist, 

wahrend er einen Caesarianer, Sallust, aus dem Aug., die folgendes von ihm zu erzahlen weiss: 

Senat stiess (Invect. in Sail. 16. Dio XL 63, 4), Macrianus, der gerade (im J. 261 n. Chr.) die 

nahm er den anderen, Curio, in Schutz (Dio). Macht im Orient in Handen hatte, sandte den 

Beim Ausbruch des Bfirgerkrieges trat er im Senat Piso Frugi nach Europa, um den Proconsul von 

fur seinen Schwiegersohn ein (Plut. Pomp. 58, 4) Achaia Valens zu toten. Als jedoch Piso erfuhr, 

und erbot sich, als Vermittler zu ihm zu gehen dass Valens sich zum Kaiser habe ausrufen lassen, 
(Caes. b. c. 13, 6), aber als jener gegen Rom40begab er sich nach Thessalien, usurpierte auch 

marschierte , verliess er die Stadt und gab ihm fur sich die kaiserliche Wttrde, obwohl er nur einen 

dadurch seine Missbilligung zu verstehen , was geringen Anhang hatte (paueis sibi eomentien- 

ihm selbst Ciceros Hochachtung wiedergewann (ad tibus , Trig. tyr. 21, 1, dagegen cum plurimis 

fam. XIV 14, 2; ad Att. VII 13, 1). Freilich schloss interfectus est, Gallien. 2, 4), und nahm den Bei- 

er sich auch dem Pompeius nicht an , sondern namen Thessalieus an. Doch wurde er bald von 

erklarte nochmals seine Bereitwilligkeit den Frie- Soldaten, die Valens gegen ihn ausgesendet hatte, 

den zu vermitteln (Dio XLI 16, 4), wiederholte getotet. Auf die Kunde von dem Tode des durch 

dasselbe dem Caesar nach dem spanischen Feldzuge viele persSnliche Tugenden ausgezeichnetenMannes 

(Plut. Caes. 37, 1) und verwandte sich spater fur beschloss der Senat am 25. Juni die Consecration, 
einen von dessen entschiedensten Gegnern , den 50 eine Triumph alstatue (die Trebellius Pollio noch 

M. Marcellus (Cic. ad fam. Ill 4, 3). Nach der sellbst gesehen haben will) u. a. fur Piso, wobei 

Ermordung des Dictators forderte er in der Senats- auf die Zustimmung des Kaisers Gallienus ge- ■ 

sitzung vom 17. Marz 710 = 44 ein Cffentliches rechnet wurde. Piso hatte einer nobilissima tunc 

Begrabnis und voile Giiltigkeit des Testaments et eonsularis familia angehert und war dem Ge- 

(Suet. Caes. 83. Appian. b. c. II 135f.), das der schlechte jener Pisonen entsprossen, mit welchen 

Verstorbene in seine Hande (nach Sueton viel- sich Cicero verschwagert hatte, Gallien. 2, 2. 3. 

mehr in die der Obervestalin, wie spater Augustus) 4; Trig. tyr. 19. 21. Da diese Erzahlung an Un- 

niedergelegt hatte (vielleicht ist hierauf das Frag- wahrscheinlichkeiten und Widerspruchen leidet und 

ment eines Briefes Caesars an Piso bei Charis. p. 79, fiberdies echte Miinzen von Piso nicht erhalten 
22 zu beziehen), und leitete selbst die Bestat- 60 sind (vgl. Eckhel VII 461. Cohen VI 8), wird 

tungsfeierlichkeit (Appian. II 143). Anscheinend man diesen aus der Zahl der Usurpatoren streichen 

suchte man ihn spater aus der Hauptstadt zu ent- und zu jenen rechnen dttrfen , die der Verfasser 

fernen (Cic. ad Att. XV 26, 1), indes er blieb und der Triginta tyranni aus eigener Machtvollkom- 

fuhr fort, beiden extremen Richtungen entgegen- menheit zu Kaisern erhob , um die Zahl seiner 

zutreten. So wagte er allein am 1. August, da Dreissig vol] zu bekommen. Die Ehrung Pisos 

Cicero noch fern war, die Anspruche des Antonius im Senate, die ubrigens gewiss nicht die Con- 

zurfickzuweisen (Cic. Phil. I 10. 14. V 19; ad Att. secration in sich schloss, weist eher darauf hin, 

XVI 7, 7; ad fam. XII 2, 1), was ihm allgemeinen dass er sich im Kampfe gegen Valens ffir Gal- 



1391 Calpurnius Calpurnius 1392 

lienus erklarte (Schiller Geschichte der rOm. der Partei der Mfirder Caesars an, wurde nach 

Kaiserzeit I 2 , 835). Dass Piso zu dem Ge- ihrem Untergange begnadigt und hielt sich vom 

schlechte der Calpurnii Pisones gehorte, ist sehr politischen Leben fern, bis ihn Augustus 731 = 23 

wohl mSglich, andererseits wieder sehr zweifel- als seinen Collegen zum Consul suffectus erhob 

haft, ob er das in dieser Zeit kaum gebrauchliche (f. Cap. f. fer. Lat. CIL 12 p. 58. Chronogr. Idat. 

Cognomen Frugi wirklich gefuhrt hat. Vgl. Bern- Chron. Pasch. Cassiod. Tac. Dio LIII 30, 1 und 

hardt Geschichte des r6m. Eeiches von Valerian ind.). Die Ansicht, dass an diesen Piso und seine 

bis zu Diocletians Regierungsantritt I 78ff. Schil- beiden Sonne die Ars poetica des Horaz gerichtet 

ler a. a. 0. [Groag.] sei, vertritt besonders Michaelis (Comment. 

93) C. Calpurnius Piso Frugi, Sohn von Nr. 98. 10 Mommsen. 431); s. u. S. 1399. [Miinzer.] 
Er verlobte sich Ende 683 = 67 (vgl. Drutnann 96) L. Calpurnius Piso Frugi, Sohn eines Lu- 
G. K. II 83) mit Tullia, der Tochter Ciceros (Cic. cius , empfing den zweiten Beinamen von seiner 
ad Att. I 3, 3), war Triumvir monetalis um 693 Bechtschaffenheit (Cic. Sest. 21 ; Tusc. Ill 16. 
= 61 (Mommsen M(inzwesen624 nr. 264), wurde Schol. Bob. Flacc. p. 233. Plin. paneg. 88). Als 
695 = 59 von L. Vettius der Teilnahme an der Volkstribun gab er 605 = 149 das erste Gesetz 
erdichteten VerschwOrung gegen Pompeius be- gegen Erpressungen, welches die Ausbildung der 
schuldigt (Cic. ad Att. II 24, 3 ; Vatin. 26. Schol. Quaestiones perpetuae zur Folge hatte (Cic. Brut. 
Bob. Sest. p. 808f.) und war namentlich im In- 106; Verr. Ill 195. IV 56; off. II 75. Lex repe- 
teresse seines Schwiegervaters thatig, als dessen tundarum CIL 1 198 v. 74; vgl. Mommsen ebd. 
Verbannung erfolgte. Vergeblich hatte er vorher 20 p. 54f.). Als Praetor kampfte er ungliicklich 
fur ihn bei Pompeius um Schutz gegen Clodius gegen die empOrten Sclaven in Sicilien im J. 618 
gebeten (Plut. Cic. 31, 2), und gleich erfolglos = 136 (Flor. II 7, 7; vgl. Wilms Jahrb. f. Philol. 
blieben seine eifrigen Bemuhungen um Ciceros CLI 213), mit besserem Erfolge dagegen 621 = 
Zuriickberufung im folgenden Jahre, 696 = 58, be- 133 als Consul (f. Cap. Lex agrar. CIL I 200 
sonders die dringenden Gesuche, die er an seinen v. 1. 4. 15. 27. 28. 29. 33. Chronogr. Idat. Chron. 
Verwandten, den Consul L. Piso Nr. 90, richtete Pasch. Cassiod. Cic. Verr. IV 108. Ps.-Ascon. 
(Cic p. red. 17. 38; Sest. 54. 68. Schol. Bob. z. d. Verr. p. 149. Veil. II 2, 2, vgl. auch Nr. 73). 
St. p. 248. 300). Er selbst war damals Quaestor Er stellte die gelockerte Disciplin mit Strenge 
und sollte nach Pontus undBithynien gehen, blieb wieder her (Val. Max. II 7, 9. Front, strat. IV 1, 
aber in Bom , um weiter fur Cicero zu wirken 30 26), wusste aber auch die Tapferen nach Verdienst 
(Cic. p. red. 38; ad. Quir. 7); noch vor dessen zu belohnen, unter ihnen seinen eigenen Sohn 
Biickkehr, also in der ersten Halfte des J. 697 (vgl. Nr. 97). Er nahm Murgentium ein (Oros. 
= 57 ereilte ihn plotzlich der Tod (Cic. Sest. 68). V 9, 6, iiber den Namen der Stadt vgl. S chafer 
Cicero spendet seinem Charakter und seinen geisti- Jahrb. f. Philol. CVII 71) und belagerte Henna, 
gen Anlagen reiches Lob (ad fam. I 1, 4. 2, 2; wie dort gefundene Schleuderbleie lehren (CIL I 
Brut. 272; Cat. IV 3; in Pis. bei Ascon. p. 4; 642. 643 = X 8063, 2 = Ephem. epigr. VI 1), 
vgl. noch Macrob. II 3, 13. 16). [Miinzer.] doch erlag diese Festung erst seinem Nachfolger. 

94) C. Calpurnius L. f. Piso Frugi wurde Auch fur die Getreideversorgung der Hauptstadt 
neben Cn. Calpurnius Piso von den Athenern durch war er damals thatig (Cic. Verr. Ill 195). In 
eine Statue geehrt (CIA III 601. 602). Ditten-40der Folgezeit trat er mit grosser Entschiedenheit 
berger halt C. Piso Frugi fur identisch mit M. dem C. Gracchus entgegen; besonders dessen Ge- 
Licinius Crassns Frugi cos. 27 n. Chr., dem mut- treidegesetz gab zu erbittertem Streit zwischen 
masslichen Sohne des L. Piso pontifex (Nr. 99), beiden Mannern Anlass (Cic. Font. 39 ; Tusc. Ill 
und meint , dass er vor seiner Adoption durch 48. Schol. Bob. p. 233 ; vgl. im allgemeinen Cic. 
einen Licinier diesen Namen gefuhrt habe. Cn. Brut. 106 Piso multarum legum aut auetor aut 
Piso sei der spater L. Piso genannte College des dissuasor fuit). Bei Dionys. II 38, 3. 39, 1. 
Crassus Frugi im Consulat (Nr. 76). Demnach Plin. n. h. XIII 87. Censor, de die nat. 17, 11 
seien die beiden Inschriften vor dessen Namens- wird Piso als Censorius bezeichnet, was kaum als 
anderung (20 n. Chr.) gesetzt. Die Bichtig- wirkliches Cognomen zu fassen ist; nach der ge- 
keit dieser Hypothese muss vorlauflg dahingestellt 50 wohnlichen Annahme (de Boor Fasti censorii 87) 
bleiben. [Groag.] verwaltete er die Censur 634 = 120, Mommsen 

95) Cn. Calpurnius Piso Cn. f. Cn. n. (Frugi?) (St.-R. Ill 970, 2) hat sie jedoch mit ziemlicher 
also wohl Sohn von Nr. 69 (Borghesi Oeuvres Wahrscheinlichkeit auf 646 = 108 verlegt. 
V305); nur eine Miinze seines Sohnes Cn. Piso [Miinzer.] 
(Nr. 70) bei Babelon I 306 nr. 37 giebt ihm den Beden des Piso aus seiner ausgedehnten poli- 
Beinamen Fru(gi). Er war sein ganzes Leben lang tischen und gerichtlichen Thatigkeit erwahnt Ci- 
ein iiberzeugter Bepublicaner, daher zog er schon cero Brut. 106 , doch waren sie schon damals 
als ganz junger Mann nach dem mithridatischen nicht mehr erhalten. 

Kriege den Tribunen Manilius wegen seines bekann- Von grosserer Bedeutung war dagegen das 

ten Gesetzes vor Gericht (Val. Max. VI 2, 4). Hatte 60 Geschichtswerk des Piso , das von den Schrift- 

er sich bei dieser Gelegenheit dem Pompeius feind- stellern nicht selten erwahnt wird. Sein Titel 

lich erwiesen, so trat er spater im Biirgerkriege muss annates gelautet haben, wie die Citate bei 

dennoch auf dessen Seite. Er war 705 = 49 sein Gellius (frg. 8 Peter in primo annali, 27 in 

Proquaestor in Hispania ulterior (Mommsen tertio annali, 19 in seeundo annalium), bei Pli- 

Miinzwesen 655) , ging dann mit Afranius und nius (frg. 10 und 13 primo annaliwm), bei Cen- 

Petreius nach Africa iiber und beteiligte sich an sorinus (frg. 36 in annali septimo) und bei Pri- 

den Kampfen von 708 = 46 (bei Afr. 3, 1. 18, 1. scian (frg. 18 in seeundo annalium) beweisen und 

Tac. ann. II 43). In der Folgezeit schloss er sich durch das Citat bei Dionys (frg. 14 Sv xfj jtQwrn 



1393 Calpurnius Calpurnius 1394 

-rcov ivtavolcov avayQacpwv) bestatigt wird. Wenn Lebensauffassung , die sich in Kom immer mehr 

dagegen Plinius (frg. 11) primo commentario- und mehr auszubreiten begann, auf das ent- 

rum und Priscian (frg. 17) historiarum I bieten, schiedenste bekampft. Frg. 40 tadelt er die 

so will dies deshalb nichts besagen, weil ja gerade uberhandnehmende Sittenlosigkeit der rOmischen 

diese beiden Schriftsteller an anderer Stelle den Jugend, und auch in frg. 38 Hagt er, dass seit 

richtigen Titel des Werkes geben. der Censur des M. Messalla und C. Cassius die 

Pisos Annalen behandelten die rOmische Ge- pudieitia subversa sei. Dem gegeniiber erscheint 

schichte von ihren friihesten Anfangen an bis auf uberall die gute alte Zeit und das alte echte Eomer- 

die Zeit des Verfassers selbst herunter, denn einer- turn verherrlicht , und Musterbeispiele aus jener 
seits ist in frg. 2 von Aeneas die Rede, anderer- 10 vergangenen Zeit waren in dem Werke offenbar 

seits aber flndet sich als spatestes erwahntes Er- vielfach eingestreut (s. frg. 8. 27 und vor allem 33). 

eignis die Feier der Saecularspiele von 146 in Es scheint Piso uberhaupt mit seinem ganzen 

frg. 39. Werke einen gewissen paedagogischen Zweck ver- 

Das Werk war im Gegensatz zu denen der folgt zu haben, insofern er dem entarteten eigenen 

altesten Annalisten bereits in Bucher eingeteilt, Zeitalter als Muster die gute alte Zeit hinstellen 

von denen das erste in frg. 8. 10. 11. 13. 14. 17, und zur Efickkehr zu deren gesunden,. einfachen 

das zweite in frg.. 18 und 19, das dritte in 27 Sitten mahnen will. 

und das siebente in 36 angefiihrt werden. Da Was die Art der Darstellung anlangt, so be- 

Fragment 36 ein Ereignis aus dem J. 158 v. Chr. zeichnet Cic. Brut. 106 die annates als sane exi- 

betrifft, wird Buch VII das letzte des ganzen 20 liter seriptos , und die fortlaufende , sich immer 

Werkes gewesen sein. gleichartig wiederholende annalistische Erzahlung 

In welcher Weise der Stoff auf diese sieben mag ja diirftig und trocken genug gewesen sein. 

Bucher verteilt gewesen ist, lasst sich nicht mit Allein uberall dort, wo sich Gelegenheit bot, in 

Sicherheit sagen, doch ergiebt sich aus den oben ausfuhrlicherer Darlegung einzelne Ereignisse, 

angefiihrten Fragmenten mit Buchangabe soviel, Anekdoten u. dergl. zu berichten, hat es Piso 

dass das erste Buch die Konigszeit zum min- verstanden, in einer ganz eigenartig anmutenden 

desten bis auf Servius Tullius hinab, wahrschein- naiven Art den Stoff zu behandeln. Die beiden 

lich aber bis zu ihrem Ausgange behandelte. ausfiihrlicheren wOrtlichen Fragmente 8 und 27 

Buch II enthielt bestimmt die alteste republica- geben uns ein Bild von dieser altmodischen wuch- 

nische Geschichte, da frg. 19 die Ereignisse des 30 tigen Darstellungsweise. An letzterer Stelle wird 

J. 509 betrifft. In Buch III war dann das Werk z. B. Cn. Flavius in der Erzahlung innerhalb 

bereits bis mindestens 304 vorgeschritten, da aus sieben Zeilen nicht weniger als dreimal mit seinem 

diesem Buche frg. 27, die Geschichte des Cn. Fla- vollen Namen On. Flavius, Anni filius genannt. 

vius, stammt. Die letzten vier Bucher haben Dem Urteil des Gell. XI 14 iiber die dort aus- 

dann noch einen Zeitraum von etwa 150 Jahren geschriebene Stelle simplieissima suavitate et 

behandelt, ohne dass sich bei dem Fehlen von rei et orationis kann man sich unbedingt an- 

Buchcitaten Genaueres vermuten liesse. schliessen. 

Schon diese Ubersicht zeigt, dass Pisos Anna- Im einzelnen wissen wir nur wenig tiber die 

len in der Hauptsache noch immer dem Bilde historische Darstellung des Piso. Als Griindungs- 
■entsprechen , das Dionys. I 6 von den Werken40jahr der Stadt nahm er das J. 758 an (Cens. 

der altesten rOmischen Annalisten entwirft, inso- de die nat. XVII 13). Unter jedem Jahre scheint 

fern auch bei ihm die Sagengeschichte und die er gewissenhaft die samtlichen Magistrate nament- 

seiner eigenen Lebenszeit vorangegangene histo- lich aufgefiihrt zu haben (so frg. 28 die Aedilen 

rische Periode ausfiihrlich , dagegen die altere des Jahres 299) , und eine Eigentiimlichkeit von 

lepublicanische Zeit nur kurz behandelt war. An ihm scheint es gewesen zu sein, dass er die Namen 

Glaubwiirdigkeit ubertraf er sicher die Mehrzahl der Beamten jedesmal mit Zufugung des Vaters- 

der rOmischen Annalisten , und ausdriicklich be- namens gegeben hat (vgl. frg. 27. 28 und 36). 

zeichnet ihn Plinius an zwei verschiedenen Stellen Trotz seiner Wichtigkeit ist die Benutzung 

{frg. 10 und 38) als gravis auetor. Eine gewisse von Pisos Geschichtswerk nur auf einen verhalt- 

Gewahr fur die Zuverlassigkeit des Mannes auch 50 nismassig kleinen Kreis von Schriftstellern be- 

als Schriftsteller bietet ja schon sein gauzes Leben schrankt geblieben. Von Historikern kennen es 

und seine ganze PersOnlichkeit. Die strenge Recht- nur Livius und Dionys. Ersterer citiert es im 

lichkeit, die ihn als Menschen auszeichnete, wird ganzen sechsmal und zwar zunachst I 55, 7 (frg. 

ihm auch in seinem Geschichtswerkejedebewusste 16) fur die Geschichte des Tarquinius Superbus, 

Falschung oder Entstellung der Ereignisse als dann II 32, 3 (frg. 22) fur die Secession des 

verwerflich haben erscheinen lassen. Die Dar- J. 494 und II 58, 1 (frg. 23) fiir die ersten in 

stellung wird demnach noch verhaltnismassig frei den Tributcomitien gewahlten Volkstribunen des 

gewesen sein von der spater uberwuchemden Bil- J. 471. Erst nach langer Pause citiert er ihn 

dung von Falschungen und Legenden. Es ist dann wieder IX 44, 2 (frg. 26) und X 9, 12 

jedenfalls charakteristisch fur den Standpunkt 60 (frg. 28) fur die J. 305 und 299, jedoch beidemal 

Pisos,_ dass dort, wo er Anekdoten giebt, fiir die in einer Weise, dass er ihm nur von seiner Haupt- 

•er keine unbedingt sichere historische Unterlage quelle abweichende Angaben entnimmt. Aber es 

haben konnte, er dies durch ein einsehrankendes darf als sicher gelten, dass Livius auch an manchen 

dieunt oder dieitur zu erkennen giebt. Noch in anderen Stellen jener Partien der ersten Dekade. 

dem Bericht fiber Cn. Flavius aus dem J. 304 wo er sich allgemein auf annates oder auetores 

(frg. 27) flndet sich dieses dieitur zweimal. quidam beruft, den Piso meint. Unbedingt ist 

Wie in seiner politischen Thatigkeit hat Piso dies der Fall IX 46, 2, wo durch den Vergleich 

auch in seinen Annalen den neuen Geist, die neue mit Gell. VII 9 die Benutzung des Piso langst 



1395 Calpurnius Calpurnius 1396 

erkannt worden ist. In den spateren Dekaden genossenkrieges (Mommsen Miinzwesen 580 nr. 

nennt Livius den Piso nur noch ein einziges Mai, 209) , beantragte vielleicht als Volkstribun nach 

XXV 39, 15 (frg. 32), und es ist deshalb wenig dessen Beendigung die Einrichtung von zwei neuen 

wahrscheinlich, dass er inn fiir diese noch in Tribus und die Verleihung des Biirgerrechts an 

weiterem Masse benutzt hat. die Soldaten (Sisenna frg. 17. 120 Peter, vgl. 

Die ersten zwei oder drei Bucher des Piso Kiene Der rOm. Bundesgenossenkrieg 229, der 

sind dann eine Hauptquelle des Dionys von Hali- aber an Nr. 89 denkt), klagte wenige Jahre spater 

karnass gewesen, der ihn, wie die Fragmente 3, den P. Gabinius an (Cic. div. in Caec. 64) und 

5, 14 und 15 beweisen, vor allem fur seine Dar- wurde Praetor 680 = 74 zusammen mit Verres, 
stellung der KOnigszeit zu Grunde gelegt hat. 10 dem er vielfach entgegentrat (Cic. Verr. I 119. 

Allein auch fiir die Ereignisse der J. 439 und 399 IV 56. Ps.-Ascon. z. d. St. p. 192). Er ist jeden- 

hat er ihn noch angefiihrt (frg. 24 und 25), und falls auch der L. Calpurnius, den Cicero (Caec. 35) 

es diirfte daher gerade bei Dionys auch sonst seinen Preund nenut; wenige Jahre nach dieser 

noch besonders viel pisonisches Gut enthalten sein. Ausserung verlobten sich die Kinder beider mit 

Der dritte Autor , der Pisos Annalen in aus- einander (vgl. Nr. 93). Ferner konnte er der Piso 

giebigerer Weise benutzt hat, ist Plinius, in dessen Prugi sein, der kurz nach 680 = 74 den C. Iunius 

Naturgeschichte Piso nicht weniger als dreizehn- verteidigte (Schol. Gronov. p. 3S)5). [Miinzer.] 
mal ausdrucklich citiert wird. Dass aber auch 99) L. Calpurnius Piso Frugi pontifex. a) Name, 

ausserdem noch manches andere bei Plinius auf A. KaXjiovgviog A. vi. Iliacov (povguos Dio ind. 1. 
Piso zuriickzufiihren ist, lehrt schon der Umstand, 20 LIV (der Name <I>ovQTiog ist aus Frugi verderbt, 

dass Piso in den Quellenverzeichnissen zu funf- doch zweifelt K 1 e b s Prosopogr. I 286 nr. 249, 

zehn verschiedenen Btlchern genannt ist, darunter ob Piso thatsachlich auch dieses Cognomen fuhrte, 

mehreren solchen, in denen er dann nicht direct da er sonst nicht zur Unterscheidung von anderen 

citiert wird. Plinius scheint demnach das ganze Lucii Pisones pontifex genannt worden ware ; eine 

Werk des Historikers excerpiert zu haben. definitive Entscheidung ist hier vorlaufig nicht 

Die Mehrzahl der iibrigen Fragmente ver- mOglich, immerhin kann aber auch unseres Pon- 

danken wir Varro , der nicht nur in den erhal- tifex Zeitgenosse L. Piso augur Nr. 74, der Sohn 

tenen Schriften den Piso citiert (frg. 1. 6. 9), des Cn. Piso Frugi, das Cognomen Frugi gefuhra 

sondern auch zweifellos die Pisocitate dem Macro- haben , weshalb man die beiden gleichnamigen 
bius (frg. 42 und 43), Servius (frg. 4 und 44), 30 Manner durch die Angabeihrerpriesterlichen Wurde 

Arnobius (frg. 45), Tertullian (frg. 7), Lactantius unterschieden hatte). L. Calpurnius L. f. Pisa 

(frg. 41) und wohl auch Censorinus (frg. 36 und pontif(ex) CIL XI 1182 (Veleia); L. Calpurnius 

39), sowie Plutarch (frg. 12) vermittelt hat. Da- Piso pontifex oder L. Piso pontifex Acta Arva- 

gegen kann Gellius (frg. 8. 19. 27) die Annalen lium; L. Piso pontifex CIL VI 20743. Tac. ann. 

selbst eingesehen haben, und das Gleiche gilt von VI 10; L CIL 12 p. 64 Fasti Colotianij 

Cicero, der Piso einmal (frg. 40) anfiihrt und dessen Kahiovgviog JIlocov Dio LIV 21, 1; L. Piso oder 

Urteil iiber die Annalen bereits oben erwahnt nur Piso sonst bei den Schriftstellern. 

wurde. b) Leben. Pontifex (s. o.). Frater Arvalis, in 

Von den Grammatikern ist das Werk fast ganz- den Arvalacten der J. 14, 20, 21 und 27 n. Chr. 
lich vernachlassigt worden, obgleich es fiir sie ge- 40 als anwesend genannt (CIL VI 2023. 2024. Ephem. 

wiss eine reiche Ausbeute , zumal an altertiim- epigr. VIII p. 318). Er war viermal Magister des 

lichen Worten, Formen und Wendungen hatte Collegiums der Arvalbrfider, das viertemal im 

bieten miissen. Einzig Priscian fiihrt zwei Stellen J. 27 n. Chr. (CIL VI 2024). Consul ordinarius 

daraus (frg. 17 und 18) an. im J. 739 = 15 v. Chr. mit M. Livius Drusus 

In neuerer Zeit ist verschiedentlich der Ver- Libo (die Belegstellen s. o.). Wahrscheinlich zur 

such unternommen worden, Piso als Hauptquelle Zeit der Kriege des Augustus gegen die Alpen- 

der uns erhaltenen Historiker, des Livius, Diodor vOlker (25 — 14 v. Chr.) verwaltete er als Pro- 

und anderer, zu erweisen; allein das uns vor- consul in ausserordentlicher Stellung die Trans- 

liegende Material ist so geringfiigig, dass sich padana. Damals warf ihm der Rhetor C. Albucius 
etwas Sicheres hier nicht feststellen lasst. 50 Silus wahrend eines Processes, der in Mailand vor 

An Litteratur vgl. H. Liebaldt De L. Cal- Pisos Tribunal geftihrt wurde, vor, dass er Italien 

purnio Pisone annalium scriptore, Naumburg 1836, wieder zur Provinz erniedrige (Suet, de rhetor. 6 ; 

und vor allem die Ausfuhrungen von Peter Hist. vgl. Mommsen St.-R. II s 239. 1. Gardthausen 

Bom. rel. p. CLXXXVIIIff.; mehr bei Teuffel- Augustus I 2, 713f. II 2, 396). In der namlichen 

Schwabe R. L.-G. § 132, 4. Die Fragmente Stellung unternahm Piso, wie es wenigstens den 

sind gesammelt bei Peter Hist. Rom. rel. Anschein hat, im J. 16 v. Chr. eine Expedition 

p. CXVIII — CXXXVH und frg. p. 76—86. gegen die Vennoneten und begab sich nach deren 

[Cichorius.] Unterwerfung zu Augustus nach Lyon. Denn dass 

97) L. Calpurnius Piso Frugi, Sohn des Vor- wir den Piso, von welchem Orosius VI 21, 22 dies 
hergehenden , diente unter seinem Vater 621 = 60 berichtet (er redet von den Vindelikern schlechthin, 
133 im ersten Sclavenkriege und wurde von ihm doch vgl. hiezu und zur Zeitbestimmung Zippel 
durch Verleihung einer corona aurea ausgezeich- Rem. Herrsch. in Illyrien,Leipz. 1877,262), mit un- 
net (Val. Max. IV 3, 10. Plin. n. h. XXXIII 38). serem Piso zu identificieren haben, wird durch das 
642 = 112 war er Praetor in Hispania ulterior zeitliche Zusammentreffen dieses Feldzuges in das 
und fand dort im Kampfe seinen Tod (Cic. Verr. Alpengebiet mit seinem Proconsulat von Gallia cis- 
IV 56. Appian. lb. 99). alpina wahrscheinlich gemacht. Die Reise nach 

98) L. Calpurnius Piso Frugi, Sohn des Vor- Lyon deutet vielleicht darauf hin, dass diese Unter- 
hergehenden,warMiinzmeister zur Zeit des Bundes- nehmung den Abschluss seines Proconsulates bil- 



1397 Calpurnius Calpurnius 1398 

dete, bekleidete er doch bereits im folgenden Jahre der dieses hohe Amt bekleidete, das durch die jahre- 

(15 v. Chr.) den Consulat (s. o.). Nach Dios Be- lange Abwesenheit des Kaisers von Rom (seit dem 

richt (LIV 34, 6) war Piso im J. 741 = 13 v. Chr. J. 26) erst unter ihm seine voile Bedeutung ge- 

Statthalter von Pamphylien. Da dies jedoch nie- wann. Pisos Amtsffihrung wird sehr geriihmt. 

mals eine consularische Provinz war , muss hier Tacitus stellt ihm das Zeugnis aus, dass er seine, 

ein Irrtum Dios vorliegen. Marquardt (Rom. den Romern noch ungewohnte Gewalt mit be- 

Staatsverw. 12 417, 4) ist der Ansicht, dass Pam- wundernswerter Massigung handhabte (ann. VI 

phylien damals mit Syrien zusammen verwaltet 10); Velleius (II 98, 1) und Seneca (epist. XII 

worden sei und Piso, demnach Statthalter von 1, 14) gedenken seiner eifrigen und milden Tha- 
Syrien, sich im J. 13 nur zufallig in Pamphy- lOtigkeit, die auch Tiberius vollen Beifall fand 

lien befunden habe. Dagegen halten Zippel (Senec. epist. XII 1, 15; sonst wird seine Stadt- 

(a. a. 0. 245 f.) und Mo mm sen (Romische Ge- praefectur noch erwahnt Suet. Tiber. 42. Plin. 

schichte V 13, 1) Piso fur den — wahrschein- n. h. XIV 145. Dio LVIII 19, 5. Porphyr. zu 

lich ersten — Statthalter Moesiens. Wenn man Hor. ars poet. 1). Piso starb im J. 32, nachdem 

Dios Worte nicht fur vOllig unrichtig oder fur er ein Alter von 80 Jahren erreicht hatte. Der 

schlecht tiberliefert halten will, diirfte allerdings Senat erwies ihm durch ein funus publicum die 

die Annahme Marquardt s vorzuziehen sein, fiir letzte Ehre (Tac. ann. VI 10. 11. Dio LVIH. 

welche tibrigens auch die Reihenfolge der Opera- 19, 5). 

tionen im Thrakerkrieg spricht. Wahrend Piso c) Familie. Piso war der Sohn des L. Calpurnius 

demnach vermutlich Syrien und Pamphylien ver- 20 Piso Caesoninus (Nr. 90) Consuls im J. 696 = 58,. 

waltete, entstand unter den Thrakern ein bedroh- Censors im J. 704 = 50 v. Chr. (Tac. ann. VI 10). 

licher Aufstand. Die Besser fielen unter einem Seine Sch wester war daher Calpurnia, die Gattin 

Dionysospriester Vologaesa (vgl. Tomaschek S.- Caesars. Piir die beiden SOhne, die er der Ars 

Ber. Akad. Wien. 1894 i 11) ab, iiberwaltigten die poetica des Horaz (s. u.) zufolge gehabt haben 

den Romern ergebenen Odrysenfiirsten und brachen muss, halt Mommsen (Ephem. epigr. I p. 145) 

in die Chersones ein, die sie furchtbar verwiiste- den L. Piso (Nr. 75) und den M. Licinius Crassus 

ten. Gleichzeitig machten die Sialeten einen ver- Prugi cos. 27 n. Chr. , der dann von einem Li- 

heerenden Einfall in Makedonien. Piso wurde von cinier adoptiert worden sei. Die Annahme hat 

Augustus rait der Kriegfiihrung gegen die Auf- vieles fiir sich, u. a. auch, dass ein Sohn dieses 
standischen betraut. Er folgte den Bessern in 30 Crassus den Namen L. Calpurnius Piso Prugi 

ihr Land, wurde zwar zuerst geschlagen, erfocht Licinianus (Nr. 100) fiihrte, d. h. bis auf das letzte 

aber dann einen Sieg und nahm nun die Unter- Cognomen den Namen seines Grossvaters. Pisos 

jochung der Besser und der anderen Stamme, die Tochter war vermutlich Calpurnia (Nr. 127), die Ge- 

sich diesen angeschlossen hatten, in AngrifT. In mahlin des Nonius Asprenas cos. 6 n. Chr. ; vgl. 

drei Jahren (741—743 = 13 — 11 v. Chr.) hat er die Stammtafel. Eine Sclavin Pisos (lulla L. Pi- 

seine Aufgabe vollstandig durchgefiihrt (Dio LIV sonis pontif.) wird CIL VI 20 743 genannt. 
34, 5—7. Veil. II 98, 1. 2. Plor. II 27. Liv. d) Charakter. Sehr schen schildert diesen Vel- 

per. 140. Senec. epist. XII 1, 14. Zonar. X 34. leius (II 98, 3): jeder miisse iiber Piso das Urteil 

Antipat. Anthol. Pal. VI 335. IX 428; Plan. 184; fallen, dass in seinem Charakter Kraft und Milde 
vgl. Schiller Geschichte der rom. Kaiserzeit 1 40 sich verbinden und kaum jemand gefunden wer- 

1, 236. Mommsen R. G. V 21f.). Fiir seine den kann, der trotz aller Liebe zur Musse leichter 

Thaten wurden ihm die Triumphalinsignien und seinem Amte gewachsen und in der Erfiillung 

eine supplicatio bewilligt (Dio LIV 34, 7. Tac. seiner Pfiichten thatiger ist ohne jede Zurschau- 

ann. VI 10). Tiberius ernannte ihn zum Praefectus tragung dieser Thatigkeit. Tacitus (ann. VI 10) 

urbi , wahrscheinlich sehr bald nach seinem Re- riihmt seine weise Massigung im Senate, in wel- 

gierangsantritt (14 n. Chr.). Allerdings bemerkt chem er sein Votum menials in servilem Sinne 

Tacitus (ann. VI 11) bei der Erwahnung von Pisos abgab (demnach kann auch er Tac. ann. II 32 

Tod im J. 32, dass dieser zwanzig Jahre hin- und III 68 nicht gemeint sein, vgl. bei L. Piso 

durch Stadtpraefect gewesen sei. Dies wurde auf augur Nr. 74 und bei L. Piso Nr. 75). Nichts- 
das J. 12 fiihren. Andererseits geben jedoch Pli- 50 destoweniger war er mit Tiberius derart befreundet, 

nius (n. h. XIV 145) und Sueton (Tiber. 42) aus- dass dieser ihn und Pomponius Placcus als die 

drucklich an, dass Pisos Ernennung unter Tiberius ihm willkommensten Preunde bezeichnete (Suet. 

Herrschaft erfolgte. Diesen Widerspruch suchten Tiber. 42). Als wackerer Zecher stellte Piso vollauf 

Klebs (Rh. Mus. XLII 1887, 164ff.) durch Ande- seinen Mann (Senec. epist. XII 1, 14. 15. Plin. n. h. 

rung des XX der Tacitus-Handschrift in XV, XIV 145. Suet. Tiber. 42. Antipat. Anthol. Pal. 

Mommsen (St.-R. 113 1060, 3) und ahnlich IX 541; Plan. 184). Er dichtete selbst und war 

Vigneaux (Essai sur l'hist. de la Praefectura zugleich ein Gonner der Dichter (Porphyr. zu 

urbis , Paris 1896, 57) durch die Annahme zu Hor. ars poet. 1). Zu seinen Schiitzlingen gehorte 

beseitigen, dass Piso zwar noch unter Augustus, Antipatros von Thessalonike , der in mehreren 
aber nach der Ubernahme der Mitregentschaft 60 Epigrammen bald Pisos Helm besingt (Anthol.. 

durch Tiberius auf des letzteren Veranlassung Pal. VI 241), bald das Schwert Alexanders des 

ernannt worden sei. Das Richtige diirfte Herzog Grossen, das in Pisos Besitze war (IX 552), bald 

treffen (Rom. Staatsverfassung II 1, 244, 1): er fur eine Reise seines Patrons nach Asien (Syrien ? 

meint , dass die zwanzig Jahre bei Tacitus als s. o.), auf welcher er diesen begleitete, die Gunst 

runde Zahl aufzufassen seien, dass Piso demnach der Getter erfleht (X 25). Er besang auch in 

gleich nach Tiberius Thronbesteigung Praefect einem nicht erhaltenen Epos Pisos Thrakerkrieg 

wurde und es ca. 18 Jahre blieb. Er war nach (1X428; sonstige an Piso gerichtete Epigramme 

Messalla Corvinus und Statilius Taurus der dritte, des Antipatros Anthol. Pal. VI 249. 335. IX 93. 



1399 Calpurnius Calpumius 1400 

541; Plan. 184). Schon diese Thatsachen win-den Suet. Otho 6. Dio LXIV 6, 5 = Zonaras XI 14. 

hinreichen, m den Piso, an den und dessen zwei Oros. VII 8, 6. Sidon. Apoll. c. YH 106). Piso 

Sohne Horaz seinen Brief de arte poetiea richtete, war , als er flel , 31 Jahre alt (Tac. hist. I 48). 

fur unsern Piso zu halten. Hiezu kommt noch das Er wurde Yon seiner Gemahlin und seinem alteren 

Zeugnis Porphyrios a. a. 0. TrotzdemhatMichae- Bruder Scribonianus bestattet (Tac. hist. I 47. 

lis die Behauptung aufgestellt, dass Horaz sich Plut. Galba 28). Zu seinen Freunden hatten 

an Cn. Piso (Nr. 95) cos. 731 = 23 und dessen Rubellius Plautus und Cornelius Laco (Tac. hist. 

Sohne Cn. Piso (Nr. 70) cos. 747 = 7 und L. Piso 1 14), zu seinen Peinden Aquilius Begulus gehSrt 

(Nr. 74) cos. 753 = 1 wende (Commentationes (Tac. hist. IV 42. Plin. epist. II 20, 2). Zu Be- 
Mommsen. 420ff.). Seine Griinde sindjedoch nicht 10 ginn des J. 70 beschloss der Senat, Pisos An- 

zwingend, und so wird man an der bisherigen Be- denken zu feiern , doch blieb es beim Beschluss 

ziehung auf L. Piso festhalten diirfen, umsomehr, (Tac. hist. IV 40). In der Grabschrift Pisos 

als den harten Naturen jener Pisonen aus dem werden Adoption und Namensanderung ignoriert. 

anderen Zweige kaum ein solches Interesse fur c) Familie. Sohn des M. Licinius Crassus 

die Dichtkunst zugetraut werden kann. Prugi cos. 27 und der Scribonia (Tac. hist. 1 14. 

100) L. Calpurnius Piso Frugi Licinianus. Plut. Galba 23). Bruder des Cn. Pompeius Ma- 

a) Name. [L.J Calpurnius [P]iso Frugi Liei- gnus, des M. Licinius Crassus Prugi cos. 64 und 

nianus Grabschrift (CIL VI Suppl. 31723 = des (Licinius) Crassus Scribonianus (Tac. hist. I 

Dessau 240); L. Piso Dio LXIV 5, 1. Zonaras 47. 48, vgl. I 15), wahrscheinlich auch der Li- 
XI 14; L. Li[einianus] CIL VI 2051; Piso 20 cinia Magna. Er gehorte demnach zum hochsten 

Frugi Licinianus Suet. Galba 17; Piso Frugi Adel (Tac. hist. I 14. 34. Suet. Galba 17. Dio 

CIL VI 1268; Suppl. 31723 (Ve[r]ania Gemina LXIV 5, 1. Oros. VII 8, 1); unter seinen Vor- 

Pisonis Frugi); Piso Licinianus Tac. hist. I 14, fahren befanden sich die Triumvirn Pompeius 

sonst Piso. (von miitterlicher) und Crassus (von vaterlicher 

b) Leben. [XV] vir s(acris) f(aciundis) Grab- Seite), Tac. hist. I 15. Seine Gemahlin war 

schrift (s. o.). Unter Nero wahlten er und sein Verania Gemina (Grabschrift; Tac. hist. I 47. 

Bruder Scribonianus den spateren Kaiser Vespa- Plin. epist. II 20, 2. Plut. Galba 28). Vgl. die 

sian zum Schiedsrichter fur die Scheidung wohl Stammtafel S. 1375. 

privaten Gebietes (CIL VI 1268). Durch Nero d) Charakter. Vultu habituque moris anti- 
verbannt, blieb er lange im Exil und wurde erst 30 qui (Tac. hist. 1 14). Als ernsten und tuchtigen 

von Galba (im J. 68) zuriickgerufen (Tac. hist, jungen Mann von strengen Sitten schildern ihn 

I 21. 38. 48). Dies war auch der Grund, wes- Tacitus (a. a. O.), Plutarch (Galba 23), Sueton 

halb er keine Amter bekleidete ; wenigstens werden (Galba 17), Dio (LXIV 5, 1). Seiner Armut ge- 

solche in seiner Grabschrift nicht erwahnt. Galba denkt Tac. hist. I 48. 

schatzte ihn langst und hatte ihn auch im Testa- 101) L. Calpurnius Proclus, tribunus militum 

ment zum Erben seiner Giiter und seines Namens legionis XIII. Geminae in Dakien , [quaestor], 

eingesetzt (Suet. Galba 17, womit freilich eine tribunus plebis, praetor, curator viarum, le- 

Version bei Tac. hist. I 14, nach welcher die gatus legionis J Minerviae in Germania inferior 

Adoption auf Lacos Empfehlung erfolgte, im (Bonner Jahrb. LXXIII 1882, 64 = Dessau 2458, 
Widerspruch steht). Auf die Nachricht vom Auf- 40 Bonn) , proconsul Aehaiae, legatus pro prae- 

stand der Bheinlegionen adoptierte Galba am tore provinciae Belgieae, Consular. CIG III 4011 

10. Januar 69 den Piso und stellte ihn den Prae- Ancyra. 

torianern und dem Senate vor (CIL VI 2051 Acta 102) P. [Ca]lpur[n]ius [Proe]l[us?J Cor[n]e- 

Arvalium. Tac. hist. I 14 — 19. Plut. Galba 23. lianus, Senator, Gemahl der Servenia Gornuta 

Suet. Galba 17; Otho 5. Dio LXIV 5, 1 = Zo- Cornelia Calpumia Valeria Seeunda Cotia Pro- 

naras XI 14. Vict. Caes. 6, 2. Oros. VII 8, 1. cilia ... Luculla, griechische Inschrift aus Ancyra, 

Plin. epist. II 20, 2. Philostr. Apollon. V 32, 4). Arch.-epigr. Mitt. IX 1885, 129. 

Piso erschien als praesumptiver Nachfolger und 103) P. Calpurn[i]us Proeulus, legfatus) Au- 

erhielt den Namen Ser. Sulpicius Galba Caesar gfustorumj pr(o) pr(aetore) von Dakien, CIL III 

(CIL VI 2051 Acta Arvalium; als Caesar wird 50 1007 Apulum. [Groag.] 

er auch bezeichnet Tac. hist. I 29. 30. 48. Plut. 104) Calpurnius Quadratus, procurator) Au- 

Galba 23. Dio LXIV 5, 1). In den folgenden gfusti) , vielleicht von Hispania citerior, CIL II 

vier Tagen, die zwischen seiner Adoption und 2642 (Asturica). [Stein.] 

seinem Tode lagen, machte sich Piso in der Offent- 105) C. Seius Calpurnius Quadratus Sittianus 

lichkeit nicht bemerkbar. Der Senat ging damit s. Seius. 

um, ihn zu den germanischen Legionen zu senden; 106) Calpurnius Beginianus, Consular, Vater 

doch wurde dieser Plan von Laco vereitelt (Tac. des Folgenden (s. d.). 

hist. I 19). Am 15. Januar riefen die Praetori- 107) L. Calpurnius Beginianus, Senator, Sohn 

aner Otho zum Kaiser aus. Die Bemuhungen des Vorausgehenden. CIG III 3979 = Le Bas- 
Pisos, die im Palatium wachthabende Cohorte zu60 Waddington 1189 Antiochia in Phrygien. 

gewinnen , hatten nur vorubergehenden Erfolg. 108) Calpumius Bepentinus , Centurio der 

Er wurde verwundet, aber die tapfere Haltung legio XXII. primigenia, von den Eebellen (gegen 

seines Begleiters Sempronius Densus (anders Plut. Galba) am 1. Januar 69 gefesselt, spater auf Be- 

Galba 26) ermoglichte ihm die Flucht in den fehl des Vitellius getotet. Tac. hist. I 56. 59. 

Tempel der Vesta. Dort wurde er jedoch von 109) C(ornelius)? Aemilianus Calpurnius Ru- 

2wei Soldaten, die Otho gegen ihn ausgesandt filianus s. Cornelius. 

hatte, ergriffen und getotet (Tac. hist. I 29. 30. 110) Calpurnius Bufus, Proconsul von Achaia, 

31. 34. 39. 43. 44. Ill 68. Plut. Galba 25. 27. an den ein Bescript des Kaisers Hadrian gerichtet 



1401 Calpurnius Calpurnius 1402 

war. TJlpian. Dig. I 16, 10. Vielleicht identisch 116) (Ser. Calpurnius) Scipio Orfitus, ge- 

mit dem Folgenden. nannt in der Inschrift eines Freigelassenen (C1L 

111) M. Calpurnius M. f. ColflinaJ Bufus, VI 14239). Er ist anseheinend identisch mit dem 
praef(eetus) frumenti ex sfenatus) c(onsulto), (Calpurnius) Scipio Orfitus, dem Vater des [C]al- 
leg(atus) pro(vinciae) Cypro pr(o) pr(aetore), et purnius [Pi]so Nr. 60 (CIA III 620) und mit dem 
Ponto et Bithyniae, et pro(vinciae) Asiae. CIL (Ser. Calpurnius) Orfitus, der zusammen mit (Cat- 
III 6072 Ephesus. [Groag.] purnius) Piso als Patron eines Freigelassenen 

112) Calpurnius Sabinus, Epistrategus (der (CIL VI 9830) und als Herr eines Sclaven (CIL 
Theba'is) unter dem Praefectus Aegypti C. Pom- VI 11501) genannt wird. Er muss demnach dem 
peius Planta, der in den ersten Begierungsjahren 10 Hause der Calpurnii Pisones angehSrt haben, und 
Traians in diesem Amte war (vgl. Plin. ad Trai. 7. der neben ihm erwahnte Piso wird sein jiingerer 
10. Agyptische Urk. aus d. kgl. Mus. zu Berlin Bruder gewesen sein (so Klebs Prosopogr. I 289 
I 226 [vom 26. Pebr. 99]. Comptes rendus de nr. 262). Zugleich beweist sein Name, dass er 
l'acad. des inscr. 1896, 40; daraus erfahren wirden aueh mit den Servii Cornelii Scipiones Orfiti 
Vornamen des Pompeius Planta, und dass er schon nahe verwandt war: vielleicht gehorte seine Mutter 
in der ersten Halfte des J. 98 Praefect von Agypten diesem Geschlecht an. Man identiflciert ihn ge- 
war; im. J. 104 ist schon sein Nachfolger C. wohnlich mit dem Consul ordinarius des J. 178 
Vibius Maximus dort, vgl. CIG III p. 311). Bevue Ser. Scipio Orfitus (CIL III Suppl. p. 1993 dipl. 
archeol. III. ser. XIII (1889) 70ff. [Stein.] LXXVI); aber die Namen des Consuls lassen auch 

113) Calpurnius Salvianus, ein Italicenser, be- 20 die Moglichkeit zu, dass sein Gentilname Cor- 
teiligte sich 706 = 48 an der Verschworung gegen nelius war, und iiberdies miisste dann des Cal- 
den Propraetor Q. Cassius und erkaufte nach deren purnius Orfitus jiingerer Bruder Piso den Con- 
Entdeckung sein Leben von ihm fur eine hohe sulat vor dem alteren bekleidet haben. Denn als 
Summe (bell. Alex. 53, 2. 55, 3. 5. Val. Max. diesen Bruder wird man L. Piso cos. ord. 175 
IX 4, 2). [Miinzer.] (Nr. 82) zu betrachten haben (Klebs a. a. O.). 

114) Calpurnius Salvianus, wegen einer zur Mit mehr Becht kSnnte man den cos. ord. des 
Unzeit vorgebrachten Klage im J. 25 n. Chr. mit J. 172, Orfitus, fur unseren C. halten. Der 
Verbannung bestraft, Tac. ann. IV 36. Borghesi 191 verstorbene Salius Palatinus Calpurnius Sei- 
(Oeuvres V 311) hat vermutet, dass er ein Nach- [pio Orfijtus (Nr. 115) war wohl kaum mit die- 
komme des Calpurnius Salvianus aus Italica 30 sem identisch , eher sein Sohn , so wie der im 
(Nr. 113) sei. Vielleicht ist er identisch mit dem J. 189 unter die Salii Palatini aufgenommene 
CIL II 2265 genannten L. Calpurnius Salvianus. Cornelius Scipio Orfitus (CIL VI 1980) der Sohn 

[Stein.] des cos. 178 gewesen sein durfte. Die Verwandt- 

115) Calpurnius Sei[pio Orfijtus, salius schaftsverhaltnisse des Ser. Calpurnius Scipio Or- 
Palatinus (demnach Patricier), starb 191 n. Chr. fitus waren demnach mutmasslich folgende: 
(CIL VI 1980). Wohl Sohn des Folgenden, s. d. 

(Calpurnius Piso) oj (Cornelia Scipionis Orfiti filia) 



116. Ser. Calpurnius Scipio Orfitus 82. L. Calpurnius Piso 

cos. 172 cos. 175 

115. Calpurnius Scipio Orfitus 60. Calpurnius Piso. r p ■■ 

117) M. Calpurnius M. f. Oal(eria) Seneca zogen. Die Bewahrung der Lange des auslauten- 
Fabius Turpio Sentinatianus, p(rimusj p(ilus) den o, die Angstlichkeit bei der Elision (nur kurze 
leg(ionis) I adiutricis, procurator) provincial Vocale werden elidiert und fast nur im ersten 
Lusitaniae et Vettoniae, praef(ectus) elassis prae- Fuss, im ganzen hOchstens elfmal in 758 flexame- 
toriae Bavennatis, CIL II 1178. 1267; dann avan- tern), andere metrische Eigentumlichkeiten (Birt 
cierte er zum praef(eetus) elassis Misenensis, Ad histor. hexam. lat. symbol. , Bonn 1877, 63) 
CIL II 1178. Militardiplom vom 15. Sept. 134 50unterscheiden die Erzeugnisse des C. von denen 
n. Chr., CIL X 7855, 5 = m p. 878 dipl. XXXV Nemesians , der sich ausserdem zuweilen als un- 
(vgl. Suppl. p. 1979) ; vgl. CIL II 1083. Die In- geschickter Nachtreter jenes verrat (Nemes. II 
schrift II 1267 wird von Hiibner fur verdachtig 44ff. oj Calp. in 51ff. Nemes. II Iff. <s> Calp. II 
erklart. [Stein.] Iff. Nemes. Ill 2 = Calp. V 2). Zu diesen inneren 

118) (Nonius) Asprenas Calpurnius Ser[r]anus, Griinden tritt das ausdruckliche Zeugnis des Codex 
s. Nonius. [Groag.] Gaddianus und besonders der Hs. des Ugoleto, 

119) T. Calpurnius Siculus — der voile Name in der am Schlusse der siebenten Ecloge stand 
ist uns nur durch die alte Collation der Hs. des finis bucolieorum Calphurnii Aurelii Nemesiani 
Ugoleto (s. u.) erhalten — schrieb im Anfang der poetae Carthaginensis egloga prima. Auch in 
Begierung Neros Hirtengedichte. Die alteren 60 die schlechteren Hss. hinein haben sich tiber- 
Ausgaben schreiben ihm ausser seinen sieben eige- schriften gerettet der des Ugoletischen Codex ahn- 
nen meist auch die vier bukolischen Gedichte des lich T. Calpurnii Siculi bueolieum carmen ad 
Nemesianus (s. d.) zu, die in der hsl. Uberliefe- Nemesianum Karthaginensem ineipit, was aus 
rung von alters her damit verbunden sind. Die einem Doppeltitel wie etwa T. Calpurnii Siculi 
endgultige Sonderung des Eigentums der beiden et Nemesiani Carthaginiensis bueolica verderbt 
Dichter ist erst durch M. Haupts klassische Ab- sein wird. 

handlung De carminibus bucolicis Calpurnii et Die sieben Gedichte, die sonach allein Eigen- 

Nemesiani (Berlin 1854 = Opusc. I 358ff.) voll- turn des C. sind, sind zum Teil reine Hirtenpoesie ; 



1403 Calpunmis Calpurnius 1404 

II nach erzahlender Einleitung ein Wettgesang Meliboeus als Gonner seiner annahm (IV 29ff.). 
von Schafhirt und Gartner in vierzeiligen Stro- Von diesem hofft er nun gar, dass er seinem Ge- 
phen zu Ehren der Geliebten; III nach dialogi- sange Gehor beim Kaiser verschaffen werde (I 94. 
scher Einleitung Lied an die untreue Geliebte IV 157ff.), und nach IV 47f. scheint sich die Hoff- 
(vgl. namentlich Theokr. id. III. XIV. Verg. eel. nung erfiillt zu haben; jetzt ist Haus und Land- 
11]; V Vorschriften iiber Schafzucht, inhaltlich gut das Ziel seiner Wiinsche (IV 152ff.). Auch 
mit Vergil Georg. Ill 295 — 456 sich nahe be- die sonstigen Eiguren der drei ygtcpoi, Corydons 
riibrend; VI Vorbereitungen zum "Wettstreit im lang aufgeschossener Bruder Ornytus I 8. 24ff., 
Gesange, die aber nicht zum Ziele fuhren, weil sie Amyntas IV 78 ein anderer (?) Bruder des Dich- 
in heftigen Zank ausarten (erinnernd an Theokr. 10 ters (nicht des Meliboeus, wie Sarpe meinte), der 
V. Verg. eel. III). Dieser Gruppe steht eine zweite doctus lollas IV 59, der dern Dichter die Rohr- 
gegenuber , I, IV und VII umfassend , die also pfeife des Tityrus d. h. Vergils (vgl. Verg. buc. I) 
vielleicht mit Bedacht an Anfang , Ende und in geschenkt, also wohl ihn zur bukolischen Dichtung 
die Mitte gestellt sind (daneben mag fur die An- veranlasst hat, sie alle werden nicht der Phantasie 
ordnung der Gedichte in Betracht kommen, dass entsprungen sein, sondern , wie schon die indivi- 
I, III, V und VII je einen langeren Einzelvortrag duellen Ziige bekunden, mit denen der Dichter sie 
enthalten , die andern durchgehends Dialogform ausstattet, Fleisch und Blut gehabt haben. Aber 
haben). Die drei durch diese Stellung ausgezeich- nur bei Meliboeus scheint sich die Maske noch 
neten Gedichte sind yqiifoi, deren Losung, die vor liiften zu lassen. Auf Grund der Ausserungen 
Haupt in wesentlichen Punkten schon Gustav 20 iiber ihn I 94. IV 53ff. 72. 158ff. hat man ihn 
Sarpe (Quaestiones philologicae , Rostock 1819) mit verschiedenen in der litterarischen Welt und 
gelungen war, einige Aufklarung iiber die Person bei Hofe angesehenen Mannern der neronischen 
des Dichters, voile Sicherheit iiber seine Lebenszeit Zeit identiflciert. Sarpe 34ff. wollte in ihm den 
giebt. Alle drei Gedichte feiern einen jugend- Philosophen Seneca, Chytil (Der Eklogendichter 
lichen Herrscher (I 44. IV 85. VH 6). Mit seiner T. C. Sic. u. seine Vorbilder, Jahresber. d. Gyran. 
Regierung — so stellt eine Prophezeiung des Fau- in Znaim 1893/94, 4) Columella erkennen. Aber 
nus in Aussicht, die in I ein Hirt dem andern was uber die Schriftstellerei des Meliboeus IV 53ff. 
vorliest — beginnt ein neues goldenes Zeitalter; gesagt wird, passt auf letzteren gar nicht, auf 
dessen Wirkungen auf Vieh und Feld schildert den Verfasser der naturales quaestiones nur, wenn 
in IV ein Wechselgesang zweier Hirten in fiinf- 30 man auf die nachstliegende Deutung der Worte 
zeiligen Strophen drastisch genug; in VII endlich tibi non tantum venturos dieere ventos agrieolis 
beschreibt ein Hirt aus der Stadt zuriickgekehrt qualemque ferat sol aureus ortum ,Du treibst 
«inem andern die Spiele, die er dort gesehen hat, prognostische Schriftstellerei zu Nutz und From- 
und den Kaiser, der sie veranstaltete. Die Farbe men der Landwirtschaft' verzichtet. Zwar auch 
dieser iiberschwenglichen Verherrlichung ist die- von C. Calpurnius Piso (o. Nr. 65), den Haupt 
selbe, mit der z. B. die Einsiedler Eclogen, deren 391ff. im Meliboeus finden will, ist uns dergl. 
Vorbild oder Nachahmer C. gewesen sein muss Schriftstellerei nicht bezeugt. Aber alles tTbrige 
(Biicheler Rh. Mus. XXVI 239), und Senecas trifft zu, Freigebigkeit, Umgang mit Nero, Be- 
Apocolocyntosis die Herrlichkeit des neronischen schaftigung mit tragischer Poesie (Tac. ann. XV 
Reiches schildern. Auf dieses weisen auch die 40 48. 52. 65. Probus des Valla zu Iuv. V 109), und 
Einzelheiten aufs allerbestimmteste. Es wird zur vor allem findet Haupt s Annahme eine kraftige 
Herbstzeit (I Iff.) durch einen Kometen (77ff.) Stiitze in einer weiteren Vermutung. Wir besitzen 
angekiindigt, offenbar denselben, der beim Tode ein Lobgedicht auf diesen Piso in 261 Hexametern, 
des Kaisers Claudius (13. October) leuchtete (Plin. in den Parisern Excerpten (Meyncke Rh. Mus. 
n. h. II 26. Suet. Claud. 46. Cass. Dio LX 35). XXV 378) de laude Pisonis betitelt, zuerst von 
Dass der Fiirst matemis causam vicit Iulis (so Joh. Sichard in seinem Ovid (Basel 1527, Bd. 
die gute Uberlieferung I 45 , vgl. S c h e n k 1 p. II fol. 546ff.) aus einer nachher verlorenen Lorscher 
LXI), bezieht sich auf die griechische Rede, die Hs. herausgegeben , zum grosseren Teile auch 
Nero in seinem sechzehnten Lebensjahr fin? die in dem erwahnten Pariser Florilegium erhalten, 
Ilier hielt (Suet. Nero 7. Tac. ann. XII 58). Die 50 mit dessen einer Hs. sich des Hadr. Iunius (Ani- 
Versprechungen, die Nero im Gegensatz zu den madversorum libri VI, Basel 1556, 249ff.) ver- 
juristischen Liebhabereien und Willkiirlichkeiten schollener Codex Atrebatensis nahe beriihrt (Ban- 
seines Vorgangers gab (Tac. ann. XIII 4), lassen rens PLM I 22 Iff.). Das Gedicht, das den Piso 
sich I 69ff. erkennen. VII 23f. meinen vermut- als Redner, Hausherrn, Dichter und Sportsmann 
lich das holzerne Amphitheater, das Nero 57 er- feiert, schrieb der Laurissensis dem Vergil, der 
baute (Suet. 12. Tac. a. O. 31). Noch anderes Atrebatensis in tlbereinstimmung mit den Seiten- 
bei Sarpe 31ff. 40ff. Haupt 385ff. Wertlos kOpfen der einen Excerpt-Hs. dem Lucan (und 
sind die Einwande von Kraf fert Beitr. z. Krit. zwar in eataleoton oder ex libro eataheton) zu, 
u. Erklarg. lat. Autoren, Aurich 1883, 151 und beides so undenkbar wie die Zuteilung an Ovid 
Garnett Journ. of Phil. XVI 216ff. 60 oder Statius (dagegen Lehrs Quaest. epic. 305) 
Durch die Maske des Hirten Corydon hindurch, oder Saleius Bassus, welche moderne Philologen 
der sich in alien drei yQiyoi an der Verherrlichung versucht haben (Zusammenstellung und Wider- 
Neros beteiligt, ist der Dichter selber deutlich legung der Versuche bei C. F. Weber Commentat. 
zu erkennen. Er steht noch im Fruhling seines de carmine panegyr. in Calp. Pis., Index lect. Mar- 
Lebens, als er die siebente Ecloge schreibt (v. 74f., burg 1859, 7ff.). Dagegen finden sich in dem Ge- 
vgl. IV 34). An Anerkennung und Behaglichkeit dichte merkwiirdige Cbereinstimmungen mit den 
bat es ihm gefehlt, ja die Notwendigkeit nach Eklogen des C, sowohl formell in Metrik (unbe- 
5panien auszuwandern drohte ihm, bevor sich deutende Einwande bei Weber 14f., vgl. dagegen 



1405 Calpurnius Calpurnras 1406 

Birt a. a. 0. 64 Anm.) und Sprache (vgl. nament- mengestellt; fast seinen ganzen Namenvorrat hat 
lich de laude 246ff. mea vota si meniem subiere C. aus romischen Quellen zusammengestoppelt 

tuam, memorabilis olim tu mihi Maecenas te- (v. Wilamowitz Ind. lect. Gotting. 1884, 6). 

reti cantabere versu mit buc. IV 152ff. olim Aber C. hat sich auch bei Theokrit Motive und 

quae tereti decurrent earmina versu tunc, Wendungen geborgt; die Andeutungen Schenkls 
Meliboee, mihi wenn sich mem Wunsch nach p. XXI u. 76 haben Leo Ztschr. f. Ost. Gymn. 

einem Gut erfullt haben wird) als inhaltlich: 1885, 613f. und Chytil 9ff. erweitert und ver- 
auch der Dichter der Laus ist jung , noch nicht tieft. Von spateren Dichtern scheinen Statius und 

zwanzig Jahr (v. 261), stammt aus bescheidenem Claudian den C. gelesen zu haben; eifrig nach- 
Hause (254), mSchte, dass Piso sein Maecen wird, 10 geahmt hat ihn im 3. Jhdt. Nemesianus (s. o.). 

wie es C. von Meliboeus wiinscht. Dazu kommt Mit dessen Eclogen zusammen sind die seinigen 

als ausserer Beweis, dass in den Pariser Excerpten dann fortgepflanzt worden. In dieser Verbindung 

auf de laude Pisonis unmittelbar die C.-Excerpte haben sie dem Bischof Modoin von Autun (Naso) 

folgen. Zieht man all dies in Betracht, so wird vorgelegen, der sie in seinen Gedichten an Karl 

man schwerlich geneigt sein, die Namensgleichheit den Grossen (beste Ausgabe von E. Diimmler 

zwischen dem Dichter der Eclogen und dem Hel- Neues Arch. f. alt. deutsche Gesch. XI 1886, 77ff.) 

den des Panegyricus als blossen Zufall anzusehn. viel benutzt hat (Bahrens Eh. Mus. XXX 628). 

Freilich sind far dieselbe mehrere Erklarungen und stehen sie auch, wie eingangs bemerkt, in 

moglich. Der junge Dichter, der den Hofmann unseren Hss. Diese sondern sich in zwei Klassen. 
urn Aufhahme in sein Haus gebeten hat (de laude 20 Die erstere zeigt reinere tTberlieferung und ist 

218), kOnnte von ihm, wie Haupt vermutete, reprasentiert durch zwei erhaltene Hss., Neapoli- 

adoptiert worden sein. Er konnte aber auch, was tanus (380, um 1400 geschrieben) und Gaddianus 

wohl wahrscheinlicher ist, der Sohn eines Frei- (90, 12; saec. XV), und zwei verlorene, den vetustis- 

gelassenen Pisos sein (vgl. Schenkl p. IXf.). Zu simus Codex, den Thadeus Ugoletus aus Deutsch- 

letzterer Annahme stimmt das Cognomen Siculus, land nach Italien gebracht haben soil und Nic. 

das als eine Anspielung auf Theokrit anzusehen Angelius mit dem Eiccardianus 363 collationiert 

minder wahrscheinlich ist, als es einfach von Her- hat, und eine Hs. Boccaccios, aus der sich Les- 

kunft aus Sicilien zu verstehen; nennt doch auch arten im Harleianus 2578 erhalten haben. Die 

-der Dichter stets nur Vergil als sein bewundertes weitaus besten Vertreter der zweiten mehr oder 
Vorbild. 30 weniger interpolierten Hss.-Klasse sind der nur 

Sieht man nach all diesem in dem Lobge- bis Calp. IV 12 reichende Parisinus 8049 (saec. 
■dicht auf Piso ein Werk des C. , so hat man es XII) und jener Codex, den der Urheber des Pariser 
vermutlich vor die Bucolica zu setzen, wenigstens Florilegiums (s. o.) zu Grunde legte ; der Best, 
vor die yQicpoi unter ihnen. Denn de laude Piso- stark interpoliert, zerfallt in zwei Gruppen. Vgl. 
nis, das Neros aesthetische Liebhabereien und Ver- H. Schenkl Wiener Stud. V 281ff. VI 73if. und 
suche neben denen des Hofiings nicht mit einem in seiner Ausgabe p. XXXVHff. Gebiihrend ver- 
Wort erwahnt, muss eben darum wohl noch unter wertet ist diese tlberlieferung erst in der eben 
Claudius geschrieben sein (Teuffel E. L.-G. 5 genannten Ausgabe (Calpurnii et Nemesiani bu- 
§ 306, 6), wie sich denn C. nach Ausweis von IV colica rec. H. Schenkl, Leipzig-Prag 1885, mit 
30 thatsachlich schon unter einer andern Eegierung 40 ausfiihrlicher litterarhistorischer und kritischer Em- 
ails der Neros dichterisch beschaftigt hat. Zudem leitung und Index verborum) ; die friiheren Aus- 
macht das Lobgedicht den Eindruck eines ersten gaben sind wertlos, auch die von Bahrens (PLM 
Annaherungsversuches an Piso (v. 216ff. , beson- III 65ff.) ruht auf ungeniigendem Fundament, 
ders 218. 253ff.), wahrend schon das erste buko- Vgl. Teuffel a. a. O. Eibbeck E. Dicht. Ill 
lische Gedicht die Hoffnung auf Vermittlung beim 47ff. [Skutsch.] 
Kaiser aussprechen darf (94) und das vierte von 120) L. Calpurnius L. f. Pub(lilia) Squil- 
-erfolgter FOrderung zu reden weiss (36ff.). Im lius (?), qu(aestor) imperatorum (?), trib(unus) 
ubrigen ist uber die relative Chronologie der Ge- plfebis), prae[t(orJ], Patron von Verona. CIL V 
dichte des C. , soweit sie sich nicht aus friiher 3335 Verona. [Groag.] 
Gesagtem ergiebt, wenig zu ermitteln. Jedenfalls 50 121) Calpurnius Statura, Jugendfreund des 
sind die Schlusse iiber ihre Zeitfolge, die man Dichters Persius, starb in jugendlichem Alter, 
aus der Sprache und Metrik (Schenkl p. Xllff.) Vit. Persii, Suet. rell. p. 73 Eeiffersch. [Stein.] 
oder der grOsseren oder geringeren Abhangigkeit 122) C. Bellicus Calpurnius [TJorquatus 
von Theokrit (Chytil 24) gezogen hat, hOchst s. o. Bellicius Nr. 1. 

unsicher. Dagegen wird durch IV lOf. wahr- 123) (C. ? Nonius) Asprenas Calpurnius Tor- 

scheinlich, dass wenigstens ein Teil der rein pasto- quatus s. Nonius. 

ralen Gedichte, insbesondere wohl V, vor die Ver- 124) Calpurnia. Plut. par. inin. 20 (daraus 

herrlichung Neros in IV fallt. Clem. Alex, protrept. HI 42. Euseb. praep. ev. 

Originales hat C. dem Leser wenig zu bieten. IV 16, 12) erzahlt nach einem fast ganz unbe- 
Aber er weiss die seinen Vorgangern entlehnten 60 kannten Autor Dorotheos (vgl. Script, rer. Alex. 

Stiftchen doch nicht ohne Geschick zum neuen ed. C. Miiller 156, 3), dass Marius wie Erechtheus 

Mosaik zusammenzufiigen. Als sein Vorbild nennt seine Tochter C. infolge eines Traumgesichts ge- 

er selbst den Vergil und feiert ihn in TOnen iiber- opfert habe , um den Sieg fiber die Cimbern zu 

schwenglicher Begeisterung (IV 62ff.. vgl. de laude erringen. Die Anekdote entbehrt jedes Wertes. 

230ff.). "Was er diesem und in zweiterLinie andern 125) Calpurnia Bestiae (jedenfalls des Con- 

rOmischen Vorgangern, insbesondere Ovid, ver- suls von 643 = 111 Nr. 23) filia, uxor Antistii, 

dankt, hat Schenkl in seiner Ausgabe (besonders iugulato viro gladio se ipsa trans fixit im 

S. 73ff.), freilich nicht wahlerisch genug, zusam- J. 672 = 82 (Veil. II 26, 3). 



1407 Calpurnius . Calva 1408 

126) Calpurnia, Tochter von Nr. 90, vermahlte maxima (CIL VI 2146 = XIV 4120, 1 ; vielleicht 
sich im J. 695 = 59 mit Caesar (Suet. Caes. 21. auch Bull. com. XII 1884, 6 nr. 702). 

App. b. c. II 14. Dio XXXVIII 9, 1. Plut. Caes. 135) Calpu[r]nia Quadratilla, Gemahlin des 

14, 4; Pomp. 47, 4), der im J. 700 = 54 aus poli- C. A[r]rius An[to]ninus (CIL VIII 2390 Tha- 

tischen Griinden vorfibergehend an eine Scheidung mugadi), vgl. Arrius Nr. 13. 

von ihr dachte (Suet. 27). Durch die umlaufenden 136) Calpurnia Rufria Aemilia Domitia Severa 

Geruchte und warnende Traume beangstigt, bat sie cflarissima) f femina) Tochter des Ser. Calpur- 

am 15. Marz 710 = 44 den Gemahl sehr dringend, nius Domitius Dexter (Nr. 33), s. d. 

nicbt in die Senatssitzung zu gehen (Suet. 81. 137) Calpurnia Sabina, Gattin des Senators 

Val. Max. I 7, 2. Veil. II 57, 2. Obsequ. 67. 10 Q. Iulius Maximus, Mutter des Q. Iulius Claras 

App. II 115f. Plut. Caes. 63, 2ff. Dio XLIV 17, und des Q. Iulius Nepotianus, denen alien sie 

1. Zonar. X 11). Nach seiner Ermordung lief erte die Grabschrift setzte. CIL II 112 Ebora. 

sie in der ersten Bestttrzung Papiere und Geld 138) Servenia Cornuta Cornelia Calpurnia 

des Dictators an M. Antonius aus (vgl. Bd. I Valeria Secunda Cotia Procilla . . . Luculla s. 

S. 2598). Die Grabschrift einer ihrer Dienerinnen Servenius. [Groag.] 

vgl. CIL VI 14211. [Miinzer.] Calpurnius fornix, in Rom auf dem Capitol, 

127) Calpurnia, Tochter des L. Piso, wahr- nur genannt von Oros. V 9, 2 (in der Erzahlung 
scheinlich des Consuls vom J. 739 (Nr. 99), Ge- vom Tode des Ti. Gracchus); scheint uber dem 
mahlin des (L. Nonius) Asprenas cos. 6 n. Chr., Clivus, nicht weit vom tarpeischen Felsen, ge- 
Mutter des L. Nonius Asprenas cos. 29 n. Chr., 20 standen zu haben. S. Jordan Top. I 2, 64. 
des (Nonius) Asprenas Calpurnius Ser[r]anus und [Hulsen.] 
des (C. ? Nonius) Asprenas Calpurnius Torquatus Calpus , angeblicher Ahnherr der gens Cal- 
(CIL VI 1371). Ihr Enkel, der Sohn ihres zweiten purnia, s. o. S. 1365. 

oder dritten Sohnes, war wohl (Nonius) Calpurnius Caltadriense (oppidum), Bischofssitz der Pro- 

Asprenas. Vgl. die Stammtafel der Calpurnii Pi- vinz Mauretania Caesariensis im J. 484 (Not. Caes. 

sones oben S. 1375. [Groag.] nr. 67, in der Bischofsliste bei Halm in der 

128) Calpurnia, Concubine des Kaisers Clau- Ausg. des Victor Vitensis p. 69). [Dessau.] 
dius; verriet ihra, von Narcissus bewogen, die Caltula, ein zur Zeit des Plautus (Epid. 23H 
Vermahlung Messalinas mit C. Silius im J. 48 Aulul. 510 ist caltularii schlechte Lesart) eben 
n. Chr., Tac. ann. XI 30. [Stein.] 30ublich gewordenes weibliches Kleidungsstiick, be- 

129) Calpurnia, illustris femina, auf Agrip- nannt nach der gelben Blume calta, deren Farbe 
pinas Veranlassung im J. 49 ins Exil getrieben, es hatte, Non. 16, 4. Nach Varro bei Non. a. O. 
weil Claudius ihre SchOnheit gelobt hatte (Tac. ein palliolum breve. [Mau.] 
ann. XII 22; vgl. XIV 12. Zonar. XI 10, wo Calva, Beiname der Venus nach Serv. Aen. 
die Version, dass C. getOtet worden sei, falsch I 720: est et Venus Calva ob ham eausam (a),, 
ist). Nero gestattete ihr nach Agrippinas Unter- quod cum Galli Gapitolium obsiderent et deessent 
gang im J. 59 die Riickkehr (Tac. ann. XIV 12). funes Bomanis ad tormenta faeienda, prima 

130) Calpurnia, Enkelin des Calpurnius Fa- Domitia erinem suum, post eeterae matronae 
batus (Nr. 34), Nichte der Calpurnia Hispulla imitatae earn exsecuerunt, unde facta tormenta, 
(Nr. 132), dritte Gemahlin des jungeren Plinius, 40 et post bellum statua Veneri hoc nomine eolh- 
der mit ihr in gliicklicher, doch kinderloser Ehe cata est; licet alii (b) Galvam Venerem quasi 
lebte. Sie begleitete ihn nach Bithynien und puram tradant, alii (c) Galvam, quod corda 
reiste auf die Kunde vom Tode ihres Grossvaters amantum calviat, id est fallat atque eludat; 
nach Italien zuriick (ad Tr. 120. 121). Von den quidam (d) dieunt, porrigine olim capillos ceci- 
Briefen des Plinius sind VI 4. 7. VII 5 an sie disse feminis et Aneum regem suae uxori sta- 
gerichtet. Sonst wird sie genannt: epist. IV 1. tuam ealvam posuisse, quod constitit piaculo; 
19. V 11. VIII 10. 11. Sidon. Apoll. epist. II nam post omnibus feminis capilli renati sunt,. 
10, 5. [Groag.] unde institutum, ut Calva Venus coleretur; des. 

131) Calpurnia, Gattin des Usurpators T. an erster Stelle erwahnten Anlasses (a) gedenken 
Quartinus, eines Gegenkaisers von Maximin (235 50 auch Hist. Aug. Maxim, duo 33, 2 und Lact. inst. 
— 238 n. Chr.), sancta et venerabilis femina de I 20, 27, die sogar von templum oder oecfes der 
genere Caesoninorum, id est Pisonum; ihre Statue Venus C. sprechen. Man hat in dem Beinamen 
im Tempel der Venus war noch in spaterer Zeit Beziehungen auf die symbolische Abscherung der 
zu sehen. Hist. Aug. tyr. trig. 32, 5. Haare am Hochzeitstage (Hartung Belig. d. 

132) Calpurnia Hispulla, Tochter des Calpur- Romer II 251) oder gar auf die Doppelgeschlech- 
nius Pabatus (Nr. 34) und daher Tante der tigkeit der orientalischen Aphrodite (Preller 
dritten Gemahlin des jungeren Plinius. An sie Rom. Mythol. 1447. Usener Legenden der Pe- 
sind gerichtet Plin. ep. IV 19 (Galpurniae Hi- lagia p. XXIII) gesucht, doch liegt der ganzen 
spullae) und VIII 11 (Hispidlae). Ausserdem wird Nachricht offenbar weiter nichts als die Existenz. 
sie wiederholt bei Plinius erwahnt, ohne dass ihr 60 einer wirklich oder vermeintlich kahlkOpfigen 
Name genannt wird, ep. IV 1, 7. V 14, 8; ad Frauenstatue (die Versionen a und d gedenken 
Trai. 120, 2. 121. Bei dem Tode ihres Vaters einer solchen ausdrilcklich) , die man fur Venus 
im J. 112 n. Chr. war sie noch am Leben (ad hielt, zu Grunde, wahrend von einem Kulte der 
Trai. 120, 2. 121). [Stein.] Venus C. die urspriingliche tiberlieferung nichts 

133) Calpurnia L. f. Lepida, Gemahlin eines weiss (vgl. Wissowa Philol. Abhandl. f. M. Hertz 
(Cornelius?) Orfitus. CIL VI 14235 (Grab- 1888, 158f.). Von den verschiedenen aetiologi- 
schrift). schen Erklarungen kehrt die am popularsten ge- 

134) Calpurnia Praetextata, v(irgo) V(estalis) wordene erste (a), auch anderweitig localisiert,. 



1409 Calvarius Calvisius 1410 

mehrfach ohne Beziehung auf Venus C. wieder, schafte, die bei Lebzeiten des Freigelassenen die- 
so in Salona (Caes. b. c. Ill 9, 3), Karthago sen Pflichtteil des Patrons schmftlerten , stand 
(Frontin. strat. I 7, S. Flor. I 31, 10), Massilia, ihm selber und seinen Erben zu, Dig. XXXVIII 
Rhodos (Frontin. I 7, 4) , Aquileia (Hist. Aug. 5, 1, 26. Eine besondere "Voraussetzung der a. C. 
a. a. 0.). tiber die angebliche Calva dea einer war, dass der Preigelassene ohne Testament ver- 
rheinischen Inschrift vgl. Caiva dea. starb. War das Gegenteil der Pall, so war dem 

[Wissowa.] Patron zu demselben Zwecke eine andere Klage, 

Calvarius. Sex. Calvarius (einige Hss. Ke- die actio Faviana, gegeben. Dig. XXXVIII 5 si 

Qeafaog), Tribun im J. 67 n. Chr., bei der Belage- quid in fraudem patroni factum sit. frg. 1 pr. 
rung von Iotapata. Joseph, bell. Iud. Ill 325.10 3. 5. 9. 12. 13. 26; frg. 2 §§ 1. 3. Lebte der 

Es ist nicht sicher, dass er mit dem bei Josephos Patron bei dem Tode des Freigelassenen nicht 

haufig genannten Sex. Vettulenus Cerialis iden- mehr, so stand sein Pflichtteilsrecht und die zu 

tisch ist, wie L. Renier Memoires de l'acad. des dessen Schutze gewahrte Klage seinen Kindern 

inscr. XXVI (1867) 308 vermutet hat; denn er zu, Dig. XXXVIII 5, 1, 27. Paul. sent. Ill 3. 

wird hier erst als Ssxaxog xig Kalovagiog einge- Grundsatzlich richteten sich die beiden erwahnten 

fiihrt, wahrend kurz vorher (III 314) von Ksqe- Klagen nur gegen arglistige Handlungen {in frau- 

ahog die Eede war. [Stein.] dem patroni). Bestand jedoch die dem Patrone 

Calvaster (Cass. Dio LXVII 11) s. Iulius. nachteilige Verausserung in einer donatio mortis 

Calucones. 1) Raetisches Volk, wie es scheint causa, so war diese anfechtbar, ohne dass man 
im heutigen Val Calanca. Erwahnt ausser auf 20 nach der arglistigen Absicht ihres Urhehers fragte, 

der Alpeninschrift bei Plin. n. h. Ill 137 (CIL Dig. XXXVIII 5, 1, 1, weil dieses Geschaft, ob- 

V 7817) von Ptol. II 12, 2 xaxexovot Sk xfjg wohl unter Lebenden abgeschlossen , doch einer 

'Paixiag xa fiev d^xxixcoxsga Boiq'avxai, xa. de vo- letztwilligen Verfiigung im wesentlichen gleich- 

xubxeQa Sovavfjxai xal 'Piyovoxoi , xa be ixexa^v stand. 

Kalovxcoveg xal Ovswovxsg. Zeus s Die Deutschen Dem an Kindesstatt angenommenen gewalt- 

226. 236. freien Unmundigen (impubes arrogatus), dem der 

2) Volk im inneren Germanien zu beiden Sei- Kaiser Antoninus Pius ein unentziehbares Anrecht 

ten der Elbe, sudlich von den SMyyou, Ptol. II auf ein Vierteil des Nachlasses seines Adoptiv- 

11, 10 (Kalovxooveg). Nach Zeuss (Die Deutschen vaters zugesprochen hatte (sog. quarta divi Pii), 

112. 226) identisch mit den KaovXxoi Strab. VII 30 wurde ein den aetiones C. und Faviana ent- 

291 (292 KaMXxoxv). C. Muller zu Ptol. II 1, sprechender Rechtsschutz gewahrt, Dig. XXXVIII 

260. Miillenhoff Haupts Ztschr. IX 236. R. 5, 13. Dagegen standen diese Klagen dem fruhe- 

Much Deutsche Stammsitze 55ff. [Ihm.] ren Hausvater eines aus der Gewalt entlassenen 

Calvilla (Domitia Lucilla) s. Domitius. Kindes (parens manumissor) nicht zu, obwohl er 

Calviuiauus s. Venidius. die noterbrechtliche Stellung eines Patrons hatte, 

Calvinus. 1) Willkiirlich gewahlter Name Inst. I 12, 6. Dig. XXXVII 12, 1 pr. quia ini- 

bei Mart. VII 90. [Groag.] quum est ingenuis hominibus non esse liberam 

2) Calvinus, Freund Iuvenals, der an ihn die rerum suarum alienationem. XXXVII 12, 21. 
13. Satire richtet, um ihn wegen eines Geldver- Litteratur: Muller Lehrb. d. Institutionen 821 
lustes zu trOsten. Er war im J. 67 n. Chr. ge- 40 § 203 V. Puchta-Kriiger Institutionen 10 II 
boren und damals 60 Jahrealt (v. 17; vgl. Fried- 470 § 319. [Leonhard.] 
landers Ausgabe, Einleitung 13f.). Fried- Calvisius. 1) Client der Iunia Silana, von 
lander hat seine friihere Ansicht, dass der Dichter dieser im J. 55 n. Chr. neben Iturius als An- 
selbst unter C. zu verstehen sei, aufgegeben (Jah- klager der jiingeren Agrippina aufgestellt (Tac. 
resber. LVII 1886, 204f.). [Stein.] ann. XIII 19. 20), jedoch von Nero durch Rele- 

3) S. Caelius Nr. 19, Domitius, Egna- gation bestraft (Tac. ann. XIII 22). Nach dem 
tius, Iavolenus, Iulius, Iunius, Sextius. Tode Agrippinas befreite ihn Nero im J. 59 von 

4) Calvinus, Cognomen des spateren Kaisers der Strafe (Tac. ann. XIV 12). 

(238 n. Chr.) D. Caelius Calvinus Balbinus, cos. 2) P. Calvisius, Consul suffectus in unbe- 

ord. II im J. 213 n. Chr. mit Kaiser Caracalla 50 kanntem Jahre vor 80 n. Chr. mit Q. Futius. 

cos. IV; s. Caelius Nr. 20. [Groag.] CIL X 827 Pompeii. 

5) Calvina, entfernte Verwandte des jfingern 3) P. Calvisius , Sohn des (P. Calvisius) 

Plinius , der ihr die Mitgift schenkte und nach Ruso (Nr. 9), befindet sich im J. 87 n. Chr. unter 

dem Tode ihres Vaters dessen Schulden erliess. den Knaben senatorischen Standes, die den Arval- 

An sie ist Plin. ep. II 4 gerichtet. [Stein.] brudern Dienste leisten (CIL VI 2065 Acta Ar- 

Calvisiana, Rhede an der Siidkuste von Si- Valium). Vielleicht identisch mit P. C(alvisius?) 

cilien, zwischen Agrigent und Syrakus, 49 mp. Ruso Nr. 10. [Groag.] 

von Agrigent, 88 mp. von Syrakus, Itin. Ant. 4) Flavius Calvisius s. C. Calvisius Statianus 

95. [Hiilsen.] Nr. 17. [Stein.] 

Calvisiana actio ist ein Seitenstiick der que- 60 5) Q. Clodius Calvisius Honoratus s. Clodius. 
rela inofficiosae donationis sive dotis; denn sie [Groag.] 

schutzt ebenso, wie diese, Pfiichtteilserben gegen 6) [C]alvisius P[a]trophilus , Iuridicus von 

Verausserungen des Erblassers, die noch bei dessen Agypten im J. 147/148 n. Chr. Revue arche"ol. 

Lebzeiten den Pflichtteil mindern oder ganzlich III. sdrie, XXIV (1894) 65—75. [Stein.] 

der Erbmasse entziehen. Der durch die a. C. 7) Calvisius Bu . . ., wahrscheinlich Statt- 

Geschiitzte ist der patronus, dem an dem Nach- halter von Britannien (CIL VII 324). Vielleich 

lasse seines libertus ein Pflichtteilsrecht gegeben ist Ruso zu erganzen, und dieser C. mit P. Cal- 

war, Inst. Ill 7, Iff. Die Anfechtung der Ge- visius Ruso Nr. 9 oder P. C(alvisius?) Ruso 

Pauly-Wissowa III 45 



1411 Calvisius Calvisius 1412 

Nr. 10 identisch, vgl. Pick Numismat. Zeitschr. 1, vgl. 22, 3). 715=39 war er Consul mit L. Mar- 

XXin 1891, 73, 104. tins Censorinus (f. Biond. CIL 12 p. 65; f. Amit, 

8) C. Calvisius Bufus (0. Calvisius Plin. ebd. p. 244, 3. Ehreninschriften CIL IX 414. X 
epist. IV 4, 1; Calvisius Bufus III 19 und ILL 6223. SC. de Panamar. Bull. hell. XI 226 = 

I im Codex Ashburnhamensis, sonst Calvisius), Viereck Sermo Graecus 41 nr. 20. Dio XL VIII 
Preund des jfingeren Plinius (I 12, 12. IV 4, 1. ind. und 34, 1 Chronogr. Idat. Chron. Pasch. 
V 7, 5) und des Sosius Senecio, Mutterbruder Cassiod.). Im folgenden Jahre betraute ihn Oc- 
des Varisidius Nepos (IV 4, 1), Decurio in Comum tavian mit dem Commando der Flotte gegen Sex. 
(V 7, 3. 4). An ihn sind yon Plinius Briefen Pompeius. Bei Kyme lieferten C. und der ihm 

II 20. Ill 1. 19. V 7. VIII 2. IX 6 gerichtet. 10 unterstellte Uberlaufer Menodoros dem Menekrates 

9) P. Calvisius Kuso, Consul suffectus im Marz eine grosse Seeschlacht, die infolge des Einbruchs 
eines unbekannten Jahres unter Vespasian mit der Nacht zwar unentschieden blieb, aber doch 
L. Iunius Caesennius Paetus (CIL VI 597. Herm. den Weg nach Sicilien und die Moglichkeit der 
XXIII 158. 159, vgl. Caesennius Nr. 10). Pro- Vereinigung mit Octavians Plotte eroffnete (App. 
consul von Asia unter Domitian und zwar nicht b. c. V 8 Iff. Dio XL VIII 46. 5). Doch kaum 
vor dem J. 84, in welchem dieser den Beinamen war diese in der Meerenge von Messina erfolgt, 
Germanicus annahm (Mtinzen von Ephesus, Wad- als ein furchtbares Un wetter den Schiffen unend- 
dington Fastes nr! 106, 1. 2. Mionnet III lichen Schaden that (App. Dio 47, 2ff.). Vielleicht 
94 nr. 261 ; Suppl. VI 132 nr. 357. 358. 359. hatte es sich gezeigt, dass C. als Admiral nicht 
133 nr. 360). Im J. 87 lebte er noch, da sein 20 tiichtig ware; im J. 717 = 37 bewies er sich 
Sohn in diesem Jahre den Arvalbriidem mini- nicht gentigend aufmerksam und wachsam, denn 
strierte, demnach patrimus et matrimus war er hatte nicht verhindert, dass Menodoros mit 
(s. o. P. Calvisius Nr. 3). einem Geschwader wieder zu Pompeius zuriick- 

10) P. C(alvisius?) Ruso, Statthalter von kehrte (Dio 54, 7. App. V 96), und deshalb setzte 
Kappadokien im J. 107 n. Chr. (Mtinze von Se- ihn Caesar nunmehr ab (App. V 96). Nach Plut. 
bastopolis, Numismat. Zeitschr. XXIII 1891,71 Anton. 58, 3. 59, 1 brachte er 722 = 32 viele 
nr. 26 ; von Kybistra, Mionnet IV 437 nr. 216). Anklagen und Verleumdungen gegen Antonius 
Er ist vielleicht identisch mit P. Calvisius Nr. 3 vor, doch ist wahrscheinlich statt seines Namens 
(vgl. Pick Numismat. Zeitschr. a. a. O.). der des C. Clunius einzusetzen; vgl. Borghesi 

11) Calvisius Sabinus, reicher Mann zur Zeit 30 Oeuvres V 151. 725 = 28 triumphierte er ex 
des Philosophen Seneca, von diesem wegen seiner Hispania, war also damals Statthalter dieser 
Einfalt und Unbildung verspottet (Seneca epist. Provinz gewesen (tab. tr. Barb. CIL I 2 p. 77). 

III 6, 5 — 8). Es ist wohl an ein sonst unbe- Als Consul und Imperator bezeichnen ihn mehreie 
kanntes Glied der Pamilie der Calvisii Sabini Meilensteine der Via Latina (CIL X 6895. 6897. 
zu denken. 6899 — 6901), deren Wiederherstellung er wahrend 

12) [Calv?]isius Sabinus wird auf einem des nachsten Jahres leitcte. Cic. ad fam. X 26, 3 ; 
Inschriftfragment aus Baden in der Schweiz, wie vgl. 25, 3 nennt ihn homo magni iudieii, freilich 
es scheint, als Statthalter von Germania superior einem gemeinsamen Preunde gegentiber. Vgl. 
unter Claudius genannt. Zangemeister Westd. Borghesi Oeuvres V 148 — 154 mit Henzens 
Zeitschr. XI 1892, 313. [Groag.] 40Anm. 154, 4. [Munzer.] 

13) C. Calvisius Sabinus C. f. (Dio XL VIII 14) C. Calvisius Sabinus, Consul ordinarius 
ind. CIL X 6223). 706 = 48 sandte Caesar ihn im J. 750 = 4 v. Chr. mit L. Passienus Bufus; 
mit fiinf Cohorten und etwas Cavallerie nach C. Calvisius Sabinus CIL VI 456 ; C. Calvisius 
Aetolien (Caes. b. c. Ill 34, 2); nachdem C. diese Monum. Ancyr. 3, 29. CIL X 5779; C. Calv . . . 
Landschaft (ebd. 35, 1) und gemeinsam mit L. CIL 12 p. 69 fasti min. XIII; ... C.f. Sabinus 
Cassius die ihr benachbarten besetzt hatte, stiessen CIL 1 2 p. 69, fasti Lucerini ; sonst Sabinus. Sohn 
beide zu dem Heer des Q. Pufius Calenus (ebd. des Consuls des J. 715 = 39 v. Chr. C. Calvisius 
55, 1). App. b. c. II 60 giebt an, dass C. durch Sabinus (Nr. 13), Vater des Folgenden. In der 
Metellus Scipio eine empfindliche Niederlage er- Inschrift CIL XI 4772 (Spoletium) wird ein [C] 
litten habe ; indes nacn allgemeiner Annahme 50 Calvisius C. f. Sabinus, patronus, cos., VII vir 
ist dies nicht richtig (vgl. o. S. 1227 unter epul(onum), curfio) max(imus), genannt, bei dem 
Caecilius Nr. 99), sondern es liegt dieselbe Ver- es zweifelhaft erscheint, ob an C. oder an dessen 
wechslung seines Gentilnamens mit dem Cog- Sohn zu denken ist. 

nomen des Domitius Calvinus vor, wie auch bei 15) C. Calvisius Sabinus. a) Name. C. Cal- 

App. Mithr. 120. Plut. Sert. 12, 3 (ahnlich sogar visius Sabinus CIL II 2093. X 1468; C. Cal- 

bei Mommsen R. G. V 58 Anm.), die hier nur visius CIL X 896. Tac. ann. IV 46 ; C. Ca . . . 

noch die Anderung des Praenomens zur Folge CIL I 2 p. 71 fasti Arvalium; Calvisius Sabinus 

hatte. C. gelangte zur Praetur und verwaltete CIL VI 5180. XI 3805. Tac. ann. VI 9; hist, 

darauf 709 = 45 die Provinz Africa Vetus (Cic. I 48. Plut. Galba 12. Dio LIX 18, 4; . . alvi- 
Phil. Ill 26). Dm die Zeit der Katastrophe 60 sius Sabinus CIL ni Suppl. 7153; ...visius 

Caesars war er zuriick und hielt als einer der Sabinus CIL VI 343, sonst Sabinus. 

wenigen Getreuen an den Iden des Marz 710 = b) Leben. Sohn des Vorhergehenden. Consul 

44 bei dessen Leiche aus (Nic. Damasc. v. Caes. ordinarius im J. 26 n. Chr. mit Cn. Cornelius 

26, 2). Antonius verlieh ihm, als er nach Mutina Lentulus Gaetulicus (s. die oben angefuhrten 

abging, seine bisherige Provinz aufs neue (Cic. Stellen). Im J. 32 wurde er der Majestatsver- 

a. O.); doch er nahm sie nicht mehr ein, da sich letzung angeklagt, jedoch der Gefahr entrissen 

der vom Senat dorthin gesandte Statthalter Q. (Tac. ann. VI 9). Spater bekleidete er die Statt- 

Cornificius in ihr behauptete (Cic. ad fam. XII 25, halterschaft von Pannonien (Dio LIX 18, 4 ; auf 



1413 Calvius Calumnia 1414 

diese Legation bezieht Mo mm sen die Inschrift Unter Otho verlangte das Volk vergeblich ihre 

eines Comes des C. CIL X 1468). Wahrend der- Hinrichtung. Spater (unter den Maviern) besass 

selben trug seine Gemahlin Cornelia ein scanda- sie wieder Einfluss vermoge ihrer Ehe mit einem 

loses Benehmen zur Schan, durch welches auch Consularen, ihres Reichtums und ihrer Kinder- 

der unter C. dienende T. Vinius Rufinus com- losigkeit (Tac. hist. I 73). Ihr Name flndt sich 

promittiert wurde (Tac. hist. I 48. Plut. Galba CIL V 8112, 24. 25. Obwohl sie Dio eine yvvrj 

12). Als C. im J. 39 nach Rom zuriickkehrte, kmcpavrj? nennt, diirfte man doch mit Klebs 

wurden er und seine Gattin angeklagt, kamen (Prosopogr. I 295 nr. 297) in den beiden Frei- 

jedoch der Verurteilung durch Selbstmord zuvor gelassenen C. Calvius Logus und dessen Gemahlin 
(Dio LIX 18, 4). . 10 Crispinilla (CIL VI 16586) ihre Eltern zu er- 

16) Q. Calvisius Sabinus, c(larissimus) v(ir). blicken haben. [Groag.] 
Inschrift eines Bronzesiegels bei Gori Inscr. Caliiiu s. Glanum. 

Etrur. Ill p. 9 nr. 5, citiertvonBorghesi Oeuvres Calumnia. Das Wort wird von den Romern 

V 155. [Groag.] in Verbindung gebracht mit dem Verbum calvi, 

17) C. Calvisius C. f. Pobflilia) Statianus, dieses selhst gedeutet als frustrari, deeipere, Gaius 
populi advoeatus, ab epistulis Latinis Augu- Dig. L 16, 233 pr. Isidor. etymol. V 26, 8. Pri- 
stor(um), Patron der Colonie Verona, CIL V scian. inst. X 13. Diese Ableitung wird von den 
3336 == Dessau 1453. E. Klebs (Prosopogr. I 294 modernen Sprachhistorikern als zutreffend ange- 
nr. 291) identificiertihn nach CIL III Suppl. 12048 sehen, vgl. Curtius Grundzlige der Etymol.5 
(datiert vom 26. Oct. 174), wo er als praefeotus 20 140. W. Lindsay The latin language (1894) 327. 
Aegypti erscheint, wohl mit Recht mit dem Fla- Er. Stolz Histor. Gramm. d. lat. Sprache (1895) 
vius Calvisius, von dem Dio LXXI 28, 3 erzahlt, 497. Andere stellen das Wort zusammen mit 
dass er als Praefectus Aegypti an dem Aufstand xaluv, ealare, Festus 225; mit xrjXsw, Bugge 
•des Avidius Cassius im J. 175 n. Chr. teilge- in Curtius Studien IV 331ff., mit dem Sanskrit- 
nommen habe und dafiir mit Verbannung bestraft stamm skar (= sich drehen, wanken) und xvXKog, 
worden sei. Die Augusti in der obigen (Vero- oxoXwe, Osthoff und Unger bei H. Wegele 
nenser) Inschrift sind somit die Kaiser Marcus Geschichte der falschen Anschuldigung (1892) 2. 3. 
und Verus. [Stein.] So ergiebt sich als Bedeutung von calumnia 

18) Calvisius Taurus s. Taurus. zunachst: Tauschung, Ausfliichte, Verdrehung, Chi- 

19) P. Calvisius Tullus, Consul I suffectus30 cane, Ranke, vgl. z. B. Cic. pro domo 37; pro 
im J. 109 n. Chr. mit L. Annius Largus (CIL Seat. 75 ; de fat. 31 ; Acad. II 14. 65. Gell. VI 

VI 2016 = XIV 2242 fasti feriarum Latinarum), 2, 2. Sail. Catil. 30. Suet. Oct. 12. Auf juristi- 
Consul II suffectus in unbekanntem Jahre (Hist. schem Gebiet heisstesdaherim allgemeinenRech ts- 
Aug. Marc. 1, 3), Sohn des L. Catilius Severus verdrehung, wortklauberische und sonstgezwungene 
(s. d.), Gemahl der Domitia Lucilla maior, Vater Auslegung von Rechtsvorschriften und Willens- 
der Domitia Lucilla minor, der Mutter des Kaisers erklarungen, chicanOses Betragen der Partei im 
Marcus (Hist. Aug. Marc. 1, 3. 4, vgl. o. Annius rechtsgeschaftlichen Verkehr und im Process: Cic. 
Nr. 94). In seinem Hause wurde der bekannte de off. I 33; pro Caec. 61; pro Mil. 74; in Verr. 
Rhetor Ti. Claudius Atticus Herodes erzogen (Marc, n 66 ; ad fam. I 4. Suet. Vit. 7. Paul. Dig. II 8, 
ad Frontonem in 2 p. 41 N.). Sein Sclave CIL 40 8. 5. X 4, 19. Xn 6, 65, 1. XXVni 5, 92. XXXI 
X 2625 (Puteoli). 82, 2. Papin. Dig. XLVI 5, 8 pr. Ulp. Dig. XLLH 

20) CalvisiaFlaccil(l)a, Tochter eines Calvisius 29, 3, 10. XL VII 2, 27 pr. XL VIII 5, 28, 5. Im 
Sabinus (CIA m 868), unbestimmt, ob des Con- besondern aber ist c. die chicanOse Behelligung 
suls vom J. 4 v. Chr. oder des Consuls vom J. 26 mit einem Process, per fraudem et frustrationem 
n. Chr. [Groag.] alios vexare litibus, Gai. Dig. L 16, 233 pr. ; 

Calvius. 1) M. Calvius A. f., rSmischer Kauf- darauf geht auch in erster Linie die Definition 

mann auf Delos 680 = 74 (Bull. hell. VIII 146f.). von Paul. I 5, 1 : calumniosus est, qui seiens 

2) C. Calvius Cicero, Volkstribun 300 = 454 prudensque per fraudem alieui negotium eom- 
und Anklager des vorjahrigen Consuls Romilius parat (zum Ausdruck negotium vgl. Ulp. Dig. Ill 
{Liv. Ill 31, 5 beste Lesart). Angeblich wurden 50 6, 1 pr. V 1, 10). Was Gai. IV 178 von der c. 
in jener Zeit zehn Jahre lang dieselben Tribunen im Civilprocess sagt, gilt von der c. iiberhaupt: 
stets wiedergewahlt bis zur Einsetztmg der De- intellegit non reete se agere, sed vexandi adver- 
•cemvirn, so dass auch C. das Amt wiederholt sarii gratia actionem instituit, potiusque ex 
bekleidet hatte. [Munzer.] iudieis errore vel iniquitate vietoriam sperat, 

3) M. Calvius M. f. Papfiria) Priseus, ad- quam ex causa veritatis: calumnia enim in 
lectus in ordine senatorio a Ti. Claudia Caes. affectu est. Auf dem Gebiet des Strafprocesses 
Aug. Germanico cens(ore) inter tribunieios (47 wird technisch nur von c. des Anklagers gespro- 
n. Chr.). Sein Sohn hatte den gleichen Namen chen, auf dem Gebiet des Civilprocesses von c. 
Trie der Vater. CIL X 6520. 6521 Cora. des Klagers {calumniae causa litem intendere) und 

4) Calvia Crispinilla (die Hs. des Tacitus hat 60 des Beklagten {calumniae causa ad infitias ire). 
■Oalvia), magistra libidinum Neronis (Tac. hist. Gegen die c. richten sich mehrere Institute des 
I 73), begleitete Nero auf seiner Reise nach Grie- rOmischen Rechts ; bei der Betrachtung derselben 
chenland und suchte sich dabei auf jede mogliche sind Strafprocess und Civilprocess zu trennen. 
Weise zu bereichern (Dio LXIII 12, 3). Nero A. Strafprocess. Im Strafprocess ist calum- 
vertraute ihr die Bewachung des Sporus an (Dio niari = falsa crimina intendere (Marcian. Dig. 
LXni 12, 4). Nach dem Tode Neros begab sie XLVin 16, 1, 1), fallaciter incusare (Valent. Val. 
sich nach Africa, um Clodius Macer zur EmpO- und Grat. Cod. lust. IX 42, 3 pr. Grat. Valent. 
Tung und zur Aushungerung Roms zu bewegen. und Theod. Cod. lust. IX 46, 9). C. ist somit die 



1415 Calumnia Calumnia 1416 

Erhebung einer Anklage in Kenntnis ihrer Unbe- lasst sich mit Sicherheit nur dies feststellen : a) mit 

grundetheit; der Anklager will die Verurteilung der c. beschaftigte sich erne lex Eemmia, die eine 

eines Unschuldigen herbeifuhren nnd diesem das Strafe festsetzte , Cic. pro Sext. Bosc. 55. Marcian. 

aus der Verurteilung hervorgehende tibel (Strafe) Dig. XL VIII 16, 1, 2. Papin. Dig. XXII 5, 13; 

zufiigen, vgl. Ulp. Dig. I 18, 6, 2. Zum Begriff b) es existierte fur c. eine Strafe der Brandmar- 

der c. ist Dolus erforderlich, iiber die nur scheinbar kung, die darin bestand, dass dem Anklager der 

entgegenstehenden Quellenstellen vgl. H. Raspe Buchstabe K (Kalumniator) ,an den Kopf geheftet 

Das Verbrechen der Calumnia nach romischem wurde', Cic. pro Sext. Bosc. 57, Anspielungen dar- 

Rechte (1872) 143—145. A. Loffler Schuld- auf wohl bei Plin. paneg. 35. Papin. Dig. XXII 
formen (1895) I HOff. C. ist nur chicanose Er-10 5, 13. Iulian. Misopog. 360; c) wer in iudieio 

hebung einer Anklage, aceusatio im technischen publieo calumniae causa quid feeisse iudieatus 

Sinn. Die blosse Anstiftung zu einer solchen (sum- erit, wird infam (Cic. pro Cluent. 86: ignominia 

mittere aecusatorem) ist keine c. (vgl. Apul. calumniae); das praetorische Edict spricht ihm 

de mag. 2), wird aber in klassischer Zeit in An- die Postulationsfahigkeit ab, (Iul.) Dig. Ill 2, 1. 

lehnung an das S. C. Turpillianum (s. u.) wie Ulp. Dig. HI 2, 4, 4 ; er ist unfahig zum Decu- 

c. behandelt, Papin. Dig. Ill 2, 20. Marcian. rionat, lex Iulia municipalis 120 (Bruns Fontes 

(Papin.) Dig. XL VIII 16, 1, 13. Grat. Valent. iur. Bom. 6 111). Papin. Dig. L 2, 6, 3;. er ist 

und Theod. Cod. lust. IX 46, 8. Keine c. ist unfahig, in einem iudieium publicum als An- 

ferner die blosse Denuntiation; mit der Entwick- klager aufzutreten, Cic. pro Sext. Bosc. 57. Ulp- 
lung des rSmischen Strafprocesses und dem Vor-20Dig. XL VIII 2, 4 (vgl. Zumpt a. a. 0. 40ff. 

dringen des Inquisitionsverfahrens scheint aber 381.382. Voigt Leges Iuliae iudic. priv. etpubl. 

die Denuntiation, wo und insoweit sie nunmehr 52. 53); dagegen kann er in einem iudieium 

die Anklage ersetzt, dieser, was c. anbetrifft, gleich publicum Zeuge sein, Papin. Dig. XXII 5, 13. 

behandelt worden zu sein. Man kann sich hiefiir Alles andere ist unsicher ; doch wird durch Cic. 

auf die Gesetze iiber Bestrafung von calumniosen pro Sext. Bosc. 55, vgl. 57, und Papin. Dig. XXII 

Anzeigen in Christenprocessen (s. u.), auf den all- 5, 13 wahrscheinlich gemacht, dass gerade die- 

gemeinen Satz von Paul. (lust.) Dig. XL VIII 16, lex Bemmia die Brandmarkung angeordnet hat; 

3 und auf die Bestimmungen iiber die calum- dafiir, das sie auch die Infamie verfiigt hat, spre- 

niosen Denuntiationen der anzeigepflichtigen Be- chen Cic. u. Papin. aa. 00. und Dig. L 2, 6, 3 und die 
amten (curiosi, stationarii) berufen (Constantin. 30 Nachrichten iiber das Verhaltnis von lex Bemmia 

Cod. lust. XII 22, 1). Vgl. auch Mommsen zu und S. C. Turpillianum (Tac. ann. XIV 41. Mar- 

HarnackDasEdict des Antoninus Pius, Texte und cian. Dig. XLVIII 16, 1, 2). Jedenfalls lasst 

Untersuch. z. altchrist. Lift. XHI 4, 47 — 49. Der sich aus republicanischer Zeit kein anderes Gesetz 

c. wird imromischenStrafprocessvorgebeugt durch: fiber c. nachweisen. Das Alter der lex Bemmia 

1. Das iusiurandum calumniae ; es wird im lasst sich nicht feststellen , doch gehort es schwer- 
Strafprocess nur selten erwahnt und ist nur fiir lich erst dem letzten Jahrhundert der Bepublik 
den Quaestionenprocess nachweisbar. Nach der lex an (anders Lange Bern. Altertiimer III 101). 
Acilia repetundarum 19 (Bruns Font. iur. Bom.6 Vgl. zur lex Bemmia: Herrmann De abolit. 
55rF.) soil der Anklager deiurare, calumniae causa crim. (1834) 20ff. Geib a. a. 0. 291 — 296. Bein 
non pofstulare] ; ausserdem erwahnen den Eid40a. a. 0. 809ff. Baspe a. a. 0. 26 — 60. Zumpt 
Liv. XXXIII 47. Cic. ad fam. VIII 8, 2. Ascon. a. a. 0. 375—386. 

in Cic. Corn. p. 64. Senec. controv. Ill 19 ; nicht Die Strafe der Brandmarkung kam noch in 

hieher gehort Cic. pro Sull. 86. Der Eid wird bei republicanischer Zeit oder doch im Beginn der 

(so 1. Acil.) oder vor (so Cic. Liv.) der delatio no- Kaiserzeit ausser Ubung (Geib a. a. 0. 293. 

minis geschworen und ist Vorbedingung fiir die Herrmann a. a. 0. 20. Baspe a. a. 0. 57ff.); 

reeeptio nominis; er ist wohl notwendiger Be- die Bestimmungen iiber die Infamie blieben in 

standteil des Processes, so dass er ohne beson- Kraft; daran hat auch das S. C. Turpillianum 

deren Antrag des Angeklagten vom Magistrat ex des Jahres 61 n. Chr. (Tac. ann. XIV 41. Tit. 

officio dem Anklager auferlegt und abgenommen Dig. XLVHI 16. Tit. Cod. Inst. IX 45) nichts 
wird. In den Bechtsbiichern wird dieser straf- 50 geandert ; fiir die c. besteht die Bedeutung dieses 

processualische Calumnieneid nicht erwahnt, er Senatsschlusses und der an denselben sich an- 

ist wohl nicht durch Gesetz abgeschafft worden, schliessenden Interpretation und Praxis darin, dass 

sondern in der Kaiserzeit allmahlig aus der Obung einerseits der Begriff der c. erweitert wird — der 

gekommen. Dies hangt zweifellos mit der Aus- Erhebung der Anklage selbst werden Falle von 

bildung der poena calumniae (s. 2) zusammen ; Anstiftung und Beihulfe gleichgestellt (Papin. 

angesichts dieser energischen Repressivmassregel Dig. Ill 2, 20. XLVIII 16, 1, 13, vgl. Apul. de 

glaubte man auf die bisherige Praeventivmassregel mag. 2. Paul. Dig. XLVHI 16, 6, 4. Macer Dig. 

verzichten zu konnen. Vgl. Geib Gesch. d. rom. XLVIII 16, 15 pr.) — andrerseits die c. gegen- 

Crim.-Proc. 1844, 296. Rein Criminalrecht d. iiber den anderen Anklageverbrechen, praevari- 
BCm. 808. A. W. Zumpt Crim.-Proc. d. r8m. GOcatio und tergiversatio (s. diese beiden Artikel), 

Bep. 1871, 152. E. Raspe D. Verbr. d. Calumnia abgegrenzt wird. Eine neue poena calumniae 

nach rem. Recht 1872, 10—20. hat das S. C. Turpillianum nicht eingefiihrt; es 

2. Die poena calumniae. Viel haufiger ist in hat vielmehr die Strafe der lex Remmia, soweit 
den Quellen von der Bestrafung des falsus accusator sie noch in Ubung war, bestatigt, Marcian. Dig. 
die Eede. Dass schon die XII Tafeln eine ein- XLVIII 16, 1, 2. Insofern ist die lex Eemmia 
schlagige Bestimmung enthielten, kann aus Gai. allerdings wahrend der ganzen Kaiserzeit in 
Dig. L 16, 233 pr. nicht geschlossen werden (a. M. Geltung geblieben : die Infamie als Strafe des 
Zumpt a. a. 0.379, 3). Fiir die Zeit der Eepublik Calumnianten erwahnen Papin. Dig. Ill 2, 20. 



1417 Calumnia Calumnia 1418 

XLVIII 1, 14. L 2, 6, 3. Gordian. Cod. lust. II accus. bei Brims Pont. iur. Rom.6 250. Uber die 
11, 16. Carac. Cod. lust. IX 1, 2. Alex. Cod. lust. Talion in der Gesetzgebung der spateren Kaiserzeit 
IX 9, 6, 1. IX 46, 3. Grat. Valent. und Theod. iiberhaupt vgl. Mitteis Reichsrecht u. Volks- 
ebd. IX 46, 8. Honor, und Theod. const. Sirm. recht 399ff. Die Strafe der Talion bei C. wird 
XV. Liban. de vit. ips. I 44. 123 Reisk. Noch gewShnlich aufTraian zuriickgefiihrt wegen Plin. 
in der klassischen Zeit tritt sie nur ein, wenn paneg. 35. Sicher nachweisbar ist sie aber erst 
die calumniose Anklage crimen publicum (im spater, zuerst in einem Eescript von Septimius 
Gegensatz zu crimen extraordinarium, s. den Art. Severus und Caracalla, Dig. XL VII 15, 6, und 
Crimen) war; die citierten Constitutionen unter- auch hier nicht fur calumnia selbst, aber fur 
scheiden nicht mehr, wahrscheinlich ist in nach- 10 die nahe verwandte praevarieatio. Es ist wahr- 
klassischer Zeit hier wie anderwarts Ausdehnung scheinlich, dass die Talion erst in dieser Zeit 
auf die crimina extraordinaria erfolgt. Vgl. die gesetzliche und allgemeine poena calumniae 
Raspe a. a. 0. 62. Geib a. a. 0. 578; a. M. wird; sie ist den Zeitgenossen und nachsten Nach- 
Marezoll Biirgerl. Ehre 140. folgern des energischen und strengen Kaisers be- 
BeiderHauflgkeitcalumnioser Anklagen konnte kannt, Ulp. Dig. XXXVIII 2, 14, 6. XL VIII 2, 
■die Strafe der Infamie nicht geniigen; an Stelle 7 pr. Caracalla bei Valent. Val. und Grat. Cod. 
•der uberwundenen Brandmarkung treten zunachst Theod. IX 19, 4. Alex. Sev. Cod. lust. IV 21, 2; 
wiUkiirliche Strafen in der kaiserlichen Justiz, vgl. auch Hist. Aug. Alex. 45, 6. Denkbar ist 
Tgl. z. B. Tac. ann. Ill 37. IV 36. XHI 23. 33 ; immerhin , dass in der Zeit der Severe und 
hist. II 10. IV 40. Suet. Tit. 8 ; Domit. 9. Hist. 20 der spaten Kaiser Schwankungen in der Gesetz- 
Aug. Pertin. 9, 10; Did. ltd. 2, 1; Sept. Sev. gebung vorgekommen sind, auffallig ist wenigstens, 
4, 3; ausfiihrlich hieruber Bein Criminalrecht dass das constantinische Edict (s. o.) die Talion 
4er Kflmer 817ff. Unter Galba erging ein Senats- nicht ausdriicklich erwahnt, sondern einfach den 
schluss ut accusatorum causae noscerentur (Tac. calumniator einer severior sententia unterwirft. 
liist. II 10), ohne Erfolg; seit dem Ausgang des ftber eine besondere Bestimmung fur die calum- 
•erstenJahrhunderts werden in kaiserlichen Gesetzen niOse Anstellung eines crimen maiestatis s. Con- 
den Calumnianten Strafen angedroht , Melito bei stantin ebd. und Cod. lust. IX 8, 3 ; eine besondere 
Euseb. hist. eccl. IV 26, 5 ; von Nerva : Cass. Dio Bestimmung der lex Iulia de adulteriis Diocl. und 
LXVIII 1, 2; von Traian: Plin. paneg. 35; von Maxim. Cod. lust. IX 46, 6, vgl. Papin. Dig. Ill 6, 9. 
Hadrian : Iustin. apol. I 68, vgl. I 7 ; von Antoninus 30 Die Strafe der Talion kommt sowohl bei crimina 
Pius: Euseb. hist. eccl. IV 13; von MarcAurel: publica alsbei crimina extraordinaria zurAnwen- 
Hist. Aug. Marc. 11, ]. Tertull. apol. 5; zumeist dung, Paul. I 5, 2 und Dig. XL VIII 16, 3; vgl. 
liandelt es sich dabei nur darum, dass calum- Paul. V 4, 11. Gams Dig. XLVII 10, 43. Ulp. Dig. 
niOse Anzeigen in Christenprocessen bestraft werden XLVn 2, 92. XL VIII 2, 7 pr. und dazu nament- 
sollen; genaue Fixierung der Strafe fehlt; vgl. lich Raspe a. a. 0. 110 — 117. Rudorff R8m. 
im iibrigen zu diesen Gesetzen Harnack Texte Rechtsgesch. II 459. Piir die crimina extra- 
und Untersuchg. XIII 4, Iff. besonders 47. Die ordinaria ergab sich dabei die Schwierigkeit, dass 
Nachricht des Euseb. hist. eccl. V 21 (Process die Strafe, welcher die Calumnienstrafe gleich- 
geg. d. Christen Apollonius), dass C. mit der Strafe kommen sollte , erst festgestellt werden musste ; 
des Crurifragium bedroht gewesen sei , beruht, 40 diese Schwierigkeit schliesst die Anwendung der 
wie nun durch die Auffindung der griechischen Talion aber nicht aus, vgl. Paul. Dig. XLVII 15, 
Acten des Apollonius festgestellt ist, auf einem 6; nur insoweit die Strafe, die den Angeklagten 
Missverstandnis des Eusebius, s. Harnack S.-Ber. treffen wiirde, hier arbitrar ist, ist hier die Calum- 
Akad. Berlin 1893, 725ff. Mommsen ebd. 1894, nienstrafe, die den Anklager trifft, arbitrar. 
502ff. und jetzt Harnack Theol. Litt.-Ztg. 1895, Die an die c. des Anklagers gehefteten Polgen 
591. Eine allgemeine Calumnienstrafe ist aber fiir treten erst ein, wenn diese gerichtlich festgestellt 
die z wei ersten Jahrhunderte nicht nachweisbar ; in ist. Dazu genttgt die Thatsache der Freisprechung 
•der spateren Kaiserzeit wird allgemein als poena ea- des Angeklagten noch nicht (Marcian Dig. XL VIII 
lumniae die Talion (similitudo supplieii) erwahnt: 16, 1, 3. Ulp. Dig. in 2, 4, 4. Alex. Cod. lust, 
den calumniosen Anklager trifft die Strafe , die 50 IX 46, 3), es wird im Anschluss an diese unter - 
den Angeklagten getroffen hatte, wenn er schuldig sucht : aceusatoris consilium, qua mente ductus 
befunden und verurteilt worden ware ; der An- ad aeeusationem proeessit, Marcian a. a. 0., und 
klager ubernimmt diese Gefahr durch ausdnick- daruber entschieden, ob c. vorliege oder nicht. Die 
liche Erklarung in der inscriptio (s. d.), daher Entscheidung (iudieium irritae ddationis, Cod. 
die Wendungen : vinculum inscriptionis, horror lust. IX 46, 8) erfolgt in unmittelbarem Zusammen- 
4nscriptionis, vgl. Ulp. Dig. XLVHI 2 , 7 pr. hang mit der Entscheidung iiber die Anklage und 
Valent. und Val. Cod. Theod. IX 1, 11. Cod. lust, durch denselben Richter, Marcian ebd. Plin. ep. VI 
IX 46, 7. Val. Grat. und Valent. Cod. Theod. 31. Alex. Cod. lust. IX 46, 1. Liban. a. a. 0.; 
IX 19, 4. Grat. Valent. und Theod. Cod. lust, im Quaestionenprocess haben die Geschworenen 
IX 3, 2. Cod. Theod. IX 1, 14. Arcad. und Honor. 60 daher auch hier mitzuwirken, Cic. pro Sext. Rose. 
€od. Theod. II 1, 8, 2. Hon. und Theod. Cod. 57. Ascon. ad Cic. pro Scaur, p. 30. Gegenwart 
Theod. IX 37, 4. Cod. lust. IX 46, 10. IX 2, des Anklagers ist erforderlich, Alex. Cod. lust. IX 
17 pr. Syr. rom. Rechtsbuch 71 (,wenn er nicht 46,1. Papin. Dig. XL VIII 1, 10. Ulp. Dig. XLVIII 
beweist, so wird er bestraft gemass derselben An- 19, 5, 1. Eine besondere auf Calumnienstrafe 
klage , mit der verklagt war derjenige , der die gerichtete Anklage ist nicht erforderlich, nament- 
b6se That begangen haben sollte'). Symmach. ep. X lich nicht eine Gegenanklage des Angeklagten, 
49. Ammian. Marcell. XVI 8, 6. Iohann. Chry- die Entscheidung Tiber c. erfolgt vielmehr ex officio 
sost. de fat. or. Ill; vgl. auch ed. Constant, de (arbitrio cognoscentis inquisitio permittitur, M.-ax- 



1419 Calumnia Caluninia 1420 

cian. Dig. XL VIII 16, 1, 3); insofern ist die c. dadurch von Bedeutung werden, dass em Begehren 

immer crimen extraordinarium, auch da, wo die vom Magistrat von Amtes wegen in summarischer 

calumniOse Anklage crimen publicum ist ; im Cognition auf c. geprtift und nicht geschlitzt wird, 

letzteren Fall wird nach rOmischem Sprachge- wenn es sich dabei als calumnies erweist ; Falle : 

brauch der Calumniant zwar ex causa publiei Ulp. Dig. XXXVI 4, 3, 1. XXXVII 9, 1, 14. 

iudicii, nicht aber in iudicio publico verurteilt, XXXVII 10, 3, 4. XL VI 5, 1, 9. Wichtiger sind: 

vgl. Ulp. Dig. XXIII 2, 43, 11 und XL VIII 2, 1. Das iusiurandum ealumniae (Gefahrdeeid). 

4. Paul. I 5, 2 und dazu Herrmann a. a. 0. Auf Antrag desBeklagten muss der Klagerschweren, 

24ff. Rein a. a. 0. 810. Binding De natur. rum ealumniae causa agere, auf Antrag des Kla- 
inquis. proc. crim. Roman. (1864) 27. Rudorff lOgers der Beklagte, non ealumniae causa ad in- 

RiSm. Rechtsgesch. II 458. 459. Raspe a. a. 0. fitias ire. Gaius IV 172. 176. Paul. Dig. X 2 r 

184ff. Marezoll Burgerl. Ehre 138. Damit 44,4. Val. Prob. 5, 11: NKC = n[on] kfalum- 

vertragt sich , dass gelegentlich von einem auf niae] efausa]. Der Bid kann vom Gegner nicht 

Bestrafung des Anklagers gerichteten Antrag des verlangt werden, wenn diesen im Fall des Unter- 

Angeklagten gesprochen wird ; bezeichnenderweise liegens ohnehin eine Strafe trifft, der Chicane 

wird dafiir der farblose Ausdruck desiderare (nie also schon vorgebeugt ist ; namentlich kann ib.n 

accusare) verwendet, Ulp. Dig. XXXVOT 2, 14, der Beklagte nicht fordern, wenn er v6n dem 

6. Alex. Cod. lust. IX 46, 1 ; nach Schluss des indicium ealumniae (s. u. 2) Gebrauch macht. 

Verfahrens fiber die Anklage kann ein solcher Gai. IV 171. 176. 179; vgl. auch Ulp. Dig. XII 
Antrag mit Erfolg nicht mehr gestellt werden, 20 2, 3, 3. Nach iustinianischem Recht miissen in 

Alex. a. a. 0. Dass in praxi der Wille des An- jedem Process sofort nach Beginn beide Parteien 

geklagten fiir die Bestrafung des Anklagers nicht und ihre Anwalte den Eid schwSren , lust. Cod. 

ohne Bedeutung war, zeigt Liban. de vit. ips. lust. II 58, 2. Ill 1, 14, Inst. IV 16, 1. Be- 

I p. 44, Reisk. dass iiberhaupt der Richter die sondere Calumnieneide: bei Editionsbegehren : Ulp. 

Strafe nicht leicht verhangte, Symmach. ep. X Dig. II 13, 6, 2. Paul. Dig. II 13, 9, 3; bei Cau- 

49, vgl. Papin. (Marcian.) Dig. XL VIII 16, 1, 5. tionsbegehren : Papin. Dig. XXXVI 3, 5, 2. Ulp. 

Tritt der Anklager vor dem Urteil von der calum- Dig.XXXIX2, 13, 3. lexRubriaXX(BrunsFontes 

niOsen Anklage zuriick, so trifft ihn die Strafe iur. Rom.6 98); bei operis novinuntiatio:\J\y. Dig. 

der tergiversatio ; bei der Ausmessung dieser kann XXXIX 1, 5, 14. Besonders wichtig wird das 
berflcksichtigt werden , dass die Anklage calum- 30 iusiur. e. bei der Eidesdelation ; wo der Eid dem 

ni8s erhoben worden ist ; vgl. Ulp. Dig. XL VIII Gegner zugeschoben wird mit der Wirkung, dass 

19, 5, 1. Gordian. Cod. lust. IX 45, 2. Plin. ep. dieser den Eid ausschwOren oder zuruckschieben 

VI 31, anders Raspe a. a. 0. 204ff. ; vgl. im muss, kann dieser (Delat) vom Deferenten vorerst 

ubrigen den Artikel Tergiversatio. den Calumnieneid fordern, Ulp. Dig. XII 2, 34, 

Von dem perieulum ealumniae (Infamie und 4. 37. XXXVH 15, 7, 3. Paul. II 1, 2. 3 und 
Talion) werden einige Anklager gar nicht oder Dig. XXDI 3, 25, 3. Diocl. und Maxim. Cod. lust, 
doch nur dann betroffen, wenn evtdens calumnia IV 1, 9 und dazu Lenel Ed. perp. 189. Beth- 
vorliegt, womit nichts anderes als ein besonders mann-Hollweg Civilprocess II 577 — 579. De- 
hoher Grad dolosen Verhaltens gemeint sein kann; melius Schiedseid und Beweiseid (1887) 30" 
meist sind es Personen, die officii necessitate zur 40 (besondere Falle von C.-Eid bei Eidesdelation : 
Erhebung einer Anklage verpflichtet sind und Ulp. Dig. XII 2, 16. XXV 2, 11, 1. lust. Inst, 
von der Erfullung ihrer Pfiicht nicht abgeschreckt II 23, 11). Von sog. Respectspersonen kann der 
werden sollen: Scaev. Dig. XL VIII 5, 15,3. Papin. Eid nicht verlangt werden, Paul. Dig. II 8, 8, 5. 
Dig. XLVIII 1, 14. Tryphon. Dig. IV 4, 37, 1. Ulp. Dig. XII 2, 16. XXXVH 15, 7, 3. Vgl. zu 
Paul. Dig. XLVIII 5, 31 pr. Carac. Cod. lust. dem civilprocessualischen Calumnieneid iiberhaupt 
IX 1, 2. Alex. Cod. lust. IX 46, 2. IX 9, 6. Rudorff Rem. Rechtsgesch. 11278.279. Beth- 
Car. Carin. und Num. Cod. lust. LX 46, 4. nov. mann-HollwegCivilprocessII534.535. Keller- 
Val. XVII c. 2. Vgl. Geib a. a. 0. 580. Rein Wach Rom. Civilprocess 6 293—296. 
a. a. 0. 815. Binding a. a. 0. 39. 40. Raspe 2. Iudicium ealumniae. Ein indicium calum- 
a. a. 0. 152ff. LOffler Schuldformen 1895, HOff. 50 niae kommt als Repression der chicanCsen Klage- 
Die zur Anzeige verpfiichteten Beamten gehOren erhebung vor, Gai. IV 17 Iff. Der Beklagte kann 
nicht zu diesen exceptae personae , Constantin. jeder Klage ealumniae iudicium opponere, ,wenr» 
Cod. lust. XII 22, 1. er auf den Fall der Verwerfung der Klage noch 

3. Tiber die actio in factum des praetorischen den Beweis unternehmen will, dass der Klager 

Edicts s. u. B. 3. sie wider besseres Wissen angestellt habe' Keller- 

B.Civilprocess. Auch Her wird vorziiglich von Wach Civilprocess6 295; es geht auf ein Zehntel 

c. desjenigen gesprochen, der wider besseres Wissen des Processobjects, in einem besonderen Falle — 

eine Klage erhebt, ealumniae causa agere, litem gegeniiber dem Assertor im Freiheitsprocess — auf 

intendere. GaiusIV 174ff. Gell. XIV 2, 8. Paul. Dig. ein Drittel : Gaius IV 174-176. 178-181. Gell. XIV 
V3.43. X2,44,4. XXXI 8, 4. Pompon. Dig. X 4, 60 2, 8. Consult, vet. iuriscons. VI 2 (actio ealum- 

15. Ulp. Dig. XXXVH 10, 3, 4. XLVII % 27 pr. niae). 13. lust. Inst. IV 16, 1. Theophil. z. dies. 

Sie kann aber auch in der Stellung von Begehren Stelle. Die Formel sah wahrscheinlich auch den 

anderer Art liegen : Eidesdelation, Editionsgesuch, Fall vor, wenn der calumniOse Klager den Process- 

Cautionsbegehren , Erwirkung einer missio in vor dem Urteil aufgiebt, Lenel Ed. perp. 88. Ein 

possessionem u. s. w. Auch der Beklagte kann iudicium ealumniae zur Repression der c. des 

sich calumnies betragen durch chicanoses Be- Beklagten giebt es nicht. Die processualische Ge- 

streiten, ealumniae causa in infitias ire Gaius IV staltung des iudicium ealumniae ist nicht klar, 

172. Paul. Dig. X 2, 44, 4. Die c. kann zunachst wahrscheinlich hat man an eine subjungierte Wider- 



1421 Calusidius Calx 1422 

klage (vgl. o. den Ausdruck indicium opponere) cum ad victorias notam. Sie war jedenfalls 

zu denken, deien Gutheissung vorgangige Ab- so hergestellt wie die weissen Linien auf den 

weisung der Hauptklage voraussetzt, Gell. XIV 2, englischen Tennisplatzen, d. h. es wurde eine in 

8. Diocl. und Maxim. Cod. lust. VII 16, 31. Ver- den Boden gegrabene Furche mit angeriihrtem 

schiedene Ansichten fiber diese Frage bei Keller- Kalke ausgeffillt. Da die Stelle der Bahn, an 

Wach Bom. CivilprocessS 296, 693. Budorff der sich die C. befunden habe, nirgends genau 

Bom. Bechtsgesch. II 278. Bethmann-Holl- bezeichnet ist, so sind verschiedene Vermutungen 

weg Civilprocess II 536, 49. Lenel Ed. perp. dariiber aufgetaucht. Eine unklare und obendrein 

88. 89. Leonhard Instit. d. rom. Bechts 540. wohl der Verbesserung bedurftige Stelle bei Cas- 
Das iustinianische Becht kennt das indicium 10 siodor (Var. Ill 51 , 7) hat besonders viel Ver- 

calumniae nicht mehr, lust. Inst. IV 16 1. Die wirrung in diese Frage gebracht. S. dariiber 

c. des Klagers im Civilprocess kann in besonderen Linea alba. Wohl durch diese Stelle verleitet 

Fallen weitergehende Wirkungen haben, so die chi- haben sowohl S chulze (Die Schauspiele zur Unter- 

can6se Anstellung einer vindicatio in serviiutem, haltung des r6m. Volkes, Gymn.-Bibl. XXIII 52), 

Paul. Dig. XL 12, 39, 1.. Diocl. und Maxim. Cod. der sich ausserdem auf ein Lyoner Mosaik bezieht, 

lust. VII 16, 31; so das chicanOse Begehren um als auch Can in a auf seinem Beconstructionsplane 

missio in possessionem ventris nomine (Wirkung: (Baumeister Denkm. Taf. XII) die C. auf die 

Infamie), Ulp. Gai. und Paul. Dig. Ill 2, 15 — 19. rechte Seite derBahn gelegt, ersterer , nicht weit vom 

Ulp. Dig. XH 2, 3, 3. XXXVH 15, 7, 4, vgl. Eingange', letzterer die rechte Bahn durch die Linie 
Karlowa Ztschr. f. B.-G. IX 225. Lenel Ed. 20 der Breite nach halbierend (er nimmt ausserdem 

perp. 73. noch eine zweite Linie an, die er jener parallel 

3. Eine actio in factum gewahrt das prae- von der inneren Meta als Lot auf die rechte Um- 

torische Edict gegeniiber demjenigen, qui ut ca- fassungsmauer fallt; s. Linea alba). Das ist 

lumniae causa negotium faeeret vel non faceret, deswegen unwahrscheinlich, weil dann 7 1/2 Um- 

peeuniam aecepisse dieetur (TJlp. Dig. Ill 6, laufe notwendig gewesen waren ; es werden aber 

I pr.). Sie geht gegen denjenigen, der das Geld ausdriicklich immer nur sieben Unilaufe erwahnt, 
empfangen hat und zwar auf den vierfachen Be- so dass das Ende des Bennens in der linken Bahn 
trag, nach Ablauf eines Jahres auf den einfachen. gesucht werden muss. Es ware ausserdem un- 
Sie steht dem mit dem chicanosen Bechtsstreit zweckmassig und gegen alien Bennbrauch gewesen, 
Behelligten oder Bedrohten zu; ob es sich dabei30den Endlauf durch nochmalige Biegung um die 
um Civilprocess oder Strafprocess handelt, ist Meta zu verlangsamen und gewissermassen zu 
gleichgtiltig, TJlp. Dig. Ill 6, 1 pr. 1. 8; zu brechen. Das Naturgemasse ist, dass die Eenner 
dem besonderen Fall, wo der mit einer calum- nach der siebenten Umkreisung der ausseren Meta 
niosen Anklage Bedrohte dem Drohenden Geld ohne nochmaliges Hindernis mit Entwicklung ihrer 
zur Abwehr derselben giebt, vgl. Dip. Dig. Ill vollen Geschwindigkeit die ganze Lange der linken 
6, 8 und den Artikel Concussio. Die Klage Bahn durchstiirmten und hier auch durchs Ziel 
ist auf activer Seite unvererblich , der Erbe des gingen. Man wird sich also die C. am geeig- 
Empfangers haftet in id, quod ad eum pervenit. netsten als Lot von der inneren Meta auf die 
Verurteilung macht den Beklagten nicht infam, linke Umfassungsmauer gefallt zu denken haben. 
wohl aber anklageunfahig, Ulp. Dig. XL VIII 2, 40 So konnten auch die Preisrichter am scharfsten 
4. Macer Dig. XLVIII 2, 8. Uber die Natur der visieren. Corp. gloss, lat. Ill 240, 68 17 vvaaa 
Klage und Sir Verhaltnis zur eondictio ob tur- meta, calx, Freilich war dann eine Verwischung 
pern causam vgl. Vangerow Pand. Ill § 694. oder Verletzung der Linie durch die wiederholt 
Baspe Verhr. d.Calumnia63. WindscheidPand. dariiber fahrenden Gespanne wohl kaum zu ver- 

II § 471. Pernice Labeo II 2 43. Lenel Ed. meiden. Man kann diesem Bedenken zu Liebe 
perp. 86ff. Im praetorischen Edict war diese die C. dann auch soweit nach den Carceres zu 
Klage mit iusiurandum ealumniae (s. o. 1) und riicken, dass sie von den in kurzem Bogen um 
iudicium ealumniae (s. 0. 2) in ein em Titel (de die Meta fahrenden Gespannen meist verschont 
ealumniatoribus) behandelt, Lenel Ed. perp. 87. blieb. Dann steht auch nichts im Wege, sie in 

[Hitzig.] 50 trbereinstimmung mit der oben angefuhrten Cas- 

Calusidius, Soldat im Heere des Germanicus, siodorstelle fiber die ganze Breite der Bahn aus- 

Tac. ann. I 35. 43. [Groag.] zudehnen. Jedenfalls aber musste zwischen C. 

Calvus. 1) Schulredner. Serv. Aen. X 18: und Carceres geniigender Baum ffir den Auslauf 

Titianus et Calvus, qui themata omnia de Ver- der Pferde sein, die bei der tlberschreitung der 

gilio elicuerunt et deformarunt ad dicendi usum. Linie ihre grSsste Schnelligkeit entwickeln mussten 

[Stein.] und nun nicht gleich angehalten werden konnten. 

2) S. Licinius, Servilius. [Groag.] Sehen wir doch bei unseren Bennen die Beiter 

3) Calvus, gallischer Vasenfabrikant der Kaiser- ein betrachtlicbes Stuck fiber das Ziel hinaus- 
zeit, Dragendorff Terra sigillata 93 (109). schiessen, ehe sie ihre Pferde zu parieren ver- 

[C. Bobert.] 60 megen. Wie die Alten es liebten, ihre bildlichen 

Calx ist die gerade weisse Linie, mit der in Ausdrficke der Agonistik zu entlehnen, so findet 

den Bennbahnen, namentlich im Circus, das Ziel sich auch C. haufig zur bildlichen Bezeichnung 

angegeben war. Corp. gloss, lat. IV 29, 19. eines Zieles, Endes, im Gegensatze zu carceres 

213, 37. 315, 35. 491, 25. V 173, 43 calce fine. (s. d.), womit sie den Anfang, den Ausgangspunkt 

274, 38. 349, 21. Sie hatte also denselben Zweck, bezeichneten. Cic. senect. 83 nee vera velim 

wie auf unseren heutigen Bennbahnen der Sieges- decurso spatio a mice ad carceres revocari; amic. 

pfosten. Die Linie war auf dem Boden der Bahn 101 ; Tusc. I 8. Lucret. VI 92. Varro sat. Menipp. 

gezogen. Plin. n. h. XXXV 199 praeducere cir- frg. 288Buech. Propert. V 2, 58. Senec. epist. 49, 5 



1423 Cama Camarica 1424 

Nunc ineredibilis cursus apparet, sive quia admo- der sonst nicht genannt wird, ist danach wahr- 
veri lineas (lineam?) sentio sive quia attendere scheinlich die obige; vgl. Camala. [Hiibner.] 
eoepi, als Beweis fur die ,unglaubliche' Schnellig- Camaracuui, Stadt in Belgica, das heutige 
keit bei der Ann&herung an das Ziel. 108, 32 Cambrai (deutsch Kameryk), Tab. Peut. (Cama- 
mit der Bemerkung: hanc quam nunc in circo raeo). Itin. Ant. 377. 379 (Camaraeum). In der 
eretami voeamus, antiqui caleem voeabant. 12, 4 Not. Gall. VI 6 (Belgica secunda) eivitas Ca- 
in extrema regula stantem und 26, 1 extrema maracensium. Die spateren Zeugnisse (Gregor. 
tangentem vom Greise. Ammian. XXI 1, 14. Tur. u. a.) bei Holder Altcelt. Sprachschatz s. 
Horat. epist. 116,79 Mors ultima linea rerum Camaraous. Desjardins Table de Peut. 14; 
est. fiber das Geschlecht des Wortes Charis. 10 Geogr. de la Gaule II 449. Longnon Ge"ogr. de 
92 K. (Lucil. frg. 352 Baehr.). Im Griechischen la Gaule 414. " [Ihm.] 
entspricht dem Worte f) ygafifi^ (s. d.), z. B. Pind. Camarae (xa/iaQai), eigenartige Seeboote der 
Pyth. IX 210. Eurip. Electr. 956. rauberischen Barbaren (xauaQtrai) an der Nord- 

Litteratur: Onuphr. Panvinius De ludis cir- ostkiiste des schwarzen Meeres, Strab. XI 495 

cens. I 6 (Graevii Thes. antiqu. Eom. IX 70 —96. Tac. hist. Ill 47. Gell. X 25. Eustath. zu 

mit den Anmerkungen Ton Argoli) und J. C. Dionys. Perieg. 700. Es waren Bundschiffe (Eust. 

Bulengerus De circo Bom. ludisq. circ. XXII argoyyvXa) mit breitem Boden und einwarts ge- 

(Graevius 640ff.) haben sich ziemlich unklar iiber neigten Seitenwanden (Tac. artis lateribus latam 

diesen Gegenstand. geaussert. Bianconi Descri- alvum, Strab. ungenau orsvd), also ziemlich sicher 
zione dei circhi (Boma 1789) 72. De Laborde 20 gegen Umschlagen; bei gleichmassig abgerunde- 

Descripci6n de un pavimento en mosayco descu- ten Enden in verschiedenen Richtungen beweg- 

bierto en la antigua Italica (Paris 1806) 35. lich kreiselten sie (volvuntur) zwischen den Wellen 

B a h r in der Encycl. von Ersch u. Gruber unter und fassten 25 — 30 Menschen. Bei unruhiger See 

Circus XVII 289 (verfehlt). Ginzrot Die Wagen ward der Bord durch Bretter erhoht, bis ein Dach 

und Fuhrwerke der Griechen und Bomer (Miinchen iiber dem Pahrzeug entstand. Die leicbten, metall- 

1817) I 75. Vgl. die Artikel Creta und Linea freien Boote wurden in den Waldern an Land 

alba. [Pollack.] versteckt. Eundform und Leicntigkeit erinnern 

Cama, nach Isid. or. XIX 22, 29. XX 11, 2 an die Euphratboote (Herod. I 194), Name und 

ein kurzes und niedriges Bett. Das wohl sicher Bedachung an mehrere, gleichfalls xafidgai ge- 
unrOmische Wort hat sich in der Bedeutung Bett 30 nannte, echtbabylonische iiberwSlbte Dinge (Herod, 

im Spanischen und Portugiesischen erhalten. I 199. Arrian. anab. VII 25. Diod. II 9. XVIII 26. 

[Man.] Strab. XVI 738), sowie an den Meerkrebs xdfifia- 

Camacae und Camae, zwei skythische Stamme qos, eammarus, dessen Oberseite durch gewOlbte 

des asiatischen Steppengebietes, Plin. VI 59; Schalen geschiitzt wird. Camara (camera) be- 

Camaeae noch einmal vermerkt zwischen der Mai- deutet Gewolbe, d. h. eine anerkannt babylonische 

otis und dem Kaukasos, Plin. VI 21. Die voile Erfindung. Das Wort ist also schwerlich, wie 

Form Icamaka erklart sich wie apers. kamana man bisher mit G. Curtius Etym. 5 140 annimmt, 

,treu, anhanglich' aus der arischen Wz. ham- griechisch, eher (Corais zu Strab. IV 235) chal- 

,lieben' , oset. khom ,Liebe , Treue'. daeisch. Camara scheint bei Suet. Nero 34 die mit 

[Tomaschek.] 40 TonnengewOlbe aus Holz und Tuch iiberspannte 

Camactnlici. Eine regio Camactulieorum an Kajiite auf dem Hinterdeck des Kriegsschiffs (sonst 

der Kiiste von Gallia Narbonensis wird erwahnt axr^vrj) zu bedeuten. [Assmann.] 

von Plin. n. h. ni 34 ; voran geht Citharista por- Camarata (nur wenige und geringe Hss. haben 

tus (canton La Ciotat). Herzog Gallia Narb. 137. Camerata), in Mauretanien, Station der Kiisten- 

Desjardins Ge"ogr. de la Gaule II 71. [Dim.] strasse dieser Provinz, 12 Millien westlich von der 

C.'tmagora, Hafenplatz an der gangetischen Miindung des flumen Salsum (jetzt Bio Salado, 

Golfkiiste neben Pitinna, Geogr. Rav. p. 42, 2; Osed el-Melah), Itin. Ant. 13. Man bezieht dar- 

Ptol. VII 1, 16 vermerkt v zwischen Katikardama auf Ruinen an der Miindung des Oued Razer, bei 

(jetzt Manika-pattam am Cilka-see) und der Mun- Sidi Djelloul (Cat Maur^t. Ce'sarienne 157). In 
dung des Manadas (skr. Mahanadi) richtiger Kan- 50 der Nahe hat sich neuerdings ein Dorf desselben 

nagara, d. i. das heutige Konarak, Connarrecam Namens gebildet. [Dessau.] 

der portugiesischen Seekarten, Konarkum im indi- Camari. 1) Eine Insel im roten Meere an 

schen Seespiegel Mohit. Das zweite Glied -gara der siidwestlichen Kiiste Arabiens. Plinius (VI 151) 

erklart sich entwedei: aus skr. gada ,Peste' oder beschreibt die Kiiste siidlich von den Karben 

aus kolar. gada, garra ,Fluss'. [Tomaschek.] (Karphati) und sagt: a meridie insulae multae, 

Camala, Ort in Hispania citerior, Station der maxima Camari. Sprenger (Alte Geogr. 78) 

rOmischen Strasse von Caesaraugusta nach Legio vergleicht damit Kagdafiiftj (Ptol. VI 7, 44), vgl. 

VII (Leon), zwischen Segisamo und Lancia (Itin. Iuba bei Plin. VI 33. 34, und Hekataios bei 

Ant. 395, 2); danach unmittelbar bei Sahagun Steph. Byz. Ka/xaQrjvol, die er samtlich mit den 
zwischen den Fliissen Cea und Valderaduey an- 60 Kamaran-Inseln identiflciert. [D. H. Miiller.] 
zusetzen (Guerra Discurso a Saavedra 90). Der 2) S. Chamaoi. 

Name Camalus ist in Kallaikien besonders hauflg. Camarica (Kafi&Qixa), Ort in Hispania cite- 

[Hiibner.] rior, und zwar in Kantabrien, unweit von Iulio- 

Camalocum(?), Ort in Hispania citerior. West- briga, nur von Ptolemaios (H 6, 50) erwahnt. Der 
lich von dem lusitanischen Ammaia (s. d. Nr. 3), Name wird ohne Grund mit dem Pluss Tamaris 
in Crato, ist ein Altar gefunden worden, dem Iup- (s. d.) und den fontes Tamariei zusammenge- 
piter gesetzt von den vicani Gamaloc. .in (CIL bracht. Lautlich nahe stent eine in Toletum be- 
ll 170); die Namensform des lusitanischen Vicus, zeugte iberische gentilitas Canbarieum (CIL II 



1425 Camarini Cambodunum 1426 

3074) und das nur beim Geogr. Rav. 308, IB ge- 'OXtoiijvq (Drakon von Kerkyra xsqi kfflmv bei 

nannte Cambraeum in Callaecia (das K. Miiller Athen. XV 192 DE = Eustath. Od. 1533, 3), in 

ganz willkMich in den Text des Plinius IV 111 der neuen Heimat wird ihnen nochTybris geboren, 

«insetzen wollte; daher in Holders Altkelt. der Eponym des Tiberstromes (Serv. a. a. 0.); 

Sprachschatz 716). Der alte Name ist vielleicht vgl. Wissowa in Eoschers Mythol. WOrterbuch 

in dem heutigen Cabria, nttrdlich von Aguilar del I 848 und Roscher ebd. II 22f., der unter Be- 

Camp6, erhalten. [Htibner.] rufung auf Suid. s. Kafiaoorjvov i&vixov und Ar- 

Camarini, ein hinterindisches oder serisches cadius p. Ill ed. Barker in Kafii'ot) Ka/taorjvrj eine 

Volk, fiber welches die Expos, tot. mundi Geogr. (thessalische?) Ortlichkeit vermutet. [Aust.] 
Lat. min. p. 105 Riese nach syrischen Berichten 10 Cambaetum (Kanfiaaov), Stadt der Lubaener 

ungefahr dasselbe aussagt, was sonst den Seres in Callaecia, nur bei Ptolemaios erwahnt (II 6, 

iiberhaupt zugeschrieben wird: es giebt dort viele 47; denn des Geogr. Rav. Cambrim 308, 12 wird 

Edelsteine im Bette der BergstrOme ; die dortigen dem Fluss Tamaris entsprechen, s. d.); von Ar- 

brahmanischen Priester kleiden sich in Ge wander gote nach ganz unsicherer Ahnlichkeit des Namens 

aus Asbest (vgl. Steph. Byz. s. Bgaxn&vsg) ; sie nach Cambezes bei Orense gesetzt, wozu die Orts- 

erwarten selig den Tod, und der Sarg wird mit angabe des Ptolemaios nicht passt. [Hiibner.] 
Wohlgeriichen gefullt. Die arabischen Geographen Cambalidus, angeblich ein Auslaufer des Kau- 

des 9. Jhdts. schildern die hohe Kulturstufe und kasos. An seinem Fusse wohnten die Mesabatae 

den Reichtum des hinterindischen Volkes QimSr (s. d.) ; ausserdem soil von dort aus der bequemste 
oder Qamar von Kamb6ga ; ebenso die sinischen 20 Zugang nach Baktrien gewesen sein, Plin. VI 134. 

Annalen der Dynastien Sui, Thang und Song. Der Name wird schwerlich von Cambades, der 

Im heutigen KambSga erinnern prachtige Tempel- nach Plin. V 98 einer der verschiedenen Namen 

ruinen, wie z. B. die von Ang . kor am Nordufer des Tauros war , und von Kambadene (s. d.) zu 

des Ton . ly . sap, mit Pali-inschriften und Gfltter- trennen sein. Das Gebirge ware demnach etwa in 

statuen an die alte brahmanisch-buddhistische der heutigen Provinz Camabadan zu suchen. 
Mischkultur ; die Khmer bilden eine eigene Sprach- [Weissbach.] 

gruppe der hinterindischen Aboriginer (vgl. Ay- Cambari, ein Strom im Lande der Seres, 

m on ierDictionnaireKhmer-Francais, Saigon 1878) zwischen dem Psitharas (s. Aspithras) und dem 

und werden siam. Kko . men, anamit. Khom (portug. Lanos (s. Daonas), Plin. VI 55 nach Amometos? 
os Comos) genannt; sie zahlen gegen funf Mil- 30 oder nach einem Autor, welcher iiber die Handels- 

lionen Seelen. Vgl. Cambari. [Tomaschek.] thatigkeit der Hellenoparther von Charax Hyspa- 

2) Bei Val. Max. VI 5, 1 die Emwohner einer sinu berichtet hatte, zu einer Zeit, welche un- 

von einem C. Claudius eroberten Stadt, welche mittelbar jener vorausliegt, wo der Kaufmann 

sodann auf dem Aventin angesiedelt worden sein Alexandras den serischen Hafen Kattigara erreicht 

sollen. Welcher Claudius gemeint sein kSnne, ist hat. In diesem letzteren Berichte wird der Strom 

dunkel; der Inhalt der Erzahlung passt weder auf mit dem Namen Seros (s. d.) belegt, weil sich 

die Einwohner von Cameria noch von Camerinum. an dessen Miinde der serische oder sinische Handel 

[Hulsen.] concentriert hatte. Der Name C. lasst sich ent- 

Camars. 1) Alter Name von Clusium, nach Liv. weder als eine Verstummelung von skr. Kambdga, 
X 26, 11 und Polyb. II 19, 5 (sv xfj KafisQzlcov 40 Kamb&ga etwa fur Cambages (vgl. Cantaba fur 

X<be<}). Vielleicht gehOren die Stttcke von Aes Sandabages!) auffassen oder wir haben an den 

grave mit Rad und Anker und der Beischrift A>p Volksnamen Camari (s. Camarini Nr. 1) d. i. 

(=^a)nachC. MommsenROm. Munzwesen 220. Khmer zu denken. [Tomaschek.] 

GarrucciMon. dell' Italia II 56. Berliner Miinz- Cambes (Cambete), Ort im Gebiet der Rau- 

katalog III 5. [Hiilsen.] raci, 12 Millien nOrdlich von Augusta Rauracum, 

2) S. Annius Nr. 36 und Lucceius. das heutige Kembs im Ober-Elsass, Itin. Ant. 354 

Camasene, Cameses. Zur Erklarung des ety- (Cambete). 386 (Cambatem und Cambate). Tab. 

mologisch dunklen, den Alten ebensowenig wie Peut. (Cambete). Gliick Kelt. Namen 34. Hol- 

Tins verstandlichen Namens Camasene fur Latium der Altcelt. Sprachschatz s. v. Desjardins Table 
haben griechische und romiscbe Sagenschreiber 50 de Peut. 11. Longnon Ge"ogr. de la Gaule 138. 
und Antiquare eine Reihe genealogischer Fabeln [Dim.] 

ersonnen, die mehrfach von einander abweichen Cambidanum s. Cambodunum Nr. 1. 

nnd nur in dem einen Punkte trbereinstimmung Cambioriceuses , Volk in Aquitanien, viel- 

zeigen, dass sie jenen Namen in eine bestimmte leicht in der Gegend des heutigen Chambon (de'p. 

Beziehung zu Ianus setzen: anknupfend an die Creuse), Tab. Peut. Desjardins (Table de Peut. 

einheimische tTberlieferung, die in Ianus einen 5) vermutet Identitat mit den Cambolectri Aqui- 

Ureinwohner des Landes sah, berichten die einen taniens. Deloche Me"m. pres. par divers savants 

(Protarchos v. Tralles und Hygin bei Macr. I 7, 2. se"r. t. IV 432f. Holder Altcelt. Sprachschatz 

19) Ianus... eum Camese aeque indigena ter- s. v. Nach Gliick (Kelt. Namen 34) lautet der 
ram hane ita partieipata potentia possidebant, 60 Name richtiger Cambovicenses von Cambovieus 

utregio Camasene, oppidumlanieulumvoearetur. d. h. eurvus vicus. [Ihm.] 

Nach der andern vorwiegend griechischen Version Cambo. Eine in Imflingen bei Landau ge- 

der Sage heiratet Ianus vor seiner Auswanderung fundene Inschrift (Brambach CIRh. 1813) lautet 

aus dem thessalischen Perrhaeberlande nach Italien Deo Mereurio Cambo Iusti v. s.l. I. m. Cambo, 

(Plut. q. R. 22) seine Schwester Kapiiarj (Ka/ia- Sohn des Iustus, ist Name des Dedicanten, nicht 

arjvri Demophilos bei Lyd. de mens. Ill 2, Cama- Cambus Beiname des Mercurius, wie Steuding 

sene Serv. Aen. VIII 330) und erhalt von ihr Roschers Lex. I 846 annahm. [Ihm.] 

zwei Kinder, einen Sohn ABr;S und eine Tochter Cambodunum. 1) Stadt in Vindelicien, das 



1427 CamMectri Cameria 1428 

heutige Kempten. Strab. IV 206 xal o'rEarlcovsg a. a. 0. Liven. Ill lOf. Sulpic. 67f. Serv. Aen. 

8k r&v Ovivdshxmv slol xal Boiyavxioi, xal no- I 8; vgl. Ovid. met. XV 482; fast. Ill 275). Noch 

Xeig avtcov Boiyavnov xal Kafifiodovvov (Kavdo- im J. 136 n. Chr. erinnerte ein pious Camenarum 

(iovvov die Hss.). Ptol. II 12, 4 (Kafiftodovvov). in der ersten Region (CIL VI 975) an die einstige 

Ferner erwahnt im Itin. Ant. 237. 250. 258 {Cam- Bedeutung des Ortes, der heilige Bezirk selbst 

boduno ist die richtige Lesart, nicht Campoduno, aber war zu geschaftlichen Zwecken an jiidische 

s. Gliick Kelt. Namen 34). Tab. Peut. Cambo- Wechsler verpachtet (Iuven. a. a. 0.). Durch die 

duno. Not. dign occ. XXXV (Eaetia) 8. 19 Cam- unter dem Einfluss der griechischen Litteratur 

bidano. CIL III 5987 a Cambfodunq) m. p. XI. und dem Eindringen des Musendienstes erfolgte 
Mommsen CIL III p. 709. 737. Holder Altcelt. 10 Gleichsetzung der C. mit den Musen, die gefOrdert 

Sprachscbatz s. Cambodunon. Bacmeister Kel- wurde durcb den leichten tfbergang von Gottinen 

tische Brief e 104f. [Ibm.] der Quellen zu solcben der Weissagung und des 

2) Stadt der Briganten in Britannien, nach Gesanges, wurde das urspriingliche Wesen der 

dem Itin. Ant. an der rOmischen Strasse von Deva rOmischen C. verdunkelt und ihr Kult so vollig 

nach Eburacum (468,6; Geogr. Bav. 431, 10 Ca- verdrangt, dass keine Inschrift von ihrer Ver- 

muloduno), nach Ptolem. II 6, 10 Ka/j.ovX68ovvov ehrung Kunde giebt, denn die Widmung Or anno 

(so die besten Hss.) unweit Eburacum, wahrschein- (et) Camenis (CIBh 484) gilt Apollo und den 

lich Slack bei Stainland, wo einige Soldatenin- Musen (Wissowa in Boschers Mytholog. Wflrter- 

schriften (CIL VII 199.201.202) und Uberreste buchI847). Schon Livius Andronicus und Naevius 
eines rOmischen Castells gefunden wurden (CIL 20 (Gell. XVIII 9. 1 24) verwenden die C. in der Weise 

VII p. 54). [Hiibner.] wie die griechischen Dichter die Musen. Aus der 

Cambolectri. 1) Volk in Narbonensis, Plin. griechischen Auffassung erklart es sich, wenn die 

n. h. Ill 36 Cambolectri qui Atlantiei eogno- oben erwahnte aedioula aenea durch M. Fulvius 

wiinantur. Nobilior in den von ihm zwischen 189 und 179 er- 

2) Volk in Aquitanica, Plin. n. h. IV 108 Sen- bauten Tempel des Hercules Musarum ubergefuhrt 

nates Cambolectri Agesinates. Man hat gemeint, wird (Serv. a. a. O.), wenn der Dichter Accius 

diese C. seien durch den Zusatz Agesinates (s. d.) in einer aedes Camenarum von unbekannter Lage 

von den C. Atlantiei unterschieden. H e r z o g seine Portratstatue in LebensgrOsse aufstellt (Plin. 

Gallia Narb. 92. 129. [Ihm.] n. h. XXXIV 19) und wenn die Alten C, wofur 
Cambonum , mutatio , verzeichnet im Itin. 30 es eine altere Form Casmena und Carmena geben 

Hieros. 555 im Gebiet der Vocontier, 39 Millien sollte, etymologisch mit carmen und canere in 

westlich von Vapincum (Gap); etwa in der Ge- Verbindung bringen (Serv. Eel. Ill 59. VII 2. 

gend des heutigen St. Pierre dArgenson, Herzog Macr. comm. II 3, 4. Pest. ep. p. 43. 67; vgl. 

Gallia Narb. 145. [Ihm.] Jordan Krit. Beitr. 131f.). Eine abweichende 

Camboricum , Ort im Ostlichen Britannien, Deutung der C. als castae mentis praesides flndet 

Station der rOmischen Strasse von Londinium nach sich bei Pest. ep. p. 43. Camena, quae canere 

Lindum im Gebiet der Icener (Itin. Ant. 474, 7 (sc. doeeat) als Gottin der Indigitamenta bei Aug. 

Gamberito die schlechte trberlieferung , die aber c. d. IV 11. [Aust.] 

von den Keltologen vorgezogen wird), seine Lage Camenarum yallis s. Egeriae vallis. 
entspricht nach den Entfernungen dem heutigen 40 Camenius. 1) Caeionius Iulianus Camenius 

Cambridge (vgl. CIL VII p. 35), dessen Name s. Ceionius. 

daraus entstand. Ob sich darauf bezieht die alt- 2) Alfenius Caeionius Iulianus Camenius s. 

brittische Miinze mit den Aufschriften . . . duro Ceionius. 

und Cam (bei Evans Coins of the ancient Bri- Camerata, in Numidien; eine Station Fons 

tons 390 Taf. XV 14) ist zweifelhaft. [Hubner.] Camerata verzeichnet die Tab. Peut. zwischen 

Cambunii montes s. Kapfiovvta Sqij. Milev und Cuicul; vgl. Tissot Geographie com- 

Cambysis forum s. Kapfivaov rauisTa. paree de lAfrique II 408. [Dessau.] 

Cameliomagns s. Comillomagus. Cameria oder (bei Tacit, und Plin. a. a. 0.) 

Camenae, rOmische Gottinnen, die vor der Camerium (Kafiegia Dion., Ka/xagta Plut. ; Einw. 
Porta Capena in einem links von der Via Appia50 Gamerinus, KafieoTvog) , Stadt in Latium, an- 

gelegenenHaine(vgl.BeckerTop.513ff. Bichter gebliche Colonie von Alba Longa (Diodor. VII 5, 

in Iw. Miillers Handbuch IH 884) zusammen 10 = Euseb. I 287 Schoene. Origo Gentis Eo- 

mit Egeria verehrt wurden ; hier opferte man nianae 17), Ofters erwahnt in der KOnigszeit (Liv. 

ihnen Wasser und Milch (Serv. Eel. VII 21); I 38. Plut. Bom. 33. Dionys. II 50. Ill 51), 

hier schOpften aus einer Quelle die Vestalischen zerstOrt von dem Consul Verginius 502 v. Chr. 

Jungfrauen das zur Besprengung ihres Tempels (Dionys. V 21. 40. 49) und seitdem wiist (Plin. 

nOtige Wasser (Plut. Num. 13; vgl. Vitruv. VIII III 68). tlber die Lage ist nui aus Dionys. V 

3, 1); alle diese Punkte lassen in den C. Quell- 49 zu entnehmen, dass C. etwa 8 Stunden von 

nymphen erkennen, eine Bedeutung, die auch dem Bom entfernt lag ; aus dem Verhaltnis , in dem 
Bewusstsein der spateren Zeit nicht ganz ent- 60 es mit Pidenae Piculea Crustumerium Nomentum 

schwindet (Varro bei Serv. a. a. 0. Tertull. adv. erscheint, durfen wir auf Lage zwischen Tiber, 

Marcion. I 13). Die Wesensverwandtschaft mit Anio und Sabinergebirge schliessen. Den ager 

Egeria, die in der gemeinsamen Kultstatte zum optumus atque pulcherrimus der Camerini rfihmt 

Ausdruck kam, gab den Anlass, die C. in den Cato bei Festus 234 M. GewOhnlich setzt man 

urn Numa und Egeria gebildeten Sagenkreis hinein- es beim heutigen Palombara an, ohne zwingend© 

zuziehen. Auf den Rat seiner Preundin weihte Grunde: noch viel unwahrscheinlicher ist Nib- 

Numa den C. den oben erwahnten Hain mit seiner bys Ansetzung im Aniothal zwischen Tivoli und 

Quelle und eine aedicula aenea (Liv. I 21, 3. Plut. Vicovaro. Aus C. stammte, nach Tacit, ann. XI 



1429 Camerinum Camilla 1430 

24, die Gens Coruncania. tiber das Cognomen c) C. Pomponius Camerinus, cos. ord.138n.Chr.. 

Camerinus der Sulpicier vgl. Mommsen ROm. mit T. Iunius Niger (vgl. Canus Nr. 3). 
Forsch.1292. Vgl.NibbyDintornidiRomaI353 [Groag.] 

— 358. BormannAltlatinischeChorographie257. Camera s. Camars und Camerinum. 

260. Mommsen Hermes XVII 43. [Hiilsen.] Cametae, Station der Strasse Viminaciuro 

Camerinum {KafxiQxr] Strab., KapeQia Appian., (Kostolac) — Naissus (Nis) in Moesia superior (Itin. 

Ka/xaQivov oder KafxeQivov Ptol. ; Einw. Camertes, Hieros. 564: mutatio Cametas), nach F. Kanitz. 

nur spat und uncorrect Camerini, s. u., Ka/taQi- R6m. Studien in Serbien 73 und Kiepert For- 

vot Plut. Mar. 28), Stadt im umbrischen Appen- mae orbis antiqui XVII jetzt Razanj , nordwest- 
nin, an den Quellen des Plusor (Cbienti), jetzt 10 lich von Aleksinac in Serbien. Vgl. K. Jirecek 

Camerino. Die Camertes werden zuerst im Jahr Die Heerstrasse von Belgrad nach Konstantinopel 

310 v. Chr. erwahnt (Liv. IX 36, 8. Prontin. und die Balkanpasse 159. Ch. Hiilsen Arch.- 

strateg. I 2, 2) als Bundesgenossen der ROmer epigr. Mitt. XII 181. [Patsch.] 

gegen die Etrusker. Ob der nach Polyb. II 19, Cameza, Ort in Parthia, neben Modovastica 

5 kurz vor der Schlacht bei Sentinum 296 er- und Pyctis, Geogr. Kav. p. 44, 10 ; erinnert zwar 

wahnte Zusammenstoss zwischen Romern und Sem- an die parthische Landschaft Komisene , pers. 

nonen sv xfj Ka^sQxloyv x<*>S<} m die Gegend von Kumis, arab. Qumis, armen. Koms oder Kosm; 

C. oder von Clusium zu versetzen sei, ist streitig, lautgerechter liegt jedoch eine Form wie Qamez 

doch letzteres wahrscheinlicher (s. Camars). Im zu Grunde, etwa von apers. kdma ,Begehr'; doch. 
J. 205 stellten die Camertes eine Cohorte von 600 20 lasst sich nur eine Station KalmSz zwischen Yezd 

Mann fur das Heer des Scipio (Liv. XXVIII 45, 20. und Tebes nachweisen. [Tomaschek.] 

Sil. Ital. IV 157. Vni 461). In spaterer repu- Camicetense (oppidum), Ort in Africa (var.. 

blicanischer Zeit erscheinen die Camertes als ab- Oamacetens.), dessen donatistischer Bischof im 

hangigeGemeindemit/be<feMaejMMra(Liv.XXVni J. 393 erwahnt wird (Aug. enarr. in psalm. XXXVI 

45, 20. Cic. pro Balbo 47. 48. 50; vgl. Momm- 2, 20, in Aug. opp. ed. Migne IV 380 = Mansi. 

sen St.-E. HI 664. 665; Septimius Severus er- Act. concil. Ill 847). [Dessau.] 

neuerte das ins aequi foederis im J. 210, CIL Camilla, eine der altesten Landtribus, noch 

XI 5631 = Orelli 920). Im Heere des Marius mit gentilicischer Namensform {gens Gamilia). 

kampften zwei Cohorten der Camertes mit Aus- Ihr urspriingliches Territorium hat sich bisher 
zeichnung (Cic. pro Balbo 46. Val. Max. V 2, 8. 30 nicht nachweisen lassen. Ob daraus, dass nach- 

Plut. Mar. 28). Dass der ager Gamers stark von mals das dem alten ager Bomanus so nahe ge- 

der catilinarischen VerschwOrung inficiert gewesen legene Gebiet von Tibur in die C. eingeschrieben 

sei , erwahnt Cicero pro Sulla 53 (vgl. Sallust. wurde, beilaufig auf seine Lage geschlossen werden 

Catil. 27). Ofter genannt wird C. in den Birr- darf, bleibe dahingestellt. In die C. wurde die 

gerkriegen zwischen Caesar und Pompeius (Caes. 184 v. Chr. gegriindete Colonie Pisaurum, dann 

b. c. I 15. Cic. ad Att. VIII 12 B) sowie im infolge des Bundesgenossenkrieges Alba Pompeia, 

perusinischen Kriege (Appian b. c. V 50). In der Lupiae, Ravenna und Tibur aufgenommen ; ausser- 

Kaiserzeit war es Municipium (CIL XI 5632. dem geherten zu ihr Suasa, Augusta Bagiennorum 

5635) , obwohl es im Liber coloniarum 240 , 7. und Atria, von denen ersteres vom Gebiet Pisau- 
256, 16. 257, 9 {ager Camerinus) unter den Co- 40 rums abgetrennt worden sein mag , wahrend die 

lonien aufgefuhrt wird. Die Tribus war die Cor- beiden anderen vielleicht, bevor sie rOmisches Ge- 

nelia (Kubitschek Imp. Rom. trib. discr. 70). meindestatut erhielten, Alba Pompeia und Ra- 

Erwahnt wird C. von den Geographen Strab. V venna attribuiert gewesen waren. Ausserhalb 

227. Plin. HI 113. Ptolem. Ill 1, 46; ferner Italiens ist keine Gemeinde nachweisbar, die in 

gelegentlich bei Apicius I 3. Inschriftlich CIL die C. gerechnet worden ware. Nebenformen von 

IX 5362 {ordo Camertium). Not. degli scavi Camilla (CIL VI 2890. VII 188. Brambach 

1885, 69 (Praetorianerliste von 147 n. Chr.). Ende 492) sind Ka/uWa Ephem. epigr. IV p. 220 (vgl. 

des 5. Jhdts. war C. Bischofssitz : ein episcopus Camill. CIL IX 27 add. p. 652 und Pais Suppl. 

Camerinus erscheint auf der rOmischen Synode Ital. 182 = Arch.-epigr. Mitt. VI 79) xm&KafieMla 
vom J. 465 (Thiel Epist. pontif. I 1591) , ein 50 Ancient greek inscr. of the british Museum HI 

Cameritanus auf der von 501 (Cassiodor. var. 405. Das iibliche Compendium ist Cam., selten 

ed. Mommsen 435, 53). Lateinische Inschriften aus erscheint Camil. (CIL V 51. 7723. VI 15268. 

C. CIL XI 5628—5641. Vgl. Santoni Storia VIII 2533). [Kubitschek.] 

di Camerino, Camer. 1864. Conti Camerino e Caniilius. [C] Iulius Camilius Cal[erius 

i suoi dintorni, Camer. 1872. [Hiilsen.] Aspjer C cius s. Iulius. 

Camerinus. 1) Besang vor Ovids Verbannung Camilla. 1) Tochter des KfSnigs Metahus und 

das Schicksal Troias von Hektors Tode an (Ovid. der Casmilla aus der volskischen Stadt Priver- 

ex Pont. IV 16, 19). Identisch mit Q. Sulpicius C, num, bei der Flucht des Vaters, der von den Vols- 

dem Consul des J. 762 = 9 n. Chr.? Teuffel kern vertrieben war, wunderbar gerettet, der 
R. L.-G. 5 252, 8. [Skutsch.] 60 Diana geweiht (Camilla = Opferdienerin, vgl. Serv. 

2) s. Pomponius, Scribonianus, Sulpi- Aen. XI 543) und von einer Stute gesaugt, wachst 
cius. als jagdlustige, tapfere Jungfrau auf, Verg. Aen. 

3) Camerinus , Cognomen folgender Consuln XI 535f., zieht in den Krieg, der zwischen Aeneas 
der Kaiserzeit : und Turnus sich entsponnen, Aen. VII 803ff., ver- 

a) Q. Sulpicius Camerinus, cos. ord. 9 n. Chr. richtet in der Schlacht gewaltige Thaten und. 
mit C. Poppaeus Sabinus. wird von Aruns getotet, Aen. XI 648ff., der dann 

b) Q. Sulpicius Camerinus Peticus , cos. suff. auf Befehl der Diana dem Pfeil ihrer Begleiterin 
46 n. Chr. mit M. Iunius Silanus. Opis erliegt. Schon den Alten fiel die grosse 



1431 Camillius Camillus 1432 

Ahnlichkeit dieser Sage mit dem dem Vergil wohl- mit Fransen besetztes Tuch, das rieinium (s. d.), 

bekannten (Aen. I 316ff. XI 675) Mythos von in der Hand die acerra (vgl. Sueton. Tib. 44) 

Harpalyke (s. d.) und ihrem Vater auf (Serv. Aen. und das praeferieulum (s. diese Worte). C. in 

I 317. Hyg. fab. 252), und es ist wahrscheinlich, Opferscenen z. B. Mon. d. Inst. VI 13. XI 36, 
dass sie von Vergil, bei dem sie sich allein flndet, 3. Clarac 218, 724; in einer Procession: Mon. 
jenem nachgebildet worden ist, vgl. Crusius in d. Inst. XI 34—35, 3 und 4; in Hochzeitsdar- 
Koschers Lexikon d. Mythol. I 1836. 1842. Die stellungen: Mon. IV 9 u. 0. S. Kossbach Bom. 
Gestalt der Penthesileia , auf welche nach dem Hochzeits- und Ehedenkmaler. Statuarische Dar- 
Vorgang anderer A. B^belliau (De Vergilio in stellung: Bronze im capitolinischen Museum, 
informandis muliebribus quae sunt in Aeneide per-lOHelbig nr. 601. Friederichs-Wolters nr. 
sonis inventore, Paris 1892, 101) Mnweist, bietet 1561, abgebildet u. a. in Baumeisters Denk- 
weniger Vergleichungspunkte, scheint aber auch malern II 1108 (die Deutung ist durch die Cber- 
dem Vergil bei der Erflndung der C. vorgeschwebt einstimmung mit den eamilli in den Opferscenen 
zu haben, s. Aen. XI 662. E. Ehwald Philol. der Reliefs gesichert). 

Lm 544. [0. Kossbach.] Unsicher ist der Ursprung des Wortes camil- 

2) S. Arruntius Nr. 28 und Livius. lus. Varro und die aus ihm schopfenden Schrift- 

Camillius. M. Camillius Surd[inus?], im steller bringen dasselbe mit dem Namen des 

J. 64 n. Chr. in ein Priestercollegium aufgenom- Hermes, Casmilus (Varro de 1. 1. VII 34) oder 

men, CIL VI 2002. [Groag.] Kad/tttos (Plut. Numa 7) in Verbindung, unter 

Camillus. 1) Camillus, eamilla ist ursprung- 20 dem dieser als Gotterdiener in Samothrake verehrt 

lich eine Bezeichnung fur alle freigeborenen Kinder, wurde (s. Casmilus und Kadmilos), oder, da 

Fest. epit. p. 93, 3 alii dicunt omnes pueros ab man die tyrrhenischen Pelasger in Samothrake 

witiquis camillos appellatos, sicut habetur in mit den italischen Etruskern identificierte , mit 

antiquo carmine, cum pater filio de agricul- dem angeblich etruskischen Namen des Gfltter- 

tura praeeiperet: ,Eiberno pulvere verno luto dieners Mercur, C. (Serv. Aen. XI 558. Statius 

grandia farra, eamille, metes' (derselbe Vers bei Tullianus bei Macrob. Ill 8, 6 und Interpol. Serv. 

Macrob. V 20, 18 und Interp. Serv. Georg. 1 101). Aen. XI 543). Dionys. II 22 (ebenfalls nach Varro) 

Fest. epit. p. 43, 13. Interp. Serv. a. a. O. Corp. setzt eamilli = xddfuXoi, den dienenden Priestern 

gloss, lat. V 618, 4. Spater erhielt sich der bei den Etruskern und Pelasgern. Vgl. O. M filler- 
Name nur im sacralen Gebrauche und bezeichnete 30 Deecke Etrusker II 70ff. Neuerdings ist der Zu- 

•die jugendlichen Diener gewisser Priester, die saramenhangvonAaVUos und C.verteidigt worden 

diesen — falls sie nicht eigene Kinder haben, von Berger Memoires de la socie'te' de Lingui- 

die diesen Dienst versehen (Dion. II 22) — beim stique de Paris 1886, 140ff.) und von Keller 

,Opfer assistieren. Sie miissen freigeboren (Fest. (Lat. Volksetymologie 241), die annehmen, nach 

epit. p. 93, 2), impuberes (Serv. Aen. XI 558. Dion. dem Namen des dienenden Kabiren KaSfuXog seien 

II 22; investes = impuberes Macr. Ill 8, 7 = die ministrierenden Knaben in den samothraki- 
Interp. Serv. Aen. XI 543) sowie patrimi et ma- schen Mysterien xadfiTXoi oder xaa/Moi genannt 
trimi sein, d. h. beide Eltern am Leben haben worden. Das Institut dieser xadfiTXoi sei nach 
{Fest. epit. a. a. 0.; vgl. Patrimi et matrimi Etrurien und von daknach Eom gekommen. Hier 
und 'AfKpi&aXsTg). Als nobiles bezeichnet die 40 soil dann aus eadmilus, casmUus, camilus die 
eamilli Macrobius a. a. 0., patricische Abkunft Diminutivform camillus entstanden sein, oder, 
kann indes fur dieselben nur so lange Erfordernis wie Berger im Anschluss an Havet vorschlagt, 
gewesen sein, als sie fur die Priester selbst notig aus eadmilus wurde casmilus, daraus casmillus 
war, d. h. bis zur lex Ogulnia des J. 300. Aus- und eamillus. Widerlegt wird diese Ansicht da- 
driicklich erwahnt werden eamilli und eamillae durch, dass eamillus, wie oben dargelegt, ur- 
nur vom Flamen Dialis und der Flaminica (Fest. spriinglich jeden freigeborenen Knaben bezeich- 
•epit. p. 93. Macrob. Ill 8, 7 = Interpol. Serv. Aen. net. Derselbe Grand spricht auch gegen die von 
XI 543. Pint. Num. 7) sowie von den Curionen Schweizer-Sidler (Zeitschrift f. vgl. Sprach- 
{Dionys. II 22), doch darf man wohl annehmen, forschungl 512) vorgeschlageneAbleitungvondem 
dass auch andern Priestern derartige jugendliche 50 in carmen vorliegenden Stamme, die iibrigens, 
Opfergehiilfen beigegeben waren. Die in den wie Mercklin Zeitschrift fur Altertumswissen- 
Arvalacten vorkommenden pueri ingenui patrimi schaft 1854, 117 richtig bemerkt, nicht einmal 
■et matrimi sind jedoch keine eamilli (s. Bd, n fur die priesterlichen eamilli passt, da diese nir- 
S. 1471). Ausser als Diener der Priester beim gends als singend oder sprechend erscheinen. Von 
Opfer fungiert ein C. noch bei der Hochzeits- der Wurzel eas, erzeugen (s. Legerlotz Zeit- 
oeremonie, bei welcher er das eumerum (s. d.) schrift f. vgl. Sprachforschung VH 237) leitet 
iragt (Varro de 1. 1. VII 34). Vgl. Eossbach Zeyss (ebd. XIX 186) das Wort ab, was zu der 
B.0m. Ehe 317— 323. Grundbedeutung von camillus passen wurde. Be- 

In erweiterter Bedeutung gleich Dienerin fiber- zeugt ist die vorausgesetzte Form casmilus tibrigens 
haupt braucht das Wort Camilla Pacuvius im 60 nicht, denn bei Fest. epit. p. 63, 12 (saerorum 

Medus frg. XDH Eibbeck (Varro de 1. 1. VII 34. ministrivm xda/ndov appellant) griindet sich die- 

Macrob. HI 8, 7. Interpol. Serv. Aen. XI 543; selbe, wie aus der Schreibung mit griechischen 

vgl. Eibbeck ESm. TragOdie 322). Buchstaben hervorgeht, offenbar nur auf die Iden- 

Die Tracht der eamilli ist aus zahlreichen tiflcierung des Wortes C. mit dem Namen des 

Darstellungen auf rOmischen Beliefs bekannt; sie Gottes Casmilus (s. d.). Vgl. noch Daremberg- 

erscheinen in der Eegel in kurzer, gegiirteter Saglio I 858. Marquardt E6m. Staatsver- 

Armeltunica, welche die Beine freilasst ; auf einer waltung III 227ff. Mercklin a. a. 0. 99ff. 
oder beiden Schultern tragen sie bisweilen ein 2) Camillus (oder camilltim) ist nach Fest 



1433 Caminacum Campania 1434 

epit. p. 63, 12 = eumerum (s. d.). S. Bossbach erwahnter Schuh, hier als Sclmh des Kaisers (c. 

Bom. Ehe 320, der eamella (Ovid. fast. IV 779) regius); beschrieben als patricische Tracht Io. 

vergleicht. [Samter.] Lyd. de mag. I 17 : vnodrjfia fieXav, vjioodvSaXov, 

3) Statthalter einer Provinz , etwa zur Zeit 8C oXov yv/xvov, fiQaxeT xivi avaaxiquaxi xi]v TitsQvrjv,. 
des Tiberius (CIL IX 2335). Wohl ein Furius sji axQov 8e xovg SaxxvXove xov 31086s ovayfyycov, 
Camillus. ifiavxmv exaxsgcod-ev av&vjiavtcbvrcov aXXrjXois xal 

4) s. Arruntius Nr. 14, Furius, Ovinius. 8ia8eo/wvvra>v xov 7168a, wots (}Qa%v Xiav ex xe 

5) Camillus, Cognomen folgender Consuln der 8axxvXwv e(i7iQoo-d-ev xal Hiomo&ev diacpalveo-dcu 
Kaiserzeit: xo vTcoSrjfia, 6'Xov Se xov 7168a xfj neoioxeXiSi 81a- 

a) M. Purius Camillus, cos. ord. 8 n. Chr. mit 10 XdfiTieiv. Also mehr Sandale als Schuh, nur Zehen 
Sex. Nonius Quinctilianus. und Ferse bedeckend und auf dem Fussblatt mit 

b) L. Arruntius Camillus Scribonianus , cos. sich kreuzenden Biemen befestigt. Campagi mili- 
ord. 32 n. Chr. mit Cn. Domitius Ahenobarbus. tares Ed. Diocl. IX 11. Saglio im Diet. d. Ant. 

[Groag.] vergleicht die Schuhe des Iustinian und seines Ge- 

Caminacum , eine der funf Stadte zwischen folges auf dem Mosaik von S. Vitale in Ravenna; 

Marib und Negran, die Gallus in Siidarabien nach doch stimmen dieselben, sowie auch die des Theo- 

Plin. VI 160 zerstOrt hat. Zu den funf Stadten dosius auf dem Silberschild von Madrid (Hiibner 

gehort auch Nesca (= NaSq"' der sabaeischen In- Ant. Bildw. in Madrid 213) nicht recht zu obiger 

schriften). Es ist, wie Sprenger (Alte Geogr. Beschreibung. Noch weniger die dort gleichfalls 
243) ausgesprochen, mit Kamna identisch, welches 20 angefuhrten Schuhe auf dem Diptychon von Monza 

bei Hamdani (Geogr. Arabiens 167, 13) neben (Gori Thes. dipt. II 7). Daremberg-Saglio 

Bauthan mit dem Zusatze erwahnt wird, dass Diet. d. Ant. I 862. Blumner Maximaltarif 127. 
beide den Nasq gehOren. Auch auf sabaeischen [Mau.] 

Inschriften kommt Kamnahu vor, und in der Campana via. 1) Landstrasse in der Nahe 

That findet sich auf einer Inschrift von al Baidha von Bom, am rechten Tiberufer nach dem Cam 

(der heutige Namen von Nasq) ein Konig von pus Salinarum (s. d.) fuhrend. Von Schriftstellern 

Kamna erwahnt. Auch in Kamna selbst sind erwahnt sie nur Sueton Aug. 94 gelegentlich eines 

Inschriften und Konigsnamen gefunden worden. Prodigiums, das fiber die Ortlichkeit keinen Auf- 

Vgl. D. H. Muller Burgen und Schlo'sser Slid- schluss giebt; gesichert wird letztere durch In- 
arabiens II 52 — 53 = S.-Ber. der Kais. Akad. 30 schriften, namentlich die Arvalacten (zum J. 224 

d. Wiss. XCVH 1004f. [D. H. Miiller.] CIL VI 2107, 3. 14, Alex. B CIL VI 2110, 8) 

Camiorica s. Camulorica. und den Grenzstein CIL VI 29 772, welcher 1837 

Camisia, das leinene Hemd, kommt nicht vor zwei Miglien vor Porta Portese am Tiberufer ge- 

dem 4. Jhdt. vor, Hieron. ep. 64. Augustin. serm. funden ist. Die Strasse ging ohne Zweifel im 

37, 6. Isid. or. XIX 22, 29, der das Wort irr- Thale am Tiber entlang; in der Kaiserzeit scheint 

tumlich von eama, Bett, ableitet, weil man in sie, seitdem die Via Portuensis in directerem Laufe 

der C. schlief. Es ist vielmehr germanischen fiber die Hiigel geffihrt war, weniger beniitzt zu 

Ursprunges und durch keltische Vermittlung zu sein. Administrate pflegte sie mit der Via Ostien- 

den BOmern gekommen, Korting Lat.-roman. sis zusammengelegt zu werden {curator viarum 
"WOrterbuch s. v. Bei Festus ep. 311, 4 fiigt 40 Ostiensis et Gampanae CIL VI 1610; procurator 

Paulus es als Erklarung von subucula hinzu. Aug. viarum Ostiensis et Gampanae CIL X 1795 ; 

[Mau.] vgl. Hirschfeld Verw.-Gesch. 1 122. Mommsen 

Caniistrum, Station der Donauuferstrasse in St.-B. lis 1077). Die constantinische Begions- 

Moesia inferior, westlich von Oescus-Gigen (Tab. beschreibung fiihrt die v. C. im ersten Anhang 

Peut. Camistro) unweit der Einmiindung der Ci- (Jordan Top. II 570) zwischen der Aurelia und 

brica-Ciabrus in die Donau, etwa beim heutigen der Ostiensis auf. Vgl. Biondi Atti dell' Accad. 

Dorfe Koduslui in Bulgarien. Identisch mit Ce- pontiflcia IX 473 — 500. Henzen Scavi nel bosco 

brus? Kiepert Formae orbis antiqui XVDI. degli Arvali VI. 107. Huelsen Not. d. scavi 

Mommsen OIL DII p. 1020. [Patsch.] 1888, 229. 

Cammius. L. Cammiu[s] Secundifnus], 50 2) Im Faliskergebiet, in campo Corneto, einer 

pfrimus) pftlus) , praef(ectus) leg(ionis) X . . ., todbringenden Quelle wegen erwahnt von Vitruv 

proefurator) Aug(usti) von Noricum, CIL III 5328. VIII 3, 17. 

Freund des M. Gavius Maximus, dem er die ge- 3) Im Gebiet von Amiternum, Inschrift von 

nannte Inschrift setzt. Er gehOrt daher der Zeit Coppito, CIL IX 4321 = I 1291 (itus actusque 

des Antoninus Pius an. [Stein.] est in hoee delubrum Feroniai ex hoee loco in 

Camonius. Camonius Rufus aus Bononia, via(m) poplicam Campanam). [Hiilsen.] 

Freund Martials, starb in Kappadokien im Alter Campania (KafiTtavia). 1) Der Landesname 

von 20 Jahren, Mart. VI 85. IX 74. 76. Vgl. ist eine junge Bildung, die sich zuerst bei grie- 

Friedlanders Anm. zu VI 85. [Groag.] chischen Autoren findet (Sky lax 10; Polybios und 

Campagones,hispanische,wahrscheinlichastu- 60Diodor vermeiden denselben ganzlich); im Latei- 

rische Volkerschaft, nur bekannt durch die Ala I nischen hat ihn zuerst Varro (r. r. I 10, 1. 20, 

Hispanorum Gampagonum (s. Bd. I S. 1236), 4. II 6, 5), dann, aber noch sehr selten, Livius 

die in dem Militiirdiplom vom J. 157 (CIL III (II 52, 1. VII 11, 3. IX 38, 2. X 20, 1); erst seit 

Dipl. X) und verschiedenen Inschriften aus Dacien Mitte des 1. nachchristlichen Jhdfcs. kommt er 

(CIL III 1193. 1342. 1343. 1377. 1378. 1380) allgemeiner in Gebrauch (vgl. Mommsen CIL 

und Bom (CIL VI 3238 Gampaconum) genannt X p. 498). Die alteren Schriftsteller dagegen 

■wird. Ihre Wohnsitze sind unbekannt. [Hiibner.] sprechen von Gampanus ager oder ra 3ie8la xa 

Campagus, ein zuerst Hist. Aug. Maxim. 28, 8 xaxa KaTtvrjv (Polyb. Ill 91, 2), d. h. dem Stadt- 



1435 Campania Campania 1436 

.gebiet von Capua t)der der Machtsphare Capuas, des rnons Massieus gehorten zu den geschatzte- 

einschliesslich der von ihm abhangigen kleineren sten ; auch im iibrigen C. war der Weinbau be- 

Stadte; und zwar begreift Polybios unter obigem deutend (Plin. XIV 10. 34. 35. 69. 136. XVII 

Namen die Kiiste von Sinuessa bis Nuceria Al- 25. XXIII 45. Athen. I 26. 27). Der Olbaum- 

faterna, im Binnenland das Gebiet von Cales und cultur war nicht sowohl die Ebene, als die um- 

Teanum an bis nach Nola, setzt also im Norden gebenden Berghange giinstig (Strab. V 242. Flor. 

den Liris, im Siiden die auf der Halbinsel von I 16); Ruf hatte das 01 von Venafrum (Horat. 

Sorrent (im Monte S. Angelo) endigenden Vor- carm. II 6, 16). 

berge des samnitischen Appennins als Grenze. tiber die altesten Bewohner von C. lasst sich 
Darin folgen ihm von den Geographen der Kaiser- 10 aus den Funden bis jetzt sehr wenig ermitteln ; 

zeit Plinius (III 56, vgl. XXXI 8) und Ptole- Reste der Steinzeit sind, ansser auf Capri (s. u. 

maios (III 1, 6. 63). Die augustische Choro- Capreae) nur bei Sorrent (Lorenzoni Bull, di 

graphie hingegen (s. u.) rechnete den Kustenstrich paletnologia italiana XIV 65-75) beobachtet wor- 

zwischen den Mtindungen des Liris und Volturnus den. Die Cberlieferung des Altertums bezeichnet 

noch zu Latium adieetum. Wir fassen C. hier die altesten Einwohner C.s als Osker (Omxoi, 

im alteren Sinn und verstehen darunter das im und demnach das Land auch 'Omnia, so Thukyd. 

Norden von den Aurunkerbergen, im Osten vom VI 4; vgl. unter Osci), rechnen sie also zu der 

samnitischen Appennin, im Siiden von den ebenge- grossen, die Westhalfte von Siiditalien einnehmen- 

nannten Vorbergen eingeschlossene Gebiet, dessen den Vslkerfamilie, als deren Glieder auf campa- 
Flacheninhalt ungefahr 2500 (Jkra. betragt. 20 nischem Boden auch die Aurunci (s. o. Bd.II S.2554 

Die innerhalb dieses Gebietes sich flndenden und Ausones ebd. 2561) und Sidicini (s. u.) er- 

Erhebungen sind teils, wie der Mons Massieus bei scheinen. Der erste Punkt, an dem die Griechen 

Sinuessa und der (mit seinem alten Namen nicht mit den altesten Bewohnern C.s in Beriihrung 

bekannte) Monte Maggiore bei Cales (1037 m.), traten, war ohne Zweifel Cumae (s. unter Kyme), 

dem Hauptzuge des Appennins entsprechendeKalk- wenn auch die Datierung der Colonie ins 11. Jhdt. 

bildungen, teils, wie der Vulcan von Bocca Mon- jetzt wohl mit Recht allgemein aufgegeben ist; 

fina bei Teamira (926 m.) und der Vesuv (s. d.), die Ansiedelung wird nicht alter sein als das 

vulcanischen Ursprungs. An Teilnamen fur die 8. Jhdt., gleichzeitig mit denjenigen auf Sicilien. 

vulcanischen Erhebungen bei Neapel sind fiber- An Kyme, die ,Palaepolis', schlossen sich andere 
liefert Oaurus mons (s. d.), Leueogaei oolles (s. d.) 30 Griindungen: Dikaiarchia (520), Neapolis, Pompei. 

und Pausilypus mons; fur Vorberge des Monte In die Ebene des Volturnus aber und weiter ins 

S. Angelo Lactarius mons (s. d.). Von den Fliissen Binnenland drang griechisehe Colonisation nicht 

entspringen die grOsseren (Liris Garigliano, Vol- vor; nach ubereinstimmender tTberlieferung des 

turnus Volturno, Clanis) ausserhalb C.s im sam- Altertums hatten im 6. und 5. Jhdt. v. Chr. die 

nitischen, nur kleine, wie Sarnus Sebethus Savo, Etrusker ihre Macht auch iiber C. ausgedehnt, 

gehoren ganz dem Gebiet an. Fliessendes Wasser und daselbst einen Stadtebund aus zwolf Mit- 

ist, wie schon Plinius (XVIII 110) bemerkt, in gliedern begrfindet (Polyb. II 17. Strab. V 242); 

•der campanischen Ebene infolge der Durchlassig- ausdr&cklich als etruskische Griindungen bezeich- 

keit des vulcanischen Bodens , selten. Von Seen net werden Capua und Nola. Wenn gegen diese 
sind der laeus Avernus (o. Bd. II S. 2286) und 40 von den besten Autoritaten gestutzte Nachricht 

die Strandseen laeus Lucrinus, Acherusia pains neuerdings (nach Vorgang Niebuhrs B. G. I 4 

(o. Bd. I S. 219), Literna palus bemerkenswert. 78— 82, vgl. Abeken Mittelitalien 103f.) v. Duhn 

Der Boden der campanischen Ebene , unter- aus archaologischen Griinden, namlich den Grab- 

seeisch durch vulcanische Thatigkeit gebildet und funden besonders von Capua und Suessula, Wi- 

•dann gehoben, ist ausserst fruchtbar; als vorziig- derspruch erhoben und die Etruskerherrschaft in 

lichster Teil gelten die Campi Laborini (s. d.) C. iiberhaupt in Zweifel gezogen hat, so fiihrt 

zwischen den Strassen Capua-Puteoli und Capua- Beloch (Campanien 2 443 — 446), ausser dem Ge- 

Cumae (Plin. XVIII 111). Die aus dem verwit- wicht der einstimmigen Tradition, dagegen zwei 

terten Tuff entstandene lose schwarzliche Erde beachtenswerte Argumente an: 1) ist das oskische 
(terra pulla Cato de agric. 144. 160. Col. II 10. 50 Alphabet aus dem etruskischen, nicht direct aus 

Plin. XVII 25) gait als ideal fur den Ackerbau dem chalkidischen von Kyme abgeleitet ; 2) fehlen 

(Cic. de lege agr. II 76. Verg. Georg. II 217ff. in C. zwar etruskische Steininschriften, aber die 

Strab. V 242), da sie leichter zu bearbeiten war in den letzten Jahren durch neue Funde vermehr- 

als der schwere romische Boden (Cato 144. Varro ten Graffiti auf Nolaner Vasen aus dem 4. — 3. 

r. r. I 20), und dabei drei, selbst vier Ernten Jhdt. (Fabretti Clltal. 2753-2755; primosuppl. 

gab (Plin. XVIII 111. 191. Strab. V 242). Von 517—520; terzo suppl. 416. 417. Notizie degli 

den Producten war besonders beruhmt der Spelt scavi 1885, 322. Rom. Mitt. 1887, 267) in einer 

(far, C«'a Varro r. r. I 2, 6. Plin. XVIII 82. llOff. jedenfalls nicht oskischen Sprache zeigen im 

Strab. a. a. O.). aus dem die alica (Bd. I S. 1478) Schriftcharakter die grosste Ahnlichkeit mit dem 
fabriciert wurde; ferner Weizen (Plin. XVIII 86). 60 etruskischen. 

dessen Mehl mit pisanischem zusammen das beste Die etruskische Herrschaft in C. flel ein Men- 

Brot geben sollte, und Hirse (Plin. XVIII 100). schenalter nach der grossen Niederlage zur See 

Auch Gemuse und Obst (Strab. a. a. O. Plin. gegen Cumae 474; um die Mitte des 5. Jhdts. 

XV 94. 103. XIX 67) werden geriihmt; die brachen die samnitischen Bergstamme in die reiche 

Rosen, die in der Zeit der Brache auf den Fel- Ebene ein und fanden bei den verweichlichten 

dem wuchsen (Plin. XIDI 26. XVIII 111. XXI Bewohnern keinen energischen Widerstand. Im 

16. 17. 20), dienten der Parfumerieindustrie von J. 443 fiel Capua in ihre Hande, 421 Kyme und 

Capua (s. d.). Die Weine des ager Falemus und vielleicht auch Dikaiarchia, zuletzt Neapolis. To 



1437 Campania Campania 1438 

idvog x&v Ka/ATiavcbv ovvsoxrj, berichtet Diodor. von Venafrum abwarts bis zu seiner grossen Bie- 

XII 31 unter dem Archontat des Theodoros (438 gung nach Siidwesten ; dann die Vorberge des 

bezw. 445); die erobernden Bergsamniten ver- samnitischen Appennins bis zum Monte Vergine 

^inigten sich mit den ihnen stammverwandten, bei Abellinum; letztere Stadt wird manchmal 

bisher von Hellenen und Etruskern beherrschten zu C, manchmal zu Samnium gerechnet (s. Bd. I 

oskischen Bewohnern. Nicht ein einheitlicher S. 28). Die Siidgrenze bildet der Seitenzug des 

Staat, sondern eine Beihe von Gauverbanden ent- Appennins, welcher im Monte S. Angelo auf der 

standen, jede Stadt unter einem rneddix: der Halbinsel von Sorrent endigt; die Westgrenze 

Bund unter einem meddix tuticus. Die friiher das Meer. 

auf diesem campanischen Stadtebund bezogenen 10 Die innerhalb dieses Gebietes liegenden Ort- 

Miinzen mit KAIIIIAN02 und KAMIIAN02 schaften lassen sicb am bequemsten nach den 

aber sind im 4. Jhdt. in Neapel (Imhoof-Blumer grossen Landstrassen (s. Mommsen CIL X p. 58 

"Wiener numismat. Ztschr. 1886, 222f.) geschlagen — 60) aufzahlen. Ausser den angefuhrten Autori- 

(Garrucci Monete d'ltalia 87. Berliner Mtlnz- taten ist durchweg die Tabula Peutingerana zu 

iatalog III 1, 70) und jedenfalls keine Bundes- vergleichen; die selbstandigen Gemeinden (vgl. 

munzen, wenn auch ihre Stellung bisher nicht Plin. Ill 63f.) sind mit einem * bezeichnet. 
klar ist. Von der kriegstiichtigen BevOlkerung I. Via Appia (Itin. Ant. 108f. 121f. Hierosolym. 

suchten viele als Soldner im Dienste der grie- 611. Geogr. Bav. IV 34 p. 277 P.) *Minturnae 

-chischen Stadte und der sicilischen Tyrannen ihren — *Sinuessa — ad Pontem Campanum — Urbana— ad 
Erwerb (s. unter Mamertini); vielleicht ist der 20 octavum (nonum)— Casilinum — *Capua— Calatia — 

Name Kafisiaroi zuerst durch diese Soldnerscharen ad Novas. 

den Griechen bekannt geworden (Polyb. I 7. 8), II. Via Latina (Itin. Ant. 303. 305. Geogr. 

und von ihnen aus der urspriinglichen Bedeutung Bav. IV 33 p. 275 P.): Ad Flexum — * Venafrum 

= Einwohner Capuas zur Gesamtbezeichnung der [dazu direkter Weg ad Plexum — ad Bufras — *Te- 

Landesbewohner erweitert worden. Selbstandig anum] — *Teanum Sidicinum — *Cales — Casilinum. 
blieben die Campaner bis in die Mitte des 4. Jhdts., III. Via Domitia (Itin. Ant. 122. 123. Geogr. 

nach dem ersten Samnitenkrieg schloss sich Capua Bav. IV 32 p. 265 P. V 2 p. 333 P.) *Sinuessa — 

an Bom an (338); der ager Falernus ward 318 an ad Savonem — *Volturnum — *Liternum — *Cumae 

romische Burger verteilt, Colonien 334 nach Cales, [Abzweigung iiber Baiae nach *Misenum] — in 
313 nach Suessa, 296 nach Sinuessa gefiihrt ; doch 30 Vineis— *Puteoli — *Neapolis. Diese Strasse setzt 

l>lieb oskische Sprache und oskisches Wesen im sich fort iiber *Heiculaneum — Oplonti (Eplonti?) 

ganzen Gebiet herrschend. — *Pompei [Abzweigung ad Sarnum — Stabiae — 

Nach dem Abfall von Capua im hannibali- *Surrentum— Promontorio Minervae, Geogr. Bav. 

schen Kriege und seiner politischen Vernichtung a. a. O. p. 332] - *Nuceria Alfaterna. 
(211, s. u. Capua) beginnt dann die Latinisierung, IV. Verbindungsstrassen zwischen I und II: 

die durch Deduction von Burgercolonien nach Vol- *Minturnae — Suessa [Abzweigung iiber Forum Po- 

turnum, Internum und Puteoli 194 v. Chr. ge- pillii nach Casilinum] — *Teanum (vgl. Itin. Ant. 

fOrdert wird; doch blieb das Oskische in der Sud- 121); zwischen II und III: *Capua — *Atella— 

lialfte (Pompei, Nola, Nuceria) noch in Kraft bis *Neapolis (Geogr. Bav. IV 34 p. 277 P.); *Capua 
zum Bundesgenossenkriege. Als nach demselben 40 -*Suessula [Abzweigung iiber *Acerrae nach *Nea- 

die samtlichen Campaner das romische Burger- polis] — *Nola— adTeglanum — *Nuceria (Itin. Ant. 

recht erhielten, trat als officielle Sprache an Stelle 109. Geogr. Bav. IV 34 p. 277 P.). 
der oskischen iiberall die lateinische. Das Grie- V. Strassen nach Samnium (ausser der Appia). 

chische hingegen erhielt sich in Neapolis als Amts- a) Ad Flexum— ad Botas — Aesernia. b) *Capua 

sprache durch die ganze Kaiserzeit. — Castra Hannibalis — Iovis Tifatinus— ad Dianam 

In der augustischen Einteilung Italiens bildet — Sila (Syllas)— *Caiatia — Telesia (Geogr. Bav. IV 

C. zusammen mit Latium (und dem kleinen Ge- 33 p. 276 P.). c) *Nola— *Abella — *Abellinum 

biete der Picenter im Siiden am Golf von Salerno) — Beneventum. 

die erste Begion. Die Grenze nach Osten, wo C. Von diesem Strassennetz nicht beriihrt werden 

an die zweite Begion, Samnium, stiess, lasst sich 50 von sonst nennenswerten Orten nur *Trebula und 

hinlanglich genau feststellen. Dagegen schwankt, *Compulteria (im Ager Stellas). UnbekannterLage 

wie schon oben bemerkt, die Ansetzung der Grenze sind die frflh untergegangenen Orte Taurania, 

zwischen C. und Latium. Sinuessa wird von Pli- Vescia (zwischen Volturnus und Liris) und Hyria 

nius (III 56) und Ptolemaios (III 1, 6 und 63) (nur aus seinen Munzen bekannt). 
noch zu Campanien, dagegen von Strabo (V 219. In der diocletianischen Zeit und den folgen- 

231. 237. 242), Mela (II 70) und Plinius selbst den Jahrhunderten wird der Name C. erheblich 

III 59 zu Latium gerechnet. Mommsen nimmt weiter nach Norden ausgedehnt, und umfasst ganz 

{CIL X p. 498f.) an, dass in der Chorographie des Latium , bis nach Veii und an die via Aurelia 

Augustus der Volturnus die Nordgrenze C.s ge- (liber colon. 221). Bei den Autoren dieser Epoche 

bildet habe. Von den Stadten im Binnenlande 60 erscheinen Aquinum, Sora, Fabrateria, Frusino 

nennt Strab. V 237 Casinum nohv vardrrjr xcov (Schol. Iuv. HI 219. 226), Arpinum und Feronia 

Aarivwv, Ptolem. Ill 1 54 rechnet Atina und bei Tarracina (Serv. Aen. VIII 9. 564) als cam- 

Aquinum zu Latium. ebd. 59 Venafrum Teanum panische Stadte; die Grammatiker ffihren alle Orte 

und Suessa zu C. Die Grenze lief demnach zwi- Latiums (Gabii, Praeneste, Tusculum, Ostia) unter 

schen Venafrum und Casinum: dass der Ortsname C. auf. Wenn Procop. b. G. I 15 Tarracina als 

S. Pietro in Fine (stidwestlich von Casino) noch Grenzstadt C.s angiebt, so muss ein Irrtum vor- 

daran erinnert, hat Mommsen CIL X p. 477. liegen. Die Provinz steht unter einem corrector, 

498 gesehen. Die Ostgrenze bildet der Volturnus der bald (ca. 333) den hoheren Titel consularis 



1439 



Campanianus 



Campanus 



1440 



bekommt; vgl. Cantarelli Bull. com. 1892, 
134—138. 191. 211. De Buggiero Diz. epigr. 

II 43f; singular ist der proeonsul C. Anicius 
Auchenius Bassus, Anfang des 5. Jhdts., s. Can- 
tarelli a. a. 0. 208. 

tfber die campanischen Inseln s. u. Aenaria 
(Bd. I S. 594), Capreae, Palmaria, Pontia, 
Prochyta, Sinonia. Hauptstellen aus den alten 
Schriftstellern liber C: Polyb. Ill 91. Strab. V 
242f. Mela II 70. Plin. Ill 60—64. 70. Ptolem. 

III 1, 6. 59. Neuere ausser den oben angefuhrten 
Specialschriften: Abeken Mittelitalien 101—113. 
Kiepert Alte Geogr. 442—449. Mommsen 
OIL X, besonders p. 365ff. 498f. Beloch Cam- 
panien, 2. Aufl., Breslau 1890; Bevolkerung der 
griech.-rOm. Welt 419f. Nisscn Ital. Landes- 
kunde 263—272. 328f. 531f. v. Duhn Verhand- 
lungen der Philologenversammlung zu Trier 1879, 
141 — 157 , italienisch iibersetzt mit einigen Be- 
ricbtigungen nnd Zusatzen in der Bivista di storia 
antica I (Messina 1895) 31- 59. [Hiilsen.] 

2) Die heutige Champagne, bei Gregor. Tur. 
u. a. Die Bewohner Campanenses. Longnon 
Geogr. de la Gaule au Vie s i£ C i e 138. 194f. 

[Dim.] 

Campanianus s. Aius. 

Campanius. 1) M. Campanius M. f. M. n. 



Fal(erna) Mareellus , praef(ectus) eoh(ortis) III 
Breueorfum) , trib(unus) eoh. pr(imae) Hemese- 
n(orum) , praef. eq(uiinm) aloe Parth(orumJ T 
procurator) provinc(iae) Oypri, procurator) 
A[ug]ustor(um) ad Mefrejurium Alexandrfi- 
num oder -eae), CIL X 3847 = Dessau 1398. 

[Stein.] 

2) T. Campanius Priscus Maximianus, vir 
consfularis) , omnibus honoribus in urbe sacra 
10 functus, starb im Alter von 43 Jahren. Grab- 
scbrift, von seiner Mutter Numidia (?)... openda 
Valeriana c(larissima) f(emina) gesetzt (CIL 
XII 137 Seduni). 3. Jhdt. n. Chr. [Groag.] 

Campanus. 1) Vornehmer Tungrer, schloss 
sich im J. 70 n. Chr. dem Aufstand des Civilis 
an, Tac. hist. IV 66. [Stein.] 

2) Cognomen des cos. suff. 86 n. Chr. C. Se- 
cius Campanus (mit Ser. Cornelius Dolabella Pe- 
tronianus). [Groag.] 

20 3) Benvischer Jurist, von dem nur zwei Frag- 
mente auf uns gekommen sind (Lenel Pal. I 
105f.). Da eins derselben die Lex Aelia Sentia 
(4 n. Chr.) behandelt, das andere sich bei Abur- 
nius Valens flndet, der unter Hadrian und Pius 
lebte (Bd. I S. 127), so muss seine Lebenszeit 
in das 1. Jhdt. oder in den Anfang des 2. fallen. 

[JOrs.] 



Schluss des funften Halbbandes. 



PAULYS 



REAL-ENOYCLOPADIE 



DER 



CLASSISCHEN ALTERTCMSWISSENSCHAFT 



NEUE BEARBEITUNG 



UNTER MITWIRKUNG ZAHLREICHER FACHGENOSSEN 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

GEORG WISSOWA 



SECHSTER HALBBAND 

Campanus ager — Claudius 



STUTTGART 

J. B. METZLEBSCHER VERLAG 

1899. 



1441 Campanus ager Campatius 1442 

Campanus ager. Dieser Teil der rOmischen privati possidebant, coemeret, [u]t publieusfieret ; 
Staatsdomaenen, der in der agrarpolitischen Be- et possesso[r]es Lentulo eoncesserunt pretia con- 
wegung der Republik eine so hervorragende Kolle stitueret. nee fefellit vir aequus; nam tanta mode- 
gespielt hat, umfasste das gesamte Territorium ratio [ne] mm est, ut et [r]ei p. eommoda et 
des ehemaligen Municipium sine suffragio Capua, [po]ssess[oru]m temperafnjs [in tabulas publi- 
cs. 211 v. Chr. zur Strafe fur seine EmpOrung eas] ad [i]u[g]e[rum milia] quinquaginta (vgl. 
erobert und aufgelbst worden war. Nurvondiesem Cic. ad Att. II 16, 1; de lege agr. II 76—78) 
a. G. soil hier gesprochen werden und nicht von [referrjet. agrum [e]um in [fundos] minu[t]os 
jenen Landstrichen, welche bei dem ersten An- divisum [mox ad pr]et[i]um indictufm locavit 
schluss Capuas an Rom 340 v. ' Chr. dieser Ge- 10 et muljto plures [quam sperarant agros ei rei] 
nieinde abgenommen worden waren, dem ager praepositus reciperavit formamque agrorum in 
Falernus und dem ager Stellas, die nach ihrer ae[s] inoisam ad Libertatis fixam reliquit, quam 
Erwerbung eigentlich gleichfalls als a. 0. be- postea Sulla eorrupit, Licinianus p. 15. Cic. de leg. 
zeichnet werden konnten; da das Gebiet des Pa- agr. II 81. 82. A us wenig spaterer Zeit stammt 
lernns rasch an romische Burger in Ackerlosen ein Terminationsstein , der ausser den Grund- 
verteilt und daraus bereits 318 die Biirgertribus buchsmarken die Namen G. [Se]mpr[on]iu[s Ti. 
Ealerna gebildet worden ist, wahrend der Stellas f. Qrae(chus)] , Ap. Claudius G. f. Pole(her), 
maioribus consecriert wurde (Suet. Caes. 20, vgl. P. Lieinius P. f. CrasfsusJ Illvirfi) afgris) 
Mommsen CIL X p. 460), war die Rechtslage i(udicandis) a(dsignandis) tragt, CIL X 3861 
dieser Landstriche eine andere geworden , noch 20 (mit wichtiger Correctur der Lesung Not. d. scavi 
bevor (211 v. Chr.) die capuanische Mark vom 1897, 122f.). 
romischen Staat eingezogen wurde. Dieser Rechtszustand erhielt sich, bis Caesar 

In diesem Jahre ager omnis et teeta publiea als Consul, 59 v. Chr., im Verlauf der Vorberei- 

populi Romani facta, oeterum habitari tantum tungen seiner Ackergesetze auch fur die Deduc- 

tamquam urbem Gapuam frequentarique plaeuit, tion einer Colonie nach Capua und die Aufteilung 

corpus nullum eivitatis nee senatus nee plebis des a. O. und des ager Stellas (durch XXviri 

concilium nee magistratus esse; denn praesens Varro de r. r. I 2, 10. Mommsen St.-R. IP 

utilitas vieit: nam propter agrum, quern omni 628f.) die verfassungsmassige Erlaubnis erhielt; 

fertilitate terras satis eonstabat primum in Ita- er hatte anfanglich den a. G. nicht mit in seinen 
lia esse, urbs servata est, ut esset aliqua arato- 30 Adsignationsplan aufgenommen, Plut. Cat. min. 33. 

rum sedes, Li v. XXVI 16. Noch wahrend des Dio XXXVIII 1,4. Wiederholt war das gleiche Ziel 

hannibalischen Krieges , im J. 205 , veranlasste von den Eiihrern der demokratischen Partei schon 

Geldnot die erste Verausserung eines Teiles : agri friiher angestrebt worden ; von Ti. Gracchus (Plut. 

Gampani regionem a fossa graeca ad mare Ti. Gracch. 8, aber so schuchtern, dass Cic. de leg. 

versam vendere quaestores iussi, indieio quoque agr. II 82 behaupten konnte: duo Gracchi . . . 

permisso, qui ager civis Gampani fuisset, uti is agrum Gampanum attingere ausi non sunt), von 

publieus populi Romani esset Liv. XXVIII 46. Brutus 83 (der sogar die Deduction einer Colonie 

Es muss aber damals in dieser Gegend noch viel durchsetzte und durchfiihrte , Cic. II 92f. , ohne 

Terrain unverkauft geblieben sein , da bei der dass indes, nach dem Siege der sullanischen Partei, 
Deduction der Burgercolonien Liternum und Vol- 40 ihre Auf losung hatte verhindert werden konnen) 

turnum 194 v. Chr. (Liv. XXXIV 45, der in dem und von Servilius Rullus 63 v. Chr., gegen dessen 

gleichen Zusammenhang auch Puteoli, Salernum Antrage Cicero als Consul in vier Reden , von 

und Buxentum mit auffuhrt, wie es scheint durch denen die ersten drei erhalten sind , sich ausge- 

zu starke Kurzung seiner Quelle) von den dedu- sprochen hat. Von der caesarischen Gesetzgebung 

cierenden Triumvirn ager divisus est, qui Cam- (speciell von der lex Mamilia Roscia Peducaea 

panorum fuerat (vgl. Mommsen CIL X p. 356). Alliena Fabia), die das Muster fur die spateren 

Auch 199 v. Chr. haben die Censoren sub Tifatis Stadtstatute geworden ist, sind in den Schriften 

Acker vom a. C. verkauft, Liv. XXXII 7. Sonst der Peldmesser drei Abschnitte , c. 53 — 55 , er- 

sollte die Bodenrente vom a. C, dem orbis terrae halten, I 263ff. (daraus bei Bruns Fontes iuris 5 
puleherrimus (Cic. de lege agr. II 76), in die 50 94f. abgedruckt). Naheres in der ausgezeichneten 

Staatskasse fliessen, wofiir bereits 210 gesorgt Darstellung Mommsens CIL X p. 365ff. Im 

wurde, Liv. XXVII 3, 1. Im J. 209 wurde ge- flbrigen vgl. Capua. [Kubitschek.] 

radezu gesetzlich angeordnet: eensores ut agrum Campanus morbus, nach dem Schol. Cruqu. 

Gampanum fruendum loearent, Liv. XXVII 11, 8. zu Hor. sat. I 5, 62 hornartige Auswiichse oder 

Die widerrechtlichen Occupationen von Privaten Warzen an der Stirne, den Schlafen u. s. w., die 

veranlassten 173 ein SC, L. Postumium eonsulem in Campanien besonders haufig waren und noch 

ad agrum publicum a private terminandum in heutzutage haufig sind. [M. Wellmann.] 

Gampaniam ire, ebd. XLII 1, 6. 19, 1, und nachdem Campanus pons , Mutatio der Via Appia, 

der Consul seinen Auftrag ausgefuhrt hatte, ein zwischen Capua und Sinuessa (Tab. Peut. Geogr. 
tribunicisch.es Gesetz 172 v. Chr., ut agrum Gampa- 60Rav. IV 34 p. 277 P. Itin. Hierosolym. 611), 9 mp. 

num eensores fruendum loearent, quod factum tot von letzterem, 17 mp. vom ersteren Ort, an der 

annis post captam Capuam non fuerat, utinva- Briicke fiber den Savo, wo sich der Ortsname 

cuo vagaretur cupiditas privatorum. Wie schwer S. Giovanni a ponte Campano noch bis in neuere 

die Ubergriffe der Privaten erfolgreich zu ver- Zeit erhalten hat. Erwahnt noch bei Horat. sat. 

hindern waren, zeigt das Auskunftsmittel, zu dem I 5, 45 (mit dem sog. Porphyrio) und Plin. n. h. 

die Regierung sich wenige Jahre danach, vor 162, XIV 62. [Hiilsen.] 

gezwungen sah: dem Praetor urb. Lentulus sena- Campatius. 1) Campatius (Carpathiml), 

tus permisit agrum Campanum, quern omnem von dem ein Bonmot bei Quintil. inst. VI 3, 71. 

Panly-Wissowa III 46 



1443 Campenses Campestres 1444 

2) Sex. Gampatius M. f. M. n., [praefeejtus von den Kometen. Dem Fulgentiuscitat (a. a. 0. 

C. Caesaris (nach Bormann ist der Enkel und Gampester in catabolicis infernalibus) ist schwer- 

Adoptivsohn des Kaisers Augustus gemeint), [eques lich zu trauen. Vgl. auch C. Wachsmuth Vor- 

Roijmanus, Illvir [a(ere) a(rgento) a(uro) f(lan- rede zu Lydus de ost. XXVII f. [Eiess.] 

do) f(eriundo) , tribjunfus) militum, [qui in Cainpestre, ein die Schamteile verhiillender 

rniltjtia deeessit, CIL XI 3610. 3611 (Caere). Schurz, so genannt, weil man ihn bei den Ubungen 

[Stein.] im Marsfeld, campus, trug. So erklart bei Augu- 

Campenses, bei Hieron. ep. 15, 3. 5 (aus d. stin. de civ. dei XIV 17 und in den Glossen Mai 

J. 376) eine offenbar spSttische Bezeichnung einer CI. auct. VII 554f. s. cinctus. Noch erwahnt 
in Syrien einflussreichen kirchlichen Partei. nach 10 Ascon. zu Cic. in Scaur, p. 25, 24 K. Hor. ep. I 

ihm Arianorum proles und cum Tarsensibus 11, 17. Hist. Aug. Avid. Cass. 4, 7. [MaU.] 

haereticis copulati. Im Dialog adv. Luciferianos Campestres, Beiname der keltischen Matres 

28 (etwa 379 geschrieben) nennt er dagegen als auf zwei britannischen Inschriften, CIL VII 510 

Christen, die nicht nach Christus, sondern a quo- (Benwell, 3. Jhdt.) Matrfibus) tribus Campe- 

quam alio genannt werden, neben Marcioniten [strib(us)] et Qenio aloe prifmae) [Hijspano- 

und Valentinianern Montenses sive Campitas. rum Asturum Oordianae T. Agrippa 

Nun ist Montenses als Spottname fur die Dona- prae(fectus) templum a so[lo] [resjtituit; 1084 
tistengemeinde in Bom bekannt aus Hieron. chron. (bei Edinborough) Matribftis) Alatervis et Matri- 
ad a. 2371 und Optatus II 4 — auch bei Siricius b(us) Campestrib(us) eoh(ors) I Tungr(orum) 
ep. ad episc. Africae 2 ist Montenses gleich Dona- 20 insflante) Ulp(io) . . . (centurione) leg(ionis) XX 
tistae; wenn Hefele Conciliengesch. 2 II 46, 1 V(aleriae) vfietricis). Auf vier anderen sind sie 
darin einen zweiten Namen fur Novatiam : findet, bios als C. bezeichnet (VII 1029. 1080. 1114. 
so hat er das die beiden Namen trennende vel 1129, samtlich von Soldaten geweiht; vgl. auch 
falsch verstanden — ; nach Hieronymus gegeben eo, Bonner Jahrb. XCIX 265). Dazu kommen die 
quod ecelesiam Romae primum in monte habere stadtromischen Inschriften der equites singidares 
eoeperint, nach Optatus, weil sie keine Statte fur (Bonn. Jahrb. LXXXI1I 105ff. nr. 1 — 13. 15. 16 
ihre Versammlungen gehabt und sie speluncam und Notizie degli scavi 1891, 129 = Bull. com. 
quondam foris a eivitate eratibus saepserunt, XIX 284) und vereinzelte Steine aus den Donau- 
ubi ipso tempore conventiculum habere potuissent. landern (CIL III 7904. 3667. 5910 = 11909. 
Augustin. dehaer. 69 und contr. lit. Petiliani II 247 30 Brambach CIBh. 1585. 1596). Endlich sind sie 
bestatigt Montenses als den in Bom iiblichen Na- mit den Suleviae (s. d.) zusammengestellt auf dem 
men ; im liber de unit. eccl. (contr. Donat. epist.) 6 stadtrOmischen jetzt verschollenen Altar CIL VI 
redet er von den pauci Romae Gutxupitani vel 768. Die Reliefdarstellung, die denselben schmuckt 
Montenses, ebenso heisst es bei ihm ep. 53, 2: (abgebildetbeiMontfauconAntiq.expl.pl.223,2. 
der fur die wenigen Donatisten in Rom ordinierte Bonn. Jahrb. LXXXin 79 und sonst), zeigt drei in 
Bischof in urbe Roma Montensium vel Gutzu- einer Nische sitzende Prauen (mit tunica und 
pitarum vocabulum propagavit. Dieser neue Name palla bekleidet) mit Blumen oder Friichten im 
— fur den Rupitae oder Rupitani nur eine tible Schoss ; in der ausgestreckten Rechten halt jede 
Correctur darstellt — stammt wohl sicher aus der eine patera, die an den Seiten sitzenden halten 
africanischen Sprache; Isidorus Hisp. de haer. 54 40 ausserdem Ahrenbuschel im linken Arm. Darunter 
meint denselben, wenn er zu dem Gireumeellio- befindet sich eine Opferdarstellung. Ziemlich 
nes dicti sunt eo quod agrestes sunt hinzufugt: analog sind die Darstellungen der drei Matres 
quos Cotopitas vacant. In diesem eo quod agre- oder Matronae, in deren Kreis auch die C. zu 
stes sunt liegt die wahrscheinlichste Erklarung gehoren scheinen (s. den Artikel Matres, Ma- 
fur den dritten Spottnamen, Gampitae; als Bauern tronae). Die C. sind nicht Gottinnen der Feld- 
wurden sie von den Stadtern verhohnt, vgl. be- flur und des landlichen Segens (wie u. a. Steu- 
sonders die Frage des Nundinarius in den Gesta ding Roschers Lex. I 849 annimmt, wenn auch 
apud Zenophilnm (Append, zu Optatus ed. Ziwsa campus im Gegensatz zu mons stent, so mon- 
196, 17): eampe(n)ses et harenarii feeerunt ilium tana atque campestria bei Hegesipp.-Ambros. bell. 
episeopum. MSglich bleibt indessen, dass Hieron. 50 Iud. IV 19, 8) , sondern sie gelten als Schutz- 
a. a. 0. unter den Gampitae gar nicht die Dona- gottinnen des Lagers und der Soldaten [campus, 
tisten, sondern eine vierte Secte, etwa dieselbe wie das militarische Ubungsfeld, vgl. Siebourg De 
ep. 15, 3. 5 versteht. S. Art. Donatus. Sulevis Campestribus Patis, Bonn. Diss. 1886, 37ff. 

[Jiilicher.] Bonn. Jahrb. LXXXII 156. LXXXIII 86. Roschers 

Campester (oder Gampestris : Gampester bei Lexik. n 2475). Solche Lager- oder Kampfgott- 

Pulgentius V. C. p. 741; griechisch KaftxeozQiog), heiten sind auch die dii Campestres der beiden 

romischer Astrolog vielleicht des 3. oder 4. Jhdts. africanischen Inschriften CIL VIII 2635. 10760, 

n. Chr. Bei dem Mangel zuverlassiger Angaben die, wie es scheint, von den Matres Campestres 

bleibt seine Lebenszeit unsicher. Vielleicht kommt getrennt werden miissen. Auch Mars fuhrt als 
er noch vor dem Avienus, -aus dem Serv. Aen. 60Kampf- und Soldatengott dieses Beiwort (CIL II 

X 273 geflossen ist. In seiner Astrologie folgte 4083), und ein campi doctor stattet auch die 

C. dem Werke des Petosiris (Serv. a. a. O. Lau- Nemesis damit aus (CIL VI 533). So erklart es 

rent. Lyd. de ost. p. 20, 7. 30, 4 W. Cod. sich, dass die Verehrer der C. fast ohne Aus- 

Barocc. Bodl. 194 fol. 87 b, 9), das er aber den nahme dem Soldatenstande angehoren (wahrschein- 

veranderten Zeitumstanden angepasst zu haben lich bekleidete auch der Dedicant von Brambach 

scheint (Riess Nechepsonis etc. frgm. magica, CIRh. 1585 eine militarische Charge, vgl. Haug 

Diss. Bonn. 1890, 21). Die erhaltenen Pragmente Bursians Jahresber. LVI 1888, 120); die Inschrif- 

(auch adnot. super Lucanum I 529) handeln alle ten sind samtlich (wenn wir von den stadtromi- 



1445 Campi Campanidon Campona 1446 

schen absehen) in militarisch wichtigen Gegenden seimus, hoe paene solo reditu, e longinquis re- 

gefunden worden, in den friedlicheren Gegenden gionibus pecudum milibus convenientibus , ut 

des Miitterkultus , im siidlichen Frankreich, in thymo vescantur) bietet noch heute Weide fur 

Oberitalien, sind C. bis jetzt nicht bekannt. Da Hunderttausende von Hammeln und Schafen. Her- 

die , Mutter' schiitzende Gottheiten iiberhaupt sind, zog Gallia Narb. 6. Desjardins Geogr. de la 

deren Schutz sich auf alle Gebiete erstreckt, so Gaule I 194f. (daselbst weitere Litteratur). Ch. 

wurden sie speciell von den Soldaten als C, als Lenth^ric Le Rh6ne, histoire d'un fleuve II 

Schiitzerinnen von Lager und Peld verehrt; aus (Paris 1892) 432ff. (der falschlich behauptet, La 

dem urspriinglichen Beinamen wurde dann eine Crau sei autrefois d'une aridite absolue gewesen). 
selbstandige Bezeichnung. Vgl. auoh Domas- 10 Miillenhoff Deutsche Altert. Ill 177. 193. 

zewski Westd. Ztschr. XIV 50. [Ihm.] [Ihm.] 

Campi Campanidon, pontisclie Region ober- Campi macri s. Maori campi. 
halb Olbia, Geogr. Eav. p. 176, 1. Miillenboff Campins. Campia Severina, v(irgo) V(esta- 
denkt an Kaonoi, (patria) Kaomavcov; mOglich lis) maxfima) im J. 240 n. Chr. , auf zwei In- 
ware C. Hj'panidon, vgl. cap. IIII anis paludis, schriften genannt , die ihr von den durch ihre 
d. i. caput Hypanis p., in der Tab. Peut. Protection beforderten Bittern Aemilius Pardalas 

[Tomaschek.] und Veturius Callistratus gesetzt wurden (CIL VI 

Campi canini, Ortlichkeit in den Alpen, 2131. 2132). [Groag.] 

Ammian. Marc. XV 4, 1 (J. 354) imperator egres- Campodunum s. Cambodunum Nr. 1. 
sus in Eaetias camposque venit eaninos. Nacb.20 Campona, Station der Donauuferstrasse in 

Greg. Tur. hist. Pr. X 3 beim heutigen Bellinzona Pannonia inferior, ungefahr in der Mitte zwischen 

(ad Bilitionem) zu suchen. Vgl. Sidon. Apoll. Aquincum (Alt-Ofen) und Matrica (Itin. Ant. 245 

carm. V 373ff. eonseenderat Alpes Baetorumque Campona in medio ; ilber die ,in medio-Orte des 

iugo per longa silentia ductus Romano exierat pannonischen Landes' vgl. J. W. Kubitschek 

populato trux Alamannus perque Cani quondam Arch.-epigr. Mitt. XI 143) und von equites Dal- 

dictos de nomine eampos in praedam centum matae besetztes Castell (Not. Occ. XXXIII 14 

novies dimiserat hostes. S. den Artikel Alpes = 35); ist wahrscheinlich bei Teteny anzusetzen, 

Bd. I S. 1608. [Ihm.] wo der Meilenstein CIL III 3719 ab Aqfuinco) 

Campi deserti verzeichnet die Tab. Peut. m. p. Vim und zahlreiche Inschriften und einige 
siidlich von Albania; offenbar ist die Steppe M6- 30 Ziegelstempel gefunden wurden (Mommsen CIL 

wakan oder Mogan am Unterlauf des Araxes ge- III p. 436, vgl. 458. 1690. Kiepert Formae 

meint. [Tomaschek.] orbis antiqui XVII. A. Holder Altkelt. Sprach- 

Campidoctor, Exerciermeisterhoheren Grades, schatz s. v. Buggiero Dizion. epigr. II 48). Es 

Veget. I 13. II 23. Ill 26. Bei den Praetorianern standen hier am Ende des 1. Jhdts. die ala I 

CIL VI 533. 2658. 2697. Ephem. epigr. IV 896 c Tungrorum Frontoniana (CIL III 3400, vgl. 

15. In dem Sinne von exercitator CIL II 4083. p. 1690. Cichorius o. Bd. I S. 1268) und in der 

Beurlier Melanges Graux 297—303. ersten Halfte des 3. Jhdts. die ala I Thraeum 

[v. Domaszewski.] veteranorum sagittariorum civium Bomanorum 

Campi lapidei (nsdiov Xi»&de S Strab.), das (CIL III 3388. 3394. 3395 = 10378, vgl. 3392. 
,Steinfeld' an der Mundung des Rhodanus nord-40 3393. 3401. 10369. E. Keil De Thraeum au- 
lich und nordwestlich vom Etang de Berre, jetzt xiliis 17f. Cichorius a. a. O. 1265), die auch 
La Crau (provenzalisch Craou). In der Beschrei- die hier voriiberfuhrende Strasse im J. 251 restau- 
bung, die Strabon IV 183 davon giebt, heisst riert hat (CIL III 10624). Desgleichen scheint 
es u. a., es liege zwischen Massalia und den Mun- hier im 3. Jhdt. eine Abteilung der leg. II ad- 
dungen des Rhodanus , etwa 100 Stadien vom tutrix garnisoniert zu haben (CIL III 3393. 3399, 
Meere entfernt, es sei mit faustgrossen Steinen vgl. p. 1690. 3395 = 10378. 3398; ihre hier ge- 
bedeckt, zwischen denen Gras wachse, fur Vieh- fundenen Ziegel CIL LTI 3750f. 10660 k kOnnen 
herden ein reichlicher Weideplatz u. s. w. Schon ebenso wie die in CIL III 10669 verzeichneten 
dem Aischylos war es bekannt, Strabon fiihrt die aus Aquincum auf der Donau hergebracht worden 
Verse aus dem IlQOfir)&evs Avo>«vo? (Nauck Trag. 50 sein). Der in CIL III 3398 genannte mil(es) 
frg.2 66) an, wonach Herakles dort auf seiner coh(ortis miliariae) Nfumidarum?) kann in C. 
Wanderung zu den Hesperiden gegen die Ligyer nur ein Kenotaph gehabt haben. Vielleicht war 
gekampft habe (Mela II 78 litus ignobile, lapi- C. eine Station der beneficiarii consularis (CIL 
deum ut vacant, in quo Herculem . . . dimican- III 3397). Neben dem Lager entstanden von 
tern cum tela defeeissent ab invocato love adiu- Veteranen der ala I Thraeum (CIL III 3393), 
turn imbre kipidum ferunt. credas pluvisse, adeo der leg. II ad. (CIL III 3398) und der Praeto- 
multi passim et late iacent. Plin. n. h. Ill 34 rianer (CIL III 3395 = 10378) sowie von Civi- 
Campi lapidei Hereulis proeliorum memoria; listen (CIL III 3389—3391 [vgl. p. 1690]. 3402 — 
vgl. Solin. 2,6, auch, was Aischylos anlangt, 3405 [vgl. p. 1690]) bewohnte canabae. Verehrt 
Dion. Hal. ant. 141. Hygin. astr. II 6 p. 437. 60 wurden hier Aesculap und Hygia (CIL III 3388), 
Schol. Arat. 74). Die Beschreibung Strabons trifft Hercules (CIL III 3390), Silvan (CIL III 3392. 
in vielen Punkten noch heute zu. Die ganze 3393) und Mithras (P. Cumont Testes et mo- 
Plache (Umfang 120 km.) ist mit Steinen besat, numents figures relatifs aux mysteres de Mithra 
Gerollmassen, die der Strom abgelagert hat (iiber III 216). Bemerkenswert sind auch die Grab- 
die Erklarungen der Alten vgl. Strab. a. O.), das inschriften in Versen CIL III 3397, vgl. 3403 = 
dazwischen wachsende Gras (ray-grass, vgl. Plin. F. Buecheler Carmina Latina epigraphica I 555. 
n. h. XXI 57 thymo quidem nunc etiam lapi- C. gehorte, wie CIL III 3402 und der Dmstand, 
deos eampos in provineia Narbonensi refertos dass das viel siidlicher gelegene Intercisa der Pro- 



1447 Camponi Camulodunum 1448 

vincialhauptstadt attribuiert war (OIL III 10305), durch das grosse mit Spartum oder Pfriemengras 

beweisen, zu Aquincum. [Patsch.] bedeckte Gefilde, wahrend sie spater an der Kiiste 

Camponi, nach Plin. n. h. IV 108 Volk in entlang ging und es nur beruhrte (Strab. Ill 160 

Aquitanica im Pyrenaeengebiet (Var. u. a. Cam- ovvcmxei r<j5 onaoxagiq) ojg av axoivovvxi xaXov- 

poi). D'Anville (Notice 196) setzt sie ins Thai fisvcp nsdloi • xovxo <5' ioxl /usya xal arvdgov, xi)v 

Campan (dep. Hautes- Pyrenees). Desjardins oxoivojcXoxixijv <pvov oxaoxov , igaywyrjp k'xovoar 

Ge'ogr. de la Gaule II 375. Vielleicht ist Cam- els navxa xonov xai fiaXioxa sig IxaXlav. nooxeoov 

boni die richtige Schreibung; vgl. Holder Alt- fisv ovv did /ueoov xov nediov . . ovveftaivsv ehai 

celt. Sprachschatz s. cambo. Glilck Kelt. Namen xfjv S86v, %alsiiriv xal xoXXrjv, vvvl Ss sm to. noog 
34. [Ihm.J 10 fiaXaxxn lAEQn jiejiorfxaoiv avx-ijv , sjti\pavovoav 

Camponius , einer der samnitischen Fiihrer, fiovov xov oxoivovvxog). Auch ist es der Endpunkt 

die Sulla 672 = 82 bei der Porta Collina schlug des iberischen Mittelgebirges (Strab. Ill 161). 

(Oros. V 20, 9). [Miinzer.] Schon Konig Hiero bezog XsvxoXivov If I^Qiag 

Camposalaminon patria im Ostlichen Teile zu den Tauen seines Prachtschiffes (Athen. V 206), 

von Armenia, Geogr. Eav.; etwa die Gartenoase womit Spartum gemeint ist (nach Hehn Kultur- 

von Salamast, byz. SaXa/tdg, nordwestlich vom pflanzen2 144). Die Vorziige des hispanischen 

Urumiasee. [Tomaschek.] Spartums, das die Punier dorthin gebracht haben 

Campus foenicularius, in Hispania citerior. sollten, schildert nach Varro Plinius : Carthagi- 
Die rOmische Strasse von Baeterrae in der Nar- niensis Hispaniae citerioris portio nee haee tola, 
bonensis und dem Tropaeum des Pompeius auf 20 sed qua tenus parit, monies quoque sparto operit 
dem Pyrenaeenpass fuhrte auf der siidlichen Seite (XIX 26 — 29) mit genauer Angabe seiner ausge- 
des Gebirges zuerst durch das Binsenfeld (dm xov dehnten Verwendung und der grossen Ausfuhr (30 
'Iovyxaglov jisSiov, s. Iuncaria), d. i. die grosse eompleotatur animo qui volet miraeulum aesti- 
Niederung von Emporiae (s. d.), und dann durch mare, quanto sit in usu omnibus terris navium 
das Fenchelfeld, dia xov Maoaftwvog xaXovfisvov armamentis, maehinis aedificationum aliisque 
jiedlov xfj Xaxivjj yXwxxn, (pvovxog jioXv to (idpa- desideriis vitae; ad hos omnes usus quae suffi,- 
ftov (Strab. Ill 160 aus Poseidonios). Wo in dem eiunt minus XXX m. passuum in latitudinem 
grossen Abstand zwischen Emporiae und Tarraco a litore Garfhaginis novae minusque G in lon- 
die Masse wilden Penchels dem Poseidonios auf- gitudinem esse reperientur; longius vehi impen- 
flel, der davon berichtet haben wird, ist nicht be- 30 dia prohibent; dazu XXXVII 203 desertis suis 
kannt. Sie muss so auffallig gewesen sein, dass sparto vincit Hispania). Neukarthago (s. d.) 
Cicero, als Caesar im J. 709 = 45 in Hispanien fuhrte davon seinen Namen Carthago spartaria; 
weilte, den Atticus fragen konnte, was Celer tiber Verwendung und Ausfuhr sind noch heute fast die- 
Caesars Stellung zu den Candidaten melde, utrum selben. [Hiibner.] 
in foenicularium an in Martium campum eo- Camps(i)ani (Ka/irpiavol und Ka/uyjavol), ger- 
gitet (ad Att. XII 8). [Hfibner.] manisches Volk bei Strab. VII 291. 292, sonst 

Campus iuncarins s. Iuncaria. nicht bekannt. Man vermutet, es seien die Amsi- 

Campus Agrippae, Bruttianus, Codetanus, varier zu verstehen , Z e u s s Die Deutschen 90. 

Lanatarius, Martins, Qctayius, Pecuarius, Vgl. Amsivarii und Crinsiani. [Ihm.] 
Timinalis s. unter Agrippae, Bruttianus40 Camsisoleus, Agypter.Peldherr des Gallienus, 

u. s. w. Campus. besiegt und totet den Isaurier Trebellianus, einen 

Campus regius (AvXaiv (taodixog) s. A u 1 o n der sog. 30 Tyrannen , in offener Peldschlacht. 

Nr. 12. Bruder des Theodotus, Hist. Aug. tyr. trig. 26, 4. 

Campus Salinarnm Rom an arum, der nord- [Stein.] 

westliche Teil der grossen Salzsiimpfe an der Camulodunum, Britanniae oppidum, wird 

Tibermiindung, zwischen PortusClaudii (bei Fiumi- zuerst erwahnt in Verbindung mit der Angabe 

cino) und Ponte Galera, noch jetzt Campo Salino des Pytheas iiber die Tageslange auf der Insel 

genannt. Die antike Benennung ist bekannt ge- Thyle (s. d.) und, ,nach einigen' — die nicht ge- 

worden nur durch eine hier gefundene Weihin- nannt werden — , auch auf der Insel Mona (s. d.), 
schrift an Severus und Caracalla, Not. degli scavi 50 die von Camalodunum (so die Hss.) ungefahr 

1888, 228 (vgl. Bull. com. 1888, 83ff. de Eug- 200 Millien entfernt sei (Plin. II 187). Diese 

giero Bull, dell' Ist. di diritto romano 1888), ihr Angabe stammt noch aus der Zeit vor der Er- 

hohes Alter wird bezeugt durch den Namen der oberung Britanniens. ZahlreicheMiinzendesKonigs 

Via Campana (s. d.). [Hiilsen.] Cunobellinus mit den Aufschriften Camul, Camu, 

Campus sceleratus, Platz an der porta Col- Cam (Evans Coins of the ancient Britons 291. 

lina (dextra viam stratam Liv. VIII 15, 8; inner- 561ff. Taf. IX 5 — 13) bezeugen seine Bedeutung. 

halb der Mauer Dionys. II 67, 4. Plut. Num. Ihren Namen f&hrt die Stadt offenbar von dem 

10), an welchem die des Incests schuldigen Ve- des gallischen und britannischen Mars Camulus, 

stalinnen in einer unterirdischen, mit Erde iiber- der auch als Personenname und in mehreren Zu- 
deckten (Plut. a. a. O.) gemauerten Graft lebendig 60 sammensetzungen vorkommt (s. d.). Die Form 

begraben warden. "Vgl. noch Fest. p. 333 b 23. Camalodunum in der oben angefuhrten Plinius- 

Liv. XXII 57, 2. S. Vestales virgines. stelle und in einer italischen Inschrift (CIL XIV 

[Samter.] 3955) ist zwar vielleicht die altere, kann aber auf 

Campus sj>a,rtaxius (SaaQxdQiovxsdIov) in Hi- blosser Verwechslung mit dem iberischen Namen 

spania citerior. Die rOmische Strasse von Tarraco Camalus (Holder Altkelt. Sprachsch. 707) be- 

zum Ianusbogen an der Grenze von Baetica (s. Bd. II ruhen. Nur bei Dio, der dem verlorenen Teil der 

S. 2763) fuhrte friiher, wie Poseidonios berichtete, Annalen des Tacitus folgt, ist die ausdriickliche 

iiber Egelasta (s. d.) nach Castulo (s. d.), mitten Angabe erhalten, dass der Kaiser Claudius nach 



1449 Camulodunum Camunni 1450 

dem Sieg uber die Britten an der Tamesis im der Inschrift erhalten ist (CIL VII 90), kOnnte 

J. 43 to KafiovXodovvov xo xov KwoflelHvov /?a- der Zeit nach einer von den Vexillariern der Legion 

clleiov siXs (LX 21). Acht Jahre spater, als Ikener, gewesen sein, die in der Schlacht gegen die auf- 

Briganter und Silurer aufgestanden waren, wurde standischen Britten neben den quartadeeumani 

durch Ostorius Scapula, den zweiten Legaten der gekampft hatten (Tacit, ann. XIV 37). Veteranen 

Provinz, dort die erste Veteranencolonie gegrtindet aller vier von Claudius nach Britannien gefilhrten 

— fast gleichzeitig also mit KOln am Rhein — Legionen — ausser den beiden genannten waren 
(additam insuper veteranorum coloniam Tacit. es noch die II Augusta und IX Hispana — kOnnen 
Agric. 14, womit nur C. gemeint sein kann); ge- in C. Landanweisungen erhalten haben (vgl. Herro. 
nannt wird sie ausdriicklich zum J. 51 in Tacitus 10 XVI 1881, 533ff.). Auf einer Inschrift etwa des 
Annalen (XII 32 colonia Camulodunum valida 2. Jhdts. aus Nomentum wird der eensitor civium 
veteranorum manu dedueitur in agros eaptivos, Bomanorum coloniae Victricensis quae est in 
subsidium adversus rebelles et imbuendis soeiis Britannia Camaloduni genannt (CIL XIV 3955 
ad officio, legum). Zehn Jahre spater (im J. 61) = Orelli 208); auch auf einem Grabstein aus 
richtete sich der grosse Aufstand der KOnigin Iulipa in Baetica erscheint ein Soldat, der von 
Boudicca gegen den Gbermut der dort von neuem seiner Heimat C. Vietfrieensis] genannt wird 
angesiedelten Veteranen (ann. XIV 31ff.). Der (CIL II 2362). Der Beiname wird von dem der 
Tempel der Gottin Roma oder der Victoria und vierzehnten Legion herruhren. Sonst wird als 
des Kaisers, der mit seinen deheti sacerdotes offen- Heimat von Soldaten C. sehlechthin genannt (CIL 
bar den Mittelpunkt des romischen Gottesdienstes 20 III 2053. 11233). Auf Miinzen des Diocletian, 
in der neuen Provinz bilden sollte, wie die Tempel sowie auf denen des Carausius und Allectus, der 
in Koln, Lyon und Tarragona — Seneca erwahnt britannischen Usurpatoren des 3. Jhdts., erscheint 
ihn hehnend in der Apotheose des Claudius (c. 8) C. — durch C bezeichnet — als Miinzstatte. Die 
— , in den sich, da er auf der Burg lag, die kleine nicht unbetrachtliche Litteratur uber C. ist CIL 
Besatzung zuriickgezogen hatte, verstarkt durch VII p. 34 verzeichnet. [Hiibner.] 
zweihundert Mann, die der Procurator der Provinz Camuloriga (?), Gottin auf einer Inschrift von 
Decianus Catus sendete, wurde nach drohenden Soissons erwahnt, Rev. arch. n. s. XIII 1866, 220 
Wunderzeichen zwei Tage lang von den Auf- Deae Camiorieae votum. Nach FrOhner Philol. 
standischen belagert und erobert und die Stadt, XXII 332ff. (vgl. J. Becker Bonn. Jahrb. XLII 
die noch keine feste Mauern hatte (nullis muni- 30 lOlif.) Dea Camlorige votum. Holder Altcelt. 
mentis saeptam), in Brand gesteckt; woraufdann Sprachschatz s. Camioriea, Camulorix (auch 
der Aufstand den weiteren hOchst gefahrlichen Gamelorigi). Vgl. Camulus. [Ihm.] 
Verlauf nahm (s. o. S. 871). Die Stadt der Cumulus, keltischer Gott, mit Mars identi- 
Trinovanten (Ptol. H 3, 11 jraoot xtjv Ta/trjoa ficiert, nur durch Inschriften bekannt. Erscheint 
eioxvoiv TpivoavTss, sv oig jzoXis KaftovXodovrov hauptsachlich im Lande der Remi verehrt worden 

— die Hss. xauovdoXavov) liegt an der romischen zu sein; vgl. CIL VI 46 (Rom) Arduinn(a)e, 
Strasse von Venta Icenorum (s. d.) nach Londi- Gamulo, Iovi, Mereurio, Hereuli M. Quartinius 
nium (Tab. Peut. Oamuloduno; Itin. Ant. 480, 4 M. f. eives Sabinus Remus [d. h. eives Remus, 
Gamoloduno; 474, 4 nur eolonia. Geogr. Rav. Sabinus ist Cognomen] milfesj coh(ortis) VII 
429, 14), an der Stelle des heutigen Colchester 40 pr(aetoriae) Antoninian(a)e p(iae) v(indicis) 

— nicht, wie seit Camden der Namensahnlich- vis(u). Brambach CIRh. 164 (= Hubner 
keit wegen vielfach angenommen worden ist, des Exempla 198) Marti Gamulo sacrum pro salute 
kleinerenPleckensMaldon — ; das eoloniae eastrum Tiberii [von zweiter Hand, herzustellen ist Nero- 
(Colneceaster) mit seinen Mauem und Turmen nis] Glaudi Caesaris Aug(usti) Germaniei imp(e- 
hat sich das ganze Mittelalter hindurch an seiner ratoris) eives Remi, qui templum eonstituerunt 
alten Stelle , wenngleich in spatem Umbau auf o(b) e(ives) sfervatos) [Pundort Rindern bei Cleve]. 
romischen Fundamenten, erhalten (CIL VII p. 33). Unter dem Namen des Gottes ist auf dem stadt- 
Denn die Stadt muss spater wieder aufgebaut romischen Stein Mars in Relief dargestellt mit 
worden sein , obgleich sie vom 2. Jhdt. an wie Lanze und Schild. Ausserdem wird er erwahnt auf 
die ubrigen alten Militarcolonien im siidlichen 50 einer verstummelten britannischen Inschrift CIL 
Britannien an Bedeutung verlor. Einige dort ge- VII 1103 (vgl. Ephem. epigr. VII 1093. Haver- 
fundene Grabsteine von Centurionen der 20. Legion field Archaeol. Journal I 1894, 304) und zu- 
(CLL VII 90. 91), sowie eine nicht unbetracht- sammen mit Epona in Salona CIL III 8671. 
liche Anzahl anderer Altertiimer, besonders zahl- Nach Gliick (Keltische Namen 101) bedeutet der 
reiche Thon- und Glaswaren, lassen daran keinen Name potens , fortis ; er kehrt wieder in zahl- 
Zweifel (vgl. auch Ephem. epigr. VII p. 282). In reichen Zusammensetzungen, wie Camulo-dunum, 
oder bei C. scheint das Lager der Legio XIV ge- Ande-eamulum (s. den Artikel Andecamulen- 
wesen zu sein, die die Beinamen Martia Victrix ses), Camulo-genus, Gamulo-gnata u. s. w. Auch 
erst nach der Wiedereroberung von C. erhielt; die Personennamen Camulus, Gamula (und Ab- 
dass weder Ziegel mit dem Stempel der Legion, 60 leitungen davon) sind auf Inschriften nicht selten, 
noch Grabsteine ihrer Soldaten bis jetzt dort ge- Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. J. Becker 
funden wurden, erklart sich daraus, dass sie bereits Bonn. Jahrb. XLII 96f. Desjardins Geogr. de 
im J. 70 aus Britannien abgerufen und in ihr la Gaule II 456. Vgl. Camuloriga. [Ihm.] 
altes Standlager in Mainz zuriickversetzt wurde. Camuin s. Bier. 

Die Legio XX Valeria Victrix hatte ihr Stand- Camunni (besser als Gamuni), Alpenvolk im 

quartier in Deva (s. d.). Der eine jener Centurio- jetzigen Val Camonica. Unterworfen im J. 16 

nen der 20. Legion, dessen Bildnis in ganzer v. Chr. durch den Proconsul P. Silius (Dio LIV 

Figur in Hochrelief von vorzuglicher Arbeit mit 20 Kafifiovvioi), scheint die Gaugemeinde (Tribus 



1451 Camurius Canabae 1452 

Quirina) bald darauf die Latinitat erhalten zu Eenntnis der Lagerstadte wurde Mommsens 

haben (Plin. n. h. Ill 134). Nach Strab. IV 206 Aufsatz aus dem J. 1873: ,die rOmischen Lager- 

(KafiovXoi zu verbessern in Ka/iovvoi) sind sie stadte' (Herm. VII 299ff.). Es folgte ein tiich- 

raetischen , nach Plin. a. 0. euganeischen Stam- tiger Essai von Cb. Morel in den Memoires 

mes. Das bekannte Tropaeum Alpium (Plin. Ill de la societe d'histoire de la Suisse Bomande 

136 = CIL V 7817) nennt sie an zweiter Stelle XXXIV (1879). Die Forscher kamen zu ver- 

nach dem Trumpilini. Auf den Inschriften er- schiedenen Eesultaten. Morel sieht in den C. 

scheinen sie bald als civitas, bald als respublica eine Spielart der nichtstadtischenBiirgergemeinden 

Camunnorum (CIL V 4954. 4957. 4960. 4964); (conventus civium Romanorum), die wir bei Cicero 
vgl. V 4310 (Brescia) [Nero]ni Claudio [T]i.[f.] lOund Caesar erwahnt finden, und jetzt aus zahl- 

Druso [Camun]ni et Trumpilini. CIL XI 42 reichen Inschriften geniigend kennen, s. E. Korne- 

(Bavenna) .... nat(ione) CamunnfusJ. Von main De civibus Komanis in provinciis imperii 

Magistraten werden nur duoviri iure dicundo consistentibus, Diss. Berol. 1892 und A. Schulten 

erwahnt (V 4957. 4959 u. 0.); ferner sacerdotes De conventibus civium Bomanorum, Berlin 1892. 

Gaesaris und Augusti (4966. 4950. 4960). Der Mo mm sen dagegen sah in den C. keine civile, 

sexvir Flavialis nr. 4969 gehSrt vielleicht nicht sondern wenigstens eine a priori militarische 

hierher. Mommsen CIL V p. 440. 519. Schiller Institution, weil er die auf den Inschriften neben 

Gesch. d. rOm. Kaiserzeit I 215f. Detlefsen den rives Romani, den Kaufleuten, auftretenden 

Herm. XXI 545. Schulten Bh. Mus. L 515. veterani filr den Kern der canabensischen Ge- 

[Ihm.] 20 meinde hielt. Der erste Schritt zu dieser Meinung 

Camurins. 1) Soldat der Legio XV. (wohl war, dass er den vet. leg. XVI curator civium Ro- 

primigenia), totete nach der gewohnlichen t)ber- manorum Mogontiaci (CIL V 5747) mit dem ofter 

lieferung den Kaiser Galba, Tac. hist. I 41. Pint. vorkommendenewrafor»efer<morwra(Kornemann 

Galba 27. [Groag.] 82), mag dieser nun der Vorsteher der stadtischen 

2) C. Camurius C. f. Lem(onia) Clemens, Veteranenvereine oder der militarischen vexilla- 
praef(eetus) fabr(um) quartum, praef. i(ure) d(i- Hones sein, vergleichen zu miissen glaubte. 
cundo)imper(atoris)Caes(aris)TraianiAug(usti), Diese These ist von Kornemann (83) und 
■praef. coh(ortis) VII Raetforum) equitfatae), tri- Schulten (86f.) zuriickgewiesen worden. Als 
b(unus) milfitumj coh. II Ulpiae Petraeor(um) Mommsen jenen grundlegenden Aufsatz schrieb, 
milUar(iae) equit. , praef. alae Petrianae mil- 30 lag es freilich nahe, den curator civium Roma- 
liar. c(ivium) R(omanorum) bis torquatae, pro- norum der C. mit dem curator veteranorum zu 
cfurator) Aug. ad Miniciam , proc. Aug. epi- vergleichen ; jetzt wissen wir aber aus neuen In- 
strategiae septem nomor(um) et Arsinoitae, CIL schriften, dass es einen cur. civ. Rom. auch in 
XI 5669, Inschrift aus Attidium, gesetzt von den den gewohnlichen Conventen gab. Schulten 
Einwohnern von Treia, deren Patron er war. hat (112) gezeigt, wie die Convente zuerst unter 

[Stein.] magistri, spater unter einem curator standen, 

3) Q. Camurius Numisius Iunior, Illvir a(ere) was von den Collegien iiberhaupt gilt. Ganz ab- 
afrgento) afuroj f(lando) f(eriundo), t[rib(unus) gesehen davon, dass man heute a priori den cana- 
milfitumj] hg(ionis) IX. Hi[spanae] (die wahr- bensischen Curator nicht mehr mit dem curator 
scheinlich unter Hadrian einging), sodalis Titia- 40 veteranorum, sondern mit den anderen curatores 
lis [Flavialis], qua[e]st(or) urb(anus), ae[d(ilis) civ. Rom. zusammenstellen wurde, lasst sich die 
curifulis)], pr(aetor), [le]g(atusj Aug(usti) legfi- Mommsensche These aus sich widerlegen (Schul- 
onisj . . . et [leg.] VI. Vietrficis) . . . (CIL XI ten 86f.): die Veteranen werden als Bestand- 
5670. 5671. 5672 Attidium). In diesen Inschrif- teil des canabensischen Convents genannt nur in 
ten werden neben ihm noch ein Sohn [Iu]nior, Troesmis (veter. et civ. R. eons, ad canabas leg. 
ferner eine Stertinia L. f. Cocceia Bassula Ve- VMac), Aquincum {veterani et cives Romani con- 
necia Aeliana Iunioris (sc. uxor, seine Gemahlin?; sistentes ad leg. II Ad.) und Isca (veterani et 
vgl. Cocceia Bassula Numisia Procula, CIL VIII ho[. . . ? ad] legionem II Aug. eonsistentes), 
626, die dann als seine Tochter zu betrachten in alien anderen C. fiihrt die Gemeinde den iib- 
ware) und ein Q. Com[elius] Flaccus Noricus 50 lichen Namen der rives Romani. Die von der 
Numisius . . . genannt. C. , der der Tribus von Fahne entlassenen Veteranen unterschieden sich 
Attidium, Lemonia, angehOrte und ohne Zweifel in nichts von anderen rives Romani, hatten also 
aus Attidium stammte , war wohl auch ein Ver- gar keine Veranlassung, sich zu einem besonderen 
wandter des Vorausgehenden. [Groag.] Verein zu constituieren , sondern miissen in den 

Cana. 1) Insel an der Westkiiste Schott- bei jedem Lager vorhandenen canabensischen Con- 
lands, jetzt Canna, Geogr. Eav. V 32 p. 441. vent eingetreten sein. Dagegen bilden andrerseits 

2) Cana (?), keltische Gottin auf zwei in Ing- die zur Disposition gestellten und in vexilla zu- 

weiler gefundenen Inschriften genannt, Br am- sammenbleibenden Veteranen notwendig eine mehr 

bach CIBh. 2069 Dfejae Can . . reginae. 2070 militarische als bvirgerliche Gruppe. Gerade wenn 
D(eae) C(an . .) rfeginaej Divixta Terentiani v. s. 60 man auf diese Corps den curator veteranorum mit 

J. Becker Bonn. Jahrb. L/LI 173ff. Vgl. Caiva. Mommsen (312) bezieht, sondern sie sich scharf 

[Ihm.] von den cives Romani, curator civ. Rom. und cu- 

Canabae. Das Wesen der canabae, der nicht- rator veteranorum schliessen sich aus. Waren 

stadtischen OrtschaftrOmischer Burger beim Stand- die canabenses von der Legion abhangig gewesen, 

lager, ist uns erst durch die Inschriften bekannt wie Mommsen meint, so hatten sie nicht ihre 

geworden. Grundlegend (die im J. 1870 publicierte eigenen rein birrgerlichen Beamten haben konnen, 

Dissertation von Joergensen iiber die Strass- sondern waren einem praefectus legati legionis 

burger Inschrift [s. u.] ist ohne Wert) fiir die unterstellt gewesen. Wenn die Legion das Lager 



1453 Canabae Canabae 1454 

wechselt, so bleibt der Convent am Orte; als 4) cives Romani mantietdari negotiatores. Cor- 

civile Dependenz der Legion hatte er ihr folgen resp.-Bl. der Westd. Ztschr. II 6 I. 0. M. Sucaelo 

miissen. Kurz das Wesen der C. widerstreitet .... actor et eanabari ex voto. Argentoratum 

in alien Stucken der Momms en schen Auffassung. CIEh. 1891 [QJenio viei ca[n]abar(umj et 

Dass die canabae in gewisser Weise zur Legion ge- vi[ca]nor(um) eanabensium. Isca (? Britannien) : 

htirten, ist damit naturlich nicht geleugnet. Ich CIL VII 105 vete[rani] et ho[mines ? ad] leg. 

habe dies Verhaltnis in meinem Aufsatz ,Das terri- II A[ug.] eons(istentes). Die Inschrift ist sehr 

torium legionis' (Hermes XXIX 1894, 481ff.) zu defi- bedenklich. 

nieren gesucht. Wir kennen jetzt mehrere Inschrif- Das uns am besten bekannte Lagerdorf, Lam- 
ten, welche ein territorium legionis erw&hnen. ZulObaesis, beim Lager der numidischen Legio III 

jedem der grossen Grenzlager geherte also wie Augusta heisst vicus (CIL VIII 2604. 2605) wie 

zu jeder Stadt ein Hoheitsgebiet, eine Art von das Strassburger, unterschied sich also von einem 

Pestungsrayon. Die C, welche nicht wohl weiter anderen vicanen Convent (s. zum Begriff De con- 

als 1 km. vom Lager entfernt liegen konnten (dies vent. 66) nicht einroal durch den Namen der Ge- 

ist die Entfernung zwischen dem Lager der leg. meinde. Offenbar war Lambaesis, dessen bliihende 

XIV und dem aus ihren C. entstandenen Car- Entwicklung wir vortrefflich kennen (s. Wil- 

nuntum; ebenso ist es bei Lager und Stadt Lam- manns Comment. Mommsen. 194f.), sehr bald 

baesis), befanden sich also auf militarfiscalischem munieipii instar, so dass seinen Insassen eher 

Grand und Boden. Damit nahert sich ihre Rechts- eine municipale (vicus) als eine collegiale Bezeich- 
stellung derjenigen, welche die auf einer kaiser- 20 nung wie cives Romani et veterani eonsistentes 

lichen Domane belegenen Dorfer haben. Dies zukam. Dasselbe liegt in Brigetio und Mogon- 

Reohtsverhaltnis ist ausgedriickt, indem die cana- tiacum vor, wo sich die canabenses sofort in mu- 

benses als cives Romani legionis illius bezeichnet nicipaler Weise nach dem Namen des Orts be- 

werden. Im (ibrigen ist die Verfassung der C. nennen (decurio Brigetione, cives R. Mogontiaci, 

eine rein autonome und unterscheidet sich in s. o.). So bezeichneten sich auch die schon in 

keinem Punkte von der der iibrigen Convente. republicanischer Zeit sehr starken Convente der 

An der Spitze des Lagerdorfes stehen entweder illyrischen Hafenplatze (Narona etc.) als vicus 

magistri, so in Troesmis (CIL III 6166. 6162), (s. De convent. 70). Das den Status der cives 

Apulum (CIL III 1008), Aquincum (CIL III 3505), Romani definierende Verbum consistere kommt 
oder Curatoren wie in Mainz (CIL V 5747. CIEh. 30 den Personen oder Gruppen zu, welche an dem 

956). Neben den zwei magistri treten in Duro- Orte ihres Aufenhalts nicht die origo munieipalis 

storum zwei Aedilen auf. Diese zwei ein Vier- haben, sei es, dass der Ort eine fremde oder gar 

mannercollegium bildenden Collegien sind das keine Stadt ist (s. De convent. 102). Con- 

Abbild des municipalen Quattuorvirats. Ferner sistere ist das dem Substantiv ineola correlate 

giebt es einen ordo (decuriones). In Brigetio Verbum. 

kommt vor (CIL III 4298) ein decurio Brigetione Canaba ist die Bretterbude, die Baracke. So 

qui magistrat; hier wechselte also das magiste- wird die Schutzhiltte des Custoden an der Mar- 

rium unter den Decurionen. Decurionen hatten cussaule in Rom als canaba bezeichnet (Bruns 

ferner die canabenses von Mainz (CIRh. 1130. Pontes iur. R. 5 p. 284). C. heissen auch die 
1067), Troesmis (CIL III 6182. 6183. 6195), Apu- 40Buden der Weinhandler vonLyon, vgl. Wilmanns 

lum CIL III 1100. 1093). In Apulum findet Ex. inscr. lat. 2030 negotiatores vinari Lugduni 

sich ein aedis custos c(ivium R(omanorum), CIL in canabis eonsistentes (s. Hermes VII 303). 

Ill 1158. Von den C. heissen ihre Bewohner canabenses 

Die Gemeinde bezeichnet sich meist als die oder canabarii (Mainz). Wenn die Budiker von 

der cives Romani. Ich gebe zur (Jbersicht eine Troesmis genannt werden eonsistentes a d canabas 

Zusammenstellung der einschlagigen Inschriften leg. V M., so ist das weniger eine Vermengung 

(s. Kornemann 1 1 Of.). Apulum: CIL III 1008 der beiden Passungen eonsistentes ad legionem 

Fortunae Aug. sac. et Qenio eanabensium, L. Si- und eonsistentes in canabis, als vulgarer Sprach- 

lius Maximus vfet.J leg. I Ad. P. F. magistra(n)s gebrauch, der ad und in vermengt. 
primus in cannabis) d. d. Ill 1100 dee(urio) 50 Die canabarii von Mainz mit ihrem actor, 

Kanab(ensium) leg. XIII O. Ill 1158 aedis cu- dem Geschaftsfiihrer, sind nicht mit den cives 

stos e. R. Ill 1214 . . quond(am) dec(urioni) Romani Mogontiaci identisch, sondern wohl ein 

[Kjanabarum. Durostorum : CIL III 7474 . . e(i- neben oder im Convent bestehendes Collegium. 

vibus) R(omanis) et consistentibus in canabis Bezeichnend fiir den quasimunicipalen Cha- 

Aelis Ig. XI Ol. Es ist offenbar das ET zu rakter der canabae ist, dass die von Durostorum 

streichen oder veteranis zu erganzen. Troesmis: canabae Aeliae heissen, also den Kaisernamen 

CIL III 6166 G. Val. Pud. vet. le(g). V Mae. fiihren wie die Colonien. Der Rechtsgrund dieser 

et M. Ulp. Leont. mag(istris) eanabefnsium) et Benennung liegt in der ZugehOrigkeit des terri- 

Tuc. Ael. aedfilij d. d. vet(erani) et c(ives) R(o- torium legionis der Donauproviilzen zum kaiser- 
mani) eons(istentes) ad canab(as) leg. V M. Ill 60 lichen fiseus. Der Analogie wegen bemerke ich, 

6167 cives Romani Tr[oesmi eonsistentes?]. dass die DSrfer der kaiserlichen Domane eben- 

Aquincum: CIL III 3505 vet. et [e]. R. eos(i- falls den Kaisernamen fiihren; vgl. eastellum 

stentes) ad leg. II Ad. Mogontiacum: CIL V 5747 Aurelianense Antoninianum (CIL VIII 8426; 

..curator eivium Romanor. Mogontiaci. CIRh. s. Schulten Die rOm. Grundherrschaften 46). 

956 q. c. c. R. m. neg. Mog. Diese litterae sin- Wie jeder Conventus civ. Rom. kOnnen auch 

gulares sind q(uaestor) c(urator) cfiviumj R(b- die C. Stadtrecht erhalten. Mommsen hat am 

manorum) m(anticulariorum) Mogfontiaci) zu Eingang seines Aufsatzes mit gewohnter Praeci- 

lesen wegen der Inschrift (Bonner Jahrb. LXVII sion den Satz formuliert, dass fur das 1. Jhdt. 



1455 Canabae Cancellarius 1456 

der Kaiserzeit eine Jncompatibilitat' zwischen Castra sind keine Stadt, aber wie sie ein Territo- 
Lager und Stadt, zwischen militarischem und rium haben, so konnen sie auch municipii vioem 
municipalem Eegiment bestanden habe. Aber fungieren ; die castra fungieren hier als Centrum 
der Tbatsache, dass im 1. Jhdt. kein Lagerdorf des militarischen Bezirks, wie die vici die Stadte 
Stadtrechte erhalten hat, kann man auch aus der der saltus, der Grundherrschaften, sind (vgl. Kom. 
Erwagung gerecht werden, dass in jener Epoche Grundherrschaften 46). Die im vicus Lam- 
die C. noch zu unbedeutend waren, um Stadtrecht baesis geborenen Lagerkinder fflhren nicht die 
zu erhalten. Auch fiir die Eheinprovinz ist eine Papiria, die Tribus der spateren Stadt Lambaesis, 
Incompatibilitat von Lager und Stadt nicht zu sondern die Tribus der spurii, die Pollia (vgl. 
behaupten, da hier iiberhaupt ausser an Colonia lOMommsen Hermes XIX 11 Anm.). Wir haben 
Agrippinensis und Colonia Traiana keine Stadt- jedoch eine Ofener Inschrift, in der die canabae 
rechte verliehen worden sind, weder in der Nahe als Heimat genannt werden, CIL III 10548 : M. 
der Lager noch im Innern der Provinz. Ich bin Fui io Po[l(lia) ?] Bufo cana[bis] . . . . ; die ca- 
daher geneigt, meine die Mommsensche These nabae sind die von Aquincum. Wenn es canabae 
billigenden Ausfiihrungen (Hermes XXIX) , wie Aeliae giebt (s. o.), so lag thatsachlich die Be- 
ausgefuhrt, zu modiflcieren. Dass es vorkommt, zeichnung der Origo nach dem Lagerdorf nahe 
dass das Territorium einer Stadt bis an die Mauern genug. 

der Nachbarstadt reichte (Pall von Caudium und Zum Schluss ist noch eine neue Inschrift aus 

Benevent, s. Grom. lat. I p. 232), ist zwar kein Kutlovika mitzuteilen, die auch canabensisch zu 
Gegenargument , da es sich hier nicht um das 20 sein scheint, Arch.-ep. Mitt. 1895, 215. Sie 

Aneinanderstossen militarischer und burgerlicher bezieht sich auf die Erbauung einer Warte zum 

Hoheitsrechte handelt, aber doch vielleicht hie- Schutz der Anwohner : [. . . unde latrunculos o]b- 

her gehOrig. Bestehen bleibt immerhin, dass den servare [possent projpter tutelafm) [cajstrensium 

Bomern das Bedenkliche eines Verkehres zwischen et [cjivium Montanensium , Maximo et [Ola]- 

Militar und Civil wohl bewusst gewesen ist. Sep- brione [cos.] = 256 n.Chr. Onter Marcus und Verus 

timius Severus ist der erste Kaiser gewesen, der wird eine regie Montanensium erwahnt (s. ebd.). 
mit der alten Strenge brach. Aus der Bauge- [Schulten.] 

schichte des Lagers Lambaesis hat Wilmanns Canaca (Kavaxa) wird als erste Stadt der 

(s. den oben citierten Aufsatz) diese Dinge er- Turdetaner im Westen der Provinz Hispania Bae- 
lautert. Seit Septimius Severus dringen in das 30 tica nur von Ptolem. II 4, 10 erwahnt, und muss 

dortige Lager biirgerliche Gebaude wie Clublocale danach etwa 35 Millien von der Anasmiindung 

etc. ein, die bis dahin auf die Stadt Lambaesis aufwarts gelegen haben. Mit Canana (s. d.) kann 

beschrankt waren. es daher nicht identisch sein , wie Friihere an- 

Mag man nun fur das 1. Jhdt. n. Chr. eine nahmen; K. Mailer (zu Ptolem.) stellt es mit dem 

principielle Incompatibilitat von Lager und Stadt Praesidium des antoninischen Itinerars (431, 10) 

annehmen oder nicht, im 2. Jhdt. werden die und dem heutigen Chanza zusammen, beides sehr 

LagerdOrfer bei den Legionslagern an der Donau unsicher. [Hiibner.] 

zu Stadten (s. die Praefationes zu Aquincum, Canafates s. Cannenefates. 

Troesmis etc. im CIL III und Suppl.). Da Aquin- ad Canales. 1) Zwischen Bovianum und Tea- 

cum , Carnuntum und Viminacium municipia 40 num auf der Grenze von Samnium und Apulien 

Aelia sind, wird Hadrian ihnen das Stadtrecht (Tab. Peut), ganz ungewisser Lage. Vgl. CIL IX 

verliehen haben (Mommsen Hermes VII 323). p. 204. Desjardins Table de Peutinger 218. 
Erst jetzt werden die C. zu ,Lagerstadten', bisher 2) Mansio der Via Appia in Apulien (Itin. 

waren sie LagerdOrfer. Man wird deshalb mit Ant. 121), 20 (oder nach dem cod. Escorial. 13) mp. 

Bergk (Westd. Ztschr. I 498) die Bezeichnung von Tarent, also in der Gegend von Massafra. 
der C. als ,Lagerstadt' fiir missverstandlich und [Hiilsen.] 

ungeeignet halten ; ,Lagerdorf' ware zutreffender. Canana, Stadt am Baetis im Hispania ulterior, 

Marcus oder Commodus muss dem 1 km. vom jetzt Villa nueva del Bio (CIL II p. 140), von 

Lager der leg. Ill Aug. entfernt gelegenen Ort Plinius unter den oppida Hispalensis conventus 
Lambaesis Stadtrechte gegeben haben, da es dort 50 angefiihrt (III 11 ciniana die Leidener, camana 

eine Curia Aurelia und Antoniniana giebt. In camanca canian die ubrigens besseren Hss.). Auf 

der Nahe von Castra vetera (auf dem Fiirsten- einer Inschrift von Hispalis werden die lintrarii 

berg bei Xanten) hat Traian die nach ihm be- Cananienses genannt (CIL II 1182); so alle 

nannte Colonia Traiana angelegt. Ob die Stadt alteren Abschreiber, auch eine neuerdings am Orte 

an die Stelle der C. der leg. XXX Ulpia Victrix gefundene Inschrift (demnachst in Ephem. epigr. 

trat, ist noch unsicher; jedenfalls ersetzt sie nicht, VIII) hat CAN AN; des einzigen Zeugen Caro 

wie Mommsen a. a. O. 305 meint, die des Lesung CAN AM statt CAN AN, in der nur durch 

alten Lagers (der leg. V und XV), weil die alten ihn erhaltenen Inschrift des rnunicipium Flavium 

C. im Bataverkrieg zerstOrt worden sind (vgl. den Canam(ense) (CIL II 1074) ist danach zu andern 
Aufsatz ,Das territorium legionis')- 60 in Cananfense) oder Cananifensej . [Hiibner.] 

Besonders interessant sind die C. als origo Canaria s. Fortunatae insulae. 

der Lagerkinder, d. h. der aus der illegitimen Canartha s. Aurelius Nr. 74. 

Ehe eines Soldaten mit einer Peregrinen ent- Cananna, Gegend (regio) an der westlichen 

sprossenen Kinder. Denn wenn die Soldatenkinder Kiiste Arabiens (Plin. VI 150) mit Kanauna der 

von Lambaesis (s. CIL VIII p. 284) ihre origo arabischen Geographen (Cumfida der Admiralkarte) 

mit castris bezeichnen, so geschieht das, weil identisch (vgl. Sprenger Alte Geogr. 52). Breite 

ihr factischer Geburtsort, die G, weil nichtstad- 19° 8'. [D. H. Miiller.] 

tisch. als Origo nicht verwendbar sind. Auch die Cancellarius bedeutet urspriinglich den Thiir- 



1457 Cancellarius Cancellarius 1458 

steher (OIL VI 9226: qui fuit cancellarius primi 51, 5), und seit 423 musste ihre Person von den 
loci campi Boari), lasst sich aber seit dem J. 363 obersten Chargen des Officium geprfift und durch 
n. Chr. (OIL VI 1770) als Titel eines Subaltern- Erklarung zu den Acten gebilligt werden (Cod. 
beamten nachweisen, der griechisch durch 6 xfjg Theod. I 35, 3). Nock spater bestimmte man, 
dvgag xvqio? umschrieben wird (Lib. or. II 107). dass sie aus dem Officium selbst zu nehmen seien 
Beamte dieser Art finden sich in den Diensten (Cod. lust. I 51, 8, wo die Worte ex eodem of- 
fer Praefecti praetorio (CIL XI 317. Joh. Lyd. fieio in das Gesetz des Cod. Theod. I 35, 3 inter- 
de mag. Ill 36. 37. Cassiod. var. I 35, 2. XI 6. poliert sind, also den Inhalt einer spateren Ver- 
14. 36. 37. 39. XII 1.3. 10. 12. 14. 15. Cod. lust. fiigung in dieses hineintragen). Doch blieb die 
I 27, 1 § 21), der Praefecti urbis (CIL VI 1770. 10 Wahl noch insofern frei, als sie nicht durch das 
8401), der Magistri militum (Mommsen Chron. Dienstalter, nach dem sonst das Anfrucken inner- 
min. II 41), des Comes Orientis (Lib. or. II 107), halb des Officium sich regelt, beschrankt war 
der Duces (Constit. Anast. de due. Lib. 14 bei (Cassiod. var. XI 6, 1). 

Zachariae v. Lingenthal M.-Ber. Akad. Berl. Der Titel des Amtes ist von den cancelli her- 

1879, 142 ; unter Iustinian scheinen sie den Duces geleitet, d. h. von den gitterformigen und daher 

genommen zu sein, da sie in dem Verzeichnis ihrer durchsichtigen Schranken, die den Gerichtsraum 

Subalternen Cod. lust. I 27, 2 § 20ff. nicht mehr gegen das Publicum abschlossen (Cassiod. var. XI 

vorkommen), der Provincialstatthalter (Cod. Theod. 6, 5. Joh. Lyd. de mag. Ill 37. Agath. I 19 ; 

I 35, 3. Cod. lust. I 51, 3. 5. 8) und fehlten ur- vgl. Gothofredus zu Cod. Theod. I 35 [12], 3). 
sprfinglich wohl keinem Oberbeamten, der richter- 20 Denn der Platz des C. war ursprunglich an der 

liche Functionen besass (Joh. Lyd. de mag. Ill Thiir derselben ; dort hatte er die Audienzsuchen- 

11). Auch am Hofe des Kaisers im unmittelbaren den bei dem Richter vorzulassen (Cassiod. var. XI 

Dienste desselben erscheinen C. in der Mehrzahl, 6, 3. Agath. a. O.) , Schriftstiicke entgegenzu- 

aber wohl nicht vor dem 5. Jhdt. Denn in der nehmen und ihm zu iiberreichen (Joh. Lyd. Ill 

Notitia dignitatum fehlen sie noch im Orient, 11. 37. Cassiod. a. O.), kurz seinen Verkehr mit 

nicht aber im Occident (1X15), der meist einen der Aussenwelt zu vermitteln. Aus jener Prasen- 

spateren Zustand der Reichsverwaltung darzu- tation der Urkunden zur Unterschrift entwickelte 

stellen pflegt. Wenn die Falscher der Hist. Aug. sich spater bei den kaiserlichen C. die Befugnis, 

Car. 16, 3 schon unter Carinus kaiserliche C. er- die Edicte zur Publication zu bringen (CIL IX 
wahnen, so ist dies nur ein weiterer Beweis fur 30 2826). Anfangs aber waren sie thatsachlich nichts 

die spate Entstehung des Buches (Seeck Rh. Mus. weiter als Thiirsteher, und ihr Rang daher selbst 

XLIX 208). Anfangs scheint unter jedem Ober- bei denen, die dem Kaiser unmittelbar dienten, 

beamten nur je ein C. gestanden zu haben (CIL ein sehr niedriger (Hist. Aug. Car. 16, 3), wes- 

VI 1770. Lib. or. II 107. M.-Ber. Akad. Berl. halb sie auch in der Notitia dignitatum (Occ. IX 

1879, 142) , spater sollen es bei den Praefecti 15) in der Reihe der kaiserlichen Officia an aller- 

praetorio zwei gewesen sein (Joh. Lyd. de mag. letzter Stelle stehen. Trotzdem war ihre Macht 

III 36. 37) ; endlich ernennen diese sich ausser nicht gering, schon weil ohne ihren guten Willen, 

einem, der in ihrer Umgebung bleibt (Cassiod. den sie sich oft teuer bezahlen liessen (CIL VI 

var. XI 6. 27), noch je einen C. fur jede Provinz 1770. Lib. or. II 107) , niemand mit dem Ober- 
ihres Sprengels (Cassiod. var. XII 1. 3. 10; vgl. 40 beamten in Verkehr treten konnte. Und da der 

Joh. Lyd. a. O. ; cancellarius Campaniae Cassiod. C. der einzige Subalterne ist, dessen Stellung auf 

var. XI 37; Lucaniae et Brittiorum XI 39. XII freier Wahl seines Vorgesetzten beruht, so wird 

12. 14. 15; provinciae Liguriae XI 14; provin- er meist der Vertrauensmann desselben und erhalt 

ciae Samnii XI 36), die aber von den eigenen von ihm mannigfache Auftrage, die fiber den 

C. der Statthalter zu unterscheiden sind. ursprunglichen Inhalt seines bescheidenen Amtes 

Der C. erscheint in den Titelfiberschriften von weit hinausgehen. Indem diese gelegentlichen 

Cod. Theod. I 35 und Cod. lust. I 51 und in den und ausserordentlichen Dienstleistungen im Laufe 

Amterverzeichnissen Cod. lust. 1 27, 1 § 21 und M.- der Zeit zu regelmassigen werden, erweitert sich 

Ber. Akad. Berl. 1879, 142 gesondert von den seine Competenz immer mehr. Im 6. Jhdt. gilt 
iibrigen Officialen und in engster Verbindung mit 50 er daher schon als der Vornehmste im Officium, 

dem Adsessor (= consiliarius) und dem Domesti- dem die andern Mitglieder desselben Gehorsam 

cus. Man darf daraus schliessen, dass er ursprfing- schuldig sind (Cassiod. var. XI 6, 1). Als solcher 

lich, gleich diesen beiden, kein eigentlicher Staats- fuhrt er die Aufsicht fiber die Dienstliste (ma- 

beamter war, sondern von seinem Vorgesetzten tricula), nach der sich das Avancement der Of- 

nach eigenem Ermessen ernannt wurde und zu ficialen bestimmt (Cassiod. var. XI 6, 2), und zahlt 

ihm in einer Art von privatem Vertrauensverhalt- ihnen ihren Lohn aus (Cassiod. var. XI 36 , 4. 

nis stand (s. Bd. I S. 424, 47), weshalb auch der 37, 4). Namentlich aber wird denjenigen C, die 

Name des Richters, dem er client, mit zu seiner der Praefect jahrlich (Cassiod. var. XI 7, 5. XII 

Titulatur gehort (CIL XI 317: cancellarius prae- 2, 6. 16, 4) in die einzelnen Provinzen entsendet, 
fecti Longini). Daher nennt Cassiodor (var. XI 60 die Beaufsichtigung des Postwesens (Cassiod. var. 

6,3) sein Ami eine domestica militia, und unter XI 14, 1. XII 15, 6) und der Steuererhebung 

den Staatsamtern, welche die Notitia dignitatum fibertragen (Cassiod. var. XI 10. 39. XII 10. 12, 

verzeichnet, wird es ebensowenig aufgefuhrt, wie 3. 5. 14, 6. I 35, 2. Joh. Lyd. de mag. Ill 37), 

die des Adsessor und des Domesticus. So scheinen zu welchem Zwecke sogar militarische Executoren 

denn auch die Oberbeamten in der Wahl ihrer unter ihren Befehl gestellt werden (Cassiod. var. 

C. anfangs ganz unbeschrankt gewesen zu sein; XII 3). Diesen wichtigen Obliegenheiten ent- 

erst 415 wird verfugt, dass keiner diese Stellung sprechend steigert sich auch ihre Wurde. Die C. 

mehr als einmal bekleiden dtirfe (Cod. lust. I der Praefecten besitzen im 6. Jhdt. senatorischen 



1459 CancelM Candela 1460 

Eang, fiihren danach den Titel vir elarissimus worden sein, weil er allein es wagte, der Hydra 

(Cassiod. var. XI 10. 37. 39. XII 3, 2. 15), wer- im Kampfe mit Herakles beizustehen ; nachdem 

den zu Comites ernannt (Mommsen Chron. min. er aus dem Sumpfe Lerna hervorgekrochen war 

II 41) und nach ihrer Entlassung zu Praerogati- (deshalb Lernaeus bei Columella , litoreus bei 

varii befordert (Cassiod. var. XI 27). Manilius und Ovid), soil er Herakles am Fusse 

Nach Joh. Lyd. de mag. Ill 36 sollen sie als gebissen haben und dann von ihm getstet worden 

Gehalt einen Solidus (= 12,69 Mk.) taglich er- sein (C. Robert Erat. Catast. reliqu. 88ff.). Era- 

lialten haben; doch wird dies kaum richtig sein, tosthenes, die Scholiastenzu Germanicus und Hygin 

da lustinian fur alle C. des Praefecten von Africa legen dem Sternbilde 18 Sterne bei (ebd. 94f.), 
zusammen nur 7 Pfund Gold oder 504 Solidi jahr- 10 dagegen Ptolemaios (Mey. ovvx. VII 4 p. 54 Halma) 

lich berechnet (Cod. lust. I 27, 1 § 21). Aber nur 9 (7 vierter, 1 fiinfter Grosse, 1 veysXosidris). 

daneben bezogen sie ansehnliche Sporteln; allein Nach Arats von Hipparch (I 10, lOff. p. 102ff. 

diejenigen, welche er jahrlich von den Soldaten Manitius) gebilligter Darstellung, die wahrschein- 

erheben durfte, wurden bei dem C. des Dux Penta- lich auf Eudoxos zurfickgeht, liegt der Krebs mit 

poleos von Anastasius auf 24 Solidi angesetzt seiner ganzen Lange auf dem Wendekreise, der 

(M.-Ber. Akad. Berl. 1879, 142). ihn in eine nOrdliche und siidliche Halfte scheidet 

Trotz ihrer hohen Stellung blieb, wie es scheint, (Phaen. 489ff., vgl. Cic. 509ff. Germanicus 468ff. 

die Folter gegen die C. erlaubt (Cassiod. var. XII Avien 379ff. 964ff.). Das Ekliptikzeichen durch- 

1, 3). Gerade wegen ihrer grossen Macht, die sie lauft die Sonne in 31 Tagen nach Geminos (isag. 
gewiss oft missbrauchten, hielt man die MOglich- 20 c. 16. Wachsmuth in der Ausg. von Lydus 

keit eines scharfen Vorgehens gegen sie fur un- de ostentis p. 175). In dem Kalender von Ge- 

entbehrlich. Schon 399 wurde daher verftigt, dass minos wird der Friihaufgang auf den 27. Juni, 

sie nach Niederlegung ihres Amtes noch minde- der Spataufgang auf den 23. Juli, der Spatunter- 

stens 50 Tage in der Provinz, in der sie fungiert gang auf den 20. Januar verlegt (Wachsmuth 

hatten, bleiben mfissten, um jedem Provincialen p. 175. 176. 183). 

bequeme Gelegenheit zur Anklage zu gewahren In diesem Sternbilde befinden sich einige Sterne, 

(Cod. lust. I 51, 3). Aus demselben Grunde be- die ovot (asini, aselli) genannt werden, mit der 

stimmte man 423 , sie diirften noch drei Jahre Krippe ((pdrvt), praesepe, praesepium). Eratosthe- 

nach dem Ende des Cancellariates nicht aus ihrem nes erzahlt, Dionysos, Hephaest und Satyrn seien 
Officium ausscheiden (Cod. Theod. I 35, 3). Gotho- 30 auf Eseln reitend in den Kampf gegen die Gigan- 

fredus zu Cod. Theod. I 35 [12], 3. P. Kriiger ten gezogen, und die Tiere hatten, noch ehe sie 

Kritik des iustinianischen Codex 163. Mommsen der Giganten ansichtig wurden, ein solches Ge- 

Neues Archiv d. Gesellsch. f. altere deutsche Ge- schrei erhoben, dass diese die Flucht ergriffen; 

schichtskunde XIV 478. [Seeck.] daher wurden die Esel unter die Sterne versetzt. 

Cancelli, nach Festus (ep. p. 46, 2) fur das Eine ganz andere Erklarung des Namens flndet 

altere eancri gesagt , bedeutet im allgemeinen sich daneben in den Scholien zu Germanicus und 

allernand Gitterwerk an Fenstern und Thuren bei Hyg. II 23 (C. Robert a. a. O.). Dieselben 

(insofern zum Teil identisch mit clatri = xlrj&Qa, Sterne kennt auch unter gleichem Namen Arat 

s. Daremberg et Saglio Dictionn. I 1236 und (892. 898. 996; vgl. auch Proclus de sphaer. c. 15). 
Th. Wiegand Die puteol. Bauinschr., Jahrb. f. 40 Seltsamerweise ist das Sternbild des Krebses ein- 

Philol. Suppl. XX 735) , an Umzaunungen und mal von Cicero (Arat. 216) mit dem africanischen 

Schranken (CIL VIII 2369. 2370, e. aenei cum Worte Nepa bezeichnet worden, was sonst fur den 

hermulis XIV 2215, bei Heiligttimern s. Mar- Scorpion gebraucht wird. [Haebler.] 

quardt Rem. Staatsverwalt. 2 HI 152, 6, an den Canchlei, ein arabischer Stamm im Nord- 

Rostra in Rom s. Richter Archaeol. Jahrbuch westen Arabiens, der nordlich von den Nabataeern 

IV 1889, 9) u. a. Im Theater, als waren die wohnt (Plin. V 65). [D. H. Muller.] 

Sitze damit gemeint, werden e. erwahnt von Candac, Fiihrer der Scyren, Sadagarii und 

Varro r. r. Ill 5, 4, im Circus von Ovid. amor. eines Teiles der Alanen im Kampfe gegen die 

IH 2, 64. Im besonderen heissen so die Ablauf- Sohne des Attila. Nach dem Siege fiber dieselben 
schranken im Stadion (s. 'A<perrjgla), Schol. 50 liess er sich in Untermoesien und Skythien nieder. 

Theokr. VIII 58, und wie griechisch SQv<paxros Paria, der Grossvater des Historikers Iordanes, 

oder saepta die mit einer Gitterthur (xiyxfo'g) ver- war bei ihm Notarius , lord. Get. 50, 265. 266. 
sehenen Schranken, die den Platz einer politischen [Seeck.] 

oder amtlichen Versammlung, namentlich den Candace s. Kandake. 

des Gerichtshofes absperren (Pollux VIII 124. Candaei, ein Troglodytenstamm, Ophiophagi 

Hesych. Suid. s. myxlk- Schol. Aristoph. Equ. zubenannt, in der Nahe von Berenice Panchrysos 

641. 675; Vesp. 124. Lydus de mag. Ill 37. wohnend, Plin. VI 169. Ob die heutigen Kadei 

Amm. Marc. XXX 4, 18). Vgl. Daremberg et mit ihnen zusammenhangen , bleibt zweifelhaft 

Saglio Dictionn. I 868. [Puchstein.] (vgl. Vivien de St.-Martin Le nord de l'Afrique 

Cancer (Kagxivos), der Krebs, ein Sternbild 60 dans l'antiquite gr. et rom. 192). [Fischer.] 
im Tierkreise zwischen dem Lowen uDd den Zwil- Candalicae, Ort in Noricum, 20 Millien von 

lingen; hier bezeichnete er einstmals den nord- Virunum entfernt, Itin. Ant. 276. Lage unbe- 

lichsten Punkt, den die Sonne in ihrer Jahres- stimmt, CIL III p. 618. [Ihm.] 

bahn erreicht und von dem aus sie dann (nach Candamins, (vielleicht topischer) Beiname des 

Plin. n. h. II 81. XVIII 264 im 8. Grade) wieder Iuppiter auf einer in Asturien (bei Grado) ge- 

nach Sfiden zuruckgeht (Wendepunkt und Wende- fundenen Inschrift CIL H 2695 Iovi Gandamio. 

kreis des Krebses, vgl. Himmelskreise). Der Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] 
Krebs soil von Iuno unter die Gestirne versetzt Candela. Kerzen scheinen bei den Griechen 



1461 Candelabrum Candelabrum 1462 

wenig iiblich gewesen zu sein. Bei Homer wird Vogelschnabel gebildete Spitze zum Anstecken. 

die Beleuchtung durch Kienfackeln und Leucht- der Kerzen, wie dies ein Grabgemalde von Orvieto 

pfannen bewirkt, und nachher herrscht durchaus zeigt (s. Candela). Gleich unterhalb dieser 

die Ollampe ; die Spateren benennen die Kerze mit Arme ist hauflg horizontal eine runde Scheibe 

dem rSmischen Namen xavdrjXa, Athen. XV 701 b. mit nach unten gebogenem Bande angebracht, 

Suid. s. v. Schol. Nic. Ther. 763. Tzetz. ad Lycophr. um die unter ihr den C. anfassende und tragende 

84. Filr Italien wird der frfiher allgemeine Ge- Hand gegen herabtraufelndes Wachs oder Talg zu 

brauch (Varro de 1. 1. V 119. Mart. XIV 43) be- schiitzen. Seltener sind C. mit yerticaler Spitze 

zeugt durch den von C. abgeleiteten Namen des in einer kelchartigen Hiilse zum Aufstecken der 
Lampentragers, candelabrum., und durch die zahl- 10 Kerze. Ein solcher aus spaterer Zeit ist abgebildet 

reichen etruskischen, zum Anstecken von Kerzen bei Quaranta Di un candelabro di bronzo tro- 

bestimmten Candelaber. Die 0. besteht aus einem vato nelle vicinanze dell' antica Nuceria Alfaterna 

Docht (filum Iuv. 3, 286; daher funiculi, funes (in Mem. d. Ace. Ercolanese IV 2, 283; die Ab- 

Varro a. 0. und bei Serv. Aen. I 727. Isid. or. bildungbeiDaremberg-SaglioI871 fig. 1080); 

XX 10, 5. Donat. Ter. Andr. 115), der mit einem vgl. auch das Vasenbild Millingen Peint. de 

brennbaren Stoffe bekleidet ist. Als Material des vases 36. 

Dochtes wird Papyrus and das Mark einer Binsen- C. als Lampentrager werden namentlich in 

art genannt, Plin. n. h. XVI 178. Isid. or. XX Pompeii und Herculaneum gefunden und sind 

10, 5. Anth. Pal. VI 249, 2. Als Brennstoff zahlreich im Museum zu Neapel. Die gewOhn- 
kommt am haufigsten Wachs vor. Maecenas bei201ichste Form ist durch geringe Veranderung 
Sen. ep. 114, 5. Anth. Pal. VI 249, 1. Serv. Donat. aus dem eben beschriebenen Typus entwickelt. 
Isid. aa. OO.; aber auch Talg, Colum. II 21, 3 Die seitlichen Arme und die bekronende Figur 
(Apul. met. IV 19 und Ammian. XVin 6, 15 ist werden weggelassen und ersetzt durch einen kelch- 
von Talgfackeln die Rede) und Pech (Donat. a. 0.). oder pilasterartigen oberen Abschluss des Schaftes 
Vom eereus, Wachsfackel, wird die C. deutlich mit runder, tellerartiger Oberflache, anf welche 
unterschieden, Mart. XIV 40. 42. Fest. ep. 54, 16: die Lampe gestellt wird. Auch die die Hand 
der Reiche liess sich mit der Wachsfackel, der schiitzende Platte fallt weg; sie war unnOtig, 
Arme mit der C. (in der Laterne) heimleuchten. da nicht nur ein Abtropfeln von der Lampe kaum 
Denn dies war wohl spater, als im Haushalt die stattfand, sondern auch in der Regel nicht der C. 
Ollampe allgemein iiblich war, die Hauptverwen- 30 sondern die auf ihm stehende, mit einem Griff 
dung der C. Indes wird nicht immer so scharf versehene Lampe umhergetragen wurde. Gegen- 
unterschieden ; wenigstens heisst bei Serv. Aen. fiber der grOsseren Belastung oben durch die 
I 727 auch der Fackeltrager candelabrum. Nach manchmal ziemlich schwere Bronzelampe wurde 
bildlichenDarstellungen(Tischbein Vases Hamil- es wiinschenswert, der Stabilitat halber, auch 
ton II 25. Panofka Cab. Pourtales 5) bestanden dem Fusse ein grSsseres Gewicht zu geben. Dies 
die Wachsfackeln aus mehreren zusammengebun- geschah durch eine Tiber die drei Fusse gelegte 
denen Kerzen oder funiculi. Bildliche Darstellung runde, meist reich ornamentierte Platte; kttnst- 
von C. an einem Candelaber: Conestabile Pit- lerisch betrachtet ein Rfickschritt gegenfiber der 
ture scop, presso Orvieto Taf. XI, auch bei Darem- freien Entwicklung des Schaftes aus den Fiissen. 
berg-Saglio Diet, des Ant. I 869 fig. 1071. 40Doch ist diese Platte keineswegs bei alien Lam- 

[Mau.] pen-C. vorhanden. Bisweilen ist bei C. dieser 

Candelabrum. Ursprunglich, wie der Name Art der obere Teil mit einem langen Stabe in 

besagt, ein Gerat zum Auf- und Anstecken von den unteren wie in eine Scheide eingeschoben 

Kerzen, aus einer Zeit stammend, wo Qllampen und kann nach Bedarf heher oder niedriger durch 

weniger iiblich waren. Spater wurden dann durch einen Stift befestigt werden. So auch der er- 

geringe Modification derselben Form Lampentrager wahnte Kerzentrager von Nuceria; Lampentrager 

gestaltet, auf die der Name iiberging. Varro de mit solcher Vorrichtung Antich. di Ercolano VIII 

1.1. VI 19. Fest. ep. 46, 7. Plin. n. h. XXXIV 70. 71. Overbeck Pompeii* 437 c. Einzeln 

11. Martial. XIV 43. Serv. Aen. I 727. Isid. kommt es auch vor, dass der Lampenteller an 
or. XX 10, 3. Das in engerem Sinne C. genannte 50 einer Hiilse am Scriaft auf und ab geschoben 
Gerat, bestimmt, auf dem Boden zu stehen und werden kann. Mus. Borb. XVI Titelbild. Darem- 
daher von betrachtlicher Hohe (0,75—1,50 m.), berg-Saglio I 874 fig. 1075. 

ist in zahlreichen Exemplaren erhalten, die teils Die erhaltenen C. dieser Art sind durchweg 

Kerzen- teils Lampentrager sind. aus Bronze. Beriihmt waren, nach Plin. n. h. 

Die Kerzentrager, aus etruskischen Grabern, XXXIV 11. 12, die Bronze-C. von Aegina und 

sind zahlreich im etruskischen Museum des Vati- Tarent. Und zwar gab es in Tarent Fabriken, 

cans (Museo Gregoriano) und im etruskischen welche nur die Schafte, in Aegina solche, die nur 

Museum in Florenz ; einige auch im Museum zu die oberen Teile (superficiem : vielleicht auch die 

Neapel. Den Fuss bilden meist drei Tierfiisse, oben erwahnte, fiber den Fiissen liegende Scheibe) 
getrennt durch schrag abwarts gerichtete Pal- 60 lieferten. Beriihmt waren ferner die sog. korinthi- 

metten. Auf ihm erhebt sich der schlanke Schaft, schen C. (Martial. XIV 43), die griechischen Ur- 

rund oder gekantet, glatt oder cannelliert, manch- sprunges, aber nicht aus Korinth waren, Plin. a. 0. 

mal auch mit Pflanzenmotiven, hauflg verziert Eiserne C., ganz einfach und formlos, werden bis- 

durch einen an ihm hinaufkletternden Vogel, be- weilen in Pompeii gefunden. Zwei silberne aus 

krOnt durch eine kleine Figur. Unterhalb dieser einem Grabe bei Athen Bull. d. Inst. 1838, 8 ; vgl. 

Figur zweigen sich seitwarts vier kurze Arme ab, Dig. XXXIV 2, 19, 8. Ein C. aus Edelsteinen, d. h. 

in die Hohe geschwungen, aber auslaufend in je doch wohl mit solchen reich verziert, Cic. Verr- 

eine horizontale, manchmal als Blume oder als IV 64ff. Holzeme C. werden erwahnt Caecil. 



1463 Candelabrum Candetum 1464 

lei Non. 202, 15. Petron. 95. Athen. XV 700e; pel II 100, danach bei Daremberg-Saglio 

vier C. aus Holz mit Knochenverzierungen in I 871 fig. 1078. 

einem Grabe bei Assisi, Not. d. sc. 1878, 128. Haufig findet man in Pompeii und Hercu- 

Besondere Prachtstilcke sind die mehrfach er- laneum kleine, etwa 15 cm. hohe Untersatze fur 

haltenen grossen, reich omamentierten Mannor- je eine Lampe, meist als Dreiftisse gestaltet. 

€. Sie standen wohl vorwiegend in Tempeln. Man pflegt sie nicht als C. zu bezeichnen. Ab- 

Die beiden der Galleria delle statue des Vaticans bildungen Overbeck Pompeii'* 435. 

(Helbig Fuhrer I nr. 210. 211) stammen aus Gerate nicht zum Daraufstellen sondern zum 

der Tiburtiner Villa Hadrians. Abbildungen Vis- Anhangen der Lampen werden ebenfalls in ver- 

■conti Mus. Pio-Cl. IV 1—8. V 1—4. VII 37 40. lOschiedenen Formen in Pompeii und Herculaneum 

Mus. Borb. I 54. Piranesi Vasi Candelabri etc. • gefunden. Zwei Beispiele bei Overbeck a. O. 

102. 103. c. e charakterisieren die beiden Klassen, in die 

Zum Aufstellen der metallenen C. hatte man sich die Lampentrager dieser Art einteilen lassen ; 

dreiseitige, ornamentierte und auch mit Belief- sie sind entweder als Baum gebildet, an dessen 

figuren verzierte Marmorbasen, ahnlich dem anter- Zweigen die Lampen hangen (vgl. Plin. n. h. 

sten Gliede der eben erwahnten grossen Marmor- XXXIV 14), oder architektoniscb als Pfeiler, von 

C, welche also C. und Basis zusammen reprae- dem Arm ausgehen. Dieser letzten Klasse ge- 

sentieren. S. fiber diese Basen Benndorf- hort auch ein etruskischer Lampentrager an, 

SchOne Lateran nr. 460. Chabouillet Collect. Fould XV. Der jiingere 

Wir pflegen unter C. nur die bisher bespro- 20 Dionys stiftete nach Tarent einen Xvxvov%os, an 

chenen hohen, auf dem Boden stehenden Kerzen- dem so viel Lampen, als das Jahr Tage hat, an- 

und Lampentrager zu verstehen. Ob das latei- gebracht werden konnten, Athen. XV 700 d. 

nische Wort auch auf kleinere, auf dem Tische Bestimmt unterschieden von den C. sind die 

stehende Beleuchtungsgerate angewandt wurde, von der Decke hangenden Lampentrager, lych- 

ist zweifelhaft. Cicero ad Qu. fr. Ill 7, 2 nennt nuehi pensiles Plin. n. h. XXXIV 14 : hier von 

ein solches lychnitehwm ligneolum. Sicher ist, Bronze. Ein marmorner Visconti Mus. Pio-Cl. 

dass Xv%vovxog (so auch lychnuchus Plin. n. h. V A IV 5. Bei Verg. Aen. I 728. Ovid. met. 

XXXIV 14) jede Art von Lampentrager bezeichnet. XII 247 werden sie funale genannt, welches Wort 

Solche kleinere Gerate, die wir Leuchter nennen (als fanal, fanale in die romanischen Sprachen 
kennen, finden sich, aus Bronze, teils in etrus- 30 iibergegangen) nach Varro bei Serv. a. O., Isid. 

kischen Grabern, teils in Pompeii und Hercu- or. XX 10, 5. Donat. Ter. Andr. 115 die zum 

laneum. Die etruskischen (hoch etwa 0, 50 m.) Anstecken der Kerzen dienenden Spitzen des C, 

sind zum Teil deutlich Lampentrager mit einer dann auch den C. selbst bezeichnete. Dagegen 

Art Teller zum Aufstellen der Lampe, zum Teil ist funalis, funalis eereus bei Cic. de sen. 44. 

Kerzentrager mit einem Schalchen, in dessen Mitte Val. Max. Ill 6, 4 die dem nach Hause gehenden 

ein Dorn zum Aufstecken der Kerze aufragt. Bei Duilius vorgetragene Fackel , die aber auch bei 

einer dritten, zahlreichen Klasse ist die Benutzungs- Sil. VI 667 im Plural funalia genannt wird. 

weise nicht ganz klar; ihr oberer Abschluss ist Antichita di Ercolano VIII 58ff. Mus. Greg. I 

eine viereckige Platte, die eine beckenartige Ver- 48 — 55. Becker-Goll Gallus II 389. Mar- 

tiefung enthalt. Man zweifelt, ob diese direct 40 quardt Privatl. 2 710. Daremberg-Saglio 

mit 01 gefiillt als Lampe, oder etwa zum Ver- Diet. d. ant. I 869. Friederichs Kl. Kunst 

trennen von Weihrauch, oder zum Einstecken 169. Overbeck Pompeii * 430. Reisch bei 

einer (dann sehr starken) Kerze diente. Dagegen Helbig Fuhrer II 305. [Mau.] 

sind die pompeianischen Leuchter (hoch etwa Candelaria horrea, in Bom; nur aus der 

0, 30) dnrchaus Lampentrager und von den C. Forma Urbis Romae frg. 53 Jord. bekannt, un- 

wesentlich nur durch die kleineren Dimensionen gewisser Lage. [Htllsen.] 

verschieden. Ein besonders reich gestaltetes Bei- Candelifera, romische Gottin der Indigita- 

spiel Overbeck Pompeii* 436 fig. 223a; meist menta, Tertull. ad nat. II 11 C. quod ad ean- 

sind sie viel einfacher. Doch finden sich in delete lumina pariebant. Hire Existenz erklart 

Pompeii und Herculaneum auch naturalistisch 50 sich also aus der Sitte, bei Entbindungen Kerzen 

als Baum oder in stilisierten Pflanzenmotiven (candelae) anzuziinden, sei es um die Nahe der 

gebildete und mit Figuren versehene Leuchter, die Geburt fordernden Lichtgottin Iuno Lucina 

die sich oben in mehrere Arme teilen, deren jeder anzudeuten, sei es um Mutter und Kind vor den 

einen Lampenteller tragt. Overbeck a. O. im Dunklen schwarmenden Damonen zu schutzen. 

223 b. d. [Aust.] 

Aus viel alterer Zeit stammt ein thOnerner Candencum, Ortin Ariana, Geogr.Bav.p.71,9. 

Leuchter (Lampentrager) des Museums zu Neapel. [Tomaschek.] 

Nach seiner Malerei zu urteilen (Patroni Vasi Candetum, ein Flachenmass der Provinz Gal- 

arcaici del Museo di Napoli, in Mon. d. Lincei lia, nach Colum. de r. r. V 1 in areis urbanis 

VI 352ff.), gehOrt er dem 4. Jhdt. v. Chr. an und 60 spatium centum pedum, in agrestibus autem 

stammt aus Messapien. ThOnerne Handleuchter pedum CL. Vgl. auch Isid. etymol. XV 15 (Metrol. 

fur Kerzen, aus Gallien, bei Daremberg-Saglio script. II 109, 3ff.). Da Columella a. a. 0. (Metrol. 

I 870: runde Schalen mit ringfSrmigem Griff und script. II 53, 11 — 54, 5) noch fiinf andere Acker- 

in der Mitte entweder einer Hiilse oder einem masse erwahnt und sie samtlich nach der Lange 

Stachel zur Aufnahme der Kerze; vgl. auch Gri- ihrer Seiten bestimmt, so ist es wahrscheinlich, 

vaud de la Vincelle Arts et mCtiers 127. Ein dass er auch bei der Definition des C. die Seiten- 

prachtvoller niedriger bronzener Kerzentrager fur lange gemeint, mithin zu centum pedum, pedum 

eine circa 6 cm. dicke Kerze bei Mazois Pom- CL ein quoquo versus oder undique (vgl. a. a. 0. 



1465 Candidator Candidates 1466 

53, 13. 14) hinzugedacht hat. Das C. fur stadtische bemtihte. Plutarch beruft sich in den quaest. 

Grundstiicke hat demnach 10 000, das fur Acker- Rom. 49 auf Catos Zeugnis fur den Usus , dass 

flachen 22 500 QFuss = 10 000 □Ellen enthal- die C. ohne Tunica erscheinen, womit wohl irgend- 

ten. Hultsch Metrologie 2 692. Dagegen fasst wie auch die gleichartige Behauptung Coriol. 14 

Nissen Iw. Mailers Handb. P 882 die 100 Fuss zusammenh'angen wird; den Grund dieser, iibrigens 

des stadtischen C. als Quadratfuss, nimmt also gewiss nicht lange aufrecht erhaltenen Sitte hat 

ein kleines, der rSmischen deeempeda quadrata Becker Handb. I 2, 40 ansprechend im Fest- 

(s. Bd. I S. 335) entsprechendes Teilmass an. halten an der Sitte der alten Zeit (vgl. Mar- 

Allein das kleinste der andern von Columella er- quardt-Mau Privatl. 550f.) gesucht, in Toga 
wahnten Ackermasse halt schon 480 QJFuss; fiber- 10 und ohne Tunica ausser Haus sich zu bewegen. 

dies wird das C. zusammen mit dem romischen Die munera candidatoria (Cic. ad Att. I 1) 

aetus von 14400 [HFuss und der gleich grossen sind das ambire und prensare, so wie die Anmel- 

baetischen agnua (s. Acnua), sowie der porea dung beim wahlleitenden Beamten (professio, s. 

von 5 400 QFuss behandelt, muss also ebenfalls d.); im iibrigen vgl. Petitio, iiber die gesetz- 

ein grOsseres Flachenmass gewesen sein. Wenn lichen Vorkehrungen gegen ungehdrigen ambitus 

Nissen dann noch die 150 QFuss, welche nach Hartmann o. Bd. I S. 1800ff., iiber den Eid, den 

ihm auf das langliche C. kommen miissten, zu unmittelbar vor der Publication des Wahlresul- 

100 QEllen umsetzt, so begeht er damit einen tates der wahlleitende Beamte dem e. abzunehmen 

auffalligen Bechenfehler , denn nur im Langen- hat, s. Benuntiatio; endlich iiber die Mittel, 
masse sind 150 Fuss = 100 Ellen; dagegen wiir-20mit denen man sich zu behelfen suchte, wenn 

den 150 QFuss nach dem Verhaltnisse von 32 : 2 2 nicht eine hinreichende Anzahl von C. sich dem 

nur 66 2 / 3 QEllen ergeben. [Hultsch.] Wahldirigenten zur Verfiigung gestellt hatte, 

Candidator, genannt in einer christlichen In- und die die ganze Scala durchlaufen vom provi- 

schrift CIL VI 9229. Seine Bedeutung ist viel- sorischen Verzicht auf ein Wahlresultat und von 

leicht in der namlichen oder in verwandter Rich- der Milderung der gesetzlich vorgeschriebenen 

tung zu suchen, wie die des albarius (s. d., wo Qualiflcationsbedingungen , von der personlichen 

noch VI 9140 ab albo und Cod. lust. X 66, 1 Aufmunterung bis zu directem Zwang durch die 

albini, quos Graeci xoviaxag appellant nachzu- nominatio (s. d. , sie erscheint in Municipalsta- 

tragen sind) oder dealbator (s. d.). tuten; das Verfahren ist in c. 51 der lex Mala- 

[Kubitschek.] 30 citana CIL II 1964 genauer dargestellt) und durch 

Candidatns. l)ImpolitischenLeben (pe- kaiserlichen Auftrag, sowie durch allgemeine Vor- 

titor eandidatus im Stadtrecht der colonia Genetiva, schriften iiber die Verpflichtung der dem ordo 

CIL II 5439 c. 142). Fur die directe, persSnliche senatorius angehOrigen oder in ihn durch adleetio 

Bewerbung utn ein Gemeindeamt, die in alther- aufgenommenen Personen, s. Mommsen St.-R. 

gebrachter Weise darin besteht, dass der Petent 13 472ff. 

bei den Burgern herumgeht (populum circumire, 2) In sacralem Sinne. Lediglich aus In- 

ambire) und jedem die Hand driickt (prensare), schriften lernen wir c. kennen , welche in Be- 

verlangte die Sitte das feierliche Auftreten in ziehung zu Kulten einzelner Gottheiten stehen. 

toga Candida (ia&fjg lanugo, und xrifievva Xa/iTiod, Kubler hat in Ruggieros Dizionario II 79 die 
Polyb. X 4, 8), und dieser Ausserlichkeit verdankt 40 bisher bekannten c. zusammengestellt , doch ist 

der Terminus e. seine Entstehung. Die Toga, die in nicht die sacrale Bedeutung aller dieser e. mit 

alteren Zeiten iiberhaupt zur Tracht des Burgers Sicherheit zu behaupten; fur gesichert halte ich 

ausser dem Hause gehort hatte, und die in spa- ausser den e. im Kult des Iuppiter Dolichenus in 

teren Zeiten wenigstens fiir bestimmte Zeiten und Rom CIL VI 406. 409. 413 (hingegen gehOrt der 

Falle obligat blieb, wurde fiir die Zwecke des C. e., der in Carnuntum dem Dolichenus fur das Heil 

durch Bestreichen mit Kreide adjnstiert (Isid. orig. des Kaisers Maximinus die Votivtafel CIL III 1 1 135 

XIX 24, 6 toga Candida eademque eretata, in errichtete, schwerlichhieher, vgl.v.Domaszewski 

qua candidati, id est magistratum petentes, am- Arch.-epigr. Mitt. X 24) , im Kulte der Venus 

biebant, addita creta^ quo candidior insignior- Victrix in Savaria III 4152, in dem des Silvanus in 
que esset. Cicero orationem, quam habuit contra 50 Capua X 8217, in dem der StadtgOtter von Cirta, 

competitores , in toga Candida scripsit). Diese des Honos und der Virtus, VIII 6951 (eine Frau: 

eretata ambitio (Pers. sat. V 177) muss sehr alt eandidata, vgl. dazu Quintilian declamat. 254 

sein; denn schon 432 v. Chr. trat ihr ein tribu- eandidatam sacerdotii). Sehr fraglich ist die Be- 

nicisches Gesetz entgegen : we eui album in- ziehung des c. in der dem stadtromischen Vesta- 

vestimentum addere petitionis liceret causa, Liv. kult angehOrenden Inschrift Bull. com. 1883, 219. 

IV 25, 13; parva nunc res et via; serio agenda Gewiss mit Recht hat Mommsen zu CIL VI 

videri possit, quae tunc ingenti certamine patres 413 und Ephem. epigr. IV p. 532 auch diesen Ter- 

ac plebem aceendit, fiigt Livius hinzu; jedenfalls minus aus einer vorgeschriebenen Tracht erklart, 

ist es, sowie so manches andere gegen den Atnbi- wenn ich auch in der von ihm zum Vergleich 
tus gerichtete Gesetz wirkungslos geblieben. Poly- 60 herangezogenen Herodianstelle VIII 7, 2 (die ita- 

bios a. a. O. sagt fiir seine Zeit: xovxo yao e&og lischen Stadte senden Deputationen ihrer tiqco- 

iaxl xoXg xag doxag /xsxaJioQevo/xevoig, und fiir die xsvovxeg avSgeg, oi levxoxeifiovovvxeg xai 8a<pvtj- 

spatere Zeit geniige der Hinweis auf die Rede <pooot mit den heimischen Kultbildern und Weih- 

Ciceros in toga Candida (aus dem J. 64). Als geschenken dem Kaiser entgegen Ziehen) nichts 

Curiosum erwahnt Liv. XXXIX 39 (zum J. 184), naher Verwandtes erkennen kann, da die weisse 

dass einer von den vier Candidaten, die sich urn Gewandung doch in der Regel fiir Kulthandlungen 

eine erledigte Praetur bewarben , quia aedilis erheischt wird und iiberdies die sollenne Tracht 

eurulis designatus erat, sine toga Candida sich bilden soil; unter denselben Gesichtspunkt fallt 



1467 Candidates Candidatus 1468 

der von Liebenam Rom. Vereinswesen 170, 1 Hones . . decreverunt, uti collega profieiscens ad 

gegebene Hinweis auf den Schlusssatz der lex spent suam confirmandam aeeipiat (sestertium) 

des lanuvinischcn Collegiums Dianae et Antinoi VIII mil(ia) nfummum). 

CIL XIV 2112 placuit, ut quinquennalis sui eu- Die Aufnahme in die Liste der e. erfolgt durch 

iusque temporis diebus sollemn[ibus ture] et vino den Statthalter: Eph. ep. V 1043 pro sal(ute) 

supplied^ et ceteris officiis albatus fungatur. [M. Aemijli Maori l[eg(ati) Augfusti)] pr(o) 

Nur innerhalb der Hierarchie des stadtrQmi- pr(aetore), e(larissimi) v(iri) , prfopter] cuius 

schen Dolichenuskapitels kOnnen wir die Stellung suf[frag(ationemJ] a saeratissfimoj [imp(era- 

der c. abschatzen. Die fragmentierte Inschrift tore)] ordinibu[s adscriptus sum] und CIL VIII 

CIL VI 406 scheint ein vollstandiges Verzeichnis 10 217 = 11301 militavit L annis, IV in leg. Ill 

derer, quos elexit I. o. m. D. sibi servire enthal- A[ug.] : librarfius), tesser(arius), optio, signifer, 

ten zu haben; der Dedicant bezeichnet sich als f actus ex suffragio leg. [A]u[g. pr. pr. (centu- 

eqfuesj B(bmanus) et candidatus et patronus rio)], militavit (centurio) leg(ionis) II Italficae; 

huius loci, er setzt eine Stiftung pro saloute es folgen noch andere Centurionate ; in beiden In- 

saeerdotium et kandidatorum et colitorum huius schriften ist die dem politischen Leben entnom- 

loci, und der Katalog zahlt auf einen notarius, mene Terminologie, der ja auch c. im militar- 

einen pater, dann kandid(atos [danach setzen die technischen Sinne entstammt, zu beachten). Des- 

Herausgeber ein Komma]) patronos, fratres caris- halb nennen sich die c. auch c. ihres Statthalters: 

simos et collegas honfestissimosj und zwar vier III 6154 dec(urio) alae I Ateetorum JSeverianae, 

principe(sj huius loci , einen curator tempuli, 20 candidatus eius , namlich des leg. Aug. pr. pr. 

einen sacerdos, zwei lecticari dei, worauf der Text prov(inciae) Moes(iae) infferiorisj. Bull. com. 

fur uns abbricht; desgleichen sind 409 . . . saeejr- mun. 1881, 15 = Kaibel IGI 1071 'Iovhoi 

dotes et candidati in engerer Verbindung 'Iovhavog cpQ(ovnsvxaoiog), Ovalsvxeivog (ixarov- 

genannt. In der Inschrift von Capua X 8217 rdgxnsj lty(i&vog) xavSiSaxoi avxov , namlich 

werden als Dedicanten genannt Ursulus vil(ieus) eines Xafixgoxaxos vnaxixog. CIL VI 1410 a mi- 

Dian[ae] und acht candidati, die offenbar alle litiis, candidatus eius, namlich des Fabius Cilo ; 

gleichfalls Sclaven sind. Was fur Functionen [ich vermute immer noch lieber , dass dieser a 

solchen c. zuflelen, ist vorlaufig nicht zu ermitteln. militiis durch die caliga iiber den Centurionat 

3) Die militarischen c. werden ausser in zu der ritterlichen Militarcarriere gelangt sei, als 

Inschriften nur von Vegetius genannt, der am 30 dass er, wie Mommsen St.-R. 113 266,3 lehrt, 

Sehlusse seines Verzeichnisses der milites prin- mit ihr begonnen habe und c. hier sich nicht auf 

cipales, qui privilegiis muniuntur , auch candi- den Centurionat beziehe, sondern auf die erste 

dati duplares , candidati simplares aufzahlt (II oder irgend eine Stufe der militae equestres]. Die 

7). Dem entspricht, dass in Inschriften e. wieder- Ernennung zum Centurio kann nur durch den 

holt mitten unter den principales erscheinen, so Kaiser erfolgen. Daher kann es, strenge genom- 

CIL III 1190 (sechs c). 11180 (sieben c; ich men, keinen c. des Kaisers unter den principales 

mochte nicht, wie der Herausgeber es thut, das geben. Wenn nun aber trotzdem CIL III 3503 

den Namen in der ersten Columne vorausgehende und in einer 1896 in der Nahe des Lagers von 

d. = duplarius mit dem jenen Namen folgenden Carnuntum gefundenen Inschrift ein eandidfatus) 

k. = kandidatus verbinden, sondern ziehe die k. 40 d(omini) nfostri) auftreten, so scheint mir der 

zu der zweiten Reihe). VIII 2568 (funf c). 2569 Gedanke nahe zu liegen, dass jene c, deren Be- 

(zwei c). 18084, 38 (ein e.?). 18086 (funf c). forderung vom Kaiser in Aussicht genommen wor- 

Sie erscheinen auch mit Angabe des Truppen- den war und die davon verstandigt waren, wie 

kSrpers, in welchem sie stehen, so III 3308 candi. jener, dessen Todestag um 51 Tage vor das Avan- 

leg. II ad[i(utrieis)] . 3398 can. leg. s. s. (der cement zum Centurio flel (VI 3328), also desig- 

namlichen). VIII 2866 candidatus leg. Ill Aug. ; nierte Centurionen und wahrscheinlich bios in 

vgl. auch den von einem Centurio einem im Avan- vulgarer Breviloquenz als kaiserliche c. bezeichnet 

cement etwas zuriickgebliebenen Kameraden ge- wurden. 

setzten Stein VIII 2801 mit mil. leg. candidato Zu dem gefalschten candida(tus) Ti(beri) 
condecuriofmj. Die Candidatur bezieht sich allem 50 Caesar(is) VI 2993 = 3613* s. Mommsen Eph. 
Anschein nach ausnahmslos auf den Centurionat ep. IV p. 532, 2; St.-R. 113 1159, 2. Litteratur: 
und wird als eine Art Zwischenstufe angesehen; Mommsen Eph. ep. IV p. 532. v.Domaszewski 
daffa zeugen die drei excandfidato) VIII 2618, Arch.-epigr. Mitt. X 23ff. [Kubitschek.] 
die beiden optiones ad spem ordinis Arch.-epigr. 4) Candidati heisst auch ein Corps kaiser- 
Mitt. XV 209 nr. 86. Dessau nr. 2441, der optio licher Leibwachter, wahrscheinlich nach einer 
ad ordine CIL V 7872 und die beiden optiones weissen Uniform benannt, zuerst erwahnt im J. 350 
spei HI 3445 und V 6423, der evok(atus) - -sperans (Amm. XV 5, 16). Es ist den Scholae palatinae 
V 543 und was Mommsen an dieser Stelle sonst verwandt (Chron. Pasch. p. 501. 502) und steht, 
zusammenstellt. Diese .Hoffnung' kann an einen gleich diesen , unter dem Magister Officiorum 
bestimmten Zeitpunkt gekniipft werden : VI 3328 60 (Coripp. laud. lust. Ill 161. 162. Const. Porphyr. 
ist «in optio gestorben, dem noch refstabant] dies de caer. aul. Byz. I 93) , fallt aber doch nicht 
LI, ut fieret (centurio); sie kann vergeblich ge- mit ihnen zusammen, da es ausdriicklich als haufige 
wesen sein , wie jene ex eand(idatis) beweisen trbung bezeichnet wird, dass man die Stellungen 
(hingegen ist III 7688, wo nur eine Abschrift von eines Scholaris und eines C. cumulierte (Cod. 
Verantius vorliegt, ex ca. wohl nicht, wie Eph. lust. XII 33, 5 § 4). Sehr zahlreiche C. waren 
ep. IV p. 594 angenommen wird, in ex candidato, Barbaren (Amm. XV 5, 16. Hieron. vit. Hilar. 22 
sondern ex eustode armorum aufzulOsen), oder sie = Migne L. 23, 39), woraus es sich auch erklart, 
kann unterstiitzt werden : VIII 2554 wo die op- dass manche von ihnen in dem letzten Kriege des 



1469 Candidate principis Candidate principis 1470 

Valens (378) zu den Gothen iiberliefen (Amm. zwolf Candidaten namhaft machte (nominavit), 

XXXI 15, 8). Doch kommen auch geborene Reichs- numerum ab Augusto traditum (Tac. aim. I 14), 

burger unter ihnen vor (De Rossi Inscr. cbrist. andererseits sich damit begniigte, ne plures quam 

urb. Rom. I 748), z. B. begann der spatere Kaiser quattuor candidates commendaret sine repulsa 

Iustinian seine militarische Laufbahn als Candida- et arnbitu designandos (I 15). In der kaiserlichen 

tus (Vict. Tonn. 518, 2. 520, 2 bei Mommsen Liste der Bewerber, die doch vor der consula- 

Chron. min. II 196). Es sind hochangesehene rischen besondere Beriicksichtigung erheischte, 

Leute , die der Kaiser gem mit besonderen Auf- nur soviel Namen aufzuzahlen, als Posten zu be- 

trilgen betraut (Hieron. a. 0.). Im Pelde beflnden setzen waren, den Consuln die voile Freiheit der 
sie sich immer in seiner nachsten Umgebung (Amm. 10 Anfertigung einer eigenen Liste oder vielmehr 

XV 5, 16. XXV 3, 5. XXXI 13, 14. 16), und oft der Brweiterung der kaiserlichen Liste zu be- 

werden sie zu Officiersstellen beftirdert (Amm. XV 5, lassen — der Kaiser iibergab seine Liste den Con- 

16. Prokop. b. G. Ill 38 p. 555 D. Vict. Tonn. 520, suln — und nur fur einen Teil der ohnehin so 

2). Mommsen Herm. XXIV 222. [Seeck.] gut wie gesicherten Namen der kaiserlichen Liste 

Candidatus principis. Wie heutzutage die seinen Einfluss geltend zu machen, das waren 

Fiihrer der politischen Parteien, oder wie Korper- Mittel im Sinne der tiberianischen und der spa- 

schaften und Vereine in corpore die Wahl von teren Politik, welche davon iiberzeugt war, dass 

Candidaten ihrer Eichtung den Wahlern empfehlen, die republicanischen Gewalten sich ausgelebt 

die meist schon wegen Mangels naherer Bekannt- hatten , aber immer noch schwere Gefahren auf 
schaft mit den Candidaten einer Orientierung und 20 das Haupt jenes Mannes heraufbeschwOren konn- 

Beeinfiussung bediirfen, so ist im Altertume die ten, der ihre Pormen vernichten wollte (vgl. auch 

Empfehlung von Candidaten durch angesehene die Rede des Maecenas bei Dio LII 20 , 2. 3). 

Burger oder durch Korperschaften ganz gewOhnlich. Die politische Bedeutung des Senats zu mehren 

Der Candidat wird von einem bei den Wahlern lag nicht im Sinne 'fibers, und darum wies er 

einflussreichen Preunde oder Gonner diesen per- auch (Tac. ann. II 36) den Versuch des Asinius 

sonlich vorgestellt , nebenbei wird in gleichem Gallus zuruck, der die Designierung der Praetoren 

Sinne auch durch Mauerinschriften fur ihn ge- auf ein voiles Quinquennium hinans, unter der 

wirkt. Augustus hat es ebenso gehalten und seine Voraussetzung, dass der Kaiser fur jedes dieser 

Empfehlung geubt, indem er den Candidaten be- ftinf Jahre zwolf Bewerber als qualificiert nam- 
gleitete : quotiens magistratuum eomitiis inter- 30 haft mache , zur Norm machen und auf diesem 

esset, tribus cum candidatis suis eireumibat sup- Umwege eine gewisse persOnliche Selbstandigkeit 

plieabatque more sollemni Suet. Aug. 56, und dieser Mitglieder des Senats erreichen wollte; 

erst als sein vorgerucktes Alter ihm diese Miihe favorabili in speeiem oratione vim imperii te- 

zu beschwerlich machte (seit 8 n. Chr.), sich auf nuit (Tiberius). 

schriftliche Empfehlung beschrankt : yedu/iard uva Diejenigen Bewerber, die der Kaiser eom- 
IxTi&eis ovvlozr) r<p re siArjftei xal t<£ drj/uq) 6'aovs mendat, denen er seine suffragatio (oder suffra- 
ioaovdafe Dio LV 34, 2. Diese Maueraufschriften gium Hist. Aug. Iul. 1 , 5) gewahrt , sind vor 
werden sich kaum besonders von jenen unterschie- alien anderen, die beim Kaiser oder bei den Con- 
den haben , die wir aus Pompei kennen , z. B. suln ihre Bewerbung angemeldet haben, besonders 
CIL IV 1059 M. Epidium Sabinum Ilvir. iur. 40 zu berucksichtigen ; vgl. das Bestallungsgesetz 
die. o(ro) v(os) ffaeiatis), dignum iuvenem, Site- fur den Kaiser Vespasian, CIL VI 930, lOff. uti- 
dius Clemens sanetissimus index faeit vicinis que quos magistratum potentiam eurationemve 
rogantibus oder 171 A. Vettium Firmum aedfilem) cuius rei petentes senatui populoque Romano 
o. v. f. , dignfusj est ; Oaprasia cum Nymphis commendaverit, quibusque suffragationem suam 
rogfat), una et vieini o. v. f., s. Suffragatio. dederit promiserit, eorum eomitiis quibusque 

Auch nachdem die Wahlen im J. 14 durch extra ordinem ratio habeatur. Diese Bewerber 

Tiberius dem Senat iibertragen worden waren, nennen sich auch spaterhin, wenn sie schon langst 

ilbten die Kaiser die alte Sitte der suffragatio das Amt, zu dem sie so empfohlen worden waren, 

fort, was zwar , da die Empfehlung noch lange verwaltet hatten und etwa zu hoheren aufgestiegen 
keine Ernennung in sich schloss, nicht formell, 50 waren, candidatiGaesaris, candidati Augusti oier 

wohl aber factisch eine wesentliche Einschrankung auch" (etwa seit dem Ende des 2. Jhdts.) bios eandi- 

der Wahlfreiheit des Senats darstellte. Ohnehin dati; ja die Bedeutung von c. beschrankt sich in 

war durch die Neuformulierung der die Amter- speciellem Sinne nur mehr auf diejenigen, welche 

folge regulierenden Vorschriften und durch die durch den Kaiser commendiert sind; Hist. Aug. 

Verringerung der Zahl der Mitglieder in den ein- Sever. 3, 3 praetor designatus a Marco est non 

zelnen Beamtencollegien gegenilber den Ordnungen in Candida (dazu Mommsen St.-R. 113 927, 

des Dictators Caesar fur die Auswahl der Can- 2), sed in competitorum grege. Formell erledigt 

didaten wenig Spielraum iibrig gelassen. Da dem sich die Sache so , dass der Kaiser honoribus 

Kaiser die Prufung der Qualification rechtlich zu- nostris suffragator in curia ist, Plin. paneg. 
stand (Mommsen St.-R. 113 9l7ff.), zogen die 60 92, wenn irgend mOglich durch persOnliche Em- 

Candidaten es vor, ihre Candidatur beim Kaiser pfehlung und wohl auch durch Begrundung dieses 

anzumelden, obwohl die professio auch vor den Schrittes (Plin. paneg. 70); darauf aussern sich 

Consuln geschehen durfte (Tac. ann. I 81). Es die Senatoren zustimmend : vos (patres conseripti) 

war ein kluger Act Tibers, der in der Starkung destinationem eonsulatus mei his addamationi- 

der monarchischen Idee die wichtigste Aufgabe bus adprobamstis , wohl lediglich durch Accla 

der rOmischen Politik sah, dass er trotz der Bitten mation; nur so kann ich es verstandlich finden, 

des Senats fur die zwSlf (oder nicht viel mehr) dass sofort die Gratulationen erfolgen, ebd. 71 (na- 

Stellen des Praetorencollegiums einerseits nur tlirlich in sehr verschiedenen Graden der Warme, 



1471 Candidate principis Candidianus 1472 

daher Traians Auftreten — eandidatis, ut quern- imperator(is) , augenscheinlich um eine Wert- 

que nominaveras, oseulo oceurreres, devexus qui- steigerung ihrer honores damit zu bezeugen; man 

dem in planum et quasi unus ex gratulantibus, darf daher von vornherein annehmen , dass die 

wahrend Domitian und andere velut adfixi euru- Kaiser von ihrem Commendationsrecht keinen zu 

libus suis manum tantum et lianc eunetanter haufigen Gebrauch gemacht haben, womit auch 

et pigre et inputantibus similes promerent ; jedieji- die Zahl der uns bekannten e. pr. sich gut ver- 

falls folgen dann eine oder mehrere Dankreden tragt. Nach Stobbe hat neuerdings Kiibler 

der Gewahlten, wovon ein iibrigens wenig erfreu- inRuggieros Dizionario II 67ff. das Verzeichnis 

liches Exemplar in dem Panegyricus des jilnge- derselben mitgeteilt und erganzt. 
ren Plinius , vgl. c. 4 , uns gegeben ist). Nun 10 Fur die unterste Stufe der magistratischen 

war der Bewerber fur seinen Posten destinatus Hierarchie, fur den Vigintivirat, ist kein einziger 

(pan. 95; vgl. CIL IX 2342 per commendation. e. pr. nachzuweisen. Fur die Quaestur commen- 

Ti. Caesaris Augusti ab senatu eos. dest.). Noch diert der Kaiser regelmassig nur die beiden quae- 

immer sind die Gewahlten als eandidati zu be- stores Augusti (qui eandidati prineipis dieeban- 

trachten (Plin. paneg. 77). Daraufhin erfolgt tur quique epistulas eius in senatu legunt Ulpian. 

die Eenuntiierung vor dem Volke: Plin. paneg. Dig. I 13, 1, 4), nur ausnahmsweise auch andere 

92 ist der Kaiser selbst declarator in eampo; (Mommsen St.-R. IP 529f.). fiber dreissig 

77: tantum ex renuntiatione eorum (der Consu- Tribunen- und fiber vierzig Praetorennamen sind 

larcandidaten) voluptatis quantum prius ex de- uns unter den c. pr. erhalten, hingegen nur ein 
stinatione capiebat; stabant eandidati ante cm- 20 einziger curuliseher Aedil, was, wie Mommsen 

rulem principis, ut ipse ante consulis steterat, 901. 927 ausfiihrt, wahrscheinlich damit zusam- 

adigebanturque in verba in quae paulo ante ipse menhangt, dass die Bestellung eines Quaestorius 

iuraverat princeps. Dem mochte auch oft genug oder Tribunicius zum curator aetorum senatus 

eine Art Gratulationscour im Theater und im (s. o. Bd. I S. 325f.) zugleich die Commendierung 

Circus folgen (Vitellius, Tac. hist. II 91 eomitia fur die curulische Aedilitat in sich schloss. Ferner 

consulum cum eandidatis eiviliter eelebrans om- ist uns ausser dem bereits erwahnten Anonymus 

nem infimae plebis rumorem in theatro ut spec- per eommendationfem) Ti. Caesaris Augusti ab 

tator, in cireo ut fautor adfectavit). Erst durch senatu cos. dest. CIL IX 2342 kein Consul als 

die Renuntiierung ist der Gewahlte designatus. e. pr. genannt, dies wohl deshalb, weil die Aus- 

Aber, da die Empfehlung (eommendatio) des 30 iibung des Commendationsrechtes bei dem Con- 
Kaisers, ja auch selbst schon seine Billigung einer sulat fur selbstverstandlich angesehen wurde, weil 
Bewerbung durch Aufnahme in die offlcielle Liste also jeder Consul eigentlich c. pr. war. Momm- 
soviel als die Wahl selbst bedeutete (vgl. die Anek- sen hat 923f. fiir die vorneronische Zeit auf das 
dote bei Quintilian inst. VI 3, 62), alle anderen Fehlen eines Commendationsrechtes fur das Con- 
Schritte formale Acte sind, verwischt sich der Ge- sulat geschlossen. 

brauch der Terminologie im gewOhnlichen Verkehr. Litteratur. Mommsen St.-R. 113 921ff. (einer 

So darf man sich nicht dariiber wundern, dass der allerbesten und lehrreichsten Abschnitte des 

der Kaiser die consules faeit (Plin. paneg. 77. ausgezeichneten Buches). Stobbe Philologus 

Appian. b. c. I 103. CIL XIV 3608, 37), dass er XXVII 88ff. XXVIII 648ff. Willems Droit 

die Quaestoren ,designiert' (Hist. Aug. Sever. 3, 3. 40 public 5 457. [Kubitschek.] 

CIL VIII 5528), dass Tribunen bestellt werden im- Candidiaua, Station der Donauuferstrasse in 

peratore deeernente (Hist. Aug. Sever. 3, 1) u. a. m., Moesia inferior, westlich von Durostorum-Silistria 

gerade so, wie man sich nicht dadurch tauschen (Itin. Ant. 223; an derselben Stelle haben Tab. 

lassen darf, dass mitunter anderen Factoren, be- Peut. und Geogr. Rav. 186, 19 Nigrinianis) und 

sonders dem Senat (Tac. hist. IV 3. Hist. Aug. Garnisonsort der milites primi Moesiaei (Not. 

Alexand. 43, 2) , ein besonderer Einfluss auf die dign. Or. XL 24) , etwa bei dem bulgarischen 

Wahl zugemessen wird. An moralischen Einfluss Dorfe Rahova, nordostlich von Tutrokan. Kiepert 

und private oder mehr oder minder offlcielle Einwir- Formae orbis antiqui XVII. F. Kanitz Donau- 

kungen auf die kaiserlichen Entschliessungen, die bulgarien und der Balkan II 21. [Patsch.] 
ja naturgemass nicht alle motu proprio erfolgten, 50 Candidianus. 1) S.MacrobiusCandidianus. 

wird man ohnehin glauben miissen, und 'dass 2) Bastard des Kaisers Galerius Maximianus, 

solche Einflusse bei schwacheren oder concilian- geboren um 296, wurde adoptiert von seiner un- 

teren Naturen wie Alexander Severus einen brei- fruchtbaren Stiefmutter Valeria, der Tochter Dio- 

teren Raum einnahmen, dass man ferner die Cber- cletians, und gait als kunftiger Thronerbe. Auf 

nahme des Consulats durch den Kaiser oder durch dem Sterbebette empfahl inn sein Vater dem 

Mitglieder des kaiserlichen Hauses mitunter lieber Licinius ; aber da Valeria diesem misstraute, ging 

mit einetn Bitten und Drangen des Senats (Plin. sie mit dem Jiingling 311 an den Hof des Ma- 

paneg. 78 senatus, ut susciperes quartum eon- ximiuus Daia, mit dessen kleiner Tochter C. ver- 

sulatum, et rogavit et iussit; imperii hoe ver- lobt war. Als Licinius nach seinem Siege iiber 
bum, non adulationis esse obsequio tuo crede) 60 Maximinus 313 in Nicomedia einzog, kam hier 

motivierte als mit anderen Griinden, liegt auf der C. in seine Gewalt. Anfangs wurde er ehrenvoll 

Hand. behandelt, aber bald darauf ermordet. Lact. de 

Diejenigen Beamten, welche zu einem oder zu mort. pers. 20. 35. 39. 50. 

mehreren Amtern durch kaiserliche eommendatio 3) WestrOmischer Feldherr, veranlasste 414 

gelangt sind, bezeichnen sich in der Angabe ihres die gefangene Kaisertochter Placidia, den west- 

Cursus honorum ausdriicklich als c. pr., z. B. CIL gothischen Konig Athaulf zu heiraten. Als nach 

XIV 3610 praetori, tribuno plebis, q(uaestori) dem Tode des Honorius Johannes sich des Thrones 

divi Radriani Aug., in omnibus eandidatus bemachtigte, scheint er mit ihr nach Constanti- 



1473 Candidum promonturium Canetonnessis 1474 

nopel gefiohen zu sein und gehorte 325 zu den vertraut, doch wohl Lateiner gewesen ist, mit 

Feldherrn, die Valentinian III. wieder auf den dem von Philostorg. hist. eccl. VIII 2. 4. 6. 7. 

westromischen Thron zuriickfiihrten. Olymp. frg. IX 1 gepriesenen Bischof C. zu identificieren, den 

24. 46, FHG IV 62. 68. die extrem arianische (anomoeische) Partei in 

4) Comes domesticorum bei Theodosius II. im Lydien um 363 eingesetzt hatte. [Julicher.] 
J. 431. Mansi Cone. coll. IV 1229. .1232. 1233. 9) Ein griechischer Historiker, der aus Isauria 

[Seeck.] roa^eTa stammte, seines Zeichens vnoyoayevs, 

Candidum promonturium. 1) Vorgebirge seinem Glauben nach orthodoxer Christ. Der In- 

der africanischen Kiiste, westlich von Hippo Diar- halt seines in drei Biichern abgefassten Geschichts- 
rhytus (Bizerte), Mela I 34. Plin. V 23. Solin. 10 werkes, das die Zeit von der Thronbesteigung 

27, 1. Auch heute noch Cap Blanc, Ras el-Abiod. Leos bis zum Tode Zenos (457 — 491) umfasste, 

[Dessau.] ist uns nur aus Photius bibl. cod. 79 bekannt. 

2) Candidum nennt Avien. or. marit. 602 (ed. Dazu kommt eine Notiz bei Suidas s. xsiqi^m. 

Holder) ein Vorgebirge in Gallia Narbonensis bei Sein Stil wird von Photius getadelt. Es scheint, 

der Insel Blasco. Cap Leucate? Miillenhoff dass Johannes von Antiochia zum Teile aus ihm 

Deutsche Altertumskunde I 185. 189. [Dim.] geschopft hat (vgl. Kocher De Ioann. Antioch. 

Candidas. 1) Die Inschrift von Entrains aetate fontibus auctoritate. Bonn. Diss. 1871, 

(RenierComptesrendusdel'acad. desinscr. 1872, 37ff.). FHG IV 135—137. [Hartmann.] 

409. Chabouillet Eevue arch. n. s. XXXIX Candiedo, wahrscheinlich topischer Beiname 

129) ist geweiht deo Borvoni et Candida (s. unter 20 des Iuppiter auf einer in Gallicien gefundenen In- 

Borvo). C. kann irgend ein Localgott sein, oder schrift, CIL II 2599 I(ovi) o(ptimo) m(aximq) 

lateinische Ubertragung des keltischen Loucetios? Candiedoni T. Caesius Rufus Saelenus ex voto 

Mowat Revue arch. n. s. XXXV 1878, 105. feeit. [Ihm.] 

Desjardins Geogr. de la Gaule I 420. Holder Candrasrori (var. Candrogari, eanelago, an- 

Altcelt. Sprachschatz s. Borvo und Candidm (vgl. dago) , Stadt in Oberagypten am Nil , Plin. VI 

Candiedo und den Ortsnamen Candiaeum bei 193. [Fischer.] 

Holder). [Ihm.] Canduribatrus s. Caturigomagus. 

2) Pingierter Name bei Martial. II 24. 43. Candunut (Kdvdovov, Var. Kaldovov), Ort in 
III 26. 46. XII 38. Germania magna, Ptol. II 11, 13. Man sucht ihn 

3) Consul suffectus im Mai eines unbekannten 30 in der Gegend von Paderborn. [Ihm.] 
Jahres mit einem Pronto, CIL VI 15847. Canelata {Kavelaxn), Stadt auf der Nordkuste 

4) Commandant von Fusstruppen, schlug mit von Corsica, bei der jetzigen Punta le Canelle, 
dem Befehlshaber der Reiterei (Macrinius) Vindex Ptol. HI 2, 6. [Hiilsen.] 
die iiber die untere Donau geriickten Langobarden Canens. Von C. weiss uns Ovid. met. XIV 
und Obier (um 170 n. Chr.?), Petrus Patricius 320ff. ein anmutiges Marchen zu erzahlen. Die 
frg. 6, FHG IV 186. Nymphe Venilia hat sie dem Ianus auf dem Pala- 

5) s. Claudius, Coiedius, Haterius, Iu- tium geboren. Zur schonen Jungfrau erbliiht, die 
lius, Papirius, Silvius, Vespronius. durch ihren herrlichen Gesang wie einst Orpheus 

6) Candidus, Cognomen des Ti. Iulius Can- Wunder wirkt, wird sie die gliickliche Gattin des 
didus Marius Celsus cos. I suif. 86 n. Chr. mit 40 Laurenterkonigs Picus. Doch ihr Gliick ist nur 
Sex. Octavius Pronto, cos. II ord. 105 mit C. von kurzer Dauer, denn in heisser Leidenschaft 
Antius A. Iulius Quadratus. [Groag.] entbrennend, lockt Circe den jagenden Helden 

7) Christlicher Schriftsteller um 200, Ver- in den tiefen Wald und verwandelt ihn in einen 
fasser eines dem Eusebius noch vorliegenden, offen- Specht, als er das Gestandnis ihrer Liebe mit 
bar griechisch geschriebenen Commentars zum dem Gelsbnis unwandelbarer Treue gegen seine 
Sechstagewerk, Euseb. hist. eccl. V 27. Hieron. Gattin erwidert. Vergebens harrt C. seiner Wieder- 
de vir. ill. 48. Sonst unbekannt. kehr, endlich macht sie selbst sich auf, um ihn 

8) Arianer um 350. Dem theologisierenden zu suchen. Sechs Tage und sechs Nachte irrt 
Philosophen Marius Victorinus (s. unter Vic to- sie in ihrem Schmerze ohne Schlaf und Speise 
rinus) nahe befreundet, widmete er ihm seinen 50 umher, bis sie an den Ufern des Tiber erschopft 
liber de generations divina (Migne Patrolog. lat. niedersinkend unter suss tOnenden leisen Klagen 
X 1013 — 20), der die arianische Christologie ins- in die Luft zerfliesst. Es ist eine neue Variante 
besondere die These Iesum Christum esse opus der alten, die Klange der Natur deutenden Sage, 
Dei als logisch correct und biblisch wohlbegrundet wobei der Name C. und die Gruppierung der 
erweisen will, Victorinus antwortet darauf aus- Personen wahrscheinlich Ovids Phantasie ihren 
fiihrlich unter ahnlichem Titel (a. a. O. 1020 — 36). Ursprung verdankt. Vgl. Wissowa Philol. Ab- 
Die epistola, die C. hierauf an seinen Freund handl. f. M. Hertz (1888) 163f. [Aust.] 
sendet (1036—40), enthiilt ausser einigen einlei- Canentelns s. Carantonus. 

tenden Worten nur die lateinische Obersetzung Canetonnessis, topischer Beiname des galli- 

zweier Briefe, von Arius und seinem Schiiler Euse- 60 schen Mercurius auf mehreren von R. Mowat 

bius, als beste Verteidigung des alten Stand- Notice epigraphique (Paris 1887, aus dem Bulletin 

punktes; Victorinus verfasst daraufhin seine vier Monumental 1885) 150ff. veroffentlichten Inschrif- 

Biicher adversus Arium. Erhalten sind jene Schrei- ten. Ausgeschrieben ist er nur auf einer derselben, 

ben des C. naturlich nur worden im Zusammenhang Mowat 157 Deo Mereurio Kanetonnessi C. Pro- 

mit denen des Victorinus, ohne dessen Publica- pert(ius) Seeundus v. s. I. m.\ auf den andern 

tionen wir von diesem C. nichts wiissten. Bei der abgekurzt Can. (Mowat 150. 151), Caneto. (Mo- 

Haufigkeit des Namens liegt kein Grund vor, wat 166), und einmal, wie es scheint, C. (Mowat 

unseren C, der, wenn auch mit dem Griechischen 22. 158). Alle diese Inschriften sind auf silber- 

Pauly-Wissowa III 47 



1475 Cangani Caninius 1476 

nen Schalen eingraviert (punktiert), die in Bernay Niederlage heimlich seine Truppen verlassen (Veil. 

(dep. Eure) im J. 1830 gefunden wurden. Auf II 85, 6. Plut. 68, 3) und brachte selbst dem 

einigen ist auch das Gewicht angegeben. Sie be- Antonius die Nachricht von ihrera Schicksal nach 

flnden sich jetzt im Pariser Cabinet des Me'dailles Agypten (Plut. 71, 1). Nach dem Untergange 

et Antiques (registriert von Chabouillet Cata- seines Peldherrn liess ihn Octavian hinrichten; 

logue general et raisonne' des came'es etc. nr. 2824. er starb timidius quam professioni ei, qua sem- 

2826. 2827. 2829. 2840; vgl. Allmer Eevue per usus erat, eonveniebat (Veil. II 87,3. Oros. 

epigr. 1896 nr. 1157). Als antiker Ortsname VI 19, 20). [Miinzer.] 

wiirde sich also, falls der Beiname wirklich ein 3) Canidia, ein (ibelberufenes Weib, das Horaz 

topischer ist, ergeben Canetomium (Mowat 157. lOwegen seiner Zauberkiinste und Giftmischereien 

Holder Altcelt. Sprachsatz s. v.). Der Name Cane- in mehreren Gedichten scharf angreift. Porphyrio 

tus auf einer Inschrift vom Donon (Vogesen) bei und Aero berichten zu Horat. Ep. 3, 8, dass sie 

Mowat a. 0. 167. [Ihm.] eigentlich Gratidia hiess, und andere Scholien er- 

Cangani s. Gangani. ganzen das dahin, dass Horaz ihren Namen wegen 

Canianense (oppidum) , in Africa , Ort mit der canities capitis niit C. vertauscht habe. Doch 

Bischof, der im J. 411 erwahnt wird (Collat. sind gegen die ganze tfberlieferung Bedenken 

Carthag. c. 206, bei Mansi IV 155 = Migne erhoben worden, namentlich weil Horaz in der 

XI 1343). [Dessau.] 5. Epode die Helfershelferinnen der C. mit ihrem 

Canicnla s. Canis Nr. 3. wahren Namen bezeichnet, und weil es in Rom 

Canidianus s. Catinius. 20 das Geschlecht der Canidier gegeben hat. Ebenso 

Canidius, romische Familie. zweifelhaft ist die weitere Nachricht des Por- 

1) Canidius (Crassus ?), begleitete und unter- phyrio und Aero , dass C. eine Salbenhandlerin 
stutzte den Cato bei seiner diplomatischen Mis- aus Neapel war. Denn ihr Beruf ist aus Horat. 
sion in Cypern 697 = 57 (Plut. Cato min. 35, 1. Ep. 5, 59—60 (vgl. Porph. zu dieser Stelle), ihre 
36,1. 37, 1 — 3; Brut. 3, If.). Vielleicht war er Heimat hOchstwahrscheinlich aus Horat. Ep. 5, 43 
damals Proquaestor. Man halt ihn gewohnlich erschlossen worden. Jedenfalls spielt Horat. Ep. 5 
fur den Crassus, der auf cyprischen Miinzen vor- nicht, wie Porphyrio will, in Neapel, sondern in 
kommt (Babelon Monnaies de la rep. Romaine der Subura zu Bom (vgl. Horat. Ep. 5, 58). Nach 
I 308 — 310) und identiflciert ihn auch mit dem Horat. Ep. 17, 20 war C. eineHetaere von niedri- 
Polgenden. Diese Vermutungen sind init Vor- 30 ger Abkunft (Hor. Ep. 17, 46). Dass sich auch 
sicht aufzunehmen. Horaz um ihre Liebe beworben und, weil er zu- 

2) P. Canidius Crassus, P. f., diente 711 = 43 rflckgewiesen sei, sich durch seine Schmahgedichte 
unter Lepidus in Gallien und wirkte dazu mit, habe rachen wollen, ist wohl eine mussige Er- 
dass dieser sein Heer mit dem des Antonius ver- flndung der Scholien. Viel wahrscheinlicher ist 
einigte (Cic. ad fam. X 21, 4). Fortan gehorte es, dass Horaz gerade die durch ihr lichtscheues, 
er zu den wichtigsten Anhangern des Antonius verbrecherisches Treiben besonders verrufene C. 
(Sen. suasor. 7, 3), focht fur ihn im perusinischen herausgegriffen hat, um recht nachdriicklich den 
Kriege (Crassus bei App. b. c. V 50) und wurde Unfug bekampfen zu konnen, welcher zu seiner 
Ende desselben Jahres 714 = 40 nacb der Ver- Zeit mit Zauberkiinsten und Zaubermitteln ge- 
sflhnung des Antonius und Octavian fur kurze 40 trieben wurde. Die damit verkniipfte Grausamkeit 
Zeit zum Consul suffectus mit L. Cornelius Bal- wird in Epode 5 gegeisselt, wo geschildert wird, 
bus befordert (Past, augur. Colot. Biond. CIL I 2 wie C. mit ihren Genossinnen einen freigeborenen 
p. 60. 64. 65 , vgl. Dio XLVIII 32, 1 , wo sein Knaben hinschlachtet , um einen Liebestrunk zu 
Name nicht genannt ist). Er folgte dem Anto- gewinnen. Die nachtliche Totenbeschworung da- 
nius in den Orient, blieb im Winter 718 = 36 gegen in den Esquilien und ihre StOrung durch 
nach dessen parthischen Feldzuge in Armenien Priap, welche sat. I 8 darstellt, giebt C. dem 
zuruck, drang bis in den Kaukasus vor und zwang allgemeinen Spott preis. Dasselbe bezweckt Ep. 
durch Waffengewalt die Konige der Iberer und 17, wo Horaz vor der trberlegenheit der C. schein- 
Albaner zu voriibergehender Anerkennimg der bar die Waffen streckt und Abbitte fur seine An- 
rfimischen Oberhoheit (Dio XLIX 24, 1. Plut. Ant. 50 griffe leistet. Ausserdem spielt Horaz noch ge- 
34, 3). Auch weiterhin nahm er an den Parther- legentlich auf C. an Epode 3, 8; sat. II 1, 48 und 
feldzugen teil (Plut. Ant. 42, 3) und erhielt, als II 8, 95. Dass die Palinodie carm. I 16 der C. 
Antonius zum Kriege gegen Octavian riistete, den gelten soil, wie die trberschrift einiger Hss. Pa- 
Auftrag, das Landheer aus Armenien herbeizu- linodia Oratidiae vel Tyndaridis und auch der 
fiihren (a. O. 56, 1). Bei Actium hatte er den Comment. Cruqu. vorschlagt, beruht wahrschein- 
Oberbefehl iiber dasselbe (Veil. II 85, 2. Plut. lich auf Epode 17, 39, ist aber kaum glaublich. 
Ant. 63, 3. 65, 1). Wahrend er Mher, durch [Gensel.] 
Kleopatra bestochen, fur ihre Teilnahme an dem Caninefates (Oaninifates) s. Cannenefates. 
Kriege gestimmt hatte (Plut. 56, 2) , anderte er Canimadium, Fluss der hyrkanisch-medischen 
jetzt seine Ansicht und riet, sie nach Hause zu 60 Region, Geogr. Rav. p. 77, 19; vielleicht benannt 
senden und den Entscheidungskampf zu Lande nach einer Station kdn- ,Grube' oder chart ,Ein- 
zu wagen (Plut. 63, 3). Die Seeschlacht am 2. kehrhaus' -i-madydn ,der Grenzscheide , Mitte'; 
September 723 = 31 brachte indes die Entschei- vgl. npers. rud-i-miydn. [Tomaschek.] 
dung, wahrend die an der akarnanischen Kiiste Canini campi s. Campi canini. 
aufgestellten Legionen blosse Zuschauer blieben ; Caninius, romische plebeische Familie. 

der Befehl des Antonius von der Flucht aus, sie 1) Taurus Canin[ius] , CIL XIV 2620 (Tu- 

nach Asien zu fuhren, kam zu spat (Plut. 67, 2), sculum). Das Praenomen deutet auf Vornehmheit. 

denn C. hatte in der ersten Nacht nach der [Groag.] 



1477 Caninius Caninius 1478 

2) Caninius Celer, griechischer Rhetor, Lehrer die in dei Inschrift ihrer Preigelassenen genannte 
der spateren Kaiser M. Aurelius Antoninus und Caninia Galla (CIL VI 14327, vielleicht auch 
L. Verus, Hist. Aug. Marc. 2, 4; Ver. 2, 5. Es 7995). Seine eigenen Freigelassenen und Sclaven 
ist naheliegend, ihn fur identisch zu halten mit begegnen CIL VI 7987—7994. 7996. [Groag.] 
dem Celer, dessen Kaiser Marcus in seinen Selbst- 6) (Caninius) Rebilus, 711 =43 von den Trium- 
betrachtungen (sis «• VIII 25) als eines Hadrian virn proscribiert , rettete sich nach Sicilien zu 
(starb 138) Uberlebenden gedenkt, und der kaiser- Sex. Pompeius (App. b. c. IV 48). Die Griinde 
licher Beamter ab epistulis und Lehrer der Khe- gegen seine Identification mit Nr. 9 bei Dru- 
torik (xexvoyQayos) war, Philostr. vit. Apoll. I m ann G. R. II 109, 39. [Mfinzer.] 
22 , 4. Arist. or. XXVI p. 519 Dind. Damit 10 7) Caninius Eebilus, wahrscheinlich Sohn des 
stimmt auch , dass er als ein Zeitgenosse des Consuls vom J. 742 = 12 v. Chr. (Nr. 10), Con- 
Sophisten Dionysios von Milet bezeichnet wird. sular (Consul suffectus wohl unter Tiberius), stand 

[Stein.] in schlechtem Eufe, weshalb Iulius Graecinus (ge- 

3) L. Caninius Gallus (der Vorname nur beim storben unter Caligula) einen Beitrag zu den 
Namen seines Sohnes Nr. 4, Dio XLVIII ind.) Kosten der Spiele, den ihm C. anbot, ablehnte 
suchte als Volkstribun 698 = 56 die Wiederein- (Seneca de benef. II 21, 6). Trotz seines wiisten 
setzung des Ptolemaios Auletes in Agypten dem Lebens gehSrte C. zu den Ersten des Staates durch 
«ilicischen Statthalter P. Lentulus Spinther zu Gesetzeskunde und Reichtum. Im Greisenalter 
«ntziehen und dem Pompeius zuzuwenden , der von Siechtum gequalt, endete er im J. 56 durch 
nach seinem Vorschlage ohne Heer, aber von zwei 20 Selbstmord (Tac. ann. XIII 30). Anscheinend 
Lictoren begleitet, hingeben sollte (Cic. ad fam. identisch mit C. Caninius C. f. Rebilus (Nr. 11). 
I 2, 1 und 4. 4, 1. 7, 3; ad Q. fr. II 2, 3. 6, 5. [Groag.] 
Plut. Pomp. 49, 6 falschlich Kavtdios , vgl. Dio 8) C. Caninius Rebilus, Praetor und Statt- 
XXXIX 16, 1). Im Jahre darauf wurde er ange- halter von Sicilien 583 = 171 (Liv. XLII 28, 5. 
klagt und von Cicero verteidigt (ad fam. VII 1, 31, 9). 

4) ; 703 = 51 war er mit diesem viel in Athen 9) C. Caninius Rebilus, C. f. C. n., war Legat 

zusammen (ad fam. II 8, 3), doch ist es grand- Caesars in Gallien. 702 = 52 nahm er an dem 

lose Hypothese, dass er damals Praetor von Achaia Feldzuge gegen Vercingetorix teil (Caes. b. g. 

gewesen sei. 708 = 46 besuchte er Cicero und VII 83, 3) und bezog Winterquartiere im Gebiet 
in Baiae den ihm befreundeten Varro (ad fam. 30 der Rutener am Tarn mit einer Legion, zu der 

IX 2, 1. 3, 1. 6, 1); 710 = 44 ist er dann ge- spater noch eine zweite stiess (VII 90, 6. VIII 

storben (Cic. ad Att. XVI 14, 4). Die Beziehung 24, 2). Anfang 703 = 51 suchte er vergeblich 

von Cic. ad Att. XIV 5, 1 ist unklar; ebd. XV den Pictonenfursten Duratius, der in Limo (jetzt 

13, 3 ist nicht der Name des C, sondern O. An- Poitiers) eingeschlossen war , zu entsetzen (VIII 

nius iiberliefert ; vgl. Nr. 4. 26, 1 — 4); es gelang erst, nachdem C. Pabius 

4) L. Caninius Gallus, Sohn des Vorhergehen- Verstarkungen herbeigefiihrt hatte (27, Iff.). C. 
den. Auf ihn, nicht auf seinen Vater bezieht verfolgte nun die Raubscharen, die gefiihrt von 
Borghesi (Oeuvres II 131) die Angaben des Val. dem Senonen Drappes und dem Cadurker Luc- 
Max. IV 2, 6 : O. Antonii, quern damnaverat (im terius einen Einfall in die romische Provinz machen 
J. 695 = 59, vgl. Bd. I S. 2580), filiam in 40 wollten (30, 2) ; sie warfen sich in das feste Uxel- 
matrimonium dueendo et M. Golonium, a quo lodunum am Lot (32, If.), aber als er sie dort 
damnatus fuerat , rerum suarum proeuratorem einzuschliessen drohte (33 , If.) , zogen sie ihre 
habendo. Er war Consul 717 = 37 (Chronogr. Hauptmacht wieder aus der Stadt heraus (34, 4). 
Idat. Chron. Pasch. Cass. Dio XLVIII ind. und Durch gluckliche Gefechte vereitelte C. die Ver- 
49, 4). [Miinzer.] suche, die Stadt zu verproviantieren, und rieb den 

5) L. Caninius Gallus (das Praenomen auf den grOssten Teil der feindlichen Truppen auf (35, 4f. 
Munzen und Insehriften) , wohl der Sohn des 36, 1 — 5), kehrte dann zur Belagerung von Uxel- 
Consuls vom J. 717 = 37 v. Chr. Nr. 4 , Illvir lodunum zuriick (37, Iff.) und leitete sie gemein- 
monetalis um das J. 20 v. Chr. (Babelon I sam mit Pabius bis zum Eintreffen des Hochst- 
311f. nr. 1 — 4). Consul suffectus in der zweiten 50 commandierenden, Caesars selbst (39, 1 — 40, 1; 
Halfte des J. 752 = 2 v. Chr., zuerst mit Augu- aus Caesar und Hirtius schopft Oros. VI 11, 16 
stus , der damals den Consulat zum dreizehnten- — 22). Als Pompeius 705 = 49 sich anschickte, 
mal bekleidete, dann mit Q. Fabricius (Veil. II Italien zu verlassen, wurde C. von Caesar an 
100, 2. Monum. Ancyr. 3, 30. CIL I 749). Vor- Scribonius Libo gesandt, mit dem er verwandt 
sitzender der Curatores riparum et alvei Tiberis und befreundet war, um seine Vermittlung fur 
unter Tiberius (CIL VI 31543). Als Frater Ar- eine Versohnung der Gegner zu gewinnen (Caes. 
valis erscheint er in den J. 27, 35 und in einem b. c. I 26, 3, vgl. Dio XLI 12, 2). Nicht lange 
unbestimmten Jahre unter Tiberius Regierung darauf begleitete er Curio nach Africa und spielte 
(CIL VI 2024. 2025. 2027). Magister des Col- dort wegen seiner Kriegserfahrung eine ziemlich 
legiums im J. 36 (CIL VI 2025). Quindecimvir 60 bedeutende Rolle (b. c. II 24, 2. 34, 4). Er ge- 
sacris faciundis (Tac. ann. VI 12). Im J. 32 hSrte offenbar zu den wenigen, die sich nach 
n. Chr. veranlasste er durch Senatsbeschluss die Curios Untergange retteten, aber seine weiteren 
Aufnahme eines neuen Buches der Sibylle unter Schicksale sind nicht bekannt bis zum africani- 
die iibrigen dieser Seherin, musste jedoch den schen Kriege des J. 708 = 46, in dem er ein 
scharfen Tadel des Kaisers Tiberius iiber sich er- proconsularisches Imperium fiihrte. Thapsus wurde 
gehen lassen, dass er, ergraut in religiosem Branch, von ihm belagert und ergab sich ihm nach der 
hier gegen das Herkommen verstossen habe (Tac. Entscheidungsschlacht (b. Afr. 86, 3. 93, 3). Im 
ann. VI 12). Wahrscheinlich seine Tochter ist spanischen Feldzuge des nachsten Jahres com- 



1479 Caninus Cards 1480 

mandierte er in Hispalis (b. Hisp. 35), wahrend schmale Laagseite flelen, also Eins zahlten. S- 

in Rom das Geriicht ging, er hatte Schiffbruch Bd. II S. 1794. Fur das eigentliche Wurfelspiel 

gelitten (Cic. ad Att. XII 37 , 4. 44 , 4). Am scheint diese Bezeichnung nicht bezeugt zu sein. 

25. December 709 = 45 starb plotzlich der Con- [Mau.] 

sul Q. Fabius Maxinras ; darauf ernannte Caesar 3) Cards maior, tcvcov, der grosse Hund, ein 

den C. fur diesen einen Tag, den letzten des Jahres, Sternbild in der siidlichen Halbkugel zwischen 

zu dessen Nachfolger ; noch in spaten Zeiten er- dem Schiffe , dem Orion und dem Hasen. Era- 

gotzte man sich an den Witzen, zu denen dieses tosthenes erzahlt, er sei mit einem nie fehlenden 

Ereignis besonders dem Cicero Anlass bot (Fast. Speere zum Wachter der Europa bestellt worden 
Cap. f. Amer. f. Colot. CIL 12 p. 63. 64. Cic. 10 und spater in den Besitz von Minos ubergegangen. 

ad fam. VII 30, 1. Plin. n. h. VII 181. Tac. Dieser schenkte Hund und Waffe zum Dank fur 

hist. Ill 37. Suet. Caes. 76 ; Nero 15. Macrob. seine Heilung Prokris, und deren Gemahl Kephalos 

11 2, 13. 3, 6. VII 3, 10. Plut. Caes. 58, 1. Dio filhrte das Tier nach Theben gegen einen Fuchs, 
XLIII 46, 2f.), vgl. Nr. 6. [Miinzer.] von dem das Orakel gesagt hatte, dass er nicht 

10) C. Caninius [C. f.] C. n. Rebilus, XVvir getotet werden kOnne. So blieb Iuppiter nichts 
sacris faciundis (Acta ludorum saecularium vom iibrig, als den Fuchs in Stein zu verwandeln, der 
J. 737 = 17 v. Chr., Ephem. epigr. VIII p. 231. Hund aber wurde unter die Sterne versetzt. Nach 
233). Consul suffectus hn J. 742 = 12 v. Chr. der Darstellung von andern ist das Sternbild der 
mit L. Volusius Saturninus, starb im Amte (CIL Hund von Orion , der diesen auf der Jagd be- 

12 p. 28 Fast. Cap.; p. 62 Fast. Cuprens.; p. 64 20gleitet habe (C. Robert Erat. Catast. reliqu. 
Fast. Colot.). Wohl Sohn des C. Caninius Rebi- p. 166ff.). Nach Eratosthenes enthalt das Stern- 
lus, Consuls im J. 709 = 45 v. Chr. (Nr. 9), und Mid im ganzen 20, nach Ptolemaios (Mey. avvr. 
Vater des Caninius Rebilus (Nr. 7). VIII p. 72 Halma) 18 Sterne (1 erster GrSsse, 

11) C. Caninius C. f. Rebilus, Aedil von Tu- 5 dritter, 5 vierter, 6 funfter, 1 sechster GrOsse); 
sculum mit C. Caelius C. f. Rufus (CIL XIV 2622). von diesen hat fur das Altertum besondere Be- 
Da man den letzteren wohl unbedenklich mit dem deutung der eine Stern erster GrOsse, den Arat 
Consul des J. 17 n. Chr. (s. o. Caelius Nr. 33) (330) in das Kinn, Eratosthenes in die Zunge, 
identiflcieren darf, wird man bei dem ersteren Ptolemaios allgemein in den Mund verlegt, und 
am ehesten an dessen jungeren Zeitgenossen Ca- der iiberhaupt als hellster aller Fixsterne gilt, der 
ninius Rebilus Nr. 7 denken konnen. [Groag.] 30 Sirius (auch allein als der Hund bezeichnet, Ge- 

12) M. Caninius Rebilus, wohl ein Bruder von minos Isag. c. 14. Ptolem. a. a. 0. Gal. XVII 1, 
Nr. 8, 584 =170 nach Makedonien zur Priifung 17 und Procl. de sphaer. c. 15 f.). Wenn im 
der dortigen Lage (Liv. XLIII 11, 2. 9 — 11) und alten Agypten dieser Stern, dort Sothis genannt, 
587 = 167 nach Thrakien gesandt (Liv. XLV nach einer bestimmten Dauer vollster Unsichtbar- 
42, 11). [Miinzer.] keit (weil er tagsiiber zugleich mit der Sonne am 

13) Caninius Rufus aus Comum, Landsmann Himmel stand) zum erstenmale wieder kurz vor 
und Freund des jungeren Plinius, der an ihn die dem Aufgange der Sonne auf einige Momente im 
Briefe I 3. II 8. in 7. VI 21. VII 18. VIII 4. Osten aufleuchtete, so wusste man, dass nun der 
IX 33 richtete. C. war Dichter. Er beabsich- Nil wieder zu steigen begann und dass die Sonne 
tigte, den dacischen Krieg Traians in griechischer 40 ihre Jahresbahn durch den Tierkreis zuriickgelegt 
Sprache zu besingen (VHI 4). [Groag.] hatte, es begann also ein neues Jahr. Man nennt 

14) Caninius Sallustius (oder Sallustianus), das den Fruhaufgang des Hundssternes; derselbe 
nach gewohnlicher Annahme Proquaestor des M. fiel nach den Berechnungen von G. Hofmann 
Bibulus in Syrien 704 = 50 und Adressat des (Progr. des k. k. Gymn. in Triest 1879, 30. 23. 
Briefes Cic. ad fam. II 17. Indes die Lesung 25) auf dem 38° nOrdlicher Breite (Athen) im 
des Namens ist unsicher, und Mommsen R. J. 800 v. Chr. auf den 29. Juli (Spataufgang 
Forsch. II 434, 42 halt den Mann viehnehr far 2. Januar, Friihuntergang 24. November, Spat- 
den Historiker C. Sallustius. untergang 4. Mai), im J. 430 v. Chr. auf den 

15) A. Caninius Satrius, Bruder des P. Varius, 28. Juli (Spataufgang 31. December, Friihunter- 
stand 689 = 65 in nahen freundschaftlichen Be- 50 gang 26. November, Spatuntergang 4. Mai), im 
ziehungen zu Cicero und L. Domitius Ahenobar- J. 45 v. Chr. auf den 3. August (Spataufgang 
bus (Cic. ad Att. I 1, 3f.). Dass er mit dem 6. Januar, Friihuntergang 23. November, Spat- 
Satrius, der 711 = 43 Legat des C. Trebonius untergang 2. Mai). Die entsprechenden Angaben 
war (Cic. ad Brut. I 6, 3), identisch sei, ist wenig der antiken Kalender lauten bei Geminos (Wachs- 
wahrscheinlich. [Miinzer.] muth Lydus de ostentis p. 175ff.): Fruhaufgang 

16) L. Caninius P. f. (C. n.) Valens, pro- Juli 19. 21. 23. 26. 28, Spataufgang 11. Decem- 
eurator quattuor publieorfum) Africae, CIL V ber, Friihuntergang December 2. 7. Bei Ptole- 
7547. [Stein.] maios (ebd. p. 215ff.): Friihuntergang Athyr 24, 

17) Caninia Galla, anscheinend die Tochter 27. Choiak 1. 5. 9, Spataufgang Tybi 1. 6. 10. 14, 
des L. Caninius Gallus (Nr. 5), s. d. [Groag.] 60 Spatuntergang Pachon 3. 7. 12. 17, Frfihauf- 

18) Claudia Caninia Severa s. Claudius. gang Epiphi22. 28. Mesori 4. 9. 14 (fiber diese 
Caninus s. Acilius Nr. 28. Angaben Ideler tFber den Kalender des Ptole- 
Canis. 1) Canis (flumen), ein Fluss an der Ost- maios, Abh. Akad. Berl. 1816/1817, 197). Die 

kiiste Arabiens (Plin. VI 149), der nach Sprenger rOmischen Ansatze sind zu finden bei Petavius 

(Alte Geogr. 160. 175) in Sabacha miindete. in seiner Zusammensteilung Calendarium vetus 

[D. H. Miiller.] Romanum. tJber die Beobachtung des Friihauf- 

2) Canis, xvaiv, beim Knochelspiel der schlech- gangs und Spatuntergangs vom Sirius in Babylon 

teste Wurf, wenn alle vier auf die eingedriickte vgl. J. Epping Astronomisches aus Babylon 1889, 



1481 Canis Canistrum 1482 

150. Schon Homer kennt den Sirius, den er als Hygin Canieula, wie gewOhnlich, die Bezeichnung 

Hund des Orion und als hellsten Stern bezeichnet; des Sirius im grossen Hunde und die Beziehung 

«r strahlt am nachtlichen Himmel des Hoch- auf den kleinen Hund beruht auf einem Irrtume 

sommers (6na>Qtf) und gilt als Vorbote von fieber- (vgl. freilich auch p. 74 Bunte). 

artigen Krankheitserscheinungen (II. XXII 26ff. ; Nach Hipparch brauchte der Prokyon zu seinem 

V 5 als dartjQ 07ia>Qi.v6g bezeichnet). Auch Hesiod Aufgange 1/3 Stunde , zu seinem Untergange V5 

spricht von dem entnervenden Einflusse des Sirius Stunde (p. 230 und 242 Manitius). Eratosthenes 

nach seinem Frlihaufgange im Hochsommer (op. (a. a. 0.) legte ihm drei Sterne bei, darunter 

587; vgl. scut. Here. 397, wahrend op. 417 1 erster Grosse; Ptolemaios, der mit Prokyon so- 
mit SstQiog dorfe die Sonne selbst bezeichnet 10 wohl das Sternbild , wie den hellsten Stern be- 

wird; vgl. G. Hofmann a. a. 0. 33f.), womit zeichnet, bios 2, je einen erster und vierter GrOsse 

man die Ausfuhrungen von Arat vergleiche (Phaen. (Msy. avvx. VIII p. 74 Halma). 

331—337. Cic. 107ff. German. 333ff. Avien 724ff.). Der kleine Hund, der zuerst wohl bei Eudoxos 

In einer recht verstandigen Auseinandersetzung vorkommt (Hipparch. n 2, 13 p. 142 Manitius), 

legt Geminos (isag. c. 14) dar, dass der Sirius, wird bei Arat nur ganz gelegentlich erwahnt (450. 

der in Ehodos 30 Tage, anderwarts 40, ja sogar 595. 690; vgl. Avien 902f. Cic. 222. Germ. 433). 

50 Tage nach der sommerlichen Sonnenwende zum Die Bezeichnung Anteeanis flndet sich ausser bei 

^rsten Male wieder friih aufgeht, nicht selbst, wie Cicero, der Ante Ganem sagt, in einem Scholion 

viele glauben, die Ursache der gesteigerten Som- zu Germanicus Aratubersetzung (C. Bobert a. 
merhitze ist, sondern nur das Anzeichen fur ihren 20 a. 0.) und scheint nach einer Notiz von Plinius 

Eintritt. (n. h. XVni 288) nicht in Aufnahme gekommen 

Nicht bios die oben citierte Hesiodstelle be- zu sein. Vitruv (IX 7 p. 231 Bose) gebraucht in 

weist, dass Sirius auch die Sonne bezeichnen kann, derBeschreibung seiner Sphaera, die nach Kaib els 

sondern dieser Gebrauch des Wortes wird uns Vermutung auf Eudoxos zuriickgehen soil, auch 

direct bestatigt von Plutarch (qu. conv. Ill 10, 1 den Ausdruck minuseulus canis. 

p. 658 B, speciell fur Archilochos bezeugt) , He- Im Kalender des Ptolemaios (Wachsmuth 

sychius und Suidas. Auch Eratosthenes bemerkt Lydus de ostentis p. 220ff.) fallt der Friihunter- 

a. a. 0., alle solche Sterne wie der Sirius wilrden gang des Prokyon auf den 20. 22. 24. 25. 26. 

wegen der zitternden Bewegung des Lichtes mit Choiak; der Spataufgang auf den25. 27. 29. Choiak. 
•dem gleichen Namen belegt. Somit war das Wort 30 1. 3. Tybi; der Spatuntergang auf den 27. Pachon. 

ursprunglich ein Gattungsbegriff in adjectivischer 1. 3. 6. Payni; der Friihaufgang auf den 19. 22. 

Form und konnte von jedem hellglanzenden, fun- 24. 26. 28. Epiphi (dazu vgl. Ideler tfber den 

kelnden Stern gebraucht werden, allmahlich aber Kalender des Ptolemaios a. a. 0. 198). Galen 

wurde es der Eigenname fur den hellsten aller (XVII 1, 17) mOchte mit Prokyon den Sirius be- 

Fixsterne. Das stammverwandte Verbum asiQtav zeichnen, den hellsten Stern im grossen Hunde, 

(leuchten, glanzen, funkeln) gebraucht vom Sirius offenbar weil der zuerst vom ganzen Sternbilde 

Arat Phaen. 331 (6'g §a ftdfoota 'Ogea oeigidst). aufgeht; zum Gliick ist ihm aber hierin niemand 

Vgl. Ideler Untersuchungen fiber den Drsprung gefolgt. [Haebler.] 

und die Bedeutung der Sternnamen, Berlin 1809, Caiiisa, regio Dardaniae, mit dem Castell 
239f. 40 Sarnunto, im J. 518 n. Chr. von einem heftigen 

Die romische Bezeichnung fiir den Sirius ist Erdbeben heimgesucht, Marcellinus Comes Chron. 

Canieula, z. B. Manillas I 396ff. V 207 (vgl. n p. 316 Boncalli. Basis wie im apulischen Ca- 

Scaliger z. d. St.). Plin. n. h. H 107f. 123. 130 nusium. [Tomaschek.] 

und sonst; da der sog. kleine Hund (agoxveov) im Canistrariae s. Caelestis, oben S. 1250. 

Lateinischen keinen besonderen Namen hat , so Canistrum, xdvsov, xdvaarQov, xdnozgov, ein 

mOchte Plinius (n. h. XVIII 268) den Vorschlag Korb, aus Rohr (daher der Name) oder aas Weiden 

machen, dafflr die Bezeichnung canieula zu ver- (Pall. XII 17, 1), aber auch aus Bronze (Horn, 

wenden, worin ihm aber zum Gliick niemand, II. XI 630), im Zauberpalast der Kirke aus Gold 

ausser etwa Hygin. astron. II 4 (p. 36 Bunte) (Od. X 355); aus Silber Symm. ep. II 81. VII 
gefolgt ist (Franz Harder Astrognostische Bemer- 5076; solche wurden damals neben den elfenbeinernen 

kungen zu den romischen Dichtern 1893, 6). Pugillaria als dona quaestoria verschickt. Das 

4) Canis minor, Anteeanis, Proeyon, jiqo- C. diente zur Aufnahme sehr verschiedener Gegen- 

xvcov, der kleine Hund, ein Sternbild am Aqua- stande. Besonders hauflg wird es als Brotkorb 

tor, zwischen der Wasserschlange , dem Krebse, erwahnt; so schon bei Homer H. IX 217. XI 630; 

den Zwillingen und dem Einhorne. Nach Era- Od. XVII 343. Verg. Aen. I 701. VIII 180. 

tosthenes (C. Robert Erat. Catast. rel. 192f.) Iuv. 5, 74. Sonstige Verwendung Horn. Od. XX 

ist auch er ein Hund Orions, der die Jagd so 300. Verg. Georg. IV 280. Ovid. met. VIII 675. 

sehr liebte, und hat den griechischen Namen von Palladius a. O. Besonders haufig werden C. als 

seiner Stelle vor dem grossen Hunde, vor dem er Opfergerat erwahnt Horn. Od. Ill 442. Eur. El. 
auch auf- und untergehe. Nach Hygin Astron. 60 800. 810. Aristoph. Pax 948. Cic. ad Att. VI 

II 4 (p. 36 Bunte) ware Canicula-Procyon der 1,13. Tibull. I 10,27. Ovid. met. n 713; fast. 

Hund des Ikarios gewesen, der Erigone am Kleide II 650. Solche OpferkSrbe, rund, fast tellerartig, 

fasste und so zu dem Leichname ihres ermordeten mit fast oder ganz senkrecht aufstehendem nied- 

Vaters zerrte, worauf er unter die Sterne ver- rigen Rande, begegnen oft in bildlichen Dar- 

setzt wurde ; da aber diese namliche Sage in den stellungen von Opferscenen, namentlich in pom- 

Scholien zu den Aratea des Germanicus (Martia- peianischen Bildern. Ein ahnliches C. tragt auch 

nus Capella rec. Eyssenhardt p. 389) auf den die Demeter bei Overbeck Pompeii-* 586. Die 

grossen Hund bezogen wird, so ist wohl auch bei auf diesen Darstellungen ersichtliche Form stimmt 



1483 Canius Cannophori 1484 

zu den Epitheta lata und patula Ovid. met. VIII Inschriften aus C. OIL IX 317—323. Vgl. Ro- 

676; fast. II 650. manelli Topografla istorica del regno di Napoli 

ft siecaria nannte man silberne Untersatze II (1818) 271ff. [Hulsen.] 

fur Trinkgefasse. Serv. Aen. I 706. [Mau.] Canna i nt rat s. Cannophori. 

Canius. Canius Rufus aus Gades, Freund Cannatae, Volk in der Nachbarschaft der 

des Martial (I 61. VII 87. X 48 , vielseitiger Alanen und Siraken nOrdlich vom Kaukasos, Tab. 

Schriftsteller. Er beschrieb die Ereignisse der Peut. Vielleicht ,Waldbewohner', von cecen. chdn- 

claudischen Zeit, dichtete in elegischem und epi- na(S pi.) ,Wald, Holz', mit oset. Pluralsuffix 

schem Versmass, verfasste Trauerspiele u. s. w. (Mart. -tha ? [Tomaschek.] 

Ill 20). Auf ein Gedicht. das Sappho und ihre 10 Gannenefates, germanisches Volk, welches 

lesbischen Madchen behandelte, spielt Martial gemeinsam mit den Batavern, denen sie stamm 

VII 69 an. C.s Frau Theophila trieb philoso- verwandt waren, die insula Batavorum (s. Ba- 

phische Studien (VII 69). Zu seinen Gonnern tavi) bewohnte (Plin. n. h. IV 101 nobilissima 

gehorten die beiden Brtider Cn. Domitius Lucanus Batavorum insula et Cannenefatium. Tac. hist, 

und Cn. Domitius Tullus (III 20, 17). Martial IV 15 ad Caninefates [so die Hs.] . . . ea gens 

riihmt seine unversiegbare heitere Laune und sein partem insulae colit, origine lingua virtute par 

Erzahlertalent (169 mit Friedlanders Anmer- Batavis, numero superantur). In welchem Teil 

kung. Ill 20. 64). Vielleicht ist (Canius) Rufus der Insel sie wohnten, wird nicht angegeben, viel- 

auch angeredet Mart. II 11. 29. 48. 84. Ill 82, leicht im Westen (Zeuss Die Deutschen 102). 
33. 94. 97. 100. IV 13. 82. Vgl. Teuffel- 20 Von Tiberius unterworfen (Veil. II 105 intrata 

Schwabe Rem. Litt.-Gesch. 5 §324, 2. protinus Germania subaeti Caninifates Attuari 

[Groag.] Brueteri) handelten sie spater mit den Batavern 

Canna, angeblich Fluss in Apulien, in campo immer gemeinschaftlich (Tac. hist. IV 16. 19. 32. 

Diomedis, wax genannt in dem carmen Marci 56. 79. 85) und leisteten wie diese den Romern 

vatis bei Liv. XXV 12 , 5 , das die Niederlage Kriegsdienste. Bekannt ist die ala I Cannene- 

von Cannae voraussagt. Ob anderer Name fur fatium eivium Bomanorum (s. Bd. I S. 1236),. 

den Aufidus, oder sonst unbekanntes Flusschen? die zuerst von Tac. ann. IV 73 (alam Cannine- 

[Hulsen.] fatem, sie gehorte im J. 28 zum Heere von Ger- 

Cannabas (oder Cannabaudes), Gothenfuhrer, mania inferior), dann mehrfach auf Militardiplo- 
der von Kaiser Aurelianus jenseits der Donau be- 30 men und andern Inschriften erwahnt wird. Als 

siegt und getotet wurde, etwa 272 n. Chr., Hist. bestbeglaubigte Namensform muss gelten Can- 

Aug. Aurel. 22, 2. [Stein.] nenefates, so bei Plin. a. O. Tac. hist. IV 32. 

Cannabiaca, in Noricum ripense, Not. dign. 56. 79. 85 (dagegen Canninefates oder Canine- 

occ. XXXIV 46 tribunus cohortis, Cannabiaca. fates ann. IV 73. XI 18; hist. IV 16. 19). Mili- 

HolderAltcelt. Sprachschatz s. v. 1 729. [Ihm.] tardiplome CIL III p. 852. 1960. 1965 = Dessau 

Cannae (Kawai), Ort in Apulien nahe am Inscr. sel. 1992. 1995. 1998 (aus den J. 74. 82. 

Flusse Ofanto, bekannt durch die furchtbare Nie- 90). Sonst bieten die Inschriften Cannanefates 

derlage,welchedieR(Smeram2.August216v.Chr. CIL III p. 881. 1986. XI 2699. Bonn. Jahrb. 

von Hannibal erlitten. Polyb. Ill 107. 113. IV LXXXII 23 ci(vis) CannanfefasJ; Gananef(as) 
1. Liv. XXII 43. 46. 49. Appian. Hannib. 17. 40 auf dem Mausoleum von Adamklissi, Verbandl. d. 

20f. Flor. II 6. Strab. VI 285. Cic. Tusc. I 37; 43. Phil. Vers., Koln 1895, 198; Cannenafatium 

de offic. Ill 11. Silius Ital. VIII 624. Wahrend Brambach CIRh. 968 (bei Mainz); Cannef. Rev. 

es bei Beschreibung der Schlacht von Livius und arch. 3 s. XVII 216 pi. IV. V = Dessau 2005 

Florus als Vicus bezeichnet wird (Mommsen ver- = CIL III Suppl. p. 1985 (vom J. 148); Cana- 

mutet, es sei das von Strabon genannte sfinoQiov fatium CIL V 5006, abgekurzt Gann. CIL III 

xwv Kavvancov, s. u. S. 1502), scheint es spater Suppl. p. 1978. V 4391. Die Lesart Ghannine- 

Stadtrecht besessen zu haben (Appian. b. c. I 52. fates ist ohne Gewahr, falls nicht die von Freu- 

Plin. Ill 105). Erwahnt noch von Prokop. bell, denberg Bonn. Jahrb. LIII 173 verOffentlichte 

Goth. Ill 18. Unbedeutende Ruinen auf einem Inschrift mit Mereuri Channini auf dieses Volk 
noch jetzt Monte di Canne genannten Hiigel, halb- 50 zu beziehen ist (s. Channinus). Nach R. Much 

wegs zwischen Canosa und Barletta. Im Mittel- Deutsche Stammsitze 152ff. bedeutet der Name 

alter war C. Bischofssitz (Ughelli Ital. sacra ,die erfahrenen, kiihnen' oder auch ,die erprobten 

VII 788f.), wurde aber 1276 zerstort (auf einen Eeiter'(?); vgl. Hirt Beitrage z. Geschiehte der 

blutigen Kampf aus der Normannenzeit bezieht deutschen Spr. u. Litt. XVIII 517 und Much 

sich der Name eines Feldstiicks Pezza di sangue, ebd. XX 11. Vgl. auch J. Becker Bonn. Jahrb. 

den man verkehrterweise mit dem rOmischen XV lOlif. J. Grimm Gesch. d. deutschen Sprache 

Schlachtfelde hat in Verbindung bringen wollen). II s 407f. Bergk Zur Gesch. u. Topogr. d. Rhein- 

Die Frage nach der Lage des Schlachtfeldes ist lande 113. [Ihm.] 

in neuerer Zeit viel behandelt: auf das linke Ufer Cannicus, keltischer Name(?), beiPlut. rd'iog 

des Aufidus verlegen sie u. a. Schillbach (De 60 Kavrixtog. Im Sclavenkriege trennte sich 683 

Cannis et pugna Cannensi, Progr. Neuruppin 1860) = 71 ein Teil der Sclaven unter Anfuhrung des 

und Stiirenburg (De Romanorum cladibus Tra- C. und des Castus vom Hauptheere und wurde 

sumenna et Cannensi, Progr. Leipzig 1883), auf zuerst von Crassus vernichtet (Front, str. II 4, 7. 

das rechte (sehr vie] wahrscheinlicher) Hessel- 5, 34. Plut. Crass. 11, 4f.). [Miinzer.] 

b art h (De pugna Cannensi, Diss. Gottingen 1874), Cannophori. Das rOmische Hauptfest der 

J. L. Strachau-Davidsohn (Selections from Magna Mater (s.o.Bd. II S. 2249) fing am 15. Marz 

Polybius, Oxford 1888), A. Wilms (Die Schlacht mit einem Einzug der ,Rohrtrager' an, welcheohne 

bei Cannae, Progr. Hamburg 1895). Lateinische Zweifel wie sieben Tage spater die Dendrophori 



1485 Cannutius Canones Apostolorum 1486 

(s. d.) vom Lande aus zum Tempel des Palatins III 41. Dio XLVIII 14, 4). Bald darauf zog 

feierlich stiegen. Die Angabe des Philocalus- Octavian nach Etrurien weiter, Antonius kehrte 

kalenders CIL 12 p. 264 Idibus (Martiis) : Carina nach Rom zuriick und berief den Senat am 28. No- 

intrat, entspricht dem Arbor intrat des 22'™. Die vember aufs Capitol, um eine Kriegserklarung 

Bedeutung dieses Vorganges ist nicht mit Gewiss- gegen jenen zu erwirken; aus Besorgnis yor dem 

heit zu bestimmen. Die Cista aus Ostia, auf der tribunicischen Einspruch schloss er den C. von 

ein Attiskopf zwischen Rohrpflanzen dargestellt ist der Sitzung aus , verbot ihm sogar den Zutritt 

(Mon. d. Inst. IX 8 a, 1 a, vgl. Annali 1869, 242. zum Capitol (Cic. Phil. Ill 23). Nachdem das 

CIL XIV 885), giebt keinen sicheren Anhaltspunkt. Triumvirat geschlossen war, richtete sich der Hass 
Es scheint jedoch, dass das Cannophorenfest an die 10 des C. nicht mehr bios gegen Antonius, sondern 

Aussetzung und Entdeckung des Attis am Ufer auch gegen Octavian ; er schloss sich im perusi- 

des Gallos erinnerte (Iulian. or. V 165 B, vgl. nischen Kriege dessen Feinden an und wurde nach 

Herodian. I 11, 2; anders Marquardt Staatsv. Beendigung des Krieges hingerichtet (Dio a. 0. 

Ill 71). Sonst wird das Auftreten der C. an App. V 49). Veil. II 64, 4 sagt, dass er das 

diesem Tage nur in einer Stelle des Lydus er- erste Opfer der Proscriptionen gewesen sei; dies 

wahnt (de mens. IV 36: eldoTs MaQzlaig . . legd- beruht wohl auf Verwechslung mit dem Tribunen 

tsvov xavQov Ifsij; vitkg rcov iv rots ogeoiv dygcov Salvius. Ohne Zweifel bezieht sich auf den- 

r/yov/Ltevov rov aQxtegews xal t&v xavrjipoQtov [lies selben C. die Angabe des Suet, de rhetor. 4 uber 

xavvotpoQwv] rijg firjZQos [das ist sicher die ur- einen C. Cannutius, Gegner des Octavian und 
spriingliche Lesart; nach freundlicher Mitteilung 20 Antonius , dem diese vorwarfen, er sei in der 

von R. Wiinsch hat der Barberinus von erster Politik ein Schiller des Servilius Isauricus. 

Hand firjzQo, von zweiter iztjtqo, woraus der Pa- [Miinzer.] 

risinus aus Misverstandnis iavjtqoxov machte; da- 4) Cannutius Modestus, Legal der Legio XXX 

mit erledigen sich alle Conjecturen]). Es handelt Ulpia victrix im J. 223 n. Chr. , Brambach 

sich wohl hier um ein Taurobolium, dem der CIR 151. 

Archigallus (s. d.) prasidierte und wo die C. 5) Cannutia Crescentina (Kavovxla Kqijoxsv- 

beteiligt waren (vgl. CIL XIV 40). Aus den In- riva), Vestalin, stiirzte sich, von Caracalla ver- 

schriften sehen wir, dass die C. Vereine {collegium urteilt , von der Hohe ihres Hauses herab , Dio 

V 5840. IX 2480; corpus X 21 d. 8339 d. XIV LXXVII 16, 3. [Groag.] 
116f.) von Mannern und Weibern (IX 2480 eano-BO Cano s. Caino(n). 

forarum) bildeten, welche nicht nur einen reli- Canoleius s. Canuleius. 

giosen Zweck hatten, sondern zugleich Begrabnis- Canon ist eine regelmassige Abgabe (Cod. 

genossenschaften waren (IX 2480. X 21. 8339 d), Theod. V 13, 15. XI 16, 13. XV 1, 18). z. B. das, 

und als solche vom Staate anerkannt waren und was nach spatromischem Rechte der an die Scholle 

das Eigentumsrecht besassen (CIL XIV 116ff. gebundene eolonus seinem Schutzherren gewahren 

Widmungen dem oder des Corpus). Die Namen musste, Cod. XI 48 (47) de agrieolis eemitis vel 

ihrer Beamten und Wiirdentrager {quinquennalis eolonis c. 5. 8 § 1. Ebenso heisst C. (Cod. IV 

et curam gerentes XIV 284 ; pater, mater XIV 66, 4 pr.) oder pernio (Cod. IV 66, 2 pr.) der in 

37) haben nichts Eigentumlicb.es. Bemerkenswert bestimmten Zwischenraumen fallige Zins, den der 
dagegen ist, dass sie bis jetzt nur in Italien 40 Erbzinsmann (emphyteuta, s. Emphyteusis) 

(Ostia XIV 34— 37. 40. 116—119. 284f.; Medio- dem Grundstticksherren schuldet. Obwohl diese 

lanium V 5840; Saepinum IX 2480; Locri X 21. Pflicht aus einem Vertrage entspringt, der nach 

8339 d) und auch dort nur spat (von M. Aurel der Vorschrift des Kaisers Zeno (Cod. IV 66, 1. 

XIV 40 bis Caracalla XIV 34. 110. 117) zu finden Inst. Ill 24, 3) nicht als Kauf, noch als Miete, 

sind. Die C. sind weder mit den Cernophori sondern als eine eigenartige Abrede behandelt 

(s. d.) noch mit den Kanephoren (lat. Canistra- werden soil, so ist sie doch kein personliches 

riae) zu verwechseln. Mom ins en CIL 12 p. 264. Schuldverhaltnis, sondern an den Grundbesitz ge- 

Ruggiero Dizion. epigr. II 80f. [Cumont.] kniipft und somit eine wahre, der Grundsteuer 

Cannutius. 1) Cannutius, beliebter Schau- nachgebildete Reallast. Litteratur: Per nice Par- 
spieler, Grieche, 710 = 44 erwahnt (Plut. Brut. 50 erga, Ztschr. der Savignystiftung, romanist. Abt. 

21, 2). V 84ff. Miiller Lehrb. der Inst. 108 § 52 II. 

2) P. Cannutius, Zeitgenosse Ciceros, als Red- 214 § 93, 3. Puchta-Kriiger Inst. io 237ff. § 245 
ner nicht unbedeutend (Cic. Brut. 205. Tac. dial. II (hier ist S. 241 die Vermutung ausgesprochen, 
21; citiert bei Priscian. VIII 16 p. 381,12), schrieb dass der C. bei kirchlichen Emphyteusen minder 
Reden fur P. Sulpicius (Cic. Brut. 205) und trat hoch angesetzt zu werden pflegte, als bei anderen, 
in dem Process gegen Oppianicns auf (Cic. Cluent. woniit in Zusammenhang gebracht wird, dass bei 
29. 50. 58. 73f.). ihnen schon eine zweijahrige, nicht, wie sonst, 

3) Ti. Cannutius, Volkstribun 710 = 44, war erst eine dreijahrige Nichtbezahlung des C. dem 
ein erbitterter Gegner des Antonius, den er wieder- Grundherren das Recht gab, dem Zinsmanne sein 
holt in Volksversammlungen heftig angriif, und 60 Recht zu entziehen. Nov. 7 c. 3. 120 c. 8). 
somit ein Bundesgenosse des Cicero (Cic. Phil. Leonhard Inst. § 85 I. [Leonhard.] 
Ill 23 ; ad fam. XII 3, 2. 23, 3. Veil. II 64, 3). Canones Apostolorum, eine Sammlung von 
Als Ende October Octavian mit einem in Cam- kurzen, fast durchweg Rechte und Pflichten der 
panien gesammelten Heere vor Rom lagerte, be- Kleriker betreffenden, in der Form ganz wie Con- 
gab sich C. zu ihm, um seine Absichten zu er- cilienbeschlusse lautenden Satzungen, die vom 
kunden ; er erhielt so beruhigende Versicherungen, 6. Jhdt. an in der morgen- und abendlandischen 
dass er ihn in die Volksversammlung fiihrte, Kirche den zwolf Aposteln^ Jesu zugeschrieben 
um sie dort Offentlich zu verkiinden (App. b. c. wurden und namentlich im Orient, bei Syrern 



1487 Canon frumentarius Canonicarius 1488 

und Kopten wie bei den Griechen eine der ge- aufsieht des praef. urbi von Constantinopel. Eine 

wichtigsten kirchenrechtlichen Instanzen bildeten. hervorragende Rolle bei der Beistellung des e. fr. 

Dionysius Exiguus hat sie als erster Obersetzer kommt den Bhedern, den navieularii, zu (Litte- 

aus dem griechischen Urtexte um 500 an die ratur tiber diese bei Liebenam Bom. Vereins- 

Spitze seines fur Bischof Stephanus zusammen- wesen 67ff.). Die altere Litteratur beiWillems 

gestellten Codex eanonum eeclesiasticorum ge- Droit public 5 581 und Humbert bei Darem- 

rtickt, dabei iibrigens nicht verschwiegen, dass viele berg et Saglio I 892. flbersicht Tiber die Ge- 

diesen sog. eanones Apostolorum eonsensum non setzesstellen bei Haenel Corpus legum II 175. 

praebicere faeilem; indem er die Uberschrift for- Ein Beitrag zum canon suarius (nov. Maiorian. 

muliert: regulae eeelesiasticae s. apostolorum pro- 10 2, 1) CIL VI 1771, zum canon vinarius 1784. 

latae per Clementem ecelesiae romanae ponti- 1785. S. Scrinium eanonum. [Kubitschek.] 

ficem, lasst er den Leser scbon erraten, dass diese Canonia, beim Geogr. Bav. 204, 5 Station 

C. mit den ebenfalls dem Clemens von Bom (s. der Strasse Tibiscum-Lederata-Viminacium im 

d.) zugeschriebenen apostolischen Constitutionen norddanubischen Teile von Moesia superior, 

enge zusanrmenhangen. In der That scheinen JPatsch.] 

beide Werke denselben Verfasser zu haben (kurz Canonicaria, das jahrlicbe Sendschreiben des 

vor 400 n. Chr.) ; die eanones stehen grossenteils Praefectus praetorio an die Statthalter seines 

wOrtlich in den constitutiones , der Best, soweit Sprengels, durch welches er sie zur Eintreibung 

er nachweisbar ist, sind Beschliisse anderer orien- des Steuerkanon auffordert. Wahrscheinlich wurde 

talischer Synoden. 20 es als Begleitbrief der Delegatio beigegeben (Cas- 

Wir besitzen diese Sammlung in zwei ver- siod. var. Ill 8. 2). Pormulare dazu bei Cassiod. 

schiedenen Becensionen, die griechische bezw. var. XI 7. XII 2. 16, das letzte mit der flber- 

morgenlandische umfasst 35 (oder 32 — 33) C. schrift: Canonicaria, die andern beiden: Uni- 

mehr als die lateinische, die nur 50 enthalt, auch versis iudicibus provineiarum Senator praefec- 

der Text differiert vielfach. Ein Becht aber, die tus praetorio; vgl. Delegatio. [Seeck.] 

griechische, weil sie in offlcieller Geltung erst Canonicarius (Conpulsor). Zum Eintreiben 

um 565 nachweisbar wird, fur eine spatere Er- der Steuerschulden und der Pachtruckstande der 

weiterung zu halten, besteht nicht, im wesent- kaiserlichen Domane wurden im 4. Jhdt. oft Send- 

lichen durfte sie zu bevorzugen sein. Der latei- linge mit besonderen Vollmachten (Cod. Theod. 

nische Text bei Migne Patrolog. lat. LXVII 141 30 VIII 8, 7) in die Provinzen geschickt. Da die 

— 148, der griechische bei de Lagarde Beliquiae erwarteten Summen dem Comes sacrarum largi- 

iuris eccl. graece 1856, 20 — 35 und Bruns Ca- tionum oder dem Comes rerum privatarum oder 

nones Ap. et concil. saec. IV — VII vol. I, Berl. der Area des Praefectus praetorio zufliessen soll- 

1839, 1—13. Mit Commentar bei Hefele Con- ten, so pflegten es auch Apparitoren dieser drei 

ciliengeschichte 2 I 793 — 827. Ausserdem vgl. Beamten zu sein, welcbe derartige Auftrage er- 

v. Drey Neue Untersuch. iiber d. Constitut. u. hielten (Nov. Mai. II 2. VII 16. Cod. Theod. XI 

Can. d. Apostel, Tub. 1832. F. X. Punk Die 7, 17. 18. XII 10). Die conpulsores, griechisch 

apostol. Constitutionen, Bottbg. 1891, bes. S. 180 e§jisXsvarai (Cod. lust. X 19, 9) oder s^jteXXevral 

—206. 243—280. [Jiilicher.] (Nov. lust. 128, 6), wie sie technisch hiessen (die 

Canon frumentarins (auch annonarius Cod. 40 Bezeichnung ist zuerst nachweisbar 369 Cod. 
Theod. I 12 , 7) , die Satzung fur die aus den Theod. I 16, 12), waren neben den militiirischen 
Provinzen zur Annona der Hauptstadt zu liefern- Executoren (opinatores) ein Schrecken der Pro- 
den Naturalabgaben (frumentum imperatum), vinzen (Cod. Theod. VIII 10, 3. 4. X 1, 16. XI 
dann diese selbst, z. B. Hist. Aug. Firmus 5, 4 1, 34. XII 1, 186. Nov. Mai. 3. Cassiod. var. II 
canon Aegypti; Elagab. 27 , 7 eanonem p. B. 25, 2. V 39, 2. VII 45, 1. IX 4, 3. XI 7, 2. 8, 8. 
unius anni. Von Severus heisst es 8 , 5 rei XII 8, 3 und sonst). Denn sie erhoben Sporteln, 
frumentariae, quam minimum reppererat, ita die mitunter das Doppelte des geschuldeten Geldes 
consuluit, ut excedens vita septem annorum iiberstiegen (Nov. Mai. II 2. VII 16. Cod. lust. 
eanonem p. B. relinqueret, mit dem Zusatz 23, X 19, 9 § 2. 4), und ihren Erpressungen und 
2 ita ut cottidiana septuaginta quinque milia 50 ftbergriffen liess sich nur mit grossen Weitlauflg- 
modium expendi posset, olei vero tantum (re- keiten entgegentreten , da wegen ihres hohen 
liquit) , ut per quinquennium non solum urbis Banges, soweit nicht durch besondere Verfiigungen 
usibus, sed et totius Italicae, quae oleo eget, Ausnahmen gestattet wurden (Cod. Theod. VIII 
sufficeret. Elag. 27, 7 wird die Aufspeicherung 10, 3), nur direct beim Kaiserhofe, nicht auch bei 
von sieben Jahreslieferungen nicht bios als ein den Provincialrichtern uber sie Beschwerde ge- 
Princip des Severus , sondern auch bereits Tra- fiihrt werden konnte (Nov. Mai. II 2. Cod. Theod. 
ians dargestellt. Cod. Theod. XIV 15 und Cod. I 16, 12. XII 10). Daher liefen mitunter Peti- 
Iust. XI 23 (22) stellen die Grundziige fur den c. f. tionen ein, in denen um eine andere Form der 
urbis Bomae (canon urbiearius) fest, Cod. Theod. Steuereintreibung gebeten wurde (Cod. Theod. XI 
XIV 16 und Cod. lust. XI 24 (23) den von Con- 60 7, 15), und es gait als besondere Wohlthat, wenn 
stantinopel (den canon ab inclytae memoriae einzelne Provinzen oder Dioecesen ihrer Wirksam- 
Constantino praestitutus Cod. Theod. XIV 26, 2 keit entzogen wurden (Amm. XVII 3, 6. Cod. 
= lust. XI 24, 2). Fur Bom sorgt besonders der Theod. VIII 10, 4. Nov. Mai. II 2). Anfangs ver- 
praefeetus annonae in Karthago (sub dispositione suchte man noch , diese Art der Execution ganz 
praefeeti praet. Italiae Not. dign. occ. 2, 41), Cod. zu beseitigen. Im J. 355 wurde es den Praefec- 
Theod. XI 1, 13. XIII 9, 2. Amm. Marc. XXVIII ten und Finanzcomites verboten, durch ihre Ap- 
1 , 17; far Constantinopel der praef. ann. in paritoren die Steuern eintreiben zu lassen (Cod. 
Alexandria, Cod. Theod. XII 6, 3, unter der Ober- Theod. XI 7, 8). Doch das Anwachsen der Steuer- 



1489 Canonicarius Canon Muratorianus 1490 

reste und die Not der Staatskassen verbunden mit tur {Canonicarius Tuseiae Cassiod. var. XI 38. 
dem Bestreben der Apparitoren, sich durch solche Canonicarius Venetiarum Cassiod. var. XII 4. 7). 
Auftrage in den Prqyinzen zu bereichern, fuhrten Sie werden angewiesen, sich in ihren Steuerforde- 
immer wieder zu tjbertretungen des Gesetzes. rungen nur an die Praesides und ihre Officia, 
Namentlich Probus, Praefect von Italien, Illyricum nicht direct an die Grundbesitzer zu halten, wie 
und Africa 368—376 (s. Bd. I S. 2205), silndigte dies Theodosius II. im J. 408 verfiigt, aber schon 
viel in dieser Beziehung (Amm. XXX 5, 6 : flagi- 409 widerrufen hatte Wenn einen Monat nach 
tantium ministrorum. amaritudine), so dass Valen- Ablauf des vorgeschriebenen Termins die Steuern 
tinian das Verbot in scharferer Weise erneuern noch nicht entrichtet sind, soil nach einer Ver- 
musste (Cod. Theod. XII 10; vgl. I 16, 12. Amm. 10 ordnung vom J. 496 ein ausserordentlicher Con- 
XXX 5, 10). Auf die Dauer aber liess es sich pulsor abgeschickt werden; aber auch dieser soil 
nicht aufrecht erhalten ; die Conpulsores erwiesen nicht die Steuerzahler, sondern den Praeses, seine 
sich als finanzielle Notwendigkeit. Denn den De- Apparitoren und den C. drangsalieren und auf 
curionen und niedrigeren Apparitoren verweigerten ihre Kosten besoldet werden. Wenn auch dies 
die vornehmen und einflussreichen Grundbesitzer nicht hilft, soil der Praefect auf Kosten derselben 
einfach den Gehorsam; um von ihnen die Steuer- Beamten und ausserdem des ersten Conpulsor 
schulden beizutreiben, waren Beamte von heherem diesem einen zweiten nachschicken (Cod. lust. X 
Range und ausgedehnterer Machtbefugnis unent- 19, 9). Praktisch hat sich dies natiirlich auch 
behrlich. Da andererseits der Missbrauch dieser nicht erwiesen. Iustinian lasst daher wieder den 
Macht keine geringe Gefahr bildete, so schwankt 20 C. direct mit den Steuerzahlern verhandeln, hebt 
die Gesetzgebung immer hin und her. Nachdem das Amt des Conpulsor ganz auf und ordnet an, 
eine Gesandtschaft der Provinz Achaia Klage ge- dass wenn der eine C. seiner Pflicht nicht ge- 
fiihrt hat, bestimmt 408 Theodosius II., dass die niigt, ein anderer an seine Stelle treten soil (Nov. 
Conpulsores der beiden Pinanzcomites nicht direct lust. 128, 5. 6). Wie lange es bei diesen Be- 
von den Grundbesitzern, sondern nur durch Ver- stimmungen geblieben ist, wissen wir nicht. 
mittlung der Praesides die Steuerreste beitreiben [Seeck.] 
sollen; aber schon im folgenden Jahre hebt er Canonium, OrtimostlichenBritannien, Station 
diese Verfiigung wieder auf (Cod. Theod. XI 7, der romischen Strasse von Londinium nach Camu- 
17. 18). Im Friihjahr 458 verbietet Maiorian lodunum (Itin. Ant. 480, 5), neun Millien von 
irgend einen Conpulsor oder Opinator auszusenden; 30 Caesaromagus (s. d.), auf der peutingerschen Tafel 
im Herbst desselben Jahres werden aber diese Be- Cannonio; danach in der Nahe von Kelvedon, 
amten schon wieder als bestehend erwahnt und Essex, zu suchen. [Hiibner.] 
ihre Existenz stillschweigend anerkannt ; nur ihre Canon Muratorianus, ein uraltes christliches 
Sporteln erfahren eine genauere Regelung (Nov. Verzeichnis der biblischen Biicher; weil es nur 
Mai. 2, 2. 7, 14 — 16). sehr fragmentarisch erhalten ist, auch oft frag- 
In der 2. Novelle Maiorians treten zuerst Ca- mentum Muratorianum genannt. L. A. Mura- 
nonicarii unter diesem Titel auf, den sie erhalten tori hat es zuerst 1740 in den An tiquitates italicae 
hatten, weil sie aus den Scrinia canonum hervor- med. aevi III 851 — 854 aus einem Codex der Am- 
gingen (Cod. lust. X 19, 9 pr.). Der Zusammen- brosiana zu Mailand (J. 101 sup.) — von ca. 700 
hang aber zeigt, dass sie damals von den Con- 40 n. Chr. — herausgegeben, eine andere Quelle ist 
pulsores kaum verschieden waren. Gleich diesen seitdem nicht gefunden, wohl aber der Text der 
werden sie teils von den Finanzcomites (Cassiod. edit, princ. durch Conjecturen und sorgfaltigste 
var. VI 8, 5) , teils von den Praefecten ausge- Durehforschung der Hs. mehrfach emendiert wor- 
schickt (Cod. lust. X 19, 9. Cassiod. var. XI 38. den. Eine bequem zugangliche Ausgabe bietet 
XII 4. 7). Allerdings flnden sich in der Notitia E. Preuschen Analecta 1893, 129-135 bezw. 137. 
dignitatum nur bei den ersteren (Or. XIII 23. XIV Was iibrig ist, sind 85 Zeilen von durchschnitt- 
11 ; Occ. XI 89. XII 33), nicht auch bei den letz- lich etwa 33 Buchstaben Lange; am Schluss fehlt 
teren Scrinia canonum; doch kann sich dies in etwas, viel mehr jedenfalls am Anfang, denn von 
der Zeit, wo die Canonicarii zuerst erscheinen, dem Bericht iiber die beiden ersten Evangelien 
leicht geandert haben. Diese haben auch jetzt 50 ist nur noch eine Zeile erhalten, und so gut wie 
Steuern einzutreiben (Cod. lust. X 19, 9. Nov. sicher hat der Verfasser die alttestamentlichen 
lust. 128, 5. Cassiod. var. VI 8, 5) und aus ihren Bucher vor den neutestamentlichen besprochen. 
Einnahmen Zahlungen zu leisten (Cassiod. var. XI Fur die Kanonsgeschichte ist das Verzeichnis von 
38, 6), und auch jetzt werden ihre habgierigen ungeheurem Wert, weil es das alteste ist, das 
tFbergriffe gefiirchtet (Cassiod. var. XII 7. 13, 1). wir besitzen; es wird dem Ende des 2. Jhdts. zu- 
Doch haben sie im Laufe des 5. Jhdts. insofern zuweisen sein und ist wahrscheinlich romischen 
ihren Charakter verandert, als sie zu regelmassigen Ursprungs, denn den Hirten des Hernias nennt der 
Jahresbeamten geworden sind, wahrend die eigent- Autor nuperrime nostris temporibus verfasst und 
lichen Conpulsores auch ferner ausserordentliche weiss damit Bescheid, dass Hermas der Bruder 
Sendlinge bleiben. Um die Steuererhebung zu 60 des romischen Bischofs Pius gewesen (ca. 140 — 
beaufsichtigen, schickt der Praefect alljahrlich in 155). Die Frage, ob es eine ftbersetzung aus 
jede Provinz seines Sprengels zwei seiner Appa- griechischem Urtexte darstellt oder genuin latei- 
ritoren (Cassiod. var. XI 7, 5. XII 2, 6. 16, 4), nisch geschrieben ist, kann noch nicht entschie- 
von denen der eine Cancellarius , der andere C. den heissen; die Mehrzahl der Forscher vertritt 
heisst (Cod. lust. X 19, 9. Mommsen Neues die letztere Ansicht; C. P. Caspari nennt sie 
Archiv d. Gesellsch. f. altere deutsche Geschichts- (Quellen z. Gesch. d. Taufsymbols III 1875, 376), 
kunde XIV 480; vgl. Cancellarius). Der Name indem er die ganz haltlose Hypothese, dass Gaius 
der Provinz gehort daher zu ihrer vollen Titula- der Verfasser dieses C. sei, abweist (Hippolyt 



1491 Canopicum Cantabri 1492 

als Verfasser naoh J. B. Light foots Vorschlag dem und den Pyrenaeen der Hiberus fliesst (Strab. 

[Academy, 21. Sept. 1889 und The Apostolic Fa- III 161). Poseidonios berichtete ferner von ihrer 

thers I vol. II, Lond. 1890, 388. 405 — 413] ist armlichen Lebensweise, ahnlich der ihrer keltibe- 

iibrigens nicht wahrscheinlicher) , sogar zweifel- rischen Nachbarn (auch das von Catull. 37, 20 

los; Zahn meint mit . mehr Eecht den ,Beweis, verspottete Zahnereinigungsmittel benfttzten sie, 

dass dieser Text eine Ubersetzung aus dem Grie- Strab. Ill 164), von ihren den kerretanischen 

chischen sei, erbracht' zu haben. In jedem Pall gleichkommenden Schinken (III 162), und beson- 

ist der jetzige Text, selbst wenn zu groben Feh- ders von ihren Sitten , wonach Asklepiades von 

lern von Abschreibern solche des tibersetzers kom- Myrlea Lakonen unter ihnen vermutete (Strab. 
men, eins der altesten Documente des Vulgar- 10 III 157; s. Lacobriga). Sie hatten eine Art 

lateins und bietet auf orthographischem wie gram- von Gynaikokratie: die Manner geben den Frauen 

matikalischem und lexikalem Gebiet hOchst inte- eine Mitgift , die Tochter erben und geben ihre 

ressante Erscheinungen. Von den zahlreichen Ab- Briider in die Ehe. Gross ist ihre Todesverach- 

handlungen Tiber das Fragment seien besonders tung : im kantabrischen Kriege haben Mutter ihre 

hervorgehoben F. Overbeck Zur Gesch. d. Ka- Kinder umgebracht, damit sie nicht gefangen 

nons 1880, 71 — 142. Th. Zahn Gesch. d. neu- wiirden; ein Knabe hat auf Befehl des Vaters mit 

testam. Kanons II 1, 1890, 1 — 143 (dort Ruck- dem Schwert seine gefangenen und gefesselten 

ubersetzung ins Griechische 140ff.). II 2, 1892, Eltern und Briider alle getotet; ein anderer, zu 

1007. G. Koffmane Das wahre Alter u. d. Her- Betrunkenen gerufen, stiirzte sich in einen bren- 
kunft des sog. Mur. Kanons , Neue Jahrb. fur 20 nenden Holzstoss. Sie geloben sich unter ein- 

deutsche Theol. II 1893, 163—223. [Jiilicher.] ander Treue bis zum Tode, und fuhren fur un- 

Canopicum (oppidum) wird von Plin. n. h. erwartete Falle ein schmerzloses Gift bei sich (so 

V 29 unter den Stadten romischen Bfirgerrechts auch Flor. II 33, 50). Kriegsgefangene, ans Kreuz 

der Provinz Africa aufgezahlt, ein Canopitanum genagelt, sangen Siegeslieder (Strab. Ill 165). Den 

oppidum a. a. O. V 30 unter den freien Stadten ersten Feldzug gegen sie fuhrte L. Lucullus im 

derselben Provinz. Derselbe Ort erscheint bei J. 603 = 151 (Vaeeaeos et Cantabros et alias ad- 

Ptol. IV 3, 31 unter den zwischen Thabraka und hue incognitas nationes in Hispania subegit Liv. 

dem Bagradas gelegenen Stadten (Kmxbmoi). Ein ep. XLVIII). Den Numantinern kamen sie dann zu 

Bischof der Canopitaner (Caniopitan.) wird im Hiilfe (Appian. Hisp. 8). Wir httren sodann, dass 
J. 411 (Coll. Carth. c. 133, bei Mansi IV 111 30 Kantabrer in Gallien mit den Aquitanern gegen 

= Migne XI 1306), ein Bischof des munieipium Caesars Legaten Crassus fochten (Caes. b. G. Ill 

Canapium im J. 649 (Mansi X 940) genannt. 26,6. Oros. VI 8, 22) und des Pompeius Legat 

[Dessau.] Afranius Mannschaften bei ihnen aushob (Caes. 

CanoYium, Ort im Gebiet der Ordovices im b. c. 138, 3). Zu ihrer Unterwerfung aber fuhrten 

westlichen Britannien, an der rOmischen Strasse erst die Feldztige des Augustus und Agrippa. Die 

von Deva (s. d.) nach Segontium (s. d.), von die- Kantabrer, Vaccaeer und Asturer standen schon 

sem 24 Millien entfernt (Itin. Ant. 482, 6 Co- im J. 725 = 29 v. Chr. im Kampf gegen die 

novio; Geogr. Rav. 428, 15 Ganubio). Ein Meilen- ROmer (Dio LI 20, 5); darauf bezieht sich des 

stein des Hadrian, gefunden zwischen Bangor und Horaz Cantaber indoetus iuga ferre nostra (c. II 
Caerhyn bei Rhiwiau, tragt die Bezeichnung as 40 6, 2) und der Cantaber bellioosus (c. II 11, 1). 

Kanovio m. p. VIII (Ephem. epigr. VII 1099; Die steigende Gefahr nOtigte den Augustus im 

ein zweiter dort gefundener Meilenstein des Se- J. 728 = 26 v. Chr. den lange geplanten Feldzug 

verus und Antoninus, nr. 1100, ist unten verstum- gegen Britannien aufzugeben und selbst die Krieg- 

melt und enthalt daher den Namen nicht). Hier- fiihrung gegen die Kantabrer und Asturer zu iiber- 

durch wird Horsleys Vermutung bestatigt, dass nehmen (Liv. epit. CXXXV — danach kurz Suet. 

die Station nach Caerhyn fallt und zugleich die Aug. 21. Strab. VI 287. XVII 821. Ampel. 47, 

richtigeNamensformfestgestellt; das heutige Aber- 4. Vict. epit. 1,7. Fest. brev. 5, 3. Oros. VI 21, 

Conwy, in der Nahe gelegen (vgl. CIL VII p. 43), 1 — 5. Iordan. Roman. 249 — ausfiihrlich Flor. 

hat den alten Namen erhalten. [Hiibner.] II 33. Dio LIII 22, 5. 25, 2; vgl. Plut. de fort. 

Cansilena, auf der Tab. Peut. statt Celena? 50 Rom. 9 p. 322 C. Joseph, bell. Iud. II 374). 

S. d. [Patsch.] Den Anlass gaben wohl ihre wiederholten raube- 

Cautaba, verschrieben fur Sandabaga (vgl. rischen Einfalle in das Gebiet der benachbarten 

Sandabal bei Ptol.), skr. Candrabhaga .Mondan- Vaccaeer, Turmoger und Vasconen (Flor. Ill 33, 

teil, -gabe', schiffbarer Strom in Pangab, welcher 47). Augustus kam selbst nach Segisama (s. d. ; 

in seinem Oberlauf noch drei andere Zufliisse Flor. II 33, 48) und suchte durch Dreiteilung 

aufnimmt und sich unter dem v Namen Akesines des Heeres unter den Legaten C. Antistius Vetus 

(s. d. Nr. 1, skr. Asikni, jetzt Cinab) in den In- und C. Furnius, sowie von der See her durch die 

dus ergiesst; Plin. VI 71. [Tomaschek.] Flotte unter M. Agrippa die Kantabrer einzu- 

Cantabri (Kavta^Qoi) und Cantabria, Volk schliessen (Flor. Ill 33. 51). Die erste Schlacht 
und Landschaft im nOrdlichen Teil von Hispania 60 fand unter den Mauem des CastellsBergidum (s. d. 

citerior. Der Name der Kantabrer wird zuerst Nr. 2) statt (Flor. Ill 33, 49); die folgenden am 

genannt, weil sich das Quellgebiet des Hiberus Berge Vindius (s. d.), bei Araceli (s. d.) und am 

in ihren Bergen befand (Cato orig. VII p. 28, 4 Berg Medullus (s. d.). Krankheit zwang den Au- 

Jord. Poseidonios bei Strab. Ill 159. Plin. Ill gustus in Tarraco zu uberwintern (Suet. Aug. 26. 

21) , 40 Millien entfernt vom Hafen von Iulio- 81). Die vorlauflge Beendigung des Krieges fallt 

briga (s. d., Plin. IV 111); ebenda entspringt in das folgende J. 729 = 25 v. Chr. (Dio LIII 

auch der Minius (Strab. Ill 153, s. d.) Von hier 25, 5. Flor. II 33, 52) durch die scheinbare 

beginnt das Gebirge Idubeda (s. d.) , zwischen Unterwerfung der Kantabrer. In diesem Feldzuge 



1493 Cantabri Cantabria 1494 

that Tiberius die ersten Kriegsdienste als Tribun Oros. I 2, 73. Aethici cosmogr. II 34 p. 98, 8 

(Suet. Tib. 9); auch die von Horaz genannten Kiese). In den von Augustus vervollstandigten 

Concaner (s. d.) wurden durch diesen Feldzug be- Listen des Agrippa waren als zum Bezirk von 

kannt (c. Ill 4, 34. Sil. Ill 361). Aber schon Clunia gehOrig (vgl. das Wunderzeichen fur den 

732 = 22 v. Chr. erhoben sich die Kantabrer von in Clunia zum Kaiser erhobenen Galba, Suet. Galba 

neuem gegen den Legaten C. Furnius; von ihm 8 in Cantabriae laeum fulmen deeidit) sieben 

geschlagen, steckten sie ihre Verschanzungen selbst Gemeinden der Kantabrer aufgezahlt (III 26), 

in Brand und kamen in den Plammen oder durch Plinius nennt davon aber nur die Neugriindung 

gemeinsam genommenes Gift um (Dio LIV 5, 1). des Augustus Iuliobriga (s. d.) , da schon Mela 
Erst im J. 735 = 19 v. Chr. gelang es dem gegen 10 (nach Varro) ihre Namen fiir unaussprechlich er- 

sie gesendeten M. Agrippa die Mannszucht der klart hatte (III 15 quae nostra ore coneipi ne- 

Legionen, die sich weigerten , gegen die Kan- queant)', auch Octaviolca (s. d.) war vielleicht 

tabrer zu kampfen — die Legio I Augusta ver- eine nach ihm oder einem seiner AngehOrigen 

schwindet seitdemaus derBeiheder Legionen (CIL benannte Stadt. Ptolemaios nennt ausser diesen 

II p. LXXXVIII) — , wiederherzustellen, fast die beiden noch sechs Gemeinden der Kantabrer (II 

ganze waffenfahige Mannschaft zu vernichten oder 6, 50) , deren Zuteilung an das eigentlich kan- 

nach Abnahme der Waffen zur Aufgabe ihrer festen tabrische Gebiet nicht ganz sicher scheint (CIL 

Castelle zu zwingen und in der Ebene anzusiedeln II p. 397. 934 , wo die alteren Schriften an- 

(Dio LIV 11, 1—5), und damit den funfjahrigen gefuhrt sind). Auf Inschriften werden Kantabrer 
Krieg zu beenden (Oros. VI 20, 9). Der iiber- 20 nicht selten genannt (CIL II 2926. 3061. 4191) ; 

standenen Beschwerden des Feldzugs gedenken die gens Cantabrorum war durch einen Plamen 

Horaz (Gantaber Agrippae virtute eeeidit ep. I und eine Plaminica beim Altar des Augustus in 

12, 26; Cantabrica bella tulisti ep. I 18, 55) und Tarraco vertreten (CIL II 4192. 4233. 4240). Auch 

Sueton (Aug. 29); bis zum kantabrischen Krieg als Cognomen, das auf Abstammung deutet, ist 

reichten des Augustus Aufzeichnungen iiber sein Gantaber nicht selten (CIL II 2953. 2957. 2971 

Leben (Suet. Aug. 85). Seitdem bildet Kantabrien = 5832. 3125. 3199. 5772. 5795. VI 14366. 14367. 

einen Bestandteil der Tarraconensis, ohne teilsweis XI 214. 3612. XII 1892. 1976. 4169. 5364. XIII 

getrennte Verwaltung wie Asturien (s. d.) und Kal- 5013. XV 442. Hydatius p. 33, 229 Momms. Suevi 

laikien (s. Callaici, vgl. Oros. VI 8, 21. Nom. Conimbricam dolore ingressi familiam nobilem 
prov. p. 129, 5. Dimens. prov. p. 13, 5). Auf die 30 Cantabri spoliant et eaptivam adducunt matrem 

durch den kantabrischen Krieg gewonnene Kennt- eum filiis) ; davon abgeleitet Gantabrinus (CIL 

nis ihrer Sitten (s. o.) gehen zuriick die Erwah- III dipl. LXXII. CIL II 5495 ; KavxaflQnvoi Agath. 

nung ihrer kleinen Waffen bei Lucan (VI 259), hist. II 17). Iuvenal braucht Gantaber im Sinn der 

ihrer Schuhe, an die den Seneca die der Korsen naturwiichsigenundeinfachenBewohnerHispaniens 

erinnerten (dial. XII 7, 9), von ihrer Ausdauer iiberhaupt (15, 108 sed Gantaber unde stoicus^). 

und Kriegstuchtigkeit bei Silius (III 326. 639. IX Von Erzeugnissen des Landes werden genannt 

232), ihrer dichtenWurfspeere(X 16. XV 412. XVI das plumbum nigrum (Plin. XXXIV 158) und 

46; vgl. Isid. orig. IX 2, 113). Zwei kantabrische der Magnet (Plin. XXXIV 148 hie lapis et in 

Cohorten dienten seitdem im romischen Heere, Cantabria nascitur non ut Me magnes verus 
die II. im J. 86 in Iudaea (Eph. epig. V p. 168); 40 eaute continua, sed sparsa bullatione; ita ap- 

auch die ala Gampagonum (s. o. S. 1433 und pellant); dass der kantabrische Ocean bei der Ge- 

Bd. I S. 1236) scheint asturischen oder kanta- burt der Serena Edelsteine ausgeworfen habe, wie 

brischen Ursprungs. Cantabri erscheinen danach Claudian sagt (laus Serenae 74), ist kaum wOrt- 

unter den Truppen (bei Hygin. de munit. castr. c. lich zu nehmen Ausser den schon erwahnten 

29. 30). Aus dem kantabrischen Peldzuge des kantabrischen Schinken (Strab. Ill 162. Athen. 

Augustus stammt wohl die Bezeichnung einer Form XIV 658 a) werden als Erzeugnisse ferner ange- 

des Aufmarsches und Angriffes der Beiterei als fiihrt die heilkraftige herba Cantabrica (Cels. V 

Cantabrieus [impetus] in der Kede des Hadrian 27, 10), per divi Augusti tempora a Cantabris 

vom J. 128 an die Truppen von Lambaesis (CIL reperta (Plin. XXV 85. 101) und die Kleie (ean- 
Vin 2532 A a 7), KavrafSQixr] enekaaig und Kav- 50 tabrum Apic. 7, 260. 291. Cael. Aurel. acut. II 

zaPqixos kvxXos (Arrian. tact. 40, 1. 6), Can- 9, 53. Ill 3, 16; chron. Ill 4, 63. IV 3, 47. Cass. 

tabrum hiess vielleicht deshalb eine zuerst bei Felix p. 8, 11 u. s. w. Pelagon. 1, 6. 7, 132. 31, 

Tertullian erwahnte Standarte (apolog. 16; ad 461 und andere Arzte); davon der sueus Canta- 

nat. I 12. Minuc. Felix Octav. 29, 7) und can- brims (Veget. mulomed. V 56, 3) und die Krank- 

tabrarius ihr Trager (Cod. Theod. XIV 7, 3). heit eantabries (Cass. Felix 6). Im 5. Jhdt. 

Miinzen des Gallienus nennen einen IofvisJ Can- machen die Kantabrer wieder von sich reden (Hy- 

tab(rorum) (Cohen Monn. de l'emp. V2 378). datius chron. a. 465 p. 28, 171 Momms. Canta- 

Von den rSmischen Strassen des Gebietes (Itin. briarum et Vardulliarum loea maritima; vgl. 

Ant. 439, 15) ist noch nichts genauer bekannt. Venantius Fortunatus carm. X 19, 11; append. 
Die Kustenflusse Kantabriens bis zur Salia (jetzt 60 carm. 2, 30. Sisebutus Br. an Isidor v. 8). Seit- 

Sella, s. d.) hat nach Varros Kustenbeschreibung dem bleibt der Name nur noch den Gelehrten be- 

Melas Text nicht ohne Liicken und Verderbnisse kannt. [Hfibner.] 

erhalten (III 15; vgl. Plin. IV 111); als Orakel- Cantabria, Gottin, auf einer fruher in Topusko 

quelle nennt Plinius die f antes Tamariei, die (Pann. sup.), jetzt im Agramer Museum beflnd- 

vielmehr nach Kallaikien gehoren (XXXI 23). lichen Inschrift erwahnt, CIL III Suppl. 10832 

Das Meer an der Nordkuste Hispaniens hiess da- Cantabria saerfumj eustod(es) eiusdem. Die In- 

nach der kantabrische Ocean (Plin. XXXIV 149. schrift gait fruher als unecht (CIL III 200*). 

Ptolem. II 6, 3. 73. VIII 4, 2. Marcian. II 16. [Ihm.] 



1495 Cantabrinus Canticum 1496 

Cantabrinus s. Aemilius Nr. 145. tragmagunsererBecitationinseinen verschiedenen 

Cantabruin. 1) Kleie. Corp. gloss. Ill 314, Abstufungen entsprochen haben, indem er sich in 

9 nvxiQa. Cael. Aurel. acut. II 19 vgl. mit Hip- der Tragoedie vielleicht mehr dem Gesang, in der 

pocr. II 37 K. Schol. Iuv. 5, 11. Apic. VII 260. Komoedie melir der gesprochenen Declamation 

Cael. Aurel. chron. Ill 2. IV 3. Th. Prise. II 4. naherte. Die Frage nach den griecbischen Vor- 

Veget. de re veter. Ill 57. Bei spaten Schrift- bildern der romiscnen C. hat eine neue Unterlage 

stellern bezeichnet C. und cantabrus panis ein gewonnen, seit ein alexandrinischer Papyrus uns 

grobes Brot, panis furfureus. Corp. gloss. HI ein Stuck dramatischer Lyrik aus hellenistischer 

314, 26 miTvQlxrjs eantabricius. Zeit kennen gelehrt hat, vgl. v. Wilamowitz 

2) Eine Pahne. Minuc. Fel. Oct. 29, 7. Ter- 10 Gott. Nachr. 1896, 231. Crusius Philol. 1896, 384 

tull. apol. 16; ad nat. I 12; der Trager derselben, und vor allem F. Leo Die plautinischen Cantica 

cantabrarius , Cod. Theod. XIV 7, 2. Naheres und die hellenistische Lyrik [Abb.. Gesellsch. d. 

Tiber dieselbe ist nicht bekannt. auch der Ursprung Wiss. Gsttingen N. P. I] Berlin 1897. 

des Namens (von cantarel; doch s. o. S. 1493, Im weiteren Sinn bezeichnet c. im Drama 

51) dunkel. [Mau.] nicht nur die lyrischen, sondern auch die in Sep- 

Cantai Niscai (?). Auf einem in einer Ther- tenaren geschriebenen Partien (Monologe undDia- 

malquelle in Amelie-les-Bains (Gallia Narb.) ge- loge) im Gegensatze zu dem diverbium (oder de- 

fundenen Bleitafelchen heisst es Kantas Niskas verbium, s. Art. Diverbium), das in iambischen 

rogamos et deprecamus vos . . sanate non . . . Senaren gehalten ist. Im Codex vetus des Plau- 
(das Weitere ist unverstandlich), OIL XII 5367. 20 tus und zum Teil auch im Decurtatus sind, 

Lebegue Rev. arch. 3. s. XII 137ff. Nach Le- besonders zum Trinummus, Poenulus, Pseudolus, 

begue sollen es die Quellnymphen des Pundortes Truculentus, diese beiden Bestandteile durch die 

sein, die um Heilung angefleht werden, und Hoi- Buchstaben C und DV von einander unterschie- 

der Altcelt. Sprachschatz I 744 registriert Kan- den. Das Alter dieser Beischriften wird ver- 

tai Niskai als keltische Gottheiten. Vielleicht biirgt durch die Nachricht des Donatus praef. 

sind es nur magische Worte einer Devotion, deren Ter. Adelph. a. a. 0. : saepe tamen mutatis 

Verstandnis fur uns, wie in so vielen andern Pal- per scaenam modis cantica mutavit (temperavit 

len, in Dunkel gehullt ist. Vgl. E. Heim In- Bergk231), quod signiftcat titulus scaenae ha- 

cantamenta magica, Jahrb. f. Philol. Suppl. XIX bens subiectas personis litteras MMC, item di- 
1892, 525ff. 541. [Dim.] BOverbia ab histrionibus erebro pronuntiata sunt, 

Cantauriani , maurische Velkerschaft , mit quae signifieantur D et U litteris secundum per- 

•der der romische Peldherr Theodosius im J. 393 sonarum nomina praescriptis in eo loco, ubi 

in Unterhandlung trat, Ammian. Marc. XXIX ineipit seaena. Die Bezeichnung der Septenar- 

5, 33. [Dessau.] partien als e. lasst sich nur daraus erklaren, dass 

Canthace, eine Stadt im siidwestlichen Ara- sie unter Flotenbegleitung nach Art der griechi- 

bien (Plin. VI 158). [D. H. Miiller.] schen nagaxaraloyri (Christ Abhandl. Akad. 

Cantharus s. Kantharos. Miinchen XIII [1875] 3, 170f.) und unseres Melo- 

Cantichus sinus, ein gegen Siiden geOffneter drams vorgetragen wurden , wahrend die in Se- 

Golf hinter Karmania, Amm. Marc. XXIII 6, 12; naren geschriebenen Auftritte der Musik entbehr- 
xoXjcos Kdv&t (s. d.) des Ptolemaeus? oder ist Oan- 40 ten. Die Cantica (in diesem weiteren Sinn) haben 

geticus zu verbessern? Vgl. Chalites sinus. in den plautinischen Komoedien (mit Ausnahme des 

[Tomaschek.] Poenulus) das tjbergewicht iiber die nicht von 

Cantici,kaukasischesBergvolk am PlussOcha- Musik begleitete Declamation, wobei aber wieder 

rius, Plin. VI 22; vielleicht deutbar aus oecen. kanth, die Septenarscenen (Melodrame) fast durchweg 

thusi hnath. .Bursche, Jflngling'. [Tomaschek.] das tfbergewicht iiber die lyrischen Partien haben 

Canticum (von cano), das Gesangsstuck, im (Ritschl 29). Ahnlich mag, nach dem reichen 

allgemeinen jedes von einem Chore (Vitruv. V Gebrauch der trochaeischen Septenare im Dialog 

praef. Phaedrus V 7, 25. Suet. Galba 13) zu schliessen, das Verhaltnis in der Tragoedie 

•oder von einem einzelnen vorgetragene Lied. In gewesen sein (Eibbeck 637). 
pragnantem Sinn bezeichnet C. im Unterschied 50 C. und Diverbium als die zwei alleinigen Be- 

von chorus die von einem einzelnen Schauspieler standteile der Komoedie bezeugt Diomedes GL I 

unter Musikbegleitung vorgetragenen Partien des 491, 29: Latinae igitur comoediae ehorum non 

rOmischen Dramas (Diomedes GL I 491, 20), vor- habent, sed duobus membris tantum constant: 

zugsweise die lyrischen Partien , die den Mono- diverbio et eantico. Vgl. Donat praef. Ter. Andr. 

<lien der griechischen Tragoedie gleichgesetzt wer- p. 4, 1 Eeiff. : diverbiis autem et canticis lepide 

den konnen, vgl. Diomedes GL I 491, 29 : in can- distineta est; Phorm. p. 14, 17: tota diverbiis fa- 

ticis autem una tantum debet esse persona, aut cetissimis . . . et suavissimis ornata canticis fuit, 

si duae fuerint, ita esse debent, ut ex occuito vgl. ebd. p. 7, 12 (s. o.). 10, 15. 12, 22. Ausfiihr- 

una audiat nee colloquatur, sed secum, si opus licher wird fiber die verschiedene Vortragsweise be- 
fuerit, verba faciat. Solche Cantica kamen in der 60 richtet in dem dem Donat zugeschriebenen Tractat 

Tragoedie ebenso wie in den verschiedenen Arten de comoediap. 12, 7 Eeiff. : diverbia histriones pro- 

der Komoedie, aber auch in der Atellana (Suet, nuntiabant; cantica vero temperabantur modis 

Nero 39) und im Mimus (Petron. 35) vor. Sie non a poeta sed a perito artis musieae factis. Ne- 

sind zum gr6sseren Teil in anapastischen Bhyth- que enim omnia isdem modis in uno eantico age- 

men oder in gemischten Versen gedichtet und bantur, sed saepe mutatis. Allerdings kann es 

wurden von dem Pletenspieler mit entsprechenden fraglich erscheinen , ob hier iiberall Diverbium 

Melodien begleitet (mutatis modis cantica, Do- und C. in derselben Weise gegeneinander abge- 

nat. praef. Ter. Adelph. p. 7, 12 Eeiff.). Der Vor- grenzt sind , wie in den Plautus-Hss. , oder ob 



1497 Canticum Cantium promontorium 1498 

die unter Flotenbegleitung gesprochenen Verse moedia p. 12, 8 (s. o.). Die Floten, die bei den 

gelegentlich auch den Diverbien zugerechnet wor- Cantica verwendet wurden, waren tibiae pythau- 

den sind, so dass der Name c. auf die in lyrischen licae, die von den zur Begleitung der Chore die- 

Massen gehaltenen , recitativisch vorgetragenen nenden Instrumenten (tibiae choraulicae) verschie- 

Partien beschrankt blieb. den waren, vgl. Diomedes GL I 492. 

Auf Cantica im engeren Sinn bezieht sich ge- Litteratur: G. Hermann De canticis in Ro- 

wiss, was Livius VII 2, 10 fiber die Art der Auf- manorum fabulis (opusc. I 290). Grysar Das 

ffihrungberichtet: (fo'ctiwr (Livius Andronicus) cum Canticum und der Chor in der rOmisehen Tra- 

saepius revocatus voeem obtudisset, venia petita goedie , S.-Ber. Akad. Wien XV (1855) 365. 
puerum ad canendum ante tibieinem cum sta- lORitschl Rhein. Mus. XXVI 599ff. XXVII 186ff. 

tuisset, canticum egisse aliquanto magis vigente (Opusc. Ill Iff.). Bergk Philol. XXXI 229ff. 

motu, quia nihil vocis usus impediebat : inde (Opuscula I 192ff.). Ribbeck Rom. Tragoedie 

ad manum eantari histrionibus coeptum diver- 24. 634. Christ Metrik 2 676f. Friedlander 

biaque tanturn ipsorum voci relicta, vgl. Val. bei Marquardt Rom. Staatsverwaltung III 523. 

Max. II 4, 4: adhibito pueri et tibieinis con- Teuffel R. L.-G. 5 § 16, 5. [Reisch.] 

centu, gestieulationem taeitus peregit. Lukian. de Cantii, britannisches Volk im jetzigen Kent 

saltat. 30. Isidor. orig. XVIII 44. Eine solche (Ptol. II 3, 12) mit den Stadten Londinium, Du- 

Teilung der Darstellung ist natiirlich nur bei rovernum und Rutupiae (s. d.). Der Name des 

lyrischen Monodien, nicht bei den zwischen meh- Vorgebirges, zuerst auf die Landschaft ausgedehnt, 
reren Personen verteilten Septenar- oder Octonar- 20 scheint erst spat Volksname geworden zu sein 

Partien mOglich. Auch war sie vielleicht auf Can- ( Gantiaci gracisierend beim Geogr. Rav. 428, 4). 

tica der Tragoedien beschrankt, die in ihrer reci- Schon bei Caesar werden als longe humanissimi 

tativischen Durchfuhrung grSssere Anforderungen aller britannischen Volkerschaften bezeichnet qui 

an die Gesangskunst stellten und gleichzeitig ein Cantium incolunt (b. G. V 14, 1) und vier Konige 

lebhaftes Geberdenspiel erheischten. Es ist be- jener Gegenden genannt (b. G. V 22, 1); vgl. 

greiflich, dass der Schauspieler den Anspriichen Cantium promontorium. [Hubner.] 

gesangsmassigen Vortrags nicht immer gewachsen Cantilia, an der Strasse von Augustonemetum 

war. Wollte man auf kunstvollere musikalische (Clermont-Ferrand) nach Limonum (Poitiers), jetzt 

Durchfuhrung nicht verzichten , so musste man Chantelle-la-Vieille (dep. Allier), Tab. Peut. Sidon. 
daffir einen besonderen Sanger (cantor) bestellen, 30 Apoll. epist. IV 13 (Gantillensem ecclesiam). 

wahrend der Schauspieler (actor) sich aufblosses Geogr. Rav. rv 40 p. 298 (Gantilia). Desjar- 

Geberdenspiel beschrankte. Fur uns, die wir ge- dins Table de Peut. 43; Geogr. de la Gaule II 

wohnt sind, bei Opernsangern ungeniigendes Ge- 424. 427. [Ihm.] 

berdenspiel hinzunehmen und bei Schauspielern L. Cantilius, pontiflcischer Schreiber, wurde 

auf Mitwirkung eines musikalischen Elementes zu 538 = 216 wegen Verfuhrung einer Vestalin offent- 

verzichten, ist die rOmische Darstellungsweise, lich zu Tode gepeitscht (Cass. Hemina frg. 32 

die uns jede Illusion zu zerstOren scheint, befremd- Peter. Liv. XXII 57, 3). [Munzer.] 

lich und anstossig. Sie kommt dem Pantomimus Cantiocaptae , kaukasisches Bergvolk sfid- 

(s. d.) sehr nahe (Fried Ian der Sittengeschichte lich von der Maiotis, Plin. VI 21; Endsilbe -tae 
116 447), wenn auch die gelauflge Ansicht, dass der 40 gleich dem oset. Plur. suff. -thai Vgl. Can tic i 

Pantomimus erst aus dieser Teilung der Rollen bei und Sapei. [Tomaschek.] 

den Cantica erwachsen ist, schwerlich richtig ist. Cantioebis (Karuoipk) , Stadt im sfidlichen 

Man wird aber nicht annehmen durfen, dass inneren Germanien, in der Nahe der Donau ge- 

diese Darstellungsweise bei alien Monodien statt- legen, Ptol. II 11, 15. Nach C. Miiller viel- 

hatte. Je nach den gesanglichen Fahigkeiten leicht Gunzenhausen. [Ihm.] 

des Schauspielers und je nach der musikalischen Cantismerta, keltische Gottin, bekannt durch 

Beschaffenheit des Recitativs inag dem Sanger eine in Lens (Kanton Wallis) gefundene Inschrift, 

neben dem Schauspieler eine grOssere oder ge- CIL XII 131 Gantismerte L. Quartillius Quar- 

ringere Rolle zugefallen sein. Viele Cantica waren tinus I. m. Vgl. die Gottin Bo-smerta und die 
vermutlich mehr zu melodramatischem als zu reci- 50 gallischen Namen Smertullus, Smertulitanus u. a. 

tativischem Vortrag bestimmt, und diese wurden Bonn. Jahrb. LXXXIII 48. Gin ck Kelt. Namen 85. 
ohne Zweifel immer von dem Actor selbst ge- [Ihm.] 

sprochen So hat der Schauspieler Aesopus das Cantium promontorium, Vorgebirge in Bri- 

C. des Teucer (aus Accius ,Eurysakes', Ribbeck tannien, dieser Insel Ostlichster Punkt, jetzt Cap 

357) selbst vorgetragen , Cic. pro Sestio . 120f. Paperness in Kent in England, schon in den Be- 

Ein von Roscius gesprochenes C. erwahnt Cicero richten des Pytheas erwahnt (Diod. V 21, 3. Strnb. 

ad fam. IX 22. Nicht bios auf das Geberden- I 63. IV 193. V 199) mit Angabe seiner Ent- 

spiel, sondern auch auf den Vortrag wird sich fernung von den gegeniiberliegenden Mfindungen 

beziehen, was Cicero de orat. I 254 von Roscius des Rheins und der Seine, seitdem einer der Angel- 
berichtet: solet ... dieere, se quo plus sibi 60 punkte fur die Messung und Beschreibung des 

aetatis aecederet, eo tardiores tibieinis modos et nordwestlichen Europa (Ptol. II 3, 3. 4 in seiner 

eantus remissiores esse faeturum; de leg. I 11: Stellung zur Themsemundung) ; wiederholt bei 

quemadmodum Roscius .... in senectute nu- Caesars britannischem Feldzug genannt (b. G. V 

meros in eantu (remissius Vahlen) cecinerat 13, 1. 14, 1. 22, 1) als Platz, wo alle Schiffe aus 

ipsasque tardiores feeerat tibias. Gallien anlegten. Spat erst erscheint als Name 

Dem Musiker , der die Flbtenbegleitung zu der Landschaft Gantia (Gregor. Tur. hist. Franc, 

den Cantica verfasste, kam eine hervorragende IV 19 Ganthia; 1X26 Canthia. Baeda hist. eccl. 

Stelle neben dem Dichter zu, vgl. Donat. de co- I 15 u. s.), besonders in Urkunden des 7. und 8. 



1499 Cantobennicus mons Canuleius 1500 

Jhdts. Doch ist Oantius als keltischer Manns- Florus (I 25. Ampel. XXV 3) gar von einer Se- 

name haufig (z. B. Ephem. epigr. VII 844) und cession auf den Ianiculus, die durch die Partei- 

der Stamm des Wortes in zahlreichen Ableitungen kampfe wegen der Rogation des C. veranlasst 

erhalten. [Htibner.] wurde, eine vollstandig unglaubwiirdige Angabe. 

Cantobennicns mons, in der Auvergne, jetzt C. beteiligte sich auch bei dem Antrage seiner 

,le mont Chanturgue' bei Clermont, Gregor. Tur. Amtsgenossen, dass den Plebeiern der Zutritt zum 

hist. Franc. II 21. Holder Altcelt. Sprachschatz Consulat erOffnet werden sollte (Liv. IV 1, 6. 2, 

s. Gantobennon. Longnon Geogr. de la Gaule 7. 3, 1 — 6, 5. Dionys. XI 57. 58). 

497f. [Ihm.] 3) C Canuleius, Tribunus plebis 655 = 99, 

Cantor, der Sanger, bei Cic. pro Sestio 118 10 zog den Tribunen P. Purius vor Gericht, weil er 

der Chorsanger. Bei der Darstellung der Cantica im vorhergehenden Jahre der Zurfickbenrfung des 

in den Dramen kam es vor, dass der Schauspieler Metellus Numidicus widersprochen hatte (App. 

(actor) bios das mimische Spiel zur Darstellung b. c. I 33). 

brachte, wahrend der Gesang von einem beson- 4) C. Canuleius, Sohn eines Q., aus Capua, 

deren Sanger (cantor) vorgetragen wurde, s. Can- diente in Caesars siebenter Legion und spater 

ticum. Doch kann auch der Schauspieler selbst wohl unter Octavian als Freiwilliger. Seine und 

c. bezeichnet werden, da sein Vortrag mehr- seines Bruders Grabschrift (CIL I 624 = X 



fach in Eecitative tibergeht. Wenn Horaz ad mit Mom m sens Anm., vgl. Nr. 11) ist die alteste, 

Pison. 155 sagt: donee cantor vos plaudite di- die eine bestimmte Legion nennt und die milita- 
eit, so ist unter c. wohl der Schauspieler, dem20rischen Decorationen verzeichnet. [Miinzer.] 

gerade die Schlussworte zugefallen sind, zu ver- 5) L. Ganoleios L. f. aus der unteritalischen 

stehen. In der Kaiserzeit wird cantare von dem Stadt Cales, einer der bedeutendsten Fabrikanten 

schauspielerischen Vortrag einzelner Cantica der von sog. calenischen Vasen, gepressten Relief- 

Tragoedie gesagt im Gegensatz zu saltare, der schalen meist in der Form der patera umbili- 

Darstellungsweise des Pantomimus (s. d.). Gry- eata, mit glanzendem, den Metallglanz der kost- 

sar S.-Ber. Akad. Wien XV 365f. Boissier baren Gefasse, deren Surrogat sie bilden, imi- 

Bev. arche'ol. N.S. II 4 (1861) 333f. Fried- tierendem Firnis. Die Herstellung dieser Vasen, 

lander Sittengesch. 116 447. [Reisch.] die ausser an dem Fabrikort in Latium, Etrurien 

Cantourisa s. Catorissium. und Sicilien gefunden werden, kann nach dem 
Cantrius. Cantria P. f. Longina, Gattin des 30 Schriftcharakter der Signaturen nicht vor 234 

Dichters M. Pomponius Bassulus, saeerdos flam(i- begonnen haben und scheint namentlich im 2. Jhdt. 

nica) div[ae] luliae Pia[e] [A]u[g](ustae) etc., v. Chr. gebluht zu haben. Von C. besitzen wir 

CIL IX 1153. 1164. Die Zeit ergiebt sich dar- bis jetzt neun teils vollstandig erhaltene teils 

aus, dass die Consecration der Iulia, der Tochter fragmentierte Schalen (s. die Aufzahlung bei 

des Kaisers Titus, nach dem J. 89 n. Chr. statt- FOrster Ann. d. Inst. LV 1883, 74 und Momm- 

fand (Eckhel VI 366. Cohen 12 466 nr. 9); vgl. sen CIL X 8054, 2). Einige enthalten mythische 

Mommsen zu CIL IX 1153 und 1165. [Stein.] Scenen, den Raub der Kore, Aim. d. Inst. LV 1883 

Cantrusteihiae, Beiname der Matronae auf tav. J, die Abenteuer des Odysseus mit den Sirenen 

zwei Inschriften, von denen die eine in Tetz bei und der Skylla, ebd. XL VII 1875 tav. N 2, eine 
Jiilich (Brambach CIRh. 605), die andere in 40 die Biiste des Helios, die ubrigen bakchische Fi- 

Hoeylaert bei Briissel (Bulletin des commiss. roya- guren oder Embleme, Tierfriese, Metallornamente. 

les 1870, 374. 378 = Bonn. Jahrb. L/LI 304) ge- Charakteristisch ist die Vierteilung der Compo- 

funden wurde. Eine Beziehung zu den Con- sition (vier Schiffe, vier Quadrigen). Griechische 

drusi ist unwahrscheinlich ; vgl. den gallischen Vorlagen sind offenbar stark benutzt, wie iiber- 

Namen Gantrus und die Andrustehiae f-eihiaej, haupt die ganze Gattung aus Griechenland zu 

Bonn. Jahrb. LXXXIII 27. [Ihm.] stammen scheint. Die kiinstlerische Ausfuhrung 

ad Cantunas novas hiess eine Localitat im steht verhaltnismassig tief. Brunn Kunstler- 

rOmischenColn, woeinThonwarenfabrikantnamens Gesch. I 534. Frohner Muse'es de France p. 48. 

Vindex seine Fabrik hatte. Sein Fabrikstempel Forster a. a. O. Marquardt-Mau Privatleb. 
lautet in der vollstandigsten Fassung Vindex fe-hOi. Rom. 113 659. Dragendorff Terra sigillata 

(cit) C(oloniae) C(laudiae) A(ugustae) A(grip- 7 (23). Stephani Compt. rend. 1874, 90. 

pinensium) ad eantunas novas, Jos. Klein Rhein. Die Inschriften Ritschl Prise, latin, monum. tab. 

Jahrb. LXXIX 178ff. Vgl. Weckerling Korr.- 10 J; Suppl. II 10. Ill 14. IV 17. Wilmanns 

Bl. d. Westd. Ztschr. IV 1885, 81. Holder Alt- Eph. epigr. I 1872 p. 1—9. Mommsen St.-R. 

celt. Sprachschatz s. cantuna. [Ihm.] Ill 428, 1. [C. Robert.] 

Cantnnaecus s. Bcantunaecus. 6) L. Canuleius, ging 580 = 174 als Ge- 

Canucis (Kavovxig) s. Gunugis. sandter nach Aetolien (Liv. XLI 25, 5); er ist 

Canuleius, rfimisches plebeisches Geschlecht. vielleicht identisch mit L. Canuleius Dives (Nr. 12). 

1) Canuleius wurde friiher auf der Inschrift 7) L. Canuleius. Briefe, die er um 682 = 72 aus 
CIG III 4152 d (Amastris) falsch gelesen. Rich- 60 Syrakus schrieb, waren wichtige Zeugnisse gegen 
tig heisst der Name des daselbst genannten Legaten den Statthalter Verres (Cic. Verr. II 171. 176. 182f.). 
von Bithynien Lollianus Avitus; vgl. G. Hirsch- 8) L. Canuleius, Legat Caesars in Epirus 706 
feld S.-Ber. Akad. Berl. 1888, 875. [Groag.] = 48 (Caes. b. c. Ill 42, 3). 

2) C. Canuleius, Tribunus plebis 309 = 445, 9) M. Canuleius war 334 = 420 Volkstribun 
brachte das nach ihm benannte Gesetz ein, das und einer der Anklager des C. Sempronius Atra- 
den Patriciern und der Plebs Conubium gewahrte tinus (Liv. IV 44, 6f.). 

(Cic. rep. II 63. Liv. IV 1, 1). Dionys hat es 10) M. Canuleius, in einem Processe von Cotta 

auffallenderweise nicht erwahnt; dagegen weiss und Hortensius verteidigt (Cic. Brut. 317). 



1501 Canum oppidum Canusius 1502 

11) Q. Canuleius, Sohn eines Q., aus Capua, rOmischen Heeres Zuflucht in C. (Liv. XXXII 
alterer Bruder von Nr. 4 und wie dieser Soldat 52—54. Val. Max. IV 8, 2. Appian. Hann. 24. 
in Caesars siebenter Legion , flel ganz jung in 26. Dio frg. 57, 29 ; vgl. Polyb. Ill 107. Auct. 
Gallien, CIL I 624 = X 3886 mit Mommsens de v. ill. 49. Frontin strateg. IV 5, 7. Sil. Ital. 
Anm. X 389); auch im weiteren Verlauf des Krieges 

12) L. Canuleius Dives erhielt im J. 583 blieb C. der rOmischen Sache treu (Liv. XXVII 
= 171 die Praetur und die beiden spanischen 12, 7). Im Bundesgenossenkriege flel C. von 
Provinzen (Liv. XLII 28, 5. 31, 9). Er wurde Kom ab (Appian. b. c. I 42. 52. 84) und scheint 
mit der Leitung eines Processes wegen Erpres- gelitten zu haben, so dass Strabon (VI 283) die 
sungen betraut, die einige seiner Vorganger dort 10 Stadt im Vergleich zu ihrer ehemaligen Grosse 
veriibt hatten (XLIII 2, 3), brach aber nach der gesunken nennt. Nichtsdestoweniger bliihte die 
Verurteilung von drei Schuldigen die Gerichts- Stadt auch spater und in der ganzen Kaiserzeit 
verhandlung ab , was gegen ihn selbst Verdacht durch ihren Handel ; ihr Hafen (e/Mi6(>iov rcov 
erregte, und reiste in die Provinz ab (2, 11). Hier Kavvmxfav Strab. VI 283) am Aufldus, der in 
richtete er die Colonie Carteia ein (3, 3); vgl. seinem untersten Laufe auch fur kleine Seefahr- 
Nr. 6. zeuge schiffbar war, ist vielleicht mit Cannae 

13) Canuleia , angeblich eine der ersten von identisch. Besonders benihmt war die Wolle der 
KonigNuma eingesetzten Vestalinnen (Plut. Numa apulischen Herden, welche in C. verarbeitet und 
10, 1). [Miinzer.] gefarbt wurde (Plin. VIII 190. Martial. XIV 127 

Canum oppidum, Stadt in der agyptischen 20 Ganusinae fuscae. XIV 129 G. rufae. Hist. Aug. 

Heptanomis, Plin. n. h. V 61, tlbersetzung des Carin. 19: birri Canusini. Edict. Diocl. 19, 38 

griechischen Kynopolis (s. d.), in der Nahe des /?4><?o? KavvaeTvos xalXioxog oijfuwros den. 4000 

heutigen Schech el Fadhl. [Sethe.] undBlfimner z.d. St.; clamys Canusina in (lerln- 

Canus. 1) Sehr berfihmter FlStenspieler, den schrift von Thorigny Mommsen Ber. der sachs. 

Kaiser Galba fur sein herrliches Spiel aus Eigenem, Ges. d. Wiss. 1852, 240 ; vgl. noch Martial. IX 22, 9. 

wenn auch nur massig, beschenkte (Suet. Galb. Athen. Ill 97 C. Suet. Nero 30). Das purpuris- 

12. Plut. Galb. 16). Wiederholt werden von ihm sum Canusinum vilissimum erwahnt Plin. XXXV 

Ausserungen mitgeteilt; so bei Plut. an seni res 45. C. war eine bedeutende Station der Via Appia, 

p. ger. sit c. 5 p. 786 C , ferner anlasslich der der spateren Traiana (Cic. ad Att. I 13, 1. VIII 
Unterredung, die er auf Rhodos mit Apollonios 30 1 1 D, 1. Caes. b. c. I 24. Appian. b. c. V 57. 

von Tyana gehabt haben soil (Philostr. vit. Ap. Hist. Aug. Marc. 8; Ver. 6. Itin. Ant. 117; Hiero- 

V 21). Ausserdem wird er bei Mart. IV 5, 8. solym. 609. Geogr. Rav. IV 35 p. 282 P.): der 

X 3, 8 genannt. [Stein.] Verfassung nach in fruherer Kaiserzeit Municipium 

2) Oanus, Name eines Clienten bei Mart. 1 80. (Plin. Ill 104) und zur Tribus Oufentina gehorig. 

3) Ranus , Consul mit Camerinus, vielleicht Unter Antoninus Pius wurde sie zur Colonie ge- 
niit C. Pomponius Camerinus cos. ord. 138 n. Chr., macht und heisst seitdem vollstandig eolonia 
wonach man Kanus fiir ein zweites Cognomen von Aurelia Augusta Pia Ganusium (CIL IV 344) ; 
dessen Collegen T. Iunius Niger oder fiir einen die Umwandlung leitete Herodes Atticus, der auch 
Consul suffectus dieses Jahres halten miisste, CIL die an Trockenheit leidende Stadt (vgl. Horat. 
XV 707 mit Anmerkung, [Groag.] 40 sat. I 5, 91) mit einer Wasserleitung beschenkte 

4) S. Iulius, Sulpicius. (Philostr. vit. soph. II 1, 5 p. 551; WasserrOhre 
Cannsinm [Kavvaiov meistens die Griechen; mit r(ei) pfublicaej GfanusinorumJ eur(ante) P. 

Einw. Canusinus, KavvaXvog oder Karvaitijs), be- Graec(idio) Firmo Not. d. scavi 1894, 408). Ein 

deutende Stadt Apuliens am rechten Ufer des Verzeichnis der Patrone, Magistrate und Decuri- 

Aufidus, etwa 20 km. von seiner Miindung. Die Sage onen aus dem J. 223 giebt die jetzt im Museum 

nennt den Diomedes als Grander (Strab. VII 283. von Neapel beflndliche Bronzetafel CIL IX 338. 

Horat. sat. I 5, 92. Serv. Aen. XI 246 Ganusium Als eolonia erscheint C. auch in den Inschriften 

Gynexjetieon, quod in eo loco [Diomedes] venari CIL IX 334. 339. 1619. VI 1419 und im Liber 

solitus erat), nach dem auch die fruchtbare Ebene colon. 210. Noch im 6. Jhdt. wird C. als eine 
um die Stadt Diomedis campi (s. d.) hiess. Den 50 der bedeutendsten Stadte Apuliens genannt (Pro- 

griechischen Ursprung bekundete noch bis in die kop. bell. Goth. Ill 18. Paul. Diac. hist. Rom. 

Kaiserzeit hinein der Gebrauch der griechischen II 22), war auch schon frilh Bischofssitz; ein Ster- 

Sprache (Horat. sat. I 10, 30 : Canusini more eorius a Ganusio als Teilnehmer am Concil von 

bilinguis, wo die Scholien zu vgl.); griechisch Serdica 357 erwahnt von Hilarius Pictav. II 632 

ist die Legende der Silber- und Kupfermiinzen (bei Migne patrol, lat. X 643). Vgl. noch Gregor. 

(Garrucci Monete d'ltalia 94. Berliner Miinz- Magn. ep. I 51 und Ughelli Ital. sacra X 35. 

katalog III 1, 190); ausserst zahlreich sind die in Unter den Ruinen sind, ausser zahlreichen Grabern, 

der Nekropole gefundenen bemalten Vasen (M. Reste eines Thors und einer Wasserleitung zu 

Ruggiero Scavi di antichita nelle provincie di erwahnen (Romanelli Topogr. storica II 262ff. ; 
Terraferma 523-561. Mi Hi n Description des torn- 60 Neuere Ausgrabungen Not. d. scavi 1878, 175. 

beaux de Canosa, Paris 1816. Ann. d. Inst. 1848, 192f. 1885, 531). Gelegentlich wird C. noch er- 

150. 1873, 20-22. Archaeol. Ztg 1857, 56. Bull. wahnt bei Varro de r. r. I 8, 2. Mela II 66. 

d. Inst. 1829, 181. 1868, 183. Not. d. scavi 1879, Plin. Ill 102. 104. VI 217. Ptol. Ill 1, 63; in- 

348. 1880, 189. 1881, 94. 1886, 87. 1887, 199. schriftlich CIL IX 688 (curator reip. G). X 3958. 

421. 1891, 135. 207. 1893, 85. 441. 1894, 150. Lateinische Inschriften aus C. CIL IX 324-413. 

1896, 491). Unter rbmische Botmassigkeit kam 6186—6192. [Hiilsen.] 

C. im J. 318 (Liv. IX 20). Nach der Schlacht Canusius. Q. Canusius Praenestinus, Consul 

bei Cannae fanden die Trummer des geschlagenen suffectus am 13. December, wahrscheinlich des 



1503 Canutius Capelianus 1504 

J. 157 n. Chr. , imit C. Lusius Sparsus (CIL III Caparenses, Beiname der Nymphen, von der 

p. 882 dipl. XL, vgl. Mommsens Anm.). Er lasitanischen Stadt Capara oder Capera (s. d.), 

wird ausserdem genannt CIL XIV 3932. XV 913. CIL II 883. 884. 891. Holder Altcelt. Sprach- 

Lanciani Silloge epigr. aquaria p. 218 nr. 41. schatz s. Capera. Bonn. Jahrb. LXXXIII 93. 
Ann. d. Inst. 1870, 188 nr. 236. [Groag.] [Ihm.] 

Canutius s. Cannutius. Capedo (Demin. eapedunmla), eappudo, ein 

Cap A. v. Domaszewski vermutet einfaches thonernes Gefass, das beim Opfer ge- 

in CIL III 8354: LfaribusJ p(vhlieis) Cap.... braucht wurde, Cic. n. d. Ill 17; parad. I 11; 

T. Aur. Provineialifs] ob honorem (duumjvi- de rep. VI 2 ; an letzterer Stelle wird die Thon- 
ratus v. s. I. m. den alten Namen fur Uzice (West- 10 ware als samische bezeichnet. Etwas Ahnliches, 

serbien, einst zur Provinz Dalmatien gehOrig, wenn nicht dasselbe, ist eapis, capidula, Varro 

v. Domaszewski Arch.-epigr. Mitt. Xm 132). de 1. 1. V 121 und bei Non. 547, 15. Fest. ep. 

0. Hirschfeld macht auf die MOglichkeit, L(i- 48, 9. Liv. X 7, 10 (hier Gerat des Augur). Prise. 

hero) p(atri) Cap . . . . zu lesen, aufmerksam; uber VI 708. Capides aus kostbarerem Stoff und wohl 

individualisierende Beinamen des Liber vgl. G. nicht zu sacralem Gebrauch Plin. n. h. XXXVII 

Wis sow a Roschers Mythol. Lexikon II 2026. 20 (von Nero fur eine Million Sestertien gekauft). 

Uzice hatte, wie die obige Inschrift beweist, Stadt- Petron. 52 (Trimalchio hat ihrer 1000 silberne). 

recht und vielleicht nach CIL III 8353 um 200 Der Name kommt wohl sicher nicht von dem 

n. Chr. die eoh. I miliaria Delmatarum als persischen Masse xoutiikj (Keller Volksetym. 42), 
Besatzung. Tiber romische Altertiimer in Uzice 20 sondern von eapere, freilich wohl nicht quod 

und von hier ausgehende Strassen handelt P. ansata essent, ut prehendi possent i. e. eapi 

Kanitz Rom. Studien in Serbien 129f. 134ff. (Varro de 1. 1. a. a. 0.), sondern weil man damit 

JPatsch.] auch schopfen, eapere, konnte. Doch war die 

Capa, Ort Kilikiens, Geogr. Rav. I1 17 p. 102, Capis auch Trinkgefass (Varro bei Non. Pest.). 

nach Pinder vielleicht identisch mit Taspa, das Saglio im Diet, des Ant. I 896 will die Capis 

nach der Tab. Pent. X 2 (Miller) zwischen Iconium erkennen in einem Sf ter auf Mlinzen neben anderem 

und Isauria liegt. [Buge.] priesterlichen Gerat vorkommenden Gefass, einer 

Capacitas ist die Fahigkeit zu einem letzt- mehr oder weniger fiachen Schale mit einem verti- 

willigen Erwerbe. Sie kann durch besondere Vor- calen Stiel als Handgriff. Bab el on Monn. de 
schriften beschrankt oder vollig entzogen werden. 30 la rep. Antistia 17. 24; Antonia 148; Iulia 9. 

So weit dies der Fall war, hiess der Erwerbs- 14. 134. 139; Sulpicia 6. Cohen M£d. imp.' 2 

gegenstand eadueum (s. Bona caduca). Die Faustina iun. 284. 285. Doch ist wohl kein ge- 

Hauptfalle der Incapacitat entstammten der Ehe- niigender Grund vorhanden , hier etwas anderes 

gesetzgebung des Augustus und den sie erganzen- zu erkennen, als das Simpulum, von dessen ge- 

den Vorschriften. S. Lex Iulia et Papia Pop- wChnlicher Form die meisten dieser Munzdar- 

paea, Caelibatus, Bona caduca. Auch den stellungen kaum wesentlich abweichen (am meisten 

Latini Iuniani fehlte die Capacitat, Ulp. XVII die Sulpiciermiinze und die der Faustina, abgeb. 

1 XXII 3. Den Incapacitatsmangeln war es eigen- im Diet, des Ant. a. a. 0.). Auch ist diese Form 

tiimlich, dass sie nachtraglich gehoben werden kaum zu vereinigen mit der gut bezeugten That- 
konnten, so z. B. wenn ein eaelebs binnen hun- 40 sache, dass Capis auch Trinkgefass war. [Mau.] 
dert Tagen heiratete oder ein Latinus Iunianus Capedunum, Stadt der Skordisker, Strab. 

binnen derselben Frist das Biirgerrecht erwarb, VII 318 (Kxmidovvov). [Ihm.] 

Ulp. a. a. 0. Frg. de iure flsci 3. Die Einsetzung Capelianus, Legat von Numidien (dies ist 

eines Erwerbsunfahigen war also nicht von vorn- aus Herodian VII 9, 1 , wo er Senator genannt 

herein ganzlich aussichtslos. Darum unterschei- wird, zu schliessen ; unrichtig wird er Hist. Aug. 

den die Neueren die Incapacitat oder Erwerbsun- Maximin. 19, 1 und Gord. 15, 1 als Commandant 

fahigkeit von der unheilbaren Einsetzungsunfahig- der Mauren bezeichnet, die iibrigens bereits He- 

keit oder fehlenden sog. testamenti faetio passiva. rodian a. a. 0. mit den Numidern verwechselt). 

Da die Quellen diesen Unterschied nicht machen, Er verdankte seine Stellung dem Maximinus. Als 
so ist die Grenzscheide der beiden Begriffe zweifel- 50 der Proconsul von Africa M. Antonius Gordianus 

haft. Litteratur: Hartmann Uber die Voraus- im Friihjahr 238 n. Chr. zum Kaiser ausgerufen 

setzungen und Grenzen der Incapacitat nach der wurde, setzte er C, dem erschon von friiher her in- 

lex Iulia und Papia, Zeitschrift fur Rechtsge- folge eines Processes feindlich gesinnt war, ab. C. 

schichte V (1866) 219 — 255. Muller Lehrb. d. erklarte sich jedoch fur Maximinus, sammelte sein 

Inst. § 179 II 5 a. Puchta-Kriiger Inst. io II ganzes Heer — d. h. die Legio HI. Augusta (vgl. 

451ff.§3l3. DernburgPandekten4lII160§85, Cagnat L'ArmSe Romaine d'Afrique 165ff.) und 

s. auch die unter Bona caduca und Caeliba- die Auxiliartruppen — und zog gegen Karthago. 

tus aufgefuhrte Litteratur. [Leonhard.] Vor der Stadt trat ihm der gleichnamige Sohn 

Capadox (Tab. Peut. Geogr. Rav. II 15 p. 90, Gordians mit einem numerisch uberlegenen, aber 
2), ein kleiner Nebenfluss des Euphrat von Westen 60 unkriegerischen Haufen entgegen , wurde vOllig 

her in Kommagene. [Benzinger.] geschlagen und fiel. Auf die Kunde von der 

Capareae (Itin. ant. 194, 3), Ort in Koile- Niederlage totete sich auch der altere Gordian. 
syrien an der Strasse von Chalkis (Kinnesrin) C. riickte in Karthago ein, totete die Parteiganger 
nach Epiphaneia (Hama), 16 Millien nSrdlich von Gordians und riss privates und offentliches Eigen- 
Epiphaneia, 23 Millien sudlich von Arra (Ma'arret turn an sich. Dieses Verfahren setzte er in den 
en-No c man); vielleicht das heutige Kefr Ra'a iibrigen Stadten, die von Maximinus abgefallen 
(Moritz Abh. Akad. Berl. 1889, 5. Burton and waren, fort und gestattete gleichzeitig den Sol- 
Drake Unexplor. Syria II 207). [Benzinger.] daten, um sich deren Gunst fur die Zukunft zu 



1505 Capella Caper 1506 

sichern, die grosste Ziigellosigkeit, Herodian. VII tragen hatte. Lucus Feroniae habe mit C, das 

9. Hist. Aug. Maximin. 19. 20, 7; Gord. 15. 16. bei S. Oreste zu suchen sei, und Sepernum (? bei 

Die Inschrift CIL VIII 2170 nennt einen Mann, Nazzano) einen eigentiimlichen Bund gebildet, der 

der pro amore Romano quievit (d. h. getotet als tres eivitates (CIL XI 3939) oder Capenates 

wurde) ab hoc Capeliano eaptus. [Groag.] foederati bezeichnet wurde. Doch erheben sich, 

Capella. 1) S. Antistius Nr. 32, Caeci- wie Bormann CIL XI p. 571 auseinandersetzt, 

lius Nr. 37, Naevius, Statilius. gewichtige Bedenken gegen diese Hypothese. Lie 

2) Von Ovid im Dichterkatalog (ex Pont. IV Reste auf dem Htigel von Civitucola oder S. Mar- 
16, 36) erwahnt, scheint Elegien oder auch Epi- tino sind unbedeutend; in den Seiten desselben 
gramme verfasst zu haben (verba imparibus modis 10 hat sich eine Nekropole mit dialektischen und alt- 
clausit). [Gensel.] lateinischen Inschriften gefunden (Bull. d. Inst. 

3) S. Capra. " 1864,143—150. Fabretti CIL 2453 bis. Ga- 
Capellatium, regio an der Grenze der Ala- murrini Appendice 828—830. Garrucci Syll. 

manni und Burgundii, Ammian. Marc. XVIII 2, 510. 811—829. CIL XI 3961 a), ttber (antike 
15 (a. 359) eum ventum fuisset ad regionem, und) altchristliche Monumente aus dem ager Ca- 
cui Gapellatii vel Palas nomen est, ubi termi- penas vgl. G. B. de Bossi Bull, di arch, crist. 
nales lapides Alamannorum et Burgundiorum 1883, 115 — 159 , wo Tav. VII. VIII Karte des 
confinia distinguebant. [Ihm.] ganzen Gebietes. Vgl. Nibby Dintorni di Roma 
Capellianus s. Iulius. I 384. Dennis Cities and cemeteris of Etruria 
Capellns s. Iulius. 2012 131. Lateinische Inschriften aus C. CIL XI 
Capena (Kamvva Steph. Byz. ; Einwohner 3858—4080. Der Capenas bei Sil. Ital. XIII 85 
Capenas; KaMtjvdttjg Plut., Kamvvdrije Kamvva- ist wahrscheinlich der modern Grammiceia ge- 
rm? Steph. Byz.), Stadt in Siidetrurien, haufig nannte Bach. [Htllsen.] 
mit Veji und Falerii zusammen genannt , also Capena porta, in der Serviusmauer von Rom, 
zwischen Tiber und Braccianer See, in der Nahe am Caelius, nach dem Thale der Camenae zu 
des Soracte zu suchen. Nach Cato (bei Serv. Aen. (Serv. Aen. VII 697), auf halber Hohe des Berges 
VII 697, vgl. Priscian. IV 4, 21 p. 129. VII 12, gelegen, so dass man von ihr aus den Marstempel 
60 p. 337) war sie eine Colonie der Vejenter. In (zwischen Porta Appia und Almo) sehen konnte 
den Kriegen der Romer gegen Veji um 400 er- (Ovid. fast. VI 192). Da sowohl die Richtung 
scheint sie als verbiindet und abhangig von Veji 30 der Via Appia, welche von ihr ausging (wenig 
(Liv. V 8 — 24); nach dem Fall dieser Stadt musste Sstlich der modernen Via di Porta S. Sebastiano), 
auch C. sich unterwerfen. Aus dem Gebiet wurde als der Zug der Serviusmauer zwischen Caelius 
367 die tribus Stellatina gebildet (Liv. VI 5, 8, und Aventin bekannt sind, muss das Thor etwa 
vgl. 4, 4. Fest. 343). In der spateren republicani- an der Westspitze desHtigels, hinter der Kirche 
schen Zeit wird C. fast nicht mehr (nur Liv. XXII S. Gregorio und unterhalb Villa Mattei, gelegen 
1, 9, woraus Oros. IV 15, 1), sondern statt dessen haben. Der Name ist nicht erklart; die bei Serv. 
der ager Capenas und die Capenates erwahnt a. a. O. gegebene Ableitung von dem etruski- 
(Liv. XXVII 4, 14. XXXIII 26, 8. XXVI 11, 8. schen Capena jedenfalls unzutreffend. Die p. C. 
Cic. in Verr. II 31; pro Flacc. 29, 7; de lege agr. wurde von Domitian wiederhergestellt (Chronogr. 
II 66). Cic. ad fam. IX 17, 2 nennt den ager 40 a. 354 bei Mommsen Chron. min. I 146), wohl in 
Capenas zugleich mit dem Veiens unter dem zur Verbindung mit dem Strasseniibergang der Aqua 
Teilung an die Veteranen Caesars bestimmten Ge- Marcia (Frontin. de aq. I 19), dessen Martial 
biete. Von Autoren der Kaiserzeit erwahnen C. nur (III 47 Capena grandi porta qua pluit gutta) 
Plinius III 52, in der Liste der Gemeinden Etru- und Iuvenal (III 11 ad veteres areus madidam- 
riens, und der liber coloniarum I 216 (wo colonia que Capenam) gedenken, und der noch im Mittel- 
Capys) und II 255 (wo Capenus). Das {Fort- alter als areus stillans bekannt war (Mirabil. bei 
bestehen von C. aber wird bezeugt durch zahl- Jordan II 617 areus stillae ante septem solia. 
reiche Inschriften aus dem 1. — 3. Jhdt. n. Chr., Lib. Pontif. Vita Stephani I vol. I 154 Duch. 
in denen es municipium Capenatium (CIL XI career ad arcum stillae. Bulle Paschalis II. v. 
3878. 3935) oder municipium Capena foedera- 50 1115 eeelesia 8. Laurentii . . . quae est iuxta 
turn (CIL XI 3932), municipium Capenatium areum stillantem; vgl. De Rossi Bull. com. 
foederatorum (CIL XI 3936; vgl. Capenates foe- 1886, 352). Die p. C. gab in spaterer Zeit der 
derati 3873. 3876 a) genannt wird. Mehrere dieser ersten augustischen Region den Namen (aber die 
Inschriften sind auf dem Civitucola oder colle di Inschrift CIL VI 1956, welche einen praeco de 
S. Martino genannten Hiigel, 5 km. nOrdlich von Le- regions portfaej Capen(ae) nennt, ist eine ligo- 
prignano, gefunden; ebendortFragmente einesVer- rische Falschung, s. Rom. Mitt. 1895, 290). Vgl. 
zeichnisses von Spielen, die im 2. Jhdt. (zwischen Jordan Topogr. I 1, 227. 271. [Hiilsen.] 
112 und 182) von, wie es scheint, jahrlich drei Caper. Fl(avius) Caper (so z. B. GL I 195, 
Magistraten gegeben wurden (CIL XI 3896— 19 ; meist bios Caper genannt), lateinischer Gram- 
3921). Auf diese Funde hin hatte P. L. Gal- 60matiker des 2. Jhdts. (jedenfalls nach Probus, 
letti (Capena municipio dei Romani, Roma 1756) den er benutzt hat, und vor Iulius Romanus, von 
den Hiigel von Civitucola, der eine sehr feste dem er benutzt worden ist ; vgl. G. K e i 1 De Flavio 
Position bildet, als Ort des alten C. angenommen Capro grammatico capita II, Dissert. Hal. X 
und dafur fast allgemein Zustimmung gefunden. 245ff.; mit der Notiz bei Pompeius GL V 154, 
Neuerdings hat G. B. de Rossi zu beweisen ver- 13, dass er magister Augusti Caesaris gewesen 
sucht, dass der Hiigel von Civitucola vielmehr sei, ist nichts anzufangen). Nach Pompeius GL 
das Heiligtum der Feronia, der dort Spiele ge- V 175, 30 ist er der Verfasser zweier Werke 
feiert waren, und die Stadt Lucus Feroniae ge- (habes hoc in Capro de lingua latina, non de 

Pauly-Wissowa III 48 



1507 Caper Capere 1508 

dubiis generibus; Beck De differ, script. 12nimmt Bueh (de indiscretis generibus) wirdin derHaupt- 

blos verschiedene Teile eines Werkes an, schwer- sache auf C. zuruckzuffihreh sein. tiber die Be- 

lich mit Becht): 1) de latinitate (so Iulius Bo- ziehungen des Servius zu C. ist zu vergleichen 

maims bei Charisius 194, 31. 207, 81; daraus Kirchner De Servii auctoribus gramm. quos 

de, lingua latina bei Pompeius, libri enucleati ipse laudavit (Jahrb. f. Philol. Suppl. VIII 514ff.) ; 

sermonis bei Serv. Aen. X 344); 2) de dubiis Servius und Priscian (Brieg 1883); dazu Lamm er- 

generibus (so Priscian. GL II 171, 14. 212, 15. hirt De priscorum scriptorum locis a Servio allatis 

Pompeius a. a. 0. ; libri dubii generis Serv. Aen. 396ff. Dass Servius direct aus C. geschOpft bat, 

X 377). Die allgemein gehaltenen Citate bei dttrfte nicht zu bezweifeln sein. Die wichtigste 

Bufln. GL VI 556, 20 (artes) und bei Hieronymus 10 Fundstatte ist Priscian (der ihn GL II 354, 9 

in Buf. II 9 (eommentarii, sicherlich nicbt in antiquitatis doctissimus inquisitor nennt); vgl. 

unserem Sinne aufzufassen; vgl. Ritschl Parerg. Neumann De Plinii dubii serm. libris Charisii 

361. Kibbeck Proleg. in Verg. 166) fallen et Prisciani fontibus, Kiel 1881. Jeep Redeteile 95 

nicht ins Gewicht. Agroecius GL VII 113, 12 undbesondersG.KeihdessenzweiterTeildieseBe- 

(in eommentando Cicerone praeeipuus) verdient ziehungen speciell behandelt. Spuren des C. bieten 

keinen Glauben. Aus dem ersten Werke, einer BuchlllundIV, namentlich aber dieBucherV— X; 

grammatischen Monographie, deren Titel nicht weniger Buch XL tiber die Quellen des C. wissen 

in dem begrenzten Sinne des von den Technikern wir nur wenig. Bezeugt ist, dass er den Probus 

de latinitate iiberschriebenen Abschnittes zu neh- benutzt hat (Charis. 118, 1 ; vgl. Priscian GL II 

men ist, haben wir eine Beihe directer Citate 20 171, 14. 490,9. 534,26); so gut wie bezeugt und 

(31 bei G. Keil 254ff.); in ihnen ist die Bede von an sich wahrscheinlich ist die Benutzung des Pli- 

seltenen Pormen des Nomen, Verbum, der Ad- nius (Priscian GL II 393, 9. 513, 7; vgl. Neu- 

verbia und Praepositionen. Manche der Frag- mann a. a. O. 37. Beck Plin. dub. serm. XX). 

mente (1. 6. 8. 10) beweisen, dass C. grosses Ge- Tiro wird Charis. 207, 30 erwahnt. Vgl. noch 

wicht auf die Analogie gelegt hat. Bemerkens- das fiber Caesellius Vindex Gesagte oben S. 1306. 

wert ist ferner, dass er sowohl die Orthographie tfber die Plautuscitate vgl. die Epilegomena in der 

wie die Synonymik beriicksichtigte (BeckDediff. grosseren Teubnerschen Ausgabe der Fragmente 

script. 12). Zur Illustration dienten ibm Bei- 193. [Goetz.] 

spiele aus der archaischen Latinitat, aber auch G'apera, Stadt der Vettonen in Lusitanien, 

aus der klassischen Zeit (Catull, Cicero, Vergil, 30 in den Listen des Agrippa unter den eivitates 

Caelius). Directe Citate aus der zweiten Schrift stipendiariae genannt (Plin. IV 118 Caperenses) 

ffihrt G. Keil 13 an; der Inhalt wird durch den und zum Bezirk von Emerita gehfirig, Station der 

Titel hinreichend angedeutet. Zu diesen Zeug- Strasse von Emerita nach Salmantica (Itin. Ant. 

nissen wiirde noch eine Beihe von Belegen aus 433, 7 Capara, eine der besten Hss. Caepara. 

ganz spaten Grammatikern (so aus den Anecd. Geogr. Bav. 319, 11), unter den Stadten der Vet- 

Helv. bei Hagen) hinzukommen, wenn es nicht tonen bei Ptol. II 5, 7 {Kanaka, vielleicht nicht 

sicher ware, dass diese sich auf zwei junge Trac- verschieden von dem II 5, 6 zu den Lusitanern 

tate beziehen, die zwar auf C. deutlich hinweisen, gesetzten Kdjtaaa). Der erhaltene Name las Ven- 

aber in vorliegender Form nicht von ihm her- tas de Caparra und eine Anzahl dort gefundener 

rfihren. Diese Tractate — de orthographia han- 40 lateinischer Inschriften (CIL II 806. 810 eine 

delt der eine (bei Keil GL VII 92ff. ; de ortho- Statue des Septimius Severus. 812. 813), dazu ein 

graphia et de proprietate ac differentia sermonum vierseitiger Thorbogen fiber der romischen Strasse 

ebd. VII 113, 9), de verbis dubiis der andere mit Ehreninschriften Privater (CIL II 834. 835) 

(GL VII 107ff.) — enthalten als Grundstock Ex- — ein zweiter kleinerer Bogen war noch im 

cerpte aus C, aber nicht in der ursprunglichen 16. Jhdt. vorhanden — bezeichnen den bis auf 

Fassung und mit jfingeren Zuthaten versetzt (vgl. ein Haus verschwundenen Ort mit Sicherheit (CIL 

Chris-t Philol. XVIII 166ff. Keil GL VII 90); II p. 100). Schon im 1. Jhdt. muss C. Munici- 

flnden sich doch in dem ersteren Spuren hexa- pium geworden sein (CIL II 810. 813. 815; ein 

metrischerFassungderRegeln.woraufLachmann dorther gebfirtiger Beiter der ala H Thracum 

Comm. in Lucr. 357 hingewiesen hat (die Beck 50 nr. 812); eine Anzahl aus Clunia, so wie aus vielen 

De diff. script. 12 wohl mit Unrecbt dem echten anderen Stadten Hispaniens Gebfirtiger sind hier- 

C. beimisst). Vgl. L. MackensenDe VerriiFlacci her gezogen (CIL II 818 — 830). Die vieinia 

libris orthogr. (Jena 1896) 21. Die beiden echten Gaperensis widmete dort einen Altar der Salus 

Schriften des C. sind verloren gegangen, vermutlich (CIL II 806); in Amiens kommt ein circit(or) 

unter dem Einfluss derselben Werke, fur die sie aus- nfumeri) Caper (ensium) vor (Bullet, des Anti- 

gebeutet wurden. Die Hauptfundstatten mehr oder craaires de France 1880, 246). [Hfibner.] 

weniger umgestalteterEntlehnungensindCharisius, Capere. 1) Das Verbum capere findet sich 

Nonius, Servius und Priscian. Eine Sonderung der bei den Juristen mehrfach in technischer Bedeu- 

Beste beider Werke ist nicht immer mOglich, zum tung : a) als Form der occupatio , s. d. Damit 

Teil schon deshalb nicht, weil manches, was augen- 60 hangt wohl das capere der Virgo Vestalis durch 

scheinlich in die Schrift de dubiis generibus passt, den Pontifex maximus (s. Nr. 2) zusammen , der 

zugleich auch in dem Hauptwerke gestanden haben in dieser Form Madchen wie Kriegsgefangene fur 

kann. Was Charisius aus C. hat, ist aus Iulius den Stand der Vestalinnen erwarb und sie da- 

Romanus entnommen (77, 20beruht auf Conjectur; durch von der vaterlichen Gewalt befreite, vgl. 

vgl. daruber Froehde De Iul. Bom. 640). tiber Gell. 1 12, 13: veluti hello capta abducitur; b) ca- 

Nonius und C. handelt bei aller Kfirze zutreffend pere mortis causa ist ein allgemeiner Name fur 

L. Miiller Adv. Non. 254 (vgl. P. Schmidt alle Arten des Erwerbes von Todeswegen, der die 

De Nonii Marc. auct. gramm. 102); das dritte Bezeichnung der besondern Erwerbsformen erganzt, 



1509 Capere Capisterium 1510 

Dig. XTYTY 6, 31 pr., s. Capacitas; c) ea- Capersane (Amm. Marc. XVIII 8, I. XXI 

•pere aliquem heisst in besonderem Sinne : jemand 7, 7), Ort in Nordsyrien am Euphrat ; sonst un- 

in ungehoriger Weise benachteiligen. So wurden bekannt. [Benzinger.] 

die Minderjahrigen gegen ihre Rechtsgeschafte Caperturi (Itin. Ant. 187, 4), in Nordsyrien, 

dann in den vorigen Stand wiedereingesetzt, wenn Station an der Strasse yon Antiocheia am Orontes 

sie oapti waren. Dig. IV 4, 9, 2 tmd 11, 5; nach Apameia, 20 Millien von letzterem entfernt; 

d) pignus capere s. Pignus. [Leonhard.] noch nicht wiedergeftmden. [Benzinger.] 

2) Technischer Ausdruck fur die Ernennung Capens (sinus), Busen an der Ostkiiste Ara- 

von Priestern des pontiflcalen Amtskreises durch biens, an welchem die Gaulopes und Chateni 
den Pontifex maximus, belegt fur den Flamen 10 wohnen (Plin. VI 147). Sprenger (Alte Geogr. 

Dialis (Gell. I 12, 15f. Liv. XXVII 8, 5) nnd 149) halt es fur die Bucht von al-Qatyf (Ka- 

die vestalischen Jungfrauen (Gell. I 12, 1 — 14. tipeus?). in welcher Tarut liegt, und die Chateni 

Gai. I 130 = Ulp. reg. 10, 5. Tac. ann. II 86. fur die Leute aus Chatt. [D. H. Miiller.] 

IV 16. XV 22. Suet. Aug. 31), anzunehmen aber Capidava (Arch.-epigr. Mitt. XIV 17, 37 [ge- 

ohne weiteres aucb fur die ilbrigen (mindestens funden in Catalorman oder Pantelimon, District 

die grossen) Plamines und den Bex sacrorum ; Constantza, Dobrudscha] : C. Jul. G. f. Quadrat. 

dagegen ist in dem bei Gell. 1 12, 17 erhaltenen memoriam sibi et Iuliae Terentiae fecit; 

Fragmente aus einer Bede Catos (las Wort eapi [l]oei prineeps, quinquennalis territorii Gapi- 

von der Bestellung zum Pontifex oder Augur da»eras*'s),vorr0mischeOrtschaft, Station der Donau- 
nicht im technischen Sinne, sondern absichtlich 20 uferstrasse in Moesia inferior zwischen Axiupolis 

ubertreibend gebraucht (ego me nunc nolo ius (Hinok) und Troesmis (Iglitza. Itin. Ant. 224. 

pontifieium optime scire; iamne ea causa pon- Geogr. Rav. 179, 3 Cappidava. 186, 15 Capi- 

tifex capiar? si volo augurium optime tenere, dapa. Tab. Peut. Calidava) und Castell des cu- 

ecquis me ob meant augurii scientiam augurem neus equitum Solensium (Not. dign. Or. XXXIX 

capiat?) im Sinne von ,gewaltsam zu etwas 4 = 13); ist jetzt wohl bei Kalakioi zwischen 

machen'. Denn, wie das Wort zeigt, muss der Boascik und Topal anzusetzen (G. Tocilescu 

Pontifex maximus urspriinglich die Befugnis ge- Arch.-epigr. Mitt. XVII 83f. XIX 88ff. Kiepert 

habt haben, die ihm geeignet scheinende Per- Formae orbis antiqui XVII. W. Tomaschek 

sOnlichkeit unbekummert um ihre Zustimrnung Die alten Thraker II 2, 83; Zur Kunde der 
zu ,greifen', und fur die Ernennung eines Flamen 30 Hamushalbinsel II 20. Ruggiero Dizion. epigr. 

Dialis wider seinen Willen giebt Liv. a. a. O. II 84), wo sich ein rOmisches Lager (eines De- 

ein Beispiel aus dem J. 545 = 209. Allmahlich tachements der leg. I Ital. ? Arch.-epigr. Mitt. 

aber wurde die Freiheit der Bestimmung immer XIX 88, 28), eine Station der beneficiarii con- 

mehr eingeschrankt und damit trat auch das sularis (ebd.) und canabae befanden, in denen die 

Wort capere derart zuriick, dass es nur noch bei Familie der Coccei hervortritt (Arch.-epigr. Mitt, 

den vestalischen Jungfrauen zur Anwendung kam, XIX 89, 29. 30. XIV 18, 39). Uber den obigen 

und zwar auch hier mit veranderter Bedeutung; quinquennalis territorii G. vgl. E. Bormann 

denn seit einer lex Papia hatte der Oberpontifex Arch.-epigr. Mitt. XIV 55. [Patsch.] 

20 geeignete Madchen zu nominieren, unter denen Capillati , seit der Zeit des Augustus allge- 
dann eines durchs Los bestimmt und dann erst 40 meine Bezeicnnung der die provineia Alpium 

durch den Pontifex maximus ,capiert' wurde (vgl. maritimarum bewohnenden Ligurer, weil sie nach 

Mommsen St.-R. II 2 24f. Marquardt Staats- Barbarensitte ihr Haar frei wachsen liessen, bei 

verw. Ill 2 314. 337). Fur die Bestellung der Plin. Ill 47 populi Inalpini multis nominibus, 

anderen Priester kam das Wort c. ganz in Fort- sed maxime Capillati. Ill 135 Gapillatorum 

fall; das sehen wir nicht nur daraus, dass Gellius plura genera ad confinium Ligustiei maris. 

den Ausdruck flaminem Dialem capere nicht aus XI 130 Capillatis Alpium ineolis; vgl. Lucan. 

den Juristen der augusteischen Zeit, sondern nur I 442ff. Dio LIV 24 ai "Ahceig al maQaftalaooioi 

aus den Memoiren Sullas belegen kann (I 12, 16) vtio Aiyvcov x&v Km^nxcbv xalovjxsvoov eXevdegwc 

sowie aus der gelegentlichen Verwendung andrer hi xal tors vefio/tevcu idovXar&woav. Vgl. CIL XII 
Verba (z. B. prodere Cic. Milon. 27), sondern vor 50 80 praef(ecto) Gapill(atorum). Mommsen CIL 

allem daraus, dass im Ausdruck sorgfaltige Au- V p. 903. Nissen Italische Landesk. I 474. 

toren der captio der Vestalinnen bei den Fla- Ruggiero Dizionario epigr. II 84. [Ihm.] 

mines anders benannte Acte gleichstellen; Tac. Capisterium, ein in der alten Litteratur nur 

ann. IV 16 de flamine Diali in locum Servi bei Columella (II 9, 11) vorkommendes Wort, 

Maluginensis defuncti legendo ... virgini, quae will mit Schneider (z. d. St.) O. Weise (D. 

in locum Scantiae eapiebatur. Gai. I 130 griech. Worter im Latein, 1882,16; vgl. 47. 74. 

praeterea exeunt liberi virilis sexus de parentis 207) beibehalten. Nach ihm soil es unter Be- 

potestate, si famines Diales inaugurentur, einflussung von capistrum und eapis, bezw. ea- 

et feminini sexus, sivirgines Vestales capian- pio, durch Volksetymologie aus axaqnorrjQiov ent- 
tur; vgl. auch Serv. Aen. VII 303: saeerdotes 60 standen sein. Doch scheint sich eine solche Um- 

creari, virgines capi dicimus. Uber die recht- wandlung oder vielmehr eine Anlehnung an caput 

liche Wertung der captio (s. auch Nr. 1) und di« erst spater vollzogen zu haben, da im Mittelalter 

Frage, ob sie als eine mancipatio anzusehen sei (vgl. Ducange) das Wort auch eine holzerne 

oder nicht vgl. einerseits Becking Pandekten Wanne bezeichnete, welche mit eben gewaschener 

1217. Marquardt St. -V. Ill 2 314,2. Jordan Wasche gefullt auf dem Kopfe getragen wurde. 

Der Tempel der Vesta und das Haus der Vesta- Die beste Hs. des Columella aus dem 9. Jhdt., 

linnen 82, andererseits A. PerniccLabeoI 180ff.; derCod.Sangermanensis,hatcopAM<erw?»,jiingere 

S.-Ber. Akad. Berlin 1885, 1159, 2. [Wissowa.] sogar scaphisterium. In den wohl im 8. Jhdt. 



1511 Capistram Capistrum 1512 

verfassten Glossae nominum (Corp. gloss, lat. II yoepeid, vulg. xo xanioxqi und 17 fiovQua, der 

592,33)\esenmrscabi$teriummsinquotriticum Halfter; einmal wird es nur als Strick fur Tiere 

mundatur, in den noch alteren Glossae graeco- erklart (Etym. M. 139, 33f.). Auch in den roma- 

latinae(ebd.432, hO)oKa<jpisxrJQiorsoafisteriumuni nischen Sprachen hat sich e. in der Bedeutung 

in dem Codex Montepessulanus des 9. Jhdts.(ebd.III ,Halfter' erhalten (G. Korting Lat.-roman. WCr- 

321, 41) oxayldtov scafisterium. Hente nennt man terb.1891), doch im Italienischen gebraucht man 

bei Siena eapisteo und anderswo vassqjo eine zum dafiir cavezza oder seltener eapezza , wahrend 

Eeinigen des Weizens u. dergl. gebrauchte Wanne, eapestro einen Strick bedeutet, mit welchem die 

wahrend in der Lombardei dazu ein vail (von Tiere, besonders die Binder, an die Krippe ge- 
vannus; vgl. frz. van) genannter grosser, flacher lObunden werden. Auch im Altertum wurde der 

Korb in Form einer Muschelschale gebraucht wird, besonders als Kopfbekleidung bezeichnete Halfter 

in dem der Inhalt geschiittelt und in die Hohe (Isid. XX 16, 4. Suid. s. hcuiIoxqiov) vorwiegend 

geworfen wird (Stef. Palm a Vocabul. metodico- zum Anbinden der Zug- oder Beittiere (Varro II 

ital. I 41). Ausserdem soil capisterio ein auf 6, 4. Verg. g. Ill 188. Col. VI 19, 2), darunter 

dem Kopfe zu trager.des Gefass bezeichnen. Nach besonders der Pferde (Suid. a. a. 0.) , mit Aus- 

Columella sollte man, wenn man infolge reicher nahme der Kinder, welche an den Hornern mit 

Ernte nicht die besseren Ahren auslesen wollte, einem Stricke angebunden wurden (Col. a. a. 0.), 

das Saatgetreide mit Hiilfe des erwahnten Ge- gebraucht; von den Indern wird besonders her- 

fasses dadurch reinigen, dass die grOsseren und vorgehoben, dass bei ihnen die zu den Streit- 
schwereren KSrner sich unten ansammelten (wie 20 wagen gehfirenden Pferde wahrend des Marsches 

beim Dreschen auf der Tenne, Plin. XVIII 195), am Halfter , nicht am Zaum gefuhrt wiirden, 

also wohl durch Schiitteln des Inhalts. Die Ge- wahrend die Wagen von Bindern gezogen wurden 

stalt des, wie es scheint, helzernen Gefasses wird (Strab. XV 709). Angebunden wurden die Bosse 

der Benennung entsprechend wohl der eines an die Krippe (Horn. II. X 568); Xenophon (eq. 

Nachens ahnlich gewesen sein, wahrend die van- 5, 4) dagegen verlangt, dass das Beitpferd ober- 

nus, die aus Buten geflochtene (Arnob. II 38; halb des Kopfes im Stalle angebunden werden 

vgl. Varro I 23, 5. Serv. georg. I 166) Schwinge, solle, damit die Fessel, da das Pferd diese wie 

nur zum Eeinigen des Getreides von der Spreu und alles vor seinem Gesicht Beflndliche durch Be- 

zwar, wenigstens von Columella (II 20, 5), nur bei wegung des Kopfes nach oben zu entfernen suche, 
windstillem Wetter gebraucht, nach Bich (Illustr. 30 hiebei statt zerrissen zu werden nur nachgebe. 

WOrterb. der rom. Altert., libers, v. Muller, 1862, Dabei ist aber wohl nicht mit Pr. Jacobs (Xe- 

674) eine flache und rundliche Gestalt gehabt nophons Buch iiber d. Reitkunst, 1825, Bemerk. 

haben soil, was aber fraglich ist, da der in der zu c. 5, 1) anzunehmen, dass Xenophon mit (paxvij 

Lombardei und in Frankreich zum Eeinigen ge- eine Baufe bezeichnet habe und an diese das Tier 

brauchteKorb, wie erwahnt, die Form einer Muschel- habe angebunden werden sollen. Bich (Illustr. 

schale hat. Vielmehr vermutet Schneider (zu WOrterb. d. rem. Altert., iibers. von C. Muller, 

Col. II 20, 5 p. 124) wohl mit Eecht, dass c. 1862, s. equile, loculus und patena) giebt die 

(oder seaphisterium) dasselbe Gefass von Holz ge- Abbildung eines wohl noch aus dem Altertum er- 

wesen sei, wie die aus Buten geflochtene vannus. haltenen Pferdestalles an der Bucht von Contorbi 

[Olck.] 40 in Sicilien ; hier ging die Halfterleine durch eine 

Capistrum, wohl von capere abzuleiten (0. kleine Offnung, die in der Wand unmittelbar fiber 

Weise D. griech. Worter im Latein 16, 5) und jeder Krippe angebracht war, und war auf der 

daher wie das deutsche, Halfter' eigentlich = Hand- andern Seite der Mauer an einem Holzklotz be- 

habe. Bei Cato (de agric. 12) bezeichnen die festigt; ausserdem befand sich oberhalb dieser 

capistra wahrscheinlich Stricke, welche an den Offnung ein zweites Loch, vielleicht damit das 

Enden der langeren Hebel befestigt waren, mit Pferd nach Xenophons Vorschrift auch oberhalb 

denen die den Pressbaum vermittelst eines Seiles des Kopfes angebunden werden konnte. Doch 

herabziehende Haspel gedreht wurde (Goiffon wird auch nach diesem die Befestigungsstelle am 

bei Schneider i. s. Ausg. d. Script, rei rust. Pferde selbst miter der Kehle gelegen haben, da 
II 673). Dass es die Stricke gewesen seien, mit 50 nach ihm (ebd. § 1 ; vgl. Poll. I 201) die An- 

denen die den Pressbaum wieder emporziehen- knlipfung mittelst eines Knotens nicht da statt- 

den Plaschenztige an der Decke des Pressgebaudes finden sollte, wo der Scheitelriemen um die Ohren 

befestigt waren (so die Erklarer in den Anti- herumgehe, damit nicht durch Beiben des Kopfes 

chita di Ercolano VIII pref. und bei Schnei- an der Krippe seitens des Pferdes Geschwure ent- 

der a. 0. 647), ist deshalb weniger wahr- standen. Xenophon (ebd. § 3; vgl. Poll. I 202) 

scheinlich , weil ihre Zahl fur das ganze Press- verlangt auch, dass der Pferdewarter, wenn er das 

gebaude auf fiinf, die der Flaschenziige aber auf Tier ohne Zaum , d. h. bios am Halfter fflhre, 

zehn von Cato angegeben wird. Perner wurde ihm einen Beisskorb anlege, um es am Beissen 

e. fur das Band gebraucht, mit welchem die Bebe zu hindern (iiber den Beisskorb, xmios, nviyevs, 
an der Stelle an den Pfahl gebunden wurde, von 60 (prj/xog, eamus, fiscella, fiseina, handelt Saglio 

welcher aus sie sich nach verschiedenen Bich- im Diet, des ant. I 896f. , auch Heydemann 

tungen verzweigte (Col. IV 20, 3, vgl. XI 2, 95). Arch. Jahrb. IV 1889, 265, 7 Taf. X). Saum oder 

Am haufigsten wurde es mit dem griechischen Packpferde wurden gewOhnlich nur an dem Halfter 

(poQpeia identificiert (Corp. gloss, lat. II 97, 38. 472, gefuhrt, firr welchen nebst Leitziigel (dueale Corp. 

50. Ill 24, 36 unter der Uberschrift de pellibus. gloss, lat. Ill 370 , 38) und den ihn mit jenem 

370, 44) oder dieses mit jisQiaxo/uov und xam- vereinigenden Bingen im Maximaltarif des Dio- 

oxqiov (Hesych. Suid. Etym. M. 798, 31), d. h. cletian vom J. 301 in dem Kapitel iiber Sattler- 

beides bezeichnete wie auch das neugriechische waren (10, 4) als Maximalpreis 75 Denare = 



1513 Capita aut navia Capitatio 1514 

1,37 M. angesetzt sind; ebenda (§ 6) ist ein Maul- umfasste alle Stadte Italiens und in den Pro- 

tierzaum fur den Keiter nebst einem kleinen Half- vinzen die foederierten und die freien, spater auch 

ter fur den das Tier fuhrenden mulio mit 120 diejenigen, welche durch kaiserliche Gnade das 

Denaren = 2,19 M. und (§ 7) ein Halfter fiir ins italieum erhalten hatten (Marquardt Rom. 

Packmaultiere mit 80 Denaren = 1,46 M. ange- Staatsverwaltung 112 181). Die unterthanigen 

setzt (H. Bliimner D. Maximaltarif des Diocl. Gemeinden, deren Angehorige neben den commu- 

129f.). Gelegentlich konnte man das C. auch zur nalen auch Reichssteuern zahlen mussten, zerfielen 

Fiihrung anderer Tiere gebrauchen (vgl. LXX in Bezug auf diese in zwei Hauptklassen. Den 

Job 40, 20), wie Hirsche (Ovid. met. X 125), wilder einen war als Tribut eine feste und unabander- 
(Mart. I 104, 6) und zahmer Eber (Petron. 47). lOliche Geldsumme auferlegt, die alljahrlich nach 

Auf einem Basrelief der Traianssaule (FrOhner Rom abgefiihrt werden musste. Von den ein- 

La colonne Traj. II pi. 114; vgl. I pi. 35. II zelnen Biirgern wurden die Steuern durch die 

pi. 121. 129. 133. XXVIII; auch Abbildungen bei Gemeindebeamten erhoben, dann aus dem Ertrage 

Daremberg-Saglio a. O.) und auf einem andern zunachst der Tribut bezahlt und der Best fur die 

bei Clarac Musee de sculpture II 224, 308 wird communal en Bediirfnisse verwandt. Bei der zwei- 

ein Stier am Halfter zum Opfer gefiihrt. Die ten Klasse bestand die Beichssteuer entweder in 

eapistrarii = Halftermacher erwahnt Diom. GL einem aliquoten Teil der Ernten (Zehnte, Siebente, 

I 326 K. OIL XII 4466. [Olck.] Fiinfte, Rom. Eeldmesser 205. Oros. I 8, 9) oder 

Capita aut navia, Spiel mit einer Miinze, in einem Kopfgelde, oder beide standen auch 
benannt nach dem Geprage der republicanischen 20 nebeneinander. So verschieden diese Besteue- 

Kupfermiinzen, die auf einer Seite einen Getter- rungen sein mochten, hatten sie dochim Gegensatz 

kopf , auf der andern das Vorderteil eines Schiffes zu der ersten Klasse das Gemeinsame, dass ihre 

zeigten. Man spielte, wie es scheint, in doppelter Ertrage jedes Jahr wechselten, nicht fiir das Beich 

Weise, indem entweder der eine das Geldstiick eine immer gleichbleibende Summe ergaben. Da 

in die Hohe warf, der andere riet, auf welche dies der rOmischen Finanzverwaltung unbequem 

Seite es fallen wurde (Macr. I 7, 22) , oder der war, pflegte man derartige Steuern auf eine Reihe 

.eine es mit der Hand bedeckte, der andere riet, von Jahren — gewohnlich waren es fiinf — an 

welche Seite oben lage, Aur. Victor de orig. den Meistbietenden zu versteigern, wodurch das 

gentis Bom. 3, 5. Die an capita assimilierte Einkommen daraus wenigstens fiir die Dauer des 
Form navia oder naviam ist an beiden Stellen 30 Contractes festgelegt wurde. Doch hatte dies 

und auch bei Paulin. Nol. poem. ult. 76 (Migne zur Folge, dass, nur wenn die Gemeinden selbst 

61, 698) bezeugt; sie erklart sich daraus, dass das Meistgebot thaten (Cic. Verr. Ill 77. 88. 99), 

das Wort bei ganz anderem Geprage nicht mehr ihre Beamten die Steuererhebung leiten konnten; 

verstanden wurde. [Mau.] im andern Falle flel sie den rOmischen Steuer- 

Capital, nach Varro de 1. 1. V 130 und Fest. pachtern (jmblieani) zu, und dies war die Regel 

ep. 57, 6 ein leinenes Kopftuch, welches Prie- (Cic. Verr. Ill 12). Solange die Kepublik sich 

■sterinnen (saeerdotulae Varro) beim Opfer trugen. erhielt , machte die rOmische Ritterschaft , aus 

[Mau.] deren Mitgliedern sich die Publicanenverbande 

Capitale crimen, indicium, supplicium s. meist zusammensetzten, ihren grossen Einfluss da- 
Crimen, Iudicium, Supplicium. 40 fiir geltend, dass diese Art der Besteuerung er- 

Capitalia , Anhohe im Gebiet der indischen halten blieb. In der Kaiserzeit dagegen schwand 

Nareae, welche Gold- und Silberminen ausbeuten, sie mehr und mehr zusammen und scheint end- 

Megasth. bei Plin. VI 74. Ptolemaios vermerkt lich ganz aufgehOrt zu haben. Soweit die Stadte 

noivoX &sS)v ,Gotterstrafen' als Beinamen der 'Ano- nicht ganz befreit waren , traten wahrscheinlich 

xojta ogrj (s. d.), was sich aus der von Lassen bei alien an die Stelle der wechselnden Steuern 

Ind. Alt. Ill 120f. mitgeteilten Legende erklart. feste Tribute, deren Eintreibung und Abfuhrung 

Die ,Bandkette' Ar&vali mit der Anhohe Arbuda an das Reich den Gemeindebeamten oblag. Zu- 

>(jetztAbu)bestehtausstarkstgefaltetenerzreichen gleich wurden auch meist die Naturalleistungen 

Schiefem , Quarziten und Gneis und fallt nach in Geldsteuern umgesetzt (Rom. Feldmesser 205 : 
Siidosten mit einer Verwerfung (skr. Shidra) gegen 50 in quibusdam provineiis fructus partem prae- 

<iie recenten, horizontal aufliegenden Vindhya- stant eertam, alii quintas, alii septimas, nunc 

schichten ab. Cunningham mOchte hieher das -multi pectmiam et hoe per soli aestimationem. 

biblische Ophir verlegen. [Tomaschek.] Heisterbergk Die Entstehung des Colonats 93) ; 

Capitalis poena s. Poena. doch blieben sie in Africa und Agypten bestehen, 

Capitatio. 1) Griechisch xecpah\xia>v (Za- weil auf ihren Kornlieferungen die Ernahrung 

ohariae von Lingenthal Memoires de l'acad. Roms beruhte. Aber auch hier erhob man wohl 

de St. Petersbourg, Ser. VH torn. VI nr. 9 S. 13), nicht mehr einen wirklichen Siebenten und Filnf- 

eine Art der Schatzung und Besteuerung, die ten, dessen Hohe mit dem Ergebnis der Ernte 

durch Diocletian eingefiihrt ist, zuerst erwahnt wechselte, sondern man scheint den Beitrag jener 
im J. 290 (Cod. lust. IV 49, 9. XI 55, 1 ; iiber 60 Quoten nach einem niedrigen Durchschnitt in feste 

die Datierung s. Seeck Deutsche Ztschr. f. Ge- Summen von Modii Korn und Sextaren Wein um- 

schichtswissenschaft Xn 285). Von denjenigen gerechnet zu haben, die jede Stadt alljahrlich zu 

Staaten, welche das romische Reich bildeten, hatte entrichten hatte. Der wichtigste Grund dieser 

vor Diocletian eine bedeutende Anzahl gar keine Neuerungen lag in der immer zunehmenden Ent- 

VermOgenslasten zu tragen, die der Centralregie- vOlkerung des Reiches (Seeck Geschichte des 

rung zu gutegekommen waren; ihre Burger waren Untergangs der antiken Welt 1318). Sie fiihrte 

also nur fiir die Zwecke der eigenen Gemeinde- zunachst ein stetiges Sinken in dem Ertrage der 

verwaltung besteuert. Diese bevorzugte Klasse Kopfsteuern herbei, und da immer mehr Acker- 



1515 Capitatio Capitatio 1516 

land wiist liegen blieb, wurden auch die Zehnten, 29), Decius und Gallienus (Cod. lust. X 16, 2. 3), 

Siebenten und Fiinften der Ernte immer kleiner. kamen aber gewiss sehr oft vor (Seeck a. 0. 329). 

Entsprechend gingen die Angebote der Publicanen Im J. 289 machte Diocletian die Indictio zu 

herab; zeitweilig hat man sogar zum Zwange ge- einer standigen Institution, die sich alljahrlich 

griffen, um sie nach Ablauf ihrer Contracte zur wiederholte und daher auch spater als Mittel 

Erneuerung derselben unter den altenBedingungen der Zeitrechnung dienen konnte (S eeck Deutsche 

zu veranlassen (Dig. XLIX 14, 3, 6) ; so empfind- Ztschr. f. Geschichtswissenschaft XII 285). Da- 

lich machte sich der Biickgang der Eeichsein- mit wurde das Privileg derjenigen Stadte, die 

kiinfte geltend. Einen mOglichst grossen Teil bisher keine Eeichssteuern getragen hatten, be- 
derselben in feste Tribute zu verwandeln, dielOseitigt oder bestand doch nur insofern fort, als 

scheinbar keine Minderung erleiden konnten, lag sie wahrscheinlich von den festen Tributen, welche 

also im Interesse des Eeiches, und zugleich fanden die andern neben der Annona entrichten muss- 

auch die Stadte dabei ihre Eechnung. Denn ten (Aegypt. Urk. d. kgl. Mus. zu Berlin I 94. 

erstens fiel ihnen auf diese Weise der Gewinn zu, II 519. Cod. Theod. XI 1, 3. 16, 7. 8), auch femer- 

den sonst die Publicanen zu machen pflegten, hin frei blieben. Nur der stidliche Teil Italiens, 

und zweitens errangen sie die voile Selbstandig- die Dioecesis urbis Eomae oder Eegio suburbi- 

keit fur ihr communales Einanzwesen (Max Weber caria, wurde noch nicht von Diocletian der An- 

Die rOmische Agrargeschichte 183. Seeck Ztschr. nona unterworfen; doch hatte dieser Vorzug 

f. Social- und Wirtschaftsgeschichte IV 334). keinen langen Bestand (s. u.). Uberhaupt er- 

Wahrend aber das Publicanensystem im Laufe 20 scheinen jetzt als diejenigen Eeichsteile , inner- 

des 1. und 2. Jhdts. allmahlich dem Tributsystem halb deren die Umlage der neuen Steuer gleich- 

wich, vollzog sich auf einem andern Gebiete des massig geordnet ist, nicht mehr, wie bei den 

wirtschaftlichen Lebens eine Bewegung, welche alteren Abgaben, die Stadtgebiete und nur aus- 

dieVorteile dieser Neuerung fur die Eeichsflnanzen nahmsweise die Provinzen (Cod. Theod. VII 6, 3. 

vernichten musste. Seit Nero hatte man begonnen, Cod. lust. XI 51) , sondern meist die Dioecesen 

dem Silbergelde Kupfer beizumischen, und diese (Eumen. pan. VIII 5 : Qallicani census eornmu- 

Verschlechterung der Miinze schritt dann im 2. nis formula. Cod. Theod. VII 6, 3. XI 28, 14. 

Jhdt. noch langsam, im 3. aber ganz rapide fort. XIII 10, 2. Cod. lust. XI 52. 53). Diese zeigen 

Unter Gallienus sank ihr Silbergehalt bis auf in der Art der Einschatzung und Besteuerung 
4 Procent und darunter, und zugleich waren Gold- 30 grosse Verschiedenheiten. Teilweise waren sie 

und Kupfergeld fast ganzlich aus dem Verkehr durch landwirtschaftliche Eigentiimlichkeiten her- 

verschwunden, so dass jene geringwertigen Silber- vorgerufen; z. B. wurde beim Census im Orient 

stiicke zum einzigen Zahlungsmittel wurden, in das Weinland nach der Zahl der Iugera geschatzt 

dem sich grossere Forderungen berichtigen liessen (Bruns und Sachau Syrisch-rCmisches Eechts- 

(Mommsen Geschichte des rOmischen Miinzwesens buch § 121), in Pontus nach der Zahl der einzelnen 

757. 792). Da nun jene festen Tribute nicht in Stocke (Lact. de mort. pers. 23 : vites _ et arbores 

Gold- oder Silbergewichten , sondern in peeunia numerabantur) , offenbar weil dort die Pflanzen 

signata forma publiea populi Romani angesetzt eng auf Beete verteilt waren, hier sich in weiten 

waren, so sank, wahrend ihr Nominalwert immer Abstanden um Baume schlangen. Hauptsachlich 
der gleiche blieb, der thatsachliche Wert in dem- 40 aber wurden jene Unterschiede der Dioecesen da- 

selben Masse, wie die Miinze, in der sie gezahlt durch bestimmt, welche Lasten dieselben noch 

wurden, sich verschlechterte. Die bedrangten ausser der Annona zu tragen hatten. Bestanden 

Eeichsflnanzen mussten also nach einer Aushillfe z. B. die festen Tribute in Geld, das durch die 

suchen und fanden sie in der sog. Annona. Mttnzverschlechterung in seinem Werte herabge- 

Wenn die Komverpflegung der Stadt Eom be- gangen war, so konnte die Annona viel hoher be- 

droht schien, hatte man schon im 1. Jhdt. den Pro- messen werden, als wo noch andere Naturalsteuern 

vinzen neben ihren regelmassigen Steuern ausser- erhoben wurden, wie in Africa und Agypten. Diese 

ordentliche Naturalleistungen abverlangt. Da sie beiden Lander sind daher bei der Einschatzung 

der euro, annonae urbis Eomae dienten, nannte so begiinstigt, dass sie den iibrigen Dioecesen 
man diese Zuschlagsteuern annona; ihre Aus- 50 gegeniiber als Ausnahmen erscheinen. Doch diese- 

schreibung hiess indictio, Ansage, weil sie eben Verschiedenheiten im einzelnen sollen erst weiter 

nicht regelmassig waren, sondern ihre Zeit, Art unten dargelegt werden, nachdem wir die allge- 

und Hohe immer durch einen besonderen Befehl meinen Principien der diocletianischen Steuerord- 

des Kaisers bestimmt wurde (Plin. paneg. 29. Dig. nung festgestellt haben. 

XIX 1 , 13, 6. XXVI 7 , 32, 6. XXXIII 2 , 28). Da die Umlage und Erhebung der festen Tri- 

SiegaltenalsBeallastderlandlichenGrundstucke; bute Communalsache waren, berucksichtigte der 

denn Naturalien konnte man natiirlich nur dort Eeichscensus nur diejenigen Steuerobjecte, die der 

erheben, wo sie erzeugt wurden, also nicht von Annona unterlagen. Diese ist Naturalleistung, 

stadtischem Besitz (Cod. lust. X 16, 3). Waren kann daher auch nur von der landwirtschaftlichen 
sie anfangs nur fur die Ernahrung Boms bestimmt 60 Production erhoben werden ; der stadtische Grund- 

gewesen, so erhob man sie spater auch fiir andere besitz und die stadtische Bevolkerung waren da- 

Zwecke, namentlich fiir den Unterhalt der Heere, von befreit (Cod. lust. XI 49. Nov. lust. 168), 

und zugleich mussten sie mit der Verschlechte- wurden aber wahrscheinlich in desto hoherem 

rung des Geldes immer hauflger werden, weil sie Masse zu den Communalsteuern und den festen 

ja nicht auf Geld, sondern auf Naturalien gestellt Tributen herangezogen. So sind denn auch nur 

waren, mithin bei dem Schwanken der Miinze die mancipia rustica, nicht auch die urbana, 

einen relativ festen Wert darstellten. Indictionen dem Census unterworfen (Cod. lust. XI 48, 7: 

sind nur nachweisbar unter Domitian (Plin. paneg. rustieos censitosque servos), Diocletian redet (Cod. 



1517 Capitatio Capitatio 1518 

lust. XI 55, 1) von der rustieana plebs , quae Vermahlung (Cod. Theod. XIII 10, 4. 6). Die- 

extra muros posita capitationem suam detulit et jenigen, welche erst nach dem Anschluss des Cen- 

annonam eongruam praestat, und die Schatzungs- sus das gesetzliche Alter erreichten (adcreseentes), 

regeln des syrischen Rechtsbuch.es (§ 121) be- konnten durch Verfiigung des Praeses zur Steuer 

Ziehen sich nur auf denjenigen Grundbesitz, der herangezogen werden, aber nur um die Liicken 

landwirtschaftlich ausgenutzt wird. Zwar sind in auszufiillen, die unterdessen durch Tod oder Re- 

der Censusperiode, die vom J. 307 — 312 lief, im krutierung in dem Bestande der Censusliste her- 

Eeichsteil des Galerius auch die Stadter filr die beigefiihrt waren (Cod. Theod. VII 13, 7, 3. XIII 

Annona eingeschatzt gewesen, und Mian brachte 10, 7). Sclaven und Freie gelten gleich, dafern 
aus heidnischem Glaabenseifer dieselbe Massregel 10 sie nur Landarbeiter sind ; die Steuer trifft also 

gegen die Christen unter ihnen zur Anwendung; nur die niedern Klassen und heisst deswegen e. 

aber dies waren vorlibergehende Zustande, die mit plebeia (Cod. Theod. XI 23, 2. XII 1, 36. XIII 

dem Tode der betreffenden Kaiser ihr Ende er- 10, 4) oder exactio plebis (Cod. Theod. XIII 10, 

reichten (Cod. Theod. XIII 10, 2. Lact. de mort. 6). Der Grossgrundbesitzer (possessor) , der in 

pers. 23. Sozom. V 4. Sokrat. Ill 13, 9. Seeck der Stadt zu wohnen pflegt, hat wohl fur seine 

Ztschr. f. Social- und Wirtschaftsgeschichte IV Landgiiter, aber nicht fur seine Person zu zahlen ; 

290. 308). der Kleingrundbesitzer dagegen, der den Acker 

Nach dem Ergebnis des Census werden die mit eigener Hand bebaut, wird nicht nur fur sein 

Steuerobjecte in gewisse Rechnungseinheiten ge- Grundstiick, sondern auch fur sein Haupt und die 
teilt , die je nach der Dioecese caput , iugum, 20 Haupter seiner Familie besteuert (Cod. Theod. 

millena, eenturia oder iulium heissen, auch sonst XI 1, 14; dass auch die Familienglieder der C. 

an Art und Umfang sehr verschieden sein kflnnen, unterlagen , ergiebt sich aus ihrer Befreiung bei 

aber insofern alle gleich gelten , als von jedem denjenigen, welche zum Kriegsdienst eingezogen 

derselben der gleiche Steuersatz erhoben wird werden oder Lehrer der Malerei sind, Cod. Theod. 

(caput und iugum gleichgesetzt Cod. Theod. VII VII 13, 6. 7 § 3. 20, 4. XIII 4, 4); vgl. Cen- 

6, 3. XI 16, 6. 20, 6. 23, 1. XII 4. XV 3, 5. Cod. sus, Colonus. 

lust. X 27, 2 § 8, die millena dem iugum Nov. Die Einheiten, in welche der Grund und Boden 

Maior. VII 16, emendiert von Rudorff S.-Ber. geteilt ist, gelten an Steuerwert den Hauptern 

Akad. Berl. 1869, 390 ; eenturia und iulium dem gleich und werden in den occidentalischen Dioe- 
iugum Nov. lust. 17, 8. 128, 1. 3). Sehen wir30cesen auch mit denselben Namen bezeichnet. In 

von Africa und Agypten ab, so dient als Normal- den orientalischen dagegen nennt man sie iugum, 

mass des Steuerwertes , nach dem alle anderen wahrend die mannlichen Haupter und ihr Aequi- 

Objecte bestimmt werden , das mannliche Haupt valent an Weibern oder Vieh caput heissen. Hier 

(caput), wovon ja auch die C. ihren Namen fuhrt. unterscheidet man daher auch zwischen iugatio 

Einem Manne sind zwei Weiber gleichgesetzt terrena (Cod. lust. XI 52. Nov. Theod. XXII 2, 

(Cod. Theod. XIII 11, 2: cum antea per singu- 12. Cod. Theod. VII 6, 3) und e. humana atque 

los viros, per binas vero mulieres capitis norma animalium (Cod. Theod. XI 20, 6. Nov. Theod. 

sit censa); weil diese in steuertechnischem Sinne XXII 2, 12), obgleich Caput und Iugum die gleiche 

als halbe Manner gelten, kSnnen in einer Urkunde Steuerlast zu tragen haben. Grundstiicke, Men- 
vom J. 340 auch die Steuern von 125i/ 2 wdges 40 schen und Vieh sind die einzigen Objecte, die filr 

verrechnet werden (Agyptische Urk. d. kgl. Mus. die Annona herangezogen werden (Lact. de mort. 

zu Berlin I 21). Ahnlich wird in verschiedener pers. 23) ; jeder Besitz anderer Art , auch das 

Weise, je nach den besonderen Verhaltnissen der bare Geld, wird beim Census unberticksichtigt ge- 

Dioecesen, eine Anzahl Viehhaupter, Reben oder lassen. Daher ist Cod. Theod. XI 20, 6 in den 

Olbaume oder Iugera bebauten Landes mit dem Worten terras sive animarum descriptio der Be- 

Caput geglichen. Dies Hare und einfache Princip griff des Census vollstandig erschSpft, und wenn 

ist spater freilich von Theodosius dem Grossen Iustinian (Cod. lust. XI 48, 23, 5) von publicae 

verdunkelt worden, indem er 386 verfiigte, dass functiones sive terrenae sive animates spricht, 

kiinftig je fttnf Manner oder je acht Frauen auf so hat er damit alle Steuern aufgezahlt, die nach 
zwei Capita geschatzt werden sollten (Cod. Theod. 50 solchen Einheiten entrichtet werden. 

XIII 11, 2). Daher wird die Eintreibung der Die Abschatzung der Bodenwerte war ausserst 

C. spater technisch binorum et ternorum exactio roh ; den Namen einer Bonitierung, den man ihr 

genannt (Cassiod. var. Ill 8, 2. VII 20 — 22), in- friiher gegeben hat, verdient sie gar nicht. Als 

sofern abwechselnd je zwei und je drei Manner Diocletian die Grundsatze dafur aufstellte, ging 

fur ein Caput zu zahlen haben. er einzig und allein von dem Gesichtspunkte aus, 

Der Mensch wird besteuert als Wertobject des das Verfahren der Censusbeamten mSglichst ein- 

landlichen Grundbesitzes, d. h. als Arbeitskraft. fach und leicht controlierbar zu machen. Daher 

Daher unterliegt er dem Census auch nur, wenn werden nur solche Kennzeichen beriicksichtigt, die 

er kraftig und gesund ist (Cod. Theod. VII 20, auch der Unkundigste auf den ersten Blick wahr- 
4 : quoniam imbeeilli et debiles censibus non de- 60 nehmen kann, erstens ob das Land Wein, Ol oder 

dieantur), und in arbeitsfahigem Alter (Lact. de Kornerfrucht tragt, zweitens ob es eben oder ge- 

mort. pers. 23. Basil, epist. 104 = Migne Gr. 32, birgig ist. Pette und magere, schwere und leichte 

512) , das wohl in den meisten Dioecesen bei Ackerkrume werden nicht unterschieden, die Gttte 

Mannern vom 14. bis zum 65., bei Weibern vom des Productes gar nicht beachtet. Im Orient 

12. bis zum 65. Jahre gerechnet wurde (Dig. L gelten z. B. fiinf Iugera Weinland immer als ein 

15, 3. Seeck a. O. 316, 74). Bei mannlichen Iugum von gleichem Steuerwert, ob sie Kratzer 

Waisen fixierte Valentinian I. die untere Grenze oder Edelwein tragen. Dem entsprechend mussten 

auf das 20. Jahr, bei weiblichen auf die Zeit der auch die Zwischenraume der Steuerstufen sehr 



1519 Capitatio Capitatio 1520 

weite und folglich die Belastung sehr ungerecht Schatzungsliste von Tralles ausser den £vy& nur 

sein. Genaueres fiber diese Yerhaltnisse wissen noch davlcov xal idxov x(s<palal) nennt (Bull, 

wir zwar nur aus dem Orient, auf dessen sogleich hell. IV 336). In Pontus wurden die Iuga des 

folgende Besprechung ich verweise; doch ist er Weinlandes nicht, wie im Orient, nach der Zahl 

ohne Zweifel auch filr die meisten andern Dioe- der Iugera, sondern nach der Zahl der RebstOcke 

cesen typisch gewesen. Die Unterschiede derselben berechnet (Lact. a. 0.). 

sollen, so weit sie uns bekannt sind, im Folgenden In Thrakien bestanden gleichfalls im J. 377 

in geographischer Reihenfolge aufgezahlt werden. Iugatio und 0. (Cod. Theod. VII 6, 3), doch 

In Agypten wurden im J. 377 nur iuga ter- scheint von der letzteren das Vieh befreit gewesen 
rena, nicht auch capita besteuert (Cod. Theod. 10 zu sein, da hier nur von einer c. humana die 

VII 6, 3), und schon in einer Steuerquittung, die Rede ist. Auch diese wurde durch Theodosius 

wahrscheinlich dem J. 345 angehert , wird die den Grossen aufgehoben, um dem von den Gothen 

Zahlung gewisser Naturalien fur 21 Iuga be- verwiisteten Lande einige Erleichterung zu schaffen 

scheinigt, ohne dass der Capita, die datnit ver- (Cod. lust. XI 52). 

bunden sein kflnnten, Erwahnunggeschieht (See ck tFber Makedonien, DacienundPannonien wissen 

Deutsche Ztschr. f. Geschichtswissenschaft XII wir nichts, ausser dass in einer dieser Dioecesen 

290, 4). Mithin war schon vor der Mitte des oder auch in mehreren die Einheit der Steuer- 

4. Jhdts. nur der unbewegliche Besitz der Annona rechnung iulium hiess (Nov. lust. 17, 8. 128, 1. 

unterworfen, und dies scheint von Anfang an so 3. Seeck 301). 

gewesen zu sein (Seeck Ztschr. f. Social- und 20 Die Dioecesis Italiae, d. h. das nOrdliche Ita- 
Wirtschaftsgeschichte IV 295). Diese Befreiung lien, wurde schon von Diocletian der Annona 
von Menschen und Vieh war ein Aequivalent da- unterworfen (Vict. Caes. 39, 31) und erhielt da- 
fur, dass hier auch die festen Tribute der alten nach den Namen regio annonaria (Hist. Aug. 
Zeit nicht nur in dem entwerteten Gelde, sondern XXX tyr. 24, 5; vgl. Parthey Hieroclis Synec- 
zum Teil noch in Naturalien erhoben wurden demus p. 77). Die Siidgrenze dieses Gebietes ist 
(Agypt. Urk. d. kgl. Mus. zu Berlin I 94: dn- dadurch bezeichnet, dass die Provinzen Tuscia 
jiioaia navxola aixixa. xs xai agyvQixa xai avvcbvav. und Picenum geteilt und die nordlichen Teile 
Oros. I 8, 9). Wie gross das Iugum war, wissen annonaria , die siidlichen suburbicaria genannt 
wir nicht; doch darf man nach der Analogic von werden (Amm. XXVII 3, 1. Not. Dign. Occ. I 56. 
Africa auf einen grOsseren Umfang schliessen, als 30 58. II 14. 16. XIX 5. Rom. Peldmesser I 346. 
er uns aus dem Orient iiberliefert ist. Mommsen Chron. min. II 107. lord. Get. 60, 

In der Dioecese des Orients gingen auf ein 311). Genaueres ist iiber die Steuerverhaltnisse 

Iugum: an Weinland 5 Iugera, an Ackerland dieser Dioecese nicht bekannt. 

20 Iugera, auf gebirgigerem Boden 40, auf Boden Die Dioecesis urbis Romae oder Regio sub- 

dritter Klasse 60 ; 225 Olbaume, auf gebirgigem urbicaria war unter Diocletian noch von der An- 

Boden 450. Weide und Wiese waren nicht in nona befreit geblieben, weil sie gewisse Lasten 

Iuga abgeteilt, zerfielen aber wie das Ackerland fur die Ernahrung der Hauptstadt zu tragen hatte 

in drei Klassen, die anfangs wahrscheinlich von (Mommsen Rom. Peldmesser II 199). Galerius 

jedem Iugerum eine bestimmte Menge Heu zu wollte nicht nur dieses Gebiet, sondern, da er ja 
steuern hatten. Spater wurde diese Leistung der- 40 auch die Stadter zur C. heranzog , sogar Rom 

art in Geld abgelSst , das fur die erste Klasse selbst der Einschatzung unterwerfen ; doch wurde 

3 Denare, far die zweite 2, filr die dritte 1 Denar dies 306 noch durch den Aufstand des Maxentius 

zu bezahlen waren (Syrisch-rSmisches Rechtsbuch abgewendet (Lact. de mort. pers. 26). Aber das 

§ 121. Mommsen Herm. Ill 429. Seeck 276). grosse Geldbediirfnis des Usurpators scheint diesen 

Neben der Iugatio ist die C. unter Diocletian selbst gezwungen zu haben, das Privileg der Regio 

nachweisbar (Cod. lust. XI 55, 1, die Verfugung suburbicaria aufzuheben. Jedenfalls ist uns schon 

ist an den Praeses von Syrien gerichtet; vgl. IX aus dem J. 323 eine Censusliste aus Suditalien 

41, 9) und spater noch im J. 311 (Cod. Theod. inschriftlich erhalten (CIL X 407), und spater 

XIII 10, 2. Seeck 290); aber vor 377 war sie wird in einem Gesetz von Steuerresten der An- 
aufgehoben (Cod. Theod. VII 6, 3 ; auch in dem 50 nona auch in Bezug auf die Regiones urbicariae 

syrischen Rechtsbuch und in einem Briefe des geredet (Cod. Theod. XI 28, 14. Seeck 303, 

Theodoret 47 = Migne Gr. 83, 1225 ist nur 41). Die Steuereinheit hiess hier millena (Nov. 

von Iuga, nicht von Capita die Rede). Den Grund Val. 5, 4. Nov. Maior. 7, 16. Cassiod. var. II 37. 

dazu boten vielleicht die Perserkriege des Con- lust. Sanct. pragm. pro petit. Vigil. 26. CIL X 

stantius, die besonders schwer auf dieser Dioecese 407, wo die regelmassige Abkflrzung M. in mil- 

lasteten und ihr als Ausgleichung wohl diese lenae aufzulosen ist), wahrscheinlich weil als Nor- 

Steuererleichterung verschafften. malmass derselben ein Stuck Ackerland gait, das 

In Asia und Pontus wurden iuga und capita durchschnittlich eine Ernte von 1000 Modii Weizen 

nebeneinander besteuert (Cod. Theod. VII 6, 3). trug. Bei Kornland erster Klasse scheint man 
Dem entsprechend berichtet Lactanz (de mort. 60 diese Einheit auf 25 Iugera, zweiter Klasse. auf 

pers. 23) von dem Census der pontischen Provinz 50 Iugera angesetzt zu haben (Seeck 304). Ubri- 

Bithynien: animalia omnia generis seribeban- gens wird der Name millena nicht nur auf den 

tur, hominum capita notabantur, und in der Grundbesitz angewandt, sondern ebensogut auf 

Schatzungsliste der asiatischen Stadt Astypalaia die Einheiten der beweglichen Steuerobjecte, die in 

werden neben £v(ydj auch av&Q(om(ov) x(scpaXal) den orientalischen Dioecesen capifohiessen(Seeck 

und iwfiovj x(e<pala{) verzeichnet (CIG 8657). Zu 303). 

irgend einer Zeit mtissen in Asien die freien Men- Auch in den beiden gallischen Dioecesen findet 

schen von der C. entlastet worden sein, da die sich der Name caput, doch wird er hier nicht 



1521 Capite censi Capite censi 1522 

nur filr die beweglichen Steuereinheiten, sondern censi vom Kriegsdienste befreit gewesen seien. 
ftir alle ohne Ausnahme benutzt (Eumen. paneg. Spater habe man dann angefangen, auch die Pro- 
VIII 11. 12. Apoll. Sid. carm. XIII 20). DaEume- letarier zum Kriegsdienste heranzuziehen (Ennius 
nius (VIII 6) als Gegenstand der C. in Nordgal- bei Gell. XVI 10, 1 und Non. 155 M. proletarius 
lien nur hominum numerum et agrorum modum publieitus scutisque feroque ornatur ferro), und 
nennt, so scheint das Vieh hier, wie in Thrakien, hiebei eine Censussumme festgesetzt, unter welche 
frei gewesen zu sein. Wahrscheinlich hatte der man bei der Aushebung nicht herabgegangen sei. 
Bagaudenaufruhr den Viehstand so herunterge- Sie betrage bei Polybios (VI 19, 2) 4000 As. 
bracht, dass Maximianus zu seiner Hebung dies Als Schopfer dieser Einrichtung sei Camillus an- 
Privileg fiir erforderlicb hielt. tfber dem caput 10 zusehen. Vielleicht habe man jedoch nur Grand- 
stand als grossere Steuereinheit das capitulum besitzer herangezogen, deren Grundeigentum nicht 
(s. d.), dessen Umfang nicht bekannt ist (Amm. geringer gewesen sei, als 4/ 5 eines Iugerum, und 
XVI. 5, 14. Seeck Rh. Mus. XLIX 630). sicherlich sei Ingenuitat verlangt worden. Als 

Uber die Steuerverhaltnisse Spaniens und Brit- man dann begonnen habe, Flotten auszuriisten, 

tanniens scheint nichts tiberliefert zu sein. wahrscheinlich unter der Censur des Appius Clau- 

In Africa ist von einer Besteuerung der Men- dins (443 = 311), habe man zum Dienste auf der 

schen und des Viehs gar nicht die Rede, und fiir Plotte ausser den soeii namentlich libertini und 

den Boden dient als einzige Rechnungseinheit die die unter 4000 As geschatzten proletarii heran- 

eenturia von 200 Iugera (Cod. Theod. XI 1, 10. gezogen. Hiebei sei man aber wieder nicht unter 
28, 13. Nov. Val. 33, 2. Nov. lust. 128, 1. 3). 20 1500 As hinabgegangen , doch sei diese Summe 

Diese ausserordentliche Begiinstigung ist hier wohl erst um 473 = 281 fixiert worden, als man die 

ebenso zu erklaren, wie die ahnlichen Privilegien Proletarier regelmassiger zum Dienst im Land- 

Agyptens. heer heranzog (Cato und Cassius Hemina bei Non. 

Savigny VermischteSchrift.il 67. Huschke p. 67 M. Oros. IV 1,3). Es habe sich nunmehr 

tlber Census und Steuerverfassung der fruheren der Name capite censi auf diejenigen Proletarier 

rOmischen Kaiserzeit, Berlin 1847. Zachariae beschrankt, welche weniger als 1500 As hatten 

von Lingenthal Memoires de l'acad. imp. de und vom Kriegsdienste ganzlich ausgeschlossen 

St. Petersbourg VII 6 nr. 9, 1863. Seeck Ztschr. waren. Gleichzeitig habe man aber die Proletarier 

f. Social- und Wirtschaftsgeschichte IV 275. auch zum Tributum herangezogen, und zwar seien 

2) Die Verteilung des Capitum, Cod. Theod. 30 die Censoren dabei so weit wie mOglich gegangen, 

VII 4, 8, s. Capitum. [Seeck.] namlich bis zur Grenze von 375 As. Diese Fixie- 

Capite censi. So hiessen in Rom diejenigen rung des Minimum des steuerpflichtigen VermOgens 

Burger, welche bei der Schatzung nichts als ihre habe vor der Zeit stattgefunden, als das romisehe 

Person anzumelden hatten und daher nur mit Volk aufhorte, Tribut zu entrichten (587 = 167), 

ihrem caput, d. h. ihrem Biirgerrechte (Mo mm- vermutlich im Anfange des zweiten punischen 

sen St.-R. Ill 7), in die Steuerlisten eingetragen Krieges. Damals sei also der Ausdruck capite 

wurden. Gell. XVI 10, 10 qui nullo aut per- censi als der im Vergleich zu proletarii weniger 

quam parvo acre censebantur, ,eapite censi' vo- ehrenvolle (Gell. XVI 10, 12 proletariorum tamen 

cabantur, extremus autem census capite censo- or do honestior aliquanto et re et nomine quam 
rum aeris fuit trecentis septuaginta quinque. 40 capite eensorum fuit) fiir diejenigen Burger iib- 

Exsuper. 2 Mi, quibus nullae opes erant, caput lich geworden, deren VermOgen den geringsten 

suum, quod solum possidebant, censebantur. Senec. Satz des steuerpflichtigen Capitals {census ex- 

de benef. VII 8, 1. Sie waren vom Kriegsdienste tremus) nicht erreichte. So erklare es sich, dass 

entbunden; Val. Max. II 3, 1 dabat operam (po- schon fiir Cicero die Unterscheidung innerhalb 

pulus), ne imperatoribus capite censos sacra- der Masse der Proletarier eine Antiquitat war. 

mento rogare esset necesse, quorum nimia inopia Wenn Livius den Unbemittelten eine besondere 

suspecta erat, ideoque his publica arma non com- Centurie (I 43, 8), Dionys (IV 18. VII 59) sogar 

mittebant. Nach Gellius standen sie eine Stufe eine besondere Klasse anweist, welche in den 

tiefer, als die proletarii, welche einen Mindest- Centuriatcomitien nach der filnften Klasse zur Ab- 
betrag von 1500 As als steuerpflichtiges Ver- 50 stimmung aufgeruf en worden sei, so findet Lang e 

mOgen zur Schatzung anmeldeten; Gell. XVI 10, (Altert. Is 468) dies zwar im Widerspruch mit 

10 quiinplebe Romana tenuissimi pauperrimi- der servianischen Verfassung, bezweifelt aber trotz- 

que erant neque amplius quam mille quingentum dem nicht die Richtigkeit dieser Angaben, sondern 

aeris in eensum deferebant, ,proletarii' appellati glaubt vielmehr, dass in der Zeit nach der De- 

sunt, qui vero nullo u. s. w. (s. o.). Non. p. 155. Da- cemviralgesetzgebung und dem Consulate des Va- 

gegen fielen nach dem Zeugnis des Festus p. 226 lerius und Horatius (305 = 449), da man die in 

proletarii und capite censi zusammen : Proletarium den Concilia plebis stimmberechtigten Prole- 

capite eensum dictum, quod ex his civitas con- tarier von den Centuriatcomitien nicht mehr habe 

stet, quasi prolis progenie , und dasselbe deutet ausschliessen kennen , diesen eine Centurie ein- 
Cicero an de republ. II 40 : eos, qui aut non 60 geraumt worden sei. Ahnlich ist die Auffassung 

plus mille quingentum aeris aut omnino nihil Soltaus (AltrOm. Volksversamml. 346—351. 

in suum eensum praeter caput attulissent, 616 — 622), Schillers (ROm. Staatsaltertiimer 

proletarios nominavii. Den Widerspruch zwischen 154) und H e r z o g s (Rom. Staatsverf. I 40. 

diesen verschiedenen Nachrichten sucht Lange 363. 406. 1027), nur mit dem Unterschiede, 

(ROm. Altert. I s 499ff.) durch die Annahme zu dass dieser die Heranziehung der Proletarier 

losen, dass ursprfinglich alle Burger, deren Ver- mit einem MinimalvermSgen von 4000 As zum 

mOgen den Census der fiinften Klasse (vgl. CI as- Dienst in den Legionen viel spater ansetzt als 

sis) nicht erreichte, als proletarii oder capite Lange, namlich an das Ende des zweiten pu- 



1523 Capitis deminutio Capitis deminutio 1524 

nischen Krieges, indem er hiedurch das Steigen dere Gruppen, z. B. der Senatorenstand, kamen 

der Bevelkerungszahl innerhalb der J. 208—204 bei diesem Begriffe nicht in Betracht. Inst. I 

Ton 137 000 auf 216 000 waffenfahige Burger er- 16, 5. Da der Begriff des caput sich vom status 

Mart (vgl. auch Herzog Comment. Mommsen. kaum nnterschied (s. Caput), so ist auffallend, 

136 — 139). Dagegen weist Mommsen (St.-R. dass eine blosse permutatio mit einer deminutio 

III 285) die proletarii wie die eapite eensi in auf eine Linie gestellt wurde. Es entsprach dies 

die Centurie der aecensi velati und lasst diese aber den Begeln des alten Rechtes, welche mit 

zusammen mit der funften Klasse, nicht nach der- jeder Anderung der Rechtslage hinsichtlich der 

selben stimmen (vgl. Fest. p. 257 von Mourn- drei genannten Gruppen einen Eechtsverlust ver- 
sen a. a. 0. folgendermassen erganzt: [quinjtanam 10 knupften. 

classem [dicebant adcensos, quia Servius] rex Die capitis deminutio maxima war der Ver- 
distributfis centuriis in classes, quas quinque] lust der Freiheit, der die Rechtsfahigkeit nicht 
fecit, cum eas ord[inaret, quintae ob earn cau]- bios verminderte, sondern vernichtete. Dig. IV 
sam de eapite [eensis adcensos adiecit, ut qui] 5, 3, 1 : servile caput nullum ius habet ideoque 
nihil praeter se h[abebant armatos sequerentur. nee minui potest. Inst. I 16, 4 (vgl. hierzu 
Lujcilius sic meminit: quod . . . adeptus). Er Caput). Diese starkste C. d. konnte durch feind- 
nimmt ferner im Gegensatze zuLange an, dass liche Gefangenschaft oder auch zur Strafe ein- 
samtliche Proletaries die auf weniger als 1500 treten, s. Captivitas und Servitus poenae. 
As geschatzt waren , von der Steuer befreit ge- Als capitis deminutio media oder minor gait 
wesen seien (St.-R. Ill 237) , indem er sich auf 20 der Verlust des Burgerrechts und der mit ihm 
Cicero de rep. II 40. Gellius XVI 10, 10 und auf verbundenen Befugnisse, s. Peregrinus und La- 
das Civilrecht beruft, nach welchem als vindex tinus, ein biirgerlicher Tod, der jedoch nur die 
fur den steuerfahigen Burger {assiduus oder locu- Bechte des ius civile entzog, diejenigen des ius 
pies) nur ein ehenfalls steuerfahiger, fur den nicht gentium, die auch dem peregrinus zustanden , un- 
steuerfahigen (proletarius oder eapite census) jeder beriihrt liess. Dig. XL VIII 19, 17, 1 (Leonhard 
Burger eintreten kann (Zwolftafelgesetz bei Gell. Inst. 189 § 47 III). Der Austritt aus der Bur- 
XVI 10, 5 Assiduo vindex assiduus esto. Pro- gerschaft konnte freiwillig geschehen, z. B. bei 
letario iam civi quis volet vindex esto. Lex Bubr. dem Eintritte in eine colonia Latina, oder auch 
1. 21. Lex Colon. Iul. Genet, c. 61). Demnach zur Strafe; so bei der aqua et igni interdictio. 
bestreitet er, dass fur die Steuererhebung ein 30 Dig. IV 5 de eapite minutis frg. 5 pr. § 1. 
Unterschied zwischen eapite eensi und proletarii Als capitis deminutio minima wird endlich 
gemacht worden sei; fur die Dienstpflicht leugnet jeder Austritt aus dem hisherigen agnatischen 
er ihn zwar nicht, erklart ihn aber als ,eine neben Pamilienverbande erwahnt , mit dem alle Kechte 
dem allgemeinen Sprachgebrauche stehende Be- fortfielen, die eine Zugehorigkeit zu diesem Kreise- 
sonderheit der Militarsprache' (St.-R. Ill 238, 2). voraussetzten ; vgl. Cic. top. VI 29. Dig. IV 
Bei der Diirftigkeit der Quellen , deren Nach- 5 , 6. Die einzelnen Falle der c. d. minima 
richten uns teilweise nur von dritter Hand oder waren: 1) die Hingabe einer Haustochter in die 
verstummelt vorliegen, ist es schwer zu entschei- eheherrliche Gewalt (manus) ihres Gatten (datio 
den, welche der vorgetragenen Ansichten sich der in manum). Die Tochter schied aus ihrer agna- 
Wahrheit mehr nahert. Lange scheint uns zu-40tischen Pamilie aus und trat zu ihrem Gatten 
viel aus der tfberlieferung herauszulesen , zuviel in die rechtliche Stellung einer Haustochter, s. 
eigene Combination hineinzutragen ; Mommsen, Manus. 2) Der Eintritt eines gewaltfreien Mad- 
der das Staatsrecht als fertiges System vortragt, chens oder einer gewaltfreien Witwe in die ma- 
hat der historischen Entwicklung vielleicht nicht nus des Gatten (eonventio in manum) hatte die- 
geniigend Rechnung getragen. Indessen kann die selben Rechtsfolgen. 3) Die Hingabe eines Haus- 
Auffassung eines jeden der genannten Gelehrten kindes in die Gewalt eines neuen Hausvaters (datio 
nur aus der Betrachtung des gesamten Systemes in adopt ionem,s. Adoption Nr. 2). 4) Der Eintritt 
heraus voll gewiirdigt werden, in welches sich die eines Gewaltfreien in die vaterliche Gewalt eines 
einzelne Institution wie ein Glied der Kette ein- andern, s. Adrogatio und Adoption Nr. 2. Dem 
reiht; hier, wo sie aus dem Zusammenhange ge- 50 adrogatus folgten seine Hauskinder in die Familie 
lest betrachtet wurde, miissen wir unser Urteil des adrogator. Dig. IV 5, 3 pr. 5) Das Aus- 
zuruckhalten und uns auf den Bericht fiber die scheiden aus der vaterlichen Gewalt ohne Eintritt 
bedeutendsten Darstellungen dieses Gegenstandes in eine neue (emancipatio). 6) Die Hingabe eines 
beschranken. Hauskindes in das mancipium (im spatrOmischen 

Durch die Dmgestaltung, welche das rOmische Recht verschwunden), Gai. 1 162 (s. Mancipium). 

Heerwesen unter Marius erfuhr, wurden auch die Die emaneipatio und die datio in manum 

eapite eensi zur Aushebung aufgerufen und in mogen in der altestcn Zeit vornehmlich dann 

die Legionen eingereiht, Sail. lug. 86, 2. Val. vorgekommen sein, wenn ein Haussohn in eine 

Max. II 3, 1. Plut. Mar. 9. Gell. XVI 10, 14. mit Burgerrecht ausgestattete Colonie zog. Dann 
Flor. I 36, 13. Quintil. decl. 3, 5. Laur. Lyd. 60 mag sein Hausvater ihn von der vaterlichen Ge- 

de mag. I 48. Iul. Exsuper. 2. [Kiibler.] wait befreit und seine Kinder ihrem Vater in 

Capitis deminutio ist nach Inst. I 16 pr. dessen Hausherrschaft hingegeben haben. Hier 

eine status permutatio, d. h. eine Anderung der ergab sich der Austritt aus dem heimischen Ver- 

Stellung innerhalb einer der drei Hauptgruppen wandtschaftskreise aus seiner Veranlassung. Die 

der altromischen Volksgemeinde, d. i. der Gruppe Kraft der datio und der eonventio in manum 

der Freien, der Burger und der agnatischen Ver- sowie der datio in mancipium beruhte auf dem 

wandten. Dig. IV 5, 11 : tria enim sunt quae Grundsatze, dass niemand zugleich in zwei agna- 

habemus, libertatem, eivitatem, familiam. An- tischen Familien stehen konnte. Bei der Hingabe 



1525 Capitis deminutio Capito 1526 

der Tochter in die manus des Schwiegersohnes der" bisherigen wirtschaftlichen Lage begleitet 

ebenso wie bei der datio in adoptionem wurde war, und der liberdies gegen die Glaubiger der 

der Verlust der bisherigen Familienrechte durch eapite demimtti eine grosse Harte enthielt. 
den Erwerb einer neuen Familie, bei der eman- Litteratur: E. Sim son Ad Dig. de cap. min. 

eipatio durch den Gewinn der Gewaltfreiheit aus- legem 11 exerc, Regimont. 1835 und die Recen- 

geglichen. Eine handgreifliche deminutio der sion in der Ztschr. f. Altertumswissenscb. 1836 

Eechtslage trat also nur bei der eonventio in nr. 82 S. 660ff. Schilling Lehrb. f. Inst, und Ge- 

manum und bei der adrogatio ein. Man suchte schichte des R. R. II 91ff. Zimmern ROm. R.- 

daher die Anwendung des Ausdruckes C. d. auf G. I 420ff. v. Savigny System des heut. rom. 
die emaneipatio dadurch zu rechtfertigen, dass 10 R. II Beil. VI 493ff. und dazu Puchta in Richter 

bei ihr der emaneipatus in dem Scheingeschafte, und Schneiders Jahrb. 1840, 687ff. Rudorff 

das ihm zur Freiheit verhalf, zunachst in eine Rom. R.-G. II 407. Pernice Labeol 172ff. Buhl 

imaginaria servilis causa kam, Dig. IV 5, 3, 1, Salvius Iulianus 252ff. Puchta-Kriiger Inst, w 

s. Emaneipatio. Diese Erklarung passte auch II 116ff. 297. 381. 390. H. Kriiger Geschichte 

anf die datio in adoptionem (s. Adoption Nr. 2), der cap. deminutio, 1887 und dazu Kipp Ztschr. 

nicht aber auf die datio und eonventio in manum, der Savignystiftung , roman. Abteilung IX 159. 

zwei Geschafte, die fibrigens in der Kaiserzeit Mitteis in Grunhuts Ztschr. XV 433ff. Karlowa, 

zugleich mit der manus verschwanden, s. Manus. R. Rechtsgeschichte II 114ff. Schulin Geschichte 

Hiernach hat also nicht die imaginaria servilis d. rSm. Rechts 32ff. 166. 177ff. 191. 241. 249fF. 
eausa des aus der Familie Austretenden, sondern20 252. MommsenR. St.-R.3 III 7ff. 45. Cuq Les 

der Verlust der agnatischen Verwandtschaftsrechte institut. juridiques des Romains 1891, 199. Leon- 

der e. d. minima ihren Namen gegeben. Dieser hard Inst. 210 § 55 III. 228 § 61 Anm. 6. 292 

Name rechtfertigte sich noch mehr dadurch, dass § 84. S. auch oben 'Axilla. [Leonhard.] 
grundsatzlich mit den agnatischen Verwandtschafts- Capitium. 1) Stadt in Sicilien, noch jetzt 

rechten auch die privata iura in Wegfall kom- Capizzi, Cic. Verr. Ill 103 (Capitina eivitas). 

men sollten, Dig. IV 5, 6, eine Regel, die von Ptol. Ill 4, 12 (Kauvxiov). S. OIL X 7462. 
vielen Ausnahmen durchlOchert war und im neue- [HulsenJ 

sten rOmischen Rechte keine praktische Bedeutung 2) In alterer Zeit (Laberius bei Gell. XVI 7, 

mehr besass. Von vorn herein bezog sie sich 9. Varro de 1. 1. V 131 und bei Non. 524, 25) 
nur auf die iura eivilia (civilis ratio naturalia 30 und noch im 3. Jhdt. (Dlpian. Dig. XXXIV 2, 23, 

iura corrumpere non potest Dig. IV 5, 8). Darum 2) ein von den Frauen fiber der Tunica getragenes, 

blieben auch alle solche Forderungen des von der nur den OberkOrper und die Arme bedeckendes 

e. d. minima Beriihrten in Kraft, die nach rOmi- Kleidungsstfick. Den Namen leitet Varro richtig 

scher Auffassung eine naturalis praestatio hatten, von eapere ab, quod eapit pectus. 
wie die actio de dote Dig. IV 5, 8 und 9, auch 3) Bei Spateren die Halsoffnung der Tunica 

alle Rechte, denen die Natur einer Biirgerpnicht oder eines sonstigen Gewandes. Hieron. ep. 64, 

anhaftete, wie der tutela Dig. IV 5, 7, 1. Der 14. Mythogr. ed. Bode I 147. II 202. Vulgata, 

Niessbrauch (ususfructus s. d.) und der usus Exod. 28, 32. 39, 21; Job 30, 18. Aus dieser 

(s. d.) erloschen durch e. d. minima , bis Iusti- spateren Bedeutung des Wortes wird zu schliessen 
nian dies aufhob (Cod. HI 33, 16, 2. Inst. II 4, 40 sein, dass auch das C. Nr. 2 ringsum geschlossen 

3), dagegen gait das Gegenteil bei den beschrank- war und mit einer solchen Offnung fiber den Kopf 

teren Nutzungsrechten der habitatio (s. d.) und gezogen wurde. Dnklar bleibt, was sich der Schol. 

der operae (s. d.) servorum, Dig. IV 5, 10 quia Iuv. 3, 81 gedacht hat, wenn er conehylia (Pur- 

tale legatum (habitationis) in facto potius quam pur) mit C. erklart. [Mau.] 

in iure consistit, ein Satz, der weniger eine Be- Capito. 1) Quaestor von Cyrene unter Augu- 

griindung bietet, als einer solchen bedarf (wahr- stus, Cohen I 2 Augustus nr. 798. 799. [Groag.] 
scheinlich waren diese Rechte weniger auf eine 2) Schulredner aus der Zeit des Augustus, 

dauernde, als auf eine gelegentliche Ausubung Freund des alteren Seneca (Senec. contr. X pr. 

berechnet, Leonhard Inst. 292 § 84 V). Die 12); Proben seiner Beredsamkeit Senec. contr. 
Schulden des eapite deminutus erloschen aller- 50 VII 2, 5 — 7. IX 2, 9 — 10. [Stein.] 

dings und bestanden nur ausnahmsweise fort, 3) Centurio in Iudaea unter Gessius Florus, 

Dig. IV 5, 2, 3, doch brach der Praetor diesem Joseph, bell. Iud. II 298. 300. 

Grundsatze dadurch seine Spitze ab, dass er alle 4) [ClJufstuminaJ Gapito, [IHIvir via- 

Forderungen gegen den eapite deminutus durch rum euran] darum, trib(unus) [legfionisj] . . ., 

Einsetzung der Glaubiger in den vorigen Stand quaestor, CIL IX 731 Larinum (nach seinem Tode 

wiederherstellte. Gai. IV 38. Dig. IV 5, 2. 1. gesetzte Inschrift). [Groag.] 

Dieser eigenartige Einfluss des Austrittes aus 5) Capito, Praefectus praetorio unter Probus 

der agnatischen Familie auf die gesamte Rechts- im J. 276 n. Chr., Hist. Aug. Prob. 10, 6. 
lage beweist, dass man einen solchen in altester [Stein.] 

Zeit als einen Abbruch der gewohnten Lebens- 60 6) S. Antonius Nr. 42, Ateius Nr. 7 — 10, 

weise und der bestehenden wirtschaftlichen Be- Betilienus Nr. 3, Claudius, Clodius, Cos- 

ziehungen auffasste. Das ius civile erwartete sutianus, Egnatius, Fonteius.Herennius, 

daher grundsatzlich vor jedem Austritte aus der Iavolenus, Insteius, Iulius, Lucilius, Ne- 

agnatischen Familie eine Abwicklung der Schuld- ranius.Octavius, Oppius, Sinnius, Statius, 

verhaltnisse und eine PreisgabepersOnlicherdauern- Tullius, Valerius, Vergilius, Verginius. 
der Nutzungsrechte , ein Grundsatz , der immer 7) Cognomen folgender Consuln der Kaiserzeit ; 

unpassender werden musste, je seltener die e. d. a) C. Ateius Capito, cos. suff. 5 n. Chr. mit 

minima von einer thatsachlichen LoslOsung aus C. Vibius Postumus. 



1527 Capitolia Capitolia 1528 

b) C. Ponteius Capito , cos. ord. 12 n. Chr. zu einem rfimischen Seitenstiicke der olympischen 
unit Germanicus Caesar. Spiele machte (Kcuisrd>Xeia 'OXvuma CIG 2180 b; 

c) C. Ponteius Capito, cos. ord. 59 n. Chr. vgl. Censor. 18, 4 quare agon et in Elide Iovi 
mit C. Vipstanus Apronianus. Olympio et Romae Capitolino quinto quoque 

d) Fonteius Capito, cos. ord. 67 n. Chr. mit anno redeunte celebratur). Der Siegespreis war 
L. Iulius Rufus. ein Eichenkranz (Stat. silv. V 3, 231. Iuv. VI 

e) Sex. Neranius Capito, cos. suff. wahrschein- 387. Mart. IV 1, 6. 54, 1. IX 23, 5), das Preis- 
lich 71 n. Chr. mit L. Acilius Strabo. richteramt ilbte der Kaiser selbst in griechischer 

f) C. Tullius Capito Pomponianus Plotius Pir- Tracht (erepidatus purpureaque amietus toga 
mus, cos. suff. 84 n. Chr. mit C. Cornelius Gal- 10 graecanica, eapite gestans coronam auream cum 
licanus. [Groag.] effigie Iovis ae Iunonis Minervaeque Suet. Dom. 

8) . . . nog Kamtcov, athenischer Archon, wohl 4) unter Assistenz des Plamen Dialis und der 
Im 2. (oder Anfang des 3.) Jhdt., CIA III 1205. AngehOrigen des Hauspriestertums der Sodales Fla- 
Mit ihm ist wohl identisch der Archon Kapi- viales (Suet. Dom. 4 ; vgl. Herodian. I 9, 2 dsartjg 
ton CIA III 761: Dumont Fastes e"ponym. 8k xal a&Xofthrjg ovv tots Xouiotg ieoevoiv, ovg in 
■d'Athenes 50. [v. Schoeffer.] zieoiodoiv %qovov fi rat-ig xaXeX, 6 fiaaiXevg ylverai. 

9) Verf asser eines sehr niichternen Epigramms CIL IX 2860 . . cwonatus est inter poetas latinos 
■Aer Anthol. Pal. V 67, welches in dem Rufinus- omnibus sententiis iudicum). Vertreten waren 
teil (vgl. Stadtmuller Anth. gr. p. XXVI) er- alle drei bei den griechischen Agonen ublichen 
halten ist. Ob der Verfasser mit einem der sonst 20 Arten von Kampfspielen, gymnische, hippische 
bekannten Trager des Namens identisch ist, ist und musische (quinquennale certamen Capitolino 
ganz ungewiss. [Reitzenstein.] Iovi triplex, musieum equestre gymnieum Suet. 

10) Capito aus Lykien (PHG IV 133. 134) a. a. O.), dass uns von Siegern im Wagenrennen 
schrieb 'IoavQixd, historischen Inhalts, vgl. Steph. kein Zeugnis erhalten ist , beruht wohl nur auf 
Byz. s. Wlfj.a&a, in achtBiichern; Stephanos citiert Zufall; fur die andern beiden Arten der Agone 
"bis zum 6. (s. Kavivdava. Movxiooog), das vermeint- schuf Domitian mit grossem Aufwand neue Pracht- 
liche Citat aus dem 15. (Wl/ta&a) beruht auf einer gebaude, fiir die musischen Darbietungen das 
falschen Lesart der Aldina. Der Stoff war unter Odeum (s. d.), fur die athletischen Vorfiihrungen 
•den Kaisern Zeno dem Isaurier (474 — 491) und das Stadium (s. d.) ; die Zeit des Agons war der 
Anastasios I. (491 — 518) sehr actuell und es ist 30 Sommer (nach Herodian VIII 8, 3 fallt im J. 238 
recht wahrscheinlich . dass C. unter letzterem die Ermordung des Pupienus Maximus und Bal- 
schrieb, so dass er ein alterer Zeitgenosse des binus in die Zeit der C. ; sie geschah aber im 
Stephanos ware; unsicher ist freilich, ob der Steph. Juni oder Juli, s. die Tabelle Bd. I S. 2623f.). 
Byz. s. Wi/j-afta genannte Konon von Psimatha mit Manche Gattungen der Kampfe wurden bald nach 
•dem streitbaren Bischof von Apamea identificiert Domitians Zeit wieder aufgegeben (Suet. a. a. O. 
wwden darf, der, selbst ein Isaurier, an dem Auf- fuhrt als zu seiner Zeit nicht mehr iibliche Be- 
stand seiner Landsleute gegen den Kaiser Ana- standteile der urspriinglichen Festfeier an: eer- 
stasios (492— 497) so thatigen Anteilnahm (Euagr. tabant enim et prosa oratione graeee latineque, 
III 35. Theoph. p. 138 de Boor). Ob und wie der ae praeter eitharoedos ehoroeitharistae quoque et 
von Suidas aufgefiihrte Titel IIsqI Avxiag xalllafi- 40 psiloeifharistae; in stadio vero eursu etiam vir- 
<pvXiag mit den 'Iaavgixa zusammenhing , lasst gines), aber auch nachher war das Programm noch 
sicli nicht bestimmen. Suidas nennt ferner noch sehr reichhaltig und mannigfaltig und umfasste 
eine Mstaqjoaotg rfjg imrofifjg Evxoomov 'Pco- nicht nur alle in Griechenland ublichen Arten 
jtaioxl imtsfiovrog Al§iov ror'PcofiaTov, auf welche gymnischer und musischer Kampfe (Sammlung 
man, vielleicht zu vorschnell, die Reste einer von der Siegerinschriften und sonstigen Zeugnisse bei 
der des Paianios abweichenden griechischen tFber- Priedlander Sittengesch. II 5 575ff. und bei 
setzung des Eutrop, die sich bei Iohannes von Ruggiero Dizion. epigr. I364f.), sondern nament- 
Antiochien, Suidas und Planudes finden, zuriick- lich auch als berflhmteste Nummern Wettkampfe 
gefiihrt hat; das Nahere s. unter Eutropius. sowohl in griechischer wie in lateinischer Poesie: 

[Schwartz.] 50 in ersterem trat im J. 94 der nachher im 12. Lebens- 

11) Epischer Dichter aus Alexandreia, von dem jahre verstorbene Knabe Q. Sulpicius Maximus 
Athen. X 425 c das zweite Buch seiner 'Eq<otix6l unter 52 Bewerbern mit einem improvisierten 
und VIII 350 c das vierte seiner vito/nv^nata agog Poem von 43 Hexametern auf, das uns auf seiner 
$d67iax7iov (den Sohn des Ptolemaios V. Epi- Grabschrift noch erhalten ist (IGI 2012; mit 
phanes, vgl. Meineke Anal. crit. ad Athen. 155) Commentar bei Kaibel Epigr. gr. 618), in der 
■erwahnt. Es liegt kein Grand vor, die beiden Bewerbung um den Preis in lateinischer Poesie 
Werke mit Nikolai (Griech. Litt.-Gesch. II 282) erlitt Statius in einem der drei ersten Agoen 
fur identisch zu halten. [Sakolowski.] eine Niederlage (Stat. Silv. Ill 5, 3 Iff. V 3, 

12) Aus Pannonien stammender Freigelassener 231) , und das gleiche Geschick hatte etwas 
«ines Arrius , wird auf seinem in Lubenheym 60 spater der Dichter P. Annius Floras (Flor. p. 183 
gefundenen Grabstein (Gr uteri Inscript. ant. Rossb.). Bestanden haben die C. sicher bis zum 
DCXXXIX 3) als argentarius (Silberarbeiter ?) Beginn des 4. Jhdts., denn die Verordnung des 
bezeichnet. [O. Rossbach.] Diocletian und Maximian Cod. lust. X 53 (Kr. 

Capitolia (KaTtet&Xzia) oder agon Capitolinus 54), in der denjenigen Athleten, die coronis non 

hiess das hochberiihmte pentaeterische Pest, das minus tribus eertaminis saeri, in quibus vel 

Domitian im J. 86 (duodecimo eius et Servi Cor- semel Romae seu antiquae Oraeeiae, ausge- 

neli Dolabellae consulatu Censor. 18, 15) zu Ehren zeichnet seien , die Befreiung von burgerlichen 

descapitolinischenluppiterseinsetzteundgeradezu Leistungen zugesichert wird, meint mit dem 



1529 Capitolias Capitolinus clivus 1530 

certamen sacrum Romae sicher die C; aber auch (Liv. V 50, 4. 52, 11), also eine Genossenschaft mit 

Auson. profess. V 5ff. (p. 53 Peip.) Tu paene sacraler Bestimmung, errichtet auf localer Grund- 

ab ipsis orsus incunabulis Dei poeta nobilis, lage, vielleicht als Vertretuug eines — allerdings- 

sertum eoronae praeferens Olympiae puer eele- nicht bezeugten — pagus Capitolinus (Momm- 

brasti Iovem -vrird mit grosser Wahrscheinlichkeit sen OIL I p. 206; Ephem. epigr. II p. 129; 

auf sie bezogen. S. im allgemeinenFriedlander St.-B. Ill 115, 2). Erwahnt werden die C. einige 

a. a. 0. IP 437ff. 575—579. [Wissowa.] Male in der letzten Zeit der Bepublik und in 

Capitolias (Ptol. V 15, 22 Kamrmhag. Itin. augusteischer Zeit, zum Teil in Verbindung mit 

Ant. 196, 6. 198, 9. Tab. Peut. Hierocl. Synecd. der verwandten Mercuriales (s. d.): M. Furium 
720 , 5 KcmsrcoXia. Geogr. Kav. II 14 p. 84. 10 Flaccum, equitem Bomanum, hominem nequam 

Notit. episc. V 113 Parthey Kajzexwliooa. Le Capitolini et Mercuriales de collegio ciecerunt 

Quien Or. christ. Ill 715f.), Stadt im ostjor- Cic. ad Qu.fr. 115,2; A. Castricius Myrio . . . 

danischen Palastina, nach Tab. Peut. zwischen mag(ister) collegfiorum) Lupereforum) et Capi- 

Adraha und Gadara, 16 Millien von Adraha ent- tolinor(um) et Mercurial(ium) et paganorfum) 

fernt, nach Itin. Ant. zwischen Gadara (MukSs) Aventin(ensium) OIL XIV 2105; Glesipus Qe- 

und Neve (Nawa) an der Strasse nach Damascus ganius mag(ister) Capi[t(olinorum)] , magfister) 

gelegen. Die Frage nach der Lage von C. ist Lupercforum) CIL I 805 = X 6488. 

noch umstritten. Obige Angaben wiirden an sich [Wissowa.] 

allerdings (vgl. Schiirer Gesch. d. jiid. Volkes Capitolini ludi s. Ludi. 
II 93 Anm. 205) auf eine Lage nordostlich von 20 Capitolinus. 1) Wird von Martial (X 101 

Gadara weisen (ebenso bei Ptolemaios in gleicher aus dem J. 98) iiber Gabba , den Spassmacher 

Breite mit Hippos). Dennoch bleibt es das wahr- des Augustus, gestellt, ist demnach als eine Art 

scheinlichste , dass der Ort, wie mehrfach ge- Hofnarr Traians anzusehen. [Groag.] 

schehen, siidOstlich von Gadara zu suchen und mit 2) [Cajpitolinfusj, procurator) officfiorum/ 

dem heutigen Bet er-Eas zu identificieren ist, da [i]mp(eratorisJ GaesfarisJ M. Aur(elii) Ant(o- 

die alte Strasse von Gadara nach Damascus, wie nini) AugfustiJ, Lanciani Silloge epigr. aquaria 

noch die heutige, der Terrainverhaltnisse halber 242 nr. 205. [Stein.] 

wohl einen solchen Umweg gemacht haben dfirfte 3) Capitolinus, Consul ordinarius im J. 274 

und die Euinen von Bet er-Eas darauf schliessen n. Chr. mit Kaiser Aurelian , der damals zum 
lassen, dass der Ort in alter Zeit bedeutend war. 30 zweitenmal Consul war (Cod. lust. II 44, 1. De- 

Nach der spateren Einteilung gehorte C. zu Palae- Eossi Inscr. christ. I 13). C. Iulius Capitolinus 

stina II (Hierocl. a. a. O.). Die Aera der Stadt heisst er nur in der gefalschten Inschrift CIL VI 

(auf Miinzen s. Eckhel III 328f.) beginnt im 3120*. ' [Groag.] 

J. 97 oder 98 n. Chr.; ihre Grilndung fallt also 4) Capitolinus s. Claudius, Cornelius,, 

in die Zeit des Nerva oder Traian. Nach den Flavius, Iulius, Mamilius, Manlius. 

Mfinzen war die Stadt avroro/xog, also nicht rO- 5) Iulius Capitolinus s. HistoriaAugusta. 

mische Kolonie (Eckhel III 329. MionnetV 6) Vicarius Thraciarum unter Kaiser Lilian 

281ff.) , daher die Notiz des Juristen Paulus in (361—363), Chron. Pasch. p. 549. Theodor. h. e. 

Digest. L 15, 8, 7, dass die Capitulenses wie III 1. 

Caesarea nicht das voile ius Italicum hatten, 40 7) Hoher Beamter am Hofe zu Constantinopel 

nicht wohl auf unser C, sondern auf Aelia Capi- um das J. 391. An ihn gerichtet Lib. ep. 946. 

tolina gehen wird (vgl. Schiirer Gesch. d. jiid. 947. 952. Sievers Das Leben des Libanius 198. 

Volkes I 547 und Eeland Pal. 693 gegen Kuhn [Seeck.] 

Die stadtische und biirgerliche Verfassung II 372). Capitolinus clivus, in Bom, der vom Forum 

Spater war sie Bischofssitz. Die von Quandt auf den mons Capitolinus fuhrende Fahrweg (s. 

(Judaea 40f.) vorgeschlagene Gleichsetzung mit den Plan S. 15351). Er beginnt beim Tiberius- 

Eaphana beruht nur darauf, dass Ptolemaios letz- bogen an der Nordecke der Basilica Iulia (12 m_ 

teren Namen unter den Stadten des Dekapolis iiber dem Meere) , windet sich um den Saturn- 

nicht hat (s. d. Art. Eaphana). Miinzen von tempel herum, erreicht, nachdem er an der West- 
Aurelius bis Macrinus s. bei Eckhel III 328f. 50seite der portions deorum consentium entlang 

Mionnet V 281—283; Suppl. VIII 192. De gestiegen ist (deren Eiickwand zum Teil durch. 

Saulcy 304 — 307 pi. XVI nr. 9. Inschriften die grossen Quadersubstructionen des elivus ge- 

CIL VI 210. X 532. Ephem. epigr. IV 331. bildet wird), die Senkung zwischen den beiden 

V 211. Eeland Pal. 693. Bitter Erdkunde Hbhen des Capitols (36 m.), hat also auf ca. 200 m. 

XV 356. Baumer Pal. 246. Seetzen Eeisen 23 m. Steigung (1 : 8,7). .Ungefahr in der Mitte'- 

IV 185ff. Kuhn Die stadtische und biirgerliche (nach Festus 344) miindete" in den clivus ein zur 

Verfassung II 372. Quandt Judaea und die Bergung des stercus ex aede Vestas dienender 

Nachbarschaft im Jahrh. vor u. nach der Geburt angiportus, der mit der porta ster cor aria ver- 

Christi 40f. Schiirer Gesch. d. jiid. Volkes I schlossen war; er diirfte also an der Westecke- 
547. II 93. Die Beschreibung der Euinen von 60 der area Saturni zu suchen sein. Die auf Cle- 

B3t er-Eas s. bei Schumacher Northern Ajlun mens Alexandr. Protr. IV 51 beruhende Hypo- 

154if. [Benzinger.] these, dass hier ein Tempel der Fortuna gelegen. 

Capitolini. Als im J. 364 d. St. = 390 v. Chr. habe, ist unhaltbar; gl. Jordan Top. I 2, 64. 

zum Andenken an die gliickliche Abwendung der Von der Einsattelung aus nahm der Clivus mit 

Galliergefahr zu Ehren des Iuppiter 0. M. ludi zwei ferneren Windungen die Steigung bis zum 

Capitolini (s. d.) eingerichtet wurden, griindete Eingang in den Hof um den Iuppitertempel (ca. 

man zur Abhaltung dieser Spiele ein collegium 15 m. Niveaudifferenz auf 150 m. Lange, also 

ex eis, qiii in Capitolio atque aree habitarent Steigung 1:10); doch fiihrte auch ein abkiir- 



1531 Capitolium Capitolium 1532 

zender Treppenweg von der Einsattelung (iuxta Hohe sollen in der Urzeit einige Sacella des Ter- 

lucum asyli, Tac. hist. Ill 71) direct hinauf zum minus (Cato bei Pestus 162 = orig. I 23 ed. Jor- 

Tempel. Seit 174 war der Clivus mit Lava ge- dan. Ovid. fast. II 665. Liv. I 55. V 54, 7. 

pflastert und vom Saturntempel bis zur Hohe Dionys. Ill 64. Florus I 1, 7. Serv. Aen. IX 

von Saulenhallen begleitet (Liv. XLI 27); dass 446. Augustin. civ. dei IV 23. Lactant. inst. I 

diese wenigstens in der oberen Halfte die rechte 20, 38), der Iuventas (Liv. V 54, 7. Dionys. Ill 

Seite des Weges flankierten, ergiebt sich aus Tac. 69. Flor. I 1, 7. Augustin. civ. dei IV 23) und 

hist. Ill 71. Der altere Scipio errichtete 190 des Mars (Augustin. civ. dei IV 23) gestanden 

einen Bogen mit Statuen und Wasserbecken in haben, deren Exauguration, als die Legung der 
Capitolio adversus mam qua in Capitolium 10 Pundamente des Iuppitertempels begann, durch 

eseenditur (Liv. XXXVII 3, 7), also walirschein- Prodigien gehindert sein soil ; daher noch sp&ter 

lich iiber dem Clivus ; moglicherweise stand iiber ein Sacellum des Terminus in der Cella des Iup- 

dem Clivus auch der fornix Oalpurnius (s. o. piter, eines der Iuventas in der Cella der Minerva 

S. 1408). Wenn Hauser am C. erwahnt werden bestand (Dionys. Ill 69. Serv. Aen. IX 448. Plin. 

(des Milo, Cic. pro Mil. 64), so mussen sie wohl XXXV 108; Augustin. civ. dei IV 23 spricht 

in der Einsattelung gesucht werden. Vgl. Jordan auch von einem sonst nicht bezeugten des Mars). 

Top. I 2, 62. 78. 120. Richter Hermes XVIII Der Tempel der capitolinischen Gottertrias, 

(1883)118—128.616. XIX (1884) 322. Gilbert des Iuppiter Optimus Maximus, der Iuno und 

Top. I 313 — 315. II 445 — 448. [Hfilsen.] Minerva, nimmt mit seinem Temenos (area Ca- 

Capitolinm. 1) Capitolium, Gapitolinus 20 pitolina) seit friihester Zeit diese Sudhohe ein. 

mons in Rom. Nordwestlich vom Palatin erhebt Seine Griindung schreibt die Tradition fast ein- 

sich ein kleiner (Umfang ca. 1200 m.) , zwei- stimmig (Cic. de rep. II 36. Liv. I 38. 55. Dionys. 

kuppiger Hugel, der ursprunglich den westlich- III 69. IV 59. 61. Plut. Popl. 13. Tac. hist, 

sten Auslaufer des Quirinalis gebildet zu haben IV 72) dem Tarquinius Priscus zu (nur Euseb. 

scheint und von diesem noch in friihromischer und Hieronym. ad a. Abr. 1303 nennen Numa 

Zeit durch eine weit schmalere Einsenkung als als Begriinder, Tac. hist. a. a. O. Servius Tullius 

jetzt getrennt war. Er besteht aus griingrauem als Fortfiihrer des Baues). Geweiht wurde er am 

Tuff, seine beiden Kuppen erheben sich ziemlich 13. September 509 v. Chr. durch den Consul Ho- 

gleichmassig zu 46 — 49 m. u. M. , die zwischen ratius (Polyb. Ill 22. Liv. II 8. VII 3. Plut. 
ihnen liegende Senkung auf 36 m. Nach Nord- 30 Popl. 14 ; dass dagegen Tac. hist. IV 72. Dio 

westen fiel er im Altertum schroff ab zur Ebene nys. V 25 das J. 507 nennen, ist ohne Gewahr). 

(12 m. u. M.) des Campus Martius; vom Palatin Bis zum 2. Jhdt. v. Chr. scheint der Bau, im 

trennte ihn die sumpflge Senkung (13 — 14 m.) wesentlichen unverandert, nur durch Ausschmuk- 

des Velabrum. Der Hugel gehort weder der Ur- kung mit "Weihgeschenken und Kunstwerken be- 

ansiedlung, dem palatinischen Rom, noch deren reichert (Aufzahlung bei Jordan I 2, 13 — 17), 

erster Erweiterung, der Septimontialstadt, an; erst gestanden zu haben. Erst nach dem aetolischen 

als die latinischen Ansiedler auf dem Palatin und Kriege wird von einer bedeutenden Reparatur 

die sabinischen auf dem Quirinal sich vereinig- des ausseren (Censur von 179: Liv. XL 51, 3; 

ten, wahlten sie, wie das Thai des Porum Roma- vgl. Plin. XXXV 14; von 174: Liv. XLI 27, 7; 
num und Comitium zu gemeinschaftlicher Markt- 40 von 159: Vellei. II 1, 1. 3, 1), nach dem Be- 

und Gerichtsstatte, so den das Porum iiberragen- ginn des dritten punischen Xrieges von einer Her- 

den, dem Palatin zunachstliegenden siidwestlich- stellung des inneren Baues berichtet (Plin. XXXDJ 

sten Auslaufer des Quirinals als Trager der gemein- 57. XXXVI 185). Am 6. Juli 83 brannte der 

samen Citadelle und des Hauptheiligtums. Tempel vollstandigab (Cic. in Cat. Ill 4. 9. Sallust. 

Nur der sudlichen Kuppe kommt, nach offi- Cat. 47, 2. Dionys. IV 62. Tac. hist. Ill 72. 

ciellem Sprachgebrauch, der Name C. (Kanexd)- Plut. Sulla 22. Cass. Dio frg. 106, 2. Hieron. 

faov; vgl. Jordan Top. I 2, 7 Anm. 1) zu. Frei- zu Euseb. a. Abr. 1934. Cassiod. chron. p. 132 

lich wird. da schon in friiher Zeit der Gesamt- Momms. Obseq. 57). Sulla nahm die Wieder- 

berg (arx Capitoliumqiie) den zusammenfassenden herstellung sofort in die Hand , erlebte aber die 
Namen mons Gapitolinus erhalt, allmahlich auch 50 Vollendung nicht mehr (Tac. hist. Ill 72. Plin. 

die Bezeichnung C. (als pars pro toto) nicht selten VII 138. Plut. Popl. 15. Val. Max. IX 3, 8); 

fur den ganzen Berg gebraucht. tiber den angeb- die Dedication blieb dem Q. Lutatius Catulus 

lichen Urnamen Tarpeius mons s. Jordan I 2, im J. 69 v. Chr. vorbehalten (Cic. in Verr. IV 

8 und den Art. Tarpeius. Der Name C. wird 69. Varro bei Gellius II 10. Liv. per. 98. Phlegon 

erklart, quod hie, cum fundamenta foderentur Olymp. frg. 14). Der Tempel stand in dieser Ge- 

aedis Iovis, caput humanum dieitur inventum stalt bis zum J. 69 n. Chr., wo er bei Gelegen- 

(Varro del.l. V41), bedeutet aber ohne Zweifel heit der Kampfe zwischen den Anhangern des 

nichts als den ,Hauptberg' jener geeinigten Stadt. Vitellius und des Vespasian in Flammen aufging 

Das C. war seit altester Zeit durch kunstliche (Tac. hist. HI 72. Plut. Popl. 15. Cass. Dio 
Abschroffung der Felswande und durch Ummaue- 60 LXVI 10. Hieron. zu Euseb. a. Abr. 2089. Victor 

rung befestigt (Jordan I 2, 126), auch mit der Caes. 9). Der von Vespasian sofort in Angriff 

Citadelle auf der Nordkuppe durch eine am Nord- genommene (Tac. hist. IV 53. Cass. Dio LXVI 

rand auf halber Hohe laufende Brustwehrmauer 10) und zu Ende gefiihrte (Tac. a. a. O. Plut. 

(Reste an der Salita delle Tre Pile: Jordan 12, Popl. 15. Victor Caes. 9) Neubau wurde im J. 80 

123) verbunden. Den einzigen fahrbaren Zugang wiederum durch Brand beschadigt (Cass. Dio 

zum Berge bildete der vom Forum zunachst auf LXVI 24. Sueton. Dom. 8) und von Titus und 

die mittlere Senkung und von dort auf das C. Domitian wiederhergestellt (Acta Arval. zum 7. De- 

ftthrende clivus Capitolinus (s. d.). Auf dieser cember 80. Cass. Dio a. a. O. Plut. a. a. 0. 



1533 Capitolium Capitolium 1534 

Sueton a. a. 0. Chronogr. a. 354 p. 146 Momms.). vgl. Jordan I 2, 98f.) und ohne Zweifel der 

Dieser wegen seiner Pracht haufig gepriesene Bau gesamte ornamentale Schmuck des Baues (Funde 

hat dann trotz einiger Beschadigungen durch Blitz- architektonischer Terracotten auf dera C. No- 

schlag und Brand (unter Commodus : Euseb. ad a. tizie d. scavi 1878, 235. Bull. com. 1896, 119. 

Abr. 2204; sehr zweifelhaft die Angabe der Acta 189 und Taf. XII. XIII; freilich ist die Zuge- 

Calepodii Act. SS. Mai II 499 unter Macrinus und hSrigkeit zum grossen Tempel zweifelhaft). Am 

Alexander) die letzten Zeiten des westrOmischen Giebel hingen seit 193 vergoldete Bundschilde 

Beiches uberdauert. Anfang des 5. Jhdts. nahm (clipei Liv. XXXV 10, 12); die Cella erhielt 

Stilieho die vergoldeten Bronzethiiren (Zosiin. V nach dem dritten punischen Kriege einen Mar- 
38) , 455 Geiserich die Halfte der vergoldeten 10 morfussboden (Plin. XXXVI 185), ibr Decken- 

Bronzeziegel des Daches (Prokop. Vand. 1 5) ; doch getafel wurde 142 v. Chr. vergoldet (Plin. XXXIII 

noch im 6. Jhdt. veranlasst die imponierende 57). Unvollkommene Abbildung der Tempelfront 

Pracht des Erhaltenen den Cassiodor zu der Ausse- auf einem Denar des M. Volteius (Bab el on II 

rung: Capitolia celsa emscendere hoc est ingenia 565. Jordan I 2, 88). 

humana superata vidisse (var. VII 6). Der Bau des Catulus war mit Benutzung der 

Im Mittelalter wurde der Tempel so griind- alten Substructionen , also genau in denselben 

lich zerstfirt, dass sogar sein Name in Vergessen- Grundrissdimensionen ausgefiihrt (Dionys. IV 61), 

Tieit geriet (s. dariiber Jordan I 2, 321) und auch der Versuch, die Area tiefer zu legen, schei- 

seine Lage zu einem vielumstrittenen Problem der terte , weil die unterirdiscben Schatzkammern 
rOmischen Topographie geworden ist. Die Grund- 20 (favisae) hinderlich waren (Gellius II 10, daraus 

frage ist jetzt definitiv entschieden, es geniigt Nonius 112). Dagegen war er im Material viel 

dafur auf Jordan Top. I 2, 65f. zu verweisen. prachtiger; die Saulen von pentelischem Marmor 

Die erhaltenen Beste beschranken sich fast aus- liess Sulla von dem unvollendeten Tempel des Zeus 

schliesslich auf die grossartigen Fundamente : von Olympios in Athen herbeifiihren (Plin. XXXVI 

den sechs 5, 60 m. dicken Parallelmauern, welche 45), das Gebalk war, wegen der weiten Saulen- 

die Saulenreihen des Pronaos trugen, sind beson- stellung, aus Holz (Vitr. Ill 2, 5), das Dach mit 

ders die beiden fistlichsten zum Teil erhalten, von vergoldeten Bronzeziegeln gedeckt (Plin. XXXIII 

d.en iibrigen nur Spuren (Aufnahmen K o s a Mon. 57. Senec. contr. I 6, 4). Das Cultbild des Iup- 

■d. Inst. VIII 1865 Taf. XXIII. Jordan und piter war, wie es scheint, eine dem olympischen 
Schupmann ebd. X 1876 Taf. XXX a. Jordan 30 Zeus nachgebildete Sitzstatue aus Gold und Elfen- 

Topogr. I 64ff. ; vgl. Bichter Hermes XXII 19). bein (Joraan I 2, 25); zahlreiche Kunstwerke 

Diese bestatigen die Angabe des Dionys. IV 61, griechischen Ursprungs schmuckten Tempel und 

dass der Tempel fast genau quadratisch, mit einer Vorhof (Jordan a. a. 0.26). Abbildungen auf 

Differenz von nicht ganz 15 Fuss (= 4,43 m.) Denaren des Petillius Capitolinus s. Babelon 

zwischen Lang- und Schmalseite gewesen sei (tiber II 291f. Jordan I 2, 88. 

die vielbehandelte Frage nach den Massen vgl. Der Tempel des Domitian war gleichfalls auf 

Tsesonders Bichter Hermes XXII 17ff.; verfehlt den Substructionen des urspriinglichen aufgebaut 

Holzapfel Hermes XXIII 477 und Degering und hatte auch nur Holzgebalk, vielleicht mit 

Nachr. Gottinger Ges. d. Wiss. 1897, 166). Zwi- vergoldeter Bronze bekleidet (Hiilsen Bom. Mitt, 
schen den zwei am besten erhaltenen Stereobat- 40 1888, 150ff.). Die Saulen waren wiederum aus 

roauern fand man Beste einer wahrscheinlich zum pentelischem Marmor (Plut. Popl. 15), das Dach 

Deponieren von Wertgegenstanden dienenden Kam- mit vergoldeter Bronze gedeckt (s. o.). Abbil- 

mer (Jordan Top. I 2, 81f.). Vom Hochbau sind, dungen besitzen wir auf Miinzen des Vespasian 

abgesehen von einigen Besten der Ostlichen Cella- (Cohen2 Vespas. 486 — 493), Titus (Cohen 2 

mauer im ersten Stockwerk des Palazzo Caffa- Titus 242 — 245) und Domitian (Cohen2 Domit. 

relli (unpubliciert), nur erhalten einige Fragmente 23. 172 — 175. 533. 534), ferner auf einem Belief 

der riesigen kannellierten Saulenschafte aus pen- des Conservatorenpalastes (Eighetti Descr. del 

telischem Marmor (Lanciani Bull. com. 1875, Campidoglio I 169. Helbig Museen Boms I 

185. Jordan Top. I 2, 72) und ein Stuck der 421, 542), sowie einem jetzt zum Teil in Paris 
Basis, endlich ganz neuerdings gefundendieuntere50befindlicnen, zum Teil nur aus alten Zeichnungen 

Halfte eines colossalen korinthischen Kapitells bekannten Belief (Audollent Melanges del'ecole 

(Not. d. scavi 1897, 60). Fiir die Beconstruction franc. 1889, 122. Hfilsen Bom. Mitt. 1889, 250. 

des Baues in seinen verschiedenen Phasen sind Michaelis ebd. 1891, 21f.). Vgl. Jordan I 

-wir daher angewiesen auf die Besehreibungen der 2, 89f. 

Autoren und auf die Belief- und Miinzdarstellungen. Der Platz des Tempels (area Capitolina) war 

Der alteste Tempel war nach etruskischem durch grosse Substructionen, die angeblich durch 

Stile gebaut : eine weitraumige Vorhalle , drei Fronarbeit der Plebs unter den Tarquiniern her- 

Beihen von je sechs Saulen, nahm fast die Halfte gestellt waren (Liv. I 56, 1. Cic. Verr. V 48) 

des Areals ein ; hinter ihr offneten sich die drei und noch in der Kaiserzeit als ein staunenswertes 
Cellen (in der Mitte Iuppiter, links Iuno, rechts 60 Werk galten (Liv. VI 4, 12), befestigt. Aus den 

Minerva) , fiankiert beiderseits von einfachen Besten lasst sich mit einiger Sicherheit nur seine 

Saulenhallen. In der Cella des Iuppiter stand Ostgrenze feststellen, der hochst wahrscheinlich die 

das thonerne Cultbild (Plin. XXXV 157), thenern in Via Monte Caprino gefundenen, der Axe des 

war auch die Quadriga auf dem Giebel (Plin. Iuppitertempels parallel laufenden Quadermauern 

XXVIII 16. Plut. Popl. 13. Festus 274) ; ebenso angehoren. Diese sind von der Seite des Tempels 

das Bild des Summanm in fastigio (Cic. de div. ca. 35 m. entfernt ; nach Westen kann man die 

1 10 : vielleicht dasselbe gemeint bei Plautus Trin. Grenze schwerlich weiter als 30 m. von der Tem- 

•83; Men. 941, wo aber Iuppiter genannt wird; pelseite abriicken. Hinter dem Tempel kann nur 



1535 



Capitolium 



ein schmaler Weg (denn der Tempel konnte um- 
fahren werden, Plin. VIII 161, vgl. Jordan I 
2, 39) geblieben sein; vor der Front ist eine 
Ausdehnung von mehr als 40 — 45 m. kaum denk- 
bar. Die Gesamtfiache der area Capitolina stellt 
sich demnach auf ca. 1,5 ha.*); Ziehen wir davon 
die Grundflache des Tempels mit 3 300 qm. ah, so 
bleibt noch iiber 1 ha. freier Eaum, also genttgend 
Platz fur kleine Heiligtiimer, Statuen und Altare. 
Richters Versuch Hermes XVIII 115, die area 
als raumlich sehr beschrankt darzustellen (schon 
die Nachrichten uber die am Tage der feriae La- 
tinae stattfindenden certamina quadrigarum in 
Capitolio, Plin. XXVII 45, oder dem von Cali- 
gula begonnenen Bau eines Palastes in area Ca- 
pitolina, Suet. Cal. 22, hiitten davon ahhalten 
sollen), ist ehenso zuriickzuweisen, wie Gilberts 
(Top. Ill 398) mit den ortlichen Verhaltnissen 
nicht zu vereinigende Annahme, es habe auf der 
Siidhehe des C. ausser der area Capitolina noch 
einen weiteren freien Raum gegeben, auf dem 
die politischen und anderen Versammlungen sich 



Capitolium 



1536 



abspielten, und die kleineren Heiligtumer zu 
suchen seien. Im Innern scheint die Umfassungs- 
mauer von einer Saulenhalle begleitet gewesen 
zu sein (portions in Capitolio Veil. II 1, 2. 3, 
1. Tac. hist. Ill 72). Der Haupteingang zur 
area Capitolina muss in der Mitte der Siidseite, 
der Front des Tempels gegeniiber, gelegen haben ; 
er war mit Thoren verschlossen (Tac. hist. Ill 
71. Jordan Top. I 2, 37). An derselben Seite 

10 lag die stets offene Porta Pandana (Varro de 1. 1. 
V 42 und Solin. I 13, wo der angebliche Urname 
porta Saturnia. Festus 363. Polyaen. VIII 25, 1. 
Dionys. X 14; vgl. Jordan I 2, 122. Gilbert 
329 — 331), welche zum Hinrichtungsplatze der 
Hochverrater, dem Saxum Tarpeium (s. d.), fiihrte. 
In der Nahe der rupes Tarpeia miindete auch 
ein Stufenweg (centum gradus Tac. hist. Ill 71), 
wahrscheinlich vom Aequimelium heraufsteigend. 
Von den auf der Area gelegenen kleineren Heilig- 

20 tiimern werden hauflger genannt die Tempel der 
Fides, der wahrscheinlich auf der hOchsten siid- 
westlichen Kuppe gelegen hat (Cato bei Cic. de 



Thealrum ; /- 
Marcelli. ; / 




Maasatab 1 : 4000. 



off. Ill 104. Cic. de nat. deor. II 61. Liv. I 21, 
4. Dionys. II 75. Val. Max. HI 2, 21. Plin. 
XXXV 100. Appian. bell. civ. I 16. Cass. Dio 
XLV 17. Obseq. 68 (128). Fasti Arv. Amit. Paul, 
ad Kal. Oct. Tabul. honest, miss. I. XIII. XVIII. 
XIX, vgl. CIL III Suppl. p. 2034. Viestnik hrvats- 
koga arheolosga drustva 1897, 3), und der Ops 
(Cic. ad Att. VI 1, 17. XIV 14, 5. XVI 14, 3; 
Phil. II 93. Liv. XXXIX 22, 4. Plin. XI 174. 
Obseq. 3. 68 (128). Hemerol. Arval. ad Kal. Sept. 
Diplom. honest, miss. XV. CIL III Suppl. p. 1962). 



*) Bd. II S. 1494 Z. 12. 13 verbessere: ca. 1 ha., 
die Siidhohe [d. h. area Capitolina mit den Ab- 
hangen] fast doppelt so gross. 



Einander benachbart waren die Tempel der Mens 
und der Venus Erucina, 215 geweiht, ersterer 
von Aemilius Scaurus erneuert (Liv. XXIII 31, 9. 
Plut. de fort. Rom. 10). Der Tempel des Iuppiter 
Feretrius, in welchem die spolia opima aufge- 
hangt wurden (Liv. I 10. IV 20, 5. Dionys. II 
60 34. Festus epit. 92. 189 ; Abbildung auf einem 
Denar des Lentulus Marcellinus Babel on Cornel. 
69), wurde von Augustus erneuert (Mon. Ancyr. 
IV 5. Nepos Att. 20). Zweifelhaft sind Heilig- 
tiimer der Venus (Suet. Calig. 7) und der Fortuna 
(Plut. de fort. Rom. 10. Clemens Alexandr. Pro- 
trept. IV 51; vgl. Jordan I 2, 64). In der 
Kaiserzeit kommen dazu ein kleiner Rundtempel 
des Mars Ultor, von Augustus zur Aufnahme der 



1537 Capitolium Capitolium 1538 

parthischen Feldzeichen gebaut (Cass. Dio XLV Senkung zwischen 0. und Arx (jetzt Piazza del 

8; Abbildung auf Miinzen Cohen 2 August. 189 — Campidoglio), nach einer seit dem 16. Jhdt. ver- 

205; vgl. Jordan I 2, 46); em Tempel des Iup- breiteten falschen tlbersetzung des Ausdrucks 

piter Tonans, von Augustus am 1. September fisS-ogior bei Dionys. Halic. II 15 intermontium 

22 v. Chr. geweiht (Mon. Ancyr. IV 5. Suet. genannt, lag in friiher Zeit das der Tradition 

Aug. 29. 91. Cass. Dio LIV 1. Plin. XXXIV nach von Bomulus eingerichtete Asyl (s. Bd. II 

78f. XXXVI 50. Hemerologia zum 1. September; S. 1885), sowie ein Tempel des Veiovis inter duos 

vgl. CIL 12 p. 328), nach Sueton a. a. 0. nahe dem lueos (Vitruv. IV 8, 4. Ovid. fast. Ill 429. Plin. 

Eingange des Temenos gelegen, moglicherweise XVI 216. Gell. V 12. Hemerol. Praenest. ad Non. 
auf den 1896 ausgegrabenen Fundamenten) ; ein 10 Mart.). Zwischen 78 und 60 v. Chr. wurde hier, 

grosser (ingens) Tempel des Iuppiter Custos an nach der Porumsseite, der grossartige Bau des 

Stelle einer kleinen Kapelle des Iuppiter Conser- Staatsarchivs (s. u. Tabularium) von Lutatius 

vator, beide von Domitian zur Erinnerung an seine Catulus errichtet; fur Neros Siege fiber die Parther 

Bettung im J. 69 erbaut (Tac. hist. Ill 74. Suet. wurde im J. 62 ein Tropaeum und ein Bogen 

Domit. 5). Von heiligen Gebauden standen ferner medio Capitolini montis erbaut (Tac. ann. XV 

auf der area Capitolina : die casa Romuli (s. d.), 18) ; im iibrigen scheint die Senkung grossenteils 

die curia ealabra (s. d.), das thensarium oder von Privatbauten eingenommen gewesen zu sein 

aedes thensarum, im 2. Jhdt. v. Chr. auch noch (vgl. das collegium ex Us qui in Capitolio atque 

ein Archivraum unter Aufsicht der Aedilen (ayo- aree habitant, Liv. V 50, sowie die Schilderung 
Qavoftmv xajueTov , Polyb. Ill 26, 1, vielleicht 20 des Vitellianersturms Tac. hist. Ill 71. Beste 

identisch mit dem atrium publicum in Capitolio unter der Treppe von Araceli gezeichnet von Ca- 

Liv. XXIV 10, 9). Von den zahlreichen Altaren, n i n a gemnden beim capitolinischen Museum, 

Gotterbildern und Ehrendenkmalern auf der area Bull. com. 1888, 330f.). Nach der Seite des 

Capitolina konnen hier nur die wichtigsten her- Comitiums hinab fiihrten die sealae Oemoniae, 

vorgehoben werden, fur die iibrigen mag auf J or- welche beim Career miindeten (s. Gemoniae 

dans Verzeichnisse verwiesen werden. Altare: der sealae). 

Isis und des Serapis (Cass. Dio XLII 26. Tertull. Tiber die Topographie des C. vgl. besonders 

apol. 6 ; sacerdos Isidis Capitolinae CIL VI 2247. Jordan Top. I 2, 1 — 154. Bichter Top. 85 

2248); des Iuppiter Victor (Cass. Dio XL VII 40, —99. Gilbert Top. I 244—257. 268f. II 417f. 
2); des Zeus Soter (Serv. Aen. VIII 651) oder 30 III 45. 381—400. H tils en Bom. Mitt. 1889, 

aXe^tcaxos (Phlegon mirab. 6) ; des iulischen Kai- 249—255. 1891, 103. 104. 1892, 290—292. 1893, 

serhauses (ara gentis Juliae siebenmal in Mili- 287. 288. Gatti Notizie degli scavi 1896, 161. 

tardiplomen vom J. 68—71; s. CIL III Suppl. 185. 369. 486. Bull. com. 1896, 116—120. 187 

p. 2034) ; vgl. Jordan I 2, 46f. 50f. Gotterbilder : —189. [Hiilsen.] 

Coloss des Iuppiter, sichtbar sogar vom Tempel 2) 1st der Tempel des Iuppiter O. M. auf 

des Iuppiter auf dem Albaner Berge, geweiht von dem capitolinischen Hugel das religiose und poli- 

Sp. Carvilius 293 (Plin. XXXIV 43) ; anderes Iup- tische Centrum der Stadt Bom (vgl. Jordan 

piterbild auf hoher Saule, seit 63 v. Chr. nach Topogr. I 2, 37ff.), so begegnen uns in Nach- 

Osten gewandt, ut solis ortum et forum euri- ahmung dessen zahlreiche Capitolia auch in an- 
amque eonspiceret (Cic. in Cat. Ill 19; de div. 40 deren Stadten der Westhalfte des romischen Beichs. 

I 20. Cass. Dio XXXVII 9. 34. Obseq. 122) ; Aus historischer Cberlieferung oder inschriftlicher 

des Liber pater (Militardiplom vom J. 70, CIL Erwahnung kennen wir Capitole: 1) in Italien 

III p. 849) ; des Iuppiter Africus (Militardiplome in Capua (geweiht von Tiberius im J. 26 n. Chr., 

vom J. 76 und 85, CIL HI p. 853. 855); vgl. Suet. Tib. 40. Tac. ann. IV 57; vgl. auch Suet. 

Jordan I 2, 14. 17. 46. 56. Ehrenstatuen : Jor- Calig. 57. Act. SS. Aug. VI 18), Histonium (CIL 

dan S. 58f. An der inneren Umfassungsmauer wie IX 2842), Marruvium (CIL IX 3688), Beneventum 

auch an den Basen der auf der Area stehenden Denk- (Suet, gramm. 9), Palerio (CIL IX 5438), Ostia 

maler waren Bronzetafeln mit Staatsarkunden in (CIL XIV 32), Paesulae (CIL XI 1545), Verona 

grosser Menge angeheftet; den Copierungsver- (CIL V 3332); 2) in Spanien in Hispalis (CIL 
merkenamSchlussederMilitardiplome((fesmptow50II 1194); 3) in Africa in Segermes (CIL VIII 

et recognitum ex tabula aenea, quae fixa est Romae 906 = 11167), Aelium (CIL VIII 928 = 11205), 

in Capitolio ad ... oder in ) verdanken wir die Karthago (CIL VIII 1013 = 12464 u. a.), The- 

namentliche Kenntnis vieler Monumente auf dem veste (CIL VIII 1858 = 16504), Tagura (ebd. 

C. (Verzeichnis bei Jordan I 2, 56 und jetzt voll- 10767 = 16849), Thamugadi (ebd. 2388), Uzelis 

standiger CIL III Suppl. p. 2034). Mit dieser (ebd. 6339), Cirta (ebd. 6981. 6983), Numlulis 

Archivbestimmung hangt es vielleicht zusammen, (Bev. archeol. 1892, 214); 4) in Gallien und Ger- 

dass Normalmasse (wenigstens zum Teil) auf dem manien in Narbo (Sid. Apoll. carm. 23, 41 ; vgl. 

C. geweiht und anfgestellt wurden (Wilmanns Auson. ord. urb. nob. v. 121ff. p. 151 Peip. Act. 

Exempl. 2767. 2768. Priscian. de ponderib. 62. SS. Mart. IX 373) und Augustodunum (Eumen. 
Hist. Aug. Maximin. 4). Ob die von Eusebius und 60 pro rest, schol. 9). An andern Orten hat sich 

Hieronymus ad a. Abr. 2202 (bezw. 2201) erwahn- die Erinnerung an ein ehemaliges C. noch in den 

ten bibliothecae, die zusammen mit vielen Teilen Namen von Kirchen und Platzen erhalten, so in 

der capitolinischen Bauten vom Blitz in Brand ge- Carales (S. Nieolaus in Capitolio) , Florentia 

stcckt wurden, beim Iuppitertempel gelegen haben, (S. Maria in Capitolio), Nemausus (S. Stephanus 

ist zweifelhaft (vgl. Jordan I 2, 30f. 60f.). de Capitolio), Colonia Agrippina (<S. Maria in 

Cber den Abhang des C. nach Sflden vgl. Capitolio), vor allem in Vesontio, wo der Name 

Aequimelium Bd. I S. 598; iiber die Bauten auf Capitolium fur den Platz zwischen Paulskirche 

derNordhoheArxNr. 3 Bd. II S. 1493f. In der und Porta nigra sich bis ins 13. Jhdt. erhielt 

Pauly-Wissowa III 49 



1539 Capitolium Capitulum 1540 

und neuere Ausgrabungen erhebliche tfberreste feldt De Capitoliis imperii Romani, Berolini 

des alten Tempels zu Tage gefordert haben (A. 1883 (dazu 0. Seeck Wocbenschr. f. klass. Philol. 

Castan Le Capitole de Vesontio et les Capitoles 1884, 36ff.). G. B. de Eossi Bull. arch. com. 

provinciaux du monde Eoroain, 1869). Minder XV 1887, 67f. B. Aust in Roschers Mythol. Lex. 

sicher steht die Existenz derjenigen Capitole, die II 739ff. Ruggiero Dizion. epigr. II 93 — 95. 
nur durch die Martyrerakten bezeugt sind, so (unter [Wissowa.] 

Weglassung ganz unzuverlassiger Angaben) Nola Capitolium yetus, Ort auf dem Quirinal in 

(Acta SS. Jan. II 233), Abellinum (ebd. Mai. II Rom, mit einem Heiligtum des Iuppiter, oberhalb 

43), Ravenna (ebd. Jun. V 358), Aquileia (ebd. des Floratempels (Varro de 1. 1. V 158. Martial. 
Jun. II 462), Brixia (ebd. Febr. "V 812. 816), 10 V 22. VI 27. VII 73), wahrscheinlich die im 

Tolosa (Ruinart Act. mart. sine. p. 109 u. a.), 15. — 16. Jhdt. als mons Apollinis et Clatrae be- 

Augusta Trevirorum (Acta SS. Jan. Ill 534 u. a.). zeichnete Bodenerhebung in der Nordostecke des 

Principiell getrennt zu halten von diesen direct Quirinalgartens, welche unter Urban VIII. (1625 

bezeugten Capitolen sind die Falle, wo uns in — 1626) planiert wurde (Lanciani Bull. com. 

einzelnen Stadten Tempel und Priester, sei es des 1889, 390). Auf dem C. v. standen vermutlich 

Iuppiter 0. M. (Pagus Veianus CIL IX 1496 ; die Weihinschriften (an Iuppiter optimus maximus 

Saepinum IX 2441; Peltuinum IX 3519; Aquae und das rOmische Volk) kleinasiatiscber Gemeinden 

Cutiliae IX 4663 ; Pompei CIL X 796 [vgl. dazu aus dem mithridatischen Kriege (CIL VI 373. 

A. Mau Rem. Mitt. XI Hlff., dessen Ausfiih- 374. Bull. com. 1887, 251), welcbe im 17. Jhdt. 
rungen jedoch manches Bedenkliche haben] ; Pu- 20 und neuerdings am Nordabhange des Quirinals 

teoli X 1574; Suessula X 3764; Formiae X 6073), ausgegraben sind. Vgl. Becker Top. 577. Hiilsen 

sei es von Iuppiter 0. M., Iudo und Minerva Rh. Mus. XLIX 1894, 408. [Hiilsen.] 

(CIL X 5575 Fabrateria nova; VIII 1471 = 15513 Capitoniana, Ort in Sicilien (vielleicht lati- 

Thugga; VIII 2611 Lambaesis) begegnen; denn fundium eines Capito? s. Mommsen zu CIL 
es ist eine offene Frage , ob jeder Tempel der . X 7041) an der Strasse von Catana nach Agrigent, 

capitolinischen Gsttertrias audi als C. im tech- 24 mp. vom ersteren, 67 vom letzteren ; Itin. 

nischen Sinne anzusehen ist, immerhin sprichteine Ant. 88. 94. Mannerts Vermutung = Ramacca 

nicht geringe Wahrscheinlichkeit dafflr. Wieder ist nicht zu beweisen, trifft aber die Gegend wohl 

unter einen andern Gesichtspunkt fallen endlich richtig. [Hiilsen.] 

die Culte des Zevg Kaxermkiog in den Stadten der 30 Capitnlarium. 1) Die Kopfsteuer , welche 

Ostlichen Reichshalfte, so in Arsinoe (Wilcken die Juden auf Befehl Vespasians an den Tempel 

Hermes XX 1885 , 430ff.) , Korinth (Paus. II 4, des Iuppiter Capitolinus zahlen mussten, wie sie 

5), Antiocheia in Syrien (Liv. XLI 20, 9 u. a.), sie vorher an den Tempel in Jerusalem entrichtet 

Nysa (CIG 2943), Teos in Lydien (CIG 3074), hatten; s. Fiscus Iudaicus. CIL VI 8604 ein 

Smyrna (CIG 3153), Antiocheia am Maeander kaiserlicher procurator ad capitularia Iudae- 

(Munzen Head HN 520) , Beroia in Thrakien orum. 

(Dumont Melanges d'archeol. et d'hist. 353); 2) Eintrittstaxe : CIL XIV 2112, 20f. [pla- 
int die Entstehungsgeschichte dieser Culte ist c]uit universis, ut quisquis in hoc collegium 
es von Bedeutung, dass nach dem ersten mi- (das coll. Dianae et Antinoi in Lanuvium) in- 
thridatischen Kriege kleinasiatische Gemeinden 40 trare voluerit, dabit hapitulari nomine ES c 
"Weihungen an Iuppiter Capitolinus in Rom so- nfumos et vi[ni] boni amphoram) (ob auch der 
wohl auf dem Capitol wie auf dem C. vetus monatliche Mitgliedsbeitrag von fiinf Assen , der 
machen (CIL I 587—589 = "VI 372—374; vgl. unmittelbar darauf vorgeschrieben wird, als c. 
Hiilsen Rom. Mitt. IV 1889, 252ff. 276. VI aufzufassen ist, weiss ich nicht; doch ist dies 
1891, 103f.). Vfirkliche Capitole fehlen im Osten sehr gut mOglich). Cber die Taxen fur den Ein- 
des Reiches vollstandig, die einzigen Ausnahmen tritt in Vereine und fiber die Befreiung von ihrer 
bilden die vsa'Poi^ Constantinopolis (s. d.) und Entrichtung LiebenamRom. Vereinswesen 171f., 
das hadrianische Neu-Jerusalem Aelia Capitolina vgl. Schiess Die rom. collegia funeraticia (Miin- 
(s. Bd. I S. 481). Da die Stadte, welche wir chen 1888) 81. 

im Besitze von Capitolia fmden, mit wenigen und 50 3) Maklergebiihr : Innerhalb des Territoriums 

spaten Ausnahmen (Caralesf?], Histonium, Mar- des metallum Yipascense gilt die Bestimmung 

ruvium, Segermes, Uzelis, Numlulis) Colonien sind, CIL XII 5181 Z. 12 : [qui mancipia sub prae- 

so ist die Vermutung sehr ansprechend , dass etwa cone venum] dederit, si quinque minoremve nu- 

bis auf die Allgemeinverleihung des rOmischen merum vendiderit, capitnlarium in singula ca- 

Biirgerrechtes durch Caracalla die Griindung eines pita [denarios . . ., si maiorem numerum ven- 

C.s zu den Sonderrechten dieser bevorzugten Ge- dijderit, in singula capita (denarios tresj eon- 

meinden gehOrte, die ja effigies parvae simula- ductori socio actorive eius dare debeto; Ahnliches 

craque populi Romani (Gell. XVI 13, 9) zu sein Z. 16f. Hiibner Ephem. epigr. Ill p. 175. CIL 

beanspruchten; die Capitolia sind dann in ana- II p. 796. [Kubitschek.] 

loger Weise auf den Westen des Reiches beschrankt, 60 Capitularius s. Capitulum Nr. 1. 
wie sich die Marsyasstatue als Symbol verwandter Capitulum. 1) In einer Verordnung vom J. 382 

Bedeutung fast ausschliesslich in den Colonien (Cod. Theod. XI 16, 14) heisst es: capitulariae^ 

des griechisch redenden Ostens nachweisen lasst sive, ut rem, quam volumus intellegi, communi 

(Jordan Marsyas auf dem Forum in Rom, Berlin denuntiatione signemus, temonariae funetionis. 

1883, 16ff. 29f.; vgl. Mommsen St.-R. Ill 809f.). Hieraus ergiebt sich, dass capitularius in der 

Litteratur: E. Saglio Diet. d. antiqu. I 905f. hoheren Sprache dasselbe bezeichnete, was man 

A. Castan a. a. 0. und Les capitoles provinciaux vulgar temonarius nannte, woher auch Schrift- 

du monde Romain, Besancon 1886. 0. Kuh- steller, die sich eines klassischen Stiles befleissigen, 



1541 Capitulum Capitulum , 1542 

wie Symmachus (IX 10, 2) und Ammianus (XVI von der Leistung der Protostasia (Cod. Theod. VI 
5, 14) nur von capitularius und e. reden. Folg- 35, 3. XI 16, 6. 14. 15. 18. 23, 3. 4), auch wurden 
lich ist Cod. Theod. XI 16, 15 eapituli atque den Temonarii, wenn sie einen Deserteur zur An- 
temonis neeessitas als sv 8ia dvoTv zu fassen, zeige brachten, zwei Jahre von ihrer Amtszeit er- 
namentlich da Cod. Theod. XI 16, 18 in genau lassen (Cod. Theod. VII 18, 3). 
demselben Sinne temonis sive eapituli onera steht. Von der Protostasia unterscheidet sich die 
Wenn Cod. Theod. VI 35, 3 die iiberlieferte Lesung Prototypia dadureh, dass sie nicht so sehr Real- 
ist: tie exactorum vel turmariorum, quos capi- wie Personallast ist. Die Aufgabe desjenigen, 
tularios meant, euram subeant vel obsequium dem sie (ibertragen ist, besteht darin, einen frei- 
temonariorum vel prototypiae, so sind die Worte, 10 willigen Rekruten anzuwerben und dann das Geld, 
quos eapitularios vocant als Glossem zu betrach- welches er dafiir verwendet hat , von den Mit- 
ten, das zu temonariorum gehort, aber falschlich gliedern seiner Gemeinschaft beizutreiben. Da die 
zu turmariorum gestellt ist. Kosten fur diesen Zweck sehr verschieden sein 
Gapitula heissen diejenigen Einheiten der konnten und sich nicht immer controlieren liessen, 
Steuerrechnung (Amm. XVI 5, 14; vgl. Seeck so wurde diese Leistung oft zu Unterschleifen 
Rh. Mus. XLIX 630), von denen bei Aushebungen und Bedriickungen missbraucht, weshalb Valens 
je ein Rekrut zu stellen ist. Dieselben umfassen sie 375 aufhob (Cod. Theod. VII 13, 7). Nach- 
eine bedeutende Anzahl jener kleineren Einheiten, weisbar ist sie zuerst im J. 319 (Cod. Theod. VI 
die man capita, iuga, millenae, eenturiae oder 35, 3), wird also wohl auch auf Diocletian zu- 
iulia nennt (s. Capitatio), ja es kommt nur aus- 20 riickgehen. Wahrscheinlich war diese Art der 
nahmsweise vor, dass ein einzelner Grundbesitzer Rekrutenstellung zunachst fiir diejenigen Provin- 
ein ganzes C. sein eigen nennt (Cod. Theod. VII zen eingefiihrt , deren landliche BevOlkerung fiir 
13, 7 § 1). GewOhnlich ist zur Lieferung eines nicht sehr kriegstfichtig gait und die daher spater 
Rekruten ein Consortium von Grundbesitzern ver- ihre Militarpflicht in Geld abkauften (Cod. Theod. 
einigt, unter denen fiir einen bestimmten Zeit- VII 13, 2). Zur Prototypia waren in erster Linie 
raum — wahrscheinlich fur fiinf Jahre, jedenfalls die Decurionen verpflichtet, doch zog man auch 
fiir mehr als zwei (Cod. Theod. VII 18, 3) — ein Senatoren dazu heran , was Lilian verbot (Cod. 
einzelner die Leitung [protostasia) zu ubernehmen Theod. XI 23, 2). Diejenigen, welche sie leiste- 
hat und dann capitularius oder temonarius heisst ten, werden von den Temonarii ausdriicklich unter- 
(Cod. Theod. VII 13, 7. XI 16, 14. 23, 1). Wie 30 schieden (Cod. Theod. VI 35,_ 3), doch folgt da- 
Valens im J. 375 verfiigte, musste dieser von den raus noch nicht mit Sicherheit, dass nicht auch 
Mitgliedern der Gemeinschaft jahrlich 36 Solidi sie den Titel Capitularii fiihrten. Jedenfalls ist 
(= 457 Mark) eintreiben, wozu jeder, den Temo- ein anderer fiir sie nicht iiberliefert. Mommsen 
narius selbst mit eingeschlossen , nach der Hohe Herm. XXIV 239. [Seeck.] 
seiner Capitatio beizutragen hatte. War es ge- 2) In der Baukunst, ebenso wie eapitellum und 
stattet, die Rekrutenstellung in Geld abzulSsen, xsyaXr) (Pollux VII 121) oder xecpalfe oder xio- 
so wurde jene Summe den Reichskassen einge- xgavov (CIA I 322, 29. Pollux VII 121. Strab. IV 
zahlt; wenn nicht, so musste abwechselnd je einer 198 xioxqavov xoQiv&iovgyeg) und InixQavov (CIA 
der Consortes den Rekruten aus seinen Colonen II 1054, 43. 45. Le Bas 159h, 17. 18. Pind. 
oder Inquilinen stellen und empfing als Entschadi- 40 frg. 58. Eurip. Iph. Taur. 51), hauptsachlich Be- 
dung 30 Solidi, wahrend 6 dem Ausgehobenen zeichnung fiir den oberen formalen Abschluss, 
selbst zur Einkleidung iibergeben wurden (Cod. fiir die eigentumliche Gestaltung, die das Kopf- 
Theod. VII 13, 7 ; vgl. Symm. epist. IX 10, 2). ende der Saulen nach dem Vorbild alterer vor- 
Neu ist an diesen Bestimmungen wohl nur die griechischer und orientalischer Architecturstile bei 
Hohe der Geldsumme ; im iibrigen diirften sie auf den Griechen und darnach bei den Italikern er- 
die Militarorganisation Diocletians zuruckgehen. halten hat. Es war je nach den vier grossen, 
Jedenfalls erscheint schon unter diesem die Liefe- uns in der terminologischen Auffassung des Alter- 
rung von Rekruten als VermOgenslast (Lact. de turns wesentlich nur durch Vitruv bekannten 
mort. pers. 7), Temonarii kommen im J. 295 in Stilgattungen , der dorischen (e. dorieum), der 
Africa vor (Pass. S. Maximiliani bei Mabillon50ionischen (c. pidvinatum), der korinthischen (c. 
Vetera Analecta, Paris 1723, 181), und die Proto- corinthium) und der etruskischen , verschieden. 
stasia wird in seinen Verordnungen schon vor Als besondere Pormen hat man dazu neuerdings 
dem J. 293 erwahnt (Cod. lust. X 62, 3). Sie das mykenische Capitell, den Vorlaufer des do- 
gilt nicht als persOnliche Leistung, sondern als rischen (Puchstein Das ion. Cap. 51), und das 
Reallast des landlichen Grundbesitzes (Cod. lust. aeolische, den Vorlaufer des ionischen (Kolde- 
X 42, 8), wahrscheinlich weil der Temonarius wey Neandria 41) erkannt. Endlich waren im 
mit seinem VermSgen fiir das Einlaufen der ge- Altertum viele Ableitungen aus jenen Haupt- 
forderten Summe verantwortlich war und, falls formen, Mischungen der verschiedenen architec- 
einzelne der Consortes nicht zahlten, den Defect tonischen Elemente (vgl. Vitruv. p. 88, 3 Rose), 
decken musste (vgl. Seeck Ztschr. f. Social- und 60 z. B. das halb korinthische , halb ionische sog. 
Wirtschaftsgeschichte IV 298). Den Senatoren Compositcapitell der romischen Architectur, und 
wurde 361 das Privileg verliehen, dass ihre Giiter neuere Entlehnungen aus den orientalischen For- 
nur mit denen von Standesgenossen zur Gemein- menkreisen, z. B. das Palmblattcapitell, sehr be- 
schaft eines C. zusammengelegt werden diirften liebt. Auch bei einfachen und schmucklosen Nutz- 
(Cod. Theod. XI 23, 1). Seitdem scheinen die bauten wurde das Kopfstiick der Stiitzen e. ge- 
Praetoren jedes Jahres zugleich auch die Function nannt, so das eichene auf dem Baum einer Kelter, 
der Temonarii iibernommen zuhaben (Cod. Theod. Cato agr. 18, 4. Nicht anders werden die Capi- 
VI 4, 21). Gewisse Amter und Wurden befreiten telle von Pfeilern, von Pilastern und von Anten, 



1543 Capitulum Hernicum Capra 1544 

geheissen haben, die sich in ihren Formen ent- bei den Beamten und Officieren meist in Geld 

weder an die Saulencapitelle des ionischen und bezahlt (Cod. Tust. I 52), wobei nach der Be- 

des korinthischen Stiles anlehnen oder aus den stimmung Iustinians fur Africa ein C. mit 4 So- 

sog. Kymatien gebildet sind. Auch ganz einfacbe lidi (= 51 Mark) berechnet werden sollte (Cod. 

Kopfleisten wie die an den Triglyphen und an lust. I 27, 1 § 21ff. 2 § 19ff.). [Seeck.] 

den Metopen sind als c. bezeichnet worden (Vi- Capomalra (Procop. de aedif. 281, 42 Kaxo- 

truv. p. 92, 18), als emxQavhi&ss die glatt fort- /uaXfia), Castell in Dardanien. W. Tomaschek 

laufende kymatienfOrmige BekrOnung der Wand .Zur Kunde der Hamushalbinsel , S.-Ber. Akad. 

am Erechtheion, CIA I 322, 16. 23, wahrend die Wien 1881, 496. [Patsch.] 
ganz gleichartigen Glieder an den Epistylien und 10 Capora (Geogr. Rav. 178, 3), ein Ort, der 

an den Geisa individuellere oder allgemeine Be- vermutlich an einer von Porolissum ausgebenden,, 

zeichnungen zu ftihren pflegen (taenia am do- den dacischen Nordosten Tyra zu durchschneiden- 

rischen, cymatium am ioniscben Epistyl, corona den Handelsstrasse lag (Kiepert Formae orbis 

cum lysi an Sockeln wie Podien und Plutea, antiqui XVII p. 4, 39; vgl. J. Jung Mitt, des 

Vitruy. p. 76, 25. 118, 11). Vitruv (p. 6, 4. 266, Instituts f. Osterr. Geschichtsf . , Erganzungsband 

8ff. 268, 12 Eose) braucht das Wort c. auch fur IV 10, 5); nacb W. Tomascbek Die alten 

jiXiv&lov an den Katapulten (vgl. H. Droysen Thraker II 2, 84 ein karpodakischer Ort im 

Heerw. u. Kriegfuhr. 194ff.), Varro r. r. Ill 5, Flussgebiet des Tyras. [Patsch.] 

10 fiir die runde BekrOnung an der tabula lit- Capori, ein kallaikisches Volk, nach der Kiisten- 
teraria. [Puchstein.] 20 beschreibung, der Plinius folgt (IV 111, die Hss. 

Capitulum Hernicum (s. Plin. Ill 63 und schwanken zwischen Gopori und Capori), an der 

die Inschrift CIL XIV 2960 ; 'Eqvixojv jzofa'xvtj Nordwestspitze Iberiens, siidlich von Noela (s. d.), 

Kcuiixovlov Strab. V 238) oder einfach Capitulum nach Ptolemaios (II 6, 23) ebenda mit den weit 

(Lib. col. 232), Stadtchen der Herniker in Latium auseinander liegenden Stadten Iria (s. d.) und 

adiectum, jetzt Piglio. Vgl. Mommsen CIL X Lucus Augusti (s. d.). Die Inschrift eines Lupus 

p. 590. [Htilsen.] Abboni f(ilius) Gap(orus) in Metellinum (CIL II 

Capitum oder capitus (so Cod. lust.) ist eiue 606) spricht fur die Schreibung mit a (vgl. auch 

bestimmte Menge von Viehfutter (Amm. XXII 4, Tapori). [Hiibner.] 

9. Hist. Aug. Aurel. 7, 7), wahrscheinlich soviel, Capotes, nach Licinius Mucianus bei Plin. 
wie nach einer reichlichen Durchschnittsberech- 30 n. h. V 83 der Berg Armeniens, an dessen Fusse- 

nung fiir ein Lasttier im Laufe des Jahres notig der Euphrat entspringe, Mart. Cap. § 681. Solin. 

ist. Jede Provinz und innerhalb derselben jede 174, 3 Momms. mit var. Catopes. Strab. XI 527 

Stadt hatte im 4. Jhdt. nach der Hohe ihrer Ein- nennt Abos und Domitius Corbulo bei Plin. n. h. 

schatzung eine vorgeschriebene Menge von Capita V 83 Agas als Quellberg des Euphrat. 

zu liefern (Nov. Val. 18 pr. § 5), die teils fur den [Baumgartner.] 

Haushalt des Statthalters und der fibrigen Provin- Cappacum, im Siiden der Provinz Hispania. 

cialbeamten verwendet wurden (Cod. Theod. VIII ulterior, unter den civitates stipendiariae des Be- 

5, 3), teils den sonstigen Staatsbediirfnissen dien- zirks von Gades nach den Listen des Agrippa nur 
ten. Denn jeder gemeine Cavallerist erhielt, wie angefiihrt von Plinius (III 15. Geogr. Rav. 317, 
es scheint, ein C. (Hist. Aug. a. O.), die Officiere 40 5 Cappa), von unbekannter Lage. [Hiibner.] 
und Beamten eine grOssere Anzahl, die sich nach Cappis , Fluss in Gallien beim Geogr. Rav. 
der Hohe ihres Ranges steigerte. Annonae und IV 26 p. 235. [Dim.] 
Capita werden daher in der Regel zusammenge- Capra, cuf, die Ziege, ein Sternbild im Fuhr- 
fasst als die Gesamtheit der Naturalbeztige, die mann. Vielleicht schon von Eudoxos angenom- 
dem Staatsdiener zukommen, und meist von beiden men, weil bei Vitruv (IX 6 p. 228 Rose) in der 
Arten die gleiche Zahl dem einzelnen Beamten zu- angeblich auf Eudoxos zuruckgehenden Beschrei- 
gewiesen (Cod. Theod. VI 24, 1. VII 4, 13. 17. VIII bung des Sternenhimmels an der linken Schulter 
1, 10. 5, 3. X 1, 17. Cod. lust. I 27, 1 § 21ff. 2 des Fuhrmannes die Ziege (capra) angesetzt wird, 
§ 19ff. 52, 1. Edict. lust. 13, 3. Amm. XXII 4, eine Angabe die jedenfalls vollkommen uberein- 
9). Bei den Heeren befinden sich grosse Maga- 50 stimmt mit Arat. 162f. Hier wird ferner auch 
zine (horrea), aus denen beide von den Actuarii berichtet, diese at? kgrf habe Zeus gesaugt und 
taglich unter Soldaten und Officiere verteilt wer- sei wAerlrj al'g (auf den Armen des Fuhrmannes 
den (Cod. Theod. VII 4, 13. 17. VIII 1, 10). Bis getragen) genannt worden. Andere haben das 
zum Ende des Jahres haben die Empfanger das Adjectivum statt von cblsvv (ulna) abgeleitet von 
Recht, ihre Beziige in den Magazinen liegen zu einer Stadt in Achaia "Qfovos und deshalb mit 
lassen ; wenn sie aber bis dahin nicht erhoben grossem Anfangsbuchstaben geschrieben (so Apol- 
sind, werden sie confisciert (Cod. Theod. VII 4, lodor, Ovid, Manilius, Statius, Nonnus); Strabon 
17). Um die Steuerzahler zu erleichtern, verfiigte bemerkt daher, man erzahle, dass Zeus in jener 
Mian, dass die Soldaten nur in den Winter- Gegend Achaias von der Ziege gesaugt worden 
monaten das C. empfangen sollten ; im Sommer 60 sei (VIII 387). Andrerseits berichtet Eratosthenes 
mussten sie wahrscheinlich ihre Pferde auf die (C.Robert Erat. catast. rel. 100f.), Iuppiter sei 
Weide treiben (Cod. Theod. VII 4, 8). Doch diese gleich nach seiner Geburt von Rhea der Themis 
Bestimmung, sowie die andere, dass die Magazine iibergeben worden und von dieser dann der Amal- 
bis zu 20 romischen Meilen von den Standlagern theia , die Iuppiter von einer Ziege habe stillen 
entfernt sein durften und die Soldaten sich so lassen. Diese Ziege, heisst es, war die Tochter 
weit her ihre Fourage holen mussten (Cod. Theod. der Sonne und so furchtbar anzusehen, dass die 
VII 4, 7. 9), waren wohl nur vorubergebend. Im Titanen, Saturns Begleiter, sich vor ihr entsetzten 

6. Jhdt. wurden diese Naturalbezuge wenigstens und die Erde baten, sie mOchte sie in einer Hohle 



1545 Caprae Capreae 1546 

auf Kreta verbergen. Das geschah, und das Tier liken verbannt wurden, Victor Vict. pers. Vand. 

stillte dort Iuppiter. Als dieser spater den Kampf I 11, 35. [Dessau.] 

gegen die Titanen begann, aber keine Waffen Capraria. 1) In Numidien, 7 Millien von 

hatte , wurde ihm aufgetragen , das Fell dieser Thibilis (Anntoa), Tab. Peut. Vermutungen fiber 

Ziege statt des Schildes zu gebrauchen, weil es die Lage bei Tissot G<5ographie compared de 

undurchdringlich war und mitten auf dem Rttcken TAfrique II 384, der tibrigens hier an ein zweites, 

-ein Gorgonenhaupt trug. Iuppiter that das, be- sonst unbekanntes Thibilis denkt. [Dessau.] 
deckte sie mit einem andern Felle, machte sie 2) Castrum in der civitas Biterrensium, 

unsterblich und versetzte sie unter die Sterne. Gregor. Tur. hist. Franc. Ill 22. Jetzt Cabrieres 

Es verdient hervorgehoben zu werden , dasslObei Briers (dep. He'rault). Longnon Geogr. de 

der Ziege von Eratosthenes (a. a. 0.), Ptolemaios la Gaule 611. [Ihm.] 

(Msy. ovvx. VII 4 p. 42 Halma) und Proclus (de 3) Eine kleine Insel 12 Millien von der Ba- 

sphaera c. 15) bios ein Stern beigelegt wird, der learis maior entfernt, den Schiffenden gefahrlich 

demnach von den Romern unterschiedslos bald mit (Plin. Ill 78, danach Mart. Cap. VI 643) , noch 

capra, bald mit capella bezeichnet wird (oapra jetzt Cabrera. S. Baliares Bd. II S. 2824. 

bei Cic. de nat. d. II 110. German. 165f. Avien. ' [Hfibner.] 

407ff.; capella bei Ovid. fast. V 113. Manil. I 4) Capraria (KanQaQia Ptol. Ill 1, 69; Ca- 

366 und Plinius XVIII 248. 255. 310. 312). prasia Varro de r. r. II 3, 3) , kleine Insel im 

liber die Auf- und Untergange des Sternes s. tyrrhenischen Meere (20 Qkm. gross , hschster 
im Kalender des Geminos die Eintrage unter dem 20 Gipfel 448 m.), zwischen Populonia und der Nord- 

16. 30. September, 13. October, 18. December spitze von Corsica, jetzt Capraja. Der Name soil 

(Wachsmuth Lydus de ostentis p. 177ff.). Nach von wilden Ziegenherden stammen und ursprting- 

dem Kalender des Ptolemaios (ebd. p. 203ff.) fallt lich griechisch Aiydov gelautet haben (Varro a. 

der Spataufgang Thoth 3. 23; Phaophi 7. 21. 22; a. 0. Mela II 122. Plin. Ill 81. Solin. 8). Im 

Mesori 10; der Friihuntergang Choiak 5. 9. 14. 5. Jhdt. diente das Eiland Monchen und Einsied- 

19. 26; der Frfihaufgang Phamenoth 29; Phar- lern zur Wohnstatte, Rutil. Namatian. I 439. Oros. 

muthi 18 ; Pachon 2. 9. 12 ; Payni 23; der Spat- VII 36, 5. Augustin. ep. 48 = X 187 Migne {adEu- 

untergang Pachon 17. 20. 24. 28; Payni 5 (Ide- doxiumabbatemmonachoruminsulaeCaprariae). 
ler trber den Kalender des Ptol. 195). Die rOmi- [Hiilsen.] 

schen Ansatze sind zu linden in Petaus Zu-30 5) S. Fortunatae insulae. 
sammenstellung im Uranologium (Calendarium Caprarlenses,VolkerschaftMauretaniens,Am- 

vetus Romanum etc.). Vgl. auch die Berechnungen mian. Marc. XXIX 5, 37. [Dessau.] 

von G. Hofmann Programm des k. k. Gymn. Caprarienses montes, im inneren Maure- 

in Triest 1879, 23. 25. [Haebler.] tanien, Ammian. Marc. XXIX 5, 34. [Dessau.] 

Caprae. 1) Kdngai, Ort im umbrischen Appen- Caprasia. 1) Miindung des Po, Plin. n. h. 

nin, 84 Stadien von Taginae (Gualdo Tadino), HI 120. Nissen Ital. Landeskunde I 205. 
wo Totila starb und begraben wurde. Prokop. [Ihm.] 

bell. Goth. IV 32. ' [Hiilsen.] 2) Station der Via Popillia im Bruttierlande, 

2) Ort in Istrien zwischen Piranum-Pirano 28 mp. von Consentia, also in der Gegend des 
und Tergeste- Triest (Geogr. Rav. 257, 4. 382, 40 jetzigen Tarsia. Tab. Peut. Itin. Ant. 105. 110 (wo 

10), jetzt wahrscheinlich Capodistria, das nach Caprasis im Ablat.). Geogr. Rav. IV 34 p. 278 P. 

Tustinus II. Iustinopolis (s. d.) benannt wurde. (Gapratia die Hss. , Gapraeia Guido p. 482 P.). 
«IL V p. 49. [Patsch.] [Hiilsen.] 

Caprae (oder capreae) pains {Alyds slog Caprea s. Reh. 

Plut. Rom. 27, 6; Numa 2, 1; Camill. 33, 7), Capreae (Kcuiqscu Strab. I 60. V 247. 248. 

der sumpfige Platz vor der Stadt Rom, bei dem Joseph, ant. XVIII 161ff. Plut. de exil. 9 ; at Ka- 

der Sage nach Romulus seine letzte Heerschau nglat, Strab. I 22. II 123. VI 258. Steph. Byz. s. fj 

(Opfer, Gerichtstag) abgehalten und unter Donner Kcuiqir). Hekataios bei Steph. Byz. s. rj Kcuzgla. 

und Blitz in den Olymp versetzt sein sollte. Liv. Dio Cass. LII 43. LVIII 5. LXXn 4; Einw. Ca- 
I 16, 1. Ovid. fast. II 491. Flor. I 1. Solin. 50 prensis, KomQiatrjs, auch KaTtQirjxrjg IGI 897 a), 

I 20. Auctor de vir. ill. 2. Zonar. VII 4. Hie- seltener Caprea (KanQsa Ptol. Ill 1 , 79) , irrig 

ron. chron. ad a. Abr. 1300. Nach Fest. epit. im Itin. marit. 516 Capraria, kleine Insel an 

65 war Capralis (die Codd. Cuprulis) ager der der campanischen Kiiste vor dem Golfe von Puteoli, 

eigentliche Name der Ortlichkeit, qui vulgo ad jetzt Capri. Von der sorrentinischen Halbinsel 

caprae paludes did solet. Nach der Vorstellung nur durch einen drei Millien breiten Sund ge- 

•der alten Historiker muss er im siidlichen Teile trennt (Tac. ann. IV 67) , besteht sie wie jene 

des Marsfeldes , unweit des spateren Volksver- aus Kalkgebirge , das sich im Monte Solaro bis 

sammlungsplatzes (saepta) und der Ara Martis, zu 618 m. ii. M. erhebt. Sie ist 15 qkm. gross (Um- 

•etwa in der Gegend des Pantheon, gesucht wer- fang elf Millien Plin. Ill 82) ; die Rander sturzen 
den. Verfehlt ist deRossis Versuch (Bull. com. 60 fast uberall schroff ab, nur an einer Stelle am 

1883, 244ff.), die C. p. an den zweiten Meilen- Nordrande ist ein sicherer Landeplatz (Suet. Tib. 

stein der Via Nomentana zu versetzen , wo das 40) , berfihmt wegen seines Klimas und seiner 

Martyrologium Hieronymianum (v. 15. September) landschaftlichen Reize, auch trotz seiner Wasser- 

■einen Ort ad Caprae erwahnt. Vgl. Becker armut fruchtbar. Als erste Bewohner (abgesehen 

Topogr. 628. [Hiilsen.] von den hier localisierten Sirenen, Serv. Aen. V 

Capra picta (die meisten Hss. haben Capra 864, aus ihm Mythogr. Vat. I 42. Isid. orig. XI 

pieti), Ortlichkeit in Africa, in wfister Gegend, 3, 30 u. a.), nennt die Sage die Teleboer (Tac. 

wohin unter Geiserich einige standhafte Katho- a. a. O. Stat. silv. Ill 5, 10) unter ihrem Konig 



1547 Capreae Capreolus 1548 

Telon (Verg. Aen. VII 735. Sil. Ital. VIII 54S). panien 278—292. B. Schoener Capri, Wien 

Von einera Capreus qui in illis regionibus potens 1892. Feola Eapporto sullo stato dei ruderi 

firit leitet den Namen ab Serv. Aen. VII 735. Augusto-Tiberiani (1830), hsg. von J. CerioNa- 

Keste aus neolithischer Zeit (Steinwaffen , Thon- poli 1894. Weitere Litteratur bei Beloch und 

gerate) sind gefunden 1882 in der grotta delle Feola aa. 00. [Hftlsen.] 

Felci an der SMkiiste (Cerio bei Feola 5. 6). Caprense (oppidum), Ort in Mauretania Cae- 

In historischer Zeit flnden wir die Insel von Grie- sariensis , mit Bischof , der im J. 484 genannt 

cnen besetzt, welche nach Strabon (V 248) in wird (Not. Caes. 53, in dem Bischofsverzeichnis 

altester Zeit zwei noliyvia (hochst wahrscheinlich bei Halm in der Ausgabe der Victor Vit. p. 69). 
dem jetzigen Anacapri und Capri entsprechend) 10 [Dessau.] 

hatten, von denen eines das andere in sicb auf- Capreolus. 1) Sachwalter, Pronto ad M. Caes. 

nahm, urn dann selbst in die Gewalt der Nea- III 4 p. 43 N. [Groag.] 

politaner zu fallen. Im Besitz der Neapolitaner 2) Von 430 — 437 Bischof von Karthago — 

(die dort ephebea feierten , Suet. Aug. 98) blieb sein Todestag nach dem alten Kalendarium Car- 

C. bis auf Augustus, der es von der Stadt ge- thaginense zwischen 22. und 30. Juli. Auf die 

gen das grossere Ischia eintauschte (Strab. a. a. Einladung des Kaisers Theodosius II., sich an 

0. Suet. Aug. 92. Cass. Dio LII 43) und offers der Synode zu- Ephesus 431 zu beteiligen , hat 

dort sich aufhielt (Suet. Aug. 98). Tiberius er- er mit einem Brief an die Synode geantwortet, 

baute sich nicht weniger als zwblf Villen (Tac. der von dieser in der ersten Sitzung enthusias- 
a. a. 0.), von denen eine als Villa Iovis bekannt 20 tisch aufgenommen (vgl. Vincent. Lirin. Comm. 

ist (Suet. Tib. 65) , weshalb auch die iibrigen XXXI u. XXXIII 42f.) und den Synodalacten — 

wahrscheinlich nach Gottern benannt gewesen in lateinischem und griechischem Teste — ein- 

sind, und verbrachte dort seine letzten zehn Lebens- verleibt worden ist. Zwei Satze aus c. 2 dieses 

jahre (Tac. a. a. 0. Suet. Tib. 40. 60. 62. 73. 74; Briefes citiert Fulgentius Ferrandus ep. VI 6 

Gai. 10; Vitell. 3. Joseph, ant. XVni 161ff. Cass. (Migne Patrolog. lat. LXVII 925); aber der 

Dio LII 43. LVDII 5. Auson. de mort. Caes. 3) ; Wortlaut weicht von dem der lateinischen Syno- 

die arx Tiberi principis bei Plin. IH 82 be- dalacten vOllig ab, entspricht um so genauer deia 

zeichnet wohl die Gesamtheit seiner Anlagen; der griechischen tfbersetzung. Aus einem bei dem- 

einen von ihm gebauten pharos erwahnen Suet. selben Anlass an den Kaiser gerichteten Schreiben 
Tib. 74. Stat. silv. Ill 5, 100). Nach dem Tode 30 des C. hat nur Ferrandus a. a. 0. ein Fragment 

des Tiberius scheint die Insel von ihren kaiser- uns aufbewahrt. Ausserdem besitzen wir einen 

lichen Besitzem gemieden zu sein, erwahnt wird Brief von zwei spanischen Christen , Vitalis und 

sie nur als Verbannungsort fur Crispina die Gattin Constantius (oder Tonantius ?), an C. , worin sie 

und Lucilla die Schwester des Commodus (Cass, von ihm genaue Information erbitten fiber die 

Dio LXXII 4). Einen Ort mit Stadtrecht hatte kirchliche Lehre betreffs des Verhaltnisses von 

die Insel in romischer Zeit nicht, die inschriftlich Gottheit und Menschheit ; in einem langeren, 

genannten ayogavofioi (Kaibel IGI 896. 897. dogmengeschichtlich interessanten Brief hat er 

897 a) gehoren wohl nach Neapel. Dies Fort- ihnen um 432 geantwortet, vielleicht die ephe- 

bestenen griechischen Wesens auf der Insel be- sinischen Synodalacten mitlibersandt. Die Briefe 
zeugen auch die Inschriften, unter welchen die 40 s. bei Migne Patrolog. lat. LIII 843— 858. Dass 

griechischen in der Mehrzahl sind (Kaibel IGI einige pseudoaugustinische Sermone von C. her- 

896—902. 897a— 901a); lateinische CIL X 6806 riihren (so Tillemont Mem. XVI 495ff.) ist 

—6810. 8042, 60. 8059, 430. Ephem. epigr. VIII wenig wahrscheinlich. Uber die Bibel des C. vgL 

669 — 674. Einen BXaZaoe ojisvdoyeXoicov notr)rrj? H. LinkeStudien zurltalal889, 6. [Jiilicher.] 
KajiQiaxris erwahnt Steph. Byz. s. Kajiglai. Ge- 3) S. Beh. 

legentliche Erwahnungen noch bei Ovid. met. XV 4) In den mittelalterlichen Hermeneumata me- 

709. Iuv. X 72. 93. Claud, de IV cons. Honor. dicobotanica vetustiora eine Pflanze dor cadis id est 

314; in Eutrop. 61. eapreolus (Corp. gloss, lat. m 538, 38. 545, 24. 560, 

Die zahlreichen antiken Eeste auf C. geh6ren 43. 589, 50. 610, 54. 623, 14. 632, 3) ; sie wird wohl 
grossenteils den Villen des Tiberius an. Die best- 50 kaum dieselbe wie dorchadion = dragontea (III 

erhaltenen sind die auf der Ostspitze bei S. Maria 560, 2) sein. Vielmehr hat ein im 9. Jhdt. in 

del Soccorso gelegenen (s. Alvino und Quaranta Norditalien geschriebenes Glossar doreadis = ea- 

Le antiche rovine de Capri, Napoli 1835 fol.), wo prolus (Atti del congresso bot. internaz. in Ge- 

man auch den Unterbau des Pharus wieder zu nova, 1892 p. 430), und diese Pflanze wird von 

flnden glaubt; andere bei Aiano, Palazzo, Truglio Ed. Bonnet (ebd.) mit Lonicera caprifolium L., 

(diese drei oberhalb der Marina grande), Casti- demheutigenCaprifoglioderltaliener.identiflciert. 
glione, S. Michele, la Certosa, le Camerelle (diese 5) Die Weinrebenranke (Plin. XVII 208), welche 

auf den Hiigeln Ostlich und siidlich der modernen wie eine Locke gedreht ist und womit die Eebe 

Stadt C.) , Capodimonte , Monticello , Timberino, einen Stiitzpunkt ergreift ; sie soil daher nach der 
Damecuta (diese vier auf Anacapri). Antik ist 60 Etymologie der Alten a capiendo benannt sein 

auch, wenigstens in ihren Unterbauten, die grosse (Varro de r. r. I 31, 4. Fest. ep. p. 57, 16. Isid. 

Treppe (784 Stufen), welche bis zur Anlage der XVII 5,11), wahrend die Benennung doch wohl 

neuen Fahrstrasse die einzige Communication zwi- auf die Ahnlichkeit der zweigabeligen Eanke mit 

schen Capri und Anacapri bildete. Vgl. N. Ha- dem dreigabeligen Eehhom zuruckzufiihren ist. 

drava Eagguagli di varii scavi e scoverte di anti- Aufgelegte Eanken sollten eine zusammenziehende 

chita fatte nelT isola di Capri, Napoli 1793. E. und kiihlende Eigenschaft haben (Cels. II 33) bei 

Mangoni Eicerche topograflche ed archeologiche bOsartigen Geschwiiren (Gal. XI 86); sie wurdert 

suU' isola di Capri, Nap. 1834. Beloch Cam- Fiebernden ins Wohnzimmer gestreut (ebd. X 697) ; 



1549 Capreolus Capricornus 1550 

innerlich gebraucht wurden sie gegen die Wir- rand bilden, sondern in die Mauer, die Sparren- 

kungen der Giftpflanze ephemeron (Scrib. Larg. schwelle (Fusspfette) oder was sonst ihre unmittel- 

^93\ bare Unterlage bildet, fest eingelassen sind und 

6) Eine Hacke rait zwei eisernen Zinken, mit sich mit den oberen Enden fest gegen einander 
welcher im Friihjahr im Spargelbeet die Erde ge- stemmen, gleich den gegen einander anspringen- 
lockert wurde (Col. XI 3, 46). Eich (Illustr. den Bocken, wie sie attische Stelenakroterien dar- 
Worterb. d. gr. u. rom. Altert., libers, von C. stellen (z. B. bei Bruckner Ornament und Form 
Muller, 1862, 106) giebt die Copie einer alten d. att. Grabstelen, 1886 Taf. I 16 S. 34f.). Can- 
Elfenbeinschnitzerei der Florentiner Gallerie ; hier theritts bezeichnet die hangenden Dachsparren. 
halt eine Figur die Hacke in den Handen, welche 10 Diese liegen nahe ihren unteren Enden nur lose 
mit einer Ziege zur Seite mitten in einem Wein- auf der Mauer oder der Sparrenschwelle auf, liber 
berge stent , wodurch die Sache und der Name die sie mit ihren KSpfen hinwegragen. Befestigt 
erklart ist. Die beiden Zinken sind nur in miissen sie also mit ihrem oberen Ende am Dach- 
schwachem Bogen gekrtimmt , laufen in einem first (an der Firstpfette, columeri) sein. Die asse- 
spitzen Winkel auseinander und der Stiel geht res sind ebenfalls hangende Sparren (falls sie 
durch diesen nahe seinem Scheitel hindurch. Ilberhaupt Sparren bedeuten), nur leichtere, latten- 

7) Im Pluralis in der Baukunst Streber oder artige, im Vergleich zu dem balkenartigen Can- 
Dachsparren. So nennt Vitruvius (X 10 [15], 4) therms; sie kOnnen bei kleineren Dachern an 
eapreoli die drei, jedenfalls schragen, Streber, Stelle des cantherius als die einzigen Dachsparren 
welche mit dem von ihnen gestiitzten Stander den 20 verwendet werden, wie das Dach des tuscanischen 
Fuss der Katapulte bilden, welcher von Heron Atrium zeigt, bei dem Vitruvius VI 3, 1 von 
(bei Wescher Poliorcetique des Grecs 83, 3) asseribus stillicidiorum in medium eompluvium 
fiaoig tQioKeArjs genannt ist. Bei den testudines deiectis spricht, wahrend neuere Erklarer diesem 
heissen die Dachsparren eapreoli (Vitr. X 14 [20], Atriumdach falschlich eantherii oder eapreoli zu- 
2. 15 [21], 1 u. 3) entsprechend den griechischen schreiben. Die Dachsparren an der Skeuothek 
ovvoxaxai slg aMrjXovg ii-e§eidovxeg (Athen. bei Philons, deren Bauplan uns durch eine Inschrift 
Wescher 17, 10 u. 11) und ovyxvmai (ebd. 18, erhalten ist (Dittenberger Syll. 352. CIA II 
10 u. 22, 8 mit Fig. V. Anonym, ebd. 227, 6. 1054), halt Wiegand (a. a. O. 747) fur eine 
228, 13 mit Fig. XC. XCI). Nur mit einer Aus- Kreuzung von eapreoli und eantherii. 

nahme hatten nach Vitruvius (X 15 [21], 1 ; vgl. 30 8) Ein vor der Hausthiir beflndlicher Vorbau 

Athen. a. 0. p. 18, 8) alle testudines ein solches (vgl. Bliimner bei Baumeister a. 0. I 627). 

Satteldach mit ovyximxai, bezw. eapreoli ; so wohl In den mittelalterlichen Glossarien linden wir 

auch die von Caesar (b. c. II 10) beschriebene namlich protiron eapriolum (Corp. gloss, lat. IH 

LaufhalleTOMSCMfos(A.MullerinBaumeisters 190, 51), to iiQ&dvQov eapriolum (III 268, 62) 

Denkm. I 540), obwohl die Breite derselben nur und TiQodvgov vestibulum (II 417, 63). 

vier Fuss betrug. Hatte sie, wie Engelmann 9) Dasselbe, was jigoxovog (Corp. gloss, lat. II 

(Guhl und Koner Leben d. Gr. u. B.6 848), der 424, 13), also eine Stage (Tau), mit welcher der 

sie mit der griechischen BreschschildkrOte identi- Schiffsmast am Vorderteil des Schiifes befestigt 

flciert, annimmt, ein Pultdach gehabt, so hatten war (s. Assmann bei Baumeister a. 0. Ill 1595 

die das Dach tragenden eolumellae auf der einen 40 und Guhl und Koner a. 0. 414). [Olck.] 

Langsseite hoher sein miissen, als auf der andern ; Capriaria insula, im indischen Meere, Geogr. 

sie sollten aber alle fiinf Fuss hoch sein. Auch Eav. p. 328, 2 ; vgl. Alyidlcov vfjoog (Bd. I S. 957f.), 

sonst wird avvaxdxrjg mit eapriolus wiedergegeben d. i. Ilha de G6a ? [Tomaschek.] 

(Corp. gloss, lat. II 447, 47), ovoxdxai aber erklart Capricornus, Caper, Hdv, alyoxeQcog, aiyoxe- 

als grosse Balken, welche, in der Gestalt des Buch- gevg, der Steinbock, ein Stembild im Tierkreise zwi- 

staben A gegen einander strebend, das Dach tragen schen dem Schiitzen und dem Wassermanne. Der 

(Schol.Hom.il. XXIII 711). Daher bezeichnen die Steinbock liegt im sudlichsten Teile der Ekliptik, 

eapreoli des Vitruvius an dem griechischen Dach- wo die Sonne zur Zeit der kiirzesten Tage steht 

stuhl (IV 2, 1) solche Dachsparren (Choisy Etu- und von wo sie dann (Plin. n. h. II 81. XVIII 221 
des e"pigr. sur l'arch. gr. 1884, 153f. Th. Wie- 50 im 8. Grade) auf ihrer Jahresbahn nach Norden 

gand Die puteolanische Bauinschrift, Jahrb. f. zuriickkehrt (Wendepunkt und Wendekreis des 

Philol. Suppl. XX 746). Wenn der zu bedeckende Steinbockes). Allem Anschein nach war dies 

Eaum eine grOssere Spannweite verlangt , sagt Zeichen bereits bei den alten Babyloniern bekannt 

Vitruvius , bedeckt man ihn mit transtra et ea- als ,Ziegenfisch', eine Bezeichnung, die eine iiber- 

preoli, d. h. mit von Mauer zu Mauer gespann- raschende Ahnlichkeit mit Eratosthenes, den Scho- 

ten Querbalken , auf deren Enden die Sparren Hasten zu Germanicus und Hygin , sowie der 

fussen, im andern Falle nur mit eantherii ohne sphaera Empedoclis (140) aufweist, denn diese 

transtra. Ein Beispiel dafiir bietet die von Vi- alle stellen den Steinbock dar als phantastische 

truvius selbst erbaute Basilica zu Fanum (V 1, Zwittergestalt von Ziege und Fisch, wahrend Arat 
6 u. 9) , deren 60 Fuss breites Mittelschiff mit 60 und Ptolemaios den Fischschwanz nicht kennen 

transtra cum capreolis, die nur 20 Fuss breite (P. Jensen Die Kosmologie der Babylonier 1890, 

Porticus um dasselbe mit einem cantherius ge- 76if. 313f.). 

nannten Sparrenwerk bedeckt war. Den Unter- Nach Eratosthenes (C. Eobert Erat. catast. 

schied der drei Termini fur Dachsparren glaubt rel. p. 148f.) war der Steinbock das Kind des 

Wiegand (a. 0. 745f.) folgendermassen feststellen Aegipan, d. h. des ziegengestaltigen Pan, wahrend 

zukonnen. Die eapreoli sind die stehenden Sparren, Euhemeros Aegipan als das Kind von Iuppiter 

d. h. solche, deren Fussenden nicht, frei uber das und Pans Gemahlin Aex bezeichnete (Hyg. astron. 

Gebaudehinausragend, einen vorspringendenTrauf- II 13 p. 49 Bunte). Unter Berufung auf die kre- 



1551 Capriculanus pagus Caprotina 1552 

tischen Geschichten des Epimenides berichtet Era- war das Pest ein Frauenfest und zwar ein solches 

tosthenes weiter, dass AlyoxsQcog mit Iuppiter (liber'ie pariter ancillaeque saerifieant Macr. I 

erzogen wurde und mit ihm auf dem Berge Ida 11, 36), von dem auch die Sclavinnen nicht aus- 

zusammen war, als der junge Gott zum Kampfe geschlossen waren, wie z. B. von dem der Mater 

gegen die Titanen zog; er fand damals eine Muscnel Matuta: sie spielen sogar eine hervorragende Eolle, 

und soil durch sie mit seinen Gefahrten einen werden bewirtet, sammeln Spenden ein (vgl. auch 

solchen Larm erregt haben, dass die Titanen sich Ovid. a. am. II 258) und hohnen die Begegnenden 

zur Flucht wandten (daher panischer Schrecken). mit Spottreden, auch fiihren sie untereinander 

Iuppiter soil ihn dann , ebenso wie seine Mutter Kampfe mit Stockschlagen und Steinwiirfen (Plut. 
Aex, unter die Sterne versetzt haben. Daneben 10 aa. 00. , dessen Angabe , dass das Pest nodg to 

findet sich noch eine ganz andere Darstellung bei eXog to ttjs alyog, d. h. ad Caprae paltidem [s. o. 

Hygin. astron. II 28 p. 69f. Bunte, die auf agyp- S. 1545] stattgefunden habe, aus irrtumlicher Ver- 

tische Gewahrsmanner zuriickgeht. mengung mit den Poplifugia, s. d., entstanden 

Eratosthenes (a. a. 0.) legt dem Sternbilde 24, ist; vgl. auch Auson. a. a. 0. cum stola ma- 

Ptolemaios 28 Sterne bei (4 dritter, 9 vierter, tronis dempta teget famulas); daher hiess der 

9 fiinfter, 6 sechster GrSsse: Msy. avvz. VIII Tag auch ancillarum feriae (Polem. Silv. CIL 

p. 62 Halma). Arat erwahnt das Sternbild nur 12 p. 269), entsprechend dem servorum dies festus 

ganz gelegentlich (284. Cic. 59ff. German. 286ff. am 13. August, dem Stiftungstage des aventi- 

Avien. 650ff.). Nach Geminos (Wachsmuth nischen Dianentempels (Fest. p. 343). Die aetio- 
Lydus de ostentis p. 182) durchlauft die Sonne 20 logische Erzahlung von der Entstehung des Festes, 

das Zeichen in 29 Tagen; sein Fruhaufgang flel die uns bei Macr. I 11, 37—39. Plut. aa. 00. 

nach Callippus auf den 8. Januar. [Haebler.] Polyaen. VIII 30. Polem. Silv. a. a. 0. in alien 

Capriculanus pagus bei Nola, bekannt nur Hauptpunkten ubereinstimmend erzahlt wird, geht 

durch die Inschrift CIL X 1279 (Lauri bei Nola), zuruck auf eine Fabula praetexta ungenannten 

ungewisser Lage. [Hlilsen.] Verfassers, die einstmals an den ludi Apollinares 

Caprio. Auf einer in Murlenbach (Kreis Prum) und zwar eben an dem in die Spielzeit derselben 

gefundenen Votivtafelsteht die Inschrift: In hfono- (6. — 13. Juli) hineinfallenden Tage der Nonae 

remj^ d(omus) d(ivinae). Deo Gaprion[i] L. Ted- Caprotinae aufgefuhrt worden war (das besagen 

diatius Primus. BrambachCIBh.849. Hettner die Worte Varros a. a. 0.: our hoe, togata prae- 
Die rOm. Steindenkmaler des Provincialmuseums 30 texta data eis [d. h. Nonis Caprotinis] Apolli- 

zu Trier nr. 113. Der Gott ist sonst nicht bekannt, naribus ludis doeuit populum). Nach dem Ab- 

das Nomen des Dedicanten lasst auf einen kelti- zuge der Gallier vereinigen sich die Latiner (Ovid, 

schen Gott schliessen. Preller BOm. Myth. IIS a. am. II 257 porrige et aneillae, qua poenas 

227. Steuding Boschers Lex. I 851. [Ihm.] luce pependit lusamaritali Gallic a vestemanus 

Caprius, Anklager von Baubern, Hor. sat. I beruht auf Fliichtigkeit, Macr. Ill 2, 14 bezieht 

4, 66. 70, dazu die Scholien. [Groag.] sich nicht auf die Nonae Caprotinae) unter Fiih- 

Caprotina, Beiname der Iuno (Varro de 1. 1. rung des Dictators von Fidenae, Postumus Li- 

VI 18. Macr. Sat. I 11, 36. Arnob. Ill 30), nur vius, gegen das geschwachte Bom und verlangen 

bekannt durch das ihr alljahrlich am 7. Juli be- das Zugestandnis des Conubium und damit die 
gangene Fest der Nonae Caprotinae (pridie nonas 40 Auslieferung von Jungfrauen und verwitweten 

Caprotinas CIL IV 1555, ausserdem Varro a. a. Matronen; da erbietet sich eine Sclavin Namens 

0. Macr. Ill, 40. Auson. de fer. 9 p. 104 Peip.; Philotis, nach andern Tutula (TovxoXa oder Tov- 

voivo.1 KaTZQartvac Plut. Bom. 29; Cam. 33), das rovXa Plut., Tutela Macr.), mit andern Sclavinnen in 

wahrscheinlich unter die feriae der altesten Fest- der Tracht edler Frauen und Madchen den Feinden 

tafel gehOrt, unter denen es auch von Varro a. a. sich ausliefern zu lassen. lm Lager der Latiner 

0. aufgefuhrt wird (vgl. Momms en CIL 12 p. 321); erfolgt nun auf Anregung der ausgelieferten Magde 

dass in den Steinkalendern der Tag nicht diese ein ausgelassenes Gelage, wahrend dessen Phi- 

Bezeichnung tragt, spricht nicht dagegen, da in lotis von einem wilden Feigenbaume aus den 

alien Fallen, wo feriae auf die Kalendae Nonae BOmern ein Zeichen mit einer Fackel giebt, wo- 
oder Idus fielen, diese letztere Benennung den 50 rauf diese heimlich heranrucken und das in Bausch 

Vorrang beanspruchte und den Festnamen zuriick- und Schlaf liegende feindliche Heer flbermannen. 

drangte (Beispiele dafiir bei G. Wissowa De An dieser Erzahlung, die naturlich freie Erfln- 

feriis anni Bom. vetust. p. Xlff.). Dieses Iuno- dung ist und fur die wirkliche Geschichte des 

fest stand offenbar in engem Zusammenhange mit Festes nichts ergiebt, ist bei dem sonstigen Fehlen 

dem am 5. Juli begangenen Iuppiterfeste der Po- wirklicher Varianten , die auf verschiedenartige 

plifugia (s. d.), und die antiken Erklarungsver- AusgestaltungendesselbenStoffes schliessen liessen, 

suche pflegen die Ursprungsgeschichte beider Feste auffallend der Doppelname der Heldin; in der 

mit einander zu vereinigen, wobei fur die Nonae Praetexta hat sich als Sclavin gewiss Philotis ge- 

Caprotinae die Festbrauche die Anhaltspunkte heissen, der Name Tutula, der an Tutunus in 
gaben. Unter diesen tritt zweierlei besonders 60 Mutunus Tutunus erinnert und dann gewiss mit 

hervor: einmal die Bolle, welche der wilde Feigen- einer Bezeichnung des weiblichen Geschlechts- 

baum(eap«/icws)imCaerimonielldesFestesspielte: teiles zusammenhangt (vgl. Biicheler Archiv 

unter einem solchen Baume fand das Opfer statt f. lat. Lexikogr. II 119f. 508), stammt vielleicht 

(Varro a. a. 0. Macr. I 11, 36), eine Bute von aus den am Feste iiblichen, gewiss nicht sehr 

ihm (Varro a. a. 0.) und der Milchsaft des Baumes decenten Spottreden der Magde. Auf denselben 

(Macr. Ill, 40) kommen dabei zur Verwendung Gedankenzusammenhang fuhrt auch die Bolle, die 

und unter dem Schatten seiner Zweige findet der die Feige, deren obscoene Bedeutung ja bekannt 

Festschmaus statt (Plut. aa. 00.). Andererseits ist, beim Feste spielt, und all das passt sehr wohl 



1553 Capsa Captatoriae institutiones 1554 

zur Frauengottin Iuno; auch die Ziege, deren 2) Der, welcher in den Badern Kleider und 

Name im caprificus wie in der emxXrjms Gapro- Wertsachen der Badenden in Verwahrung ninmit, 

Una enthalten ist, begegnet wiederholt im Culte Dig. I 15, 3, 5. Er bekommt nach Ed. Diocl. 

derselben Gottin (vgl. die Bezeichnung des Zie- 7, 75 von jedem Badenden zwei Denare (etwas 

genfelles der Lnperci als amiculum- Iunonis bei ilber 3i/ 2 Pf.). Nach Dig. a. 0. stent er unter 

Test. ep. p. 85 und mehr im Art. Iuno). der Jurisdiction des Praefectus vigilum. Ein eap- 

[Wissowa.] sararius de Antoninianis (von den Thermen des 

Capsa. 1) Oase mit Stadt im innern Tune- Caracalla) CIL VI 9232. 
sien, das heutige Gafsa, ca. 130 km. westlich von Der C. der Livia CIL VI 3952 wird wohl 

Gabes , dem alten Tacape , an der kleinen Syrte 10 auch irgend etwas in einer Capsa zu bewahren 

(das Itin. Ant. 77 giebt die Entfernung von Ta- gehabt haben. Der pue.r c. ebd. 6245 ist wohl 

cape mit 71 Millien zu gering an). Die Lage ist C. in der Bedeutung Nr. 1, und auch ebd. 7368 

gut beschrieben von Sallust lug. 89. Die Stadt, ist dies nicht unmOglich. Dunkel bleibt die Be- 

deren Grander der libysche Hercules gewesen sein deutung der C. beim Militar, Dig. L 6, 7 (6). 

soil (Sail. a. a. 0.), war dem Iugurtha botmassig, Bliimner Maximaltarif 120. [Mau.] 

der dort Schatze deponiert haben sollte (Strab. Capsum (Kayrov i} Kayia), Stadt im inneren 

XVII 831), wurde aber von Marius im J. 106 v. Africa, angeblich im Quellengebiet des Bagradas 

Chr. genommen und zerstort (Sail. lug. 91. Plor. gelegen, Ptol. IV 6, 29. [Dessau.] 

Ill 1, 14). Spater gelangte die Stadt wieder zu ad Capsum Iuliani, Ortlichkeit in Numidien, 

Bliite, hatte unter den Bomern zwar arifangs kein 20 16 Millien von Zarai, Tab. Peut.; vielleicht die 

Stadtrecht (Plin. n. h. V 30 zahlt die Gapsitani Buinen Henchir Kibba (Guigba), wo die Inschrift 

unter den nationes auf), war aber bereits unter CIL VIII 4504 gefunden ist; vgl. Tissot GCogr. 

Hadrian Municipium, CIL VIII 98, noch spater comp. de l'Afr. II 504. Gsell Becherches ar- 

colonia (Tab. Peut. Geogr. Bav. Ill 5 p. 143, 16, cheologiques en Algerie p. 135. [Dessau.] 

wo Capsaleo aus Capsa colonia entstanden ist). ad Capsum ultiimnii, Station der nordafri- 

Erwahnt wird die Stadt auch von Ptol. IV 3, 39. canischen Kiistenstrasse, westlich von den Arae 

Nach der diocletianischen Teilung der Provinz Philaenon, Tab. Peut.; vgl. Tissot Geogr. comp. 

Africa gehOrt C. zur Byzacena (der Bischof von de l'Afr. II 239. [Dessau.] 

C. erscheint unter denen der Byzacena in dem Capsur, Konig eines maurischen Stammes, 

Bischofsverzeichnis vom J. 484, in Halms Victor 30 Verbiindeter des Vandalenkonigs Geiserich, Vict. 

Vitensis p. 67). Nach Iustinians Bestimmung Vit. I 11, 35. 37. [Seeck.] 

sollte der Dux der Byzacena in C. residieren (Cod. Capta, Beiname, den die Gottin Minerva in 

lust. I 27, 2, la). Das heutige Gafsa ist zum Bom in dem kleinen, am unteren Abhange des 

guten Teil aus den Materialien der alten Stadt Caelius gelegenen Tempel (Minervium Argeer- 

gebaut, s. CIL VIH p. 22ff. [Dessau.] urkunde bei Varro de 1. 1. V 47) fiihrte, erwahnt 

2) Gapsa (Demin. eapsula, capsella), xdfiyja nur von Ovid. fast. Ill 837, der v. 839 — 846 vier 

Hesych.), xaunxQov, xaantQa (Gloss.). Ein cylinder- verschiedene Erklarungsversuche des Namens an- 

fOrmiger Behalter zur Aufbewahrung und zum fuhrt: 1) als dea capitalis = ingeniosa; 2) weil 

Transport verschiedener Gegenstande. Die Form sie de capitis patemi vertiee prosiluit; 3) weil 
ergiebt sich aus Plin. n. h. XVI 229, wonach 40 sie als Gefangene nach der Eroberung von Falerii 

■das in diinne Platten geschnittene Buchenholz nach Bom kam; 4) weil auf Diebstahl in jenem 

besonders zu eapsae und scrinia geeignet ist. Heiligtume capitis poena steht. Der erste Blick 

Mit dem cylinderfOrmigen scrinium (s. d.) ist zeigt, dass nur die vorletzte Erklarung ernst zu 

C. auch da synonym, wo es einen Behalter fur nehmen ist (obwohl, um von den Absonderlich- 

Bucherrollen bezeichnet. Cic. div. in Caec. 51. keiten Huschkes Bom. Jahr 356 u. a. zu schwei- 

Catull. 68, 36. Hor. sat. I 4, 22. 10, 63; ep. gen, neuerdings wieder 0. Gilbert Gesch. und 

II 1, 268. Dig. XXXIII 10, 3, 2. Auch die Topogr. d. Stadt Bom II 39 Anm. der Mei- 

C, in der der Capsarius den Schiilern Biicher nung ist, dass der — wohlgemerkt garnicht iiber- 

und Schreibzeug nachtragt, kann als Scrinium lieferte — Name Capita von Gapitolium nicht 
bezeichnet werden. Corp. Gloss. HI 646 xafin- 50 getrennt werden kOnne), und Ovids Worte selbst 

zQocpoQoe puer scriniarius. Ferner ist C. als Be- (v. 843f. an quia perdomitis ad nos eaptiva Fa- 

halter fur Schmucksachen (Sen. ep. 115, 2. Hist. liseis venit et hoe ipsum littera prisca docet) 

Aug. Aurel. 31, 8) mit der ebenfalls cylinder- weisen auf die Stadtchronik oder mSglicherweise 

formigen Cista synonym. Endlich findet die grie- sogar auf die Tempelinschrift als Quelle dieser 

chische Bezeichnung xafimga, xd/iMtgov so am Ansicht hin: dass Minerva spater noch in Falerii 

besten ihre Erklarung. Ofter wird C. noch er- verehrt wurde, steht durch die Inschrift CIL "XI 

wahnt als Behalter zur Aufbewahrung vonFriichten. 3081 fest. Danach wurde das Heiligtum der Mi- 

Plin. n. h. XV 82. Mart. XI 8, 3. Dig. XXXIII nerva Capta (fiber dessen angeblichen Stiftungs- 

7, 12, 1. In einer eapsula ist enthalten das Ge- tag am 19. Marz vgl. Wissowa Analecta Bom. 
back, welches am Kopfende (fulcrum) des Bettes 60 topogr. 18) nach der ZerstOrung von Falerii im 

des Flamen dialis stehen muss (Fab. Pictor bei J. 513 = 241 erbaut sein (vgl. Jordan Hermes 

Gell. X 15, 14), die Spindeln der Klotho bei Sen. IV 243f.). Naheres s. unter Minerva, 
lud. 3, 4. Vgl. noch Plin. n. h. XXX 102. Pe- [Wissowa.] 

tron. 67. [Mau.] Captatoriae institutiones sind Erbeinset- 

Capsarius. 1) Der Sclave, der den Schul- zungen in erbschleicherischer Absicht. In einer 

lrindern Bucher und Schreibzeug in einer Capsa Zeit, in der iiber die Zunahme der Erbschleicherei 

nachtragt. Suet. Nero 36. Dig. XL 2, 13; vgl. vielfach Klage erhoben wird (vgl. z. B. Horat. sat. 

Iuv. 10, 117. II 5. Iuven. XVI. Mart. 1 10. VIII 27), erklarte der 



1555 Captio Capua 1556 

Senat diese Verfiigungen fur unverbindlich. Dig. Demgemass wurde die Griindung von den meisten 

XXVIII 5, 72 (71). Dadurch sollen jedoch nicht hoch hinaufdatiert: 50 Jahre vor Rom halt Vel- 

alle testamentarischen Verfiigungen getroffen wer- leius I 7 nach seinen Gewahrsmannern (quidam 

den, welche eine letztwillige Gegengabe nach sich aiunt) fur das wahrscheinlichste , giebt aber da- 

ziehen, sondern nur solche, die jemanden begun- neben die merkwiirdige abweichende Ansetzung 

stigen, damit er eine solche Gegengabe mache, Catos stetisse Capuam antequam a Bomanis ca- 

wahrend es noch ungewiss ist, ob er dazu ge- peretur annis cir titer ducentis et sexaginta. Be- 

neigtsein werde. Dig. XXVIII 5, 71 (70): Cap- zieht man dies eapi, wie es Velleius thut, auf 

tatorias institutiones, non eas senatus impro- die Einnahme und Vernichtung des Gemeinwesens 
bavit, quae mutuis affectionibus iudieia provo- 10 211 v. Chr., so ergiebt sich als Griindungsjahr 

caverunt, sed quarum conditio eonfertur ad se- 470 , wogegen Velleius mit Eecht einwendet vix 

eretum alienae voluntatis. [Leonhard.] erediderim tarn mature tantam urbem crevisse 

Captio s. Capere Nr. 2. floruisse, coneidisse reswrexisse, denn der Sturz 

Captivitas. Die Gefangenschaft fiihrte zur der etruskischen Macht in Campanien fallt in die 

Sclaverei, wenn der Gefangene in die Hand eines Mitte des 5. Jhdts. Fasst man dagegen die ,Ein- 

fremden Volkes flel, das mit seinem Staatswesen nahme' (und da Velleius Catos Ausserung gar 

in keiner Beziehung stand (Dig. XLIX 15, 5, 2) nicht wortlich citiert , ist das wohl mtSglich) als 

oder sich im Kriegszustande befand. Dig. XLIX den Anschluss an Eom im J. 338 , so kommen 

15 de captivis et de postliminio. Gai. I 129. wir anf ca. 600, in die Bluteperiode der etruski- 
Ulp. X 4. Inst. I 12, 5. Die Folgen einer der- 20 schen Macht, wo eine Griindung dieser Art ganz 

artigen Gefangenschaft flelen wieder weg, wenn wahrscheinlich ist. Dass C. keine sehr alte Stadt 

der Gefangene zuruckkehrte (ius postliminii, ist, ergiebt sich schon aus ihrer Lage mitten in 

s. Postliminium). Starb der Gefangene, ohne der Bbene und der Regelmassigkeit ihres Grund- 

zuruckzukehren , so wurden die Folgen seines risses. Wahrscheinlich aber trat diese etruskische 

Todes auf den Augenblick seiner Gefangennahme Stadt an die Stelle einer alteren oskischen Nie- 

zuruckbezogen. Dig XLIX 15 , 18. Eine lex derlassung ; dafiir sprechen sowohl die Funde 

Cornelia bestimmte, dass bei einem solchen To- in der Nekropole, welche Gefasse aus dem 7. — 6. 

desfalle die Thatsache der Kriegsgefangenschaft Jhdt. v. Chr. geliefert hat, als der Name, der 

nicht weiter beachtet werden sollte , (sog. fictio jedenfalls italisch ist. Denn die Versuche , ihn 
legis Corneliae), Dig. XLIX 15, 22 pr. Zweifel- 80 von einem etruskischen Worte xanvg ,der Geier' 

haft ist, ob sie dies allgemein oder nur fur be- (daher die latein. tFbersetzung Volturnum, s. o.) 

sondere Falle angeordnet hat. Jedenfalls war sie abzuleiten, sind ohne Gewahr; ebensowenig kann 

von Bedeutung fur die Testamente derartiger Ge- Polybios Etymologie (bei Strab. V 242), C. habe 

fangener, die ohne sie durch die capitis demi- den Namen als ,Haupt' der etruskischen ZwClf- 

nutio (s. d.) des Testators ihre Giiltigkeit ein- stadte Campaniens erhalten, ernst genommen 

gebiisst haben wurden (Inst. II 17, 4 und 5), werden. Das Richtige trifft ohne Zweifel die von 

nunmehr aber als giiltig behandelt wurden. Dig. Liv. IV 37 , 1. Fest. 43. Plin. Ill 63. Serv. 

XXVTH 1, 12. Litteratur. Hase Das ius post- Aen. X 145 mitgeteilte Capua a campo dicta, 

liminii und die Actio legis Corneliae, 1851. Bech- wie schon daraus erhellt, dass das Ethnikon in 
mann Das ius postliminii und die lex Cornelia, 40 besserer Zeit stets Gampanus heisst, und die Frei- 

1872, und hierzu Leonhard Inwieweit giebt es gelassenen der Stadt in der Kaiserzeit den Na- 

nach den Vorschr. der Deutschen Civilprocess- men Campanius ftibren (CIL X 3940. 3944). 
Ordn. Fictionen 1880, 15, 4. Puchta-Kriiger 10 Die etruskische Herrschaft in C. fand ihr Ende 

II 118ff. § 220. PerniceLabeo I 375ff. Momm- durch den Einfall der Samniten (s. o. S. 14361), 

sen Bom. St.-B.3 HI 46, 2. Karlowa Rom. nach Diodor XII 31 im J. 445, nach Livius IV 

Rechtsg. II 114ff. [Leonhard.] 37 (vgl. Euseb. ad a. Abr. 1581) im J. 424. Doch 

Capua {Ktmvrj, Ethnikon in besserer Zeit nur erfreuten sich die urspriinglichen Eroberer kaum 

Gampanus, s. u., wofur spat und selten das von ein Jahrhundert ihres Besitzes ; verweichlicht durch 

Varro de 1. 1. X 16 als Fehler bezeichnete Gapuanus das Leben in der reichen Ebene, konnten sie um 
[Symmach. ep. I 10, 1. VI 11, 2. X 40, 4] oder 50 die Mitte des 4. Jhdts. v. Chr. dem Andrangen 

Gapuensis [Lib. colon. 232. 244. Schol. Bobiens. stammverwandter Bergstamme nicht widerstehen, 

ad Cic. post redit. in sen. p. 249 Or. Ambros. und schlossen sich deshalb 343 (Liv. VII 31), 

ep. 56. CIL X 3857. 3860, nachconstantinisch] oder wahrscheinlicher 340 (Liv. VIII 11. 12) an 

sich iindet; bei den Griechen meist Kanvnvog Rom an; mit C. die kleineren von demselben ab- 

oder Kcuzvavog, daneben KcmvaToi Appian. Han- hangigen Gemeinden Casilinum, Calatia, Atella. 

nib. 36. 37. 43 und Kanvrjoioi Athen. XII 528 a Dadurch kam weitaus der grOsste Teil von Cam- 

aus Polyb. VII, vgl. Mommsen CIL X p. 498 panien in rOmische Gewalt: denn ausser dem 

und oben S. 1434ff.), Hauptstadt Campaniens eigentlichen Stadtgebiet gehorten auch der ager 

und eine der bedeutendsten Stadte Italiens. Die Falernus und der ager Stellas zur Rechten des 
Griindung der Stadt verlegen viele in mythische 60 Volturnus zu C. (iiber die.Abgrenzung vgl. Be- 

Zeiten und nennen als Eponymos einen Troianer loch Campan. 15ff.; Bevolkerung der griech.-rom. 

Kapys (Hekataios bei Steph. Byz. s. v. = frg. Welt 41 9f.). Die Burger erhielten die tivitas 

27 Miill. Coelius Antipater bei Serv. Aen. X sine suffragio (Ennius 174 Vahl. Liv. VIII 14, 

145. Dionys. I 73. Suet. Caes. 81 u. a.); nach 10. Vellei. I 14, 3; vgl. Mommsen St.-R. Ill 

anderen waren Etrusker die Begriinder (Cato bei 574). Im zweiten Samniterkriege zeigten sich 

Veil. I 7. Polyb. II 17. Liv. IV 37, 1. Strab. die Capuaner unzuverlassig (Diod. XIX 76. Liv. 

IV 242) und der urspriingliche Name Volturnum IX 25, 2); vielleicht infolge da von wurde ihnen 

(Liv. IV 37, 1. Serv. Aen. X 145. Fest. ep. 43). der ager Falernus rechts vom Volturnus genom- 



1557 Capua Capua 1558 

men und viritim an rOmische Biirger verteilt (Liv. wurde aber nicht viritim assigniert, sondern ver- 

VIII 11, 13. 22, 6. IX 41, 5; Bildung der Tribus pachtet (Liv. XXVII 3, 1. 11, 8, s. o. S. 1441 u. 
Falerna). Auch die Rechtsprechung der einheimi- Campanus ager). Bei der dichten Besiedelung 
schen Beamten wurde beschrankt durch Ein- dieses grossen Gebietes (Cic. de lege agr. II 84. 
setzung der praefeoti Capuam Oumas 318 (Liv. 89) war aber eine gewisse Gemeindeorganisation 

IX 20,5, vgl. Mommsen St.-E. 113 608). Doch nicht zu umgehen; man verwirklichte dieselbe 
bestanden die alten Behorden (meddiees) weiter durch Anschluss der Bewohner an hervorragende 
(Zvetajeff Inscr. Oscae 41. Mommsen St.-R. Heiligtiimer, namentlich dasjenige der Diana Ti- 
III 581), und oskisch blieb die officielle Sprache fatina. Die Organisation des pagus Dianae kennen 
(Mommsen Unterital. Dialekte 177. Bph. epigr. 10 wir aus zahlreichen Inschriften (vgl. daruber 

II p. 158. 164. Zvetajeff Inscr. Oscae 32—51. Mommsen CIL X p. 367, neugefunden Ephem. 
Not. d. scavi 1876, 90. 1887, 290. 378. 560. 1894, epigr. VIII 460. 473. Not. d. scavi 1893, 164) ; 
147. 406. Atti della commissione di Caserta 1881, ausserdem ist ein pagus Hereulaneus (CIL X 
41. 1896, 45ff.). Von den im 3. Jhdt. v. Chr. ge- 3772) bekannt, und haben ohne Zweifel noch 
pragten Miinzen haben die goldenen und silbernen andere existiert. Zur Besorgung der sacralen Ob- 
lateinische Aufschrift (ROMA oder ROMANOM liegenheiten waidten die pagani jStahche magistri 
CIL I 13), die kupfernen (und einige sehr seltene, freien oder libertinen Standes, alle an municipale 
wahrscheinlich in Perioden des Abfalls von Rom Magistraturen erinnernde Benennungen wurden 
geschlagene silberne) oskische Aufschrift (Pried- vermieden. Die Stadt C. selbst ist wahrschein- 
lander Die oskischen Miinzen 7. Garrucci201ich von dieser Organisation ausgescblossen ge- 
Monete d' Italia 88. 89. Berliner Miinzkatalog blieben und keinem pagus attribuiert gewesen. 

III 1, 82—87). Wohlstand und Macht der Stadt, Sie erfreute sich fortwahrend grosser Bliite, so- 
welche seit 312 v. Chr. mit Bom durch die be- wohl durch Ackerbau wie Industrie und Handel. 
deutendste der italischen Landstrassen , die Via Aus dem vorziiglichen Spelt fabricierte man die 
Appia, verbunden war (s. o. Bd. II S. 238) wuch- beste alioa (s. o. Bd. I S. 1478 ; sie sollte ihre 
sen wahrend des 3. Jhdts. stetig, so dass sie zu Vorziiglichkeit einer Beimischung von Thonerde 
Anfang des zweiten punischen Krieges nur wenig verdanken, weshalbnachPlin. XVIII 114 Augustus 
hinter Rom und Karthago zuriickstehend geschatzt der Stadt die eretifodinae in den Colles Leuco- 
wurde (Plor. I 16, 6); sie soil, zusammen mit den gaei bei Puteoli uberliess). Der Wein von O, ob- 
von ihr abhangigen Kleinstadten , in dieser Zeit 30 wohl hinter dem Falerner zuriickstehend , hatte 
30 000 Waffenfahige zu Puss, 4000 Reiter haben gleichfalls Ruf (Sorten oaulinus und avadevdgi- 
stellen konnen (Liv. XXILT 5, 15). Die Gesamt- rr, s , Plin. XIV 69. Athen. I 27 c. 31 d). Aus den 
bevolkerung der Praefectura von C. veranschlagt Rosen, die die campanische Ebene in Piille her- 
Beloch Bevolk. a. a. O. auf 140000, auf 1 qkm. vorbrachte (Athen. XV 688 e), und eingefuhrten 
140 Einwohner. orientalischen Specereien (Plaut. Rud. 629) fabri- 

Im hannibalischen Kriege blieb C. der rOmi- cierte man Parfiimerien; von dem Umfang dieses 
schen Sache treu bis nach der Schlacht bei Cannae. Erwerbszweigs giebt das von Plinius XVIII 111 
Nachdem angeblich die Porderung, dass stets ein citierte volgo dictum, plus apud Gampanos un- 
Consul aus 5. gewahlt werden sollte, von den guenti quam apud oeteros olei fieri eine Vor- 
Romern abgeschlagen war (Liv. XXIII 6, 6. Cic. 40 stellung; ebenso der Umstand, dass der Name 
de lege agr. II 95; in Pison. 24), offnete die des Parfumeriemarktes von C. , Seplasia, zum 
Volkspartei dem Hannibal die Thore und trat, Appellativ geworden ist. Unguentarii werden in- 
unter der Bedingung, dass C. vom Kriegsdienst schriftlich erwahnt CIL X 3968. 3974. 3975. 3979. 
fur Karthago befreit sein und seine eigenen Ge- 3982. Beriihmt war ferner die Bronzeindustrie ; 
setze und Magistrate behalten solle, auf Seite der schon die Colonisten Caesars durchsuchten die 
Punier (Liv. XXIII 7). Im Winter 215 — 216 alten Nekropolen, um die geschatzten vaseula 
hielt Hannibal in C. sein Winterquartier, durch operis antiqui daraus zu entnehmen (Suet. Caes. 
welches angeblich seine Truppen aufs schlimmste 81). Auch Gebrauchsgegenstande aus Bronze 
verweichlicht wurden (Liv. XXIII 18, 10 — 16. empflehlt schon Cato de agr. 135 in C. zu kaufen; 
Strab. V 250. Diod. XXVI 14. Val. Max. IX 1, 50 zu Plinius Zeit war nachst dem cyprischen das 
1. Plor. II 6, 21 u. a.). Im J. 215 wurden 300 aes Gampanum am hochsten geschatzt (utensili- 
treugebliebene equites Campani als romische Birr- bus vasis probatissimum , n. h. XXIV 95; s. 
ger nach Cumae ubergefuhrt (Liv. XXIII 31, 10). auch Porphyr. zu Horat. sat. I 6, 116. Bliim- 
Nach langer Belagerung wurde die Stadt im J. 211 ner Technologie IV 167f.). Metallarbeiter in- 
von den RSmern wieder eingenommen (Liv. XXVI schriftlich genannt: scutarius CIL X 3971; mi- 
ll. Appian. Hannib. 43. Zonar. IX 6. Sil. Ital. trarius 3984; gladiar-ii 3986. 3987. Gelegent- 
XIII 258ff.) und hart gestraft. Das Gemeinwesen lich erwahnt wird die Fabrication von Seilen 
als solches wurde aufgelSst, die Magistrate ab- (Cato agr. 135) und von bunten Teppichen (Plaut. 
geschafft (Liv. XXVI 16. Vellei. II 44. Cic. de Pseud. 145); die Zimmermannsarbeiten (intesti- 
lege agr. I 19. II 88) , die Burger am Ort be- 60 naria opera) geriihmt von Plinius XVI 225 (ein 
lassen, doch ohne jegliches Biirgerrecht (spater faber intestinarius CIL X 3957, materiarius 
wurden sie allerdings wieder in der Censusliste 3965). Mit dem Reichtum ging der Luxus Hand 
gefuhrt, Liv. XXXVin 28. 36, und erhielten das in Hand. Sprichwortlich Campana arrogantia, 
Recht giiltiger Eheschliessung, Liv. XXXVIII 36). (superbia) Cic. de leg. agr. II 91. Liv. IX 6, 5. 
Vom Gebiete C.s wurde der Kustenstreif abge- Gell. I 24, 2. Besonders erwahnt wird C. als 
trennt zur Griindung der Bfirgercolonien Voltur- Heimat der Gladiatorenkampfe (Strab. V 250. Sil. 
num und Liternum (vgl. Mommsen St.-R. Ill Ital. XI 57. Athen. IV 953c u. a.); die grossen 
578), der ubrige blieb Besitz des romischen Staates, ludi mit Tausenden von Fechtern spielen eine 



1559 Capua Capua 1560 

Bolle beim Aufstande des Spartacus, in den Bur- Maggiore, neuerdings als Stadt S. Maria di Capua 

gerkriegen (Cic. ad Att. VII 14. Caes. bell. civ. V"etere genannt. 

I 15) und noch im 2. Jhdt. n. Chr. (Hist. Aug. Von den antiken Eesten in und bei C. sind 

Iulian. 8). aus vorrOmischer Zeit am bedeutendsten die Ne- 

Nach missgllickten Versuchen der Gracchen, kropolen, deren alteste Teile etwa ins 6. — 7. Jhdt. 

den ager Campanus aufzuteilen, und der ephe- v. Chr. zuriickgehen (Helbig Ann. d. Inst. 1880, 

meren Dediction einer Colonie durch M. Brutus 225). Die Graber sind teils Kammern mit Fresken 

im J. 83 (s. o. unter Campanus ager S. 1442) an den Wanden (Mon. d. Inst. X 55 und dazu 

setzte Caesar im J. 59 die Errichtung der Colonie v. Duhn Annali 1878, 107—118), wahrend die 
wirklich durch. 20 000 romische Burger wurden 10 Decke keinen Schmuck zeigt, da sie im Altertum 

{im alten Stadtgebiet Ton C. und den eampi mit einem golddurchwirkten Baldachin fiberspannt 

Stellates) angesiedelt (Vellei. II 44. Suet. Caes. war (Helbig Bull. d. Inst. 1873, 126); teils 

20. Appian. bell. civ. II 10); die Leitung des Wfirfel aus Peperin mit Falzdeckel (Bull. d. Inst. 

Geschaftes hatten Vigintiviri, zu denen auch Pom- 1871, 16; Abbildung eines Exemplars aus Sues- 

peius gehOrte (Varro de r. r. I 2, 10). Der eardo sula Bom. Mitt. 1887, 136), in deren Innerem die 

der assignierten Acker hatte nach Prontin. grom. bronzene Aschenurne nebst den Beigaben (Thon- 

29. Hygin. grom. 170. Lib. colon. 209, 21 west- gefasse u. a.) Platz flndet; teils sarkophagahn- 

fistliche, der deeumanus nordsiidliche Eichtung; liche Behalter mit horizontaler oder dachformiger 

vgl. noch Lib. colon. 231. Bedeckung aus Peperinplatten. Die Fundobjecte, 

Im Biirgerkriege nach Caesars Tode deducierte 20 Bronzevasen (Mon. d. Inst. V 25. Ann. 1880 tav. 

Antonius 43 v. Chr. nochmals eine Colonie (Cic. d' agg. UV), Thonvasen griechischen Imports — 

Phil. II 39. 40); auch gehOrte C. zu denjenigen selten korinthische (Ann. d. Inst. 1880, 224) und 

Gebieten, deren Aufteilung die Triumvirn ihren schwarzfigurige, am hauflgsten vertreten rotflgurige 

Veteranen versprachen (Appian. bell. civ. IV 3). freieren Stils (Bull. d. Inst. 1871, 119f.) — und 

Im J. 36 verstarkte Octavian die Zahl der Colo- einheimischer Pabrik , manchmal mit reichem 

nisten (Vellei. II 81. Cass. Dio XLIX 14), er- Goldschmuck (Ann. d. Inst. 1878, 110), endlich 

l>aute die Wasserleitung vom Berge Tifata her sog. ,Nolaner' Vasen in grosser Zahl geben eine 

(welche im Mittelalter der Kirche' und dem Ort Hlustration zu den Schilderungen der alten Auto- 

S. Angelo in Pormis den Namen gegeben hat), ren fiber den Luxu's der Capuaner. Die Nekro- 
nnd schenkte, zur Entschadignng fur anderweitige 30 polen umgeben die Stadt auf alien Seiten; ein 

Ausfalle, der Gemeinde Gttter im Gebiet von Verzeichnis der hauptsachlichsten Fundstatten 

Knossos auf Kreta im Werte von 12 Millionen giebt Beloch Campanien 358, zu dessen Ergiin- 

Sesterzen (Vellei. II 81. Cass. Dio XLIX 14; ein zung folgende neuere Fundangaben dienen mogen. 

Coloniesclave arcarius Cretae CIL X 3938). Der Im Westen der Stadt , Graber im fondo Valle 

Name lautet nunmehr vollstandig colonia Iulia Not. d. scavi 1876, 12. 191. 1877, 16. 94, bei 

Felix Augusta Capua (Lib. colon. 231. CIL X Cappella delle Braccia 1878, 69. Beim Arco 

3832); das Stadtgebiet dehnte sich sudostlich bis Adriano 1879, 18. 280. 1880, 63. 84. 146. 183. 

Marcianise aus (hier gefunden ein Grenzstein mit 230. Im Norden. fondo Tirone 1880, 481. 1881, 

•der Inschrift iussu Imp. Caesaris qua aratrwm. 91. 298. 373. 1883, 424. 1884, 275. 428. 1885, 
duotum est). Unter Nero wurde die Colonie durch 40 22. Im Westen, bei le Curti Not. 1877, 218. 

deducierte Veteranen verstarkt (Tac. ann. XIII 1883, 374. 423; bei Casapulla Not. 1876, 44. Im 

31). Im Kriege zwischen Vespasian und Vitel- Suden, bei S. Andrea dei Lagni Not. 1893, 120. 

lius nahm es fur den letzteren Partei (Tac. hist. Besonders merkwfirdig ist das Cstlich der Stadt 

IV 3). Im Laufe der spateren Kaiserzeit wird im Pundo Patturelli gefundene Heiligtum, fiber 

C. selten (abgesehen von den Itinerarien, da C. welches v. Wil am o wit z Bull. d. Inst. 1873, 146ff. 

Knotenpunkt des campanischen Strassennetzes und v. Duhn Bull. d. Inst. 1873, 13- 31 be- 

war; s. S. 1438) erwahnt. Im 4. Jhdt. ffihrt die richten (neuere Punde daselbst Not. d. scavi 1876, 

Stadt den Namen eolonia Concordia Mia Valeria 58. 190. 1886, 127. 1887, 290. 378. 560) mit 

Felix C. CIL X 3867, und ist Sitz des eonsularis oskischen und archaisch lateinischen Inschriften 
Campaniae (C. caput Campanias Geogr. Bav. IV 50 und Votivbildern (sitzende GOttin mit Kindern 

34 p. 277 P.). Ausonius giebt ihr in seinem auf dem Schoss oder an der Brust). 

ordo nobilium urbium nur die achte Stelle, hinter Die Grenzen des rOmischen C. sind schwer zu 

Mailand und vor Aquileia. Im J. 456 wurde es bestimmen; ehjen Anhalt bietet, wie Beloch ge- 

von Geiserich eingenommen und zerstOrt (Paul. zeigt hat, einerseits die Ausdehnnng der Nekro- 

Diac. hist. rom. XIV 17), muss aber wieder er- pole, an drerseits die Eichtung der Via Appia. Er 

neuert sein, denn es spielt eine nicht unbedeu- bestimmt die Ausdehnung der Stadt auf etwa 

tende Eolle in den Feldziigen des Belisar (Procop. 1650 m. in westOstlicher, 1100 m. in nordsud- 

bell. Goth. I 14. Ill 18. 26) und wird im 1. Jhdt. licher Eichtung, den Flacheninhalt mithin auf 

von Paulus Diaconus (hist. Lang. II 17) als eine ca. 181 ha. Von der Stadtmauer sind nur dfirf- 
■der drei grOssten Stadte Campaniens bezeichnet. 60 tige Eeste constatiert; von den Thoren kennen 

Den definitiven Untergang fand das antike C. wir die porta Romana, ohne Zweifel an der Ost- 

durch die Saracenen im J. 840; sechzehn Jahre seite der Stadt, aus Liv. XL 45, 3; die porta 

spater erbaute der Bischof Landulf an der Stelle Volturnensis, an der Nordseite aus der Inschrift 

ein neues C. (Constant. Porphyrog. de adm. imp. X 3913; unbekannter Lage ist die porta lovis 

27. Chron. Casin. bei Muratori Script. II 303), bei Liv. XXVI 14, 6. Die regelmassige Anlage 

welches diesen Namen noch heute ffihrt; auf der und Breite der Strassen ruhmt Cic. de lege agr. 

Euinenstatte des antiken C. erhob sich erst im II 95. 96; mit Namen bekannt ist nur die regio 

spateren Mittelalter wieder ein Dorf, S. Maria eompiti (CIL X 3857). Von offentlichen Ge- 



1561 Capuanus Capulator 1562 

bauden wird die aedes alba, wohl das Gemeinde- seines geringeren speciflschen Gewichtes (0,917) 

haus der alteren Zeit, erwahnt (Liv. XXXII 9, sich allmahlich an der Oberflache des Recipientea 

2. XL 45, 3) ; der Platz, an dem es lag, Albana ansammeln muss , so kann es auf mechanischem 

genannt (Cic. de lege agr. II 93. Val. Max. IX Wege durch Abschopfen gewonnen werden. Zn 

1 ext. 1) ist wohl identisch mit dem Forum des dieser Manipulation gehorten geschickte Leute- 

campanischen Senats (Val. Max. IX 5 ext. 4). (vgl. Plin. XV 5), weshalb sich auch in den Stad- 

Der Markt Seplasia war Mittelpunkt des Handels, ten besondere collegia capulatorum, wie in Allifae 

namentlich fur die unguentarii (Fest. p. 340, (CIL IX 2336), oder caplatorum, wie im apuli- 

vgl. 317. Varro sat. Men. 38 Buech. Cic. de lege schen Ausculum (ebd. 665) , in Anagnia (ebd. X 

agr. II 94; pro Sestio 19). Die rOmische Colonie 10 5917), Tibur (ebd. XIV 3677) undCasinum(Ephem. 

C. besass ein Capitolium mit einem Tempel des epigr. VIII 591) fanden. Das Verfahren wird 

Iuppiter (Suet. Tib. 40; Cal. 57. Tac. ann. IV folgendermassen beschrieben (Cato 64 — 67. Col. 

57, vgl. Sil. Ital. XI 265), innerhalb der Stadt XII 52, 10—13, vgl. 54. Plin. XV 21—23): Man 

(Kuhfeldt De Capitoliis imperii romani, Berl. sollte sich besonders keines ehernen Gerates da- 

1882, 14f.). Unter den erhaltenen Eesten ist am bei bedienen und das 01 so kurze Zeit als mSg- 

bedeutendsten das Amphitheater, nordwestlich der lich in Beriihrung mit der amurca und den fraees 

Stadt nicht weit von den Mauern; die Dimensionen lassen. Sobald die ausgepresste Fliissigkeit von 

des Grundrisses sind ein wenig grosser als die samtlichen Pressen durch Canale in einen bleiernen 

des Colosseums; vom Aussenbau erhalten sind nur Kessel (Cato 66) oder ein wiirfelfermiges Gefass 

zwei Bogen (von 80) des Erdgeschosses und ein 20 oder in einen gemauerten Doppelbehalter, strue- 

Pfeiler des zweiten. Nach der Inschrift (CIL X tile gemellar (gemellaria bei Augustin. in Ps. 136) f 

3832) war der Bau unter Hadrian und Antoni- von dem wahrscheinlich der zweite Behalter tiefer 

nus Pius wiederhergestellt. Vgl. Alvino Anfi- als der erste lag und mit diesem durch ein Loch 

teatro Campano, Napoli 1842 fol. Eucca Museo communicierte, oder endlich in eine runde Schale, 

Borbonico XV (1856) tav. 37. 39. 41. Fried- labrum (Col. XII 52, 10), geflossen war, sollte 

lander Sittengesch. 116 558f. Sonst sind zu der C. sofort das 01 zuerst mit einer grOsseren 

erwahnen: ein dreithoriger Ziegelbogen iiber der und dann mit einer kleineren Muschel, concha, 

ViaAppia, unweit des Amphitheaters (Arco Cam- (Cato 13, 2; vgl. Plin. XXXII 147), abschopfen 

pano); Reste eines Theaters (vgl. CIL X 3821. und in ein labrum giessen oder die ungesonderte 

3907); von Thermen (CIL X 3916. 3922; vgl. die 30 Fliissigkeit mit eisernen LOffeln, conchas ferreae 

balnea bei Livius XXIII 7, 3); von der Leitung (Col. a. a. 0. 8), in ein irdenes, vielleicht im 

der Aqua Iulia (s. o.) im Osten der Stadt. Zwei Innern gummiertes oder glasiertes , huic Usui 

wohlerhaltene , durch ihre Form bemerkenswerte praeparatum labrum giessen (Col. a. a. 0. 10). 

rOmische Grabmonumente an der Via Appia Ost- Das weitere Verfahren scheint nicht mehr im Press- 

lich der Stadt fiihren jetzt den Namen Le Carceri gebaude, toreularium, sondern in der cella olearia 

vecchie und La Conocchia. vor sich gegangen zu sein (Cato 13, 2. Col. a. a. 

Das Christentum hat in C. friih Eingang ge- 0. 13) ; nach Palladius (I 20) konnte in dieser 

funden ; schon unter Constantin erwahnt der Liber sich sogar auch die Presse befinden. Das 01 

pontificalis (I 185 Duchesne) die Grundung einer wurde namlich zur weiteren Klarung von labrum 

basilica apostolorum in urbe O. Zahlreich sind 40 zu labrum umgeschOpft. Nach Columella (a. a. 

die dem 4. — 7. Jhdt. angehorigen christlichen 0. 11. 12) geschah dies 30 mal, bis das 01 auf 

Inschriften (CIL X 4485 — 4552. 8233. 8234. das dolium kam, denn er brauchte fur diese Ma- 

8377 a b) , grossenteils aus einem Coemeterium nipulation 30 labra und , da er drei Pressgange 

bei S. Prisco stammend; vgl. zu CIL X 4511. machte, welche drei verschiedene Olsorten lieferten,. 

Vgl. Mommsen CIL X.p. 365 — 370. Beloch im ganzen 90 labra. Dabei musste der C. wohl 

Campanien295 — 360, wo weitere Litteratur. Tiber taglich das 01 in das nachste labrum abschopfen. 

Funde im Gebiet des alten C. enthalten die Atti Bei Cato sind im ganzen nur 12 (c. 10, 4) oder 

della commissione conservatrice dei monumenti 14 (13,2) labra verlangt, so dass nicht ersichtlich 

ecc. nella provincia di Terra di Lavoro (Caserta ist, wievielmal er die Umfiillung vorgenommen 

1870ff.) mancherlei schatzenswertes Material. 50 hat; ja trotz der geringen Zahl der labra ver- 

[Hiilsen.] langt er sogar jene womOglich taglich zweimal 

Capuanus, Vir spectabilis, Cassiod. var. V vorzunehmen (64, 2), wahrend man heute zwischen 
21f., von Theoderich zwischen 523 — 526 zum jeder Umfiillung 5 — 6 Tage verstreichen lasst, da- 
rector deeuriarum ernannt, d. h. nach Mommsen mit das 01 Zeit hat, sich an der Oberflache zu 
St.-R. 13 370 und N. Archiv. XIV 493, 1 zum sammeln. Wenn das 01 auch aus dem bleiernen 
magister census. [Hartmann.] Kessel gleich nach der Pressung, wie gesagt, abge- 

Capulator = OlabschOpfer (Cato de agr. 66. schopft wurde, so musste die darin zuriickbleibende 

Col. XII 52, 10; vgl. Plin. XV 22). Wenn die amurca noch eine verhaltnismassig grosse Menge 

Oliven in einer Miihle zerquetscht und der so ge- Ols enthalten. Wohl urn dieses und das sonst 

wonnene Brei dem Drucke der Olpresse unter- 60 noch in der amurca verbliebene 01 zu gewinnen, 

worfen war, oder auch wenn die Oliven, ohne in verlangt Cato (66. 67, 2) von dem Aufseher, die 

der Miihle zerrieben zu sein, sofort unter die Presse amurca nach dem Abschopfen des Ols ebenfalls 

kamen (s. u.), so floss eine triibe Fliissigkeit ab, auszuschOpfen , die fraees fortzuwerfen und die 

die in ersterem Falle etwa 30% 01 enthielt, amurca oder vielmehr das dariiber schwimmende 

wahrend der iibrige Teil, die amurca, aus einer 01 von einem Bassin, lacus, zum andern umzu- 

schwarzbraunlichen vegetabilischen Fliissigkeit be- giessen, bis das 01 in den lacus am Ende der 

stand, welche mit Geweberesten , fraees, und cella gelangte. Columella glaubte die amurca, 

Schleim vermischt war. Da das 01 nun vermOge ohne dass die Oliven vorher zerrieben waren, also- 



1563 Capulus Caput Basensis 1564 

■ohne Anwendung der Muhle allein durch den steht der strafrechtliche der Kapitalstrafe und 

Druck der Presse (XII 49, 9. 52, 10) oder auch des Kapitalverfahrens in Zusammenhang. Dig. 

dadurch, dass er sie schon vorher presste. ehe sie XL VIII 19, 2 pr. : Bei eapitalis damnatum sic 

in die Muhle und dann wieder unter die Presse accipere debemus, ex qua causa damnato vel 

Teamen (ebd. 54), teilweise entfernen zu konnen. mors vel etiam civitatis amissio vel servitus 

Bei dem letztgenannten Verfahren wurden die eontingit. In einer weiteren Redeweise war om- 

Oliven vorher auch mit siedendem Wasser be- nis eausa existimationis eine eapitalis. 

gossen (Plin. XV 23), doch glaubten Sachver- Litteratur: Pernice M. Antistius Labeo I 59, 

standige nach Columellas eigener Angabe (52, 13) 19 s. auch die bei Capitis deminutio Ange- 
der Muhle nicht entbehren zu konnen. Endlich 10 fuhrten. Schulin Lehrb. d. Gesch. d. rom. R. 

glaubte Columella auch, dass ein Zusatz von ge- 32 § 11. Puchta-Krflger Inst.io II 80. 117. 

wohnlichem Kochsalz (52, 10) und bei Kalte von § 210. 220 und zur Eechtsprechung de capite 

gedorrtem Salz oder besser von Soda (§ 12) dazu eivis I 82. 101. 115. 439 § 41. 51. 56b. 153. 

beitrage, das 01 von der amurea zu scheiden. Leonhard Inst. § 43. [Leonhard.] 

[Olck.] 2) Seit der Zeit Diocletians heisst caput, 

Capulus(mitcaperezusammenhangena;Neben- griecnisch xecpakrj (so wird die Abkfirzung K in 

form eapulum Non. p. 4, 18. Pest. epit. p. 61, 12). den Censuslisten CIG 8657. Bull. hell. IV 336 

1) Sarg (daher ire ad eapulum = sterben Lucr. aufzulOsen sein) oder £vyoxecpaXri (Cod. lust. X 

II 1174, eapularis ein dem Tode naher Greis 27, 2 § 8. Nov. lust. 17, 8. M.-Ber. Akad. Berl. 
Plaut. Mil. 628. Apul. de mag. 66 u. 8.) : No- 20 1879, 161) , in Gallien jede Einheit der Steuer- 

nius a. a. O., der Verse aus Plautus, Pompo- rechnung (Eumen. paneg. VIII 11. 12. Apoll. Sid. 

nius, Lucilius und Varro anfiihrt. Apul. met. carm. XIII 20), in den orientalischen Provinzen 

X 12. Tertull. resurr. cam. 7 und 32. Auf einen nur die Einheit der beweglichen Steuerobjecte, 

Holzsarg weist Apul. met. IV 18 capulos earie wahrend die der unbeweglichen iugum (Cvyov) ge- 

et vetustate semitectos. Im Widerspruch mit den nannt wird ; doch reprasentieren beide auch hier 

angefiihrten Zeugnissen steht Serv. Aen. VI 222 den gleichen Steuerwert (Cod. Theod. VII 6, 3. 

und XI 64 (danach Isidor. or. XX 11, 7) eapulus = XI 16, 6. 20, 6. 23, 1. XII 4, 1. XV 3, 5. Cod. 

feretrum. Hieraus indes mit Cuq bei Darem- lust. X 27, 2 § 8). Jene Einheiten umfassen so- 

"berg-Saglio Dictionnaire H 1390 zu schliessen, wohl Vieh als Menschen, woher in den angefuhr- 
C. sei eine Art holzerne, aus einem offenen Kasten 30 ten Censuslisten a.v&Q(d>7ia>v) x($<paXal) und icofiov) 

bestehende Bahre, verbieten die oben angefiihrten x(i<pakai) oder SovXcov xal t,mtov x(e<pakal) ver- 

Stellen, an denen C. nur Sarg bedeuten kann (un- zeichnet stehen. Urspriinglich rechnete man auf 

bestimmt Fest. epit. 61, 12 id, quo mortui effe- ein C. einen Mann (daher der Name) oder zwei 

runtur; Apul. met. X 12 wird ein coopereulum Frauen, seit dem J. 386 werden 5 Manner oder 

eapuli erwahnt). Die Angabe des Servius erklart 8 Frauen je zwei Capita gleichgesetzt (Cod. Theod. 

sich vielleicht daraus, dass bisweilen auf der Bahre XIII 11, 2). Wie viele Viehhaupter dem mann- 

ein C. stand (Cass. Dio LVI 34, s. o. S. 352). lichen Haupte geglichen wurden, ist unbekannt; 

Vgl. Becker-Goll Gallus III 523 und die Ar- vgl. Capitatio. [Seeck.] 

tikel Area (Bd. II S. 428) und Feretrum. Caput Africae in Bom, Name eines vicus 

2) Griff, besonders des Schwertes (Fest. epit. 40 auf dem Caelius, der vom Colosseum aufwarts in 

61, 12. Corp. gloss, lat. IV 491, 15), iibertragen die Gegend des macellum magnum (S. Stefano 

vom mannlichen Gliede gebraucht (Priap. 25, 7. rotondo) fflhrte. An ihm lag die Erziehungs- 

Plaut. Cas. 908). [Samter.] anstalt fur die zum Dienst im Palast bestimmten 

Caput ist 1) im juristischen Sinne so viel wie jungen kaiserlichen Sclaven (pueri a Capite Afri- 

nooowTiov oder persona, d. h. die Rolle, welche cae oder Gaputafrieenses) ; inschriftliche Funde 

jemand im Rechtsleben spielt, oder auch die Per- zeigen, dass sie in der Nahe der Kirche S. Gio- 

son selbst, die als Tragerin einer solchen Rolle vanni e Paolo gesucht werden muss. Noch im 

in Betracht kommt. So wird z. B. dem Sclaven Mittelalter hatte eine kleine Kirche S. Stephanus 

jedes caput abgesprochen , weil er rechtlos ist. in Capite Africae (an Via della Navicella) den 
Inst. 1 16, 4 nullum caput habuit, vgl. auch Theo- 50 Namen bewahrt; vgl. Notit. reg. II. CIL V 1039. 

philus paraphrasis graeca zu Inst. Ill 17 pr., VI 8982—8987. Gatti Ann. d. Inst. 1882,191 

wahrend in Dig. IV 5, 3, 1 von einem servile — 220. LancianiMonum. deiLincei 1500. Aber 

caput die Rede ist, von dem es heisst nullum der vicus Capitis Africae, den die sog. Appendix 

ius habet. Es erklart sich dies wohl daraus, dass Probi (Keil G. L. IV 193f.) nennt, gehort nicht 

auch der Sclave trotz seiner Rechtlosigkeit nicht nach Rom, sondern nach Karthago (Gaston Paris 

rechtlich vollig bedeutungslos ist und darum auch Melanges Renier, Paris 1887, 304f. ROm. Mitt, 

gelegentlich einmal caput heisst, vielleicht liegt 1892, 272). [Hiilsen.] 

auch lediglich eine unjuristische Ausdrucksweise Caput Arietis, castrum bei Carcassonne, 

vor, s. Servus und Capitis deminutio. Gregor. Tur. hist. Franc. VIII 30. Longnon 

Die Bezeichnung der Rechtsgenossen als Trager 60 Geogr. de la Gaule 615ff. [Ihm.] 

voneapitoruhrtnachNiebuhr(Rom. Geschichte* Caput Basensis, Garnisonsort in Pannonia 

1606 Anm. 1280) aus der rubriea her, die dem sec, Not. dign. XXXII 59: tribunus eohortis 

eivis in der Censusliste zukam. Puchta vermutet prirnae Thracum eivium Bomanorum (vgl. E. 

dagegen (Puchta-Eriiger Inst.io II 117 §228 Keil De Thracum auxiliis 48), von Boecking 

Anm. 6), dass diese Benennungsweise alter als mit Unrecht auf Bassianae bezogen (Mom m sen 

4ie genannte Liste und in sie aufgenommen wor- CIL III p. 417); wohl Caput Basantis (vgl. Geogr. 

•den ist. Rav. 215, 1 Bassantis, Tab. Peut. Ad basante), 

Mit dem civilrechtlichen Begriffe des caput d. i. ein Ort an der Miindung des Basante oder 



1565 Caput bovis Caracca 1566 

Basaniusflusses (jetzt Bosna) in die Save bei Bos- bedeckender, mit einer Kapuze versehener Uber- 

nischSamac. Kiepert Formaeorbis antiqui XVII; wurf. Dies ergiebt sich aus dem, was fiber den 

nach W. Tomaschek Mitt, der geograph. Ge- Ephod, bimfik, superhumerale, der Hebraeer ge- 

sellschaft in Wien 1880, 499 bei Gradiste am sagt wird, er gliche einer C. aber ohne Kapuze, 

Ausfluss des Bosut aus der Save, gegentiber der pallidum in modum earacallarum sed absque 

Mfindung der Tolisa. [Patsch.] cuoullo, Hieron. ep. 64, 15. Eucher. instr. 2, 10; 

Caput hovis, Briickenkopf der Traiansbriicke vgl. Gloss. Mai CI. auct. VI 525b. Der Ephod 

(Prokop. de aedif. IV 6) bei Drobetae (s. d.). aber ist ein kurzer, fiber Brust und Bficken herab- 

[Patsch.] hangender tTberwurf. Daher Corp. Gloss. Ill 338, 

Caput Bubali (so Tab. Peut. ; Gubali Geogr. 10 52 xaoaxakkiov euculla, indem der kurze trber- 

Bav. 204, 1), erste Station der Strasse Tibiscum- wurf nur als Anhangsel der Kapuze betrachtet 

Viminacium im norddanubischen Teile von Moesia wird. Perner Corp. Gloss. V 275, 26 earaealla 

superior, westlich von Karansebes. Vgl. CIL III vestis sine manicis auro texa (letzterer Zusatz 

p. 247. Kiepert Pormae orbis antiqui XVII. nnverstandlich). Damit stimmen die Preisan- 

[Patsch.] gaben des Ed. Diocl. Hier werden 26, 120—139 

Caput Budelli, OrtlichkeitinNumidien, 7 Mil- leinene C. ffir Prauen (138) je nach der Gfite 

lien von Cuicul auf der Strasse nach Milev, Tab. des Stoffes mit 3500 — 600 Denaren ffir den 

Peut. [Dessau.] lotos (dessen Bedeutung nicht ganz klarist, der 

Caput Cellarum, wie es scheint Ortlichkeit aber jedenfalls zu der Grosse des Kleidungstfickes 
in Africa, von der der limes Caputeellensis (Not. 20 in Beziehung steht) tariflert, und zwar die drei 

dign. Occ. c. 23) seinen Namen hatte. Ein Bi- geringeren Sorten mit 1000 — 600 , in gleicher 

schof derselben Ortschaft wird unter denen von HShe mit den drei entsprechenden Sorten der 

Mauretania Caesariensis im J. 484 genannt (Not. eoxalia, Lendentiicher. Es muss also auch die 

episc. in Halms Victor Vitensis p. 68: Caput- C. ein nicht umfangreiches Kleidungstfick gewesen 

eillensis). Wohl nicht verschieden von Caput Ci- sein. Piir die wollene C. maior und minor wird 

lani. [Dessau.] 7, 44. 45 der Arbeitslohn auf 25 und 20 Denare 

Caput Cilani (var. Gillani), in Mauretanien, bestimmt, ziemlich gleich dem ffir Beinkleider 

Station der Strasse von Caesarea nach Auzia, (20 Denare, 7, 46), wahrend ein Birrus 60 und 

50 Millien von Rapidum, dem heutigen Sour- 40 kostet (7, 42. 43); auch dies fiihrt auf ein 
Djouab, Itin. Ant. 31. Vermutungen fiber die 30 Kleidungstfick geringen Umfanges. 

Lage bei Cat Maure't. Ce'sarienne p. 188. Wohl Eine besondere Art C. war die, welche der 

nicht verschieden von Caput Cellarum, s. d. danach benannte Kaiser erfand, selbst trug, beim 

[Dessau.] Heer einffihrte und nach einigen Nachrichten an 

Caput Gorgonis, Name eines Ortes (Strasse?) das Volk verteilte. Cass. Dio LXXVIII 3, 3. 

in der 14. Begion von Rom (trans Tiberim), un- Hist. Aug. Car. 9, 7. Aur. Vict. Caes. 21, 1. 

gewisser Lage. [Hulsen.] Hist. misc. X 23. Jord. Bom. 277. Hieron. chron. 

Caput Stenarum (Tab. Peut. Geogr. Bav. 2229. Diese reichte bis auf den Boden (talares 

188, 15), Station der von Apulum zur Aluta ffih- Aur. Vict., demisso usque ad talos Hist. Aug.). 

renden Strasse in Dakien; C. Gooss Geogr. 43f. Dio Cassius vergleicht sie mit der fiavdvr/, einem 
und J. Jung Fasten der Provinz Dakien 149 401angen Mantel, der mit der Paenula verglichen 

{vgl. 148) localisieren sie vermutungsweise ,zwi- wird. Ael. Dionys. bei Eust. ad Odyss. 1854, 

schen Salzburg (Vizakna) und Kleinscheuern an 34. Poll. VH 60. Hist. Aug. Comm. 16, 6 vgl. 

■den Quellen des Weissflusses'. [Patsch.] mit Cass. Dio LXXII 21, 3. Dass auch diese 

Caput Thyrsi, im Innern Sardiniens, bei den O. Antoniniana (Hist. Aug. Car. 9, 8. Aurel. 

■Quellen des Tirso, Mansio der Strasse von Olbia Vict. Hier. aa. OO.) mit einer Kapuze versehen 

nach Carales, Itin. Ant. 81. [Hulsen.] war, ist aus dem Namen zu schliessen; wie sie 

Caput Yada s. B(>ax<b8ris axoa. sich sonst von der Paenula unterschied, ist un- 

Cara (oder Carial), Ort in Hispania citerior, bekannt ; sie blieb auch spater fiblich (Hist. Aug. 

in den Listen des Agrippa und Augustus aufge- a. a. O.). Marquardt Privatl. 2 582. Blfimner 
ftthrt unter den eivitates stipendiariae des Be- 50 Maximaltarif 113. 171. Die Untersuchung beiDa- 

zirks von Caesaraugusta (Plin. in 24 Garenses), remberg-Saglio Diet, des Ant. II 915 ist ver- 

an der romischen Strasse von Caesaraugusta fehlt, well auf einer irrigen Vorstellung vom Ephod 

nach Pompaelo, die nur vom Geogr. Bav. (311, beruhend. ' [Mau.] 

12 Carta, d. i. Caria) verzeichnet ist — dort- Caracates s. Caeracates. 

her ein Meilenstein des Hadrian (CIL II 4906, Caracca, Ort der Carpetaner in Hispania ci- 

wenn der Oberlieferung zu trauen ist) mit dem terior (Ptol. II 6, 56; daraus der Geogr. Bav. 

Namen der Stadt — , im 2. Jhdt. Stadtgemeinde, 313, 10, wenn damit nicht Carae gemeint ist, 

wie die Inschrift ihres Plamen in Tarraco (CIL s. d.), unweit Complutum, wahrscheinlichderWohn- 

II 4242) und einige in Santa Cara gefundene In- sitz der Xaoaxixavoi am Tagonius, die im serto- 
schriften zeigen (CIL II p. 402), das den alten 60 rianischen Krieg genannt werden (Plut. Sertor. 

Namen in der Umformung zu dem einer Heiligen 17), nach der eingehenden Beschreibung (wohl 

bewahrt hat. [Hubner.] des Poseidonios) ein hoher Hfigel, den nach Nor- 

Caracalla (Caraeallus). 1) Spitzname des den gerichtete natiirliche Pelsenhohlen und kiinst- 

Kaisers M. Aurelius Severus Antoninus, 211—217 liche Aushohlungen umgeben, wahrend die Ebene 

n. Chr., s. Aurelius Nr. 46. Dber den kelti- mit Thonerde geffillt ist, die so locker und nach- 

schen Ursprung des Wortes vgl. A. Holder Alt- giebig ist wie Asbest oder Asche, so dass man 

keltischer Sprachschatz s. v. ; s. Nr. 2. [Stein.] nicht fest auftreten kann. Diese Umstande be- 

2) Caraealla, ein kurzer, nur den OberkOrper niitzte Sertorius zugleich mit dem dort regel- 



1567 Caracotinum Caralitanus sinus 1568 

massig wehenden Nordwind zu einer ausfiihrlich v. 482 in Victor Vitens. ed. Halm p. 71 ; Gara- 

geschilderten Kriegslist, durch die er die Hohlen- lensis Epiphan. hist, tripart. VI 19), die bedeu- 

bewohner zur Ubergabe zwang. Die Ortlichkeit tendste Stadt Sardiniens, noch jetzt Cagliari. Ihre 

ist trotzdem nicht genau ermittelt; der alte Name Griindung wird meist auf die Karthager zuriick- 

scheint in der Landschaft Alcarria (mit arabi- gefiihrt (Pans. X 17, 9. Claud, de bello Gild 

schem Artikel) fortznleben. [Hubner.] 520; punische Graber auf der collina di Buo- 

Caracotinum, Ausgangspunkt der iiber Iulio- naria gefunden, Vi vanet Notizie degli scavi 1892 r 

bona (Lillebonne) , Ratomagus (Rouen) , Lutetia 189 ) dagegen von Sol. IV 2 auf einen sardini- 

( Paris) nach Augustobona (Troyes) fiihrenden schen Konig Aristaeus (vgl. Paus. X 17, 3). In 
Strasse, Itin. Ant. 381. Beim heutigen Harfleur 10 der rOmischen Geschichte wird C. zuerst im zwei- 

an der Miindung der Seine, Desjardins Geogr. ten punischen Kriege erwahnt (Liv. XXIII 40, 2. 

de la Gaule I 344. II 461. ' [Ihm.] XXVII 6, 14. XXX 39, 3), sodann gelegentlich 

Caraceni (KaQaxrjroi) nennt Ptolemaios III 1, des von Ti. Sempronius Gracchus gedampften Auf- 

66. 67 eine Volkerschaft Mittelitaliens ,unterhalb' standes im J. 177 (Flor. I 22), ,endlich in den 

der Frentaner und .oberhalb' der Samniten; als Biirgerkriegen (Caes. b. civ. I 30. Bell. Afric. 98. 

einzige Stadt giebt er Aufidena am oberen Sagrus Cass. Dio XL VIII 30). Ihre Bedeutung verdankt 

an. Damit hat schon Cluver (Italia antiqua 1193) sie dem trefflichen Hafen an der windgeschiitzten 

richtig die bei Zonar. VIII 7, 1. Cass. Dio 1. X Bucht, in dem eine Abteilung der misenatischen 

frg. 42 ed. Boissevain genannte feste Stadt der Plotte stationiert war (CIL X 7592. 7593. 7595. 
Kagxivoi im samnitischen Gebirge zusammenge- 20 Tac. hist. II 16); sie war in der ganzen Kaiser- 

bracht, welche im J. 209 v. Chr. von den Rflmem zeit die bliihendste Stadt auf der Insel (Strab. V 

(nach einem starken Schneefall) erobert wurde. 225. Flor. a. a. O.). Sie gehorte zur tribus Qui- 

Mommsen (CIL IX p. 257) vermutet, dassBovia- rina (Kubitschek Imp. Romanum tributim discr. 

num vetus (Pietrabbondante) der alte Hauptort der 126) und scheint Municipium gewesen zu sein 

C. gewesen sei. Wenn es richtig ist, bei Tac. hist. (s. Mo mm sen CIL X p. 787); Plinius III 85 

IV 5 Helvidius Priseus, regime Italiae Care- nennt C. oppidum eivium Romanorum. Gelegent- 

eina, e munieipio Oluviano, denselben Stamm- lieh erwahnt wird C. noch von Ptol. Ill 3, 4. 

namen zu erkennen, so miisste ihr Gebiet sich bis VIII 8, 3. Oros. I 2, 101. Steph. Byz. s. Ka- 

nahe an die Miindung des Sagrus erstreckt haben gaXcg und SoXxoi (aus Artemidor) ; inschriftlich 
(s. Cluvia); auch die Caretini infernates, die 30 CIL VIII 3185; als Hauptausgangspunkt des sar- 

Plin. IV 106 in der vierten augustischen Region dinischen Strassennetzes in den Itinerarien (Ant. 

und dem Gebiete der Frentaner erwahnt, werden 80. 81. 82. 84. Tab. Peut. Geogr. Rav. V 26 

nicht davon zu trennen sein. [Hiilsen.] p. 411 P.). Im4. oder5. Jhdt. warC. wahrscheinlich 

Cara cognatio s. Caristia. Sitz des Praeses Sardiniae, da kaiserliche Verord- 

Caracylaea s. Karakylaia. nungen in C. publiciert sind (Cod. Theod. II 8, 1. 

Caraditonns. Eine keltische Inschrift (Frag- VIII 5, 1). Als wichtiger Kriegshafen erscheint es 

ment einer Bronzetafel) aus Vieil-Evreux bietet noch im Kriege gegen Gildo (Claud, a. a. O.) und 

die Form OARA&ITONV. Dictionnaire arche"ol. gegen die Vandalen und Gothen (Prokop. bell, 

de la Gaule, epoque celtique pi. epigr. nr. 8. Ob Vand. I 23. 25. II 13; bell. Goth. IV 24). Das 
Name eines Gottes (Dativ) bleibt ungewiss. J. 40 Christentum fand friih in C. Eingang ; Kata- 

Becker Beitr. zur vergleich. Sprachforschg. DTI komben mit Bilderschmuck und Inschriften sind 

165. Stokes Bezzenbergers Beitrage XI 133. Hoi- neuerdings gefunden (Not. d. scavi 1892, 183 — 

der Altcelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] 189. 1896, 213), unter den Bischofen ist Lucifer 

Carae, Stadt der Keltiberer im Hispania cite- von C. (t 371) in der Litteratur bekannt; ein. 

rior, Station der rOmischen Strasse von Laminium gleichnamiger erscheint in der Notit. episcoporum 

(s. d.) nach Caesaraugusta (Itin. Ant. 447, 8 vom J. 482 (in Halms Ausgabe des Victor Vi- 

Carae; vgl. Caracca); die Lage ist nicht er- tensisp. 71); zahlreiche episeopi G. erwahnten die 

mittelt, etwabeiVillacadimaundMonrealzusuchen Briefe Gregors d. Gr. (I 60. 61. 62. 81. IV 8. 

(Guerra Discurso a Saavedra 90). [Hubner.] 9. 10. 24. 26. 29 u. a.). Von antiken Resten ist 

Caraedudis, spanische Gottheit auf einer In- 50 erwahnenswert ein Amphitheater (Tocco Bull. d. 

schrift von Astorga, CIL II 5663 (= Ephem. epigr. Inst. 1867, 121). Neuere Ausgrabungen in und 

III 148) Caraedudi Fronto Reburri f(ilius) v. bei C. s. Not. d. scavi 1876, 59. 1877, 285. 1878, 
s. I. m. [Ihm.] 271. 1879, 161. 1880, 105. 405. 1882, 48. 122. 

Caraga, Stadt in Africa, in der spateren Pro- 1883, 100. 1885, 488. 1887, 45. 164. 1891, 139. 

vinz Byzacena, Ptolm. IV 3, 40. [Dessau.] 1892, 35. 60. 1893, 255. Griechische Inschriften 

Carales (die Pluralform inschriftlich besser aus C. Kaibel IGI 605—607, lateinische CIL 

bezeugt durch CIL X 7541, zahlreiche Inschrif- X 7552—7807. 8322. Ephem. epigr. VIII 709 

ten von Meilensteinen CIL X 799. 8000. 8001. —717. [Hiilsen.] 

8006. 8011 u. a. Ephem. epigr. VIII 743ff. Not. Caralitannm promuntorium bei Plin. Ill 
d. scavi 1892, 366, ferner die Itinerarien, sowie 60 84. 87, vor dem die Insel Ficaria (Isola deiCavoli) 

die hsl. tbferlieferung bei Liv. XXIII 40, 2. XXX liegt, ist ohne Zweifel das jetzige Capo Carbo- 

39,3. Prise. II 63. Probus app. bei Keil Gramm. nara; dagegen die KaQahg axQa, die Ptol. Ill 

IV 195 unter den nomina generis feminini semper 3, 4 zugleich mit der Stadt nennt, das Capo S. 



r Consentius ars bei Keil Gramm. V 349; Elia nahe bei Carales. [Hiilsen/ 

Garalis im Sing. Flor. Claud, u. a. ; Gararis Mela Caralitanus sinus, KaqaXiravog xolnog (PtoL 

II 123; K&QaXig die Griechen; Einwohner Oarali- III 3, 4; vgl. die Schilderung bei Claud, de bell. 

tonus, Kagafotavog; auch Oaralita CIL VI 13627 Gildon. 520ff.), der Meerbusen von Carales an der 

wohl so zu verstehen; Galaritanus die Not. episc. Siidkiiste von Sardinien. [Hiilsen.] 



1569 Caranium Carausius 1570 

Caiauiuin s. Caronium. gehOrigen von Kaiser Claudius begnadigt (Tac. 

Caranitis s. Karenitis. ami. XII 37. Dio exc. Vat. a. a. 0.). Seine Ge- 

Carantomagus (= Caranti campus), Ort der fangennahme fallt in das J. 51 (Tac. XII 36 

Buteni in Aquitanien zwischen Cahors und Bodez, nono post anno, quam bellum in Britannia coep- 

jetzt vielleicht Le Cranton (dep. Aveyron). Tab. turn; die Ereignisse sind zwar unter dem J. 50 

Peut. Desjardins Table de Peut. 45. Holder erzahlt, vgl. hingegen XII 40 haee .... plures 

Altcelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] per annos gesta). Charakteristisch fur ihn und 

Carantonns, Fluss im Lande der Santones, seine Bedeutung ist es, dass in Bom alles Volk 

jetzt la Charente, Auson. Mos. 463. Valesius, zusammenstrOmte , begierig den Mann zu sehen, 
d'Anville u. a. identificieren ihn mit dem Ca-lOder den Legionen so lange den heftigsten Wider- 

nentelus des Ptol. II 7, 1 (KavevxeXov, Marcian. stand geleistet hatte (Tac. ann. XII 36). Be- 

KavevzelXov), Desjardins Geogr. de la Gaule I merkenswert ist auch der Ausspruch von ihm, den 

145. Dagegen Carl Miiller zu Ptol. a. 0. Hoi- Dio exc. Vat. a. a. 0. = Zonar. XI 10 ttberliefert; 

der Altcelt. Sprachschatz s. Canentelus und Go- er soil namlich, als er bei einem Bundgang durch 

rantonus. [Ihm.] die Stadt Bom die Pracht der Gebaude bewunderte, 

Caranusca, Ort zwischen Metz und Trier, ausgerufen haben: ,Weshalb begehrt ihr, die ihr 

Tab. Peut. A. Biese Das Bheinische Germanien so viel euer Eigen nennt, nach unseren Htttten?' 
in d. antik. Litt. 393. 467. [Ihm.] Litteratur: Schiller Geschichte der romi- 

Carasa, Ort in Aquitanien, jetzt Garris (Ba- schen Kaiserzeit I 320f. Mommsen B. G. V 159 
skisch Garruce), dep. Basses-Pyre'ne'es, Itin. Ant. 20 — 163. E. Httbner Bflmische Herrschaft in West- 

455. Desjardins Geogr. de la Gaule II 404. europa 20ff. E. Klebs Prosopographia imperii 

[Ihm.] Eomani I 303. [Stein.] 

Carastasei, kaukasischer Bergstamm, Plin. Caratillus, gallischer Vasenfabrikant der Kai- 

VI 21. Vgl. die sarmatischen Eigennamen Kd- serzeit, Dragendorff Terra sigillata 93. 
qaoTOs, Kaga^rog, Xdgaxatog (apers. kara ,Krieg' [C. Bobert.] 

-t-sfci-?) im Index bei Latyschew Inscr. Pont. Carayi, Ortschaft der Keltiberer in Hispania 

Eux. [Tomaschek.] citerior (Kdgaovts, noXis Kefat(SrjQ<ov) , wird mit 

Caratacus, KOnig der britannischen Volker- Complega (s. d.) im Feldzug der Ti. Gracchus 

schaft der Siluren. Sein Name in der angegebenen erwahnt (Appian. Hisp. 43) und war Station der 
Form bei Tacitus und Zonaras ; bei Dio LX 20, 1 30 rOmischen Strasse von Caesaraugusta nach Tu- 

wohl durch einen Schreibfehler Kataedtaxos, Dio riaso (Itin. Ant. 443, 1); wonach es unweit Ma- 

exc. Vat. V 191 Dind. KaQzdxtjs; vgl. A. Hoi- gallon bei Borja gesucht wird (Guerra Discurso 

der Altkeltisch. Sprachschatz s. v. Er war der a Saavedra 90). Die Mttnzen mit der iberischen 

Sohn des in Camalodunum residierenden KOnigs Aufschrift caraites und earalus (fiir caraluesl) 

Cunobelinus, aus dem Stamm der Catuvellauner, — zugleich mit cat, d. i. Calagurris — werden 

und erhielt nebst seinem Bruder Togodumnus die mit Wahrscheinlichkeit hierher gesetzt (Mon. ling. 

Herrschaft iiber das Volk der Boduni im Siiden Iber. nr. 71). [Httbner.] 

der Themse (Dio LX 20, 1. 2; es ist keineswegs Carausius. 1) Usurpator in Britannien 286 

sicher, dass dieses Volk, wie Httbner glaubt, mit —293. M. Aurelius Maus. (so) Carausius (der voile 
den Dobuni bei Ptol. II 3, 12 identisch ist ; vgl. 40 Name in seiner einzigen bisher bekannten In- 

MommsenB. G. V 160, 1). Als A. Plautius im schrift bei F. Haverfield Transactions of the 

J. 43 n. Chr. nach Britannien kam, kampfte er Cumberland and Westmorland antiquarian and 

zuerst mit C, der besiegt wurde und flttchtete archaeological society 1895, 437), ein Menapier 

(Dio a. a. 0.). Erst acht Jahre spater sehen wir niedrigsten Standes, war in seiner Jugend Schiffer 

C. als Ffirsten der Siluren die Erhebung gegen gewesen, dann in das rOmische Heer eingetreten 

die rOmische Invasion leiten. Er verpflanzte den und durch Tapferkeit, die er namentlich im Ba- 

Krieg in das Gebiet der nordlicher wohnenden gaudenkriege (284ff.) bewies, schnell emporge- 

Ordoviker, und obwohl er das Land vorziiglich stiegen. Kaiser Maximian beauftragte ihn, eine 

befestigt hatte und die Britannen mit verzweifel- Flotte zu bilden und damit von Bononia aus den 
ter Tapferkeit kampften, erlagen sie endlich der 50 Seeraubereien der Franken und Sachsen entgegen- 

rOmischen tTbermacht ; der Legat P. Ostorius Sea- zutreten. Bei diesen Kampfen kam er in Ver- 

pula errang an einem unbekannten Flusse einen dacht, einen Teil der gewonnenen Beute unter- 

zwar verlustreichen, aber entscheidenden Sieg (Tac. schlagen zu haben, ja man beschuldigte ihn so- 

ann. XII 33 — 35). C.s Frau und Tochter wurden gar, dass er die Plunderungen der Barbaren ab- 

gefangen (Tac. XII 35 ; Dio exc. Vatic. V 191 sichtlich zulasse , um , wenn er sie erst spater 

Dind. spricht von mehreren Kindern), seine Brtider ttberfalle , ihnen grossere Beichtttmer abnehmen 

ergaben sich (ihre Namen sind uns nicht bekannt ; zu kSnnen. Auf diese Anklage hin befahl Ma- 

der frtther genannte Togodumnus war gegen A. ximian ihn zu toten, worauf sich C. zum Kaiser 

Plautius gef alien, Dio LX 21, 1, ein anderer, ausrufen liess, mit der Flotte nach Britannien 
Adminius , hatte sich schon unter Caligula vor 60 ttbersetzte und auf der Insel Anerkennung fand 

seinem Vater gefluchtet und sich dem Kaiser er- (Eutrop. IX 21. Vict. Caes. 39 , 20. 21). Dies 

geben , Suet. Gai. 44). C. selbst floh zu Carti- geschah nach Eutrop. IX 22, 2 im J. 286, nach 

mandua, der Konigin der Briganten, die ihn aber Vict. Caes. 39, 40 im J. 287. Die erstere Zahl 

aus Furcht vor den BOmern auslieferte (Tac. ann. scheint die richtige zu sein , da die Goldmfinzen 

XH 36; hist. Ill 45; vgl. ann. XII 40). Er des C. alle auf ein Siebzigstel des rOmischen 

wurde samt seiner Familie im Triumph aufge- Pfundes (4,68 gr.) gepragt sind, also nach einem 

fuhrt (Tac. ann. XII 36 ; hist. Ill 45), aber nach Mttnzfusse, den Diocletian eingefuhrt, aber schon 

einer wttrdevollen Bede gleich alien seinen An- im J. 286 wieder abgeschafft hat (Seeck Ztschr. 

Pauly-Wissowa III 50 



1571 Carbania Carbasus 1572 

f. Numism. XVII 42), In Britannien schlossen entfernt (Itin. Ant. 340), also unweit des modernen 

sich ihm die Legionen an; einige Auxilien, die Balzola. [Hiilsen.] 

sich widersetzen wollten, wurden abgeschnitten. Carbantorate , Stadt der Memini in Gallia 

Dazu wurden die gallischen Kaufleute, die sich Narbonensis, Plin. n. h. Ill 36 (Carbantorate 

auf der Insel aufhielten, zu Soldaten gepresst, Meminarum , so die beste Oberlieferung, Det- 

bedeutende Hiilfstruppen bei den Barbaren ange- lefsen hat Carpentoraete in den Text gesetzt; 

worben und die Flotte, die C. aus Bononia fort- vgl. Carbantia, Garbantorigum). Das ius Latii 

gefiihrt hatte , durch den Bau zahlreicher neuer (Plin. a. 0.) hat sie, da sie auf der Inschrift CIL 

Schiffe vermehrt (Eumen. paneg. V 12). Durch XII 1239 Col(onia) Iul(ia) MemfinorumJ [vgl. 
Kriege gegen die Germanen beschaftigt, die ihn 10 nr. 1159 Genio ColoniaeJ) genannt wird , wohl 

wahrend der J. 287 und 288 in Anspruch nahmen von Caesar erhalten. Ptol. II 10, 8 giebt Forum 

(Seeck Geschichte des Untergangs der antiken Neronis als Stadt der Memini an, und dies ist 

Welt I 413), konnte Maximian den Aufstand des wahrscheinlich, wie bereits Valesius behauptete, 

C. anfangs nicht bestrafen. Doch begann er 288 mit C. identisch. In der Not. Gall. XI 10 fehlt 

auf alien Hauptfliissen Galliens zugleich einen Civitas Carpentoratensium in den altesten Hss. 

grossen Flottenbau , setzte ihn den Winter iiber Sonst wird die Stadt, das heutige Carpentras (dep. 

fort und hatte kurz vor dem 21. April 289, an Vaucluse), nur in mittelalterlichen Quellen (unter 

welchem die erste Rede des Eumenius gehalten dem Namen Carpentorate , Carpintorate, Gar- 

ist (Seeck Jahrb. f. Phil. 1888, 716), die Schiffe pentoraete) erwahnt, die Holder Altcelt. Sprach- 
von Stapel gelassen (paneg. II 12). Da aber die 20 schatz s. v. verzeichnet. Nach CIL XII 1187 

Flotte vom Sturme arg mitgenommen (Eumen. scheint sie zur Tribus Voltinia gehOrt zu haben. 

paneg. V 12) und dann von C. besiegt wurde, Die Inschrift CIL XII 1159 nennt sexviri nnd 

sah man sich gezwungen, mit dem Usurpator ein einen sexvir Aug(ustalis) et Flavial(is). Sonst 

Ubereinkommen zu schliessen (Eutrop. IX 22, 2), sind die in Carpentras gefundenen Inschriften 

durch das seine Herrschaft fiber Brittannien an- wenig ergiebig. Vgl. Desjardins Ge"ogr. de la 

erkannt und ihm die Verteidigung des Meeres Gaule II 227. Longnon Ge"ogr. de la Gaule 

gegen die gerraanischen Piraten ubertragen wurde 441f. 0. Hirschfeld CIL XII p. 147. [Ihm.] 
(Vict. Caes. 39, 39). Dieser Frieden pragt sich Carbantorignm, Stadt der Selgovae im nOrd- 

in den zahlreichen Mfinzen des C. aus, welche lichen Britannien {KaQJiavxoQiyov Ptol. II 3, 6; 
die drei Augusti gemeinsam erwahnen (AVOOO30 daraus der Geogr. Rav. 433, 10. 11 Garbantium 

Cohen 27. 49. 104. 129. 176. 177. 237—242. Tadoriton). Die Lage ist nicht ermittelt; man 

264—271. 280. 323—325. 399. 400. 411), nament- sucht sie auf dem Mount of Urr, zwischen den 

lich in derjenigen mit drei Kaiserbildern neben- Flfissen Nith und Dee im siidwestlichen Schott- 

einander und der Aufschrift : Carausius et fratres land. [Hiibner.] 

mi ft Pax Axiggg. (Eckhel VHI 47). Wahr- Carbantus, ein Berg zwischen Susa und Ek- 

scheinlich nahm C. bei dieser Gelegenheit den batana, Plin. VI 133, doch wohl identisch mit 

Namen M. Aurelius an, urn sich dadurch als dem Oroandus (Plin. V 98), jetzt Elvend, siid- 

Bruder Maximians zu charakterisieren , der die- lich von Hamadan. [Weissbach.] 

selben Namen fuhrte. Doch haben Diocletian und Carbasus. 1) Carbasus, gew. Femin., spater 

Maximian ihrer Anerkennung niemals dadurch 40 auch Masc, Plur. gew. earbasa (Georges Lex. 

Ausdruck gegeben, dass sie auch ihrerseits Miinzen der lat. Wortformen , 1890) , griechisch xdgnd- 

auf den Namen des C. schlagen oder seine Con- aog, Plur. xaqnaaa. tlber Herkunft und Bedeu- 

sulate, die er unzweifelhaft angenommen haben tung handelt besonders 0. Schrader Linguist.- 

wird, in ihrem Machtgebiet verktadigen liessen. histor. Forschungen zur Handelsgesch. undWarenk. 

Im J. 293 wurde C. von Allectus, der bei ihm I 1886, 199. 204. 210f. 217. Er kommt (213) 

wahrscheinlich Praefectus praetorio war und fur zu dem Resultat, dass das Wort an den altesten 

irgend ein Vergehen Strafe zu fiirchten hatte, Stellen noch jede Beziehung zur Baumwolle ver- 

ermordet (Vict. Caes. 39 , 40. 41 ; epit. 39 , 3. leugne. Doch darf man dies nicht so verstehen, 

Eutrop. IX 22, 2. Eumen. paneg. V 12. Zon. XII als ob das Wort zu verschiedenen Zeiten ver- 
31 p. 641). Sein Name lebte noch lang in der 50 schiedenen Sinn gehabt habe. Unter den zahl- 

Sage der Britannier fort (Evans Numism. Chron. reichen Sanskritnamen fur Baumwolle sind die 

1887, 197. Mommsen Chron. min. Ill 165). beiden verbreitetsten kdrpdsa und tula (Lassen 

2) Eine barbarische Knpfermunze, gefunden Ind. Altertumsk. I 250. Schrader a. a. 0. 199), 

in Richborough, tragt um den Kopf die Inschrift und noch heute heisst die in Indien allein hei- 

Domino Carausio Ces. Nach Fabrik und Typen mische krautige Baumwollenpflanze im Bengali 

kann sie nicht vor dem 5. Jhdt. geschlagen sein; kapase, im Hindustani kapas (A. de Candolle 

die Personlichkeit, welche sie nennt, ist sonst Der Ursprung der Kulturpfianzen, fibers, von Goeze 

ganz unbekannt, Evans Numism. Chron. 1887, 1884, 511). In andere orientalische Sprachen 

191. [Seeck.] ttbergegangen, lautet das Wort: hebraeisch karpds 

Carbania, kleine Insel an der etrurischen 60 (Esth. 1, 6), arabisch kirbds, persisch kirpds, 

Kiiste, bei Mela II 122 mit Igilium (Giglio) und armenisch kerpas (Schrader 210). Zwar iiber- 

Urgo (Gorgona) zusammen genannt (an der ent- setzt P. de Lagarde (Armen. Studien 1148) 

sprechenden Stelle bei Plin. Ill 81 scheint mit diese Worter mit ,feines Linnen', doch offenbar 

Barpana dieselbe Insel gemeint zu sein). nur willkurlich, da er dies auch mit sanskritisch 

[Hiilsen.] kdrpdsa thut. Freilich bei den griechischen und 

Carbantia, Station der Strasse von Medio- romischen Schriftstellern bezeichnet das Wort nur 

lanum nach Augusta Taurinorum, zwischen Cutiae dann die Baumwolle, bezw. ein baumwollenes 

(Cozzo) und Rigomagus (Trino), 12 mp. von jedem Kleid, wann von indischem Brauch die Rede ist 



1573 Carbasus Carbonaria silva 1574 

(Strati. XV 719. Curt. VIII 9, 21. 24. Lucan. Apuleius neben earbasus = Segel (met. XI 16) 

III 239. Anon, peripl. mar. erythr. 41). Ja es sich auch earbasina — Prachtgewander, etwa von 

kann selbst in diesem Palle zweifelhaft sein, ob Batist (VIII 27) flndet, so scheint auch in einem 

die betreffenden Schriftsteller immer eine richtige ziemlich gleichzeitigen Verzeichnis auslandischer 

Vorstellung von dem Gegenstand hatten, da wenig- Waren (Dig. XXXIX 4, 16, 7) earpasum neben 

stens Propertius (V 3, 64) ein solches Kleid ear- vela tineta earbasea feines, wenn auch orien- 

basa Una nennt (vgl. Strab. VII 294, auch Curt. talisches, Linnen zu bezeichnen. 
VIII 9, 15). Im iibrigen aber scheinen die Grie- 2) Zwei Pflanzen. a) Der Saft der xdgjtaoog 

«hen und Romer miter C. allerdings immer aus getrunken verursacht tiefen Schlaf und plfitzliche 
Flachs bereitete Gewebe verstanden zu haben. 10 Erstickungsanfalle ; doch ist er ein Gegengift 

Wenn auch die Identificierung mit linum (Plin. gegen den Schierlingstrank (Ps.-Diosc. alex. 13. 

XIX 10. Serv. Aen. Ill 357. VIII 33. Corp. A6t. XIII 65 ; xa e n V oia bei Paul. Aeg. V 44). 

gloss, lat. IV 29, 13. 433, 9. V 175, 24. 493, Archigenes (bei Gal. XII 445) salbte damit die 

57. 550, 5; vgl. IV 29, 18. 492, 37. V 272, Haare, urn sie kraus und schwarz zu erhalten. 

64) dies nicht allein beweisen kann, da man auch Columella (X 17) nennt als wildwachsend in 

•efters die Baumwolle und speciell die byssus Italien helleborus und earpasum und schreibt 

<s. d.), ja sogar den Asbest (Plin. XIX 19f. Paus. letzterem einen schadlichen Saft zu. In den dem 

I 26, 7) damit bezeichnete, so bleibt doch zu be- Orpheus zugeschriebenen, ca. 400 n. Chr. ver- 

•denken, dass sich andere Brklarungen, welche fassten Argonautica (922) kommt es als Zauber- 
wie bei der byssus auf Baumwolle schliessen 20 kraut im Garten der Hekate vor. Identisch mit 

liessen, nicht finden. Entscheidend aber sind dem Saft dieser Pflanze ist wohl das giftige opo- 

einige sachliche Grfinde. Wenn Strabon (VII carpathon (Plin. XXVIII 158. XXXII 58 und 

294) sagt, dass die Priesterinnen der an der Nord- 97) und wohl auch das giftige, aber der Myrrhe 

see wohnenden Kimbern xagjiaolvag S<pajiTc8ag beigemischt, ausserlich als Pilaster angewandte 

getragen hatten, so kfinnen dies nur linnene Ober- onoxalnaoov (Gal. XIV 56). Die Bestimmung 

kleider gewesen sein. Wenn Plinius (XIX 10) der Pflanze ist bisher nicht gelungen. Vielleicht 

sagt, dass zuerst beim spanischen Tarraco die aber ffihrt der heutige Name axag<ptj, welcher 

carbasa genannten zarten Linnen verfertigt seien fur Helleborus orientalis Gars, und Helleborus niger 

und diese besonders geschatzt wiirden, so kSnnen L. gebraucht wird (C. Fraas Synopsis plant, flor. 
diese, abgesehen von anderen Griinden, auch des- 30 class. 285), auf die richtige Fahrte, zumal da 

halb keine Baumwollenstoffe gewesen sein, weil auch Apsyrtos (Hippiacr. p. 43, 15) von einem 

heute die Baumwollenkultur im Ostlichen Spanien iXUfiogov schlechthin und einem zweiten, welches 

sich unter dem 40. Breitengrade halt. Die C, vulgar xagmov genannt werde, spricht. Man 

auf welchen die rOmischen Schicksalsspriiche nie- rmisste dann an Veratrum album L. denken. Eine, 

dergeschrieben sein sollten, kann sich Claudianus wenn auch schwache Stiitze flndet diese Erkla- 

(bell. Get. 232) nur als Linnen gedacht haben, rung noch von anderer Seite. In den mittel- 

wie auch Symmachus (ep. IV 34) die sibyllinischen alterlichen Hermeneumata medicobotanica wird 

Bficher urspriinglich darauf geschrieben sein lasst. carpessio durch ebuli semen erklart (Corp. gloss. 

Im Griechischen haben noch die Septuaginta lat. Ill 537, 62. 620, 42), und, obwohl ebulum 
(Esth. 1, 6) y.aQiiaoiva als tfbersetzung des hebrae- 40 sonst Sambucus ebulus L. ist, wird eimnal (Corp. 

ischen karpds (s. B y s s o s) , ferner Antiphilos gloss, lat. II 57, 44) ebulem = sttefiogos gesetzt 

(Anthol. Pal. IX 415) Xenxa xagnaoa zur Be- (anders freilich ebulum ebd. 46). 
zeichnung feiner Segel und Dionysios Hal. ant. II b) Das xagxrjoiov war eine dem q>ov, Valeriana 

68 xagjiaalvi] so&rjg zur Bezeichnung eines Kleides phu L. oder Valeriana officinalis L., im Geschmack 

oder Tuches (vgl. Prop. V 11, 54. Val. Max. I und der Wirkung ahnliche Pflanze, welche sich 

1, 7 ; earbasea Una = Tiicher bei Tibull. Ill 2, besonders in Pamphylien in grosser Menge fand 

21) einer Vestalin alter Zeit; endlich wird die (Gal. XII 15 und 606. XIV 71. XIX 727. Orib. 

a/togytg fur feiner als die xdgitaaog bezeichnet coll. med. XV 1, 10, 26f. ASt. I. Alex. Trail. 

(Schol. Ar. Lysistr. 735. Suid.). Viel hauflger ist II 397 Puschm. Paul. Aeg. VII), also wohl Va- 
das Wort bei den Bomern. Schon um 190 v. Chr. 50 leriana Dioscoridis Sibth., jedenfalls ist es nicht 

erwahnt der Komiker Caecilius Statius (bei Non. mit der vorigen Giftpflanze zu verwechseln. Auch 

548, 15; vgl. 541, 11) als feine Kleiderstoffe ear- scheint kein Zusammenhang mit dem aram. ke- 

basina, molochina, ampelina. Da er offenbar rafsa = Apium graveolens (Imm. Low Aram, 

eine attische KomOdie benutzt, auch die Adiectiv- Pflanzennamen 1881, 222) zu bestehen. [Olck.] 
bildung griechisch ist, so ist wohl anzunehmen, Carbatina s. Kag^axtvai. 

dass die Bomer die C. durch die Griechen, nicht, Carbestris, Ortschaft in Parthia, Geogr. Kav. 

wie es nach obiger Notiz des Plinius fiber Tar- p. 65, 6; gebildet wie Amastris, von arisch stri 

raco scheinen kOnnte, durch Phoiniker kennen ,gebarend, Frau'? [Tomaschek.] 

gelernt haben. Zu gleicher Zeit gebraucht Ennius Carbia, Ort im nordwestlichen Sardinien, Itin. 

(ann. 452 Baehr.) earbasus als Schiffssegel. Dem- 60 Ant. 83, 25 mp. von Bosa ; nach de la Marmora 

nachst nennt Cicero (Verr. V 30 und 80; vgl. S. Maria di Carbia. [Hiilsen.] 

Varr. bei Non. 541, 20) earbasea vela die Lein- Carbilesi, Volk in Thrakien, s. Karbilesoi. 

wand der Zelte des Verres in Syrakus und Lu- Carbo s. Manilius, Manlius, Papirius. 

cretius (VI 108; vgl. Plin. XIX 23) carbasus Carbonaria ostia, als verstopfte Mundung 

das Schirmdach des Theaters. Am oftesten flndet des Padus von Plin. Ill 121 erwahnt, zum modernen 

sich die Bedeutung , Schiffssegel', doch zuerst nur Po di Goro in Beziehung? Vgl. Nissen Ital. 

bei Dichtern (s. die Stellen bei J. Yates Tex- Landeskunde I 206. [Hiilsen.] 

trinum antiquoruin I 1843, 345). Wie aber hei Carbonaria silva, bei Gregor. Tur. hist. Pr. 



1575 Carbonarius mons Career 1576 

II 9. In der Gegend von Cambrai, Arras, Tournai. Eav. IV 28 Gareassona (ebenso Gregor. Tur. hist. 

Longnon Geogr. de la Gaule 154. [Ihm.] Fr. VIII 30 u. &.), Prokop. b. Goth. I 12 noXig 

Carbonarius mons, im Sabiner- oder Marser- Kagxamavrj. In der Notitia Galliarum wird die 
gebiet, auf der Tab. Peut. zwischen Carsioli und Stadt, das heutige Carcassonne, nicht erwahnt. 
Sublaqueum genannt, woraus aber bei der Con- Nach Brambach CIRh. 946 (1. Jhdt.) gehorte 
fusion der Zeichnung nichts Sicheres zu schliessen sie zur Tribus Voltinia (abgekiirzt Care.). Del- 
ist; sonst nur beim Geogr. Eav. IV 34 p. 281 P. Name ist phoinikischen Ursprungs (Holder Alt- 

[Hiilsen.] celt. Sprachschatz I 783). Vgl. Herzog Gallia 

Carboniannm edictam. Dieses praetorische Narb. 127. Desjardins Table de Peut. 53; 
Edict gewahrt einem Unmiindigen, dem zugleich 10 Geogr. de la Gaule II 221. Longnon G^ogr. de la 

mit der Kindeseigenschaft sein Erbrecht abge- Gaule 614. 0. Hirschfeld CIL XII p. 522. 624. 

stritten wird, einen Aufschub des Erbschaftsstreites' [Ihm.] 

bis zur Mttndigkeit und ein Anrecht auf vorlau- Career. 1) Das Gefangnis im Eechtsleben. Das 

fige Einweisung bis dahin (ac si nulla de ea re Wort wird von Varro del. 1. V 151 in Verbindung 

controversia esset Dig. XXXVII 10, 1 pr.) mit gebracht mit eoercere: career a eoercendo quod 

der Befugnis, aus der Erbmasse Alimente zu ent- exire prohibentur ; vgl. auch Isidor. orig. V 27, 13; 

nehmen. Dig. XXXVII 10. die neuere Sprachwissenschaft (vgl. A. Fick Vergl. 

Litteratur: Lenel Edictum perpetuum 277. Werterb. d. indog. Sprch. is 813) stellt es mit 

Miiller Lehrb. der Inst. 1858,835. Leonhavd lat. serinium und deutsch Sehranke zusammen. 
Inst. 382. 526 § 124 IIIb Anm. 1. 175 la. 20 I. Verwendung des Career. Coercition. 

[Leonhard.] Untersuchungshaft. Aufenthalt fur Ver- 

Carbula, Stadt am Baetis in Hispania ulte- urteilte und Hinrichtungslocal. Straf- 

rior, zwischen Corduba und Hispalis, in der aus haft. 1. Die Einsperrung in einen C. erscheint 

Varro geschopften Aufzahlung der Stadte des zunachst als Mittel der magistratischen Coerci- 

Binnenlandes bei Plinius (III 10). Es lag bei tion (s. die Artikel Coercitio, Prensio); die 

Almodovar del Rio (CIL II p. 321), wo eine dem Befugnis , den Contravenienten einzusperren (in 

Vespasian im J. 74 von den pagani pagi Carbu- eareerem eonieere) , erscheint als wesentlicher 

lensis gesetzte Inschrift (CIL II 2322) gefnnden Ausfluss des Imperium. Varro bei Gell. XIII 

wurde. Die autonomen Miinzen mit der Aufschrift 12, 6. Pompon. Dig. I 2, 2, 16. Ulp. Dig. II 
Carbula (Mon. ling. Iber. nr. 125, auch zuweilen 30 4, 2. Paul. V 26, 2. Ulp. Dig. XL VII 10, 13, 2. 

irrtumlich Carbala, V ist auf den Kopf gestellt), Gell. IV 10, 8. Suet. Caes. 17. 20. ttber die 

von denen es fiinf Varietiiten giebt, zeigen, dass Dauer der Haft entschied der sie veranlassende 

der fruher nicht unbedeutende Ort, der in der Magistrat, doch hOrte sie wohl von selbst auf, 

Kustenbeschreibung bei Plinius oppidum genannt wenn dieser abtrat und der Nachfolger sie nicht 

wird, in der Censur des Vespasian zum pagus von neuem verfiigte. Intercession ist gegen die 

herabgesunken war. [Hiibner.] Haftverfugung mOglich, Provocation nicht; vgl. 

Carca, Stadt der Bastetaner im Suden von Mommsen Bom. Staatsrecht 13 153 — 155. Kar- 

Hispania citerior, bei Ptolemaios ungefahr zwi- Iowa Rem. Rechtsgeschichte I 166. Naheres 

schen Asso (s. d.) und Segisa angefuhrt (II 6, 60 s. den Artikel Coercitio. 

Kdgxa), vielleicht Caravaca , wohin die Angaben 40 2. Nur ein besonderer Fall dieser coercitions- 

fiihren. , [Hiibner.] massigen Incarceration ist die Verwendung der eu- 

Carcabianense (opjjidww), Ortschaft in Africa, stodia eareeris als Untersuchungshaft im Straf- 

deren Bischofe mehrmals zur Zeit der donatisti- process (vgl. den Artikel Custodia reorum). Sie 

schen Wirren (Aug. enarr. in psalm. XXXVI 2, ist in dieser Function in republicanischer Zeit schon 

20 = Migne IV 380 = Man si Act. concil. Ill friihnachweisbar: dem anklagenden Magistrat wird 

847. Aug. contra Crescon. Donatist. Ill 19, 22. das Eecht zugestanden, den Angeklagten in Haft 

53, 59. IV 13, 15 = Migne IX 507. 528. 537 zu nehmen und so das Erscheinen desselben am 

= Man si Act. concil. Ill 858. Collat. Carthag. festgesetzten Termin und damit auch die Vollzie- 

a. 411 c. 201, bei Mansi IV 150 = Migne XI hung der Strafe zu sichern, Liv. Ill 13. 56—58. 
1338) und dann wieder im J. 484 genannt werden. 50 VI 16. IX 34. XXV 4. XXIX 22. XXXII 26. 

Nach dem Bischofsverzeichnis aus diesem Jahre XXXVHI 59. 60. Der Angeklagte kann sich diesem 

gehorte sie zur Provincia Byzacena (Not. Byzac. Schicksal entziehen durch Biirgenstellung, vades 

nr. 84, in Halms Victor Vitensis p. 68). publieos dare, Liv. Ill 13. XXV 4. Dionys. X 8. 

[Dessau.] Varro de ling. lat. VI 74. Sail. lug. 35. Cic. de 

Carcarium nennt der Geogr. Rav. IV 28 republ. II 36. Fest. p. 377 ; die Entscheidung dar- 

p. 244 unter den Stadten des siidlichen Frank- ttber, ob die angebotene Sicherheit genuge, und ob 

reich, es folgen Aquae Sextiae und Marsilia; V 3 uberhaupt auf ein solches Angebot einzutreten sei, 

p. 340 ist Carnarium iiberliefert. Herzog Gall. steht bei dem Magistrat ; die Biirgenstellung soil 

Narb. 140. [Ihm.] zuerst im Falle des Kaeso Quinctius (im J. 293 = 

Carcaso (Garcasso), Stadt der Volcae Tecto- 60 461)vorgekommensein,Liv.HI13. Dionys. X 8. Vgl. 

sages in Gallia Narbonensis, Plin. n. h. Ill 36 Mommsen Eom. Staatsrecht Is 154. 155. Geib 

(unter den oppida latino) Careasum Vohsarum Geschichte des r6m. Criminalprocesses 117 — 120. 

Teetosagum. Ptol. II 10, 6 (KaQxaow, Var. Koq- Zumpt Criminalrecht der rOm. Rep. I 2, 155ff. 

xaoow). Den vollen Namen bietet die aus dem In der letzten Periode der Republik, unter 

Anfang der Kaiserzeit stammende Inschrift CIL der Herrschaft des Quaestionenprocesses, ist von 

XII 5371 praitfor) Gfbloniae) l(uliae) C(arca- dieser Verwendung des C. wenig die Rede; im 

sonis). Die Tab. Peut. schreibt Carcassione, das provincialen Regiment (z. B. Cic. Verr. V 18ff. 

Itin. Hieros. 551 Castellum Carcassone, Geogr. 71ff.) und gegemiber Leuten niedrigen Standes 



1577 Career Career 1578 

<s. Geib a. a. 0. 267. 268) blieb sie zwar in — in der Kaiserzeit — der Fall, wo der Richter 

Chung; bei vornehmen Personen aber wird, wenn pronuntiat, prineipi scribendum esse, und auf 

es uberhaupt zur Untersuchungshaft kommt, die Grund dieser vorlaufigen Entscheidung Incarce- 

Form der libera eustodia (s. den Artikel Custodi a ration des bisher in leichterer Haft belassenen An- 

reorum) gewahlt. Es hangt dies einerseits mit geklagten anordnet, Ulp. Dig. XXVIII 3, 6, 7. 

dem Strafensystem dieser Zeit (s. hieriiber Zumpt XL VIII 22, 6, 1. XLIX 4, 1 pr. 

Criminalprocess der rOm. Rep. 165ff.), andrerseits 4. Strafmittel ist die Incarceration von Hause 

,mit der jetzt bis zur aussersten tfbertreibung aus gewiss nicht: career ad continendos homines, 

gesteigerten Ansicht von der Wiirde und Unver- rum ad puniendos haberi debet Ulp. Dig. XL VI II 

letzlichkeit eines rOmischen Burgers zusammen' 10 19, 8, 9. Nicht dagegen spricht Cic. Cat. II 27. 

{Geib a. a. 0. 119). In der Kaiserzeit ist die Ver- Thatsachlich kann es allerdings zu einer Gefangnis- 

wendung des C. fur die Untersuchungshaft durch- strafe kommen, wenn der Untersuchungsgefangene 

aus gebrauchlich, neben ihr stehen aber mehrere nach Abbruch der Untersuchung, ohne dass tiber 

andereFormen der Untersuchungshaft (s.Custodia seine Schuld durch Urteil entschieden wiirde, vor- 

reorum), die samtlich als erheblich leichter gelten. laufig im C. verwahrt bleibt (in vineulis relinqui- 

Ulp. Dig. XLVIH 3, 3 ; welche Form anzuwenden tur), Liv. XXXIX 18. Val. Max. VI 1, 10. Gell. Ill 

sei, bestimmt der Magistrat in jedem einzelnen 3, 15; auch die Untersuchungshaft selbst wird ge- 

Fall, Ulp. Dig. XL VIII 3, 1 ; doch soil er — nach legentlich als poena eareeris bezeichnet, Ulp. Dig. 

einem Rescript von Antoninus Pius — die Incar- XL VIII 3, 3. Constantin. Cod. lust. IX 4, 2. 

ceration nicht anordnen , wenn der Angeklagte 20 Als ordentliche Strafe kennt die Republik die 

fideiussores dare paratus est, es musste denn das Gefangisstrafe nicht, weder die zeitlich beschrankte, 

Verbrechen so schwer sein, dass eine andere Art noch die lebenslangliehe ; sie wird nirgends in 

der Untersuchungshaft als unangemessen erschiene, Strafgesetzen angedroht ; es lasst sich auch keine 

Ulp. Dig. XLVIII 3, 3. Diocl. Cod. lust. VII 62, wahre Verurteilung zu Gefangnis nachweisen ; 

6, 3. Constantin. Cod. lust. VII 62, 12. Iustin. wohl aber kommt in vereinzelten Fallen (s. Zumpt 

Cod. lust. VIII 40, 26. IX 4, 6 und nov. 134 Crim.-R. d. rOm. Rep. I 2, 158—162) die Incar- 

c. IX; Klagen liber Verletzung dieser Bestimmung ceration vor als ausserordentliche Massregel von 

bei Liban. II 440. 464 Reisk. Schlechthin zu- Strafcharakter, besonders in der Hand des Senates, 

lassig ist die Incarceration, wenn ein Gestandnis und namentlich da, wo die Todesstrafe als zu 

vorliegt, Venul. Dig. XLVIII 3, 5. Scaev. Dig. 30 schwer, jede andere Strafe als zu leicht erschien ; 

XLVIII 4, 4 pr. Iul. Cod. Theod. IX 2, 1 . Sidon. wie durchaus ungewohnlich ein solches Vorgehen 

Apoll. ep. I 7. Notwendig ist aber ein solches immer war, beweisen namentlich die Beratungen 

Gestandnis nicht, auch nicht, dass anderweitig uber den Antrag Caesars im Catilinarierprocess, 

bereits ein Beweis der Schuld erbracht sei; ge- Cic. in Catil. IV 7. Sail. Catil. 51. 52. Die 

setzliche Bestimmungen, welche einen solchen zu Kaiserzeit kennt die Gefangnisstrafe, und zwar 

fordern scheinen (Constantin Cod. lust. IX 4, 2. sowohl lebenslangliches, perpetua vineula (Callistr. 

Grat. Valent. und Theod. Cod. lust. IX 3, 2), Dig. XLVIII 19, 28, 14. Ulp. Dig. XLVIII 19, 

kOnnen hOchstens als allgemeine Anweisungen 8, 13), als zeitliches Gefangnis, temporaria vin- 

an den Richter angesehen werden : er soil nicht etda (fur geringfiigigere Vergehen : Ulp. Dig. XI 
leichthin und lediglich gestiitzt auf die Behaup-40 5, 1, 4. Scaev. Dig. XL VII 10, 38. Lactant. de 

tungen des Anklagers den Angeklagten in den mort. persec. 22). Eine grosse Rolle spielt die 

Kerker werfen. Gefangnisstrafe im rOmischen Recht nicht; sie 

Etwelche Garantie gegen ungerechte Incar- ist nicht ausgebildet worden; noch Ulpian Dig. 

ceration boten die Bestimmungen, a) dass der An- XLVIII 19, 8, 9 anerkennt sie principiell nicht 

klager, welcher sie verlangt, zuerst alle Forma- als Strafe; ,sie beruht nicht auf dem allein hier 

litaten der Anklage erfiillen muss (Valent. und fruchtbringenden Gedanken, durch zeitweilige Ent- 

Val. Cod. Theod. IX 3, 4) ; b) dass er custodiae ziehung der Freiheit zur Strafe den Schuldigen 

similittidinem , habita tamen dignitatis aesti- zum verntinftigen Gebrauche der demnachst wieder 

matione, patitur (Hon. und Theod. Cod. lust. zu erlangenden Freiheit zu erziehen' (v. B a r Hdb. 
1X2, 17. Grat. Valent. und Theod. Cod. lust. 1X50 d. deutsch. Strafrechts 30). Die Tendenz der 

3,2: An wendungsfalle nicht nachweisbar); c) dass Gesetzgebung geht dahin, die Anwendung der 

er, wenn er sie bewirkt hat, nur noch mit Zu- Gefangnisstrafe zu beschranken ; Statthalter dfir- 

stimmung des Angeklagten Abolition verlangen fen gegeniiber freien Personen nicht auf lebens- 

kann (Valent. Val. und Grat. Cod. lust. IX 42, langliches Gefangnis erkennen. Callistr. Dig. 

3, 1). XLVIII 19, 35. Anton. Cod. lust. IX 47, 6. Ge- 

3. Der C. erscheint weiter als Aufenthaltsort fangnisstrafe bei Sclaven Anton, ebd. Ulp. Dig. 

fur den bereits Verurteilten, der dort die Voll- XLVIII 19, 8, 13. Papin. Dig. XLVIII 19, 33 

ziehung der Strafe abwartet, Cic. de invent. II Gai. 1 13; der Herr behalt das Eigentum an dem 

148; in Verr. V 117ff. Tac. ann. I 21. Der C. Sclaven, Ulp. Dig. XLVIII 19, 8, 13. 

kommt auch als Hinrichtungslocal vor, nament- 60 In eareeres konnen schliesslich auch furiosi 

lich fur Frauen und vornehme Verbrecher, die untergebracht (Ulp. Dig. I 18, 13, 1, vgl. Mod. 

Hinrichtung erfolgt dann durch Erdrosseln (stran- Dig. XLVIII 9, 9, 2) und servi fugitivi vorlaufig 

gulare in eareere), Liv. XXIX 19. Cic. in Verr. verwahrt werden (Ulp. Dig. XI 4, 1, 6 und XL VII 

V 147; pro Sulla 70. Appian. bell. civ. I 26. 2, 52, 12). 

Sail. Catil. 55. Val. Max. V 4, 7. 1X12,6. 15, Vgl. zum Ganzen auch Naudet La police 

2. Tac. ann. in 51. V 9. VI 39. Plin. n. h. VII chez les Romains in den Memoires de l'lnstitut 

36. Vin 61. Plin. ep. H 11. Cass. Dio LVIII 15, IV 817ff. VI 854ff. 

2. LIX 18, 3. LXXIX 9. 4. Verwandt damit ist II. Arten der Gefangnisse. Beaufsichti- 



1579 Career Career 1580 

gung. 1. In Bom selbst werden in republieanischer Dig. XL VIII 3, 10. Im iibrigen nimmt aber in 
Zeit als Gefangnisse der sog. career Mamertinus der Kaiserzeit das ganze Gefangniswesen, wie das 
(s. Nr. 2) mit dem Tulliamim und die Lautumiae Verhaftungs-, Gefangenentransport- und Hinrich- 
(s. d.) genannt. Fur die Kaiserzeit erwahnt Iu- tungswesen vorwiegend militarischen Charakter an, 
venal eine Mehrzahl von Gefangnissen (III 312— Plin. a. a. 0. Paul. Dig. XL VIII 3, 8 ; als Aufseher 
314); wahrscheinnchverfiigtenjetztdiewichtigeren werden bald gewOhnliche Soldaten, baldbevorzugte 
SpruchbehOrden jede iiber ein besonderes Gefangnis, Soldaten und Offlciere (commentarienses, optiones, 
wobei die neuen kaiserlichen Beamten die Kasernen centuriones) genannt. So flnden sich eigene car- 
der von ihnen commandierten Truppen als Ge- eerarii bei den Vigiles, optiones eareeris bei 
fangnisse verwendet haben werden; eastrorum 10 den Cohortes urbanae, und bei den Praetorianern die- 
career, Iuvenal VI 561; vgl. 0. Hirschfeld Charge a commentar[iis] eustodiarum, Hirsch- 
S.-Ber. Acad. Berlin 1891, 857—859. Ein Gar- feld a. a. 0. 858. Material aus Inschriften und 
nisonsgefangnis von besonderer Bedeutung sind Martyreracten bei Hirschfeld a. a. 0. 858. 876f. 
die eastra peregrinorum; wahrscheinlich wurden (Harnack) und ausserdem Act. Perpet. IX (miles 
in diese die aus den Provinzen unter militarischer optio praepositus eareeris Buinart p. 97). An 
Escortierung nach Bom zur Aburteilung gesandten der Spitze der eastra peregrinorum (s. o.) steht ein 
Angeklagten abgeliefert, Act. Apost. XXVIII 16 oTearoiieddoxys = Princeps eastrorum, s. Act. 
und dazu Mommsen und Harnack S.-Ber. Acad. Apost. XXVIII 16 und dazu Mommsen und Har- 
Berlin 1895, 491—503. Fur die Gefangnisse nack S.-Ber. Acad. Berlin. 1895, 491ff. In der 
ausserhalb Boms sind die Nachrichten fur die 20 diocletianisch-constantinischen Monarchic ist die 
republicanische Zeit diirftig; fur Italien werden receptarum personarum eustodia observadoque 
careeres publiei in Stadten des nomen Latinum (Valent. Val. und Grat. Cod. Theod. IX 3, 5) 
erwahnt bei Liv. XXXII 26, ausserdem sind Mu- einem besonderen Offlcialen, dem auch sonst auf 
nicipalgefangnisse vorausgesetzt bei Liv. XXVI 16. dem Gebiet des Strafprocesses sich bethatigen- 
Sall. Catil. 51. Cic. in Catil. IV 7. In Sicilien sind den commentariensis iibertragen (Valent. und VaL 
die lautumiae in Syrakus ein Gefangnis, in das si Cod. Theod. VIII 15, 51 und IX 40, 5. Liban. H 
qui publiee eustodiendi sunt, etiam ex ceteris 445 Beisk. Finnic. Matern. Ill 6. Basil, ep. 286 
oppidis Siciliae deduei imperantur, Cic. in Verr. Migne) ; ihm sind fur den Gefangnisdienst beson- 
V 68, daneben werden aber auch hier stadtische dere clavieularii und applieitarii beigegeben, Lyd. 
Gefangnisse vorausgesetzt, Cic. in Verr. V 160. 30 de magistr. Ill 8. Firmic. Matern. a. a. 0. Er hat 
In der Kaiserzeit werden stadtische Gefang- fur rasche Aburteilung und geniigende Ernahrung 
nisse mehrmals erwahnt oder vorausgesetzt ; ver- des Gefangenen Sorge zu tragen (Hon. und Theod. 
haftete Angeklagte werden zunachst in solche ab- Cod. Theod. IX 3 , 7) und allmonatlich seinem 
geliefert und von da in die Besidenz des Statt- Vorgesetzten iiber die Zahl der Verhafteten, ihre 
halters weiterbefordert, Ulp. Dig. XI 4, 1,6. XL VII persOnlichen Verhaltnisse (Stand, Alter) und ihre 

2, 52, 12. Marcian. Dig. XL VIII 3, 6. Paul. Coll. Verbrechen Bericht zu erstatten (Grat. Valent. und 
VH 2, 1. Arcad. und Hon. Cod. lust. I 55, 7. Theod. Cod. Theod. IX 3, 6); solche Gefangenen- 
Iust. nov. XV 6, 1. Weiteres Material (nament- register wurden wahrscheinlich von jeher gefuhrt;. 
lich aus den Martyreracten) bei 0. Hirschfeld schon Verres verfligt iiber eine ratio eareeris, 
a. a. 0. 876. 877 und bei E. Le Blant Les40aMae diligentissime eonfieitur, quo quisque die 
actes des martyrs, Memoires de l'lnstitut acad. datus in eustodiam, quo mortuus, quo neeatus sit T 
des inscr. et bell, lettr. XXX 2, 106. 107. Ka- Cic. in Verr. V 147. Vgl. Suet. Calig. 29 (ra- 
sernen werden in der Kaiserzeit auch in den tionem purgare). Plin. n. h. VII 38. Material aus 
Provinzen als Gefangnisse verwendet, Tac. ann. den Martyreracten bei Le Blant a.a.0. 113 — 115. 
I 21 und besonders Passio Perpetuae III und HI. Innere Einrichtung der Gefang- 
VII, wo die Angeklagten zuerst in einem als nisse. Behandlung der Gefangenen. Fes- 
eareer schlechthin bezeichneten Gefangnis ver- selung. Cber einzelne Gefangnisse vgl. unten 
wahrt und nach der Verurteilung zum Tierkampf Nr. 2 und den Artikel Lautumiae. 1. Die Ein- 
in den career eastrensis iibergefuhrt werden (Bui- richtung der Gefangnisse war jedenfalls nach Ort 
nart Act. mart. sine. p. 94. 96). Ein unter- 50 und Zeit sehr verschieden, doch wird in der Kaiser- 
irdisches Gefangnis im kaiserlichen Palast in Con- zeit regelmassig eine Mehrheit von verschliessbaren 
stantinopel erwahnt Prokop. hist. arc. c. 4. Baumlichkeiten (conclave, vestibulum) vorausge- 

2. Die Aufsicht iiber die Gefangnisse fuhren in setzt; als besonders schwer erscheint die Haft in 

Bom nrspriinglich die tresviri capitales, Cic. de leg. den inneren Baumen, career interior, sedes intima, 

III 6. Liv. XXXII 26. Sail. Catil. 55. Gell. Ill evdozega (pvlaxtj, wohl ein eigentlicher Dunkel- 

3, 15. Pompon. Dig. I 2, 2, 30. Mommsen Bom. arrest. Act. apost. XVI 24. Passio Pionii XI (Bui- 
Staatsrecht lis 595; ihnen steht ein — wohl nart Act. mart. sine. p. 145). Passio Perpetuae III 
aus servi publiei gebildetes — Hiilfspersonal zur (Buinart p. 94 melior loeus eareeris). Constant. 
Seite, Val. Max. V 4, 7. Der Statthalter iibt Cod. lust. IX 4, 1. Iohann. Chrysost. hom. in 
die Aufsicht uber das ihm direct unterstellte Ge- 60 Matth. XIV. Augustin. in Ioh. evang. tract, 
fangnis durch sein Apparitorenpersonal aus, so XLIX c. 11. 15. Ein Gesetz Constantins (Cod. 
Verres durch den Lictor Sestius (ianitor eareeris lust. IX 4, 1) sieht vor, dass Untersuchungsge- 
Cic. in Verr. V 117ff.). Stadtische Gefangnisse fangene wahrend des Tages die Zellen verlassen 
werden unter Leitung der stadtischen BehOrden und im Freien (publicum lumen) sich aufhalten 
durch Gemeindesclaven (ministerm publica) be- diirfen, vgl. Pass. Perp. a. a. 0. Eine Trennung 
wacht ; diese Art der Bewachung findet sich noch der Gefangenen nach dem Geschlecht soil (iberall 
in der Kaiserzeit, Plin. ep. X 30. 31. Ulp. Dig. stattfinden, Constantius Cod. lust. IX 4, 3 und 

IV 6, 10. XI 4, 1, 6. XLVII 2, 52, 12. Venul. dazu Gothofred zu Cod. Theod. IX 3, 3. 



1581 Career Carceres 1582 

2. Uber Gefangniszustande wird haufig und nung des Gebaudes als privata oder eustodia 
heftig geklagt; geriigt werden namentlich : das Zu- Mamertini ist noch nicht erklart; vgl. Jordan 
sammenpferchen vieler Gefangener auf einen Raum, Topogr. II 480f.) in Rom, das (einzige, Iuvenal. 
UnmOglichkeit des Schlafes, Mangel an Licht und III 314) Staatsgefangnis, am Ostabhange des Ca- 
B,emtichkeit(tenebraeetsqualor),VLiagenxigenieYer- pitols, aus einem ursprfinglichen unterirdischen 
kOstigung, Haufigkeit der Todesfalle, Cyprian, ep. Quellhause (tullianum von tullus ; daraus spatere 
15. Tertull. ad mart. 2. Zosim. IV 14. Liban. Zuschreibung des Baus an den KSnig Servius Tul- 
II 107. 265 Eeisk. Iohann. Chrysost. hom. in lius, Varro de 1. 1. V 150. Festus 356 M. ; fiber 
Matth. XIV i. f. ; der Aufenthalt im C. wird von den die Einrichtung vgl. Abeken Mittelitalien 151f., 
Kaisern selbst als cruciatus, immensm erueiatus, 10 der die von Jordan Top. I 2, 325 hervorge- 
bezeichnet: Constantin. (Jod. lust. VII 62, 12. IX hobenen Schwierigkeiten beziiglich des Zugangs 
4,1. Constantitis und Constans Cod. Theod. XI 7, schon richtig gelost hat; s. auch Tullianum) 
7. Hon. und Theod. Cod. lust. 1X47, 23; eine leb- hergerichtet durch Zufiigung mehrerer oberirdi- 
hafte und kaum iibertriebene Schilderung mit scher Kammern. Bei diesem Umbau ist die alte, 
einem ganzen Register von Klagen bei Liban. II durch iiberragende Blecke gebildete Decke des 
439 — 462 Reisk. Die Gesetzgebung ist nament- Brunnenhauses bis etwa zur Halfte beseitigt und 
lich seit Ausgang des 4. Jhdts. bestrebt, die Ubel- durch eine ganz flache Wolbung ersetzt. Das 
stande zu heben; ausser den Vorschriften uber tullianum., auch robur genannt (Pestus epit. 
Gefangenenregister und Trennung der Geschlechter 264. Tac. arm. IV 29) besteht, wie es scheint, 
flnden sich Gesetze fiber Ernahrung unvermog- 20 durchweg aus Tuff; in den Mauern des daruber- 
licher Gefangener, Anordnung von Badern, Prei- liegenden trapezformigen Baumes, der anfangs 
gebung von Feiertagen, regelmassige Visitation der Kaiserzeit von den Consuln C. Vibius Ruflnus 
der Gefangnisse durch die BischOfe, Hon. und und M. Cocceius Nerva (wahrscheinlich 22 n. Chr. 
Theod. Cod. Theod. IX 3, 7. Cod. lust. I 4, 9. CIL VI 1539. Jordan Top. I 2, 272) restau- 
Iustin. Cod. lust. I 4, 22 und IX 4, 6 A. Nach riert wurde, findet sich auch Travertin verwandt. 
Iustin. Nov. 134 c. 9 sollen Frauen iiberhaupt Dieser obere Raum lag im Niveau des Comitium, 
nicht in Gefangnissen , sondern nur in Klostern dem er seine Front zukehrte (Plin. VII 212. 
verwahrt werden. Hfilsen Rem. Mitt. 1893, 85f.; vgl. den Plan 

3. Fesselung ist mit der Incarceration nicht oben S. 1535f.). Nach Nordosten stiessen mehrere, 
notwendig verbunden, Ulp. Dig. L 16, 216. Sever. 30 durch Ausgrabungen nur unvollkommen erforschte 
Cod. lust. II 11, 1. Cass. Dio LVIII 3 (SSso/xos (pv- Kammern an. 

Xaxtj) ; sie bildet aber — wenigstens in der Kaiser- Die antike Uberlieferung nennt den Ancus 

zeit — durchaus die Regel, daffir spricht schon die Marcius als Begrfinder des C. (Liv. I 33, 8), un- 

standige Verwendung von vinculo, publiea fur car- bekilmmert um die Schwierigkeit, wie dann der 

eer, zudem wird die Fesselung ausdrficklichbezeugt: Nachfolger Servius zum Bau des tullianum habe 

Liv. Ill 58. VI 17. XXIX 19. XXXII 26. XXXVIII kommen konnen. Genannt wird er als Kerker 

60. Val. Max. VI 3, 3. Cic. in Verr. V 17. 23. des Legaten Q. Pleminius (Liv. XXIX 22, 7. 10. 

Senec. de ir. I 16, 2. Iuvenal. VI 560. Suet. XXXIV 44), des Iugurtha (Plut. Mar. 12), der 

Nero 36. Tac. ann. V 1. 14. Act. apost. XVI Catilinarier (Sallust. Catil. 55, 3), und noch im 
28. Tertull. ad mart. 2. Liban. a. a. O. Iohann. 40 4. Jhdt. n. Chr. (Ammian. Marc. XXVIII 1, 57). 

Chrys. hom. in Matth. XIV i. f. Paul. Dig. XL Vm Vgl. noch Vellei. Pat. II 7, 2. Val. Max. IX 

3, 8. Callistr. ebd. XLVIII 3, 13. Paul. Dig. XLIX 12, 6. Seneca controv. IX 27, 20. Serv. Aen. VI 

14, 45, 1. Grat. Valent. und Theod. Cod. lust. 573. Calpurnius Flaccus decl. 4. Acta Chrysan- 

IX 47, 20. Hon. und Theod. Cod. lust. IX 47, thii et Dariae, Act. SS. Oct. XI 483. Die christ- 

23. Verschiedene Arten der Fesselung: Constantin. liche Legende bezeichnete den C. als Gefangnis 

Cod. lust. IX 4, 1. Ob und in welchem Masse der Apostel Petrus und Paulus ; durch Einbau der 

die Fesselung zur Anwendung kam , hing wohl zu- Kirchen S. Pietro in Carcere und S. Giuseppe 

nachst von der Fluchtgefahr und der Schwere des dei Falegnami sind uns die Reste des antiken 

Verbrechens ab. Im Resultat entschieden aber so- Baus erhalten geblieben. 

wohl in dieser wie in anderen Beziehungen (Em- 50 Neuere Aufnahmen und Besprechungen des 

pfang von Besuchen, Ausgange) weniger gesetz- Monuments: Gori, deMauro und Parker Ich- 

liche Vorschriften und Weisungen des Richters nographia teterrimi carceris Mamertini (Rom 1868, 

als Willkiir und Laune des custos carceris; dass aus der Zeitschrift Buonarroti). Reber Ruinen 

dieser Bestechungen zuganglich war und seine Roms* 107—113. Jordan Top. I 1, 453. 505. 

Macht zu Erpressungen benutzte, wurde man an- I 2, 323—328. Gilbert Top. II 74—81. Ill 458. 

nehmen, auch wenn es nicht ausdriicklich bezeugt [Hulsen.] 

ware: Cic. in Verr. V 118ff. Paul. Dig. XLVIII Carceres (in Prosa immer im Plural, Corp. 

3, 8. Lucian. Peregr. Prot. 12. Liban. II 258. gloss, lat. II 250, 51) sind die Ablaufstande im 

446 Reisk. Iohann. Chrysost. in ep. ad Tit. cap. romischen Circus , thorwegartige Schuppen , in 
II hom. 4. — Vgl. zum ganzen Artikel auch F. A. 60 denen sich die Rennwagen aufstellten , um aus 

K. Krauss Im Kerker vor und nach Christus ihnen das Rennen zu beginnen, Varro de 1. 1. V 

(1895) 55—77; fiber den Einfluss der Kirche auf 153. Uber die Baugeschichte der C. im Circus 

die Gestaltung des Gefangniswesens 125ff. maximus sind uns drei Data fiberliefert. Nachdem 

Beziiglich der Haft in Privatgefangnissen vorher vermutlich eine einfachere Vorrichtung, 

(Schuldhaft) s. Art. Addictus, Nexum. vielleicht nur ein quer vorgespanntes Tau, als 

[Hitzig.] Ablaufschranke gedient hatte, wurden zuerst im 

2) Career (gewehnlich unrichtig career Ma- J. 330 v. Chr. eigentliche C. in diesem Circus 

mertinus genannt; die mittelalterliche Bezeich- aufgefuhrt, Liv. VIII 20. Im J. 174 v. Chr. 



1583 Carceres Carceres 1584 

liessen die Censoren Q. Fulvius Flaccus und A. Pea Anmerkung zu Bianconi X 84. S. auchMis- 
Postumius Albinus eine Neuerung anbringen, fiber sus. Es war also die Moglichkeit gegeben, dass 
deren Art wir wegen der Verderbtheit der in Be- von jeder der Circusparteien entweder je ein oder 
tracht kommenden Stelle (Liv. XLI 27) im Un- je zwei oder (von vier) je drei Wagen liefen (eer- 
klaren bleiben. Der Kaiser Claudius schliesslich ta/mina singular urn, bmarum, ternarum, Pried- 
ersetzte den Tuffstein und das Holz, aus dem die lander 500); im letzten Palle, oder bei secbs 
C. bisher bestanden hatten, durch Marmor, Suet. Parteien schon im zweiten, wurden dann alle zwolf 
Claud. 21. Man muss annehmen, dass bei diesen Stande besetzt. Wenn in der Inschrift des Wagen- 
Neubauten, deren Zahl damit gewiss nicht er- lenkers Gutta (CIL VI 10047. Friedlander 
schopft ist, nicht bios mit dem Material, sondern 10 498ff.), die in die Zeit des 2. bis 4. Jhdts. gehOrt, 
auch mit der ganzen Anlage Veranderungen vor- audi eertamina quarternarum erwahnt werden, so 
genommen wurden; namentlich wird man die muss man entweder annehmen, dass die Zahl der 
Breite der einzelnen Schuppen haben vergrfissern C. damals auf sechszehn vermehrt worden sei oder 
milssen, als man fiber die gewOhnliche Vierzahl dass nur drei Parteien je vier Wagen gestellt 
der vorgespannten Pferde hinausging und Bennen haben. Auf dem interessanten circensischen Mo- 
mit Sechsspannern (s. Seiuges) nichts Unge- saik, das in den Buinen der hispanischen Stadt 
wohnliches waren. Die C. brauchten nicht viel Italica entdeckt und von deLaborde herausge- 
tiefer zu sein , als ein Bennwagen mit Deichsel geben worden ist (s. u. Litt.) , sind nur elf C. 
lang ist. Weil sie eine Plattform zu tragen hatten, angegeben, auf dem linken Pliigel sechs, auf dem 
waren sie gewolbt (Apoll. Sid. carm. XXIII 319 20 rechten ffinf ; vielleicht wurde hier , der Baum- 
eareeres fornieati cod. Paris. 9551 F. Dionys. ersparnis wegen , bei einem Bennen von je drei 
Hal. ant. Bom. Ill 68 yafoSeoTal fciza<psoeig). Die Gespannen das Eingangsthor mitbenutzt. Man 
einzelnen Stande, an Lange und Breite einander erkennt hier auch deutlich die Hermen und die 
gleich, waren durch Zwischenmauern getrennt, an Gitterthfiren , ferner die Brustwehr fiber den C. 
deren Stirnseiten, nach dem Innern des Circus zu, mit elf vergitterten Bogenfenstern (zwei derglei- 
Hermen (s. Hermuli) angebracht waren. Die chen Lunetten aus Marmor, unter den Buinen des 
Schuppen waren auf der Bahnseite durch doppel- Circus Flaminius gefunden, werden noch im Pa- 
flfiglige Gitterthfiren verschliessbar (eaneelli, trail- lazzo Mattei zu Bom aufbewahrt , der auf dem 
senna, repagula, septa. Corp. gloss, lat. II 204, Platze jenes Circus steht, Bianconi VI 36), in 
25 valuae per u voealem si scribantur, signifi- 30 der Mitte fiber dem Eingangsthore die Loge , in 
cant dvQag Inmxov, wobei es fraglich bleibt, ob der der Veranstalter der Spiele sitzt; ausserdem 
nicht vielmehr die grossen Eingangsthore des ist in horizontaler Projection das Thor angegeben, 
Circus gemeint sind). Durch die Gitter hindurch das in der Nahe des aussersten linken Schuppens 
konnte das Tageslicht auch von dieser Seite her durch die linke Langseite des Circus den Eintritt 
den dunklen Baum erhellen. Ein sinnreicher, in in die Arena gestattete. Ahnlich ist die Dar- 
seinen Einzelheiten nicht naher bekannter Mecha- stellung auf einem Bruchstficke, die bei Laborde 
nismus sorgte ffir gleichzeitige Offnung samtlicher PI. XV nr. 7 und bei Bianconi (p. 5 vor dem 
Thfiren , sobald das Zeichen zum Beginne des Anfange der Abhandlung) wiedergegeben ist. Hier 
Bennens gegeben war. Dionys. Hal. a. a. O. Inna- scheinen Sclaven damit beschaftigt zu sein, je 
<peaeig k'xei dia /Mas vanlr/yog a/ia xaoas dvoiyo- 40 einen Gitterthfirflttgel zu schliessen (von einigen 
fievas. Cassiod. var. Ill 51, 4 ostia subita aequo- der Leute sind nur noch die Ffisse erhalten). Denn 
litate pandmitur. Ovid. amor. Ill 2, 77 und ars wenn die beiPanvinius (s. u. Litt.) p. 62 wieder- 
am. Ill 595 reserato eareere. Die Bedienung gegebene circensische Darstellung auf einem Mar- 
dieses Mechanismus mag sich im unteren Stock- mor in den farnesischen Garten Boms richtig ist, 
werke der Tfirme aufgehalten haben , die die C. wurden die Gitterthfiren durch den Mechanismus 
zur Bechten und zur Linken flankierten (s. Oppi- nach innen zu geOifhet. Die Leute, die die Thfiren 
dum). Die C. waren ebenso wie diese Tttrme von aussen wieder schlossen, liefen dann wahr- 
mit Malereien verziert, Enn. annal. 55, 11 Bahr. scheinlich durch die beiden Thore, von denen eins 
pictis e faueibus. Bianconi (s. u. Litt.) be- eben erwahnt wurde, herein. Wahrend des Bennens 
hauptet cap. VI p. 39 , er habe Spuren dieser 50 selbst namlich waren die Thfiren geschlossen, wie 
Malerei bei der Aufdeckung der trberreste des die Marmortafel beiPanvinius p. 185 zeigt. Auch 
Circus des Caracalla mit eigenen Augen gesehen. auf einigen bei Panvinius (p. 64. 226) abgebil- 
Die C. bildeten die dem Halbkreisbogen gegen- deten circensischen Mfinzen sind die C. erkennbar. 
uberliegende Schmalseite des Circus, im Circus Jenes spanische Mosaik ist aber auch insofern 
maximus die nordwestliche. In ihrer Mitte be- besonders wichtig, als man auf ihm deutlich er- 
fand sich ein grosses Thor (ianua bei Apoll. Sid. kennt, dass die C. insgesamt nicht eine gerade 
a. a. O. 317), durch das der Festzug (s. Pompa) Linie bildeten, sondern einen Kreisbogen. Der 
in die Arena einzog. Welche Bedeutung dieses Mittelpunkt des Kreises, zu dem dieser Bogen 
Thor ffir die Bennen selbst hatte, s. unter Cir- gehort, kann nicht auf der Langsachse des Circus 
cus. Auf jeder Seite des Thores, das zwar breiter, 60 fiegen, sondern muss ein Stuck rechts davon in 
aber nicht hoher war als die Wagenschuppen, lag die Bahn fallen. Denn der Kreisbogen liegt nicht 
in der Begel die gleiche Anzahl Stande, im Circus symmetrisch zur ganzen Circusanlage, sondern ist 
maximus ursprtinglich je vier, spater, vielleicht seit schrag zwischen die beiden Langseiten des Circus 
Domitians Zeit, in der die Zahl der Parteien vor- eingespannt, so zwar, dass der am weitesten rechts 
fibergehend von vier auf sechs erhoht wurde, je befindliche Schuppen ein Stuck hinter den ausser- 
sechs, Friedlander S.-G. ID> 352. Apoll. Sid. sten linken zurttckweicht , dass also die rechte 
a. a. O. 318 senis eareeribus. Cassiod. a. a. 0. Langseite des Circus ein Stuck langer sein muss 
bis sena ostia ad duodecim signa posuerunt. als die linke. Die Schuppenwande liefen dem- 



1585 Carceres Cardea 1586 

nach nicht parallel, sondern convergierten nach als Manuscript unter Freunde verteilt). Hirt 

der Bahn zu etwas, weil sie alle nach ein und Geschichte d. Baukunst II und III. Polenus 

demselben Punkte, eben nach dem Mittelpunkte Exerc. Vitruv. Bahr in d. Encycl. v. Ersch und 

jenes Kreises, gerichtet waren. Bianconi hat Gruber unter Circus XVII 288 (Litteraturanga- 

durch Messungen an den Uberresten des Circus ben!). Schulze Die Schauspiele z. Unterhaltung 

des Caracalla, die in ihrer Art zu den besterhal- d. rom. Volkes, 1895 (Gymnas.-Bibl. XXIII) 50. 

tenen zahlen (Panvinius p. 243, 2), die Lage [Pollack.] 

jenes Punktes gefunden; er liegt ein Stuck rechts Carcici s. Carsici. 

von ungefahr der Mitte der Verbindungslinie zwi- Carcinus, schiffbarer Fluss im Bruttierlande 
schen der inneren Meta (s. d.) und dem Eingangs- 10 (Plin. Ill 96. Mela II 4), jetzt Corace. 
thore, oder rait anderen Worten, der Halbmesser [Hiilsen.] 
des Kreises verhalt sich zur Verbindungslinie der Carcoe, Stadt in Zarangiane , Geogr. Rav. 
beiden aussersten Schuppen, d. i. zu der fiber dem p. 47, 8. 65, 3 neben Propasta d. i. Prophthasia, 
Kreisbogen der C. gespannten Sehne , wie 5 : 4. dem heutigen Fr&h. Die arabischen Geographen 
Freilich stimmen die Angaben Bi an con is (cap. vermerken einen drei Farsang nordlich von der 
VI 37) mit den auf Tav. I gegebenen Massen Metropole Zarang gelegenen Magierort Karkuyah, 
nicht uberein. Diese merkwiirdig unsymmetrische woselbst in einem atisgah oder Feuertempel Ma- 
Anlage der C, die wir auch fur die ubrigen rOmi- gier mit Tamariskenzweigen das von Vahumano 
schen Circi annehmen miissen, hatte offenbar den hinterlegte heilige Feuer Mainy6-kark6 nahrten ; 
Zweck, die Bedingungen fur die Inhaber der ein- 20 auf den Kuppeln Eustams ragten , wie auf dem 
zelnen, durchs Los (Symmach. relat. IX 6. Apoll. nordlichen Thore von Zarang, zwei gegen einander 
Sid. a. a. 0. 315) erhaltenen Stande moglichst geneigte Horner (korung, lurist. kolnng). Die 
auszugleichen. Naheres darliber s. unter dem einheimische Nebenform Korunk, Korun fur C, 
Artikel Circus. Bei einer Vergleichung der in die sich noch in dem heutigen Namen des Dorfes 
gewissem Sinne entgegengesetzten Startanlage im Koluk erhalten hat , weist auf Gleichheit mit 
olympischen Hippodrom (s. \mtei"A<peoig) kommt Korok (s. d.) des Isidores von Charax. 
man zu dem Schlusse, dass die Romer die Auf- [Tomaschek.] 
gabedesBedingungsausgleichsineinfachererWeise Carcome (Kagxwfit] , moglicherweise verdor- 
gel6st haben als die Griechen, wenn sie sich auch bener Name) , Ortlichkeit an der Kiiste Maure- 
bei der kunstlichen, nach mathematischer Berech- 30 taniens zwischen Caesarea und Cartenna, Ptol. 
uung ausgefflhrten Einrichtung der C. an diese an- IV 2, 4. [Dessau.] 
gelehnt haben m6gen. Stellen: Ovid. amor. Ill 2, Carcuvium, Ort in Hispania citerior, Station 
9 saero de car cere. 66 aequo eareere; epist. XVII der rbmischen Strasse von Emerita nach Caesar - 
(XVIII) 166; trist. V 26. Horat. sat. I 1, 114. augusta zwischen Mirobriga (s. d.) und Laminium 
Verg. georg. I 512. Ill 104; Aen. V 145. Cic. (Itin. Ant. 445, 1); es wird nicht weit von Ore- 
Brut. 47. ubertragen wird C. vom Anfange und turn (s. d.) zu suchen sein (nach Caracuel setzt 
Ausgangspunkte gebraucht; s. die Stellen unter es nach der oft triigenden Namensahnlichkeit 
Calx oben S. 1422f. Im Griechischen entspricht Guerra Discurso a Saavedra 90). [Hubner.] 
dem Worte der Ausdruck Imiayeois Corp. gloss. Cardabiaca wird Not. dign. Oc. XXXDII 50 
lat. II 97, 52 (so auch zu lesen III 11, 1 fur 40 Oardellaea der Tab. Peut. genannt, s. d. 
iTiitacpvztj? , 84, 34 und 302, 55 fur vmcupidsg, [Patsch.] 
173, 50 fur ipparis) oder oKpszrjQia II 97, 41. Cardaya, eine binnenltodische Stadt der Sa- 
250, 51. 537, 28. 549, 43. Zu den Glossen III baeer, von Plin. VI 154 zwischen Nascus und 
240, 23. 67. 372, 9, wo C. mit xaixnxriQeg, xan- Camus genannt. Sprenger (Alte Geogr. 383) 
jtrog, vvooa erklart wird, vgl. Pollack Hippo- vergleicht Qarwlt, das aber weder lautlich noch 
dromica (Leipzig 1890)291 Wenn Apollinaris Sido- der Lage nach zu passen scheint. 
nius den Fusswettlauf aus eareeris antro (carm. V [D. H. Miiller.] 
171) beginnen lasst und II 494 vom career circi Cardea , romische GOttin der Indigitamenta, 
spricht, wo der Wettlauf der Atalante mit ihren die neben Forculus , dem Gott der TMrpfosten, 
Freiern erwahnt wird, so beweist das, dass man 50 und Limentinus, dem Gott der Schwelle, als 
in dieser spaten Zeit vom Wettlaufe der Stadio- Schutzerin der TMrangeln angerufen wird (Tertull. 
dromen keine richtige Vorstellung mehr hatte; de idol. 15. Aug. c. d. IV 8. VI 7, danach zu er- 
die umgekehrteVerwechslungflndet sich bei seinem ganzen oder zu verandern Tertull. ad nat. II 15 
Zeitgenossen Quintus Smyrnaeus (Posth. IV 195 [vgl. die Interpolation bei Cyprian, quod idola dii 
und 550). S. die Artikel Ostium und Mappa. non sint 4]; de cor. 13; scorp. 10). Wie C. zu 
Litteratur: Onuphr. Panvinius De ludis cir- ihrem Amte gelangt ist, erzahlt uns ein hiibsches 
censibus 1600 p. 59ff. 71. 228. 235. 242. J. C. Bu- Marchen Ovids (fast. VI lOlff.): alien Liebes- 
lengerus De Circo Romano ludisque circensibus antragen hat sich die sprflde Jungfrau listig zu 
1626 cap. X— XIV (beideinGraeviiTb.es. antiqu. entziehen gewusst, indem sie ihre Bewerber in 
Rom. IX. Index!). Salmasius Exercitat. Plin. 60 eine dunkle Grotte vorangehen heisst und inzwi- 
p. 635. Bianconi Descrizione dei Circhi etc. schen selber im Gebiisch entwischt; doch Ianus, 
ed. Fea (Rom 1789, Ausgabe mit franzosischer den Gott mit dem Doppelgesicht, kann sie nicht 
tlbersetzung. Index!). De Laborde Descripci6n tauschen, sie muss sich ihm ergeben, und zum 
de un pavimento en mosayco descubierto en la Lohne schenkt er ihr die Herrschaft iiber die 
antigua Italica (Paris 1806) 33ff. A. Nibby Dis- Thurangeln und uber den wunderthatigen Weiss- 
sertazione del Circo volgaremente detto di Cara- dorn, mit dem sie an Pfosten und Schwelle drei- 
calla 27—30 (Rom 1825 gedruckt auf Kosten des mal ein Zeichen macht und dadurch bosen Zauber, 
Banquiers Torlonia, Herzogs von Bracciano, und besonders die blutsaugenden Strigen vom Hause 



1587 Cardelaca Careon 1588 

femhalt. Wenn Ovid dieses Marchen nicht bios rnani gebildeten Schnittpunkte, die Ecken der 

am Peste und unter clem Namen der Carna (s. d.) Centurien, mit citra eardinem, die der ultrata 

erz&hlt, sondern auch charakteristische Ziige der mit ultra eardinem, ferner je nachdem die zu 

beiden ihrem Wesen nach durchaus verschiedenen bezeichnende Centuria links oder rechts vom de- 

Gottinnen abwechselnd von der einen auf die andre cumanus maximus lag, mit sinistra, dextra be- 

iibertragt, so beweist das einerseits, wie sehr das zeichnet. So heisst z. B. die erste Centuria der 

Verstandnis fur die Eigenart des romischen Glau- regio sinistra ultrata : S(inistra) D(eeumanum) 

bens der damaligen Zeit bereits abhanden ge- / (primum = maximum) VfltraJ Kfardinem) I 

kominen war, und berechtigt andrerseits zu dem (Weiteres unter Limitation). Das ist ,Seiten- 
Schlusse, dass es sich hier nicht um eine volks- 10 linien sind in der regio sinistra des I dec, in 

tiimliche Sage handelt, sondern um die Erflndung der regio ultrata der I cardo.' Die beiden andern 

eines phantasiereichen Dichters , vgl. W i s s o w a Seiten waren dann dec. II und c. II. Sinistra und 

Philolog. Abhandlungen Martin Hertz zum 70. Ge- ultra steht hier absolut, bedeutet ,in der regio 

burtstag von ehemaligen Schiilern dargebracht, sinistra, ultrata' nicht etwa .links vom ersten 

Berl. 1888, 164if. [Aust.] Decumanus jenseits des ersten C, denn links 

Cardelaca (Geogr. Rav. 220, 10) s. Gar- vom ersten Decumanus und jenseits des ersten 

del lac a. [Patsch.] C. laufen sehr viele Unities. Nachdem durch 

Cardena, Ort an der Mosel beim Geogr. Rav. sinistra und ultra das Viertel bezeichnet ist, in 

IV 26 p. 234, 7; jetzt Karden. Vgl. auch Hoi- dem die Centuria liegt, nennt Deeumanum I, 
der Altcelt. Sprachschatz s. Caratodunon. 20 Cardinem primum die beiden zur Pixierung des 

[Ihm.] Quadrats der Centuria notwendigen Seitenlinien. 

Cardo. Cardo ist in historischer Zeit und Man vergleiche die Bezeichnung der Tage wie 

in der Tradition der r&mischen Agrimensoren die ante diem IV idus Martias, d. h. dies IV ante 

den decumanus, die Hauptlinie der Limitation, id. Martias. 

schneidende Senkrechte, die zweite Grundlinie. Cardo wird sowohliL wie C. abgekurzt, erstere 

Aber der Name sagt, dass cardo einmal die ,Axe', littera singularis ist ein Zeichen fur das Alter 

die Hauptlinie, des Systems gewesen ist, wie de- der Limitation. Auf dem Centurienstein von der 

cumani offenbar die im Abstand von je 10 actus gracchischen Assignation des ager Campanus (OIL 

(= 1000 Fuss) auf dem C. abgetragenen Quer- X 3660) steht denn auch 

linien gewesen sein miissen (s. M o m m s e n Herm. 30 . 

XXVII 90). In der Castrametation hat der C. K XI 

als via principalis noch deutlicher den alten n 
Vorrang nominell bewahrt. Im iibrigen ist je- 

doch der C. durchaus die secundare Linie, und Der C. wurde mit der Sonnenuhr, dem gno- 

wenn in den spateren Assignationen zuweilen die mm, leicht gefunden. Man hatte nur den kiirze- 

Orientierung des Territoriums von West nach sten Schatten festzustellen, die Linie, welche den 

Ost durch den C. statt durch den Decumanus Endpunkt der Schattenlinie mit dem Pusspunkt 

bezeichnet wird (Grom. II 346), so kommt das des Gnomon verband, gab die Richtung des C. 

nur daher, dass man oft das Terrain nach seiner (vgl. Grom. I 188, 14). [Schulten.] 

Langsrichtung orientierte , d. h. den Decumanus 40 Cardono, im Itin. Hieros. 562 = p. 8 statt 

bei nordsiidlicher Ausdehnung des Terrains nach Carrodunum. [Patsch.] 

Siiden hin zog. Die Serviusstelle (Georg. I 126) Cardnae vicus, nahe bei Bilbilis in Hispania 

eum agri eolonis divider entur, fossa ducebatur citerior, nur erwahnt bei Martial (IV 55, 17). 

ab oriente in occidentem quae kardo nuncupa- Die Lage ist nicht ermittelt; essbare Disteln (ear- 

batur ist ohne Bedeutung. Wer den limes fur duus) sind in Hispanien hauflg. [Hiibner.] 

einen Graben hielt, wusste von der romischen Carduus s. Artischocke. 

Limitation nichts. Wie zuerst der Decumanus Careiae, Plecken in Siidetrurien, jetzt Galera, 

nach Westen, dann nach Osten gezogen wurde, genannt als Station der Via Claudia, Itin. Ant. 

so der C. zuerst nach Siiden, dann nach Norden. 300. Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 33 p. 274 P., 

Der erste C, der durch die groma, das Cen- 50 ferner von Frontin. de aq. 71 gelegentlich der 

trum der Limitation, gelegte, hiess cardo maximus. Beschreibung der Aqua Alsietina. Inschriften aus 

Er wurde in den augustischen Colonien 20 Fuss Galera und Umgegend OIL XI 3759 — 3776. 

breit — halb so breit wie der Decumanus — [Hulsen.] 

angelegt. Carenes, vornehmer Parther, Satrap von Me- 

Der C. teilte das Limitationsgebiet in eine sopotamien, Anhanger des von Rom aus gegebenen 

Ostliche Halfte pars antiea oder eitrata und in Konigs Meherdates (= Mithridates V. ; vgl. A. 

eine westliche pars postica oder ultrata. Dem- v. Gutschmid Geschichte Irans 127); er flel im 

Kampfe gegen Gotarzes im J. 49 n. Chr., Tac. 

0st ann. XII 12—14. [Stein.] 

eitrata 60 Careni ? Volk im nordwestlichen Teil Kale- 

Idoniens (bei Ptolemaios II 3, 8 Kagrivol; KaiQtj- 

— — Sud voi nach einer Hs. K. Miiller), dessen Wohnsitze 
vielleicht ungefahr dem heutigen Sutherland ent- 

ultrata sprechen. ' [Hiibner.] 

* Careon, Hafen an der bosporanischen Kiiste, 

West lord. Get. 5 und Geogr. Rav. IV 3. V 11: yiel- 

gemass werden die in der pars eitrata gezogenen leicht Rest von Panti capeon, s. Pantikapaion. 

cardines und damit die von ihnen mit den Decu- Indes verzeichnet Ptol. Ill 5, 13 Kaooia (s. d., jetzt 



1589 Carepula Carinae 1590 

Taganrog), wahrend Kagea nofos bei Chalcocondy- XV 4, 1 scheint unklar. Der Autor des bell. Alex, 

las III p. 136 wiederum nur auf Pantikapaion nennt ihn et animi magnitudine et rei militaris 

(jetzt Kerc, russ. Korcew, arab. Karg, vermerkt srientia virum praestantem. [Miinzer.] 

als Verkaufsplatz der von den Magyaren gefange- Cariaciis, Ort in Gallien, jetzt Chirat-l'Eglise 

nen Sclaven) zu beziehen ist. [Tomaschek.] (dep. Allier) , Ven. Fortunat. carm. V 7, 8 Ca- 

Carepula, Ort der Kiiste Mauretaniens, Sst- riaci speciosus ager devexus in amnem. XI 25, 7 

lich von Cartenna, Ptol. IV 2, 4. [Dessau.] hine eitus exeurrens Gariaeae devehor aidae. 

Cares (Caris), Nebenfluss der Loire, le Cher. Vita s. Germani 156 in villa Cariaeo. Holder 

Gregor. Tur. hist. Franc. V 41 ; virt. Mart. II 56. Altcelt. Sprachschatz s. v. Vgl. den Fhissnamen 

Holder Altcelt. Sprachschatz s. Carus. Long- 10 Cares. [Ihm.] 

non Geogr. de la Gaule 161. Einen Fluss glei- Carianense (oppidum), africanische Ortschaft, 

chen Namens im nordlichen Frankreich envahnt von der ein Bischof im J. 41 1 genannt wird (Collat. 

Ven. Fortun. carm. VII 4, 15 (Cares), vielleicht Carthag. c. 126, bei Mansi Act. concil. IV 100). 

der Chiers. [Ihm.] Entweder identisch oder benachbart Casulae Ca- 

Caresii (Ka^r/vowi Ptol. Ill 3, 6), Volks- rianenses, mit Bischof im J. 484 (Notit. episc. 

stamm in Sardinien, genannt zusammen mit den Byzac. nr. 58, in Halms Victor Vitensis p. 67). 

Kovvvvaixavol oberhalb der SoXxnavoi raid Aov- [Dessau.] 

xovidcovrjvocoi; ihr Wohnsitz wird am oberen Cae- Cariati s. Carrei Nr. 1. 

dris gewesen sein , wo (bei deni Dorfe Dorgali) Cari . . beflacae (?), ortliche Gottheiten (viel- 
eine Tabula honestae missionis vom J. 96 fur einen 20 leicht Mymphen) auf der spanischen Insehrift CIL 

T. Flaviw . .gnus Tanilae filius CaresfiusJ ge- II 2531. Vgl. Cari-oeiecus. [Ihm.] 

funden ist (CIL X 7890 = III D. XVIII). Auch Carietes, eine kantabrische Volkerschaft in 

der Name des fanum Garisi (s. d.) diirfte hier- Hispania citerior, zum Bezirk von Clunia gehorig. 

her zu Ziehen sein, schwerlich dagegen der von Sie hatten mit den Vennenses, nach den Listen 

Bailie (Mem. de l'acad. des sciences de Turin des Agrippa, fiinf eivitates. von denen jedoch Pli- 

1831, 2011) herangezogene einer verfallenen Stadt nius nur die Velienses nennt (III 26). Aus beiden 

Caresi zwischen Terranova und Posada. Volkerschaften zusammen ist die cohors Carie- 

[Hiilsen.] turn et Veniaesum (rustike Schreibung fur Ven- 

Caretini supernates et infemates werden von niensium, das neben Vennenses gleichberechtigt 
Plin. HI 106 unter den binnenlandischen Volkern 30 ist) ausgehoben worden (CIL V 4373; vgl. Ephem. 

der vierten Region Italiens, zwischen den Auxani, epigr. V p. 168). Da nun Ptolemaios die Stadt 

Frentani und Lanuenses (schr. Iuanenses) auf- OvsXeia (s. Beleia) den Kaqioxol zuteilt (II 6, 

gezahlt ; also am mittleren Laufe des Sagrus zu 64), die zwischen den Vardullern (s. d.) und Autri- 

suchen. Vgl. o. S. 1567 unter Caraceni. gonen (s. d.) an der Nordkiiste Hispaniens am 

[Hiilsen.] westlichen Ende der Pyrenaeen wohnten, so sind 

Carfanins. Carfania, bei Val. Max. VIII 3, die C. mit Wahrscheinlichkeit fur den Karistern 

2 G. Afrania, Gattin eines Senators Licinius gleich zu halten; ahnliche Verwendung verschie- 

Bucco, gestorben 706 = 48, trat wiederholt Sffent- dener Namensformen fur das gleiche Volk findet 

lich in Processen auf und verursachte dadurch sieh auch sonst (vgl. Vardulli und BaQdvfjxai, 

den Erlass eines nach ihr benannten praetorischen 40 Bastetani und BastuK). [Htibner.] 

Edictes, das dieses Recht der Frauen einschrankte Carietto s. Charietto. 

(Val. Max. a. O. Ulpian. Dig. Ill 1, 1, 5; vgl. Carimondas oder Tarmoendas (s. d.) andert 

Rein Privatrecht 154). [Miinzer.] Krilger nach Plin. n. h. XXX 5 das verdorbene 

Carflnins. Carfinia , lasterhafte Frau , Iuv. caflmdas von F, earmendas <p in Apul. de mag. 

II 69. [Groag.] 90, wo wir es jedenfalls mit einem der Erzzauberer 
D. Carfnlenns (bei App. falschlich Kapoov- zu thun haben. Die Anderung ist hi5chst unsicher. 

Xrjios), nahm am alexandrinischen Kriege 707 = 47 [Riess.] 

teil (b. Alex. 31, 3), schloss sich nach Caesars Carina, eine Stadt Phrygiens, Plin. n. h. V 

Ermordung an dessen Erben Octavian an und 145; vielleicht identisch mit Ka$ia in Phrygia 

wurde deshalb am 28. November 710 = 44 von 50 Pacatiana, Not. episc. I 360. [Ruge.] 

Antonius aus dem Senat ausgewiesen (Cic. Phil. Carinae in Rom, der westliche Abhang des 

III 23); das gleiche Schicksal traf damals die Cispius vonS. Pietro in Vincoli bis in die Gegend 
Volkstribunen Ti. Cannutius und L. Cassius, weil des Amphitheaters. Den Namen leitet Serv. Aen. 
Antonius ihre Intercession furchtete, daher ver- VIII 361 von der Ahnlichkeit der dortigen Ge- 
mutet man , dass auch C. in diesem Jahre das baude mit Schiffskielen her. Genannt wurden die 
Tribunat bekleidete. Im April des folgenden C. besonders haufig als Ort des 270 v. Chr. von 
wurde er mit der Leibwache des jungen Caesar P. Sempronius Sophus gelobten Tellustempels, der 
und der beriihmten Legion des Mars abgeschickt, die Stelle des iiber 200 Jahre vorher niederge- 
um die Vereinigung der beiden consularischen rissenen Hauses des Sp. Cassius eingenommen 
Heere bei Mutina zu sichern (App. b. c. HI 66), 60 haben soil (Dionys. VIII 79. Liv. II 41, 12. Cic. 
geriet mit Pansa zusammen in den Hinterhalt des pro domo 38. Val. Max. VI 3, 1. Plin. XXXIV 
Antonius bei Forum Gallorum, war aber auf seinem 30. Varro de r. r. I 2, 1. Flor. 1 14. Plut. Sull. 9. 
Flugel siegreich (a. O. 67—69). Die Marslegion Serv. a. a. O. F.U.R. frg. 6. Not. reg. IV), und des 
zog sich in guter Ordnung zuriick, indes nach Hauses des Pompeius, welches in der Nahe des 
Rom kam die Nachricht, sie sei aufgerieben und Tempels lag (Cic. de harusp. resp. 49. Veil. II 77. 
C. gefallen (Cic. ad fam. X 33, 4). Ob beides Suet. Tib. 15; de gramm. 15. Auct. de v. ill. 84. 
oder nur das erste falsch war, ist nicht zu er- Appian. bell. civ. II 126. Cass. DioXLVIII 38. Veil, 
mitteln; die Erwahnung des C. bei Cic. ad Att. II 77. Hist. Aug. Gord. 2. 3). AufdieC.hinauffuhrte 



1591 Carinas Caristia 1592 

der Vicus Cuprius (Varro de 1. 1. V 149. Liv. 1 48, 6. d.) und iberische Mannsnamen in -isus (Mon. ling. 

Dionys. Ill 22) ; an der Nordspitze hatte sich noch Iber. p. CXXIV). [Hubner.] 

zu Varros (de 1. 1. V 48) Zeiten ein Best vorservia- Carisi fannm, auf Sardinien, Station der 

nischer Befestigung (murus terreus Carinarum, Kustenstrasse von Carales nach Olbia, muss an 

oberhalb der Subura) erhalten. Gelegentlich er- der Miindung des Caedris gelegen haben. S. auch 

-wahnt werden die C. noch bei Cic. paradox. VI 50 Caresii. Vgl. Mommsen CIL X p. 818. 

(domus M. Manili). Liv. XXVI 10, 1. Hist. Aug. [Hillsen.] 

Maximi et Balbini 16 (dmnus Balbini). Inschr. Carisius. 1) P. Carisius (so auf den Mtinzen, 

CIL VI 9318 (?). 9718. Bedeutende Eeste sind unrichtig Dio LEI 25, 8 Thog Ka S ioto S ; Gardt- 
auf den C. nicht erhalten, auch die Stelle des lOhausen Augustus II 2, 375 irrt, wenn er P. und 

Tellustempels und der domus Pompeiana nur an- T. Carisius fur verschiedene PersOnlichkeiten halt, 

nahernd nachzuweisen. Vgl. Becker Top. 522 s. u.), leg (atus ■) Augusti pro pr(aetore) in Spanien 

— 524. Gilbert Top. Ill 354. H ill sen Nomencl. (Munzen mit dem Bilde des Augustus Babelon 

topogr. 17. [Hiilsen.] I 318ff. nr. 14—30; C. war demnach nicht Miinz- 

Carinas s. Carrinas. meister, wie Gardthausen a. a. 0. meint, kann 

Cariniana s. Vallis Cariniana. daher auch nicht von dem Feldherrn in Spanien 

Carinas. 1) E(gregius) v(ir) .... (Procurator verschieden sein). Im J. 729 = 25 v. Chr. kampfte 

von Sardinien), Eph. epigr. VlII 763. er gegen die Asturer und besiegte sie in einer 

2) Carinus, von Odaenathus 261 n. Chr. ge- Schlacht. DieUberbleibseldesgeschlagenenHeeres 
tOtet, weil er es in dessen Kriege gegen den Usur- 20 fliichteten sich in die Festung Lancia, die jedoch 
pator T. Fulvius Iunius Quietus missbilligte, dass von C. erobert wurde. Als seine Soldaten die 
Odaenathus die rOmische Sache zu seiner eigenen Stadt anziinden wollten , hinderte sie C. daran 
machte, Dio contin. V 225 Dind. An eine Ver- (Flor. II 33, 54—58. Dio LIII 25, 8. Oros. VI 
wechslung mit Macrianus, dem Vater des Quietus, 21, 9. 10). In demselben Jahre leitete wohl C. 
ist nicht zu denken ; vgl. FHG IV 196. die Ansiedelung von Veteranen in der neuen Co- 

3) Carinus, romischer Kaiser 283 — 284 n. Chr., lonie Emerita (vgl. die Darstellung der Festungs- 
M. Aurelius Carinus, s. Aurelius Nr. 75. werke dieser Stadt auf mehreren seiner Munzen 

[Stein.] und Dio LIII 26, 1). Im J. 732 = 22 v. Chr. 

Cariociecus, Beiname des Mars auf der aus erhoben sich jedoch die Asturer wieder, erbittert 

Tuy (Conventus Bracaraugustanus) stammenden 30 durch die Hoffart und Grausamkeit des C. Doch 

Inschrift CIL II 5612 Marti Garioeieeo L. Hi- gelang es diesem, den der gegen die Cantabrer 

spanius Fronto ex voto sacrum. [Ihm.] kampfende Legat C. Furnius unterstiitzte , den 

Cariolon (Var. Qarialon) , Ort in Gallien Aufstand niederzuschlagen (Dio LIV 5, 1 — 3) ; vgl. 

beim Geogr. Bav. IV 26 p. 232. Unbekannt. Gardthausen Augustus I 2, 686ff. [Groag.] 

[Ihm.] 2) T. Carisius, Miinzmeister unter Caesar um 

Carion (Tab. Peut.), Ort in Syrien an der 706 = 48 (Mommsen Mtinzwesen 651. 657. 

Strasse von Orthosia nach Apamea; sonst unbe- Babelon Monnaies de la rep. Bom. I 312). 

kannt. • [Benzinger.] [Miinzer.] 

Carioviscus s. Charioviscus. Carissimus, Comes vor dem J. 395, Symm. 

Caripa, nicht naher zu bestimmender Ort im 40 ep. II 10. [Seeck.] 

Innern Siciliens, Geogr. Bav. V 23 p. 404 P. Caristanius. 1) C. Caristanius Fronto, Legat 

[Hiilsen.] von Lycien und Pamphylien, wahrscheinlich unter 

Caripeta, eine der von Aelius Gallus in Slid- Domitian (der Name des Kaisers ist auf der In- 

arabien zerstorten Stadte (Plin. VI 160). Die schrift eradiert), Gemahl der . . . L. f. Paulla, wohl 

Stelle lautet: et supra dietam Maribam (Var. Vater des C. Caristanius Paulinus (Nr. 2), Bull. 

Mariaba/m) circuitu VI item Caripetam, quo hell. X 1886, 46 nr. 6 (Kadyanda). Papers of 

longissime processit. Es ist vielleicht mit Hale' vy the American school at Athens II 1888, 134 nr. 108 

das auf seiner Karte siidOstlich von Marib ver- (Antiochia in Pisidien). 

zeichnete Harib zu vergleichen. Auch auf slid- 2) C. Caristanius Paulinus, Sohn des Car[i- 
arabischen Munzen flndet sich ein Prageort HBB. 50 statiius] (Bull. hell. X 1886, 47 nr. 7 Kadyanda), 

Vgl. audi Glaser Skizze Arabiens II 58. wohl des Vorhergehenden. [Groag.] 

[D. H. Miiller.] Caristi s. Carietes. 

Caris s. Cares. Caristia (Philocal. CIL 12 p. 258. Ovid. fast. 

Carisa (cognomine Aurelia), eine der eivi- II 617. Val. Max. II 1, 8) oder cam cognatio 

tates Latinae im Bezirk von Gades in der sud- (Menol. rust. CIL 12 p. 280. Polem. Silv. ebd. 

lichsten Baetica nach den Listen des Agrippa p. 259. CIL VI 10234 Z. 13 VIII k. Mart, die 

(Plin. Ill 15). ebenda nach Ptolemaios (II 4, 10 karfaje eognationis. Tertull. de idol. 10; vgl. 

Kdotooa); die autonomen Munzen fiihren in der auch Ovid. a. a. O. proxima cognati dixere Ca- 

Mehrzahl die Aufschriften earise, carisi, eari ristia eari. Martial. IX 54, 5 eare [var. eara] 
und carisa (riicklaufig), die jiingsten carissa (Mon. 60 daret sollemne tibi cognatio munus) , rOmisches 

ling. Iber. nr. 158). Der alte Name ist in den Familienfest, am 22. Februar, also am Tage nach 

Gehoften von Carija bei Bornos . nOrdlich von dem allgemeinen Totenfeste, den Feralia, begangen 

Hasta Regia (s. d.) erhalten, wo auch allerlei (Lyd. de mens. IV 24 rechnet die C. noch in die 

rOmische Altertumer gefunden wurden. bis jetzt dies parentales ein, wenn er diese vom 13. — 22. 

aber keine Inschriften. Die gleichnamige Stadt Februar dauern lasst). Die AngehOrigen der Ver- 

der Trokmer in Galatien (Ptol. V 4, 9) beweist wandtschaft traten zu einem Festmahle (Val. 

nicht den keltischen Ursprung der hispanischen Max. und Ovid. aa. OO.) in Gestalt eines Piknik 

Stadt, deren Name gebildet ist wie Nabrissa (s. zusammen, bei dem jeder einen Anteil von Speise 



1593 Caritani Oarmenta 1594 

unci Trank mitbrachte (Malal. p. 180 h rots eines festen KiSrpers und insbesondere bei einer 

avftjioalmg tote Xsyofievots tpilixois k'xaoros rwv aus Gold und Silber legierten Masse das Mischungs- 

ovvtQxofikvmv sis to avunooiov to idiov avrov verhaltnis beider Metalle durch Eintauchen in 

fecbua xai nofta /ie{P iavtov xofit&i xai elg to Wasser erkennen kann (vgl. Bd. II S. 531), zwei- 

xoivov navra itaeari&sxai), man sandte sich gegen- tens folgt eine Anweisung, wie man, auch ohne 

seitig Bsswaren (nach Martial. IX 54 und 55 das Mischmetall einzutauchen , das Mischungs- 

namentlich Gefliigel) fur dies Festmahl zum Ge- verhaltnis annahernd bestimmen kann, wenn es 

schenk (daher ordnet die lex eollegi Aeseulapi thunlich ist, zu dem aus zwei Metallen gemisch- 

et Hygiae CIL VI 10234 Z. 13 u. a. eben fur ten Gegenstande einen Abguss aus dem schwere- 
diesen Tag eine Verteilung von Geld , Brot und 10 ren Metalle in vollkommen gleicher Form herzu- 

Wein an), auch die Schullehrer erhielten ein Extra- stellen. H u 1 1 s c h Metrol. script. II 24ff. Ger- 

douceur (Tertull. a. a. 0.). Da das Fest kein land Annalen der Physik und Chemie, N. F. I 

Staatsfest ist (wie schon der gerade Monatstag (1877) 150ff. Hofmann Wiener numism. Ztschr. 

zeigt), sondern zu den feriae privatae (Fest. p. 242) XVI (1884) 17ff. Das Gedicht wurde friiher mit 

gehOrt, fehlt der Name in den Hemerologien der Unrecht dem Grammatiker Priscianus zugeschrie- 

iulischen Zeit, erscheint aber sowohl in den Bauer- ben (s. das Nahere bei Hultsch a. a. 0. 25ff.); 

kalendern, wie bei Philocalus und Polemius Sil- nach Christ Bh. Mus. XX 69f. hat der Name des 

vius (s. o.). Vgl. Mommsen CIL 12 p. 310. Verfassers vielleicht Eemmius Flavius (oder Flavi- 

A. De-Marchi II culto privato di Roma antica nus oder ahnlich), nachTeuffel-SchwabeGesch. 
I (1896) 213—215. [Wissowa.] 20 der rOm. Litt. lis 1155 Eemmius Flavianus ge- 

Caritani s. Caritni. lautet. Als Abfassungszeit setzt Christ a. a. 0. 

Caritas, Personification der Zuneigung, deren 70 die Begierung des Diocletian, Schenkl S.-Ber. 

Namen auf den Miinzen der spateren Kaiserzeit Akad. Wien 1863 I 60 das Ende des 4. oder den 

erscbeint; sie zeigen auf dem Revers entweder Anfang des 5. Jhdts. Nach der altesten und besten 

verbundene Hande (Cohen Med. imp.2 Balbin 2; Hs. , dem Vindobonensis CCCXXII (fruher Bo- 

Pupien 3) oder eine aufrecht stehende, nach links biensis: vgl. Endlicher Catal. cod. philol. Lat. 

gewandte weibliche Figur, welche die ausgebreitete biblioth. Vindob. 219), ist das Gedicht heraus- 

Rechteerhebt(CohenTetricusp£re 14). [Aust.] gegeben von Endlicher Prisciani grammatici 

Caritni (Kaonvoi, Var. KaQhavoi , Ptol. II carmina, Wien 1828, 81ff., dann unter Zuziehung 
11, 6), germanisches Volk am oberen Rhein. Nach30von zwei Gudiani von Hultsch Metrol. script. 

C. Mtiller identisch mit den Caeracates (s. d.). 88ff. (vgl. ebd. IXff.). VonBaehrens, der eine 

Vgl. Zeuss Die Deutschen 99. 305. R. Much nochmalige Vergleichung des Vindob. durch Hue - 

Deutsche Stammsitze 94. [Dim.] mer benutzt hat, ist es in die Ausgabe der Poet. 

Carmei, Volk in Siidarabien (Plin. VI 157 Lat. min. V 71ff. aufgenommen worden. 

mit der Variante Charmei und Gkaramaei, welche [Hultsch.] 

zu vergleichen sind). [D. H. Muller.] Carmenta (Carmentis) gehOrt zu dem altesten 

Carmen famosum ist das in den zwolf Tafeln rOmischen Gotterkreise, denn ihren Dienst versieht 

mit Kapitalstrafe bedrohte Schmahgedicht. Cicero ein eigener Opferziinder {flamen Carmentalis), 

de rep. IV 10. 12 bei Aug. de civ. dei II 9 = Cic. Brut. 56. CIL VI 3720. Ephem. epigr. IV 759 
tab. Vni 1 in Bruns Fontes 6 28. Auf diese An- 40 (yerschieden davon sind die Carmentarii, welche- 

ordnung bezog man spaterhin die Worte der zwOlf die Orakelsprfiche der C. aufzeichneten, Serv. Aen. 

Tafeln (Plin. n. h. XXVin 18) Qui malum ear- VTII 336), und das ihr zu Ehren begangene Doppel- 

men incantassit, die aber (vgl. Bruns a. a. 0. fest der Carmentalia am 11. und 15. Januar (uber 

zu tab. VIII lb in fine) wahrscheinlich auf Zau- den Abstand vgl. Wissowa De feriis anni Rom., 

berformeln hindeuten sollten. Horat. sat. II 1, vetust., Ind. lect. Marpurg. S. S. 1891, 8f.) ver- 

82, ein Wortspiel mit demmehrdeutigenAusdrucke zeichnet bereits der numanische Kalender, fast. 

mains; epist. H 1, 152. Arnob. IV 34; vgl. auch Caeret. Maff. Praen. Varro de 1. 1. VI 12. Macrob. 

Paulus sent. V 4, 6: iniuriarum actio aut lege I 16, 6, vgl. Mommsen CIL 12 p. 307. Die Pon- 

aut more aut mixto iure introdueta est. lege tifices (Ovid. fast. I 462) vollzogen zusammen mit 
duodeeimtabuliirumdefamosiscarminibus,mem-50&eva flamen Carmentalis das Festopfer und indi- 

bris ruptis et ossibus fraetis. Dig. XL VII 10, 15, gitierten dabei C. als Porrima (Prorsa, Antevorta) 

27. Gai. HI 220; s. Iniuria und Intestabilis. und Postverta, d. h. sie riefen ihren Schutz an 

Voigt Die zwolf Tafeln, 1883 II S. 522ff. far die nach vorn oder ruckwarts gewandte Lage 

[Leonhard.] des Kindes bei der Geburt, Varr. bei Gell. XVI 

Carmen de ponderibus , ein am Ende des 16, 4. Ovid. fast. I 631—633. Tertull. ad nat. II 

3. oder spater bis zum Anfang des 5. Jhdts. ver- 11; Dinge, die an den Tod erinnern, galten fur 

fasstes Lehrgedicht, dessen Titel in der altesten die Geburt als iibles Vorzeichen und mussten 

~Hs.de ponderibus lautet. Es ist nach guten Quellen darum, wie z. B. das Leder von gefallenem oder 

von einem sachverstandigen und formgewandten geschlachtetem Vieh, von der Kultstatte der C. 
Autor im heroischen Versmasse niedergeschrieben 60 fern gehalten werden, Ovid. fast. 1 629. Fast. Praen. 

worden. Der erste Hauptteil handelt iiber romiscbe CIL I 2 p. 231, vgl. Varro del. 1. VII 84. Die staat- 

und griechische Gewichte und Masse. Den Cber- liche Feier gait also der GeburtsgOttin und war 

gang zum zweiten Teile bildet eine Anweisung, ein Fest der Frauen. Die Auffassung Ovids (fast, 

wie man durch einen hohlen, unten beschwerten I 633f. Macrob. I 7, 20. Aug. c. d. IV 11. Interp. 

und mit einer Scala versehenen Cylinder, d. i. Serv. Aen. VIII 336), als seien Ponima und Post- 

durch einen Araeometer, die specifischen Gewichte verta in die Zukunft bezw. in die Vergangenheit 

von Fliissigkeiten erkennen kann. Dann wird schauende Gottheiten und Schwestem oder Be- 

erstens gezeigt, wie man das specifische Gewicht gleiterinnen der C, beruht teils auf falscher Ety- 



1595 Carmentalis porta Carminius 1596 

mologie teils auf dichterischer Erfindung. Zwei lin. I 13. Serv. Aen. VIII 337. Dionys. I 32. 

Altare der Gottin lagen zwischen dem Sildabhang Ovid. fast. I 629. (Jell. XVI 16 , 4. Plut. q. 

des Capitols und dem Tiber in der Nahe der nach Eom. 56). Genannt wird es hauptsachlich bei 

ihr benannten porta Carmentalis (Gell. a. a. 0. Gelegenheit des ungliicklichen Geschickes der 306 

und XVIII 7, 2. Liv. V 47, 2. Dion. 1 32. Serv. Aen. Fabier, welche durch den dexter ianus der porta 

VIII 337. Solin. I 13. Becker Top. 137f. Gil- Carmentalis ausgezogen waren (Serv. a. a. 0. Ovid, 

hert Gesch. u. Top. Eoms I 257f. II 299f.). Die fast. II 201); man vermied es deshalb, durch 

Entstehung des einen Heiligtums kniipfte die ge- diesen ianus aus der Stadt hinauszugehen , und 

lehrte Legendendichtung an die Person des Ar- das Thor selbst hatte den Nebennamen seelerata 

kadiers Euander (Verg. Aen. VIII 337. Ovid. fast. 10 (Festus 285; epit. 334). Ferner wird es genannt 

I 585. Serv. Dion. Solin. a. a. 0.); unter den ver- bei Livius XXIV 47, 15 (ineendio solo aequata 

schiedenen Traditionen fiber seine mutterliche Ab- omnia inter Salinas ae portam Carmentalem cum 
stammung (Dion. I 81. Strab. V 230. Paus. VIII Aequimelio iugarioque vied) und XXVII 37, 11 
43, 2. Schol. Plat. 269f. Herm. Plut. q. R. 56. (vgl. § 13: a porta iugario vico in forum venere). 
Solin. I 10. Serv. Aen. VIII 51. 130. 336. Orig. Ferner wird das forum holitorium und der Apollo- 
g. E. 5. Isid. orig. I 4, 1) wurde diejenige zur tempel Ofters als extra portam C. gelegen be- 
herrschenden, die ihn zum Sohne der C. machte zeichnet. Da nun die Lage des forum holito- 
(ihr Gatte bei Plut. Eom. 21); mit dieser wurden rium bekannt, auch das Pflaster der zum Thore 
dann die andern Mutter, Mkostrate, Themis, Ty- ffihrendenStrasseneuerdingsaufeinelangeStrecke 
hurs identificiert. C. veranlasste ihren Sohn zur 20 gefunden ist (Lanciani Bull. com. 1875, 173), 
Auswanderung nach Italien (nachdem er auf ihr so muss das Thor selbst etwa an der Kreuzung 
Geheiss seinen Vater getotet hatte, Serv. Aen. der Via della Consolazione und Via Bocca della 
VIII 51); sie verkundete ihm die Schicksale des Verita gelegen haben. Eeste sind nicht nach- 
Hercules und Eoms Weltherrschaft und wandelte zuweisen. Vgl. Jordan Top. I 1, 239. Gil- 
das griechische Alphabet in das lateinische von bert Top. II 299. [Htllsen.] 
fiinfzehn Buchstaben um (Verg. Aen. VIII 333f. Carminianensis saltus, Notit. Imp. Occid. 
Ovid. fast. 1 461f. Liv. I 7, 5f. Dion. 1 31. 40. Strab. 11 (12), wo procurator reiprivatae per Apuliam 
a. a. 0. Plut. q. E. 56. Charis. p. 33. Serv. Aen. et Calabriam sive saltus Carminianensis, der 
Vm 336. Fast. Silv. z. 11. Jan. CIL 12 p. 257. Namensahnlichkeit wegen in der Nahe von Car- 
Orig. g. E. 5. Hyg. fab. 277. Isid. a. a. 0. und 30 miano (nicht Carmignano) zwischen Lecce und 

V 39, 11). Die Erbauung des zweiten Altares Otranto gesucht. S. Booking z. d. St. [Hiilsen.] 
und die Einsetzung des Festes am 15. Januar Carminius. 1) Carminius Athenagoras, Se- 
gehen nach Ovid. fast. I 617ff. und Plut. a. a. 0. nator (CIG II 2782 Aphrodisias) , Proconsul von 
auf die romischen Matronen zuriick. Der Anlass Lycia, Pamphylia und Isauria (Bull. hell. XI 1887, 
war folgender: Als den Frauen auf Senatsbeschluss 348 nr. 5 Attuda), Consular (ClG II 2783 Aphro- 
das Fahren im Wagen (earpenta) untersagt wurde, disias). Enkel des Carminius Claudianus aQ%u>- 
da entzogen sie sich den ehelichen Pflichten so qsvs Aoiag, Sohn des M. Ulpius Carminius Clau- 
lange, bis das Verbot wieder zurfickgenommen dianus, Curators von Kyzikos etwa zur Zeit des 
war; dann aber bescherte ihnen C. so reichen Kaisers Pius, und der Flavia Appia agxisgsia 
Kindersegen, dass sie ihr ein neues Heiligtum 40 'Aoias , Bruder des Carminius [Claudianus] des 
und ein neues Fest stifteten. Die Verehrung der Jiingeren , Vater der Senatoren M. Flavius Car- 
C. als Geburtsgottin ist die zu Grunde liegende minius Athenagoras Livianus (Nr. 2) und Car- 
Thatsache ; die etymologische Spielerei earpenta minius Claudianus (Nr. 3) , sowie der Carminia 
earmenta und das Hervortreten der Frauen bringt Appia und Carminia Liviana (Nr. 8) ; vgl. die 
hier zwei Dinge in einen ursachlichen Zusammen- Stammtafel dieser Familie aus Attuda in Phrygien 
hang, die ihrer Natur nach nichts miteinander bei Klebs Prosopogr. imp. Eom. I 305. 

zu schaffen haben, namlich die Verehrung der C. 2) M. Fl(avius) Carm(inius) Athenagoras Li- 

als GeburtsgiSttin und die Bestimmungen fiber die vianus, Senator, Sohn des Carminius Athenagoras 

Benfitzung der earpenta durch die Matronen (Liv. (Nr. 1), CIG II 2783 (vgl. 2782) Aphrodisias. 

V 25, 9. XXXIV 3, 9). Nach den praenestini- 50 3) Carminius Claudianus, Senator, Sohn des 
schen Fasten a. a. 0. wurde der zweite Festtag fur Carminius Athenagoras (Nr. 1), CIG II 2782 Aphro- 
die Einnahme von Fidenae eingerichtet. Da aber disias. Sein Praenomen war vielleicht Titus (vgl. 
diese Stadt des Sfteren erobert wurde und der Carminia Liviana Nr. 8}. 

Name des Feldherrn im Kalender zerstOrt ist, so 4) L. Carminius Lusitanicus, Consul suffectus 

bleibt die Zeit unbestimmt, Marini (Eph. Pis. im September und October 81 n. Chr. mit M. 

XLI 266) denkt an Aemilius Mamercus diet. a. Petronius Umbrinus, CIL VI 2060 Acta Arvalium. 

437 oder 426, Klaus en (Aeneas und die Pe- [Groag.] 

naten II 884) an Servilius diet. a. 435. Am an- 5) M. Carminius M. f. Pap(iria) Pudens, 

sprechendsten ist der Vorschlag Mommsens a. equo pub(lieo), saeerdos Laufrem) Lavfinas), 

a. 0., Eomulus oder Ancus zu erganzen. Wenn 60 eleetus ad eausas fisei tuendas in provineia Al- 

die Alten C. als eine Gettin der Weissagung be- pium maritimarum, patronus reipM(ieae) Ter- 

trachteten, so stfitzten sie sich dabei mehr auf gestinorum, patronus pleb(is) urb(anae), patronus 

die Ableitung des Namens von carmen, als auf colleg(iorum) dendropfwror(um) et fabr(um), cu- 

die Thatsachen des Kultes. [Aust.] r(ator) rei pfublicae) Mantuanorum, cur. rei p. 

Carmentalis porta, Thor in der serviani- Vieetinor(um), patronus Catubrinorum, Not. d. 

schen Mauer Eoms, an der Nordwestecke des ca- scavi 1888, 408. [Stein.] 

pitolinischen Hugels, so genannt nach einem 6) Sex. Carminius Vetus, Consul ordinarius 

nahen Altar oder Heiligtum der Carmenta (So- im J. 116 n. Chr. mit L. Lamia Aelianus (CIL 



1597 Carmo Carni 1598 

VI 31149 b). Die Namen des Consuls flnden sich Zeiten glaubte, die Schiitzerin der wichtigsten 

auch bei Phlegon mir. c. 9. 10 (frg. 38. 39 Muell.), Lebensfunctionen, weshalb man zu ihr betete, ut 

doch sind daselbst Praenomen und Gentilicium ieeinora et corda quaeque sunt intrimecus vi- 

an eine unrechte Stelle geraten. seera salva eonservet (Macrob. I 12, 31ff. Ovid. 

7) Sex. Carminius Vetus, Consul ordinarius fast. VI 182), und ihr einen giinstigen Einfluss 
im J. 150 n. Chr. mit M. Gavius Squilla Galli- auf die Abwehr der blutsaugenden strigae zu- 
canus. Der voile Name CIL II 3718 = Suppl. schrieb. Ihr Kult geht in sehr fruhe Zeit zuruck, 
5992; sonst Vetus (Cod. lust. II 12, 1. CIL VI denn an ihrem Festtage, dem 1. Juni, kommen 
209. 855. 2380. VUI Suppl. 14579. 14580. 14581 Bohnenbrei {puis fabata) und Speck (laridum), 
etc.). Wahrscheinlich Sohn des Vorausgehenden. 10 die altesten und volkstiimlichsten Nahrungsmittel 

8) Carminia Liviana, Tochter des Carminius der Italer, bei dem staatlichen Opfer sowohl wie 
Athenagoras (Nr. 1), dem Senatorenstande ange- bei der Privatfeier zur Verwendung. Der Tag 
hOrig (CIG II 2782 Aphrodisias). Ob sie mit hiess davon Kalendae fabariae (Ovid. fast. VI 101. 
der CIL XI 3832 (Veii) und Bull. com. XIV 1886, 169ff. Varro bei Non. p. 341. Macrob. a. a. O. 
103 nr. 1152 genannten Carminia T. f. Li- Past. Philoc CIL I 2 p. 266). In der Kaiserzeit 
viana Diotima e(larissima) f(emina) identisch wurden an diesem Tage bis ins 4. Jhdt. Circus- 
ist, erscheint zweifelhaft, weil ihr Vater als der spiele abgehalten. Ein Testament von Emona in 
wahrscheinlich altere Sohn des M. Dlpius Car- Pannonien (CIL III 3893) weist einem collegium 
minius Claudianus und ebenso wie sein eigener, fabrum die Zinsen eines Capitals zu dem Zwecke 
alterer Sohn M. Flavius Carminius Athenagoras 20 zu, uti rosas Carnar(iis) ducant. Wenn Momm- 
Livianus, das Praenomen Marcus gefiihrt haben sen mit Recht vermutet, die hier genannten Car- 
wird. Da aber die Namen der Diotima ihre Zu- naria seien identisch mit der rBmischen Feier am 
gehorigkeit zur nachsten Nachkommenschaft des 1. Juni, so ware damit der Kult der Gottin auch 
Carminius Athenagoras sichern, diirfte sie viel- ausserhalb Italiens bezeugt. Ausgehend von dieser 
leicht als Tochter des Carminius Claudianus (Nr. 3) Identitat, von den altertiimlichen Brauchen des 
anzusehen sein. [Groag.] Festes und deren Verwandschaft mit den Cere- 

Carmo, Stadt in Hispania ulterior, wird zu- monien solcher Feste, die der Verehrung der d/ii 

erst schon im 6. Jhdt. d. St. wahrend der Feld- inferi gelten (vgl. Crusius Rh. Mus. XXXIX 

ziige des P. Scipio genannt (Appian. Hisp. 25. 1884, 164ff.), und mit Berufung auf die isolierte 
27) als Sammelplatz der Truppen des Mago und 30 Stellung des 1. Juni als dies tristis im numani- 

Ort einer grossen Schlacht. Wieder wird es er- schen Kalender gelangt Wis sow a (De feriis anni 

wahnt mit Baldo (s. d.) als feste Stadt des Kflnigs Rom. vetustissimi, Ind. lect. Marp. S.S. 1891, 13) 

Luxinius in der Hispania ulterior im J. 557 = 197 zu dem Schlusse, ein Fest der C. (Carnaria), zum 

(Liv. XXXIII 21, 7 — 9). Nachher uberwintert Totenkult in Beziehung stehend, gehOre bereits 

der Praetor Ser. Galba nach seiner Niederlage zu dem altesten romischen Festcyclus und sei nur 

dort im J. 603 = 151 (Appian. Hisp. 58 Koq- deshalb in dem Kalender nicht verzeichnet, weil 

p.mvrj). Bei Strabon wird es mit Astigi und der 1. Juni in dem Namen der Kalenden bereits 

Obulco unter den bedeutendsten Stadten jener eine offlcielle, das andere Fest verdunkelnde Be- 

Gegend genannt (Koqu<ov III 141). Caesar nennt zeichnung gefunden habe. C. besass ein altes 
«s in der Schilderung des Krieges gegen Pompeius 40 Heiligtum auf dem Caelius, angeblich von M. 

die festeste Stadt der ganzen Provinz (Garmo- Iunius Brutus nach der Vertreibung der Konige 

menses, quae est longe firmissima totius provin- gegrundet (Macrob. a. a. 0., vgl. Tertull. ad nat. 

eiae civitas b. c. II 19, 4; vgl. bell. Alex. 57, 2. II 9). Uber Ovids Verwechslung der C. mit der 

64, 1, wo die Hss. narbonam haben, was Glan- von ihr ganzlich verschiedenen Cardea (Ovid. fast, 

dorp zu Carmonam besserte, statt Carmonem). VI lOlff.) s. d. und vgl. Wissowa Philolog. Ab- 

In den Listen des Agrippa und Augustus stand handlungen Martin Hertz zum 70. Geburtstage von 

es sicher als ein oppidum eivium Bomanorum ehemaligen Schiilern dargebracht, Berl. 1888, 164ff. 

oder Latino/rum, ist aber bei Plinius (III 12) [Aust.] 

ausgefallen. Ptolemaios nennt es unter den Stad- Carnae, kaukasisches Bergvolk am Oberlauf 
ten der Turdetaner (II 4 , 10 Kagfiovla). Die 50 des aus den Cissii montes kommenden Flusses 

rSmische Strasse von Hispalis nach Astigi beriihrte Imityes, Plin. VI 21. Vielleicht als ,Mischvolk' 

es (It. Vicar. Itin. Ant. 414, 2. Geogr. Rav. 315, zu deuten, skr. Mrna (s. Cyrnae), armen. eharn 

5). Der erhaltene Name (Carmona), die hohe = mixtus. [Tomaschek.] 

Lage und erhebliche Reste der Mauern und Thore Carnarium s. Carcarium. 

nebst mannigfachen Funden von Inschriften und Carnens (?), Gottheit auf einer in Arrayolos 

anderen Altertttmern lassen an der Identitat keinen in Lusitanien gefundenen fehlerhaft iiberlieferten 

Zweifel (CIL II p. 188); eine ausgedehnte romische Inschrift, CIL II 125 Cameo Calantices .... 

Nekropole ist neuerdings aufgedeckt worden (CIL Steuding (Roschers Lex. I 855) denkt an den 

II p. 848). Die autonomen Miinzen ftihren die ,gehOrnten Gott der Nacht und des Todes bei den 
Aufschriften Carmo und Karmo, und einen un-60Kelten'undverweistaufCernunnos(s.d.). [Ihm.] 

verstandlichen Zusatz ia auf einigen (Mon. ling. Carni, keltisches Volk, dessen Gebiet das 

Iber. nr. 166). Die Inschriften nennen die alteren Thai des Tagliamento und unter anderen die Stadte 

Municipalmagistrate und Priester , Quattuorviri, Iulium Carnicum, Tergeste und Aquileia umfasste, 

Augurn und den Pontifex divi Augusti (CIL II Strab. IV 206. 207. V 216. VII 292. 314. Liv. 

1379. 1380. 5120), sind aber wenig zahlreich. XXXIX 22. 45. 54. 55. XLIII 5. Mela II 59. 

Die Stadt scheint vom 1. Jhdt. abwarts zuruck- Plin. n. h. Ill 38. 127. 130. 133. 146. Appian. 

gegangen zu sein. [Hflbner.] Illyr. 16. M. Aemilius Scaurus triumphierte im 

Carna, altromische Gottin, wie man zu Ovids J. 115 v. Chr. de Galleis Karneis, CIL I p. 460 



1599 Carnia Camon 1600 

= 1 l 2 p. 49. Sie hatten im Osten pannonische Topograph. 555). Ein ehrliches Begrabnis ist ihrn 

Velker, im Westen die Veneter, im Norden die versagt; er wird des wegen mit dem Selbstmorder 

Noriker zu Nachbarn. An der Ostseite der Veneter zusammengestellt (Pestus ep. p. 64). 

beruhrten sie das Meer um den Busen von Triest; Die Organisation des Personals ist unklar; 

von den Norikern trennte sie die Bergkette der dass es sich mit Beginn der Kaiserzeit vermehrt 

Alpes Carnieae. Ptol. Ill 1, 25 (vgl. Ill 1, 22) hat — Seneca ep. Ill 3, 14 spricht von einer 

nennt als Stadte der C. Forum Iulium, Concordia turba earnifieum — , ist wahrscheinlich, da die 

und Aquileia , von Iulium Carnicum bemerkt er Todesstrafe hauflger zur Anwendung gelangt und 

II 13, 3, dass es /u,exa$v 'Ircdi'as xal Ncogixov nunmehr auch an freien Personen durch den C. 
liege. Erst Antoninus Pius gewahite den C, die 10 vollzogen wird, Suet. Claud. 34. Tac. ann. V 9. 

Octavian der Colonie Tergeste (Triest) zugewiesen Plin. ep. IV 11; vgl. Mommsen Rem. Staatsrecht 

hatte, die Latinat (Decret von Tergeste, CIL V 13 381. Im iibrigen nimmt in der Kaiserzeit, 

532 Garni Catalique attribute a divo Augusto wie vor allem die Martyreracten lehren, das ganze 

rei publiede nostrae. Marquardt St.-V. I 2 15. Hinrichtungswesen vorwiegend militarischen Cha- 

168. 181. 186). Die Inschrift von Strascha (bei rakter an; hauflg wird ausdrficklich berichtet, 

Gurkfeld) CIL HI 3915 (aus der Zeit Hadrians) dass die Todesstrafe durch einen Soldaten voll- 

nennt Aelii Garni cives Romani (dazu die Be- streckt worden sei, Joseph, ant. Iud. XIX 1, 6. 

merkungen Mommsen s CIL III p. 496). Zeuss Senec. de ir. 118, 4. Suet. Calig. 32. Tac. ann. 

Die Deutschen 248ff. Miillenhoff Deutsche I 53; hist. IV 11. Cass. Dio LXXVIII 14, 4. 
Altertumsk. II 263. 276. 291. Mommsen CIL 20 Hist. Aug. Carac. 4, 1. Ulp. Dig. XLVIII 20, 6. 

V p. 1. 53. 83. Nissen Ital. Landeskunde I 479. Act. procons. Cyprian. V (Ruinart Act. mart. 

487. Ruggiero Dizionario epigr. II 116. Hoi- sine. p. 218). Finnic. Matern. VIE 26; Klagen 

der Altcelt. Sprachschatz s. v. Vgl. auch Car- iiber solche Verwendung der Soldaten bei Joseph, 

nia und Iulium Carnicum. [Ihm.] a. a. O., vgl. auch den Artikel Speculator. Wahr- 

Carnia nennt das Land der Carni die Dimen- scheinlich hat man daher iiberall, wo in spaterer 

suratio provinciarum 15 ed. Riese: pars Italiae Zeit schlechthin von Hinrichtung durch einen C. 

ad Alpes finitur ab orients iugis Alpium, ab oeei- gesprochen wird (z. B. Ammian. Marcell. XXVHI 

dente Histria et Carnia, s. Carni. Vgl. Car- 1, 26. 27) an einen Soldaten, nicht an den friiheren 

mum, Carnech, Caraeofo(jetztKrain)beim Geogr. Gemeindesclaven zu denken. 
Rav. IV 21. 22. 37. ' [Ihm.] 30 Vgl. Walter Gesch. d. rem. Rechts 885— 887. 

Carnieae Alpes, Abschnitt der Ostalpen, nach Rudorff Rem. Rechtsgeschichte II 455. 456 

dem Volk der Carni benannt, Plin. n. h. Ill 147. § 137. Mommsen Rem. Staatsrecht I 327. 328. 

Geogr. Rav. IV 37 p. 293 iugum Garnium. S. 381. Fulda Das Kreuz und die Kreuzigung (1878) 

den Artikel Alpes. [Ihm.] 133. 134. [Hitzig.] 

Carnicum s. Iulium Carnicum. Carniola. Garnium eivitas Camiolae sive 

Carnifex. Cist in minder genauer Rede- Carnieh, Geogr. Rav. p. 221, 17; die heutige Krain- 

weise jeder, der eine Hinrichtung oder Folterung burg an der Sawe. Carnia, das Land der keltischen 

vollzieht; es kann daher mit diesem Ausdruck Carni (s. d.), zur Langobardenzeit Carniola ge- 

z. B. auch ein Lictor (Cic. in Verr. V 118. 125) nannt, erscheint nach der VSlkerwanderung auf 
oder ein Triumvir capitalis (Val. Max. IX 12, 6) 40 der Nordseite der Alpis Iulia oder des iugum 

bezeichnet werden. In genauer Redeweise ver- Camium und auf den Oberlauf des Savos bis 

steht man darunter das besonders far den ge- zum Corcoras (s. Corca) beschrankt, und C. 

nannten Zweck (Hinrichtung, Folterung) gebildete, wurde der Vorort. Der keltische Name verblieb 

wuhrsotxemlich msservipublici zusammengesetzte auch nach der Einwanderung der Slowenen in 

und den Triumviri capitales unterstellte Personal, der diesen angepassten Form Kranj ,Krain' ; die 

Mommsen Rem. Staatsr. 13 327. 328. bayrisch-deutsche Form Creina, Chreina-marcha 

Dieser C. vollzieht urspriinglich nur die Hin- erscheint in Urkunden seit 950. Die Stationen 

richtung (Kreuzigung) von Sclaven (Plant. Bacch. des Geogr. Rav. gehOren jedoch derantikenNomen- 

IV 4, 87; Capt. V 4, 22), wahrend bei freien clatur an; vgl. Barneum. [Tomaschek.] 
Personen Lictor oder Triumvir capitalis in Function 50 Carnoftunum s. Carrodunum Nr. 2. 

treten, Mommsen a. a. O. 381; vgl. die Art. Camon, Stadt der Minaeer (Plin. VI 157 r 

Lictor, Triumvir capitalis. Neben der Hin- Detlefsen liest allerdings Ganon), eine andere 

richtung liegen dem C. ob : die derselben voraus- Schreibung Carnus hat Plin. VI 154, wo er diese- 

gehende kOrperliche Zflchtigung, die Folterung, Stadt neben Nascus als sabaeisch bezeichnet. 

die Verwahrung der Folterinstrumente, die Schlei- Die beiden Lesarten sind aber kaum zu trennen. 

fung der Leichen, Suet. Tib. 54; Claud. 15. Tac. Gemeint ist Kama der Inschriften ("i;np), welches 

ann. XIV 48. Senec. ep. m 3, 14. Martial. II Hal. 443. 520. 535. 536 u. 541 erwahnt wird (alle 

17, 1. Tertull. apol. 7. Ammian. Marcell. XIV 5, 9. diese Inschriften sind minaeisch); vgl. D. H. Miil- 

XIX 12, 1. XXVI 10, 9. ler Burgen und Schlesser II 59 u. 69 = S.-Ber. 
Die Beschaftigung des C. gait als veracht- 60 Akad. Wien XCVII 1011. 1021. Abweichend 

lich; Iuven. VIII 175 nennt ihn zusammen mit hiervon sucht Sprenger (Alte Geogr. 234 u. 347) 

dem Dieb, dem fluchtigen Sclaven und dem Sarg- Carnon, womit er Kaqva des Eratosthenes bei 

schreiner. Nach den leges censoriae ist er ge- Strab. XVI 768 und des Ptol. VI 7, 31 wie Ka- 

halten, ausser der Stadt zu wohnen (Cic. pro Ra- qavla des Steph. Byz. vergleicht, mit der Pilger- 

bir. 15: urbis domicilii) carere); die Hinrich- station Qarn el-Manazel unweit von Mekka zu iden- 

tungen vollzieht er vor dem esquilinischen Thor tificieren, wogegen er Carnus mit Maltzans Qern 

(Tac. ann. II 32. Plut. Galba 28. Plaut. Mil. n zusammenstellt (Alte Geogr. 383). Auch Glaser 

4,6; Pseud. 13, 97. Suet. Claud. 25; vgl. Becker (Skizze Arabiens II 22) halt Carnon fur geogra- 



1601 Carnona Carnuntum 1602 

phisch verschieden von Camus, indem er ersteres bereits in vorflavischer Zeit die Gamison unge- 
wie Sprenger irgendwo im Norden in einer fahr dort stationiert gewesen sein, wo die legio 
minaeischen Colonie, dagegen Carnus irgendwo XV Apollinaris im J. 73 das Lager erbaute oder 
in SMen (ausserhalb des Gau f) suchen zu mfissen umgestaltete , auf dem sog. Burgfelde, 2250 m. 
glaubt. [D. H. Muller.] ostlich vom Petroneller Schlosse, 1550 m. west- 
Carnona, eastellum in Gallien. Ven. Fortun. lich vom Schlosse in Deutschaltenburg; daffir 
vita s. Germani 156 cum ad Carnonam castel- spricht die Thatsache, dass langs dem dem Bflr- 
lum aceederet. Greg. Tur. virt. Martini II 48 ex felde nachsten Stiicke einer Verbindungsstrasse 
pago Carnonensi qui Andeeavo terreturio habe- zwischen dem ,Burgfeld' und C. eine Anzahl der 
tur insitus. Jetzt Chgnehntte-les-Tuffeaux (Maine- 10 altesten Soldatengraber gefunden worden ist (Arch.- 
et-Loire). Longnon Geogr. de la Gaule SOlff. epigr. Mitt. XVIII 208ff.). Sehr wahrscheinlich 
Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] meint auch Plin. n. h. IV 80 (usque ad Panno- 
Carnonacae (Ptol. II 3, 8 Ka.Qvova.xai) , ein niea kiberna Gamunti Oermanorumque ibi eon- 
Yolk in Kaledonien, etwa den Grafschaften Ross finium) das altere Lager. Von der Bauinschrift 
und Argyle in Hochschottland entsprechend. des flavischen Lagers haben wir drei sehr frag- 

[Hlibner.] mentierte Exemplare, die aber sich gegenseitig 

Caruotes s. Carnutes. erganzen: imp(eratore) Vefspasiano] Gaes(are) 

Camillas, Angeklagter unter Tiberius, ent- Augfusto) [pfontiftcej m(aximq) imp(eratore de- 

ging seiner Verurteilung durch den Tod, Suet. eimumj p(dtre) p(atriae) eo] (n)s(ule quartum) 

Tib. 61. [Stein.] 20 desig(nato quintum) , T(ito) impferatore) Cae- 

Carnunta s. Carnutes. s(are) A[u]g(usti) f(ilio) impferatore quartum) 

Carnnntum, heute Petronell, in NiederSster- eo(h)s(ule iterum) desigfnato tertium), Domitiano 

reich, wird erst zum J. 6 n. Chr. genannt, Veil. Gaes(aris) Augfitsti) ffilio) eo(n)[s(ule iterum), 

II 109, 3 locus Norici regni. So ziemlich das C. Calpet[ano] Rantio Quir[inale] Valer[rio 

einzige Uberbleibsel der keltischen Zeit von C. ist Fest]o legfato) Augfusti) pr(o) [prfaetore) , Q. 

sein Name (nach Holder von carno ,Steinhaufen' E[g]n[at]io G[ato leg(ato) leg(ionis) XV Apol- 

oder cornu, vgl. xoqvv%, .Trompete' abzuleiten); flinarisj] , leg (to) X[V Apol(linaris)] CIL III 

doch scheint es, dass aus der spateren Besiede- 11194 — 11196. 

lung des vom Festungslager verhaltnismassig weit Das Lager liegt auf einem nach alien Seiten 
entfernten Ortes durch die rOmischen Kaufleute 30 ausser gegen den Donaurand sich sanft abdachen- 

und Veteranen auf eine ansehnlichere Ausgestal- den, aber die Umgebung und die Fernsicht beherr- 

tung der Keltenstadt geschlossen werden darf. schenden Plateau uber dem Donauufer und ist in 

In rflmischer Zeit fassen Vindobona und C. als seiner Umgrenzung leicht zu erkennen. Das Detail 

an der West- und an der Ostpforte (diese die ist bisher nur teilweise erforscht. LambeksKupfer- 

porta Hungarica) des Wienerbeckens gelegene stich mit der Darstellung der damals noch besser 

Grenzorte die aus der Lage am Kreuzungspunkte sichtbaren Buinen ist sonderbarerweise in Verlust 

zweier uberaus wichtiger Strassen des keltisch- geraten, auch Marsiglis vor 1696 gezeichneter 

germanischen Ostens (des Donauthals und des uber Plan (wiederholt im Fiihrer durch C.3 84 Abb. 

den niedrigsten Alpenpass ziehenden 'Weges — 54) ist zu dfirftig; desgleichen geben Jordan 
Bemsteinstrasse, Plin. n. h. XXXVII 45 sexcentis40 und Below kaum Brauchbares an die Hand. Die 

milibus passuum fere a Gamunto Pannoniae Grabungen haben von dem etwa 400 X 350 m. 

abesse litus id Germaniae ex quo invehitur, nam- messenden Vierecke noch nicht viel mehr als ein 

lich suceinum) und aus der giinstigen Terrainbil- Vierteil blosgelegt , aber wenigstens einige der 

dung (welche dem rechten — siidlichen — Donau- wichtigsten Fragen gelOst und in Verbindung mit 

ufer die Herrschaft fiber das gegeniiberliegende den Nachrichten fiber das Festungslager von Lam- 

sichert und in den Stromengen oberhalb Wiens baesis am meisten unsere Anschauungen fiber den 

und bei Hamburg naturliche Sperrmittel geschaf- Bau der Legionslager in der Kaiserzeit beeinfiusst 

fen hat) resultierende hervorragende verkehrspoli- (Plan im Ffihrer3 Abb. 67); im Herbst 1896 

tische und niilitarische Bedeutung der ganzen sind, nachdem die Grabungen im Lager durch 
Tiefebene wie in zwei Brennpunkten zusammen. 50 mehr als ein Decennium unterbrochen worden 

C._ hat dabei die weitaus wichtigere Eolle ge- waren, neuerdings Untersuchungen eingeleitet wor- 

spielt; erst die Kampfe gegen die Ungarn haben den, die technisch interessante Aufschlusse fiber 

zur Umkehrung dieses Verhaltnisses geffihrt. die Anlage von Mauer, Tttrmen und Graben in 

_ Schon Tiberius hat (6 n. Chr.) die militarische dem Stiicke zwischen dem Ostthor und der Nord- 

Wichtigkeit C.s erkannt und dieses zum Stutz- ostecke ergeben haben. Die Fortsetzung dieser 

punkte seiner kriegerischen Operationen auser- Untersuchungen wird nicht minder hier, als im 

jesen. Spatestens unter Claudius ist, wie aus den Lager von Lambaesis angestrebt werden. 

in C. und Wien ziemlich zahlreichen Steinen von Das Lager ist der Mittelpunkt einer Kette 

bios zweinamigen, also des Cognomens entbehren- von Befestigungswerken und von militarischen 
den Soldaten der legio XIII gem. und der leg. 60 Bauten nicht fortiflcatorischer Bestimmung. Aus 

XV Apoll. geschlossen werden darf (CIL III 4463. der ersteren Beihe ist ein "Wachtturm im Sud- 

4476. 4477. 4483. 11094. 11220. 11229 u. a. ; vgl. westen des Lagers, sowie ein Ostlich auf der steilen 

Arch.-epigr. Mitt. XIII 208ff.) die Hauptmacht AnhShe , am Stein' gelegenes Castell zu nennen, des- 

der Grenzwehr in den Ostalpen nach C. und Vin- sen Eeste teilweise von dem sog. Quadenwall, einem 

dobona verlegt worden; man wird aber wohl nicht ringfSrmigen Brandwall aus den Zeiten der Volker- 

fehl gehen, wenn man annimmt, dass C. seit wanderung, bedeckt und dadurch uns gerettet 

Tiberius' erstem Erscheinen an der Donau eine worden sind. An dem Bau dieses Castells waren 

romische Besatzung behalten habe. Auch dfirfte beteiligt die legio X gem. (CIL III 11245 a. b) 

Pauly-Wissowa III 51 



1603 Carnuntum Camuntum 1604 

und die leg. XIV gem. (ebd. c)\ auch fanden sich Spatere Zeugnisse nennen C. eolonia (CIL III 
Stiicke einer in gewaltigen Formen ausgefiihrten 4236. 4539. 4567); man darf, da sie kaum er- 
Bauinschrift CIL III 11204 (Caracallas oder Elaga- heblich in das 3. Jhdt. hineinreichen durften, und 
balsZeit). Eine Datierung der ersten Erbauung des weil Ephem. epigr. IV 892 Z. 8 und 894 b Z. 14 
Castells erscheint vorlaufig nicht geraten. Dass es C. als Septimia bezeicb.net wird , diese Ranges- 
zum Schutze der Stromiiberbriickung nOtig war, erhohung wohl auf Kaiser Septimius Severus zu- 
lehrt der Augenschein. Von dem diesseitigen rttckfiihren , der multis ■ hortantibus repugnans 
BrQckenkopf e sind keine Spuren gef unden worden ; imperator est appettatus apud Carnuntum Idibus 
dass der jenseitige in dem sog. Sden Schlosse erhal- Augustis (des J. 193), Hist. Aug. Sev. 5, 1. 
ten sei, haben die von mir und Tragau 1896 vor- 10 Die traurigen Zustande des 3. Jhdts. und be- 
genommenen Untersuchungen gezeigt. Vielleicht sonders der gallienischen Zeit (vgl. die Funde von 
war auch auf der Hdhe des uber der Anhohe ,am Miinzen mit dem Bildnisse des Gegenkaisers Re- 
Stein' im Siiden sich erhebenden Pfaffenberges, galianus und seiner Prau Dryantilla in C. und 
der gleichfalls einen (kleineren) Ringwall tragt, ein den angrenzenden Gebieten) mogen den Wohl- 
rOmischer Wachposten exponiert; leider beweisen stand der Stadt stark geschadigt haben. Wir 
die Inschriften 11123 und 11241 nichts dafiir. horen nichts von Neubauten, sondem nur von 
Von den an zweiter Stelle genannten militarischen Wiederherstellungen, und diese tragen das scharfste 
Bauten sind zu nennen : einige Badeanlagen in Geprage des Verfalls und der Armut, die von den 
dem Thale des Deutsch-Altenburg durchschneiden- Resten der Vergangenheit zehrt. Dass 307 die 
den Baches, insbesondere die die Schwefeltherme 20 Iovii et Herculii religiosissimi Augusti et Cae- 
beniitzende, dann eine von der Einsattelung zwi- sares (CIL III 4413) eine wichtige Conferenz in 
schen dem Pfaffenberg und dem Braunsberge in C. abhielten (Lactant. de mort. persec. 29), hat 
der Richtung auf das Lager gezogene , in den fur die Stadt wohl nicht erheblichere Folgen nach 
Stein gebettete Wasserleitung, und hochst wahr- sich gezogen, als die meisten friiheren kaiserlichen 
scheinlich auch das Amphitheater. Auch kann Besuche. Die Einfalle der Germanen brachten ihr 
kein Zweifel dariiber bestehen, dass die zahlreichen die Schrecken der ZerstOrung; Valentinians I. Zeit- 
mit starken Mauern errichteten, bisher nicht durch- genosse Ammian nennt sie zum J. 375 ein oppi- 
forschten Bauten, die sich gegen Westen an das dumdesertumquidemnuneet squalens sed duetori 
Lager anschliessen , militarisch oder w'enigstens exereitus perquam oportunum, ubi fore eopiam 
aerarisch waren. Die Besatzung des Lagers bildete 30 dedisset aut ratio (XXX 5, 2). Die Zerstorung 
bis auf Traian die legio XV Apollinaris, spater- muss arg gewesen sein, so dass sich C. nicht 
hin die legio XIIII gemina Martia vietrix; secun- wieder erholen konnte. Der Name kehrt nur noch 
dare Bedeutung haben die Garnisonierungen der in der Not. dign. occ. 9, 20. 34, 26. 28 wieder. 
legio X gemina pia fidelis, kurze Zeit lagen Spuren des Christentums fehlen ganzlich. 
auch u. a. die legio XXX TJlpia vietrix und die C. ist Kreuzungspunkt der Donauthalstrasse 
legio I adiutrix hier; und auf voriibergehenden (Itin. Ant. 247, 4. 267, 12. Tab. Peut.) und der 
Aufenthalt anderer Truppenteile fiihren inschrift- Strasse nach Steinamanger-Pettau (Itin. Ant. 262,8. 
Hche Erwahnungen. Von Auxiliartruppen hat nur Tab. Peut.); beide lassen sich heute noch verfolgen, 
eine, die eohors I Aelia sagittariorum deutlichere von der ersteren sind auch Meilensteine vorhan- 
Spuren ihres Aufenthaltes zuriickgelassen (CIL 40 den, deren Entfernungsangabe in den Formularen 
III 4664. 11371). Die fur C. vorauszusetzende CIL III 4642. 4644. 4645 a K. m. p. XXI (vgl. 
Hauptstation der classis Flavia Pannonica ist 4647) eine namhafte Ausdehnung des Gemeinde- 
bisher durch nichts bezeugt. Die Not. dign. occ. gebietes zu bezeugen scheint. 
34, 28 erwahnt den praefeetus elassis Histricae Die Leitung der Gemeindegeschafte erfolgte 
Arrunto (statt Carnuntol) sive Vindomanae a durch llllviri 11253 (iure dieundo 4554); de- 
Carnunto translata, in welchen Worten irgend curiones 4495. 4554 und 4236. 4507.4170.4410; 
eine Verderbnis steckt, ausserdem noch occ. 9, 20 in C. fungierten auch Augurn 4495, Augustales 
die fabriea Carnutensis scutaria. Orelli 2675. CIL DII 4539 und curatores ther- 

Mit der Verlegung eines Legionscommandos marum, CIL III 4447. Von Vereinen in C. sind 
nach C. war die Ausscheidung aus dem regnum 50 bisher bekannt das collegium veteranorum een- 

Norieum verbunden, wahrscheinlich gleichzeitig tonariorum 11093 und ein collegium convetera- 

auch die Vindobonas. Ziemlich friih diirfte auch norum 11189 sowie sofrjores qua[e] eon[t]u- 

das Obercommando der ganzen Provinz Pannonia [l]erun[t] a[d] arfajm 4590. 

von Savaria nach C. iibersiedelt sein. Seither ist Litteratur: WolfgangLaziusWienerHand- 

C. die Hauptstadt von Pannonien und nach dessen schrift nr. 8457 fol. 27ff. : apologia adversus Bras- 

Teilung von Oberpannonien. sicanum de Gamunto ad Beatum Bhenanum ; die 

Eine unzweifelhafte Beziehung auf die in der Hss. von Clusius (im Haag?) und Jupp (in 

Keltenstadt sich ausgestaltenden eanabae von C. Leyden), dann ,die Zeitverkiirzung in der Ssterr. 

fehlt vorlaufig; lixa CIL III 11259 kann Cogno- Kriegsgefangenschaft' des 1760 bei Landshut ge- 
men sein und die cast(ra) 11218 brauchen doch60fangen genommenen Obersten von Below (in 

nicht die von C. zu sein. Wahrscheinlich dem Berlin). Lambeks Collectaneen und die von 

Kaiser Hadrian verdankt C. das romische (oder Wikosch (t 1826) sind noch aufzuspiiren. CIL 

latinische?) Gemeindestatut (daher munieipium III p. 550ff. 1770ff. Sack en S. -Ber. Akad. 

Aelium Camuntum, CIL III 4554. Orelli 2675; Wien 1852. 1854. Kenner Mitt, des Altertums- 

vgl. Ephem. epigr. IV 895) und dementsprechend vereins in Wien 1869 ; Mitt, der Centralcommis- 

die Tribus Sergia (CIL VIII 2675. HI 4495. sion 1876. Kubitschek und Frankfurter 

11019). Noch in den J. 178 (4495) und 180— Fiihrer durch C.« 1893. Ein Kartchen auch in 

192 (Orelli 2675) bestand C. als munieipium. Umlaufts Rundschau fur Geographie 1894. 



1605 Carnutenus pagus Carpentum 1606 

Kubitschek bei Ruggiero Diz. epigr. II 116 vgl. Stokes Wortschatz zur keltischen Sprach- 

(rait Erweiterungen von anderer Hand). Die offi- einheit 70f. [Tomaschek.] 

ciellen Grabungsberichte des Vereins Carnuntum Caropamasusmons, bei Mela verschrieben fur 

werden in den Arch.-epigr. Mitt, veroffentlicht. Paroparnasus, s. Paropanisos, Pamassos. 

[Kubitschek.] [Tomaschek.] 

Carnutenus pagus, im Gebiet der Redones. Carosa, Tochter des Kaisers Valens, wahr- 

Inschrift aus Eennes (Mow at Bulletin de la soc. scheinlich vermahlt mit Prokopios (Zosim. V 9, 

des antiq. de Prance 1896, 296ff.): In honorem 3); nach ihr wurden in Constantinopel die Ther- 

domus divinae et pagi Garnuteni Marti Vieinno mae Carosianae benannt, welche 375 eingeweiht 
L. Oampanius Priscus et Virilis filfius) saeer- 10 wurden, Sokrat. IV 9. Sozom. VI 9. Mommsen 

dotes Romae et Awgfusti) statuam cum suis orna- Chron. min. I 242. Not. urb. Const. VIII 17 bei 

mentis de sito posuerunt. Zu scheiden von der ei- Seeck Not. Dign. 235. [Seeck.] 

■vitas der Carnutes. Die Inschrift stammt friihestens Carpantus, keltischer (Local-)Gott, nur durch 

aus der Zeit der Antonine. [Ihm.] eine Inschrift bekannt, OIL XII 248 L. Valerius 

Carnutes, Volk in Gallia Lugudunensis, zwi- Quartus Carpanto v. s. I. m. Gefunden bei 

schen Sequana und Liger (Strab. IV 191. 193. Fayence (nflrdlich von Frejus). [Ihm.] 

Tibull. I 7, 12. Ptol. II 8, 10), westliche Nach- Carpathius s. Campatius. 

barn der Senones, von Caesar nach hartnackigem Carpentorate s. Carbantorate. 

Widerstande unterworfen (b. g. II 35. V 25. 29. 56. Carpentum. ein zweiraderiger Wagen, der in 
VI 2ff. 13. 44. VII 2. 3. 11. 75. VIII 4. 5. 31 20 verschiedener Weise verwendet werden und dem- 

[Oros. VI 11, 19]. 38. 46. Plut. Caes. 25 Kagvov- entsprechend verschieden gestaltet sein konnte. 

xlvoi. Flor. I 45, 21 Garnutas oder Camuntas. Das Wort bezeichnet am haufigsten den Wagen, 

Mommsen E. G. IIP 277. 279). BeiPlin. IV 107 in dem Frauen in der Stadt fuhren, frliher alle 

heissen sie Garnuti (Var. Garnuteni) foederati — mit Ausnahme der Zeit der Geltung der lex 

(Mommsen Herm. XVI 486). Nach Liv. V 34 be- Oppia, 215-195 v. Chr., Liv. V 25, 9. XXXIV 

fanden sich C. im Heer, welches unter der Fiihrung Iff. Ovid. fast. I 619 — , seit Caesars Municipal- 

des Bellovesus nach Italien zog (Miillenhoff gesetz nur die der kaiserlichen Familiengehori- 

Deutsche Altertumsk. II 255). Die Hauptstadte der gen, denen der Senat dies Vorrecht verlieh. Dies 

C. sind Cenabum (s. d. und den Artikel Aurelia- wird berichtet von Messalina und der jiingeren 
nensis urbs), das heutige Orleans, und Autricum 30 Agrippina, Dio Cass. LX 22, 3. 33, 2; vgl. Suet, 

(s. d.), heut Chartres (Not. Gall. IV 2 eivitas Oar- Claud. 17. Tac. ann. XII 42. In C. wurden auch 

notum. Sulp. Sev. dial. II 2, 3 in Garnutena ei- auf Anordnung Caligulas und Claudius die Bilder 

vitate. II 4, 5 Garnotum oppidum. Not. dign. occ. ihrer Mutter, der alteren Agrippina und der jiinge- 

XLII 33 Carnunta. Fortun. vita Mart. Ill 153 ren Antonia, in der Pompa circensis geftthrt, Suet. 

Carrmtis oder Carnotis; weitere Zeugnisse bei Calig. 15; Claud. 11. Da nun auf spateren Mfin- 

Holder Altcelt. Sprachschatz s. Carnutes I zen der Agrippina (Cohen Med. imp. 12 231, 1) 

796ff.). Auf Inschriften erscheint Ofter die Hei- ein Wagen erscheint, so ist zweifellos, dass der- 

matsbezeichnung Gamutinus, z. B. CIL XI 716. selbe das C. darstellt. Den gleichen Wagen zeigen 

Boissieu Inscr. de Lyon 90. 520. 607 (Holder Miinzen der Livia (a. O. I 171, 6. 7), Iulia Titi 
a. O. I800f.). Desjardins Geogr. de la Gaule40(a. O. I 466, 9. 10), der jiingeren Domitilla (I 

II 476ff. Longnon Geogr. 323ff. Vgl. Carnu- 427, 1—3), Sabina (II 253, 72), der jiingeren 

tenus pagus. [Ihm.] Faustina (III 154, 218); auch diesen wird also 

Caroni, eine Abteilung der sarmatischen Ta- das gleiche Vorrecht verliehen worden sein. Diesen 

na'itai, Plin. VI 22 ; etwa karanya ,die am Rand Miinzen also entnehmen wir die Gestalt dieser 

beflndlichen v Grenzer' von apers. karana npers. Art des C. ; es ist ein zweiraderiger, zweispanni- 

karan oset. kharon. [Tomaschek.] ger Wagen, mit einem seitwarts bald offenen, bald 

Caronium, Ort in Hispania citerior, im Ge- geschlossenen, oben gewoTbten Schutzdach. Dar- 

biet der lucensischen Kallaiker (Ptol. II 6, 22 stellung eines solchen auch in dem Opus sectile 

.K'af>oV(o»'),wahrscheinlich die Station der rOmischen der sog. Basilica des Iunius Bassus, de Rossi 
Strasse zwischen Brigantium (s. d. Nr. 4) und 50 Bull, crist. 1871 Taf. I — II. Dem C. wird Liv. 

Lucus Augusti (s. d.) Caranicum (Itin. Ant. 424, 6 aa. OO. Hist. Aug. Heliog. 4, 4 als vorziiglicheres 

eine gute Hs. caronieo; Geogr. Rav. 307, 15 Ga- Fuhrwerk das nach Isid. or. XX 12, 4 vierraderige 

rantium), was bei la Graiia, im Gebiet von Vecin Pilentum (s. d.) entgegengesetzt; der Unterschied 

gesucht wird (Guerra Discurso a Saavedra 90). lag also wohl in der Zahl der Rader. Gleicher 

[Htibner.] Art mag auch das C. gewesen sein, dessen sich 

Carontani, ein Volk in Noricum, Geogr. Rav. seit dem 3. Jhdt. hohere Beamte (Hist. Aug. Aurel. 

p. 293, 1 ; ihren Vorort Carantanum nenntPaulus 1, 1. Index zu Cassiod. ed. Mommsen 520) und 

Diac. V 22, d. i. eivitas Carantana der Urkunden auch Frauen dieser Stande (Hist. Aug. Heliog. 

seit 900, Maria Saal auf dem Zollfelde (s. Vi- 4, 4) in der Stadt bedienten. Sehr ahnlich, und 
mnum). Der Name verblieb auch nach der Ein- 60 daher auch wohl als C. zu bezeichnen, ist ein 

wanderung der Slowenen , welche in den russi- mehrfach auf spatetruskischen Reliefs dargestellter 

schen Annalen Nestors in der mundgerechten Form Reisewagen: zweiraderig mit einem gewSlbten, ver- 

Ghorutane (zunachst aus Chorontane) auftreten. mutlich ledernen Schutzdach, Micali Ant. mon. 

So hat sich auf dem alpinen Boden des Herzog- (1810) Taf. 27. 28. Clarac 151 bis, 794. Dareni- 

tums Karnten oder Carinthia ein antiker, un- berg-Saglio Diet. d. Ant. I 854, 1044. 927, 

zweifelhaft keltischer Name erhalten; das Partic. 1195. C. als Reisewagen Liv. I 34, 8. Prop. V 

earont-, earant- geht auf die gallische Verbal- 8, 23. Iuv. 8, 147. Apul. met. X 18. XI 26. 

wurzel eara- ,lieben' zuriick, s. Carantomagus; Ferner heissen C. die Wanderkarren der Hunnen 



1607 Carpesii Carpi 1608 

(Ammian. XXXI 2, 11) und Gepiden (Cassiod. var. Baetica atque Lmitania distinguitur und 19 
V 10, 3) und das fur den Cursus publicus be- Oretani et ad Tagum Carpetani, iuxta eos Vac- 
nutzte Fuhrwerk, Cod. Theod. VIII 5, 18; wohl eaei Vettones et Celtiberi Arevaci). Nach Ptole- 
ungenau auch die Streitwagen der Gallier (Liv. maios gleichartigen und die alteren aus der Karte 
X 30, 5. Flor. 1 18, 27) und Britannier, Plor. des Agiippa erganzenden Angaben liegen ihre 
III 10, 17. Das Dach ist fur den Begriff des C. Wohnsitze siidlicher als die der Arevaker (II 6. 
nicht wesentlich ; auch Diingerkarren werden so 56) und nfirdlicher als die der Oretaner (II 6, 58). 
genannt: Pallad. X 1, 2; vgl. auch Apul. met. Carpetus kommt als Herkunftsbezeichnung auf 
X 18. einer Inschrift des 2. Jhdts. in Uxama vor (CIL 
SchefferDerevehic.II 17. Ginzrot Wagen 10 II 2854). Die C. werden noch in dem Veroneser 
u. Fuhrw. d. Alten I 441. Becker-Goll Gallus Provinzenverzeichnis genannt (Norn. prov. p. 129, 
III 16. Marquardt Privatl.2 735. Daremberg- 5 Biese) und die Landschaft Carpitania (so) bei 
Saglio Diet. d. Ant. I 926. [Mau.] ltd. Honorius (p. 36 B 4 Riese) und bei Gregor 
Carpesii s. Carpetani. von Tours, der einer fiinf Jahre anhaltenden Heu- 
Carpetani (Kagjcyravoi, Carpetania), in Hi- schreckenplage daselbst gedenkt (Hist. Franc. "VI 
spania citerior. Die Carpetaner — oder wie sie 24. 41). [Hiibner.] 
den alteren griechischen Quellen folgend Polybios Carphati, Volk an der Westkiiste Arabiens, 
nennt Kagjirjoioi (III 14, 2; vgl. Liv. XXIII 26, 5. das Plin. VI 150 neben den Gasani erwahnt. 
Steph. Byz. s. v.) — werden zuerst in den Feld- Sprenger (Alte Geogr. 52) vergleicht mit Recht 
ziigen des Hannibal in Iberien im J. 534 = 218 20 die Karbai des Agatharchides de mar. Eryth. 97 
genannt als von ihm zusammen mit den Olkadern (vgl. auch Diod. Ill 46), aber seine Vergleichung 
(s. d.) und Vaccaeern (s. d.) unterworfen (Polyb. von al-Qarfa des Hamdani beruht auf einer fal- 
a. a. O. Liv. XXI 5, 11. Front, strat. n 7, 7). schen Lesung (vgl. Hamdani Geogr. Arab. 69, 
Weitere Kampfe mit ihnen werden berichtet aus 21). [D. H. Mtiller.] 
den J. 569 = 185 v. Chr. (Liv. XXXIX 30, 1 Carpi. 1) Ein dakischer Volksstamm (Kag- 
praetores C. Calpumius et L. Quinetius . . in jioddxm werden sie bei Zosim. IV 34 genannt; 
Carpetaniam . . . progressi sunt), wobei ihre vgl. K. Mullenhoff D. Altertumskunde II 371. 
Stadt Toletum (s. d.) genannt wird, 573 = 181 377. Ill 319), der nach W. Tomaschek Die 
v. Chr. bei dem Feldzug des Q. Fulvius Flaccus alten Thraker I 108 (vgl. Mullenhoff III 45) 
gegen die Keltiberer (Liv. XL 30, 3 exercitum, 30 als KaXXutidai bereits Herodot (IV 17) in der 
in Carpetaniam diwcit et oastra locavit ad op- Nahe von Olbia bekannt war und als Kagmdai 
pidum Aeburam [s. d.]. 33, 1 sauciis in oppidum bei Skymn. 841f. zwischen dem Donaudelta und 
Aeburam deeeetis per Carpetaniam ad Centre- den Sxv&ai agorfjges verzeichnet wird. (Ma- 
tew duetae legiones), 603 = 151 v. Chr., wo rinus-) Ptolem. IH 10, 13 (vgl. Mullenhoff n 
sie L. Lucullus gegen die Vaccaeer zu schiitzen 84f. Ill 80, 2. 92. 94. 218) nennt sie "Agmoi 
vorgiebt (Appian. Hisp. 51), und im viriatischen (mit dem Vororte "Agmg jtoltg) und fiihrt (III 5, 
Krieg (Appian. Hisp. 64 Ovgiar&os tijv Kagnn- 24) weiter nordwarts die Kagniavoi an. Seit dem 
xaviav, ev8ai/uova x^ogav, . . . sierjXaxsi, vgl. 70. 83). Beginn des 3. Jhdts. (nach dem Verschwinden 
Erst nach dem Fall von Numantia werden sie der Roxolaner) treten sie an der unteren Donau 
vOllig unterworfen worden sein. Wenn nach der 40 starker hervor, etwa in den Thalern des Seret 
Meinung einiger, vielleicht des Artemidor, das und Prut (Mo mm sen Rom. Geschichte V3 216f.), 
Volk ein Zdvog Ktlnxov genannt wird (Steph. Byz. und nehmen fortan an den Einfallen der Barbaren 
s. 'Alia, s. d. Nr. 3), so beruht das wohl nur auf in Dakien (CIL III 1054 [Apulum] : [I.] o. m. 
einer Ungenauigkeit fur Kskn^gneov. Denn in O. Vol. Sarapio a Carpis liberatus pro salute 
den ausfuhrlichen Nachrichten iiber die C. bei sua et suorum v. I. p.; vgl. Ruggiero Dizion. 
Strabon, die auf Poseidonios zuverlassigen Berich- epigr. s. Carpieus. Zeuss Die Deutschen 698; 
ten beruhen, findet sich nichts von keltischem die Mutter des Kaisers Valerius floh vor den C. 
Ursprung angemerkt. Irrtumlich wird ihr Name iiber die Donau, Lactant. de mortib. persec. 9 ; vgl. 
mit Kalpe (s. d.) und Tartessos (s. d.) in Ver- H. Schiller Gesch. d. ro'm. Kaiserzeit I 803, 1. 
bindung gebracht. Dass die Miinzen mit der 50 J. Jung Romer und Romanen in den Donau- 
iberischen Aufschrift earpqm (Mon. ling. Iber. landern^ 176, 1 und Mitt, des Instituts f. 6sterr. 
nr. 102) den C. zuzuteilen seien, wie vermutet Geschichtsforsehung IV Erganzungsband 11, 3; 
worden ist, lasst sich nicht erweisen, doch kon- wegen der C.-Einfalle mussten die Mauern von 
nen die Namen von gleichem iberischen Stamm Romula-Recka aufgefiihrt werden, CIL ni 8031 
gebildet sein. Sie gehSren den Typen nach in 248 n. Chr., vgl. Arch.-epigr Mitt. XI 19) und 
etwas siidlichere Gegenden, als die der C. Ihr besonders in Moesien teil, Im J. 238 beteiligen 
Gebiet beginnt vom Tagus nordwarts (Strab. Ill sie sich an der ZerstOrung von Istros (Hist. Aug. 
139) und ist teilweis rauh und gebirgig, wie die Max. et Balb. 16, 3. Dexippus [Euagr. hist. eccl. 
benachbarten metallreichen Gegenden n6rdlich vom V 24] beschrieb ausfuhrlicher a Kdgaoi xai to 
Baetis (Strab. HI 142). Denn es grenzt sudlich 60 srega fidgjiaga edvrj sagatav; vgl. Mommsen 
an das der Turdetaner, oder vielmehr Bastetaner Rom. Gesch. V3 218. J. Mtiller De M. Antonio 
und Oretaner (Strab. Ill 141), westlich an das Gordiano, Berlin 1883, 16f.). Von dem Legaten 
der Vettonen (Strab. Ill 152), 6'stlich an das der von Moesia inferior Tullius Menophilus (238 — 241 
Keltiberer, nordlich an das der Arevaker und n. Chr. Petrus Patric. frg. 8 [FHGIV186]. Bor- 
Vaccaeer (Strab. Ill 162) und wird vom Tagus ghesi Oeuvr. II 227. Mommsen a. a. O. 218, 1. 
in seiner ganzen Ausdehnung durchfiossen (Strab. W. Liebenam Forschungen zur Verwaltungs- 
III 152; vgl. Plin. Ill 6 Tarraeonensis Solorio gesch. I 291. B. Pick Numismat. Zeitschrift 
monte [s. d.] et Oretanis iugis Carpetanisque . . a XXIII 40. 49f.) forderten sie gleich den Gothen 



1609 Carpi Carpilio 1610 

Jahrgelder mit der Begriindung fjfisTs yag xqsIt- III 222. Jung Remer und Rom 2 179f. Zeuss 

xoveg tS>v roxftmv lon&v. Da ihrem Wunsche a. a. 0. 442) miissen Reste des Volkes nOrdlich 

nicht entsprochen wurde, flelen sie im J. 245 in der Donau zurfickgeblieben sein, denn Zoslmus 

in das rOmische Gebiet ein (Iordan. Get. 16, nennt IV 34 unter Theodosius I. als Bundesge- 

92, dazu Mommsen a. a. 0. 218, 1). Kaiser nossen der Hunnen und Skiren die Kagjioddxai 

Philippus schlug sie aus Dakien und Moesien (Mommsen a. a. 0. Miillenhoff a. a. 0. Ill 

245—247 (Zosim. I 20. Victoria Carpiea: 222. 318f. Tomaschek Die alten Thraker I 

Eckhel VII 323, vgl. 321. Cohen 107. Car- 108). Die C. erwahnen auch die Oracula Sibyl- 

pieus maximus: Eckhel VII 323. Cohen IV Una XIII 141 ed. A. Rzach. [Patsch.] 

202 nr. 5. R. Cagnat Cours d'Epigr. lat. 195f. 10 2) S. Carpis Nr. 1. 
Schiller a. a. 0. 1801. Wietersheim-Dahn Carpia s. Carteia. 

Gesch. der Volkerwanderung * I 196. Arch.-epigr. Carpicus, ein Beiname, den zuerst die beiden 

Mitt. XI 19) hinaus, jedoch ohne nachhaltigen Philippi zwischen 245 und 247 nach dem erfolg- 

Erfolg (Mommsen a. a. 0. 218). Unter Decius reichen Zuge gegen die Carpi annahmen (vgl. H. 

fielen die vereinigten Scharen der Gothen und Schiller Gesch. d. rOm. Kaiserzeit I 801, 1); 

C. unter Cniva in Moesien ein, cernierten den er erscheint da nur auf einer Miinze aus dem 

Statthalter Trebonianus Gallus in Nikopolis am J. 248 {Carpici Maximi, Eckhel VII 323. Cohen 

Haemus und plflnderten Thrakien (Philippopolis) V2 135 nr. 3), nicht aber auf Inschriften. Hin- 

und Makedonien (Thessalonike). Der herbeige- gegen ist er bei Aurelian nur inschriftlich iiber- 
eilte Kaiser flel 251 n. Chr. nach einem wechsel- 20 liefert (erhalten in CIL II 4506. Ill Suppl. 7586. 

vollen Peldzuge bei Abrytus und sein Nachfolger VI 1112. XII 5548. 5561. Dessau 581, samt- 

Trebonianus Gallus bewilligte den Gothen und lich aus den spateren Regierungsjahren). Dieser 

wohl auch den C. jahrliche Geldzahlungen (vgl. Kaiser nahm den Siegerbeinamen C. widerstrebend 

Tomaschek o. Bd. I S. 116; die darauf be- an, da er den Sieg, welchen er nach der Riick- 

ziiglichen Stellen hat Schiller a. a. 0. 806f. kehr aus dem Orient im J. 271 fiber die Carpen 

809 zusammengestellt, vgl. Mommsen a. a. 0. davontrug, fur zu unbedeutend hielt (Hist. Aug. 

219,1. Cagnat a. a. 0. 197. K. Jirecek Arch.- Aur. 30,4. Vict. Caes. 39,43). Carpicus maxi- 

epigr. Mitt. X 195f.). Unter Valerian und Gal- mus nennen sich in dem Edict de pretiis rerum 

lienus wiederholen sich die combinierten Raub- venalium um das J. 301 (CIL III p. 824 = Suppl. 
ziige der C, Gothen und ihrer Verbundeten, bis 30 p. 1928 = Sonderausgabe von Mommsen-Blum- 

Claudius II. und Aurelian ihnen Einhalt thaten. ner 1893 p. 6 = Dessau 642) die Augusti Dio- 

Der letztere uberschritt die Donau an ihrer Miin- cletian und Maximian (bei letzterem zu erganzen) 

dung und schlug die C. dermassen, dass sie seit- und die Caesares Constantius Chlorus und Gale- 

dem zu den Romern im Schutzverhaltnis standen. rius Maximianus (bei jenem steht infolge Verschrei- 

Aurelian erhielt vom Senat 272 den Beinamen Gar- bung Sarm. max. doppelt, bei diesem ist Carpic. 

pious, er selbst pfiegte sich Garpiseulus zu nennen max. zu erganzen), ferner in einem Militardiplom 

(Hist. Aug. Aur. 30, 4. Mommsen a. a. 0. 227; (CIL III p. 900 dipl. LVIII, vgl. Suppl. p. 2005 

auf diese Erfolge an der Donau bezieht sich wohl = X 1113) aus den Jahren zwischen 301 und 305 

die von v. Domaszewski restituierte Inschrift von die Caesares Constantius und Galerius; es ist 

Durostorum-Silistria, Arch.-epigr. Mitt. XIV 16, 40namlich vielleicht zu lesen Oe]rm[aniei . . . ., 

34 : [D. n. ijmp. Aurel. vicit [superavitque Pal- S]arm(atici) , Car(pici) m(aximi) V, Ar(me- 

myrenorum reginam Ze]nobiammviso[squeante niaeij; endlich Diocletian allein auf einer In- 

se barbarorum populos inter Cajrsium et Suei- schrift aus dem J. 302 (CIL X 3343 [Ca]rpi- 

dfavam funditus dehvit . . . .? col.] Duros. Aure- cus Max.) und Maximian auf einem Meilenstein 

Ifiana — ). Unter Diocletian und Galerius wurden von Smyrna (Le Bas-Waddington 8). Auch 

die C. wiederholt geschlagen (beide Herrscher wie in einem Edict vom J. 311 (Euseb. hist. eccl. VIII 

auch Maximian und Constantius heissen Carpicus 17, 3ff.) heisst Galerius, damals schon Augustus, 

maximus Cagnat a. a. 0.205. 207. A. Stein Kaqncbv neyioxos i^axig. Die Veranlassung zur An- 

u. S. 1610 Art. Carpicus; die Stellen sind nahme dieses Beinamens war fur die genannten 
zusammengestellt bei Schiller a. a. 0. II 137 50 Herrscher der im J. 297 errungene Sieg Maximians 

und G. vanHaag De Galerio Caesare llff.) und ilber die Carpi, nach welchem dieselben dauernd 

bedeutende Teile derselben , die sich mit den auf das rechte Donauufer angesiedelt wurden (lord. 

Gothen entzweit hatten, 295 in Pannonien (um Get. 91; Rom. 299. Vict. Caes. 39,43. Eutrop. 

Sopianae-Funfkirchen: Ammian. Marc. XXVIII 1, IX 25, 2 = Oros. VII 25, 12. Incerti Panegyrici 

5: Maximinus [Staatsmann unter Valentinian I., Constantio Caesari c. 5, vgl. 10. Idat. chron. zum 

Richter Westr. Reich 337. Schiller a. a. 0. II J. 295, hingegen Hieron. zum J. 292; fiber die 

363] .... apud Sopianas Valeriae oppidum ob- Chronologie vgl. Seeck Deutsche Zeitschr. f. Ge- 

scurissime natus est, patre tabulario praesi- schichtswiss. VII 64, 6). Trotzdem muss noeh 

dialis officii, orto a posteritate Carporum, quos spater gegen sie gekampft worden sein ; denn 
antiquis exeitos sedibus Dioeletianus transtulit 60 der letzte , der den Beinamen fiihrte , war erst 

in Pannoniam, vgl. CIL III p. 427) und in Moe- Constantin I., der die Carpi wahrscheinlich bei Ge- 

sien (nach Ammian. Marc. XXVII 5, 5 lagerte legenheit der Gothenkriege bezwang (vgl. Schil- 

Valens am moesischen Ufer prope Carporum ler II 199, 5; dagegen Seeck Rh. Mus. XLVIII 

vicum) angesiedelt. Trotz der Versicherung bei 200). Er heisst auf einer Inschrift, die zwischen 

Aur. Vict. Caes. 39, 43 Carporum natio trans- 315 und 319 gesetzt ist (CIL VIII 8412) Ca[rJ- 

lata omnis in nostrum (vgl. Geogr. Rav. 29, 4. pficusj Max(imus). ' [Stein.] 

Iordan. Rom. 299. G. van Haag a. a. 0. llf. Carpilio. 1) Comes domesticorum unter Ho- 

Mommsen a. a. 0. 217. Miillenhoff a. a. 0. norius. Seine Tochter, die mit Aetius verheiratet 



1611 Carpinatitis Carrinas 1612 

war, rfihmte sich der Abstammung aus gothischem latissimos et fertilissimos agros) , von G 1 a s e r 

KOnigsgeschlecbt, Greg. Tur. II 8. Sid. Ap. carm. (Skizze II 72) mit den al-Qarrijjun (Hamdani 92, 

V 204 ; vgl. 128. Merob. carm. IV 17. 18, dessen Lesting aber zweifelhaft ist) zusammen- 

2) Sohn des Aetius, dem Hunnenkonig Attila gestellt. [D. H. Muller.] 

als Geisel ubergeben, Prise, frg. 8, FHG IV 81. Carrinas, rOmische Familie. Der Name ist 

Cassiod. var. I 4, 11. [Seeck.] Gentilname (vgl. Varro 1. 1. VIII 84) und kommt 

L. Carpinatius, Vertrauter des Verres wah- als solcher bfter auf Inschriften vor (z. B. CIL 

rend der sicilischen Statthalterscbaft (Cic. Verr. ¥1 14433ff. X 8397). 
II 169ff. 186ff. Ill 165ff.). [Mlinzer.] 1) C. Carrinas, Fiihrer der Marianerim Biirger- 

Carpio s. Ear pi on. 10 kriege von 671 = 83, gegen Cn. Pompeius gesandt, 

Carpis. 1) Stadt der africanischen Kliste (Koq- der in Picenum ein Heer sammelte (Plut. Pomp. 7, 

me Ptol., meist Carpi), Ostlich von Karthago (auf 1). 672 = 82 war er Praetor (Oros. V 21, 10) und 

150 Stadien wird die Entfernung angegeben im Itin. Unterfeldherr des Consuls Cn. Carbo und wurde 

Ant. 493), Plin. n. h. V 24. Ptol. IV 3, 7 u. sonst erst am Flusse Aesis in Umbrien von Metellus 

(s. CIL VIII p. 130), inlische Colonie, nach der In- Pius (App. b. c. I 87. Oros. V 20, 5), dann bei 

schrift CIL VIII 1206. Bischofe werden bis ins Spoletium von Pompeius und Crassus geschlagen. 

7. Jhdt. n. Chr. hinein erwahnt (Man si Act. C. wurde von ihnen hier eingeschlossen, ein Ent- 

concil. X 940: Garpitanus). Der Name hat sich satzversuch scheiterte, aber dennoch gelang es ihm, 

erhalten in dem des Djebel Korbes (Kourbes) am aus der Stadt zu entkommen (App. I 90). Er 
Golf von Tunis , an dessen Fusse die Stadt lag 20 blieb nun bei Carbo , bis dieser Italien verliess 

(Euinen von Sidi-Raiss, s. CIL VIII 994), auch (App. I 92), und fiihrte darauf die Keste des 

in dem der benachbarten Thermalquelle Ham- Heeres nach Praeneste, wo er sich mit Marcius, 

mam-Kourbes (= Aquae Carpitanae), fur dieuber- Damasippus und den Samniten vereinigte. Der 

liefert nur der Name Aquae Calidae ist (s. o. Versuch der Verbtadeten, die sullanischen Linien, ' 

Aqua Aquae Nr. 27). [Dessau.] welche den jungeren Marius in Praeneste fest- 

2) KaQjiig nennt Ptolem. II 11, 5. 15,4. Ill hielten, zu durchbrechen, misslang, und sie wen- 

7 1 die Station Cirpi, s. d. [Patsch.] deten sich nun gegen die Hauptstadt selbst. Sie 

Carpophorus s. Karpophoros. wurden in der Schlacht an der Porta Collina am 

Carpus s. Aurelius Nr. 76 und Karpos. 1. November vollstandig besiegt; C. rettete sich 

Carra. 1) Carra (Var. Carrae), Stadt an der 30 durch die Flucht, wurde unterwegs ergriffen und 

Ostkiiste Arabiens, welche dem Handel mit den auf Befehl Sullas hingerichtet (App. I 93. Oros. 

Carmanen geoffnet war und worin eine Messe ab- V 20, 9. 21, 10. Eutrop. V 8, 1). 
gehalten zu werden pflegte, von Sprenger (Alte 2) C. Carrinas C. f., Sohn des Vorhergehen- 

Geogr. 185) mit al-Ger'a identiflciert, welche Stadt den (Dio LI 21, 6), wurde wahrscheinlich um 700 

von Hamdani (137, 24) als Markt bezeichnet wird, = 54 von Metellus Nepos zum Erben eingesetzt 

in welchem die Beduinen ihre Tauschgeschafte (Val. Max. VII 8, 3; vgl. Drumann G. R. II 

machen. [D. H. Muller.] 35). Er war Praetor 708 = 46 und wurde im 

2) Beim Geogr. Rav. II 14 p. 85, 8 Ort in folgenden Jahr von Caesar gegen Sex. Pompeius 

Palaestina neben Caesarea Panias genannt, also nach Hispania ulterior geschickt, wo er wenig 
wohl im Norden Palaestinas gelegen ; sonst un- 40 ausrichtete (App. b. c. IV 83f.). Nach Abschluss 

bekannt; vielleicht nicht verschieden von Ceras. des Triumvirates 711 = 43 wurde er mit P. Ven- 

[Benzinger.] tidius Consul suffectus fur den Rest des Novem- 

Carraca (Kageaxa), Ort in dem westlich von bers und den December (Fast. Colot. CIL 12 p. 64, 

Venetia gelegenen Teile Oberitaliens , Ptol. in ohne Namensnennung Dio XL VII 15, 2). 713 

1, 32 p. 340 M. , in der Nahe der Anauni (Val. = 41 verwaltete er Spanien fur Octavian ; damals 

di Non); Mueller z. d. St. acceptiert eine Con- wahrend des perusinischen Krieges suchte L. An- 

jectur Cluvers (Italia antiqua 107), der 2&q- tonius den Konig Bogud von Mauretanien zum 

qaxa lesen und den Namen mit dem von Norden Angriff gegen ihn zu reizen (App. V 26). 715 

in den Benacus miindenden Fliisschen Sarca zu- = 39 war C. wieder in Rom (scr. adf. SO de 
sammenbringen will. [Hiilsen.] 50 Panamar. Bull. hell. XI 227. 234. ViereckSermo 

Carragro, die Wagenburg, mehrfach im Kampfe graecus 41 nr. 20). Im Kriege gegen Sex. Pom- 

mit barbarischen Volkern erwahnt, so von den peius 718 = 36 besetzte er mit drei Legionen 

Skythen, Hist. Aug Gallien. 13, 9 (Claud. 8, 2 Lipara (App. V 112). Als Proconsul von Gallien 

und Aurel. 11, 6 sind Falschungen) , von den unterwarf er 724 = 30 die Moriner und andere 

Gothen Ammian. Marc. XXXI 7, 7. Vgl. auch aufstandische Volkerschaften und trieb die Sueven 

Leo Tact. 11 xagayog Myeicu 6 diet dftagaiv xal fiber den Rhein zuriick, woftir er 726 = 28 einen 

iiQoflolcov xal %<bv aXlcov /ntjxavcov -/svofievog jzsqio- Triumph erhielt (Dio LI 21, 6. Tab. triumph. Barb. 

Qiafibg sis aatpdXstav tov oTgazov. CIL 12 p. 77, uber die Zeit vgl. Ganter Pro- 

[v. Domaszewski.] vincialverwaltungderTriumvirn [Strassb.1892] 12). 

Carrei. 1) Carrei, Garriata, Plin. n. h. VI 60 3) T. Carrinas, erwahnt im J. 709 = 45 (Cic. 

157 (Detlefsen bios Gariati), Volk und Stadt ad Att. XIII 33, 4). [Miinzer.] 

im Nordwesten Arabiens in der Nahe der Tha- 4) Carrinas Celer, Senator, im J. 54 n. Chr. 

mudeni, von Sprenger (Alte Geogr. 330) mit von einem Sclaven angeklagt, ohne dass jedoch 

Qorh, dem Hauptort von Wadi-al-Qura, zusammen- die Klage angenommen wurde , Tac. ann. XIII 

gestellt. 10. [Groag.] 

2) Carrei, ein Volk im Siidwesten Arabiens, 5) Carrinas Secundus (Kaqivag SsxovvSog Dio; 

welches von Plinius (VI 161) neben den Home- Seeundus Carrinas Iuv., Secundus Carinas Schol. 

riten , Minaeern etc. aufgezahlt wird (Carreis zu Iuv.), Rhetor, von Caligula im J. 39 n. Chr. 



1613 Carrinum Carruca 1614 

verbannt, weil er gegen Tyrannen declamiert hatte bei Wassenburg? Schwerlich identisch mit Parro- 

(Dio LIX 20, 6). Er ging dann nach Athen, wo diinum der Not. dign. occ. XXXV 28. C. Miiller 

er durch Selbstmord endete, weil ihn seine red- zu Ptol. a. 0. und u. Nr. 3. [Ihm.] 

nerische Thatigkeit vor ausserster Armut nicht 3) Garrodunum (Ptolem. II 14, 4: Kixqqo- 

schiitzte (Iuv. VII 204f.; die darauffolgenden zwei dovvov. 15, 1 : .... jiorapov, 6's Sia zwv dvo flav- 

Zeilen et hune — eieutas beziehen sich nicht vovi&v egxofisvog xai oxiofteis xaxa Kuqq68ovvov 

anf ihn , sondern auf Sokrates ; die Bemerkung xofov <bs im xo Kixiov oqos xaxa fisv xb &qxxi- 

des Scholiasten [s. auch Lommatzsch Jahrb. f. xcoxsqov .udoos xaXetxai Zaovagias [= Seber, vgl. 

Philol. Suppl. XXII 458] beruht wahrscheinlich P. Kenner Mitt. d. Altertumsvereins in Wien 
nur auf irrtumlicher Auftassung der Verse, vgl. 10 XI 96], xaxa 8i xo fieotj/tfioirwxeQor ddgog [= 

C. F. Heinrich z. St. Bibbeck Der echte und Drau]), vorromisch keltischer Ort, Station der 

der unechte Iuvenal 17, dagegen Pr. Strauch von Mursa-Eszeg langs der Drau nach Poetovio- 

De personis Iuvenalianis, Diss. Gottingen 1869, 19). Pettau fiihrenden Strasse (Itin. Hieros. 562 = 

6) Carrinas Secundus, im J. 64 n. Chr. von p. 8: mut. Cardono; vgl. Porbiger Geogr. Ill 
Nero zur Brandschatzung Griechenlands ausge- 482) und Garnisonsort (Not. dign. Occ. XXXV 
sendet. Wahrscheinlich Sohn des Vorhergehenden, 28 : tribunus eohortis primae Hereuleae Rae- 
verbrachte er seine Jugend in Athen, so dass es torum, Parroduno); jetzt wahrscheinlich Pito- 
sich erklart, dass er Graeca doctrina ore tenus maca (OIL III p. 507 und tab. IV. Kiepert 
exereitus war. Offenbar deshalb und weil er Pormae orbis antiqui XVII, vgl. 6, 71 und Lehr- 
andrerseits animum bonis artibus non imbuerat, 20 buch der alten Geographie 363, 1. A. Holder 
war gerade er von Nero zu jener anriichigen Mis- Altkelt. Sprachschatz s. v.). [Patsch.] 
sion ausersehen worden, Tac. aim. XV 45. Wohl Carronenses. Die Not. dign. occ. VII 99 nennt 
identisch mit ihm ist der Polgende. intra Gallias Garronenses ; vgl. XXXVII 15 

7) C. Carrinas C. ff. Secundus], athenischer praefeetus militum Carronentium Blabia (sab 
Archon und Priester des Drusus, [(pdoJxataaQ. dispositione viri speetabilis duds Iractus Ar- 
Aekx. S.QX- VII 1891, 62. Lolling a. a. O. 63 moricani et Nervieam). [Ihm.] 
vermutet wohl mit Becht , dass dieser identisch Carruca. 1) Ort (?) in Hispania citerior, 
ist mit dem Vorhergehenden, und dass er von nOrdlich von Munda (s. d.) und in der Nahe von 
den Athenern zum Dank dafur, dass ev vielleicht Ventipo (s. d.), wird nur im bellum Hispaniense 
ihre Stadt mit seinen Pliinderungen verschont 30 (27, 5 fecit iter in Carrueam von Ventipo aus) 
hatte, zum Archon Eponymos gewahlt wurde. Er erwahnt. Vielleicht aber maehte Caesar die Fahrt 
hatte dann, da der Archon des J. 65 bekannt ist, in carruca, in einem Beisewagen, nach dem von 
im J. 66 oder in einem der nachstfolgenden Jahre Pompeius belagerten Ventipo. Vgl. Mar rue a. 
diese Wurde bekleidet. [Stein.] [Hiibner.] 

Carrinum if) in Hispania citerior. Wahr- 2) Ein vierraderiger Beisewagen. Deutlich ist 

scheinlich nach Varro (oder Sergius Plautus?) be- dies namentlich Martial. Ill 47, 5. 13, wo C. der 

richtet¥lmiuslI231 in CarrinensiHispaniaeagro reda (s. d.) gleichgesetzt wird. Dass zwischen 

duo f antes iuxta fluimt, alter omnia respuens, beiden doch ein Unterschied bestand, zeigt Hist. 

alter absorbens; in eadem gente alius aurei eo- Aug. Al. Sev. 43, 1 : carrucas et redas. Die 
loris omnes ostendit pisces , nihil extra Mam 40 friiheste Erwahnung bezieht sich auf Nero , der 

aquam differentes. Die spanischen Gelehrten ver- ihrer auf Beisen 500 (Hist. Aug. Heliog. 31, 5) 

muten darin eine Quelle in Kantabrien, die sich oder gar 1000 (Suet. Nero 30) mitgefuhrt haben 

in den Fluss Carrion ergiesst, zwolf Leguen Ost- soil. Der Name ist wohl keltischen Ursprunges. 

lich von Leon und fiinf nOrdlich von Saldana bei Wahrscheinlich ist C. eine zu Anfang der Kaiser- 

Velilla de Guardo, wo bei der Kapelle S. Juan zeit iiblich gewordene prachtvollere Form der 

,de fuentes divinas' ein rSmischer Bogen erhalten reda. Plin. XXXIII 140 erwahnt C. , in deren 

sein soil (Florez La Cantabria, Madrid 1768, Bronzebeschlag Silberschmuck eingelegt war, Mar- 

p. 4; danach Dkert II 1, 1821 p. 302). Eine tial. Ill 62, 5 eine aurea c, die den Wert eines 

Namensform wie Carrinum kOnnte in dem heuti- Landgutes hatte; im Ed. Diocl. XV 34—37 wer- 
gen Namen des Flusses Carrion erhalten sein. 50 den sie mit 4000 — 7500 Denaren tarifiert, wahrend 

[Hiibner.] ein einfacher vierraderiger Karren nur 1500 kostet. 

Carriziton patria, in Armenia zwischen Fas- Solche silberbeschlagene C. waren eine Zeit lang 

sianon und Ciboliton, Geogr. Bav. p. 69, 13. Vorrecht der kaiserlichen Familie ; Alexander Se- 

Kaum fur Kaorjvix&v, eher zu beziehen auf Ears, verus (Hist. Aug. 43, 1) gestattete sie den Sena- 

armen. Karuts, byz. KaQoL Die Peste KtS-aotCmv, toren, Aurelian (Hist. Aug. 46, 3) gab sie allge- 

armen. Kethric, war nicht Vorort eines gavar. mein frei. Die C. konnte auch zum Schlafen ein- 

[Tomaschek.] gerichtet sein, c. dormitoria Dig. XXXIV 2, 13, 

Carroballista, Feldgeschiitz, das auf einem §oqhixo>qiov Ed. Diocl. XV 34. 35. Vom 3. Jhdt. 

Wagen gefahren wurde, Veget. II 25. Ill 14. 24, an wird auch die C. wie das Carpentum als der 

der je ein Geschiitz auf jede Centurie der Legion 60 den honorati in der Stadt zustehende Staats- 

rechnet, im ganzen 55 auf eine Legion. wagen erwahnt: Cod. lust. XI 20 (19). Cod. Theod. 

[v. Domaszewski.] XIV 12, 1. Ammian. XIV 6, 9; auch der Kaiser 

Carrodunum. 1) Stadt im inneren Genua- fahrt in der Stadt auf der C, Hist. Aug. Maxim, 

nien, von Ptol. II 11, 14 (Var. Kq66ovvov) zwi- 30, 6. Aus Dig. XIX 2, 13 darf nicht auf Gleich- 

schen Setovia und Asanca genannt (beim heutigen heit des eisium und der C. geschlossen werden, 

Krappitz an der Oder?). sondern nur, dass die gleiche Bestimmung fur 

2) Stadt in Vindelicien bei Ptol. II 12, 4 beide gait. Abbildungen von Wagen, die C. sein 

(Var. KoQoodowov, Kagvodovvov). Heute Karnberg kOnnen bei Daremberg-Saglio Diet. d. Ant. 



1615 Carrus Carsulae 1616 

I 928. Scheffer De re vehic. II 27. Ginzrot IX 4067 und die besseren Hss.; KaQoioXoi die 
Wagen und Fuhrw. d. Alten 1 435. Becker -Goll Griechen; Einw. Carsiolanus), Stadt der Aequer 
Gallus III 20. Marquardt Privatl.2 736. oder Aequiculer (Liv. X 13, 1. Plin. Ill 106), 

[Mau.] von den Romern im J. 302 (Vellei. I 14. Liv. 

Carrus. 1) Keltischer Beiname des Mars, X 3, 2) oder 298 (Liv. X 18, 1) mit einer Co- 

CIL XII 356 (Fundort Chane, dep. Basses-Alpes, lonie latinischen Bechtes belegt. Im J. 209 ge- 

cant. la Motte-du-Caire): Marti Garro Cieino L. hOrte C. zu den 14 Colonien, die die Stellung 

Pomp. Myrismus v. s. I. m. Man bezieht ihn von Mannschaft verweigerten , und wurde dafiir 

auf den Berg, dessen Gipfel den Namen Pic-du- gestraft (Liv. XXVII 9, 7. XXIX 15, 5). Wegen 
Gar tragt, Revue epigr. II p. 57 nr. 499. Bull. 10 der festen Lage diente es, wie Alba Fucens, als 

e'pigr. IV 142. Derselbe Stamm in Carro-dunum, Detentionsort fur Staatsgefangene (Liv. XLV 42, 

Carro-talus (Holder Altcelt. Sprachschatz s. v.). 12). Im Bundesgenossenkriege blieb es den Ro- 

Vgl. die pyrennaeische Gottheit Oarre, Garri mem treu und wurde von den Aufstandischen 

(oder Oarre, Carri, Dative). [Thm.] verwiistet (Florus II 6). Nach Verleihung des 

2) Ursprunglich gallische Bezeichnung eines Biirgerrechts an die Italiker war C. Municipium 

Lastwagens, Caes. b. gall. I 3, 1. 26, 1. 3. Varro und gehorte zur Tribus Aniensis (Kubitschek 

bei Non. 195. Auch bei Liv. X 28, 9 sind wohl, Imp. Romanum trib. discr. 49). 0. war Station 

da die C. neben den esseda genannt werden. Last- der Via Valeria (Itin. Ant. 308. Tab. Peut.) ; 

wagen gemeint , die aber von den Galliern als sein Gebiet, ein vom Torano durchflossenes Hoch- 
Streitwagen benutzt wurden. Eine bestimmte 20 thai, war fur den Getreidebau geeignet, wahrend 

Form des Lastwagens, der gerade dieser Name die Olive nicht mehr fortkam (Ovid. fast. IV 

zugekommen ware, lasst sich nicht nachweisen, 683, der eine an die Fabel von Simsons Brand- 

vielmehr geht aus Ed. Diocl. XV 38 — 40 hervor, fiichsen erinnernde Carsiolaner Geschichte mit- 

dass der C. vier- und zweiraderig sein konnte. teilt). Erwahnt wird C. noch bei Strab. V 238. 

Abbildungen von Lastwagen mehrfach auf der Obseq. 52. Plin. XVII 213. Columella III 9, 2, 

Traian- und Antoninsaule. Scheffer De re vehic. im Liber coloniarum 239 (254). Noch Paulus 

II 28. Daremberg-Saglio Diet. d. Ant. I 928. Diaconus nennt C. als eine der bedeutendsten 

[Mau.] Stadte der Provinz Valeria (hist. Rom. II 20), 

Carsania, der ausserste Grenzplatz des Se- doch wurde sie im friihen Mittelalter zerstort. Die 
leukidenreiches im arianischen Osten , Tab. Peut., 30 Ruinen linden sich zwischen den modernen Dorfern 

Carsamir Geogr. Rav. p. 41, 11. Schwerlich Arsoli und Carsoli, auf dem Piano del Cavaliere. 

Karsan im Ghorbandthal zwischen Kabul und Vgl. Promis Antichita di Alba Fucense 57. La- 

Bamiyan, vgl. Kaisana. Weit wichtiger war teinische Inschriften aus C. s. OIL IX 4051 — 

eine andere am Eingang nach Badachsan gelegene 4102. 6078, 55. [Hiilsen.] 

Position, Karsama am Oxos, das heutige Kism, Carsium (Arch.-epigr. Mitt. XIV 16, 34 [ge- 

von IcarS- ,Furchen Ziehen, ackern'. Der sinische funden in Durostorum-Silistria] : [D. n. ijmp. 

Pilger Hyuan-Thsang schildert a. 650 (III p. 196) Aurel. vicit [..... Zejnobiam inviso[sque ante 

das nahe an HSma-tala (jetzt darrah-Em) gelegene se barbarorurn populos inter Ga]rsium ed Su- 

Gebiet Ki.li.se. mo (Karsama) ; Marco Polo be- eidfavam funditm delevit . . . .? col.] Duros. Au- 

riihrte auf seiner Wandernng in der Pamir das 40 rel ), Station der Donauuferstrasse in Moesia 

Flnssgebiet von Kasem mit seinen im Loss ein- inferior zwischen Axiupolis (Hinok) und Troes- 

gegrabenen Hohlenwohnungen ; eine neuere Be- mis (Iglitza. Itin. Ant. 224 Garso; Tab. Peut. 

schreibung giebt der Pandit Munphul Journ. Carsio; Geogr. Rav. 179, 2. 186, 14 Carsion; 

geogr. soc. XLII 441; vgl. S.-Ber. Akad. Wien Ptolem. Ill 10, 11. Kagoovfi; Prokop. de aedif. 

CII 204. [Tomaschek.] 308, 25 Kaoam; Hierocl. 637 Kaooog; Constant. 

Carsici (phoinikisch?), an der Kiiste von Porphyr. de them. p. 47, 15 Kagaog) und Gar- 

Gallia Narbonensis zwischen Marseille und Tou- nisonsort der milites Soythici (Not. dign. Or. 

Ion, jetzt Cassis, Itin. marit. 506. Desjardins XXXIX 22 Garso) ; nach den Distanzangaben jetzt 

Geogr. de la Gaule I 189f. II 169. Holder Alt- Hirschowa in der Dobrudscha (CIL III p. 1352. 
celt. Sprachschatz s. Carsieios. [Ihm.] 50Kiepert Formae orbis antiqui XVII. W. Toma- 

Carsidava, ein dakischer Ort. der sich, wie schek Die alten Thraker II 2, 84; Zur Kunde 

seine Erwahnung bei Ptolem. Ill 8, 6 (Kagai- der Hamushalbinsel n 20. Ruggiero Dizion. 

dava) beweist, bis in die rbmische Zeit erhalten epigr. II 120), wo eine unbekannte Cohorte (CIL III 

hat. Seine Lage ist unbekannt; Kiepert setzt 7490) und vielleicht im J. 200 die ala II Ara- 

ihn Formae orbis antiqui XVII hypothetisch in vaeorum garnisonierte, letztere hat die bier vor- 

der Moldau am Mittellauf des Prut an. Vgl. beiziehende Strasse repariert (CIL III 7603, vgl. 

J. Jung Romer und Romanen in den Donau- 7604—7609. Cichorius o. Bd. I S. 1230); gegen- 

landern2 111, 3. 114, 3. Tomaschek Die alten fiber von C. stand eine zeitlang an der Einmun- 

Thraker II 2. 84. C. Mfiller zu Ptolem. I p. 445. dung der Jalomitza in die Donau der numerus 

[Patsch.] 60 Surorum sagittariorum (CIL III 7493). In C. 

Carsidius. Carsidius Sacerdos, im J. 23 n. wurde auch die griechische Inschrift Arch.-epigr. 

Chr. angeklagt, Tacfarinas mit Getreide unter- Mitt. VIII 4, 9 gefunden. [Patsch.] 

stiitzt zu haben, jedoch freigesprochen (Tac. ann. Carsulae (Garsulas Ace. bei Tac. hist. Ill 

IV 13). Praetor urbanus im J. 27 (CIL P p. 71 60; Garsulis Ablat. CIL III 1188. VI 2379 vi 

Fast. Arvalium). Als Praetorier im J. 37 in den 29. XI 4575. 4583; KdgoovXoi Strab. V 227; 

Process der Albucilla verwickelt und auf eine Ethn. Garsulanus), Stadt in Umbrien, sudlich 

Insel verbannt (Tac. ann. VI 48). [Groag.] von Tuder, nach Strab. a. a. O. Station der Via 

Carsioli (so. nicht Carseoli die Inschrift CIL Flaminia (in den Itinerarien nicht erwahnt), ge- 



1617 Cartala Oarteia 1618 

nannt in der Geschichte nur im Kriege zwischen beruht es , wenn Silius III 396 die Enkel des 

Vitellius und Vespasian 70 n. Chr. (Tac. a. a. 0.). Arganthonius nach C. setzt) flndet sich in dem 

Ausserdera bei Plin. n. h. Ill 113. XIII 213. Bericht iiber des P. Scipio Feldzug gegen Hanno 

Plin. epist. I 4. Die Stadt war Municipium und im J. 548 = 206 v. Chr.. wo C. Laelius, es ist 

gehorte zur Tribus Clustumina (Kubitschek nicht gesagt, von wo aus, mit der Flotte nach 

Imp. Romanum tributim discr. 70). Reste flnden C. fahrt (Liv. XXVIII 30, 3 urbs ea in ora oeeani 

sich bei der Capelle S. Damiano, zwischen Cesi sita est, ubi primum e faiwibus angustis pan- 

und Acquasparta, namentlich ein angeblicher ditur mare). Dann ist erst wieder im J. 583 

Triumphbogen, wahrscheinlicher Stadtthor (Ros- = 171 v. Chr. von ihr die Rede, als jene Gesandt- 
sini Archi trionfali tav. XV. XVI), im 17. Jhdt. 10 schaft einer neuen Art von Menschen nach Rom 

auch ein Amphitheater (Holstenius ad Cluver. kam, namlich die Kinder rOmischer Legionare und 

99). Lateinische Inschriften aus C. CIL XI 4567 hispanischer Frauen eum quibus eonubium non 

-—4631; vgl. Not. d. scavi 1897,386. [Hulsen.] esset, mit der im Namen von iiber 4000 Kopfen 

Cartala s. Althaia Nr. 1. ausgesprochenen Bitte, ut sibi oppidum in quo 

Cartalias (?), Stadt in Hispania citerior, zwi- habitarent daretur. Der Senat beschloss , dass 

schen Sagunt und Dertosa, nach Poseidonios (bei der Praetor der provineia ulterior L. Canuleius 

Strab. Ill 159 nlnoiw de jioXeig slat XsQQovrjOos (vgl. Liv. XLIII 2. Wilsdorf Fasti Hisp. prov. 

m xal 'OHaoxQov xal KaQzaUag), sonst unbekannt. 91) eine Liste der Namen von ihnen und ihren 

Vgl. Carteia; der Name ist schwerlich richtig Freigelassenen aufstellen solle (ihre Descendenten 
iiberliefert. [Hiibner.] 20 sind mit einbegriffen, so dass der von Mo mm sen 

Cartana, oppidum sub Caueaso, postea Te- St.-R. Ills p. XIII 1 geforderte Zusatz entbehr- 
tragonis dictum, in der Satrapie der Paropani- lich scheint). Diese alten Soldaten sollten in C. 
sadai nahe an Alexandria sub Caueaso, Plin. VI Landlose erhalten (eos Carteiam deduei placer e); 
92. Kaisana (Karsana?) des Ptolemaios wird aber auch die Bewohner von C. , wenn sie dort 
da von zu trennen sein, ebenso die von den ara- bleiben wollten, sollten in die Zahl der Colonen 
bischen Geographen nOrdlich von Parwan am aufgenommen werden und Land angewiesen er- 
Oberlauf des Panchir erwahnte Stadt und Silber- halten; die Colonie solle eolonia eivium Latino- 
mine Gariyana. Cunningham, welcher Ale- rum et libertinorum genannt werden (Liv. XLIII 
xandria sub Caueaso in Carik-kar und Opian nord- 3, 1 — 4; s. aueh unter Colonia). Als solche 
lich von Kabul flndet, suchtC. in der von Mas son 30 Mit sie die Zahl der neun Colonien in der Pro- 
Travels III 155f. geschilderten viereckigen Feste vinz Baetica (CIL II p. XCI. 847) und ist mit 
von bedeutender Ausdehnung, welche Begram Agrigentum die erste latinische Colonie ausser- 
heisst und den Ruf einer von Griechen erbauten, halb von Italien und Gallia cisalpina. Nach der 
durch Erdbeben und nordische Eroberer zerstOrten Schlacht bei Munda flieht Cn. Pompeius der jiingere 
Stadt besitzt ; hauflg werden da hellenische Mtin- mit wenigen Reitern nach Carteia, quod oppidum 
zen (z. B. die des Eukratidas mit der Aufschrift abest a Gorduba m. p. CLXX (vgl. Strab. Ill 
Karieie-nagara devdta) und Topfscherben gefun- 141 , s. u.). und wird auf der also damals schon 
den. Der Name C. bedeutet ,Spinnen des Fadens, vorhandenen Strasse zwischen den beiden Stadten 
Windung', von skr. hart; der Beiname rszQaywvls vom achten Meilenstein an, da er erkrankt war, 
erinnert an zd. eathrugaoia. Eine Untersuchung 40 auf einer Sanfte in die Stadt gebracht, in deren 
des am Eingange ins Panchirthal liegenden Tu- Schutz er sich begiebt (bell. Hisp. 32, 5—7). Die 
mulus von Gul-behar, dessen auch Sultan Baher Anhanger seines Vaters suchen ihn vergeblich 
gedenkt, kOnnte den Sachverhalt klarer stellen. gegen die Caesarianer zu schiitzen; er flieht auf 

[Tomaschek.] seinen zwanzig Schiffen, die ihm von der im Jahr 

Cartave, Insel an der Siidkiiste Iberiens, etwa vorher von C. Didius geschlagenen Flotte unter 

eine Tagesfahrt Ostlich von der Anasmiindung, Q. Attius Varus (Dio XLIII 31 , 3) geblieben 

nur im alten Periplus (Avien. or. mar. 255 Gar- waren, wird aber von der Flotte des Caesar unter 

tare post insula est, eamque pridem — influooa C. Didius verfolgt und, als er um Wasser einzu- 

et est satis fides [so Wernsdorf statt des fiber- nehmen, nach vier Tagen gelandet war, von den 
lief erten influxe satis est fides, wofiir Unger den 50 Truppen des Didius getotet (ebd. 37 — 40); wo, 

Fluss Luxia in den Text einsetzen wollte] — tenuere ist nicht gesagt, doch wird es irgendwo an der 

Gempsi) erwahnt, als einst im Besitze des spater Ktiste Ostlich von C. geschehen sein. Etwas ab- 

verschollenen Volkes der Cempsi (s. d.). Nach weichend berichtet dariiber Appian, wo die Stadt 

der unzweifelhaftrichtigenFolge der Beschreibung Kdg&aia heisst (b. civ. II 105) wie bei Artemidor 

muss damit eine der grossen Sand- und Wiesen- (Steph. Byz. s. v.). Auf die durch die rOmische 

inselflachen vor dem Aestuarium von Huelva ge- Eroberung erlangte genaue Kenntnis ihrer Lage 

meint sein, vielleicht die auf den Karten ver- ist wohl zuriickzufiihren , dass C. mit Gades als 

zeichnete grosse Insel Saltfe oder eine andere, einer der in den dritten Parallelkreis fallenden 

die wie alle solche Sandbanke sich im Lauf der Punkte der Erdmessung genannt wird (Plin. VI 
Jahrhunderte vielfach zu verandern pflegen. Der 60 214); in den alteren griechischen Berichten fehlt 

Name scheint vom selben Stamm wie Carteia, es (Strab. Ill 140 ist sein Name falschlich in den 

Cartima und durchaus iberischen, nicht phoini- Text gesetzt worden statt Kalpe, s. d.). Bei 

kischen Ursprungs. [Hiibner.] Ptolemaios folgt KaQxnia auf Barbesula (II 4, 9) 

Carteia (Kagrtjla), Stadt in Hispania citerior. und bei Marcian werden von C. bis Barbesula 

Die alteste, der Zeit nach feststehende Erwah- 100 Stadien gerechnet (II 9). Aus dem bellum 

nung der Stadt (iiber ihre Verwechslung mit Tar- Hispaniense entnommen ist die Angabe Strabons 

tessos, Strab. Ill 151. Paus. VI 19, 3. Mela II iiber Corduba (III 141 6d/u de Kagrntag [tj 

96. Plin. Ill 7, s. d.; auf dieser Verwechslung Movvda ist zu streichen, s. d.] oraSlovg %dlovg 



1619 Carteia Carthago nova 1620 

xai zexQaxooiovi , denn 170 Millien sind 1360 der Stadt (1928) und des Hercules (1927), sowie 

Stadien; der Unterschied von 40 Stadien oder eines sonst unbekannten M. Petrucidius M. f., 

5 Millien fallt vielleicht nur den Strabontexten Legaten des Proconsuls M. Licinius, aus republi- 

zur Last), wie der folgende kurze Bericht fiber canischer oder friiher augustischer Zeit (4967, 1 

das Ende der Sohne des Pompeius beweist. Aus a— c), und einige Grabsteine (1930 — 1933. 5485). 

Poseidonios stammt die Nachricht fiber die Grosse Vgl. auch Althaia Nr. 1. [Hubner.] 

der Trompeten- und Purpurschnecken , fiber die Cartenna (bei Aug. epist. 93, 20. 22 = Migne 

Muranen, Meeraale, Meerpolypen und Thunfische II 332 und bei Iul. Honoriused.Riese Geogr. Lat. 

an den Eftsten bei C. (Strab. Ill 145). Daher min. p. 47 : Cartennae), Kustenstadt der Provinz 

auch die ausfuhrliche Angabe fiber die Grosse der 10 Mauretania Caesariensis, zuerst genannt von Mela 

Polypen, Tintenflsche und ahnlicher Seetiere der I 30, dann von Plin. n. h. V 20. Ptol. IV 2, 4 u. a. 

cetaria von C, die Plinius deni Bericht des Tre- (CIL VIII p. 824). Nach Plin. a. a. O. hatte die 

bius Niger , eines der Begleiter des Proconsuls Stadt unter Augustus eine Militarcolonie erhalten 

von Baetica L. Lucullus, entnahm (IX 89 — 93), (colonia heisst sie auch CIL VIII 9663 und im 

sowie die wohl aus Varro entnommene fiber die Itin. Ant. 14). Die Lage ist durch die Anffln- 

scornbri und das daraus bereitete garum von C. dung der Inschrift CIL VIII 9663 an Stelle des 

(XXXI 94). Das von Appian im viriatischen Krieg heutigen Tenes (Provinz Algier) gesichert. Ein 

wohl mittelbar nach Poseidonios erwahnte Ear- Fluss Cartennas (fluvius Cartmnas Iul. Honor., 

pessos (Hisp. 63) ist ebenfalls C; die falsche Form Kagrevvov noza/j,ov exfiokal Ptol.), erwahnt von 
teruht auf einer irrtfimlichen Vermischung von 20 Ptol. IV 2, 4 und Iul. Honor, p. 52 ed. Eiese, 

Tartessos, das Appian bekannt war, aber langst soil nach Ptol. a. a. 0. wenig westlich von C. 

nicht mehr existierte, und den Carpetanern (s. d.). mttnden. [Dessau.] 

In den augustischen Verzeichnissen bei Mela (II Carteria s. Karteria. 

96) unci Plinius (III 7) erscheint C. noch unter Carterius. 1) Verwandter des Neoterius, der 

den bedeutendsten Stadten von Baetica; von hier zwischen 380 und 390 dreimal Praefectus prae- 

aus bis zur Anasmilndung war auf der Karte des torio war (Symm. ep. V 43), Schwiegervater des 

Agrippa die Breite der Kiiste auf 234 Millien Auxentius (Symm. ep. IX 7. VIII 16), war zuerst 

angegeben (Plin. IH 17). Dem entspricht die Advocat, dann richterlicher Beamter (Symm. IX 

Haufigkeit ihrer samtlich autonomen, d. h. meist 31). An inn gerichtet Symm. ep. VIII 16. IX 

voraugustischen und augustischen Miinzen mit la- 30 7. 81. 

teinischer Aufschrift (Carteia und Karteia) und 2) Eappadoker, Vater des arianischen Eirchen- 

den Namen zahlreicher Magistrate, Censoren, Quat- historikers Philostorgios, Philost. IX 9. 18. 
tuorvirn (darunter die jfingsten die Caesaren Ger- [Seeck.] 

manicus und Drusus), Aedilen und Quaestoren, Cartha (Not. dign. or. XXXIV 39), Militar- 

nebst den Bezeichnungen ex s(enatus) e(onsulto) posten im Gebiet des Dux Palaestinae mit der eo- 

f(aeiendivm) e(uraverunt) und dfecreto) dfecurio- hors X Carthaginiensis; vielleicht identisch mit 

num); auch die Typen (Gotterkopfe Iuppiters und Certha (s. d.) des Itin. Hieros. nordlich von Cae- 

Neptuns, eine Gsttin mit Mauerkrone, Amor auf sarea Palaestinae. Nicht identificiert. 
Delphin, Fischer) sprechen fur ihre maritime Be- [Benzinger.] 

deutung (Mon. ling. Iber. nr. 143). Phoinikische 40 Carthago s. Karthago. 
und griechische Miinzen fehlen; daher auch der Carthago nora, in Hispania citerior. Wie 

Name trotz der Stadt Karthaia auf Keos und trotz die iberische Stadt hiess — eine alte phoinikische 

Earthago nicht fur phoinikisch, sondern fiir ibe- Niederlassung an der Stelle von irgendwelcher 

risen zn halten ist, wie Cartare, Cartima und Bedeutung und Dauer ist trotz der ganz beson- 

ahnliche; die Form en Ka).7tia bei Nicol. Damasc. deren Gunst der Lage nicht nachweisbar — , die 

frg. 99, 11 und Kagma bei Paus. VI 9, 3 be- einst da gelegen hat, wo spat erst die Barkiden 

ruhen auf absichtlicher Angleichung an Ealpe das neue C. gegrfindet haben, ist zwar nicht sicher 

und die Carpetaner (vgl. Steph. Byz. s. Kaentjia). zu entscheiden, aber mit hochster Wahrscheinlich- 

Auf der Strasse von Malaca nach Gades an der keit ist daffir die Stadt der Massiener, der spateren 

Kiiste entlang werden Ealpe und das nahe C. als 50 Bastetaner (s. d.) Massia zu halten (s. d.; Mfillen- 

eine Station zusammengefasst [Calpe Carteiam hoff D. A. 1 151. Meltzer Gesch. der Earthager 

Itin. Ant. 406, 3. Geogr. Eav. 305, 10. 344, 5). I 341. II 407); das auf zahlreichen iberischen 

Wie viele der altesten Stadte in Hispanien scheint Miinzen aus dieser Gegend genannte Sethisa (Mon. 

C. im spateren Altertum schon heruntergekommen ling. Iber. nr. 101) mag in unmittelbarer Nahe 

zu sein. Geringe Reste von Bauten, in denen zu suchen sein. Moglich ware, dass Massia wie 

man ein Amphitheater und eine Thermenanlage urbs Massiena nur adjectivische Bezeichnung der 

erkennt, sind an der el Rocadillo genannten Stelle Stadt war, deren einheimischen Namen man nicht 

der Stadt, westlich vom heutigen San Roque, un- kannte, falls er nicht eben das Sethisa der Miinzen 

gefahr in der Mitte zwischen Gibraltar und Al- war. Wenn Silius die Stadt wiederholt Teucro 
geziras erhalten; nur ein Turm, genannt der Turin 60 fundata vetusto nennt (III 368. XV 192), so folgt er 

von Cartagena — worin man eine volksmassige einer wohl auf AsklepiadesvonMyrleazuriickgehen- 

Umgestaltung des alten Namens erkennt — ist den Erfindung, wonach Teukros auf seiner Fahrt in 

vom Mauerring fibrig (CIL II p. 212. 875). Auch den Westen hier gelandet sein soil (Iustin. XLIV 3, 

von Inschriften haben sich nur sehr wenige ge- 3); vgl. Callaici o. S. 1357. Den altesten Bericht 

funden : eine einzige grOssere Ehreninschrift eines fiber ihre Grfindung — daher Poenortim opus bei 

Senators des 2. Jhdts. , der zugleich das saeer- Plinius (III 21 nach Varro) — giebt Diodor nach 

dotium Hermits in Gades oder in C.(?) bekleidete uns unbekannter Quelle (XXV 12, Timaios?). Da- 

CIL II 1929), ein paar Ziegel mit den Namen nach rachte Hasdrubal unter anderem damit des Ha- 



1621 Carthago nova Carthago nova 1622 

milkar Niederlage und Tod, dass er eine Stadt am Karte der Stadt und des Hafens ist die nach den 

Meere griindete, die er das neue C. (Mav Koq- von Droysen beniitzten erschienene in dem 

Xijdova) nannte; der diirftige Auszug aus dem Be- grossen Atlas von F. Coello, Madrid 1876), so 

richt lasst nur ahnen , dass er sich damit einen ware es bei dem Mangel ihm zu Gebote stehender 

Sitz grosser Macht schuf. Ausfuhrlicher berichtet Karten nicht zu verwundern (Ed. Meyer Herm. 

Poly bios, wohl den Geschichtschreibern Hanni- XXX 1895, 269) und thate der Zuverlassigkeit 

bals und am Orte eingezogenen Erkundigungen und Genauigkeit seines Berichtes im iibrigen 

folgend, wie Hasdrubal im J. 533 = 221 v. Chr. keinen Eintrag. Aber seine Beschreibung ent- 

wohl iiberlegt an fur Iberien wie fur Libyen gleich spricht durchaus der Wirklichkeit. Der Meer- 

giinstiger Stelle .Karchedon oder die Neustadt' 10 busen, wahrscheinlich der Namnatius portus (s. 

angelegt habe und wie die so gewonnene Macht- d.) des alten Periplus , in dessen innerster Tiefe 

stellung der Karthager in Iberien sogleich ihren die Stadt liegt, erstreckt sich von der Insel Scom- 

Einfluss Rom gegenuber zeigte (II 13, 1 — 7. Strab. braria (s. d.), der vfjoog atQcyyvlrj des alten Peri- 

III 158. Mela II 94; Appian. Hisp. 12 vermengt plus (Avien. or. mar. 453), der gerundeten Insel, 

diesen Bericht aus grObstem Missverstandnis mit hinter der sich nach Westen das Traetegebirge 

Hannibals Neugriindung von Sagunt, das er fur erhebt (s. d.; Ptolemaios nennt das Vorgebirge 

Neu-C. halt), und verweist dabei auf die spater SxofifigaQla cixqo., wohl irrtiimlich, II 6, 14), bis 

zu gebende genaue Beschreibung seiner Lage. Die zu der gegeniiberliegenden Landspitze , auf der 

Stadt ist seitdem das Hauptquartier der kartha- das Castell las Galeras liegt, also mit seiner 

gischen Macht in Iberien und der Ausgangspunkt 20 weitesten Offnung genau nach Westsiidwesten, 

aller Feldziige des Hannibal (Polyb. Ill 13, 7. wie Polybios angiebt {nqog aveftov tifla). Sie lasst 

15, 3. 17, 1. 33, 5. Liv. XXI 5, 4), der auch von fiir die von Osten, von Tarraco her, wie fur die 

doit nach Italien aufbricht (Polyb. Ill 39, 6. 11. von Sildwesten, von Italien oder Africa her Ein- 

V 1, 5), und des Hasdrubal (Polyb. Ill 76, 11), fahrenden zu beiden Seiten eine Zufahrt offen 

dessen Flotte oft in der geschiitzten Bucht vor und schutzt mit den hohen Gebirgen, die den 

Anker lag (Polyb. Ill 95, 2). Von dem tollkiihnen Busen im Norden und Osten umschliessen , was 

aber gliicklich gelungenen Handstreich, durch den Polybios ausdrucklich hinzufiigt, vor dem Seegang 

der junge P. Scipio den Untergang seines Vaters und den Winden bis auf die Siid- und die Stid- 

und Oheims rachend im J. 545 = 209 v. Chr. die westwinde. Auch die Masse (20 x 10 Stadien 

Stadt eroberte, datiert der Umschwung im Erfolg 30 nach Polybios, tlber 1000 x gegen 2500 Millien 

der rOmischen Waffen gegen Karthago (Polyb. X nach Livius) stimmen ungefahr zu der Wirklich- 

6, 8ff. Liv. XXVI 42, 7ff.; vgl. XXVII 7, 5. Flor. keit; denn die Bucht von der Insel Escombrera 

I 22, 39. 33, 7. Sil. XV 220ff. Zonar. IX 8 nebst ostlich ist als zu dem Busen gehOrig anzusehen. 

den einzelnen Ziigen aus der Geschichte der Ein- In der Tiefe des engeren Busens zwischen den 

nahme bei Val. Max. IV 3, 1. XII 11 ext. 1; vgl. Castellen San Julian und las Galeras, der fiir die 

Polyaen. Vin 16. Frontin. strat. Ill 9, 1. Gell. Einfahrenden durch die Insel verdeckt wird, liegt 

VII 8, 3). Seitdem ist C. das Hauptquartier der die Stadt und westlich neben ihr der heutige 

rOmischen Feldherren und der Ausgangspunkt der Kriegshafen. Sie hatte deren im Altertum mehrere 

Feldziige des Scipio (Polyb. XI 31) , nachdem (Strab. Ill 159 nach Poseidonios). Die halbinsel- 

Magos Versuch, die Stadt wiederzugewinnen, miss- 40 artige Hehe — das %sQQovr)olt,ov oQog — , auf dem 

lungen war (Liv. XXVIII 36, 4). die Stadt liegt, ist zwar jetzt nicht mehr im 

Die Eroberung der Stadt durch den alteren Osten und Norden, wie Polybios sagt, vom Meer 

Scipio Africanus gab Polybios bekanntlich den umgeben, sondern nur noch im Osten. Aber der 

Anlass zu der genauen Beschreibung der Lage, Kriegshafen hat sich friiher auch nordwarts um 

der &sots rijg nofeoig (X 10, 1 — 16), fiir die er den altesten Kern der Stadt erstreckt, wie altere 

sich ausdrucklich den Irrtiimern vieler (des Fabius Karten zeigen. Unmittelbar daran schliesst sich 

Pictor?) gegenuber auf seine Autopsie und sorg- der grosse Sumpf im Westen, arabisch Almajar 

faltige Beobachtung beruft (X 11,4 ov yaQ If genannt, der sich auch nOrdlich hinzog — ngoa- 

axoijg fijMig aXV avxomai ysyovoreg jm.% ejiwxa- smXa/J,(Sdvovoa xal rov ngog olqxtov fisgove; er 

asa>e ajtog>aivo/is&a). Ihm folgt unzweifelhaft die 50 muss in der That einst mit dem jetzigen Hafen 

in allem wesentlichen ubereinstimmende Beschrei- in Verbindung gestanden haben. so dass die Stadt 

bung des Livius (XXVI 42, 7 — 47, 10) ; nur ent- halbinselartig, aber zeitweise wie eine wirkliche 

halt sie viele Einzelheiten, die bei Polybios fehlen, Insel lag, durch einen Damm von nur zwei Stadien 

also aus einer rOmischen Quelle hinzugefiigt sind oder 250 m. p. Breite mit dem Festland verbun- 

(W. Soltau Philol. LIII 1894, 601ff., vielleicht den, je nach der wechselnden Tiefe des Aestua- 

C. Laelius von beiden beniitzt). Polybios hatte riums (wie Livius hinzufiigt). Der alte, die Land- 
den jiingeren Scipio im J. 603 = 151 V. Chr. auf enge bildende Damm im Norden der Stadt ist 

der Fahrt von Massalia nach Neu-C. begleitet nicht mehr vorhanden. Er war kunstlich herge- 

(XXXV 4, 8), sah die Stadt also zuerst von der stellt und an der Stelle des Durchstichs liber- 

Seeseite; wahrend Scipio sich an dem keltiberi- 60 briickt, zur Vermittlung des Verkehrs von Wagen 

schen Feldzug des Lucullus beteiligte (Polyb. und Lasttieren mit dem Lande; wie noch jetzt 

XXXV 5. Appian. Hisp. 33), blieb er in Neu-C. am Thor nach Murcia. So ist die Stadt selbst 

und lernte ihre Lage und ihre Umgebungen, be- in der Mitte hohl (fisooxodog); d. h. sie liegt auf 

sonders die Silbergruben kennen (XXXIV 9, 8 — 11 dem Hiigel mit der axga, der das jetzt verfallene 

= Strab. Ill 147). Wenn sich in seinen Angaben Castell de la Concepcion tragt mit rOmischen, im 

wirklich ein Fehler gegen die Orientierung, Ver- spateren Altertum vielfach aus rOmischen Grab- 

wechslung von Nord und Ost, fande (H. Droysen steinen gefiickten Mauern und Tiirmen. Dies ist 

Rh. Mus. XXX 1875, 62ff.; die neueste und letzte die altiberische Stadt, an die sich nOrdlich die 



1623 Carthago nova Carthago nova 1624 

Niederung zuni Almajar anschliesst, deren Durch- 20 Stadien westlich von der Stadt entfernt, bei 

watung bei niedrigem Wasserstand Scipio seinen dem heutigen Almazarron, in einem Umkreis von 

Soldaten als die Hiilfeleistung des Neptun be- 400 Stadien; 40 000 Menschen arbeiteten darin, 

zeichnete. Sie liegt unmittelbar fiber dem Meer, und der Brtrag fur den rOmischen Staat war zu 

so dass die Plotte des C. Laelius in der That an seiner Zeittaglich 25 000 Drachmen (Polyb. XXXIV 

der Belagerung teilnehmen konnte. Die beiden 9, 8 — 11 = Strab. Ill 147), also jahrlich 2500 

hohen und steilen, schwer zuganglichen Berge sind Talente oder etwa 9 Millionen Mark. Er be- 

im Osten der des Castells San Julian, auf dem schrieb die Gewinnung genau, die erst nach der 

einst ein Tempel des Asklepios-Eshmun stand, fiinften Durchsiebung das reine Silber ergab und 
wie in Alt-C. , ihm gegeniiber der ahnliche im 10 das Blei ausschied. In rOmischer Zeit scheint der 

Westen mit dem Castell las Galeras. Auf diesem, Silberertrag zuriickgegangen und hauptsachlich, 

also weit ausserhalb der Stadt, lag die KOnigs- wie noch jetzt, Blei gewonnen worden zu sein. 

burg, die Hasdrubal erbaut hatte. Die drei kleine- Zahlreiche Bleibarren mit rOmischen Aufschriften 

ren Hiigel innerhalb der modernen Pestungsmauer aus republicanischer und fruher Kaiserzeit zeugen 

sind der Ostliche, der des Hephaistos, der ihm dafiir (CIL II 6247, 3. 4. 6); sie zeigen, dass 

nachste der des Aletes , des angeblichen Finders diese Gruben damals in Privatbesitz waren. Gegen- 

der Silbergruben (Aletus und Aletea sind nicht stand gewinnbringender Ausfuhr war ferner das 

seltene iberische Namen), der dritte, siidlich da- Pfriemgras (spartum), das in der Nahe von C. 

von, der des Kronos-Saturn ; auch ein Vorgebirge in grosser Menge wild wachst (vgl. Campus 
des Saturn wird genannt (Plin. Ill 19). Reste der 20 spartarius), auch die Stadt selbst heisst dar- 

Tempel und Bauten wurden durch Ausgrabungen nach spartaria (Plin. XIX 26. XXXI 94 und das 

sicher zu finden sein. Den urspriinglichen Um- Itin. Ant. 401, 5). Beriihmt war ferner das aus 

fang der iberisch-punischen Stadtmauer, deren den Makrelen (scombri) bereitete garum, das in 

H6he und Schonheit hervorgehoben wird, giebt den zahlreichen Pokeleien in der Nahe (Strab. Ill 

Polybios nach eigener Schatzung auf 20 Stadien 158) gewonnen wurde; das einer wohl urspriing- 

an; zu seiner Zeit sei er etwas geringer gewesen; lich phoinikischen, nachher rOmischen Handelsge- 

er stimmt, einschliesslich der Konigsburg und des sellschaft, das garum soeiorum, war das gesuch- 

Asklepiosheiligtums, rait der Wirklichkeit. Poly- teste (Strab. Ill 163. Plin. XXXI 94 nach Varro). 

bios hat seinen Aufenthalt in Neu-C. offenbar dazu Von diesen Fischen hatte die Insel Scombraria ihren 
verwendet, sich ein Bild von der Belagerung und 30 Namen. Auch die vortreffliche Gerste (Plin. XVIII 

Einnahme durch den alteren Scipio und C. Laelius 80) aus dem vom Tader (s. d.) durchflossenen 

zu machen, wahrend sein Bericht iiber diese selbst ager Carthaginiensis (Plin. Ill 9) und die auch 

neben schriftlichen Quellen auch mtindliche Mit- im Winter bluhenden Rosen von Neu-C. (Plin. 

teilungen aus dem Kreise des jungeren Scipio be- XXI 19, alles nach Varro) werden geriihmt. Varro 

ntitzt haben wird. Der nur bei Livius erwahnte sah die unterirdischen putei (Silos), in denen man 

Hiigel des Mercur wird der ausserhalb im Osten in agro Garthaginiensi das Getreide 50 Jahre 

der Stadt und der sumpfigen Niederung liegende lang aufbewahren konnte , wie in den Scheuern 

sein, auf dem ein arabisches Castell steht. Des iiber dem Erdboden in Hispania citerior (r. r. I 

Silius Beschreibung der Lage und der Einnahme 57, 2. 3). So war die Stadt noch zu Poseidonios 
der Stadt (XV 191—285) bietet nichts Neues, 40 Zeit der grOsste Handelsplatz fur das innere Land 

hebt aber die bezeichnenden Punkte der Lage und die Kiiste im sildOstlichen Iberien (Strab. in 

treffend hervor. Ihre Ahnlichkeit mit der Alt-C.s 158). Sie diente als einer der festen Punkte im 

springt in die Augen. Den Hauptreichtum der dritten Parallelkreis (Plin. VI 215), wie Carteia 

Stadt und ihres Gebietes bildeten die Silberberg- (s. S. 1618), zur Messung der Entfernungen von den 

werke (Strab. Ill 159 nach Poseidonios), die wie Saulen des Herakles an (2200 Stadien Strab. Ill 

der iberische Name ihres gOttlich verehrten Fin- 156) bis zum Sucro und Hiberus (Strab. Ill 158) 

ders Aletes (s. o.) zeigt, schon von den Iberern und weiter, sowie fiir die Schiffahrt nach Kaisa- 

bearbeitet warden und wohl lange vor der kartha- reia in Mauretanien (Plin. Ill 19), 197 Millien, 

gischen Griindung den phoinikischen Kaufleuten und nach den Balearen (Plin. Ill 76). Von einem 
bekannt waren. Dass der Silberreichtum fur die 50 wunderbaren dort wachsenden Baum erzahlte Posei- 

Wahl des Ortes der neuen karthagischen Haupt- donios (Strab. Ill 175); die Botaniker haben ihn 

stadt Iberiens den Ausschlag gab , beweist die nicht zu identificieren vermocht. Als Ort des Exils 

stattliche Reihe der vielleicht schon von Hamilkar wird die Gegend ultra Kartliaginem novam im 

und dann von Hasdrubal geschlagenen Silberstiicke, J. 574 = 180 v. Chr. genannt (Liv. XL 41, 10). 

6, 4, 3, II/2, 1 ™d 1/2 Drachme mit vortrefflichen C. wird nachher wieder im sertorianischen Krieg 

griechischen Typen . Kopf des Herakles — dem erwahnt — Sertorius schifft sich dort nach Africa 

die Insel Scombraria heilig war (Strab. Ill 159) ein (Plut. Sert. 7) — und in dem der Sohne des 

— und einer weiblichen Gottheit, nebst dem kar- Pompeius gegen Caesar , wo Gnaeus es belagert 

thagischen Wappenbild des Rosses mit der Palme (Dio XLIII 30, 1), und seiner Nachfolger, wo Sex- 
und dem neuen und bezeichnenden des Elefanten, 60 tus den C. Asinius Pollio daraus vertreibt (Dio 

dem die Erfolge der karthagischen Waffen zumeist XLV 10,3); auch Cicero gedenkt dieser Vor- 

verdankt wurden, mit seinem Leiter; die Kupfer- gange (ad Att. XVI 4, 2). Vielleicht schon durch 

stiicke dazu zeigen einzelne phoinikische Buch- Caesar, der dort Gericht hielt, als der junge C. 

staben (Mon. ling. Iber. nr. 96 a). Sie bilden zu- Octavius zu ihm nach Hispanien kam (Nicol. 

gleich, obgleich Karthago auch hier die Goldpra- Damasc. vit. Aug. 12), wenn nicht erst durch 

gung sich vorbehielt, die deutlichste Hlustration fiir Augustus, wurde C. zur Colonie erhoben, wie die 

die kOnigliche Stellung der Barkiden. Die Berg- grosse Zahl lateinischer Miinzen (nur Kupferasse 

werke , die Polvbios besucht hat . lagen etwa und Semis) zeigt. deren altere Reihe verschiedene 



1625 Carthago nova Cartima 1626 



"fa 



Typen, darunter den Legionsadler und andere T. f. hatte (Wilsdorf Fasti Hisp. prov. 111), 

militarische Fahnen und Zeichen, sowie die Auf- In den Listen des Agrippa und Augustus erscheint 

schrift c(olonia) vfictrix) l(ulia) n(ova) mit den C. als Hauptstadt des grossten Gerichtsbezirks 

Namen von quinquennalss und duoviri quin- der Citerior (Plin. Ill 18. 25) mit 65 Gemeinden 

quennales aufweist (Mon. ling. Iber. nr. 96b a—i; ausser den ebenfalls dazu gehorigen balearischen 

es finden sich darunter ein paar iberische Magi- Inseln (s. d.). Plinius berichtet von einem iuri- 

stratsnamen), wahrend die jungere mit den Kspfen dieus der Citerior, der in C. einen Pilz ass, in 

des Augustus, Tiberius und des C. Caesar meist dem sich ein Denar fand (XIX 35). Galba hielt 

priesterliche , aber auch auf den Triumph des hier Gericht, als Nero starb (Suet. Galba 9). 
Augustus beziigliche Bilder enthalt und ausser 10 Auch in spater Zeit blieb die Stadt als Station 

den Namen von Duovirn und Quinquennalen — der romischen Kiistenstrasse (Itin. Ant. 401, 5. 

zu denen auch die Konige von Mauretanien, Juba Geogv. Rav. 305, 1. 343, 8) und Haupthafen der 

und Ptolemaios, und die Caesaren Nero und Dru- Ostkuste von Bedeutung (Ptol. II 6, 14. Cosmogr. 

sus_ gehorten — auch von Pontifices und die von Aethici p. 98, 10 R. Polem. Silv. p. 181, 10 R. 

Praefecten des Agrippa und Tiberius, mit der Nomina prov. p. 128, 13 E.). Noch unter Kaiser 

Aufschrift — seit Tiberius — c(olonia) v(ictrix) Mauritius im J. 589 wurde das Thor nach der 

K(arthago) n(ova) oder v(ictrix) I(ulia) n(ova) Landseite durch den Patricius Comenciolus, und 

K(arthago) oder e(ohnia) — auch qfuolonia) — wohl auch die Befestigungen iiberhaupt, gegen 

v(ietrix) I(ulia) n(ova) C(arthago) fuhrt (Mon. die Einfalle ,barbarischer Feinde', wahrscheinlich 
ling. Iber. 96 b m — x). Die Inschriften erganzen 20 Mauren aus Africa, wiederhergestellt (CIL II 3420 

diese Zeugnisse. In republicanischer Zeit heisst = Inscr. Hisp. christ. nr. 176); einige christliche 

die Stadt noch opidum und steht unter Quattuor- Grabschriften in griechischer Sprache (Inscr. Hisp. 

virn (CIL II 3408 = I 1555); nachher erscheinen christ. nr. 177. 178) zeigen, dass die Stadt einer 

coloni und incolae libertiwi (II 8419) und ausser der letzten Stutzpunkte des byzantinischen Reiches 

den Duovirn und Quinquennalen Aedilen, Augum blieb; und im Mittelalter ging sie nicht ganz 

nebst Decurionen und seviri Augustales (CIL II unter. Noch jetzt ist sie einer der grossen Kriegs- 

Index p. 1142). Die Burger gehorten zur Tribus hafen der spanischen Marine. [Hiibner.] 

Sergia; doch kommen auch die Galeria und ver- Carthago TetuSj KaQ%rj6a>v rj naXcud, von 

schiedene andere Tribus vor (Kubitschek Imp. Ptolemaios (II 6, 63) unter den Kustenstadten 
Rom. trib. discr. 191). Unter den patroni er- 30 der Ilercaonen in Hispania citerior genannt, zwi- 

scheinen der Konig Juba, Tiberius und der Legat schen Tarraco und Dertosa , sonst nirgends er- 

des Augustus P. Silius (CIL II 3417. 5930. 3414; wahnt, beruht wahrscheinlich nur auf Verwechs- 

zu Silius vgl. Velleius II 90). Die agri publiei lung mit einer Entfernungsangabe von Tarraco 

a/pud Karthaginem novam duorum Seipionum nach dem africanischen C. Die bisher versuchten 

eximia virtute possessi erwahnt schon Cicero Ansetzungen, auch die des sonst trefflichen Marca 

(de leg. agr. I 5. II 51). Sicherlich hatte die nach Carta vieja, die einer ganz triigerischen 

Stadt in republicanischer Zeit als Sitz des Pro- Namensahnlichkeit folgt, sind willkurlich. 

consuls eine Besatzung; aber Soldateninschriften [Hubner.] 

fehlen durchaus. Wenn noch zu Strabons oder Cartibulum s. Gartibulum. 
wohl vielmehr Poseidonios Zeit der Legat der 40 Cartilis, Ort an der Kiiste Mauretaniens, 

Citerior im Winter abwechselnd in C. und in zwischen Caesarea und Cartenna, 11 Millien west- 

Tarraco Recht sprach (Strab. Ill 167), so ist lich von Gunugis, Itin. Ant. p. 14, s. Castra 

doch Tarraco seitdem unzweifelhaft die bedeu- Germanorum. [Dessau.] 

tendere Stadt. Dass C.s hochste Bliite in die repu- Cartilius, rOmischer Jurist, der von Proculus 

blicanische Zeit fallt, zeigt die grosse Zahl von (Mitte des 1. Jhdts. n. Chr.) mit Trebatius (unter 

Grabschriften aus dieser und der fruh-augusti- Augustus) zusammen genannt wird. Er gehOrte 

schen Zeit (CIL II p. 462. 952), unter denen sich also der Zeit des iulisch-claudischen Kaiserhauses 

mehrere poetische, wie CIL II 3453. 3475. 3479. an. Zwei Fragmente s. bei Lenel Pal. I 105f. 

5298. 3501. 3504. Ephem. epigr. VIII p. 442, und [Jors.] 
solche mit altertumlichen Formeln finden (CIL II 50 Cartima, Stadt in Hispania citerior. In dem 

3495). Neben verschiedenen Genossenschaften von wahrscheinlich auf Claudius Quadrigarius beruhen- 

Freigelassenen und Sclaven mit magistri (CIL den Bericht fiber die hispanischen Feldzfige der 

II 3433. 3434 = 5927) bliihte noch damals die Propraetoren Ti. Gracchus und L. Albinus (Liv. 

der piscatores et propolae (CIL II 5292). Ausser XL 35, 1. Wilsdorf Fasti Hisp. prov. 87) wird 

dem genius opidi (CIL II 3408) wurden der gadi- neben Munda Certima genannt, in einer oft be- 

tanische Hercules (II 3409) und Victoria (3410) handelten Stelle bei Livius (XL 47, Iff.). Sie 

verehrt. Von einem Tempel des Augustus erfahren einigen sich dahin, ut in Vaeeaeos Albinus, Qrae- 

wir nur aus Munzen (Mon. ling. Iber. nr. 96b t); chus per Lusitaniwn iret, in Celtiberiam, inde 

auch die Lares Augustales hatten Altare (CIL II reverteretur, si mains ibi bellum esset in ultima 
5292). Mauern, Thore und Turme wurden von 60 Celtiberiae petietraret. Gracchus [si Gracchus 

den republicanischen Magistraten erbaut (CIL II maius sibi bellum .... penetraret die Hs.] Mun- 

3425 — 3427). ebenso andere offentliche Gebaude dam urbem primo vl cepit . . ., donee ad prae- 

(II 3430). Unweit der Stadt, an der romischen validam aliam urbem — Gertimam appellant 

Strasse nach Ilici, ist der Kern eines grossen Geltiberi — pervenit. Durch diese einfachste 

romischen Grabmals aus republicanischer Zeit er- Herstellung des Textes (der Name Gracchus war 

halten, einem T. Didius T. f. Cor(nelia) gesetzt, an eine falsche Stelle geraten) ergiebt sich als 

der sein Burgerrecht vielleicht von dem Proconsul das Gebiet fur die kriegerische Thatigkeit des 

der Citerior im J. 660 = 94 v. Chr. T. Didius Gracchus Lusitanien, d. h. nach dem alteren Sprach- 



1627 Cartimandua Carventum 1628 

gebrauch die ganze Ulterior, und in dieser ist anderen Gottheiten matres Olist . . . (unsicherer 
mithin wie Munda so auch Certima zu suchen, Name der Matronen) Gartovall(enses) genannt (CIL 
nicht in Keltiberien; dass die Keltiberer sie so VII 425, wiederholt von M. Ihm Der Mutter- 
benannt hatten , ist ein Pehler des Livius oder oder Matronenkultus, Bonner Jahrbfich. LXXXIII 
seiner Quelle. Auch nachher werden die Keltiberer 1887, 173 nr. 457). Th. Bergk (Bonner Jahrb. 
im weiteren Sinne statt der Iberer erwahnt; bei LVII 1876, 26) erinnerte an das tungrische Corio- 
der ganzlichen Unklarheit iiber die Sitze der vallum (s. d.); wahrscheinlicher ist es, dass eine 
Velkerschaften , die in den Berichten der romi- britannische Ortlichkeit Anlass zur Benennung 
schen Quellen herrscht, fallt das nicht ins Ge- jener Matronen gab, denn tungrische Cohorten 
wicht. Wie es unzweifelhaft nur ein Munda gab 10 sind in Vinovia nicht nachweisbar. Doch bleibt 
{s. d.) in der Ulterior, so ist auch Certima unzweifel- der Name unsicher. [Hiibner.] 
haft nicht verschieden von dem durch zahlreiche Cartum, eine Ortschaft im dakischen Gold- 
Inschriften bezeugten Cartima unweit Malaca. districte bei Alburnus maior (Verespatak ; CIL III 
dem heutigen Cartama (CIL II p. 247. 876); p. 936 C. VI vom J. 139 Actum Karto). Vgl. CIL 
Certima kann, wenn es nicht ein Fehler der Uber- III p. 213. 921. J. Jung Romer und Romanen 
lieferung ist, eine altere gleichberechtigte Schrei- in den Donaulandern 2 107 und Fasten der Pro- 
bung sein. Um ein keltiberisches Munda und vinz Dakien 162. [Patsch.] 
Certima neben den beiden gleichnamigen Stadten Carranca inoiis, nach Ptolem. II 13, 1. 14, 
in der Ulterior zu erweisen, sind ein paar Meilen- 1. Ill 1, 1. VIII 8, 2 Kagovdyxag ogog, ein Ge- 
steine des Hadrian gefalscht oder wenigstens inter- 20 birgszug, der Italien (Istrien) von Noricum und 
poliert worden (CIL II 464*. 465*; vgl. Suppl. letzteres wieder von Pannonia superior trennte; 
p. 51*). C. scheint, vielleicht infolge jener humor- jetzt die Karawanken, welche die Grenze zwischen 
Tollen Verhandlung, von der Livius berichtet, ob- Karnten und Krain bilden. CIL III p. 597. 
gleich es sich nach Erlegung der ihm auferlegten Kiepert Form ae orbis antiqui X VII. A. Holder 
Busse den ROmern ergeben hatte, damals oder Altkelt. Sprachschatz s. v. J. Jung ROmer und 
spater seine Freiheit wieder erhalten zu haben; Romanen in den Donaulandern 2 94. [Patsch.] 
vierhundert Reiter von seinen Burgern traten in Caruces. Der Grenzstein eines pagus Garu- 
das rOmische Heer. Dass es nach Claudius Zeit cum (FINIS PAGI CAMVGVM A) wurde west- 
«ine eivitas libera war, macht das damals an lich von Neidenbach bei Kyllburg in der Eifel 
seinerSpitzestehendeBeamtencollegiumvoncfeceTO-30gefunden (unmittelbar an der alten ROmerstrasse 
viri wahrscheinlich (CIL II 1953); zehn Gesandte von Trier nach Coin) und ausfuhrlich besprochen 
verhandelten schon mit Ti. Gracchus (Liv. XL von Th. Bergk Bonn. Jahrb. LVII 7ff. (mit 
47, 3 veniunt legati [X] ex oppidfi und 4 post Taf. I) = Zur Geschichte und Topographie der 
paueos dies alios decern legatos — aus einer Rheinlande (Leipz. 1882) 103ff. Die C. (Ger- 
Nachbargemeinde — seeum adduxerunt). Unter manen?) sind nicht weiter bekannt, Bergks Hypo- 
Vespasian wurde es ein municipium (CIL II thesen, dass der pagus Oaraseus ( Garoascus) des 
1956. 5488) civium Latinorum mit den fiblichen Mittelalters dem pagus Carueum aus romischer 
Magistraten nnd Priestern; die romischen Burger Zeit entspreche und dass die Caeracates (s. d.) 
gehOrten zur Tribus Quirina (CIL II 1953 und von den C. nicht verschieden seien, nicht iiber- 
die Anm. dazu p. 876). Die Inschriften erwahnen 40 zeugend (Hiibner Bonn. Jahrb. LXXX 27). Der 
Hallen, Bader, Piscinae und Statuen des Mars, Stein beflndet sich jetzt im Bonner Provincial- 
der Venus und des Cupido, sowie des Kaisers museum. R. Much Ztschr. f. d. Alt. XXXIX 21. 
Claudius. Doch scheint die Stadt stets nur klein [Ihm.] 
und unbedeutend gewesen zu sein. [Hiibner.] Carrentanus, Beiname eines rOmischen Ge- 

Cartimandna (die Hs. Cartimandus, Carti- schlechts, das sich nicht mehr feststellen lasst, 

mannus, Tac. hist, ni 45 Cartismandua; vgl. abgeleitet von der Stadt Carventum (s. d.). In 

A. Holder Altkeltischer Sprachschatz s. v.), den capitolinischen Fasten zum J. 296 = 458 ist 

KOnigin der Briganten, lieferte Caratacus, der von dem Namen eines Consuls nur erhalten: 

sich nach der Niederlage der Siluren im J. 51 .... n(epos) Carvenpanus] in ma[g]. mortuus 
n. Chr. zu ihr gefliichtet hatte, an die Romer aus 50 est. Dasselbe Cognomen steckt in Carbeto des 

(Tac. ann. XII 36). Diese Treulosigkeit trug ihr Chronographen und in Kaoovnavos Diodors (XI 

einen bedeutenden Machtzuwachs und die Gunst 88, 1), der es irrig mit dem Namen des Suffect- 

der Romer ein (Tac. hist. Ill 45). Als sie sich consuls L. Minucius verbindet. Die iibrigen Fasten 

spater mit ihrem Gemahl Venutius entzweite, der kennen nur diesen, und der Gentilname des C. 

bisher treu auf Seite der RCmer gestanden hatte, bleibt daher unbekannt (vgl. Borghesi Oeuvres 

und seinen Waffentrager Vellocatus heiratete, IX 15 — 18). [Miinzer.] 

wurde sie von rflmischen Truppen im Kampfe CaxYentum(KaQovevTov-,'E,mv/<ftmerKa(>ovsv- 

gegen Venutius Anhanger unterstiitzt, welche die xavol Dion. Hal. V 61. Steph. Byz.), alte Stadt 

Weiberherrschaft nicht ertragen wollten (Tac. ann. in Latium, von Dion. a. a. O. als Mitglied des 
XII 40). Auch bei einer nochmaligen Erhebung 60 latinischen Bundes gegen Rom genannt, aber fruh 

des Venutius im J. 69, bei welcher C. durch den zerstOrt (nach Seecks Vermutung, Rh. Mus. 

Abfall der Briganten in grOsste Gefahr genet, XXXVII 16, sind die Carventani identisch mit 

wurde sie von den ROmern gerettet , verlor aber den Gusuetawi, die Plinius III 69 unter den ver- 

gleichwohl den Thron (Tac. hist. Ill 45). schollenen Orten in Latium auffuhrt; vgl. Momm- 

[Stein.] sen Herm. XVII 55). Die Rolle, welche die arx 

Cartovallenses, Volk im n&rdlichen Britan- C. in den Kriegen Roms gegen die Aequer spielt 

nien(?). In einer nicht sicher uberlieferten Inschrift (Liv. IV 53. 55), macht es wahrscheinlich, dass 

der Station Vinovia (CIL VII p. 92) werden neben ihr Ort auf oder in der Nahe des Algidus zu 



1629 Carvetii Carvilius 1630 

suchen seien; die Vermutungen Gells (Topogr. 9) Sp. Carvilius Maximus C. f. C. n. , war 

374) und Nibbys (Dintorni di Roma III 17), Consul I mit L. Papirius Cursor 461 = 293 (Fast, 

dass Rocca Massima am Volskergebirge C. sei, Cap. Idat. Chron. Pasch. Liv. X 39, 1. Cassiod.). 

sind nicht annehmbar. [Hfilsen.] Er erhielt den Befehl iiber das Heer, das bei 

Caryetii, Volkimn6rdlichenBritannien(?). In Interamna stand, rttckte gegen Samnium vor und 

dem romischen Castell von Plumpton-Wall bei ersttirmte Amiternum (Liv. X 39, 1—3. Zonar. 

Old Penrith in Cumberland — der alte Name ist VIII 1). Beide Consuln verheerten das feindliche 

unbekannt — ist die dem 3. Jhdt. angehOrige Gebiet, dann lagen sie eine Zeit lang dem Gegner 

Grabschrift eines Fl(avius) Martins senfior) ge- unthatig gegenuber, Papirius bei Aquilonia, C. 
funden worden, der als in o(ivitate) Garvetiorfum) 10 bei Cominium an der Sudgrenze von Samnium 

questoriw bezeichnet wird (CIL VII 325, Lesung (Liv. X 39, 5). Auf die Nachricht, dass em neues 

und Deutung sind sicher). Weder die hispani- Heer zum Entsatz im Anmarsch sei (40, 6), sandte 

sohen Carietes (s. d.), noch die Brittones Curve- er diesem ein kleineres Corps entgegen und nahm 

denses (s. d.) sind damit zusammenzustellen. Die die Stadt durch plotzlichen Sturmangriff(43, 1 — 8), 

C. sind sonst unbekannt; es ist nicht einmal sicher, angeblich an demselben Tage, an dem sein Amts- 

ob sie nach Britannien gehoren. [Hubner.] genosse einen grossen Sieg bei Aquilonia erfocht 

Carvilius, rSmische plebeische Pamilie. (44, If.). Nachdem C. den Samniten noch drei 

1) Carvilius , brittischer Hauptling (Caes. b. weitere nicht mehr nachweisbare Stadte entrissen 
g. V 22, 1). hatte, wandte er sich nordwarts gegen die Etrusker 

2) C. Carvilius aus Spoletium, diente im romi- 20 (44, 9. 45, 8 — 11). Hier nahm er Troilum und 
schen Heere 585 = 169 gegen Perseus (Liv. XLIII fttnf andere feste Platze und zwang die Falisker 
18, 10. 19, 7). zu einjahrigem Waffenstillstand und Zahlungeiner 

3) L. Carvilius, Volkstribun 542 = 212 (Liv. Busse (46, 10—12. Zonar. a. O.). Darauf heim- 
XXV 3, 13). gekehrt, triumphierte er de Samnitibus (Acta tr. 

4) Sp. Carvilius, angeblich Quaestor und Zeuge Liv. X 46, 13). Von der reichen Beute, die er 
im Process des Camillus 363 = 391 (Plin. n. h. mitgebracht hatte, wurde ein Teil unter seine 
XXXIV 13, vgl. Plut. Cam. 12, 1), nach Hirsch- Soldaten verteilt, ein zweiter in den Staatsschatz 
feld (Festschrift fur L. Friedlander 132) ein frei abgefuhrt, ein dritter fiir den Bau eines Tempels 
erfundener Doppelganger von Nr. 3 und 6. der Fors Fortuna aufgewendet (46, 14, vgl. Ro- 

[MunzerJ 30schers Lex. d. Myth. I 1501), und aus dem Erz 

5) Sp. Carvilius, Freigelassener des Sp. Car- der samnitischen Rfistungen liess er eine Colossal- 
vilius Maximus Ruga (axeXev-d'eQos Kagfldiov xov statue des Iuppiter giessen , die nebst seinem 
Ttqwrov yaftsrijv ixflaiovTos Plut. quaest. rom. eigenen Standbilde auf dem Capitol aufgestellt 
59), erOffnete etwa urn 500—520 = 254—234 in wurde (Plin. n. h. XXXIV 43). Im folgenden 
Rom eine Leseschule (tcq&xos avsq>!-e yQafiftaxoSida- Jahre begleitete C. als Legat den Consul D. Iunius 
oxafoTov). Die interessanteste Nachricht iiber seine Brutus in den Krieg gegen Falerii (Zon.). Velleius 
Thatigkeit findet sich in derselben Schrift Plu- (II 128, 2) sagt von ihm, dass er gleich Cato und 
tarchs 54: oxps yag sxQrjoavxo x<p ydfi/j,a Kag- Mummius aus dem Ritterstande hervorgegangen, 
fiiUov Sjzoqiov jiQoas^evQovTog. Jordan Krit. zu den hOchsten Ehren, Consulat, Triumph, Cen- 
Beitr. z. Gesch. d. lat. Spr. 157 bezweifelt zwar 40 sur, emporgestiegen sei ; dies ist das einzige Zeugnis 
die Richtigkeit dieser sicherlich auf gute Quellen fiir seine Verwaltung der Censur. die wahrschein- 
zurfickzufuhrenden Uberlieferung und will die lich ins J. 465 = 289 zu setzen ist (de Boor 
Differenzierung des C zu Q lieber dem Appius Fasti censorii 76). Consul II war C. wieder mit 
Claudius Caecus beilegen ; und in der That nimmt L. Papirius 482 = 272 (Chronogr. Idat. Chron. 
das O die Stelle des von jenem ausgeschiedenen Pasch. Frontin. aqu. I 6. Cassiod.). Sie erstickten 
Z ein; allein die MOglichkeit, dass Plutarch im die letzten Flammen des tarentinischen Krieges, 
Rechte sei, muss zugegeben werden; vgl. die und zwar vollendete Papirius die Unterwerfung 
Darlegung von Havet Rev. de philol. II 16ff. Tarents, C. die von dessen italischen Verbundeten; 
Dass ein Zusammenhang zwischen Appius Clau- doch scheint es, dass beide gleichmassig fiber 
dius Caecus und Sp. Carvilius ausgeschlossen sei, 50 Samniten, Lucaner, Bruttier und Tarentiner trium- 
ist unerweislich. Vgl. noch Mommsen Unterit. phierten (Acta tr. Liv. ep. XIV. Zonar. VIII 6). 
Dial. 33. Ritschl Op. IV 226; Parerg. 68ff. 10) Sp. Carvilius Maximus Ruga war Sp. f. 

[Goetz.] C. n., scheint aber doch zu jung fiir einen Sohn 

6) Sp. Carvilius, Volkstribun 542 = 212 zu- von Nr. 9. Sein zweites Cognomen bei Gell. IV 
gleich mit Nr. 3 (Liv. XXV 3, 13), vielleicht 3, 2: eui Ruga eognomentum fuit, vgl. Idat. 520: 
dessen Bruder. Bogo (aber 526: Maximo Vero). Chron. Pasch. 

7) Sp. Carvilius, wurde Anfang 583 = 171 520: 'Poyov. In seinem ersten Consulat 520 = 234 
aus Griechenland an den Senat geschickt, um (Fast. Cap. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Cas- 
Bericht fiber die dortige Lage zu erstatten (Liv. siod.) wurde C. zuerst gegen die Corsen gesandt, 
XLII 36, 4) , und geleitete nachher die ausge- 60 schlug dann die Sarden in einer grossen Schlacht 
wiesenen makedonischen Gesandten (36, 7). ' und erhielt dafiir einen Triumph (Zonar. VIII 18. 

8) Sp. Carvilius Maximus, Sohn eines Q. nach Acta tr.). Wahrend seines zweiten Consulates 
Piso (bei Liv. X 9, 12), curulischer Aedil 455 526 = 228 (Fast. Cap. Chronogr. Idat. Chron. 
= 299. Da die Aedilen in diesem Jahre Patri- Pasch. Cassiod.) brachte der Tribun C. Flaminius 
cier gewesen sein mfissen(Mommsen ROm. Forsch. sein Ackergesetz ein ; der andere Consul Q. Fabius 
I 102), ist die Nachricht zuverwerfen; auch das Maximus leistete dagegen heftigen Widerstand, 
Praenomen des Vaters kommt in dieser Gens sonst aber C. blieb ruhig (Cic. Cato 11, vgl. Halms 
nicht vor. Anm. bei Orelli). Nach der Niederlage von 



1631 Carala Casae 1632 

Cannae 538 = 216 erregte sein Vorschlag, den Schulz (Quaestiones Ovidianae [Diss. Greifsw. 

Senat durch Aufnahme von Latinern zu erganzen, 1883] 7, l)undbeiGraeber (Cntersuchungen liber 

allgemeine Entriistung (Liv. XXIII 22, 4ff.). Er Ovids Briefe aus der Verbannung, Gymn.-Progr. 

war Augur und starb 543 = 211 (Liv. XXVI 23, Elberf. 1884, 12) "Widerspruch gefunden. Ebenso- 

7). Ob sich die Anekdote bei Cic. de or. II 249 wenig gilt trist. I 9 dem C, wie Lorentz (a. 

auf ihn bezieht, ist nicht zu entscheiden. An 0. 47f.) vorschlug (vgl. Schulz a. 0. 5, 1 und 

seinen Namen kniipft sich die Erzahlung von der Graeber a. 0. 11, 2, wo vor allem auf die zeit- 

ersten Ehescheidung in Rom (Ser. Sulpic. bei Gell. lichen Schwierigkeiten hingewiesen wird). 

IV 3, 2. XVII 21, 44. Val. Max. II 1, 4. Dionys. [Gensel.] 

II 25, 7. Plut. comp. Thes. cum Rom. 6, 6; Lye. 10 2) Carus erhielt (vermutlich 93 oder 94) den 
cum Numa 3, 11), deren Kern der ist, dass sich goldenen Olivenkranz beim albanischen Dichter- 
C. zuerst nicht wegen einer Schuld, sondern wegen wettkampf (Mart. IX 23. 24). Identisch mit dem 
eines korperlichen Gebrechens seiner Prau, nam- Gatten der Norbana ebd. VII 74, 7 und dem in 
lich ihrer Unfruchtbarkeit, von ihr schied(Rein IX 54 Angeredeten? [Skutsch.] 
Privatrecht 450f. Marquardt-Mau Priyatleben 3) Carus, Arzt, Mart. X 77 (vgl. Friedlan- 
171. Karlowa Rechtsgesch. II 188). Uber das ders Anm.). 

Jahr des Ereignisses, das verschieden angegeben 4) Caruss.Aemilius Nr.38,Iulius,Iunius, 

wird, vgl. Marquardt a. 0. Hertz zu Gell. IV Mettius, Popilius, Salvius, Seius. 

3, 2 (grOssere Ausg.). [Miinzer.] 5) Carus, romischer Kaiser 282 — 283 n. Chr., 

11) Carvilius Pictor, einer der obtreetatores 20 M. Aurelius Carus, s. Aurelius Nr. 77. 
Vergilii, Verfasser eines Buches Aeneomastix 6) Carus, Cognomen des C. Popilius Carus 
(Donat. vit. Verg. p. 65, 18 Reiff.); aus einem Pedo, cos. suff. 148 (?) n. Chr. [Groag.] 
ahnlichen Werke Vergiliomastix fiihrt Serv. Eel. Carusadius mons, vielleicht der alte Name 
2, 23 eine Stelle an : sane hum versum male des Karst , wenn auch t<j> KaQovaadicp qqsi bei 
distinguens Vergiliomastix vituperat ,lae mihi Ptol. Ill 1, 1 schwerlich richtig (iberliefert und 
non aestate novum, non frigore: defit', id est vielmehr t&> Kagovdyxq oqsi zu lesen ist. Vgl. die 
semper mihi deest. [Wissowa.] Anmerkung C. Miillers zu Ptol. II 13, 1. Ill 

12) Carvilius Pollio, ein rOmischer Ritter, 1, 1 undPartschim Artikel AlpesBd. I S. 1604. 
fuhrte kurz vor dem sullanischen Biirgerkriege [Ihm.] 
den Gebrauch mancher Luxusmobel in Rom ein 30 Carus vicus, auf der Strasse von Claudio- 
(Plin. n. h. IX 39. XXXIII 144). [Miinzer.] polis nach Ancyra, 30 Millen von Cratia, Itin. Ant. 

Carula, Ort in Hispania citerior, Station der 200, 6. Die Vermutung Cramers (Asia minor 

romischen Strasse zwischen Hispalis und Ilipa I 214), dass es vielleicht identisch sei mit Kane 

(Itin. Ant. 411, 1), wonach man es bei la Puebla (Xen. hell. IV 1, 20) ist sehr unwahrscheinlich. 

de Cazalla sucht (Guerra Discurso a Saavedra [Ruge.] 

90). Der Grabstein eines L. Lucanius Optatus Carutius, bei Macrob. I 10, 14. 17 verdertte 

aus C. (Carulensis) befand sich in dem nahen Lesart fur Tarutius (s. d. und o. Bd. I S. 132). 

Astigi (CIL II 5459), kann aber aus dem Ort [Miinzer.] 

selbst stammen. [Hubner.] Casae. Ortsbezeichnung, namentlich in Africa 

CarvOj Station an der von Lugdunum Bata- 40 haufig. 1) Ortschaft in Africa, Provinz Byzacena, 

vorum nach Noviomagus fuhrenden Strasse, im CIL VIII 270 vgl. p. 45. 

Bataverland, Tab. Peut. (Carvone). Itin. Ant. 369 2) Ortschaft in Numidien, mit Stadtrecht, 

(Carvone). Ob Coadulf averts, Geogr. Rav. IV 24 (municipium Casensium), an der Stelle des heu- 

p. 228? Lage unbestimmt (bei Arnheim?). Des- tigen Madher (el-Maader, Station der Eisenbahn 

jardins Table de Peut. 7. [Bam.] von Constantine nach Batna), wenig nordlich von 

Carus. 1) Erzieher der Sohne des Germanicus Lambaesis, nach Ausweis der dort gefundenen In- 

(Ovid. ex Pont. IV 13, 47—48), an welchen Ovid ex schrift CIL VIII 4327. Vermutlich identisch mit 

Pont. IV 13 in dem Wunsche richtet, C. mSge einer der folgenden Ortschaften dieses Namens. 

den Einfluss , den er durch seine Stellung be- 3) Casae Bastalenses, Ortschaft in Africa, von 

sitzt, fur die Zuriickrufung Ovids geltend machen. 50 der ein Bischof im J. 411 genannt wird (Coll. 

Ovid nennt ihn seinen treuen und teuren Freund Carthag. c. 188, bei Mansi Act. concil. IV 141 

(v. 1 und 2; vgl. auch v. 44), mit dem er durch = Migne XI 1330). [Dessau.] 

das Band gemeinsamer Bestrebungen verknupft 4) Ad Casas Caesarianas sive ad Fines, 

sei (v. 43). Dass Ovid damit auf Dichtungen des Station der Via Clodia (Cassia) zwischen Plorentia 

C. hindeutet, beweist v. 11 — 12, welche eine An- und Arretium, je 25 mp. von beiden entfernt, 

spielung auf ein Epos des C. fiber Hercules ent- also etwa in der Nahe von Figline oder S. Gio- 

halten. Wegen seiner Heracleis erwahnt ihn Ovid vanni Valdarno. [Hiilsen.] 

auch im Dichterkatalog (ex Pont. IV 16, 7 — 8). 5) Casae Calanae, Ortschaft in Numidien, von 

Die auffallende Ahnlichkeit dieser Stelle mit der BischCSfe im J. 411 (Coll. Carth. c. 133, bei 

trist. Ill 5, 42 und die Anrede care, die sich 60 Man si Act. concil. IV 217 = Migne XI 1309: 

iibereinstimmend ex Pont. IV 13, 2 und trist. episeopus loci Gasensis Calanensis) und im J. 484 

III 5, 17 findet, hat Veranlassung gegeben, dass (Bischofsverzeichnis aus diesem Jahre, in Halms 
auch trist. Ill 5 nahezu einstimmig dem C. zu- Victor Vitensis, Num. nr. 43 : Casensicalanensis) 
gewiesen wird. Dagegen hat die weitergehende genannt werden. 

Vermutung von Lorentz (De amicorum in Ovidii 6) Casae Calventi, Ortlichkeit an der Kiiste von 

Tristibus personis, Diss. Leipz. 1881, 46f.), dass Mauretania Caesariensis, zwischen Caesarea und 

auch trist. Ill 4 an C. gerichtet sei , weil v. 1 Icosium (Algier), 32 Millien westlich von diesem. 

der Adressat gleichfalls care genannt wird, bei Itin. Ant. 15. 



1633 Casama Cascellius 1634 

7) Casae Favenses, Ortschaft in Africa, Bischofs- Westspitze des Palatins wurden Hiitten aus Flecht- 
sitz (Coll. Carth. vom J. 411 c. 204, bei Mansi werk mit Strohdach gezeigt, als Wohnstatte des 
Act. concil. IV 155). Stadtgrfinders. DiecapitolinischeerwahnenVitruv. 

8) Casaemedianae, Ortschaft in Numidien, von II 1, 5. Seneca controv. II 1, 4. Conon narr. 
der Bischofe im J. 411 (Coll. Carth. c. 135. 198, 48, die palatinische Dionys. 1 79. Cass. Dio XL VIII 
bei Mansi Act. concil. IV 121. 148) und zur Zeit 43. Not. reg. X. Vgl. Jordan Top. I 2, 51. 
der Vandalenherrschaft (Victor Vit. II 101. Not. Visconti-Lanciani Guida del Palatino 15. 16. 
Num. nr. 29, in Halms Victor Vitensis p. 65) Gilbert I 48. Ill 398. [Hiilsen.] 
genannt werden. Casca s. Servilius. 

9) Casae Nigrae, Ortschaft in Numidien, deren 10 Cascantum, Stadt in Hispania citerior. Die 
Bischofe im J. 411 (Coll. Carth. c. 149. 157, bei Cascantini werden zuerst im sertorianischen Krieg 
Mansi Act. concil. IV 128. 129) und im J. 484 neben G-raccurris und Calagurris genannt (Liv. 
(Not. Num. nr. 58) erwahnt werden. Verschieden frg. 1. XCI). Die iberischen Miinzen mit der 
von den Casernes Nig reuses waren die Nigrenses Aufschrift caisead werden mit grosser Wahrschein- 
maiores, da diese im J. 411 einen eigenen Bischof lichkeit ihnen zugeteilt (Mon. ling. Iber. nr. 59). 
hatten (CIL VIII p. 276). In den Listen des Agrippa und Augustus er- 

10) Casae Silvanae, Ortschaft in Africa, Bi- scheinen die Cascantenses — dies ist die romische, 
schofssitz (Coll. Carth. vom J. 411 c. 198, bei Cascantini wohl die griechische Form — als 
Mansi Act. concil. IV 147). munieipium Latinorum veterum (Plin. Ill 24); 

11) Casae villa Aniciwum, Ortlichkeit der 20 und so steht auf den rOmischen Miinzen mit dem 
africanischen Kiiste (Prov. Tripolitana), 28 Millien Kopf des Tiberius munieipium Gaseantum (Mon. 
westlich von Sabrata, Itin. Ant. 61. [Dessau.] ling. Iber. nr. 59 a). Es lag an der rOmischen Strasse 

Casama (Tab. Peut. Not. dign. or. XXXII zwischen Caesaraugusta und Graccurris (Itin. Ant. 

10 = 25. Ptol. V 15, 24 Kaoaua, var. Keoapa), 392, 2); in dem dort liegenden kleinen Ort Cas- 

Ort in der syrischen Landschaft Palmyrene, Mili- cante ist der alte Name erhalten. [Hiibner.] 
tarstation (equites sagittarii indigenae) im Ge- Cascelliannm indicium (Gai. IV 166 a. 169), 

biet des Dux Phoenicis an der Strasse von Da- ein Rechtsmittel innerhalb des rOmischen Inter- 

mascus nach Palmyra zwischen Adamana (? Nebk) dictenverfahrens, in dem es einen wichtigen Be- 

und Cehere in der Mitte. Der Richtung des Weges standteil bildete. S. Interdictum und u. S. 1635. 
nach diirfte es etwa an der Stelle des heutigen 30 [Leonhard.] 

Dorfes DSr 'Atije gelegen haben. Mit dem Ca- Cascellius. 1) Giiteraufkaufer und beson- 

stell Kal 'at Kasam im Hauran kann es nach den derer Kenner der auf diese Geschafte beziiglichen 

Angaben der Tab. Peut. nicht zusammengestellt Rechtsverhaltnisse in sullanischer Zeit (Cic. Balb. 

werden (so Biess Bibelatlas), vgl. Moritz Abh. 45, daraus Val. Max. VIII 12, 1). Vermutlich 

Akad. Berl. 1889, 20f. [Benzinger.] ist er der Vater des bekannten Juristen A. Cas- 

Casani (Var. Oasani), ein Volk an der Gold- cellius (Mommsen Herm. XV 114, 3) und fiihrte 

kiiste Arabiens (Plin. VI 159), ubi auri metalla, dann, da dieser ohne Zweifel der im SC. de Oro- 

von Sprenger (Alte Geogr. 43 und 52) mit den piis (IGS I 413, 13) erwahnte Senator ist, eben- 

Kaooavnwv xa>e a ^ es Ptolem. VI 7, 6 und den falls denVornamen Aulus; s. Nr. 4. [Miinzer.] 
raoavdeig des Agatharch. 96 und Paaavdai des 40 2) Cascellius, Zahnarzt, bei Mart. X 56, 3; 

Diod. Ill 45, sowie mit den Ghass&n der arabischen fingierte PersOnlichkeit ebd. VII 9. [Stein.] 

Geographen identificiert , wogegen sie G 1 a s e r 3) Serfgia) Cascellius, [quattuorjvir 

(Skizze Arabiens II 31) mit den Djaz&n (Gazan) viarum eur(andarum), trfibunus) militfumj le- 

zusammenstellt. [D. H. Miiller.] gfionis) VIII., [qujaest, pr(aetor), [praef. fru]- 

Casara, Insel im persischen Meeibusen an menti dandi, [procos. pjrovinc. Sieiliae, CIL 

der Grenzscheide von Karmania und Persis, Tab. IX 3666 Marsi Marruvium. [Groag.] 

Peut. und Geogr. Bav. p. 390, 1 zwischen Organa 4) A. Cascellius A. f. Rom(ilia tribu), rOmi- 

und Cataga (s. Kataie). Die Pilotenbiicher scher Jurist. Vielleicht war er ein Sohn des bei 

geben im Bereich der Banke von Bardistan nOrd- Cicero (p. Balbo 45 ; vgl. Val. Max. VIII 12, 1) 
lich vom Mundungsgebiet des Ch&r-Ziyaret (= Si- 50 erwahnten Bespondenten Nr. 1, eines Zeitgenossen 

takos, Sitioganus, s. d.), also an jener Kiisten- des Augurs Scaevola: denn dass er selbst hier 

strecke, deren Creeks und Mangrovebuschwerk nicht gemeint sein kann, ergiebt sich daraus, dass 

Nearchos bei Theophrast. hist, plant. IV 7, 3—6 Scaevola zwischen 668 _ 88 v. Chr. und 672 = 82 

lebensvoll schildert, eine langgedehnte Sandinsel v. Chr. gestorben ist, zu welcher Zeit unser C. 

Oram el-Qasar (vgl. arab. qas&r ,Felsbank') an; aber noch in sehr jungem Alter gestanden haben 

ganz in derselben Gegend vermerkt bereits der muss. Zuerst wird C. in dem SC. de Oropiis 

italienische Reisende Caspar Balbi eine Insel Casar. (Mommsen Herm. XX 268ff. Dittenberger 

[Tomaschek.] IGS 413) Z. 13 als Mitglied des consulariscnen 

Casarea (auf der Chersonnesos Tracheia) s. Consiliums genannt. Da diese Batsmanner in der 
Kasarea. 60 Rangordnung der Senatsliste aufgefuhrt werden 

Casa Bimoniana (friiher Runoniana gelesen), (Mommsen 278) und vor C. (nr. 13) Cicero (nr. 8) 

Ortlichkeit an oder in der Nahe der Kiiste Tri- erscheint, dieser aber im J. 679 = 75 Quaestor war, 

politaniens, zwischen Leptis Magna und Macoma- so muss C. die Quaestur zwischen 679 = 75 und 

des maiores, 25 Millien von Tubactis, Tab. Peut.; 681 = 73 verwaltet haben. Er muss demnach spa- 

vgl. Tissot Geogr. comp. de l'Afr. II 229. testens um 650 = 104 geboren sein. Ein weiteres 

[Dessau.] Lebenszeichen begegnet in einer Erzahlung bei Ma- 

Casa Romuli in Rom. Sowohl auf dem Ca- crobius (II 6, 1), wo ein Witzwort von ihm fiber 

pitol, im Bezirk des Iuppitertempels, wie auf der P. Vatinius und dessen im J. 698 = 56 (Cic. p. Sest. 

Pauly-Wissowa III 52 



1635 Cascellius Cascellius 1636 

133f.; in Vat. 37) veranstaltete Gladiatorenspiele Auffassung, C. habe den Freund seines Vaters 

erwahnt wird. Unter den Triumvirn erscheint ehren wollen, iibersieht, dass bei Cicero p. Balbo 

C. als Praetor urbanus, denn nur so lasst sich 45 (vgl. oben) der Augur Scaevola als Freund 

die Erzahlung des Valerius Maximus (VI 2, 12) des alteren C. genannt ist, wahrend es sich 

verstehen: nullius aut gratia aut aitetoritate com- hier urn den Pontifex handelt. Andrerseits kann 

petti potuit, ut de aliqua earum rerum quas man gegen die Annahme, dass C. des letzteren 

triumviri dederant formulam eomponeret, hoc Schiller gewesen sei, heute nicht mehr die Alters- 

animi iudicio universa eorum benefieia extra verhaltnisse anfuhren : seit dem SC. de Oropiis 

omnem ordinem legum ponens (bei den benefieia (s. o.) wissen wir, dass C. bei Scaevolas Tode 

kSnnte beispielsweise an die Landanweisungen 10(672=82) mindestens 22 Jahre alt war, also ihn, 

der Triumvirn an ihre Veteranen gedacht werden, wenn auch nur wenige Jahre, sehr wohl noch 

so dass also C. die formula petitoria verweigert gehort haben kann. Demnach ergiebt sich als 

hatte, wenn jemand eine solche Verleihung als ungezwungenste und von der Uberlieferung am 

Grund seines Eigentumserwerbes anfuhrte). Auch wenigsten abweichende Lesart : A. Cascellius 

das doch wohl ohne Zweifel auf ihn zuruckgehende Quinti Mueii et Volcatii auditor; vgl. Zimmern 

Iudicium Cascellianum bei Gaius (IV 166a. 169; 299, 15. Teuffel in Paulys E.-E. V 188f. Dirk- 

vgl. daruber Lenel Ed. perp. 379. Karlowa sen 439f. Kriiger 67,66. Was Pomponius (45) 

II 344) setzt seine Praetur und zwar die stadtische zu C. und seiner Zeitgenossen Gharakteristik an- 

voraus (vgl. Dirks en 440f. 446f. mit einero merk- fuhrt (Irebatius peritior Cascellio, Cascellius Tre- 

wiirdigen Versuch der Erklarung des Namens. 20 batio eloquentior fuisse dicitur, Ofilius utroque 

Karlowa I 487f. Kriiger 67, 68). Schon hier- doctior), konnen wir nicht nachpriifen. Wenn 

nach muss die Erzahlung des Pomponius (Dig. neuerdings Ferrini es unternommen hat, den C. 

I 2, 2, 45: fuit autem quaestorius, nee ultra lediglich als geschickten Advokaten hinzustellen, 

proficere voluit, cum UK etiam Augustus eon- der die Fortschritte der Wissenschaft seiner Zeit 

sulatum offerret) in ihrem ersten Teil als unrichtig nicht kannte oder wenigstens nicht beriicksichtigte, 

erscheinen, aber sie ist auch an sich wenig glaub- so kann dies Urteil nicht als zutreffend anerkannt 

haft, da Augustus doch keinesfalls zu Gunsten werden. Uberhaupt ist es misslich, auf Grund 

des C. von der gesetzlichen Amterfolge Abstand des geringen auf uns gekommenen Materials (15 

genommen haben wird (vielleicht ist zu lesen Fragmente) eine solche Abschatzung zu wagen. 

praetorius). Die letzte Spur seines Lebens finden 30 Auch fiber C.s rednerische Begabung ist nichts 

wir in der Ars poetica (371) des Horaz, wo er naheres bekannt: dass er in Ciceros Brutus nicht 

als Beispiel eines beriihmten Juristen seinen mittel- erwahnt ist, mag seine Ursache in der grund- 

massigen Berufsgenossen gegeniibergestellt wird. satzlichen Ausschliessung der Lebenden aus diesem 

Das konnte natiirlich nur bei Lebzeiten oder bald Buche (§ 231) haben. Fiir seinen personlichen 

nach dem Tode des C. geschehen, als sein An- Charakter ist die Dankbarkeit gegen seinen Lehrer 

sehen nicht nur bei Fachmannern sondern bei aller Q. Scaevola (s. o.) und der Humor, der sich in 

Welt lebendig war. Die Abfassungszeit der Ars poe- den verschiedenen von ihm iiberlieferten Witz- 

tica ist sehr bestritten (Teuffel B. L.-G. § 239, worten ausdriickt (Quint. VI 3, 87. Val. Max. VI 

7): wenn es richtig ist, dass sie erst den letzten 2, 12. Macr. II 6, 1 — 2) ebenso bezeichnend wie 

Lebensjahren des im J. 746 = 8 gestorbenen Dich- 40 der Freimut, den er den Triumvirn gegenuber 

ters angehort, so wfirde sich daraus fur C. ein Alter bewies (Val. Max. a. a. 0. : periculose contumax. 

von mehr als 80, vielleicht 90 Jahren ergeben. Mit Macr. a. a. 0. : urbanitatis mirae libertatisque). 

alien diesen Daten stimmt, dass er von Pomponius Juristische Schriften des C. waren schon zu Pom- 

(45) zu einem Zeitgenossen des Trebatius und der ponius Zeiten nicht mehr vorhanden (§ 45) ; dass 

Schiiler des Ser. Sulpicius gemacht und auch von er solche verfasst hat, wird aus einem Citat des 

LabeooftroitOfiliusundTrebatiuszusammeiicitiert Labeo (Dig. XXXIII 4, 6, 1: deberi ei legatum 

wird (vgl. auch Amm. Marc. XXX 4, 11: Treba- Ofilius Cascellius et Servii auditores rettulerunt) 

Hum et Cascellium et Alfenum) und dass er sicb wahrscheinlich. Auf uns gekommen sind eine 

(bei Val. Max. VI 2, 12) zur Zeit der Triumvirn Beihe von Citaten (Lenel Pal. I 107ff. Bremer 

als alten kinderlosen Mann bezeichnet. 50 Iurispr. antehadr. 370ff.), die grosstenteils (sicher 

Als C.s Lehrer in der Jurisprudenz nennt Pli- frg. 1 — 10, wahrscheinlich auch 11 und 12, viel- 

nius (n. h. VIII 144) einen im ubrigen unbekann- leicht auch 13) auf Labeos libri posteriores (Bd. 

ten Volcatius, Pomponius (45) dagegen berichtet : I S. 2552ff.) zurflckgehen. Ausserdem nennt Pom- 

Aulus Cascellius Quintus Mueius Volusii audi- ponius (45) einen liber bene dictorum. Wir diirfen 

tor, denique in illius honorem testamento Pu- uarin nicht eine Sammlung hervorragender Be- 

blium Mueium nepotem eius reliquit heredem. sponsen des C. vermuten (so Ferrini 398. Voigt 

Dass der Satz (wahrscheinlich durch ungeschickte E. R.-G. I 249, 56), denn es fehlt jeder Anhalt 

Streichungen der Compilatoren) verderbt ist, liegt fiir eine solche Bedeutung von bene dicta. Dies 

auf der Hand. Zunachst scheint es geboten, Vo- Buch gehort vielmehr in die Klasse der im Alter- 

lusii durch Volcatii zu ersetzen. Im ubrigen 60 turn so beliebten Sammlungen von Aussprtichen, 

findet von den vielen Verbesserungsversuchen heute namentlich Witzworten bekannter Manner (raro- 

der von Mommsen (A. Cascellius Quinti Muci ydsyfiara, vnouvrjuara, yvm/ioXoyiai , faeete dieta, 

auditoris Volcatii auditor; vgl. Herm. XV 114, ioci, ineptiae; vgl. Susemihl Alex. Litt.-G. I 

3) am meisten Anklang. Aber abgesehen von 141. 486ff. 492. II 159. Teuffel E. L.-G. § 121, 

der (wie Mommsen selbst einraumt) verzwickten 5 — 6. 191, 2. 195, 5. 244, 2. Jordan Kh. Mus. 

Wortstellung erklart diese Fassung nicht die Erb- XIV 261ff. Sanio Varroniana 266, 398. C. 

einsetzung des Enkels des Q. Scaevola: diese setzt Schmidt De apophthegmatum quae sub Plutarchi 

ein persOnliches Verhaltnis voraus. Mommsens nomine feruntur collectionibus, 1879). Selbst- 



1637 Cascus Casia 1638 

verstandlich riihrte diese Sammlung nicht von C. cassia fistola (= Cassia fistula L.) gar nur 14 Cent, 
selbst her: wir haben iiberhaupt kein Beispiel, kostete (Magaldi eFabris Annali di statistica, 
dass jemand seine eigenen Ausspriiche verOffent- ser. 2 a, vol. Ill 1878, 102) und heute nach R. 
licht habe. Ob die bei Val. Max. VI 2, 12. Sigismund (D. Aromata 1884, 25f.) das Kilo- 
Quint. VI 3, 87. Macr. II 6, 1 erzahlten Anek- gramm besten ceylonischen Zimts 6 M., des chine- 
doten aus dieser Sammlung stammen (was Kriiger sischen 1,75 M. kostet. Die schlechtere Sorte des 
67,71. Bremer 375f. verneinen), muss dahinge- gegeniiberliegenden Pestlandes ist nur eine Varie- 
stellt bleiben. tat dieser Art. 2) Cinnamomum cassia Blume be- 

Neuere Litteratur: Zimmern Gesch. d. R. steht meist aus einfach oder doppelt eingerollten 
Priv.-R. I 299f. Dirk sen Hinterl. Schr. II 435ff. 10 und nicht in einander steckenden, etwa 40 cm. 

Teuffel R. L.-G. § 207, 4. Mommsen Herm. langen Rohren von gelbbrauner Parbe, die viel 

XV 144. XX 281f. Karlowa R. R.-G. I 487f. dicker sind und bei starkerem Geruch keinen so 

Kruger Quell, und Litt. d. R. R. 67. Ferrini stark aromatischen Geschmack haben wie der ceylo- 

Rendiconti del B. Ist. Lombardo Ser. II Bd. XIX nische Zimt. Der Bruch ist nicht faserig Diese 

395ff. Bremer Iurispr. antehadr. I 368ff. Art, mit geringerer Sorgfalt gepflegt, findet sich 

[JOrs.] im Siidosten Chinas, in Annam, Cochinchina, auf 

5) M. Cascellius, romischer Kaufmann in Asien den Philippinen und Sundainseln. Wohl erst seit 

695 = 59 (Cic. ad Q. fr. I 2, 5). [Miinzer.] 1870 kommt auch aus China ein ganz vorziig- 

Cascus, Cognomen des Cn. Pedius Cascus, licher, ungeschalter Zimt von braunlicher bis hell- 
cos, suff. 71 n. Chr. mit Caesar Domitianus. 20grauer Oberflache in den Handel, dessen Herkunft 

[Groag.] nicht bekannt ist (Fliickiger a. O. 557), welcher 

Casebonns , Gottername auf einer Votiv- aber dem Cinnamomum zeylan. ziemlich nahe 

inschrift, gefunden bei Trn (Grenze von Moesien stehen soil (Erdmann-KOnig-Hanausek 

und Thrakien), CIL III 8256 Saneto Gasebono Grundriss der allgemeinen Warenkunde 1895, 300). 

sacrum pro salut(e) imp. M. Antonini [A]u[g.] 3) Cinnamomum Burmanni Bl. von Siidwestchina 

Felicissimus. Bormann (Arch.-epigr. Mitt. X 53) und Sumatra bildet dicke, dunkelbraune , 50 — 

erinnert an das thrakische Castell KamfSovmv, Pro- 80 cm. lange , diinne , spiralig gerollte , gewohn- 

kop. de aedif. IV 11 p. 306 Bonn. [Ihm.] lich auch mit graugriinlichem Kork iiberzogene, 

Caseus s. Kase. auch Holzkassia genannte Rohren, die noch schwa- 

Casia. 1) Casia oder cassia und cinnamo- 30 cher an Geschmack und etwas pfefferahnlich sind. 

mum oder cinnamum sind Zimtarten der Gat- 4) Einige in den ostbengalischen Khasyabergen 

tung Cinnamomum. Heute kommen besonders fol- und auf Japan wachsende , wenig aromatische 

gende Arten inBetracht: 1) Cinnamomum zeyla- Arten. Von wo aber der Export des Zimts im 

nicum Breyne kommt in 25 cm. — 1 m. langen, Altertum und selbst im Mittelalter stattgefunden 

doppelt gerollten Rohren von Papierstarke, deren hat, unterliegt noch manchem Zweifel. Die Grie- 

meist 8 — 10 ineinander stecken, in den Handel; chen und RiSmer sind schwerlich selbst bis Ceylon 

er hat aussen eine blasse, braunlichgelbe Farbe oder gar China gelangt, und die Zwischenhandler, 

mit zahlreichen weissen, glanzenden Langsstreifen, besonders die Araber, haben wohl absichtlich die 

einen sehr gewurzhaften, aber siissen Geschmack Herkunft zu verdunkeln gesucht (vgl. Herod. Ill 
und angenehmen Geruch. Beim Zerbrechen biegen 40 110. 111. Plin. XII 85). Garcia (a. O. I cap. 15) 

sich die Stiicke erst, um dann zu zersplittern , will auf Grund seiner fast dreissigjahrigen Er- 

aus dem kurzfaserigen Bruche ragen zahlreiche fahrung auf Goa beweisen, dass bis auf seine Zeit 

weisse Bastbiindel hervor. Die in frischem Zu- trotz der verschiedenen Benennungen der Zimt 

stande fast weissliche Farbe der Rinde geht erst (canella) wesentlich von Ceylon, Malabar und Java 

beim Trocknen in Braun fiber. Er hat auf Cey- gekommen sei. Er beruft sich dabei unter ande- 

lon den urspriinglich dem Sanskrit entnommenen rem auch auf Annalen in Ormuz, welche berich- 

Namen kurundhu (Lassen Ind. Altertumskunde teteh, dass ehemals vierzig Schiffe chinesischer 

12 1867, 329 A.). Der beste Ceylonzimt wird Kaufleute zu gleicher Zeit dort eingetroffen seien ; 
heute von kultivierten Zimtbuschen gewonnen, so diese hatten einen Teil ihrer heimischen Waren 
dass er, ehe er einer rationellen Pflege unterworfen 50 in Malakka verkauft, von hier verschiedene Pro- 
wurde , nicht ganz dieselbe Giite gehabt haben ducte nach Ceylon und Malabar gebracht und von 
mag (Fliickiger Pharmakognosie 2 1883, 571). hier vortrefflichen Zimt von Ceylon und minder- 
Doch eine Zeit lang muss trotzdem der Ceylonzimt wertigen von Malabar und Java nebst andem 

durchaus der beste gewesen sein. Denn Garcia ab Droguen nach Ormuz oder an die arabische Kiiste ; 

Horto, Arzt in Goa, welcher den Chinazimt gar befragt, woher diese Aromata seien, hatten sie, 

nicht einmal kannte, sagt (Aromatum apud Indos um den Wert ihrer Waren zu erhohen, jene Mar- 

nascentium historia latine ed. a Carolo Clusio 1568 chen ersonnen , von welchen Herodotos berichte. 
p. 79), dass zu seiner Zeit, d. h. um die Mitte des Aus diesem, doch nur vereinzelten Bericht schliesst 
16. Jhdts., der Zimt von Ceylon der beste sei und, er dann, dass die (damals jedenfalls arabischen) 
obwohl nicht teuer (p. 78), doch im Preise von 60 Bewohner von Ormuz deshalb den Zimt darehini 
10 aurei, wohl = ca. 100 M., fur 100 librae = genannt hatten, was in der persischen Sprache 
45,9 kg., der von Malabar aber nur von 1 aureus chinesisches Holz bedeute, ihn aber in Alexandreia 

fur 400 librae stehe. Es wird daher auch can- unter dem Namen cinnamomum, gleichsam amo- 
nella (Zimt) von Ceylon gewesen sein, von welcher mum aus China , verkauft hatten ; dem minder- 
im J. 1496 zu Mailand 100 libbrae = 76, 2 kg. wertigen Zimt aber aus Malabar, wo er zu seiner 
nach heutigem Gelde 51, 84 Lire kosteten, wah- Zeit cameaa genannt werde (S. 75), und aus Java 
rend von der cassea lignea (Malabar-, Java- und hatten jene den Namen gegeben, welchen er auf 
Chinazimt?) die libbra nur 43 Cent, und von der Java habe, namlich cais manis, welcher malayisch 



1639 Casia Casia 1640 

susses Holz bezeichne; avis letzterem hatten die Hafun, seit etwa dem J. 2500 v. Chr. sich holten 
Griechen das "Wort cassia gemacht. Auch Sigis- (Schumann 4. 7). Im Hebraeischen heisst das 
mund (a. 0. 30) glaubt, dass der Zimt zuerst Wort kex.t ah (Ps. 45, 8; vgl. Job 42, 14) und kiddah 
von den Chinesen in den Verkehr gegeben sei, (Exod.30,24. Ezech. 27, 19), Schumann 11. Doch 
ohne behaupten zu wollen, dass er auch in China braucht kezi'ah nicht vom agyptischen khisit ab- 
gewachsen seinmilsse; doch glaubt er auch nicht, geleitet zu sein, wie Schumann annimmt, son- 
dass der Zimt in spaterer Zeit nur von Ceylon dem scheint direct aus kei-sehi hervorgegangen 
gekommen sei , da kein alterer Schriftsteller bei zu sein ; denn die Bewohner des arabischen Aden 
der Erwahnung Ceylons von ihm spreche. Immer- brachten die kiddah nach Tyrus (Ezech. a. a. 0.). 
hin neigt er zu der Annahme , dass Ceylon den 10 Sehr viel schwieriger ist dagegen die Herleitung 
meisten Zimt zur Ausfuhr gebracht habe, indem des Wortes xiwdficoftov. Die von Fliickiger 
er vermutet, dass die sagenhafte Insel Panchaia, versuchte Herleitung aus dem Agyptischen von 
wo das einnamum wuchs (Ovid. met. X 308), kaina-maa weist Schumann (11) zuriick, da 
Ceylon gewesen sei, aber die Ausfuhr des Zimts jenes Wort falsch gelesen sei. Ebenso wenig will 
von bier geraume Zeit vor und nach Plinius Zeit er einen Zusammenhang mit dem malayischen 
nur unter grosser Beschrankung gestattet gewesen kulit manis = stisse Einde anerkennen. Doch 
sei (S. 29. 164 unter Berufung auf Diod. V 46. das malayische Wort wird auf die verschiedenste 
Plin. XII 89. 93. Theophr. h. pi. IX 5, 2). Weise an gegeben: von Garcia (75) ah cats manis, 
Fliickiger weiss zwar, dass der Zimtbaum auf von Bcdiger (Gesenius-Bodiger Thes. ling. 
Ceylon bis in die hOchsten Bergwalder in Menge 20 hebr. et chald. add. Ill 1853) kainamanis , von 
wachst (a. 0. 564), dass man dies auch schon Lassen (a. 0. 330) kashwmanis , von Muss- 
am Ende des Mittelalters gewusst und daher viel Arnolt (Transactions of the american philol. assoc. 
Einde ausgeflihrt hat (570), kommt aber zu dem XXIII 1892, 116) und von H. Lewy (D. semit. 
Schluss, dass die grosse Menge des auf den Welt- Fremdw. im Griech. 1895, 37) kajii manis. In 
markt gelangenden Zimts gewiss zu alien Zeiten Wahrheit heisst es heute kdjoe (sprich kajii) manis 
chinesischen Ursprungs gewesen sei (571). Er = susses Holz (B a din gsNeuesWorterb. d. dtschn., 
meint, dass das Zimtgeschaft fiir die Portugiesen malayischen uud holland. Spr. 1894). Nur von 
nicht sehr einladend gewesen sein kOnne, da sie diesem Worte kann nach dem Stande unseres 
zwar im J. 1505 nach dieser Insel gekommen, Wissens xivrdficufiov durch phoinikische Vermitt- 
aber erst spat (1517!) zu einem Angriffe auf Cey- 30 lung abstammen. Schumann (11) dagegen leitet 
Ion ilbergegangen seien. Auch beruft er sich auf sowohl xiwdficoftov als das hebraeische kinnamon 
die Angabe Barbosas vom J. 1516, dass der gute (Exod. 30, 23. Prov. 7, 17. Cant. 4, 14) vom 
Zimt auf Ceylon wenig wert, obgleich viel besser hebraeischen Icaneh (Jes. 43, 24. Ezech. 27, 19; 
sei als der malabarische. Doch konnte ja immer- vgl. Exod. 30, 23. Jer. 6, 20), welches er fiir eine 
hin damals der Zimt trotz seiner Gute von den Zimtsorte erklart, ab; die Silbe mon flnde sich 
Einwohnern Ceylons nicht recht verwertet worden auch wieder bei ayvotfficov (eine Sorte xaooia bei 
sein , wahrend bald nach der Besitznahme der Diosc. 1 12) statt d<f>vor\ (aovcptj beim Anon, peripl. 
Insel durch die Portugiesen nach Garcia (a. 0. mar. Erythr. 12), eassamum (xaooa/xov bei Phi- 
77) wenigstens nach Portugal nur ceylonischer lostorg. Ill 4. Paul. Aeg. VII 3, eassamu im Corp. 
Zimt gelangte und der chinesische iiberhaupt un- 40 gloss, lat. Ill 537, 50. 545, 4. 556, 55 = semen 
bekannt war, ja Zimt von Malakka nach China balsami) statt xaooia; zu vergleichen sei auch 
gelangte (78). Ebenso gut konnte dann wohl aber xdQSafiov (welches aber etwas anderes als xag- 
auch der Zimt in friiheren Jahrhunderten Absatz odftco/iov war). Zunachst aber bezeichnet das 
gefunden haben. Zu demselben Eesultat wie hebraeische kaneh wohl keinen Zimt, sondern ent- 
Fliickiger gelangt K. Schumann in seiner weder den gemeinen Kalmus (Gesenius-Buhl 
ausserst wertvollen Abhandlung ,Kritische Unter- Hebr. u. aram. Handworterb. 1895) oder nach 
suchungen iiber die Zimtlander' vom J. 1883 (Er- Eoyle eine Andropogonart Indiens (A. E. Knight 
ganzungsheft 73 zu Petermanns Mitteilungen). Bible plants and animals 1889, 21). Vor allem 
Nach ihm war das Zimtland xax i^ox^r des Alter- aber miisste das hebraeische kinnamon und das 
turns und Mittelalters zweifelsohne China bis zur 50 syrische kunema (Gesenius-Bodiger a. 0.) aus 
Auffmdung des Gewiirzes in Ceylon (52f.), welche dem Griechischen entlehnt sein. Aber die Grie- 
erst fiir die Zeit zwischen 1325 und 1349 sicherver- chen lernten ihr xwvdfiaiftov von den Phoinikern 
biirgt sei (49). Tomaschek (oben Bd. II S. 1211) kennen (Herod. Ill 111). Dagegen kann die An- 
vertritt einen ahnlichen Standpunkt. Von den sicht Schumanns richtig sein, dass in den agyp- 
fvtr den Zimt gebrauchlichen Benennungen scheint tischen Eecepten fiir das Eaucherungsmittel Kyphi 
denn xaoia mit Sicherheit auf China als seine Zimt unter dem Namen kannu (8) und kanen (12) 
Heimat hinzuweisen. Heute heisst hier die Einde vorkomme , da sich der Zimt zwar nicht in den 
kei-sehi (Zimtzweig) , was fast wie kesi klingt; Kyphirecepten des Dioskorides (I 24) noch des 
fiir den Baum findet sich schon um das J. 2700 Plutarchos (Is. et Osir. 80), wohl aber des Eufus 
v. Chr. der Name kuei in einem Krauterbuche 60 Ephesius (bei Gal. XIV 118) findet, und zwar bei 
(Schumann a. 0. 7); die Hauptstadt der slid- letzterem sowohl xivvdficopov als xaoia, bei Orei- 
lichen Provinz Kuang-si heisst Kwei-Lin; die n6rd- basios (synops. Ill 220) xaoia ovgiy^; daneben 
lich von dieser gelegene Provinz ist Kwe"i-tschou soil auch kanu, eigentlich Bohr (13), dafiir ge- 
mit der Hauptstadt Kwei-jang. Aus dem Worte braucht sein (12). Bei der Einbalsamierung der 
kei-sehi ist dann das agyptische khisit hervor- Leichen wurde von den Agyptern ein StoiF ge- 
gegangen, womit ein Holz, d. h. der Zimt, be- braucht, welcher von den Griechen teils mit xaoir] 
zeichnet wird, welches die Agypter aus dem Lande (Herod. II 86), teils mit xiwdfiwfiov (Diod. I 91) 
Punt-Opone, dem heutigen Guardafui und Bas bezeichnet wird ; neuerdings will man denn auch 



1641 Casia Casia 1642 

Tamarinden- oder C.-Mark (vom chinesischen Zimt) Was die arabische Litteratur betrifft, so nennt 

in den Mumien gefunden haben (WOnig Die Avicenna (978— 1036) in seinem fcanun (i. d. r«m.- 

Pflanzen im alten Agypten 1886, 387). arab. Ausg. v. J. 1593, 156) das xiwdpcouov des 

Von den Alten wurde als Heimat der C. Ara- Dioskorides (I 13) ddr sini , was im Persischen 

bien, besonders die Kiiste von der Strasse von chinesisches Holz bedeutet; die xaaala nennt er 

Bab-el-Mandeb bis zu der von Ormuz, angesehen saliha (Rinde) und bemerkt von ihr, dass sie aus 

(Herod. Ill 110. Theophr. h. pi. IX 4, 2. 7, 2. China ausgefilhrt werde. Auch schon der arme- 

Agatharchid. de in. erythr. frg. 97. 101. Artemid. nische Schriftsteller Moses von Chorene im 5. Jhdt. 

bei Strab. XVI 778. Strab. ebd. 783. Diod. II weiss, dass darezenie aus China gebracht wird 
49. Ill 46. Diosc. I 12. Dionys. Perieg. 939. 10 (Hist, armen. ed. Whiston 1736, p. 367); freilich 

Arrian. anab. VII 20. Avien. or. m. 1116. Priscian. bemerkt letzterer wieder, dass die verschiedenen 

paraphr. 878. Isid. orig. XVH 8, 12) oder Aithio- Sorten der C. im gewfirzreichen Arabien heimisch 

pien, d. h. die heutigen Somalilander (Plin. XII seien. 'Ibn Baitar (1197 — 1248) teilt (Luc. Le- 

95. Anon, peripl. mar. erythr. 8—13. Philostorg. clerc Traite des simples par Ibn-el-Baitar , No- 

ed. Jac. Gothofredus 1643, ni 4. Kosm. Indicopl., tices et extraits des manuscrits de la bibl. nat., 

topographia christ. aus den Veterum patrum ana- t. XXIII 1. XXV 1, 1877 — 81) mit, dass die Be- 

lecta nova, Venet. 1781, II p. 20 B). Auch Syrien nennung dar sini persisch sei und Chinabaum be- 

war wegen seines Reichtums an xaoia beriihmt deute; es gebe davon drei Sorten, den echten, den 

(Melanipp. bei Athen. XIV 651 f. Mnesim. ebd. addun oder ddr sus, auch echte kirfd genannt, 

IX 403 d), doch sollte der Strauch des einnamo- 20 und den Nelkenzimt kirfat' ol-karanful (Le clerc 
mum nicht bis dahin vordringen kdnnen (Plin. XXV 81). Die Unterscheidung, welche er dabei 
XVI 135). Nach einigen kam sie meist aus In- macht, steht aber in wesentlichem Widerspruch 
dien (bei Strab. XVI 782). Pur die Heimat des mit der folgenden fast wdrtlichen tibertragung 
einnamomum wird zunachst wieder der genannte des Dioskorides. Auch den Galenos hat er wort- 
Teil Arabiens angegeben (Onesikr. bei Strab. XV lich excerpiert; seine xivvaua>[u'g, ein schwaches 
695. Agatharch. Artemid. Diod. aa. OO. Strab. oder falsches xiwd/j-muov (XII 26), nennt eine von 
XVI 783. XVII 789. Arrian. anab. VII 20. Priscian. Schumann (41) eingesehene Hamburger Hs. des 
a. a. 0. 879); von Makata im sfidOstlichen Arabien Baitar kirfat 'od-ddr sini; Leclerc bezeichnet 
gelangte es nach Assyrien (Arrian. Ind. 32, 7); sie als ddr sus. Die C. , von ihm in der Ein- 
oder das genannte Aithiopien gait als Heimat 30 leitxmg salikd genannt (L eel ere XXV 272. Schu- 
(Onesikr. a. a. 0. Eratosth. bei Strab. XVI mann 41), beschreibt er genau nach Dioskorides; 
769. Artemid. ebd. 774. Strab. II 95, vgl. I 63. sie stamme aus Arabien. Wie jener (1 12) unter- 
II 72. 114. 119. 132. Plin. XII 86, vgl. VI 174. scheidet er nach 'Ishak 'Bon 'Amran (f zwischen 
Ptolem. IV 7, 34. Solin. 30, 30. Philostorg. a. 903 und 906) die dhu, blastos mosulitis, dsuft, 
a. 0. Isid. orig. XVn 8, 10) oder Indien (Apul. kittu, ddkdr und tfizir (bei Dioskorides falschlich 
flor. I 6. Isid. a. a. 0.), speciell das siidliche von Kiihn t,iyiQ in den Text gesetzt). Ubrigens 
Indien (Onesikr. a. a. 0.) oder die Gipfel des bemerkt Garcia, dass die casia lignea (d. h. der 
indischen Kaukasus zwischen Hyphasis und Ganges dickere Zimt nach S. 73) von den Arabern, Persern 
(Philostr. vit. Apollon. DH 4, 1). Dionysos sollte und Indern salihacha, querfaa oder querfe aber 
nach seinem Siege fiber Indien und den ganzen 40 von den Arabern jede Art von Zimt genannt werde 
Osten zuerst erbeutetes einnamum dem Iup- (74. 75). Im allgemeinen aber sind nach Schu- 
piter geweiht haben (Ovid. fast. Ill 731). VOgel mann die Kenntnisse der arabischen Pharma- 
sollten es nach Arabien aus unbekannten Gegen- kognosten sowohl fiber die Natur der Drogue als 
den oder Aithiopien bringen (Herod. Ill 111; vgl. ihre Heimat sehr verworren, wahrend nach ihm 
Antigon. Kar. 49. Ps.-Arist. h. a. IX 84. Plin. die geographische Litteratur den sichersten Auf- 

X 97. Ael. n. a. XVII 21. Solin. 33, 15) oder schluss geben soil (42). Schon vielleicht der alteste 
ebendahin seine Blatter von unbekannten Inseln arabische Geograph Khordadbek (f um 912) sagt 
(Dionys. Perieg. 945), welche man im erythraei- (Barbier deMeynard Le livre des routes et des 
schen Meere liegend vermutete (Eustath. zu Dion. provinces par Ibn Khordadbek, Journal asiatique 
Perieg. 939) oder ffir Taprobane d. h. Ceylon 50 ser. VI t. V 1865, 68 und libers. S. 294) , dass 
nebst den benachbarten Inseln erklarte (Anon. das Land Sila, d. h. Japan (Schumann 46), ddr 
paraphr. ad Dion. Perieg. 933 — 955). Selbst die sini ffir den Export liefere und (115, tFbers. S. 512) 
Inder sollten aussagen, dass ihnen ein Vogel das- judische Kaufleute von Radan, die Erde von Osten 
selbe aus unbekannter Gegend bringe (Ael. n. a. nach Westen und von Westen nach Osten durch- 
II 34). Der Vogel xivvduwfios sollte in Indien ziehend, diese Drogue aus China nach dem Franken- 
leben (Man. Phil, de animal, propr. 28), der Vogel lande brachten. 'Idrisi (1154) kennt in seinem 
Phoenix das einnamum aus dem fernsten Osten Handbuch (Geographie d'Edrisi traduite par Jau- 
bringen (Claudian. ep. 2, 15; vgl. Ovid. met. XV bert I 1836, 51. 93) als Zimtlander China und 
399. Stat. silv. II 6, 88). Von alien genannten Malai, d. h. wahrscheinlich die von Malaien be- 
Schriftstellern ist Kosmas der einzige , welcher 60 wohnte Kfiste von Malakka. Von Yakut (f 1229) 
die Insel Cevlon unter dem Namen Sielediba be- wird in seinem WSrterbuch (herausg. von Wusten- 
schreibt (Buch XI), ohne aber dabei des Zimts zu feld 1866—73, III 454, vgl. IV 103) Gagolla als 
gedenken; doch ist er selbst nicht dort gewesen eine Stadt (auf Java?) bezeichnet, wohin der 
und verfolgt mehr historisch- geographische als Zimt, ddr sini, gebracht und von wo er nach 
botanische Zwecke; nach ihm erhielt auch diese alien Landem verschifft werde, von Kazwini in 
Insel von China zur weiteren BefSrderung zwar seiner Kosmographie vom J. 1263 (herausg. von 
rohe Seide und einige Aromata, aber keinen Zimt Wfistenfeld 1848f., II 53) als eine solche, wo er 
(E. Meyer Gesch. d. Bot. II 1855, 381. 388). wachse. Von letzterem (II 30) werden auch San- 



1643 Casia Casia 1644 

dabil (in Indien?) und die Inseln Chinas (II 35) nicht erwahnt, obwohl er dazu wohl Anlass ge- 

als ddr stni hervorbringende Lander bezeichnet, habt hatte. Allerdings wird man mit Garcia 

endlich aueh die Insel Sajalan (1 112. II 55), d. h. (75) annehmen mtissen, dass die Perser und zum. 

Sumatra (Schumann 48). Dimiski (Cosmogra- teil die Araber den Ceylonzimt ddr sini genannt 

phie du moyen age traduite par Mehren 1874) haben, weil sie ihn durch die Vermittlung der 

bezeichnet noch als solche die Inseln am chine- Chinesen erhielten. 

sischen Meere Sanf (p. 205) , Bamni (ebd.) und In einem wohl um das J. 1310 angeblich aus 

Sangi (p. 206). Im J. 1292 gelangte an den der indischen Stadt Mabar geschriebenen Briefe 

agyptischen Mamelukensultan Kelawan eine cey- des Minoriten Johannes yon Montecorvino heisst 

lonische Gesandtschaft, dessen Ffihrer einen Brief 10 es, dass sich auf einer Insel nahe bei Coroman- 

verlas, in welchem angegeben war, dass sein Ffirst del (Mabar) Zimtbaume in Menge fanden (Kunst- 

unter anderem auch Bakkamholz und Zimt be- mann Mtinchener Gel. Anzeig. vom 25. Dez. 1855, 

sitze (Quatremere Memoires g^ogr. et hist, sur 173). Wahrend andere darin wohl mit Becht 

l'Egypte 1811, 284). Zwar glaubt Schumann eine Bestatigung der Ansicht sehen, dass Ceylon 

(48), dass der Zimt deshalb noch nicht brauche damals Zimt exportiert habe, bestreitet dies Schu- 

einheimisch auf Ceylon gewesen zu sein, da schon mann, ja zweifelt, ob mit jener Insel Ceylon ge- 

die Zusammenstellung mit bakkam fur seine Ein- meint sei (50). Fur die Unwahrscheinlichkeit, 

fuhrung sprechen kOnne , sofern dieses von den dass an der Kttste von Malabar ein belangreicher 

Landern des Siidens bezogen worden sei; man Zimthandel existierte, der etwa mit dem Export 

miisse daher den Zimt als eine Ware betrachten, 20 von Ceylon zusammengehangen habe, beruft er sich 

mit der die Bananen, d. h. Kaufleute im westlichen (a. a. O.) darauf, dass Marco Polo den Zimt nur aus 

Teil Indiens, iiber Ceylon zu handeln pflegten. China und Malabar (!) kenne. Noch verschiedene 

Aber dieses Bakkam- oder Brasilholz von Caesal- andere Nachrichten des 14. Jhdts. in seinem Sinne 

pina Sappan L. wird heute aus Ostindien bezogen deutend, erwahnt er dann auch Niccolo Conti, 

und ist auch von Batuta als Product Malabars welcher um 1444 berichtet, dass Ceylon sehr viel 

angefiihrt. Dieser hat namlich einen hCchst wich- Zimthervorbringe(Kunstmann Kenntnis Indiens 

tigen Bericht fiber seine in den J. 1325 — 49 aus- im 15. Jhdt. 1863, 39), ohne aber sich daruber 

gefuhrten Beisen verfasst. In demselben (Voyages auszusprechen, ob auch dieses Zeugnis so ausge- 

dTbn Batoutah , texte arabe accompagne' d'une legt werden kann, dass dort damals nur der Bauro 

traduction, par Defr emery etSanguinetti 1853 30 gewachsen, die Binde aber nicht exportiert sei (52). 

— 1858) sagt er (p. 99) , dass an einem Plusse, Auf welchem Wege der Zimt von China, bezw. 

welcher bei Kaulam , dem heutigen Quilon , an Ceylon, nach Westen gelangte, diirfte im einzelnen 

der Kiiste Malabar vorbeifliesse, alle Baume kirfd, schwer festzustellen sein. Wir wissen nur einer- 

d h. Zimt, und Brasilholz seien und dort als Brenn- seits, dass die Griechen ihr xiwdfimfiov nach Hero- 

holz gebraucht wiirden; er und seine Gefahrten dotos (III 111) von den Phoinikern kennen lern- 

hatten ebenfalls auf ihrer Weiterreise die Speisen ten , anderseits die xaoaia = kezi'ah und kiddah 

damit gekocht. Von Ceylon berichtet er (p. 166), nach Ezechiel (27, 19) von Arabien fiber Tyrus 

dass das ganze Gestade bei Battala mit Zimt- kam. Andrerseits ist durch Plinius (VI 84f.) ver- 

baumen {kirfd) bedeckt sei, welche die Strome bfirgt, dass die Bewohner Cey Ions zur Zeit des 

herabgefuhrt hatten ; diese fflhrten die Leute von 40 Claudius mit den benachbarten Seres Handel 

Ma'abar, d. h. Coromandel, und Malibar, d. h. Ma- trieben, wie denn auch Aelianus (n. a. XVI 18) 
labar, ohne Bezahlung weg; sie beschenkten nur berichtet, dass sie Elefanten zu Schiff nach dem 

den Sultan als Entgelt mit Kleidern und Ahn- gegenuberliegenden Festlande zu dem Konige der 

lichem. Dass dieser Zimt wegen seiner Wert- KaXlyyai, also nach Coromandel, brachten. Der 

losigkeit in der Heimat nicht in den Welthandel babylonisch-indische Handel ging wohl schon zur 

gelangt sei, darf man aber schwerlich annehmen, Zeit Salomos fiber Ophir an der Ostkuste Ara- 

zumal auch griechische Nachrichten (Agatharch. biens (Pr. Hommel Geschichte des alt. Morgenl. 

a. O. frg. 101. Strab. XVI 778. Diod. II 49) be- 1895, 109). Cber den Weg, welchen der Zimt 

kunden, dass xiwd/tafiov und xaooia in ihrer von China aus genommen hat, spricht Toma- 
vermeintlichen Heimat Arabien als Brennholz be-50schek (Bd. II S. 1211). 

nutzt wiirden. Endlich erwahnt Batuta (p. 227) Die Alten versuchen es, eine Beschreibung des 

noch den Zimt gelegentlich eines Ges'chenks, wel- ganzen Baumes zu geben; da sie aber yon diesem 

ches er einem Sultan auf Sumatra gemacht habe. Seine rechte Anschauung hatten oder nicht zuver- 

Schumann kommt nun (49) zu dem Schluss, lassig unterrichtet waren, so finden wir hochst 

dass nach den Berichten der Genannten nur China wunderbare Vorstellungen bei ihnen , welche es 

und Japan Zimtlander gewesen seien; betreffs der nicht lohnt, alle wiederzugeben. Die C. sollte in 

andern Gegenden habe man falschlich die Export- einem See wachsen (Herod. Ill 110. Arrian. anab. 

platze fur die Heimat gehalten, wahrscheinlich VII 20), eine Behauptung, die Schumann (13) da- 

sei er aber auch in Sanf, dem zwischen den Gol- durch erklart, dass jene, in Bohren nach Griechen- 
fen von Siam und Tonkin gelegenen Lande, ge- 60 land gebracht, als eine Art Bohr angesehen wurde. 

sammelt worden, und, wie heute aus Hai-phong Das cinnamomwm sollte die Trockenheit lieben 

in Tonkin chinesisc her und cochinchinesischer Zimt (Plin. XII 89), wahrend Schumann (33f.) gerade 

ausgefiihrt werde > so kOnne es auch in Mherer nachweist, dass der Baum eine genugende Zufuhr 

Zeit dort solche Exporthafen gegeben haben. Doch von Wassermengen durch die Wurzel zu alien 

darf man wohl aus dem Mangel an fruheren Nach- Jahreszeiten erfordert, weshalb er auch in Ostafrica 

richten fiber den Zimt von Ceylon nicht zu viel nicht gedeihen kbnne. Nicht unrichtig wird die 

schliessen, man konnte ja auch vielmehr umge- Pflanze Strauch genannt (Theophr. h. pi. 1X5, 1. 2. 

kehrt sich wundern, dass Batuta den von China Plin. XII 89. 95. XXXVII 204; vgl. Isid. orig. XVII 



1645 Casia Casia 1646 

8, 10). Dass nach Herodotos und Theophrastos, zum xoozog (CIG II 2852, 59. 60). Als die wertvollsten 
Teil auch Plinius zwar die casia in Rindenabschnit- Straucher werden cinnamum, casia und amomum 
ten von Rohrenform, cinnamomum aber zuerst nur genannt (Plin. XXXVII 204). Nahere Merkmale 
in berindeten Holzstucken und erst spater, wie es werden fast nur bei den verschiedenen Sorten an- 
Isidorus a. a. 0. deutlich durch Anwendung des gegeben. Dioskorides, welcher sie am eingehend- 
Wortes cortex bezeuge, in Rindenstticken in den sten beschreibt, nennt deren acht von der xaoola 
Handel gekommen sei, scheint unrichtig. Es wird (I 12): 1) a%v, von gelbrotlicher Farbe, eng, lang 
nur den Gewahrsmannem nacherzahlt, dass die und dick, mit mehreren in einander gerollten 
Entrindung bei der C. schwieriger sei; man mflsse Rehren, von beissendem und zusammenziehendem, 
sie namlich in frische Tierhaute hiillen, worauf 10 etwas feurigem Geschmack und aromatischem und 
sich Wiirmer bildeten, welche das Holz zernagten, weinartigem Geruch; bei den Einheimischen heisse 
die Rinde aber wegen ihres scharfen Geschmacks sie a%v, bei den alexandrinischen Handlern dacpvi- 
nicht beriihrten (Theophr. h. pi. IX 5, 3. Plin. XII zig (vgl. Orib. syn. II 56, 17 , wo sie ohne be- 
96). Man liess sich erzahlen, dass, wenn der Zimt- sonderen Namen nur als die beste Sorte bezeichnet 
baum xivvdua>/j,ov abgehauen sei, man inn in fiinf ist , und Isid. XVII 8, 12). Galenos (XIV 258) 
Teile teile, von denen der jiingste Teil der beste sei scheint dieselbe Sorte ahnlich zu beschreiben, 
und in der Lange von einer Spanne abgeschnitten sagt aber, dass sie bei den Einheimischen ZiyylfisQ 
werde, wahrend die nachsten drei Teile kurzer ge- heisse, wahrend nach Dioskorides dieser Name 
schnitten wiirden und, was der Wurzel am nachsten einer Sorte des xivvdum/xov zukam und £iyyl- 
sei, am wenigsten Rinde habe; auf diese namlich 20 fSegog sonst (z. B. Diosc. II 189) den Ingwer be- 
komme es allein oder hauptsachlich an (Theophr. a. zeichnete. Die Bezeichnung darpvTzig (auch bei 
a. 0. Plin. XII 91); die ZweigederC. wiirden in einer Gal. XIV 72. Veget. mulom. VI 13, 4) leitet 
Lange von zwei Fingerbreiten = 3,7 cm. geschnit- Schumann (18) von dem Hafen Daphnon (Anon, 
ten (Theophr. a. a. 0. Plin. XII 96). Allerdings peripl. mar. erythr. 11; Aayvovg 6 Xifirjv bei 
kamen auch Zweige von cinnamomum nach Itali en, Strab. XVI 774; insula Daphnidis bei Plin. VI 
so dass z. B. Vespasianus Kranze davon in Tempeln 172) an der Somaliktiste ab. Diese Sorte wird 
stiften konnte (Plin. XII 94), ebenso Sfters von wohl auch identisch mit der daphnidis des Pli- 
der C, welche jenen in jeder Hinsicht glichen nius (XII 98) sein, welche nach ihm auch isoein- 
(Gal. XIV 56) ; auch eine schwere Wurzel des namon genannt wurde , denn sie ist von ihm 
ersteren Baumes hatte Plinius (a. a. 0.) gesehen. 30 zwar nicht als die beste casia und iiberhaupt sehr 
Ja Galenos (XIV 64f.) berichtet, dass die Kaiser unklar beschrieben, doch immerhin als ein sehr 
seiner Zeit ganze Baume des xivvd(ia>uov in Schran- teures Gewurz , das romische Pfund zu 300 De- 
ken aufbewahrt hatten , ein Schrank sei sogar naren, bezeichnet. 2) Fur den medicinischen Ge- 
41/2 Ellen = 2 m. lang gewesen; andere Exemplare brauch empfahl sich am meisten die yl£iQ oder yl£i 
des Baumes hatten aber nur den Habitus eines genannte Sorte (vgl. Anon, peripl. mar. erythr. 12. 
kleinen Strauches ahnlich den Helleborusarten ge- Gal. XIV 67. 72. Orib. syn. II 56, 17. Aet. II 196. 
habt, so dass der grosste Zweig davon etwa einen Synes. de febr. ed. Bernard p. 46; auch wohl vulgar 
halben rOmischen Fuss lang gewesen sei; von agaxarius im Corp. gloss, lat. Ill 580, 51), von 
ihnen habe er antidota bereitet. Die Farbe, welche dunkler Purpurfarbe, dick, nach Eosen duftend. 
er der besten Sorte des xivvd/xoifiov abweichend 40 3 — 8) BXaozdg fioovXfjzig, die schwarze dyvorjuwv 
von Dioskorides zuschreibt, sollte weissbraunlich, (aovcprj beim Anon, peripl. mar. erythr. 12), xtzzco, 
etwas ins Blauliche spielend, gewesen sein. Ob- ddxao, yevdoxaoola (vgl. Artemid. bei Strab. XVI 
wohl der Unterschied zwischen xaoola und xw- 774. Gal. XIV 258) und mXaxela ovQiy$~. Die y>evdo- 
vdfMOfiov nicht unerheblich war, so kannten ihn xaoola hatte nur geringes Aroma und bei ihr 
doch viele nicht (Gal. XIV 257). Von Wichtig- haftete die Rinde an dem Mark, kam also wohl 
keit ist, dass von der C. hervorgehoben wird, die als Zweig in den Handel. Bei der ovoiy£ , der 
Zweige hatten eine dicke (Diosc. I 12. Orib. syn. billigsten Sorte, war nach Galenos (XIV 73) nur 
II 56, 17. Isid. XVII 8, 12), wahrend die des die aussere Rinde stark aromatisch, das Innere, 
cinnamomum eine feine Rinde hatten (Isid. XVII d. h. wohl die inneren Rohren und nicht wie 
8, 10; vgl. Diosc. 113). Letzteres gait bei den50Kuhn ubersetzt das Mark, unbrauchbar. Das 
Arzten fur wirksamer, da man es nur durch das a%v identiflciert Muss-Arnolt (a. 0. 116, 11) 
doppelte Quantum der xaoola (Diosc. I 12. Gal. mit inN 'axu (Gen. 41, 2. 18. Septuag. ebd. Jes. 
XIV 69. 71. XIX 731. Isid. XVII 8, 12) oder Sir. 40, 16). Dieses ist nach Hieronymus (ad Jes. 
xaoola ovQiyi (Gal. XIX 732) ersetzen konne, 19, 7) ein agyptisches Wort und bezeichnet alles, 
weshalb es auch viel teurer war (Gal. XIV 71); was im Sumpfe wachst. Auch verweist Muss- 
das Pfund = 327,45 g. kostete namlich zur Zeit Arnolt auf agyptisch aclwch = Sprosse oder 
des Plinius (XII 93) 1000 — 1500 Denare = ca. Bliite, woraus das demotische ache = calamus her- 
913 — 1369 Mk., das der casia nur 5 — 50 Denare vorgegangen sei. Die (SXaorbg fioovXijng ebenso wie 
(XII 97). Doch mag friiher der Unterschied bei- das als xiwd/ico/xov aufgefuhrte uoovlov hat offen- 
der Zimtsorten hinsichtlich ihres Wertes nicht so 60 bar seinen Namen von der efters (z. B. Plin. VI 
gross gewesen sein. So wird die xaoia neben dem 174. Anon, peripl. mar. erythr. 10) erwahnten 
xivrdficouov unter den Kostbarkeiten des Ptole- aithiopischen Stadt MoovXov ; xnrw vom hebraei- 
maios Philadelphos hervorgehoben (Athen. V 198 d. schen kiddah und ddxao = Sovaxa (Peripl. mar. 
201 a) ; Seleukos II. Kallinikos machte im J. 243 erythr. 8) von dem Sanskritworte twak = Rinde 
v. Chr. dem Apollon Didymaios in Milet ein Ge- (Schumann 18). Plinius (XII 97) nennt als die 
schenk an Spezereien , namlich 10 Talente des beste Sorte die von den Barbaren lada genannte, 
Xiftavixog, 1 Talent der ofivQvrj und nur je 2 Mi- nachstdem die balsamodes , als die schlechteste 
nen = i/ 30 Talent der beiden Zimtarten und des die weisse (XII 96). Zwar nicht als zur casia 



1647 Casia Cask 1648 

gehOrig, aber gleich hinter ihr nennt er (XII 99) als steuerpflichtig aufgefiihrt werden (Dig. XXXIX 

noch das seriekatum und gabalium, Spezereien, 4, 16, 7). Im Marimaltarif des Diocletian vom 

welche nach Arabien importiert, aber dort in der J. 301 (herausg. von Mommsen und Bliimner 

Regel selbst verbraucht wiirden; nur das seri- 1893) ist der Preis fur ein romisches Pfund der 

chatum werde bisweilen in Europa zum Salben gvkoxaoia auf 125 Denare = 2,28 M. und, wenn 

gebraucht und koste das romische Pfund 6 De- man das erhaltene fuA zu l-vAoxtwa/icbftov er- 

nare. Letzteres identiflciert Schumann (17) mit ganzt, das romische Pfund von diesem auf 120 De- 

dem arabischen salihd oder selihatun, gabalum nare = 2,19 M. angesetzt (32, 53. 52). Plinius 

aber mit gabali und gabalijiln, welches sich bei berichtet auch (XII 91), dass friiher das weiss- 
Avicenna (Canon des Avicenna, arab. Text, 1593 10 liche, zu seiner Zeit das schwarzliche einnamum 

II 156) als Bezeichnung fur eine gewisse Sorte vorgezogen sei. Das von ihm noch erwahnte eo- 

Zimt (den Bergzimt) flnde; das oquvov des Dio- maeum (XII 135), welches in Syrien aus einer 

korides (I 13) sei auch nur die griechische tjber- Nuss gepresst werde und sich sehr von dem Saft 

setzung de3 arabischen Adiectivs von gabl = Berg. des echten einnamum unterscheide, ist wohl iiber- 

Bei Scribonius Largus flndet sich neben der un- haupt kein Zimtproduct. Was die Farbe des 

bezeichneten casia (93. 125. 126. 144. 173. 176. Zimts betrifft, so bemerkt tibrigens Garcia (78) 

271), welche wohl identisch mit £iyiQ ist, die vom ceylonischen, dass die Rinde ihre aus dem 

daphnitis (152. 269), nigra (177. 269) und rufa Aschgrauen ins Weinfarbige spielende Parbe durch 

(36. 70). Vielleicht sind sowohl die daphnitis die Sonnenstrahlen erhalte; wenn sie nicht ge- 
als die rufa das a%v , die nigra die a<pvorjuwv 20 hOrig behandelt werde, nehme sie eine weisse oder 

des Dioskorides. Celsus nennt neben der unbe- aschgraue Parbe an ; zu sehr der Sonnenglut aus- 

zeichneten casia (III 21 p. 107, 13 ed. Daremb. gesetzt, werde sie schwarz. 

IV 27, 1 p. 154, 13. V 11. V 18, 3) nur die Angewendet wurde der Zimt wohl gelegent- 

nigra (V 23, 1). Ausser diesen Sorten finden lich auch bei Brandopfern (Ovid. fast. Ill 731); 

sich noch die oxArjoorsQa (Anon, peripl. mar. erythr. dass er im allgemeinen zum Raucherwerk ge- 

8), vielleicht nur dickrindige Stiicke, /xotco (ebd. rechnet worden sei, geht aus der einen Stelle des 

12. Gal. XIV 72), do^fim (Gal. ebd.) und die Herodotos (III 113) nicht hervor, da ftvcbuaxa 
^vXoxaala (Philostorg. Ill 4); letztere wird von auch Gewurze bezeichnen kann; auch das erwahnte 
Fliickiger (a. O. 563) fur einen Zimtzweig, von xvtpi wurde von den agyptischen Priestern wohl 
Schumann (19) fur ein Holz gehalten wie das 30 hauptsachlich bei Bauchopfern gebraucht (Diosc. 
§vXoxiwdfia>/tov. Absyrtus (bei Veget. mulom. VI I 24. Ruf. Ephes. bei Gal. XIV 117) oder diente 

13, 4) hat cassia dafnitis, mosylitis (?) und nar- medicinischen Zwecken (Diosc. ebd.) , denn der 
dina, Pelagonius ofters casia und c. fistula, nur Rauch von Zimt ist nicht eben wohlduftend. Als 
einmal e. nigra (390). Von dem xivvduwuov fiihrt Speisegewiirz aber war er den Alten ganz unbe- 
Dioskorides (1 13) sieben Sorten an: 1) Das (nach kannt, weshalb denn auch bei Apicius (116) nicht 
der aithiopischen Stadt) benannte fioovkw als die statt des hsl. caseum mit Schuch casiam ge- 
beste; am besten sei es frisch, dunkelfarbig, aus dem lesen werden kann. Hochstens diente er zur Wiirze 
Weinfarbigen d. h. Dunkelroten ins Aschgraue spie- des Weins (Theophr. de odor. 32. Plin. XIV 107 ; 
lend, von diinneren und glatten Zweigen mit Zweig- vgl. Geop. VII 13, 1. 4) ; so sollte die casia fistula, 
narben, sehr wohlriechend; der eigentiimliche Wohl- 40 mit andern Ingredienzien dem jungen Wein bei- 
geruch sei das beste Kennzeichen, denn bisweilen gemischt, diesen weiss machen und ihm den Ge- 
fanden sich zusammen mit guten Stficken auch schmack des alten verleihen (Pall. XI 14, 13); 
solche, welche wie Raute oder xagdd/tcoftov rochen, das t-vXoxivvd/xwfiov und die xaaala wurden unter 
es miisse einen scharfen, beissenden, etwas salzigen andern Gewiirzen dem aminaeischen Wein zuge- 
und feurigen Geschmack haben ; gerieben diirfe es setzt (Geop. VIII 22, 2. 3). Erst im 9. Jhdt. 
nicht gleich rauh werden, zerbrochen miisse es scheint der Zimt im Kloster St. Gallen zu einer 
eine kleine Staubwolke geben (vgl. Isid. XVII 8, Wiirze fiir Fischspeisen verwandt zu sein(Flucki- 
10). Nach Galenos (XIV 258) sollte diese Sorte ger a. O. 562, 4 nach Jaffe Bibliotheca rer. 
leicht zerbrechlich sein; 2) oqsivov, dick, kurz, Germanicarum III, 1866 p. 110. 156. 199. 214. 
gelb (vgl. Gal. ebd. 257); 3) eine schwarzliche 50 218). Hauptsachlich wurde das xiwdficouov mit 
(Gal. ebd.) ; 4) eine weisse , leicht zerbrechliche Myrrhe gebraucht um 01 wohlriechend zu machen 
(Gal. ebd.); 5) eine der ayv genannten xaaala (Theophr. de odor. 17) oder daraus 01 zu der 
ahnliche, glatt undaromatisch(Gal.ebd.); 6)y>ev8o- agyptischen und der ueyaksTov genannten Salbe 
xivvdixwfxov, von geringem Wert (Gal. ebd.); dieser gepresst (Theophr. a. a. O. 28. 29), oder es wurde 
Name wurde von einigen auch der xivranm/xk ge- mit andern Substanzen dem 01 zu dem Zwecke 
geben (Gal. XII 26. Orib. coll. med. XV 1. 10, 47. beigemischt (Plin. XIII 11. 15; vgl. auch Diosc. 
Paul. Aeg. VII 3 s. xirvdumjiov) ; 7) (fyyipsQ oder I 13), die Cyprussalbe dadurch aufgefrischt (Plin. 
ivkoxiwdfico/iov (vgl. Gal. XIV 257). Das xylocin- XIII 12) , Zimtol dadurch gewonnen , dass die 
namomum wird von Plinius (XII 91) geradezu fur Wurzel in Olivenol gelegt und gepresst wurde 
das Zimtholz erklart , dieses habe die widerliche 60 (Plin. XV 30). Fiir das megalium wurde nach 
Scharfe des wilden Majorans, und das romische Plinius (XV 13) die casia verwandt, diese auch 
Pfund davon koste 10 Denare. Dass iibrigens zur Parfiimierung des Ols (Verg. georg. II 466. Pers. 
sowohl die xylocassia als das xylocinnanwmum II 64), mit andern Bestandteilen zu einer Salbe 
Gegenstande von Wert waren, folgt auch aus einem aus oleum melinum (Plin. XV 11). Zu dem pe- 
wohl der Zeit des Commodus angehfirenden Tarif, yaXsXov verwandte man auch beide Zimtarten 
in welchem jene beiden Droguen neben cassia (Theophr. de odor. 30), wie auch mit andern Be- 
turiana (wohl nach dem Handelsgeschlecht der standteilen zu andern aus Olivenfil bereiteten Sal- 
gens Turia so benannt), cinnamomum : und anderen ben (Plin. XIII 10. 18. Mart. VI 55, 1); endlich 



1649 Casia Casia 1650 

dienten sie zur Parfiimierung der Leiche oder deren 6) ; sollte die Stimme Mar machen (Praecepta salubr. 

Asche (Pers. VI 34f. Mart. X 97, 2. XI 54, 1. 79 bei Bussemaker Fragm. poem, rem nat. et 

Apul. de mag. 32) , da sie zu den wohlriechend- medicinam spectantium). Im Gemenge mit andern 

sten Stoffen geherten (Plaut. Cure. 100f.). Aus Mitteln wurde es als Sufflment bei Frauenkrank- 

letzterer Sitte mag auch die Sage entstanden sein, heiten gebraucht (Ps.-Hipp. II 568), als Umschlag 

dass der Vogel Phoenix sich ein Nest aus Zimt- gegen Quetschungen der Hilfteu, bei Eiterbeulen, 

zweigen gebaut und dann verbrannt habe (Ovid. Schmerzen der Leber und der Bauchgegend an 

met. XV393f. Plin. X 4. Mart. VI 55, 2, vgl. den Bippen (Scrib. Larg. 265); von den Boss- 

V 7, 1. Artemid. oneir. IV 47. Lactant. de ave arzten als Arznei fur die LuftrOhre (Pelagon. 393) 
Phoen. 83f.). Gefalscht konnte die casia dureh 10 und als Augensalbe (ebd. 425). Senr haufig wur- 

Kirschholz werden (Pers. VI 36). Vielfach wurde den die beiden Zimtarten zusammen und zwar 

der Zimt von den Arzten angewandt. Die casia gait im Gemenge mit andern Mitteln angewandt: bei 

fur erwarmend und massig astringierend (Theophr. Prauenkrankheiten als Pessarium (Ps.-Hipp. 1 477) 

de odor. 32. 35. Diosc. 1 12. Gal. XII 13. Orib. coll. und Sufflment (ebd. II 567. 675. 850), als Anti- 

med.XVl, 10, 19. Aet.I), auchfilrtrocknend(Diosc. dotum oder Theriaca gegen allerlei Krankheiten, 

Gal. Aet. a. a. 0.), die Menstruation fOrdernd darunter auch Vergiftungen (Andromach. maior 

(ebd.), Ham treibend (Cels. Ill 21 p. 107, 13 Dar. bei Gal. XIV 39. 40 und minor ebd. 43 , doch 

Diosc. a. a. O. Buf. Ephes. p. 8. 56. Gal. XI hat der letztere xaooia ovoiy§. Buf. Ephes. bei 

775), die Sinneswerkzeuge kraftigend (Gal. Orib. Orib. syn. Ill 217 und bei Paul. Aeg. VII 8), zu 
aa. 00.) u. s. w. Die casia nigra wurde mit 20 der beruhmten cmnmagenum genannte Arznei der 

andern Bestandteilen zu einem Antidot gegen Ver- Syrer (Plin. X 55. XXIX 55), auch zu Pastillen 

giftungen und den Biss giftiger Tiere gebraucht fast gegen jeden Schmerz (Scrib. L. 93), als Ge- 

(Cels. V 23, 1). Bei Prauenkrankheiten wurden trank, wohl meist in Wein, zur Beinigung cles 

die (unreifen) Fruchte der easia in Wein als Ge- weiblichen Uterus nach der Geburt (ebd. 126. 

trank (Ps.-Hipp. II 558 Kuhnj und als Injektion, Gal. XI 775), gegen Leber-, Milz- und Nieren- 

mit andern Mitteln in Wein gekocht, gebraucht leiden (Scrib. L. 125. 126. 144), Wasser- und 

(ebd. 578); ein Sufflment von casia und verschie- Gelbsucht (ebd. 126). Blasenleiden (Cels. IV 27, 1 

denen Krautern wurde angewandt, um die im p. 154, 12f.); ausserlich zur Verteilung dessen, 

Mutterleibe zuriickgebliebene Nachgeburt zu ent- was sich an irgend einer Kerperstelle angesam- 
fernen (Straton bei Soran. I 71). In der Tier- 30 melt hat (Cels. V 11; vgl. Gal. XII 13), als Um- 

heilkunst wurde die casia mit andern Bestand- schlag auf die schmerzende Leber (Cels. V 18, 3). 

teilen in Wein gegen alle Krankheiten der Binder Zusammen mit den beiden genannten Zimtarten 

(Col. VI 5, 3) und Pferde (Pelagon. 21) empfoh- und andern Mitteln wurde das xylodnnamum 

len, besonders Gliederkrankbeit der letzteren (ebd. bei Erkaltungen und Muskelschmerzen angewandt 

16), Pastillen gegen den Husten derselben (ebd. (Scrib. L. 271). Bei Pferdekrankheiten gehOrten 

94. 383) ; ein ebenfalls aus vielen Substanzen, cinnamum und casia zu einer Arznei fur die Luft- 

darunter cassia dafnitis, e. mosylitis (?) und rOhre (Pelagon. 391) und zu einem Getrank in 

c. nardina gemischtes Pulver in Wein sollte den Wein fur Lungenleiden (403), ersteres und casia 

Pferden besonders gut thun (Absyrt. bei Veget. fistula zu einem wohlthuenden Getrank (367), 
mulom. VI 13, 4). Eben dieses Pulver sollte den 40 endlich semen cinnami und casia zu Husten- 

Pferden zu alien Zeiten gereicht werden und von pastillen (383) und jenes mit easia fistula und 

Zimtsorten enthalten cinnamum, casia nigra und andern Bestandteilen in Honig zu einem Mittel 

e. fistula (Veget. a. a. O.) und ausserdem auch gegen Husten und Geschwilre (111). 

easia und xylodnnamum (Pelagon. 390). Die 2) Daphne cneorum L., ein niedriger Straueh. 

easia fistula in ahnlicher Zubereitung wurde den Namlich die casia des Hyginus, welche zu Kran- 

Pferden als Priihjahrs- (ebd. 454), auch als Herbst- zen verwandt wurde (Verg. eel. II 49), hiess auch 

getrank gegeben (Veget. II 31) , gegen Husten cneorum (Plin. XXI 53), und heute heisst Daphne 

und Geschwiire (Pelagon. Ill), Atembeschwerden cneorum L. in Italien etieoro. Damit steht nicht 

(209), Lungenleiden (402) und Zuckungen (463), in Widerspruch, dass die beiden Arten des xvemQos, 
der Same wurde zu einer Augensalbe verwandt 50 welche Theophrastos (h. pi. VI 1, 4. 2, 2 ; vgl. Plin. 

(403). Die xaaia muss iibrigens schon friih in XXI 55) anfuhrt, eine weisse und eine schwarze, 

der Tierheilkunde eine Bolle gespielt haben, denn wohl Daphne Tartonraira L. = Thymelaea Tarton- 

schon der Dithyrambiker Melanippides (t um 412 raira All. und Passerina hirsuta L. = Thymelaea 

v. Chr.) sagt (bei Athen. XIV 651 f), dass die Mrs. Endl. sind und Dioskorides (IV 170) xri- 

Dana'iden damit ihre wilden Bosse, um sie zu be- o>qos mit {h(xe).<ua — Daphne gnidium L. iden- 

ruhigen, gefuttert hatten. Das Cinnamomum gait tificiert. Nach Plinius (XVI 136) sollte die casia, 

fiir erwarmend (Theophr. de odor. 32. Diosc. I 13. welche er selbst freilich fur die echte hielt, auch 

Orib. coll. med. XV 1, 10, 47), den Urin treibend im nordlichen Italien (XVI 136) gedeihen und in 

(Cels. Ill 21 p. 107, 11. Diosc. a. a. O. Buf. Ephes. Bom angepflanzt werden, ja er wollte sie sogar 
p. 8. 56. Gal. XI 775. Orib. a. a. O.), sollte die 60 am Bhein in den Bienengarten angepflanzt ge- 

Verdauung befOrdern, wurde auf getriibte Pupillen sehen haben (XII 98). Selbst Columella (III 8, 4) 

gelegt, gegen Husten, Katarrhe, Wassersucht, glaubte die echte casia an mehreren Stellen in 

Nierenleiden , Harnzwang angewandt, sollte mit Bom wachsen gesehen zu haben. Es war aber 

Myrrhe in einem Getrank die Menstruation und jedenfalls die bezeichnete Daphneart, welche in 

Entbindung befordern, mit Honig aufgelegt Som- den Garten Italiens angepflanzt wurde (Col. X 

mersprossen und Flecken entfernen (Diosc. a. a. 0.); 301), und zwar zur Nahrung fur die Bienen (Verg. 

wohl ausserlich aufgelegt die Mundungen der Adern ge. IV 30. Plin. XXI 70), oder auch wild wachsend 

6ffnen(Cels.V4);wurdezumBeizengebraucht(ebd. den Bienen Nahrung gewahrte (Verg. ge. II 213. 



1651 Casianus Casmilus 1652 

IV 182). Vielleicht war auch der xvewgoe, mit adiectum an der Via Latina, jetzt San Gennano, 
welchem die Bienenstocke, nachdem das Volk aus- ganz neuerdings in Cassino umgenannt. Der Name 
geflogen war, gerauchert wurden, um ihnen einen soil nach Varro de 1. 1. VII 29 sabinisch sein 
angenehmen Geruch zu verleihen (Geop. XV 2, 37), und forum vetus bedeuten ; dass C. von der romi- 
dieselbe Pflanze. [Olck.] schen Eroberung eine Stadt der Samniten ge- 

Casianus s. Cintasius. wesen, ist wahrscheinlich ein Irrtura Varros und 

Casilinum (Einw. Casilinenses Cic. de inv. die Stadt urspriinglich volskisch. In der Ge- 

II 171 ; Casilinates Val. Max. VII 6, 2 ; Casi- schichte wird sie selten genannt, zuerst im hanni- 

linus Sil. Ital. XII 426), Stadt in Campanien balischen Kriege (Liv. XXII 13, 5f. XXIII 17, 
am Volturnus. 3 mp. nordwestlich von Capua 10 7. XXVI 9, 2. Plut. Fab. 6. Sil. Ital. IV 227. 

(Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 p. 277 P. ; Strab. V XII 527). Varro hatte in der Nahe eine Villa 

237 giebt 19 Stadien, Dionys. XV 4 dreissig Sta- (Varro de r. r. Ill 5, 8. 9), in der spater Anto- 

dien an). Seine Bedeutung verdankt es der be- nius seine Orgien feierte (Cic. Phil. II 103). Reste 

herrschenden Lage am tTbergang der Via Appia glaubt man in der wasserreichen, vom Fiume Ra- 

iiber den breiten und starken Fluss, der die Stadt pido (Nebenfluss des Liris) durchftossenen Ebene 

mitten durchstrOmt (Liv. XXII 15, 4. XXIII 17, sudlich von San Germano zu finden. Strabon V 

12. Dionys. a. a. 0.). Urspriinglich ohne Zweifel 237 nennt C. eine jiofog a&oloyos. Gegen Ende 

abhangig von Capua (vgl. Liv. XXIII 20, 1 urbs der Bepublik war C. praefeetura (CIL X 5193. 

reddita Campanis, n&mlich von Hannibal im J. 216) 5194), in der Kaiserzeit Colonie (CIL X 4860. 
teilte es die Schicksale dieser Stadt (s. o. S. 1556f.). 20 5198. 5200. 5796 ; dagegen heisst es munieipium 

Im hannibalischen Kriege wurde es von Fabius in der Inschrift von S. Cesareo CIL XIV 2827 

Cunctator 217, der den Hannibal in der Nahe und in der von Spello CIL XI 5278 = Orelli 

durch die bekannte Kriegslist tauschte, besetzt 3885). Was der Liber coloniarum 232 fiber die De- 

(Liv. XXII 15) und im folgenden Jahre von 570 duction durch milites legionarii erzahlt, verdient 

Praenestinern und Perusinern heldenmutig gegen keinen Glauben. Die Tribus von C. war die Tere- 

die Punier verteidigt (Liv. XXILI 17. 19. Strab. tina (Kubitschek Imperium romanum tributim 

V 249. Val. Max. una Sil. Ital. a. a. 0.). Von discriptum 16). Gelegentlich erwahnt noch von 
Hannibal eingenommen, im J. 214 von den Romern Varro bei Macrob. sat. Ill 16, 12 (Casinos ager 
wiedergewonnen (Liv. XXIV 19), verlor es gleich oleam optimam fert). Cic. de leg. agr. II 66. Ill 
Capua seine Selbstandigkeit und wurde als Prae- 30 14; pro Plane. 22. Liv. XXVII 23, 2. Plin. HI 63. 
fectura verwaltet (Fest. 233). Caesar fuhrte im VH 36. ltin. Ant. 302. Tab. Peut. Geogr. Eav. IV 
J. 58 eine Colonie hierher (Cic. Phil. II 102. 33 p. 275 P. (Lasinon). Inschriftlich CIL VI 2382a 
Appian. bell. civ. Ill 40), die Antonius im J. 44 26 und in dem Index nundinarius IEN 6747 = CIL 
erneuerte. Die Veteranen, welche als Colonisten 1 2 p. 218. Unter den antiken Eesten von C. ist 
deduciert waren, nahmen nach der Ermordung am bedeutendsten das von (der aus Plin. ep. VII 
Caesars, mit den Calatinern als erste, Partei fur 24 bekannten) Ummidia Quadratilla gegriindete 
Octavian (Cic. ad Att. XVI 8, 1. Vellei. II 61. Amphitheater (CIL X 5183), ferner Eeste eines 
Appian. a. a. 0.; vgl. Nicol. Damasc. 135 Dind.). Theaters, eines kleinen Tempels oder Grabmonu- 
Trotzdem hatte in der Kaiserzeit diese Colonie ments, Teile der Stadtmauern. Auf dem Gipfel 
keinen Bestand ; inschriftliche Zeugnisse fiir muni- 40 des die Stadt hoch uberragenden Berges, den 
cipale Selbstandigkeit fehlen ganz, und die Un- jetzt das beruhmte, von S. Benedictus gegriindete 
bedeutendheit des Ortes bezeugt Plinius (III 70) Kloster Montecassino einnimmt, soil ein Tempel 
Ausdruck morientis Gasilini reliquiae. Genannt des Apollo gestanden haben (Paul. Diac. I 26. 
wird es, ausser in den Itiuerarien, noch bei Strab. Gregor. Magn. dial. II 8). Lateinische.Inschriften 
IV 249. VI 283. Ptolem. Ill 1, 61, im Feriale aus C. CIL X 5159—5330. 8382—8386. Ephem. 
Cumanum (aus dem 4. Jhdt.) CIL X 3792. Nach- epigr. VIII 588—603. Vgl. dariiber R. C. Ho are 
dem im J. 840 das alte Capua von den Sara- Classical tour I (1819) 268—277. Romanelli 
cenen zerstort war, baute der Bischof Landulf Viaggio da Napoli a Montecassino (Napoli 1819) 
856 an der Stelle von C. ein neues Capua, wel- und Topografia III 389—394. Neuere Ausgra- 
ches diesen Namen noch heute fiihrt (s. o. S. 1559). 50 bungen Not. d. scavi 1876, 92. [Hulsen.] 

Die antiken Reste in C. sind, ausser der drei- Casiri, indisches Volk in den nOrdlichsten, 

bogigen Volturnusbriicke, unbedeutend ; die Al- Skythia zugekehrten Teilen, Plin. VI 55 mit der 

luvion des Volturnus hat den modernen Boden sebr Bemerkung humanis corporibus vesmntur. Ge- 

erhoht. Vgl. Gius. Novi im Poliorama pittoresco rade dieser Satz hindert uns, an die Kasira (s. 

(Neapel) 1858. 1859; Iscrizioni monumenti e vico Cosiri, Kaspeiroi) oder die Bewohner des 

di Diana Tifatina, di Casilino etc., Neapel 1861. schonen Hochthales von Kasmir zu denken; den 

Beloch Campanien 367— 369. Mommsen CIL tibetischen Brauch der Ahnenverspeisung (s. Isse- 

X p. 369. [Hulsen.] d.ones) werden wir eher bei den Ostlichen, an 

Casilinns oder Casulinus, als Fluss Cam- die Sakai grenzenden Kaspioi (s. d.) yoraussetzen 
paniens genannt bei Vib. Sequester 4 ed. Burs. 60 diirfen ; bei Plinius wird darum Casii oder Ga- 

Agathias II 4 (Kaaovtavos) und in dem Epigramm spii zu lesen sein. [Tomaschek.] 

bei Constantinus Porphyrog. de themat. II p. 61 Castas s. Kasios. 

Bonn. Nur anderer Name fur den Volturnus. Casmilus, nach Varro de 1. 1. VII 34 (Callim. 

Vgl. Bur si an Praef. ad Vib. Seq. p. X. frg. 409 Schn.) in den samothrakischen Mysterien 

[Hulsen.] deusquidam administer diismagnis. Vgl.Orelli 

Casinomagus s. Cassinomagus. 440. Schol. Apoll. Rhod. I 917. Preller-Robert 

Casinum (Kaatvov; Einw. Casinos, nur bei Griech. Myth. I 387,1. S. Kadmilos und Ca- 

Sil. Ital. XII 527 Casinus), Stadt in Latinm millus. [Samter.] 



1653 Casmonates Cassi 1654 

Casmonates, Volkerschaft Ligmiens am n6rd- vielleicht identisch mit dem Vorhergehenden ; vgl. 

lichen Abhang des Apennin, von Plin. Ill 47 CIL XIV 2336 und Not. d. scavi 1887, 251. 

zusammen mit den Velleiates genannt, aber nicht [Stein.] 

genau zu localisieren. [Htllsen.] 5) Casperius Aemilianus, von Kaiser Severus 

Caspasus, Fluss der nCrdlichen Steppenregion nach der Besiegung des Clodius Albinus (197 n. 

Asiens im Bereich des kaspischen Meeres, Plin. Chr.) getetet, Hist. Aug. Sev. 13, 4. 

VI 51 ; richtiger lautet der Name Campasus, von 6) Casperius Agrippinus, hatte dasselbe Schick- 

der arischen Wurzel kamp- ,biegen', vgl. skr. Kam- sal wie Casperius Aemilianus , Hist. Aug. Sev. 

pana und Kampylinos; thatsachlich iiberliefert 13, 3. 

finden wir Kdftjzaoos in einem Fragment des Sim- 10 7) Casperius Niger , vir militaris , fallt im 

mias bei Tzetz. Chil. VII 700 als Fluss zwischen J. 69 gegen die Vitellianer kampfend auf dem 

den Massagetai und den sagenhaften Hemikynes. Capitol (Tac. hist. Ill 73). Vielleicht identisch 

[Tomaschek.] mit Casperius Nr. 1. [Groag.] 

Casperia, alter Ort im Sabinergebiet, Verg. Caspiae, eine mit Tiirmen versehene Station 

Aen. VII 714. Sil. Ital. VIII 416, beidemale mit auf dem Wege von Artaxata nach Dioskurias an der 

Foruli (Civita Tommasa westlich von Amiternum) pontischenKiiste,Tab.Peut. Hierseiendienachsten 

zusammen genannt. Die Angabe des Vib. Seq. Stationen erlautert : Pagas ist Phoga am Phogis- 

6 Burs.: Himella (flumen) Sabinorum prope cqali, der ausdem SeePharawaniheraustritt; , Apu- 

Casperiam urbem wurde auf eine Lage am nOrd- turn, das heutige Dorf Abul am Fuss des kleineren 

lichen Ende der Aequicolaner Berge (unweit Cli- 20 Berges gleichen Namens ; Caspiae fallt dann auf 

temia und Aquae Cutiliae) schliessen lassen, wenn die Buinenstatte Chospio am Aboeis- cqali, der dem 

es sicher ware, dass sie nicht einfach aus Vergils Kur oder Mtqwari von rechts zufliesst, einst Vororfc 

angefuhrtem Verse herausgesponnen sei. Ganz des gavar Dzawachethi; ad Mercurium lag be- 

grundlos ist die auf Namensahnlichkeit basierte reits in Mes'ehethi, etwa bei Aspindza ; ad Fon- 

Identification mit dem Dorfe Aspra nordlich von tern felicem ist Acquri, armen. Acgor, Askura des 

Cures. [Hiilsen.] Ptolemaios; endlich Surium das heutige Stadt- 

Casperius. 1) Centurio, befehligte im J. 51 chen Surami an einem linken Zufiuss (phrone') 

n. Chr. neben dem Praefecten Caelius Pollio die des Kur, mit dem Zugang nach Kolchis. 

Besatzung des Castells Gorneae, das Badamistus, [Tomaschek.] 

der Sohn des Ibererkonigs Pharasmanes, belagerte. 80 Caspiana, Name eines Landgutes bei Eme- 

Er bemtihte sich, den vom Feinde bestochenen rita in Lusitanien: ad locum quo Caspiana vo- 

Praefecten an der Ubergabe des Castells zu ver- cabulum est , quod ah Emereta urbe millibus 

hindern, erwirkte einen Waffenstillstand und be- sexdeeim distat (de vitis patrum Emeritensium 

gab sich zu Pharasmanes, den er zur Aufhebung II 7, 17. Acta SS. Nov. I 325 D). Sonst nirgends 

der Belagerung aufforderte (Tac. ann. XII 45. erwahnt. Vgl. Kapasa. [Hfibner.] 

46). Im J. 62 sandte ihn Domitius Corbulo an Caspingium, Station im Bataverland auf der 

den PartherkSnig Volagases. C. traf diesen bei Tab. Peut. an der Strasse von Lugdunum Bata- 

Nisibis und richtete seine Auftrage herzhaft aus vorum nach Noviomagus zwischen Tablae und 

(Tac. ann. XV 5). Vielleicht ist er identisch mit Grinnes. Lage unbestimmt. Desjardins Table 

Casperius Niger Nr. 7. [Groag.] 40 de Peut. 8. Holder Altcelt. Sprachschatz s. 

2) Casperius s. Q. Fabius Ca[s]pe[rius?]. Caspiniacum. [Ihm.] 

3) Casperius Aelianus, Praefectus praetorio Caspins Asclepiodotus s. Cassius Asclepio- 
unter Domitian und Nerva. Er stammte aus dotus. 

Agypten, geboren um 60 n. Chr. (nach Philostr. Cassandra (Plin. n.h. VI 111) s. Kassandra. 

vit. Ap. VII 18 war er namlich, als Vespasian Cassangita, Ort in der Nahe des Bheins, 

nach Agypten kam, im J. 69, ein ganz junger zwischen Basel und Constanz, beim Geogr. Ba v. IV 

Knabe). Dnter Domitian Praefectus praetorio, 26 p. 231. [Ihm.] 

nahm er sich des angeklagten Apollonius von Tyana Casses , keltische Gottheiten (mannlich) auf 

an, den er schon in Agypten kennen gelernt hatte mehreren Inschriften der Bheinlande erwahnt. 

(Philostr. vit. Ap. VII 16—22. 32. 40). Es scheint, 50 Brambach CIBh. 1398 (Ober Klingen in Hessen- 

dass er einer der beiden Gardecommandanten war, Darmstadt) Cassibits vota fece(runt) Macelu(s) 

gegen welche Domitian spater Misstrauen zu hegen Faustinu(s). 1779 (Landstuhl. Pfalz) Diis Gas- 

begann, und die wahrscheinlich abgesetzt wurden, sibu(s) Matuinus v. s. I. m. (verschollen). 1823 

im J. 95 (Dio LXVII 14, 4). Jedenfalls war er (Neustadt a. d. Hardt) dis Gassibus Castus Ta- 

beim Tode Domitians nicht mehr im Amte, da luppe v. s. I. I. m. Vielleicht auch 1386 (Lorsch) 

wir zu dieser Zeit schon Norbanus und T. Pe- ... et Trib(is) Qua(dribis) Casfsibus? ?) . . .pro 

tronius Secundus (aber nach dem 14. Marz 95, sal(ute) d(ominorum) n(ostroruni) (nach 1*61 n. 

CIL III 37) als seine Nachfolger finden (Dio Chr.), aber hier ist die Erganzung ganz unsicher 

LXVII 15). Von Nerva wurde C. abermals zur (Siebourg Westd. Ztschr. 1887, 284. Ihm 

Wurde eines Gardepraefecten erhoben (Dio LXVIH 60 Bonn. Jahrb. LXXX III 134 nr. 188). Hauptsach- 

3, 3), erwies sich aber untreu gegen den Kaiser, lich auf Grund dieser Inschrift deutet K. Christ 

indem er die Soldaten aufreizte, gegen dessen Bonn. Jahrb. LXVI 44ff. die C. als Strassen- 

ausgesprochenen Willen die Morder Domitians zu getter. Steuding Roschers Lex. I 856. Holder 

tiiten, im J. 97 (Dio a. a. O. Epit. de Caes. 12, Altcelt. Sprachschatz s. v. Der Stamm cassi-, 

8; vgl. Plin. paneg. 6. Suet. Dom. 23). Unmittel- casses erscheint in vielen keltischen Namen, Gliick 

bar darauf adoptierte Nerva den Traian, der dann Kelt. Namen 161ff. Holder a. O. s. Cassi. 

im J. 98 C. hinrichten liess (Dio LXVIII 5, 4). [Ihm.] 

4) L. Casperius Aelianus, CIL III Suppl. 6976 ; Cassi, nur bei Caesar (b. G. V 21, 1) ge- 



1655 Cassiani Cassianius 1656 

nannte Volkerschaft des siidlichen Britanniens fehlt das Subject: es muss unmittelbar vorher 

von unbekannten Wohnsitzen. Sie unterwarfen gesagt sein, wem diese Bezeichnungen zukommen; 

sich ihm, wie zahlreiche andere jener Gegenden erst die justinianischen Compilatoren haben (wie 

wahrend seines zweiten Zuges dorthin. Die Wort- so oft in diesem Fragment) den Zusammenhang 

form kehrt in zahlreichen keltischen Namenbil- durch ungeschickteStreichungen verdunkelt. 5)Auf 

gungen wieder. [Hubner.] den wahren Zusammenhang dentet auch Pom- 

Cassiani werden nach C. Cassius Longinus ponius (47) hin, wenn er sagt, Labeo und Capito 

(s. d.) die Anhanger der sonst auch nach Ma- batten ,gewissermassen' (veluti) zwei Schulen ge- 

surius Sabinus als sabinianischen bezeichneten grundet. Aus alledem ergiebt sich folgendes: 
Eechtsschule genannt. (Cassiani bei Plin. ep. 10 wissenschaftliche Gegensatze (die wir allerdings 

VII 24, 8. Pomp. Dig. I 2, 2, 52. Ulpian 11, nicht mehr feststellen konnen; vgl. Bd. I S. 2556. 

28. Paul. Dig. XXXIX 6, 35, 3. XLVII 2, 18; II S. 1909f.) waren schon zwischen Labeo und 

Sabiniani: Marcellus Dig. XXIV 1, 11,3. Ulp. Capito vorhanden, unter deren Schulern Nerva 

Vat. frg. 266. Marcian Dig. XLI 1, 11 ; sodann una Sabinus traten sie noch starker hervor, und 

bei Iustinian Inst. II 1, 25 [die Quelle hierzu, wurden namentlich die einzelnen Streitfragen be- 

Gaius res cott. Dig. XLI 1, 7, 7 hat dieNamen; deutend vermehrt. Die eigentliche Schulgriin- 

ebenso Gai. Inst. II 79] und Cod. VI 29, 3). dung erfolgte dann durch Proculus und Cassius: 

trber diese Schulen berichtet Pomponius (Dig. I zweifellos war auch Sabinus daran beteiligt, ob 

2, 2, 47): Hi duo (Labeo und Capito) primum auf der andern Seite auch Nerva, muss dahin 
veluti diver sas sectas feeerunt: nam Ateius Ga- 20 gestellt bleiben: nie wird die Schule nach ihm 

pito in his quae ei tradita fuerant perseverabat, genannt, auch ist er schon im J. 33 gestorben. 

Labeo ingenii qualitate el fidueia doctrinae, qui et Ebenso ist ungewiss, ob die beiden Schulen gleich- 

eeteris partibus (P operis) sapientiae operant de- zeitig oder nach einander gegriindet wurden. Dass 

derat, plurima innovare instituit. (48) Et ita dann hinterher jede Schule auch die bekannten 

Ateio Capitoni Massurius Sabinus suecessit, La- Namen des Labeo und Capito zu den ihrigen 

beard Nerva, qui adhue eas dissensiones auxe- zahlte, ja sie als ihre Urheber ansah, und dass 

runt .... (52) Proculi auetoritas maior fuit (im demgemass auch Pomponius seine suceessiones 

Vergleich zum jiingeren Nerva und Longinus), mit ihnen begann, kann nicht Wunder nehmen. 

nam et plurimum potuit: appellatique sunt par- Naheres tiber den Schulgegensatz s. im Artikel 

tim Cassiani partim Proeuliani, quae origo a 30 Rechtsschulen. [JSrs.] 

Capitone et Labeone eoeperat. Man hat im An- Cassianius. 1) M. Cassianius Latinius Po- 

schluss an diese Stellen ganz allgemein (vgl. aber stumus, Gegenkaiser des Gallienus (253 — 268 n. 

Karlowa R. E.-G. I 664. 684. 686) Labeo und Chr.) in Gallien, einer der sog. 30 Tyrannen, von 

Capito als die Begriinder der beiden Rechtsschulen 258/59 — 268/69. 

angesehen. Dagegen spricht aber 1) die Thatsache, I. Quellen. a) Die schriftstellerischen Quellen 

dass die Schulen nicht nach diesen ihren Stiftern liber Postumus sind ziemlich dlirftig und ver- 

benannt sind, was namentlich bei Labeo, der doch worren. Zunachst die kurze, wenig Thatsachen 

stets das hochste Ansehen genoss, unerklarlich enthaltende Lebensbeschreibung in der Historia 

bleiben wiirde : sollte man der Schule, wenn sie Augusta, verfasst von Trebellius Pollio (tyr. trig, 
ursprunglich den Namen der Antistianer gefiihrt 40 3) , dann einzelne Notizen in desselben Autors 

hatte, diesen hinterher entzogen haben ? oder sollte Biographie der Gallieni, des Claudius, in Vopis- 

man, wenn die Beilegung der Namen iiberhaupt cus Vita Aurelians und Probus (im folgenden 

erst spater erfolgt ware, von dem wahren Be- citiert als Gall.. Claud., Aur. und Prob.). Dazu 

grander zu Gunsten seines Nachfolgers Proculus kommen die spateren Autoren Zosimus I 38, 2. 

abgesehen haben? beides ist in gleichem Masse 40, 1 und Zonaras XII 24, der hier nicht bios 

unwahrscheinlich. 2) In den Stellen der spateren auf Zosimus zuruckgeht , und die kurzen , aber 

Juristen. welche (sicher) Streitfragen der beiden zum Teil wichtigen Nachrichten bei Vict. Caes. 

Schulen behandeln, erscheinen (abgesehen von 33,7 8; epitome 32, 3. Eutrop. IX 9, 1. 11, 1 

jiingeren Anhangern) regelmassig Sabinus und (= Oros. VII 22, lOf. Euseb.-Hieronym. chron. 
Cassius auf der einen, Nerva. Proculus und Pe- 50 a. Abr. 2284. Ioann. Ant. frg. 152, PHG IV 598, 

gasus auf der andern Seite : so bei Gaius Inst. dessen Text aber durch Verschulden des Excerp- 

I 196. II 15. 79. 195. 218. 224. 244. Ill 133. tors corrumpiert ist). Dio contin. V 223 Dindorf. 

161. IV 79. 114. Dig. XLV 3, 28, 4; Venuleius Polem. Silv. Mommsen Chron. min. I 521. Vgl. 

Dig. XLV 1, 138 pr.; Pomponius XXX 26, 2. Amm. Marc. XXI 16, 10. Der Brief Valerians 

XLI 27, 2; Scaevola XXIX 7, 14 pr. XL VI 3, an die Gallier (tyr. trig. 3, 8—11) lasst in mehr- 

93, 3; Papinian XLV 1, 115, 2; Ulpian XLVII facher Hinsicht Zweifel an seiner Echtheit zu. 

2, 43, 5; Paulus V 3, 26. XVIII 1, 1, 1. XXXV Uberhaupt sind Zosimus, Victor und Eutrop bei 

2, 1, 14. XLI 2, 3, 3; Labeo wird in diesem Zu- allerKiirze die verlasslichsten Quellen (vgl.Momm- 

sammenhange nur einmal (bei Gai. Inst. II 231) sen R. G. V 149, 2), weniger Zonaras; vgl. auch 
erwahnt, Capito niemals. 3) Plinius (ep. VII 60 A. Enmann Philol. Suppl. IV 377—379. 

24, 8), die der Zeit nach fruheste Quelle, welche b) Einige Meilensteine, die von Postumus er- 

einer der Schulen Erwahnung thut, nennt aus- halten sind, geben uns dessen vollstandigenNamen. 

driicklich den Cassius als deren Begrtmder: domus Diese Insehriften finden sich verzeichnet bei A. 

aliquando C. Cassiihuius qui Cassianae scholae H. de Villefosse Rev. arch. XXXVII (1879) 263 

prineeps et parens fuit. 4) Auch bei Pom- — 270. Einige davon mitgeteilt von Dessau 

ponius (52) muss bei dem Leben des Proculus Inscr. sel. I nr. 560—562. Hinzugefiigt muss 

der Schulgrundung gedacht sein: dem Satz appel- werden eine Grabschrift, welche nach Postumus 

latique sunt partim Cassiani partim, Proeuliani erstem Consulat datiert ist (CIL XIII 633). 



1657 Cassianius Cassianius 1658 

c) Die am reichlichsten fliessende Quelle fur dem Vater gleichnamig gewesen). Nun berichten 
die Geschichte des Postumus bilden die Miinzen, Zosimus (a. a. 0.) und Zonaras (a. a. 0.) aller- 
die aber nur auf vereinzelte Thatsachen und Zu- dings, dass Gallienus zum Huter seines Sohnes 
stande Schliisse erlauben, ohne ein continuierliches Silvanus ('AAftavog bei Zonaras ist bios verschrieben) 
Bild von der Regierung dieses Usurpatorszuliefern. bestellte. Allein auch das mag richtig sein, und 
Die Miinzen flndensich bei Eckh el VII 437—447. eben der unbestimmt abgegrenzte Wirkungskreis 
I 74. Mionnet I 83 nr. 223. Cohen VI2 14-64 dieser beiden Manner scheint die nachste Ursache 
nr. 1—453 (im folgenden nach den Nummern des Streites gewesen zu sein. Den Anlass dazu 
citiert). J. de WitteRecherches sur les empereurs fand Postumus nicht allzu schwer. 

qui ont regne' dans les Gaules au IHeme siecle 10 b) Als er in Verfolgung der ihm gestellten 

de l'ere chretienne , Lyon und Paris 1868 ; ent- Aufgaben einen Pliinderungseinfall der Germanen 

halt ein Verzeichnis der Miinzen samt Abbildnngen. zuriickgeschlagen und ihnen die geraubte Beute 

Vgl. R. Mo wat Les ateliers monetaires impenaux wieder abgenommen hatte, verteilte er dieselbe 

en Gaule, Revue numism. XIII (1895) 134 — 176. unter seine Soldaten. Silvanus hingegen erklarte 

A. de Belfort Annuaire de numism. 1887, 303. dieses Vorgehen fur unrechtmassig und bestand 

A. v. Sallet Ztschr. f. Numismatik VI 63—66. auf Herausgabe der Beute. Nun fand Postumus 

Ad. Erman Ztschr. f. Numism. VII 347 — 351. mit leichter Miihe Riickhalt bei der habsiichtigen 

tjber Miinzfunde s. Schiller 831, 3. Soldateska, die ihn zum Kaiser ausrief. Er be- 

d) Neuere Litteratur. H. Schiller Geschichte antwortete Silvanus Forderung damit, dass er 
der romischen Kaiserzeit I 2, 813. 827 — 833. 855, 20 gegen Koln zog, wo der junge Valerian residierte, 
3. E. Her zog Geschichte und System der romi- und die Stadt solange belagerte, bis dieBesatzung 
schen Staatsverfassung II 1, 554. 560 — 562. V. gegen Auslieferung des Caesars und seines Be- 
Duruy Histoire des Romains VI 430 — 433. 436f. raters capitulierte, die Postumus beide toten liess 
Th. Bernhardt Geschichte Roms von Valerian (tyr. trig. 3, 2. Zos. I 38, 2. Zon. XII 24. Vict. 
bis zu Diocletians Tod 1 19—22. 58—70. 89—92. Caes. 33, 7 ; epit. 32, 3. Eutrop. IX 9, 1. Oros. 
283—295. Th. Mommsen Romische Geschichte VII 22, 10). Trebellius Pollio kennt wohl noch 
V149 — 151 ;vgl. 441,1. E. v. Wietersheim-F. eine andere Version (tyr. trig. 3, 3; Gall. 4, 3), 
Dahn Geschichte der Volkerwanderung I 206f. wonach die Gallier den Caesar getetet, weil sie 
625 — 630. H. Diintzer Postumus, Victorious und eine Knabenherrschaft nicht ertragen wollten, und 
Tetricus in Gallien, Rhein. Jahrb. IV (1844) 45 30 Postumus zum Kaiser ausgerufen hatten; dieser 
— 58 lind seither after, namentlich ebd. XII (1848) Version ist aber, da die Begriindung nicht zu- 
158—172 XLIII (1867) 212—219. M. A. Roger trifft und ihre Tendenz doch ersichtlich ist, weniger 
Chronologie du regne de Postumus, Revue hist. Glauben zu schenken, obwohl sie sich ausdriick- 
LXI (1896) 1—9. E Klebs Prosopogr. imp. Rom. lich auch bei Dio contm. V 223 Dind. flndet. 
I 309—311. B. Niese Grundriss der rOm. Gesch. Hingegen stent soviel fest, dass die Gallier hinter- 
219f.; vgl. J. J Bernouilli Rfimische Ikono- her die Erhebung durch die Soldaten und die 
graphie It 3 (1894), 176f. That des Postumus billigten, da sie sich unter 

II. Postumus Vorleben und seine Er- dem thatkraftigen und energischen Mann, der 

hebung. a) Postumus war von niedriger Ab- bereits hinreichende Proben seiner Starke und 
stammung; uber sein Privatleben ist nichts be- 40 Tapferkeit abgelegt hatte, sicherer fiihlten, als 

kannt (tyr. trig. 5, 8. Eutrop! IX 9, 1). Aus dem unter der schwachen Regierung des Gallienus, wo 

wahrscheinlich unechten Brief Valerians an die sie den bestandigen Einfallen der Germanen fast 

Gallier (tyr. trig. 3, 9— 11) erfahren wir, dass er schutzlos preisgegeben waren, wahrend das Reich 

nicht nur ein tilchtiger Militar, sondern auch ein seiner Auflosung entgegenzueilen schien. Kein 

trefflicher Jurist war und von diesem Kaiser mit Wunder daher, dass Postumus in Gallien bald 

der Verwaltung Galliens und dem Schutze der allgemein anerkannt war (tyr. trig. 3, 4). 

Rheingrenze betraut wurde (Transrhenani limitis c) Zeit der Erhebung. Die eben geschilder- 

dux et Gattiae praeses, vgl. Mommsen Herm. ten Ereignisse fanden statt nach dem Zug des 

XXV 232, 7 und Rom. Gesch. V 149, 2). Letz- Gallienus gegen den Emporer Ingenuus im J. 258 
teres wird auch sonst berichtet (Zosim. I 38, 2. 50 (tyr. trig. 9, 1); denn bei dieser Gelegenheit hatte 

Zonar. XII 24. Vict. Caes. 33, 7). Dass Valerian Gallienus den Rhein verlassen (Vict. Caes. 33, 1. 

seiner Leitung Gallienus unterstellt habe, beruht 2) und seinen Sohn in Koln zuriickgelassen (keines- 

auf einem andern Brief Valerians (Aur. 8, 2 — 4), falls ist die Mitteilung bei Zonar. XII 24 zu 

der nicht minder gefalscht erscheint; was darin brauchen, dass Gallienus indessen gegen die nach 

iiber Gallienus gesagt wird, kann sich nicht auf Galatien eingefallenen Gothen zog). Andrerseits 

einen gereiften Mann beziehen, der ja Gallienus ersieht man aus der Inschrift CIL XI 826, dass 

damals schon war. Vielmehr wird man annehmen Gallienus alterer Sohn spatestens im Laufe des 

miissen, dass der Falscher (der keineswegs Vopi- J. 259 starb. Es kOnnte Postumus also 258 oder 

sens selbst sein muss) diesen Irrtum in Verwechs- 259 zum Kaiser ausgerufen worden sein. Um nun 
lung mit Gallienus alterem Sohn, dem Caesar 60 diesen Zeitpunkt genauer zu bestimmen, sei zu- 

Valerianus, begangen hat, den sein Vater dem nachst auf die Thatsache hingewiesen, dass wir 

Postumus zur Ausbildung iibergab (tyr. trig. 3, von den Emissionen der Miinzstatte Tarraco nur 

1 ; die Benennung Salminus an dieser Stelle eine Miinze des Gallienus mit dessen VII. trib. 

sowie bei Zosim. I 38, 2 ist unrichtig; denn sie pot. (10. Dec. 258—9. Dec. 259) besitzen, keine 

lasst sich nur fur Gallienus jiingeren Sohn nach- aber aus einem spateren Jahr (A. Markl Numism. 

weisen, wahrend wir es hier sicher mit dem alteren Ztschr. XVI 1884, 41 If.), es muss also ganz kurze 

zu thun haben; ebenso verhalt es sich mit Zo- Zeit nach dem 10. December 258 die Pr&gung 

naras Bemerkung [XII 24], dieser Sohn sei mit hier eingestellt worden sein. Nun -vvissen wir. 



1659 Cassianius Cassianius 1660 

■dass unter Gallienus die Franken in Gallien ein- Name lulius (oder Iunius) Postumus (in einem 

flelen, dasselbe plundernd durchzogen und nach angeblichen Citat aus lulius Atherianus, dessen 

Spanien gelangten, wo sie Tarraco eroberten und Name vielleicht zur Irrung Anlass gegeben hat ; 

fast ganzlich zerstCrten; ein Teil dieses Volkes Riihl Rh. Mus. XLIII 597 will hier divus ein- 

soll sogar nach Africa gelangt sein (Vict. Caes. setzen). Als Kaiser heisst er mit vollem Namen 

33, 3. Eutrop. IX 8, 2 = Hieronym. a. Abr. 2280. und Titel : Imp. Caes. M. Cassianius Latinius 

Zon. XII 24 inoAefirjOs de xai 0Qayyoig; Oros. Postumus Pitts Felix, invictus Augustus, Ger- 

VII 22, 7. 41, 2 erzahlt, dass die Germanen unter manious maximus, pontifex maximus, tribunieia 

Gallienus Regierung 12 Jahre lang in Spanien potestate , consul, pater patriae, proconsul (CIL 
gehaust hatten , was nattirlich iibertrieben und 10 II 4943). Wenn Postumus die iibliche Zahlung 

nur eine allgemeine Angabe ist). Man wird kaum nach dem tribunicischen Neujahr eingehalten hat, 

fehlgehen, wenn man mit dieser Zerstorung Tar- und wir haben keinen Grund daran zu zweifeln, 

racos das Einstellen der Pragung in dieser Miinz- dann wfirde der obigen Berechnung zufolge seine 

statte in Zusammenhang bringt und zugleich an- erste trib. pot. bis zum 9. December 259 reichen, 

nimmt, dass eben diese Franken es waren, welche seine XL trib. pot. mit dem 10. December 268 

unbemerkt iiber den Rhein gekommen waren, und beginnen. Die Bezeichnung invictus und der Titel 

welche dann von Postumus zurfickgetrieben wur- proconsul kommen auf den Miinzen nicht vor. 

den. Da nun Postumus bei diesem Anlass zum Hingegen findet sich nur dort die Benennung 

Kaiser ausgerufen wurde, so fallt das letztere Er- imperator nach der Angabe der trib. pot., womit 
eignis nach dem 10. December 258. Dieser An- 20 friiher iiberall, wo Iterationen hinzugeffigt waren, 

satz wird fast zur Gewissheit durcli einen Grab- die thatsachliche Ausrufung zum imperator be- 

stein aus Burdigala (CIL XIII 633), welcher datiert zeichnet wurde (vgl.Momm sen St.-R. 113 781f.). 

ist V K. Febr. Postumo cos. Einen Consul ordi- Aber bei Postumus sowie gleichzeitig bei Gal- 

narius mit dem Cognomen Postumus giebt es im lienus scheint es zum erstenmal vorgekommen zu 

3. Jhdt. (dem die Inschrift angehOrt) nicht, und sein (wie Dessau Eph. epigr. VII p. 432—435 

dass man in dieser Zeit nach einem Consul suf- gezeigt hat — Seecks Widerlegung im Rh. Mus. 

fectus datiert hatte, und vollends in den Provin- XLVIII 196 — 207 ist kaum haltbar — ), dass diese 

jsen, ist durchaus ausgeschlossen ; da es uberdies Angabe imperator mit einer darauffolgenden Zahl 

auffallig ist, dass nicht das Consulnpaar, sondern nicht die Imperatorenacclamationen , sondern die 
nur ein Consul genannt ist, so wurde mit Recht 30 Zahl der Regierungsjahre, gezahlt vom Tage des 

vermutet (vgl. Renier Comptes rendus de l'acad. Regierungsantrittes , bedeute. Und zwar findet 

■des inscr. 1869, 100 — 103), dass hier nur der sich speciell bei Postumus nur imp. F (zwischen 

Kaiser Postumus , und zwar wahrend seiner Re- 261 und 265) und imp. X (im 10. tribunicischen 

gierung gemeint sein kCnne. Wir haben somit Jahr) ; da, wie gezeigt wurde, der Tag seines Re- 

einen vom 28. Januar datierten Stein aus dem gierungsantrittes nur kurze Zeit hinter dem tri- 

•ersten Consulatsjahr des Kaisers Postumus vor bunicischen Neujahr liegt, so werden bei ihm die 

uns. Nun wissen wir aber aus den Miinzen, dass Zahlen bei imp. und bei trib. pot. in der Regel 

dessen dritter Consulat zusammenfallt mit der gleich gewesen sein, wahrend sonst oft die erstere 

III. trib. pot. (s. u.), also muss er den ersten Con- natiirlich urn 1 kleiner ist (uber imp. II auf 
sulat gleich in seinem ersten Regierungsjahre be- 40 einer Postumusmiinze bei Eckhel VII 438 vgl. 

kleidet haben, und da uns hier aus der Zeit dieses Dessau a. a. O. p. 433, 3). Dessau hat auch 

•ersten Consulats das Datum des 28. Januar ent- bemerkt, dass gleichzeitig mit dieser Neuerung, 

gegentritt , so muss der Beginn des ersten Re- die dann im 4. Jhdt. herrschend wurde, die Accla- 

gierungsjahrs , also Postumus Regierungsantritt, mationen des Heeres sich in den Siegerbeinamen 

zwischen einem 10. December und einem 28. Ja- geltend machten, denen nunmehr die entsprechen- 

nuar liegen. Nach dem fruher Gesagten konnen den Ziffern beigesetzt wurden, so dass deren 

wir somit die Erhebung des Postumus zwischen Summe die Gesamtzahl der Acclamationen ergiebt. 

10. December 258 und 28. Januar 259 ansetzen. So heisst Postumus Oerm. Max. F (Eckhel VII 

Noch engere Grenzen zu Ziehen, etwa mit dem 439. Cohen 84 — 86. de Witte 66 pi. V). Den 
Hinweis darauf, dass Postumus den ordentlichen 50 Siegernamen Oernumicus maximus erhielt er 

Consulat doch schon am 1. Januar angetreten schon im J. 260 (Dessau Inscr. 561). Consul I 

haben musste, ist kaum statthaft. Denn da Po- war Postumus 259, consul II 260, cos. Ill 261, 

stumus ein neues Reich begrflndete, das er doch cos. IV 266, cos. V 268 (irrtumlich auch auf einer 

nach rOmischem Muster bildete, musste er gleich Miinze des J. 263; s. Eckhel VII 439). 

von Anfang seiner Regierung an Consules ordi- b) Bei der Liickenhaftigkeit der Quellen ist 

narii einsetzen, beziehungsweise selbst den Con- es kaum moglich, die Regierung des Postumus 

sulat antreten , gleichviel auf welchen Tag des nach den einzelnen Jahren geordnet darzustellen ; 

Jahres dieser Anfang flel. nur im allgemeinen lasst sich die Chronologie 

III. Regierung. a) Name und Titel. Auf der Ereignisse feststellen. Kaum hatte Gallienus 
Inschriften und Miinzen findet sich sein voller60den Rhein verlassen, um die Erhebung des In- 

Uame M. Cassianius Latinius Postumus, welchen genuus niederzuwerfen, als die Alamannen ihre 

nur die Epitome 32, 3, allerdings arg verstummelt, Plunderungsziige bis weit hinein in das Gebiet 

wiedergiebt als Cassius Latienus (oder Labienus) des rOmischen Reiches unternahmen und selbst 

Postumus ; sonst nennen ihn die Schriftsteller in Italien erschienen. Auf ihre Bekampfung hatte 

einfach Postumus (LToorovfiioe bei Dio contin. a. Gallienus nach der Beseitigung des Ingenuus 

a. O.) , ebenso wird er genannt in der Angabe und nach der Niederwerfung der unmittelbar an- 

seines Consulats auf einer Inschrift (CIL XIII schliessenden Rebellion des Regalianus zunachst 

•633) ; nur irrigerweise lautet tyr. trig. 6, 6 sein sein Augenmerk zu richten, und er konnte daher 



1661 Cassianius Cassianius 1662 

nicht gleich daran denken, die Ermordung seines feier des Gallienus (Gall. 7 ; allerdings ist zu be- 

Sohnes zu rachen und dem Imperium des Po- merken, dass alle hier geschilderten Ereignisse 

stumus ein Ende zu machen. Auf diese Zeit in eine spatere Zeit fallen), die 262/3 stattfand, 

diirfte sich auch die Nachricht beziehen, dass wurde aber noch lange nach derselben gefiihrt 

unter Gallienus alle rechtsrheinischen Besitzungen (vgl. Gall. 21, 5). Nach der Besiegung der Ger- 

der Romer verloren gingen (Anhang zum Pro- manen, also nach 262. muss es gewesen sein, dass 

vincialverzeichniss von 297 , Abh. Akad. Berl. Postumus sich frankischer Hulfstruppen bediente 

1862, 493 ; vgl. 531). Andere Germanen , be- (Gall. 7, 1 ; tyr. trig. 6, 2). Im 8. Jahr der Regie- 

sonders die Franken am Niederrhein und wahr- rung des Postumus , das ist im J. 266, wurde Au- 
scheinlich auch ein Teil der Alamannen, wollten 10 reoluszu seiner Bekampfung nach Gallien geschickt 

in gewohnter Weise nach Gallien einbrechen, (Gall. 4,5; ichfolge hier der Conjectur E. E. Hude- 

stiessen aber nun wieder auf den Gegner, den manns Philol. IX 1854, 191: iam anstatt nam; 

sie schon kennen gelernt hatten , und der ihnen dadurch wird auch wenigstens eine Schwierigkeit 

wohl gewachsen war. Gegen fiinf Jahre hat Po- in der Angabe der Regierungsdauer des Postumus 

stumus siegreich mit ihnen gekampft und ihre beseitigt, s. u.). Der Verlauf des Kampfes war 

Emfalle dauernd von Gallien abgewendet. Seine demnach etwa der folgende. Gallienus Peldherr 

geschickte Kriegfuhrung zeigte sich unter anderm in Gallien war anfangs Theodoras (Theodotus ? 

darin, dass er es unternahm, langs des rechten Gall. 4, 4), der aber nicht viel ausgerichtet zu 

Rheinufers, also im Gebiet der Barbaren, eine haben scheint, weshalb Gallienus selbst nach 
Linie von Castellen zu errichten (tyr. trig. 5, 4). 20 Gallien zog. Es ist nicht anzunehmen, dass er 

Auf den Erfolg dieses Unternehmens weisen viel- damit so lange gewartet habe, bis er sah, dass 

leicht auch Miinzen hin, welche den Plussgott auch Aureolus seinen Wfinschen nicht entsprach, 

Rhenus darstellen und als Retter der Provinz und es diirfte daher Zonaras Angabe (XII 24) 

bezeichnen (salus provineiarum; Eckhel VII zu berichtigen sein (vgl. Gall. 4, 4 — 6). Gallienus 

445. Cohen 351—356. de Witte 287—293 pi. errang wohl einige Erfolge (Zon. a. a. 0.), wurde 

XVIII). Mit Recht rfihmen daher die Schrift- aber spater bei der Belagerung einer gallischen 

steller, dass Postumus Gallien, welches sich in Stadt (Mowat p. 156f. vermutet Vienna) durch 

der That infolge der Raubzuge der Barbaren in einen Pfeilschuss verwundet und gab dann die 

argem Zustand befunden hatte, gerettet und gleich- Belagerung auf (Gall. 4, 4; tyr. trig. 3,5. Zon. 
sam wiederhergestellt habe (tyr. trig. 3, 6. 4; 30 a. a. 0.). Wahrscheinlich damals schloss er Frie- 

Gall. 4, 5. Vict. Caes. 33, 7. Eutrop. IX 9, 1. den mit Aureolus (Gall. 4, 6; tyr. trig. 11, 3), 

11,1. Oros. VII 22, 10). Auch auf Miinzen heisster wenn dessen erster Aufstand iiberhaupt wirklich 

restitutor GaMiarum (Cohen 311-322. de Witte zustande gekommen ist (vgl. Bernhardt 82. 

251—256 pi. XVI). Nicht weniger als fiinf Siege 295). Aureolus betrieb aber die Sache sehr lassig 

hat Postumus fiber die Germanen errungen und (Zon. a. a. 0.) und konnte keinen durchgreifenden 

aus diesem Anlass den Ehrennamen Qermanieus Erfolg erringen (Gall. 4, 6). Er zog sich ubrigens 

maximus angenommen (Dessau 561. 562. CIL nach Italien zurfick, angeblich um dessen Grenzen 

II 4919. Cohen 84— 86. 232. de Witte 212 pi. gegen Postumus etwaige Angriffe zu schfitzen, 

XIV. Eckhel VII 439). Der siegreiche TJsur- fiel aber nun endgfiltig von Gallienus ab und 
pator erwarb sich dadurch die grOsste Zuneigung 40 liess sich zum Kaiser ausrufen (Zos. I 40, 1). 

der Gallier (tyr. trig. 3, 6) und wurde von ihnen Nach ihm kampfte der spatere Kaiser Claudius 

als ihr Retter und Befreier begrfisst. Zahlreiche mit besserem Erfolge in Gallien (Gall. 7, 1), in- 

Mfinzen scheinen seine Erfolge zu bezeugen — dem es ihm gelang, Postumus so arg in die Enge 

allerdings ein Zeugnis, welches gerade in diesen zu treiben, dass sich dieser genOtigt sah, in der 

Punkten nur mit Misstrauen zu benutzen ist. Es Person des Praetorianertribunen M. Piav(v)onius 

wurden Miinzen gepragt mit der Aufschrift Vic- Vietorinus (M. Pius Avfvjonius Vietorinus^. 

toria Germcmiea (Eckhel a. a. 0. Cohen vgl. Allmer Rev. epigr. in 1888, 372; ferner 

367-369. 371. de Witte 331—333 pi. XXI); da die Inschriften bei Dessau nr. 563—565) einen 

diese mit der trib. pot. V verbunden erscheinen, kriegstfichtigen Mitregenten zu nehmen (tyr. trig, 
so mfissen die Kampfe gegen die Germanen min- 50 6 , 1 ; Gall. 7 , 1). Die Thatsache dieser Mit- 

destens bis in das J. 262 gedauert haben. Zahl- regentschaft ist nur bei Trebellius Pollio fiber - 

reiche andere Miinzen, auf denen die Victoria ab- liefert, wahrend die Miinzen nirgends mit Sicher- 

gebildet ist, und die mit der Legende Victoria heit das Bild zweier Augusti aufweisen. Daher 

Aug., Felieitas Aug. etc. sowie mit Darstellungen haben A. Erman (Zeitschr. f. Numism. VII 347 

von Gefangenen, Triumphbogen und ahnlichem —351) und Mommsen (R. G. V 149, 2) an der 

versehen sind, gehen gewiss auch auf die Kriege Richtigkeit dieser Nachricht gezweifelt, allein sie 

mit den Germanen zuruck. Ein Teil der Be- wird durch eine Miinze des Postumus mit dem 

siegten, vornehmlich Franken, traten in eine Art Revers [saejeulum Augg. (Cohen 337. de Witte 

Bundesverhaltnis zu Postumus und dienten als 267 pi. XVII) und drei Miinzen des Vietorinus, 
Hulfstruppen in seinem Heere (Gall. 7, 1; tyr. 60 wo auch Augg. erscheint (Cohen VI 82 nr. 119. 

trig. 6, 2). " 83 nr. 135f.), doch zur Genfige bestatigt; nicht 

c) War Gallienus anfangs, wie gesagt, ver- sicher als echt anzuerkennen sind zwei andere 

hindert, den Morder seines Sohnes zu bestrafen, Postumusmiinzen mit adventus Augg. und moneta 

so scheint er auch spater infolge der Wirren im Augg. (Eckhel VII 448). Dieses Ereignis fallt, 

ganzen Reich nicht sobald dazu gelangt zu sein. wie sich zunachst feststellen lasst, nach 266 ; denn 

Auch firr diese Kampfe sind die chronologischen Vietorinus regierte noch nach Postumus als Allein- 

Angaben ziemlich unsicher und zum Teil wider- herrscher, und seine gesamte Regierungszeit be- 

sprechend. Der Krieg begann vor der Decennalien- tragi nicht viel mehr als zwei Jahre (Eutrop. IX 



1663 Cassianius Cassianius 1664 

9, 3. Vict. Caes. 33, 12 ; auch die Miinzen geben die (C ohen 204. de Witte 170 pi. XI) und Neptuno 

ZahlseinerRegierungsjahrenurbiszurfr-i&.fwl III. redtiei (Cohen 205 — 209. de Witte 171—173 pi. 

an: Cohen VI p. 79). Erman (a. a. 0.) hat aller- XI) und entsprechenden Darstellungen, dass Po- 

dings auf Grand der Beobachtung der Mfinzsorten stumus einen Zug nach Britannien unternommen 

unter den gallischen Kaisern die Reihenfolge der- hat, wo er allem Anschein nach auf friedlichem 

selben wie folgt festgestellt : Postumus, Laelianus, Wege seine Anerkennung durchsetzte ; vielleicht 

Marius, Victorinus und Tetricus. Da aber nur weist darauf auch eine Miinze mit der Umschrift 

die wenigsten Miinzen datiert sind, so lasst sich exereitus Yse(ae) hin, wenn nicht hier gerade so 

nicht genau constatieren , ob die von minder- wie bei einer analogen Mflnze exereitus Vacfcae- 

wertiger Sorte zu Beginn oder vielleicht erst gegen 10 orum ?J eine Verschreibung fur Aug(usti) anzuneh- 

das Ende der Begierung des Victorinus emittiert menist (Cohen 37f. Eckhel VII 442. de Witte 

wurden. Es bleibt also auch fiir die Annahme 30f. pi. II). 1st aber die Lesung richtig, dann 

Raum, dass Victorinus als Augustus sowohl Po- wiirde die letztere Miinze auch Postumus Herr- 

stumus als auch die beiden folgenden, Marius schaft in Spanien bestatigen, die tibrigens durch 

und Laelianus, iiberlebte (vgl. tyr. trig. 6, 3 und Inschriften (CIL II 4919. 4943) und Miinzen (aus 

5, 3. 5 ; dagegen 8, 1). Aber fur den Regierungs- der tarraconensischen Mttnzstatte , vgl. M a r k 1 

anfang des Victorinus gelangen wir noch weiter, Numism. Ztsohr. XVI 1884, 413f.) hinlanglich 

wenn wir von Tetricus ausgehen, dessen Herr- bezeugt erscheint. Postumus Absicht war, ein 

schaft im Laufe des J. 273 ein Ende fand (vgl. eigenes Reich im Westen zu griinden , das unab- 
Mommsen R. G. V 441, 1. 151, 1), und der20hangig von und neben dem romischen Reich be- 

auch hSchstens drei Jahre regierte. Also muss stehen sollte. Charakteristisch fur diese Auf- 

Tetricus friihestens im Laufe des J. 270 zur Re- fassung ist der angebliche Meinungsaustausch 

gierung gelangt und daher Victorinus um diese zwischen Gallienus und Postumus bei Dio contin. V 

Zeit gestorben sein. Somit fallt der Beginn der 223 Dind., dessen hochst abenteuerlich klingende 

Mitherrschaft des Victorinus erst in das J. 268, Seltsamkeiten zwar wenig Glauben verdienen, der 

jedenfalls nach dem 10. December 267. Noch aber doch symptomatische Bedeutung beansprucht. 

nachdem Victorinus zum Mitregenten angenommen Postumus richtete seine Regierung ganz nach dem 

war, blieben Gallienus Truppen siegreich (Gall. rOmischen Vorbild ein. Er schuf einen eigenen 

7, 2; tyr. trig. 6, 2). Tiber das Ende dieser Senat; zahlreiche Miinzen sind s(enatus) efonsultq) 

Kampfe wissen wir nichts; dass sie aber noch 30 gepragt(Herzog 561 spricht sich allerdings gegen 

vor dem Tode des Postumus aufhorten, beweisen diese Schlussfolgerung aus). Auch die Magistra- 

die Miinzen, welche den Prieden verkiinden (Cohen turen waren die gleichen wie in Rom; Postumus 

215-227. de Witte 178-192 pi. XII). Auch wird selbst war ftmfnial Consul (s. o.). Auch giebt es 

ausdriicklich berichtet, dass sich Claudius nach eine britannische Inschrift (CIL VII 287, vgl. 

seiner Thronbesteigung zunachst nicht veranlasst p. 307 ; aus dem 3. Jhdt.), auf der ein Consuln- 

sah, gegen den gallischen Usurpator zu kampfen, paar zur Datierung verwendet wird, Censore II 

da ihm der Krieg gegen die Gothen, als im In- et Lepido II, die obwohl Consules ordinarii (die 

teresse des Reiches gelegen, wichtiger schien Begriindung ist dieselbe, wie friiher bei der Da- 

(Zonar. XII 26). Und bald nach dem Regierungs- tierung Postumo eos.), aus den Fasten nicht be- 

antritt des Claudius muss Postumus gestorben 40 kannt sind. Daher hat Dessau (Prosopogr. imp. 

sein (s. u.). Weniger zuverlassig als in Betreff Rom. II 269) wohl mit Recht vermutet, dass 

der Mitregentschaft des Victorinus ist Trebellius dieses Consulnpaar von Postumus ernannt worden 

Pollios Zeugnis (tyr. trig. 4, 1) hinsichtlich der sei und seinem Reiche angehore. Diese Ansicht 

des jungen Postumus (Nr. 2), wofiir die Miinzen ist seither durch eine neue Inschrift bestatigt 

keinen Anhaltspunkt bieten. Vielmehr ist es aller worden, welche in Mainz gefunden wurde (Corr.-Bl. 

Wahrscheinlichkeit nach eine Fiction Pollios, wenn d. westd. Ztschr. XV 1896, 202), also auch inner- 

er nach Analogie mit dem jungen Tetricus auch halb des Gebietes von Postumus Herrschaft, und 

von einem jungen Postumus und von einem jungen auf welchem dieselben Consuln , und auch beide 

Victorinus (tyr. trig. 6, 3. 7) spricht, die beide, als consules iterum erscheinen. Postumus ge- 

so wie Tetricus iunior , Mitherrscher ihrer Vater 50 samte Titulatur entspricht vollkommen der der 

geworden seien. romischen Kaiser; besonders merkwiirdig ist es, 

d) Thatigkeit im Innern. Postumus wurde dass er sich auch als Pontifex maximus bezeichnet. 

gar bald in Gallien willig anerkannt , aber sein So ist es denn auch leicht glaublich, dass er eine 

Imperium scheint noch bedeutend darfiber hinaus- Praetorianertruppe um sich hatte, der auch sein 

gereicht und sich iiber den gesamten Westen des spaterer Mitkaiser Victorinus als Tribun angehOrte 

romischen Weltreiches erstreckt zu haben. Mowat (vgl. E. Hiibner Rhein. Jahrb. XXXIX. XL 

(a. a. 0.) hat zu zeigen versucht, dass die Nar- 1866, 1—9). Wir hatten dann auch anzunehmen, 

bonensis nicht nur unter Postumus, sondern selbst dass Trier seine Residenz war, obwohl wir Miinzen 

unter seinen Nachfolgern Victorinus und Tetricus von ihm, die in Koln gepragt wurden (Eckhel 
zum gallischen Kaisertum gehorte. Wir besitzen60l 74. Mionnet I 83 nr. 223. Cohen 11. 14. 

auch sichere Zeugnisse dai'iir, dass Postumus in 163. deWittel6f.pl. II), hingegen keine besitzen, 

Britannien und Spanien anerkannt wurde. In- auf denen Trier bezeichnet ware. Auf einer Miinze 

schriften von ihm und von Victorinus sind in scheint ferner ein Lictor mit Fasces erkennbar zu 

Britannien gefunden worden (CIL VII 1161. sein (Cohen 188. de Witte pi. X nr. 153). Auch 

1162 (?). 1160. Dessau 564f.) und die Cohors I Mttnzen mit Roma Aeterna wurden geschlagen 

Dacorum in Britannien nannte sich nach ihm (Cohen 277. 327— 330. deWitte229.266pl.XV. 

Postumiana (CIL VII 820. 822). Ferner lehren XVII). Aber bei alledem kann man sich der 

uns Miinzen mit dem Revers Neptuno eomiti Auffassung nicht ganz entziehen, dass auch dem 



1665 Cassianius Oassianius 1666 

gallischen Nationalgefiihl Concessionen gemacht im stande gewesen war, dem Reiche den Westen, 

wurden. So liess Postumus Miinzen mit dem wenn auch nur mittelbar, zu erhalten. Diese 

Namen und dem Bild des Hercules schlagen, Anerkennung wurde teils durch Tetricus Begna- 

der ja bekanntlich in Gallien wie ein Schutz- digung, teils indirect dadurch zum Ausdruck ge- 

gott verehrt wurde; Postumus Ziige wurden ab- bracht, dass die Demnatio memoriae, die doch 

sichtlich denen des Hercules ahnlich dargestellt. sonst fast immer das Schicksal der besiegten 

Auch keltische Munzen wurden damals in Um- Gegenkaisev war, weder uber Postumus, noch 

lauf gesetzt (Cohen p. 63f.). Iullian (Comptes uber seine Nachfolger verhangt wurde. 

rendus de l'acad. des inscr. et belles-lettres 1896, Postumus starb nach einer mehr als zehn- 
293 — 300) freilich leugnet jeden keltischen Ein- lOjahrigen Regierung. Diese Zahl steht durch die 

fluss im Reich des Postumus und halt den Her- Munzenvollkorumenfest(Eckhel VII 440. Cohen 

cules, dessen Kult hier so eifrig betrieben wurde, 284f., wo schon die Vota vieennalia angegeben 

fur den romischen, nicht fur den keltischen. Eine sind) , wozu dann noch bestatigend das Zeugnis 

vereinzelte Erscheinung ist es, dass Postumus auch des Eutrop (IX 9, 1 und Orosius a. a. 0.) tritt. 

Quinquennalien feierte (Eckhel Vn 438. Cohen Nun berichtet aber Trebellius Pollio an drei 

306—310. de Witte 252-255 pi. XVI); die Feier Stellen (Gall. 4, 5; tyr. trig. 3, 4. 5, 4), dass 

fand statt gegen Ende 263. Die grosse Beliebtheit, Postumus sieben Jahre regierte ; allein die Schwie- 

der sich das Regiment des Postumus in Gallien rigkeit wird wenigstens an der ersten Stelle be- 

erfreute, beruhte nicht nur auf seiner erfolgreichen seitigt, wenn man die friiher erwahnte sehr an- 
Abwehr ausserer Feinde, sondern auch auf seiner 20 sprechende Conjectur Hudemanns annimmt, und 

gliicklichen Ordnung der inneren Verhaltnisse. die beiden andern Angaben sehen sehr danach 

Als natiirliche Polge des AufhOrens verheerender aus, als ob sie durch Missverstandnis der Quelle 

Einfalle musste sich die Hebung des Handels entstanden waren. Man kann also ruhig an- 

und Verkehrs ergeben, und so sehen wir diese nehmen, dass Postumus Tod nach Verlauf seines 

Thatsachen angedeutet auf Munzen wie der schon zehnten Regierungsjahres (nach tribunicischer Zah- 

erwahnten (Eckhel VII 445), wo der Rhein als lung), also nach dem 10. December 268 erfolgt 

salus provinciarum bezeichnet wird. Bernhardt ist; aber wir sind nicht in der Lage, den Todes- 

(S. 69) hat mit Recht aus der Darstellung des tag genauer zu bestimmen. Keinesfalls kann sich 

Ankers geschlossen , dass auch die Hebung des seine Regierung weit uber diesen Termin hinaus 
Schiffahrtsverkehrs dadurch verherrlicht werden 30 erstreckt haben, da wir sonst Munzen aus dem 

sollte. Andere Munzen sind mit der Aufschrift elften tribunicischen Jahre kennen miissten. Mit 

Mereur. (Eckhel VII 445. Cohen 192f. de Witte diesem Ansatz stimmt auch die Mher erwahnte 

156f. pi. X) und Minerva (Eckhel a. a. O. Nachricht bei Zonaras, wonach Postumus noch 

Cohen 194 — 198. de Witte 158—162 pi. Xf.) regierte, als Claudius auf den Thron gelangt war. 

versehen oder enthalten darauf beziigliche Darstel- Allerdings steht damit im Widerspruch, dass nach 

lungen (Cohen 164—186. 233. 279. de Witte Claud. 4, 4 Claudius schon zu Beginn seiner Re- 

pl. IXf. nr. 132 — 152. XIII nr. 199). Seine auf gierung mit Tetricus zu kampfen hatte; allein 

die Miirizverbesserung gerichteten Bestrebungen, die Unrichtigkeit dieser Angabe leuchtet sofort 

von denen wir durch die erhaltenen Munzen selbst ein, wenn man bedenkt, dass dessen Herrschaft erst 
reichliche Kunde besitzen , werden auf Munzen 40 im J. 273 nach einer hochstens dreijahrigen Dauer 

mit der Aufschrift Moneta Aug. (Cohen 199-203. ein Ende fand (s. o.). Nun erzahlen zwar auch 

de Witte 163—169 pi. XI) ausdriicklich geruhmt. Victor (Caes. 33, 14) und Eutrop (IX 10), dass des 

Hieher gehCren endlich auch Munzen mit den Tetricus Erhebung noch unter Gallienus stattfand; 

Legendenaswwo»a7l^.(Cohen7), liber alitas Aug. jedoch ist bei diesen deutlich die sachliche Anord- 

(Cohen 187f. de Witte 153 pi. X), uber(i)tas nung statt der chronologischen ersichtlich, und es 

Aug. (Cohen 365f. de Witte 300f. pi. XIX) und ist daher hieraus keine chronologische Bestimmung 

saeeulo frugifero (Cohen 333f. de Witte 269f. zu gewinnen. Die Miinze hingegen, auf der der 

pi. XVII). So darf es nicht Wunder nehmen, dass Kopf des Claudius sowohl, wie der des Tetricus 

Postumus Regierung angenehm empfunden wurde erscheint (Cohen VI p. 118. de Witte p. 175 
zu einer Zeit, da fur die Provinzen des rOmischen 50 pi. XLIV nr. 3), beweist, auch wenn die gegen 

Reiches infolge der bestandigen Wirren und Kampfe ihre Echtheit mehrfach geausserten Bedenken un- 

eine Zeit der argsten Bedrangnis und Not ange- begriindet sind, fur eine gleichzeitige Regierung 

brochen war. Daher flnden wir auch Munzen des Claudius und Tetricus so wenig, wie z. B. 

aus dem Reich des Postumus, die mit vollem Recht die, wo Tetricus und Postumus dargestellt sind 

die Bezeichnung felieitas temp(orum) (Cohen 54f. (Cohen p. 115), einen analogen Schluss gestattet. 

de Witte 46f. pi. IV), fortuna Aug. (Cohen Endlich passt zu der hier aufgestellten Chrono- 

80—82. de Witte 62f. pi. V) und swculi felieitas logie die Nachricht der Epitome (34, 3), dass 

(Cohen 331f.) tragen. Es war in der That unter Victorinus unter Claudius den Purpur nahm, wenn 

den damaligen Verhaltnissen fur Gallien eine man sie nur auf Victorinus Alleinherrschaft bezieht. 
gliickliche Zeit, deren Spuren nicht so bald ver- 60 tfber die Art von Postumus Tode berichtet 

wischt wurden. Als Curiositat sei erwahnt, dass Trebellius Pollio falschlich , dass er durch den 

man auf einem Jeton aus dem 15. Jhdt. noch Aufstand des Laelianus sein Leben verlor (tyr. 

Postumus Kopf dargestellt fand (R. S[errure] trig. 3, 7. 5, 1), indem er die wankelmutigen 

Bulletin Mensuel de numism. et arch. II 1882, Gallier durch seine Strenge schliesslich gegen 

98f.). Aber auch das rSmische Kaisertum hat, sich aufbrachte. Mehr Vertrauen verdient der 

wie es scheint, selbst nachdem das gallische Gegen- ubereinstimmende Bericht Victors und Eutrops, 

regiment durch Aurelian endgultigbeseitigt worden wonach Postumus nach einem Sieg liber Lae- 

war, willig anerkannt, dass diese Herrschaft allein lianus von seinen eigenen Soldaten zu Mainz ge- 

Pauly-Wissowa III 53 



1667 Cassianus Cassianus 1668 

tetet wurde, weil er ilmen die Pliinderung der iibertragen worden ist (E. Oder Eh. Mus. XLVIII 

Stadt verwehrte (Vict. Caes. 33, 8. Eutrop. IX 40). Demnach ist er nicht der Redactor der uns 

9, 1 = Oros. VII 22, 11). vorliegenden auf Geheiss des Constantinos Por- 

e) Postumus Charakter ergiebt sich aus der phyrogennetos VII. veranstalteten Sammlung der 

Schilderung seiner Thatigkeit zur Geniige. Von Geoponici, sondern der Verfasser der dieser Samm- 

energischem, festem Wesen, war er nicht nur ein lung zu Grunde liegenden Ureklogen (negl yscog- 

tapferer und strenger Soldat und Peldherr, son- yias ixloyai, vgl. Oder a. a. 0. 27), die er 

dern auch friedlicher Thatigkeit und den Pflichten seinem Sohne Bassus gewidmet hatte (vgl. Prooem. 

eines Herrschers vollkommen gewachsen. In die- zu VII — IX) und in der er die beiden alteren 
sera Sinne urteilen auch die Schriftsteller tiber 10 landwirtschaftlichen Sammlungen, des Vindanios 

ihn (tyr. trig. 3, 1. 8 — 11. 5, 1. Vict. Caes. Anatolios awaywyt] yscogyixaiv imrijdsvfidrrov und 

33, 12. Eutrop. IX 9, 1). Litteratur s. o. I d. des Didymos yecogycxd, beide aus dem 4. oder 

2) (Cassianius) Postumus, der Jungere, Sohn 5. Jhdt., zusammenschweisste. Vgl. W. Gemoll 

des Gegenkaisers Postumus, angeblich dessen Mit- Untersuchungen fiber die Quellen, den Verfasser 

regent (Hist. Aug. tyr. trig. 4, 1 ; s. Nr. 1). Ob- und die Abfassungszeit der Geoponica, Berliner 

wohl diese Nachricht von der Mitregentschaft Studien I (1884) 253ff. E. d e r Eh. Mus. XLV 

hSchst zweifelhaft ist, so besteht doch kein ernst- 212. Krumbacher Gesch. der byzant. Litt. 67. 

hafter Grund, an der Existenz des jungen Po- [M. Wellmann.] 

stumus iiberhaupt zu zweifeln. Nach einer, wenn 11) GewOhnlich Iohannes Cassianus genannt, 
auch verdachtigen, Urkunde erhielt er von Kaiser 20 obwohl man den Namen Iohannes ihm erst im 

Valerian den Tribunat der Vocontier (tyr. trig. Kloster beigelegt zu haben scheint, einer der 

3, 11), d. h. er wurde tribunus eohortis Voeon- grossengallischenTheologenimZeitalterAugustins. 

tiorum (vgl. Mommsen Ehein. Jahrb. XXXIX Geboren um 360, nach herkOmmlicher Annahme 

—XL [1866], 8; Ehein. Mus. XXV 235,7). Sein in Skythien (Gennad. de vir. ill. 62: natione 

Biograph riihmt an ihm grosse Beredsamkeit und Scytka : oder sollte die Variante natus Serta auf 

behauptet, dass seine Controversion in Quintilians einen anderen Urtext schliessen lassen?), hochst- 

Schriften (wahrscheinlich die sog. deelamationes ; wahrscheinlich aber in Gallien, hat er seinem vor- 

vgl. Teuffel-Schwabe E. L.-G. 5 § 325, 11) nehmen Stand entsprechend eine sorgfaltige Bil- 

aufgenommen worden seien (tyr. trig. 4). Er dung genossen, ist aber friihe in ein Kloster zu 
wurde zugleich mit seinem Vater getotet (tyr. 30 Bethlehem getreten. Von hier reiste er mit seinem 

trig. 4, 1). Litteratur unter Nr. 1. [Stein.] Herzensfreunde , dem abbas Germanus um 385 

Cassianus. 1) Cassianfus] , c(larissimus) nach Agypten, dem gelobten Lande des Anacho- 

v(ir), orato[r], [ejonsul in unbekannter Zeit. retentums, wo sie mit vielen Heroen der Askese 

Inschriftfragment "GIL VI 3830 = 31698. in Verkehr traten; erst nach sieben Jahren er- 

2) Cassianus bei Mart. Ill 64, 5. [Groag.] fullten die beiden das ihren Seniores zu Bethlehem 

3) S. Antonius Nr. 43f., Cintasius, Clau- gegebene Versprechen zurilckzukehren. Aber mOg- 
dius, Cocceius, Eggius, Iulius, Licinius, lichst bald entledigten sie sich hier aller Ver- 
Pompeius und Praecellius. [Stein.] pflichtungen und suchten Agypten aufs neue auf, 

4) Cassianus, Cognomen des C. Eggius Am- wo sie einige Jahre, diesmal vorziiglich in der 
bibulus Pom[ponius Lon]ginus Cassianus L. Mae- 40 sketischen Wuste, ubi monadhorum probatissimi 
cius Posftumus], cos. ord. 126 n. Chr. mit M. patres et omnis eommorabatur perfeetio, ver- 
Annius Verus cos. III. [Groag.] weilten; wohl gegen ihre ursprungliche Absicht 

5) M. Aurel(ius) Cassianus, v(ir) efgregius) haben sie 400, als der Osterbrief des Theophilus 
pra[e]ses provfineiae) Daeia[e] Malvensis. Arch.- von Alexandrien gegen die Anthropomorphiten un- 
epigr. Mitt. XVII (1894) 117. [Stein.] angenehme Streitigkeiten unter den Einsiedlern 

6) Kaoiavog, athenischer Archon zur Zeit Ca- hervorrief, sich zu Chrysostomus nach Constanti- 
racallas, zwischen 211 u. 218 n. Chr., CIA III 1063 nopel begeben, wo C. zum Diaconen geweiht wurde. 
und Dittenberger daselbst. Nach der Absetzung des Chrysostomus begaben 

7) Hierokeryx aus Steiria, athenischer Archon sich die Freunde 405 im Auftrage der Kleriker 
238/39 n. Chr., CIA III 1194. Vgl. C as si us 50 und des Volks von Constantinopel nach Eom, 
Apollonius und C. Iulius Kasios. um die Hiilfe des Papstes Innocentius I. nach- 

[v. Schoeifer.] zusuchen (s. dessen epist. VII 1 = Migne Pa- 

8) Dux Mesopotamiae in den J. 356—363. trolog. lat. XX 501ff. aus Sozom. hist. eccl. VIII 
Amm. Marc. XVI 9, 2. XVIII 7, 3. XIX 9, 6. XXV 26). C. scheint jetzt nicht wieder nach dem 
8, 7. [Seeck.] Orient zuruckgekehrt zu sein. In Eom dfirfte er 

9) Sophist in Ionien Anfang des 3. Jhdts. n. den Bang eines Presbyters erlangt und sich dann 
Chr., mischte sich in den Streit zwischen dem nach seiner Heimat gewandt haben, wo er in 
Lemnier Philostratos und Aspasios von Eavenna, Massilia ein Manner- und ein Prauenkloster griin- 
brachte es zu einem Lehrstuhl in Athen, dessen dete und bis an seinen Tod (um 435) mit Wort 
er aber nach Philostratos' Meinung nicht wiirdig 60 und Schrift daran arbeitete, Gallien fiir die Ideen 
war, da er nur einen Schiiler, Pigres (so nach und Ideale des agyptischen MOnchtums zu er- 
Verbesserung von Valckenaer), ausbildete. Phi- obern. Von seiner Correspondenz ist nichts er- 
lostr. Vit. soph. II 33, 2 p. 126, 3ff. Kayser. halten, eine wohl 430 auf Bitten des Diacons Leo 

[W. Schmid.] in Rom, des spateren Papstes, verfasste Streit- 

10) Cassianus Bassus aiokaaxixog (Sachwalter), schrift de incarnatione Domini contra Nestorium 
lebte im 6. Jhdt. wegen seiner Titulatur und libri VII hat wenig Einfluss geubt , so wertvoll 
weil er bereits von Sergios, dem Freunde des sie fiir uns, schon durch ihre Mitteilungen iiber 
griechischen Historikers Agathias ins Persische zeitgenossische und altere Theologen ist ; dagegen 



1669 Cassia via Cassignatus 1670 

haben eine ganz colossale Verbreitung gefunden bauer identisch sei mit dem Consul 127, Censor 

— friihe sind auch Auszfige angefertigt und ins 129 v. Chr. L. Cassius Longinus Eavilla. Jeden- 

Griechische iibersetzt worden, s. Phot. Bibl. cod. falls ist sie jfinger als 187 v. Chr., da in diesem 

197 — die beiden Werke: de institutis coeno- Jahre der Consul C. Plaminius viam a Bonanza 

biorum et de oeto prineipalium vitiorum rente- perduxit Arretium, die in ihrem letzten Teile 

diis I. XII und eonlationes (patrum) XXIV, mit der spateren C. zusammengefallen sein muss, 

von denen das eine mehr dem exterior ae visi- Die eben citierte Cicerostelle vom J. 45 v. Chr. 

bilis monaekorum eultus, das zweite, worin er ist die alteste Erwahnung der Strasse. tTber den 

Vortrage bezw. Gesprache der von ihm besuchten Gang geben, da die Nomenclatur in den Itine- 
Sgyptischen Heiligen fiber die hOchsten Geheim- lOrarien und auf der Tabula Peutingerana nicht 

nisse des Verkehrs mit Gott wiedergiebt, dem in- immer klar ist, den sichersten Anhalt 1) der Orts- 

msibilis interioris hominis habitus gewidmet ist. name Forum Cassi zwischen Volsinii und Su- 

Der Plan beider Schriften war vielleicht schon trium (den Namen bewahrt die Kirche S. Maria 

vor 415 auf Veranlassung des Bischofs Castor di Forcassi 2 km. ostlich von Vetralla); 2) Meilen- 

von Apt entworfen worden, die Ausfiihrung und stein von Montepulciano (Gruter 156, 2): Imp. 

Verdffentlichung des Vollendeten erfolgte in Ab- Caesar Bivi Traiani Parthiei fil. Dim Nervae 

satzen, zuerst 1. 1 — IV der Instituta, dann, durch nepfosj Traianus Hadrianus Aug(ustus) pont. 

eine Art von Vorrede eingeleitet, 1. V — XII, von max. trib. pot. VII eos. Ill [124 n. Chr.] viam 

den Conlationes erst I — X, die die jiingsten Ge- Oassiam vetustate eollabsam a Glusinorum fini- 
sprache enthalten, dann XI — XVII, die zu den 20 bus Florentiam perduxit, millia passuum XXCI; 

altesten tibergehen, zuletzt, die chronologische 3) Inschrift von Viterbo (CIL XI 3003): Mum- 

Eeihenfolge wahrend, XVIII — XXIV. Es erklart mius Niger Valerius Vegetus . . aquam suam 

sich hieraus, dass die Arbeiten in der Uberliefe- Vegetianam .... duxit .... per viam Cassiam 

rung zum Teil nur stiickweise begegnen. Die in villam Galvisianam suam, quae est ad aquas 

Entstehungszeit der einzelnen Abteilungen lasst Passerianas. Danach lassen sich die Stationen 

sich nicht flxieren, das letzte Drittel der Conla- der v. C. wie folgt bestimmen (vgl. Tab. Peut. 

tiones ist 427 oder 428, das zweite vor 426 heraus- Itin. Ant. 286. Geogr. Rav. IV 36 p. 285 P.) : 

gegeben worden, wahrend der Ausarbeitung des Roma — VI— ad sextum — VI— (bis zum elften 

ersten war Bischof Castor gestorben, der die In- Meilenstein laufen v. C. und Clodia vereint) Veii 
stituta noch ganz zu lesen bekommen hatte; da 30 — Villi— Baeeanae— XII— Sutrium — VII (?) — 

aber sein Todesjahr nicht feststeht, so wenig wie Vieus Matrinii — IIII — Forum Gassii — XI — 

das Jahr seiner Ordination, fehlt ein Terminus a Aquae Passeris — Villi— Volsinii [der Eavennas 

quo fur beide Biicher. hat statt dessen Foro Cassi — Beturbon — Balneon 

Als Schriftsteller zahlt C. zu den hervorragend- regis— Orbevetus—Bulsims] — ad Palliam fl. — 

sten nicht bios seines Zeitalters; er beherrscht Villi (eher XVIIII) — Clusium — XII— ad Sta- 

die Sprache und seinen Stoff, von rhetorischer tuas (ad Novas Peut. Bav.) — XXIIII (XXFPeut.) 

Kunstelei halt er sich ebenso frei wie von vulgarer — Arretium — XXV— ad Fines sive Casas Gaesa- 

Plattheit. Seine beiden Hauptbiicher sind die rianas — XXV— Florentia [statt dessen hat die 

vollkommenste und edelste Darstellung der in den Tab. Peut.: Arretio — XV — Umbro fl. — Bituriza 
Monchskreisen um 400 vorherrschenden Form der 40 — XIV— ad Aquileia— Florentia, ahnlich der Ea- 

Eeligion; die semipelagianischen Satze, die C. vennas, der aber in Unordnung ist]. Das Itin. 

zweifellos, besonders in Conl. XIII vertreten hat, Ant. 284 giebt irrtumlich die tfberschrift: a Luea 

und die den Zorn der strengen Augustiner her- Bomam per Glodiam mp. CCXXXVI1U, wahrend 

vorriefen, sind von dieser unabtrennbar. Vgl. nur die erste Strecke von Luca iiber Pistoriae 

Tillemont Memoires XIV 1732 p. 157 — 188. nach Florentia der Clodia angehort, das weitere 

739 — 742. Wiggers Pragmatische Darstellung aber der Cassia. Administrativ stand die v. C. 

des Augustinismus und Pelagianismus II 1833. mit der Clodia unter demselben Curator; Ver- 

Al. Hoch Lehre des Ioh. Cass, von Natur und zeichnis s. bei Cantarelli Bull. arch, comunale 

Gnade 1895. C. v. Paucker Die Latinitat des 1891, 100—107 und unter Clodia via. Vgl. 
Io. Cass, in Eomanische Forschungen II 1886. 50 Westphal Die romische Campagna 147 — 154. 

Die beste Ausgabe der Werke C.s von M. Pet- Nibby Dintorni di Eoma III 2 570 — 578. Gar- 

schenig in Corpus Script, eccles. lat. Vindob. rucciDissertazioniarcheologiche I (1864) 11 — 52. 
Xm u. XVII 1886—88 (s. dazu fiber den ver- [Hulsen.] 

schollenen, aber wieder aufgetauchten cod. Ses- Cassiciacum (rus), Landgut des Verecundus 

sorianus Wissowa Gott. gel. Anz. 1895, 523). in der Nahe von Mailand, wohin sich Augustinus 

[Jiilicher.] vor seiner Taufe zuruckzog (confess. IX 3, 2). 

12) Iulia Cassiana s. Iulius. VoneinigenfurCassago in der Brianza, vonanderen 

Cassia via, Landstrasse von Eom durch Etru- fur Cazzago bei Varese gehalten. [Hfilsen.] 
rien nach Florenz, von wo sie weiteren Anschluss Cassiciate, Ortsname auf einer Inschrift von 

fiber den Appennin nach Bononia (und fiber die 60 Neuvy-en-Sullias (dep. Loiret), Eev. arch. n. s. IV 

Aemilia nach Mutina) hatte (Cic. Philipp. XII 22. 138. VI 352, vielleicht das Taseiaea der Tab. 

23 tres viae sunt ad Mutinam: a supero mari Peut. (in Aquitanien, Tes^enachd'Anville u. a.). 

Flaminia, ab infero Aurelia, media Cassia . . . Desjardins Table de Peut. 37; Geogr. de la 

Etruriam discriminat Cassia). Die Zeit der Er- Gaule II 427. [Bam.] 

bauung ist unbestimmt, die Angabe der Festus- Cassignatus {Kagaiyvaros Polyb.), Fiihrer der 

Epitome 48: Cassia via a Gassio strata hilft galatischen Eeiter des Eumenes, fiel bei Kalli- 

nicht weiter, und nur Vermutung (Nibby Din- nikos 583 = 171 (Polyb. XXIV 8, 6. Liv. XLII 

torni di Eoma III2 570) ist es, dass der Er- 57, 7. 9). [Mttnzer.] 



1671 Cassiliacum Cassiodorus 1672 

Cassiliacuin, rOmische Station in Raetien, (wahrscheinlich im oder bald nach dem J. 507). In 

Not. dign. occ. XX&V 19 praefeetus legionis tertiae den n&chsten Jahren beriefihn der KOnig wieder 

pro parte media praetendentis a Vimania Cas- an seinen Hof nach Ravenna, wahrend sein Sohn 

siliacum usque, Cambidano. Beim heutigen Kauf- Quaestor war. Vgl. liber ihn Cassiod. var. I 3. 

beuern? Mommsen CIL III p. 709. Holder 4. Ill 28 und Anecd. Hold.; ferner Usener a. 

Altcelt. Sprachschatz s. v. (Kisslegg in Wiirttem- a. 0. 67f. und Mommsen a. a. 0. p. VHIf. 

berg?). Gliick Kelt. Namen 163. [Ihm.] 4) Flavius Magnus Aurelius Cassiodorus Se- 

Cassinomagus. 1) Station zwischen Aune- nator, Sohn von Nr. 3 (sein Haupt- und Ruf- 

donnacum (Aulnay) und Augustoritum (Limoges), name war Senator; vgl. uber den Namen Momm- 
jetzt Chassenon (dep. de la Charente). Tab. Pent. 10 sen a. a. 0. p. VI), hat vermutlich den ublichen 

Desjardins Table de Peut. 40. Studiengang ernes vornehmen Italieners damaliger 

2) Cassinomagos (Casinomago Tab. Peut.), Zeit durchgemacht, ohne doch dem engeren Kreise 

Station in Aquitanien (Novempopulana) zwischen der bildungs- und ahnenstolzen Romani di Roma 

Tolosa (Toulouse) und Eliberre (Auch). Die nahere anzugehoren. In jungen Jahren wurde er Con- 

Lage ist strittig , vielleicht Gimont (dep. Gers). siliarius seines Vaters, wohl wahrend dessen Prae- 

Desjardins Table de Peut. 53. Holder Altcelt. fectur (zwischen 501 — 507); er hielt, wir wissen 

Sprachschatz s. v. [Ihm.] nicht, bei welcher Gelegenheit, eine Lobrede auf 

Cassiodorus. Die Familie stammt, wie schon Theoderich , die des KOnigs Aufmerksamkeit auf 

der Name beweist, aus Syrien ; denn dieser hangt ihn lenkte, so dass der vornehme Jiingling, noch 
offenbar mit dem Kultus des Zeus Kasios zu- 20 primaevus, wahrscheinlich im J. 507, zum Quae- 

sammen; auch stammen von den drei Personen stor emannt wurde (vgl. Anecd. Hold, und var. 

mit Namen Kaawdcooog und Kaaaiodcagog , die IX 24, 3). Aus diesen Daten und aus der Be- 

aus griechischen Inscnriften bekannt sind, min- tonung der Schnelligkeit, mit der er Carriere 

destens zwei aus Antiochia (vgl. CIG 4466. 2322 gemacht hat, kann man berechnen, dass er wohl 

b 32. CIA III 2325 und Usener Anecdoton vor dem J. 490, aber nicht lange vorher, geboren 

Holderi 67. Mommsen in der Ausgabe der Va- ist. Piir die Art seiner Carriere aber ist es be- 

riae, Mon. Germ. hist. Auct. ant. XII p. VII zeichnend, dass eine Lobrede auf den regierenden 

Anm. 2) ; auch war die Familie mit Heliodorus Ko'nig, die dann auf dessen Wunsch aufgezeichnet 

verwandt, einem Zeitgenossen Theoderichs, der worden zu sein scheint (Mon. Germ. Auct. ant. 
im ostrOmischen Reiche Praefectus praetorio war 30 XII p. 470. Usener Anecd. Hold. 69) sie ihm 

(Cass. var. 1 4, 15). Die richtige Form des Namens eroffnet hat; noch haung hat er spater Lobreden 

scheint Cassiodorus und nicht Cassiodorius zu sein auf KOnige und KOniginnen gehalten (var. praef. 

(vgl. Mommsen a. a. 0. nach genauer Priifung der 11 und IX 25, 1. 3); Fragmente solcher Reden, 

Hs. und der Tradition; anderer Meinung Usener die uns erhalten sind, scheinen sich auf Eutharich 

a. a. 0. 16 und de Rossi Inscr. christ. I p. 431, und Theoderich im J. 518 und auf Witiges und 

welche Maffei folgen). Wohl seit Anfang des Matesuntha im J. 536 zu beziehen (jetzt heraus- 

5. Jhdts. war die Familie in Bruttien bei Squil- gegeben von Traube in den Mon. Germ. a. a. 0. 

lace reich begiitert und iibte in dieser Provinz 465ff. ; vgl. dessen Einleitung, namentlich 462f.). 

den grOssten Binfluss aus (Cass. var. XI 39, 5). Es war die Schonrednerei , auf die er selbst das 

1) Cassiodorus inlustratus honore praeeinotus, 40 grOsste Gewicht legte, der nach damaliger An- 
verteidigte Bruttien und Sicilien gegen einen Van- sicht schone Stil, den die gothischen Machthaber 
daleneinfall (Cass. Var. I 4, 14). an ihm zu schatzen wussten, da er sich niemals 

2) Sohn von Nr. 1, dessen Name nicht aus- eine eigene Meinung erlaubte. Er war nichts 
driicklich genannt wird, war unter Valentinian III. als ein Werkzeug, dazu bestimmt, die officielle 
tribunus et notarius und ging mit Carpilio, dem Politik des gothischen Hofes in die notwendige 
Sohne des AStius, als Gesandter oder Geisel (vgl. lateinische Form zu giessen ; eigene Politik hat 
Mommsen a. a. 0. p. VIII Anm. 4) zu Attila, er nicht gemacht, schwerlich jemals Einfluss auf 
zog sich dann auf seine Giiter nach Bruttien zu- die politischen Handlungen der Regierung ge- 
riick (Cass. var. I 4, 10ff.). nommen. Als Quaestor lag ihm die Concipierung 

3) Sohn von Nr. 2, war unter Odovakar Comes 50 der vom KiSnige ausgehenden Ausfertigungen ob 
privatarum und Comes sacrarum largitionum und (vgl. Mommsen N. Archiv XIV 456); sie liegen 
verwaltete die Provinz Sicilien, als Theoderich uns zum Teile in den ersten vier Buchern der 
in Italien eindrang; er schloss sich, noch bevor Variae vor, deren Inhalt sich auf die Jahre 507 
die Entscheidung zu Gunsten Theoderichs gefallen — 511 verteilt, wodurch auch annahernd die Dauer 
war, dem neuen Herren an und zog die Provinz von C.s Quaestur bestimmt ist (vgl. Mommsen 
Sicilien mit sich; zur Belohnung erhielt er von Mon. Germ. a. a. 0. p. XXVIIff.). Im J. 514 
ihm seine Heimatprovinz Bruttien und Lucanien war er Consul ; dass er in den folgenden Jahren 
zur Verwaltung, wo er unzweifelhaft seinen grossen Corrector seiner Heimatprovinz Lucanien und Brut- 
Einfluss im Interesse der gothischen Herrschaft tien war, ist (nach var. XI 39, 5) mOglich, aber 
geltend machte. Wahrend dieser Zeit scheint 60 nicht sicher. Die Musse, die ihm zu teil wurde, 
der in der Collectio Britannica und bei Ivp er- beniitzte er u. a. dazu, um seine Chronica auf 
haltene Brief des Papstes Gelasius (Jaf f e-Kalten- Wunsch von Theoderichs Schwiegersohn Eutharich 
brunner 708 v. J. 495 — 496) an ihn gerichtet zu zusammenzustellen und bis auf das laufende Con- 
sein. Spater (zwischen 501 und 507; vgl. Anon. sulatsjahr Eutharichs (519) zu fflhren. Es sind 
Vales. 68) ernannte ihn Theoderich zum Prafectus diese Chronica diirre chronologische Zusammen- 
praetorio und, nachdem er diese Stelle niederge- stellungen mit historischen Notizen aus den Fasten 
legt hatte (wahrscheinlich 507) , zur Belohnung des Livius, Aufidius Bassus, Victorius Aquitanus, 
fiir die ihm geleisteten Dienste zum Patricius ferner aus Hieronymus, der gelegentlich durch 



1673 Cassiodorus Cassiodorus 1674 

Eutropius erganzt wird, und der Fortsetzung des gewesen ware. Wann er seinen definitiven tiber- 

Prosper bis zum J. 445, fur die spatere Zeit aus gang zu den Kaiserlichen vollzog, ob erst bei der 

den italischen Chroniken. Aber sogar hier er- Capitulation von Eavenna (540) oder schon in 

kennt man den officiosen Publicisten an den Ver- den unmittelbar vorhergehenden fur die Gothen 

anderungen, welche er an seinen Quellen vornimmt, unglttcklichen Kriegsjahren, lasst sich nicht aus- 

wo es sich um die Gothen handelt (Ausgabe : machen : zur Zeit des Totilas finden wir ihn zeit- 

Mon. Germ. Auct. ant. XI 120ff.; vgl. die Vor- weise in Constantinopel (Man si IX 357 = Jaff£- 

rede von Mommsen S. lllff.). Aber in noch K. 927, Brief des P. Vigilius vom J. 550). Als 

viel hoherem Grade verfolgte er die Absicht, die dreizehntes Buch fiigte er die Schrift de anima 
gothische Herrschaft und die Politik der gothi- 10 an die Variae an, die er schon ausdriicklich 

schen Konige historisch zu rechtfertigen in seiner in der Vorrede zum elften Buche der Variae 

auf Befehl Theoderichs begonnenen ausffihrlichen erwahnt ; die Schrift de anima schliesst mit 

historia Qothorum in zwOlf Btichern. Sie ist einer Anrufung Jesu Christi, in welcher er den 

ganz dem Nachweise der alten Preundschaft der Zwiespalt zwischen den beiden grossen Vo'lkern 

Gothen und der Romer und der Verherrlichung (der Gothen und Romer) beklagt. Die Variae 

des gothischen KSnigshauses (s. Amali), insbe- bilden den Abschluss seiner politischen , die 

sondere aber des Stammbaumes des Athalarich, Schrift de anima , in der Art der zeitgenbs- 

unter dessen Regierung das Werk vollendet wurde, sischen scholastischen Litteratur geschrieben, den 

gewidmet; ffir die eigentlich gothische Geschichte Beginn seiner philosophisch-theologischen Schrift- 
und Sage war Ablavius Hauptquelle , dem aber 20 stellerei. 

jene Tendenzen wohl noch feme lagen. Uns Schon zur Zeit des Theodahad hatte er mit 

liegt die gothische Geschichte nur in der Ober- Papst Agapitus fiber die Errichtung einer theo- 

arbeitung des Iordanes vor (s. d. ; vgl. Mommsen logischen Hochschule in Rom nach dem Muster 

im Prooemium zum Iordanes, Mon. Germ. Auct. der Hochschulen des Orientes unterhandelt (instit. 

ant. V 1 p. XLff. Anecd. Hold. Var. praef. 11 div. litt. praef.). Der Plan war in jenen stfir- 

und IX 25, 4. Iordan. Get. 1). Noch in den mischen Zeiten nicht zur Ausffihrung gekommen. 

letzten Jahren Theoderichs wurde C. Magister Nun suchte er im byzantinischen Italien mit 

officiorum ; auch als solcher verfasste er Concepte Privatmitteln einen ahnlichen Plan durchzuffihren 

im Namen der Konige teilweise im Wirkungs- und zugleich sich eine den veranderten Zeitver- 
kreise des eigenen Amtes, teilweise in Vertretung 30 haltnissen entsprechende litterarische Beschafti- 

des Quaestors ; sie umfassen das ffinfte, achte und gung zu verschaffen. Zu diesem Zwecke grundete 

die erste Halffce des neunten Buches der Variae er auf dem ererbten Grundbesitze seiner Familie 

und erstrecken sich fiber die Jahre 523—527 (vgl. bei Squillace das Kloster von Vivarium oder Ca- 

Mommsen var. p. XXIX). Namentlich ffir seine stellum (vgl. darfiber var. XII 15; instit. div. 

vielfache Thatigkeit beim Regierungswechsel nach litt. 28. 29 ; ferner Greg. M. Reg. VIII 30. 32), 

dem Tode Theoderichs, als aussere Verwicklungen d. h. er verwandelte, wie in jener Zeit gar man- 

drohten und mobilisiert wurde, lasst er sich von cher vornehme Romer, seine Grundherrschaft, deren 

Athalarich beloben (var. IX 25). Zum Praefectus Mittelpunkt die Villa gewesen war, in einen grund- 

praetorio wurde er von Athalarich oder richtiger herrlichen Klosterbesitz , dessen Mittelpunkt der 
von Amalasuntha vom Beginne der zwOlften In- 40 Wohnsitz einer geistlichen Corporation war , der 

diction (1. September 533) an ernannt (var. IX es die Eiukfinfte der abhangigen Landereien ge- 

24. 25) ; in dieser Stellung verfasste er die Schrift- statteten , ein halb thatiges halb beschauliches 

stiicke der letzten Bttcher der Variae, und zwar Leben zu fuhren. C. stellte seinen M6nchen 

die des elften und zwolften Buches im eigenen als specielle Aufgabe die Pflege der Wissen- 

Namen kraft des Verordnungsrechts des Praef ecten. schaft, jedoch in der Art, dass die weltliche 

Er blieb in diesem Amte an der Spitze der Civil- Wissenschaft nur noch als Mittel zum Zwecke 

verwaltung unter der gemeinsamen Regierung der der hoheren Erkenntnis der christlichen Lehre 

Amalasuntha und des Theodahad, nach der Er- und Litteratur betrachtet werden sollte. In diesem 

mordung der Amalasuntha unter der Alleinherr- Sinne sind alle spateren Schriften C.s geschrieben, 
schaft des Theodahad und nach dessen Ermor- 50 die alle nur fur die Belehrung seiner MOnche be- 

dung unter Witiges. Es ist dies der deutlichste stimmt sind. Sogar das Schriftchen de ordine 

Beweis fur seine Schmiegsamkeit, aber auch fur generis Cassiodororum, qui seriptores extiterint 

seine politische Bedeutungslosigkeit. Das letzte ex eorum progenie vel ex eivibus eruditis, dem 

datierbare Schreiben der Variae ist, nicht lange Patricier Cethegus gewidmet, von dem uns nur 

vor dem 1. September 537 geschrieben (XII 16). ein Fragment erhalten ist (als Anecdoton Holderi 

Er scheint die Variae noch in Amt und Wurde zuerst herausgegeben und besprochen von Usener 

herausgegeben zu haben; denn von den Anstel- 1877), kann diesem Zwecke gedient haben. Seine 

lungsformularen des sechsten und siebenten Buches ubrigen Schriften aus der Klosterzeit zahlt er 

sagt er ausdriicklich (var. praef. 14), dass sie auch in der Einleitung der Schrift de orthographia 
noch ihm selbst dienen sollten. Selbstverstandlich 60 auf; erhalten sind in der Reihenfolge ihrer Ab- 

ist, dass er bei der Auswahl seiner Schreiben ffir fassung der Commentar zu den Psalmen in An- 

die Veroffentlichung darauf Rficksicht nahm, dass lehnung an Augustin ; dann die imtitutiones diri- 

keine Zeile aufgenommen wurde, die ihn hatte com- narum et humanarum litterarum in zwei Buchern, 

promittieren kSnnen. Ja, man kennte vermuten, verfasst (nach der Erwahnung der Verdammung 

dass die Herausgabe der Variae ihm als eine Art des Origenes durch Vigilius in div. c. 1 zu schliessen) 

Rechtfertigung den siegreichen Kaiserlichen gegen- zwischen 543—555 ; es ist dies eine Encyklopaedie 

fiber dienen sollte, da sie allerdings nichts ent- der theologischen und profanen Litteratur fur die 

hielten, was gegen Kaiser und Kaisertum gerichtet MSnche , in dem profanen Teile grossenteils ein 



1675 Cassiodoras Cassis 1676 

Auszug aus Boethius*), zugleich eine Anleitung alters I 473—490; ferner Hodgkin Italy and 

zur Beniitzung der Klosterbibliothek ; dann die her invaders HI 31 5ff. IV 384ff., sowie die iibrigen- 

eomplexiones in epistolas Pauli (zuerst heraus- Geschichten der Ostgothen. [Hartmann.] 

gegeben von Sc. Maffei; vgl. Th. Stangl S.-Ber. Cassis. 1) Der Helm aus Metall, Isid. orig. 

Akad. Wien CXIV 1887, 405ff.). C.s letzte Schrift XVIII 14 , im Gegensatz zum Helm aus Leder 

scheint de orthographia gewesen zu sein, eine galea; vgl. Tacit. Germ. 6. Den Unterschied im 

in zwelf Kapiteln aus alteren orthographischen Sprachgebrauch verwischt Cic. Verr. IV 97. Verg. 

Schriftstellern zusammengestellte Anleitung far Aen. V 490. Ovid. met. VIII 25. Vgl. Galea, 
die Abschreiber unter den Klosterbriidern, die C. [v. Domaszewski.] 

nach seiner eigenen Angabe in seinem 93. Lebens- 10 2) Bin Jagdnetz, in welchem die gehetzten 

jahre verfasste. Er ist also nicht vor 580 ge- Tiere sich verstrickten, so dass sie, in ihrer Be- 

storben. Die Musse von vier Decennien benutzte wegung gehindert , leicht gefangen oder getotet 

er ausser zu eigener Schriftstellerei zum Sammeln werden konnten. Urspriinglich scheint das Wort 

von wertvollen Codices, zum Emendieren und das Spinngewebe bezeichnet zu haben (Verg. g. 

Abschreiben, wozu er seine Monche anhielt, sowie IV 247. Mart. Ill 93, 5. Arnob. VI 16. Cael. 

zur Veranstaltung von Cbersetzungen aus dem Aurel. m. chron. I 62. Corp. gloss. 1. IV 214, 14. 

Griechischen fur die reichhaltige Klosterbiblio- 316, 49). Vielleicht liegt ihm die indog. Wurzel 

thek. So liess er die jiidischen Altertiimer des qet- = bergen zu Grunde (A. Vanicek Etymol. 

Josephus in zweiundzwanzig Buchern iibersetzen Worterb. d. lat. Spr. 2 46). Es wird neben rete 
und gab die Historia tripartita, eine tFbersetzung 20 und plaga als eine dritte Art der Jagdnetze ge- 

der Geschichten des Theodoret, Sozomenos und nannt (Nemesian. 299. Isid. orig. XIX 5; vgl. 

Sokrates durch den Scholasticus Epiphanius, in Prop. V 2, 33. Verg. g. Ill 371. Ovid. met. V 

zwolf Buchern heraus (instit. div. 17). Uber diese 579; a. a. II 2). Nach Grattius (cyn. 29) sollte 

spatere Schriftstellerei des C. vgl. namentlich der C. in seiner Mitte Buchtungen, sinus, haben, 

Ad. Franz M. Aur. Cassiod. Sen., ein Beitr. zur von welchen jede ein Tier fassen konnte, 40 pas- 

Gesch. der theol. Litteratur (Breslau 1872); ferner sus = 59,2 m. lang und 10 Maschen hoch sein. 

C. Prantl Gesch. der Logik im Abendlande I Gefangen wurden darin u. a. Eber (Tib. IV 3, 17. 

(Leipzig 1855) 722ff. Ovid. a. a. I 392. Sen. Agam. 851), GemsbOcke 

Gesamt-Ausgaben des C. namentlich : cum (Mart. Ill 58, 28) und Hasen (Corp. gloss, lat. IV 
notis Fornerii Paris 1579; studio J. Garetii30 27, 41). Auch wurde das Wort Mldlich fur die 

Bothomagi 1679 und Venetiis 1729; Migne Curs. Liebesumgarnung gebraucht (Tib. I 6, 5. Ovid, 

patrol. Lat. 69. 70. ' a. a. Ill 554. Pers. sat. V 170). Dem C. ent- 

tiber C.s Leben im allgemeinen jetzt haupt- spricht im Griechischen die agxve (Plat. leg. VII 
sachlich Mommsen im Prooemium der Ausgabe 824 A. B. Hesych. Bekk. anecd. gr. I 445, 24. 
der Variae, Mon. Germ. Auct. ant. XII; ferner Eustath. Od. 1535, 17). Namlich Pollux (V 27) 
H. Usener Anecdoton Holderi, Ein Beitr. zur sagt. dass die agxvs kleiner sei als die in ebenem 
Gesch. Boms in ostgothischer Zeit (Leipzig 1877), Gelande gebrauchten dixrva und die auf den 
namentlich S. 66ff. A. Thorbecke Cassiodorus Wechseln (Wegen) des Wildes aufgestellten ivoSia 
Senator (Heidelberg 1867). Teuffel Gesch. d. und die Gestalt des spitz auslaufenden Haarnetzes 
B. Litteratur S. 483, woselbst auch sonstige Lit- 40 der Frauen , xexQv<paXos , hatte. Mehr erfahren 
teratur. Ebert Allg. Gesch. d. Litt. d. Mittel- wir von Xenophon in seinem Cynegeticus. Die 
agxvg mussten von phasianischem (kolchischem) 

*) In dem musikalischen Abschnitt seiner welt- oder karthagischem Lein, neunfadig und aus drei 

lichen Encyklopaedie nennt C. als Hauptquelle Litzen gedreht (a. O. 2, 4; vgl. Poll. a. O. 26. 

den Gaudentius, dessen Lehrbuch sein (des C.) 27) und fiinfSpannen = 1,11 m. hoch, die Maschen 

Freund Mutianus in das Lateinische ubersetzt zwei Handbreiten = 148 mm. weit sein (2,4). Die 

habe. Er stimmt in der That mit Gaudentius Stutzen, oxaXldes (lat. varae bei Lucan. IV 439) 

(iberein in Bezug auf den Begriinder der Musik- sollten zehn Handbreiten = 740 mm. hoch sein, 

lehre, Pythagoras, in der Zahl von sechs Sym- doch auch niedriger, damit in unebenem Gelande 
phonien, sowie in der richtigen Bestimmung des 50 die Netze in gleicher Hohe gehalten werden konn- 

Tonus oder Tropus (Gaud. 3 p. 4). Doch weicht ten, ihre Spitzen mussten glatt sein und das Netz 

er auch in recht wichtigen Punkten (Definition leicht von ihnen abgleiten kennen (ebd. 7), offen- 

von musiea, symphonia) von jener Quelle ab. bar damit das Netz leicht auf das eingedrungene 

Dass er von Varros diseiplinarum libri, den er Tier herabfallen und dieses umstricken konnte. 

in § 8 citiert, abhangig ist, hat E. C. Holzer Das Netz wurde von einem Netzwachter, oqxvco- 

erwiesen (Varro liber Musik, Ulm 1890, lift.). Qog, gestellt. Bei der Hasenjagd sollte er es an 

Citiert werden nochEuklid, Ptolemaios, Alypios, den Gangen, an unebenen, ansteigenden , hohlen 

mit dem die drei Teile der Musik, die sieben der und schattigen Stellen, an Fliissen und Gebirgs- 

Harmonik und im allgemeinen die Ausfuhrlich- bachen, weil der Hase sich solche Stellen zur 
keit betrefis der fiinfzehn Tonoi ubereinstimmt, 60 Flucht aussuche, bei Tagesanbruch aufstellen (6, 5). 

von Bomern Albinus (oben Bd. I S. 1315 Nr. 5), Die Stiitzen sollte er nach hinten (d. h. dem zu 

Censorinus und Augustinus. Der musikalische erwartenden Hasen entgegen) geneigt aufstellen, 

Teil der Encyklopaedie steht abgedruckt auch bei damit sie, wenn sie (von dem Hasen) angezogen 

Gerbert Scr. ecclesiastici de musiea I p. 15. wurden, ihre Spannung behielten ; das Netz sollte 

trber die Musik aussert sich C. ausserdem in dem er uber ihre Spitzen gleichmassig spannen, indem 

Briefe, in welchem er Boethius mit Abordnung er den Bauch desselben, xexQvcpakos, nach der 

eines guten Kitharoeden an den Frankenkonig be- Mitte zu hob ; in die Leine (d. h. das Seil, wel- 

auftragt (var. II 40). [v. Jan.] ches durch die obersten Maschen lief) sollte er 



1677 Cassivelaumis Cassius 1678 

(wohl statt sie am Erdboden zu befestigen) einen Sein vaterliches Reich wurde im Siiden von der 

langen und grossen Stein kniipfen , damit das Themse begrenzt, doch bestrebte er sich, es durch 

Netz, wenn sich der Hase darin verfangen habe, Unterjochung der benachbarten Stamme weiter 

nicht Widerstand leiste (ebd. 7. 8). Nach der auszudehnen. Als Caesar im Sommer 700 = 54 

Aufstellung sollte er auf die andere (d. h. dem zu seinen zweiten Zug nach Britannien unternahm, 

erwartenden Hasen zugekehrte) Seite des Netzes einigten sich die Eingeborenen unter Fiihrung 

treten (ebd. 10). Nachdem der Jager, mit einer des C. (Caes. b. g. V 11, 8f.), daher entschloss 

Keule bewaffnet, und die Hunde den Hasen auf sich der romscheFeldherr, nachdem er sich langere 

das Netz zu gescheucht hatten (ebd. 17), sollte Zeit in der Nahe der Kiiste gehalten hatte, den 
auch der Netzwachter sich an der Verfolgung be- 10 Krieg durch einen Einbruch in dessen Land zu 

teiligen und, sobald der Hase ins Netz geraten entscheiden (18, 1). C. wahlte eine Art der Krieg- 

war, dies dem Jager durch Zuruf kundgeben (ebd. fiihrung, die von barbarischen und halbbarba- 

10. 24). Im Netz wurde der Hase vom Jager er- rischen Volkerschaften oft mit Gluck angewendet 

schlagen (ebd. 25), oder man iiberliess ihn jungen worden ist: Er entliess sein Heer mit Ausnahme 

Hunden zum Zerreissen (7, 9). Bei der Jagd auf weniger Kerntruppen , lockte den Feind immer 

Wildschweine war die Sqxvs von demselben Lein weiter in das unbekannte Innere der Insel, be- 

wie vorher angegeben, 45fadig, indem jede Schnur unruhigte ihn durch bestandige Angriffe und uber- 

aus drei Litzen zu ftinfzehn einfachen Faden be- liess ihm das Gebiet, aus dem er selbst zuriick- 

stand, und zehn Maschen hoch, jede Masche aber wich, entblosst von alien Bewohnern und Hfilfs- 

eine Pygon = 370 mm. weit, die Leinen (d. h. die 20 mitteln (19, 1—3). Freilich Men die Trino- 

durch die obersten und untersten Maschen gehen- banten und einige andere Stamme zu Caesar ab, 

den Stricke) doppelt so dick als bei den fur die und es gelang diesem, die sog. Hauptstadt des 

Hasenjagd beniitzten Netzen; durch die obersten Gegners einzunehmen, die nur ein Verhau von 

Maschen gingen funfzehn Ringe (10, 2). Das Netz ungewOhnlicher Ausdennung und Festigkeit war 

wurde an den Wechseln aufgestellt und durch (20, Iff.), aber andererseits zeigte die auf Befehl 

Gabelholzer unterstiitzt ; doch bildete man dabei des OberkOnigs unternommene Erhebung der vier 

einen vorspringenden Bauch, xoknog, indem man Hauptlinge von Kent, die Caesars Yerbindung 

durch beiderseitige Streben den einzelnen Teilen mit der Heimat langere Zeit hindurch unterbrach 

die richtige Lage gab, damit in diesen Bauch (vgl. Vogel a. O. 281) und nur infolge der gluck- 

durch die Maschen das Licht mOglichst unge- 30 lichen Verteidigung des Schiffslagers scheiterte 

hindert eindringen und das Innere dem anstiir- (22, If.), auch den Romern die Gefahr, in die 

menden Tiere mOglichst hell erscheinen konnte; sie sich begeben hatten. Beiden Teilen war also 

die (obere) Leine wurde noch an einem starken der Friede erwiinscht und kam bald zu stande, 

Baume befestigt; die Umgebung musste durch nachdem C. die Hand dazu geboten hatte; die 

Reisig verschlossen werden (ebd. 7). Das bis an Anerkennung der Unabhangigkeit der Trinobanten 

das Netz gehetzte Schwein wurde von den Hunden diirfte die einzige Bedingung gewesen sein, denn 

angefallen und von den hinter ihm stehenden die Zahlung eines Tributs und Stellung von Gei- 

Jagern mit Wurfspiessen und Steinen beworfen, sein (22, 3 — -5) konnten hOchstens gefordert, aber 

bis es weiter vordringend die Netzleine anzog. nicht erzwungen werden. Caesars Aufzeichnungen 

Dann musste der beste Jager urn das Netz herum- 40 iiber den Krieg sind die Hauptquelle, neben denen 

gehen und das Schwein von vorne mit dem Fang- die Berichte spaterer Autoren (Dio XL 2, 3. Po- 

eisen abfangen (ebd. 10). Ein an diese agxvs lyaen. VIII 23, 5. Oros. VI 9, 6) jedes Wertes 

erinnerndes Netz finden wir auf einer in Capua entbehren; durch Heranziehung von Stellen des 

gefundenen und aus dem Kreise des Nikosthenes ciceronischen Brief wechsels hat Vogel (Jahrb. 

hervorgegangenen thonernen Schale mit schwarzen f. Phil. CLIII 269ff.) die Chronologie und die 

Figuren auf weissem Grunde (G. Loschcke Arch. Gruppierung der Ereignisse in Caesars Schrift 

Ztg. XXXIX 1881, 33f. Taf. V 1). Hier ist auf besser beleuchtet. Neuere Arbeiten iiber den 

einem der concentrischen Kreisstreifen eine Hasen- Feldzug sind zahlreich; vgl. z. B. Goler Caesars 

jagd dargestellt. Hinter der convexen Seite eines gallischer Krieg 2 145ff. Reste der Verschan- 
schmalen,bogenfSrmiggespannten,aufrechtstehen- 50 zungen des C. sollen nach Beda (hist. eccl. I 2, 

den Netzes beflndet sich ein Jager, welcher in der sonst von Orosius abhangig) noch sieben bis acht 

Rechten einen Kniittel, XaywfioXov, halt ; der con- Jahrhunderte spater sichtbar gewesen sein. 

caven Seite des Netzes nahert sich ein von Hun- [Miinzer.] 

den gehetzter Hase. In den oqxvs wurden Lowen Cassius. Plebeische Gens (Tac. ann. VI 15). 

(Opp. cyn. IV 121. Etym. M. 144, 10. Suid.), Ihre AngehSrigen in der letzten Zeit der Repu- 

Baren (Opp. ebd. 381. Etym. M. ebd.) und Hirsche blik fuhren den Beinamen Longinus ziemlich 

(Etym. M. ebd.) gefangen. Bei den Tragikern vinregelmassig ; als Praenomina sind C. L. Q. bei 

bezeichnete das Wort ein Todeswerkzeug in uber- ihnen in Gebrauch. 1) Cassius, Sohn des Caesar- 

tragenem Sinne (Aisch. Ag. 1116; Eum. 147. Eur. morders Nr. 59, empfing an den verhangnisvollen 

Med. 1278 ; Here. fur. 729). Neben der Form 60 Iden des Marz 710 = 44 die Toga virilis (Plut. 

aQxvg fand sich auch agxvov (Hes. s. &Qxva) ; Brut. 14, 2). [Miinzer.] 

nach Prellwitz (Et. Worterb. d. gr. Spr., 1892, 2) Cassius, tniimis, Tac. ann. 173; ein andrer 

32) hangt das Wort etymologisch vielleicht mit bei Suet. Gai. 57. [Groag.] 

aqaQioxm und dgdxvtj zusammen. [Olck.] 3) Roniischer Arzt aus der Zeit des Augustus 

Cassivelaunus (iiber den Namen Holder und Tiberius, jlingerer Zeitgenosse des Antonius 

Altcelt. Sprachschatz 833f.), britannischer Fflrst Musa (Plin. n. h. XXIX 7 : multos praetereo 

und Gegner Caesars, die erste bedeutende Per- medicos ceteberrimosque ex his Cassios, Calpe- 

sOnlichkeit in der Geschichte der brittischen Inseln. tanos, Arruntios, Rubrios). Celsus (I prooem. 



1679 Cassius Cassius 1680 

11, 37 D) nennt ihn ingeniosissimum saeeuli sich auch in den Ausgaben des Theophylactus 

nostri medieum, quern nuper vidimus, und be- Simocatta von B. Vulcanius (Leiden 1596) und 

richtet von ihm, dass er einen Pieberkranken, der Andr. Bivinius (Leipz. 1563) sowie in der Syl- 

iiber heftigen Durst geklagt, in der richtigen Er- burgischen Ausgabe des Aristoteles (Frankfurt 

kenntnis, dass die Erkrankung eine Folge von 1587). Jetzt am bequemsten zu beniitzen in 

Trunkenheit sei, durch Verabreichung von kaltem Idelers Physici et medici graeci Vol. I 144ff. 

Wasser geheilt habe. Beriihmt von ihm war ein [M. Wellmann.] 

Mittel gegen Erkrankungen des Blinddarmes (eo- 9) Magister militum Galliaruin um das J. 428, 

lieon), das auch von Tiberius gebraucht wurde Vit. S. Hilar. Arel. 6, 9 = Migne L. 50, 1227. 

(Scrib. Larg. 120, 51 H.); erwahnt von Celsus (IV 10 [Seeck.] 

21, 147 D.) steht die Composition bei Scrib. Larg. 10) C. Cassius. Den richtigen Vornamen giebt 

a. a. 0. (aus ihm Marcellus Emp. 29, 5 H.). Cels. lediglich das Denkmal des Chaeremon von Nysa 

V 25, 12 p. 184, 35 D. und Galen (XIII 276 nach (Athen. Mitt. XVI 96, 3; vgl. Mommsen ebd. 

Andromachos, 286 nach Asklepiades). Die Com- 104) ; Appian nemit den Mann durchweg Lucius, 

position eines Antidoton hat Scrib. Larg. von ihm wie er auch dem Censor des J. 600 = 154 (Nr. 55) 

erhalten (176, 72); vgl. Cael. Aur. M. Ch. IV dasselbe falsche Praenomen giebt. C. war Statt- 

7.388. Gal, XII 738. [M. Wellmann.] halter der ProvinzAsien 664 = 90 (App. Mithr. 24; 

4) Cassius, Soldat, ergreift und fesselt den irrig legatus Plor. I 40, 3; vgl. Waddington 
Praefectus praetorio Faenius Rufus auf Befebl Fastes des provinces Asiatiques 668) und veranlasste 
Neros (im J. 65). Tac. ann. XV 66. 20 gemeinsam mit M'. Aquillius den Nikomedes von 

5) Cassius, Praetor, von (Titius) Aristo er- Bithynien zum Kriege gegen Mithridates (App. 
wahnt. Pomponius Dig. XXIX 2, 99. [Groag.] 11. Flor. a. 0.). Er riickte selbst an die bi- 

6) Skeptiker unbekannter Zeit, wohl aus dem thynisch-galatische Grenze vor (App. 17), zog 
1. oder 2. Jhdt. n. Chr., aus welchem Diog. Laert. sich aber auf die Kunde von den Siegen des Konigs 
VII 32 — 34 eine heftige Polemik gegen den Stoiker nach Phrygien zuriick (App. 19) und bald weiter 
Zenon mitteilt. [v. Arnim.] nach Apamea. Hier stellte ihm Chaeremon von 

7) Cassius. an den ein Rescript des Kaisers Nysa Getreide fur seine Truppen zur Verfugung, 
Alexander vom J. 223 (Cod. lust. VI 58, 1). Ver- woriiber der anerkennende Brief des Proconsuls 
schieden von diesem sind der Cassius miles, an auf dem Denkmal Chaeremons Auskunl't giebt 
den Alexander im J. 224 (Cod. lust. Ill 44, 5), und 30 (Athen. Mitt. a. 0.). Schliesslich wich C. vor 
der C, an den derselbe Kaiser im J. 227 rescri- Mithridates bis nach Ehodos zuriick (App. 24) 
bierte (Cod. lust. IX 22, 4). [Groag.] und soil dort in dessen Gefangenschaft geraten 

8) Cassius mit dem Beinamen 'Iargooocpt- sein, aus der er erst am Ende des Krieges-befrcit 
ozrjs, unter dessen Namen wir eine Schrift: 'IarQi- wurde (App. 112). -Indes unterliegt diese Nach- 
y.al ajtoQiai xai xQo^Xijfiara <pvaixd besitzen, die richt Bedenken, da die Insel gar nicht vom Feinde 
inhaltlich verwandt ist mit der unter Alexander von genommen wurde. [Miinzer.] 
Aphrodisias Namen geratenen Problemensammlung 11) Iulius Cassius, wahrscheinlich Vicarius ur- 
(vgl. probl. 1 = Alex. 1 99 ; probl. 4 = Alex. I 81 ; bis, vertrat vom 13. Juli bis zum 13. August 318 
probl. 5 = Alex. I 41 ; probl. 28 = Alex. 1 123; den abwesenden Stadtpraefecten Septimius Bassus, 
probl. 40 = Alex. I 107), sowie mit den Problemen 40 M o m m s e n Chron. min. 1 67. Cod. Theod. VIII 12, 
des alexandrinischen Sophisten Adamantios (V. 3; vgl. Ztschr. f. Rechtsgesch. X 218. [Seeck.] 
Rose Anecd. gr. lat. I 18ff. ; Arist. pseud. 216. 12) L. Cassius, regte als Volkstribun 665 = 89 
221), und nach dem Gesamteindruck (sprachlich das Volk derartig gegen den Praetor A. Sem- 
und inhaltlich) der Schrift sowie nach dem Bei- pronius Asellio auf, dass es ihn erschlug (Val. 
namen des Verfassers fruhestens dem 3. Jhdt. Max. IX 7, 4). 

n. Chr. angehort. Sie besteht aus 84 medicinischen 13) L. Cassius, ex familia cum ad ceteras res 

und physikalischen Problemen, welche teils nach turn ad iudieandum severissima, war Richter 

pneumatischen, teils nach methodischen (zuweilen 684 = 70 und fur das nachste Jahr zum Kriegs- 

nach beiden) Grundsatzen beantwortet werden und tribun designiert (Cic. Verr. act. I 30). 
sich durch eine einfache, lehrreiche Darstellung 50 14) L. Cassius, begegnete 706 = 48 nach der 

empfehlen. Der Verfasser war Arzt (er citiert den Schlacht bei Pharsalus mit zehn Schiffen im Helle- 

Herophilos probl. 1, Andreas von Karystos probl. spont dem Caesar, der eben nach Asien iibersetzte. 

58, des Asklepiades Schrift jisqI ilxibv probl. 40, Durch dessen Geistesgegenwart liess er sich so 

die Methodiker probl. 8) und Anhanger der zum einschiichtern, dass er sich ihm trotz seiner TJber- 

Synkretismus hinneigenden Pneumatik (am meisten legenheit ohne weiteres ergab (Suet. Caes. 63. 

verwandt dem Verfasser der pseudogalenischen Dio XLII 6, 2). Appian b. c. II 88 giebt dem 

ogoi). In byzantinischer Zeit sind seine Probleme C, dessen Vornamen er nicht nennt, siebzig Schiffe, 

als fiinftes Buch mit denen des Pseudoalexander wohl infolge eines Schreibfehlers ; offenbar un- 

und Pseudoaristoteles zu einem Corpus vereinigt richtig ist es, wenn er (II 111) ihn fur C. Cassius 
worden und so noch erhalten im cod. Marc. 257 60 Nr. 59 , den Morder des Dictators , halt (vgl. 

(saec. XIV) und 521 (saec. XIV); vgl. V. Rose Arist. Judeich Caesar im Orient 60f.). 

ps. 216f. fiber eine lateinische tJbersetzung eines 15) L. Cassius, Sohn von Nr. 65, wurde 711=43 

Teiles dieses Corpus (darunter auch einiger Probleme von seinem Oheim Gaius (Nr. 59) mit einer Legion 

des C.) im cod. Bamberg saec X vgl. V. Rose in Syrien zuriickgelassen (App. b. c. IV 63), ver- 

a. a. O. und p. 666f. Der erste Druck der Schrift einigte sich im nachsten Jahre wieder mit ihm 

von G. de Sylva Paris 1541. Eine neue Aus- und flel bei Philippi (a. 0. 135). [Miinzer.] 

gabe des Textes mit einer lateinischen tJbersetzung 16) L. Cassifus] , Proconsul von Africa. 

von Chr. Gesner Turici 1562. Die Schrift fmdet CIL VIII Suppl. 17329. 



1681 Cassius Cassius 1682 

17) L. Cassius, in einer attischen Ehrenin- lich fallt jedoch C.s Statthalterschaft schon ' in 
schrift (CIA III 605). Vielleicht ein Cassius Kaiser Marcus Regierungszeit, denn seit Cora- 
Longinus. [Groag.] modus Thronbesteigung (180) scheint sich Dio 

18) M. Cassius, Sohn eines Marcus aus der in Rom befunden zu haben (Dio LXXII 4, 2). 
Tribus Pomptina, Senator 681 = 73, gehort des Keinesfalls darf man aber aus der von Xiphilinus 
Vornamens wegen nicht zu dem bekannten Ge- ungeschickt excerpierten Stelle Dio LXIX 1, wo 
schlecht (SC. de Oropiis IGS I 413, 8). der Autor die Vorgange beim Tode Traians nach 

19) P. Cassius: vgl. unterL. Cassius Longinus den Erkundigungen seines Vaters erzahlt, den 
Nr. 64 und Q. Cassius Longinus Nr. 70. Schluss Ziehen, dass C. im J. 117 Statthalter 

20) Q. Cassius, Kriegstribun unter L. Aurelius 10 von Kilikien war (so noch Liebenam Legaten 
Cotta 502 = 252, wurde von diesem vor Lipara 130 und Dizionario epigr. II 232, obwohl doch 
zuriickgelassen, um die Stadt zu blockieren. Er schon Reimarus das Unhaltbare dieser Ansetzung 
wagte ohne Befehl einen Sturm, wurde mit be- erkannt und die Zeit der Legation richtig be- 
deutenden Verlusten zuriickgeworfen und wegen stimmt hat; vgl. Dio ed. Dindorf V p. LVf.). 
dieser Handlungsweise von dem Consul seines Spater verwaltete C. Dalmatien (Dio XLIX 36, 4), 
Amtes entsetzt (Zonar. VIII 14). muss demnach bereits vorher Consul (suffectus 

21) Q. Cassius, Legat und jedenfalls Ver- in unbekanntem Jahre) gewesen sein. [Groag.] 
wandter des Propraetors Q. Cassius Longinus 28) Cassius Asclepiodotus, reicher Bithynier 
(Nr. 70) in Spanien 706 = 48 (bell. Alex. 52, 3. aus Nicaea, Preund des Barea Soranus, dem er, 
57, 1. 4). Ende 710 = 44, vielleicht nach Be- 20 auch als dieser im J. 66 n. Chr. angeklagt wurde, 
kleidung der Praetur, wurde ihm von Antonius treu zur Seite stand. Er wurde deshalb seiner 
eine der spanischen Provmzen bestimmt, doch trat Giiter beraubt und verbannt, aber unter Galba 
diese Anordnung nicht in Kraft (Cic. Phil. Ill 26). zuriickgerufen. Tac. ann. XVI 33. Dio LXII 

[Miinzer.] 26, 2 {Kaamov 'AaxXtjmodotov). 

22) Cassius Agri[ppa] oder Agrifppinus], 29) Avidius Cassius, Usurpatorim J. 175 n. Chr., 
Consul suffectus am 19. Marz 130 n. Chr. mit s. Avidius Nr. 1. [Stein.] 
[Ti. Claudius?] Quartinus. CIL VI 2083 Acta 30) Cassius Betillinus (Dio LIX 25, 6) s. o. 
Arvalium. [Groag.] Betilienus Nr. 2. [Groag.] 

23) M. Cassius M. f. Agrippa proc(urator) 31) Cassius Brutus. Eine wertlose Parallel- 
Aug(usti). CIL II 2212. [Stein.] 30 geschichte zu dejn Bericht iiber das Ende des 

24) Cassius Agrippinus praefior], als solcher, Pausanias hat einen Cassius Brutus und dessen 
wie es scheint, Richter zur Austragung von Grenz- Vater Cassius Signifer zu Helden und wird ins 
streitigkeiten (metrische Grabschrift CIL VI 1372 Jahr 414 = 340 verlegt (Plut. Par. min. 10 nach 
= Biicheler Anthol. I 426). einem fast unbekannten Kleitonymos). 

25) M. Cassius Apollinaris, Consul suffectus 32) L. Cassius Caeicianus, Milnzmeister um 
am 1. August 150 n. Chr. mit M. Petronius Ma- 654 = 100 (Mommsen Miinzweseh 560 nr. 175). 
mertinus. Militardiplom CIL III Suppl. p. 2213. Derselbe Name auf einer gefalschten Inschrift 

[Groag.] CIL VI 3279.* [Miinzer.] 

26) C. Cas(s)ius(?) Apollonius (jT. KdaioeAnoX- 33) T. Iulius Maximus Ma... Brocchus 
Xtbvio;) aus Steiria, athenischer Archon zwischen 40 Servilianus A. Quadron[ius] L. Servilius Vatia 
197 und 209, CIA III 1169. Zweifelhaft ist, ob man Cassius Cam... s. Iulius. 

seinen Namen Kdaioe als den rOmischen Cassius 34) Q. Antonius Cassius Cassianus s. o. An- 

auffassen darf, denn er kann nicht wohl von seinem tonius Nr. 44. 

Namensvetter C. Iulius Kasios (s. d.) aus Steiria 35) Ti. Licinius Cassius Cassianus s. Li cinius. 

getrennt werden: die Pamilie hat ihr romisches 36) C. Cassius C. f. Celer, lllvir a/ere) a(r- 

Biirgerrecht von dem Dictator Caesar oder Au- gento) a(uro) f(lando) f(eriundo) unter Augustus, 

gustus erhalten und wurde wohl kaum den Bei- Babelon I 337f. nr. 22. 23. 24. [Groag.] 

namen Cassius sich beigelegt (bezw. beibehalten) 37) Cassius Chaerea (Chaerea Seneca. Victor; 

haben. Wenn Apollonius trotzdem hier eingereiht Xaigsas Zosimus. Plutarch ; die (ibrigen Cassius 

ist, so geschah es deshalb , weil augenscheinlich 50 Chaerea), Morder des Kaisers Gaius. Er diente 

im 3. Jhdt. n. Chr. Kasios als = Cassius aufge- im J. 14 n. Chr., damals noch ein ganz junger 

fasst wurde; dies zeigen die zwei Kasianoi aus Mann, als Centurio im germanischen Heer und 

Steiria (wohl aus derselben Familie), die doch rettete sich bei dem Aufstand der Legionen nur 

nicht anders als Cassianus (s. d. Nr. 6. 7) gedeutet durch sein entschlossenes Benehmen (Tac. ann. 

werden kSnnen. [v. Schoeffer.] I 32). Spater wurde er Tribun bei der Prae- 

27) Cassius Apronianus, Vater des Geschicht- torianertruppe. Als solcher zog er sich durch 
schreibers Cassius Dio Cocceianus (Nr. 40), daher seine zarte Stimme und sein sanftes Wesen, das 
wohl gleichfalls aus Nicaea in Bithynien stammend. ihm trotz seiner kraftigen Natur und seiner grossen 
Proconsul von Lycia-Pamphylia (xara owxd>Qtjua Korperstarke anhaftete, bestandig Caligulas Spott 
KaoCov ATtQcoviavov av&vnaxov : ungedruckte, von 60 zu. Namentlich verhOhnte ihn der Kaiser, wenn 
Hula gelesene, von Heberdey revidierte In- C. Dienst hatte und sich das Losungswort holen 
schrift aus Idebessus). Legat von Kilikien (Dio musste. Er erhielt namlich bei dieser Gelegen- 
LXIX 1, 3. LXXII 7, 2), wie aus dem Zusammen- heit gewohnlich solche Worte, die einen Schimpf 
hang der letzteren Stelle hervorgeht, vor 182 n. Chr. fur ihn bedeuteten, wie Venus, Priapus, Amor, 
Dio, der mit seinem Vater in Kilikien war, konnte und die ihn auch bei den iibrigen Tribunen lacher- 
namlich ein dort erteiltes Orakel nicht verstehen, lich machten (Suet, Gai. 56. Dio LIX 29 = Zon. 
das den Tod der im J. 182 von Commodus ge- XI 7. Joseph, ant. Iud. XIX 29—31. Sen. dial. 
toteten Quintilii vorherverkundigte. Wahrschein- II 18, 3). Diese unwiirdige Behandlung, sowie 



1683 Cassius Cassius 1684 

die vielen Ungerechtigkeiten und Harten , bei im J. 138 n. Chr. (Senatus-consultum de nundinis 
denen C. als Werkzeug wider seinen Willen dienen saltus Beguensis CIL VIII 270, 8 = Suppl. 11451, 
musste (Joseph. XIX 24 — 36), reiften und festigten 8). Als Proconsul empflng er ein Rescript des 
in ihm den Gedanken, Gaius zu ermorden. Er Kaisers Pius (Callistr. Dig. XLII 1, 31), der auch 
verschwor sich zu diesem Zweck mit einer Anzahl sonst Eescripte an ihn richtete (Ulpian. Dig. 
Gleichgesinnter, worunter sich auch mehrere Sena- XXXVI 1, 17, 17. XL 5, 30, 6). VII vir epulo- 
toren befanden ; schon mehrmals war die Aus- n(uro). Gemahl der Annia Q. f. Ruflna (CIL IX 
fuhrung dieser That durch die Unschlfissigkeit 330 Canusium). [Groag.] 
der Verschworenen verzogert worden, bis sich 40) Cassius Dio Cocceianus (fiber den richtigen 
endlich C. entschloss, bei Gelegenheit der Spiele 10 Namen vgl. Prosopogvaphia imperii Romani 1 313) 
zu Ehren des Augustus (litdi Palatini) die TOtung aus Nikaia in Bithynien (LXXV 15, 3) war der 
zu vollbringen (Suet. Gai. 56. Zon. XI 7. Joseph. Sohn des roraischen Senators (Cassius) Apronianus 
XIX 18. 21—83). Aber erst am letzten der Pest- (Nr. 27), derKilikien (LXIX 1, 3. LXXII 7, 2), wie 
tageergab sich ein geeigneter Augenblickdazu. Als es scheint unter Marcus, und zu nicht naher be- 
der Kaiser an diesem Tage aus dem Theater in kannter Zeit Dalmatien (XLIX 36, 4) verwaltete, 
den Palast zuriickkehrte, begab er sich in einen und in irgend einer Weise, wie der Name zeigt, mit 
Seitengang, um sich die dort versammelten grie- der Familie des beriihmten Cocceius Dio von Prusa 
chischen Jiinglinge anzusehen, die er als Sanger verwandt. Geboren unter Pius oder im Anfang 
fur die von ihm eingerichteten Mysterien und als der Regierung des Marcus, begleitete er seinen 
Tanzer im Theater nach Rom hatte kommen 20 Vater nach Kilikien (LXXII 7, 2), kehrte unter 
lassen. Hier trat ihm nun Cassius Chaerea ent- Commodus nach Rom zuriick (LXXII 4, 2. LXXIII 
gegen, der gerade an diesem Tage wieder Dienst 12, 2) und trat in den Senat ein, sicher mehrere 
hatte und nun um die Erkennungszeichen bitten Jahre vor Commodus Tod (LXXII 16, 3). Von 
sollte. Als Caligula, wie gewOhnlich, ein schimpf- Pertinax wurde er fur 194 zum Praetor designiert 
liches Wort wahlte, brachte ihm C. mit seinem (LXXIII 12, 2); Consul suffeetus scheint er noch 
Schwerte eine schwere, aber nicht tstliche Wunde vor Severus Tod 211 geworden zu sein (LXXVI 
bei, wahrend die herbeieilenden Genossen den 16,4). Villeggiatur hielt er gewOhnlich in Capua 
Kaiser vollends toteten (Dio LIX 29 = Zon. XI (LXXVI 2, 1). Er begleitete den Kaiser Anto- 
7. Joseph. XIX 84 — 113. Suet. Gai. 58 hat auch ninus auf seinem Zug in den Orient 216 und 
eine andere, etwas abweichende Version. Zos. 1 30 war in seinem Gefolge noch wahrend der Winter- 
6, 2. Vict. Caes. 3, 13), am 24.'Januar 41 n. Chr. quartiere in Nikomedien 216/217 (LXXVII 17. 18. 
(vgl. CIL I p. 385). LXXVIII 8, 4 ein Detail aus der damaligen Sa- 
Sobald die Nachricht hievon sich im Palaste turnalienfeier), machte aber den Partherkrieg nicht 
verbreitet hatte, war zwar die germanische Leib- mit und war weder bei Antoninus Tod 217 noch 
wache sofort zur Stelle, aber sie traf nur mehr bei Macrinus Sturz 218 anwesend. Letzterer 
auf einige Unschuldige , die ihrer Wut zum Opfer setzte ihn als curator ad corrigendum statum 
fielen; C. selbst war entkommen (Joseph. XIX 114 cwitatium fiber Pergamon und Smyrna (LXXIX 
— 126. Sen. dial. II 18, 3). Nachdem er sich hie- 7,4), offenbar weil in Pergamon starke Sym- 
rauf von den Consuln die Losung erbeten hatte, die pathien fur Antoninus und daher Feindschaft gegen 
diesmal libertas lautete (Joseph. XIX 186), gab 40 seinen MOrder herrschte (LXXVIII 20, 4). In 
er dem Tribunen Iulius Lupus trotz der Einsprache dieser Stellung verblieb er noch im Winter 218 
mehrerer Verschworener den Befehl, auch Cali- — 219, als der falsche Antoninus (Elagabal) in 
gulas Gemahlin (Milonia) Caesonia und ihr TOcbter- Nikomedien fiberwinterte, und wahrscheinlich bis 
chen zu teten (Joseph. XIX 190—200. Suet. Gai. ziemlich zur Thronbesteigung des Severus Alexan- 
59). Am folgenden Tage versuchten C. und die der 222 (LXXIX 18, 3). Unter diesem verwaltete 
fibrigen Verschworenen , die stadtischen Truppen er, nachdem er in Bithynien eine Krankheit fiber- 
fur ihre Plane zu gewinnen ; aber diese erklarten standen hatte, das Proconsulat von Africa und die 
sich fur Claudius, der hierauf zum Kaiser erhoben kaiserlichen Provinzen Dalmatien und Oberpan- 
wurde (Joseph. XIX 254—262). Als dann Clau- nonien (LXXX 1. XLIX 36, 4 spatere Einlage). 
dius zur Regierung gelangt war, liess er C. als 50 Durch seine Disciplin nicht nur den pannoni- 
Anstifter der VerschwOrung und Lupus als den schen Truppen, sondern auch der hauptstadtischen 
MOrder der Gemahlin und Tochter des Caligula Garde verdachtig geworden, musste er an sich 
hinrichten (Dio LX 3, 4 = Zon. XI 8 ; vgl. Suet. selbst die Schwache des ihm persOnlich sehr zu- 
Claud. 11. Joseph. XIX 263 — 271). Wahrend gethanen Kaisers erfahren, der ihn anwies, sein 
letzterer sich feig und unwurdig benahm , erlitt zweites Consulat — er war 229 Consul ordinarius 
C. standhaft den Tod. Das Volk legte noch nach nnd College des Kaisers — ausserhalb Roms zu 
seinem Tode Anhanglichkeit fur ihn an den Tag ffihren (LXXX 5). Dio sah voraus, dass dies kein 
(Joseph. XIX 272f.); noch im J. 65 wurde jemand gutes Ende nehmen wfirde, wagte es noch, sich 
verurteilt, weil er im Besitze eines Bildes von C. den Soldaten als Consul zu zeigen und nahm dann 
war (Dio LXII 27, 1). Vgl. auch Sen. ep. 4, 7. 60 Urlaub fur unbestimmte Zeit in die Heimat, wo 
Plut. de superst. 11 p. 170 E. [Stein.] er sein Werk mit dem Vers schloss "Exxoqo. S' 

38) Cassius Clemens, Senator, wurde von Sep- ex (SeXewv vnaye Zevs ex re xovlqg ex x drdgo- 
timius Severus zur Verantwortung gezogen, weil er xtaofys ex #' aiftarog k'x re xv8oi/aov. 

es mit Pescennius Niger gehalten hatte, bewirkte Suidas schreibt ihm mit Unrecht IleQwxd und 

jedoch durch seine freimfitige Verteidigung, dass frara zu , von denen jene Dinon von Kolophon 

ihm der Kaiser die Halfte seiner Gfiter beliess. gehOren, diese dem Prusaeer Dion. Eine Special- 

Dio LXXIV 9, 1 — 4 = Zonaras XII 8. geschichte Traians (7a xara TQaiavov) hat Dio 

39) P. Cassius L. f. Aem(ilia) Dexter, Quaestor schwerlich geschrieben , da sich sonst eine Ver- 



1685 Cassius Cassius 1686 

weisung in seinem grossen Werk finden wiirde; sein milssen, und fiigte, durch den Erfolg bei 

den ratselhaften Titel 'Evodta vermag ich nicht Hofe und im Publicum kiihn gemacht, sofort da- 

zu deuten. Dagegen ist sehr wahrscheinlich, dass nach eine Erzahlung der Ereignisse von Commodus 

die Biographie Arrians , die allerdings nur Sui- Tod bis zran ersten Einzug des Severus in Eom 

das nennt, von ihra herriihrt; er war sein Lands- hinzu (LXXII 23). Beide Flugschriften sind, 

mann und ihm. durch Laufbahn und Charakter naturlich stark verkiirzt, in das grosse Werk auf- 

nah verwandt. Die beiden hohen Reichsbeamten genommen, wie ein eingeschobenes Prooemion an- 

bithynischer Herkunft sind ein merkwllrdiger Be- kilndigt (LXXII 23); die Zeichen sind an den 

weis dafiir, wie viel intensiver das rOmische Wesen Schluss gestellt (LXXIV 3). Die fur Severus 

diese spat annectierte Provinz beherrschte. als 10 gunstige Auffassung schimmert noch iiberall durch, 

die alten Centralstatten der griechischen Cultur trotz einiger Zusatze, die Dio spater hinzuge- 

in Kleinasien. Das Hauptwerk Dios sind die fugt hat. 

'Pcofiaixd oder 'P'ofjiaixtj iazooia — beides kommt Dio hat nicht lange den officiesenPamphletisten 

vor — in 80 Biichern, die nach Suidas — und die gespielt. Wenn auch der Kvieg gegen Niger an 

tiberlieferungsgeschichte bestatigt das — in De- und fur sich der Begeisterung fur den neuen Mo- 

kaden abgeteilt zu werden pflegten. narchen nicht entgegenstand, da Niger nichts als 

Eine gute Gesamtdarstellung Dios ist nach ein vom Senat nicht anerkannter Usurpator war, 

Reimarus nicht erschienen; iiber den jetzigen so machtedoch die riicksichtslose Bestrafung seiner 

Stand derForschung orientiert WachsmuthEinl. Anhanger einen sehr iiblen Eindruck, und vollends 
in d. Stud. d. alt. Gesch. 596 — 601. Nur iiber sein 20 verwandelte sich die anfangliche Hoffnung in zit- 

Leben handeln Wirth Quaestiones Severianae, ternde Purcht, als der Biirgerkrieg mit dem legi- 

Diss. Bonn. 1888 und die Prosopographia imperii timen Caesar Clodius Albinus ausbrach und nach 

RomaniI313f. Das v. Gutschmidsche Collegien- seiner Beendigung Severus seine absolutistischen 

heft (Kl. Sehr. V 547ff.) ist wertvoll durch die Plane ohne Scheu enthiillte. Unterdes war in 

Reconstruction der Oekonomie des grossen Ge- Dio der kuhne Plan gereift, das Handwerk eines 

schichtswerks , enthalt aber sonst viel Veraltetes officiOsen Tagesschriftstellers mit dem Beruf des 

und wiirde von v. Gutschmid so nicht vereffent- Historikers grossen Stils zu vertauschen. Man 

licht sein. [Jnbedeutend sind die iiber Dio handeln- darf wohl annehmen, dass die urspriingliche Ab- 

den Abschnitte in H. Peters Buch Die geschicht- sicht die war, die gesamte rOmische Geschichte 
liche Litteratur iiber die rOmische Kaiserzeit I. II. 30 in die ruhmvolle neue Aera des zweiten Augustus 

Leipzig 1897. Die monographische Litteratur s. auslaufen zu lassen, und dass diese Absicht durch 

bei Boissevain Praef. Clff.; soweit sie ,quellen- Severus veranderte Politik vereitelt wurde. Trotz- 

forschend' ist , ist sie in sehr umsichtiger Weise dem liess sich Dio, als zaher, charakterfester Bi- 

besprochen von H. Haupt in den Jahresberichten thynier, in seinem durch Traume gestarkten Glau- 

des Philologus XXXIX. XL. XLI. XLIII. XLIV; ben an seinen Beruf als Geschichtschreiber nicht 

das Referat ist fiir die im allgemeinen sehr tief irre machen, wenn ihm auch mit Severus nicht 

stehenden Arbeiten zu gut. mehr eine neue Glanzzeit begann , sondern die 

Fiir die politischen Anschauungen und die da- alte mit Marcus aufhorte (LXXI 36, 4) ; im Gegen- 

von nicht zu trennende Schriftstellerei Dios ist teil, sein Werk, fiir das er zehn Jahr sammelte 
von entscheidendem Einfluss gewesen die machtige, 40 und an dem er zwolf Jahr schrieb, bis er zu Severus 

eine neue Aera der rOmischen Geschichte einleitende Tod gelangt war, ist ihm in den schweren Zeiten, 

PersOnlichkeit des Septimius Severus. Gross ge- die iiber ihn wie iiber den gesamten Senat herein- 

worden unter dem guten Kaiser Marcus, sah Dio brachen , zum inneren Halt , zivr Stiitze seiner 

als Mitglied des Senats das unwiirdige Regiment geistigen Existenz geworden, wie er selbst in den 

des Commodus, den schwachlichen Reform versuch schOnen Worten bekennt (LXXII 23): rr/v ds drj 

des Pertinax , die schmachvolle Erhebung des &edi> xavzrjv imQQwvvvovodv /.is izgog zr/r lazoQiav, 

Iulianus auf den Thron des Marcus aus nachster svXajicbg jigog avzrjv xai 6xvr/Q(og Siaxsi/isvov, Hal 

Nahe mit an und erwartete mit alien Verstandi- jiovov/uevov anayogevovzd ze avaxzcafievqs di' ovu- 

gen nichts Gutes von der Zukunft, als mit einem gdrcov xai xaldg eXnldag jzsqi zov [iiXXorzog %qo- 
Schlage in Severus ein Mann erstand, der durch 50 vov Stdovadv pot , <os vjiolelrpovzog ztjv taroQiav 

den marchenhaft gliicklichen Zug nach Rom, durch xai ovdauwg dfiavQcbaovzog , ItiIoxokov zt\g zov 

die unblutige Entwaff'nung der unertraglich ge- fttov diaymyfjg &g eoixev sUrj/a xai Sid zovzo 

wordenen Garde, durch die kraftige und doch in avzfj avdxeiftat. 

der ersten Zeit noch massvolle Art , mit der er Jene 22 Jahre werden ungefahr die Zeit von 

die Ziigel des Regiments anzog, die Hoffnung er- 194—216 umfasst haben; jedenfalls beginnen die 

weckte, dass ein neuer Augustus sich den Caesaren- zwOlf Jahre des Schreibens schon vor dem Tode 

thron erobert hatte. Severus lag viel daran, seine des Severus 211 (vgl. LXXVI 2. LXXVIII 10, 1). 

Erhebung als eine legitime erscheinen zu lassen, Dio fiihrte die Geschichte seiner Zeit fort bis zur 

und die Rolle des Rachers des Pertinax, die er Thronbesteigung des Severus Alexander 222 ; von 
zunachst annahm , um Pescennius Niger in der 60 da an machte ihm die Abwesenheit von Eom, die 

Gunst der Hauptstadt auszustechen, geniigte ihm erst seine Provincialamter, dann die Beurlaubung 

nicht; es zog besser, wenn er den Glauben ver- und der Verzicht auf die politische Laufbahn zur 

breitete , dass die Gotter selbst ihn , wie einst Folge hatten , eine genaue Beobachtung der Er- 

Augustus, zum Herrscher ausersehen hatten. Dio, eignisse unmoglich , und er begniigte sich mit 

zeichenglaubig wie nur einer seiner Zeitgenossen, einer Skizze der wichtigsten Ereignisse, um mit 

iibernahm es in einem Biichlein, die Beweise fiir seinem zweiten Consulat, 229, endgiiltig zu schlies- 

das Gottesgnadentum des neuen Kaisers zusam- sen. Ausserdem versteht sich von selbst, dass er 

menzustellen, die ihm vom Kaiser selbst geliefert an dem mittlerweile schon alt gewordenen Manu- 



1687 Cassius Cassius 1688 

script vor der Herausgahe noch manches geandert nur mit einer Fehlergrenze von bis zu drei vmd 

hat; das Gesprach zwischen Agrippa und Maecen mehr Jahren gezogen werden dfirfen, eine Begel, 

(LII) hat nachweislich erst unter Severus Alexan- die so gut wie ausnahmslos nicht befolgt wird, 

der seine abschliessende Form erhalten. sondern Dio hat auch durch eigene Schuld die 

Nach Dio zerfallt sein Werk in drei Teile, chronologische Klarheit und Dnzweideutigkeit sei- 

deren innere Verschiedenheit dem aufmerksamen ner Erzahlung nicht genugend gesichert , trotz 

Leser auch sofort auffallt. Der erste Abschnitt aller Verweisungen und Wiederholungen ; nur das 

reicht von der Urzeit bis zur Begrundung der Mo- sah er ein, dass bei seiner Verquickung der prag- 

narchie durch Augustus, 51 Bticher umfassend, matischen und annalistischenEinteilungkein Leser 
der zweite, durch eine sehr ausffirliche Schilde- 10 sich aus seinem Werk miihelos die Pastentafel 

rung der monarchischenEinrichtungen eingeleitete, herausschreiben konnte, und that es, da er sie mit 

his zum Tod des Marcus, der dritte his zum Eecht fur ein unentbehrliches Requisit hielt, da- 

Schluss. Dieser letzte ist nach Dios eigener und her lieber selbst, indem er jedem Buch eine Liste 

nicht zu bezweifelnder Angabe (LXXI 4, 2) der der Eponymen voranschickte. Das corrigiert aber 

Primarbericht eines Augenzeugen und Zeitgenos- die Undeutlichkeit der Erzahlung nicht, und wenn 

sen, wahrend die beiden anderen aus fruheren Ge- diese Undeutlichkeit von der modernen Forschung 

schichtswerken compiliert sind; die sporadischen nicht so lastig empfunden wird, so liegt das nur 

Mitteilungen aus persOnlicher Kunde, die mit der daran , dass fur einen grossen Teil der republi- 

Zeit Hadrians beginnen (LXIX 1. 14. LXXI 33), canischen Geschichte, fur die der vollstandige Dio 
verandern den Chaiakter des Ganzen nicht. Als 20 vorliegt, sich die Ereignisse aus anderen Quellen 

Unterschied zwischen dem ersten und zweiten Ah- mit einer in der alten Geschichte unerhorten Ge- 

schnitt hebt Dio hervor, dass er bei der Darstel- nauigkeit fkieren lassen , so dass man sich um 

lung der Kaiserzeit nicht in gleichem Masse an Dio nicht zu kiimmern braucht. Schlimmer noch 

den vorliegenden Berichten habe Kritik fiben kon- als die Unbestimmtheit ist die falsche pragma- 

nen, da unter dem absoluten Regiment man vieles tische Verkniipfung und die Confusion, zu der Dio 

nur unvollkommen, vieles gar nicht erfahre (L1II gelegentlich durch das Bestreben, eine annalistische 

19); er schiebt also hier die Verantwortung fur Darstellung umzuordnen verleitet ist. So concen- 

das was er erzahlt, in hoherem Grade als vorher triert er (XL VII 20ff.) die Erzahlung der Revolu- 

auf seine Gewahrsmanner. tion des Brutus und Cassius in eine Masse, nach- 

Dio hat nicht historiae, sondern annales ge- 30 dem er schon bis zu dem Triumvirat und den Pro- 

schrieben. Zu den eponymen Consuln, die Dio scriptionen, also bis ans Ende des J. 43 gelangt 

zu jedem Jahr in der Darstellung genannt hat, ist; innerhalb dieser Masse werden dann Bru- 

treten als Stiitzen des chronologischen Aufbaus tus Eroberung Macedoniens, Cassius Besitznahme 

in der Kaiserzeit hinzu die bis auf die Tage be- der syrischen Legionen , wohei wegen Caecilius 

rechneten Regierungszeiten der einzelnen Kaiser. Bassus his auf 46 zuruckgegriffen werden muss, 

Als Anfangspunkt gilt ihm der 2. September und die Geschichte Dolabellas gesondert abge- 

31 v. Chr., das Datum der Schlacht bei Actium, handelt. Nicht genug, dass unter dieser Zer- 

das Dio entgegen seiner Gewohnheit genau an- reissung der Synchronismen die Erkenntnis der 

gieht, um die Kaiserregierungen danach herechnen historischen Zusammenhange auf das empfind- 
zu kCnnen (LI 1, 1). Wo Zweifel entstehen ken- 40 lichste leidet, so fehlt es auch nicht an Confu- 

nen, wie bei dem Intervall zwischen Nero und sionen: unter dem Beschluss, den Dolahella (XL VII 

Vespasian oder der irregularen Erhebung Elaga- 29, 2) in Asien erfahrt, kann man nur das Ach- 

bals zum Kaiser, klart er den Leser fiber die Prae- tungsdecret verstehen und muss nach Dio an- 

missen der Rechnung auf (LXVI 17, 4. LXXVIII nehmen , dass er schon vor Trebonius Tod zum 

41, 4) mit dem ausgesprochenen Zweck, einen hostis erklart wurde, was den Thatsachen ebenso 

jeden in den Stand zu setzen, sich nach den von widerspricht, wie Dios folgender Darstellung. Weil 

ihm mitgeteilten Summen von Jahren, Monaten Dio die Ereignisse nach der Schlacht hei Mu- 

und Tagen eine chronologisch zuverlassige Tahelle tina so anordnet, dass er erst Caesars Thaten bis 

der Kaiserregierungen selbst an zufertigen. Dio hat zum Consulat abhandelt und dann, was fiber 
nun aber durchweg, und unabhangig von seinen 50 Antonius und Lepidus zu sagen ist, als Nachtrag 

jeweiligen Gewahrsmannero , das streng chrono- bringt, passiert es ihm , dass er Caesars Consul- 

logische Princip der annalistischen Geschicht- wahl vor die Versehnung zwischen Antonius und 

schreibung mit dem pragmatisch-geographischen Lepidus schiebt (XL VI 51, 5,- vgl. 44, 4). Einen 

der historiae — vgl. Dionys. ep. ad Pomp. 3, 13 Teil der Refiexionen, mit denen er seinen Bericht 

fisxd xovxo egyov iouv laroqiHov biekkofrai renal der Schlacht hei Pharsalos einleitet, hat J. Ziehen 

ra^ai rcov 8i]).ovfisvcor 'ixaoxov h q> 8sT to'jtqj. (Berichte des Freien Deutschen Hochstifts, Frank- 

ncbg ovv exdregog diacQsaai xai rarra xa ).eyo- furt 1890, 59) richtig durch Vergleichung mit 

fisva ; OovxySidrji fisr rotg %qovok axokov&oiv , Lucan auf das Prooemium des Livius zum Bellum 

'HqoSotos Ss Tcttg neQioxai? xwv xQayfidtaw — civile zuriickgeffihrt. Die Motive des Caesar und 
insofern auszugleichen versucht, als er nicht nur 60 Pompeius (XLI 54), deren livianischer Ursprung 

innerhalb eines Jahres die Erzahlung nach sach- schon durch Floras (II 13, 14) feststeht, finden 

lichen Gesichtspunkten ordnet , sondern hierbei sich bei Lucan (I 125ff.) weitaus am passendsten 

sehr hauflg die Jahresgrenzen erheblich fiber- in der Einleitung; und von diesem Gesichtspunkt 

schreitet. Diese Vereinigung zweier Oekonomien aus wird auch die sonst ratselhafte Bemerkung 

hat nicht nur die Unzutraglichkeit zur Folge ge- Dios verstandlich , dass beide fiber den Frieden 

habt, dass aus der Reihenfolge der constantini- mit einander verhandelt hatten; das passt nicht 

schen Excerpte und dem Aufbau der Erzahlung auf die Tage vor Pharsalos, sondern auf den An- 

bei Zonaras und Xiphilin chronologische Schlusse fang des Jahres 49. Erwahnt werden mag als Bei- 



1689 Cassius Cassius 1690 

spiel der in falschen Pragmatismus ausartenden beschreibungen Dios sind ausnahmslos rhetorische 

Umstellungen Dios noch die Ableitung der Wahl Schildereien ohne jeden Wert; diplomatische Ver- 

Caesars zum Pontifex Maximus (6. Marz 63, Ovid. handlungen , auch so wichtige wie die vor dem 

fast. Ill 415) von seiner Abstimmung fiber die caesarisch-pompeianischen oder vor dem Krieg des 

Catilinarier am 5. December 63 (XXXVII 37). jungen Caesar mit Kleopatra und Antonius sind 

Verrat schon dieser Versuch einer Anordnung so verschwommen und unklar wiedergegeben, dass 

nach sachlichen neben den chronologischen Sche- der historische Forscher sie verzweifelt bei seite 

mata, dass Dio mit der historiographischen Theorie wirft. Und dabei ist Dio kein dem Staatsleben 

Fiihlung gesucht hat, so wird dies unzweifelhaft feme stehender Declamator gewesen, sondern ein 
durch seine wiederholte Beruftmg auf die Wiirde 10 hoher Reichsbeamter von anerkannter Tuchtig- 

der Geschichte, welcher eine mit reichen Details keit, der gefahrliche Truppencommandos gefiihrt 

ausgeschmiickte Erzahlung widerstrebe und die und wichtige Grenzprovinzen verwaltet hat, ein 

von den einzelnen Thatsachen nur so viel mitzu- drastischer Beweis , wie unmoglich es dem im 

teilen habe. als zum materiellen Kern des Baisonne- Praktischen verstandigen Manne war, als Schrift- 

ments und der allgemeinen Betrachtung geniige: steller den Bann der Schultheorie zu durch- 

xai yaQ xal naibevoig iv xoitcp to. fidXwra eiva! brechen. Auch er ist durch den Fluch der Rhe- 

fioi doxsT orav rig za egya xoZq XoyiofioXg vxoMyiov torik oder, wie wir fiir uns verstandlicher zu 

trjv ts sxslvcov <pvatv ex rovxcov iXsyxj] xai r °v- sagen haben, der allgemeinen Bildung um die 

rove ex xfjg exeivcov SfioXoylag xexfi^QioX (XL VI Friichte seines Fleisses gebracht, der die ganze 
35, 1). Sein Glaube an diesen oyxog rijg iatogiag 20 decadente Kaiserzeit um den besten Lohn ihrer 

ist so unerschiitterlich , dass er ihm nicht nur sehr achtungswerten praktischen Leistungen be- 

Namen, Zahlen, Tagesdaten fast ohne Auswahl trogen hat, den namlich, geistiges Leben aus 

und Ausnahme opfert (vgl. z. B. XLHI 22, 4. ihrem Thun zu schSpfen und ihr Thun wiederum 

XLIV 14, 2. XLVII 10, 1. LI 1, 1. XLII 19, mit geistigem Leben zu durchdringen. 

3. 4. XLIII 24, 2), sondern auch iiber ihm ganz- Die Theorie, welcher Dio zum Unheil seines 

lich vergisst, . die Tugend des Geschichtschreibers Werkes sich unterordnete , war an und fiir sich 

zu pflegen, welche die antike Historiographie zu durchaus nicht schlecht. Sie verlangte, dass die 

nie wieder erreichter Vollendung entwickelt hat, Hauptziige der Ereignisse zu organischen Massen 

die der anschaulichen, plastischen Erzahlung. Man zusammengeschoben wurden, damit der Leser im 
vergleiche z. B. die diirftigen Triimmer der livia- 30 Dickicht des Details den Ausblick auf das Wesent- 

nischen Darstellung von dem Kriegsrat der Pom- liche nicht verliere ; das populare Reizmittel der 

peianer vor Pharsalos (Lucan. VII 45ff. Flor. II bis ins einzelne lebendigen Erzahlung soil durch 

13, 43) oder von der kritischen Lage Caesars bei die politische Reflexion, durch richtig abgewogene 

Munda (Flor. II 13, 83ff. Val. Max. VII 6, 5. Stimmungsbilder ersetzt werden ; an Stelle roman- 

Frontin. II 8, 13) mit Dio; obgleich seine Erzah- hafter, anekdotenmassiger Motivierung hat die 

lung vollstandig vorliegt, so fallt sie doch gegen scharfe Zeichnung der von den PersOnlichkeiten 

die Ruinen des Livius entsetzlich ab. Von jenem eingenommenen politischen Stellung zu treten. 

ungestumen Drangen der Pompeianer zur eigenen Nach dieser historiographischen Theorie hat Sal- 

Katastrophe ist ein jammerlicher Flicken iibrig lust seine Werke geschrieben; aus der Thatsache, 
geblieben , der in den verborgenen Winkel einer 40 dass er Thukydideer sein will und Dio ebenso 

allgemeinen Reflexion iiber Pompeius Thorheit sich mit der Nachahmung des Thukydides die 

gesteckt ist (XLII 1, 3), und bei Munda sind die peinlichste Muhe giebt (vgl. Litsch De Cassio 

Hauptmotive auf Caesar und Cn. Pompeius ver- Dione imitatore Thucydidis, Freiburg 1893), er- 

teilt (XLIII 37. 38), wodurch jede dramatische giebt sich der zwingende Schluss, dass eine aus 

Spannung verloren geht. Aber es ist nicht notig, demSchossdesClassicismusindercaesarischenZeit 

Beispiele im einzelnen zu haufen: die gesamte entstandene, aus Thukydides abstrahierte historio- 

Erzahlung vom Untergang der Republik beweist graphische Theorie noch am Anfang des 3. Jhdts. 

noch viel vernichtender als die Einzelheiten, welche werbende Kraft besass, was dem Kenner dieser 

Verwustungen eine Theorie anrichten kann, wenn Periode nicht wunderbar erscheinen wird. Aber 
sie einem ehrlichen Verstandesfanatiker zum star- 50 eine Theorie, die urspriinglich eine sehr gesunde 

ren, durch Phantasie und Leidenschaft nicht cor- Reaction gegen die in wilde Romanschreiberei 

rigierten Gesetz wird. Auch der nachsichtigste ausgeartete Annalistik bedeutete, die die Gattung 

Kritiker, dem die gerade, t&chtige Personlichkeit der kiinstlerisch abgerundeten historia im Gegen- 

des Bithyniers Achtung abnOtigt, muss zugeben, satz zu den in unendlichen Banden sich fortwal- 

dass unter seinen ungeschickten Handen ein un- zenden Annalen wenn nicht geschaffen, so doch 

vergleichlicher Stoff , dessen Fiille von dramati- zu siegreicher Anerkennung gebracht hat, passte 

schen Motiven auch einem massigen Erzahler- nicht fiir ein universalhistorisches, ein Jahrtausend 

talent wohlfeile Lorbeeren bot , zu einer grauen, umfassendes Werk, und dann war Dio nicht Sal- 

formlosen Masse zusammengeballt ist, die nicht lust. Ihm geht die Glut der Parteileidenschaft, 
im mindesten erfreut und mehr verbirgt als be- 60 das politisch-agitatorische Element, all das, was 

lehrt. Mit den Namen, Daten und Zahlen ist der reflectierten, raisonnierenden Historiographie 

auch das unschatzbare geographische Detail ge- Leben und Bewegung giebt, ab; der kaiserliche 

fallen, das Dio z. B. bei Gelegenheit von Pompeius Senator bithynischer Herkunft hat fiir die oli- 

armenischen und kaukasischen Feldziigen oder garchische Republik nicht das mindeste Verstand- 

Antonius Invasion von Atropatene hatte bieten nis, ihre Kampfe setzen weder seine Phantasie, 

kOnnen; es ist hart, aber wahr, dass in dieser Be- noch sein Gefilhl in irgend welche Bewegung. 

ziehung ihm Scribenten vom Schlage des Theo- So vermag er die leitenden Gesichtspunkte, um 

phylaktos Shnokatta uberlegen sind. Die Schlacht- die Massen zu ordnen, um das Wesentliche vom 



1691 Cassius Cassius 1692 

Unwesentlichen zu scheiden, nicht zu finden; an xan> fieyioxcov xai avayxatoxdxcov xfj firrjfitj xa>v 

Stelle der Ordnung tritt ein Oder Schematismus iasjisixa iao/tevcov nagadovvai . xai fievxoi xai xa).Xa 

und die Selbstbeschrankung des Meisters wird zur jidvxa xa in 1 ijxov aQax&svxa xai Xenzovgyrfoo) xai 

Verschwommenheit, die gerade das Wesentliche ).e7ixoXoyr)oa> fiaXXov rj xa Jigoxega, oxi xs ovveye- 

unterdriickt. Das Raisonnement selbst ist ein v6/.a]r avxoXg xai oxi fitjdsra aXXov olba x&v xi 

gehaltloses, seiehtes Moralisieren mit Allerwelts- dvvafisvmr & ovyyoacpijv a^ior Xoyov xaza&ioftai, 

sentenzen ; nie komtnt ein scharfes Bild der Si- dtrjXQijioixoxa avxa o/zoiwg ifiol (LXXII 18). Und 

tuation, eine grossartig concipierte Motivierung thatsachlich erhebt sich die Erzahlung hier zu 

heraus. Das sallustische Eingen rait dem Aus- einer viel grOsseren Frische und Praecision, als 
druck erzeugt jene eigenartige Spannung der Die- 10 irgendwo sonst bei Dio; auch diesen Partien gehen 

tion, die den Leser nicht zur Rube kommen lasst; Anmut und Plastik freilich ab — die Reste des 

Dios geistlose, schwerfallige Nachahmung thuky- LXXVIII. und LXXIX. Buches erlauben ein Urteil 

dideischer Sentenzen argert nur, weil man Nfisse fiber das Original — und die Kriegsgeschichten ge- 

knacken muss und keinen Kern flndet. niigen selbst bescheidenen Anforderungen nicht. 

Allerdings verlangt die historische Gerechtig- Immerhin wiirde fiir den Fall, dass nur die letzte 

keit das Eingestandnis , dass das Schicksal Dio Dekade erhalten ware, das Urteil iiber Dio, nament- 

besonders iibel mitgespielt hat, wenn es aus dem lich im Vergleich zu Herodian und der Historia 

ersten Abschnitt seines Werkes sehr viel mehr Augusta ein viel giinstigeres sein als jetzt, wo 

gerettet hat als aus dem zweiten oder dritten. wir uns der Gefahr nicht ganz entziehen kOnnen, 
So wie er zu der Eaiserzeit iibergegangen ist, 20 harter als notig iiber den Geschichtschreiber zu 

wird das Raisonnement ungleich sachlicher, die urteilen, der iiber eine der wichtigsten Epochen der 

Piille der Erzahlung nimmt zu , die Linien der romischen Geschichte so viel Wertvolles hatte mit- 

Zeichnung werden bestimmter; Dio befindet sich teilen konnen und statt dessen nichtssagende Rai- 

hier eben auf einem Boden, der ihm aus eigener sonnements auftischt, weil das Ungliick es gefiigt 

Anschauung bekannt ist. Der Hauptfehler, dass hat, dass seine Darstellung die einzige ausfuhrliche 

das Verhaltnis der Kaiser zum Senat zum leiten- GesamterzahlungjenerEpocheist, die wirbesitzen. 

den Gesichtspunkt gemacht ist, ist ihm mit der Ich gehe nunmehr zur Quellen analyse , zu- 

gesamten kaiserlichen Annalistik gemeinsam, die nachst des ersten Teils fiber. Es liegt auf der 

noch viel weniger als die republicanische ihren Hand, dass eine Darstellung wie die dionische 
Ursprung aus der Stadtgeschichte vergessen konnte 30 ein so sprOdes Material fiir die Analyse ist wie 

und sich durchweg unfahig erwiesen hat, die fiir nur mOglich; der Mangel des Detail, die ver- 

die Reichsgeschichte notwendigen neuen Formen schwommene Unbestimmtheit der Erzahlung be- 

zu finden. Indes ist dieser Gesichtspunkt doch rauben die Kritik ihrer besten und sichersten 

wenigstens ein durch die wirklichen Verhaltnisse Hebel. So ist iiber etwas allgemeine Resultate 

gegebener und nicht so unfruchtbar, wie die All- nicht hinauszukommen ; doch verspricht eine scharfe 

gemeinheiten im ersten Abschnitt; wohlthuend historische Interpretation vor allem der erhaltenen 

ist ferner, dass die stoischen Declamationen fiber Bficher, die wie stets fiber der Quellengraberei 

libertas und virtus fehlen; als kaiserlicher Be- ganz vernachlassigt ist, noch eine reichliche Aus- 

amter will Dio von den Philosophen ebensowenig beute fiir die Erkenntnis von dem Werden der 
etwas wissen wie Appian (LXVI 12. 13). Im 40 Tradition , auf die viel mehr ankommt, als auf 

dritten Abschnitt endlich hat Dio mit vollem Be- die Zuweisung an bestimmte Namen. 

wusstsein sich von seiner Theorie emancipiert, Die Darstellung der KOnigszeit (Buch I. II), des 

weil er hier es fiir richtiger hielt, die eigenen Standekampfes und der Eroberung Italiens bis zum 

Beobachtungen moglichst reichlich zur Kenntnis Zug des Pyrrhos (Buch III — VIII) ist bei alien Be- 

zu bringen : xai fir\ fie xis xtjfodovv x6v xfjg loxoQias riihrungen von Livius ebenso unabhangig wie von 

oyxov, oxi xai xa xoiavxa avyyed<pa>, vo/tlay . SX- Dionys, zeigt vielmehr eine Mischung der annalisti- 

Xo)s fisv yog ovx av ehtov avxa • smstdfj dk jxqos xe schen Traditionen, die so zwischenbeiden steht, dass 

xov avxoxQaxooog iysvexo — da spricht der loyale sie naher an Dionys heranrfickt. Die Einzelunter- 

Beamte — xai nagwv avxog sydi xai sldov e'xaaxa suchung kann hier nicht vorgelegt werden — ich be- 
xal ijxovoa xai sldXrjoa, Sixaiov ^yrjadfirjv firjhh 50 gniige mich mit kurzer Angabe der durchschlagenden 

avxibv ajzoxQvrpaodai, aXXa xai avxa &<mt>Q xi aXXo Beweisstellen. Dio geht mit Dionys gegen Livius z.B. 

= Dionys. I 64 vgl. Liv. I 2, 3. 

= , I 70 vgl. , I 3, 6. 

= „ II 7 vgl. „ I 13, 6-8. 

7, 2 = „ III 9ff. vgl. „ I 23. 

= „ III 39. 40, fehlt bei Livius. 

= „ m 55. 56. 67, fehlt bei Livius. 



Zon. 


VII 1, 3 


n 


VII 1, 6 


frg. 


5, 8 


Zon. 


VII 6, 2. frg. 


J) 


VII 7, 3. 4 


r> 


VII 8, 11. 12 


n 


vn 9, 1. 2 


j? 


VII 11, 6—8 


Ti 


VII 12 


frg. 


13, 1 


Zon. 


VII 13, 9 


jj 


VII 13, 10 


n 


VII 13, 11 


frg. 


18, 5 


f 


18, 3 


•n 


18, 4 


Zon. 


VII 17, 2. 3 



IV 1 


vgl. 


Liv. I 39. 


IV 60. 61 


vgl. 


„ I 55. 


V 10—12 


vgl. 


, H2. 


V 19 


vgl. 


. 117,7. 


V 44 


vgl. 


■ II 16. 


V 49 


vgl. 


. II 17. 


V 51. 53- 


-57 vgl. 


„ II 18. 19. 


VII 58 


vgl. 


„ II 35. 


VII 21 


(vgl- 


„ II 34, 7. App. Ital. 3). 



VII 27, fehlt bei Livius. 

IX 1—3 vgl. Liv. II 43; 



1693 Cassius Cassius 1694 

er steht Dionys wenigstens naher als Livius: 

Zon. VII 1, 8 vgl. Dionys. I 71, fehlt bei Livius. 

„ VII 10, 6. 7. 12 vgl. „ IV 55. 57. Liv. I 53. 54. 

„ VII 11, 1—4 vgl. „ IV 62, fehlt bei Livius. 

„ VII 16, 5 vgl. „ VIII 14, fehlt bei Livius. 

Daneben kommen auch Concordanzen mit Livius gegeniiber Dionys vor: 



Zon. 


VII 9, 5 = Liv. I 41, 7 vgl. 


Dionys. 


IV 5, 3. 


n 


VII 9, 15. 16 = „ I 47 vgl. 


i? 


IV 30. 38. 


r 


VII 11, 17 = ,. I 59 vgl. 


1. 


IV 85. 


V 


VII 16. 3 = „ II 35, 8. 37, 2 vgl. 


« 


VIII 2. 3. 


frg. 


24, 2 = „ V 27 vgl. 


,, 


XIII 2. 


n 


24, 6 = „ V 32 vgl. 


n 


XIII 5 , 



oder eine Mischung der bei ihnen vorliegenden Traditionen: 

Zon. VII 8, 13. 14 vgl. Liv. I 40 Dionys. Ill 72. 73. 

, VII 11, 9 vgl. „ I 56 „ IV 69. 

frg. 11, 13—15. 18 vgl. „ I 57. 58, 7 „ IV 64. 66. 

Zon. VII 17, 6 vgl. , II 61 „ IX 54. 

„ VII 20, 2-4 vgl. „ IV 13. 14 „ XII 1. 2. 



beiden weicht Dio ab : 








Zon. VII 1 , 1 


vgl. Liv. I 2, 6 


Dionys. 


I 64, 5. 


„ VII 1 , 8 


vgl. ,13,8 


V 


I 71. 


frg. 7, 5 


vgl. „ 131 


n 


II 70, 1. 


Zon. VII 8, 6 


vgl. „ I 35, 6 


n 


Ill 67. 


, VII 9, 6. 7 


vgl. „ I 41, 6. 46, 


1 , 


IV 12. 22. 


frg. 13, 3. 4 


vgl. „ II 8 


H 


V 35, 3. 


Zon. VII 14, 4, fehlt bei beiden. 






„ VII 18, 2 


vgl. Liv. Ill 33 


H 


X 56. 


frg. 22, 1, fehlt bei beiden. 






Zon. VII 20, 8, 9 


vgl. Liv. V 15—17 


Y: 


XII 10—1 



23. 



12. 

Besonders hervorzuheben ist die bei Livius und Cber die Erzahlung des Krieges gegen Pyrrhos 

Dionys fehlende Etymologie des Namens Ancus, (Buch IX. X) und des ersten punischen sowie der 

Zon. VII 7,1, die aus Valerius Antias frg. 10 darauf folgenden Ereignisse bis zum Beginn des 

stammt; um falsche Schliisse zu verhiiten, notiere zweiten (Buch XI. XII) lasst sich wenig sagen, 

ich die Discrepanz zwischen Zon. VII 9, 1. 2 und ich beschranke mich auf die Beobachtung, dass 

Val. Ant. frg. 12. Nicht selten finden sich in Zon. YHI 5, 8 mit Claudius frg. 40. 41 gegen 

der Erzahlung Versionen, die von Livius und Di- Valerius frg. 21 stimmt, und dass die verderbte 

onys als Varianten bezeichnet werden : annalistische Tradition, nicht Polybios zu Grunde 

frg. 5, 11.6, la* = perobscura fama Liv. 1 16, 4; 40 liegt, vgl. Zon. VIII 10, 2-5 mit Polyb. I 19, 

oi xa mftavmrzoa ygaqjovvsg Dionys. II 56. Zon. VIII 10, 8 mit Polyb. I 21, 4. 22, 1, frg. 

Zon. VII 9, 3. 6 folgt wie Liv. I 46, 4 der 43, 22 (= Oros. IV 9, 1. Eutrop. II 21, 4) mit 

alteren Tradition im Gegensatz zu der Polyb. I 31, Zon. VIII 13, 10 mit Polyb. I 36 

rationalistischen Correctur Pisos, Dionys. (= Oros. IV 9, 4), Zon. VIII 15, 11 — 13 mit 

IV 6. ' Polyb. I 44 (= Oros. IV 9, 2). Dass Livius be- 

„ VII 13, 2 = apud veterrimos auetores niitzt ist, ist hBchst unwahrscheinlich. 

Liv. II 18, 5 = Dionys. V 70ff. Sicherlich ist es nicht der Pall gewesen in 

frg. 18, 12 vgl. Pabius bei Liv. II 40, 10; die der Darstellung des zweiten punischen Kriegs 

andere Alternative bei Dionys. VIII 57ff. (Buch XIII— XVII): Hesselbarth (Untersu- 

App. Ital. 5, 3. 50 chungen zur dritten Dekade des Livius) behauptet 

Zon. VII 23, 3: Liv. V 39. 41 kennt nur die dies nur um seine, aus vielen Grlinden unhaltbare 

zweite Alternative. Identification von Dio mit Coelius, von Appian 

„ VII 24, 10 — 12 ist eine Combination aus mit Valerius zu retten. Allerdings finden sich 

Claudius und dem Bericht der iibrigen, einige Concordanzen mit Coelius: 

die sich Dionys. XIV 8 wiederflndet. Zon. VIII 22, 8. 9 = frg. 11 = Liv. XXI 22. 

Zon. VII 25, 9 = invenio apud quosdam Liv. „ VIII 24, 1 = frg. 18 , vgl. die Polemik 

VII 42. bei Liv. XXI 47. 

„ VII 26, 7: Livius kennt nur die eine „ Vin 25, 7 = frg. 20 = Liv. XXII 5, 8. 

Version VIII 9. „ VIII 25, 11 = frg. 21 = „ XXII 8, 6. 

frg. 35, 4 vgl. apud quosdam auetores invenio 60 „ IX 1, 16 = frg. 25 = „ XXII 51. 

Liv. VIII 11. „ IX 11, 10, vgl. frg. 33; 

„ 36, 22 = Liv. IX 15 quibusdam in an- aber das ist tralaticisches Gut, das fur directe Ab- 

nalibus invenio. hangigkeit nichts beweist. Gerade eine Coelius 

Zon. VIII 1,5= Liv. X 26 invenio apud eigentiimliche Geschichte (frg. 17) findet sich bei 

quosdam. Dio (Zon. VIII 23, 9) nicht, sondern die Version 

Ich merke noch an, dass Zon. VTH 1, 8 mit Liv. des Polybios (X 3 = Liv. XXI 46) , die in der 

X 36 gegen Claudius bei Liv. X 37, frg. 36, 8 Annalistik durchgeschlagen hatte, und Hannibals 

mit App. Samn. 4, 1 gegen Liv. VIII 39 stimmt. Zug gegen Eom (Zon. IX 6, 2) ist nicht nach 



1695 Cassius Cassius 1696 

Coelius (frg. 28), sondern nach einem auch bei Zon. IX 12, 7 = App. Lib. 17, fehlt bei Po- 

Livius (XXVI 8) vorliegenden Annalisten erzahlt, lybios und Livius. 

nicht nach Livius selbst, wie die Discrepanz zwi- „ IX 12, 8 vgl. App. Lib. 20ff., abweichend 

schen Zon. IX 6, 4 und Liv. XXVI 11 beweist. von Liv. XXX 6. 7 = Pol. XIV 4. 5. 7. 

Daraus. dass an der eben angefiihrten Stelle und Aber der Schluss , dass darum der oder die von 

Zon. VIII 24, 5 = Polyb. Ill 74, 11, vgl. Liv. Dio benutzten Annalisten alter als Valerius An- 

XXI 56. 58, 11 Dio Poly bios etwas naher steht, tias sein miissten, rechnet mit der Thatsache 

folgt nur, dass in den von Dio benutzten An- nicht, dass die Annalistik sich noch bis in die 

nalisten polybianisches Gut steckte, was nichts Kaiserzeit und iiber Livius hinaus weiter ent- 
Besonderes ist; denn dass ein vorpolybianischer 10 wickelt hat; die fur die appianische Tradition be- 

Annalist nicht Dios Gewahrsmann gewesen sein zeichnende Verfalschung geht zum guten Teil — 

kann, steht, von allgemeinen Grunden abgesehen, das einzelne wird sich nie feststellen lassen — auf 

schon durch die coelianischen Spuren fest, und Appians nachsten Gewahrsmann zuriick, wahrend 

von den nachpolybianischen Annalisten ist schwer- bei Dio aller Wahrscheinlichkeit nach zu den 

lich auch nur einer frei von polybianischem Ein- Falschungen der vorlivianischen Annalistik nichts 

fluss gewesen. Wenn irgend etwas, so ist sicher, Neues mehr hinzugethan ist. 

dass Dio selbst die Annalen nicht durch directe Be- In den folgenden Biichern (XVIII — XXI), die 

nutzung des griechischen Werkes corrigiert hat, da bis zur Zerstorung von Karthago und Korinth 

erregehnassigdieannalistischenVerfalschungenim reichen, beherrscht Polybios die Darstellung der- 
Gegensatz zu Polybios bietet, und der kraftigste 20 artig, dass Dio zu seiner Beconstruction mit Becht 

Beweis dagegen, dass er Livius auch nur partien- herangezogen wird. Nichtsdestoweniger liegt Po- 

weise gefolgt ist, liegt darin, dass sich keine lybios keineswegs rein vor, und es ist sogar 

Spur der Livius eigentumlichen Mischung von sehr zweifelhaft, ob er direct beniitzt ist. Aller- 

annalistischer Verfalschung und echtem Polybios dings entspricht Zon. IX 15, 2 Pol. XVI 27. 34 

nachweisen lasst. Das schSne, durch keinen Wider- (vgl. Liv. XXXI 9) besser als Liv. XXXI 3. 8, 

spruch meines Erachtens zu erschiitternde Resultat der annalistisch verfalscht ist , aber diese Con- 

des Hesselb art h schen Buches, dass Livius selbst cordanz kehrt Appian. Mac. 4, 2 wieder, und es 

den echten Polybios mit der annalistischen Tra- steht unbedingt fest, dass Appian Polybios nicht 

dition verquickt hat, der Grund- und Eckpfeiler direct ausgeschrieben hat. Ferner fehlt es nicht 
fur jede Kritik der trberlieferung fiber den hanni- 30 an Stellen, an denen die polybianische Darstel- 

balischen Krieg, lasst sich durch die Vergleichung lung ersichtlich getrubt oder erweitert ist , und 

Dios mit Livius noch viel scharfer herausarbeiten, zwar nicht von Dio selbst, vgl. 

als Hesselbarth, in seiner Coelius-Valerius- Zon. IX 16, 1 abweichend von Polybios (vgl. 

Hypothese befangen, es gethan hat: Dio ist ein Plut. Tit. 4) bei Liv. XXXII 12. 

gutes Kriterium, urn das Polybianische und Nicht- „ IX 18, 13. 14 = App. Syr. 9, vgl. Claudius 

polybianische in Livius dritter Dekade zu schei- bei Liv. XXXV 14. 

den. Bichtig ist ferner, im grossen und ganzen „ IX 20, 10 = App. Syr. 39; die Zusatze 

wenigstens, Hesselbarths Behauptung, dass die fehlen Pol. XXI 45. Liv. XXXVIII 38. 

annalistische Tradition bei Dio einen geringeren Zon. IX 20, 7. 8 und 26, 5 giebt Details, die durch 
Grad von Verlogenheit zeigt, als die bei Appian, 40 Liv. XXXVII 43 (= Polybios) und Pol. XXXVI 6 

trotz der haufigen und sehr auffalligen Beriihrung nicht gedeckt sind, IX 22, 4 stimmt zu dem anna- 

zwischen beiden, vgl. listischen Bericht Liv. XLII 36, nicht zu der aus 

Zon. VIII 19, 1 = App. Iber. 5. Pol. XXVII 6 stammenden Doublette Liv. XLII 

„ VIII 21, 4 Sagunt nicht weit vom Ebro; 48, der achaeische Krieg Zon. IX 32, 2 — 4 scheint 

aus dieser wegen des hasdrubalischen Vertrags wenigstens nach Oros. V 3, 3 auf Grund der an- 

ersonnenen Topographie ist die monstro'se Behaup- nalistischen , nicht der polybianischen Tradition 

tung App. Iber. 7 entwickelt, dass Sagunt nord- erzahlt zu sein. In den sparlichen Besten der 

lich vom Ebro lage. Stadtgeschichte und der Darstellung der spani- 

Zon. VIII 24, 8 vgl. App. Hann. 6, schen Feldziige tritt, was sehr zu beachten ist, die 
es liegen zwei Weiterentwicklnngen von Pol. Ill 50 Abweichung von Livius scharf hervor; vgl. Zon. 

78 = Liv. XXII 1 vor, ebenso wie bei IX 17, 1-4 mit Liv. XXXIV 1—7; Zon. IX 17, 

Zon. VIII 25, 4-8 vgl. App. Hann. 9 und Pol. Ill 5—7 = App. lb. 40. 41 mit Liv. XXXIV 17. 19. 

83, 5 = Liv. XXII 3—6. 20; Zon. IX 16, 8 entspricht dem, was bei Liv. 

Zon. VIII 26, 1 = App. Hann. 15. XXXII 30 quidam auctores erzahlen. 

frg. 57, 14 = App. Hann. 16, abweichend Dio giebt fur die ersten sechs Jahrhunderte der 

von Pol. Ill 96. Stadt eine Mischung der Annalistik, die trotz aller 

Zon. IX 2, 5 = App. Hann. 28 extr. Berflhrungen von Livius unabhangig ist; das ist das 

„ IX 2, 11. 12. frg. 57, 30. 34 = App.Lib.63, Gesamtresultat, das als sicher bezeichnet werden 

abweichend von Liv. XXIII 15. 17. darf. Die tiefst greifende Differenz von Livius 
„ IX 10, 2 = App. Iber. 32, abweichend 60 ist die, dass Dio fur die alteste Zeit die jttngere 

von Liv. XXVIII 19. Annalistik, wie auch Dionys, beyorzugt oder, mit 

„ IX 10, 6. 8 vgl. App. Boer. 36, der ver- anderen Worten, durch ihre Pragmatik sich hat 

wandter ist als Liv. XXVIII 26. 29 = tauschen lassen, und dass er den hannibalischen 

Pol. XI 27. 30. Krieg nicht einmal partiell wie Livius nach der 

„ IX 11, 1. 2. frg. 57, 51, vgl. App. Lib. 10, reinen Uberlieferung des Polybios erzahlt hat; 

abweichend von Liv. XXIX 23. 31ff. selbst in der Darstellung des halben Jahrhunderts 

frg. 57 , 65ff. = App. Lib. 14, vgl. die Notiz vor dem Ausbruch der Revolution weist er trotz 

Liv. XXIX 34 iiber Coelius und Valerius. der iiberwiegenden Herrschaft des polybianischen 



1697 Cassius Cassms 1698 

Einflusses eine erheblich grOssere Neigung zur nung. Der Beweis ist nicht ganz leicht zu er- 

Annalistik auf, alsjener, der Polybios immer wie- bringen, um so weniger, als die Quellenforscher 

der direct consultiert. In uberraschender Weise lieber im Leeren gewiihlt haben , statt die viel 

stimmt dies Resultat mit dem fiir Appian ge- ntitzlichere Arbeit zu leisten, auf der allein eine 

wonnenen iiberein, wenn man wie billig die dort griindliche Untersuchung fiber die Verzweigung 

erst ganz spat eingetretene weitere Falschung der der Tradition aufgebaut werden kann , die Re- 

annafistischen Falschung abzieht. Rfickschlfisse construction namlich des Livius und die Verglei- 

auf einen bestimmten Annalisten sind falsch und chung dieser Reconstruction mit der sicher als 

mtissen falsch sein, man moge ihn nennen wie nichtlivianisch erkannten Tradition. Ich muss 
man wolle; eine vorurteilslose Forschung hat sich 10 mich hier darauf beschranken, die loci der Argu- 

bei der keineswegs gleichgiiltigen Erkenntnis zu mentation vorzulegen, wobei ich mir nicht ver- 

beruhigen, dass fur die romische Geschichte der hehle, dass mit einem gewissen Recht der eine 

ersten sechs Jahrhunderte noch in der Kaiserzeit mehr, der andere weniger verlangen wird, da die 

trotz Livius die Auffassung und die Form mass- Beweiskraft der einzelnen Stellen eine ausser- 

gebend war, welche die Annalistik der zusammen- ordentlich ungleiche ist. Besonders warne ich 

brechenden Republik ihr gegeben hatte. Von davor, die Congruenzen zwischen Dio und der in 

dieser Erkenntnis aus, nach welcher, nebenbei ge- den Periochae, bei Floras, Eutrop und Orosius er- 

sagt, meine Bemerkungen im Artikel Appianus haltenen Epitome allzu hoch einzuschatzen. Wie 

Bd. II S. 221 zu modiflcieren sind, wird es verstand- vorsichtig man mit Schliissen aus der Epitome 
lich, wie sich in die livianische Excerptenlitteratur 20 sein muss , zeigt folgende , nur aus methodologi- 

so manches Unlivianische eingeschlichen hat, wie es schen Griinden augestellte Untersuchung fiber die 

nicht gelingen kann, eine Schrift wie de viris illu- Frage, ob die Discrepanzen der livianischen Epi- 

stribm restlos aus Livius abzuleiten ; die anna- tome mit Dio hinreichen wfirden, um zu der Er- 

listische Vulgata farbte eben immer wieder durch. kenntnis zu gelangen , die der erhaltene Livius 

Zugleich aber steigt das Verdienst des Pataviners mit voller Sicherheit erzwingt, dass namlich die 

viel hoher, als seine analytischen Kritiker uns erste, die dritte, vierte und fiinfte Dekade des 

glauben machen wollen; er ist der einzige Ge- Livius von Dio nicht beniitzt sind. Die Unter- 

schichtschreiber Roms, der nicht durch Zufall, suchung ergab allerdings eine Anzahl von Dis- 

sondern mit Bewusstsein, neben der bodenlos ver- crepanzen, vgl. 

logenen Annalistik der Revolutionszeit die altere, 30 Zon. VII 8, 6 mit per. I p. 4, 11 (Liv. I 35, 6). 

bessere und den echten Polybios hat zu Worte „ VII 9, 1. 2 mit per. I p. 4, 16 (Liv. I 39). 

kommen lassen. Hier haben die kritisch-gelehrte, „ VII 12 (fiber die Abdankung des Colla- 

geschmackvolle Weise des augusteischen Kreises tinus) mit Flor. I 3, 3. Eutrop. I 10, 3 

und die ehrlicbe Herzensromantik des unverdor- (Liv. II 2). 

henen Oberitalieners sehr glficklich zusammen- „ VII 18, 2 mit per. Ill p. 8, 25. Eutrop. I 

gewirkt. In welcher Form nun aber diese anna- 18 (Liv. Ill 33). 

listische, im einzelnen natiirlich unendlich vari- „ VIII 21, 8 mit Oros. IV 14, 2. Eutrop. 

ierende Vulgata gelesen und beniitzt wurde, ist III 7, 3 (Liv. XXI 9). 

unmoglich zu sagen, da nach dem verschiedenen , VIII 25, 4—8 mit Flor. I 22, 13 (Liv. 

Bedfirfnis auch die Formen gewechselt haben 40 XXII 3 — 6). 

werden; jedenfalls gab es von der ciceronischen „ IX 9, 11 mit Oros. IV 18, 15. Flor. I 22, 
Zeit an in Rom gelehrte Handlanger genug, die 53 (Liv. XXVII 51), 
einem schreiblustigen grossen Jlerrn nach bewahr- aber deren im Verhaltnis zu der Masse recht spar- 
ten Recepten die annalistischen Berichte mit viel liche Anzahl erscheint noch kleiner, wenn man 
oder wenig Varianten, je nach Bedarf, zusammen- sie mit der grossen Menge von Congruenzen ver- 
stellen konnten. Nichts hindert ferner anzuneh- gleicht, die uberall da sich einstellen miissen, wo 
men, dass neben solchen Zusammenstellungen auch Dio entweder wirklich mit Livius ubereinstimmt 
die Annalenwerke selbst noch, wenigstens partien- oder Schlfisse ex silentio oder aus sehr minutiosen 
weise, consultiert wurden; es ist sogar sehr wahr- Einzelheiten not wendig werden. Auf der anderen 
scheinlich, dass sich fiir die verschiedenen Epochen 50 Seite darf nicht verschwiegen werden , dass die 
ein Kanon von Annalisten herausgebildet hatte, Verhaltnisse insofern nicht ganz gleich liegen, als 
die derjenige, der sich genauer unterrichten wollte, hier an Stelle des vollstandigen Dio der Auszug 
neben- und nacheinander zu lesen hatte, wenn des Zonaras treten muss, der mit der Beschran- 
auch vielleicht nicht in der originalen Breite, kung des Vergleichungsstoffes auch die Moglich- 
sondern in epitomierten und tnodernisierten fiber- keit falscher Congruenzen steigert, und dass dieser 
arbeitungen. Probe eine andere Gegenprobe gegeniibergehalten 

Die sparlichen Reste der Biicher XXII-XXXV werden muss, die namlich, ob etwa mit der Epi- 

mit den ebenfalls sehr kummerlichen fibrigen Trfim- tome auch bewiesen werden kann, dass Plutarch 

mem anderer Historiker zu vergleichen, um da- und Appian im ganzen Umfange, nicht etwa nur 
nach auf irgend eine ,Quelle' zu raten, ist ein Be- 60 ftr einzelne Partien, Livius ausgeschrieben haben. 

ginnen , fiir das ich keine Zeit habe und haben Das Experiment ergiebt sofort das Gegenteil, eben- 

will; das einzige, was sich mit voller Sicherheit so hort mit Bnch LI bei Dio jede irgendwie nahere 

eruieren lasst, dass Sallusts Bellum Iugurthinum Beruhrung mit der Epitome , wie sie sich von 

nicht direct benutzt ist , wird noch zur Sprache XXXVI an massenhaft vorflnden, auf. Am schwer- 

kommen. sten aber fallt ins Gewicht, dass, wo durch Frontin, 

Dass in den erhaltenen Biichern von XXXVI Valerius Maximus , vor allem durch Lucan mehr 

an Livius in grossen Massen steckt, ist eine weit livianisches Gut zur Vergleichung vorliegt, die 

verbreitete und sehr wahrscheinlich richtige Mei- Congruenzen mit Dio sofort und in reichlichster 

Panly-Wissowa III 54 



1699 Cassius Cassius 1700 

Ffille zunehmen. So dtlrfte eine radicale Skepsis (vgl. Plut. Pomp. 13; Sertor. 13. Plin. VII 96; 

iiber das richtige Mass hinausschiessen und eher Polemik gegen Livius steckt in App. Mithr. 97). 

nach bequemer Resignation als nach wissenschaft- 60: Obs. 62 = XXXVII 58, 3. per CIII p. 91, 

licher Methode schraecken. 2-4. Plor. II 13, 8. 9. 11 = XXXVII 49, 5. 50, 6. 

So moge denn die Liste der Congruenzen, in 54, 3. 4. 55, 1. 56, 1. 3. 4. 57, 1 (die irrige Ver- 

annalistischer Ordnung , hier folgen , sie giebt legung des Triumvirats ins J. 60, vgl. Suet. Iul. 

zugleich ein Bild von der Manier Dios, den Stoff 19. Cic. ad Att. II 1, 6. 3, 3. 4, 2, hat Livius 

umzuordnen: aus Asinius Pollio — vgl. Horat. carm. II 1, 1 — 

a. Ghr. 69: per. XCVIII p. 88, 15. 16. Oros. entlehnt, andererseits weicht Plut. Pomp. 47; Caes. 
VI 3, 7. Frontin. II 1, 14 (abweichend Plut. Luc. 10 13. 14; Crass. 14 von Dio so ab, dass Pollio nicht 

24. Memn. 57) = XXXVI 1 a. 2, 5. Dios Gewahrsmann sein kann). Lucan. I 85. 86 

68 : Oros. VI 3, 7. Eutrop. VI 9, 1 = XXXVI 7. = XXXVII 58, 1. 

67: Eutrop. VI 9, 2 = XXXVI 9, 1. 2. per. 59: Val. Max. II 10, 7 = XXXVIII 3, 2. Oros. 

XCVIII p. 88, 18—23 = XXXVI 12, 4. 13, 1. VI 7, 1 = XXXVIII 8, 5. 

15, 3. per. XCIX p. 88, 26 vgl. XXXVI 19, 1. 58: per. CIII p. 91, 10. 11. Flor. I 45, 2. 3 

per. XCIX p. 88, 26. 27 = XXXVI 42, 1. = XXXVIII 31, 2. 3 (abweichend von Caes. bell. 

67. 66: per. XCIX p. 89, 1—5. Oros. VI 4, 1. Gall. I 2, wo die Helvetier nicht so sehr durch die 

Flor. I 41, 1. 2. 8. 13. 14 = XXXVI 20, 2. 4. tFbervolkerung wie durch den Ehrgeiz des Orge- 

21, 2. 3. 23, 2. 37, 3—5. Val. Max. VIII 15, 9 torix veranlasst werden auszuwandern). Flor. I 
= XXXVI 36 a (aus den Verhandlungen fiber die 20 45, 10. 11 = XXXVIII 45, 1. 34, 4. Frontin. I 

lex Manilia — vgl. Cic. de imp. Cn. Pomp. 59 — 11, 3. IV 5, 11 = XXXVIII 46, 3. 4. 47, 1 (rhe- 

schon von Sallust — vgl. hist. 5, 24 — , den Livius torische Ubertreibung des von Caes. bell. Gall. I 

benutzt hat, fibertragen). Flor. I 42, 4 = XXXVI 40, 15 ausgesprochenen Gedankens). Flor. I 45, 

18, 2. 19, 1. 13 = XXXVIII 49, 6. 50, 1. 2 (rhetorische Uber- 

66: per. C p. 89, 11. 12 = XXXVI 42, 4. treibung von Caes. bell. Gall. I 52, 4. 5). 

43, 1. per. C p. 89, 14. 15. Oros. VI 4, 2. Flor. 57: per. CIV p. 91, 22—25. Cassiod. 696 = 

I 42, 6 = XXXVI 19, 3. per. C p. 89, 16. 17. XXXIX 6, 1. 2. 8, 3. 9, 3. 7, 2—8, 1. per. CIV 

Flor. I 40, 31 = XXXVI 45, 3. Oros. VI 4, 3 p. 91, 27 = XXXIX 2, 2 (ungenau nach Caes. 

= XXXVI 47, 2. per. C p. 89, 17. 18. Frontin. II bell. Gall. II 12). Flor. I 44, 4. 5 = XXXIX 22, 
5, 33 = XXXVI 47, 3. 4. per. C p. 89, 18-20 = 30 2. 3. 23, 1. 

XXXVI 45, 3. 51, 1. 2. Flor. I 40, 22 = XXXVI 56: per. CIV p. 92, 6-8 (ob iniurias quas 

48, 1 (Anaitis liegt siidlich" vom Euphrat vgl. patiebantur, a suis regno {eiectus}) = XXXlX 12, 

Strab. XI 532. 521. 527. XII 555). per. CI p. 89, 2. 3. Flor. I 45, 5 = XXXIX 40, 5. 42, 4. 43, 

21. 22. Oros. VI 4, 3. 4. Flor. I 40, 22. 23 (fehler- 2. 4 (abweichend von Caes. bell. Gall. Ill 13, 8. 14, 

haftes Excerpt). Frontin. 1 1, 7. II 1, 12 = XXXVI 4. 8). per. CV p. 92, 11. 12 = XXXIX 28, 2. Val. 

48, 2—5. 49. 50, 2 (XXXVI 48, 5 = Frontin. II Max. IV 1, 14. VI 2, 6 = XXXlX 23, 1. 28, 5. 

1, 12 abweichend von Plut. Pomp 32, wo Mi- 55: per. CV p. 92, 17. 18 = XXXIX 34, 4. 

thridat nicht auf dem Marsch, sondern im Lager Val. Max. IV 6, 4 = XXXIX 32, 2. Flor. I 46, 

angegriffen wird). Oros. VI 4, 7 = XXXVI 50, 3. 3 = XXXIX 39, 6. 

Oros. VI 4, 8. Eutrop. VI 13. Flor. I 40, 27. 40 54: Flor. I 45, 19 = XL 4, 1. per. CVI p. 93, 

Val. Max V 1, 9 = XXXVI 52. 53, 2. 1. 2 = XXXIX 64. per. CVI p. 93, 8 (inter quae 

65: Obs. 61 = XXXVII 9, 1. 2. per. CI p. 89, eius qui in Treveris praeerat [Q. Cicero falsche 

25—27 = XXXVI 44, 3—5. Oros. VI 4, 8. Flor. Bandnotiz]) = XL 11. Flor. I 46, 5 = XL 16, 3. 

I 40, 28 = XXXVI 54. XXXVII 1. 2. Frontin. 53: Obs. 63. Flor. I 46, 4 = XL 17, 1. 2. 

II 3, 14 = XXXVII 4. 18, 3-5. Flor. I 46, 11 = XL 26, 3. 

64. 63: Flor. 140, 25 = XXXVII 11, 1. Oros. 52: per. CVII p. 93, 24-p. 94, 3 (zu lesen 

VI 5, 1 = XXXVII 11, 4. cum seditiones inter candidatos consulatus . . 

63: Obs. 61 = XXXVII 25, 1. 2. per. Clip. 90, essent, qui armis ae vi contendebant , ad eom- 

7 — 10. Oros. VI 5, 3 — 6 = XXXVII 12, 1. 3. 4. primendas eas On. Pompeio legato et [a senatu 



13, 1—3. Oros. VI 6, 1 = XXXVII 15, 1. 2. Oros. 50 consul tertio factus est absens et solus quod 

VI 2—4. Flor. I 40, 30 = XXXVII 15, 2. 16, 1. alii umquam ** richtige Randnotiz] quaestione 

3. 4. Eutrop. "VI 16 (ein Jahr zu spat gestellt) deereta de morte P. Olodi Milo iudicio damnatus 

= XXXVII 24, 1. per. CII p. 90, 12 (bis repul- in exilium actus est). Lucan. II 480 = XL 50, 1. 

sam inpetitione consulatus passus). 13. 15 — 17 Val. Max. IX 5, 3. VI 2, 5 = XL 53, 2. 55, 1. 2. 

(urbepulso). Eutrop. VI 15 = XXXVII 29, 1 (xal Flor. II 13, 16 = XL 51, 2. per. CVIII p. 94, 

tote altrjoavtos, obgleich die Bewerbung im J. 64 11 — 13. Oros. VI 13, 5. Frontin. II 5, 35 = XL 

nicht erzahlt ist). 30, 4. 5. 33, 1. Val. Max. V 28, 4. 3. 29, 3. per. CVIII p. 94, 13. 14 = XL 

8, 5 = XXXVII 36, 4. 58, 1-3. 

62: Oros. VI 6, 7 = XXXVII 41, 1. 2. per. 51: per. CVIII p. 94, 16. 17 = XL 59, 1. 
CIII p. 90, 20—23 (cum . . . uxorem MetelliQQ 50: per. CLX p. 94, 25— p. 95, 1 = XL 61. 

pontificis stuprasset; Caesar ist mit seinem Vor- 62. Oros. VI 15, 1 = XL 66, 1. Lucan. I 125. 

ganger verwechselt) = XXXVII 45, 1. 2 (tr,v yv- 126. 131—133. 144-150. Flor. II 13, 14 = XLI 

valxa aloxvvavtos, das stuprum fehlt in den tibri- 54, 1 (verschoben in die Reflexionen fiber die 

gen Berichten, vgl. besonders Plut. Caes. 10 ; Cic. Schlacht bei Pharsalos). 

28. Cic. ad Att. I 12, 3). 49: per. CIX p. 95, 1—6. Oros. VI 15, 2 = 

61: per. CIII p. 90, 23. 24. 91, 1 = XXXVII XLI 2, 2. 3, 2. 4. Lucan. I 296ff. 351. Oros. VI 

47. 48. 51, 1. Val. Max. VIII 15, 8 = XXXVII 15, 3. Eutrop. VI 19, 2 = XLI 4, 1 (Pronuncia- 

21, 2. per. CIII p. 91, 13. 14 = XXXVII 21, 3 mento Caesars und Zusammentreffen mit den Tri- 



1701 Cassius Cassius 1702 

bunen in Ariminum; das ist livianischer Compro- Plutarchs [Pollio] und Livius, wie oft). Lucan. V 

miss zwischen dem Bericht Caes. bell. civ. 1 7. 8, der 717—721 = XLI 48, 4. Lucan. VI 15—18 = XLI 

das Pronunciamento nach Ravenna und das Zu- 50,1 (Caes. bell. civ. Ill 42, 1 ist bei beiden gleich- 

sammentreffen mit den Tribunen nach Ariminum massig verdreht). Lucan. VI 29—47. 70 — 79. 108 

verlegt, und Pollio — vgl. Plut. Caes. 31; Ant. 5. —117. 268-271. 278—283. Oros. VI 15, 19. 

App. bell. civ. II 33. 34 — , der beides in Ravenna Eutrop. VI 20, 3. Plor. II 13, 40 = XLI 50. 51, 1 

stattfinden lasst). 10, 1 (verstellt). Lucan. 1 469— (verstellt). 52, 1 (Eutrop und Dio weichen beide 

472. 481—484. II 30—33. 68—233 = XLI 6, 6. 8, von Caes. bell. civ. Ill 75, 1. 76, 3. 77, 3 ab). 

6. 9, 2. Lucan. I 527. 528. 533—535. 540—543. Lucan. VI 316—332 = XLI 52. 2. 3. Liv. bei 
552—554. 558—567 = XLI 14, 2—4. Lucan. II 10 Plut. Caes. 47. Obs. 65. Lucan. VII 161. 165 

392—395. 503—506. 526. 527. 598—600. 607 —167. 192—196. Plor. II 13, 45. Val. Max. I 

—609. 629. 630. 632—648. 650—652. 655 = 6, 12 = XLI 61, 2—5. Lucan. VII 45—57. 92 

XLI 6, 1. 10, 2. 9, 7. 10, 3. 11, 1 (abweichend —101. VIII 14. 15. 37. 38. Plor. II 13, 43 = XLII 

wie Lucan. II 598-600 von Caes. bell. civ. 1 24, 1, 1, 3. Lucan. VII 131—133. 242-248. 337—341. 

vgl. Grohs Der Wert d. Geschichtswerks d. C. 264. 265. 299. 300. 303. 344. 348. 369—376. 

D. 27). 10, 4. 3. 12. 1. 10, 2. Lucan. II 691— 269—274. 284. 285. 355—366. 460—469. 475 

693. 711—713. 726-731. Frontin. I 5, 5. Plor. —477. 485-488. 510-519. 489—491 = XLI 

II 13, 20 = XLI 12, 3. 13 (die Reflexionen stim- 56, 1. 58-, 1. 57, 2. 60, 5. 61, 1. 59, 4 (die Pointe 

men mitFlorus und Lucan zusammen, vgl. Grohs ist verschoben). 55, 3. 60, 2. 58, 2. 59, 1. 2. Plor. 
28). Lucan. Ill 52—70. Oros. VI 15, 7. Plor. 20 II 13, 5. 44. Eutrop. VI 20, 4 = XLI 55, 1. 3. 

II 13, 22 = XLI 41, 1. 18, 1. 16, 1. Lucan. Ill Lucan. VII 545—547. Oros. VI 15, 26. Plor. II 

97— 112 = XLI 15, 3. 2. Lucan. Ill 114—122. 13,48. Eutrop. VI 21, 2 = XLI 61, 1 (abweichend 

153—157. Oros. VI 15, 5. Flor. II 13, 21 = XLI sowohl von Caes. bell. civ. Ill 94 als von Plut. Caes. 

17, 2. Lucan. Ill 307—315. 330—335. Plor. II 45; Pomp. 71. App. bell. civ. II 79. 80 verrat 

13, 23 = XLI 19, 2 (fiber die Dio und Lucan ge- wiederum livianische Einfliisse). per. CXI p. 96, 

meinsamen Zusatze zu der von Caes. bell. civ. I 35 17. 18; vgl. Lucan. VII 311 — 315 = XLI 62. 63. 

iiberlieferten Antwort der Massalioten vgl. Boett- Lucan. VII 677 — 697 (die livianische Auffassung 

cher Tiber d. Quellen des C. D., Progr. v. Halber- ist von dem Dichter zu Gunsten seines Helden 

stadt 1872, 8). Lucan. Ill 553—557. 761 = XLI umgedreht) = XLII 1. Lucan. VII 712—721. Val. 
21, 3. per. CX p. 95, 16. Lucan. IV 28—97. 143 30 Max. IV 5, 5 = XLII 2, 3. Lucan. VIII 187. 138. 

—147. 196—253. 262—266. 271—280. 292— = XLII 2, 4. Lucan. VIII 209— 240. 289— 327. 

318. 337—340. 356—362. Plor. II 13, 26—28. Plor. II 13, 51 = XLII 2, 5. Lucan. VIII 257. 

Frontin. II 1, 11 = XLI 20, 4—6. 21, 1. 4. 22, 258. 464—466. 470. 471. 539 = XLII 3, 1. 5. 5. 

1.2—23,1 (XLI 22, 3 = Frontin. II 1,11. Lucan. per. CXII p. 97, 1. Lucan. VIII 541. 542. 562. 

IV 275—278 ist das Motiv gegen Caes. bell. civ. I 563. 565—567. 610—620 = XLII 4. Lucan. IX 
72, 1—3 abgeandert). per. CX p. 95, 18. Flor. 30—33. 41—50. 120—145. 217—293 (die Treue 
II 13, 29 = XLI 24, 1. Oros. VI 15, 7. Flor. II der Pompeianer ist zu Catos Gunsten fibertrieben) 
13, 25 = XLI 25, 3 (fiber den gemeinsamen Zu- = XLII 10, 2. 13, 3. 4. Lucan. IX 898-901. 
satz zu Caes. bell. civ. II 22, 5. 6, vgl. Boettcher 906—908. 931—938 = LI 14, 4. Lucan. IX 951 
9). per. CX p. 95, 20—24. Lucan. IV 404-573.40— 953. Oros. VI 15, 29 = XLII 6, 1. per. CXII 
Oros. VI 15, 8. 9. Flor. II 13, 31—33 = XLI 40, p. 97, 2—5 (zu lesen Caesar . . cum ei Theo- 
1. 2. per. CX p. 95, 24 — p. 96, 1. Lucan. IV 587 dotus caput el anulum obtulisset, infensus [vgl. 
—590. 687—694. 713—723. 730—749. 793—798. Lucan. IX 1064ff.] sed [illacrimavit richtige Rand- 
Oros. VI 15, 9. Flor. II 13, 34. Frontin. II 5, notiz] sine periculo [vgl. Lucan. X 9ff.] Akxan- 
40 = XLI 41. 42, 1 — 6 (auf den Lucan. IV 715 driam tumultuantem intravit). Lucan. IX 1007 
—722 und Dio XLI 41, 4. 5 gemeinschaftlichen —1013. 1035—1043. 1064—1093. 1104—1108. 
Zusatz zu Caes. bell. civ. II 38, 1 macht Haupt X 11—14. Oros. VI 15, 29. Eutrop. VI 21, 3. 
Philol. XLIII 684 aufmerksam). Lucan. V 7—11. Val. Max. VI, 10 = XLII 7. 8. Oros. VI 15, 29 
17—22. 30—37. 53. 56. 57 = XLI 18, 5. 43. 19, = XLII 37, 1. 2. Lucan. X 56—58. 82—85. 104. 
3. 42, 7. Lucan. V 262—277. 305-309 (zu Un- 50 105. Flor. II 13, 56. Eutrop. VI 22, 3 = XLII 
gunsten Caesars verschoben). 316— 318. 369. 370. 31, 4 — 6 (es ist charakteristisch fur die livia- 
Frontin. IV 5, 2 = XLI 26. 35, 5. nische Uberlieferung, dass die Leidenschaft Caesars 

48: Lucan. V 407. 408. 457. 501. 502. Flor. fur Kleopatra zur Ursache des alexandrinischen 

II 13, 36 = XLI 44, 2—4. 45, 1 (XLI 44, 2 = Kriegs gemacht wird; der fiir Caesar giinstigeren 

Flor. Lucan. V 407. 408 ist nach Caes. bell. Version Pollios wird sie bei Plut. Caes. 48 gegen- 

civ. Ill 6, 2 wegen des unberichtigten Kalenders ubergestellt). Liv. bei Schol. Lucan. X 471. Lucan. 

die Jahreszeit falsch angegeben). per. CXI p. 96, X 349. 350. 353—369. 400. 434—438. 443. 444. 

5—9. Oros. VI 15, 10 = XLII 22, 4. 23, 1. 3. 467-474. Oros. VI 15, 30 = XLII 36, 2-4. 37. 

24, 1. 2. 25, 1. 3. per. CXI p. 96, 10—12 = XLII 1, 2 (abweichend Plut. Caes. 49; dass ferner Dio- 
15, 1. 2. Lucan. V 461—463 = XLI 47, 1. Lucan. 60 skorides wie bei Livius am Leben bleibt, beweist 

V 509. 510. 513. 514. 538—540. 564—588. 646 XLII 41, 3). Liv. bei Sen. de tranq. an. 9, 5. 
—654. 672—676. Plor. II 13, 37. Val. Max. IX Lucan. X 491—505. Oros. VI 15, 31. Plor. II 
8, 2 = XLI 46, 2—4 (bei Plut. Caes. 38 ist das 13, 59 = XLII 38, 2. Liv. bei Schol. Lucan. X 
Schiff grosser, und Caesar kehrt schon auf dem 521. Lucan. X 515 — 523 = XLII 39, 1. 2 (ab- 
Pluss um; also hat Livius chargiert; das Apoph- weichend von Caes. bell. civ. Ill 112, 11). 40, 1. 
thegma ist wirksam von ihm gekiirzt, vgl. Plut. Oros. VI 15, 33. 34. Plor. II 13, 59 = XLII 40, 
App. bell. civ. II 57; iibrigens ist App. bell. civ. II 3. 4. 6. 

56—58 eine Combination aus dem Gewahrsmann 47: per. CXII p. 97, 9. Oros. VI 16, 1. Flor. 



1703 Cassius Cassius 1704 

n 13, 60. Eutrop. VI 22, 2 = XLH 42. 48, 1. 4. 17—20. 22—24. Eutrop. VII 2, 1 = XL VI 40, 1. 

Oros. VI 16, 2. Eutrop. VI 22. 3 = XLII 44, 1. 3—6. 41. 45, 2. 46, 2 (vgl. Augustus bei Plut. 

per. CXIII p. 97, 15—20 = XLII 57, 2—4. per. Brut. 27). Val. Max. IX 13, 3 = XL VI 53, 3. 

CXIII p. 97, 23. 24. Flor. II 13, 62. 63 = XLII per. CXX p. 101, 26— p. 102, 1 = XLVI 48, 2. 

45, 5. 48, 1. per. CXIII p. 97, 24-28 = XLII Obs. 69 = XLVII 2, 3. per. CXX p. 102, 7—10. 

32, 2. 3. per. CXIII p. 97. 28— p. 98, 1. Prontin. Oros. VI 18, 8 = XLVI 55, 2. 3. 56, 3. per. CXVI 

19,4 = XLn 53, 1- 3. p. 102, 10. 11. Oros. VI 18, 10. 12 = XLVII 3, 2. 

46: per. CXIII p. 98, 2. 3 = XLIII 2, 2 (die Flor. II 16, 3 = XLVII 3, 2. Flor. II 16, 6 = 

bell. Afric. 19, 7 verschleierte Niederlage Caesars XLVII 7, 1. 2. Val. Max IX 5, 4 = XLVII 8, 2. 
wird kraftig hervorgehoben). per. CXIV p. 98, lOLiv. bei Sen. suas. VI 17 (nicht vollstandig excer- 

6— 8 ■= XLVII 26 (die Version wird einer anderen piert). per. CXX p. 102, 12—15. Oros. VI 18, 11. 

gegenubergestellt App. bell. civ. Ill 77, wo AIBQ- Flor. II 16, 4. 5. Val. Max. V 3, 4 = XLVIII 6, 

NIA' in A1BIQIA' mit Evidenz emendiert ist). 3. 11, 1. 8, 3. Val. Max. VI 8, 6. 7 = XLVII 10, 2 

Oros. VI 16, 3. Flor. II 13, 67 = XLIII 8, 2. 3. (fur CnHAAIONmlesenEIIAYAimA. 5. Oros. 

per. CXIV p. 98, 15. 16. Oros. VI 16, 4. 5. Eutrop. VI 15, 12 = XLVII 14, 3. per. CXXI p. 102, 23. 

VI 23, 2. Flor. II 13, 90 = XLIII 9, 5. 12, 1. 2. 24. Oros. VI 18, 13 = XLVII 30, 4. 5. per. CXXI 
per. CXV p. 98, 20—22. Oros. VI 16, 6 = XLIII p. 102, 24. 25 = XLVII 24, 4 (Livius kann sehr 
19, 1. 2. Oros. VI 16, 6. Flor. II 13, 88.- 89 (ver- wohl beide Traditionen gegeben haben). 

wirrt) = XLIII 25. 26. per. CXV p. 98, 24. 25 42: per. CXXH = XLVII 32, 1. 24, 5. Oros. 
= XLIII 25, 2 (wahrend Livius hier den Fehler 20 VI 18, 13. Val. Max. I 5, 8 = XLVII 33, 4. per. 

eines Vorgangers — vgl. Plut. Caes. 55. App. bell. CXXIII p. 103, 8—13. Oros. VI 18, 19 = XVIII 

civ. II 102 — nachschreibt, hat er daneben das 17, 3—5. 19, 1. 18, 1—3. Obs. 70. Flor. II 17, 7 

Eichtige gehabt, vgl. XLIII 21, 4 = Suet, Iul. 41). = XLVII 40, 2—4. XLVI 49, 2. 7. 8. Oros. VI 

Oros. VI 16, 6 = XLIII 30, 4. Flor. II 13, 75 18, 15. Flor. II 17, 9. Val. Max. I 7, 1 = XLVII 

= XLIII 31, 3. 41, 3. 4. per. CXXIV p. 103, 18—21 = XLVII 

45: Frontin. Ill 14, 1 = XLIII 34, 1, 2. Obs. 45, 2. 3. per. CXXIV p. 103, 21—23. Flor. II 

66 = XLIII 35, 4. Flor. II 13, 83-85. Val. Max. 17, 12. 13. Val. Max. VI 8, 4. IX 9, 2 = XLVII 

VII 6, 5. Frontin. II 8, 13 = XLIII 37, 4. 38, 46, 3. 4 (im Detail abweichend Plut. Brut. 43). 
2—4. Oros. VI 16, 9 (Cn. und S. Pompeius sind Val. Max. I 4, 7 = XLVII 48, 4. per. CXXIV 
mit einander verwechselt, vgl. die Corruptel von 30 p. 103, 23 — 25. Val. Max. V 1, 1. IV 6, 5 = 
per. CXVI p. 99, 3). Flor. II 13, 86 = XLIII XLVII 49, 2. 3. 

40, 2. per. CXVI p. 99, 6 = XLIII 42, 1. 41: per. CXXV p. 104, 6—9. Oros. VI 18, 17. 

44: per. CXVI p. 99, 6—10. Flor. II 13, 91 Flor. II 16, 2. Val. Max. Ill 5, 3 = XLVIII 4. 

= XLIV 4, 1. 2, 4. 5, 3. 8, 4. 3, 1-3. 4, 4. 10, 3. per CXXV p. 104, 9. 10 = XLVIII 13, 3. 4. 

6, 3. 5, 2. per. CXVI p. 99, 10. 11. Eutrop. VI 40: per. CXXVI. Flor. II 16, 3 = XLVIII 14, 

25. 1 = XLIV 8, 1. 2. per. CXVI p. 99, 13-15. 3. 5. 20, 3. 4. per. CXXVII p. 104, 19—21. Flor. 

Val. Max. V 7, 2 = XLIV 10, 1. 2. per. CXVI II 19, 4 = XLVIII 24, 5. 6. 8. 25, 1. 3. 26, 1. per. 

p. 99, 16—18 = XLIV 14, 1—3 (anders ist die CXXVII p. 104, 21—25 (zu lesen nach NP vgl. 

Auswahl der Fiihrer bei Suet. Iul. 88. App. bell. Rh. Mus. XLIV 96 M. Antonius eum ad helium 
civ. II 111. Nikol. 19; dagegen stimmt iiberein 40 adversus Caesarem gerendum (profeetus esset, 

Veil. II 56, 3). Flor. II 13, 94. Val. Max. VIII mortua) wcore Fulvia ne coneordiae dttoum ob- 

11, 2 = XLIV 18, 3. 4. Val. Max. Y? 5, 6 = XLW staret u. s. w.) = XLVIII 28, 1—3. 31, 3. 4. 

19, 5 (= Suet. Iul. 82, wahrend Plut. Caes. 66; 39: per. CXXVII p. 104, 27. 105, 1. Frontin. 

Brut. 17. App. bell. civ. II 117 das Motiv der Ver- II 5, 36. 37 = XVIII 40. 41, 4. per. CXXVII 

hullung anders gefasst wird). per. CXVI p. 99, p. 105, 1—5. Oros. VI 18, 19. Flor. II 18, 1. 4 

19. 20. Flor. II 17, 2. 3 = XLIV 21. 2. 34, 1. = XLVIII 31, 1. 2. 6. 36, 5. 38, 2. 3. 

per. CXVI p. 99, 20. 21 = XLIV 34, 6 (abwei- 38: per. CXXVIII p. 105, 6—10. Oros. VI 18, 

chend Plut. Brut. 19; Ant. 14 = Cic. Phil. I 2. 20—22. Flor. II 18, 2. 3 = XLVIII 45, 7. 6. 46. 

31. II 90. App. bell. civ. II 142 folgt Livius). per. 5. 47, 3. 6. 46, 1. 4. 48, 5. per. CXXVIII p. 105, 
CXVI p. 99, 22. 23. Eutrop. VII 1 = XLIV 35, 2. 50 11. 12. Oros. VI 18, 23. Eutrop. VII 5, 2. Flor. 

per. CXVI p. 99, 24. 25. Oros. VI 17, 2. 3. Val. II 19, 6. 7. Frontin. 1 1, 6. II 2, 5 = XLIX 19. 

Max. IX 9, 1 = XLIV 50, 2. 4. Oros. VI 18, 1. 20, 1-4. 21, 1. 2. 22, 1. Val. Max. VI 9, 9. 

Eutrop. VII 1 = XLV 5, 1. per. CXVII p. 100, 4. Eutrop. VII 5, 2 = XLIX 21, 3. 

Obs. 68. Oros. VI 20, 5 = XLV 4, 4. 3, 2. per. 37: per. CXXVIII p. 105, 12. Oros. VI 18, 24 

CXVII p. 100, 5. 6 = XLIV 53, 7. Flor. II 15, 2 (fur Ventidius ist Sosius zu setzen) = XLIX 22, 

= XLV 5, 3. per. CXVII p. 100, 7 = XLV 9, 3 3-6. per. CXXVIII p. 105, 12. 13. Flor. II 18, 

(der falsche Gedanke der permutatio provincia- 6 = XLVIII 49, 2—5. 50, 1—3. Oros. VI 18, 25 

rum ist gemeinschaftlich). per. CXVII p. 100, = XLVIII 54, 7. 

10—15 = XLV 12, 5. 13, 3. 2. per. CXVIII 36: per. CXXIX p. 105, 15—19. Oros. VI 18, 
p. 100, 20—22 = XLVII 21, 1. 6. Obs. 68 = XLV 60 25—27. 29. Flor. II 18, 2. 9 = XLIX 1, 3—5. 

17. Val. Max. VIII 5, 6 = XLV 16. 3. 5, 1—4. 9, 1. 10. 11, 1. 17, 2. per. CXXIX 

43: Obs. 69 = XLVI 35, 4. 33, 1. 2. per. p. 105, 19—23. Oros. VI 18, 28. 30—32 = XLIX 

CXVIII p. 100, 25—101, 3. Frontin. Ill 13, 7 8, 1—3. 11, 3. 4. 2. 12, 2—4. per. CXXIX p. 105, 

= XLVI 31, 1. 2. 36, 4. per. CXVIII p. 101, 23. 24 = XLIX 14, 3. Oros. VI 18, 33. 34 = 

3. 4 = XLVII 21, 7. per. CXIX p. 101, 6. Oros. XLIX 13, 1. 2. 14, 1. 12, 4. 5. 15, 1. 5. 6. per. 

VI 18, 6 = XLVII 29, 2—4. per. CXIX p. 101, CXXIX p. 105, 26 (so nach den Hss.: M. Anto- 

7 — 10. 14 — 16. Oros. VI 18, 4. 5. Frontin. II 5, 39 nius dum cum Cleopatra luxuriatur, tarde **). 

= XLVI 37, 5—7. 38, 7. 39, 1. per. CIX p. 101, Flor. II 20, 1 = XLIX 23, 1. 24, 5. per. CXXX 



1705 Oassius Cassius 1706 

p. 106, 2. Oros. VI 19, 1. Flor. II 20, 3. 6. so will ein so glatter und leichter Beweis gegen 

Frontin. II 3, 15 = XLIX 25, 4. 29. Frontin. IV die ausschliessliche Benutzung des Livius nicht 

5, 2 = XLIX 27, 1. gelingen ; wenigstens geniigt das, was bis jetzt 

35: per. CXXXI p. 106, 11—13. Oros. VI 19, dafiir vorgebracht ist, in keiner Weise. 

2 = XLIX 18, 1—6. per. CXXXI p. 106, 13—15. Ausgeschlossen ist zunachst die Benutzung 
Oros. VI 19, 3 = XLIX 34. 35, 1. 36, 1 (ol akkoi Sallusts, sowohl in der Gescbichte der catilina- 
= Dalmati, vgl. 38, 2 eaaveorr]aav; die Reihen- rischen Verschworung(vgl. Herm. XXXII 583ff.) als 
folge der Periocha ist also gewahrt). in der vom Ende der Feldziige Luculls. NachSallust 

34: per. CXXXI p. 106, 15—18. Oros. VI 19, (Plut. Lucull. 33) war das Heer Luculls schon 

3 = XLIX 39, 4—6. 40, 1. 41, 3. per. CXXXII 10 vom Sommer 69 an unzuverlassig und neigte 
p. 106, 20 = XLIX 38, 2—4. wegen der zwei Winterfeldzuge vor Kyzikos und 

32: per. CXXXI p. 106, 23—26. Oros. VI Amisos dazu, zu meutern; bei Dio XXXVI 14, 3 

19, 4. Eutrop. VII 6, 1 = L 3, 2. Flor. II 21, sind die guten Winterquartiere in Nisibis 68/7 

2. 3. Eutrop. VII 7 = L 5, 2—4. ein Hauptgrund der plotzlich ausbrechenden Meu- 
31: Oros. VI 19, 6— 8 = L 11, 3. 14, 3. 15, 3. terei; beide Berichte stimmen nicht nur nicht 

Oros. VI 19, 9. Flor. II 21, 5 = L 23, 2. Oros. uberein, sondern der eine polemisiert gegen den 

VI 19, 11. Flor. II 21, 6. 8 = L 32, 6. 33, 1—3. anderen. Nach Sallust (ep. Mithrid. 3) herrscht 

5. 34. Val. Max. I 1, 19 = LI 8, 3. zwischen Tigranes und dem Partherkonig Ver- 

30: Oros. VI 19, 13. Flor. II 21, 9 = LI 6, stimmung wegen eines kiirzlich gefuhrten Kriegs; 

3. 7, 1. 9, 1. 5. Oros. VI 19, 14—16 = LI 9, 5. 20 bei Dio (XXXVI 1, 1. 2) treten Tigranes und 
1—3. 10, 4. per. CXXXIII p. 107, 2. 3. Oros. VI Mithridat dem Partherkonig, um ihn zu gewinnen, 
19, 17 = LI 10, 6. 7. 9. Liv. bei comm. Cruq. ein strittiges Grenzgebiet (vgl. Strab. XI 532) 
Hor. carm. I 37, 30. Oros. VI 19, 18. Flor. II ab. Die durftigen Reste endlich, die zur Ver- 
21, 9—11 = LI 13, 1. 14, 1. 3. 12, 4—6. 13, 4. 5. gleichung mit dem Bellum Iugurthinum zur Ver- 
Eutrop. VII 7 = LI 17, 1. per. CXXXIII p. 107, fiigung stehen, reichen doch zum Beweis aus, dass 
5 — 7 = LI 21, 7. dies nicht benutzt ist; frg. 89, 1 u. 4 haben De- 

Durch diese Concordanzen ist allerdings die tails, die Sail. bell. lug. 62. 65 fehlen, und die 

Annahme noch nicht ausgeschlossen, dass Dio die schliesslichen Verhandlungen mit Bocchus sind 

livianische Erzahlung aus anderen Gewahrsman- total abweichend erzahlt. Ferner ist immer wieder 
nern erganzt und verandert hat. Andererseits 30 versucht nachzuweisen , dass Dio die caesarischen 

muss von denjenigen, welche dies behaupten, ver- Commentare direct benutzt habe. Jelgersmas 

langt werden , dass sie solche Discrepanzen Dios Behauptung (De fide et auctoritate Dionis Cassii 

von Livius aufzeigen, welche durch Parallelstellen Cocceiani, Leyden 1879), dass er nur diese aus- 

gedeckt sind oder ihrer ganzen Beschaffenheit nach geschrieben und verballhornt habe, ist allerdings 

es verbieten, an eine spontane, von anderen Ge- leicht zu widerlegen und in zu unmethodischer 

wahrsmannern unabhangige Kritik Dios zu denken. Weise — wer Metello eonsule Hor. carm. II 1, 

Einfache Concordanzen geniigen darum nicht, weil 1 auf 52 v. Chr. bezieht und glaubt , dass Dio 

sie entweder auf Gewahrsmanner des Livius selbst Reden des Hortensius gelesen hat, verdient nicht, 

Oder auf Benutzung seiner Darstellung bei anderen ernst genommen zu werden — durchgefiihrt, um 
fiihren konnen. 40 Glauben zu finden ; schwerer , wenn iiberhaupt, 

Ohne jeden Zweifel muss ein zweiter Gewahrs- ist es, mit der Meinung fertig zu werden, dass 
mann fur einige Caesar und den spateren Kaiser Dio Livius und Caesar in einander gearbeitet habe. 
Augustus angehende Vorzeichen angesetzt werden. Die Beste der livianischen Darstellung der Bur- 
Die Abweichungen, welche Dio XL VII 1, 3. XL VI gerkriege verraten eine ganz ungemeine Abhangig- 
41, 2 gegen Obs. 69 p. 137, 23—26. 29 — p. 138, 2 keit von Caesar, dessen Commentare iiberhaupt, 
aufweist, lassen sich auch bei laxester Deutung ausser dem VIII. Buch des bell. Gall, und dem bell, 
nicht beseitigen und kehren ausserdem bei Suet. Hisp. die Tradition viel mehr beherrschen als ge- 
Aug. 96. 95 wieder. Ferner erzahlt Dio XLIV wShnlich angenommen wird ; sowohl was Livius als 
17, 1 den Traum der Calpurnia, an dessen Stelle was Pollio hinzugethan haben, gehort meist in 
Livius (Plut. Caes. 63), wie es scheint, mit aus- 50 das Gebiet des historischen Romanes. Die Schei- 
driicklicher Polemik, einen anderen gesetzt hatte ; dung zwischen unmittelbar und mittelbar cae- 
mit Dio stimmt wiederum Sueton (Iul. 81) unci sarischem Gut diirfte daher sehr schwer fallen, 
ausserdem Val. Max. I 7, 2 uberein. Ob man Historische Irrtiimer sprechen keineswegs dagegen, 
aus der eigentiimlichen Art, mit der Valerius dass die Kenntnis der caesarischen Uberlieferung 
die Geschichte von diesem Traum mit Augustus Dio durch Livius vermittelt ist; eine Vergleichung 
zusammenbringt, etwas schliessen darf, ist zwei- solcher livianischen Berichte, die sich einiger- 
felhaft, obgleich der Umstand, dass bei sonst massen reconstruieren lassen, wie z. B. iiber die 
durchgehender Concordanz gerade bei den Vor- Schlacht bei Pharsalos, mit dem caesarischen Ori- 
zeichen, die in engerer oder weiterer Beziehung ginal sind nur zu geeignet, etwaige Illusionen 
zu Augustus stehen, Livius zu Gunsten eines 60 iiber eine neben Caesar brauchbare Nebeniiber- 
anderen Autors aufgegeben wird, den Gedanken lieferung auf ein Minimum herabzustimmen. Ju- 
an die Memoiren des Kaisers sehr nahe legt. Kei- deich (Caesar im Orient 20. 21) traut Livius 
nenfalls ist Sueton von Dio benutzt; so genau den von Dio XL 11, 11 berichteten Irrtum nicht 
die Vorzeichen XLV 1. 2 mit den von Suet. Aug. zu, dass Gabinius statt im Winter 48/7 (Bell. Alex. 
94 aufgefiihrten iibereinstimmeii , so fehlt doch 42, 5 ; vgl. Caes. bell. civ. Ill 9) schon 49/8 nach 
bei Dio die fiir Sueton charakteristische Einlage Illyrien gegangen sei und meint, er sei durch die 
aus den Osokoyov/iieva des Asklepiades von Men- von Dio ungeschickt vollzogene Verschmelzung 
des. Was die eigentliche Erzahlung anbetrifft, caesarischer und livianischer Berichte entstanden. 



1707 Cassius Cassius 1708 

Aber clieser Irrtum flndet sich in der Plutarch XXXIX 1, 4 vgl. II 10, 1; XL 5, 3. 6, 1. 10, 1 vgl. 

(Ant. 7) und Appian (Illyr. 12; bell. civ. II 59) ge- V 27, 31. 47, 1. 48, 1, das sehr beliebte Motiv 

meinsamen Uberlieferung wieder; so diirfte doch des barbarischen Ubermuts XXXVIII 48, 2. 4 vgl. 

wohl Livius ihn, wie manchen anderen, aus dieser, I 48. 50. 51 ; XXXIX 1, 4 vgl. II 9. 7, 2; XXXIX 

d. h. sehr wahrscheinlich aus Pollio, entlehnt 2, 2 vgl. II 11, 4— 6; XXXIX 3, 2 vgl. II 26, 4ff.; 

haben. Die ungenauen Bemerkungen liber die XXXIX 4, 4 vgl. II 33, 1; XXXIX 40, 5. 41, 2 

Niederlage der Caesarianer vor Gabinius Tod (vgl. vgl. Ill 13; XXXIX 45, 4 vgl. Ill 18, 6. 8; 

bell. Al. 43) und das Eingreifen des Vatinius (vgl. XXXIX 46, 3 vgl. Ill 24, 5; XL 5, 1 vgl. V 26; 

bell. Al. 44—47) mogen auf Rechnung Dios kom- XL 39, 1. 2 vgl. VII 64, 1—3. 66, 3—6. Seiner 
men, der aber Livius durch Kiirzungen so gut ent- 10 Gewohnheit umzustellen , hat Dio freilich auch 

stellen konnte wie Caesar. Vollends irrig sind hier nicht entsagt; vgl. XL 32, -1 mit per. CVII 

Judeichs Schliisse (S. 28. 29) aus XLII 40, 6: p. 93, 17 = Caes. b. G. VI 30. Eine fur Caesar un- 

was dort von Dio erzahlt wird , ist durch Oros. giinstige Tendenz tritt hervor XXXVIII 31, 4 vgl. 

VI 15, 34 navali eertamine pulsatus fur Livius b. G. I 7, 6; XXXVIII 32, 1 vgl. I 8, 3; XXXVIII 
gesichert, ganz abgesehen davon, dass Verstel- 32, 3 vgl. I 11, 1. 2; XXXVIII 34, 1 vgl. I 
lungen eins der beliebtesten technischen Mittel 30—32; XXXVIII 34, 6 vgl. I 35; XXXVIII 
Dios sind und nichts fur oder gegen den Gewahrs- 35, 2 vgl. I 39, 7; XXXIX 4, 2 vgl. II 30, 1; 
mann beweisen; vgl. o. S. 1688. XXXIX 5, 3 vgl. Ill 2, 3; XXXIX 44, 2 vgl. 

Ein richtiges Urteil auch iiber diese Frage III 28, 4; XXXIX 48, 3 vgl. IV 16; XL 1, 2 
wird erst dann durchdringen, wenn ein Wieder- 20 vgl. IV 38, 4; XL 32, 5 vgl. VI 44, 3; XL 36, 
aufbau des Livius vorliegen und zeigen wird, wie 3. 4 vgl. VII 36 , 7. Instructiv auch flir Li- 
stark seine Abhangigkeit von den Commentaren vius ist der Bericht fiber die Panik im caesari- 
ist; jetzt muss es geniigen, darauf hinzuweisen, schen Lager vor dem Kampf mit Ariovist. Die 
dass noch keine einzige Concordanz zwischen Dio rhetorische Ubertreibung des Schlusses der cae- 
und Caesar gegen Livius, wohl aber recht viele sarischen (b. G. I 40, 15) Kede XXXVIII 46, 3. 4 
— vgl. oben die Tabelle — zwischen Dio und steht fur Livius fest durch Prontin. I 11, 3 = 
Livius gegen Caesar aufgezeigt sind. Dass Li- IV 5, 11. Sie flndet sich aber auch Plut. Caes. 
vius sich von der gewohnlichen Unsitte der rhe- 19 in einem Bericht, der stark von Dio abweicht. 
torischen Historiker, den Originalbericht zu ver- Hier ist namlich Caes. I 39, 2 zu Ungunsten der 
schieben, auszuschmucken, neuzu stilisieren, nicht 30 jungen adeligen Offlciere chargiert, wahrend bei 
frei gehalten hat, ist von vornherein wahrschein- Dio (XXXVIII 35, 3 ; vgl. 36, 4. 7. 37, 2) Caesar 
lich und steht zum (Jberfluss durch eine Reihe den Officieren im Gegensatz zum Heer sein voiles 
von Stellen fest; vgl. Plor. I 45, 13 (= Dio Vertrauen schenkt. Mag Dio, der mit unzuver- 
XXXVIII 49, 6. 50, 1. 2) mit Caes. b. G. I 52, lassigen Truppen selbst sehr schlechte Erfahrungen 

4. 5. per. CIV p. 91, 25 — 27 (= Dio XXXIX 2, 2) gemacht hatte, hier der Darstellung eine prak- 
mit Caes. b. G. II 12 — 15, ebd. p. 92, 3 mit Caes. tische Spitze gegeben haben , so bleibt doch un- 
b. G. II 28, 2. Plor. I 45, 5 (= Dio XXXIX 40, verkennbar, dass die ihm vorliegende Darstellung 

5. 42, 4. 43, 2. 4) mit Caes. b. G. Ill 13, 8. 14, gegen einen ultracaesarischen, der Nobilitat feind- 
4. 8. Daneben haben sogar die dfirftigen Reste lichen Bericht polemisierte. Das ffihrt wie von 
des livianischen Geschichtswerkes Spuren davon 40 selbst auf Livius und lasst sich im speciellen 
bewahrt, wie das caesarianische Material in einem Palle noch durch eine Parallele belegen. Bei 
fur Caesar ungfinstigen Sinne verwertet wurde, Plutarch (Caes. 42. 44; Pomp. 69) spielen vor 
teils so, dass Livius die gallischen Kampfe scharf und bei Pharsalos die jungen adeligen Ritter, die 
als reinen Eroberungskrieg charakterisierte — vgl. ihre Gesichter nicht zerhauen lassen wollen, eine 
die fur die Helvetier viel gfinstigere Darstellung sehr iible Rolle ; vergleicht man damit bei Livius 
per. CIII p. 91, 10. 11. Plor. I 45, 2. 3 (= Dio die gehassige Ausdeutung des faciem feri (Lucan. 

XXXVIII 31, 2. 3) mit Caes. b. G. I 2; auch Plor. VII 578f., danach ist Plor. II 13, 50 zu erklaren; 

I 45, 10 (= Dio XXXVIII 42—44. 45, 1) ist hier- Oros. VI 15, 26 ist verwirrt) und den Ausfall 
hin zu rechnen, da die livianische Epitome zu gegen die Verwendung barbarischer Truppen im 
Gunsten Caesars retouchiert ist — , teils durch 50 Biirgerkrieg (Lucan. VII 525ff. = Plor. II 13, 48), 
Verwandlung unentschiedener oder nur halb ge- so tritt eine ganz ahnliche Polemik des ,Pom- 
wonnener Treffen in Niederlagen, vgl. per. CXLTI peianers' scharf heraus ; dass sie Pollio gait , ist 
98, 2. 3 (= Dio XLIII 2, 2) mit bell. Afr. 19, 7. hochst wahrscheinlich. fjbrigens darf nicht ge- 
Verschiebungen und Ausschmtickungen finden sich leugnet werden, dass die livianische Tendenz, an 
in der Erzahlung des gallischen Kriegs — fur Caesar zu makeln, von Dio selbstandig erweitert 
eine genaue Erorterung der Darstellung der Bfir- ist; vgl. XL 32, 3 mit per. CVII 93, 18 = Caes. 
gerkriege reicht der Raum nicht aus — XXXVIII b. G. VI 29, 1. 

33, 4 vgl. b. G. I 25, 5 ; XXXIX 2, 1 vgl. b. G. Es mag schliesslich auch nicht unerwahnt 

II 11, 2; 40, 1 vgl. Ill 9, 3; 48, 2 vgl. IV 14, bleiben, dass Dio, der an Unlust und Unfahig- 
3; 51, 2 vgl. IV 26, 5; 52, 2 vgl. IV 35; XL60keit, militarische Operationen klar und sachge- 
3, 1 vgl. V 17; 31, 2 vgl. VI 2, 1; 34, 1. 2 mass darzustellen, das Unglaubliche leistet, wahr- 
vgl. VII 15. 14; 34, 3 vgl. VII 27; 35, 3 vgl. haftig keine Ursache hatte, so lediglich kriegs- 

VII 35 ; 37 , 2 vgl. VII 40. Besonders hebe ich geschichtlichen Werken , wie es die echten und 
hervor die romanhaften Ausmalungen XL 6, 2. unechten caesarischen Commentarien sind, ein ein- 
9 vgl. b. G. V 36. 37. 48; XL 40, 2 — 4 vgl. gehendes Studium zu widmen. Dieser Beobach- 
VII 78, die rhetorischen Schlachtbeschreibungen tnng lasst sich eine andere hinzufugen. Wie 

XXXIX 42. 43 vgl. Ill 14. 15; XL 2, 4 vgl. Sallust und Caesar, so ist auch, man mag nun 
V 16, das Verlegen der Ereignisse in die Nacht fiber Dios Verhaltnis zu Livius denken, wie man 



1709 Cassius Cassius 1710 

will, der Autor sicher nicht von ihm benutzt, auf die Citate folgenden Raisonnements auf von 
der in sehr eigentiimlicher und charakteristischer Livius selbst an die Hand gegebenen Praemissen 
Weise die Darstellung des Biirgerkriegs zwischen beruhen. Nur was das eine Citat aus den Me- 
Caesar und Pompeius bei Plutarch und zum Teil moiren des Augustus (XLIV 35, 3) angeht — 
wenigstens bei Appian beherrscht und der sehr andere giebt es bei Dio nicht — , bin ich ent- 
wahrscheinlich mit Asinius Pollio zu identiflcieren schieden der Meinung, dass Dio die Memoiren 
ist. Alle diese Werke sind keine Annalen, son- dieses Kaisers so gut eingesehen hat, wie die des 
dern historische Monographien. Die Annahme Hadrian (LXIX 11, 2. LXVI 17, 1) und Severus 
liegt nahe, dass Dio sich bei den Vorbereitungen (LXXV 7, 3); die Discrepanz zwischen dem Citat 
fur seine rOmische Universalgeschichte auf die 10 und dem mit der iibrigen Dberlieferung (Suet. 
Lecture der grossen annalistischen Znsammen- Iul. 83. Nikol. 17. Plut. Caes. 68; Ant. 16; Brut, 
fassungen beschrankte, die ihm den Stoff schon 20. App. b. c. II 143) iibereinstimmenden Mon. 
so geformt darboten, dass er ihn in seine anna- Ancyr. (XV) ist allerdings noch nicht aufgeklart. 
listische Erzahlung ohne besondere Schwierig- Sehr zu beachten ist, dass Dio nur bei jenen drei 
keiten aufnehmen konnte. Bedenkt man, dass Kaisern eine Ausnahme von der sonst streng be- 
er ausser den recht umfangreichen Annalenwerken folgten Begel macht, seine Gewahrsmanner nicht 
noch mindestens Thukydides und dieRedner — vgl. mit Namen zu nennen. Schon aus diesem Grunde 
LV 12, 5 x&v 'EXXtjvmv rives cov ra fttflMa em miissen ihm die beiden Citate Plutarchs frg. 40, 
rep arxixi&iv avayivcbaxo/xev — um des Stils 5 und 107 abgesprochen und dem Excerptor zu- 
willen nicht nur lesen , sondern auch griindlich 20 gewiesen werden. 

studieren und excerpieren musste, so war seine Aus der Liste der zwischen Dio und Livius 
freie Zeit in der That mehr als reichlich ausge- obwaltenden Discrepanzen sind zunachst auszu- 
fiillt. Dass er, wie sich noch ergeben wird, neben scheiden diejenigen Stellen, an denen ilber den 
der Annalistik einzelnes, wie die Memoiren der livianischen Bericht nicht zu voller Klarheit zu 
Kaiser und rhetorische Declamationen herange- kommen ist, wie die iiber den Tod des Iuba und 
zogen hat, wiederlegt die eben angestellte Be- Petreius (per. CXIV p. 98, 12. 13. Oros. VI 16, 4. 
obachtung nicht, da dieses Material ihm durch Flor. II 13, 69. Dio XLIII 8,4); die livianische 
besondere Grunde nahe gelegt war. Version lasst sich aus den verschiedenen Brech- 
ZudieserBeobachtungreimt sich nicht schlecht, ungen so zusammensetzen, dass sie Dio nicht 
dass Dio hier und da Varianten iiber solche histo-30 widerspricht, und die Congruenz Dios mit den 
rische Notizen beibringt, die fur die Annalistik beiden Seneca (suas. VII 14; de provid. 2) und 
charakteristisch sind; vgl. XLI 14,4 (bei Lucan. Appian (b. c. II 100. 101) spricht eher fur als 
I 525ff. fehlt das Prodigium, so dass k'rectoi — cpaaiv gegen Livius. Beim Tode Catos (XLIII 11, 5) 
sich auf Livius beziehen kann). XLI 43, 2. XLIII steht die sehr kurze Angabe per. CXIV p. 98, 
28, 2. Im iibrigen ist mit diesen sehr sporadisch 11 inter ipsam curationem allerdings dem bell, 
auftretenden Variantenangaben nicht viel anzu- Afr. 88, 4 naher als Dio, aber dieser stimmt mit 
fangen. Dass sie zum mindesten nicht immer Flor. II 13, 72 iiberein. Die sonderbare Version 
von Dio selbst zusammengestellt sind, wird da- iiber den beruhmten Vorfall an der Lupercalien- 
durch bewiesen, dass dieselben Zusammenstel- feier 44, welche die Periocha CXVI zu bieten 
lungen bei anderen Geschichtschreibern wieder- 40 scheint : a M. Antonio eonsule collega suo inter 
kehren , ohne dass ein directer Zusammenhang Lupercos eurrente diadema eapiti suo impositym 
mit Dio angenommen werden kann; vgl. XLI in sella reposuit, widerspricht nicht nur Dio 
49, 2 mit App. b. c. II 39. XLIV 19, 5 mit Suet. CXLIV 11, 3, sondern auch der gesamten iibrigen 
Iul. 82. LI 14, 1. 2 mit Plut. Ant. 86. Sehr Tradition (Suet. Iul. 79. Nikol. 21. Plut. Caes. 
merkwiirdig ist das Verhaltnis von XLIX 4 zu App. 61 ; Anton. 12. Appian. b. c. II 109), die den That- 
b. c. V 108; das, was Dio ausdriicklich als seine sachen entsprechend (Cic. Phil. II 84—87) ein- 
persOnliche Vernmtung (cos /ukv i/iioi SoxeT xal stimmig bezeugt, dass Caesar das angebotene 
to elxos ovftpAMerai) im Gegensatz zur Uberlie- Diadem zuriickwies. Dass die Periocha verdorben 
ferung (cos de rives Uyovoiv) bezeichnet, erscheint ist, diirfte sich ausserdem aus Cassiodors Notiz 
bei Appian als Thatsache ohne jede Variante in- 50 zu diesem Jahr ergeben, deren Ursprung aus Li- 
mitten der Erzahlung. Es bleibt kaum eine andere vius sicher steht : C. Iulins Caesar V et M. An- 
Annahme iibrig , als dass Dio die Vermutung in tonnes, his consulibus M. Antonius Luperealibus 
seinem Gewahrsmann gefunden, Appian aber oder sella aarea sedenti Gaesari diadema renu- 
richtiger der falschende Historiker, den er aus- enti imposuit. Nach Oros. VI 7, 1 wurden Caesar 
schreibt, die Vermutung zur Wirklichkeit gemacht fur den gallischen Peldzug sieben, nach Eutrop. 
hat. Zu beachten ist ferner, dass Bemerkungen VI 17, 1 zehn Legionen bewilligt ; Dio (XXXVIII 
wie cos ye rives cpaat oder ahnliche hauflg nichts 8, 5) giebt wie Plut. Caes. 14. App. b. c. II 13 
anderes bezwecken , als bei den Berichten von vier an. In der livianischen Epitome werden Ad- 
auffallenden Sachen oder bei genauen Angaben ditionen der von Caesar neu ausgehobenen zu den 
den Schriftsteller von der unmittelbaren Verant- 60 urspriinglichen stecken ; die Zahlen der Epitome 
wortung zu entlasten und keineswegs latente Va- fordern iiberhaupt eine Specialuntersuchung. 
rianten bedeuten; vgl. XL 27, 3, wo zweifellos Ferner muss mit Dios stillschweigender Kritik 
ein Liviuscitat vorliegt; vgl. Flor. I 46, 11. XLI gcrechnet werden — dahin gehert die Streichung 
43, 2. XLIII 24, 2. XLVIII 21, 2. 48, 5. 53, 5. der beruhmten livianischen Episode iiber den Zug 
Livius wird ferner citiert XLII 2, 5 (vgl. Lucan. Catos durch die libysche Wuste ; vgl. per. CXII 
VIII 209ff. Flor. II 13, 51) und XL VI 47, 5 (vgl. p. 97, 10. Lucan. IX 300f. mit XLII 13, 4 — ; 
XLV 5, 1 = Oros. VI 18, 1. Eutrop. VII 1. per. ebenso aber auch mit Fliichtigkeitsfehlern , wie 
CXVII); aber nichts spricht dagegen, dass die der Verwechslung des ager Qallicus mit Gallien 



1711 Cassius Cassius 1712 

XXXVII 33, 4 (vgl. Herm. XXXII587) oder der Ver- 43 nicht absolut genau kennen, so geht doch daraus, 

tauschung von Cassius und Brutus XL VII 20, 2; dass Cicero, den Plutarch (Cic. 45 = Ant. 17) 

ein sehr ergotzliches Beispiel fuhrt auch Grohs genau wiedergiebt, schon die ornamenta m-ae- 

Der Wert des Geschichtswerks des Cassius Dio toria beantragte (Phil. V 45. 46), und iiber diesen 

69 an. Viel Aufhebens ist von der Stelle XXXVI Antrag nach seinem eigenen Zeugnis (ep. ad Brut, 

lb gemacht, die bei der Schlacht von Tigra- I 15, 7) hinausgegangen wurde, ferner aus dem 

nokerta nur Tigranes, nicht wie Livius (Oros. Monumentum Ancyranum (I) mit Sicherheit her- 

VI 3, 6. Front. II 1, 14. 2,4) Tigranes und Mi- vor, dass Dios Uberlieferung zu ihrem Schaden 

thridat nennt ; man soil aber nicht vergessen, dass von der livianischen abweicht. Bezeichnender- 
hier nur Xiphilin, nicht der vollstandige Dio vor- 10 weise haufen sich gerade an dieser Stelle bei 

liegt, dass ferner Eutrop. VI 9, 1 auch nur Ti- Dio die historischen Fehler. Er fuhrt (XL VI 29. 

granes nennt und es in der per. XCVIII heisst 31) drei SC auf: nach dem ersten wird die Ge- 

L. hucullus in Armenia Mitliridaten et Tigra- sandtschaft an Antonius geschickt, nach dem zwei- 

nen et ingentes utriusque regis copias pluribus ten, noch vor der Riickkehr der Gesandten, der 

proeliis fudit, in Obereinstimmung mit dem An- tumultus erklart und die Kriegfiihrung Caesar 

fang des xiphilinischen Excerpts Aovxovllog dk und den Consuln iibertragen, nach dem dritten, 

Aovxtog xata rovg xaigovg xovrovg rove rijg 'Aaiag als die Gesandten zuruckgekehrt sind, der Krieg 

Svvdorag Mi&pidarrjv te xal TiyQavrjv xbv 'Agfie- noch einmal erklart, die saga angelegt und den Con- 

viov jioXif.iq> vixrjoag xai cpvyofxaxuv avayxaoag . . . suln das Notstandscommando iibertragen. Daran 
Mag man aber auch daran festhalten, dass eine 20 ist falsch die Teilung des SC , das Caesar und 

wirkliche Abweichung von Livius vorliegt, so ist den Consuln den Krieg (ibertrug und zugleich 

damit noch lange nicht gesagt, dass Dio Sallust die Gesandtschaft an Antonius bestimmte (Cic. 

gefolgt ist; denn ob Sallust Mithridat an der Phil. V 45. 46. VI 3. Mon. Anc. I), in zwei; 

Schlacht hat teilnehmen lassen oder nicht, ist ferner ist das deeretum tumultus nicht vor, son- 

aus der einzigen ernsthaft in Betracht kommenden dern nach der Riickkehr der Gesandten erlassen 

Stelle epist. Mithrid. 15 imprudentiam Tigranis (Cic. Phil. VIII 3: 3. Pebruar; am 4. legte Ci- 

pro vietoria ostentant nicht zu sehen. cero das Kriegskleid an, ep. ad Oct. p. 41, 16 

Dagegen ist unleugbar, dass die Geschichte Baiter), und umgekehrt das Notstandscommando 

des jungen Caesar nicht allein nach Livius erzahlt nicht erst nach der Riickkehr der Gesandten, 
sein kann, wie ja auch schon das Citat der Me- 30 sondern zugleich mit ihrer Absendung den Con- 

moiren des Augustus, falls es ein directes ist, suln und Caesar gegeben (Mon. Anc. I). 

dagegen spricht. Ich lege weniger Gewicht dar- Sodann ist es meines Erachtens nicht geraten, 

auf, dass im Gegensatz zu der sehr tendenziOsen den dionischen Bericht von Crassus Partherfeldzug 

Darstellung des Livius (Oros. VI 18, 14. Flor. restlos auf Livius zuriickzufuhren. Zwar wenn 

II 17, 10) der Anteil des Antonius an dem Sieg Dio es zweifelhaft lasst, ob Crassus von einem 

bei Philippi so energisch hervorgehoben wird, wie der Seinigen oder von den Parthern getotet wurde 

es Dio (XLV r II 45, 2) bei seinem verschwommenen (XL 27, 2), so kann dies auf eine schon bei Li- 

Schlachtbericht iiberhaupt mOglich war ; das kann vius vorhandene Doppeltradition zuruckgefiihrt 

eigene sixaala sein, ebenso wie die Streichung werden, da in den Brechungen der Epitome (per. 
des von Livius (per. CXXIX p. 106, 8. 9) ange-40CVI p. 93, 14. 15. Oros. VI 13, 4. Flor. I 46, 

gebenen Motivs fur den Wintermarsch des An- 9) beide Nachrichten erscheinen, auch darauf, dass 

tonius durch Armenien im J. 36/5, vgl. XLIX Oros. VI 13, 4 Surenas . . Crassum . . . fru- 

31, 1. Aber wenn Dio mehrfach behauptet, dass stra eius colloquium petentem interfeeit 

Caesar, der Sohn , sich zuerst mit Antonius und der dionischen (XL 27, 1) Erzahlung nicht genau 

dann erst mit Lepidus versOhnt hatte (XL VI 52, entspricht, wiirde ich nicht sehr viel geben, da 

1. 43,. 6), so steht das mit der unzweideutigen Orosius der Epitome eine schlechtere Fassung 

Angabe der livianischen Epitome (per. CXIX p. 101, gegeben haben kann als die Periocha CVI (evo- 

22. 23. Eutrop. VII 2, 1. Oros. VI 18, 8), nach catus in colloquium ab hostibus velut de pace 

der Lepidus den Vermittler zwischen Antonius acturis) und Flor. I 46, 9 (in colloquium sol- 
und Caesar spielt, in einem nicht wegzubringenden 50 licitatus), deren Worte zu Dios Darstellung vor- 

Widerspruch. Femer ist bei Dio sicher das Ver- trefflich passen, in scharfem Gegensatz zu Plut. 

halten Kleopatras gegen Antonius bei der Schluss- Crass. 30. 31. Aber schwer ins Gewicht fallt, 

katastrophe, wahrscheinlich auch das Caesars viel dass Flor. I 46, 6 den Verrat dem Syrer Mazza- 

ungiinstiger dargestellt, als es bei Livius der Fall ras, Dio (XL 20) dem Abgar von Edessa zuschreibt, 

gewesen sein kann; vgl. LI 10, 5. 6. 9, 5. 6 mit und bei dieser Discrepanz bleibt es nicht; bei 

per. CXXXIII p. 107, 2. 3. Oros. VI 19, 17. Die Livius (Oros. VI 13, 2. Flor. I 46, 4) traf die 

merkwiirdigste Discrepanz fallt in die Senatsbe- parthische Gesandtschaft Crassus schon auf dem 

schlusse vom Anfang des J. 43 zu Gunsten Caesars. linken Euphratufer und nach Beginn des Feld- 

Nach Livius (per. CXVIII p. 100, 23—25) — und zugs von 53, bei Dio (XL 16. 17) erheblich fruher, 
Appian (b. c. Ill 51) — erhielt dieser mit dem 60 als er nach der ersten Invasion von 54 in die 

propraetorischen Imperium zusammen die orna- Winterquartiere nach Syrien zuruckgekehrt war. 

menta consularia, nach Dio (XL VI 29. 41) zu- Hier stimmt Dio also einmal mit Plutarch (Crass, 

nachst die ornamenta quaestoria, dann das im- 18) iiberein, wahrend sonst seine Erzahlung deut- 

perium pro praetore und erst nach der Schlacht lich die Polemik gegen die, welcher Plutarch ge- 

bei Mutina als Abschlagszahlung auf seine For- folgt ist, durchschimmern lasst ; vgl. XL 22 mit 

derung des Consulats die ornamenta consularia. Plut. 26. 27 und XL 24, 2 mit Plut. 27. 

Die Abweichung von Livius springt in die Augen. In sehr sonderbarer Weise hat endlich Dio 

Wenn wir nun auch die Beschlusse des 4. Januar sich bei dem Bericht iiber den Rechtssbreit zwi- 



1713 Cassius Cassius 1714 

schen Caesar und Pompeius nicht nur mit der fluss einzuraumen, als es die Quellenfbrscher thun. 

historischen Wahrheit, sondern auch mit Livius So wenig ich geneigt bin, Livius, z. B. im Ver- 

in Widerspruch gesetzt. So wenig leider von der gleich mit den Commentaren Caesars , irgendwie 

livianischen Darstellung der Controverse erhalten zu uberschatzen, so sauer kommt es mich an, so 

ist, das eine stent unbedingt iest, dass nach ihm vortreffliche Berichte bei Dio, wie den uber die 

der Consul M. Marcellus im J. 51 den Versuch catilinarische Verschworung, uber Ciceros Riick- 

machte, Caesar um das ihm durch das Plebiscit kehr, iiber den milonischen Process, auf denselben 

der 10 Tribunen von 52 gewahrte Privileg zu Gewahrsmann zuriickzufuhren, wie z. B. den elend 

bringen, nach welchem er sich, ohne nach Rom entstellten uber Ciceros Verbannung, und nimmt 
zuriickzukehren, 49 um das Consulat fur 48 be- 10 man hinzu, dass Dio auf Cicero sehr libel zu 

werben durfte: sprechen ist, so wachst der Verdacht, dass auch 

per. cvm : hier in den Strom der livianischen tlberlieferung 

contentiones inter consules de sueeessore C. Cae- irgend welche triiben Nebenwasser gelaufen sind. 

sari mittendo agente in senatu M. Mareello con- Um das Schlussresultat der Untersuchung kurz 

sule ut Caesar ad petitionem eonsulatus veniret, zusammenzufassen, so hat die hergebrachte Iden- 

oum is lege lata in tempus eonsulatus provineias tification von Dio und Livius der Analyse am 

obtinere deberet. besten standgehalten fur die Erzahlung des caesa- 

Fior His 15 16- risch-pompeianischenBurgerkriegs. Fur die iibrige 

, . „ '■','■, i n ■ Zeit ist und bleibt es unleugbar. dass die dio- 

de succession (hesarissenatus, id est Pompeius, 20nische Darste u ung in vie l hoherem Masse unter 

agitabat mcilleabnuebat si ratio sm proximis dem Einflusg der g livianischen gteht als ir g end 

cormtns haberetur cmsulatus absenti , quern eine andere erhaltene doch nimmt dieser 8 Ein . 

decern tribum favente Pompeio nuper decreverant flugg &b . mehr sich ^ ErzaW von Caesars 

turn dtssimulante eodem mgabatur : veniret et Tod entfe J nt und ^ &uch gonst namentlich beim 

peteret more mawrum.. Partherkrieg des Crassus, zwar deutlich und reich- 

Oros. vi 15, l : Hch, aber nicht ausschliesslich vorhanden. Wie 

Nam rediens Caesar victor ex Gallia (d. i. 51) weit er durch directe, wie weit durch indirecte 

deeerni sibi absenti alterum consulatum poposcit. Benutzung zur Wirkung gekommen ist, ist vollig 

oontradietum est a Mareello eonsule adnitente unmOglich festzustellen. Die Meinungen, dass Sal- 

Pompeio. 30 lust oder Caesar accessorisch herangezogen seien, 

Entrap vi 19 2 s ' n< ^ Einfalle, die eine energische Prtifung nicht 

„ . ,. ri it -j u vertragen; dasselbe gilt von Asinius Pollio. 

Caesar mm rediens ex Gallia victor coepit ^ ^ d « dionischen K aiserannalen 

poscere alterum consulatum atque ita ut sine ^ zun „ chst ^ die F ^ beantworterli oh Ta . 

dubietatealiauaeideferretur.wntradictumesta citus oder gueton d ^ ect benutzt gind _ Jeneg 

Mareello eonsule, a Bibulo, a Pompeio, a Catme; diirfte heutzutage wohl einstimm i g von den TJrteils- 

vgl. Sueton. Iul. 28 : M. Claudius Marcellus con- fahigen verneint werden , dagegen taucht immer 

sul . . . rettulit ad senatum ut ei succederetur noch bin und wieder der Glaube an eine un- 

ante tempus . . . et ne absentis ratio comitiis mittelbare Abhangigkeit Dios \*on Sueton auf. 
haberetur quando lege (nee codd., ei Mommsen 40 Sie lasst sich nicht beweisen. Ein sehr gewich- 

Staatsrecht I 504) plebiscito Pompeius postea tiges Argument gegen sie ist schon angefuhrt: 

abrogasset. Marcellus verlangte also, dass gemass die Vorzeichen des Augustus sind von Dio trotz 

der lex Sempronia die 49 frei werdenden Pro- sehr grosser Ubereinstiinmung nicht aus Sueton 

vinzen 51 einem anderen zugewiesen wiirden. Nach entlehnt. Sodann ist sehr zu erwagen, dass Dio, 

Dio aber (XL 59) wollte Marcellus Caesar sofort wenn er Sueton compilieren wollte, sich der un- 

einen Nachfolger schicken, obgleich im folgenden gemein miihseligen Arbeit unterziehen musste, 

Jahr, 50, Caesar ohnehin kein legitimes Imperium alle die Einzelheiten, aus denen Suetons ftioi wie 

mehr besass. Einer solchen Entstellung der Con- inmusivischerArbeitzusammengesetztsind,heraus- 

troverse hat sich Livius nach Ausweis der Epi- zubrechen und chronologisch neu zu ordnen. Nur 
tome nicht schuldig gemacht; sie wird erst voll50ein einzigesmal muss eine Beziehung zwischen 

verstandlich, wenn man die andere, noch viel mon- Sueton und Dio statuiert werden, in der unmittel- 

strOsere hinzuzieht, dass Caesar 55 das procon- bar vor Othos Tod spielenden Anekdote, die Suet. 

sularische Imperium statt auf noch einmal funf Otho 10 nach seinem Vater, der den Krieg mit- 

nur auf drei Jahre — gemeint sind nach XL 59 gemacht hatte, erzahlt. Dio (LXIV 12) stimmt, 

die Jahre 53, 52, 51, indem die erste Frist von im Gegensatz zu Plutarch (Otho 15) — Tacitus 

58 — 54 gezahlt wird — verlangert sei (XXXIX verschmaht dies Detail — so gut mit jenem iiber- 

33). Dio gesteht indirect selbst zu, dass er die ein, dass ein zufalliges Zusammentreffen aus- 

tfberlieferung corrigiert hat durch den Zusatz geschlossen sein durfte ; gegen generalisierende 

(XXXIX 33, 3) &g ye t&Xtj&k svoiaxexai. Ob ers Schliisse aus dieser einen Congruenz muss aber 
aber von sich aus oder nach irgend einer schlechten 60 eingewandt werden erstens, dass die fjbereinstim- 

tFberlieferung gethan hat, ist nicht mit Bestimmt- mung im Detail nicht haarscharf ist, und zweitens, 

heit zu entscheiden ; jedenfalls ist nicht zu iiber- dass solche personlichen Mitteilungen vor alien 

sehen, dass das ganze zweite Consulat des Pom- anderen dazu ausersehen sind, tralaticisches Gut 

peius und Crassus und namentlich ihr Verhalt- zu werden. Es wird also dabei bleiben mussen, 

nis zu Caesar in einer die Thatsachen geradezu dass Congruenzen zwischen Dio und Sueton so 

umdrehenden Weise erzahlt ist. Es durfte sich gut wie die zwischen Dio, Tacitus und Plutarch 

iiberhaupt empfehlen, dem Gesichtspunkt der hi- auf fruhere Gewiihrsmanner — ich setze aus- 

storischen Treue auch fur die Analyse mehr Ein- drflcklich den Plural — zuriicklaufen. Oder : eine 



1715 



Cassius 



Cassius 



1716 



genaue Analyse Dios muss die gesamte sog. Ta- 
citusfrage aufrollen. Das karm im Eahmen dieses 
Artikels nicht geschehen, und ich muss mich auf 
wenige, fiir das Ganze wichtige Beobachtungen 
und Bemerkungen beschranken. 

Die Grundlage, auf der allein sicher weiter 
gebaut werden kann, ist auch hier iiber dem Jagen 
'nach mehr oder minder phantastischen Combi- 
nationen zu legen versaumt ; es giebt noch keine 
brauchbare, vollstandige und alles, sonderlich Ta- 10 
citus schriftstellerische, um nicht zu sagen poeti- 
sche Technik umsichtig berucksichtigende Recon- 
struction des Plutarch, Tacitus, Sueton und Dio 

femeinsamen Fundaments. Es ist, da wir von 
er Annalistik des 1. Jhdts. keine unmittelbare 
Kenntnis besitzen, durchaus unmethodisch , dieser 
Reconstruction einen bestimmten Namen beizu- 
legen, und im Gegenteil die Hypothese nicht zu 
vermeiden, dass alien, sei es Compilationen , sei 
es es ein fester Kanon von Annalen , vorlagen. 20 
Anders ist die auch von anderen schon hervorge- 
hobene Thatsache nicht zu erklaren, dass Varian- 
tenzusammenstellungen sich an mehreren Stellen 
in merkwiirdig starker Obereinstimmung wieder- 
finden oder bald bei dem einen das als Erzah- 
lung gegeben wird, was ein anderer als Variante 
anmerkt und umgekehrt. Vgl. z. B. 



30 



)ic 


> LVI 31, 1 


mit 


Tac. ann. I 5. 




1 


LVII 3, 3. 4 


n 


Tac. ann. I 7. 




- 


LVII 3, 6 


J! 


Suet. Tib. 22. 




V 


LVII 4, 5 


» 


Tac. ann. I 30. 




1 


LVII 12, 6 


n 


Suet. Tib. 51. 






LVII 22 




Tac. ann. IV 10. 


11. 


•■ 


LVIII 11, 5 


fl 


Tac. ann. V 9. Suet. Tib. 61. 




LVIII 13, 1 


n 


Tac. aim. VI 24. 
Tib. 65. 


Suet. 


•fl 


LVIII 27 


n 


Suet. Tib. 62. 




V 


LVIII 28 


fl 


Tac. ann. VI 50. 
Tib. 73. 


Suet. 


* 


LX 34 


' 


Tac.ann.XII66.67 
Claud. 44. 


. Suet. 


' 


LXI 11 


rt 


Tac. ann. XIV 2. 

Ner. 28. 


Suet. 


*i 


LXI 12 


n 


Tac. ann. XIV 7. 


11. 


H 


LXI 14 


fl 


Tac. ann. XIV 9. 
Ner. 34. 


Suet. 


n 


LXII 13 


fl 


Tac. ann. XIV 51. 
Ner. 35. 


Suet. 


» 


LXII 16 


it 


Tac. ann. XV 38. 
Ner. 38. 


Suet. 


•n 


LXIV 6 


fl 


Plut.Galb.17. Tac, 
41. Suet. Gall 


hist. I 
). 20. 




LXIV 8, 2 


a 


Plut. Oth.3. Suet. Ner. 7. 


!) 


LXVI 26 
LXVII 17 


fl 


Suet. Tit. 26. 
Suet. Dom. 17. 





40 



50 



Ausserdem ist anzumerken die Dbereinstim- 
mung im Urteil oder in der Polemik zwischen 
LVIII 17 und Tac. ann. VI 2. LVIII 16, 4 und 
Suet. Tib. 61. LIX 24, 2 und Suet. Gaius 17. 60 
Wie abhangig Dio trotz des scheinbar selbstan- 
digen Colorits, das er seiner Darstellung zu geben 
sich mit angestrengtem Fleiss abgemiiht hat, im 
letzten Grunde von seinen Vorlagen geblieben ist, 
verrat eine auffallende, formale Differenz zwischen 
dem ersten und zweiten Abschnitt seines Werks. 
Wahrend er in jenem. unbeschadet allerlei Ge- 
redes iiber psychologische Motive, fast jeden Ver- 



such — eine Ausnahme bilden die Charakteristiken 
Hannibals frg. 54 und des jiingeren Scipio frg. 70 
— , die Hauptpersonen latent oder unmittelbar 
zu charakterisieren, vermissen lasst, fehlt in jenem 
so gut wie nie — und dann schwerlich durch 
Dios Schuld — die Charakteristik des Kaisers, 
die meist am Anfang, nur bei Marcus, wo ein 
Abschnitt zu Ende ist, und bei Severus, der zu 
Marcus das Gegenstuck bilden soil, am Schluss 
steht. Es lasst sich hieran noch deutlich er- 
kennen, wie die Kaiserannalistik die Pormen des 
(Slog auf die Geschichte grossen Stils zu iiber- 
tragen dadurch verfiihrt wurde, dass sie, und zwar 
am meisten wo sie mit der grOssten Erbitterung 
einen toten Kaiser bekampfte , die Person des 
Monarchen durchaus in den Mittelpunkt riickte, 
sehr zum Schaden der Uberlieferung. Suetons 
Caesares bedeuten keineswegs den Anfang einer 
nach Tacitus neu einsetzenden Entwicklung, son- 
dern ziehen nur die Summe aus langst vorhandenen 
Posten. Wie weit der Schematismus der bio- 
graphischen Form auch in der Annalistik um sich 
frass, kann man daran sehen, dass Dios Annalen, 
der chronologischen Anordnung zum Trotz, bei 
Gaius und Claudius — allerdings, worauf zu 
achten ist, nur hier — die guten Handhingen 
beider voraufschicken (LIX 9. LX 3 — 5). 

Unter alien Kaisercharakteristiken Dios ragt 
nur eine einzige durch feine psychologische Aus- 
fiihrung hervor, die des Tiberius (LVII 1). Sie 
kann schon aus diesem einen Grunde nicht Dios 
eigenes Werk" sein , findet sich aber auch that- 
sachlich bei Sueton und Tacitus wieder: dieser 
hat allerdings das vorgefundene Gesamtbild in 
kleinere Stilcke zerschlagen , die er mit grossem 
Effect an passender Stelle anzubringen versteht. 
Das leuchtende Gegenstuck zu dem diisteren Typus 
des verschlossenen Alleinherrschers ist die im 
Glanz der Volksgunst strahlende Lichtgestalt des 
Kronprinzen Germanicus (LVII 18): hier ist die 
Congruenz mit Tacitus (ann. II 72) und Sueton 
(Gaius 3) mit Handen zu greifen. Jeder erfahrt 
an sich die starke Wirkung des doppelgesichtigen 
Nekrologs auf Augustus, mit dem Tacitus die Ge- 
schichte des Tiberius erOffnet (ann. I 9ff.): aber 
seine sprachliche Kunst darf nicht dariiber tauschen, 
dass er dieses eigenartige Prooemion nicht selber 
erfunden hat. Denn es findet sich bei Dio wieder 
(LVI 43 — 45), der als loyaler Anhanger der Mo- 
narchic das beabsichtigte Schwanken des Bildes 
zwischen gut und schlecht beseitigt hat bis auf 
ein paar Reste, die geniigen (LVI 44, 1. 45, 3), 
um auch die dunkle Seite der taciteischen Charak- 
teristik als uberkommen zu erweisen; sogar das 
Meistersttick, die Charakteristik als Totengericht 
einzufiihren, das die offentliche Meinung iiber den 
vom Senat consecrierten Kaiser abzuhalten sich 
nicht abschrecken lasst, kann nach Dios beweisen- 
dem Zeugnis Tacitus nicht belassen werden. Augen- 
scheinlich ist Dios Doppelbild des ersten Kaisers 
ein Reflex des Urteils iiber den zweiten Kaiser 
auf das iiber den ersten, was bei Dio, der seinem 
Gewahrsmann nicht an Kunst ebenburtig war, 
viel scharfer hervortritt, als bei dem mit dem 
Original rivalisierenden Tacitus. Es gehOrt also 
dies Totengericht des Augustus mit den Charak- 
terbildern des Tiberius und Germanicus zusammen; 
und diese drei SchOpfungen, die nur aus einer 



1717 



Cassius 



Cassius 



1718 



Hand im letzten Grunde entsprungen sein konnen, 
reichen aus, um im Verein mit der Thatsache, 
dass nach Tiberius etwas von auch nur annahernd 
gleicher Kunst nicht zu flnden ist, das fest urn- 
rissene Bild eines Schriftstellers yon seltener Ge- 
nialitat hervorzurufen, der dem stolzen, alle Op- 
position mit knochiger Hand niederzwingenden 
Claudier ein entsetzlicher und vielleicht nur zu 
siegreicher Gegner geworden ist. Unmittelbar 
nach dem Tode des Tiberius, als noch alle Gaius 
Curs fiir einen Curs hielten und ihm mit Jubel 
folgten, muss diesem Schriftsteller es gelungen 
sein, die Erinnerung der hOchststehenden Kreise 
an das vergangene Regiment zu einem Gemalde 
zusammenzufassen von so stahlharter Linienffih- 
rung, von so lastender Wucht der Schatten, wie 
sie nur die in unmittelbarer Erfahrung herange- 
reifte Leidenschaft im Bunde mit sicherster Be- 
rechnung des Effects hervorbringt. Die Grund- 
stimmung der lauernden, tfickischen Fronde des 
Senats gegen die Caesaren, die von dem geschmei- 
digen alten Kaiser mehr und mehr eingelullt, 
unter dem unliebenswiirdigen , schroff correcten 
und den Senat durch den Senat demiitigenden 
Regiment des zweiten Ffirsten in immer giftigerem, 
weil ohnmachtigen Hass sich niederschlug; die 
Riickwirkung dieses Hasses auf das Urteil (iber 
den Griinder der Monarchie; seine, fur das im 
Grunde monarchische Empfinden der Zeit be- 
zeichnende Umkehr in schrankenlose Sympathie 
mit dem gegen den Hof frondierenden Kronprinzen 
mit samt seiner Dynastie : das sind die Elemente, 
aus denen der genialste Annalist der Kaiserzeit 
seine Schopfung aufgebaut hat, die den Vergleich 
mit den kraftvollen Producten der altesten, ge- 
schriebenen und ungeschriebenen, Annalistik des 
Standekampfes nicht zu scheuen brauchte. Ihn 
und sein Verhaltnis zu Tacitus im einzelnen zu 
zeichnen, mass ich anderen uberlassen, nur rate 
ich, alles Raten auf Aufidius Bassus, Servilius 
Nonianus u. s. w. u. s. w. als aussichtslos von 
voniherein aufzugeben und nicht zu vergessen, 
dass zwar die Grundlinien dieser Schopfung der 
Zeit getrotzt haben, aber im einzelnen die nach- 
folgenden Annalisten schon vor Tacitus manches 
modificiert haben werden. 

Eigentiimlich ist die scharfe Beurteilung Se- 
necas LXI 10, bei der Dios Abneigung gegen die 
stoischen Philosophen ohne Prage eine Rolle ge- 
spielt hat. Aber selbstandig erfunden ist sie dar- 
um doch nicht; denn die Vorwiirfe kehren zum 
Teil wenigstens bei Tacitus (ami. X1I1 42) und 
zwar bei Gelegenheit desselben Processes wieder. 
Sie erhalten hier aber eine ganz andere Farbe 
dadurch, dass sie nicht als selbstandige Charak- 
teristik aufgefiihrt, sondern einem Delator in 
den Mund gelegt werden. Dies Verhaltnis ent- 
spricht dem diametral entgegengesetzten Stand- 
punkt, den Tacitus und Dio der stoischen Oppo- 
sition gegeniiber einnehmen, und macht es wahr- 
scheinlich, dass die Abweichungen ihrer Berichte 
fiber Senecas Tod (Dio LXII 65. Tac. ann. XV 
63) zum grOsseren Teil auf Tacitus schriftstelle- 
rischer Kunst, zum kleineren auf Retouchen Dios 
in peius beruhen. 

Besonders zu stellen sind die Reden , die oft 
und in grosser Lange von Dio in die Erzahlung 
eingelegt sind. Es ist nicht ohne Nutzen, ein 



Verzeichnis aufzustellen , das fiir die verlorenen 
Biicher natfirlich nicht vollstandig sein kann: 
frg. 12 Disputation gegen und fiir die Republik. 
frg. 30, 2 Rede des M. Curtius, vgl. Liv. VII 6. 

Dionys. XIV 11. 
frg. 36, 1 — 5 Rede des Fabius Rullus des Al- 

teren, vgl. Liv. VIII 33. 
frg. 36, 11 — 14 Rede des Herennius Pontius/ 
vgl. Liv. IX 3. 
10 frg. 36, 17. 18a. Zon. VII 26, 14. 15 Rede 
des Postumius, vgl. Liv. IX 9. 
frg. 40, 14—16. Zon. VIII 3, 6 Rede des 

Laevinus. 
frg. 40, 33—38 Gesprach zwischen Fabricius 

und Pyrrhos. 
frg. 43, 13 — 15 nicht naher zu bestimmen. 
frg. 43, 32 d. e. 31 Rede des Regulus. 
frg. 55, 1—9. 57, 12 Debatte zwischen Fabius 
und Lentulus im Senat, vgl. Pol. Ill 20 
20 und Liv. XXI 6 mit den richtigen Be- 

merkungen Hesselbarths S. 127ff. 
frg. 56, 5 Rede Hannibals, vgl. Liv. XXI 43- 

Pol. Ill 63. 
frg. 56, 6 b Rede Scipios?, vgl. Liv. XXI 40. 

41. Pol. Ill 64. 
frg. 56, 11 Rede des Fabius Cunctator, vgl. 

Liv. XXII 25, 12. 
frg. 57, 47. Zon. IX 10, 7 Rede Scipios, vgl. 
Liv. XXVIII 27. Pol. XI 28. 29. 
30 frg. 62, 1 a nicht naher zu bestimmen. 

frg. 70, 2. 3 Rede fiir den jungeren Scipio. 
Es lassen sich also jetzt noch 16 Reden fiir die 
ersten 21 Biicher nachweisen. 
frg. 107, 2. 3 nicht sicher zu bestimmen. 
XXXVI 25—36 Reden des Pompeius, Catulus 

und Gabinius fiber die Lex Gabinia. 
XXXVIII 18—29 Gesprach zwischen Cicero und 

Philiskos. 
XXXVIII 36—46 Caesars Rede vor dem Feld- 
40 zug gegen Ariovist, vgl. Liv. per. CIV. 

XLI 27 — 35 Rede Caesars an die meuternden 
Truppen in Placentia, vgl. Lucan. V 319ff. 
XLIII 15 — 18 Rede Caesars im Senat. 
XLIV 23—33 Rede Ciceros fiir die Amnestie, 
vgl. Cic. Phil. 1 1. Liv. per. CXVI. Flor. 
II 17, 4. 
XLV 18—47. XL VI 1—28 Ciceros und Cale- 
nus Reden fiir und gegen Antonius; zu 
beachten ist, dass auch Appian. b. c. ni 
50 52ff. die Hauptdebatte in den Anfang 

des J. 43 verlegt, wahrend thatsachlicb 
Antonius und Ciceros Pamphlete vom 
September und October 44 den Hehe- 
punkt des Streites bildeten. 
L 16—22. 24—30 Reden des Antonius und 
Caesar vor der Schlacht bei Actium. 
Rechnet man die zu Gruppen vereinigten Reden 
als einzelne, so kommen auf die 16 Biicher von 
XXXVI— LI 15 Reden, also ungefahr eine auf 
60 ein Buch, das gleiche Verhaltnis wie in den ersten 
21 Bttchern. In den Kaiserannalen scheint Dio, 
vom Anfang abgesehen, sehr viel sparsamer mit 
den Producten seiner rhetorischen Kunst gewesen 
zu sein: 
LII 2 — 40 Gesprach zwischen Agrippa und 

Maecenas fiber die Monarchie. 
LIII 3—10 Rede des Augustus im Senat bei 
Ubernahme des Principals. 



1719 Cassius Cassius 1720 

LV 14 — 21 Gesprach zwischen Augustus und legt, die merkwiirdigerweise auf eine straffe Cen- 

Livia, vgl. Sen. de clem. I 9. tralisation der Regierung in der Hand des Kaisers 

LVI 2 — 9 Rede des Augustus iiber die Ehe- und auf eine Schwachung der fibermachtigen Stel- 

gesetze. lung des Gardepraefecten und der Macht der Pro- 

LVI 35 — 41 Leichenrede des Tiberius fur Augu- vincialstatthalter hinauslaufen: in manchen Punk- 

stus, vgl. Suet. Aug. 100. ten kiindigt sicb schon die grosse Reform des 

LXI 3 — 6. 8 — 11 Reden der Boudicca und des Diocletian an. Pur das einzelne verweise ich auf 

Suetonius Paulinus, vgl. Tac. ann. XIV die vortreffliche Arbeit von Paul Meyer De 

35ff. Maecenatis oratione a Dione Acta, Berlin 1891, 

LXIII 22 Rede des Vindex. 10 das Beste, das nach Reimarus liber Dio ge- 

LXIV 13 Rede Othos vor seinem Tode. schrieben ist. Meyer hat zugleich auch nach- 

LXXI 24 — 26 Rede des Marcus beim Aufstand gewiesen, dass diese Gedanken ihre Spitze gegen 

des Avidius Cassius. das unklare, romantische Experimentieren des Se- 

Es ergiebt sich aus dieser tfbersicht, dass Dio verus Alexander mit der Dyarchie kehren, woraus 

eine besondere Vorliebe fur die SfidXai koycov sich ohne weiteres ergiebt, dass das ganz un- 

hatte, und was noch wichtiger ist, dass er nur da vermittelt an der Spitze des zweiten Abschnittes 

Reden eingelegt hat, wo er in der Cberlieferung eingefuhrte Gesprach eine nachtragliche Einlage 

die Nachricht fand, dass wirklich solche gehalten ist. Man darf wohl noch weiter gehen und ver- 

vraren; denn die wenigen Falle, in denen der muten, dass Dio in reiferen Jahren und nach den 
Nachweis nicht zu erbringen ist, kommen gegen 20 Erfahrungen, die er unter Severus Alexander ge- 

die iiberwiegende Mehrzahl nicht auf. Piir die macht hatte, sein Urteil liber Septimius Severus 

Beurteilung der Gesprache zwischen Cicero und modificierte und manches richtiger schatzte, als 

Philiskos und zwischen Agrippa und Maecenas ist zu der Zeit, wo der gewaltthatige Kaiser seine 

das von Wichtigkeit. Offenbar haben wir es hier Hoifnungen enttauschte; wie weit das auf seine 

mit einem Satz aus der oben entwickelten historio- Darstellung zuruckwirkte, ist bei der unvollstan- 

graphischen Theorie zu thun. digen Erhaltung nicht zu beurteilen. 

Das stoff liche Material zu diesen Reden — Dio hat zunachst keine Wirkung ausgeubt — 

iiber das sprachliche Muster vgl. Kyhnitzsch Herodian und die Historia Augusta ignorieren 

De contionibus quas Cassius Dio historiae suae ihn — , ist aber fur die Byzantiner zum kanoni- 
intexuit, cum Thucydide comparatis, Lpzg. 1894 30 schen Darsteller der rSmischen Geschichte ge- 

— entnahm Dio zum Teil wenigstens seinem je- worden. Diesem Umstande ist es zu verdanken, 

weiligen historischen Gewahrsmann; Spuren des dass von den verlorenen Biichern verhaltnismassig 

Livius in Caesars Reden an seine Offlciere vor sehr viel erhalten ist. Bis zum 12. Jhdt. sind 

dem Krieg mit Ariovist und an seine Truppen noch die ersten 21 und die Bucher von 36 — 80, 

bei der Meuterei in Placentia sind oben nachge- mit Ausnahme einer Liicke von zwei Biichern, 

wiesen. Aber dies darf unter keinen Umstanden nach v. Gutschmid (Kl. Schr. V 548) 70 und 71, 

auf alle ausgedehnt werden. Die Debatte zwischen vorhanden gewesen; die Bucher 22 — 35 scheinen 

Cicero und Calenus setzt voraus, dass die sog. sehr friih untergegangen zu sein. Buch 36 — 80 

permutatio provineiarum im Senat und unter An- sind von Ioannes Xiphilinos zu einer Geschichte 

wesenheit Ciceros beschlossen ist. Das wider- 40 der rOmischen Monarchien verarbeitet, die bezeich- 

spricht zunachst Livius (per. CXVII), nach dem nenderweise mit Pompeius anfangt. Das, wenn 

dies durch ein Gesetz geschah; Dio, der in der ich nicht irre, 1592 zuletzt vollstandig gedruckte 

Erzahlung (XLV 9) hochst wahrscheinlich Livius Werk fiihrt den Titel 'Emxo/nij rijg Aicovoe xov 

folgt , hat den Widerspruch durch unbestimmte Ninaewg 'Pcofial'xijg toxooias r\v ovvsxefisv 'Icodvvijs 

Ausdrucksweise vertuscht. Ferner aber liegt ein 6 EicpiXtvos neotsxovoa (xovaoyias Katodocov ei'xooi 

crasser Widerspruch zu den Philippiken vor. Da Ttivxs cbio Ilopjitjiov Mdyvov fiexgis 'AXegavdoov 

nun aber nicht nur diese — vgl. die sorgfaltigen xov Mafiaiag und ist unter Ignorierung der dio- 

Zusammenstellungen von J. W. Fischer De fon- nischen Bucheinteilung nach ,Monarchen' ange- 

tibus et auctoritate Cassii Dionis in enarrandis ordnet. Xiphilin selbst schreibt von sich p. 68f. 
a Cicerone post Caesaris mortem a. d. XVI Kal. 50 der Pariser Ausgabe von 1551 : Xiyco yaq xovxo 

Apr. de pace et Kal. Ian. anni a. Chr. n. 43 ovxixi Sg 6 Aicov 6 noovoasve (so) 6 im xov 

habitis orationibus, Lpzg. 1870 — , sondern auch Sevtjqov xal 'AXegavdoov %6>v avxoxoaxoooiv ye- 

die Gegenpamphlete des Antonius (vgl. die in vo/usvos, dlA' cos 'Icodvvtjs o SicpiXTvos, adsXcponcus 

der zweiten Philippika angefiihrten Vorwiirfe des cov 'Icodvvov xov naxQidq^ov, ijii 8k Mi%ai]l avzo- 

Antonius und das Citat Plut. Cic. 41 = Dio XL VI xodxogos xov Aovxa (1071 — 1078) xljv sjiixofiijv 

18, 3) benutzt und zwar reichlich benutzt sind, xavxijr x&v nolX&v fiiplicov xov Atcovos ovvxaxxo- 

so muss Dio rhetorische /iisXhai , welche Ciceros fisvog. Die schon erwahnte Liicke, die nach seiner 

und Antonius Pamphlete reproducierten, vor sich Angabe (LXX 2) die Regierung des Pius und 

gehabt haben, eine Beobachtung, die auch fur die den Anfang von der des Marcus umfasste , war 
Beurteilung des Gesprachs zwischen Cicero und 60 mit allerhand Excerpten ausgefiillt, darunter einem 

Philiskos und die Rede Ciceros iiber die Amnestie aus Asinius Quadratus, ein Beweis, dass der Ver- 

den richtigen Gesichtspunkt liefern diirfte; un- lust bis in friihbyzantinische Zeit hinaufreicht. 
haltbar ist der Gedanke, dass letztere Rede die Der zweite Excerptor Dios war der etwa ein 

echte ciceronische wiedergabe, die nie publiciert ist. halbes Jahrhundert spater als Xiphilin schreibende 

Von alien Reden erregt nur eine, die des Mae- Monch Ioannes Zonaras, der in Buch VII - XII 

cenas fur die Monarchie, ein wirkliches Interesse, seiner 'Emxofiij 'Ioxoqicov die rOmische Geschichte 

diese allerdings ein sehr lebhaftes. Denn in ihr in Excerpten aus Dio I — XXI und XLIV — LXXX 

hat Dio seine eigenen Reformgedanken niederge- erzahlte. Er behauptet, die fehlenden Bucher 



1721 Cassius Cassius 1722 

sich nicht haben verschaffen zu kOnnen, was fur die Oberlieferung der sechs letzten Biicher Vorsicht 

XXII— XXXV sicher richtig ist; fiir die Liicke in der Benutzung ratsam; die chronologischen 

bei Pius und Marcus benutzt er die gleicben Er- Randnotizen sind nicht selten falsch. [Schwartz.] 

ganzungen wie Xiphilin, dem er von Traian (XI 41) Cassius Dion , Consul im J. 291 , Pro- 

21) an (iberhaupt folgt. Die Excerpte Dios miissen consul Africae im J. 295 (Pass. S. Maximiliani 

von denen aus Plutarch, Eusebios und Josephus bei Mabillon Vetera Analecta, Paris 1723, 181), 

getrennt werden; wo er die Citate aus Appian Praefectus urbis Romae im J. 296, Mommsen 

(XI 16 p. 50. 21 p. 65) gefunden hat, weiss ich Chron. min. I 66. [Seeck.] 

nicht, keinenfalls bei Dio selbst , der ausser den 42) Cassius Dionysius aus Utika ist Verfasser 

drei Kaisern keinen Gewahrsmann mit Namen 10 einer griechischen tfbersetzung des von dem Kar- 

und niemals eine Buchzahl citiert. thager Mago verfassten umfassenden Werkes iiber 

Direct in Hss. erhalten sind die Biicher 36 — 60 den Ackerbau (Varro de r. r. I 1, 10). Da der 
oder 5 Pentaden; die Verzweigung der Oberliefe- von Varro als Adressat genannte SextMus praetor 
rung ist von Boissevain (Praef. LIXff.) klarge- wahrscheinlich identisch ist mit dem von Plut. 
legt, auf den ich fiir alles einzelne verweise. Sie Mar. 40 erwahnten C. Sextilius , der 88 v. Chr. 
beruht auf zwei alten, sehr nah verwandten Hss., Praetor in Africa war, so gehOrt die VerOffent- 
Laur. XXX 8 und Marc. 395, jener enthielt lichung der tfbersetzung diesem Jahre an. Vgl. 
XXXVI — LIV, dieser — wahrscheinlich — XLI Pighius Annal. Rom. Ill 232. Oder bei Suse- 
— LX. Beide sind durch zahlreiche Ausfalle von mini Gesch. d. alex. Litt. I 830. Dionysius re- 
Blattern fibel zugerichtet, die nur zum Teil aus 20 ducierte in seiner Umarbeitung die 28 Biicher 
jiingeren Abschriften erganzt werden konnen; so des punischen Originals auf 20 Biicher und fiigte 
XXXVI 1-17 (nach Boisse vain s Zahlung) durch ausserdem zahlreiche Einlagen aus griechischen 
den Vaticanus 144 und den Parisinus 1690, L Werken der tfbersetzung hinzu (Varro a. a. O.). 
— LIV, von verschiedenen Liicken abgesehen, fiir Seine Bearbeitung ist fiir die Folgezeit das mass- 
den Laurentianus durch jenen Vaticanus und den gebende Werk auf dem Gebiet der Landwirtschaft 
Laurentianus LXX 10; die Ausfalle im Marcianus geworden und von alien Spateren benutzt worden. 
werden nur fiir zwei kleine Liicken LX 17, 7 — 20, Die namentlichen Pragmente bei Reitzenstein 
2 und 22, 3 — 26, 2 durch den Laurentianus LXX De scriptorum rei rusticae qui intercedunt inter 
10 gedeckt. Dagegen sind die anderen Liicken Catonem et Colum. libris deperditis, Berlin 1884 
des Marcianus in den sechs letzten Biichern. fiir 30 (Diss.) 57f. (nicht vollstandig). Einer Anregung 
welche der alte Laurentianus versagte, im Laur. Buechelers (Rh. Mus. XXXIX 291f.) folgend 
LXX 10 und den von diesem abhangigen jiingeren hat R. Heinze Anim. in Varr. rer. rust, libros, 
Hss. aus Xiphilinos ausgefiillt; daraus ist die Mei- Comment. Ribb. 434f. Partien seiner Compilation 
nung entstanden, dass LV—LX nicht vollstandig, zu ermitteln versucht, vgl. E. Oder Rh. Mus. 
sondern nur in einer Epitome iiberliefert seien. LI 56. 62. Ausserdem verfasste er Qi£orofuxa; 

Ausserdem sind Reste des 78. und 79. Buches vgl. Steph. Byz. s. 'Irvxrj, wo Meineke statt 

im Cod. Vat. 1288 erhalten; endlich Petzen von des iiberlieferten Aioxlrjg ohneZweifel richtig Aio- 

acht Blattern, wahrscheinlich aus XVII, mit vvaioe liest (vgl. Kiihn Addit. ad elench. med. 

denen die Pariser (1397) Strabon-Hs. geflickt ist, vet. a Pabricio exhibitum XIV 8). Ein zweites 

vgl. iiber diese Boissevain Praef. XXXV. 40Bruchstiick aus dieser Schrift steht Schol. Nic. 

Fiir die verlorenen Biicher liefern ausser Xi- Ther. 519 (vgl. Diosc. Ill 113. Plin. XXI 152). 

philin und Zonaras die zahlreichsten Bruchstiicke Eine illustrierte Pharmakopoe wie die des Kra- 

die constantinischen Excerpte; einige sind aus teuas und Metrodor erwahnt Plin. n. h. XXV 8. 

Plorilegien von Mai ediert. Bei den Citaten des Die Citate in Buch 20 — 22 der plinianischen 

Tzetzes ist die grOsste Vorsicht geboten. "Wichtig Compilation stammen aus den Qi^oxofxixa , Plin. 

sind endlich die Citate des Lexicon Coislinianum n. h. XX 19. 113. 219. XXII 67. Darnach be- 

JTsqi ovvTa&cos, weil sie einigermassen gestatten, niitzte er den Diokles und Chrysipp, vermutlich 

fiir die verlorenen Partien die Bucheinteilung zu die ganze Reihe alterer Arzte bei Plinius wie 

reconstruiren; vgl. v. Gutschmid Kl. Schr. V 561 Hippokrates, Philistion, Simon, Praxagoras u. s. w. 
und Boissevain Praef. LIVff. Die jetzige Ein- 50 Die Analogie seines landwirtschaftlichen Werkes 

teilung der Biicher LXI — LXXX ruhrt von Leun- lasst auf eine grOssere Compilation schliessen: 

clav her und ist nicht durchweg richtig. Sextius Niger ware der Vermittler fiir Plinius. 

Die sog. planudeischen Excerpte (vgl. Boisse- Der von Plin. ind. 31 citierte Sallustius Dionysius 

vain p. CXI) haben fiir die republicanische Zeit hat mit ihm nichts zu thun (vgl. Plin. n. h. XXXII 

mit Dio nichts zu thun, der grossere, die Kaiser- 80). [M. Wellmann.] 

zeit betreffende Teil bietet nicht mehr als Xiphi- 43) Cassius Etruscus, ein Schnelldichter. Horaz 

lin. tfber den sog. Continuator Dionis vgl. Pe- s. I 10, 60ff. vergleicht ihn mit Lucilius, der 

trus Patricius. 200 Verse vor, 200 nach dem Essen geschrieben 

Kritisch ediert sind bis jetzt nur die Frag- habe; die Fama sage ihm nach capsis esse libris- 
mente von I — XXXV und XXXVI — XL in dem60<?we ambustum propriis d. h. wohl, wie es die 

ersten Band der grossen Ausgabe von Boisse- Scholien verstehen, seine Leiche sei auf einem 

vain (Berlin 1895); diese aber in so musterh after Scheiterhaufen , aus seinen eigenen Biichern und 

Weise, wie nur wenige griechische Schriftsteller ; Biicherkapseln bestehend, verbrannt worden. Un- 

von den friiheren Ausgaben sind die des Reima- richtig identiflciert ihn Porphyrio mit Cassius Par- 

rus durch ihren yortreff lichen Commentar und mensis (s. Nr. 80), von dem Horaz schwerlich in 

die I. Bekkers die besten, doch ist bei dieser diesem Ton gesprochen haben wiirde und der noch 

wegen des Ineinanderarbeitens der Fragmente mit lebte, als das erste Satirenbuch abgeschlossen 

Xiphilin und Zonaras und der Unklarheit fiber wurde. [Skutsch.] 



1723 Cassius Cassius 1724 

44) Cassius Felix, africanischer Arzt, aus Cirta weiter zu erblicken ist, als die bei spateren Auto- 
gebiirtig (Girtensis fur das iiberlieferte artensis ren auch sonst haufige Bezeichnung annalistischer 
V. Rose; ein Q. Cassius Felix auf einer In- Werke als historiae, beweist eben Nonius, der 
schrift aus Cirta CIL VIII 7566), war wie sein an sechs anderen Stellen richtig annales des He- 
bekannterer Landsmann Caelius Aurelianus ledig- mina citiert. 

lich tlbersetzer griechischer Werke, besonders des Neben den Annalen wegen der Stelle bei No- 
Galen. Seine Schrift de medicina hat im cod. nius p. 346 frg. 23 (Cassius Hemina, de een- 
Paris. lat. 6114 folgende Subscripts : Cassii Fe- soribus lib. II: Ft in area in Capitolio signa 
litis Cirtensis (artensis Hs.) medieinae logicae quae erant demoliuntur) nochein besonderes Werk 
seetae de graeco in latinum liber translatus sub 10 des Hemina de eensoribus in mehreren Btichern 
ardebre et asclepio consulibus (d. h. Artabure anzunehmen, ist kein Grund vorhanden. Da sich 
et Calepio). Darnach war sie im J. 447 verfasst. namlich der Inhalt des Fragments anscheinend 
Vgl. Mommsen Zeitzer Ostertafel d. J. 447, Abh. auf eine von irgend welchen Censoren vorgenom- 
Akad. Berl. 1863, 551. Sie behandelte in 82 mene Massregel bezieht, hat Peter gewiss recht, 
Kapiteln ebensoviele Krankheiten und deren The- wenn er in de eensoribus Worte des Nonius er- 
rapie in einer dem Caelius Aurelianus verwandten kennt und das Fragment selbst auf die Annalen 
Sprache. Der jiingste der von ihm beniltzten des Hemina bezieht. 

Autoren ist sein alterer Landsmann Vindicianus Grosse Schwierigkeiten bereitet die Stelle Pri- 

aus dem Ende des 4. Jhdts. (V. Rose Anecd. scian VII 347 Cassius Emina annalem suum 
graecol. II 177; Herm. VIII 42). Beniitzt ist seine 20 quartum hoe titulo inseripsit ,Bellum Punieum 

Medicina von Isidor (vgl. orig. IV 8, 4 = Cass, posterior'. Danach ware anzunehmen, dass dieses 

c. 24) und von Simon Ianuensis in seinem bota- vierte Buch nur die Geschichte des zweiten puni- 

nischen Lexikon. Vgl. V. Rose Praef. s. Ausg. schen Krieges umfasst hatte, aber Plinius fiihrt 

IV. Die Ausgabe von V. Rose Cassii Felicis n. h. XIII 84 (Hemina frg. 37) in ganz unver- 

de medicina ex graecis logicae seetae auctoribus dachtiger Weise aus eben diesem vierten Buche 

liber translatus, Leipzig 1879, beruht auf drei Hss. noch Ereignisse aus dem J. 181 an. Peters 

cod. S. Gall. 105 (saec. XI), cod. Cantabrig. Gg. (Hist. Rom. rel. p. CLXX) Vorschlag, dies durch 

III 32 (saec. XV) und cod. Paris, lat. 6114 (saec. Annahme einer Anzahl weiterer Biicher zu er- 

XIII). Uber eine vierte vollstandige Hs., den cod. klaren, von denen nur zufallig keines citiert sei, 
Vatic. 4461 (saec. XIV), s. A. Kohler Herm. 30 steht das bestimmte Buchcitat des Plinius ent- 

XVIII 392 ; vgl. V. R o s e Arist. ps. 388 ; Anecd. gegen. Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, 

graecol. II 115. 167. Wolfflin Die Latinitat dass nach der Bezeichnung des zweiten punischen 

des Afrikaners Cassius Felix, S.-Ber. Akad. Munch. Krieges als posterior geschlossen werden miisste, 

1880, 381ff. [M. Wellmann.] dass dieses Buch vor Ausbruch des 3. punischen 

45) Cassius Festus, an den ein Rescript der Krieges abgefasst sei, Hemina aber trotzdem nach 
Kaiser Severus und Caracalla. Marcian. Dig. Censorinus (s. frg. 39) bestimmt noch das J. 146 
XL VIII 13, 6. erwahnt hat. Wenn sich auch der letztere Ein- 

46) Cassius Hadrianus, an den ein Rescript wand durch die Annahme beseitigen liesse, dass 
des Kaisers Pius. Marcian. Dig. XXXVI 1, 32. Hemina, nachdem er die ersten Biicher schon friiher 

[Groag.] 40 verOffentlicht gehabt hatte, dann spater, nach 

47) L. Cassius Hemina, einer der alteren rOmi- dem 3. punischen Kriege noch ein weiteres, fiinf- 
schen Annalisten, fiber dessen Leben und Person- tes Buch geschrieben haben kann, so bleibt doch 
lichkeit ganz und gar nichts bekannt ist. Wir immer noch das Bedenken bestehen, dass Ereig- 
wissen nur, dass er um die Mitfce des 2. vorchrist- nisse aus dem J. 181 in dem mit bellum Puni- 
lichen Jhdts. gelebt hat, denn Censorinus, de die cum iiberschriebenen vierten Buch nicht gestanden 
nat. XVII 11 citiert ihn bei der Erwahnung der haben kbnnen. 

Sacularspiele von 146 v. Chr. als Cassius He- Was die Benutzung von Heminas Werk durch 

mina, qui iilo tempore vivebat. Da ihn ferner die spateren Autoren anlangt, so ist der frtiheste, 

Plinius einmal (Hemina frg. 37 Peter) vetustis- der ihn citiert, Plinius. Dieser hat die Frag- 
simus auetor und einmal (frg. 26) ex antiquis- 50 mente 12. 13. 26. 37 erhalten und fiihrt Hemina 

simis auetor nennt, was er bei dem in der grac- ausserdem noch im Quellenverzeichnis zu Buch XII 

chischen Zeit blflhenden Piso nicht mehr thut, an. Auch die sprachlichen Citate bei Nonius 

werden wir Hemina far alter als diesen zu halten (frg. 9. 10. 16. 17. 21. 23. 24. 27. 28. 33—36), 

haben und die Abfassung seines Geschichtswerkcs bei Diomedes (frg. 11) und Priscian (frg. 25. 29 

also sicher noch vor die Publication der Annales — 32. 40) werden in letzter Linie wohl auf Plinius 

maximi durch Scaevola (s. Bd. I S. 2251f.) an- und zwar auf das Werk de dubio sermone zuriick- 

setzen miissen. Dazu stimmt, dass das Werk gehen. Vor Plinius kann den Hemina, wie Peter 

anscheinend noch viel knapper gehalten war als p. CLXXV zu begriinden versucht, hOchstens noch 

die der iibrigen Annalisten seit Piso. Es umfasste Varro gekannt haben, und diesem werden dann 
nur vier Biicher (Pisos Annalen schon sieben), 60 direct oder indirect Macrobius (frg. 14. 18. 20), 

von denen jedes mehrmals citiert wird. Der Servius (frg. 3. 4. 6. 15. 22. 38), Solin (frg. 2. 

Titel des Werkes muss, wie die bei weitem 7), Censorin (frg. 39), Minucius Felix (frg. 1), die 

iiberwiegende Mehrzahl der Anfiihrungen beweist, Schol. Veron. (frg. 5) und wohl auch Gellius 

annales gelautet haben. So citieren es durch- (frg. 8) ihre Heminacitate verdanken. 

weg Plinius, Gellius, Servius und Priscian; da- Es ergiebt sich hieraus die auffallende That- 

neben wird es zwar gelegentlich auch historiae sache, dass, soweit wir verfolgen konnen, kein 

genannt (je einmal von Diomedes und Macrobius einziger Historiker des ganzen Altertums die An- 

und fiinfmal von Nonius) , dass darin aber nichts nalen Heminas gekannt oder beniitzt hat (an der 



1725 Cassius Cassius 1726 

einzigen Stelle eines solchen , bei Appian frg. 6 50) L. Cassius Iuvenalis, Consul suffectus mit 

p. 49 ist Kaoaiog nicht iiberliefert, sondern nur Q. Pomponius Musa am 27. December eines un- 

erst durch Conjectur hergestellt). Auch bei Dionys bestimmten Jahres zwischen 145 und 160 n. Chr. 

I 11 fehlt in der langen Aufziihlung der rOmi- CIL III p. 884 dipl. XLII; p. 885 dipl. XLIII. 

schen Annalisten fast als einziger Hemina. Sein [Groag.] 

Werk wird also erst von den Antiquaren der cicero- 51) Cassius Labienus (Latienus?) Postumus 

nianischen Zeit, wahrscheinlich von Varro, ent- s. M. Cassianius Latinius Postumus. 

deckt und ans Licht gezogen worden sein . ohne 52) Cassius Ligurinus, Procurator von Moesia 

dass es aber hatte zur Geltung gelangen kOnnen. superior unter Septimius Severus, CIL III 6313 

Nur Plinius , fur den es sowohl sprachlich wie 10 = Suppl. 8333. [Stein.] 

antiquarisch eine reiche Fundgrube sein musste, 53) Cassius Longinus , tutor der Aemilia Pu- 

hat es dann excerpiert. dentilla, Apul. apol. 101. [Groag.] 

Schon hieraus geht hervor, dass Hemina fur 54) (Cassius) Longinus, der Rhetor und Phi- 
die Entwicklung der Tradition fiber die altere losoph, s. Longinus. 

rOmische Geschichte, wie sie sich in der Zeit von 55) C. Cassius Longinus C. f. C. n., Tribunus 

den Gracchen bis auf Cicero immer mehr und militum 576 = 178 (Liv. XLI 5, 8) , Praetor ur- 

mehr erweitert hat, ohne jeden Einfluss geblieben banus 580 = 174 (ohne Zweifel stand sein Name 

sein muss. in der Lucke vor Liv. XLI 21, 1), Decemvir fur 

Erhalten sind aus den Annalen des Hemina Ackerverteilungen 581 = 173 (Liv. XLII 4, 4), 
im ganzen 40 Fragmente, von denen aber nicht 20 Consul 583 = 171 (f. Cap. Chronogr. Idat. Chron. 

weniger als 20, nur kurze sprachliche Grammatiker- Pasch. Liv. XLn 28, 5. 29,1. Oros. IV 20, 36. 

citate sind. tjber den Charakter des Werkes lasst Cassiod. Plin. n. h. VII 36 [angefuhrt von Gell. 

sich deshalb nur weniges feststellen. Wir erkennen IX 4, 15]). Zu seinem grossen Missvergnfigen 

vor allem, dass Hemina die italische Urgeschichte wurde ihm nicht die Fiihrung des eben aus- 

sehr eingehend behandelt hatte. Das ganze erste brechenden Krieges mit Perseus, sondern Italien 

Buch scheint sich ausschliesslich mit dieser be- als Provinz zugewiesen (Liv. XLII 32, 1 — 5) ; er 

schaftigt zu haben, und zwar suchte Hemina da- brach eigenmachtig aus Gallien auf, um durch 

bei besonders die Urgeschichte Italiens mit der Illyrien nach Makedonien zu ziehen und dort in 

griechischen in Verbindung zu setzen (s. frg. 2. den Kampf einzugreifen , wurde aber naturlich 
3. 5. 6. 8). Berichtet wurde in diesem Buche, 30vom Senat sofort zuruckgerufen (Liv. XLIII 1, 

ahnlich wie in Catos Origines, die Grundungs- 4 — 12). Auf seinem Rtickwege behandelte er die 

geschichte auch noch anderer italischer Stadte, Gebiete der Kelten, Karner, Istrier und Iapyden, 

so die von Aricia (frg. 2) und Crustumerium (frg. 3). durch die er vorher friedlich marschiert war, wie 

Sehr ausfiihrlich war die Aeneassage behandelt, Feindesland, verheerte sie durch Brand und Plfin- 

auf die sich die Fragmente 5 — 7 beziehen. Da- derung. Deswegen erschienen klagefiihrend Ge- 

bei lasst sich noch eine gewisse Vorliebe erkennen, sandte der Geschadigten 584 = 170 vor dem 

mit zum Teil sehr gewagten Etymologien zu Senat und erhielten Genugthuung. Was C. selbst 

operieren und aus ihnen historische Schliisse zu anging, so missbilligte man sein Verhalten und 

ziehen. Auch bot Hemina bereits fur die altesten versprach, ihn spater zur Verantwortung zu ziehen, 
Zeiten chronologische Ansetzungen und Gleich- 40 da er augenblicklich als Kriegstribun in Make- 

setzungen, so hat er nach frg. 8 Homer und He- donien weilte (Liv. XLIII 5, 1 — 9), wo er bis 

siod 160 Jahre nach dem troianischen Kriege an- 586 = 168 blieb (Liv. XLIV 31, 15). 600 = 154 

gesetzt. gelangte er zur Censur mit M. Valerius Messala 

Erst in Buch II war Hemina bis zur Griin- (f. Cap. Cic. de domo 130. 136. Piso frg. 38 bei 

dung Roms gelangt (s. frg. 11). Dieses Buch Plin. n. h. XVII 244. Fest. p. 285). Ein festes 

umfasste dann die ganze KCnigszeit, ausserdem Theater, dessen Bau die Censoren verdungen hatten, 

aber auch noch die gesamte altere republicanische wurde auf Antrag des P. Scipio Nasica als un- 

Geschichte. So war nach frg. 20 sicher noch niitz und den Sitten schadlich laut Senatsbeschluss 

das J. 389 darin behandelt, und wenn sich frg. 21 nicht ausgefiihrt (Veil. I 15, 3. Val. Max. II 4, 
wirklich auf die Ereignisse des J. 281 bezieht 50 2. Oros. IV 21, 4. App. b. c. I 28 [Vorname und 

{s. Peter z. d. St.), so wurde das Buch sogar Chronologie ungenau]; vgl. Liv. ep. XL VIII u. a.). 

bis mindestens zum Pyrrhuskriege gereicht haben. Ob dies der C. Cassius ist, gegen welchen sich Cato 

Aber es bliebe dann, da mit 218 bereits Buch IV vor Gericht verteidigte, und in welchem Jahre 

hegann, fiir Buch III nur ein verhaltnismassig das geschah, ist nicht zu bestimmen (Gell. X 14, 

sehr kurzer Zeitraum fibrig, und es ist deshalb 3; vgl. Cato ed. Jordan p. LXXXVT). 

eine Verderbnis der Buchzahl bei Nonius nicht 56) C. Cassius Longinus, Consul mit C. Sex- 

unwahrscheinlich. Das vierte Buch endlich reichte tius Calvinus 630 = 124 (Chronogr. Idat. Chron. 

von 218 bis mindestens 181; ob die Erwahnung Pasch. Obsequ. 31. Cassiod. Veil. I 15, 4). Die 

des J. 146 (frg. 39) noch in ihm oder in einem Notiz des Eutrop IV 22 fiber seine Teilnahme 
nicht bezeugten ffinften Buche gestanden hat, 60 an den Kampfen in Gallien ist verwirrt und ohne 

lasst sich, wie bereits bemerkt, nicht entscheiden. Wert. 

Litteratur: Peter Hist. Rom. reL p. CLXVIIIff. 57) C. Cassius Longinus, Sohn eines Lucius, 

und p. 95ff.; Hist. Rom frg. p. 68flf. Teuffel vielleicht des Ravilla (Nr. 72), Miinzmeister gegen 

R. L. I 209ff. [Cichorius.] 650 = 104 (Mommsen Munzwesen 538 nr. 134), 

48) M. Cassius Hortensius Paulinus, pr(aetor) bewarb sich vergeblich um das Volkstribunat, 
urb(anus), XVvir sacris faciundis. CIL VI 318. gelangte aber trotzdem zum Consulat (Cic. Plane. 

49) C. Cassius Interamnanus Pisibanus Priscus, 52), und zwar 658 = 96 zusammen mit Cn. Do- 
Praetor im J. 100 n. Chr., CIL VI 451. mitius Ahenobarbus (f. Cap. Chronogr. Idat. Chron. 



1727 Cassius Cassius 1728 

Pasch. Obsequ. 49. Cassiod. Ascon. Scaur, p. 18; Als im folgenden Jahr (702 = 52) die Parther 

alteste Gladiatorentessera Herm. XXI 273, 1. 320). init einem schwachen Heere in Syrien eindrangen, 

Er diirfte der C. Cassius sein, dem 667 = 87 warf er sie ohne Mtihe zuriick und zog sich, 

wahrend der Erkrankung des Pompeius Strabo als sie im Jahr darauf (703 = 51) mit grCSsserer 

der Oberbefehl gegen die Marianer ubertragen Macht unter Osaces, oder dem Namen nach 

werden sollte (Licinian. p. 28 Bonn.). unter Pacorus, dem Sohne des Orodes, ihren 

58) C. Cassius Longinus, Sohn eines Lucius, Einfall wiederholten , in das feste Antiochia zu- 
etwa von Nr. 62, war Munzmeister um 671 = 83 nick. Als der Feind von da wieder abzog, ver- 
(Mommsen Miinzwesen 608 nr. 238) und Consul folgte er ihn und erfocht einen glanzenden Sieg; 
681 = 73 mit Terentius Varro Lucullus (f. Cap. 10 der Anfuhrer Osaces selbst wurde verwundet 
Chronogr. Idat. Chron. Pasch. SC. de Oropiis und starb nach wenigen Tagen. tfber diesen 
IGS I 413 v. 1. 63; verdachtige Tessera CIL I Sieg schreibt Cicero an den Atticus (V 20): 
p. 200. Cic. Verr. I 60. Ill 97 ; Cluent. 137. eos (Parthos) eedentes ab oppido Cassius inse- 
Oros. V 24, 1. Cassiod.). Beide gaben ein nach cuius rem bene gessit. Qua in fuga, magna 
ihnen benanntes Getreidegesetz (Cic. Verr. Ill auetoritate Osaces, dux Parthorum, vulnus ac- 
163. V 52). Im folgenden Jahre zog C. als Pro- eepit eoque interiit paucis post diebus (vgl. Cic. 
consul gegen Spartacus ins Feld und erlitt eine ad Att. V 18, 1 ; ad fam. II 10, 2 und XV 14, 3. 
Niederlage bei Mutina (Liv. ep. XCVI. Plor. II 8, Frontin. Strateg. II 5, 35). Nach der Ankunft 
10. Oros. V 24, 4, der ihn falschlich fallen lasst. des Proconsuls M. Bibulus (vgl. S. 1369) ging C. 
Plut. Crass. 9, 11. App. b. c. 1 117). 684 = 70 20 nach Italien zuriick. C. hat sich in diesem Kriege 
trat er als Zeuge gegen Verres auf (Cic. Verr. den militarischen Euf gegrundet, der ihm bis 
III 97); 688 = 66 unterstiitzte er die bekannte iiber seinen Tod hinaus geblieben ist. Er hat 
Rogation des M. Manilius (Cic. imp. Cn. Pomp. damals die schwerste Aufgabe, die einem Feld- 
68). Haufig legt man dem C. den zweiten Bei- herrn zufallen kann, ein geschlagenes Heer zu- 
namen Varus bei und sieht in ihm den Consular riickzufuhren, glucklich gelost und kehrte zuriick 
Varus, der 711 = 43 proscribiert und in Min- als Retter der romischen Waffenehre; aber eine 
turnae hingerichtet wurde (App. b. c. IV 28). Eigenschaft, die in spateren Jahren noch mehr 
Aber die Inschrift einer BleirOhre, auf welcher bei ihm hervortrat, warf schon damals auf seinen 
jenes Cognomen vorkommt, ist zweifellos gefalscht Charakter ihren Schatten, seine bis zur Harte ge- 
(Lanciani Le acque e gli acquedotti 294 nr. 40), 30steigerte Habsucht. Er musste eine Anklage 
und bei Appian liegt irgend ein Irrtum, etwa wegen Erpressungen furchten (vgl. Cic. ad fam. 
im Titel der Personlichkeit, vor ; seine Erzahlung XV 14, 4. VIII 10, 2), indessen ist es zu dieser 
passt schlecht auf einen Greis von fast achtzig Anklage nicht gekommen. 

Jahren. [Miinzer.] Tribunus plebis a. 705 = 49. tfber seine 

59) C. Cassius Longinus (zweifelhaft ob Sohn Teilnahme am Biirgerkriege vgl. Caesars bellum 
von Nr. 58), der CaesarmSrder. civile und Ciceros Briefe. Bald nach seiner 

Quaestor a. 701 = 53. Er wurde im J. 701 Rfickkehr aus Syrien, im J. 705 = 49, wurde er 

= 53 Quaestor und ging mit dem Consul M. Li- Volkstribun. Als solcher verliess er Rom mit 

cinius Crassus in die Provinz Syrien, um an der pompeianischen Partei schon im Januar des 
dem parthischen Feldzuge als Legat teilzuneh- 40 Jahres und ging nach Capua mit den Auftragen 

men. Uber seine Thatigkeit in diesem Kriege an die Consuln, nach Rom zu kommen, das Geld 

vgl. die Lebensbeschreibung des Crassus bei Plu- aus dem Aerarium an sich zu nehmen und auf 

tarch (c. 18 — 29) und Dio (XL 25 — 29). und der Stelle Rom wieder zu verlassen (ad Att. VII 

dazu als zeitgenCssische Quelle Ciceros Briefe 21, 2. 23, 1. 24. 25). In dem Kriege zwischen 

vom J. 703 = 51. Er hatte, wie andere, von Caesar und Pompeius commandierte er die syrische 

diesem Feldzuge abgeraten und schlug nach dessen Flotte (b. c. Ill 5) und segelte mit ihr im fol- 

Beginn vor, eine feste Stellung am Euphrat ein- genden Jahre (706 = 48) nach Sicilien, wo er 

zunehmen. Als Crassus trotzdem weiter marschierte dem Caesarianer M. Pomponius bei Messana 35 

und bald auf den Feind traf , gab er den Rat, Schiffe und dem P. Sulpicius bei Vibo fiinf Schiffe 
die Linie zu verlangern und die Flanken durch 50 verbrannte, Caes. b. c. Ill 101. Bei dieser letzten 

Reiterei zu sichern. Aber auch mit diesem Rate Gelegenheit machte aber die Flotte des Sulpicius 

konnte er nicht durchdringen und darum die einen Gegenangriff und brachte das Schiff des 

Niederlage nicht aufhalten , trotzdem er einen C. in ihre Gewalt ; er selber entging nur dadurch 

Flugel commandierte. Nach der Niederlage lei- der Gefangenschaft, dass er sich in ein Boot setzte. 

teten er und der Legat Octavius den Ruckzug Bald darauf traf ihn die Nachricht von der Schlacht 

nach Carrae. Hier wollten ihm die Soldaten den bei Pharsalus, und er verliess die italische Kiiste 

Oberbefehl ubertragen, aber C. nahm ihn nicht mit seiner Flotte. 

an, obgleich Crassus abdanken wollte (Dio XL 28). Nach der Schlacht bei Pharsalus. Die Er- 

Als das Heer auch von Carrae fliehen musste, zahlung des Appian (b. c. II 88), C. habe sich 
wurde Crassus von einem Verrater irregefuhrt 60 im Hellespont mit einem Geschwader von 70 

und spater ermordet ; C. dagegen schopfte Arg- Schiffen ohne Schwertstreich dem Caesar ergeben, 

wohn, kehrte nach Carrae zuriick und entkam als dieser ihm dort bei seiner fjberfahrt nach 

auf einem andern Wege nach Syrien. Jenseits der Schlacht bei Pharsalus begegnet sei — eine 

des Euphrats sammelte er die Triimmer seines Stelle, die dem Appian zu allerlei erbaulichen 

Heeres und behauptete die Provinz Syrien mit Betrachtungen uber Caesars Tyche und fiber 

Gliick gegen die Parther (Cic. Phil. XI 35. Joseph. die in seiner Ermordung offenbarte Ungerechtig- 

ant. Iud. XIV 119—122). keit des Schicksals Anlass giebt — , ist dahin 

Pro quaestore von Syrien 702/703 = 52/51. richtig zu stellen, dass ihm 1) L. Cassius, der 



1729 Cassius Cassius 1730 

Bruder des Morders, und 2) mit 10, nicht mit gerettet hatte, und deren Verwaltung in dem 

70 Sehiffen begegnet ist (Dio XLII 6 und Suet. bevorstehenden Kriege gegen die Parther eine er- 

Caes. 63). Der Ubertritt unseres C. beruhte hohte Bedeutung gewinnen musste (Plut. Caes. 

vielmehr, wie das Zeugnis Ciceros (ad fam. XV 57. Dio XLIV 14. Veil. Pat. II 58. Flor. IV 

15) beweist, auf einer lange vorher angestellten 7, 4). Die stadtische Praetur freilich, die fiir 

Uberlegung des Inhalts , dass der Feldzug mit vornehmer gait, erhielt nicht er, sondern M. Brutus, 

einem einzigen Schlage entschieden werden miisse, trotzdem dieser jiinger war (Dio XLVII 20 ver- 

und im Falle einer Niederlage jeder weitere wechselt beide). Aber den Brutus liebte Caesar, 

Widerstand gegen Caesar zwecklos sein werde. wahrend er aus seinem Misstrauen gegen C. kein 
Wo der tjbertritt erfolgt sei, konnen wir nicht lOHehl machte (Plut. Brut. 7; Caes. 62. Veil. II 56). 

mehr feststellen; die beiden Stellen des Cicero Ist C. der Anstifter der VerschwOrung? Man 

(ad Att. XI 13 und 15), welche sagen, er habe hat, dem Plutarch (Brut. 8—10) und Appian 

von Rhodus aus zu Caesar nach Alexandrien (II 113) folgend, den C. wohl den ,Anstifter' 

gehen wollen , diese Absicht aber aufgegeben, der VerschwOrung genannt (so I h n e Rom. Gesch. 

geben uns uber den Ort des Ubertritts keine Ge- VII 229, vgl. auch Gardthausen Augustus 

wissheit. Caesar begnadigte den C. nicht nur, und seine Zeit I 1, 20), aber dagegen ist ein- 

sondern machte ihn sogar zu seinem Legaten mal zu bemerken, dass eine andere, den beiden 

(Cic. ad fam. VI 6. Dio XLII 13. App. II 111, mindestens ebenbiirtige Quelle, Dio Cassius, den 

vgl. 146). Brutus damit bezeichnet (XLIV 14); mehr noch 

Als begnadigter Pompeianer. C. war zwar20fallt ins Gewicht, dass derjenige Schriftsteller, 

von Caesar zu seinem Legaten gemacht worden, der allein von den erhaltenen der Geschichte der 

aber er scheint nie wirklich in seinem Dienste VerschwOrung gegen Caesar eine eingehende, alien 

gewesen zu sein. Bei Cicero (Phil. II 26) flndet Anspriichen geniigende Untersuchung gewidmet 

sich die Angabe, Caesar wilrde in Kilikien, bei hat. und der daher fiir unsere Prage am meisten 

der Miindung des Cidnus, durch einen Anschlag beriicksichtigt werden muss, Nicolaus von Da- 

des C. urns Leben gekommen sein, wenn er an mascus (vgl. 0. E. Schmidt Jahrb. f. Phil. 

dem Ufer, das er bestimmt hatte, und nicht an Suppl. XIII 679), von der bekannten Art der 

dem entgegengesetzten gelandet ware. Was an Gewinnung des M. Brutus durch den C. nichts 

dieser Angabe Wahres sei, konnen wir nicht mehr weiss , sondern ausdrucklich von mehreren An- 
feststellen. Sicher ist, dass C. den africanischen 30 stiftern der VerschwOrung spricht, deren Namen 

und spanischen Feldzug nicht mitgemacht hat. er nicht nennt (c. 19 : rjQ^av rije ejiifiovXris av- 

Wahrend des letztgenannten Feldzugs hielt er 8qss . ■ Sliyoi). Wo er aber den C. nennt, be- 

sich in Brundisium auf, um den Ausgang des zeichnet er ihn als einen aus der Zahl der Ver- 

Kampfes abzuwarten ; wenn Caesar siegte, wollte schworenen (slg xmv imftovkevovtcov). Br nennt 

er nach Rom zuriickkehren. Br schrieb damals ihn so in der Erzahlung von der Anbietung des 

an Cicero (ad fam. XV 19): ...quid in Hispa- Diadems am 15. Februar (c. 21): danach hatte 

niis geratur, rescribe; peream, nisi sollieitus Licinius dem Caesar das Diadem aufs Haupt ge- 

sum ac malo veterem et elementem dominwm setzt, und dieser den Lepidus zu seiner Unter- 

kabere quam novum et erudelem experiri. stiitzung herbeigerufen; als der aber zauderte, 

Er kehrte nach Rom zuriick, aber auch jetzt 40 trat C. hervor und legte dem Caesar das Diadem 

noch, ohne aus seinem Widerstand gegen die neue auf die Kniee. Dann erst kam Antonius und 

Staatsordnung herauszutreten. In dieser Zeit setzte dem Caesar die Krone wieder auf das Haupt. 

jahrelanger Unthatigkeit scheint sich in seinem Aber selbst wenn wirklich C. seinen Schwager 

Innern die Umwandlung vollzogen zu haben, die Brutus erst fiir die VerschwOrung gewonnen hat, 

mit der bekannten That endete. Wieviele Um- so ist dieser Gewinn fur ihn nur verhangnisvoll 

stande sonst noch zu dieser Umwandlung mit- geworden, denn durch Brutus wurde C. seiner 

gewirkt haben , lasst sich schwer sagen ; aber Fuhrerrolle jedenfalls beraubt. Das ausserte sich 

Drumann scheint doch das Richtige getroffen zunachst darin, dass Brutus die Ermordung des 

zu haben, wenn er einen gefahrlichen Einfiuss Antonius zu verhindern wusste (Veil. II 58. Plut. 
des Mannes vermutet (§ 2), bei dem C. Vorle- 50 Brut. 18. App. II 114. Dio XLIV 19); ein Schritt, 

sungen uber Philosophic zu hOren mit anderen der Cicero spater zu dem Ausruf Recht gab, die 

sich bemiissigt sail (ad fam. VII 33), des ihm Sache sei mit der Uberlegung eines Knaben (eon- 

geistig iiberlegenen Cicero. Wenigstens sehen silio puerili ad Att. XIV 21 , 3) ausgefiihrt 

wir aus dem Briefwechsel des Cicero mit dem worden. Die Niederlage, die C. in dieser Sache 

C. aus diesen Jahren, dass jener auf die ver- dem Brutus gegeniiber erlitt, hat er nie wieder 

bissene Stimmung, an die dieser sich allmahlich gut machen kOnnen; sein weiteres Leben wird 

gewOhnt hatte, bereitwilligst einging und mit bis zu seinem Ende von dem Schicksal des Brutus 

zweideutigen Ausserungen uber Caesars Regie- beherrscht. 

rung nicht zuriickhielt. Zwar wurde dem C. im Die Iden des Marz. Am 15. Marz fiihrte C. 
J. 710 = 44 von Caesar ein neuesFeld der Thatig- 60 die Verschworenen von seinem Hause auf den 

keit erOffnet, aber es war zu spat ; das lange Ver- Markt. Vor ErOffnung der Senatssitzung. in der 

harren im unthatigen Widerstande hatte bereits Caesar erscheinen sollte, hielten er und Brutus 

seine Friichte getragen. als Praetoren mit der grOssten Ruhe Gericht (Plut. 

Praetor a. 710 = 44. Caesar machte ihn Brut. 14. App. II 115). Als die Verschworenen 

fiir das J. 44 zum Praetor peregrinus und be- in der Curie um Caesar gedrangt, bereits die 

stimmte ihm fiir das folgende Jahr die Provinz Dolche ziickten, und einer von ihnen zOgerte, rief 

Syrien, d. h. diejenige Provinz, die er vor zehn ihm C. zu: ,Stoss zu, und sei es auch durch mich!' 

Jahren, im letzten Partherkriege, als Quaestor (Aur. Vict, de vir. ill. 83). C. selbst soil den 

Pauly-Wissowa III 55 



1731 Cassius Cassius 1732 

Caesar im Gesicht verwundet haben (Nic. Da- C. in Syrieu. C. beeilte sich, Syrien vor Do- 

masc. 25. App. II 117). Sonst ist von der Flucht labella zu besetzen. In der Provinz Asia wurde 

der Morder auf das Capitol bis zu ihrer Rettung er durch den Proconsul L. Trebonius unterstiitzt 

durch den Consul Antonius am 17. Marz von C. '(Dio XLVII 26. Cic. ad fam. XII 14, 6). In 

nichts Besonderes zu erwahnen. Er hat sicher Syrien angekommen, vereinigte er die Legionen 

nicht am 15. Marz zum Volk gesprochen , wie des Caecilius Bassus und die seiner Gegner (vgl. 

Brutus, wenngleicb Appian dies zu sagen scheint o. S. 1199) und verstarkte sich spater in Iu- 

(Franz Frohlich De rebus inde a Caesare occiso daea durch weitere 4 Legionen. die A. Allienus 

usque ad senatum Liberalibus habitum gestis, von Agypten dem Dollabella zufiihren sollte, im 
Berolini 1892, 19. 25). Am Tage nach der Am- 10 Marz 711 = 43 (Cic. ad fam. XII 11, 1. 12, 1. 

nestieerklarung, am 18. Marz, hat er allerdings App. Ill 78. IV 59. 61. Dio XLVII 28, vgl. Cic. 

im Senat gegen die Bestattung Caesars gesprochen Phil. XI 32). Als Antonius bei Mutina besiegt 

(Lact. inst. I 15, 30 und Dio XLVII 35), musste worden war, bestatigte der Senat den C. in seiner 

aber zum zweitenmal gegen Brutus zuriicktreten Statthalterschaft und iibertrug ihm die Fiihrung 

(Plut. Brut. 19, 2). des Krieges gegen Dolabella (Dio XL VI 40. XLVII 

Bis zum Abgang in die Provinz. Als nach 28. 29. Veil. II 62. App. Ill 63. 78. Liv. per. 

dem Ausbruche der Volkswut gegen die Morder CXXI). Dollabella riickte im Mai 711 in Syrien 

bei Caesars Leichenbegangnis viele von ihnen ein und besetzte nach einem vergeblichen Angriff 

aus Bom flohen (App. II 148), musste C. eben- auf Antiochien die Seestadt Laodicea. C. schloss 
so wie Brutus in seiner Eigenschaft als Prae- 20 ihn hier von der Landseite ein, schnitt ihm nach 

tor in Kom zuriickbleiben (Appian. Ill 2. Dio einem glficklichen Seetreffen die Zufuhr vom Meere 

XLVII 20). Erst in der Mitte des April ver- ebenfaUs ab und nahm endlich die Stadt durch 

liessen sie Bom (ad Att. XIV 5 — 7), also nicht Verrat ; Dollabella Hess sich selbst den Tod geben 

unmittelbar nach Caesars Leichenbegangnis, wie (Dio XLVII 30. App. IV 60—62. Cic. ad fam. 

Plutarch (Brut. 21; Cic. 42; Ant. 15; Caes. XII 13, 4. 14, 4. 15, 7. Liv. a. a. O. Veil. II 

68) erzahlt. Fur das hier gegebene Datum (Mitte 69. Strab. XVI 752). Das eroberte Laodicea und 

des April) und die folgenden vgl. Paul Groebe ebenso Tarsus busste seine Anhanglichkeit an 

De legibus et senatus consultis anni 710 quae- Dolabella mit schweren Brandschatzungen (App. 

stiones chronologicae , Lipsiae 1893. Die nach- IV 62. 64. Strab. a. a. 0. Dio XLVII 30. 31). 
sten Monate braehten sie in Latium und Cam- 30 Nach der Beendigung des Krieges in Syrien 

panien zu (Cic. ad Att. XIV 10, 1. XV 4, 2. wollte C. sich gegen Kleopatra wenden ; aber nach- 

20, 2. 11, 1. 12, 1. XVI 2, 4. 3, 6. Dio LVII dem im October desselben Jahres die Triumvirn 

20). Bald nach dem Begrabnis Caesars waren ihr Biindnis geschlossen hatten, forderte Brutus 

ihnen ihre Provinzen, Syrien und Makedonien, ent- ihn auf, sich mit ihm zu vereinigen (App. IV 63. 

zogen und den Consuln Dolabella und Antonius Plut. Brut. 28. Dio XLVII 32). Sie trafen sich in 

gegeben worden (Groebe a. a. 0. 4f.). Weitere Smyrna (Liv. per. CXXII). Brutus schlug vor, sie 

Gesetzesvorschlage sollten in einer Senatssitzung sollten sofort nach Makedonien marschieren ; aber 

am 1. Juni von Antonius vorgelegt werden (Cic. C. wollte erst die Anhanger der Triumvirn in Asien 

ad Att. XIV 14, 4; Phil. II 100). C. und Brutus niederschlagen (App. IV 65, vgl. Dio XLVII 32). 
berieten sich, ob sie auf diesen Tag erscheinen40 Brutus fiigte sich dem C, und der zog nun gegen 

sollten (Cic. ad Att. XV 5, 1; vgl. XIV 8, 4); die Bhodier, die ihm die Htilfe versagt und den 

sie befragten den Consul Antonius selbst dariiber Dolabella unterstiitzt hatten. Er wies die Vor- 

(ad fam. XI 2), aber sie erschienen nicht. In stellungen, die sie (das zweitemal durch Arche- 

der Senatssitzung im Concordientempel vom 5. Juni laos, der einst in Bhodos selbst sein Lehrer ge- 

erhielten sie den Auftrag, Brutus in Asien und wesen war) an ihn richteten, zuriick, belagerte 

C. in Sicilien, Getreide aufzukaufen und zur Stadt ihre Stadt nach einem fur sie unglucklichen See- 

zu schicken (ad Att. XV 9, 1 ; vgl. 11, 1). Da- treffen zu Wasser und zu Lande, und gewann sie 

durch sollte der Schein beseitigt werden, als seien bald durch Verrat ; darauf liess er 50 Personen 

sie auf der Flucht (App. Ill 6). Aber C. wurde hinrichten und die Stadt brandschatzen (App. IV 
durch diesen Beschluss sehr erbittert, weil ihm 50 65— 73. Dio XLVTI 33. Plut. Brut. 30.32. Oros. 

dadurch ein Schimpf als Gnade aufgedrungen VI 18. Val. Max. I 5, 8. Veil. II 69). Auch 

werde (ad Att. XV 11, 1). Am 1. August bekam von alien iibrigen VSlkerschaften der Provinz Asien 

Brutus Creta und C. Cyrenaica als praetorische verlangte C. erne Abgabe von zehn Jahren (App. 

Provinz (Appian. Ill 8. Cic. ad Att. XV 9, 1), IV 74). Im Anfange des folgenden Jahres (712 = 

aber auch dies konnte kaum als ein Ersatz fflr 42) traf er mit Brutus in Sardes zusammen , wo 

die entzogenen Provinzen angesehen werden. An ihre Heere sie als Imperatoren begriissten (Plut. 

demselben Tage erliess Antonius, durch ein voran- Brut. 34). Die Missverstandnisse , die zwischen 

gegangenes Edict der bei den gereizt, sein be- den beiden Feldherren hervorgetreten waren, wur- 

kanntes Edict gegen sie (ad Att. XVI 7, 7); die den beseitigt (Plut. a. a. 0. Dio XLVII 35) und 
Antwort darauf war ihr Edict aus Neapel vom 60 bald darauf der Marsch nach Europa angetreten 

4. September (ad fam. XI 3; ad Att. XVI 7, 1. (App. IV 87). Nach dem Ubergang iiber den 

Veil. II 62). Wenige Tage, nachdem Brutus (am Hellespont hielten sie bei dem Meerbusen Melas 

17. September) Italien verlassen hatte, folgte ihm eine Musterung ab (App. IV 88. Veil. II 65. 69). 

C. (Phil. X 8). Aber sie gingen nicht in die Um die Soldaten zu gewinnen, teilten sie unter 

Provinzen, die ihnen der Senat bestimmt hatte, sie Geschenke, und C. hielt an das Heer eine 

sondern Brutus nach Makedonien, C. nach Syrien Ansprache (App. 89 — 101). Dann brachen sie auf 

(Cic. Phil. XI 27. 28. Dio XLVII 20. 21. Veil, dem kurzesten Wege (App. 87) nach Makedonien 

II 62). auf, umgingen, von dem thrakischen Hauptling 



1733 Cassius Cassius 1734 

Phaxapolis gefiihrt, die von den Feinden besetzten gegentlberlag, kam alles darauf an, durch einen 

sapaeischen Passe und gelangten glucklich bis Sturm auf das Lager des C. die Entscheidung 

Philippi (App. IV 101 — 105). herbeizufiihren. Dieser Sturm konnte aber erst 

Die Schlacht bei Philippi. Antonius eilte nach ausgefuhrt werden, als Antonius durch den Sumpf 

Amphipolis am Strymon, das er zu seinem Waffen- einen Damm geftthrt und durch dessen Besetzung 

platz ersah. Er liess dort eine Legion zuruck und mit Cohorten den C. im Eiicken gefahrdet hatte. 

lagerte acht Stadien (= 1/5 deutsche Meile) vom Wahrend C. dem Stoss von dieser Seite durch 

Feinde bei Philippi. Cber das Schlachtfeld von Aufschiittung eines Gegendammes zu begegnen 

Philippi vgl. Appian. b. c. IV 105. Dio XLVII 35 suchte, griff ihn Antonius in der Front an, durch- 

und dazu Le"on Heuzey et H. Daumet Mission lObrach die Mauer, die das Lager des C. mit dem 

arche'ologique de Macedoine, Paris 1876, 100 — Sumpfe verband, und eroberte sein Lager. Wir 

115. Leake North. Greece III 189. 216 — 224. sind in der Beschreibung des Schlachtfeldes und 

Kleiner Plan von Philippi in CIL III tab. I. des Verlaufes der Schlacht dem Appian (IV 169) 

Brutus und C. bezogen auf den Hohen bei Phi- gefolgt, in dessen Bericht man die unmittelbarste 

lippi zu beiden Seiten der Chaussee, die von Eu- Wiedergabe des Asinius Pollio zu sehen sich ge- 

ropa nach Asien fuhrte, der Via Egnatia, eine wohnt hat (aus letzter Zeit vgl. Ernst Korne- 

Verteidigungsstellung, und zwar schlug auf einem mann D. hist. Schriftstellerei d. Asinius Pollio, 

Hfigel rechts der Chaussee Brutus, auf einem Leipzig 1896), wahrend man umgekehrt den Plu- 

andern links der Chaussee C. sein Lager auf. tarch fur wenig glaubwiirdig halt. Bei Plutarch 

Die Entfernung zwischen beiden Lagern betrug 20 liegt der Grand in seiner einseitigen Verherrlich- 

acht Stadien = 1/5 deutsche Meile (1,5 km.) = ung des Brutus (in dessen Lebensbeschreibung) 

•etwa 20 Minuten. Das Gelande flel nach dem — dem Plutarch (Brut. 40ff.) ist von neueren 

Feind zu ab, war also fur einen Angriff von dessen Darstellern nur Schiller gefolgt — , aber ebenso 

Seite ungiinstig. Bechts lehnte sich die Stellung einseitig, wie Plutarch in der Verherrlichung des 

an unwegsame Gebirgswalder , links an einen Brutus, ist Appian in der Hervorhebung des C. 

Sumpf an, der bis zum Meere reichte; die kurze (vgl. C. H. Hinz Zur Beurteilung Appians und 

Strecke zwischen seinem Lager und dem Beginn Plutarchs u. s. w. Ottensen 1891, 34: ,Selbst 

•des Sumpfes sicherte C. durch eine Mauer. Die einem fliichtigen Leser muss auffallen, dass Ap- 

Stellung war also in beiden Flanken durch un- pian hier vorwiegend sein Interesse dem C. und 

gangbares Gelande gedeckt ; in der Front hatten 30 Antonius zuwendet, nur nebenbei wird des Brutus 

sie ihre Stellung noch durch eine Mauer gesichert, und Octavian Erwahnung gethan'). Dieser Ein- 

mit einem festen Thor, wo die Strasse lag. Ob sicht kann man sich kaum entziehen ; es ist, als 

diese Stellung ostlich von Philippi (so Drumann), ob in der Auffassung der Charaktere der eine das 

oder westlich davon (so Gardthausen) zu suchen gerade Gegenteil von dem andern habe sagen 

sei, lasst sich nicht mit Sicherheit entscheiden. wollen. Da also neben Plutarch auch Appian 

Gardthausen lasst ihre Stellung unmittelbar in seiner Auffassung der handelnden Personen 

hinter dem Fluss Gangites liegen, so dass noch eine nicht so unbedingt glaubwiirdig ist, wie man ge- 

Sicherung ihrer Linie hinzukame. Sicher waren wOhnlich annimmt, ist es sehr zu bedauern, dass 

sie bis Symbolum vorgeriickt (Dio XLVII 36) ; man fiber dem beliebten Vergleichen des Appian 

dies liegt aber ostlich von Philippi. Die Ver- 40 mit dem Plutarch die dritte ausffihrlichere Quelle 

pflegung wurde ungestort aus Neapolis und der fur unsere Schlacht, den Dio, fast ganzlich ausser 

davor liegenden Insel Thasos bezogen. Anto- acht gelassen hat, einen Schriftsteller, der zwar 

nius und Octavian bezogen in der Ebene geson- nicht durch die Fiille der Einzelheiten blendet, 

derte Lager, Antonius das sfidliche, C. gegen wie Appian und Plutarch, dafur aber um so weniger 

uber, und das andere ihm zur Linken Octavian. Fehler macht und sich in seinem Drteil weniger 

Ihre Bediirfnisse konnten sie sich nur mit grosser geirrt hat. Eine eingehende Untersuchung von 

Anstrengung verschaffen. dessen Bericht ware fur eine kfinftige Darstellung 

An Truppenzahl waren beide Teile einander dieser Schlacht unerlasslich. 

ziemlich gleich; beide hatten etwa 19 Legionen. Der Tod des C. C. hatte sich mit einem 

Diese waren zwar auf der Seite des Brutus und 50 kleinen Gefolge auf einen Hiigel bei Philippi ge- 

C. nicht vollzahlig und bestanden nur aus 80 000 flfichtet, um nach Brutus auszusehen , als er am 

Mann, dafur war aber ihre Reitermasse, 20 000 Abend die Reiter des Brutus erblickte, die ihm 

Mann, um 7000 Mann starker als die feindliche die Nachricht von dessen Siege — Brutus hatte 

(App. IV 109, eine abweichende Angabe bei Vel- das Lager des Octavian erobert — uberbringen 

leius II 65. 69). sollten. Dngewiss, welchem Heere diese Eeiter 

Dies alles, sowie die Beschaffenheit der beider- angehorten , schickte C. ihnen den Centurio Ti- 

seitigen Truppen — die Soldaten der Bepublicaner tinius entgegen ; dieser verlor aber fiber dem Glfick- 

waren eben erst ausgehoben und sollten gegen wiinschen zu viel Zeit und C. hielt ihn fur ge- 

Veteramen kampfen — , wies die Bepublicaner dar- fangen. Da er ein gleiches Schicksal erwartete, 
auf hin, durch einen zahen Widerstand das feind- 60 befahl er seinem Freigelassenen Pindarus, der 

liche Heer vor ihnen zu ermatten. Auf dasselbe schon im parthischen Feldzuge unter Crassus zu 

wurden sie durch die Kriegsgeschichte der letzten einem Dienst der Art von ihm ersehen worden 

Jahre hingewiesen. War nicht Pompeius deshalb war, ihm den Kopf abzuschlagen. Pindarus ver- 

unterlegen, weil er sich von seinem urspriing- schwand. Titinius entleibte aus Verzweiflung 

lichen Plan, in der Verteidigung zu verharren, fiber sein Verschulden sich selbst (Plut. Brut, 

hatte abbringen lassen? 43; Anton. 22. Dio XLVII 46. Veil. II 76. Val. 

Der Verlauf der Schlacht. Fur Antonius, der Max. VI 8, 4). 

dem Caesar in einer Entfernung von acht Stadien Diese Erzahlung ist von denen , die uns vor- 



1735 Cassius Cassius 1736 

liegen, die glaubwiirdigste, zumal wenn man be- gestiitzt zu haben, dass C. dem Brutus in mili- 
denkt, dass es den ganzen Tag fiber sehr staubig tarischen Dingen iiberlegen war, und in den Kreisen 
war, und C. an Kurzsichtigkeit litt (Plut. Brut. aufgekommen zu sein, die die Kriegsfiihrung des 
43). Vielleicht war es auch schon spat geworden, C. und den Zustand seines Heeres aus eigener 
so dass dadurch die Aussicht erschwert wurde. Anschauung kannten, wie Messala. Mit dem Aus- 
Vor allem aber spricht das psychologische Moment sterben dieser persOnlichen Bekannten des C, die 
fur diese Erzahlung. Der C, der die Hohen von die Eepublik noch selber gekannt hatten, scheint 
Philippi verteidigt, ist nicht mehr der C, der auch die Bewunderung fur ihn einer solchen fiir 
im Partherkrige das geschlagene rOmische Heer den Brutus Platz gemacht zu haben. 
vor dem Untergange rettete; die seit der Er- 10 Seine Beurteilung in der Neuzeit. Wenn Ihne 
mordung Caesars auf ihm lastende Notwendigkeit, (VII 229) von C. schreibt : ,er musste seinen per- 
mit dem unbefahigten, durch kein Verdienst aus- sonlichen Gefiihlen Gewalt anthun , als er sich 
gezeichneten Brutus zusammenzugehen und sich entschloss, gegen seinen grossmlitigen Peind die 
ihm womoglich unterzuordnen, scheint seine alte Merderhand zu bewaffnen', so klingt das fast wie 
Thatkraft gelahmt zu haben. Wir horen nirgends eine Ehrenrettung des C. Die Geschichte wird 
von einer Leitung der Schlacht — es heisst nur, aber doch bei dem Urteil stehen bleiben mfissen, 
C. sei auf einen Hugel geflohen und habe gesehen, das der beste Kenner des C, Drumann gefallt 
dass sein Lager gepliindert werde — und kaum hat: ,unbefriedigter Ehrgeiz habe ihn zum Meuchel- 
von einem persOnlichen Eingreifen — es heisst nur mOrder gemacht'. [FrOhlich.] 
(Plut. Brut. 40ff.), er habe vergeblich versucht, 20 60) C. Cassius Longinus zahlte von vaterlicher 
seine Fusstruppen zum Stehen zu bringen. Das Seite den gleichnamigen MOrder Caesars (Nr. 59) 
Auffalligste aber ist, dass er keine Verbindung zu seinen Ahnen (Tac. ann. XVI 7. Suet. Nero 
mit Brutus unterhalten hat. 37. Dio LIX 29) und war von miitterlicher Seite 

Der Selbsmord des C. war also eine Folge ein Enkel des Q. Aelius Tubero (Bd. I S. 537f.) 

seiner tlbereilung; es entspricht daher der oben und ein Urenkel des Ser. Sulpicius Rufus (Pomp, 

geschilderten Vorliebe des Appian fiir den C. im Dig. I 2, 2, 51). Er war Praetor urbanus etwa 

Gegensatz zum Brutus, dass er eine andere Er- 27 n. Chr. (Dig. IV 6, 26, 7. XXIX 2, 99, wo 

zaMung in den Vordergrund stellt und die land- schon Cuiacius Gaium statt sanctum gelesen 

laufige, oben wiedergegebene, erst an zweiter Stelle hat ; Girard Ztschr. d. Sav.-Stfg. XIV 27f. Anm. 
erwahnt (IV 109). Nach dieser anderen Erzah- 30 zieht auch Dig. XLII 8, 11 [vgl. dazu Lenel 

lung kam ein Bote des Brutus mit der Sieges- Ed. perp. 399, 1] und Dig. XLIV 4, 4, 33 hier- 

nachricht zu C, doch C. erwiderte nur: ,Meinet- her), Consul suffectus im J. 30 (CIL X 1233. Pomp, 

wegen mag Brutus vollstandig siegen !' und sprach a. a. 0., wo Quartino fur Surdino verschrieben 

zu Pindarus : ,Warum befreist du mich nicht von ist), sodann Proconsul von Asien 40 — 41 n. Chr. : 

meiner Schande?' worauf Pindarus seinen Herrn der Kaiser Gaius soil damals seinen Tod be- 

totete. Nach dieser Erzahlung beging also C. schlossen haben, aber sein eigener Untergang 

den Selbstmord nicht aus Kopflosigkeit und Un- rettete den C. (Suet. Gai. 57. Dio LIX 29; vgl. 

geduld, sondern aus einem zwar fiberspannten, Waddington Pastes d. prov. Asiat. nr. 80. 

doch edlen Triebe. Auch diese Erzahlung kann Zip pel Losung der cons. Proconsuln 22f. : da 
nur den Zweck haben, dem C. auch in seinem 40 nach Dio Gaius den C. gefangen setzen liess und 

Ende ein riihmliches Gegengewicht gegen den sein eigener Tod schon am 24. Januar 41 erfolgte, 

durch seinen Selbstmord poetisch verklarten Brutus so muss C. schon im J. 40 in der Provinz ge- 

zu geben. wesen sein). Unter Claudius finden wir ihn in 

Man erdichtete noch, er sei von dem Dolch den Jahren 45 und 49 als kaiserlichen Legaten 

getroffen worden, der Caesar getroffen habe (Plut. in Syrien (Jos. ant. XX 1 ; vgl. XV 406ff. Tac. 

Caes. 69. Dio XLVIII 1 ; vgl. XLVII 46). Ap- ann.XII llf.;alsnachdemTodeHerodesAgrippasI. 

pian erzahlt (IV 113), der Tag, an dem er sein im J. 44 Cuspius Fadus als Procurator nach Iu- 

Leben geendet habe, sei sein Geburtstag gewesen. daea gesandt wurde, war noch C. Vibius Marsus 

Als Brutus seinen toten Freund sah, soil er Statthalter in Syrien, Jos. ant. XIX 363: C. 
ihn den letzten Romer genannt haben (vgl. auch 50 kann also friihestens Ende 44 entsandt sein). In 

Tac. ann. IV 34) und heimlich in Thasos haben der Polgezeit scheint er sich dauernd in Rom 

beisetzen lassen, um die Stimmung des Heeres aufgehalten zu haben, wiederholt wird sein Auf- 

nicht zu beeintrachtigen (Brut. 44). treten im Senat erwahnt, in dem er hohes An- 

Seine Beurteilung im Altertum. Bekannt ist sehen genoss (Tac. ann. XIII 48, J. 58. XIII 41, 

der von Tacitus (ann. IV 34) fiberlieferte Aus- J. 59 [vgl. fiir die Datierung Mommsen R.-G. 

spruch des Crematius Cordus: Asinii Pollionis V 368, 1]. XIII 42ff., J. 61; vgl. Pomp. a. a. O.: 

scripta egregiam eorundem memoriam tradurd; plurimum in owitate auctoritatis habuit). Seiner 

Messala Corvinus irnperatorem suum Cassium politischen Stellnng nach gehorte er zu der dem 

praedicabat. C. scheint im Altertum seine be- Nero so verhassten Aristokratie des Senats. Zwar 
sonderen Verehrer gehabt zu haben , die die ge- 60 ist er, soviel wir wissen, dem Kaiser niemals offen 

wohnliche Vorliebe fiir den unbedeutenden Brutus, entgegengetreten ; als aber Nero nach der Ver- 

wie sie uns am meisten bei Plutarch entgegen- schwttrang des Piso im J. 65 jeden selbstandigen 

tritt, nicht teilten. Spuren davon weist wenig- Charakter zu beseitigen suchte, traf auch ihn zu- 

stens der Bericht des Appian unzweifelhaft nach; gleich mit dem jungen L. Iunius Silanus, dem 

denn der beschaftigt sich vorzugsweise mit C. Neffen seiner Gattin, der in seinem Hause auf- 

und weiss in seinem Schlussurteil fiber den C. gewachsen war, das Schicksal der Verbannung. 

nur Gutes von dessen Charakter zu sagen. Diese Wahrend aber den letzteren, der als Abkommling 

Verehrung des C. scheint sich besonders darauf des Augustus (Borghesi Oeuvr. V 197. Momm- 



1737 Cassius Cassius 1738 

sen Eph. ep. I p. 64) fur einen Thronpraetendenten 50). Da wir kem sicheres Unterscheidungsmerk- 
galt (Tac. ami. XV 52), unterwegs die Mdrder er- mal haben, muss die Frage, was dem einen oder 
•eilten, hielt der Kaiser den alten und bereits erblin- andern Juristen angehort, unbeantwortet bleiben; 
deten C. fttr weniger gefahrlich und begnfigte sich vgl. Lenel I 277, 3. Kriiger 155. Von dem 
mit dem Senatsbeschluss , der ihn nach Sardinien Verhaltnis des Auszugs zum Original lasst sich 
vertrieb (Tac. ann. XVI 7 — 9.22. Suet. Nero 37. nichts ermitteln, als dass das ffinfte Buch bei 
Pomp. a. a. 0. 52). Erst Vespasian rief ihn zuriick Iavolenus (fiber Tutel) dem sechsten bei C. ent- 
und unter dessen Regierung ist er dann auch ge- sprochen hat (vgl. frg. lav. 19. 20 ; Cass. 2). 
storben (Pomp. a. a. 0.). Er muss ein hohes Alter Behandelt wurden, wie es scheint, alle Gegen- 
erreicht haben : da er im J. 30 n. Chr. Consul 10 stande des Civilrechts, in den Auszfigen des la- 
war, ist er spatestens 3 v. Chr. geboren, war also volenus erscheinen auch einzelne Materien des 
bei Vespasians Regierungsantritt (69) mindestens praetorischen Rechts (frg. 16. 50 — 55. 64 — 69). 
72 Jahre alt. Von seinen Privatverhaltnissen tlber die nur teilweise mit dem System des Sa- 
wissen wir, dass er ein grosses VermOgen besass binus fibereinstimmende Anordnung s. Leist Vers. 
(Tac. ann. XVI 7), und dass er mit einer Ur- z. Gesch. d. R. Rechtssyst. 56. Voigt Abh. d. 
enkelin des Augustus, der (Iunia) Lepida verheiratet Sachs. Ges. d. W. VII 347f. Karlowa 692. 
war (Tac. ann. XVI 8; vgl. Borghesi V 195f. Kriiger 155. Lenel Pal. I 277,3. Das Werk 
Mommsen Eph. ep. I p. 63). ist die Grundlage von Arbeiten spaterer Juristen 
C. war ein Schttler des Masurius Sabinus geworden : des Auszuges des Iavolenus wurde schon 
(Pomp. 51. Dig. IV 8, 19, 2), mit dem zusammen20gedacht; ausserdem schrieb C.s Schfiler Aristo 
er die nach ihnen benannte Rechtsschule griindete (unter Traian) Noten dazu (vgl. frg. Cass. 4. 51 ; 
(s. den Artikel Cassiani); sehr haufig werden Arist. 9. 60). tiber C.s Verhaltnis zu Urseius 
beide von den Spateren zusammen genannt (frg. Ferox s. den Artikel Urseius. Von sonstigen 
6. 14. 17. 23. 28. 33—37. 39. 47. 48. 50—52. Schriften des C. findet sich nur eine Spur in 
54—56. 62. 64. 65. 67. 68. 71. 73. 76. 78, 13. frg. 78, 27: Cassius apud Vitellium (unter Augu- 

20. 27. 85. 91. 97. 100. 106. 108—111. 114. 118. stus) notat. 

124. 125. 131—135. 137. 140—142; vgl. auch Neuere Litteratur: Zimmerh Gesch. d. R. 

Epikt. Diss. IV 3). Als Respondent, der zweifel- Pr.-R. I 316ff. Rudorff R. R.-G. 1 169f. Teuffel 

los auch das ius respondendi besass (darauf deutet R. L.-G. §298, 3. Karlowa R. R.-G. I 691f. 

auch iuris auctor bei Hygin.de gen. contr. S. 124, 30 Kriiger Quell, u. Litt. d. R. R, 154f. [Jors.] 

4 Lachm. ; Responsen werden erwahnt in frg. 17. 61) C. Cassius Longinus, in einer Inschrift 

21. 28. 49. 51. 52. 64. 71. 75. 79. 83. 109. 112. seiner Preigelassenen (CIL VI 14529) genannt. 
128), Rechtslehrer (vgl. Dig. IV 8, 40, wo Aristo Vielleicht der Rechtsgelehrte Nr. 60. [Groag.] 
als sein Schuler genannt wird) und Schriftsteller 62) L. Cassius Longinus holte als Praetor 
hat er sich einen Namen gemacht (Tac. ann. 643 = 111 Iugurtha als Zeugen gegen die von 
XII 12 : ea tempestate [J. 49] Cassius eeteros ihm bestochenen rOmischen Offlciere nach Rom 
praeminebat peritia legum; vgl. XIV 15 studium und bewog ihn namentlich durch sein persOn- 
nieum. Hygin. a. a. 0. prudentissimus vir). Seine liches Ehrenwort zur Mitreise (Sail. lug. 32, Iff.), 
umfangreichen Werke waren schon den Compi- Er erhielt das Consulat fur 647 = 107 (CIL VIII 
latoren Iustinians nicht mehr zuganglich ; die aus 40 10477, 1. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Plin. n. h. 
Citaten spaterer Juristen erhaltenen Reste sind X 36. Cassiod.) und den Oberbefehl gegen den 
von Lenel Pal. I 109ff. zusammengestellt (fiber helvetischen Stamm der Tiguriner, wurde in der 
den Caius nosier in Dig. XLV 3, 39 s. den Nahe des Genfersees von ihnen geschlagen und 
Artikel Gaius; dass neuerdings Longinescu flel (Caes. b. g. I 7, 4. 12, 7. 14, 7. Liv. ep. LXV. 
Caius der Rechtsgelehrte, Berliner Diss. 1896, Oros. V 15, 23. Tac. Germ. 37. App. Celt. 3). 
62ff., es unternommen hat, unsern C. Cassius mit 63) L. Cassius Longinus, Sohn eines Lucius, 
dem bekannten Gaius zu verselbigen, sollte man vielleicht des Ravilla (Nr. 72), Volkstribun 650 
kaum glauben). = 104, plures leges ad minuendam nobilitatis 

Das Hauptwerk des C. waren seine libri (com- potentiam tulit, in quibus hanc etiani, ut qiu:m 

mentarii) iuris civilis in mindestens 10 Buchern 50 populus damnasset euive imperium abrogasset 

(Dig. VII 1, 70 pr. ; Fragmente, in denen das in senatu ne esset. tulerat autem earn maxime 

Werk genannt wird, s. bei Lenel Pal. frg. 1 — 11; propter simiMates cum Q. Servilio (dem Consul 

es geheren aber auch noch viele der Citate, in von 648 = 106). Ascon. Cornel, p. 69. 

denen bios der Name des C. erscheint, hierher). 64) L. Cassius Longinus, vermutlich identisch 

Das Werk (allein oder zugleich mit anderen ? mit dem L. Cassius Q. f., der um 676 = 78 Mttnz- 

vgl. Lenel Pal. I 277, 3) ist spater von Iavo- meister war (Mommsen Miinzwesen 612 nr. 245), 

lenus excerpiert worden, dessen 15 Bficher ex und Richter im Process des Oppianicus 680 = 74 

Cassio (so der Ind. Flor.) von den iustinianischen (Cic. Cluent. 107). Er war Praetor 688 = 66 

Compilatoren ffir die Digesten benutzt sind (Frag- und verhinderte damals widerrechtlich, dass der 

mente bei Lenel I 277ff.). In den hier erhaltenen 60 Process des C. Cornelius zur Verhandlung kam 

Stellen lasst sich allerdings C. (aus Citaten oder (Ascon. Cornel, p. 52 mit unrichtigem Vornamen 

Vergleichung mit anderen Bruchstucken) nur ver- P.; vgl. Hfilzl Fasti praetorii 35). 690 = 64 

haltnismassig selten nachweisen (frg. lav. 2. 12. bewarb er sich gleichzeitig mit Cicero um das 

22. 1. 49. 55. 56, vielleicht auch 47), aber zweifel- Consulat (Ascon. tog. cand. p. 73. Q. Cic. pet. 
los gehOrt ihm noch viel mehr von diesem Ma- cons. 7). Er erschien damals beschrankt und 
terial. Freilich nicht alles : denn auch eigene trag, bald aber zeigte er sich als gefahrlich, denn 
Ansichten des Iavolenus begegnen Ofter (frg. lav. er schloss sich mit Eifer an Catilina an (Ascon. 
2. 9. 12. 22, 1.32, 2; vielleicht auch 40, 2.43 pr. a. O. Cic. Cat. Ill 16. 25. Sail. Cat. 17, 3. 



1739 Cassius Cassius 1740 

Flor. II 12, 3). Er ftihrte die Verhandlungen vgl. o. Bd. I S. 538, wo C. Cassius Longinus in, 

mit den Gesandten der Allobroger, gab ihnen L. Cassius Longinus zu corrigieren ist. 

aber vorsichtigerweise nichts Schriftliches, sondern 67) L. Cassius Longinus. a) Name. L. Cas- 

versprach, bald selbst zu ihnen zu kommen (Cic. sius Longinus CIL X ] 233 Fasti Nolani. Suet. 

Cat. Ill 9; Sull. 36ff. Schol. Bob. z. d. St. p. 367. Calig. 24; L. Cassius Long ... CIL VI 29681 ^ 

Sail. 44, If. App. b. c. II 4) und reiste noch L. Cassius CIL 12 p. 71 Fasti Arvalium. Tac. 

friiher als sie ab (Sail.). Seine Aufgabe beim ann. VI 15; Cassius Longinus Tac. ann. VI 45 ;. 

Ausbruch der VerschwCrung ware gewesen, die Kdooiog Dio LVIII 3, 8; sonst (im Consulat). 

Stadt in Brand zu stecken (Cic. Cat. Ill 14. IV Longinus. 

13; Sull. 53). Er wurde mit drei anderen Ge- 10 b) Leben. Er war der Sohn des L. Cassius 

nossen abwesend zum Tode verurteilt (Sail. 50, 4). Longinus (Nr. 66) und daher wohl der Bruder 

65) L. Cassius Longinus, Bruder des Caesar- des C. Cassius Longinus (Nr. 60). Von seinem 
mOrders Nr. 59 (Cic. ad fam. XII 2, 2. 7, 1) Vater strenge erzogen, war er doch mehr durch. 
und vielleicht der erste aus dem Geschlecht, der Leutseligkeit als durch energische Thatigkeit aus- 
das Cognomen regelmassig fuhrte. Er scheint gezeichnet (Tac. ann. VI 15). Consul ordinarius 
Urheber der Denare mit der Aufschrift Longin(us) mit M. Vinicius im J. 30 n. Chr. (s. die oben 
Illvfir) gegen 700 = 54 zu sein (Mom m sen angefiihrten Nachweise), in welchem nachher sein 
Mfinzwesen 636 nr. 279), klagte in diesem Jahre Bruder den Consulat als suffectus bekleidete. Von 
zusammen mit L. Laterensis den Cn. Plancius Seian gewonnen, intriguierte er damals gegen 
wegen Wahlumtrieben an (Cic. Plane. 58ff.) und 20 Drusus , den Sohn des Germanicus (Dio LVIII 
702 = 52 gemeinsam mit anderen den Mitschul- 3, 8). Nach dem Sturze Seians nahm er im 
digen des Milo M. Saufeius (Ascon. Milon. p. 48). J. 32 an der EntriistungskomOdie im Senate teil 
Im Biirgerkriege auf seiten Caesars wurde er (Tac. ann. VI 2; unter den Cassii dieser Stelle- 
von diesem 706 = 48 mit einer aus Rekruten wird wohl unser L. Cassius gemeint sein). Im 
gebildeten Legion nach Thessalien gesandt (Caes. J. 33 vermahlte ihm Tiberius Drnsilla, die Tochter 
b. c. Ill 34, 2. 35, 2) und verschanzte sich am des Germanicus (Tac. ann. VI 15). Bei einem 
Ossa (CIL I 618 = III 588). Als sich Metellus Brande in Rom im J. 36 wurde er neben seinen 
Scipio mit iiberlegener Macht gegen inn wandte, Schwagern Cn. Domitius, M. Vinicius, Rubellius 
zog er sich iiber das Gebirge in der Bichtung Blandus und neben P. Petronius mit der Ab- 
auf Ambrakia zuriick (Caes. Ill 36, 2—8. Dio XLI 30 schatzung der Verluste betraut (Tac. ann. VI 45). 
51, 2), unterwarf mit Calvisius Sabinus die west- Als der Bruder seiner Gattin, C. Caesar (Caligula)* 
lichen Landschaften Mittelgriechenlands und stiess zur Herrschaft gelangte , lOste er seine Ehe mit 
dann zu Fufius Calenus, der die ostlichen in Be- Drusilla (Suet. Calig. 24). 

sitz nehmen sollte (Caes. Ill 55, 1). Obwohl 68) L. Cassius C. f. Longinfus], Duumvir 

er an der Ermordung Caesars keinen Anteil hatte, von Pola mit L. Calpurnius L. f. Piso (CIL V 

wurde er doch bei den Apollinarspielen des Brutus 54). Patron des L. Cassius Longini 1. Phoebus 

710 = 44 als Bruder des Gaius vom Volke mit (CIL V 583 Tergeste). [Groag.] 

Beifall begrlisst (Cic. ad fam. XII 2, 2; ad Att. 69) Q. Cassius Longinus, Sohn eines Lucius 

XIV 2, 1), und da er in diesem Jahre das Volks- und Enkel eines Quintus (vielleicht Nr. 20), war 
tribunat bekleidete, erschien er auch dem M. An- 40 stadtischer Praetor 587 = 167 (Liv. XLV 16, 3. 

tonius als gefahrlich. Daher verbot ihm dieser 8. 35, 4. 44, 4), fuhrte als solcher den gefangenen 

am 28. November, an dem er gegen Octavian Perseus nach seinem kunftigen Aufenthaltsorte 

mit der Achtserklarung vorgehen wollte, bei Todes- Alba (a. O. 42, 4) und brachte die dem Genthios 

strafe den Besuch der Senatssitzung (Cic. Phil. abgenommenen Schiffe nach Apollonia und Dyrrha- 

III 23). Im Marz 711 = 43 war C. gegen die chion (a. 0. 43, 10). Er starb in seinem Con- 

tJbertragung des Oberbefehls gegen Dolabella an sulat 590 = 164 (f. Cap. Chronogr. Idat. Chron. 

seinen Bruder (Cic. adfam. XII 7,1), und erst spater, Pasch. Cassiod.). 

als die Triumvirn alle Verwandten der Caesar- 70) Q. Cassius Longinus. Das Cognomen fehlt 
mdrder verfolgten, ging er nach Asien, doch nie- auf den Miinzen, bei Caesar und Cicero, findet 
mals nahm er, im Gegensatz zu seinem Sohne50sich aber schon im b. Alex.; Cic. ad Att. V 21, 1 
(Nr. 15), am Kriege auf seiten des Gaius teil nennt C. f rater, d. h. wahrscheinlich Vetter, des 
und wurde deshalb 713 = 41 in Ephesus von C. Cassius und Freund des Atticus. C. war 
Antonius begnadigt (App. b. c. V 7). Vielleicht Miinzmeister in den letzten Jahren des 7. Jhdts. 
ist er Urheber der Lex Cassia, welche Caesar d. St. (Mommsen Miinzwesen 635 nr. 278) und 
zurVerleihungdesPatriciatsermachtigte(Momm- von 700 = 54 an Quaestor des Pompeius in Hi- 
sen Rom. Forsch. I 175, 12). [Miinzer.] spania ulterior; er machte sich dort durch seine 

66) L. Cassius Longinus, Consul suffectus in Raubsucht und Harte so verhasst, dass ein Mord- 
der zweiten Halfte des Jahres 11 n. Chr. mit versuch gegen ihn untemommen wurde (Cic. ad 
T. Statilius Taurus: Fasti Capitolini CIL 12 p. 29 Att. VI 6, 4. b. Alex. 48, 1. 50, 1. Dio XLI 24, 
(L. Cassius L. f. . n. Longinus). Fasti Arvalium 60 2). Kurz nach seiner Rfickkehr gelangte er zum 
CIL 12 p. 70 (L. Co...). CIL XII 4333 (L. Volkstribunat fflr 705 = 49 und stand in diesem 
Cassius Longinus). Seine Sonne waren L. Cassius Amte mit seinen Collegen auf Caesars Seite (vgl. 
Longinus (Nr. 67), der in der strengen Zucht Cic. ad Att. VII 7, 5). In der Senatssitzung 
des Vaters aufwuchs (Tac. ann. VI 15), und (hochst- des 1. Januar notigten M. Antonius und C. die 
wahrscheinlich) C. Cassius Longinus (Nr. 60), der Consuln zur Verlesung von Caesars Bericht. Die 
Sohn einer Tochter des Rechtsgelehrten Q. Aelius Majoritat der Versammlung lehnte dessen ver- 
Tubero (Pompon. Dig. I 2, 2, 51), die demnach sohnliche Vorschlage ab und fasste die Beschliisse 
die Gemahlin unseres Cassius gewesen sein muss ; gegen ihn, welche der Kriegserklarung gleich 



1741 Cassius Cassius 1742 

kamen. Beide Tribunal intercedierten , aber sie miindung unter, und er selbst fand dabei seinen 

sahen sich infolgedessen sogar in ihrer persOnlichen Tod. Nach Livius (frg. 38) soil er sich zuletzt 

Siclierheit bedroht und verliessen am 7. Januar mit dem Gedanken des Abfalls von Caesar ge- 

die Stadt (Caes. b. c. I 2, 8. 5, 6. Liv. ep. CIX. tragen haben ; thatsachlich war er ihm treu ge- 

Oros. VI 15, 2 falschlich P. Cassius. Dio XLI blieben. Freilich hat er durch sein schlimmes 

1, 2ff. App. b. c. II 33. Plut. Ant. 5, 3). Sie Regiment der Sache des Dictators in Spanien 

trafen Caesar in Ariminum (Caes. I 8, 1), und sehr geschadet und fur die letzte Erhebung der 

es scheint, dass C. bereits an dem Zuge gegen Pompeianer den Boden bereitet. [Miinzer.] 

Rom in einer militarischen Stellung teilnahm 71) Q. Cassius Longinus, iuris peritfusj, v(ir) 

(Cic. ad Att. VII 18, 2). Nach dem Einzug in 10 b(onus). CIL V 1026, add. p. 1025. [Stein.] 

der Hauptstadt berief er mit Antonius den Senat, 72) L. Cassius Longinus Ravilla erhielt den 

da alle Magistrate entflohen waren (Dio XLI 15, zweiten Beinamen von der Farbe seiner Augen 

2). Sodann begleitete er Caesar auf dem spani- (Pest. p. 273. 274; vgl. Prontin. aqu. 8). Als 

schen Peldzuge (Caes. II 19, 1) und wurde nach Volkstribun 617 = 137 gab er die sehr populare 

dessen Beendigung als Propraetor der jenseitigen zweite Lex tabellaria, welche die schriftliche Ab- 

Provinz zuriickgelassen (Caes. II 21, 3. b. Alex. stimmung auf das Gerichtsverfahren mit Aus- 

48,1. Liv. ep. CXI. Dio XLI 24, 2. App. II 43). nahme der Hochverratsprocesse ausdehnte (Cic. 

Fur die folgenden Begebenheiten ist ausser kurzen Brut. 97. 106; Lael. 41; de leg. Ill 35ff.; Sest. 

Erwahnungen (b. Hisp. 42. Liv. ep. CXI ; frg. 36 103. Schol. Bob z. d. St. p. 303. Ascon. Cornel. 

—38 bei Priscian VI 22 [GL II 213]. Val. Max. 20 p. 69. Pseudo-Ascon. Verr. p. 141f.). Er war 

IX 4, 2. Dio XLII 15. 16. XLIII 29 , 1) die Consul 627 = 127 (Cassiod. Chronogr. Idat. Chron. 

Hauptquelle bell. Alex. 48—64 (Sonderausgabe von Pasch.) und Censor 629 = 125 (Cic. Verr. I 143). 

Landgraf als Bericht des C. Asinius Pollio iiber Wahrend der Verwaltung dieses Amtes leitete er 

die spanischen Unruhen des Jahres 48 v. Chr., mit seinem Collegen Cn. Servilius Caepio die 

Leipzig 1890); fiber ihre Chronologie vgl. Judeich aqua Tepula nach Rom (Prontin. aqu. 8) und 

Caesar im Orient 191ff. C. hatte vier Legionen, bestrafte seinen alten Gegner M. Lepidus Porcina 

die zumeist aus iibergetretenen Pompeianern und wegen seines ubermassigen Luxus (Cic. Brut. 97 

Eingeborenen bestanden; auf sie wollte er sich iiber den friiheren Streit beider. Veil. II 10, 1. 

stiitzen , um im iibrigen nach Belieben schalten Val. Max. VII 1 damn. 7 ; vgl. Bd. I S. 566 Nr. 83). 

zu kSnnen. Nach einigen kleinen Erfolgen gegen 30 Er war besonders ausgezeichnet und gefiirchtet 

die Lusitaner nahm er den Imperatortitel an. als Richter, so dass sein Name fast typisch wurde 

Nachdem er den Winter in Corduba verbracht (z. B. Cic. Verr. I 30. Ill 137. 146); fur sein 

und die schamlosesten Erpressungen veriibt hatte, Verfahren ist die stete Frage: Cui bono? charak- 

erhielt er im Friihjahr 706 = 48 den Auftrag, teristisch (Cic. Rose. 84; Mil. 32. Ascon. p. 40. 

Konig Iuba zu bekriegen. Dies bot ihm zunachst Pseudo-Ascon. p. 141). Als das Volk mit dem 

den Vorwand, die Provinz mit neuen driickenden Spruche der Pontifices in dem bekannten grossen 

Steuern zu belasten und eine fiinfte Legion aus- Vestalenprocesse von 641 = 113 (Bd. I S. 590 Nr. 

zuheben. Schon vorher hatte die allgemeine Un- 153) unzufrieden war. wurde er von den Comitien 

zufriedenheit zu einer Verschworung mehrerer zum ausserordentlichen Richter (falschlich praetor 

Provincialen gegen C. gefiihrt ; jetzt wurde er 40 von Val. Max. genannt) in dieser Sache erwahlt und 

auf dem Markte in Corduba angefallen und schwer verurteilte mehrere der Angeschuldigten (Ascon. 

verwundet, aber erholte sich wieder. liess die Ver- p. 40. Val. Max. Ill 7, 10; vgl. VI 8, 1. Momm- 

schworenen hinrichten, soweit sie sich nicht los- sen Staatsr. II 664). Lfber Hinweise auf das 

kauften (vgl. Calpurnius Nr. 113), und be- Tabellargesetz und auf diesen Process, die auf 

handelte das Land harter als je. Er begab sich Miinzen spaterer Cassier vorkommen, vgl. Momm- 

nach seiner Genesung nach Hispalis, um bald sen Ztschr. f . Numism. II 42. Sohne des Ravilla 

den africanischen Feldzug zu erOffnen, da em- sind vielleicht Nr. 57 und 63. [Miinzer.] 

porten sich erst die beiden friiher varronischen 73) Cassius Longus, praefeetus castrorum im 

Legionen in Ilipa und kurz darauf die in Corduba Herbst 69 n. Chr. bei Hostilia , wird von den 

stehenden Truppen, an deren Spitze der Quaestor 50 Truppen , die sich gegen Caecina Alienus Uber- 

M. Marcellus trat. Es gelang den Aufstandischen, tritt zur flavischen Partei strauben, an dessen 

sich zu vereinigen, wahrend C. mit den treu- Stelle neben Fabius Fabullus als Fuhrer aufge- 

gebliebenen Legionen eine feste Stellung bei Cor- stellt. Tac. hist. Ill 14. [Stein.] 

duba einnahm, hauflge Gefechte lieferte und Hiilfe- 74) L. Cassius Marcellinus , Legat von Pan- 

gesuche an Bogud von Mauretanien und M. Le- nonia inferior, Consul designahis (CIL III Suppl. 

pidus, den Proconsul von Hispania citerior, schickte 10470 Aquincum). Vielleicht Vater des Cassius 

(October 706 = 48). Vor der uberlegenen Macht Pius Marcellinus (Nr. 84) oder identisch mit diesem. 

des Marcellus zog er sich nach der Bergstadt 75) Cassius Maximus, Proconsul von Achaia 

Ulia zuriick und wurde hier von jenem einge- unter Traian, wahrscheinlich im J. 116 n. Chr., 

schlossen. Nun trafen Bogud und Lepidus als 60 CIG I 1732 a 12. [Groag.] 

Vermittler ein; anfangs zeigtesichC. misstrauisch 76) Cassius Maximus, griechischer Rhetor aus 

gegen sie, schliesslich aber fiihrten die Verhand- Phoinikien (Artemid. Ilp. 2, 26f. II 70 p. 168, 

lungen zu dem Ergebnis, dass er freien Abzug 9), dem Artemidor die drei ersten Biicher seiner 

erhielt. Da eben damals, Anfang 707 = 47, der 'OvuQoxQixuta widmete. Nach einer wahrschein- 

ihm bestimmte Nachfolger C. Trebonius eintraf, lichen VermutungO.HirschfeldsbeiKraussAr- 

entliess er seine Leute eiligst in die Winter- temidor p. 8 ist er identisch mit dem griechischen 

quartiere und schiffte sich mit seinem Raube in Rhetor Maximus aus Tyrus. Vgl. Diels Herm. 

Malaca ein. Sein Fahrzeug ging in der Ebro- XXIII 287. [M. Wellmann.] 



1743 Cassius Cassius 1744 

77) Cassius Mont [anus], procurator) Au- Vgl. Drumann R. G. II 161ff. A. Weichert De 
gfusti) provincfiae) , CIL XII 671. L. Varii et Cassii Parmens. vita et carminibus, 

78) L. Cassius Nomentanus, notorischer Ver- Grimma 1836, 212ff. [Skutsch.] 
schwender, der durch seine Schlemmerei seine 81) Cassius Patavinus, ein Mann aus dem 
gesamte Habe vergeudete, Hor. sat. I 1 102. Volke, vermass sich, bei einem Gastmahl zu er- 
8, 11. II 1, 22. 3, 175. 224 und dazu die Er- klaren, ihm feble weder Wunsch noch Mut, um 
klarungen Porphyrios. Senec. dial. VII 11,4. Augustus zu toten. Augustus begniigte sich, ihn 

[Stein.] durch leichte Verbannung zu bestrafen. Suet. 

79) Cassius Papirius, Consul Avidii Cassii Aug. 51. 

temporibus (175 n. Chr.), als (wahrend seines 10 82) M. Cassius Paullinus, Illvir a(ere) a(r- 

Consulates) sterbenskrank genannt in einem an- gento) afuro) f(lando) fferiundqj, trfibunus) m(i- 

geblichen Briefe des Kaisers Marcus. Hist. Aug. litum) leg(ionis) I. It(alicae), qu(aestor) prfo- 

Clod. Albin. 10, 11. 12. [Groag.] vinciaej Mac(edoniae), ab act(is) sen(atus). Grab- 

80) C. Cassius Parmensis. Den Vornamen schrift CIL VI 1373. Wohl Verwandter des M. 
giebt die Uberlieferung in der Uberschrift seines Cassius Hortensius Paulinus (Nr. 48). 

Briefes an Cicero ad fam. XII 13; vielleicht ist 83) D. Pius Cassius s. Pius, 

derselbe audi ad Att. XV 8 gemeint (E u e t e 84) Cassius Pius Marcellinus, (tribunus) lati- 

Die Corresponded Ciceros in den J. 44 und 43, clavius leg(imiis) II. adfiutricisj, CIL III Suppl. 

Marburg 1883, 56f.). Er war an Caesars Ermor- 13371 (Aquincum). Quaestor designatus, XV vir 

dung beteiligt und kampfte dann auf seiten des 20 sacris faciundis im J. 204 n. Chr. (Acta ludorum 

Cassius und Brutus. Im J. 42 ist er in Asien, von saecularium Ephem. epigr. VIII p. 282. 284. 290. 

den Feldherrn mit einem Heer und einer Plotte 291); vgl. L. Cassius Marcellinus (Nr. 74). 

zuriickgelassen, um Geld einzutreiben (Appian. b. [Groag.] 

c. V 2), und also gewiss identisch mit dem, der 85) Cassius Sabaco, Freund des C. Marius, 

im J. 43 entsprechendes von sich in jenem Brief an soil dessen Wahl zum Praetor 638 = 1 16 mit 

Cicero aus Cypern berichtet. Nach dem Tod des ungesetzlichen Mitteln unterstutzt haben und 

Brutus und Cassius sammelte sich um seine Flotte, wurde deshalb von den Censoren aus dem Senat 

was von Schiffen und Mannschaft iibrig war. Mit gestossen (Plut. Mar. 5, 3 — 5). [Miinzer.] 

einem Teil dieser Krafte scheint er in Sicilien zu 86) Cassius Salanus, Freund Ovids, Lehrer 

Sex. Pompeius gestossen zu sein. Nach dessen 30 des Germanicus (Plin. n. h. XXXIV 47. Ovid. 

Flucht nach Asien ging er, weil er den Wider- ex Ponto II 5, 41ff.). An ihn schreibt Ovid, ex 

stand gegen die iiberlegenen Krafte des Antonius P. II 5, worin er ihn als Dichter rilhmt (v. 63ff.) 

fur aussichtslos hielt, im J. 36 zu diesem iiber und seine Gelehrsamkeit (v. 15) und Beredsam- 

(Appian. ebd. 139). Auf dessen Seite stand er keit (v. 40. 69) hervorhebt. Vgl. Teuffel- 

in der Schlacht bei Actium. Von dort nach Athen Schwabe R. L.-G. 5 267,9. [Stein.] 

geflohen wurde er, angeblich der letzte noch iiber- 87) Cassius Scaeva. Der voile Name lautet 

lebende Caesarmorder (Veil. II 87, 3), auf Befehl bei Val. Max. Ill 2, 23 M. Caesius Scaeva, bei 

Octavians getotet, was ihm durch einen schreck- Suet. Caes. 68 und Plut. Caes. 16, 2 Cassius 

lichen Traum vorherverkiindet worden sein soil Scaeva, und ein Cassius Seaeva kommt auch 

(Val. Max. I 7, 7). C. war dichterisch thatig ; 40 inschriftlich vor (CIL X 5728). Scaeva war Cen- 

Horaz ep. I 4, 3 fragt den Tibull an, ob er mit turio unter Caesar und zeichnete sich 706 = 48 

des C. opuseula wetteifern wolle , gewiss nicht in den Kampfen bei Dyrrachion riihmlich aus ; er 

ohne Biicksicht auf Tibulls politische Haltung biisste dabei ein Auge ein, und sein Schild wurde 

(Marx o. Bd. I S. 1320), und die Scholiasten z. von 120 Geschossen durchbohrt (Val. Max. Suet. 

St. berichten, er habe Satiren geschrieben, auch Plut. aa. OO. Caes. b. c. Ill 53, 4ff. Lucan.VI144; 

Elegien und Epigramme von ihm wurden er- ungenau App. b. c. II 60 ; Scaevola Flor. II 13, 40). 

wahnt. Die Elegien sind also wohl unter den Auf einein Schleuderblei aus Perusia (Ephem. 



bei Horaz zu verstehen. Der Name epigr. VI 79) wird Scaeva als Primipilus der 

seines MOrders Q. Attius Varus gab Anlass zu 12. Legion bezeichnet; auch erwahnt ihn Cic. ad 

der auf einer Verwechslung mit dem Tragiker L. 50 Att. XIV 10, 2. [Miinzer.] 

Varius beruhenden Anekdote der Horazscholien, 88) P. Cassius Secundus, Legat von Numidien 

dass dieser seinen Thyestes aus der Hinterlassen- unter Hadrian (CIL VIII 2534 Castra Lambaesi- 

schaft des C. gestohlen habe. Scripserat enim tana; Suppl. 19132. 19133. 19134 Sigus). Con- 

multas tragoedias Cassius fiigen die Scholiasten sul suffectus am 15. October 138 mit M. Nonius 

bei, was fur uns uncontrolierbar ist. Ein Vers Mucianus (CIL VIII 270 = Suppl. 11451). 

aus der Praetexta Brutus eines C, freilich mit [Groag.] 

unreinen Senkungen auch an den geraden Stellen, 89) Cassius Severus (das Praenomen T. be- 

bei Varro de 1. 1. VI 7. VII 72 (TRF2 p. 285); ruht auf der sehr unsicheren Lesart Titi Cassii 

Skazon eines C, ebenso gebaut, bei Quint, inst. bei Plin. ep. IV 28, 1), hervorragender Redner 
V 11, 24 (aus einem Epigramm?). Ganz im Sinn 60 der augusteischen Zeit. Dass er aus Longula in 

und Geist des Antonius (Cic. Philipp. Ill 15. Latium geburtig gewesen sei, nimmt mit Weichert 

XIII 19) war ein Schmahbrief des C. an Octavian 192 noch Froment 124 auf Grund von Plin. n. h. 

gehalten (Suet. Aug. 4); aus einem Brief des C. Quellenverz. XXXV an; jetzt interpungiert man 

an Antonius ein gesundheitlicher Ratschlag bei a. O. gewOhnlich ex auetoribus .... Cassio Severo. 

Plin. n. h. XXXI 8. 19 Hexameter mit dem Titel Longulano und sieht in Longidanus einen neuen, 

Orpheus, die z. B. in Wernsdorfs PLM II 310 vollig unbekannten Autor (M. Caelius Rufus Lon- 

dem C. zugeschrieben werden, sind ein italieni- gulanus? Urlichs Die Quellenregister zu Plin. 

sches Product des 16. Jhdts. (Weichert 299). letzt. Buchem, Wiirzburg 1878, 14). Obwohl 



1745 Cassius Cassius 1746 

weder durch seine Herkunft (sordidae originis, auf dem Felseneiland Seriphos interniert (Tac. 

Tac. ann. IV 21) noch durch seine sittliche Lebens- arm. IV 21), wo er im J. 32 in grOsster Durftig- 

tuhrung (maleficae vitae , Tac. a. 0. vgl. Senec. keit vix panno verenda eontectus starb (Hieron. 

contr. Ill praef. 4) empfohlen, hatte er sich den- a. Abr. 2048 = Suet. frg. 69* p. 87 Rffsch.), nach 

nocn schon frilh als Sachwalter einen grossen Hieronymus XXV exilii sui anno, so dass seine 

Namen gemacht. Seine hohe Begabung (Quintil. Eelegation ins J. 8 fallen wtirde (Robert 14 

X 1, 117. Senec. a. 0. 3. 4) und vielseitige Bil- setzt sie unter Vergleichung von Cass. Dio LVI 

dung (Tac. dial. 19. 26), verbunden mit Geistes- 27 zwischen6undl0, Schanz204 nach 12n. Chr.; 

gegenwart, Schlagfertigkeit und Gesehick im Weichert 201f. denkt unter Berucksichtigung von 
Extemporieren (Senec. 4ff.) , unterstutzt durch 10 Plut. de disc. adul. et amic. 18 an eine Unter- 

korperliche Vorziige, wie eine auffallende Korper- brechung der Verbannung im Anfange der Regie- 

grSsse (Senec. 3. Plin. n. h. VII 55), ein sehr rung des Tiberius). Das comenutt bei Tac. ann. 

kraftiges und doch wohllautendes Organ (Senec. 3), IV 21 berechtigt uns , seine Geburt in die vier- 

einen wiirdevollen, lebhaften, jedoch keineswegs ziger Jahre v. Chr. zu setzen. Horat. Epod. 6 be- 

theatralischen Vortrag (Senec. 3. 4. Quintil. VI 1, ziehen die Scholiasten i'alschlich auf den Redner 

43), imponierten dem Publicum und machten ihn C. (Teuffel Z. f. Alt.-Wiss. 1845, 596. Proment 

zu einem ebenso gesuchten wie gefiirchteten Ad- 125f.). Cber seine Bedeutung als Redner werden 

vocaten. In Privatsachen trat er auch zweimal wir nur wenig durch die sparlichen Fragmente 

des Tages, vormittags und nachmittags, auf, in seiner Reden (gesammelt von Meyer) aufgeklart, 
effentlichen nur einmal (Senec. 5). Der Erfolg 20 um so mehr durch mannigfache Notizen bei Schrift- 

entsprach nicht immer den Erwartungen. Nach stellern seiner und der nachstfolgenden Zeit, be- 

Macrob. sat. II 4, 9 wurden, wenn C. Anklager sonders beim Rhetor Seneca. Ubereinstimmend 

war, viele freigesprochen , und als Verteidiger wird er von alien ungemein hoch gestellt (Plin. 

hatte er noch weniger Gluck; nur in eigenerSache n. h. VII 55: orator eeleber. Tac. ann. IV 21: 

verteidigte er sich mit Erfolg gegen die Anklage orandi validus. Hieron.-Suet. a. 0. orator egre- 

des Fabius Maximus (Senec. a. 0. 5. 114, 11). Unter gius); in dem Dialogus des Tacitus gilt er fur 

den Processen , die er fiihrte , hat am moisten den bedeutendsten Vertreter der modernen Rich- 

Staub aufgewirbelt der Giftmordprocess gegen des tung der Beredsamkeit ; Quintilian empfiehlt ihn 

Augustus Freund Nonius Asprenas vom J. 9 v. Chr., zur Nachahmung X 1, 22. XII 10, 11. X 1, 116, 
in dem Asinius Pollio als Verteidiger des Asprenas 30 an letzter Stelle mit der Einschrankung si eum 

ihm gegen uberstand (Plin. n. h. XXXV 164. Suet. iadicio legatur; er wiirde unbedingt unter die 

Aug. 43. 56. Cass. Dio LV 4; Eingang zu dieser ersten Redner zu zahlen sein, si ceteris virtuti- 

Rede Quintil. XI 1, 57); noch zu Quintilians (X bus eolorem et gravitatem orationis adieeisset. 

1, 22) Zeiten existierten die Reden beider Manner. Als charakteristischen Zug seiner Reden hebt 

Durch das ganze Leben und Wirken des C. geht Quintil. XII 10, 11 die acerbitas hervor (vgl. audi 

ein Zug von Bitterkeit und Unzufriedenheit mit X 1, 117. VI 3, 27). Mit dem Sarkasmus ver- 

der bestehenden Ordnung der Dinge. Die Aus- bindet sich bei ihm die urbanitas (Quintil. X 

falle auf Tyrannen und Anpreisungen der Frei- 1, 117; lepor urbanitatis, Tac. dial. 26). Selten 

heit, die in den damals aufbluhenden Declama- aussert sich sein Witz in dieser milden, schoneu- 
tionsschulen mit Vorliebe variiert wurden. aber, 40 den Form, meist ist er beissend und scharf, ja 

weil auf die vier Wande des HOrsaales beschrankt, riicksichtslos und roh ; plus stomacho qnam con- 

ziemlich unschadlich waren. iibertrug er in die silio dedit (Quintil. X 1, 117). Seine Anklage- 

Offentlichkeit, auf das wirkliche Leben, und der reden wurden zu Schmahreden, denen gravitas 

Plebejer und Republicaner, dem seine hervorragen- orationis (Quintil. a. 0.) und modestia et pudor 

den Fahigkeiten unter andern politischen Ver- verborum (Tac. dial. 26) abging. Proben seines 

haltnissen den Weg zu den hochsten Ehrenstellen Witzes: Senec. contr. Ill praef. 16f. 114, 11. 

gebahnt hatten, machte seinem gepressten Herzen IX 3, 14. X praef. 8. 5, 20. Suet, de gramm. 22. 

in Rede und Schrift durch masslose Schmahungen Quint. VI 1, 43. 3, 78. 79. 90. VIII 2, 2. 3, 89. 

und allzu freimiitige, ehrenruhrige Ausserungen XI 1, 57. 3, 133. Zu denselben Fehlern ver- 
iiber hochstehende Manner und Frauen, besonders 50 fiihrte ihn die leidenschaftliche Glut, mit der er 

aus der Umgebung des Augustus, und iiber diesen seine Sache verfocht (Tac. dial. 26 ; Quintil. X 

selbst Luft. Augustus, der ihn lange genug hatte 1, 117 ist fervor zu lesen). Im Zorne sprach er am 

gewahren lassen, ja in einer Anklage de moribus besten (Senec. contr. Ill praef. 4); sein Ungestiim 

sogar auf Freisprechung des C. hingevvirkt hatte riss Riehter und ZuhOrer fort (2) und schreckte 

(Cass. Dio LV 4. Froment 123f. 128), liess den dieGegner(4 — 5). Von ihm sagte sein Zeitgenosse 

vielgehassten Mann, auf den selbst die Mass- Gallio: cum dieeret, rerum potiebatur; adeo 

regelung des geistesverwandten T. Labienus so omnes imperata faciebant: cum ille volnerat, 

wenig Eindruck gemacht hatte , dass er ausrief : iraseebantur. Nemo non Mo dieente timebat, ne 

nunc me vivum uri oportet, qui illos (Labieni desineret. Alles hing in ungeschwachter Spannung 
libros) edidiei (Senec. contr. X praef. 8), endlich 60 an seinen Lippen und lauschte seinem Vortrage, in 

fallen. Seine Pasquille bildeten die Grundlage dem nichts mussig (Sen. a 0. 2), nichts schlep- 

eines gegen ihn eingeleiteten Verfahrens laesae pend (7) war. Hieb auf Hieb versetzte er seinem 

maiestatis (Tac. ann. I 72). Durch Senatsbe- Gegner, ineist ohne sich selbst genugend zu decken. 

schluss wurden seine Schriften vernichtet, er selbst So artete in blinder Streitlust der Kampf in wiiste 

wurde nach Kreta verwiesen (Suet. Calig. 16. Balgerei aus (Tac. dial. 26). Geistesgegenwartig 

Tac. ann. IV 21). Als er auch dort seine An- und schlagfertig wie er war, wusste er die Angriffe 

griffe in ungeminderter Scharfe fortsetzte, wurde des Gegners geschickt zu parieren und ihn durch un- 

er im J. 24 unter Conflscierung seines Vermegens erwarteteHiebe aus seiner Stellungzuwerfen. Trotz- 



1747 Cassius Cassius 1748 

dem er jede Rede meist bis in die kleinsten Details, ausgesprochenen Widerwillen (vgl. seine lehrreiche 

bis auf einzelneWitzworte, die er anbringen wollte, Auseinandersetzung vor dem Ehetor Seneca contiv 

auszuarbeiten pflegte und nie ohne Concept sprach, III praef. 8ff., ctwa aas dem J. 10 v. Chr., B r z o s k a 

machte er sich doch nie von seinem Concepte ab- Comm. philol. in hon. Reifferscheidii, Breslau 

hangig. Wurde er gezwungen zu extemporieren, 1884, 40—46). In scholastica, ruft er aus, quid 

so iibertraf er sich selbst. Von seinen Reden non supervaeuum est, cum ipsa supervacua sit? 

wurde man viel machtiger ergriffen, wenn man Consequenterweise declamierte er nur selten und 

sie hdrte, als wenn man sie hinterher las (Senec. nur auf den dringenden Wunsch seiner intimsten 

a. 0.3— 6). Seiner ganzen Individualitat nach war Preunde (Senec. 7. 18). Proben: VII 3, 10. IX 
er mehr zum Angriff als zur Abwehr gerustet; 10 2, 12. X 4, 25, langste Probe X 4, 2, ein Bei- 

bei Verteidigungen war er geradezu um Rede- spiel jener zu detaillierten, an spitzen Wendungen 

stoff verlegen (Senec. contr. Ill praef. 5). Recht reichen Ausmalungen, wie sie in den Declamatoren- 

bedenklich war die Vernachlassigung des ordo schulen und beim Publicum damals besonders be- 

rerum (Tac. dial. 26), einer regelrechten Dispo- liebt waren (Robert 55ff.). Als Verachter der 

sition des Stoffes. Zwar waren auch ihm die Declamation steht er auf dem Boden der alten 

bekannten vier Redeteile principium, narratio, praktischen Beredsamkeit, im iibrigen kann er 

argumentatio, epilogus (Senec. a. O. 10) gelaufig, sich bei aller Originalitat von dem Einflusse seiner 

aber die principiorum longa praeparatio et nar- Zeit nicht befreien. Mit ihm beginnen daher die 

rationis alte repetita series et multarum divi- Bewunderer des Altertums eine neue Periode der 
sionum ostentatio et mille argumentorum gradus 20 Beredsamkeit (Tac. dial. 19). Worin die Neue- 

(Tac. dial. 19) waren nach seinem Geschmacke rung bestand, ergiebt sich aus Tac. dial. 26 (vgL 

nicht. In dieser Hinsicht war er eher Theodoreer auch, was Senec. contr. X praef. 5 von T. La- 

als Apollodoreer, wenn er uberhaupt zu den da- bienus sagt). Im Gegensatze zu dem Classicismus 

mals vorherrschenden rhetorischen Systemen Stel- der vorhergegangenen Zeit, im Gegensatze zu den 

lung nahm und nicht vielmehr innerhalb der land- hervorragenden Attikisten seiner Zeit, deren Be- 

laufigen Schemata seine Selbstandigkeitvollwahrte, redsamkeit noch in der Republik wurzelt, wie 

unbekiimmert, ob etwas am richtigen Platze ge- Asinius Pollio und Messala Corvinus, schlagt C. 

sagt sei oder nicht. Seine Misserfolge ruhren, (nach Apers Ansicht Tac. dial. 19 iudieio et iu- 

abgesehen davon , dass er aus reiner Streitlust tellectu, vidit namque cum eondieione temporum 
Processe iibernahm, wahrscheinlich daher, dass 30 et diversitate aurium formam quoque ae speciem 

er als Redner mehr zu imponieren als zu iiber- orationis esse mutandam) eine veranderte Rich- 

zeugen suchte. An die Stelle ruhig abwagender, tung in der Beredsamkeit ein und folgt einer 

sachlicher Argumentation setzte er fesselnden Witz Balm , die , von den alten Regeln und Normen 

und aufregendes Ungestiim (vgl. was C. fiber Pas- der Rede, von der festen Ordnung und vornehmen 

sienus sagt, Senec. Ill praef. 10). Wie hierin, Masshaltung in Stoff und Form sich entfernend, 

so trug er auch in der Diction dem modernen in genialer Ungebundenheit einem wilden Natu- 

Zeitgeschmacke Rechnung. Er fand Gefallen an ralismus und so dem Verfalle des guten Ge- 

den epigrammatisch zugespitzten, pikanten Sen- schmackes zutreibt. C. den Asianem beizuzahlen, 

tenzen, in denen sich Scharfsinn und Spitzflndig- verbietet seine Abneigung gegen das Declamieren 
keit jener Zeit zu uberbieten suchten; die Sen- 40 und seine unbedingte Hochschatzung des Cicero, 

tenz des Declamators Varius Geminus bei Senec. den er gegen den wiitenden Asianer Cestius aufs 

suas. 6, 11 bewunderte er uniee; ein sumnius lebbafteste in Schutz nimmt (Senec. contr. Ill 

amator des Mimendichters Publilius Syrus, citierte praef. 15 — 18). 1st er darum Attiker? Robert 

er mit Vorliebe Verse von ihm (Senec. contr. VII 66ff. bemiiht sich , eine Parallele zwischen ihm 

3, 8f.). Seine Rede wird charakterisiert als reich und Calvus, dem Hauptvertreter der Attiker streng- 

an geistreichen Einfallen und glanzenden Sen- ster Observanz zu ziehen ; fur einen echten Attiker 

tenzen (Senec. contr. Ill praef. 2. 18), sein Aus- wagt er ihn jedoch auch nicht auszugeben. C. 

druck als nicht gewOhnlich noch unedel, sondern bezeichnet in der Geschichte der Entwicklung 

gewahlt (wenn auch keineswegs angstlich correct), der romischen Beredsamkeit einen ahnlichen Wende- 
seine Darstellung als nicht schlaff oder matt, son- 50 punkt wie unter ziemlich gleichen Verhaltnissen 

dem feurig und lebendig (7). Quintilian XI, in der Geschichte der griechischen Beredsamkeit 

116 vermisst an seiner Diction den color, die ge- Demetrios von Phaleron; in sachlicher Hinsicht 

sunde Farbung des Ausdruckes (vgl. auch Tac. kann er mit Deinarchos verglichen werden (Bias s 

dial. 26 : plus bilis quam sanguinis). Nach Senec. Att. Bereds. Ill 2, 291). Ausser Fragmenten seiner 

contr. Ill praef. 18 war seine compositio aspera Reden linden sich noch zwei Anfiihrungen fiir 

et quaevitaretcompositionem(eonclusionem'Yh.o- ungewohnliche grammatische Erscheinungen aus 

mas), ganz zeitgemass nach Auflosung der Periode Schriften (fraglich, ob Brief en; vgl. Weichert 

in kurze Satzchen ; auch hierin zeigt sich die 204ff.) des C. ad Maecenatem bei Charis. I 104, 

Neigung des C. zur Regellosigkeit. Bei keinem UK. = Prise. II 333, 11 und ad Tiberium se- 
Redner jener Zeit fiel es mehr auf als bei C, 60 eundo bei Diom. I 373, 20 (wo Diomedes irrtum- 

dass er in der Declamation, obgleich er auch fur lich Jecius Severus iiberliefert; Hertz: active) 

sie aufs beste ausgerustet war, verhaltnismassig = Prise. II 489, 3; vgl. noch Hertz zu Prise, 

so wenig leistete (Senec. a. O. 1. 18). C. war II 380, 1, wo man zwischen C. Severus und C. 

eben eigentlicher Redner und empfand als solcher Hemina schwankt (zu der passiven Verwendung 

gegen die Declamation, die damals die forensische des Deponens vgl. des C. arbitratum est bei Senec. 

Beredsamkeit ganz zu verdrangen suchte, als reine, contr. Ill praef. 13). Bei Tertull. apol. 10; ad 

iiberfliissige Spielerei und fur die Praxis vOllig nat. II 12 wird ein Cassius Severus unter andern 

wertlose, ja verhangnisvolle Schulubung einen Historikern genannt; dort scheint eine Verwechs- 



1749 Cassius Cassius 1750 

lung unseres Eedners mit dem Historiker Cassius festzustellen (vgl. z. B. Mommsen R. Forsch. 

Hemina vorzuliegen. Einer Schmahschrift des II 163 ; CIL X p. 572 ; Staatsr. Ill 612), obgleich 

C. kann entnommen sein, was aus Cassius Severus es fur die Beurteilung der weiteren Darstellung 

Suet. Vitell. 2 (iter den Ursprung der Vitellier von Wichtigkeit ware. Den Ausgangspunkt ge- 

berichtet. Litteratur: Meyer Orat. Eom. i'ragm., wahrt die Untersuchung der Berichte des Liv. 

Zurich 1832, 225—229. Weichert De L. Vari II 41 und Dionys. VIII 69—80; letzterer ist nicht 

et Cassii Parmensis vita, Grimma 1836, 190—212. nur unendlich weitschweifiger als der livianische, 

Froment Annal. de la fac. des lettres de Bor- sondern bietet auch eine Eeihe bedeutenderer Ab- 

deaux I 1879, 121—138. Robert De C. S. elo- weichungen, Erweiterungen , Mischungen, aber 
quentia, Paris Thesis 1890. Teuffel-Schwabe lOdennoch stimmen beide in ihren Grundziigen und 

Rom. Litt. 5 637 f. Schanz Rom. Litt. II 203f. manchen charakteristisehen Einzelheiten (iberein 

[Brzoska.] (vgl. Nitzsch Annalistik 84) und haben das 

90) [Statjilius Cassius Tauritms s. St a- Gemeinsame, dass sie der Haupterzahlung kurz 
tilius. [Groag.] eine zweite Version hinzufiigen und mit eigenen 

91) Sp. Cassius Vecellinus oder Vicellinus, kritischen Bemerkungen begleiten. Jene lautet 
der einzige Patricier dieses Namens, war Consul I bei Livius : Nachdem C. die Herniker besiegt 
252 = 502, II 261 = 493, III 268 = 486. Sein hatte, nahm er ihnen zwei Drittel ihrer Feldmark 
Cognomen wird verschieden uberliefert : Bigellino und wollte diese zu gleichen Teilen an die Plebeier 
Chronogr. zu I, Vigellino Chronogr. zu II und und die Latiner geben, ebenso den im Privat- 
III, Vitellino Idat., BixtXllvov Chron. Pasch., 20 besitz befindlichen Ager publicus. Hiergegen erhob 
Becillinus Cic. Lael. 36, OvaxsXlTvog Dionys. V 49, sich ein allgemeiner und heftiger Widerstand ; 
1; aufGrund dieses Thatbestandes halt Mo mm- die Patricier fiirchteten die Schmalerung ihres 
sen (Rom. Forsch. I 107, 82. II 153, 2) eine Grundbesitzes und das Wachsen der Macht des 
der obigen Formen fiir die wahrscheinlichste. In C; die Plebs, der seine Plane hauptsachlich zu 
seinem ersten Consulat soil C. durch einen gliick- Hiilfe kommen sollten , war unzufrieden mit der 
lichen Feldzug die Sabiner zum Frieden genotigt Gleichstellung der Bundesgenossen. Beide Con- 
und sich einen Triumph verdient haben (Acta suln bemuhten sich nun , sie zu gewinnen ; Ver- 
tr. Dion. V 49, 2f. VIII 70, 2. Zon. VII 13. ginius erklarte sich mit den Landanweisungen 
Val. Max. VI 3, lb); dagegen spricht Liv. II einverstanden, wofern sie der Biirgerschaft allein 
17, Iff. von einem Aurunkerkriege, der zum zweiten-SOzu gute kamen, C. wollte ihr das Geld, das sie 
mal 259 = 495 erzahlt wird. Die gewOhnliche wahrend einer Teuerung fur Getreideankaufe ein- 
Tradition nennt den ersten. Dictator, 253 = 501 gezahlt hatte, zuriickerstatten. Aber seine Be- 
oder drei' Jahr spater, T. Larcius und gesellt ihm strebungen waren dem Volke bereits so verdachtig 
C. als ersten Magister equitum bei (veterrimi geworden, dass es dieses Anerbieten gleichsam 
auctores bei Liv. II 18, 5. Eutrop. 1 12, 3. Dionys. als Kaufpreis fur die KOnigskrone zurfickwies. 
V 75 , 2. Lyd. de mag. I 37. Suid. s. "Lma(>x°s Nach seinem Abgange vom Consulat wurde C. 
p. 1047 Bernh. Hieron. zu Euseb. chron. II im nachsten Jahre von den beiden Quaestores 
101 h Schoene. Cassiod. chron.). Bei Dionys tritt parricidii vor Gericht gezogen, verurteilt und hin- 
ferner C. 256 = 498 als Redner im Senat auf gerichtet; sein Haus wurde zerstort und auf der 
(VI 20, 2), tragt wahrend seines zweiten Consulats 40 Area spater ein Tempel der Tellus errichtet (Liv. 
viel zur Beendigung der Secession der Plebs bei II 41, 1 — 9. 11). Die wichtigsten Abweichungen 
(VIII 70, 2) und weiht den Cerestempel (VI 94, und Zusatze bei Dionys sind folgende: Die Her- 
3). Nur die letzte dieser Notizen hat einen ge- niker erhalten das foedus aequum, ohne zu Land- 
wissen Wert (Mommsen R. Forsch. II 174, 39; abtretungen gezwungen zu werden (69, 2); das 
R. G. I 447); vielleicht nimmt darauf die Dar- von C. beantragte Gesetz fordert gleichmassige 
stellung der Munzen eines spaten plebeischen Verteilung des rSmischen Ager publicus an die 
Cassiers Bezug (Mommsen Munzw. 612 nr. 245). Plebeier, Latiner und Herniker (69, 4. 71, 5. 74, 2. 
Als historisch darf unbedenklich die Nachricht 77, 2. 78, 2); der Antrag auf Riickgabe der Gelder 
angenommen werden, dass C. damals den be- wird gleichzeitig damit eingebracht (70, 5); die 
ruhmten Bundesvertrag abschloss, der die Grund- 50 Volkstribunen treten auf die Seite der Patricier 
lage fur das ganze Verhaltnis zwischen Rom und und suchen zu vermitteln (71, 4. 72, Iff.); C. will 
den Latinern bildete (Cic. Balb. 53. Liv. II 33, 9. seine Gesetze gewaltsam mit Unterstiitzung der 
Dion. VI 95, 1; vgl. Mommsen R. Forsch. II Bundesgenossen durchsetzen (72, 4f. 78, Iff.); 
159; Staatsr. Ill 611, 1). Das dritte Consulat nach langeren Debatten kommt ein aufschiebender 
bekleidete er 268 = 486 mit Proculus Verginius Senatsbeschluss ungefahr im Sinne des Verginius 
(Diod, XI 1, 2) und zog in diesem Jahre gegen zu stande (76, If.); die Quaestoren stiirzen C. 
die Volsker und Herniker zu Felde; aber noch vom tarpeischen Felsen (78, 5). Den richtigen 
ehe es zum Kampfe kam, unterwarfen sich die Wert dieser ganzen Erzahlung giebt die Ver- 
Feinde. Die Angabe, dass C. uber sie triumphiert gleichung mit den anderen Versionen und die 
habe (Dionys. VIII 69, 1. Val. Max. VI 3, 1 b; 60 Erkenntnis, zu der zuerst Niebuhr (R. G. II 190; 
das Tagesdatum, welches in den Acta tr. vor dem vgl. Schwegler II 463. Mommsen R. Forsch. 
J. 279 erhalten ist, kann wohl nur auf diesen II 164) gelangt ist, dass sich in ihr Ereignisse 
Triumph bezogen werden), steht in Widerspruch und Zustande einer viel spateren Zeit wieder- 
mit der anderen, dass damals ein foedus aequum spiegeln, namlich aus dem Leben des C. Gracchus 
zwischen dem romisch-latinischen und dem Her- und des M. Livius Drusus. Die zweite Version 
nikerbunde geschlossen wurde (Liv. II 41, 1. wird von Livius (II 41, 10) und Dionys (VIII 
Dion. a. a.O.; vgl. Schwegler R.G. II 333). Tiber 79, 1) anhangsweise gegeben und erwahnt das 
die Natur dieses Vertrages ist nichts Sicheres Ackergesetz iiberhaupt nicht. Nach ihr entdeckte 



1751 Cassius Cassius 1752 

der Vater des C. die hochverraterischen Plane C. dem Brutus und Manlius zur Seite stellte, 

seines Sohnes, hielt Gericht uber ihn, bestrafte als die urspriinglichste anzusehen, wofiir auch die 
ihn mit dem Tode und weihte sein Peculium der Inschrift im Cerestempel spricht. Dass ihr gegen- 

Ceres; es wurde aus dessen ErlSs eine Statue uber die Pisonische ErzaUung den Eindruck einer 

gestiftet, deren Inschrift beide Autoren citieren Abschwachungundkiinstlichen Construction macht, 

{inscription ,ex Cassia familia datum' Liv.; mi- hat schon Niebuhr (II 188f.) gefiihlt. So wiirden 
vQarpaig dr/Xovviag acp' &v slot %Qrj(ia.x<ov cmaqxai sich drei Stufen fiir die Entwicklung der Tradi- 

Dion., der VIII 79, 3 die widersprechenden Notizen tion ergeben, die ungefahr den drei Hauptphasen 

unvermittelt neben einander stellt). Derselbe Be- der romischen Annalistik entsprechen. Die alte- 
richt ist erhalten bei Plin. n. h. XXXIV 15 und 10 sten Geschichtschreiber zeichneten die Volkstra- 

Val. Max. V 8, 2, der ihn mit eigenen unnutzen dition auf, die an der Inschrift ihre Stiltze hatte : 

Zuthaten versetzt hat. Erstens schreibt er nam- C. habe nach der Krone getrachtet, sei deshalb 

lich in nnklarer Erinnerung an die tribunicische von seinem Vater verurteilt und hingerichtet 

Agrargesetzgebung der Gracchen: 0. qui tribunus worden, sein Peculium sei von diesem der Gottheit 

plebis legem agrariampr'imustulerat,xmdLTweitms geweiht worden. Piso nahm Anstoss daran, dass 

verlegt er die Anklage und Verurteilung des C. C. noch in der vaterlichen Gewalt gewesen sein 

in die Gentilversammlung, ebenso willkiirlich wie solle, liess den Vater nur Zeugnis gegen ihn ab- 

Dionys in den Senat. Eine dritte Version kennen legen, die Anklage durch den Quaestor, die Ver- 

wir durch Cicero (rep. II 60): Sp. Cassium de urteilung und die Einziehung des VermOgens 
oeeupando regno molientem , summa apud po- 20 durch das Volk erfolgen und sprach vielleicht 

pulum gratia florentem quaestor accusavit eum- zuerst von dem Ackergesetz. Die Annalisten der 

que cum pater in ea culpa esse comperisse sullanischen Zeit beseitigten den Vater vollstandig 

se dixisset, cedente populo morte mactavit. Neben und legten das Hauptgewicht auf die ausgefuhrte 

diesen drei verschiedenen Darstellungen kommen Begrundung der Katastrophe. Auf Grund dieser 

die (ibrigen zerstreuten und unvollstandigen No- Anschauung von der Entwicklung der ganzen tlber- 

tizen wenig in Betracht: Flor. I 26, 7 (Ampel. lieferung kommt man natiirlich zu einem histo- 

'27, 3) hat keine selbstandige Bedeutung ; Cic. de rischen Ergebnis, das wesentlich negativ ist. Nur 

domo 101. Val. Max. VI 3, lb und Dio frg. 18 darin stimmen alle Berichte iiberein, dass C. in 

fiigen sich am besten der bekanntesten Tradition den Verdacht geriet, nach der Alleinherrschaft 
ein ; Diod. XI 37, 7 : $6§as smftsoftai xvQavvibi 30 zu streben und dass er deshalb trotz seiner friiheren 

xal xaxayvcooftsU dvtjge&rj kann alle betrachteten Verdienste um den Staat hingerichtet wurde (vgl. 

an Alter iiberragen, aber auch aus einer von ihnen noch Cic. rep. II 49 ; Lael. 28. 36 ; Phil. II 1 14. 

durch ungeschickte Verkiirzung (z. B. Weglassung Liv. IV 15, 4). Die Prage nach der Schuld des 

des Vaters) entstanden sein. Von Wichtigkeit Mannes muss eine vollig offene bleiben, weil wir 

ist ein Fragment des Piso bei Plin. n. h. XXXIV die Grande der Verurteilung nicht kennen ; was 

30; die ziemlich verwirrte Angabe, die vonMomm- von solchen angefuhrt wird, ist ohne Bedeutung 

sen (R. Forsch. II 167, 28) gut besprochen worden mit Ausnahme der Gesetzvorschlage tiber Land- 

ist, scheint zu besagen, dass eine Statue, die sich verteilung und Gleichstellung der Bundesgenossen, 

C. beim Tellustempel errichtet hatte, als Beweis von denen dieser vielleicht ersonnen ist auf Grund 
fiir sein Streben nach der Herrschaft angesehen 40 des unter C. Namen iiberlieferten Bundesvertrages 

und deshalb eingeschmolzen wurde. Jenes Heilig- mit Latium (und mit den Hernikerstadten ?), 

turn ist 484 = 270 an der Stelle des Cassischen jener ,als vollig und spat erfunden aus der Ge- 

Hauses erbaut worden; daher hangt wahrschein- schichte auszuweisen' ist (Mommsen R. Forsch. 

lich diese Bemerkung Pisos mit der Erzahlung II 164), wenu man nicht darin eine dunkle Er- 

zusammen, C. sei vom Volke verurteilt und sein innerung daran sehen will, dass C. zuerst die 

Hans niedergerissen worden. Die zuerst betrachtete agrarische Bewegung in Fluss brachte (Herzog 

Version ist aber junger als Piso, da sie Ziige Staatsverf. I 168). Mit diesem Ergebnis haben 

aus der Geschichte des Livius Drusus verwendet sich Mommsen und neuerdings Ed. Meyer 

hat; sie ist im wesentlichen das Werk der Anna- (Gesch. des Altertums II 812) begniigt. Zuriick- 
listik der Sullanischen Zeit, und die Unterschiede, 50 zuweisen scheinen die verschiedenen Versuche, 

welche sich zwischen den Schilderungen des Livius das Ackergesetz halten zu wollen (Lange Bom. 

und des Dionys zeigen, gehen uns vielleicht eine Altert. I 3 608, ausfuhrlich Bertolini Saggi cri- 

Vorstellung davon, wie Valerius Antias und Li- tici di storia italiana [Milano 1883] 67ff.), die 

cinius Macer denselben Stoff bearbeiteten. Fiir ganz bedenklichen Hypothesen Z 1 1 e r s uber 

diese Hauptvertreter der jiingeren Annalistik war das Cassische Biindnis (Latium und Bom 40 — 44. 

Piso eine wichtige Grundlage ; wenn er, wie eben 191 — 203) und die verschiedenen Ansichten fiber 

vermutet wurde, schon die Verurteilung durch die Parteistellung des C. besonders wenn man 

das Volk erzahlte, so kann er sehr wohl der Ur- sieht, wie hier mit demselben Material bewiesen 

heber der aus Cicero bekannten Darstellung sein. wird, er sei ein plebeischer Demagog gewesen 
Auch ist es nicht unmGglich, dass er, ein her- 60 und von den Patriciern beseitigt worden (Ihne 

vorragender Gegner der Gracchischen Bewegung, R. G. 12 168), und dort, er sei als Vertreter des 

unter deren Eindruck zuerst das Ackergesetz als Patriciats derPlebs zum Opfer gefallen (Nitzsch 

Motiv fiir die Verurteilung des C. in die Ge- R. G. I 63; altere Ansichten bei Schwegler 

schichte einfiihrte. Mommsen (R. Forsch. II II 466). 

174) hat diese Fassung fiir die alteste gehalten Es bleibt noch zu erwahnen, dass der Name 

und angenommen, dass die beiden anderen aus des Sp. Cassius auch mit der ratselhaften Er- 

ihr abgeleitet seien. Richtiger scheint es, die zahlung von den neun verbrannten Tribunen ver- 

an zweiter Stelle besprochene, die den Vater des bunden wird. Val. Max. VI 3, 2 berichtet, dass 



1753 Cassum Castellum 1754 

neun Volkstribvmen duce Sp. Cassio id egerant, ut mit eigener Hand, sondern liessen sie durch Co- 

magistratibus non subrogates communis libertas lonen bewirtschafteii. Zuerst kommen sie im 

in dubium vocaretur; dasselbe erwahnt Dio frg. 3. Jhdt. vor (CIL III Dipl. 90). Die Einfuhrung 

21, 1 (Zonar. VII 17), zwar zwischen die Jahre dieser Soldaten scheint Hist. Aug. Alex. 58, 4 

283 und 296 der Stadt gestellt (Mommsen R. auf Alexander Severus zuriickgefiihrt zu werden; 

Porsch. II 169f.), aber als note geschehen. Da doch ist dies Zeugnis ein sehr zweifelbaftes. Noch 

C. selbst dabei keineswegs als Volkstribun er- im J. 423 werden sie erwahnt (Cod. Theod. VII 

scheint, so diirfte die Angabe so aufzufassen sein, 15, 2), und da das betreffende Gesetz unverandert 

dass er jene Manner auf seine Seite gebracht in den Codex Iustinianus aufgenommen ist (XI 

habe, damit sie ihm durch Verhinderung der 10 60, 2), scheinen sie auch im 6. Jhdt. fortbestanden 

Magistratswahlen zur Herrschaft verhelfen sollten, zu haben. Die Castriani oder Castriciani (Cod. 

und dass sein Sturz ihre Bestrafung nach sich Theod. VII 1, 18. Hist. Aug. Aur. 38, 4) unter- 

zog. So lasst sie sich ungezwungen mit jeder schieden sich von den C. wahrscheinlich nur da- 

der beiden vorsullanischen Darstellungen ver- durch, dass sie in demselben Verhaltnis zu den 

knilpfen und zeigt, wie man unter anderen die Castra standen, wiediese zu den Castella. Momm- 

Verurteilung des C. zu motivieren suchte, ehe sen CIL III p. 2002. S. Castellum Nr. 1. 

die Tradition ihre letzte Ausbildung erlangt hatte [Seeck.] 

(vgl. Mommsen a. O. II 172). Castellanus. [L. Iunius?] Castellanus, Prei- 

Dionys VIII 80, 1 sagt ausdriicklich, dass die gelassener des L. Iunius (Annaeus Novatus) Gallio. 

Kinder des Hingerichteten verschont wurden ; dar- 20 Plin. n. h. VII 55. [Stein.] 

aus geht ebenso wie aus der erwahnten Miinze Castellarius, Aufseher bei einem eastellutu 

nur hervor, dass die spateren plebeischen Cassier (= Reservoir), gehort dem unfreien Gesinde an, 

ihn als ihren Ahnherm betrachtet wissen wollten. das bei der Wasserleitung bedienstet ist ; Prontin. 

[Miinzer.] de aquis 117. Bei der aqua Claudia CIL VI 

92) (Cassia.) Die Inschrift CIL VI 2292 nennt 8494 Caesarum nfostrorum) servo eastellario 
eine Aemilia Pauli I. Le . . . und einen L. Cas- aquae Claudiae. Histoire de Languedoc I, preuves 
sius (mulieris) et Paulli [I.] Epigonus. Bs war nr. 50 castellarius aquae Glaudiae (von Hirsch- 
demnach eine Cassia, Tochter eines C. Cassius, feld 173, 3 citiert). Bei der aqua Anienis 
mit einem Paullus Aemilius vermahlt. Einenahere veteris CIL VI 2344 = 8493 servos publieus,. 
Bestimmung der PersOnliehkeiten ist nicht mOg- 30 castellar. aquae Annionis veteris. Sonst werden 
lich. Vgl. Nr. 93. noch erwahnt 2346 castellarius, publie(us) ser- 

93) Paulla Cassia, Tochter der Sulpicia Ser- (mis) und 8492 ein castellaris (so). O. Hirschf eld 
(vii) f(ilia). CIL VI 361. Henzen weist sie Untersuchungen I 172. Ruggiero Dizionario 
mit Recht der Zeit der Iulier zu. Ihr Praenomen I 555. [Kubitschek.] 
lasst auf verwandtschaftliche Beziehungen zwi- Castellona. 1) Stadt unweit der Ostkiiste von 
schen Cassiern und Aemiliern schliessen; vgl. Hispania citerior, zwischen Dertosa und Sagun- 
Nr. 92. [Groag.] turn, jetzt Castellon de la Plana, im 7. Jhdt. 

Cassum flumen Siciliae, nur genannt beim Bischofssitz, wie die Namenihrer Bisch6fe(<7asfeZ~ 

Geogr. Rav. V 23 p. 405 P., verdorbene Lesart. lonensis ecelesiae episeopi) in den Unterschriften 

[Hulsen.l 40 von Beschliissen der Concilien von Toletum aus 

Casta s. Castus Nr. 3. J den J. 633, 634, 653, 655 und 656 (Man si Con- 

Castaeci (oder Castaeeae?), spanische Gott- cilia X c. 642 D. 771 C. 1222 A. 31 C. 43 D) 

heiten auf einer bei Caldas de Vizella gefundenen zeigen. Sonst nicht bezeugt. [Hiibner.] 

Inschrift , CIL II 2404 Reburrinus lapidarius 2) Castelona (Prokop. de aedif. 281, 41 : Ka- 

Castaecis v. I. [s.] m. Vielleicht ein topischer Bei- oxsXwva), Castell in Dardanien. W. Tomaschek 

name der Lares oder Nymphen, keinenfalls Ma- Zur Kunde der Hamushalbinsel , S.-Ber. Akad. 

tronen (Bonn. Jahrb. LXXXIV 182). [Ihm.] Wien 1881, 496. [Patsch.] 

Castax s. Castulo. Castellonoro, ein von Iustinian wiederher- 

Castellani. 1) Nur von Ptolemaios als Volker- gestelltes Castell bei Florentiana in Moesia su- 
schaft im nOrdlichsten Hispanien, am Puss der50perior (Prokop. de aedif. 285, 11: KaotslXovofSo). 

Pyrenaeen, mit vier sonst unbekannten Stadten W. Tomaschek Zur Kunde der Hamushalbinsel 

genannt (II 6, 70). Einer der alten iberischen II 16. [Patsch.] 

Stamme hat sicher nie einen solchen romischen Castellum. 1) Ein kleines Lager (a castris 

Namen gefiihrt; er ist vielmehr wohl abgeleitet diminutivo vocabuh sunt nuncupata castella 

von dem Castellum von Emporiae, der romischen Veget. Ill 8) oder eine kleinere bewehrte Nieder- 

Pestung neben der griechischen und iberischen lassung, wird in friiherer Zeit hauflg von nicht- 

Stadt (s. d.), und von Marinus oder Ptolemaios rSmischen Bergstadtchen und Burgen gebraucht. 

irrtumlich denen der alten Velker gleichgestellt. Fiir die rOmische Kriegstechnik der Kaiserzeit, 

Die vier Stadte werden einst von Emporiae ab- die noch viel mehr Gewicht auf die Deckung der 

hangig gewesen sein. [Hiibner.] 60 Marschlinie durch Lagerwalle und Pestungsbauten 

2) Castellani milites , Soldaten , denen die als der Freistaat legte, spielten die c. eine wich- 

Acker, welche die Castella als juristische Personen tige Rolle. Sie sind tumultuaria, wenn sie vom 

besassen , zur erblichen Nutzniessung iibergeben Heer fur den augenblicklichen strategischen Bedarf 

waren. Da anfangs nur Sohne von Decurionen errichtet werden (opportunis locis eircumdata 

und Centurionen zu diesen Stellungen zugelassen maioribus fossis tumultuaria castella firmantur 

wurden, scheinen die C. fiber den Gemeinen ge- Veget. a. O.), oder, und das ist nach Ausbildung der 

standen zu haben. Wahrscheinlich bebauten sie Grenzwehr das Gewohnliche, c. murata ; solche c. 

jene Landereien nicht, wie die spateren Limitanei, werden bei Vegetius fast stereotyp und ebenso. 



1755 Castellum Castellum 1756 

im Cod. lust. I 27, 2, 8 neben urbes oder civi- teilt per eastra et loea und auch Anastasius I. 

tales gestellt; die e. sind die kleineren praesidia, in dem Eescript fur die libysche Pentapolis agift- 

die eivitates die grosseren. So wird c. synonym mit fiol und xdaxqa auseinanderhalt (S.-Ber. Akad. 

burgus (Veget. IV 10 c. parvulum, quern burgum Berl. 1879, 134), so nimmt Mommsen Hermes 

voeant) und turris und munimentum (vgl. muni- XXIV 199f. wohl mit Becht an, dass die in den 

mentum nomine Medianum Amm. XXIX 5, 45 eastra dislocierten Soldaten, welchen von Ana- 

und das Bistum castelli Mediani in der Notit. Afr. stasius Xoycp ya(>xaxix<bv fur jedes Port 6 Solidi 

Maur. Caes. Z. 86). Die romische Grenzwehr, die auferlegt werden, wahrend die den Stab bildenden 

in den ersten Decennien der Kaiserzeit sich auf eine Teile des numerus in den fossata von dieser Ab- 
verhaltnismassig geringe Anzahl von Waffenplatzen 10 gabe frei bleiben, dass diese eastrieiani eine Unter- 

ersten Ranges stiitzte, und die ebensowohl den abteilung der riparienses bilden und nicht mit 

Pelddienst als den Festungsdienst versah, wurde ihnen zusammenfallen. Die Landereien der c. sind 

immer mehr dahin umgestaltet, dass (allerdings sonst von jeder Steuer befreit, Theodosius II. nov. 

auf Kosten der Starke der Garnisonen in den 24, 4 = Cod. lust. XI 60, 3 vom J. 443. Es braucht 

Hauptlagern) eine Kette von kleineren Forts und ferner nicht erst bezeugt zu werden, dass die fur 

Wachtposten geschaffen und in der That die voll- die Verteidigung und Grenzpolizei der grosseren 

standige tfberwachung der Grenze dadurch erst eivitates iiblichen Bestimmungen auch auf die e. 

eigentlich ermQglicht wurde. Dieser Process endet Anwendung fanden. Ein Beispiel ist der Termi- 

freilich mit der Festlegung der gesamten Grenz- nationsstein GIL VIII 8369, der zwischen dem 
wache (milites limitanei oder riparienses) und 20 Gebiete von Igilgili vor dem e. Vietoriae gegen 

der Notwendigkeit, eine von ihr unabhangige Feld- die Zimizes gesetzt ist , ut seiant Zimizes non 

armee (milites Palatini oder eomitatenses) zu plus in usum se haber(e) ex auetoritate M. Vetti 

bilden. Latronis procfuratoris) Aug(usti) qua(m) in cir- 

Um die Zahl der c. zu vergrossern und um euitu a muro hast(elli) p(assus) D. Und Kaiser 

ihr Wachstum sicher zu stellen, und in weiterer Anastasius I. beflehlt den Grenzern, S.-Ber. Akad. 

Entwicklung der von Septimius Severus inaugu- Berl. 1879, 139 (b 19if.) xovg xaoxQtjaiavoig uexd 

rierten Politik, den Bestand und die Zukunft jxdoqg emueXJag a[v]vaXXdxx(e)ir xaX (ir\ a[w]co- 

des Grenzheeres durch Verehelichung oder Quasi- vfjg (Einkauf) [xJoqiv xwh aaQeievai em rovg 

Verehelichung der Soldaten desselben zu sichern {SaQp&Qovs fii)ze za dXXdy/xaxa (= Tauschhandel) 
(Verehelichung : Herodian. Ill 8 , 5 , dessen Be- 30 agog avrovg xt-&[ev]at, dXXd yvXdrxiv avrovg xal 

hauptung allerdings Mommsen CIL III p. 2011 rag odovg em xob fir/xe 'Poiftatovg fifjre Ma[xa]g 

verwirft oder einschrankt), hat das 3. Jhdt. jene firjre eregov riva di%a jcQogtdyfiarog (= Pass) 

eigentiimliche Verbindung von Grenzsoldaten und ri]v x&qoSov em rovg (SaofiaQovg [n]oiel[v]. rovg 

Bauern geschaffen, wie sie alinlich infolge der 8e ex rov edvov r&v Maxmv did yoanfidrmv xov 

Tiirkennot in der osterreichischen Militargrenze xf>ai<pexrov ov[v]%a>QTa$ai em to ^cagfa jtevra- 

enstanden ist. Sola, quae de hostibus eapta sunt, noXewg jiaeaytveo&ou. Mommsen Hermes XXIV 

limitaneis dueibus et militibus donavit, ita ut 198ff. 

eorum essent, si heredes eorum militarent, nee 2) Als Communen. Solche erscheinen be- 

umquam ad privatos pertinerent, dieens attentius reits in der Lex Bubria (zwischen 49 und 42 
eos militaturos, si etiam sua rura defenderent. 40 v. Chr.) CIL I 205 tab. II 3. 26. 53. 56. 58 

addidit sane his et animalia et servos, ut pos- o(ppido) m(unicipio) e(olonia) p(raefeetura) v(ico) 

sent eolere, quod aeeeperant, ne per inopiam ho- c(on6iliabulo) e(astello) t(erritorio)ve. Ebenso 

minum vel per senectutem possidentium desere- wird bei Frontinus de controv. agr. p. 35, 13 

rentur rura vieina barbariae Hist. Aug. Sev. der ager eolonieus neben den munieipalis out 

Alex. 58. Diese Ansiedlungen in den agri limi- alieuius castelli aut coneiliabuli gestellt , und 

tanei oder limitotrophi heissen c. oder gehoren Paulus sent. IV 6, 2 spricht von testamenta in 

zu ihnen ; vgl. Cod. lust. XI 60 (59). In dem municipiis eoloniis oppidis praefeeturis eastellis 

kaiserlichen Rescript vom J. 423 Cod. Theod. VII coneiliabulis facta in foro vel basilica. Die c. 

15, 2 = lust. XI 60, 2 wird das Bodenrecht daran sind zunachst rechtlich unselbstandige Gemeinden ; 
genauer bestimmt: Quicumque eastellorum foe«50Isid. orig. XV 2, 11 vici et eastella et pagi sunt, 

quoeumque titulo possident, eedant ac deserant, quae nulla dignitate eivitatis ornantur, sed vul- 

quia ah his tantum fas est possideri eastellorum gari hominum eonventu incoluntur et propter 

territoria, quibus adseripta sunt et de quibus parvitatemsuimaioribusoivitatibusattribuuntur. 

iudicavit antiquitas ; quod si ulterius vel pri- Dem entspricht, dass nach einer der augusteischen 

vatae eondieionis quispiam in his loeis vel Zeit angehSrenden Inschrift CIL X 6104 ein prae- 

non eastellanus miles fuerit detentator inventus, feetus iure dicundo der Stadt Karthago in cen- 

eapitali sententia cum bonorum publications sorischer Function die indirecten Steuern in ea- 

pleetatur. Bisher ist nur in einem einzigen Mili- stell(is) LXXXIII, die also jedenfalls Karthago 

tardiplom, nr. 90 (nach Mommsen zwischen J. 216 contribuiert waren, verpachtet. In einer anderen 
und J. 247) dieser Verhaltnisse gedacht: [liberis 60 wird ein Bin-germeister der Colonie Sicca genannt, 

eorundem] deeurionum et centurio[num, qui cum der die Administration und wohl vor allem die 

filis in] provincfia) ex se proereatis [milites ibi Rechtsprechung in einem nichtgenanntenc, das wir 

easteljlani essent). Es ist ferner daher auch ganz gleichfalls ins Gebiet von Sicca verlegen mussen, 

in Ordnung, dass Kaiser Alexander Severus im besorgt :IZwreoZ. Sic, pref. caste. CIL Vin 15726. 

J. 234 muros kastelli Dianesis extraxit per co- Aber wie in den pagi und vici, die ja bis zu 

lonos eiusdem kastelli CIL VHI 8701. einem gewissen Grad vom Standpunkte der Ge- 

Da Iustinian Cod. I 27, 2, 8 in seinem Schema meindeordnung aus mit e. synonym erscheinen, 

unius numeri limitaneorum die Truppen ein- bricht auch hier das Princip quasistadtischer Or- 



1757 Castellum Castellum 1758 

ganisation und Administration sich Bahn; vvie der bios spat genannten e. mogen in ziemlich 

denn auch allmahlich bei dem e. die Ausdriicke c, Mhe Zeit hinaufreichen. 

vagus und res publico, einander ablosen (oder neben 3) Reservoir einer Wasserleitung, s. 

einander bestehen.vgl.z.B. auch CIL VIII 6356 res Thierry bei Daremberg und Saglio I 937ff. 

publiea eastelli Mastar(ensisJ), s. die Indices von Dividicula antiqui dicebant quae nunc sunt ca- 

•CIL VIII zu Arsacal, Phua und Sigus. An der stella, ex quibus a rivo communi aquam quis- 

Spitze stehen magistri (Arsacal, Phua; in un- que in swum fundum dueit Fest. p. 10. Rug- 

romischer Weise ein prmceps ex eastelo TuleiVlll giero Dizion. epigr. II 132 stellt die inschriftlich 

9005. 9006), in jedem funften Jahre mag(istri) bekannten c. dieser Art zusammen. Das mit der 
■q(uin)q(uennaks) kastelli (an einem noch nicht 10 Aufsicht der c. der offentlichen Wasserleitungen 

nach seinem antiken Nainen bekannten Orte, VIII betraute Personal gehOrt der familia publico, bezw. 

9317 aus dem J. 195) ; ihnen zur Seite stehen seni- der familia Caesaris an, s. Castellarius und 

ores hast(elli) 1615f. = 15721f., decurwnes, auch CIL VI 2345 publicus popfuli) Romani aquarius 

als ordo bezeichnet (Arsacal, Phua, Sigus). Die aquae Anionis veteris eastelli viae Latinae contra 

Einwohner Widen den populus 9317, sie sind dracones. Sonstvgl. HirschfeldUntersuchungen 

Jeastellani V 7749. VIII 8710?, eoloni VIII 8426. I 172f. und oben Habel Bd. II S. 311f. 
8701. 8777, cives II 427. Das territorium wird [Kubitschek.] 

als Einheit betrachtet und terminiert (V 7749 4) Castellum in Oberitalien an der Strasse 

= I 199 , vom J. 117 v. Chr. . im Grenzstreit von Florenz nach Paenza, Itin. Ant. 283, 25 mp. 
zwischen Genua und den castellani Langenses 20 von ersterem, 45 mp. von letzterem Orte, also 

Veiturii. VIII 8811 limes ag[ro]rum . . . seeun- wahrscheinlich in der Nahe des heutigen Marradi. 
■duin iussimiem v(iri) pferfeetissimij lueundi [Hfilsen.] 

Peregrini pfraesidisj n(ostri) inter territorium 5) Castellum s.u.Nr. 10 Castellum Mattiaeum. 

Aureliese et privata[m r]atione[m]). Manches 6) Castellum Careassone s. Care a so. 

•dieser c. ist zu namhafter stadtischer Bedeu- 7) Castellum Firmanum, Hafenort von Fir- 

tung herangewachsen , und manches mag ein mum Picenum, jetzt Porto di Fermo. Strab. V 

rOmisches Gemeindestatut erhalten haben wie 241. Mela II 65. Plin. Ill 111. Itin. Ant. 101. 

Sufes (VIII 11427 eastelli Suf.), das zur Colonie 313. Tab. Peut. Das Castellense munieipium- 

erhoben worden ist. Als das Christentum sich aus- in Picenum , welches die schlechtere Recension 
l>reitete, war manches c. gross genug geworden, 30 des Liber coloniarum 254 nennt, kann mit C. F., 

um eine eigene Glaubensgemeinde mit einem Bi- das nie Stadtrecht gehabt zu haben scheint, schwer- 

schof an der Spitze zu bilden. so das castellum lich zusammenhangen und ist vielleicht nur aus 

Sinitense (quod Hipponiensi eoloniae vieinum Confusion des Autors entstanden. S. Mommsen 

•est Augustin. de civ. dei XXII 8) in der Notitia CIL IX p. 508. [Hiilsen.] 

prov. Afr. vom J. 483 und eine nicht geringe Zahl 8) Castellum Iabaritanum, Ortschaft in Maure- 

anderer in dem namlichen Verzeichnis genannter c. tania Caesariensis, von der ein Bischof (Gastelli- 

In die Anfange einiger solcher c. aus spaterer iabaritanus) im J. 484 genannt wird (Not. episc. 

Zeit erlauben einzelne Inschriften etwas hinein- Maur. Caes. nr. 65, in Halms Victor Vitensis 

^ublicken, CIL VIII 8777 (a. 243). 8426 (a. 213). p. 69). [Dessau.] 

8701 (a. 234); es sind in diesen Fallen eoloni, 40> 9) Castellum Latara (Latera) s. Latara. 
die das c. bauen, offenbar, um bei drohender Ge- 10) Castellum Mattiacorum heisst das von den 

fahr sich dahin zuruckziehen zu konnen, so wie ROmern gegeniiber von Mainz angelegte Castell, 

(Arch.-epigr. Mitt. XVII 214, 112 vom J. 256) das diesen Namen bis heute bewahrt hat (Castel). 

Burger irgend ein Fort oder eine befestigte Warte Wahrscheinlich war schon friiher hier eine burger- 

bauen, unfde latnmculos o]bservare[nt projpter liche (keltische) Ansiedelung vorhanden, deren 

tutela[m cajstresium, et [cijvium Montanesium. Namen wir aber nicht kennen. Das Castell wird 

Wie nun an diese Organisation der von Grenz- erst in verhaltnismassig spater Zeit erwahnt , so 

milizen ausgefuhrte Bau von c, in denen regu- besonders auf der vielbesprochenen, unweit Castel 

lare Truppen Wache halten sollten, sich ange- gefundenen Inschrift der hastiferi sive pastores 
schlossen hat und in ihre Forrnen eingetreten ist, 50 consistences Kastello Mattiacorum (aus dem J. 224. 

wissen wir heute wohl nicht zu sagen. Die Be- Cohausen Annal. d. Vereins f. Nass. Alt. 1887, 

handlung dieser Partie erfordert noch eine ge- 150. Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. VI 179f. J.Klein 

nauere Untersuchung, wohl auch noch eine Ver- Bonn. Jahrb. LXXXIII 251. Mane Philol. 1888, 

mehrung unseres Quellenmaterials. Vor allem 487 — 513, dazu Mommsen Herm. XXII 557; 

wissen wir nicht, seit wann neben den Soldaten Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. VIH 19ff. 50ff. Maue" 

in solchen c. auch Handels- und Gewerbebeflissene ebd. 103f. Hiibner Bonn. Jahrb. LXXXVIII 44). 

hausen konnten (xovfg ev] rots xdozoois Idianag Dasselbe Collegium, vermutlich eine Art Local- 

nennt sie der Erlass des Anastasius I.). Im Anfang miliz, die einen Teil der Besatzung bildete (nach 

mag auch wohl, wie Mommsen Hermes XXIV Mommsen, andere legen ihm einen sacralen 
200 annimmt, der Commandant des c. zugleich 60 Charakter bei), war bereits bekannt aus der In- 

als Gemeindevorstand fungiert haben. Einttbrigens schrift eines Altars der dea Virtus Bellona vom 
nicht vollstandiges Verzeichnis von c, ohne Unter- J. 236 (Brambach 1336), wo sie als hastiferi 

schiede der Entstehungszeit zu berucksichtigen, civitatis Mattiacorum erwahnt werden; auf einer 

hat Ruggiero Dizion. epigr. II ISOf. gegeben. Mainzer Inschrift (Becker Bonn. Jahrb. XLIV 
Eine vollstandige Sammlung des ganzen Stoffes 67 ; Katalog nr. 267) heissen dieselben Leute hasti- 

mit Einbeziehung der von Prokop. de aed. TV 4 feri Gastelli Mattiacorum. Castellum Mattiaco- 
und der verstreut in den spateren Schriftstellern rum, auf einem Medaillon des Maximinus (235 — 
gegebenen Namen ist wiinschenswert ; manche 238) bios Castel(lum) genannt (Cohen Me"d. 



1759 Castellum Castigatio 1760 

imp. VIII 349, Riese Das rheinische Germanien tania Caesariensis, von der ein Bischof im J. 484 

386), bildete offenbar nur eine Ortschaft der Ci- genannt wird (Not. episc. Maur. Caes. nr. 119, 

vitas Mattiaeorum (Bramb a ch 1313. 1316. 1330. in Halms Victor Vitensis p. 70). [Dessau.] 

1336. Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. IX 186. 225. 18) Castellum Syraeusanorum, im Itin. marit. 

Mom m sen R. G. V 135. Schulten Bh. 517 gleich Megara Hyblaea; s. d. [Hulsen.] 

Mus. L 529; s. die Artikel Mattiaci und 19) Castellum Tatroportense (?), Ortschaft in 

Aqua Aquae Nr. 55); einen zu ihr gehOrigen Mauretania Caesariensis; unter den Bischof en, die 

vicus novus Meloniorum erwahnt die aus dem diese Provinz im J. 484 hatte, wird ein Repara- 

J. 170 stammende Casteler Inschrift Brambach tus Castellitatroportensis aufgefiihrt (Bischofsver- 
1321 (vgl. Hiibner Bonn. Jahrb. LXIV 44. 10 zeichnis in Halms Victor Vitensis p. 69 nr. 94). 

J.Becker ebd. LXVII 14f.). Ob es (von Traian 20) Castellum Tingitanum (so Ammian und 

oder Hadrian ?) zur Colonie erhoben wurde, steht die beste Hs. des Itin. Ant. , castellum Tingitii 

dahin, ist aber mit Riicksicht auf die karuspiees die minderen Hss. des Itinerars und der Geogra- 

col(oniae) der Mainzer Inschrift CTRk. 1082, die phus Ravennas), Ortlichkeit in Mauretania Cae- 

schwerlich auf Mogontiacum zu beziehen sind, sariensis, erwahnt von Ammian. Marc. XXIX 5, 25. 

nicht unwahrscheinlich (Mommsen Herm. VII Itin. Ant. 37 (danach 54 Millien westlich von 

325. Hiibner a. O. Becker a. 0.). Die in Oppidum Novum, dem heutigen Duperre"). Geogr. 

Castel gefundenen Inschriften bei Brambach Rav. Ill 9 p. 160. Wird gewohnlich bei dem 

1310 — 1359. Zum Namen vgl. Mattiunij den heutigen Orieansville gesucht; doch s. CIL VIII 
Hauptort der Chatti (Tac. ann. I 56). [Ihm.] 20 p. 829. Cat La Mauret. Cesarienne 199. 

11) Castellum Medianum {munimentum no- 21) Castellum Titulianum, Ortschaft in Nu- 
mine Medianum , bei Ammian.) , in Mauretania midien , von der ein Bischof im J. 484 genannt 
Caesariensis, erwahnt bei Ammian. XXIX 5, 45 wird (Not. episc. Num. nr. 51, in Halms Victor 
und als Sitz eines Bischofs in der Bischofsliste Vitensis p. 65). Nicht hierher, sondern zur pro- 
vom J. 484 (Not. Maur. Caes. nr. 86, in Halms consularischen Provinz gehOrig scheint der episeo- 
Victor Vitensis p. 69). Fraglich, ob identisch pus Titiditanus, Coll. Carth. c. 202 (bei Migne 
mit dem heutigen Bordj Medjana (bei Bordj bou- XI 1341). Not. episc. prov. procons. nr. 51. 
Areridj , in der Provinz Constantine) , da diese [Dessau.] 
Gegend zur Provincia Mauretania Sitifensis ge- 22) Castellum Virgantias. BrigantioNr. 1. 
horte, s. CIL VIII p. 751. [Dessau.] 30 Castigatio (castigare = castum agere, castus 

12) Castellum Meidunium in Hispania cite- = xatiagos) ist wahrscheinlich in Zusammenhang 
rior. Auf der Grabschrift eines Kallaikers Me- zu bringen mit den Vorstellungen, die die alteste 
damns Arcisi ffiliusj , die in Celanova in Cal- Zeit von Verbrechen und Strafe hat und bedeutet 
laecia gefunden wurde, als seine Heimat genannt so: Reinigung durch Vollziehung der Strafe; ,in- 
(CIL II 2520) ; die Lage ist nicht ermittelt. dem die Gemeinde den Verhrecher, der sich durch 

[Hiibner.] seine That verunreinigt hat, straft, reinigt sie 

13) Castellum Menapiorum verzeichnet die ihn und sich selber' , I h e r i n g Geist des rOm. 
Tab. Peut. an der von Tongern fiber Tournai nach Rechts I& 277; vgl. Rein Criminalrecht der Romer 
Boulogne ffihrenden Strasse in Gallia Belgica, 29. 285; nach Voigt (XII Tafeln I 479, 32) ware 
entsprechend dem Castello im Itin. Ant. 376. 377 ; 40 sie von Anfang an lediglich ,das Mittel zur Br- 
heut Cassel (dep. du Nord), im Mittelalter Casel- zielung der eastitas , der Reinheit der Sitten'. 
lum, Castletum. Nach Desjardins (Table de Sicher ist, dass in spaterer Zeit C. jede Zurecht- 
Peut. 13) u. a. ist Menapiorum auf der Tab. weisung, Zlichtigung ist, die zunachst zu Besse- 
Peut. verschrieben fur Morinorum, da Cassel im rungszwecken erfolgt; sie soil — wie die vov&saia 
Gebiet der Morini liege, wahrend die Menapier, der Griechen (Gell. VII 14, 2) — emendare, corri- 
als deren Stadt Ptol. II 9, 5 ebenfalls KdaxsUov gere, Ulp. Dig. 1 12, 1, 10 und 1 16, 9, 3. Claud, 
angiebt, weiter Sstlich an der Maas sassen. Man Saturn. Dig. XLVIII 19, 16, 2. Gell. VII 14, 2. 
nahm daher zwei Orte dieses Namens an, ein Senec. de ir. I 6, 1; man kann sie daher mit 
Castellum Menapiorum, das man an der Maas Voigt a. a. O. eine paedagogische Strafe nennen. 
suchte (Kessel, Zeuss Die Deutschen 210) und 50 Sie wird von den Juristen in der Reihe der poenae 
Castellum Morinorum (das heutige Cassel). Doch aufgefiihrt (Mod. Dig. XLIX 16, 3, 1. Callistr. Dig. 
ist es mOglich, dass die Wohnsitze der Menapier XLVIII 19, 7), anderwarts aber auch — wenig- 
sich in spaterer Zeit weiter westlich erstreckten, stens das eastigare verbis — der poena gegen- 
C. Miiller zu Ptol. a. O. Auch auf dem Meilen- iibergestellt (Cic. de off. I 88: punire aut verbis 
stein von Tongern (Henzen 5236) ist ein Castel- eastigare; vgl. Ulp. Dig. I 12, 1, 10). 

lum verzeichnet, wohl dasselbe Cassel, nicht das Als Mittel der C. erscheinen Worte (Verweis) 

Atuaca Caesars, wie Creuly annahm; Desjar- und korperliche Zttchtigung, Cic. Tusc. Ill 64. 

dins Table de Peut. 12. " [Ihm.] Senec. ep. V 6, 19. In der Kaiserzeit wird der 

14) Castellum minus, wie es scheint, Name Ausdruck eastigatio meist fur das letztere vor- 
einer Ortschaft in Mauretania Caesariensis, von 60 behalten , wahrend fur das erstere andere Aus- 
der ein Bischof (Castellominoritanus) im J. 484 driicke, wie admonitio, severa interloeutio u. a. 
genannt wird (Not. episc. Maur. Caes. nr. 31, in zur Verwendung gelangen, Veil. II 114. Senec. 
Halms Victor Vitensis p. 69). [Dessau.] de ir. Ill 32, 2. Paul. Dig. I 15, 3, 1. Ulp. Dig. 

15) Castellum Morinorum s. Nr. 13 Castel- I 12, 1, 10. XXXVII 14, 1. Die korperliche Ziich- 
lum Menapiorum. tigung ist bei freien Personen regelmassig fusti- 

16) Castellum Parisiorum Lutetia nomine gatio, fur Sclaven flagellatio, Macer Dig. XLVIII 
(Amm. Marc. XV 11, 3) s. Lutetia. 19, lOpr. Naheres fiber die korperliche Ziichtigung 

17) Castellum Ripense, Ortschaft in Maure- s. u. Verberatio. Mit der C. kann die Androhung 



1761 Castillum Castra 1762 

schwererer Strafen fur den Wiederholungsfall (com- lich Castino fiir Crispino zu lesen ist), erhielt er 

minatio severitatis non defuturae) verbunden wer- im J. 422 in Eom das Commando iiber ein grosses 

den, Ulp. Dig. XXXVII 14, 1 ; vgl. Callistr. Dig. Heer, um es gegen die Vandalen in Spanien zu 

XLVIII 19, 28, 3. fiihren. Noch vor dem Abmarsch verfeindete er 

Der urspriingliche Charakter und Zweck der sich durch die Hetzereien des Foederaten Soma 

C. (Besserung) kommt am deutlichsten zum Aus- (Pseudoaugust. epist. 11 = Migne L. 33, 1097) 

druck, wo sie als hausliches Zuchtmittel in An- mit seinem Unterfeldherrn Bonifatius, wodurch 

wendung einer dem Privaten zugestandenen Er- dieser zur Plucht nach Portus und von dort nach 

ziehungsgewalt erscheint (castigatio parentum et Africa veranlasst wurde (Prosp. 1278. Hydat. 
magistrorum bei Senec. de ir. II 27, 3); so ubt 10 chron. 77. 78 = Mommsen Chron. min. I 469. 

sie der Hausvater gegeniiber den Kindern, s. z. B. II 20. Pseudobonif. epist. 10. 11). Dann zog C, 

Plin. ep. IX 12. Claud. Saturn. Dig. XLVIII 19, durch eine gothische Hiilfsmacht verstarkt, nach 

16, 2; der Herr gegeniiber dem Sclaven, Senec. Baetica, belagerte dort die Vandalen und hatte 

de ir. Ill 32, 2. Paul. V 23, 6, vgl. Ulp. Dig. sie durch Hunger schon fast zur tjbergabe ge- 

VII 1, 23, 1; der Lehrmeister gegeniiber dem zwungen, als er es leichtsinnig auf eine Schlacht 

Lehrjungen, Ulp. Dig. IX 2, 5, 3. XIX 2, 13, 4. in oifenem Felde ankommen liess und durch den 

Claud. Saturn. Dig. XLVIII 19, 16, 2. Verrat seiner Hulfstruppen besiegt wurde. Er 

Daneben kommt die C. als Offentliche, vom floh nach Tarraco (Hydat. chron. 77), behielt aber 

Strafrichter verhangte Strafe (castigatio iudicum sein Amt, in dem er noch 323 nachweisbar ist 
bei Senec. de ir. II 27, 3) vor; die Falle sind20(Cod. Theod. a. 0.). Im J. 424 war er Consul; 

sehr verschiedenartig; der urspriingliche Charakter da er aber die Usurpation des Johannes unter- 

und Zweck zeigt sich in der Anwendung der C. stiitzte oder wenigstens duldete, wurde er nach 

a) gegeniiber dem libertus inofficiosus, auf An- der Besiegung desselben verbannt (Prosp. 1288) 
trag des — urspriinglich die Strafe selbst ver- und sein Consulat im Orient nicht anerkannt, wie 
hangenden — patronus, Ulp. Dig. I 12, 1, 10. die orientalischen Fasten bei Mommsen III 403 

I 16, 9, 3. XXXVII 14, 1. Mod. Dig. II 4, 25; und die Datierungen Cod. Theod. I 8, 2. 3. II 

b) gegeniiber dem impubes und iiberhaupt gegen- 19, 7. IV 4, 7. X 19, 15. 21, 3. XI 1 , 33 und 
iiber jugendlichen Delinquenten, s. Voigt XII andere beweisen (De Rossi Inscr. christ. urb. 
Tafeln I 480. A. Pernice Labeoi I 216. Isid. Rom. 1644). Er soil zu seinem friiheren Feinde 
orig. V 27, 16. Mod. Dig. XLVIII 19, 28, 3. 30 Bonifatius nach Africa geflohen und von diesem 
Valent. Val. und Grat. Cod. Theod. XIV 9, 1 und freundlich aufgenommen sein (Pseudobonif. a. O.). 
— besonders bezeichnend — die Worte der Tochter [Seeck.] 
Seians bei Tac. ann. V 9 neque faeturam ultra Castitas, Personification der jungfraulichen 
et posse se puerili verbere moneri; c) in Fallen Eigenschaft der Minerva (Pallad. de re rust. 1 14). 
blosser neglegentia oder desidia und des sog. [Aust.] 
fortuito delinquere, Paul. Dig. I 15, 3, 1. Ulp. ad Castoris (Sueton. Otho 9; Gastorum Tac. 
Dig. I 15, 4. Gai. Dig. XL VII 19, 9. Callistr. hist. II 24; Castores Oros. VII 8) in Gallia Cis- 
Dig. XL VII 21, 2 i. f. Gell. VII 14, 2: easti- alpina, 12 mp. von Cremona. Vgl. gegen die an 
gandi gratia, ut is qui fortuito deliquit, atten- den Namen ankniipfende Hypothese von L. Heu 
tior fiat correctiorque; d) als besondere Discipli- 40 (Rev. de philol. XVII 208ff.) G. HelmreichBurs. 
narstrafe im Militarstrafrecht, Mod. Dig. XLIX Jahresber. LXXXIX 40. [Hiilsen.] 
16, 3, 1 und XLVIII 3, 14, 2; vgl. Paul. Dig. Castra. Das Marschlager der republicanischen 
XLIX 16, 14. Zeit beschreibt Polybios VI 27- 32. Die Beschrei- 

Daneben aber kommt castigare und eastigare bung bezieht sich auf das Lager eines exereitus 

fustibus vor, wo der Besserungszweck nicht in consularis von zwei Legiones und zwei alae so- 

Frage steht oder doch ganz zuriicktritt (in solchen eiorum. Das Lager bildet ein Quadrat (31, 10), 

Fallen ist C. schlechthin = korperliche Zuchti- dessen Front nach jener Seite liegt, welche fiir 

gung); so etwa wo die C. an Stelle der unein- die Zufuhr und das Wasserholen am bequemsten 

treibbaren Geldleistung tritt (Gai. Dig. XLVII ist (27, 3). Eine Orientierung des Lagers nach 
19, 9) oder als Zusatz zu schwereren Strafen er- 50 den Regeln der Limitation, welche Niss en Tem- 

scheint (Paul. Dig. XLVII 18, 2. Callistr. Dig. plum llff. angenommen hat, kennt die Cberliefe- 

XLVII 21 , 2. Macer Dig. XLVIII 19 , 10 pr.) rung nicht, ausser etwa Veget. I 23 porta— prae- 

oder schlechthin als eine fiir die Ahndung leichter toria, aut orientem speetare debet. Das Lager 

Vergehen geeignete Strafe angewendet wird (Ulp. wird seiner Breite nach (27, 7. 30, 3) , parallel 

Dig. XLVIII 2, 6. Paul. Dig. XLVII 9, 4, 1. Ulp. zur Front, von der Hauptstrasse durchschnitten, 

Dig. XII 2, 13, 6). [Hitzig.] welche 100 Fuss Breite hat (28, 1 , vgl. 33, 4). 

Castillum, Ort in Assyria, Geogr. Rav. p. 61, Der Name via principalis bei Liv. X 33, 1. In 

II und 72, 2; vgl. Kastirra, Feste im Lande dem Vorderteil des Lagers zwischen der via prin- 
Ulluba, in einer assyrischen Keilinschrift a. 739 cipalis und der Front liegen die Truppen. Von 
v. Chr. [Tomaschek.] 60 der Mitte der via principalis geht eine 50 Fuss 

Castinus. 1) S. C. Iulius Sept(imius) Ca- breite Strasse aus, welche das Vorderteil des Lagers 

stinus. [Groag.] der Lange nach durchschneidet und in zwei gleiche 

2) Flavius Castinus (De Rossi Inscr. christ. Halften teilt. In jeder Halfte lagert eine Legion 

urb. Rom. I 639) aus Scythien (Pseudobonif. epist. und eine ala soeiorum; die Lagerlinien laufen 

10 = Migne L. 33, 1097) , Comes domesticorum senkrecht auf die Front. An jener Strasse liegen 

des Honorius, wurde als Feldherr gegen die Franken in einer Reihe nebeneinander die zehn Turmae 

gesandt (Greg. Tur. II 9). Zum Magister equitum der equites legionis und parallel hinter den equites 

befOrdert (Cod. Theod. II 23, 1, wo wahrschein- die zehn Manipeln der triarii. Eine Strasse von 

Pauly-Wissowa III 56 



1763 Castra Castra 1764 

50 Puss Breite scheidet die triarii von den zehn Truppe ausserhalb der Geschosswirkung des An- 
Manipeln der prineipes, welche ihnen gegenuber greifers beflndet. Marquardt St.-V. II 404ff. 
lagern. Hinter den prineipes liegen die zehn Das Marschlager der. Kaiserzeit ist beschrie- 
Manipeln der hastati. Jede Turma und jeder ben in der Schrift de munitionibus eastrorum 
Manipel erhalt einen Lagerraum von 100 Fuss des sog. Hyginus. Das Lager ist bestimmt fur 
Breite und 100 Fuss Lange, eine Ausnahme bil- drei Legionen, auxilia und die kaiserliche Garde. 
den nur die Manipeln der triarii, deren Lagerraum Den Mittelpunkt des Lagers bildet das praeto- 
auf gleichfalls 100 Fuss Lange nur 50 Fuss Breite rium, dessen Eingang (introitus) sich nach der 
hat (28, 3 — 29). Es mangelt eine Angabe iiber Front des Lagers gegen die 60 Fuss breite via 
die Lagerplatze der velites (35, 5 bezieht sich 10 principalis Offnet. An der via principalis liegt 
nur auf den Wachdienst, und es ist xr\Qovoi fiir rechts das auguratorium, links das tribunal. Zwi- 
nltjQovoi zu lesen) ; wahrscheinlich lagern sie bei schen dem Feldherrnzelte und der via principalis 
den Manipeln (vgl. 24, 4). Von den socii sagt liegt noch ein freier Platz, auf welchem die Altare 
Polybios nur im allgemeinen, dass die equites den der Heeresgotter stehen , Westd. Ztschr. XIV 8. 
hastati gegenuber lagern , von ihnen durch eine Hinter der Etickseite des Praetoriums (posticum) 
Strasse von 50 Fuss Breite geschieden, und dass lauft die 40 Fuss breite via quintana. Die Lange 
die pedites hinter den equites lagern, dem inter- des Praetoriums betragt, zwischen via principalis 
vallum zugewendet (30, 1—4). Polybios unter- und via quintana 720 Fuss, die Breite im Nor- 
lasst es, bestimmte Zahlen fiir die socii zu geben, mallager 180 Fuss. Eechts und links des Prae- 
weil sowohl die Gesamtzahl schwankt , als aueh 20 toriums (lateribus praetorii) liegen der Stab und 
die Starko der Contingente wahrscheinlich von die Stabstruppen. Bechts ist zunachst dem Prae- 
einander abwich. Diese Liicke lasst sich ohne will- torium der Eaum fiir die Stabswache (statio), der 
kiirliche Annahmen nicht erganzen. Deshalb ist auf 20 Fuss Breite bemessen ist. Dann folgt 
auch die Gesamtbreite des Lagers nicht mit Sicher- die Lagerlinie der eomites des Kaisers mit 60 Fuss 
heit zu bestimmen. Quer durch das ganze Vorder- Breite ; in dieser lagert der praefeetus praetorio 
teil des Lagers zwischen der fiinften und sechsten zunachst der via principalis , links liegen un- 
Turma und dem fiinften und sechsten Manipel, sowie mittelbar neben dem Praetorium die officiates auf 
auch den Lagerplatzen der socii lauft eine Strasse 30 Fuss Breite. Dann folgen rechts und links 
von 50 Fuss Breite, die via quintana (30, 5. 6); je zwei cohortes praetoriae auf je 60 Fuss Breite, 
vgl. Liv. XLI 2, 11, wo jedoch der Ausdruck, in 30 nach ihnen rechts die equites praetoriani, links 
dem Sinne der spateren Lagerordnung jene Strasse die equites singulares auf je 60 Fuss Breite. In 
bezeichnet, welche hinter dem Praetorium lauft. dem oberen Teil der Lagerraume der cohortes prae- 
Die Etickseite des Lagers ist hauptsachlich fiir toriae, nach der via quintana hin, ist noch Eaum 
den Stab bestimmt. An der via principalis, fiir die primipilares und evoeati. Es folgen dann 
gegenuber den Lagerlinien der Legionen, lagern rechts zwei, links drei alae quingenariae auf je 
die tribuni militum (27, 4 — 7). Ihre Lagerlinie 60 Fuss Breite. Zuletzt auf jeder Seite eine eohors 
erhalt eine Tiefe von 50 Fuss. Hinter der Lager- prima einer Legion auf 120 Fuss Breite. Ober- 
linie der Tribunen gegenuber der Mitte der via halb der eohors prima lagen die Heeresanstalten 
principalis liegt das Feldherrnzelt (praetorium), der Legion, zunachst das valetudinarium und dann, 
fiir welches ein Eaum von 200 Fuss im Quadrat 40 durch die vexillarii legionis von ihm geschieden, 
abgemessen wird (27, 1—2). Zu beiden Seiten das veterinarium und die fabriea. Zwischen den 
des Praetoriums erstreckt sich hinter der Lager- cohortes primae und den alae quingenariae lauft 
linie der Tribuni die ayoQa (forum) und das ra- die 20 Fuss breite via vicinaria, ebe'nso zwischen 
fitsTov (quaestorium) (31, 1). Dem Forum und den alae quingenariae und den Gardereitern eine 
dem Quaestorium gegenuber lagern in der Langs- via von 10 Fuss Breite; endlich sind die eomites 
richtung des Lagers die equites singulares und von den cohortes praetoriae durch eine via von 
romische Soldaten (vgl. Westd. Ztschr. XIV 88, 10 Fuss Breite geschieden. Der Vorderteil des 
357), hinter diesen, dem intervallum zugewandt, Lagers von der via principalis bis zu der Lager- 
die pedites singulares (31, 2 — 4). Hinter dem front heisst praetentura. Er wird durch eine 
Praetorium lauft quer durch die ganze Eiick- 50 Strasse , die von der Mitte der via principalis 
seite des Lagers eine Strasse von 100 Fuss Breite. ausgeht, der Lange nach durch schnitten. Es ist 
Sie trennt die extraordinarii, welche die Eiick- die via praetoria und hat 60 Fuss Breite. Die 
seite des Lagers decken, vom Stabe (31, 5). An Lagerlinien der praetentura laufen senkrecht auf 
dieser Strasse liegen, dem Quaestorium, Praeto- die via praetoria und haben 600 Fuss Lange. 
rium und Forum gegenuber , die equites extra- Beiderseits der via praetoria liegen an der via 
ordinarii, und hinter ihnen, dem Intervallum principalis die seamna der legati legionis, in 
zugekehrt, die pedites extraordinarii (31, 6 — 8). welchen auch die praefeeti der cohortes praetoriae 
Die freibleibenden Ecken rechts und links von lagern; in dieser Lagerlinie liegen auch den co- 
den equites und pedites singulares sind zur Auf- hortes primae gegenuber die seholae, jene Platze, 
nahme der auxilia externa bestimmt, welche nicht 60 wo der Lagerdienst verlautbart wird. Dann folgen 
dem italischen Waffenbunde angehoren (31, 9). die seamna der tribuni legionis. Beide Arten 
Die Lagerlinie der extraordinarii wird durch von seamna haben 60 Fuss Breite. An die seamna 
eine 50 Fuss breite Strasse durchschnitten, welche schliessen sich beiderseits die Lagerraume von je 
in der Langsrichtung des Lagers senkrecht auf zwei alae miliarias an mit 150 Fuss Breite. Es 
das Praetorium lauft (31, 7). Den ganzen Innen- folgen rechts die elassiarii Misenates, links die 
raum des Lagers umzieht eine 200 Fuss breite elassiarii Bavennates auf je 150 Fuss Breite. Zu 
Strasse, welche die Lagerplatze vom Walle trennt, unterst liegt , rechts von der via praetoria , der 
das intervallum (31, 11), so dass sich die lagernde Lagerplatz der eohors prima der dritten Legion 



1765 Castra Castra Castrum 1766 

mit 180 Puss Breite. trber diesem liegen die Thore (Hygin. de lira, const, p. 180 L. Joseph- 

Heeresanstalten dieser Legion: valetudinarium, bell. Iud. Ill 5, 2. Liv. XL 27, 2. Frontin. strat- 

vexillarii, veterinarium und fabriea. Links von III 17, 2). Die beiden Seitenthore, an welchen 

der via praetoria liegen der eohors prima gegen- die via principalis endet, heissen porta princi- 

iiber drei einfache eohortes dieser Legion, jede auf palis dextra und sinistra, Hyg. de m. castr. 14. 

180 Fuss Breite, ubereinander. Der Baum ttber Liv. IV 19, 8. XXXIV 46, 9. XL 27, 4. Das 

den eohortes legionariae und den classiarii wird Thor an der Frontseite, an welchem die via prae- 

links von den Pannonii veredarii eingenommen. toria endet, heisst porta praetoria, Veg. I 23. 

Bechts lagern uber der fabriea die exploratores Hyg. de mun. c. 56. Fest. ep. 223. Liv. XL 27, 3. 

und dann Mauri equites, von denen ein Teil noch 10 Tac. hist. IV 30. Das Thor an der Biickseite des 

uber den Misenates seinen Lagerplatz erhalt. Lagers heisst porta decumana, Liv. X 32, 8. Caes. 

Auch in der praetentura ist die eohors prima, b. G. Ill 25, 2. Hyg. de mun. c. 56. Tac. ann. 

sowie die ihr gegenuberliegenden Legionscohorten I 66. Veg. I 23. Zu Polybios Zeit bestand die 

von der anstossenden Truppe der elassiarii durch Verschanzung aus Wall und Graben. An der 

die via vieinaria getrennt. Ebenso scheidet je eine Aussenseite wird aus Schanzpfahlen, valli, welche 

via von 10 Fuss Breite die aloe von den elassiarii die Soldaten bei sich tragen, ein Verhau gebildet, 

und den seamna der tribuni. Bndlich lauft noch Varro de 1. 1. V 117. Isid. orig. XV 9, 2. Polyb. 

eine via von 10 Fuss Breite zwischen den seamna XVIII 18. Liv. XXXIII 5, 9. Auch in der Kaiser - 

der tribuni und den seamna der legati. Der nick- zeit ist die Befestigung regelmassig ein Erdwall 

wartige Teil des Lagers oberhalb der via quintana 20-8 Fuss breit, 6 Fuss tief - und ein davorliegender 

heisst retentura. Die Lagerlinien laufen hier Graben — 5 Fuss breit, 3 Fuss tief. 60 Fuss vor 

senkrecht auf die via quintana und haben in dem Thoreingang liegt ein kleiner Graben mit 

dem Normallager 480 Fuss Lange. In der Mitte Wall (titulus). Die Lagerecken werden abgerundet. 

der retentura, hinter dem praetorium, liegt das Auf der rechten Seite des Thoreingangs ist nach 

quaestorium mit 160 Fuss Breite, rechts und aussen noch ein halbkreisffirmiger Wall mit Graben 

links vom Quaestorium liegt an der via quintana gezogen (clavieula). An der Innenseite des Walles 

je eine centuria statorum, denen der Schutz des fiihren Treppen auf den Wall. An den Thoren, 

postieum des Praetoriums obliegt. In ihrer 60 sowie in den Ecken sind Geschiitzbanke ange- 

Fuss breiten Lagerlinie liegen oberhalb noch je bracht. 

eine eohors peditata quingenaria. Dann folgen 30 Standlager. Der Name fur die Standlager 

rechts zwei eohortes peditatae miliariae, links eine ist hiberna, Westd. Ztschr. XIV 18. Die Anlage 

eohors peditata miliaria und eine quingenaria. der Standlager liegt bei der geringen Umsicht, 

Daran schliessen links und rechts zunachst je eine mit welcher erhaltene Keste bisher aufgedeckt 

eohors equitata miliaria und dann zwei eohortes wurden, sehr im Dunkeln. Die Form ist im all- 

equitatae quingenariae. Die Eaume , welche in gemeinen dieselbe wie die der Marschlager, ebenso 

den Lagerlinien der eohortes auxiliariae frei die Befestigung, nur dass der Wall aus Stein er- 

bleiben , werden im untersten Teil der praeten- baut ist und die gefahrdeten Punkte , Thore so- 

tura durch die nationes eingenommen. So er- wie die Ecken, durch Tiirme gesichert sind. Von 

halten rechts vom Quaestorium die Palmyreni dem Innenraum ist nur das Praetorium einiger- 

und Oaetuli, links die Daei, Brittones, Oantabri 40 massen bekannt. Es besteht stets aus einem 

ihren Platz. Die via vieinaria lauft hier zwischen grossenHofe, in dessen Biickseite das Fahnenheilig- 

den eohortes equitatae quingenariae und milia- turn liegt. Plane des Standlagers von Carnun- 

riae durch, setzt also die via vieinaria der latera turn, Arch.-epigr. Mitt. VIII Taf. Ill; Lambaesis, 

praetorii direct fort. Zu beiden Seiten der cohor- Cagnat L'arme'e Bomaine en Afrique 526, fur 

tes peditatae lauft je eine via von 10 Fuss Breite, die Grenzcastelle Bruce The wall 1867, und be- 
welche sie so einerseits von den eohortes equitatae sonders das im Erscheinen begriffene Werk der 

miliariae, andererseits von den eenturiae statorum deutschen Limescommission, bis jetzt Lief. 1 — 4. 

trennt. Den ganzen Innenraum des Lagers um- Vgl. auch Westd. Ztschr. XIV 11 — 19. 

zieht eine 30 Fuss breite Strasse, die via sagu- [v. Domaszewski.] 

laris. Zwischen dieser und den Intervallen von 50 Castra, Castrum (ad Castra) als Ortsnamen; 

60 Fuss Breite lagern die Legionscohorten, zehn vgl. auch Art. Castellum. 1) Castra, Station 

in der praetentura, sechs in den latera praetorii, der Strasse Salonae-Servitium in Dalmatien (Itin. 

acht in den retentura. Die allgemeinen Grund- Ant. p. 269. Tab. Peut.) ; wie der Name besagt, 

satze fur die Anordnung der Truppeh sind durch- muss hier eine Zeit lang ein rOmisches Lager ge- 

sichtig. Die Legionscohorten lagern am Walle, wesen sein, dessen Bezeichnung auf die in der 

dessen Verteidigung ihnen obliegt, nur die eohortes Nahe entstandene Ansiedlung iibergegangen ist. 

primae erhalten ihren Platz innerhalb der via Die Lage des Ortes ist unbekannt; W. Toma- 

sagularis, weil in ihren Lagerraumen die heiligen schek Mitt, der geogr. Gesellschaft in Wien 

signa stehen. In der praetentura lagern die Pio- 1880, 513. H. Cons La province Eom. de Dal- 

niere (classiarii) und die Eeiterei der auxilia mit 60 matie 233 und Kiepert Formae orbis antiqui 

Ausnahme der aiae quingenariae. In den latera XVII verlegen ihn nach Banjaluka in Bosnien, 

praetorii lagern die Stabstruppen, in der Eetentura was nicht richtig sein kann, da Banjaluka noch 

die pedites der auxilia. Ober das Einzelne vgl. zu Pannonia superior gehOrt hat. Patsch Wis- 

die Ausgaben des Hyginus von Lange 1848 und sensch. Mitt, aus Bosnien und der Hercegowina V 

v. Domaszewski 1887. Ober die Zeitbestim- 1897, 53f. [Patsch.] 

mung der Schrift Domaszewski Eh. Mus. 2) ad Castra. Nach dem Itin. Ant. 259 ftihrte 

XLVTII (1893) 243; Westd. Ztschr. XIV 111. eine Strasse a Ponte Aeni uber lovisura nach 

Lagerbefestigung. Der Lagerwall hat vier ad Castra (mpm CL). Ob es mit Batava Castra 



1767 Castra Castrum Castra Castrum 1768 

(Passau) oder mit Castra Regina (Regensburg, 7) Castra Batava s. Batava (castra). 

u. Nr. 44) identisch ist, bleibt dahingestellt. Vgl. 8) Castra Angustoflavianensia (Not. dign. or. 

Mommsen CIL III p. 730. [Ihm.] XLI 33) s. Constantia. [Patsch.] 

3) Castra heisst im Itin. Ant. 330 eine Sta- 9) Castrum Bergium, fester Ort der Bergi- 
tion der Via Egnatia in Lynkestis, 12 Millien staner in Hispania citerior, jetzt Berga, Liv. 
westlich von Herakleia Lynk. Dieselbe wird im XXXIV 21. [Hiibner.] 
Itin. Hieron. 607 als mutatio Parambole be- 10) Castra Cadaum s. Cadaum castra. 
zeichnet (jzagefifSoXrj bei Pol. u. Spat. = axqaxo- 11) Castra Caecilia s. Caecilia castra. 
nedov) und ist wahrscheinlich aus dem Lager des 12) Castra Constantia, nach Amm. Marc. XV 
P. Sulpicius Galba im J. 199 v. Chr. (Liv. XXXI 10 11, 3 unweit der Seinemiindung, also kaum iden- 
33, 6) entstanden, s. Leake North. Greece III tisch mit Constantia, dem heutigen Coutances (s. 
313f. Tafel Via Egn. occid. 38. Die Lage Constantia), falls nicht ein Irrtum des Amwia- 
wird durch Diavat oder Kazani westlich von Mo- nus vorliegt. C. Miiller Ausg. des Ptol. I p. 215. 
nastir bezeichnet. Hahn Drin u. Vardar 141. 13) Castra Constantini nennt Auson. Mos. 11 
Demitsas Maxsdovla 250. [Oberhummer.] Noviomagus (s. d.) = Neumagen. [Ihm.] 

4) Castrum (portorium ?). Zum J. 199 v. 14) Castra Cornelia (Mela I 34. Plin. n. h. 
Chr. berichtet Liv. XXXII 7, 3: (eensores) portoria V 24; Castra Corneliana, Caes. b. c. II 24; xdatQa 
venalieium Capuae Puteolisque, item Castrum KoQvtjXiov Stad. mar. magn. 125; KogvrjXlov na~ 
portorium, quo in loco nune oppidum est, fru- oeujiolri Ptol. IV 3, 6), hiess der hochgelegene 
endum locarunt, eolonosque eo trecentos . . . ad- 20 Ort der africanischen Kiiste zwischen Utica und 
seripserunt et sub Tifatis Capuae vendiderunt. der Miindung des Bagradas (so Ptol. ; nach Plin. 
Dass das oppidum C. in Campanien zu suchen sei, zwischen der Miindung des Bagradas und Kar- 
scheint nach dem Zusammenhange ausser Zweifel, thago), an dem Scipio wahrend des Winters 204 
und sowohl die Identification mit Castra Hannibalis — 203 sein Lager hatte, vgl. Liv. XXIX 35, 13. 
im Bruttierlande (Nr. 20), als die von Cagnat Polyb. XIV 6, 7. Oros. IV 22, 1. Heutzutage 
(Etude sur les imp6ts ir. directs chez les Eomains, Kalaat el-Oued, vgl. Tissot Ge"ogr. comp. de 
Paris 1882, 7) vorgeschlagene mit Castrum Truenti- l'Afr. II 83. 

num in Picenum (Nr. 50) zu verwerfen. Aber auch 15) Castra Delia, Ortlichkeit der africanischen 

Mommsens (CIL X p. 12) Gleichsetzung mit Ca- Kiiste, von Mela I 34 genannt als den Castra 
stra Hannibalis bei Capua (Nr. 21) ist nicht ohne 30 Cornelia (s. Nr. 14) und der Miindung des Bagradas 

Bedenken. Am liebsten mochte man an einen Zoll- benachbart, sonst nicht bekannt. [Dessau.] 
posten an der Seekiiste von Campanien (an der Vol- 16) Castrum Ebrodunense s. Eburodunum. 

turnus-Miindung? Madvig Emendationes Livia- 17) Castra Galbae, Ort in Africa, mit Bischof 

nae2 476, der venalieium Capuae Puteolisque, item schon in der Mitte des 3. Jhdts. (Sententiae epi- 

ad Castrum portorium lesen will) denken. Doch scoporum aus dem J. 256, in Hartels Cyprian 

bleibt dies ebenso wenig zu entscheiden, wie die p. 440). Lage unbekannt; der Name riihrt nach 

Frage, ob der Ortsname einfach Castrum oder Ca- einer Vermutung C a gnats (L'arme'e romaine 

strum portorium gelautet habe. S. auch unter d'Afrique 30) von dem Kaiser Galba her, der unter 

Portorium. [Hiilsen.] Claudius Proconsul von Africa und dabei auch 

5) Castrum album in Hispania citerior. In 40 kriegerisch thatig gewesen war (Suet. Galb. 7). 
den Feldziigen der beiden alteren Scipionen vom [Dessau.] 

J. 540 = 214 v. Chr. fiihrt nach dem Bericht bei 18) Castra Oemina in Hispania ulterior. Der 

Livius XXIV 41, 2 — 4 (aus Claudius?) Publius Ort wird nur von Plinius nach den alphabetischen 

sein Heer gegen Mago und Hasdrubal fiber den Listen des Agrippa und Augustus unter den civi- 

Hiberus und schlagt zuerst ein Lager auf ad tates stipendiariae des Gerichtsbezirks von Astigi 

castrum album — locus est insignis caede magni genannt (III 12). Die Gemeinde ist also wahr- 

Hamilcaris — ; arx erat munita u. s. w., muss scheinlich aus einem der alten Lagerplatze fur 

aber von da zuriickweichen und schlagt admon- zwei Legionen entstanden (vgl. Acci und Tucci 

tern Vietoriae das Lager auf. Dort stCsst Gnaeus gemella u. a.). Die Lage ist ganzlich unbe- 
zu ihm und dann werden nach zweifelhaften Ge- 50 kannt. [Hiibner.] 

fechten Castulo und Iliturgi erwahnt. Bei der 19) Castra Cermanorum, Ort an der Kiiste 

volligen Unbestimmtheit dieser Ortsangaben ist von Mauretanien, zwischen Gun Hugu und Cartenna, 

es nicht unmOglich, dass das weisse Lager iden- westlich von Caesarea, Ptol. IV 2, 4. Nach Cat 

tisch ist mit dem weissen Vorgebirge, der von La Maure'tanie Cesarienne 141 an der Miindung 

Hamilkar besetzten axga Xsvxr), das dem rOmi- des Oued-Dahmous zwischen Gouraya und Tenes 

schen Lucentum entspricht (s. d.). zu suchen, und identisch mit Cartilis, s. d. 

6) Castra Aelia am Plusse Hiberus, Winter- [Dessau.] 
quartier des Sertorius (secundum oppidum quod 20) Castra Hannibalis im Bruttierlande, an 
castra Aelia vocatur Liv. frg. 1. XCI), sonst nir- der schmalsten Stelle des Isthmus zwischen Sinus 
gends erwahnt. Es muss irgendwo in der. Nahe 60 Terinaeus und Scyllacinus (Plin. Ill 95 , voraus 
von Contrebia (s. d.) gelegen haben. Unter den Solin. II 23) ; die Tab. Peut. (wo Annibali) und 
Proconsuln der beiden Hispanien findet sich kein der Geogr. Bav. IV 31 p. 263 P. V 1 p. 330 P. 
Aelius, nach dem das Lager etwa benannt sein (wo Anival und Aniaba) ftthren es als Station 
kSnnte ; doch geniigt das nicht, um an die Ande- der Strasse an der Westkfiste , zwischen Scyla- 
rung in Laelia zu denken — der jfingere C. Laelius cium (Squillace) und dem Promontorium Lacinium 
war im J. 610 = 144 v. Chr. Proconsul der Cite- auf, doch sind die Distanzangaben corrupt, so dass 
rior — , da die Statthalter der beiden Provinzen die genaue Localisierung unmoglich bleibt. 
lange nicht vollstandig bekannt sind. [Hiibner.] 21) Castra Hannibalis in Campanien, zwischen 



1769 Castra Castrum Castra Castrum 1770 

Capua und dem Berge Tifata, genannt auf der die Identification mit dem modernen Orte Castro 

Tab. Peut. und vom Geogr. Rav. IV 33 p. 276 P. so gut wie sicher wird. [Hiilsen.] 

{Castra Anibal , Gatianibas) ; gleichfalls nicht 84) Castra Nova (Tab. Peut. Castris novis), 

genau bekannte Lage. Station der Strasse Drobetae (Turn-Severin) — Ro- 

22) Castra Hannibalis als alten Namen von mulae (Recka) in Dacia Malvensis zwischen der 
Matera in Apulien nennt nur Guido 49 (C. H. letztgenannten Stadt und Pelendava (Krajova). 
quae Materies dicitur). [Hiilsen.] C. Schuchhardt Arch.-epigr. Mitt. IX 231f. 

23) Castra Herculis, im Land der Bataver Kiepert Pormae orbis antiqui XVII. [Patsch.] 
an der von Lugdunum Batavorum (Leiden) nach 35) Castra Nova, Ortlichkeit im westlichen 
Noviomagus (Nymwegen) fiihrenden Strasse (Tab. 10 Teil der Provinz Mauretania Caesariensis, nach 
Peut.). Von Ammian. Marc. XVIII 2, 4 unter den Itin. Ant. 37 auf der grossen diese Provinz durch- 
sieben von Iulian im J. 359 besetzten Stadten schneidenden Strasse, 18 Millien Ostlich von 
aufgezahlt, vgl. Liban. emxayios hf 'Iovliavqi Tasaccora, auch beim Geogr. Bav. Ill 9 p. 160 
p. 550 K. 7i6Xiv 8k 'Hoaxleiav, 'HQaxUovg sQyov, und als Sitz eines Bischofs in der Bischofsliste 
aviaxr). Ob damit identisch Coadulfaveris Geogr. vom J. 484 (Not. Caes. nr. 74: Castranobensis, 
Bav. IV 24 p. 228? Desjardins Table de in Halms Victor Vitensis p. 69) genannt; nach 
Peut. 7. [Ihm.] Cats (Maure't. Ce'sarienne 202) Vermutung in der 

24) Castrum Inui, Ort in Latium (Verg. Aen. Nahe von Perregaux zu suchen. [Dessau.] 
VI 775 und Servius z. d. St.), auch einfach Ca- 36) Castrum Novum (KaaxQovvoow Strab. V 
strum genannt (Ovid. met. XV 727. Silius Ital. 20 241; K6.oxqov Ptolem. EH 1, 25), Kiistenstadt in 
VIII 359. Martial. IV 60, 1), in der Nahe von An- Picenum, von den Romern im J. 264 (Vellei. I 
tium, Ardea und der Tibermtindung. Den Namen 14; zwischen 290 und 286 nach Liv. epit. 11) 
bewahrt der bei Ardea vorbeifliessende Posso d'ln- mit einer Colonie belegt und noch in der Kaiserzeit 
castro (Bormann Altlatinische Chronographie als solche genannt. Plin. Ill 110. Itin. Ant. 101. 
32), an dem Lanciani neuerdings (Mitteilung 308. 313. Tab. Peut. Liber colon. 226 (vgl. 254 
in der Sitzung der Accademia dei Lincei vom ager Castranus lege Augustiana adsignatus). Aus 
17. Mai 1896, vgl. Bendiconti dell Ace. d. Lincei den Angaben der Geographen und den Distanzen 

V 5, 253) Beste einer sehr alten Ansiedlung der Itinerarien folgt, dass es bei dem heutigen 
gefunden hat. Butilius Namatianus I 227 ver- Giulia Nuova an der Miindung des Helvinus (Tor- 
wechselt es mit Castrum novum s. u. Nr. 37. Vgl. 30 dino) gelegen haben muss. Inschriften aus Castrum 
Nibby Dintorni di Roma 12 440—443, welcher novum CIL IX 5143—5154. 

vermutet, dass der im Liber pontif. II 234 ed. 37) Castrum Novum an der Kiiste von Siid- 

Duchesne genannte Ort (Leo Ardeatinus de loco etrurien (Mela II 72. Plin. Ill 51. Ptolem. Ill 

qui appellatur Priapi) mit Castrum Inui iden- 1, 4. Itin. marit. 498), Station der Via Aurelia 

tisch sei. [Hiilsen.] (Tab. Peut. Itin. Ant. 291. 301. Geogr. Raw 

25) Castra Iudaeorums.lM&a,eoxum castra. IV 32 p. 267. V 2 p. 335 P.), 4 mp. von Cen- 

26) Castra Iulia in Lusitanien , beruht auf tumcellae (Civitavecchia). Zuerst erwahnt wird es 
der falschen Lesung bei Plinius (IV 118) fur als eolonia maritima bei Livius XXXVI 3, 6, 
castra Servilia (s. Nr. 46) und auf einer der neu deduciert wahrscheinlich vom Dictator Caesar, 
falschen Chroniken des Higuera (s. CIL II p. 74); 40 daher eolonia lulia Castrum, Novum oder Castro 
vgl. Turgalium. [Hubner.] Novo (CIL XI 3576—3578). Sonst nennen es nur 

27) Castrum Iuliense s. Iulium Carnicum. Rutil. Namatian. I 227 und Serv. Aen. VI 775, 

28) Castrum Iidium s. Curiga. die es irrig fur identisch mit Castrum Inui (Nr. 24) 

29) Castra lapidariorum s. Lapidariorum halten. Schon Rutilius nennt es semirutum; im 
castra. Mittelalter war es ganz verlassen; bedeutende 

30) Castra legionis XXX Ulpiae s. Vetera. Reste sind zu Tage gekommen bei Ausgrabungen 

31) Castra Manuaria in Hispania citerior, im J. 1777 in der tenuta della Chiaruccia bei 
nur im Geogr. Rav. in Callaecia, etwa in der S. Marinella, 6 km. sudlich von Civitavecchia. Vgl. 
Gegend landeinwarts von Brigantium (s. d. Nr. 4) Torraca Antologia Romana torn. III. IV (1777. 
als Station erwahnt (308, 8). Der Name ist 50 1778). Dennis Cities and cimiteries of Etruria 
wahrscheinlich nicht richtig iiberliefert. 12 295f. Neuere Ausgrabungen bei la Chiaruccia 

[Hubner.] Notizie degli scavi 1879, 136—139; bei S. Ma- 

32) Castra Martis (Prokop. de aedif. 291, 6. rinellaBull. d. Inst. 1838, 1. 1839, 85. 1840, 115. 
Hierocl. p. 637), nach F. Kanitz Donaubulgarien Not. d. scavi 1890, 29. 1895, 195. 1896, 326 
und der Balkan I 269ff. (vgl. dessen Rom. Stu- (Villa, vielleicht des Praefectus praetorio Domi- 
dien in Serbien 100) jetzt Kula in Bulgarien, tius Annius Ulpianus, reich an Kunstwerken). In- 
sfidwestlich von Vidin, wo rOmische Uberreste schriften von C. CIL XI 3572—3591, wo Bor- 
vorhanden sind. [Patsch.] mann zu vergleichen ist. [Hiilsen.] 

33) Castra Minervae, Stadt imGebiet der Sal- 38) Castra pinnata, nxsQonxov oxQaxoxedov, 
lentiner in Calabrien mit einem alten Tempel der 60 offenbar von den Zinnen seiner Mauern so benannt, 
Minerva, Strab. VI 281, nach Prob. zu Verg. Eel. im nordwestlichen Britannien oder Caledonien, nur 

VI 31 p. 15 Keil von Idomeneus gegriindet. Nach von Ptolemaios (II 3, 10. VIII 3, 9; danach beim 
Verg. Aen. Ill 530ff. (vgl. Servius z. d. St.). Dion. Geogr. Eav. 535, 21 Pinnatis) in das Gebiet der 
Hal. I 40 gait Castra Minervae als der Ort, an Vacomagi gesetzt; von unbekannter Lage (vgl. 
dem Aeneas zuerst in Italien gelandet sei und CIL VII p. 205), doch sucht man es, ohne viel 
dessen Rhede (tiegivdg oquos) er Xifiijv 'A<pQo8lxrjg Berechtigung, in dem heutigen Inverness, 
genannt habe. Die Tab. Peut. setzt Castra Mi- [Hubner.] 
nervae 7 mp. sudlich von Hydruntum, wodurch 39) Castrum portorium s, o. Nr. 4. 



1771 Castra Castram Castratio 1772 

40) Castra Postumiana in Hispania ulterior. 49) Castra Tr aiarva s. Traiana. 

Vom Lager des Sex. Pompeius zwischen den 50) Castrum Truentinum (CIL IX 5186 ; vgl. 

Stadten Ategua (s. d.) und Ucubi (s. d.) ungefahr Mommsen ebd. p. 492) in Picenum, s.Truentum. 

vier Millien entfernt grumus est exeellens natwa, [Hiilsen.] 

qui appellator castra Postumiana ; ibi praesidi 51) Castra Vetera s. Vetera. 

causa castellum Caesar habuit constitutum (bell. 52) Castra vinaria, im Gerichtsbezirk von 

Hisp. 8, 6). Es kann seinen Namen fuhren von Corduba in Hispania ulterior, nach der alpha- 

dem Proconsul der Ulterior im J. 574 = 180 betischen Liste des Agrippa und Augustus bei 

v. Chr. L. Postumius Albinus (Wilsdorf Fasti Plinius (III 10) unter den Orten zwischen dem 
Hisp. prov. 87). Obgleich die nachstliegenden 10 Baetis und dem Ocean. Die Lage ist nicht er- 

Ortlichkeiten bekannt sind (vgl. Jahrb. f. Philol. mittelt; Weinbau ist in jenen Gegenden uberall 

1862, 35ff.), so ist es doch noch nicht gelungen, von alters her heimisch. [Hubner.] 

die Lage der hohen Landmarke zu identificieren, 53) Castra Zarba oder ahnlich heisst ein fester 

auf der die C. P. lagen. [Hubner.] Platz in Thrakien an der Strasse von Philippu- 

41) Castra puerorum , in Mauretania Caesa- polis nach Hadrianupolis, wo die von Beroia Nr. 3 
riensis, Station der mauretanischen Ktistenstrasse, herkommende Strasse einmirndet, zwischen Arzos 
18 Millien westlich von Portus divini (dem heuti- (s. d.) und Burdipta (s. d.) gelegen ; der offenbar 
gen Oran), Itin. Ant. p. 13. [Dessau.] einheimische Name ist in sehr verschiedener und 

42) Castra Pyrrhi, Ort im oberen Thale des verderbter Form iiberliefert, Subx.upara Itin. Ant. 
Aoos in Epeiros , zur molottischen Landschaft 20 137 ; Castra Iarba ebd. 231 ; Castroxobra Itin. 
Triphylia gehorig, Liv. XXXn 13, 2. Bursian Hieros. 568; Castris rubris (lies xubris) Tab. 
Geogr. I 25, 3. Nach Leake North. Greece I Peut. VIII; KaotQa£a(>fta Prokop. aed. IV 11 
387. 396 in der Gegend von Ostanitza (unterhalb p. 305. Nach letzterem wurde es von Iustinian I. 
Konitza). wieder in stand gesetzt und lag an der Ostgrenze 

43) Castra Pyrrhi, befestigter Platz in Lako- der Provinz Thrake , wahrend Burdipta bereits 
nien, im Thale des Oinus zwischen Sparta und zu Haimimontos gehdrte. Man hat es wohl in 
Sellasia, aus dem Lager des Pyrrhos im J. 272 der Gegend von Harmanlii , aber jedenfalls am 
entstanden, im J. 192 v. Chr. von Nabis besetzt, linken Ufer des Hebros zu suchen. Jirecek 
Liv. XXXV 27, 14. Leake Morea II 525; Pelop. Heerstrasse v. Belgrad n. Kpl. 46f. 63. Toma- 
344f. Droysen Hellenismus 2 III 1,213. Ver-30schek Thraker II 2, 76 (beim heutigen Sary- 
schieden davon ist LTvqqov x&e a % Pol. V 19, 4. chan). [Oberhummer.] 
Bursian Geogr. II 148, 1. [Oberhummer.] Castratio als Verbrechen. Das erste Verbot 

44) Castra Regina, in Raetien, Standort der der C. fallt unter Domitian, der die Castrierung 
legio ni Italica, das heutige Kegensburg. Not. von Sclaven untersagt, Cass. Dio LXVII 2, 3. 
dign. occ. XXXV 17 praefeetus legionis tertiae Suet. Domit. 7. Ammian. Marc. XVHI 4, 5. Martial. 
Italicae partis superioris, Castra Regina, nunc II 60. VI 2. Dies Verbot ist wahrscheinlich (s. 
Vallate Auf dem Meilenstein CIL III 5997 (vgl. A. Pernice Labeo II 2 87, 5) das vom Venuleius 
5996) Legio genannt (A-LQ-M-P-LI), auf der Dig. XLVni 8, 6 erwahnte Senatusconsultum. 
Tab. Peut. und im Itin. Ant. 250 Regino. Momm- Nerva hat das Verbot wiederholt, Cass. Dio LXVUI 
sen CIL III p. 730. Ohlenschlager Korr.-Bl. 40 2, 4; vielleicht ist mit diesem Verbot identisch 
d. Westd. Ztschr. IV 122. Vgl. Nr. 2. [Ihm.] das vorhadrianische (vgl. Hadrian Dig. XL VIII 

45) Castra rubra s. u. Nr. 53. 8, 4, 2 constitutum, est . .) , von Marcian Dig. 

46) Castra Servilia, in unmittelbarer Nahe XLVHI 8, 3, 4 erwahnte und von Paul. V 23, 
von Norba in Lusitanien gelegen, wie Caecilia 13 gemeinte Senatusconsultum, welches dem- 
castra (s. d.), und in earn coloniam contributa jenigen, qui hominem invitum (fehlt in Dig.) 
nach dem Zeugnis des Plinius (IV 177). Es fuhrt Ubidinis vel promercii causa castraverit eastran- 
seinen Namen sicherlich von Q. Servilius Caepio, dumve curaverit die poena legis Corneliae [de 
dem Proconsul der Ulterior im J. 615 = 139 v. sieariis] androht. Das Hauptgesetz iiber die 
Chr. Die Lage ist nicht ermittelt. [Hubner.] Materie stammt von Hadrian; sein Rescript im 

47) Castra Severiana, Ortschaft der Provinz 50 Wortlaut erwahnt Ulp. Dig. XLVHI 8, 4, 2; 
Mauretania Caesariensis, mit Bischof, der im J. 484 Hauptbestimmung: nemo liberum servumve, in- 
erwahnt wird (Not. episc. Caes. nr. 73, in Halms vitum sinentemve, eastrare debet neve quis se 
Victor Vitensis p. 69). Derselbe Ort scheint auch sponte castrandum praebere debet. Hadrianische 
in einer Inschrift aus Altava (Lamoriciere) im Neuerung ist wahrscheinlich die Bestrafung der 
westlichen Mauretanien aus dem J. 508 erwahnt C. im Falle der Einwilligung; neu ist jeden- 
zu werden (CIL Vin 9835 = Dessau Inscr. Lat. falls die Androhung der Todesstrafe fur den Ein- 
sel. 859). Nach einer Vermutung von Cat (Mau- willigenden selbst und den Arzt (a. a. O.). Be- 
retan. Cfearienne 217) war Castra Severiana der ziiglich der Bestrafung des Arztes vgl. Iustin. 
spatere Name des vorher nach seiner Besatzung apol. I 29, wo ein statthalterliches Dispensations- 
Numerus Syrorum genannten Ortes, des heutigen 60 recht behauptet wird. In der spateren Kaiser- 
Lalla Maghnia (Lella-Mar'nia, in Algerien, 10 km. zeit ist das Verbot der C. mehrmals wiederholt 
von der marokkanischen Grenze). [Dessau.] worden. Constantin Cod. lust. IV 42, 1 bedroht 

48) Castrum Tiberii, fuhrt man, ohne fur den sie mit Capitalstrafe , Confiscation des Sclaven, 
Namen eine Gewahr zu haben, aus Strabon VII an welchem, und des Hauses, in welchem sie ver- • 
292 an. Derselbe spricht von einer Insel im tibt wird. Leo Cod. lust. IV 42, 2 verbietet bei 
Bodensee, deren sich Tiberius als Angriffsplatz gravissima poena den Verkauf romischer Eunu- 
(oQ^rrjQiov) bediente, als er die Vindeliker be- chen; Iustinian endlich (Nov. 142) setzt auf C. 
kampfte. [Dim.] die Strafe der Talion ; kommt der Delinquent dabei 



1773 Castrense amphitheatrum Castrensis 1774 

mit dem Leben davon, so trifft ihn iiberdies worin streng genomrnen ein Widerspruch liegt, 

lebenslangliche Deportation. da das peeulium (s. d.) vaterlkhes Vermdgen ist. 

Der C. sind auf dem Gebiete des Strafrechts Peeidium quasi castrense (Dig. XXXVI 1, 1,6. 

verwandte Operationen gleichgestellt worden, so XXXVII 6, 1, 15) heisst ein soldier Erwerb eines 

durch Hadrian das sog. thltbias faeere , Paul. Haussohnes, der dem peeulium castrense rechtlich 

Dig. XLVIII 8, 5 nnd namentlich die jiidische gleichgestellt wurde. Eine solche singulare Gleich- 

Beschneidung, s. den Art. Circumcisio. Vgl. stelhmg, die sich jedoch auf das Recht letztwilliger 

zum ganzen auch Rein Criminalrecht der Romer Verfiigung nicht bezog, enthielt Dig. XXXVI 1, 52 

422—424. [Hitzig.] (50). Das spatrOmische Recht dehnte jedoch grund- 

Castrense amphitheatrum in Rom, nur ge- 10 satzlich die genannte Bevorzugung des Soldaten- 

nannt in der Notit. reg. V, ohne Zweifel zu iden- standes auf andere Stande aus, die es gleichfalls 

tificieren mit dem bei S. Croce in Genisalemme, aus der Volksmasse herauszuheben bestrebt war 

an der aussersten Ostspitze der Stadt, erhaltenen (vgl. Cod. II 7, 14 nee enim solos nostra imperio 

Amphitheater, das ausser dem Colosseum das militate credimus illos, qui gladiis clupeis et 

einzige standige Amphitheater Roms war. Der thoraeibus utuntur, sed etiam advocatos). Zu 

elliptische Grundriss kam dem Kreise sehr nahe den B. c. gehOrten hiernach die Einnahmen aus 

(Achsen des ganzen Baus 88,5 und 78 m., der effentlichen Amtern und der Advocatur, Cod. I 

Arena 76 und 65,5 m.). Zwei Stockwerke des 3, 33 (34) und 49 (50). II 7, 4 und 14. Ill 28, 

Ausseren, mit Pfeilerhallen, bieten eins der voll- 37, 1 e. XII 30 (31). XII 36, auch die Geschenke 
kommensten Beispiele romischen Ziegelbaus (Probe 20 des Kaisers und seiner Gemahlin, Cod. VI 61, 

bei Durm Baukunst der Romer 159) ; ein drittes 7 (ut enim imperialis fortuna omnes supere- 

Stockwerk ist erst im 16. Jhdt. zerstOrt (Zeich- minet alias, ita oportet et prineipales liberali- 

nung Andrea Palladios, jetzt in der Sammlung tales eulmen habere praecipuum). 

des Herzogs von Devonshire, reproduciert bei L an- Die bona castrensia und quasi castrensia 

ciani 386). Unter der Arena wurden um 1730 werden in Cod. Ill 28, 37, 1 dem gewehnlichen 

Massen von Knochen grosser Tiere ausgegraben peeulium als dem peeulium paganum gegeniiber- 

(Eicoroni Vestigia di Roma antica 121). Die gestellt. 

Erbauungszeit ist ungewiss (Lanciani setzt sie Litteratur: Fitting Das castrense peeulium 

unter Severus und Caracalla, vielleicht zu spat), in seiner geschichtlichen Entwickelung und heu- 
Aurelian zog es in seine Befestigung mit hinein, 30 tigen gemeinrechtlichen Geltung, Halle 1871. 

wobei die Arkaden an der Aussenseite vermauert Miiller Lehrb. der Inst. 1858, 644 § 171 112. 

wurden. Den Namen bringt man gewiss falsch Puchta-Kriiger Inst.io II 385 § 282. Leon- 

mit den Castra praetoria zusammen, er wird viel- hard Inst. 325. 334 § 97. 101. [Leonhard.] 

mehr analog den Ausdriicken fiscus castrensis, Castrensis, griechisch HaoTgrjowg (Marc. diac. 

ratio castrensis (Hirschfeld V.-G. 197) ein vit. S. Porphyr. Gaz. 40 = Abh. Akad. Berl. 1874, 

speciell.kaiserlichesHof '-Amphitheater bezeichnen. 190), mit vollero Titel Comes et castrensis sacri 

In unmittelbarer Nahe befand sich der grosse palatii (Cod. Theod. VI 30, 12. 32, 1. 2. X 14, 

Zwinger fur wilde Tiere (Vivarium, s. d.). Vgl. 1. Not. Dign. Occ. XV I), ein hoher kaiserlicher 

Canina Edif. di Roma IV tab. 178. 179 (un- Hofbeamter, zuerst nachweisbar im J. 319 (Cod. 
genau). Reber Ruinen Roms 533—535. Jordan 40 Theod. VI 35, 3; die Datierung von Cod. Theod. 

Top. II 129. Lanciani Ruins and excavations X 14, 1 ist falsch), aber jedenfalls schon durch 

of Rome (1897) 386. [Hiilsen.] Diocletian eingesetzt. Denn seit dieser an Stelle 

Castrensia bona waren die Vermogensstticke, der festen Residenz in Rom ein immer umher- 
die ein Haussohn in Folge seines Kriegsdienstes ziehendes Hoflager gesetzt hatte (Seeck Gesch. 
erwarb. Ihre Auszeichmtng hangt mit den Vor- d. Untergangs d. antiken Welt I 21), bedurfte er 
ziigen zusammen, die das kaiserliche Rom dem eines standigen Quartiermachers. um an den vielen 
Soldatenstande gewahrte , vgl. Iuven. XVI und kleinen Ortschaften, die zeitweilig beriihrt werden 
zu Dig. XLIX 17, 13 Leonhard Inst. 325, 1. mussten, fur die Unterkunft des Herrschers und 
Die Kaiser gaben den Soldaten, spaterhin sogar seines Gefolges zu sorgen. Dies ist die Aufgabe 
den Veterani das Recht, ohne Rucksicht auf ihren 50 des C. , der daher auch von dem Lager seinen 
Gewalthaber iiber den Militarerwerb letztwillige Namen fiihrt. Die Obliegenheiten seiner Sub- 
Bestimmungen zu treffen (Ulp. XX 10. Inst. II alternen , der Castrensiani (Cod. Theod. VI 32. 
12 pr.), daher ihnen auch schon bei Lebzeiten Cod. lust. XII 25), beziehen sich ausschliesslich 
die unbeschrankte Verfiigung dariiber zufiel. Hatte auf Wohnung und Nahrung des Kaisers (Coripp. 
der Haussohn von seinem Rechte der letztwilligen laud. lust. Ill 215 — 218), weshalb sie auch von 
Verfiigung keinen Gebrauch gemacht, so fiel das Ammianus Marcellinus (XXVI 8, 5) ventris mi- 
Gut bei seinem Tode an seinen Hausvater (nach nistri et gutturis genannt werden. Dem ent- 
Inst. II 12 pr. freilich nur nullis liberis vel fra- sprechend zeigen die Insignien des C. in der No- 
tribus super stitibus), jedoch nicht als Erbschaft, titia dignitatum (Or. 17; Occ. 15) Weinkriige und 
sondern iure peeuli, d. h. wie ein dem Sohne an- 60 Tische , die mit Broten bedeckt sind. Als seine 
vertrautes vaterliches Gut. Dig. XLIX 17 de Untergebenen werden hier aufgezahlt: 
eastr. pee. frg. 2. 9. 17 pr. 19, 1 — 3. Daher 1) Die Paedagogia, d. h. Abteilungen jugend- 
hiessen die bona castrensia peeulium castrense, licher Diener (paedagogianus puer Amm. XXVI 
ein Name, der vollig unpassend wurde, als die 6, 15; adultus quidam ex Us, quos paedagogia- 
Novelle 118 den Nachlass des Hauskindes den nos appellant Amm. XXIX 3, 3; vgl. Cod. Theod. 
allgemeinenBeerbungsgrundsatzenunterwarf; vgl. VIII 7, 5), wie man sie zum Weinschenken, zum 
auch Theoph. par. II 12 pr. Schon Inst. II 12 pr. Auftragen der Speisen u. dergl. verwendete (Dig. 
bezeichnet dieses pecidium als proprium fdii, XXXIII 7, 12 § 32). 



1775 Castrensis militia Castricius 1776 

2) Ministeriales dominiei (vgl. Cod. Theod. weisbares, aber auch fur Agypten vorauszusetzen- 
VIII 7, 5) , worunter wohl die Koche , Backer, des Mass. Es hatte unter sich 24 syrische oder 
Tafeldecker, Vorschneider u. s. w. zu verstehen alexandrinische Sextare, deren jeder li/ 3 rOmische 
sind (Amm. XV 3, 4: minister triclinii. Hist. Sextare Melt. Bei Epiphanios (deLagardeSymm. 
Aug. Alex. 41, 3: pistores et pineernae et omnes II 193) ist fur diesen Sextar noch der Name xa- 
eastrenses ministri). oTgrjoios %iexr)? erhalten und damit dessen Zu- 

3) Curae palatiorum , die Bail mid Bepara- gehorigkeit zum castrensis modius erwiesen. Gro- 
turen der kaiserlichen Wohnungen zu leiten hatten mat. I 354 Lachmann. Metrol. script. II 126, 3. 
(s. Cura palatii). Wegen seiner Aufsicht uber 7. 246. MommsenBer. Gesellsch. der Wissensch. 
die Palaste gehOrt der C. zu denjenigen, welche 10 Leipzig 1851, 58ff. Hultsch Metrol. 2 413. 575. 
kaiserliche Schenkungen zur Ausfuhrung bringen 629 ; Jahrb. f. Philol. 1895, 83ff. Da auf das 
(Cod. Theod. X 14, 1). Derm soweit diese Im- rOmiscbe Iugerum eine Aussaat von 6 Modien (Cic. 
mobilien umfassen, konnen sie auch die Palatia in Verr. Ill 112), mithin auf 1/3 Iugerum 1 eastr. 
mitbetreffen. mod. als Aussaat gerechnet wurden, so hiess bei 

Sein Officium bilden ausser den iiblichen Ap- den romischen Gromatikern kastrensis modius 

paritoren namentlich ein Tabularius des Kaisers auch ein Ackermass im Betrage von 1/3 Iugerum. 

und einer der Kaiserin, die wahrscheinlich die In der Provinz Agypten erscheint dasselbe etwa 

Bechnungen des Haushaltes zu fuhren hatten. seit dem 3. Jhdt. n. Chr. als anoqifios fiodiog. 

Da der C. in nahe Beriihrung mit den kaiser- Heronis geom. 48, 30 Hultsch. Metrol. script. I 
lichen Frauen kam, wurden fur dieses Amt mit- 20 38ff. 46. 190f. II 154. Hultsch Metrologie 616. 

unter, wenn nicht gar vorzugsweise , Eunuchen [Hultsch.] 

ver'wendet; z. B. bekleidete es Amantius (s. Bd. I Castriani, Castriciani s. Castellan i. 

S. 1725 Nr. 3) am Hofe des Arcadius (Marc. diac. Castricius. 1) Verfasser einer Schrift uber 

vit. S. Porphyr. Gaz. 40 = Abh. Akad. Berl. 1874, Gartenbau (xr\novQixa) , Quelle des Plin. n. h. 

190). Gleichwohl besitzt der C. proconsularischen ind. 1. XIX. Vielleicht ist er der C. Castricius 

Bang und fuhrt dem entsprechend , seit Valen- T. f. Calvus, der sich als emeritierter Militar- 

tinian I. die Bangklassen geschaffen hatte, den tribun mit grossem Eifer, wie es scheint, der 

Titel vir spectabilis (Cod. Theod. VI 32, 1. 2. Landwirtschaft widmete, CIL XI 600 (Forum 

Not. dign. Or. 17 ; Occ. 15, wo er den Proconsuln Livi). Ein Freigelassener C. Castricius C. 1. 
vorangeht). Von dem grossen Einfiuss, den er zu 30 Hermes, CIL X 1403 g. 

besitzen pflegte, geben so wohl die Bolle, welche 2) Castricius, verrat dem Augustus die Ver- 

Amantius gespielt hat, als auch die Briefe des schwOrung des Licinius Murena und Fannius 

Libanios an den C. Mygdonios (ep. 471. 518; Caepio im J. 732 = 22 und wird deshalb spater 

vgl. Cod. Theod. X 14, 1) deutlich Kunde. als Angeklagter von Augustus gerettet. Suet. 

Die Castrensiani wurden anfangs vielleicht Aug. 56. Vielleicht identisch mit A. Castricius 

durch den C. selbst erwahlt ; aber da der Zudrang Myrio (Nr. 9). 

ein so grosser war, dass immer eine Anzahl super- 3) Gastrfieius?], [procurator] provinciae 

numerarii darauf wartete, unter die fest Ange- Africae. CIL XII 671. [Stein.] 

stellten (statuti) einzuriicken (Cod. Theod. VI 32, 4) Comes rei militaris per Isauriam, bekampft 
2) , so machte 390 der Kaiser die Aufnahme in 40 im J. 353 die Baubzuge der Isaurer, Amm. XIV 

die Officia von einem allerhOchsten Anstellungs- 2, 14. [Seeck.] 

decret abhangig (Cod. Theod. VI 30, 12). Bald 5) M. Castricius, oberster Magistrat von Pla- 

darauf (416) wurde verfiigt, dass, wer in diesem centia, leistete 669 = 85 den Anordnungen des 

Dienst die hechste Staffel erreicht habe. nach demokratischen Consuls Cn. Papirius Carbo un- 

zwei Jahren abdanken miisse, um den Nachrucken- erschrockenen Widerstand (Val. Max. VI 2, 10). 

den Platz zu machen (Cod. Theod. VI 32, 1). 6) M. Castricius, romischer Kaufmann 682 = 72 

Innerhalb der Castrensiani gab es drei Rangstufen, in Sicilien (Cic. Verr. Ill 185), vielleicht der 

die prima, seeunda und tertia forma, in deren C., der spater in Asien thatig war und dort 

unterste man eintrat, um dann nach dem Dienst- nicht lange vor 695 = 59 starb (Cic. Flacc. 54. 
alter aufzuriicken (Cod. Theod. VI 32, 2); Die 50 75). Ein anderer C. wird spater noch in Briefen 

Untergebenen des C. werden zu den officia pa- Ciceros (ad Att. XII 28, 3. 30, 2 im J. 709 

latina gerechnet (Cod. Theod. XII 1 , 38) und = 45) erwannt. [Miinzer.] 

nahmen an den Privilegien derselben teil (Cod. 7) T. Castricius, einer der angesehensten und 

Theod. VI 35, 3. 7. VIII 7, 5). Nach einem Ge- einfiussreichsten romischen Lehrer der Bhetorik, 

setze Leos soil nicht, wie es friiher wohl der Fall lebte unter Hadrian, der ihn wegen seines Charak- 

war, der C, sondern nur der Magister officiorum ters und wegen seiner Bildung sehr hoch schatzte 

die Gerichtsbarkeit fiber sie ausuben. Cod. lust. (Gell. XIII 22, 1). Fronto erwahnt ihn ep.ad 

XII 25, 3. 4. [Seeck.] am. II 2 in einer Weise, die auf ein engeres Ver- 

Castrensis militia s. Limitanei. haltnis zwischen beiden schliessen lasst (auch im 

Castrensis modins, gewohnlich kastrensis 60 Index epistularum ad Antoninum Pium p. 163 

modius geschrieben , hiess ein Mass im Betrage Nab. wird er von Fronto G. noster genannt). Gel- 

von 2 romischen Modien = i/ 3 attischer oder sicili- lius bekennt sich als seinen Schiller (XII 22, 1) 

scher Medimnos = 17,5 Liter. Der Name des und erzahlt I 6, 4—6. II 27. XI 13 und XIII 22 

Masses weist darauf hin, dass es bei Verteilung eine Beihe von Ausserungen des C, aus denen 

der Bationen in den romischen Lagern angewendet hervorzugehen scheint, dass C. ein scharfer Denker 

wurde; seinem Ursprunge nach aber war es ein und Beurteiler, so wie ein eifriger Anhanger alt- 

in den estlichen Provinzen verbreitetes, als Kol- rSmischen "VVesens war. [Gensel.] 

lathon in Syrien und als Modios in Pontos nach- 8) Castricius Firmus, HOrer des Philosophen 



1777 Castricus Castulo 1778 

Plotinus, Mitschiiler des Porphyrius (Porph. v. guntur, quo mulieres nunc et eo magis utuntur, 

Plot. 2), der ihm seine Schrift de abstinentia postquam subueulis desierunt. Doch ist wahr- 

(itsgl &no%fjs s[ty>vx<ov) widmet (de abst. 1 1. II mit Quicherat und L. Miiller caltula (s. d.) 

1. Ill 1. IV 1). Er lebte urn 269 n. Chr. in zu lesen. [Mau.] 

Rom (Porph. v. Plot. 2). Castulo, Stadt der Oretaner in Hispania ci- 

9) A. Castricius Myrio, Talenti f(ilius), tr(i- terior. Das grosse Waldgebirge von C, der sal- 
bunus) mil(itumj, praef(eetus) eq(uitum) et elas- tus Gastulonemis, die Sierra de Segura, das un- 
sis, magfisterj collegfiorum) Lupereor(um) et wirtliche Gebiet westlich von Neukarthago, bildet 
Capitolinorfum) et MereurialfiumJ et pagano- seit alter Zeit mehr wie der Hiberus die Grenze 
r(um) Aventinfensium) , XXVIvir , CIL XIV 10 zwischen dem Nordosten und dem Sudwesten der 
2105. Die Bekleidung des Vigintisexvirats weist Halbinsel; die Stadt (urbs valida ae nobilis), 
auf den Beginn der augusteischen Zeit hin ; vgl. von der es seinen Namen fuhrt, ist wohl die am 
Mommsen St.-B. lis 593, 2; CIL I p. 186. 206. friihesten genannte des Binnenlandes am oberen 
Dass er als Sohn eines Peregrinen die fur Bitter Lauf des Baetis. Hamilkar wird sie den Kar- 
und angehende Senatoren iiblichen Stellungen be- thagern gewonnen haben ; der junge Hannibal 
kleidete, scheint er der Gunst des Kaisers ver- soil ein Weib von dort, also sicher aus dem 
dankt zu haben. Es liegt daher vielleicht nahe, Kflnigsgeschlecht, heimgefuhrt haben (Liv. XXIV 
ihn mit dem bei Sueton (Aug. 56) erwahnten C. 41, 7), das nur bei Silius Imilce heisst (III 98. 
(Nr. 2) zu identificieren. Vgl. Gardthausen 106). P. und Cn. Scipio dringen schon im J. 537 
Augustus II 1, 218, 61, wo auch andere Castricii 20 = 217 v. Chr. bis zum Wald von C. vor (Liv. 
aus der Zeit des Augustus und des Tiberius an- XXII 20, 12); einige Jahre spater (540 = 214) 
gegeben sind. geht die Stadt zu den Romern fiber (Liv. XXIV 

10) Castricius Proculus, Praefectus castrorum 41, 7. Appian. Hisp. 16), fallt aber nach dem 
der legio XXII Deiotariana in Alexandreia, CIL Untergang der Scipionen wieder den Karthagern 
III 6023 a. Vor Traian, unter dem die genannte zu (Liv. XXVIII 19, 1. 2). Eines der karthagi- 
Legion aufhOrte; vgl. CIL VI 8631. 14566. schen Heere unter Mago uberwinterte dort, als 

[Stein.] der junge P. Scipio nach Hispanien gekommen 

11) Castricia, Prau des Saturninus, der im war (Liv. XXVI 20, 6). Scipio aber dringt bis 
Orient Magister militum und Consul des J. 383 dahin vor (Polyb. X 38, 7. Appian. Hisp. 32, der 
war. Sie stand in nahen Beziehungen zur Kaiserin 30 die unmoglichen Pormen KdoxaS und KaoxaxaXoi 
Eudoxia und wirkte als Witwe 404 zur Verbannung gebraucht, danach Steph. Byz. s. v.), und siegt 
des Johannes Chrysostomos mit, Pallad. dial. 4 nicht weit davon bei Baecula (s. d., Polyb. XI 
= Migne Gr. 47, 16. [Seeck.] 20, 5. Liv. XXVII 20, 3. XXVIII 13, 4). Zwist 

Castricus, Dichter und Preund Martials, wohl- zwischen den Iberern und Puniern liefert ihm 

habend. Mart. VI 43. 68. VII 4. 37. 42. dann (548 = 206) die Stadt aus (Liv. XXVIII 

[Groag.] 20, 8 — 12). Seitdem ist C. eine Stadt von massi- 

Castrimoenium (Lib. colon. 233; Einw. Co- ger Bedeutung — der junge Sertorius schiitzt 

strimoeniensis Plin. Ill 63. CIL XIV 2469. sie erfolgreich als Tribun (Plut. Sertor. 3) — , 

2473. 2474) , Ort in Latium , vielleicht in spat- bleibt aber, wohl hauptsachlich wegen seiner Berg- 
republicanischerZeit an Stelle des untergegangenen 40 werke, ein Mittelpunkt des Verkehrs mit der ibe- 

Ortesder Af«wje»ses(Plin.III66)gegrundet,lagin rischen BevOlkerung, zumal der Baetis bis dahin 

der Nahe von Marino, auf einem wenig nordwest- schiffbar war (Strab. Ill 142). Denn ungemein 

lich sich erhebenden Hugel, der im Mittelalter zahlreiche Kupfermiinzen (As, Semis, Quadraus), 

das Castel de' Paoli trug. In der Kaiserzeit war mit den Typen der schreitenden Sphinx oder des 

C. municipium. Ein Thor, porta Mediana, ge- Stiers und Ebers, tragen die iberische Aufschrift 

nannt CIL XIV 2466. Lateinische Inschriften eSthle — die altesten noch nach phoinikischer 

aus C. CIL XIV 2454—2459. 4228. Vgl. Nibby Weise riicklauflg — , die jiingeren bilinguen da- 

Dintorni di Bonia II 314-320. Tomassetti Delia neben lateinische Magistratsnamen, die jiingsten 

Campagna romana II (Via Latina, 1886) 91—94. die lateinische Aufschrift Castulo und iberische 

[Hiilsen.] 50 Namen in lateinischer Schrift (Mon. ling. Iber. 

Castrin, Ort in Persarmenia, nahe an Ciinmir nr. 118). Die von Polybios und Strabon (nach 

und Osmot, Geogr. Rav. p. 73, 2. [Tomaschek.] Poseidonios. dem auch Plutarch folgt) gebrauch- 

Castrius. Castrius Cinna, Procurator duce- ten Formen Kaaralmv (so auch Artemidor nach 

narius (wahrscheinlich rationis privatae in Asien), Steph. Byz. s. v.) und KaarXcbv kommen der ein- 

Revue archeol. II. serie XXVIII (1874) 109 (Milet). heimischen naher; Castulo (KaaxovXmv Strab. Ill 

[Stein.] 152; Kaoxolmv Appian. Hisp. 16) ist die romische 

Castrorum metator bei Cic. Phil. XI 12 (vgl. Schreibung, sie gait bei den Grammatikern als 

XIV 10) ist kein militarisches Amt, sondern eine Verlangerung (Prise. VI 14 p. 206 H.) ; iberisch 

witzige Dmschreibung fur die Centurionen, denen ist auch die auf der dort gefundenen Grabschrift 
seit alters die Aufgabe zufallt , das Lager abzu- 60 eines Preigelassenen aus dem scipionischen Hause 

stecken (Polyb. VI 41,1. Caes. b. G. II 17, 1. P. Cornelius P. 1. Diphilus gebrauchte Form eastlo- 

Frontin. strat. II 7, 12. Veget. II 7). sale (CIL II 3291= Mon. ling. Iber. nr. XLV). 

[v. Domaszewski.] Noch eine andere altertiimliche halbiberische In- 

Castula. Nach Lesart der Hss. sagt Varro schrift ist in der Nahe gefunden worden (CIL II 

bei Non. 548, 29, dass C. ein kurzes , von den 3302 = Mon. ling. Iber. nr. XLIV). Von den Silber- 

Frauen nach Art einer Schnurbrust auf blossem und Bleibergwerken von C. spricht Strabon (III 

Leibegetragenes Kleidungsstiick sei: palliolum 148 nach Polybios und wohl auch Poseidonios): 

praeeinctui, quod nudae infra papillas praecin- es wurde dort in spaterer Zeit besonders Blei ge- 



1779 Castulo Casuentini 1780 

wonnen, dem nur so wenig Silber beigemischt Rav. 315, 14) und eine nach Malaca (Itin. Ant. 

war, class es nicht lohnte es auszuscheiden ; doch 404, 2); eine vierte, quae per Castulonensem sal- 

ist damit wohl der Geschlechtsname der Argen- turn Sisaponem dueebat, ist nur inschriftlich er- 

tarii in C. zu verbinden (CIL II 3283), mit denen wahnt (CIL II 3270; vgl. CIL II 4932 p. 653). 

das Haus des Seneca in Corduba zusammenhing. Christliche Altertttmer sind bis jetzt aus C. nicht 

Ein Silbergefass voll Denaren stammt aus C. (Mon. zum Vorschein gekommen. [Hiibner.] 

ling. Iber. nr. XLI, vgl. p. 7). Bleibarren mit romi- Castus. 1) Sclavenname, wohl nicht romisch, 

scher Aufschrift sind dort ebenfalls gefunden wor- sondern keltisch; vgl. Cannicus. [Munzer.] 
den (CIL II 6247, 2). Daher suchte die altere 2) S. Pulvius, Iulius, Marius, Tineius, 

halbmythische tjberlieferung in seiner Nahe den 10 Valerius. [Stein.] 

Silberberg, aus dem der Baetis entspringen sollte 3) Casta, Gattin des Caecilius Classicus, gleich 

(Avien. or. mar. 291. Strab. Ill 148); und grie- diesemvonPliniusangeklagtJedochfreigesprochen. 

chische Gelehrte, wie Asklepiades von Myrlea, Plin. epist. Ill 9, 19. 29. 34. [Groag.] 

fabelten von der Herkunft vom kastalischen Quell 4) Castus (Gen. castus) oder oastum (Fest. 

(wie Sil. Ill 97ff. 391 ausfiihrt). Auf der Karte p. 154. Tert. de ieiun. 16) bezeichnet im sacralen 

des Agrippa war die Lange Baeticas von C. aus Sinne zunachst allgemein Enthaltung von Ge- 

gemessen (Plin. Ill 17. 29. Martian. Capella VI niissen aus religiosen Grunden (Naev. bell. Pun. 

631. 633): damals gait es als ungefahre Grenze frg. 30 Baehr. bei Non. p. 197, 16 res divas 

der Citerior (Strab. Ill 166. Caes. b. c. I 38 a edicit, praedicit eastus. Varro ebd. et religiones 
saltu Castulonensi), wahrend spater der Ianus- 20 et eastus id possunt, ut ex periculo eripiant nos. 

bogen auf der Baetisbriicke westlich davon die Gell. X 15, 1 eaerimoniae impositae flamini 

Grenze bilaete (s. Baetis). Doch fuhrte die Diali multae, item eastus multipliees), dann mit 

Strasse von den Pyrenaeen her durch C. nach specieller Beschrankung auf die recipierten Fremd- 

Baetica und weiter (Strab. Ill 160). Die Stadt culte (Varro rer. divin. 1. I bei Non. a. a. O. 

wird zum Gebiet der Oretaner gerechnet (Strab. nostra ritu sunt faeienda eivi libentius quam 

III 152. Ptolem. II 6, 58) nnd gehOrte nach den [so L. Miiller, quam his eivilibus oder quam 

Listen des Agrippa zu den oppida Latii veteris soivilibus Hss.] graeco eastu) die Enthaltung vom 

im Gerichtsbezirk von Carthago nova mit dem Genusse des Brotes (temperatus ab alimonio pa- 

Beinamen Caesarifni] Iuvenales (Plin. Ill 25); nis, eui rei dedistis nomen castus Arnob. V 16). 
eine municipale chors Servia luvenalis (CIL II 30 Bezeugt sind solche C. fur den Cult der Ceres 

3272) scheint denselben Namen zu fiihren. Der durch Fest. p. 154 minuitur luetus . . . cum in 

alte Name ist in der Kapelle S. Maria de Caz- easto Cereris est (die Auffuhrung dieses C. unter 

lona sowie in dem Wirtshaus und der Miihle den Fallen des luetus minutus weist darauf hin, 

gleiches Namens erhalten (las Ventas und el dass damit das sacrum anniversarium Cereris 

Molino de Cazlona). Eine Untersuchung fiber im August gemeint ist, von dem Liv. XXII 56, 

Umfang und Befestigung der alten Stadt fehlt, 4 sagt quia nee lugentibus id facere est fas; 

die Steine ihrer'Bauten, Mauern, Theater, Circus, ob sich die archaische Inschrift einer Bronzetafel 

Thermen sind vielfach in der nahen Bergmann- CIL I 811 = VI 87 [GJereres ca ■ . darauf be- 

stadt Linares verwendet worden (CIL II p. 440. zieht, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden), 
949). Die Ausfuhr der Metalle erfolgte von alters 40 ausserdem filr den der Isis (Tert. de ieiun. 16 

her wohl hauptsachlich zu Schiff auf dem Baetis. tu nostris xerophagiis blasphemias ingerens easto 

Auch verschiedene Kunstwerke, teilweis von ein- Isidis et Cybeles eas adaequas) und der Magna 

heimischer Arbeit, haben sich gefunden, z. B. ein mater (Tertull. Arnob. aa. 00.). Angesichts dieser 

silbernes Gefass in Form eines pileus mit iberi- durch Varro bezeugten und durch die sicheren 

scher Aufschrift, das jenen Schatz von 683 Silber- Beispiele bestatigten Beschrankung des Brauches 

denaren enthielt (Mon. ling. Iber. nr. XLI). Die auf die auswartigen Gottheiten scheint es un- 

Inschriften, die den Nanien der Stadt otter nennen mOglich, die vielumstrittene Inschrift eines Bronze- 

(CII, II 2641. 3270. 3272. 3278. 4209), zeigen plattchens CIL I 813 = VI 357 Iunone Loueinai 

die gewohnliche Verfassung der municipia Latina, Diovis castud faeitud auf einen eastus lunonis 
Duovirn, den ordo und die iiblichen Priestertiimer, 50 zu beziehen, wie dies neuerdings nach Bitschl 

famines und flaminicae, die auch in Tarraco wieder C. Pascal Hermes XXX 548ff. = Studii 

die Stadt vertraten (CIL II 4209) ; auch einige di antichita e mitologia (Milano 1896) 209ff. ver- 

Statuen von Kaisern des 1. Jhdts. — unter Clau- sucht hat. [Wissowa.] 

dius ist ein offentliches Bauwerk errichtet worden Casualis, Beiname der Fortuna auf einer In- 

(CIL II 3269) — nebst solchen von kaiserlichen schrift aus Eszeg (Pann. inf.) , CIL III Suppl, 

Finanzbeamten und Soldaten sind darunter. Die 10265 = Ephem. epigr. II 580 Fortunafe] Ca- 

Grabschriften gehOren teilweis noch dem 1. Jhdt. sual[ij Ael.Balbin[us] tes[ser]ar(ius) v.s.[l.]m. 
an ; eine Anzahl von Cornelii, die darin vorkommen, [Ihm.] 

gehen wahrscheinlich auf die Clientel der Scipio- Casuari s. Chasuarii. 

nen zuriick (CIL II Index p. 1142). Die Stadt 60 Casnaria, Ort in Gallia Narbonensis an der 

scheint mit Corduba und anderen Stadten jener Strasse zwischen Darantasia und Genava, Itin. 

Gegend in naher Verbindung gestanden zu haben, Ant. 347 (Var. Cauaria, Causuaria, Ganaria). 
wie gemeinsam bekleidete Priestertiimer andeuten [Ihrn.] 

(CIL II 3270. 3278). Sie lag an der grossen Casuentini, Bewohner einer Stadt in Um- 

Strasse von den Pyrenaeen nach Gades und dem brien, nur genannt bei Plin. Ill 113 (wo die Hss. 

Ocean (Strab. Ill 160. Itin. Ant. 396, 4. 402, 5); Casuentillani) und auf der Inschrift von Terni 

ausserdem gab es zwei verschiedene Strassen von Grut. 411, 3 = CIL XI 4209, wo ein patronus 

C. nach Corduba (Itin. Ant. 402, 6. 403, 4. Geogr. municipi Interamnat. Nahart. Gasuentinorum 



1781 Casuentus Catacumbae 1782 

Vindenatium vorkommt. Aber der Artikel Casen- bonitarum et Seenitarum Arabum vocatur, ste- 

tium im Lib. colon, der schlechteren Recension rilis etc. wie Sprenger (Alte Geogr. 399) vor- 

(Gromat. 1 231 Lachm.) hat schwerlich mit den schlagt ilia (far et) Esbonitarum etc. gelesen 

C. etwas zu thun, sondern ist falsche Wieder- werden. Dasselbe Volk darf man wohl auch Plin. 

holung des Artikels Asetium. Vgl. Mommsen VI 153 erkennen in Catabani (Detlefsen Ka- 

Grom. II 186. [Hiilsen.] tapani), welches neben Larendani et Oebbanitae 

Casuentus (Plin. Ill 97), Fluss in Lucanien, angefiihrt wird. In der sabaeischen Inschrift 

entspringt slidlich vom Vultur, fliesst bei Potentia heisst das Volk prp (Hal. 233, 2. 504, 15). 
voriiber und fallt bei Metapont in den tarentischen [D. H. Miiller.] 

Meerbusen. Jetzt Basiento , schon bei Guido 10 Catabitanuin (oppidum), in Mauretania Cae- 

p. 470 P.: Basentius deflmis et omni gravitate sariensis (Not. episc. Maur. Caes. nr. 97, in Halms 

feeundus, propter quod Graeee Basintos quasi Victor Vitensis p. 70). [Dessau.] 

badixon sintomos appellatur. [Hiilsen.] Catabolenses, eine staatlich organisierte Ge- 

Casulae Carianenses s. Carianense (op- nossenschaft, die in der Stadt Rom vom 4. bis 

pidum). zum 6. Jhdt. nachweisbar ist und wahrscheinlich 

Casulls Martis, Ortsname aus der Gegend dem Verpflegungswesen diente, da sie in der Uber- 

von Reate, bei Guido 54 p. 491 P. ; unsicher, ob schrift zu Cod. Theod. XIV 3 mit den Backern 

zu verbinden. Lage ungewiss. [Hiilsen.] zusammen genannt werden. Gothofredus zu 

Casurgis (Kaooveyis), Stadt im inneren Ger- Cod. Theod. XIV 3, 9. 10 will darin die Auflader 
manien, angeblich Caslau, Ptol. II 11, 14 (mit 20 erkennen. Dazu passt es, dass Konig Theoderich 

der Anmerk. von C. Miiller). [Ihm.l sie mit der Ubersendung von Marmor aus Rom nach 

Casus bedeutet im Privatrechte sowohl den Ravenna beauftragt und jeden C. mit schwerer 

Pall (z. B. Dig. I 3, 4. XXVIII 6, 4, 1. Inst. IV Strafe bedroht, der ein Beipferd der kaiserlichen 

6, 2), als auch den Unfall (Dig. II 13, 6, 9), als Post mit mehr als 100 Pfund belastet (Cassiod. 

insbesondere den Zufall im Gegensatze zur Schuld, var. Ill 10, 2. IV 47, 5). Doch andererseits wird 

vgl. namentlich Dig. II 13, 7 pr., wo der casus von den Freigelassenen , die nach einer Verord- 

maior als casus, cui ignosei debeat, dem ver- nung Valentinians I. dem Corpus zugewiesen wer- 

schuldeten Unfalle entgegengesetzt wird, Dig. XIII den sollen , ein gewisser Besitz , mindestens im 

6, 18 pr. ut tantum eos casus non praestet, qui- Werte von 30 Pfund Silber (= 1900 Mark), ver-- 
bus resisti non possit, d. h. der nicht vermieden 30 langt (Cod. Theod. a. O.), wonach es scheint, dass 

werden konnte oder nicht vermieden zu werden nicht nur grobe Handarbeit, sondern auch eine 

brauchte, s. auch Vis maior. In einem weitern VermOgensleistung von ihnen beansprucht wurde. 

Sinne bezeichnet C. den Gegensatz zur vorsatz- CIL VIII 2403, 33. 34 ist die Abkiirzung EXCT 

lichen Schadigung, umfasst also auch die culpa, wohl ex curatore, nicht ex catabolensi aufzulosen. 
s. Dolus und Culpa. Dig. XXXVIII 19, 11,2 [Seeck.] 

delinquitur . . . casu . . , cum in venando telum Catabolon, Ort in Burgundia, Geogr. Rav. 

in feram missum hominem interfeeit. Zuweilen IV 26 p. 238. [Ihm.] 

deutet auch C. auf jedes Ereignis hin, das nicht Catabulum {xaxa.fioi.ov) in Rom, die Central- 

in einer menschlichen ThMigkeit besteht. Dig. stelle des cursus publicus, ein grosser Posthof 
XL 5, 33, 1 nee refert in dando aut in faciendo 40 mit Stallungen , gelegen an der Via Lata nicht 

an in aliquo easu condieio consistat. Diese Be- weit von ihrem siidlichen Ende (Liber pontif. 

deutung war auf die Behandlung der Culpa vita Marcelli I 164 ed. Duchesne] ; der Name 

nicht ohne Einfluss, s. Culpa; vgl. auch XII stamrot davon, dass die aus dem Orient kommen- 

tab. VIH 24 a Si telum -manu fugit magis quam den Waren (anabolieae species) hier abgeladen 

iecit, aries subicitur (Bruns Fontes 33. Cic. wurden, um in den gegeniiberliegenden Bazaren der 

top. 64). Saepta verkauft zu werden. Vgl. Lanciani Mo- 

Litteratur: s. die bei Culpa Angefiihrten, numenti antichi dei Lincei I 469. Rostowzew 

ausserdem Karlowa Rom. Rechtsgeschichte II Rom. Mitt. 1896, 321. [Hiilsen.] 

829ff. M. Rum el in Der Zufall im Recht (Frei- Cataces, Volk in Arachosia oder bei den Pa- 

burg u. Leipzig 1896) 20, 27, und tiber den casus 50 ropanisadai gegen den Indus hin, Plin. VI 92; 

unus in Instit. IV 6, 2, der der Gegenstand vieler Catacae der Tab. Pent. Die heutigen Khattak- 

Zweifel geworden ist, Dernburg Pandekten-' I Afghanen, welche jetzt am westlichen Indusufer 

530§224,9. WindscheidPand.7I586§196,5. zwischen dem Kabul-rud und der Salzkette von 

[Leonhard.] Kalabagh wohnen, gleichen mit ihrer dunklen 

Casyponis, Stadt Kilikiens, Plin. n. h. V 91. Complexion, sowie in Sitten und Kleidung unter 

Cramer Asia minor II 364 liest Cassipolis und alien Afghanen am meisten den Indern; vgl. 

bringt es mit Cassius in Verbindung. [Ruge.] Elphinstone Kabulistan, iibers. von Riihs II 

Catabanes, Var. Cattabanes (Plin. V 65), ein 60f. [Tomaschek.] 

Volk, welches nach Ptolem. VI 7, 24 (Kotrofiavoi Catacumbae oder ad Catacumbas heisst im 

Var. KaTtaf3avoi), zwischen der Weihrauchregion 60 4. Jhdt. und wahrscheinlich schon friiher die Gegend 

und dem heiligen Oman wohnte. Als Weihrauch- zwischen dem zweiten und dritten Meilenstein der 

land wird es auch von Eratosthenes bei Strab. XVI Via Appia, wo sich die Strasse von der Basilica 

768 (KazTafiavia) und von Theophrast. hist, plant. S. Sebastiani senkt und dann zum Monument der 

IX 4, 2 (KixifSaiva 1. Kmpavta) bezeichnet. Dem- Caecilia Metella ansteigt. Die Ableitung des Na- 

nach muss an der angefiihrten Stelle des Plinius: mens ist dunkel; von den neuerdings aufgestellten 

Ultra Pelusiacum Arabia est, ad Rubrum mare Etymologien (man hat den zweiten Bestandteil 

pertinens et odoriferam illam ac divitem et beatae mit cubare oder mit xvuflri, Schlucht, Hohle, oder 

cognomine inclutam. Haec Cattabanum et Es- mit tumba, Grab, in Verbindung bringen wollen ; 



1783 Catada Catania 1784 

vgl. V. Schultze Die Katakomben 39) befriedigt Taurisci appellati, nunc Noriei. Auf dem Decret 

keine, und die einzige aus dem christlichen Alter- von Tergeste (aus der Zeit des Antoninus Pius) 

turn iiberlieferte (histor. translationis S. Sebastiani CIL V 532 col. 2 heisst es Garni Catalique at- 

c. 6 : loco qui ob stationem navium Catacumbas tributi a divo Augusto rei publicae nostras, 

dicebatur) widerstreitet der Natur der Ortlich- Mommsen CIL V p. 53. flhm.] 

keit. Genannt wird der Circus des Maxentius Catalogus Felicianus, die Urschrift des liber 

in eateeumbas (Chronogr. a. 354 in Chron. minora pontificalia , jenes fur die Geschichte der romi- 

ed. Mommsen 1 148), sowie die Basilika des heiligen schen Kirche im Mittelalter hochbedeutsamen Ver- 

Sebastian mit dem Grabe der Apostel Petrus und zeichnisses aller Papste von Petrus an, mit mehr 
Paulus in catacumbis oder ad catacumbas (Lib. 10 oder minder ausfuhrlichen Notizen tiber ihr Leben 

pontif. vita Cornelii I 150 ed. Duchesne ; Vita und ihre Amtsthatigkeit. Man nennt die Urschrift, 

Damasi ebd. I 212; vita Xysti ebd. I 234; vita die spater vielfache Portsetzungen erfahren hat, 

Hadriani ebd. I 508 ; vgl. auch Martyrolog. Hieron. c. F., weil sie zweifellos mit der Vita des Papstes 

zum 29. Juni p. 84 ed. de Rossi und Duchesne). Felix IV. (526 — 530) schloss; der Verfasser hatte 

Inschriftlich kommt das Wort nur vor auf dem das Werk wohl bald nach 501 begonnen und die 

aus dem Coemeterium von S. Sebastiano stam- Vitae von Hormisdas f 523, Iohannes I. + 526 und 

menden, jetzt in Mailand befindlichen Stein O r e 1 1 i Felix IV. nachtraglich noch hinzugefugt, den Tod 

4575 (vgl. CIL V 672*, 69). Vgl. fiber das topo- des nachsten Papstes Bonifatius II. f 532 diirfte er 

graphische De Rossi Roma sotteranea I 236f. nicht mehr erlebt haben. Fur die Geschichte des 
III 428, wo weitere Nachweisungen. Flir die 20 4. und 5. Jhdts., vollends fur die Pontificate zwi- 

ausser dem Bahmen dieses Werkes liegende Be- schen 500 und 530 ist das Werk eine wichtige 

handlung der christlichen ,Katakomben' vgl. V. Sammlung sonst verlorener Materialien ; einzelnes 

Schultze a. a. O. und Kraus Real-Encyclo- beruht auch in den fruheren Abschnitten auf guter 

paedie u. d. W. [Hulsen.] Kunde, doch iiberwiegt dort sehr das Fabelhafte. 

Catada (KaraSa noxap-ov Ixfiolai Ptol. IV 3, Von dieser Urschrift ist uns kein Exemplar er- 

7) s. Tunes. halten worden; was man als c. F. citiert, ist ein 

Cataeetae, eine Abteilung der sarmatischen im 6. Jhdt. angefertigter Auszug aus der Ur- 

Tanaitai, Plin. VI 22. [Tomaschek.J schrift, ahnlich wie der eatalogus Cononianus um 

Catafracta, Panzer bei Veget. I 20 u. s., 700 die Urschrift excerpiert hat, nur dass er auch 
dessen Beschaffenheit auf dem Monumente von 30 eine Fortsetzung in ihrem Stil bis auf Papst Co- 
Adam Klissi ersichtlich ist, vgl. Loric a. Danach non f 687 anfiigt. L. Duchesne, der (le Liber 
heissen die Panzerreiter der Perser catafractarii. Pontificalis I 47 — 108) die beste Ausgabe des Ex- 
Vgl. fiber diese Benndorf Denkschriften der cerpts aus cat. Felic. veranstaltet hat, hat eben- 
Wiener Akademie XXVIII 351ff. Becker Grab- dort unter Heranziehung des Cononianus und des 
schrift eines rSmischen Panzerreiterofficiers, Frank- vollstandigen liber Pontificalis eine Restitution 
furt 1868. In das rOmische Heerwesen eingefuhrt der Urschrift unternommen. Hochst wertvoll sind 
durch Hadrian, Orelli 804 = CIL XI 5632. Das auch seine litterargeschichtlichen Untersuchungen 
Relief eines Reiters des numerus katafractario- a. a. O. Proleg. XXXIX — LXVII und schon sein 
rum, Weckerling Paulusmuseum (Worms) II Etude sur le lib. Pont. 1877. Vgl. G. Waitz 
Taf. IV 2. [v. Domaszewski.] 40 tiber d. sog. cat. Felic. der Papste, Neues Archiv 

Catalauni, em erst bei spateren Schriftstellern XI 1886, 217. fjfilicher.] 

genannter gallischer Volkstamm (entstanden aus Catalogus Liberianus, ein mit dem rfimi- 

Gatuvellauni , Catvellauni) mit gleichnamiger schen Bischof Liberius (von 352 an) schliessendes 

Stadt, dem heutigen Chalons-sur-Marne. Hieron. Verzeichnis aller rOmischen Papste, die alteste 

chron. a. Abr. 2289 (274 n. Chr.) apud Cata- Quelle fur das Papstbuch, seinerseits die Fort- 

launos. Eutrop. IX 13 (apud Catalaunos). Amm. setzung eines ursprunglich im J. 235 bei Pontia- 

Marc. XV 11, 10 Seeunda est Belgiea, qua Am- nus endenden Katalogs, uns erhalten als ein Be- 

biani stmt urbs inter alias eminens et Gate- standteil des Chronographen vom J. 354. Die 

launi et Bemi. XXVII 2, 4 prope Catelaunos. beste Ausgabe mit Restitution des ursprilnglichen 
Not. Gall. VI 3 (Belgiea seeunda) Givitas Gata- 50 Wortlauts bei L. Duchesne Le Liber Pontifi- 

launorum (Var. Catuellaunorum). Davon abge- calis I, Paris 1886, 1—9. [Jillicher.] 

leitet Catalaunieus (z. B. Eumen. gratiar. actio Ca.ta.mmtaloe&esreffnuminSequanismultos 

Constantino Aug. 4), Catalaunensis. Der Name annos obtinuerat et a senatu populi ■ Romani 

der Stadt lautet im Itin. Ant. 361 Durocatelau- amieus appellatus erat, gestorben vor 695 = 59 

nos; da Duroeortoro folgt, beruht das Duro- viel- (Caes. b. g. I 3, 4). [Mfinzer.] 

leicht auf einem Schreiberversehen, Desjardins Catamitus = Ganymedes (Fest. ep. 7. 44. 

Table de Peut. 21. Die Zeugnisse vollstandig bei Gloss. Lab. s. v.) gehort zu der Gruppe latini- 

Holder Altcelt. Sprachschatz s. Catwvellauni und sierter griechischer Worte, die wie Aperta-Apollon 

Durocatelauni. Beruhmt sind die campi Cata- u.s.w.vorderlitterarischenFixierungimVolksmund 
launiei (Iordan. Get. 36) durch die morderische 60 eine entstellende Umbildung erfahren haben. Wie 

Schlacht , welche hier die Hunnen unter Attila viele Ausdriicke des mundlichen Verkehrs verdankt 

gegen Agtius verloren. Longnon Geogr. de la es sein litterarisches BtLrgerrecht wahrscheinlich 

Gaule au Vie siecle 404. S. auch Catuvellauni. dem Plautus (Men. 144); seitdem erscheint es 

[Ihm.] ofter, so bei Accius (Ribbeck trag. frg. 653), 

Catall, Volk in Istrien, Plin. n. h. Ill 133 Apuleius (met. XI 8), Lactantius (inst. I 19), als 

incolae Alpium multi populi, sed inlustres a Appellativ = pathicus zuerst bei Cicero (Phil. II 

Pola ad Tergestis regionem Fecusses Subocrini 77). S. Jordan Krit. Beitr. 64ff. [Aust.] 
Gatali Menoncaleni iuxtaque Garnos quondam Catania (Catana) s. Katane. 



1785 Cataquense Catenae 1786 

Cataqueuse (oppidum), in Numidien, Ort, Geriist, auf dem die Sclaven beim Handler zum 

von dem Bischofe im J. 411 (Collat. Carth. c. Verkauf ausgestellt wurden, Tibull. II 3, 60. Pers. 

143, bei Mansi Act coneil. IV 125 = Migne 6, 76. Martial. VI 29, 1. IX 29, 5. X 76, 3. 

Patr. XI 1318; derselbe bei Aug. ep. 97, 3; sein Suet, de gramm. 13, maehinae Q. Cic. de pet. 

donatistischer Gegner Collat. c. 202, bei Mansi cons. 8. Die Handler hatten besondere, nicht 

IV 153 = Migne XI 1341) und im J. 484 ge- jedem zugangliche Gerflste filr besonders wertvolle 

nannt werden (Not. episc. Num. nr. 68, in Halms Sclaven, Mart. IX 59, 5. Mit Unrecht bat man 

Victor Vitensis p. 65 , wo Cethaquensusoa fiber- aus Stat. silv. II 1, 72 non te barbarieae versa- 

liefert ist). [Dessau.] bat turbo catastae geschlossen, die C. sei dreh- 

Catara, 21 Milien von Comana Cappadociae 10 bar gewesen, was an sich sinnlos und unmoglich 

entfernt, Tab. Peut. X 4 (Miller). [Ruge.] gewesen ware, da doch nicht jeder einzelne Sclave 

Cataractonium, Stadt im romischen Britan- auf einer besonderen C. stand; vielmehr bezeich- 

nien, an dem Punkt der grossen romischen Strasse nen jene Worte nur das Gedrange auf der C. 

von Eburacum nach dem Norden, wo sie dstlich Die rgdjie^a Poll. VII 11 und der nQatrjQ Xlftos 

nach Vindobala (s. d.) und westlich nach Lugu- Poll. Ill 78. 126, lapis Plaut. Bacch. 814. Colum. 

vallium zum Wall des Hadrian und weiter nord- III 3, 8. Cic. in Pis. 35, haben mit der C. nichts 

warts flihrt (Itin. Ant. 465, 2 Gataraetoni. 468, 2. gemein , kamen vielmehr nur bei Auctionen zur 

476, 2 Cataractone; Geogr. Rav. 431, 15 Cac- Verwendung. Becker-GOll Gallus II 126. Mar- 

tabactonion). Ptolemaios, der sie den Briganten quardt Privatl.2 171, 11. Daremberg-Saglio 

zuteilt (II 3, 10), hat die Form KaxovQamoviov 20 Diet. d. Ant. I 968. [Mau.] 

(vgl. VIII 3, 8; Syntax. Math. II 6); doch spricht Cateia, nach Serv. Aen. VII 741 eine mit 

auch die tiberlieferung bei Baeda (hist. eccl. II Nageln beschlagene Wurfkeule von einer Bile 

14 vicum Cataractam. 20 Cataraotam. HI 14 Lange, die mit einem Riemen geschleudert in die 

vieo Gataraetone) fur die Form mit a. Den alten Hand des Werfenden zuruckkehrt; vgl. Gell. X 

Namen bewahrt das heutige Catterick mit der 25, 2 (mit den rumpiae zusammengestellt). Isid. 

darnach benannten Briicke iiber die Swale bei orig. XVin 7, 7. Nach dem Vorbilde Vergils Aen. 

Thorn borough in Yorkshire (CIL VII p. 67), wo VII 741 bei Val. Flacc. VI 82. Sil. Ital. HI 277 

ein Altar des deus qui vias et semitas eommen- erwahnt. [v. Domaszewski.] 

tus est, der im J. 191 wiederhergestellt worden Catelanni s. Catalauni. 

ist (CIL VII 271), und einer der Dea Syria (CIL 30 Catelins. C. Catelius Modestinus, frater Ar- 

VII 272) gefunden sind , beide von Beneficiarien valis unter Kaiser Marcus in unbekanntem Jahre, 

des Consulars der Provinz gesetzt. Es muss da- CIL VI 2095 Acta Arvalium. [Groag.] 

nach ein militarisch besetzter Posten gewesen sein. Catella. 1) S. Aelius Nr. 169. 

[Hiibner.] 2) Kettchen. a) Halskette fur Frauen, Hor. ep. 

Catarcludi, Volkerschaft Indiens im heissen 117, 55. Isid. or. XIX 31, 11. b) Militarischer 

Plateaugebiet, wo sich affenabnliche Lebewesen Schmuck, eine als Ehrenzeichen verliehene, an 

mit Menschenantlitz auf Vieren kriechend oder der Schwertscheide getragene silberne Kette, Liv. 

aufrecht mit solcher Behendigkeit vorwarts be- XXXIX 31, 18. Plin. n. h. XXXIII 152. c) Wel- 

wegten, dass man nur bejahrte oder bresthafte chem Zweck die von Cato de agricult. 135, 1 unter 
Exemplare einzufangen im stande war; Ktesias 40 dem Bedarf des Landgutes genannten, inMinturnae 

bei Plin. VII 24, der vielleicht xaxa KoXvfvJd&v zu kaufenden C. dienten, ist unbekannt. [Mau]. 

X(6gav des Originals missverstand. Von diesen Catellius. 1) L. Pompeius Vopiscus C. Ar- 

Satyroi spricht auch Aelian. hist. anim. XVI 21: runtius Catellius Celer s. Arruntius Nr. 15. 

6 8s x<t>8°s xaXsirm vn 'Ivhiav KokovvSa. Ko- 2) Catellius Bufinus, Procurator des Kaisers 

lunda gemahnt an die Kylindrine (s. d.) des Ptole- Gordian III. und seiner Gemahlin Furia Sabinia 

maibs. ' [Tomaschek.] Tranquillina. CIL VIII 9963. [Stein.] 

Catari, nach Plin. n. h. IH 148 ein Volks- Catenae (cetQai), eine seit etwa 500 auftau- 

stamm in Pannonien, dessen Wohnsitze unbekannt chende, im Mittelalter massenhaft vertretene Gat- 

sind. Eher ist aus ihm als aus der dalmatini- tung von kettenartigen Commentaren zu bibli- 

schen Stadt Cattaro-Decatera hervorgegangen der 50 schen Biichern , deren Verfasser sei es auf den 

numerusCattkarensium(Bra,mbachl29S.lST!k. Bandera um den Bibeltext herum, sei es in fort- 

1491 e. 1497. 1550 d. Limesblatt 1892 nr. 1, 5), laufender Schrift zu dem in kleine Abschnitte zer- 

Caddarensium (Br umbo, ah 1S17), Cater(ensium) legten Texte verschiedene Auslegungen alterer 

(Eev. arche"ol. 1880, 325); vgl. Brambach 728 Exegeten zusammenstellten. Oft enthalten sich 

Catta [reuses] und Not. dign. Occ. VII 62 Cata- die Verfasser jeder eigenen Zuthat; ein ange- 

rienses. Vgl. Becking zur Not. dign. Occ. p. 279. sehener Commentar pflegt die Grundlage zu bilden 

Mommsen CIL III p. 284. A. Holder Altkelt. und ziemlich vollstandig, doch mit dogmatischen 

Sprachschatz s. Cattharenses. Buggiero Dizion. Correcturen, seltener in starker Abkiirzung, stiick- 

epigr. II 145 und u. Art. Cattharenses. weise abgeschrieben zu werden, aus anderen Com- 

[Patsch.] 60mentaren (oder sonstigen gelegentlich Exegese 

Catarienses s. Cattharenses. treibenden Schriften) wird zur Erganzung Geeig- 

Catarrhei, ein Volk an der arabischen Kiiste netes beigefiigt. Bei wSrtlicher Wiedergabe der 

des persischen Meerbusens in der Nahe der Insel Quelle wird der Name des Autors gem beigefiigt; 

Asgilia und des Cynosflusses (Plin. VI 148). naturlich haben bei diesen Lemmata die Ab- 

Nach Sprenger (Alte Geogr. 149) mit den Ein- schreiber schlimme Verwirrung gestiftet. Eine ex- 

wohnern der Halbinsel Qatar identisch. cerpierende Zusammenarbeitung aus verschiedenen, 

[D. H. Miiller.] dann nicht genannten, Vorlagen ist verhaltnis- 

Catasta (von xazaoxaaig), das oft genannte massig selten , sie erforderte ja mehr selbstan- 



1787 Catenates Catilius 1788 

dige Thatigkeit. Schon Prokopios von Gaza um Severina, Vater des Bassus, der schon mit 17 Jahren 

500 hat in dieser Weise den Oktateuch behan- starb, CIL IX 5566. [Seeck.] 

delt; besonders wichtige C. hat z. B. um 1075 Cathei inontes, ein nordlicher Ast des Kau- 

Bischof Niketas von Serrae zum Psalter und zu kasos mit den Quellen des Flusses Lagous und 

Hiob verfasst. In diesen C. liegen reiche Schatze dessen Zuflusses Opharus, Plin. VI 21. 

alter, sonst verlorener Litteratur verborgen, von [Tomaschek.] 

einer Reihe hervorragender Exegeten z. B. Poly- Catliippi oppidum fand Orosius I 2, 42 auf 

chronios besassen wir ohne die Hiilfe der C. keine seiner Weltkarte an der Scheidegrenze des Ario- 

Zeile, und eine neue Ausgabe des Origenes kann barzanes mons (= Harabarza, Alburz) verzeichnet; 

ohne Durcharbeitung der C. nicht veranstaltet 10 vgl. Gatippa, eine Station in Hyrcania, XX (Pa- 

werden; selbst fur nichtchristliche Schriftsteller rasangae) hinter Nagae (Tagae? Ragae?), Tab. 

wie Philo von Alexandrien ist ihr Studium von Peut. Die urbs Hyreaniae des Alexanderzuges, 

hflchstem Wert. Leider ist bisher nur ein sehr 'YQxavla fctjTQojcoLs des Ptolemaios, fallt mit 

geringer Teil der in den grossen Bibliotheken Astarabad zusammen ; KafHnnt) oder, wie immer 

lagernden C. herausgegeben worden; die Ausgaben der iranische Name gelautet haben mochte, hatte 

sind, auch wenn man nicht vorgezogen hat, bios gleiche Lage. Vgl. Calippe, Kasape. 

eine lateinische Ubersetzung zu liefern, wenig zu- [Tomaschek.] 

verlassig; zu den besten gehOrt Cat. graec. Patr. Catholiciani s. Caesariani. 

in b. lob collectore Niceta Heracleae metropolita Cathubodna s. Athubodua. 

ed. P. IuniusLond. 1637; sehr verschiedenartiges 20 Cathylci s. Calucones Nr. 2. 

Material enthalt J. A. Cramer Catenae graec. Catienns. 1) Beriihmter Schauspieler. Hor. 

Patr. in Novum Test. 8 t. Oxon. 1844. Vgl. J. E. sat. II 3, 61. Porph. z. St. p. 253 W. Meyer. 

Grabe Spicilegium ss. Patr. II l 2 1714 Praefatio. [Stein.] 

Th. Ittig De bibliothecis et catenis Patrum 2) Catiena, lasterhafte Frau. Iuv. sat. Ill 133. 

tractatus, Lips. 1707. J. Ch. Wolf Dissert, de [Groag.] 

catenis patr. graec. mss.,Witteb. 1712. J.A.Noes- 3) S. Fufius. 

selt De catenis patr. gr. in Novum Test, observat., Catilina, rOmischer Kriegsschriftsteller, Lyd. 

Hal. 1762. Walch-Danz Biblioth. patristica de mag. I 47. Sonst s. Sergius. [Stein.] 

1834, 247ff. J. A. Fabricius Bibl. graeca VIII Catilius. 1) Catilius Severus, friiherer Name 
637ff. Harles. XIII 1726, 457ff. P. Wendland30des Kaisers Marcus, nach seinem Urgrossvater 

Neuentdeckte Fragmente Philos 1891. L. Cohn miitterlicherseits, L. Catilius Severus (Nr. 4). Hist. 

Zur indirecten Uberlieferung Philos u. d. alteren Aug. Marc. 1, 9. Xari7.<oj Dio LXIX 21, 1. Zonar. 

Kirchenvater, Jahrb. f. prot. Theol. 1892, 475ff. XI 24. S. Annius Nr. 94. [Stein.] 

Ad. Harnack Altchristl. Lit.-Gesch. I 835 — 842. 2) Cn. Catilius Severus, frater Arvalis im 

Ein das Beste verheissender Anfang zu metho- J. 183 (CIL VI 2099), vielleicht auch in unbe- 

discher Verarbeitung dieses Stoffes ist H. Lietz- kanntem Jahre unter Kaiser Marcus (CIL VI 

mann Catenen. Mit einem Beitrag von H. Use- 2098, 6 Acta Arvalium). Anscheinend Nachkomme 

ner. Freiburg i. B. 1897. [Jiilicher.] des L. Catilius Severus (Nr. 4). 

Catenates, vindelikiscb.es Volk, auf der Alpen- 3) Cn. Catilius Severus, frater Arvalis im 
inschrift bei Plin. n. h. Ill 137 genannt zwischen40J. 213 (CIL VI 2086) und 218 (CIL VI 2104 

Licates und Ambisontes (CIL V 7817). Zeuss Acta Arvalium). Er gehOrte dem Consilium des 

Die Deutscben 234. 238. [Ihm.] Kaisers Alexander an, dessen Blutsverwandter er 

Caterienses s. Cattharenses. war; vir omnium doetissimus (Hist. Aug. Alex. 

Catervarii sind solche Kampfer in der Arena, 68, 1). Vermutlich Sohn des Vorhergehenden. 

die nicht, wie gewOhnlich, paarweise einander 4) L. Catilius Severus. a) Name. L. Cati- 

gegeniibergestellt werden, sondern truppweise (ea- lius Severus CIL VI 2080 (Acta Arvalium). 9100. 

tervatim, gregatim, xata aXri&uv). Pugiles ea- 27041; L. Catillius Severus CIL VHI 8239; 

tervarii CIL X 1074. Friedlander S.-G. 116 vgl. Suppl. 20076; Catilius Severus Plin. epist. 

485. Auch Suet. Aug. 45 werden pugiles cater- Hist. Aug. ; KatOMog Ss^qo; CIG II 3509 ; 

varii oppidani inter angustias vieorum pugnan- 50 sonst Severus. 

tes temere ae sine arte den pugiles legitimi atque b) Leben. Freund des jiingeren Plinius (epist. 

ordinarii gegeniibergestellt , s. Pugiles. Auch I 22. Ill 12). Consul I suftectus in unbekanntem 

da, wo vom Abteilungskampfe in der Arena die Jahre unter Traian. Proconsul von Asia unter 

Rede ist, ohne dass die Bezeichnung C. ausdruck- Traian oder Hadrian (CIG II 3509 Thyatira). 

lich angewandt ist, hat man an solche zu denken; Unmittelbar nach seiner Thronbesteigung (117 

z. B. Suet. Calig. 30 Retiarii tunieati quinque n. Chr.) ernannte ihn Hadrian zum Statthalter 

numero gregatim dimieantes (s. Retiarii). von Syrien (Hist. Aug. Hadr. 5, 10). Consul n 

Cass. Dio XLin 23, 3 ovve/iodke 8h xal iv zip ordinarius im J. 120 mit T. Aurelius Fulvus 

Mao8(>6[i(p Tihiovg teal luMsas ixizevoi xal nsfyvs Boionius Arrius Antoninus, dem spateren Kaiser 

ne£oig aklov; ts avails' aMrjAois wove- Lipsius 60 Antoninus Pius (Hist. Aug. Pius 2, 9 ; vgl. ferner 

Saturnal. sermon. II 16 (in Graevii Thes. ant. die oben angefiihrten Inschriften). Praefectus 

Rom. IX 1245). Corp. gloss, lat. V 596, 2 : cater- urbi (Hist. Aug. Marc. 1 , 4) noch im J. 138, 

varius qui in catenas (1. eatervis) populi est. missbilligte er die damals von Hadrian vollzogene 

[Pollack.] Adoption des Antoninus Pius, da er sich selbst 

Catervius. 1) Comes sacrarum largitionum Hofmung auf die Herrschaft gemacht hatte. Als 

im J. 379, Cod. Theod. VI 30, 3. Hadrian dies erfuhr, setzte er ihn ab (Hist. Aug. 

2) Flavius Ialius Catervius, Praefectus prae- Hadr. 24, 6. 7; vgl. 15, 7). 

torio im 5. oder 6. Jhdt., vermahlt mit Septimia c) Familie. C. war der Vater des P. Cal- 



1789 Catillinus pagus Catinus 1790 

visius Tullus, dessen Tochter Domitia Lucilla die rissimae) m(emoriae) f(emina), consobrinus der 

Mutter des spateren Kaisers Marcus wurde (Hist. Catinia Aeiliana (Nr. 3). CIL II 111 Ebora. 

Aug. Marc. 1, 3). Dieser selbst fuhrte in seiner 3) Catinia M. f. Aciliana, eflarissima) f(e- 

fruhesten Kindheit den Namen seines Urgross- minq), eonsobrina des Catinius Canidianus (CIL 

vaters (Hist. Aug. Marc. 1, 9. Dio LXIX 21, 1. II HI Ebora), anscheinend nahe Verwandte des 

Zonaras XI 24). Er lernte, wie er in seinen L. Fabius Cilo (Nr. 1). [Groag.] 

Selbstbetrachtungen erzahlt, von diesem, guten Catinus. 1) Catinus, eatinum, catillus, ca- 

Unterricht zu Hause zu geniessen (Marcus si; iav- tillum, eine bald tiefere, bald flachere Schiissel, 

zov 14). Mo mm sen (bei Kaibel Epigr. Graeca in welcher die Speisen aufgetragen wurden und 

p. 536 nr. 888 a) bezieht eine in Versen abgefasste, 10 aus welcher man sie wohl meist direct mit den 

von Hadrian an einen Consular und Pontifex Se- Pingern oder mit Hiilfe von Loffeln entnahm. 

verus, TtatsQa xiide[orrjv] eines Ummidius Qua- Zwar soil nach Isidorus (XX 6, 5) das Neutrum. 

dratus , gerichtete Inschrift von Ephesus (Anc. gebrauchlicher als das Masculinum gewesen sein ; 

Greek Inscr. Ill 188 nr. 539) auf L. Catilius doch findet sich in den erhaltenen Schriften fast 

Severus. Bei der Haufigkeit des Cognomens Se- nur dieses (Varro de r. r. I 63 und bei Non. 546, 

verus und dem Mangel an sonstigen Anhalts- 7. Maecenas bei Charis. 79, 23. Pers. Ill 111; 

punkten ist jedoch diese Identifizierung zum min- catinulus Varro bei Charis. 80, 3 ; vgl. Diom. 

desten bedenklich. [Groag.] 326, 7 ; catillus Asin. Poll, bei Charis. 80, 2. Hor. 

Catillinus pagus, im Gebiet von Benevent, sat. I 3, 90 ; eatillum aus eatinum Prise. I 39). 
genannt in der tabula alimentaria Ligurum Bae- 20 Das Wort hangt mit xorvkrj, xozvXog, norvktjScbv 

bianorum CIL IX 1455 in 82. [Hiilsen.] u. s. w. zusammen und ist von der indogermani- 

Catillius. L. Catillius Livianus, Procurator schen Wurzel$re£ = verbergen herzuleiten (A. Pick 

von Mauretania Caesariensis im J. 243 unter Vergleichendes Worterb. der indog. Sprachen* I 

Gordianus III. (wenn, was nicht zu bezweifeln 22. 381. Prellwitz Etym. Worterb. d. gr. Spr., 

ist, Livianfus) in Eph. epigr. V 1044 sich auf 1892, 160). Der C. gehOrte seit alter Zeit zu 

ihn bezieht) und 244 unter Kaiser Philippus ; dem Hausgerat der Ronier (Varro bei Non. Marc. 

Eph. epigr. VII 674. [Stein.] Maec. Asin. Poll. aa. OO.), war von tuscischem (Iuv. 

Catillus. 1) Arkader und Plottenfiihrer des XI 108) oder iiberhaupt meist von Thon (Isid. a. 

Euander, welcher nach Cato (orig. frg. 56 Peter) 0. Corp. gloss, lat. Ill 193, 70. 369, 17), konnte 

Tibur grundete. 30 aber bei hohem Alter antiquarischen Wert haben 

2) Nach der jiingeren von R. Peter (Roschers (Hor. sat. I 3,90). Bei den Opfern behielt man 
Lex. I 856) mit Recht von der catonischen ge- den alten einfachen C. von Thon (Apul. de mag. 
sonderten tiberlieferung ist C. ein Sohn des Am- 18), und zwar von geschwarztem Thon, nach der 
phiaraos, welcher nach dessen Tode mit einem zu Numas Zeiten gebrauchlichen (Iuv. VI 343) 
Ver sacrum nach Italien zieht und drei Sohne, und in Etrurien (K. Sittl Archaologie der Kunst 
Tiburtus (auch Tibur oder Tiburnus genannt), 178. 577) verbreiteten Sitte bei. Man brachte 
Coras und C. erzeugt. Diese vertreiben die Sikaner darin den in alten Zeiten gewohnliehen Speltbrei 
aus ihrer Stadt und nennen sie Tibur, Sextius bei und Briihe auf den Esstisch (Varro de 1. 1. V 120). 
Solin. II 8, ahnlich Vergil. Aen. VII 670ff., welcher Ein C. von Samos (Lucil. bei Non. 398, 38) oder 
den C. zu einem Bundesgenossen des Turnus macht 40 ein anderer von geringerem Wert war auch spater 
(vgl. Aen. XI 640ff. , wo er zwei Gefahrten des bei einfacher Hauskost gebrauchlich (Hor. sat. I 
Aeneas erlegt). Serv. Aen. VII 670 und Schol. 6, 115. Pers. a. 0.) ; besonders pflegten wohl die 
Horat. carm. I 7, 13, vgl. Plin. n. h. XVI 237. Sclaven gemeinsehaftlich daraus zu essen (Apul. 
Kurz erwahnt als Grilnder von Tibur wird er von de mag. 44). Doch auch fur bessere Schiisseln 
Silius IV 225. VIII 364. Stat. silv. I 3, 100 und wurde der Ausdruck gebraucht (Hor. sat. I 3, 92. 
Horat. carm. I 18, 2, welcher den von der Neben- II 2, 39. 4, 73. 77. Pers. V 182). Demgemass 
form Catilius (vgl. Quintillus und Ludllus sieht man auf alten Frescobildern , welche im 
neben Quintilius und Lueilius) abzuleitenden J. 1780 bei der Kirche St. Johann im Lateran 
Genetiv Catili gebraucht. Servius Aen. VII 672 zu Rom gefunden sind, mehrere Sclaven , welche 
erwahnt einen mons Catilli, quern. Catelli dieunt 50 verschiedene Schiisseln auftragen. Auf einer der- 
per eorruptionem, iuxta Tibur. Prellers Ver- selben liegt ein Huhn, umgeben von Fischen, 
mutung (ROm. Myth. 3 II 139ff.), C. sei ein dem ahnlich wie es Horatius schildert (Abb. der Schiis- 
Paunus verwandter altitalischer Prophet und sein sel bei Rich 111. Worterb. d. r6rn. Altert., tibers. 
Name von eatus abzuleiten (R. Peter a. a. 0. von C. Miiller, 1862, 124, und des die Schiissel 
zieht auch den deus Indiges Catius pater heran), tragenden Sclaven bei Daremberg-Saglio Diet. 
ist schon wegen der verschiedenen Quantitat des des antiquitfe fig. 1256, nach Cassini Pitture 
a unwahrscheinlich. Stellensammlung bei C. H. antiche 1783 tav. IV). In diesem Sinne wird auch 
Kindermann Quaestiones de fabulis a Vergilio in den mittelalterlichen Glossarien catinus (Corp. 
in Aeneide tractatis (Leiden 1885) 95ff. gloss, lat. II 408, 1), eatinum (III 369, 17) und 

[0. Rossbach.] 60 catillus (II 98, 32) mit nival; oder mvataov identi- 

3) S. Muhlen und Catinus Nr. 1. ficiert und dabei catinus (III 324, 66), eatinum 
Catina s. Katane. (Ill 203, 23) und eatillum (HI 22, 47. 93, 57) zu 
Catinius. 1) L. Pabius M. f. Cilo Septi- den silbemen Geraten gerechnet; ferner wird eati- 

minus Catinius Acilianus Lepidus Pulcinianus, nus der^ma(II571,28)unddermetallenen lanx 

cos. I suff. 193 n. Chr., cos. II ord. 204 n. Chr., oder laneula (IV 316, 56), eatinum der eytra (HI 

s. Pabius. 193, 70), also wohl einem Fackelschalchen (vgl. 

2) Catinftus) Canidianus, e(larissimae) m(e- Guhl und Koner Leben d. Gr. u. R.6 Fig. 341) 

moriae) v(ir), Sohn der Canidia Albina c(la- gleichsetzt. Eine glaserne Schale mit Weihrauch 



1791 Catinus Catius 1792 

befand sich in dem von Galba seiner Portuna ge- eine Verohrung mit durchgetriebenem Keil her- 

weihten Tern pel zu Tusculum (Suet. Galba 18). gestellt, aber eine solche geniigte doch nicht, wenn 

Aus dieser Schale wurden die Weihrauchkiigel- sie bei der von ihm gegebenen Erklarung nur an 

chen auf ein angezundetes Kohlenbecken geworfen einer einzigen Stelle angebracht war. Vielleicht 

(s. Rich a. 0. 125, wo eine ahnliche Schale aus sollte die Befestigung durch eine Haspe mit durch- 

Agat abgebildet ist). Uberhaupt konnte der C. getriebenem Pflocke, wie sie heute als einfacher 

auch zu andern Zwecken, als angegeben, gebraucht Thiirverschluss iiblich ist, hergestellt werden. 

werden. So wurde darin unter einer mit gluhen- Ubrigens scheint dieser C. wenig in Gebrauch ge- 

den Kohlen bedeckten Schale ein Kuchen gebacken, wesen zu sein (vgl. Rich und Reber a. 0.). 
welcher alsdann in dem C. samt Loffeln aufge- 10 [Olck.] 

tragen wurde (Cato de agr. 84). Ein gekochter Catio (Geogr. Rav. 219, 17) s. Cuccium. 

Kohlbrei wurde darin abgekiihlt (ebd. 156, 6. 157, [Patsch.] 

9). Mit Wasser gefiillt wurde er aufgestellt, um Catispi, Station im Ostlichen Telle von Ar- 

Kornwiirmer darin zu fangen (Varro de r. r. I 63). menia, XXXVIII m. p. von Artaxata auf dem 

In Iibertragenem Sinne konnte das "Wort die Hoh- Wege nach Nasabi (Nachcfiwan) ostlich vom Ara- 

lung eines Pelsen bezeichnen (Plin. XXXIV 125). xesufer. Tab. Peut., Caspi Geogr. Rav. p. 50, 3. 

2) Catinus bezeichnete ferner einen Schmelz- Katis heissen die Kadusioi z. B. bei Lazar von 
tiegel aus einer dem Thon ahnlichen, weissen und Pharp. ; dazu der alarodische Pluralcharakter -p, 
taseonium genannten Erde zur Gewinnung von armen. khl [Tomaschek.] 
Gold und Silber aus den Steinen Spaniens (Plin. 20 Catius (jungere Nebenform Gattius). 1) Catius 
XXXIII 69), zur Gewinnung der Silberglatte in der Insuber, epikureischer Philosoph, den Cic. ad 
Spanien und Griechenland (ebd. 107) und des fam. XV 16 (geschrieben 709 = 45) als nuper 
diphryges, einer Art Kupfervitriol, aus Erz (XXXIV mortuus erwahnt, Quintilian X 1, 124 einen lewis 
135). Solche Schmelztiegel sind in einer alten quidem, sed non iniueundus auetor nennt. Nach 
rCmischen Topferwerkstatte in Northamptonshire Porphyrio zu Hor. sat. II 4, 1 schrieb er quat- 
gefunden (2 Abb. bei Rich a. 0. 125). tuor libros de rerum natura und de summo bono. 

3) Catinus (oder eatinum ?)bildete einen Roh- Mit dem C. der horazischen Satire ihn zu identi- 
renteil der bronzenen etesibiea machina, welche ficieren ist Thorheit. [v. Arnim.] 
Vitruvius (X 7, 1 — 3) beschreibt. Diese war eine 2) Von Horaz sat. II 4 als Verkiinder der 
im wesentlichen nach demselben Princip wie unsere 30 neuen Weisheit des .Geistes der Kochkunst' ein- 
Peuerspritze construierte Pumpe, welche das Was- gefiihrt, die er von einer ungenannten Personlich- 
ser am hOchsten trieb. Sie ist von Rich (a. 0. keit empfangen hat; Porphyrio halt ihn falschlich 
203) und Reber (Des Vitruv zehn Bucher iiber fur identisch mit dem Epikureer Nr. 1, die Notiz 
Architektur iibersetzt, 1865, 316f.) besprochen. des Comm. Cruq. zu sat. II 4, 47 irridet eum, 
Der C. nahm die von rechts und links aus den quod de opere pistorio in suo opere seribit de 
beiden Pumpencylindern in seinen Boden einge- se ipso ,haee primus invenit et cognovit Catius 
fuhrten Rohren auf; jede dieser beiden Rohren Miltiades' ist uncontrolierbar. [Wissowa.] 
war durch ein Ventil an ihrer Miindung in den 3) Q. Catius, plebeischer Aedil 544 = 210 
C. so abgesperrt, dass das Wasser abwechselnd (Liv. XXVII 6, 19), Legat des Consuls C. Clau- 
durch das rechte und linke Ventil eindringen 40 dius Nero 547 = 207 (ebd. 43, 12), als Gesandter 
konnte. Uber dem C. war eine paenula, eigent- nach Delphi geschickt 549 = 205 (ebd. XXVIII 
lich Mantel, wie ein umgekehrter Trichter ange- 45, 12). 

bracht, und aus dieser trat das Wasser zuletzt 4) Ti. Catius Caesius Fronto (der vollstandige 

in eine SteigrShre. Jedenfalls war der C. nicht, Name in den Acta Arvalium), Consul suffectus 

wie Reber und andere meinen, ein Windkessel ; mit M. Calpurnius . . . ieus am 10. October 96 

die Function eines solchen hatte er nur erfullen n. Chr. (CIL III p. 861 dipl. XVIII; vgl. Suppl. 

kfinnen, wenn die trichterformige paenula in ge- p. 1967 dipl. XXVI), also gleich nach Nervas 

wonnlicher Lage mit ihrer Spitze nach unten ge- Thronbesteigung. Als damals die Processe gegen 

kehrt gewesen ware und diese tief in den C. die Angeber um sich griffen, ausserte sich der 
hineingereicht hatte. Der C. hat aber offenbar 50 Consul Fronto, es sei schlimm, einen Kaiser zu 

nur deshalb eine verhaltnismassig fur ein Rohren- haben , unter welchem niemandem etwas erlaubt 

stuck breite Gestalt, namlich wie eine Schale, sei, aber noch schlimmer, einen solchen, unter 

weil er zwei Rohren aufnehmen musste. Auch dem alien alles erlaubt sei. Diese Worte bewogen 

seine Verbindung mit der paenula ist nicht ge- Nerva, die Anklagen gegen die Delatoren zu ver- 

niigend erklart. Zunachst war letztere wohl kaum bieten (Dio LXVIII 1, 3). Im J. 99/100 ver- 

nur wie eine Kappe auf ihn aufgesetzt, etwa so, teidigte Fronto im Senate den von den Africanern 

dass beide Stficke mit abstehenden Randern, sog. angeklagten Marius Priscus gegen Tacitus und 

Flanschen, versehen gewesen waren undmitdiesen Plinius (Plin. epist. II 11, 3. 18). Im J. 103/104 

auf einander gepasst hatten, sondern die paenula sprach er fur den von den Bithyniern belangten 
scheint mit ihrem unterenj breiten Teile den oberen 60 Iulius Bassus (Plin. epist. IV 9, 15). Ungefahr 

Teil des wohl cylindrischen C. luftdicht umschlos- 107 antwortete er dem Claudius Capito in der 

sen zu haben. Vitruvius sagt namlich, dass sie Angelegenheit des gleichfalls von den Bithyniern 

mit dem c. per fibulam . . . cuneo traiecto ver- angeklagten Varenus Rufus (Plin. epist. VI 13, 2). 

einigt werden solle, damit das aufsteigende Wasser Als frater Arvalis erscheint er in den Jahren 101 

sie nicht in die Hohe hebe. Sie war also vor und 105 (CIL VI 2074. 2075 Acta Arvalium). Er 

seitlicher Verschiebung schon durch den C. ge- muss zu den bedeutendsten Rednern dieser Zeit 

schiitzt, namlich dadurch, dass sie denselben um- gehCrt haben ; als vir movendarum laerimarum 

schloss. Die Befestigung denkt sich Beber durch peritissimus wird er von Plinius (epist. II 11, 3) 



1793 Catius Cattha 1794 

bezeichnet, und an anderen Stellen berichtet dieser, 14) Catia, zuchtlose Frau, von dem Volks- 

dass Pronto mirifiee (epist. IV 9, 15) und gra- tribunen Valerius Siculus entehrt. Hor. sat. I 

viter et firme (epist. VI 13, 2) gesprochen habe. 2, 95, dazu Porphyrio. 

Vielleicht ist er identisch mit dem Pronto, welchen 15) Catia Cle[me]ntina, Gemahlin des Iallius 

Iuvenal (112) als Dichtermaecen seiner Zeitnennt, Ba[ss]us, Mutter der Christin Iallia Clemfen]- 

dem GOnner Martials, den dieser mit den Worten Una, Grossmutter des Aelfius) Clemens (Rossi 

elarum militiae, Fronto, togaeque dews anredet Roma sotteranea I 309 Tafel XXXI nr. 12. II 

(Mart. I 55). Denn die rednerische Thatigkeit 366). Sie diirfte mit dem Consul des J. 230 Sex. 

Prontos scbliesst durchaus nicht gleichzeitige Catius Clementinus Priscillianus (Nr. 7) verwandt 

militarische Bewahrung aus. Bei Aelian I 2 10 gewesen sein. [Groag.] 

diirfte allerdings Fronto in Prontinus zu andern Catius pater, romischer Gott der Indigita- 

sein (s. o. Bd. I S. 482f.). Fronto war wohl ein menta, neben Minerva und Mercur angerufen, dass 

Verwandter des Dichters Ti. Catius Silius Ita- er die Kinder scharfsinnig (eatos) mache, Aug. 

licus (Nr. 12). Seine Sclaven werden CIL IX c. d. IV 21. [Aust.] 

3571. 3578 (pagus Piflculanus) genannt. Catmelns, keltischer Hauptling in romischen 

5) T. Catius Catullinus Sest[i(usJ] Seeun- Diensten 576 = 178 (Liv. XLI 1, 8). [Miinzer.] 
dinus, pr(aetor) urb(anus) reg(imis) XII. CIL Cato. S. Dionysius, Porcius, Valerius, 
VI 760. " Vettius. [Groag.] 

6) Catius Celer, Legat von Thrakien unter Catoniana regula. Die regula Catoniana 
Gordian III. (Rev. arche'ol. XVIII 1868, 441 20 vereitelt dem Urheber eines ungflltigen Vermacht- 
Kazlov KsXsq . .; Bull. hell. VI 1882, 183 nr. 6 nisses (legatum) jede Hoffnung darauf, dass seine 
Kaxxiov Kekegos). Derselbe Name, zweifelhaft Verfugung durch Wegfall des Ungultigkeitsgrundes 
ob dieselbe PersOnlichkeit, erscheint auf der In- nachtraglich giiltig werden kenne. Dig. XXXIV 
schrift CIL IX 2778 (O. Cat [tins] Cel[e]r); s. 7,1: Catoniana regula sie definit, quod, si testa- 
L. Cattius Severus (Nr. 11). menti faeti tempore deeessisset testator, inutile 

7) Sex. Catius Clementinus Priscillianus, Consul foret, id legatum, quandoeumque deeesserit, non 
ordinarius im J. 230 n. Chr. mit L. Virius Agri- valere. Inst. II 20, 32. Gai. II 196. 

cola. Der Name findet sich in folgenden Formen Litteratur: Arndts Rh. Mus. V 1833, 204. 

Sex. Catius Clementinus (CIL III p. 893 dipl. v. Vangerow Pandekten? II 504ff. § 540. Kar- 
LI), Sex. Catius Cflementijnus (CIL VI 1984, 30 Iowa Rom. R.-G. II 931. Leonhard Inst. 96, 

46), Clementinus (CIRh. 1444. CIL III Suppl. 3. 361. [Leonhard.] 

10594 etc.), Clementianus (CIRh. 202. CIL VIII Catonius. 1) Catonius Iustus, primi ordinis 

826), Clemens (Cod. lust. II 4, 6 und sonst), centurio im pannonischen Heer im J. 14 n. Chr.; 

Priseilianus (CIRh. 231), Priscillianus (in den er befand sich damals unter den Abgesandten des 

Fasti Graeci). Statthalter von Germania superior Heeres an Tiberius (Tac. ann. I 29). Spater zum 

(Sextus [C]a . . . Clemen . . . Rhein. Jahrb. LX Praefectus praetorio erhoben, wurde er im J. 43 

1877, 71 ; ... Clemen . . . Westd. Ztschr. VI 1887, auf Befehl Messalinas, deren Treiben er dem Kaiser 

91); vgl. Zangemeister Westd. Ztschr. XI Claudius verraten wollte, umgebracht. Dio LX 

1892, 316. 18, 3. Sen. lud. 13, 5. 

8) Catius Crispus, munieipalis, Rhetor zur40 2) Catonius Verus. An ihn ein Rescript des 
Zeit des alteren Seneca. Seneca suasor. II 16. Kaisers Hadrian, Cod. lust. VI 23, 1. [Stein.] 

9) Catius Lepidus, Decurio eines Municipiums, 3) M. Macrinius Avitus Catonius Vindex s. 
an den der jiingere Plinius schrieb (epist. IV 7). Macrinius. [Groag.] 

10) P. Catius Sabinus, bezeichnet sich selbst Catora, Stadt im nOrdlichen Hispanien, nur 
als Praetor urbanus auf zwei in Versen abgefassten auf einer westgothischen Miinze des Konigs Wit- 
Weihinschriften(CILVI313 = BuchelerAnthol. terich (602—610) erwahnt (Heiss Monn. Wisig. 
I 228. CIL XIV 1 = Bucheler I 251 Ostia). 47), wohl in Kallaekien zu suchen; sonst ganz 
Consul I suffectus in unbestimmtem Jahre. Cu- unbekannt. [Hlibner.] 
rator aedium sacrarum operumque publicorum im Catoriges, Catorigomagus s. Caturiges, 
J. 210 n. Chr. (CIL VI 864. 31128). Consul II 50 Caturigomagus. 

ordinarius mit P. Cornelius Anullinus im J. 216, Catorissium , Station in Gallia Narbonensis 

CIL III p. 891 dipl. XLIX (P. Catius Sabinus). an der von Vienne nach dem Mont-Genevre fuhren- 

CIL II 222L 2663 {Cattius Sabinus). XIV 2596 den Strasse, 12 Millien von Cularo (Grenoble) ent- 

(Catius Sabinus). Ill Suppl. 7531 (Catius), sonst fernt, Tab. Peut. Damit identisch das vom Geogr. 

Sabinus. Einen seiner Sclaven nennt CIL V Rav. IV 27 p. 241 unter den eivitates in Bur- 

7677 (Augusta Bagiennorum). gundia aufgezahlte Cantourisa. Nahere Lage 

11) L. Cattius Severus, Consul in unbekanntem unsicher. Desjardins Table dePeut. 57. [Ihm.] 
Jahre, wird in der Inschrift CIL IX 2778 (Bo- Catrense (oppidum), in Mauretania Caesa- 
vianum vetus) erwahnt, in welcher auch vier riensis (Not. episc. a. 484 Maur. Caes. nr. 106, 
Briider P. Cattius Optatus, [. CJattius Ferox, 60 in Halms Victor Vitensis p. 70). [Dessau.] 
C. Catpius] Cel[e]r und M. Cattius Dex[t]er Cattelae (Itin. Hieros. 582, 4; Ant. 147, 3) 
genannt werden. in Syrien, mansio an der Strasse von Antiocheia 

12) Ti. Catius Silius Italicus , der Dichter, nach Laodikeia am Meer (Ladilpje), 16 Millien 
Consul ordinarius im J. 68 n. Chr., s. Silius. von letzterem entfernt; diese Entl'ernungsbestim- 

[Groag.] mung macht die versuchte Gleichsetzung mit Ba- 

13) C. Catius Vestinus Militartribun unter An- katailloi (s. d.) unmoglich. Nicht identificiert. 
tonius im mutinensischen Kriege 711 = 43 (Cic. [Benzinger.] 
ad fam. X 23, 5). [Miinzer.] Cattha mulier bei Suet. Vit. 14 ist = Ckatta 

Pauly-Wissowa III 57 



1795 Cattharenses Catulus 1796 

mulier (vgl. Suet. Dom. 6) , also nicht als Per- des Vorhergehenden, Vater der Pabia Aconia Pau- 

sonenname aufzufassen. [Stein.] lina, die mit Vettius Agorius Praetextatus ver- 

Cattharenses , Truppencorps in Illyricum, mahlt war (Dessau 1260). Er war Consularis 

Not. dign. occ. VII 62 (Catarienses). Auf In- Callaeciae (CIL II 2635), Vicarius Africae 388 

schriften mehrfach erwahnt: Rev. arch. n. s. XL —339 (Cod. Theod. VI 22, 2. XI 36, 4. XII 1, 

325 (Amiens) nfumerij Cater (iensiumj. Bram- 24. 26. XV 1, 5. Cod. lust. X 48, 7), Praefectus 

bach CIRh. 728 Cattafrenses] (in Kreuznach). praetorio 341 (Cod. Theod. VIII 2, 1. XII 1, 31), 

1293 (Mainz) n. Cattharensium. 1317 (Castel bei Praefectus urbis Romae 342 — 344 (Mommsen 

Mainz) n. Caddaremium (vom J. 225 n. Chr.); a. 0. Cod. Theod. XVI 10, 3 falsch datiert), Con- 
auf den ZiegelstempelnBrambach 1377k. 1491 e. 10 sul 349. Da er dem Iuppiter ein Weihgeschenk 

1497. 1550 d. Limesblatt 1892 nr. 1 Sp. 5. darbrachte (CIL II 2635), muss er, wie auch seine 

Boecking (zur Not. dign. 279) bringt sie in Ver- Tochter (Dessau 1260), dem Heidentum treu ge- 

bindung mit der Stadt Cattaro in Dalmatien oder blieben sein. 

mit den Catari (s. d.) Pannoniens (Plin. n. h. Ill 6) Ein occidentalischer Senator C. wird im 

148). Vgl. Mommsen CIL III p. 284. [Ihm.] J. 412 als verstorben erwahnt, Cod. Theod. VIII 

Catti (Catthi) s. Chatti. 17, 4. 

Catnalda, vornehmer Gotone. Von Marbod 7) TJnter Maiorian (457 — 461) bekleidete ein 

vertrieben, flel er, um sich zu rachen, ins Mar- C. eines der hOchsten Amter, da er von Apoll. 

komannenreich ein und zwang Marbod zur Flucht, Sid. epist. I 11, 3 vir inlustris genannt wird. An 
im J. 18 oder 19 n. Chr. Bald danach jedoch 20 ihn gerichtet Apoll. Sid. carm. 12. [Seeck.] 
wurde er selbst von den Hermunduren unter der Catullus. 1) Fingierter Name bei Mart. VI 

Fiihrung des Vibilius vertrieben und musste auch 69. XII 73. 

bei den Rdmern Schutz suchen, die ihm Forum 2) Mimendichter, von Martial V 30, 3 facun- 

Iulium (Fre"jus) als Aufenthaltsort zuwiesen. Tac. dm genannt. Von seinen Stucken wird genannt 

ann. II 62. 63. [Stein.] Laureolus (Tertull. adv. Valent. 14) und Phasma 

Ciitiialium, Station an der von Noviomagus (Iuv. VIII 186). Ersteres wurde kurz vor Caligulas 

(Nymwegen) nach Atuaca (Tongres) fiihrenden Tod aufgefuhrt (Suet. Cal. 57) ; sein Held war der 

Strasse, Tab. Peut. Die Lage ist strittig (Breg- Rauberhauptmann , ehemalige Sclave Laureolus, 

den? Kessel?). Desjardins Table de Peut. 12. der schliesslich ans Kreuz geschlagen wurde (Jo- 

phm.] 30 seph. ant. XIX 94. Schol. Iuv. VIII 187. Martial. 

Catugnatus, Fiirst der Allobroger, benauptete spect. VII 4). Auf der Buhne ging es dabei sehr 

sich 693 = 61 mit Erfolg gegen die R6mer und blutig her (Suet. a. a. 0.). Auf denselben Mimus 

rettete sich selbst, als die Stadt Solonium mit hat Heinrich nicht ohne Schein den fugitivus 

der iibrigen Besatzung in ihre Gewalt geriet (Dio scurra Catulli Iuv. XIII 111 bezogen. Warum 

XXXVII 47, 3 — 48, 2; vgl. Liv. ep. CIII). das Phasma von Iuvenal elamosum genannt wird, 

[Munzer.] wissen wir nicht; der Scholiast meint, weil ein 

Catuiacia, Station in Gallia Narbonensis zwi- Praeco darin auftrat, anders z. B. Friedlander 

schen Segustero (Sisteron) und Apta Iulia (Apt), z. St. 0. Ribbeck Com. frg. 2 392f. Teuffel 

CIL XI 3281— 3284 (einmal Catuiacia). Tab. R. L.-G.5 § 285, 1. Unverstandlich Catulli liber 
Peut. Itin. Ant. 343 ( Catuiaca, Var. Catuluea u. a.). 40 qui imeribitur permimo logiarum Comm. Bernens. 

Desjardins Table de Peut. 60. [Ihm.] in Lucan. p. 36 Us. [Skutsch.] 

Catulense (oppidum) , in Mauretania Caesa- 3) Catullus, tfjg IlsvroazoXsoos Atfivrjs rjyefimv 

riensis (Not. episc. Maur. Caes. vom J. 484 nr. 48, (Proconsul von Kreta und Kyrene ?), verfolgte die 

in Halms Victor Vitensis p. 69). [Dessau.] Juden in Kyrene und suchte auch in Rom und 

Catuliuus s. Blitius. Alexandria die angesehensten Juden, darunter 

Catuli porticos, auf dem Palatin, von Q. Josephus, ins Verderben zu stiirzen, ohne dass 

Lutatius Catulus nach dem Cimbernsiege an Stelle er jedoch bei Vespasian Erfolg hatte. Er starb 

desniedergerissenenHausesdesM.FulviusFlaccus bald darauf. Jos. bell. Iud. VII 437—455; vit. 

erbaut (Val. Max. VI 3, 1), dem Hause des Cicero 424. Zonar. VI 29. 

benachbart (pro domo 43), also nahe der Nord- 50 4) Catullus, Freund Iuvenals , wie es scheint 

spitze des Hflgels. Reste sind nicht nachzuweisen. Kaufmann, auf einer Seefahrt vom Untergang ge- 

[Hiilsen.] rettet. Iuv. sat. XII 29ff. mit Friedlanders 

Catullinus. 1) S. Caelius Nr. 31, Catius Anmerkung. 
Nr. 5, Fabius und Valerius. 5) S. Clodius, Teidius, Valerius. 

2) Cognomen des Q. Fabius Catullinus, cos. 6) Catullus, Cognomen des Sex. Teidius Va- 

ord. 130 n. Chr. mit M. Flavius Aper. [Groag.] lerius Catullus, cos. suff. 31 n. Chr. mit Faustus 

8) Valerius Catullinus, Praeses Pannoniae Cornelius Sulla, und des L. Valerius Catullus 

superioris unter Constantin dem Grossen, Dessau Messalinus, cos. ord. 73 n. Chr. mit Caesar Domi- 

704. tianus II. 

4) Aco Catullinus, Consularis Byzacenae im 60 7) Catulla, fingierter Name bei Mart. VIII 53, 
J. 313 (Cod. Theod. IX 40, 1. XI 30, 2. 36, 1 vgl. auch Iuv. II 49. X 322. [Groag.] 
mit der Anm. Gothofreds), Proconsul Africae 8) Octavia Catulla s. Octavius. 
317—318 (CIL VIII 14453. Cod. Theod. IX 10, 1. Catulus. 1) In der Hist. Aug. Alex. 20, 3 
Cod. lust. IH 11, 4 und falsch datiert Cod. Theod. wird eine Memmia genannt, welche die Gemahlin 
VIII 12, 2. XI 16, 1. XIV 25, 1. Cod. lust. VI des Kaisers Alexander, die Tochter des Consularen 
56, 3; vgl. Ztschr. f. Bechtsgesch. X 217). Sulpicius und Enkelin des Catulus gewesen sein 

5) Aco Catullinus Philomatius (der voile Name soil. Memmia ist sonst nicht bekannt und hat 
MommsenChron. min. 168), wahrscheinlich Sohn wohl auch nie existiert Es scheint hier nichts 



1797 Catiimerus Catuvellauni 1798 

weiter vorzuliegen als eine plumpe Nachafftmg rodunum (Yverdun) in der Schweiz gefunden. 

Suetons, demzufolge(Sulpicius)GalbadieMummia, Ha gen Prodromus novae inscr. syll. nr. 74 (= 

die Enkelin des (Lutatius) Catulus, heiratete (Suet. Mommsen Inscr. Helvet. 70. CIL XIII 5054, 

Galba 3). vgl. Vallentin Revue celt. IV 10). 75 (CIL XIII 

2) Catulus, geldgieriger Mensch. Iuv. Ill 30. 5046 Marti Caturigi L. Camill. Aetolus templum 

[Groag.] a novo instituit) und 76 (CIL XIII 5035 frag- 

3) Catulus, xaybg 6 6t]f)aldog (= Epistrategus mentarisch) ; eine in BOckingen (Wilrttemberg) 
der Thebais). CIG 4745. BrambachCIRh. 1588 Ifovi) o(ptimo) m(aximo) 

4) Catulus s. Cinna, Iunius, Lutatius, et Marti Caturigi, Genio loci G. Iul. Quietus 
Otacilius, Tarquitius, Trebellius und Vo- 10 b(ene)f(ieiarius) eo(n)sfularis) v. s. I. I. m. 
lusenus. [Stein.] [Ihm.] 

Catumerus, falsche Lesart ffir Aetumerus Caturrigis, Station in Gallia Belgica zwi- 

(s. d.), Tac. ann. XI 17. [Stein.] schen Toul und Reims, an der Grenze der Leuci 

Caturicus s. Iunius. und Remi (beim heutigen Bar-le-Duc, d'Anville 

Caturigae (Caturigas) s. Caturigomagus. Notice 218). Itin. Ant. 365. Die Tab. Peut. 

Caturiges, gallische Velkerschaft im Ge- bietet die Form Caturiees (Gaturigesf). Des- 
biet der Cottischen Alpen, in der Gegend von jar dins Table de Peut. 21; Geogr. de la Gaule 
Chorges, das ihren Namen bewahrt hat (s. Ca- II 460. Holder Altcelt. Sprachschatz I 860 (Ca- 
turigomagus); nicht in den Grajischen Alpen, turiges). [Ihm.] 
wie Ptol. Ill 1, 35 irrttimlich angiebt. Caesar 20 Catus. 1) Catus Decianus, Procurator von 
nennt sie einmal b. g. I 10 zusammen mit den Britannien, durch dessen Habgier veranlasst die 
Ceutrones und Graioceli , Strah. IV 204 scheint britannischen VOlkerschaften der Icener und Tri- 
sie ungenau als Nachbam der Salasser zu be- nobanten unter ihrer Konigin Boudicca im J. 61 
zeichnen (fisxa <5« xovxovg xal xbv Ilddov SaXaa- n. Chr. einen Aufstand erhoben. Seine Nach- 
ool-vneQ 6's tovxcov iv rats xoovqxug KsvxQwvsg lassigkeit war auch schuld daran, dass die Auf- 
xal Kaxogiysg xai Ovaoaygoi xal Navtovazai xal standischen Camalodunum eroberten und pltin- 
f\ Arjfisvva Xifivrj). Sie figurieren unter den zur derten. C. fluchtete vor dem allgemeinen Hass, 
Zeit des Augustus unterworfenen AlpenvOlkern den sein Verhalten hervorrief, nach Gallien. Tac. 
auf dem Triumphbogen von Susa, CIL V 7231 ann. XIV 32. 38. Dio LXII 2, 1. 
eeivitatium (zur Provinz der Alpes Cottiae) quaeSO 2) Catus s. Aelius Nr. 35. 105, Egnatius, 
subseriptae sunt . . . Gaturigum und auf dem Firmius, Iulius und Valerius. [Stein.] 
Tropaeum Alpium bei Plin. n. h. HI 137 (= CIL 3) Catus, Cognomen des Sex. Aelius Catus, 
V 7817). Zur Zeit des Ptolemaios (a. O.) war cos. ord. 4 n. Chr. mit C. Sentius Satuminus. 
Eburodunum (s. d.) ihre Hauptstadt. Zwei spate [Groag.] 
Inschriften nennen einen proeos. civit(atis) Ca- Catusiacmii, Ort in Gallia Belgica an der 
turfigensium?), CIL XII 78, und den ordo Cat(ii- von Bagacum (Bavai) nach Durocortorum (Reims) 
rigum), XII 5707. Ein Soldat aus dieser Gegend fiihrenden Strasse, Itin. Ant. 381. Heute Chaourse 
{Gaturix) auf der dalmatinischen Grabschrift CIL au pays remois, dep. Aisne. Desjardins Geogr. 
Ill 6366 = 8491. Ein Teil des Volkes gelangte de la Gaule II 455. Vgl. Catuslogi. [Ihm.] 
bei den grossen Keltenziigen nach Oberitalien und 40 Catuslogi, Volk in Belgien, Plin. n. h. IV 
soil nach Plin. n. h. Ill 125 erst in der Kaiser- 106 (Catoslugi, Catuslugi die Hss., vgl. Gliick 
zeit untergegangen sein (Miillenhoff Deutsche Keltische Namen 48. Bacmeister Keltische Briefe 
Altertumskunde II 260). Dass die C. Ligurer ge- 83. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v.). Vgl. 
wesen seien, wird nirgends berichtet (bei Plin. Ill Catusiacum. [Ihm.] 
47. 135 bieten die Hss. nicht Caturiges, sondern CatuYellauni. Catuvellauni = Catalaimi (s. 
Esturri, Esturi, Etturi u. a., vgl. dazu Mullen- d.), der gallischen gleichnamige und wohl von ihr 
hoff a. O. II 248) und ist in Anbetracht ihres abstammende und, wie andere, iibergesiedelte 
echt keltischen Namens (vgl. denArtikelCaturix) Volkerschaft des siidOstlichen Britannien mit der 
unwahrscheinlich. Zeuss Die Deutschen 207f. Hauptstadt Verulamium (s. d.), die sich einen 
Desj ardinsGeogr.de la Gaule II 95f. O.Hirsch-50 Teil der Dobuner unterworfen hatte und schon 
feld CIL XII p. 11. Holder Altcelt. Sprach- im J. 43, ein Jahr nach der Besetzung Britan- 
echatz s. v. Vgl. Caturrigis. [Ihm.] niens durch A. Plautius, nach dessen Sieg fiber 

Caturigomagus, Ort der Caturiges, jetzt die Sohne des Cunobellinus , sich den Romern 

Chorges (dep. HautesAlpes), Tab. Peut. {Catori- unterwarf (Dio LX 20, 2). Nach den Angaben 

gomagus). CIL XI 3281 — 3284 (Oaturig.). Da- des Ptolemaios (II 3, 11 Katvevx^avoi oder ahn- 

mit identisch Gaturrigas (Accus. von Caturiges) lich die Hss., wonach K. Miiller Ka.xvovM.awoi 

Itin. Ant. 342. 357, (Jatorigas Itin. Hieros. 555 besserte) sind ihre Wohnsitze in den Grafschaften 

(Station zwischen Eburodunum und Vapincum), von Cambridge, Northhampton, Huntingdon und 

Canduribagus Geogr. Rav. IV 27 p. 240 (zu Bedford anzusetzen. Bei einer der Stationen des 
trennen die eivitas Rigomagensium der Not. Gall. 60 Hadrianswalles ist ein Stein gefunden worden mit 

XVII 4). Desjardins Table de Peut. 60; Geogr. der Aufschrift eivitate Catuvvellaunorum Tosso- 

de la Gaule II 96. Hirschfeld CIL XII p. 11. dio, womit die aus Tossodium , wohl einer Ort- 

Vgl. Caturiges, Caturrigis. [Dim.] schaft (vgl. Toioopw; xozauov exfioZai bei Ptolem. 

Caturix, Beiname des Mars der Caturiges II 3, 2) der eivitas der Catuvellaunen (CIL 

{oder catu-rix = Kampfesfiirst, vgl. ahd. Hadu- Vn 863) herstammende Mannschaft bezeichnet 

rich, Gliick Kelt. Namen 47. Holder Altcelt. zu werden scheint. Die Gattin eines syrischen 

Sprachschatz I 860), auf mehreren Inschriften er- Kaufmanns in der ostlichsten Station des Hadrians- 

wahnt. Drei davon sind in der Gegend von Ebu- walls South Shields Regina wird als natione Cat- 



1799 Catuvolcus Cauca 1800 

vallauna bezeichnet auf einer dort gefundenen Cayares (Cavari), Volk in Gallia Narbonensis 

Grabschrift aus dem Ende des 2. Jhdts. (Ephem. am linken RhSneufer zwischen Durance und Isere. 

epigr. IV 718 a. Exempla script, epigr. 423). Strab. IV 185 xogftueiq? Se Siafiaoiv elg Ka§aX^ 

[Httbner.] Xlcova noXiv f\ eyiegfjg ymga naoa Kaovagcov eoxl 

CatuTolcus, neben Ambiorix Fiirst der Ebu- i*&x& 1 xS>v T °v "Ioagog avixjSoXwv xgog xov 'Poda- 

ronen (Caes. b. g. V 24, 4. VI 31, 5), nahm an vov .... xS>v de Kaovdgwv tmegxeivtai Ovoxov- 

deren Aufstand gegen die Romer 700 = 54 tha- xwi xe xal Tgixogioi xal 'Ixonoi xal MedvXXoi 

tigen Anteil (ebd. V 26, 1), ohne als Ffihrer xxX. (vgl. Mela II 79). Nach Strab. IV 186 (hier 

irgendwie hervorzutreten. Im folgenden Jahre der Accus. Kavdgovg, vgl. Ptol. II 10, 8 Kavdgoi) 
aetate iam confectus, eum laborem belli aut fugae 10 hatte der Name C. auch eine umfassendere Be- 

ferre non posset, omnibus preeibus detestatus deutung: emxgaxet de xo xcov Kaovdgcov ovo/na 

Ambiorigem, qui eius eonsilii auctor fuisset, xal jtdvxag ovxaig fjdtj ngogayogevovoi xovg xavxrf 

taxo se exanimavit (ebd. VI 81, 5). (iagfldgovg , iibrigens seien die C. nach Sprache, 

[Mtazer.J Sitten und Gemeindeeinrichtungen grOsstenteils 

Cavaedium, eavum aedium, 1st bei Vitruv romanisiert (vgl. Mtillenhoff Deutsche Alter- 

nur ein anderer Name fur das Atrium. Demi tumskunde II 247. 260). Als ihre Stadte werden 

sowohl das VI 3, 1 fiber C. und die durch die angefiihrt von Mela II 75 Avennio, von Plin. n. h. 

Form des Daches unterschiedenen Arten desselben III 36 Valentia (dagegen Ptol. II 10, 13), Vienna, 

(tuseanicum, eorinthium u. s. w.), als das VI 4 Avennio, von Ptol. II 10, 8 Aransio, Avennio und 
fiber das Atrium mit den anliegenden Raumen 20 Cabellio. Auch die Tab. Peut. verzeichnet Ca^ 

{alae, tablinum, /cra«ees)Gesagtebeziehtsichzweifel- vares. Der Name bedeutet nach Zeuss Gr. Celt, 

los auf den aus den pompeianischen Hausern be- 129 die .Riesen', womit man vgl. Paus. I 85, 3 

kannten Mittelraum ; auch VI 8 (5), 1 werden beide eya> de, Sjioooi fiev olxovoiv k'axaxot KeXxwv eyov- 

Namen gleichgesetzt. Ebenso zweifellos ist es, xes o/iogov xfj diet xgvftov igrjfico, ovs KafiageTs 

dass Varro de 1. 1. V 161 unter eavum, aedium ovofid^ovai, rovxeov fxev ovx e&av/naoa xo uijxos, 

denselben Raum versteht. Wenn er aber hinzu- ot vexgwv ovder xi 8ia(p6gcog k'xovaiv Alyvnxicov. 

fugt: Tuseanicum dietum a Tuseis, postquam il- Zur Zeit des Varro waren in Rom cavarische 

lorum eavum aedium simulare eoeperunt; atrium Schinken ein geschatzter Artikel, de re rust. II 4, 

dietum ab Atriatibus Tuseis, Mine enim eocem- 10 quod etiamnune quotamiis e Gallia adpor- 
plum sumptum , so scheint er der Meinung zu 30 tantur pernae Gomaeinae et Cavarae et peta- 

sein, dass nur dem tuscanischen C. und etwa sones (dazu der Comment, von H. Keil). Als 

dem von ihm abgeleiteten tetrastylum (s. Bd. II gallische Personennamen sind bekannt Cavarus 

S. 2146) der Name Atrium zukomme, nicht (keltischer Ffirst in Thrakien bei Polybios), Cava- 

dem altrOmischen bedeckten Mittelraume. Sicher villus (Aeduer, Caes. b. g. VII 67) , Cavarinus 

mit Unrecht, denn obige Etymologie ist falsch (bei den Senones, Caes. b. g. V 54. VI 5), Ca- 

und der Name Atrium = ueXa&gov rOmischen Ur- varius und Gavaria (Inschriften). Zeuss Die 

sprunges. Es scheint aber, dass man spater das Deutschen 207. Des.iardins Table de Peut. %; 

Wort C. in dem weiteren Sinne eines Mittel- Geogr. de la Gaule II 225. D'Arbois de Jubain- 

raumes brauchte, so dass es auch ein Peristyl be- ville Cours de litter, celt. I 299ff. O. Hirsch- 
zeichnen konnte; Plin. n. h. XIX 24: veld . . .40feld CIL XII p. 130. 152. 160. 207. 346. Hol- 

rubent in eavis aedium; denn die vela fanden der Altcelt. Sprachschatz I 872ff. [Ihm.] 

doch wohl mehr in den Peristylien als in den Cararinns, von Caesar als Kbnig der Senonen 

Atrien Verwendung. Ferner macht der jttngere eingesetzt, im Winter 700 = 54 vertrieben (Caes. 

Plinius in der Beschreibung seines Laurentinum II b. g. V 54, 2), fiihrte wahrend der Feldzfige des 

17, 4. 5 einen Unterschied zwischen Atrium und folgenden Jahres deren Hfilfstruppen (ebd. VI 5, 2). 

C: gleich am Eingange das Atrium, dann eine [Munzer.] 

halbkreisformige Porticus, dann ein cavaedium Cavatores kommen nur CIL VI 9239 vor: 

hilare. Nun war zwar dies wohl ein Atrium ; cabatores de sacra via. Ob es Gemmenschneider 

es nimmt denselben Platz ein, den nach Vitruv sind(Marquardt Privatl.2707, 14) ist zweifelhaft. 

VI 8 (5), 3 in der Villa das Atrium haben soil; 50 [Mau.] 

es ist ferner von nicht grosser Ausdehnung , da Cavatnrini, vicus im Ligurischen Appenin un- 

es nur dem mittleren Teil der geraden Seite der weit Genua, genannt in der Sententia Minuciorum 

halbkreisformigen Porticus entspricht (eontra me- (CIL I 199 = V 7749) Z. 38. 39. 40. Der Na- 

dias; anders Winnefeld Arch. Jahrb. VI 1891, mensahnlichkeit wegen mit dem modernen Creva- 

213). Plinius hat aber die Bezeichnung gewechselt, rina im oberen Scriviathale identificiert. Dagegen 

um es von dem vorderen, auch seiner Lage nach sucht sie Sanguineti Iscrizioni Romane della 

dem Atrium des Stadthauses entsprechenden Mittel- Liguria (1865) 478 bei Cavazzola, Grassi (ebd. 

raume zu unterscheiden, und es ist naturgemass, S. 575) bei Cavasolo. [Hfilsen.] 

dass er die weitere und weniger technische Be- Cauca, Stadt der Vaccaeer in Hispania citerior, 
zeichnung fiir das innere Atrium wahlte, welches 60 wird zuerst in den Feldzugen des L. Licinius- 

sicher auch durch seine Form von dem vorderen Lucullus im J. 603 = 151 v. Chr. erwahnt, der 

verschieden war; vermutlich war es ein korin- die Stadt und ihre Bewohner (Kavxawi) treulos 

thisches und daher einem Peristyl sehr ahnlich. und grausam behandelte (Appian. Hisp. 51. 52, 

So sind auch Verg. A en. II 483 eavae aedes all- wohl nach Poseidonios) ; der jttngere Scipio im 

gemein die Mittelraume des Hauses. numantinischen Krieg setzte sie wieder in ihr 

Litteratur s. u. Atrium. Dazu Daremberg- Eigentum ein (ebd. 89). Danach werden die 

Saglio Diet, des Ant. I 981. [Mau.] Caucenses im Gerichtsbezirk von Clunia nebst 

Caralline s. Cabellio. drei anderen civitates von den siebenzehn der 



1801 Caucalandensis locus Caudinae furculae 1802 

Vaccaeer aus den Listen des Agrippa und Augu- Kokelfliisse und dem auf der Kolner Inschrift 

stus von Plinius genannt (III 26), unter deren Brambach 405 genannten Berge Caucasus (s. 

Stadten auch Ptolemaios C. anfiihrt (II 6, 49). d.) in Verbindung zu bringen sein. Vgl. Kiepert 

Es lag an der rOinischen Strasse von Emerita Formae orbis antiqui XVII. W. Tomaschek Die 

nach Caesaraugusta , zwischen Salmantica und alten Thraker I 105. II 2, 90. J. Jung Mitt. 

Segovia (Itin. Ant. 435, 4. Geogr. Rav. 312, 21). des Instituts f. Osterr. Geschichtsf., Erganzungs- 

Sein Name ist in dem heutigen Coca erhalten band IV 4, 5. [Patsch.] 

(CIL II p. 378), wo sich ein Paar Grabsteine, Cancoliberi s. Illiberis. 

der eine in der in jenen Gegenden tlblichen Form Caudellenses, wie es scheint, die Bewohner 

eines Ebers, gefunden haben (CIL II 2727. 2728). 10 der jetzt Cadenet (bei Apt , de'p. Vaucluse) ge- 

Auf Inschriften aus Segovia (CIL II 2729 Cau- nannten Ortschaft, CIL XII 1064 Dexivae et Cau- 

eensis) und Kaisareia in Mauretanien (CIL VIII dellensibus O. Helvius Primus sedilia v. s. I. m. 

9390 Caueesis) kommen dorther Gebiirtige vor. (dazu die Anmerkung von O. Hirschfeld). Zu 

Im spateren Altertum erhielt der Ort eine ge- vergleichen sind Widmungen wie Brambach 

wisse Beriihmtheit dadurch , dass Theodosius d. CIRh. 795 I(ovi) o(ptimo) mfaximo) et vico Vo- 

Gr. aus ihr stammte (Zosim. IV 24, 4 nach Euna- cla(nnionum). ClL XII 2532 Numinibus Augu- 

pios. Hydat. chron. I p. 14 Momms.); vgl. oben storum et vicanis u. a. Bonn. Jahrb. LXXXIII 

Callaici. [Hiibner.] 36f. Andere (z. B. Steuding in Boschers Lex. 

Caucalandensis locus (Ammian. Marc. XXXI I 857) sehen in den C. Gottheiten. [Dim.] 

4, 13 .... ad Cauealandensem locum altitudine 20 Caudicariae (eodieariae) naves, Schuten oder 

silvarum inaecessum et montium), dakische Berg- Leichfcerprahme auf dem Tiber unterhalb Roms, 

landschaft im Quellgebiete der Gross- und Klein- welche die Waren von und nach den in See vor 

Kokel (KiikullO) ; die beiden Pliisse werden einen der oft versandeten (Strab. V 231. Plut. Caes. 

ahnlichen Namen gefuhrt haben. Vgl. den eben- 58) Miindung ankernden Schiffen brachten, Varro 

falls dakischen Berg Caucasus und die dakischen bei Non. p. 535. Senec. d. brev. vit. 13; ihre 

Caueoenses. Kiepert Formae orbis antiqui XVII Besitzer bildeten das corpus splendedissimum 

4, 38. W. Tomaschek Die alten Thraker II codicariorum, CIL XIV 4144 u. s.; Weiteres dar- 

2, 90. J. Jung ROmer und Romanen in den fiber s. im Artikel Codicarii. [Assmann.] 

Donaulandern2 118, 1 und Mitt, des Instituts Caudinae furculae (so Liv. IX 2, 6. 3, 6 u. a. ; 

f. Osterr. Geschichtsf., Erganzungsband IV 15ff., 30nur poetisch furcae Caudinae, Lucan. II 137; 

vgl. 4, 5. Zeuss Die Deutschen 410. fauces Caudinae Silius Italicus), Engpass im sam- 

[Patsch.] nitischen Appenin, bekannt als Ort der Katastrophe 

Caucasus mons wird ein Teil der sieben- des rOmischen Heeres im J. 321 v. Chr. (Liv. a. 

burgischen Karpathen genannt auf der Kelner a. O. Flor. I 16. Eutrop. II 9. Oros. Ill 15. 

Inschrift Brambach 405 (vgl. M. Ihm Rhein. Appian. Samn. 4; vgl. Cic. de off. Ill 30; de 

Jahrb. LXXXIII 145, 277. O. Schilling De senect. 13). Das Thai von Caudium hat, abge- 

legionibus Rom. I Min. et XXX Ulp. 47): Ma- sehen von einigen beschwerlichen und fur ein 

tronis Aufanib. G. ltd. Mansuetus m. 1. 1 M. p. Heer sicher nie passierbar gewesenen Bergpfaden 

/. v. s. 1. m. fu[i]t (?) ad Alutum flumen seem drei natiirliche Zugange (s. die umstehende Karte) ; 

mont(em) Caucasi. Vgl. die ebenfalls dakische 40 an der Westseite die ziemlich breite Senkung 

Berglandschaft Caucalandensis locus und die da- zwischen dem Monte Sauccoli und Monte Vec- 

kischen Caueoenses. W. Tomaschek Die alten cio, in der die Dorfer Arpaja, Porchia, Ari- 

Thraker II 290. J. Jung ROmer und Romanen enzo und S. Maria a Vico liegen. Durch diese 

in den Donaulandern 2 118, 1; Fasten der Pro- ging im Altertum die Via Appia, deren Station 

vinz Dakien 154, 8 und Mitt, des Instituts f. ad Novas dem modernen Dorfe S. Maria a Vico 

Osterr. Geschichtsf., Erganzungsband IV 4, 5. entsprochen haben muss und von der mehrere 

Ruggiero Dizion. epigr. s. Alutus. [Patsch.] Meilensteine bei Forchia und Arpaja gefunden 

Cauchi s. Chauci. ~ sind (CIL IX 5982— 5993). An der Ostseite des 

Cauchius s. Gabinius Secundus. Thales fuhrto die Appia sfldlich von Montes- 
Cauci, hibernisches Volk bei Ptolemaios (II 50 archio fiber steile Berghohen (in kttrzerer und 

% 8) , an der Ostkiiste Irlands, beim jetzigen mehr nordlicher Linie als die moderne Strasse, s. 

Flusse Boyen angesetzt: doch sind die Wohnsitze die Beschreibung des Holstenius beiNissen 

ebenso wie ihre Abstammung von den germani- Rh. Mus. XXV 10) in das Thai des Corvo, eines 

sehen Chauci (s. K. Mfiller zu Ptol.) ganz un- Zuflusses des Calore, und weiter nach Benevent. 

sicher. [Hiibner.] Einen dritten Zugang hat das Thai von Norden, 

Caucidius. 1) L. Mummius Niger Q. Va- wo der zum Volturno fliessende Fiume Isclero das 

lerins Vegetus Severinus Caucidius Tertullus s. enge Felsthal von Mojano und S. Agata dei Goti 

Mummius. (Saticula) durchfliesst. Den Ort der Einschlies- 

2) P. Vigellius Raius Plarius Saturninus Atilius sung schildert Livius so (IX 2, 6ff.) : saltus duo 
Braduanus Caucidius Tertullus s. Vigellius. QQalti angusti silvosique sunt, montibus circa per- 

3) Appia Annia Regilla Atilia Caucidia Ter- petuis inter se iuncti. Iaeet inter eos satis 
tulla s. o. Annius Nr. 125. [Groag.] patens clausus in medio eampus herbidus aquo- 

Caucoenses, ein dakischer Stamm (Ptolem. susque, per quern medium iter est. Sed ante- 
Ill 8, 5 Kavxorjvoioi), dessen Name von dem Vor- quam venias ad eum, intrandae primae angu- 
orte des Gaues abgeleitet wurde. Seine Wohn- stiae sunt, et aut eadem qua te insinuaveris retro 
sitze sind unbekannt, doch diirften sie mit dem viarepetenda aut, si ire parr o per gas, per alium 
bei Ammian. Marcell. XXXI 4, 13 erwahnten Cau- saltum artiorem inpeditioremque evadendum. In 
calandensis locus (s. d.) im Quellgebiete der eum campum via alia per cavam rupem Ro- 



1803 



Caudini 



Cavea 



1804 



mani demisso agmine cum ad alias angustias 
protinus pergerent, saeptas deiectu arborum saxo- 
rumque ingentium obiacentem molem invenere. 
Cum fraus hostilis apparuisset, praesidium 
etiam in summo saltu eonspieitur .... eitati 
inde retro qua venerunt pergunt repetere viam : 



earn quoque clausam sua obice armisque in- 
veniunt. Da das romische Heer vor der Kata- 
strophe bei Calatia stand, und die Consuln die 
Absicht gehabt hatten, auf dem kilrzesten Wege 
auf das angeblich bedrohte Luceria loszumar- 
schieren, mtlssen sie den Weg iiber Benevent, das 








m 



wik.v/<>; 



F..nW.i'l 



Ot.uii 



P.C.-pons aCaracaJI*a.2W 
rafectut CIL IX 5994. 
P.S.* pons a Severe et Anto- 



"'■'-^ ia |x 2122. 



12 mp. jenseits Caudium liegt, zu wahlen beab- 
sichtigt haben, das Ausgangsdefile' muss also der 
Ostlich von Montesarchio in das Thai des Corvo 
fiihrende Pass sein. Zweifelhaft bleibt, welches 
der Eingangspass gewesen sein kenne, und ob 
die Katastrophe innerhalb desselben oder im Thale 
von Caudium stattgefunden habe. Die alteren 
Gelehrten nehmen fast durch weg das erstere 
an. Daniele (auf dessen Ansatze Cocchia 
vollig zuriickkommt) halt das Thai von Arpaja, 
Gandy (bei Keppel Craven A tour through 
the southern provinces of the kingdom of Naples, 
1821 p. 16f.) das von Mojano fur den Ort der 
Einschliessung. Dagegen wendet Nissen mit 
Eecht ein , dass fur ein Heer von 40 000 Mann 
weder in dem Defile von Arpaja (das auch von 
keinem Flusse durchstromt wird), noch in dem 
von Mojano Platz gewesen sein kOnne. Vielmehr 
ist der campus satis patens das Thai von Cau- 
dium selbst, die cava rupes ist das Defile' von 
Mojano, die alteram augustiae der ins Sabatothal 
iiberfuhrende Pass. Wenn auch der Name der 
fureidae Caudinae nachweislich im Mittelalter 
an dem Pass von Arpaja gehaftet hat, kann der- 
selbe doch keinenfalls der Ort der Katastrophe sein. 

Die altere Litteratur (Daniele Le forche 
Caudine illustrate, Neapel 1778 und 1811. Bar- 
tolini Viaggio da Napoli alle forche Caudine, 
Neapel 1827) ist entbehrlich neben der trefflichen 
Darlegung Nissens (der caudinische Frieden, 
Eh. Mus. XXV 1870, 1—65 bes. 4f.)-, die neueste 
Behandlung durch E. Cocchia (I Eomani alle 
forche Caudine , Memorie della E. Accademia di 
Napoli XIV 33 — 73, mit ungeniigender Karte und 
einigen Localnotizen) fOrdert die Frage nicht. 

[Hiilsen.] 

Caudini, ein Stamm der Samniten mit dem 
Hauptort Caudium, von deren Besiegung der Con- 
sul Lentulus im J. 275 v. Chr. den Beinamen 
Caudinus annahm (vgl. Mommsen B8m. For- 
schungen II 295). Die Samnites Caudini er- 
scheinen bei Liv. XXIII 41, 13 coordiniert mit 
den Birpini; doch ist ihr Gebiet nicht mit Sicher- 
heit abzugrenzen. Vgl. noch Liv. XXIV 20, 4. 



Veil. II 1, 5. Auch die Aavviot, welche Polyb. 
Ill 91 ostlich von Nola erwahnt, sind ohne Zweifel 
die KavSTvoi. In spaterer Zeit geriet der Name 
in Vergessenheit ; die Caudini bei Plin. Ill 105 
sind nur die Einwohner von Caudium, welches er 

30 unter den Hirpinorum oppida aufzahlt. 

[Hiilsen.] 
Caudium (Plin. Ill 105; griech. Kavdiov, 
wofiir bei Ptol. Ill 1 , 67 verderbt KXovScov), 
Stadt in Samnium zwischen Benevent und Capua, 
vielleicht ursprunglich Hauptort der Caudini (s. 
d.) ; in rOmischer Zeit, abgesehen von der Nieder- 
lage des Heeres in den furculae Caudinae (s. d.), 
fast nur genannt als Station der Via Appia (Horat. 
sat. I 5, 51. Strab. V 249. VI 283. Itin. Ant. 

40 111; Hieros. 610. Tab. Peut. Geogr. Eav. IV 33 
p. 276 P.). Aus dem Liber colon. 282 erfahren 
wir, dass Augustus das Stadtgebiet der Colonie 
Benevent attribuierte (vgl. CIL IX 2165, Dedication 
an Septimius Severus von der colonia Beneventum 
. . . in territorio suo quod ciiigit etiam Caudi- 
norum civitatem muro tenus), nachdem der Acker 
an Veteranen (von der legio XXX: CIL IX 2167) 
assigniert war. Die Stadt scheint Municipium 
gewesen zu sein (ein Illlvir quinq. Caudi CIL 

50X1572. 1573, spatestens aus augustischer Zeit); 
sie gehorte zur Tribus Falerna (Kubitschek 
Imperium Eomanum tributim discriptum 40). Der 
Name C. verschwindet seit dem 9. Jhdt.; an der 
Stelle von C. liegt das moderne Montesarchio 
(Kiepert im CIL IX p. 673). Lateinische In- 
schriften daher CIL IX 2161-2193. 6293. 6294. 
Ephem. epigr. VIII 815. [Hiilsen.] 

Cayea (von cavus) , ein ringsumschlossener 
hohler Eaum; insbesondere der Zuschauerraum 

60 des Theaters, vgl. Plaut. Trucul. 931; Amphitr. 
prol. 65f. Lucret. IV 76. Cic. Lael. 24. Liv. 
XXXIV 54. Cicero stellt de leg. H 15 eireus 
und cavea als die Schauhauser der gymnischen und 
musischen Spiele einander gegenuber. Doch bleibt 
der Ausdruck c. bei Dichtern nicht auf das ske- 
nische Theater beschrankt, vgl. Verg. Aen. V 340. 
VIII 638, bei spateren Schriftstellern wird c. auch 
vom Amphitheater gesagt. 



1805 Cavellio Caupona 1806 

C. kann in dem romischen Theater der ent- Verzonis Pirusta ex Kaviereti[o]). Vgl. OIL 

wickelten Form den ganzen Zuschauerraum ein- III p. 213. 921. J. Jung Romer und Romanen 

schliesslich der den Senatoren reservierten Or- in den Donaulandern 2 107 und Fasten der Pro- 

chestra (s. d.) und der XIV gradus , die den vinz Dakien 162. [Patsch.] 

Bittern bestimmt sind (Mommsen Rom. Staats- Carii, Volk in Illyrien, s. Kauioi. 

recht III 519f.) bezeichnen, vorzugsweise versteht Cayilunnnm s. Cabillonum. 

man darunter den ansteigenden Zuschauerraum Caviones s. Chaibones. 

allein, vgl. Serv. Aen. V 340: cavea eonsessus Canleces (?), spanische Gottheit auf einer aus 

est populi. Die obersten Sitzreihen, die von dem Gallaecia stammenden Inschrift, deren tlberliefe- 
niedersten Volk eingenommen wurden, werden 10 rung nicht sicher ist, CIL II 2551. Vgl. Holder 

als summa oder ultima e. bezeichnet, vgl. Cic. Altcelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] 

senect. 14 : Turpione Ambivio magis deleetatur Caulius. P. Calpurnius Macer Caulius Kufus 

qui in prima cavea speetat, deleetatur tamen s. Calpurnius Nr. 53. 

etiam, qui in ultima. Senec. tranq. animi 11, Caum, in Hispania citerior, Station der rOmi- 

8: verba ad summam eaveam spectantia. Eine schen Strasse von Asturica nach Caesaraugusta 

strenge Scheidung der Zuschauerpl&tze hat Au- (Itin. Ant. 451, 6), zwischen Osca und Ilerda, 

gustus durchgeftthrt , vgl. Suet. Aug. 44 : san- etwa bei Ilche und Berbegal, auf der Strasse von 

xitque, ne quis pullatorum media cavea sederet, Huesca nach Monzon (Guerra Discurso a Saave- 

die Frauen wurden in die obersten Reihen ver- dra 91). Vgl. Gaius mons. [Hfibner.] 

wiesen. Ob media cavea als der offlcielle Name 20 Caumatis, Station auf dem Wege von Perse- 

des mittleren Stockwerks aufzufassen ist, ist frei- polis nach Rana in Gedrosia , XX (Parasangen) 

lich zweifelhaft, vgl. Hubner Ann. d. Inst. 1856, hinter Arciotis oder Archedotis, Xvor Aradarum, 

57. Doch war durch die Umgange, praecinctiones, Tab. Peut. und Geogr. Rav. p. 43, 14, wo sich 

8ca(d>fiara (s. d.), eine solche Gliederung von vorn- ein westlicher Seitenweg nach Fasca und Pasate, 

herein gegeben , vgl. Stat. silv. I 6, 28 : eaveas d. i. Pasa anschliesst. Arciotis lag am Mittel- 

per omnes. Weiteres fiber die Einteilung des lauf des Harai-rud oder Hali-ru im karmanischen 

Zuschauerraumes s. Theater. [Reisch.] Gau Rudbar, Reobar des Marco Polo, Aradarum 

Cavellio s. Cabellio. vielleicht bei Lader westlich von Banpur; dann 

Cavere bedeutet vielfach soviel wie Sicherheit fallt C, etwa von xavfia abzuleiten, wenn nicht 
bestellen, insbesondere cautionem exponere, s. C a u- 30 aus arischem kaumant ,Kargheit besitzend, steril', 

tio. Sueton. Oct. 41 ; Calig. 12. Dig. XXIV 3, in die heisse Sumpfebene von GezmSrian, worin 

49 pr. Die Entgegennahme der Sicherstellung sich der Hali-ru verliert, und zwar an das Sfid- 

heisst cavere ab aliquo, Cic. Verr. act. II, II 55 ; ende der Pariz-kette, durch welche sich bei dem 

Brut. 18 , vgl. auch fiber das cavere praedibus Kegel Mil-i-Ferhad ein Seitenweg nach Norden 

praediisque Karlowa R0m.Rechtsgesch.il 47. gegen Bemm in Narmasir emporwindet; ein ara- 

59, eine Caution zur Sicherung der Staatsforde- bisches und ein modernes Itinerar verzeichnen 

rungen gegen einzelne. Varro 1. 1. V 40. Momm- in gleicher Lage eine Station Kohistan ; vgl. S.-Ber. 

sen Stadtrechte von Salpensa und Malaca 471. Akad. Wien CII 175—199. [Tomaschek.] 

Rivier Untersuchungen fiber die cautio praedi- Caumestes mons, jener Teil des Imavos, 

bus praediisque 1863. 40 worin einerseits der Fluss Oxos, anderseits der 

Als eine Hauptberufsthatigkeit der Juristen Ganges und Sygaton in mannigfachen Windungen 

bezeichnet cavere die Rechtsconsulenz, die Nach- entspringen sollen, Iul. Honorius und Ethicus p. 27f. 

teilen vorbeugt, insbesondere die mit ihr ver- und75Riese. Nach den mythischen Vorstellungen 

bundene Abfassung von Cautionsnrkunden. Cic. derlnderwirdderMeruvondenQuellendesVanksu, 

de orat. I 212; pro Mur. 27. Sindhu, der Ganga und Cita umflossen, bevor diese 

Litteratur: v. Jhering Geist des rSm. Rechtes StrOme nach verschiedenen Richtungen abfliessen; 

II 2* 416ff. 580ff. Jors Geschichte der rSmischen die gemeinsame Quelle liegt im ,kalten' See Ana- 

Rechtswissenschaft I 199ff. [Leonhard.] vatapta, d. i. der Drachensee im Pamir. Der 

Caverim s. Chaberos. Name C. erinnert an die oqzivt) Ka>/it]8wv (s. d.), 

Cariares hostiae , eine nur aus Fest. ep. 50 kann aber auch fur eine starke Entstellung aus 

p. 57 bekannte romische Opferhandlung, die alle Himavat gelten ; in der Persis gab es einen Derfer- 

vier Jahre von den Pontifices vollzogen wurde: bezirk Kcofiaaxoe (s. d.). [Tomaschek.] 

caviares hostiae dicebantur, quod caviar (so Sea- Caunarari (Var. Cauranani), ein Volk im sfid- 

liger, caviae Hs.) pars hostiae (id est pars ho- ostlichen Arabien (Plin. VI 159). NachSprenger 

stiae Hs.) eauda tenus dieitur et ponebatur in (Alte Geogr. 92) unweit Aden, was kaum richtig ist 

sacrifieio pro collegio pontificum quinto quoque (s. Athene Nr. 1). Indessen stimmt Glaser 

anno. [Wissowa.] (Skizze 162) Sprenger zu. Von den Namen Cau- 

t'aviclnm, in Hispania ulterior, Station der naravi sagt Plinius: quod significat ,ditissimos 

rSmischen Strasse an der Sudkfiste zwischen Sexi armento'. [D. H. Mfiller.] 

(s. d.) und Maenuba (s. d.) nach dem Itin. Ant. 60 Caunius. T. Caunius Priscus, Legat von Nu- 

405, 4. Die Lage, etwa bei dem Turm von Ca- midien, Consul designatus, Gemahl der Vera, 

laturcos, am Flusse Miel (Guerra Discurso a Vater des Firminus und der Prisca (CIL VIII 

Saavedra 91) ist nicht genauer ermittelt. Calecula 2583. 2588 Lambaesis). Bezieht sich auch die 

(s. d.) ist verschieden davon. [Hubner.] Inschrift CIL VIII 2697 (Lambaesis), wie Renier 

Cavieretinm , eine zum Teil von dalmatini- vermutet, auf C, so bekleidete er die Legation 

schen Pirustern bewohnte Ortschaft im dakischen im J. 186 n. Chr. [Groag.] 

Golddistricte bei- Alburnus maior (Verespatak ; Caupona, sowohl eine Herberge zum Ubernach- 

CIL III p. 936 C. VI vom. J. 139 de Dasio ten und eaupo, copo der Wirt derselben (Cic. de div. 



1807 



Caupona 



Caurus 



1808 



I 57; de inv. II 14; in Pis. 53. Dig. IV 9, 1—6 
und ofter, s. Wirtshauser) als eine Schenkwirt- 
schaft bezw. der Inhaber derselben, Dig. XXXIII 
7, 13. XXIII 2, 43, von der popina so unter- 
schieden, dass diese mehr Speisewirtschaft ist, 
wahrend an dem Namen C. (wie an xdnrjXos Plat. 
Gorg. 518 c) vor allem die Vorstellung des Wein- 
handels haftet. Buecheler Carm. epigr. 930 
(Wandinschr. aus Pompeii). Martial. I 56. II 48, 
aus welchen Stellen auch hervorgeht, dass die Co- 
pones in dem Rufe standen, den Wein mit Wasser 
zu falschen, wie sie iiberhaupt iibel beleumdet 
waren, Hor. sat. I 1, 29. 5, 4. Da aber, wie in 
den Popinae Wein (Plaut. Poen. 835. Oic. pro 
Mil. 65), go in den C. Speisen zu haben waren 
(Dig. XXXIII 7, 13), so ist eine Grenze zwischen 
beiden nicht zu Ziehen und kOnnen beide hier ge- 
meinsam behandelt werden. Beides heisst griechisch 
xam/XeTov. Dergleichen Locale, in alterer Zeit 
nur von den niederen Klassen besucht (fiir Griechen- 
land Isocr. VII 49) und demgemass einfach — 
ihre Dnreinlichkeit und die schlechte Gesellschaft 
in ihnen wird Ofter hervorgeboben , Hor. sat. II 
4, 62; ep. I 14, 21. Iuv. 8, 172 — dienten gegen 
Ende der Republik und wohl schon fruher den 
Schwelgereien auch reicher Leute ; luxuria popi- 
nalis, Apul. met. VIII 1; vgl. Cic. in Pis. 13. 
Catull. 37, 1. Suet.gramm. 15. Iuv. 8, 158. Martial. 
V 70. Die ersten Kaiser suchten dies zu bekampfen, 
indem sie ihnen nur den Verkauf der einfachsten 
Speisen — Kraut und Hiilsenfruchte, kein Pleisch 
-^ gestatteten; so Tiberius (Suet. 34), Claudius 
(Cass. Dio LX 7, 7), Nero (Suet. 16), Vespasian 
(Cass. Dio LXII 14, 2), vergeblich, wie die haufige 
Wiederholung beweist. In einfacheren C. sass man 
auf Stiihlen (sellariolae popinae Martial. V 70, 3), 
doch fehlte es nicht an besser eingerichteten, in 
denen man auf dem Lectus lag, Copa 6. Iuv. VIII 
173. Haufig waren die C. mit Bordellwirtschaft 
verbunden, Dig. XXIII 2, 43, 9 ; lebhaft werden 
die in einer besseren C. gebotenen Geniisse ge- 
schildert in der ps.-vergilischen Copa. In Pompeii 
sind C. in grosser Zahl erhalten, darunter eine 
(Reg. I ins. 2 nr. 24) durch die schon citierte 
Inschrift als solche bezeugt. Dass sie auch Speise- 
wirtschaft war, beweisen die gemauerten Speise- 
betten im Garten und mehrere Speisezimmer, Bull, 
d. Inst. 1874, 252. Eine andere ebendaselbs (Reg. 
IX ins. 5 nr. 16. Bull. d. Inst. 1879, 209) besteht 
aus einem Atrium, zwei Speisezimmern, einer Kiiche 
und einer Kammer, deren obscoeneMalereienkeinen 
Zweifel lassen , dass sie der Prostitution diente, 
zahlreiche andere aus einem auf die Strasse ge- 
Sffneten Laden mit einem oder zwei Hinterzimmern. 
Beistehend Grundriss einer besonders charakte- 
ristischen C. (Reg. VI ins. 10 nr. 1): a ist der 
Laden, mit Verkaufstisch 1 und Herd 2, 6 ein 
Speisezimmer mit besonderem Eingang von der 
Strasse; die Wandmalereien zeigen die Gaste, 
wie sie auf Stiihlen sitzend essen, trinken und 
Wiirfel spielen (Helbig Wandgem. 1504f., eine 
dieser Scenen auch beiBecker-G8ll Gallus III 
43), ausserdem einen auf einem Wagen ruhenden 
Schlauch, aus dem der Wein in Amphoren ge- 
fiiilt wird (Helbig 1487). Letztere Darstellung 
ist wiederholt in dem Durchgangsraume e (mit 
Thiir in das Innere des Hauses) , daneben der 
Transport des Schlauches auf dem Wagen (Hel- 



big 1486. 1488). In d erweckt der erotische Cha- 
rakter der Wandmalereien (fischende Aphrodite, 
Polyphem und Galatea, Helbig 353. 1044) den 






10 




20 



Verdacht, dass dieser Raum der Prostitution diente. 
Becker-Goll Gallus IH 37. Marquardt Pri- 
vatl.2 469. Daremberg-Saglio Diet. d. Ant. 

I 973. [Mau.] 

Caura, Stadt in Hispania ulterior, am rechten 
Dfer des Baetis siidlich von Hispalis, zwischen 

30 Orippo (s. d.) und Siarum (s. d.), nur von Plinius 
genannt (III 11 nach Varro), jetztCoria. Es schlug 
Miinzen, die ausser dem ublichen behelmten Kopf 
einen besonderen Pisch {gadus) zeigen, wie sie der 
grosse Strom lieferte, und die Aufschrift Caura 
(Mon. ling. Iber. nr. 170). [Hubner.j 

Caurium, Stadt der Vettonen in Lusitanien, 
von Plinius nach den alphabetischen Listen des 
Agrippa und Augustus erwahnt (Gaurenses IV 
118), von Ptolemaios den Lusitanern zugeteilt 

40 (II 5, 6) , alter Bischofssitz , daher in Concilien- 
unterschriften des 7. Jhdts. oft genannt (z. B. vom 
J. 648 Mansi X 512 B und sonst), jetzt Coria 
am Alagon mit alten Mauern und Thoren (CIL 

II p. 96. 826) und Inschriften, in denen verschie- 
dene Cawienses genannt werden (CIL II 766 — 
770. 802). Reiter der ala Vettonum, die als 
eives Hispani Cauriemses bezeichnet werden, sind 
in britannischen Inschriften genannt (CIL VII 52. 
Ephem. epigr. IV 670). [Hiibner.] 

50 Caurus (Corns), der Nordwestwind oder auch 
Westnordwest, da er ab oeeasu solstitiali (Plin. 
n. h. II 119. XVin 338. Senec. n. qu. V 16, 5) 
weht, d. i. von der Gegend des Horizontes her, 
wo die Sonne zur Zeit des Sommersolstitiums 
untergeht (vgl. o. S. 721). Dieser Wind, dessen 
Name bei Lucrez (VI 135) zum erstenmale vor- 
kommt, wird vielfach identificiert mit dem griechi- 
schen aQysarrjg (Gell. II 22) , obwohl das Se- 
neca a. a. O. missbilligt. Auf einem groben Ver- 

60 sehen beruht es, wenn Gellius (a. a. O.) und Galen 
(XVI 406) an einer Stelle den eaurus-dgysot^g 
nach SMwest oder Siidsildwest yerlegen (Kaibel 
Herm. XX 592. 602. 613). Obwohl Vitruv (I 6 
p. 25 Rose) corus ausdriicklich als eine Nebenform 
fiir caurus bezeichnet , kommen doch in seiner 
24strichigen Windtafel beide Namenformen neben- 
einander als Bezeichnung von zwei verschiedenen 
Winden vor. 



1809 Causa Causa 1810 

Seinem Charakter nach wird der C. als un- kehrendes Bedurfnis, dem sie dient (Dig. VIII 

gestiim und reissend bezeichnet (Senec. a. a. 0.), 2, 28. VIII 1, 15 pr. Weber Ztschr. der Savigny- 

er ist ferner von austrocknender Wirkung und stiftung, Bom. Abt. XIV 290), ferner die pignoris 

bringt Kalte (Plin. n. h. II 126. XVIII 338f. eausa, d. i. eine noch nicht oder doch noch nieht 

Verg. Georg. Ill 356). [Haebler.] vOllig befriedigte Hauptschuld, fur die das Pfand 

Causa bedeutet im rbmischen Privatrecht ins- haftet, Dig. XXI 2, 65. 
besondere 1) einen rechtlich wichtigen Sachver- Unter den rechtlich wichtigen Ursachen ein- 
halt. Dig. L 16, 23 rei appellatione et causae zelner Ereignisse sind von besonderer Wichtigkeit 
et iura eontinentur. Darauf beruht die Muflge die causae der Verausserungs- und Verpflichtungs- 
Wendung causa eognita, d. h. nach vorheriger 10 geschafte (causae alienandi, Karlowa Rom. 
Untersuchung der Sachlage. Dig. Ill 3, 13. 40 pr. Rechtsgeschichte II 417ff. , oder sese obligandi) 
XLI 2, 2, 23 in fine. Gai. IV 118 und sonst viel- z. B. die eausa traditionis Dig. XLI 1, 31 pr. 
fach (vgl. hieriiber Pernice Zeitschrift der Sa- oder promissionis XXII 3, 25, 4. Es ist hierbei 
vignystiftung, Bom. Abt. XIV 144). Daher be- in der Begel nicht an alle Thatsachen gedacht, 
zeichnet causa sehr haufig die Processsache, so Dig. die das Verausserungs- und Verpflichtungsgeschaft 
III 3, 14 und an vielen andern Stellen, insbe- nach sich gezogen haben. Nur ausnahmsweise 
sondere in der Wendung causa cadere (s. d.) oder heisst auch der rechtlich unerhebliche Beweggrund 
causa maior bezw. minor (vgl. Puchta-Kriiger C, z. B. Inst. II 20, 31. In der Begel bedeutet 
Inst. Iio 520 § 171 d). Causa bedeutet dem- eausa bei Verausserungen und Versprechen nur 
nach auch zuweilen so viel wie casus, vgl. Dig. 20 den rechtlich wichtigen Beweggrund , namlieh 
XX 2 rubr. : in quibus causis pignus vel hypo- eine solche Voraussetzung, von deren Vorhanden- 
theea tacite eontrahitur. Auch die omnis eausa sein , Eintritt oder Fortdauer der Urheber des 
rei, die in wichtigen Fallen neben der Sache selbst Rechtsgesehaftes den Eintritt oder den Fortbe- 
einem Anspruchsberechtigten herausgegeben wer- stand der Geschaftsfolgen ausdrucklich oder still- 
den muss (Dig. XII 1, 31 pr.), z. B. entgangene schweigend abhangig macht. Dahin gehort nament- 
Friichte und dergl., bestimmt sich nach einem lich eine Bestimmung daruber, ob ohne Entgelt 
bisherigen Sachverhalte , der dem Klager nach- oder gegen ein bestimmtes Entgelt die Verausse- 
teilig war und fur den Schadenersatz zu leisten rung oder Verpflichtung wirksam werden soil, 
ist. Dig. VI 1, 20 : ut et causa rei restituatur, z. B. die eausa donationis. Dig. XXXIX 5, 2, 
id est ut omne habeat petitor, quod habiturus 30 7. Manche Rechtsgeschafte, z. B. der Kauf, setzen 
foret, si eo tempore, quo iudieium accipiebatur, bei ihrem Abschlusse eine Ausserung iiber die 
restitutus illi homo fuisset. Dig. XXII 1 rubr. C. der iibernommenen Verpflichtung oder bewirk- 
Auf einen Sachverhalt deuten unter anderen ten Verausserung voraus, andere, die sog. abstrac- 
auch hin Gai. I 138. Dig. I 8, 6 pr. IV 5, 3, ten Geschafte, sind auch ohne den Nachweis einer 

1. XVIII 1, 67; vgl. auch die causa tigni (d. i. derartigen Ausserung gultig und verbindlich, s. 
die Thatsache eines vorhandenen Balkens), Dig. Mancipatio und Stipulatio. Wo eine causa 
VIII 2, 20 pr. In gleichem Sinne heisst die milde alienationis sive promissionis erklart ist , da 
Stiftung pia causa, Cod. I 2, 19, da eine solche bildet sie mit dem Verausserungs- und Verpflich- 
auf einem Sachverhalte, einer Vermogensverwal- tungsacte selbst zusammen die causa adquirendi 
tung zu einem festgesetzten Zwecke, beruht (vgl. 40 fur den andern Teil, dem ein Rechtserwerb zu- 
Pernice Labeo I 254if.). Ausserdem bedeutet gedacht ist. Darum konnen sich aus ihr Mangel 
C. 2) eine rechtlich bedeutsame Ursache, also eines solchen Bechtserwerbs ergeben, urn deren 
ein Ereignis oder ein Thatbestand, durch den die willen er ganz oder teilweise riickgangig gemacht 
Entstehung oder die Fortdauer einer bestimmten werden kann. Ein solcher Rechtserwerb , wie 
Sachlage oder ein bestimmtes Ereignis hervor- jeder andere, dessen rechtliche Ursache mangel- 
gerufen wird. Dieser einfache Grundbegriff kehrt haft ist, heisst sine eausa und die Klagen, die sich 
in mannigfachen Wendungen wieder. So gehort gegen seine Folgen kehren, sind die condietiones 
zu den Ursachen eines Sachverhaltes die causa sine causa, Dig. XII 4 — 7. 

possessionis Dig. XLI 2, 3, 4, d. i. die Vorge- Die Bedeutung der Ursache oder der Veran- 
schichte eines Besitzerwerbes , von der abhangt, 501assungeinesrechtlichwichtigenEreignisseskommt 

ob jemand eine Sache im eigenen oder fremden dem Worte C. auch sonst noch mehrfach zu. So 

Namen besitzt. Dig. XLI 2, 3, 19: Kemo sibi ist z. B. die utilis actio ex causa interdieti (Inst. 

causam possessionis mutare potest, vgl. hierzu IV 15, 8) ein Anspruch, der auf Grund der that- 

Karlowa Romische Bechtsgeschichte II 312ff. sachlichen Vorbedingungen eines Interdictes ge- 

331 ff. Zu den Ursachen rechtlicher Folgen ge- geben wurde, auch ohne dass ein Interdict erfoigte, 

hOren die causae dominii adquirendi Dig. XLI s. Interdictum. Wo iiberhaupt ein Eechts- 

2, 10, 5 (vgl. hierzu iiber die eausa adiecta und mittel von besondern Voraussetzungen abhing, da 
causa superveniens Dernburg PandektenS 1360 hiess der InbegrhT dieser Voraussetzungen causa 
% 151, 3) und die causae ex quibus obligationes oder auch iusta causa; vgl. Dig. IV 6, 1, 1. Gai. 
nascuntur Inst. I 21 pr. Eine besondere Art 60 1 38. 192 (magna eausa) und sonst, auch Dig. 
dieser Erwerbsursachen sind die causae lucrativae, III 3, 45 pr. 

s. Concursus duarum causarum lucrativarum Litteratur: Bahr Die Anerkennung als Ver- 

und Karlowa Rem. Rechtsgeschichte II 402. pflichtungsgrund2 33ff. Windscheid Die Lehre 

Zu den rechtlich wichtigen Ursachen, die nicht von der Voraussetzung 1850. Schlossmann Zur 

sowohl die Entstehung als vielmehr den Fortbe- Lehre von der causa obligatorischer Vertrage 1860. 

stand von Rechten nach sich ziehen, gehort die Lot mar Uber causa im rOmischen Recht, Miin- 

perpetua causa, die eine Grunddienstbarkeit haben chen 1875; Fortsetzung von Brinz Pandekten IV 

muss, d. h. ein dauerndes oder immer wieder- 239ff. Karlowa Bom. Rechtsgeschichte II 761ff. 



1811 Causa cadere Causidicus 1812 

Leonhard Der Irrtum bei nichtigen Geschaften die Obrigkeit auf Grunde einer C. p. das fehlende 

1243,2. Petersen Loftet og dats, causa, KjO- Bilrgerrecht verleihen. Das Kind trat damit in, 

benhavn 1896. Weitere Litteratur s. bei Wind- die Gewalt des Vaters und zerstOrte dessen frfiheres 

scheid Pandekten I § 97, 1 Anm. 1. II § 318 Testament ebenso, als wenn es nach dessen Er- 

Anm. [Leonhard.] richtung aus einer vollgfiltigen Ehe geboren wor- 

Causa cadere heisst einen eingeklagten An- den ware. Peregrini dediticii (s. d.) konnten je- 

spruch durch den Verstoss wider eine Process- doch hieraus nur fur ihr Kind, nicht fur sich selbst 

vorschrift verlieren. Es trat dies vornehmlich in einen Vorteil ziehen. Gai. I 66—71. II 142. 

Folge einer pluspetitio ein, ein Grundsatz, der Von einer c. p. apud consilium (ffinf Senatoren 
vom spateren rOmischen Rechte aufgegeben wurde. 10 und fiinf Equites) war auch bei der Vorpriifung 

Gai. IV 53 — 60. Inst. IV 6, 33. Puchta-Kriiger von manumissiones, die ohne dies nicht zulassig 

Inst. io 504 § 167. [Leonhard.] waren, die Rede. Gai. I 38. 39. 41. Ulp. I 13. 

Causae cognitlo s. Cognitio. Dig. XL 9, 7, 1. 

Causae conieetio s. Coniectio. Litteratur: Bethmann-Hollweg De causae 

Causae probatio hiess der Nachweis eines probatione, Berol. 1820. Zimmern ROmische 
Sachverhalts , der das fehlende rOmische Burger- Rechtsgeschichte I 779. v. Vangerow tlber die 
recht zu verschaffen im stande war. Er kam in Latini Iuniani, Marburg 1833, 163ff. Rein Rom. 
zwei Formen vor: als causae probatio per mini- Privatrecht 2 125.593. Puchta-Kriiger Inst. 1° 
culum und als e. p. erroris eausa. Die e. p. II 109. 387 § 218. 283 und fiber die causae 
per anniculum stand allem Anscheine nach mit 20 probatio bei Freilassungen II 92 § 218. 
dem Streben der Gesetzgebung nach Portpflan- [Leonhard.] 
zung der Biirgerschaft im Zusammenhange (s. Causa liberalis s. Libert as. 
Caelibatus). Die c. p. erroris eausa war ein Causarius heisst im rOmischen Heere der, 
besonderes Eechtsmitte], das zum Schutze gegen welcher aus einem zureichenden Grunde (ex causa) 
die nachteiligen Folgen eines Irrtums diente. von der Dienstpflicht befreit ist, so dass er in das 
1) Die e. p. per anniculum bezog sich ausschliess- Heer entweder nicht eingestellt wird oder vor 
lich auf die Latini Iuniani (s. d.), Freigelassene, Ablauf seiner Dienstzeit entlassen wird. Die ge- 
die nicht den Biirgern, sondern nur etwa den setzlichen Befreiungsgrfinde, welche sich aus der 
Latini coloniarii gleichstanden , Gai. I 29. Die Lebensstellung oder aus persOnlichen Privilegien 
Lex Aelia Sentia (s. d.) eroffnete den Freigelassene, 30 ergeben,s.unterVacatio militiae. Insbesondere 
die vor ihrem dreissigsten Lebensjahre mit der heisst der wegen korperlichen Gebrechens vom 
Freiheit beschenkt worden waren und sich darum Dienste befreite causarius (Liv. VI 6, 14. Hist, 
mit dem Stande der Latini Iuniani begniigen Aug. Hadrian. 10). Daher auch causaria missio 
mussten, einen Weg zu dem fehlenden Burger- Dig. XLIX 16, 13,3. Mommsen St.-R. Ill 241f. 
rechte. Um dahin zu gelangen, mussten sie zu- Marquardt St.-Verw. II 383f. 
nachst eine Frau heiraten, die nicht unter ihrem [v. Domaszewski.] 
Stande sein durfte, und zwar vor mindestens sieben Causennae. Station der rOmischen Strasse 
rOmischen Biirgern als Zeugen (testations inter- im Ostlichen Britannien von Londinium nach Lin- 
posita, quod liberorum quaerendorum causa uxo- dum , von dem es 26 Millien siidlich lag (Itin. 
rem duxerit Ulp. Ill 3). Sodann mussten sie 40 Ant. 475, 2), etwa bei Ancaster zu suchen. 
mit ihr ein Kind erzeugen, und dieses musste noch [Hfibner.] 
nach dem Ablaufe des ersten Jahres am Leben Causidicus. 1) Der in der Litteratur und 
sein. Wurde alles dies erwiesen und von der in den Inschriften der Kaiserzeit nachst advocatus 
Obrigkeit bestatigt, so erlangte das Ehepaar und (s. d.) gewOhnlichste Ausdruck fur den Sachwalter; 
das Kind das fehlende Bilrgerrecht und damit patronos Ktigatorum causidicos nominari, quod 
der Gatte die vaterliche Gewalt fiber das Kind. cur quaeque facta sint expediant Apul. apol. c. 
War bei einer solchen Ehe die Mutter eine rOmi- 48 p. 506 Oud. ; vgl. Quint, inst. or. XII 1, 
sche Bfirgerin, so sollte das Kind den Rang eines 25. So wiinschenswerte Hiilfsmittel seine Kunst 
Bfirgers schon von der Geburt ab erlangen kOnnen, aus der Kenntnis des Rechtes gewinnen musste, 
Gai. I 30. 32, was der Senat unter Hadrian be- 50 so brauchte seine Vorbildung sich mit der des 
stimmte. Dieses Recht der e. p. per anniculum iuris peritus oder pragmatieus (s. d.) gar nicht 
war durch einen Senatsschluss aus dem Consulate zu decken; vielmehr erscheinen Iurisprudenz und 
des Pegasus und Pusio unter Vespasian auf alle Sachwalterschaft wiederholt in starkem Gegen- 
Latini Iuniani ausgedehnt worden. Gai. I 31. satze (z. B. Sen. apocol. 12; sehr lehrreich 
80. Ulp. in 3. 2) Die c. p. erroris causa be- illustriert die Verhaltnisse der Advocatur und der 
zog sich auf irrtumliche Eheschliessungen unter Rechtsgelehrten Friedlander Sittengesch. I* 
Personen verschiedenen Standes. Ulp. VII 4 per 291ff. 294ff.); der orator, qui non clamorem niodo 
errorem contracto matrimonii inter disparts suum causis sed omnia quae profutura sunt debet 
condicionis personas. Gai. II 142. Sie beruhte Quint, inst. XII 3, 4 ist leider selten; wie oft 
darauf, dass nur ein iustum matrimonium inter 60 ist der c. auf dem juristischen Gebiete nicht be- 
eves Romanos oder ex lege Aelia Sentia mit wandert, und ipse litigantium auxiliator egebit 
nachfolgender c. p. per anniculum im stande auxilio XH 3, 2. Die Bezeichnung c. fur den 
war, den Kindern Bilrgerrecht und den Gatteu gewerbsmassigen Betrieb der Advocatur wechselt 
eine vaterliche Gewalt zu verschaffen. Wurde die auch ab mit causarum orator CIL VI 9241 (im 
Hoffnung auf diesen Erfolg enttauscht, weil sich Hexameter), mit eausas egi annis XXXVIII ebd. 
hinterher herausstellte, dass der eine der Gatten 9242 u. a. Griechisch SatoXoyo? , z. B. in den 
nicht den hiezu erforderlichen und irrtfimlicher- colloq. schol. Labb. gloss. II 427 dw/xw (n. dijvdgia 
weise vorausgesetzten Stand hatte, so konnte kxaxov) r<j5 dmoXoyci} xiuixcii (= causidicus honora- 



1813 Causinius Cautio 1814 

rius) xal tolg awrjyoQois (= advoeaii) xai r<p vollen Kraft darstellt, versinnbildlichen die Knaber* 

vo/xixy (= pragmatieus) , Ira ojiovdaioregov Ix- mit der erhobenen und der gesenkten Faekel das- 

Sixr/ocooiv fjfias. Anhangsweise sei des imitator Gestirn um die Zeit der Nachtgleichen , deren 

Ti. Caesaris Augusti gedacht, qui primum in- alte zodiakale Zeichen, der Stier und der Skor- 

venit eausidicos imitari CIL VI 4886. pion, ihnen beigegeben werden (Cumont Momi- 

2) Neben advocatus publicus, advoeatus rei merits nr. 8. 107. 140. 191). Andere Attribute 

publieae u. a. (s. o. Bd. I S. 439f.) erscheint auch die des Cautes (Tannenzapfen nr. 44 ; Hahn nr. 23. 

Bezeichnung o. fiir denjenigen, der das Interesse 84 d; Baum mit Friichten nr. 70. 106) und Cauto- 

einer Gemeinde vor Gericht oder BehOrden als pates (Oypresse nr. 70 ; Sichel und Ahren nr. 44) 
Anwalt vertritt , z. B. ein deeurio von Mailand, 10 sind wohl Symbole der Pruchtbarkeit, welche die 

eausidicfusj, quinqfuies) gratuit(q) legation(ibusJ Sonne an den verschiedenen Augenblicken ihres- 

urbicfis) et peregrinfis) pro re p. sua funet(us) Laufes herbeifuhrt. Dagegen deutet das Pedum- 

C1L V 5894 oder iuveni erudito, eausidico bis (nr. 119. 194f. 204 u. s. w., vgl. 328) auf eine nahe- 

civi(tatibus) Vallinsae et Equestri Mommsen liegende Verschmelzung der Dadophoren mit Men. 

Inscr. Helv. 117 = Wilmanns Ex. 2472, also oder Attis, welcher ja auch in einen Sonnengott 

(beidemale junge) Manner, welche das in fiinf, verwandelt worden war. Vgl. Westd. Zeitschr.. 

bezw. zwei Fallen gethan hatten, weshalb II 4192* XIII 1894, 84ff. und Cumont Monuments rel. 

die provincia Hispania eiterior einen Mann ehrt: aux myst. de Mithra I, wo auch die altere. Lit- 

ob causas utilitatesque publieas fideliter et eon- teratur angegeben ist. [Cumont.] 
stanter defensas. Mehr s. bei Defensor. 20 Cauthadae, kaukasisches Bergvolk im Hoch- 

[Kubitschek.] thai der Flusse Lagous und Opharus, Plin. VI 

Causinius. C. Causinius Schola aus Inter- 21. In der armenischen Geographie p. 86 Sukry 

amna, Freund des P. Clodius schon im J. 692 wird zwar ein osetischer Bergstamm Quthetkb 

= 62 (Cic. Milon. 46. Ascon. z. d. St. p. 43), erwahnt ; vielleicht ist aber bei Plinius Cauehadae 

sein Begleiter bei der verhangnisvollen Begeg- zu lesen, von oset. ehoeh ,Gebirge'; im Mittel- 

nung mit Milo 702 = 52 und Zeuge gegen den alter hiess ein alanischer Canton 'Ax<o%ia, Acta 

MOrder (Cic. a. O. Ascon. p. 27. 35). Ein Frei- Patriarch. Cp. I 477. [Tomaschek.] 

gelassener dieses Mannes ist 0. Causinius Seolae Cautio ist eine Sicherstellung gegen Ver- 

I. Spinter (CIL VI 10326). [Munzer.] mogensnachteile. Man unterscheidet die eau- 

Cautes, Cautopates. Es steht jetzt fest, 80 tiones nach ihrer Veranlassung und den Siche- 

dass Cautes (dat. Caute und Cauti, nie Cauto rungsmitteln, die sie enthalten. In erster Linie- 

[CIL V 763 ist Gautop. zu lesen]) und Cauto- stehen die Falle einer Cautionspfiicht, die nament- 

pates (dat. Cautopati, Kautopati, CIL VIII 2228), lich im Processe, insbesondere bei der Zuziehung 

die zwei Dadophoren oder Packeltrager sind, von Vertretern, eine grosse Rolle spielen, den frei- 

welche auf den Mithrasdenkmalern neben dem willig ubernommenen Cautionsleistungen gegen- 

stiertOtenden Gott dargestellt sind (s. Mithras); fiber. Inst. Ill 18 pr. 3. Die rechtlich not- 

und zwar ist Cautes der Knabe mit der erhobenen, wendige Caution muss zulanglich (idonea) sein. 

Cautopates der mit der gesenkten Fackel. Beide Dig. XVII 1, 59, 6. XL 4, 50, 1. L 8, 5 pr. (3, 1). 

sind auf den lateinischen Inschriften aller west- Durch den Cautionszwang, den der Praetor 
lichen Provinzen nicht selten genannt (Rom CIL 40 vermittelst Dngehorsamsstrafen ausiibte, schuf er 

VI 86. 748. 3730? Italien V 763. 765. 811? vielfach neue Verpflichtungen, die nicht bios auf 

1809. 4935. 5465. Dacien III 994 ; Suppl. 7863. seiner Amtsgewalt beruhten, sondern, weil er sie 

7922. Pannonien III Suppl. 10461f. 11006. 4416. in Stipulationsform einkleiden liess, iure eivili 

Noricum III 4736; Suppl. 11529. Germanien verbindlich waren, da er dauernde gesetzliche Ver- 

CIRh. 1413. 1467? Westd. Zeitschr. 1894, 84. pflichtungen festzusetzen nicht befugt war, s. 

Britannien CIL VII 650. 1344c. Rev. archeol. z. B. die eautio usufruetuaria, Windscheid 

1894, 402. Gallien CIL XII 1811. Spanien II Pand.' § 204, 1. In andern Fallen schuf die C. 

464. 1025. 5635. Africa VIII 2228), aber die keine neue Forderung, sondern sicherte nur die- 

Zahl der Sculpturwerke , welche sie darstellen, Durchfuhrung eines schon vorhandenen Anspruches 
ist noch viel grosser (gesammelt: Cumont Mo- 50 vor Gericht. Darauf beruht die Einteilung der 

numents relatifs aux myst. de Mithra 1896). Die praetoriae stipulationes (Dig. XLVI 5, 1 pr.ff.) 

Etymologie der fremden Namen ist dunkel (pata in cautionales (d. s. anspruchbegriindende , ge- 

= pers. geschiitzt ? N 1 d e k e Korrespbl. Westd. wissermassen Sicherstellungen in doppelter Hin- 

Ztschr. VI 87; Cautes — der Felsen ? Steuding sicht, die einen Anspruch und dessen Durchfuhrung 

Roschers Lexik. I 858f.). Es ist sogar unsicher, zugleich gewahrleisten , vgl. Dig. XLVI5, 1, 4: 

ob sie persischen, semitischen oder kleinasiati- et sciendum, est o'mnes stipulationes natura sui 

schen Ursprungs sind. Aber die Bedeutung dieses cautionales esse : hoe enim agitur in stipulationi- 

Gottespaares lasst sich trotzdem bestimmen. Cau- bus, ut quis eautior sit et securior interposita sti- 

tes und Cautopates sind nur Beinamen des pulatione), iudieiales (die anspruchsschiitzenden 
Mithras (CIRh. 1413 D(eo) ifnvieto) M(ithrae) 60 im Processverfahren) und in stipulationes commu- 

Cautopati, vgl. CIL III 4416. VII 650. 1344 c. nes, die beide Eigenschaften in sich vereinigen, 

II 1025?), sie bilden mit ihm eine Art Dreieinig- d. h. einen eingeklagten Anspruch dadurch zu 

keit, den xQinlaoio? Mi&Qag (Dionys. Areop. epist. schiitzen, dass sie zugleich einen neuen begriinden. 

7). Deshalb ist auch auf den Denkmalern ihre Dig. XLVI 5, 1,3: Communes sunt stipulation 

Tracht immer der des Stiertoters identisch. Wie nes, quae fiunt iudieio sistendi causa. In einem 

dieser sind sie also nach der astronomischen Sym- andern Sinne teilte man die zu Cautionszwecken 

bolik der Mysterien die Sonne. Aber wahrend bestimmten stipulationes des Processverfahrens 

der jugendliche Gott den Sol invietus in seiner ein in praetoriae, iudieiales und communes, je 



1815 Cautio Cautio 1816 

nachdem sie durch den Praetor auferlegt werden rechtes nicht tilgte , sondera nur ein Recht auf 

ionnten oder durch den vom Praetor ernannten eine Einrede fur den Schuldner begrundete. Gai. 

Iudex oder durch einen jeden von beiden. Inst. Ill 176. Puchta-Kriiger Inst. io n 376. 380 

III 18 pr., vgl. auch Dig. II 1, 4. § 279. 280. Leonhard Inst. 436 § 134 II b. 

Nach den Sicherstellungsmitteln zerfallen die Cautio damni infeeti war das Versprechen, 

cautiones in a) die Cautioneh durch Pfand, eau- einen drohenden Schaden zu ersetzen (infeetum = 

tio pigneraticia oder kypotheearia , s. Pignus. nondum factum Dig. XXXIX 2 de damno infecto 

Auf sie bezieht sich Pomponius Dig. L 17, 25 et de suggrundis 2, 2. XXXIX 2, 7, 1). Es bezog 

plus cautionis in re est quam in persona. Trotz- sich auf den Fall, dass von einem Nachbargrund- 
dem haben die Romer die Pfander nicht vor den 10 stiicke her eine Gefahr, namentlich ein Ein- 

Btirgen bevorzugt. Viehnehr wurden da, wo die sturz drohte, vorausgesetzt , dass diese Gefahr 

nuda repromissio nicht gentigte, eine Caution nicht auf der natiirlichen Beschaffenheit des Grund- 

durch Burgen verlangt, Dig. XL VI 5, 3, doch stiickes, sondera auf einer kiinstlichen Veran- 

sind die Pfander mehrfach den Burgen gleichge- staltung, z. B. der Beschaffenheit eines Gebaudes, 

stellt worden, vgl. Dig. XXXVII 6, 1, 9. XVII namentlich seiner Baufalligkeit, beruhte. Dig. 

I , 59, 6. Von der Vertauschung des Pfandes mit XXXIX 2, 24, 2. Der Bedrohte konnte hier ver- 
«inem andern Sicherungsmittel redet Dig. XIII » langen, dass der Besitzer des Nachbargrundstiicks 
7, 9, 3. b) Die Caution durch Burgen (satis- ihm dieses einraume oder ihm Schadensersatz ver- 
datio), Liv. XXII 60. Dig. Ill 3, 35, 3. XXXVII spreche. Dig. XXXIX 2, 9 pr. (out eavere aut 
<5, 1, 9. XL VI 5, 1, 5ff. Inst. IV 11. c) Die 20 earere aedibus, quas non defendat). Ohne das 
Caution durch blosses Versprechen (nuda pro- war er fiir derartige Schadigungen nicht ersatz- 
■missio) in Stipulationsform (s. Stipulatio), die pflichtig, da das rOmische Recht den Grundeigen- 
sog. Verbalcaution im Gegensatze zur Realcaution turner nicht ohhe weiteres dazu verpflichtete, zum 
(s. a und b), Dig. XVII 2, 63, 4. Sie sichert Besten der Nachbarn Ausbesserungen vorzuneh- 
den Cautionsempfanger durch das aus ihr ent- men, Dig. XXXIX 2, 6. Weigert sich der Grund- 
springende Klagereeht. Ulpianus bemerkt Dig. stiicksherr, der Cautionspflicht zu genugen, ohne 
XL VI 5, 1, 5 stipulationum . . praetoriarum . . . dabei seine Sache preiszugeben, so wird der Ge- 
perpaucae sunt, quae nudam promissionem ha- fahrdete neben ihn eingewiesen und ist nach einiger 
bent, wahrend Iustinian Cod. VI 38, 3 bestimmt, Zeit (eum iusta causa esse videbitur) befugt, 
dass eine Cautionspflicht im Zweifel nur zu einer 30 ihn ausweisen zu lassen (Dig. a. a. O. frg. 7 pr.). 
nuda promissio verbindlich machen solle, zur Auf Grund seines Alleinbesitzes kann dann der 
Bestellung von Burgen aber nur dann, wenn dies Eingewiesene zum Eigentume an dem Gegenstande 
besonders bestimmt sei. Ist die promissio be- der Einweisung gelangen, Dig. XXXIX 2, 5 pr. 
nrkundet, so heisst der Schuldschein, der dem 12 (per hngum tempus rem capere, also nicht 
Glaubiger den Beweis des Versprechens sichert C, sofort), s. Longum tempus. Dieses Verfahren, 
s. Chirographum. Paul, sent.1131, 32. Ill 6, 59. welches ein schleuniges ist und auf dem praeto- 
Dig. II 14, 47, 1. IV 4, 40 pr. XII 1, 40 (ein rischen Edicte beruht (Dig. XXXIX 2,1 und 
Beispiel). XX 1, 15, 1. XX 1, 20. XVI 3, 27. 7 pr.), bestand neben einem alteren civilrecht- 
Cic. Verr. I 13. Suet. Oct. 98. Schulin Lehrb. lichen Anspruche, der actio damni infeeti, bei 
d. Gesch. des rom. R. 1889, 337 § 75. Wenn der 40 welchemwahrscheinlichzunachstuntersucht wurde, 
Schuldschein die causa promittendi (s. Causa) ob der befurchtete Schaden wirklich von seiten 
nicht erwahnt, so ist er eine cautio quae in- des Nachbargrundstiickes drohte, wahrend in der 
discrete loquitur (sog. cautio indiscreta), Dig. durch praetorische Drohung erzwungenen cautio 
XXII 3, 25, 4. Dem entsprechend heisst auch damni infeeti die Ersatzpflicht bedingungsweise 
die Quittung, die dem Empfanger den Zahlungs- fiir diesen Pall ubernommen wurde, doch ist dies 
beweis sichert und gegen nochmalige Eintreibung sehr zweifelhaft. Gai. IV 31. Litteratur: Beth- 
der Schuld schiitzt, cautio. Dig. XL VI 3, 5, mann-HollwegCivilprocess I 204, 13. Bekker 
3. XL VI 3, 89 pr. 94, 3. Cod. Theod. IX 42 de Die Aktionen d. rom. Civilr. I 45. Burck- 
bon. proser. c. 16. X 16 de fisei debit, c. 3. XI hard Die cautio damni infeeti, Portsetzung von 
1 de ann. et trib. c. 2. 19. 32. XII 6 de suscep- 50 Gliicks Pandekten XXXIX 2. Lenel Edictum 
tor. c. 16. d) Die Caution durch eidliches Ver- perpetuum 42. 299. 433. Puchta-Kriiger 
sprechen (e. iuratoria) wird in einigen Fallen Inst, io 164 § 231 (die Behauptung, dass durch 
ausnahmsweise begehrt oder zugelassen. Inst. IV die zweite Einweisung fiir den Eingewiesenen 

II, 2. Cod. XII 1, 17 pr.; vgl. Arndts Pandekten sogleich Eigentum erworben wurde, ist nach 
§ 93, 3. den oben angefiihrten Stellen jedenfalls ungenau, 

Litteratur: Lenel Edict, perpet. 407ff. Puch- vgl. aber auch Dernburg Pandecten& I § 231, 

ta-Kruger List.io I § 156. 157. 168c. Leon- 15 und Dig. VII 1, 7, 1. XXXIX 2, 15, 33). Kar- 

hard Inst. 408. 515 § 31, VI. 171. Windscheid Iowa Rom. Rechtsgeschichte II 479ff. Leon- 

Pand.' § 134. Dernburg Pand.s I § 167. hard Inst. 278, 3. 526 § 80 Hb. 175 la; vgl. 

Die wichtigsten einzelnen in den Quellen er- 60 ferner fiber die Formel der Klage nach verweiger- 

wahnten Cautionen sind unter ihren besondern ter e. damni infeeti von Pokrowski Ztschr. 

Namen folgende: der Savigny - Stiftung rom. Abt. XVI 75ff. und 

Cautio amplius non agi ist das Versprechen, dazu Erman Servus vicarius, Lausanne 1896, 505. 

in Zukunft einen bestimmten Anspruch nicht Cautio de dolo malo, Inst. Ill 18, 1. Dig. IV 

geltend zu machen. Cic. Brut. 18; ad fam. XIII 3, 7, 3, oder doli clausula war ein Zusatz zu einer 

29 ; p. Rose. Com. 35. Es hatte besondern Wert stipulatio, aus dem auf Nebenleistungen geklagt 

deshalb, weil der formlose Verzicht auf einen werden konnte. Dig. XLV 1,53 (Iulianus): Sti- 

Anspruch diesen nach den Grundsatzen des Civil- pulationes eommodissimum est ita componere, 



1817 Cautio Cautio 1818 

ut quaeeumque speeialiter comprehendi possint, auf den Fall, in dem ein Sclave, auf dessen Aus- 

eontineantur, dolt autem clausula ad ea perti- lieferung geklagt war, wahrend des Rechtsstreites 

neat, quae in praesentia oecurrere non possint dem Verklagten fortlief, und der Klager befiirchtete, 

et ad ineertos casus pertinent. Ahnlich Dig. XLV dass der Verklagte im Hinblicke auf den ihm 

1, 119 (Papinianus) und derselbe in frg. 121: drohenden Processverlust die Verfolgung unter- 

Ex ea parte cautionis: ,dolumque malum huic lassen oder dass er den von einem dritten Be- 

rei promissionique abesse afuturumque esse sti- sitzer ihm fur den Sclayen gezahlten Preis bei- 

pulatus est ille, spopondit Me' ineerti agetur, seite schaffen oder fur sich behalten werde. 

s. Dolus. Auch innerhalb der cautio iudicatum Cautio indemnitatis, ist eine Sicherstellung 
solvi kommt eine derartige clausula vor. Dig. 10 dafiir, dass ihr Empfanger einen bestimmten von 

XLVI 7, 19 s. S. 1818. Litteratur: Brissonius ihm befiirchteten Schaden nicht erleiden werde. 

De formulis, Francofurti 1592 VI 507. 571, ferner Gai. II 252 (bei der Erbschaftsiibertragung). Cod. 

die bei Karlowa Rom. Rechtsgeschichte II 711, de magistr. eonveniertdis V 75, 1 pr. Brissonius 

3 Angefiihrten. Cic. de off. Ill 60 und dazu De formulis, Francofurti 1592 VI 572. 

Rein Rom. Privatrecht 2 755, 1 iiber die Ver- Cautio iudicatum solvi ist die Sicherstellung 

mutung, dass C. Aquilius Gallus eautiones de dolo des Klagers dafiir, dass der Verklagte dem bevor- 

malo aufgestellt habe. stehenden Urteilsspruche geniigen werde. Inst. 

Cautio deevictione ist die Ubernahme einer Haf- IV 11 pr. ut solveretur quod fuerit iudicatum- 

tung von seiten eines Verkaufers far den Fall, dass Hierbei wurde aber dem Klager zugleich Schaden- 
der Gegenstand des Kaufes dem Kaufer von einem 20 ersatz far alle Nachteile , die er aus unzulang-r 

Dritten abgestritten werden sollte. Paul. II 17, 2. licher Verteidigung der Sache oder aus einer Arg- 

Dig. XXI 2 de evictionibus et duplae stipulations, list von seiten des Gegners erleiden kOnnte, zu- 

Brissonius De formulis, Francofurti 1592 VI gesichert. Das altere Recht ging in der Fest- 

508; s. Duplae stipulatio, Emptio venditio, setzung derartiger Cautionspfiichten weiter, als 

Evictio. das neuere, im iustinianischen Rechte sind die 

Cautio defensionis ist das Versprechen. einen durch die c. iudicatum solvi ubernommenen Pflich- 

andern gegen einen Dritten zu verteidigen. Dig. ten zu gesetzlichen gevvorden, Inst. IV 11,2. Diesfr 

XXXII 11,21. Brissonius De formulis, Fran- C. war auch namentlich dann von Bedeutung, wenn 

cofurti 1592 VI 572. ein Process durch Stellvertreter gefiihrt wurde. 

Cautio de lite prosequenda Nov. 112 c. 2 ist 30 Vat. frg. 317 (vgl. iiber den Unterschied der procu- 

ein spatromischer Rechtsschutz gegen Verschlep- ratores und der cognitores den Artikel Cognitor). 

pungsgeliiste des Klagers, der dem Verklagten Cic. pro Quinct. 29. 30. 32ff. 63; in Verr. II 

die Durchfiihrung der einmal angestellten Klage 60. Gai. IV 88 — 102. Paul. I 11. Inst. IV 11, 

zusicherte. Zur Zeit der Pandektenjuristen war 2. IV 17, 2. Dig. XLVI 7. Ill 3, 46, 2. 

er noch iiberflussig, weil damals die Klagean- Litteratur: Puchta-Kriiger Inst.io I § 15& 

stellung den geltend gemachten Anspruch consu- r. y. kk. 157 b. c. d. 179 d. w. ii. II § 232 i. 314 

mierte, d. h. seine nochmalige Einklagung unmog- s. v. Lenel Edictum perpetuum 109. 416. Schu- 

lich machte, s. Litis contestatio. R. Schmidt lin Lehrb. d. Gesch. d. rom. R. 557f. 581. 595. 

Die Klageanderung (1888) 26, 4. Auch dem Ver- § 117. 121. 124. Leonhard Inst. 502. 507 
klagten lag eine ahnliche Cautionspflicht ob. Inst. 40 § 168. 169. 

IV 11, 2 quod iudicio permaneat usque ad ter- Cautio iudicio sisti ist die Zusicherung, sich 

minum litis s. S. 1818 Z. 41ff. in einem Processverfahren als Verklagter oder 

Cautio de rato ist die Gewahrung einer Sicher- Angeklagter zu stellen. Sie schiitzte ihren Em- 

heit dafiir, dass ein Geschaftsherr die fiir ihn pf anger gegen eine unzulangliche Processfiihrung 

von seinem Vertreter erledigte Angelegenheit ge- von der andern Seite. Gai. IV 184ff. Dig. II 

nehmigen und dadurch fiir sich selbst verbindlich 11. XLVII1 5, 39 (38), 10. Auch auf die Ge- 

machen werde. Sie war von besonderer Bedeu- stellung eines Sclaven bezog sich die c. iudicio 

tung bei den mittelbaren Vertretungen, bei denen sisti, Dig. II 11, 7, was mit der Haftung der 

die Folgen des Geschsftes zunachst. nicht das Ver- Herren fiir die trbelthaten der Sclaven im Zu- 
mOgen des Herrn beriihrten, sondern nur den Ver- 50 sammenhange stand. Dig. II 9, 1. Puchta- 

treter trafen und daher erst spater vom Herrn Kr tiger Inst.io I 466 § 160 Anm. 2. Die e. 

iibernommen wurden. Diese Vertretung bildete iudicio sisti hiess urspriinglich Vadimonium (s. d.), 

in Rom bei der tTbernahme von Verpflichtungen Gai. IV 184. Sie sicherte vornehmlich am Ende 

und im Processverfahren die Regel, die jedoch eines Terrains vor dem Praetor dem Klager das 

von Ausnahmen durchbrochen und nicht streng Erscheinen des Gegners im nachsten Termin zu ; 

festgehalten wurde (vgl. inshesondere iiber Cicero Gai. IV 184. Ausserdem konnte der vor Gericht 

ad Att. XVI 15 Huschke Ztschr. f. gesch. Rechts- Gerufene (in ius voeatus) sich von der ihm in 

wissenschaft XIV 42ff.). Gai. IV 98. Dig. Ill den zwolf Tafeln auferlegten Pflicht, dem Rufenden 

3, 40, 4. 43, 6. Ill 4, 6, 3. XXVI 7, 23. XLVI zu folgen, durch Stellung geniigender Biirgen be- 
8. Inst. IV 11, 3. Vat. frg. 333. Cod. II 12, l60freien. Dig. II 6 in ius vocati ut eant aut satis 

cautio ratihabitionis tune exigitur a procura- vel cautum dent, vgl. tab. I iiber alteres Recht 

tore, quotiens incertum est, an ei negotium man- (Bruns FontesS 17). Endlich konnten die Par- 

datum est. Litteratur: Lenel Ed. perpet. 81. teien freiwillig einen Vertrag abschliessen , bei 

423. Puchta-Kriiger Inst. 10 I 156 besonders dem sich die eine Partei der andern zur Ge- 

v. u. dd. stellung vor Gericht an einem bestimmten Tage 

Cautio de servo persequendo qui in fuga est verpflichtete. Cic. p. Quinct. 48. Dig. XLII 4,. 

restituendove pretio (Inst, III 18, 1) war eine 2 pr. 7 § 1. 

cautio iudicialis. Sie bezog sich wahrscheinlich War eine c. iudicio sisti gewahrt, so hafteten 



1819 Cautio Cebrus 1820 

;auch Dritte, die den Gestellungspflichtigen daran verstarkte Versprechen, welches der Niessbraucher 

hinderten, der Iibernommenen Pflicht zu geniigen. dem Eigentumer der Sache zu leisten verpflichtet 

Dig. II 10 de eo per quern factum erit quo- war. Es enthielt die Zusicherung einer ange- 

.minus quis in iudieio sistat. messenen Behandlung der Sache wahrend der 

Litteratur: Lenel Edictum perpetuum 54. Niessbrauchszeit und ihrer Herausgabe bei dem 

408. Puchta-Kriiger Inst, w I 466f. 571 § 160. Ende des Niessbrauch.es. Brissonius De formulis 

184. Schulin Lehrb. d. Gesch. des rora. Eechts VI 185 p. 548ff. Dig. VII 9 usufruetuarius quern- 

571 § 120. admodum caveat 1 pr. Paul. sent. I 11, 2. Ill 6, 

Cautio legatorum servandorum causa ist eine 27. Inst. II 4, 2, vgl. Puchta-Kriiger Inst, w 
Sicherstellung durch Bflrgen fur die GewahrunglOH 285 § 255. Schulin Lehrb. d. Gesch. des 

•«ines Vermachtnisses zu Gunsten des Vermacht- rOm. K. 403 § 84. Dernburg Pand.* 606 § 248. 

nisnehmers. Dig. XXXVI 2 ut legatorum seu Windscheid Pand.? I 611. 612. 616. 622 § 204, 

fideicommissorum servandorum causa caveatur. 1. 5. 206, 3. 207, 4. Leonhard Inst. 291 § 84 

Sie ist verschieden von der C, die der Vermacht- III. [Leonhard.] 

Jiisnehmer fur den Fall leisten musste , dass er ad Cazalis, in Numidien, Station einer Strasse 

mehr empfangen haben sollte, als ihm nach der von Theveste nach Thamugas, Tab. Peut. Nach 

Lex Falcidia (s. d.) zustand. Paul. Ill 8, 2. Wilmanns Vermutung (CIL VIII p. 243. 256) 

Cautio Muciana ist eine Sicherstellung bei Henchir Mtussa. [Dessau.] 

letztwilligen Zuwendungen, die es moglich macht, Ceae oder Caeae, ein aus zwOlf Abteilungen, 

■bedingte Gaben schon vor dem Eintritte der Be- 20 welche 24 Stadte bewohnten, bestehendes indisches 

•dingung zu gewahren in Fallen, in denen es un- Volk zwischen Bukephala und der Wuste Maru, 

passend ware, den Eintritt der Bedingung abzu- Megasth. bei Plin. VI 77; vielleicht Ceeeae zu 

warten. So namentlich dann, wenn die Gabe lesen, Kaikaya oder K§kaya der indischen Schriften, 

•davon abhangen soil, dass ihr Empfanger etwas s. Krjxseg. [Tomaschek.] 

unterlasst (si in Capitolium non ascenderit), den Ceaiius. EinenGott dieses Namens verzeichnen 

sog. negativen Potestativbedingungen, weil der- Steuding Boschers Lex. s. v. und Holder Alt- 

artige Bedingungen sich in der Eegel erst bei celt. Sprachschatz s. v. auf Grund der Inschrift 

■dem Tode des Bedachten entscheiden konnen, also Orelli 1981, auf deren Lesung gar kein Verlass 

-erst in einem Augenblicke, in dem eine Zuwei- ist (CIL VII 339). Nach Bruce Lapidar. septen- 
sung an ihn keinen Zweck mehr haben wiirde. 30 trionale nr. 836 ist statt CEA1IO zu lesen OENIO. 

Dig. XXXV 1, 7 pr. 18, 79, 3. Sie riihrt von Baxters Lesart CEANQO beruht auf Interpo- 

«dem Pontifex maximus Q. Mucius Scaevola (ge- lation. [Ihm.] 

storben 82 v. Chr.) her. Cebenna mous, Gebirge in Gallien, welches 

Litteratur : v. Vangerow Pandekten 7 II die Arverner von den Helviern trennte und welches 

124ff. Arndts Gesamm. jur. Schriften II 1873, Caesar rauh und beschwerlich , im Winter mit 

151ff. Schulin Lehrbuch der Geschichte des r0- 6 Fuss hohem Schnee bedeckt fand (Caes. b. g. 

mischen Bechtes 97 § 30. K a r 1 o w a Rem. Eechts- VII 8. 56). Naher beschreibt es , die heutigen 

geschichte II 872ff. 137, 5. Leonhard Inst. 343 Cevennen, Strab. II 128. Ill 146. IV 176—178. 

§ 103 IV b. Brinz Pand.2 III 410 § 427. 182. 185. 187. 189. 191. 208 (rofi W »ov 8 e og, 

Cautio ratam rem habiturum s. S. 1817 Z.43fi\ 40 p. 177 sx xijg Kefifiev^e); er giebt ihm eine Aus- 

Cautio rei uxoriae war die Sicherstellung fur dehnung von ungefahr 2000 Stadien (von den Py- 

-den Ruckempfanger eines rSmischen Heiratsgutes renaeen bis Lugdunum) und hebt u. a. seinen Gold- 

{dos = res uxoria), die der Ehemann als dessen reichtum hervor. Der Atax (s. d.), Orbis und Arau- 

:Empfanger ihm gewahrte, s. Dos. Gellius IV 3. ris entspringen auf demselben (IV 182; vgl. Mela 

Dechmann Eom. Dotalrecht 1863 I 72ff. Czy- II 80). Es wird ferner erwahnt (die Zeugnisse 

hlarz Das rem. Dotalrecht 1870, 40. Karlowa vollstandig bei Holder Altcelt. Sprachschatz s. v.) 

ROm. Eechtsgeschichte II 213ff. Puchta-Kriiger von Mela II 74 Cebennieis montibus (II 80 ex 

Inst. 10 II 409 § 292. Cebennis). Lucan. I 435 Gehennas. Plin. n. h. 

Cautio rem pupilli vel adulescentis salvam III 31. IV 105 (Cebenna). Suet. Caes. 25 monte 

fore war eine Sicherstellung, die dem Vormunde 50 Cebenna. Ptol. II 8, 4. 11 xa Keft/ieva Sqij. Solin. 

■oblag. Dig. XL VI 6. Die im Testamente er- 21, 1 (Cebennam). Avien. or. mar. 622 ed. 

nannten Vormiinder waren davon immer befreit, Holder Ciminiee regio (Cemmeniee Schrader, 

•die von der Obrigkeit bestellten in der Eegel. Cemenice Miillenhoff Deutsche Altertumsk. I 

<Gai. 1 199. 200. Inst. I 20, 3. 5. 124. Schrader 193ff. Ill 176). Auson. ord. urb. nob. 102 pinea 

Anm. hiezu p. 120ff. 138ff. Die Obrigkeit, die Gaebennarum. 114 Aquitanica rura Cebennae. 

■die Bestellung dieser Caution vernachlassigte, Euric. epist. I 11, 1 Gevennarum. Dimensuratio 

haftete in zweiter Linie , Inst. I 24, 2. Die er- provinc. 21 E. Cebenna. Divisio orbis terr. 7. 8 E. 

wahnte C. gewahrte fur alle Anspriiche des Bevor- montibus Cebennieis (vgl. Iul. Honor, cosmogr. 

mundeten aus dem Vormundschaftsverhaltnisse 23 E.). Die richtige Namensform ist nicht Ce- 

Sicherheit. Dig. XL VI 6, 9 quod enim in tutelae 60 venna , sondern Cebenna (= dorsum, tergum). 

dudieium venit, hoc et ea stipulatione continetur. Gliick Kelt. Namen 57. Holder a. O. I Sp. 880. 

Litteratur: Eudorff Das Eecht der Vormund- Vgl. auch Zeuss Die Deutschen 3. Desjardins 

schaft II 1833, 213ff. Lenel Ed. perp. 253. 422. Geogr. de la Gaule 1 104f. Dieselbe Endung in 

Leonhard Inst. 239. 408 § 66. 131 VI. Clavenna, Clarenna, Ravenna, Vienna u. s. 

Cautio restitutionis ist die Sicherstellung fur [Dim.] 

•die Herausgabe eines Gegenstandes, vgl. Bris- Cebrus, rechter Nebenfluss der Donau und 

tsonius De formulis VI 183 p. 547ff. Grenzfluss zwischen Moesia superior und Moesia 

Cautio usufruetuaria war das durch Biirgen inferior (Ptolem. Ill 8, 2. 9, 1. 10, 1 schreibt 



1821 Cebula Ceder 1822 

Kiafigog noxaudg. Mommsen CIL III p. 1020. Theophrast bezeichne mit dvov TA (m); die Li- 

268. 992. A. v. Domaszewski Arch.-epigr. Mitt. banon-C. PC (1) hielten sie falschlich fur eine der 

XIII 153f. und CIL III p. 1445. KiepertFor- Iuniperus-Arten; des Theophrast xsSgig sei weder 

mae orbis antiqui XVII und Lehrbuch der alten 1C (d) noch IN (e), die Grisebacb beide nur 

Geographie 332, 5), jetzt noch Cibrica (Dzibrica. in Makedonien in sehr kleiner Gestalt und auf 

W. Tomaschek Die alten Thraker I 51 und II hoheren Bergen entdeckt habe, sondern eine Zwerg- 

2, 100. F. Kanitz Donaubulgarien und der form des 10 (c); Fraas endlich irre sich, den 

Balkan II 346ff. 375), ohne Zweifel identisch mit Hoch-Wacholder IE (f) in Griechenland gefunden 

dem KeSgog jiorafid; bei Dio LI 24, an dessen zu haben, er wachse nur in Armenien und Klein- 
Mflndung M. Licinius Crassus im J. 29 v. Chr. 10 asien. Leunis (Synopsis II 3 931 u. 917) sagt, 

die Bastarner schlug (Mommsen Rom. Gesch. unter eedrus xsSgog verstanden die Alten : a) PC (1) 

V3 12. K. Mullenhoff Hermes II 319. H. = xe8gog 8sv8gov sv Svgla, von xeco ,brennen', 

Schiller Gesch. der rOm. Kaiserzeit I 234. A. weil mit dem wohlriechenden Holz gerauchert 

Furtwangler Intermezzi 63). An seiner Ein- wurde; b) 10(c); c) das C. -Holz ; d) das C.-Ol; 

miindung in die Donau lag der gleichnamige Ort Plinius aber bezeichne mit cedrelate wohl PC (1), 

{Itin. Ant. 220 Cebro , vgl. Prokop. de aedif. mit den drei anderen C.-Arten meine er Iuniperus- 

290,17. Geogr. Bav. 190, 3 Ciambrm. Cod.Iust. arten; xs8gog fuxgd sei iuniperus, xs8gia sei 

II 4, 30 Crebro; identisch mit Camistro der Tab. Wacliolderharz: der Sadebaum IS (g) sei nicht 

Peut.?), der nach der Not. dign. Or. XLII 5 = IC (d). Lenz (Botanik der Griechen und Romer 
15. 32 besetzt war vom euneus equitum scuta- 20 355ff.) nennt noch IM (h) und IR (i), von den 

riorum, Cebro und praefectus legionis quintae Altgriechen wie 10 (c) xs8gog benannt, wie die 

Macedonieae, Cebro. Jetzt Dzibrica, tiirk. Cibar Neugriechen noch jetzt IR (i) benennen; IC (d) 

palanka (Kanitz a. a. 0. 348). [Patsch.] sei xsSgog fuxgd, IS (g) sei (Sgd-dv , IE (f) sei 

Cebula, Ortsname in Ligurien, an der Strasse xsSgog 8sv8gov; nur durch die haufige Verwen- 

von Luna nach Genua , beim Geogr. Rav. V 8 dung zum Bauen sei IE (f) so selten in Griechen- 

p. 337 P.; Lage unbekannt. [Hulsen.] land, d. h. auf griechischen Inseln wie Thasos. 

Ceccius. M. Ceccius Iustinus , Consul suf- Es wird kaum mOglich sein, diese Identiflcierungen 

fectus am 22. November 139 n. Chr. mit C. Iu- zu erweisen oder zu widerlegen. 

lius Bassus (Militardiplom , Comptes rendus de I. Die Pflanzen. 1) Theophr. h. pi. Ill 3, 
l'acad. des inscr. XXV 1897, 333ff.). [Groag.] 308: snot rag agxsv&ovg 8vo slvai xal xryv per 

Ceceaigi (?) , topische Gottheiten auf zwei sxsgav avdstv ak.v axagnov 8' slvai, xijv 8k ixigav 

spanischen Inschriften unsicherer Lesung, CIL II ovx dvftsTv fxkv xagnov 8k cpsgsiv sv&vg 3tgoq>aivd- 

2472 Laribus Tarmucenbaeis Ceceaeeis. 2597 /.isvov, djgjcsg xal rag ovxag xa sgivd. ovfifiaivsi 

diis Ceeeaigis. [Ihm.] 6' ovv &gxs sjiI dvo sxi) xov xagjidv s'xsir fidvov 

Cecylistrium, Vorgebirge westlich von Mas- xovxo xwv SsvSgmv. xavxa fikv ovv smoxsjcxsov. — 

silia, Avien. or. marit. 703 Holder. Man hat 2) Theophr. h. pi. I 9, 3: asicpvlla x&v dyolcov 

daraus Citharistium machen wollen. Mullenhoff (ioxl), sldxrj, jtsvxrj, agxsvftog, dvta, xs8gog 

Deutsche Altert. I 199. [Ihm.] (vgl. Ill 3, 3). Ill 3, 1 : sv xoXg xedloig oi yvsxai 

Cedamusenses s. Coedamusii. sXdxrj, jisvxrj, . . . agxsv&og. Ill 4, 6 : oiplxaoTia 

Ceder, Holz-, 51- und Harz-, Heil-, Raucher- 40 xal xixxbg xal SgxsvS-og xal nsixr) (vgl. Ill 4, 1). 

Pfianze. Einer der unklarsten Begriffe des Alter- III 4, 5: q aoxevfrog iviavowv syuv doxsT (xov 

turns. Es handelt sich tun folgende Baumarten : xagndv). IX 1 , 2 : fi vygdxtjg (SsvSgcov xwmv) 

I. Zehn Iuniperus-Arten: a) IP = Cypressen- 8axgvu>8t)g yivsxai xaftdnsg sldxrjg , jtsvxqg, dp- 

Wacholder, Iuniperus phoenieea L. b) IL = xsvdov, xsSgov, xxl. IV 1, 3: nsgl xag xogv- 

Lycischer Wacholder, Iuniperus Lyeia L., Abart <j?a? x&v dgswv xal xovg tpvxgovg xdirov; d via 

von IP. c) 10 = Ceder- oder Stech-Wacholder, fisv cpvexai xal sig vipog, iXdxrj 8s xal agxsvftog 

Iuniperus oxy eedrus L. d) IC = Gemeiner tpvsxai fisv , ovx slg vyjog 8s, xa&ditsg xal nsgl 

Wacholder, Iuniperus communis L. e) IN = xijv axgav KvXXrjvrjv. Caus. pi. I 21, 6: &sgfi6- 

Zwerg-Wacholder, Iuniperus nana L. f) IE = xaxa slvai (pnol Msvsoxwq .... ooa fidhara sv 
Baum- oder Hoch-Wacholder, Iuniperus excelsa 50 xotg yvxQoTg 8vvaoSai dtafisvsiv oiov sXdxrjv, nsv- 

M. Bieb. g) IS = Seve- oder S&ven- oder Sade- xr\v , xs8gov, &qxsv#ov , xixxdv • sxl xovxov 

baum, Iuniperus Sabina L. h) IM = Grossfriich- yao ov8s xijv %idva xfj dsofidxnxi smfisvsiv. — 

tiger Wacholder, Iuniperus macrocarpa Sibthorp. 3) Theophr. h. pi. in'l2, 3f.: xsSqov oi jxsv 

i) IR = Rot- Wacholder, Iuniperus rufescens Link. <paoiv slvai Scxxr/v, xr/v p.sv Ivxiav, xijv 8i cpoivt- 

k) IT = Weihrauch- Wacholder, Iuniperus thuri- xijv, oi 8s izovosidfj xa&dxeq oi sv xfj "I8jj. naod- 

fera L. — II. Eine C.-Art: 1) PC = Libanon- fioiov 8k xfj aoxsv&cp, 8ia<psgsi 8s fidhoxa xq> 

C. , Pinus eedrus L. — III. Zwei sogenannte <pvkkq> ■ xo jxiv ydg xfjg xsSgov oxhjQov xal o'^v 

Thujae: m) TA = Gegliederter Lebensbaum, xal dxav$co8eg, xo 8s xfjg dgxsv&ov fialaxwxsoov. 

Thuia artieulata Vahl. — Callitris quadrivalvis 8oxsT 8k xal vyjrjXocpvsoxsoov slvai f) agxsv&og • 

Vent, n) TO = Morgenlandischer Lebensbaum, 60 ov jxi)v alV kvioi ys ov 8iatgovoi xotg ovd/taoi.v, 

Thuia onentalis L. cUA' apupay xaXovoi xsSocvg mkr)v jraoaotjfiaoia 

Koch (die Baume und Straucher des Alten xs8qov 6^vxs8qov. SidiSt] 8' auipoj xal nolv- 

Griechenlands 38) behandelt IP (a) und IO (c) udoxaka (vielastig) xal ijisoxoauusva (knorrig) 

' zusammen, weil die Griechen unter dem Namen sxovxa xa g~vka • uallov 8' ij usv agxsv&og syu 

xsSgog beide verwechseln, obgleich IP Schuppen- fuxgdv xal sivxvr/v xal oxav xojifj xaxv or\no(isvrjv, 

blatter , IO stehende Nadeln habe ; IP sei cy- ij 8s xsSgog xo nlsToxov syxdgSiov (Kernholz) xal 

pressenahnlich und heisse bei Theoprast auch aoomsg, sgv&goxdgdia 8' au<pa>. xal ij fisv xfjg 

dgxsv&og; Homers &vov sei IP (a) oder IO (c); xsSgov si68rjg , r\ 8k xfjg sxsgag ov. xagnog 8' 



1823 Ceder Cecler 1824 

6 fiev zfjs xsSqov c~av&6s , fivQtov fieys&os s'xcov, bedeuten, ist allgemein angenommen und unwider- 

eixoSns, fjdvs so&lsoftai'o 8s zij; doxsv&ov za leglich , auch von Theophrast ausdriicklich be- 

fiev aXXa Snows, fxsXas 8's xal oxgv<pv6g xal &onsg zeugt (nr. 3). D. Einmal wird die Frucht der 

a/igcoxos • diafisrei 8s els sviavxov, eft)' oxav aXXos xs8gog als i-av&os , die der agxcvdos als fieXas 

ijiKpvfj 6 nsgiowdg (vorjahrig) dxoninzei. Ss 8s bezeichnet (nr. 3); nun sind aber schwarzbraun 

ol ev 'AgxaStq Xsyovoi, xgslg afia xagnovs wyei, die Beeren des IC (d), blauschwarz die des IE (f), 

xov xs negvoivbv ovnco nsnova xal xov ngonsgv- rotbraun die des 10 (c), dunkelrot die des IP (a), 

otvov tjdn nsnova xal sSa>8tfiov , xal xolxov xov rot die des IR(i); nurLenz nennt die Friichte 

veov dnocpaivsi (vgl. cans. pi. I 11 , 8). sqprj Ss von IP (a) blassgelb. Rechnet man hinzu, dass 
SaxvQos xal xo/tioai xovs ogsoximovs (Holzfaller) 10 die Friichte langer als ein Jahr am Strauch sitzen 

avxq} dxav&sTs a/u(pa>. xov 8s tpXoiov oaoiov k"xsi und die Zeit der angegebenen Farbung bei den 

xvizagixxai, xgaxixsgov 8s • gi{as 8s uavds au<po- Alten nicht feststeht . so wird man an diesem 

xsom xal enuioXalovs- rpvovxai jisqI xa 7tszgd>8n Beispiel die Unmoglichkeit genauerer Identifl- 

xal xet/isQia xal xovxovs xovs xoizovs (nzovoi. — cierung begreifen. E. Uber §vov, {hta, {Htsta. 

4) Theophr. h. pi. I 5, 3: ol 8s (xavXol) doagxoi, steht nicht einmal fest, ob sie dasselbe bedeuten, 

xa&dnsg xsSgov, Xaizod, xvnaglaoov. I 10, 4: ob jedes immer dasselbe bedeutet hat, ob sie 

axavdocpvXXa sind nevxn , nizvs, xsSgos (vgl. 1 nicht gar teilweise verkehrte Lesarten sind. Dass 

10, 6). Ill 11, 2: to gvXov (fj fitXos = die Elbe) fivov ein Baumholz, keine Species bedeute, sagt 

f) sx zfjs"I8i}s s"av&6v o<p68oa xal ofioiov xfj xsSgo), Plinius (XIII 100). Dass es IP (a) oder lO (c) 
SC o xal xovs JicoXovvxds cpaaiv Qomaxav cos xe- 20 bei Homer, TA (m) bei Theophrast bedeute, sagt 

8qov jimXovvxas ■ S[ioiov 8s xal xov <pXoiov e%siv Koch. Ubersetzt wird es meist durch ,Lebens- 

xal xfj xgaxvxnxt xal x<p xQoiftaxt xfj xsSgm. V baum' oder Citrus. Also gehoren alle Stellen, 

9, 8 : avisi (sc. xyv vygoxnxa xdiv l-vXrnv) xa x s- an denen agxsvffog und iunipirus vorkommen, 

8 g i v a xal daXms a>v eXatwStjs fj vygoxrjs • SC unter den Begriff Wacholder (s. d.) ; von den- 

8 xal xa dydXuaxd qpaoiv idistv svtoxe. Ill 6, 5: jenigen aber, an denen xeSgos und eedrtis steht, 

sjtuioXfjs (s'xsiv xijv Qi^av) xal o.Qxsvd'ov xal gehSren die hieher, wo man an C. denken muss; 

xs8qov. V 4, 2: doasirj cpvosi xvnciQixxos, xs- die Stellen endlich mit ftvov, fivia, dvsia, thuon, 

8oos xxX. IX 2, 3: k'vioi 8s cpaot xal xt/v nixvv thua kommen unter citrus zur Besprechung. 
xal xrjv xsSqov 8s xtjv (potvixtxijv (mxxo- II. C.-Holz. Es diente: 1) als Baumaterial 

xavxeToftat). Heimat ist: a) III 2, 6: Cilicien 30 (oixodoptixtf) ; 2) als Schiffsbauholz (vavjzrjyr/oittos ) ; 

und Syrien (vgl. IV 5, 5. V 9, 8); b) IV 5, 2: 3) als Stoff fur Bildsaulen, vielleicht 4) auch fur 

Berge von Thracien und Phrygien. Ill 13, 7: Kisten, Truhen, Sarge (s. Wacholder). Stellen: 

Von manchen Baumen giebts Zwergarten, ofo»> 1) Theophr. V 7, 4: olxo8o[uxr) (vXrj) ... xs8qos 

xs8gov xal qjoivixog. IV 3, 3: GrOsse der Friichte. sxt ... xal aoxsvdos. Verg. Georg. it 440 : ipsae 

caus. pi. I 17, 6 und V 4, 4: Art der Friichte. Caucasio steriles in vertice silvae ... dant utile 

Vgl. caus. pi. V 17 , 3. — 5) Theophr. h. pi. lignum . . . domibus cedrumque eupressosque. 

V 3, 7: to 8s dvov, ol 81 &vav xaXovoi, jia S ' Vgl. Curt. V 7, 5 (Persepolis). Polyb. X 27, 10 

"Afipmvt xs yivsxai xal sv xfj KvQrjvaiq, xijv fi'sv (Ecbatana). Plin. XVI 213 (Ephesus). Vitr. II 

fiog<fi]v Sfiotov xvjiaohzcp xal xots xXdSocs xal 9 , 13 (Ephesus). Curt. VIII 10 , 8 : sepulcra 

rots <pvXXois xal xqj oxsXsxsi xal to} xaqnco, fiaXXov 40 vetusta eedro facta (Nysa in Indien). Plin. XVI 

8s &sns(> xvJzaQixxos aygia. aoXv fisv xal ojxov 216 (Utica). — 2) Theophr. IV 5, 5: fi Svgia 

vvv f) tioXis soxl, xal sxi 8iauvt)fiovsvovoiv 0Q0(fds xs8qov s'xst xal xavxy XQ&vxai, jcqos xds XQirjoeis. 

xivas r&v aQxaCcov ovoas. doanss yaQ SXcas xo V 7, 1 : ol xara 2vgiav xal <Poivixr]v ix xsSoov 

gvXov , oiXdxaxov 8s xtjv §(Zav saxlv. V 4 , 2 : (jxotovoi xds xoirjosis). Plin. XVI 203 : In Aegypto 

dooucsoxaxov ftstd xa xvnaoixxwa xal xa dvoiSn ae Syria reges inopia abietis eedro ad classis 

xijv ovxduivov shai (paotv. Vgl. oben -ftvia I feruntur usi. maxima ea in Cypro traditur, 

9, 3 und IV 1, 3. Endlich III 4, 6 : d>s ol jisqI ad undeciremem Bemetrii suecisa, centum tri- 

'4.Qxa8(av <paolv, sxi xovxcov dipixaoizoxsQa, oxsSov ginta pedum, crassitudinis vero ad trium homi- 

8s itdvxwv otpiahsqa xsxQaymvta, dvsia, fiiXos, num complexum. Lenz denkt hier an PC (1), 

dieselben drei sind nach III 4, 2 auch oytfiaoxo- 50 da das starkste Bauholz zu so grossen Schiffen 

TaTa. notig war. Bliimner (Techn. u. Term, der 

Es dttrfte schwer sein , aus diesen Stellen Kiinste u. Gewerbe II 255) stimmt dem bei. Diod. 

sichere botanische Identificiemng zu gewinnen. XIX 58 : IIzoXeuaTos navxaxd&sv ddgoloas vXoxd- 

Fest steht nur folgendes: A. In der That reifen uovs xal noioxag , szc 8s vavszrjyovs , xazsx6[u& 

die Beeren des Wacholders erst im zweiten Herbste ztjv vXr\v em ftdXaxxav sx xov Aiflavov .... xo 

(oytxaoiza) , es sind also zugleich grime und 8' oqos zovzo .... sxXrjgss soxl 1-vXwv xsSgtvcov xal 

schwarze Beeren an demselben Strauche. Also xvTtagixxlvmv. Strab. XV 698: 'AXQavSoos xaxrj- 

ist aqxsv&os = Wacholder; zweifelhaft bleibt, ob yays T<j5 'Y8donrj xoipas sXdxrjv zs jioXXtjv xal nsvxr\v 

IP (a) oder IC (d). Der Strauch ist diOcisch, xsSgov xal aXXa navxota oxsXsxt] vavmjyrjotfia. XIV 
woraus sich Theophrasts (nr. 1) zwei Sorten er-60 669: 'Aqoivoij noXis ... vojoquov s'xovoa, otzcv 

klaren. B. Plinius ubersetzt xs8qos mit eedrus, xaxdysxai fj vavanyf]oifxos vXrj • xsSgos 8' eozlv 

agxsv&os mit iunipirus, z. B. XVI 197: eedrus. fj nXsiozrj, xal hoxsi zavza zd fisgrj jzXsovexxsTv 

in Greta, Africa, Syria laudatissima; XIII 52: xfj zoiavxn q~vXsiq. — 3) Plin. XiH 53: materiae ^ 

Iunipiri similem habet Phoeniee eedrum mi- vero ipsi (sc. maioris cedri) aeternitas, itaque ' 

nor em; duo eius genera, Lycia et Phoenicia, et simulacra deorum ex ea faetitaverunt. ce-. 

differunt folio etc.; vgl. XVI 96. 218. Also ist drinus est Bomae in delubro' Apollo Sosianus 

iuniperus = Wacholder. C. Dass xs8qos und Seleucia advectus. Bliimner schliesst aus der 

eedrus bald den Wacholder, bald die Libanon-C. Heimat auf C.-Holz, glaubt aber in den Pausa-, 



1825 Ceder Cedere actione 1826 

niasstellen den Baumwacholder = IE (f) sehen dvofidt; ovaiv and xrjg xedgov KeSQeaztv. Ist das C? 

zu miissen. Solche xedgcva dydXftaxa erwahnt nach Murr IE (f). — 3) Diosc. de m. m. 104 

auch Theophr. h. pi. V 9, 8 ; vgl. V 3, 7 : xal erzahlt, man gebrauche die Blatter des feddv zu 

ix xavxr/g (sc. xrjg giCrjg xov &vov) xa anovdaio- Raucherungen. Hat das religiosen Charakter? 

xaxa xoieTxai xwv igymv. xa 8k dydX/iaxa yXv- Man deutet aber allgemein fl(>d{h auf IS (g). — 

wovaiv ix xcovbs • xsSqcov, xvxaghxov , Xcoxov, 4) Auch Kalypso rauchert mit xsdgog und &vov, 

nv&v. Vgl. Vitr. II 9, 13 mit Plin. XVI 213 Horn. II. XV 191. [Max C. P. Schmidt.] 

(Ephesus). — 4) Praglich sind die Stellen: En- Cedere actione (s. Actio) oder actionem 

rip. Troad. 1141 (xedgog Sarg); Ale. 366 (xsSqoi heisst einen persOnlichen oder dinglichen Anspruch 
Sarg). Theocr. VII 81 (x&Sqov sis adstav Kiste). 10 abtreten. Dig. VI 1, 21. XL VI 3, 76. Cod. V 

III. Harz und 01. Auch hier sind C. und 52, 2 pr. Es beruht dies auf einem formlosen 
Wacholder schwer zu scheiden. Es diente das Vertrage zwischen dem bisher Berechtigten und 
aus dem Harze gewonnene 01: 1) zum Tranken dem zu seinem Nachfolger Bestimmten. Dem 
des Holzes, Bastes, Papyrus; 2) zum Einbalsa- Civilrechte war ein solches Gesch&ft fremd; nur 
mieren; 3) als medicinisches Mittel. Stellen: durch Schuldumwandlung, beider der Verpflichtete 
1) Plin. XVI 197: cedri oleo peruneta materies (debitor eessus) mitwirken musste, oder durch 
nee tineam nee cariem sentit. Vitr. II 9, 13: Klagevollmacht und nachfolgenden Processbeginn 
item eedrus et iuniperus easdem habent -virtutes konnte jemand seine Befugnisse aus einem An- 
et utilitates, sed quemadmodum ex eupresso et spruch zu Gunsten eines andern aufgeben. Gai. 
pinu resina, ex cedro oleum, quod eedreumldU. 38. Cod. IV 10 de obi. et act. c. 2. Hieraus 
dieitur, naseitur, quo reliquae res cum sint hat man friiher allgemein gefolgert, dass nach 
unetae, uti etiam libri, a tineis et earie non rCmischer Ansicht die Forderungen nicht dem 
laeduntur. Luc. adv. indoct. 16: xa fitfiXla dXsi- Bechte, sondern nur der Austibung nach iiber- 
<puv x<$ xooxc? xal xfj xs8qo> xxX. Vgl. Plin. tragen werden konnten (bei der Abtretung eines 
XIII 53. 86. Daher die bildlichen Ausdriicke : Niessbrauches war dies allerdings der Fall, Dig. 
carmina linenda cedro (Hor. a. p. 332); cedro X 2, .15, s. Ususfructus). 

digna locutus (Pers. I 42). — 2) Herod. II 87: Fur die MOglichkeit einer wahren tJbertragung 

egieioi ix xije xotXir/g xr)v xeSgir/v, xfjv iorjxav der Anspriiche, insoweit sie klagbar waren, nach 

jiqoxsqov. Diod. I 91 , 6 : aav xb awfia xb spaterem Rechte sprechen jedoch die Ausdriicke 
fisv tiqwxov xedgta xal xiotv alXoig sjiifisXsias 30 der Quellen, namentlich das cedere actionem Dig. 

a£iovoiv. Plin. XVI 52: hoe in Syria cedrium XL VI 3, 76, actionem vendere Dig. XVIII 4. 

voeatur, eui tanta vis est, ut in Aegypto cor- rubr., nomina in dotem dare Cod. IV 10, 2, 

pora hominum defunetorum perfusa eo serven- actiones praestare Dig. XL VI 1, 36, vgl. gegen 

tur; vgl. XXIV 17. Aber die Gallier, xcSqovv- Miihlenbruch Die Cession der ForderungsrechteS 

xes xas xmv svdo^wv xeqpaXdg (Posidonius bei 1836, llOff. insbesondere Windscheid Die Aktio 

Strab. IV 198; vgl. Diod. V 29, 5), mOgen wohl des rom. Civilrechts 1856, 120ff. und Paul Gide 

WacholderOl benutzt haben ; vgl. Plin. XVI 198. — Etudes sur la novation, et le transport des crtan- 

3) Aristot. h. a. VII 3 : dleiyovmv (al yvvatxsg ces en droit Bomain, Paris 1879, 334ff. Richtig ist, 

xrjv (urixQav) iXaia> xsdQivq> (gegen die Concep- dass sich die (Jbertragung der Anspriiche in der 
tion). Zahlreiche andere Verwendungen bei Pli- 40 Form einer Vollmacht zu ihrer Eintreibung (man- 

nius (besonders n. h. XXIV 17 — 19), Dioscorides datum ad agendum) vollzog, wobei der Bevoll- 

(besonders de m. m. I 105), Hippocrates (de morb. machtigte das, was er eingetrieben hatte, fur sich 

mul. I 28. 73. II 82. 66. 81 ; de nat. mul. 67. behalten durfte. Er hiess demnach procurator 

98. 29; de ulcer. 9) u. s. w. in rem suam. Dig. HI 3, 28. 33, 5. 34. 55. 

IV. Heilzwecke. Man verwendete: 1) Das II 14, 13, 1 sed si in rem suam datus sit pro- 
01. Die Stellen stehen unter III 3. — 2) Die curator, loco domini habetur. Der Tod und der 
Friichte. Mit ihnen zog man Weinab: xedghrj? Widerruf des Mandanten, der sonst ein Mandat 
= xsdgivos olvog (Dioscorides). Man zerrieb sie aufhebt, vertilgte dieses Mandat nicht, ein Grund- 
auch zum Stopfen: exgi^sv xedgidag (Aristoph. satz, von dem vielfach angenommen wird, dass 
Thesm. 486) ; vgl. Plin. XXIV 20 : cedrides, hoc 50 er zugleich mit einer Anderung des dem Cessionar 
est fruetus cedri, tussim sanant, tirinam dent, zustehenden Klageformulars aufgekommen ist (vgl. 
alvom sistunt etc. Der Scholiast zu Nic. Al. Eisele Die actio utilis des Cessionars, und dazu 
118 erklart xsSqIo als ^>r\y(iaxa xijg xsSqov. — Leonhard Inst. 491 § 166 Anm. 5). Ferner hat 
3) Das Holz. Zerrieben und in Wasser geknetet der Cessionsvertrag insoweit nicht fur sich allein 
verschente es den Teint der skythischen Weiber: die voile Wirkung eines Anspruchstiberganges, als 
xaxaod>xovoi, usqI Xl&ov xqtjxvv xrjg xvjtaQiaaov der debitor eessus, der bei ihm nicht mitgewirkt 
xal xehoov xal XifSdvov £vXov (Herod. IV 75). hat, zunachst noch nicht auf ihn Biicksicht zu 
Der Duft des zerriebenen Holzes muss sehr be- nehmen braucht, sondern immer noch mit dem 
kannt gewesen sein : xr)v 6ofir)v i%uv (xavxr/v xr)v friiheren Berechtigten iiber den Anspruch ver- 
XQrjvrjv) xrjg xsSqov xoig dnoTixia/xaaiv bfxoiav 60 handeln , auch ihm gegenuber den Anspruch be- 
(Arist. mirab. 113). friedigen darf. Dies Recht verliert er jedenfalls, 

V.ReligiOses. 1) Orpheus ziindet, die Hekabe sobald der neue Berechtigte ihm die geschehene 

zu beschwOren, einen Scheiterhaufen an, der auch Cession nachweist (Cod. VIII 16 [17], 4, nach der 

agxsvS'og und xsdgog [nach Murr Die Pflanzen- Ansicht mancher geniigt sogar eine blosse Anzeige, 
welt in d. griech. Myth. 128 ist es IP (a)] enthalt s. Denuntiatio), ferner dann, wann der fruher 

(Orph. Argon. 955). — 2) Paus. VIII 13, 2 : ngbg Berechtigte (Cedent) dem Schuldner die Abtretung 

xfj noXu (x&v 'OQxofievicov) Igoavov saxiv 'Aqxe- mitteilt (was bestritten ist), endlich nach Dig. II 

fitdog. I'dovxai 8h iv xedgcp fisydXr], xal xrjv &sbv 15, 17 sogar schon dann, wenn er die Cession 

Pauly-Wissowa III 58 



1827 Cedere diem Ceionius 1828 

kennt, worin jedoeh viele ein Sonderrecht der Maximinus Cedriponensis genannt (CIL II 1444). 

Erbschaftsvergleiche sehen. Die Folgen des Ab- Der sonst vollig unbekannte Ort wird, wie &hn- 

tretungsvertrages sind itn ubrigen Gegenstand liche Namenbildungen vermuten lassen, in der 

mancher Zweifel, vgl. iibrigens auch die Wen- Nahe von Ostippo gelegen haben. [Hubner.] 

dungen cedere. usufruetu Dig. IX 4, 17, 1 und Cedrus (Cass. Dio LI 24) s. Ciabrus. 

cedere possessione Dig. XXXIX 2, 16. Cefa (Not. dign. or. XXXIV; to Ki<pa; Pro- 

Litteratur: Miihlenbruch Die Cession der cop. de aedif. II 4), d. i. syrisch Hesen-Kefd oder 

PorderungsrechteS 1836, HOff. Windscheid Die Hesnd d e Khefd ,Steinfestung' (Noldeke Sasa- 

Aktio des rom. Civilrechts 1856, 120ff., vgl. ferner riiden 395, 3), von Constantin, wie auch ein Syrer 

Windscheid Pandekten? II 227ff. § 329ff. Dern- 10 berichtet (ZDMG XXXV 239), zum Schutze gegen 

burg Pandekten^ II 132ff. § 47ff. und daselbst persische Bauber erbaut. Die arabischen Schrift- 

naliere Litteraturangaben. [Leonhard.] steller nennen den Ort Hisnkefd (Jfikut Geogr. 

Cedere diem signifieat ineipere deberi peeu- Worterb. II 277), jetztIZas<mM/ r unweit des Tigris, 

niam : , venire diem 1 signifieat eum diem venisse, s. Kieperts Karte zu Socin Zur Geographie 

quo peeunia peti possit. ubi pure quis stipu- des Tur 'Abdln (ZDMG a. a. 0.). Andere mo- 

latus fuerit, et cessit et venit dies: ubi in diem, derne Aussprachen des Namens bei Hartmann 

eessit dies, sed nondum venit: ubi sub condi- Bohtan (Mitt. d. Vorderasiat. Gesellsch.) p. 156 

done neque cessit neque venit dies pendente ad- Col. 2. [Fraenkel.] 

hue condieione, Dig. L 16, 213 pr. Diss cedens Cefalenses,Bewohner einer Ortschaft in Africa 
ist also der Zeitraum, wahrend dessen fur ein 20proconsularis, von der Bischofe im J. 411 (coll. 

bereits sicher erworbenes, aber noch befristetes Garth, c. 133, bei Man si Act. concil. IV 110. 

Becht der Augenblick heranriickt, in dem es aus- Migne XI 1302) und im J. 649 (Mansi X 939) 

geiibt werden darf. Dies veniens ist dagegen erwahnt werden. [Dessau.] 

der Zeitpunkt, in dem dieser Augenblick heran- Cegriticere^ioimnOrdlichenKolchis, zwischen 

gekommen ist. Bei bedingten Bechtsgeschaften den Fliissen Chobus und Sigania, Plin. VI 14; 

fehlt jene Zwischenzeit, weil bei ihnen Bechts- vgl. Ekrektike. Die von den Mankrel oder Me- 

erwerb und AusiibungsmOglichkeit zusammenfallen. greli (s. Manraloi) bewohnte Landschaft mit 

Beide entstehen nicht, bevor die Bedingung ein- den Vororten Dadi und Bedia (daher die Titel 

tritt, dann aber treten sie zugleich in Kraft. Dadian und Bendian) hiess bei den Armeniern 

[Leonhard.] 30 Egr, bei den Georgiern Sa-Egro oder Egrisi ; die 

Cediae, Ortschaft in Numidien, Buinen Hen- SuanokolchoiheissenbeiFaustusp.l5Egr-Suankh; 

chir Um-Kif, siidOstlich von Khenchela (Mascula), der Egris-cqali erscheint in der Geographie des 

nach Ausweis der Inschrift CIL VHI Suppl. 17655 Moses von Chorni p. 27 unter dem griechischen 

(der Name erscheint auch in einer erheblich nord- Namen Drakon. [Tomaschek.] 

lichergefundenen Inschrift, CIL VIII Suppl. 17759). Cehere (Tab. Peut.), Station an der Strasse 

Als Bischofssitz wird der Ort erwahnt im J. 256 von Damascus nach Palmyra zwischen Casama 

(Sententiae episcoporum in Hartels Cyprian und Nezala gelegen. MOglicherweise (so Moritz 

p. 442 Seeundinus a Cedias) und im J. 411 (coll. Abh. Akad. fieri. 1889, 22) ist die Namensform 

Carth. bei Mansi Act. concil. IV 181. Migne verdorben und der Ort identisch mit Goaria des 
XI 1325). [Dessau.] 40 Ptolemaios (s. d.), welches der Lage nach dem 

Cedonia, Station der von Apulum zur Aluta heutigen Kara entspricht. [Benzinger.] 

fuhrenden Strasse in Dakien (Tab. Peut. Gedonie; Ceionius und Caeionius, Name eines rOmi- 

Geogr. Bav. 188, 14 Cedonia. 19 item iuxta schen Geschlechtes der Kaiserzeit, welches nament- 

ipsam Cedoniam est eivitas quae dieitur Bur- lich in den letzten Jahrhunderten sehr in den 

tieum). Ob die in Dorstadt gefundene Inschrift Vordergrund tritt (s. u. Nr. 17ff.). 

CIL III 7728 (= P. Cumont Textes et monu- 1) Ceionius, Praefectus castrorum des Quincti- 

ments figure's relatifs aux mysteres de Mithra lius Varus im J. 9 n. Chr., gab bei der Nieder- 

257 ) [Inviejto S[oli deo gejnitori [P. Ael. lage des rSmischen Heeres im Teutoburger Walde 

Artjemidorus defe ?....] saeer(dos) ereatus a als auctor deditionis ein schimpfliches Beispiel, 
Pal[myre]nis do(mo) Macedonia et adve[n]tor 50 Veil. II 119, 4. 

huius templi pro se et suis fecit auf diesen Ort 2) Ceionius Albinus gehOrt zu den vornehmen 

zu beziehen ist, ist fraglich. Mommsen CIL III BOmern, die von Septimius Severus getotet wurden, 

p. 1389 (vgl. tab. II) und W. Tomaschek Die Hist. Aug. Sev. 13, 3. 

alten Thraker II 2, 85 setzen C. bei Hermann- 3) Ceionius Albinus wird in einem (wohl ge- 

stadt an, J. Jung Fasten der Provinz Dakien falschten) Briefe des Kaisers Valerianus als Prae- 

148f. (vgl. BOmer und Bomanen in den Donau- fectus urbi genannt, Hist. Aug. Aurel. 9, 2. Ge- 

landern2 112, 4) nach C. Gooss in der Nahe meint wird wohl sein Nummius Albinus, der nach 

des heutigen Beussmarkt und Kiepert Pormae dem Chronographen von 354 im J. 256 Stadt- 

orbis antiqui XVII bei Salzburg- Vizakna. A. praefect war und wahrscheinlich vollstandig M. 
Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. [Patsch.] 60 Nummius Ceionius Annius Albinus hiess (CIL VI 

Cedrei, ein den Nabataeern benachbartes Volk 314 b). Vielleicht ist er auch identisch mit dem 

im Nordwesten Arabiens (Plin. V 65), welches man Albinus, der im J. 263 mit Maximus Dexter zum 

mit den Qedar ("Hp) zusammenstellt. zweitenmal Consul war (vgl. o. Bd. I S. 1316). S. 

[D. H. Muller.] unter Nummius. 

Cedrl. Mutatio Cedros verzeichnet das Itin. 4) M. (Ceionius) Civica Barbaras, Consul ordi- 

Hieron. 551 bei Carcasso. phm.] narius im J. 157 n. Chr. mit M. Metilius P. f. 

Cedripo in Hispania ulterior. Auf einer In- AquilliusBegulusNeposVolusiusTorquatusFronto, 

schrift aus Ostippo (s. d.) wird ein C. Caesius CIL VI 376. XIV 2410. IGI 1127 = CIG 5998 



1829 Ceionius Ceionius 1830 

und die Consularfasten. DerName seines Collegen VI 1988 (L. Oei . . . cooptiert im J. 91) auf ihn 
findet sich vollst&ndig CIL XIV 2501 = Dessau bezieht. Zweifelhaft ist auch, ob seine Gemahlin 
1075. Er selbst wird M. Civica Barbaras ge- (Plautia?) sich nach seinem Tode mit C. Avidius 
nannt (CIL VI 376. XIV 2410); dass aber sein Nigrinus vermahlt hat, wie aus der Inschrift CIL 
Geschlechtsname C. gewesen ist, ergiebt sich dar- X 6706 im Gegensatz zu Hist. Aug. Hadr. 23, 11 
aus, dass er patruus Veri war (Hist. Aug. Marc. gefolgert werden zu miissen scheint (vgl. u. Nr. 8 
9, 4 [Civiea]. Galen. XIV 613. 619 [Barbaras]), und o. Bd. II S. 2386 Nr. 10). 
also ein Bruder des L. Aelius Caesar (Nr. 7) und 7) L. Ceionius Commodus = L. Aelius Caesar. 
ein Sohn des L. Ceionius Commodus (Nr. 6), vgl. Der Adoptivsohn des Kaisers Hadrian hiess ur- 
den Stammbaum unter Nr. 7. Sonst wissen wir 10 spriinglich nach den Inschriften L. Ceionius Corn- 
won ihm nur, dass er von Kaiser Marcus im J. 164 modus (CIL III 720. VI 975 a. 10242. XIV 2852; 
n. Chr. in Begleitung der Kaisertochter Annia vgl. auch CIL XV 1056. 1058); so auch richtig 
Lucilla zu seinem Neffen L. Verus (Nr. 8) nach Dio (LXIX 17, 1. 20, 1. LXX 1, 1. LXXI 1, 1): 
Syrien gesandt wurde, wo die Hochzeit des Verus L. Commodus; Hist. Aug. Marc. 4, 5. 6, 2: L. 
und der Lucilla stattfinden sollte, Hist. Aug. Marc. Ceionius Commodus; Hadr. 23, 10; Hel. 2, 1; 
9, 4; vgl. o. Bd. I S. 2294. 2315. Ceionius Commodus, Falsch ist es dagegen, wenn 

5) L. Ceionius Commodus, Consul ordinarius als sein urspriinglicher Name L. Aurelius Verus 
im J. 78 n. Chr. mit D. Novius Priscus (CIL VI angegeben (Hist. Aug. Hel. 2, 6) und wenn er 
2056 und die Consularfasten), Septemvir epulonum uberhaupt Verus genannt wird (Hist. Aug. Hadr. 
(CIL VI 1349 = Dessau 1004), Gemahl einer2023, 11. 24, 1; Hel. 2, 1. 6, 6 u. 6.; Ver. 1, 6; 
Appia Severa, Schwiegersohn eines Sex. Appius Saturnin. 8, 8). Nach den Miinzen und Inschriften 
Severus (CIL VI 1348. 1349 = Dessau 1003. hat er niemals Verus geheissen. 

1004), vgl. o. Bd. II S. 245 Nr. 17. 21. Vielleicht Seine Familie stammte aus Etrurien (Hist. 

ist er gemeint bei Frontin. aq. 70. Wahrschein- Aug. Hel. 2, 8; Ver. 1, 9). Vater und Grossvater 

lich war er Vater des Folgenden, Grossvater des (o. Nr. 6 und 5) waren Consulare (Hist. Aug. Ver. 

L. Aelius Caesar (Nr. 7) und Urgrossvater des 1, 7, vgl. Hel. 2, 8). Sein Geburtsjahr ist un- 

Kaisers L. Aurelius Verus (Nr. 8), vgl. Hist. Aug. bekannt. Nach Hist. Aug. Hadr. 23, 10 war er 

Ver. 1, 7 (avi ae proavi eonsulares) und den ein Schwiegersohn des im J. 118 hingerichteten 

Stammbaum unter Nr. 7. C. Avidius Nigrinus (vgl. o. Bd. II S. 2384 

6) L. Ceionius Commodus , Consul ordinarius 30 Nr. 5). Nach der Inschrift CIL X 6706 war aber 
im J. 106 n. Chr. mit Cerialis (Consularfasten, eine Tochter des Nigrinus die Vaterschwester 
wo er nur Commodus heisst). Er war wahr- (amita), nicht die Mutterschwester (matertera) des 
scheinlich ein Sohn des Vorigen und Vater des Kaisers L. Verus. Demgemass halt Mommsen 
L. Aelius Caesar (Nr. 7). Huie (dem L. Caesar) (zu der Inschrift) den L. Caesar nicht fur den 
pater Ceionius Commodus fuit, quern alii Lu- Schwiegersohn, sondern fur den Stiefsohn des Ni- 
cium Aurelium, multi Annium prodiderunt, grinus. Dann ware der Stammbaum folgender- 
Hist. Aug. Hel. 2, 7. Von diesen Namen wird massen herzustellen (doch vgl. o. Bd. II S. 2386 
wohl nur der Vorname Lucius ausser Ceionius Nr. 10 und den dort vorgeschlagenen Stamm- 
Commodus zutreffen. Dieser Vorname stiinde fest, baum) : 

wenn es sicher ware, dass sich das Fragment CIL 40 

Sex. Appius Severus 

5. L. Ceionius Commodus ew Appia Severa 
cos. 78 | 
C. Avidius Nigrinus cv (Plautia?) csi 6. L. Ceionius Commodus 
t 118 I | cos. 106 



Avidia Plautia 7. L. Ceionius Commodus i. M. (Ceionius) Civica 
(CIL X 6706) = L. Aelius Caesar Barbaras cos. 157 
cos. 136 

Annia Lucilla cnj 8. L. Ceionius Commodus 14. Ceionia Fabia 16. Ceionia Plautia onj Q. Servilius 
= L. Aurelius Verus JPudens cos. 166 

Q. Servilius Pudens Plautia Servilia. 

Wahrend seiner Praetur (die falschlich Hist. adoptiert und damit zum Nachfolger bestimmt 

Aug. Hadr. 23, 13; Hel. 3, 2. 5—6 nach der (Dio LXIX 17, 1. Zonar. XI 24. Hist. Aug. Hadr. 

Adoption verlegt wird), um das J. 130 (vgl. Hist. 23, llf.; Hel. 1, 2. 2, 1. 3, 1; Pius 4, 1. 5; 

Aug. Ver. 2, 10. 11, 1), wurde ihm am 15. Decern- Ver. 1, 6; Clod. Alb. 2, 5). Die Adoption fand 
ber sein Sohn, der spatere Kaiser L. Aurelius 60 nach dem 19. Juni 136 statt, da er an diesem 

Verus, geboren (Ver. 1, 8). Ausserdem hatte er Tage noch Ceionius Commodus genannt wird (CIL 

zweiTOchter, Ceionia Fabia (u. Nr. 14) und Ceio- VI 10242). Andererseits zahlt eine einzig da- 

nia Plautia (unten Nr. 16). stehende alexandrinische Miinze (Mionnet VI 

Im J. 136 n. Chr. war L. Ceionius Commodus 207 nr. 1380; vgl. Eckhel VI 525) drei Re- 
Consul ordinarius mit Sex. Vettulenus Civica Pom- gierungsjahre des L. Aelius Caesar. Hiernach 
peianus (CIL III 720. VI 975 a. 10242. XIV 2112. miisste er also, da er am 1. Januar 138 starb 
2852. XV 1056. 1058 und die Consularfasten). (s. u.), vor dem 29. August (dem Beginn des ale- 
In demselben Jahre wurde er von Kaiser Hadrian xandrinischen Jahres) 136 n. Chr. adoptiert wor- 



1831 Ceionius Ceionius 1832 

den sein. Und man konnte an den 9. August aus Pannonien nach Rom zuriickgekehrt, eine sorg- 

denken, den Adoptionstag Hadrians selbst, vgl. faltig ausgearbeitete Dankesrede an seinen Adop- 

Hist. Aug. Hadr. 4, 6. Allein die Echtheit der tivvater halten wollte (Hel. 4, 7). Hadrian liess 

Miinze wird bezweifelt (vgl. v. Sallet Daten der ihn zwar, quiavota inter veniebant, nicht Offent- 

alexandrinischen Kaisermiinzen 33f.), teils weil lich betrauern (Hel. 4, 8), befahl aber, ihm per 

iiberhaupt das Regierungsjahr des Caesars statt totum orbem colossale Bildsaulen zu setzen und 

dasjenige des Augustus auf ihr angegeben ist, auch in einigen St&dten Tempel zu erbauen (Hel. 

teils weil es wahrscheinlich ist, dass L. Caesar 7, 1). Nach Pertigstellung des Mausoleums im 

die Tribunicia potestas gleichzeitig mit der Adop- J. 139 n. Chr. wurden seine Gebeine in diesem 
tion erhielt. Die Verleihung der Tribunicia po- 10 beigesetzt (Hist. Aug. Ver. 11, 1; seine Grab- 

testas gescbah aber nicht vor dem 10. December inschrift CIL VI 985 = Dessau 329). 

136, da L. Caesar im J. 137 nicht trib. pot. II, L. Caesar war von kOniglicher SchOnheit (Hist, 

sondern nur trib. pot. heisst (Eckhel VI 524ff. Aug. Hadr. 23, 10; Hel. 5, 2; vgl. sein Bildnis 

Cohen 112 258ff. CIL m 4366 = Dessau 319. auf den Miinzen), feingebildet und wortgewandt 

XI 5957 = Dessau 328. V 4317. IGS I 2238. (Hel. 5, If.), Feinschmecker (er erfand eine be- 

Ephem. epigr. VH 1197; vgl. auch Mommsen ruhmte Pastete, Hel. 5, 4f.) und Lebemann ersten 

St.-R. II 3 1160ff.). Nach der Adoption lautet Ranges (Hel. 5, 6 — 11) ; in re republics non init- 

sein vollstandiger Name L. Aelius Caesar, imp. tilis (Hel. 5, 2) ; etiamsi non summi, medii tamen 

Caes. Traiani Hadrmni Aug. filius, divi Traiani dueis obtinuit famam (Hel. 3, 6). Vgl. fiber ihn 
Parthici nepos, divi Nervae pronepos (CIL XI 20 auch Bd. I S. 515 und H. Schiller Geschichte 

5957 = Dessau 328. Le Bas III 1053. 1215 der rdmischen Kaiserzeit I 2, 626. 

= CIG III 4380 bi add. p. 1167. IGS I 2238), [P. v. Rohden.] 

kiirzer L. Aelius Caesar imp. Hadriani Aug. fit. 8) L. Ceionius Commodus = L. Aelius Aurelius 

(CIL VI 985 = Dessau 329. V 4317. VIII 799. Commodus = Imp. Caes. L. Aurelius Verus Au- 

VIH Suppl. 17848), L. Aelius Caesar (CIL IH gustus, rOmischer Kaiser vom 7. Marz 161 — 

4366 = Dessau 319. VI 1607 = Dessau 1450. Anfang Februar 169 n. Chr. 

VII 748 = Dessau 2551. VIII Suppl. 14852 = I. Quellen. a) Von Verus selbst sind einige 

Dessau 330; ebenso die Miinzen Eckhel VI Brief e erhalten, die an den Rhetor M. Cornelius 

524—528. Cohen 112 258—267. Mionnet VI Fronto gerichtet sind, in der Sammlung epistu- 
206—207 nr. 1374—1382, und Vict. Caes. 14, 4), 30 larum ad Verum imperatorem (p. 113— 138 Na- 

L. Caesar Aug. f. (CIL XIV 376) , L. Caesar ber). Es sind dies von den vorhandenen Briefen 

(CIL VI 1598 = Dessau 1740. XIV 2486. Hist. des ersten Buches der zweite und dritte (p. 115 

Aug. Marc. 5, 1. Arch.-epigr. Mitt. XIX [1896] 28) —116, vom J. 161; vgl. Mommsen Herm. VIII 

oder endlich Aelius Caesar (D u r r Reisen Hadrians, 213 gegen N a b e r), vom z weiten Buche der zweite, 

Anhang nr. 14). Da Hadrian den Caesarnamen dritte, funfte und zehnte Brief (p. 129—132. 138, 

ihm allein und nicht auch seinem Sohne erteilte, vom J. 165 und 166). Der Brief in Hist. Aug. 

so bezeichnete fortan der Name Caesar den vor- Avid. Cass. 1, 7 — 9 ist, wie alle in dieser Vita 

aussichtlichen Thronfolger (Hist. Aug. Hel. 2, 1 — 2 ; eingelegten Documente, erwiesenermassen eine Fal- 

Ver. 1, 6; vgl. Mommsen St.-R. lis 1139, 1. 2). schung. 

Am 1. Januar 137 n. Chr. iibernahm L. Aelius 40 Die Erlasse und Verordnungen sind durchwegs 

Caesar unter diesem seinem neuen Namen (des- von Marcus und Verus zugleich unterschrieben ; 

halb hat die Adoption zweifellos schon im J. 136 gesammelt von Haenel Corpus legum, Leipzig 

stattgefunden) zum zweitenmal das ordentliche 1857, 114—120. 

Consulat, zugleich mit P. Coelius Balbinus Vibul- b) Inschriften aus der Zeit des Verus finden 

lius Pius (CIL m 1933. VI 1854. IX 5839. XIV sich zusammengestellt bei H. Dessau Inscrip- 

2390. XV 900. 1057. 1059. 1218. Ephem. epigr. tiones latinae selectae I 357—370. 1080—1098. 

IV p. 806f. = Dessau 2102 und die Consular- 1326. 1362. 1453. 2841. Vgl. namentlich auch 

fasten). Im Laufe desselben Jahres erhielt er die Indices des CIL, CIG und der iibrigen In- 

beide Pannonien mit einem grOsseren militarischen schriftensammlungen. Hervorzuheben sind die 
Commando und der secundaren proconsularischen 50 diirftigen Fragmente der Arvalacten aus der Zeit 

Gewalt (Hist. Aug. Hadr. 23, 13; Hel. 3, 2. 5—6; seiner Regierung (CIL VI 2091f.; hingegen scheint 

vgl. die Miinzen mit Pannonia: Eckhel VI 526. das neugefundeue Fragment Ephem. epigr. VIII 

Cohen II 2 258ff. nr. 24 — 33; ferner die von ihm p. 336 nr. 16 mit Unrecht auf ihn bezogen zu 

selbst im J. 137 n. Chr. seinem Adoptivvater sein und vielmehr aus der Zeit von Marcus Allein- 

Hadrian in Pannonia superior gesetzte Inschrift herrschaft zu stammen, s. u.), die Militardiplome 

CIL III 4366 = Dessau 319, wo sein vollstan- (CIL III p. 887 dipl. XLV, p. 888 dipl. XLVI, 

diger Titel lautet: trib. potest, cos. II procos. p. 889 dipl. XL VII; Suppl. p. 1991f. dipl. LXXHI) 

XV vir sacris faeiund,., ausserdem Arch.-epigr. und die stadtromischen Inschriften (CIL VI 1021f.), 

Mitt. XIX [1896] 28; auch die Inschrift seines darunter auch seine Grabschrift (CIL VI 991 = 
Iuridicus CIL III Suppl. 10336; endlich Momm- 60 Dessau 369). 

sen St.-R. ns 1159, 1. 1167, 2). Papyri aus der Zeit des Verus sind zu er- 

Schon vor seiner Adoption hatte L. Caesar sehen aus dem Index der agyptischen Urkunden 

Blut gespieen (Dio LXIX 17, 1); nach derselben aus dem Berl. Mus. Griech. Urk. I. Bd. ; im zweiten 

nahm seine Kranklichkeit zu (Hist. Aug. Hadr. Band gehoren dieser Zeit an nr. 393. 410. 414. 

23, 14f.; Hel. 3, 7. 6, 2. 5; vgl. die Miinzen mit 434. 461. 521. 537. 542. 603. 607. 631. 654. 

solus, Cohen nr. 43—47). So starb er plOtzlich Corpus Papyror. Rainer. I. Mitt, aus den Pap. 

an einem Blutsturz (Dio LXIX 20, 1) am 1. Januar Rain. II/III p. 7f. Grenfell und Hunt Greek 

138 n. Chr. (Hadr. 23, 16), an welchem Tage er, Papyri, Series II. 



1833 Ceionius Ceionius 1834 

c) Die Miinzen des Kaisers Veras sind gesam- Quadratus IlaQ&ixd erhalten ist (FHG III 659 
melt bei Eckhel VII 87— 97. Cohen IIP 170 —661), beschrankt sich auf topographische An- 
^-214 nr. 1—422 (im folgenden nur nach den gaben von geringem Belang; von Capitolinus wird 
Nummern citiert). Die alexandrinischen Miinzen Quadratus als Quelle fur die Partherkriege citiert 
bei Eckhel IV 76— 78. Mionnet VI 319— 332 (Ver. 8, 4). Andere Schriften Lukians beleuchten 
nr. 2213—2309; Suppl. IX 99 — 101 nr. 432—444. damalige Verhaltnisse ; besonders erwahnt zu wer- 
Catalogue of the Greek coins in the British Mu- den verdienen seine Elxovss, zum Preise der Pan- 
seum, Alexandria 166—172 nr. 1352 — 1390. Vgl. thea, der Geliebten des Verus (vgl. Marc, ek e. 
v. Sallet Daten der alex. Kaisermiinzen 40. VIII 37), geschrieben, und die zur Rechtfertigung 

d) Alte Litteratur: Die Biographie des Verus 10 dieser ubertriebenen Schmeichelei verfasste Schrift 
in der Historia Augusta ist der Dberlieferung 'Ya'sg rcov Eixorcov, sowie Alexander. Polyaen 
zufolge von Iulius Capitolinus (nach Dreinhofer widmete die Strategemata den beiden Kaisern 
De font. 43—47 und Brocks De quattuor pri- Marcus und Verus (I pr. 1. VI pr.). Der Rhetor 
oribus historiae Augustae scriptoribus , KSnigs- Aelius Aristides hat wiederholt das Lob der beiden 
berg 1869, 21 von Spartianus) verfasst. Der Bio- Kaiser gesungen (besonders or. XVI p. 382 — 400 
graph geht auf Marius Maximus (wenn auch viel- Dind. I); vgl. auch Iustin. Martyr I 1. Was sich 
leicht weder als einzige noch als unmittelbare sonst noch in den Werken von Zeitgenossen findet, 
Quelle) zurfick; letzterer hatte keine eigene Vita ist aussert wenig; so in Marcus Selbstbiographie 
Veri geschrieben, sondern behandelte diese Regie- ds lavxov (VIII 25. 37) und in Galens Schriften, 
rung im ersten Buch der Vita Marci; vgl. J. J. 20 citiert nach ed. Kfihn. Mit heranzuziehen sind 
Miiller in Biidingers Untersuchungen zur rom. auch die spateren Epitomatoren und Chronisten, 
Kaisergesch. Ill 1870, 48. Dreinhofer De fon- Eutrop. VIII 9. 10 (= Sex. Ruf. Fest. brev. c. 21. 
tibus et auctoribus vitarum quae feruntur Spar- Oros. VII 15. Euseb.-Hieron. II 170f. Schoene). 
tiani, Capitolini, Gallicani, Lampridii, Halle 1875, Vict. Caes. 16, 3—7; Epit. 16, 5. 6. Zosim. 17, 1. 
4. 21—23. Riibel De fontibus quatuor priorum e) Neue Litteratur: H. Schiller Geschichte 
hist. Aug. scriptorum, Bonn 1872, 24— 29. Heran- der rOmischen Kaiserzeit I 2 (1883) 634ff. E. 
zuziehen sind ausserdem noch Stellen in der Vita Herzog Geschichte und System der romischen 
des Hadrian, Aelius Caesar, Antoninus Pius, Mar- Staatsverfassung II 1 (1887) 381f. 405—407. 438f. 
cus u. a. (im folgenden citiert als Ver., Hadr., E. Klebs Prosopographia Imp. Rom. I 328ff. E. 
Hel., Pius, Marc. u. s. w.). Von Dios Universal- 30 Nap p De rebus imperatore M. Aurelio Antonino 
geschichte war schon zu Xiphilinus Zeit eine Partie in oriente gestis, Diss. Bonn. 1879. Mommsen 
verloren gegangen, die auch die Regierungsge- R. G. V 209ff. 405 — 409. v. Gutschmid Ge- 
schichte des Verus enthielt, so dass wir nur dfirf- schichtelrans 147 — 150. v.Wietersheim-Dahn 
tige Notizen dieses Epitomators besitzen, Dio Geschichte der Velkerwanderung 1 118ff. Conrad 
epit. LXX und LXXI; vgl. Zonar. XI 24 p. 76. Mark Aurels Markomanenkrieg, Progr. Neu-Ruppin 
XII 2 p. 81f. Dind. m. Aus Frontos Brief- 1889. J. J. Bernouilli Rom. Ikonographie II 2 
wechsel erfahren wir manche, wenn auch kaum (1891)205—221. Vgl. im iibrigen die Litteratur 
wertvolle Details fiber Verus. Verhaltnismassig zu M. Annius Verus (Bd. I S. 2279ff.). 
reichlicher fliessen die Nachrichten fiber den Par- II. Leben vor der Thronbesteigung. 
therkrieg. Nicht nur, dass Fronto in den Briefen 40 a) Verus war der Sohn des L. Ceionius Commo- 
mehrfach Andeutungen fiber die Ereignisse in dus, des spateren Aelius Caesar (Nr. 7), und wurde 
diesem Kriege macht, er hatte auch die Absicht, am 15. December (vgl. CIL I 2 p. 278f.), also am 
in Verus Auftrag eine Monographie fiber dessen selben Tage wie Nero (vgl. Suet. Nero 6), 130 
Kampfe zu schreiben, fur welche ihm seitens des wahrend der Praetur seines Vaters in Rom gebo- 
Kaisers die vorziiglichsten Originalquellen zur Ver- ren (Ver. 1, 8. 6; Hel. 2, 9. 5, 12. 7, 2; Pius 4, 5. 
fugung gestanden hatten (ep. II 3 p. 131f. Naber); Dio LXIX 21, 1. LXXI 1, 1). Das Jahr seiner 
aber noch bevor ihm diese zukamen, schrieb er Geburt ergiebt sich aus Ver. 2, 10, wonach er 
unmittelbar nach Vollendung des Krieges eine nach Vollendung des 7. Lebensjahres von Anto- 
Einleitung (prineipia historiae , an Marcus ge- ninus Pius adoptiert wurde, am 25. Februar 138 
richtet), von welcher Fragmente erhalten sind 50 (s. u.). Hingegen ist die andere Angabe (Ver. 
(p. 202 — 210 Naber); es wird darin nur ein hochst 11, 1), er sei im Alter von 42 Jahren gestorben, 
parteiisch gehaltener Vergleich des Partherfeld- schon dadurch verdachtig, dass sie neben einer 
zuges Traians mit dem des Verus angestellt. Das unrichtigen Angabe seiner Regierungsdauer steht 
Vorhandene zeigt, dass von dem Hefling und (vgl. Malal. XI 282 Bonn., wo sein Lebensalter 
Panegyriker Fronto trotz der authentischen Kunde, neben einem Wust von Irrtumern merkwiirdiger- 
die er erlangen konnte , ein wertvoller Bericht weise richtig angegeben ist). C. gehOrte einer 
nicht zu erwarten war. trbrigens scheint er nicht aus Etrurien stammenden Familie an , die eine 
mehr zur Ausfnhrung des eigentlichen Werkes ge- grosse Zahl von Consularen aufzuweisen hatte 
kommen zu sein. Aber es ist kaum zu bezweifeln, (Ver 1, 7. 9; vgl. Hel. 8; Stammbaum bei 
dass auch er zu den Scribenten des Partherkrieges 60 Nr. 7). Seine Mutter (Avidia Plautia?) ent- 
zu zahlen ist, die Lukianos in der Schrift roSf stammte einer in Faventia ansassigen Familie 
SeT ioTOQt'av ovyjQatfEiv verspottet (vgl. c. 20). (Ver. 1, 9; vgl. Hel. 2, 8). Er hiess anfangs so 
Lukian bietet hiebei manche, wenn auch zusam- wie sein Vater L. Ceionius Commodus. Bei den 
menhanglos verstreute und nicht immer vertrauens- Schriftstellern heisst er Commodus (Zonar. XI 24 
wfirdige Nachrichten, die gleichwohl bisweilen eine p. 76 Dind.), L. Commodus (Marc. 5, 1. 7, 7. 
erwunschte Erganzung anderer Berichte bilden, Dio ep. LXX 1, 1) und Ceionius Commodus (Pert, 
gesammelt in den FHG III 646—655 als Scrip- 10, 2, wo aber auch Aelius Caesar, der Vater, 
torum belli Parthici fragmenta. Was von Asinius gemeint sein kann). Als sein Vater im J. 136 



1835 Ceionius Ceionius 1836 

von Hadrian adoptiert wurde, behielt C. seinen griech. Litteratur^ 642n\), die griechischen Bhe- 

Namen bei, wie aus CIL XV 732, aus dem J. 138, toren Apollonios , Caninius Celer und Claudius 

ersichtlich ist; er heisst da vollstandig: L. Ceio- Atticus Herodes, in der lateinischen Khetorik (M.) 

(nius) Comfmodus) C(aesaris) f(ilius). Er muss Cornelius Pronto (CIL XI 6334 = Dessau 1129) 

also bei der Adoption des Aelius Caesar gleich und in der Philosophie Apollonios aus Chalke- 

seinen Sen-western Ceionia Fabia (Nr. 14) und don (vgl. Marc. 2, 7) und Sextus von Chaeronea, 

Plautia (Nr. 16) ausgenommen worden sein (vgl. Ver. 2, 5. Pronto, besonders epist. ad Verum II 

Mommsen z. St. und St.-E. 113 1139, 1); dem- 1 p. 119—129 Naber. Zwar wird auch Verus 

nach ist auch die Behauptung, dass er in die Pietat gegen seine Lehrer geriihmt (Ver. 2, 6), 
gens Aelia schon damals aufgenommen worden sei 10 die bei Marcus fast sprichwOrtlich war, aber seine 

(Ver. 1, 3. 2, 1; vgl. Hel. 7, 2), irrig. Dies ge- Neigung und Befahigung zu wissenschaftlichen 

schah vielmehr erst dann, als er selbst von dem Arbeiten scheint nicht allzu bedeutend gewesen zu 

nachmaligen Kaiser Antoninus Pius adoptiert sein. Allerdings suchte er schon als Knabe seinen 

wurde. Hadrian trug namlich nach dem am Ehrgeiz darin, Verse zu machen; doch gelangen 

1. Januar 138 erfolgten Tode des Aelius Caesar ihm diese noch schlechter als seine Reden (Ver. 

dem T. Aurelius Pulvus Boionius Arrius Anto- 2, 7), wie dies nach der Anlage des Unterrichts 

ninus (Aurelius Nr. 138) die Adoption unter der in jener Zeit und nach der Person seiner Lehrer 

Bedingung an, dass er selbst den M. Annius Verus, nicht anders zu erwarten war. Trotz seiner Un- 

mit dessen Tante Annia Galeria Faustina (s. An- fahigkeit auch auf rhetorischem Gebiete glaubte 
nius Nr. 120) Antoninus vermahlt war, sowie den 20 er, hierin Geschmack und Urteil zu besitzen 

C. adoptierte (Ver. 2, 2. 10; Hel. 2, 9. 6, 9. 7, 2; und dieses selbst seinen Lehrern aufhotigen zu 

Pius 4, 5; Sev. 20, 1. Dio LXIX 21, 1. LXX kennen, wie dies ein Brief Prontos anzudeuten 

1, 1. LXXI 1, 1; vgl. Zonar. XI 24 p. 76. Hadr. scheint (epist. ad Verum lip. 113—115 Naber), 
24, 1 mit Verwirrung in den Namen; dass die in welchem der Lehrer die Eigentiimlichkeiten 
Nachricht bei Marc. 5, 1, vgl. Avid. Cass. 1, 7. seines Stils dem kaiserlichen Schiiler gegeniiber 
Malal. XI 282 Bonn., als sei C. von Marcus adop- verteidigt. tlbrigens sollen auch manche der unter 
tiert worden, unrichtig und die darauf bezuglichen C.s Namen ausgegebenen Schriften von vertrauten 
Zweifel Hel. 5, 12 unbegriindet sind, braucht Preunden verfasst worden sein, und teils zu diesem 
nicht erst gezeigt zu werden ; vgl. iibrigens Marc. Zweck, teils wohl auch der Mode folgend, pflegte 
7, 7 quasi pater). Vollzogen wurde diese Adop- 30 C. Gelehrte und Rhetoren um sich zu haben (Ver. 
tion am 25. Februar 138 (Pius 4, 6; nach Ver. 2, 8). Weit mehr Vergniigen fand er aber an 

2, 11 lebte er 23 Jahre als Privatmann am Hofe kOrperlichen Ubungen und Sport aller Art (Ver. 
des Pius, 138 — 161; vgl. auch Bd. I S. 516. 2283. 2, 10), die seinem lebenslustigen und vergntigungs- 
Bd. II S. 2497). Hadrian hatte noch die andere siichtigen Sinn besser entsprachen. 
Bedingung daran gekniipft, dass Antoninus seine c) Wahrscheinlich im J. 145 (wenigstens wissen 
Tochter (Annia Galeria Faustina, s. Annius wir, dass es bei Marcus in seinem 15. Lebens- 
Nr. 121) mit C. verlobe; doch wurde diese Ver- jahre geschah, Marc. 4, 5) empfing er die toga 
lobung geradeso wie die des Marcus mit C.s virilis, und Pius feierte diesen Tag, an dem er 
Schwester (Ceionia Fabia? vgl. Klebs Proso- auch den Tempel Hadrians einweihte, durch ein 
pogr. I 331) sogleich nach Hadrians Tode ruck- 40 Congiarium an das Volk (Ver. 3, 1 ; Mfinzen mit 
gangig gemacht und Faustina mit Marcus ver- der Aufschrift liberalitas bei Eckhel VII 17. 
lobt (Ver. 2, 3; Hel. 6, 9; Marc. 4, 5. 6, 2, vgl. Cohen 112 3i8f. nr. 490—501). Er wurde Quae- 
16, 7; in diese Angaben scheint irgendwo Ver- stor vor der gesetzmassigen Zeit (152 oder 153) 
wirrung gekommen zu sein, deren sichere L6sung und gab als solcher die iiblichen Gladiatorenspiele, 
durch die Liicke Marc. 6, 2 erschwert ist; vgl. bei welchen er den Platz zwischen seinem Adop- 
Klebs a. a. O. I 72). tivbruder Marcus und dem Kaiser einnehmen 

b) Nach seiner Adoption durch Pius heisst C. konnte (Ver. 3, 2; Pius 6, 10; dass hier trotz des 

vollstandig L. Aelius Aurelius Commodus (CIL Namens Annius Verus nicht Marcus, sondein C. 

n 47. Ill 3843 = Dessau 358. CIL HI Suppl. gemeint ist, ersieht man aus dem vorhergehenden 
8394 VI 1984. VIII 50 = Dessau 357. CIL VIII 50 Satz Pius 6, 9). Im J. 154, statim post quae- 

228 = Suppl. 11319. X 5051. XI 5990. IGI 1050. sturam, also gerade so wie Marcus (Pius 6, 9; 

1052. Ancient Greek Inscr. Ill 2, 168 nr. 505), Marc. 6, 3), bekleidete er zum erstenmal den 

abgekiirzt L. Aurelius Commodus (CIL II 1643), ordentlichen Consulat mit T. Sextius Lateranus 

L. Aelius (CIL II 4099. X 7939), auch L. Com- (Ver. 3, 3; Pius 10, 3. CIL HI 3843 = Dessau 

modus (CIG n 1968, aus der Zeit des Antoninus 358. X 5051. VI 2381 a— c. VII 168. XV 3711 

Pius) und Commodus (in den Fasten). —3713 u. s. w. IGI 1052 , vgl. CIG III 5888. 

Seine Knabenjahre verlebte Verus im Hause Mommsen Chron. min. I 58. 224. 286. 427. 696. 

seines Adoptiwaters, des Kaisers, der die domus II 142). Aber sonst wurde er von Pius offen- 

Tiberiana auf dem Palatin bewohnte (vgl. Gil- kundig hinter Marcus zuriickgesetzt. Dies zeigte 
bert Gesch. und Topogr. d. Stadt Rom im Alter- 60 sich selbst in unbedeutenden Dingen; denn wah- 

tum III 182, 4), und genoss hier eine ebenso sorg- rend dieser z. B. bei Reisen der Ehre teilhaftig 

faltige Erziehung wie Marcus, zum Teil durch wurde, in dem Wagen des Kaisers fahren zu dtirfen, 

dieselben Lehrer. Anfangs leitete Nikomedes sass C. mit dem Praefectus praetorio zusammen 

seine Erziehung; als Lehrer werden genannt der (Ver. 3, 4. 5). Er gait durchaus als Privatperson 

lateinische Grammatiker (Terentius) Scaurinus, die und erhielt auch nicht wie Marcus den Titel 

griechischen Grammatiker Telephos aus Pergamon, Caesar, sondern hiess einfach Augusti filius (Ver. 

der Metriker Hephaistion und (Valerius?) Harpo- 3, 5; die Inschriften bestatigen es im allgemeinen, 

kration (aus Alexandria; vgl. Christ Gesch. der CIL II 1643. Ill 3843 = Dessau 358. XV 735. 



1837 Ceionius Ceionms 1838 

3807f. 4294. 4328. 4330. 4337; 4302 und 4308 (J. 162). CIL III 2845. VIII Suppl. 14694. X 17 

ausnahmsweise Commodi f; wo sich der Titel (J. 163). Ill 495. XII 4344 (J. 164). VIII 4591; 

Caesar doch findet, geschieht es missbrauchlich, Suppl. 11927. 17865. XI 5630 (J. 163—165, wegen 

wie CIL XV 733. 734. Athen. Mitt. XXI 1896, Armen. kann Suppl. 17865 nicht aus dem J. 162 

256, aus dem J. 149: Aovxiov KahaQog; V 6573 sein). VIII Suppl. 17958 = 2239. 2469 (J. 166). 

ist der Titel Caesar, da er bei dem Namen des II 3399 = Dessau 367. VIII 4208; Suppl. 17866 

Marcus, dem er doch sicher gebiihrt, fehlt, ent- (J. 167). Aber unter diesen vielen Inschriften 

weder aus Versehen oder ungenau zum Schluss sind nur zwei aus Italien (X 17 von Locri und 

gestellt; vgl. auch Mommsen zu CIL XV 732 XI 5630 von Camerinum), wahrend alle iibrigen 
und St.-E. lis H39. Dessau zu nr. 357; in der 10 Provincialinschriften sind, von denen die meisten 

neugefundenen africanischen Inschrift Kev. arch. auch sonstige Incorrectheiten enthalten ; hingegen 

XXIX 1896, 393 nr. 75 ist der Vorname L. un- ist darunter kein offlcielles Document (z. B. Mili- 

richtig fur M., da das Cognomen Verus im J. 146, tardiplom) und keine stadtromische Inschrift, ja, 

in welchem die Inschrift gesetzt ist, nur dem seine Grabschrift (CIL VI 991 = Dessau 369) 

Marcus zukam, und die Dedication daher sicher nennt ihn sogar ausdrucklich pontifex schlecht- 

auf Marcus zu beziehen). Von seinen priester- hin. Wohl aber fehlt die Bezeichnung pontifex 

lichen Amtern findet sich inschriftlich erwahnt, maximus bisweilen auf Inschriften , die beiden 

dass er augur (CIL X 5051) und frater arvalis Kaisern gesetzt sind, auch dem Marcus ; vgl. auch 

war (CIL VI 1021 aus dem Arvalenhain; vgl. Bd. I S. 2291. Mommsen St.-E. lis no8. 
Mommsen St.-R. lis 781, 2; als Arvalbruder ist 20 Zugleich mit der Ernennung zum Mitkaiser 

er dargestellt auf einer Biiste im Louvre, Ber- verlobte Marcus seinen Adoptivbruder mit seiner 

nouilli Ikonogr. II 2, 209 nr. 32). Im J. 161 Tochter (Annia) Lucilla (Marc. 7, 7. Dio ep. LXXI 

wurde er, noch als Privatmann, Consul ordina- 1, 3, vgl. LXX 2, 2. Zonar. XII 2 p. 82 Dind., 

rius II mit seinem Adoptivbruder M. Aelius Aure- wo fehlerhaft Aovxiq gesetzt ist. Herodian. I 8, 

lius Verus Caesar cos. Ill (Ver. 3, 3. CIL V 6573. 3, vgl. auch Phot. cod. 94). 

VI 1984. VIII Suppl. 14585. XV 3835 u. s. w.; III. Eegierungszeit, 161—169 n. Chr. 

aus der Zeit nach seiner Thronbesteigung CIL 161: [p. m.J trib. pot. (7. Marz — 9. Dec. 161) 

III 356 b. 1171. VI 596. 1119. X 1814. XV 3826. cos. II [p. p.]. 

3869; vgl. Comm. 1,2. Mommsen Chron. min. a) Name: So wie Marcus liess auch C. als 
I 58. 225. 286. 428. 696. II 143). 30 Kaiser den durch seine Adoption erworbenen Gen- 
d) Im Laufe desselben Jahres, am 7. Marz 161 tilnamen Aelius weg (sonderbarerweise ist sowohl 
(s. Bd. II S. 2504), starb Antoninus Pius, worauf bei Marcus als bei C. die einzige Inschrift, 
der Senat zunachst dessen alterem Adoptivsohn auf der sich das Gentile Aelius dennoch findet, 
Marcus, der Empfehlung des sterbenden Pius fol- die Basis eines jeden von beiden im Arvalen- 
gend, der ihn schon durch die Erhebung zum hain, CIL VI 1012 und 1021; ausserdem fin- 
Caesar zum Nachfolger designiert hatte, die Herr- den wir diese Anomalie noch auf einer Munze, 
schaft iibertrug. Aber dieser berief sogleich seinen Mionnet I 421 nr. 365), und erhielt statt des 
Bruder und Mitconsul dieses Jahres, C., zum Mit- Cognomens Commodus das seines Bruders Verus, 
kaiser, so dass damals zum erstenmal das rOmische wahrend dieser das Cognomen seines Adoptiv- 
Eeich zwei Kaisern mit vOllig gleichen Eechten, 40 vaters Antoninus annahm (Ver. 4, 1; Marc. 7, 
gleicher Stellung und gleichen Wttrden unterstand 7. Gal. XIX 18. VII 478 ist SeovfjQog wohl nur 
(Ver. 3,8; Marc. 7,5; Hel. 5,13. Gal. XIX 18. Schreibfehler). C. heisst also als Kaiser Imp. 
Arist. or. XVI p. 392ff. Dind. Dio ep. LXXI 1, 1. Caes. L. Aurelius Verus Augustus; wo die Fi- 
Zon. XII 2 p. 81. Vict. Caes. 16, 3. Epit. 16, 5; liation angegeben ist, nennt er sich vollstandig 
Eutrop. VIII 9, 2. Oros. VII 15, 1. Euf. Fest. c. Imperator Caesar divi Antonini filius, divi Ha- 
21. lord. Eom. 272. Hieron. chron. a. Abr. 2177 driani nepos , divi Traiani Parthiei pronepos, 
= 161. Amm. Marc. XXVII 6, 16). Auf die staats- divi Nervae abnepos L. Aurelius Verus Augustus; 
rechtliche Bedeutung dieser Samtherrschaft naher ausnahmsweise wird er einmal auch als frater 
einzugehen ist hier nicht der Ort; vgl. Bd. I Imp(eratoris) CaesfarisJ M. Aureli [Antonini 
S. 2291. Mommsen St.-E. 113 1167—1171. Her-50^«^J bezeichnet, CIL VIII Suppl. 11322; sonst 
zog II 1, 405—407. 2, 808 — 810. Dass der Ober- geschieht dies nur auf den nach seinem Tode ge- 
pontiflcat nicht geteilt, sondern von Marcus allein setzten Inschriften, CIL III 1450 = Dessau370. 
bekleidet wurde, ware, da sich die Collegialitat VIII 8319. XII 5384, wie ja auch Marcus dann 
in der Herrschaft selbstverstandlich nur auf die dieAngabedm Veri Parthiei Maximi frater in die 
Befugnisse erstreckt, die der Principat selbst in Filiation aufnahm, vgl. Ephem. epigr. IV p. 504. 
sich schliesst, nicht aber auf die republicanischen 505, 1. Das Fragment der Arvalacten in Ephem. 
Amter, wie z. B. den Consulat an sich und Priester- epigr. VIII p. 336 ist somit falschlich auf Verus 
amter, zu erwahnen nicht notwendig, wenn nicht bezogen worden : es ist richtig etwa so zu er- 
im J. 238 doch diese Teilung vorgenommen und ganzen : . . . . imp. Caesari divi Veri P]arth(ici) 
seither im Falle einer Mitherrschaft beibehalten 60 Max(imi) fratri, divi [Antonini f(ilio) M. Au- 
worden ware, und wenn nicht eine Anzahl von r(elio) Antonino Aug ... J und daher in die Zeit 
Inschriften des C. diese Wiirde enthielten. So nach Verus Tode und vor Commodus Ernennung 
finden wir die Bezeichnung pontifex maximus zum Mitherrscher, also zwischen Anfang 169 und 
unter den Namen und Titeln des Kaisers Verus Ende 176 zu setzen. Ausserdem finden sich die 
auf folgenden Inschriften: CIL II 158. VIII 4644. abgekiirzten Namensformen Imp. Caes. L. Au- 
X 7475 (aus dem J. 161). Ill 129 = Suppl. 6658 relius Aug. (IGS I 77: Avroxgdrwe KaTaag Aoi- 
= Le Bas-Waddington 2562d. VIII 2275. xwg AvQ^hog Se^aordg), L. Verus Aug. (CIL 
Comptes rendus de l'acad. des inscr. 1896, 41 VIII 1471. XV 737 und Miinzen), imp. L. Verus 



1839 



Ceionius 



Ceionius 



1840 



(CIG I 352 AvTOXQarcOQ Aovxiog OvrJQOs), imp. 
Goes. Verus Augustus (z. B. CIL X 3695 a), 
imp. Verus Aug. (z. B. CIL X 8378 u. 0.). Bei 
den Schriftstellerh wird er gewOhnlich L. Verus 
oder Verus allein, seltener Lucius allein genannt. 
Irrtiimlich wird, ihm auch der Name Antoninus 
beigelegt, namentlich in der Historia Augusta, 
wo auch sonst die Namen teils unrichtig , teils 
vollig verwirrt angegeben sind. Fehlerhaft sind 
demnach folgende Namen fur Verus: L. Aure- 
lius Ceionius Commodus Verus Antoninus (Hel. 2, 
9), L. Ceionius Aelius Commodus Verus An- 
toninus (Ver. 1, 3), L. Aurelius Verus Com- 
modus (Marc. 7, 5), L. Aurelius Commodus (Euseb. 
Hieronym. chron. II 170f. Schoene. Synk. 669 
Bonn.), L. Verus Commodus (Zonar. XII 2 p. 81 
Dind.), L. Annius Verus (Epit. 16, 5), Annius 
Verus (Hadr. 24, 1; Pius 6, 10; s. oben He), 
L. Annius Antoninus Verus (Eutrop. VIII 9. 
10; Cassiod. bei Mommsen Chron. min. II 143 
Severus), Antoninus Verus (Malal. XI 282 Bonn, 
und diejenigen, wo er sonst noch Antoninus ge- 
nannt wird (Hel. 5, 12; Pius 10, 3; Marc. 7, 7 
Diad. 6, 6; vgl. Macr. 3, 4. 7, 7; Diad. 7, 4; Alex. 
10, 5 ; Macr. 3, 4 sub Vero Antonino ist gewiss 
nicht Verus gemeint). liber die Siegerbeinamen 
wird unter den einzelnen Jahren, in welchen er 
sie annahm, die Bede sein ; hier sei nur kurz er- 
wahnt, dass er seit 163 Armeniacus, seit 165 
Parthieus Maximus und seit 166 Medians heisst. 
b) Titel: 1) Die Wilrde eines Pontifex maxi- 
mus konnte ihrer Natur nach immer nur von 
einem Kaiser bekleidet werden und musste daher 
Verus versagt bleiben. Wenn er gleichwohl diesen 
Titel auf nichtofflciellen Denkmalern erhalt, so 
liegt darin ein Versehen oder eine Unkenntnis. 
Vgl. im iibrigen oben II d. 

2) Da Marcus nachweislich seine tribuniciae 
potentates mit dem 10. December begann (vgl. 
Bd. I S. 2291f.), so ist es selbstverstandlich, dass 
Verus dasselbe that. 

3) Die Erneuerung des Imperatorentitels geht 
bei Verus conform mit der Erwerbung der Sieger- 
beinamen. 163 wurde er imp. II zugleich mit 
der Annahme des Beinamens Armeniacus. 165 
ist er imp. Ill und Parthieus Maximus, 166 
imp. /Fund Medians ; nur die vierte Acclamation, 
nach welcher er seit 167 imp. V heisst, ver- 
schaffte ihm ebensowenig wie Marcus einen Sieger- 
beinamen. 

4) Nachdem Verus, wie erwahnt, noch als 
Privatmann zweimal (J. 154 und 161) Consul 
gewesen war, trat er als Kaiser den dritten Con- 
sulat im J. 167 an. 

5) Den Titel pater patriae nahm Verus erst 
im J. 166, nach der Riickkebr aus dem parthi- 
schen Krieg an (Marc. 9, 3. 12, 7; er hat ihn 
noch nicht auf dem Diplom vom Marz oder April 
166, CIL III Suppl. p. 1991 dipl. LXXIII; vgl. 
Bd. I S. 2292). Jedoch findet sich auch dieser 
Titel irrtiimlich auf Inschriften ausfruheren Jahren 
(CIL II 158. X 7475, J. 161. Ill 129 = Suppl. 
6658 = Le Bas- Waddington 2562 d. VIII 
2275. Comptes rendus de l'acad. des inscr. 1896, 
41, J. 162. VIII Suppl. 11927, zwischen 163 
und 165); ein Vergleich lehrt, dass sich auf alien 
diesen Inschriften auch der friiher beriihrte Pehler 
(pont. max.) findet. Auf Miinzen des Verus liest 



man p. p. iiberhaupt nicht (vgl. Cohen IIP p. 197 
Anm.), so dass Eckhel (VII 70f. VIII 452), aber 
mit Unrecht, geglaubt hat, Verus habe diesen 
Titel nie gefuhrt, Marcus ihn erst nach Verus 
Tode angenommen. Hingegen fehlt er auf spateren 
Inschriften nur ausnahmsweise (z. B. CIL II 3399 
= Dessau 367). 

6) Der Titel proconsul, der seit Traian nur 
wahrend der Abwesenheit der Kaiser von Rom 

10 gefuhrt wurde, erscheint auch auf mehreren In- 
schriften des Verus. Besonders bezeichnend fur 
den Gebrauch dieses Titels ist das Militardiplom 
vom Marz oder April 166 (CIL III Suppl. p. 1991 
dipl. LXXIII), welches ihn Verus giebt, der um 
diese Zeit aus dem Partherkrieg noch nicht zu- 
riickgekehrt war, wahrend er bei Marcus, der sich 
damals in Rom befand, fehlt (Mommsen St.-B. 
11^ 778, 1). Ausserdem steht proconsul noch 
auf den Inschriften CIL VIII Suppl. 14694. 19690 

20 (J. 163). II 1946. Ill 495. 1373. XII 4344 (J. 164). 
VIII 17865 (J. 163 oder 164),- Meilenstein aus 
Solak bei Perge, Heberdey und Wilhelm 
Reisen in Kilikien 133 nr. 221 (J. 165), fehlt 
aber auf Inschriften aus den spateren Jahren, 
wo Verus schon in Rom oder wenigstens in Ita- 
lien weilte. 

7) tFber frater Arvalis in der Titulatur des 
Verus (CIL VI 1021) s. oben lie und Ilia. 

c) tfber die Ereignisse in diesem und den 
30 Mgenden Jahren von Verus Regierung ist das 
Notwendige schon unter Marcus (s. Bd. I S. 2288ff.) 
zusammengestellt und braucht daher hier nicht 
wiederholt zu werden. Nur soweit die Begeben- 
heiten auf Verus Bezug haben, seien sie an dieser 
Stelle verzeichnet. Gleich nach der Thronbestei- 
gung erfolgten die iiblichen Acte der Freigebig- 
keit seitens der Kaiser und die Feierlichkeiten 
anlasslich der dem Pius erwiesenen letzten Ehren 
(vgl. dariiber auch Bd. II S. 2504f. ; den Miinzen 
40 des Marcus mit lib(eralitas) Augustor(um) ent- 
sprechen auch solche des Verus, Cohen 116-118). 
Noch in dieses Jahr fallt auch der Ausbruch des 
Partherkrieges , der erst fiinf Jahre spater zum 
Abschluss gebracht wurde. Diese Peldziige wollen 
zusammenhangend betrachtet sein. 

Feldziige im Orient (161—166). 
162: {p. m.) trib. pot. 11(10. Dec. 161-9. Dec. 

162) cos. II. (p. p.} (procos.). 
168: Armeniacus, {p. m.) trib. pot. Ill (lO.Dec. 
50 162-9. Dec. 163) imp. II. cos. II. (p. p.) 

procos. 
164: Armen., (p. m.} trib. pot. IV (10. Dec. 
163-9. Dec. 164) imp. II. cos. II. (p. p.) 
procos. 
165: Armeniacus, Parthieus Maximus, (j>. 
m.) trib. pot. V (10. Dec. 164—9. Dec. 
165) imp. If und III. cos. II. (p. p.) pro- 
cos. 
166: Armeniacus, Parthieus Maximus, Me- 
60 dicus, (p. m.y trib. pot. VI (10. Dec. 

165-9. Dec. 166), imp. Ill und IV. cos. II. 
designat. III. p. p. (procos.). 
Schon unter Antoninus Pius hatte die Gefahr 
eines Partherkrieges bestandig gedroht, war aber 
durch die Friedensliebe und Besonnenheit des 
alten Kaisers schliesslich doch abgewendet worden 
(Marc. 8, 6 ; vgl. CIL IX 2457 missus ab imp. An- 
tonino Aug. Pio ad d[e]ducen[d]as vex[i]llationes 



1841 Ceionius Ceionius 1842 

inSyriamob[b]ellum[Par]thieum;Aer¥iieAens- min. II 143. Synk. 664, 11 Bonn.; vgl. auch 

schluss, von dem der Rhetor Aelius Aristides in 'Eyrjfi. &qx- HI 1895, lllf. nr. 27. Mfinzen mit 

Form eines Traumes spricht, bezieht sich wahr- profeetio Aug. Eckhel VII 90. Cohen 132 — 

scheinlich nicht darauf, s. u.). Um so schneller 138 aus dem J. 162; 139—141 aus dem J. 163). 

brach dieser Krieg nach der Thronbesteigung der Als er endlich nach Antiochia gekommen war, 

neuen Kaiser aus. Den Anfang dazu machte wieder ergab er sich vollends einem schwelgerischen Leben 

der PartherkOnig Volagases III. (nach anderer und fuhrte den Krieg durch seine Feldherrn (Ver. 

Zahlung IV.), indem er seinem Feldherrn Osroes 7, 1 ; Marc. 8, 12). 

(die Meinung De Longpe'riers Memoires sur trber die Zeit des Beginns dieses Krieges sind 

la chronol. et l'iconogr. des rois Parthes Ar- 10 wir durch kein zuverlassiges Zeugnis unmittelbar 

sac. 146, dass dieser MitkOnig war, hat wenig unterrichtet ; denn wenn Eusebius sowohl als 

fur sich) den Befehl gab, Pacorus (s. Aurelius Hieronymus und die versio Armenia (II 170f. 

Nr. 182), einen Pilrsten verwandten Geschlechtes, Schoene) Volagases Einfall in das J. 163 setzen, 

zum Konig von Grossarmenien zu erheben. Der Verus Aufenthalt in Athen hingegen in das J. 161 

Legat von Kappadokien, P. Aelius Severianus (versio Arm.), bezw. 162 (Hieron.), so ist deutlich 

Maximus, der sich mit den ihm verffigbaren Trup- die verkehrte Beihenfolge ersichtlich (vgl. Napp 

pen Osrogs entgegenstellte, wurde bei Elegeia 17). Denn sicher hat Verus die Beise in den 

vollstandig besiegt, sein Heer nahezu vernichtet, Orient erst nach der Besiegung des kappadokischen 

er selbst gab sich den Tod (Dio ep. LXXI 2, 1 = und des syrischen Heeres angetreten (Pronto p. 209. 
Zonar. XII 2 p. 82 Dind. Lukian. Alex. 27, 235f.20Ver. 6, 9); nun fallt aber diese Beise in das 

hat gewiss die unrichtige Version, vgl. quom. hist. J. 162, in welchem ihm die Ehreninschrift in 

conscr. c. 18, 26. 21, 30 [und dazu Mommsen Hydrant anlasslich seiner Abfahrt gesetzt wurde 

B. G. V 406, 1]. 25, 33f. 26,34. 31,41. Fronto (s. o.; wahrscheinlich war er noch am 28. Marz 

p. 209. 131. Ver. 6, 9; dass hiebei weder die 162 in Bom, Fronto p. 118; vgl. Mommsen 

legio XXII Deiotariana, noch fiberhaupt irgend Herm. VIII 213, wahrend N aber p. XXVIII den 

eine Legion ganzlich zu Grande gegangen ist, zeigt Brief mit Unrecht aus dem J. 161 datiert; auch 

Trommsdorf Quaestiones duae ad nistoriam le- die erwahnten Mfinzzeugnisse, betreffend Verus 

gionum Komanar. spectantes, Diss. Leipz. 1896, Krankheit, sprechen fur 162), und der Angriff 

86 — 89, der auch die ziemlich auseinandergehenden des Volagases erfolgte demnach wahrscheinlich 
alteren Ansichten sorgfaltig verzeichnet). Nun30schon 161 (vgl. Napp 17 — 19. Schiller 640), 

stand den Parthern Armenien, Kappadokien und dauerte aber noch bis in das J. 162 (Attidius 

Syrien offen, und sie flelen auch mit bedeutender Cornelianus ist nach CIL III 129 = Suppl. 6658 

Heeresmacht in Syrien ein, wo die Legionen unter = Le Bas-Waddington 2562d im J. 162 noch 

dem Statthalter Aelius Attidius Cornelianus (vgl. Statthalter von Syrien, aber im selben Jahre finden 

Eev. bibl. 1895, 374 die verbesserte Lesung von wir nach CIL III Suppl. 6715 bereits seinen Nach- 

CIG III 4661 add. p. 1183) geschlagen wurden, folger A. Larcius im Amte). 
so dass die Bevolkerung zum Abfall geneigt schien Mit der Ankunft des Verus, wenn auch nicht 

(Marc. 8, 6; Ver. 6, 9 cassis legionibus ist auf durch sein Verdienst, begann der Feldzug von 

diese Niederlage, nicht auf die des Severianus, rOmischer Seite mit grSsserer Energie und besserem 
deren mit interfecto legato gedacht ist , zu he- 40 Erfolg gefuhrt zu werden. Es lassen sich im 

ziehen; vgl. Marquardt St.-V. 12 371, 11. ganzen drei Abschnitte in diesem Kriege unter- 

Trommsdorf a. a. O. 87. Oros. VII 15, 2). scheiden: der armenische (161—164), der zum 

In Bom machten diese Unglficksfalle so starken Teil gleichzeitige parthische (163 — 165) und der 

Eindruck, dass Verus selbst die Oberleitung im medische Krieg (165—166; vgl. Bd. I S. 2294), 

Kriege ttbernehmen musste (Marc. 8, 9. Galen. XIV und demzufolge wird der ganze Feldzug officiell 

647. Dio LXX 2, 2. LXXI 1, 3. Buf. Fest. 21 = bettumArmeniacumParthieumMedieumgejia,nnt 

Jordanes Bom. 272. Oros. VH 15, 2. Phot. cod. worden sein (CIL VIII 965 = Dessau 365 Vie- 

94). Aber er reiste hochst bequem und langsam toria Armeniaea Parthiea Medica; vgl. CIL VI 

auf den Kriegsschauplatz und hielt sich trotz der 1497 = Dessau 1094. VI 1377. Ill 1457 = 
beunruhigenden Nachrichten an mehreren Orten 50 Dessau 1097 'LbellumArmeniacumetParihicum. 

auf, um seinem Vergnfigen nachzugehen. Bis III 6189. VI 1377. XII 2718. Bev. arch. XXI 1893, 

Capua begleitete ihn Marcus, der dann nach Bom 396 nr. 88 = Dessau 2311 expeditio Parthiea. 

zuruckkehrte ; als er aber auf der Weiterreise in CIL III Suppl. 7505 expeditio Orientalis) ; die 

Canusium erkrankte, besuchte ihn Marcus dort gleiche Beihenfolge der Ereignisse finden wir an- 

abermals (Ver. 6, 7; Marc. 8, 10. 11; vielleicht gegeben Lukian. quom. hist, conscr. 30, 41 t<Sj> 

bezieht sich auf diese Krankheit Frontos Glfick- h 'Ag/iisvla xal Meoojiom/it'q xal er Mijdta 

wunsch zu Verus Genesung; doch vgl. Mommsen TtQaiUvxwv acprjytjoig. Sonst wird der 'Krieg 
Herm. VIII 216; Mfinzen mit der Darstellung meist nh bellumParthietmi hezeichnet(hei Schrift- 
von Salus und Aesculapius aus dem J. 162, Cohen stellern und auf Inschriften, z. B. CIL VI Suppl. 
347); dann schiffte er sich, wie es scheint, in 60 31856 = Dessau 1327). Litteratur fiber die 
Hydruntum ein (CIL IX 16 = Dessau 359, vgl. Partherfeldzuge: Napp s. o. Mommsen B. G. 
Mommsens Bemerkung dazu). Hatte er sich V 405—409. Schiller I 639—642. v. Gut- 
in Apulien der Jagd gewidmet, so vergnfigte er schmid Geschichte Irans 147—150; Unters. fiber 
sich in Korinth und Athen an musischen Spielen die Gesch. des Konigreichs Osroene , Mem. de 
und verweilte auch in mehreren Stadten von Asia, l'acad. de St. Petersbourg XXXV 1, 1887, 29—34; 
Pamphylia und Cilicia (Ver. 6, 9; fiber seinen vgl. unter M. Annius Verus (Annius Nr. 94). 
Aufenthalt in Athen Euseb.-Hieronym. chron. Den ersten entscheidenden Erfolg im arme- 
p. 170f. Schoene. Cassiod. bei Mommsen Chron. nischen Feldzug errang (M.) Statius Priscus (Li- 



1843 Ceionms Ceionius 1844 

cinius Italicus), (Jamais Legat von Kappadokien dem Drangen seiner Comites (als solche werden 
(VI 1523 = Dessau 1092) als Nachfolger des ausser den genannten drei, Statius Priscus, C. 
Severianus Maximus ; er eroberte die Hauptstadt Iulius Severus und Martins Verus, auch M. Pon- 
Grossarmeniens, Artaxata, worauf zunachst Verus, tius Laelianus Larcius Sabinus CIL VI 1497 = 
spater auch Marcus den Beinamen Armeniaeus Dessau 1094, M. Claudius Pronto OIL III 1457. 
annahm (Marc. 9, 1; Ver. 7, 1. 2. Pronto p. 121. VI 1377 = Dessau 1097f.; vgl. Lukian. quom. 
Lukian. quom. hist, conscr. 20, 28). Die Erobe- hist, conscr. 21, 29, M. Iallius Bassus Fabius 
rung Artaxatas fallt in das J. 163, da bereits in Valerianus CIL XII 2718f. und Avidius Cassius 
diesem Jahre der Beiname Armeniaeus und die Ver. 7, 1 bezeichnet; jedenfalls in hoherer Stel- 
damit zusammenhangende Iterierung des Impe- 10 lung waren an dem Kriege auch beteiligt P. 
ratortitels (Marc. 8, 12) auf Inschriften und Miinzen Purius Saturninus und Plavius Titianus, Lukian. 
des Verus erscheint (CIL VIII 24; Suppl. 19690. quom. hist, conscr. 21, 29; vgl. Napp 73ff.; 
X 17 = Dessau 361; liber III Suppl. 7616 vgl. ferner P. Iulius Geminius Marcianus, CIL VIH 
Mommsen Arch.-epigr. Mitt. VIII 249. Eckhel 7050 = Dessau 1102; hingegenbekleidete P.Hel- 
VII 90. Cohen 4 — 6. 219 — 221. 330f.; Arme- vius Pertinax, der spatere Kaiser, damals vrohl 
niaeus fehlt noch CIL III 2845. V 3327. VI nur einen untergeordneten Posten) nach und kam 
1021. Vm Suppl. 14694. IX 5827. XII 107. bis an den Euphrat (Ver. 7, 6). Bald kehrte er 
Cohen 1. 69—84. 139—141. 156. 170. 180. 344). aber wieder um und reiste nach Ephesus, urn 
Die Polge dieses Sieges war, dass Sohaemus, ein seine Vermahlung mit Lucilla zu feiern, die Marcus, 
rOmischer Senator, Consular, angeblich aus dem 20 nachdem er ihr bis Brundisium das Geleite ge- 
Gesehlecht der Achaimeniden und Arsakiden (vgl. geben hatte, in Begleitung des Oheims (M. Cei- 
Mommsen B. G. a. a. O.), als Konig in Gross- onius) Civica (Barbaras) und der Sch wester (wahr 
armenien eingesetzt werden konnte (dass er schon scheinlich der Ceionia Fabia, obwohl es Marc. 9, 
vor Ausbruch des Krieges in Armenien geherrscht 4 heisst sorori suae ; vgl. v. R o h d e n oben 
habe, wie wiederholt angenommen wurde, ist un- Bd. I S. 2315. Klebs Prosopogr. I 331) des 
gewiss, vgl. Mommsen 407, 2). Dieser Auf- Verus dorthin schickte. Seinen anfanglichen Plan, 
gabe unterzog sich P. Martius Verus, der (zweite?) nach Syrien zu reisen, gab Marcus auf; eben um 
Nachfolger des Statius Priscus im Commando dieser urspriinglichen Absicht zuvor zu kommen, 
(Suidas s. Ma.Qxi.og ; Priscus unmittelbarer Nach- war Verus nach Ephesus gekommen (Ver. 7, 7 ; 
folger war wahrscheinlich C. Iulius Severus, wenig- 30 Marc. 9,4). Die Hochzeit fand im J. 164 statt 
stens lesen wir auf dem Grabstein eines Vete- (medio belli tempore, Marc. 9, 4. 20, 7; Ver. 2, 
ranen der leg. V Macedonica, CIL III Suppl. 4. 10, 3. Eutrop. VIII 10, 1. CIL VI 360 = 
7505 = Dessau 2311, dass er unter Statius Pri- Dessau 366). Aus dieser Ehe scheint nur ein 
scus, Iulius Severus und Martius Verus gedient Kind entstammt zu sein, von dem wir nichts Naheres 
habe ; aber weder Iulius Severus, der vor Statius wissen (Dio ep. LXXII 4 , 4. CIL VI 360 = 
Priscus, namlich 155, noch Martius Verus, der Dessau 366. Eckhel VII 99f. Cohen IIP 218 
erst 166 Consul war, kOnnen zur Zeit des Krieges nr. 36 — 40; iiber die Stelle bei Fronto p. 132 
Statthalter von Kappadokien gewesen sein; letz- Soerum et liberos vestros saluto vgl. Mommsen 
terer zog wahrscheinlich als Legionslegat der Herm. VIII 207; Arch.-epigr. Mitt. XIV 1891, 158 
leg. V Maced. in den Krieg ; vgl. CIL III 6189), 40 nr. 46 liberorumque eoruni). 
indem er seinen Untercommandanten (Tribunen ?) Wahrend Verus sich so in seinen Vergniigungen 
Thukydides damit betraute ; die vollstandige Paci- wenig stOren liess, erfochten seine Feldherrn ent- 
ficierung des Landes und die Vertreibung des Pa- scheidende Siege auch auf dem syrischen Kriegs- 
corus gelang erst nach Eroberung von Kainepolis schauplatz, wo der Kampf noch vor dem Ende des 
(Valarsapat; vgl. CIL III 6052. Mommsen B. armenischenFeldzugesbegonnen hatte. DerLowen- 
G. V 407), der neuen Hauptstadt von Grossarme- anteil an den hier errungenen Erfolgen gebuhrte 
nien. Die Umwandlung Armeniens in einen romi- dem Avidius Cassius, den Verus zum Oberbefehls- 
schen Vasallenstaat war im J. 164 durchgefuhrt haber in diesen Kampfen eingesetzt hatte (Dio ep. 
{Ver. 7, 1. Suid. a. a. O. Fronto p. 127. 131. LXXI 2, 2 = Zon. XII 2 p. 82. Eutrop. VIII 
Phot. cod. 94; vgl. Ver. 7, 8. Miinzen mit der 50 10, 2. Oros. VII 15, 2; s. o.); wahrscheinlich 
Legende Bex Armeniis datus aus dem J. 164 damals schon wurde er auch Statthalter von Sy- 
Eckhel VH 91. Cohen 157 — 165). rien, wo auf Attidius Comelianus noch im J. 162 
Verus blieb indessen, wie erwahnt, ruhig in zuerst A. [L]arei[us ... J (CIL III Suppl. 6715), 
Antiochia, freute sich der hervorragenden Lei- dann M. Annius Libo (Ver. 9, 2) und endlich, 
stungen seiner Legaten, derenErfolge ihm zu Gute etwa 164 — 165, Iulius Verus (CIL III 199 = Le 
kamen, und war im iibrigen nur darauf bedacht, Bas-Waddington 1874; Marcus heisst hier 
sich den Aufenthalt im Orient so angenehm wie schon Armeniaeus) gefolgt war. Aber keinesfalls 
moglich zu machen. Dort war es auch , wo ihm konnte er das erweiterte, ausserordentliche Corn- 
die scheme Hetaere Panthea aus Smyrna das Leben mando, das er spater erhielt (vgl. Mommsen 
versiissen half; sie zu ehren, hat Lukianos die 60 K- G. V 406, 2), schon in dieser Zeit, bei Anwesen- 
EUovsg (vgl. c. 2. 10) geschrieben und die apo- heit des Kaisers, innehaben ; vgl. auch v. Boh den 
logetische Schrift 'Yneo xa>v Elxovmv verfasst oben Bd. II S. 2380. Cassius suchte vor allem 
(s. o. Id); vgl. auch Marc, els i. VIII 37. Schol. in dem an und fur sich zuchtlosen und durch 
Lukian. IV p. 164 Jacobitz. Den Winter ver- die lange Friedenszeit unglaublich verwahrlosten 
brachte er meist in Laodikeia, den Sommer in syrischen Heer die voile Mannszucht wieder her- 
dem bekannten Vergniigungsort Daphne bei An- zustellen, was ihm recht wohl gelang (Fronto 
tiochia, die iibrige Zeit des Jahres in Antiochia p. 178; ihm und vielleicht auch dem Pontius 
selbst (Ver. 7, 3). Nur vorfibergehend gab er Laelianus ist ohne Zweifel das Lob zuzusprechen, 



1845 Ceionius Ceionius 1846 

das Fronto p. 206ff. 128ff. in so iiberreichlichem keia wurde wegen einer angeblich oder wirklicb 

Masse seinem kaiserlichen Herrn spendet). Ober- begangenen Treulosigkeit der Pliinderung anheim- 

dies wurde hier zu einem Mittel gegriffen, das gegeben und eingeaschert; ein ahnliches Schicksal 

man auch sonst in ahnlichen Fallen efter ange- erfuhr Ktesiphon, wo der Palast des Parther- 

wendet hat ; man suchte durch Herbeiziehung kenigs zerstOrt und eine grosse Zahl von Einwoh- 

tfichtigerer Streitkrafte aus dem Westen ein Ge- nern umgebracht wurde (Ver. 8, 3. 4; vgl. 7, 1. 

gengewicbt fur die Ausartungen der disciplin- Dio LXXI 2, 3 = Zonar. a. a. 0.; vgl. Fronto 

losen syrischen Legionen zu schaffen. So zog p. 131. Lukian. a. a. 0. 31, 42. Phot. cod. 94. 

die legio V Maeedonica aus Moesia inferior in Eutrop. VIII 10, 2, mit Ausnahme einiger Hss., 

den Partherkrieg (CIL III 6189 ; Suppl. 7505 10 die 40 000 angeben , und die davon abhangigen 

= Dessau 2311; s. o.); desgleichen kampften Quellen Oros. VII 15, 2. Ruf. Fest. c. 21. Jord. 

in diesem Kriege die legio II adiutrix, die Rom. 272. Mommsen Chron. min. II 459 enthal- 

einzige Legion von Niederpannonien (CIL VIII ten ausser der Seltsamkeit urbs Assyrian [Orosius 

Suppl. 18893. Rev. arch. XXI 1893, 396 nr. 88; gar sagt, am Hydaspes gelegen] die unglaublich 

vgl. v. Domaszewski Neue Heidelb. Jahrb. hohe Angabe von 400 000 Menschen, die dabei 
V 1895, 111), ferner Vexillationen der leg. X umgekommen seien, nach Hieron. a. Abr. 2180 

Gemina aus Pannonia superior (Ritterling = 164 n. Chr. 300 000. Aram. Marc. XXIII 6, 

De legione Romanorum X gem. Leipzig 1895, 24. XXIV 5, 3; vgl. Napp 30, 2). Hunger 

59f.), vielleicht auch die leg. II Traiana fortis und Krankheiten im Heere, namentlich die Pest 
aus Agypten (Trommsdorf a. a. O. 41; hin-20(s. unten), die wahrend der Pliinderung Seleu- 

gegen stiitzt sich die Behauptung Junemanns keias ausbrach, zwangen Cassius zur Riickkehr 

De legione Romanorum I adiutrice, Leipzig 1894, (Dio LXXI 2, 4 = Zonar. a. a. 0. Amm. Marc. 

87f., dass auch diese Legion an dem Partherkriege a. a. 0. Ver. 8, 2 und 7, 1 nennt irrtiimlich 

teilgenommen habe , auf schwache Grfinde ; dass Babylon). Gleichzeitig mit ihm scheint ein anderer 

auch die Inschrift des Claudius Fronto CIL VI Legat etwas siidlicher gezogen zu sein und sich 

1377 = Dessau 1098 fur die Beteiligung der nach einem Siege bei Sura (Lukian. a. a. 0. 29, 

leg. I Minervia an diesem Krieg nichts beweist, 40) und nach der Eroberung von Nikephorion 

behauptet J. Klein Rhein. Jahrb. LXXIII 1882, (Fronto p. 121) mit dem Heere des Cassius ver- 

68 mit Recht; dagegen Schilling De legionibus einigt zu haben, der dann, wie erwahnt, den Ober- 

Romanorum I Minervia et XXX Dlpia, Leipz. 1893, 30 befehl erhielt (Dio a. a. 0.). Unter seinem un- 

62). Ganz ungewOhnlicherweise (vgl. Mommsen mittelbaren Commando hat seinen Zug allem An- 

St.-R. lis 850, 3) wurde selbst in Italien eine schein nach Claudius Fronto mitgemacht; jeden- 

Aushebung veranstaltet (CIL VI 1377 = Dessau falls commandierte er auch in Osroene, wie seine 

1098). Freilich wurden durch solche Massnahmen friiher erwahnte Inschrift besagt, als leg(atus) 

andere Grenzprovinzen von Truppen entblSsst und Ang(ustorum) pr(o) pr(aetore) exercitus legionarii 

namentlich die gegen die Germanen stark ge- et awxilior(um) per Orientem in Armeniam et 

fahrdet. Osrhoenam et Anthemusiam ductorum. 

Der Siegeslauf des Avidius Cassius lasst sich Verus war iiber die Siege des Avidius Cassius 

mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit wie folgt fest- in hohem Masse erfreut und schickte den Tri- 

stellen. Nach dem blutigen Siege bei Europus 40 bunen Iunius Maximus mit den litterae laureatae 

(Lukian. a. a. 0. 28, 37ff. 20. 29. 24, 33) fiber- (der iiblichen Form von Siegesbotschaften) nach 

schritt er den Euphrat beim Zeugma (Suid. s. Rom (Dio LXXI 2, 4. Fronto p. 178). Das Heer 

£evy/j,a = Dio Bd. IV 171f. Dind.), durchzog erhielt ein donativum; denn darauf wohl ist die 

Osroene und eroberte daselbst Dausara (Fronto liberalitas auf den Munzen des Verus vom J. 165 

p. 121) und die Hauptstadt Edessa (Lukian. a. a. 0. (Eckhel VII 92. Cohen 119— 122) zu beziehen, 

22, 30 ; wahrscheinlich bezieht sich auch der von zumal die gleichzeitigen Munzen des Marcus diese 

Prokop. bell. Pers. II 12 p. 209 Bonn, gemeldete nicht aufweisen. 

Verrat der Edessener an den Parthern auf dieses Der Zug nach Osroene und die Schlacht bei 

Ereignis;vgl.GutschmidOsroe'ne29),woderkurz Sura sowie die Einnahme von Nikephorion fallen 

vorher von Volagases eingesetzte osroenische Konig 50 wahrscheinlich noch in das J. 163 (vgl. Gut- 

Wa'il bar Sahru residierte, nachdem der vertrie- schmid Osroene 29). Beendet aber wurde der 

bene legitime Kdnig Ma'nu VIII. Philoromaios Feldzug in Mesopotamien im J. 165 ; nach dessen 

zu den Ro'mern gefliichtet war (vgl. Gutschmid erfolgreichem Abschluss mit der Eroberung der 

Osroene 30; Gesch. Irans 148f. Schiller 639). parthischen Metropole konnte der Senat den beiden 

Entweder schon jetzt oder erst beim Friedens- Kaisern mit Recht den Ehrennamen Parthicus 

schluss wurde Wall abgesetzt, vorlaufig aber noch Maximus verleihen, was formell erst anlasslich 

nicht Ma'nu , sondern Abgar VIII. erhoben, dem des Triumphes geschah ; zugleich konnten sie sich 

dann erst ca. 167 Manu folgte (vgl. Gutschmid als imp. Ill bezeichnen (Marc. 9, 2; Ver. 7, 2. 

Osroe'ne 34. 49). Nach dem Fall von Edessa Munzen des Verus mit Parthicus Maximus und 

wurde das rOmische Heer noch durch die Bela- 60 wrap. Ill aus dem J. 165 Eckhel VII 92. Cohen 

gerung von Nisibis eine Zeit lang aufgehalten, 190—196. 272—275; diese Bezeichnung fehlt 

worauf Cassius den zuruckweichenden Volagases, noch Cohen 14f. 106—108. 119—122. 166. 182 

der sich von seinen Bundesgenossen verlassen sah, — 189. 262—271. 345, ebenso auf der Inschrift 

durch ganz Mesopotamien verfolgte, wobei er bis bei Heberdey und Wilhelm Reisen in Kilikien 

Seleukeia gelangte. Auf dieser Flucht war es 133 nr. 221). 

wohl, dass der friiher genannte parthische Feld- Der dritte und letzte Teil des Krieges, der 

herr Osrogs sich nur durch Schwimmen fiber den Zug nach Medien, wurde vielleicht von Cassius 

Tigris rettete (Lukian. a. a. 0. 19, 27). Seleu- im Anschluss an den eben geschilderten Feldzug 



1847 Ceionius Ceionius 1848 

unternommen (Ver. 7, 1; vgl. Mo in ins en E.G. Zuriickziehung der in den Krieg dirigierten Streit- 

V 408, dagegen Gutschmid Gesch. Irans 149); krafte ging jedenfalls erst im Laufe dieses Jahres 
wir sind dariiber nieht naher unterrichtet. Dass vor sich, wie wir aus einem lateinischen Papyrus 
aber auch hier ein Sieg errungen wurde, lehrt ersehen, nach welchem die misenatische Flotte 
sowohl die friiher erwahnte Bezeichnung des Sieges am 24. Mai 166 noch im Hafen von Seleukeia an 
iiber die Parther und die Einteilung der Ereig- derMiindungdesOrontesvor Anker lag(Schulten 
nisse bei Lukianos als auch die anlasslich des Herm. XXXII 273f., vgl. 289). Verus kehrte hier- 
Triumphes erfolgte Annahme des Beinamens Me- auf zur Peier des Triumphes nach Rom zuriick, 
dieus seitens der beiden Kaiser (Ver. 7, 2) und obwohl er sich nur ungern von dem Schauplatz 
die erneuerte Imperatorenacclamation, derzufolge 10 seiner Erfolge trennte (Ver. 7, 9). Der Riickzug 
beide imp. IV genannt werden (CIL VI 360 = gestaltete sich insofern verhangnisvoll fur das 
Dessau 366 vom 23. August 166, hingegen noch Reich, als dadurch die in Seleukeia ausgebrochene 
nicht im Militardiplom vom Marz oder April dieses Pest ungeheuer weite Verbreitung gewann und 
Jahres, CIL III Suppl. p. 1991f. dipl. LXXIII, noch viele Jahre lang in Rom und Italien ebenso 
so dass zwischen diese beide Termine der Triumph wie in den Provinzen wiitete (Ver. 8, 1). Zahl- 
tind die Annahme des Siegerbeinamens, bezw. das reich haben sich die Nachrichten iiber diese ver- 
Ende des Krieges anzusetzen ist ; andere Inschriften heerende Seuche, eine der furchtbarsten ihrer Art, 
mit Medicus und imp. TV, die sicher aus dem bei den Schriftstellern erhalten (ausser den oben 
J. 166 stammen, CIL VI 1022 = XIV 106. VIII citierten Stellen noch Marc. 13, 3—5. Lukian. 
4195. XIV 105, s. u.; Miinzen aus diesem Jahr20Alex. 36, 243, vgl. quom. hist, conscr. 15, 22. 
mit itfecfcm Eckhel VII 92f. Cohen 205; imp. Galen. IV 788. X 360f. XIX 15. Aristid. orat. 
IV Cohen 126. 206—208. 276-279. 288; imp. XXIV 475. XXVI 504. LI 572 Dind. [der Rhetor 
III Cohen 125. 197—204. 280—287, auf 205 wurde auch selbst von der Krankheit ergriffen]. 
wegen Medicus wohl nur Versehen fiir imp. IIII; Epit. de Caes. 16, 3. Eutrop. VIII 12. Oros. 
merkwiirdigerweise verschwindet dieser Name in VII 15, 5f. Euseb.-Hieron. a. Abr. 2184 = 168. 
den folgenden Jahren von den Miinzen, Eckhel Synkell. 665, 6; vgl. Friedlander Sittenge- 
a. a. O.). schichte 16 40). 

Schon wahrend des Krieges hatte Verus, sei In Rom angekommen, genoss Verus auf seinen 

es aus Furcht oder aus Grossmut, dem Parther- Wunsch gemeinsam mit Marcus die Ehren des 
kOnig wiederholt Friedensantrage gestellt , die 30 Triumphes ; nun erst verlieh der Senat beiden 

dieser aber in seinem Ubermute zuriickwies (Fronto Kaisern die Siegerbeinamen, die Verus schon friiher 

p. 208; vgl. 121. 131f. Nazar. paneg. 24 p. 231 vom Heere empfangen hatte, beide nahmen den 

Baehrens; vielleicht beziehen sich auf diese Unter- Titel pater patriae an (s. o. Illb, 5) und erhielten 

handlungendieMunzaufschriftenflem*fesfjae«yer, die corona eiviea (Ver. 7, 9. 8, 5; Marc. 9, 3. 

Cohen 112, aus dem J. 164, und Paei Aug., 12, 7—11. Vict. Caes. 16, 4. Eutr. VIII 10, 3. 

Cohen 125, aus dem J. 166, aber noch vor Ende Oros. VII 15, 2. Ruf. Fest. 21; vgl. auch Polyaen. 

des Krieges). Nachdem sich aber dann das Kriegs- strateg. I pr. 1. VI pr. Amm. Marc. XXIII 5, 

gliick zu Gunsten des Verus entschieden hatte, 17. Euseb.-Hieron. 2181 = 165, nach der versio 

nahm Volagases endlich doch den Frieden an. Arm. 2182 = 166. Synkell. 664, 13. Cassiodor. 
Die Wirkungen desselben (seine naheren Bestim-40bei Mommsen Chron. min. II 143; CIL VI 1022 

mungen sind uns nicht bekannt) entsprachen immer- = XIV 106 heisst Verus auch [projpagator [im- 

hin den errungenen Siegen ; die wahrend des periij). Die Reihenfolge der Siegerbeinamen, 

Krieges vollzogene Umwandlung Armeniens, Os- die fortan auf den Inschriften wenigstens ziem- 

roSnes und vielleicht auch anderer bisher parthi- lich vollstandig erscheinen, ist entweder die chro- 

scher Teilreiche in rOmische Clientelstaaten blieb nologische , also Armeniacus , Parthieus Maxi- 

in Geltung, die osroenische Stadt Carrhae wurde mus, Medieus (z. B. CIL II 3399 = Dessau 

rOmische Colonie (Eckhel III 506f. Mionnet 367. VI 360 = VI 1022 = XIV 106. VIII 4195. 

V 593f. nr. 1—6; Suppl. VIII 391, 11; vgl. 4208; Suppl. 14810 = 1310. 17866. XIV 105. 
Marquardt St.-V. 12 437. Mommsen R. G. Not. d. scavi 1890, 173. Cohen 205), oder es 

V 408. Gutschmidlran 150), Mesopotamien von50steht, und dies begegnet haufiger, Parthieus 
neuemzueinerrOmischenProvinzeingerichtet (Ver. Maximus als der gewichtigste Bestandteil zu- 
7, 8. Ruf. Fest. c. 14; mit Unrecht zweifelt daran letzt (z. B. CIL III p. 888 dipl. XL VI. V 5805. 
Napp36f.; vgl. auch Marquardt St.-V. 12 436. VI 991 = Dessau 369. VIII 1471 = Suppl. 
Schiller 642, 4; die Stelle bei Aristid. orat. 15513. 8300. Bull. hell. 1896, 155ff.; ferner auf 
XXIII 454 Dind., wo der Redner sagt, er habe Papyri: Griech. Urk. Berl. II 55 nr. 393; 118 
im Traume Antoninus xov avroxQaxoQa xov jtgea- nr. 461 ; 167 nr. 521 ; 247f. nr. 603. Corp. Pap. 
fivxeoov mit dem PartherkOnig Frieden schliessen Rain. I 23 nr. V; vgl. Wessely Mitt, aus d. 
gesenen, hat zuletzt W. S chmid Rh. Mus. XL VIII Samml. Papyr. Erzh. Rainer II/III 7f.). Bisweilen 
1893, 57ff. wohl richtig auf diesen Frieden ge- findet sich minder correct Parthieus anstatt Par- 
deutet, wahrend bisher meist der unter Pius ab- 60 thieus Maximus (z. B. CIL III p. 888 dipl. XL VI. 
geschlossene Friede darunter verstanden wurde, vgl. CIG II add. 2347 k. Papyrus bei Grenfell 
Waddington Mem. de l'acad. XXVI 1867, 203 und Hunt Greek Papyri II 92f. nr. LVII; hin- 
—268. Borghesi Oeuvres V 373— 378. Napp gegen wohl absichtlich von Marcus weggelassen 
12—14. Lacour-Gayet Antonin le Pieux 150f. auf Verus Grabschrift CIL VI 991 = Dessau369, 
Guts chmid Iran 147. Schiller633). DerFriede vgl. v. Rohden Bd. I S. 2295) oder gar Ar- 
wurde den Miinzzeugnissen zufolge im J. 166 meniaeus und Medieus allein, mit Weglassung 
geschlossen (Eckhel VII 52. Cohen 126—130. von Parthieus (CIG HI add. 3865c, bei dem 
p. 45 nr. 434f. 437 Pax oder Pax Augusti) ; die Namen des Marcus hingegen stent Parthieus 



1849 Ceionius Ceionius 1850 

ohne Medietas), und irrtiimlich Armeniacus Ma- im Norden der Donau zum Ausbruch gelangte. 

ximus (Grenfell und Hunt II 88 nr. LUId). Dieser Krieg mit den Germanen hatte eigent- 

An dem Triumph nahmen auch Marcus Kinder lich schon wahrend des Partherkrieges begonnen, 

beiderlei Geschlechts teil; dem Volke wurden aber in Rom hiitete man sich wohl ihn zu 

Spiele gegeben (Marc. 12, lOf.) und ausserdem ein filhren, solange noch die besten Krafte des Rei- 

Congiarium verabreicht, wie dies die Miinzen des ches im Orient lagen ; um so nachdriicklicher 

Verus beweisen, die gleichzeitig mit denen des wurde er nach Besiegung der Parther aufge- 

Marcus zum J. 166 die III. liberalitas verzeichnen nommen (Marc. 12, 13; vgl. Galen. XIV 649). 

(Eckhel VII 51. 92. Cohen 123. p. 10 nr. 74 Es waren iiberaus langwierige Kampfe, die mit 
—76. p. 42 nr. 408f.). 10 kurzen Unterbrechungen die Eegierung des Marcus 

tTber die Zeit des Triumphes wurde schon be- uberdauerten und erst nach der Thronbesteigung 

merkt, dass die Feier stattfand nach dem 1. Marz des Commodus ihren Abschluss fanden. Der Krieg 

166, da Lucius auf dem dipl. LXXIII, vom Marz zerfallt in drei Hauptabschnitte, das bellum Mar- 

oder April 166, proconsul genannt wird, also noch coman(h)ieum (so genannt z. B. Marc. 12 , 13. 

nicht inltalien war, iiberdies noch t'm|). Ill heisst 13, 1. 21, 8. 22, 7; Av. Cass. 3, 6. Eutr. VIII 

und den Siegerbeinamen Medieus noch nicht 12, 2) oder Germanieum (so meist bei den Schrift- 

fiihrt, und vor dem 23. August desselben Jahres stellern , ferner CIL VI 1449. 1549 = Dessau 

(CIL VI 360 = Dessau 366), wo beide Kaiser 1107. 1100. 2743; expeditio Germanica CIL III 

schon alle Siegerbeinamen haben; vielleicht lasst Suppl. 7505 = Dessau 2311. VI 1540 = Des- 
sich dieses Intervall noch weiter begrenzen, wenn20sau 1112. Rev. arch. XXI 1893, 396 nr. 88) r 

man den erwahnten lateinischen Papyrus (Herm. das bellum Sarmaticum (CIL X 408 = Dessau 

XXXII 273f.) hinzunimtnt, der vom 24. Mai 166 1117; bellum Germanieum et Sarmaticum VI 

datiert ist. Aus dieser Urkunde ersehen wir, Suppl. 31856 = Dessau 1327, vgl. VI 1540. 1599 

dass damals die misenatische Flotte noch nicht = Dessau 1112. 1326; bellum adversus Ger- 

den Hafen von Seleukeia verlassen hatte; da der mxmos et Iaxyges VI 1377 = Dessau 1098^ 

Triumph aber in diesem Falle, mOgen auch vgl. auch Marc. 25, 1. Paus. VIII 43, 690) und 

die Feindseligkeiten schon eingestellt worden das bellum Germanieum secundum (vgl. CIL II 

sein, kaum gefeiert wurde, so ist anzunehmen, 4114 = Dessau 1140), von welchen nur der An- 

dass er zwischen 24. Mai und 23. August 166 fang des ersteren in Verus Regierung fallt. 
stattfand. Damit sind auch die wenigen Zeit- 30 Litteraturdariiber: Wietersheirn-Dahn Ge- 

angaben, die wir bei dem Biographen fmden (von schichte der Volkerwanderung 1 118ff. Schiller 

Eusebios-Hieronymus ist hier wie gesagt abzu- 642ff. Mommsen R. G. V 209ff. Conrad Mark 

sehen) in Einklang zu bringen. Verus Feldherrn Aurels Markomanenkrieg , Neu-Ruppin , Progr. 

fuhrten den Krieg per quadriennium ; ebensolang 1889. A. v. Domaszewski Neue Heidelberger 

hielt sich Verus selbst im Orient auf (162—166; Jahrb. V (1895) 107ff. G. Strakosch-Grass- 

Ver. 7, 1. 3), post quinquennium, namlich vom mann Gesch. der Deutschen in Osterr.-Ung., 

Beginn des Krieges an gerechnet (161 — 166; vgl. Wien 1895, I 40ff. Vgl. auch v. Rohden Bd. I 

Napp 33), kehrte er nach Rom zuriick (Marc. S. 2295ff. 

12, 14). Den nachsten Impnls zu dem Kriege gab ein 

Auf zahlreichen Denkmalern wurden die Siege 40 vehementer Einfall der Markomanen und einer 

iiber die Parther gefeiert. Ehreninschriften des grossen Zahl anderer germanischer Volksstamme 

Kaisers geben Zeugnis davon (CIL III 778. 3432 = (Marc. 22, 1; vgl. v. Domaszewski in den Serta 

Dessau363.V4089.VIII8302.CIGII2047.add. Harteliana, Wien 1896,8—13), die von ihren 

2347 k. DII4544. CIA III 532. 1132), andere In- Stammesbrudern vertrieben, unter Drohungen 

schriften sind ausschliesslich zu Ehren des Sieges WohnsitzeaufrCmischemGebieteverlangten(Marc. 

gesetzt, mit der Bezeichnung Victoria Arme- 14, 1). Ehe man sich dessen versah, waren sie 

niaea Parthiea Medica (CIL VIDI 965 = Dessau auf italischem Boden angelangt, hatten Aquileia 

365), Victoria Parthiea Maxima (CIL VIII 8304), belagert und Opitergium zerstOrt (Amm. Marc. 

Victoria Armeniaea Augustorfum) (CIL VIII XXIX 6, 1. Lukian. Alex. 48, 254; vgl. aber 
8303). Miinzen mit darauf beziiglichen Darstel- 50 Conrad llf.). Eine Heeresabteilung, die sich 

lungen und Aufschriften priesen das Ereignis ihnen unter der Piihrung des Praefectus praetorio 

so wohl wahrend des Krieges, als auch nach Be- Furius Victorinus entgegenstellte, wurde unter 

endigung desselben ( Victoria Augustorum aus grossen Verlusten besiegt, auch der Befehlshaber 

dem J. 163: Cohen 344. Victoria Aug. Cohen befand sich unter den Gefallenen (Marc. 14, 5; 

330f.; J. 164: 332—335; J. 166: 336-342; vgl. vielleicht bezieht sich die Nachricht von den 

ferner z. B. Cohen 4—16. Eckhel VII 93. 20000 Gefallenen bei Lukian. Alex. a. a. O. auf 

Cohen 300—303. 321f. p. 98 nr. 984— 992). In diese Niederlage, dann ware dieselbe noch vor 

der That musste ein so langwieriger und von gliick- der Belagerung Aquileias erfolgt). Auf den An- 

lichem Ausgang begleiteter Krieg auf die Zeit- trag des Marcus zogen beide Kaiser trotz Verus 
genossen nachhaltigen Eindruck machen, da er 60 Widerstreben in diesen Krieg (Marc. 12,14; Ver. 

nach der langen, fur die aussere Stellung des 9, 7 ; jedenfalls nach dem 12. Oct. 166, an wel- 

Reiches wenig ruhmlichen Friedensepoche wieder chem die Adoption des Commodus und semes 

einmal Roms tjbergewicht iiber das Partherreich Bruders stattfand, Comm. 11, 13. 1, 10). In der 

deutlich zum Bewusstsein brachte. That hatte ihre Ankunft in Aquileia den Erfolg, 

Die friiher erwahnte Entblossung namentlich dass sich die Germanen zuriickzogen und sogar 

der Donauprovinzen trug aber den Keim eines wo- friedliches Entgegenkommen zeigten (Marc. 14, 2. 

moglich noch gefahrlicheren Krieges in sich, der 3). Mittlerweile war auch eine Schar von 6000^ 

infolge grosser Velkerbewegungen der Germanen Langobarden und Obiern durch den Reitercomman- 



1851 Ceionius Ceionius 1852 

danten (M. Macrinius Avitus Catonius) Vindex (es Jahre wieder die regelmassigen Veteranenent- 

kann nur dieser gemeint sein, der vielleicht der lassungen stattfinden, wie das unterpannonische 

.Sohn des Gardecommandanten Macrinius Vindex Militardiplom vom 5. Mai 167 zeigt (CIL III 

ist, und der nach CIL VI 1449 = Dessau 1107 p. 888 dipl. XL VI); aus letzterem erfahren wir 

damals Praefectus der ala I Ulpia eontariorum weiters, dass damals die Kaiser, denen der Titel 

miliaria civium Romanorum und der ala III proconsul fehlt (man findet ihn auch auf keiner 

Thraeum in Pannonia superior war; er wurde andern Inschrift des Verus aus dem Jahre 167 

in diesem Kriege mit militarischen Decorationen oder den folgenden Jahren; v. Domaszewskis 

geehrt, deren Zweizahl seiner Stellung zukommt; Bemerkung [a. a. 0. 113, 2] ist gewiss unrichtig, 
vgl. Ritterling Arch.-epigr. Mitt. XX 1897, 30) 10dennbeideInschriftenCILXIV105f. sind— wegen 

und den Befehlshaber von Fusstruppen (Legions- eos. design. Ill — im J. 166 gesetzt, es ist somit 

legaten ?) Candidus besiegt worden, und die Ger- ein Pehler bios in der Zahl der Imperatoren- 

manen hatten eine Gesandtschaft mit dem Mar- acclamationen, wo Vva. /Fgeandert werden muss; 

komanenkOnig Ballomarius an der Spitze an den imp. TV erscheint selbst noch auf Inschriften 

Legaten von Pannonia (superior) , (M.) Iallius aus dem J. 167, z. B. CIL V 5805), sich wieder 

Bassus (Pabius Valerianus), geschickt (Petr. Patr. innerhalb Italiens befanden , und dass nach dem 

frg. 6, PHG IV 186; nach Ritterlings fiber- entscheidenden Sieg eine erneuerte Imperatoren- 

zeugender Darlegung a. a. 0. ist 'IaXhog fur AXXiog acclamation stattfand ; sowohl Verus als Marcus 

zu lesen ; Bassus war erst Statthalter von Panno- heissen imp. V (ausserdem so CIL VIII 4208 ; 
nia inferior, spater superior; aber die Stellung 20 Suppl. 17866; hingegen tragen auffallenderweise 

<des Vindex beweist, dass dieser Vorfall sich wah- die Mfinzen beider Kaiser vom J. 167 und zum 

rend der letzteren Statthalterschaft ereignete, die Teil selbst 168 noch die Aufschrift imp. IV, 

-er wohl unmittelbar nach der Rfickkehr aus dem Eckhel VII 56. 93). Ein Anteil an dem Siege 

Partherfeldzug bekleidete) und um Frieden ge- kommt jedenfalls auch dem spateren Schwieger- 

beten (es ist kaum zu bezweifeln, dass auf dieses sohn des Marcus , Ti. Claudius Pompeianus, zu, 

Ereignis Marc. 14, 4 und Ver. 9, 9 angespielt der damals Statthalter von Niederpannonien war 

wird; anders v. Domaszewski 124). Die Kaiser (Diplom). Ob aber das siegreiche Vorgehen des 

Meben dann im Winter 166/67 in Aquileia (Galen. spateren Kaisers P. Helvius Pertinax (Dio ep. 

XIV 649f. ; der Zusammenhang lehrt, dass es LXXI 3, 2. Pertin. 2, 4) schon in dieses Jahr fallt, 
sich nur um dieses Jahr handeln kann; an dieser 30 ist sehr unsicher (v. Domaszewski a. a. 0. 115). 

Stelle sowie XIX 18 ist aber auch von dem dor- Hingegen lasst sich feststellen, dass mit dem Siege 

tigen Aufenthalt der Kaiser im Winter 168/69 in Pannonien Unruhen in Dakien zusammenhangen, 

die Rede). da die besiegten germanischen Scharen ostwarts 

zuriickwichen und zunachst Dakien gefahrdeten. 

167 : Armeniaous, Partitions Maximus, Medi- Es wurde namlich mit Recht darauf hingewiesen 

eus, {p.m.\ trib.pot. VII (10. Dec. 166-9. (Mommsen CIL III p. 921 ; vgl. auch Schiller 

Dec. 167) imp. /Fund V. eos. III. p.p. 643), dass die beilaufige tfbereinstimmung des 

Zu Beginn des Jahres trat Verus den ordent- Datums auf dem erwahnten Diplom und auf der 

lichen Consulat zum drittenmal an, zugleich mit jiingsten datierten Wachstafel aus den dakischen 
M. Ummidius Quadratus, dem Schwager des Mar- 40 Goldbergwerken (29. Mai 167, CIL HI p. 949) 

«us, CIL II 2553. 5232. Ill p. 924. 949. 950. jenen Zusammenhang wahrscheinlich machen; eine 

VIII Suppl. 14587. IX 1503. X 6706. XIV 2905 Polge der wohl vorhergesehenen Bedrohung war 

n. s. w. auch die Vereinigung von Dacia Porolissensis und 

Nunmehr wurde auch endlich ein entschiedener Apulensis mit Moesia superior in der Hand des 

Vorstoss gegen die Barbaren unternommen. Ob- M. Claudius Pronto (CIL VI 1371 = 31640 = 

wohl Verus wieder zur Rfickkehr drangte, musste Dessau 1098; vgl. v. Domaszewski 113). 

er sich doch gegeniiber Marcus Thatkraft und Dem Volke gab Verus gemeinsam mit Marcus 

Entschlossenheit ffigen; denn dieser traute mit wieder ein Congiarium (eong. Aug. IIII Eckhel 

Recht der scheinbaren Dnterwerfung der Ger- VII 93. 53. Cohen 52. p. 10 nr. 77). 
roanen nicht (Marc. 14, 5), die bald darauf wieder 50 

-die Feindseligkeiten erneuert zu haben scheinen. 168: Arm., Parth. Max., Med., trib. pot. VIII 

Die Kaiser iiberschritten die Alpen (Ver. 9, 7; (10. Dec. 167-9. Dec. 168) imp. V. cos. 

Marc. 14, 6), errangen einen neuen Sieg fiber III. p. p. 

die Germanen , und wenn auch ihr personliches Den Winter 167/8 scheinen die Kaiser wieder 

Verdienst daran kein allzu grosses gewesen sein in Rom zugebracht zu haben, wenngleich die Rede, 

kann — woffir bei Marcus Charakter der Umstand mit welcher Marcus den Praetorianerveteranen 

spricht, dass sie sich damals keinen Siegerbeinamen am 6. Januar 168 in den Castra praetoria den 

beilegten (es ist gewiss nur Irrtum oder Hyper- Abschied gab (Fragm. Vat. 195), nicht unbedingt 

loyalitat, wenn auf einem griechischen Papyrus aus in Rom gehalten sein muss. Wir kennen kein 
dem J. 168, Grenf ell und Hunt II 92 nr. LVH, 60 Ereignis, das bestimmt in dieses Jahr zu verlegen 

beide Kaiser reQ/xanxoi genannt werden), so hatten ware, und wissen nur, dass Marcus und Verus 

sie doch den Erfolg aufzuweisen, dass nach An- sich den folgenden Winter 168/9 wieder in Aqui- 

■ordnung der notwendigen Verteidigungsmassregeln leia aufhielten (Galen. XIV 649f. XIX 18). Viel- 

(Marc. 14, 6; vgl. Rev. Arch. 1893, 396 nr. 88, leicht kampfte in diesem Jahre Calpurnius Agri- 

wo ein legatus Augusti ad praetenturam Italiae cola gegen die Germanen (CIL III Suppl. 7505 

-et Alpium expeditions Germanica genannt wird) = Dessau 2311); unbedingt geschah dies vor 

die westlichen Donauprovinzen zunachst wieder 170, in welchem Jahre sein Nachfolger M. Clau- 

als gesichert galten. Denn es konnten in diesem dius Fronto flel (s. o.). 



1853 Ceionius Ceionius 1854 

169: Arm., Parth. Max., Med., trib. pot. IX hiefur nicht zu verwenden; Synkell. I 665, der 
(10. Dec. 168 bis Anfang Pebruar 169), angiebt, im 9. Regierungsjahre [ebenso Euseb., 
imp. V. cos. III. p. p. wahrend Hieron. a. 2185 = 169 sagt im 9. oder 
Noch im Winter 168 auf 169 brachen die 10. Jahre] und Malal. XI 282 Bonn.: 8 Regie- 
Kaiser abermals Ton Aquileia auf, um nach Kom rungsjahre haben zufallig die richtige Angabe ; 
zu Ziehen, angeblich wegen emeuerten heftigen die beim Chronogr. von 354, Mommsen Chron. 
Drangens des Verus, in Wahrheit wohl deshalb, min I 147, tiberlieferte Zahl von 7 Jahren 8 Mo- 
weil damals die Pest, namentlich im Heere, arger naten 12 Tagen ist etwas zu gering) dienen 
als je wiitete (Galen. XIX 18. Eutr. VIII 12; einmal die Worte Galens, dass Verus mitten im 
weder bei Galenus noch bei Capitolinus ist der 10 Winter gestorben sei (xara fteaov xov xeifimrog 
zweimalige Aufenthalt in Aquileia deutlich ge- XIV 650. (isaov %sijia>vos XIX 18), dann ein 
schieden, vgl. v. Domaszewski 114, 2), und Papyrusfragment, das nach dem 20. Pharmuthi 
weil der Krieg, wenigstens in Pannonien, gerade zu des neunten Regierungsjahres des Marcus und 
einem gewissen Abschluss gekommen war (Ver., 9, Verus datiert ist (Griech. Urk. Berl. II 94 nr. 434). 

10 composito bello in Pamwnia). Aberunter- Nach dem alexandrinischen Jahr entspricht dies 

wegs, zwischen Concordia und Altinum, wurde dem 15. April 169; da das aber mit jener Notiz 

Verus, wahrend er neben Marcus im Reisewagen unvereinbar ist, so miissen wir annehmen, dass 

sass, plotzlich vom Schlage geriihrt und sterbend hier das altagyptischeWandeljahrzuGrunde liegt, 



nach Altinum gebracht, wo er nach dreitagiger Be- 
wusstlosigkeit verschied (Ver. 9, 11; Marc. 14, 8. 
Galen. XIV 649f. XIX 18. Vict. Caes. 16, 5—7, 
Eutr. VIII 10, 3 = Epit. de Caes. 16, 5 = Oros. 
VII 15, 2 = Euseb. Hieron. a. Abr. 2185 [= 169] 
Suid. s. axojtXqSta. Chronogr. vom J. 354. Momm 
sen Chron. min. I 147; vgl. 428. II 143. Jordan. 
Rom. 272). Der Stadtklatsch in Rom wusste Ge 



was auch in Urkunden der spateren Kaiserzeit 
.20 nicht gerade auffallend ist (vgl. Grenfell und 
Hunt a. a. 0. II 102f.); hiernach wurde der 
20. Pharmuthi auf den 26. Februar fallen, da der 
1. Thoth im J. 169 auf den 12. Juli fallt (Unger 
in Mullers Handb. 1829. Kubitschek Bd. I 
S. 663). Wenn wir nun noch beriicksichtigen, 
dass die Nachricht vom Tode des Kaisers in spa- 
ruchte der sonderlichsten Art iiber die Ursache testens 25 Tagen nach Agypten gelangt sein 
des so pletzlich eingetretenen Todes zu verbreiten. musste, so kommen wir auf den 1. Pebruar als' 
Faustina, Lucilla, ja selbst Marcus wurden als Terminus post quem; die Worte Galens erlauben 
die Drheber seines Todes bezeichnet. Mit seiner 30 nicht, Verus Tod viel spater anzusetzen, der somit 
Schwiegermutter Faustina namlich habe Verus etwa zu Anfang des Februars 169 erfolgte. 
vertraulichen Umgang gepflogen und dies ihrer Marcus erwies seinem verstorbenen Bruder alle 

Tochter , seiner Gemahlin, verraten ; dafiir habe dem toten Herrscher gebtihrenden Ehren. Er liess 
ihn jene durch vergiftete Austern getotet (Ver. seinen Leichnam zunachst nach Rom schaffen (Marc. 
10, 1); ein anderes Geriicht wollte wissen, dass 20, 1. Galen, a. a. 0.) und im Grabmal Hadrians 
sie nur einer von Verus und seiner Schwester beisetzen (Ver. 11, 1; Marc. 15, 3. 20, 1; die 
(Ceionia) Fabia angezettelten und durch den Frei- Grabschrift CIL VI 991 = Dessau 369), wo 
gelassenen Agaklytos verratenen VerschwOrung auch Verus Vater begraben war. Selbstverstand- 
gegen das Leben des Kaisers Marcus zuvorge- lich wurde ihm auch die Consecration zuteil (Marc. 
kommen sei (Ver. 10, 4; vgl. Dio ep. LXXI 3,40 15, 3. 20, 1—4. Galen, a. a. 0.); er wird nachher 
1 = Zonar. XII 82). Eben dieser vertraute Ver- meistens als Divus Vents Parthieus Maximus 
kehr mit Fabia gab wieder dazu Anlass, dass genannt (CIL III 1450 = Dessau 370. Suppl. 
Lucilla als MOrderin ihres Gatten aus Eifersucht 7969 = Dessau 371. dipl. LXXVI. VI 1014 = 
bezeichnet wurde (Ver. 10, 3). Aber auch Kaiser Dessau 374. VIII 4209 = Suppl. 18497. 17869. 
Marcus blieb von dem bSswilligen Gerede nicht XI 371. 2693. XIII 526. Eph. epigr. VIII p. 336, 
verschont ; er sollte Verus aus Neid auf seine vgl. oben III a), aber auch als divus Verus Au- 
Erfolge im Partherkriege vergiftet oder wenigstens gustus (CIL III 1457. VI 1377 = Dessau 1097. 
mit Hiilfe des Arztes Poseidippos seinen Tod be- VI 1497 = Dessau 1094) und divus Verus (CIL 
schleunigt haben (Ver. 10, 2. 11, 2—4; Marc. VI 1549 = Dessau 1100. VIII 1641. XII 5384. 
15, 5. 6. Vict. Caes. 16, 5. 6); selbstverstand- 50 Mitt, aus der Sammlg. Pap. Erzh. Rainer ILTH 
lich wurden diese unsinnigen Geriichte schon von 8 &eov OvrjQov. Eckhel VII 95. Cohen 53-60 
den verstandigen Zeitgenossen ebensowenig wie u. &.). Ihm zu Ehren wurde ein Kult eingerichtet, 
von den spateren Schriftstellern geglaubt. Was den die sodales Antoniniani Veriani besorgten 
Malalas von der Ermordung des Verus auf Prokon- (Marc. 15, 4. CIL VI 1497 = Dessau 10971 
nesos fabelt, beruht auf einem simplen Missver- VI 2324. X 408. XI 1432. XIV 3609; vgl. Mar- 
standnis (vgl. Ducange zu Chron. Pasch. Migne quardt-Wissowa St.-V. III472f. Dessau Eph. 
Patr. Gr. XCII 626 nr. 73). epigr. Ill p. 219f.). Die Verwandten und Frei- 

Dass Verus wahrend seiner neunten tribunicia gelassenen des Verus wurden reichlich geehrt und 
potestas gestorben ist, also zwischen 10. Dec. 168 beschenkt (Marc. 15, 3. 20, 5; vgl. Ver. 9, 6). 
und 9. Dec. 169, lehrt seine Grabschrift; da aber 60 IV. PersOnlichkeit. 

die alexandrinischen Munzen auch nur bis zum a) Aussere Erscheinung. Verus war ein kraftig 

9. Regierungsjahr reichen, lasst sich vorerst sagen, gebauter Mann von schoner Gestalt, stattlichem 
dass sein Tod vor dem September 169 erfolgt Wuchs und gewinnendem Aussehen. Seinen Ge- 
ist. Zur genaueren Zeitbestimmung (die Angaben sichtsziigen verlieh die weit vorgewSlbte Stirne 
der Regierungsdauer bei Ver. 11, 1. Eutr. VDZ eine gewisse Ehrwiirdigkeit (Ver. 10, 6). Mit 
10,4. Epit. 16, 5: 11 Jahre, bei den Chronisten, Vorliebe liess er sich die Pflege seines schOn 
Mommsen Chron. min. I 147. 428. 640. II 143. blonden Haares angelegen sein, das er durch 
Euseb. vers. Arm. a. 2186 = 170: 9 Jahre sind Anwendung von Goldstaub glanzend zu machen 



1855 Ceionius Ceionius 1856 

trachtete (Ver. 10, 7); er sah es auch bei den nalien, auch diese Rficksicht ausser acht liess (Ver. 

Leuten seiner Umgebung nicht gern, wenn sie 7, 5). Umso ungeztigelter befriedigte er jedoch 

das Haupthaar kurz geschnitten trugen (Galen. seine Leidenschaften, sobald er dieser hemmenden 

XVII 2, 150). Desgleichen liess er seinen Bart Schranken ledig war; sein liederlicher Lebens- 

fast nach Barbarenart lang wachsen und ihn nur wandel ging soweit , dass er des Ehebruchs und 

einmal in Syrien auf Wunsch einer Maitresse selbst der Blutschande (wahrscheinlich mit Ceionia 

(wahrscheinlich der Panthea) abnehmen, was den Fabia, vgl. Ver. 10, 3), geziehen wurde (Ver. 4, 4). 

Spott der iibermtitigen und fur solche Dinge Daneben besass er eine leidenschaftliche Vorliebe 

empfanglichen Antiochener herausforderte (Ver. fur Circus- und Gladiatorenspiele und hatte dafiir 
7, 10). Er erfreute sich einer starken Constitution 10 sowie wegen seiner Begiinstigung der Circuspartei 

und einer vortrefflichen Gesundheit (Ver. 4, 10. der Lauchgrtinen (prasini) gegen die Meergriinen 

Dio ep. LXXI 1, 3 = Zonar. a. a. O.). Mit dieser (venetiani) manchen Spott, ja selbst Beschimpf- 

Korperschilderung stimmt auch die des Malalas ungen zu ertragen (Ver. 3, 6. 4, 8 — 9. 6, 1 — 6) ; 

(XI 282 Bonn.), der ausserdem sagt, dass Verus besonders die Antiochener iibten ihren Witz an 

eine gebogene Nase, schOne Augen, eine schwarze ihm (Ver. 7, 4). Auch an niedrigen Belustigungen 

Gesichtsfarbe und kurzgekrauseltes Haar hatte. fand Verns Freude; er fronte dem Wiirfelspiel, 

Dies alles wird durchaus bestatigt durch die er- das er im Orient kennen gelernt hatte, und sowie 

haltenen Bildwerke und durch die Mi'inzportrats er seine schwelgerischen Mahle bis spat in die 

(Bernouilli ROmische Ikonographie 112,205 — Nacht hinein ausdehnte (Ver. 4, 9), so wiirfelte 
221, Taf. LVI. LVII; Munztaf. V 6. 7. Bau-20er in Antiochia auch ganze Nachte hindurch, ja 

meister Denkmaler des class. Altertums III er soil sich sogar verkleidet in Gesellschaft be- 

2011), aus denen auch ersichtlich ist, dass sein denklicher Gesellen nachtlicherweile in Spelunken 

Haar tief in die Stirn hinein reichte, und dass und verrufenen Hausern herumgetrieben haben, 

er tiefliegende scharfe Augen besass. wo er nicht selten in Streitigkeiten geriet und 

b) Charakter und geistige Anlagen. Verus unerkannt geprflgelt wurde, bisweilen aber auch 

Charakterbild bietet nicht viel des Hervorstechen- sein Incognito liiften musste (Ver. 4, 6. 10, 8). 

den und Bemerkenswerten ; er besass keine aus- Wenn auch manches daran ubertrieben sein mag, 

gesprochene Individuality ; nur in diesem Sinne so lasst sich eine stark sinnliche Natur und ein 

darf auch Ver. 1, 3. 4 verstanden werden. Zum Hang zu lockerera, genussreichem Leben in Verus 
Herrscher wenig geeignet, lasst er zwischen alien 30 Charakter nicht verkennen. Aber wenn er andrer- 

seinen Handlungen den Alltagsmenschen hindurch- seits in gewisser Hinsicht Caligula , Nero oder 

schimmern, der es zwar vortrefflich versteht, die Vitellius zur Seite gestellt wird (Ver. 4, 6. 10, 

Freuden des Lebens in vollen Ziigen zu geniessen, 8), so sind solche Vergleiche nicht einmal zu rhe- 

die ernsten Pflichten des Begenten jedoch als torischen Zwecken brauchbar. Marcus, dem die 

lastige Biirde empfmdet. Wenn auch seine Stel- Fehler seines Bruders nicht verborgen blieben 

lung und jeweilige Aufgabe oft Anforderungen (Ver. 4, 11), hatte sich in der Hoffnung getauscht, 

ernsterer Natur an ihn stellten, so wollte er doch dass auf diesen der Ernst des Krieges bessernd 

nicht auf seine gewohnten Vergniigungen ver- einwirken werde (Ver. 5, 8. 9). Vielmehr ver- 

zichten, jaer liess sogar die notwendigsten Pflichten lernte Verus nach der Riickkehr aus dem Parther- 
davor zurticktreten. Als Privatmann hatte er 40 krieg allmahlich, sich in seinem kecken Lebens- 

sicher in alien wesentlichen Punkten, in welchen genuss durch die Riicksicht auf Marcus hindern 

auf ihn gerechnet wurde, versagt, als Kaiser erntete zu lassen (Ver. 8, 6). Schon die Ruckkehr ge- 

er dank der eisernen Organisation des Reiches staltete sich so, dass man glauben konnte, er 

muhelose Triumphe. Als im Orient schon die komme yon einer Lustreise; ein Heer von syri- 

Kriegsfackel hoch aufloderte, gab er, der Ober- schen und agyptischen Schauspielern, Tanzern, 

feldherr in diesem Kriege, sich in Italien dem Musikanten, Witzbolden und Gauklern aller Art 

Jagdvergniigen hin (Ver. 6, 9) ; ein gleiches that folgte dem aus dem siegreichen Partherkrieg heim- 

er, wahrend die Donauprovinzen von Germanen kehrenden Imperator (Ver. 8, 7. 10. 11. Fronto 

iiberschwemmt waren (Ver. 9, 8). Sein fortwah- p. 209). Zu noch mehr Argernis gab er dem 
rendes Strauben gegen die persfinliche Teilnahme 50 Bruder durch iippige Gelage und verschwende- 

an dem Germanenkriege hatte seine Ursache in rische Gastereien Anlass. Auch manche Frei- 

dem Verlangen nach den Geniissen der Haupt- gelassenenhattendominierendenEinfluss auf Verus, 

stadt (Ver. 9, 10). Sein Aufenhalt im Orient besonders Geminus (Oeminas (iberliefert) und der 

war eine fast ununterbrochene Reihe mehr oder erwahnte Agaklytos; letzterer heiratete sehr zu 

minder anstSssiger Lustbarkeiten (vgl. Ver. 6, 8). Marcus Missvergniigen die Witwe des M. Annius 

Gleichwohl liebte er es, mit den Miihen und Sorgen Libo (Ver. 9, 3—5; Marc. 15, 2). Ein Freund 

seiner verantwortungsvollen Stellung zu flunkern des Luxus, verwendete Verus auf sein Lieblings- 

(vgl. Fronto p. 130), und er war eitel genug, pferd Volucris unsinnige Summen (Ver. 6, 3. 4), 

den Wunsch zu aussern, dass seine eigenen krie- und nach diesem benannte er auch einen unge- 
gerischen Verdienste in ein moglichst helles Licht 60 wohnlich grossen in seinem Besitz beflndlichen 

geriickt wiirden (Fronto ep. II 3 p. 131f.). Als Krystallbecher (Ver. 10, 9). Seine Prachtliebe 

vollendeter Lebemann — er war hierin seinem bewies er durch den Bau eines prachtigen Land- 

Vater nachgeraten — war er auch vorher schon hauses an der via Clodia (Ver. 8, 8; Bernouilli 

glanzenden Gastmahlern und schonen Frauen nicht a. a. O. schliesst aber aus einer grOsseren Zahl 

abgeneigt gewesen, nur dass ihm die Anwesen- von Funden, dass diese Villa bei Acqua traversa 

heit und das gute Beispiel seines Mitkaisers Zu- nSrdlich vom Pons Milvius gelegen habe , also 

ruckhaltung auferlegte (Eutr. VIII 10, 4), wenn- an der via Cassia, die erst in ihrer Fortsetzung 

gleich er an Festtagen, besonders an den Satur- zur Clodia fiihrt), das er aber zu einer Statte 



1857 Ceionius Ceionius 1858 

ausschweifender Lustbarkeiten machte, wahrend 14) Ceionia Fabia, Schwester des Kaisers L. 

Marcus dort mit ernsten Regierungssorgen be- Aurelius Verus (Hist. Aug. Ver. 10, 4). Ihr Ge- 

schaftigt war (Ver. 8, 8. 9). Cberhaupt wird schlechtsname Ceionia, der bei den Schriftstellem 

sein Charakter oft in Gegensatz zu dem des Marcus nicht genannt wird , ergiebt sich nicht nur aus 

gestellt (Marc. 16, 3— 4; Diad. 7, 4), welcher aber ihrer Verwandtschaft (vgl. den Stammbaum o. 

in wohlwollender Weise die Fehler seines Bruders unter Nr. 7), sondern audi aus CIL VI 10643, 

zu verbergen oder zu verteidigen suchte (Marc. wo statt Chonia Fabia nach Dessau Ceionia 

15, 3). Aus dieser Verschiedenheit der Charaktere Fabia zu lesen ist. Wahrscheinlich war sie die- 

wurde daher mit Unrecht im Volksmund ein an- jenige Tochter des L. Aelius Caesar, mit der im 
geblich gespanntes Verhaltnis und gegenseitige 10 J. 136 n. Chr. auf Hadrians Wunsch der spatere 

Eifersucht abgeleitet, und daran fanden die Ge- Kaiser Marcus Aurelius verlobt wurde (Hist. Aug. 

riichte iiber Verus Schuld an Libos pletzlichem Marc. 4, 5. 2, 7), eine Verlobung, die nach Ha- 

Tode sowie iiber die Vergiftung des Verus durch drians Tod im J. 138 wieder aufgehoben wurde 

Marcus ihre Nahrung (Ver. 9, 1. 2. 10, 2. 11, (Hist. Aug. Marc. 6, 2; vgl. o. Bd. I S. 22821). 

2 — 4; Marc. 15, 5. 6. Vict. Caes. 16, 5. 6). Aber Auch war sie wohl diejenige Schwester des L. 

Verus war im Grunde seines Herzens doch gut Verus, die im J. 164 die Kaisertochter Annia Lu- 

und unverdorben. Seine, wenn auch genusssiich- cilia zur Vermahlung mit Verus nach Syrien be- 

tige und ubermutige (Ver. 4, 7), so doch heitere gleitete (Hist. Aug. Marc. 9, 4); denn sie stand 

und arglose Natur kannte keine Tiicke (Ver. 1, mit ihrem Bruder Verus in einem so vertrauten 
5. 2, 9), und so kam es, dass Pius ihn zwar nicht 20 Verhaltnis , dass Lucilla ihre einflussreiche Stel- 

liebte, aber ihm doch vertraute (Ver. 3, 6. 7); lung nicht ertragen konnte und dass sich das 

seine Herzensgiite wird ausdriicklich geriihmt (Hel. Geriicht verbreiten konnte, Fabia und Verus hatten 

7, 3), grenzte aber bisweilen wohl auch an Ein- einen Anschlag auf das Leben des Kaisers Marcus 

fait (Marc. 16, 4. 29, 6; Alex. Sev. 9, 1). Mit geplant (Hist. Aug. Ver. 10, 3—4; vgl. o. Bd. I 

Marcus hatte er wenigstens das eine gemein, dass S. 2315). Nach dem Tode der Kaiserin Faustina 

er seinen Lehrern, namentlich Fronto, Verehrung im J. 176 n. Chr. gab sich Fabia vergeblich Miihe, 

entgegenbrachte (vgl. Fronto p. 117. 136); aber durch Vermahlung mit Marcus Kaiserin zu wer- 

das Verhaltnis zwischen diesen beiden Mannern den (Hist. Aug. Marc. 29, 10; vgl. o. Bd. I S. 2301). 

blieb nicht immer vSllig ungetriibt (vgl. ep. I Ein angeblicher Sohn der Fabia tauchte unter 
1 p. 113 — 115); mitunter scheint der kaiserliche 30 Pertinax auf (Hist. Aug. Pert. 10, 2). 
Schuler mit dem Rhetor ein wenig geringschatzig 15) Ceionia Laena, Gemahlin des [L. Aurelius 

verkehrt zu haben (vgl. besonders p. 130 satis Nieomedes? qui et] Ceionius et Aelius voeitatus 

me ad veniam impetrandam pa/ratum esse arbi- est, CIL VI 1598 = Dessau 1740; vgl. Nr. 9. 
tror). Dahin gehOrt es auch, wenn der Schuler 16) Ceionia Plautia, Tochter des L. Aelius 

dem Meister gegeniiber in Sachen des Stils sich Caesar (o. Nr. 7), Schwester der Ceionia Fabia 

ein Urteil oder gar einen Tadel anmasst (vgl. (Nr. 14) und des Kaisers L. Aurelius Verus (Nr. 8), 

ep. I 1), obwohl er dazu nicht die geringste Ur- Gemahlin des Q. Servilius Pudens, der im J. 166 

sache hatte. Denn es wird in seiner Charakter- n. Chr. Consul ordinarius war (Ephem. epigr. V 

schilderung hervorgehoben, dass er der Rede nicht 532 = CIL VHI Suppl. 14852 = Dessau 330. 
ganzmachtigwar(Ver.lO,8), und einzelne lobende 40 CIG 5883 add. p. 1262 = IGI 1036; vgl. CIL 

Ausserungen Frontos iiber seine eloquentia in VIII 5354 = Dessau 1084), anscheinend auch 

Wort und Schrift (p. 87. 120. 121) sind sichtlich Mutter eines Q. Servilius Pudens (Ephem. epigr. 

von dem Stolz des Lehrers auf seine Lehrerfolge V 298 = Ephem. epigr. VH 95 = CIL Vin Suppl. 

und der Schmeichelsucht des HOfiings eingegeben; 12291 = Dessau 1085) und vielleicht einer Plau- 

ebensowenig kann etwas dagegen beweisen die tia Servilia (Lanciani Silloge aquaria nr. 48); 

Notiz von zweifelhafter Richtigkeit, dass er Trauer- vgl. den Stammbaum o. unter Nr. 7. 
spiele dichtete (Epit. de Caes. 16, 6). Vgl. auch [P. v. Rohden.] 

oben lib. 17ff.) In nachdiocletianischer Zeit haben die 

Litteratur s. o. Ie. [Stein*)] Caeionii keine viel geringere Rolle gespielt, als 

9) Ceionius (Nieomedes?), Gemahl der Ceionia 50 die Anicii (s. Bd. I S. 2198); auch ihnen wird 
Laena (CIL VI 1598 = Dessau 1740), s. o. Bd. II daher von den Script. Hist. Aug. kaiserliche Ab- 
S. 251 2f. Nr. 172 und unten Nr. 15. kunft zugeschrieben, indem sie den Stammbaum 

10) Ceionius Postumianus, Verwandter (ad- der Familie von Clodius Albinus ableiten (Alb. 
finis) des Kaisers D. Clodius Septimius Albinus, 4. 10, 6. 12,8. 13, 5. Seeck Jahrb. f. Philol. 
Hist. Aug. Clod. Alb. 6, 1. 1890, 633). Im 4. Jhdt. haben sie dem Reiche 

11) Ceionius Postumus , Gemahl der Aurelia wirklich einen Kaiser gegeben, da Iulian der Ab- 
Messalina, Vater des Kaisers D. Clodius Septi- triinnige miitterlicherseits von ihnen abstanrmte. 
mius Albinus, Hist. Aug. Clod. Alb. 4, 3. 6. Aber wahrend die Anicii schon fruh zum Christen- 

12) M. Ceionius Silvanus, Consul im J. 156 turn iibertraten, sind die mannlichen Caeionii bis 
n. Chr. mit C. Serius Augurinus , CIL VI 222 60 ins 5. Jhdt. der alten Religion teils treu ge- 
= Dessau 2161. Borghesi Oeuvres VIII 276 blieben, teils wieder zu ihr zuriickgekehrt. Unter 
und die Consularfasten. den weiblichen finden sich freilich desto eifrigere 

13) Marcia Aurelia Ceionia Demetrias (CIL Christinnen. Das Geschlecht zerfallt in drei Linien, 
X 5918 = Dessau 406) s. unter Marcius. von denen zwei sich dadurch auszeichnen, dass 
in ihnen Generation fur Generation die Namen 

*) Beniitzt wurde hiebei eine von v. Rohden Albinus und Volusianus wechseln, offenbar weil 

verfasste ziemlich vollstandige Zusammenstellung es Familiensitte war, den altesten Sohn immer 

des Materials. nach seinem Grossvater zu benennen ; in der drit- 

PauIy.Wlssowa III 59 



1859 Ceionius Ceionius 1860 

ten pflegt der Name Iulianus sich vom Vater auf Constantin hoch geehrt, den eigenen Beamten des 

den Sohn fortzuerben. Da das Gentilicium Publi- Kaisers als Muster genannt (Lib. a. 0.) und, um 

lius sich sowohl bei den Iuliani als auch bei den seinen verlorenen Rang wiederherzustellen, fur das 

Nachkommen des C. Caeionius Rufius Volusianus J. 325 zum Consuln ernannt. Vom 10. Mai 333 

findet, nicht aber bei denen des anderen Rufius bis zum 26. April 334 bekleidete er die Stadt- 

Volusianus, so scheint zwischen jenen beiden Li- praefectur (Mommsen a. 0.). Um 330 heiratete 

nien eine engere Verwandtschaft bestanden zu der Bruder des Kaisers, Iulius Constantius, seine 

haben. Ich habe daher angenommen, dass ihre Tochter Basilina in Constantinopel und zeugte 

Stammvater Bruder und jener andere Volusianus mit ihr den spateren Kaiser Iulianus, der nach 
ihr Vetter war, was freilich nichts weniger als 10 seinem mutterlichen Grossvater den Namen er- 

gewiss ist. In dem nebenstehenden Stammbaum, hielt (Lib. a. 0. Iulian. a. 0.). Erwahnt Hist, 

nach dessen Nummern sich die Aufzahlung im Aug. Firm. 2, 1. Die Urkunde, welche schon im 

Texte richtet, sind die bekannten Mitglieder des J. 316 einen Iulianus als Praefectus praetorio 

Geschlechtes zusammengefasst. Dire Reihenfolge nennt (Optatus ed. Ziwsa 212), ist gefMscht, 

ist in der Hauptsache die chronologische, die wir Seeck Ztschr. f. Kirchengesch. X 551. 
hier festhalten zu miissen meinten, da die Ver- 20) Basilina s. o. S. 98. 

wandtschaftsverhaltnisse meist zweifelhaft sind. 21) Caeionius Rufius Albinus, Sohn von Nr. 17 

Wo dieselben nach ausdriicklicher Uberlieferung (Dessau 1222), Praefectus urbis vom 30. Decem- 

festgestellt werden konnten, haben wir dies im ber 335 bis zum 9. Marz 337 (Mommsen Chron. 
Stammbaum durch fest ausgezogene Verbindungs- 20 min. I 68), Consul 335 (De Rossi Inscr. christ. 

linien ausgedriickt ; wo sie nur auf Combination urb. Rom. 41. Athan. ap. c. Ar. 75 = Migne Gr. 

beruhen, treten punktierte Linien ein. 25, 385. Larsow Die Festbriefe d. h. Athanasius 

17) C. Caeionius Rufius Volusianus wurde 95). In seiner Praefectur scheint er von Con- 
unter Carinus (282 — 284) Corrector Italiae (CIL stantin erwirkt zu haben, dass dieser dem romi- 
X 1655) und behielt dies Amt auch unter Dio- schen Senat die Wahl der Praetoren und Quae- 
cletian, so dass er es im ganzen acht Jahre lang storen iibertrug, fur welches Verdienst ihm eine 
bekleidete. Dann wurde er Proconsul Africae Quadriga errichtet wurde (Seeck Herm. XIX 
(Dessau 1213). Im J. 311 besiegte er als Prae- 196). Diese Ehre war zwar gross, aber doch 
fectus praetorio des Maxentius den Usurpator nicht so selten, wie ich fruher angenommen habe 
Alexander und eroberte Africa fur seinen Kaiser 30 (Cypr. de op. et elem. 21). Da ihn seine In- 
(Aur. Vict. Caes. 40, 18. Zos. II 14, 2), wofur er schrift philosophum nennt, ist er jedenfalls der- 
im September 311 mit dem Consulat belohnt selbe Albinus, von dem Boe'thius (comm. in Arist. 
wurde (Mommsen Chron. min. I 76. 231, vgl. neqi igfirjv. ed. sec. I 1) Biicher liber Dialektik 
67. Dessau 1222). Da aber nach dem Sturze und Geometrie kannte (vgl. Bd. I S. 1315). 

des Maxentius (312) alle Regierungshandlungen 22) Albinus, Vicarius Hispaniarum im J. 341 

desselben fur ungiiltig erklart wurden, so musste (Cod. Theod. XI 36, 5. Cod. lust. VII 62, 20), 

Volusian auf die Ehren und Wurden verzichten, Consul 345. Der Zeit nach wird man ihn mit 

die der Tyrann ihm verliehen hatte, weshalb auch einiger Wahrscheinlichkeit fur den Sohn von Nr. 18 

das erste Consulat und die Praefectura praetorio halten diirfen. 

in seinen fruhesten , unter Constantin gesetzten 40 23) Caeionius Italicus , Consularis Numidiae 

Inschriften nicht erwahnt werden (Dessau 692. im J. 343, CIL VIII 7012f. = Dessau 1235. 

1213). Doch stellte der Kaiser seinen Rang wieder 1236. Cod. Theod. XI 16, 5. Cod. lust. Ill 26, 6 

her, indem er ihm das Consulat fur 314 und die und mit falscher Datierung Cod. Theod. I 15, 3. 

Stadtpraefectur verlieh, welche er vom 8. Decern- Der Zeit nach konnte er der Bruder des Vorher- 

ber 313 bis zum 20. August 315 bekleidete gehenden sein. 

(Mommsen I 67. Dessau a. 0. Cod. Theod. V 24) C. Caeionius Rufius Volusianus, von den 

6, 1. XI 36, 2. XUI 5, 1. Cod. lust. XII 1, 2). Schriftstellern Lampadius genannt (Seeck Herm. 

Im J. 321 wurde er zum zweitenmal Praefectus XVIII 293), scheint nach dem genau iiberein- 

praetorio (Cod. Theod. XIII 3, 1. Cod. lust. IV stimmenden Namen der Enkel von Nr. 17 ge- 
35,21). Seinen Sohn nennt Dessau 1222. 50 wesen zu sein. Seine Charakterschilderung Amm. 

18) Rufius Volusianus war Stadtpraefect vom XXVII 3, 5ff. Im J. 355 war er Praefectus prae- 
28. October 310 bis zum 27. October 311 (Mo mm- torio Italiae (Amm. XV 5, 4. XXVII 3, 5. XXVin 
sen I 67). Von dem Vorhergehenden muss er 1,26. Zos. II 55, 3. Cod. Theod. XI 30, 26. 34, 
verschieden sein, da dieser um dieselbe Zeit in 2. 36, 12. Cod. lust. VI 22, 6) und beteiligte sich 
Africa commandierte und bei seiner Stadtpraefec- an der Intrigue , welche den Silvanus zur Usur- 
tur im J. 313—315 im Chronographen von 354 pation trieb (Amm. XV 5, 4). Im J. 365 be- 
keine Iteration vermerkt ist. kleidete er die Stadtpraefectur (Cod. Theod. I 

19) Caeionius Iulianus Camenius (Mommsen 6, 5. VI 4, 18. XI 14, I. 32, 1. Xn 1 , 67. 
Chron. min. I 68) war erst Praefectus Aegypti Cod. lust. I 19, 5. VII 39, 2). Durch seine 
(Iulian. bei Sokrat. Ill 3, 21), dann Praefectus prae- 60 grosse Eitelkeit verfuhrt, suchte er seinen Namen 
torio bei einem Kaiser, der von Constantin besiegt auf moglichst vielen Denkmalern anzubringen 
wurde(Liban.or.I524),wahrscheinlichbeiLicinius. (Amm. XXVII 3, 7), was zur Polge gehabt hat, 
Denn sein Verwandter, der Bischof Eusebius von dass aus seiner Praefectur noch jetzt sehr zahl- 
Nicomedia (Amm. XXII 9, 4), besass bei diesem reiche Inschriften erhalten sind (CIL VI 1170 
grossen Einfluss (Seeck Ztschr. f. Kirchengesch. — 1174. 3866. *535), und liess fur seine Bauten 
XVII 357). Nach dem Sturze des Tyrannen wur- den Handwerkern die Materialien ohne Bezahlung 
den auch die Wurden des Iulianus ungultig; doch wegnehmen. Dies erregte Aufstande, durch die 
wurde er, wie Volusianus (Nr. 17), von dem Sieger er aus der Stadt vertrieben wurde und bald sein 



oo 



17. C. Caeionius Rufius Volusianus 
cos. 311. 314 



21. Caeionius Ruflus Albinus 
cos. 335 



19. Caeionius Iulianus Camenins 
cos. 325 



18. Rufius Volusianus 
praef. urb. 310 



26. Volusianus 20. Basilina 28. Publilius Caeionius Iulianus 22. Albinus 23. Caeionius g 
vie. urb. 355 + 331 com. Or. 362 cos. 345 Italicus g- 



t 331 

verm, mit Iulius 

Constantius 



24. C. Caeionius Ruflus Volusianus qui et Lampadius 

praef. praet. 355 

verm, rait 25. Caecinia Lolliana 



Kaiser Iulianus 
t 363 



cons. Nnmid. 343 » 



27. Volusianus 
vie. urb. 365 



30. Publilius Caeionius 

Caecina Albinus 

cons. Numid. um 365 



2$). Lollianus 31. Alfenius Caeionius 32. Tarracius Bassus 33. Caeionius Rufius Albinus 
f 371 Iulianus Camenius praef. urb. nach 375 praef. urb. 389 

t 385 



34. Volusianus 35. Postumius 
com. r. p. 408 Iulianus 

t 385 



39. Caecina Decius Aginatius Albinus 
praef. urb. 414 



42. Plavius Caecina Decius Basilius 
cos. 463 



43. Albinus 

cos. 493. 



6. Caecina Decius 37. Caeionius Contucius 38. Laeta 

Albinus Gregorius verm, mit Iulius 

praef. urb. 401 cons. Piceni 400 Toxotius 



40. Ruflus Antonius Agrypnius Volusianus 41. Albinus 

praef. urb. 416. praef. urb. 426. 



oo 
til 



1863 Ceionius Ceionius 1864 

Amt niederlegen musste (Amm. XXVII 3, 8— 11). gestraft werden sollte (Amm. a. 0.), fuhrte er 

Im J. 371 war er noch am Leben (Amm. XXVIII aus, liess dabei den Presbyter, dem der Kirchen- 

1, 26). schatz anvertraut war, foltern (Sozom. V 8) und 

25) Caecinia Lolliana wird in einer Inschriffc schandete hohnisch die heilige Statte (Sozom. a. 
des Ligorius (CIL VI *535) als Gattin des Vo- 0. Theod. Ill 12. Joh. Chrys. a. 0. Job. mom 
lusianus genannt. Da die Namen Caecina und vit. S. Art. 23). Daher wurde die Krankheit, die 
Lollianus beide in der folgenden Generation im ibn bald darauf ergriff und ihm nach vierzig- 
Geschlechte der Caeionii auftreten, kann jener tagiger Dauer (Philost. VII 10) bald nach dem 
notorische Falscher die Inschrift nicht ganz er- 9. Marz 363 (Cod. lust. VIII 35, 12. Amm. XXIII 
funden haben, sondern die Namen der Ehegatten 10 1, 4. Iul. 365 C) das Leben raubte, von den Christen 
miissen dem Fragment einer echten entnommen als Strafe Gottes betrachtet (Theod. hist. eccl. in 
sein, das er nur arg interpoliert hat. Diese Lol- 13. Joh. Chrys. a. 0. Sozom. V 8. Philost. VII 
liana muss zu den Postumii in verwandtschaft- 10. 12). Seine christliche Gattin erwahnt Theod. 
lichen Beziehungen gestanden haben , denn sie HI 13, 2. An ihn gerichtet Mian, epist. 13, er- 
war die Erbin eines Postumianus (Symm. rel. 30), wahnt Lib. ep. 648. 

und bald nachher rinden wir die Pamilien der 29) Lollianus, Sohn des Lampadius, wurde 

Caeionii und Postumii in eine verschmolzen (Hist, urn 371 als Jiingling wegen Zauberei hingerichtet, 

Aug. Alb. 4, 1—3. 13, 5. Seeck Jahrb. f. Philol. Amm. XXVIII 1, 26. 

1890, 633). Zu den Nachkommen der Caecinia 30) Publilius Caeionius Caecina Albinus. Der 
Lolliana werden daher wohl audi Euflus Postu- 20 Name Caecina zeigt, dass er ein Sohn der Cae- 

mius Felix und Postumius Lampadius (Seeck cinia Lolliana urid folglich Bruder des Lollianus 

Symmachus p. CLXXXVI. CC) gehfirt haben, war. Er war etwa gleichalterig mit Symmachus 

welche die Namen ihres Gatten Rufius und Lam- (geb. um 340) und mit ihm durch erige Gemein- 

padius mit dem Postumiusnamen verbinden. Viel- schaft der Studien und Ansichten verbunden (Ma- 

leicht waren es S6hne ihrer TCchter. crob. sat. I 2, 15; an ihn gerichtet Symmach. ep. 

26) Volusianus, Vicarius urbis im J. 355, VHI 25). Beide waren auch Heiden und Ponti- 
Cod. Theod. Ill 12, 2. Der Zeit nach kSnnte er flees, doch heiratete Albinus eine christliche Frau 
der Sohn von Nr. 19 gewesen sein. und liess seine Tochter Laeta in deren Glauben 

27) Volusianus, Vicarius urbis im J. 365-366, erziehen (Hier. ep. 107, 1 = Migne L. 22, 867). 
Cod. Theod. XIV 6, 3. Auch VEH 5, 22 dfirfte 30 Um 365 war er Consularis Numidiae. Nach der 
auf ihn zu beziehen sein, Seeck Symmachus ubergrossen Zahl von Inschriften, die er dort 
p. CLXXX Anm. 915. Auch seine Einordnung hinterlassen hat, muss er die Leidenschaft seines 
in den Stammbaum beruht nur auf chronologi- Vaters, sich in Stein zu verewigen, geerbt haben 
schen Erwagungen. " (CIL VIII 2242. 2388. 2656. 2735. 4767. 6975. 

28) Publilius Caeionius Iulianus (CIL VI 7975.' Ephem. epigr. V 729. 907. VII 457). Im 
1159. Henzen 5130), nratterlicher Oheim des Dialog des Macrobius ist er einer der Haupt- 
Kaisers Iulian (Philost. VII 10. 12. Joh. mon. sprecher, ein Zeichen, dass er zu den hervor- 
vit. S. Artemii 23 = Mai Spicil. Rom. IV 357. ragendsten Vertretern der heidnischen Bildung 
Amm. XXIII 1, 4. Iul. misop. 365 C. 371 A; ep. gehfirte. Im J. 396 lebte er noch. Symm. ep. 
10 p. 380 B. Lib. epist. 648. Theod. hist. eccl. 40 VIII 25. 

Ill 11, 5). Um das J. 355 bekleidete er ein stadt- 31) Alfenius Caeionius Iulianus Camenius, 

rOmisches Amt, vielleicht die Cura statuarum (CIL geboren 343, nach seinem Namen als Enkel von 

VI 1159) ; dann war er Corrector Tusciae et Um- Nr. 19 zu betrachten , Consularis Numidiae, Vi- 

briae (Henzen 5130). Unter derRegierung seines carius Africae im J. 381 (Cod. Theod. XII 1, 84), 

Neffen wurde er Comes Orientis (Cod. Theod. Ill bekleidete neben dem Pontiflcat, dem Septemvirat 

1, 3. XII 1, 51. 54. Cod. lust. VIII 35, 12. IV und dem Quindecimvirat noch eine Menge von 

63, 1) und erwarb sich durch seine treffliche Amts- Priestertiimern , wodurch er sich , gleich seinem 

running (Iul. 365 C) und den Eifer, mit dem er Vater, als eifrigen Anhanger des heidnischen 

in Antiochia den Circusrennen beiwohnte (Iul. Glaubens documentiert. Um 371 wurde er in den - 
340 A), grosse Popularitat. Anfangs Christ, fiel 50 Process seines Vetters Lollianus (Nr. 29) ver- 

er dem Kaiser Iulian zu liebe zum Heidentum wickelt, aber freigesprochen (Amm. XXVHI 1, 27). 

ab (Philost. VII 10. Joh. mon. a. O.) und zeigte Er starb im J. 385, eine Frau und Kinder hinter- 

im Kampfe fur seine neue Religion einen Eifer, lassend, Dessau 1264. CIL VI 1675. 

der noch tiber den seines Neffen hinausging (So- 32) Tarracius Bassus, Bruder des Vorher- 

zom. V 7. Joh. mon. a. 0. Joh. Chrys. de Babyl. gehenden und mit ihm 371 das gleiche Schicksal 

17 ; de laud. Pauli IV; in Matth. IV 1 = Migne Gr. teilend (Amm. XXVIII 1, 27). Spater wurde er 

50, 558. 489. 57,41. Lib. ep. 607; vgl. Sievers Praefectus urbis, jedenfalls nach 375, da er in 

Libanius 106 Anm. 20). Als am 22. October 362 der Praefectenreihe des Ammian nicht mehr vor- 

der Tempel des daphnensischen Apollon abbrannte kommt, Amm. a. 0. Henzen 6430. Seeck Herm. 
(Amm. XXII 13, 1) und ihm als hOchstem Be- 60 XVHI 289. 

amten von Antiochia dies gemeldet wurde (Joh. 33) Caeionius Rufius Albinus (Dessau 789), 

mon. vit. S. Artemii 56), leitete er die Unter- Praefectus urbis Romae 389—391 (Cod. Theod. 

suchung gegen die Christen, auf welche sich der II 8, 19. IX 10, 4. 16, 11. XI 30, 49. XII 16, 1. 

Verdacht der Brandstiftung lenkte, mit grosser XIV 4, 5. 6. XV 1, 27. 2, 5. XVI 5, 18. 10, 10. 

Harte (Theod. hist. eccl. IH 11, 5. Amm. XXII Cod. lust. VI 1, 8). Da seine Inschriften ihn 

13, 2). Den Befehl des Kaisers, die grosse Kirche iterum vice sacra iudicans nennen, muss er schon 

von Antiochia zu schliessen und ihren Besitz ein- vorher ein Amt bekleidet haben, das mit Appella- 

zuziehen, wodurch das vermeintliche Verbrechen tionsgerichtsbarkeit ausgestattet war, vielleicht 



1865 Oeionius Celadus 1866 

den Proconsulat von Africa. Ambrosius richtete des spateren Papstes Leo mit ihm versohnte (Prosp. 

an ihn eine Schrift (Eulog. bei Phot. 271b 29 chron. 1341 = Mommsen Chron. min. I 478). 

Bekker). Macrobius (bei dem I 2, 16. 4, 1 Rufius 443 — 448 war er Praefectus praetorio Italiae, 444 

Albinus (iberliefert, an alien andern Stellen so Consul, seit 446 Patricius, Nov. Val. 2, 3. 12. 

fur Furim zu schreiben ist) fiihrt ihn alsSprecher 13. 17. 18. 20—22. 24. 25. 

in seinem Dialog ein. Im J. 416 lebte er noch, 40) Kufius Antonius Agrypnius Volusianus 

But. Nam. I 168. (CIL VI 1194. 1661), Sohn des Albinus (Rut. 

34) Volusianus, Comes rerum privatarum im Nam. I 168). Schon als Knabe wurde er Pro- 
J. 408 (Cod. Theod. V 14, 7; den Titel des Amtes consul Africae, dann Quaestor sacri Palatii, 416 
vir illustris legt ihm auch August, epist. 132. 10 Praefectus urbis Romae (But. Nam. I 167ff. CIL 
136. 137. 138 ; de fide spe et carit. 10, 34 = Migne a. 0.). Zum zweitenmal bekleidete er dasselbe 
L. 33, 508ff. 40, 249 bei). Der Zeit nach scheint Amt im J. 421 (Ha en el Corpus legum 240); 
er ein Sohn von Nr. 30 gewesen zu sein; auch dann wurde er 428 — 429 Praefectus praetorio 
spricht dafiir, dass seine Mutter Christin war und Italiae (Cod. Theod. I 10, 8. VII 13, 22. XI 1, 
sich um seine Bekehrung bemuhte (August, ep. 35. XII 6, 3J. Cod. lust. I 14, 4. XI 71, 5). 
132. 136). Er selbst stand mit dem ganzen Hohn 41) Albinus, Praefectus urbi 426 (Cod. Theod. 
des rhetorisch und philosophisch Gebildeten der VI, 7), vielleicht auch Praefectus praetorio 430 
neuen Religion gegeniiber, wie der von ihm ge- (Haenel Corpus legum 241), kSnnte einjilngerer 
schriebene Brief bei August, ep. 135 (vgl. 136) Bruder von Nr. 40 gewesen sein. 

zeigt. Dass er der Vater der jiingeren Melania 20 42) Flavius Caecina Decius Basilius , s. B a- 

war und von ihr bekehrt wurde (Bar onius Ann. sileios Nr. 6. 

eccl. V 728), ist nach allem, was sonst fiber deren 48) Albinus , Consul 493, s. Bd. I S. 1316. 

Familie bekannt ist, wenig wahrscheinlich. 44) Caeionius Apronianus, s. Bd. II S. 273 Z. 1. 

35) Postumius Iulianus starb, ohne ein Amt [Seeck.] 
bekleidet zu haben, im J. 385 (CIL XIV 2934). Ceio(s), angeblicher Ortsname im Marruciner- 
Da er den Namen Iulianus, der bei einem Zweige lande, zwischen Teate und den Ostia Aterni, Tab. 
der Caeionii vorkommt, mit dem Gentilicium Po- Peut. Geogr. Rav. IV 35 p. 281 P. Wohl Corruptel. 
stumius verbindet, so ist zu vermuten, dass er [Hiilsen.] 
von Nr. 25 abstammte ; der Zeit nach diirfte er Ceire, eine geraumige Hohle in Moesia inferior 
ihr Enkel gewesen sein. 30 (Dio LI 26) ; in diese hatten sich im J. 28 v. Chr. 

36) Caecina Decius Albinus, von den Schrift- vor M. Licinius Crassus Geten mit ihren Herden 
stellern, um ihn von seinem damals noch leben- gefliichtet. Der Proconsul liess die schwer er- 
den Vater Nr. 30 zu unterscheiden, nur Decius reichbaren Zugange vermauern, so dass die Ein- 
genannt (Macrob. sat. I 2, 3), beteiligte sich, viel- geschlossenen verschmachten mussten. A. Furt- 
leicht in der Umgebung des Stilicho, an mehreren wangler Intermezzi 64 glaubt eine Metope (nr. 8) 
Feldziigen (Symm. ep. Vn 38), war Consularis von Adam-Klissi darauf beziehen zu kOnnen. J. 
Numidiae (CIL VIII 7034. 7035), verwaltete dann Jung RSmer und Romanen in den Donaulandern 2 
398 Campanien (Symm. ep. VII 40), wahrschein- 9. Rosier Rom. Studien 31. H. Schiller Gescb. 
lich mit dem Titel eines Proconsuln (vgl. CIL VI der rSm. Kaiserzeit I 235. [Patsch.] 
1679), da er Symm. ep. VI 23 vir speetabilis ge-40 Celadon s. Keladon. 

nannt wird. Gleich darauf wurde er Quaestor Celadus. 1) Kiistenfiuss im nordOstlichen Hi- 

sacri palatii und bekleidete das Amt mindestens spanien zwischen dem Avo und Nebis (noch jetzt 

bis 399, vielleicht bis 401. Dann war er 401 Avo und Neyva), jetzt Cavado, nur bei Mela in 

und 402 Praefectus urbis Romae (Dessau 796. der auf Poseidonios und Varro beruhenden Auf- 

Seeck Symmachus CLXXXII). An ihn gerichtet zahlung der kallaekischen Kiistenflusse genannt 

Symm. epist. VII 35—52. IX 103. (Ill 10); vielleicht Ksvadoe und mit volksetymo- 

37) Caeionius Contucius Gregorius Consularis logischer Umbildung Cavatus, der ausgehshlte. 
Piceni im J. 400 (CIL VI 1706), Sohn des Al- ' [Hubner.] 
binus Nr. 30, wie aus den an ihn und seinen 2) KsXadog, kaiserlicher Preigelassener , den 
Vater gerichteten Briefen Symm. VIII 25. 26 her- 50 Augustus besonders schatzte (Suet. Aug. 67). Er 
vorgeht. iibertrug ihm unter anderm auch die Mission, 

38) Laeta, an die Hieron. ep. 107 = Migne den Ps.-Alexander zu entlarven und nach Rom zu 
L. 22, 867 gerichtet ist, wo auch ihr Vater, ihr bringen, da C. den wirklichen Alexander, den 
Gatte und ihre Tochter genannt werden ; vgl. Sohn des Herodes, kannte (Joseph, ant. XVII 332 ; 
Toxotius. bell. Iud. II 106 — 110). Das geschah zwischen 

39) Caecina Decius Aginatius Albinus gehorte den J. 747 = 7 (in welchem Alexander getotet 
nach seinen Namen zu den Abkemmlingen von wurde) und 750 = 4 (in welchem Herodes starb ; 
Nr. 30 (vgl. Nr. 36). Da der Sohn eines Albinus vgl. Schiirer Geschichte d. jiid. Volkes I 340ff. 
regelmassig Volusianus zu heissen pflegt und um- Mommsen R. G. V 505). Somit kann sich die 
gekehrt, habe ich in ihm den Sohn von Nr. 34 60 Inschrift CIL XIV 3524 nicht auf ihn beziehen, 
vermutet. Um 414 folgte er fast noch als Knabe da hier ein Preigelassener der Livia genannt ist, 
dem Dichter Rutilius Namatianus in der Stadt- der das Gentile Iulius fiihrt (sein libertus heisst 
praefectur von Rom (Rut. Nam. I 466. Olymp. M. Iulius Celer), also nach dem J. 14 n. Chr. 
frg. 25. Cod. Theod. XIH 5, 38. CIL VI 1659. freigelassen wurde, in welchem Livia durch das 
1703 p. 860, 98). Seine Villa bei Vada Volater- Testament des Augustus in die Gens Iulia auf- 
rana erwahnt Rut. Nam. I 466. Wahrscheinlich genommen wurde (Tac. ann. 18. VI. VI 51). 
ist er identisch mit dem Albinus, der 440 mit Moglicherweise ist aber der dort Genannte iden- 
Aetius in Streit geriet, sich aber durch Vermittlung tisch mit dem Celadus Divae August(ae) l(ibertus), 



1867 Celadussae Celer 1868 

CIL VI 23838. Auch sonst begegnet der Name cani (11699). Vgl. Mommsen CIL III p. 626. 

C. auf Inschriften von Libertinen sehr haufig. 628. 631. 1830. Die Inschriften geben auch Kunde 

[Stein.] von dem Knit der gleichnamigen Gfittin aus 

3) Grammatiker bei Iuv. sat. VII 215, sonst spaterer Zeit: CIL III 5154 (Cilli, aus dem J. 213) 

unbekannt. [Groag.] Celeiae Augfustae) P. Aelius Verinus bf. eos. 

Celadussae nennt Plin. n. h. Ill 152 contra pro se et suis. 5185 (J. 215) IfoviJ o(ptvmo) 

Iader est Lissa, et quae appellatae, contra Li- m(aximo) eonser(valori) Arubiano et Cel(eiae) 

burnos Crateae aliquot nee pauciores Libumicae, saneftaej Vibfius) Cassius Vietorinus bf. eos. 

Celadussae eine dalmatinische Inselgruppe: nach leg. II Ita(licae) p(iae) f(idelis) Antoninian(a)e. 
Kiepert Formae orbis antiqui XVII jetzt die 10 5187 (J. 211) I. o. m. et Cel. sanet. 0. Licinius 

Inseln Incoronata nnd Kurba und die umliegenden Bellieianus bf. leg. II Ita. p. f. pro se et suis 

Skoglien Lerrnaka, Iadra, Lavsa, Smokvica u. s. w. v. s. I. m. 5188 (J. 217) I. o. m. et Cel(eiae) 

Bei Apoll. Bhod. IV 563 und Mela II 114 kommt et Noreiae sanetfaje Buffius) Senilis bf. cos. pro 

eine Insel Dyskelados in der Adria vor; nach se et suis v. s. 1. m. 5192 I. o. m. Eponae et 

ersterem fuhren an ihr ebenso wie an Issa und Celeiae sanetae. [Ihm.] 

Unvsia die Argonauten vorbei, ehe sie Korkyra Cel elates, ein ligurischer Stamm siidlich vom 

erreichten. Vgl. H. Cons La province Eom. de Padus, nicht weit von Clastidiurn (Casteggio), Liv. 

Dalmatie 212. A. Bauer Arch.-epigraph. Mitt. XXXII 29. [fililsen.] 

XVIII 132, 5. F. Bulid Bullettino Dalmato IX Celemna(e) , Ort in Campanien, zusammen 
105f. [Patsch.] 20 mit Bufrae (Presenzano zwischen Teanura und 

Cel am a , Stadt in Mauretania Caesariensis, Venafrum) und Batulum (o. S. 149) zusammen 

Ptol. IV 2, 22, s. Calama Nr. 2. [Dessau.] genannt von Verg. Aen. VII 739; nach Servius 

Celamantia, Stadt in Germania Magna bei z. d. St. mit einem Heiligtum der Iuno. Lage 

Ptol. II 11, 30 (Kelaftavtla, Var. KeX/iavria, Kala- nicht nachzuweisen. [Hiilsen.] 

ftavria,KeksfiavTia), das heutigeComorn? [Ihm.] Celena, Station der Strasse Sirmium (Mitro- 

CelbiSj Nebenfluss der Mosel, die Kyll. Auson. vica)-Cibalae (Vinkovci) in Pannonia inferior 

Mos. 359 — 361 Te rapidus Celbis (so Scaliger, (Itin. Hieros. 562, 3 mutatio Celena, wohl iden- 

gelbis nnd belgis die Hss.) , te marmore clarus tisch mit Tab. Peut. Gansilena und Geogr. Bav. 

Erubris festinant famulis quam primum ad- 216, 12 Ansilena). Vgl. A. Holder Altkelt. 
lambere lymphis: nobilibus Celbis (eelsis die 30 Sprachschatz s. Cansilena und Celena. Kiepert 

Hss.) celebratus piscibus. Desjardins Geogr. Formae orbis antiqui XVII. CIL III p. 422. Nach 

de laGauleI133. Bergk Zur Gesch. u. Topogr. W. Tomaschek Mitt, der geogr. Gesellschaft 

d. Bheinlande 34. " [Ihm.] in Wien 1880, 498 jetzt Orolyk. [Patsch.] 

Celciaui, KeXxiavot, unter den iberischen Celeni s. Cileni. 
Volkerschaften an der Slid- und Ostkiiste nur von Celentuin (Geogr. Bav. 408, 13) s. Colentum. 
Herodor von Herakleia iv rfj Senary xwv xaff Celer, romisches Cognomen, s. Arruntius 
'HQaxMa nach den Mastienern (s. d.) und vor dem Nr. 15, Asinius Nr. 10, Bovius Nr. 1, Caeci- 
Bhodanos genannt (Steph. Byz. s.'IfSrjQia p. 323, lius Nr. 38f., Caninius Nr. 2, Carrinas Nr. 4, 
17). Die iberische Aufschrift der haufigsten unter Cassius Nr. 36, Catius Nr. 6, Claudius, 
den iberischen Miinzen, des Silbers von Osca, 40 Cornelius, Corvinus, Domitius, Egnatius, 
ElSthn, Celsitkanum, enthalt vielleicht denNamen Insteius, Lartidins, Maecius, Magius, No- 
des sonst nirgends erwahnten Volkes (Mon. ling, nius, Petronius, Propertius, Boscius,Bu- 
Iber. nr. 47). [Hlibner.] fus, Velius. 

Celegeri , ein Volksstamm in Moesien , den 1) us M. f. Terfetina) Celer, . . .[Xvir 

Plin. n. h. Ill 149 neben den Dardani, Triballi, stli]tibusiudican(dis),q(uaestor) Hi co(hJ- 

Timachi und Moesi anfiihrt. Nach W. Toma- s(ulis) — Hirschfeld bei Mommsen St.-B. IIS 

schek Die alten Thraker I 87 (vgl. II 2, 85) 1075, 3 denkt an L. Eubellius Geminus cos. ord. 

soil ihr Name Hchlen- oder Huttenbewohner be- 29 n. Ch.; Dessau vermutet ansprechender, dass 

deuten; A. Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. ein Camillas, vielleicht Arruntius Camillus cos. 
rechnet ihn dagegen zu den Kelten. [Patsch.] 50 ord. 32, genannt war — , legatus missus [a Ti. 

Celeia, Stadt in Noricum (Plin. n. h. Ill 146. Augusto (?) cjum A. Plautio (cos. suff. 29) in 

Ptol. II 13, 3 K&eia. Tab. Peut. Celeia. Itin. Apulia . . . [ad servos tojrquendos, aed(ilis) Ceria- 

Ant. 129 Celeia eivitas. Itin. Hier. 560 Civitas lis, . . . [leg(atusj] . . . a(v)unculi sui provineia . . . , 

Celeia) , jetzt Cilli im Sannthal. Seit Claudius [leg.] . . . Carnilli in provineia . . . , [procos. 

hiess sie Claudia Celeia (Plin. a. O. u. Inschriften, projmneiam Cretam et Cyrenas [obtinuit, legattis 

2. B. CIL III 2746. 5143 u. 8., die Zeugnisse voll- Majreiani consobrini sui in provineia [Hispa- 

standig bei Holder Altcelt. Sprachschatz s. jX ni]a ulteriore. Auf einer Seite abgebrochene In- 

munipium C. CIL m 5227 (bios C. CIL Hi schrift aus Allifae CIL IX 2335 = Dessau 961. 

2746. 4754 u. o.). Das Ethnikon Celeianus IH [Groag.] 
5197 u. 8., Celeiensis VI 1569, spat Celensis III 60 2) Celer, Militartribun in Iudaea unter dem 

5159. Nach Ausweis der Inschriften scheint sie Procurator Ventidius Cumanus. Bei einem Streit 

zur Tribus Claudia gehert zu haben (VI 2382. zwischen Juden und Sainaritanern musste er gegen 

2619. Brambach CIBh. 1229 u. 6. Kubit- die Juden einschreiten und wurde deshalb nebst 

schek Imp. Bom. trib. discr. 224). Von Magi- dem Procurator und einigen angesehenen Juden 

straten werden erwahnt duoviri iure dieundo und Samaritanern von dem damaligen Statthalter 

(CIL III 5116 u. 6.), aediles (5143. 5225), quae- von Syrien, C. Ummidius Durmius Quadratus, zur 

stores (5143); oft deeuriones. Femer eultores Vcrantwortung nach Bom geschickt, wo ihn Kaiser 

Genii Anigemii (5157), Mercurii (5196), Vol- Claudius zum Tode verurteilte. Er wurde nach 



1869 Celer Celerinus 1870 

Jerusalem zuriickgebracht, zur Schmach dem Volke 13) Verfasser rhetorischer Schriften (zexvoyed- 

vorgefiihrt und dann enthauptet, 52 oder Anfang epos Philostr. Vit. soph. I 22, 3 p. 37, 13 Kayser), 

53 n. Chr., Joseph, ant. Iud. XX 132—136; bell, kaiserlicher Secretar bei Hadrian oder einem der 

Iud. II 244 — 246; vgl. Tac. ami. XII 54. beiden ersten Antonine (Aristid. or. XXVI 519 

3) P. Celer, romischer Ritter, rei familiari Dindf.; vgl. Marc, slg eavz. VIII 25); ihm gehorte 
impositus (= procurator rei privatae von Asia), eine (isXkxt) ('AQaonag 6 zijg Ilavfteiag sqcov), 
vergiftete auf Befehl Neros im J. 54 den Pro- welche falschlich von manchen dem von Jugend 
consul Asiae , M. Iunius Silanus. Auch spater an mit ihm verfeindeten Dionysios von Milet bei- 
liess er sich noch eine Reihe von Gewaltthatig- gelegt wurde (Philostr. a. a. 0.); auf ihn bezieht 
keiten und Verbrechen zu Schulden kommen, bis 10 sich wohl auch der von Adrianos von T3T0S ver- 
er von den Provincialen angeklagt wurde. Nero fasste naQaiivdrjxixbg slg KiieQa (Suid. s. 'Adgia- 
konnte ihn zwar nicht freisprechen , schob aber vog ao<p.). Vgl. auch Friedlander S.-Gesch. 
den Process so lange hinaus, bis C. seiner Ver- 16 187. T euff el-Sch wabe R. Litt.-Gesch. 
urteilung durch den Tod zuvorkam, im J. 57, § 352, 3. [W. Schmid.] 
Tac. ann. XIII 1. 33. 14) Celer und Severus, von Tac. ann. XV 42 

4) Celer, rOmischer Ritter, der unter Domi- als Architekten oder Ingenieure Neros genannt, 
tian die vestalische Jungfrau Cornelia schandete die nach dem Brande Roms den Palastbau und 
und dafiir trotz der Beteuerung seiner Unschuld die damit verbundenen Parkanlagen entworfen 
patrio more getotet wurde, Plin. ep. IV 11, 10. und geleitet haben und die Ausfuhrung des von 
Suet. Domit. 8 ; vgl. Dio LXVII 3, 3. [Stein.] 20 Nero projectierten Canals zwischen dem Lacus 

5) Celer , Statthalter von Hispania citerior Avernus und der Tibermiindung ubernehmen woll- 
oder Legat eines solchen zu Martials Zeit, Mart, ten (uber eine falschlich auf den Architekten C. 
VII 52. [Groag.] bezogene Inschrift vgl. die Bemerkung zu CIL 

6) Celer (Nonius Celer haben die Ausgaben VI 14647). Vgl. Promis Atti d. R. Accad. To- 
vor Aldus Manutius, was in der Uberlieferung rino 1873, 137, der vermutet, dass C. und Se- 
nicht begriindet ist); an ihn schreibt Plin. ep. verus aus Florentium waren, wo diese Cognomina 
VII 17. im 1. Jhdt. besonders haufig vorkommen. 

7) Celer, Praefectus praetorio unter Gordian III., [Fabricius.] 
Cod. lust. I 54, 3 (Rescript, datiert vom 13. Sep- Celeres. Ursprunglich die technische Bezeich- 
tember 239) Imp. Gordianus A(ugustus) Celeri 30 nung der romischen Reiterei , wie der tribunus 
pfraefectq) pfraetorio). Allerdings fehlt in den celerum (s. d.) beweist; vgl. Festus ep. p. 55. 
meisten Hss. das p. p. , aber der Inhalt des Re- Plin. n. h. XXXIII 35. Dion. Hal. II 13. 64. 
scripts scheint doch dafiir zu sprechen , dass C. Serv. Aen. XI 603. Daher blosses Missverstandnis, 
wirklich Praetorianerpraefect war; vgl. Borghesi wenn bei Livius I 15, 7 celeres als Leibwache 
Oeuvres X 124. [Stein.] neben den Reitern I 13, 8 erscheinen. Ebenso 

8) Celer, Eescripte an einen C: Cod. lust. V Zonar. VII 3, 4. Plut. Rom. 26; Num. 7. Momm- 
25, 2 (161 n. Ch.). Cod. lust, VI 35, 1 = Ulp. sen St.-R. II 106. Marquardt St.-Verw. II 322. 
Dig. V 3, 20, 12 (204 n. Ch.). Cod. lust. I 54, 3 [v. Domaszewski.] 
(239 n. Chr.). Cod. lust. V 65, 2 (239 n. Chr.). Celeret, in Hispania citerior, Station der 

9) Celer Verianus (Peter corrigiert: Vene- 40 romischen Strasse zwischen Lucentum und Sae- 
rianus) soil von Gallienus nach dem Sieg uber tabis an der Ostkiiste, nur beim Geogr. Rav. er- 
Ingenuus (258 n. Chr.) beauftragt worden sein, wahnt (304, 12 Celeret und 343, 3 Celeri, Guido 
die mannliche Bevolkerung Pannoniens umzu- Ceteris). Der Name ist vielleicht nicht richtig 
bringen, Hist. Aug. Tyr. trig. 9, 5 — 9. Das Schrei- iiberliefert. [Hubner.] 
ben ist wahrscheinlich unecht. Celerianus. 1) S. Calpurnius Nr. 30. 

10) Celer, Beiname folgender Consuln der 2) [CJelerianus, [praef(ectus) vehieulorum] , 
Xaiserzeit: aus dem Beginn des 3. Jhdts., Not. d. scavi 1884, 

a) Ser. Asinius Celer, cos. suff. 38 n. Chr. mit 308 = CIL VI Suppl. 31370. Vielleicht derselbe 
. . tonius Quintilianus. ist der in der entsprechenden Inschrift aus dem 

b) L. Pompeius Vopiscus C. Arruntius Ca- 50 J. 226 n. Chr. (Not. d. scavi 1883, 457 nr. 21 
tellius Celer, cos. suff. c. 72 mit M. Arruntius = Bull. com. XII 1884, 9 nr. 710 = CIL VI Suppl. 
Aquila, 31 369) erwahnte [praef. vehieulorum] [? Uljpius 

c) L. Roscius Aelianus Maecius Celer, cos. Celer [ianus] . [Stein.] 
suff. 100 mit Ti. Claudius Sacerdos Iulianus. Celerinenses, Bewohner einer Ortschaft in 

d) M. Maecius Celer, cos. suff. 101 mit Q. Ser- Africa, von der ein Bischof im J. 411 (coll. Carth. 
vaeus Innocens. [Groag.] c. 180 bei Mansi Act. concil. IV 135 = Migne 

11) Proconsul Africae im J. 429 (Cod. Theod. XI 1325) erwahnt wird. [Dessau.] 
XI 1, 34. 30, 68. XII 1, 185. 186). Wahrschein- Celerinus. 1) S. Cuspidius, Pompo- 
lich ist dies derselbe C, an den August, epist. nius. 

56. 57 = Migne L. 33, 223 gerichtet sind. Dieser60 2) Celerinus, Praefect von Agypten (Meroen 

besass in Numidien ausgedehnten Grundbesitz (57, iussus Nilumque tueri) unter der Regierung des 

2); sein Sohn hiess Caecilius (57, 1). Er hatte Carus (282—283 n. Chr.), nach dessen Tod ihm 

Neigung zum Donatismus gezeigt, und Augustin von den Soldaten die Herrschaft angeboten, aber 

ist in jenen Briefen bemuht, ihn ganz fur die von ihm zuriickgewiesen wurde. Als seine Enkelin 

katholische Kirche zuriickzugewinnen. [Seeck.] (oder Urenkelin) wird Celerina genannt, welche 

12) Magister officiorum unter Kaiser Anasta- um 400 n. Chr. Palladius heiratete, Claud, epith. 
sius im J. 517 nach Cod. lust. IV 29, 21. Pall. v. 72ff.; vgl. Birt p. XLVf. [Stein.] 

[Hartmann.] 3) Confessor in Rom, spater Lector in Ear- 



1871 Celeritas Cella 1872 

thago und von Cornelius in dem Brief an Fabius 1. 1. V 162. Pest. ep. p. 66, 9. Serv. Aen. I 433). 

von Antiochien als Gegner des Novatian genannt Aus der Form cellarium ist auch unser deutsches 

(Euseb. hist. eccl. VI 43, 6). Mehrere Briefe, Wort Keller hervorgegangen (Kluge Etymolog. 

die er aus dem Gefangnis heraus geschrieben WOrterb. d. dschn. Spr.5 1893). Doch ist von den 

hat (Cypr. ep. 21, 1), sind verloren, werden rOmischen Schriftstellern (nur Varro bei Gell. II 

anch schwerlich im 5. Jhdt. noch als Quelle fiir 10, 3 sagt celiac quaedam fiir favisae) mit c. nie 

die passio Cornelii (s. Harnack Altchristl. Lit.- ein Keller in unserem Sinne, d. h. ein unter einem 

Gesch. I 650) vorhanden gewesen sein ; erhalten Gebaude liegender, unterirdischer Aufbewahrungs- 

ist ein Brief des freien C. an den karthagischen raum bezeichnet , obwohl dem nichts im Wege 
Confessor Lucianus, unter Cyprians Briefen nr. 21. lOgestanden hatte. Solche Keller finden wir nam- 

Die vulgare Sprache macht den Brief besonders lich iiberhaupt in der griechisch-rOmischen Lit- 

interessant, doch ist der Text bei Hartel Cypr. teratur nur selten erwahnt. Doch scheint sich 

op. omn. II 529ff. nach dessen eigenen Anwei- ein der Aufbewahrung von Schatzen dienender 

sungen in der Praefatio zu t. Ill p. XLVIIIf. von Keller schon in dem Palaste des Priamos (Horn. 

den glattenden Correcturen schlechterer tJberliefe- II. XXIY 191) und ein zur Aufbewahrung von 

rung erst zu befreien. Sonst vgl. Cypr. epist. 22. Gold, Erz , Kleidern, 01 und Wein dienender in 

27, 3. 37, 1. 39. [Julicher.] dem Hause des Odysseus (Horn. Od. II 337) be- 

4) Caclerina , mit C. Prastina Pacatus (cos. funden zu haben. Unter den Trummern von My- 
147 n. Chr.) Patronin eines Freigelassenen (CIL kenai befanden sich noch zur Zeit des Pausanias 

X 2888, vgl. Add. p. 972 Puteoli), daher wohl20(II 16, 6) die unterirdischen Schatzkammern, foro- 
Schwester oder Gemahlin des Pacatus. yata olxoSofirj/tata, des Atreus und seiner Sfihne. 

5) Celerina, wie es scheint, die Gemahlin des Vitruvius (VI 8 [11] 1) bespricht die hypogea und 
L. Venuleius Apronianus cos. II 168 n. Chr., CIL ihre eoneamerationes, ihre gewolbten Abteilungen, 

XI 1735; vgl. Bormanns Anm. zu XI 1432. als Unterbau der Hauser. In den Stadten be- 

[Groag.] fanden sich xataysioi olxrjoeis (Poll. IX 49). In 

6) Celerina s. Numisius, Pompeius. vnoyaux hielt Commodus die von ihm zu erlegen- 
Celeritas, Personification der Schnelligkeit, den Lcwen (Herodian. I 15, 3) und sollten die 

Tochter der Sonne, gehOrt bei der auguralen Ein- am morbus cardiaeus leidenden Kranken unter- 

teilung des Himmels zu den Insassen der 16 Ke- gebracht werden (Cael. Aurel. acut. II 191). Von 
gionen, und zwar hat sie ihren Sitz in dem sechs- 30 dem capitolinischen Tempel erfahren wir, dass in 

ten ostlichen Bezirke (Mart. Cap. I 50. Mythogr. seinen unterirdischen Raumen die sibyllinischen 

Vatic. Ill 15). Dee eke Etrusk. Forschungen IV Bucher aufbewahrt gewesen waren (Dionys. IV 

47 will sie in der Cathafnial) auf der Bronze- 62) und unter seiner area die sog. favisae lagen, 

leber von Piacenza erkennen. [Aust.] in welchen man altes Tempelgerat und gepragtes 

Celerius. Ein Rescript des Kaisers Caracalla Geld aufbewahrte (Varro a. 0. Fest. ep. p. 88, 4. 

an C. vom J. 211, Cod. lust. II 4, 1. [Groag.] Non. 112, 29. Plac. gloss. 43, 8); die letzteren 

Celesitani, Volkerschaft im Inneren Sardi- mussen stollenmassig in den Felsen gehauen ge- 

niens , genannt bei Ptolem. Ill 3, 6 (KsXoiravol wesen sein und hatten ihren Eingang wohl von den 

oder Kslnvoi die Hs.) und auf dem in Fonni ersteren aus (vgl. 0. Richter in Baumeisters 
(Sorabile, s. d.) gefundenen Grenzstein, CIL X 40 Denkmalern III 1478f.). Auch unter den archaeo- 

7889, der einerseits die Inschrift CELES, andrer- logischen Funden begegnen uns abgesehen von in 

seits CVSIN (vgl. die Kowovoaavoi bei Ptolem. den Felsen gehauenen Kellern, welche sich noch 

a. a. 0.) zeigt. [Hiilsen.] in grosser Zahl in Siidetrurien, Latium, Sicilien, 

Celetrum (Liv. XXXI 40, 2) s. Keletron. Nordafrica, Griechenland und Lydien erhalten 

Celeusum, Ort in Raetien, verzeichnet auf haben (K. Sittl Archaeologie 341 m. A. 7), ver- 

der Tab. Peut. (Geleuso) in der Nahe von Antsena haltnismassig nur selten wirkliche, gemauerte 

(lies Abusina, das heutige Eining). Vielleicht Kellerraume (vgl. Over beck-Ma u Pompeii* 269). 

Pfoering. Mommsen CIL III p. 723. 739. So liegt der Keller des Iuppitertempels in Pom- 

[Ihm.] peii, welcher denselben Zwecken wie die genann- 

Celi s. Nova Augusta. 50 ten favisae gedi'ent haben kann (Over beck- Mau 

Celina s. Caelina. 90), nicht unter der Erde, sondern das 3,80 m. 

Celius mons s. Caelius mons Nr. 2. hone Basament des Tempers ist als Kellergeschoss 

Cella. 1) Zwei L. Celiac, Vater und Sohn. benutzt worden und in eine Anzahl kleiner ge- 

die gegen Caesar gefochten hatten, wurden von wolbter Kammern geteilt (ebd. 95). Halbunter- 

ihm nach der Schlacht bei Thapsus 708 = 46 irdische Raume finden sich zwar Otters unter den 

begnadigt (b. Afr. 89, 5). Der Geschlechtsname grossen Kaufmannsladen in Pompeii, doch wirk- 

ist unbekannt, auch das Cognomen kommt an- liche Keller nur bei ca. 7 Privathausern (Over- 

scheinend sonst nicht vor. [Miinzer.] beck-Mau 269. 281. 284. 333). Einer derselben, 

2) Cella , eellula und spatlateinisch eellari- der umfangreiche, gewolbte und durch kleine Ober- 

m (wohl zuerst bei Cervid. Scaev. Dig. XXXII 60 lichtfenster aus dem Hofe erleuchtete Keller einer 

41, 1; tiberwiegend im Corp. gloss, lat.); etymo- vorstadtischen Villa, welche zu den grfissten Wohn- 

logisch mit y.aUa = Hiitte, Scheuer, Vogelnest, hausern Pompeiis gehSrte, diente als Weinkeller, 

xalvS = Knospe, nalv^t] = Hiitte, eelo, oceulo, da sich in ihm zahlreiche, an die Wande ange- 

clam u. s. w. zusammenhangend, wird es auf euro- lehnte Amphoren vorfanden (Overbeck-Mau369. 

paeisch ]/M = .hullen' zuruckgefiihrt (A. Fick 375). Auch in Rom sind unlangst am rechten 

Vergl. WOrterb. d. indog. Sprachen I* 386. Prell- Tiberufer grosse Kellerraume unter einem saulen- 

witz Etym. Worterb. d. gr. Spr. 135). Die Alten geschmiickten Hofe aufgedeckt worden (O.Richter 

leiteten das Wort cella von celare ab (Varro de a.0. 1516). Die oiqoi (Eurip. Phrixos in Etym. M. 



1873 Cella Cella 1874 

p. 714, 17. Eratosth. Anth. graec. app. 25, 4) waren eellae fur die verschiedenen Getreidesorten einge- 

Erdgruben (Corp. gloss, lat. II 431, 52), welche zur teilt werden konnte (Pall. I 19, 2). Sie gehorte 

Aufbewahrang des Getreides dienten (Varro r. r. besonders auch zu jedem Privathause (zauistov x6 

I 63. Ael. h. an. II 25. VI 43. Hes. s. oiqovs und idiconxov • cellarium Corp. gloss, lat. II 451, 25), 

oiqoTs. Phot. lex. s. atgots. Suid. s. oiqoTs), speciell lag hier neben dem eavaedium und diente als 

in Thrakien (Dem. VIII 45. X 16. Anaxandr. bei Vorratskammer (Varro de 1. 1. V 162). Als spater 

Athen. IV 131c. Varro de r. r. I 57, 2. Plin. der Herd aus dem eavaedium entfernt wurde, lag 

XXIII 306. Mian. ep. 52, 1), Kappadokien (Varro. die c. wohl meist neben der Kiiche (Lucil. frg. 226 

Plin. a. a. 0.), Africa (Auct. b. Afr. 65. Plin. a. Baehr.; vgl. CIL I 801. IX 3440). Zwischen ihr 

a. 0.), Spanien (Plin. a. a. 0.; putei bei Varro 10 und dem penarium (Varro a. a. 0. Serv. Aen. I 

a. a. 0.) und in Baktrien (Curt. VII 4 [17], 24); 703; oder sogar dem promptuarium nach Isid. 

doch miissen sie auch in Griechenland iiblich ge- XV 5, 7) wird ein Untersehied gemacht , sofern 

wesen sein (Philo mech. synt. V p. 86, 39f. 88, hier Vorrate fur langere Zeit, in dem cellarium 

3f. Etym. M. a. a. 0.), ja selbst dort in Stadten nur flir wenige Tage untergebracht wurden (Serv. 

vorgekommen sein (Poll. IX 49). Sie wurden Isid. a. a. 0., vgl. Q. Muc. Scaev. bei Gell. IV 

unter freiem Himmel angelegt, ihre Boden und 1, 17). Daher wurde auch das Getreide, welches 

Wande sollten mit einer Mischung von Lehm, zer- zur Verpflegung des Statthalters und seines Per- 

kleinertem Stroh, Olabgang und Sand iiberstrichen, sonals (Mommsen St.-B.II2 102), eventuell wohl 

das Getreide hineingeschuttet, ein mit scharfem auch seines Heeres (Cic. Verr. Ill 211) in den 

Essig gefulltes Gefass bis zum Halse darein ver- 20 Provinzen diente, in seine e. geliefert (Serv. a. a. 

graben und dieses ringsherum mit einem Kegel 0. Cic. div. in Caec. 30 ; in Verr. Ill 188. 200. 

von Ziegeln umgeben und dariiber Lehm gestrichen 202. 209. 214. 218). Capua konnte als e. atque 

werden, damit keine Feuchtigkeit eindrang (Phil. horreum Campaniens bezeichnet (Cic. agr. II 89) 

a. a. 0. p. 86, 39 ; vgl. Varro und Plin. aa. 00.). und das Wort auch fur das Walten einer guten 

Fur Italien freilich hielt man bei seinem fcuchten Wirtin gebraucht werden (Cic. Att. XIV 19, 6). 

Klima diese siri fur ungeeignet (Col. I 6, 16). Dem bald nur auf Esswaren (Cic. n. d. II 68) 

Ubrigens waren auch die ergastula der gefessel- beschrankten , bald auch auf Getranke (Q. Muc. 

ten Sclaven unterirdisch (Plaut. Aulul. 347. Col. Scaev. a. a. 0., vgl. Fest. ep. p. 211, 3), Weih- 

I 6, 3). rauch, Wachskerzen, Pferdefutter, Holz, Kohlen 

Unter den oberirdischen Lagerraumen bezeich- 30 u. s. w. ausgedehnten Begriff des penum ent- 

nen ajio&rjxn und horreum (beides identiflciert sprechend, konnten die verschiedensten Dinge in 

Corp. gloss, lat. 69, 17. 237, 1. 503, 67. IE 192, der e. penaria lagern (Vitr. VI 7 [10], 4. Ulpian. 

45. 261, 61. 365, 45. 450, 52. 489, 9. 508, 33 ; man Dig. XXXIII 9, 3, 8f.). Da die Penaten die Schutz- 

vergleiche auch ano^rjur] Geop. IV 15, 12 mit getter des penus (Cic. a. a. 0.), d. h. der c.pe- 

Jiorreum Col. XII 44, 4 und granarium Plin. XV naria waren , lag diese im altromischen Hause 

67) grOssere Vorratsraume, horreum besonders fiir wie die e. neben dem eavaedium (Varro de 1. 1. 

Getreide und Hulsenfruchte (Col. I 6, 12. 15. 16. V 162), spater in dem Hintergebaude , penetrale 

II 20, 4. XII 2, 2. Plin. n. h. XVIII 301. 303. 308. domus (Marquardt St.-Verw. III2 122 m. A. 3). 
Pall. I 19, 1. 3), doch auch als Aufbewahrungs- Ein guter Landwirt hatte sie stets gefiillt (Cic. 
raum fiir die Ackergerate (Col. I 6, 7) und alte 40 sen. 56). Einer e. penaria glich die Kinder- 
Statuen (Plin. ep. VIII 18, 11); mitunter lagerte stube des Augustus auf dem Landgute seines 
darin auch "Wein (Col. XII 2, 2. Paul. Dig. XVIII Grossvaters (Suet. Aug. 6). Cato nannte Sicilien 
I, 76) , wie ganz gewOhnlich in den apotheeae e. penaria reipublieae Romanae (Cic. Verr. II 5). 
(s. d.) ; gelegentlich konnte auch selbst eine kleine Der menschliche Magen oder vielmehr ein Teil 
Weinkammer horreum genannt werden (Hor. c. desselben wurde scherzweise c. (Plaut. Cure. 387) 

III 28, 7). Auf dem Lande sollte dieses horreum und der Career der Sclaven e. promptuaria ge- 
wegen Feuersgefahr entfernt von dem Wohnhause nannt (Plaut. Amphitr. 156), ebenso aber auch 
liegen (Vitr. VI 6 [9], 5). Das horreum oder gra- das Grab des Menschen, weil in jener gesalzenes 
narium (granarium Cato 92. Varro I 57, 1 — 3. Fleisch aufbewahrt werde (Tert. res. earn. 27). 
Vitr. 1 4, 2. Col. 1 6, 10-16. II 20, 4-6. Plin. n. h. 50 Aber nicht immer wird der Untersehied dieser Be- 
XVIII 301. 302. Pall. I 19, 2; = aizofiokiov Corp. nennungen festgehalten sein, da alle Vorratskam- 
gloss. lat. II 35, 26. 432, 13. Ill 27, 14. 200, 23. mem im Hause eellae genannt werden konnten 
299, 75. 356, 30 u. 76. 396, 67. 407, 35 ; aber auch (Plaut. Capt. 918) und im Corp. gloss, lat. rafusTov 
horreum = mtopoltov ebd. Ill 299, 76) sollte wo- sowohl mit cellarium (III 191, 22. 269, 13. 365, 
moglich auch im obern Stockwerk liegen, damit 41. 441, 51. 484, 29) als mit e. proma oder promp- 
die Luft besser Zutritt hatte oder keine Feuchtig- tuarium (II 145, 37. 496, 48. Ill 313, 48. 441, 
keit eindringen konnte (Varro I 57, 3. Col. I 6, 50. 484, 28), als mit e. penaria (II 145, 37), und 
10. 16. Plin. XVIII 302). Uberhaupt werden iiber penum oder penarium mit cellarium (IV 139, 32. 
seine Lage und die Bekleidung des Fussbodens 270, 26. 317, 26. 549, 54) und mit e. proma oder 
und der Wande genaue Vorschriften gegeben; be- 60 promptuarium (II 45, 25. IV 270, 26) geglichen 
sonders suchte man es vor Kornwurmern und wird. Uber die Lage des xautsXor im griechischen 
Mausen dadurch zu schiitzen, dass man Boden Hause lasst sich nichts Sicheres ermitteln. 

und Wande mit einer Mischung von Lehm, 01- Die e. vinaria war wohl urspriinglich (Cato 

abgang und zerkleinertem Stroh oder diirren Oliven- 3, 2) und zum Teil auch spater ein Raum, in 

blattern bestrich (Cato. Varro. Vitr. Col. Pall. welchem nicht nur die Trauben ausgetreten wur- 

aa. OO. Plin. XV 33). den (s. Calcatorium) , sondern auch der ge- 

Die c. bezeichnete zunachst nur einen kleinen kelterte Wein gor und aufbewahrt wurde. Denn 

Auf bewahrungsraum , wie denn das horreum in nach Plinius (XIV 94) wurden bei den Piomern 



1875 Cells Cells 1876 

erst etwa im J. 121 v. Chr. die Weine (vom Fass leichter an sie gelangen konnten, teils nicht die 

auf kleinere Gefasse) umgefiillt und in apothecae Fehler des Weins sich von einem Fass dem andern 

aufbewahrt. Dieses Umfiillen war auch nicht naitteilten (Plin. XIV 134. Geop. VI 2, 2). Doch 

durchaus notwendig (cum de doliis ant de seriis ist damit nicht gesagt, dass die Fasser nicht auch 

diffundere voles Col. XII 28, 3). Es kam wohl iiber der Erde sich heflnden konnten (Cato 154. 

nur bei besseren Weinen im folgenden Friihjahr Col. XII 18, 5. 6). In den Inschriften erwahnt 

(ebd. 30, 1) oder Herbst (Varro I 65) vor. Dass sind eine o. vinaria (Orelli 2867), e. Groesiana 

in der e. vinaria nicht nnr die Trauben ausge- (CIL VI 706) , e. Nigriniana (ebd. 3739) und 

treten wurden, sondern auch die erste Garung c. vinariae nova et Arrnntiana zwischen dem 
vor sich ging, darf man wohl aus dem Umstande 10 Ponte Sisto und dem Kloster S. Giacomo in Set- 

schliessen , dass auch das 01 in der e. olearia timiana zu Kom (ebd. 8826 ; Plan in Notizie degli 

nicht nur aufbewahrt , sondern auch zubereitet scavi 1880 tav. IV F — J). Bei den Ausgrabungen 

wurde (Cato 13, 2. 67, 2. Col. XII 52, 13. Pall. ist ausser den schon genannten Kellern zunachst 

I 20). In diesem Falle hing sie denn auch mit im J. 1789 in der Nahe der Villa Borghese zu 

dem Pressgebfiude zusammen (Vitr. VI 6 [9], 2), Kom ein Weinlager aufgedeckt worden. Eine Treppe 

und es wurde verlangt, dass wahrend der Berei- von 8 — 9 Stufen fiihrte empor zu einem Vorraum 

tung des Mostes niemand sich aus diesem oder von 5,85 m. Lange, 1,8 m. Breite und ungefahr 

der e. vinaria entfernen sollte (Col. XII 18, 4). 1,95 m. Hehe; der Fussboden hatte ein Mosaik- 

Andrerseits aber konnte der Wein nicht bios in pflaster, die Mauern der Wolbung waren mit 
der apotkeca , sondern auch in der o. vinaria 20 Arabesken und anderem Bildwerk verziert. Aus 

lagern (Plaut. Mil. gl. 853. 857. Cic. sen. 56 ; diesem Eaum trat man in einen zweiten von fast 

top. 17. Verg. g. II 96 und dazu Serv. Apul. met. derselben Grosse, aber ohne Schmuck, und daran 

IX 34. Arnob. VII 31). Dieselben Vorschriften schloss sich als Fortsetzung eine gleich hohe und 

Tiber Fernhaltung iibler Geriiche (Col. I 6, 11. breite Gale.rie von mehr als 39 m. Lange, deren 

Plin. XIV 133. Pall. I 18, 1. Geop. VI 2, 8) und Seitenwande aus rautenweise an einander geffigten 

von Baumwurzeln (Plin. a. a. O. Geop. VI 2, 9) Steinen bestanden. Der zweite Eaum barg im 

werden von den Agrarschriftstellern fiir die e. vi- Sande und einer lockeren Erde sehr grosse Thon- 

naria und die olvo&rjKri gegeben und sogar ver- gefasse, welche zur Aufnahme von Wein oder 

langt, dass diese sich fern von der Kelter be- kostbaren Getranken bestimmt gewesen waren 
linden miisse (Geop. VI 2, 1). Sowohl fiir die c. 30 und in einer Langsreihe inmitten dieses Baumes 

vinaria (Col. XII 18, 3. Plin. XIV 134), als fiir angeordnet waren. In der Galerie befand sich in 

die li\v6s, das Kelterhaus, und besonders die olvo- zwei Langsreihen an den Wanden eine Unmenge 

■drjxrj, das Weinlagerhaus (Geop. VI 12, 4), wird von Gefassen, welche alle aufrecht in den Boden 

von den Genannten verlangt, dass sie durch Bau- gesenkt waren; nur ein Fass war gedeckelt und 

chern parfiimiert werden; fiir jene, dass sie ihre enthielt reines Wasser; im ubrigen lasst die. Ver- 

Fenster nach Norden oder Osten (Vitr. VI 6 [9], 2, schiedenheit der Formen und mehr noch der Gegen- 

vgl. I 4, 2. Col. I 6, 11. Plin. XIV 133. Pall. I stande, welche darin untermischt mit Erde und 

18, 1), fur die olvo&rjxn, dass sie in warmen Ge- Asche gefunden wurden, einige Ungewissheit iiber 

genden ein nach Norden, in kalten nach Siiden ihren urspriinglichen Gebrauch (Serous d'Agin- 
gelegenes Fenster habe (Geop. VI 2, 1). Denn 40 court Eecueil de fragments de sculpt, en terre 

auch im Stadthause sollten die kiihlen Abteilungen cuite, 1814 p. 46, dazu Durchschnitt Fig. 29 und 

des Hauses den Wein bergen (Xen. oec. 9, 3). Grundriss Fig. 30. Kich 111. Worterb. d. rem. 

Der oircov, wo der Wein lagert (Xen. hell. VI 2, Altert., iibers. von C. Miiller, 1862, 130 mit beiden 

6), wird sowohl mit ajiotifai) (Poll. VI 15. IX 49) Abb. Daremberg-Saglio Diet, des ant. I 988 

als mit c. vinaria (Corp. gloss, lat. II 99, 13.380, nur mit Durchschnitt Fig. 1282). Zu der seit 

51. 518, 10. Ill 300, 1. 365, 58), der m-dedtv, wo September 1894 in Boscoreale bei Pompeii aus- 

der Wein gor (Polykleitos bei Diod. VIII 83, 2. gegrabenen Villa rustica gehort ein nahezu qua- 

Maccius Anth. Pal. IX 403, 5. Geop. VI 12, 3) dratischer Eaum von 18 m. Seitenlange, in dem 

oder nur lagerte (Eupol. bei Poll. VI 15. Phere- • sich zu zweiDritteln im Boden eingegraben gegen 
krat. ebd. VII 163), mit der ajio-drjxrj (Poll. VI 50 90 Fasser von ungewohnlicher Grosse fanden mit 

15. IX 49), dem oivecbv und der e. vinaria (Corp. Eesten von Hirse, Wein und 01 ; ferner sind Baume 

gloss, lat. Ill 300, 1) identificiert. Die c. vinaria freigelegt, in denen Wein und 01 hergestellt wurde 

sollte, wenigstens auf dem Lande, zu ebener Erde (Herrlich Berl. Philol. Wochwischr. 1895, 1082). 

liegen (Varro 1 13, 1. Col. I 6, 9. 11). Wenn ver- Im J. 1601 ist zu Augsburg em Marmorrelief aus- 

langt wird, dass Weinhonig in terrina et frigida gegraben, auf welehem ein Weinlager dargestellt 

cella oder im Flusssande aufbewahrt werden solle ist. In zwei durch einen Pfeiler getrennten Ge- 

(Pall. XI 17, 3), so ist damit sicherlich kein Keller wolben werden von mehreren Mannern Fasser ge- 

gemeint, da man in warmeren Gegenden die Wein- rollt und iiber der Wolbung lagert eine Eeihe 

fasser auch ganz oder zum Teil in der Erde ver- von Fassern ; letztere sind der in nordlicheren 
grub (Plin. XIV 133), besonders wenn sie schwachen 60 Landern entsprechenden Sitte gemass (Plin. XIV 

Wein enthielten (ebd. 134) oder solchen, der bei 132) von Holz und von der heute iiblichen Construc- 

Zutritt der Luft leicht umsehlagt (Plut. symp. tion (Laurentii Pignorii Pat. de servis, 1656 

VII 3, 2). Selbst in der oivo-drjxt) sollte der Boden p. 266. Poleni Thes. ant. suppl. Ill 1737 p. 1302 c 

mit Sand und Erde behauft werden, so dass die mit Abb. bei p. 1278. Eich a. O. Daremberg- 

Fasser je nach der Giite des Weins zur Halfte Saglio a. 0. zu fig. 1281). Ein anderes, aber 

oder zu zwei Dritteln darin geborgen lagen (Geop. eigentlich einen Weinberg mit in der Erde stecken- 

VI 2, 3. 4) : dabei sollten diese je einen Fuss von den Fassern darstellendes Belief befmdet sich in 

einander entfernt bleiben, damit teils die Kiifer einer Privatsammhmg in England (abg. bei Bau- 



1877 Cella Cellae 1878 

meister Denkm. Ill Fig. 2336, erklart von H. kaiserlichen Palast wird erwilhnt (Suet. Cal. 57). 
Bliimner). Die Gladiatorenbanden lebten in cellae (Quint. 
In der e. olearia wurde das im torcularium decl. IX 22. 23), ebenso die feilen Dirnen (Petron. 
gepresste 01 wie oben erwahnt nicht nur zube- 8. Iuv. VI 122), deren Namen fiber den verh&ng- 
reitet (s. Capulator), sondern auch aufbewahrt. ten Eingangen (Mart. I 34 [35], 5. XI 45, 3) an- 
Sie sollte zu ebener Erde (Varro I 13, 2. Col. I geschrieben waren (Sen. contr. I 2, 1, 5. 7. Mart. 
6, 9) und nach Suden (Vitr. VI 6 [9], 2. Pall. I XI 45, 1. Petron. 7. Iuv. VI 123). Aber auch 
20, 1) liegen und vor kalten Winden geschiitzt reiche Leute richteten sich, nm sich fur den Luxus 
sein (Col. XII 52, 13. Pall. a. a. 0.). Ihre GrOsse und die Schwelgerei wieder empfanglich zu machen, 
richtete sich nach der Zahl der Fasser, doch be- 10 eine o. pauperum in ihrem Hause ein (Sen. ep. 
anspruchte jedes derselben, wenn es einen culleus 18, 7. 100, 6. Mart. Ill 48). Ferner wird eine 
= 5,24 hi. fasste, einen 4 Fuss = 1,184 m. breiten c. sacerdfotum) in einem Tempel der Mater Magna 
Eaum (Vitr. a. a. 0.). Cato, dessen Olpflanzung auf einem Stein von Atina angeffihrt (CIL X 333). 
240 Jugera = 60,43 ha. gross war (10,1), zahlt In einer Hs. des 10. Jhdts., welche das Testa- 
die Gerate auf, welche in der c. olmria vorhanden ment eines Galliers wohl aus dem Anfang des 
sein mtissten (13, 2) : Olfasser (100 Stuck nach 2. Jhdts. n. Chr. enthalt, ist das Wort fur zwei 
c. 10, 4, etwa zu 50 Urnen = 6,55 hi. nach c. 69, oberirdische Grabmaler gebraucht (Litteratur dar- 
also auf eine Ernte von ca. 655 hi. oder 58941 kg. fiber bei Teuffel-Schwabe Rom. Litt.-Gesch> 
berechnet), Deckel, 14 Klarwannen, 2 grossere 330,6b), in Inschriften auch von fiber der Erde' 
und 2 kleinere muschelartige Loffel , 3 eherne 20 angebrachten Grabern der ersten Christenheit (de 
Schopfkellen, 2 Amphoren, 1 gehenkelter Wasser- Rossi Bull, di arch, christ. 1864, 25f.), in der 
krug, 1 Urne von 50 Sextaren, 1 Olsextar, 1 Heine Form cela fur zwei faliskische und ein etruski- 
Wanne, 2 Trichter, 2 Schwamme, 2 gehenkelte sches(?) Grab (Garrucci Ann. d. Inst. I860, 
Krfige zu einer Urne = 13,1 1. Raummass, 2 hoi- 270f.). 
zerne Schopfkellen , 2 Schlfissel mit Schlossern, Bei den rSmischen Badern konnten sowohl die 

I Wage , 1 Gewicht von 100 romischen Pfund Abteilungen im allgemeinen eellae genannt werden 
und andere Gewichte. (Hist. Aug. Carin. 17, 4. Pall. I 40, 2. CIL XIV 

Auf einem Weingnt konnte es auch eine c. de- 137. 2101; vgl. VIII 828 = 12347. Ephem. epigr. 

frutaria (Col. I 6, 9) , d. h. einen Baum geben, VH 960), als auch die einzelnen Abteilungen der- 

in welchem durch Einkochen des Mostes das de- 30 selben besonders bezeichnet, wie das Tepidarium 

frutum oder die sapa gewonnen wurde. Ferner als c. tepidaria (CIL VI 1703) und als e. calida, 

konnten sich unter den Vorratskammern auch in welches auch Pferde zum Schwitzen geffihrt 

solche fiir das Holz (e. lignaria Corp. gloss, lat. werden konnten (Veget. mulom. Ill 6, 3) , das 

II 573, 24), fur Kohlen (av&Qaxo&rjxtj — e. ear- Caldarium als c. caldaria (Plin. ep. V 6, 26. CIL 
bonaria ebd. in 268, 19) , vielleicht auch ffir III 7146. X 3916. XI 3100) und das Frigidarium 
andere Dinge finden. Sodann bezeichnete c. den als e. frigidaria (Plin. a. a. O. ; einfach cella 
Aufenthalt mancher Tiere, zunachst die zum Auf- CIL IX 4974). Die e. solearis in den Thermen 
enthalt oder zur Bergung der Nahrung dienende des Caracalla (CIL VIII 10607 = 14700) war eine 
Zelle der Biene (Varro III 16, 5. Verg. g. IV 164. Rotunde mit auffallend flacher Dachwolbung (Hist. 
Aen. I 433. Plin. XI 14. 26. 29. 34), Hornisse 40 Aug. Carac. 9, 4); ob sie ein Caldarium gewesen, 
und Wespe (Plin. XI 71). wahrend sp&ter daffir wird bezweifelt (Matz bei Baumeister a. O. Ill 
favus gebrauchlicher gewesen zu sein scheint 1771. Guhl und Koner Leben der Gr. u. B. 6 
(Serv. Aen. I 433); in cellae bruteten die Ganse 617). Inschriftlich erwahnt sind noch eine c. hypo- 
(Varro ni 10, 4. Col. VIII 14, 9) und wohnten eausta wohl als Heizungsraum (CIL VI 1474), 
die Tauben (Col. VIII 8, 3). natatoria (III 7342), unctuaria (VIII 4645) und 

Ebenso wurde das Wort fur mehr oder minder vestibula (Lejaylnscr.de la C6te d'or 282). Da 

enge Wohnraume der Menschen gebraucht (Ter. auch ffir die Sclaven auf dem Lande womOglich 

Adelph. 552. Sen. dial. IX 8, 6. Petron. 95. Mart. Bader eingerichtet werden sollten (Pall. I 40, 1), 

VII 20, 21. VIII 14, 5. Iuv. VII 28. Cod. lust. XI welche von dem Herrenhause getrennt waren und 

19, 1 ; c. = ol'xtjua Corp. gloss, lat. Ill 91, 49. 313, 50 in den Ferien (Col. I 6, 19) oder offers (Pall I 

46. 365, 33), besonders der Sclaven (Cato 14, 1. Cic. 40, 1) benutzt wurden, erhielten hier die Bassin- 

Phil. II 67 und bei Quint. inst.VIII4, 25. Hor. sat. bader ffir den Sommer ihr Licht von Norden, die 

I 8, 8. Cael. Dig. XXII, 17,15. Apul. met. X fur den Winter von Siiden (ebd. 4); der Raum 

13.15). Beim griechischen Wohnhause sollten diese ffir ein warmes Einzelbad mit Wanne sollte etwa 

cellae familiarieaesichw Aei yvvaitewrhis befinden 15 romische Fuss lang und 10 breit sein (ebd. 3) ; 

(Vitr. VI 7 [10], 2), im romischen Hause konnten im fibrigen war die Unterfeuerung und die Uber- 

sie auch im obern Stock liegen (Petron. 77). Auf wolbung ahnlich wie bei andern Badern (Vitr. V 

dem Lande sollten sie, getrennt vom Herrenhause, 10, 2. 3. Pall. I 40, 2. 4. 5). Auf einem Stein 

womoglich nach Sfiden liegen (Col. I 6, 3), die von Pinna endlich (CIL IX 3851) bedeuten cellae 

der Pflfiger und Hirten aber in der Nahe ihres 60 Bassins zum Auffangen von Quellwasser. [Olck.] 

Viehs (ebd. 8), so auch die grandis e. des Huhner- Cellae. 1) Ort in Makedonien, s. Kellai. 

warters in der der Hfihnerhauser (Varro III 9, 7). 2) In Africa. Orte dieses Namens gab es in 

Rich (a. O. 131) giebt eine Abbildung der wohl Africa, nach Ausweis der Bischofslisten, zum min- 

ffir Sclaven bestimmten Zellen unter den Ruinen desten drei: a) einen in der Provincia proconsu- 

einer romischen Villa in Mola di Gaeta. An der laris (Not. episc. pr. proc. 45, in Halms Victor 

Flur des Wohnhauses lag die c. des ianitor oder Vitensis p. 64), nach J. Schmidt (CIL VIII 

ostiarius (Vitr. VI 7 [10], 1. Petron. 29. Suet. Suppl. p. 1561) bei dem heutigen Zuarin gelegen, 

Vit. 16); auch eine c. des Haushoffneisters im wo eine Inschrift der Chellenses Numidae gefun- 



1879 Cellarienses species Celsa 1880 

den ist (CIL VIII Suppl. 16352), von T is sot Preise abkaufen, dessen Eintreibung in derselben 

Ge"ographie de l'Afrique II 583 identificiert mit Weise, wie die Steuererhebung, den stadtischen 

KlXXa, der Stadt, in deren Nahe nach Appian. Decurionen iibertragen wurde. Denn das erhaltene 

Lib. 40 Scipio den Hannibal besiegt hat (doch vgl. Exemplar des betreffenden Gesetzes (Cod. Theod. 

Schmidt a. a. 0. K. Lehmann Jahrb. f. Philol. XI 1, 6) tragt die Adresse: ordini Caesenatium, 

Suppl.-B. XXI 552); b) einen zweiten in der Byza- und ohne Zweifel sind gleichlautende Verffigungen 

cena (Schreiben der Bischefe dieser Provinz vom auch an die Ordines aller tibrigen norditalischen 

J. 649, bei Mansi Act. concil. X 927), der nach Stadte gerichtet worden. Daraus folgt, dass jene 

Itin. Ant. p. 50 mit vollem Namen Cellae Pieen- Ordines die Organe waren, denen die Ausffihrung 
tinae hiess {Cellae views im Itin. Ant. p. 59) und 10 des Gesetzes zufiel. Bald machten auch die Pro- 

30 Millien von Tacapae (Gabes), in nOrdlicher vincialbeamten ihre Korn- und Weinbeziige zu 

Richtung, entfernt lag (nach Tissot Geogr. II Geld; doch sparten sie sich dabei den Umweg des 

192 Ruinen von Golib el-Kdim) ; c) einen dritten Verkaufes und erhoben die entsprechenden Summen 

in Mauretania Sitifensis (Not. episc. Maur. Sit. direct von den Vertretern der Stadte. Dabei wuch- 

17 in Halms Victor Vitensis p. 70), der nach sen die Preise, zu welchen die Naturalien berech- 

Itin. Ant. p. 30 von Sitifls 43 Millien entfernt net wurden, immer hoher an. War anfangs in 

war und demnach wohl identisch ist mit dem Illyricum auf jel20Steuereinheiten(s. Capitatio) 

eastellum Cellense, das nach Ausweis der Inschrift ein Solidus gefordert worden, so kam spater schon 

CIL VIII 8777 bei Kherbet Zerga lag. d) Perner auf 60, dann gar auf 13 der gleiche Betrag; die 
gab es in Numidien Cellae Vatari, nach Corippus 20 Belastung war also durch die Willkfir der Beam- 

Joh. 318 und Prokop. Vand. II 17 (wo das fiber- ten fast auf das Zehnfache gewachsen. Daher ver- 

lieferte KaXXag (SaraQag nicht als Sealae Veteres fiigte im J. 412 Theodosius II., dass diese Leistung 

zu deuten ist), s. u. unter Vatari. e) Auch in den Stadten ganz abgenommen und auf die Staats- 

dem Gebiet der Mgrenses in Numidien scheint es kasse ubertragen werde; diese sollte dann die 

«ine Localit&t C. gegeben zu haben, s. CIL VIII Annonae in Natura, die Cellaria, falls dies ge- 

10962. Welchem dieser Orte der episeopm Cel- wiinscht werde, nach dem Marktpreise des Weines 

lensis, und welchem der episcopus plebis Cellensis, in Geld entrichten (Cod. Theod. VII 4, 32). 

die im J. 411 beim Religionsgesprach in Car- [Seeck.] 

thago erschienen (coll. Carth. c. 126. 187, bei Cellarius (CIL VI 6216. 7281. 9243—9253. 
Mansi IV 99. 141 = Migne XI 1288. 1330)301X2484. 3424; auch eellararius Dig. XXXIII 7, 

angehorten, ist unsicher ; ganz zweifelhaft, ob die 12, 9. Paull. sent. Ill 6, 72) ist der Sclave, der 

ebenfalls im J. 411 genannten Bischofe der Zel- die im Vorratsraume (Cellarium) aufbewahrten 

lenses (a. a. O. c. 135. 163, bei Mansi IV 122. Vorrate, einschliesslich des Weines (Plin. n. h. 

131 = Migne XI 1315. 1323) fiberhaupt hierher XIX 188. Plaut. Mil. 824), verwaltet und fiber 

gehOren. S. ausserdem Caput cellarum. dieselben Rechnung fiihrt, Dig. a. 0. Plaut. Capt. 

[Dessau.] 895. 901. Auf dem Landgute steht er unter dem 

Cellarienses species. Im 4. Jhdt. werden vilieus, Colum. XI 1, 19, in der Stadt vermut- 

den Statthaltern und den ubrigen Oberbeamten lich unter dem Dispensator. In gro'sseren Haus- 

der Provinzen (rationales Cod. Theod. VHI 5, 3; standen waren ihrer mehrere, Sen. ep. 122, 16, 
comites Cod. Theod. I 26, 4. VII 4, 32) die Be- 40 die wenigsten im kaiserlichen Hause unter einem 

durfnisse ihres Haushaltes in Naturalien geliefert, praepositus eellariorum standen , CIL VI 8745 

wozu die Stadte ihres Amtsbezirkes nach der Zahl —47. Unter dem C. steht der subpromus, Plaut. 

der Steuereinheiten , auf die ihre Gebiete einge- Mil. 824f. Unbekannt sind die Punctionen der 

schatzt sind, beitragen mfissen (Cod. Theod. VII in Verbindung mit Tempeln genannten C, CIL 

4, 32. VIII 5, 3). Diese Leistungen werden unter XIV 2864. V 3294, vielleicht auch XIV 17. 

dem Namen annonae et cellaria zusammengefasst [Mau.] 

(Cod. Theod. I 26, 4; vgl. Sulp. Sev. Chron. II Celobot(h)ras s. Caelobothras. 

41, 2); ersteres bedeutet das Getreide, letzteres, Celoces, eeletes, yJXyteg, ttsXrjna, kleinste, 

was sonst fur die Tafel erforderlich ist, nament- schnelle (Liv. XXXVII 27) Art von Kriegs- und 
lich den Wein. Unter e. s. (Cod. Theod. VII 4, 50 Seerauberschiffen , meist zum Nachrichtendienst 

32. XI 28, 16) sind daher, wenn nicht ausschliess- (Xen. hell. I 6, 36) als Avisos verwendet , mit 

lich, so doch in erster Linie Weinlieferungen zu wenig Biemen (Rudern; 4 — 12 bei Appian. bell, 

verstehen (Cod. Theod. XI 1, 6). Seit Maximian civ. II 56. Vellei. II 43. Plut. Caes. 38; 8(oxaX- 

sich in der norditalischen Dioecese aufzuhalten fiov Synes. ep. 4; bei Thukyd. IV 9 etwa 10, 

pflegte, musste diese neben dem Unterhalt ihrer nicht mit Classen 30; die xiXnrsg nsvxaoxaXfioi 

Provincialbeamten auch die Cellaria fur die kaiser- des Athen. VIII 347 sind vielleicht in absicht- 

liche Tafel liefern (Aur. Vict. Caes. 39, 31. 32. licher tlbertreibung als Pfinfreiher gedacht). Erste 

Cod. Theod. XI 1, 6), und in derselben Weise ist Erwahnung Herod. VIII 94, bezw. Plaut. Capt. 

wahrscheinlich die Dioecesis Thraciarum belastet 874. Nach Plin. VII 57 Erflndung der Rho- 
worden, als Constantinopel standige Besidenz 60 dier ; da Phoiniker auf Rhodos sassen (Athen. 

wurde. Jedenfalls gab es auch im orientalischen VHI 360), die meisten und besten Schiffstypen von 

Beichsteil Leistungen fur das Cellarium des Kaisers Phoinikern herrfihren, so ist neben xsXrig, Renn- 

(Nov. Mart. II 1. Cod. Theod. XI 28, 9). Nach pferd (G. Curtius Etym.s 146), auch hebraisch 

einer Verordnung des Constans , die nach dessen hal, leicht, schnell, Rennpferd als Quelle denkbar. 

Tode auch von Constantius aufrecht erhalten [Assmann.] 

wurde, mussten die Grundbesitzer der norditali- Celsa, Stadt am Hiberus mit einer steinernen 

schen Dioecese denselben Wein, den sie dem Kaiser Briicke dariiber in Hispania citerior , zuerst bei 

geliefert hatten, ihm wieder zu einem festgesetzten Strabon genannt (III 161 KiXoa xaroixla rig, fyovoa 



1881 Celse Celsus 1882 

ysyvQas Xi&ivrjs didflaoiv, wohl nach Poseidonios), kehren, scheint er mit dieser verwandt gewesen 

an der rCmischen Strasse von Caesaraugusta nach zn sein. 

Dertosa, die im Itinerar nicht verzeichnet ist; 6) Celsinus Titianus, Bruder des Schriftstellers 
vielleicht fiihrte von hier eine Strasse iiber den Q. Aurelius Symmachus, s. Titianus. 
Ebro nach Bilbilis. In den Listen des Agrippa 7) Bhetor, in Berytos wohnhaft, Schwieger- 
und Augustus sind im Bezirk von Caesaraugusta sohn des Iulianus, Statthalter mehrerer Provinzen 
verzeichnet Celsenses ex eolonia (Plin. Ill 24). (Lib. ep. 796. 868). An ihn gerichtet Lib. ep. 
Zahlreiche Munzen mit den iberischen Aufschrif- 796. 829 ; lat. 17. [Seeck.] 
ten celse und else, die jiingsten bilingue mit Cel(sa) 8) Celsina, potens femina, Zeitgenossin des 
und else (Mon. lign. Iber. nr. 33) beweisen, class 10 Bedners Cn. Domitius Afer. Quint, inst. VI 3, 85. 
der Name nicht romisch, sondern iberisch ist. [Groag.] 
Auch liegt Jelsa bei Velilla am Ebro keineswegs Celsus. 1) S. Aelius Nr. 36, Albinovanus 
besonders hoch. Durch Caesar und Lepidus wah- Nr. 4, Appuleius Nr. 20, Arruntius Nr._16, 
rend seines Proconsulats der Citeriorim J. 710 = 44 Aure liusNr. 80, Clodius, Cornelius, Cutius, 
v. Chr. (Wilsdorf Fasti Hisp. prov. 133) scheint Plavius, Furius, Iulius, Iuventius, Lore- 
die Stadt, die wohl im Kampf mit Pompeius auf nius,Marius,Munatius,Publilius, Quadra- 
seiner Seite stand, Colonie geworden zu sein und tus, Bagonius, Sempronius. [Groag.] 
fiihrt daher auf den Munzen der republicanischen 2) Celsus, Freund Ovids. Letzterer schreibt 
Zeit, deren Herkunft aus Hispanien unzweifelhaft iiber C.s Tod an (Paullus Fabius oder M. Aure- 
ist, die Namen col(onm) vieftrixj lul(ia) Le-201ius Cotta Messallinus ?) Maximus ex Pont. I 9. 
p(ida) — diese Munzen wurden friiher falschlich An C. sind nach der Ansicht Graebers (Quae- 
nach Leptis in Africa gesetzt — , auf denen des stiones Ovidianae, Progr. Elberfeld 1881, XXI) 
Augustus und Tiberius eolfoniaj vicftrix) lul(ia) auch Ovid. Trist. I 5, 1—44 und III 6 gerichtet. 
Celsa — der Name des Lepidus fiel fort — (Mon. Vgl. auch unter Albinovanus Nr. 4. 
ling. Iber. nr. 33 a). Nur durch die Munzen sind 3) Celsus , rOmischer Bitter , der in die Ver- 
die iiblichen Magistrate, Duovirn und Praefecten, schworung Seians verwickelt war und verurteilt 
sowie Aedilen bezeugt; die wenigen Inschriften wird, 32 n. Chr., Tac. ann. VI 14. [Stein.] 

erwahnen nur ein Fanum der Diana (CIL II 3015), 4) Cwm(ilia) Celsus, [omn(ibus) ho- 

und die Beste der alten Stadt sind ganz gering- n(oribus) funetus in munijeipio suo Alba Pom- 
fiigig (CIL II p. 409. 940). Die Fundamente HerSOpeia, praef(eetus) eoh(ortis) Breueo[r(umJ], von 

jetzt zerstOrten Briicke sollen rOmisch sein. Das Kaiser Traian adleet(us) [in amplissimjum sena- 

nicht weit entfernte Grabmal eines L. Aemilius tus ordinem, qfuaestor), aedfilisj pleb(is) Ceria- 

Fabatus — er hatte sein Burgerrecht vielleicht l(is), Patron mehrerer Colonien und Municipien. 

von Lepidus — zeigt reichen architectonischen Verstiimmelte Inschrift CIL V 7153, die seine 

Schmuct (CIL II 5851). Die Stadt muss friih Amter in absteigenderBeihenfolgeaufzahlt. Bor- 

verfallen sein. [Hiibner.] ghesi (Oeuvres V 34) identiflcierte ihn ohne 

Celse (Ammian. Marc. XIV 7, 7), sonst un- zwingenden Grand mit L. Publilius Celsus cos. 

bekannt. Ort in Phoenice. [Benzinger.] II 113 n. Chr. [Groag.] 

Celsianus s. Attius Nr. 26 und Plotius. 5) Celsus, angeblich EmpOrer unter Antoninus 

Celsilon, Ortsname (vielleicht corrupt) an der 40 Pius, wird nur in einem (erdichteten) Brief der 

etrurischen Kiiste, zwischen Vada Volaterrana und jiingeren Faustina an Marcus genannt, Hist. Aug. 

Pisa, nur genannt vom Geogr. Bav. IV 32 p. 268 P. Av. Cass. 10, 1. Da hiebei die altere Faustina 

V 2 p. 336 P. (Guido 34 und 77 hat dafiir Celsi- erwahnt wird, so musste dieser Abfall zwischen 

num). Lage nicht nachzuweisen. [Hiilsen.] 138 und 141 stattgefunden haben. Nicht unmfig- 

Celsina, Insel zwischen Italien und Sicilien, lich ist, dass sich der Falscher mit L. Publilius 

Itin. marit. 516. Welche gemeint, bleibt unsicher. Celsus geirrt hat, der zu Beginn der Begierung 

[Hiilsen.] Hadrians an einer VerschwOrung gegen diesen 

Celsinus. l)S.Clodius,Cornelius, Iulius. Kaiser hervorragend beteiligt war (Hist. Aug. 

2) Celsinus miles, an den ein Eescript des Hadr. 8). [Stein.] 
Kaisers Gordian III. vom J. 238, Cod. lust. IV 50 6) . . . ius Celsus, frater Arvalis unter Kaiser 
34, 2. [Groag.] Marcus zwischen 169 und 176 n. Chr., Ephem. 

3) Consiliarius Diocletiani, Hist. Aug. Aur. epigr. VIH p. 336 Acta Arvalium; vgl. Ceio- 
44, 3, wahrscheinlich eine fingierte PersOnlichkeit. nius Nr. 8 oben S. 1838, 56ff. [Groag.] 
Dasselbe gilt von dem C. , den der sog. Vopiscus 7) Celsus, stipator des Kaisers Gallienus, er- 
Prob. 1, 3 anredet; vgl. Bd. II S. 1637, 31. wahnt in einem (echten?) Brief des spateren Kaisers 

4) Clodius Celsinus, Consularis Numidiae zwi- Claudius Gothicus, Hist. Aug. Tyr. trig. 10, 11. 
schen 833 und 337, Dessau 715. Wahrschein- 8) Celsus, einer der sog. dneissig Tyrannen, 
lich war er der Vater oder Grossvater des Clodius in den letzten Jahren des Gallienus erhoben. Ge- 
Celsinus Adelphius, s. Bd. I S. 356, 60. wesener Militartribun , lebte er als Privatmann 

5) Aurelius Celsinus , Proconsul Africae 338 60 auf seinem Landgut in Africa und wurde , wie 
— 339 (Ephem. epigr. V 303 ; von den an ihn sein Biograph berichtet, wegen seiner Kerpergrosse 
gerichteten Gesetzen Cod. Theod. X 10, 4. XDI 1, fur wiirdig zur Herrschait befunden. Die Er- 
27 nennt ihn zwar das erste Praefectus praetorio, hebung fand statt auf Anstiften des Proconsuls 
doch zeigt der Inhalt des zweiten, dass er Pro- von Africa, Vibius Passienus, und des Dux limitis 
consul war), Praefectus urbis Bomae 341 — 342, Libyci (= Legatus pro praetore von Numidien?) 
und zum zweitenmal 351 (Mommsen Chron. min. Fabius Pomponianus; in Ermangelung des Purpurs 
1 68. 69. Cod. Theod. VIDI 12, 6). Da seine beiden wurde er mit dem Gewand der dea Caelestis be- 
Namen in der Familie der Symmachi wieder- kleidet. Schon am 7. Tag seiner Begierung wurde 



1883 Celsus Celsus 1884 

■er von (Licinia) Galliena , einer Verwandten des berief er ihn zu sich (Lib. ep. 1076), urn ihm die 

Kaisers, getotet, sein Leichnam auf Betreiben der Statthalterschaft von Kilikien zu tibertragen (Lib. 

Einwohner von Sicca, die dem Kaiser treu ge- ep. 608. 611. 615. 635. 638. 655. 693. 697; or. 

blieben waren, geschandet, Hist. Aug. Tyr. trig. I 575). Als eifriger Heide (ep. 608. 630. 648) 

•29; vgl. Claud. 7, 4. [Stein.] empfing er 362 den Kaiser an den Grenzen seiner 

9) Celsus, Rescripte an einen C, Cod. lust. Provinz, indem er ihni am ilammenden Altar eine 
VIII 42, 5 (238 n. Chr.). IV 10, 2 (260 n. Chr.). Anrede hielt, und wurde von ihm mit nach Tar- 

10) Celsus Aelianus, Consul (suffectus) mit sus genommen (Amm. XXII 9, 13. Lib. or. 1575; 
•Claudius Iulianus zur Zeit der Kaiser Balbimis ep. 648). Bei seinem Perserzuge (363) berief ihn 
und Maximus (238 n. Chr.) , Hist. Aug. Max. et 10 Iulian an das Hof lager ; doch da eben infolge des 
Balb. 17, 2. Wenn auch der Brief, in welchem Todes seiner Mutter seine Vermdgensverhaltnisse 
■C. genannt wird , kaum echt ist , so wird doch einer Ordnung bedurften und er eine junge Frau 
das Consulnpaar selbst nicht erfunden sein. Eine in Antiochia gelassen hatte , erbat er sich die 
nahere Fixierung desselben auf das Nundinum Riickkehr dorthin (Lib. ep. 1507. 1509; vgl. 1077. 
Marz-April, in welchem die Erhebung der beiden 1132), welche ihm gewahrt wurde (Lib. ep. 1061). 
Augusti erfolgte, ist dagegen unzulassig. Er lebte jetzt als Privatmann den Angelegen- 

11) Celsus Plancianus , Consul suffectus mit heiten seiner Heimat, gab u. a. prachtige Spiele 
Avidius Cassius am 6. Mai eines unbestimmten fur seinen Sohn, als dieser eine Stadtmagistratur 
Jahres zwischen 161 und 164 n. Ch. (vgl. o. Bd. II bekleidete (Lib. ep. 1169. 1454. 1541). Doch 
S. 2379), CIL III p. 889 dipl. XL VII = IX 20 wurde er 387 zum Consularis Syriae gemacht, wo 
2995. ihm die Aufgabe zuflel, seine Mitbflrger fur den 

12) Celsus, Beiname folgender Consuln der Aufstand gegen Theodosius zu strafen (Lib. or. 
Kaiserzeit: a) P. Marius Celsus, cos. ord. 62 mit I 648. II 298. Ill 456; ep. 1284). An ihn ge- 
L. Aflnius Gallus. b) Marius Celsus, cos. suff. 69 richtet Lib. ep. 608. 611. 615. 626—630. 634. 
writ Arrius Antoninus, c) Ti. Iulius Candidus 635. 648. 654. 655. 693. 697—699. 1306.1312; 
Marius Celsus, cos. suff. 86 mit Sex. Octavius lat. I 41. Ill 284. 358; erwahnt ep. 481. 575. 
Pronto, cos. II ord. 105 mit C. Antius A. Iulius 647. 681. 1074. 1077. 1132. 1321. 1512. 1533; 
■Quadratus, cos. II. d) Ti. Iulius Celsus Pole- lat. Ill 344; vielleicht auch or. I 467. 
maeanus, cos. suff. 92 mit L. Stertinius Avitus. 16) Sohn des Archetimos, aus Athen, Philo- 
4) L. Publilius Celsus, cos. II ord. 113 mit C. 30 soph, lasst sich im J. 384 in Rom als Lehrer 
•Clodius Crispinus. f) P. Iuventius Celsus T. Au- nieder und wird von Symmachus den Kaisern zur 
fldius Hoenius Severianus, cos. II ord. 129 zuerst Aufnahme in den Senat vorgeschlagen; Symm. 
mit L. Neratius Marcellus II., dann mit Q. Iulius rel. 5. 

Balbus. g) Celsus Plancianus, s. o. Nr. 11. h) P. 17) Bagonius Vincentius Celsus, Advocat in 

Iuventius Celsus, cos. ord. 164 mit M. Pompeius Bom, trat 385 feindlich gegen den heidnischen 

Macrinus. i) Celsus Aelianus, s. o. Nr. 10, Stadtpraefecten Q. Aurelius Symmachus auf und 

[Groag.] wurde gleich darauf zum Praefectus annonae be- 

13) Herennius Celsus, eine fmgierte PersOn- fSrdert, Dessau 1272 = CIL VI 1759. 1760. X 
lichkeit bei Hist. Aug. Trig. tyr. 22, 12. Das- 4560. XIV 138. 139. 173. Symmach. rel. 23, 3. 
selbe gilt von dem Bufius Celsus , Hist. Aug. 40 [Seeck.] 
Pirm. 2, 1. 18) Ein Dichter, den Horaz ep. I 3, 15 vor 

14) Domitius Celsus , Vicarius Africae 315 allzu ungenierter Anlehnung an anderer Gedichte 
— 316 (Cod. Theod. 1 22, 1. IX 18, 1). Mit seinem warnt. Cber seine Person vgl. Albinovanus 
Namen sind auch zwei gefalschte Urkunden bei Nr. 4. [Skutsch.] 
:Ziwsa Optatus 211. 212 iiberschrieben ; Ztschr. 19) Epikureer neronischer Zeit. In ihm oder 
f. Kirchengeschichte X 551. 556. einem gleichnamigen Epikureer aus der Zeit Ha- 

15) Celsus aus Antiochia (Liban. ep. 84), Sohn drians vermutet Orig. c. Cels. I 8 falschlich den 
des Hesychios, Bruder des Eutropios und zweier Verfasser des 'AJ.tj&tjg Xoyog , der vielmehr Pla- 
;Scnwestern, die mit Tiberius und Marcus, dem toniker war. Mit dem jungeren Epikureer C. 
Vetter des Libanios , verheiratet waren (Lib. ep. 50 kann identisch sein der Adressat von Lukians 
375. 1223), Vater des Kynegios (Lib. ep. 1541), Alexandros. Jedenfalls passt die von Lukian Alex. 
Schwiegervater des Domnus (Lib. ep. 366). Er 21 extr. erwahnte Schrift xara (i&ycov besser fur 
genoss zuerst in Nicomedia (Lib. ep. 654) den den Epikureer als fur den Platoniker. Vgl. Nr. 20. 
Unterricht des Libanios (or. Ill 456 Reiske), ging [v. Arnim.] 
dann um 354 nach Athen, wo er mit Basileios von 20) Verfasser der ersten umfassenden Streit- 
Caesarea (Lib. ep. 1581) und dem spateren Kaiser schrift des philosophischen Heidentums gegen das 
Iulian zusammen studierte und sich die Freund- Christentuni, des durch die acht Biicher des Ori- 
schaft des letzteren erwarb (Amm. XXII 9, 13. genes gegen Celsus vom J. 248 (Neumann Der 
Lib. or. I 532. 575. Ill 456). Arbeitend his romische Staat und die allgemeine Kirche I 256 
zur Erschopfung seiner Krafte (Lib. ep. lat. I 60 —273) grossenteils erhaltenen aXtj&ijg Xoyog, der 
41), bildete er sich zum Philosophen (Lib. ep. 85. aus der Zeit der gemeinsamen Kegierung des 
1507) und Bedner aus und bekleidete dann in Marc Aurel und Commodus, genauer aus den Jahren 
Antiochia die Stelle eines Lehrers der lateinischen 178—180 stammt (Neumann 58f.). Dieser C. ist 
Bhetorik (Lib. ep. 366. 693 ; vgl. 138). Durch Platoniker, nicht Epikureer wie der gleichzeitige 
den Einfluss des Themistios, der ihn gleichfalls Preund Lucians (Nr. 19), dem dessen 'AXel-ardgog 
unterrichtet hatte (Lib. ep. 1510 a), wurde er zum »/ yevdofiavtig gewidmet ist (vgl. Luc. Alex. 61), 
Senator von Constantinopel gemacht (Lib. ep. 84). der Verfasser von Biichern xaxa fidymv ; der Ver- 
Als Iulian sich im Winter 361/62 dort aufhielt, fasser des wahren Wortes stellt (Orig. c. Cels. 



1885 Celsus Celtiberi 1886 

VIII 76) noch eine andere Schrift mit Anwei- nicht mehr vorhanden. Wenn der Adressat der 

sungen fiir die Lebensfiihrung derjenigen Christen beriihmte Bischof von Thapsus ist, miisste C. um 

in Aussicht, deren Bekehrung ihm etwa gelingen 480 angesetzt werden. Vgl. Harnack Texte u. 

sollte. Von diesen zwei Biichern sind die fflio Untersuchungen I 1. 1882, 119ff. [Julicher.] 

Svo fSifilLa eines C. xaza XQioziavcov (Orig. IV 22) Der Jurist Celsus, s. Iuventius. 

36) vielleicht nicht zu unterscheiden. Der aXt)- 23) Einem Celsus ist das gromatische Werk 

#r/s Xoyog stammt nicht aus dem Occident, nicht des Balbus gewidmet, s. o. Bd. II S. 2820. 

aus Rom; am genauesten kennt C. Agypten, 24) Celsa. Nonia Celsa, Gemahlin des Kaisers 

und Orig. II 31 zeigt, dass das dem C. bekannte Macrinus, s. Nonius. [Stein.] 
Judentum diejenigen Kreise des orientalischen 10 Celtae. 1) S. Keltoi und Galli. 

Judentums waren , welche die Logoslehre reci- 2) Nordisches Volk neben Gipedes und Heruli, 

piert hatten. Die Kritik des Christentums vom Hist. Aug. Claud. 6, 2. Vielleicht in Oetae zu 

Standpunkte des Judentums (Orig. I 28 — II 79) andern ; schwerlich germanische ,Helden', oder 

ist einem so gestimmten Juden in den Mund ge- die entfernten OviXxai oder aistische Letten. 

legt ; Orig. Ill— VIII bietet den eigenen Angriff [Tomaschek.] 

des C. vom Standpunkte der griechischen Bildung, Celti, Stadt in Hispania ulterior am rechten 

speciell der platonischen Philosophie. Der aXr/- Ufer des oberen Baetis, im Gerichtsbezirk von 

■&rjs Xoyos, eine auch litterarisch bedeutende Hispalis, ostlich von Axati (s. d.), wie die aus 

Schrift, ist eine Urkunde ersten Banges fur das Varro entlehnte Aufzahlung bei Plin. Ill 11 zeigt. 
Mass der Kenntnis, die man um 180 vom Christen- 20 Die autonomen Miinzen mit dem Bilde des Ebers 

turn besass, fiir die Stimmung, der es in der tragen die Aufschrift Cettitan(um) (Mon. ling, 

vornehmen Welt begegnete und fiir unsere Ein- Iber. nr. 132). Es war Station der rOmischen 

sicht in die Griinde, aus den en das Christentum Strasse von Astigi nach Eegina und weiter nach 

seinen Weg sicherund unaufhaltsam gemacht hat. Emerita (Itin. Ant. 414, 15. Geogr. Rav. 315, 2); 

C. kennt sowohl die /.tsydXrj exxXrjola (V 59), als danach man es bei der Aldea de las Navas bei 

auch gnostische Sekten und Schriften. Dass Constantina sucht (Guerra Discurso a Saavedra 

der ahj&rig Xoyog noch nicht Kritik der heiligen 91). Celtitcmi werden auf Inschriften aus Cor- 

Schriften als solcher ist , wie die spatere neu- duba (CIL II 2221) und dem nahen Penaflor (2326) 

platonische Polemik, resultiert aus der Stufe, auf genannt. Doch ist die Lage noch nicht genauer 

der die Bildung des neutestamentlichen Kanons um 30 ermittelt. [Hiibner.] 

180 stand. Trotz alien Unterschieden aber sind (Vllianeuses, Bewohner einer Ortschaft in 

Grundgedanken und Einzeleinwiirfe des wahren der Nahe von Cirta, CIL VIII Suppl. 19688. 19697. 

Wortes von dieser neuplatonischen Polemik natur- [Dessau.] 

lich ubernommen worden; die Xoyot rpiXalr\&ug Celtiberi. Der Name KsXxi^Qsg und KeXu- 

des Hierokles zeigen die Anknupfung schon im firjQia — wer ihn erfand, ist unbekannt; gewiss 

Titel. Unsere Kenntnis des ,wahren Wortes' ruht kein Romer, etwa Timaios, der KsXxoXtyvsg bildete 

auf der Widerlegungsschrift, zu deren Abfassung (p. 150, 14 Geffcken)? oder die an der Ostkuste 

Origenes durch die Feier des heidnischen tausend- Iberiens wohnenden Griechen von Massalia, Em- 

jahrigen rOmischen Reiches im J. 248 bestimmt porion und den wenigen anderen griechischen 
wurde. Eine Reconstruction in deutscher tiber- 40 Niederlassungen (KiepertLehrb. der alten Geogr. 

setzung unternahm 1873 Keim, eine franzOsische 1878, 493) — ist die dem Polybios gelaufige Be- 

1878 Aube. Pragmentsammlung und Recon- zeichnung fiir das nordOstliche Hispanien, zum 

struction des griechischen C, die Verfasser voll- Unterschied von Iberien im weiteren Sinn, ohne 

endet hat, zeigen, dass vom aXtj^g Xoyog aller- dass ihm dabei eine genauere Begrenzung oder 

hochstens der zehnte Teil verloren ist ; und von die Einbeziehung der Kiisten vorschwebt (III 5, 1. 

dem Erhaltenen besitzen wir etwa drei Viertel 17, 2, wo es heisst, Sagunt liege am Fuss der Ge- 

im Wortlaut. Litteratur: Keim Celsus wahres birge, die Iberien und Keltiberien verbanden; XI 

Wort, Zurich 1873. Aube'Histoire des persecutions 31, 6. XXXV 1—5. Liv. XXVIII 1, 4 Geltiberia 

de l'eglise. La pole"mique pa'ienne a la fin du quae media inter duo maria est). Die Keltiberer 
He siecle, Paris 1878. Pe"lagaud Etude sur50dienen nach ihm von altersher in den Heeren der 

Celse, Lyon 1878. Koetschaus unter der Presse Karthager (Polyb. XIV 7 — 14. Appian. Hannib. 

beflndliche kritische Ausgabe der Biicher des Ori- 4. 20. 22) ; der Anas und der Baetis entspringen 

genes gegen C. ruht auf dem fiir Buch I — III dort. Er hatte vielleicht in seinem geographi- 

von Koetschau, fiir Buch IV — VIII von Neu- schen Buch ihre und der Vakkaeer Stadte aufge- 

mann verglichenen cod. Vat. 386 saec. XIII— zahlt (Strab. HI 148 = Polyb. XXXIV 9, 12. 13) 

XIV, dem Archetypus aller Hss. Etwa gleich- und seinen Vorgangern die Nachricht entlehnt, 

zeitig wird erscheinen : Kilaov aX^i]? Xoyog. Der dass Ti. Gracchus im J. 575 = 179 v. Chr. nicht 

litterarische Kampf des Heidentums gegen das weniger als 300 ihrer Stadte zerstOrt habe (XXV 

Urchristentum. Von K. J. Neumann (Scriptores 1 = Strab. Ill 162), was den Widerspruch des 
Graeci qui Christianam impugnaverunt religio- 60 Poseidonios reizte. Die rOmischen Annalisten nebst 

nem I). [Neumann.] Livius folgen in der weiteren Anwendung des 

21) Verfasser einer Zuschrift ad Vigilium episc. Namens dem Polybios (Liv. XXI 5, 7. 43, 8. 

de iudaica incredulitate, die unter Cyprians Schrif- 57, 5. XXII 21, 7. 8. 22, 4. XXIV 49, 7. 8. 

ten gedruckt zu werden pflegt (ed. Hartel III XXV 32, 3. 33, 7. XXVIII 1, 7. 2, 4. 7ff. 24, 4. 

119—132, vgl. LXIH). Der des Griechischen und XXX 7, 10. XXXIV 10, 1. 17. 19. XXXV 7, 8. 

Lateinischen kundige Verfasser iiberreicht dem XXXIX 7, 7. 21, 6—9. 42, 3. 56, 1. XL 16, 8. 

Bischof seine Ubersetzung des Dialogs zwischen 30—50. XLI 7, 1. 26ff. XCI. epit. XXXIX. 

lason und Papiskos; diese Ubersetzung ist aber XL VIII. LIU. LXVII. LXX mit den Ausziigen 



1887 Celtiberi Celtiberi 1888 

bei Valer. Max. II 6, 11. 14. Ill 2, 21. IV 3, 1. -briga zusammengesetzen Ortsnamen als keltische 

VI, 5. VII 4, 5. Frontin. strat. II 5, 3. 7. 8. Grtindungen anzusehen sind (vgl. Celtici), so 

Flor. I 33, 9ff. 34, 1. II 10, 1. 13. Eutrop. IV mfissen keltische Eroberer weite Gebiete der Halb- 

16, 1. Fest. brev. 5, 2. Oros. IV 16, 14. 20, 16. insel einst besetzt haben. Der Name der Kelt- 

21, 1. V 7, 2. 23, 11. Cassiod. chron. 409). Aber iberer aber haftete an einem viel engeren Gebiet, 

erst Poseidonios, der erste Grieche, der die kelt- das nach Poseidonios im Norden ungefahr durch 

iberischen Kriege der K6mer ausfiihrlich beschrieb, Varduller, Kantabrer und Asturer, im Westen dnrch 

machte den Versuch, ihre Herkunft und ihre Be- Kallaeker, Vakkaeer nnd Vettonen, im Siiden durch 

deutung genauer zu bestimmen — dass die Ab- Carpetaner, Oretaner und Bastetaner, im Osten 
schnitte bei Diodor. V 33, 1—5. 34, 1—5 aus 10 durch Edetaner (Plin. Ill 20) und den Fluss Hiberus 

Poseidonios stammen, ist seitMiillenhoffsUnter- begrenzt wird (Strab. Ill 162. Plin. Ill 19 — 27). 

suchungen D. A. II 310ff. als ausgemacht anzu- Er unterschied sie genau von den Iberern (Strab. 

sehen — ; darin folgen ihm Varro nebst Mela und III 153. Appian. Hisp. 1. 3. 31) und teilte ihnen 

Plinius, sowie Strabon. Nach langen Kampfen um im allgemeinen das innere Hochland der Halbinsel 

das Land einigten sich danach die Iberer und die zu , aus dem die HauptstrOme Baetis und Anas 

eingewanderten Kelten (Appian. Hisp. 2. Comment. entspringen (Strab. Ill 148, wo die auf den Anas 

Lucan. IV 10 Usener gens Galliae fame urguente beziigliche Angabe auf Polybios zuriickgefuhrt 

in Hispaniam migravit et mixto nomine dieti wird, vielleicht irrtiimlich statt auf Poseidonios, 

sunt Celtiberi, was durch Livius auch auf Posei- trotz der grossen Entfernung zwischen Baetis und 
donios zuriickgehen wird), bewohnten es gemein- 20 Anas, weil die Keltiberer sich vermehrt und alles 

sam und beschlossen ferner gegenseitiges Ehe- Nachbarland nach sich benannt hatten — dies viel- 

recht; von dieser Mischung fiihrten sie den Namen leicht Strabons eigene Erklarung), ebenso Tagus 

(auch Appian. Hisp. 100 spricht von [iiyddsg KeX- (Strab. Ill 152) , Durius und Limia (Strab. Ill 

TiflfiQmv). Es ist sehr zweifelhaft, ob diese An- 153). Es beginnt, wenn man von der Kilste kom- 

nahme mehr ist als ein Schluss des Poseidonios mend das Gebirge Idubeda (s. d.) fiberstiegen hat 

aus dem Namen, den er vorfand; wahrscheinlich (Strab. ni 162). Sie sind in vier Volkerschaften 

bedeutet KsXxiprjQsg nur die in Iberien wohnen- geteilt, die aber Strabon aufzuzahlen unterlassen 

den Kelten (Strab. I 33 KsXxol xal "I§t)Qeg fj hat (III 162). Er nennt als die machtigsten im 

pixxcog KeXxi^tjgsg . . jiQoarjyoQevovxo). Denn eine Siidosten die Arevaker (Plin. Ill 19 Celtiberi 
wirkliche Vermischung hat schwerlich stattgefun- 30 Arevaei), die aber sicher ein iberischer Volksstamm 

den. Die eingewanderten Kelten (die Beronen waren, vom Fluss Areva benannt (s. d.), im Osten 

heissen bei Strab. IDT 162 xal avxol xov KsXxi- die spater nicht mehr erwahnten Lusonen (Appian. 

xov axoXov ysyovoxsg, vgl. 158 KeXxol, ot vvv KsX- Hisp. 72. 79) an den Tagusquellen; ferner die Vak- 

xlfiygsg xal Br/gcoveg xaXovvxai) haben wohl Stadte kaeer (Plin. Ill 26. Appian. Hisp. 51 exegov ysvog 

gegrundet und einige iberische Volker beherrscht, KeXxi^rjQcov), die Beronen (Strab. HI 158 KsXxol, 

im ganzen aber mussten sie sich mit unfrucht- o'i vvv KsXxlfSrjQsg xal Brjocoveg xaXovvxai). M. 

bareren Gegenden im Innern und im Siidwesten Fulvius Nobilior siegte nach den romischen Annalen 

der Halbinsel begniigen und haben die einheimische im J. 561 = 193 v. Chr. iiber Vakkaeer, Vettonen 

Bevolkerung nirgends ganz vertrieben (Kiepert und Keltiberer und nahm ihren Konig Hilernus 
Beitrag zur alten Ethnographie der iberischen 40 gefangen; es ist der einzige, der ausdriicklich als 

Halbinsel, M.-Ber. Akad. Berl. 1864, 143ff.). Die Konig der Keltiberer oder Heerftihrer der drei 

Ausdriicke der Dichter wie Lucan. IV 9 pro- Stamme bezeichnet wird (Liv. XXXV 7, 8). Pyr- 

fugique a gente vetusta Oallorum Celtae mis- resus heisst bei Valerius Maximus nur nobilitate 

centes nomen Hiberis. Martial. IV 55, 8 nos Gel- ac virtute omnes Celtiberos praestans (III 2, 

tis genitos et ex Hiberis. VII 52, 3 ille meas 21), nicht Konig. Auch die Vakkaeer (s. a.) sind 

gentes et Celtas rexit Hiberos. X 65, 3 ex Hibe- kein keltisches Volk. Schon zu Poseidonios Zeit 

ris et Celtis genitus Tagique eivis. 78, 9 nos mtissen also die keltischen Elemente fast ganz 

Celtas , Maeer, et truces Hiberos cum desiderio zuriickgetreten sein. Auch die spater verschollenen 

tuo petemus. Silius III 340 Celtae soeiati nomen BtXXoL (s. d.) werden als Keltiberer bezeichnet 
Hiberis. Brambach CIRh. 484 = Dessau 1195 50 (Appian. Hisp. 44) und die Pelendonen (s. d.), 

post Hiberos Celtas . . . Germaniarum coiisu- deren Stadt Numantia (Plin. Ill 26 Pelendones 

laris , d. h. nach der Verwaltung von Hispania Geltiberum qimttuor populis, quorum Numantini 

citerior, geben diese allgemein verbreitete Auf- fuere elari, Strab. HI 153) sonst den Arevakern 

fassung wieder. Des Poseidonios Schilderung der zugeteilt wird (s. d.). Bei dem fortwahrenden 

Keltiberer, auf der romischen tfberlieferung und Schwanken zwischen dem weiteren und engeren 

auf eigener Anschauung beruhend, lasst das kel- Gebrauch des Namens (nach Varro bei Plin. IV 

tische Element daher vollig zuriicktreten und 119 liegen die Inseln vor der Nord- und Nord- 

scheint die Unterschiede von den Kelten besonders westspitze der Halbinsel ex adverso Celtiberiae; 

zu betonen. Ihren Kriegsruhm und dass sie den in der Divisio provinc. p. 15, 11. 16, 8 heisst 
RSmern so lange und so viel zu schaften gemacht, 60 das Meer im Siiden und Osten Hispaniens mare 

bis zu ihrer Unterwerfung , fiihrt er zwar noch Celtiberieum) sind auch die Grenzbestimmungen 

auf die Vermischung zweier so tapferer Volker schwankend. Das der Ostkiiste nahe Segobriga 

zuruck; dann aber betont er ihre Verschiedenheit. (s. d.) heisst mit einem vielleicht dem Varro ent- 

Der unbestimmten Bezeichnung des Polybios und lehnten Ausdruck caput Celtiberiae (Plin. Ill 25), 

seiner Nachfolger gegeniiber, wonach die verschie- und Clunia (s. d.) Celtiberiae finis (Plin. Ill 27) ; 

densten Volker in Iberien als Keltiberer bezeichnet Sertorius weilt in Hemeroskopeion (s. d.) an der 

werden, hat Poseidonios zuerst ihre Stamme und Ostkiiste fiexa xx\v ix KsXri^Qiag h'xnxcomv (Strab. 

ihr Gebiet zu umgrenzen versucht. Wenn die mit III 161 ; vgl. Artemidor bei Steph. s. v.). Bilbilis 



1889 Celtiberi Celtiberi 1890 

(Strab. Ill 162) und der Fluss Salo dabei (Martial. tias , sind mit Vorsicht anzunehmen (Liv. XL 

X 20, l)heissenkeltiberisch; ebenso nermt Martial 32, 1. 33, 7. 40, 11). Ihr Land ist rauh (Liv. 

in diesem Sinn die Celtiberae gentes (I 49, 1) XXVIII 2, 7 asperitas loeorum. Strab. Ill 162 

und terrae (XII 18, 11). Bei Ptoleraaios nehmen naiJteQ olxovvxeg %<i>ga.v xagdlv tzqov). Dochwachst, 

die Keltiberer nur das immerhin noch weite Ge- wohl nicht iiberall, die Gerste zweimal im Jahr 

biet zwischen Segobriga, Valeria, Arcobriga, Bil- (Plin. XVIII 80). Poseidonios erwahnte als Be- 

bilis, Nertobriga, Turiaso (II 6, 57) ein, also das sonderheit , class die Krahen schwarz seien und 

Binnenland zwischen Hiberus, Sucro, dem oberen ihre Rosse — sonst werden besonders die asturi- 

Tagus und Durius. In der Kosmograpbie des Iu- schen geriihmt (s. Asturia) — , die den par- 
lius Honorius ist es zu einem Cettiberia oppidumlO thischen ahnlich und sebr schneil seien , wenn 

zusammengeschrumpft (p. 35, 2 Riese; ebenso in gefleckt, ausserhalb des eigentlichen Keltiberien 

der Cosmogr. Aethici p. 80, 4), wahrend der alte im iibrigen Iberien die Farbe wechselten (Strab. 

Volksname noch in weiterem Sinn gilt (Cosmogr. Ill 163). Geschatzt waren nach Varro die Ese- 

Aethici p. 98, 11. Nomina prov. p. 129, 5 Eiese). linnen (Plin. VIII 170 notum est in Cettiberia 

Seiner Gewohnheit gemass schilderte Posei- singulas quadringentena milia minimum enixas, 

donios sodann genau ihre Sitten und ihre Lebens- mularum maxims partu) und die Maultiere (vgl. 

weise. Sie sind das kriegerischeste Volk der Halb- Baliares). Wenn die Keltiberer auch mit der 

insel (Diodor. V 33, 1. Sil. Ill 340. Flor. I 33, 9 Zeit grOssere Stadte bewohnten, wie Caesaraugusta 

Cato . . Cettiberos, i. e. robur Eispaniae, aliquot (Strab. Ill 151. 167), meist hoch gelegene — die 

proeliis, fregit), wie der zwanzigjahrige Krieg 20 pendula teeta von Bilbilis erwahnt Martial (X 20, 

mit ihnen und Numantias "VViderstand beweist 2) — , so beweist doch gerade ihre Lebensweise 

(Strab. Ill 162), ferner die Kampfe des Metellus — dem Poseidonios sind sie ^nQicodsataroi (Strab. 

(Eutrop. IV 16, 1) und Sertorius (Plut. Mar. 3; a. a. O.) — unci ihre Kriegsttichtigkeit, class sie 

Sertor. 3). M. Marcellus (602 = 152 v. Chr. urspriinglich keine Stadte im eigentlichen Sinne 

Wilsdorf Fasti Hisp. prov. 97) erhob ex. %ijg hatten. Von Zweikampfen unter Q. Metellus Cel- 

KelTifoiQiug an Tribut 600 Talente, wonach sie tibericus mit tapferen Keltiberern meldet (nach 

zahlreich und wohlhabend gewesen sein milssten, Livius) Valerius Maximus (III 2, 21). Doch flohen 

trotz ihres armlichen Landes (Strab. Ill 162). Im sie und ihre Rosse vor den Elephanten des Han- 

J. 570 = 184 triumphieren nach den rOmischen nibal, die sie nie gesehen (Appian. Hisp. 46). Ihre 

Annalen C. Calpumius Piso und L. Quinctius 30 kriegerische Tiichtigkeit schilderte Poseidonios so 

Crispinus ilber die Keltiberer unci fiihren dabei der (bei Diodor. V 33, 2—5): sie stellen nicht nur 

eine 83 goldene Kranze und 12 000 Pfund Silber, kampfgeiibte Reiter ins Feld, sondern auch ein 

der andere ebensoviel Gold wie Silber als Beute auf durch Tapferkeit und Ausdauer ausgezeichnetes 

(Liv. XXXIX 42, 3). Und wenn Polybios erzahlte, Fussvolk. Sie tragen rauhhaarige Mantel von 

wie oben gesagt, Ti. Gracchus habe (574 = 180 schwarzer Farbe, deren Wolle den Ziegenhaaren 

v. Chr. Wilsdorf 87) 300 Stadte der Keltiberer nicht unahnlich ist. Zu ihrer Tracht gehOren 

zerstOrt, so sah Poseidonios darin eine tfber- auch das lange Haar (Catull. 37, 17) und die von 

treibung wie in den iiblichen Siegesberichten ; wenn Varro erwahnten Hals- und Armspangen (viriolae 

von mehr als 1000 Stadten der Keltiberer ge- Plin. XXXIII 39). Einige Keltiberer, so fahrt 

sprochen werde , so wurden die grossen Dorfer 40 Poseidonios fort, sind mit den leichten gallischen 

Stadte genannt (Strab. Ill 163). Gracchus verbot Schilden bewaffnet; andere tragen ein rundes Ge- 

ihnen neue Stadte zu griinden oder ihre alten zu flecht von der Grcisse der Schilde (die scutati 

befestigen (Appian. Hisp. 44). Die Triumphalfasten Celtiberorum bei Liv. XXVIII 2, 10), und urn- 

verzeichnen von den J. 559 = 195 v. Chr. bis zum winden die Beine mit Beinschienen von Filz. Sie 

J. 661 = 93 v. Chr. wiederholt Triumphe de Cetti- tragen eherne Helme mit purpurnen Helmbuschen 

bereis , ungerechnet die noch zahlreicheren ex geschmiickt. Ausserdem haben sie zweischneidige 

Hispania citeriore. Oft , seit Scipio Africanus, Schwerter von vorziiglichem Eisen und sehr kurze 

mit den Remern verbiindet (Liv. XXVI 50. Dio Dolche, die sie im Handgemenge gebrauchen. Den 

LVI 47), dienten sie seitdem vielfach in den rOmi- Stahl fur die Waffen harten sie auf eine absonder- 
schen Heeren (Plut. Cat. 10. Appian. Hisp. 30;501iche Weise: sie lassen ihn so lange unter der 

b. civ. I 89. 108. 112); noch die Legaten des Erde liegen, bis die schwacheren Teile vom Rost 

Pompeius hatten keltiberische auxilia (Caes. b. verzehrt sind. Das so zugerichtete Eisen erhalt 

civ. I 38, 3. 61, 2). Aber auch den Turdulern eine Scharfe, welche alles durchschneidet, so dass 

dienen sie als Soldner (Liv. XXXIV 17. 19. Sail. weder Schild noch Helm noch Knochen den Schlag 

hist. Ill 2 D.). Die Angaben iiber ihre Volkszahl aushalt. Da sie zu Pferde und zu Fuss kampfen, 

sind von den Iberern im weiteren Sinne zu ver- springen sie, wenn sie als Reiter gesiegt haben, 

stehen: 20 000 Keltiberer sollen bei Iliturgi am von den Pferden und das Fussvolk angreifend 

Baetis, also in der Ulterior, im J. 559 = 195 v. kampfen sie auf eine bewundernswiirdige Weise. 

Chr. dem M. Helvius gegeniiber gestanden haben, Wie sie von denPferden springen, umihrem Fussvolk 

allerdings nach Valerius Antias, der die Zahlen 60 zu helfen, und die Pferde durch spitze Holzpfiocke 

stets iibertrieb (Liv. XXXIV 10, 1). Im J. 573 an den Ziigeln so gezogen haben, dass sie ruhig 

= 181 v. Chr. bringen sie 35000 Mann zusammen stehen bleiben, bis sie zuriickkommen, schilderte 

(Liv. XXXX 30, 1). Die Turduler nehmen im Polybios vielleicht nach eigenen Wahrnehmungen 

J. 559 = 195 v. Chr. 10000 Keltiberer als Reis- des jiingeren Scipio (frg. 95). Ebenso beschreibt er 

laufer an (Liv. XXXIV 17, 4. 19, Iff.). Aus der ihre Schwerter, die die Romer seit dem hanniba- 

Zahl ihrer von Ti. Gracchus zerstOrten castella lischen Krieg von ihnen ilbernommen hatten, ohne 

schloss, wie schon gesagt, Poseidonios auf ihre jedoch in der Herstellung des Stahls ihnen gleich 

grosse Volkszahl. Weitere Zahlen, meist aus An- zu kommen (frg. 96). Dieselbe Bemerkung, aber 

Pauly-Wissowa III 60 



1891 Celtiberi Celtic! 1892 

im Anschluss an eine Schilderung der Kallaeker Als Nahrung dient ihnen allerlei Pleisch, das sie 

(s. o. S. 1357) findet sich auch, vielleicht aus alterer im Uberfluss haben , und zum Trunk eine Art 

Quelle als Poseidonios, bei Iustin. XLIV S, 8: Met aus Honig und Wein. Doch kaufen sie 

praeeipua Ms quidem ferri materia , sed aqua auch Wein von einwandernden Handelsleuten. Als 

ipso ferro violentior; quippe temperamento eius Beiname kommen Geltiber und Celtibera in Hispa- 

ferrum aerius redditur , nee ullum apud eos men hauflg (CIL II 2545. 3132. 4464. 4472. 

telurn probatur, quod non aut Birbili ftuvio — 5881. 6067. 6168), vereinzelt auch in Africa (CIL 

s. darfiber Bilbilis — aut Ghalybe tinguatur; VIII 3690) vor. [Hiibner.] 

unde etiam Chatybes fluvii huius finitimi appel- Celtici. Nach den Mitteilungen des Posei- 

lati ferroque ceteris praestare dieuntur. DerlO donios (bei Strab. Ill 139), die auf eigener An- 

Chalybs und die Chalyber sind offenbare Erflndung, schauung und in Gades eingezogenen Erkundi- 

hinter denen sich kaum ein Volksname verbirgt. gungen beruhten, bewohnten den westlichsten Teil 

Sie weihen sich auf Tod und Leben ihren KOnigen von Siidiberien , das Gebiet zwischen Anas und 

— auch hier also werden Konige ihnen gegeben Tagus, meist Kelten (KeXxoC, so die Hss. des Stra- 

— und gehen nach jener Tod, freiwillig auch in bon, Casaubonus anderte in Kelxixoi, vgl. Ill 
den Tod (Sail. hist. I 73 D. wohl auch nach Po- 158) und einige durch die Bflmer, d. h. durch 
seidonios, ebenso Val. Max. II 6, 11). Daher die Decimus Brutus, von jenseits des Tagus hierher 
Kampfe mit ihnen wie mit den Cimbern auf Tod iibersiedelte Lusitaner ; er scheint diese sudiberi- 
und Leben gingen (Cic. de off. I 38 cum Gelti- schen Kelten zuerst mit ihrem einheimischen Na- 
beris , earn Gimbris bellum ut cum inimieis 20 men bezeichnet und von den Galatern diesseits 
gerebatur, titer esset. non uter imperaret), Kampf der Pyrenaeen unterschieden zu haben (vgl. Cel- 
ist ihre Lust, fiber Krankheit nur jammern sie tiberi). Danach nennt wiederum Poseidonios die 
(Tusc. II 65 Gimbri et Celtiberi in proeliis Stadt Conistorgis (s. d.) die bekannteste ev rotg 
exidtant, lamentantur in morbo, danach Val. Max. KslxixoXg (Strab. Ill 141); hier begegnet die adjec- 

II 6, 11); auch diese Antithesen stammen wohl tivische Bezeichnung zum erstenmal; sie umfasst 
zuletzt aus Poseidonios (ahnlich Sil. Ill 341 — beide Bestandteile der Bevolkerung. Sie hatten 
343 his pugna ceeidisse decus corpusque cremari teil an dem Beichtum und der Bildung der Tur- 
talenefas; caelo credunt superisque referri, im- detaner dia rijv yeirvtaotv, wg uqtjxs IloXvfiio; 
pastus carpat si membra iaeentia vuttur). Wie (XXXIV 9, 4) {xal} 8ia ttjv ovyysvsiav (xal fehlt 
weit die Angabe des Vegetius fiber ihre Schlacht- 30 in den Hss. und ist von den meisten Herausgebern 
ordnung auf alter Uberlieferung (Cato?) beruht, hinzugeffigt worden, von einigen statt dessen fj 
steht dahin (epit. r. mil. II 2 Galli atque Celti- vor <ag sigtjxs; die Vermischung der Gegensatze 
beri pluresque barbarae nationes eatervis uteban- wild dem Strabon zur Last fallen, die drei letzten 
tur in proelio, in quibus erant sena milia arma- Worte ganz zu tilgen geht nicht an); doch seien 
torum, also etwa so viel wie in alter Zeit in einer die Keltiker , als deren Stadt Pax Iulia (s. d., 
rOmischen Legion). Doch sind in den rfimischen uberliefert ist das unmOgliche Tla^avyovoxa, viel- 
Heeren der Kaiserzeit nur drei Cohorten der Kelti- leicht durch Schuld des Strabon) allein genannt 
berer nachgewiesen (vgl. Notit. dign. occ. XLII wird, weniger civilisiert, d: h. romanisiert, da 
30) neben zahlreichen Alen und Cohorten Hispano- sie meistens noch in Dorfern wohnten (Strab. Ill 
5-mto schlechthin, sowie Arevacorum (E])hem. epigr. 40 151). Polybios folgt darin wohl nur alteren An- 
V p. 168). Im 1. Jlidt. stand die erste Cohorte gaben ; Strabons Hauptgewahrsmann ist unzweifel- 
der Keltiberer in Britannieu (Diplom von 105 haft Poseidonios. Endlich sagt derselbe Posei- 
CIL VII 1194), im 2. Jhdt. hatten wohl alle drei donios von den Artabrern (s. d.) und dem Vor- 
Cohorten der Keltiberer mit anderen Truppen- gebirge Nerion (s. d.), jisqkhxovgi S' avttjv KsX- 
teilen ihr Standquartier bei San Cristobal in Gali- nxoi (Meineke schob davor xal ein, ohne Not), 
cien (CIL II 2552 — 2555. 4141 ; die Ortlichkeit ovyyevus zwv em zq> "Ava , denn die — von De- 
ist genau bekannt, CIL II p. 355. 906). Posei- cimus Brutus in dem Peldzug gegen die Kallaeker 
donios erwahnte dann die Sitte der Keltiberer, aufgebotenen • — Turduler und Keltiker aus dem 
die mit der Sorgfalt und Beinlichkeit ihrer iibri- Sfiden der Halbinsel hatten sich beim Ubergang 
gen Lebensweise so sehr im Widerspruch stehe, 50 fiber den Limia geweigert, dem Efihrer, d. h. dem 
den Urin zum Waschen des Korpers und zum rOmischen Feldherrn, zu folgen — deshalb heisse 
Keinigen der Zahne zu benutzen (Diodor. V 33, 5), der Fluss X^-8-tjs, der Vergessenheit (s. Limia) — 
die Catull in bekannten Versen verspottete (37, und hatten sich zerstreut und in jenen Gegenden 
17 Geltiberia in terra quod quisque minxit Me niedergelassen (Strab. Ill 153). So verstehe ich 
sibi solet mane dentem atque russam defrieare die Worte, nach Plorus (I 33, 12 D. Brutus . . 
gingivam). Die Keltiberer und ihre nOrdlichen Celticos Lusitanosque . . . formidatumque wiili- 
Nachbarn sollen im Gegensatz zu den Kallaekern, tibu.s flumen oblivionis {invisit) peragratoque 
die man fttr ad-eoi hielt, einem namenlosen Gott victor oceani litore non prius signa convertit 
opfern und nachts beim Vollmond mit alien Haus- quam cadentem in maria solem obrutumque 
genossen vor den Thfiren Tanze auffuhren (Strab. 60 aquis ignem non sine quodam sacrilegii metu 

III 164). Ihre Sitten schildert femer Poseidonios et horrore deprehendit; Livius folgte hier rOmi- 
so (bei Diodor. V 34, 1): gegen Fremde und schen Annalisten, die wohl auch von Poseidonios 
Cbelthater sind sie grausam, gegen Gastfreunde abhangig waren). Die Bezeichnung dieser lusi- 
freundlich und liebreich. Allen Fremden, die zu tanischen Kelten als ,Keltiker' ruhrt vielleicht 
ihnen kommen, bieten sie von selber ein Obdach nicht von Poseidonios, sondern erst von Strabon her. 
an und wetteifern unter einander in der Gast- Dass ein Strom keltischer Einwanderung bei 
freundschaft , und die. welche von Fremden be- dem grossen Keltenzug um das J. 500 v. Chr. 
gleitet sind, halten sie fiir Lieblinge der Gotter. bis in den Suden und Sudwesten der Halbinsel 



1893 Celticoflavia Cemerinianum 1894 

gelangt ist, unterliegt keinem Zweifel — Stadte- 880). Die Lage ist damit nicht bestimmt, aber 

namen mit keltischer Endung in jenen Gegen- sie wird niclit allzu weit da von in dem Gebiet 

den, wie Caetobriga, Lacobriga, Merobriga, Ner- der nordwestlichen Celtici (s. d.) zu suchen sein. 
tobriga, Turobriga nnd ahnliche beweisen es, die ' [Hiibner.] 

noch Ptolemaios den lusitanischen Keltikern zu- Cema mons, ein Berg der Seealpenkette, auf 

teilt (II 5, 5) — ; aber die ersten Nachrichten dem der Varus entspringt, Plin. Ill 35, also der 

daruber werden dem Poseidonios verdankt (s. Ky- jetzige Mont Pelat (3035 m.). [Hiilsen.] 

netes). Auf seine von Varro ilbernommene und Cemandri, ein neben Sarmaten und Hunnen 

teilweis erweiterte oder bekampfte Gelehrsamkeit genannter, offenbar germanischer Volksstamm, 
geht es zuriick, wenn bei Plinius Baeturien (s. d.) 10 lord. Get. 50 ; Ausgang wie in den batavischen 

bezeichnet wird als von Turduli und in dem zum Texuandri, Texcmdri; zur Basis cem- fehlen je- 

Gerichtsbezirk von Hispalis gehOrigen Teil von dooh Vergleiche; an den finnischen Flussnamen 

C. bewohnt, qui Lusitaniam attingunt; Celtieos Kemi ist schwerlich zu denken. [Tomaschek.] 
a Celtiberis ex Lusitania [vielleicht et ex Lusi- Cembrieum , Ortschaft in Hispania citerior. 

tania] advenisse manifestum est saeris lingua Ein Cembricinus wird auf einer Inschrift aus 

oppidorum vocabidis, quae cognominibus in Bae- Algamitas bei Olvera im Bezirk von Cadiz er- 

tiea distinguuntur (III 13); wofiir dann eineReihe wahnt (Ephem. epigr. VIII 103). Der sonst un- 

von sehr ungleichen und teilweis nichts beweisen- bekannte Ort wird irgendwo in jener Gegend 

den Beispielen angefiihrt werden; dazu werden gelegen haben. Vgl. Cempsi und ad Cimbios. 
eine Anzabl echt iberischer Stadte, wie Acinipo, 20 [Hiibner.] 

Arunda u. a. nach Celtica gesetzt (III 14; da- Cemenelum (dies die richtige Schreibung, 

nach Ptolem. II 4, 11). Die Herkunft dieser C. f\ noXig KsueXetcov Diodor. XXIX 28, Ke/tevileov 

von den Celtiberi scheint von dem ,Grammatiker' Ptol. Ill 1, 39), Stadt im Lande der Vediantii, 

Varro dem Poseidonios gegeniiber behauptet und die, nach den Ruinen (z. B. eines Amphitheaters) 

ihre Begriindung gegeben worden zu sein. Dass zu urteilen, im Altertum ziemlich ansehnlich ge- 

die Kelten im Norden und Siiden von Iberien eines wesen sein muss , wahrend das heutige Cimella 

Stammes waren, ist sicher, und es ist nicht un- (franzOsisch Cimiez bei Nizza) ein unscheinbares 

mOglich, dass Poseidonios in der Annahme einer Dorf ist. Plin. n. h. Ill 47 (Cemenilo) und Ptol. 

Iteltischen Riickwanderung vom Siiden nach dem a. O. rechnen sie zu den Vediantii , was durch 
Norden irrte. Seine unterwegs gemachten Be- 30 die Inschriften OIL V 7872. 7873 (Widmungen 

obachtungen kCnnen ihn dazu verfiihrt haben. an die Matronae der Vediantii, bei Nizza gefun- 

Das Vorgebirge Nerion (s. d.) wird zuerst bei den, vgl. Bonn. Jahrb. LXXXIII 16. 113) be- 
Mela Celticum genannt (III 9. 12 promunturmm statigtwird. Die Tab. Peut. bietet die Form Oeme- 
quod Celticum, vocamus, nach Varro; ebenso Plin. netto, Itin. Ant. 296 Cemenelo, Not. Gall. XVII 7 
III 111): dies ganze Gebiet bewohnten Keltiker Civitas Cemenelensium (V ar. Cemellentium u. a.), 
bis zum Durius (Plin. IV 116. Mela III 10), die die Inschriften Cemeneli (CIL III 9782. VI 3339. 
Artabrer etiamnum Geltieae gentis (Mela III 13; 3916, abgekiirzt oder verstiimmelt VI 2382 a. 
bei Plinius die Arrotrebae IV 114) und zu den XII 3. 21 add.; vgl. Tocilescu Verhandl. Phil. 
C. setzt er auch (III 47) die Bleiinseln oder Kas- Versamml. Koln 198), Cemenelensis (V 7872 u. o\), 
siteriden (s. d.). Plinius unterscheidet, wohl eben- 40 vgl. den Mars Cemenelus. Es war die Haupt- 
falls nach Varro, dort Celtici eognomine Nerii stadt des Districts der Alpes Maritimae (spater 
et Supertamariei, ferner Celtici eognomine Prae- Eburodunum, Mommsen CIL V p. 902f. Mar- 
tamariei (IV 111), d. h. oberhalb und am Tamar quardt St.-V. 12 280) und gehorte zu Tribus 
wohnende Kelten. In den Listen des Agrippa Claudia (CIL V 7872. 7930 u. a.). Als Magistrate 
und Augustus werden C. als eine der sechzehn der civitas (so heisst sie auf den Inschriften nr. 
Gemeinden des Gerichtsbezirks von Lucus Augusti 7905. 7913. 7915) werden Ilviri (nr. 7905 u. 6.) 
genannt (III 28) und unter den stipendiarii auf- und aediles (nr. 7919) genannt. Ferner kommen 
gefulirt Mirobricenses qui Celtici cognominantur vor flamen civitatis (nr. 7913), sexviri, sexeiri 
(IV 118). Aus diesen Zeugnissen geht ebenso Augustales (nr. 7905. 7909. 7920) unci collegia 
wie aus dem Namen der Stadt Celticoflavia (s. d.) 50 (vgl. nr. 7881. 7905. 7920. 7921) dendrophoro- 
und der Bezeichnung einzelner Personen als G. rum (nr. 7904) und centonariorum (nr. 7906). 
auf Inschriften (CIL II 2902 = 5657, vgl. Gel- F. Deycks Altertiimer von Nizza und Cimiez, 
tigun CIL II 6298; Celtus als Personennamen Bonn. Jahrb. XXXII 18ff. B run Description des 
ist in Hispanien nicht selten, CIL II 755. 1391. bains de Cemenelum , Annales de la soc. des 
5238*. 5250. VII 285, Keluos Phlegon macrob. 1. Alpes-Maritimes IV (Nice 1877) 165ff. (mit Tafel). 
CIL II 5310) nur hervor, dass der Name seit Desjardins Ge'ogr. de la Gaule II 256f. Long- 
dem Ende der Republik fur einen Teil der Be- non Geogr. de la Gaule au Vie siecle 460. 
volkerung der siidlichen und westlichen Gegenden Mommsen CIL V p. 915ff. Holder Altcelt. 
der Halbinsel iiblich war, in denen neben den ein- Sprachschatz s. Cemenelon (ligurisch?) [Ihm.] 
heimischen Volkerschaften Kelten sich niederge-60 Cemenelus, Beiname des Mars der Stadt 
lassen hatten, wahrend fur die iibrigen Gebiete Cemenelum auf einer bei Cimiez gefundenen Li- 
mit ahnlich gemischter BevSlkerung der Name schrift, CIL V 7871 Marti Cemenelo L. Vippius 
Keltiberer gebraucht wurde (s. o. S. 1886ff.). Li[g]ur v. s. 1. m. Vgl. den (Mars) Vintius. 

[Hiibner.] ' [Ihm.] 

Celticoflayia, Stadt, wahrscheinlich der Vet- Cemenice regio s. Cebenna mons. 

tonen, in Hispania citerior, nur auf einer Grab- Cemerinianum, Ort in Africa, von dem ein 

schrift genannt (Celticoflaviensis) , die in der Bischof im J. 411 erwahnt wird (coll. Carth. c. 201, 

Nahe von Salmantica gefunden wurde (CIL II beiMansiIV150 = MigneXI1338). [Dessau.] 



1895 Cemmenus mons Cena 1896 

Cemmenus mons (Kspfievov ooos) b. C e- die Kinder sitzend an einem besonderen Tische 

benna mons. zu speisen, Act. Arv. 27. Mai 218. Suet. Aug. 64- r 

Cempsi (Kefiyol) , ein grosses Volk auf der Claud. 32. Tac. ann. XIII 16. Auch Parasiten 

Westseite der Pyrenaeen bis Tartessos, aus vielen und sonstige untergeordnete Personen setzte man 

Stammen bestehend ; nur im alten Periplus mehr- wohl auf subsellia, Suet, vita Ter. p. 28 Beiff. 

mals mit den Saefes (s. d.) genannt (Avien. ora Plaut. Capt. 471; Stich. 489. Sitzen bei Tisch. 

marit. v. 195ff., danach auch bei Dionys. Perieg. als Zeichen der Trauer, Plut. Cat. min. 56. 

338 in einem der Ilias II 829 nachgebildeten Die C.bestandin alterer Zeit aus zweiG'angen, 

Verse erwahnt). Man glaubte ihre Wohnsitze in Hauptspeise und Nachtisch, •ra«»saesecMw<fae (Verg. 
Ophiussa (s. d.) und im Norden an die Ligyer 10 Aen. VIII 283. Petron. 68. Gell. XIII 11, 6. Macrob. 

grenzend im aussersten Westen von den Pyrenaeen II 8, 3. Ill 18, 1. Act. Arv. 27. Mai 218), epi- 

bis fast zur Sfidspitze Iberiens ausgedehnt, da dipnis (Petron. 69. Martial. XI 31, 7), impo- 

sich unmittelbar an sie die Kyneten (s. d.) an- menta = imponimenta Fest. ep. 108, 18. Zum 

schliessen sollten. Einst hatten sie auch die Insel Nachtisch wurde getrunken , Verg. Aen. I 723 

Kartare (s. d.) bewohnt, waren aber von dort durch und Serv. z. d. St. : una epularum, altera pocu- 

Nachbarvolker im Krieg vertrieben worden und Jorum. Mindestens seit Beginn der Kaiserzeit 

hatten sich andere "Wohnsitze gesucht (v. 2561). aber geschah dies wahrend der ganzen Mahlzeit, 

Im Norden grenzte ihr Gebiet an das der Ileaten Hor. sat. II 8, 14. Petron. 34. Der Nachtisch 

(s. d.) , womit vielleicht die Ilergeten an der bestand wohl ursprunglich und spater in einfachen 
Hiberusmundung gemeint sind (v. 301). Die C. 20 Verhaltnissen bios aus Frilchten, Serv. Aen. VIII 

werden fur eines der iberischen UrvClker im innern 283: una cam-is fuerat, altera pomorum. Hor. 

Iberien zu halten sein, deren Name (vgl. Cem- sat. II 2, 121. Martial. V 78. 11. X 48, 18. Dazu 

bricum, ad Cimbios) spater verschollen war. Backwerk, Petron. 68. Martial. Ill 17, 1, bellaria 

[Hubner.] genannt, Act. Arv. 27. Mai 218, welcher Name von 

Cena. 1) Ort auf Sicilien, 18 mp. von Agri- Varro bei Gell. XIII 11, 6 = Macrob. II 8, 3 mit 

gentum westwarts, etwa beim heutigen Monte mellita erklart wird, nach Gell. (ausgeschrieben 

Allegro, Itin. Ant. 88. [Hiilsen.] von Macrob.) a. 0. aber fur jede Art Nachtisch 

2) Die Hauptmahlzeit , wurde in alterer Zeit gebraucht wurde. Ferner kalte Speisen (frigida, 

am Mittag genommen; das Abendessen hiess da- yvxev tQamCa), namentlich Austern, sonstige 
mals vesperna. Spater wurde sie auf den Nach- 30 Muscheln und rohe Krauter, unter denen die sehr 

mittag verlegt und man nahm um Mittag ein beliebte lactuea genannt wird, Plut. qu. conv. VIII 

Fruhstfick, prandium, Fest. ep. 54, 4. 223, 5. 9, 3, 28. Martial. XIII 14. Moretum 74. Spater 

338, 4. Isid. or. XX 2, 14. Als Zeit der C. wird wurden dann diese kalten, pikanten und appetit- 

am haufigsten die 9. Stunde genannt, Cic. ad reizenden Speisen an den Anfang der Mahlzeit 

fam. IX 26, 1. Hor. ep. I 7, 71. Martial. IV 8, 6; verlegt (Plut. u. Martial, a. 0.), und es entstand 

so ist auch Martial. X 48. XI 52 zu verstehen: so der dritte regelmassige Bestandteil der C, die 

die Eingeladenen sollen um die 8. Stunde baden Entries, der oft genannte gustus (Martial. Ill 

und dann zur C. kommen. Die 10. Stunde (Ehet. 17, 1. X 48, 13. XI 31, 4. 52, 12) , gustatio 

adHerenn. IV 64) gait fur sehr beschaftigte Leute (Petron. 21. 31), antecenia (Apul. met. II 15; 
(Martial. VII 51, 11) und vermutlich fur den40arafe cenam Macrob. Ill 13, 12). Zum Gustus 

Winter, wo sonst der Arbeitstag zu kurz wurde. wurde mit Honig angemachter "Wein (mulsum, 

Friiher zu speisen (ab octava Iuv. I 49; de die s. d.) getrunken (Hor. sat. II 4, 24. Petron. 34) 

Liv. XXIII 8, 6. Catull. 47, 5; de medio die weshalb der Gustus auch promulsis heisst, Cic. 

Hor. sat. II 8, 3. Suet. Nero 27; ante medium ad fam. IX 16, 8. 20, 1. Regelmassige Bestand- 

diem Plin. Paneg. 49) gait als Scnwelgerei (tern- teile des Gustus sind rohe Krauter (namentlich 

pestivum eonvivium). Nach der C. blieb man lactuea) und Eier (daher ab ovo ad mala Hor. 

bis zum Schlafengehen bei Tisch, Plin. ep. Ill sat. I 3, 6), Cic. ad fam. IX 20, 1. Plin. ep. I 

1, 9. 5, 13. ~ 15, 2. Martial. XII 19 (wo der Gustus gleich 

Die C. fand in alterer Zeit im Atrium statt nach dem Bade in den Thermen genommen wird). 
(Serv. Aen. I 726. IX 648; ad focum Varro bei 50 Apul. met. IX 33; bei Petron. 31 kiinstliche Eier, 

Non. 83, 15, der Herd war damals im Atrium), die je eine Drossel enthalten. Ferner Austern, 

auf dem Lande noch spater in der hier dem Atrium sonstige Muscheln (Plin. a. 0. Hor. sat. II 4, 24. 

entsprechenden culina, Varro de r. r. I 13, 2. Cels. II 29) und Fisehspeisen (Martial. XII 19);. 

Hor. sat. II 6, 65. Eine Zeit lang muss es dann dazu Wiirste, pikant zubereitete kleine Vegel, auch 

ublich gewesen sein, im Oberstock den Speiseraum Haselmause (Petron. 31). Besonders ausfuhrlich 

zu haben (s. Cenaculum); spater, in der Zeit, sind die Bestandteile des Gustus aufgezahlt bei 

aus der auch die altesten pompeianischen Hauser Macrob. Ill 13, 12; vgl. ferner die Zusammenstel- 

stammen, und wohl schon friiher, hatte man durch- lung bei Marquardt Privatl. 2 323. Es waren 

aus eigene Speisezimmer (s. Triclinium). Speisen, die teils den Appetit reizen (Hor. sat. 118, 

Man speiste in alter Zeit sitzend. Varro bei 60 8), teils den Stuhlgang fOrdern sollten, Cels. II 29. 

Serv. Aen. VII 176 und bei Isid. or. XX 11, 9. Es scheint, dass in gewohnlichen, biirgerlichen 

Serv. Aen. I 79. 214. 708; diese Vorstellung hat Haushaltungen die tria fercula, Gustus, Haupt- 

auch Verg. Aen. VII 176. VIII 176. Spater die speise und Nachtisch, durchaus Kegel blieben. 

Manner auf dem Lectus liegend, die Frauen sitzend Mehrfach ist das Menu einer solchen einfachen C. 

(Val. Max. II 1, 2. Isid. a. 0.), bis endlich, noch iiberliefert, Martial. X 48: Gustus rohe Krauter, 

vor Ende der Bepublik, das Liegen (accubare) darunter Lattich, Eier, Fische, Schweinseuter 

allgemein ublich wurde. Doch pflegten aueh da- (sumen) in Fischsauce ; Hauptgang (hier wird aus- 

mals noch, und auch in der kaiserlichen Familie, driicklich gesagt, dass alles dies una mensa ist) 



1897 Cenabum Cenasis pains 1898 

junge Ziege und Huhn mit Schinken und Wurst; ist mittelaltexliche Interpolation. Spater Mess 

Nachtisch Friichte. Martial. XI 52 : Gustus Lattich die Stadt Aureliani , Aurelianensis urbs u. a., 

und sonstige Krauter, Eier, Kase, Oliven; Haupt- woraus das lieutige Orleans (Aurelianis) entstan- 

speise Fische, Muscheln, Schweinseuter, Gefliigel; den ist. S. oben S. II S. 2427. Desjardins 

Nachtisch nicht erwahnt. Iuv. XI 65: Gustus Table de Peut. 26; Geogr. de la Gaule II 476ff. 

Spargel und Eier; Hauptspeise junge Ziege und Holder Altcelt. Sprachschatz s. Cenabon. 

Hiihner; Naehtisch Fruchte. Ofellus bei Hor. sat. [Ihm.] 

112, 117 ass gewOhnlich Kohl und Schinken, wenn Cenacullim. Das sehr oft, zuerst bei Plaut. 

er Gaste hatte als Hauptspeise junge Ziege und Amph. 863 vorkommende Wort bezeichnet nach 
Huhner, als Nachtisch Fruchte. Als Hauptspeise 10 der Etymologie einen Speiseraum und muss ur- 

spielten in alter Zeit und spater in einfachen Ver- spriinglich diese Bedeutung gehabt haben, wird 

haltnissen der Mehlbrei {pals) und die Gemiise aber nie in diesem Sinne gebraucht, sondern be- 

(olera) eine grosseRolle, Varro de 1. 1. V 105. 108. zeichnet stets jeden beliebigen Raum des Ober- 

Hor. ep. I 17, 13. Iuv. XIV 170. Als Pestbraten stockes, wahrend das lateinische Wort fur Speise- 

war das Schwein tind Wildschwein bevorzugt, Iuv. zimmer (meistens triclinium genannt) cenatio ist, 

XI 82. Bei steigendem Luxus wurde aber das Pest ep. 54, 6 : eenaeula dicuntur ad quae soalis 

Hauptgericbt vervielfacht. Petrous Trimalchio aseenditur. Den Ursprung dieses Spracngebrauchs 

giebt ihrer drei. Augustus pflegte drei bis sechs erklart Varro de 1. 1. V 162: posteaquam in 

zu geben (erstere, sonst zu geringe Zahl beweist, superiore parte cenitare coeperunt, superioris 
dass nur die Hauptspeisen gemeint sind) , Suet. 20 domus imiversa cenacida dicta. Die Sitte im 

Aug. 74. tfber Anordnung und Auswahl lasst Oberstock zu speisen, von der sonst niehts ver- 

sich keine Regel aufstellen. Bei Petrons Tri- lautet, hat Varro vielleicht nur aus diesem Sprach- 

malchio folgt auf einen aus den verschiedenartig- gebrauch geschlossen, der in der That nur ent- 

sten Dingen gemischten Gang ein gefullter Eber stehen konnte zu einer Zeit , wo man nicht nur 

und dann ein mit Wiirsten gefillltes Schwein. Bei im Oberstock speiste — nachdem das Atrium durcb 

Hor. sat. II 8 ist die Aufzahlung zu unvollstan- die Offnung des Compluvium hierfur weniger ge- 

dig; eine Menge der verschiedenartigsten Speisen eignet geworden war — sondern auch der Speise- 

sind aufgezahlt in dem Menu einer Pontificalcena raum, wenn nicht den ganzen Oberstock, so doch 

aus republicanischer Zeit, Macrob. Ill 13, 12, wo den Hauptteil desselben einnahm. Es ist aber 
aber die einzelnen Percula nicht unterschieden 30 auch sehr wohl mOglich, dass Varro, wenn nicht 

sind. Die C. des Trimalchio ist noch dadurch die Sitte selbst, so doch alte Hauser gekannt 

bemerkenswert , dass die sonst zum Gustus ge- hat, in denen der Speiseraum im Oberstock er- 

horigen Muscheln und Schnecken nach alter Art halten war. Vielleicht ist in zwei pompeianischen 

bei den seeundae mensae geblieben sind (68), Hausern das alte C. noch kenntlich. Das eine 

wahrend sie beim Gustus (31) nicht vorkommen. dieser Hauser (Beg. V ins. 2 , Nordseite . Rom. 

Zu Beginn der C. werden die Gstter ange- Mitt. VIII 1893, 16f.) stammt aus vorrSmischer 

rufen , Quintil. decl. 301 p. 187 Bitter. Dann Zeit, wohl aus dem 2. Jhdt. v. Chr., das andere 

wascht man sich die Hande, indem Sclaven Wasser (Beg. VII ins. 15 nr. 8) aus romischer, aber wahr- 

iiber dieselben giessen; es werden auch wohl die scheinlich republicanischer Zeit. Beide haben 
Fiisse gewaschen , Plaut. Pers. 769. 792. Pab. 40 Zimmer nicht neben, sondern nur vor und hinter 

Pictor bei Non. 544, 22. Petron. 31. DasWaschen dem Atrium, Erdgeschoss und Oberstock. Und 

der Hande wird zwischen den Gangen wiederholt, zwar liegen auf der Rflckseite des Atriums zu 

was sehr notwendig war, da man ohne Gabeln ebener Erde je drei Baume, im Oberstock aber 

mit den Handen ass, Petron. 34. Hist. Aug. Heliog. nur einer, diesen dreien entsprechend , eine 8,40 

25, 9. In der Pause vor den seeundae mensae X 3,20 bezw. 8,50 X 3,15 grosse mit einer Saulen- 

werden die Laren und der mit ihnen verehrte bezw. Pfeilerstellung auf das Atrium geOffnete 

Genius des Hausherrn , seit Augustus auch der Loggia, zum Speiseraum vorziiglich geeignet und 

des Kaisers, angerufen und ihnen das Opfer ge- ohne Zweifel als solcher benutzt. Auf diesen 

bracht, Hor. od. IV 5, 31. Serv. Aen. I 730. Raum , der ohne Zweifel in Pompeii noch Offer 
Petron. 60. Cass. Dio LI 19, 7. Act. Arv. p. 42f. 50 vorhanden war, aber bei der durchgangigen Zer- 

Henzen. An den Nachtisch schloss sich die Comis- stfirung des Oberstockes sonst nirgends kenntlich 

satio (s. d.) an. Becker-GoTl Gallus III 323. ist, passt vollkommen der Name C. Dazu ist er 

Marquardt Privatl. 2 265. 297. Daremberg- in dem erstgenannten Hause auf der Riickseite 

Saglio Diet, des ant. I 1277. [Mau.] des Atriums, d. h. in dem Hauptteil des Hauses, 

Cenabum, Hauptstadt der Carnutes (s. d.) am der einzige obere Raum, so dass hier auch ver- 

Liger, Caes. b. g. VII 3 Genabum (Var. Gena- standlich wird , wie sein Name auf den ganzen 

Mm). 17 Genabi. 28 Cetiabensi cae.de (Var. Ge- Oberstock ilbergehen konnte. Becker-Goll Gal- 

nabensi). Hirt. VHI 5. 6 (Caenab., Cenab., lusII284ff. Marquardt Privatl.2 221. [Mau.] 

Genab.^ die Hss.). Strab. IV 191 qveis (Atyrjg) Cenae, Ortschaft in Africa, von der zwei Bi- 
naga Krjvafiov, to tcov Kaqvovxcov IfiitoQiov. Ptol. 60 schSfe , ein katholischer und ein donatistischer, 

II 8, 10 Krjvaflov. Die Tab. Peut. bietet Genabo, an dem Religionsgesprach zu Carthago im J. 411 

Itin. Ant. 367 Ganabum (Var. Genabum), eine teilnahmen (coll. Carth. c. 129. 197, bei Mansi 

Inschrift von Orleans Rev. arch. n. s. XI 345. IV 107. 144 = Migne XI 1297. 1332). 

408ff. Cenab(ensium). Die richtige Lesart ist ' [Dessau.] 

also unzweifelhaft Cenabum, nicht Genabum, wie Cenaxis palus, eine Mutatio dicht westlich 

die meisten Caesarausgaben haben; die Deutung von Ancyra an der Strasse nach Constantinopel, 

des Namens unsicher (s. Gliick Kelt. Namen bei Itin. Hieros. 575, 3; vgl. Cramer Asia minor II 

Caesar 57ff.). Der Lucanvers I 440 (Genabos) 95. Ramsay Asia minor 240. [Ruge.] 



1899 Cenculiana Cenones 1900 

CenculSana s. Cunculiana. Gebiet der C. Das Land zwischen Oglio und 

Cendebia (Plin. n. li. V 75. XXXVI 190), Adda gehOrte nach Momm sens Vermutung (CIL 

Sumpf am Fusse des Karmel, aus welchem der V p. 41 S) anfangs den Insubrern (daher der Klov- 

Fluss Belos entspringt, also der heute Basset el- aiog, der bei Polyb. II 32 als Grenzfluss zwischen C. 

Kerdane genannte Stimpf , von wo an der Nahr und Insubrern erscheint, nicht der Chiese, sondern 

Na'mto perennierend fliesst. B eland Palast. der Oglio ist; s. u. Clusius), in deren Gebiet 

267. Bitter Erdkunde XVI 708. die Bemer ca. 218 v. Chr. die Colonie Cremona 

[Benzinger.] anlegten, die dann spater auch den C. zugerechnet 

Ceneta , Stadt in Oberitalien , am Fusse der wurde. Die C. erscheinen fast stets als Freunde und 

Alpen ostlich von Feltria, jetzt Ceneda, Geogr. 10 Verbiindete derKfimer, so wahrend des grossen Gal- 

Eav. IV 30 p. 254. Venant. Fort. Vita S. Mart, lierkrieges 225 v. Chr. (Polyb. II 23. 24. 32. Strab. 

IV 767. Paul. Diac. hist. Lang. II 13. V 27. V 216)undimhannibalischenKriege(Liv. XXI 55, 

[Hiilsen.] 4). Dagegen erhoben sie, zusammen mit den Insu- 

Ceniaemus s. Ciniaemus. brern, die Waffen nach Beendigung des zweiten pu- 

Cenion (Kevimvog Ttoxajxov Ixfiolai Ptol. II nischen Krieges (Liv. XXXI 10), flelen aber noch 

5, 3 [= Geogr. Bav. 439, 3 Cuniat]), Fluss und wahrend des Kampfes ab (Liv. XXXII 30. Diodor. 

Aestuarium im Siiden des rfimischen Britannien, XXIX 14 p. 575 Wess.). Der Consul C. Cornelius 

vielleicht der Fluss Grampound und die Bay von triumphierte im J. 197 fiber sie (Liv. XXXIII 23, 4, 

Falmouth, wegen der falschen Masse bei Ptole- vgl. das Fragment CDL VI 31630 = 12 p. 341); 
maios nicht mit Sicherheit zu bestimmen. 20 nachher wurden die C. Verbiindete und Schutz- 

[Hubner.] befohlene der Eomer (Liv. XXXIX 3. Cic. pro 

Cennaba s. C in nab a. Balbo 32), bis das ganze Gebiet durch die Lex 

Cenni (?) , nach Dio LXXVII 14 (z. J. 213 Iulia im J. 49 das romische Biirgerrecht erhielt 

n. Chr.) ,keltisches' Volk, dessen grosse Tapferkeit (Cass. Dio XLI 86 ; erwahnt noch bei Iulius 

hervorgehoben wird (Caracalla inoUixr^oi xal jtoog Honor, cosmogr. 13 p. 32 B.). Die Belege voll- 

uvag Kivvovg , Kehixov elfoog xrX.; vgl. Biese standig bei Holder Altkeltischer Sprachschatz I 

Bhein. Germanien 185). Vgl. Flor. II 22 (IV 12), 984 (wo aber zu streichen ist die Inschrift CIL 

4 (Augustus) Breunos, Cennos (Bossbach liest V2484 = 4303, in die der Name derC. nur falsch 

Ueennos nach Plin. n. h. Ill 137) atque Vindelicos hineingelesen ist. S. Mommsen CIL V p. 1079). 

per privignum suum Claudium Drusum paea- 30 [Hiilsen.] 

vit; hier stellt Zeuss (Die Deutschen 237) wohl Cenones, nach Hieron. ep. 41, 3 der zweite 

mit Becht Oenaunos her (vgl. Hor. carm. IV 14, Grad im montanistischen Klerus, unter den Patri- 

lOff. Driisus Oenaunos implaeidum genus Breu- archen, fiber den BischSfen. Das von den Ab- 

nosque veloces et arces Alpibus impositas tre- schreibern schon mannigfach verunstaltete Wort 

mendis deiecit acer plus viee simpliei). Holder schien unerklarbar; man schlug vor iconomos — 

Altcelt. Sprachschatz s. Cenni und Qenauni. olxovofiovg zu lesen; aber fur dieses spater in der 

Unter den Ktvvoi des Dio sind wohl die Chatten Kirche aufgekommene Amt bestand bei den Mon- 

zu verstehen (Zeuss a. O. 327). [Ihm.] tanisten wohl das geringste Bediirfnis. A. Hilgen- 

Cenomanni. 1) Cenomanni (Cenomani) ist f eld hat (Ketzergesch. d. TJrchristent. 578. 598) 
ein Teil der Aulerci (s. d.) zubenannt , die Be- 40 sehr wahrscheinlich C, einem griechischen xoivm- 

wohner des heutigen Maine; die Hauptstadt Ci- vtg oder xoivowol gleichgesetzt; denn Cod. lust. 

vitas Cenomanorum (Not. Gall. Ill 3; s. die I 5, 20 gruppiere genau wie Hieronymus: raw 

spateren Zeugnisse bei Holder Altcelt. Sprach- xakovfiivcov avxihv naxQiaQ%<ov xal xoivmvwv i} 

schatz I Sp. 984—988), das heutige Le Mans, imoxojioov u. s. w. Diese Gleichsetzung hat J. 

Gliick Kelt. Namen 59. D'Arbois deJubain- Friedrichttber dieC. der Montanisten beiHiero- 

ville Les premiers habitants de l'Europe 289f. nymus, S.-Ber. Akad. Munch. 1895, 207 — 221 

Desjardins Geogr. de la Gaule II 206. 497. acceptiert, aber mit Becht eine Erklamng des 

Longnon Geogr. 294ff. auffallenden Titels xotrwroC vermisst. Unter Ver 

2) Cenomani sassen einst auch im siidlichen weisung auf einen bisher unbeachtet gebliebenen 
Gallien, Cato bei Plin. n. h. Ill 130 Cenomanos 50 Brief von drei gallischen Bischefen um 511, worin 
iuxta Massiliam habitasse in Voleis (Peter Frg. den Adressaten, zwei Presbytern, die Verwendung 
hist. rom. 49 nr. 42). Holder Altcelt. Sprachsch. von Weibern, eonhospitae, als soeiae in sacriftcio 
I Sp. 984. [Ihm.] divino, bei Austeilung der Eucharistie als Kttck- 

3) Ksvondvoi (Strab. V216. Ptolem. Ill 1, 31; fall in montanistischen Irrtum ausgelegt wird, 
Fovoi.i6.voi Polyb. II 12; Oenumana salieta Cinna halt er die cenones fur Frauen, Nachfolger der 
bei Gell. XIX 13, 5, dagegen Cenomani in dem grossen Prophetinnen Priscilla und Maximilla, und 
christlichen Grabepigramm aus Mailand Gruter bringt xoivcovoi mit dem technischen Gebrauch 
1161, 8 = CIL V p. 623 nr. 15), gallische Vfilker- von xoivavuv in der liturgischen Sprache zu- 
schaft, Zweigstamm der Aulerci (s. o. Nr. 1 und sammen, wonach es eine den Priestern vorzube- 
Bd. II S. 24021), aus deren Sitzen zwischen Loire 60 haltende Function am Opferaltar bezeichnet. Hil- 
und Seine sie nm 400 v. Chr. ausgewandert sein genfeld halt dem gegeniiber, Ztschr. f. wiss. 
sollen, um sich in Norditalien Land zusuchen (Polyb. Theol. 1895, 635—638, seine Ansicht fest, es 
II 17. Liv. V 34. Strab. V 216). Als ihre Haupt- handle sich um mannliche .Genossen des Patriar- 
stadte nennt Livius V 35 Brixia und Verona, Pli- chen'. Eine so nichtssagende Titulatur ist kaum 
nius in 130 Brixia und Cremona; Ptolemaios III denkbar, aber die C. fur Frauen zu erklaren be- 
1, 31 dehntihr Gebiet sogar bis Bergamum, Mantua rechtigen uns die Quellen nicht; sollte es sich in 
und Tridentum aus. Wahrscheinlich ist das Land xoivcoveg um ein bios graecisiertes , urspriinglich 
zwischen Oglio, Etsch und Po das ursprfingliche phrygisches Wort handeln? [Julicher.] 



1901 Ce(n)sennia Censores 1902 

Ce(n)sennia s. Cerfennia. Herodian V 7, 7. Sonst noch Herzog Staats- 

Censennrus. Gensennia (Variante Cemonia, verfassung II 924ff. 
s. Lommatzsch Jahrb. f. Philol. Suppl. XXII Niedere Functionare dieses Bureaus waren 

1896, 433), erkauft sich von ihrem Marme durch die Aug(usti liberti) nomenelatores acensibus 

eine bedeutende Mitgift die Erlaubnis zu ehe- CIL VI 8940 = XIV 3640. VI 1878 {a census). 

brecherischem Treiben, Iuv. sat. VI 136ff. Viel- 3553. 8937 (a census). 8938. 8939 und des Au- 

leicht nur ein typischer Name. [Stein.] g(usti) nfostri) vernfa) libr(arius) ab instru- 

Censeranni s. Consoranni. m(entis) censualibus III 1470 = 7974; ohne 

a censibus. AusLiv. XLIII 16, 13 clausoque nahere Bezeichnung der Verwendung erscheint ein 
tabidario et dimissis servis publicis kann kaum 10 Augfusti) libfertus) [a ejensibus XIV 2407. 
mehr erschlossen werden, als dass den amtierenden [Kubitschek.] 

Censoren eine Anzahl von Staatssclaven , gleich- Censio liastaria. Nur bei Pest. ep. p. 54 

viel aus welchen Bessorts abcommandiert, zur erwahnt; als Lagerstrafe erkannt von Huschke 

Verfiigung gestellt wurde. Aber, wenn auch weder Die Multa und das Sacramentum, Leipzig 1874, 

die SchatzungsbehSrde als standiges und conti- 22. [v. Domaszewski.] 

nuierliches Amt constituiert , noch auch nur die Censltor erscheint mitunter als Specialtitel 

Begelmassigkeit der Schatzungsperioden gesichert eines kaiserlichen, mit der Schatzung einer ganzen 

war, musste jenes Hilfsamt, ubei ceterae tabulae Provinz (CIL II 4121. V 7783. 7784. VI 1333. 

erunt. in quibus census populi perseriptus erit XIV 2927) oder eines Provinzteiles (VIII 7070 
(Lex Iul. mun. Z. 156) , eine standige Aufsicht 20 = 19428. XI 5213) oder einer einzelnen civitas 

und Verwaltung geniessen. Das Personal dieses (XII 1855. XIV 3955) betrauten Beamten, s. Cen- 

Censusarchivs mag der Zahl nach sehr gering sus B und Censores Nr. 4. [Kubitschek.] 
gewesen und erst jedesmalwahrenddesSchatzungs- Censoe s. Gensoe. 

actes auf die dann durch die Geschaftsfiihrung und Censor. 1) Consul II mit Lepidus II in un- 

durch die Eegistrierung der Listen gobotene Be- b ekann tern Jahre, gen annt auf einer vom 21. August 

darfsho'he gebracht worden sein. Die Annahme, datierten britannischen (CIL VII 287, vgl. p. 307) 

dass nach dem sonstigen Brauch auch hier Staats- und einer Mainzer Inschrift (Corr.-Bl. d. Westd. 

sclaven functionierten , vertragt sich aufs beste Ztschr. XV 1896, 202). Da diese Inschriften dem 

mit der oben angefiihrten Liviusstelle und flndet 3. Jhdt. n. Chr. angehoren, fiir welches eine Da- 
ausdriickliche Bestatigung durch Inschriften aus 30 tierung nach Consules suffecti ausgeschlossen ist, 

der ersten Kaiserzeit: CIL VI 2335 Victorempu- wird man Dessau (Prosopogr. imp. Rom. II 269 

blieurn Fabianum a censibus pfopuli) R(omani). nr. 100) beistimmen, der C. und Lepidus fiir Con- 

2334 public (us) ab eensu. 2333 publicus een- sules ordinarii ansieht, die von dem gallischen 

s(ualis). Die Leitung dieses Amtes durch den Kaiser Postumus (258/9 — 268/9) ernannt worden 

Senat und seine Betreuung durch servi publici seien. Sie kOnnten dann nur in einem der J. 262, 

verstand sich nur so lange, bis der census in 263, 264, 265 und 267 die Fasces gefuhrt haben, 

seiner bisherigen Gestalt durch Domitians defi- da Postumus in den iibrigen Jahren seiner Regie- 

nitive tlbernahme der censorischen Functionen in rung selbst Consul ordinarius war. [Groag.] 
die Competenz des Princeps aufgehoben wurde. 2) Severus Censor Iulianus s. Iulianus. 

Es scheint aber nicht, dass das neue kaiserliche 40 Censores (tifirjrai). 1) Die mit dem Namen 

Bureau den vollen Geschaftsumfang des senato- des KOnigs Servius Tullius verknfipfte, fiir die Um- 

risehen Bureaus beibehalten oder sich gar zu einem gestaltung der rOmischen Btirgerschaft grund- 

grossen Reichscensusamt umgestaltet hatte ; iiber- legende Einfuhrung des timokratischen Princips 

haupt fehlt fur eine Zusammenfassung des Pro- erheischte periodisch wiederkehrende Schatzungen : 

vincialcensus jedes Zeugnis, ausserdem war der census (d. i. arbitrium Varro de 1. 1. V 81 und 

Census populi damals geradezu antiquiert, und bei Nonius p. 519). Von der grundlegenden Be- 

die Falle, fiir die die Beibehaltung des Census deutung des Census fiir die biirgerliche Ordnung 

auch weiterhin nOtig scheinen konnte, beschrankten zeigt klar der metonymische Ausdruck condere 

sich. SLui&iehistendLer or dines honestiores, vorallem lustrum (Liv. I 44. Censorinus 18, 13), der an 
auf die des Ritterstandes. Mommsenhat daher 50 condere urbem oder civitatem gemahnt. 
wohl mit Recht den a census equitfumj Bomanfo- Das Recht der Schatzungen war zunachst 

rum) CIL X 6657 geradezu mit dem praepositus a in der kOniglichen Machtsphaere gelegen, (Tul- 

censibus V 8659, dem raj rifirjoets iyxsxeiQio/uevos lio) quater lustrum condere contigit , Val. Max. 

Cass. Dio LXXVIII 4, dem em xfjvaov xov Se- III 4, 3. Von den KSnigen ging diese Befugnis 

§(aarov) CIG 3497 geglichen und seine mehr auf die Consuln fiber, die das 5. bis zum 10. Lu- 

oder minder deutliche Verbindung mit dem Bitt- strum begingen (Dionys. V 20. 75. VI 96. IX 36. 

schriftenamt a libel/is et c[ensibus], bezw. /cot' XI 63 und die capitol. Fasten), bis 443 v. Chr. 

imoroX&]v nai xtjvoojv ClL III 259, a libellis (nach Mommsen 435) die Censur als eigenes 

et censibus IX 4453, a censibus, a libellis Au[g.J standiges Amt abgezvveigt wurde, was zwar ge- 
XI 5213 betont und sehr ansprechend so gedeutet 60 wiss auch deshalb geschah, weil angesichts der 

(dem entsprechend ist fiir die spatere Zeit der ma- plebeischen Bemilhungen um den Zutritt zur 

gister censuum VI 1704 mit dem magister a hOchsten Magistratur die Schmalerung ihrer amt- 

libellis, [mjagister a cens[ibus] 1628 zusammen- lichen Competenz dem Zuge der patricischen 

zustellen), dass das Amt a e. eine Abteilung des Politik entsprach (vgl. Liv. IV 8, 5 und die 

Amtes a libellis bildete und die Gesuche um Ver- Thatsache, dass die Consulartribunen niemals mit 

leihung des Ritterranges einen grossen Teil der den Geschaften der Censur betraut worden sind), 

Agenden dieses Bureaus bildeten, St.-R. Ill 489ff.; wahrscheinlich aber besonders darum notig er- 

vgl. ebd. 491, 1 die treffliche Interpretation von schien, weil die Consuln immer seltener unci 



1903 Censores Censores 1904 

schwerer die Gelegenheit fanden, neben ihren feld- der eine Censor im J. 174 es als seine Pflicht an, 

herrlichen Verpflichtungen auch noch die Aufgaben nihil nisi senatus Romani populive iussu se loea- 

des Census zu bestreiten (Liicken in den Listen turum ipsorum pecunia). Die Vertrage, welche 

in den J. 459 — 443 oder 435). der Censor mit den Parteien schliesst, erfolgen 

Von alien ordentlichen republicanischen Magi- nach Offentlicher Licitation in Rom (veetigalia lo- 

straturen hat sich die Censur am schnellsten ab- care nusquam Meet nisi in hue nrbe, hoe ex toco, 

geniitzt, nnd in den letzten Decennien des Prei- hac vestrum frequentia Cic. de leg. agr. II 55; 

staates ist ilir Apparat fast ganz ins Stocken ge- censoribus veetigalia locate nisi in conspectu 

raten. War schon miter Sulla das Streben un- populi Romani non licet I 7) und schriftlich: 
verkenribar, die Wiederkehr der Censnr durch 10 %es eensoriae (Plin. XXXIII 78. Varro de r. r. 

Anfteilung ihrer Geschafte zu verhindern, so hat II 1, 16 u. 0.). Dem Censor obliegt es, im Inter- 

auch Augustus nur ausnahmsweise die Censur esse des Staates alles Offentliche Gut, Staats- und 

wieder erweckt, meist aber ihre Geschafte als Tempelgut, das sich hiefilr eignet, nutzbar zu 

Consul und censoria potentate vollzogen. Nach machen. Er verkauft, wenn es zweckmassig scheint, 

Augustus hat noch Kaiser Claudius zusammen selbst Grundeigentum des Staates, so Ackerland 

mit L. Vitellius J. 47/8 und dann noch ein letztes- in Campanien (Liv. XXXII 7, 3. XL 27, 10) oder 

mal Kaiser Vespasian mit seinem Sohne Titus Verkaufsladen XL 51, 5. Er verpachtet die vecti- 

J. 74/5 die Censur bekleidet. Nach Domitian, galia (s. d.) und was sich diesem Begriff ver- 

der die Wurde eines censor perpetuus annahm, wandt zeigt, also auch die Weidenutzung , den 
horte die Censur auf, als eine besondere Function 20 Pischfang, Salinen und Bergbau, Hafenzolleu.s.w. ; 

neben den anderen hochsten Staatsamtern zu gelten. er regelt die Ahgabe von Wasser aus den offent- 

VondenJahresmagistraturenunterscheidetsich lichen Leitungen, Frontin. de aquis 95. 97. Auch 

die Censur auch dadurch, dass sie nicht innerhalb verfugt er iiber das Offentliche Areal, indem er 

eines bestimmten Wirkungskreises die Continuitat die Platze fiir staatliche Neubauten anweist, ins- 

der Verwaltung durch Entscheidung aller auf- besondere auch, indem er den Staatssclaven Woh- 

tauchenden Pragen zu wahren verpflichtet ist, nungsstatten abgiebt (lex Iulia mun. Z. 82). An- 

sondern eigentlich nur urn eines einzigen selb- dererseits gebiihrt ihm die Sorge fiir die Instand- 

standigen Rechtsactes willen geschaffen wird, und haltung der bestehenden Offentlichen profanen und 

dass sich ihre Thatigkeit mit der Vollziehung Tempelbauten, das sarta teeta aedium saerarum 
dieses Actes erschopft, wie dies sonst bei einzelnen 30 loeorumque publicorum tueri (Cic. ad fam. XIII 

ausserordentlichen Magistraturen der Pall war, 11, 1, der statt publicorum communium schreibt, 

z. B. den duoviri aedi locandae oder den quin- s. Sarta tecta), wie er auch die Aufsicht daruber 

queviri agro Pomptino dividendo. Der Schluss- fulirt, dass kein aus dem Grundeigentum dem 

act der censorischen Amtsleitung, die lustratio, Staat resultierendes Recht von Privaten verkiirzt 

wird durch die Aufstellung der Listen der zum werde, dass also die Wasserleitungen und die 

Stimmrecht, zum Heeresdienst und zur Bezahlung Strassenbauten nicht durch Anbauten u. a. ge- 

des tributum Befugten, bezw. Verpflichteten vor- schadigt oder dass nicht Offentliche Platze durch 

bereitet; s. Census. Ausserdem ist den C. im stOrende Bauten (am haufigsten werden Denkinaler 

Laufe der Zeit durch organische Fortbildung ihrer in diesem Zusammenhange erwahnt, z. B. Liv. 
Thatigkeit auch noch die Pflicht erwachsen, die 40 XL 51, 3. Plin. n. h. XXXIV 30. [Vict.] de vir. ill. 

Senatsliste aufzustellen, s. Lectio senatus, und 44) eingeschrankt werden. Eines der vornehmsten 

das Gemeindevermogen , inbesondere die Staats- Bechte des Censors ist die Anordnung neuer Staats- 

bauten in Stand zu halten, zu erganzen und aus- bauten , bezw. Verdingung ihres Baues , loeatio 

zugestalten. Sie verpachten an Dritte das nutz- {operarum s. d.), die Ubernahme der so fertig 

tragende Staatseigentum und verdingen die zur Er- gestellten Bauten in das Staatseigentum (pro- 

haltung des Staatseigentums nOtigen Leistungen, batio, vgl. Frontin. 96), und ihre Bezeichnung mit 

und zwar ohne Unterschied seiner Art oder seines dem eigenen Namen: via Aernilia, Appia, Fla- 

Ortes. Sie beginnen die Verdingungen (oi xi[irj- minia, basilica Porcia, Aernilia, Sempronia u. s. 

xal tfjv aq%r)v naQalafiovrss ovdev alio xqaxzovoi Aus dieser leitenden Stellung des Censors in der Ver- 
?; xrjv xgoipijv djio/utoflovot xwv IeqoJv mvwv xal 50 waltung des Offentlichen Gutes ergiebt sich schliess- 

xrjv ydvcooiv xov ayaX^axog , Plut. q. B. 98, was lich auch das Becht, in alien aus dem Bodenrecht 

Plinius fiir den ersten Teil n. h. X 51 cibaria des Staates erwachsenden Streitigkeiten zwischen 

anserum censores in primis loeant und fur den diesem und Privaten, auch mit den Steuerpachtern 

zweiten Teil XXXIII 111 a eensoribus in primis (s. o. und CIL VI 919. Ackergesetz Z. 35. 36. 

Iovem miniandum loeari bestatigt) und Ver- Liv. XXXIX 44, 4. XLIII 16, 4. Cic. de rep. II 

pachtungen (lacus Lucrinus in vectigalibus publi- 60 u. a.) die Judication zu uben. Da die Liicken 

cis primus locatur fruendus ominis boni gratia, zwischen den Censuren und die Unregelmassigkeit 

ut in dileetu censuve primi nominantur Valerius in ihrer Abfolge die Continuitat dieses Zweiges 

Salvius Statorius, Fest. p. 121) mit bestimmten ihrer Amtsfiihrung stOrt, wird die Aufsicht fiber 
Posten und wickeln zunachst die Ordnung und 60 die Offentlichen Bauten , ihre Verdingung und 

Erganzung der laufenden Contracte ab (Liv. XLIII tfbernahme erforderlichenfalls auch von den Con- 

16, 2 — 7 aus dem Census von 169/168), bevor sie sum, Praetoren und Aedilen geubt, wie denn auch 

neue eingehen (ebd. 16, 9f.). Dabei ist der Cen- dieser Zweig der censorischen Competenz allein 

tralismus so stramm , dass italische Vollburger- nicht in ihrem Wesen begriindet ist und bezeich- 

gemeinden, selbst wenn sie bereit sind, aus Eigenem nenderweise allein anderen Magistraturen zugang- 

die Kosten zu decken, die Anordnung Offentlicher lich ist. Zu der Frage, ob die Censoren gelegent- 

Bauten ganz von dem Befinden der Censoren ab- lich auch mit der Leitung der Miinze und speciell 

hangig machen miissen (Liv. XLI 27, 11 sieht im J. 92 v. Chr. mit der Oberaufsicht fiber die 



1905 Censores Censores 1906 

allem Anschein nach fiinfgliedrige CommissioB eonfeetis, ut traditum antiquitus est, censores 

.betraut worden seien, welehe die haufig vorkom- in eampo (dem Marsfelde) ad ara-m Martis sell-is 

menden Denare mit dem Bild des auf dem Wagen curidibus eonsederunt, Liv. XL 45, 8. Gegen den 

kampfenden Arvernerkonigs Bituitus (oben S. 547) angenblicklichen Amtsantritt lag umsoweniger ein 

geschlagen haben — ihre Namen sind M. Aureli, Hindernis vor, als die Wahl der C. zu einer Zeit 

L. CoscofniJ M. f., C. MallefoliJ C. f., L. Pom- erfolgte, da es keineamtierendeC.gab. Wenigstens 

poni On. f., L. Porci Liei(ni), die der vermute- im 6. Jhdt. der Bepublik fiel die Wahl und also 

ten Censoren sind L. Lie(ini) und On. Dom(iti) auch der Amtsantritt ins Friihjahr und wird in 

— vgl. Mommsen Bom. Miinzwesen 368f. 374, den annalistischen Berichten miter jenen Geschaf- 

333; St.-B. II 3 640, 2. 10 ten erwahnt, deren Besorgung den Consuln noch 

Die Censur rangiert hinter dem Consulat, vor ihrem Auszug ins Feld, in ihre provineia, 

der Praetur und dem Amt des Beiterfiihrers (bant. oblag. Die Maximalfrist der Amtsdauer ist durch 

Gesetz Z. 15, das Ackergesetz vom J. Ill Z. 35), das Gesetz des Dictators Mam. Aemilius 434 (Liv. 

obwohl sie durch ihre Entwicklung weit fiber 1X33. IV 24. Zonar. VII 19; die antiken Schrift- 

das Ansehen aller anderen Magistraturen hinaus- steller nehmen fur die Zeit vor diesem Gesetze 

gehoben worden ist (Cic. pro Sest. 53. Dionys. unwahrscheinlicherweise die normale Dauer des 

IV 22. Plut. Paull. 38; Flam. 18; Cato mai. 16), Lustrums als normale Amtsdauer der Censur an, 

und in der spateren Zeit des Freistaates nicht vgl. auch die Anordnung Cic. de leg. Ill 7 : magi- 

leicht andere als Consulare in dieses Amt gelangt stratum quinquennium habento) auf 11/2 Jahre 

sind. Die Collegialitat (Cic. de leg. Ill 7 20 festgesetztjdoch sind nach Vollziehung des Lustrum 

bini sunto; vgl. Liv. XXIII 23. Zonar. VII ex institute wiederholt ad sarta teeta exigenda et 

19) wird so streng gefordert, dass , wenn beim ad opera, quae loeassent, probanda Prolongationen 

Wahlgang nur ein Candidat die nOtige Stimmen- der Amtszeit bewilligt worden (Liv. XLV 15). 

zahl gewann, eomitiis eensoriis nisi duo confe- Der Censor hat einen Specialauftrag zu vol- 

cerint legitima suffragia, -non renuntiato altero lenden und ist in seiner Competenz den ubrigen 

comitia diff'errentur , Liv. IX 34, 25, und dass Magistraturen auch insofern nicht gleichgestellt, 

spaterhin im Falle des Ablebens oder Bucktritts als er weder das ius agendi cum populo (irrig 

des einen Censors — friiher war Nachwahl ge- behauptet das Gegenteil Zonar. VII 19) noch das 

stattet, Liv. V 31, 6 — der iiberlebende abdi- ius eonsidendi senatum noch das imperium hsX ; 

cieren musste, Liv. VI 27, 4. IX 34, 17. XXIV 30 auch hat er zwar praeeones und viatores, aber 

43, 4. XXVII 6, 19. Plut. q. B. 50; die Ausnahme keine lictores (Zonar. a. O.); ihm gebiihrt ausser 

des Appius Claudius, der nach Vollziehung des der toga praetexta auch der curulische Sessel 

Lustrums nicht zugleich mit seinem Collegen zu- (Polyb. VI 53, 9. Liv. XLV 5, 8) ; die Censorier 

riicktrat und die Vollendung der Offentlichen gross- werden sogar im Purpurgewand (iod-ijs TiooyvQa 

artigen Bauten allein amtierend betrieb , hat Polyb. VI 53, 7) bestattet. 

Mommsen als eine Prolongation der Censur zu Litteratur: Mommsen s Darstellung St.-B. 

einem bestimmten einzelnen Zwecke erklart, und 113 331ff. hat alle fruheren (eine Aufzahlung dieser 

da ihr Zweck mit der Censur streng genommen bieten z. B. Schiller in Iwan v. Mullers Hand- 

nichts zu thun hatte, ist dieser Fall als sui ge- buch IV 2 2, 75 und Humbert beiDaremberg 

neris anzusehen; es ist aber um so bezeichnender, 40 et Saglio Diet. II 990ff.) antiquiert und ist 

dass selbst dieser Ausnahmsfall von der Uberliefe- Grundlage der spateren geworden. Vgl. sonst 

rung als streng genommen unzulassig und als noch besonders Herzog St.-V. I 754ff. und Bug- 

Bethatigung der der claudischen Gens eigenen Ge- giero Dizion. epigr. II 157ff. Nicht gesehen 

waltthatigkeit und Uberhebung angesehen wird. habe ich Servais La censure, Luxemburg 1880 

In unserer Uberlieferung wird nicht ausdriick- und Delavaud Le cens et la censure, Paris 1884. 

lich angegeben, seit wann auch Plebeier fur Das Verzeichnis der Censoren giebt de Boor Fasti 

das Amt wahlbar waren. Thatsachlich ist C. censorii, Berlin 1873 und neu bearbeitet Bug- 

Marcius Butilus (Liv. VII 22, 9. X 8, 8) der erste giero a. a. O. 168ff. 

plebeische Censor gewesen; nur hat das publi- 2) Censor als Titel einer municipalen Be- 

lische Gesetz 339 angeordnet, id alter utique ex 50 horde ist ausser den nach romischem Muster 

pilebe, cum eo ventum sit, ut utrumque plebeium organisierten iurati censores, welehe der romische 

facere liceret, censor crearetur; dass beide Cen- Senat im J. 204 for die zwolf latinischen Colonien, 

soren der Plebs angehorten, traf zum erstenmale quae Q. Fabio et Q. Fidvio considibus abnuissent 

131 ein, Liv. ep. LIX. Der plebeische College milites dare, vorgeschrieben hat (Liv. XXIX 15), 

mag anfangs dem patricischen nachgestanden und dann standig in einer Anzahl slid- und mittelita- 

deshalb auch nicht zur Vollziehung des Lustrums lischer Gemeinden nachweisbar, zunachst solcher, 

gelangt sein; der erste Plebeier, der das Lustrum welehe latinischen Ursprungs waren oder in welehe 

begeht, kam 280 dazu (Liv. ep XIII). Die Cu- latinische Colonien deduciert worden waren, dann 

mulierung der Censur mit einem standigen auch einiger foederierter, die frtthzeitig ihre Ver- 

ordentlichen Amt wie Consulat , Praetur oder 60 fassung nach dem Muster der riimischen umge- 

einem ausserordentlichen wie Dictatur oder Beiter- bildet hatten, wie denn bezeichnenderweise in 

filhreramt ist wiederholt vorgekommen, Iterie- fast alien diesen auch senatus die Bezeichnung far 

rung bios bei C. Marcius Butilus 294 und 265 den Gemeinderat bildet. Es ist sehr wohl moglich, 

mid ist auf seine Anregung weiterhin verboten aber nichts weniger als notig anzunehmen, dass die 

worden (Val. Max. IV 1, 3. Plut. Cor. 1; vgl. auch in anderer Beziehung folgenreiche Behandlung 

[Vict.] de vir. ill. 32). jener zwolf latinischen Stadte die Einfuhrung von 

Gewahlt werden die C. in Centuriatcomi- C. in anderen latinischen und in den foederierten 

tien (Messalla bei Gell. XIII 15, 4); eomitiis Stiidten gefordert und beschleunigt hat. Die In- 



1907 Censores Censoriiius 1908 

schriften nennen solche C. fur Abellinum CIL X oensore ad Lusitanos X 680), s. Census B und 

1181. 1134. 1135. 1137, Aletrium 5807 = 1 1166, Censitor. [Kubitschek.] 

Beneventum IX 1635 = 1 1221, Caere XI 3616. Censorglacenses yicani in der Inschrift von 

3617, Cales X 4633. 4662. 4663, Copia 1232 = Camerinum CIL XI 5632 = Orelli 804 (wozu 

I 1264, Cora 6509 = I 1153, Fabrateria 5590, Henzen Bull. d. Inst. 1858, 121 zu vergleichen), 
Ferentinum 5837—5840 = I 1161 , Hispellum aus der Zeit des Pius. [Hiilsen.] 
Orelli 7031, Septempeda CIL IX 5584?, Setia X Censorinus. 1) S. Aiacius Nr. 1 , Mai- 
6470, Suessula 3763, Teanum 1 1198, Tibur XIV cius, Marius, Satirius. 

3685 = 1 1120. 3541 = 1 1113, Treba XIV 3451, 2) Censorinus, Beiname des C. Marcius Cen- 

Vibo X 52. 66. 10 sorinus, cos. ord. 746 = 8 mit C. Asinius Gallus. 

Als lateinische tfbersetzung des griechischen [Groag.] 

Terminus sind anzusehen die 130 C, die nach 3) Censorinus, von dem Cassius Severus einen 

Cicero in Verr. II 131ff. fur die Stadte Siciliens, Ausspruch citiert, Sen. contr. Ill praef. 12. 
je zwei e. fur eine eivitas, quinto quoqne anno 4) Censorinus, einer der sog. dreissig Tyrannen, 

bestellt werden mussten (131 Me est magistratus der zur Zeit des Kaisers Claudius Gothicus, wahr- 

apud Sieulos, qui diligentissime mandatur a scheinlich wahrend dessen Abwesenheit im Gothen- 

populo, propter liana eausam, quod omnes Si- kriege (vgl. A. Duncker Claudius Gothicus, Diss. 

culi ex censu quotannis trihuta eonferunt : in Marburg 1868, 43f.), 269 n. Chr., von den Sol- 

eensu kabendo potestas omnis aestimationis ha- daten erhoben wurde, Hist. Aug. tyr. trig. 33. 31, 
bendaesummaequefaciundaecensoripermittitur), 20 12. 7. 32, 8. Er gehOrte dem senatorischen Stande 

und die durch die lex Pompeia fur die Stadte an und hatte sich nach einer langen, ehrenvollen 

Bithyniens und des Pontus eingefiihrten c, deren Laufbahn auf seinen Giitern zur Ruhe gesetzt, 

Thatigkeit bei der Zusammensetzung der Bule als man ihn zum Kaiser ausrief. Trotz seines 

im Briefwechsel des Plinius mit Kaiser Traian hohen Alters und trotzdem er infolge einer im 

X 112. 114. 115 erwahnt wird. Vielleicht ist Perserkrieg Valerians erhaltenen Wunde hinkte, 

dies das Amt, das der Sohn des Dio Cocceianus was ihm den Spottnamen Claudius eintrug (c. 33, 

in Prusa bekleidet hat, und dessen Competenz Dio 2), nahm er die Wurde an , wurde aber wegen 

Chrys. LI 6 so definiert : oxa> y&Q xohg SXrj y.at seiner Strenge schon nach siebentagiger Regierung 

dfjfios Sxcbv ijihQsifs jzoudevetv avzov xai ov im- getetet (c. 32, 8). Was fiber seinen Cursus hono- 
OT&irjv ei'Xszo zrjg xoivijg dgszijg xai ozcp zip> /.is- 30 rum berichtet wird (33, 1), ist durchaus fabelhaft, 

yioxnv &qxv v edcoxe zrjg awcpQoovvrjg xai zov xa- und somit ist auch die Grabschrift des C. bei 

\(bg fliovv sxaazov, wozu zu vgl. Arnim Leben Bononia, auf welcher sich dieser Cursus finden 

und Werke des Dio von Prusa 386f. Fur die Be- soil (33, 4), pure Erfindung. Nicht hoher anzu- 

stellung der Buleuten im romischen Kleinasien, schlagen sind die Nachrichten iiber C.s Nach- 

wie ftir so manche andere Frage iiber die Stadt- kommen und Wohnhaus (33, 5 — 6). Auffallend 

ratscollegien dieses Gebiets, liegt noch immer keine ist auch die teilweise Analogie mit Celsus Bio- 

Darstellung vor. graphie. Auf Munzen und Inschriften findet sich 

Collegialitat ist fur Caere, Copia, Ferenti- keine Spur dieses ephemeren Kaisers. Vgl. Th. 

num, Tibur, Treba und durch Cicero fur die sici- Bernhardt Gesch. Boms von Valerian bis zuDio- 
lischen Stadte peregriner Bechtsstellung (in Verr. 40 cletians Tod 1 136. Cohen VI2 173. [Stein.] 

II 133) bezeugt, Iteration in Suessula X 3763 5) C. Caelius Censorinus, Praetor, Consul suf- 
[o]ens[ori] iterum und Setia 6470 ob hasce res fectus, Curator Viae Latinae, Curator der sieben- 
eensorem feoere bis , . . populusque statuam do- ten Region von Rom, Curator von Karthago, Comes 
navit ,Censorino'. Die Wurde eines oettsforjperpe- Constantins d. Gr., Exactor der Lustralis Conlatio 
t(uus) begegnet uns in Caere. Soweit wir die Sach- in Sicilien, Sardinien und Corsica, Consularis Si- 
lage iiberblicken, geht auch der municipalen Censur ciliae, Consularis Campaniae zwischen 313 und 337, 
in der Regel die Bekleidung der iibrigen hOchsten Dessau 1216. Seinem Namen nach scheint er 
Gemeindeamter voraus. Es ist ferner nur ganz mit C. Caelius Saturninus und dessen Sohn C. 
billig, class bei dem allgemeinen Niedergange der Caelius Urbanus verwandt gewesen zu sein. 
alten Magistraturen auch die Censur zu einer bios 50 6) Caelius Censorinus, Consularis Numidiae 
titularen Anszeichnung herabsank und Insignien zwischen 375 und 378, CIL VIII 2216. Wahr- 
und Rang ohne das Amt verliehen wurden: orna- scheinlich Enkel des Vorhergehenden. Vielleicht 
mentis censoriis honorati sind aus Vibo bekannt, ist er identisch mit demjenigen C., an den Symm. 
der eine von beiden ist 22 Jahre alt. Vgl. Henzen ep. VIII 27 gerichtet ist, und der fiber ein bei 
Ann. d. Inst. 1858, 5ff. Joh. Neumann De quin- Baiae gelegenes Grundstuck mit Symmachus einen 
quennalibus coloniarum et municipiorum (Leip- Grenzstreit hatte, Symm. ep. VI 9. 11, 3. 
ziger Diss. 1890) 8ff. M a r q u a r d t St.-V. 1 2 * [Seeck.] 
1591 7) Censorinus, rOmischer Grammatiker (doe- 

3) Im Vereinswesen. Eine angeblich in tissimus artis grammatical Prise. I 4, 17; vgl. 
Tusculum gefuudene, mit mehr Berechtigung nach 60 Cassiod. de orth. GL VII 214, 25), Verfasser eines 
Ostia zu weisende Grabschrift, CIL XIV 2630, ist verlorenen Buches de aecentibus (Cassiod. de mus. 
einem Freigelassenen T. Flavius Hilario gesetzt, p. 576 Censorinus quoque de aecentibus voci 
deeur(io) coll(egi) fabrfumj ex lustra XV, unter nostrae adnecessariis subtiliter disputavit, per- 
dessen iibrigen Wurden auch die eines censor bis tinere dicens ad musicam disciplinam. Prise. 
ad magfistratus) creandofsj histfrisj XIX et XX XIV 1 , 6 Censorinus plenissime de his docet in 
angefiihrt wird. libro, quern de aecentibus scribit; daraus ein Frag- 

4) Als Titel eines kaiserlichen Beamten (een- ment fiber die Praepositionen ebd. XIV 4, 40, ein 
sor Germ, inferior. CIL XI 709 ; [missus pro] andres fiber die Buchstaben I 4 , 16f.) und des 



1909 Censorimis Censorius 1910 

auf uns gekommenen Schriftchens de die natali rhythmi, de musiea, de modulations) und Metrik 

(Sidon. Apoll. carm. 14 praef. 3 Censorino, qui (de metris id est numeris, de legitimis tiumeris, 

de die natali volumen illustre eonfecit; vgl. Cas- de numeris simplieibus) ; der letztgenannte Teil 

siod. de mus. p. 573. 576). Letzteres ist einem (auch beiKeil GLVI 605— 617 abgedruckt) ist der 

Gonner Q. Caerellius (s. d. Nr. 4) als Geburts- ausffihrlichste und ermoglicht dadurch eine etwas 

tagsgabe gewidmet und abgefasst im J. 238 n. Chr. genauere Prfifung : sowohl die hier zur Anwen- 

(c. 18, 12. 21, 6): der ziemlich bunte, mit dem dung kommende metrische Theorie wie die ange- 

Anlass des Biichleins vielfach nur in recht lockerer ftihrten Beispiele zeigen, dass das zu Grunde lie- 

Beziehung stehende Inhalt ist fiir uns von sehr gende Buch hoch hinaufreicht und iiberhaupt die 
grossem Werte , da der Verfasser zwar nur aus 10 alteste auf uns gekommene Darstellung latei- 

wenigen, aber guten Quellen schepft und trotz nischer Metrik ist (G. Schultz Hermes XXII 265), 

mancher Missverstandnisse im einzelnen doch die vielleicht ein Excerpt aus Varro (F. L e o Hermes 

Lehren seiner Gewahrsmanner im allgemeinen ver- XXIV 282, 1). Die Abschnitte de eaeli positions 

standig und treffend wiedergiebt. Auf die ein- und de stellis fixis et errantibus stimmen wort- 

leitenden Worte der Widmung folgt eine kurze lich mit den Scholia Sangermanensia zu Germa- 

Erorterung fiber das Geburtstagsopfer und den nicus Aratea (p. 105, 7 — 107, 13. 221—224, 4 

Genius (c. 2. 3) , das trbrige zerfallt deutlich in Breys.) fiberein, was wohl auf Gemeinsamkeit der 

zwei grosse Abteilungen, von denen die erste (c. 4 Quelle zuriickzufiihren ist (C. Robert Eratosthe- 

— 15) eine Reihe auf die Entstehung und das nis catasterism. reliquiae p. 202f.). 
Leben des Menschen bezfiglicher Fragen (z. B. 20 Die tlberlieferung beruht vollkommen auf dem 

fiber die Zeugung, fiber die Dauer der Schwanger- zuerst vonLudwigCarrion(Parisl583)benutzten 

schaft und den Einfluss der Gestirne mit einem codex Coloniensis saec. VII (spater in Darmstadt, 

Excurse fiber die Musik, fiber die klimakterischen seit 1867 wieder in Koln, vgl. W. Crecelius 

Jahre u. a.) mit doxographischer Aufzahlung der Spicilegium ex codice Censorini Coloniensi, Elber- 

Lehrmeinungen griechischer Philosophen behan- feld 1872), auf welchen die sonst bekannten jfinge- 

delt, w&hrend die zweite sich mit der Zeit und ren Hss. samtlich zuriickgehen, auch der in den 

Zeiteinteilung beschaftigt. Die Disposition dieses grundlegenden kritischen Ausgaben von O. Jahn 

zweiten Teiles (aevum, saeculum, annus maior, (Berlin 1845) und F. Hultsch (Leipzig 1867) 

annus vertens, mensis, dies) ist den Bfichern XIV noch als unabhangige Textquelle behandelte co- 
—XIX der antiquitates rerum humanarum des30dex Vaticanus 4929 saec. X (L. Urlichs Rhein. 

Varro entlehnt (0. Gruppe Hermes X 54ff.), die Mus. XXII 465ff.); ffir die sachliche Erklarung 

auch ffir den Inhalt dieses Teiles die Hauptquelle ist in der Ausgabe von Heinr. Lindenbrog (zu- 

bilden (vgl. z. B. F. Mttnzer Beitr. z. Quellen- erst Hamburg 1614) mancherlei Brauchbares zu- 

kritik der Naturgesch. d. Plinius 106ff.) ; daneben sammengetragen. Die Ausgabe von J. Cholod- 

ist speciell ffir die ro'mische Jahresrechnung Sue- niak (St. Petersburg 1889) kenne ich nicht, vgl. 

tons Buch de anno Romanorum ausgeschrieben jedoch F. Hultsch Berliner philol. Wochenschr. 

(Reifferscheid Sueton. reliqu. p. 434. G. Wis- 1890, 1651ff. Litteratur zur Kritik und Erkla- 

sowa De Macrobii Saturnaliorum fontibus 17ff.; rung s. bei Teuffel-Schwabe R. Litt.-Gesch. 5 

die Ansicht von M. Schanz Hermes XXX 421ff., § 379, 6. [Wissowa.] 
dass der ganze C, abgesehen von einigen Zu- 40 8) Platoniker aus dem Ende des 2. Jhdts. v. 

thaten aus secundaren Quellen, auf Suetons Pra- Chr., gegen den Alex. Aphrod. qu. n. 1 13 pole- 

tum zuruckgehe, lasst sich ebenso sicher wider- misiert. [v. Arnim.] 

legen wie die von Gruppe Comment, in honor. Censorius. 1) C. Censorius Niger, proe(u- 

Mommseni 545, dass dem zweiten Teile eine stark rotor) Augfusti) von Noricum, CIL III 5174. 5181. 

gekfirzte, aber auch mit Zusatzen und Nachtragen Er ist wohl der Censorius Niger, dessen Fronto 

versehene Bearbeitung der antiquitates humanae in den Briefen an Antoninus Pius gedenkt (p. 164 

des Varro zu Grunde liege) ; ffir den ersten Teil — 168 Naber). Wir erfahren daraus, dass C. noch 

ist die Hauptquelle Varros Logistoricus Tubero de unter Pius starb. Aller Wahrscheinlichkeit nach 

origine humana (Diels Doxogr. graeci 186ff.), (vgl. Klebs Prosopogr. imp. Rom. I 337) hat er 
fur die einleitenden Capitel 2. 3 wahrscheinlich 50 diese sowie andere Procuraturen demselben Kaiser 

desselben Logistoricus Attieus de numeris (citiert zu verdanken (ex tuis etiam iudieiis ei pluri- 

c. 2, 2). mum honoris et auetoritatis aeeesserat p. 165). 

Der Schluss des Biichleins ist durch Blattaus- Spater aber flel er in Ungnade beim Kaiser (p. 165. 

fall in der Urhandschrift verloren gegangen, und 168). C. war mit den angesehensten Mannern 

derselbe Defect hat auch den Anfang samt Titel der Zeit , darunter (Q.) Marcius Turbo (Fronto 

und Verfassernamen einer auf dasselbe folgenden Publicius Severus) und (Sex.) Erucius Clarus, so- 

Schrift verschlungen, die in den Hss. und altesten wie mit Fronto selbst befreundet und setzte letz- 

Drucken ohne Trennung mit dem Geburtstags- teren zum Erben eines Teiles seines VermOgens 

biichlein des C. vereinigt ist; erst L. Carrion ein (p. 164. 165. 167), verletzte aber den Redner 
erkannte, dass sie mit diesem nichts zu thnn hat, 60 durch den Wortlaut seines Testaments, worin er 

und seitdem pflegt die autorlose Schrift als frag- sich auch gegen den langjahrigenPraefectus prae- 

mentum Censorini citiert zu werden. Es ist eine torio Gavius Maximus unziemlich geaussert zu 

Reihe knapper Capitel aus einer encyclopaedischen haben scheint (p. 167). Fronto charakterisiert 

Darstellung der verschiedensten Disciplinen, der ihn demgemass als verborum suorum inpos et 

Kosmologie (de naturali institutione, de eaeli po- minus consideratus, sed idem multarum rerum 

sitione, de stellis fixis et errantibus, de terra), frugi vir et fortis et innocens (p. 165; vgl. 167). 

Geometrie (de geometria, de formis, de figuris, [Stein.] 

de postulatis), Musik (de musiea, de nomine 2) M. Censor(ius) Paullus, leg(atus) Aug(u- 



1911 Censuales Censuales 1912 

sti) pr(o) pr(aetore) prorincfiae) AquitanfiaeJ, 2) , stelit also an Rang fiber dem Magister cen- 
tos, desigfnatus), Gemahl der Cl(audia) Varenilla, sus ; auch besitzt er eine ausgedehntere Compe- 
die wahrend seiner Statthalterschaft start. CIL tenz, insofern er fiber alle Decurien, nicht nur 
XIII 1129 (Limonum Pictonum). iiber die der C, gesetzt ist. 

8) Cens(orius?) Secundinus, v(ir) cflarissi- tiber die Functionen des Magister census ist 

mm), Grundbesitzer in Sardinien. Eph. epigr. direct nur fiberliefert, dass er das ius actorum 

VIII 719 (ager Caralitanus). [Groag.] confieiendorum besass , also Schenkungen und 

4) Censorius Atticus Agricius s. Bd. I S. 902, 27. andere Kechtsgeschafte durch Erklarung zu seinen 

5) Censorius Magnus Ausonius , Enkel des Acten validiert werden konnten (Cod. Theod. VIII 
Dichters Ausonius von dessen Tochter und dem 10 12, 8. Cod. lust. VIII 53, 32. I 3, 31), und dass 
Thalassius; an ihn ist der Protrepticus ad ne- diejenigen, welche in der Hauptstadt studieren 
potem (s. Bd. II S. 2570, 53) gerichtet, S e e c k wollten , sich bei ihm zu melden und die Er- 
Symmachus p. LXXVII. laubnisscheine ihrer Praesides vorzuweisen hatten 

6) Conies Valentinians III. , wird 432 von (Cod. Theod. XIV 9, 1). Aus dieser letzteren Auf- 
Aetius als Gesandter zu den spanischen Sueben gabe hat Hirschfeld (Untersuchungen auf dem 
geschickt, wobei der Geschichtschreiber Hydatius Gebiete der rOmischen Verwaltungsgeschichte I 
mit ihm reist, und kehrt im folgenden Jahre zum 19) scliliessen wollen, dass der Magister census 
Kaiser zurfick. 437 iibernimmt er eine zweite sich aus dem frfiheren Beamten a censibus ent- 
Gesandtschaft zu den Sueben, wird aber bei wickelt habe, und beruft sich dafur auf folgendes 
seiner Etickkehr 440 von ihrem Konige Rechila 20 Rescript des Caracalla : Frg. Vat. 204 qui studio- 
in Martylis belagert und ergiebt sich. 448 wird rum causa Romae sunt praeeiptte civilium, de- 
er in Hispalis von Agiulfus erschlagen , Hydat. bent excusari, quamdiu iuris causa Romae agunt 
chron. 98. 100. 111. 121. 139 = Mommsen Chron. studii eura distraeti ; et ita imperator Antoni- 
min. II 22. 23. 25. [Seeck.] mis Cereali a censibus et aliis reseripsit. Hier 

Censuales, griechisch xnvoovdhoi (Nov. lust. wird verfiigt, dass diejenigen, welche sich ihrer 

XVII 8. CXXVIII 13). Der gewohnliche Census Studien halber in Rom aufhalten, unterdessen in 

fand nach diocletianischer Ordnung alle fiinf Jahre ihrer Heimatprovinz zu keinen Munera herange- 

statt (Seeck Deutsche Ztschr. f. Geschichtswissen- zogen werden diirfen {debent excusari). Ein sol- 

schaft XII 279) ; er wurde daher, wie auch in der cher Befehl aber kann nur an einen Provincial- 
friiheren Kaiserzeit, nur durch ausserordentliche 30 oder Municipalbeamten gerichtet sein, weil dieser 

Beamte geleitet. Dagegen wurden die Senatoren die betreifenden Munera aufzulegen hatte. Mit 

fur ihre besondere Steuer (s. Conlatio gleba- dem Magister census, der in der Hauptstadt selbst 

lis) wahrscheinlich eingeschatzt, sobald sie in den thatig ist, hat also jener provinciale a censibus 

Senat eintraten. Da nun solche Standeserhohungen gar nichts zu thun, und dass beide im Zusammen- 

immerfort vorkamen, so bedurfte es fur den senato- hang mit den rOmischen Studenten erwahnt wer- 

rischen Census dauernd functionierender Beamten. den, ist reiner Zufall. 

Aus diesem Grunde ist das Amt des magister Mit dem Obengenannten war die Competenz 

censuum oder census von Constantin d. Gr. wohl des Magister census natiirlich nicht erschopft, 

zugleich mit der Conlatio glebalis unmittelbar sondern fiberall, wo die C, die viel haufiger in 
nach dem Siege fiber Maxentius (Winter 312/13) 40 den Quellen erwahnt werden, thatig sind, wird 

geschaffen worden. Denn C. Caelius Saturninus, auch er als ihr Leiter und Oberhaupt eingegriffen 

bei dem es sich zuerst nachweisen lasst, kann es haben. Wie ihr Name beweist, ist der Ausgangs- 

nach seinem Cursus honorum kaum viel spater punkt ihrer Amtsbefugnisse in dem Census der 

bekleidethaben(Dessaul214;vgl.den/"wa : /^«fer Senatoren zu suchen. Sie mfissen also die de- 

a ce[nsibus] bei Henzen 6518). Aus Rom ist scriptiones senatorial (Cod. Theod. VI 2, 21. 23, 

es dann auch nach Constantinopel ubertragen wor- 1. 26, 12. XIII 3, 15. 16) geleitet und die Steuer- 
•den (Joh. Lyd. de mag. II 30. Cod. Theod. VIII liste des Senats (glebae senatoriae breves Cod. 

12, 8. Cod. lust. I 3, 31. VIII 53, 32). Der Theod. XII 1, 74 § 1) gefiihrt haben (Symm. rel. 

Magister census gehort zu den Unterbeamten des 46, 2). Als daher Arcadius den Besitz seiner 
Praefectus urbi (Not. dign. Oc. IV 8). Er geht 50 Tochter ffir steuerfrei erklart, sorgt er zugleich 

anfangs aus dem Ritterstande hervor (Dessau dafur, dass die C. davon Kenntnis erhalten, da- 

1214. Henzen 6518) und fuhrt daher in Con- mit sie die betreffenden Gfiter aus ihren Ver- 

stantinopel noch im J. 472 den Titel vir perfec- zeichnissen streichen kOnnen (Cod. Theod. X 25). 

tissimus (Cod. lust. I 3, 31). Erst 496 wird er Von ihnen konnte man jederzeit Auskunft fiber 

hier vir clarissimus genannt (Cod. lust. VHI 53, das VermSgen eines Senators erhalten (Lib. ep. 

32), hat also senatorischen Rang erhalten. In 68). Anfangs lag ihnen auch die Eintreibung 

Rom muss dies schon viel fruher eingetreten sein, der Glebalis conlatio ob (Cod. Theod. VI 2, 12) 

da er nach der Reihenfolge der Amter in der und ebenso der freiwilligen Geschenke, welche der 

Notitia dignitatum fiber dem senatorischen Con- Senat den Kaisern zu ihren Jubilaen zu spenden 
sularis aquarum stent. Seine subalternen Gehilfen 60 pflegte (aurum oblaticium Cod. Theod. VI 2, 11. 

sind die C. (Joh. Lyd. de mag. II 30), obgleich 15). Aber da viele Senatoren in den Provinzen 
sie formell nicht ihm , sondern unmittelbar dem wohnten und die weiten Reisen, die zum Zwecke 

Praefectus urbi untergeben sind (Not. dign. occ. der Steuererhebung notwendig waren, zu unbe- 

IV 31). Diese bilden zwar eine der deeuriae urbis quem und wohl auch zu kostspielig wurden , so 
Romae (Cod. Theod. XIV 1, 1), doch ist ihr Leiter bestimmte Honorius im J. 397, dass die Beitrei- 

darum nicht mit dem spater auftretenden decu- bung selbst den Officien der Praesides zufallen, 
riarum rector (Cassiod. var. V 22, 5) zu verwech- aber die Instruction dafur, d. h. wohl die Umlage 
sein. Denn dieser ist vir spectabilis (var. V 22, der Steuer auf die einzelnen Senatoren, nach wie 



1913 Censuales Census 1914 

vor den C. verbleiben solle (Cod. Theod. VI 2, Mommsen Memorie dell' Institute II 48 ; ECmi- 

11. 12. 15). Aus ihnen gingen daher wahrschein- sches Staatsrecht 13 370. _ [Seeck.] 
lich die Quaesitores glebae senatoriae hervor, die Censu manumissio s. Manumissio. 
noch urn das J. 400 die Provinzen von Rom aus Census. A. Census populi (lex Iulia mun. 
bereisten und sich fiber die Zahlungsfahigkeit der Z. 142 f. Mon. Anc. 2, 2). Es werden drei Amts- 
provineialen Senatoren informierten (Symm. ep. IV locale genannt, in und vor denen er vollzogen 
6^ 2). wird: zunachst die villa publico, auf dem Mars- 

' Mit Hirer genauen Kenntnis der Personen und feld (Liv. IV 22 zum J. 435 ibique primum cen- 

Vermogensverhaltnisse hangt es auch zusammen, sus populi est actus, s. Varro de r. r. Ill 2, 4), 
dass die Bestimmung der Praetoren, die auf eigene 10 ferner wahrscheinlich die (wohl ganz nahe) aedes 

Kosten gewisse Splel'e oder Bauten zu leisten Nympharum auf dem Marsfelde (Cic. pro Mil. 

haben, wenigstens in Constantinopel ganz in ihre 73 ; vgl. Ephem. epigr. I p. 35) und endlich das 

Hande fibergeht, Constantius sucht dem 361 noch atrium Libertatis (Liv. XLIII 16, 13. XLV 15, 

entgegenzutreten (Cod. Theod. VI 4, 13), aber 5; vgl. Mommsen Herm. XXIII 631); in diesen 

393 wird es auch gesetzlich anerkannt (Cod. Theod. Gebauden wurde der umfangreiche Apparat der 

VI 4, 26). Ob sie in Eom dieselbe Competenz Censuruntergebtacht, cuiseribarwmministerium 

gewannen, ist unbekannt; doch lag es ihnen auch custodiaeque et tabularum cura subiceretur (Liv. 

hier ob, fur abwesende Praetoren und Quaestoren IV 18). Der census populi erfolgte indes ajiavrcor 

die Spiele auszurichten und von jenen dann das xaoivxav, Dionys. XIX 16, also unter freiem 
Geld dafiir beizutreiben (Symm. ep. IV 8, 3; rel. 20 Himmel und in einer contio (Varro VI 87), die 

23, 2. Cod. Theod. VI 4, 27). reeognitio equitum aber auf dem Forum (Momm- 

Mit der Leitung der Spiele stand, wie bei den sen St.-R. Ill 493). 
Aedilen der Republik, eine umfassende polizei- Auch der fur den census popidi nOtige Be- 

liche Thatigkeit im engsten Zusammenhange. Die amtenapparat ist umfangreich. Ausserden cen- 

C. haben daher in Constantinopel fiber der Kleider- sorischen Schreibern, den praecones, viatores und 

ordnung zu wachen und werden bestraft, wenn nomenclatores (CIL VI 8937. 8938. 8940 u. s. : alio 

sie eine Verletzung derselben dulden (Cod. Theod. kaiserlich ; vgl. auch den nomenclator censorius 

XIV 10, 1). In Rom mfissen bei ihnen die Woh- Orelli 3231, der sich auf den mit der censoria 

nungen aller Studenten angemeldet werden; sie potestas zur Neuordnung der Ritterdecurien be- 
beaufsichtigen ihre Fiihrung und sind berechtigt, 30 stelltenVolusiusSaturninus, cos.12v.Chr ,bezieht), 

sie peitschen unci ausweisen zu lassen (Cod. Theod. wird der Censor unterstfitzt durch praetores tri- 

XIV 9 , 1). Bei den Empfangen des Praefec- bunique plebei, quique in consilium vocati sunt 

tus urbi scheinen sie die Reihenfolge der Vor- (Varro de 1. 1. VI 87), unter diesen wohl besonders 

lassungen bestimmt zu haben (Cod. Theod. VI durch die curatores tribuum (Varro de 1. 1. VI 86), 

28, 8 § 2). durch iuratores, die die Censuspflichtigen in Eid 

An das Recht der Beurkundung , das dem nahmen (Liv. XXXIX 44, 2 ; gestiitzt durch Plaut. 

Magister census zusteht, schliesst sich in Con- Trin. 878; Poen. pr. 56), und durch Agenten (Liv. 

stantinopel die Verpflichtung der C. an, die Testa- XXIX 37, 5), die vielleicht zum Teil wenigstens 

mente, die in der Hauptstadt gemacht werden, in mit jenen iuratores identisch sind. 
Verwahrung zu halten (Cod. Theod. IV 4, 4). 40 T>ieL a Aung erfolgte momnesQuirites pedites 

Endlich waren die C. auch bei den Verhand- armatos (Varro de 1. 1. VI 86), omnes cives Boma- 

lungen des Senats anwesend (Hist. Aug. Gord. nos equites peditesque (Liv. I 44, 1), d. h. an alle 

12, 3) und hatten wahrscheinlich die Execution Personen, welche ideell zum exercitus gehOrten, 
seiner Beschlfisse zu besorgen. gleichgultig zunachst, ob dutch korperliche Un- 

Neben den C. der beiden Hauptstadte giebt tauglichkeit oder durch gewehnlich von der fak- 
es auch municipale Apparitoren gleichen Titels, tischen Einstellung in das Heer befreiende Stel- 
die zuerst 364 nachweisbar sind (Cod. Theod. VIII lung in geringerem Burgerrechte (z. B. der Frei- 
4, 8 § 1). Da sie immer hinter den tabularii gelassenen) oder durch andere Umstande der Burger 
und logographi genannt werden (a. O. und Cod. von dem Heerverband thatsachlich dauernd oder 
Theod. VIII 2 Uberschrift) , scheinen sie einen 50 zeitweilig ferngehalten wurde oder nicht ; nicht 
recht niedrigen Rang besessen zu haben ; auch verpflichtet waren vor dem Censor zu erscheinen 
waren sie der Folter unterworfen (Cod. Theod. die waifenfahigen Haussohne, welche noch in der 
VIII 2, 4. 4, 8 § 1). Nach Beendigung ihrer Gewalt ihres Vaters stehen und fur die der Vater 
Dienstzeit sollten sie, wenn ihr VerrnOgen dazu die C.-Angaben macht (Liv. XLIII 14; vgl. Gell. 
ausreichte, in den ordo decurionum aufgenommen V 19, 16. Liv. XXXIX 3, 5. XLI 9, 9). Gegen- 
werden (Cod. Theod. VIII 4, 8 § 1). Sie fiihrten fiber der Praesenzpflicht der Geladenen (Veil. II 
die Censuslisten der einzelnen Stadte, vermerkten 7, 7) kann ausser Gebrechlichkeit und Krankheit 
in ihnen die Besitzwechsel der Grundstficke (Nov. auch Entfernung in staatlichem Auftrag oder ins- 
lust. XVII 8, 1) und hatten, wenn fiber die Ein- besondere im Krieg ausreichende Entschuldigung 
schatzung eines Btirgers Zweifel waren, die er- 60 gewahren (Repetundengesetz Z. 14. 17. 23. Cic. 
forderliche Auskunft zu geben (Nov. lust. XVII pro Arch. 11); doch ttbte man oft sehr weitgehende 
8 pr.), wozu sie notigenfalls durch den Praeses Nachsicht auch gegen andere Entschuldigungs- 
derProvinz oder den Bischof der betreffenden Stadt grfinde (Liv. XLIII 14). Fur jene, deren Weg- 
gezwungen werden konnten (Nov. lust. CXXVIII bleiben vom C. der Censor ffir entschuldigt hielt, 
4). Den Steuerzahlern waren sie in dem Masse trat dann ein, qui pro altero rationem dare 
verantwortlich , dass Iustinian ihnen bei Klagen volet (Varro VI 86); die Zahl der ohne jede oder 
auf tjbervorteilung nicht einmal das Asylrecht in ohne triftige Entschuldigung Ausbleibenden, der 
den Kirchen gewahrte (Nov. lust. CXXVIII 18). incensi, mOglichst herabzumindern, war der Zweck 



1915 Census Census 1916 

der lex de ineensis lata cum vineulorum minis edant (s. unten B und die nach Stadten geordneten 
mortisque (Liv. I 44, 1. Dionys. IV 15. V 75. Citate aus dem vespasianischen C.-Begister der 
Gai. I 160. Cic. pro Caec. 99). Die spatere Zeit achten Eegion Italiens bei Phlegon frg. 29 Mill- 
hat diese Strenge wesentlich gemildert ; doch war, ler und bei Plin. n. h. VII 162?.). 
da der incensus sich seines Einflusses auf die Die Ordnung, in welcher die Erklarungen 
Abschatzung seines Vermogens begab und diese vor dem Censor abgegeben werden mussten, war 
dem blossen Ermessen des Censors anheimstellte, fest. Jeder folgende C. kniipfte an den vorhergehen- 
der vermOgensrechtliche Schaden gefahrlich genug; den an und berichtigte und erganzte seine Listen ; 
auch wird die Prist zur Anmeldung, wie aus Cic. er war eine reeensio (Cic. pro Mil. 23 ; vgl. Liv. 
ad Att. I 18 hervorzugehen scheint, nach MOg- 10 XXIX 37, 8. XXXVIII 28, 2. XLIII 16, 1. XLIV 
lichkeit erstreckt worden sein. Wenn ein grosser 16, 8), und zwar zuerst der Tribus (xaxa yvlag 
Teil der rSmischen BevOlkerung voraussichtlich Dionys. V 75. Schol. Cic. Verr. act. I 23), dann 
an der directen Teilnahme an der Schatzung durch der ausserhalb dieser stehenden aerarii (Capuani 
Kriegsdienst zu erscheinen verhindert blieb, war Liv. XXXVIII 28, 4. 36, 5), Freigelassenen (lex 
einstder ganze C. in Prage gestellt (Liv. VI 31, 2), Iul. mun. Z. 146; vgl. Manumissio censu), 
und als spaterhin dieser Grund eigentlich ftir die endlich der Bitter, vgl. Liv. XLIII 14f. 16. 
Dauer eine Schatzung hatte ausschliessen mlissen, Der Schatzungspflicht unterliegen aber 
per provineias dimiserunt censores, ut eivium auch jene Personen biirgerlichen Bechts, welche 
Bomanorum in exereitibus quantus ubique esset, nicht verpflichtet sind, derLadungFolge zu leisten, 
reperiretur numerus (Liv. XXIX 37, 5). 20 oder welche von ihr geradezu ausgeschlossen sind, 
Analog der hauptstadtischen Schatzung der also die bereits wehrpflichtigen Sohne (s. o.), die 
rSmischen Burger ist auch in den iibrigen Stadten Prauen (Cic. de off. II 260. Gell. II 40, 3 ; vgl. 
des italischen Staatenbundes und in den rOmi- XVII 21, 44) und die unmiindigen Hauskinder 
schen Municipien die Schatzung vor den heimi- (Fest. ep. 66 s. duieensus), Dionys. IV 15. V 75 ; 
schen MunicipalbehOrden durchgefuhrt worden. ferner auch (nach Plut. Cam. 2; Popl. 12 erst 
Wie weit das rOmische Verfahren dabei Vorbild seit Camillus im J. 403) jene Unmiindigen, die 
war, oder wieviel der rOmische C. von der Schat- nicht in vaterlicher Gewalt sich befinden, und die 
zungsmethode anderer Gemeinden annahm — denn unverheirateten oder verheirateten Frauen : pu- 
es ginge nicht an, den C. von vorne herein als pilli pupillae et viduae~Liv. ep. 59 (nach Momm- 
eine .specifisch rOmische Institution anzusehen — , 30 sens Verbesserung), orbi et orbae Liv. Ill 3, 9. 
ist mangels aller Zeugnisse nicht zu sagen (vgl. ep. 51, orbi et -viduae Cic. de rep. II 36, ferner 
tabulae eensoriae aus Larinum, Cic. pro Cluent. ihr ganzes VermOgen. 

41). Das erstemal (Liv. XXIX 37, 7), dass die Allgemein schreibt das Gesetz vor anavxag 

rOmische Ordnung den Bundesmitgliedern aufge- Pmuaiovg anoyQatpsofim xal nuao&ai rag ovoiag 

zwungen wurde, geschah bei den zwOlf latini- jiQog aQyvqiov, naxsgcov 8s Sv slot ygcupovzag xal 

schen Colonien, die 209 v. Chr. ihren Bundesver- tflixiav ijv s%ovai SrjXovvzag yvvaixdg xs xal itaX- 

pflichtungen nachzukommen sich geweigert hatten, Sag SvouaZovxag xal sv zlvi xaxotxovoiv sxaoxoi 

indem fiinf Jahre danach beschlossen wurde , cen- xfjg noksmg (pvXfj rj mxyco rfjg %<»eag ngooxi&svxag 

sum in Us eoloniis agi ex formula ab Romanis Dionys. IV 15; vgl. Cic. de leg. Ill 7 und das 
censorious data, dari autem plaeere eandem qtiam 40 iulische Municipalgesetz Z. 145f. omnium mu- 

populo Romano, deferrique Romam ab iuratis nieipum . . . quei e(ives) R(omanei) erunt censum 

censorious coloniarum, priusquam magistratus agito eorum nomina praenomina patres aut pa- 

abierint (XXIX 15). Das unausgesetzte Bestreben tronos tribus eognomina et quot annos quisque 

Boms, alle bundesgenOssischen Bechte auszuglei- eorum habeat et rationem pecuniae . . . aceipito. 

chen, herabzumindern und in das rOmische Staats- Genauer praecisierte, was und wie vor den Cen- 

interesse hineinzufiigen, hat sicherlich auch diesen soren declariert werden sollte, ein censorisches 

Process, ohne dass wir seine Fortschritte im ein- Edict (formula census: lex Iulia mun.; vgl. 

zelnen feststellen kOnnten, insbesondere infolge Liv. IV 8, 4. XXIX 15. XLIII 14, 15. Gaius 

der den Bundesgenossenkrieg abschliessenden Ver- I 160), das auch im Verlaufe der C. durch neue 
trage, soweit gefOrdert, dass es kaum anders als 50 Bestimmungen analog den aus der censorischen 

die letzte Pormulierung dieser Thatsache gewesen Gewalt hervorgehenden sittenpolizeilichen Vor- 

sein wird, wenn im iulischen Municipalgesetz, schriften (mundlich: Gell. I 6, schriftlich XV 11, 

der Grundlage der Stadteordnung der Kaiserzeit, 2 u. s. ; Plin. n. h. VIII 209. 223. XXXVI 45 

bestimmt wird: quae munieipia coloniae prae- nennt sie incorrect eensoriae leges) erganzt werden 

feeturae c(ivium) R. in Italia sunt erunt, quei konnte. Die Angaben vor dem Censor erfolgen 

in eis . . . maximum m(agistratum) . . . habebit unter Eid (Dionys. IV 15. Gell. IV 20, 3. Liv. 

turn cum censor aliusve quis magfistratusj Bo- XXIX 15. XLIII 14, 5 lex Iulia mun. Z. 148). 

mae populi censum aget, is diebus LX proxi- Durch den C. wird I. die Liste der rOmi- 

ineis ... omnium municipum ... suorum ... schen Burger neu constituiert. Doch hat der 
quei c(ives) R. erunt censum agito . . . eorumque 60 Censor sich darauf zu beschranken , den recht- 

nomina . . . ex formula eensus, quae Romae ab lichen Zustand anzuerkennen, nicht aber das Biir- 

co qui turn censum populi acturus erit proposita gerrecht zu verleihen (census non ius eivitatis 

erit, ab ieis iuratis aceipito . . . eosque libros confirmat ac tantummodo indicat eum qui sit 

per legatos . . . ad eos quei Romae censum agent census se iam turn gessisse pro cive Cic. pro 

mittito curatoque, ut ei quom amplius dies LX Arch. 11) oder es zu cassieren. Aber es steht 

reliquei erunt ante quam diem ei, queicomque dem Censor zu, die biirgerlichen Bechte der Indi- 

Romae censum agent, finem populi censendi fa- viduen abzustufen, den Burger ganz aus den Tribus 

ciant, eos adeant librosque eius munieipi . . . auszuschliessen, oder, seit dies nicht mehr statt- 



1917 Census Census 1918 

haft war (s. Tribus), in eine bessere oder schlech- scheinlich ohne Riicksicht auf andere Ausschlies- 

tere Tribus zu versetzen, dem Reiter die Quali- sungsgriinde \vie physische Untauglichkeit oder 

fication fur die militia equestris und dem Sena- Ableistung der vorgeschriebenen Anzahl von Feld- 

tor den Platz im Rathause zu nehmen. Da der ziigen gehen die in der annalistischen Uberliefe- 

Censor zu diesem Zwecke ausser Erwagungen rung erhaltenen C.-Zahlen der capita civium 

rein politischer und administrativer Art auch Romanorum zuriick (adieit seriptorum antiquis- 

das gesamte Privatleben des Burgers bis in seine simus Fabius Pietor eorum qui arma ferre pos- 

intimsten Verhaltnisse in Riicksicht Ziehen darf, sent eum numerum fuisse Liv. 1 44, 2, vgl. Dionys. 

■ durch keine andere Vorschriften als sein Gewissen V 20. 75. VI 63. IX 25. XI 63. Mommsen 
(Varro de 1. 1. VI 71 censorium indicium ad ae- 10 Herm. XI 59). Einen Teil der Heeresliste bildet 

quum) und die Erinnerung an seinen eigenen Eid das Verzeichnis der zum Dienst zu Pferde be- 

(Zonar. VII 19 mg ovxs agog yagiv ovxs agog s%- rechtigten Personen ; aus ihin stellt der Censor 

■9oav xi jxoiovoiv, all' sf ogftijg yvwfirjg xa avu- nach eigenem Ermessen das Verzeichnis der equites 

<psoovxa xcij Hoivcp xal oxonovm xai ziftaxxovoi) equo publico in 18 Centurien zu je 100 Mann her; 

gebunden, erwachst in der Censur das morum s. Equus publicus. 

severissimum magisteriitm , Cic. de prov. cons. Nach Abschluss aller durch die Aufgaben des 

46 (vgl. Zon. a. 0. Dionys. XIX 16. Plut. Cat. C.gebotenenArbeitenwurde der feierliche religiose 

mai. 16. Cic. de leg. Ill 7. Liv. IV 8, 2). Das Act der lustratio (s. Lustrum) vorgenommen; 

regere mores (Liv. XXIV 18, 2. XL 46, 1. XLI27, is censendo finis f actus est, Liv. I 44. Seine 
13. XLII 3, 7. Cic. pro Cluent. 119. 129 u. s.) wird 20 Vollziehung ist fur die Rechtsgiiltigkeit aller G- 

als das charakteristische Merkmal der Censur ange- Acte unbedingte Voraussetzung; wenn die rituell 

sehen, und aus ihm (8 fisT^or navxcov y\v xmr richtige Art seiner Begehung durch einen Zufall 

xoTg vjidxoig xaxaXsMp&evxcov Zon. a. O.) entwickelt wie den bei Dio LIV 28 angedeuteten gestort 

sich die hohe Machtstellung der Censur. Die wird, avadaaxa xa ttoayfievxa avxcp navxa ylyvexat, 

Schmalerung der biirgerlichen Ehrenrechte wird s. Mommsen St.-R. II 3 412. 

durch eine nota in der Liste angedeutet und mit Seitdem Kaiser Vespasianus in Gemeinschaft 

Angabe der Griinde motiviert (s. Nota). mit seinem Sonne Titus das letztemal das Amt 

II. Peststellung des steuerpflichtigen eines Censors in der alten republicanischen Form 
Vermfigens als Grundlage fur die Aufiage des activiert hat, ist wohl nie mehr ein allgemeiner 
tributum (s. d.), also Ausscheidung der zu ge- 30 Biirgercensus abgehalten worden. Weder linden 
ringen Vermogensstande der capite censi und sich Erwahnungen.von kaiserlichen Beamten noch 
Gliederung der iibrigen Vermogen nach den ge- iiber diese Zeit hinaus von Dienern, welche mit 
setzlichen Stufen. Es ist Aufgabe des Censors, den C.-Geschaften betraut worden waren , noch 
den wahren Stand zu ermitteln. Dariiber hinaus war ein Grund vorhanden, die umstandliche Arbeit 
fiihrt bios das Recht, die geriigten und minder- der Censur vvieder aufzunehmen, da die Zwecke. 
wertigen Burger, die sog. aerarii (a. d.), zu einer denen der C. dienen sollte, die Aufstellung der 
hoheren Steuerpflicht heranzuziehen und hiedurch Liste der Steuer- und Heerpfiichtigen sowie der 
die censorische Riige auch als empfindliche Ver- Stimmberechtigten durch die thatsachliche, iibri- 
mOgensstrafe wirken zu lassen. gens schon langst bestehende Befreiung Italiens 

III. Anfertigung der Heeresrollen. 40 von der Grundsteuer , durch die Anderungen in 
Censor exercitum centuriato constituit quinquen- dem Aushebungswesen und durch den Verfall der 
iialem cum lustrare et in urbem ad vexillum Comitien in Wegfall gekommen waren. Nlcht 
ducere debet Varro de 1. 1. VI 93. Soweit das Fuss- einmal eine Zusammenfassung der Municipal-C. 
volk in Betracht kam, mussten die Biirgerliste und die dies iulische Gesetz in deflnitiver Weise ge- 
die Steuerliste das einzige Substrat fur die Ab- regelt hatte, ist seitdem irgendwie nachzuweisen. 
fassung dieser Rollen bilden, die nicht so sehr B. Census in den Provinzen. In grOsse- 
die Dienstpfiicht als das Dienstrecht declarieren rem Umfange und unabhangig von dem haupt- 
sollten. Wie dann auf dieser Grundlage die Listen stadtischen C. erscheint die Schatzung in den 
der Heerpfiichtigen fur jedes einzelne Jahr zu- Provinzen erst unter dem Principat, und wird 
sammengestellt wurden, und wie und von wem die 50 dann, da der C. iiberhaupt nun (Dio LIII 17, 7) 
Ableistung der vorschriftmassigen Dienstjahre ge- in die Competenz des Kaisers flel, im kaiserlichen 
bucht und Entschuldigungen protocolliert wurden, Auftrag und durch kaiserliche Beamte ausgefiihrt. 
wird nicht berichtet ; es mOgen untergeordnete GewOhnlich beziehen sich unsere Nachrichten auf 
Schreiber zu dieser Aufgabe herangezogen worden die kaiserlichen Provinzen, aber die senatorischen 
sein. Im C. wird lediglich die Masse der Steuer- sind keineswegs ausgeschlossen. Den ersten und 
pfiichtigen der fiinf Classen in zehn Halbclassen vielleicht umfangreichsten dieser C. hat Augustus 
(fiinf der iuniores, die nicht alter als 46 Jahre im J. 27 in den drei Gallien eingeleitet: Liv. ep. 
sind, und fiinf der iiber dieses Alter hinausge- CXXXIV cum ille eonventum Narbone agent, 
schrittenen seniores) und jede Kalbclasse in die census a tribus Oalliis, quas Caesar pater vi- 
fiir die betreffende Steuerstufe vorgeschriebene 60 cerat, actus, vgl. Dio LIII 22, 5, und an diesem 
Anzahl von eenturiae oder ordines (Aushebungs- C. ist noch oder neuerdings Drusus thatig (Liv. 
gruppen, nicht militarische Einheiten) eingeteilt : ep. CXXXVL CXXXVII tumultus, qui ob censum 
(censores) pecunias aevitates ordines partiunto exortus in Oallia erat. Rede des Kaisers Clau- 
Cic. de leg. Ill 7. Auf die durch diese Listen dius, Dessau 212,1136 cum, a(d) census novo 
gegebenen Gesamtsummen der zum Kriegsdienst turn opere et inadsueto Oallis ad bellum advo- 
nach Alter und VermOgen berechtigten, im vollen catus esset) , dann sehen wir wieder im J. 14 
Besitz ihrer biirgerlichen Ehrenrechte befindlichen n. Chr. Qermanicum agendo Galliarum censui 
romischen Burger der jiingeren ordines und wahr- intentum Tac. ami. I 31. 33 , missis ad census 



1919 Census Census 1920 

Galliarum P. Viteltio et C. Antio im J. 16, ebd. Mommsen Inscr. Helv. 175 legatus imp. Xer- 

II 6. Im J. 61 census per Gallias a Q. Volusio vae Traiani - - ad census aeeipiendos. 

et Scxtio Afrieano Trebellioque Maximo aeti sunt, Die tres Galliae ehren Boissieu p. 269 = 

ebd. XIV 46 und Domitian cum Germanos vellet Orelli 6944 einen Procurator als primus um- 

obprimere.. prof 'eetionem suam censu obtexuit Gal- guam eq(ues) B(omanus) a eensibus aecipien- 

liarum, Frontin. strat. I 1, 8. Auch fur Spanien alis; vgl. auch Bull. arch. com. 1893, 84 pro- 

lasst sich eine schwache Spur eines augusteischen c(urator) Aug. ad eens[us] Gallorum, proc. 

C. nachweisen, Dio LIII 22, 5. Nach Syrien ging Aug. ad census Brit[t(onum)]. 

auf Augustus' Befehl 6 n. Chr. P. Sulpicius Quiri- Britannia: vgl. die eben angefuhrte Inschrift, 
nus, AvtjQ vjzany.og, ajion^ad/isvog xa iv 2voi'a\0 dann Orelli 6948 = CIL XI 5213 censito[r] 

Joseph, ant. XVII 13, 5, dixaiodozng xov k'Svovg Brittonum Anavion[ensium] . CIL XIV 3955 

wxeaxak/xirog xal xifinrijg xaiv ovaicov yevnaoi-isvog ; censitor civium Bomanorum coloniae Victri- 

diesen C. bezeugt auch der Evangelist Lucas 2, 2 censis, quae est in Brittania Gamaloduni. 

avxn ajioygacprj sysvsxo jtqcoxv rjyeuovevovxog xijg Germania inferior: III 10804 [leg. Aug. pr(o) 

SvQiag Kvgnviov, doch fuhrt er ihn auf ein Soyua prfaet.J ad census] acci[p]iendo[s provinc. 

MxgaKaloaoogAvyovoxov zuriick, ajioygdyeo&ai tz&- Ge]rm. infer. XI 709 censor Germ, inferior (is) . 

oar zrjvoixovj-dvrjv 2, 1; weitere Zeugnisse fur diesen Dacia: reeensus CIL III p. 945. 

vermeintlichen Reichs-C. fehlen, und die genaueren Macedonia: III 1463 censforj provinc. Maced. 

Details, mit denen spate Schriftsteller seiner ge- VIII 10500 proc. Aug. ad census aeeipiendos 
denken, scheinen in letzter Linie nur Ausgestal- 20 Macedoniae. 

tungen der Worte des hi. Lucas zu sein; noch Thracia: V 7784 eensitori provinciae Thraciae. 

weniger darf ein Reichs-C. auf die dem Karten- XIV 4250 (oben bei Lugdunensis). Archives 

excerpt des Iulius Honorius , der sog. cronica des missions scient. Ill ser. 1876 III 144 jzqso- 

lulii Caesaris, vorausgesetzte, iibrigens arg ent- P(evxijv) 2s^(aaxov) avxiotQaxnyov xst/^nxijv. 

stellte und vielleicht auch thoricht concipierte Paphlagonia: CIL III 6819 ad census Paphlag. 

Notiz iiber eine Reichsvermessung : Iulio Caesare Syria: CIL III 6687 missu Quirini censum egi 

et Marco Antonino (sic) consulibus (d. i. 44 v. Chr.) Apamenae civitatis homin(um) civium CX VIII 

omnis orbis peragratus est per sapientissimos (milium). 

et electos viros quattuor, Xieodemo orientis, Di- Africa: CIL III 388 eivitates XXXXIIII ex 
dymo oeeidentalis, 1 heudoto septemtrionalis, Po- 30 provinc. Africa, quae sub eo censae sunt, 

lyelito meridiani gestiitzt werden. Mauritania Caesariensis: VIII 9730 proc. 

Nicht sehr viel mehr als aus der litterarischen Anggg. a eensibus und praeses Eph. ep. VII 

tlberlieferung erfahren wir iiber den Provincial- 804. 

C. durch Inschriften: Von nicht bestimmbaren Provinzen VI 1441 = 

Hispania citerior: CIL VI 332. II 4121 cen- XIV 2927 [leg. Aug. pr. p]r. censor provin- 

sit(or) H(isp.) c(it.) leg(atus) Aug(usti) cen- c[iae ]. VI 3842. VIII 2754. 5355 u. a. 

s(ibus) acc(ipiendis) Hisp. eit. X 680 leg. Aus diesem durftigen Material ergiebt sich, 

[. . . ab imp.] Caesare Aag[usto, missus pro] dass der C. nach Provinzen gegliedert und iiber 

censore ad Lusptanos]. VI 1463 at census besondere kaiserliche Ermachtigung von den Statt- 
aecipi[en]dos civitatum XXIIIfl] Vasconum 40 haltern eingeleitet wurde, die diesen Specialauf- 

et Vardulorum. VIII 7070 = 19428 censitor trag in ihrem cursus honorum zum Ausdruck 

[conve]ntus Cae[saraugusta]n[i] . brachten, ferner dass die Statthalter ritterliche 

Gallia Narbonensis: XIV 3602 [leg. a]d cen]- Officiere und Procuratoren fur einzelne Gemeinden 

s(us) aeeip(iendos) et diteet(uni) et [proco]s. oder Gerichtsbezirke oder grossere Districte des 

provinciae Narbonensis. dem 0. unterworfenen Gebietes delegierten. Wenn 

Aquitanica: II 4188 censum egit in provinc. nun in den Inschriften seit etwa dem Ende des 

Gallia Aquitanic(a). V 7783 censitor provin- 2. Jhdts. hauptsachlich Procuratoren mit dem C 

ciae Aquitaniae. XII 671 electus [ab imp. betraut worden sind (die Inschrift eines Procu- 

M.] Aur. [Antonino ad census] aeeipiendos rators Orelli 6944, der als primus umquam eq. 
in pro[v]. Aquitanica. XIV 2925 legato pro- 50 B. a eensibus accipiendis bezeichnet wird, gehOrt 

pr(aet.) provinciae Aquitani[ae] c[e]nsu[um] eher in die Zeit der Samtherrschaft des Severus 

accipiendorum. CIG 3751 inixo(oxog) xwv 2s- und Caracalla, als in die der divi fratres), und so 

/}(aorwvJ emiQxeiag ralUag 'Axvixavixijg em mOchte ich auch nicht daraus mit Unger an eine 

xfjvoov und derselbe Mann Rev. arch. 1883 I absichtliche Verdrangung der senatorischen Beam- 

208 inixQoaog raXliag 'Atcovixavmfjg eig xfjvaov. ten aus dem C.-Geschaft schliessen (die Ausnahme 

Belgica: XIV 3593 electus iud(icio) sacro ad CIL XIV 3593 bereitet Unger genug Schwierig- 

[census] accept(andos) per prov. Velgicam. keit), sondern glaube eher, dass, sobald einmal die 

XII 1855 (vgl. 1869) eensori civitatis Bemo- grundlegendenKatasterarbeitenundBonitierungen 

r(um) foeder(at). des Bodens fixiert waren, es gewOhnlich zu geniigen 
Lugdunensis: II 4121 eensitori prov. Lugd., 60 schien , statt nach einiger Zeit den ganzen Ap- 

item Lugdunensium. VI 1333 eensitori pro- parat des C. neaerdings in Bewegung zu setzen, 

vinciae Lugdunensis. 8578 dispensator ad durch Zusatze und durch Nachtragsfassionen das 

census provinciae Lugdunensis. X 6658 leg. Hauptbuch des C. auf dem Laufenden zu erhalten, 

Aug. p(ro) p(raet.) ad census provinciae Lug- und fur diese Thatigkeit mochten die Befugnisse 

dunensis. XII 408 adiutori ad census pro- eines Procurators ausreichend geschienen haben. 

vin[c]. Lugudunens. XIV 4250 procurator Damit sind wir bei der Frage nach der Er- 

Aug. ad accipiend[o]s census in provinc. Gal- neuerung des Provincial-C. angelangt. Da weder 

lia Lugudunensi et in provincia Thracia. die Zeit der meisten von den oben angefiihrten 



1921 Census Census 1922 

C.-Functionen genau bestimmt werden kann, noch patio per falsas professiones fiat, adhibenda est 

von dem fur eine Provinz gewonnenen Datum auf mensuris diligentia. Vgl. Mommsen Rom. St.- 

die anderen Provinzen geschlossen werden darf, R. II 3 1091ff. und Humbert bei Daremberg- 

begnilgt man sich mit dem Hinweis auf die Ver- Saglio I 1006ff. Die den C. leitenden Beamten 

kaufsurkunde vom 6. Mai 159 n. Chr. aus Albur- behandelt Joh. linger De censibus provinciarum 

num Mains CIL III p. 945, durch die der Ver- Romanorum, Leipziger Studien X 1887, 1—75. 

kaufer eines Hauses auch dazu sich verpfiichtet, Eine den ganzen Stoff, insbesondere auch die 

[uti pro ea] domo tributa usque ad reeensum formae der Provinzen (fur diese liegen einige Vor- 

dep[e]n[dat], und auf eine Stelle des Edicts des arbeiten bei Kubitschek Imp. Rom. trib. di- 
PraefectusAegyptiTi.Iulius Alexander vom 28. Sep- 10 scriptum 1889 und bei Cuntz in den beiden 

tember 68 CIG 4957 Z. 49 , wo die Strategen Untersuchungen iiber Agrippa und Augustus 1888 

gewarnt werden , bei Ameliorationen sofort mit und 1890 vor) umfassende Monographie ware sehr 

Steuervorschreibungen vorzugehen und dadurch wunschenswert. 

den Portschritt zu gefahrden, und bestimmt wird C. Municipalcensus. Oben S. 1906 und 
si' ztva xcuvais xtj syyioxa jievraerlr/, xa /.iij ziqo- 1915 ist bereits bemerkt worden, dass die Romer 
xsqov xaXovpeva . . [xarjexoidt], xavxa elg xijv tiqo- Form und Normen ihres C. , soweit wir sehen, 
teoav xa£iv ajioxaxaoxrjommv jiaQsvxs; avxcor xijv zum erstenmal jenen zwolf latinischen Colonien 
asiaixwoiv. Aber aus dem Edict eine funfjahrige im J. 204 aufdrangen, die die iibergrosse Kriegs- 
C.-Periode herauszuklligeln ist fruchtloses Be- last weiter zu tragen sich eben geweigert hatten ; 
miihen , und ebensowenig ware es notig , eine 20 auch ist die weitere Beeinflussung der Schat- 
Wiederholung des C. im grossen Stile in regel- zungsarbeiten in anderen Municipien und Bundes- 
massigen Zwischenraumen aus dem Vertragsinstru- stadten dort betont worden. Endlich ist auch 
ment herauszulesen, wenn man annahme, dass zur schon auf die Bestimmung des Mustergesetzes 
Zeit seiner Ausfertigung ein kaiserliches Edict fur alle Gemeindestatute der Kaiserzeit hinge- 
die Vornahme eines neuen C. in Dacien bereits wiesen worden, der Lex Iulia municipalis, die 
angeordnet habe. Wieweit das C.-Verfahren in vermutlich in Fortbildung der durch die Lex Iulia 
Agypten gemeinschaftliche Ziige mit dem C. in vom J. 90 v. Chr. getroffenen Bestimmungen ver- 
anderen Provinzen gehabt hat, lasst sich vorlaufig ordnete: quae municipia coloniae praefeeturae 
nicht feststellen. Es kann aber keinem Zweifel cfiviiim) R(omanorum) in Italia sunt erunt, quei 
unterliegen, dass die sorgfaltige Vorbereitung der 30 in eis municipieis colonieis praefeetureis ma- 
Steueraushebung und der VermSgenseontrolle, wie g(istratum) maximamve potestatem ibei habebit 
sie am Nil sich ausgebildet hatte, auch in anderen turn, cum censor aliusve guts mag(istratus) Bo- 
Provinzen angestrebt worden ist , und es ware viae populi censum aget, is diebus LX proxumeis, 
nicht einzusehen, warum sie in Provinzen mit quibus sciet Romae eensum populi agi, omnium 
vorgeschrittener Cultur nicht auch vollstandig municipum eolonorum suorum queique eius prae- 
hatte erreicht werden kOnnen; auch wiissten wir fecturae erunt, q(uei) e fives) R(omanei) erunt, 
nicht zu erkennen, wie etwa in S3 ? rien ohne ahn- censum agito (Z. 142ff.), und eosque libros per le- 
liche Vorarbeiten die regelmassige Einhebung des gatos . . ad eos, quei Romae censum agent, mittifo 
tributum capitis mOglich war, von der Ulpian Dig. (Z. 150f.). Es sei dem noch hinzugeffigt, dass, 
L 15,3 spricht, und iiberhaupt ware die directe 40 wo keine censores functionierten , die jeweiligen 
Besteuerung,dieGrundlagederkaiserlichenSteuer- hschsten Beamten in jedem fiinften Jahre, fiir 
politik (Mommsen St.-R. IIS 10941), ohne sie das theoretisch die Wiederkehr des C. damals 
undenkbar. angeordnet oder vermutet wurde, als quinquen- 

Zur Darstellung der Technik des Provincial- nales censoria potestate oder schlechthin als guin- 

O. sei auf das Fragment aus dem dritten Buch quennales (s. d.) die Schatzungsgeschafte , die 

Ulpians de censibus Dig. L 15, 4 verwiesen: forma lectio senatus und die Ordnung des Gemeinde- 

censuali cavetur, ut agri sic in censum, refe- budgets durch zufiihren beauftragt wurden, und 

rantur: nomen fundi cuiusque, et in qua civitate dass die flbrigen Geschafte der romischen Censur 

et in quo pago sit, et quos duos vicinos vroxi- in die Competenz der standigen obersten Ge- 
mos habeat; et arvum, quod in decern annos 50 meindemagistratur gelegt erscheinen. Mar- 

proximos satum erit, quot iugerum sit ; vinea, quardts Annahme, dass, wo censores sich bis 

quot vites habeat; olivae, quot iugerum et quot in die Kaiserzeit erhielten, ,hier nur der Titel 

arbores habeant; pratum, quod intra decern geblieben, die Censur aber mit dem llviratus 

annos proximos sectum erit, quot iugerum; pas- verbunden worden sein' diirfte (St.-V. I* 160, 

eua, quot iugerum esse videantur; item silvae 13), bedarf sehr der Bestatigung. Die Freiheit 

cadueae; omnia ipse, qui defert, aestimet ; ..in der Gemeinde bei Durchffihrung des C. wurde 

semis deferendis observandum est, ut et nationes durch die Ernennung kaiserlicher Specialcommis- 

eorum et aetates etofficiaetartificiaspecialiter sare, der correetores (dioodcotai) und curatores 

deferantur; . . si quis inquilinum nel eolo- (loyioxal), s. d., allmahlich eingeengt und end- 
re um non fuerit professus, vinculis censualibus 60 lich vernichtet. 

tenetur. quae post censum editum nata aut posiea D. Census als Standesqualifi cation in 

quaesita sint, intra finem operis consummati der Kaiserzeit. Noch gegen Ende der republi- 

professionibus edi possunt. Die zweite Haupt- canischen Zeit ist der Grundsatz, dass fiir die 

stelle, Remische Feldmesser p. 205 (Hygin) , be- senatorischen Magistrate und iiberhaupt fiir die 

handelt soli aestimationem : eerta enim pretia Senatsmitglieder auch die Feststellung einer Mi- 

agris constituta sunt, ut in Pannonia arvi primi, nimalgrenze des "VermOgens und die daran sich 

arvi secundi, prati, silvae glandiferae, silvae kniipfende Voraussetzung einer relativen wirt- 

vulgaris pascuae; . . horum aestimio ne qua usur- schaftlichen Unabhangigkeit eine unentbehrliche 

Pauly-Wissowa III 61 



1923 Census Centenarii 1924 

Qualificationsbedingung sei , nicht aufgestellt wor- publico zusammengesetzten drei ersten und vor- 
den, wenn auch dieser Forderung gesellschaf tlicher nehmeren Geschwomendecurien auch index 
und wirtschaftlicher Unabhangigkeit damals be- quadringenarius (CIL IX 2600. X 5197. 7507. 
reits deutlich vorgearbeitet wurde, so durch das Mommsen III 536, 4) verwendet worden. 
tribunicische Gesetz des P. Sulpicius Eufus 88 Wie in Eom fur die Senatoren , so erschien 
v. Chr., [itjdeva ovyxhjxixov vjisg Sioyjliug bga/- f iir die Stadtrate der Municipien und Colo- 
graf ocpsileiv, Plut. Sulla 8. Dazu gelangte erst nien der Vermogensnachweis unbedingt nOtig. 
Augustus bei der Neuordnung des Staatswesens. Firr Comum gait zur Zeit des jilngeren Plinius 
Den Senatoren-C. (curia pauperibus clausa est; (epist. I 19, 2 esse autem tibi centum milium 
dat census honores Ovid. amor. Ill 8 , 55) hat 10 censum satis indicat, quod aptid nos decurio es) 
Augustus auf bexa /.wgiddeg, namlich Denare, also die Summe von 100 000 Sesterzen als Minimum. 
400000 Sesterzen, fixiert, Dio LIV 17, 3. 26, 3. Marquardt St.-V. 12 180, 4 ist der Ansicht, dass 
Diesen C. kennt Sueton nicht ; vielmehr sagt er die gleiche Summe bei Catull 23, 27 und bei Petron 
Aug. 41 : senatorum censum ampliavit ae pro 44 von derselben Sache zu verstehen seien, diese 
octingentorum milium summa duodecies sestertio Summe also in grOsseren Landstadten iiblich ge- 
taxatit supplevitqiw non habentibus; nun ist wesen sei. Es ist selbstverstandlich, wenn auch 
ja, da der Ausdruck censum ampliavit nur dann Zeugnisse noch fehlen , dass in Stadten von ver- 
correct sein kann, wenn jene 800 000 Sesterzen schiedenem Beichtum auch die C.-Forderungen 
nicht mehr das erstgewahlte Minimum bezeich- fiir die Decurionen verschieden abgestuft wurden. 
neten, die Angabe Dios mit der Suetons allenfalls 20 [Kubitschek.] 
zu vereinigen. Allein der zweite Satz Suetons, Centa (Kivxa), schlecht beglaubigte Lesung 
1 200 000 Sesterzen, wird von Dio nicht bestatigt, bei Ptol. IV 1, 14 far Bevxa, s. Bent a. 
da er fortfahrt eneixa y.al eg sievxe y.al ei'xoat uv- [Dessau.] 
QiaSag, also 1000 000 Sesterzen, avzo (to (lov- Centenaria coluinna heisst die sog. Antonins- 
Isvtixov riurjua) szQorjyays. Zwischen diesen beiden saule auf der Piazza Colonna in Eom, CIL VI 
Hechstsatzen zu vermitteln, etwa durch die An- 1585 b (Z. 19 procurator columnae divi Marci, 
nahme, dass Sueton correct erzahle, zu Dios Zeit Z. 12 procurator columnae centenarian divi Marci, 
aber oder eher friiher bereits eine Ermassigung Z. 31 columna c), da ihre Hohe (gleich der der 
des Senatoren-C. eingetreten sei, erscheint un- Traianssaule) 100 Fuss betragen soil. Werden 
mOglich, da die von Marquardt in Beckers 30 die durch die Messung Calderinis gewonnenen 
Ilandbuch II 3, 220 zusammengetragenen Bei- Zahlen zu Grunde gelegt, so mtissen die Masse von 
spiele der Schenkung von einer Million, um den Schaft 26 494 m. 
Beschenkten fur den Senatorenstand zu qualifi- Kapital 1*522 m.' 
cieren, zum Teil der nachaugusteischen Zeit an- un ,3 Postament der Statue l's35 m! 
gehoren, und man gerade nur zu der allzu kiinst- 



lichen und auch sonstunwahrscheinlichenAnnahme zusammen 29,851 m. 

greifen musste, dass um die Wende des 1. Jhdts. vereinigt werden, um diese Hohe zu gewinnen. 

eine voriibergehende und von Sueton irrig dem Wenn die Eegionsbeschreibung anders rechnet 

Augustus zugeschriebene ErhOhung des C. auf und diese columnam coclidem auf pedes CLXXV 
1200 000 Sesterzen erfolgt sei. Eine bestimmte 40 semissem schatzt, so ist auch diese Zahl nicht 

Form der Anlage und Sicherung dieses Capitals schlechthin zu verwerfen, sondern zunachst die 

wird durch Traian verordnet, der patrimonii ter- Basis der Saule mit 12,1 m. einzurechnen und 

tiam partem conferre iussit in ea quae solo con- der Eest fiir die Statue in Anspruch zu nehmen. 

tinerentur (also in Grundbesitz) , deforme arbi- Vgl. Jordan Topographie II 190. [Kubitschek.] 
tratus, ut erat, honorem petituros urbem Italiam- CentenarienseSj Bewohner einer Ortschaft 

que non pro patria, sed pro hospitio aut sta- in Numidien, die als Bischofssitz im J. 411 und 

bulo quasi peregrinantes habere (Plin. epist. VI im J. 484 erwahnt wird (coll. Carth. c. 133, bei 

19), und Marcus Traianique praeeepta verecunde Mansi Act. concil. IV 115 = Migne XI 1308. 

eonsuluit ; leges etiam addidit, . . utque senatores Not. Numid. nr. 39 , in Halms Victor Vitensis 
peregrini quartam partem in Italia possiderent 50 p. 65). S. auch ad Centenarium. [Dessau.] 
(Hist. Aug. Marcus 11, 8). Im UMgen vgl. Centenarii. 1) Centenarius ist ein von einem 

Mommsen St.-E. 13 498f. Ill 898f. Marquardt Gehalt jahrlicher 100 000 Sesterzen (ahnlich wie 

a. O. 218ff. sexagenarius, ducenarius, trecenarius, s. d.) ab- 

Fiir die Eitter war schon durch den Aufbau geleitetes Eangpraedicat eines ritterlichen Be- 

der Classenordnung ein C. vorgeschrieben , iiber amten , seit etwa hadrianischer Zeit mitunter ge- 

den unter CI as sis und E quite sgehandelt werden radezu titular gebraucht; xal xoig ye emtQOJioig 

soil. Hier sei bios fiir jene Zeit , in der die xal avro to rov al-ubuatog bvoua &ji6 xov aoidfiov 

Classenordnung und die Institution der Eitter- x&v bibofievcov avxolg xQi]/ndxcov jigogyiyvexai Dio 

centurien fast nur noch eine formelle Existenz LIII 15, 5. Bezeugt ist diese Gehaltsstufe 
fuhrten, erwahnt, dass bereits das Gesetz des Eos- 60 1) Mr gewisseProcuraturen: CIL III 1919 proc. 

cius Otho 68 v. Chr. iussit eos, qui quadringen- centenario provinciae Li[burniae cum iure] gladi. 

torumsestertiorumhabent reditus (vielmehr: Ver- VI 1624 = Dessau 1433 proc. Alex(dndreae) 

mOgen), in numero equitum esse, Schol. luven. Pelusi P[hari?] oder pfhylaeiae]?] ad ss c. VIII 

III 155. Denselben Satz kennt die Verfiigung 11174 procurators centenario regionis Hadri- 

vom J. 23 n. Chr. bei Plin. n. h. XXXIII 32, metinae, vgl. Orelli-Henzen 6931 centenariam 

kennen Martial IV 67. V 23. 25. 38. Plin. epist. procuration, pro(vinciae) Hadrimetinae. X 6569 

I 19, 2 u. a. Vgl. Mommsen St.-E. Ill 499. proc. aquar(um) c, hier im griechischen Text 

Daher ist fiir die Mitglieder der aus equites equo (enixgojzevoavxi vbaxwv) nicht mitfibersetzt; ferner 



1925 Centenarii equi Centenarius portus 1926 

wird in der Passio Montani (259 n. Chr.) der Centenarium. 1) Das Wort e. erscheint 

procurator, qui defuneti proconsuHs parte ad- wiederholt in Inschriften des westlichen Numidien 

ministrabat, als c. bezeichnet; und des Ostlichen Mauretanien , CIL YIII 8713 

2) fur einen praef(eotus) vehicul(oru?n) ad lis. centenarium Solis a solo eonstruxit et dedicavit. 
e CIL X 7580 ; 9010 centenarium a fundamento fecit et dedicavit. 

3) fur einen Beisitzer des kaiserlichen consi- Ephem. epigr. Y 932 centenarium Aquafrigida 
Hum: CIL X 6662 centenarioconsiliarioAugfusti), restituit atque ad melioreni faeiem reformavit, 
so wahrscheinlich richtiger zu verbinden als X alle drei aus der Zeit Diocletians und Constantins 
p. 1120 (praef. vehic. cent.) geschehen ist. Lit- d. Gr. ; vielleicht sind auch die in der Tab. Peut. 
teratur : 0. Hirschf eld Untersuchungen zur rom. 10 verzeichneten Stationen ad centenarium (s. d.) aus 
Verwaltungsgeschichte I 258ff. (ebd. 263 ein Ver- dieser Gegend hieher zu beziehen. Indes ist eine 
such, auch jene Amter aufzuzahlen, fur die die Deutung von c. bisher nicht gelungen, und die 
Bangstufe eines c. mit Wahrscheinlichkeit ange- Erklarungsversuche Ktiblers Archiv fur lat. Lex. 
riommen werden darf). Mommsen St.-E. I 302ff. 1893, 185 (Analogie zu sxaro/mteSog) und Bug- 
II 990. 1031. Ill 564. Dieser Titel hat wie du- gieros Dizion. epigr. II 178 (um den Preis von 
cenarius und sexagenarius auch die Sesterzen- 100 Goldpfunden erbaut) befriedigen nicht. 
rechnung viberdauert und ist nicht bios noch filr 2) Centenarium im spateren Geldwesen. 
•die rationales aus der Zeit Constantins d. Gr. Nach den Glossae nomicae bei Hultsch Script, 
nachweisbar (Cod. Theod. VIII 10, 1. XI 1, 2. metrol. I 307, 13 vouiafiarcov jioaozns. Dem 
7, 1, alle vom J. 315; VIII 4, 3 und XII 1, 5 20entspricht es, dass der Bischof Procopius von Gaza 
vom J. 317, vgl. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. im J. 401 von der Kaiserin Eudoxia zum Bau 
1893, 428f.), sondern geht als Zwischenstufe zwi- einer Kirche in seinem Bistum dvo xevtnvdgia 
schen dem ducenarius und dem biarchus auch erhielt (Diakon Marcus im Leben Prokops c. 53), 
auf das Institut der agentes in rebus iiber (o. was nach dem Zusammenhange als eine sehr be- 
Bd. I S. 777, 20 und CIL III 8712) und scheint deutende Geldsumme angesehen werden muss, 
sich wenigstens in einem Falle, beim centenarius Andererseits werden c. schlechthin mit dem So- 
Portus (Not. dign. occ. IV 16) aus dem procfu- lidus geglichen (Johannes Moschos 3077 D einmal 
rator) portus utriusq(ue) ad [ss 3] CIL VI 1624 als xqvoiwv drjvagta iota, ein andermal als rota 
(dazu Hirschfeld Untersuchungen I 142, 1) er- xerrnvaQia bezeichnet), und uberhaupt auch sonst, 
halten zu haben. Da nach Analogie der scholaiOz. B. bei Constantinus Porph. 471, 11. 473, 2 
agentium in rebus auch andere numeri und scholae durch die Art ihrer Zusammenstellung mit den 
«ingerichtet sind, begegnet uns dann auch ein aus Silber gepragten udiaQijaia dem Golde zu- 
c. numeri brachiatorum CIL V 8740, ein c. nfum.J gewiesen. Eine tlbersicht iiber die dafiir verfiig- 
Eborum ausilium p(a)l(atin.) 8745, ein c. de bare Litteratur fehlt vorlaufig. [Kubitschek.] 
equitum comitis seni(ores) sagit(tarii) 8758, ein ad Centenarium. 1) S. ad Centuriones. 
c. ex fabfrica) sag(ittariorum) Not. degli scavi 2) In Africa, Provinz Numidien (Tab. Peut. 
1890 p. 172, ein c. de numerum equitfurn) ea- II 5 Mill.), Station an der Strasse von Lambaesis 
tafractariorum ebd. p. 343 ; vgl. auch Hieronymus nach Zarai, 15 Millien von Diana, 10 von Lamaba, 
adv. Iohannem Hierosol. 19; ferner ein cent, stabuli vermutungsweise mit Hr. Tassa oder Kasr Scheddi 
d(o)m(iniei) CIL V 374, ein c. ex officio) prae- 40 oder Hr. Unm el-Tiur identificiert , s. Tissot 
fecti Blir(ici) Dac(iae) ripfensis) 8771, und das Geogr. comp. II 485. 504. 

kaiserliche Eescript vom J. 534 im Cod. lust. 3) Tab. Peut. IV 1 Mill. Geogr. Eav. Ill 6 

I 27, 2 nimmt filr die officia der Statthalter der p. 149 Centenarias; im Ostlichen Numidien, Sta- 

Tripolitana (22), der Byzacena (25), der Numidia tion 12 Millien ostwarts von Tigisis (= A'in el- 

(28), der Mauretania (31) und von Sardinien (34) Bordj) und ebensoviel westwarts von Gadiaufala 

je 6 c. in Aussicht; c. in anderen officia z. B. (= Ksar Sba'i). [Joh. Schmidt.] 

Cod. Theod. VI 30, 7 — 9 (aus J. 384f.) und Nov. Centenarius Imrgus, ein unter dem Dux 

Theod. 21 (aus J. 441); ohne Angabe der Ver- provinciae Valeriae stehendes Castell , Not. dign. 

■bandsangehSrigkeit erscheinen, weil diese durch Occ. XXXIII 62: tribunus eohortis, ad burgum 
•den Aufstellungsort gegeben zu sein schien , ein 50 Centenarium. [Patsch.] 

xEvxnvaQiog bei Le Bas III 2405 = CIG 4582 Centenarius portus erscheint in der Not. 

imd III 2485. dign. (Occ. IV 16) als Unterbeamter des Praefectus 

2) Ein officium privatum^ so Mommsen urbis Eomae. Sein Titel zeigt, dass er zum 
CIL X p. 1199 (zu nr. 6129). Eitterstande gehSrte und innerhalb desselben den 

3) Besitzer eines VermOgens von 100 000 Se- Eang eines C. besass; sonst ist iiber ihn nichts 
sterzen , s. Libertus centenarius, wozu bekannt. Doch findet sich bei Cassiod. var. VII 9 
Mommsen sehr scharfsinnig, aberkaummitEecht, das Anstellungsdecret eines comes portus, der sich 
die Inschrift CIL X 6122 gezogen hat. zu dem C. jedenfalls ganz ebenso verhalt, wie der 

[Kubitschek.] tribunus rerum nitentium zu dem eenturio rerum 
Centenarii equi sind Eennpferde, die min- 60 nitentium (s. Centurio Nr. 4). Es handelt sich 

destens 100 Siege davongetragen haben, so z. B. eben um eine einfache Eangerhohung, die den Titel 

die Gruter 338, 5 genannten Aquilo und Hir- des Amtes zwar andert, aber sonst darauf keinen 

pinus, von denen jener 130 mal, dieser 114 mal Einfluss iibt. Dass schon vor 370 ein comes por- 

als erster durchs Ziel gegangen ist. Der be- tuum genannt wird (CIL X 6441), widerspricht 

riihmte Wagenlenker Diocles hat 9 Pferde zu dem nicht, da manche Teile der Notitia dignitatum 

Centenariern gemacht (equos eentenarios fecit in eine noch friihere Zeit zuriickgehen und dies 

N. Villi). CIL VI 10048 Z. 11. Priedlander auch mit dem Kapitel, das den Praefectus urbi 

S. G. n6 513. S. Ducenarii equi. [Pollack.] behandelt, ebenso sein kann. Nach Cassiodor (a. 



1927 Centenionalis Centesima 1928 

0.) beaufsichtigt der comes porttis im Hafen Praetor bezeichnen und den Eindruck erwecken, 
die ankommenden Schiffe, namentlich diejenigen, er hatte die Strasse nach Bom versperren wollen. 
welche Getreide nach Kom fiihren, und empfangt Das ist ausdriicklich gesagt bei App. Hann. 9, 
von den Kapitanen Sporteln in der Form frei- vgl. 10, von dessen Darstellung wesentlich nur 
williger Geschenke. Von dem vicarius partus, die Ortsangabe und die Schilderung des Kampfes 
der spater im Hafen die Polizeigewalt ausiibt (Hann. 11, vgl. 17) zu verwerten sind (vgl. Nr. 2). 
(Cassiod. var. VII 23), ist er verschieden. G. Era- Der Wahrheit am naehsten kommt demnach Liv. 
kauer Das Verpflegungswesen der Stadt Eom in XXII 8, 1, bei dem der polybianische Bericht 
der spateren Kaiserzeit, Berlin 1874, 34. Momm- in verstandiger Weise aus dem anderen erganzt 
sen Neues Archiv d. Gesellsch. f. altere deutsche 10 ist; nur wird hier C, den die Fasten nicht als 
Geschichtskunde XIV 492. [Seeck.] Praetor kannten, wenigstens zum Propraetor ge- 

Centenionalis, ein ganz kleines Kupfermiinz- macht, womit sich nichts anfangen lasst (Momm- 
chen mit sehr geringer Silberbeimischung, das zu- sen Staatsr. I 681, 4). Neuerdings hat Jung 
erst im J. 356 erwahnt wird (Cod. Theod. IX 23, (Wiener Stud. XVIH 99—115) die ganze Frage 
1 §3), aber wahrscheinlich schon von Diocletian eingehend behandelt und scharfer, als hier ge- 
seinen Namen erhielt, weil je hundert (centeni) schehen, die zwei verschiedenen Versionen, die 
davon seinem silbernen Miliarense gleichgelten schon die Zeitgenossen von dem Ereignis gaben, 
sollten (Seeck Ztschr. f. Numism. XVII 58). Da- auseinander gehalten. Sein Ergebnis ist, dass 

nach war es 1/2 Denar = 1/4 Follis = i/ 40 Pfund Appians Darstellung fur uns massgebend sein 
Kupfer (Seeck 84), was nach der Normierung 20 rniisste , was sich nur unter der Voraussetzung 

des Preisedictes V100000 Pfund Gold oder 0,91 Pfen- annehmen lasst, dass zwei Manner desselben Na- 

nig unseres Geldes entsprach. Doch durch das mens, der sonst nie vorkommt, zu derselben Zeit 

starke Schwanken des Goldcurses ist es anfangs eine Bolle gespielt haben. 
etwas in seinem Wert gesunken, spater aber bis 2) M. Centenius Paenula, insignis inter primi 

fast auf das Doppelte gestiegen. Es gait namlich : pili eenturiones et magnitudine corporis et animo, 

im J. 303 1/120000 Wd. Gold = 0,76 Pf.(Seeck63) ■ •■ ■ ■ P^ndus militia erbot sich 542 = 212 

SQfi 1/ Solid™ - 1 3 Pf /Pod Theod XT etwas Grosses g e g en Hannibal zu leisten, erhielt 

> » 396 V1000 fcolutas - 1,3 Bl. (Cod. IheocL XI g000 Mann> sammelte -unterwegs noch mehr Frei- 

i,r j, _ U1 ,yr' Voiont lit willige, traf in Lucanien mit Hannibal zusammen, 

v » «« /900 » - i.* 1 » ^°„l al 7 e £ a, { 30 wurde im Treffen getotet, worauf seine Truppen 

«.„,,, , K i mit I , ok nicht standhielten (Liv. XXV 19, 9-17, daraus 

, „ hit i/mo „ - 1,51 „ (rrokop. ft. a. lb. 0ros ly ^ 16) _ Die Erzahlun? hat nicht nur 

coo 1/ _ 1 to ,fi. 3 t, 10 x y oq eme g rosse innere TJnwahrscheinlichkeit, sondern 

» » 06b l m „ - l,OS , ^OQ 1UST. A M. en . egt noch mehj , y erdacl]t) weil gie j n der Haupt . 

tro 1 _ 1 7« n> v c\\ sache bei Appians Bericht iiber den Vorhergehen- 

» » oo« V720 » -i.'o» (iTOKop. a. u.j. den wiederkehrt: C., dem nur Appian bios den 

Im J. 395 wurde die Pragung alles grOsseren Gentilnamen giebt, sei ein angesehener Privat- 

Kupfergeldes eingestellt und sein Umlauf verboten, mann gewesen, sein Heer 8000 Mann stark, zu- 

so dass der C. zur einzigen Kleinmiinze wurde, sammengesetzt aus Freiwilligen. [Munzer.] 
Cod. Theod. IX 23, 2. Bei Cohen MeMailles40 Centesima, eine l°/ Steuer. 1) Centesima 

imperiales findet man die C. mit der Bezeichnung rerum venalium,, eine l°/ Auctionssteuer; c. 

P. B. Q. = petit bronze quinaire beschrieben. rerum venalium, post bella civilia institutam, de- 

[Seeck.] preeante populo, edixit Tiberius militare aera- 

Centenius. 1) C. Centenius. Im J. 537 = 217 Hum (seit 6 n. Chr., vgl. Mommsen Bes gestae D. 

beabsichtigte der Consul Cn. Servilius, der bei Ari- Aug. 67f.) eo subsidio niti; simul imparem oneri 

minum stand, seinem Collegen C. Flaminius nach rem publicum, nisi vicesimo militiae anno vete- 

Etrurien zu Hiilfe zu eilen, und sandte C. mit rani dimitterentur, Tac. ann. I 78. Im J. 17 hat 

der Cavallerie, 4000 Mann stark, voraus. Han- Tiberius nach der Annexion Kappadokiens, frueti- 

nibal schlug, noch ehe dieser ankam, den Fla- bus eius levari posse eentesimae vectigal pro- 
minius am trasimenischen See ; sein Unterfeldherr 50 fessus , dem Drangen der offentlichen Meinung 

Maharbal mit den leichten Truppen schnitt dem nachgegeben und zunachst die c. auf die Halfte 

C. den Biickweg auf der Via Flaminia ab und herabgesetzt, also in eine ducentesima (s. d.) ver- 

liess ihm nur die eine MOglichkeit, in ostlicher wandelt, Tac. ann. II 42 (Cass. Dio LVHI 16, 2 

Bichtung durch das Gebirge die adriatische Kuste stellt das Verhaltnis der Steuersatze irrigerweise 

zu erreichen, um wieder zu der Hauptarraee stossen umgekehrt). Caligula hat sie, so lange ihn der 

zu konnen. Der Plan erwies sich als unausfiihrbar reiche Nachlass Tibers aller Steuersorgen iiber- 

fiir Eeiterei ; C. suchte am See von Plestia in hob (aber wohl nur fur Italien) ganz aufgehoben 

Umbrien eine gut zu verteidigende Stellung ein- (Suet. Calig. 16 ducentesimam auctionum Italiae 

zunehmen, wurde aber von der Ubermacht um- remisit; vgl. Cass. Dio LIX 9, 6); die Miinzen, 
gangen, seine Soldaten zum Teil niedergehauen, 60 die diese Verordnung feiern (Cohen 12 237 nr. 5 

zum Teil am folgenden Tage zur Ergebung ge- — 7), fallen in die J. 39 und 40; doch kann Dios 

zwungen. Diesen Thatbestand hat Nissen (Eh. Datierung ins J. 38 ganz richtig sein. Diese 

Mus. XX 224 — 230) aus der verworrenen Tiber- sehr gewOhnlichen Miinzen tragen im Feld der 

lieferung als richtig festgestellt. Polyb. Ill 86, Hauptseite das Bild des Freiheitshutes zwischen 

3 — 5 giebt den besten Bericht bis zur Absendung 8 C, auf der Eiickseite die Abkurzung BCO — 

Maharbals ; von hier an ist er kurz und ungenau ; remissa ducentesima. Eckhel D.N. VI 224. 

dagegen fehlt gerade der erste Teil bei Nep. Humbert bei Daremberg et Saglio I 1012f., 

Hann. 4, 3 und Zon. VIII 25, die den C. als wo auch die altere Litteratur. Euggiero Diz. 



1929 ad Centesimum Cento 1930 

II 180. tlber die Frage, ob und in welcher Hohe to . . . supdXXsiv <pvr<p xivi xlaSioxov aXXotoy yv- 

die c. rerum venalium seit Nero wieder in Italien xov, ovxco xal xevxgojv qojctos^ uev , fpxeo (boavsi 

aufgelebt ist (Mommsen Herm. XII 113) s. Vec- jiagaxsvxovvxai SidcpogoixQoai Ixpaoudxcov, yganxog 

tigal rerum venalium und oben Leist Bd. II 8s, q> Jtagaxl&svxai xoioixov uagaxevx^axog SJxrjv 

S. 2272. [isqi-i 3toii]/j,dxa)v xal oxixcov allodsv cilia, oxota 

2) Centesima (eentesimae Biicheler CIL xal xd ivzsv&sv xlrj&svxa o^gdxsvtQa, xovxsoxiv 

II p. 801) argentariae stipulationis. So ol 'Ouijgixoi xsvxgcovsg, oig 8/j.owg ysvoix' av xai 

nennfc die lex metalli Vipaseensis CIL II 5181 ixegcov jioitjtcov , tj8i] 8e jiov xal ex ns'Qoloyimv, 

die Versteigerungstaxe : Z. Iff. conductor eafrum SjioToi oxw(f>&r\oovxai thai ol ur\ ysrvdixeg(1) qij- 

venditionum, quae per audio] nem intra fines 10 xogstag olxeiag all' Sg slneiv XoyoovXXsxxaSai 

metalli Vipaseensis fient, exceptis iis, quas pro- ovxeg xal &' olov OJieguoXoyovvzeg ev eyxwuioig. — 

e(urator) metallorum iu[ssu impferatoris) faciei, Ahnlich 5) Eustath. zu II. XVII 156 p. 1099, 51: 

centesimam a venditojre accipito u. s. f. Vgl. ovxco . . . xrjv Srjutjyoglav xov Flavxov 6 xoitjifjg 

Ruggiero Diz. I 660. Leist oben Bd. II S. 2271. xsvxocovog Sixnv cbxd ewotcov dlXaxov orj^siocov 

Hiibner CIL II p. 795f. [Kubitschek.] ovveggaips, xaxa xa voxsqov . . . dur^gdxsvzQa. — 

ad Centesimum, Station der "Via Salaria, 6) Anthol. Pal. 1119 Inscr.: vsto&eoig {xwv 77a- 

unweit Asculum Picenum (Itin. Ant. 307), noch xgtxtov) 'Ourjgoxsvxgcov (so nach Stadtmiiller, 

jetzt Centesimo bei Trisungi. Paci Bull. d. Inst. zu 'Ouijqoxsvxqov ; aber die trberschriften zu 

1867, 156. CIL IX 5951. 5952. [Hiilsen.] Anth. Pal. IX 381. 382 haben auch die Form 

Cento. 1) Flickpoem (cento, griech. xevxgcov, z. 20 'OfirjQoxsvxqcov als Nom.) : BljiXog JJaxoixlov #eot>- 

B.'Oiojqoxsvxqcov. Litteratur: A. Corp. poes. epic. Ssog dgtjTijQog, j Sg yieya k'gyov egeg'ev, 'O/nijQeirjg 

ludib. ed. Brandt etWachsmuth 1885. 1888. cbxd flljSlov j xvSaXi/ucov inscov xsvigag sohi/j,or 

Kaibel Epigrammata gr. 649. 998f. 1009 adn. doiSrjv, j itgrjk'iag dyysXXovoav dvtxrjxoio deoTo. — 

Antli. Pal. IX 381f. Homerici centones ed. Aldus, 7) Suid. s. xsvxqoiv: 6 ix jiollcov ovvsQQaii/usvog. 

Ven. 1541. 1554; ed. H. Stephanus, Par. 1578. ijiel xotavxa xoTg i>not,vyioig ovggdsixovxeg xalovoi 

Chapelet in den Poet. Gr. Christian., Par. 1609. xsvxQcovag [= 7a Schol. Arist. Nub. 450 xevtgcov 

Teuoher Lips. 1793. Centones Vergiliani u. a. in 8s ioxi xo imoaoodusvov xdlg ovoig ix nolXcov xal 

der Anthol. ed.BurmannI14. 112. 147, ed.Riese Siacpdgcov ovQQacpsv oaxxtcov xxX.] • cboavxcog xal 

7-18.686.719. BaehrensPLMIV14. 189.191ff. loyovg ex Siacpogcov ovvsiXeyusvovg xal era axo- 

B. Lilius Gyraldus Poet. hist. I (1696) 47f. 30 tiov djiagxl^ovxag, old ion xd 'Out]g6xsvxQa. — 

Fabricius Bibl. Gr. I 551 Harl. II cap. 2 §22; 8) Etym. M. p. 503 xevxgcoveg xvgicog Xeyovxai 

Bibl. lat. I 38 Em. L. Mfiller De re metr. 2 xd ix Siacpogcov xe°i°~>v ovvegSa/nusva slg sv • olg 

585f. Teuffel-Schwabe § 26, 2. B. Borgen co/nolcovxal jicog OurjQoxevxQa. — 9) Tzetz. Chil. 

De centonibus Horn, et Vergil., Kopenhagen 1828. VHI 118 (vgl. X 92) in einer Paraphrase von 

F. Hasenbalg De centon. Vergil., Putbus 1846. Hermogenes jxsqI 8eivox. 30 (vol. Ill p. 436 Walz): 

D. Comparetti Virgilio nel' Medio evo I 2 (1896) si Selg Se oxl%ov . . /^sxaxgiipco xt qtjxov, xollijoig 

71ff. Bursian S.-Ber. Akad. Munch. 1878 II fih xai xoxs, dXldxai JiagcoSia Se . . olov . . xd slg 

24ff. Baehrens Rh. Mus. XXXI 92. O. Dele- 'OfirjQoxevxQa §fj&sv sixpvsotdxmg oxaifj IlavXov 

pierre Tableau de la litterature du centon chez e%ev xxX. 

les anciens et les modernes, Londres 1874f. (der 40 Die Bedeutungsentwicklung bei den Lexiko- 

erste Teil stark dilettantiscb). graphen (Zeugnis 3. 7f.) und Eustathios (4) ist 

I. Terminologie. Zeugnisse. 1) Auson. zweifellos zutreffend : nach der aus bunten Flicken 

praef. cent. nupt. p. 140 Schk. : centonem vacant zusammengesetzten Decke oder Harlekinsjacke 

qui primi hoc eoncinnatione luserunt. Solae (vulgar-griechisch auch xevxcov, xsvxojviov, xsvxco- 

memoriae negotium sparsa colligere et integrare vdqiov, vgl. Apophth. Patr. Migne Patrol, gr. LXV 

lacerata . . . Variis de locis sensibusque di- 792 B. 412 D. Nil. LXXIX 626 A , lateinisch 

fersis quaedam carminis structura solidatur, cento seit Plautus und Cato, mimi centunculus 

in unum [versum] ut coeant aut caesi {versus} Apul. de mag. 13) wird das aus entlehnten Versen 

duo aut unus et sequens (medius) (suppl. Th. und Versteilen zusammengesetzte Gedicht benannt. 
Mommsen) cum medio, nam duos iunetim to- 50 Der Terminus lasst sich, trotz Ausonius Bemer- 

care ineptum est et tres una serie merae nugae. kung qui primi (Zeugnis 1), iiber die christliche 

Diffinditur autem per eaesuras omnes quas Zeit urkundlich nicht hinaus verfolgen ; es ist be- 

recipit versus heroicus, convenire ut possit merkenswert, dassihnTertullian(depraescr.haeret. 
aid penthemimeris cum reliquo anapaestico aut 39) bei der Erwahnung des Hosidius Geta ebenso- 

trochaice cum posteriore segmento aid septem wenig gebraucht, wie der C.-Dichter Areios bei 

semipedes cum anapaestico chorico aut {tres Kaibel Epigr. 1009. In christlichen Kreisen, wo 

semipedes et) post dactylum atque semipedem die Form durchweg ernstem Zwecke dienen sollte, 

quidquid restat hexametro. — 2) Hieronym. ist aber der offenbar scherzhaft gemeinte Name 

epist. 103 , 7 : legimus Homerocentones et Vir- schwerlich entstanden. Die primi, die Ausonius 

gilioeentones. — 3) Isidor. orig. I 38, 25: cen- 60 im Sinne hat, werden wohl hellenistische Zunft- 

tones apud grammaticos voeari solent, qui de genossen sein, die einsichtig genug waren, diese 

carminibus Homeri vel Vergilii ad propria poetische Zwittergattung nicht ernst zu nehmen. 

opera more eentonario in unum sareiuntur II. Zur Geschichte der Centone. Voraus- 

corpus ad facultatem euiusque materiae. — setzung beim Betriebe dieser poetischen Spielerei 

4) Eustath. II. XXIII 419 p. 1308, 60: xoiov- ist die vollige Vertrautheit mit einem grossen 

xov 8s xsvxqov jioqcovvuov xai ol xsvtQcovsg oi xs Vorbilde , wie Homer oder Virgil , Hesiod oder 

§ajix6[.ievoi xai ol ygayd/uevot , hi 8e xal xd iy- Ovid. Hire ersten Anfange werden wir in den 

xevxgl&tv inl cpvxoiv, iva Sojisq iyxerxglCsiv ioxl Kreisen homerischer Aoeden und Rhapsoden zu 



1931 Cento Cento 1932 

suchen haben. In der That ist es bekannt genug, gotzliehe Anhang zu dem C. (des Mavortius ?) 

dass manche jiingere Partien der griechischen de ecclesia PLM IV 214 cumque f abortio [Ma- 

Epen more eentonario aus entlehnten Versen und vortio Iuretus, kaum richtig, ab auditorio Baeh- 

Versteilen zusammengesetzt sind, wie das schon rens, a cortina 1 ?] clamaretur ,Maro iunior' ad 

bei Eustathios (Zeugnis 5) einmal hervorgehoben praesens hoe recitavi (folgen Verse aus A en. XII 

wird. Ebenso konnte bei einem Agon vjzoftoXfjg 32. XI 278; eel. II 70 etc.; das Gedicht hatte 

oder bei dem it- vxofioXfjg QatpcodeTv (Kohde urspriinglichoffenbarProsavorredenund-Einlagen, 

Eh. Mus. XXXVI 566, ahnlich spater v. Wilamo- wie der C. nuptialis des Ausonius). Ohne paro- 

witz Homer. Unters. 265f.) etwas wie ein epischer dische Nebenabsicht sind auch die beiden Ho- 
C. zu Tage kommen ; vgl. den Homer-Hesiod- 10 merocentones Anth. Pal. IX 381 elg AeavSqov 

AgonZ. lOOif. N. und dazu v. Wilamowitz a. 0. xal "Hqco und 382 6 jiQ&rog 'H%ovg dxovaag, 

Aber zu selbstandiger kunstlerischer Wirkung ebenso die meisten Virgilcentone, als deren Vor- 

bringt es dies Spiel erst in dem Augenblicke, laufer Teuf fel- Schwabe § 231, 3 die Ciris 

wo es sich mit parodischer Tendenz vereinigt. ansieht, so die mit den angefiihrten Stiicken der 

Vfber die Parodien des Hipponax (s. d.) wissen Anthol. Pal. eng verwandten Gedichte iiber Nar- 

wir zu wenig, wenn auch Wachsmuth und cissus, Hippodamia, Hercules, Procne,Europau.s.w. 

Brandt (Corp. I p. 34) wohl zu gering von ihnen PLM IV 197ff. Als Centonendichter zu nennen 

denken(s.CrusiusAdn.zur Anthol. Lyr.p.XXIV). sind Hosidius Geta, der gar eine Tragoedie in C- 

Die HauptpersOnlichkeit ist fur uns Hegemon Form schrieb (Teuf fel- Schwa be § 370, 5. PLM 
(s. d.) Ton Thasos, zur Zeit des peloponnesischen 20 IV 219), Anicia Proba (oben Bd. I S. 2203 Nr. 38) 

Krieges, der das Handwerk eines Rhapsoden mit de fabriea mundi etc. , Pomponius mit einem 

dem eines Paroden vertauschte; aus der bei den christianisierten Tityrus (Bursian S.-Ber. Akad. 

Paroemiographen s. to aeodixog axelog (Zenob. Miinchen 1878 II 29), Mavortius und Luxorius 

Ath. Ill 166 etc.) erhaltenen Anekdote ergiebt sich, (Teuffel-Schwabe § 476, 3. 477, 3); nicht in 

dass er seine Kunst vielfach als Improvisator aus- diese Reihe gehort Sedulius, dem Bahr (in der 

iibte, wie der Verfasser des C. de ecclesia (PLM 1. Aufl.) und die altem Herausgeber den cento de 

IV 219 B.) und seine rhapsodischen Vorganger nach verbi incarnations mit Unrecht zugeschrieben 

der Darstellung des Homer-Agon. Die Technik des haben (Schenkl Poet. lat. christ. 1615. Bur- 

spatern C. ist allerdings viel gebundener als die der si an a. a. 0.). Fur die christlich-byzantinischen 
Parodie in dieser Frahzeit ; trotz der zahlreichen 30 'Oixnqoxsvxoa und Verwandtes mag ein Hinweis 

Entlehnungen aus Homer (Brandt a. a. 0. 42f.) auf die oben erwahnten Monographien genugen. 

laufen bei Hegemon doch viele ganz selbstandige "Wenn der C. so in dieser Spatzeit vielfach schul- 

Verse und Abschnitte mit unter. Auf derselben meisterlich-pedantisch zu lehrhaften oder er- 

Stufe etwa steht die aus Rhapsodenkreisen her- baulichen Zwecken verwendet wird, so vergass 

vorgegangene Batrachomyomachie oder Batracho- man doch auch seine alte parodische Bedeutung 

machie. Der Composition eines wirklichen C. nicht ganz. In diesem Sinne verwendete schon 

naher kommen gewisse parodische Partien aus Petron centonenartig aneinandergereihte Virgil- 

der alten Komoedie, wie die Pasticcios am Schluss reminiscenzen sehr glucklich (c. 132 u. 6.), ebenso 

der Aristophanischen FrOsche 1285ff. ; ebenso der Verfasser des wirklich geistreichen parodisti- 
scheinen die spatern Paroden (Brandt Corp. I)40schen Lehrgedichts de alea (PLM IV 193), das 

sich immer enger an das homerische Urbild an- unter den Virgilcentonen des Salmasianus mit 

geschlossen zu haben. — C.-artige Gedichte ohne Recht die erste Stelle einnimmt, und vor allem 

parodische Nebenabsichten begegnen uns wieder Ausonius in seinem Cento nuptialis , s. Bd. II 

in spat hellenistischer Zeit. Dahin gehOren vor S. 2570, 8ff. Sicher ist es auch, dass nur die 

allem einige Inschriften aus Agypten, am be- parodistischen C. einigermassen geniessbar sind. 

quemsten zuganglich bei Kaibel Epigr. Gr. 998f. [Crusius.] 

(649 gehort schwerlich daher). 1009 (von der Mem- 2) Cento (emtunculus , centuneulum), wird 

nonstatue), vgl. die Bemerkungen von Letronne zunachst aus Lappen zusammengenaht , die aus 

Rec. Inscr. de l'Egypt. II 347f. Einer von diesen einem abgenutzten Wollstoffe oder Wollkleide 
Poeten, Areios (s. Bd. II S. 624 Nr. 7, wo freilich 50 herausgeschnitten werden, in spaterer Zeit mogen 

nur eine abgeleitete Quelle angezogen und iiber ,die gewebten Lappen auseinander gezettelt und 

die Stellung des Mannes nichts beigebracht ist), die so gewonnene Wolle ohne jedes Gewebe in 

hat es z. B. fertig gebracht, vier Homerverse II. einander gefilzt' worden sein (Maue' Vereine 13). 

XIII 99; Od.XIX40. XXIV 530. XVI 196 zu einem Im Haushalte aimer Leute spielen die aus cen- 

sinnreichenEpigrammaufdastSnendeMemnonbild tones gefertigten Decken eine grosseRolle, da 

zu vereinigen ; wichtig ist die Subscription (Epigr. sie zur Schonung besserer Kleidungsstiicke wahrend 

1009, 5 Kaibel): 'Aoelov 'Otinqixov jtoinrov ex der Arbeit oder zum Schutze gegen Kalte gebraucht 

Movaeiov axovoavxog. Dieser echte Centonarius werden (Cato bei Fest. 234 und Varro de r. r. 

war also einer x&v h Movoetq> oitov,usvo>v axel&v, II 10, 5. 11, 5. 59. 135, 1); arme Leute bereiten 
und wir diirfen wohl annehmen , dass die (bei 60 ihr Bett mit centones (Senec. ep. 80, 8. Macrob. 

Ausonius geschilderte) strengere Art des C, wie sat. I 6, 30); beim Eingang eines Bordells ver- 

andre Technopaegnien, vor allem unter den Dich- treten sie die Stelle des velum. Ein Soldat {units 

ter-Gelehrten des alexandrinischen Museums aus- enostris) eentonetn .. .sub galea ferebat (Ammiaa. 

gebildet ist. Nach dem Vorbild solcher 'OfA-noixol XIX 8, 8), Tragtiere erhalten e. als strata (Liv. 

noifjtal bezeichnet sich dann Q. Glitius Felix als VII 14, 7). Durch Diocletians Edict 7, 52 wird 

Vergilianus poeta (CIL VI 638f.), ein andrer ein eentunadum equestrae quoaetile album sibe 

(CIL X 6271) als Ovidianus poeta. Dass diese nigrum librarum trium, d. h. eine 3 Pfund 

Ehrentitel ganz ernst gemeint sind, zeigt der er- schwere, weisse oder schwarze Filzdecke fur Pferde, 



1933 Centobriga Centumpondiiim 1934 

mit dem Hochstpreis von 100 Denaren bedacht; 0. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Wien CVII 1884, 

7, 53 eine bessere Sorte mit 250 Denaren; im 243ff. Mau<5 Vereine der fabri, cent, und dendr. 

griechischen Texte wird e. mit jt[0.rnm] wieder- (Programm Frankfurt a. M. 1886). Gatti bei 

gegeben; vgl. Veget. vet. II 59, 2). Sehr geeignet Ruggiero Diz. II 180ff. [Kubitschek.] 

erscheinen e. beim Verhiiten oder beim LOschen von Centondis, Gottheit, nur bekannt durch die 

Branden, da "Wolle, besonders wenn sie mit Essig bei Nizza gefundene Inschrift CIL V 7867 D. 

(Ulp. Dig. XXXIII 7, 12, 18) impragniert ist Vesueeius Celer Centondi v. s. [Ihm.] 

(Plin. n. h. VIII 192 si addatur acetum; vgl. Centrones s. Ceutrones. 

Sisenna bei Non. p. 91. Vitruv. X 14), ein sehr Centnllius. 1) C. Centullius Fortunatus, 
schlechtes Brennmaterial abgiebt. Daher fiihren 10 aduleseens clarissimus, Sobn des M. Aurfelius) 

die Feuerwehrvereine an vielen Orten den Namen Dubitatus r(ir) c(larissimus), Bnkel des M. Au- 

centonarii (s. d.), daher wird im Kriege besondere rfeliusj Dubitatus v. e. (CIL V 4870 Benacenses). 

Sorgfalt darauf verwendet, das Holzwerk der Be- [Groag.] 

lagerungsbauten durch o. vor Feuer zu schiitzen 2) Centullius Valerianus s. Valerianus. 

oder die schiitzenden c. zu beseitigen (Sisenna Centum Cellae (KevrovusXXai Procop. b. G. 

a. a. O. Veget. epit. rei mil. IV 14. 15. 17. 18. II 7), Hafenort an der Kuste von Siidetrurien, 

Caes. bell. civ. II 10, 6). Ebenso wurden c. fur jetzt Civitavecchia (noch im 17. Jhdt. CineeU.e, 

schanzende Soldaten (Caes. bell. civ. Ill 44, 7), Cluver Italia 482), von Traian begriindet (Plin. 

fur Maschinen und Mauern (Veget. IV 23) ver- ep. VI 31 ; aber der Tpaiavo; huriv, den Ptolem. 
wendet. Litteratur: Maue Vereine der fabri, 20 III 1, 4 zwischen Populonia und Telamon nennt, 

centonarii und dendrophori (Frankfurt a. M. 1886) wird schwerlich mit Becht auf C. bezogen), der 

llff. Masquelez bei Daremberg und Saglio hier auch eine spater oft von der kaiserlichen 

I 1013. Blumner Technologie I 199. ' Familie bewohnte Villa (Fronto ep. Ill 20 p. 56. V 

[Kubitschek.] 59 p. 92 Nab. Hist. Aug. Comm. 1) hatte. Es wird 

Centohriga (vielleicht ist Contobriga zu schrei- genannt als Station der Via Aurelia (Itin. Ant. 

ben), Stadt in Hispania citerior, im keltiberi- 291. 300. 301. Tab. Peut. Geogr. Eav. IV 32 

schen Krieg des Q. Metellus vom J. 611 = 143 p. 267. V 2 p. 335 P. Itin. marit. 498). Eine an- 

v. Chr. in einer aus Livius (epit. LIII) erhaltenen schauliche Schilderung des amphitheatralischen, 

Erzahlung (Val. Max. V 1 , 5) erwahnt, wegen durch ein vorliegendesInselchengeschiitztenHafens 
der Milde des Metellus bei ihrer Belagerung, von 30 geben Plin. a. a. 0. und Rutil. Kamat. I 237 — 248. 

der er abliess , als die Bewohner die Sohne des Auch militarisch war C. besetzt, wie der unweit 

zu ihm iibergegangenen Bhoetogenes (d. i. Retu- des Hafens entdeckte Begrabnisplatz eines Detache- 

genus; die graecisierende Form vielleicht aus Po- ments der classis Misenensis beweist (de Rossi 

seidonios, dessen ethischer Auffassung die ganze Bull. d. Inst. 1865, 42. Not. d. scavi 1877, 123. 

Erzahlung entspricht) den Sturmbocken aussetzen CIL XI 3520 — 8542). Reste eines Aquaeducts und 

wollten, ohne dass der Vater widersprach, worauf anderer rOmischer Gebaude sind erhalten; ins- 

alle(?) iibrigen keltiberischen Stadte ohne Kampf besondere beruhen die Hafenanlagen ganz auf den 

dem Metellus die Thore effneten. Vgl. Con- antiken (Dennis Cities and cimiteries ofEtruria 

trebia. [Hiibner.] 112 298f.). Im 6. Jhdt. wird es als bevolkerter 

Centonarius. 1) Fabricant von Lappen- 40 und starker Platz erwahnt von Procop. b. Goth, 

decken, Petron. 45. Bull.com. 1888, 398 een- II 7. Ill 13. 36. IV 37. Agath. I 11; als Bischofs- 

tonar(ius) a turre Mamilia (die nach Aquileia sitz im Lib. pontif. Vita Cornelii; Praescription der 

gesetzte Inschrift CIL V 50* eines vestiarius synodos Romana im J. 499 in Cassiodor ed. Momm- 

eentonarius kann echt sein). In Rom sind auch sen p. 400 und von Gregor. Magn. dial. IV 55. 

die o. zu einem collegium vereinigt, dessen Organi- S. Ughelli Italia sacra X 55. ZerstOrt wurde 

sation von der sonst bei Vereinen ublichen sich die Stadt durch die Sarazenen im J. 812. Ge- 

nicht unterscheidet. An der Spitze steht ein legentlich erwahnt noch von Serv. Aen. X 183. 

mag(ister) Bull. com. a. a. 0., respective in jedem Paulin. Nolan, carm. XXIV 364. Lateinische 

funften Jahre (die lustra werden gezahlt CIL Inschriften aus C. CIL XI 3517—3571 a, neue 
VI 7861) ein mag. quinq(uennalisj (ebd.), der 50 Ausgrabungen Not. d. scavi 1887, 123f. 264f. 

den deeuriones (CIL VI 7863. 7864. 9254) praesi- (Thermengebaude?). [Hiilsen.] 

diert; das collegium fiihrt eine area (9254) und Centum gracilis in Rom, Aufgang zum Capitol 

hat viatores (7861). Fast alle uns bekannten an dessen siidwestlicher Spitze, nahe dem tar- 

Mitglieder dieses Collegiums sind Freigelassene peischen Felsen, Tac. hist. Ill 71. S. Jordan 

aus der gens Octavia. " Topogr. I 2, 130. II 459 und o. S. 1536). 

2) In vielen Municipien wird die Feuerwehr, [Hiilsen.] 

vielleicht nicht bios deshalb, weil sie sich zum Centumpondium, Gewichtstuck im Betrage 

LOschen der centones bediente, als collegium der von 100 rOmischen Pfund = 32,75 kg. Plaut. 

e. bezeichnet; sie erscheint dabei in innigster Ver- Asin. II 2, 37. Cato de agr. cult. 13, 2. Bei Plin. 
bindung mit den fabri und den dendrophori (vgl. 60 n. h. VII 83 heisst es centenarium pondits , im 

auch das Edict im Cod. Theod. XIV 8, 1 vom Fragment xegi /nkocov und andern metrologisehen 

J. 315 in quibuscunque oppidis dendrophori Tafeln HsvrtjvoiQiov, bei Isid. etym. XVI 24 cen- 

fuerint, centonariorum atque fabrorum collegiis tenarium. Metrol. script. I 258, 10. 267, 19. 307, 

annectantar , quoniam haec corpora freqimitia 11. II 111, 9. 115, 12. 140,6. 145,9 (beiLa- 

hominum multiplicari expediet); ja dasselbe Col- garde S3'mmict. I 169, 65 steht fehlerhaft Sijva- 

legium verbindet gelegentlich zwei dieser Namen qwv statt y.evzrjvaolov). Seinem Ursprung nach 

(CIL XI 970 vom J. 190 in templo collegi fabrum ist das romische C. nichts anderes als ein sog. 

et centonariorum Regiensium), s. Fabri. Vgl. leichtes babylonisches Talent, welches 60 Minen, 



1935 Centum Putea Ceatumviri 1936 

jede zu 60 agyptischen Kite, unter sich hatte, mit- unter Traian mindestens 180 (Plin. ep. VI 33, 3). 

hin, da die Kite = 9,096 g anzusetzen ist, moglichst Von dem Wahrzeichen, der aufgepflanzten Lanze 

genau einem Betrage von 32,745 kg entsprach. (Gai. IV" 16; vgl. Paneg. in Pis. 41f., Baehrens 

Wie das romische Pfund = i/ 100 dieses Talentes PLM I 227. Mart. VII 63, 7. Stat. silv. IV 4, 

war , so hat sich das Sechzigstel desselben als 43. OIL X 8260) ist der Name hasta hergenom- 

sog. alexandrinische Mine im Betrage von 545,8 g men, der wie dem Gericht im ganzen (Suet. Aug. 

= 20 rdm. Unzen bis in die Romerzeit erhalteh 36. Pomp. a. 0.) , so den einzelnen Kanvmern 

Hultsch Metrol.2 644. Lehmann Verh. der (indicia Quintil. XII 5, 6 ; tribunalia Papin. Dig. 

Berl. anthropol. Ges., Marz 1889, 266ff.; Das alt- XXXI 76 pi\; comilia Val. Max. VII 7, 1. Plin. 
babyl. Mass- und Gewichtssyst., Leiden 1893, 16f. lOep. VI 33, 3. 5) zukommt (Quintil. instit. V 2, 

39f. 43 (das Gewicht von 60 x 60 Kite wird hier 1), in die es geteilt war. 

als sog. leichtes babylonisclies Talent gemeiner II. Die Centumviri staatliche Spruch- 

Norm von einem gleichnamigen Talente erhohter richter. 

kSniglicher Norm im Betrage von 33,65 kg unter- Die C. haben gleich dem privatus index nur 

schieden). [Hultsch.] Iudication in Privatsachen (Oivilprocessen), nicht 

Centum Putea. 1) Station der Strasse Ti- Iurisdiction ; sie konnen nur Urteile fallen in 

biscum-Vimiuacium (Tab. Peut.) im nordlich der Rechtshandeln romischer Burger, die durch den 

Donau gelegenen Teile vom Moesia superior; Urban- oder (in der Kaiserzeit : Gai. IV 31, dazu 

nach Kiepert Formae orbis antiqui XVI an Wlassak a. 0. 1 202— 204. II 185, 5. 200f.) den 
einem Zuflusse des Karas-Apus. Vgl. CIL III 20 Peregrinenpraetor einer Vorpriifung unterzogen, 

p. 247. [Patsch.] durch Litiscontestation festgestellt , endlich vor 

2) Ort in Nordsyrien (Tab. Peut. Ptol. V 15, ihr Gericht durch einen der genannten Magistrate 

24 Jlovrsa) , an der Strasse von Apamea nach gewiesen sind. Dessenungeachtet werden sie in 

Palmyra, letzte Station vor Palmyra ; da die Ent- den Quellen (Cic. de orat. I 173. 177f. Quintil. 

fernungsangabe fehlt, lasst sich die Lage nicht inst. V 10, 115. Plin. ep. VI 33, 9; vgl. Ovid, 

genauer bestimmen. Vgl. Moritz Abh. Akad. trist. II 93 — 95) niemals den privati indices zu- 

Berl. 1889, 7f. [Benzinger.] gerechnet, sondern scharf von ihnen unterschieden. 

Centumviri. 1) Eichter. Die letzteren haben ihre Vollmacht von den Pax- 

I. Alter und Name. teien, deren Handlung die Obrigkeit gestattet 

Das Gericht der C. gilt vielen Neueren (Nie-30und bekraftigt (Wlassak a. 0. II 197, J8 und 

buhr, Zimmern, Rudorff, Bethmann-Holl- o. Bd. II S. 410), jene aber sind lediglich von 

weg, Karlowa u. a.) fur uralt. Die Uberliefe- Staatswegen eingesetzte und beauftragte Richter, 

rung.weist sehr bestimmt auf das Gegenteil hin. zwar nicht selbst Magistrate, weil nicht vom 

Die IJberreste der zwolf Tafelnkennen ffir Processe Volke gewahlt, doch von Beamten zur Iudication 

in Privatsachen nur den Einzelrichter , ebenso im einzelnen Fall berufen und wie die Geschwo- 

schweigt Plautus von den C. Die altesten Nach- renen der Quaestionen der Leitung von Magistra- 

richten, bei Cicero, betreffen Centumviralprocesse ten oder Quasimagistraten unterstellt, deren eon- 

aus der Zeit der Redner M. Antonius (s. Bd. I silinm (Val. Max. Plin. ep. aa. 00.) sie bilden 

S. 2590 — 2594) und L. Licinius Crassus. Auch und auf deren Tribunal sie (in der Kaiserzeit) 
die von Val. Max. VII 7, 2. VII 8, 1. 4. IX 15, 4 40ihren Sitz haben (Plin. ep. IV 16, 1. Pernice 

erzahlten Falle (zeitlich unbestimmbar scheint Ztschr. f. Rechtsgesch. Rom. Abt. XXVII 136, 5. 

VII 8, 2, wo ubrigens die C. nicht erwahnt sind) 138. 141). Daraus ergiebt sich am sichevsten, 

gehoren wahrscheinlich in die zweite Halfte des wie verkehrt es ist, die Entstehung des vom pri- 

7. Jhdts. d. St. Festus ep. 54 verbietet es, die vatus index, dessen Uralter feststeht, so wesent- 

Stiftung vor das J. 513 = 241 v. Chr. zu setzen ; lich verschiedenen Gerichtes der C. friiher anzu- 

die nahe Verwandtschaft mit den qnaestiones setzen oder doch derselben Epoche zuzuweisen 

publicize, welche seit 605 = 149 v. Chr. einge- wie den Ursprung des Privatgerichtes. Ferner 

richtet sind, empfiehlt die Annahme derselben erklart sich daraus die Fortdauer der Legisactio 

Entstehungszeit fur die C. (so Mom m sen R. mit Sacrament fur alle Centumviralsachen nosh 
Gesch. IF 359; St.-R. P 275, 4. II 231, 1. 5901; 50 unter dem Principat (Gai. IV 31. 95). Ist die 

Abriss 249). Zur Bestatigung dient Pomp. Dig. Schriftformel eine Urkunde, in der die Parteien 

I 2, 2, 28 — 30, der zwischen 512 und 630 d. St. einem Privaten Richtermacht verleihen, so war 

(s. Mommsen St.-R. ID 196. 595, 2f.) die Ein- sie unanwendbar, wo die Obrigkeit allein die fur 

setzung der decemviri stlitibus iudicandis be- den einzelnen Process bestimmte Geschworenen- 

richtet(s.WlassakR.ProcessgesetzeI139 — 151) kammer zur Iudication anweist. 

und so begriindet: cum esset neeessarius magi- III. Bildung der Liste. 

stratus qui hastae (d. h. den C.) praeesse[n]t. Die Zusammenstellung der Centumviralliste er- 

Die Beweiskraft der ffir das hohe Alter der C. folgte anfanglich durch magistratische, vermutlich 

angefiihrten Grunde bekampft Wlassak a. 0. I dem Stadtpraetor zustehende tot'o (wider Mo mm- 
131—138. Das Stiftungsgesetz, welches Cicero 60 sen St.-R. IP 231, 2 ; Abriss 249 s. Hartmann- 

de lege agr. II 44 andeutet, ist unbekannt; Gell. Ubbelohde Ordo I 307—310) von je 3 Burgern 

XVI 10, 8 beweist nicht, class es einen Teil der aus jeder der 35 Tribus (Fest. ep. 54). Ob diese 

Lex Aebutia ausmachte ; doch steht dieser Ver- Wahlart noch unter der Republik geandert wurde, 

mutung nichts im Wege. Der Name centum- als an die Stelle der Senatorenliste die der Ritter 

virale indicium giebt die Zahl der wohl in einer und spater ein besonderes Geschworenenverzeichnis 

besonderen Liste verzeichneten Richter nicht genau trat, und ob aus dem letzteren auch die Mit- 

an (Varro r. r. II 1, 26: non est tit sit ad amus- glieder der Hasta hervorgingen , das liegt im 

sim); ursprvinglich waren es (Fest. ep. 54) 105, Dunkel. Fiir die Kaiserzeit ist die Auslosung der 



1937 Centumviri Centumviri 1938 

C. gut bezeugt (Dio LIV 26); dabei kann wohl ,standiges Gericht' (Keller a. 0. §§ 4. 6) ausge- 

niir die Urliste der ,gesetzlich Eichtenden' (Wlas- macht haben. Die Uberlieferung (Quintil. inst. 

sak a. 0. II 194—204) zu Grunde gelegt sein XII 5, 6. Plin. ep. VI 33, 3. Suet. Aug. 36) kennt 

(Hartmann-Ubbelohde a. 0. I310f. 564—568, neben dem praeesse (Pompon, a. 0. Dessau Inscr. 

anders Mommsen St.-E. 113 231. Ill 530, 4, I 1911, dazu Mommsen St.-E. lis 606, 3) ein 

vgl. aber 897, 3). So wird es begreiflich, dass von Sueton den Decemvirn wie den Quaestoriem 

(nach Ausweis der bis 1895 vorliegenden Indices zugeschriebenes eogere oder eolligere, was sicher 

des CIL) die Inschriften keinen C. nennen, wah- zunachst von der ,Versammlung' der Eichter, d. h. 

rend die ZugehOrigkeit zu den Bichterdecurien von der Bildung (aus einer durch den Hastar- 
tiberaus haufig unter den Ehrentiteln begegnet. 10 praetor zugelosten Gruppe von C. ?) der fur den 

•Wer die Auslosung vornahm, und fiir welche Zeit Einzelfall bestimmten Kammer zu verstehen ist 

sie gelten sollte, daruber sind wir ohne Nachricht. (vgl. Kal. Praen. CIL 12 p. 231. Mommsen 

IV. Verfassung. St.-E. Ill 915; verfeblt Padelletti Archivio 

Die Organisation des Centumviralgerichts hat giuridico XV 536. 540). Wie der Gebrauch der- 

gewechselt. Der Erhshung der Mitgliederzahl ist selben Worte (z. B. Val. Max. VIII 3, 1. Quintil. 

oben schon gedacht. Manches (Gai. IV 30f. Suet. inst. VII 2, 19: eogere; Marcian Dig. XLVIII8, 

Aug. 36. Wlassak a. 0. I 177-179. 207) spricht 1, pr. : praeesse) fur die Thatigkeit der Vorsteher 

dafur, diese und andere Anderungen auf Augustus, in den Criminalquaestionen lehrt, wird die Auf- 

und zwar auf das nach seinem Hauptinhalt de gabe der mit der Gerichtsleitung betrauten Be- 
iudiciis privatis benannte iulische Gesetz von 20 amten oder Quasibeamten hier und dort im wesent- 

737 = 17 v. Chr. zuruckzufiihren. Urspriinglich lichen gleicliartig gewesen sein. Unsicher ist die 

(so Pompon, a. 0., dem Mommsen St.-E. 113 Verteilung der Geschafte, namentlich des Praesi- 

608, 2 u. a. den Glauben versagen) standen dem diums unter den Decemvirn und zwischen diesen 

Centumviralgericht die Xviri stlit. iudicandis und dem praetor hastarius. Die Wahrschein- 

vor. Augustus (Suet. a. 0.) hat den Zehnmannern lichkeit spricht gegen ein praesidierendes Colle- 

neuerdings (vgl. Mon. Ancyr. II 12f. Suet. Aug. gium von mehreren Zehnmannern fiir jede Kammer, 

89) diese Aufgabe zugewiesen und sie darauf be- und das bezeugte Nebeneinander von Verhand- 

schrankt, wahrend in der Zwischenzeit die Leitung lungen vor mehreren Tribunalen (Quintil. inst. XII 

auf die gewesenen Quaestoren iibergegangen war. 5, 6. Plin. ep. II 14, 4. lOf. VI 33, 3. 5) bedingt 
Den Decemvirn iibergeordnet ist ein Praetor (Plin. 30 die Entbehrlichkeit des praetorischen Vorsitzes. 

ep. V 9 [21], 5: qui centumviralibus praesidebat), Nahe liegt es, dem Praetor ad hastam neben der 

der sich inschriftlich (CIL XIV 3602, dazu Plin. Zuweisung der Eechtssachen an die einzelnen De- 

n. h. XIV 144) zuerst unter Tiberius nachweisen cemvirn , der Ansetzung der Termine und der- 

lasst als [pr.] ad hast[am] (vgl. CIL X 8260. gleichen Verfflgungen das Praesidium vorzube- 

Mommsen St.-E. lis 225, 2: hast[as]) und (CIL halten, wo ausnahmsweise in Processen mit ge- 

VI 1365) pr. hastar [ias] . Uber die Bildung des meinsamer Grundlage wider mehrere Beklagte 

consilium oder indicium aus den C. , die als mehrere Consilien (bei Plin. ep. VI 33, 3 : alle 

solche kein Gericht, sondern eine Eichterliste dar- vier; fraglich, ob auch V 9 [21], 2 hieher zu ziehen) 

stellen, haben wir nur ungeniigende Kunde. Die sich vereinigten, um zusammen die Vortrage der 
ubliche Annahme (Bethmann-Hollweg Civil- 40 Parteien und Anwalte anzuhoren und die Beweise 

process d. gem. Eechts I 60) , dass die C. in entgegenzunehmen. Auf diese Weise mochte man 

der Bepublik vollzahlig als Spruchgericht thatig Zeit und Kosten sparen und hinwirken auf eine 

waren, ist ohne Beleg (Ciceros apud centum- moglichst gleichfSrmige Beurteilung zusammen- 

t'iros und ahnliches beweist nichts ; s. Stat. hangender Klagen. Der jiingere Plinius (ep. I 

silv. IV 9, 16. Plin. ep. II 14, lOf. IX 23, 1) 18, 3. IV 24, 1. VI 33, 2) hat wiederholt in einem 

und schon deswegen unhaltbar, weil die Pflicht ,vierfachen Processe' (quadruplex indicium; mit- 

der Parteien zur Anzeige der zu ihnen in naherer gedacht ist wohl uberall die Vereinigung der vier 

Beziehung stehenden Personen behufs Ausschei- Sectionen) plaidiert; Quintilian (XI 1, 78; vgl. 

dung (vgl. L. repetund. CIL D 198 , 20—26) V 2, 1) erwahnt ,zweifache Centumviralprocesse', 
und, wenn nicht die Pflicht, so das Eecht des 50 setzt aber getrennte Verhandlung voraus. Die 

Gegners zur Verwerfung solcher ungeeigneten Digesten (Marcell. V 2, 10 pr. Pap. V 2, 15, 2. 

Eichter (trotz Cic. p. Plane. 41) nicht wohl ge- XXXI 76 pr. XLIV 2, 29 pr. Ulp. V 2, 24) bieten 

fehlt haben kann (0. E. Hartmann-Ubbelohde Beispiele von Pilichtteilsklagen (querella inoffi- 

Ordo I 313f.). Quintil. inst. XII 5, 6 und Plin. ciosi testamenti; dieser Klage bedient sich auch 

ep. VI 33, 3 erzahlen von vier Centumviralkam- Attia Viriola bei Plin. ep. VI 33) gegen mehrere 

mem, die, ut moris est, zu ihrer Zeit zusammen- im Testament eingesetzte Erben mit verachiede- 

gestellt wurden, um neben einander in verschie- nem Erfolg gegen den einen und anderen Be- 

denen Processen zu judicieren. Die Zahl der Ab- klagten (Attia Viriola besiegt die noverca und 

teilungen oder ihre Besetzung mit Eichtern mag den Suberinus, unterliegt gegen die zwei andern 
vor Augustus geringer gewesen sein ; unglaub- 60 nicht genannten Testamentserben). Bei Val. Max. 

wiirdig ist es nicht (dagegen (Keller E6m. Civil- VII 7, 1 klagt der praeterierte Noterbe [militans] 



process 6 § 6, 80), wenn Val. Max. VII 7, 1 bei als filius suus mit hereditatis vindicatio gegen 

der Entscheidung eines Eechtshandels, der noch mehrere Erbschaftsbesitzer (Cic. de orat. I 175. 

ins 7. Jhdt. d. St. gehort (Cic. de orat. I 175. 245 kennt nur einen Gegner des miles ; vgl. Ad. 

245), mehrere Consilien mitwirken lasst. Als Schmidt Form. Eecht d. Noterben 17, 41. 57f. 

staudig (so Bethmann-Hollweg a. 0. II 55, 61. KarlowaEom. Eechtsgeschichte II 889f.). In 

12) haben wir uns diese Abteilungen ebensowenig alien diesen Fallen konnte der Praetor, wenn es 

zu denken wie die C. in der Vollzahl jemals ein ihm zweckmassig schien, eine Mehrzahl von Pro- 



1939 Centumviri Centumviri 1940 

cessen in einer Verhandlung zusammenfassen ; zur der Centumviralprocesse die Basilica Iulia viel- 

Urteilsfallung aber waren nicht die bios zur co- fach bezeugt (Quintil. inst. XII 5, 6. Mart. VI 

gnitio Vereinigten berufen, sondern die einzelnen 38, 5f. Plin. ep. II 14, 4. 8. V 9 [21], 1. VI 33, 4). 

Kammern fur je einen von vornherein ihnen zu- Die Einrichtung im Lmern dieser Halle mochte 

gewiesenen Process (so nach Zimmern Keller- wechseln. Fur Verhandlungen vor den vereinig- 

Wach a. 0. §6,81 — 86. Bethmann-Hollweg ten Kammern war ein grosses Tribunal erforder- 

a. 0. II 54—56 wider C. G. Zumpt, Huschke lich (Plin. ep. VI 33, 3f.); gewOhnlich aber stan- 

u. a.; abweichend auch Chenon Le tribunal des den mehrere Biihnen (nach Quintil. inst. XII 5, 

centumvirs 36 — 38. 87f.). Wie die Abteilungen 6 vier) in der Basilica, da die Abteilungen der 
der C. vorwurfsfrei in una atque eadem causa 10 C. gleichzeitig zu Gericht sassen. Getrennt waren 

(Quintil. V 2, 1 : de eadem causa) , d. h. in zu- die Raume fur die einzelnen Kammern kaum. 

sammenhangenden Sachen, namentlich bei Inoffi- anders als durch Vorhange {vela), da man Redner 

ciositatsquerellen wider dasselbe Testament, den mit kraftiger Stimme auf alien Gerichtsbiihnen 

einen Beklagten verurteilen , den zweiten frei- hSren und verstehen konnte (Quintil. a. 0. Plin. 

sprechen konnten, das erlautert Ulp. Dig. V 2, 24 ep. II 14, 9 — 11). tfber die Zeit, in der die C. 

(vgl. Quintil. inst. VIII 10, 2). Auf die Behand- tagten , gait sicherlich nichts besonderes. Ihre 

lung der unteilbaren Verfilgungen eines Testa- Ferien werden dieselben gewesen sein wie die 

ments, das die eine Hasta {pars iudieantium) der gesetzlichen Privat- und Criminalgeschworenen 

fur inofficios erklart, wahrend die andere es auf- (s. Stat. silv. IV 4, 39 — 43 ; vgl. Bd. I S. 332ff.). 
recht erhalt, bezieht sich Marcell. Dig. V 2, 10 20 Auf eine zu Ende gehende Sitzungszeit der C. 

pr. (interpol. Lenel Pal. I 592); vgl. Pap. Dig. beziehen sich die Worte Senecas controv. VII 

XXXI 76 pr. XLIV 2, 29 pr. Gord. Cod. lust. praef. 7: rebus iam ultimis (anders G. Demelius 

III 28, 13. Augenscheinlich war man bestrebt, Schiedseid 114). 

den Urteilen der Centumviralkammern ihre Gel- VI. Geschaftskreis. 

tung zu wahren, soweit es irgend anging. Andrer- Dass den C. nur spruchrichterliche Function zu- 

seits musste sich ein Cassierungsrecht des Hastar- kommt, ist oben unter II bemerkt. Vielfach nimmt 

praetors als unentbehrlich erweisen, wo die in einer man eine Srtliche Competenz, einen ,Sprengel' der 

Rechtssache gefallten Sentenzen zweier Kammern C. an und schliesst dabei die Provinzen aus. Allein 

in solchem Widerspruch standen, dass sie neben es giebt keinen Sprengel der C. , weil die Wilr- 
einander unausfiihrbar waren. Hierher gehort 30 digung der ortlichen Beziehungen einer Streit- 

Minicius-Iul. Dig. XL 12, 30 (anders Keller a. sache bios dem Beamten zusteht, der das Vor- 

0. § 68, 808). In dem vorausgesetzten Fall soil- verfahren handhabt. Das richtige ist folgendes. 

ten die Mitglieder beider Sectionen — ich fflge An die C. konnen nur die beiden hauptstadtisehen 

hinzu: vom Praetor — zu gemeinsamer Beratung, Gerichtsherren (Gai. IV 31), nicht auch die Statt- 

wohl nach nochmaliger Verhandlung, so lange ver- halter Processe weisen. Soweit aber die ersteren 

sammelt werden , bis sich zusammenstimmende unter Umstanden auch Rechtshandel von Provin- 

Urteile ergaben {eo usque cogi indices, donee cialromern annehmen (Mommsen Abriss 239; 

eonsentiant). Zur Bildung eines zusammenge- St.-R. II 8 267f.), stand der ludication der C. ge- 

setzten Spruchgerichts kam es auch hier nicht, wiss nichts im Wege. Eine Sonderbestimmung 
die Stimmen der Richter wurden nicht zusammen- 40 fur die querella inoffieiosi testamenti iiberliefert 

gezahlt. Beharrte jede Kammer bei dem ersten Ulp. Dig. V 2, 29, 4. Uber die sog. sachliehe 

Urteil, so musste schliesslich in anderer Weise Competenz, d. h. liber die Frage, fur Processe 

geholfen werden. Sonstige Spuren, die auf das welcher Art von seiten des Praetors das Gericht 

Eingreifen des Hastarpraetors fuhren, sind nicht der C. zuzulassen war, findet sich nirgends in den 

aufgefunden. Regelmassig haben sicher auch nach Quellen ein allgemeiner Ausspruch. Auch Cic. 

Augustus die Decemvirn das Praesidium in den de orat. I 173 giebt nicht die gesuchte Antwort; 

Verhandlungen gefuhrt, nicht, wie Zimmern er zahlt nur Rechtsfragen auf, die in Centum- 

(Gesch. d. Rom. Privatrechts III 44f.) meint, bios viralprocessen gewohnlich erSrtert werden (Wlas- 

untergeordnete Dienste geleistet. Sollten die oben sak a. 0. I 87f.). Trotzdem sind aus den zahl- 
angefuhrten Zeugnisse liber das ihnen zugeschrie- 50 reichen Ausserungen iiber Centumviralprocesse die 

bene eogere und praeesse nicht gemigen, so zeigt leitenden Gedanken unschwer zu ermitteln (grund- 

doch das Lobgedicht in Pis. 41f. (Baehrens legendBethmann-HollwegZtschr.f.geschichtl. 

PLM I 227) die Zehnmanner als Leiter der Ver- Rechtswissensch. V 358—400, in den Noten die 

handlung, und der alte Name, den noch zahl- wichtigsten Belege). Einmal gehoren vor die C. 

reiche Inschriften der Kaiserzeit aufweisen : decern- nur Privat- , nicht Criminalsachen. Dem wider- 

vir stlitibus iudicandis (einmal CIL X 8260: spricht eine einzige Nachricht bei Phaedr. Ill 

Xvir ad hastam) ware ganz unpassend, wenn sie 10, 35, die kein Gewicht hat. Der Dichter ver- 

nicht nach der Abstimmung der C. das Urteil wechselt das Iudicium der C. mit einer Quaestio 

verkiindigt hatten. publica (s. Geib ROm. Criminalprocess 233—237). 
V. Ort und Zeit der ludication. 60 Genaueres erfahren wir von Gaius (IV 16), dem- 

Das Centum viralgericht, fur rOmische Burger zufolge der Speer, das Wahrzeichen der C. (oben 

das einzige seiner Art im ganzen Reich (wegen S. 1936) entlehnt ist dem Gebrauch der die hasta 

des problematischen Siebenmannergerichts Dig. V vertretenden festuca bei der alten miindlichen 

2, 7. 28. 31 s. Art. Septemviri) hatte seinen Vindication des gesetzlichen Eigentums {iustum 

Sitz in Rom (Varro r. r. II 1, 26) ; die Verhand- dominium). Der hieraus gezogene Wahrschein- 

lungen waren offentlich. Cic. de orat. I 173 unter- lichkeitschluss , dass die C. nur iiber civilrecht- 

stiitzt die Annahme, dass sie auf dem Forum liche Vindicationen (s. Art. Vindicatio) zu 

stattfanden ; fur die Kaiserzeit ist als Schauplatz sprechen hatten, findet vollauf Bestatigung durch 



1941 Centumviri Centumviri 1942 

die sonstige tlberlieferung. Auch Ciceros a. 0. sak a. 0. I 109—121. 127. 206—235. II 17 ; 19 
nexorum , . . iura darf man gewiss nicht ent- und teilweise dawider Eisele Abh. z. rem. Civil- 
gegenhalten (s. M. Voigt Die XII Tafeln II 485). process 105—109; Ztschr. f. Rechtsgesch. Rom. 
Gedacht ist wohl, wie Cic. p. Mur. 3; de hav. Abt. XXVIII 269, 1. Den Beweisstellen fiir die 
resp. 14 zeigt, an das vom Mancipatar bei der Fortdauer des alien Geschaftskreises der C. in 
Vindication (Cic. p. Mur. 26) geltend zu machende der Kaiserzeit (Gai. IV 95. 88—94) ist Paul. Dig. 
Eecht auf auctoritas, d. h. auf Beistandschaft im XXXIV 3, 30 beizufligen. Die Concurrenz des 
Eigentumsstreit (anders Jhering Entwicklungs- Privatrichters ergiebt sich z. B. aus Gai. IV 41. 
geschichte d. rOm. Rechts 121 — 123). Die Frage 45. Dig. V 3. VI 1 und wird ausdriicklicli be- 
endlich, ob alle civilen Vindicationen Centum- 10 statigt durch Quintil. inst. V 10, 115: alia apud 
viralsachen waren, diirfte zu bejahen sein. Be- eentumviros alia apud privatum iudicem in iis- 
sondere Zeugnisse liegen vor fiir die Vindication dem quaestionibus ratio. Bei der Auslegung von 
des Sacheigentums (rei Cic. de orat. I 173. Gai. Gai. IV 31 (permissum est) darf diese unbe- 
IV 16. 95; vgl. dazu IV 88— 94), der Realservi- streitbare Thatsache nicht ausser aclit bleiben. 
tuten und der Eigentumsfreiheit (Cic. a. 0., vgl. Weit auffallender als die sehr begreifliche Con- 
Keller a. 0. § 15), des civilen Erbrechts (here- currenz mit dem Privatrichter ist das gegen das 
ditatis Cic. de orat. I 175. 245 = Val. Max. VII Ende der Republik neben dem centumviralen 
7, 1. Cic. de orat. I 180 causa Guriana; s. Ear- stehende, erst durch Augustus beseitigte Sprueh- 
lowa ROm. Rechtsgesch. II 878 und die Stellen- gericht der decemviri stlitibus iudicandis in Frei- 
sammlung von M. Voigt Jus naturale 149, 18. 20 heitssachen. Doch hiite man sich,. mit J. E. 
Quintil. inst. IV 2, 5. Sev. Cod. lust. VIII 2, 1(?). Kuntze a. 0. u. a. das gut Uberlieferte wegzu- 
Iust. Cod. Ill 31, 12 pr. VI 28, 4, 2; vermutlich deuten! In nachhadrianischer Zeit sind erweis- 
gehort hieher auch der Fall der Erben der Urbinia, lich als Spruchrichter in Freiheitsprocessen neben 
Quintil. inst IV 1, 11. VII 2, 4f. : petebat bona. VII einander thatig: der Iudex, Recuperatoren , die 
2, 26. Tac. dial. 88), des Herrenrechts am Sclaven Consuln und der Praetor de liberalibus eausis 
(gegeniiber dem Assertor) wie der persOnlichen (s. JOrs Untersuchungen z. Gerichtsverfassung 
Freiheit, mindestens der mit dem rOmischen Bur- 11 — 15. 43 — 50). In der Wahl, die offen stand 
gerrecht znsammenfaRen&eTilibertas ex iure Quiri- zwischen den C. und anderen Gerichten, linden 
Hum (Cic. de orat. 1 181 mit I 238. J. E. Kuntze wir die Erklarung fur die ohne Anderung der 
Excurse fiber Rem. Rechts H6f. Minicius-Iul. 30 Rechtsgrundlage bald erhebliche, bald geringe 
Dig. XL 12, 30; s. o. S. 1939, 31), endlich ein an- Rolle, welche zu verschiedenen Zeiten der Hasta 
sicheres (Cic. de orat. 1 173: tutelarum iura) fiir zu spielen vergOnnt war. Kurz vor Ciceros Auf- 
die Vindication des ins tutelae (vgl. Gai. I 168. treten (Cic. pro Caec. 53) der Schauplatz beriihm- 
Ulp. Fragm. XI 6. Scheurl Beitrage z. Bear- ter Redetourniere , wo Rechtsfragen von grosser 
beit. des ROm. Rechts II 1 S. 1 — 15; anders Wichtigkeit (wie in der Causa Curiana) zur Ent- 
Hruza Lege agere p. tut. 76f. C. Fadda scheidung kamen, ist ihr Ansehen und sicher auch 
L'azione popolare I 44f.). Wahrscheinlich um- ihre Wirksamkeit in den letzten Jahrzehnten der 
fasste aber der Geschaftskreis der C. auch noch Republik so tief gesunken, dass, wie Tacitus dial, 
die in unseren Quellen fast verschollene Vindi- 38 meldet, nullius magni oratoris liber apud cen- 
cation der iibrigen Gewaltverhaltnisse , so der 40 tumviros dictus legatur (s. JOrs R. Rechtswissen- 
patria potestas, der manus, desRechtes amKnecht schaft I 190, 3). Dagegen wachst die Thatigkeit 
in mancipio, desPatronats (KarlowaRom. Civil- der C. seit der Wiederherstelhing geordneter Zu- 
process 89f. Ad. Schmidt Das Hauskind in man- stande unter Augustus. Vespasian (Suet. Vesp. 
cipio 14. 15, 58). Mithin stand wie die burger- 10) findet bei ihnen so viele unerledigte Processe 
liche Freiheit so alles, was der Reiner als ,sein vor, dass er durch ausserordentliche Gerichte nach- 
Eigen nach Quiritenrecht' ansprechen konnte, hilft. Auch Domitians (Suet. Dom. 8; s. Per- 
namentlich sein VermOgen, wie es unter Ausschluss nice Festgabe f. Beseler 60) Einschreiten gegen 
derForderungen(Mommsen St.-R. IP 393—395) ,ambitiOse Sentenzen', d. h. gegen Urteile, die an- 
beim Census anzugeben war, unter dem Schutze massliche Willkiir in der Rechtsanwendung zeig- 
des collegialisch urteilenden, staatlichen Gerichtes 50 ten, lasst schliessen auf das erhehte Machtbewusst- 
der C. Damit war hides die altnationale Iudi- sein der C. Ungefahr um dieselbe Zeit erkennt 
cation des privaten Einzelrichters im Bereich der Tacitus (a. 0.) den causae centumvirales den 
Centumviralsachen keineswegs aufgehoben. Zube- ,ersten Platz' zu, und die Briefe des jungeren 
legen ist das Vorkommen des Privatgeschworenen Plinius bekraftigen diesen Ausspruch. Freilich ist 
bei Vindicationen sowohl fiir die Zeit der Republik nicht zu vergessen, dass jene Rangzuteilung von 
wie der Kaiser. In den klassischen Juristenschrif- Gerichtsrednern herriihrt, die nach der Einschriin- 
ten sind so wenig Spuren zu finden von der Ge- kung der quaestiones publicae nirgends auf so 
richtsbarkeit der C. , dass man vielfach auf den dankbare Aufgaben und so zahlreiche Zuherer 
Untergang oder die Einschrankung ihrer Com- zahlen konnten als im Bereich der Hasta. Dass 
petenz in Vindicationssachen schliessen wollte. 60 die Anrufung der C. nur facultativ war , daraus 
Sehr verbreitet ist insbesondere die Behauptung, erklart sich endlich das Auseinanderfallen des ge- 
dass die C. unter dem Principat nur .Erbschafts- setzlichen und des thatsachlichen Geschaftskreises. 
richter' gewesen seien; andererseits werden sie in Schon in republicanischer Zeit hat man anschei- 
dieser Eigenschaft zuweilen fiir ausschliessend zu- nend vornehmlich Erbschaftssachen den C. vor- 
standig erklart. Allein die Quellen rechtfertigen gelegt. Unter dem Principat sind sie der Regel 
keine dieser Aufstellungen , auch nicht die An- nach bios mit Processen aus diesem Rechtsgebiet 
nahme eines Competenzwechsels auf Grund des befasst; zahlreiche Berichte stellen dies ausser 
iulischen Iudiciargesetzes. Vgl. hieriiber Wlas- Zweifel (s. Paul. sent. V 16, 2). Doch gehort 



1943 Centumviri Centumviri 1944 

audi von den Erbschaftssaehen nur eine zu den Mommsen St.-R. lis 981, 1. Eisele a. 0. 277 
gewOhnlich centumviralen : die querella inoffwiosi — 279 gegen Wlassak a. 0. I 214 — 220). Viel- 
testamenti, wahrend Erbrechtsvindicationen zu- mehr geht hier jener Ausdruck bald (Ulp. Dig. 
meist vor den Privatrichter gelangen. Die Be- V 2, 6) auf die selbsturteilende Obrigkeit, deren 
schwerde gegen lieblose Testamente ist ein selb- Name vielleicht von den Compilatoren getilgt ist 
standiges Kechtsmittel, nicht identisch mit der (s. aber Wlassak a. 0. II 63), bald (Ulp. Dig. 
hereditatis vindicatio, wahrscheinlich abgestellt V 2, 8, 16) auf den vom Beamten bestellten Unter- 
auf testamentum L. Titii inofficiosum esse und richter (s. o. Bd. II S. 410f.). Mithin stand wohl 
ein daraus gefolgertes hereditatem q. d. a. ex bei der Querella neben der Iudication der C. die 
iure Quirit. mwm esse (Huschke, Gust. Hart- 10 Cognition des Beamtengerichtes. Zwar wissen 
mann Uber die quer. inoff. test. 7, 3; anders wir weder die Entstehungszeit dieses Verfahrens 
Bekker Aktionen 1 272 — 283. Fitting Castrense noch die stadtrOmischen Beamten, die es hand- 
peculium 233f. Eisele Ztschr. f. Rechtsgesch. habten, zu bestimmen. Wesentlich unterstiitzt 
Bom. Abt. XVIII 256 — 306 , wo kiihne Aufstel- aber wird das, was die Pandecten anscheinend er- 
lungen lediglich aus den juristischen Quellen geben , durch Val. Max. VII 7, 3. 4 , der zwei 
und gegen sie verteidigt werden). Den Centum- (anders JOrs R. Rechtswissensch. I 191, 3) vor 
viralsachen ist die Querella vermutlich hinzuge- das Kaisergericht des Augustus gebrachte Querell- 
fiigt, indem man sie auffasste als bedingungsweise processe anfiihrt. Darnach liegt es nahe, kaiser- 
zugelassene Erbrechtsvindication , wofiir sich die liche Delegation dieser Gerichtsbarkeit anzuneh- 
teilweise Gleichheit der Klagebehauptung anfuhren 20 men. Auch die Prage ware zu erwagen, ob das 
liess. In Wahrheit darf sie iiberhaupt nicht als Pflichtteilsrecht seinen Ursprung nicht eher in 
actio in rem = vindieatio (o. Bd. I S. 314f.) gel- ausserordentlichen Eingriffen der Beamten bat 
ten, da sie in wichtigen Punkten abweichenden (vgl. noch Val. Max. VII 7,5. Leist a. 0. I 
Grundsatzen unterliegt. Trotz der eimnal (Dig. 71 — 76), als — wie allgemein gelehrt wird — in 
V 2, 4) erwahnten Lex Glitia (Palcidia? vgl. C. der Praxis der Hasta. Nur die Durchbildung im 
G. Zumpt Abh. Akad. Berl. 1837, 131, 2) ist einzelnen wird man wesentlich den C. zuschreiben 
der Ursprung der Querella sicher in keinem Ge- dtirfen. tfbrigens mogen ihre Sprucbe starke 
setze zu suchen (s. Dig. V 2). Demnach kann es Schwankungen gezeigt haben; denn unfertig ist 
auch keine die Inofflciositat behauptende Legis- noch das Querellrecht der letzten Klassiker, und 
actio gegeben haben (o. Bd. I S. 304f.). Doch 30 Ulp. Dig. V 2, 1 bekundet deutlich , dass selbst 
war es moglich, auf einem Umweg eine gesetz- der Kreis der Pflichtteilsberechtigten erst seit 
liche Spruchformel zu erreichen: durch Vermitt- kurzem feststeht. Immerhin wird das hohe An- 
lung einer Sponsion (Wette) iiber die Pflichtwidrig- sehen, dessen sich die C. erfreuten (s. Tac. a. 0. 
keit des Testaments und das klagerische Erbrecht. lust. Cod. Ill 31, 12 pr.), hauptsachlich aus der 
Die Wettsumme konnte der Querellklager mit Iudication iiber Testamente zu erklaren sein : die 
Legisactio (saeramento), in der fiir Centumviral- Zustandigkeit in Querellsachen gab der Hasta eine 
sachen vorgeschriebenen Processform, in Anspruch Art Toten- und Sittengerichtsbarkeit (vgl. Gai. 
nehmen (s. Art. Legisactio, Sponsio). Zu be- Dig. V 2, 4. Quintil. inst. Ill 10, 3). Schliess- 
legen ist diese Gestaltung des Verfahrens zwar lich sei noch eines erwahnt. Der Inofflciositats- 
nicht fiir die letzten Jahrzehnte des Preistaats, in 40 beschwerde nahe verwandt sind die Feststellungs- 
die man die Entstehung der Querella wird setzen processe (Bekker Aktionen I 285. 281, 19) iiber 
miissen — nach der vielfach, ohne durchschlagen- Echtheit oder aus anderen Griinden fragliche Gul- 
den Grund angezweifelten Erzahlung des Val. tigkeit der Testamente (falsum, non iure factum, 
Max. VII 7, 2 — , wohl aber fiir die Epoche nach irritum, ruptum testamentum ; vgl. besonders Ulp. 
der iulischen Gerichtsordnung, durch Gai. IV 95. Dig. V 2, 8, 12. Mod. Dig. V 3, 47). Ob es zu- 
Eine Sponsion war mOglich wie iiber das Dasein lassig war, solche Klagen durch Vermittlung einer 
gesetzlichen , so auch iiber die Gewahrung prae- Sponsio und Legisactio den C. vorzulegen, dariiber 
torischen Erbrechts ex edicto (der bonorum pos- ist den Quellen nichts zu entnehmen; Cic. de 
sessio litis ordinandae gratia; Pap. Ulp. Dig. V orat. I 173 eignet sich nicht dazu, den Zweifel 
2, 6, 2. V 2, 8 pr. Sev. Cod. lust. Ill 28, 2). Im 50 zu losen. 

letzteren Pall batten die C. ausnahmsweise iiber VII. Verfahren. 

eine Berechtigung zu urteilen, die nicht auf ius A. In iure. Tiber das Verfahren in iure, das 

Quiritium beruhte , der Form nach freilich z u- der Centumviralverhandlung vorhergehen muss, 

n a chst iiber die Forderung aus der Sponsion und vgl. o. Bd. I S. 303—305 und die Art. Legis 

das Sacrament (grundlos widersprechend Eisele actio, Sacra mentum. Hier ist nur hervorzu- 

a. 0. 267. 284, der Val. Max. VII 7, 2 nicht be- heben, was zum Verstandnis der Eigentiimlich- 

achtet; zum Process des jiingeren M. Anneius keiten des Centumviralprocesses nOtig scheint. 

vgl. Gai. Ill 31. Ulp. Dig. XXXVIII 8, 1, 4. lust. Die Streitbefestigung erfolgt unseres Wissens in 

Cod. VIII 48 [Kr. 47], 10 pr. Schulting Sachen, wo die C. angerufen sind, zu alien Zeiten 
Commentationes academicae [1770] I 277—284 ; 60 in den Pormen der Legisactio mit Sacrament, 

auf eine etwas andere Erklarung fiihrt die An- Allein die wortreichen symbolischen Acte, welche 

sicht von Leist in Gliicks Pandecten Ser. d. die alte Vindication nach Cic. Mur. 26 und Gai. 

Bucher 37f. I 480. 63—76). Eine zweite Anomalie IV 16 ausmachten , sind trotz Gell. XX 10, 1 

betrifft das in Querellsachen mit den C. concur- durch die iulische Gerichtsordnung von 737 = 17 

rierende Gericht. Iustinians Pandecten erwahnen beseitigt (Wlassak Z. Gesch. d. Cognitur 39, 8). 

wiederholt (s. Wlassak a. 0. I 215) einen iudex. Durch dieses Gesetz ist die mindestens in Querell- 

Damit diirfte in keinem der hergehOrigen Frag- sachen schon friiher gebrauchliche Sponsio (ex lege 

mente der Privatrichter gemeint sein (so nach Crepereia\T\ auf 125 Sesterzen lautend) fiir alle 



1945 Centumviri Centumviri 1946 

Falle, wo die C. urteilen sollen, zum wesentlichen men werden musste, ob also der Widerspruch des 
undnotwendigenProcessmittelerhoben, diedarauf einen Litiganten den beabsichtigten Process ver- 
folgende Legisactio (in personam) mit dem ge- hinderte (vgl. daruberDefensio im Civilprocess) ? 
ringen Sacrament von 50 Assen zur decorativen Aus der Natur der Hasta (o. S. 1936, vgl. 1950) 
Zuthat geworden (Gai. IV 95. DernburgHeidelb. liesse sich leicht die verneinende Antwort ableiten, 
Krit. Ztschr. f. ges. Rechtswissensch. I 264 — 269. da sie als reines Staatsgericht den quaestiones 
Ad. Schmidt Ztschr. f. Reehtsgesch, Rom. Abt. publicae nahesteht, und eine Unterwerfung unter 
XV 152—154, 2). Unsicher ist es, ob die von ihre Iudication keinesfalls wie beim Privatge- 
der Streitbefestigung ab laufende Frist des pina- schworenen die Bedeutung haben kann, ihr Rich- 
rischen Gesetzes (Gai. IV 15f.) , das alter sein 10 termacht erst beizulegen. Andrerseits ist bei der 
dtirfte, als die Hasta, in Centumviralsaehen An- Gemeinsamkeit der Litiscontestatio ein so wesent- 
wendung fand. Jedenfalls gehfirt jene Frist dem licher Unterschied zwischen den zur Wahl ge- 
Recht der Kaiserzeit nicht mehr an, wie auch stellten Processarten wenig wahrscheinlich und 
Gaius a. 0. bezeugt. Seit der Lex Iulia mussten eher zu vermuten, dass der Verzicht auf das Privat- 
sich in dem Augenblick, wo lege agiert wurde, gericht seinen Ausdruck fand in der erklarten 
schon alle Beteiligten fiber die Anrufung der C. Unterwerfung unter die Hasta. Den Entscheid 
geeinigt haben (arg. Gai. IV 31), da die Bestel- giebt Plin. ep. V 1, 6. 10, der dem Recht seiner 
lung eines Iudex jetzt schlechterdings den Ge- Zeit, welches wohl auf einer neuen Vorschrift der 
brauch einer Schriftformel voraussetzte. Ob um Lex Iulia beruhte, zweimal ein subseribere cen- 
deswillen die Legisactio und die fo'rmliche Ein- 20 tumvirale indicium cum (adversario) zuschreibt. 
setzung des Gerichts den Platz tauschten , das Fur diese subseriptio liegt keine andere Deutung 
mag unentschieden hleiben. Unabweislich war die (s. die Litteratur bei Hruza Ober das lege agere 
Anderung nicht. Wichtiger ist es, deutlichere pro tutela 57, 10) so nahe, als die auf die Er- 
Vorstellungen zu gewinnen fiber die Art, wie die klarung der Parteien , dass ihnen die Hasta als 
Auswahl des Spruchgerichtes stattfand. Dabei ist Spruchgericht genehm sei. Nicht zu verwechseln 
die querella inoffieiosi auszuscheiden , weil bei ist das plinianische subseribere mit dem gleich- 
ihr vermutlich schon durch die Anrufung des einen namigen Act im Strafprocess. Jenes ist zweiseitig 
oder anderen Beamten und die Aimahme der Sache (Plin. eum ceteris . . me cum subscripsit ; inso- 
die Frage erledigt war, wer das Urteil zu sprechen weit richtig Hartmann-Ubbelohde a. O. I 439 
hat. Wie aber ist das Verfahren zu denken, wenn 30 — 441 in einer sonst widerspruchsvollen Darstel- 
z. B. eine Erbrechtsvindication vor dem Stadt- lung), dieser dagegen einseitig : der Anklager sub- 
praetor verhandelt wird? Keinem Zweifel unter- scribiert in oder adversus reum (Cic. p. Cluent. 
liegt die Befugnis des Beamten, den Parteien 127. 131. Macer Dig. XL VIII 2, 8). Auf welches 
gegenfiber wie den Privatrichter so die Iudication Schriftstuck die Parteien im Centumviralprocess 
der C. zu gewahren (dare), zuzul assen (anders die subseriptio setzten (vgl. im allgemeinen Bruns 
JOrs Rem. Rechtswissensch. I 183, 4; wegen Abh. Akad. Berl. 1876, 41—138 = Kl. Schriften 
der Intercession gegen diesen Beschluss s. Kipp II 37 — 118), das steht dahin. Man kOnnte etwa 
oben Bd. II S. 195). Ebenso sicher mSchte der an die kaum entbehrliche amtliche Aufzeichnung 
praetorische Bescheid sein an das erwahlte Ge- der Sponsio und Legisactio denken, wovon viel- 
richt, gleichviel welches es sei, des Inhalts, sich 40 leicht der Stadtpraetor dem Vorstand der C. zu- 
der Iudication zu unterziehen (s. Wlassak R. gleich mit der Iudicationsanweisung eine Abschrift 
Processges. II 56, 10). Bis zur Kaiserzeit haben zusandte; doch ist anderes ebensogut mOglich. 
die C. Vorsteher, die dem Stadtpraetor unterge- Nicht minder unbekannt ist die Einrichtung, an 
ordnet sind. Als die Leitung einem Beamten deren Stelle seit der Lex Iulia die subseriptio 
gleicher Gewalt, dem Hastarpraetor, zuflel, wird treten mochte. 

die daraus erwachsene Schwierigkeit wohl durch B. Vor den Centumvirn. Der Vorbereitung 

das Grfindungsgesetz der neuen Magistratur be- und Begrundung des Processes in iure folgt als 

seitigt sein. Wer aber schlagt das Gericht vor, zweiter Abschnitt des Verfahrens die Verhandlung 

das judicieren soil? Auch ohne Zeugnis darf die und Beweisaufnahme vor dem Spruchgericht. Das 
Antwort lauten : die Parteien. Fraglich nur, ob 50 erste ist (wenn es keine standigen Kammern gab) 

der Praetor verpflichtet war, das Hastagericht zu- die Beschaffung des judicierenden Consiliums durch 

zulassen, wenn es beide, oder gar, wenn es bios den vorsitzenden Beamten unter Mitwirkung der 

eine Partei erwahlt hatte. Sind die C. eingesetzt, Parteien ; s. o. S. 1937f. Die letzteren hatten 

um fur wichtige Sachen ein Gericht zu haben, sicher, indem sie schlechtweg das Centumviral- 

von dem man ein gerechtes Urteil mit grOsserer gericht subscribierten, zugleich die weiterhin zu 

Zuversicht erwarten durfte als vom Iudex , so bildende Kammer angenommen, nur mit dem Vor- 

spricht die Wahrscheinlichkeit fur jene Verpflich- behalt der gesetzlich geordneten Ablehnung ein- 

tung des Magistrats. Thatsachlich wird der letz- zelner Personen. Darnach bedurfte es keiner 

tere, auch wenn ihm ein Gebot die Hande band nochmaligen Einlassungserklarung; der Wider- 
und das Gesetz nicht im Laufe der Zeit die Kraft 60 spruch eines Litiganten ware nun wirkungslos 

verlor, immer massgebenden Einfiuss getibt und gewesen. Gewiss hatte auch das unentschuldigte 

daffir gesorgt haben, dass die Bedeutung des Ausbleiben einer Partei den Fortgang des Pro- 

Rechtshandels in einem angemessenen Verhaltnis cesses nicht mehr gehindert; man behauptet sogar 

stehe zu dem Aufgebot von Richtern und zu den allgemein nach Plin. ep. I 18 , 6 — schwerlieh 

Kosten (vgl. Paul. Big. XXXIV 3, 30) , die der mit Recht — , dass selbst aus guten Grttnden eine 

Centumviralprocess mit sich brachte. Zuletzt ist Verschiebung des einmal angesetzten Centum- 

noch zu erwagen, ob das vom Praetor angeordnete viraltermins nicht zu erreichen war. Indes weiss 

Centumviralgericht von beiden Parteien angenom- doch gerade Plin. ep. V 9 [21], 2 — 5 von einer 



1947 Centumviri Centumviri 1948 

Verlegung zu erzahlen; allerdings erfolgte diese behauptet, seien jetzt unter den Anwalten, die 

von Amtswegen und im offentiichen Interesse. vor der Hasta plaidieren, viele junge Anfanger, 

Genaueres ist tibrigens iiber die Folgen der Ab- namenlose und doch dreiste Leute, wahrend die 

wesenheit einer Partei nicht zu ermitteln ; nur Centumviralpraxis in der guten alten Zeit selbst 

so viel steht fest (Ulp. Dig. V 2, 8, 14), dass Mannern vornehmster Herkunft nur durch die 

der ausbleibende Beklagte verurteilt werden konnte. Empfehlung eines Consulars zuganglich wurde. 

An die Zusammenstellung des Consiliums schloss Darf man Plinius beim Worte nehmen — was nicht 

sich die Beeidigung der berufenen Richter an ohne Bedenken ist — so ware an eine Liste der 

(andersBethmann-HollwegCivilprocessd.gem. beim Centumviralgericht zugelassenen Sachwalter 
Rechts I 60). Verdient auch Phaedr. Ill 10, 4010 zu denken (vgl. Hruza a. 0. 58). Der Hastar- 

als Zeuge hieftir kein Vertrauen (s. o. S. 1940), praetor hatte nicht bios in Anlehnung an die 

so unterliegt doch die von ihm angedeutete That- Edicte. welche die Postulation in iure beschranken, 

sache keinem Zweifel ; vgl. Iustinian. Cod. Ill aus feststehenden Grttnden gewisse Personen aus- 

1, 14 pr. tJber die Verhandlungen und die Be- geschlossen, er hatte vielmehr nach freiestem Er- 

weisffihrung vor den C. sind wir weit weniger messen iiber die Zulassung entschieden ; nur ware 

unterrichtet als fiber das Verfahren vor den Pri- zur Zeit des Plinius die fruhere Strenge bei der 

vatrichtern. Was von dem einen gilt, darf man Annahme ins Gegenteil umgeschlagen. Eine tfber- 

nicht ohne weiteres als beiden Processen gemeinsam treibung enthalt jedenfalls die im selben Briefe mit- 

ansehen. Die C. stehen, wenigstens in der Kaiser- geteilte Ausserung des Atilius (Crescens, o. Bd. II 
zeit, unter der Leitung eines mit vollem Befehls- 20 S. 2082 Nr. 38) : sic in foro pueros a centum- 

und Zwangsrecht ausgerfisteten Beamten, und den viralibus eausis auspieari ut ab Homero in 

Decemvirn sind soribae nebst einer Decurie von scholis (vgl. Sen. contr. IX 5, 15). Fur das 

Viatoren zugeteilt (Belege bei Mommsen St.-R. Auftreten in den Quaestionen und im Senate 

I 3 345, 3f., vgl. 352. 362. IP 606, 3); dagegen ent- mochte immerhin das Plaidieren vor den C. die 

behrt der Privatrichter aller obrigkeitlichen Ge- Vorschule bilden ; fur die Thatigkeit in den Privat- 

walt. Wenn z. B. nach Paul. sent. V 16, 2 die gerichten aber sollte das namliche schwerlich be- 

centumviriy d. h. mit ihrer Zustimmung der Vor- hauptet werden. Unter den Kaisern ist den Vor- 

sitzende, Erbschaftssclaven nOtigenf alls fo Item darf, tragen der Gerichtsredner ein bestiramtes Zeit- 

so war die Wirksamkeit dieser Verfiigung vollig mass gesetzt; im Centumviralgericht kann dies 
gesichert , wahrend der Privatrichter, wo dieselbe 30 durch die Ofter erwahnte Lex Iulia zur Geltung 

Anordnung ausnahmsweise statthaft ist (nach einem gekommen sein (vgl. Tac. dial. 38. Plin. ep. I 

Kaisererlass, Ulp. Dig. XXVII 3, 1, 3), ihr schwer- 23, 2. VI 2, 5—8). Aus der bekannten Erzah- 

lich anders Nachdruck geben konnte als durch lung von dem Missgeschick des Rhetors C. Albucius 

Vermittlung des Praetors, unter dessen Autoritat Silus (Sen. contr. VII praef. 6f. Quintil. inst. IX 

er bestellt war. Einzelheiten , von denen wir 2, 95. Suet. rhet. 6; o. Bd. I S. 1331) ersehen 

Kunde haben, sind folgende. Vor der Hasta wie wir die Verwendung des richterlich angeordneten 

vor alien Gerichten wird mfindlich verhandelt. Eides als Beweismittel vor der Hasta (Demelius 

Dass Aufzeichnungen vorkamen, darf man ver- a. O. 92. 104, 5. 113f.). Seneca und Sueton 

muten : die seribae der Decemvirn weisen darauf lassen die C. selbst die AusschwOrung des Eides 
hin. Den Parteien stehen in aller Regel rede- 40 verfugen, wie Paul. a. O. die Folterung. Dem- 

gewandte Sachwalter (patroni, advocati) zur Seite. nach war der praesidierende Beamte wenigstens 

Obwohl sich kein gesetzlicher Zwang nachweisen bei wichtigeren processleitenden Verfiigungen an 

lasst, solche Beistande anzunehmen, mochten sie die Zustimmung der Spruchrichter gebunden. Wenn 

kaum jemals fehlen, am wenigsten im Streit fiber Quintilian die Eidesverfugung einem index zu- 

Inofficiositat von Testamenten, wo es gait, das schreibt, so verzichtet er entweder in seinem Be- 

moralische Urteil der Richter fiber die Person- richt auf Genauigkeit im Detail oder er nennt 

lichkeit der Parteien zu beeinflussen. Gerade so den Vorsitzenden (man denke an den index 

dieser Umstand sowie die Aussicht auf zahlreiche quaestionis und vgl. L. rep. Z. 19 CIL I 198), 

ZuhOrer, die angelockt warden durch die Eigenart der ja gewiss der Form nach als Verkundiger des 
der Rechtshandel, durch die GrSsse und das An- 50 von den C. gefassten Beschlusses der Anordnende 

sehen des Gerichtes, musste den Centumviral- war. trber die Abstimmung in Gerichtscollegien 

process in der Schatzung der Redner weit empor- zum Zweck der Bildung des Urteils handeln 

heben fiber den schlichteren Privatprocess (vgl. mehrere Fragmente der iustinianischenPandekten: 

Cic. orat. 71f. Quintil. inst. IV 2, 61. VIII 3, XLII 1, 36—38. XL 1, 24 pr., die man allge- 

14. Plin. ep. VI 33, 2. 9; dazu aber Plin. ep. mein auf Recuperatoren bezieht, was jedoch keines- 

II 14, 1). Darnach kann es nicht befremden, wegs bei alien feststeht. Marcellus im frg. 37 

wenn andrerseits die C, gleich den Richtern in (s. Lenel Pal. I 592) hat wahrscheinlich die C. 

Capitalsachen, von den Anwalten sorgfaltig ge- imAuge, und dieLexIunia Petronia vom J. 772 = 

arbeitete Reden beanspruchten, und Quintilian 19 n. Chr. (frg. 24 cit.) betrifft sicher auch den 
(inst. IV 1, 57) davor warnt, sie durch schlechte 60 Freiheitsprocess vor der Hasta. tTbrigens galten 

Darbietungen in fible Laune zu versetzen. Auch vermutlich fur die Recuperatoren und die Cen- 

das gait ffir vertraglich mit dem Ernst der Rechts- tumviralkammernim wesentlichen dieselbenGrund- 

pflege, dass die Richter der Hasta nach einer satze. Anwesenheit aller zum Spruch Berufenen 

wohlgelungenen Rede sich erhoben, um ihrem ist zur Gfiltigkeit des Urteils erforderlich wie 

Beifall Ausdruck zu geben (Plin. ep. IX 23, 1). genfigend; es kann zu stande kommen trotz des 

Die Einffihrung einer bezahlten Claque schildert non liquet eines oder mehrerer Richter. Die Mehr- 

der jfingere Plinius (ep. II 14) als einen erst heit der Stimmen entscheidet; sind sie gleich 

neuerdings eingerissenen Unfug. Wie er weiter geteilt, so ist zu Gunsten des Beklagten zu spre- 



1949 Centumviri Centumviri 1950 

chen (unhaltbar Bethmann-Hollweg Civilpr. reichen auch die Belege fur den Decemvirat 

II 58), nur in der liberalis causa nach dem iuni- (Mommsen St.-B. IP 594, 1; vgl.608, 3). Andrer- 

schen Gesetze immer zu Gunsten der Freiheit. seits kennt die iustinianische Gerichtsverfassung 

Das vom Vorsitzenden verkimdigte Urteil, das die C. nicht. Dies stent fest, auch wenn es im 

bios feststellt, niemals condemniert, geht von jeher Cod. lust. Ill 31, 12 pr. nicht besonders gesagt sein 

ausdriicklich auf den eigentlichen Streitpunkt ein sollte. Sind die C. aus der allgemeinen Liste der 

(arg. Gai. IV 166. Minic. Dig. XL 12,30. Marcell. gesotzlich Judicierenden genommen (o. S. 1937), 

Dig. V 2, 10 pr.). Unbegrundet ist die verbreitete so empfiehlt sich die Annahme, dass die Hasta 

Meinung (z. B. Karlowa Bern. Bechtsgesch. II zugleich mit den anderen ,Schwurgerichten' in 
440), dass die Sentenz dieEntscheidungderllaupt- 10 der grossen Krise nach Severus Alexanders Tod 

sache nur erraten liess, indem sie das Sacrament (235 n. Chr.) untergegangen ist, als die Aufstellung 

der einen Partei fur rechtmassig, das der anderen des Bichterverzeichnisses durch den Kaiser auf- 

fiir unrechtmassig erklart (s. Artikel Sacra- hOrte. Erwahnungen der C. aus spaterer Zeit 

men turn). Allerdings erging ein besonderer fallen dagegen nicht ins Gewicht, weder Hieronym. 

Spruch auch (iber diesen Nebenpunkt und, wo epist. 50,2 (ad Domnionem) aus demletztenDecen- 

sponsions agiert war, vorher noch iiber Gewinn nium des 4. Jhdts., noch der westgothische Paulus 

oder Verlust der Wette. Keinem Zweifel unter- (sent. V 16, 2) aus dem J. 506 (vgl. noch Syr.-rOm. 

liegt die voile, legitime Geltungdes centumviralen Bechtsbuch L. § 57. Bruns-Sachau S. 18. 225). 

Urteils (Wlassak a. O. II 201f.); nur im Frei- Klar ist es, dass die centumviri in Alarichs Ge- 
heitsprocess entbehrt es unter Umstanden iiber- 20 setzbuch nicht mehr bedeuten als in Iustinians 

haupt der Bechtskraft (Bethmann-Hollweg Pandekten. Ebenso konnte auch der gelehrte 

a. 0. II 337). Urn so schwieriger ist es, Klar- Kirchenvater fiir Eechtssachen , die fruher ge- 

heit zu erlangen fiber das mindestens nach vor- wOhnlich vor die Hasta kamen, den Ausdruck cen- 

iulischer Ordnung zuweilen erforderliche, der Sen- tumvirales causae gebrauchen. Ubrigens ist der 

tenz nachfolgende arbitrium litis aestirnandae uberlieferte Hieronymustext an der in Betracht 

(o. Bd. I S. 688f. II S. 410). Geherte es mit zur kommenden Stelle sehr verdachtig. Wer den 

Aufgabe der C, etwa derselben ganzen Kammer, ganzenBriefliest, wirdschwerlichandersurteilen. 

die judiciert hatte, oder einer kleineren Abteilung? Schon Vallarsi (Hier. Opp. I p. 237, Venedig 

Analogieschliisse vom Bepetundenprocess her sind 1766) macht aufmerksam auf einen Fehler, den 
kaum statthaft ; die ZwSlftafeln (XII 4. Fest. 30 er in dem Worte kereditariae sucht. So diirfte 

p. 376) berufen Privatrichter zur ,Schatzung'; es ratsam sein, auf die Hieronymusstelle keine 

dessen ungeachtet kOnnte bei der Jahrhunderte Schliisse zu bauen. 

spateren Errichtung der Hasta dieser auch die IX. Eigenart. Die Hasta wird von namhaften 

Aestimation iibertragen sein; aus Plin. ep. VI 33, Forschern (von Keller, Bethmann-Hollweg 

9 endlich ist selbst fiir die Kaiserzeit keine sichere u. a.) als ,Volksgericht' bezeichnet. Was soil 

Entscheidung zu gewinnen. Von den neueren und was kann dies bedeuten? Huschkebehauptet, 

Gelehrten wird das arbitrium litis aestirnandae neuestens unter Zustimmung von Schulin (Ge- 

den C. meist abgesprochen (M. Voigt Das ius schichte d. Bern. Bechts 506. 509), dass die ur- 

naturale III 707. Lammfromm Z. Gesch. der spriinglich auch in Civilsachen richtende Volks- 
Erbschaftsklage 6, 2) undwohlmit Recht; Keller 40 versammlung spater durch die C. ersetzt sei. 

(Civilpr. 6 § 16,225) lasst die Frage offen. Fiir Diese Vermutung bedarf wohl keiner Widerlegung. 

die Zulassigkeit der reform atorischen Appellation Welter aber schliesst man aus der Art, wie die 

(o. Bd. II S. 196ff.) gegen die Urteile der C. giebt Bichterliste nach Fest. ep. 54 zu stande kam, 

es keinen Beleg. Der nach Stat. silv. I 4, 23 — 25 auf eine Beprasentation der ,Tribusversammlung' 

angenommene Fall einer Appellation an den prae- oder des ,Volkes' durch die C. Allein der uns 

fectus urbi diirfte durch 0. Hirschfelds Vor- heute so naheliegende Vertretungsgedanke ist 

schlag, statt centum ,eertum' zu lesen (Wiener keineswegs selbstverstandlich; als erwiesen kSnnte 

Studien III 273) beseitigt sein, und Suet. Domit. er nur gelten , wenn er durch die tlberlieferung 

8 (vgl. Vesp. 10) ist von ausserordentlicher Wieder- besonders unterstfitzt ware. Im ,Abriss des rOmi- 
einsetzung in den vorigen Stand zu verstehen 50 schen Staatsrechts' (249; vgl. St.-B. lis 231,2) 

(Bethmann-Hollweg a. 0. II 58, 32. Momm- erklart sich jetzt Mommsen geneigt, fiir die 

sen St.-B. 113 981,1). Trotzdem wird iiberwie- Wahl der C. durch die einzelnenTribuszustimmen. 

gend die Appellabilitat der C. gelehrt (o. Bd. II Diese Ansicht ist schon oben (S. 1936) zuriick- 

S. 199), nach meinem Ermessen ohne ausreichenden gewiesen. Dass fiir sie aus dem Namen centum- 

Grund. Im praetorischen und — seit der Lex viri kein geniigendes Argument zu gewinnen 

Iulia — im gesetzlichen Formularprocess kann ist, zeigt die Lex repet. Z. 18. 21 CIL I 198 

das zwischen den Parteien begriindete Process- (eos in Z. 18 ist durch eis in Z. 21 bestatigt, 

verhaltnis ohne Urteil durch Zeitablauf erloschen; daher nicht zu tilgen). Darnach wird man von 

dagegen findet keine Processverjahrung statt, wo einem ,Volksgericht' der Hundert wohl nur sprechen 
die C. als Spruchrichter angenommen sind (Gai. 60 konnen im Gegensatz zum Privatgericht, insofern 

IV 104f. Suet. Vesp. 10. Wlassak a. 0. 1 54—56. die C, wie die Quaestionen, vom Staat allein zur 

II 28f.). Iudication bestellt sind. Klarer wiirde dies aus- 

VIII. Untergang. Die jiingsten sicheren gedruckt durch das Wort ,Staatsgericht'. Ubrigens 

Zeugnisse fiir das Bestehen des Centumviralgerichts erscheint die Hasta ihrer urspriinglichen Besetzung 

finden sich in den Schriften von Ulpian (ad edict, nach allerdings als eine ,populare' Einrichtung. 

Dig. V 2, 8, 14) und Paulus (quaest. Dig. V 2, Mit Becht betont Jobbe'-Duval den Umstand, 

17, pr. XXXIV 3, 30), die nach 211 n. Chr. ver- dass das Grundungsgesetz allem Anschein nach 

Cffentlicht sind. Bis in den Anfang des 3. Jhdts. zum Geschworenendienst auch nichtsenatorische 



1951 Centumviri Centuria 1952 

Burger beruft, wahrend bis auf C. Gracchus in lenbrueh in GluckPandekten XXXV 346— 365 

den Privatgerichten die Senatoren liberwogen (vgl. Gust. Hartmann tfber die querella inoffic. 

aber Wlassak a. 0. II 196, 16. 216,68). Wie testamenti (Basel 1864) 4— 24. B. Schlesinger 

in der grOsseren Zahl der Spruchrichter, so moclite (Miinchener) Krit. Vierteljahresschr. fur Gesetz- 

der Stifter auch in der Bildung der Centumviral- geb. VII 470—478. Bekker Die Aktionen I 

liste aus der Gesamtheit der (vermOgenden) Burger- 272 — 285. Franz Schroder Noterbenrecht I 

schaft eine hohere Gewa.hr erblicken fur den Schutz 382 — 417. 430 — 434. K. Unzner Die Querella 

derjenigen Bechte, durch die das burger licheDasein inoff. testamenti 1 — 53; vgl. 79 — 99. M. Voigt 

hauptsachlich bedingt ist (vgl. Puchta Insti- Rom. Rechtsgeschichte I 479 — 484. Eisele 
tutionen "> I § 153 a. E. Jhering Geists I § 15, 10 Ztschr. f. Rechtsgesch. Bom. Abt. XXVIII 256— 

115). In letzterer Beziehung musste freilich die 306. — Einzelne Centumviralprocesse behandeln 

Hasta ihre Eigenart einbiissen, als die Geschwo- Piittmann u. Zepernick bei S. Siccama a. 0. 

renenstellen in alien Gerichten Gemeingut der 211—229. 266—277. M. Voigt a. 0. 536. 540, 

oberen Biirgerklassen wurden, im iibrigen aber die causa Curiana insbes. Walther Munzinger 

ist sie eine Anomalie in der romischen Gerichts- Causa Curiana (Bern). M. Voigt Jus naturale I 

verfassung geblieben vom Anfang bis zum Ende. 48 — 51 und die von H. Pernice Jahrb. d. gem. 

Unseres Wissens lasst sich das Spruchgericht der deutschen Rechts I 234, 12 Genannten. — Lehr- 

Hundert weder anknupfen an Einrichtungen der und Handbiicher: Zimmern Geschichte d. rOm. 

friihen Republik — falls nicht eine der Quaesti- Privatrechts III 36—46. 94 — 98. Puchta Insti- 
onen alter sein sollte — , noch hat der Gedanke 20 tutionen I 10 § 153. Walter Gesch. d. ROm. 

des Collegialgerichts fur Civilsachen unter magi- Rechts II s § 694. Keller-Wach Rflm. Civil- 

stratischer Leitung zum zweitenmal auf rSmischem process 6 §6. W. Bein Privatrecht und Civilpr. 

Boden Wurzel gefasst. Die Entwicklung fiihrt d.ROmer (1858) 870-873. Rudorff Rom. Recbts- 

ohne Mittelglieder vom privaten zum reinen Be- geschichte II 29. 34. Bethmann-Hollweg 

amtengericht ; die C. stehen allezeit abseits und Civilpr. d. gem. Rechts I 56 — 60. II 11. 53 — 58. 

erlangen auch auf beschranktem Gebiet nirgends 230 — 235. Mommsen Rem. Staatsrecht lis 231. 

die Alleinherrschaft. So legt sich die Frage nahe, 590f. 607f.; Abriss d. Rom. St.R. 249f. Kuntze 

die zur Zeit kaum zu beantworten ist: ob etwa Cursus d. Rom. Rechts 2 87. 1421 224f.; Excurse 2 

ein fremdlandisches Vorbild eingewirkt hat bei der 112 — 117. Ch. Maynz Cours de droit Romain* 

Stiftung und Gestaltung des Centumviralgerichts. 30 1 189 — 192. Padelletti-Cogliolo Storia del 

Litteratur. Altere bei Haubold-Otto In- diritto Rom. 2 298f. 305f. 577. Madwig Ver- 

stitutionum iur. Rom. lineatnenta I 441f. Ferner fassung und Verwaltung II 228—233. Baron 

S. S i c c a ma-Z eperni ck De iudicio cen- Gesch. d. Rorn. Rechts I § 182. Schulin Gesch. 

tumvirali (Halle 1776). Be thm ann-Ho 11- d. ROm. Rechts 488f. 520— 522. 529— 531. Cog- 

weg Zeitschr. fiir gesch. Rechtswissenschaft. V liolo Storia del diritto priv. Rom. I 204—206. 

358 — 400. A. W. Heffter Gaii institut. com- E. Cuq Institutions juridiques des Romains 1 

mentarius quartus 31 — 41. K. A. Schneider 404 — 406. 414f. 713. Leonhard Institutionen 

De centumviralis hidicii origine (Rostock 1835). d. ROm. Rechts 505. [M. Wlassak.] 

C. G. Zumpt Abhandl. Akad. Berl. 1837, 129 — 2) Centumviri in der Gemeindeverwaltung. 
153. Ph. Ed. Huschke Verfassung d. Servius40So werden die decuriones is. d.), deren Zahl 

Tullius 585 — 592. 605 — 610; Krit. Jahrbficher normal 100 gewesen zu sein scheint (vgl. die 

f. Rechtswissenschaft v. Richter V (1839) 475 — 493 ; Hundertzahl der Decurionen im Album von Canu- 

Multa und Sacramentum 405 — 407. 464, 309. 498. sium OIL IX 338; fiir die geplante Coloniegriin- 

500 — 502. B. Stintzing Verhaltnis der Legis- dang in Capua werden centum decuriones in 

actio sacramento 43 — 54. Dernburg Krit. Ztschr. Aussicht genommen, Cic. de lege agr. 1196) und 

f. ges. Bechtswissensch. I 264—269. Krug inscbriftlich fur Vei (CIL XI 3801. 3805. 3807 

tiber Legis actiones u. d. Centumviralgerichts —3809.3811, vgl. 3814) und fur das sabinische 

(1855). B. Romer Krit. Cberschau d. Gesetzgeb. Cures genannt (IX 4952. 4959. 4973. 4978; neben 

u. Bechtswissensch. Ill 442—454. F. D. Sanio decuriones gebraucht: 4957. 4970. 4973). 

Varroniana 121—124 N. 178. Karlowa Bom. 50 [Kubitschek.] 

Civilprocess z. Z. der Legisactionen 247 — 251. Centunculus (Deminutiv von cento) ist das 

Padelletti Archivio giuridicoXV 531-543. Ad. aus bunten Lappen zusammengeflickte Harlekins- 

Schmidt Ztschr. f. Recbtsgeschichte Rom. Abt. kleid, in dem die Mimi gewOhnlich auftraten. 

XV 152 — 154, 2. E. Ch^non Le tribunal des Apul. de mag. 13: Quid enim si choragium 

Centumvirs (Paris 1881). Fioretti Legisactio thymeUeurn possiderem? Num ex eo argumen- 

sacramento 83 — 88. Lenel Edictum 11 If. Kap- tarere etiam uti me consuesse tragoedi syr- 

peyne van de Coppello Abhandlungen z. rOm. mate, histrionis crocota, mimi centunculo? 

Staats- und Privatrecht 31 9f. 326. J. Poire t [Pollack.] 

De centumviris (Paris 1886). 0. E. Hartmann- Centuria. 1) KevTovoia, schlecht beglaubigte 
Ubbelohde Ordo iudiciorum I 298—314. 437. 60 Lesart bei Ptol. IV 6 fin. fiir IIivxovaQla oder IIiv- 

453, 41. 526f. 563—568. Wlassak BSm. Pro- xovQia, s. d. p essaV1 -] 

cessgesetze I 87, 1. 109—114. 131—152. 206— a) Centuria, urspriinglich eine Abteilung 

238. II 201—203. 290—293. 361. JSrs ROm. von 100 Mann (Fest. p. 53. Varro de 1. 1. V 

Rechtswissenschaft I 175. 181—192. Eisele 88. Isid. orig. IX 3, 48), ist die Bezeichnung 

Abhandlungen z. rOm. Civilprocess 82—86. 97—99. der Einheit , welche derjenigen Einteilung des 

JobbS-Duval Grande Encyclope'die IX 1157f. — rOmischen Volkes zu Grunde gelegt war, die von 

tfber den Centumviralprocess in Querellsachen : der Tradition dem KOnige Servius Tullius zuge- 

W. FranckeBecht der Noterben 250—270. Miih- schrieben wird (Liv. I 43. Dion. IV 16ff. Cic. 



1953 



Centuria 



Ceuturia 



1954 



de rep. II 39). Der Zweck dieser Einteilung 
war ein doppelter, erstens ein militarischer: fest- 
zustellen, in welcher Art und Weise und an wel- 
cher Stelle jeder Burger seine Wehrpflicht zu er- 
fiillen hate; zweitens ein politischer : die Gliede- 
rung und Abstufung der Biirgerschaft behufs Bil- 
dung von Stimmkorpern fur die Volksversamm- 
lung. Flir den ersten Zweck war urspriinglich 
die Sollstarke der C. wahrscheinlich auf 100 
Mann festgesetzt; thatsachlich diese Starke aucli 
nur annahernd einzuhalten, kann nicht mOglich 
gewesen sein und hatte auch dem politischen Zweck 
der ganzen Ordnung nicht entsprochen (Cic. de rep. 
II 40. Dionys. IV 21). Sehr fraglich ist es, ob der- 
selbe Mann, der die C.-Verfassung schuf, sie auch 
bereits auf die Stimmordnung in der Volksver- 
sammlung ubertragen hat. Genz (Die servia- 

Equites: 

6 suffragia (Cic. rep. II 39. Test. p. 334) ) 
12 eenturiae ) 

I. Classe: 

40 cent, iwiiores I (nach Cic. rep. II 39 hat die 
40 . seniores J erste Classe ntir 70 Centurien) 

dazu : 

1 cent, fabrum tignariorum (Cic. rep. II I 

39; orat. 156) I 

1 „ fabrum aerariorum I 

II. Classe: 

10 cent, iuniores, 10 cent, seniores 

III. Classe: 
10 cent, iuniores, 10 

IV. Classe: 
10 cent, iuniores, 10 

V. Classe: 
15 cent, iuniores, 15 

dazu: 

liticinum oder tubicinum 1 cent, 
cornicinum 1 cent, 
aeeensorum velatorum 1 cent. 



Die Gesamtzahl 193 geben ausdriicklich Dio- 
nysios (IV 18. 19. 20. VII 59. X 17) und Cicero 
(de rep. II 39), nicht Livius, der noch eine cen- 
turia immunis militia hinzufiigt, so dass sich 
aus seiner Darstellung eine Summe von 194 C. 50 
ergiebt. Die Spur dieser 194ten C. findet sich 
auch bei Cicero a. a. O. in den Worten: aeeensis 
velatis, liticinibus, eornieinibus, proletariis . . . 
und bei Festus p. 177 s. ni quis scivit, aber die 
Zahl 193 muss als gegebene GrOsse angesehen 
werden, an der ebensowenig geruttelt werden darf, 
wie an der Zwolfzahl der Apostel. Freilich der 
Versuch von Huschke (Verf. d. Serv. Tull. 170), 
Mommsen (Die rOm. Trib. 137) und Genz (a. 
a. O.), auch bei Livius 193 C. herauszurechnen, 60 
indem in der V. Klasse 14 C. iuniorum, 14 C. 
seniorum und 2 C. aeeensorum velatorum, nam- 
lich 1 seniorum und 1 iuniorum angesetzt wer- 
den, ist mit Livius Worten unvereinbar und von 
Mommsen im Staatsrecht (DII 282, 4) aufge- 
geben. Uber die Einteilung der Reitercenturien in 
6 suffragia und 12 eenturiae s. Equites. Die 
tignarii und aerarii stimmten nach Livius mit 

Pauly-Wissowa III 



nische Centurien-Verfassung, Progr. Sorau 1874) 
und Soltau (Entstehung und Zusammensetzung d. 
altrSm. Volksversammluhgen, Berlin 1888, 229ff.) 
suchen das Gegenteil zu erweisen; die Einteilung 
des Volkes in C. und Klassen fur die Aushebung 
und Schlachtordnung riihrt nach ihnen von Ser- 
vius Tullius her, ihre tibertragung auf den poli- 
tischen Zweck halten sie fur spateren Ursprungs. 
Nach Ihne (Die Entstehung der servianischen 
10 Verfassung, Symbol, philol. Bonn. 629ff.) ist die 
servianische Verfassung weder eine ganz neue 
SchCpfung, noch eine von den Griechen entlehnte 
Form, sondern das Schlussresultat einer langen 
Entwicklungsreihe (, weder gemacht noch erborgt, 
sondern erwachsen in und mit dem rOmischen 
Volke'). Ihre Gestaltung ist nach unsern Quellen 
folgende : 



Censussatze : 



18 cent. 



80 



100 000 aeris nach Livius u. Dionys. 
120000 „ nach Plin. XXXIII 43 
u. Pest. ep. p. 113. 
125000 . nach Gell. VI 13. 



seniores 


20 


•n 


75 000 


JJ 




seniores 


20 


•n 


50000 


» 




seniores 


20 


•n 


25000 


n 




seniores 


30 


•n 


11000 


B 


nach Liv. 








12 500 


•n 


nach Dion. 








4000 


9 


nach Polyh. VI 19, 2. 


cent. 

>it. 


}' 


n 










193 eenturiae. 


„ 



der ersten Klasse, nach Dionys (IV 18. VII 59) mit 
der zweiten; Cicero rechnet die tignarii zur ersten 
Klasse, die aerarii lasst er unerwahnt. Mommsen 
(St.-E. Ill 287) bringt diese Handwerker-C. in Ver- 
bindung mit den von Numa eingerichteten Col- 
legien der xsxroveg und %alxsXg (Plut. Num. 17. 
Plin. n. h. XXXIV 1). Bei der Aufhebung der 
stadtrOmischen Collegia durch Caesar und Augustus 
wnrde das collegium fabrum ausgenommen (Ascon. 
in Cornel, p. 75). Die Trompetercenturien legt 
Livius zur fiinften, Dionys zur vierten Klasse; 
die tubicines (bei Cic. a. a. O. liticines; vgl. 
Orelli 4106) standen, wie bei uns die Haut- 
boisten, hoher im Eang als die Hornisten (Do- 
maszewski Pahnen d. rOm. Heeres 8). Man hat 
daher die Nachrichten des Livius und Dionysius 
so zu vereinigen gesucht, dass man die tubicines 
der vierten Klasse und die cornicines der fiinften 
zurechnete. In der Kaiserzeit sind beide C. ver- 
einigt zu dem collegium aeneatorum (Pest. ep. 
p. 20. CIL VI 10220. 10221; doch vgl. Henzen 
Bull. d. Inst. 1859, 230. O.Hirschfeld Philol. 
1870, 11). tfber die accensi velati s. Bd. I S. 135ff. 

62 



1955 Centuria Oenturia 1956 

Livius fiigt den fiinf C. der Unbewaffneten eine vollendete 45. Lebensjahr; vgl. lommsen St.-R. 

sechste immunis militia hinzu; man hat sie mit I 508, 1). 

den von Cicero (de rep. II 39. 40) erwahnten prole- Reform der C.-Verfassung. Um die Zeit, 

tarii identiflciert. Das waren diejenigen, deren als die Zahl der Tribus auf 35 gebracht wurde 

Besitz nicht mehr als 1500 As betrug ; sie batten (post expletas quinque et triginta tribus Liv. I 

ihren Namen von proles (Cic. a. 0. Pest. p. 226. 43, 12), also nach 513 = 241, ist die C.-Ordnung in 

Gell. XVI 10, 13. Non. p. 67; pauper es satis der Weise umgestaltet worden, dass man sie mit 

stipendii pendere, si liberos edueent Liv. II 9, 6). der Tribusordnung in Einklang zu bringen snchte 

Nach Gell. XVI 10, 13 standen noch eine Stufe (Dionys. IV 21. Liv. I 43, 12. Appian. b. c. I 59). 
tiefer als die proletarii die eapite eensi, d. h. die- 10 Da Livius in der dritten Dekade die neue Ord- 

jenigen, die gar nichts oder allerhSchstens 375 As nung bereits voraussetzt, fallt sie vor 536 = 218. 

besassen, dagegen fallen nach Festus ausdrlick- Aus der Epoche 513 = 241 — 536 = 218 kommen 

lichem Zeugnis (p. 226) proletarii und eapite hauptsachlich zwei Censorenpaare in Betracht, die 

eensi zusammen, und dasselbe deutet Cicero an als Urheber der Reform angenommenwerdendiirfen, 

(de rep. II 40). Sie bilden den Gegensatz zu den C. Aurelius Cotta und M. Fabius Buteo 513 = 241 

locupletes (Cic. a. a. O. Gai. Dig. L 16, 234, 1. und C. Flaminius und L. Aemilius Papus 534 = 

Isid. orig. X 155. Varro de vit. p. R. bei Non. 220. Mommsen hatte sich friiher (Rem. Tribus 

p. 67. Fest. ep. p. 119. Plin. n. h. XVIII 11. 108) fur die erstern entschieden und hiefiir die 

Gell. X 5, 2. Ovid. fast. V 281) oder adsidui Zustimmung Langes (ROm. Altertiimer lis 499, 
(s. d.) , deren Namen schon die Alten zum Teil 20 daselbst auch die altere Litteratur iiber diese 

richtig von assidere (Char. p. 75 K. Pest. ep. p. 9), Prage) erlangt. Im Staatsrecht (III 254, 4. 270, 

haufiger aber (assidui) von assem dare (Aelius Stilo 3) setzt er die Reform in das J. 534 = 220 , in- 

bei Cic. top. 10. Cic. de rep, II 40. Quintil. V dem er die Nachricht des Sallust (hist. 1 9 Dietsch), 

10, 55. Gell. XVI 10, 15. Pest. ep. p. 9. Charis. wonach der patricisch-plebeische Hader bis zum 

p. 97 K. Isid. orig. X 17) ableiteten; vgl. Mo mm- Beginn des zweiten punischen Krieges reichte, auf 

sen St.-R. Ill 237. Nach Mommsen (St.-R. Ill die durch die C.-Reform bewirkte Zulassung der 

285, 6) gehSren die Begriffe proletarius und eapite Plebeier zu den sex suffragia equitum bezieht. 

census iiberhaupt nicht in die Wehrordnung (d. Doch ist einerseits die Notiz des Sallust in der 

h. in das C.-Schema) , sondern in die Steuerord. fragmentarischen Form, in der sie vorliegt, zu all- 
nung. Festus (p. 177) erwahnt schliesslich noch 30 gemein gehalten , um so weitgehende Schliisse 

eine C, in welcher alle diejenigen stimmten, die darauszufolgern, andrerseits beiMommsens An- 

aus irgend einem Grunde versaumt hatten , ihre nahnie unerklarbar, dass weder Livius XXI 63, 3ff. 

Stimme in ihrer Klasse abzugeben (Ni quis seivit noch Polybios II 21 bei Schilderung der Verdienste, 

centuria est, quae dieitur a Ser. Tullio rege con- die sich Flaminius um die Plebs erworben hat, 

stituta, in qua lieeret ei suff'ragium ferre, qui eine Massregel von der Wichtigkeit der C.-Reform, 

non tulisset in sua, ne quis cwis suffragii iure die alle andern Thaten des Flaminius in den 

privaretur . ... sed in ea centuria neque cense- Schatten stellen wurde, erwahnen. Ihne (Rom. 

tur quisquam neque centurio praeficitur neque Gesch. IV 12) glaubt, dass die Reform nicht durch 

eenturialis potest esse, quia nemo certus est eius einmaligen Gesetzesact herbeigefiihrt worden sei, 
eenturiae eivis). Diese C. , die Huschke fur 40 sondern dass die Formen der servianischen Ord- 

identisch hielt mit der der proletarii (Verf. d. nung fortwahrend in Fluss blieben und bei den 

Serv. Tull. 225ff.), wahrend Mommsen friiher periodisch abgehaltenen Schatzungen dem jedes- 

annahm (Rem. Trib. 98), dass sie nach jeder Klasse maligen Zustande des Volkes angepasst wurden. 

aufgerufen wurde, halt der letztgenannte Gelehrte Die Art der Reform kann nur aus einigen 

jetzt mit Recht fur ebenso fictiv (St.-R. Ill 286), dilrftigen Notizen erschlossen werden. Wir wissen 

wie die der proletarii. durch das Zeugnis des Livius (I 43, 12), dass die 

An der Spitze jeder C. stand, wie aus der Zahl der Tribus, mit denen die C. jetzt in Ver- 

soeben besprochenen Festusstelle hervorgeht, ein bindung gebracht wurden, verdoppelt wurde, in- 

Centurio (Dionys. IV 17. VII 59. CIL VI 200. dem jede Tribus in eine Abteilung iuniorum und 
Lilian, orat. Ill p. 129 C), spater auch curator 50 eine seniorum zerlegt wurde (duplieato earum 

eenturiae genannt (Inschr. Bull. com. 1885, 161). numero eenturiis iuniorum seniorumque). Es 

Das Teilungsprincip der ganzen Ordnung ist be- steht ferner durch viele Zeugnisse fest, dass die 

grlindet auf Census, Ordnungen, Alter (diseriptus C. und Klassen die ganze republicanische Zeit 

populus censu ordinibus aetatibus Cic. de leg. hindurch fortbestanden haben (Stellen bei L an ge 

III 44 , vgl. Ill 7 ; de harusp. rep. 11 ; de rep. rV 2. Rom. Altert. 113 500) und dass bei den Abstim- 

Lael. Felix bei Gell. XV 27,4; discriptis ordinibus mungen die C. nach Klassen aufgerufen wurden 

elassibus aetatibus Cic. p. Flacc. 15). Nach dem (bes. Cic. Phil. II 82; vgl. Liv. XLIII 16, 14). 

Census ist die Burgerschaft in Klassen gegliedert, Endlich ist uns als sicher iiberliefert, dass bei 

daher Cic. p. Flacc. 15 elassibus sagt statt censu. der Abstimmung nicht mehr wie friiher die Ritter- 
tfber die Bedeutung des Wortes classis und die 60 centurien das Vorstimmrecht hatten, sondern eine 

Censussatze s. den Art. Classis. Die Ordnungen aus alien C. (oder nur denen der ersten Klasse?) 

{ordines) bezieht Mommsen (St.-R. HI 253) auf ausgeloste C. (Cic. Phil. II 82. Liv. XXIV 7, 12. 

die C. Mit den aetates wird auf die Teilung in XXVII 6, 3), die praerogativa. Daruber aber, wie 

serawesundwMomBezuggenommen;dieGrenze diese Thatsachen zu combinieren sind und wie 

zwischen beiden machte das vollendete 46. Lebens- man sich die reformierte C.-Ordnung danach vor- 

jahr (Liv. XLIII 14, 6. Tubero bei Gell. X 28, 1. zustellen hat, gehen die Meinungen weit aus- 

Polyb. VI 19, 2. Cic. de senect. 60; nach Varro einander. 

bei Censorin. 14, 2 und Dionys. IV 16 war es das Pantagathus, dessen Meinung nach brief 



1957 Centuria Centuria 1958 

licher Mitteilung des Antonius Augustinus von wohl (Die Eeiter und die Eittercenturien zur Zeit 

Ursinus in Drakenborchs Commentar zu Liv. d. rom. Eep., Miinchen 1886) zu verteidigen ge- 

I 43 entwickelt worden ist, nahm an, dass jede sucht, indem er jedoch (mit Lange) den Eeitern 

Tribus aus jeder Klasse je eine C. seniorum und insgesamt nur 6 C. giebt, im ganzen also 76 C. 

iimiorum, also im ganzen zehn C. enthielt, und herausrechnet. Nach Lange (BOm. Altert. lis 

dass zu diesen 350 C. noch 35 (oder vielleicht 70) 49 Iff.; in der ersten Auflage bekennt sich Lange 

Eittercenturien und eine centuria sextae elassis zur Hypothese Pantagathus-Savigny) gab es 

(proletarii und eapite eemi) kamen, im ganzen 70 Halbtribus mit 70 Stimmen, deren jede aber 

also 386 (oder 421) C. Ihm haben sich, nach- 5 C. als Unterabteilungen hatte. Die 350 C. 
dem Savigny zuerst im J. 1805 (in Hugos civi- 10 hatten zuerst jede fur sich gestimmt, dann seien 

listischem Magazin III nr. XVI, wiederholt in S a - bei einer zweiten Eenuntiation, durch welche das 

vignys Verm. Schrift I Iff.) und Mommsen in Endergebnis festgestellt wurde, die je ffinf Stim- 

den ,E8mischen Tribus' (Altona 1844) seine Lehre men der centuriae seniorum und iuniorum einer 

angenommen und mit geringen Modificationen ent- Tribus zu je einer Gesamtstimme vereinigt wor- 

wickelt hatten, in neuerer Zeit die meisten an- den. Die 18 Eittercenturien hatten, je zu dreien 

geschlossen (z. B. Genz Die Centuriat-Comitien zusammengelegt, die sex suffragia gebildet. Die 

nach der Eeform, Progr. Freienwalde 1882. Ihne beidenC. der Handwerker, die beiden der Trompe- 

Bi5m. Gesch. IV 11. Schiller B6m. Staatsaltert. ter, die C. der eapite censi und die C. ni quis 

155. K 1 e b s Ztschr. d. Savigny-Stiftung XII seivit hatten zusammen eine oder zwei suffragia 
1892, 181ff. u. a.). Nur statt der 35 oder 70 20gehabt. So ergeben sich nach Lange fur die 

Eittercenturien lassen alle Neueren nach der Ee- Schlussrenuntiation 77 oder 78 Stimmen. 

form die 18 alten Eittercenturien fortbestehen ; Mommsen hat in den ,Eflmischen Tribus' 

der Fortbestand der Handwerker- und Musiker- und in den sieben ersten Auflagen der romischen 

centurien wird von einigen, wie von Genz und Geschichte die Hypothese des Pantagathus ver- 

Klebs geleugnet. treten; im Staatsrecht (III 274ff.) hat er jedoch 

Eine ganz andere Ansicht hat dagegen Nie- eine ganz neue Ansicht aufgestellt. Indem er 

buhr (Bom. Gesch. Ill 382ff.) aufgestellt. Da- namlich jetzt, entgegen seiner frflheren Meinung, 

nach gab es in jeder Tribus nur zwei C. pedi- mit Peter (Epochen d. Verfassungsgesch. d. rom. 

turn, eine seniorum und eine iuniorum, indem Eepubl., Lpzg. 1841, 68) die Bemerkungen, welche 
der Unterschied der Klassen ganz beseitigt war. 30 Cic. de rep. II 39 fiber die C.-Verfassung macht, 

Dazu kamen dann noch die 18 Eeitercenturien und teils auf die alte , teils auf die neue Ordnung 

zwar 12 C. der HOchstbesteuerten mit einem Cen- bezieht, glaubt er, dass es nach der neuen Ord- 

sus von einer Million As und dariiber und 6 patri- nung zwar 350 + 18 + 5 Centurien gab, aber 

cische C. ohne Census, so dass es nun im ganzen wie in der alten Ordnung nur 193 Stimmen. Nur 

88 C. gab. Niebuhr steift sich auf den livia- die 70 C. der ersten Klasse hatten eine gleiche Zahl 

nischen Ausdruck (I 43, 12) duplicate earum (sc. von Stimmen gehabt, dagegen die 280 C. der zweiten 

tribuum) numero eenturiis iuniorum seniorum- bis flinften Klassen zusammen nur 100 Stimmen. 

que und auf die dreimalige Bezeichnung der Prae- Man solle sich dies in der Weise veranschaulichen, 

rogativcenturie durch den Namen der Tribus und dass etwa von den 70 Stimmabteilungen der zwei- 
der Alterstufe ohne Hervorhebung der Klasse (Ani- 40 ten und der folgenden Klassen 60 je drei und 

ensis seniorum, Liv. XXIV 7, 12; Veturia iunio- drei, 10 je zwei und zwei zusammengelegt wurden 

rum, Liv. XXVI 22, 12; Veturia seniorum ebd. und also aus ihren Abstimmungen 25 Stimmen 

§10; Galeria iuniorum, Liv. XXVII 6, 3 ; vgl. Lu- hervorgingen. Hiegegen hat sich in sehr sorg- 

can. V394. Ps.-Ascon. p. 139 Or.). Seine Ansicht ist faltiger und griindlicher Ausfiihrung Klebs ge- 

aber deshalb unhaltbar, weil sie die Klassenunter- wendet (Die Stimmenzahl und die Abstimmungs- 

schiede beseitigt , welche wahrscheinlich bis an ordnung der reformierten servianischen Verfassung, 

das Ende der Eepublik bestanden haben (z. B. Ztschr. d. Sav. Stiftg. XII 1892, 181—244). Er 

Sail. lug. 86, 2. Cic. de leg. in 44; p. Place. 15; zeigt, indem er alle denkbaren Combinationen 

de rep. IV 2. Lex agrar. v. J. 643 = 111; quinta durchgeht, dass der von Mommsen angenom- 
classis bei Cic. acad. pr. II 73). Diesem tlbelstande 50 mene Abstimmungsmodus (280 C. mit 100 Stim- 

der Niebuhrschen Hypothese sucht Huschke men) wenn nicht unmfiglich, so doch sehr un- 

(Verf. d. Serv. Tull. 1838, Cap. 12), der gleichfalls praktisch und schwer durchfiihrbar gewesen ware, 

88 C. annimmt, abzuhelfen, indem er die 70 Tri- und erweist ferner, dass die ciceronische Darstel- 

buscenturien so auf die fiinf Klassen verteilt, dass lung (de rep. II 39) sich nur auf die servianische 

die erste Klasse mit Einschluss der Eitter 38 C. Ordnung bezieht, auf die reformierte Ordnung da- 

enthielt, die zweite, dritte, vierte je 8, die ffinfte gegen mcht mitbezogen werden darf. Wir konnen 

26. Hiefiir fehlt es aber in der tFberlieferung an uns dem nur unbedingt anschliessen. Kiirzlich 

jeglichem Anhalt. " hat freilich Soltau (Jahrb. f. Philol. CLI 1895, 

ZwischenPantagathus-Savigny und Nie- 410ff.), an Mommsen anknupfend, von neuem 
buhr suchten Madvig und Lange zu vermit-60 versucht, Ciceros Angaben auch fur die Eeform 

teln, wobei jener sich mehr zu Niebuhr, dieser nutzbar zu machen, indem er im Ganzen zwar 

mehr zu Pantagathus hinneigte. Madvig 371 C, fur die Abstimmung jedoch nur 231, nam- 

(Verf. u. Verw. d. r. St. 1 117ff.) nimmt mit Nie- lich 70 (I. Kl.) + 35 (H. Kl.) + 35 (III. Kl.) 

buhr 88 C. an, lasst aber in jeder einzelnen C. + 35 (IV. Kl.) + 35 (V. Kl.) + 18 (Eitter) + 2 

der pedites Burger aller Klassen gemischt sein, (Schmiede und Musiker) + 1 (proletarii), heraus- 

,so dass die Klassen gewissermassen in die C. rechnet; aber er gerat hiebei nicht nur mit sich 

aufgenommen waren'. Seine Ansicht hat Genz selbst, sondern auch mit Cicero in Widerspruch ; 

(Progr. Freienwalde 1882) bekampft, Gerathe- denn nach Soltaus Ansatz wurde die Majoritat 



1959 Centuria Centuria 1960 

eist erreicht, wenn zu den 89 Stimmen der ersten p. 129 C), so finden wir auch inschriftlich die C. 

Klasse, Schnriede und Bitter noch 22 Stimmen noch hie und da bezeugt (acht C. der trib. Sucus. 

der zweiten Klasse hinzukamen, naoh Cicero alter iun. CIL VI 200 ; tribui Sueusanae corpori 

genfigten dazu schon 8 Stimmen der zweiten seniorum centuriae primae Bull. com. 1885, 161 ; 

Klasse (Cic. de rep. II 39 Nunc rationem vi- cui populus eius corporis immunitatem sex cen- 

detis esse talem ut equitum {centuriae cum sex} turiarum deerevit CIL VI 198). Doch hatten 

suffragiis et prima elassis, addita centuria quae sie jegliche politische Bedeutung verloren und 

ad summum mum urbis fabris tignariis est dienten nur noch der Organisation der Getreide- 

data, (LXXXyVIIII centurias Qiabeat: quibus verteilung. Genaueres darflber s. unter Tribus. 
ex cent, quattor centuriis), tot enim reliquae 10 Die Spielleute bestehen gleichfalls in der Kaiserzeit 

sunt , octo solas si acceserunt, confecta est vis in Verbanden fort, die aber nun collegia heissen. 

jJopwfe'w»«Ws#;dieinKlammerneingeschlossenen S. daruber den Art. Collegium. [Kubler.] 

Worte riihren von der zweiten Hand her, welcher 3) Die unterste Einheit des rOmischen Fuss- 

Ritschl Opusc. Ill 637ff. jede Autoritat abge- volkes, zunachst in der sog. servianischen Ord- 

sprochen hat; nenerdings ist nach wiederholter nung der Centuriatcomitien, wo die Gliederung 

Lesung des vatikanischen Palimpsestes der Be- nach C. auf den Ursprung aus der Heeresordnung 

weis erbracht worden , dass die Correcturen der hinweist (s. Nr. 2). Auch nachdem in der Legion 

zweiten Hand von grossem Werte sind, vgl. A. zwei Centurien zu einem Manipel zusamroenge- 

Strelitz De antiquo Cic. de rep. librorum emen- fasst werden, bleibt die C. die administrative Ein- 
datore, Gnesen-Breslau 1874. E. Beltz Die hs. 20heit (Caes. b. c. 164,5. 76, 3, und die Inschrif- 

tIberlieferungvonCic.de rep., Jena 1880. K.Pfaff ten der Kaiserzeit, v.Domaszewski DieFahnen 

De diversis manibus quibus Cic. de rep. libri 21 ; Religion d. r. H. 103). Sie findet sich daher 

in cod. Vat. correcti sunt, Heidelb. 1883; speciell bei alien Fusstruppen und ist auch auf die Flotten- 

fiir die oben angeffihrte Stelle hat Klebs a. a. 0. mannschaft vibergegangen , Mommsen CIL X 

202ff. nachgewiesen, dass die Correcturen und Zu- 3340. Die Erinnerung einer Gliederung der ro- 

satze der zweiten Hand nichts enthalten , was mischen Keiterei nach C. hat sich nur (lurch die 

nicht mit der sonstigen Darstellung Ciceros im sog. servianische Ordnung der Centuriatcomitien 

vollsten Einklange stande). Bei der Durftigkeit erhalten und wurde auf die Griindungssagen iiber- 

der Nachrichten ist es unmOglich, fiber die C.-Re- tragen, so Liv. I 13, 8. 36, 2. 43, 9 u. a.; mehr 
form zu volliger Sicherheit zu gelangen. Die An- 30 Stellen bei Mommsen St.-R. Ill 107. 

nahmedesPantagathus hat wenigstens den Vor- [v. Domazewski.] 

zug der Einfachheit fur sich, wahrend alle tibrigen 4) Centurien der Collegien. Auch die 

Aufstellungen ihr gegenuber gekfinstelt erscheinen. Collegien sind nicht selten in C. gegliedert, ohne 

Daran ist auf jeden Fall festzuhalten, dass Ciceros dass sich jedoch fiber die Starke dieser Abtei- 

Darstellung fur die reformierte Ordnung nicht lung etwas Genaueres ermittem Hesse; centuriae 

verwertet werden darf. Bestehen bleibt allerdings tres der fabri soliarii baxiarii in Rom CIL VI 

die eine Schwierigkeit , dass Cicero der ersten 9404, C. der fabri und centonarii in Mailand 

Klasse der servianischen Ordnung im Widerspruche CIL V 5612. 5701. 5869(5888), der aerarii ebd. 

mit Livius und Dionysios nur 70 C. giebt; aber CIL V 5892, der centonarii dolabrarii sealarii 
es kann dabei nicht einmal mit Sicherheit von 40 in Comum CIL V 5446. Auch diese C. standen 

einem Irrtum Ciceros gesprochen werden, da der unter einem Centurio; ein soldier begegnet in Mai- 

Fehler ebensogut bei der Quelle des Livius und land CIL V 5738. In Puteoli sind die Augusta- 

Dionysios liegen kann. les in C. geteilt; genannt wird eine centuria 

Die Reform trug nach Dionysios einen demo- Petronia CIL X 1873. 1888 und eine centuria 

kratischen Charakter. Das ist insofern richtig, Cornelia CIL X 1874. Ephem. epigr. VIII 369. 

als denRittern die Praerogative genommen war, Vgl. Ruggiero Diz. epigr. II 189 und den Art. 

die von nun ab unter samtlichen Tribuscenturien Collegium. [Kubler.] 

ausgelost wurde (Cic. Phil. II 82; ad Qu. fr. II 5) Centuria als Bodenmass. Die alteste Auf- 

14, 4. Liv. XXIV 7, 12. XXVTI 6, 3). Die ubrigen teilung des privaten Grundbesitzes ist nach der 
stimmten nach der officiell festgesetzten Reihe 50 tTberlieferung von dem Princip geleitet worden, 

der Tribus (iure vocatae, Liv. XXVII 6, 3). Was jedem Ansiedler den gleichen Bodenanteil von 2 

die Reiter betrifft, so glaubt Mommsen (St.-R. iugera als heredium anzuweisen; Varro de r. r. 

Ill 202), dass die 12 plebeischen C. mit der ersten I 10, 2 bina iugera, quot a Romulo primum di- 

Klasse, die sex suffragia zwischen der ersten und visa dicebantur wr#M»(vgl.Plin.n.h. XIII7 bina 

zweiten Klasse gestimmt hatten (wegen Liv. XLIII turn iugera populo Romano satis erant nullique 

16, 14 und Cic. Phil. II 82). Auch hiegegen er- maiorem modum attribuit , namlich Romulus), 

hebt Klebs (a. a. 0. 238) Einspruch und bestreitet quae heredem sequerentur, heredium appellarunt : 

die Trennung der 18 Reitercenturien , ohne dass haee postea centum centuria; wie also hundert 

es ihm jedoch gelungen ware in diesem Punkte Burgerfamilien nach dem altesten Schema eine 
Mommsens Argumente zu entkraften. Vgl. 60 curia bildeten, so wurden 100 biirgerliche Acker- 

iiber den Abstimmungsmodus im ubrigen den lose (heredia, sortes, aeceptae) zu einer entspre- 

Artikel Comitia. Sulla stellte im ersten Con- chenden Einheit, der c, zusammengefasst; vgl. 

sulate (666 = 88) die servianische Ordnung wieder auch Festus p. 53 centuriatus ager in dueena iu- 

her (Appian. b. c. I 59), aber diese Massregel hat gera distributus, quia Romulus centenis civibus 

keinen Bestand gehabt. dueena iugera tribuit (die Behauptung Varros, 

Die C. haben, wenn auch in veranderter Be- dass dieser Ubung eine altere vorangegangen sei, 

deutung bis in die Kaiserzeit gedauert. Wie noch centuria primum a centum iugeribus dicta est, 

im J. 356 Iulian von IxaTovtaQxoi spricht (or. Ill post duplicata retinuit nomen, de 1. 1. V 35, da- 



1961 Centuria Centurio 1962 

raus Isidorus XV 15, 7 und Columella V 1, lasst Diz. epigr. II 189ff. Weber Romische Agrar- 

man vielleicht am besten ganz unberucksichtigt). geschichte 279f. (liber die forma von Arausio). 

Durch die lange Dauer dieser trbung, 2 iugera Hultsch Metrologies 85f. 87f. 689. 

auf ein heredium zu rechnen (so bei der Ein- [Kubitschek.] 

wanderung der gens Claudia Plut. Popl. 21) und 6) Die C. von 200 Iugera dient in nachdio- 

durch ihre Anwendung auf die altesten Colonien cletianischer Zeit in Africa als Einheit der Steuer- 

(Liv. VIII 21, 11 eodem anno, 329 v. Chr., An- rechnung. Cod. Theod. XI 1, 10. 28, 18. Nov. 

xur treeenti in coloniam missi sunt; bina iu- Val. 33, 2. Nov. lust. 128, 1. 3; vgl. Capitatio. 

gera agri aeeeperunt) wurde die Geltung von e. [Seeck.] 
im Sinne eines Bodenmasses gefestigt. Centuria 10 Centurienses (verschieden von den Centurio- 

est quadrata in omnes quattuor partes, ut ha- nenses), Bewohner einer Ortschaft in Numidien, 

beat latera longa pedes MMCD (= 710.4 m.), die als Bischofssitz im J. 411 und im J. 484 er- 

Varro de r. r. I 10, 2; also, da 1 iugerum = wahnt wird (coll. Carth. c. 126, bei Mansi IV 

2 Quadrat-actos zu je 120 rSmische Fuss im 99; Not. Num. nr. 95, in Halms Vict. Vitensis 

Quadrat = 28800 Quadratfuss war, p. 66). [Dessau.] 

1 heredium = 57 600 □fuss = 5046.7 Qm. Centurio. 1) Der Legion : Entsprechend der 

1 centuria = 5 760 000 „ = 504668 Qm. Scheidung des schweren Pussvolkes der Legion 

Venn anderwarts und spater gewohnlich mehr in die drei Gattungen der triarii, prineipes und 

als 2 iugera auf ein heredium geschlagen wur- hastati und der Gliederung dieser drei Gattungen 
den (z. B. quattuor iugerum avitum herediolum 20 in je zehn Manipeln zu zwei Centurien, werden die 

Colum. I pr. 13; 7 iugera Liv. V 30; s. o. Bd. I 60 Befehlshaber der 60 Centurien, die Centuriones, 

S. 428) , so konnte entweder an der Zusammen- ihrem Range nach unterschieden und bezeichnet, 

fassung von 100 heredia zu einer c. festgehalten als pili, welche die triarii befehligen, prineipes 

und dem entsprechend das Flachenmass dieser und hastati. Dazu tritt die Nummer des Mani- 

grOsser gewahlt werden, oder man hielt an dem pels und die Bezeichnung der Centuriae durch den 

Flachenmass der e. fest und zerlegte es in eine Zusatz prior oder posterior, also primus pilus 

geringere Zahl von Losen. Wir sehen aber, dass prior, primus pilus posterior u. s. w. Bei der 

wahrend theoretisch von den Agrimensoren die e. Bildung des Heeres werden nach Polyb. VI 24 

als das lOOfache von 2 iugera angesehen wurde, aus den Mannschaften jeder Gattung die zehn 
in der Praxis der Landanweisungen die e. mit- 80 tuchtigsten Manner zu Centuriones bestellt; es 

unter so gewahlt wurde, dass sie weder mit diesem sind dies die priores, weil mit dem tiq&xos aigs- 

Ansatze sich deckte, noch mit der Zahl 100 in Mg, welcher am Kriegsrat teilnimmt, deutlich 

commensurablem Verhaltnisse bleibt ; wahrend der rangeshochste C, der primus pilus prior ge- 

zwar z. B. die Ackeranweisungen der Triumvirn meint ist. Dann werden in gleicher Weise die 

200 iugera auf 1 centuria rechneten {eolonia Flo- zehn posteriores jeder Gattung bestellt. Da die 

rentina dedueta a III viris, adsignata lege Iulia, Zugehorigkeit zu einer Gattung durch das Dienstes- 

centuriae Caesarianae in iugera CC, rflmische alter bestimmt ist, so tritt ein C. der hastati bei 

Feldmesser p. 213, 6; ebenso in Tuder 214, 4 und langerem Dienst uber in die Gattung der prinei- 

Volaterrae 214, 10), so modum centuriis quidam pes und aus den prineipes in die Gattung der 
secundum agri amplitudinem dederunt, in Italia 40 pili; es ist demnach, obwohl kein directes Zeugnis 

triumviri iugerum quinquagenum , aliubi du- vorliegt, am wahrscheinlichsten , dass bei dieser 

cerium, Cremonae iug. OCX, divus Augustus in Ordnung die Centuriones der hastati an Bang 

centuria (iiberliefert beturia) Emeritae iug. GCCG niederer standen als die Centuriones der prineipes, 

Feldm. 170, 7, vgl. 30, 15. 159, 9; weder auf 50 und diese wieder niedriger als die pili. Inner- 

noch auf 210 iugera lassen sich 100 heredia auf- halb einer Gattung stehen aber nach Polyb. VI 

teilen, dort weil zu wenig Raum auf ein Los fiele, 24 (s. o.) die priores hoher als die posteriores. 

hier weil die Rechnung nicht zu ganzen Zahlen In der einzelnen Reihe der priores und posteriores 

fuhrt. Andererseits ist bei beiden Ansatzen nicht jeder Gattung ist endlich nach Liv. XLII 34 der 

moglich, die c, wie es die urspriingliche Ordnung C. des 10. Manipels der niederste, so dass also 
der centuriatio gebot', als Quadrat herzustellen, 50 das Avancement erfolgt: deeimus hastatus po- 

wie denn auch andere Zeugnisse darauf fiihren, sterior durch die Reihe der hastati posteriores 

{z. B. Feldm. 209f.), dass die c. vielfach als Recht- zum primus hastatus posterior; dann vom deci- 

eck (per scamna et strigas) constituiert wurde; mus hastatus prior bis zum primus hastatus 

s. Adsignatio, Ager, Limitatio. Das Mul- prior u. s. w. . durch die Reihen der prineipes 

tiplum der c. ist der saltus, doch gehen die Zeug- posteriores und priores , pili posteriores und 

nisse uber die Zahl der zu einem saltus gehOren- priores bis zum primus pilus prior der 1. Cen- 

den e. auseinander (Varro de r. r. I 10 quat- turia des 1. Manipels der triarii. Dieses Rang- 

tuor centuriae eoniunctae, ut sint in utramque verhaltnis ist geandert worden durch die Einfiih- 

partem binae, appellantur in agris divisis viri- rung der Cohortenformation, in welcher die Mani- 
tim publiee saltus. Siculus Flaccus Feldm. 158, 60 peln gleicher Nummern zu einer Einheit ver- 

20 (limites) cum XXV eenturias includant, sal- bunden sind. Seither bestimmt sich der Rang 

tits appellatur), und wir miissen vorlaufig bei des C. nach der Nummer der Cohorte, so dass 

der Annahme verbleiben, dass hier ahnliche Wand- alle Centurionen der 10. Cohorte im Range am 

lungen wie bei der Constituierung der c. durch niedersten stehen und die der 1. Cohorte am 

Utilitatsgrunde bewirkt worden sind. hOchsten (entscheidend Caes. b. c. Ill 53. 5, dazu 

Litteratur: Rudorff ROm. Feldm. II 351f. b. c. I 46 und Veget. II 8). Innerhalb der Co- 

Mommsen Staatsrecht III 23. 104; Hermes horte stehen die posteriores unter den priores. 

XXVII (1892) 80f. SchultenbeiRuggiero Das Avancement erfolgt also vom deeimus hasta- 



1963 Centurio Centurio 1964 

tus posterior zum deeimus prineeps posterior, und singulares, sowie den exercitator der singu- 

von deeimus prineeps posterior zum deeimus pilus lares, Westd. Ztschr. XIV 31. Dann als prae- 

posterior u. s. w. bis zum deeimus pilus prior, positi der Auxiliarformationen , im Praetorium 

Dann tritt der C. in die 9. Cohorte liber und be- der Kaiser als centuriones deputati und in man- 

ginnt als norms hastatus posterior und so dureh cherlei ausserordentlichen Diensten, Ruggiero 

alle Cohorten bis zum primus pilus prior. Dieses II 200ff. Es scheint, dass man im 3. Jhdt. die 

Rangverhaltnis der Centuriones innerhalb einer Centurionen, welche Centuriae befebligten als 

Cohorte bezeugt fur die Kaiserzeit CIL VIII ordinarii bezeichnete, Ruggiero II 196. Unter 

18072. Ill 2883, den Vorrang der Centuriones der Eepublik gehen die centuriones notwendig aus 
der 1. Cohorte Dessau 2664. 2650. Es wirdlOden erprobten milites hervor, und auch in der 

deshalb iiblich den primus prineeps prior und Kaiserzeit werden vielfach Principales der Legion 

den primus hastatus prior einfach als prineeps zu Centurionen befOrdert, Arch.-epigr. Mitt. X 30. 

und hastatus zu bezeichnen, Mommsen Ephem. Aueh principales der auxilia kOnnen nach Voll- 

epigr. IV p. 231ff. Das Avancement aus der 2. Co- endung ihres Dienstes das Centurionat der Legion 

horte in die 1. findet sich bei den optiones, CIL erlangen, Dessau 2596. Ephem. epigr. V 1043. 

VIII 2554. Jedoch war keineswegs die Beklei- Jedoch konnte man fiber kaiserlicher Ernennung 

dung aller Stellen erforderlich, urn zu den hOchsten den Dienst sofort als C. beginnen (Karbe Diss. 

Centurionaten zu gelangen (vgl. Dessau 2643), phil. Halenses IV 424), und auch Leute aus dem 

obwohl ohne Begunstigung das Vorrucken that- Ritterstande haben mit Verzicht auf ihre Standes- 
sachlich von Stufe zu Stufe erfolgte, CIL VIII 20 vorrechte als Centurionen gedient, Ruggiero II 

2877 nach 6. Centurionaten erst Villi hast, post., 196. Die Beforderung vom Centurionate zu der 

vgl. CIL III 13360. Verzeichnis der aus den In- Stelle der militia equestris kann nur eintreten, 

schriften bekannten Grade bei Ruggiero Diz. II wenn derC. bis zum Primipilate gelangt, Momm- 

193ff., dazu CIL III 6594a. 12054. 13360. Die Zahl sen Ephem. epigr. IV p. 231, 4. Im allgemeinen 

der Centurionen betrug am Anfange der Kaiserzeit vgl. M a r q u a r d t St.-V. II 368 — 378. M ii 1 1 e r 

sicher 60 (Tac. ann. I 32). Unter Septimius Seve- Philol. XXXVIII (1879) 156ff. Mommsen Ephem. 

rus zahlt jedoch die 1. Cohorte nur fiinf Centu- epigr. IV p. 226 — 245. 

rionen, CIL VIII 18073. Nach der Rangordnung 2) tTber die Centurionen bei den Auxilia, den 
ist ersichtlich , dass der primus pilus posterior Gardetruppen, den cohortes urhanae und vigilum, 
fehlt. Es steht dies im Einklang mit Veget. II 8; 30 bei den Statores und in der Plotte vgl. die Art. 
vgl. Mommsen Ephem. epigr. IV p. 227ff. Da- Cohors, Numerus, Speculatores, Statores 
gegen nennt das Verzeichnis der Centurien unter und unten Nr. 3 ; s. auch unter E q u i t e s 
Marcus CIL VIII 18065 in der 1. Cohorte zweipri- singulares, Exercitator, Frumentarii, 
mi pili und z war an erster Stelle, und nennt in der Praepositus, Stratores. 
9. Cohorte acht, in der 2. 3. 4. 5. 7. 10. Cohorte [v. Domaszewski.] 
sechs, in der 1. und 8. Cohorte sieben, in der 6. Cohorte 3) Centurio elassieus (CIL VIII 9386), een- 
acht Centurionen. Mommsen hat angenommen, turio classiarius (Tac. ann. XIV 8) oder centurio 
dass hier sowohl die zur Zeit der Errichtung neu mit Angabe des Geschwaders und Schiffes, dem 
ernannten, als die bereits aus dem Verbande der Le- der Betreffende angehsrte (CIL VI 3100. X 3365. 
gionen ausgetretenen Centuriones aufgezahlt sind. 40 3378. 6800), hiess in der Kaiserzeit, zum Unter- 
Die uberzahligen Centurionen sind meines Erach- schiede von den Centurionen des Landheeres, der 
tens solche, welche in CIL VI 1110 supernu- unterste Seeofflcier. Als solcher hefehligte er die 
merarii genannt werden und ohne Centurien zu Centurien, die wohl, seitdem Kaiser Claudius die 
befehligen, fur andere dienstliche Zwecke bestimmt Plotten militarisch organisiert hatte (Mommsen 
waren (auch Veget. II 8 , der 55 Centurionen Herm. XVI 463f.), auf den einzelnen Schiffen be- 
aber nur 50 Centurien auf die Legion rechnet, ist standen (Mommsen zu CIL X 3340), wie die Be- 
so zu verstehen). Die zwei primi pili in der zeichnung 7 (= centurio) quadrieri Fide, 7 trie- 
1. Cohorte lassen es als mdglich erscheinen, dass ris Spei, 7 liburna Fidei CIL VI 1063 (212 
jene Anderung in der Organisation der 1. Cohorte n. Chr.) lehrt. Irrig ware es, aus CIL VI 3165, wo 
erst unter Septimius Severus eintrat. Die In- 50 von dem Soldaten einer Triere ausser seinem Schiff 
schriften CIL VIII 18042 B a 1. 18065. Westd. noch der C. angegeben wird, unter dem er diente 
Ztschr. XIV 69, 148undHyg.grom.p.l76 L. Caes. (C. Caelio Volenti O Valeri Bufi III Neptuno) 
b. G. I 41. 44 unterscheiden die primi ordines zu folgern, dass grOssere Schiffe mehrere Centu- 
von den andern Centurionen. Bei Caesar muss aber rien und mehrere Centurionen hatten , da der Epi- 
notwendig, wie der Ausdruck octavi ordines III 53 bat einer Liburne, die gewiss nur eine Centurie 
fur die Centurionen der 8. Cohorte zeigt, primi formierte (CIL IX 42) gleichfalls Schiff wie C. 
ordines die Centuriones der 1. Cohorte bezeichnen nennt (Seaeva Liecai mil. de lib. Triton O M. 
und derselbe Sinn entspricht auch den andern Vetti). Unterstellt waren dem C. nicht nur die 
Stellen. Man vgl. noch Arrian. exwgig 5. Tac. Schiffssoldaten, sondern wohl die gesamte Mann- 
hist. II 89, wo die primi centurionum oder die60schaft; wenigstens deutet darauf, dass z. B. auch 
sHarovragxoi ol rijg ^qwtijs anuqaq kmorarai der gubemator und der nauphylax (vgl. CIL X 
hinter dem Adler marschieren, und Suet. Tib. 60, 3385. Ill 7290) in die Centurien eingereiht waren. 
wo die Centurionen der primae cohortes eine Der C. commandierte also mit dem Trierarchen, 
ausgezeichnete Klasse sind; s. auch Tac. hist. der die Oberleitung hatte, gemeinsam (Cagnat 
III 22. Ausser im Commando der Centuriae L'arme'e dAfrique 349, 3). Ein solches Doppel- 
flnden wir Legionscenturionen verwendet im Stabe commando scheint Heron de Villefosse (Ca- 
des Chefs des exercitus provinciae, so den priri- remberg-Saglio Diet. 1 1223f.) unmCglich, und 
eeps praetorii und die praepositi der stratores er macht daher die Centurionen zu Befehlshabern 



1965 Centiirionenses Cepotaphium 1966 

der vielen Nebenstationen, welche die rOmischen Cepora, ein Ort an der Strasse zwischen Bi- 

Flotten unterhielten (widerlegt vonFerreroMem. thynion und Gangra, Tab. Peut. IX 4 (Miller). 
di Torino XXXVI 26). Abei die Thatsache, dass " [Ruge.] 

die Schiffsmannschaft ausser der jahrlich wieder- Cepotaphium (ofters cepotafium, CIL "VI 

kehrenden Zeit des mare clausum sehr oft zu den 21020 eepotafius, griechisch xr^noxacpiov , s. d.), zu 

verschiedentlichsten Verrichtungen ans Land ging, einem Grabdenkmal gehOrige Gartenanlage (CIL 

rechtfertigt durchaus die Stellung der Centu- VI 2469. 3554. 8505. 10675. 13040. 13244—13245. 

rionen neben den Trierarchen. Der Abstammung 20075(9). 21020. 25250. 29135. X 2066. Not.d.sc. 

nach waren die Centurionen der Flotte meist 1891, 203; eepiotafiohimYI 2259, cepotaphiolumYl 
Peregrinen (CIL X 3572 Corsus; X 3375. XI 340 10 19039). Die Inschriften, die das Wort cepotaphium 

Pannonius; X 3374. 3376 Bessus; X 6800 Asia- enthalten, sind wenig zahlreich nnd stammen aus 

nus; X 3372 Cilix; X 3381. 3383 Aegyptius). spater Zeit (2. Jhdt. nach Chr., wie sicb aus den 

Nur zwei bezeichnen sich als Italiker, vgl. CIL Namen von kaiserlichen Preigelassenen ergiebt), 

X 3365. 3368. Das Aussehen eines Flotten- doch sind Gartenanlagen bei Grabern, ohne dass 

C.s zeigt der Ravennatische Grabstein CIL XI ihnen der Name C. beigelegt wird, bezw. Bestat- 

340. Litteratur: De la Berge Bull, epigr. VI tungen in Garten vielfach bezeugt. Serv. Aen. V 

154 — 156. Ferrero L'ordinamento delle armate 760 nemora enim aptabunt sepuleris. Martial I 

Romane 34ff. Marquardt St.-V. 112 514, 1, Hfj erwahnt nemus et culti iugera pulckra 

Chapot La flotte de Misene 137—147. Fiebi- soli als Begrabnisplatz (vgl. 114. 88). Vgl. CIL 
ger Leipziger Studien XV 387—395. 414—416 20116031 in suis horteis siti sunt. Ill 2207. 2397. 

(Verzeichnis der Misenatischen und Ravennati- Die gewohnliche Bezeichnung fur derartige An- 

schen Centurionen). [Fiebiger.] lagen ist hortus (z. B. CIL VI 17992. 1X1938; 

4) Centurio rerum nitentium, ein stadtrOmi- horti I 1059. II 3960 ; hortulus VI 1600. 26942f. 

scher Beamter, der nur bei Amm. XVI 6, 2 er- XIV 396 siecanum totum hortorum; VI 22518 

wahnt wird. Dass er, wie sein Titel zu verraten hortulus religiosus; Orelli 4588 lueum consa- 

scheint, wirklich ein Unterofficier war, ergiebt sich eravit). Sie sind mit einer Mauer (maeeria) um- 

aus dem spateren Aufsteigen desselben Mannes geben, daher z. B. VI 9681 hortulus maeeria 

zum medieus scutariorum, also gleichfalls zu einer einetus ; VI 29961 locus maeeria clusus sive is 

militarischen Stellung. In der Not. dign. (Occ. hortus est; VI 15640 monumentimi ita, uti est 
IV 17) erscheint als Unterbeamter des Praefectus 30 maeeria clusum cum horto et stabulis et meri- 

urbis Boniae ein tribunus rerum nitentium an toris; VI 29322 maeeria sacrata eum hortulo 

allerletzter Stelle, was auf einen verhaltnismassig suo. CIL V 2176 und 7454 wird der Ertrag 

niedrigen Bang hindeutet. Jedenfalls ist er der der Garten zur Deckung der Kosten des jahr- 

Nachfolger des c. r. n. An Stelle des fruheren lichen Totenopfers bestimmt, was wohl in der 

Unterofflciers war eben ein Beamter von Offlciers- Begel bei den Cepotaphien, wenigstens bei den 

rang getreten. Da das Amt mit einem Militar grosseren, die einen nennenswerten Ertrag lieferten, 

besetzt ist, wird man am ehesten geneigt sein, der Fall gewesen sein wird. Ofter werden genauere 

ihm polizeiliche Competenzen zuzuschreiben. Viel- Angaben fiber die Art der Anpflanzung gemacht. 

leicht lag es ihm ob, die Denkmaler Boms durch Mehrfach sind die Anlagen als Obstgarten bezeich- 
ausgestellte Wachen vor Verletzung zu schiitzen, 40 net, pomaria Kiessling Anecd. Basil. I (Testa- 

E. Becking Notitia dignitatum II p. 203. ment eines reichen Bemers aus dem Lande der Lin- 

[Seeck.] gones) = WilmannsExempl. 315. CIL VI 15526; 

Centiirionenses, Bewohner einer Ortschaft in hortulus sive pomarium XIV 2139 ; pomariolum 

Numidien, die als Bischofssitz im J. 411 und im X 3594. Bei Petron. c. 71 verlangt Trimalchio: 

J. 484 erwahnt wird (coll. Carth. c. 202 , bei omne genus poma volo sint circa eineres meos 

Mansi IV 153 = Migne XI 1341. Not. Numid. et vineartim largiter. Ahnlich heisst es in der 

nr. 6, in Halms Victor Vitensis p. 64). Inschrift CIL VI 10237: vitium pomorumque 

[Dessau.] et florum viridiumque omnium generum semi- 

ad Centuriones, im Itin. Ant. 397 Station nibus ea loea adomaverunt. Eine viniola 

an der von Narbo sudwarts fiber die Pyrenaeen 50 erwahnt VI 15593, arbores, vites, rosaria XII 

nach Tarraco ffihrenden Strasse (Hirschf eld CIL 3637; vgl. auch die metrischen Inschriften VI 

XII p. 666), zwischen Ruseino und Summo Pyre- 13528. 20466. VHI 7854. Auf eine umfangreiche 

naeo. Dieselbe Station heisst auf der Tab. Peut. Anlage bezieht sich XI 3895 : in der Mitte liegt 

adCentenarium(zvds<Ai%nIlliberremi&In summo die eigentliche area des Grabes mit den Grab- 

Pyrenaeo). Die Lage steht nicht fest. Vgl. For- bauten und einem horreum, ringsum laufen zu- 

biger Handb. d. alten Geogr.2 130. Desjardins nachst Bosenanlagen (rosarium), dahinter folgen 

Table de Peuting. 55. [Ihm.] Weinpfianzungen (viniolae). Vorn befindet sich 

Centuripae s. Kentoripa. vor letzteren ein solarium (s. d.), auf der ent- 

Cepa s. Zwiebel. gegengesetzten Seite liegen zwei piscinae, aus 

Ceperaria (Tab. Peut.), Stadt an der Strasse 60 denen ein Canal zur area ftihrt, hinter den pi- 

von Betogabra (Bet Dschibrin) nach Jerusalem, scinae ein arundinetum. Piscinae in Gartenan- 

8 Millien von Betogabra entfernt, nicht identisch lagen, die zu Grabern gehfiren, werden sonst noch 

(wie Eeland Palaestina 684. 690 u. a. meinten) erwahnt CIL XIV 396 und III 2279, lams Wil- 

mit KojiaQogoa des Ptolemaios, s. d. Vielleicht manns 315, ein puteum VI 15593 und 29959, 

das heutige Kafr Urije. Robinson Palastina II eine cisterna VI 26942. Uber Lauben s. Trichila. 

750 — 755. [Benzinger.] Uber die mit Cepotaphien, wie mit andern Grabern 

Cephaloedium s. Kephaloidion. (Jfters verbundenen sonstigen Bauten (z. B. Woh- 

Cephis s. Kepis. nung fur einen Wachter) s. Grabdenkmaler. 



1967 Ceprobotas Cercinitis 1968 

Die Ausdehnung der einzelnen Cepotaphien ist Cerbalus, Fluss in Apulien, Grenze von Dau- 

sehr verschieden; neben ganz kleinen Gartchen nia, Plin. Ill 103, jetzt Cervaro. [Hiilsen.] 
(VI 21020: 200 Q'- I 1059: 812 G') stehen Cerbani (Var. Gerbani), ein Volk in Siid- 

solche von 1 (XI 3895), 2 (VI 9681), 5 Iugera arabien, welches Plin. VI 154 neben Sabaeern 

(VI 17992). Die grosse Ausdehnung der in dem und Agraeern, VI 160 neben Homeriten, Minaeern, 

Testamente aus dem Lande der Lingonen (Wil- Agraeern und Chatramotiten aufzahlt. Mord- 

manns 315) erwahnten Pomaria ist daraus er- mann (ZDMG XXXI) vergleicht die mj der 

sichtlich, dass mit der Pflege drei Gartner samt sabaeischen Inschriften (Hal. 371 , 9. 376. 380. 

ihren Lehrlingen betraut werden. ttber die mit 382. 587), Sprenger (Alte Geogr. 439) sucht 
dem Mausoleum des Augustus verbundenen Park- 10 sie in Anwar in der Nahe der Hagr-beni-Wahb 

und Promenadenanlagen s. d. Eine dem C. ahn- im jetzig'en W. Qirbe. Anders Glaser Skizze 70. 
liche Anlage ist wohl unter viridiarium (z. B. [D. H. Miiller.] 

XIV 3733) zu verstehen. Litteratur: Go ens Cerbica (KegPixa), Stadt in Zeugitana (Africa 

De cepotaphiis. Trai. ad Rhen. 1763. Mar- propria), Ptol. IV 3, 35. [Dessau.] 

quardt-Mau Privatleben' 369. Friedlander Cerbonius s. Cervonius. 

Sittengeschichte III 759. Ruggiero Dizionario Cercidius s. Circidius. 

epigr. II 203. [Samter.] Cercina (in griechischen Hss. zuweilen Ksq- 

Ceprobotas oder Ceprobotras, Geogr. Graec. xivva, in der unten angefiihrten Inschrift von Lyon 

minor. I 296, sicher identisch mit Caelobothras, Cireina, im Itin. Ant. p. 518 Cercenna), Insel 
s. d. [Stein.] 20 oder vielmehr Doppelinsel (s. Cercinitis) im 

Cera s. Wachs, Wachstafeln. Meerbusen von Gabes, der kleinen Syrte, heutzu- 

Ceraine, eine phrygische Stadt, Plin. n. h. tage Kerkenah, 40 km. von Sfax, dem alten Ta- 

V 145; die Vermutung von Cramer (Asia minor parura, entfernt (im Stadiasmus maris magni 

II 26), dass es = KsQa/xmv ayoga bei Xen. anab. 112 = Geogr. Gr. min. I 468, wird die Entfer- 

I 2, 10 ist, lasst sich durch nichts begriinden. nung vom Festland auf 120 Stadien, die Ent- 

[Ruge.] fernung von der siidlich gelegenen Insel Meninx 

Ceramussia, Ortschaft in Africa (Numidien), von Agathemerus 22 = Geogr. gr. min. II 483 

in der Nahe von Milev, Gesta collationis Carthag. etwas reichlich auf 600 Stadien , im Stadiasmus 

a. 411, Inhaltsverzeichnis und c. 133. 134, bei mar. magn. a. a. O. auf 750 Stadien, von Plin. 
MansiAct. cone. IV 23. 118 = MigneXI 1235. 30 n. h. V 41 gar auf 100 Millien angegeben), 

1311. [Dessau.] mit ausgezeichneten Hafen, Diod. V 12, und gleich- 

Ceras (Geogr. Rav. II 14 = 85, 3), sonst un- namiger Stadt, Diod. a. a. O. Strab. XVII 834. 

bekannter Ort Palaestinas, neben Iulias und an- Plin. n. h. V 41 (urbs libera nach Plinius). Viel- 

deren Orten Nordpalaestinas genannt, also wohl leicht schon von Herodot IV 195 als KvQavng er- 

auch im Norden gelegen. Vielleicht nicht ver- wahnt. Nach C. wurde im J. 357 v. Chr. Dion, ehe 

schieden von Carra. [Benzinger.] es ihm gelang in Sicilien zu landen , verschlagen, 

Cerasus s. Kirschbaum. Plut. Dio 25. Im J. 217erhob der romische Consul 

Ceratae, ein Ort 6 Milien von Dablae an Cn. Servilius von den Bewohnern eine Contribu- 

der Strasse nach Dadastana, Itin. Hieros. 574, 2; tion, Liv. XXII 31. Polyb. Ill 96, 12. Hier 
Spuren des alten Piasters sind noch erhalten, 40 landete Hannibal zuerst , als er Africa heimlich 

Anton Petermanns Mitt. Erg.-Heft 116, 111. verliess, Liv. XXXIII 48; hierher begaben sich 

[Ruge.] Marius, Vater und Sohn, als sie aus Africa ver- 

Cerate, vious zur Civitas Turonum gehOrig, trieben wurden, Plut. Mar. 40. Im J. 46 besetzte 

jetzt Cere" (arrond. Tours), Gregor. Tur. hist. Franc. Sallust in Caesars Auftrag die Insel , Caes. b. 

X 31, 18; vgl. in gloria mart. 89 ad Oeratinsim Afr. 34. Unter Augustus wurde hierher einer der 

Turonieae urbis vieum aeeesserunt. Longnon Buhlen der Iulia, Sempronius Gracchus, verbannt, 

Ge"ogr. de la Gaule 268. [Ihm.] Tac. ann. I 53. IV 13. Als Heimat eines romi- 

Ceraunii, ein illyrischer Stamm in Dalmatien, schen Offlciers von Ritterrang wird C. in einer 

der nach Plin. n. h. Ill 143 24 Decurien zahlte Lyoner Inschrift anscheinend aus der Zeit des 
und zum Convent von Narona gehSrte; da ihn50Severus genannt (Boissieu Inscr. de Lyon p. 269 

noch Ptolem. II 16, 8 als Kegavvtoi anfuhrt, hatte = Dessau Inscr. sel. 1390). Ein Bischof der 

er noch zu Beginn des 2. Jhdts. eine Gaugemeinde Inselbewohner wird in der Vandalenzeit unter den 

gebildet. W. Tomaschek verlegt ihn Mitt, der BischSfen der Provincia Byzacena genannt (Not. 

geogr. Gesellschaft in Wien 1880, 564 an die episc. Byz. 47 Circinitanvs , in Halms Victor 

Wasserscheide der Bosna und Narenta, in die Tres- Vitensis p. 67). Erwahnt wird die Insel auch von 

kavica-, Bjelasnica-, Ivan-, Kukavica-, Bitovnja-, Mela II 105. Ptol. IV 3, 35. Itin. Ant. p. 518. 

Zee- und Scitplanina, also in die Thaler der Unbedeutende romische Reste auf der Insel be- 

Zeljeznica, Zujevina, Fojnica und Neretvica und schreibt Gue'r in Voyage dans la regence de Tunis 

in die Bergwerksreviere von Kresevo und Fojnica. 1 171f. Vgl. auch T is sot Ge"ographie comparer 
Kiepert schrankt Formae orbis antiqui XVII 60 de l'Afrique I 184. [Dessau.] 

dieses gewiss zu grosse Gebiet gegen Westen zu Cercinitis, Heine Insel, mit der vorigen durch 

ein und lasst die C. an der oberen Narenta (um eine Briicke verbunden, Strab. XVII 834. Plin. 

Glavaticevo, Fundort von GIL 8489 = 12799) an n. h. V 41. Agathem. 21; allein die kleinere 

der Rakitnica, der oberen Zeljeznica (um Trnovo), Insel scheint bei Skyl. peripl. 110 erwahnt zu 

der Dobropoljska und der Bistrica (Nebenfluss der werden (wo iibrigens dxaMvirrjs anstatt xsqxivTti? 

Drina) wohnen. Vgl. H. Cons La province Ro- uberliefert ist). HeutzutagealsDjeziratel-Gharbia, 

maine de Dalmatie 256f. 239. J. W. Kubitschek die westlicbe Insel, von der grosseren Ostlichen 

Imperium Rom. tributim discript. 231. [Patsch.] unterschieden. [Dessau.] 



1969 Cercurus Ceres 1970 

Cercurus, xsqxovqoq, ist bald (Liv. XXIII Cerenaeci, topischer Beiname der Lares auf 

34. Appian. Pun. 75) ein leichtes Kriegsschiff, der spanischen Insohrift C1L II 2384 Laribus 

bald ein Kauffahrer (Plant. Merc. 87; bei Athen. Cerenaeeis Niger Proeuli ffilius) v. I. s. [Ihm.] 

V 208 als grOsstes Beiboot oder Barkasse der Ale- Ceres , etymologisch zusammenhangend mit 

xandreia mit 79 Tonnen Tragfahigkeit mid em- creare, ereseere (Serv. Georg. I 7 Ceres a creando 

y.cojiog). Nach Plin. VII 57 Erfindung der Ky- dieta; anders Yarro de 1. 1. V 64 quod gerit 

prier , bei Non. p. 533 navis Asiana pergran- fruges, Geres. Cic. n. d. II 67 mater antem est 

dis; von Movers, Torr, Lewy erklart dnrch a gerendis frugibus Ceres Ceres easuque prima 

hebraisch kirkara, Schnelllauferin, Bennkamel. littera itidem immutata ut a Qraeeis; nam ab 

[Assmann.] 10 illis quoque ArjpitjtnQ quasi Fij^trig nominata 

Cerdeciates, ein ligurischer Stamm, siidlich est, vgl. Ill 52 nnd Th. Birt in Boschers Mythol. 

von Padus, unweit Clastidium (Casteggio), Liv. Lexik. I 860), ist in der rOmischen Religion der 

XXXII 29. [Hiilsen.] Name zweier von Haus aus verschiedener , aber 

Cerduhelus (Form des Namens unsicher), Spa- friihzeitig officiell gleichgesetzter und dann zu- 

nier aus Gastulo, veranlasste 548 = 206 die Uber- sammengeflossener Gottheiten, einerseits einer zu 

gabe seiner Vaterstadt an P. Scipio (Liv. XXVIII den altrfimischen Indigetes gehorenden Gottin des 

20, 11). [Mtinzer.] pflanzlichen Wachstums, andererseits der recipier- 

Cereae , Ort an der Strasse zwischen Ama- ten griechischen Demeter. Von der altromischen 

stris nnd Sinope, Tab. Pent. IX 5 (Miller) und Gottin legen insbesondere die znr altesten. Fest- 

Geogr. Bav. II 17 p. 100, 5 und V 10 p. 365, 4. 20 tafelgeh0rigen/er«ia«derCerialia(s.d.)aml9.April 

[Ruge.j und der noch in der Kaiserzeit nachweisbare fla- 

Cerealis s. Cerialis. men Cerialis (OIL XI 5028 = Dessau 1447 aus 

Cerealius s. Cerialis Nr. 11. Mevania, Zeit des Vitellius) Zeugnis ab, ausser- 

Cereatae (KiQQaiaxai Plut. Mar. 3, Kegedtat dem aber auch eine Anzahl von Cultacten des 

Strab. V 238) , urspriinglich Dorf zum Gebiete alten Rituals, die von der spateren Hellenisierung 

von Arpinum gehorig, Geburtsort des C. Marius des Cultes unberiihrt geblieben sind. In diesen 

(Pint. a. a. O.), in der Kaiserzeit, vielleicht unter tritt ilberall die enge Beziehung hervor, in der 

Augustus, mit Stadtrecht (doch ungewiss ob Colonie C. zu der gottlichen VerkOrperung des Saatfeldes, 

oder Municipium) und mit dem Beinamen Ma- der Tellus, steht. Diese giebt sich schon darin 

rianae geehrt (ordo Cereatinorum Marianorum 30 kund , dass die Cerialia von dem Hauptfeste der 

CIL X 5781). Vgl. Plin. in 63. Liber colon. 233. Tellus, den Pordicidia (15. April), durch den fur 

CIL IX 2318 (?). X 5689. 5717. Die Tribus von zusammengehOrige Festfeiern im altrOmischen Ka- 

C. war die Cornelia (Kubitschek Imperium lender iiblichen Abstand von vier Tagen (s. Wis- 

Bomanum tributim discriptum 12). Im Mittel- sow a De feriis anni Eoman. vetust. , Marpurgi 

alter wurde liber die Buinen von C. die Abtei 1891, p. VHIif.) getrennt sind. Demgemass er- 

S. Johannis et Pauli de Casamari erbant. Inschrif- scheinen beide Gottinnen zusammen als Empfange- 

ten daher CIL IX 5780 — 5794. [Hulsen.] rinnen herkfimmlicher Opfer sowohl beim Beginne 

CerebeUiaca, mutatio, verzeichnet im Itin. wie beim Ende der landlichen Thatigkeit, bei 

Hier. 554 zwischen der civttas Valentia (Valence) Aussaat und Ernte. Nach Beendigung der Aus- 

und der mansio Augusta (Aouste). H e r z o g 40 saat werden, nicht an einem bestimmten Kalender- 

Gallia Narb. 143. Desjardins Geogr. de la tage, sondern zu einer alljahrlich je nach dem 

Gaule II 227. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. Stande der Feldarbeit anzusetzenden Zeit (daher 

[Ihm.] zu den ferine eoneeptivae gehOrig, Macr. sat. I 

Cereius. Cereius Maecianus, patruus des 16, 6. Pest. ep. 62), an zwei durch eine Vfoche 

Claudius Sapilianns, Senator zur Zeit des Kaisers getrennten Tagen (em Svo Jj/usQag , ovh ecpegijs, 

Tacitus (275 — 276). Hist. Aug. Tac. 19, 3. alia [teoov yivouevcov entd Lyd. de mens, in 6) 

[Groag.] des Januar die feriae sementivae gefeiert (Varro 

Cerellius. 1) Cerellius Apollinaris, pr(ae- de 1. 1. VI 26. Ovid. fast. I 657ff. Fest. ep. 337 

fectus) vig(ilum) im J. 212 n. Chr. (11. April), sementivae feriae fuerant institutae, quasi ex Us 

CIL VI 1063. Im J. 211 (4. April) ist noch C. 50 fruges grandeseerepossint): sie gelten der Tellus 

Iulius Quintillianus in diesem Amt (Eph. epigr. und C. in der Weise, dass am ersten Tage Tellus 

VII 1207). [Stein.] angerufen wird, die das Saatkorn aufgenommen 

2) Cerellius Faustinianus, gehOrte zu den vor- hat, am zweiten C, die sein Gedeihen fOrdert 
nehmen Mannern, die Kaiser Severus nach dem (Ovid. a. a. O. 671ff. plaeentur frugum matres 
Siege fiber Clodius Albinus (197 n. Chr.) toten Tellusque Ceresque farre suo gravidae visceri- 
liess. Hist. Aug. Sev. 13, 6. busqm suis; offieium commune Ceres et Terra 

3) Cerellius Iulianus, teilte das Los des Vor- tuentur,haecpraebetcausam frugibus, ilia locum. 
hergehenden. Hist. Aug. Sev. 13, 6. Lyd. a. a. O. tfj uev jiqcotv Uqotio'iovv Atju^xqi 

4) Cerellius Macrinus, von Severus wie die Vor- olov tfj rfj tfj ' vjzodexouiv'n tovg x<xqxovs • eha 
hergehenden getotet (Hist. Aug. Sev. 13, 6). Da60,««TO ima iju'eQas Koqv tfj twv xaoxcov ecpoQqi; 
ein Caerellius Marcianus aus ungefahr derselben Varro de r. r. I 2, 1 'verlegt die Situation des 
Zeit inschriftlich nachgewiesen ist (CIEh 1003; Gespraches sementivis feriis in aedem Telluris); 
vgl. o. Caerellius Nr. 1), vermutete Ritterling die Opfergaben, Speltmehl und eine trachtige Sau 
(Westd. Ztschr. XI 1892, 314, 4), dass Maerinus (Ovid. a. a. O. 672), verteilen sich jedenfalls so, 
in Marcianus zu emendieren sei. Doch ist die dass letztere der Tellus zukommt, die ja auch an 
Identitat der Namen Caerellius und C. ebenso den Fordicidia (s. d.) das Opfer von trachtigen 
zweifelhaft, wie die Annahme von zwei Fehlern Klihen (fordae boves) erhalt; danim darf man die 
in demselben Namen bedenklich. [Groag.] AVorte des Festus p. 238 a 28 plena sue- Tellu{ri 



1971 Ceres Ceres 1972 

sacrifieabatur) auf dies Opfer der Sementivae dem Teile des Opfers, der sich auf die Siihne 

beziehen. Wie der Abschluss, so wurde auch der versaumter Pflichten gegen die Toten bezieht, 

Beginn der Aussaat durch eine an Tellas und C. gewiss in erster Linie sie gemeint. Dieses Opfer 

gerichtete heilige Handlung bezeichnet, wobei der der porca praeeidanea war also als eine nach- 

Flamen (Cerialis) in seinem Gebete die Gottheit tragliche Darbringung des verabsaumten Opfers 

mit zwolf verschiedenen Namen anrief fur all die der porca praesentanea geAacht, die unter normalen 

verschiedenen Entwicklungsstadien , welche die Umstanden angesichts der ncch unbegrabenen 

Feldfrucht von der ersten Vorbereitung des Ackers Leiche stattfand (Fest. p. 250 b 25 praesentanea 

zur Aussaat bis zur gliicklichen Bergung der Ernte porca dieitur, ut ait Veranius, quae familiae 
zu durchlaufen hatte, Serv. Georg. I 21 Fabius 10 purgandae causa Cereri immolatur, quod pars 

Pictor hos deos enumerat, quos invocat flamen quaedam eius saerifieii fit in eonspectu mortui 

sacrum Ceriale faeiens Telluri et Cereri: Ver- eius, cuius funus instituitur. Mar. Vict. a. a. 0. 

vactorem, Redaratorem (so Salmasius; Hs. Cic. de leg. II 57, wo in den Worten poream 

reparatorem) , Imporcitorem, Insitorem, Obara- heredi esse eontraetam et habendas triduum 

torem, Occatorem, Sarritorem, Subruneinatorem, ferias et porco femina piaculum pati bei der 

Messorem, Convectorem, Conditorem , Promi- ersten porca an die praesentanea, bei der zweiten 

tom»(vgl. dazuUsenerGottemamen76). Diesem an die praeeidanea zu denken ist). Dafur aber, 

dem Beginne der Aussaat vorausgehenden Acte dass dieses Opfer der porca praeeidanea, das an 

entspricht ein anderer , der der ErOffnung der sich nur eine Siihnung fur verabsaumte Pflichten 
Ernte vorausgeht, das Opfer der porca prae- 20 sein sollte, von jedermann und alljahrlich dar- 

cidanea, welches Cato de agr. 134 ausfiihrlich be- gebracht und wie die Pornacalia, Parilia, Laralia 

schxeibt: priusquam messim fades, poream prae- zu den sacra popularia (Fest. p. 253 a 13) ge- 

cidaneam hoc modo fieri oportet Cereri porea rechnet wurde, giebt es kaum eine andere Er- 

praeeidanea porco femina, priusquam hasce fru- klarung als die von E. Ltibbert (Commentat. 

ges condas, far triticum, hordeum fabam semen pontificales 78) aufgestellte: cum enim Us tan- 

rapieium. ture vino lano Iovi lunoni prae- turn, qui defunctorum officia aut minus recte 

fato, priusquam poream feminam immolabis. eurassent aut prorsus neglexissent , hostia im- 

Iano struem ommoveto sic .... fertum Iovi molanda esset, nemo tamen homo Romanus in- 

ommoveto et mactato sie . . . postea lano vi- ventus est, qui pietatis offieia ita, quod dieunt, 

num. dato sic . . . postea Iovi sic . . . postea 30 ad perpendiculum perfecisse sibi videretur, quin 

poream praeeidaneam immolato. ubi exta pro- multa, quae fieri debuerint, omiserit, quo factum 

secta erunt, lano struem ommoveto mactatoque est, ut omnes poream praeeidaneam immolan- 

item, uti prius ommoveris. Iovi fertum ommo- dam suseiperent idque sacrum inter popularia 

veto mactatoque item, uti prius feceris. item lano semper fuerit. Jedenfalls liegt der Hinweis dar- 

vinum dato et Iovi vinum dato, item uti prius auf, dass bei dem Doppelzwecke des Opfers die 

datum ob struem ommovendam et fertum liban- auf die Ernte gerichtete Beziehung der C. gait, 

dum. postea Cereri exta et vinum dato. Wie darin, dass dieser Gottin der erste Ahrenschnitt, 

Cato so nennen auch Festus (ep. p. 223, 19) und praemetium genannt, geweiht wird (praemetium 

Gellius (IV 6, 8) nur C. als Empfangerin des de spicis, quas primum messuissent, saerifiea- 

Opfers (auf welchen Act sich die durch Ateius 40 bant Cereri Fest. ep. p. 319, vgl. 235, 4), ebenso 

Capito bei Fest. p. 238 b 11 bezeugte Verwendung wie bei der Weinlese der Flamen Dialis die erste 

einer porca aurea et argentea beim sacrificium Traube fur Iuppiter schneidet (Varro de 1. 1. VI 

Ceriale bezieht, steht nicht fest), aber Varro de vita 16). Zum alten Dienste der C. geh6rt endlich 

p. B. Ill (bei Non. p. 163) bezeugt ausdrticklich, sicher auch die Bestimmung der ZwOlftafeln, wo- 

dass es an Tellus und C. gemeinsam gerichtet war, nach das Leben des Saatfrevlers der C. verfiel 

und diese Angabe wird bestatigt durch den eigen- (frugem quidem aratro quaesitam furtim noctu 

tiimlichen Doppelcharakter der Feier , die einer- pavisse ac secuisse puberi XII tabulis capital 

seits der bevorstehenden Ernte gilt , andererseits erat suspensumque Cereri neeari iubebant, Plin. 

aber ein Piacularopfer fur Verletzung des ius n. h. XVIII 12). 

manium ist: Mar. Vict. GL VI 25 porea prae- 50 Durch die enge Verbindung mit Tellus, in die 

eidanea . . quae frugum causa immolatur. qui spater vereinzelt auch die griechische C.-Demeter 

iusta defuncto non fecerunt aut in faciendo pee- eingetreten ist (s. u.) , ist C. vielfach auch mit 

carunt, Ms porca contrahitur , quam omnibus der erstgenannten Gottin verschmolzen (vgl. Varro 

annis immolari oporteat, antequam novam fru- de r. r. Ill 1, 5 nee sine causa terram eandem 

gem, quae dapem mereat, de suo capiant. Gell. appellabant matrem et Cererem) oder an ihre 

a. a. O. porca praeeidanea appellata, quam pia- Stelle getreten (griechische Autoren iibersetzen 

culi gratia ante fruges novas captas immolare haufig Tellus durch ArjurjrrjQ, vgl. die oben an- 

Cereri mos fuit, si qui familiam funestam aut gefuhrte Stelle von L} r d. de mens. Ill 6 und ebd. 

non purgaverant aut aliter earn rem quam opor- IV 49, wo die Fordicidia als Fest der Atju^rtjQ 

tuerat procuraverant. Varro a. a. O. quod huma- 60 bezeichnet werden; die Terra mater der auguste- 

tus non sit, heredi porea praeeidanea suscipien- ischen Saecularacten gibt Zosim. II 5 mit Arjj.ifj- 

dum Telluri et Cereri: aliter familia pura non ri}Q wieder, Horaz verbindet beide Gottheiten mit 

est. Fest. a. a. O. praeeidanea . . . porea, quae einander c. s. 29 fertilis frugum peeorisque Tel- 

Cereri maetabatur ab eo, qui mortuo iusta non lus aurea donet Cererem corona) , und so er- 

feeisset, id est glebam non obieeisset, quia mos klart es sich, wenn C. wiederholt auch in Be- 

erat eis id faeere, priusquam novas fruges gusta- ziehungen zum Totenculte erscheint, die ihr von 

rent (vgl. auch p. 219, 3); da Tellus (s. d.) in Haus aus ebenso fremd sind, wie sie zu Tellus 

enger Beziehung zu den di manes steht, ist bei von jeher gehfirten; das gilt namentlich von der 



1973 Ceres Ceres 1974 

Angabe , dass die porea praesentanea (s. o.) der simi fuere Damophilus et Oorgasus, iidem pic- 

C. gegolten habe (Pest. p. 250 b 27), und von der tores, qui Cereris aedem Romae ad cireum ma- 

Bezeichnung der UnterweltsSffhung, des mundus ximum utroque genere artis suae excoluerant, 

(s. d.), als mundus Cereris (Pest. p. 142 a 22; versibus inseriptis graece, quibus significarent 

vgl. eine sacerdos Cerialis mundalis in Capua, ab dextra opera Damophili esse, ab laeva Oor- 

CIL X 3926). Auch bei einer ganz vereinzelt gasi, vgl. A. Philippi Jahrb. f. Philol. CVII 

dastehenden Erwahnung der C. innerhalb des 1873, 205ff. ; liber ein in diesem Tempel aufbe- 

Caerimoniells der rOmischen Eheschliessung (Pest. wahrtes Gemalde des Aristeides Strab. VIII 38!. 

ep. p. 87 facem in nuptiis in honorem Cereris Plin. n. h. XXXV 24). Die in diesem Tempel 
praeferebant) ist diese jedenfalls an Stelle der 10 verehrte griechische Trias, von der man Demeter 

Tellus (Serv. Aen. IV 166 quidam sane etiam insbesondere die Obhut uber die Getreideversor- 

Tellurem praeesse nuptiis tradunt; nam et in gung, Dionysos und Kore die Forderung des Obst- 

auspieiis nuptiarum invocatur. cui etiam vir- und Weinbaues zuschrieb (Dion. Hal. VI 17, 4 

gines, vel mm ire ad domum mariti eoeperint ol <5' vjiaxovoavxtg tyjv re yijv jtageaxevaaav avu- 

vel iam ibi positae, diversis nominibus vel ritu vat nlovalovg xaffnovg , ov fiovov rr/v oztoQifior, 

sacrificant; darum erscheint auch bei Verg. Aen. alia xal tijv devdgocpoQov xal Tag inuaaxxovg ayo- 

"IV 166 Tellus neben pronuba Iuno) getreten, gag cutdaag smxlvoai pallor rj ngorsgov; vgl. 

wobei der Gedanke an die griechische Aij/n^njQ Varro de r. r. II, 5 tertio Cererem et Liberum, 

&eafiocpoQog {legifera Ceres Verg. Aen. IV 58; quod horum fructus maxime neeessarii ad vie- 
vgl. Calvus frg. 6 Baehr.) mitgewirkt haben mag. 20 turn; ab his enim eibus et potio venit e fwndo), 

Den Namen dieser altromischen Gsttin des stammte wahrscheinlich aus Campanien, dem 

pflanzlichen Wachstums hat schon im zweiten Lande, das als das summum Liberi patris own 

Jahrzehnt der Republik die griechische Demeter Cerere eertamen (Plin. n. h. Ill 60 = Plor. Ill) 

annectiert, die von Grossgriechenland her in Horn gait und in dem alter C.-Cult an verschiedenen 

Eingang fand und dort in der ganz speciellen Orten nachweisbar ist (Nissen Pompeian. Stud. 

Beziehung auf den Getreidebau und die Getreide- 326ff.; Priesterinnen der C. in Pompei CIL X 

einfuhr verehrt wurde. Ihr Einzug in Rom fallt 812. 1074a; Puteoliebd. 1585. 1812. 1829; Capua 

zeitlich zusammen mit dem Beginne eines um- ebd. 3912. 3926; Teanum Sidicinum ebd. 47931*. 

fassendcn Getreideimportes aus Cumae und Sici- und ebenso auch in den benachbarten Bezirken CIL 
lien (Liv. II 34, 3 zum J. 263 = 491 dimissis 30 IX 3170. 3358. 4200. X 5073. 5145. 6103. 6109. 

passim ad frumentum eoemendum . . . mari 6640. XI 3933, darunter auffallend in Aesernia 

usque ad Cumas, sed in Sieiliam quoque; aus- eine saeerdos Cerialis Deia Libera IX 2670), 

fiihrlicher Dion. Hal. ant. VII 1) und mit der vielfach in Verbindung mit Venus (saeerdotes 

Eeception des griechischen Handelsgottes Hermes- Cereris et Veneris in Surrentum CIL X 680. 

Mercurius und der Griindung einer Kaufmanns- 688; Pompei Ephem. ep. VTII 315 = 855; Casinum 

gilde (collegium mereatorum) im J. 259 = 495 CIL X 5191 ; Sulmo CIL IX 3087. 3089) , ein 

(Liv. II 27, 5 und mehr unter Mercurius). Als Verhaltnis, das zum mindesten in Pompei mit 

im J. 258 = 496 wahrend des Latinerkrieges eine Sicherheit so aufgefasst werden darf, dass C. alte 

Missernte Mangel an Brotkorn verursachte und Hauptgottin war, zu der sich erst nach der Gran- 
der rSmische Markt wegen der unruhigen Zeit 40 dung der sullanischen Colonie (Colonia Veneria 

nicht geniigend beschickt war, befragte man die Cornelia) Venus gesellte (Wissowa De Veneris 

sibyllinischen Bttcher, und diese erteilten den Bat, simulacris Komanis 21). Wahrscheinlich ist fur 

man solle Demeter, Dionysos und Kore durch Bom Cumae, wo Demeterdienst nachweisbar ist 

Opfer und Geliibde gnadig stimmen, damit sie (sacra Demetros CIL X 3685), der Ausgangs- 

die Not abwendeten; der Dictator A. Postumius punkt des recipierten Cultes dieser gfittlichen 

gelobte ihnen einen Tempel und regelmassige Trias, zumal wir erfahren, dass man die Prieste- 

Opfer, und alsbald erwies sich die Macht dieser rinnen der C. fiir Bom vorwiegend aus der cu- 

Gotter, indem die Acker und Obstgarten reiche manischen Colonie Neapolis, daneben auch aus 

Frucht brachten und die Einfuhr auswartigen Ge- Velia , bezog (Cic. pro Balbo 55 = Val. Max. I 
treides alien Mangel beseitigte (Dion. Hal. VI 17). 50 1, 1); wenn die Bomer spater das hochberuhmte 

Der Tempel wurde sofort in Angriff genommen Heiligtum der Demeter und Persephone zu Enna 

und nach drei Jahren, 261 = 493, vom Consul Sp. in Sicilien fiir die Mutterstatte ihres C.-Dienstes 

Cassius geweiht (Dion. Hal. VI 94, 3; spater hielten (denn so muss es doch wohl verstanden 

wurde er nach einem Brande durch Augustus werden, wenn im J. 621 = 133 auf Grund eines 

wiederhergestellt und im J. 17 n. Chr. von Ti- Sibyllinenspruches die Decemviri s. f. nach Enna 

berius von neuem dediciert, Strab. VIII 381. Cass, reisen und dort der Geres antiquissima opfern, 

Dio L 10, 3. Tac. ann. II 49); er lag beim Circus Cic. Verr. IV 108 = Val. Max. 1 1, 1. Lact. inst. 

maximus (iuxta cireum maximum Tac. ann. II II 4, 29; vgl. Cic. Verr. V 187), so ist das wohl 

49), unweit der eareeres (Dion. a. a. O. em xotg erst nachtragliche Ankniipfung an den uralten 
TSQitaoL xov /teporov t&v mnodQOfiwv vjisq avtag 60 Cult, da in so fruher Zeit Beziehungen der BSmer 

idQvfievog zas acpsaeig), nach dem Aventin zu (uber zum Innern Siciliens nicht wahrscheinlich sind. 

die Lage s. Ch. Hulsen Dissertaz. della Ponti- Bei der Aufnahme des Cultes in Eom erfolgte die 

flcia Accadem. Eoman. di Archeologia ser. II Gleichsetzung der drei griechischen Gottheiten 

t. VI 1896, 238ff.), und war nach tuskischer Art mit verwandten Gestalten des altrfimischen Getter- 

gebaut (Vitruv. Ill 3, 5), aber von zwei griechi- kreises, der Demeter mit Ceres, des Dionysos and 

schen Kunstlern Damophilos und Gorgasos mit der Kore mit Liber und Libera (s. d.); der Tempel 

plastischem und malerischem Schmucke ausge- heisst offlciell aedes Cereris Liberi Liberaeqve 

stattet (Plin. n. h. XXXV 154 plastae laudatis- (z. B. Liv. Ill 55, 7. XLI 28, 2 u. a.), und auch 



1975 Ceres Ceres 1976 

die spater zu diesem Culte gehOrigen Festspiele werden konnte' (Mommsen a. a. 0. 470) lasst 
galten alien drei Gottheiten (Cic. Verr. V 36 sich mit der Vermutung begegnen, dass der voile 
ludos sanetissimos maxima cum cura et caeri- Name ursprtinglich aediles Ceriales lautete und 
monia Cereri Libero Liberaeque faciundos; vgl. also Caesar, als er die beiden von ihm neu ge- 
Serv. Georg. 17. Ovid. fast. Ill 785f.), aber C. schaffenen Aedilen so nannte (s. o. Bd. I S. 449f.), 
ist dermassen die fiihrende Gestalt des Dreivereins, nur die alte Namensform wiederaufnahm. 
dass gewdhnlich nur von der aedes Cereris die So gross die politische Bolle ist, die dieses 
Bede ist und die Spiele nur ludi Ceriales heissen: Heiligtum in den ersten Jahrhunderten nach seiner 
offlciell kam das dadurch zum Ausdruck, dass Griindung gespielt bat, so gering scheint in der 
der Stiftungstag des Tempels auf das alte Pest 10 gleicben Zeit die Bedeutung des C.-Dienstes fur das 
der Cerialia (s. d.) gelegt wurde (CIL 12 p. 315), allgemeine religiose Leben Boms gewesen zu sein; 
wodurch auch die Gleichsetzung der griechischen die feriae der Cerialia (s. d.) wurden gewiss noch 
Gottin mit der alten C. deutlich ausgesprochen weiter im Sinne des alten ritus Romanus gefeiert, 
wurde, da es ein Gesetz der romischen Sacral- und das saerifieium publicum, das an diesem 
ordnung war, die Tempeltage der einzelnen Gotter Tage in der aedes Cereris Libert Liberaeque als 
mit ihren alten feriae zusammenfallen zu lassen an ihrem natalis begangen wurde, war nur ein 
(E. Aust De aedibus sacris pop. Bom. 34ff.). Da interner Cultact dieses Tempels, der weitere Kreise 
in den wirtschaftlichen Bewegungen, die zur Be- nichtberiihrte;bemerkenswert ist namentlich auch, 
ception der griechiscben Demeter in Bom fuhrten, dass bei den Lectisternien, welche die wichtig- 
die Plebs die Hauptrolle spielte und die Erbauung 20 sten rOmischen Gotter griechischer Herkunft ver- 
dieses Tempels mit der Anerkennung der staats- einigen, C. nicht erscheint bis zu dem grossen 
rechtlichen Selbstandigkeit des zweiten Standes ZwOlfgOtter-Lectisternium des J. 537 = 217, das 
zeitlich zusammenflel, hat die aedes Cereris von sich nicht mehr auf rein griechische Gottheiten 
Anfang an in besonders enger Beziebung zur Plebs beschrankte ; hier begegnet uns C. mit Mercurius 
und ihren Magistraten gestanden; nicht nur be- zu einem Paare verbunden (Liv. XXII 10, 9), 
ging man noch in spaterer Zeit den natalis des der ja gleichzeitig mit ihr und unter denselben 
Tempels, die Cerialia, in den plebeischen Hausern Gesichtspunkten in Bom aufgenommen worden 
mit festlichen Gastereien (Gell. XVIII 2, 11; vgl. war. In derselben Zeit muss sich aber auch sonst 
Plaut. Men. 100 ipsus escae maxumae eerialis die Geltung des C.-Dienstes gehoben haben, wie 
eenas dat), sondern dies Heiligtum war geradezu 30 aus einer Beihe von Thatsachen hervorgeht. Wahr- 
das sacrale Centrum der Plebs. Wie der kurz scheinlich kurz vor dem Beginne des zweiten puni- 
vorher erbaute Tempel des Saturnus das Archiv schen Krieges wurden die ludi Ceriales (s. d.) 
und die Casse der Gesamtgemeinde enthielt, so eingesetzt (Livius erzahlt von ihrer Einsetzung 
befand sich im C.-Tempel das plebeische Archiv, nicht, erwahnt sie aber XXX 39, 8 zum J. 552 
in dem zeitweise auch die Senatsbeschliisse regi- = 202 gelegentlich als standige Jahresspiele), 
striert wurden (Liv. Ill 55, 13 zum J. 305 = 449 und um dieselbe Zeit erhielt der griechische C- 
institutum etiam ab iisdem consulibus, ut sena- Dienst in Bom auch ein besonderes Jahresfest 
tus eonsulta in aedem Cereris ad aediles plebis (dieses ist gemeint bei Arnob. II 73 cum Han- 
deferrentur; vgl. Zonar. VII 15. Mommsen nibal Poenus res Italas raperet et terrarum ex- 
Staatsr. 112 532), und die Casse der Plebs, in 40 posceret principatum ... sacra Cereris matris 
welche die von den plebeischen Beamten verhang- . . . ddseita paulo ante), das zufallig zum ersten- 
ten Geldstrafen fliessen (z. B. Liv. X 23, 13. XXVII male im J. 538 = 216 erwahnt wird; da es nam- 
6, 19. 36, 9. XXXIII 25, 3) und der das VermOgen lich ein Pest der romischen Matronen war, von 
dessen verfallt, der sich an den plebeischen Magi- dem diejenigen ausgeschlossen blieben, die durch 
straten vergreift und damit die leges saeratae hausliche Trauer bedriickt waren (quia nee lugen- 
verletzt (Liv. Ill 55, 7 ut qui tribunis plebis, tibus id faeere est fas Liv. XXII 56, 4), so machte 
aedilibus, iudieibus deeemviris noeuisset, eius die Niederlage von Cannae die Abhaltung des 
caput Iovi sacrum esset, familia ad aedem Cereris Festes in jenem Jahre unmOglich, da kein Haus 
Liberi Liberaeque venum iret; vgl. II 41, 10. in Bom von Trauer verschont war; aus diesem 
Dion. Hal. VI 89. X 42 ; diesem Gesetze scheint 50 Anlasse setzte der Senat damals die Trauerzeit 
das angeblich romulische Gesetz bei Plut. Bom. 22 auf dreissig Tage herab (Liv. a. a. 0. 5 adeoque 
nachgebildet zu sein, wonach bei leichtfertiger totam urbem opplevit luetus, ut sacrum anni- 
Ehescheidung das VermOgen des Mannes zur Halfte versarium Cereris intermissum sit; ne ob ean- 
der Frau, zur Halfte dem C.-Tempel anheimfallen dem causam alia quoque sacra publica aut pri- 
son, jedenfalls eine recht spate SchOpfung). In vata desererentur, senatus consulto triginta diebus 
demselben engen Verhaltnisse, das die niederen luetus est finitus; vgl. Liv. XXXIV 6, 15. Plut. 
Magistrate der Gesamtgemeinde, die Quaestoren, Pab. Max. 18. Fest. ep. 97 [wo falschlich von 
mitdemSaturntempelverbindet, stehen die unteren hundert Tagen die Bede ist]; Val. Max. a. a. 0. 
Beamten der Plebs zu dem der C. als Verwalter hat Livius missverstanden, wenn er von einer Be- 
des Archivs und der Casse , und da ihnen von 60 gehung des Festes trotz der Trauer spricht) , wah- 
vornherein die cura annonae, die doch unter gOtt- rend spater das Fest zu denjenigen Anlassen ge- 
licher Obhut von C.-Demeter steht , zuflel und horte, die von selbst eine zeitweilige Auf hebung 
sie auch spater die ludi Ceriales auszurichten der Trauer (minuitur populo luetus Pest. p. 154; 
hatten, so ist es nicht wohl mOglich, ihren Namen vgl. Act. lud. saec. Aug. Z. lllf. cum bono more 
aediles (s. o. Bd. I S. 448) anders als von der et proindfe cjelebrato frequentibus exsemplis, 
aedes Cereris abzuleiten; dem Einwande, dass quandoeimiq[ue i]usta laetitiae publieae caussa 
,der C.-Tempel doch nicht der Tempel uberhaupt fuit, minui luetus matrona[r]um plaeuerit) her- 
war und eine nahere Bestimmung kaum entbehrt beifuhrten. Da die Schlacht bei Cannae am 2. Au- 



1977 Ceres Ceres 1978 

gust stattfand (Gell. V 17, 5 = Macrob. sat. I voluerunt, ut decs immortales seientia peregrina 

16, 26), so fiel dies sacrum armiversarium Ce- et externa, mente domestica et civili precaretur 

reris (Liv. XXII 56, 4) sicher in den Hochsommer Cic. pro Balbo 55), sich fur die Dauer ihres Amtes 

und war somit von den Cerialia (19. April) ver- von ihren Mannern trennen mussten (Tertull. de 

schieden; etwas Genaueres lasst sich, da es sich monog. 11 Oereris saeerdotes mventibus etiam 

nm ein Datum des unberichtigten Kalenders han- viris et eonsentientibus arnica separatione vidu- 

delt, nicht feststellen ; denn die Bezeichnung des antur), weshalb man C. geradezu zur Gottin der 

August als tutela Cereris im Bauernkalender (CIL Ehescheidungen machte (Serv. A en. Ill 139. IV 

12 p. 281) bezieht sich gewiss -nicht auf dieses 58). Es passt dazu, dass die Matronen bei dieser 
Fest, sondern auf die Zeit der Getreideernte, und 10 Geheimfeier mit alien Symbolen der Beinheit er- 

die Vermutung Mommsens (CIL 12 p. 324), schienen, in weissen Gewandern (Val. Max. I 1, 

dass der 10. August der Tag der Peier gewesen 15; das Gleiche erwahnt Ovid. fast. IV 619. V 

ware, stiitzt sich nur darauf, dass an diesem Tage 355 von den Cerialia), mit Kopfbandern (Iuv. VI 

Augustus einen Altar der C. mater und Ops au- 50 paueae adeo Cereris villas contingere dignae. 

gusta im Vicus iugarius errichtete, wahrschein- Tertull. de testim. anim. 2 vitta Cereris redi- 

lich zu Ehren der Livia , die auch auf einer sici- mita) und einem galerus , hier wohl einer Art 

lischen Inschrift (CIL X 7501) als Ceres Inlia Au- Haube (Tert. de pall. 4 ob cidtum omnia ean- 

gusta gefeiert wird (vgl. auch Cohen Me"d. impe"r. didatum et notam vittae et privilegium galeri 

12 p. 77 nr. 93; p. 172 nr. 13). Das Fest war Cereri initiantur). Wie lange das Fest bestanden 
ein vollkommen griechisches (graeea sacra festa 20 hat, wissen wir nicht, doch unterliegt es keinem 

Cereris ex Qraecia translata Fest. ep. p. 97; Zweifel, dass die in der Mheren Kaiserzeit in- 

saera Cereris summa maiores nostri religione schriftlich erwahnten (CIL VI 2181f.) saeerdotes 

confici caerimoniaque voluerunt; quae cum essent Cereris publieae p(opuli) R(omani) Q(uiritium), 

adsumpta de Qraecia, et per graecas curata sunt von denen die eine (VI 2181) sich als Sieula be- 

semper saeerdotes et graeea omnia nominata zeichnet, eben die an dieser Geheimfeier betei- 

Cic. pro Balbo 55), und zwar eine Geheimfeier ligten Priesterinnen sind. Ein zweites Fest der 

(Cic. de leg. II 21 neve quae initianto nisi ut griechischen C.-Demeter war das im J. 563 = 191 

adsolet Cereri graeco saero ; vgl. 37 initientur- wegen schwerer Prodigien durch die sibyllinischen 

que [mulieres] eo ritu Cereri quo Bomae ini- Orakel angeordnete ieiunium Cereris (also gleich- 
tiantur), die sich auf Verlust und Wiederfindung 30 bedeutend mit eastus) , das alle fiinf Jahre ab- 

der Proserpina bezog (quae ob inventionem Pro- gehalten werden sollte (Liv. XXXVI 37, 4) , aber 

serpinae matronae eolebant Fest. ep. 97) und bei nachher zum standigen Jahresfeste geworden sein 

der auch die Vermahlung von Hades und Pro- muss, da es die fasti Amiternini zum 4. October 

serpina eine Bolle spielte (Orei nuptiae Serv. anfiihren (CIL 1 2 p. 331); ein Lectisternium wurde 

Georg. 1 344) ; die Opfer waren vrjtpdXia Isod (Dion. der C. alljahrlich am 13. December, dem Stif- 

Hal. I 33, 1 ISgvoavxo 8s xaX AtjixnxQog Uqov tungstage des Tempels der Tellus auf den Carinen, 

nai rag fivoiag avzjj dia yvvamiav xs xai vnya- zusammen mit dieser Gottin hergerichtet (Arnob. 

Xiovg s&voav, (bg "EXlt)ai vouog), d. h. der Wein VII 32 lectisternium Cereris erit idibus proxi- 

war ausgeschlossen (Serv. a. a. O. aliud est sacrum, mis . . . Telluris natalis est ; danach zu erganzen 
aliud nuptias Cereri celebrare, in quibus re vera 40 die verstiimmelte Notiz der fasti Praenestini zum 

vinum adhiberi nefas fuerat, quae Orei nuptiae 13. December [Telluri et Gerejri in Carinis. 

dicebantur, quas praesentia sua pontifices in- aedi et lectisternium e lee[tis 

genti sollemnitate eelebrabant ; daher Cereri nup- quosj manceps praestat; vgl. Mommsen CIL 

tias facere fiir eine Hochzeit ohne Wein, Plaut. I 2 p. 336f. ; Tertull. de idol. 10 gehfirt nicht 

Ardul. 355), und fur die Zeit des Festes war Ent- hierher) , ausserdem fand am 21. December ein 

haltsamkeit vom Genusse des Brotes (Fest. p. 154 gemeinsames Opfer an Hercules und C. statt sue 

in casto Cereris; eastus wird definiert als tern- praegnate panibus mulso (Macrob. sat. Ill 11, 

peratus ab alimonio panis Arnob. V 16 ; die In- 10). Auch bei ausserordentlichen Cultusacten 

schrift [CJereres ca . . CIL VI 87 ist von ganz un- tritt seit dem hannibalischen Kriege der C.-Tempel 
sicherer Erganzung; s. o.unterCastus), vielleicht 50 viel mehr hervor als Mher, so bei Supplicationen 

auch geschlechtliche Zuriickhaltung geboten ; denn (Liv. XLI 28, 2 ; vgl. Tac. ann. XV 44) und Ver- 

die Schilderung des Ovid met. X 431ff. (festa anstaltungen von Collecten (Obseq. 103. 106. 113); 

piae Cereris eelebrabant annua matres ilia, qui- auch das Asylrecht besass er (Varro bei Non. 

bus . . per novem noctes venerem tactusque vi- p. 44). 

riles in vetitis numerant) beweist zwar nichts tlber den C.-Cult der Kaiserzeit geben uns 

fiir das rOmische Fest, da sie sich gewiss auf eine so gut wie ausschliesslich die Inschriften Aus- 

griechische Demeterfeier bezieht, von der er in kunft; diese (vgl. die Zusammenstellung derZeug- 

seiner Quelle las, aber wir erfahren, dass man nisse von A. Pestalozza und G. Chiesa bei 

bei der rOmischen Feier auch in Worten alles Kuggiero Dizion. epigr. II 204ff.) sind haufig in 
vermied, was an eheliche Verhaltnisse erinnerte 60 Mittel- und Unteritalien (s. o. S. 1974), fehlen so gut 

(Serv. Aen. IV 58 Bomae cum Cereris sacra fiunt wie ganz in Kom und sind sparlich vertreten in 

observatur, ne quis patrem aut filiam nominet, den Provinzen , mit Ausnahme der africanischen, 

quodfructus matrimonii per liber os constet), und in denen uns ausser C. allein (saeerdotes Cereris 

dass die Priesterinnen der Gottin, Frauen grie- weiblich CIL Vm 112. 1140. 1623. 6708. 12335. 

chischer Herkunft, denen aber das romische Birr- 14381, mannlich ebd. 805. 14447) zuweilen Pluto 

gerrecht verliehen wurde (cum Mam, quae grae- und C. (CIL VIII 8442. 9020f., aus Mauretanien), 

cum illud sacrum monstraret et faeeret, ex Qraecia sehr haufig aber der Plural Cereres (CIL VIII 

deligerent, tamen sacra pro eivibus civem facere 580. 1548. 1838. 3303. 6359. 6709. 11826. 12318. 



1979 Ceresium Cerialia 1980 

14438) begegnet, der hier gewiss, ebenso wie in der falschen Inschrift CIL IX 299*), Ort im Marser- 

der Inschrift yon Puteoli CIL X 1585 (eine sa- lande, wenig nordlich vom Puciner See, beim 

cerdos Oererum), im Sinne von C. und Proser- jetzigen Collarmele (oder Collarmeno), wo eine 

pina zu verstehen ist, wie Castores fur Castor Kirche S. Felieitatis in Cerfenna den Namen 

und Pollux (vgl. 0. Hirschfeld Ann. d. Inst. nocb im 12. Jhdt. bewahrte (Bulla Paschalis n. bei 

1866, 51); dass die africanische C. die griechi- Ugbelli Ital. sacra I 893 ed. 1717. Jaffe' Be- 

sche Gottin ist, sagt ausdrficklich CIL VIII 14381 gesta 12 6371). Genannt wird es als Station der 

ex imperio Cereri graeefae] saerfujm. Sonst Via Valeria (Itin. Ant. 308. Tab. Peut. Geogr. 

ist es yorwiegend die Gettin der Getreideversor- Eav. IV 34 p. 282 P.); Kaiser Claudius, im J. 48 
gung, der die Verehrung gilt; das zeigen sowohl 10 — 49, verlangerte diese bei Marruvium endigende 

die Kaisermiinzen, auf denen Annona als beson- Strasse durch eine bei C. abbiegende Strasse, 

dere Personification neben C. erscheint, um sich welche den Stock des Centralappennins uberschritt 

dann als selbstandige Gottheit von ihr loszulOsen und im Aternusthale bis zu dessen Miindung ging 

(s. o. Bd. I S. 2320), als auch Weihinschriften (Meilenstein CIL IX 5973 : viam Claudiam Vale- 

der bei der annona beschaftigten Leute, wie der riam a Cerfennia Ostia Aterni munit, idemque 

corpora mensorum adiutorum nauticariorum et pontes fecit). Mommsen CIL IX p. 348 ver- 

aeceptorum (CIL XIV 2 Ostia), der memores mutet, dass das SsQswia bei Diodor. XX 90, 

frumentarii (CIL XIV 409; vgl. CIL III 3835 Cesenna bei Liv. IX 44, 16, welches die Bonier 

von einem frumentarius leg. XV) oder eines hor- im J. 305 zugleich mit Sora und Arpinum er- 
rearius (CIL IX 1545Beneventum). [Wissowa.] 20 oberten, von C. nicht verschieden sei. [Hiilsen.] 

Ceresium, stagnum in ipso Mediolanensis Cerialia (besserbezeugt als Cereafc, s.Fleck- 

urbis territurio, quod Ceresium voeant, ex quo eisen Fiinfzig Artikel 12), Pest der Ceres, schon 

parvus quidam fluvius sed profundus egreditur, im altesten Pestkalender am 19. April verzeichnet 

Gregor. Tur. hist. Franc. X 3. Damit wohl iden- (CIL 12 p. 315; vgl. Varro de 1. 1. VI 15. CIL 

tisch der auf der Tab. Peut. verzeichnete laeus XI 3196 aus Nepet vom J. 18 n. Chr. Cereri 

Clisius, heut Lago di Lugano. Mommsen CIL august(ae) matri agr(brum) dies saerifkii 

V p. 559. Holder Altcelt. Sprachschatz s. Ce- XIII k. Mai. CIL VI 508 vom J. 319 die XIII 

resium und Clisius. [Ihm.] Kal. Maias Cerealibus), in gleichem Abstande 

Ceresus (Ptol. II 6, 71 KeQcoog) , Stadt der von je vier Tagen zwischen dem Tellusfeste der 
Iaccetaner in Hispania citerior, nach Pedro de 30 Fordicidia (15. April) und dem Iuppiterfeste der 

Marc as der vermeinten Namensahnlichkeit fol- Vinalia (23. April) gelegen, der Gottin des pflanz- 

genden Vermutung Santa Coloma de Queralto in lichen Wachstums Ceres (s. d.) gewidmet. Auf 

Navarra, nach Mannerts u. a. ebenso unsicherer den gleichen Tag fiel auch das Stiftungsfest des 

Meinung Cervera, oder (nach K. Muller zu Ptol.) im J. 261 = 493 geweihten Tempels der grie- 

Ceros bei Lerida, wohin aber das Gebiet der lac- chischen Trias Demeter Dionysos Kore = Ceres 

cetaner (s. d.) nicht reicht. Die Lage ist also Liber Libera (fast. Esqu.), und dieser gelten die 

unermittelt; zum Namen vgl. Cerretani. Festspiele (Cic. Verr. V 36 ludos sanctissimos 

[Hiibner.] . . . Cereri Libero Liberaeque faeiundos, s. unter 

Ceret, Stadt in Hispania ulterior, nach Mfln- Ceres), die seit der Zeit des zweiten punischen 
zen, die zwei Ahren und einen Delphin zeigen, 40 Krieges unter den standigen Jahresspielen er- 

wie auch andere , die nach Baeturien gehoren scheinen ; nach Liv. XXX 39, 8 wurde im J. 552 

(Mon. ling. Iber. nr. 175). Auf einer Grabschrift = 202, da die plebeischen Aedilen als vitio ereati 

aus dem auch in Baeturien gelegenen Jerez de abdanken mussten, der geradefungierende Dictator 

los Caballeros von nicht ganz sicherer Uberliefe- (comit. habend. causa) mit seinem Magister equi- 

ning wird ein Ceretanus genannt (CIL II 986). turn durch Senatsconsult mit der Abhaltung der 

Doch kann der spanische Name Xerez oder Jerez Spiele der Ceres (Cerialia ludi) beauftragt, die 

kaum aus C. entstanden sein. Auch das unbe- damals also schon regelmassig begangen wurden ; 

kannte ErjQa, noXig jzsqI tag 'HgaxXsiovs axrjXa; da Livius in der dritten Dekade ihre Einsetzung 

bei Steph. Byz. ist damit nicht zusammenzu- nicht erwahnt, fallt diese wahrscheinlich — un- 
bringen, wie Ukert (S. 357) wollte (vgl. CIL 50 gefahr gleichzeitig mit der der ludi plebei — kurz 

II p. 127). Die Lage ist mithin noch nicht er- vor den Anfang des zweiten punischen Krieges; 

mittelt. [Hiibner.] der Denar mit der Aufschrift Memmius aed(ilis) 

Ceretes s. Cerretani. Cerialia preimus fecit (Mommsen Miinzw. 642 

Ceretius, Bischof von Grenoble (s. Duchesne nr. 291) kann sehr wohl in diese Zeit gehoren. 

Fastes episcopaux de l'ancienne Gaule I 226), Die Ausrichtung der Spiele lag den plebeischen 

richtet im Sommer 450 gemeinsam mit den Brii- Aedilen ob (Liv. a. a. O. Cass. Dio XL VII 40, 6; 

dern Salonius und Veranus an Papst Leo I. — er- anders Cic. Verr. V 36 , der sie fur die curuli- 

halten unter dessen Briefen als nr. 68, Migne schen Aedilen in Anspruch nimmt; vgl. Momm- 

Patrolog. lat. LIV 887 — ein Dankschreiben fur sen St.-E. H 2 509), wie auch die Plebs das 
die Zusendung von Leos epistula ad Flavianuni. 60 Fest der C. von jeher besonders festlich beging 

Er bittet den Papst, eine von ihnen gefertigte (Gell. XVffl 2, 11, s. unter Ceres). Nach den 

Abschrift des wichtigen Briefes behufs weiterer Kalendern sowohl der augusteischen Zeit wie des 

Verbreitung unter den BischOfen zu revidieren und 4. und 5. Jhdts. fullten sie die ganze Zeit vom 

zuriickzuschicken , ein Exemplar davon ist denn 12. — 19. April aus (CIL 12 p. 315); doch blieb 

auch laut epist. Leonis 97, 2 durch Vermittlung der letzte Tag, der des urspriinglichen Festes, 

des C. bald an die oberitalischen Bischofe gelangt. der Haupttag, der allein mit Circusspielen ge- 

[Julicher.] feiert wurde (Ovid. fast. IV 680; vgl. 39 If. Tac. 

Cerfennia (das Ethnikon Cerfennini nur in ann. XV 53. 74) ; Gladiatorenkampfe wurden nur 



1981 Cerialis Cermalus 1982 

ausnahmsweise vorgefiihrt (Cass. Dio a. a. 0.), des Constantianus und der Iustina, die mit Kaiser 

scenische Auffiihrungen sind erst in der Kaiser- Valentinian I. verheiratet war (Amm. XXVIII 2, 

zeit nachweisbar (Tac. hist. II 55. Iirven. XIV 10. XXX 10, 5). Nachdem sein Bruder, der bei 

263). Der ganz singulare Brauch, dass bei diesen dem kaiserlichen Schwager das Amt eines Tri- 

Spielen im Circus Piichse gelietzt wurden, denen bunus stabuli bekleidete, durch Rauber erschlagen 

brennende Packeln an die Schwanze gebunden war, erhielt er dessen Stelle (Amm. XXVIII 2, 

waren (Ovid. fast. IV 6811, daher wohl cireen- 10. XXX 5, 19). Im J. 375 wirkte er bei der Er- 

sium Cerialium ludierum Tac. ann. XV 74), hebung seines Neffen Valentinians II. zum Augu- 

kniipft wahrscheinlich an den altrOmischen Cult stus mit (Amm. XXX 10, 5). 
der Ceres an ; denn der Fuchs ist wohl hier in 10 8) Dux Libyarum im J. 405. Er fand bei 

demselben Sinne verwendet, wie die rutilae canes seiner Ankunft in der Provinz tiefsten Prieden 

(Pest. p. 285, vgl. ep. p. 45), die beim augurium und sah sich dadurch veranlasst, seine Stellung 

canarium (s. o. Bd. II S. 2329) geopfert wurden, ohne Riicksicht auf kiinftige Gefahren nur zur 

namlich als ein Symbol des die Saat vernich- eigenen Bereicherung auszubeuten. Er verkaui'te 

tenden Sonnenbrandes (vgl. auchRobigus). Nach die Pferde der Cavalleristen , entliess fur Geld 

Sinnius Capito bei Fest. p. 277 scheint es bei den grOssten Teil des Heeres auf Urlaub und liess 

den C. auch iiblich gewesen zu sein, Niisse aus- sich bei der Wahl der Standquartiere fur die 

zustreuen (vgl. fiir solche nueum sparsiones zwei Truppen nur dadurch leiten, von den Stadten Be- 

Inschriften von Perentinum CIL X 5849 item stechungen fiir ihren Abzug zu erpressen. Als er 
populi fieri [epulum] et pueris nuees spargi die 20 das Heerwesen so ruiniert hatte, erfolgte ein Ein- 

s(upra) s(cripto) und 5853 favorabil(e) est, si fall der Maketai. Ohne Widerstand floh C. auf 

puer(is) plebeis sine distinetione libertatis nueum ein Schiff und blieb, so lange der Krieg wahrte, 

sparsion(em) mod(iorum) XXX . . . praestiterint), mit dem Lande nur durch Kahne in Verbindung, 

doch ist die Glosse so verstummelt, dass aus ihr die Verteidigung der Provinz den Einwohnern 

nichts Sicheres zu entnehmen ist. [Wissowa.] iiberlassend, Synes. epist. 130. 132. 133. Seeck 

Cerialis. 1) S. Anicius Nr. 7f., Iulius, Philol. LII 472. 
Manilius, Munatius, Petillius, Statius, 9) Comes rerum privatarum, Cod. Theod. V 

Tuccius, Velius, Vettulenus. 14, 32 (8). Da die Verordnung, welche an ihn 

2) Cerialis , an den Plinius den Brief II 19 adressiert ist, zwischen Gesetzen aus den J. 408 
(aus dem J. 100) richtete. Ob mit Velius Ceri-30und 411 steht (Abh. Akad. Berl. 1879,45), muss 
alis, dem Adressaten von IV 21, identisch, ist seine Magistratur in diese Zeit fallen. [Seeck.] 
zweifelhaft. 10) Bischof in Africa — nach der Notitia 

3) Cerialis, Consul ordinarius im J. 106 n. Chr. provinc. vom J. 484 Castello -Bipensis in Mau- 
mit L. Ceionius Commodus (vgl. Klein Pasti retania Caesar. — , Verfasser eines libellus contra 
consulares 3). Vielleicht ein Vettulenus oder ein Maximinum Arianum, das den Schriftbeweis 
Petillius Cerialis. [Groag.] fiir die Wahrheit der orthodoxen von den Aria- 

4) Cerialis, a censibus; an ihn rescribiert nern angegriffenen Lehrsatze fiihren will. Die 
Kaiser M. Antoninus (Caracalla), Fragm. Vat. 204. Entstehungsgeschichte des Buches erzahlt Gennad. 
Wahrscheinlich identisch mit Man[ilius] Cerialis, de vir. ill. 93. Das wertvollste daran sind die 
s. d. [Stein.] 40 Bibelcitate. Text bei Migne Patrolog. lat.LVIII 

5) Cerialis, Beiname folgender Consuln der 757 — 768. [Jtilicher.] 
Kaiserzeit: a) C. Anicius Cerialis, cos. suff. 65 11) KsgedXtos, Verfasser zweier trivialer Epi- 
mit C. Pomponius. b) Q. Petillius Cerialis Cae- gramme der Anthol. Pal. (XI 129 und 144 gegen 
sius Rufus, cos. I suff. 70, cos. II suff. 74 mit schlechte Dichter und Eedner). SakolowskiDe 
T. Clodius Eprius Marcellus cos. II. c) Cerialis anthol. Pal. quaest. 49 identificiert ihn mit Velius 
s. o. Nr. 3. a) M. Munatius Sulla Cerialis, cos. Cerialis, dem Freund des Plinius (epist. II 19. IV 
ord. 215 mit Maecius Laetus cos. II. [Groag.] 21) , und Iulius Cerialis , dem Preund Martials 

6) Naeratius Cerealis, Vater des Naeratius (X 48. XI 52). Er konnte in der That dieser Zeit 
Scopius (Dessau 1245. 1246), Bruder des Vul- angehoren. [Beitzenstein.] 
catius Rufinus, der 347 Consul war, und der Galla, 50 Cerilli (KnQdkot Strab. V 255) oder Oerillae 
die als erste Gemahlin des Iulius Constantius (Sil. Ital. VIII 580; imAblativ Cerillis Tab. Peut. 
diesem den spateren Caesar Gallus gebar (Amm. Geogr. IV 32 p. 264. V 3 p. 332 P., Stadt im 
XIV 11, 27). Er war 328 Praefectus annonae Bruttieiiande, jetzt Cirella, an der Kiiste siidlich 
(Cod. Theod. XIV 24, 1). Als der Ketzer Pho- von der Mundung des Laos (Laino). [Hulsen.]. 
teinos nach seiner Verurteilung auf dem Concil Cerindones, Volk in Hispania citerior. In 
von Sardica (343) an den Kaiser appellierte, war dem Bericht fiber den Krieg mit Sertorius aus 
C. unter den Bichtern , welche von Constantius Livius B. XCI wird erzahlt, dass Sertorius bei Ca- 
zur Pr&fung seiner Lehre eingesetzt wurden (Epiph. lagurris Nasica (s. d.) lagerte und von da den 
haer. 71, 1). Vom 26. September 352 bis zum Quaestor M. Marius in Arevaeos et Cerindones 
8. December 353 war er Praefectus urbis Bomae 60 misit ad conscribendos ex Us gentibus milites 

(Mommsen Chron. min. 1 69. Dessau 731. 1245. frumentumque inde Contrebiam (s. d.) com- 

CIL VI 1744. 1745. Cod Theod. IX 38, 2. portandum. Hienach ist das Gebiet des sonst 

XI 36, 9. XVI 10, 5. Symm. rel. 40, 4. Schol. nirgends genannten Volkes wie das der Pelen- 

Iuv. X 24) , Consul im J. 358. Noch als Greis donen (s. d.) und Lusonen (s. d.) etwa am oberen 

bewarb er sich um Marcella, die Tochter der Al- Durius zu suchen; eine nahere Bestimmung ist 

bina, wurde aber abgewiesen (Hieron. ep. 127, 2 nicht moglich, aber auch kein Grand, den Namen 

= Migne L. 22, 1088). in Pelendones zu andern. [Hiibner.] 

7) Sohn des Iustus (Sokrat. IV 31), Bruder Cermalus (die Schreibung mit C wird bezeugt 



1983 Cerne Cernuus 1984 

durch die unten citierte stadtrSmische Inschrift, Cernunuos. Einer der im J. 1710 unter dem 

durch Festus 341 und Paulus epit. 55, die bessere Chor der Kirche Notre-Dame in Paris gefundenen, 

ftberlieferung bei Liv. XXXIII 26, 9 [ebenso ist jetzt im Mus<5e de Cluny aufbewahrten Altare 

die Lesung des Namens fur den vicus Cermali tragt auf der einen Seite die heut nur noch teil- 

in Ariminum, OIL XI 419, und in Antiochia Pi- weise sichtbare Inschrift CERNVNNOS, womit 

sidiae, CIL III Suppl. 6835, jetzt gesichert]; wenn der darunter in Relief dargestellte Gott bezeichnet 

Plut. Eom. 3 zu xaiQiov . . 6 vvv Ksq/lioIov xa- ist. Erbalten sind (en face) Kopf und Scbultern 

Xovoi hinzuftigt sidlai dk rsQjxavov, on xal roiig eines bartigen Gottes mit hasslichem Gesicht; 

a8el(pov? ysQfiavovg dvo/.ia£ovoiv , so ist das nur die Stirn ist mit zwei HirschhSrnern geschmiickt, 

der thorichten Et3'mologie zuliebe geschehen, die 10 an jedem derselben hangt ein torques (Abbildung 

auch Varro 1. 1. V 54 hat: Oermalus a germanis bei Desjardins Geogr. de la Gaule III 266. 

Romulo et Remo), Teil des palatinisehen Hiigels Camille Jullian Gallia, Paris 1892, 217). Der 

in Rom, und zwar der nordwestliche nach dem untere Teil fehlt; es ist aber kein Zweifel, dass 

Vicus Tuscus und dem Velabrum zu (verfehlt sind Robert Mowat, der eine ausffihrliche Beschrei- 

die Versuche Gilberts Gesch. u. Top. d. Stadt bung giebt im Bull, epigr. de la Gaule I lllff., 

Rom I 40. 66, den Namen auf einen noch engeren mit Recht annimmt , dass der Gott in sitzender 

Bezirk zu beschranken). Fur das hohe Alter des Stellung mit nach orientalischer Art gekreuzten 

Namens biirgt, mehr noch als das Vorkommen in Beinen dargestellt war. Ahnliche Reliefs sind 

der Argeerurkunde (Varro 1. 1. V 54 : sacrarium noch mehrfach in Gallien gefunden worden , der 

Oermalense quintieeps apud aedem Romuli), der 20 Name des Gottes ist aber nur auf dem Pariser 

IJmstand, dass die Bewohner des C. Anteil hatten Altar erhalten. Auf dem Relief von Vendoeuvres- 

am Feste des Septimontium (Fest. 341). Spater en-Brenne (jetzt im Museum von Chateauroux) 

kommt er selten vor: Prodigium bei Livius XXXIII halt der Gott zwischen den Knieen eine Art Beutel 

26, 9 zum J. 196; Cic. ad Att. IV 3, 3: Milonis (follis); zubeiden Seiten sieht man je einen kleinen 

domum earn quae est in Cermalo (Hs. meamque Genius, der auf einer zusammengerollten Schlange 

ceramio). Doch bezeugt das Fortbestehen bis zum stehend die eine Hand auf ein Horn des Gottes 

Anfang der Kaiserzeit die Inschrift Mur. 1521, 9 stiitzt; in der freien Hand halt der eine einen 

= Gud. 341, 3 (Original verloren, zwei gute Ab- torques, der andere eine BCrse (nach Mowat a. 

schriften des 16. Jhdts.), wo am Schluss vestiar. 0. 112, dem eine Photographie vorlag, Abbildung 

de Cermalo min(ore). Vgl. Becker Topogr. 417. 30 Rev. arche'ol. n. s. XLIII pi. IX). Ein Denkmal 

Jordan Topogr. I 1, 179. Ob das Kaqjxalov, von Reims (Rev. arche'ol. XL 1880 pi. XI) zeigt 

welches (nach Clemens Alexand. strom. 1 21 p. 139 den Gott in derselben hockenden Stellung zwischen 

Sylb.) die italische Sibylle, Euanders Mutter, an- den stehenden Figuren eines Apollo und Mercur; 

baute, auf den C. oder auf das sacellum Car- er halt einen Beutel, dem Geldstucke entrollen. 

mentae zu beziehen ist, bleibt ungewiss. Auf dem Stein von Saintes (Mowat a. O. 112f. 

[Hfllsen.] Abbild. Rev. arch. n. s. XXXIX pi. IX. X Vorder- 

Cerne s. K e r n e. und Riickseite) halt der Gott in der Rechten einen 

Cernenus s. Cernunuos. torques , in der Linken eine Borse (une bourse 

Cernere hereditatem s. Cretio. ou un sac appuye sur sa euisse). Auf den drei 

Cernophorus. Die,Schusseltragerinen', welche 40 andern Seiten des Pariser Altars sind die Diosku- 

schon im Orient an den Mysterien der Kybele teil- ren und (der gallische) Hercules im Kampf mit 

nahmen (Nikand. Alexiph. 217 u. Schol. Clem. der Hydra dargestellt (Abbild. bei Desjardins 

Alex, cohort, p. 14 Potter; vgl. Kernophoros), a. 0. 265. 267. 268). Der Name C. bedeutet nach 

erscheinen auch in dem riimischen Dienst der Ansicht der Keltologen ,der GehSrnte' (Gliick 

Magna mater (CIL H 179 von 108 n. Chr. X 103 Kelt. Namen 5. Holder Altcelt. Sprachschatz 

Herenniae Vietorinae eernophoro) , wo sie beim s. v.), man sieht in ihm eine Art gallischen Pluto 

Opfer des Tauroboliums irgend eine Rolle spielten (vgl. Caes. b. g. VI 18 Galli se omnes ab Bite 

(CIL VI 508 Taiirobolium eriobolium caerno patre prognatos praedicant idque ab druidibus 

perceptum. Bull, arche'ol. du comite' trav. hist, proditum dicunf). Mowat identificiert mit dem 

1891, 529: Perfectis rite saeris cernorum erio- 50 gallischen C. den Iuppiter Cernenus, der auf der 

boli et tauroboli). Cagnat vermutet (ebd.), dass dacischen, aus dem J. 167 n. Chr. stammenden 

das xsqvos zur Aufnahme der vires gedient hatte. Wachstafel CIL III p. 925 (Wilmanns Exempla 

Von den C. sind die africanischen oanistrariae 321), erwahnt wircl, wahrend Mommsen CIL 

zu unterscheiden (s. Caelestis), welche den III p. 921 vermutet, Cernenus sei Iuppiter be- 

griechischen Kanephoren entsprechen. [Cumont.] nannt nach dem in der Nahe des Fundortes der 

Cernulus, xvfiioxrjxriQ, ein Gaukler, der Purzel- Inschrift gelegenen Dorfe Korna. Vgl. Steuding 

baume macht, Rad schlagt und ahnliche Kfinste Roschers Lex. I 866f. Alex. Bertrand L'autel 

treibt, eemuat (vgl. 'AoxcoXiao/nog Bd. II de Saintes et les triades Gauloises, Rev. arch. 

S. 1699), Varro bei Serv. Aen. X 894; da von auch n. s. XXXIX 337ff. XL Iff. 70ff.; Les divi- 

das Verbum cernulat xvpwna Corp. gloss. II 99. 60 nite's gauloises a attitude buddhique, Rev. arch. 

Vom petauristes, petauristarius also urspriinglich n. s. XLIII 321ff. D'Arbois de Jubain- 

so verschieden, dass dieser sich eines Geriistes fur ville Cours de litter, celtique II (cycle nrytho- 

seine Kfinste bediente. Doch mochten wohl beiderlei logique irlandais) 383ff. John Rhys Lectures 

Kiinste von denselben Personen ausgeiibt werden; on the origin and growth of religion as illustrated 

daher Gloss. Labb. cernulus TieravQioxri?. Cer- by Celtic heathendom (The Hibbert Lectures 1886) 

nuus(s. d.) in derselben Bedeutung Lucil. XXVII 77ff. Auch Mommsen R. G. V 95. S. Reinach 

34: modo sursum modo deorsum, tamquam eottus Revue celtique 1896, 59. [Ihm.] 

cernui. [Mau.] Cernuus soil nach Fest. ep. 55, 6 eine Art 



1985 Cerobothras Certia 1986 

Schuh sein; vgl. Isid. or. XIX 34, 13: cernui socci Val. Max. VI 1, 13 einzusetzen, wo die meisten 

sunt sine solo. Vielleicht beruht diese Angabe Hss. P. Cernio, Iul. Paris P. Cerennio bietet. 
nur auf Missverstandnis des Verses des Lucilius 1) Minnius und Herennius Gemini waren die 

bei Non. 21, 2: eermms extemplo plantas con- ersten Manner, die von ihrer Mutter, einer cam- 

vestit honestas. Vgl. Cernulus. [Mau.] panischen Dionysospriesterin , in die verrufenen 

Cerobothras s. Caelobothras. " Bacchanalien (s. oben Bd. II S. 2721) eingefiihrt 

Cerolia oder Ceronia , Ortlichkeit in Rom, warden (Liv. XXXIX 13, 9). Nach der Entdeckung 

nur vorkommend bei Varro de 1. 1. V 47 : Cum dieses Unwesens 566 _ = 188 wurde Minnius als 

Caelio coniunctum Carinas, et inter eas quern einer der Fiihrer bezeichnet und in Ardea in Haft 
locum Ceroniensem (eeroliensem vulg.) appella- 10 gehalten (ebd. 17, 6. 19, 2). [Miinzer.] 

turn apparet, quod primae regionis quartum 2) Cerrinius, Preund Martials, Epigrammen- 

sacrarium scriptum sie est (in der Argeerurkunde) : dichter. Mart. VIII 18. 

,Ceroliensis (cerolienses die Hs.) quarticeps circa 3) Cerrinius Gallus (in den Hss. Oallus Ter- 

Minervium qua in Caelio monte itur in to- rinius, corrigiert von P. v. Eohden bei Klebs 

bernola est.' Ceroliensis (eerulensis oder ee.ru- Prosopogr. imp. Eom. I 338 nach dem Namen 

lienses die Hs.) a Carinarum iunctu dictus; des L. Cestius Gallus Cerrinius Iustus Lu[t]atius 

Carinae postea Cerionia, quod hine oritur ea- Natalis; demnach diirfte der Name des Mannes 

put sacrae viae. Sieher ist demnach die Lage vielleicht Cestius Gallus Cerrinius [Iustus?] ge- 

zwischen Colosseum und Kirche S. Quattro Coro- lautet haben), Senator, dem Kaiser Augustus mi- 
nati, unsicher Namensform (verungliickt die Emen- 20 nus familiaris ; erblindete plotzlich und be- 

dation Caelionensis von ten Brink Varronis schloss deshalb, Hungers zu sterben, wurde jedoch 

locus de urbe Boma, Traiecti 1855) und Bedeutung. durch Augustus personliche Zusprache davon ab- 

Vgl. Becker Topogr. 529. Wissowa Satura gebracht. Suet. Aug. 53. 
Viadrina 13. 16. [Hiilsen.] 4) L. Cestius Gallus Cerrinius Iustus Lu[t]a- 

Cerona s. Kerona. tius Natalis, s. Cestius Nr. 10. [Groag.] 

Cerones, VolkimnordlichenBritannien(iTej><»- Cerronius Bassus, an den ein angeblicner 

veg Ptol. II 3, 8, von den gleich darauf genannten Brief Aurelians gerichtet ist. Hist. Aug. Aurel. 

Kqscovss wohl nicht verschieden), Ostlich von den 81, 5. [Groag.] 

Epidieren (s. d.), danach sie in das nordwestliche Certamina singularum, binarum, ternarum, 

Schottland etwa zwischen den Inseln Mull und 30 quaternarum werden je nach der Zahl der Wagen 

Skye gesetzt werden. Doch ist die Bestimmung unterschieden, die jede der Circusparteien zu einem 

sehr unsicher. [Hiibner.] Rennen stellte. Certamina singularum (sc. qua- 

Ceronius, dux Dalmatarum, Hist. Aug. Gall, drigarum), zu denen jede Partei also einen Wagen 

14, 4, s. Kekropios. [Stein.] stellte, waren die gewShnlichsten, und der in 

Cerophae (KegoipaToi) , africanische Volker- ihnen errungene Sieg gait fur den ehrenvollsten. 

schaft in Byzacium, Ptolem. IV 3, 26. Auch certamina binarum, also bei vier Parteien 

[Dessau.] Rennen von acht Wagen, waren ziemlich haufig. 

Cerotimus, gallischer Vasenfabrikant der Das eertamen quaternarum jedoch muss etwas 

Kaiserzeit. Dragendorff Terra sigillata 90. ganz Aussergewohnliches gewesen sein ; dennunter 

[C. Robert.] 40 2636 inschriftlich verzeichneten Siegen dreier be- 

Cerretani (KsQQtjravol) , iberisches Volk in ruhmten Wagenlenker wird nur ein einziges er- 

Hispania citerior, im alten Periplus Ceretes (Avien. wahnt. CIL VI 10047. 10048. Priedlander 

ora mar. 550), an und in den Pyrenaeen zwischen S.-G. II 6 500. 509 ; Festschrift d. Konigsb. Univ. 

den Vasconen, Ausetanern, Iacetanern und Her- z. 50jahr. Jubil. d. archaeol. Instit. S. 7f. Er- 

geten (Strabo III 161 rov 'Ipqgtxov <pvXov nach silia Lovatelli Bull. com. IV (1878) 164ff. Th. 

Poseidonios. Plin. Ill 22 per Pyretiaeum Cerre- Mommsen Ephem. epigr. IV p. 247 — 252. O. 

tani); worauf des Silius Bezeichnung fur sie Hirschfeld Arch.-epigr. Mitt. II 118ff. 
quondam Tirynthia castra (HE 358) beruht, ist [Pollack.] 

unbekannt ; ein Grammatiker wie Asklepiades Certha (Itin. Hieros. 585, 2), mutatio an der 

von Myrlea wird sie irgendwie mit Tiryns zu- 50 Kiiste Palaestinas , 8 Millien nOrdlich von Cae- 

sammengebracht haben. In den Listen des Agrippa sarea Palaestinae (el-Kaisarije); vielleicht iden- 

und Augustus erscheinen als cives Latini die tisch mit Carina der Notitia dignit. (s. d.) ; nicht 

Cerretani qui luliani cognominantur et qui Au- identificiert. [Benzinger.] 

gustani (Plin. Ill 23) : wahrscheinlich hatten ihre Certia (Tab. Peut. Cersie; Geogr. Rav. 178, 

eivitates — Stadte werden nicht genannt — von 10. 188, 4 Gertie), Station der Strasse Napoca- 

Caesar und Augustus mit dem latinischen Recht Porolissum, IIII m. p. von der letztgenannten 

die ehrenden Beinamen erhalten. Die Landschaft Stadt , in Dakien. Jetzt Romlott, wo sich ein 

dies- und jenseits der Pyrenaeenkette heisst noch Lager- der eoh. II Britannica miliaria (CIL III 

jetzt Cerdana (Cerdagne) und liefert gute Schinken, 8074, 11) befand. Vielleicht stand hier auch die 
wie einst (Strabo III 162 aus Poseidonios; von 60 eoh. I Batavorum miliaria CIL III 839 = Dessau 

Athen. XV 657 falschlich auf das ,aquitanische' 2598, vgl. 841; beim Lager entstanden canabae 

Pompaelo bezogen), die mit den kantabrischen (CIL IH 839. 7643). Im benachbarten Magyar- 

wetteifern und den Bewohnern gute Einnahmen Egregy wurden Ziegel der eoh. I Hispanorum 

bringen; Martial (Xni 54) stellt sie mit den mes- quingenaria und der eoh. VI T(h)r(acum?) ge- 

sapischen zusammen, Athenaios mit den kibyrati- funden (CIL III 8074, 18. 24). CIL III p. 167f. 

schen. [Hiibner.] 1014.1378. J. J u n g Fasten der Provinz Dacien 

Cerrinius, oskischer Gentilname, haufig z. B. 113f. 115. 119. 122. 135 und Mitt, des Instituts 

in Pompei (vgl. CIL IV ind.), wohl auch bei far Ssterr. Geschichtsforschung, Erganzungsband 

Pauly- Wissowa HI 63 



1987 Certima Cervidius 1988 

IV 10, 5. Kiepert CIL III tab. II und Formae bei Witiges, flieht nach Mailand mid nach dessen 

orbis antiqui XVII. W. Tomaschek Die alten Einnahrae durch die Gothen nach Constantinopel. 

Thraker II 2, 85. C. Schuchhard Arch.-epigr. Prok. Goth. I 26 p. 123 B. II 21 p. 234B. 

Mitt. IX 225. A. Holder Altcelt. Sprachschatz [Hartmann.] 

s. Certia. Ruggiero Dizion. epigraph. II 214. Cervesia s. Bier. 

[Patsch.] Cervical , Kopfkissen , auf dem Bett , Suet. 

Certima s. Cartima. Nero 6. Plin. n. h. XX 217, auf der Sanfte, Iuv. 

Certinon patria, d. i. Ksqtijvcov, neben Di- 6, 353. Petron. 32; mit Federn gestopft Prop, 

valon, im Grenzgebiet von Armenia und Iberia, IV 7, 50. Plin. n. h. X 54. Martial. XIV 146; 
Geogr. Rav. p. 69, 19; in der iberischen Land- 10 buntfarbig Prop. a. 0. und auf den pompeiani- 

schaft Kharthli? Const. Porphyrog. adm. imp. schen Bildern, Helbig Wandgem. 1445—1452. 

Ulp. 191. 192 vermerkt neben ArcSs und Sala- [Mau.] 

mast ein xaoxgov xo XSqx. [Tomaschek.] Cervidius. 1) Cervidius Scaevola (so bei Mar- 

Certissa (Ptolem. II 16, 6 Kepnooa; Tab. cian. Dig. XL 5, 50 und Modest. Dig. XXVII 1, 13, 
Peut. Gertis; Geogr. Bav. 216, 14 Certisiam; 2; der Vorname Quintus bei Paul. Dig. XXVIII 6, 
Itin. Ant. 260, 9 Cirtisa; 268, 5 Cirtisia), Station 38, 3 scheint auf einem Glossem zuberuhen), roun- 
der Strasse Cibalae-Marsonia-Servitium in Pan- scher Jurist aus der zweiten Halfte des 2. Jhdts. 
nonia inferior; jetzt vermutlich bei den siidlich n. Chr. tfber seine Herkunft lasst sich nichts 
von Djakovar gelegenen DOrfern Mikanovci, Vog- Sicheres ermitteln ; weder die bisweilen bei ihm be- 
jinci und Andrijevci, in denen wiederholt romische 20 gegnenden Graecismen (vgl. Huschke Iur. an- 
Funde gemacht worden sind. Djakovar selbst teiust. 5 424f . Kalb Boms Juristen 97ff.), noch die 
besitzt im bischeflichen Schlosse nur eine aus- Anfragen aus den Ostlichen Beichsteilen oder die 
warts (in Mitrovica, Petrovci u. s. w.) erworbene otters von ihm angefiihrten griechischen Urkunden 
Sammlung, J. Brunsmid und J. W. Kubitschek und Namen reichen aus, ihn fur einen Griechen 
Arch.-epigr. Mitt. IV 100. KiepertCILIIItab.IV zu erklaren (so Bremer Bechtslehrer u. Rechts- 
(vgl. p. 422) und Formae orbis antiqui XVII. schulen 90ff. Karlowa 733; dagegen Kalb 97ff.; 
W. Tomaschek Mitt, der geograph. Gesellschaft vgl. Schultze Ztschr. d. Sav.-Stiftg. XII 123); 
in Wien 1880,498. A. Holder Altcelt. Sprach- erstere sind, wenn sie wie hier nur vereinzelt vor- 
schatz s. Cirtisa. [Patsch.] kommen, bei der starken Beeinfiussung der romi- 
Certum heisst der bestimmte Gegenstand einer 30 schen Litteratur und Umgangssprache durch das 
eondietio (s. d.) oder stipulatio (s. d.) in einem Griechische iiberhaupt kein Beweismittel; die An- 
besondern juristischen Sinne; vgl. auch Voigt fragen aber, welche an Scaevola gelangen, be- 
Rtim. Rechtsgeschichte I 1892 , 817ff. Karlowa treffen Rechtsverhaltnisse aus alien Teilen des 
Rom. Rechtsg. II 595ff. Dig. XII 1, rubr., frg. Reiches (vgl. frg. 1. 2. 32, 1. 55 pr. 58, 1. 84, 1. 
24. Dig. XLV 1, 1, 74. [Leonhard.] 94, 3. 121, 1 aus dem griechischen Osten; andrer- 

Certus s. Egnatius, Publicius, Quinc- seits 56, 1. 55, 1 [vgl. Paul. frg. 2073]. 58, 3. 

tius. [Groag.] 70 pr. 76, 5. 84, 2. 93, 2. 93, 6 aus romanischen 

Cerrae. Auf einem Stein aus Ampelum (Da- Landern), und unter den Urkunden und Namen 

cien) liest man die Widmung (CIL III 1303): sind die lateinischen entschieden uberwiegend. 
Libero [p]atri et Lifbjerae Herelia[n]is et Cer- 40 Auch africanische Abstammung (vgl. Kalb lOOf. 

vabufs]. Mommsen (a. a. O.) halt die Hercliani Schultze 123) lasst sich aus Scaevolas Schriften 

und Cerme fur Manner- und Weibercollegien, die nicht erweisen. Fur seine Lebenszeit bieten die 

irgendwie mit dem Kult des Liber und der Li- Schriften einigen Anhalt (vgl. u.) ; ausserdem er- 

bera verbunden waren. Steuding(Roschers Lexi- fahren wir nur, dass Kaiser Marcus ihn in seinen 

kon I 867) vermutet, dass die cervae (= Cereres) Rat gezogen hat (Hist. Aug. Marc. 11; vgl. Dig. 

als segenspendende Geister mit den Hercliani, XXXVI 1, 23 pr.); dass er schon unter Pius respon- 

eine Vervielfaltigung des Hercules, zusammenge- dierte, ist moglich, wird aber durch das Citat 

stellt seien. Eine sichere Deutung des Wortes Imperator Antoninus Pius in den Dig. XXXIV 

giebt es nicht. [Cumont.] 1, 13, 1 nicht bewiesen (vgl. Zimmern 359, 3. 

Cerraria. 1) Eine dalmatinische Insel beim 50 Rudorff 186, 45; dagegen Kriiger 194, 26. 

Geogr. Rav. 409, 10. [Patsch.] Karlowa 733. Fitting 25. Teuffel R. Litt- 

2) In Hispania citerior. Nur bei Mela in Gesch. 369, 1 ; auch steht fest, dass die Responsen, 

der aus Varro geschfipften Kiistenbeschreibung denen die Stelle entnommen ist, erst unter Se- 

wird inter Pyrenaei promunturia . . . Cervaria verus abgefasst sind, vgl. u.). Beziiglich der Be- 

locus Galliae finis genannt (II 84; Plinius hat hauptung von Fitting (25), dass Scaevola noch 

den Ort ausgelassen), das heutige Cervera. Pto- unter Caracalla gelebt habe, vgl. Mommsen 

lemaios fiihrt unter den Ortschaften der Oretaner Ztschr. f. R.-G. IX 115f. Wem er seine juri- 

zwischen Mentesa (s. d.) und Vivatia (s. d.) ein stische Ausbildung verdankt, lasst sich nicht fest- 

sonst unbekanntes KsQovQta an (II 6, 58) , welches stellen; man hat in Lilian (Bremer 53) oder 
man mit dem weit entfernten Cervera bei Valeria 60 Pomponius (Kalb 95; dagegen Schultze Ztschr. 

(s. d.) zusammengebracht hat (K. M tiller zu d. Sav.-Stiftg. XII 123) seine Lehrer sehen wollen, 

Ptol.) ; doch ist der Ortsname Cervera in Spanien, doch sind diese Vermutungen nicht beweisbar. 

wo es einst viele Hirsche gab, haufig. [Hiibner.] Scaevolas Bedeutung liegt vor allem in seiner 

Cervarius Proculus, rOmischer Ritter, nahm praktischen Thatigkeit als Respondent; dass er 

an der pisonischen Verschworung gegen Nero im auch als Rechtslehrer thatig gewesen ist , kann 

J. 65 n. Chr. teil, ging aber als Angeber straflos man aus seinen Quaestionen schliessen (vgl. u.; 

aus, Tac. ann. XV 50. 66. 71. [Stein.] besonders frg. 253: Scaevola respondit . . . et in 

Cerventinus, ro'mischer Senator, als Geisel disputando adieiebat; was Bremer 53ff. iiber 



1989 Cervidius Cervidius 1990 

Soaevolas Lehrthatigkeit anfiihrt, steht allerdings II 287ff. frg. 213—314. Die Erwahnung des 

auf schwachen Fiissen). Auch seine wichtigsten praefeetus legionis in frg. 247, 4 (Buch 2) zwingt 

Schriften sind praktische. Wir kennen folgende: unsdiesWerkin die Zeit des Severus zu setzen(vgl. 

1) Digesta in 40 Biichern (Ind. Plor.): aus WilmannsEphem. epigr. I p. 102ff. 0. Hirsch- 
Buch 1 — 29 haben wir zahlreiche Bruchstiicke in feld Herm. XII 142f.). Andrerseits ist dem Ju- 
Iustinians Digesten, aus Buch 30 — 34 einige risten allem Anschein nach im 1. Buch (frg. 216, 1) 
wenige, die letzten Biicher scheinen den Compi- die Oratio des Severus iiber die Unverausserlich- 
latoren nicht mehr vorgelegen zu haben. Frag- keit von Grundstiicken der Minderjahrigen vorn 
mente bei Lenel Pal. II 215ff. Filr die Ab- J. 195 noch nicht bekannt, so dass also mindestens 
fassungszeit kommt in Betracht, dass eine im 10 die ersten beiden Biicher zwischen 193 und 195 
■9. Buche erwahnte Entscheidung (frg. 36, 1) das verOffentlicht sind (vgl. Fitting 26f. Lenel Pal. 
SC. Orfitianum voraussetzt; die ersten 9 Biicher II 287, 6). Ganz sicher ist allerdings dieser 
konnen also nicht vor 178 verOffentlicht sein. Schluss nicht, da in frg. 216, 1 auch praedia 
Ferner gewinnen wir eine Zeitgrenze nach unten, urbana gemeint sein kOnnten, auf welche die Ver- 
und zwar das J. 180, fur diese Biicher daraus, fiigung des Severus keinen Bezug hatte. 

dass Scaevola im 7. Buche (frg. 30) eine im Cod. Die Digesten und Eesponsen haben in der 
lust. IV 57, 2 — 3 erwahnte Constitution des Mar- Hauptsache gleichartigen Charakter. Sie enthal- 
•cus und Commodus (176 — 180) noch nicht kennt. ten Falle aus der umfangreichen Praxis des Juristen. 
Dagegen ist der Schluss von frg. 121, 2 im Auch die Form ist dieselbe; der Thatbestand wird 
28. Buch nicht wohl anders, als durch diese letz- 20 angegeben , darauf die Frage und die Entschei- 
tere Verfugung zu erklaren, wenn sie auch nicht dung des Scaevola. Nur vier Stellen finden sich 
genannt wird. Daraus ergiebt sich , dass die in den Digesten, welche diesem Schema nicht ent- 
Herausgabe des Werkes stiickweise erfolgte, denn sprechen: frg. 4. 5. 30, und zwar scheint in frg. 5 
es ist wenig glaubhaft, dass der Jurist das frtihere die angefiihrte Constitution zum Ausgangspunkt 
Gutachten (frg. 30), das seine praktische Geltung genommen zu sein, iiber die beiden andern Stellen 
schon eingebiisst hatte, noch in eine spatere Ge- lasst sich nicht entscheiden, da sie nur den Wort- 
samtausgabe aufgenomrnen haben wiirde. Hier- laut der kaiserlichen Verfiigungen enthalten; in 
mit bleibt die MOglichkeit offen, dass die Biicher frg. 314 scheint die Inscription verschrieben zu 
1 — 8 schon vor 178 und die Biicher 10 — 40 erst sein , die Stelle diirfte den Quaestionen entnom- 
nach Marcus Tode verOffentlicht sind. Indessen 30 men sein. Namentlich bei der Erteilung des Be- 
bieten unsere Fragmente fur keine dieser An- scheides herrscht das Bestreben vor, kurz zu sein ; 
nahmen einen sicheren Anhalt. Namentlich darf meist wird er nur mit wenigen Worten gegeben, 
man fur die erstere sich nicht auf die Erwahnung nur selten werden die verschiedenen im That- 
der Imperatores Antoninus et Verus im 1. und bestand liegenden Moglichkeiten auseinanderge- 
2. Buche (frg. 4 pr. 5) berufen und damit auf setzt , wird ein in der Anfrage nicht geniigend 
die J. 161 — 169 hinaufgehen, denn abgesehen von betonter Punkt hervorgehoben oder dieselbe nach 
der Unwahrscheinlichkeit eines so grossen Zwi- bestimmten Richtungen eingeschrankt oder einer 
schenraumes citiert auch Papirius Iustus in der Begriindung unterzogen. Uberdies sind eine grosse 
gleichen Weise, wahrend sein Werk erst unter Anzahl von ausfiihrlicheren Gutachten der Inter- 
die Alleinregierung des Marcus fallt (F i 1 1 i n g 40 polation durch die Compilatoren Iustinians ver- 
24f.), vor allem aber begegnet das gleiche Citat dachtig. Vgl. iiber die Darstellungsweise im all- 
in frg. 36 pr. auch unmittelbar vor dem auf das gemeinen Gradenwitz Ztschr. d. Sav.-Stiftg. 
SC. Orfitianum zu beziehenden Gutachten des VII 71. Kriiger ebd. VII 92f. Schirmer ebd. 
9. Buches. Andrerseits ist das Citat Imperator VIII 99ff. HOff.; Arch. f. civ. Prax. LXXXII 13. 
noster divus Marcus in frg. 82 augenscheinlich LXXXIV 39; iiber die Frage der Interpolation 
nicht geeignet, um das 20. Buch nach Marcus Schirmer Ztschr. d. Sav.-Stiftg. VIII 155ff. 
Tode anzusetzen (vgl. Mommsen zu Dig. XXII Gradenwitz Interp. in d. Pand. 178ff. Citate 
39 pr. Lenel Pal. II 246, 1). Zu den von uns anderer Juristen fehlen ganzlich, auch kaiserliche 
angenommenen Zeitverhaltnissen aber wiirde es Constitutionen begegnen nur vereinzelt (frg. 4. 5. 
stimmen, wenn der in frg. 94, 4 erwahnte Con- 50 30. 36. 68, 3. 82. 280, 1). Eine Anzahl von Ent- 
sulent Largius Eurippianus der von Commodus scheidungen findet sich sowohl in den Digesten 
getotete Consular Larcius Eurupianus (Hist. Aug. wie in den Responsen (Dig. 20 = Resp. 230. Dig. 
Comm. 7; vgl. Kriiger 195, 32) und die in 21 = Resp. 231 pr. Dig. 23 = Resp. 228. Dig. 
frg. 76, 4 genannte Iulia Domna die spatere 55, 1 = Paul, ad Vitell. 2073 [aus Scaevolas Re- 
Kaiserin ware (Ix, dtj/xonxov yivove, Dio LXXVHI sponsen entnommen, vgl. u.]. Dig. 57, 4 = Resp. 
24; hierbei mag bemerkt werden, dass praedium 275, 2. Dig. 57. 6 = Resp. 275, 4. Dig. 57, 13 
suburbanum nicht notwendig ein in den Vor- — 14 = Resp. 259, 1. Dig. 76, 4 = Resp. 259 pr. 
stadten von Rom gelegenes Gnmdstiick bedeutet Dig. 76, 8 = Resp. 259, 5. Dig. 90 pr. = Resp. 
[vgl. frg. 93, 6] , und dass in der Parallelstelle 278, 3. Dig. 94, 1 = Resp. 282, 1. Dig. 101 = 
aus den unter Severus Regierung geschriebenen 60 Resp. 284. Dig. Ill = Resp. 292 pr. Dig. 113 
Responsen [frg. 259 pr.] das Cognomen Domna = Resp. 293. Dig. 124, 2 = Resp. 308). Im 
weggelassen und der Name ihres Grossoheims ganzen geben hier die Responsen das Material in 
Iulius Agrippa durch L. Titius ersetzt ist). Vgl. kiirzerer Form; regelmassig hat Scaevola in dem 
fur die Zeitfrage Fitting 26. Kriiger 195. spateren Werke die Worte, welche ihm fiir die 
Lenel Pal. II 215, 1. behandelte Rechtsfrage iiberflussig schienen, ge- 

2) Responsa in 6 Biichern (Ind. Flor.), aus strichen, in frg. 259, 1 sind auch die zwei An- 
denen eine betrachtliche Anzahl von Fragmenten fragen der Digesten (frg. 57, 13—14) in eine zu- 
in die Digesten aufgenomrnen sind; s. Lenel Pal. sammengezogen. Aber diese Regel ist keine aus- 



1991 Cerridius Cervidius 1992 

nahmslose; in frg. 275, 4 der Responsen ist der 3) Quaestiones in 20 Biichern (Ind. Flor.); 

Text des zu interpretierenden Testamentes wort- die Bruchstiicke s. bei Lenel Pal. II 271ff. (frg. 

getreuer wiedergegeben als in frg. 57, 6 der Di- 132 — 185). Die Zeit der Herausgabe lasst sich 

gesten, ebenso in frg. 278, 3 gegeniiber 90 pr., nur dadurch annahernd bestimmen, dass die oben 

obwohl hier andrerseits auch einige Worte fehlen (S. 1989) erwahnte, friihestens 178 ergangene Con- 

(dagegen scheinen in frg. 292 [vgl. Ill] die Worte stitution des Marcus und Commodus im 14. Buch 

vel tutor vel curator bona fide von den Compila- (frg. 177) dem Scaevola bekannt gewesen sein 

toren eingefiigt zu sein); frg. 230 Resp. (vgl. 20 muss; vgl. Fitting 26. Krtiger 197. Lenel 

Dig. hat die genauere Bezeichnung des Erben 271, 1. Die Quaestionen weisen die mannigfal- 
als films familias ; in frg. 254 Resp. lesen wir 10 tigsten Bestandteile auf ; bald geht der Verfasser 

ohne Frage die genauere Bezeichnung der letzt- von einem Gesetz (frg. 157, llff.) oder einer andern 

willigen Verfiigung als Codicill (gegeniiber 101 Rechtsquelle (frg. 183, vielleicht auch 143. 165) 

Dig. Testament); in der aus Scaevolas Responsen aus, bald kniipft er an Ausserungen anderer Juri- 

entlehnten Stelle des Paulus ad Vitell. frg. 2073 sten an (frg. 133. 150. 157 pr— 10. 160. 166. 182 

(vgl. u.) findet sich der Name der alumna Ge- und wohl auch 153. 155), bald werden Fragen 

nesia, der in frg. 55, 1 Dig. fehlt; in frg. 275 ist des praktischen Rechts erOrtert. Mit den Digesten 

zu dem auch in den Digesten (57, 4) enthaltenen und Responsen haben die Quaestionen nur die 

§ 2 noch eine weitere Anfrage in § 3 hinzugefugt. Anordnung des Stoffes gemein , im iibrigen ist 

Hieraus folgt meines Erachtens, dass Scaevola bei ihr Charakter grundverschieden von dem jener 
der Bearbeitung der Responsen nicht einfach sein 20 Werke; statt der gedrungenen Kiirze, die regel- 

fruheres "Werk excerpiert hat, man muss vielmehr massig sogar von einer Begriindung der Entschei- 

annehmen, dass er die Rechtsfalle, so wie sie ihm dung absieht , finden wir hier die breite Erorte- 

seine Praxis darbot, sogleich aufgezeichnet, und rung; die Rechtsfrage wird oft ausfiihrlich erwogen r 

dass er aus diesem Privatarchiv heraus beide in Unterfragen zerlegt, die verschiedenenMoglich- 

Werke selbstandig zusammengestellt hat (vgl. iiber keiten werden beleuchtet , Beispiele und Mei- 

das Verhaltnis der Responsen zu den Digesten nungen anderer Juristen herangezogen (vgl. frg. 

Bluhme Ztschr. f. gesch. R.-W. IV 325, 17. Zim- 133; 138, 3; 148; 150; 155[?]; 157, 15. 16; 160; 

mern 361, 16. H. Pernice Miscell. 80f. [die 161 Abs. 2; 164; 166; 171; 174; 182; der alteste 

hier vorgetragene Ansicht, dass die Digesten nahere der citierten Juristen ist Ser. Sulpicius Rufus, 
Ausfiihrungen zu den Responsen enthalten hatten, 30 der jiingste Marcellus) , in frg. 137 schliesslich 

widerlegt sich durch das zeitliche Verhaltnis beider haben wir einen Commentar nach Art des Pom- 

Schriften von selbst]; ferner Fitting 27. Kar- ponius und Ulpian. Bei keinem Juristen tritt 

Iowa 734. Kriiger 196. Schirmer Ztschr. d. die Verschiedenheit zwischen Responsen und Quae- 

Sav.-Stftg. VIII 100f.). Die Gutachten werden in stionen so klar hervor, wie bei Scaevola; seine 

beiden Werken bald mit respondi bald mit respon- Schriften sind typisch fur beide Litteraturgat- 

dit eingefuhrt (letzteres bildet in den Digesten die tungen (vgl. den Artikel Quaestiones). 

Regel, wahrend in den Responsen beide Formen 4) Als besondere Schrift haben den Compila- 

ziemlich gleichmassig begegnen); man darf darau? toren die Quaestiones publiee traetatae 

nicht schliessen, dass Scaevola ausser eigenem (1 Buch) vorgelegen. Die Reste (Lenel Pal. II 
auch fremdes Material verarbeitet habe (wie Afri- 40 283ff. frg. 186 — 194) weisen keine von den Quae- 

canus; s. o. S. 11931), auch diese Verschieden- stionen wesentlich verschiedene Form auf, nur 

heit nicht auf Ungenauigkeiten der Compilatoren fehlen die Ankniipfungen an Rechtsquellen und 

oder Abschreiber zuruckfuhren (so Kriiger 195, Juristen; unsere Fragmente gehen alle von prak- 

34); sie beruht auf einer Willkiirlichkeit Scae- tischen Rechtsfragen aus. Fur eine nahere Zeit- 

volas , der auch den Consulenten bald person- bestimmung geben sie keinen Anhalt, Kaiser wer- 

lich sprechen lasst (quaero), bald fiber seine An- den nicht genannt, der jungste der citierten Ju- 

frage berichtet (qimesitum est), der bald die wirk- risten ist Iulian (frg. 187, 1) ; vgl. Kriiger 197, 50. 

lichen Namen der Parteien giebt (so haufig in Versuche, den Charakter der Schrift naher zu be- 

denDig. frg. 8; 19; 47 pr. 1. 6; 48; 52, 2; 56, 5; stimmen, s. bei Bremer25f. Karlowa669. 7341 
57 pr. 4. 8; 60 pr.; 68 pr. 5; 70 pr.; 71 pr.; 76,50 5) Regulae in 4 Biichern (Ind. Flor.), welche 

4. 6. 7; 83, 3; 84, 4; 90, 13; 93, 1. 3. 12; 94 pr. in den Digesten Iustinians benutzt sind (Lenel 

4; 97; 100; 103, 2; 105; 114; 120; 121, 1. 2; Pal. II 285ff. frg. 195—212). Die Schrift ent- 

seltener in den Resp. 222 pr. ; 233; 258,15; 259, halt kurzgefasste Ausspriiche, welche entweder 

5; 267, 7; 278, 1; 286 pr.; 287 pr. 10. 15. 16; den Inhalt von Gesetzen, Senatusconsulten oder 

306, 2), bald sie durch fingierte (L. Titius, Seius Constitutionen wiedergeben oder Juristenrecht dar- 

u. s. w.) ersetzt (vgl. insbesondere frg. Dig. 21 = stellen. Vom einzelnen Falle wird ganz abge- 

Resp. 231 pr. Dig. 23 = Resp. 228. Dig. 76, 4 = sehen, auch die Begriindung fehlt, der Jurist stellt 

Resp. 259 pr. Dig. 90 pr. = Resp. 278, 3. Dig. nur den theoretisch formulierten Rechtssatz hin. 

113 = Resp. 293;" auch Schirmer Arch. f. civ. Die Abfassungszeit lasst sich nicht genauer be- 
Prax. LXXVTII 30ff.). Der Stoff ist in beiden 60 stimmen. Vgl. den Art. Dositheus. 

Werken in der Hauptsache nach dem Edictssystem 6) Der Lid. Flor. erwahnt noch eine Schrift: 

geordnet, anderweite Materien sind angehangt. de quaestione familiae (peinliches Verho'r 

Beitrage zur Auslegung lieferte in neuerer Zeit von Sclaven) fiifiXlov i'v. Fragmente daraus sind 

Schirmer Arch. f. civ. Prax. LXXVIII 30ff. nicht erhalten. 

LXXIX224ff.LXXX103ff.LXXXI128ff. LXXXII 7) Schliesslich schrieb Scaevola Not en zu 

12ff. LXXXIV 32ff. LXXXV 275ff. LXXXVI 249ff. den Digesten des Iulian und Marcellus, Nachweise 

und Ztschr. d. Sav.-Stiftg. XI 84ff. XII 15ff. s. bei Lenel II 270, 4. 5; auch frg. 334 mag 

XV 352ff. dahin gehSren. 



1993 Cervidius Cessero 1994 

Scaevola hat stets in hohem Ansehen gestan- zuzufiigen ist. Da Cervidia QfuintiJ f(ilia) ge- 

den; seine Schriften sind viel gelesen und be- nannt wird und ihr Gemahl die Praetur unter 

nutzt worden (vgl. frg. 315—344), namentlich hat Marcus und Verus bekleidete (vgl. Dessau Pro- 

Paulus in seinen libri ad Vitellium viel wert- sopogr. imp. Eom. II 93 nr. 367), liegt es nahe, 

voiles Material aus Scaevolas Eesponsen entlehnt sie fur die Tochter des zu Marcus Zeit lehrenden 

(frg. Paul. 2062 = Scaev. 253. Paul. 2067 = Scaev. Eechtsgelehrten Q. Cervidius Scaevola (Nr. 1) 

265. Paul. 2070, 4 = Scaev. 267, 1. Paul. 2070, zu halten. [Groag.] 

5—9 = Scaev. 268, 5—9. Paul. 2071 = Scaev. 268, Cervius. 1) P. Cervius, Legat des C. Verres 

13. Paul. 2072 = Scaev. 268, 14. Paul. 2073 = in Sicilien 681 = 73 (Cic. Verr. V 114). 

Scaev. 55, 1 [die Parallelstelle des Scaevola ist 10 [Miinzer.] 

mis zwar nur in seinen Digesten erhalten ; dass 2) Bei Horaz werden zwei verschiedene Manner 

Paulus aber auch dieses Werk excerpiert habe, dieses Namens genannt, der eine einer der Nach- 

geht aus seinen iibrigen Fragmenten nicht hervor; barn des Dichters auf seinem Sabinum (sat. II 

Scaevola muss also die Stelle in den Eesponsen • 6, 77), der andre ein gefurchteter Anklager (sat. 

wiederholt haben; darauf deutet namentlich auch II 1, 47 Cervius iratus leges minitatur et urnam; 

Mn, dass sich bei Paulus der Name der alumna dazu Comm. Cruq. Cervius -fAseanii libertus ca- 

Genesia flndet, der in Scaevolas Digesten nicht lumniator aeeusavit On. Calvinum — Cos. im 

steht]. Paul. 2074, 3—4 = Scaev. 272, 3—4. Paul. J. 701 = 53 — lege de sieariis). 

2077 = Scaev. 272, 7—9; vgl. Mommsen Ztschr. [Wissowa.] 
f. R.-G. IX 116), Modestin zahlt ihn mit Paulus und 20 Cerulus, reicher Freigelassener, der vergebens 

Ulpian zusammen zu den xofnxpdioi, xmv vo/uxcov, die Erinnerung an seine Freilassung zu verwischen 

Kaiser Arcadius und Honorius (frg. 344) nennen suchte, um seinen AngehOrigen die voile Erb- 

ihn prudentissimum iuris eonsultorum (vgl. auch schaft zu sichern (vgl. O. Hirschfeld Unters. I 

Tryphonin zu frg. 85: magno ingenio). Noten 56, 1), und der sich deshalb Laches nannte. Er 

zu seinen Digesten und Responsen lieferte Clau- wurde dafiir von Vespasian verspottet , Suet. Vesp. 



dius Tryphoninus (frg. 15; 16; 30; 40 pr.; 47, 1 
57, 7; 65, 1; 67; 68, 4; 71, 2; 72; 76, 5; 85 
86, 1; 90. 6. 9; 91; 93, 13; 103, 1; 123; 125 



23. Der bei Mart. I 67 genannte Cerylus ist 
eine flngierte PersOnlichkeit, deren Name, wie 
Friedlander z. St. glaubt, mit Erinnerung an 
■258, 12), zu den Eesponsen auch Paulus (frg. 257. C. gewahlt ist. [Stein.] 

288). Wahrscheinlich waren beide Schiller des 30 Cervonius. 1) Proconsul Achaiae im 4. Jhdt. 
Scaevola, dafiir spricht, dass sie ihn (Paulus sogar An ihn ist Himer. or. IV gerichtet. [Seeck.] 
sehr hauflg) als nosier bezeichnen, was doch hier 2) C. Cervonius Papus, Consul ordinarius im 

fraglos auf eine persSnliche Beziehung deutet (vgl. J. 243 n. Chr. mit L. Annius Arrianus. Der ganze 
fur Tryph. frg. 323. 343, fur Paul. frg. 316—319. Name CIL III p. 894 dipl. LDT = CIL XIII 1791 ; 
321. 325. 329. 331. 338. 340; vgl. ferner frg. 253: . C. Cerv . . . Bull. com. 1894, 231 (unvollstandig 
Scaevola respondit . . . et in disputando adi- CIL VI 11668); sonst Papus. [Groag.] 

eiebat). Dagegendarf man Scaevola nicht mehr auf Cerus (stammverwandt mit creare), altitali- 

Grund von Hist. Aug. Carac. 8 (Papinianum . . . scher Gott, eine VerkSrperung der schspferischen 
cum Severo professum sub Scaevola) als Lehrer Kraft , die in Ceres ihr weibliches Gegenstiick 
des Papinian und des Kaisers Severus ansehen; 40 findet. Im Salierliede wurde er als manus cerus 
die betreffenden Worte sind, wie Mommsen (= bonus creator Fest. ep. 122) oder duonus 
(Ztschr. d. Sav.-Stiftg. XI SOff.) nachgewiesen hat, cerus (Varro 1. 1. VII 26) angerufen. Die Wid- 
interpoliert (vgl. auch Dirk sen Hinterl. Schr. mung Keri poeolom neben einem Flugelknaben 
II 45 If. 468f), Scaevolas Sprache ist an vielen mit der DoppelflOte bietet eine zu Vulci gefundene 
Punkten infolge des Bestrebens nach Kiirze nicht Trinkschale (CIL I 46). Der Dativ Kerre und 
leicht verstandlich; Schirmer (Ztschr. d. Sav.- der Gebrauch des Adiectivums Kerriis auf der 
Stiftg. VIII 165) hat recht, wenn er von ,einer Weihinschrift von Agnone (Zvetajeff Inscr. Ital. 
ganzen Eeihe schwerfalliger, nach einem passen- inf. dial. nr. 86), ebenso die haufige Erwahnung 
•den Ausdruck formlich ringender Stellen' spricht. der Gotternamen Cerfus und Cerfia auf den iguvi- 
Kalb (95ff. 102ff.) urteilt* liber seinen Stil, dass 50 nischen Tafeln (IB 4. 24. 27. '31. VI B 45. VII A 
«r vulgare, der Umgangssprache angeherige Worte 3. 7. 40) erweisen die Verehrung des C. bei den 
und Wendungen liebe und Ofters eine gewisse Oskern und Umbrern und die Eichtigkeit der 
Effecthascherei aufweise, auch glaubt er Spuren Aussprache Cerrus. Die Schreibweise mit einem 
der frontonianischen Richtung bei ihm nachweisen r gehort der Zeit vor der Einfuhrung der Con- 
zu konnen (vgl. auch Schultze Ztschr. d. Sav.- sonantengemination an (Btxcheler Umbrica 98f.). 
Stiftg. XII 123f.). [Aust] 

Neuere Litteratur: Zimrnern Gesch. d. E. Cesaui, ein Volk Arabiens bei Plin. VI 159 

Priv.-E. I359ff. Eudorff E. E.-G. I 186f. Fit- neben der Stadt Athene (Aden?) und den Can- 
ting Alter d. Schriften rom. Jur. 25ff. Teuffel naravi genannt. [D. H. Muller.] 
E.Litt.-Gesch. §369, 1—4. Bremer Eechtslehrer 60 Cescum s. Keskon. 
u. Eechtsschulen 53ff. 90ff. Krttger Quell, u. Litt. Cessero, Stadt der Volcae Tectosages in 
d. E. E. 194ff. Karlowa E. R.-G. I 733f. Kalb Gallia Narbonensis, Plin. n. h. Ill 36. Ptol. II 
Roms Juristen 95ff. Landucci Stor. d. dir. rom. 10, 6 (Ksoosqco). Auf den Gefassen von Vica- 
I 218f. [Jers.] rello CIL XI 3281—3284 Cesserone, Cesser onem, 

2) Attia Cervidia Vestina, s. Attius Nr. 36, Cessirone; Itin. Ant. 389 Araura (s. d.) sire 
wo die Inschrift [CJervidiae Q. f. Vestinae c(la- Cesserone; Itin. Hier. 552 mmisio Cessarone. 
rissimae) ffeminae) Fulvi Aemiliani ex deereto Das heutige Saint-Thibery am fle"rault (Arauris, 
deeurionum (CIL XIII 1802 Lugudunum) bin- s. d.), arrond. Be"ziers. Herzog Gallia Narb. 123. 



1995 Cessetani Cessio bonorum 1996 

Desjardins Table de Peut. 50; Ge'ogr. de la terer Zeit durch Kaisererlasse auch Boniern zu- 

Gaule II 222f. [Ihm.] ganglich wurde, die in einer Provinz vor dem 

Cessetani (Cessetania) , Volkerschaft in Hi- StatthalterBechtnahmen(vgl.WlassakB8m.Pro- 

spania citerior zwischen dem Hiberus und dem cessgesetze II 83. 157. 239. 245. 88ff.). Dass die 

Bubricatus. Zu den zahlreichsten und altesten im Edict des Tib. Mius Alexander (CIG III 4957 

unter den Miinzen mit iberischer Aufschrift (Denar, Z. 16) angezogene Verordnung rov ftsov SefSaorov 

Quinar, As, Semis, Triens, Quadrans, Sextans, nicht unser iulisches Gesetz ist, das dfirfte fest- 

Uncia) gehoren die mit Beiter, zuweilen mit Hand- stehen ; vermutlich wicb sie von diesem auch dem 

pferd, Pferd, Pferdekopf, Pegasus und anderen Inhalt nach wesentlich ab (Mitteis Beichsreeht 

Typen und den Aufschriften cse, eese, cesse (Mon. 10 u. Volksrecht 447f. 450, 3; anders Mommsen 

ling. Iber. nr. 21). Bei Polybios wird von den Jurist. Abhandlungen. Festg. f. G. Beseler 265f.). 

Kampfen des Cn. Scipio mit den Karthagern ran Dagegen kommt fiir die bestrittene Frage, ob der 

Kissa (III 76, 5 xsqi tioXiv nQooayogevoftevrjv Iulier, der das Gesetz gab, der altere Caesar (so 

Kiooav) berichtet, die in der parallelen Erzahlung u. a. Mommsen Bern. Gesch. Ill 8 536) oder 

bei Livius vom J. 536 = 218 v. Chr. wiederkehrt Augustus sei, c. 21f. der Lex Bubria (CIL I 205) 

(XXI 60. 61), wo Cn. Scipio von Emporiae aus in Betracht, da diese Gerichtsordnung, welche 

gegen den Hiberus vorriickt und noch diesseits man mit grOsserer Wahrscheinlichkeit ins J. 712 

des Plusses den Hanno schlagt et Cissis propin- = 42 setzt, von der B. C. nichts weiss. Eine 

quum eastris oppidum expugnatur (XXI 60, 7), schwache Stiitze findet die Annahme nachcaesari- 

das aber nur geringe Beute giebt ; Hasdrubal 20 schen Drsprungs in dem Stillschweigen Ciceros ; 

iiberschreitet dann den Hiberus, postquam per- auch die Berufung auf Z. 113f. der Lex Iulia 

ditas res ad Oissim amissaque castra aecepit munic. (CIL I 206) von 709 = 45 (?) und auf 

(61, 1) und dringt bis gegen Tarraco vor. Dort Caes. b. c. Ill 1 vermag nur wenig auszutragen. 

also muss die Stadt gelegen haben. Nun wird Haltlos ist die von Mazochi (Comment, in tab. 

bei Plinius in der aus Poseidonios und Varro Heracleens. 432, 87; vgl. Mommsen a. O. 18 

stammenden Kiistenbeschreibung regio Cessetania 302. III8 536) aufgebrachte Herleitung der Giiter- 

(so die Leidener Hs., Cossetania oder Cositania abtretung aus der Lex Poetelia vom J. 428 = 326. 

ist erst aus Ptolemaios hineincorrigiert worden), Einen Zusammenhang mit dem 'Egiotao&ai xfjs 

flumen Subi, eolonia Tarraeon genannt (III 21 ; ovalag (s. d.) des griechischen Bechts behauptet 
Mela II 90 hat diese Angaben iibergangen). Bei30Heraldus (bei Otto Thesaurus iur. Bom. II 

Ptolemaios sind Tarraco und Subur (s. d.) die 1280f.) und M. Voigt. 

Kiistenstadte desselben Volkes (II 6, 17 Koaoe- II. Erfordernisse. Dariiber, wie iiber den 

tavwv naQaXiog ; so die besten Hss., die schlechten Act der C. sind die Nachrichten ausserst liickenhaft. 

Koaixavmv und Koarjravwv); denn die Form Go- Zur Guterabtretung an die Glaubiger schreitet 

sitani beruht nur auf den Hss. des Ptolemaios begreiflich nur ein in VermOgensverfall geratener 

und der falschlich fur eine Inschrift gehaltenen Schuldner. Diesen Umstand zur rechtlichen Vor- 

tJberschrift einer alten hsl. Sammlung von In- aussetzung zu machen, hatte man keinen Anlass. 

schriften aus Tarraco (CIL II 4092 und 524*). Nicht immer erOffnet die B. C. ein dem heutigert 

Der Unterschied des "Vocals zwischen Kissa und Concurs entsprechendes Verfahren, da sie auch 

Kessetania kommt nicht in Betracht ; Kossetanoi 40 einem Schuldner freistand , der einen einzigen 

bei Ptolemaios ist alte Verschreibung. Kissa wird Glaubiger hatte. Wer bonis cediert, beflndet 

die alte Hauptstadt des Stammes mehr im Innern sich in wesentlich giinstigerer Lage als ein sonst 

westlich von Tarraco gewesen sein, die spMer mit Zwangsvollstreckung Verfolgter; daher ist im 

zerstort wurde (vgl. Herm. I 1866, 84 und CIL Cod. lust, wiederholt (VII 71, 1. 4. 7. 8) vom 

II p. 538). Tarraco trat dann an ihre Stelle; benefieium, adiutorium, auxilium, eessionis die 

daher die grosse Zahl der Miinzen mit cesse aus Bede. Dass die Bechtswohlthat jedem zugang- 

jener Gegend und die sonst nirgends vorkommende lich war, auch dem Schuldner, der bOswillig 

Vollstandigkeit ihrer Nominate; in einem Stein- (vgl. Paul. Dig. XLII 1, 51 pr.) oder leichtsinnig 

bruch bei Tarragona wurden 1850 deren 1000 seine Zahlungsunfahigkeit herbeifiihrt, ist von 

auf einmal gefunden. [Hiibner.] 50vornherein wenig glaublich. Allerdings enthalt 

Cessio, die Eechtsabtretung, Dig. XXXIX 3, Iustinians Compilation (vgl. aber lust. Nov. 135 

9 pr. (cessio aquae), s. Cedere action e. praef. : in xov ov/ufisfiyfcoros xai ov Qq.dvfiia) 

[Leonhard.] keine beschrankende Bestimmung; doch finden 

Cessio bonorum. I. Ursprung. Die Lex sich Spuren davon in der aus dem Cod. Theod. 
Iulia, auf der die B. C. beruht (Gai. Ill 78. Cod. (IV 20) gekiirzt entlehnten trberschrift des Codex- 
Theod.IV20), war anscheinend kein besonderes Ge- titels VTI 71: qui bonis (Theod.: ex lege Iulia) 
setz, sondern ein Kapitel der stadtromischen Ge- cedere possunt, bei Grat. Valent. Cod. Theod. IV 
richtsordnung des Augustus vom J. 737 = 17. Wenn 20, 1 und Sen. benef. VII 16, 3. Letzterer schreibt 
Diocl. Cod. lust. VII 71, 4 pr. von einer lex Iulia de die unterschiedslos strenge Behandlung aller Ban- 
bonis cedendis spricht, so folgt er dem Beispiel der 60 kerottierer den maiores zu , wohl im Gegensatz 
klassischen Juristen, die sehrhaufig eine einzelne zu dem Bechte seiner Zeit (satius enim erat..), 
Gesetzesbestimmung als lex bezeichnen (vgl. etwa und in dem erwahnten Kaisererlass sind die Vor- 
Paul. sent. II 21 B, 2 mit Dig. XXIII 5, 1. 4). teile der B. C. mit "Worten, die eine auffallende 
Die genannte Gerichtsordnung hatte Geltung nur Ubereinstimmung mit Seneca zeigen, den Fiscal- 
fur den in Bom unter rOmischen Burgern recht- schuldnern (s. Gothofredus z. Cod. Theod. a. a. 
sprechenden Praetor ; dieselbe Beschrankung er- O.) entzogen, die nicht nachweislich ohne eigenes 
giebt sich aus Diocletians Mitteilung a. O. (vgl. Verschulden unvermOgend wurden. Das Zusam- 
Bas. IX 5, 13), derzufolge die B. C. erst in spa- mentreffen im Ausdruck k6nnte seinen Grund 



1997 Cessio bonorum Cessio bonorum 1998 

haben in der Benutzung derselben Quelle; diese gewinnen (Diocl. Cod. lust. VII 71, 4), sondern nur 

Quelle ware nach der citierten Titeltiberschrift im die Befugnis erhalten, auf Grund der Abtretung 

Cod. Theod. (vgl. Lex Eom. Burg. XXXVIII 24 vom Praetor Einweisung (missio, s. d.) in die 

ed. Barkow) die Lex Iulia selbst, und Gratian bona zu begehren, um sodann ihre Befriedigung 

hatte in seiner Constitution nur altes Becht fur durch venditio, nach spaterem Becht distr actio 

Fiscalschuldner besonders eingescharft (anders bonorum (s. d.) zu erwirken. Beicht das Ver- 

Bethmann-Hollweg Civilprocess II 689f., s. mOgen nicht aus zur vollen Tilgung der Forde- 

aber III 317f.). Unsicher bleibt es, inwieweit B. C. rungen , so bleibt der Cedent zur Nachzahlung 

noch statthaft war, nachdem die Glaubiger bereits verpflichtet. tibrigens steht es ihm bis zum Ver- 
unaufgefordert Zwangsmassregeln (missio, tfwc-lOkauf seiner Giiter noch frei, die Abtretung, sei 

tio) erwirkt hatten. Gai. Dig. L 16 , 48 diirfte es einem sei es alien Glaubigern gegentiber, riick- 

anders zu erklaren sein, als (mit Lenel Edictum gangig zu maehen, entweder durch Abflndung 

331; Pal. I 188, 5, m. E. unbefriedigend) durch (Phil. Cod. lust. VII 71, 2) oder durch die Erkla- 

die bedenkliche Dnterstellung, dass die Lex Iulia rung, .defendieren', d. h. durch Litiscontestation 

Befreiung auch dem schon in Schuldhaft Befind- — anscheinend ohne Satisdation — den Process fiber 

lichen anbot. Ulp. Dig. XLII 3, 8 ist weiter die behauptete Forderung ubemehmen zu wollen 

unten (IV) zu erOrtern. (Dip. Paul. Dig. XLII 3, 3. 5, deren Zeugnisse 

III. Der Act der C, ursprfinglich an Formen Tambour vergeblich zu beseitigen sucht). Die 

gebunden, ist durch Theodosius I. und vielleicht C. wirkt immer zu Gunsten samtlicher Creditoren : 
noch weiter durch Iustinian umgestaltet (Cod. 20 alle kOnnen am Concurse teilnehmen, selbst wenn 

Theodos. IV 20, 3, dazu J. Gothofredus, vgl. nur einem aus der Eeihe cediert ist; andrerseits 

mit Cod. lust. VII 71, 5). Demzufolge scheint der kann der Schuldner die C. stets alien zur Zeit 

Ausspruch Marcians Dig. XLII 3, 9 : bonis cedi der Abtretung vorhandenen Glaubigern entgegen- 

tantum in iure potest von Tribonian ins Gegen- halten (Paul. Dig. XLII 5, 12 pr. Sab. -Ulp. Dig. 

teil verkehrt zu sein. Die beseitigte sorupulo- XLII 3, 4, 1). Die Vorteile aber, die sich fur 

sitas priorum legum mochte in einer vom Schuld- den cedierenden Schuldner ergeben, sind der Aus- 

ner vor Gericht den geladenen Glaubigern gegen- schluss der Personalexecution (Alex. Cod. lust. 

iiber abgegebenen Erklarung bestehen, iiber deren VII 71, 1), die Wahrung der biirgerlichen Ehre 

Zulassung (admittere: Cod. lust. VII 71,4 pr., wo (Alex. Cod. lust. II 12 (11), 11), eine Frist, in 
vermutlich vor admittatur die Worte a praeside 30 der den Glaubigern jede — nicht gegen das ab- 

pr. gestrichen sind) in Eom der Praetor, in den getretene VermOgen gerichtete — Bechtsverfol- 

Provinzen der Statthalter zu entscheiden hatte. gung verwehrt ist, und dariiber hinaus die Bechts- 

Der Beamte wird die C. zuriickgewiesen haben, wohlthat des Notbedarfs : zusammen eine sehr er- 

wo der Mangel der Erfordernisse ohne genauere hebliche Milderung des uberstrengen Executions- 

Untersuchung unverkennbar war. Das neuere rechts der Eepublik. Neben der Einschrankung 

Eeeht verzichtet auf die obrigkeitliche Mitwir- der Schuldhaft ist besonders wichtig die Erho- 

kung; es begniigt sich mit einer aussergericht- lungsfrist, die dem Bankerottierer den Aufbau 

lichen formlosen Erklarung des Cedenten an die einer neuen Wirtschaft ermoglichen soil, und die 

Glaubiger. Diese brauchen nicht zuzustimmen, erst ablauft, wenn dies Ziel erreicht ist durch 
mussten aber befugt sein, die Gliltigkeit der C. 40 Erwerb eines so grossen VermOgens , dass dem 

nachtraglich zu bestreiten, sobald der Schuldner Cedenten trotz des abermaligen Zugriffs der nicht 

die mit der Giiterabtretung verbundenen Vorteile voll befriedigten (alten) Creditoren mindestens 

in Anspruch nahm. Mindestens erschwert wurde die alimenta cottidiana gewahrt bleiben (Dip. 

den Glaubigern die Anfechtung, wenn die B. C. Dig. XLII 3, 6). Vorher hat der Beamte wie 

durch kaiserliches Eescript genehmigt war. Be- die Execution in das neu erworbene VermOgen 

zeugt sind (lust. Cod. lust. VII 71, 8 pr.) nur Ein- (nach den Zeugnissen: den Verkauf), so selbst jede 

gaben an den Kaiser init der Bitte, den Credi- Klage der Glaubiger aus der Zeit vor der C. zu ver- 

toren Annahme der C. oder eines funfjahrigen weigern. "Wo die Denegation nicht angemessen 

Moratoriums zur Wahl zu stellen. Doch darf erscheint, verteidigt sich der Schuldner gegen die 
man fiiglich vermuten , dass auch Gesuche vor- 50 Actio mit der, wohl im praetorischen Album pro- 

kamen bios um Zulassung zur Giiterabtretung. ponierten, legitimen Exceptio: nisi bonis cesserit 

Von einem die C. begleitenden Manifestationseide (lust. Inst. IV 14, 4. Gord. Cod. lust. VII 72, 3), 

wissen die alteren Quellen nichts ; erst in Iusti- die zum Freispruch fiihrt. An ihre Stelle tritt nach 

nians Nov. 135 c. 1 wird dem Cedenten aufge- dem Ablauf der gedachten Frist die dem Cedenten 

legt, zu beschwOren, dass er den Glaubigern von dauernd (Lenel Edictum 347f.) zugestandene Ver- 

seinem VermOgen nichts vorenthalte. Ob damit gunstigung, verurteilt zu werden nur in id quod 

etwas zur Eechtspflicht erhoben wurde, was schon facere potest (s. Art. Condemnatio in id q. f. 

fruher gebrauchlich war, das steht dahin. Uber p.). Zweifelhaft ist es, ob diese Eechtswohlthat 

die sehr unklar gefasste Nov. 135 vgl. besonders schon zur Zeit der Klassiker (Dip. Dig. XLII 3, 
Bethmann-Hollweg a. O. Ill 325; weitere60 4 pr.; Paul. Dig. L 17, 173 pr. ist iustiniani- 

Litteratur bei Gallinger Offenbarungseid des siert) denselben Inhalt hatte, den Iustinian Inst. 

Schuldners (1884) 66—96, dazu Zachariae v. IV 6, 40 ihr beilegt. Jedenfalls war sie vom An- 

Lingenthal Zeitschr. f. Eechtsgeschichte Eom. fang an geeignet, gegen Verhaftung zu schutzen. 
Abt. XXI 233f. Verdunkelt ist das Eeeht der C. B. durch ein 

IV.Wirkungen. Die C. entzieht dem Schuld- Digestenfragment XLII 3. 8: Ulp. lib. XXVI 

ner sofort die Verffigungsgewalt iiber sein Ver- (vielleicht verschrieben statt LXXVI) (ad edie- 

mSgen_(arg. Iul.-Dlp. Dig. IV 8, 17 pr.), wah- turn). Qui cedit bonis, antequam debitum ad- 

rend die Glaubiger unmittelbar kein Eeeht daran gnoscat, condemnetur vel in ius eonfiteatur, au- 



1999 Cessio bonorum. Cessio in iure . 2000 

diri non debet. Schon die Byzantiner wussten Litter atur. Jac. Gothofredus z. Cod. 

mit der Stelle nichts anzufangen; s. Bas. IX 5, 8: Theodosianus IV 20. C. C. Dabelow Concurs 

T6v -d-iXovra sKotijrai, jiqcv ... xazdtiijiai . . .! der Glaubiger 2 111 — 149 (Halle 1801), daselbst 

Von den Neueren haben manche das non kurz- 112f. 120 in den Noten ein Verzeichnis alterer 

weg gestrichen; mit besserem Fug sind die Schriften. C. G-. Ulbricht De cessione bonorum 

Worte debitum adgnoseat far ein Glossem (He- (Leipzig 1826). ZimmernGeschichted.BOm.Pri- 

raldus a. O. II 1288) oder ftir tribonianisch vatrechts III 245— 252. 256. 270— 274. Savigny 

(J. Gothofredus, Tambour, Gordan, E. Vermischte Schriften II 429f. 453f. Bethmann- 

Serafini) erklart worden. Das letztere durfte Hollweg Gerichtsverfassung u. Process des sin- 
richtig, die Veranlassung zur Interpolation meines 10 kenden Bom. Beichs (1834) 325 — 327. 345f. ; Ci- 

Erachtens im Cod. lust. VH 39, 8, 5 a. VIII vilprocess d. gemeinen Bechts II 547. 666f. 687 

40 (89), 5 (4) zu finden sein. Was iibrig bleibt, —690. Ill 316—325. Heimbach in Weiskes 

ergiebt nach der herrschenden Auffassung (z. B. Eechtslexikon I 873 — 877. Unterholzner 

Bethmann-Hollweg a. O. II 547. 688. Ill Schuldverhaltnisse I 361—363. 384. 388. A. C. 

318. G. Demelius Confessio 142f. ; anders van Heusde De lege Poetelia Papiria (1841) 126 

Lenel Paling. 11569,2 und E. Serafini) den —128. Puchta Institutionen io I § 179 a. E. 

unannehmbaren Satz, dass die B. C. nur zuzu- Keller-Wach Bom. Civilprocess« § 83 — 85 

lassen sei, wenn der Schuldner zuvor entweder S. 429. 431. 435. 445. M. J. Tambour Des 

verurteilt ist oder die Schuld in lure anerkannt voies d'execution sur les biens des debiteurs (Paris 
hat. Mit dieser Kegel beschwert hatte die B. C. 20 1856) 1120—135. 194f. 229—234. Eudorff 

kaum bestehen kOnnen. Zudem ist jener Satz Bom. Bechtsgeschichte I 96. II 297. 303; Zeitschr. 

unvereihbar mit Dig. XLII 3, 3. 5 (an die De- f. Rechtsgesch. IV 51f. ; De iurisdictione edictum 

fension gegen die Actio iudicati kann nicht wohl 183. M o m m s e n Bom. Geschichte Ills 53Q1 

gedacht sein) und mit Gai. Ill 78, der C. und P. S. Gordan De origine et natura cessionis bo- 

Iudicat neben einander als selbstandige Executions- norum (Breslau 1863). A. Wach Zeitschr. f. 

griinde anfiihrt. Dagegen scheint es statthaft, Bechtsgeschichte VII 446f. P. Eohland De 

die Stelle in enge Verbindung zu setzen mit den cessione bonorum (Halle 1868) 9 — 35. J. E. 

unmittelbar vorhergehenden frg. 6 und 7, die von Kuntze Cursus d. Rom. Rechts 2 224; Excurse 

einer Wirkung der C, von der Abwehr der Ver- 403 — 405. Wieding in Holtzendorffs 
folgung in der Erholungsfrist handeln. Was nach 30 Eechtslexikon 1 3 459. M. V o i g t Bericht der 

frg. 8 von der Gerichtsobrigkeit zuweilen (so, sachs. Gesellsch. der Wissensch. 1882, 114 — 119. 

wenn Gefahr im Verzug ist bei einer Actio tern- Lenel Edictum perpetuum 63, 23. 330 — 332. 

poralis) ,nicht gehSrt werden soil', das ist der 334. 347f. Padelletti-Cogliolo Storia del 

Antrag des cedierenden Schuldners, ihn zur Ex- diritto Eom. 2 592. Loth. Seuffert Zur Ge- 

ception bonorum cessionis zuzulassen oder dem schichte u. Dogmatik d. deutschen Konkursrechts 

Gegner einstweilen die Actio zu denegieren. Zu- I 47 — 49. P. A. Altmann Das beneficium com- 

nachst soil der Glaubiger, dem sonst nur durch petentiae (Berlin 1888) 5. 7f. 37 — 39. J. Kohler 

Aufstellung eines Curators (Paul. Dig. XLII 5, Lehrbuch d. deutschen Konkursrechts (1891) 6f. 

14 pr.) oder durch Bestitution zu helfen ware, Mitteis Beichsrecht u. Volksrecht 3581 447, 5. 
gesichert werden durch Verurteilung des Cedenten 40 450. Enrico Serafini in Studi giuridici off. al 

oder durch gerichtliches Anerkenntnis. Erst gegen prof. P. Serafini (Firenze 1892) 437 — 439. H. 

die Actio aus dem ludicat oder der Confessio HortenDiePersonalexecution II 1 (1895) 39— 45. 

darf sich der Schuldner auf die hemmende Wir- O. WiinschZ.Lehre vom Beneficium competentiae 

kung der C. berufen. Ein Einwand gegen die (Leipz. Diss. 1897) 33-43. 55f. [eingefugt bei der 

hier vorgeschlagene Deutung des frg. 8 ist aus Korrektur], Windscheid Pandekten? II §§ 266. 

dem Praesens cedit nicht abzuleiten , vgl. Dig. 267, 13. [M. Wlassak.] 

IV 8, 17 pr. Cessio in iure> oder vielmehr in iure cessio, 

Quell en. Gai. Ill 78. Cod. Theod. IV 20, ist ein Bechtsilbertragungsact in der Form des 

1. 3 (der Titel ist nicht vollstandig erhalten; Scheinprocesses. 1) Die i. i. c. kommt zunachst 
auf eine verlorene Const, weist Lex Eom. Burg. 50 vor als Eigentumsubertragung (Gai. II 24—26. 

XXXVIII 24 hin; Const. 2 ist aus Appendix II Ulp. XIX 2. 9. 10), anwendbar ohne Unterschied 

leg. Rom. Wisigoth. § 4 falschlich von Haenel zwischen res maneipii und nee maneipii, freilich 

in den Titel fiber B. C. iibertragen; s. P. Krii- nur unter der Voraussetzung, dass die Sache des 

ger Collectio lib. iuris Anteiustiniani III 251f. dominium ex iure Quiritium fahig ist, auf dessen 

260). lust. Inst. Ill 25, 8. IV 6, 40. IV 14, 4; tbertragung die i. i. e. zielt. Also ist die i. i. e. 

dazu Theoph. Paraphr. Dig. XLII 3. Cod. lust. an Provincialgrundstficken ausgeschlossen (Gai. II 

VII 71. lust. Nov. IV 3 pr. CXXXV. Bas. IX 31). I. i. c. einer Sachgesamtheit muss ebenso 

5. XXI 3 , 10 mit den Scholien (die letztere wie deren ernstliche Vindication moglich gewesen 

Stelle [nach Heimbach von Thalelaeus, nach sein (Gai. IV 17 [grex]). Dafiir spricht auch die 
Zachariae von einem ,alten Juristen', der aus60*. i- c. kereditatis, und zwar nicht bios, insofern 

,guter Quelle' schOpft] , enthalt zwei anderweit sie den vollen beabsichtigten Erfolg hat, sondern 

nicht bestatigte Nachrichten fiber B. C. , wovon auch insofern sie nur die korperlichen Erbschafts- 

die eine die hier behandelte iulische, die andere sachen tibertragt (s. u. 5). PersOnlich fahig sind 

eine fragwurdige hadrianische Giiterabtretung be- der i. i. c. nur diejenigen, welche im Legisactio- 

trifft; vgl. P. Kriiger bei Puchta Institutionen io nenverfahren verhandeln kSnnen, also romische 

I § 179 oo, andrerseits Zachariae v. Lingen- Burger (Gai. II 65; vgl. Jhering Geist des r. 

thai Zeitschr. f. Bechtsgesch. Bom. Abt. XXI R. 112 zu 691a). Auch die Latiner, trotz ihres 

2351, dessen erlauternde Bemerkungen fehlgehen). Commerciums , waren wahrscheinlich der legis 



2001 Cessio in iure Cessio in hire 2002 

actio nicht fahig (vgl. Wlassak Processgesetze derUsusfruct(zuGunstendesEigentumers)erlosche 

II [1891] 138, 28. Karlowa R. E.-G. 386). Un- (s. u. 2), nicht aufkommen konnen, werm die Wir- 

fahig des Erwerbs durch i. i. e. sind Hauskinder, kung der i. i. c. dem Satze res kidicata ius facit 

wie sie auch die Eigentumsklage nicht anstellen inter partes gefolgt ware (vgl. namentlich zu diesen 

konnen (Gai. II 96); auch erwirbt nicht etwa Pragen De melius). Der Eigentumsubergang 

durch sie der Hausherr (Frg. Vat. 51); der Act ist bei der i. i. c. unabhangig von dem Rechts- 

ist vielmehr nichtig (vgl. Karlowa 86f.). Um so grunde, aus welchem die Ubertragung erfolgt; 

mehr wird auch eine Verausserung (mit Geneh- auch beim Kauf dementsprechend unabhangig von 

migung des Hausvaters) vom filius familias in der Zahlung des Kaufpreises (Leist 37f. A. M. 
der Form der i. i. e. nicht ausfiihrbar gewesen lOBechmann 566f.). Obligatorische Nebenwir- 

sein. Die i. i. e. erfolgt vor einem Magistrat, kungen wie die Mancipation hat die i. i. e. nicht. 

bei welchem legis actio in dem speciellen Sinne 2) Die i. i. c. ist ferner anwendbar auf den 

der Vornahme von Rechtsgeschaften in Form des ususfruetus (Gai. II 30. Ulp. XIX 11. Paul. Ill 

Scheinprocesses mfiglich ist (Gai. II 24. 25; vgl. 6, 28. 32. Frg. Vat. 45. 48. 49. 54. 75. Inst. II 

Legis actio). Derjenige, welcher das Eigentum 3, 4), mid zwar zum Zwecke seiner Bestellung 

iibertragen erhalten soil, legt Hand an die Sache sowohl, wie zum Zwecke des Verzichts durch Rtick- 

(rem tenens) und spricht (beispielsweise) : hum ubertragung an den Eigentiimer. I. i. e. seitens 

ego hominem ex iure Quiritium meum esse aio; des Usufructuars an einen Dritten ist dagegen 

er vindiciert also die Sache, deren Anwesenheit nichtig (Gai. II 30. Inst. II 3, 4). Pomponius 
in iure unerlasslich ist; es ist aber wohl zweifel- 20 (vielleicht Q. Mucius Scaevola) war freilich der 

los , dass sie in derselben Weise wie im Ernst- Ansicht, dass solche i. i. e. den Ususfruetus zum 

processe (Gai. IV 17) vertreten werden konnte. Erloschen bringe (Dig. XXIII 3, 66). Diese Satze 

Das festucam imponere des Ernstprocesses (Gai. gelten auch vom usus (Gai. Dig. VII 8, 1, 1). 

IV 16) hatte sich zur Zeit des Gaius (II 24) bei Auch Praedialservituten an italischem Grund und 

der i. i. e. allem Anschein nach verloren, die Meg- Boden kOnnen durch i. i. c. bestellt (Gai. II 29. 

lichkeit, dass es friiher auch ihr eigentumlich war, 81. Frg. Vat. 45) und durch i. i. c. an den Eigen- 

lasst sich aber nicht bestreiten; vgl. Puntschart turner des belasteten Grundstiicks aufgehoben wer- 

Grundgesetzliches Givilrecht (1872) 241. Huschke den (Pomp. Dig. VIII 2, 21. VIII 3, 20 pr.). Eine 

Ztschr. f. R.-Gesch. VII 178f. Lotmar Zur leg. trbertragung von Praedialservituten auf einen 
actio sacramento in rem (1876)37. Brinz Zur30andern Berechtigten ist nicht moglich (sie sind 

Contravindication der leg. actio sacram. (Munch. untrennbar an das herrschende Grundsttick ge- 

Festgabe f. Spengel 1877) 102. Degenkolb 253. bunden). Zu beachten ist fur die Aufhebung der 

Demelius 102. Karlowa 381. Nach jenen Personal- wie Praedialservituten durch i. i. c, 

Worten des Erwerbers fragt der Magistrat den dass die Rechtsbehauptung des Eigentilmers, wel- 

Cedenten, ob er die Contravindication vornehmen cher befreit werden sol], sowohl in der Form der 

wolle (vgl. Gai. IV 16). Der Cedent verneint oder Verneinung der gegnerischen Servitut vorkommt 

schweigt , und hierauf spricht der Magistrat die (Dig. VIII 3, 20 pr.) wie in der Form der posi- 

Sache dem Erwerber zu (addicit), wie wenn seine tiven Inanspruchnahme eines der Servitut wider- 

Rechtsbehauptung richtig ware (Gai. II 24). Der sprechenden Rechts fur den Eigentiimer (Dig. VIII 
Eigentumsubergang wird also dadurch herbei-40 2, 21. VIII 3, 20 pr.). 

gefiihrt , dass durch den Spruch des Magistrats 3) Die i. i. e. einer Sache kann mit dem Vor- 

das Eigentum des Erwerbers als ein schon vor behalt einer Servitut fur den Verausserer ver- 

dem Act vorhandenes festgestellt wird. Der Er- bunden werden (deduetio; frg. Vat. 47. 50). Auch 

werber wird nur dann Eigentiimer, wenn der Ver- fidueiae causa kann eine i. i. c. erfolgen (Gai. 

ausserer es war; cediert ein Nichteigentiimer, so II 59. Ill 201; vgl. Fiducia). 

wird durch den Scheinprocess dem wahren Eigen- 4) Eine Ubertragung von Obligationen durch 

turner sein Recht ebensowenig genommen, wie ihn i. i. e. ist nicht mOglich (Gai. II 38). Dass etwas 

ein Ernstprocess Dritter fiber sein Eigentum be- der i.i. c. Ahnliches zum Zwecke derBegriin- 

riihren wiirde. Im iibrigen aber ist die Wirkung dung von Verpfiichtungen mOglich war (Puchta 
der i. i. c. nicht in derselben Weise beschrankt, 50 und Rudorff in Puchta Institut. II 269, 2. 

wie die Wirkung des Spruchs im Ernstprocesse. Bethmann-Hollweg Civilpr. I 157. Jhering 

Der Erwerber wird unter der angegebenen Vor- a. a. O. I § lie zu 63c. Degenkolb 266f., da- 

aussetzung mit Wirkung gegen jedermann Eigen- gegen Demelius 108f.), ist insofern richtig, als 

turner, wie bei der i. i. c. hereditatis Erbe (s. u. 5), nichts im Wege gestanden haben kann, dass ein 

und das bedeutet mehr, als dass er die Rechts- Beklagter wissentlich unwahr und nach Verab- 

kraft des praetorischen Spruchs gegen den Conce- redung mit dem Klager eine Obligation gegen 

denten und seine Rechtsnachfolger geltend machen sich als vorhanden in iure confitierte; dass dies 

kann, wie Karlowa 385 meint. In dem bezeich- aber eine anerkannte Vertragsform des rOmischen 

neten Sinne kann man die Wirkung der i. i. e. ab- Lebens geworden ware, ist zu bestreiten. 
solut nennen (Jhering a. a. O. Ill 1 nach 398. 60 5) Die civilreclitliche Erbschaft (hereditas) ist 

Bechrnann I 554). Diese Wirkung iiber die der i. i.e. unter gewissen Voraussetzungen fahig 

Parteien hinaus wird bestatigt dadurch, dass in (i. i. e. hereditatis; Gai. II 34—37. Ill 85—87. 

gewissen Fallen bei der i. i. c. hereditatis die Ulp. XIX 11—15). Namlich der civilrechtliche 

erbschaftlichenForderungenzuGunstenderSchuld- Intestaterbe , wenn er nicht als suus lieres die 

ner untergehen (s. u. 5) , sowie , dass die tutela Erbschaft von selbst erwirbt, kann vor dem Erb- 

cessicia erlischt, wenn der tutor cessicius weiter schaftsantritt einem Dritten die Erbschaft mit 

cediert (s. u. 6). Ebenso hatte die Ansicht, dass der Wirkung durch i. i. c. tibertragen , dass der 

durch i. i. c. des Ususfruetus an einen Dritten Cessionar in gleicher Weise Erbe wird, als sei er 



2003 Cessio in rare Cestius 2004 

selbst als civilrechtlicher Intestaterbe berufen. nicht notwendig ist. Das Alter der einzelnen An- 

Dass er erst noch antreten muss (Puchta In- wendungsfaile dtirfte kaum feststellbar sein (Ver- 

stitut. § 313 vor m. Miihlenbruch Cession § 4 mutungen bei Karlowa 383f Bechmann 555f. 

zu 57. Koeppen Lehrb. des heut. rom. Erbr. Sohm§ll,5. Leonhard 176, 3; s. auchDeme- 

§ 17, 2) ist nicht anzunehmen. Der Antretungs- lius 109f.) Jedenfalls sind sie samtlich bereits 

wille kommt in der Inanspruchnahme der Erb- in republicanischer Zeit entstanden. Im nach- 

schaft bei der i. i. e. zum Ausdruck. Der Aus- klassischen Recht ist die *. i. c, welche schon zu 

spruch des Praetors ist, analog dem bei der i. i. c. Gaius Zeit ihrer Umstandlichkeit wegen unbeliebt 

einer einzelnen Sache, unzweifelhaft dahin ge- war (Gai. II 25), nebst alien ihr ahnlichen Er- 

richtet, dass der Erwerber Erbe sei, nicht, dass 10 scheinungen verschwunden (die Eigentumsiiber- 

er es werden kOnne. Der Testamentserbe handelt, tragung durch i. i. e. erwahnt noch Diocl. Cons. 

wenn er vor dem Antritt i. i. e. vornimmt, nichtig. 6, 10). In den Digesten ist , soweit nicht tiefer 

Durch i. i. e. nach dem Erbschaftsantritt wird gehende Anderungen veranlasst waren (traditio 

bei dem Testamentserben wie bei dem Intestat- bei Eigentumsiibertragung), statt in iure cedere 

erben der Erfolg herbeigefiihrt, dass die kOrper- gesetzt cedere (z. B. Dig. VIII 3, 10. 11. 14) oder 

lichen Erbschaftsobjecte auf den Cessionar liber- auch coneedere (z. B. Dig. VIII 2, 21. 3, 20 pr. 

gehen, die erbschaftlichen Forderungen (weil der 21), wobei es natiirlich mOglich ist, dass schon 

Cedent seine Erbenqualitat und damit seine Glau- die klassischen Juristen sich manchmal in der- 

bigerschaft selbst verneint hat, ein Erwerb von selben Weise ausdriickten, wo der Zusammenhang 

Forderungen durch i. i. e. aber nicht stattfindet 20 das in iure zu betonen iiberflussig machte. Die 

[s. o. 4]) untergehen, wahrend die Haftung des Formen der Eigentumsiibertragung und der Servi- 

Erben fiir die erbschaftlichen Schulden bestehen tutenbestellung und -Aufhebung haben im neuesten 

bleibt. Durch i. i. e. seitens des heres necessa- Becht mit der i. i. e. iiberhaupt keinen Zusammen- 

rius (der die Erbschaft von selbst erworben hat) hang mehr, dagegen sind die gerichtlichen Formen 

wollten die Proculianer den gleichen Erfolg ein- der Adoption (Cod. lust. VIII47[48],ll)undEman- 

treten lassen, wie bei i. i. e. nach Erwerb durch cipation (Cod. lust. VIII 48 [49], 6) als Verein- 

Antretung; die Sabinianer dagegen erklarten die fachung der alten Scheinprocessform zu betrachten, 

i. i. e. durch den heres necessarius fiir nichtig eine Vereinfachung , wie sie sich fiir die Frei- 

(vgl. Windscheid Pandekten III § 601, 3. lassung schon im spatklassisch en Recht vollzogen 

Dernburg Pand. Ill § 167. Koeppen a. a. 0. 30 hatte (s. o. 7). Die Ubertragung der unerworbenen 

§ 17 und dort Citierte.) Erbschaft kennt das iustinianische Recht iiberhaupt 

6) Es giebt auch eine i. i. e. tutelae. Namlich bei nicht mehr (a. M. fiir die Intestaterbfolge Wind- 
der Frauentutel k6nnen tutores legitimi (Ulp. XI 6. scheid a. a. 0.), ebensowenig die Frauentutel. 
XIX 11, genauer Gai. 1 168. 172) die Tutel einem Litteratur: Karlowa R. Rechtsgesch. II 381 
andern mit der Wirkung in iure cedieren, dass — 386. Baron Institut. § 71. Sohm Institut. 
der letztere als tutor eessieius statt des Cedenten, §11 zu 4. 5. Czyhlarz Institut. §51. Leon- 
und so lange dieser Tutor sein wiirde, die Stel- hard Institut. 273. 175f. 276f. 213f. 224, 3. 266, 2. 
lung des Tutors inne hat. Tritt in der Person Keller Civilpr. §24. B. W. Leist Mancipation 
des eessieius tutor ein Endigungsgrund der Tutel und Eigentumstradition (1865) § 8. Bechmann 
ein oder versucht er sie weiter zu cedieren, so40Kauf (1876) I 553f. Degenkolb Einlassungs- 
kehrt sie zu dem Cedenten zuriick (Gai. I 169. zwang und Urteilsnorm (1877) 231f. Demelius 
170. Ulp. XI 7; vgl. Karlowa 299f.). Confessio (1880) § 7. Hartmann Rom. Gerichts- 

7) Als Bestandteil der datio in adoptionem verfassung (1859) 61f. [Kipp.] 
und der emancipatio kommt ein der i. i. e. ahn- Ceste , Station der Strasse von Laumellum 
licher scheinprocessualer Act vor (Gai. I 134. 132. (Lomello) nach Turin, 8mp. von Rigomagus (Trino), 
Gai. Wisig. I 6, 3). Ebenso ist ahnlich gestaltet 1 1 mp. von Quadrata (an der Milndung der Dora 
die Freilassung aus der Sclaverei durch Schein- Baltea in den Po, gegeniiber Industria), also in 
process (manumissio vindieta), obwohl hier eine der Gegend von Crescentino, Itin. Hierosyl. 556. 
positive, die Freierklarung des Sclaven enthal- Reste nicht nachzuweisen; vgl. Mommsen CIL 
tende Rede des Freilassers wesentlich war (Fest. 50 V p. 715. [Hiilsen.] 

p. 158' s. manumitti). Ubrigens ist hier die schein- Cestilius. C. Cestilius machte sich, vielleicht 

processuale Form schon im spatklassischen Recht als Volkstribun 697 = 57 , urn Ciceros Riickbe- 

verwischt (Hermog. Dig. XL 2, 23). Die manu- rufung verdient (Cic. p. red. 21). [Miinzer.] 

missio eensu ist der i. i. e. insofern ahnlich, als Cestius, plebeische Familie. Obgleich der 

auch bei ihr der Rechtserfolg, der erzielt werden Name noch heut an zwei bekannten Monumenten 

soil, als schon vorhanden behauptet und (durch des alten Rom haftet, sind seine Trager in repu- 

den Censor) amtlich festgestellt wird (Ulp. I 8; blicanischer Zeit fast unbekannt. Er kommt ziem- 

vgl. Karlowa 242f. 131f. und s. Bd. I S. 399 lich friih auch in Praeneste vor (CIL XIV 2891. 

und Emancipatio, Manumissio). 3091—3095). 

8) Die i. i. e. wie die unter 7 bezeichneten 60 1) Cestius, Erbauer der Briicke, welche die 
Anwendungen desselben Princips sind Erfindungen Tiberinsel mit der transtiberinischen Stadt ver- 
des rCmischen Verkehrs, natiirlich unter Fiihrung bindet (pons Cestius s. u. S. 2011f.). Der Bau 
der Iurisprudenz. Die Moglichkeit, dass derartige wird in die letzten Jahre der Republik gesetzt, 
Scheinprocesse zunachst auftraten, ohne dass die der Mann, dessen Namen er tragt, vermutungs- 
Magistrate ins Vertrauen gezogen wurden, spater weise mit Nr. 4 identiflciert (Jordan Topogr. 
erst diese sich herbeiliessen, auch wissentlich zu I 1, 420 Anm.). 

derartigen Acten mitzuwirken (Degenkolb 243), 2) C. Cestius, romischerRitterund wohlSteuer- 

ist nicht fernliegend, wiewohl diese Annahme auch p&chter in Asien 692 = 62 (Cic. Flacc. 31), kaum 



2005 Cestius Cestius 2006 

verschieden von dem 703 = 51 in Ephesus er- Cestius sonst. b) Leben. C. war aller Wahr- 

wahnten Cestius (Cic. ad Att. V 13, 1). scheinlichkeit nach der Sohn des Vorausgehenden. 

3) C. Cestius, einer der sechzehn Praetoren Man identificiert ihn gewohnlich mit dem [CJe- 
des J. 710 = 44, wies eine ihm von Antonius stius Gallus, der im April 42 n. Chr. mit C, 
angebotene Provinz zuriick (Cic. Phil. Ill 26). Caecina Largus Consul suffectus war (Fasti fer. 
Da er sich hierdurch dem Antonius abgeneigt Lat. s. o.), eine Annahme, die wegen der kurzen 
zeigte, so ist.es wahrscheinlich, dass dieser ihn Prist zwischen seinem und seines Vaters Consulat 
ebenso, wie die in gleicher Lage beflndlichen Col- (35 n. Chr.) bedenklich seheinen kOnnte, aber 
legen des Cestius, P. Naso und C. Turranius, mit dadurch gestiltzt wird, dass C. bereits im J. 32 
seiner Rache verfolgte und 711 = 43 auf die Liste 10 dem Senate angehSrte (s. Nr. 8). Als Consular 
der Geachteten setzte. Er diirfte demnach der wird er bezeichnet von Plin. n. h. XXXIV 48 
C. sein, der proscribiert wurde und sich selbst und Lydus de mens. IV 69. Im J. 63 iibertrug 
den Tod gab (App. IV 26). Diese Identification ihm Nero die Civilverwaltung der Provinz Syrien, 
schliesst aber die andere mit Nr. 7 aus. wahrend die Trappen unter dem Befehle des Do- 

4) L. Cestius, Praetor und Mfinzmeister 710 mitius Corbulo blieben (Tac. ann. XV 25; die 
— 44 oder im folgenden Jahre (Mommsen Miinz- Hs. hat hier Gitio, doch wenn auch die Miinzen 
wesen 652. 658 Anm. 560.741. BabelonMon- mit C.s Namen erst vom J. 65/66 beginnen, ist 
naies de la rep. Rom. I 339). Die Zahl der Prae- an der herkommlichen Anderung in Cestio kaum 
toren war in diesen beiden Jahren gleich gross zu zweifeln; vgl. Nipperdey-Andresen H> 
(Mommsen Staatsr. II 202, 5). 20 z. St.). Nach dem Friedensschluss mit Tiridates 

5) L. Cestius, Bruder von Nr. 7, vielleicht von Armenien, der noch im J. 63 erfolgte, diirfte 
mit dem Vorhergehenden identisch (CIL VI 1375). C. auch den Befehl fiber die Besatzung Syrien* 

[Mfinzer.] erhalten haben, da ihm diese im J. 66 untersteht 

6) L. Cestius, Senator, in einem vom 23. Mai (s. u.). Als Statthalter der Provinz nennen ihn 
737 = 17 v. Chr. datierten Senatsbeschluss als Miinzen von Antiochia aus dem J. (Herbst) 65/66 
Zeuge aufgefuhrt (Acta lud. saec, Eph. epigr. Mionnet V 169 nr. 189; aus dem J. (Herbst) 
VIII p. 229, teilweise bereits CIL VI 877). Ver- 66/67 Mionnet V 169 nr. 190; Suppl. VIII 
mutlich Sohn des L. Cestius Nr. 5 (Mommsen 131 nr. 44. Leake Numism. Hell., Asiat. Greece 
Eph. epigr. VIII p. 240). [Groag.] 16; ohne Angabe des Jahres Mionnet V 169 

7) C. Cestius Epulo. Die Hauptinschrift seiner 30 nr. 191. Kurz vor dem Passahfeste des J. 66 
beruhmten Pyramide lautet: C. Cestius L. f. Fob- kam C. das erstemal nach Jerusalem, wo die Juden 
(Mia) Epulo pr(aetor) tr(ibunus) pl(ebis) Vllvir und der Procurator von Iudaea, Gessius Floras, 
epulonum (CIL VI 1374). Zu seinen Erben ge- sichmitgegenseitigenBeschwerdenanihn wandten, 
hOrt M. Agrippa, der 742 = 12 starb; ausser ohne dass jedoch C. eine definitive Entscheidung 
diesem Terminus ante quem hat man auch einen der Streitfragen traf (Jos. bell. Iud. II 280ff.;. 
post quem zu finden gesucht, indem man die Nachdem er noch eine Volkszahlung hatte vor- 
Angabe fiber die Attalicae vestes auf der zweiten nehmen lassen (Jos. bell. Iud. VI 422f.), begab 
Inschrift (ebd. 1375) mit der lex Iulia sumptuaria er sich nach Antiochia zuriick (Jos. bell. Iud. II 
von 736 = 18 in Verbindung brachte (Kleve- 281). Seine unentschlossene Haltung hatte die 
korn De proscriptionibus a. 43 a triumviris factis 40 Gegensatze nicht gemildert; auch weiterhin liess 
[Konigsberg 1891] 67 und sent, controv.). tiber- er es unversucht, durch energische Massregeln 
zeugend ist dies schwerlich. [Mfinzer.] dem drohenden Aufstande vorzubeugen (Jos. bell. 

8) C. Cestius Gallus, Senator, beschwerte sich Iud. II 333ff.). Als dieser schliesslich durch die 
21 n. Chr. bei Gelegenheit eines Processes, den Einnahme Masadas und die Niedermetzelung der 
er gegen Annia Rufilla ffihrte, im Senate fiber romischen Besatzung in Jerusalem zu oft'enem 
den Missbrauch, der zum Schutze gegen gericht- Ausbruch gelangte, musste C. zu den Waffen 
liche Belangung mit dem kaiserlichen Namen greifen (Jos. bell. Iud. II 499). Mit der legio 
getrieben wurde (Tac. ann. Ill 36). Im J. 32 XII. Fulmitiata, je 2000 Mann von den fibrigen 
iibernahm er, schon damals zu den primores se- Legionen, 6 Cohorten, 4 Alen und Hulfstruppen 
natus gehOrig , auf Tiberius Wunsch die Anklage 50 orientalischer Kenige und Stadte brach er von 
gegen Q. Servaeus und Minucius Thermus (Tac. Antiochia auf und nahm unter fortwahrenden Ver- 
ann. VI 7: er wird hier, hochstwahrscheinlich heerungen seinen Marsch fiber Ptolemais, Caesarea, 
auf Grund der Senatsacten, als G. Cestius pater Antipatris, Lydda und Bethoron, wahrend er gleich- 
bezeichnet : zur Unterscheidung von seinem gleich- zeitig durch Detachements Ioppe und Galilaea, 
namigen Sohne [Nr. 9], der demnach damals besetzen liess. Bei Gibeon von den Aufstandi- 
bereits dem Senate angehorte; die Anderung schen angegriffen. konnte er sich ihrer nur mit 
von pater in praetor, die nach Lipsius Urlichs Mfihe erwehren. Gliicklicher war er drei Tago 
Rh. Mus. XXXI 1876, 500 vorschlug, ist unbe- spater in einem Treffen, das ihm ermoglichte, 
rechtigt). Im J. 35 war er Consul ordinarius bis zum Hfigel Skopos, und wieder drei Tage 
mit M. Servilius Nonianus (C. Cestius Bull. d. 60 nachher, am 30. Hyperberetaios = 17. November 
Inst. 1859, 32. Not. d. scavi 1894, 280. Plin. 66, bis Jerusalem selbst vorzurficken. Er drang 
n. h. X 123. Tac. ann. VI 31; taiog r&XXog in die nOrdlichen Bezirke ein, zfindete dieselben 
Dio LVIII 25, 2; Qallus sonst). an und wandte sich nunmehr gegen die obere 

9) C. Cestius Gallus. a) Name. [O. CJestius Stadt, die er fttnf Tage lang erfolglos angriff. 
Gallus CIL 12 p. 58 = VI 2015 = XIV 2241 Dagegen gelang es ihm am sechsten Tage, die 
Fasti fer. Lat.; C. Cestius Plin. n. h. XXXlV 48. Verteidiger an der Nordseite des Tempels zurfick- 
Mttnzen; Cestius Gallus Tac. hist. V 10. Jos. bell. zuwerfen. Hatte er, meint Josephus (bell. Iud. 
Iud. II 280. 481 ; vita 30. 214. 347. 373. 394 ; II 538f.), die Belagerung nur noch kurze Zeit 



2007 Cestius Cestius 2008 

fortgesetzt, so ware Jerusalem gefallen, da die 13) L. Cestius Pius (das Praenomen ist nur 
Belagerten selbst teils an ITbergabe dachten, teils von Suet. ind. rhet. p. 99 Effsch. bezeugt) , ein 
den Mut zum Widerstande verloren. C. jedoch, sehr angesehener Rhetor und Declamator der augu- 
der die Stimmung der Eingeschlossenen nicht steischen Zeit, gebfirtig aus Smyrna (Hieron. a. 
kannte und wahrscbeinlich seine Streitkrafte fiir Abr. 2004 = Suet. frg. 91 * p. 127 Effsch.), also 
unzureichend zur Eroberung der Stadt hielt, viel- von Geburt Grieche (Vermutungen fiber seinen 
leicht auch den nahenden Winter furchtete, hob lateinischen IS! amen s. bei Lindner 4f.). Als 
plOtzlich die Belagerung auf und trat den Ruck- Ciceros Sohn an der Spitze der Provinz Asien 
marsch an. Die Juden folgten ihm auf dem Fusse stand, d. i. 29 v. Chr. , befand sich gelegentlich 
und wussten durch geschickte Benfttzung des ge- 10 unter den geladenen Gasten auch unser C, den 
birgigen Terrains seine Truppen in solche Be- Cicero, weil er sich erlaubt hatte, das Andenken 
drangnis zu versetzen, dass der Eiickzug (wieder seines Vaters zu verunglimpfen — Ciceronem ne- 
iiber Skopos, Gibeon, Bethoron und Antipatris) gabat litteras seisse — durchpriigeln liess (Sen. 
bald zur Flucht wurde und den RSmern 5780 Mann suas. 7, 13). Damals muss C. mindestens 20 Jahre 
sowie Maschinen und Gepack kostete. Am 8. Dio alt gewesen sein; wir sind daher berechtigt, seine 
= 25. November kehrten die Sieger nach Jeru- Geburt urn 50 v. Chr. anzusetzen. Dazu stimmt, 
salem zuriick (eine detaillierte Erzahlung des Feld- wenn bei Hieron. a. O. seine Bliite in das J. 13 
zuges giebt Jos. bell. Iud. II 500 — 555 ; ausser- v. Chr. gesetzt wird. Da C. damals, wie es ebenda 
dem wird derselbe erwahnt bei Jos. vita 24. 28. heisst, latine Bomae doeuit, so werden wir an- 
Tac. hist. V 10. Suet. Vesp. 4. Oros. VII 9, 20nehmen konnen, dass er schon langere Zeit vor- 
hier und bei Sueton ohne Nennung des C. ; Lydus her nach Rom fibergesiedelt ist, um sich dort eine 
de mens. IV 69 bringt Fabeln; vgl. Schiller leidliche Herrschaft fiber die lateinische Sprache 
Gesch. d. rom. Kaiserreichs unter Nero 222ff. anzueignen. Daraus, dass C. einem Sohne des 
Mommsen E.G. V 532. Schfirer Gesch. d. Quintilius Varus beim Declamieren die Niederlage 
jiid. Volkes im Zeitalter Jesu Christi I 506f. ; seines Vaters im Teutoburger Walde vorhielt, er- 
bezuglich der Chronologie Niese Hermes XXVIII giebt sich, dass er noch nach 9 n. Chr. als Lehrer 
194ff.). C. begab sich wieder in seine Provinz thatig gewesen ist (Sen. contr. I 3, 10). Da der 
zuriick und verbrachte den Winter 66/67 ziem- junge Varus damals als Schwiegersohn des Ger- 
lich unthatig, indem er den Krieg nur durch kleine manicus in Aussicht genommen war (Sen. a. O.), 
Abteilungen ftthren liess (Jos. bell. Iud. II 558; 30 so kann, da die drei TOchter des Germanicus, 
vita 30. 31. 49. 214. 347. 373. 374. 394). Als Agrippina, Drusilla, Iulia Livilla continue trien- 
ernochvorBeginndesFrfihlings67 (vgl. Schiller nio natae (Suet. Calig. 7) in den J. 16 — 18 ge- 
a. a. O. 238, 4. Schfirer a. a. 0. I 272) fato boren wurden, die Declamation vor 16 n. Chr. 
aut taedio oeoidit, fibertrug Nero die Kriegffihrung nicht stattgehabt haben ; sie erheblich spater an- 
gegen die Juden dem Vespasian (Tac. hist. V 10. zusetzen, verbietet der Umstand, dass Varus da- 
Suet. Vesp. 4. Jos. bell. Iud. Ill 4ff.), die Verwal- mals nach derselben Senecastelle praetextatus war 
tungSyriens dem Licinius Mucianus (Tac. hist. 110). (das VerlObnis ist jedenfalls spatestens nach der 

10) L. Cestius Oallus Cerrinius Imtus Lu- Verurteilung der Mutter des Varus, Claudia Pulchra, 
ftjatius Natalis, Illlvir viar(um) curand(arum), im J. 26 aufgelOst worden ; im J. 28 wurde Agrip- 
tribfunus) laticlavius legfionis) VIII. Aug(ustae), 40 pina mit Cn. Domitius, im J. 33 Drusilla mit L. 
quaestor urbanus, ah actis [sejnatus, aedilfis] Cassius Longinus, Livilla mit M. Vinicius ver- 
eurulps] (vgl. Mommsen St.-R. 113 <joi), prae- mahlt, Tac. ann. IV 52. 66. 75. VI 15. Nipper- 
tor, leg(atus) Aug(ustorum duorumj — Marcus deybes. zu IV 66. Lindner 6). tfber diese Zeit 
und Verus (161—169)? — Ug(ionis) XX. V(a- hinaus kOnnen wir das Leben des C. nicht ver- 
leriaej Vfietriois), proeo(n)s(ul) provineiae Nar- folgen, doch kOnnte man Sen. contr. IX 3, 12 auf 
bonensis, praeffectus) aerarfi) Saturnfi), eos. ein sehr hohes Alter beziehen. Von Natur mit 
[desfignatus)?], pafronus colo[ni]ae (CIL X3722 reichen Gaben des Geistes ausgestattet — sein Ge- 
Volturnum; die Erganzung Zangemeisters dankenreichtum wird contr. VII 1, 27 gerfihmt — , 
cos. [II] ist unhaltbar, da, abgesehen vom Con- hat er es keineswegs verschmaht, sich ffir seine 
sulat selbst, die hechsten in der Inschrift auf- 50 Zwecke in der griechischen und romischen Lit- 
gezahlten Amter praetorische sind). Wohl Nach- teratur umzusehen. Auf grosse Vorbilder, denen 
komme des Cerrinius Gallus und naher Verwandter er gelegentlich nachahmte , weist hin contr. VII 
des Folgenden. 1, 27. Bekanntschaft mit Homer (II. IX 97) verrat 

11) L. Cestius L. f. Pompt(ina) Gallus Vare- contr. VII 7, 19; an Declamationen von auctores 
nianus Lutatius Natalis Aem[i]lianus, Patron von Oraeci knupft er an contr. 1 1, 14; eine griechische 
Gaulus (CIL X 7506, Add. p. 994 Gaulus). Vgl. Sentenz des Asianers Damas Skombros fibertrug 
den Vorhergehenden. er ins Lateinische contr. X 4, 21. Von ROmern 

12) Cestius Macedonicus (bei Veil, nur Ma- scheint er, wie sein geistesverwandter Landsmann 
oedonieus) legte sich dieses Cognomen bei, weil Arellius Fuscus, den Vergil bevorzugt zu haben 
er anKampfen in Makedonien teilgenommen hatte. 60 (contr. VII 1, 27); mit Ciceros Reden hat er sich 
Er war Perusiner, nach Veil, princeps von Perusia. eingehend beschaftigt, speciell mit der Miloniana 
Als Caesar (der spiitere Augustus) das Heer des (s. u., Citat daraus suas. 7, 3; Citat aus pro Sext. 
L. Antonius in Perusia zur Capitulation gezwungen Rose. 72 in contr. VII 2, 3). Von Charakter war 
hatte (714 = 40 v. Chr.), ziindete C. sein Haus er hochst streitsttchtig und hamisch, ein Mann, 
an _ wodurch er den Brand der Stadt verur- der sich in eitler Selbstfiberhebung nicht genug 
sachte — und totete sich selbst (Veil. II 74. thun konnte (mordaeissimus contr. VII praef._ 8 ; 
App. b. c. V 49, der oder dessen Quelle den C. nasutissiinus suas. 7, 12; multa contumeliose 
ins Lacherliche zu ziehen sucht). [Groag.] interponebat, dixit contr. IX 3, 12. I 3, 10; nul- 



2009 Cestius Cestius 2010 

litis ingenii nisi sui amator suas. 7, 12). Als contr. II 3, 22; Latro VII 8, 10 (ein Streit mit 
Sffentlicher Eedner vor Gericht und Volk trat er ihm I 5, 8f.); Iulius Bassus I 3, 11; Triarius I 
nie auf; in eigener Sache von Cassius Severus 3, 9. 6, 11; Varius Geminus IV 8. VII 8, 10; 
vor Gericht gezogen, zeigte er sich so ratios, dass Iunius Otho IV 8; Albucius Silus 13, 8. 11; be- 
er sich nach einem Anwalt umsah (contr. Ill sonders VII praef. 8f. Zuweilen hielt er seine 
praef. 17). Dagegen erfreute er sich als Schul- Vortrage auch in Cffentlichen Badern vor einem 
redner eines aussergewOhnlichen Ansehens. Ffir grOsseren Publicum. Bei einer solchen Gelegen- 
die Zeit um 10 v. Chr. bezeugt Cassius Severus heit spielte ihm Cassius Severus arg mit (contr. 
bei Sen. contr. Ill praef. 14f. , dass Eedner wie III praef. 16f.). Als C. in massloser Aufgeblasen- 
Asinius Pollio, Messala Corvinus, Passienus weniger 10 heit im Begriffe gegen Ciceros Miloniana zu reci- 
gern gehOrt wurden als C. und Latro. Seine Zu- tieren (Quintil. X 5, 20) anhub: ,Ware ich ein 
hOrer, pueri fere aut iuvenes — bezeichnend fur Gladiator , so wiirde ich Fusius sein ; ware ich 
den Asianer — vergotterten ihn geradezu; sie wiir- ein Pantomime, so wiirde ich Bathyllus sein; ware 
den ihn selbst dem Cicero vorgezogen haben, nisi ich ein Pferd, Melissio', da fuhr Cassius argerlich 
lapides timerent. Seine Declamationen lernten mit der grausamen, aber wohlverdienten Bemer- 
sie auswendig, und von Ciceros Eeden lasen sie kung dazwischen : si eloaea esses, maxima esses. 
nur die, gegen die C. sich vom Standpunkte des Aus der Fassang gebracht, weigerte sich C. weiter 
Gegners wandte. Ein Schiiler , Argentarius (s. zu sprechen , bevor Cassius sich entfernt hatte. 
Bd. IIS. 711f.), ginginderNachaffungdesLehrers Doch Cassius erklarte, nicht eher das Bad zu 
so weit, dass dieser ihn argerlich seinen simius 20 verlassen, als bis er gereinigt ware. Als Bacher 
oder auch griechisch 6 mfyxog (xov nannte (contr. des Cicero verlangte er einen Cffentlichen Wider- 
IX 3, 12). Ausser Argentarius werden uns als ruf und citierte den C. zuerst lege inseripti male- 
Schiiler, welche bei ihm declamierten , genannt: ficii vor den Praetor, dann wegen Undankbarkeit 
Surdinus (Sen. suas. 7, 12. Lindner 16. Teuff el- vor ein anderes Tribunal. Die Freunde des C. 
Schwabe E0m. Litt. 5 23), Alflus Flavus (s. Bd. I intervenierten, Cassius wollte von einer weiteren 

5, 1475 Nr. 6; dazu Lindner 16f.), Quintilius Verfolgung absehen, wenn C. schwiire, dass Cicero 
Varus (contr. I 3, 10), Aietius Pastor, der, ob- beredter sei als er, doch dazu konnte der an- 
gleich iam senator , an den Ubungen teilnahm massende Ehetor weder im Scherz noch im Ernst 
(contr. I 3, 11), ein Anonymus contr. VII 7, 19; vermocht werden. Dass ein griechischer Ehetor, 
dazu kommen als Nachahmer von Sentenzen Mur- 30 der nicht einmal des Lateinischen vollstandig 
redius contr. IX 6, 12 und Triarius contr. IX 6, 11. machtig war, es wagen konnte, einen Cicero zu 
Obgleich Grieche von Geburt, declamierte er nur meistern (dieser Haltung widersprechen scheinbar 
lateinisch (contr. IX 3, 12. Hieron. a. O.); dabei die anerkennenden Ausserungen iiber Cicero in 
gingen ihm zuweilen die Worte aus, besonders in suas. 6, 4. 7, 2f. 10), lasst sich nur aus der damals 
ausfuhrlicheren Schilderungen (contr. VII 1, 27) herrschenden Geschmacksverirrung der grossen 
und auch wohl, wenn er aus dem Stegreif sprach, Masse erklaren, auf die hin unser Ehetor oft so- 
was er — audi darin ein echter Asianer — oft gar wider besseres Empfmden siindigte. Er selbst 
zu thun pfiegte (contr. IX 3, 13). Von Latro sagt in dieser Hinsicht recht bezeichnend von sich 
unterschied er sich dadurch, dass er seinen Schii- contr. IX 6, 12: multa dieo , non quia mihi 
lern nicht bios Declamationen als Muster zm 40 plaeent, sed quia audientibus plaeitura sunt. 
Nachahmung vortrug, sondern auch, gleich dem Mit richtigem Urteile geisselt er alberne Sen- 
Arellius, an ihren Elaboraten Kritik fibte (vgl. tenzen an andern, an Schulem und Berufsgenossen, 
mit Bezug auf Surdinus suas. 7, 12; Argentarius und doch sind seine eigenen Sentenzen oft nicht 
contr. IX 3, 12. I 5, 3; Alfius Flavus contr. II weniger gewagt, ja geschmacklos und kindisch, 

6, 8. 11,24. Ill 7; Quintilius und Aietius contr. seine eolores bei der thorichten Sucht, durch 
I 3, lOf.) und ihnen in rhetorischen Dingen Unter- etwas Neues seine Vorganger zu fiberbieten, nicht 
weisungen erteilte. So gab er ihnen auf bestimmte selten unnatiirlich und lacherlich, seine divisiones 
Suasorien beziigliche Vorschriften suas. 1, 5f. und zu spitzfindig und weithergeholt , kurz non ser- 
tadelte an ihnen denGebrauch der sog. rjxco, wenn vavit modum (contr. IX 6, 10; vgl. sein eigenes 
man anschliessend an eben gehorte Worte seine 50 Urteil fiber eine kindische Sentenz contr. IX 6, 12; 
Eede so gestaltet, dass man diese Worte an den das des Montanus Votienus fiber einen intolera- 
Anfang und an das Ende seiner Eede setzt, z. B. bilis eolor contr. IX 6, 10; das der seholastici 
Anfang: ut verbis dueis vestri, iudices, ineipiam contr. VII praef. 9; Belege bei Lindner 11 — 13). 
,cavete proditionem'; Schluss: finio quibus vitam Noch mehr hascht er in der Darstellung nach 
finiit imperator ,eavete proditionem' (contr. VII Effect. Er gebietet fiber alle Eaffinements und 

7, 19; vgl. VII 7, 2). Vielleicht auf seine An- Geheimnisse rhetorischer Kunst, um sein Publicum 
regung hin fibersetzte Surdinus zur Ubung des zu fesseln und zu blenden. Mit einem Cbermasse 
Stiles griechische Dramen ins Lateinische. Seinen von Tropen und Figuren putzt er seine Eede bunt- 
Schfilern empfahl er auch andere Declamatoren scheckig auf; vor allem begegnen uns Beispiele 
zu besuchen, um durch Beobachtung ihrer Fehler 60 far Epanaphora, ausserdem Antistrophe, Antithesis, 
zu lernen (contr. I 3, 11. VII praef. 8). Meist Chiasmus, Hyperbaton, Klimax, Epidiorthosis u. a. 
declamierte er in seinem Schullocale, doch begab (Beispiele beiLindner 11). Durch haufigeFragen, 
er sich auch wohl zu Eedeturnieren in die Audi- Einwfirfe, Anreden und Ausrufe wird der ruhige 
torien anderer Declamatoren. Eifersuchtig auf Fluss der Eede gewaltsam unterbrochen. Da? 
ihren Euhm und streitbar, wie er war, hatte er exaltierte Pathos sucht sich in kurzen, abgerissenen 
an ihren Sentenzen fast immer Ausstellungen zu Satzen eine adaquate Form. So ist er in seinem 
machen, nicht selten zog er sie rficksichtslos ins ganzen Gebahren Asianer durch und durch. Wie in 
Lacherliche; vgl. mit Bezug auf Arellius Fuscus der AuflOsung der Periode, so tragt seine Sprache 



2011 Cestius pons Cethegus 2012 

auch im Wortschatze und noch mehr in der Syntax wird der Bau spatestens in die Anfangsjahre des 

getreu den Stempel der silbernen Latinitat an Augustus fallen (s. Cestius Nr. 1). Die Brucke 

sich (Lindner 10). Unter den Mannern, die auf des Gratian hatte bei einer Gesamtlange von 

den Verfall der Beredsamkeit eingewirkt haben, ca. 48 m. einen Hauptbogen von 23,73 m. Span- 

Tummt C. jedenfalls einen hervorragenden Platz nung nnd zwei kleinere Seitendurchlasse (Auf- 

«in. Von den Reden, die er den ciceronianischen nahtne bei Piranesi Antichita di Roma IV Taf. 

entgegensetzte, hat sich keine Spur erhalten, da- 23. 24); neuerdings hat die Tiberregulierung zu 

gegen finden sich zahlreiche, zum Teil umfang- einem vOlligenTJmbauVeranlassunggegeben. Vgl. 

reiche Proben aus seinen Declamationen bei Seneca Bona to Annali della Societa degli ingegneri e 
rhetor (s. die Indices der Ausgaben von Kiess- 10 degli architetti Italiani IV (1889) 139 — 152, wo- 

ling 536 und Miiller 596f.). Dass der Sopho- nach Hiilsen Rom. Mitt. 1889, 282—285. 
kles-Scholiast Pius mit unserem Rhetor identisch [Hiilsen.] 

ist, halt fur moglich M. Schmidt Didymi frag- Cestrota (xsatQiota) werden bei Plin. n. h. 

menta, Leipzig 1854, 273ff. Litteratur: Lindner XI 126 Bilder auf durchsichtigen Hornplatten ge- 

De Lucio Cestio Pio, Ziillichau Progr. 1858. nannt, die wohl mit dem oestrum eingebrannt 

Teuffel-Schwabe Rom. Litt.5 641. Schanz wurden, wie es bei diesem Zweige der enkausti- 

ROm. Litt. II 209f. [Brzoska.] schen Malerei auf Elfenbein geschah. Hesych 

14) .... [Pojmponianus Secundus P. Ce- erklart xsotqcoois als fiayixi] fufiovfisrrj. Die nicht 
st[ius] .... ius Priseus Ducenius Proe[ulus], sicher zu verbessernde verderbte tfberljeferung bei 
iribun(us) milit(um) legiwi(is) XXI. Ra[paeis], 20 Vitr. IV 6, 6 caelostrata (von Thiiren gesagt) hat 
fsevir equfitum) Bfomanorum)] turm(ae) VI., mit den e. nichts zu thun. [O. Rossbach.] 
unter Traian Legat einer unbestimmten Legion Cestus, Sclave des Instantius Rufus, Mart. 
(Inschriftfragment aus Valentia CIL V 7447). VIII 51, 18ff., vgl. VIII 46. Hingegen ist C. I 92 
Vielleicht identisch mit Nr. 18 oder Bruder des- nur als typischer Name gebraucht. [Stein.] 
selben; nach Henzens wahrscheinlich richtiger Cesum (Tab. Peut.), Ort in Nordsyrien an 
Vermutung Sohn des Cos. suff. 87 C. Ducenius der Strasse von Pagrai nach Samosata; sonst un- 
Proculus (CIL VI 2065). Vgl. Nr. 15. bekannt. [Benzinger.] 

15) Cestius Proculus, Proconsul von Kreta Ceta. Hafen an der malabarischen Efiste 
und Kyrene, von den Kretensern wegen Erpres- Vorderindiens neben Muziris und Nilcynda, Geogr. 
sungen angeklagt, jedoch im J. 56 n. Chr. frei-30Rav. p. 42, 10; vielleicht Chetwa siidlich von 
gesprochen (Tac. ann. XIII 30). Vielleicht lasst Kalikut. [Tomaschek.] 
sich daraus, dass der mutmassliche Sohn des C. Cetae, kaukasischer Volksstamm, neben Coto- 
Ducenius Proculus (cos. suff. 87) auch den Namen bacchi und Zigae, also wahrscheinlich cerkessischer 
C. fiihrte (Nr. 14), weiter folgern, dass C. Du- Herknnft; Plin. VI 19. [Tomaschek.] 
eenius Proculus zu Cestius Proculus in irgend- Cetanus pagus, im Gebiete von Benevent, 
welchem verwandtschaftlichen Verhaltnis stand, in der Tabula alimentaria Ligurum Baebianorum 
Ein Q. Cestius Q. f. Proculus, II vir von Hadra CIL IX 1455 m 79. [Hiilsen.] 
CIL III 2846. [Groag.] Cetaria s. Ketaria. 

16) G Cestius Servili(an)us. In einer nur Cethegilla s. Cornelius und Pupienius. 
durch Leakes Abschrift bekannten Inschrift von 40 Cethegus. 1) S. Claudius, Cornelius. 
Opus ehren ojdtjfios 'Onovvximv xal 'PcopaXoi o[l 2) Cethegus Labeo, Legat der legio V. (Alau- 
imbtjfj.ovvTes rjaiov Ksaxtov 'Ofeajria (tribu) dae) in Germania inferior im J. 28 n. Chr., kampfte 
2e[Q]ovihov (IGS III 283). Das Cognomen ist unterL.AproniusgegendieFriesen(Tac.ann.IV73). 
wohl nicht richtig copiert, vielleicht Servilianus. 3) Cethegus, Beiname folgender Consuln der 

[Miinzer.] Kaiserzeit: a) Ser. Cornelius Cethegus, cos. ord. 

17) Cestius Severus, Senator, unter Nero als 24 n. Chr. mit L. Visellius Varro. b) M. Cor- 
Delator berilchtigt, daher zu Beginn des J. 70 nelius Cethegus, cos. ord. 170 n. Chr. mit C. 
im Senate angegriffen. Tac. hist. IV 41. Ein Erucius Clarus. [Groag.] 
T. Cest(ius) Severus CIL XV 2426. 4) Senator, Vater des Purius Maecius Grac- 

18) G. f. Fabfia) Sa . . . [Seeunjdus P. 50 chus, der 376—377 Stadtpraefect von Rom war 

€esti[us] . . . [Umjbrius Dexter. . . Ducenius (CIL VI 1709), wurde urn 370 auf Adulterium 

[Proeulus ?], Proconsul einer unbestimmten Pro- angeklagt und enthauptet, Amm. XXVIII 1, 16. 
vinz (Inschriftfragment CIL V 2824 Patavium). ' [Seeck.] 

Wohl Sohn des C. Ducenius Proculus, vielleicht 5) Rufius Petronius Nicomachus Cethegus, 

identisch mit Nr. 14 ; vgl. bei diesem. [Groag.] so der Name des occidentalischen Consuls vom 

Cestius pons, in Rom, nur genannt in der J. 504 nach Marini Pap. dipl. 113, dem nach 
Notitia (append, bei Jordan Top. II 566) und Usener (Anecdoton Holderi 5) Cassiodors Anec- 
im Laterculus des Polemius Silvius (in Mo mm- doton gewidmet ist; Flavius heisst er in der In- 
serts Chron. min. I 545; die Hs. hat Ercius), schrift CIL IX 1376. Sein Vater ist der Patricier 
ohne Zweifel identisch mit der Brucke, welche 60 Probinus nach Ennod. 452 (op. 6), 20; seine 
von Valentinian, Valens und Gratian im J. 369 Schwester Blessilla nach Ennod. 362 (ep. 7, 29), 4. 
(vgl. Dessau Eph. epigr. VII p. 430) wiederher- Er wurde Patricier und Magister officiorum, auch 
gestellt wurde (CIL VI 1175. 1176; vgl. Eph. Princeps senatus. Als Totila Rom belagerte, musste 
ep. IV 801. 802 = CIL VI 31250. 31251) und er, des Verrates bezichtigt, die Stadt verlassen, 
seitdem auch Pons Gratiani heisst (Symmach. ging nach Centumcellae und spater von da nach 
panegyr. in Gratian. 6. Polem. Silv. 545. Graphia Constantinopel, wo sich auch andere Emigranten 
urbis Romae c. 11 bei Jordan Top. II 617). Zeit einfanden, welche denKaiser zu energischer Krieg- 
und Person des Erbauers sind ungewiss: doch fuhrung in Italien zu bestimmen suchten (Lib. 



2013 Cetis Ceutrones 2014 

pont. vit. Vigilii 7. Prok. Goth. HI 13, 328 B.). dieundo (CIL III 5630 u. 0.) , aediles (5663): 
Hier verwendete ihn Iustinian bei semen Ver- ierner augures (5658) , flamines (5630) , d'eeuri- 
handlungen mit Papst Vigilias in den J. 552 — ones (5630), collegia fabrum (5659), Hercidis et 
553 (JaffeVK. 931 = Mansi Cone. ampl. coll. IX Dianae (5657). Mommsen sucht den Ort beim 
50; vgl. ebd. IX 346). Aus den J. 556—560 heutigen Mautern (CIL III p. 684, vgl. p. 1842), 
stammt ein Brief des Papstes Pelagius, inwelchem andere bei S. Polten, und ferner glaubt Momm- 
er ihm iiber die Ordination zweier sicilischer sen (a. O. p. 683), das Citio der Tab. Peut. be- 
Bischofe berichtet (Jaffe'-K. 992 = Coll. Brit. Pel. zeichne nur den Ausl&ufer des Keuov 6'gog , den 
20). Vgl. Usener a. a. O. 5ff. und Mommsen Leopoldsberg, und sei zu trennen von dem muni- 
im Index zur Cassiodorausgabe der Mon. Germ. 10 cipium Aelium Cetium. Vgl. auch C. Miiller 
p. 490f. [Hartmann.] Ausg. des Ptol. 1 1, 285. Holder Altcelt. Sprach- 

Cetis, Ort in Indien, Geogr. Eav. p. 42, 16, schatz s. Cetion und den Artikel Comagena. 

wahrscheinlich in Gugarat oder Kaech; von Ceta [Ihm.] 

verschieden ? [Tomaschek.] Cetra s. C a e t r a. 

Cetium s. Cetius mons. Cetrea, Insel im nOrdlichsten Teil des roten 

Cetius. M. Cetius Faventinus, Verfasser eines Meeres, an der nabataeischen Kuste, Geogr. Bav. 

Auszugs aus des Vitruvius Pollio Werk de archi- p. 391, 13. [Tomaschek.] 

tectura. Sein Name erscheint nur in zwei Hss., Cetrius. (Sex.) Cetrius Severus, Tribun der 

einer Wiener (vgl. Jos. Haupt Abh. Akad. Wien Praetorianer im J. 69 n. Chr., sucht nach Othos 
LXIX 1871, 31ff.) und einer Schlettstadter, welche 20 Erhebung im Pratorianerlager erfolglos fur Galba 

M. Geti Faventini artis architeetonieae privatis zu wirken, Tac. hist. I 31. Vorher war er Bene- 

•usibus adbreviatus liber betitclt sind; die iibrigen ficiarius des Praetorian erpraefecten Lusius Geta 

Codices fiihren die Uberschrift de diversis fabri- (zwischen 48 und 52), wenn anders die Inschrift 

eis' architeetonieae. Nach den Eingangsworten aus Pisaurum, CIL XI 6343 (= Eph. epigr. IV 

will der Verfasser die eingehenden Darlegungen 423; vgl. Bormann z. St.) Sex. Getri Seven' 

des Vitruvius Pollio und anderer Schriftsteller spec(ulatoris) benefieiari Oetae ah eom(m)entaris 

durch seine Epitome auch den humiliora ingenia custodiaru[m], auf ihn zu beziehen ist. 

naher bringen. Nicht auf Vitruv geht, abgesehen [Stein.] 

von dem nicht in alien Hss. stehenden letzten Cetrora, eine am Knotenpunkt der medo- 
Kap. 30, welches sicher unecht und viel jfinger 30 parthischen und karmanisch-drangianischen Wege 

ist, nur Kap. 29 zuriick, alles andere fliesst aus gelegene Wiistenstation, X (Parasangen) siidlich 

Vitruv, doch so, dass Paventinus nicht das ganze von Tazora, XXXV nordwestlich von Bacinora; 

umfangreiche Werk des Vitruv excerpiert, sondern Tab. Peut. Die Lage passt am besten auf die 

sich auf das fur Privatbauten Notwendigste be- alte Magierstadt Yazd der Isatichai (s. d.), fur 

schrankt, welches er in einer von Vitruv abwei- die freilich von den meisten Porschern die Be- 

chenden Anordnung wiedergiebt. Die Abfassung nennung Issatis (s. d.) beansprucht wird, was 

der Epitome verlegte man friiher meist in das wegen der Lage in rupe schwer moglich ist, da 

beginnende Mittelalter, indessen hat H. Nohl Yazd in einer von Sandhiigeln umgebenen Mulde 

(Commentat. Mommsen. 64ff.) gezeigt , dass sie liegt. Bei den arabischen Geographen flndet sich 
•einer viel friihern Epoche angehOrt, da nicht nur 40 fiir Yazd als alterer Name KaMa angegeben. 

Isidorus, sondern auch Palladius sie bereits be- Noch heutzutage stehen Seistan und Karman nur 

nutzt hat. Die auffallenden Ubereinstimmungen fiber Yazd in Verbindung mit Hamad&n und dem 

namlich zwischen Palladius und Paventinus lassen nordlichen Persien. Sonst ist der seleukidische 

sich weder dadurch erklaren , dass eine Epitome Name C. schwer zu deuten. [Tomaschek.] 

des Vitruv die gemeinsame Quelle beider gewesen Cetturo. Eine in Horburg (bei Colmar) ge- 

ist (vgl. dafiir besonders die Eingangsworte des fundene Inschrift lautet nach Brambach CIBh 

Paventinus), noch auch dadurch, dass Paventinus 1916 in h(onorem) d(omus) dfivinae) deae Victo- 

Ton Palladius abhangig ware ; vielmehr muss riae pro salutfej vicanor(um) Cetturo Indu . . . 

gerade das umgekehrte Verhaltnis zwischen beiden v. s. I. m. , vielleicht also vieani Cetturonenses, 
obwalten. Da nun Palladius spatestens ran 400 50 falls nicht C. Name des Dedicanten ist. [Ihm.] 

gelebt hat, so ist damit nach unten hin die Grenze Cevelnm (Ceuclum'i), Station in Germanien 

fiir Paventinus gegeben. Ausgabe bei Val. Bose an der von Noviomagus (Nym wegen) nach Atuaca 

und Miiller -Striibing in der Vitruvausgabe, (Tongern) fuhrenden Strasse (Tab. Peut.). Nach 

Lpz. 1867 p. 285ff. (vgl. daselbst auch p. XII). d'Anville (Notice 225) Cuijk, nach anderen 

[Gensel.] anders.DesjardinsTabledePeut.il. [Ihm.] 

Cetius mons (Khiov ooog), Gebirge auf der CeTenna s. Cebenna mons. 

Grenze von Noricum und Pannonien an der Donau, Ceutrones. 1) Ceutrones (unrichtige Lesart 

heut der Wienerwald (Ptol. II 13, 1. 14, 1). Die Centrones, fiir die Gliick Kelt. Namen 62 ein- 

Station Cetio verzeichnen (ohne dass die ange- tritt), Volkerschaft im Alpengebiet, von Caes. b. g. 
gebenen Entfernungen iibereinstimmen) die Tab. 60 1 10 mit den Graioceli und Caturiges zusammen 

Peut. (Citio) und das Itin. Ant. 234. 248 west- genannt (vgl. Strab. IV 204 vttsq 8k xovrmv [Za- 

lich von Vindobona. Auf den Inschriften heisst laoocov] iv xaig xoovyaZg Kevrocoveg [lies Ksv- 

der Ort municipium Aelium Cetium (CIL III rgovsg] xal KaroQiyeg xal OvdpayDoi xai Nav- 

5658 = 11799. 5663, vgl. 5630 flaminis Ael. zovazai xal f/ Arifisvva Xifivtj). Durch ihr Gebiet 

Cetiensium , zweifelhaft die colonia Aelia Ce- ging die Heerstrasse aus Italien nach Lugdunum 

tiensis 5652), die Heimatsangabe Cetio CIL (Strab. IV 205. 208, vgl. Itin. Ant. 344ff. und 

III 3940, Caeti Ephem. epigr. IV 894 c, 33. die Inschrift CIL XII 107 aus dem J. 163 vias 

Von Magistraten werden erwahnt Ilviri iure per fines Ceutronum vi torrentium eversas .... 



2015 Ceutronicae Alpes Cliaberos 2016 

restituit, L. Aurel. Verus Aug.). Unter Claudius lich nicht fiber den schwierigen Bhdlanpass, son- 

erhielten sie das ius Latii, Plin. n. h. Ill 135. dern hatte folgenden Verlauf: Al6r am Indus, 

Ptol. Ill 1, 33 legt ihre Wohnsitze in die Graji- Siwi (Sibi), Harnai, Gwal im Hochland Walistan 

schen Alpen und nennt als ihre Stadte Forum oder Balis, Ober-Pisin, Qandahar. Ch. ist nicht 

Claudii (s. d.) und Axima {Kevxqovcov iv r^aiaig zu verweenseln mit Choarene; npers. ehawar be- 

"AXneoi, $6qos KXavdlov . . . "Ag~t f ua), also sassen deutet ,Osten', Chdwarcm ,die ostlichen Gegen- 

sie an der Isere in den Thalern von Maurienne den', welche nachmals unter die Herrschaft der 

und Tarantaise (Savoyen). Die Bewohner von Parther gelangten. [Tomaschek.] 

Forum Claudii (vielleicht identisch mit Axima?, Chabakta. Eine pontische Stadt. von der 
0. Hirschfeld CIL XII p. 16) heissen Foro- 10 Miinzen mit der Aufschrift XABAKTQN vor- 

claudienses Ceutrones, CIL XII 104. 110 (vgl. handen sind, Mionnet II 408; Suppl. IV 444. 

auch XII 119. 4530 und V 361* mit Ephem. Head HN 425. Vermutlich identisch mit dem 

epigr. V p. 246). Eine Grenzstreitigkeit inter iwqiov Chabaka, das Strabon (XII 548) ostlich 

Viennenses et Ceutronas (dieser Accus. auch auf von Side an der Kiiste erwahnt. [Ruge.] 

der Tab. Pent.) wurde im J. 74 n. Chr. durch Chabala, Stadt in Albania am Sttdabhang des 

den Statthalter von Obergermanien Cn. Pinarius Kaukasos, Ptol. V 12, 6; Cabalaca, die Metropolis 

Cornelius Clemens reguliert, CIL XII 113 (L. Be- von Albania, Plin. VI 29. Die armenische Geo- 

nier Rev. archeol. XVI 1859, 358ff. Desj ardins graphie p. 29 ed. Soukry nennt im ascharh Atuankh 

Geogr. de la Gaule I 78f. II 235. Marquardt die Stadt Khawatak, welche vom Bache Seboc 

Staatsverw. 12 7. 281. 282). Aus dieser Inschrift 20 mitten durchflossen wird; Moses Katakantwaci 

ergiebt sich auch , dass die C. nicht zur Narbo- verwendet in seiner Geschichte der A+uankh die 

nensischen Provinz, sondern zu der der Alpes Form Kaba+a oder Kapa+a; es flndet sich auch 

Poeninae gehsrten. Die Hauptstadt der spateren Kapa-kha+akh. Die georgische Chronik p. 364 

provineia Alpiwm Graiarum et Poeninarum nennt Qabala in Sirwan. Arabischen Nachrichten 

ist in der Not. Gall. X 1 civitas Ceutronum zufolge soil Qobad (491 — 530) , Vater des An6- 

Darantasia (s. Darantasia). Longnon Geogr. sarwan, die Stadt gegriindet d. h. neu befestigt 

de la Gaule au Vie siecle 429. Sonst ware noch haben; Salman ben Rebia nahm sie den Chazaren 

zu erwahnen, dass nach Plin. n. h. XI 240 der weg; Qabala war reich an Obstbaumen, Siid- 

Kase der C. ( Vatusicus) in gutem Ruf stand, fruchten und Weizenfeldern , hatte gesunde Luft 

und dass ihre Berge Erz lieferten (Plin. XXXIV 3 30 und gutes Wasser, auch eine Thermalquelle, und 

proximum bonitate fuit Sallustianum in Ceu- war von Moslemin bewohnt, wahrend Land und 

tronum Alpino traetu, non longi et ipsum aevi, Dorfer von Christen und ,Landstreichern' bevOlkert 

suceessitque ei Livianum in Gallia). Die Zeug- waren (Mas'udi II p. 68). Nachmals wurde die 

nisse fur den Namen vollstandig bei Holder Stadt von Samachi uberfltigelt und verflel all- 

Altcelt. Sprachschatz s. v. malig. Noch im vorigen Jahrhundert erwahnt 

2) Kleine Volkerschaft in Belgium, Clienten Garber (bei Miiller Sammlung russischer Ge- 

der Nervier, Caes. b. g. V 39 (Var. Centrones, schichte IV 1760 S. 126) Qabala als einen Ort 

die Lesart Ceutrones diirfte die richtige sein trotz zwischen Samachi und Aris in der Herrschaft 

Gliick Keltische Namen bei Caes. 62). Des- Sekki zwischen dem Gebirgssaum und der Ebene, 

j a r d i n s Geogr. de la Gaule II 436. II o 1 d e r 40 von Dorfern umgeben , mit gutem Garten- und 

Altcelt. Sprachschatz I Sp. 1004. [Ihm.] Feldbau und mit Seidenindustrie. Die Ruinen 

Ceutronicae Alpes, benannt nach dem Volk heissen jetzt Qafur-qalasi und liegen einige Werst 

der Ceutrones, Plin. n. h. XI 240. S. Bd. I S. 1602. suddstlich von Nig an der Vereinigung der Bache 

Desjardins Geogr. de la Gaule I 76f. Ill 322ff. Qara-cai und Qara-su, welche dern Gek-cai parallel 

[Ihm.] dahinstreichen. [Tomaschek.] 

Chiia (Xda). 1) Angeblich alte Stadt in der Chabarenoi, pontisches Volk im Bereich der 

messenischen Landschaft Triphylia, unweit Lepreon Chalybes, beriichtigt durch seine wilden Sitten, 

am Bache Akidas, Strab. VIII 348, wonach einige z. B. Verspeisung abgeschnittener Weiberbriiste 

auch II. VII 135 Xdae statt $eiag lesen wollten. und der Leibesfrucht ; Eudoxos bei Steph. Byz. 

Curtius Pelop. II 82. 116. Bursian Geogr. 50 Vgl. Obarenoi. [Tomaschek.] 

II 281f. [Oberhummer.] Cliaberos (XaftrjQog), Fluss Indiens, der sich 

2) Ortlichkeit im Gebiet der Ainianen oder in den gangetischen Golf ergiesst, Ptol. VII 1, 

in deren Nahe, Collitz Gr. Dialektinschriften I 13. 35; die Kaveri an der Cora-mandalakuste, in 

nr. 1432b, 3 jisqI rag dlxag, ag e^sdUaaav oQsog indischen Schriften auch ,halber Ganges' Ardha- 

xov ex tag Xdag kni xav Asgav (gefunden im Ganga genannt. An der Mfinde lag der Hafen 

alten Hypata). " [Burchner.] Chaberis (Xa^Qtg), Ptol. VII 1, 13. VIII 26, 5, 

Chaai (Xaai, lies Xoalf), Name der Quell- d. i. das heutige an der ,nenen' oder Pudu-Kaveri 

seen des Nils, am Abhange grosser Gebirge in sudlichvonTranquebargelegeneKav§ri-pattanam> 

Innerafrica, Ioann. Lyd. de mens. IV 68. als indisches Emporion in der Form KafieQ ver- 

[Sethe.] 60 merkt vom MSnch Kosmas p. 337. Ob damit 

Chaarene, Landschaft von Ariana, welche an Kamara (s. d.) des Peripl. mar. Erythr. genau 

Indien grenzte und im Sommer 325 von den ge- zusammenfallt , bleibt fraglich; das gleiche gilt 

sondertenunterKraterosFuhrungstehendenHeeres- von der Station Gaverim Geogr. Rav. p. 72, 7, 

abteilungen vom Lande des Musikanos aus durch- wo allerdings Modura und Soli auf die C6la-region 

zogen wurde; der Zug ging dann uber Arachosia hinweisen, wahrend die folgenden Orte nach Ariana 

Drangiana rind Karmania, wo sich Krateros mit gehSren, vgl. Kauaris in Baktriane. Das Ety- 

Alexanders Heer vereinigte; Strab. XV 725, vgl. mon von Ch. ist wahrscheinlich tamulisch, wie 

Arr. anab. VI 17, 3. Der Weg fiihrte wahrschein- auch von skr. Mvera ,Safran'. [Tomaschek.] 



2017 Chabersaba Chabrias 2018 

Chabersaba (Xafoeoapa, Joseph, ant. Iud. (Xen. hell. IV 8, 34. Diod. XIV 92, 2) den Ober- 

XIII 390), alter Name der Stadt Antipatris, s. d. hefehl fiber die Soldner im Peloponnes, Dem. IV 

fBenzinger.] 24. Harpokr. s. &vmbv h KoQivdm. In die erste 

Chabilci s. C la chili. ° Halfte des J. 389 und in die Zeit seiner Strategie 

Chabinon (XafiTvov oqos), Gebirge im Lande 389/8 fallen seine Siege bei Phlius, Schol. Aristid. 

der Debai in Arabien, Diod. Ill 45 {Aaifiov ogog Panath. 172, 3 p. 274 Ddf., bei Mantineia, Schol. 

bei Photios [Agatharch. frg. 94]), von Sprenger Aristid. Panath. 172, 4 p. 275 Ddf., seine Ein- 

(Alte Geogr. 41) mit dem Djebel el Aswad (18° falle in Lakonien, Polyaen. Ill 11, 6. 15. Auf 

2' n. Br.) combiniert, von Glaser (Skizze 29) das Soldnerheer unter seiner Ftthrung also bezieht 
ostlich von Lith und Konfuda gesucht. 10 sich die Anspielung in dem Anfang des J. 388 

[D. H. Miiller.] aufgefiihrten aristophanischenPlutos; vgl. daselbst 

Chablasioi (XafiXaoioi), Volk im Nordwesten 173 mit Schol. Strateg im J. 388/7, segelt er 

Arabiens, benachbart den Nabataeern, Dionys. Ende 388, nachdem bereits Antalkidas die Nau- 

Perieg. 956. Eustath. zu v. 956. Doch die mei- archie angetreten hatte (Xen. hell. V 1, 6. Beloch 

sten Hss. bei Dionysios bieten XavMoioi, welche a. 0. 349. BOrner a. 0. 12), mit 10 Trieren und 

Form auch Avien. 1134. Prise. Perieg. 886 haben. 800 Leichtbewaffneten nach Kypros zur Unter- 

Die Variante wurde wohl durch die Aussprache stiitzung des Konigs Euagoras. Zuvor landet er 

veranlasst (der w-Laut vor I). Die Vergleichung in Aigina nnd besiegt die Aigineten unter dem 

mit Strab. XVI 767 macht es wahrscheinlich, Lakedaimonier Gorgopas, welcher im Kampfe fallt, 
dass die Xavloxatoi ein Volk mit den Chaulasioi 20 Xen. hell. V 1, lOff. Dem. XX 76. Polyaen. Ill 11, 

sind. [D. H. Miiller.] 12. In Kypros kampft er gliicklich gegen die per- 

Chabolo {Xa^colm Joseph, vita 213. 234; sischen Streitkrafte, Dem. XX 76. Nep. Chabr. II 

Xajiovlwv bell. Iud. Ill 3, 1), Ort im Bereich 2; vgl. Judeich Kleinasiat. Studien 123, welcher 

von Ptolemais, 40 Stadien von Iotapata entfernt, mit Eng el Kypros I 303 die von Eratosthenes bei 

das heutige Kabul , vier Stunden sudOstlich von Hesych. s. 'Poixov xQiftojio/mm erwahnte Getreide- 

Akko (Eobinson Neuere bibl. Porschungen 113f. sen dung des Konigs Ehoikos von Amathus auf die 

Van de Velde Beisen I 218. Gu^rin Galilee Beteiligung des Ch. an der Einnahme von Amathus 

I 422f. Purrer Wanderungen 299). bezieht. Bald nach dem KOnigsfrieden im J. 386, 

[Benzinger.] der ein ferneres Verbleiben des Ch. in Kypros 

(liabon, ein von Skiluros befestigtes Castell 30 unmSglich machte, begiebt er sich nach Agypten, 

in unmittelbarer Nahe von Herakleia-Chersonnesos wohin er von KOnig Akoris als Piihrer der Sold- 

(jetzt Sebastopol), nach Spuren zu schliessen in ner berufen wird, Diod. XV 29, 2. Dem. XX 76. 

der innersten Hafenbucht ; weiter ab lagen Pala- Judeich a. 0. 158. Dort trifft er Vorbereitungen 

kion und Neapolis (jetzt Symferopol), Strab. VII fur den Krieg mit den Persern, Diod. a. 0., legt 

312. Die bewaffneten Scharen der Chabaioi wer- an den Miindungen des Mis Befestigungen an; an 

den in der langeren Inschrift nr. 185 beiLaty- diese seine Thatigkeit erinnern die Namen XapQiov 

sew, worin der Kampf des Skiluros gegen die %deai;, Strab. XVI 760 und Xafigiov xebftrj, Strab. 

Feldherrn des Mithradates Eupator geschildert XVII 803, vgl. Judeich a. 0. 159 und u. S. 2021. 

wird, wiederholt erwahnt. [Tomaschek.] Bald nachdem er dem Nektanebis, dem Nachfolger 

Chabora (XafScbga), Stadt in Mesopotamien 40 des Akoris, die Herrschaft befestigt hatte (Nep. 

am Euphrat, Ptolem. V 18, 6. [Praenkel.] Chabr. II 1. Sievers Griech. Gesch. 368, 116), 

Chabriae castra (Plin. n. h. V 68) s. Xa- wird er etwa 380 auf Veranlassung der Perser, 

Pqiov Nr. 1. die sich bei den Athenern iiber die Unterstiitzung 

Chabrias. 1) Athenischer Peldherr aus dem der Agypter durch Ch. beklagen, von den Athenern 

Demos Aixone, CIA IV 2, 64. [D.em.] LIX 33. CIG abberufen, Diod. XV 29, 3. Nep. Chabr. Ill 1. 

6123. Nach letztgenannter Inschrift, die sich auf S chafer Demosth. u. s. Zeit 12 16. 25, 3. Judeich 

einer Herme in Eom findet, hiess der Vater des a. 0. 160. Strateg im J. 379/8, versperrt er dem 

Ch. Kxrjo [mnos] , welchen Namen auch des Ch. spartanischen Konig Kleombrotos auf seinem Zuge 

Sohn fiihrte, CIA II 791, 87. 804 A a 72. 1263. gegen Theben den Weg iiber Eleutherai, Xen. 
Dem. XX hypoth. Plut. Phoc. 7. Timokles frg. 5, 50 hell. V 4, 14. In dasselbe Amtsjahr des Ch., 

Kock II 452. Strateg im J. 390/89, scheint er d. h. in die erste Halfte des Sommers 378, fallt 

nach CIA II 12 zunachst an der thrakischen der Zug des Agesilaos nach Boiotien, Xen. hell. 

Expedition des Thrasybulos von Steiria beteiligt V 4, 38. 41. 42. Schafer 12 19, 3. Als bei 

gewesen zu sein, die nach dem zur Zeit des Herbst- Theben Agesilaos anriickt, beflehlt Ch. den Seinen, 

aquinoctiums 390 stattgehabten Antritte der Nau- nicht vom Platze zu weichen, sondern das Knie 

archie des Lakedaimoniers Teleutias ihren Anfang gegen den Schild gestemmt mit gefallter Lanze 

nahm; vgl. Xen. hell. IV 8, 23ff. Beloch Att. den Angriff der Peinde zu erwarten; er veran- 

Polit. 314. A. Borner De rebus a Graecis lasste hierdurch den Agesilaos, vom Kampfe ab- 

inde ab a. 410 usque ad a. 403 a. Chr. n. gestis zustehen, Diod. XV 32, 5. 6. Nep. Chabr. I 2. 
quaestiones historicae, Dissert. Getting. 1894, 15f., 60 Dem. XX 76. Polyaen. II 1, 2. Schol. Aristid. 

wo fiber den Amtsantritt des spartanischen Nau- Panath. 173, 11. 13 (III 281 Ddf.). Schafer 

archen gehandelt ist. Nach Schliessung des Ver- 12 19, 3. 20, 1. Fur das J. 378/7 gleich nach 

trages mit den Thrakerfursten Seuthes und Me- dem im Fruhjahr 378 erfolgten Einfall des Spho- 

dokos (Xen. hell. IV 8, 26 und ausser der oben drias in Attika zusammen mit Timotheos und 

erwahnten Inschrift CIA II 12 noch CIA IV 2, Kallistratos zum Feldherrn erwahlt (Xen. hell. V 

12 b) wird er Winter 390/89 von der Flotte ab- 4, 20ff. Diod. XV 29, 6. Beloch a. 0. 315), unter- 

berufen und erhalt an Stelle des aus dem Pelo- stiitzt er die Thebaner im Fruhjahr 377, Xen. 

ponnes nach Athen zuriickgekehrten Iphikrates hell. V 4, 54. Schafer 12 38. Strateg im J. 377/6 

Pauly-Wissowa III 64 



2019 Chabrias Chabrias 2020 

geht_ er nach Euboia, verheert das Gebiet von Schol. Aesch. Ill 85) argar^yog, wird er auf den 
Hestiaia , gewinnt darauf im Kykladenmeer Pe- Tod angeklagt, da er urn die Eroberung von Oro- 
parethos, Skiathos und andere Inseln dem atheni- pos durch die Thebaner gewusst hatte , Schol. 
schen Bunde noch vor dem Herbst des J. 377, Dem. XXI 64. Schafer 12 108. Als Anklager 
Diod. XV 30, 5. Schafer I 2 39. Busolt Der des Ch. im oropischen Process werden genannt 
zweite athen. Bund, Jahrb. f. Phil. Suppl. VII Philostratos von Kolonos, Dem. XXI 64, und Leo- 
745.754. DittenbergerSyll. 63 N. 28— 30. Als damas von Acharnai, Aristot. Rhet. I 7 p. 1364 
Strateg des J. 376/5 besiegt er im Herbst des a 19 = Sauppe O. A. II 245 b, als Verteidiger 
J. 376 die lakedaimonische Flotte in der grossen kennen wir einen Lykoleon, Aristot. Ehet. Ill 10 
Schlacht bei Naxos, Xen. hell. V 4, 61. Dem. XX 10 p. 1411 b 6 = O. A. II 249. flber die Zeit des 
77. Diod. XV 34. 35. Polyaen. Ill 11, 11. Am Processes (366 oder 365) sind wir nicht unter- 
Jahrestage dieser Schlacht, dem 16. Boedromion, richtet, Schafer 12 110. 307. Wie aus Dem. 
pflegte Ch. den Athenern eine Weinspende zu er- XXI 64 ersichtlich , wurde Ch. freigesprochen ; 
teilen, Plut. Phoc. 6. Polyaen. Ill 11, 2, vgl. Schafer I 2 107ff. Strateg im J. 363/2, unter- 
Blass Herm. XVII 155. Auf die in der Schlacht driickt er einen Aufstand auf der Insel Keios, die 
bei Naxos erbeuteten Schiffe (Dem. a. 0. Diod. zu den Thebanern abgefallen war, und zwingt die 
XXXV 34, 6) beziehen sich die rgrfgeig al%fid- Insel, sich wieder den Athenern anzuschliessen ; 
Icotoi x&v fista Xafiglov in einer attischen Werft- vgl. das Decret aus dem Ende des J. 363/2, CIA 
urkunde vom J. 373/2, CIA II 789 a 20. b 40. IV 2, 54 b mit Kohlers Bemerkungen und Dit- 
51. 70. add. b p. 514. 79. 83. Nachdem Ch. 20 tenberger Syll. 79 N. 8. Urns ,T. 360 begiebt 
nach seinem Siege noch eine Anzahl von Inseln er sich auf eigene Hand vom KOnig Tachos auf- 
zum Anschluss an den athenischen Bund bewogen gefordert nach Agypten, wo er gegen die Perser 
(Dem. XX 77. Plut. Phoc. 7. Busolt a. 0. 757), die Leitung der Seemacht iibermmmt, Diod. XV 
kehrt er nach dem Peiraieus zuruck, wo ihm ein 92, 3. Plut. Ages. 37. Nep. Chabr. II 1. 3 mit 
begeisterter Empfang zu teil wird, Diod. XV Nipperdeys Bemerkung. Polyaen. Ill 11, 5. 7; 
35, 2. Als Lohn fur den Sieg bei Naxos erhalt vgl. ebd. 13. 14. Aristot. Oecon. II p. 1350 b 33. 
er einen goldenen Ehrenkranz, ein ehemes Stand- 1353 a 19. Schol. d. Stephanos zu Aristot. Ehet. 
bild auf dem Marktplatz und Abgabenfreiheit fiir bei Cramer Anecdota Paris. I 258. Rehdantz 
sich und seine Nachkornmen. Dem. XX 75. 84 a. 0. 162—165. Judeich a. 0. 165. Nach der 
—86. 146. XXIII 198. XXIV 180. Aesch. Ill 243. 30 Plucht des Tachos aus Agypten (Diod. XV 92, 5. 
Lykoleon bei Arist. Rhet. Ill 10 p. 1411 b 6. Judeich 166) kehrt er nach Athen zuruck und 
Nep.Chabr.I3. Diod. XV 33, 4. Athen. IV 165 e. wird fiir 359/8 zum Peldherrn gewahlt. Als sol- 
Schafer I 2 42, 1. Im Friihjahr 375 (Busolt cher begiebt er sich mit einem Kriegsschiff in 
Zweiter ath. Bund 760) begiebt er sich nach den Hellespont und muss sich daselbst zu einer 
Thrakien, wo er die von den Triballern bedrang- fiir die Athener ungunstigen tTbereinkunft mit dem 
ten Abderiten von drohender Gefahr befreit, Diod. ThrakerfurstenKersobleptesverstehen.Dem.XXin 
XV 36. Aen. Tact. XV 5. Die Abderiten, eben- 171. 178. Schafer I 2 161. Judeich 167 Amu. 
so wie die Thasier, die Bewohner von Chalkis Als Trierarch geht er im J. 357 mit dem Cre- 
am Athos, die Ainier, Samothraker, Dikaiopoliten schwader des Chares nach Chios. Als es hier im 
werden durch ihn dem athenischen Bunde ge- 40 Hafen zu einem heissen Kampf kommt, erhalt des 
wonnen, Dittenberger Syll. 63 N. 35. Auch Ch. Schiff beim Zusammenprall mit den feind- 
einen zwischen den Abderiten und Maroniten be- lichen ein Leek; wahrend des Ch. Mannschaft 
stehenden Streit scheint er in jener Zeit ausge- sich durch Schwimmen rettet, verlasst er semen 
glichen zu haben, Schol. Aristid. Panath. 172, 7 Posten nicht, bis er totlich getroffen zusammen- 
p. 275 Ddf. 173, 17 p. 282 Ddf. Schafer 12 sinkt, Diod. XVI 7,3. 4. Nep. Chabr. 4. Plut. 
43,5. Ob die Belagerung von Drys in jene Zeit Phoc. 6. Dem. XX 81. 82. Schafer I 2 168. 
fallt (Polyaen. II 22, 3. Rehdantz Vitae Iphi- Falschlich wird er bei Diod. a. 0. als Strateg 
cratis, Chabriae, Timothei Atheniensium 64. Sie- bezeichnet; allerdings wird sein Name erwahnt 
vers Griech. Gesch. 223, 49), steht nicht fest, unter den Feldherren des Jahres des Archon Aga- 
Schafer I 2 44 Anm. In den J. 375/4 und 374/3 50 thokles 357/6, CIA IV 2, 64. Da aber, wie Fou- 
scheint Ch. die Strategie nicht bekleidet zu haben. cart gesehen, der Name daselbst getilgt ist, so 
Aus dem August des J. 374 unter dem Archon muss angenommen werden, dass Ch. zwar fiir 357/6 
Sokratides wird uns von einem Sieg des Ch. mit zum Strategen erwahlt, dass er aber aus irgend 
dem Viergespann an den Pythien berichtet; an einem uns unbekannten Grunde seines Amtes ent- 
dem Festmahle, welches sich diesem Siege zu hoben worden, Dittenberger Syll. 86 N. 14; 
Kolias in Attika anschloss, beteiligte sich die vgl. auch Rehdantz 207. Busolt D. zweite 
Hetaire Neaira, [Dem.] LIX 33. Nach Absetzung athen. Bund 856. Sein Grab in Athen in der 
des Timotheos als Strateg Ende 374/3 (CIA II Nahe der Graber des Thrasybulos, Perikles, Phor- 
add. 789 b mit Kohlers Bemerkungen Athen. mion wird erwahnt von Paus. I 29, 3. Zu Gunsten 
Mitt. Vni 175) wird Ch. zusammen mit Iphikrates 60 seines Sohnes Ktesippos greift Demosthenes im 
zum Peldherrn erwahlt fiir 373/2, Xen. hell. VI J. 354 das leptineische Gesetz an, das den Ktesip- 
2, 39. Strateg im J. 369/8, wird er Sommer 369 pos der von seinem Vater ererbten Freiheit von 
in den Peloponnes entsandt, woselbst er mit wech- Offentlichen Lasten berauben wollte. In dieser 
selndem Gliicke gegen die Thebaner kampft, Xen. Rede wird Ktesippos nicht mit Namen genannt, 
hell. VII 1,25. Diod. XV 68. 69. Paus. IX 15, sondern nur als Sohn des Ch. bezeichnet; vgl. 
4. Plut. apophthegm. Epam. 19 p. 193f. Reh- Schafer I 2 414. Wahrend Demosthenes nur 
dantz a. 0. 105. 106. Schafer I 2 88. Beloch diesen einen Sohn kennt (vgl. Dem. XX 79. 82. 
a. 0. 317. Im. J. 367/6 {ml ag/wrog TIoiv'Q-qlov 83) , flndet sich bei Plut. virtut. doceri posse 3 



2021 Chabrios Chaibones 2022 

p. 440 b ein zweiter Sohn Kallias. Ebensowenig Sibi quod Oraeci Apaten vocant, welches Plin. 

wir diesen Kallias als Sohn des Ch. gelten lassen VI 155 nach den Atramitae mid Minaei als Nach- 

werden (vgl. Rehdantz 174. 232), wird auf die barn der Kiistenbewohner Aelamitae anfiihrt, von 

Nachricht Plut. Dem. 15 und anderer (vgl. Reh- Glaser (Skizze95) mit den Hak(k)ili identiflciert. 

dantz 231) etwas zugeben sein, dass Demosthenes [D. H. Miiller.] 

die Gemahlin des Ch. nach des letzteren Tod ge- Chadacha, Ortschaft im Ostlichen Teile der 

heiratet oder gar mit ihr in unerlaubtem Verkehr kaukasischen Albania, Ptol. VI 2, 6. Jankowski 

gestanden habe, und dass er ihr zu Liebe die Ver- nennt in seiner russischen Abhandlung iiber die 

teidigung des Sohnes im leptineischen Handel alten Albanen einen Ort Katach; in der georgi- 

ubernommen, Schafer I 2 414. 10 schen Landschaft Herethi findet sich ein Ort Ka- 

Seinem Feldherrntalent hat Dem. XX 75ff. ein techi, und bei Car-o-Belokan ein Dorf Katich. 

Denkmal gesetzt; ebd. 82 wird seine Vaterlands- [Tomaschek.] 

liebe geruhmt. Svveaei oxQaxrjyixfj SidcpoQog xal Chadas, eine grOssere Station auf der Strasse 

ddgav kit 1 agsxfj fieydXrjv jie7ioir)[tevos Diod. XV von Satala nach Artaxata in Armenien, Tab. Peut. 

29, 2. "EXsys xdXXiara axQaxijyojv xovg fiaXiaxa und Geogr. Rav. II 12 p. 74, 9. Die nachsten 

•yivmaxovtag to. x&v jioXs/ticov Plut. reg. et im- Platze lauten von West nach Ost : Andagw XII- 

perat. apophthegm. Chabr. 1 p. 187 d. Elwftei Armanas • XVII • G/iadas • XXIV- Colehion. An- 

l&yuv Sxi cpoftsQcbxsQor ioxiv iXdipior axQaxojiedov daga, in den byzant. Not. episc. "Avdaxa, heisst 

-riyovftevov Xiovxog Jj Xeovrcov sXacpov Plut. a. 0. noch jetzt Andak; Arman, in der Form Aramana 

Chabr. 3. Seine Natur wird als avwftaXog xal 20 als Ort von Bagrevand (s. Bagrandavene) nahe 

axgaxog bezeichnet. Nco&qos yag a>v xal dvexi- an Tavarac-a-taph bei Lazar von Pharp erwahnt; 

vtjxog aXXcog ev avxoig xoig ay wow &qya xal Sis- von da wendet sich der Weg iiber den nordlichen 

nvQovxo xqi flvfiqi xal avvs^ejiutxe xoTg dgaovxa- Bergzug ins Araxesthal, und Colehion (s. d.) fallt 

xoig jiaga^oXmxsgov Plut. Phoc. 6. Vivebat laute unstreitig auf die wichtige Position Ka+covan im 

et indulgebat sibi liber alius, quani ut invidiam gavar Eras' ch-a-dzor, das heutige Qaghizman. 

vulgi posset effugere Nep. Chabr. 3 ; vgl. Dem. Demnach darf man Ch. am Araxes zwischen dem 

XIX 287. LIX 33. Plut. reg. et imp. apophthegm. Ala-dagh im Norden und den Aghry-dagh im 

Chabr. 2. 'H olxia rj jieyaXrj j; XapQiov xaXov- Siiden, etwa bei Sam und Chandut suchen. Der 

fiery in Athen wird erwahnt Hyperid. frg. 137 Bl. Name kann zwar persisch sein, gehOrt jedoch eher 
Er hielt sich viel und gem im Auslande, beson- 30 der alarodischen Nomenclatur an; ein Ort Kadas 

ders in Agypten auf, Nep. Chabr. a. O. Theop. findet sich in einer Keilinschrift von Van ; Chada 

bei Athen. XII 532 b. [Kirchner.] heisst noch jetzt ein Ort der iberischen Dwali 

2) Archon in Antikyra, IGS III 4. oder Divali (s. d.), vgl. lesgisch k'ada ,Thalbach, 

3) Chabrias wird falscherweise der athenische Thai' ; Chados heisst ein Misimiane bei Aga- 
Archon 01. 91, 2 = 415/414 genannt bei Diod. thias u. dergl. [Tomaschek.] 
XIII 2. Schol. Arist. Av. 766; Plut. 176; Arg. Chadini {Chalini) s. Chaedini. 

Av. I. II: er hiess Charias, s. d. [v. Schoeffer.] ( liudisia, 1) Pluss und Stadt der Leukosyrer 

4) XavQcag vulg. (vielleicht Chaerea?), an- am Pontos, Westgrenze des Gebietes von Themi- 
scheinend vertrauter Freund Hadrians, Marc, sis skyra, Steph. Byz. Hekataios bei Steph. Byz. Phere- 
i. VIII 37. [Stein.] 40 kydes bei Schol. Apoll. II 373 {Xatyola). Plin. 

Chabrios (Xdftgiog oder Xaftgig) , Fluss auf VI 8. Apoll. Ehod. II 1000. Menippos (Chadisios) 

der Westseite der Halbinsel Chalkidike, zwischen bei Steph. Byz. und Marc. Herakl. epit. Menipp. 

Kassandreia und der Landspitze Gigonis in den p. 572 (Miiller). Anonym, peripl. Pont. Eux. 28 

thermaeischen Golf mundend, Ptol. Ill 12, 10 (p. 408 Miiller) giebt die Entfernung von Lykartos 

(13, 18). Miiller z. St. Demitsas 'Aq%. ysa>yQ. auf 40 statt auf 150 Stadien an. [Ruge.] 

MaxeS. I (1870) 161f. Kiepert N. Atl. von 2) Amazone, Eponyme der gleichnamigen Stadt 

Hell. VII. [Oberhummer.] Nr. 1, Steph. Byz. (vgl. Schol. Apoll. Rhod. n 

Xafiglov. 1) 'O XafiQiov Xsydftsvog x^8 a Si 373. 999). 

Strab. XVI 760; Chabriae castra Plin. n. h. V 68, Chaedini (XatSsivof), Volk in Skandinavien, 

Befestigung der Heerstrasse von Agypten nach 50 Ptol. II 11,16 (Var. Xaidtvol, XaSetrol). Zeuss 

Palaestina, auf dem Wege von Pelusion nach dem Die Deutschen 158f. Mullenhoff Deutsche Alter- 

Kdawv oQog, zwischen den sog. BaQaftQa (s. d.) tumsk. II lOf. 57. 61. 65. 361. C. Miiller zu 

und riQQa gelegen. Ptol. a. O. meint, es sei vielleicht Xafoivol oder 

2) Xaftgiov xcofit], Ort in Unteragypten, zwi- XaXwoi zu lesen, und verweist auf das von Jor- 

schen dem mareotischen See und der von Schedia danes Hallin genannte Volk. [Ihm.] 

nach Memphis fiihrenden Wasserstrasse , dem Chaemae (XaTfiai) s. Chamavi. 

kanopischen Miami, Strab. XVII 803. [Setae.] Chaerea s. Cassius Nr. 37 und vgl. Cha- 

Chabryes, Name des agyptischen KOnigs, der b r i a s Nr. 4. 

die zweitgrOsste der drei beruhmten Pyramiden von Chaetuori (Xaixovojgot) , Volk in Germania 

Gizeh erbaute, Diod. 164; agyptisch Cha'f-re', bei 60 Magna, von Ptol. II 11, 11 zwischen Curiones 

Herodot Chephren (s. d.). [Sethe.] und Parmaecampi angesetzt (Var. Xaixdrngot). 

Chabnata (Xafiovdxa) , Stadt im gliicklichen Der Name nach Zeuss Die Deutschen 121. 309 

Arabien (Ptol. VI 7, 33). [D. H. Miiller.] vielleicht keltisch (dagegen R. Much Deutsche 

Chabura, eine Quelle in Mesopotamien mit Stammsitze 86f.). [Ihm.] 

wohlriechendem Wasser und zahmen Fischen, Plin. Chaibones, germanisches Volk, das im Verein 

n. h. XXXI 37. XXXII 16. [Fraenkel.] mit den Herulern einen Einfall ins romische Gebiet 

Chachrylion s. Kachrylion. im Westen machte, der abgewiesen wurde. Ma- 

Chaculatae, Volk in Siidarabien, mit der Stadt mertin. paneg. Maxim. Aug. d. 5 ; genethl. Maxi- 



2023 Chailiara Chairemon 2024 

miani 7 (Chaibonum, Var. caynonum, eaviomun, big Mon. d. Lincei VI 73 wollte ihn mit Cha- 
caivonum, caybonum). Zeuss (Die Deutschen res von Lindos identificieren, s. aber v. Wilamo- 

152) legt ihre Wohnsitze auf die kimbrische Halb- witz-Mollendorff Litt. Centr.-Bl. 1896, 1516 

insel (,etwa um Kiel und Eutin') und identiflciert und Amelung Bull. com. XXV 1897, 140. Von 

sie mit den KofSavdol des Ptol. II 11, 7, den dieser Identiflcierung zwar an sich unabhangig,, 

XavfSoi Strabons VII 291, den Aviones des Ta- aber nicht genugend begrflndet, um als wahr- 

citus Germ. 40, den "Opwi des Petrus Patricius scheinlich gelten zu konnen, ist die gleichfalls 

(s. die betr. Artikel). Die richtige Namensform von Helbig geausserteVermutung, dass der capi- 

istnach Zeuss a. 0.478 Chaviones, nachR. Much tolinische Alexanderkopf und dessen in Ptolemais 
Ztschr. f. deutsches Alt. XXXIX 50 Chaiv(i)me.s. 10 gefundene Replik (Mon. d. Lincei a. 0. tav. I) 

[Ihm.] auf die Alexanderstatue des Ch. zurfickgehen. 

Chailiara, unbekannter Ort, das Ethnikon Andererseits ist dem bestechenden Vorschlag von 

Xadiagsvg stent auf einer in Saghir, nordlich vom Six Rem. Mitt. X 1895, 179ff., in jenen Kopfen 

Hoiran-gOl gefundenen Inschrift, Sterret Papers nicht Alexander, sondern Mithradates zu erkennen, 

of the American school, Athens III nr. 376, 69. die figyptische Provenienz des einen wenig giinstig. 

Allerdings giebt Ramsay (Asia minor 414) an, [C. Robert.] 

dass er diesen Namen auf dem Stein nicht hatte 10) Wohl erfundener Name eines Goldschmie- 

flnden konnen. [Ruge.] des (xqvootsxtcov) bei Lukian. Lexiphan. 9. 

Chainides, sarmatisches Volk unterhalb der [0. Bossbach.] 
Suardenoi, Ptol. V 9, 17. [Tomaschek.] 20 Chairedemos (XaiQsdrjfiog). 1) Athener. Er 

Chaireas (Xaigeag). 1) Nauarch, besiegt den stellt auf Grand des dem J. 357 angehOrigen Ge- 

Ptolemaios IX. Alexandres I., den Sohn des Ptole- setzes des Periandros (Sch&fer Dem. 12 167) 

maios II. Euergetes, bei Kypros im J. 88 v. Chr., den Antrag , dass das riickstandige Schiffsgerat. 

Porphyr. Tyr. VII 3 (FHG III 722). Syncell. eingetrieben und dem Staate erhalten bleiben solle, 

p. 290 Dindf.; vgl. Holm Gr. Gesch. IV 691. [Dem.] XLVII 20. 21. Schafer B. 193. 

2) Sohn des Archestratos , Athener. Fiihrer 2) Sohn des Euangelos, Athener (ex KoiXrjg). 
der Paralos im J. 411, Thuk. VIII 74. 86. Cur- 'Avixeixo iv axQouoXei Sovgiog innog smyQayrjv 
tius Gr. Gesch. 116 721. Strateg bei Kyzikos fycov ,XaiQebt)fiog EvayyiXov ex KoiX-qg avs-d-rjxsv' , 
im Pebruar des J. 410, Diod. XIII 49, 6. 50, 10. Schol. Aristoph. Av. 1128; vgl. Paus. I 23, 8. 
51,2; vgl. Breitenbach Jahrb.f. Phil. 1872, 76. 30 Die Inschrift ist mit dem Zusatz StQoyyvXlmv 

3) Athener (IlaXXtjvevg). &eofio&hr)g in einem moirjasv auf der Burg gefunden, CIA I 406. Das 
Archontenkatalog Ende des 3. Jhdts., CIA II 859, Werk war nicht lange vor der Auffiihrung der 
22. Derselbe XaiQt-ag 'Aqzevcov IlaXXrivevg be- Vogel (01. 91, 2) aufgestellt; Hitzig-Blumner 
antragt einen Volksbeschluss, CIA II 381. Paus. Ilp. 261. [Kirchner.] 

4) Archon in Delos Anfang des 2. Jhdts., Bull. 3) Bruder Epikurs und Mitglied seiner Ge- 
hell. VI 37ff. = Dittenberger Syll. 367, 75. meinde (Philodem. bei Diog. Laert. X 3. Suid. s. 
78. 143. 'EmxovQog). Seinem Andenken gewidmet war die 

5) Sohn des Chairemon, Sikyonier. Er siegt nach seinem Tode verfasste Schrift XaiQs6tjfiogr 
im Paustkampf der Knaben zu Olympia, woselbst Epikurs, Usener Epicurea p. 130 und dazu p. 93. 
sein Standbild mit Epigramm von Asterion, Sohn 40 Nach Aelian, de provid. frg. 39 Herch. (bei Suid. 
des Aischylos, Paus. VI 3, 1. [Kirchner.] s. 'EnixovQog) ging er, wie auch die andern Briider 

6) Chaireas (FHG III 99. Susemihl Gr. Epikurs, in elendem Siechtum zu Grunde. 
Litt.-Gesch. I 637) wird von Polybios mit Sosylos, [v. Arnim.] 
dem griechischen Secretar Hannibals (Nep. Hann. Chairekla, Stadt im Innern der Kyretiaika, 
13, 3. Diod. XXVI 4), zusammen genannt, und Ptol. IV 4, 11. [Sethe.] 
muss daher, wie dieser, Hannibals Geschichte be- Chairekrates (XaiQexQaxris), Athener, Sphet- 
handelt haben. Die von Polybios bekampfte Dar- tier, Bruder des Chairephon und gleich diesem 
stellung der Debatte im rOmischen Senat nach eifriger Horer des Sokrates, bei dessen Process 
dem Fall Sagunts hat in der rOmischen Annalistik er anwesend war. Xen. mem. I 2, 48. II 3. Plat. 
(Dio bei Zonar. VHI 22. Liv. XXI 6, vgl. Hessel- 50 apol. 21 a. [Natorp.] 
barth Hist.-krit. Unters. z. dritten Dekade d. Chaireleos (XaigsXscog), Athener. Einer von 
Liv. 127ff.) sichtbare Spuren hinterlassen ; die den 30 Mannern im J. 404, Xen. hell. II 3, 2. 
rhetorische Technik dieser Griechen aus dem pu- [Kirchner.] 
nischen Lager hat so wenig ihre Wirkung ver- Chairemon (XaiQ^fion>). 1) IrQarayog 'Eq- 
fehlt wie die des Silenos. [Schwartz.] /Mov&sirov xal AatojioXshov im J. 134 n. Chr. ; 

7) Sophist aus Aphrodisias, CIG 2798. Inschrift auf der Memnonstatue in Theben (Agyp- 

[W. Schmid.] ten), CIG 4736. 

8) Chaireas von Athen , lebte vor Varro (r. r. 2) Sohn des Charikles , Athener (Ilaiavievg). 
I 1, 8. Colum. I 1, 8. Plin. ind. I 8. 10. 14. St Q azriy6g sg %a km &eqxrjg im J. 417/6, CIA I 
15. 17. 18) und schrieb ilber landwirtschaftliche 60 181 ; vgl. Curtius Gr. Gesch. II 6 608. 
Fragen. Erhalten ist von ihm nur die eine Notiz, [Kirchner.] 
dass in Babylon ein Nektarwein hergestellt werde 3) Begleitete den Praefecten von Agypten, 
(Ath. I 32 b). [M. Wellmann.] Aelius Gallus (zwischen 728 = 26 und 730 = 24), 

9) Ohaereas (Xawiag) wird nur im ersten auf einer Reise in das Innere des Landes, ngog- 
alphabetischen Verzeichnis der Erzgiesser bei jioiov/tevog rotavrrjv xiva imaTt^tjv, ysXwfisvog de 
Plinius XXXIV 75 als Verfertiger von Statuen to nXiov d>g aXa£aiv xal l8i(orr]g. Strab. XVII 806. 
Alexanders d. Gr. und seines Vaters Philipp er- 4) Fingierte Personlichkeit bei Mart. XI' 56, 
wahnt, lebte also vermutlich zu deren Zeit. Hel- 1 (Chaeremon Stoice). Friedlander z. St. be- 



2025 Chairemon Chairemon 2026 

merkt : ,Der Name ist wohl in Erinnerung an matiker, war wahrscheinlich Vorsteher des alexan- 

den bekannten Stoiker Chaeremon, welcher Neros drinischen Museion nach Apion und vor Dionysios 

Lehrer war (Nr. 7), gewahlt'. [Stein.] Glaukos Sohn — so dtirfte die von Suidas s. Amcor. 

5) Dramatischer Dichter des alten Athen. der Aiovvoiog AXegavSgsvg erwahnte diaSoxrj aufzu- 
noch bis in die erste Halfte des 4. Jhdts. gelebt fassensein — und wurde mit Alexander von Aegae 
haben muss , ein alterer Zeitgenosse des Aristo- als Erzieher des jungen Nero an den kaiserlichen 
teles, Boeckh De trag. graec. princ. 291. Frie- Hof berufen, nach 49 n. Chr. In Alexandrien 
bel Graec. satyrographorum frg. 80). Meist wird geherte er ausserdem als kgoyQa^ixaxevg (Porphyr. 
er (bei Athenaios u. s.) Tragiker genannt, und bei Euseb. praep. evang. V 10, 5. Tzetz. exeg. 
nacn Aristot. rhet. Ill 12, 2 gehort er zu den 10 in Iliad, p. 123, 11; hist. V 395) der hoheren 
Hauptsachlichsten derer , die ihre Stficke furs Priesterschaft an. Er kann nicht mit dem Ch. Nr. 3 
Lesen schrieben. Wenn er auch Komiker genannt identisch sein, der die Pieisegesellschaft des Prae- 
wird (bes. Suid.), so darf das um so weniger als fectus Aegypti C. Aelius Gallas auf der Nilfahrt 
«in blosses Versehen angesehen werden, als eine im J. 26 oder 25 v. Chr. vergeblich von dem 
Reihe von Ch. tiberlieferter Verse so gebaut sind, Tiefsinn der agyptischen Priesterweisheit zu uber- 
dass sie Meineke Hist. crit. com. graec. 519f. zeugen versuchte (Strab. XVII 806; vgl. Momm- 
dem Alexis zuschreiben wollte. Von den Stucken sen Ees gestae divi Augusti p. 106); hingegen 
des Ch. 'AXcpsaijioia A%iXXevg &eQOixoxxovog oder ist es nicht nur moglich, sondern sogar wahr- 
OsQahrjg Awvvaog &vsoTt]g'Id> Ksrxavgog Minim scheinlich, dass dieser Oheim oder Grossvater des 
'Odvaosvg (xgavnaxiag) Olvsvg sind wenigstens das 20 Schriftstellers war, da die agyptischen Priester- 
zweite und vorletzte sicher, andere wahrschein- stellen erblich zu sein pflegten (vgl. Decret von 
lich Satyrspiele. Die merkwiirdigen Angaben iiber Kanopos 27ff. Krebs Ztschr. f. agypt. Spr. und 
den KivxavQog , den Aristoteles poet. p. 1447 b Altert. XXXI 34). 

21 (vgl. 1460 a 2) als fMxxr\v gaipcpdiar eg" anav- Dass der Stoiker und Hierogrammat nicht nur 
xcov xwv ftsTQcor , Athen. XIII 608 e als bgdjia dem Namen nach Grammatiker war, zeigt das 
jiokvfterQov bezeichnet, machen es begreiflich, dass titellose Bruchstfick bei Apoll. de coniunct. p. 515, 
Osann Anal. litt. 72 an Hilarotragoedien denken 15 iiber die avrdsafioi jiaQajiXrjQotfiaxixor, aller- 
ionnte (jedenfalls wird man zu dem Titel Lu- dings war in diesem Capitel die technische Gram- 
kian bis accus. c. 33 vergleichen diirfen, wo das matik wegen seiner Beruhrung mit der Logik 
Gemisch zwischen Prosa und Vers tjxnoxevxavQov 30 stark von der Stoa beherrscht (vgl. Apoll. p. 479, 
Mxtjv ovv&erov xi genannt wird). NocheherkOnnte 16). Die Verbindung zwischen Stoa und Philo- 
man angesichts der verschiedenen Bezeichnungen logie ist iibrigens im ersten nachchristlichen Jahr- 
des Ch. an spatere Benennungen wie aaxvQtxai hundert durchaus nicht selten; um von dem Gram- 
xoi/AajSlai erinnern. Aber unsere Kenntnis iiber matiker Demetrios in Plutarchs Schrift de def. 
die Entwicklung satyrspielartiger Dramen und oracul. (vgl. besonders 11. 12) zu schweigen, ist 
nun gar fiber die Eigenart der zum Lesen be- vor allem der philosophische Homererklarer Hera- 
stimmten Stiicke reicht nicht aus, die trberliefe- kleon aus Alexandrien (Diels Doxogr. gr. p. 91) 
rungen fiber dieses offenbar sehr eigenartige und zu nennen; auch Apion ist nicht frei von sto- 
lange Zeit geschatzte (etwa 75 Verse sind uns ischen Einflussen, wie denn fiberhaupt seit Dio- 
noch erhalten) Talent zu beurteilen. Was vom 40 nysios Thrax in der alexandrinischen Philologie 
KevtavQog gesagt wird, mag zu den Eigentum- die stoischen Ideengange sich mit den alteinge- 
lichkeiten der Lesetragoedie gehoren , und die sessenen peripatetischen um den Vorrang streiten. 
yQcuptxl] Xdgtg , die ihr Aristoteles zuschreibt, ist Apion ist auch darin Ch.s Vorganger, dass er 
allerdings bei Ch. nicht zu verkennen. Man hat als offlcielles Haupt der alexandrinischen Gram- 
den Eindruck einer etwas affectierten , blumigen matikerschule den agyptisch-alexan drinischen Syn- 
Piedeweise, die von der Art des Agathon schwer- kretismus kraftig nach aussen hin vertritt und 
lich ganz unabhangig ist. Dass seine Diction fur die ps.-agyptische Romantik, die von Anfang 
wenig Dramatisches hat, darf man wohl zu er- an in Alexandrien vorhanden, im letzten vorchrist- 
kennen glauben. H. Bartsch De Chaeremone lichen Jahrhundert fippig ins Kraut geschossen 
poeta tragico, Mainz 1843. Meineke Hist. crit. 50 war, Propaganda macht. Die ubrigen Titel des 
com. graec. 517ff. Friebel Graec. satyrogra- Ch. gehoren siimtlich hierher: es sind eine agyp- 
phorum frg. 79ff. Welcker Griech. Tragoedien tische Geschichte (Joseph, c. Apion. I 288 Aiyv- 
III 1082ff. und Nachtrag zu der Schrift fiber die jiriaxr/v yaoxcov ioxogiav avyyQd(psiv. Psellos Bull. 
Aesch. Tril. 288. Bernhardy Grundriss II hell. I 129 XaiQ^fjovi xa>i oo<pq> .. avdgi yswaioj 
2, 61ff. Fragmente bei Nauck 2 p. 781ff. xai ittoylfico ioxoqiav avvayaysiv, das Fragment 

[Dieterich.] ist nicht fiber p. 129, 13 — 27 auszudehnen) , ein 

6) Dichter des Maleagerkranzes (Anth. Pal. astrologisches Werk fiber die Kometen (Origen. 
VII 469. 720. 721), Verfasser dreier Epigramme c. Cels. I 59 sv t<p IIsqI xofiijxwv ovyyedftfiaxi, 
von gesuchter Kttrze und scharfer Pointirung, fiber die agyptische Astrologie, vgl. die Bruch- 
von denen zwei den seit Ende des 3. Jhdts. v. 60 stiicke bei Psellos a. a. O. und Porphyrios im 
Chr. beliebten Stoff der Tapferkeit der Spartaner Brief an Anebo, Euseb. praep. ev. Ill 4, 1. 2), und 
behandeln. [Eeitzenstein.] ein Buch fiber die symbolische Schrift der alten 

7) Chairemon (FHG III 495— 499. Zeller Agypter (Suid. Xaigrj/jcov ■ i'xegog X. ygayag 'Isqo- 
Herm. XI 430ff.), stoischer Philosoph (Suid. s.'Aks- yXvcpixa. Tzetz. hist. V 396 sv diday/j,axi xwv hq&v 
favdgog AlyaTog. Aioviaiog'AXegardQsvg. Apoll.de yga/t/xdtcov). Ch. lag es ganz fern, in diesen 
coniunct. p. 515, 15. Origen. c. Cels. 1 59. Porphyr. Buchern ein wahrheitsgetreues Bild von dem zu 
de abst. IV 6 o Szauxog. 8 avdgog . . . iv xocg tx<oi- geben, was zu seiner Zeit in agyptischen Kreisen 
xoig nQaypaxixmxaxa (pdoaorprjoavzog) und Gram- gedacht und gewusst wurde , wenn auch selbst- 



2027 Chairephanes Chairephon 2028 

verstandlich nicht alles reine Erfindung ist; schil- frg. 181 — 191; vgl. Bergk bei Schiller Ando- 

dern wollte er das alte Agypten mit seiner Heilig- kides 155ff. Schafer Dem. IJJ2 297 Anm. Dass 

keit und seinen symbolischen Geheimnissen. Die Ch. und seine Sohne Pheidon , Pamphilos, Phei- 

Gedanken und Tendenzen dieses in die Vergangen- dippos (Dinarch. I 43) dem Demos Paiania zuge- 

heit projicierten Idealbilds sind der alexandrini- wiesen wurden, geht hervor aus CIA II 172, wc* 

schen philosophisch-religiesen Eomantik entlehnt, nd/n<f>dog [X]aige<f>iXov Ilfaiajvievg als Xsixovq- 

die von Philo, Clemens, Origenes in das Alte und yqoag um die Mitte des 4. Jhdts. genannt wird 

Neue Testament hineingetragen, aber weder jfidi- und aus CIA II 811 d 142, wo ieldamog Ilaia- 

schen noch christlichen , sondern hellenistischen (visvg) als Trierarch in einer Werfturkunde vom 

Ursprungs ist. Es ist ohne weiteres verstandlich, 10 J. 823/2 genannt wird. [Kirchner.] 

wenn in dcr Askese, die Cb. den altagyptischen Chairephon (Xcugecpav). 1) Athenischer Ar- 

Priestem zuschreibt (Porphyr. de abstin. IV 6 chon 01. 137, 4 = 225/224. CIA IV 2, 619 b = 

—8, das Fragment darf nicht fiber das directe 'E<p. &&%. 1887, 3. 4. Nach ausserst wahrschein- 

Citat hinaus ausgedehnt werden), manches sich licher Annahrne von Stschukarew (Bull. hell, 

nah mit der phantastischen Schilderung eines XII 69ff.) ist sein Name in CIA II 859 im vierten 

Conventikels alexandrinischer Juden beruhrt, die Jahre vor Diokles zu erganzen und beide Jahre, 

Philo in IJegi fitov ^saiQrjtixov entworfen hat sowie dasjenige des in derselben Inschrift ge- 

(Wendland Jahrb. f. Philol. Suppl. XXII 755ff.): nannten Aischron fiir Jahre des eleusinischen pen- 

auf litterarische Beziehungen zwischen Philo und teterischen Festes anzusehen, aber die ganze Reihe 
Ch. darf darum nicht geschlossen werden. Viel 20 ist von ihm zu spat angesetzt (vgl. v. Schoeffer 

eher liesse sich bei manchem, was Clemens von Btirgerschaft und Volksversammlung in Athen 

Agypten zu erzahlen weiss, besonders bei Strom. [russ.] I 420ff.) : da unter seinem Vorganger Me- 

VI 35 — 38 , vermuten , dass es aus Ch. oder nekrates die dreizehnte Phyle zu Ehren des Pto- 

dessen nachsten Gewahrsmannern entlehnt ist. lemaios III. Euergetes vorhanden war, nicht aber 

Die Stoa verrat sich in der physischen Theologie zwei Jahre friiher unter Antiphilos, so kann Ch. 

(Porphyr. bei Euseb. praep. ev. Ill 4, 2 oXcog spatestens 221/220, wird wohl aber wahrscheinlich 

n&vxa sig xa yvoixa xai ovdhv sig aawfidxovg xai schon 225/224 im Amte gewesen sein. 

Ccoaag ovoiag igfitjvevovxag) und in der Auffas- [v. Schoeffer.] 

sung der Wissenschaft als e/ixsiQla (Porphyr. de 2) Athener , Sphettier , als von jung an fast 
abstin. IV 8, vgl. Iamblich. demyst.lX4); anderer- 30 ubereifriger Horer des Sokrates (fiavixdg , icsqi- 

seitsist stark zuhetonen, wie sehr die Stoa in diese fteQfiog), von Platon (apol. 21a; Charm. 153 b; 

alexandrinische Eomantik hineingezogen ist und Gorg. 447. 458 c) und Xenophon (mem. I 2, 48. 

sich dem Platonismus und Pythagoreismus nahert; 113; Apol. 14) verewigt, von der Komoedie (bes. 

eine Gestalt wie Ch. macht den grossen Procent- Aristoph. "Wolken) weidlich verspottet (Schol. Plat, 

satz stoischer Gedanken verstandlich, der sich apol. 20 e. Ar. nub. 104. 144. 501; av. 1296. 

bei Philo und den christlichen Alexandrinern findet. 1564. 1570 ; vesp. 1408. 1413 nebst Scholien. 

[Schwartz.] Suid.). Platon im Charmides erwahnt ihn zur Zeit 

8) Name des Steinschneiders, Besitzers oder der Schlacht von Potidaia (429) ; nach der Apo- 

des Dargestellten auf einer spatrOmischen Car- logie ging er unter der Herrschaft der Dreissig 
neolgemme des Britischen Museums mit dem Bilde 40 mit den Hauptern der Volkspartei in die Ver- 

eines Siegers im Laufe, Brunn Gesch. d. griech. bannung, kehrte mit Thrasybulos (403) zuriick, 

Kstlr. II 607. Tassie and Easpe Catalogue erlebte aber nicht mehr den Process des Sokrates 

of gems nr. 8008. [O. Eossbach.] (399). Platon wie Xenophon berufen sich in der 

Chairephanes (XaiQ£<pdrt]g). 1) Athenischer Verteidigung des Sokrates besonders auf ihn als 

Archon 01. 82, 1 = 452/451. Dion. Hal. ant. X Parteigenossen der Anklager und als Mann vom 

53. Bei Diodor ausgefallen. [v. Schoeffer.] unbescholtensten Ruf. Seine (von spateren Au- 

2) Ingenieur, der fiber die Trockenlegung eines toren sehr oft erwahnte) Befragung des delphi- 
Sumpfes bei Eretria und die Ausnutzung des schen Orakels, worauf die Antwort erfolgte, dass 
dabei zu gewinnenden Gelandes mit den Eretriern Sokrates der weiseste Mensch sei , wird von bei- 
einen Contract abschloss. Vgl. die aus dem Ende 50 den (in den Apologien) etwas verschieden erzahlt, 
des 4. oder Anfang des 3. Jhdts. stammende, fiir das Orakel selbst (Schol. Plat. ap. a. a. 0. Schol. 
Wasserbautechnik und Contractwesen gleich wich- Ar. nub. 144. Suid.) in zwei oder (Diog. Laert. II 
tige umfangreiche Inschrift aus Chalkis 'E<p»]{i. 37) einem iambischen Trimeter mitgeteilt. Ko- 
aQxaioX. 1869 nr. 404 und namentlich Dareste, lotes (Plut. adv. Col. 1116e), Apollonios Molon 
Haussoullier, EeinachEecueil desinscr. jurid. xaxa cpdoooycov (Schol. Ar. nub. 144) und Athe- 
Grecques I 143ff. [Fabricius.] naios (V 218 e) bezweifeln die ganze Sache. Von 

3) Malte axokaoxovg ofidlag yvvaixwv jxgog (schon im Altertum verlorenen) Schriften des Ch. 
avdgag nach Plut. de aud. poet. 3. Doch ist der spricht Schol. Ar. nub. 144 und Suid. Zeller 
Name wohl fiir eine Nebenform von Nikophanes Philos. d. Gr. II a * 52, 4. 233, 1; vgl. die Er- 
(s. d.) anzusehen, Brunn Gesch. d. griech. Kstlr. 60klarer des Xenophon und der platonischen Apo- 
II 154ff. [0. Eossbach.] logie, besonders Schanz Sig. ausgew. Dial. Pl.s 

Chairephilos (XaiQscpdog) , Salzfischhandler, m. d. Comm., 3. Bdch. 1893. 

der — vielleicht wegen einer dem Volk gemachten 3) Einen andren Athener Ch., einen schmah- 

Spende von Salzfischen — auf des Demosthenes suchtigen Menschen, der den Gorgiasmit einer 

Antrag das athenische Burgerrecht erhielt, Dinarch. unfeinen (an Aristophanes Wolken erinnernden) 

I 43. Alexis bei Athen. Ill 119 f; vgl. VIII 339 d. Frage zu argern sucht, erwahnt Philostr. v. soph. 

Von Hypereides sincl zwei Eeden gehalten vtisq prooem. (vielleicht Eeminiscenz aus einer Ko- 

XaiQsyilov tisqI xov xaQi%ovg , Blass Hyperid. 2 moedie?). [Natorp.] 



2029 Chaires Chairippos 2030 

4) Chairephon von Athen, ein in der neueren Chairetios (Xaig^nog). 1) Sohn des Pro- 

Komoedie haufig verspotteter Parasit (Ath. VI phetes, Athener ('EXevoiviog). 'Iegoydvrqg in einem 

243) , war Verfasser eines prosaischen BeXnvov in Belobigungsdecret der Keryken und Eumolpiden, 

Briefform aus dem Ende des 4. Jhdts. v. Chr. CIA IV 2, 597 c; vgl. Tepffer Att. Geneal. 56. 
Es war an einen befreundeten Parasiten Kyrebion 2) Sohn des Chairimenes, Athener (Ilidevg). 

gerichtet (Ath. 242 d) und war nur wenig ran- Er tritt zu Gunsten des Konon gegen Ariston, 

fangreich (orlxoi foe). Die Kenntnis dieser Schrift den Schfitzling des Demosthenes, als falscher Zeuge 

verdanken wir dem jz!vat~ r&v jcavroSouioiv des auf, Dem. LIV 31. Xaigrjxiog, nicht Xaigixijiog, 

Kallimachos (Ath. VI 244 a). [M. Wellmann.] muss hier mit cod. 2 gelesen werden, sofern CIA 

Chaires, sechster KOnig der zweiten agyp-1011 1007 col. IV 3 in einem Katalog der Kekro- 

tischen Dynastie, Maneth. nach Afric. bei Synkell. pis aus Mitte des 4. Jhdts. Xaigr/xiog Xaigi/ns- 

p. 54D (FHG II 542. LepsiusKOnigsb. Quellen- vovg Ili&evg mit dem bei Demosthenes genannten 

taf. 5). Die agyptische Form des Namens ist un- identisch ist; vgl. Kirchner Herm. XXXI 259. 
bekannt. [Sethe.] [Kirchner.] 

Chairesileos (XaigtjotXecog), Sohn des Iasios, Xaigeov (nohg), Stadt in Unteragypten, letzte 

Enkel des Apollonsohnes Eleuther und der Po- Station der von Memphis und von Pelusion nach 

seidontochter Aithusa, Vater des Poimandros, des Alexandreia fuhrenden , sich bei Andropolis ver- 

Griinders von Tanagra, Schwiegervater der Aiolos- einigenden Landstrassen, etwa halbwegs zwischen 

tochter Tanagra, nach epichorischem Mythos bei Hermopolis mikra und Alexandreia gelegen, Steph. 
Pausanias IX 20, 2. Da auch Plutarchs Erzahlung 20 Byz. s. 'Agyiov. Xatgsov. Itin. Ant. 154. 155 

Qu. Graec. 37 aus einheimisch boiotischer Uberlie- (Chereu). Bilingue Inschrift eines rOmischenMeilen- 

ferung stammen wird, so darf man, auch ohne steines, Proceed, of the Soc. of bibl. archeol. XVIII 

dass dort Ch. selbst genannt ist, die Erganzung 54 (Xaigsov, Chereu). Vita S. Antonii (Migne 

des Poimandrosstammbaums hier anreihen, wonach Graec. XXVI 964). Gregor. Naziant. or. 31. Hier 

Ch. Gatte der Stratonike, Grossvater des Ephip- zweigte vom kanopischen Miami der Canal ab, 

pos, Ahn Akestors war. Hier sind einige Kulte der Alexandreia mit dem Strome verband, Prokop. 

Tanagras zusammengefasst. der des Dionysos (ge- de aedif. VT 1 (vgl. die Chronik des Johannes 

stiftet von Eleuther, Hygin. fab. 225), Apollon von Nikiu ed. Zotenberg p. 349. 548. 570); in 

(Paus. IX 22 , 1) und Poseidon (Gatte der nach der Nahe lag die fur den Wasserverkehr Alexan- 
Tzetz. Lykophron 644f. an Graia-Tanagra-Arne 30 dreias mit dem oberen Nillande bedeutende Stadt 

haftenden Arne). [TumpelJ Schedia (s. d.), Schol. Nikandr. ther. 622. Der 

Chairesteos von Athen , wird als Landwirt Name X. ist offenbar griechisch und enthalt den 
von Varro (r. r. I 1, 8) genannt. Aus ihm stammt haufigen Personennamen Xaigeag (vgl. Steph. Byz. 
das Citat bei Col. I 1, 8 (Chrestus) und Plin. a. a. O.); die von Brugsch (Diet, geogr. 621 
Ind. I 14. 15. 17. 18 (Chaeristus). vorgeschlagene Identification mit einem hierogly- 
ph. Wellmann.] phischen Ortsnamen des Deltas Hrww ist schon 

Chairestratos. 1) Schauspieler in einem deshalb unmOglich, weil X. in seiner koptischen 

Schauspielerkatalog, CIA IV 2, 977 e'. Form Xegev das x bewahrt hat, das nur aus einem 

2) Athener (0Qtdoiog). TQUjQagxog in einer alten agyptischen fc, nichtfeentstandenseinkOnnte. 
Seeurkunde des J. 377/6, CIA II 791, 37. 40 Der heutige arabische Name ist El Keriun. Vgl. 

3) Sohn des Phanostratos, Athener (Ktjrptoisvg). Amelineau Geogr. de l'Egypte 217. [Sethe.] 
Von Philoktemon, fiber dessen Erbschaft Isaios Chairias (Xaigiag). 1) S. Cher i as. 
sechste Rede handelt, wird er adoptiert vor dem 2) Sohn des Euortios, Athener ('AvayXvonog]. 
J. 364/3, Isae. VI 6. Blass Att. Bered. 112 549. 'Afupixrvovevmv im J. 341/0 in einer delischen 
Vor genanntem Jahre hat er trotz seiner Jugend Weihinschrift, Bull. hell. VIII 295. [Kirchner.] 
verschiedene Leiturgien geleistet, Isae. VI 60. 3) Lieblingsname auf Vasen des Phintias. 
Die Symmorie des Ch. von Kephisia wird erwahnt Klein Lieblingsinschriften 98. Wernicke Lieb- 
in einer Seeurkunde Mitte des 4. Jhdts., CIA II lingsnamen 53. Hartwig Meisterschalen 175ff. 
800 b 43. Als yoawarevg eines Collegiums er- [C. Robert.] 
scheint XaigsorgaTog 4>avooTQarov Kr^cfioievg in 50 Chairichos, Sohn des Archelochos, Boiotier. 
einer Weihinschrift Mitte des 4. Jhdts., CIA II XoQsvxrig xco/Mxog , Teilnehmer an den Soterien 
1177. [Kirchner.] in Delphi um 270— 260 v. Chr., Wescher-Fou- 

4) Attischer TOpfer des 5. Jhdts., von Phryni- cart Inscriptions deDelphes6 = Dittenberger 
chos in den Kw/taorai erwahnt, Athen. XI 474B. Syll. 404, 73; vgl. fiber die Zeit Pomtow Jahrb. 
Ihn mit dem gleichnamigen schonen Knaben zu f. Philol. 1894, 501ff. [Kirchner.] 
identificieren, den der Vasenmaler Duris in seiner Chairilas (XaioiXag) , Lakedaimonier, Ephor 
ersten Periode wiederholt auf seinen Gefassen ver- des Jahres 418/17 v. Chr., Xen. hell. II 3, 10, 
herrlicht (Klein Lieblingsinschriften 52ff. Wer- wo andere Xagtiag lesen wollen. [Niese.] 
nickeLieblingsnamen85.119. Hart wig Meister- Chairion, Komoediendichter des 2. Jhdts. v. 
schalen 200), scheint chronologisch ausgeschlossen 60 Chr. Unter dem Archon Mnesitheos (s. o. unter 
zu se m. Biottos) wird in der didaskalischen Urkunde CIA 

5) Attischer Bildhauer, Sohn des Chairedemos, II 975 seine einzig bekannte Aufffihrung ver- 
aus Rhamnus, verfertigte im Auftrag seines Lands- zeichnet: XcuqIwv Avxov xaraysvdoite[i><oi] ■ &r«- 
manns Megakles eine im Nemesistempel aufge- fxgiverqj Ad/ucov. [Kaibel.] 
stellte Statue der Themis. Nach dem Schrift- Chairippos. 1) Athener (Krjcpwisvg). Tgirj- 
charakter der Ktinstlersignatur gehOrt er ans Ende gaQxog in einer Seeurkunde von 356/5 , CIA II 
des 4. Jhdts. Stais 'E<p. <xq X - 1891 nr. 48 niv. 4. 794 d 71. [Kirchner.] 

[C. Robert.] 2) Lieblingsname auf zwei Vasen feinster Zeich- 



2031 Chains Chairon 2032 

nung aus dem Anfang des 5. Jhdts., Klein Lieb- nennt die Mutter des Ch. und Geliebte Apollons 

lingsinschriften 78. Wernicke Lieblingsnamen vielmehr nach dem Apollon Thurios des nahe- 

87. [C. Robert.] gelegenen Thurion 0ovq(!> (Sull. 17) und weiss, 

3) Anklager eines rauberischen Statthalters, dass er ursprfinglich die Stadt nach Osten offen 

Iuv. sat. VIII 95. Die Scholienglosse pr(oprium) angelegt hatte, wahrend sie spater gegen Abend 

pupilli bei Lommatzsch Jahrb. f. Philol. Suppl. lag und der Sonne yon Pamassos her ausgesetzt 

XXII (1896) 461 hat keinen Sinn. [Stein.] war (de curiositate 1 mit 0. Mfiller Orch.2 79,4). 

Chairis. 1) Aus Theben, Schol. Arist. Acharn. Picks Etymologie vom Ch. aus Xaigeywv (Gr. 

866. Schlechter Kitharoede und Aulode, Schol. Eigenn.2 280) erhalt auf diesen Stadteponymen 
Arist. Acharn. 16; At. 858; Pax 951; S/xovaog 10 keine Anwendung. Hier ,sind die Genealogieen 

Schol. Ar. Acharn. 866. Davon Xougideig fiop.- von Thespiai mit denen der Ortschaft Hippotes 

fiavfooi an letzterwahnter Stelle, vgl. Paroemiogr. und Chaironeia vermahlt', 0. M filler Orch.2 

I 462 Gott. [Kirchner.] 143 (denn Hippotes ist Bruder der Thuro). Stud- 

2)AlexandrinischerGrammatikerausderSchule niczka (Kyrene 148f.) setzt den Ch. dem sar- 

des Aristarch, schrieb Aiog&coiixd zu den home- dinischen Aristaios-Sohne Charmos gleich und be- 

rischen Gedichten (Schol. Od. VII 80 xmoatevetai trachtet beide als heroische Erscheinungsfonnen 

6 xonog, c5? xal XaZgig cptjoiv iv xoig Aiogtiwxi- des Apollon selbst, den Pindaros ein dvdgdoi idgixa 

xoig), die von Tryphon, Didymos und Herodian yiloig nenne. [Tumpel.] 

benutzt wurden; vgl. Tryphon bei Herodian jtsgl 2) Lakedaimonier, Polemarch, der 403 v. Chr. 
ftovqgovg teg~scog 42, 14. Didymos zu II. II 865. 20 beim Angriffe des Konigs Pausanias auf den Pei- 

VI 71; Od. VII 80. Herodian zu II. IX 605. Ch. raieus flel und dort bestattet war, Xen. hell. II 

verteidigte gewohnlich die Lesarten Aristarchs 4, 33. 

(Schol. II. IX 605) und liess gleich diesem aus 3) Lakedaimonier, den Polybios (XXIV 7) als 

Rficksicht auf die nagddooig und den lebendigen einen Mann in den besten Jahren, klug und that- 

Sprachgebrauch der Analogie in den Wortformen kraftig, aber unedel bezeichnet. Er war Gegner 

nicht zu freien Spielraum (Schol. A zu II. XIII der Achaeer und gehorte zu deneu, die 188 v. 

103, wo die aristarchische Betonung ficocov ver- Chr., als die Achaeer das abtriinnige Sparta be- 

teidigt wird : Xalgig 8s yrjoiv ovx slvai iv 8i- straften, zum Tode verurteilt und verbannt wurden. 

ovUdfioig avaloyiav). Bisweilen aber verfocht er Im Namen der Verbannten ging er 183 in den 
auch andere Ansichten und Lesarten als Aristarch 30 Senat nach Rom; er erlangte die Ruckkehr in die 

(Schol. A zu II. II 311. 865. Schol. BT zu II. Heimat und wurde nach der Aufnahme Spartas 

VI 4. Schol. Arat. Phaen. 254). Ausserdem in den achaeischen Bund 182 von der Gemeinde 

schrieb Ch. einen Commentar zu Pindar, der be- aufs neue nach Rom gesandt (Polyb. XXIII 4, 

sonders haufig in den Scholien zur 4. Pythischen 5. 18, 4). Er machte sich weiterhin als Dema- 

Ode citiert wird (V. 18. 61. 156. 188. 195. 259. gog bemerklich, verteilte den Grundbesitz der 

313. 446. 459, ferner Schol. Nem. I 49) und einige Verbannten an die armeren Burger, schaltete mit 

vortreffliche Lesarten enthielt, die zum Teil auch den Offentlichen Einkunften in willkurlichster 

von den neueren Herausgebern gebilligt und in Weise und scheint nach der Tyrannis gestrebt zu 

den Text aufgenommen sind. Wenig wissen wir haben. Als Untersuchungsbeamte (8oxi/j.aoxijgsg) 
fiber seine Aristophanes-Studien , da er in den 40 eingesetzt wurden, liess er den vornehmsten von 

Scholien zu diesem Dichter nur zweimal citiert ihnen, Apollonides, erdolchen. Nun schritt der 

wird (Vespas. 672; Ran. 1028). In den Hss. achaeische Bund ein; der Strateg kam nach 

findet sich der Name Xaigtg sehr haufig in Xdgig Sparta, liess den Ch. verurteilen und gefangen 

und XaQr/g verderbt. So wird auch bei Sext. setzen und die von ihm ausgegangenen Mass- 

Empir. adv. Math. I 76 fur eine Definition des regeln wieder aufheben |181 v. Chr.), Polyb. 

Wortes yeaftfianxrj ein Xdgtjg iv tqj ngcorq) jisqI XXIV 7. Vgl. Schorn Gesch. Griechenlands 

yQafifiazixfjg citiert. Aber in den Scholien zu 322. [Niese.] 

Dionysios Thrax 663, 10 Bekk. wird dieselbe De- 4) Von Pellene, ein beruhmter Ringkampfer, 

finition dem XaTgig zugeschrieben. Ausser den zugleich aber auch Anhanger der Philosophie der 
erwahnten Commentaren schrieb Ch. also auch 50 Akademie, bemachtigte sich, im Einverstandnis 

eine Schrift tcsqi yQafinauxfjg. Vgl. A. BlauDe mit Alexander d. Gr. oder wenigstens dessen 

Aristarchi discipulis 56 — 67. [Cohn.] Statthalter in Makedonien , Antipatros , und mit 

Chairon. 1) Xalgcov ixnoddfiog , eponymer der Hulfe des makedonischen Soldnerfuhrers Kor- 

Heros der boiotischen Stadt Chaironeia, Sohn der ragos (vgl. Ind. phil. acad. Here. col. 10 — 12. 

schOnen mondlichtahnlichen Thero und des Apollon, Gomperz Wien. Stud. IV 1882, 116) der Ty- 

durch Thero Enkel des Phylas und der thespi- rannenherrschaft in seiner Vaterstadt, indem er 

schen Iolaostochter Leipephile, Hesiod. Grosse einen grossen Teil der Burger vertrieb und den 

Ehoien frg. 148 Ki. aus Paus. IX 40, 5. Das an- Sclaven Anteil am Burgerrecht gewahrte (Athen. 

gebliche Hekataiosfragment 87, PHG I 6 beruht XI 509 b. [Demosth.] XVII 10. Paus. VH 27, 7). 
auf falscher Lesung und Abteilung (s. Meineke60Die Erhebung des Ch. zum Tyrannen ist wohl, 

zu Steph. Byz. s. XaiQiaveta). Aber Hellanikos wie aus [Demosth.] a. O. und namentlich der Er- 

Herapriesterinnen H frg. 49 aus Steph. Byz. a. O. wahnungderMitwirkungdesKorragoszuschliessen 

hat das Stemma Ch.-Apollon-Thera aus Hesiodos ist, urn das Jahr 331, vielleicht auch schon 332 

entnommen und nennt Ch. Grunder seiner Stadt v. Chr., anzusetzen. Als dann nach dem Siege 

wie der Boioter Aristophanes, Boiotika II frg. 2 des lakedaimonischen Konigs Agis fiber Korragos 

aus Steph. Byz. a. O., PHG IV 338. Der ein- der grOsste Teil von Achaia, wie der peloponnesi- 

geborene Chaironeier Plutarchos, der seinen eigenen schen Staaten uberhaupt, zu Sparta abfielen, war 

Sohn nach dem mythischen Stadtgrfinder nannte, es wohl dem Ch. zuzuschreiben, dass Pellene auf 



2033 Chairondas Chaironeia 2034 

makedonischerSeitefestgehalten wurde (vgl. Aesch. schen Bundes (s. o. S. 651) und nahm als sol- 

III 165. Dinarch. 134). Vgl. nochSchaefer ches an der Feier der pamboiotischen Aat'daXa 

Demosth. Ill 2 134. 204. [Kaerst.] (s. d.) teil, Paus. IX 3, 6. Ihr Gebiet grenzte 

5) Chairon (Hss. Xdpcov, aber der Name hangt im Siiden an jenes von Lebadeia, Paus. IX 40, 5. 

wahrscheinlich mit seiner Vaterstadt Chaeronea zu- Im phokischen Kriege 353 v. Chr. von Onomar- 

sammen; vgl. Klebs Prosopogr. imp. Rom. I 342 chos vergeblich belagert, wnrde sie gleichwohl 

und oben Nr. 1). Plutarch riihmt in der Trostschrift im J. 351 von Phalaikos, der dort auch ein un- 

an seine Gattin Timoxena die Standhaftigkeit, die gliickliches Reitergefecht bestanden hatte, einge- 

sie seinerzeit beim Tode ibres Sohnes Ch. bewiesen nommen, aber bald darauf wieder an die The- 

habe. Plut. consol. ad uxor. c. 5 (p. 609 D). [Stein.] lObaner verloren, Diod. XVI 33, 4. 38, 7. 39, 8. 

Chairondas (XaiQwrdas), athenischer Archon A. S chafer Demosthenes 12 506. II 183. Welt- 

01. 110, 3 = 338/337. Diod. XVI 84. Dion. Hal. beruhmt ist der Name der Stadt durch die Schlacht 

Din. 9; Isocr. 1. Aisch. Ill 27 m. Schol. Plut. vom 7. Metageitnion (2. Aug. oder 1. Sept., s. 

Demosth. 24; vit. X orat. 837 e. 842f. Zosim. Schafer II 561, 2. Curtius Gr. Gesch. Ill* 

vit. Isocr. 258 West. CIA II 121. 122. 741 (Add.). 813, 176) des J. 538 geworden, durch welche die 

757. 758. 766. 807 c. 808 c. d. 809 e. [811a]. 1181. makedonische Herrschaft iiber Griechenland ent- 

[v. Schoeffer.] schieden wurde. Leider besitzen wir keinen aus- 

Chaironeia (Xatgibveia ; XrjQwvia u. a. Pormen fiihrlichen zeitgenOssischen Bericht , der uns ge- 

s. im Ind. zu IGS I 765), boiotische Stadt, deren stattete, den Gang der gewaltigen Schlacht weiter 

Name auf Chairon, Sohn des Apollon und der 20 als in allgemeinen Umrissen zu verfolgen. Was 

Thero, zuruckgefuhrt wurde, Hes. eoe. frg. 83 sich aus Diod. XVI 85,5 — 86,6, der relativ aus- 

Gettl. (148 Kink.). Paus. 1X40, 5. Hekat. frg. 87. fuhrlichsten Quelle, und den iibrigen fragmen- 

Hellan. frg. 49. Aristoph. Boeot. frg. 2 (PHG IV tarischen Nachrichten ergiebt, ist in den Werken 

338). Steph.Byz. Plut. de curios 1; Sulla 17. Ch. iiber die Geschichte des Zeitalters zusammenge- 

war die letzte Stadt Boiotiens gegen Phokis hin, stellt, so bei Grote Gesch. Griech. VI 398 — 401 

20 Stadien von Panopeus entfernt, an dessen Ge (362-365). SchaferDemosthenesII2561-66. Cur- 

biet sie grenzte, Hekat. bei Steph. Byz. Thuk. tius Gr. Gesch. Ill* 7161 813f. Holm Gr. Gesch. 

IV" 76, 3. Paus. IX 40, 12. X 4, 1 ; deshalb III 309f. 318. Beloch Gr. Gesch. II 564ff. Gett- 

war die Bevolkerung auch mit Phokern gemischt, ling Ges. Abhandl. I 147 — 156. KOchly Opusc. 

Thuk. a. a. O. Sie lag auf der Nordseite des 30 philol. II 287—295. Egelhaaf Analekten zur 

Hohenzuges Thurion unterlmlb des steil aufstei- Gesch. 45—63. Die Leichen der Thebaner und 

genden Burgfelsens Petrachos, der zur Erinnerung ihrer Bundesgenossen nahm ein Massengrab {no- 

der Tauschung des Kronos durch Rheia ein Bild Xvavd^tov) auf, iiber welchem spater ein colossaler 

des Zeus trug, Paus. IX 41, 6. Plut. Sulla 17. Lowe, ohne Inschrift, errichtet wurde, Paus. IX 

Der Bach Haimon floss von hier dem (3 km. ent- 40, 10. Strab. IX 414. Plut. Al. 9. Letzteres 

fernten) Kephisos zu, Plut. Dem. 19. Strab. IX Denkmal, aus grauem boiotischen Marmor, wurde 

407. Ursprunglich gegen Westen gelegen und erst wahrend der Befreiungskriege zerstOrt, doch 

den Strahlen der Nachmittagssonne sowie einem sind die Teile noch jetzt an Ort und Stelle vor- 

fohnartigen Winde ausgesetzt , gewann sie durch handen, wo bei Ausgrabungen der archaeologischen 
Verlegung auf die Ostseite des Stadthiigels erne ge- 40 Gesellschaft (1879/1880) auch Uberreste der Be- 

sundereLage, Plut. de cur. 1. Neumann-Partsch statteten aufgefunden wurden. Gottling a. a. 0. 

Phys. Geogr. 120, 2. Aus der Flora um Ch., Welcker Mon. ed Ann. d. Inst. 1856, 1— 5, Taf. I 

welche Stoff zu heilkraftigen und wohlriechenden und Alte Denkm. V 62 — 77, Taf. IV. Oveibeck 

Salben und damit zu einer nicht unbetrachtlichen Gr. Plastik 113 147. 'Ad-rjvaiov IX 157f. 347 — 361 

Localindustrie lieferte, giebt Paus. IX 41, 7 eine (dabei ein Grundriss der Grabstatte). Ch. wird 

Heine Auslese (fivga omo avdow iyovoi xqIvov xal in der Folge noch mehrfach genannt, so in den 

q68ov xal vaQxiaoov xal igewg) ; die Iris (<pverai sv Kriegen des Antiochos (192/191) und Perseus (171), 

ZXeoi) \&sst darauf schliessen, dass das Thai des Ke- Liv. XXXV 46, 3. XXXVI 11, 5. XLII 43, 6; 

phisos zum Teil versumpft war. Seiner Lage nach, besonders aber kniipft sich an seinen Namen ein 
zu welcher auch K. O. Miiller OrchomenosS 79f. zu50 anderes bedeutendes Kriegsereignis, namlich der 

vergleichen ist, war Ch. die erste Stadt, welche von Sieg des Sulla iiber des Mithradates Feldherrn 

den einwandernden Boiotern besetzt wurde, Plut. Archelaos im J. 86 v. Chr., den uns Plut. Sulla 

Kim. 1 ; hiemit hangt wohl zusammen, dass sie von 16—19. App.Mithr. 42-45 ausfuhrlich beschreiben. 

manchen fur das homerische Arne (s. d. Nr. 2) er- Vgl. Mommsen R. G. II 7 293. Hertzberg 

klart wurde, Paus. 1X40, 5. Steph. Byz. Duncker Griechenl. unt. r6m. Herrsch. I 373f. Leake 

Gesch. d. Alt. V 221f. Busolt Griech. Gesch. North. Greece n 193—201. Gottling a. a. 0. 

I 2 255. Geschichtlich erscheint sie zuerst in den Auch an diese Schlacht erinnerten spater noch 

boiotischen Wirren des J. 447, welche zur Be- zwei von den Romern errichtete Siegesdenkmale, 

setzung durch Tolmides fuhrten, Thuk. I 113, 1. Paus. IX 40, 7. Damals kampften Bewohner von 

Diod. XII 6, 1. Duncker IX 57f. Busolt HI 60 Ch. im romischen Heere (Plut. a. a. 0.) und spater 

1, 421ff. Im peloponnesischen Kriege wird sie (75/74?) finden wir dort eine rOmische Cohorte 

nur gelegentlich der demokratischen Umtriebe des im Winterlager ; persOnliche Streitigkeiten , die 

J. 424 genannt, Thuk. IV 76, 3. 89, 2. Vgl. sich aus letzterem Verhaltnisse ergaben, fuhrten 

■oben S. 646. 648. Diese seltene Erwahnung er- zu einer Anklage der Stadt in Rom durch die 

klart sich daraus, dass Ch. im 5. Jhdt. nicht Orchomenier, auf deren feindliches Verhaltnis zu 

selbstandig war, sondern zu Orchomenos gehorte, Ch. hiedurch ein Licht fallt ; durch Lucullus ver- 

Hellan. frg. 49. Thuk. IV 76, 3. Spater war teidigt, wurde die Stadt freigesprochen und dem 

die Stadt ein selbstandiges Glied des boioti- Retter dafur auf dem Markte ein Standbild er- 



2035 Chaironeia Chala 2036 

richtet, Plut. Kim. If. Hertzberg a. a. 0. 413ff. der Ringmauer, besonders der Burgbefestigung, 

Fur das Fortbestehen der Stadt in der Kaiserzeit dann ein kleines Theater, zahlreiche kleinere Bau- 

zeugen neben Paus. a. a. 0. und Plutarchos, der trammer, Inschriften u. s. w. erhalten haben. Ein 

dort um 46 n. Chr. geboren wurde und uns selbst Plan der Ortlichkeit fehlt. Altere Reiselitteratur 

wertvolle Nachrichten tiber seine Vaterstadt hinter- (Dodwell, Gell, Clarke u. s. w.) bei Kruse 

lassen hat, wo auch sein Andenken noch lange in Hellas II 1, 647 — 651. Leake North. Greece 

Ehrenblieb(CIGI1627. IGSI3422. 3425; seinen 11112—117. 192—201. 628f. Mure Tour in 

Enkel Sextus aus Ch. nennt Eutr. VIII 12), Stellen Greece I 212f. Ulrichs Beisen I 158—163. 

romischer Schriftsteller , wie Plin. n. h. IV 26. Brandis Mitteilungen I 248f. Vischer Erinne- 
XVI 169 (Chaeronia). Tab. Peut. VIII (Ceroni), 10 rungen 590— 594. Bursian Geogr. I 205f. Ba- 

Geogr. Bav. IV 10. V 13 (Cheronia). Guido 110 deker Griechenl.3 165f. [Oberhummer.] 

(Gheroni), zahlreiche Inschriften, welche man jetzt Chaitai. 1) Ein innerasiatiscnes Volk nordlich 

in IGS I 3287 — 3465 vereinigt findet; darunter vom indischen Imavos, zwischen den Byltai und 

flndet sich eine Widmung an Vespasianus vom Chauranaioi, sudlich von den Kasiabergen, Ptol. 

J. 73 (3418), an Antoninus Pius, den evsgyhrjs VI 15, 3. Vielleicht ist Saitai zu schreiben, in 

Xaigcovsayy vom J. 140 (3419), an Macrinus vom Ubereinstimmung mit den Saetae (s. d.) des Pli- 

J. 217 (3420). In einer wahrscheinlich der ersten nius; dann waren es die Vorfahren der heutigen 

Halfte des 3. Jhdts. angehorigen Inschrift (3426) Burisk von Gilgis und Hunza-Nagar. Cita hiess 

wird Ch. Xa/iJiQoxdxrj jioXtg genannt. Endlich tibrigens der Strom von Yarqand und dessen An : 
fiihrt (vor 535) Hierokl. 643 Xeqaivi unter den 20 wohner £aita , vgl. den einschlagigen Ort Soita 

Stadten der Provinz Achaia an. Die Geschichte (s. d.) des Ptolemaios; Taranatha, fibersetzt von 

von Ch. endet mit der ZerstSrung der Stadt durch Schiefner S. 80, verbindet die Caita mit den Tu- 

das grosse Erdbeben des J. 551, Prokop. Goth, ruska oder Tocharoi. [Tomaschek.] 

IV 25. Neumann-Partsch 327. Jul. Schmidt 2) Xaixai und Xatxai, falsche Lesart der mei- 

Stud. tib. Erdbeben 2 152ff. Die letzte Erwah- sten Hss. bei Ptol. Ill 12, 35 (13, 38) fur Klixai 

nung von Ch. bei Const. Porph. them. II 5 stammt (Ort in Chalkidike), s. Klitai. [Oberhummer.] 

aus Hierokles (s. o.) und ist fur die Zeit des Chaitos (Xatxog), Sohn des Aigyptos, erloste 

Autors belanglos. die Danaide Asteria, Apollod. II 17 W. [Waser.] 

Von der Verfassung der Stadt wurden die Chala {Xdla bei Isid. Char. 3, assyrisch. Jcalchu, 
ausseren Beziehungen zu Orchomenos und zum 30 hebraeisch kfhjelach) , in alterer Zeit mehrfach 

boiotischen Bunde bereits erwahnt. Die gesetz- zeitweilig Beichshauptstadt von Assyrien, seit 

gebende Gewalt ruht nach den Inschriften bei dem Untergange der assyrischen Weltmacht Vor- 

Volk und Rat (dialektische Form Ssddx&ri xij ficoXij ort der Landschaft Chalonitis, wenig n&rdlich von 

xij tv Sdfiv iGS 3287), als ausfiihrende Organe der Miindung des oberen Zab in den Tigris am 

erscheinen ein a.Q%a>v (Plut. Sulla 18. Inschr.), rechten Ufer des letzteren gelegen, heute Nimrod. 

3 7iolznaQ%ovvxis (IGS 3292 — 3299), ein yQa/nfia- Die der jiingeren Recension des Jahvisten (J 2 ) 

xevs xa>v jroXsfiaQxcov (IGS 3298), ein loyioxrjs angehSrende Stelle Genes. 10, 11 lasst die Stadt 

(IGS 3426). Die Truppen befehligte (unter Sulla) von Nimrod gegriindet werden, verlegt ihre An- 

ein x<A('ae^os (Plut. Sulla 17). fange also in die alteste, noch sagenhafte Zeit 

Kultus. Am meisten wurde in Ch. nach 40 semitischer Herrschaft tiber Assyrien. Soweit 

Paus. IX 40, llf. ein Stuck Holz (Soqv) verehrt, uns die Inschriften zu sehen gestatten, beginnt 

welches fur das Scepter gait, das (nach II. II ihre Geschichte aber erst um 1300 v. Chr. mit 

lOOff.) von Hephaistos fur Zeus verfertigt und ihrer ersten Bliite unter Salmanassar I., der die 

durch Pelops auf Agamemnon gekommen war; von ihm bedeutend vergrOsserte und stark be- 

vgl. E. Meyer G. d. Alt. II 98. 187. Einen Dio- festigte, wenn nicht in der That gegriindete Stadt 

nysos auf dem Markte erwahnt Plut. Kim. 2, ein bereits zum Range der Residenz erhob. Nachdem 

Herakleion (ausserhalb der Stadt am Haimon, wo es diesen bald wieder an die alteren Schwester- 

die Griechen lagerten) Plut. Dem. 19, ein Heilig- stadte Ninive und Aschschur verloren hatte, wurde 

turn der Leukothea Plut. quaest. Rom. 16, ein Mov- Ch. wahrend der Zeit des Niederganges Assy- 
osiov Plut. Sulla 1 7 (zwischen Petrachos und Thu- 50 riens seit der Mitte des 11. Jhdts. sogar voll- 

rion). Aus Inschriften kennen wir 'Art6lX<ov day- standig zerstOrt. Erst Aschschurnasirpal (885 

vacpoQiog (CIG 1595. IGS 3407), "AQxafiis lorn- —860) baute die Stadt wieder auf, um 880 selbst 

dtva (ebd.), "Aqxo.[us EiXeSit] (CIG 1596f. 1609. in dieselbe iiberzusiedeln und sie so neuerdings zur 

IGS 3410 — 13), die MrjxrjQ xcov v^scov bezw. MaxijQ ersten Reichsresidenz zu machen (Annaleninschr. 

fi fiiydfy (IGS 3378f.). Besonders haufig wird II 131—135 = K. B. I 94f.). Um 830 als Re- 

SaQdmg in Freilassungsurkunden des 2. Jhdts. sidenz Salmanassars II. ausdrucklich bezeugt (An- 

v. Chr. genannt (IGS 3301—3406, vgl. Ditten- naleninschr. d. Obelisken von Nimrod 159. 174 

berger zu 3301ff.), daneben auch Isis und Anubis = K. B. I 146f. 148f.), war sie von alien grossen 

(3347. 3375. 3380. 3426). Stadten des Reiches die einzige, welche diesem K0- 

Miinzen aus der Zeit der Autonomie (seit dem 60 nig wahrend des grossen Aufstandes der Jahre 829 

Frieden des Antalkidas ?) mit der Aufschrift XAI —823 unverbruchliche Treue bewahrte (Inschr. 

und XAIPQNE, Head HN 292. Arch. Zeit. Schamschi-Rammans I 45-50 = K. B. I 176f.) 

1847, 148. 1849, 93. Denkschr. Akad. Wien I 331. und blieb nun fur langere Zeit die unbestrittene 

Die Stelle von Ch. bezeichnet jetzt das Dorf Hauptstadt des Reiches, als die es namentlich 

Kaprena oder Kapurna (nach Ulrichs Kdjigcuva wahrend der Regierung Ramman-niraris III. (812 

= Wildsau; vonHertzbergGesch. Griechenlands — 783) von hervorragender Bedeutung war (vgl. 

u. s. w. I 335 schwerlich mit Recht fur slavisch die zwei Steinplatteninschriften dieses Konigs aus 

erklart), wo sich von der alten Stadt noch Reste dem Palaste in Ch. und die Inschrift der Nebo- 



2037 Chalaion Clialastra 2038 

statue K. B. I 188—193). Im J. 746 brach in Mediterranean Pilot III 330. Admiralitatskarte 

Ch. der Aufstand gegen Aschschur-nirar aus, durch nr. 1600. [Oberhummer.] 

den wahrscheinlich Tiglathpilesar m. zum Throne Chalamac (Geogr. Eav. II 15 = 89, 20 Pin- 

kam (Verwaltungsliste K. B. I 212f.). Jedenfalls der) , Fluss in Syrien, die Namensform ist wohl 

hat dieser die Stadt verschOnert und durch einen verdorben. [Benzinger.] 

Palastbau geschmiickt (Thoninschr. von Nimrod Chalaos {XdXaog), Eponymos der alten assy- 

67 — 84 = K. B. II 22ff.). Das Gleiche that im rischen Reichshauptstadt Kalehu (XdXa bei Isid. 

Anfang seiner Regierung sein Sohn Sargon (Nimrod- Char. 3, s. Chala). Abydenos erwahnte ihn nach 

inschr. 13—22 = K.B.II38f.). Spater aber siedelte Euseb. Chron. ed. Schoenel 53 als Sohn des Anebos, 
dieser Konig nach dem von ihm gegriindeten Dur- 10 Urenkel des Belos und Grossvater des Ninos. Bei 

Scharrukin tiber, das nunmehr als Reichshaupt- Sync. 154 d, dessen Quelle die angeblichen Vor- 

stadt an die Stelle von Ch. trat (Cylinderinschr. fahren des Ninos, wie sie ihr Eusebios nach Aby- 

35 — 71. Grosse Prunkinschrift 153—186 = K. B. denos bot, mit Ausnahme des Belos in umge- 

II 44—51. 74 — 79). Die Herrlichkeit der neuen kehrter Reihenfolge zwischen Teutaios und Thi- 

Residenz ging zwar mit dem Tode ihres Griinders naios in die durch Kastor erweiterte assyrische 

im J. 705 schon wieder zu Ende. Da jedoch seit KOnigsliste des Ktesias eingeschalten hatte, er- 

Sanherib das altehrwiirdige Ninive wieder die scheint er als Sohn des Arbelos und dreissigster 

erste Stelle unter den assyrischen Grossstadten Konig Assyriens. Vgl. v. Niebuhr Geschichte 

behauptete, war auch die eigentliche Glanzzeit Assurs und Babels seit Phul, Berlin 1857, 305. 
Ch.s fiir immer vorfiber. Das hinderte natiirlich20 Gelzer, Sextus Iulius Africanus und die byzan- 

nicht, dass die Stadt bis zum Sturze Assyriens tinische Chronographie. Leipzig 1880ff. II 204ff. 

607/6 und noch langer sich einer hohen Bltite [Baumstark.] 

erfreute, auch von den letzten assyrischen Herr- Chalason {XaXaacbv Euseb. Onom. 302, 47, 

schern noch wenigstens voriibergehend bewohnt wohl verschrieben aus XaoaXwv, Hieron. ebd. 113, 

wurde, wie denn etwa um 670 Aschschurhaddon 4 Ckaslon, im Alten Testament Kesalon, Joseph. 

in ihr einen neuen Kbnigspalast auffuhren liess 15, 10), von Eusebios als ncbfiij /xsyioxri in Ben- 

(Inschrift desselben K. B. II 150ff.). Vgl. Tiele jamin im Gebiet von Jerusalem bezeichnet, heute 

Babylonisch-Assyrische Geschichte (Gotha 1886ff.) Kesla, siidwestlich von Karjet el-'Ineb (Robinson 

II 347. [Baumstark.] Neuere bibl. Porschungen 201). [Benzinger.] 

Chalaion (XdXaiov, Inschr. XdXecov), Stadt 30 Chalastra (XaXdoxga und ->;, XaXsaxga und 

der westlichen Lokrer in der innersten Bucht des -»?, XaXalaxqa). 1) Stadt in Makedonien an der 

krisaischen Golfes, wo ihr Gebiet an Phokis grenzte, Mundung des Axios (Her. VII 123) unweit des 

zu welcher Landschaft Plin. n. h. IV 7 es irr- Meeres (Plin. n. h. IV 36), nach alterem Sprachge- 

tiimlich zieht, Hekat. frg. 83. Steph. Byz. Ptol. Ill brauch noch zu Thrakien gerechnet (Hekat. frg. 116. 

14 (15), 3 {XaXsdg). Geraume Zeit vor 455 v. Chr. Steph. Byz.). Nach Strab. VII 330 frg. 20. 23 

gingen Ansiedler aus Ch. unter Antiphatas nach miisste sie auf der rechten Seite des Axios gelegen 

Naupaktos, wohin spater solche aus dem ostlichen haben, doch kann sich ihre Lage zum Pluss durch 

Lokris folgten, IGA 321 (Collitz Dialektinschr. Verschiebung seines Laufes nach Westen (s. Axios 

1478). E. Meyer Porschungen 291ff. Busolt Bd. II S. 2629) verandert haben. Von Kassan- 

Gr. Gesch. Ill 1, 300f. Etwas jiinger, etwa 440 40 dros zum Synoikismos von Thessalonike heran- 

— 430 v. Chr., ist der Staatsvertrag mit Oian- gezogen und des grOssten Teiles ihrer Bewohner 

theia, der Nachbarstadt von Ch. an der lokrischen beraubt (Strab. a. a. O. frg. 21. 24), scheint sie 

Eilste, IGA 322 (Collitz 1479. Hicks Gr. Hist. als befestigter Platz noch fortbestanden zu haben, 

Inscr. 31), E. Meyer a. a. O. 307ff. Im pelo- da Diod. XXX 4 von der Eroberung eines noho- 

ponnesischen Kriege leistete Ch. mit andern Lo- fidxiov XaXeoxgov durch Perseus spricht. Sonst 

krern den Spartanern unter Eurylochos gegen Nau- wird sie noch erwahnt bei Lykophr. 1441 (Xa- 

paktos Gefolge (426 v. Chr.), Thuk. Ill 101, 2. XaaxQaXog Xemv = Pyrrhos, vgl. Holzingerz. St.). 

Aus spaterer Zeit stammt das Proxeniedecret fiir Plut. Al. 49, Et. M. Suid. Hesych. (XalaoxQalwv 

Kleogenes aus Aigion, CIG 1567 (Z. 6f. k'do^s xat ovmv). Man sucht sie beim jetzigen KovXaxid. 
izo/Xei iv iwofxmi ixxXrjotai) und die Preilassungs- 50 Tafel Thessalonica 277f. 

urkunde CIG 1607 (Z. 1 "Aq%ov[xoq] fiev sy Xa- 2) Ein See bei voriger Stadt, welcher Natron 

Xei'coi 'AXetjivov, fiijvos KaQelov u. s. w.), aus wel- (vhgov) ausschied , das zur Bereitung einer ge- 

cher auf die nahen Beziehungen zu Amphissa, schatzten Seife (qv/z/jo) verwendet wurde, Plin. 

der nOrdlichen Nachbarstadt von Ch., fur welche n. h. XXXI 107f. Steph. Byz. Et. M. Hesych. 

dieses zugleich der naturliche Hafen war, ein Moer. Alkiphr. Ill 61. Plat. pol. IV 430 a. Er 

Licht fallt; dem dort unter CIG 1594 erwahnten ist wohl auch mit dem i'Xog xo &' 'At-tqi izoxaftqi 

'AxoXlwv vaaccoxag scheint in Ch. ein Tempel ge- bei Her. VII 124 gemeint. Hadschi Chalfa 

widmet gewesen zu sein. Der Hafen, den IGA Rumeli und Bosna (fibers, v. Hammer, Wien 

322 und Plin. a. a. O. ausdriicklich erwahnen, 1812) 81 beschreibt einen ,See Iaidschiler, eine 

diente bis zur Gegenwart als Landeplatz fiir Sa- 60 Tagereise nordwestlich von Salonik, 3 Miglien im 

lona (Amphissa), deshalb fruher als Scala von Umfange. Das Wasser ist bitter, und es leben 

Salona bezeichnet, jetzt Itea ('Ixia) genannt und keine Fische darin. Im Sommer setzt sich rund 

Station der Dampfschiffe. Einige Altertiimer, herum, auf einen halben Pfeilschuss weit, weisses 

besonders Reste eines antiken Hafendammes, sollen Salz an, womit die Bewohner Handel treiben, und 

dort noch sichtbar sein. Leake North. Gr. n das jahrlich vom Aerarium verpachtet wird. Nahe 

594f. Bursian Geogr. I 150. [Erzh. Ludwig dem See liegt das Dorf Aschik.' Vgl. Tafel 

Salvator] Eine Spazierfahrt im Golfe von Korinth Thessalon. 279. Eine Ortschaft/WrffAag (= Jaid- 

(Prag 1876) 52—58 (mit Ansichten und Karte). schiler?) unweit Kulakia an Stelle des Vardar 



2039 



Chalastraia 



Chalcidicmn 



2040 



unserer Karten verzeichnet die Karte der Um- 
gegend von Saloniki von Chrysochoos (Athen 
1890). [Oberhummer.] 

Chalastraia (XalaazQata) , die Gegend bei 
Chalastra (s. d.). [Oberhummer.] 

Chalastre (XaXaaxQri), nach Steph. Byz. (viel- 
leicht aufHekataios zuruckgehend, s. Meinekes 
Anm.) Eponyme der am thermaeischen Meerbusen 
gelegenen Stadt Chalastra (s. d.). [Hoefer.] 

Chalbes (XdXf}?]s) , Herold des Busiris , mit 10 
seinem Herrn von Herakles erschlagen, Pherek. 
frg. 33, FHG I 79; vgl. o. S. 1075. Der Name 
wird von A. v. Gutschmid Kl. Schr. II 49, 3 
semitisch als ,Hund' (Mb) gedeutet , wie er sich 
auch auf der Sinaihalbinsel mit anderen sicher semi- 
tischen Namen zusammenflndet (CIG III 4668 d) ; 
•er legt demnach Zeugnis ab von der Bedeutung 
der Phoinikier, die in der anarchischen Zeit vor 
Psammetich den alien anderen geschlossenen agyp- 
tischen Handel allein beherrschten und die Kunde 20 
Agyptens den Griechen iibermittelten. 

[Hiller v. Gaertringen.] 

Chalbus, Hauptling der Tartessier in Spanien, 
538 = 216 von Hasdrubal besiegt (Liv. XXIII 
26, 6). [Miinzer.] 

Chalceritis s. Aretias. 

Chalchidara, eine wichtige Station auf der 
Heeresstrasse von Satala nach Artaxata, welche 
den Entfernungszahlen der Tab. Peut. zufolge mit 
Sicherheit am Oberlaufe des Euphrat gesucht 30 
werden muss, Geogr. Rav. II 12 p. 74, 12; minder 
richtig iiberliefert die Tab. Peut. Ghalcidaua. 
Der Name sieht aus wie eine armenisch-persische 
Mischform khatakh-i-dara ,festhaltende Stadt, 
Zwingburg', eine passende Bezeichnung fur das 
Bollwerk der Landschaft Karanitis, Karnoj- oder 
Karinkhatakh, arabisch Kalinkala oder Qaliqala, 
Theodosiupolis der byzantinischen Zeit, sei es in 
der Lage von Ardzith oder von Arzan er-Rum, 
dem heutigen Erzerum. [Tomaschek.] 40 

Chalchonogopolis , Stadt Agyptens beim 
Geogr. Bav. Ill 2, augenscheinlich verderbt, etwa aus 
*Chalcurgopolis (XaXxovgycov noXis) ? [Sethe.] 

Ciialcidicum, Name einer Gebaudeform, die 
genau zu deflnieren nicht mOglich ist. Sicher 
scheint, dass es ein porticusartiger , nach einer 
Seite offener Kaum ist; doch hiess sicher nicht 
jeder derartige Raum Ch., und es bleibt dunkel, 
welche Besonderheiten er haben musste, um die- 
sen Namen zu verdienen. Es giebt am Forum von 50 
Pompei zwei sicher beglaubigte Ch. Erstens 
vor dem Gebaude der Eumachia (Fig. 1 s. neben- 
stehend). Dieses besteht nach der Bauinschrift aus 
ch., crypto, und portieus ; da die beiden letzteren 
unzweifelhaft kenntlich sind, bleibt als Ch. iibrig 
•die mit einer Saulenreihe auf das Forum geOff- 
nete Vorhalle. Die Riickwand derselben enthalt 
zwei rechtwinkelige und zwei apsisfOrmige Ni- 
schen, und in der Mitte den Eingang in das In- 
nere des Gebaudes ; an den Saulen standen Statuen- 60 
basen ; zweitens vor der Basilica (Fig. 2 s. neben- 
stehend), die bei langgestrecktem Grundriss an 
der einen Schmalseite eine auf die Forumsporti- 
cus geOffnete Vorhalle hat, entsprechend der Vor- 
schrift Vitruvs V 1, 4, bei unverhaltnismassiger 
Lange des fiir eine Basilica gegebenen Grund- 
stiickes an den Schmalseiten Chalcidica vorzu- 
legen. Vitruv fiigt hinzu : uti sunt in Iidia Aqui- 




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Fig. 1. 




Kg. 2. 



2041 



Chalcidicum 



Chalcidius 



2042 



liana. Eine Basilica dieses Namens ist nicht be- 
kannt; nach einer Vermutung Hlilsens Rem. 
Mitt. VIII 1893, 281f. ware vielleicht Mia Aemi- 
liana zu lesen vind die an der Nordseite des 
rOmischen Forums gelegene Basilica Aemilia ge- 
meint. Die Passade des westlichen Ch.s dieser 
Basilica ware dann zu erkennen in einem von 
Architekten des 15. Jhdts. gesehenen und mehr- 
facb. unter dem Namen forum, boariurn. gezeich- 
neten Bau (Hiilsen Ann. d. Inst. LVI 1884, 323ff. 10 
Mon. XII 11. 12). Aber wenn auch jener Bau 
sehr wahrscheinlich der Westfassade der Basilica 
angehOrt, so ist docb seine Benennung als Ch. und 
die Beziehung auf die Vitruvstelle sehr unsicber, 
um so mehr, als er keine offene Saulenstellung, 
sondern nur drei Thiiren zeigt. 

Wichtig ist ferner die dem Kresphontes des 
Euripides entnommene Erzahlung Hygin. fab. 137. 
Kresphontes schlaft in einem Ch. und hierher be- 
giebt sich Merope, um ihn zu toten. Er schlaft 20 
als Fremder im noodonos, nach homerischer Sitte 
(Od. XX 1; vgl. Ill 399. IV 297), und zwar, da 
der Vorgang auf der Biihne dargestellt wurde 
(Plut. de es. cam. II 5), in der vor der Mittel- 
thiir der Skene angebrachten Saulenhalle (Dorp- 
feld-Eeisch .Griech. Theater 205f.). Saulen- 
hallen meint wohl auch Arnobius, wenn er Ch. als 
Aufenthalt und namentlich als Speiseraume der 
GOtter angiebt: in chaleidicis Mis magnis atque 



Raumesbildet dieRiickwand der Curie; die gegen- 
iiberliegende enthalt zwischen zwei grossen Thiiren 
eine halbkreisformige Nische oder Apsis, in der 
die Statue der Minerva stehen konnte; die beiden 
Schmalseiten sind oifen und nur durch je drei 
Saulen geteilt. Evident ist die Ahnlichkeit mit 
dem Ch. der Eumachia in Pompei; dass, durch 
die Localverhaltnisse bedingt, die Vorderseite ge- 
schlossen und nur die Seitenfronten offen sind, 



mm ' •- I 



1 



® Chalcidicum? © 



Curia 



/ 2 3 * 3 



Fig. 3. 



in palatiis eaeli (III 10) und in tricliniis caele- 30 kann nicht als wesentlicher Unterschied gelten 



stibus atque in chaleidicis aureis (IV 33) ; an beiden 
Stellen scheinen die Ch. von den eigentlichen Innen- 
raumen unterschieden zu werden. Unverstandlich 
bleibt es dagegen, wenn bei Ausonius Per. Odyss. I. 
XXIII das vTicQcijov der Penelope mit eh. ubersetzt 
wird. Auf eine offene Halle deutet auch die sehr 
verdorbene Glosse bei Isidor: Cal(ei)dieum foris 
deambulatorium quod et petibulum (peribolum! 
vestibuluml) dieitur et iterum (pteronl). 



Dazu kommt noch folgende Beobachtung. Auf 
zwei Miinzen Neros, Cohen I 68. 78, ist die 
Largitio dargestellt in einem durch eine Minerva- 
statue charakterisierten Raum (vgl. Eckhel VI 
271 und die Miinzen Nervas, Cohen II 37. 38. 
39), der also sehr wohl das Atrium Minervae oder 
Ch. sein konnte. Links neben der Statue sind 
hier zwei Saulen sichtbar, was zu dem Raum 
hinter der Curie gut passen wurde. S. hieriiber 



In Rom lag dicht an der Curia Iulia das mit40RostowzewTablifer(russisch)inderSammelschr. 



dieser von Augustus erbaute oder doch dedicierte 
Ch. : curiam et continens ei ehaleidieum, Mon. 
Ancyr. IV 1. Cass. Bio LI 22, 1 nennt es to 
'A&rjvatov to XaXmdixov mvofiaofiivov; es ist wohl 
sicher identisch mit dem Atrium Minervae, Notit. 
reg. VIII. Jordan Topogr. I 2, 255. Momm- 
sen Res gest. D. Aug.''' 79. Da die Nordseite 
des Forums nicht ausgegraben ist, kennen wir 
die- hier in Frage kommenden Ruinen nur aus 
Zeichnungen von Architekten des 15. Jhdts., heraus- 50 
gegeben von Lanciani Mem. d. Lincei 3. Serie 
XI 3 mit Taf. I. II; vgl. Hiilsen Rom. Mitt. 
VIII 1893, 278, und es ist nicht sicher, in wel- 
chem der dort angegebenen Gebaudereste das Ch. 
zu erkennen ist, um so weniger, als wir nicht 
wissen, welche derselben auf die Zeit des Augu- 
stus, welche auf die Erneuerung durch Diocletian 
zuriickgehen. Man erkennt es jetzt meistens in 
einem viereckigen Raume zwischen der Curie 



zu Ehren J. Pomialovskys, Petersburg 1897, 134f. 
An die durch die bekannten Marmorschranken 
vom Forum begrenzte saulengetragene Vorhalle 
der Curie zu denken, wozu man nach Analogie 
der Kresphontesscene geneigt sein konnte, ist des- 
halb unmoglich, weil diese der von Diocletian er- 
neuerten Curie fehlte, wahrend doch das Atrium 
Minervae noch in den Regionsverzeichnissen aus 
constantinischer Zeit vorkommt. 

Inschriftlich kommen Ch. vor in Herculaneum 
CIL X 1453, Capua ebd. 655, Cumae 3697, Aeser- 
nia IX 2653, Veleia XI 1189, Falerii XI 3126, 
Rom VI 1474, ohne dass sich aus diesen In- 
schriften naheres iiber die Gestalt des Baues ergabe. 
Vgl. Nissen Pompei. Studien 292. [Mau.] 

Chalcidius, Verfasser einer lateinischen LFber- 
setzung und eines Commentars zu Platons Timaios, 
die beide bis p. 53 C reichen. Dass er Christ 
war, zeigt die Benutzung der Hexapla (c. 276), 



(Kirche S. Adriano) und dem seeretarium senatus 60 die Erwahnung des Sternes der Weisen aus dem 



(Kirche S. Martina) , der ein von Saulenhallen 
umgebener Hof gewesen zu sein scheint. Doch 
stimmt dies nicht recht mit dem, was wir nach 
dem oben Gesagten von dieser Gebaudeform wissen, 
und es ist vielleicht richtiger, es in einem nach eben 
jenen Zeichnungen hinter der Curie befindlichen, 
langlich viereckigen , bedeckten Raume (Fig. 3 
S. 2042) . zu erkennen. Die eine Langseite dieses 



Morgenlande (c. 126) und die haufige Anfiihrung 
der Engel (c. 120. 135. 232. 250. 256); die Citate 
aus dem Alten Testament (und Philon c. 278) 
mag er zum Teil schon in seinen Quellen (Nume- 
nios?) gefunden haben. Gewidmet ist die Schrift 
durch eine vorausgeschickte Epistel einem Osius, 
der ebenfalls Christ war (c. 133 cum angeli par- 
Urn dei sint ministri . . . partim adversae potesta- 



2043 Chaldaia Chaldaicus lacus 2044 

its satellites, ut optime nosti; vgl. 126 ex.). Nun westens ihres Landes, fur die Assyrier im weiteren 

hat codex Vindob. 278 saec. XII die Beischrift: Verlaufe eine solche fur Gesamtbabylonien , das 

Osii episeopi Cordubensis rogatu Calcidius hune Tiefland des Euphrat und Tigris von Hit und Sa- 

librum suseepit transferendum (ahnlich Riccard. mara nach Siiden. In dieser letzten Bedeutung ist 

139 saec. XI — XII bei Iw. M tiller III 5 und ein er zu den BevOlkerungen Syriens und Kleinasiens 

,pervetus' Bodleianus bei Fabricius; in einem und von hier zu den Griechen und durch deren 

Timaioscommentar derselben Zeit ist ein Papst Vermittlung zu den Romern iibergegangen. Ch. 

Osius daraus geworden, Cousin Fragments philos. ist somit der geographischen Wissenschaft der 

II 5 359). Das ist eine mOglicherweise richtige beiden klassischen VSlker von Hause aus Synonym 
Combination, zumal da der Name Osius (Hosius) 10 zu Babylonia und wird als solches bis in spate 

selten ist; dann wiirde, da Osius etwa 296—357 Zeit gebraucht, so von Plin. V 90. Steph. Byz. 

Bischof von Corduba war (Gams Series episc. s. v. Ja, indem der alte Gegensatz zwischen 

27), die Abfassung unserer Schrift in die erste Norden und Stiden des mesopotamischen Zwei- 

H&lfte des 4. Jhdts. fallen, wozu auch die Sprache stromlandes den Griechen und KSmern nieht ge- 

unddasFehlenplotinischenEinflussespasst. Jeden- ntlgend zum Bewusstein kam, konnte man so weit 

falls ist der Ch. grammaticus , dem Fulgentius gehen, selbst Assyrien unter dem Namen Ch. mit 

seine expositio sermonum antiquorum widmete, zu begreifen. So setzt Etym. M. 157, 52 Xal- 

von unserm Ch. verschieden. Ch. hat fur seine data, Hesych. s. v. n XaXdaixtj ausdriicklich 

Zeit gut iibersetzt (Fehler infolge mangelnder gleich 'AaavQia, und die namliche Anschauung 
Sachkenntnis rtigt Martin Theo 367. 376. 427f.), 20 liegt zu Grunde, wenn bei Athen. XII 529f. 530b 

aber auch nur iibersetzt, abgesehen von der Zu- XaXdauxa und 'AaavQia yqamiaxa als das namliche 

fugung biblischer und romischer Beispiele. Seine erscheinen. Doch spricht Winckler Untersu- 

Quellen sind durchaus vorplotinisch und werden chungen zur altorientalischen Geschichte (Leipzig 

unter den Platonikern des 2. Jhdts. und ibrem An- 1889) 64 mit Unrecht den Griechen und Bomern 

hang zu suchen und zu finden sein. Fur den jede Einsicht in die urspriingliche Verschiedenheit 

astronomischen Abschnitt c. 56—91 hat Hiller der Begriffe Ch. und Babylonia ab. Die bessere 

Bh. Mus. XXVI 582 gegen Martin (Theo de Erkenntnis der mit den ethnograpbischen Ver- 

astron. 18f.) durch den Vergleich mit Theon von haltnissen des Ostens durch unmittelbare Beriih- 

Smyrna Adrastos (s. d. Nr. 7) als Quelle erwiesen; rung vertrautenhellenistischen Zeit hat den alteren 
Ch. folgt ihr mit sclavischer Abhangigkeit. Fiir 30 Sprachgebrauch nicht selten modificiert und cor- 

c. 295-299 nennt er uns selbst Numenios als seinen rigiert. So ist nun den Geographen Ch. bald eine 

Gewahrsmann. Ch. ist von grosser Bedeutung einzelne Landschaft von Babylonia (z. B. Strab. 

fiir das Mittelalter gewesen, das bis gegen das XVI 739. Ptol. V 20), bald ein von Babylonia zu 

Ende des 12. Jhdts. Platon nur durch ihn ge- unterscheidendes Gehiet im aussersten Siiden Meso- 

iannt hat (Cousin a. a. O. 51. 355. Haure"au potamiens (z. B. Strab. a. a. 0. Oros. I 2, 20f. Iul. 

Hist, de la phil. scol. I 92. 432). Ed. princ. von Honor. 5f.). Ausserhalb der speciflsch geographi- 

Aug. Iustinianus Paris 1520, dann von Meur- schen Litteratur wird allerdings diese gescfaichtlich 

sius Lugd. Bat. 1617. F abricius, hinter Hippo- richtigere Anschauung niemals die herrschende ge- 

lytus, Hamburg 1718. Mullach Fragm. phil. II wesen sein. Dass sie aber auch hier — und zwar 
147, auf breiterer hsl. Grundlage von W r o b e 1 40 nicht vereinzelt — bekannt war, lehrt das Zeugnis 

Lips. 1876. Weitere Hss. nennt Iw. Miiller einer so spaten Quelle wie Ammian. Marc. XXIII 6, 

Quaest. crit. de Ch. in Timaeum Plat, commentario der Ch. ausdriicklich nur als eine Nachbarlandschaft 

I — III, Erlangen 1875 — 77. Bonnet Herm. XIV des Gebietes um Babylon bezeichnet (hie prope est 

158. Lexikalisches excerpiert Wrobel Z. f. d. 6'st. Chaldaeorumregio). tfberdievonCh.ausgegangene 

Gymn. XXVI 178. 258. Vgl. Fabricius Bibl. Volkerbewegung und ihre wechselvolle Geschichte 

lat. ni c. 7. Teuffel L.-G.s 407, 3. [Kroll.] s. den Artikel Chaldaioi Nr. 1. [Baumstark.] 

Chaldaia {XaXdaTa, regelmassig ohne, aber Chaldaicus lacus (Plin. VI 134, Chaldaiei 

z. B. Ptol. V 20, 3. Steph. Byz. s. XakdaToi lacus ebd. 130), Seen im Miindungsgebiet des 

auch mit %d>Qa, seltener f\ XaXSai'xrj [z. B. Phil. Tigris, von diesem durchstromt, bevor er sich ins 
de migr. Abrah. 32. Steph. Byz. u. Hesych. s. v.] 50Meer ergiesst; vgl. auch Strab. XV 728, wo indes 

oder im Anschluss an semitische Ausdrucksweise der Name nicht genannt ist. Dagegen erwahnt 

[ij] yij Xolbalwv [z. B. Phil, quis rer. div. her. dieser p. 766 die Siimpfe unterhalb der Chaldaeer 

20; de Abrah. 14. 15. Act. apost. 7, 4. Suid. (ra slrj ra naza tovs XaXSaiovs), welche durch die 

s. 'Aftaadfi], Ohaldaea, assyrisch mat Kaldi, tTberschwemmung des Euphrat entstanden seien. 

hebraeisch eres Kasdim , kassitisch vielleicht Cass. Dio LXVIII 28, 2 sagt, dass ganze Wasser 

kardunjasch [vgl. Artikel Babylonia Bd. II der Euphrat ergiesse sich in einen Sumpf und 

S. 2709] d. h. Land der Chaldaioi) ist ein geo- vermische sich dann mit dem Tigris. Auch die 

graphischer Begriff, der naturgemass mit dem Tab. Peut. verzeichnet paludes an der entspre- 

Vordringen des semitischen Volksstammes der chenden Stelle. Da der Tigris und der Choaspes 
Chaldaioi von Siiden nach Norden an Dmfang60 OfterihrenLaufgeanderthaben.sowirdesschwierig 

immer mehr zunehmen musste. Urspriinglich sein, genau den Ort zu ermitteln, wo gerade die 

ionnte als Land der Chaldaioi nur ein schmaler von Plinius und Strabon gemeinten Seen und 

Kustensaum am Nordwestrande des persischen Siimpfe zu suchen sind. Am besten entsprechen 

Meerbusens bezeichnet werden. Bei dem unauf- die Siimpfe von Abu Kelam und von Samuda, 

haltsamen Vorwartsdrangen der hier heimischen in der Nahe der jetzigen Vereinigungsstelle von 

Nomaden wurde der Name bald fur die seit alters Euphrat und Tigris, sowie das Hor el-Azem, d. i. 

herrschende semitische Bevolkerung Babyloniens das Uberschwemmungsgebiet der jetzigen Kerhah- 

eine Bezeichnung des ganzen Siidens und Slid- miindung. [Weissbach.] 



2045 XuXSaixu koyia Chaldaioi 2046 

XaXSa'ixa Xoyia, ein griechisches Gedicht in einer Stelle, welche dem sog. jahvistischen Ge- 
Hexametern, von dem zahlreiche Fragmente bei schichtswerke — naherwahrscheinlichderjungeren 
den Neuplatonikern und Psellos vorliegen. Seinen Bearbeitung desselben (J 2 ; vgl. Artikel Baby- 
Namen i'iihrt es vielleicht wegen eines angeblichen Ion Bd. II S. 2668) — angehort, der chaldae- 
Zusammenhanges mit dem ,Chaldaeer' Iulianos ische Eponyrnos K(h)esed(h) als Sohn Nachors 
(s. d.), oder weil jeder Occultismus chaldaeisch und Neffe Abrahams erscheint, so beweist dies, 
genannt werden konnte. Das Gedicht selbst gab dass die Israeliten in den mit Macht vordringen- 
sich jedenfalls als eine gOttliche Offenbarung; denn den Nomadenstammen Sudbabyloniens ihre Sprach- 
es war das heilige Buch einer religiosen Genossen- vmd Stammesverwandten erkennen mussten. Auch 
schaft. Trotzdem enthalt es sehr viel philoso- 10 die chaldaeischen Eigennamen erweisen sich durch- 
phische Speculation, in der wir platonische Lehren weg als gut semitisch, wobei allerdings die viel- 
mit pythagoreisch-orphischen und stoischen durch- fach vollst&ndige (Jbereinstimmung der Namens- 
setzt flnden, wie schon einige Jahrhunderte firmer bildung mit der assyrisch-babylonischen wenig- 
bei den Pythagoreern des Alexander Polyhistor. stens zum Teile auf assyrisch-babylonischer Be- 
Stark benutzt ist der Timaios, nach dessen Vor- einflussung beruhen wird. Folge dieser Beein- 
bilde die WeltsehOpfung erzahlt wird. Jedoch flussung wird es ferner sein, wenn wir vom 
dienen alle theoretischen ErOrterungen im Grunde 8. bis 6. Jhdt. Ch. und Altbabylonier durchaus 
nur dem praktischen Ziele der Secte: der Er- die gleiche Sprache reden, durchaus die gleichen 
losung der Menschenseele von der Siinde, der sie Getter verehren sehen. Aber die Thatsache einer 
durch den Eintritt in den KbYper anheimfallt, 20 so weit gehenden Beeinflussung selbst ware un- 
und ihrer Wiedervereinigung mit ihrem Gott, von denkbar, hatten die siegreichen Wiistensohne des 
dem sie selbst ein Teil ist. Dieses Ziel kennen Siidens einer ganz anderen Basse angehort als 
nur die Mitglieder der Secte erreichen (ov yag die von ihnen iiberwundene semitische Bevolke- 
vtp* el/j,aQxrjr ayklr\v ninxovoi &sovQyol Kroll 59), rung des Kulturlandes im Norden. Eine Durch- 
sowohl durch sittliche Lebensfiihrung als auch be- setzung der Ch. mit unsemitischen (kassitischen? 
sonders durch einen Peuerkultus, der sich vom er- s. II und Winckler Geschichte Babyloniens und 
habensten Mysticismus bis zu Peuerzauber und Assyriens [Leipzig 1892] 112) Bevolkerungsele- 
GeisterbeschwOrungen versteigt. Gottliche Mittel- menten Sudbabyloniens wird zwar immerhin mit 
wesen, gute und bCse Daemonen spielten unter einiger Wahrscheinlichkeit angenommen werden 
allerlei barocken Namen eine Rolle; in der Escha-30 dtirfen, kann aber nicht von wesentlicher Bedeu- 
tologie finden wir Seelenwanderung, Preuden der tung gewesen sein. Vollig bei Seite zu lassen 
ErlSsten und Qualen der Schlechten. Pur die sind dagegen wie die antiken Erklarungen des 
ayysXoi u. a. scheint jiidischer Einfluss massgebend Namens Ch. (z. B. bei Phil, quis rer. div. her. 20. 
gewesen zu sein. Christliches scheint zu fehlen, Eustath. ad Dionys. perieg. 767) die von den 
jedoch bietet die beste Analogie zu unserem Ge- Alten beliebten falschen Identificationen der ba- 
dicht die christliche Gnosis. Da neuplatonische bylonischen mit den pontisch-armenischen Ch. (s. 
Ztige mit Sicherheit nicht nachzuweisen sind und Nr. 2) und dieser mit den persischen Krj<pijvc; 
der Syncretismus des Numenios viel Ahnliches (vgl. Eustath. a. a. O.), beziehungsweise die wahr- 
zeigt, da Porphyrios und vielleicht schon Plotinos scheinlich auf Hellanikos (vgl. Steph. Byz. s. XaX- 
(omo'&ojiaQrie VI 9, 4, vgl. Kroll 60) das Ge- 40 <5a«b() zuriickgehenden Fabeleien von einer Ver- 
dicht kennen, so wird seine Entstehung um 200 n. bindung des Kepheus mit den Ch. und mit Ba- 
Chr. anzusetzen sein; dazu passt auch die religiose bylon. 

Stimmung, die das Ganze beherrscht. Der Peuer- Schwieriger als die Frage nach ihrem ethno- 

kultus und die nach Art orientalischer Naturgott- graphischen Charakter ist diejenige nach Zeit 

heiten pbantastisch ausgestattete Hekate scheinen und Bichtung der Einwanderung der Ch. in die- 

nach dem Orient zu weisen. W. Kroll De oraculis jenigen Landstriche, welche in der Zeit ihrer 

Chaldaicis, Breslau 1894 und Eh. Mus. L 636ff. Kampfe mit Assyrien als der Mittelpunkt ihrer 

[Kroll.] Macht erscheinen. Diirfte es als erwiesen be- 

Chaldaioi. 1) Chaldaioi (*Kasdu, hebraeisch trachtet werden, dass die Semiten von Nordosten 

K(h)asdim, kassitisch [? vgl. Artikel Chaldaia] 50 her nach Vorderasien eingedrungen seien (s. hier- 

Kardu, assyrisch-babylonisch vermoge eines dem uber Artikel Babylonia III), so konnte man 

Babylonischen eigentumlichen Lautiiberganges von sich versucht fuhlen, in den Ch. die erste, in 

■s yor Dentalen in I Kaldu und entsprechend grie- den Akkadiern Babyloniens und den Assyrern 

chisch XaXSatoi, lateinisch Chaldaei, nach einem erst die zweite, bezw. dritte Etappe dieser Ein- 

auf die mosa'ische Volkertafel, Genes. 10, 24, ge- wanderung, soweit sie das Stromgebiet des Eu- 

griindeten Autoschediasma des Joseph, ant. Iud. phrat und Tigris betrifft, zu sehen. Die Ch. 

I 144 ursprunglich 'Agcpa^adatoi, genannt), ein in mussten alsdann bereits im 5. Jahrtausend v. Chr.. 

historischer Zeit im Miindungsgebiete des Euphrat wo nicht noch friiher, die Kilstengegenden am per- 

und Tigris und an der Nordwestkiiste des per- sischen Meerbusen erreicht haben. und ihr Vor- 

sischen Meerbusens heimisches, aber in einer stan- 60 dringen nach Norden in historischer Zeit wiirde 

digen gewaltsamen Vorwartsbewegung gegen Nor- einem nach einer langen Epoche stabiler Buhe 

den begriffenes Volk, das nach Jahrhunderte eintretenden Euckschlage gegen die ursprungliche 

dauernden Kampfen mit Assyrien voriibergehend Bichtung ihrer Wanderung gleich kommen. Weit 

die Vorherrschaft in Vorderasien besass. naher liegt es aber doch wohl, riiumlich wie zeit- 

I. Ethnographischer Charakter, Ur- lich das Eindringen der Ch. in das siidliche und 

h e i m a t , W a n d e r u n g. Dass die Ch. der semi- das bald nach der Mitte des 2. Jahrtausends far 

tischen Volkerfamilie angehorten, hat als aus- Assyrien bedenklich werdende Vordringen ara- 

gemacht zu gelten. Wenn Genesis 22, 20ff., an maeischer Stamme (keilinschriftl. Aramu, Arumu, 



2047 Chaldaioi Chaldaioi 2048 

griech. 'AqafMiToi Strab. I 42. XIII 627. XVI einzelnen Landschaft, auch in den Titeln kassi- 

784f. Joseph, ant. Iud. I 144, "AQtfiot, Strab. tischer Beherrscher Babylons selbst flndet — ein 

XVI 750. 784f. nach Poseidonios , 'Agi/iawi Strab. Aequivalent fur assyrisches mat kaldi ist, Baby- 

XVI 785, 'Asftsriot Strab. I 42; vgl. Artikel lonien also schon um die Mitte des 2. Jahrtau- 

Aramaioi), der Vorfahren der spateren Syrer, sends geradezu als ein ,Land der Ch.' bezeichnet 

gegen das mittlere und nordliche Mesopotamien werden konnte (s. hieriiber die Artikel Baby- 

als Parallelerseheinungen zu betrachten. Dabei Ionia II und Chaldaia und vgl. die Inschrift 

kann nock dahingestellt bleiben, ob etwa bei des -kassitisehen Kenigs Karaindasch K. B. Ill 

einem Einbruch der Semiten von Norden her die 1, 152f.). Als dann die Herrschaft der Kassiten 

spateren aramaeischen und chaldaeischen Stanvme 10 iiber Babylon zusammenbrach , scheint ein Teil 

zusammen mit den arabischen siidwestlich in die derselben bei den Ch. in dem von nun ab immer 

arabische Wiiste gedrangt wurden und nunmehr wieder als das eigentliche Stammland der letz- 

wieder nach den fruchtbaren Gefllden des Nord- teren erscheinenden ,Seelande' (mat tamdi) Auf- 

ostens zu streben begannen, oder ob doeh vielmehr nahme gefunden, sich mit ihnen verschmolzen 

die gemeinsame Urheimat der Semiten im Siiden und den Anstoss zur Grtindung eines vom baby- 

zu suchen und in der aramaeisch-chaldaeischen lonischen Norden unabhangigen eigentlichen Kei- 

Invasion nur die Wiederholung derselben sfid- ehes gegeben zu haben. Drei ,Konige' dieses 

nOrdlichen Volkerwanderung zu sehen ist, welche Keiches bestiegen sogar kurz vor dem Ende des 

schon die Vorfahren der Assyrier und der semi- 2. Jahrtausends auch den altehrwiirdigen Thron 

tischen Babylonier nach ihren Wohnsitzen im 20 Babylons (Babylon. Chronik 1 A V 1 — 10. Ba- 

Zweistromlande gefuhrt hatte. Im einen wie im bylon. Konigsliste A III = K. B. II 282ff. 287). 

anderen Falle waren die Ch. ursprfinglich ein Dochscheinendiese, ihren Namen nach zuschliessen, 

Nomadenvolk der arabischen Halbinsel, das, durch noch eher kassitischer als chaldaeischer Abstam- 

eine unbekannte Volkerbewegung im Inneren der- mung gewesen zu sein. Vermutlich wenig spater 

selben gemeinsam mit den Aramaeern aus seinen — genau vermOgen wir den Zeitpunkt nicht an- 

bisherigen Sitzen herausgeworfen und langsam zugeben — gab aber dasselbe Reich des Seelandes 

nach Norden geschoben, dem Westrande des per- Babylon auch schon seinen ersten zweifellos chal- 

sischen Meerbusens entlang gegen das inesopo- daeischen Beherrscher in Irba-Marduk, dem Ahnen 

tamische Tiefland vordringt, wahrend seine ara- des grossen Merodach-Baladan (Inschrift des letz- 

maeischen Briiderstamme , weiter westlich durch 30 teren II 43f. = K. B. Ill 1, 186f.). In den zwei 

die syrische Wiiste wandernd, sich dem Saume nachsten Jahrhunderten miissen immer neueHorden 

desselben mehr im Norden nahern. Sehr wohl von Ch. unaufhaltsam von Siiden her vorgedrungen 

stimmt zu einer solchen Auffassung, dass an der sein. Bald zelteten Ch. sogar nSrdlich fiber Ba- 

angezogenen Genesisstelle die Ch. als nachste bylon hinaus bis an die assyrische Grenze. Als 

Verwandte der Ausiten im Hauran ('us. Avoaai nomadisierende Hirten oder Ackerbauer occu- 

LXX; vgl. Avoms LXX. Hiob. 1, lundWetz- pierten die unruhigen Eindringlinge die Weide- 

stein bei Delitzch Das Buch Job 2 [Leipzig 1864] platze und Kornfelder des fiachen Landes und 

576ff. Hit zig Das Buch Hiob iibersetzt und aus- drangten zunachst die altbabylonische BevOlke- 

gelegt [Leipzig und Heidelberg 1874] XVIf.) und rung in die grossen, noch aus sumerischer Zeit 

andererhalbarabischer, halb aramaeischer Stamme 40stammenden Stadte zurttck. Auch das Bild auf 

der syrischen Wiiste und des rechten Euphrat- ihren Beuteziigen bis nach dem Hauran hiniiber 

ufers (Ch»z6, keilinschriftl. Hazu, und Buz, keil- streifender rauberischer Ch. , obwohl es uns erst 

inschriftl. Bazu; vgl. Fr. Delitzsch Wo lag weit spater im biblischen Buche Hiob 1, 17 

das Paradies? Leipzig 1881, 307. Zeitschr. f. entgegentritt , mag immerhin bereits fur diese 

Keilschriftforschung II 93ff.) erscheinen. Zeit zutreffen. Indessen begannen aber auch 

II. Altbabylonische Zeit. Der erste ,Kenig einzelne Stamme der Ch. zu festerer Sesshaftig- 

des Chaldaeerlandes' flndet sich bereits in dem keit iiberzugehen. Zwischen den alten babylo- 

uralten , wenn auch vielleicht nicht mit Kecht nischen Beichsstadten bildeten sich, in der Folge- 

auf die Bibliothek Sargons I. von Agane (s. Ar- zeit wenigstens teilweise wohl mit dem Namen 

tikel Babylonia III) zuriickgefuhrten astrolo- 50 ihrer Grander bezeichnete, chaldaeische Filrsten- 

gischen Werke (s. Artikel Astrologie Bd. II turner (bitati, wortlich ,Hauser') mit neuen be- 

S. 1806). MOglicherweise stehen wir in dieser festigten Hauptorten. So wurden etwa in den 

Erwahnung der letzten, halbverschollenen Spur ersten Jahrzehnten des 9. Jhdts. Bit-Dakuri im 

eines Versuches gegenuber, den die Ch. mehrere Norden und BU-Amukhani im Siiden von Ba- 

Jahrhunderte vor ihrer dauernden Ansiedlung in bylon gegriindet. Nicht viel spater erstarkte durch 

Siidbabylonien machten, hier festen Fuss zu fassen. erne ahnliche Staatenbildung, Btt-Jakin im See- 

Eine wirklich bedeutsame Stellung haben sie aber, lande, auch dieser alte Herd chaldaeischer Be- 

wie es scheint, fur Babylonien erst in der Zeit wegung neuerdings. Anlasslich seines 879 er- 

gewonnen, in welcher das Land unter der Fremd- rungenen Sieges fiber die verbfindeten Babylonier 

herrschaft der Kassiten (Kaschschu der Inschriften, 60 und Chattu (Chittiter) erkennt dann selbst der 

Klootoi der Griechen, s. die Artikel Babylonia assyrische Kflnig Aschschurnasirpal , indem er 

III und Kissioi) stand. Allerdings muss in kardunjasck und (mat) kaldu als Synonyma neben- 

dieser Zeit ihre Bedeutung auch bald eine kaum einander stellt, das alte babylonische und das 

zu uberschatzende geworden sein , wenn wirklich neue chaldaeische Bevdlkerungselement seines sud- 

das seit derselben in den Inschriften der assy- lichen Nachbarlandes als gleichbedeutende Fac- 

rischen Kenige als Gesamtname fur Babylonien toren an (Annaleninschrift III 23f. = K. B. I 

Iiblich gebliebene Kardunjasch — das sich, wenn 98f.). Sein Nachfolger Salmanassar II. hatte bei 

gleich hier wahrscheinlich nur als Name einer seinem Eingreifen in babylonische Thronstreitig- 



2049 Chaldaioi Chalclaioi 2050 

keiten 851/50 erstmals Veranlassung, mit den Die gewaltigste Garung kam aber endlich miter 

Ch. emsthaft abzurechnen. Adinu, der Furst von die Massen der Ch. dadurch, dass 732 das macht- 

Bit-Dakuri, wurde mit der Waffe in der Hand lose altbabylonische Scheinkonigtum endgiiltig er- 

zur Zahlung von Tribut gezwungen. Muschallim- losch. Die Schaffung eines neuen babylonischen 

Marduk von Bit-Amuhhani und Jakin, der Re- Reiches miter einer chaldaeischen Dynastie, das 

staurator des Seelandes, hielten es fur geraten, die Erbschaft des zu Grabe gegangenen alten 

freiwillig Geschenke zu bringen (Annaleninschr. antreten sollte, blieb seitdem das Ziel, das alle 

831 Inschr. von Balawat VI 4 — 8. Synchron. Fursten und Stamme der Ch. unverriickt im Auge 

Gesch. IV llf. = K. B. I 138f. 136ff. Anmk. behielten. Die Konige von Elam, die arabischen 

2021). Salmanassars Sohn Schamschi-Ramman III. 10 Beduinenstamme der westlichen Nachbarschaft, 

begegnete den Ch. zum erstenmale als Bundesge- die Aramaeer Mittel- und Nordmesopotamiens und 

nossen des babylonischen KOnigs Marduk-balatsu- die vermutlich ihnen stammverwandten Stltu-l^o- 

ikbi wahrend eines gegen diesen gefuhrten Krieges maden waren ibre standigen Bundesgenossen bei 

(Steleninschr. IV 37ff. = K. B. I 186f.) und dem unermiidlicben Ringen um die Verwirkli- 

scheint schon am Ende dieses nicht zunachst chung dieses Zieles. Selbst umfassendere vorder- 

gegen sie unternommenen Feldzuges von ihren asiatische Coalitionen gegen Assyrien suchten riih- 

Fiirsten Tribut empfangen zu haben (Synchron. rige Chaldaeerfiirsten zu stande zu bringen. So 

Gesch. IV llf. = K. B. I 202f.). Gleichwohl wurde nach dem Zeugnis des erzahlenden Nach- 

musste er noch 813, ein Jahr vor seinem Tode, trages zum Propheten Jesaja 39, 1 und nach Ale- 

aufs neue gegen sie zu Felde ziehen (Verwal- 20 xandros Polyhistor bei Joseph, ant. Iud. einmal 

tungsliste I = K. B. I 208f.). Erneuerte Un- der Versuch gemacht, sogar das feme Konigreich 

ruhen in Babylonien, gewiss wesentlich ein Werk Juda filr eine solche zu gewinnen, und bei einer 

der Ch., begleiteten im folgenden Jahre den Thron- anderen Gelegenheit sehen wir die Ch. ausser 

wechsel in Assyrien und machten ein sofortiges mit dem Konig von Elam mit Ancan, Persien 

Einschreiten seitens des Nordreiches notwendig und anderen Landern Irans im Bunde (Prisma- 

(Verwaltungsinschrift a. a. O.). Auch im wei- inschr. Sanheribs V 31ff. = K. B. II 106ff.). 

teren Verlaufe seiner Regierung musste der neue Assyrien seinerseits verfolgte, nachdem es unter 

assyrische Konig Ramman-nirari noch melirfach (Phul-) Tiglathpilesar III. (ITcogcs) neu erstarkt 

mit den Ch. kampfen, so 803 im Seelande, 796 und war, die friihere, auf moglichste Demiitigung der 

785 weiter nOrdlich in Babylonien (Verwaltungs- 30 Ch. gerichtete Politik mit noch grosserer Scharfe. 

inschrift a. a. O.). Doch miissen seine schliess- Das seit alters best bewahrte Mittel assyrischer 

lichen Erfolge bedeutend gewesen sein. Samt- Eroberungspolitik wurde jetzt gegen die ruhe- 

liche Fursten der Ch. verpfiichteten sich fur alle losen Friedensstorer in Anwendung gebracht, die 

Zukunft zu Tributzahlung an Assyrien (Stein- Deportation. Ganze Stamme wurden weggefiihrt, 

platteninschr. I Rawl. 35 nr. 1. 22ff. = K. B. nach Assyrien oder fast noch haufiger nach den 

I 192f.). Officiell gait eine neue Aera fried- ndrdlichsten Provinzen, besonders dem Lande Kum- 

lichen Nebeneinanderlebens des chaldaeisch-baby- much (Kofifiayrjvti) , (lessen selbst vielfach rebel- 

lonischen Siidens und des assyrischen Nordens als lische Bevolkerung dann teilweise im Siiden zwi- 

angebrochen (Synchron. Gescb. IV 20f. = K. B. schen Babyloniern und iibrig gelassenen Ch. an- 

I 2021). Die alternde babylonische Monarchie 40 gesiedelt wurde. 

war zu schwach gewesen, das Eindringen der Ch. Ob Tiglathpilesar III. bereits, als er 745 un- 

zu verhindern. Die jiingere assyrische Gross- mittelbar nach seinem Regierungsantritt die ara- 

macht hatte wenigstens weiterer Begehrlichkeit maeischen Stamme zwischen Euphrat mid Tigris 

derselben vorlaufig einen Riegel vorgeschoben. der babylonischen Nordgrenze entlang ziichtigte, 

III. Assyrische Zeit. Ein weiteres Erstarken mit den Ch. in feindliche Beruhrung trat, bleibt 

der chaldaeischen Macht ging natiirlich mit dem fraglich. Ein grosser Chaldaeerkrieg entbrannte 

zeitweiligen Verfalle der assyrischen unter den dagegen 731 — 728 sofort nach dem Ende des 

Nachfolgern Ramman-niraris III. Hand in Hand. letzten altbabylonischen Konigs. Mit machtiger 

Bisher noch nomadisierende Stamme scheinen zur Faust vereitelte Tiglathpilesar den ersten Ver- 

Sesshaftigkeit iibergegangen zu sein. Neben die 50 such einer chaldaeischen Reichsgrundung. Ein 

alten BUM traten nicht wenig neue, so BU-Adini, rascher Siegeszug fiihrte ihn durch die Gross- 

Bit-Schilani, BU-Seha'alli, BU-Sdla. Sogar in stadte Babyloniens (Thontafelinschr. A llff. = 

die noch den Altbabyloniern gebliebeneii grossen K. B. II 13f.). Dann wurde Nabu-uschabschi, 

Reichsstadte drangen jetzt die Ch. ein. Am Ende Furst von Bit-Schildni niedergeworfen und nach 

des 8. Jhdts. fanden sich chaldaeische BevOlke- Eroberung seiner Hauptstadt Sarrabanu vor den 

rungen in Uruk, Nippur, Kisch, Kutha und Sippar Thoren derselben grausam hingerichtet (Platten- 

(Prismainschrift Sanheribs I 371 = K. B. II 841). inschr. 8ff. Thontafelinschr. A 15—19 = K. B. 

Die Starkung ihrer Macht und Bedeutung im II 41 121), Zaqiru von Bit-SeMalli, der ein 

allgemeinen hatte bald auch das Erwachen cen- fruher mit Assyrien getroffenes Abkommen ge- 

tralistischer oder doch federalistischer Bestre- 60 brochen hatte, geschlagen und samt einem grossen 

bungen unter den Ch. zur Folge. So heisst nun Teile seiner Unterthanen deportiert (Thontafel- 

wohl der Beherrscher von Bit-Jakin geradezu inschr. A 19 — 23 = K. B. II 141). Die beiden 

,K0nig der Ch.' (z. B. Cylinderinschr. Sargons 18. rasch eroberten Liiiider wurden assyrische Pro- 

Grosse Prunkinschr. Sargons 122 = K. B. II 421 vinzen (ebd. 23 = K. B. II 141). Langeren Wider- 

681), oder die iibrigen Staaten mit Ausschluss stand leistete Ukinzer (Xlv^Qog) von Bit-Amuh- 

von Bit-Jakin erscheinen als ,Land der Ch.' zu Mni, der sich zum Konig von Babylon aufge- 

einer hoheren Einheit zusammengefasst (z. B. worfen hatte und nun seine feste Stadt Sapea 

grosse Prunkinschr. Sargons 211 = K. B. II 541). gegen die belagernden Assyrer erfolgreich ver- 

Pauly-"W T issowa III 65 



2051 Chaldaioi Chaldaioi 2052 

teidigte (Naheres s. unter Chin zeros). Als aber kurz nach seiner Thronbesteigung musste der 

endlich auch seine Feste flel, hielten es selbst erstere den Sohn Merodach-Baladans Nabu-ziru- 

die hartnackigsten chaldaeischen Widersacher As- kinisch-lischir zuriickscblagen, der den assyrischen 

syriens wie Balasu von Bit-Dakuri und Merodach- Statthalter in Or bedrangte (Prismainschr. B II 

Baladan von Bit-Iakin fur das kliigste, sieh zu 1—26 = K. B. II 142f.). Er wurde auf elami- 

unterwerfen und dem Sieger Tribut zu entrichten tisches Gebiet gedrangt , wo er den Tod fand 

(Thontafelinschr. A 3, 26ff. = K. B. II 1 If. 14f.). (Babylon. Chronik B III 39ff. = K. B. II 282f.). 

Tiglathpilesar setzte sich die altehrwiirdige Krone Sein Bruder Na'id-Marduk unterwarf sich frei- 

von Babylon aufs Haupt und hat als Trager der- willig und wurde als tributpflichtiger Vasall Assy- 
selben, wie nach seinem bald erfolgenden Tode 10 riens der Nachfolger des Toten in der Herrschaft fiber 

sein Nachfolger (Ululai-) Salmanassar IV. (Rov- Bit-Iakin (Inschr. d. Prismen A und G II 32 — 41 = 

laTog) — es scheint, ohne erheblichen Schwierig- K. B. II 128f.). Aber als Aschschurhaddon 678 oder 

keiten zu begegnen — auch iiber die Ch. die 677 mit dem Wiederaufbau von Babylon begann, 

Oberherrschaft ausgeiibt. musste sofort die Neugrfindung auch wieder gegen 

Erst im J. 721 gab der Tod Salmanassars das die Ch. verteidigt werden. Diesmal ging die Un- 

Signal zu einer machtigen chaldaeischen Reaction. ruhe von Bit-Dakuri aus, dessen Ffirst Schamasch- 

Wahrend in Assyrien Sargon den Thron bestieg, ibni geschlagen, gefangen genommen und durch 

bemachtigte sich, den Versuch Ukinzers wieder den zuverlassigeren Nabu-sallim ersetzt wurde 

aufhehmend, Merodach-Baladan von Bit-Iakin der (Inschr. der Prismen A und G II 42 — 54 , des 
Herrschaft fiber Babylon. Glficklicher als sein 20 Prismas B III 19—27 = K. B. II 128ff. 146f.). 

Vorganger, vermochte er sie voile zwolf Jahre zu Vollstandige Ruhe trat gleichwohl nicht ein. 

behaupten, und als 710 Sargon es endlich unter- Namentlich gab in der Folgezeit der Bruderkrieg 

nahm , das Reich Tiglathpilesars III. in seiner zwischen Aschschurbanipal von Assyrien und Scha- 

vollenAusdehnung nach Siiden wiederherzustellen, maschschumukin von Babj'lon (cr. 652 — 648, s. 

entzundete er einen an Dauer und Erbitterung Artikel BabylonBd. II S. 2674 und Sammuges) 

alle friiheren weit iiberragenden chaldaeisch-assy- den Ch. erwfinschte Gelegenheit, als Bundesge- 

rischen Krieg. Scheinbar unterbrochen durch nossen des Letzteren gegen die assyrischen Erb- 

wenige Jahre volliger Unterwerfung der Ch. (grosse feinde zu kampfen (Annaleninschr. Aschschurbani- 

Prunkinschr. Sargons 21f. = K. B. II 54f.), denen pals III 97f. = K. B. II 184f.). Sie setzten ihren 
noch einmal eine kurze Herrschaft Merodach-Bala- 30 Widerstand auch noch nach dem Untergange Scha- 

dans in Babj'lon folgte, wurde dieser erst 694 durch maschschumukins fort, mfissen aber jetzt noch 

den nachsten ass3'rischen Herrscher Sanherib zu einmal grfindlich geschlagen worden sein (ebd. 

Ende gefuhrt (Naheres s. unter Merodach-Bala- IV 97—103 = K. B. II 194f.). Ihr Hauptffihrer 

dan). Merodach-Baladan hatte bereits vor der in dieser Zeit, Nabu-belschume, der Enkel Mero- 

letzten Entscheidung sein Stammland aufgegeben dach-Baladans, rettete sich nach Elam, gab sich 

und jenseits des persischen Meerbusens unter ela- aber dort, als Assyrien nach einem siegreichen 

mitischem Schutze eine neue Heimat gesucht. Kriege gegen die Elamiter seine Auslieferung ver- 

Seine Getreuesten hatten ihn begleitet. Nunmehr langte, selbst den Tod (ebd. VII 16—49 = K. B. 

versuchte auch die fibrige Bevolkerung von Bit- II 210ff.). Aschschurbanipal herrschte nun 22 Jahre 
lakin seinem Beispiele zu folgen. Aber Sanherib 40 unter dem Namen Kandalanu (KivrjXddavog, vgl. 

ffihrte sie mit Gewalt aus ihrer Zufluehtsstatte Schrader Kineladan und Asurbanipal, Ztschr. 

auf elamitischem Gebiete zuriick und liess sie nach f. Keilschriftforsch. II 222ff.) unbestritten Tiber 

dem Norden deportieren. das wieder in Personalunion mit Assyrien ver- 

Die Macht des ,Seelandes' war so gebrochen, einigte Babylonien (s. Artikel Kineladanos). 

nicht diejenige der Ch. iiberhaupt. Ihr Fuhrer Seine Statthalter geboten auch fiber die Ch. (An- 

wurde jetzt ein Mann nichtfiirstlicher Abstam- naleninschr. IV 104 = K. B. Ill 194ff.). Aber es 

mung aus dem bisher wenig hervorgetretenen war das letztemal, dass diese von Assyrien be- 

Sumpfgebiete am rechten Ufer des Euphiat, Schu- zwungen schienen. 

zub, wie ihn die assyrischen, oder Muschezib- IV. Neubabylonische Zeit. Im J. 625 hat 
Marduk , wie ihn die babylonischen Inschriften 50 die ass3'rische Herrschaft iiber die siidliche Halfte 

nennen (Msotjai^oQSaxoe). Nachdem zwei Schein- der Tiefebene des Euphrat und Tigris ffir immer 

kOnige unter assyrischer und einer unter elami- ihr Ende erreicht. Das war nicht so sehr das 

tischer Oberhoheit kurze Zeit denselben einge- Werk der Ch. , als dasjenige des medischen An- 

nommen hatten, gelang es ihm 692, sich des baby- sturmes, der dem chaldaeisch-babylonischen Suden 

lonischen Thrones zu bemachtigen (Naheres s. unter Luft schaffte, indem er die assyrische Macht im 

Belibos, Nerigebalos, Mesesimordakos). Nordosten beschiiftigte, bald in ihren Grundfesten 

Aber schon nach zwei oder drei Jahren erfolgte erschfitterte und endlich stiirzte. Dass hierbei 

sein Sturz, der die vollige ZerstOrung Babylons von vornherein ein Einverstandnis zwischen den 

durch Sanherib nach sich zog (s. Artikel Baby- Ch. und Medien oder gar ein eigentliches Bund- 
Ion Bd. II S. 2673). Aber selbst die unerhorte Mass- 60 nis bestand, ist mindestens bis jetzt noch nicht 

regel der Vertilgung des ffir ganz Mesopotamien erwiesen. Zwar die gesamte jiingere griechische 

heiligen Babylon vom Erdboden war nicht von Historiographie behauptete es. So lassen die Be- 

dauernder Wirkung auf die Ch. Als 681 San- richte des Agatharchides bei Diod. II 24 — 28, 

herib durch Morderhand flel, erhoben sie sich so- Bion und Alexandres Polyhistor bei Agath. II 25, 

gleich wieder. tiber drei Jahrzehnte hindurch Nikolaos von Damaskos frg. 9 (bei Miiller aus 

hatten der neue assyrische Konig Aschschurhaddon den Exc. de insid.) und Abydenos bei Euseb. 

und sein Sohn Aschschurbanipal nun wieder bei den chron. I 37 ed. Schoene bezw. Sync, bei alien 

verschiedensten Anlassen mit ihnen zu thun. Schon Variationen des Einzelnen im wesentlichen fiber- 



2053 Chaldaioi Chaldaioi 2054 

einstimmend den Fall Assyriens durch eine Coali- Beiehsstadten Babyloniens entwickelten._ Als ini- 

tion der Ch. und der Meder herbeigefiihrt werden, merhin schatzenswerter Ersatz fiir weitere ein- 

bei der im Grunde die letzteren das Werkzeug heimische Monumentalquellen mussen hebraeische 

chaldaeischer Schlauheit gewesen waren. Aber Litteraturdenkmaler, II K5. 23. 24. II Chron. 22, 

das alles fusst auf der durchaus unzuverlassigen die historischen Nachtrage des Jeremiasbucb.es 

Darstellung des Ktesias oder der aus dieser zu- 37 — 43. 50 und die zeitgenossischen Propheten 

rechtgemodelten des Duris oder auf beiden (vgl. Habaquq, Jeremia, Ezechiel, Ps.-Jesaja und einige 

Athen. 528 e — 529 d. Marquardt Die Assyriaka Anonymi im ersten Teile des Jesajabuches, ferner 

des Ktesias, Philol. Supplbd. VI 550ff.). Der eine agyptische Inschriftstele (s. Wiedemann 

glaubwurdigere Herodotos deutet I 107 mit den 10 Ztschr. f. agypt. Sprache u. Altertumskunde XVII 

Worten (Mijdoi) rove 'Aaovgiovg imoyuQovs exoirj- 2ff. Schrader ebd. XVIII 45ff.), die Bruchstiicke 

omno 3i!.ijv rfje Bafivl(orCt]g /lioiq7js eher darauf des Berosos bei Joseph, ant. Iud. und c. Apion. 

hin , dass die Meder , weit entfernt mit den Ch. bezw. mittelbar bei Euseb. chron. I 43 — 53 und 

verbiindet zu sein, an ihnen eine Schranke Hirer Sync, sowie des Abydenos bei Euseb. chron. I 37 

von Hause aus auf Unterwerfung des gesamten — 43; pr. ev. IX 41, endlich der erwahnte ptole- 

assyrischen Beichsgebietes gerichteten Eroberungs- maeische Kanon eintreten. Die hOchste Vorsicht 

politik fanden. Das weitaus Natiirlichste 1st es ist dagegen den Nachrichten des Herodotos iiber 

in der That, dass der chaldaeische Stammesfiirst Nitokris und Labynetos (s. d.) und den hebraei- 

Nabopalassar, die assyrisch-medischen Wirren des schen , beziehungsweise aramaeischen Flugschrif- 

Nordens klug beniitzend , ohne nennenswerten 20 ten des biblischen Danielbuches gegeniiber erfor- 

Kampf mit Assyrien wieder einmal eine chaldaeische derlich. 

Herrschaft in Babylon etablierte und Medien, un- In ihrer ausseren wie in ihrer inneren Politik 

mittelbar nach dem assyrischen Kriege doch selbst traten die chaldaeischen Herrscher mit unverkenn- 

erschCpft, die neue Beichsgriindung, die sehr wenig barer Absichtlichkeit als die Nachfolger der grossen 

seinen Planen entsprechen mochte, eben als fertige Fiirsten des fernsten babylonischen Altertums auf. 

Thatsache bis auf weiteres hinnehmen musste. Der Nach aussen war es vor allem Nabopalassars Sohn 

Zug des Kyros gegen Babylon erscheint dann nur Nebukadnezar II., der bereits zu Lebzeiten seines 

als die consequente Durchfiihrung des von Medien Vaters und noch weit mehr als Konig 604 — 562 

mit dem siegreichen Kampfe gegen Assyrien be- durch gliickliche Feldziige, deren einer ihn bis in 

gonnenen, aber nicht zu Ende gefuhrten Werkes 30 das Innere Agyptens fuhrte, den chaldaeischen 

der Ersetzung der semitischen Vorherrschaft in Namen gefiirchtet machte. Nach Norden und 

Vorderasien durch eine iranische, das sog. neu- Osten war allerdings angesichts der medischen 

babylonische Beich als eine voriibergehende und Grossmacht nichts zu erreichen. Um so schwerer 

verhaltnismassig wirkungslose Episode, wesentlich hatte der Westen unter den chaldaeischen Erobe- 

nicht verschieden von den friihern voriibergehen- rungsztigen zu leiden, um so schwerer auch des- 

den Chaldaerherrschaften in Babylon, wie diese halb, weil hier die Ch. mit unerbittlicher Strenge 

als ein blosser Versuch die chaldaeischen An- auch das einst von Assyrien ihnen gegeniiber ver- 

spriiche auf das Erbe des altbabylonischen Beiches suchte Mittel der Deportation ganzer Bevolke- 

zur Geltung zu bringen, jetzt gegenfiber iranischen rungen in Anwendung brachten. Jedermann kenut 

wie friiher gegeniiber assyrischen Concurrenzan- 40 das Beispiel Judas. In der That gelang es Nebu- 

spriichen. kadnezar II. durch die Eroberung Syriens noch 

Wann und auf welche Weise Nabopalassar den einmal — zum letztenmal bis auf die Zeit des 

Handstreich unternahm, der diesen immerhin fiir Islam — einen grossen Teil Vorderasiens unter 

rund acht Jahrzehnte in gewissen Grenzen von einheitlicher semitischer Herrschaft zu vereinigen 

Erfolg begleiteten Versuch erOffnete, bleibt im und, wenn wir nur von dem Namen Labynetos 

Dunkel. Der sog. ptolemaeische Kanon bei Sync. absehen, ist es keineswegs unwahrscheinlich, was 

rechnet seine Begierung in Babylon vom J. 625 Herodot. I 74 berichtet, dass die Ch. jetzt mit 

an. Damit kann es seine Bichtigkeit haben. Kilikien imBunde (vgl. hiezu den von Jensen an- 

Ebensowohl kann aber auch eine erst etwas spater getretenen Beweis kilikischen Ursprunges der sog. 

erfolgte Thronbesteigung in legitimistischer Ten- 50 chititischen Inschriften ZDMG XLVIII 235—352. 

denz auf dieses Jahr zuriickdatiert worden sein, 429 — 485) als Schiedsrichter sogar zwischen Medien 

um das babylonische KSnigtum Nabopalassars un- und Lydien auftraten. Im Inneren wurde gleich- 

mittelbar an dasjenige Kandalanus (Aschschurba- zeitig eifrigst an der VerschOnerung der Stadte, 

nipal) anzukniipfen. Nicht einmal, aus welchem ihrer Befestigung gegen feindliche Einfalle, dem 

der alten chaldaeischen bitati die mit Nabopa- Schmuck alter Heiligtiimer und der Bestauration 

lassar auf den babylonischen Thron kommende des babylonischen Canalnetzes gearbeitet, traditio- 

Pamilie stammte, vermogen wir anzugeben, ebenso- nellen Aufgaben aller machtvollen Beherrscher 

wenig, ob griechische Sagen einen Kern historischer Babyloniens. Insbesondere scheint die umfas- 

Wahrheit enthalten, die Nabopalassar urspriing- sendste Fiirsorge fiir alle geheiligten Kultstatten 

lich als Feldherrn in assyrischen Diensten stehen 60 der Vorzeit das Ziel verfolgt zu haben , einen 

lassen. ■ mOglichsten Ausgleich des nationalen Gegensatzes 

Wie iiber die Anfange , sind wir . auch iiber zwischen Altbabyloniern und Ch. anzubahnen. 

die weitere Geschkhte des neubabylonischen Beiches Aber eben dieses Ziel scheint nicht erreicht 

noch diirftig unterrichtet. Die bisher zu Tage worden zu sein. Noch in den auf die vorsint- 

getretenen Inschriften seiner Herrscher berichten flutliche Zeit beziiglichen Besten der Xa?.dai'xd 

so gut als ausschliesslich nur von der grossarti- des Berosos spiegelt sich das Bivalisieren beider 

gen Bauthatigkeit, die sie in den durch die Wirren Elemente und die nachdriickliche Bezeichnung 

der vorhergehenden Jahrhunderte ruinierten alten Nebukadnezars II. als Xa?.Salcor y.al Bafivl&vog 



2055 Chaldaioi Chaldaioi 2056 

fiaoifovs weist deutlich darauf hin, dass die Ver- als die eigentlichen Trager der alten babyloni- 
einigung des chaldaeischen Heerkfinigtnms mit schen, jetzt chaldaeisch genannten Xultur zu be- 
dem alten KOnigtum ,von Sumer und der Akka- zeichnen begann. 

dier' wesentlich als eine ausserliche und zufallige Aber auch vollig oder doch wesentlich unver- 

betrachtet wurde (Beros. bei Jos. c. Apion. 1 19. mischt mit dem altbabylonischen BevClkerungs- 
Euseb. chron. I 44). Unaufhaltsam ging deim element erhielten sich Ch. die ganze Zeit der 
auch sofort nach dem Tode Nebukadnezars II. das persisehen Herrschaft hindurch und bis tief in 
Reich der Ch. seinem Untergange entgegen. Ver- die hellenistische Zeit hinein. Die Bewohner 
wandtenmorde und Palastrevolutionen raumten mit der bliihenden Handelsstadt Gerrha bewahrten 
der herrschenden Familie auf. Der letzte Konig 10 nach Strab. XVI 766 noch lange die Erinnerung 
Nabonid (Nafiovvi&os) stammte bereits nicht mehr an ihre Abstammung von XaUaloi (pvyddeg ex 

aus dem Geschlechte Nabopalassars, ja, da er von Bafivlwvos , und gleichzeitig wurden auch im 

Berosos bei Euseb. chron. I 49; pr. ev. 1X40, 6 eigentlichen Babylonien BafivXcbvioi xal xo x&v 

einfach als xlg ex BapvXcovog bezeicb.net wird, XaX&alcov gdvos (Strab. XVI 765) sowie eine 

kOnnte es zweifelhaft scheinen , ob er iiberhaupt vorzugsweise von Ch. bewohnte Landschaft unter- 

chaldaeischer Abkunft "war. Als 538 die Perser, schieden (Strab. XVI 739), die in den Sumpf- 

das Eroberungswerk der Meder vollendend, gegen gebieten gegen die arabische Waste hin zu suchen 

Babylon heranriickten, stiessen sie auf ein bereits ist (vgl. Strab. XVI 767 und die chaldaioi laeas 

innerlich morsches Gebaude, das ihrem Anprall bei Plin. n. h. VI 130. 134). In Babylon selbst 
auch nicht eine kurze Weile mehr Widerstand zu 20 fuhlten sich Manner wie Berosos offenbar auch 

leisten vermochte. Naheres s. unter Nabopala- ethnisch mit Stolz als Ch. Cicero (de divin. I 

saros, Nabukodrosoros, Euilmarduchos, 2) scheint etwas von einer zur natio Assyriorum 

Neriglisaros, Labassomardochos, Nabo- geherigen gens Ghaldaeorum zu wissen, die den 

nidos. priesterlichen Ch. den Namen gegeben hatte. 

V. Persische und hellenistische Zeit. Wennendlich — allerdings unter dem Banneirriger 

Der Augenblick, in dem Kyros sich des babyloni- griechischer Vorstellungen — Plin. n. h. VI 123 

schen Thrones bemaehtigte, hat den jahrhundert- Babylon, Sippar und Uruk, Strab. XVI 739 Uruk 

alten Ambitionen der Ch. auf denselben fur immer und das auch bei Steph. Byz. s. v. eine nohs 

ein Ende gemacht. Aber das chaldaeische Volks- Xaldaicov genannte Borsippa , als Hauptsitze 
turn hat gewiss diese Ambitionen noch geraume 30 chaldaeischer Wissenschaft bezeichnen, so deutet 

Zeit uberdauert. Allerdings musste die Versehmel- vielleicht auch dies auf eine dunkle Kunde 

zung von Babyloniern und Ch. unter der gleich- von langerem Fortbestehen eines selbstandigen 

massig fur beide Teile sorgenden, gelegentlich chaldaeischen Bevelkerungselementes an diesen 

auch gleichmassig auf beiden Teilen lastenden Orten hin. 

Perserherrschaft die entschiedensten Portschritte Im grossen und ganzen fehlte der hellenisti- 

machen. Besonders, nachdem seit Dareios I. das schen Litteratur allerdings die richtige ethnische- 

nationalpersische Element uberall beherrschend Vorstellung von einem Volke der Ch. , da das 

hervortrat und Babylon selbst mehr und mehr an Werk des Berosos, aus dem sie leicht zu gewinnen 

Bedeutung verlor, wurde die alte Stammeseifer- gewesen ware, vorlaufig nur in den Kreisen des 
sucht so gut als gegenstandslos. Gleichwohl 40 hellenistischen Judentums zahlreiche Leser gefun- 

dauerte der Name der Ch. fort. Als durch Ale- den zu haben scheint. Ob Aristoteles sie besass, 

xandros d. Gr. das Land am Euphrat und Tigris lasst sich aus den Worten des Arabers al-Mas- 

griechischer Kenntnis erschlossen wurde, bezeich- 'udin, Kitab al-tanblh wal-ischraf (Bibl. Geogr. 

nete er irgend etwas wie eine geschlossene Priester- Arab. ed. de Goeje VII) 78 (vgl. Baumstark 

kaste. Das ist zwar merkwfirdig, da theosophische Philologisch-historischeBeitrage, Wachsmuth iiber- 

Gelehrsamkeit und priesterliche Wurde wenig ge- reicht, Leipzig 1897, 145f.) fiber die Erwahnung 

nug zu dem Bilde der kriegerischen Nomaden von der Ch. in den jioluelcu nicht mit Sicherheit ent- 

ehedem passen will. Aber zu bestreiten wird es nehmen. Die Masse wusste jedenfalls nur von 

nicht sein angesichts des iibereinstimmenden Zeug- den priesterlichen Ch. Echt griechische ,Lust zu 
nisses so verschiedenartiger Geschichtschreiber wie 50 fabulieren' schmiickte das Bild derselben rasch auf 

Aristobulos oder Ptolemaios Lagu bei Arrian. anab. das phantastischste aus, und die den Griechen. 

Ill 16, 5. VII 16, 5. 17, 1. 22, 1, Kleitarchos bei uberall, wo es sich um Geschichte der ,Barbaren' 

Diod. XVIII 112, Agatharchides bei Diod. II 31, handelt, eigene naive Anistoresie ubertrug dieses 

Hieronymos von Kardia bezw. Duris bei Diod. Bild, das zum grossen Teile die eigene Phantasie 

XIX 5 und der Unbekannten bei Plut. Alex. 73. eben erst geschaffen hatte, mit beinahe kindischer 

App. bell. civ. II 153. Paus. I 16, 3, die alle Leichtfertigkeit indie fernsten Perioden altorien- 

diese Priesterkaste kennen und ihren Orakel- talischer Geschichte. In die Zeit des neubaby- 

spriichen eine Bedeutung in der Lebensgeschichte lonischen Reiches (so in der Belesysgeschichte bei 

eines Alexandres d. Gr., Antigonos und Seleukos Diod. II 24 — 28 und Nikol. v. Dam. frg. 9 und unter 
geben. Nach Diod. II 31 scheint es, als habe 60 hellenistischem Einfluss sowohl im hebraeisch- 

der Xame diese Bedeutung bereits in der Zeit des aramaeischen Danielbuche als — hier allerdings 

Dareios I. gehabt und jedenfalls hat bereits He- ohne Nennung des Namens — in der griechischen 

rodot. I 181—183 in sehr nilchterner und von Apokryphe von Bel und dem Drachen, Daniel [LXX] 

aller Phantasterei der Spateren freier Weise fiber 14), der assyrischen Herrschaft (so Ps.-Aristoteles 

Ch. genannte Priester des babylonischen B61-Mar- h r<p fiayixo~i [frg. 30] und Sotion iv xy xfjs dia- 

duk Bericht erstattet. MOglich, dass der Name doxfjs bei Diog. Laert. prooem. 6. Strab. XVI 

zunachst von Babyloniern una Ch. gebraucht wurde 762), ja in die sagenhafte Urzeit Mesopotamiens 

und dann nach und nacli speciell die Priester (so in der Gilgamosgeschichte bei Ael. de nat. an. 



2057 Chaldaioi Chaldaioi 2058 

XII 21) wurde es dieser Art riickprojiciert. Mit doch von Anderen mit ihm bezeichnet worden zu 

den iippigsten Liigen ging natilrlich Ktesias be- sein, wie denn auch dunkle Erinnerungen an die 

reits alien spateren voran. Aus seinen Nachrichten einstige Grosse assyrischer und babylonischer Vor- 

iiber die Ch. ist einiges bei Diod. I 28. 81 dureh zeit noch lange rege geblieben und mit einem 

Vermittlung des Hekataios von Abdera , anderes gewissen stolzen Hoehgefiihl heilig gehalten wor- 

zusammen mit kleitarche'ischen Notizen bei Diod. den sein mOgen. 

II 29 — 31 durch Vermittlung des Agatharchides Diese Verhaltnisse iiberdauerten noch die Zeit 

erhalten. Mit Belos sollten die Ch. aus Agypten des Sassanidenreiches. Ja noch unter dem abba- 

nach Mesopotamien ausgewandert sein; von ihm sidischen Chalifat konnten die mohammedanischen 
nach dem Muster der agyptischen Priesterschaft 10 Araber mit neugierigem Interesse auf die angeb- 

als iegsTs atslslg nai nda-r]s XsitovQylag duioXeXvfxevoi. lich uralte Kultur dieser Ps.-Ch. blicken. Auch 

bestallt, sollen sie, priesterliche Philosophen aller ihr superstitioses Staunen, wie einst das der Grie- 

gOttlichen und menschlichen Wissenschaft kundig, chen, reizte flndige KOpfe zu leichtem Betruge. 

ihre Wiirde und ihre Gelehrsamkeit durch Jahr- Dieser nahm jetzt vorziiglich die Form litterari- 

hunderte vom Vater auf den Sohn vererben. Wie scher Falschung an. Zahlreiche angebliche tiber- 

unglucklicherweise auf so vielen Gebieten der alt- setzungen uralter babylonischer Schriftwerke und 

orientalischen Geschichte , ist auch hier die kte- Berichte iiber chaldaeische Religion und Wissen- 

sianische Darstellung massgebend geworden und schaft in arabischer Sprache wurden auf den Markt 

geblieben. Die Ch. standen ein fur allemal mit gebracht. Namentlich war es ein gewisser Ibn 
Magiern, Brahmanen, Druiden in derselben Reihe, 20 Wahschija, angeblicher Nachkomme Sanheribs, 

als ein sich miirchenhafter Allerweltsweisheit er- der diese literarische Fabrication in grossem Stile 

freuendes Geschlecht priesterlicher Philosophen betrieb (vgl. Ibn al-Nadim, Kitab al-fihrist ed. 

und Zauberer (ysvog [idycov navxa yiyvwoxovzcov Fltigel I 311f. 245. 353. 358). Wirkliche tjber- 

Hesych.). lieferung und frecher Schwindel mfigen sich in 

Die aberglaubische Hochachtung der Griechen dieser Litteratur seltsam gemischt haben, von der 

fur chaldaeische Weisheit wussten dann bald ge- wir noch etliche Proben (z. B. das Buch iiber die 

nug orientalische Speculanten gewinnbringend zu .nabataeische' Landwirtschaft) besitzen. Ehe die 

missbrauchen. Auf griechische Leichtglaubigkeit altbabylonischen Monumente redeten, wohl ge- 

rechnend, tauchten aller Orten wirklich Ch. auf, legentlich iiberschatzt , ist sie noch heute nicht 
wie sie die Litteratur seit Ktesias vorstellte. Schon 30 in abschliessender Weise erforscht. Ubrigens war 

Eudoxos von Knidos hatte vor chaldaeischer Ho- es nicht so sehr die Heimat der alten Ch. , als 

roskoptechnik zu warnen (Luc. de divin. II 87) vielmehr der aramaeische Nordwesten Mesopota- 

und Theopompos oder Philochoros konnte gar auf miens, wo das pseudo-chaldaeische Wesen sich am 

den Gedanken kommen, Ch. in Athen bereits dem zahesten erhielt. Hier hielten die von den Ara- 

Vater des Euripides die Dichterlorbeeren seines bern hauflg ausdrucklich als Ch bezeichneten 

Neugeborenen vorhersagen zu lassen (Gell. XV 20, Sabier von Haran (dem KaQQai der Griechen), iiber 

2). Neanthes von Kyzikos kannte Ch. in Tyros, die uns neben zahlreichen anderen arabischen 

wo Pythagoras ihr Schiiler gewesen sein sollte (Por- Schriftstellern namentlich Ibn al-Nadim a. a. 0. 

phyr. v. Pythag. 1). Andere liessen den Demokritos 318 — 327 und al-Schahrastani (Religionspar- 
in Persien die Weisheit der Ch. hOren (Diog. Laert. 40 teien und Philosophenschulen II 4 — 77) leidlich 

IX 7, 2). Man sieht, Leute, die sich Ch. nannten gut unterrichten, dem Islam gegeniiber an Glaube 

oder chaldaeischer Geheimlehre riihmten , fanden und Brauch der Vater fest. Ihre Gelehrten (voran 

sich schon in aller Herren Landern. Thabit ibn Qurra 826 — 901) gewannen, neben 

VI. Parthische und nachparthische den bedenklichen ,chaldaeischen' Kiinsten auch 

Zeit. Die Zeit der parthischen Herrschaft sah griechischer — namentlich mathematischer — Lit- 

jedenfalls auch die letzten Nachkommen der Ch., teratur und Wissenschaft kundig, als Vermittler 

die noch ein eigentiimliches Volkstum bewahrt der letzteren an die mohammedanische Welt an 

hatten, sich mit den Nachkommen der Altbaby- der Seite christlicher Syrer und Perser eine ge- 

lonier zu einer unlfislichen ethnischen Einheit ver- wisse Bedeutung. Dagegen scheinen die Man- 
binden. Neue Mischungselemente kamen hinzu, 50 daeer — trotz ihres Beeinflusstseins von altbaby- 

Iranier, Syrer, auch Araber, die schon lange vor lonischen, d. h. im Jargon dieser Spatzeit chal- 

der mohammedanischen Bewegung wie einst die daeischen Religionselementen — und die Ieziden 

Ch. und die Aramaeer zunachst als Nomaden von niemals Ch. genannt worden zu sein. 

Siiden und Siidwesten her in das Land an Euphrat Je weniger der Name der Ch. im parthischen 

und Tigris einzudringen begannen. Auch die Osten schliesslich bedeutete, urn so hauflger und 

Reste altmesopotamischer Kultur wurden immer mit um so superstitiOserer Verehrung wurde er 

mehr entstellt oder mit griechischen und irani- in der griechisch-rOmischen Welt genannt. Die 

schen Gedanken und Vorstellungen durchsetzt. durch Ktesias und die hellenistische Litteratur 

Der gemeinsame Planetenkult war das einigende geschaffenen Vorstellungen wurden eifrig weiter- 
religiese Band. Theurgische und astrologische 60 gegeben und fortgebildet , wobei gelegentliche 

Wissenschaft und Praxis standen mit ihm in Kunde von der pseudo - chaldaeischen Stemver- 

engster Verbindung. Daneben entwickelte sich ehrung und Zauberweisheit Mesopotamiens nicht 

ein vorziiglicher Nahrboden fur gnostische Sy- ohne Einfluss gewesen sein wird. Die Ch. galten 

steme, wie andererseits auch wieder jiidisches, als die Ituiwqioi cpilooofpoi Babyloniens (Strab. 

christliches, manichaeisches Wesen auf dasjenige XVI 739; vgl. Ammian. Marc. XXIII 6) und als 

der neuen mesopotamischen Mischbevolkerung zu- Schiiler (Diog. Laert. proem. 6) , auch wohl als 

riickwirkte. Nach wie vor scheint diese den Na- Lehrer der Agypter (Zonar. I p. 34 ed. Bonn.), oder 

men der Ch. auf sich angewendet zu haben oder endlich wie die Agypter als Schiiler indischer 



2059 Chaldaioi Chaldaioi 2060 

Weisheit (Philostr. v. sophist. I 1). Sie sollten die Kunst der Ch. zu bekennen (Plut. Sulla 73). 
ein Alter von mehr als 100 Jahren erreichen und Caesar, Pompeius, Crassus erhielten schwindel- 
durch Genuss von Gerstenbrot sich ungewohnliche hafte Weissagungen von ihnen (Cic. de divin. II 
Scharfe der Augen und der iibrigen Sinne erwerben 99). Im hellsten Lichte hellenistisch-romischer 
(Ps.-Luc. macrob. 5; vgl. die Ghaklaei senes bei Kultur bildeten sich occultistische Hochschulen 
Claudian. VIII 147). Neben den Brahmanen waren von Ch. Bereits Epigenes und Apollonios von Myn- 
sie die ersten gewesen, die die Unsterblichkeit der dos sollten solche besucht haben (Senec. quaest. 
Seele lehrten (Paus. IV 32, 4). Vorzuglich aber nat. VII 3, 2f.) und, wahrend Tiberius sich auf 
schrieb man ihnen Pflege der mathematischen Rhodos aufhielt, eignete er sich hier bei einem 
(Porphyr. v. Pythag. 6) und Naturwissenschaften 10 Thrasyllos die scientia Chaldaeorum artis an 
(ebd. 11. 12) zu. Pythagoras (Anton. Diog. iv (Tac. ann. VI 20). Ch. wurde Synonym von ma- 
tots vxsq GovXtjv bei Porphyr. v. Pythag. 11. thematici (Suet. Vitell. 14. Gell. I 9, 6. Sext. 
Iambi, v. Pythag. 28 und oi xXetovg ebd. 6. Suid. Bmp. adv. mathem. V p. 728B.), genethliaci (Gell. 
s._iI^ayo'eas)undDemokritos(Ael.v.h.IV20;vgl. XIV 1, 1), astrologi (Iuv. sat. VI 553f. Sext. 
Diog. Laert. VIII 3. Suid. s. ArjixoxQaog) sollten Emp. a. a. O.), /xavxsig, fiavrixol und xgf^o/to'/oj 
in diesen ihre Schiller gewesen sein. Man sprach (Luc. Hermotim. 6), haruspiees, augures, harioli 
von geschlossenen Schulen und Orden, in denen (Cat. de agric. 5) und magi (Tac. aim. XII 22. 
sie ihre Weisheit tradierten (Strab. XVI 739. Claudian. XXI 61. Cod. Theod. IX 6, 4). Ver- 
Plin. n. h. VI 123). Auch den priesterlichen Cha- geblich war alles Schelten der Verniinftigeren, 
rakter, von dem die ganze Sagenbildung ausge- 20 wie des Favorinus in seinem von Gell. XIV 1 im 
gangen war, bewahrten diese marchenhaften Ch. Auszuge mitgeteilten Erguss adversus eos , qui 
So sollten sie als Lehrer mystischer Theosophie Chaldaei appellantur , oder des Sext. Emp. adv. 
(Iulian. or. V 172 d. Iambi, de myster. Ill 31), mathem. V. Tausende unverschamter Gaukler 
Meister der Kathartik (Anton. Diog. bei Porphyr. machten in den ersten Jahrhunderten n. Chr. als 
v.Pythag.l21)undPropheten(Diog.Laert.prooem. Wahrsager (Senec. quaest. nat. VII 28, 2. Tac. 
6) im Sinne griechischer Begeisterungsmantik und ann. II 27. XII 52. 68. XIV 9. Iuv. sat. VI 
Mysterienweisheit wirken. Andererseits kniipfte 553. Luc. dial. mort. 11, 1; Hermot. 6. Marc, 
man sogar den Parsismus an sie an, indem man Anton. Ill 3. Gell. Ill 10, 9), Kurpfuscher (Luc. 
Zoroastros ihren Schiiler gewesen sein liess (Am- Philops. llf.), Wetterpropheten (Colum. XI 1) und 
mian. Marc. XXIII 6). Vor allem wirkten aber 30 gefallige Batgeber jedes superstitiosen Gemiites 
Nachrichten fiber die Bliite der Astrologie und (Apul. met. II 12ff.) unter dem Namen Ch. ihre 
Astronomie unter der sich chaldaeisch nennenden guten Geschafte, so dass der Name der einstigen 
Bevolkerung Mesopotamiens auf die Phantasie der Eroberer Vorderasiens einer billigen Verachtung 
Griechen und Bonier ein. Mit gutem Becht gait anheimfiel (Iuv. sat. X 94f. Luc. Hermot. 6). In 
ihnen ja Babylonien als das klassische Land, ja hdchster Bliite stand solch wiistes Treiben standig 
als die Crheimat der Sternkunde (vgl. z. B. Varro am Kaiserhofe und in den Kreisen der rOmischen 
rer. human, lib. bei Gell. Ill 2, 5. Macrob. sat. Aristokratie (z. B. Tac. Ill 22. VI 20. XII 22. 
I 3 und Strab. XVI 739. Plin. n. h. VII 193. 52. 68. XIV 9. XVI 14. Plut. Galba 23). In 
Ps.-Luc. de astrolog. 9. Alex. Aphr. in Metaph. den Provinzen wurde es zur eigentlichen Land- 
ed. Hayduck 833). Dementsprechend sind nun 40 plage nach grossen Offentlichen Calamitaten, wenn 
auch ihre halbmythischen Ch. in aller erster Linie umherziehendeCh.gewerbsmassigdenAberglauben 
Beobachter des gestirnten Himmels, die ausge- der erschreckten Bevolkerung ausbeuteten (Phi- 
zeichnetsten Astrologen und Astronomen der Welt lostr. v. Apollon. II 41). 

(vgl. z. B. Cic. de fato 15ff. Strab. XVI 739. Trotz alledem ging die ethnische Vorstellung 

Diod. II 29. 31. Phil, de migr. Abrah. 15. Senec. in den klassischen Litteraturen nicht vOllig unter. 

quaest. nat. II 32, 6. VII 3, 2f. Colum. XI 2. Vorzuglich war es die christliche Chronographie, 

Ael. de nat. anim. I 22. Alex. Aphr. in Metaph. die an der Hand des Alten Testaments und der 

832f. Pavorin. bei Gell. XIV 1, 8—11. Diog. Berososausziige des Alexandres Polyhistor wieder 

Laert. prooem. 6. Porphyr. v. Pythag. 6. Clem. einen richtigeren Begriff von dem geschichtlichen 
Strom. I 74. Iulian. or. IV 156 b. Anthol. V 165. 50 Wesen der Ch. gewann. Aber auch, wo von den 

Schol. II. I 591. Suid. s. XaXSaToi und 'Addfi). Ch. als den Erfmdern der Astronomie erzahlt wird, 

Man berichtete von bestimmten einzelnen An- wie in der s^gj^ara-Litteratur (vgl. KremmerDe 

schauungen ihrer diesbezuglichen Doctrin (z. B. catalogis heurematum. Diss. Lips. 1890; zu dem 

Plut. de Is. et Os. 48; de anim. procr. in Tim. dort verarbeiteten Material nun noch ein syrischer 

31. Macrob. in somn. Scip. I 19) und ihren iiber Catalog in cod. Berol. Orient. Petermann 9), bei 

Jahrtausende sich erstreckenden Aufzeichnungen Porphyr. v. Pythag. 6. Iambi, de v. Pythag. 29 

astronomischer Beobachtungen (z. B. Diod. II 31. und in den MooXsyofxeva xf\g <piXooo<piag der Schule 

Plut. de nobil. 3. Iambi, de myster. 9, 5). des Ammonios (vgl. Cramer Anecd. Paris. IV 

Der Unfug sich chaldaeisch nennender Wander- 389 — 433. Wellmann Galeni, qui fertur, de 
propheten schoss daneben immer tippiger in die 60 partibus philosophiae libellus. Progr. Berlin 1882 

Halme. Schon der alte Cato musste auch in Rom [nach Olympiodoros] und Severus bar Schakku 

vor demselben warnen (de agric. 5). Bereits 139 v. bei Rusk a Das Quadrivium aus S.s Buch der 

Chr. musste der Senat erstmals das Gelichter Dialoge, Diss. 1896, 13f. 44ff. samt einem Ano- 

solcher Ch. aus der Stadt verweisen (Valer. Max. nymus in cod. Vat. syr. 158 [nach Philoponos]) 

I 3, 3). Gleichwohl fand man wenig spater so- in dem iiber die Erfindung der vier mathema- 

gar bei der Leiche eines rOmischen Consuls ein tischenDisciplinenhandelnden Abschnitte scheinen 

XaXda'Cxov didygctfifta (Plut. Mar. 42). Sulla trug die Ch. als Volk, nicht als Priesterkaste gedacht 

kein Bedenken, sich Offentlich zum Glauben an zu sein. Denn einmal stehen neben ihnen die 



2061 Chaldaioi Chaldia 2062 

Agypter, Thraker und Phoinikier. Zweitens er- sonders seit der Zeit Salmanassars III. als Feinde 

scheinen in diesem Zusammenhange statt ihrer Assyriens aus den assyrischen Inschriften bekann- 

Babylonier und Assyrer (z. B. Aristot. Metaph. A ten Urartu (der 'AXaQodwi Herodots, vgl. Artikel 

I 11 p. 981; de cael. /J XII p. 292. Cic. de di- Armenia). Aus den in der Umgebung des Van- 

vin. I 2. 93. und in den syrischen Memorialversen Sees gefundenen Keilinschriften dieser (die erste 

bei Payne-Smith Thesaur. lingu. Syr. 382, Sammlung bei S a y c e The cuneiform inscriptions 

bezw. Euska a. a. 0. 44). Unverstanden blieb nur of Van, Journal of the Royal Asiatic society 

die ethnische Verschiedenheit der Ch. von den XIV 653ff. , weiteres Material bei B e 1 c k und. 

alteren Babyloniern. Die Ch, sind diesen jiingsten Lehmann) ergiebt sich namlich, dass sie als 
Schichten griechischer Litteratur schlechthin die 10 Hauptgott den Chaldis verehrten und sich selbst 

alten Bewohner des siidlichen Mesopotamiens. Von in ihrer Muttersprache als Chaldi-ni d. h. ,die 

hier ging diese Anschauung zu den auf den griechi- (Diener oder Verehrer) des (Gottes) Chaldis' be- 

schen beruhenden syrischen Chronisten iiber, und zeichneten , wahrend das von ihnen beherrschte 

die Chaldaeer- d. h. Babyloniergeschichte dieser Land in dieser Biaina hiess. In Griechenland ist 

wurde weiterhin fur die arabische Historiographie Sophokles der erste, fur den durch frg. 564 Ddf. 

massgebend, die dann allerdings wieder neue Irr- (Tv^aviotatg) bei Steph. Byz. s. v. Bekanntschaft 

tiimer beging, indem sie die Ch. mit Assyriern, mit diesen nordlichen Ch. gesichert ist. Xeno- 

Syrern und Nabataeem identiflcierte. Vgl. bei- phon, demauf demRiickzuge der Zehntausend beim 

spielsweise Ibn Chaldun ed. Bulaq II 68ff. al- Austritt aus dem Lande der Karduchoi ein Contin- 
Mas'udi, Kitab al-tanbih wal-ischraf 78f. 94. 184. 20 gent derselben als Soldtruppe im Dienste des per- 

Hadji Chalifa ed. Bulaq I 23 (nach dem Qadi sischen Satrapen von Armenien, Orontas, entgegen- 

Sa'id). Seit dem 16. Jhdt. nennen sich Ch. die trat, beschreibt sie als kraft- und mutstrotzende 

mit dem rOmischen Stuhl in Verbindung getre- Gestalten, bewaffnet mit Wurfspeeren und langen 

tenen Nestorianer Mesopotamiens, deren Patriarch persischen Schilden (anab. IV 3, 4) und berichtet, 

in Mosul residiert. sie seien, wie man ihm erzahlt habe, vom Gross- 

VII. Litteratur. Vgl. die Litteraturangaben kSnig unabhangig (iXevftsQoi anab. a. a. 0.; ov% 

am Pusse der Artikel Assyria und Babylonia. vnrjHooi V 5, 7). Im Kyrosromane liess er spater 

Ausser dem dort Verzeicimeten sind zu nennen die kriegerische Gebirgsbevolkerung , die einen 

Delattre Les Chalde'ens jusqu'a la fondation starken Eindruck bei ihm hinterlassen zu haben 
de l'empire de Nabuchodonosor , Louvain 1889 30 scheint, von Kyros als Bundesgenossen gegen das 

(urspriinglich ein Aufsatz der Revue des questions Assyrerreich des Romans, d. h. das neubaby- 

scientifiques 1877) und Winckler Die Stellung lonische Reich der Geschichte gewonnen werden 

der Chaldaeer in der Geschichte in Untersu- (Cyrop. Ill 2), und denkbar ware es in der That, 

chungen zur altorientalischen Geschichte , Leip- dass die Urartu bei den Ereignissen um 538 nicht 

zig 1889, 47 — 64. Noch einiges iiber die Chal- teilnahmlos geblieben seien. Strabon glaubte, 

daeer in Ztschr. f. Assyriologie IV 345 — 360, die Ch. in Pontos mit den von ihm nicht mehr 

beziiglich der ps.-chaldaeischen Litteratur Gut- aufgefundenen Chalybes der poetischen und alteren 

schmids Aufsatze Die nabataeische Landwirt- prosaischen Litteratur gleichsetzen zu diirfen (XII 

schaft und ihre Geschwister (ZDMG 1860) und 549), und schon lange vor ihm hatte nach Steph. 
War Ibn Wahshijjah ein nabataeischer Herodot ? 40 Byz. s. v. Hekataios sie mit den Ktjyrjreg (Qi- 

(Berichte d. kgl. sachs. Ges. d. Wissensch. 1867), pani assyrischer Inschriften ?) gleichgesetzt. Im 

jetzt in seinen kleinen Schriften III 568 — 753, iibrigen dachten die Griechen, wenn sie XaXHaTot 

beziiglich der Harranier Chwol soli n Die Ssabier statt XdlSoi sprachen und schrieben, gewiss an 

und der Ssabismus. 2 Bde. Petersburg 1856. Die einen Zweig des babylonischen Ch.-Volkes. Ob 

mannigfachen Ch.-Hypothesen friiherer Darstel- bei dieser irrigen Vorstellung etwa eine dunkle 

lungen der alten Geschichte sind durch die Er- Kunde von der Deportation babylonischer Bevol- 

gebnisse der assyriologischen Porschung endgiiltig kerungselemente nach dem Norden und eine Ver- 

abgethan. weehselung der von den Assyriern in Kommagene 

2) Chaldaioi (oder nach Eustath. ad Dion. angesiedelten XaX&aioi (Kasdu) mit den weiter 
Perieg. 767 korrekter XdXSoi [Chaldi-ni? s. u.], 50 nOrdlich heimischen XdXSoi (Chaldi-ni) mitspielt 

ebenso bei Steph. Byz. s. v. XaXdia), die Bewohner (vgl. oben S. 2051 und Chin zeros), muss dahin- 

der Landschaft Chaldia (s. d.), nach Steph. Byz. gestellt bleiben. [Baumstark.] 

s. XaXSaToi, ein s'Svos JiXtjai'ov xfjg KoXxidog , ge- Chaldaios. Nach Dikaiarch (frg. 8 M.) bei 

nauer als in Pontos (Strab. XII 548f. 555. Plut. Steph. Byz. s. XalSaToi (aus letzterem schopfte 

Lucull. 14) und Armenien (Xen. anab. IV 3, 4. wieder Eustathius zu Dionys. Perieg. 767) hiess 

V 5, 17. VII 8, 25 ; Cyrop. Ill 1, 34. 2 passim. so der vierzehnte assyrische KOnig von Ninos ab, 

Steph. Byz. und der Armenier Mos. Chor. 87. 198. der Babylon begriindete und von dem die Chal- 

285. 357) heimisch bezeichnet. Nach den Unter- daeer ihren Namen erhielten. Niebuhr Ge- 
suchungen von W. Belck und C. F. Lehmann • schichte Assurs und Babels seit Phul (Berlin 
(besonders Ztschr. f. Ethnologie 1892, 144ff. ; Ver- 60 1857) 333, 1 halt diese Nachricht fiir eine An- 

handl. d. Berliner Anthropol. Gesellschaft 1892, wendung der Erzahlung des Hellanikos (frg. 159. 

487ff. 1893, 63ff. 220ff. 1895, 578ff.; Ztschr. f. 160 M.) auf das Schema des Ktesias. 

Assyriologie VII 255ff. IX 82ff. 339ff. XI 201) [Swoboda.] 

hatten wir in dem noch haufig von spateren ar- Chaldeue (XaXdrjnj) , von Zeus Mutter des 

menischen Schriftstellern als zwischen Trapezunt Solymos, des mythischen Stammvaters der Solymer, 

und Batum ansassig erwahnten Volksstamme die Steph. Byz. s. Ilioidia. Antimachos bei Schol. Od. 

Reste der wichtigsten vorindogermanischen Be- V 283 nennt sie KaXxqdovia. [Hoefer.] 

vOlkerung Armeniens zu sehen, namlich der be- Chaldia (XaXdia), eine Landschaft Armeniens, 



2063 Chaldine Chalis 2064 

Steph. Byz. Marc. epit. periph. Eustath. ad Dion. Chalia (XaXia), Stadt in Boiotien, unweit des 

perieg. 776. Der Name begegnet noch zur Zeit Euripos, wo sich der Name noch jetzt in den 

des Constantinos Porphyrogennetos fur die aehte Dorfern TIdvco- und Kdxw-XdXm erhalten hat, 

Militarprovinz des byzantinischen Keiches (de the- Theop. frg. 237. Steph. Byz. Bursian Geogr. 

mat. 112; de administr. imper. 43. 45f. u. s. w.) I 215, 3. Admiralitatskarte nr. 1554. 

und bis zum J. 1855 fur ein griechisches Bistum [Oberhummer.] 

(die Belege s. bei Belck Ztschr. f. Assyriologie Chalinitis (XaXivXxtg), von %oliv6g = Zaum, 

IX 89f. 358ff.). Nach den byzantinischen, arme- Epiklesis der Athena in Korinth, Paus. II 4, 1. 5, 

nischen und turkischen Nachrichten iiber dieses identisch mit der von Pind. 01. XIII 82 genannten 

spatere Ch. haben wir das alte Gebiet etwa mit 10 korinthischen Athena Hippia. Man erklarte die 

dem heutigen Lazistan gleichzusetzen. Epiklesis in Korinth damit, dass die Gottin den 

[Baumstark.] Bellerophon die Zahmung des Pegasos lehrte; 

Chaldine (XaXdivtj), oro/ia TioXews Steph. Byz. doch ist die Bedeutung eine allgemeine; neben 

Nach Lehmann Ztschr. f. Assyriologie IX 84 Poseidon wird Athena oft als da/xdamnog gefeiert 

Anm. ware Ch. das Chaldi-na d. h. , Stadt des und verehrt (Preller Griech. Mythol.* I 217. 

(Gottes) Chaldis' der keilschriftlichen Denkmaler 591. Bruchmann Epitheta deor. 12), da sie die 

von Van, eine Stadt der armenischen Chaldoi- Gottin des Krieges und jeder ritterlichen tlbung 

Chaldaioi (s. d. Nr. 2) und mit deren Hauptorte ist. Boscher Nektar u. Ambrosia 97 sucht Ch. 

Tuspa-na (Omoma Ptolem. V 13. 19, 8 u. 12) als Bandigerin des Wolken- und Donnerrosses zu 

identisch. [Bauinstark.] 20 deuten. [Jessen.] 

Chaldis (XdXdig), nach Etym. M. s. "Aoxgiag XaXivog bezeichnet entweder das Zaumzeug 

Hypokoristikon zu Chaldaios, wahrscheinlich viel- des Pferdes im ganzen oder im besondern dessen 

mehr Nebenform zu Chaldos und eine verschol- zum Lenken des Pferdes notwendigsten Teile: 

lene Bezeichnung der armenischen Chaldoi-Chal- Ziigel und Gebiss. Das gewohnliche Zaumzeug, 

daioi , wo nicht gar der in irgend einer griechi- wie es die Beiterstatuen des kampfenden Alexan- 

schen Quelle genannte Name ihres Hauptgottes. der aus Herculanum, des Marc Aurel auf dem 

Vgl. Artikel Chaldaioi Nr. 2 und Lehmann Capitol, der beiden Holconii aus Pompeii deut- 

Ztschr. f. Assyriologie IX 87f. Anm. lich darstellen, zerfiel in das Kopfstilck (xo(n><paTa) 

[Baumstark.] und das Mundstiick [axofiiov). Ersteres bestand 

Chaldoi (XdXdot), armenischer Volksstamm, 30 aus dem Nackenriemen , der iiber die Ohren des 

gewohnlich Chaldaioi genannt. Steph. Byz. Eu- Pferdes gezogen das Herabgleiten des Zaumzeuges 

stath. ad Dion, perieg. 767. Vgl. Chaldaioi verhinderte, dem Stirnband (afiitvg'), den Wangen- 

Nr. 2. [Baumstark.] riemen (yeveidg, ysvsiaaxrjQ) und den Kehlriemen ; 

Chaldone, Cap an der nordostlichen Kiiste das Mundstiick setzte sich zusammen aus dem 

Arabiens (Plin. VI 147), nach Sprenger (Alte Nasenriemen (xpdXtov), den Kinnriemen (vnoxah- 

Geogr. 149) gleich Bas el-Ardh 29° 20' Br. vidia), der aber nicht unbedingt notwendig war, 

[D. H. Midler.] den Pferden der Holconier fehlt er, dem Ziigel 

Chale, Ort Agyptens beim Geogr. Bav. Ill 2, (fjvla) und dem Gebiss (vxooxofuov). Die Tren- 

vgl. das ebd. weiterhin genannte Challis. senzugel (andere Ziigel haben weder Griechen 

[Sethe.] 40 noch Bomer gekannt), ein einfacher oder doppelter 

Chalep {Xalex Locor. nom. immutata 24. 80 Riemen, welchen der Beiter mit einer, der linken 

ed. Parthey p. 312. 315), s. Beroia Nr. 5. Hand, fasste, waren an den Enden des Gebisses 

[Benzinger.] in Bingen eingeschnallt; das Gebiss bestand aus 

Chalepos (XaXsxog Navjidxriog). Sxgaxtjydg einzelnen beweglichen metallenen Walzen, die ent- 

AhcoXcov im Jahr des delphischen Archon Hybrias, weder glatt oder mit Stacheln versehen auf einem 

Wescher-Eoucart Inscr. de Delphes 407. Bull. durchgehenden, in Gelenken beweglichen Metall- 

hell. V 410 nr. 16, kurz vor dem J. 198 v. Chr., stab gezogen waren. Die Wendungen der Pferde, 

Pomtow Jahrb. f. Philol. 1889, 514. In gleicher welche bei einfacher Trense aus einer Hand 

Eigenschaft erscheint Ch. in einer Inschrift von schwierig sind, wurden durch Xixoi erleichtert: 

Naupaktos, IGS III 357. Derselbe Ch. wird im 50 Binge, in den Enden der Trense angebracht und 

J. 191 als Gesandter zu M'. Acilius Glabrio ge- in deren Achse drehbar, mit vier scharfen Stacheln 

schickt nach Polyb. XX 9, 2; denn an letztge- auf der Innenseite; beim Anziehen des Ziigels 

nannter Stelle wird mit Bergk das hsl. KdXrjaog driickten die Stacheln der einen Seite gegen die 

in XaXesiog zu andern sein. Als Gesandter der Lefzen und steigerten so die Wirkung der Ziigel. 

Aitoler wird XaXsjiog auch im J. 189 genannt, Nach Xenophons Vorschrift sollte das ledige Pferd 

Polyb. XXII 8, 11, vgl. Schweighauser zu nie am Ziigel gefiihrt werden , dazu sollte das 

dieser Stelle (avv Si xovxoig %aXeji6v. eaxi <5' aXi- Leitseil (dycoysvg, qvxtjq, Qvxaywyog) dienen , das 

nov cod. Ursini = XaXsnov, saxi VAXvnov, Din- am Nasen- oder Kinnriemen befestigt war. Xeno- 

dorfs Index zu Polybios und Gillischewski phon nsgl iTtmxfjg iibersetzt von Jakobs 1825. 

De Aetolorum praetoribus intra a. 221—168. Dis- 60 Ginzrot Die Wagen und Fuhrwerke des Alter- 

sert. Erlangen 1896, 31ff. [Kirchner.] turns, 1817, II Taf. XXV. Schlieben Die Pferde 

Chalestra s. Chalastra. des Altertums, 1867, 140ff. Korte Arch. Ztg. 

Chali (XdXoi), Volk auf der kimbrischen Halb- 1880, 179, 1, wo weitere Einzelheiten besprochen 

insel, nur von Ptol. II 11, 7 erwahnt. Zeuss sind. [Droysen.] 

Die Deutschen 151. 152. Much Deutsche Stamm- Chalis (XdXig), Personification des ungemisch- 

sitze 203. G. Holz Beitr. zur deutschen Alter- ten Weines (zdXtg von yaXdw), wie Akratos, da- 

tumskunde 29f. Vgl. den Fluss Chalusus. her auch Bezeichnung fur Dionysos, Eustath. Horn. 

[nrm.] 1471, 2. [Jessen.] 



2065 Chalisia Chalke 2066 

Chalisia (XaXtola), Stadt Libyens, Ephor. bei sind etwas ganz anderes) ; moglicherweise liegt 

Steph. Byz. * [Sethe.] an der Stelle ein Irrtum Plutarchs vor. 

Chalites sinus, ein gegen Westen geoffnetei [Droysen.] 

Golf hinter dem Cantiehus sinus (s. d.), zugleich Chalke (XdXxrj, s. Herodian. bei Steph. Byz.). 

der Beginn der indischen Inselwelt; Amm. Marc. 1) XdXxtj und XdXxai, Stadt im Gebiet von 

XXIII 6, 12. Wortlich genommen stimmt die Larissa in Thessalien, Theop. frg. 36. 50. Steph. 

Lage zum Golf von Cambay oder von Barygaza Byz. [Oberhummer.] 

(s. d.), obwohl dann der Name vollig unerklart 2) Chalke, Chalkeia, Chalkia' (Xd).xij Thuk. 

dasteht; wird fur Cantiehus gelesen Oangeticus, VIII 41- 44. 55. Inschr. Plin. n. h. V 133; 
so kann an den ,grossen Golf' an der hinterindi- 10 XdXxeia Skyl. peripl. 99. Strab. X 488. XIV 

schen XaXxiiig %a>Qa gedacht werden. 655. Mela II 111. Steph. Byz.; XaXxla Theophr. 

[Tomaschek.] hist, plant. VIII 2, 9. Plin. n. h. IV 71. XVII 

Chalkai, Stadt in Thessalien, s. Chalke Nr. 1. 31), jetzt XdXxr) und XaQxtj (der Eimvohner heisst 

Ch&lk&ia, (ret XaXxaTa, XaXxsTa coniec. Frick, auf rhodischen Inschriften XaXxtfrr/g. auf atti- 

Ghalcea Miiller), Dionys. Byz. per Bosp. navig. schen Tributlisten [CIA I 229 — 264] XaXxsidrijg, 

76 Wescher: locus vicinus mari fluctuoso qui- XaXxedvrjg), kleine Insel, 10 km. westlich von 

dem sed tamen piscoso. nominatus est ab aere dem Vorgebirge MovoXi&og der Westkiiste der 

(aeris?J metallo. Vgl. oben S. 751 unter nr. 76. Insel Rhodos gelegen, nach Strab. X 488 80 Sta- 

[Biirchner.] dien von Telos, 400 von Karpathos, von Astypalaia 

XaXxav&os, Zauberpflanze, Ps.-Orph. Argon. 20 mehr als das Doppelte entfernt. Ch. ist bergig 
963. Murr (Pflanzenwelt in d. griech. Myth. und steinig, die hSchste Bergspitze des hohen, 
207) halt es fur ,wahrscheinlich identisch mit von Osten nach Westen streichenden Kammes er- 
xaXxdi'ds/nov' (Nicand. Alexiph. 529). Billerbeck hebt sich 600 m. tiber dem Meeresspiegel. Das 
(Flora class. 219) und Fraas (Synopsis plant. Gebirg besteht aus lauter harten Kalklelsen. Nach 
n. class. 213) identificieren es mit xgvadr&efiov Theophrastos (daraus Plin. n. h. XVII 31) gab 
und deuten es als die Kranz-Wucherblume (Chry- es auf dem Inselchen einen ausserordentlich frucht- 
santhemum coronarium L.) , die sich besonders baren Landstrich an der Nordkiiste. Heutzutage 
haufig in Attika auf Schutt bei menschlichen sind die wenigen Erzeugnisse an Weizen, Gerste, 
Wohnungen findet. Fraas zieht auch die %dXxr) Feigen vortrefflich. Zur Zeit, da L. Boss die 
(Schol. Nic. Ther. 257. Athen. XV 684 C: £*<3d«s 30 Insel besuchte (1844), hatten die Eimvohner 
Aiog&rdog ^aAzaj)unddie«a^»;(Athen.XV682A: 6000 — 8000 Stuck Kleinvieh, die sie auch auf 
avdi) rjSiora xal ev^QovoTara 8f.ioia ratg xaXovfis- den unbewohnten Nachbareilanden weiden liessen . 
raig xdlxaie) hieher. Lenz (Botanik d. Gr. u. Erdbeben haben wohl die Quellen verschiittet, 
Bo. 476) dagegen identiflciert nach Dioscorides von denen z. B. in der Inschrift IGIns. I 961 die 
(IV 57) iQvodv&sijiov mit eXixQvoov und ubersetzt Bede ist. Der Hafen befindet sich an der Slid- 
es mit ,Gold-Immortelle' (vgl. Plin. n. h. XXI ostkiiste, ist Bhodos zugewendet, und ihm lagert 
65. 168). P a p e meint caltha aus idX.xrj = %ak- ein kleines Eiland vor. Bei Westwinden ist aber 
xav&og ableiten und als Garten-Ringelblume (Ca- der Zugang zu ihm schwierig. Die alte Ort- 
lendula officinalis L.) deuten zu diirfen. Witt- schaft (xaxoixia) gleichen Namens mit der Insel 
stein (Etym.-bot. Lex. 1856) und Leunis (Sy- 40 (jetzt XdXxtj oder 'EfucoQsior) lag 2 km. westlich 
nopsis II 474) halten caltha fur Abkiirzung aus am Nordabhang des Akropolishiigels , der noch 
xdX.aftos ,K0rbchen' in Bezug auf die Form der betrachtliche Mauerreste zeigt. Ein Apollonhei- 
Bltitenkrone. Vgl. Verg. B. II 50 luteola caltha. ligtum erwahnt Strab. X 488. Politisch ohn- 
Colum. X 97: flaventia lumina calthae (Bess machtig, war es jedenfalls stets Bhodos ange- 
1795 : ,Die glanzend gelbe Bingelblume oder viel- gliedert, nach der Gnindung der Stadt Rhodos 
mehr gelbe Viole ; andere nennen sie Schmalz- war Ch. eine xxolva (oder mehrere xxotvai ?) von 
oder Dotterblume'). X307 flammeola caltha. Plin. Kamiros, abermiteinerArtSonderstellung(Hiller 
n. h. XXI 28. S. auch Atramentum Nr. 2. v. Gaertringen IGIns. p. 158). Ein smotdxag 
[Max C. P. Schmidt.] wird von Lindos geschickt (IGIns. 844). Im J. 412 

Chalkaor (XaXxdog), Amazonenfuhrerin , vor 50 des peloponnesischen Kriegs hatten die Athener 

Troia von Achilleus getodtet, Tzetz. Posthom. 181. die Insel in Besitz und beunruhigten die pelo- 

[Wissowa.] ponnesischen Schiffe, die vor Rhodos lagen. Die 

XaltcdomSeg ist die Bezeichnung fiir Ab- zahlreichen Graber beschreibt L. Ross Reisen 
teilungen der makedonischen und syrischen Pha- a. d. griech. Ins. Ill 116ff. Inschriften: L. Ross 
lanx, deren Lederschilde ganz oder teilweise mit Inscr. gr. ineditae III. Hiller v. Gaertringen 
Metall beschlagen waren (Polyb. II 66. IV 67. a. a. O. Karte 1667 der Britischen Admiralitat. 
Liv. XLIV 41. Polyb. XXXI 3). Auch das Auf- Woher der Name XdXxtj fiir die Insel stammt, 
gebot der Megalopoliten, denen KSnig Antigonos ist nicht ersichtlich. Sollte er aus griechischem 
zum kleomenischen Kriege die makedomsche Be- Sprachgut herriihren, so waren die TeXyJveg auf 
wafTnung gegeben hatte, wird als %. bezeichnet 60 Rhodos, das den dichterischen Beinamen TsX/jvlg 
(Polyb. II 65. V 91). Die alteste Erwahnung der hatte, heranzuziehen. [Burehner.] 
jr. ist aus der Schlacht bei Sellasia 221; mOg- 3) Stadt Libyens, Steph. Byz. [Sethe.] 
licherweise geht die Sache wie der Name auf 4) 'H Xalxrj, die Eherne, hiess die von Con- 
Alexander d. Gr. zuruck. Aevxdomdeg , als Ab- stantinus d. Gr. erbaute Vorhalle des grossen Kai- 
teilungen der hellenistischen Phalanx, wie sie serpalastes in Constantinopel , deren bei byzan- 
Plutarch (Kleom. 23) im Heere des Antigonos tinischen Schriftstellern sehr haufig Erwahnung 
erwahnt, lassen sich sonst nicht nachweisen geschieht. Den Namen hatte sie von dem mit 
(die K&Qsg Xsvxdamdeg bei Xenoph. Ill 2, 15 vergoldeten Erzziegeln belegten Dache oder von 



2067 Chalkedane Chalkideus 2068 

einer ehernen Thiire. Im J. 532 durch den grossen naeen der Ergane gefeiert worden; das ganze Pest 

Brand zerstcirt, ward sie von Iustinian I. wieder- sei urspriinglich ein agrarisches gewesen (a. a. 0. 

hergestellt und diente spater als Gefangnis und 7f. ; vgl. auch 34). Diese Aufstellungen lassen sich 

Gerichtshof. Eomanos I. (921 — 948) baute auch nicht mehr halten, nachdem durch ein Inschriftfrag- 

eine Christuskirche hinein, auf welche der Name ment (CIA IV 1, 35 b) nachgewiesen ist, dass die 

der Ehernen (Enea bei Bondelmonte) ebenfalls Hephaistien kein uraltes, sondern ein erst im 5. Jhdt. 

iiberging. Quellen bei Ducange Const. Christ. gestiftetes Fest waren, dazu ihr penteterischer 

II 4, 2. Banduri Imp. or. (s. Ind.). J. P. Charakter im 4. Jhdt. durch Arist. 'Aft. uoX. 54, 7 

Richter Quellen z. byz. Kunstgesch. 260 — 272 (vgl. dagegen Poll. VIII 107) sichergestellt worden 
u. S. Reber Abhandl. Akad. Miinchen, Hist. 10 ist (so auch R. Sch6ll S.-Ber. Akad. Miinchen 

Kl. XIX 735ff. [Oberhummer.] 1887, If. Robert in Prellers Mythologie I 

Chalkedane. XaXxtjddnj • zavzrjg Isgov iv 868). Auch lasst sich der angebliche agrarische 

SjiaQtri, Hesych. Steuding (Roschers Myth. Lex. Charakter der Ch. durch nichts nachweisen : sowohl 

I 869) vermutet Xa).xodavrj, M. Schmidt XaXxl- der Name, wie das Beginnen des Peplos (also einer 
rao; 'Aftava. [Wagner.] Handwerkerarbeit) und endlich die gerade bei den 

Chalkedon. 1) S. Kalchedon. Handwerkern fortwahrende Heiligung des Festes be- 

2) Sohn des Kronos, nach welchem zuerst der weisen wohl sicher dessen Bedeutung als einer den 

Fluss, dann die Stadt Ch. den Namen erhalten hat, GMtern der Handwerker gewidmeten Feier. Vgl. 

Arrian. bei Eustath. z. Dion. Per. 803. Nach an- noch Hermann Griech. Antiq. II §. 56. Preller- 
deren (veranlasst durch die Namenform Kalche- 20 Robert a. a. 0. 1801'. Saglio Diet, des ant. I 

don) Sohn des Kalchas, Hesych. Mil. frg. 4, 21, 1098 (nach A. Mommsen). [v. Schoeffer.] 

FHG IV 150. [Hoefer.] XaXttij fivta, Kinderspiel, eine Art Blinde- 

Chalkeia. 1) Stadt in Aitolien s. Chalkis kuh. Einem werden die Augen verbunden, die 

Nr. 6. anderen umschwarmen ihn, indem sie ihn mit 

2) XdXxeia, in Karien nach Krateros bei Steph. Peitschen schlagen, er sucht einen zu greifen, der 
Byz. (Ethnikon XaXxsdztjg) , bezieht sich wohl auf dann an seine Stelle tritt. Dabei ruft er: /al- 
die Insel Chalke, deren Bewohner in den Tribut- xrjv fivlav $r]gdoa>, die anderen antworten : {hjgd- 
listen des Kagixog yogog aufgefiihrt waren. S. aeig dXX' ov Xr\\pug. Der Name, weil der Blinde 
Chalke Nr. 2. Vgl. A. Boeckh Staatsh. d. Ath.3 von den anderen wie von Fliegen belastigt wird. 

II 333. Me in eke zu Steph. Byz. epimetr. 1 30 Poll. IX 123. Eustath. 11.1243,29. Herodes bei 
p. 715. [Burchner.] Stob. LXXVIII 6. Grasberger Erzieh. und 

3) XaXxeXa (ra), Stadt Libyens, Alex. Polyh. Unterr. I 40. Becq de Fouquieres Jeus des 
bei Steph. Byz. (FHG in 238f.), nach Polybios anciensS 88. Daremberg-Saglio I 1098. 
(ebd.) vielmehr Erzbergwerke (xaXxovgysia). Hermann-Bltimner Privataltert. 299, 3. 

[Sethe.] [Mau.} 

4) XaXxeXa, Fest in Athen, dem Hephaistos Chalketores (XaXxrjxogeg) werden bei Strab. 
und der Athene Ergane am letzten Tage des XIV 636. 658 die Einwohner einer karischen 
Pyanopsion gefeiert (Harp. Suid. Etym. M. Eu- Stadt am Berg Grios, nicht weit von Miletos, ge- 
stath. ad II. II • 556. Poll. VII 105). Dasselbe nannt. Das Stadtchen Mess XaX.xrjtoQiov und 
wurde in friiheren Zeiten als dtjfioTsXrjs hoch in 40 nach Boeckhs Verbesserung ist an der Stelle 
Ehren gehalten , kam aber schon im 4. Jhdt. des Steph. Byz. XaXxrjzoQtov jidXis Ka@ias (anstatt 
v. Chr. teilweise in Verfall und wurde nur noch Kg^rtjg) zu lesen. So erklart sich leicht der Zu- 
von den Handwerkern gefeiert (dagegen scheint der satz Kgaregos d'iv xq> nsgl yjrj<ptofidTo>v XaXxr\- 
Beschluss CIA IV 2, 441 e zu zeugen, wo freilich togas amove (p-qoi (nicht XalxrjTogus). Vgl. A. 
der Name der Ch. auf Erganzung beruht), so dass Boeckh Staatsh. d. Ath.3 Jj 333. 494. Meineke 
Phanodemos (frg. 22 bei Harp.) selbst seine Bezie- zu Steph. Byz. epimetr. I p. 715. CIA I 229 — 
hung auf Athene Ergane leugnen konnte. Dieselbe 239. Tiber die Lage Pa ton und My res Class, 
ist wohl ausser Zweifel gesetzt durch den Umstand, Review 1895, 188. [Biirchner.] 
dass an diesem Tage die Ergastinen ihre Arbeit Clialketorion (XaXxf/roQiov), Stadt auf Kreta, 
am Peplos der Gottin begannen (Etym. M. s. 50 Apollod. chron. Krater. in Steph. Byz. (FHG I 
aggr)cpogsXv und %aXxua. Hesych. s. sgyaoxTvai), 438, 65. II 622, 16). Vgl. Chalketores. 
was nicht zufallig sein kann. Dagegen ist wohl [Oberhummer.] 
die vereinzelte Nachricht des Suidas, dass die Chalkia, Berg in Aitolien, s. Chalkis Nr. 5. 
Ch. auch 'A$r\vaia hiessen, wohl kaum gegeniiber Chalkidai(XaA«t'6at),Adelsgeschlecht in Athen 
der Behauptung des Phanodemos haltbar: letzterer (Hesych.). Nach der wahrscheinlichen Ansicht 
hatte in diesem Falle nicht die Beziehung auf von Toepffer (Att. Geneal. 312, vgl. 163f.) 
Athena haben leugnen kOnnen, denn die Athenaeen verehrten sie den Heros eponymos von Chalkis 
wurden noch im 2. Jhdt. v. Chr. begangen, wie Chalkon, Vater des Abas (s. d. Nr. 3 und Aban- 
eine Inschrift, wahrscheinlich aus clem Archontat tes) und Grossvater des Chalkodon (urspriing- 
des Kallistratos, lehrt (CIA II 954), in der zehn60lich wohl identisch mit Chalkon, was nur ein 
Athener und mehrere Metoeken als hgonoioi, fur Kurzname ist), der nach einer Version (Schol. II. 
dieses Fest genannt sind. In kiihner Combination II 536) Sohn des Kekropiden Metion war, als 
hat A. Mommsen (Heortologie 311ff.) die Ch. mit ihren Ahnherm und waren wohl aus Euboia nach 
den Hephaistien identiflciert und weiter ange- Attika eingewandert. [v. Schoeffer.] 
nommen, dass die fur letztere bezeugte Xafindg Chalkideus (XaAxK5«i5s), Lakedaimonier, wurde 
zugleich als Schlussfeier (im'pda) der Apaturien nach dem Ungliick der Athener auf Sicilien an 
aufzufassen sei: diese Nachtfeier ware dem He- Stelle des Nauarchen mit der Ausriistung von 5 
phaistos, der darauf folgende ,Lichttag ; als Athe- Kriegsschiffen in den lakonischen Hafen beauf- 



2069 CMkidike Chalkidike 2070' 

tragt (Thukyd. VIII 6, 5. 8, 2. 11, 3) und fuhr (s. d.) weit ins aegaeische Meer. Die minerali- 

nach allerlei VerzOgerungen im Priihjahr 412 be- schen Schatze, das Bauholz, die fruchtbaren Thal- 

sonders auf Betreiben des Alkibiades mit einigen ebenen hatten Verlockungen genug fur Colonisten 

peloponnesischen Truppen zum Kriege in Ionien aus dem griechisohen Siiden mid fur die Staaten 

nacli Chios ab. Alkibiades begleitete ihn. Mit des griechischen Pestlands, die ihren Nahrungs- 

dessen Hiilfe gelang es ihm, zuerst Chios, dann bedarf nicht aus dem eigenen Land bestreiten 

Erythrai und Klazomenai zum Abfall von Atlien konnten. Das Klima ist ein gemildertes mittel- 

zu bringen und bald darnach, als der attische europaisches, da infolge der Meeresumgebung der 

Strateg Strombichides zum Eiickzug nach Samos reichgegliederten Halbinsel die Harten des Fest- 
gezwungen worden war, auch Teos (Thuk. VIII 10 landsklimas abgeschwacht werden. 
14. 16, vgl. 25, 2. 28, i. 32, 2). Endlich gewann Chorographie: Die imWesten die Halbinsel 

er auch Milet und schloss darauf mit Tissaphernes bespiilende Bucht hiess im Altertum (yon der 

das erste persische Btindnis ab (Thuk. VIII 17f. 36, Stadt Oeofitj [spater 0sooaXorixrf\ genannt) 0sq- 

2. 43, 3). Aber bald darnach fiel er bei Panormos /.mTog xoXnog (Herodot. VII 121 — 128 u. sonst, 

im milesischen Gebiete im Kampfe gegen die Skyl. 66. Strab. Tac. Plin. Ptol. Steph. Byz. 

landenden Athener (Thuk. VIII 24. 45, 1). Inschr.), 6 OsQfialog jm>%6? (Strab.), 6 0eQfiaXx6s 

[Niese.] xolbtos (Mela. Plin. Ptol.), bei den Romern sinus 

Chalkidike (fi XaXxiHixr) und f) XaXxtdixtj Maeedonieus (Plin.) , mare Macedonicum (Liv.) 

X<oQa; lat. Chaleidice' von den Bewohneni und (jetzt Golf von Salom'ki). tiber die Begrenzung 

Besiedlern, den XaXxidsTg aus Chalkis auf Euboia 20 s. Hoffmann Descriptio Chalcidicae Thracicae 

genannt). s. Macedonicae I. Gynjn. Progr. Bromberg 1854, 1. 

1) XaXxidixi] fj iv Evfioia, Landschaft auf Im Osten grenzte der vom Strymonfluss genannte 
Euboia (s. d. und Chalkis Nr. 1), Gebiet, das den SxQv/iovixog xoXnog (jetzt xooqpog xfj; Kovxeaag 
Chalkidiern gehorte, Aristot. hist. an. I 17. Har- oder Golfo di Rendina oder Orphani) die Halb- 
pocr. s. "AoyovQa. MOglicherweise bezieht sich insel ab. 

XalxiStxrj CIG I 1571 auf diese Landschaft. Der Name Ch. wurde zuerst in Verbindung 

2) fj XaXxidixfj {f) eiti Ogax-rji) (s. K. G. mit x^Q" m Beziehung auf die Chalkidier (und 
Bohnecke Porschungen auf dem Gebiet der atti- Eretrier) gebraucht, die im 8. Jhdt. eine grossere 
schen Redner I 96 nr. 1), gewShnlich aber ohne Anzahl kleiner Pfianzstadte dort anlegten. XaX- 
Zusatz. Als siidlicher Ansatz an die Schwemm- 30 xi&txbv yivog Herodot. VII 185. VIII 127, XaX- 
landkiiste, die der siidthrakischen Ebene vorge- xidixrj anscheinend zuerst Thucyd. I 65 u. 8. Der 
lagert ist, erstreckt sich, der ausseren Form nach Name bezeichnete selbstverstandlich ursprunglich 
etwa ein verkleinertes Gegenstiick zu den siid- nur das von den Besiedlern aus Euboia besetzte 
lichen Landzungen der Peloponnes, eine beilaufig Gebiet. Die ganze Halbinsel nannte man anfang- 
4000 qkm. grosse, dreifingerige Halbinsel (von den lich wohl XeQaovrjaog, vielleicht r\ sv 0{>qxri x^Q- 
heutigen Geographen im ganzen Ch. genannt, s. u.), aovijaoe ; s. Hekataios EvQcontj bei Steph. Byz. 
der letzte Auslaufer des makedonischen Hiigel- s. Mfjxv^sgva (vgl. Me in eke Steph. Byz. zu 
landes ins aegaeische Meer. Langgestreckte , in Sarrj und zu Aiyal . . . xfjs Ogaxrjolcov (!) x s 8S°- 
der Nordsiidachse schmale Seen (der Ostliche vrjoov). Vgl. CMiiller zu Ptol. Ill 12, 2. Eustath. 
grOssere B6X$r\, jetzt BeschikgOl), die nach Osten 40 zu II. II 92 und den Art. Bottike. 
entwassert werden, trennen sie deutlich von dem Oberflachengestaltung und horizon- 
Hiigelland. Deren Westende ist nur 13 km. von tale Gliederung: Die Bergziige, die uns den 
Thessalonike , das an der westlichen Wurzel der alten Namen nach nur zum geringsten Teil be- 
Halbinsel liegt, entfernt, und nur eine schmale, kannt sind, streichen fast alle von Nordwesten 
niedere, aus griinen Schiefern aufgebaute Schwelle nach Sttdosten. Zwischen ihnen und zwischen 
von kaum 200 m. ist zu iibersteigen , um von den Klistengebirgen und den Kiistenrandern er- 
Norden her auf sie zu gelangen. Diese Halbinsel strecken sich grossenteils fruchtbare Langsthaler. 
bildet so eine beinahe ganz vom Festland abge- Beziiglich der heutigen Namen s. die Specialkarte 
lOste, fast viereckige Scholle aus Gneisen, Phyl- des k. k. militargeographischen Institute in Wien 
liten unci Marmor, an deren Siidrand sich die 50 (Centraleuropa Bl. N 14). Der Ktaaoe (Klooos">) 
drei schmalen fingerartigen Landzungen anglie- Nicandr. theriac. 804. Lycophr. 1234 (Kiooovs 
dem. Von jener Schwelle streicht siidOstlich ein Hesych.) vonderLandschwellenOrdlichvonTherme- 
aus krystallinischen Schiefern gebildeter Berg- Thessalonike 24 km. lang siidostlich, vom Epheu 
riicken in die Halbinsel hinein (im Chortiatschi genannt? (jetzt KoQxaxi(ov) Chortiatschi 1187 m.). 
1187 m. hoch) ; Der grSssere Teil der Halbinsel To KdXavgov oqos im Gebiet 'Av&s/iovs 16 km. 
ist ein waldreiches, wohl bewassertes Bergland, siidlich vom eben genannten, 1042 m. hoch; der 
landschaftlich schOn. In der nordSstlichen Ecke, westlicbe Auslaufer dieses Zuges endigt im Vor- 
wo die [zadefioxaiQia , das Bergwerksgebiet, sich gebirg f) Aiveia Ps.-Scymn. 628 (cod. Aivia), das 
beflnden, reich an Eisenstein, silberhaltigem Blei- heutige Karaburnri (= Schwarzvorsprung); die 
glanz, Metalllagern, die seit uralten Zeiten aus- 60 Gegend hiess Al'vsia Herodot. VII 123 u. a. UaX- 
gebeutet werden. Das siidwestliche Drittel mit Xrjvr) erfullt die westlichste 386,6 qkm. grosse Land- 
tertiaren Kalken und Sandsteinen ist jetzt wald- zunge, Apollon. Argon. 599 und Schol., hat das 
arm, steppenartig. Ostlich von dem mittleren jtedlov $XJyQas s. Pape-Benseler WOrterb. d. 
Finger, der ehemals Sithonia, jetzt Longos (d. h. gr. Eigenn. s. <PXeyga. Der mittlere gebirgigere 
Waldgebiet) genannten Landzunge streckt sich Auslaufer der ganzen Halbinsel ri Si&mvta 387 qkm. 
die Steilktiste der Akte aus krystallinischem (Name aus thrakischem Sprachgut?) hat in der 
Schiefer mit der weithin sichtbaren Landmarke, zwischen ihr und dem IlalXtfv*) -Riicken beflndlichen 
der 1935 m. hohen Marmorpyramide des Athos toronaeischen Seebucht (der nordostliche Teil be- 



2071 Chalkidike Chalkidike 2072 

sonders mekybernischer [jetzt K6gq>og xov '4. oov) nOrdlich von der Axxf) mit dem Hafen Jldv- 

Mdfia] und sermylischer Golf genannt) die besten ogfiog ist ein Teil des strymonischen Busens und 

Hafen, z. B. den Kaxpog Xijirjv (Kaxpog im wOrt- hat als Nordgrenze ein anderes Ilooidrjiov axgov 

lichen Sinn, jetzt Kov<pog Xifievag). Den Sithonia- am jetzigen xd(Sog Mdgfxaga, der Landspitze des 

zug trennt vom hOchsten Ostlichsten Auslaufer der jetzigen 2tga{levtxog-Zuges. Das Eiland Kdngog 

Axxfj oder Ilagaxxia (Ptolem. Ill 12, 10) mit dem ([jetzt Kavxavd] gegenfiber der gleichnamige 

Athos (s. d.) der singitische Golf (jetzt K6g<pog Hafen) liegt nicht weit sudlich von dem Ausfluss, 

xov 'A. "Ogovg). Mons Hypsixorus Plin. n. h. IV der durch das Langsthal AvXmv das Becken des 

36 wird von H. Kiepert Atlas von Hellas Bl. 7 Bolbesees entleert, s.Aulon Nr.8undBolbeNr. 1. 
unter Zweifel in der Mitte der Halbinsel, da 10 Auf Kiepert s Karte heisst er 'Prolog. Hoff- 

wo das jetzt XoXofiwvdag genannte Gebirg mann Descr. Chalcid. Thrac. 3 findet in den 

1042 m. hoch sich erhebt, angesetzt. Plin. n. h. Worten des Prokopios (de aedif. IV 3) 'P^x'os 

IV 36 nennt noch der Lage nach uns unbekannte gu .... OeooaXovixtjg ovx wnay&ev einen Grund, 

monies: Epitus, Algion, Elaeuomne (vv. 11.). den 'Prjx l °s vielmehr mit dem 'Av&efiovg-¥lnsschen 

Als Vorgebirge kennen wir aus den alten im Westen (s. u.) gleichzusetzen. 

Quellen noch, etwas sudlich von A'ivsia: Piyoavfc Die Fliisschen konnen der vielen Gebirgs- 

Ptolem. Ill 12, 10 (vv. 11.). Etym. M. 231, 27: querriegel wegen nicht bedeutend sein. Bekannt 

riycovlg axga /.isxaigv Maxe&oviag xal IlaXXfjvijg. sind uns: 6'Avfrefiog (jetzt Ba.oilojxoxaij.og, Hesych. 

JToosiScov Vorgebirg und Demos auf der Land- s. Av&spiovg) Schol. II. XX- 307 in der Landschaft 
zunge Pallene (Liv. XLIV 11. Paus. VII 27, 8), 20'Avfcfiovg (= Blumenau), s. Bd. I S. 2369,6Xdpgig 

jetzt Kdflog Kaoodvdgag, 10 km. Ostlich das jetzige Ptolem. II 12, 10 etwas Ostlich vom Vorgebirg 

DOrfchen IJooidiov. Die SJudspitze von Pallene Hycovig, s. o. C. Miiller vermutete, der Name 

bildete das Vorgebirge x6 Kdvaoxgov, fj Kavdoxga, sei Kwfigvg zu schreiben, s. Chabrios. 'O Bgvxog 

xo Kavdoxgatov, fj Kavaoxgairj axgrj , s. Pape- Lycophr. 1407. Hesych., auf der Halbinsel Pallene. 

Benseler WOrterb. d. griech. Eigenn. von der Die Fliisschen S'OXvv&iaxog und o'Afx/nix/jg nach 

einem xdvijg oder xavovv ahnlichen Gestalt so ge- Hegesandros bei Athen. VIII 834 e bei Apollonia, 

nannt. Der ursprungliche Name wohl Kdvaoxgov beide Zufilisse zum Bolbesee. Der Wvxgd; in der 

oder Kavdoxga (jetzt xdfiog IlaXaovgi, aber die 'AaoijgTxig , Zufluss zum singitischen Golf, Arist. 

k. k. milit.-topogr. Specialkarte verzeichnet auch hist. an. 72, 1, von den Thrakern Kochryna ge- 
ein xdfiog Kavdoxgi etwas westlich davon). An 30 nannt, Antig. mirab. 84. Ein Fliisschen bei Olyn- 

der Ostkiiste der Pallene ist noch das Vorgebirg thos erwahnt Xenoph. h. gr. V 3, 3. 4. 

von &gd[i(log (Ogafifirjig Skyl. 66), Steph. Byz., L an dsch aft en und Be zirke. Ostlich von der 

beim heutigen xdftog Kagdfli zu nennen. Die si- 'A/n<pag7xig, der Gegend um Therme-Thessalonike, 

thonische Landzunge hat den kleinen Landvor- streckt sich das sudliche Ende der Mvydovia sud- 

sprung fj Arjxv&og (wohl der jetzige xdjiog Ila- lich vom Bolbesee in die Halbinsel. Sudlich vom 

nab*iag mit den Nrjoid 2naXd&gag davor) axgov Kissos (s. o.) sind die Gebiete 'Av&sfiovg (s. Bd. I 

xijg jtoXsmg (sc. Togcovtjg) eg xijv ftdXaooav duist- S. 2369) , Aivsia um die Stadt AXvua und das 

Xrtfxiikvov iv oxsvo} lo'&fzq), Thuc. IV 1 13, im Siiden Vorgebirg Al'veiov, sudlich vom ATaAaueoi'-Bergzug, 

das Vorgebirg 6 "AfineXog (jetzt noch so) und fj die Kgoooairj oder Kgovoig, Ostlich davon die Box- 
Asggig (thrakisch oder mit Ssggig = rohe Tierhaut 40 xixfj (s. d.), das fruchtbare Gebiet der Landzunge 

in Verbindung zu bringen), jetzt nach der k. k. IlaXXrjvrj (myth. Name <PXsyga) mit der Oga^- 

milit.-topogr. Specialkarte von Centraleuropa Bl. fiovolrj deigdg um Thrambos , die x^ei 2i&an>lr\ 

N 14 noch so genannt, etwas Ostlich vom jetzigen der benachbarten Landzunge, der aiytaXdg'A/iJieXov 

xdfiog Agdjxavov, nach Meletios recoygayla II um das Vorgebirg "AijmeXog (s. o.) der sithoni- 

462 aber xdfio &dooog. Es ist das Toronae pro- schen Halbinsel, die AootjgTxig um die Stadt "Ao- 

muntnrium Liv. XXXI 45. An der Ostkiiste oqga , das Gebiet der 'Axrfi oder die Tlagaxxla, 

ist der oder die kndxxiog oxogdvyg' Tlxcovog Lycophr. Ptolem. NOrdlich von Stageira das SvXsog nehiov, 

1206 anzusetzen, etwa an den zackigen Felsbil- Herodot. VII 115. Leake Trav. in N. Gr. 

dungen des Karwunoberges. Die gebirgige Axxfj- III 171. 

Landzunge (bei Ptolem. HI 12 auch ITagaxxiaSO Bodenbeschaffenheit, Naturproducte. 

genannt) lauft in ihrem siidlichen Teil, dem eigent- Namentlich das Gebiete von Pallene , aber auch 

lichen Athos , in das NifMpaiov axgov aus (von die Langsthaler der iibrigen Teile der Halbinsel 

einem Nymphenheiligtum genannt), jetzt xdfiog waren fruchtbar und somit ein begehrenswerter 

'A. rewgytov, das von dem "Aftoig axgov des Ptolem. Besitz fur Staaten, deren Boden nicht die zur Er- 

III 12, 9 (jetzt xajlog Zfivgva) versehieden ist. nahrung der Einwohner nOtigen Lebensmittel und 

Das 'Axg-dftag axgov (nicht zu verwechseln mit nicht genug Nutzholz abwarf. Weinbau besonders 

dem OxtstisxaeaAxgod coov) ist, da Strab. VII frg. 32 um Mende, dann auf der Sithonia, vgl "A^TisXog, 

es an dem strymonischen Golf (jetzt Bucht von Honig s. den Namen Melissurgis auf der Pallene, 

Ee'ndina) ansetzt, kurz westlich vor dem ganz Dionys. per. 327, Metallgewinnung um Stageira, 
schmalen , auf Befehl des PerserkOnigs Xerxes 60 jetzt Nisworo, das Gebiet der (tade/ioxojgia d. h. 

durchstochenen Isthmos in der vielgegliederten Berg werksdOrfer. Die dich ten Walder, deren es jetzt 

Landzunge zu suchen, die der Auslaufer der jetzigen noch viele giebt, namentlich des Ostlichen Teils 

MsydXrj fiiyXa ist und deren Endspitze jetzt xaftog lieferten viel Pech und Bauholz fur Hauser und 

IlXaxvg heisst. Vor dem Siidende des Canals Schiffe, vgl. die Inschrift bei LeBas-Wadding- 

liegen Inselchen, grOsste MovXiavfj; dabei ist viel- ton III nr. 1406. Jetzt noch giebt es viel Jagd- 

leicht der Aeneae portus (Liv. XLV 30, vgl. Taf el wild. 

De Thessalonica 265) zu suchen. Der kesselartig Einiges aus der Geschichte. Urspriing- 

einbuchtende akanthische Golf (jetzt K6g<pog'Isgio- lich war die Halbinsel von thrakischen (und pe- 



2073 Chalkidike Chalkidike 2074 

lasgischen [!]) Stammen bewohnt. Wir linden, von Olynthos. Bundesmiinzen des xoivov zaiv 

dass noch in spaterer Zeit erne Zunge der Gemar- XaXxtdewv km Ogaxtj Imhoof-Blumer Monn. 

kung Mygdonia sich in die Ch. hereinstreckte, grecques 70f. Head HN 185. 383 Abfall von 

wir haben eine Anzahl Landschaften wie Bottike, Akanthos und Apollonia vom chalkidischen (oder 

Krossaia u. a. und Stadte, deren Namen aus tbra- olynthischen) Bund. 379 der Bund durch die Spar- 

kisehem Sprachgut genommen sind. Noch 479 war tiaten und Amyntas III. von Makedonien ge- 

Olynthos im Besitz der Bottiaier. Am zahesten sprengt. 378/377 im neuen attischen Seebund, 

bat sich das Vorgriechentum auf der rauhen waldi- CIA II 17. 364 wird Timotheos, Feldherr der Athe- 

gen Akte erhalten, auf der nach Thukydides kleine ner, bei seinen Unternehmungen gegen die Chal- 
noHafiaxa von Barbaren und Halbbarbaren lagen. 10 kidier von Menelaos, dem Halbbruder des Phi- 

Auf dieser Landzunge erhielten sich die Urein- lippos II. von Makedonien, mit Geld unterstiitzt. 

wohner auch, als im 8. Jhdt. Chalkidier und Ere- 355 — 351 erweist sich Philippos II. dem Bunde 

trier aus Euboia eine ziemlich grosse Anzahl kleiner gegeniiber wohlwollend, fasst aber allmahlich festen 

Pflanzstadte auf Akte selbst und in ihrer Um- Fuss auf der Halbinsel. 351 wendet der Bund 

gebung anlegten und als gegen das Ende des sich von Philippos II. ab. Frieden der Chalki- 

6. Jhdts. Leute von der Insel Andros sich auf dier mit Athen. 349 Olynthischer Krieg. Phi- 

Akte (inSane)niederliessen. Von den Stadten Thys- lippos erobert 30 chalkidische Stadte. Demosthe- 

sos, Kleonai, Akrothooi, Olophyxos und Dion auf nes' I. olynthische Bede. Biindnis. Friihjahr 347 

der Akte sagt Thuc. IV 109, dass sie von einer bemachtigt sich Philippos II. der Bundeshaupt- 
MischbevSlkerung bewohnt waren , die der bar- 20 stadt Olynthos. Die Chalkidier in die Fremde 

barischen und der hellenischen Sprache kundig verkauft. Die Stadte haben alle Bedeutung ver- 

waren, dass wohl chalkidische Elemente zum ge- loren; daher kommt es wohl, dass so wenig neue 

ringen Teil vorhanden waren, den Grundstock Ortsnamen an alte anklingen, trotzdem die Halb- 

aber Pelasger, Leute wie sie auch auf Lemnos insel immer hellenisiert blieb. 

lebten, dann Krestoner, Bisalter und Edoner bil- Beziiglich der einzelnen Stadte. Ortschaften, 

deten. Die verhaltnismassig spate und wenig Castelle siehe die einschlagigen Artikel. Im folgen- 

dichte Besiedelung durch Hellenen macht es er- den (s. die Tabelle S. 2075f.) soil hievon nur ein 

klavlich, dass die Halbinsel trotz einzelner bliihen- Verzeichnis aufgestellt werden, wobei die alteste 

der und zu Zeiten machtiger Stadte an der eigent- Belegstelle aus der Litteratur, die Lage (z. B. 
lichen hellenischen Bildung nur bescheidenen An- 30 Pall. = Pallene, Pall.-Sith. = zwischen Pallene 

teil hatte. Vgl. Athos Nr. 1. und Sithonia, n. von Pallene = Hinterland von 

Als Peisistratos zum zweitenmal aus Athen Pallene u. s. f.) und Verweisung auf die Seiten- 

vertrieben worden war (550/49), wahlte er sich zahlen von Hoffmanns Programm: Descriptio 

vorerst den nordwestlichen Teil der Halbinsel zum Chalcidicae Thracicae s. Macedonicae, Bromberg 

Schauplatz seiner Thatigkeit, vereinigte Leute 1854 und auf die fruheren Artikel dieser Real- 

vom Sfidabhang des Kalaurongebirges zu einem encyklopadie gegeben werden. 

Xoiqiov Namens 'PaCxrjXog , Aristot. m>X. 'Ad: 15, 2, Litteratur: Unter dem Namen des Aristote- 

dann ging er Ostlich an den Strymon. Aufseinem les geht die Schrift: XalxiSewv xmv em &Qq.xrj 

Zug gegen Griechenland 460 liess der Perserkonig noXixsia FHG II 153. 158; IlaXXtjvmxa des Krito'n 
Xerxes den Isthmos der Akte durchstechen, weil 40 FHG IV 373, des Hegesippos ebd. IV 422. Neueve 

die von seinem Vater ausgeschickte Flotte unter Litteratur (Auswahl) : L. Bnrgerstein Denk- 

dem Befehl des Mardonios 493 beim Umfahren schriften Ak. Wien, Math.-naturw. Kl. XL 32 Iff. 

des Athos grSsstenteils gescheitert war. BeiAkan- (mit geolog. Karte). E. M. Cousin e"ry Voyage 

thos trennte sich die Flotte des Xerxes im Sommer dans la Mace'doine, cont. recherches sur l'hist., ia 

480 vom Landheer, mit dem es vom Hellespont geogr. et les antiquites de ce pays, Par. 1831. 

her Fuhlung gehabt hatte. Das Landheer zog M. Dimitsass 'Aqxaia yswyQ. xije Maxsdoviag, 

geraden Wegs durch die Ch. nach Therme und 'Ad: 1870—74; ders/ 'H Maxedovia ('A&. 1896). 

nach den Misserfolgen in Griechenland wahrschein- Th. Fischer in Kirchhoff Unser Wissen von 

lich denselben AVeg zuriick. Das Missgeschick der Erde III 119ff. 141ff. 164. A. Grisebach 
der Perser verursachte eine Erhebung der mach- 50 Reise durch Kumelien nach Brussa im J. 1839, 

tigeren Stadte auf der Pallene, z. B. Potidaias, Getting. 1841. L. Heuzey et H. Daumet Mis- 

gegen die Perserherrschaft , der sie kurz vorher sion archeol. de Macedoine, Par. 1876. W. M. 

unterworfen worden waren. Darum unternahm Leake Travels in Northern Greece, Lond. 1835. 

Artabazos, der den Xerxes auf seinem Rilckzug G. Lolling Iw. v. Mullers Handbuch III 225ff. 

begleitet hatte, einen Winterfeldzug gegen Poti- M. Neumayr Denkschr. Ak. Wien, Math.-naturw. 

daia und Olynthos, dessen Einwohner damals Bot- Kl. XL 328ff. H. F. Tozer Researches in the 

tiaier waren. Olynthos nahm er ein und ubergab Highlands of Turkey, London 1869. 

die Stadt nach Ausrottung der Bewohner dem [Burchner.] 

Kritobulos aus Torone. Nunmehr wurde Olynthos 3) Chalkidike (XaXxidixi? Ptolem. V 15, 18; 
von Chalkidiern bevolkert. Die dreimonatliche 60 Plin. n. h. V 81 Chaleidene), syrische Landschaft 

Belagerung der Potidaier, die von Stammesge- ostlich vom Orontes bis zur Wuste reichend, so 

nossen unterstiitzt waren, blieb fruchtlos. Viele genannt nach der Stadt Chalkis Nr. 14 (s. d.); 

Stadte der Halbinsel schlossen sich dem Bund von Plinius (a. a. O.) als regio fertilissima ge- 

unter Athens Fiihrung an. Zum Ogqxtxos yogos ruhmt; fraglich ist, ob sich die Erwahnung eines 

s. Tributlisten. 432 Aufstand der chalkidischen Konigs Aristobul von Ch. (Joseph, bell. Iud. VH 

Stadte wider Athen. Bis 414 behielt Athen einen 7, 1) auf diese Ch. oder auf das Gebiet von Chal- 

Teil seiner Seeherrschaft in diesen Gegenden. Um kis am Libanon (s. Chalkis Nr. 15) bezieht. Lit- 

392 Bund der chalkidischen Stadte unter Fiihrung teratur s. bei Chalkis Nr. 14. [Benzinger.] 



2075 



Chalkiclike 



Chalkidike 



2076 





Alteste 


Lage (s. o.); 




Alteste 


Lage (s. o.); 
Verweisung auf 


Stadt, Ortschaft, 


Belegstelle 


Verweisung auf 


Stadt, Ortschaft, 


Belegstelle 


•Castell, Heiligtum, 


(eventuell Ver- 


Hoffmanns 


Castell, Heiligtum, 


(eventuell Ver- 


Hoffmanns 




weisung auf die 


Descriptio Chalci- 




weisung auf die 


Descriptio Chalci- 


Hafenort. 


Realencyclo- 


dicae, Bromberg 


Hafenort. 


Realencyclo- 


dicae, Bromberg 




padie). 


1854(Seitenzahlen). 




padie). 


1854(Seitenzahlen). 


Aige (Aigai) 


Bd. I S. 944 


Pall. 14. 17. 


Kissos 


Xenoph. 


n. Pall. 


Aineia 


Bd.IS.1009f. 


n. Pall. 17. 18. 


Kleonai 


Herodot. 


Akte 7. 9. 10. 


Alrsids= Aeneae portus 


Schol. 11. XX 


Akte 10. 


Klitai 


Liv. 


n. Pall. 16. 


AloXeiov 


Theopomp. 


n. Pall. 


Kombraia 


Herodot. 


n. Pall. 17. 


Akanthos 


Bd.IS.H47f. 


n. Akte 4. 5. 6. 


Lekythos [cpoovgiov) 


Thuc. 


Sith. 12. 


Akrothooi(on) 


Bd. I S. 1208 


Akte 6. 9. 


Lipaxos 


Herodot. 


n. Pall. 17. 


Alapta 


Bd. I S. 1286 


Akte 4. 


Aioai 


Herodot. 


n. Pall. 17. 


Ampelos 


Bd. I S. 1882 


Sith. 


Mekyperna, Mekyberna 


Herodot. 


PalL-Sith. 13. 


'Ayyjaov Ta<pos 


Schol. 11. XIII 


n. Pall. 18. 


Melandia 


Theopomp. 


Sith. 


Anthemus 


Bd. 1 S. 2S69 


n. Pall. 




(Steph.Byz.) 




Antigoneia s. WatpaQa 


Bd. I S. 2405 


n. Pall. 18. 


Melissurgis 


Itin. Ant. 


n. Pall. 


Aphytis 


Bd. I S. 2801 


Pall. 14. 16. 


Miakoros (Milkoros) 


Theopomp. 


n. Pall. 13. 


Apollonia 


Bd.II S. 114 


n. Sith. 13. 




(SteptByz.) 




Apollonia 


Bd. II S. 114 


Akte 7. 


Minde, Mendis, Mende 


Herodot. 


Pall. 14. 16. 17. 


Arethusa 


Bd.IIS.679f. 


n. Akte 3. 


Miskella (Myskella) 


Plin. Mela 


Sith. 14. 


.Arnai (vgl. Kalama) 


Bd. IIS. 1201 


n. Sith. 4. 5. 


Kee polis 


Herodot. 


Pall. 16. 


Assa (vgl. KdaarjQa) 


Bd.II S. 1740 


Sith.-Aktel0.ll. 


Nyssos 


Plin. 


Pall. 16. 


Athos 


Bd.II S. 2066 


Akte. 


Olophyxos 


Herodot. 


Akte 9. 


Augaia 


Bd. IIS. 2299 


n. Sith. 5. 


Olynthos 


Herodot. 


PalL-Sith. 13. 


Aulon (pQovQiov 


Bd. ITS. 2414 


n. Akte 3. 4. 5. 


Orthagoreia 


s. Head HN 181 


n. Akte 5. 


Bromiskos 


Time. 


n Akte 3. 4. 


Palaiorion (Palaeho- 


Plin. 


n. Akte 7. 


Charadriai 


Skyl. 


Akte 9. 10 s. d. 


rium) 






iDerrha 


Plin. 


Sith. 12. 


Palinandrea 


Plin. 


n. Pall. 


Dikaia 


CIA 1 230, s. 




Physkella s. Miskella 








Head HN 




Piloros 


Herodot.' 


Sith. 11. 




189 




Phryxelon 


Plin. 


Pall. 16. 


Dion 


Herodot. 


n. Akte 6. 9. 


Ilooidrjiov 


Herodot. 


Pall. 3. 


Echymnia (Elymnia) 


Mela 


n. Akte 4. 6. 10. 


Potidaia (spater Kaa- 


Herodot. 


Pall. 13. 14. 16. 


Eurydikeia s. Kassan- 






odrdQeia) 






dreia 






*Fa<paQd (s.'Avnyoveca) 


Ptolem. 


n. Pall. 18. 


Galepsos (vgl. Mis- 


Herodot. 


Sith. 12. 


Bhaikelos 


Aristot. 'Aft. 


n. Pall. 


kella) 








no).. 




'Gigonos 


Herodot. 


n. Pall. 17. 


Sane 


Herodot. 


Pall. 17. 


Herakleus stibos (?= 


Itin. Ant. 


n. Pall. 


Sane 


HerodotThuc. 


Akte 7. 8. 


Herakleia Plin.) 






Sarte 


Herodot. 


Sith. 11. 


Holophyxos s. Olophy- 


Herodot. 


Akte 9. 


Sermyle 


Herodot. 


PalL-Sith. 13. 


xos 






Singos 


Herodot. 


Sith. 5. 6. 11. 12. 


Kalarna s. Arnai 






Skione 


Herodot. 


Pall. 14. 17. 


iKamakai 


Att. Tributlisten, s. Inihoof- 


Skolos 


Thuc. 


PalL-Sith. 14. 




Blunier Monnaies gr. 70. 


Smila 


Herodot. 


n. Pall. 17. 18. 


Kampsa (Kapsa, Ska- 
psa) 


Herodot. 


n. Pall. 17. 18. 


Spartolos 


Thuc. 


PalL-Sith. 14. 


Aristot. mir. 
ausc. 120 


Pall.-Sith. 


Stageira 

Stratonike vgl. Alapta 


Herodot. 
Ptolem. 


n. Pall. 3. 5. 

n. Akte 5. 6. 


Kd^Qoghfiijv 


-Strab. 


n. Akte 5. 


Telos 


Plin. 


Sith. (?) 


Kassandreia s. Poti- 


Scymn. 


n. Pall. 16. 


Therambos, €>Qd(ipog 


Herodot. Skyl. 


Pall. 14. 17. 


daia 






Thyssos 


Herodot. 


Akte 7. 9. 10. 


Eassera s. Assa 


Plin. 


n. Akte 6. 


Torone 


Herodot. 


Sith. 7. 12. 


Xermoros 


Plin. 


n. Akte 3. 


Uranopolis 


Strab. 


Akte 8. 



[Biirchn er.] 



2077 XcdxuSa Chalkis 2078 

XalxlvSa, xaix'&w war, wie es scheint, all- bezeichnete. Ch. Nr. 2 ist ursprttuglich mit Nr. 1 

gemeine Bezeichnung verschiedener Spiele mit identisch. Maass Gott. Gel. Anz. 1890, 382. 
oder um Munzen. Man nannte so das agziaieiv 3) Tochter des KOnigs Eurypylos von Kos, von 

(s. d.) mit Munzen (Poll. Til 105), aber auch das Herakles Mutter des Thettalos, wodurch die Hera- 

Wiirfelspiel um kleine Munzen. Poll. VII 206. kleiden mit den Heroen der Urbevolkerung ver- 

Hesych. Bekker Aneed. 116, 10. Grasberger wandt werden, Pherekydes in Schol. II. II 677. 

Erz. u. Unterr. I 70. 159. Hermann-Bliimner XIV 255. Apollod. II 166 W. Schol. Pind. Nem. 

Privataltert. 296, 3. Daremberg-Sagliol 1098. IV 25 (40). Kail. h. in Del. 161. Jahn-Michae- 

[Mau.] lis Griech. Bild. Chron. 3, Taf. V p. 8 und 70. 
Chalkinos s. Daitos. ' 10 CIG 5984 B. Hyg. fab. 254. Confusion ist es, 

Chalkioikos(Xa^<o««><;),Epiklesis der Athena wenn Schol. II. II 677 und Eustath. z. d. St. 

Poliachos (IGA 79. 'E<pijfi. &q%. 1892, 23; IIoliov- Eurypylos der Sohn des Herakles und der Ch. ist, 

yog Paus. Ill 17, 2) auf der Akropolis von Sparta, oder Hyg. fab. 97 Ch. von Thettalos einen Sohn 

weil der Tempel in altertfimlicherWeise mit ehernen Antiphos hat. Wahrscheinlich haben wir in der 

Platten ausgeschlagen war (daher auch %alx6- bei Plut. quaest. graec. 58 erwahnten ,Tochter 

otjjAoj Eurip. Troad. 1113; zabdvaos Hesych.). Der des Alkiopos' (= Alkon), die im gleichen Ver- 

Tempel soil von Tj'ndareos begonnen und erst haltnis zu Herakles steht wie sonst Ch., ebenfalls 

sp&ter durch Gitiadas vollendet sein, der auch das Ch. zu erkennen, s. Chalkodon Nr. 4. Auch 

eherne Cultbild der Gottin und den sonstigen die koische Ch. steht mit der chalkidischen im 
bildnerischen Schmuck fertigte, den Paus. Ill 17, 20 Zusammenhang. Dibbelt Quaest. Coae mytho- 

2—3 beschreibt. Cber das Werk des Gitiadas logae, Diss. Greifswald 1890, 21ff. Dieterich 

vgl. Welcker Kl. Schrift. Ill 533ff. Brunn De hymn. Orph. 43 sieht in dem Namen eine 

Kunstlergesch.186. 114. Over beck Griech. Plast.3 Beziehung zur Unterwelt. [Escher.] 

1124. 232; auf Munzen ist freilich das Cultbild Chalkis (XaXxts). 1) Die nach Lage und 

nicht mit Sicherheit nachzuweisen , vgl. Furt- Geschichte bedentendste Stadt der Insel Euboia, 

wangler in Roschers Myth. Lex. 1691. Erwahnt als deren Hauptstadt sie im spateren Altertum 

wird Athena Ch. oder auch Ch. selbstandig sehr unbestritten anerkannt war (Strab. X 446. 448, 

oft, z. B. Thuc. I 128. 134. Eurip. Hel. 228. 245. vgl. Nonn. Dion. Xin 166 m xQ6mohg 'EU.o- 

Aristoph. Lysistr. 1300. 1321. Lykurg. Leocrat. mrjcov). 

128. Polyb. IV 22, 8. Plut. Lykurg. 5; Agis 11.30 Lage. Ch. lag etwa in der Mitte der dem 

16 u. offers. Diod. XI 45. Aelian. v. h. IX 41. Festland zugewandten Seite von Euboia, wo der 

Paus. IV 15. 5. X 5, 11. Polyaen. II 15. 31, 3. in seinem nordlichen Teile ,Euboisches Meer' ge- 

VIII 51. Liv. XXXV 36 (wo der Tempel selbst nannte Meeresarm, der die genannte Insel vom 

Chaleioeeon genannt wird). Corn. Nep. Paus. 5. Festland scheidet, sich zu einer schmalen und 

Anon. Laur. 34 = Schoell-Studemund Anecd. hafenreichen Meeresstrasse, dem Euripos (s. d.), ver- 

II 269. Suid. Apostol. IX 22. Ein Fest zu Ehren engert, und die Insel gerade in ihrem breitesten 
der Ch., bei welchem die Junglinge bewaffnet zum und fruchtbarsten Teile an Boiotien, die centrale 
Tempel der Gottin zogen und unter der Mitwir- Landschaft Mittelgriechenlands, lose angeschlossen 
kung der Ephoren Opfer verrichteten, beschreibt erscheint. Durch diese bevorzugte Lage und im 
Polyb. IV 35; hierher gehoren vermutlich die40Besitz eines reichen Hinterlandes war Ch. von 
'AMvma-Spele IGA 79. Vgl. Sam Wide Lakon. Haus aus zum natiirlichen Ein- und Ausfuhrplatz 
Culte 49. 54ff. [Jessen.] Euboias und zum Vorort der Insel bestimmt, 

Chalkiope (XaXxioxr)). 1) Tochter des Chal- welche Stellung ihr in alterer Zeit nur durch das 

kidiers Chalkodon (Schol. Eur. Med. 673. Athen. 13 km. weiter siidOstlich gelegene Eretria, welches 

XIII 556 F, Istros) oder des Rbexenor, Apollod. mit Ch. um den Besitz des fruchtbaren lelanti- 

III 207 Wagner. Phanodemos FHG I 366. v. Wi- schen Gefildes (s. u.) kampfte, streitig gemacht 
lamowitz Herm. XV 484. Sie ist die zweite, wurde. Erleichtert wurde der Verkehr mit dem 
oder nach Tzetz. Lyk. 494 die einzige Gattin des Festlande, das sich hier der Insel jetzt auf etwa 
Aigeus. Eine andere Version nennt sie die Toch- 70 m. nahert, durch einen in der engsten Stelle 
ter des Erechtheiden Alkon, der mit ihr zu den 50 des Sundes gelegenen Felsen, welcher als Stiitz- 
Chalkidiern floh, welche die beiden trotz der For- punkt der seit dem J. 411 v. Chr. fiber die Meer- 
derung des Erechtheus nicht auslieferten, Proxenos enge fuhrenden Brucke diente. Der ganz seichte 
(frg. 5) bei Schol. Apoll. Ehod. I 97. Topffer Strom zwischen dem Felsen und dem Festlande 
Att. Gen. 163f. tiber Alkon vgl. Chalkodon war im Altertum wahrscheinlich durch Anschfit- 
Nr. 2. tung seitens der Boioter auf 28 Schritt verschma- 

2) Tochter des Aietes und der Idyia, Scbwester lert worden und war in nenerer Zeit von einer 

der Medeia, Gattin des Phrixos, dem sie die Sohne Steinbrficke abgesperrt ; der Ostliche, fiir die Schiff- 

Argos, Melas, Phrontis und Kytisoros gebiert, fahrt allein in Betracht kommende Arm nach 

Apoll. Rhod. Ill passim. Orph. Arg. 859f. Ovid. Euboia zu war von einer 40 Schritt langen hol- 
epist. XVI 231f. Apoll. Ehod. II 11471 Schol. 60 zernen Brucke durchquert; vgl. u. S. 2083 und 

II 388. 1122 (Herodor.). Apollod. I 83 W. Hyg. Lolling in Badekers Griechenlands 211. Letz- 

fab. 3. 14. 21 ; Tzetz. Lyk. 22 nennt noch eine tere wurden vor einigen Jahren abgebrochen, um 

Tochter Helle. Nach Schol. Apoll. Bhod. II 1122 die Durchfahrt hier zu erweitern, welche auf 

(Epimenides) und 1147 hatte Phrixos noch einen 39,3 m. Breite und 8,7 m. Tiefe gebracht werden 

funften Sohn Presbon (ebenso Paus. IX 34, 8), soil, Admiralty Chart 2802 (Ausg. Febr. 1895). 

und nannten Akusilaos und Hesiod als Mutter der Cberaus wichtig wurde in makedonischer und 

Sohne Iophossa, wahrend Pherekydes Ch. und romischer Zeit (s. u. Geschichte) die Lage der 

Iophossa als Beinamen der Awtestochter Euenia Stadt fur die militarische Beherrschung Griechen- 



2079 



Chalkis 



Chalkis 



2080 



lands, und nicht unpassend vergleicht Liv. XXX 
23, 12 (d. h. Polybios) den Euripos mit den Ther- 
mopylen. 



Chalkis mitae™ Euripos. 




Tiefen ui Fade/t. 
BUhsn. in engl Fuss 



dem troianischen Krieg unter Kothos, Strab. X 
447. Plut. qu. Gr. 22. Veil. Pat. I 4, 1. 'A» n - 
valcov ajioixoq nennt Ch. Liban. im Arg. Dem. I. 
Jedenfalls weisen viele Beziehungen der altesten 
Zeit nach Attika, anderseits freilich auch nach 
Boiotien hin, Busolt 291. Zeitlich mOgen 
die Anfange der Stadt bis in die mykenische 
Periode hinaufreichen , E. Meyer Gesch. d. Alt. 
II 198. Duncker Gesch. d. Alt. V 479. Schon in 

10 den ersten Jahrhunderten des letzten Jahrtausends 
v. Chr. muss Ch. eine durch Handel bliihende und 
seemachtige Stadt gewesen sein; denn von dort 
gingen zahlreiche Colonien nach den verschiedensten 
Richtungen aus. Ein Hauptzug chalkidischer Colo- 
nisation war nach Norden gerichtet; dort wurden 
die sogenannten nOrdlichen Sporaden, Skiathos, 
Peparethos, Ikos, an welchen die nOrdliche Aus- 
fahrt aus dem euboeischen Meer vorbeifiihrte, von 
Ch. aus besiedelt (Skymn. 580 — 586) und daniit 

20 ein wichtiges Zwischenglied fur die Verbindung 
mit der thrakischen Kiiste gewonnen, wo an der 
grossen dreigliedrigen, nachmals Chalkidike (s. d.) 
genannten Halbinsel eine Reihe kleinerer Pflanz- 
stadte gegriindet wurde. Die Zeit dieser Siede- 
lungen wird in das 8. Jhdt. zu setzen sein, Bu- 
solt 452f. Gleichzeitig richtete sich das Augen- 
merk der Chalkidier nach dem Westen, wo sie 
in enger Handelsfreundschaft mit den Korinthern 
als Fiihrer der griechischen Colonisation erschei- 

30 nen. Als ihre alteste Pflanzstadt gait dort Cumae 
(s. d.), deren iiberliefertes Griindungsdatum (1051 
v. Chr.) freilich nur auf einer Verwechslung mit 
dem aiolischen Kyme (s. d.) beruht, Duncker 
485f. Busolt 391f. Tiber das 8. Jhdt. kann 
nach allem, was wir von der Entwicklung der 
hellenischen Seefahrt und Handelsbeziehungen 
wissen, eine Colonisation an diesen Kiisten nicht 
hinaufgeruckt werden. Hand in Hand damit 
gingen die Niederlassungen in Sicilieri (Strab. X 

40 447), wo (doch wohl schon friiher als Cumae) urn 
735 v. Chr. Naxos (s. d.) als erste griechische 
Pflanzstadt begriindet wurde, das seinerseits wieder 
Ansiedler an Katane und Leontinoi abgab. Ebenso 
wurden an der Meerenge Zankle und Rhegion von 
Ch. aus besiedelt und von ersterer Stadt aus 
Mylai und Himera. Naheres hieriiber siehe bei 
den einzelnen Stadten, sowie bei Holm Gesch. 
Sicil. I 116ff. Duncker 483ff. Busolt 385f. 
390. 396. 415f. 442. Meyer 470ff. Die Handels- 



N a m e. Gegen die nahe liegende und schon 
von den Alten vertretene Ableitung von %aXn6g 
haben Bursian Geogr. II 413, 2 und Kiepert 
Alte Geogr. § 226, 1 denselben auf xalxr\ = xdXxn 

,Purpurschnecke' zuriickzufiihren gesucht, was an- 50 freundschaft mit Korinth , ohne welche eine so 
gesichts des in der Nahe thatsachlich betriebenen unbehinderte Festsetzung der Chalkidier im Westen 



Kupferbergbaus wenig Wahrscheinlichkeit hat. 
tJber die Kupfergruben bei der Stadt vgl. Neu- 
mann- Partsch Phys. Geogr. 229. 233. Busolt 
Gr. Gesch. 12 452. Andere Namen, die fur Ch. 
angefiihrt werden, sind Evfloia (Hekat. 105, vgl. 
Nr. 2), Sxi[i(pt]Xos, 'AXixaQva, Steph. Byz. Eustath. 
zu II. II 537 und Dion, perieg. 764. 

Geschichte. Als Urbewohner werden ge- 



nicht moglich war, kam in der Folge auch in 
der gleiehfSrniigen Entwicklung der Miinzwahrung 
(seit etwa 700 v. Chr.) znm Ausdruck, s. Curtius 
Herm. X 215ff. und die Nachweise bei Busolt 
451f. Head HN 303 (alteste Miinzen von Elek- 
tron). War so der Handel in den westgriechi- 
schen Gewassern wesentlich in den Handen der 
Chalkidier und Korinther, so zeigte sich der Ein- 



nannt Abanten (II. II 536f.), deren Piihrer vor60fluss jener auf die geistige Kultur darin, dass das 



Troia, Elephenor, zum Sohn des Eponymos von 
Ch., Chalkodon, gemacht wird (ebd. 541. IV 464; 
eine Phyle 'A^avxig noch auf einer Inschrift der 
Kaiserzeit bei Ulrichs Reisen II 223f.); Kureten 
nach Archem. bei Strab. X 465 (PHG IV 315) ; 
attische Colonisten unter Pandoros, Sohn des 
Erechtheus, Skymn. 573, oder Alkon (s. d. Nr. 1) 
nach Proxen. in Schol. Apoll. Rhod. I 97, nach 



in Ch. gebrauchte Alphabet nicht nur fiir einen 
grossen Teil des festlandischen Griechenland, son- 
dern durch Vermittlung der chalkidischen Colonien 
in Campania auch fur die einheimischen Volker 
Italiens massgebend wurde, von denen es in der 
Form der lateinischen Schrift auf die modernen 
Kulturvolker uberging. Vgl. Bd. I S. 1614. 1627ff. 
und die Karte zu Kirchhoff Studien z. Gesch. 



2081 Chalkis Chalkis 2082 

d. gr. Alph. Duncker 481. 488f. Wie die bios, welche an einem Tag die zur Hiilfe herbei- 

Schrift, so wanderten auch griechische Mythen, eilenden Boioter und, ilber den Sund setzend, die 

so die Aineiassage, von Ch. fiber Cumae nach Chalkidier schlugen (Herod. V 77). Simonides 

Italien, s. Busolt 394f. Wahrend so Macht und von Keos hat diese Thaten in Grabschriften auf 

Einfluss der Chalkidier nach aussen hin immer die gefallenen Athener (frg. 89. 108 Bgk.) und 
wuchs, hatten sie zu Hause einen schweren Kampf einem Epigramm auf dem ehernen Viergespann, 

urn den Vorrang auf der Insel auszufechten. Ere- das zum Andenken des Siegs der StadtgOttin ge- 

tria, die nur drei Stunden entfernte Nachbarin weiht wurde , verherrlicht (frg. 132 Bgk.). Von 

von Ch., hatte seinen Einfluss fiber den sudlichen dem letzteren Tetrastichon, das auch Herodot. a. 
Teil von Euboia hinaus bis auf die Kykladen- 10 a. 0. Diod. X 24, 3 mitteilt, haben sich Bruch- 

inseln Andros, Tenos und Keos ausgedehnt (Strab. stficke sowohl der ursprfinglichen wie der nach 

X 448), wahrend Ch. den Norden mit der aegae- 440 v. Chr. (s. u.) erneuerten Ausftthrung auf 

ischen Hafenstadt Eerinthos beherrschte. Lange Stein erhalten , CIA I 334. IV 1 , 334 a. H. 

waren heide Stadte bei der Aussendung von Co- Blttmner zu Paus. I 28, 2. Die Folge dieser 

lonien gemeinsam vorgegangen, da mochte das Niederlage war, dass der chalkidische Adel das 

drfickende Ubergewicht von Ch. und der haus- im lelantischen KriegegewonnenefruchtbareAcker- 

liche Streit urn den Besitz des fruchtbaren lelan- land an den Sieger abtreten musste, der es unter 

tischen Gefildes, das sich zwischen den beiden 4000 attische Kleruchen verteilte (Herodot. V 77. 

Stadten ausdehnte, fur Eretria der Anlass sein, VI 100) und sich von nun als ,Herr' der Stadt 

den Entscheidungskampf aufzunehmen, der weit 20 betrachtete (Diod. a. a. 0.). Auf diese Bewirt- 

fiber die Bedeutung einer Localfehde hinaus die schaftung des lelantischen Feldes durch Colonisten 

griechische Welt erregte und besonders die See- aus einem demokratischen Gemeinwesen und die 

machte in zwei Lager teilte (Thuk. I 15, 3). So Anderung der Verfassung von Ch. in demokrati- 

hielt Samos zu Ch., Milet zu Eretria (Herodot. schem Sinne beziehen wir mit Duncker VI 575f. 

V 99), in gleichem Sinne standen sich Korinth die Klage des Theognis 891ff., welche Meyer 539 
und Megara gegenttber, und Hfilfstruppen der minder wahrscheinlich auf Parteikampfe nach dem 
thrakischen Tochterstadte wie thessalische Reiter lelantischen Kriege zuruckfuhren will. Doch er- 
(unter Kleomachos, dessen Grabmal mit hoher fahren wir von solchen, chronologisch allerdings 
Saule spater am Markt gezeigt wurde, Plut. amat. nicht naher bestimmbaren Parteikampfen aus dem 
17) kampften fur Ch. gegen die fiberlegene Ritter- 30 Bericht bei Aen. Tact. 4 fiber eine Einnahme von 
schaft von Eretria. Ein ritterlicher Zug geht Ch. durch ,Verhannte' (nach Meyer a. a. 0. Demo- 
durch diesen ,lelantischen Krieg', nur das Schwert kraten) von Eretria aus. Jedenfalls war durch 
und die Stosslanze, deren kundige Fuhrung schon die Niederlage des J. 506 die Adelsherrschaft in 
II. II 542ff. an den Kriegern Euboias riihmt und Ch. erschiittert, die Machtstellung der Stadt ge- 
Archil. frg. 3 besingt, sollten im Nahkampf entschei- brochen und die Herrschaft der Athener fiber ganz 
den, verpfint war der Gebrauch aller Wurfwaffen, Euboia angebahnt worden, Duncker VI 570 — 77. 
wie Wurfspeer, Bogen und Schleuder, und eine feier- Busolt 112 442ff. Die 4000 attischen Colonisten 
liche Vertragsurkunde im Tempel der Artemis konnten sich allerdings nicht lange ihres Besitzes 
zu Amarynthos (Strab. X 448) heiligte das Cber- ungestOrt erfreuen. Beim Anzug der Perser im 
einkommen. Wiederholt mOgen die Kampfe er-40J. 490 sollten sie dem bedrohten Eretria Hfilfe 
neuert worden sein, deren Ausbruch an das Ende leisten, zogen es aber vor, sich fiber die Meerenge 
des 8. Jhdts. gesetzt werden muss, wahrend die nach Attika zuruckzuziehen , Herodot. VI 100. 
Entscheidung erst urn die Mitte des 7. Jhdts. Duncker VII 117f. Busolt II' 2 577f. Dass sie 
fiel ; sie endeten mit der Niederlage Eretrias, das spater wieder in ihr Besitztum zurfickkehrten, wird 
mit der lelantischen Ebene auch den Vorrang auf nicht fiberliefert; ein freundschaftlicheres Verhalt- 
der Insel und seine Machtstellung im aegaeischen nis der Athener zu Ch. seit jener Zeit kann wohl 
Meer einbfisste. Dondorff De rebus Chalcid. daraus vermutet werden, dass erstere den Chal- 
(Hal. 1855) 5—18. Duncker 489 — 492.515. kidiern im J. 480 zwanzig Schiffe zur Bemannung 
Busolt 455ff. Meyer 539f. Holm Aufs. f. gegen die Perser stellten, Herodot. Villi. Bu- 
E Curtius (1884) 21ff. 50solt III 431. Jedenfalls lasst letztere Thatsache 

Dieser Erfolg nach aussen bedeutete ffir die auf den gewaltigen Rfickgang der Seemacht von 

innere Entwicklung der Stadt zunachst eine Star- Ch. seit dem 6. Jhdt. schliessen. Die Teilnahme 

kung des herrschenden Regierungssystems , der der Xalxi&rjs an der Schlacht bei Plataiai (479) 

Aristokratie. Nach der Abschaffung des Konigtums, kiindet Herodot. IX 28. 31 und die Schlangen- 

zu dessen letzten Vertretern wir vielleicht den halb saule in Constantinopel, IGA 70. In der Miinz- 

sagenhaften Amphidamas (s. d. Nr. 7. Duncker pragung (Silher) beginnen seit etwa 480 die Auf- 

479f.), den Zeitgenossen Hesiods, zu zahlen haben, , .„, ^.„ , V i^ a ■ TT j mi o««« 

kam die Herrschaft an die adeligen Ritter, die schrlften T und YAU> Head HN 303f - 

ijtuojjorai (Herod. V 77. Aristot. bei Strab. X 447 Dass Ch. wie die fibrigen euboeischen Stadte 

und pol. IV 3, 2). Ihre Macht wurde erst gebro- 60 sich seit der Begriindung des attischen Seebundes 

chen durch die Niederlage, welche Ch. gegen Ende in einer gewissen Abhangigkeit von Athen befand, 

des 6. Jhdts. durch das demokratische Athen er- ergiebt sich aus dem ,Abfall' derselben im J. 446; 

litt. An dem Peldzuge, den Sparta im J. 506 vgl. Euboia und Duncker IX 68ff. Busolt III 

v. Chr. gegen Athen unternahm, beteiligten sich 424ff. Aus Plut. Per. 23 erfahren wir, dass bei 

mit den Boiotern auch die Chalkidier und drangen der Unterwerfung der Insel durch Perikles die 

von Norden her in das attische Gebiet ein (Herodot. Hippoboten, welche offenbar bei der Auflehnung 

V 74). Der unruhmliche Abzug des peloponnesi- gegen Athen die Hauptrolle gespielt hatten, aus 
schen Heeres stellte sie dem Angriff der Athener der Stadt vertrieben wurden ; die wichtige Nach- 

Pauly-Wissowa III 66 



2083 Chalkis ChaMs 2084 

richt von einer Aufteilung des chalkidischen Landes ter 343/42 ?) ; Naheres s. bei S c h a f e r 420ff. 484f. 

unter 2000 attische Kleruchen bei Ael. var. hist. Ill 237. Zum Kriege gegen Philipp iiberliess 

VT 1 , welche man friiher als Parallelbericht zu man, wie einst gegen die Perser (s. o. S. 2082), 

Herodot. V 77. VI 100 auf die erste Eroberung den Chalkidiern attische Schiffe, fur welche an- 

um 506 (s. o.) bezogen hatte, wird jetzt mit H. gesehene Athener Biirgschaft leisteten, CIA II 

Swoboda Serta Hartel. (Wien 1896) 30ff. wohl 804 B a Iff. 809 c 42ff. Kallias operierte mit diesen 

richtiger mit den Ereignissen der J. 446/5 in geliehenen Schiffen erfolgreich gegen Makedonien, 

Verbindung gebracht. Die Chalkidier wurden Schafer II 492; auch zu Theben scheint das 

nun zu fOrmlichen Unterthanen Athens und ihre Verhaltnis ein sehr gespanntes gewesen zu sein, 
Rechte und Pflichten als solche durch Volksbe- 10 ebd. 537f. Als die Entscheidung bei Chaironeia 

schliisse genau formuliert, CIA I 244. 257. IV gefallen war, musste auch Euboia sich dem Sieger 

1, 1, 27 a. Dittenberger Syll. 10. 16. 17. 18. fiigen; doch hatte dies fur Ch. den Vorteil, dass 

Busolt 431ff. Duncker 89ff. Diesem neuen es nun in den endgiiltigen Besitz des ihm von den 

staatsrechtlichen Verhftltnisse entspricht es, dass Thebanern bestrittenen Kilstenstriches auf der 

die Mimzpragung von Ch. jetzt aufhort, Head boiotischen Seite des Euripos gelangte und dort 

HN 304. den friiher nur als Graberstatte benutzten Fels- 

Das Missgeschick Athens im peloponnesischen hugel Kanethos (jetzt Kara Baba, 60 m.) als stark 

Kriege, speciell die Niederlage einer athenischen befestigten Briickenkopf mit der Stadt verbinden 

Plotte im Stinde zwischen Eretria und Oropos konnte, Strab. X 447. 1X403. Schafer III 38. 
im J. 411 veranlassten einen neuen Abfall der20Bursian Geogr. I 216. II 414f. Aber die Prei- 

euboeischen Stadte an welchem sich auch Ch. be- heit der Stadt war doch zu Ende ; denn schon 

teiligte, Thukyd. VIII 95, 6f. Grote Gesch. damals hatte der wichtige Platz, wie es scheint, 

Griech. IV 364. Curtius Gr. Gesch. II * 717. makedonische Besatzung, wie auch im Hafen eine 

Um an dem benachbarten Boiotien einen festeren makedonische Plotte lag, Arrian. an. II 2, 4. 

Biickhalt zu haben, wurde damals die Meerenge Schafer 38, 4. 52, 4. Droysen Hellenismus 2 

bei Ch. von beiden Seiten her durch Aufschiit- I 109. 163. Auch die Miinzpragung ist seit Ale- 

tung eines Dammes noch weiter verschmalert und xanders Zeit kOniglich, Head HN 304. Tiber den 

die Durchfahrt (avgiyS) fur die Schiffe von einer Aufenthalt des Aristoteles zu Ch. (323/22) s. Bd. II 

62 m. langen (dinXedQog) holzernen Briicke fiber- S. 1021. 

deckt, deren Enden noch durch feste Tfirme und 30 In den Wirren der Diadochenzeit bewahrte 
Thore geschiitzt waren, Diod. XIII 47 — 36 (setzt sich Ch. als ein fester Stiitzpunkt der makedo- 
den Bruckenbau in das J. 410). Strab. IX 403. nischen Machthaber, so des Kassandros, dem es 
X 447. Grote IV 394. Gleichwohl war Ch. mit zwar durch den Strategen Ptolemaios, des Anti- 
den iibrigen euboeischen Stadten unter den ersten, gonos Neffen, entrissen wurde (Winter 313/12), 
welche sich im J. 377 dem neuen attischen See- aber durch dessen Verrat und Abzug zum Lagiden 
bunde anschlossen, Diod. XV 30, 1, und erhielten (309) von selbst wieder zufiel, Diod. XIX 78, 2 
daher auch in dem Biindnisvertrag weitgehende (inixaiQos yag fj noli? sent xoXg ftovloixevoig £'%eiv 
Selbstandigkeit zugesichert, CIA II 17. 17 b = Sg/A.i]rtjQiov SicmoXsfieTv negi z<3v okcov). XX 27, 3 
Dittenberger Syll. 63. 64. Schafer Demo- • (Abzug des Ptolemaios). Droysen II 2, 81. 33f. 
sthenes I 2 38. Das Aufstreben der thebanischen 40 36. 84. Zwar flnden wir im J. 304 eine boiotische 
Macht brachte Ch. neuerdings in eine Zwitter- Besatzung in der Stadt (Diod. XX 100, 6), doch 
stellung, und nach der Schlacht bei Leuktra muss- kann diese nur im Sinne des Kassandros ge- 
ten die euboeischen Stadte dem Epameinondas handelt haben ; denn es war ein gegen diesen ge- 
Heeresfolge leisten, Xen. hell. VI 5, 23. VII 5, 4; richteter Schlag, dass Demetrios Ch. besetzte und 
Ages. XI 2. 24. Von dieser Zeit beginnt Ch. (wie vordem Ptolemaios) fur frei erklarte , Diod. 
wieder selbstandig zu milnzen, Head a. a. O.; a. a. O. CIA II 266. Droysen 180f. Wie vor- 
doch wurden die Versuche Thebens , sich in die dem unter Philipp, Alexander und Kassandros, so 
Angelegenheiten von Euboia selbst einzumischen, blieb nun Ch. in den Handen der Antigoniden 
auf die dringende Mahnung des Timotheos im einer der festen Punkte makedonischer Herrschaft 
J. 357 von Athen aus rasch und energisch zuriick- 50 und besonders wichtig als Flottenstation, Droy- 
gewiesen.s. Euboia und Grote VI 175. Schafer sen 208. 288. m 1, 95. 226f. Um so empfind- 
1 162f. Das Biindnis mit Ch. wurde damals er- licher war es fur Antigonos II., dass dessen Neffe 
neuert, CIA II 64 = Dittenberger Syll. 86. Alexandros (s. d. Nr. 15, Bd. I S. 1436) als Com- 
Aber schon im J. 350 finden wir Ch. wieder unter mandant der Besatzungen von Korinth und Ch. 
den Gegnern Athens, das trotz der Abmahnungen von ihm abfiel und in beiden Stadten als selb- 
des Demosthenes dem Tyrannen Plutarchos von standiger Fiirst herrschte (zwischen 265 und 244), 
Eretria Hulfe leistete, Schafer II 78ff. Euboia Droysen 239f. Nach seinem Tode flel Ch. mit 
blieb seither den Athenern entfremdet, ebd. 85f. Euboia wieder an Antigonos, s. Droysen 243. 
Die Beziehungen von Ch. zu Athen wurden erst 344, 2. Auch unter dessen Nachfolgern Deme- 
wieder angekniipft , als unter dem Einfluss der 60 trios und Antigonos Doson scheint der Besitz nicht 
Briider Kallias und Taurosthenes, der Piihrer der gestert worden zu sein, Droysen in 2, 65. 
Volkspartei in Ch., welche sich schon bei der Fehde Niebuhr Vortr. iib. alte Gesch. Ill 366. 370. 
gegen Plutarchos hervorthaten , der Plan eines 406. Bekannt ist der Ausspruch Philipps V., welcher 
euboeischen Stadtebundes lebhaft erwogen wurde, Ch. mit Korinth und Demetrias als die ,Pesseln' 
aber weder am makedonischen Hofe noch in Theben von Griechenland bezeichnete, ersteres speciell mit 
einen giinstigen Boden fand ; da wandte man sich Bezug auf die Beherrschung von Euboia, Boiotien, 
wieder an Athen, wo Demosthenes den Abschluss Phokis, Lokris, Pol. XVIII (XVII) 11, 5f. Liv. 
eines neuen Biindnisses mit Ch. durchsetzte (Win- XXXII 37, 3f. Ernstlich wurde die makedonische 



2085 Chalkis Chalkis 2086 

Herrschaft in Ch. erst durch die Romer bedroht. Ostkiiste Griechenlands beherrschte, noch eine hohe 

Im J. 207 unternahm P. Sulpicius Galba in Ver- militarische Bedeutung. Im ersten mithridati- 

bindung mit Konig Attalos (s. o. Bd. II S. 2164) schen Kriege finden wir dort eine Hauptstation 

einen energischen Angriff, welcher jedoch an der der Asiaten unter dem Befehl des Bruders des 

festen Lage und den fur eine feindliche Plotte Archelaos , Neoptolemos , wahrend Sullas Legat 

ungunstigen Verhaltnissen in der Meerenge, die Munatius auf dem Festlande gegeniiber eine be- 

durch heftige Meeresstromungen (s. Euripos) und obachtende Stellung einnahm (88 v. Chr.), Hertz- 

tinberechenbare Pallwinde (venti ab utriusque berg 358. 361. 364. 371. Mommsen 290. 293. 

terrae praealtis montibus subiti ae proeellosi se Selbst nach der Niederlage bei Chaironeia (86 
deieiunt) bewegt war, scheiterten, Liv. XXVIII 10 v. Chr.) bot die wahrscheinlich durch Schanzen 

6, 8 — 7, 2. Auch C. Claudius Cento , welcher wieder in Verteidigungszustand gesetzte Stadt dem 

die Stadt im J. 200 durch einen Handstreich fiber- sehr reducierten Heere des Archelaos einen sicheren 

rumpelte und die Umgebung des Marktes samt Riickhalt, den Sulla nicht anzugreifen wagte, und 

dem Arsenal und Proviantdepot des KOnigs in blieb nach wie vor Hauptquartier des pontischen 

Asche legte, konnte sich mangels gentigender Be- Generals und Mittelpunkt der Flottenbewegungen, 

satzungstruppen dort nicht halten , Liv. XXXI bis die neue Niederlage bei Orchomenos (85 v. Chr.) 

22, 7 — 24, 2. Hertzberg Griechenl. unt. rom. dessen Operationen ein Ende machte, Hertzberg 

Herrsch. I 62f. Mommsen R. G.' I 703f. Make- 374. 377f. 

donien gewann in Ch. neuerdings festen Stand, Geschichtlich tritt Ch. nun kaum mehr her- 
und die Friedensverhandlungen mit Rom im J. 197 20 vor; doch ergiebt sich aus Strab. 1 446 — 448, dass 

scheiterten hauptsachlich daran, dass Philipp auf die Stadt zu Beginn unserer Zeitrechnung jeden- 

den Besitz seiner drei militarischen Hauptpunkte falls die bedeutendste der Insel und in leidlich 

in Griechenland nicht verzichten wollte, Hertz- bluhendem Zustande war ; was dagegen auf Grand 

berg 73f. Mommsen 709. Die Schlacht bei von Dio Chrys. or. 7 liber spateren Verfall an- 

Kynoskephalai zwang ihn freilich, dieselben den genommen wurde, ist unsicher, da die dort ge- 

Romern zu iiberlassen, die jedoch nach der ,Be- schilderte Stadt auch Karystossein kann, s. Her tz- 

freiung' Griechenlands ihre Besatzungen wieder berg II 191f. 290. Von Beziehungen zu ein- 

zuriickzogen (194), Hertzberg 81f. 90. Momm- zelnen Kaisern sind die Widmungen von Statuen 

sen 718. Die Miinzen aus der folgenden Periode an Tiberius und Caligula hervorzuheben , CIG 
(bis 146) zeigen zuerst die voile Aufschrift XAA- 30 2148f. Uber die Miinzen der Kaiserzeit s. Head 

KIAEQN, Head HN 304f. Ein Versuch des HN 305. 

Aitolers Thoas, sich der Stadt zu bemachtigen Aus lustinians Zeit giebt Prokop. aed. IV 3 

(192), wurde durch die romische Partei vereitelt, eine nahere Schilderung des Euripos mit seiner 

Liv.XXXV37,4 — 39,3.Hertzbergll7. Momm- beweglichen Holzbrficke; auch soil der Kaiser die 

sen 726f. Dittenberger Syll. 198 Z. 230 A.; Befestigung der Stadt erneuert haben, Hertz- 

ebenso wies man den ersten Versuch des syrischen berg Gesch. Griech. seit d. Absterb. d. ant. Leb. 

Konigs Antiochos, die Stadt zu gewinnen, zuriick, I 92. Ende des 9. Jhdts. stellt der Protospathar 

konnte sie aber, trotz der von Plamininus gewahr- Theophylaktos die Strasse von Ch. nach der lelan- 

ten Unterstiitzung, gegen die bei Aulis lagernde tischen Ebene wieder her, CIG 8801. Hopf Allg. 
Armee des Seleukiden nicht halten, Hertzberg 40 Encykl. LXXXV 132, 48. Hertzberg 233. Von 

119f. Mommsen 728. 730. Bekannt ist, wie den Bedrangnissen, denen die Stadt in jenen triiben 

der Konig den Winter 192/91 in Ch. zubrachte Zeiten ausgesetzt war, giebt die Nachricht Kunde, 

und mit der schonen Tochter des Kleoptolemos dass der Emir Osman von Tarsos im J. 880 mit 

prunkvolle Hochzeit feierte, nach der Schlacht bei 30 Schiffen Ch. angriff, aber durch den Satrapen 

den Thermopylen aber sich dort eiligst einschiffte von Hellas, Oineiates, zuriickgeschlagen wurde, 

und den Schauplatz seines Liebesabenteuers den Hopf 122, 92. Hertzberg 234. 

Romem iiberlassen musste, Hertzberg 123f. 126. Seit dem 12. Jhdt. wird fur Ch. der Name 

Mommsen 730f. Das Strafgericht, welches der Evgmoe allgemeiner iiblich, der dann mit leichter 

Stadt fur ihren Abfall zum Syrerkonig drohte, Anderung der Aussprache in Egripos umgeandert 
wurde nur durch die Fiirbitte des T. Quinctius 50 wurde, Hertzberg 234. 333. Auf ihre Handels- 

Flamininus abgewendet, dem dafiir die Stadt noch bliite in jener Zeit lasst der hohe Steuersatz 

zu Plutarchs Zeit Peste feierte, Plut. Tit. 16. schliessen, dem Ch. mit Euboia damals unter- 

Hertzberg II 225f. worfen war, Hertzberg 400f. 

Nochmals spielte Ch. eine Rolle im Kriege 1209 fassten die Venezianer in Ch. Fuss, denen 

gegen Perseus, vor dessen Ausbruch schon Q. die Stadt eine neue Befestigung, Wasserleitung, 

Marcius die Stadt besetzen liess (172/1), welche iiberhaupt ihre architektonische Physiognomie bis 

unter der Willkiir rOmischer Beamten manches zur Neuzeit verdankt, s. Hertzberg Gesch. d. 

zu leiden hatte, Hertzberg I 189f. 193. 260. Byz. 395. Baedekers Griech.s 211. Die ,Baro- 

Mommsen 762. 765. Dies mochte sie wohl ver- nia Negroponte' s. bei Spruner Handatlas3 86 
anlasst haben, sich dem Aufstand des Kritolaos 60 (Achaia). Die venezianische Periode endet mit 

im J. 146 v. Chr. anzuschliessen, dessen fiir Grie- der tiirkischen Eroberung unter Mohammed II., 

chenland ungliicklicher Ausgang die Schleifung welche am 12. Juli 1470 nach fiinf furchtbaren 

der Mauern von Ch., verbunden mit wiisten Scenen Stiirmen erfolgte, v. Hammer Gesch. d. osman. 

der Phlnderung und Mordlust, zur Folge hatte, Reich. 2 I 495f. Am 7. April 1833 ging die Stadt 

Liv. ep. LII. Polyb. XXXIX (XL) 17, 5. Hertz- an die Regierung des neuen griechischen Konig- 

berg 263ff. 277. Mommsen II 45. 47. 49. Doch reichs fiber, in dessen Freiheitskampf derselben 

liewahrte Ch. trotzdem durch den Vorzug seiner mehrfachgedachtwird,HertzbergGesch.Griech. 

Lage, durch welche sie die Seeverbindung an der IV 106. 179. 256. 259. 303. 599. 1889 zahlte 



2087 



Chalkis 



Chalkis 



2088 



die Stadt 9900, die Gemeinde 15 700 Einwohner, 
Wagner-Supan BevOlk. d. Erde IX 70. Durch 
Schleifung des venezianischen Mauerkranzes hat 
sie in den letzten Jahren viel von ihrera maleri- 
schen Aussern verloren, Philippson S.-Ber. d. 
niederrhein. Ges. in Bonn 1896/7, 81. 

Topographic. Eine anschauliche Beschrei- 
bung der Stadt giebt uns [Dikaiarch.] 26ff. bei 
Miiller Geogr. Gr. min. I 105: ,Die Stadt der 



tragen. Denn sie sind schon lange unterjocht r 
haben aber die Freiheit ihres Characters bewahrt, 
indem sie eine grosse F&higkeit besitzen, Unfalle 
leichten Sinnes zu ertragen. So sagt Philiskos: 
,Gar wackerer Griechen Stadt ist Ch.' 

Ausser dieser Hauptstelle kommt fur die Topo- 
graphie hauptsachlich noch in Betracht, was oben 
S. 2078 u. S. 2083 fiber den Ban der Briicke und 
die Verbindung mit dem Briickenkopf Kanethos 



Chalkidier hat einen Umfang von 70 Stadien, lOgesagtist, woraussich von selbst das Vorhandensein 



langer als der Weg von Anthedon dorthin. Sie 
ist durchaus hiigelig und beschattet und hat zahl- 
reiche salzige Wasser, eines aber, welches zwar 
aucb etwas brackig schmeckt (?, fjov%r\ fikv 
vaonlaxv), aber zum Gebrauch gesund und kiihl 
ist und von der Quelle Arethusa (s. d. Nr. 1) in 
geniigender Menge ausfliesst, so dass ihre Wasser- 
menge alien in der Stadt Wohnenden zu genfigen 
vermag. Auch mit Offentlichen Gebauden ist die 



zweier Hafen ergiebt (gemini portus in ora duo 
versi Liv. XXVHI 6, 8). Aus Liv. XXXI 23, 4 
ersehen wir, dass anf der Sudseite des Euripos 
sich ein in die Befestigung einbezogener , aber 
Oder Stadtteil befand; diese infrequerftissima 
urbis entsprechen offenbar dem igt/fioxaxov rfjg 
noAecog bei Aen. Tact. 4 (von Eretria her.'). Von 
sonstigen Ortlichkeiten wird bei Plut. Tit. 16 
noch das Gymnasion und das Delphinion (Heilig- 



Stadt reichlich versehen, wie Gymnasien, Saulen- 20 turn des Apollon Delphinios) genannt ; aus Plut. 



hallen, Heiligttimern, Theatern, Gemalden, Statuen 
und einem fur die Geschafte uniibertrefflich ge- 
legenen Marktplatz. Denn die Strdniung vom boio- 
tischen Salganeus und dem euboeischen Meere her 
sammelt sich im Euripos und zieht hart an den 
Mauern des Hafens hin, wo das Hafenthor (xaxa 
to ifmoQiw nvhj) liegt, an das sich sogleich der 
breite und von drei Saulenhallen umgebene Markt- 
platz anschliesst. Da nun der Hafen nahe beim 
Markt liegt und die LOschung der Schiffsladungen 30 



CHALKIS 



quaest. Gr. 33 kennen wir das IIvQoocpiov (xvq- 
ooKpoQetovl) und die axfiatoov teoxi), aus ebd. 22 
das ,Grab des Knaben' am Wege zum Euripos. 
Den Tempel des olympischen Zeus in Ch. nennt 
CIA IV 27a (Dittenberger Syll. 10). Als 
Hauptgottheit auf den Munzen erscheint Hera, 
Head HN 304. tiber die Quellen und die Wasser- 
versorgung der Stadt vgl. ausser [Dikaiarch.] a. 
a. O. Bursian Geogr. II 415f. 

Was wir iiber die Verfassung von Ch. 
wissen, beschrankt sich auf das Vorherrschen der 
adeligen Grundbesitzer, der ixxoftdxai, in alterer 
Zeit (s. o. S. 2081), wozu auch die hochconser- 
vative Beschrankung des Zutrittes zu Offentlichen 
Amtern auf das Alter von uber 50 Jahren gehort, 
Herakl. Pont. 31 (FHG II 222). Duncker V 
480. Nicht naher bekannt ist die Tyrannis des 
Phoxos (Aristot. pol. V 3[4]) und jene des Anti- 
leon (ebd. 10 [12]). tiber das Erwerbsleben der 
40 Stadt (Rinderzucht, Bergbau, woriiber auch oben 
S. 2079 zu vgl., Metallindustrie, Wein und Ge- 
treidebau, Zucht von Kampfhahnen, Fischfang, 
Purpurfarberei , Seehandel) haben Dondorff 
De reb. Chalcid. 19ff. und Bliimner Gewerbl. 
Thatigk. d. Volk. d. klass. Altert. 86ff. das Ma- 
terial zusammengestellt. Archaeologisch - topo- 
graphische Beschreibungen geben Leake North. 
Greece II 254-266 (mit Kartenskizze). Stephani 
Reisel3— 24. Ulrichs Reisen II 213-223. Bau- 
50meister Topogr. Skizze d. Insel Euboia 4ff. Bur- 
sian Geogr. II 413-415. Baedekers Griechenl.3 
21 Off. Specialkarten des Euripos und Umgegend 
lieferte die brit. Admiralitat nr. 1554 u. 2802, 
dazu die geographisch-nautische Erlauterung im 
Mediterranean Pilot IV 60ff. 
o mo moo m . 2) Alter Name der Insel Euboia, Kallidem. 

1 T^^o ' bei Plin. n. h. IV 64. Solin. 11, 15 (FHG IV 

352). Vgl. Epaphr. bei Steph. Byz. s. Ai'drjtpog ■ 
rasch erfolgen kann , ist der Handelsverkehr ein nQwxoi xalxov ixeT ivMoavxo ot Kovgr/xeg — d<p* 
uberaus reger. Denn auch der Euripos mit seiner 60 o£ ol XalxiSeTg dn>ofiaa&r)aav. Umgekehrt wird 
doppelten Einfahrt zieht den Handel in die Stadt. auch flir die Stadt Ch. der Name Euboia ange 




TUlen in engLtfiss 



Ihr ganzes Land ist mit Olbaumen bepflanzt, und 
auch das Meer ist sehr ergiebig. Die Einwohner 
sind Griechen, nicht nur dem Stamme, sondern 
auch der Sprache nach, wissenschaftlich und lit- 
terarisch gebildet {iiadfjfiaxwv evxog — yQaftfiaxi- 
xol), reiselustig (rpdanodrjfioi) und wissen die ihrer 
Vaterstadt zugefiigte Unbill mit Wiirde zu er- 



fiihrt, s. Nr. 1. Spater scheint der Name Ch. 
fur die Insel wieder in Gebrauch gekommen zu 
sein, Monst. Porph. them. II 5 p. 51 (Evjioiav, r)v 
xiveg Xahv rj Xalxi&a inovofia^ovoiv); vgl. Hierocl. 
645 Xalxlg vijoog Evfioiag. [Oberhummer.] 

3) Unter Xalxig, Stadt der Korinthier (Steph. 
Byz.), ist wohl Ch. Nr. 1 zu verstehen. 



2089 Chalkis Chalkis 2090 

4) Stadt in der Nahe des Ursprungs des Ache- einschliessenden Meerbusen den Namen Ch. ge- 
loos am Pindos, Dionys. perieg. 496 (vgl. hiezu fulirt. Gegen die Annahme einer Stadt daselbst 
K. Miiller Geogr. gr. min. II 133), daraus Steph. wendet sich nach dem Vorgange von Boeckh 
Byz. (dessen Artikel iiber Ch. in grosse Verwir- Staatshaushalt II 285 und K. 0. Miiller Gott. 
rung geraten sind; dort Verwechslung mit Ch. in Gel. Anz. 1833 nr. 127 auch Hoffmann Deser. 
Aitolien Nr. 6). Prise. 523. Paraphr. Dionys. perieg. Chalcidicae lOf. [Oberhummer.] 
492 — 497. Schol. Dionys. perieg. 496. Niceph. 10) XaXxi'e (Einwohner Xakxideig), Stadtchen 
447 — 511 (% XaXxidos yfj) ; jetzt Xalixi (von dem auf der Halbinsel des kleinasiatischen Ioniens, 
Kieselgeroil), ganz dicht an der beutigen grie- die sich gegen Chios so weit nach Westen vor- 
•chischen Nordgrenze, an der Vereinigung dreier 10 streckt und deren Land teils im Besitz der Teier, 
Quellbache des Asprop6tamos (Inachos), Leake teils in dem der Erythraier war (Strab. XIV 644). 
Travels in Northern Greece I 287. IV 211. Der Ort lag ostlich vom Korykos an der Siid- 

5) Ein kahler Felsberg (auch XaXxla, Arte- kiiste, westlich von Airai (Erai) und (20 km.) von 
mid. bei Strab. X 459f.) Sstlich vom Euenos an Teos. Eine Inschrift von Erythrai (W. Vischer 
der Kiiste von Aitolien (Plin. n. h. IV 6), jetzt Ba- Rh. Mus. XXII 1867, 326f.) erwahnt i? xdiaorvg 
gaoojiov, 917 m. hoch. Pouqueville Voyage III f\ XaXxidscov. Pausanias nennt (VII 5, 12) die 
200. Leake Travels in North. Greece I 110. Chalkideis eine Phyle der Erythraier. ,Esistwahr- 
III 538 (Gell Itin. of Morea 4 irrt, indem er scheinlich, dass die xihaaxbg der Inschrift mit 
ihm den Namen des Ortchens rakaxag giebt). der Phyle identisch ist. Indessen ware auch mog- 
Forbiger Hdb. d. alt. Geogr. Ill 863, 95. Bur- 201ich, dass eine Unterabteilung der Phyle darunter 
sian Geogr. von Griechenl. 1 129. 133. Anseinem verstanden ware'. Vischer a. a. 0. Erai da- 
siidlichsten Auslaufer lag die Hafenstadt Ch. Nr. 6. gegen gehOrte nach Strab. a. a. 0. den Teiern. 

6) Stadtchen in Aitolien (daher Alxwfoxt) In der Nahe von Ch. befand sich ein dem Alexan- 
Eustath. zu Dionys. perieg. 764) am Fuss des Berges dros dem Grossen geweihter Hain, in dem von 
Ch. (Nr. 5), daher auch'FwoxaA«4 (Sia to vnb xb den Ionern gemeinschaftlich Kampfspiele 'Ale^av- 
oqo; xsTo&ai) Hesych. Strab. X 451. Steph. Byz. dpsia gefeiert wurden (Strab. a. a. 0.) Der Land- 
s. Xalxig und 'Ynofrriftai (fj Xakxua Polyb. V 94), strich nordlich von ihr hiess gleichfalls Xakxis 
der Sage nach eine Griindung der Kureten, wahr- oder Xalmxig (s. d.). Jetzt heisst das Ortchen an 
scheinlich von der gleichnamigen Stadt auf Euboia Stelle der alten Ch. Nea-Demirdschili. Inschrif- 
als eine der ersten Stationen auf den Westfahrten 30 ten bei Ruge Berl. Philol. Wochenschr. 1892, 
gegriindet (E. Curtius Herm. X 217. 219), spater 707f. und 739f. 

•ebenso wie das benachbarte Molykreion im Besitz 11) Xalxlg (Steph. Byz.), Eiland zwischen der 
der Korinthier, Horn. II. II 640. Thuc. I 108. Nordostkiiste von Lesbos und dem am weitesten 
II 83. Hafenstadt, Stat. Theb. IV 104. ,Den alten vorspringendenVorgebirge (jetzt Tus-burtn) Klein- 
Cult der Artemis in dieser Gegend bezeugt der asiens dieser Insel gegeniiber. Von Kiepert 
Name 'Opxvyla, welches als ein am Berge Ch. ge- Formae orb. ant. IX unter Bedenken der Insel 
legener Ort genannt wird (Schol. Apoll. Rhod. I Gymno (nissi) siidlich von den Moskouissia (= He- 
419. Schol. II. I 557) und wohl von der Stadt katonnesoi) gleichgesetzt. S. Text zu dieser Karte 
Ch. nicht zu trennen ist'. Bursian Geogr. von 3 A. 39. Karte 1665 der Britischen Admiralitat 
Griechenl. I 134. 40 und Mediterranean Pilot IV 218. [Biirchner.] 

7) Insel zur Gruppe der Echinaden vor Akar- 12) Ort in Skythia, mit der Umgegend Chal- 
nanien geherig (Plin. n. h. IV 53), vielleicht die kitis; Hermeias bei Steph. Byz. p. 684 M. Viel- 
jetzt landfest gewordene XaXxhaa (394 m. hoch), leicht ein Hafenplatz an der pontischen Kiiste bei 
nordlich von der jetzigen Miindung des Acheloos. Olbia, von wo aus einst hellenische Handler Erze 

SWrchner.] und Erzwaren nach den erzarmen binnenlandischen 

ymn. II 247 Strichen schafften; vgl. lit. gek%is, lett. dzelxe, 

neben KqovvoI und Dyme genannt. Strab. VIH pruss. gelzo, slaw. %ele%o ,Eisen', Grundform q'hel- 

343 unterscheidet einen Fluss und einen Ort (xa- gho ,Eisen' = gr. x a kx°s, X a h°- ; freilich geht es 

xoixla) dieses Namens bei Samikon in Triphylia. schwer, solche uralte Worter als durch den Handel 
Er fuhrt VIII 350. X 447 einen angeblich home- 50 eingefuhrte Lehnwo'rter hinzustellen. Skythia hat 

rischen Vers an, in dem Ch. einmal xaMiQeetfQog, indes einen weiten Begriffsraum ; es kann, zumal 

das anderemal nsxQijsaaa genannt wird und spricht bei einem Dichter , ein Klistenort der Chalyber, 

VIII 351 von KqovvoI, Ch. und <Psa als ado§cov oder gar die indische Chalkitis gemeint sein. 

moxaficov ovofiaxa, fxaklov hi dxsxmv. Wahrschein- [Tomaschek.] 

lich liegt hier eine Verwirrung der Stelle des 13) Ohahis oppidum, eine griechische Colonie 

Hymnos mit Od. XV 295ff. vor ; denn der Vers in Arabien, neben Arethusa und Larisa von Plin. 

fehlt in alien Hss. und ist erst durch Barnes VI 159 genannt mit dem Zusatze: deleta variis 

in den Text gekommen, wo er seitdem mitgezahlt bellis. [D. H. Miiller.] 

wird. Kirchhoff Odyssee 508. Curtius Pel. II 14) Chalcis ad Belum in Nordsyrien (Plin. n. 
87. 117 sucht Ch. bei dem Derfchen Anemoch6ri 60 h. V 81. 89 Chaleidem eognominatam ad Belum, 

iiber der Lagune Agulenitsa. s. Belos Nr. 1; Ptolem. V 15, 18. Itin. Ant. 

9) rj9 e qxixr), beiAthen. XI 502b. Eustath. zu 194, 1. Tab. Peut. Galeida; Geogr. Rav. II 15 

Dion, perieg. 496 = Chalkidike (s. d. Nr. 2), wie auch = 86, 14 Pinder Chaeida; Amm. Marc. XXIV 1, 

aus Schol. Ar. Eq. 237 hervorgeht. An eine be- 9. Appian. Syr. 57. Steph. Byz. s. v. nr. 4. Diod. 

sondere Stadt des Namens ist hier wohl ebenso- II p. XVII. Prokop. Pers. I 90, 21. 181, 3 Bonn.), 

wenig zu denken wie bei dem X. iv "A&y des Nach Steph. Byz. war Ch. von dem Araber Moniko 

Steph. Byz. ; nach der dort angefiihrten Stelle aus gegriindet worden, eine Nacbricht, mit welcher wir 

Eudoxos hatten vielmehr die beiden Chalkidike weiter niehts anfangen konnen und die wir lieber 



2091 Chalkis Chalkitis 2092 

aufCh. am Libanon (Nr. 15) beziehen mfichten; Ch. dem Herodes, Enkel Herodes d. 6r. und Bruder 

nach Appian (a. a. 0.) gehOrt sie zu den von Seleu- Agrippas I., schenkte (Joseph, ant. Iud. XIX 

kos Nikator ,gegriindeten' syrischen Stadten. Ihre 277; bell. Iud. II 217). Nach dessen Tod kam 

Lage ist sichergestellt durch die Tab. Peut., wo- die Stadt an seinen Neffen Agrippa II. (Joseph, 

nach Ch. 53 Millien von Antiocheia entfernt war ant. Iud. XX 103 ; bell. Iud. II 221. 223). Im 

aufdem Weg nach Beroia, und durch das Itin. Ant., J. 53 n. Chr. vertauschte er sein Gebiet gegen 

das die Entfernung von Beroia (richtiger als Tab. ein grOsseres Reich (Joseph, ant. Iud. XX 138 ; 

Peut.) auf 18 Millien (siidlich) angiebt. Der bell. Iud. II 247). Weiterhin erfahren wir nichts 

heutige Name Kinnesrin (Adlernest) ist der altere mehr iiber die Geschichte von Ch.; aus der Zeit 

vorgriechische, einheimische Name der Stadt (auch 10 des Vespasian wird zwar ein Konig Aristobul von 

im Talmud erwahnt), der seit der Eroberung Sy- Chalkidike genannt (Joseph, bell. Iud. VII 226); 

riens durch die Araber wieder den griechischen ob aber hierunter das Gebiet von Ch. am Libanon 

verdrangte. Im Aufstand des Tryphon spielt Ch. oder von Ch. ad Belum verstanden ist , bleibt 

als Grenzstadt des Seleukidenreichs gegen Arabien, fraglich. Nach den Mfinzen hatte Ch. eine Aera 

in welcher Tryphon sein Hauptqnartier aufschlug, vom J. 92 n. Chr. , vielleicht das Jahr der Ein- 

eine Bolle (Diod. a. a. 0.); in Iustinians Perser- verleibung in die romische Provinz Syrien (Noris 

kriegen zient Belisar auf dem ersten Kriegszug Annus et epochae Syr., ed. Lips. 320. Eckhel 

iiber Ch. nach dem Siiden (Prokop. a. a. 0.). Von III 265). Die Lage der Stadt ist durch die An- 

der Pliinderung durch Chosroes musste sich die gaben des Josephus iiber den Marsch des Pom- 

Stadt mit einem L6segeld von 200 Pfund Gold, 20 peius (ant. Iud. XIV 40) dahin festgestellt, dass. 

die kaum in ihr aufzutreiben waren, loskaufen. sie siidlich von Heliopolis (Ba'albek) lag. Auch 

Im J. 629 wurde die Stadt von den Arabern (Abu Strabon (a. a. 0.) stellt Ch. in der Massyasebene 

'Ubeida) erobert. Als Hauptstadt von Nordsyrien, mit Heliopolis zusammen. Es entspricht der 

Sitz der arabischen Statthalter und grosse Mili- heutigen Ruinenstatte Andschar, deren Uberreste 

tarcolonie spielte die Stadt anfangs eine bedeu- (Tiirme, Mauern) einst einer bedeutenden Stadt 

tende Bolle. Je mehr aber Aleppo an Bedeutung angehort haben miissen. Miinzen s. Eckhel III 

zunahm, desto mehr sank Kinnesrin. Schon Mitte 263—265. Mionnet V 143ff.; Suppl. VIII 115ff. 

des 10. Jhdts. wurden die grossen Markte Syriens D e S aul cy Becherches sur les monnaies des te"trar- 

in Aleppo abgehalten, und Kinnesrin war eine kleine ques he're'detaires de la Chalcidene et de r Abilene 

Stadt mit unbedeutenden Gebauden. Als Nike- 30 in Wiener numismat. Monatshefte v. Egger V 

phoros (961) sich der Stadt Haleb bemachtigte, 1869, 1 — 34. Noris Annus et epochae Syromace- 

rlohen die Einwohner von Kinnesrin ; spater siedel- donum III 9, 3, ed. Lips. p. 316ff. (Gesch. der 

ten sich viele in Aleppo an. Im 13. Jhdt. hatte Stadt Ch.). Kuhn Die stadtische und biirgerl. 

auch die grosse Karawanenstrasse von Antiochien Verfassung II (1865) 169 — 174. Marquardt 

an den Euphrat ihren Lauf geandert und liess Staatsverw. 12 400ff. Bitter Erdkunde XVII 

Kinnesrin beiseite liegen; nur ganz wenige Be- 186. Bobinson Neuere bibl. Forschungen 647f. 

wohner waren noch dort zu flnden. Die Tiirken Furrer ZDPV VIII 1885, 35. Schttrer Gesch. 

nennen den Ort Eski Haleb (Alt- Aleppo). In- d. jiid. Volkes 12 593ff.; vgl. auch die Litteratur 

schrift: Le Bas-Waddington III 1832 (griech., bei dem Art. Ituraioi. [Benzinger.] 
christl.). Noris Annus et epochae Syromacedo- 40 16) Tochter des Asopos und der Metope, Diod. 

num,ed.Lips.316ff. BitterErdkundeXYII1592ff. Sic. IV 72, 1; oder Beiname der Asopostochter 

Marquardt Staatsverwaltung 12 400. Guy le Kombe, Steph. Byz. Eustath. II. 279, 8, Epo- 

Strange Palestine under the Moslems 486f. nyme von Chalkis auf Euboia, Mutter der Koryban- 

Baedeker Palaest. und Syrien* 421f. ten, d. h. von sieben chalkidischen Kureten, Schol. 

15) Xalxk vno tm Aiftavco (Joseph, ant. Iud. B. XIV 291. Sie soil den Namen von der An- 

XIV 40. 126 = bell. Iud. I 185. II 217. VII fertigung eherner Waffen erhalten haben. Aristos 
226. Strab. XVI 753. 755. Steph. Byz. Porphyr. von Salamis frg. 5 Miiller. Tiimpel in Boschers 
FHG III 724). tber die altere Geschichte dieses Lex. II 1276. 

Ch. erfahren wir nur bei Steph. Byz., dass die 17) Die wegenihresFrevelsindenVogel^afoas- 

Stadt von dem Araber Monikos gegriindet worden 50 verwandelte Harpalyke (s. d.), Schol. II. XIV 291 

sein soil, eine Nachricht, die fur uns nicht weiter [Escher.] 

controllierbar ist. Auch sonst werden die Itu- XaXxio/A,6s, ein Spiel : man drehte eine Miinze 

raeer (s. u.) als Araber bezeichnet (z. B. Cass, wie einen Kreisel und legte dann den Finger 

Dio LIX 12). In das Licht der Geschichte tritt darauf, so dass sie stehen blieb; Lieblingsspiel 

die Stadt zur Zeit, da Pompeius nach Syrien der Hetaere Phryne, Poll. IX 118. Eustath. H. 

kam. Sie war Hauptstadt des Beichs der Itu- 986,43; Od. 1409, 17. Grasberger Erz. und 

raeer (Joseph, ant. Iud. XIV 126; bell. Iud. I Unterr. 1 70. 159. Becq deFouquieres Jeus des 

185. Porphyr. a. a. 0.), welches in jener Zeit ein anciens2 298. Hermann-Blumner Privataltert. 

ansehnliches Staatswesen bildete (s. den Artikel 297, 7. Daremberg-Saglio 1 1098. [Mau.] 

Ituraioi). Ptolemaeus Mennaei war damals Herr 60 Chalkitis (Xalxtri?).- 1) Der Name des siid- 

zu Ch. Sein Sohn und Nachfolger Lysanias I. westlichen Teils des Auslaufers der gegeniiber 

wurde von Antonius hingerichtet, und ein grosser der Insel Chios sich so weit vorstreckenden Halb- 

Teil seines Landes, die Stadt Ch. mit ihrem Ge- insel. Sie hiess auch Chalkis (s. d. Nr. 10) und 

biet, der Kleopatra geschenkt (Joseph, ant. Iud. gehOrte den Erythraiern. Im Siidosten der Ch. 

XV 95; bell. Iud. I 362. Cass. Dio XLIX 3. streicht das Korykosgebirge von Norden gen Siiden. 
Porphyr. a. a. 0.). Das nachste, was wir iiber Uber die heilkraftigen Gewasser bei Thermai, jetzt 
die Geschichte der Stadt erfahren, ist, dass Clau- Ilidscha, Latris 'Iafiarma vdara rfjg 'Icovmrjg 
dius bei seinem Begierungsantritt das Gebiet von Xegoovtfoov, Ath. 1883. 



2093 Chalkitis Chalkodon 2094 

2) 'H XaXxTxig (Plin. n. h. V 151. Martian. Adern durchzogen und leicht zerreiblich, nicht 
Heracl. epit. peripli Menippei frg. 3 Mull. Arte- steinig. Nach diesen Beschreibungen hat es den 
midor. XI bei Steph. Byz. s. XaXxTxig und XaX- Anschein, als ob im wesentlichen unter %. Gal- 
xtjSwv. Hesych. s. Arj/xovrjmog %alx6s. Gillius mei zu verstehen sei (oder erne Art desselben, 
DeBosporo Thrac. 147), von den Kupferbergwerken da sonst die xaSfiia fur Galmei erklart wird), wie 
so genannt (jetzt XdXxrj, tiirk. Hejbeli ada d. h. Lenz Mineral, d. Gr. u. Rem. 116, 413 und 
Satteltascheninsel [von der Form der beherrschen- mit ausfuhrlicher Begrundung K. B. Hofmann 
den Hohen]) , eine aus zwei grossen Hiigebi be- Berg- u. hiittenmann. Ztg. XLI 491f. annehmen. 
stehende Insel, deren Erde von dem vorhandenen Daneben muss freilich die Moglichkeit zugegeben 
Kupfer rotlich gefarbt ist. Spuren alten Berg- 10 werden , dass mit dem gleichen Namen auch 
baus. Sie liegt Akritas im Thynerland (jetzt Kupfererz bezeichnet wurde, was N i e s Z. Minera- 
Maltepe) gegenuber, nicht weit von Chalkedon logie d. Plin. (Mainz 1884) 15 sogar als Haupt- 
(jetzt Kadi kjoi). Im Altertum wurde sie zu den bedeutung des Wortes betrachtet (Kupferkies flndet 
At]nc6vt]aoi gerechnet, die im Mittelalter Ilcutna- sich heute noch auf Kypern in der Nahe von Pa- 
dovrjota, jetzt IlQiyxuiovrjota heissen und wegen der phos). In diesem Sinne ist es wahrscheinlich 
grossen Schulen weithin bekannt sind. J. B. Le- identisch mit dem aerarius lapis bei Plin. a. a. 
chevalier Voyage de la Propontis. Deutsch 0. 130; und es wird denn wohl auch dieses Ma-, 
Liegnitz 1801 , 22. IlavimQa XIII 1862, 401ff. terial sein, auf das sich die Bemerkung bei Poll. 
Sk. Wisandios in KmvoxavxivovjtoXig II 298ff. VII 98 bezieht, dass man yfj vnoxo-Xxog , nicht 
Schlumberger Les ties des Princes 1884; vgl. 20 %alxyw;, zu sagen habe. Vgl. Lenz a. a. 0. 109, 
At)ix6vr)aoi. [Biirchner.] 388. Ihre Hauptverwendung fand die %., abge- 

3) XaXxTxig xcAga, ein Landstrich Hinterindiens, sehen von der Erzgewinnung , in der Medicin ; 
,reich an Kupfererzen', Ptol. VII 2, 20; die dem- vgl. Diosc. a. a. 0. Plin. a. a. 0. 118ff. Galen, 
selben auf dem Pinax zugewiesene Lage weist auf a. a. 0. und IX 3, 35 (XII 241) u. (5. 

das Grenzgebiet von Siyam gegen Kamboga. In [Bliimner.] 

indischen Schriftwerken wird dieses Gebiet that- Chalkodon (XaXxwdwv, kiirzere Form Chal- 

sachlich mit ,Kupferinsel' Tamra-dvipa, Tamba- kon, s. d. Maass Herm. XXIII 618. TOpffer 

diba bezeichnet. Sowohl das Kiistengebirge zwi- Att. Geneal. 163). Etymologie: ,Der Erzreiche', 

schen Cantabon und Samre\ als auch die nOrdlich Prodikos in Schol. II. XVI 595. XaXxo-admr, 
von Ton.ly.sap streichenden Hohenziige, zumal die 30 Maass Ind. schol. hib. Gryphisw. 1891, 12. ,A.vm 

Bodenschwelle von Ko.rath am Oberlauf des Se. der Saat der ehernen Drachenzahne entsprossen', 

mun, wo Kuy-Aboriginer das Schmiedehandwerk Tiimpel Jahrb. f. Philol. Suppl. XVI 211. Im- 

iiben, sind reich an Erzen allerart, Kupfer, Eisen, merwahr Arkad. Kulte 114f., vgl. Eustath. II. 

Zinn, Antimon; Gutzlaff (Journ. geogr.soc. XIX 500, 3. (XaXxo-odcov) und II. II 540. Dagegen 

34) hebt auch den Erzreichtum der San- und Dibbelt Quaest. Coae mythol. (Diss. Greifswald 

Lavastaaten hervor. [Tomaschek.] 1891) 26. 

4) Landschaft in Mesopotamien, Ptol. V 18, 4. 1) Der nordgriechische Ch. Die altesten 

[Fraenkel.] Spuren weisen uns in die Umgegend des malischen 

5) UoXig XaXxTns ir Meooouztq. xfjs 'haXias, Meerbusens und nach Siidthessalien als alteste 
nur genannt bei Steph. Byz. s. XaXxig, wohl irr- 40 Heimat des Ch. Ein oqos XoXxm&ovwv liegt bei 
tiimlich. [Hiilsen.] Pherai (Apoll. Rhod. 1 50. Hyg. fab. 14, vgl. u. 3 c), 

6) Was die Alten unter xaXxixig, chalcitis, wohin auch Hyperes, ein Ahne des Ch. (nach 
verstanden haben, lasst sich bei der Unbestimmt- Stemma u. 2 a) gehSrt, Pind. Pyth. IV 125 und Schol. 
heit und Verworrenheit der sie betreffenden An- (Pherekydes). Eurypylos, der Vater des Ch. auf 
gaben nicht mit Sicherheit ausmachen. Die erste Kos, ist ursprunglich der Eponyme der Thermo- 
Erwahnung des Stoffes flndet sich bei Arist. hist. pylen, Maass Gott. Gel. Anz. 1890, 347. Die 
an. V 19 p. 552 B 10, wo es von Kypern heisst, yvvfj &Qqooa der koischen Sage weist auf Ogqxis- 
dass daselbst die lalxTxig Xfflog xaiexai. Bespro- Tgaxk (s. u.). Endlich nennt uns die Ilias (XVI 
chen wird sie sodann bei Diosc. V 114, wonach 595) einen Myrmidonen Chalkon, Vater des vor 
die x- bald steinig, bald leicht zerreiblich war;50Troia durch Glaukos getoteten Bathykles. 

ebd. 115 wird sie als blut- oder mennigrot, im 2) Der chalkidische Ch., KOnig der Aban- 

gerSsteten Zustand als gelblich bezeichnet. Nach ten auf Euboia und Repraesentant dieses Volkes; 

Gal. simpl. med. IX 3, 21 (XII 228 K.) ist sie Gatte der Alkyone (Apollod. epit. 3, 11 W.), oder 

von einer Art mit den misy und sory genannten der Melanippe (Tzetz. Lyk. 1034), Vater des Ele- 

Stoffen , die auch schwer bestimmbar sind (etwa phenor (II. II 536f. Plut. Thes. 35. Apollod. Ill 

Schwefelkies oder dergl.); vgl. ebd. IV 19 (XI 130 W.) und der Chalkiope (Schol. Eur. Med. 673. 

688). Am eingehendsten handelt Plinius iiber Athen. XIII 556 F). Der altere Name von Euboia 

die x- Er giebt XXXIV 2 an, dass in Kypern war Chalkodontis , Dionysios und Ephoros bei 

ex lapitte, quern ehaloitim appellant, Erz (aes) Plin. n. h. IV 64. Nach Eustath. II. 281, 43 ist 
gewonnen werde, wahrend sonst auch cadmea da- 60 das Stemma a) Atlas o» Pleione — Alkyone osPo- 

zu diene. Noch ausfuhrlicher handelt er ebenda seidon — Hyperes — Arethusa cv Poseidon — Abas 

117 davon, wobei als Unterschied der ch. von der — Ch. — Elephenor. Arethusa ist die Nymphe 

cadmea angegeben wird , dass jene aus oberirdi- der gleichnamigen Quelle bei Chalkis und heisst 

schem Gestein herausgeholt werde, diese aus unter- auch eine Schwester des Alkon-Ch. Steph. Byz. 

irdischem, dass ferner die Ch. von Natur weich s.'Adfjvai (Ephoros). Von dieser autochthon-chal- 

sei und sich leicht zerreiben lasse. Als Bestand- kidischen Liste scheidet sich deutlich der erste 

teile werden aes, rnisy^ und sory angefuhrt. Die Teil des Stemmas , der dem boiotischen und in 

geschatzteste Sorte sei honigfarben, mit zarten zweiter Linie dem peloponnesischen Sagenkreise 



2095 Chalkodon Chalkos 2096 

angehort. Statt des thessalisch-peloponnesischen 4) Ch. aufKos, Konig von Kos, Bepraesen- 

Hyperes wurde anch Hyrieus , der Eponyme von tant des chalkidisch-euboeischen Volkselements der 

Hyria, als Vater der Arethusa genannt (wenn Hyg. Insel. "Von ihm leitete sich ein Zweig des koi- 

fab. 157 herileos aus 'YqUws entstanden ist). Mit schen Adels ab. Seine Eltern sind Eurypylos, 

Boiotien ist Ch. auch sonst verbunden. Er ist der Sohn des Poseidon, und die Meropstochter 

Herr uber Theben, bis der aus Tiryns fluchtige Klytia. Von seinem gOttlichen' Ahn hat er die 

Amphitryon das chalkidische Heer bei Leuktra Macht Felsen zu spalten geerbt; er schlagt mit 

oder bei dem Passiibergange nach Chalkis zu be- dem Pusse die Quelle Burina aus dem harten Ge- 

siegt, den Konig totet und das Land befreit, Plut. stein und stellt dariiber sein Standbild aus Erz, 
narr. am. 3. Paus. IX 19, 3. 17, 3. VIII 15, 6. lOTheokr. VII 5f. und Schol. Im Kampfe gegen 

Unter attischem Einflusse erhielt Abas statt der Eurypylos wird Herakles von Ch. verwundet, ent- 

unter a genannten Ahnen eine Eeihe attischer Vor- rinnt aber der Gefahr , indem Zeus ihn schiitzt, 

fahren. Das neue Stemma liegt in zwei Fassungen Apollod. II 138 W. Nach Schol. II. XIV 255 

vor: /?) Eustath. II. 281, 37: Pandion — Erech- totete Herakles die SOhne des Eurypylos. Plut. 

theus — Pandoros — Alkon — Abas — Ch. — Ele- quaest. gr. 58 erzahlt , dass Herakles , als er in 

phenor, und y) Schol. II. II 536 : Erechtheus — grosse Gefahr geraten war, sich in Weiberkleidung 

Kekrops — Motion — Chalkon — Abas — Ch. — Ele- bei einer ,thrakischen Prau' verborgen habe; spa- 

phenor. Aus Alkon wird unter dem Einflusse der ter, als er wieder die Obmacht gewonnen, habe 

Namensahnlichkeit Chalkon. So entstehen die Com- er die Tochter des Alkiopos geheiratet. Diese 
binationen: Chalkon Grossvater des gleichbedeu- 20 und die thrakische Frau sind offenbar identisch. 

tenden Ch. , Alkon Sohn des Abas , Steph. Byz. HOchst wahrscheinlich ist Alkiopos = Alkon und 

s. 'A&rjvou, und Vater der Chalkiope, Schol. Apoll. seine Tochter = Chalkiope. Alkon und Chalkiope 

Ehod. I 97. Zu Athen steht Ch. auch sonst in werden auch in Athen zusammen genannt (s. u. 2), 

mannigfacher Beziehung. Sein Grabmal zeigte Tumpel Bh. Mus. XLVI 1891, 548 und Bd. I 

man beim peiraeischen Thor (Plut. Thes. 27; S. 1547f. Ch. auf Kos ist wohl von Chalkis aus auf 

identisch mit dem Werke des Praxiteles? Pau- die Insel gelangt, Dibbelt a. 0.29. [Escher.] 
sanias ed. Hitzig-Blflmner I 2, 3 p. 128); wahr- XalxcoS6viov 6'gog (von einem Chalkodon ge- 

scheinlich gait er als Ahnherr des attischen nannt?), jetzt Kara dagh, in griechischer Cber- 

Geschlechts der Xalxidcu, Tflpffer a. 0. 312; setzung MavQofSovvt, das sudliche Stuck des un- 
seine Tochter Chalkiope ist die Gattin des Aigeus, 30 bewachsenen Bergzugs, an dessen nordlichem Ende 

vgl. die Sage von Alkon-Chalkiope. Ob das XaX- Pherai (jetzt BeXeorTrog) lag , Apoll. Bhod. I 50 

xidixor bicoyfia, das man an den Thesmophorien mit Schol. K. Bursian Geographie v. Griechenl. 

in Melite feierte, hieher zu ziehen sei, ist nicht I 69. Das nordliche Stuck hiess Kwdg xecpaXai 

zu entscheiden. Wichtig aber ist, dass Athen mit (jetzt auch Kara dagh). [Burchner.] 

den Nachkommen des Ch. in regem Verkehr, bald Chalkodontiades, Sohn des Chalkodon, d. i. 

freundschaftlicher bald feindlicher Art, stand, Plut. Elephenor, II. II 541. IV 464. [Escher.] 

Thes. 35. Paus. I 17, 6. Schol. Eur. Hec. 123. Chalkodontidai, Nachkommen des Chalkodon 

Eur. Ion 59f. v. Wilamowitz Aus Kydathen auf Euboia, Eur. Ion 59. [Escher.] 

204. Topffer a. 0. 163f. Dibbelt a. 0. 25f. Chalkodontis (XaXxcodovrig), dichterischer 

3) Der peloponnesische Ch. Die sechs 40 Beiname der Insel Euboia (s. d.), Plin. n. h. IV 

Trager dieses Namens stehen unter sich in nicht 64 aus alteren Quellen. [Biirchner.] 

natter zu bestimmendem Zusammenhang. Wohl Chalkomede (XaXxofieSr; und -sia), Mainade 

aber sind sie alle hochst wahrscheinlich Abanten im Gefolge des Dionysos, von dem Inder Morrheus 

(vgl. Immerwahra. 0.), und ausserdem spricht bekampft und vergeblich zur Liebe begehit. Sie 

das Stemma a fur urspriinglichen Zusammenhang heisst auch Pasithea und wird von Morrheus Chry- 

dieses Ch. mit Chalkis (s. o.). a) Chalkon, Vater somede genannt, Nonn. Dionys. XXXIII — XXXV 

der Antiochis, der Gattin des Polybos von Korinth, passim. [Escher.] 

Schol. Soph. 0. B. 775. b) Sohn des Aigyptos, Chalkomedusa (XaXxofisSovoa), Gemahlin des 

Gatte der Danaide Ehodia, Apollod. II 17 W. Arkeisios, Mutter des Laertes (Schol. Q Od. XVI 
Euboia, einst Aigyptos genannt, s. Maass Ind. 50 118. Eusthat. 1796, 34). [Wagner.] 

schol. hib. Gryphisw. 1890, 22. c) Ch. aus Argos, Chalkon (XaXxcov , Kurzform zu Chalkodon; 

Gatte der Imenarete (?) und Vater des Elephenor, s. d.). 1) Vater des Bathykles, II. XVI 595 (= 

Hyg. fab. 97 (ist etwa zu lesen Clymenae Phe- Chalkodon Nr. 1). 

retis? vgl. Hyg. fab. 14; dann ware das thessa- 2) Grossvater des Chalkodon, Schol. II. II 536 

lische Argos gemeint). d) Genosse des Herakles (Stemma 2 y) = Chalkodon Nr. 2. 
im Kampfe gegen die Eleier, in der Nahe von 3) Alkon-Chalkon, Sohn des Abas, Steph. Byz. 

Pheneos begraben, Paus. VIII 15, 6. Nach der s. 'A&vjvai (= Chalkodon Nr. 2). 
Polemik des Pausanias zu schliessen, wurde er 4) Vater der Antiochis, Schol. Soph. 0. B. 

von manchen direct mit dem Chalkidier Ch. iden- 775 (= Chalkodon Nr. 3 a), 
tificiert. Wahrscheinlich identisch ist e) der Freier 60 5) Freier der Hippodameia, Schol. Pind. 01. 

der Hippodameia, von Oinomaos getotet, Schol. I 73 (114). 81 (127) (= Chalkodon Nr. 3e). 
Pind 01. I 73. 81. Paus. VI 21, 10 (Hesiod. frg. 6) Waffentrager des Antilochos, Eustath. Od. 

158 K. und Epimenides). Elephenor ist Freier der 1697, 54. Ptol. Heph. I (= Chalkodon Nr. 3b). 
Helena nach Apollod. Ill 130 W. f) Waffentrager 7) Sohn des Eurypylos auf Kos, Theokr. VII 

des Antilochos, aus Kyparissos. Als er aus Liebe 5f. und Schol. (= Chalkodon Nr. 4). [Escher.] 
zu Penthesileia dieser zu Hiilfe kam, wurde er Chalkos (XaXxog), Sohn des Athamas, Er- 

von Achilleus getstet, Eustath. Od. 1697, 54. finder der Schilde, Plin. n. h. VII 200. K. 0. Mul- 

Ptol. Heph. I. Dibbelt a. 0. 28. ler Orchomenos 125. [Escher.] 



2097 Chalkosthenes Chalkus 2098 

Chalkosthenes (XaXxoodsvijg) , corrupte Na- Geschosse, die bei den von ihm geleiteten Kriegs- 

mensform fur Kaikosthenes, s. d. riistungen 01. 109 3/4 (342 — 40 v. Chr.) Lykurgos 

[C. Robert] auf die Burg bringen liess (s. Psephisma des Stra- 

Chalkotheke {xalxo^xt} ) , ein besonderes tokles bei Ps.-Plutarch. fit. X orat. p. 852 B. Paus. 

Gebaude (oi'xmta) auf der Akropolis von Athen I 29, 16), wie auch die Waffen, Geschosse und 

{CIA II 61 Z. 13. 12), das nur auf Inschriften des Kriegsmaschinen , die Demochares bei der durch 

4. Jhdts. v. Chr. erwahnt wird (CIA II 61. 720 B. Kassandros drohenden Belagerung der Stadt zu- 

721 B. 722 B; dass die erste Erwahnung in die sammenbrachte (c. 306; s. Droysen Gesch. d. 

Zeit des Perikles falle, ist eine irrige Angabe bei Hellen.2 II 2, 179. Ps.-Plut. vit. X orat. p. 851 D. 
Curtius Stadtgesch. v. Athen 153). Es war fur 10 CIA II 250; und die Inventare CIA II 733 B. 

gewohnlich verschlossen (CIA II 61 Z. 13. Ly- 734 B). 

curg. frg. 102) und hatte einen Smotiddofios (CIA Nichts zu thun hat dagegen die Ch. mit der 
II 720 BIZ. 32. 721 B II Z. 19. 22f. [hier zwar SitXo&rixrj, wie als Gebaude vielmehr (uncorrecter 
von Derpfeld Athen. Mitt. XIV 309, 1 ange- Weise) die Philonische Skeuothek Cfters genannt 
zweifelt, aber durch 720 geschtttzt]). Ob die Stoa, wird (vgl. Wachsmuth Stadt Athen II 78). 
die CIA II 720 B II Z. 11 u. 19 (aroa fiaxgd) Gesucht hat man die Ch. , die Kirchhoff 
erwahnt wird, zu ihm gehort, konnte an sich noch fur einen Teil des Parthenon hielt, an 
wegen der Beschaffenheit der hier aufbewahrten drei verschiedenen Stellen der Burg. Zuerst in 
Gegenstande (Kleider, Wolle u. dgl.) zweifelhaft dem Gebaude in der aussersten Sudostecke (so 
sein ; doch scheinen diese Sachen erst infolge eines 20 schon Ulrichs Plan der Akropolis, Abh. Akad. 
besonderen Psephisma des Hegemon (CIA II 720 B Munch. Ill 3 zu S. 677; Taf. I 2 bei 27; dann 
II Z. 8) nachtraglich aus einer andern Stoa hie- Kohler Arch. Anz. 1864, 299. Pervanoglu 
her iibersiedelt worden zu sein. Jedenfalls folgt Bull. d. Inst. 1864, 84. 1866, 132; es ist das 
aus der Bezeichnung CIA II 61 Z. 35f. iv xfj Gebaude, das auf Taf. V bei Curtius Stadt- 
XaXxofrrjxfl avxfj, dass ein Neben- oder Vorraum gesch. mit nr. 21 bezeichnet ist). Dann bei Be- 
nder eine Vorhalle) dagewesen sein muss. In- ginn der jiingsten Aufraumung der Burg in dem 
ventare (vielfach auf den tJbergabeurkunden der damals am Nordrand nahe der westlichen Ecke 
Schatzmeister der Burggbttin mitverzeichnet) fin- zum Vorschein gekommenen grCsseren Bau , der 
den sich seit ca. 370 (CIA II 678 B) bis zum durch eine von Nord nach Siid laufende Mauer 
Ende des 4. Jhdts. nicht ganz wenige : CIA II 30 in zwei Abteilungen zerfallt und dem nach Siiden 
689. IV pars II 700b. II 715. 716. IV pars II eine Halle vorgelegt ist (nr. 37 auf Curtius 
716b und c. II 720 B. 721 B. 728 B. 729 B (Add. Plan; so Lolling in Miillers Handb. Ill 343f. 
p. 508). 729b B. 733 B. 734 B. 736 B. Danach Penrose Journ. of Hell. Stud. VHI 270). Fur 
muss die Ch. ein ziemlich stattliches Gebaude diese Annahme spricht, dass die Keste der In- 
gewesen sein. Denn es enthielt erstens als ,De- ventarisationsurkunde von 354, die sfaiQoa&sv tfjg 
pendenz des Parthenon' alle moglichen ehernen xalxo^xt)? (CIA II 61 Z. 19) aufgestellt war, 
Gerate, die Eigentum der Gottin waren (wie fur zwischen Propylaeen und Erechtheion gefunden 
Apollon denselben Zwecken die %aXxo&tjxri in sind ; aber die hier hervorgezogenen Bronzen (die 
Delos diente) , z. B. Gefasse zum Wassersieden, man gleichfalls zu Gunsten der Annahme anfuhrt) 
SchOpfkellen, Pleischzangen, Bratspiesse, Trink- 40 stammen nicht aus dem Bau selbst, sondern aus 
schalen u. s. w. Zweitens war es das Zeughaus der unter ihm gelegenen Cisterne ; und insbeson- 
fiir die dem Staate gehorigen Schilde (z. B. wer- dere ist das Gebaude (17 x lSifem.) kaum ge- 
den CIA II 678 B Z. 65 verzeichnet 1500 dam- raumig genug. So hat die meiste Wahrschein- 
Ses Aaxwvixal) , Panzer, Lanzen, Beinschienen lichkeit, dass der im Winter 1888/9 blossgelegte 
und andere Waffen, selbst Katapulte und Wurf- viermal grossere Bau mit Halle gleich westlich 
geschosse. Drittens wurde es (seit 01. 112, 3 == des Parthenon am Siidrande der Burg (nr. 15 auf 
330 v. Chr.) auch als Eeservearsenal fur das Curtius Plan) die Ch. war, was DOrpfeld 
hangende Gerate der hundert zuriickgestellten Ath. Mitt. XIV 306ff. vertreten hat; auch die 
Trieren (rgiriQeis sSaigstoi) benutzt (CIA II 721 B Zeit stimmt, da diese Anlage nach dem Parthenon, 
Z. 21ff. 807. 808. 809; vgl. Wachsmuth Stadt 50 aber spatestens Anfang des 4. Jhdts. errichtet 
Athen II 91ff.). Diesem gemischten Charakter sein muss. 

der Magazine entsprechend wurde die Neuinven- Litteratur: Kirchhoff Philol. XV 202ff. (bei 

tarisierung, die 358 oder 354 stattfand (das be- Behandlung der Inschr. CIA II 61). Bohnecke 

treffende Psephisma steht CIA II 61), unter dem Demosth., Lykurg. u. Hyper. II 306. Michaelis 

Vorsitz der Prytanen und der Assistenz sowohl der Parthenon 306f. 365 (zu S. 293)f. Lolling a. 

Schatzmeister der Gottin als der Militiirbeherden a. O. Dorpfeld a. a. O. mit Plan des Gebaudes 

vorgenommen. auf S. 307. [Wachsmuth.] 

Hienach ist unzweifelhaft die Ch. identisch Chalkus {xalxovi), vom Metall abgeleiteter 

mit dem armentarium, aus dem die Waffen fort- adjectivischer Name einer Teilmiinze des Obolos 
zuschaffen Lykurgos (frg. 102 bei Rutilius Kupus 60 (dazu , wie es scheint, eher zu erganzen SfSoXog 

I 7) einmal (01. 109 , 4 = 341/40 v. Chr. , vgl. als OTarne), ' m At hen der achte Teil des Obolos 

B9hnecke Porsch. I 459f.) die Jugend verhin- (z. B. Poll. IX 65, der auch ein Zeugnis des Ko- 

derte. Und die dreihundert in der Schlacht am mikers Philemon hiefiir ausniitzt) und daher so 

Granikos erbeuteten persischen Schilde (Plut. Alex. auch in der im romischen Kaiserreich recipierten 

16) oder gar Panoplien (Arrian. anab. II 16, 7), Form der attischen Kechnung (z. B. die sog. ta- 

die Alexander nach Athen als Weihegabe fur die bula Cleopatrae bei Hultsch Scr. metr. 1 234, 

'A&tjvd iv noXei sandte, miissen ebensowohl hier 16, wo auf das y^dmia — scriptulum 2 6{loloi oder 

aufbewahrt worden sein, als die Waffen und 50000 16 %. gerechnet werden, oder Papyri der Kaiser- 



2099 Challis Chalybon 2100 

zeit); anderwarts angeblich mitunter i/ 6 Obolos des Eisens, die es zuerst erfunden haben soil, 
(z. B. Photios s. ofJoXog oder Suid. s. rdXavtov, der Aischyl. Prom. 714. Schol. Eurip. Alkest. 980. 
sich auf Diodor iv z<p jisqi orafifiaiv beruft, was Xen. anab. V 5, 1. Dionys. perieg. 768. Verg. 
um so auffalliger ist, als derselbe Diodor in den Georg. I 58. Ps.-Arist. de mir. ausc. 481. Strab. 
Homerscholien zu D.. V 576 dem Obolos 8 Chalkoi XII 549ff. Apoll. Khod. II 141. 373. 1002—1010. 
giebt). Die Wertbezeichnung %. voll ausgeschrie- I 1323 und Schol. Schol. Lycophr. 1109. Plin. 
ben oder abgekurzt findet sich ab und zu auf n. h. VII 197. Amm. Marc. XXII 8, 20. Val. 
syrischen Miinzen, auch sonst vereinzelt. Ch.- Place. Argon. IV fiOOff. V 105ff. Auch Gold 
Siglen bei Hultsch Scr. metr. 1 171. II p. XXIX, (Ps.-Arist. a. a. O. 26) und Silber (Strab. a. a. O.) 
bei Wilcken Herm. XXII 633ff., sowie in denlOfand man dort, daher verlegten einige das home- 
Indices einiger Papyruspublicationen. S. Obolos, rische Olybe dorthin (Strab. a. a. O.). Sie sollten 
Dichalkon, Trichalkon, Tetrachalkon genannt sein nach XdXvy, dem Sohn des Ares 
(= 1/2 Obol). . [Kubitschek.] (Schol. Apoll. Khod. II 373). Die Angaben iiber 

Challis, Ort Igyptens, beim Geogr. Rav. die Wohnsitze schwanken ausserordentlich. Am 

III 2, vgl. Chale. [Sethe.] Pontoslasst sie Vibius Sequester 34 wohnen, Herodot 

Chalonitis (XaXcoving) , Landschaft im Siid- (I 28) zahlt sie unter den evrog "AXvog (also west- 

westen Assyriens um das Zagrosgebirge, Strab. XI lich) wohnenden Volkern auf, nach Mela (I 105) 

529. XVII736. Isid. Char. 3 (Mii Her 250). Dionys. lagen Sinope und Amisus in ihrem Gebiet. Heka- 

perieg. 1015. Plin. n. h. VI 122. 131. Eine andere taios bei Steph. Byz. nennt sie ein Volk em z<j> 
Form dieses Namens zeigt KsXcovsg, Diod. XVII 20 8sq/a.<o8ovti, vgl. Eustath. a. a. O. Nach Plin. VI li 

110, 4 (vgl. Ncldeke Sasaniden 138, 3). Eine wohnen sie zwischen dem Thermodon und Cotyo- 

hellenische Stadt in diesem Gebiete nennt Isid. rum. als westliche Nachbarn der Tibarener, ebenso 

Char. a. a. 0. XdXa, ebendiese ist wohl auch mit bei Val. Flacc. a. a. 0., vgl. Ephoros bei Steph. 

Halm Tac. ann. VI 41 gemeint. Der Name hat Byz.; nach Anon, peripl. pont. Eux. 31 von Pole- 

sich im jetzigen Hulwan erhalten. [Fraenkel.] monion bis in die Nahe des Thermodon. Weiter 

Chalos. 1) XdXog , auch Xdog , Varianten Ostlich werden sie angesetzt von Strabon, um Phar- 

des Namens "0%Xog. So hiess der Berg bei Ephesos, nakia , von Skylax 88 , westlich vom Hafen Ge- 

in dem sich die Grotte befand, in der die sieben netes, von Dionys. perieg. 768, von Xen. anab. 

Junglinge unter Kaiser Decius eingeschlossen wur- V 5 , 1 , Ostlich von Kotyora ; ausserdem nennt 
den, die dann nach 184 jahrigem Schlaf am 27. Juli 30 er sie zwischen Mossynoiken, denen sie unterthan 

429 wieder erwacht sein sollen. S. Tomaschek waren, und Tibarenern. Diese Verschiedenheit 

S.-Ber. Akad. Wien CXXIV (1891) vm 32. S. der Angaben lasst die von Miiller zu Skylax 

chlos. [Biirchner.] 88 angedeutete Auffassung als richtig erscheinen, 

2) XdXog (Xenoph. anab. I 4, 9), Fluss in dass namlich Ch. tiberall da angesetzt wurden, 

Syrien , den das Heer der Zehntausend von der wo die Eisenerze des Bodens verarbeitet wurden. 

Kiistenstadt Myriandros aus in vier Tagemarschen An vielen Stellen in den pontischen Kiistenge- 

erreichte. Die Fische des Flusses waren heilig birgen giebt es reiche Erzlager, von deren Aus- 

und durften nicht beschadigt werden. An dem beutung im Altertum sich auch hier und da noch 

Fluss lagen die Ortschaften. aus denen die Per- Spuren erhalten haben. Vgl. C u i n e t Tarquie 
serkonigin Parysatis ihre Nadelgelder bezog. Jetzt 40 dAsie I 18. 57. 68. 81. 89. 113. 122. 127. Eine 

Nahr el-Kuweifc (tiirkisch Gok Su), an welchem ausfiihrliche Bcschreibung der Eisengewinnung in 

Aleppo (s. Beroia Nr. 5) liegt. Derselbe entspringt dem Gebirge von Unieh (Oenoe), also da, wo Heka- 

einige Tagereisen nOrdlich von der Stadt und ver- taios, Skylax, Plinius und der Anonymus die Ch. 

liert sich etwa 2 Stunden siidlich von derselben suchten, steht bei Hamilton Eeisen in Kleinasien 

in einem Sumpf (el-Match). Er ist noch jetzt (iibers.) I 256fF. 

sehr flschreich, die von seinem Wasser berieselten 2) Scharf von den vorigen zu scheiden sind 

Ufer ausserordentlich fruchtbar. RitterErdkunde die von Xen. anab. IV 4, 18. 5, 34. 6, 5. 7, 15 

XVII 1687 — 1693. Baedeker Palast. u. Syrien 4 erwahnten Ch.; denn wahrend die Eisenarbeiter 

418. [Benzinger.] den Mossynoiken unterthan sind, werden die ande- 

Chaltapitis (XaXramtig), Landschaft in Su- 50 ren als ein ausserordentlich streitbares und tapferes 

siana, nordlich von der Ebene Deera (s. d.), Ptol. Volk geschildert. Fur sie wird auch vielfach der 

VI 3, 3. H. Rawlinson (Journal R. Asiat. So- Name XaXSatoi gebraucht (Xen. anab. V 5, 17. 

ciety new ser. XII 1880, 213) stellt den sonst IV 3, 4 ; Cyrop. Ill 2, 7). Das werden wohl die 

unbekannten Namen mit Hallapirti (so Naks-i- Armenochalybes des Plinius sein (n. h. VI 12. 29). 

Rustem 17, sonst HalpirtC Hapirti geschrieben) Strabon sagt (XII 549), dass die andern Ch. jetzt 

zusammen; dies is¥ die susische Bezeichnung fur XaWcuot hiessen. MitdenbabylonischenChaldaeern 

Susiana (Elam) in den Achamenideninschriften. haben sie naturlich nicht das geringste zu thun. 

[Weissbach.] Schrader ZDMG XXVII 397ff. [Ruge.] 

Chalusus, Fluss im nordlichen Germanien, 8) Chalybes bei Plin. n. h. VI 176, schlechtere 

zwischen Elbe und Oder. Ptol. II 11, 2 (mit der An- 60 Lesart anstatt Thalibes (s. d.). [Sethe.] 

merkung von C. Miiller). II 11, 7. Vgl. die Cliali Chalybon [XaXvfiwv Ptolem. V 15, 17. Posei- 

0. S. 2063. Nach Miillenhoff Deutsche Altert. don. FHG III 276. Strab. XV 735. Athen. I 28), 

II 212 die Havel (Ohabula = Habula, XdXovaog Stadt in der nach ihr benannten syrischen Land- 

bei Ptolemaeus verderbt?). Gegen Miillenhoff schaft Chalybonitis, offenbar nicht bedeutend, aber 

vgl. Much Deutsche Stammsitze 185. [Ihm.] beriihmt durch ihren Wein, der auf die Tafel 

Chalybes. 1) XdXvfieg, auch XdXvpoi (Heka- der PerserkOnige in Susa kam (Strab. a. a. 0. 

taios bei Steph. Byz. Eustath. zu Dionys. perieg. Poseidon, a. a. 0. Athen. a. a. 0. Ezechiel 27, 

768), ein Volk, beriihmt wegen der Bearbeitung 18). Poseidonios und Athenaios berichten, dass 



2101 Chalybonitis XctfiaiSotaovrjg 2102 

der "Wein von Ch. auch in Syrien bei Damaskus scheint Euscus hypophyllum in der Eegel kulti- 

wachse. Nach Ezechiel (a. a. 0.) muss Chelbon viert worden zu sein, wie denn auch von seiner 

in der Nahe von Damaskus gelegen haben. Es Anpflanzung durch Wurzelsprossen die Eede ist. 

ist demnach trotz der Namensahnlichkeit nicht mit (Geop. X 3, 4). Dem von Dioskorides angegebenen 

Chalep-Aleppo (s. Beroia Nr. 5) gleichzusetzen, lateinischen Namen entsprecbend findet sich in 

sondern entspricht dem heutigen Orte Helbun im den griechisch-lateinischen Glossaren und zwar 

Wadi Helbun, nSrdlich von Damaskus. Die Gegend unter den Gemusen camodafm und %. mit laurocina 

ist wie geschaft'en zum Weinbau, ungeheure schiefe (Corp. gloss, lat. Ill 185, 46. 266, 10) und unter 

Felder feinen KreidegerOlls Ziehen sich an beiden den Heilmitteln eami dagni mit lauriola (ebd. 
Seiten des Thales hin. Wenig Euinen; Frag- 10 609, 25) identificiert. Der genannte alexandrinische 

mente griechischer Inschriften. Bitter Erdkunde Lorbeer wird nun aber fast ebenso wie die %. be- 

XVII 1318ff. Baedeker Palaest. u. Syrien* 358. schrieben. Denn seine Prucht kommt auch aus 

Inschriften: Le Bas- Waddington III 2552 der Eippe des Blattes (Theophr. h. pi. Ill 17,4) 

— 2555. [Benzinger.] oder ist auf diesem aufgewachsen (ebd. I 10, 8) 

Chalybonitis, bios von Ptolemaios (V 15, 17) oder beflndet sich mitten darauf (Diosk. IV 145 \ 

erwahnte Landschaft in Syrien, die von der Stadt vgl. Plin. XV 131) ; auch sein Vorkommen in Ge- 

Cbalybon ihren Namen hatte, s. d. [Benzinger.] birgen (ebd.) , besonders am Ida (Theophr. ebd. 

Chalybs. 1) Pluss in Keltiberien, bei Ge- III 17,4. Plin. a. a. O.) und bei Herakleia in 

legenheit der Hartung des Stahls durch Wasser Bithynien (Plin.) passt auf die angegebene Art, 
von Iustin. XLIV 3, 8 erwahnt, ist aber, wie das 20 von welcher er nur eine Varietat gewesen sein 

,benachbarte' Volk der Chalybes, nur eine auf kann. Denn Euscus aculeatus L. wird mit *«»>- 

MissverstandnisdergriechischenQuellen(Timaios?) rgouvQQivt] (Theophr. ebd.), fivgocvrj dygia (Diosk. 

beruhende Vermischung mit den pontischen Cha- IV 144), dgvfivQoirt] (ebd. u. 145), myrtus sihestris 

lybern. Vgl. C eltib eri o. S. 1891. [Hiibner.] (Plin. XV27. XXIII 165. 166), ruscus (s. die Lexica) 

2) Sohn des Ares, Eponymos des skythischen u. s. w., Euscus hypoglossum L. aber mit vnoyXaxy- 

Volks der Chalyber in Kleinasien, Schol. Apoll. oov (Diosk. IV 132. Plin. XXVII 93) bezeichnet. 

Ehod. II 373. [Tumpel.] Andrerseits sollte auch die viea pervica, das 

Xdfi , Sohn des Noah , Stammvater der afri- Immergriin (Vinca maior oder minor L.), chamae- 

canischen VOlker, darunter auch der Agypter, da- daphne heissen konnen (Plin. XXI 68. 172. Corp. 
her Agypten poetisch yfj Xd/i (Psalm. 104, 23. 27. 30 gloss, lat. 554, 29. 618, 57). Ja es findet sich 

105, 22 , vgl. Theodoret bei Suid. s. fiav/udoia) endlich x<tuai8a<pvi]ToXdxavov mit fraga, wohl Erd- 

oder axt]vc6fiara Xdfi (Psalm. 77, 51, vgl. Theo- beere, identificiert (ebd. II 475, 14). [Olck.] 

doret bei Suid. s. Xdfi) genannt wird. Ob X. XafiaiSixaori/js (bei Lyd. de mag. Ill 49 

mit dem einheimischen Namen Agyptens Keme ^a/Wf^Ao? dixaorrjg) ist in byzantinischen Quellen 

(Xtjixla) etwas zu thun hat, ist mindestens fraglich. zur Bezeichnung des Unter- oder Hilfsrichters 

[Sethe.] gebraucht, der in Iustinians Pandekten iudex 

Xafiai8a<pvtj = Euscus hypophyllum L. Dass oder arbiter datus, bei Ulpian, Paulus (sent. V 

eine der drei Euscus- oder Mausedornarten ge- 28 = Dig. XLVIII 19, 38, 10) und in Constitu- 

meint ist, geht aus den Worten des Dioskorides tionen auch iudex pedaneus, im Cod. Theod. und 
(IV 147, vgl. Plin. XXIV 132) hervor, dass die 40 lust, meist arbiter, in griechischen Kaisererlassen 

runde rote Frucht den Blattern (Kladodien) auf- zuweilen diannr^g (Cod. lust. II 12, 27 [Kriiger], 

gewachsen sei, und zwar Euscus hypophyllum, restituiert; vgl. Bas. VIII 2, 100. Nov. lust, 

weil die Zweige als einfach (nicht verastelt) be- LXXXII 1 — 4. 6. 9) heisst. X. findet sich bei 

zeichnet werden. Nach demselben nannte man Zeno Cod. lust. VII 51, 5, 4 (Kriiger, restituierti 

sie auch dcupvhng, v&Qaywyov, die Eomer Xavqeoka, vgl. Bas. IX 3, 69). lust. Nov. LX 2 pr. Theophl 

andere XaxxdycDs, die Gallier ovoovpifi; manche paraphr. inst. IV 15 pr. Lyd.de mag. Ill 8 (em. 

auch diesen Lorbeer den alexandrinischen. Die rovg aedaveovg, avxl xov xaftaidixaordg), im Text 

Zweige werden von ihm als ellenlang, aufrecht, und in den Scholien der Basiliken. Wie die Pro- 

diinn und glatt geschildert, die Blatter als denen vincialstatthalter und die hsheren Beamten, so 
des Lorbeers ahnlich, aber viel glatter und heller ; 50 bestellt auch der Kaiser Unterrichter ; doch hat 

diese wurden zerrieben gegen Kopfschmerzen und man fur die kaiserlichen Commissarien wohl nie- 

Bremien im Magen aufgelegt; mit Wein gegen mals (Schol. zu Bas. VIH 1, 1 Heimb. I 327 

Leibschneiden genommen ; der Saft sollte, in Wein steht nicht entgegen) den die untergeordnete 

getrunken oder mit Wolle aufgelegt, die Men- Stellung betonenden Namen iudex pedaneus oder x- 

struation und das Harnen befordern. Von Theo- verwendet (Bethmann-Hollweg Civilprocess d. 

phrast (h. pi. Ill 18, 13) wird nur gesagt, dass gem. Eechts III 181f. 118, 18). Die griechische Be- 

das sv<ovv/uog (der Oleander?) grfisser als die x- zeichnung diirfte zutreffend daraus erklart werden, 

sei. Besonders wird die harntreibende Wirkung dass dem Unterrichter das Tribunal fehlt (anders 

der x- hervorgehoben (Gal. XIX 695); im ubrigen Eudorff Bom. Eechtsgeschichte II 46). Diese 
werden ihr dieselben medicinischen Eigenschaften 60 Deutung bleibt annehmbar, auch wenn sie mit 

wie dem alexandrinischen Lorbeer beigelegt (Gal. Mommsen (St.-E. Ill 963, 1 gegen Willems 

XI 863. Orib. coll. med. XV 1, 4. 7); Pferde er- Le senat de la rep. Bom. 12 143) fur den latei- 

hielten im Sommer zur Aufmunterung ein Ge- nischen (mit Unrecht bestritten von Zachariae 

trank da von mit anderen Vegetabilien in Ziegen- v. Lingenthal Ztschr. f. Bechtsgesch. Bom. 

milch (Pelagon. 184). Die jungen Sprossen gaben Abt. XXI 222) Namen iudex pedaneus abgelehnt 

emen guten Ersatz fur Spargel (Gal. VI 643. XI wird. Naheres iiber den Unterrichter und Litte- 

863). Da Plinius (XV 131) auch einen wilden ratur im Art. Iudex (pedaneus) und o. Arbiter 

Strauch des Namens ekamaedaphne kennt, so Nr. 3 (Bd. II S. 410f.). [M. Wlassak.] 



2103 Chamaikoitai Chamaileon 2104 

Chamaikoitai, Steppenbewohner auf der Nord- dramen) Suid. s. 'AmbXeoag xov olvov. 1 2. negl xa>fta>- 

seite des Kaukasos, neben Troglodytai und Poly- 8lag (iv sxx(p Ath.. IX.374:a.;ivixxci>izeelxr)gaQxatag 

phagoi,TheophanesbeiStrab.XI506. VgLKoitai. xw/icpdiag IX406e). II. 13. Tlgoxgimxixog Ath. IV 

[Tomaschek.] 184d. 14.jr«e«/*«#»7gClem. Alex. Strom. 422 P. Ath. 

Chamaileon. 1) Chamaileon (vglE. Kopke De X 427b. XI 461 a. 15. negi tdovijg VI 273c. VIII 

Chamaeleonte Heracleota. Pr. Berlin 1856. Zeller 347 e. 16. jzsqi&scov Clem. Alex. Strom. 351 P. Aus 

Ph. d. Gr. 113 2, 899, 3), Peripatetiker (Tatian. adv. dem ersten Teile dieses Verzeichnisses ist ersicht- 

Gr. 31 p. 31, 21 Schwartz), bald S'HgaxXscoxrjg (Ath. lich, dass Ch. das gesamte Gebiet der griechischen 

IV 184d u. 0.) bald 6 IJovxixog (Ath. VI 273c u. 0.) Poesie, Epos, Lyrik und Drama, in Einzeldarstel- 
genannt. tiber sein Leben besitzen wir keinerlei 10 lungen behandelt hat. Die Vermutung liegt nahe, 

tlberlieferung. Daraus, dass seine Schrift negl dass er auch liber Sophokles und Euripides je ein 

fidovijs auch unter Theophrasts Namen lief, wUl ovyygafifia geschrieben habe. Aus einer Schrift 

Kopke 3f. folgern, er sei ein Schuler des letzteren fiber Alkman stammen vielleicht die beiden Frag- 

gewesen. Zeller mOchte in ihm eher einen Mit- mente 24 und 27 (Ath. IX 390 a und XIII 600f ), die 

schuler desselben sehen, mit Bucksicht auf Diog. Kopke ohne zwingenden Grund auf den Protrep- 

Laert. V 92, wo Ch. seinen Landsmann Herakleides tikos bezieht (s. u.). Die dflrftigen Bruchstucke 

des Plagiats an seinen Schriften beschuldigt. Eine lassen den Charakter seiner Schriftstellerei nur in 

merkwiirdige Parallele hierzu ergiebt sich aus undeutlichen Umrissen erkennen (vgl. Leutsch 

Plut. Pericl. 27, wo Herakleides bei einer Polemik Philol. XI 21ff.). In den Dichterbiographien traten 
gegen Ephoros eine Stelle des Anakreon benutzt, 20 anekdotenhafte Ziige stark in den Vordergrund, 

die Ch. in seiner Schrift tiber diesen Dichter aus- die er nicht alle in der Cberlieferung vorfand, 

fiihrlich interpretiert hat (Ath. XII 533 e). Wenn sondern zum Teil durch Interpretation von Stellen 

Unger Rh. Mus. XXXVIII 496ff. nachweisen will, der betreffenden Dichter selbst construierte. Ferner 

•dass beidemale ein jfingerer Herakleides Pontikos zog er zu diesem Zweck die Dichtercaricaturen 

gemeint sei, dessen Zeitgenosse Ch. gewesen, so der Komoedie heran (vgl. P. Schoell De locis 

sind die daffir vorgebrachten Griinde nicht stich- nonnullis ad Aeschyli vitam et ad historiam tra- 

haltig (s. Herakleides). Daraus, dass Ch.s goediae graecae pertinentibus epistula, Jena 1875, 

Schrift iiber die KomSdie von Ath. IX 406 e iv 50ff.). Es mag daher ein betrachtlicher Teil der 

MxrcpasQi TijsaQxaias »*<»/«£)<5«a? citiert wird, darf spater cursierenden Anekdoten auf Ch. zurfick- 
man nicht (wie Unger 498) folgern, Ch. habe30gehen (fur die Vita Aeschyli macht dies Schoell 

die Dreiteilung der KomOdie gekannt; scheidet a. 0. wahrscheinlich). Die Schrift iiber Homer 

doch schon Aristoteles an der bekannten Stelle war, wie es scheint, hauptsachlich der Exegese 

Eth. Nic. IV 14 p. 1128 a 22 unter den komischen gewidmet, jedoch nicht ohne eine Biographie 

Dichtern die naXatoi von den xmvoi. Demnach des Dichters (Tatian. 31. Schrader Porphyrii 

bleibt die Wahrscheinlichkeit bestehen, dass Ch. quaest. Horn. 422); die wenigen Eeste stellen 

noch gleichzeitig mit seinem bekannten Lands- der Interpretationskunst Ch.s ebensowenig ein 

mann Herakleides litterarisch thatig war, also glanzendes Zeugnis aus, wie etwa seine Deutungen 

zu den alteren Peripatetikern gehOrte. Ein ge- der pseudosimonideischen ygTcpoi (vgl. Reitzen- 

naueres Datum ware gewonnen, wenn man inn stein Epigramm und Skolion 116ff.). Uber die 
sicher identificieren dfiifte mit dem von Memnon 40 philosophischen Schriften lasst sich noch weniger 

in seiner Chronik Herakleias (Phot. bibl. cod. Sicheres behaupten. Samtliche vier Titel kommen 

■224 p. 226 a Bekk.) erwahnten Ch., der als Ge- auch unter den Schriften des Theophrast und 

sandter dieser seiner Vaterstadt dem Seleukos mit Ausnahme von Ttsgi &ecov auch unter denen 

Nikator eine freimtitige Antwort gab (im J. 281/280 des Aristoteles vor; uisqI fjdovijc; ist vielleicht iden- 

nach dem Zusammenhang bei Memnon); doch tisch mit einer der beiden unter Theophrasts Namen 

kommt man auch hier fiber die Vermutung nicht gehenden Schriften, die Diog. V 13 erwahnt (Ath. 

hinaus. Die Fragmente ergeben ebenfalls keinen VIII 347 e. VI 273 b und c vgl. mit XII 511 c. d) ; 

chronologischen Anhaltspunkt ; dass Straton ihn die Fragmente von ne^i fis&rjs zeigen Berfihrungen 

citiert hat, ist nicht unwahrscheinlich (Wend- mit dem gleichnamigen theophrastischen Buch 
HngDePeplo Aristot. 67). Die Schriften Ch.s 50 (Kopke 39ff.). Jedenfalls sind also fiir diese 

waren teils litterarhistorischen, teils popularphilo- Schriften enge Beziehungen zu Aristoteles und 

sophischen Inhalts. Die sparlichen, zum grossten Theophrast anzunehmen. Im Protreptikos war 

Teil durch Athenaios erhaltenen Fragmente hat von dem ethischen Wert der Musik die Rede (Ath. 

Kepke gesammelt, jedoch Ath. 1 22 e und Eustath. IV 184 d. XIV 623 f ; vgl. K6pke 36ff. Hartlich 

Vita Pind. (ttbereinstimmend damit die der ambros. Leipz. Stud. XI 273) ; doch darf man deshalb nicht 

Schol., s. ChristsPindarausgabe 1896 p. C 5 und (mit Kopke) dies als Hauptinhalt der Schrift 

CV 26) fiberseh en ; dazu kommt noch Schol. Genev. bezeichnen und hierauf gestfitzt ihr Fragmente 

II. XXI 390. Titel: I. 1. (jtsQt'O^eovyi vgl. Diog. zuweisen, die besser unter andere Titel passen 

Laert.V92; Schol. Genev.: iv a nsgl'Ikiddoe; Schol. (s. o.; frg. 28 ist mit Me in eke auf jtsQi xcofi<{>- 
Apoll. Rhod. H 904 : iv niimxy usqI 'Ruxdog (in 60 Slag zu beziehen). Als echt peripatetischer Zug 

den Scholien zur Ilias wird Ch. fiinfmal, zur Odyssee des Ch. ist noch sein Interesse fur vofiijta, svqtj- 

einmal citiert). 2. {jisqi'Hoi68ov)1 vgl. Diog. Laert. fiaxa und xaQoifilcu hervorzuheben. Uber ver- 

a. 0. 3. jieQi 2xr)oix6eov Ath. XIV 620 c. 4. negi mutliche Benutzung des Ch. durch spatere Schrift- 

.2c«i:<po%Xni599c. 5. jisQt'Avaxgiovxog XII533e. steller vgl. Schoell a. 0. Susemihl Alex. Litt. 

6. jieslAdoovWmSZSb. l.as S l2i/icavl8ovX4h6c. I 149, 773. 327. 528. Bapp Leipz. Stud. VIII 

XIV 656c. S.jieelllivddeov XIII 57Sc. $.neel6io- 99. 103ff. Ludwich Aristarchs hom. Textkr. 

Wo? Phot. Lex. s. OvdkviiQdgxvvAtovvoov. lO.negl I 51. 342. [Wendling.] 

AlaxvXov Ath. IX 375 f. 11. itegt Saxigmv (Satyr- 2) XaficuXecov (Chamaeleo vulgaris). Aristo- 



2105 Chamaileon Xafiainnvg 2106 

teles ist der erste, der dies Tier erwahnt und 12, 1) und in dem er die unglaublichsten Dinge 
eine erschopfende Beschreibung desselben giebt, von der Heilwirkung der einzelnen KOrperteile 
die keinen Zweifel gestattet, dass das Tier von des Ch.s erzahlte. Plinius (XXVIII 112f.) bat 
ihm anatomisch untersucht worden ist (hist. an. Proben aus diesem Buch erhalten. Ein verbrei- 
II 11, 37 B.). AnAussehen gleicht es der Eidechse, tetes Mittel war, mit der Galle Augenkrank- 
doch verbinden sich seine Bippen unter demBauche, heiten zu heilen (Plin. XXVIII 117. Marcell. 
wie bei den Fischen, und das Biickgrat ragt wie de med. VIII 67). Sogar der Kot des Tieres 
bei diesen in die Hohe. Der Schwanz ist sehr ward von ihm als antipathisches Mittel empfohlen. 
lang, am Ende spitz und lasst sich wie ein Biemen Aus demselben Vorstellungskreise stammen die 
aufrollen. Seine Beine sind langer als die der 10 beiden Chamaleonmittel gegen Epilepsie (I 561 P.) 
Eidechse. Jeder Puss ist in zwei Halften geteilt, und Podagra (II 583 P.) bei Alexander von Tralles. 
die eine ahnliche Stellung gegen einander haben, [M. Wellmann.] 
wie unser Daumen gegen die iibrigen Finger. Xafiai/irjXov , Heilpflanze. Unsere Kamille, 
Jeder dieser Teile ist wieder in Zehen gespalten, die noch heut in Griechenland wild wachst und 
so dass an den Vorderfilssen drei nach innen und %afioj.ir}Ua heisst, auch in Italien hauflg ist und 
zwei nach aussen liegen, an den Hinterfiissen drei eamamitta, eamomilla genannt wird (Lenz Bot. 
nach aussen und zwei nach innen. Die Zehen d. Gr. u. Bo. 473. Dierbach Flora mythol. 
sind mit kleinen Krallen versehen. Der Korper 199. Murr Pflanzenwelt in d. griech. Myth. 205). 
ist rauh wie der des Krokodils. Die Augen, die Ps.-Orph. Argon. 923. Der Siiditaliener Macer 
in Hohlen liegen, sind gross und rund und von 20 Floridus (um 900, de viribus herbarum, vgl. 
einer ahnlichen Haut bedeckt wie der ganze Korper, Meyer Gesch. d. Bot. Ill 426ff.) identificiert aus- 
in der Mitte befindet sich ein kleiner Baum zum driicklich (549f.) %. mit chamomilla und anthe- 
Sehen , der niemals von Haut bedeckt ist. Es mis. liber die dr&sfiig handeln Diosc. Ill 144. 
kann das Auge ganz herumdrehen und nach alien Plin. n. h. XXII 53f. Auch Plinius sagt von 
Bichtungen sehen. Die Farbenveranderung ent- dieser: alii chamaemelon voeant. Billerbeck 
steht, wenn es sich aufblast. Seine Bewegungen (Flor. class. 220) halt das x- f ur die Anthemis 
sind trage wie die der Schildkrote. Aus den Be- Chia L. Uber die Anthemis vgl. Lenz 471 (vgl. 
merkungen des Aristoteles iiber die Atmung, das na.Q$iviov 473) und Murr 233. Berendes (Die 
Gehirn, das Blut, den Magen, die LuftrOhre und Pharmacie bei d. alt. CulturvSlkern I 235) citiert 
die durch den ganzen Korper sich erstreckenden 30 das svdv&e/A.ov, das Galenus mit der dvd-s/iis gleicli- 
Haute folgt, dass das Tier von ihm seciert wor- setze, aus den hippokratischen Schriften als Mittel 
den ist (Arist. hist. an. II 11, 37f.). Nach Theo- gegen MenstruationsstOrungen (de nat. mul. 29; 
phrast (Plut. de soil. anim. XVII 6) verandert es de morb. mul. I 101) und versichert , dass Bo- 
seine Farbe nicht um sich zu verbergen, sondern taniker des vorigen Jahrhunderts (Jon. Boellius 
aus Furcht; er erklarte diese Fahigkeit aus der aus Soissons) es fur unsere Kamille hielten. Leu- 
grossen Menge Luft, die der Korper des Tieres nis (Synopsis II 709) halt des Theophrast (h. pi. 
enthalte. Die Beschreibung des Plinius (VIII I 13, 3. VII 8, 3. 14, 2) Sr&efiov fur die An- 
120f.) ist aus Iuba entlehnt, vgl. Mttnzer Bei- themis Chia L. , welche Plinius Leucanthemum 
trage zur Quellenkritik der Naturgeschichte des nenne, des Dioscorides Asvxdv&efiov aber (Syn. II 
Plinius 421. Sie berichtigt und erganzt die des 40 711), endlich auch %. und das hippokratische sv- 
Aristoteles. Nach Iuba nimmt das Ch. die Farbe avfiefiov (Syn. II 713) ,vielleicht' fur die echte 
des Gegenstandes an, den es zuletzt beruhrt hat, Kamille ,wegen der weissen Strahlenbliiten'. Das 
ausser weiss und rot (vgl. Suid.), und soil nur von Wort deutet Leunis (Syn. II 713) als Erdapfel 
Luft leben, eine Annahme (Plut. de adul. et am. 9), ,in Bezug auf die kleinen, runden Bliitenkopfe, 
die darin ihre Erklarung findet, dass beinahe der die wie Apfel oder Quitten riechen', Witt stein 
ganze Leib des Tieres von der Lunge angeflillt (Etym.-bot. Worterb. 1856, 183) ebenso, aber %afiai 
ist (Theophr. a. a. O. Plin. XI 188). Indien und mit ,klein' iibersetzend. [Max C. P. Schmidt.] 
Agypten galten als Heimat des Tieres (Plin. a. Xafiacjtirvs , Heilpflanze. Eine Art Giinsel 
a. O.). Uber die Art, wie das Ch. sich gegen (Aiuga Iva L.), die auf Euboia auch aiSrjQnis 
die Schlangen wehrt, erzahlte Alexander von Myn- 50hiess (Diosc. II 117. IV 36). Darum findet Murr 
dos (Ael. n. a. IV 33) ein ahnliches Paradoxon, wie (Pflanzenwelt in d. griech. Myth. 222) sie in der 
Aelian (v. h. I 3) von den agyptischen FrOschen. sechsten Art axlkleiog = 'Axdteco; aidrjQTris wie- 
Dass das Tier giftig sei, ist spate Fabelei, die der, die Plinius (n. h. XXV 42ff.) beschreibt. 
vermutlich erst von Ps.-Demokrit aufgebracht Vgl. Fraas Flor. cl. 172. Die Seher nannten 
worden ist (Plin. XXVIII 114). Nach Plinius sie al/xa 'A^tjvae , da ihre BMten purpurrot sind 
(VIII 101 aus Varro) begegnet der Elefant der und die Sage von der Entstehung aus Athenes 
Wirkung seines Giftes durch Blatter vom wilden zur Erde fallenden Blutstropfen veranlassten. Ga- 
Olbaum, der Babe durch Lorbeerblatter. Das Er- lenus verwendete sie zur Heilung bosartiger Ge- 
scheinen des Tieres im Traume bedeutet Ungllick schwiire (Berendes Pharm. d. alt. CulturvSlker 
(Artemid. oneir. II 13), auch im Sprichwort fand 60 II 70). Celsus (med. V 4) nennt /. unter den 
das Ch. wie bei uns Verwendung: xafta^ovtos ev- schweisstreibenden Mitteln, Scribonius Largus 
fierafioXmTeQog (Plut. Ale. 23). Plut. de adul. (comp. 188) empflehlt sie abgekocht und mit 
et am. 9 vergleicht den Schmeichler mit einem Wein vermischt als Gegenmittel gegen Aconit- 
Ch., vgl. Ael. n. a. II 14. Sext. Emp. 484, 17 B. Vergiftung, Marcellus (medicam. 30, 43) aber als 
Dies wunderbare Tier veranlasste den wunder- Abfuhrmittel u. dgl. (30, 54. 7, 18). Witt stein 
und schwindelsuchtigen Mendesier Bolos ein Buch (Etym.-bot. Worterbuch 1856) erklart den Namen 
de vi et natura chamaeleontis zu verfassen, das dadurch, dass das Pflanzchen einer ,Fichte en 
er auf den Namen des Demokrit falschte (Gell. X miniature' gleiche. [Max C. P. Schmidt.] 



2107 Chamaizelos Champesides 2108 

Chamaizelos (XaftatfyXog). 1) Bpiklesis des Zeit den Bomern Kriegsdienste leisteten , zeigt 

Poseidon in Athen; am 8. Posideon wurde ihm Not. dign. or. XXXI 61 eohors undeeima Cha- 

ein vt)q>dUov dargebracht, CIA III 77. mavorum (unter dem Dux Thebaidos). Spater 

2) Beiwort des Zeus, im Sinne von x&onog, werden sie nicht mehr genannt, doch lebt ihr 

Orph. Arg. 931. [Jessen.] Name ohne Zweifel fort im Namen des Gaues 

Cham(m)anene, Praefeetur im nordwestlichen Hameland oder Hamaland (um Deventer) , Zeuss 

Teile Kappadokiens, an den Grenzen von Phrygien a. 0. 91. 336. J. Grimm Gesch. d. deutschen 

und Galatien, Strab. XII 534. 540. Plin. n. h. Sprache 13 370f. Ffirstemann Namenbuch II 

VI 9 (Cammanene). Ptol. V 6, 12. Barth (Peter- 361. Die Gamari der Veroneser Volkertafel XIII 
manns Mitt. Erg. Heft 3, 82) erkennt darin den 10 10 Seeck (zwischen Saxones und den unbekannten 

Namen Ha'imaneh wieder, der jetzt der Gegend Crinsiani) sind wohl = Chamavi (Mtillenhoff 

siidlich von Angora gegeben wird, wenngleich er Deutsche Altertumsk. Ill 313). Dass aber auch 

zugiebt, dass in der uns bekannten Zeit Ch. fist- die Hamii, die wir in Britannien und Africa in 

lich vorn Halys zu suchen ist. Perrot (Explora- romischen Kriegsdiensten flnden (CIL VII 748 

tion de la Galatie et de Bithynie I 273) denkt eoh. I Hamiorum sagittariorum u. 0. VIII 10654 

an die Moglichkeit, dass der Name spater auf eoh. II Amioriim, vgl. Hiibner CIL VII p. 134 

das linke Halysufer iibergegangen ist. Ramsay und die dea Hamm. CIL VII 750), Chamaven sein 

(Asia minor 296) nimmt an, dass sich die Land- sollen, wie E. Much Deutsche Stammsitze 148 

schaft bis auf das linke Halysufer erstreckte. vermutet, ist ganz unwahrscheinlich. Vgl. auch 

[Euge.] 20 die (Matronae) Hamavehae. [Ihm.] 

Chamavi. Dieses gennanische Volk bewohnte Chamogainision (Xafioyafitfot), Flurname auf 

nach Tac. ann. XIII 55 am Niederrhein den der Insel Kreta, Acta et diplom. ed. Miklosich III 

Strich Landes, den vorher die Tubanten und 237 (J. 1184) wahrscheinlich in einiger Entfer- 

Usipier, spater die Amsivarier (s. d.) innegehabt nung von Akropolis im Sudwesten der Insel. 
hatten. Spater sassen sie weiter Ostlich im Gebiet [Biirchner.] 

der Bructeri, die angeblich von ihnen und den Chamois (Xa/iotg), vierzehnter Kfinig von 

Angrivariern (s. d.) aufgerieben worden sein sollen Agypten nach Synkell. p. 96 (FHG II 607. Lep- 

(Tac. Germ. 33. 34), was iibertrieben ist (Zeuss sius Kfinigsb. Quellentaf. 14). In dem Namen, 

Die Deutschen 91f.). In diesen Sitzen nennt sie der gut agyptisches Aussehen hat, konnte man 
noch Ptol. II 11, 10. 11 neben den Cheruskern 30 eine Wiedergabe des agyptischen Namens Chd- 

siidlich von den Calucones (der Name ist fiber- em-wese vermuten, den ein allerdings nicht zur 

liefert Ka/iiavot, Var. Kav/moi; anscheinend iden- Eegierung gekommener, aber sehr beriihmter Sohn 

tisch sind die II 11, 9 genannten XaT/iat, C. Konig Eamses II. getragen hat und den spater 

Miiller zur Stelle. Much Deutsche Stammsitze mehrere Kfinige der zwanzigsten Dynastie ihrem 

148; Zeuss a. 0. 93. 103 fasst die XaT/tai als Familiennamen Eamses als Beinamen zugefiigt 

Hermiones). Die Tab. Peut. setzt sie wieder an haben. In die Zeit der Eamessiden gehoren, so- 

den Niederrhein und zwar als einen Teil der weit erkennbar, auch die andern von Synkellos 

Franken (Chamavi qui el Pranci d. h. qui et ebd. aufgefiihrten Konigsnamen. [Sethe.] 

Franei. Zeuss a. 0. 326. 334. Desjardins Chamos (Xa/icog) oder vielmehr K>m6s (njttSi 

Table de Peut. 3 ; mit den Franei zusammen 40 Sjitt?) war der Hauptgott der Moabiter und ist 

nennt sie auch Auson. Mos. 434 Chamaves). In als solcher im Alten Testament mehrmals genannt 

diesen Gegenden (Nachbarn der Friesen) kennen (Num. 21, 29. Jer. 48, 7. 13. 46). Sein Kultus 

sie auch die Panegyriker p. 138. 227 ed. Bahrens. wurde von Salomon in Jerusalem eingeffihrt (I Eeg. 

Einzelne Abteilungen sollen damals nach Gallien 11, 7. 33), von Josias aufgehoben (II Eeg. 23, 13). 

verpflanzt worden sein (ein pagus Ghamavorum Nach Jud. 11, 24 wurde Ch. auch von den Am- 

am Siidabhang der Vogesen, Zeuss a. 0. 335. monitern verehrt, wenn hier keine Verwechslung 

582). Zur Zeit Lilians waren sie auch auf der mit Milkom (s. d.) vorliegt. Die Inschrift des 

Westseite des Eheins verbreitet, Lilian trieb sie Kfinigs Mesa von Moab (ed. Smend und Socin 

wieder zuriick (Amm. Marc. XVII 8, 5 Chamavos 1886, 13) zeigt, dass, wie gewfihnlich (s. Baltis), 
itidem ausos similia adortus eadem eeleritate par- 50 dem Ch. eine weibliche Gottheit ('astor-K>m6s) bei- 

tim eeeidit, partim . . . eompegit in vineula. XVII gesellt, und dass er hauptsachlich als Kriegsgott 

9, 2. Lilian, ep. ad Athenienses p. 361 H. nal nags- aufgefasst wurde. Die Griechen scheinen ihn des- 

OTfbxatv dscbv vmds§d/.iijv fih fioTgav xov Xakiwv halb dem Ares gleichgestellt zu haben (Euseb. 

S-thovs, Xafidflovs de s^Xaaa xxl. Eunapios frg. 12 Onom. s. 'Agivd • 'AqsojioXiv . . ano xov aijisiv xov 

Hist. gr. min. I p. 218 oxi xov 'Iovhavov k xfjr "Agsa). Sein mit Menschenopfern verbundener (H 

aoXs/ilav x<*>e<>vvxog xal xmv Xandf}<ov Ixexsvovxwv Eeg. 3, 27) Dienst verschwand wohl friihzeitig. 

<peideo&at xxl., Scene zwischen Iulian und dem Was die spateren Schriftsteller von Ch. berich- 

Chamavenkfinig Nebisgast; auch bei Zosim. Ill ten, ist wertlos oder falsch (Philo leg. alleg. 

6 und 7 wird der Name der Chamaven herzu- III 82 X. eQfitjvdexm mg yt]Xd<f»uia. Hieron. in 
stellen sein, Eiese Ehein. Germanien 286ff. 60 Esaiam 15 [IV 167 Migne], Ch. = BeekysywQ 

Schiller Gesch. d. rfim. Kais. II 313). Auf [s. d.]. Suid. s. loXoficbv. Xafxbg u. s. w. ; vgl. 

dem rechten Ufer des Eheins flndet sie dann die von Payne Smith Lexic. syr. I 1759 an- 

gegen Ende des 4. Jhdts. Arbogast auf seinem gefuhrten syrischen Schriften). Baudissin in 

ZugevonKolngegendierechtsrheinischenFranken- Herzogs Eealencycl. s. Kemosch. Bathgen Bei- 

vfilker (Sulp. Alex, bei Gregor. Turon. hist. Franc, trage zur semit. Eeligionsgesch. 1888, 14ff. 
II 9 transgressus Bhenum Brieteros ripae pro- [Cumont.] 

ximos, pagum etiam quern Chamavi ineolunt, Champesides, Volksstamm in Oberagypten 

depopulatus est). Dass Chamaven in spaterer am Nil, dessen Sitze siidlich von der Einmun- 



2109 Xdfixpca Channunia 2110 

dung des Astapus (Bahr el Azrek) gewesen zu 181; vgl. ripers. chandan = ridens, laetus, flo- 

sein scheinen. Anon, bei Hudson Geogr. gr. rem, amoenus. [Tomaschek.] 

min. IV 38. Miiller zu Ptol. IV 7, 7. Chandax (XdvdaS, Xavddxq d. h. Xavddxi 

[Fischer.] vom arab. ehandak = Festung), von Spaniern und 

Xd/xyjai, nach Herod. II 69 der agyptische Arabern im ersten Drittel des 9. Jhdts. n. Chr. 

Name der Krokodile, giebt vermutlich eine weib- in der Nahe des heutigen Kandia auf Kreta ge- 

liche Nebenform des gewOhnlichen Wortes emsah, griindet, 961 von Nikiphoros Phokas geschleift. 

wieder hamset (als Personenname auf einer Statue Strobl Kreta II 8, 11. Vgl. auch Acta et diplom. 

im Louvre belegt); zur Einschiebung von p zwi- graeca III 264. [Biirchner.] 

schen m und s vgl. 'Pafiytjs fur Ramses und 10 Chanes, Pluss in der kaukasischen Landschaft 

ko]>t. hemps fur hems ,Ahre' (Stern Kopt. Gramm. Albania, welcher den Kyros im Steppengebiet er- 

§29). [Sethe.] reicht und sogar befabren werden kann; Tbeo- 

Chamyne (Xafivvtj) , Epiklesis der Demeter phanes bei Strab. XI 500. Der heutige Aghry-cai, 

in Elis mit einem Tempel bei Olyrnpia; ibre welcher in Seki entspringt und in westlich ge- 

Priesterin hatte bei den olympischen Spielen einen wendetem Laufe dem Alazani zufliesst; beide er- 

besonderen Platz, Paus. VI 20, 9. 21, 1 — 2 (wo halten in der .Buffelebene' Kambeci die Iora (s. 

zwei wertlose Erklarungen des Namens). Ch. vom Kambyses); der vereinigte siidliche Lauf wird 

Stamme %aiia (vgl. xafiai, xafta&) bezeichnet die noch jetzt Qani oder Qanyq genannt. Das Wort 

Erdgottin, wie sie litauisch Zemyna heisst, vgl. gehflrt der albanischen Sprache an, vgl. udisch 
Curtius Etymol.5 197. Fiek Vergl. W. I 578. 20 ehe (gen. ehene-i) ,Wasser'. [Tomaschek.] 

Preller Griecb. Myth. * I 776. [Jessen.] Chania, Nymphe, welche dem Herakles den 

Chanaanos (Xavdavog), der Eponymos von Gelon, den Stammvater der thrakischen Geloner, 

Kanaan, erscheint in doppeltem Zusammenhange, gebar, Serv. Georg. II 115. [Hoefer.] 

in babylonischer und biblischer Form der Urge- Xdvvtj, Serranus Scriba, ein Seeflsch, der noch 

schichte. 1. Berosos muss ihn in seinen Xa.X8a.Txd jetzt hauflg im Mittelmeer ist, vgl. Aubert- 

oder BafSvla>vi.axd genannt haben, denn seinkurzes Wimmer Aristoteles Tierkunde 1 143. Er heisst 

Fragment 11, FHG II 503, das Euseb. Chron. p. 23, bald X - (Athen. VII 327f ), bald idvvog (Opp. hal. 

32ff. Schoene und Synkell. p. 78 c aus Alexandres I 124. Ill 185. Numen. bei Athen. a. a. O., im ita- 

Polyhistor XaXdal'xd iiber Xoo(ida§rjXog und die lienischen carina) und hat seinen Namen von seinem 
andern nachsintflutlichen KOnige Babylons citieren, 30 weiten Maule (Epicharm bei Athen. a. a. 0. Eustath. 

ist untrennbar von dem frg. 3 des Polyhistor nsql 1778, 18). Aristoteles (hist. an. VIH 13, 231 B.) 

'lovdaimv, das Eusebios pr. ev. IX 17 p. 419 d rechnet ihn zu den Fischen der hohen See, die 

(FHG III 212, 3) giebt. Daselbst lautet ,die sich vom Fleische nahren (VIII 2, 218) und be- 

frberlieferung der Babylonier', d. i. also des Be- schreibt ihn als Fisch mit dunkelroten Streifen 

rosos: Ch. war Sohn des uranfanglichen Belos- (Ps.-Arist. bei Athen. a. a. 0. Rose Arist. Pseudep. 

Kronos, Bruder des Belos II., Vater eines unge- 296). Er war in Zweifel, ob es auch Mannchen 

nannten (Agenor? Phoinix?) Vaters der Phoini- gabe', da alle gefangenen ydwai Weibchen ge- 

kier, Grossvater des ,Chum, den die Griechen As- wesen (VI 13, 168). Er gait fflr sehr gefrassig 

bolos nennen' (= Xcouda^Xog), ferner des Me- (Ael. n. a. IV 5), diente als Koder fur den ydygos 
stra'im, Vaters der Agypter, wahrend von dem 40 (Opp. hal. Ill 185) und sollte ohne Begattung 

(,russigen') Asbolos (s. d.) die Aithiopen stammen. gebaren (Ovid. hal. 108. Plin. XXXII 153). Sein 

2. Reiner als in dieser hellenistischen Contami- Fleisch ist zart und hat einen angenehmen Ge- 

nation tritt die alte biblische Uberlieferung der schmack, ist aber wenig nahrhaft (Diphilos bei 

Genesis IX 18. X 6ff. zu Tage bei Jos. ant. Iud. Athen. VIII 355 c. Xenokrates bei Orib. I 128). 

I 130ff. Daselbst heisst Ch. Bruder des Chusos Erwahnt wird er von den Fachschriftstellern und 

(= Kusch, des Aithiopen), des Mestra'imos (= Miz- Arzten, ohne dass wir Genaueres von ihnen er- 

raim, des Agypters) und des Phutes (= Put, fahren: so von Diokles, Speusipp (Athen. VII 

des Libyers), Sohn des Chamos (= Ham), Enkel 319 b), Numenios (frg. 10 seiner halieutica, Birt 

des Noeos (Noah) des Sohnes Lamechs, der sein De halieuticis Ovidio falso adscriptis 129), Dorion 
Geschlecht uber Methusalas , Anochos (Henoch), 50 in seiner Compilation tisqi Ixdvmv (Athen. VII 

Jared, Malaelos, Kainos (Kenan), Enosos und Sethos 327f.) und von Marcellus Sideta (frg. ed. M. Schnei- 

direct auf dessen Vater Adamos zuriickfuhrt. Ch. der v. 33). Sein Erscheinen im Traum bedeutet 

ist Vater des Sidon, Amathios (Hamathi), Ara- fur die Gesunden Gift, fur die Kranken Nach- 

dios (Arvadi), Arukaios (Arki), Chettaios (Heth), stellungen (Artemid. oneir. I 14, 108 H.). 
Jebusaios, Amorraios (Emori), Gergesaios (Gir- [M. Wellmann.] 

gosi), Enaios (Hivi), Asennaios (Sini) und Sama- Channinefates s. Cannene fates, 

raios (Semari: vgl. Genesis X 15 — 18), deren Channinus (?), Beiname des Mercurius auf 

Stadte samtlich von den einwandernden Hebraeern einer Inschrift aus Rohr bei Blankenheim in der 

aufgehoben wurden , eine Erfullung des von Noah Eifel (jetzt im Bonner Provincialmuseum). Freu- 
uber Chamos Kinder verhangten Fluches (= Ge-60denberg Bonn. Jahrb. LIII 173 Mereuri Ghan- 

nesis IX 25ff.). Eine teilweise Wiederholung des nini [sacrum ?]. Die Lesart Ghannini soil sicher 

Stemma: Jos. a. 0. I 109. Suidas nennt ihn sein (Wiedemann ebd. XCII 272), die Deutung 

Xavaav. [Tumpel.] R. Muchs (Mercurio Hannini) Ztschr. f. D. Alt. 

Chanata (Tab. Peut.), Stadt im Ostjordan- XXXV 207 und Anzeiger 1891, 184 mithin hin- 

land, 37 Millien siidlich von Aenos, wahrschein- fallig. Der erste Herausgeber bezog den Namen 

lich identisch mit Kanata (jetzt el-Kanawat), s. d. auf die Cannenefates (s. d.). [Ihm.] 

[Benzinger.] Chanuunia (Tab. Peut.), Ort in Syrien an 

Chandauake, Stadt in Persien, Hekataios frg. der Strasse von Antiochien nach Samosata, zwi- 



2111 



Chanosis 



Chaos 



2112 



schen Cyrrhus und Doliche; wohl identisch mit 
Chaonia Nr. 2, s. d. [Benzinger.] 

Chanosis, Sohn des Braiades (Xdrmme Bgaid- 
dov). SxQartjyoe in Olbia, Kaiserzeit, Latyschew 
Inscr. orae septentrionalis Ponti Euxini I 63. 

[Kirchner."] 

Chaoh Nachbarn der armenischen Phasianoi, 
Diod. XIV 29; unstreitig verschrieben filr Taoi, 
georg. Tao; Taochoi, armen. Taikh, nennt Xeno- 
phon an. IV 7, 1. Vgl. Choi, K'oitai. 10 

[Tomaschek.] 

Chaon. 1) Xdov oqos, mit Kulturbaumen be- 
standenes Gebirg in Argolis, aus dem der Erasinos 
stromt (Paus. II 24, 6), mit der gegen Osten vor- 
geschobenen, im Altertum teilweise mit Kypressen 
bestandenen Avxcovrj (Heiligtum der "Aqts/j-is 
'Ogrvyia, Conze und Michaelis Ann. d. Inst. 
1861 , 22). Am (Sstlichen Fuss bricht eine von 
den Alten als Abfluss des stymphalischen Sees 
betrachtete (Strab. XII 534. 540) machtige Quelle 20 
(KeyaXaQi) hervor, die sogleich als wasserreicher 
Bach (von den Alten Erasinos [s. d.] genannt), 
mehrere der Stadt Argos gehSrende Miihlen 
treibt. In der Bergwand iiber der Quelle zwei 
geraumige Grotten (Pan? Dionysos?), Bursian 
Geographic von Griechenland II 40. 65. 

[Biirchner.] 

2) Bruder oder Gefahrte des Helenos. Zu 
seinem Andenken nannte dieser, nachdem er den 
Ch. unabsichtlich auf der Jagd getotet , den 30 
friiher Molossia (nach Varro Campania) genann- 
ten Teil von Epirus Chaonia; nach anderen hatte 
Ch. bei einer Heimsuchung der Gefahrten des 
Helenos durch Pest oder einen Sturm sich frei- 
willig geopfert, Serv. Aen. Ill 297. 334f. 

[Hoefer.] 

Chaoues (Xdoves). 1) Ein pelasgischer (!) 
Stamm, einer der vierzehn epeirotischen Stamme 
der alteren Zeit, nicht von Konigen beherrscht, 



lin 1897) nnd beifolgende Skizze der Umgebung 
von Buthroton (s. d.). 



** Onchesmos 




1:231000 

H&hen in Metem . 



[Oberhummer.] 



2) In Syrien (Ptolem. V 15, 10), in der Land- 

schaft Kommagene, wohl identisch mit Channu- 

sondern nur von zwei jahrlich wechselnden aus 40 nia der Tab. Peut. an der Strasse von Antio- 



einem alten Adelsgeschlecht gewahlten Heerfiihrern 
befehligt, ungeschlacht ((Sdefiagoi, Thuc. II 80. 81 ; 
fiaxi^KOtaroi xS>v sxsivfl 'Hjieiqcotwv, II 81; iiber 
die Art der Bereitung des Speisesalzes Plin. XXXI 
82) hatten in der alteren Zeit die Oberhand iiber 
einen grossen Teil von Epeiros. Sie wohnten in 
offenen Orten (nam xd>fias Scyl. peripl. 28). Spater 
besassen sie Chaonia, den Kiistenstrich von den 
keraunischen Bergen bis zum Thyamisfluss, von 



cheia am Orontes nach Samosata, zwischen Cyr- 
rhus und Doliche gelegen. [Benzinger.] 

Chaos (Xdog, Xdsos, W. x<*, vgl. xalvw, %doxw, 
xda/A,a: Curtius Grundz. 5 19 ). A) In der Kos- 
mogonie: Nach Hes. th. 116 ist Ch. der gahnende 
Raum, der vor alien Dingen ward, doch wohl nicht 
rein abstract, sondern bereits erfiillt von einem 
gewissen Urstoff des Nebels und der Finsternis; 
aus dem Ch. gingen hervor Erebos und Nyx 



dem an Thesprotien nach Siiden sich erstreckt. 50 (v. 123). Vgl. Peppmiiller Hesiodos p. 19. 105 



Die zahlreichen Belegstellen beiPape-Benseler 
WOrterbuch der griech. Eigennamen II 1668. Nach 
dem Vorgang des Euphorion (Steph. Byz.) ge- 
brauchten die remischen Dichter und die Orphi- 
ker Chaonius im Sinn von Dodonaeus oder Epi- 
rotieus, Epirensis. Vgl. zum Ganzen Bursian 
Geogr. von Griechenland I lOf. 15ff. 24. 26f. S. 
Epeiros. [Biirchner.] 

2) Ein sarmatisches, den Iazyges benachbartes 



Gomperz Gr. Denker I 32ff. 417 und s. Akus. 
FHG I 100, 1 (Philod. n. evoep. 137 bei Gom- 
perz Herk. St. II 61). Anth. Pal. VII 417, 6 
(Meleagros). Verg. G. IV 347. Diog. Laert. Ill 
12 (10). Lukian. de salt. 37; am. 32. Tzetz. A. 
H. 67f.; z. Lyk. 177. Suid. Apost. XVIII 10a 
(Xdovg aQxaioxsQos sprichw.) u. s. f. Als kosmo- 
gonische Gestalt nannte man Eros eine Geburt 
des Ch., Plat. symp. 178 B. Paus. IX 27, 2. 



Volk , das gleich diesen und den germanischen 60 Theoph. Antioch. ad Autol. II 12 (17). Schol. 



Quaden, die Donauprovinzen bedrohte; Themist. 
or. p. 68 Dind. Zu deuten als ,Hauer, Nieder- 
strecker', von oset. ehawun .fallen, fallen'. Viel- 
leicht fallt hieraus ein Licht auf die Chunoi (s. 
d.) am Borysthenes. [Tomaschek.] 

Chaonia (Xaovla). 1) Gau in Epeiros, s. Cha- 
ones Nr. 1. Zur Geographie des Landes vgl. jetzt 
auch A. Philippson Thessalien u. Epirus (Ber- 



Apoll. Khod. Ill 26. Arg. Theokr. XIII. Serv. 
Aen. I 664. Schoemann Op. II 60ff. Des 
,heiligen Ch. TOchter' sind die Moiren, Quint. Sm. 
IV 756. Deutung auf den leeren Baum, Aristot. 
Phys. IV 208 b 30ff.; de Xen. 2 p. 976 b 16, vgl. 
auch p. 975 a 12. 984 b 28ff. Plut. de Is. 57. 
Sext. Emp. p. 149, 2. 478, 17 Bkk. Hesych. Et. 
Gud. Stoische Deutung auf das Wasser (Ablei- 



2113 Charachen Charadriai 2114 

tung von xmo), Schol. Apoll. Rhod. I 498. Prob. Rom gesendeten Abgeordneten kehrten bei Ke- 

Verg. Eel. VI 31 (p.21K.). Plut. aqua an ign. util. 1. phallenia um und landeten bei Ch., Ennius Ha- 

Spatere (romische) Auffassung als Urmaterie, Ovid. duphagetica v. 3 (p. 166 Vahlen). S. Bd. I S. 1806. 
met. I 7ff. II 299 (vgl. Lucan. I 74. Avit. poem. 2) Ort in Messenien (Strab. VIII 359), der 

IV 160. 554. Ennod. II 10 [Mon. Germ, antiquiss. Sage nach von Pelops gegriindet , in der Nahe 

auct. VI 240. 251. VII 5]). Sen. Thyest. 834. von Leuktron und Thalamoi. E. Curtius Pelo- 

Lacan. V 634. VI 696. Stat. Th. Ill 484. Mart. ponnes II 237 setzt den Ort am Pamisos , der 

Cap. 1X912. Lact. div. inst. I 5. II 9 u. s. f. Als canonartige Einrisse bildet, an. Ein AevxTQor 

Ordnerin dieses Ch. wird Glementia gepriesen, giebt es heutzutage 20 km. siidsudtistlich vom 
Claud, de laud. Stil. II 9 (vgl. audi Greg. Naz. 10 Pamisos; 5 km. siidlich von Aevxzqov setzt C. 

c. I 2, 58if. = Migne Gr. XXXVII 301). Ch. Mil Her beim axQcoTrjoiov To&xnlog, wo einige 

erscheint als zweites Princip der Weltwerdung Ruinen sind, Ch. an. 

nach Caligo (s. d.) und erzeugt mit dieser Nox 3) Stadt in Phokis (Ethnikon XagadQaTog Col- 
Dies Erebus Aether, Hyg. fab. praef. Desgleichen litz Dial. Inschr. II 1529b 12), auf einem steilen, 
kennt Ch. als zweites Princip die ,gemeine' or- wasserlosen Eelsen, Herod. VIII 33. Paus. X 3, 2. 
phische Kosmogonie nach Chronos (s. d.) , der 33, 3. Steph. Byz., 20 Stadien Ostlich von Lilaia, 
Aether und Ch. erzeugt, vgl. Damask, n. <xq%&v jetzt Ruinen bei IJXdxavog, in der Nahe des Dorfes 
p. 380f. K. Creuzer Symb. III2 292ff. Lobeck "Arm Zovflala. Mitglied des phokischen xoivov 
Aglaoph. 465ff. Zeller Philos. d. Gr. 12 71ff. ovaxr^ia, Paus. X 3, 2, Altare der fjQwsg auf der 
Gruppe Gr. Culte und Mythen. I 633f. Suse- 20 Agora. Das Wasser musste aus einem Bach Xa- 
mihl De theog. Orph. forma antiquiss., Ind. Qadoog, der zum Kephissos fliesst, hinaufgeschafft 
schol. Gryphisw. 1890. Gomperz Gr. Denker werden. Beim Zug des Xerxes 480 eingeaschert, 
I 75ff. 430f. In der Verspottung hesiodischer, dann bei Beendigung des phokischen Krieges 
besonders aber orphischer Kosmogonie bei Ari- niedergerissen. Bursian Geogr. von Griechenland 
stoph. Av. 693ff. (vgl. Lukian. Philop. 13) bringt I 161. 162. [Biirchner.] 
der geflugelte Eros mit dem geflugelten nachtigen 4) Xagddoa, tr\g Olvotjg % xagdSga, der be- 
Ch. das Geschlecht der VOgel zur Welt (698f.). deutendste Wasserlauf im nSrdlichen Attika. Er 
B) Im ausgebildetenKosmos: a) der weite Welten- entspringt am Nordostfuss des Parnes und zieht 
raum, das Weltall, Hes. th. 700. 814. b) Der von sich in zahlreichen Windungen, durch Nebenbache 
dem der Finstemis verwandten Nebel erffilte 30 namentlich von der linken Seite her verstarkt, 
Raum zwischen Himmel und Erde, der Luftraum, ostwarts hin am Siidrande des Hiigelplateaus von 
Ibyk. frg. 28. Bakchyl. frg. 47. Eurip. frg. 451 N. Aphidna, dann mit mehr ostsiidOstlicher Richtung 
Aristoph. Av. 192. 1218; Nub. 424. 628. Simm. durch engeres Schluchtengebiet zum Kesselthal von 
Anth. Pal. XV 24, 7. Et. Gud. c) Der von Finster- Oinoe (Ninoe) , um schliesslich in der maratho- 
nis erfiillte Raum unter der Erde, der gahnende nischen Ebene auszulanfen, wo er sein Bett 
Schlund der Unterwelt, Ovid. fast. IV 600; met. X mehrfach verandert hat. Den Attikern bekannt 
30. XIV 404. Verg. Aen. VI 265. Sen. Here. f. war er insbesondere durch das Sprichwort Olvcuoi 
614. 681 u. 0. Lucan. VI 617. Val. Fl. II 86. VII rijv xagadgav (Hesych. Phot. s. v.) oder Oirotj xrjv 
402. Stat. silv.III 3, 210. V 1, 206 u. e. Plut. deprimo x«e«<W (Suid. s. v. vgl. Zenob. V 20) fur solche, 
frig. 17. Quint. Sm. II 614. XIV 2; persOnlich 40 die sich selber oder anderen in der Hoffnung auf 
gefasst als Dnterweltsgottheit, Verg. Aen. IV 510. einen Nutzen Schaden zufiigen. Als namlich die 
Sen. Med. 9. 744; als x&g°s aoefS&v (vgl. Tarta- Oinaier den oberen Lauf der Ch. veranderten, um 
ros), Ps.-Plat. Ax. 371 E. Stat. Th. XII 772. d) All- das Wasser far ihre WeinstScke und Olbaume zu 
gemein: das unermessliche Dunkel, Apoll. Rhod. verwerten, vernichtete der angeschwollene Bach 
IV 1695. Stat. silv. Ill 2, 92. Prud. Cath. V 3; ihre Felder ganzlich. Zu einer Identificierung der 
iiberhaupt das Grenzenlose , Unermessliche , M. Ch. mit dem gleichfalls attischen ,Kykloboros' liegt 
Antonin. IV 3 (to X. rov aieovos = die Ewigkeit); kein Anlass vor. [Milchhoefer.] 
als Schlurid iiberhaupt, Opp. kyneg. Ill 414 (vom Cliaradrai, ,Bergstromanwohner'inKarmania, 
Rachen des Krokodils). [Waser.] neben den Airai (s. d. Nr. 2), Ptol. VI 8, 12. Dem 

Charachen (Xaoax^v), Name eines KOnigs 50 griechischen x»e"^Qos entspricht npers. darrah, 

derBlemyesinbyzantinischerZeit, Bailie tCompt. aus darna ,Spalt, Thai'; von den arabischen Geo- 

rend. de VAcad. des inscr. IV ser. XVI 326ff. ; graphen wird im siidlichen Teil von Karman be- 

s. den Artikel Blemyes o. S. 567. [Sethe.] sonders , das breite Thai' Durrah-i-pahin oder Dar- 

Gharacitani (Xaoaxaavol) s. Carraca. fani hervorgehoben, das vom tiefen und reissenden 

Charadra (fj XaQaSoa; ion. Xaoador], ein Strom Harai-rud oder Hali-ru durchflossen wird, 

durch einen Giessbach tief eingerissenes Rinnsal). welcher hinter Giruft den Canton Rudbar bewassert 

1) Stadtchen in Epeiros (auch XaoaSoog ge- und sich schliesslich in der weiten Sumpfebene 

nannt), nach Bursian Geogr. von Griechenland Gezm6rian verliert; das obere Bergthal besitzt 

I 36 u. A. 4 vielleicht westlich von der Stelle viele Dorfer, Garten und Saatfelder und bildet 
des jetzigen Zakayoga, mitten zwischen den beiden 60 die Grenzscheide zwischen dem kiihlen und heissen 

■d'a'kaaoolijxvsg Toovxalux und Aoyaoov, die die Klima. [Tomaschek.] 

Strandebene zwischen Oropos (jetzt Aovgog) und Charadreus (Xaojadosvg), Gigantenname, in- 

Arachthos (jetzt Artas) einnehmen. Bei Polyb. IV schriftlich erhalten auf dem Pergamenerfries; ebd. 

63 wird berichtet, dass Philippos auf seinem Zuge $ao]ayyevg (andere Sijgjayyevg), PuchsteinS.- 

von Ambrakos nach dem Eingang des ambraki- Ber. Akad. Berl. 1889, 342. [Waser.] 

schen Meerbusens an Ch. voruberkam. Dass Ch. Charadriai (XaQadoiat; Xaoadoovg Skyl.66; 

an der See lag, erschliessen wir aus Polyb. XXII 6 XaQadpog Procop. de aedif. 4, 4, von der ein- 

9: die von den Aitolern und Ambrakioten nach gerissenen Schlucht so genannt), ein wahrschein- 

Pauly-Wissowa III 67 



2115 Charadrios Charakene 2116 

lich unbedeutendes Stadtchen, zu Iustinians Zeiten schreibt dem Ch. die Wirkung zu, dass das weib- 

ein Castell auf der Akte (der 6stlichsten Land- liche Vieh, das im Friihling aus ihm tr&nke, 

zunge der chalkidischen Halbinsel), von Leake mannliche Kalber wurfe. Bur si an Geographie 

Travels of Northern Greece III 152 und H. Kie- von Griechenland II 312. Philippson Pelo- 

pert Karte von Hellas etc. Bl. VII da angesetzt, ponn. 263. 

wo jetzt das alteste Athoskloster BaxoxeStov (ge- 3) Bachlein in Nordmessenien. Das Binnsal 

gtindet von Konstantinos d. Gr.) liegt. Vgl. noch beginnt bei Oichalia, zieht sich durch die steny- 

Hoffmann Descript. Chalcidicae Thracicae klarische Ebene und endigt im Amphitosflusschen. 

(Bromb. 1854) 9f. [Biirchner.] Dieses ist Zufluss zum BaXvQa (jetzt MavQofrv- 

Charadrios (xagadQiog), ein Wasservogel (Ari- 10 fisrog), Paus. IV 33, 5. Bursian Geographie von 

stoph. Av. 265. 1141), der seinen Namen von Griechenland II 163. 

seinem Aufenthaltsort (xaqadqai Schol. Aristoph. 4) Trockenbach in der argolischen Kynuria, 

Av. 1141) hat. Nach Aristoteles lebt er mit dem Stat. Theb. IV 46. Bursian Geogr. von Griechen- 

X&qos und der cuftvia zusammen am Wasser (Arist. land II 68, 4 wagt nicht , den x s V a Q6°s vori 

hist. an. VIII 3, 223 B.) und halt sich in Wasser- "Ay. Avbgiag (ein eigener Name fur ihn findet sich 

rinnen, Hohlen und Klippen auf (Arist. IX 11, 266). auf der Karte des k. k. militar-geograph. Insti- 

An Parbe und Stimme ist er hasslich und nur des tuts nicht verzeichnet) , der siidlich vom Tanos 

Nachts sichtbar, wahrend er sich am Tage ver- (jetzt Tavtig) seine Mundung in die argolische 

kriecht (Arist. a. a. 0.). Die aristotelische Be- Bucht hat, flir den Ch. anzusprechen. 

schreibung passt auf den lerchengrauen Regen- 20 5) Trockenbach, der durch die argolische Ebene 

pfeifer (Oedicnemus crepitans). Vgl. C. J. Sunde- im Bogen nordlich um die Stadtmauer von Argos 

vail Die Tierarten des Aristoteles, Stockholm sein Rinnsal hat (jetzt Segtag), wie alle x e W a 8- 

1863, 148. Aubert-Wimmer Aristoteles Tier- qoi im Sommer grossenteils ohne Wasser, Thuc. 

kunde I 111. Er gait ftir sehr gefrassig und fand V 60. Paus. II 25, 2. Sein Bett endet im Osten 

mit dieser Eigenschaft im Sprichwort Verwendung, von der Stadt. Sein Oberlauf setzt sich aus drei 

Plat. Gorg. 494 B. Schon die knidische Schrift iisqi Stricken zusammen: einem x e ^eQog, der durch 

xmv evxdg na&ibv c. 37 (Hippocr. VII 260 L.) empfiehlt eine enge, vielfach zerrissene Schlucht ostlich vom 

ein Mittel ano xagadgiov (so die beste Hs. Vindob. #) Artemisiongebirg herkommt (dem Namen nach 

gegen Gelbsucht, und es war ein alter Volksaber- wohl der eigentliche Ch.) und zwei Rinnsalen aus 

glaube, dass der Anblick des x- die Gelbsucht heile, 30 dem Westen. Vgl. noch Bursian Geographie 

daher wurde er verhullt verkauft, eine Thatsache, von Griechenland II 40. 49. 64, der iibrigens 

auf die schon Hipponax anspielt (PLG* II 480 einen der von Westen kommenden x^C ta QQ 01 des 

frg. 52 : xal fiiv xaXvxxeig. fi&v xo-e a ^S l ^ v tsgvqe. Systems als Ch. annimmt. Bei Thucyd. V 60 

Schol. Arist. Av. 266 aus dem Euphronioscom- war 6 XaQadgog, d. h. wohl ein Platz an seinem 

mentar, vgl. Strecker De Lycophrone Euphronio Trockenbett, der Ort, an dem vor Eintritt des 

Eratosthene comicorum interpr., Greifsw. Diss. Heeres in Argos iiber Pehler, die wahrend eines 

1885,84. Schol. Plat. Gorg. 494 B. Plut. quaest. Kriegszugs gemacht worden waren, Gericht ge- 

symp. V 7, 2. Ael. n. a. XVII 13. Heliod. Aeth. halten wurde, so iiber Thrasyllos (418 v. Chr.). 

Ill 8, 87 B.). Der Leibarzt des Ptolemaios Philo- Im Winter viel Geroll, Philippson Peloponn. 62. 

pator , Andreas , behauptete , dass nicht der An- 40 [Biirchner.] 

Hick, sondern der Genuss seines Pleisches die Charadrus (o x^e a ^e°^i> von xagadQa Erd- 

Gelbsucht heile (Schol. Arist. Av. 266, aus ihnen riss). 1) Ortchen im Gebiet des kleinasiatischen 

Suid. s. x<"QadQi6g). In der Ornithogonie der Boio Ioniens (Lydiens), das den Samiern gehbrte, nord- 

war erzahlt, dass der Begenpfeifer urspriinglich lich vom Mykalestock (jetzt Samsun Dagh oder 

ein Mensch gewesen sei, Agron mit Namen, der Kamila) an der Kiiste gelegen, Statte beim heu- 

Sohn des Eumelos auf Kos, der von Hermes in tigen Tschangli. Skyl. peripl. 98. S. AnaiaNr. 1, 

diesen Vogel verwandelt wurde (Ant. Lib. 15). Bativr\xig x<*>Q a > Samos. [Biirchner.] 

XaQadQtor /xifiovfievog (Aristoph. Av. 266) ge- 2) Bergveste Kilikiens, zwischen Selinus und 

brauchte man sprichwortlich von jemand, der sich Anemurion, mit einem Seehafen und Fluss Chara- 

versteckt Melt (Suid. s. v.). Asphalt tStet den 50 dros, Skyl. 102. Strab. XIV 669. Hekataios bei 

Vogel (Ael. n. a. VI 45). In spSterer Zeit ubertrug Steph. Byz., vgl. Meinekes Bemerkungen. Stad. 

man seine Eigenschaften auf den ixxsQog (galgulus mar. mag. 199ff., jetzt Charadran oder Kaledere. 

oder g>o$wtos der Romer, Plin. XXX94. Mart.XIII Kiepert bei Tschihatscheff Petermanns Mitt. 

68. Eut. Ix. 1 17). Im Mittelalter spielte der Cam- Erg.-Heft 20, 19, 2. Mailer Geogr. gr. min. I 

drms eine bedeutsame Rolle im Volksaberglauben ; 486. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien 1891 

vgl. Wackernagel Altd. Lesebuch 1 1 66. S c h e f- vni 58. [Ruge.] 

fels Ekkehard 44. [M. Wellmann.] Charaeta, einelnsel im lykischen Meer, Plin. 

Charadros (<> x&Q^Qog, ein Bach mit ein- n. h. V 181, spater Dionysia genannt. NachKie- 

gerissenen, canonartigen Ufern; vgl. auch Art. pert Specialkarte d. westl. Kleinasiens XIV eine 

Charadra und Charadrus). 1) In Phokis, 60 kleine Insel nordlich von Olympos. [Ruge.] 

am Fuss des steilen Felsens, auf dem Charadra Charakene. 1) 'H Xagaxtjvri ist nach Ptol. 

Nr. 3 lag, Paus. X 33, 6. Sein Rinnsal vereinigt VI 3, 3 dasjenige Gebiet Susianas, welches ober- 

sich mit dem Bett des Kephissos. halb von Pasinu Charax liegt. Plinius n. h. VI 136 

2) Ein Kiistenflusschen in Achaia, nOrdlich nennt es den unwegsamsten Teil von Elymais. 

von Patrai, wohl der xel^iaQQog von Bovvxevi oder AusserderHauptstadtXagaf werden noch Forat und 

Kdxco 'Axala, BeXfilxoi oder KaaxQix^i. Zwischen Dumathia (Plin. a. a. 0. 145f.) als dem KOnig der 

diesem und dem Selemnos lag die Stadt Argyra Charakener unterworfen bezeichnet. Wahrschein- 

an einer gleichnamigen Quelle. Paus. "VII 22, 11 lich gehorten auch Teredon und 'Anoloyov ifiaogior 



2117 



Charakene 



Charakene 



2118 



(s. d.) dazu. Ch. umfasste das Gebiet des Euphrat- 
und Tigrisdeltas, zwischen dem Punkte der Ver- 
einigung beider Strome und dem Meere. Die 
<5stlichen und die westlichen Grenzen lassen sich 
nicM genau bestimmen. 

Nicht geniigend klar ist das Verhaltnis Ch.s 
zu Mesene, welches eigentlich das nordlich an- 
grenzende Land ist. Wahrend Plinius (a. a. 0. 
129ff.) beide deutlich unterscheidet, nennt Strabon 
ersteres gar nicht, sondern nur Mesene (II 84) 
und mesenische Araber (XVII 739). Ptol. V 18, 1 
und VI 7, 19 dagegen ilberliefert Mesene nur in 
der Verbindung Mamavixrjg xol^iog , d. i. ,der 
innersteWinkel des persischenMeerbusens'. Joseph, 
ant. Iud. I 145 spricht von Spasinu Charax als 
im Gebiete der Mesanaier gelegen. Cass. Dio 
LXVIII 28 ftihrt einen Konig der ,Tigrisinsel 
Mesene' an, unter dessen Botmassigkeit die Be- 
wohner von Spasinu Charax standen. Ps.-Lukian 
(macrob. 16) nennt einige Konige von , Spasinu 
Charax und den am Eoten Meer gelegenen Orten', 
vermeidet also beide Ausdrucke. Im Talmud 
kommt allerdings ein Ortsname Korhlna (SOTl'lp 
Tr. Sabb. 152 a) und zweimal (Tr. Bei-. 33a/Sarih! 
92 a) das Nomen gentile da von vor. Aber die 
Schreibung mit p und n (man wiirde jcs'D 
erwarten, vgl. den palmyrenischen Namen von 
Charax Pasinu und arabisch Karh-Maisan) macht 
es sehr zweifelhaft, ob hier wirklich von Ch. die 
Eede ist. Thatsachlich heisst das Land sonst im 
Talmud stets Maisan, so auch bei den syrischen 
Schriftstellem, undbei den Arabern Maisan. Naheres 
s. u. Mesene. Hier sei nur noch einer Vermu- 
tung Ausdruck gegeben, wie die Vermischung der 
beiden Namen und Begriffe zu stande gekommen 
sein konnte. Zur Zeit der Seleukiden bildeten 
Mesene und das spatere Ch. ein Ganzes unter 
ersterem Namen. Ch. wurde mit dem Aufbau 
von Charax davon abgetrennt. Im Laufe der Zeit 
ist moglicherweise der nordliche Teil hinzuerobert 
und so das alte Mesene wiederhergestellt worden. 
Spater mag diese Eroberung wieder verloren ge- 
gangen sein, aber der Name Mesene blieb nun- 
mehr an dem alten Ch. haften. 

Die Quellen der Geschichte Ch.s sind sehr 
diirftig; sie bestehen in einigen kurzen Notizen 
bei Plinius, Josephus, Ps.-Lukian und Dio Cassius. 
Eine erwiinschte Erganzung bilden eine Anzahl 
Munzen charakenischer Konige, die deshalb be- 
sonders wertvoll sind, weil sie die authentischen 
Schreibungen der Namen und Jahreszahlen (nach 
seleukidischer Aera) bieten. So ist es denn ge- 
lungen, eine Eeihe von Konigen mit ziemlicher 
Gewissheit aufzustellen. Die Geschichte von Ch. 
beginnt mit der Griindung von Charax, oder rich- 
tiger mit dem Wiederaufbau des alten Alexandreia- 
Antiocheia durch Hyspaosines (s. d.), Sohn des 
Sagdodonacus. Er befestigte diese Stadt wohl 
und machte sich zum unabhangigen Herrscher 
iiber das umliegende Gebiet. Diese Ereignisse 
fallen wahrscheinlich in die Zeit kurz nach dem 
Tode des Antiochos VII. Sidetes (im J. 129). Die 
damals iiber das Seleukidenreich hereingebroche- 
nen Wirren wurden auch von anderen Statthaltern 
dazu benutzt, sich selbstandig zu machen. Dass 
er zwei Jahre spater Konig war, bezeugt eine 
Keilschrifttafel (veroffentlicht von Pinches Ba- 
bylonian and Oriental Record IV 131ff., vgl. auch 



Terrieu deLacouperie daselbst S. 136ff., 1890) 
mit dem Datum 185 seleukidischer Aera (= 127 
v. Chr.) . Der Name des Kbnigs ist hier geschrieben : 
As-pa-si-ni-e. Ausserdem besitzen wir eine Mtinze, 
die seinen genauen Namen und das Datum 188 
der seleukidischen Aera (124 v. Chr.) bietet. 

Der Kiirze halber sei hier gleich die Liste der 
Kenige von Ch. angefiigt, wie sie zuletzt Drouin 
(Museon IX 148f. 1890) nach Waddingtons Vor- 
10 arbeiten (Eev. num. nouv. ser. XI 1866, 303—333) 
aufgestellt hat. Einige Ab weichungen von Drouin 
sind unten naher begriindet. Die eingeklammer- 
ten Zahlen der seleukidischen Aera sind den An- 
gaben der genannten Keilschrifttafel und der 
Munzen entnommen. Solche Namen, die nur auf 
Munzen bezeugt sind, stehen in der daselbst an- 
gewendeten Form. 

1) 'Yajtaoaivtjs (185-188 S. = 127-124 v. Chr.). 

2) AnOAAKOY (203 S. = 109 v. Chr.). 
20 3) APTATIA[NOYp. (250 S. = 62 v. Chr.). 

4) Tigaioe (252—261 oder 264 S. = 60—51 oder 
48 v. Ch.). 

5) 'Arxanfalog I. (283—317 S. = 29 v. Chr. 
—5 n. Chr.). 

6) 'Afiivtieylos (321 S. = 9 n. Chr.). 

7) AAINNPrAO[Y] (333 S. = 21 n. Chr.). 
Liicke. 

8) 'Atrdft^kog II. (363-372 S. = 51-60 n. Chr.). 
Liicke. 

30 9) 'AQxd^aiog. 

10) Armfifakog III. (412 — 415 S. = 100— 
103 n. Chr.). 

11) 6EONNH20[Y] I. (421—423 S. = 109 
—111 n. Chr.). 

12) 'Axranfalog IV. 116 n. Chr. 

13) 0EONNHS[OY] II. (431 oder 434 S. = 
119 oder 122 n. Chr.). 

14) 'AtrafifaXog V. (443? S. = 131? n. Chr.). 

15) OBAAAIIPATA<PEPN[OY] , OBAAIA 
40 oder OPABZ[OY]1 (458-478 S.? = 146 

—166 n. Chr.?). 
Wegen der Einzelheiten vergleiche man die Artikel 
unter Nr. 1. 2. 4. 6 und 7. Hier nur noch einige 
Anmerkungen. 

Der Name Nr. 3 ist sehr zweifelhaft, da die 
betreffende Miinze verschollen ist. Dass Tiraios 
der dritte KOnig nach Hyspaosines war, bezeugt 
Ps.-Lukian (macrob. 16); daselbst nennt er auch 
den sonst unbekannten Artabazos als siebenten 
50 KOnig nach Tiraios , so dass die Annahme der 
beiden Lucken geniigend gerechtfertigt ist. Attam- 
belos IV. unterwarf sich dem Kaiser Traian bei 
Gelegenheit von dessen Zug gegen die Parther 
(im J. 116), Cass. Dio LXVIII 28, wo aber der 
Name 'A&dfi^dog und 2dfif}t)Xog geschrieben ist. 
11 und 13 halten Waddington und Drouin 
fur identisch, indem sie glauben, dass er durch 
eine Eevolution vertrieben und dann wieder ein- 
gesetzt worden sei. Diese Annahme ist ebenso 
60 moglich, als die, dass es zwei Herrscher gleichen 
Namens gewesen seien. Nr. 15 ist ausserst zweifel- 
haft. Die erste Form des Namens, sowie die 
Daten gab A. de Longpe"rier (Eev. num. nouv. 
s<5r. XV 136ff. Paris 1874—77), die anderen beiden 
Namensformen A. v. Sallet (Ztschr. f. Num. VIII 
1881, 215f.). 

trber das Ende des Kenigreiches Maisan be- 
richtet der arabische Historiker Tabari (ed. Lugd. 



2119 Charakene Charamaei 2120 

Sect. I S. 818 Z. 13ff.), dass Ardaslr Pabagan 2) Eine Landschaft im Sstlichen Kilikien, Ptol. 
nach der Broberung des Konigreiches Ahvaz sich V 8, 6. [Ruge.] 
gegen Maisan selbst gewendet, seinen Konig ge- Charakmoba (Xaedx/Mopa Ptolem. V 17, 5, 
totet und die Stadt Karh Maisan gegriindet habe. Var. Xaqaxfim^a; nach Steph. Byz. auch Mofiov- 
Der Name des Konigs 1st leider sehr schlecht x<*8 a $ genannt; bei Hierokl. Synekd. 721, 5 
iiberliefert; Zotenb erg (Traduction II 92) liest Xagayfiovpa) , das alttestamentliche Kir Moal> 
Bevd&Ci), Noldeke(tJbersetzungS. 13) -BaraZw (?), = Festung Moabs (Jes. 15, 1), auch Kir Heres 
die iibrigen Varianten s. in der Ausgabe. Das (Jer. 48, 31) und Kir Hareset (II Eeg. 3, 25) ge- 
Ende des Keiches Mesene fallt in die Zeit zwi- nannt, im aramaeischen Targum Kerakka deMoab r 
schen 224 und 227. Da nun das letzte Datum 10 ein Name, der sich in dem heutigen Kerak ei- 
der Miinzen (s. o.) auf das J. 166 hinweist, so halten hat. Wenn Seeck mit der vorgeschlagenen 
sind wir iiber die letzten 60 Jahre vor dem Unter- Correctur Gharae-Moab-Ailae statt Mohaile (Not. 
gange vollstandig im Dunkeln. Man hat indes Dign. or. XXXIV 14. 29) recht hat, war die 
versucht, auch in diese Periode etwas Licht zu Stadt rSmischer Garnisonsort; die feste, beherr- 
bringen, und zwar in folgender Weise. schende Lage wflrde dies ohnedies wahrscheinlich 
Soweit von den oben genannten Kenigen Miin- machen. Sonst erfahren wir aus romischer Zeit 
zen erhalten sind, haben sie alle einerlei Charakter. nichts iiber sie. Spatestens von Mitte des 6. Jhdts. 
Das Avers zeigt den Kopf des Kfinigs, das Revers n. Chr. an war sie Sitz eines Bistums der Eparchie 
das Bild des Herakles auf einem Felsen sitzend, von Palaestina tertia. In den Kreuzziigen war 
die Keule auf das Knie gestiitzt (Nachahmung 20 sie als den Handelsverkehr zwischen Syrien und 
gleichzeitiger seleukidischer Tetradrachmen), da- Arabien-Agypten beherrschend und als fast un- 
neben Namen und Titel ((JaoiXsvs , seit Tiraios bezwingliche Festung hart umstritten. Auf kurze 
zuweilen auch amrr/Q und acoxijQ xal ivtQyh^g) Zeit wurde das Bistum wieder aufgerichtet unter 
und das Datum. Einige kleine Kupfermunzen des dem Namen Petra deserti (irrtiimlich nach Jes. 
Tiraios und des Attambelos I. zeigen eine Nike 15, 1, Vulg.), daher vielfache Verwechslung mit 
mit Palmenzweig und Kranz. Dagegen flndet Petra und Sch&bek vorkamen. Saladin brachte 
sich der charakenische Herakles wieder auf vier sie endgiiltig in seine Gewalt nach fiinfjahrigem 
Miinzen eines Konigs, deren Legenden eine alt- erbittertem Kampf 1188. Dank der festen Lage 
aramaeische Schrift aufweisen. Weitere Miinzen der Stadt konnten ihre Bewohner sich bis in dieses 
mit Zeichen derselben Schrift enthalten zwei Bilder 30 Jahrzehnt hinein ziemliche Unabhangigkeit be- 
von Mannern: Avers die Biiste eines Konigs mit wahren. Burckhardt Travels 390ff. , deutsche 
Tiara, Revers den Kopf eines Mannes, meist ganz Ausg. 641ff. Tristram The Land of Moab 65 
unbedeckt, nur zuweilen mit einem schlecht an- — 97. Baedeker Palaest. u. Syrien't 177f. 
gedeuteten Kranze versehen. Man hat nun diese [Benzinger.] 
Miinzen den spateren KOnigen von Ch. zugeschrie- Charakoma (to XaQaxcopa , soviel wie Ver- 
ben und mehrfach unternommen, ihre Legenden schanzung), Ort oder Castell an der thrakischen 
zu entziffern. Der letzte und umfassendste Ver- Kiiste gegenuber von Samothrake, zwischen Tem- 
sucb, von Drouin (Rev. num. Ill se'r. VII 1889, pyra und Doriskos. Ch. und Tempyra gehsrten 
211 — 254. 361 — 384), hat indessen auch nur den Leuten von Samothrake, Strab. VTI frg. 48. 
wenig Sicheres ergeben. Er stellt folgende Liste 40 [Biirchner.] 
auf: Binega (von ihm die Miinzen mit dem Hera- Charakometes (6 XaQaxco/i^ttji notajiog), 
kles); Anonym; Artabaza I. und II.; Maan-Arta- Fluss bei Tralleis in Lydien (Karien) und Nysa 
baza I. — IV.; Dalizar-Artabaza. Fur wirklich ent- in Karien, Athen. II 43 a. An der Stelle heisst 
ziffert halte ich nur den K&nigstitel mcdka, den es, dass ra Sv 'Aalq, (Schweighauser Avdia, 
Namen Artabaza und von Binega den ersten und Kaibel Kaqiq unnOtig und falsch) jcsqi TgatteK 
den letzten Buchstaben. Alles Ubrige scheint mir xal xov XaQaxcofttfzrjv norafiov exi Se Nvaav ito- 
zweifelhaft, so namentlich auch die Zugehorigkeit liv einige warme Quellen so fetthaltig sind, dass 
der Miinzen zu Ch., wenigstens derjenigen ohne die sich in deren Wasser Badenden keines Salbols 
den Herakles. Wenn es sich aber bestatigen sollte, bediirien. Man hat statt Xagaxoifirjvrjs 'A%aQo- 
dass die vier Miinzen mit dem Herakles einem 50 w^nj? lesen wollen, da ein Stadtchen 'A%a^axa 
Konig von Ch. zuzuschreiben seien, dann ware die zwischen Tralleis und Nysa lag. Vielleicht ist 
MOglichkeit nicht ohne weiteres von der Hand aber gar nichts zu andern, da der Name XaQ<x£ 
zu weisen, dass der Name des letzten Konigs von for Tralleis hezeugt ist (s. d.). Die regelmassig 
Maisan, den Tabarl in verstiimmelter Form giebt, gebildete Form ware dann freilich XaQaxoxco- 
auf diesen Miinzen enthalten sei. Der Name Bi- tir)tt)s. [Biirchner.] 
nega oder Bin' a ware bei Tabarl durch eine ziem- Oharalas, der Sstlichste der vier Quellfliisse 
lich leichte Anderung herzustellen. Die iibrigen des Nil, die sich angeblich von den Mondbergen 
aramaeischen Miinzen konnten dann allerdings (Kenia und Kilimandscharo) in den Krokodilsee 
schwerlich charakenisch sein, obwohl die Schrift ergiessen. Anon, bei Hudson Geogr. gr. min. 
die gleiche ist. 60 IV 38. Miiller zu Ptol. IV 7, 7. Ganzenmiiller 
Litteratur: J.Saint-Martin Recherches sur (Ztschr. f. wiss. Geogr. VIII 1891, 10) halt ihn 
l'hist. et la geogr. de la Mfeene et de la Chara- fur den Gori; vgl. dagegen Miiller zu Ptol. a. 
cene, Paris 1838. ReinaudMemoires del'Institut a. O. p. 777 (s. auch KgoxodsUcov Xlftvtj). 
imperial de France. Acad, des inscr. et belles- [Fischer.] 
lettres XXIV 2 (1864) p. 155—224. W. H. Wad- Charamaei (Var. Carmei und Charmaei), ein 
dington a. a. 0. = Melanges de numism. H. ser. Volk in Siidarabien, von Plin. VI 157 als zu den 
(1867) 77 — 107. E. Drouin aa. 00. Minaeern gehorig (Minaei quorum, Charamaei) 

[Weissbach.] angefiihrt, von Spr en ger (Alte Geogr. 347) mit 



2121 Charandaioi Charax 2122 

Benal-Harb bei Mekka identiflciert, von Glaser unmittelbar hinter der Metropole Rhaga (apers. 

{Skizze'28) in der Nahe des Charmotasflusses (zwi- Raga) und vor den Kaspiai pylai gelegen; der 

schen Gidda und Konfuda) gesucht. Am wahr- Partherfurst Arsakes V. Phraates siedelte daselbst 

scheinlichsten ist es mit Haram der sabaischen In- das Volk der Mardoi an; Isid. Char. mans. Parth. 7. 

schriften (aTS^n) zusammenzustellen, das in der Nahe an Ch. verzeichnet Ptol. VI 5, 4 Arakiana 

Nahe von Ma'in lag. [D. H. Miiller.] und Apameia, vgl. Amm. Marc. XXIII 6, 43. An 

Charandaioi, erdichtetes Volk, neben Kolchoi der Siidwestseite des vor den kaspischen Thoren 

und Solymoi, Orph. Argon. 756. 1050. 1309; viel- gelegenenHaltortesAiwan-i-keiffindetmanRuinen, 

leicht Reflex einer siidlichen Ortlichkeit, wie Cha- welche qal'a-Arig heissen, Ritter As. IX 45 If.; 
randra Plin. VI 167, arabisch Harandal. 10 Yaqiit kennt erne 12 Farsang von Rayy entfernte 

[Tomaschek.] Ruinenstatte Arazi, welche fur die ,Altstadt von 

Charandas s. Bosporos Nr. 1 oben S. 747 Rayy' gait. [Tomaschek.] 

nr. 42. 10) Xdoa£ Ptol. VI 3, 3. Ps.-Luk. Macr. 16. Plin. 

Charandra (Plin. n. h. VI 167), hessere Lesart VI 99. 125. 130. 135ff. 145. 147. 156; X Ilaoivoo 

Carandra (s. Karandra). [Sethe.] Marc. Her. I 21; X. Ilamvov Ptol. VI 3, 2; /7a- 

Charanges , ein Armenier , xa^iaqfos unter aivov X. Anon. p. mar. Erythr. 35 ; Sjiaolvov X. 

Narses in Italien, Agath. II 6 p. 76 B. Steph. Byz. Joseph, ant. I 145. XX 22. 34. Le 

[Hartmann.] Bas Voyage arch. Ill 2596, vgl. daselbst nr. 2590; 

Charaspes, unbekannter Fiirst in der Nach- 6 X. 6 zov Sitaaivov xaXovfxsvog Cass. Dio LXVIII 
barschaft des Seleukidenreichs. Eine Bronzemimze 20 28, 4; Spasinueara Tab. Peut., Mher Alexan- 

mit seinem Namen (BASIAEQ(S) XAPASIIoY, dreia (Nr. 13) und Antiocheia (Nr. 10) genannt. 

zwischen beiden Wortern ein Adler auf einem Nachdem die Stadt von dem Araber- (oder vielmehr 

Blitz , darunter das Monogramm |VE , auf der Aramaeer-)f(irsten Hyspaosines' (s. d.), auch Hyspa- 

andern Seite die Kopfe der Dioskuren, etwa aus sines, Spasines, Pasines genannt, wieder aufgebaut 

dem 2. Jhdt. v. Chr.) s. bei Babelon Rev. nu- worden war, wurde sie Hauptstadt eines kleinen 

mismat. 3<* ser. I (1883) 146ff. Head HN 697. Reiches, Charakene (s. d.). Beruhmt ist sie nament- 

Imhoof-Blumer Portratkopfe 58. lich als Geburtsort des Isidoros Charakenos. Unter 

[J. Miller.] der Form Karak oder Earakh erscheint sie auf 

Charato, OberkOnig der Hunnen um das J. 410, Miinzen von Bahram IV. und Hormizd IV. (M o r d t - 
Olympiod. frg. 18 = FHG IV 61. [Seeck.] 30mann S.-Ber. Akad. Munch. 1875 Suppl. Ill 16). 

Charax (jjdea£ Schanze), h&ufiger Ortsname. Der palmyrenische Name ist t»DsON ""D {&<*■- 

1) Eine Verschanzung bei Acwa&ovs in Thes- rah Aspasina) oder kurz &o~D (KarM), s. M. 
salien, nOrdlich vom Thai Tempe. Im J. 169 v. Chr. de Vogue" Syrie Centrale. Inscriptions semi- 
von den Soldaten des Perseus besetzt und ein tiques I S. lOff. (nr. 5 und 6) Paris 1868. Bei 
Punkt der makedonischen Verteidigungslinie, Liv. den Arabern hiess sie anfangs Karh Maisan (Jakut 
XLIV 6. Gegend der heutigen Ortschaften IIvq- s. v. und s. Astarabad), spater nur Maisan; s. Me- 
yetog, 'Parpdvi, KQavia. sene. Der alte Name dtirfte in dem Flussnamen 

2) Kleine Insel zwischen Sunion und Athenai, Kerhah (s. Choaspes 1) fortleben. Uber die 
s. IlaziootcXov x<*S a £- fruheren Schicksale der Stadt sowie Versuche, 

3) Alterer Name von Tralleis. in Karien (Ly- 40 ihre Lage zu bestimmen s. Alexandreia Nr. 13. 
dien, s. d.), Steph. Byz. S. Charakometes. 11) Kabovoimv XaQa$, Ort im nordlichen Me- 

[Biirchner.] dien, am kaspischen See, zwischen der Mundung 

4) In Klein-Armeuien, Ptol. V 7, 3. Ramsay des Amardos (s. d.) und der des Kyrosflusses (s. 
(Asia minor 71) will schreiben Rarax, und es mit d.) gelegen, Ptol. VI 2, 2. [Weissbach.] 
Avauracos des Itin. Ant. 208 vergleichen. 12) Festung in Moab, s. Charakmoba. 

5) Bei Kelainai in Phrygien, wo Alexander 13) In Syrien, s. Meleagrum. 
sein Lager gehabt hatte, Steph. Byz. nach Ram- 14) Xafeiov x<*e a £ s - Xafigtov Nr. 1. 
say (Cities and bishoprics of Phrygia 229), der 15) SsaoooxQiog %&Qaxeg s. Sesostris. 

es mit dem zwischen Lampe und Graos Gala von 16) XdgaS, Flecken auf dem Boden des alten 

Nicetas255 erwahntenCh. gleichsetzt, bei Tschar-50Theben, erst in rOmischer Zeit auf den Ostraka 

dak, westlich vom Anaua lacus zu suchen. Anders erwahnt , vielleicht nach einer rdmischen Ver- 

Cramer Asia minor II 60. schanzung benannt, Wilcken Die griech. Ostr. 

6) Grosses Emporium am Busen von Nico- in Bonn 245ff. [Sethe.] 
media, unweit dieser Stadt, Steph. Byz. Nach 17) Handelsplatz der Carthager an der grossen 
Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien 1891 vin 7 Syrte (Xdgaf bei Strabon, M S a£ der Stad.; bei 
heute Hereke am Nordufer des Golfes von Ni- Ptol. soil Qdeaga ilberliefert sein), zwischen Ma- 
komedien. Ebenso Kiepert Forma orbis an- comades Selorum und Arae Philaenon, Strab. XVII 
tiqui IX. 836. Ptol. IV 3, 14. Stad. mar. magn. 87. 88, 

7) Am Pontus, Steph. Byz., vielleicht iden- Geogr. Gr. min. I 458. Nach Tissot Geographie 
tisch mit Nr. 6. [Ruge.] 60 de l'Afrique I 220 bei dem heutigen Medinat es- 

8) Castell an der taurischen Kiiste, Ptol. Ill Sultan (Mher Sort genannt) zu suchen. 

6, 2; Gharaceni, taurische Gemeinde, Plin. IV [Dessau.] 

85; civitas Parasina, d. i. Charaeena, Plin. II 18) Ein nohajxa auf Corsica, Strab. V 224. 

211. Wahrscheinlich an Stelle des mittelalter- [Hiilsen.] 

lichen Bischofsitzes Phulla nahe dem heutigen 19) Charax von Pergamon (FHG III 636—645. 

Lustschlosse Livadia zu suchen. ~ IV 669), Schriftsteller des 2. oder 3. nachchrist- 

9) Eine von den ersten Seleukiden gegriindete lichen Jhdts. Hesychios (Suid. s. v.) wusste fiber 
feste Stadt in der medischen Landschaft Rhagiane, ihn nur, was er aus einem Epigramm in einer 



2123 Charax Chareisiades 2124 

Handschrift geschlossen hatte, dass er Priester in einer Schrift jisqi ogftoygaytag sind bisher nur 

Pergamon gewesen sei; im 7. Buch — ier'Ekktj- einige Bruchstiicke ediert (Cramer An. Ox. IV 

vixa — fander Nero und seine Nachfolger erwahnt. 331ff., die Einleitung bei Ch. Grans Notices 

Dvb'Ekkrp/ixa — nach Suidas in 40 Bfichern, die Ci- sommaires des mss. grecs de la Bibl. royale de 

tate reichen bis zum zehnten (o Xdgag i<*> Schol. Copenhague S. 50 = Archives des missions scient. 

Aristid. p. 65, 9 Dind.) und zwolften (s. u.) — sind in « se'rie t. VI [1880] 195). Sie ist, ahnlich wie 

wegen der pragmatischen Darstellung der Sagenge- die gleichnamigen Schriften des Choiroboskos und 

schichte viel gelesen, wie die Citate in den Scholien anderer Byzantiner, im wesentlichen ein Excerpt 

zu Dionys. per. 64. 687 und Aristeides p. 17, 24. aus Herodian negl dg&oyQacpiag. Vgl. P. Ege- 
65, 9 und in der Excerptensammlung des Cod. lOnolff Die orthographischen Stiicke der byzantini- 

Vat. 305 (Myth. gr. ed. Westermann p. 324. 325) schen Litteratur (Progr. Heidelberg 1888) 4ff. — 

beweisen; wo sie in den Homer- (II. XVIII 483 T) 3. Ebenso wie von Choiroboskos gab es von Ch. 

und Aristophanesscholien (Wolk. 508) vorkommen, Scholien (Vorlesungen) zu den grammatischen Ka- 

sind sie als jiingste Zusatze aufzufassen. Stepha- nones des Theodosios, die uns aber nur in einem 

nos hat ihn sicher selbst excerpiert. Den Byzan- Auszug erhalten sind, welchen Sophronios, der 

tinern (Euagr. h. e. V 24. Eust. p. 1859, 44) spatere Patriarch von Alexandria (844 — 857), als 

gilt er als ein Hauptvertreter der ,historischen' MOnch angefertigt hat. Dieser Auszug ist unter 

Mythendeutung. So haben sich auch Falschungen dem Titel ZaxpQovlov naxQidex ov 'Alsgavdosias 

eingeschlichen; frg. 14 (aus Eustathios Commen- Ttgog xov dji^av 'Icodvvtjv emoxonov TafiiaSscog 
tar zu Dion. per. 689) und 18. 19 (Mai. p. 81. 20 oxolia ovvxofia ix x&v xov Xdgaxog agog sioa- 

175 = Chron. pasch. p. 207. 208 = Ioann. Ant. yo/xivovg tig rovg owo/iaxixovg xal grjfiaxixovg xa- 

Salm. frg. 81; das Fragment ist eines. wie die vovag, a f\rixa ijiovat.s <pdsftjzova>g l^e&exo im 

besseren Lesungen des Chron. pasch. zeigen) ver- Cod. Havniensis 1965 und im Vindobonensis phil. 

raten die byzantinische Mache auf den ersten gr. 240 iiberliefert und vor kurzem von A. Hil- 

Blick, doch vermag ich unter den iibrigen Frag- gard hinter Choiroboskos' Scholien zu Theodosios 

menten keines zu finden, das mit Sicherheit (Grammatici Graeci IV 2, 375 — 434) herausge- 

fiir unecht erklart werden miisste. Die Xgovixd geben. Andere Schriften, die Ch. selbst in den 

scheinen nur Stephanos bekannt gewesen zu sein. Scholien zu Theodosios citiert, sind verloren. Im 

Heringas Conjectur zu Schol. Apoll. IV 1470 allgemeinen vgl. A. Hilgard Gramm. Gr. IV 
si'grjxsv avxo Xdgag - sv jxqcoxcm Xqovixwv ist 30 Proleg. CXXIVff. [Cohn.] 

falsch, da in dem iiberlieferten avxo %dgig sv Charaxenos, Sohn des Abragos (Xagagevog 

Txgcoxcoi iQovmv nicht nur %dgig , sondern avxo- 'Afiodyov). StQaxtjyog in Olbia, Kaiserzeit, La- 

X<*Qis verdorben ist und die Apollonioscommenta- tyschew Inscr. orae septentrionalis Ponti Euxini 

toren zu gute Philologen waren, um ein so spates I 54. [Kirchner.] 

und unwissenschaftliches Werk wie das des Ch. Charaxos, Lapithe, auf der Hochzeit des 

zu citieren. Die Citate reichen bis zum 11. Buch; Peirithoos von dem Kentauren Bhoitos mit einem 

die beiden aus dem 12. (Steph. Byz. s. Kovgioi. <&i- vom Altar gerafften Feuerbrand erschlagen, Ovid. 

br\vri) gehOren in die 'Ellr\vixd. Chronologisch met. XII 272. [Hoefer.] 

zu bestimmen sind annahernd oder genau frg. 30 Charbrusa, odes Inselchen im M&lag xohrog 

(mit verdorbener Buchzahl) Miltiades Eroberung 40 (jetzt Golfo di Saro), westlich von der thrakischen 

von Lemnos; aus dem 6. Buch frg. 31 Eroberung Chersonesos, Plin. n. h. IV 74. [Biirchner.] 
von Oreos durch die Athener 341 , frg. 32 Ale- Charbyris (XdoftvQig), nach Sozom. hist, ecch 

xander in Drangiana 329; aus dem 8. frg. 34 VIOein Ort auf Kyprosinder Gegend vonPaphos, 

(wo 'AkafSovQiov alte Verschreibung fur 'Axafiov- wo Hilarion sich langere Zeit aufhielt. Nach 

giov ist) und 35 Eroberung von Koilesyrien durch Valesius z. St. nennt Nikephoros (welcher?) den 

Antiochos Megas 218, vgl. Polyb. V 70; aus dem Ort Xagv^gig, Epiphanius Scholasticus Carybdis; 

10. frg. 36 (Koivxog = Q. Fabius Maximus Ser- beide Formen findet man als Varianten Act. SS. 

vilianus cos. 142). 37 (vgl. Plin. Ill 14 mit App. Oct. IX 29 § 55. Da Hieron. vit. Hilar. 42 (Migne 

Iber. 68) Krieg gegen Viriathus; frg. 39 (vgl. lat. XXHI 52) und die Vita Epiphanii 33 (in 
Strab. XVI 752) Aufstand des Diodotos Tryphon 50 Epiph. op. ed. Dindorf I 37) von einem Ort bezw. 

143/2; aus dem 11. frg. 38 Katastrophe Tryphons einer Hohle 2 Milien von Paphos sprechen, wo 

139/8. Dass es in den ersten Biichern an fingier- Hilarion lebte, so hat man darunter wahrschein- 

ten Kenigslisten nicht fehlte, zeigt frg. 25. lichCh. zu verstehen, wie schon TillemontMem. 

[Schwartz.] p. s. a l'hist. eccl. VII 2 570 vermutete. Der Name 

20) Ioannes Charax, technischer Grammatiker ist daher wohl auf eine der hohlenreichen Nekro- 

des 6. Jhdts., jiinger als Ioannes Philoponos (An- polen bei (Neu-)Paphos zu beziehen, von denen 

fang des 6. Jhdts.), den er citiert, und etwas alter jene im Siidosten, ein Fundort kyprisch-epichori- 

als Georgios Choiroboskos, der auf ihn Bezug scher Inschriften, jetzt den Namen akoivia xov 

nimmt. Seine Studien und Schriften bewegten emoxojtov fuhrt, s. Oberhummer Ztschr. d. 
sich auf demselben Gebiet wie die des Choiro- 60 Ges. f. Erdk. 1890, 235. [Oberhummer.] 

boskos. 1. Langst bekannt ist ein kleiner Trac- Charcha, StadtMesopotamiens bei Amm. Marc, 

tat tisqI x&v iyxhvofiivwv (ed. Aldus in dem XVIII 10, 1, wo sie als letzte persische Etappe 

Cornu Copiae et Horti Adonidis fol. 226 — 229 und beim Heranzuge gegen die rSmischen Castelle, 

I. Bekker An. Gr. 1149—1155), eine Compi- die Amida beschiitzen, erwahnt wird. 
lation aus einem Capitel des 21. Buches der Ka- [Baumgartner.] 

ftofoxri Ilgoocodia des Herodian. Vgl. P. Ege- Chardaleou (regio), Gegend im Westen Ara- 

nolff Die orthoepischen Stiicke der byzantinischen biens, Plin. VI 150. [D. H. Miiller.J 

Litteratur (Progr. Mannheim 1887) 37. — 2. Von fChareisiades aus Orchomenos. Archon da- 



2125 Charemon Chares 2126 

selbst in der ersten Halfte des 2. Jhdts. v. Chr., anderen Feldherren , sich in eine Schlacht ein- 

IGS I 3202. [Kirchner.] lassen zu wollen, bei Embata eigenmachtig den 

Charemon, flinfter Konig von Agypten bei Kampf mit der feindlichen Flotte, Polyaen. Ill 

Abulfar. chron. p. 11. ~ [Sethe.] 9, 29; vgl. Judeich Kleinasiat. Stud. 290, 1, 

Chares (Xciqijs). 1) Fluss bei Dioskurias, wird geschlagen nnd macht seine Mitfeldherren 

Strab. XI 499, fur einen spateren Einschub ge- fur die Niederlage verantwortlich , welche denn 

halten ; vielleicht ein Synonym fur den Anthemus, auch von der athenischen Biirgerschaft ihres Com- 

Plin. VI 15 oder fur den Chrysorrhoas ebd. VI 4. mandos entsetzt werden, Diod. XVI 21, 4. Ch., 

[Tomaschek.] der jetzt allein den Oberbefehl fuhrt, verbindet 

2) Athenischcr Archon 01. 77, 1 = 472/471. 10 sich, um zum Sold fur seine Truppen zu kommen, 
Diod. XI 53. Dion. Hal. ant. IX 37. Marm. Par. mit dem vom Perserkonig abgefallenen Satrapen 
71. [v. Schoeffer.] Artabazos Ende des J. 356, Diod. XVI 22, 1. 

3) Athenischer Feldherr, Sohn des Theochares Dem. IV 24, und besiegt die koniglichen Truppen 
aus dem Demos Angele. Das Patronymikon 0eo- in einer Schlacht, die er in seiner Siegesbotschaft 
xaqrjs ist uns bezeugt durch CIA II 1240, auch der marathonischen an die Seite stellt , Schol. 
durch Plut. an seni gerenda sit resp. 8, wo- Dem. IV 19. Plut. Arat. 16. Fur seine Mann- 
nach KXeoxagris bei Steph. Byz. s. 'Ayyelf) zu schaft erhalt er von Artabazos reicblichen Lohn, 
emendieren ist ; der Demos AyyeXtj ist uns iiber- nach Athen sendet er aus der gemachten Beute 
liefert ausser durch Steph. Byz. a. 0. durch CIA zur Speisung der Burgerschaft eine Anzahl Binder; 
II 1240 und IV 2, 802 b 19 ; vgl. IV 2, 64, wo 20 gelohnt wird ihm von Athen aus mit einem gol- 
Xd[evs AyyeXfijftev)] zu erganzen ist. Strateg denen Ehrenkranz, Diod. XVI 22, 1. Schol. Dem. 
im J. 367/6, bringt er Anfang des J. 366 den von III 31. Schafer 12 171. Dm diese Zeit erobert 
Argos und Sikyon bedrangten Phliasiern erfolg- er Lampsakos und Sigieion, Schol. Dem. Ill 31 ; 
reiche Hiilfe, Xen. hell. VII 2, 18—23. Diod. XV an letzterem Ort pflegte er Wohnung zu nehmen, 
75, 3. Schafer Dem. 12 104, wird, nachdem wofern er nicht durch kriegerische Operationen 
Oropos den Athenern entrissen war , zuriickge- beschaftigt war, Theopomp. bei Athen. XII 532 b. 
rufen, Xen. hell. VII 4, 1, gent aber auf Grund Arrian. I 12, 1. Nep. Chabr. 3,4; vgl. Dem. II 
des bald darauf zwischen den Athenern und Ar- 28. XXIII 139. Schafer 112 54. Judeich a. 
kadern geschlossenen Bundnisses wieder in den 0. 211, 1. Auf eine wegen des Vorgehens des 
Peloponnes, Xen. hell. VII 4, 4—6. Schafer P 30 Ch. vom Perserkonig nach Athen gerichtete Be- 
112. Strateg im J. 361/0, wird er wahrschein- schwerde und auf die verlautbarte Drohung, der 
lich Sommer 361 nach Kerkyra entsandt, welche KOnig wolle die von Athen abgefallenen Bundes- 
Insel er durch seine wenig versOhnliche Haltung genossen mit 300 Schiffen unterstiitzen, wird der 
dem athenischen Einfluss zu entfremden weiss, Bundesgenossenkrieg beendigt im J. 355, Diod. 
Diod. XV 95, 3. Aen. Tact. XI 7. Schafer 12 XVI 22, 2, worauf sich Ch. von Artabazos ge- 
151. 152. Friihjahr 360 steht er zusammen mit trennt haben wird, Diod. XVI 34, 1. Erst im 
den athenischen Feldherren Charidemos (s. d. Nr. 5) J. 354 unter dem Archon Diotimos (Dionys. Halic. 
und Phokion , welche auf Beisteuern von Les- Din. 13 p. 668, 2) finden wir Ch. wieder in Athen, 
bos angewiesen werden , dem vom Perserkonig wo er gemeinschaftlich mit Aristophon von Azenia 
nach Diod. XV 91 im J. 362/1 abgefallenen Oron- 40 seine Mitfeldherren Timotheos, Iphikrates, Mene- 
tes bei, wie das Bergk Rh. Mus. XXXVII 357 stheus mit einer Meldeklage belangt, Polyaen. Ill 
aus CIA II 108 frg. 6 zu erweisen gesucht hat; 9, 29. Uber die Zeit des Processes vgl. Schafer 
vgl. Schafer 12 155. 156, 1. Im J. 357/6 wird er 12 174, 4. Judeich a. 0. 291 Anm., wo die be- 
unter den Strategen erwahnt, welche Sommer 357 stimmte Datierung des Dknvysios in Schutz ge- 
das mit den Karystiern abgeschlossene Blindnis nommen wird gegen den Ansatz Belochs Att. 
beschwciren, CIA IV 2, 64. Diod. XVI 7, 2. Dit- Polit. 364, der den Process im J. 356 oder 355 
tenberger Syll. 86 N. 15. Schafer 12 162, 2. verhandelt sein lasst. In ebendemselben Jahre 
Mit einem von ihm gesammelten Soldnerheer geht des Archonten Diotimos (354/3) Strateg, fiihrt er 
er darauf als oTgarrjyds avtoxQ&vcoQ in den Cher- eine Zeit lang auf eigene Faust Krieg, so dass 
sones , dessen Abtretung er von Kersobleptes er- 50 die Athener iiber seinen Aufenthaltsort keinerlei 
langt, Dem. XXIII 173. 178. Schafer 12 164. Kunde haben, Aesch. II 73. Anfang 353 besiegt 
Wahrscheinlich hat Ch. nach der bald hierauf er- er ein makedonisches Soldnerheer unter Adaios 
folgten Eroberung von Amphipolis durch Philipp in Thrakien, Theopomp. bei Athen. XII 532 d; 
den Befehl erhalten, gegen diesen zu Felde zu vgl. ebd. 532 e. Herakleides = Kock CAFII 435. 
Ziehen, Nep. Timoth. 3, 1; vgl. Aesch. II 70. Antiphan. frg. 303, Kock II 130. Dagegen ent- 
Hypoth. Isokr. VIII. Schafer 12 164, 4, ist aber kommt das makedonische Geschwader einer unter 
durch den Ausbruch des Bundesgenossenkrieges des Ch. Commando bei Neapolis liegenden atheni- 
daran verhindert worden. Er kampft unglucklich schen Flotte, Polyaen. IV 2, 22. Schafer 12 
bei Chios Herbst 357, Diod. XVI 7, 3. Im J. 356/5 443. Zur Feier seines Sieges iiber die Soldner 
wieder Strateg, wird er in dem am 11. Hekatom- 60 veranstaltet Ch. einen Opferschmaus auf dem 
baionabgeschlossenenBiindnisvertrage der Athener Markte von Athen vermittels 60 aus dem delphi- 
mit den Fursten der Thraker, Illyrier, Paioner schen Tempelschatze stammenden Talenten, Theo- 
genannt, CIA II add. 66 b ; vgl. Diod. XVI 22, 3. pomp. a. 0. Feldherr im J. 353/2, erobert er 
Dittenberger Syll. 89 N. 9. Vereinigt mit den Sestos, Diod. XVI 34, 3, wohin athenische Kleru- 
Strategen Iphikrates, Menestheus, Timotheos ent- chen entsandt werden, Diod. XVI 34, 4; vgl. CIA 
setzt er das belagerte Samos, Diod. XVI 21. Nep. II 795 f 103—119. 120—145 mit Kohlers Be- 
Timoth. 3, 3. Schafer 12 170, 1. Ende des Som- merkungen. Auf der Riickfahrt vom Hellespont nach 
mers 356 beginnt er trotz der Weigerung der Athen nimmt er an der thessalischen Kiiste pho- 



2127 Chares Chares 2128 

kische Fliichtlinge aus dem Heere des Onom- Flotte capituliert er unter der Bedingung freien 

archos an Bord der athenischen Schiffe im J. 352, Abzuges und begiebt sich nach Imbros, Curt. IV 

Diod. XVI 35, 5. Schafer 12 445. Um diese 5, 22. Arrian. Ill 2, 6. Schafer Ilia 183, 2. 

Zeit etwa leistet er eine Trierarchie, wovon uns Droysen I 1, 315. Schliesslich horen wir von 

CIA IV 2, 802 b 19 Kunde giebt. Strateg im ihm, dass er in Tainaron , dem grossen Soldner- 

J. 349/8, wird er im J. 349 (ml Kallifiaiov markte, sicbbeflndet, Vit. X orat. Hyperid.p. 848 e. 

oqxovtos, Philoch. frg. 132, FHG I 405. Dion. Schafer III2 183. Droysen I 1, 315; das ge- 

Hal. ad Ammae. 1 10 p. 736, 11) den Olynthiern schah jedenfalls vor dem J. 324/3, sofern er in die- 

zu Hiilfe gesandt. Uber seine Unternehmungen sem Jahr in Dem. epist. m 31 (fiber dessen Echt- 
vor Olyntb ist nichts bekannt. Nach Athen zu- 10 heit vgl. Blass Att. Bereds. Ilia 1, 440) als tot er- 

riickgekehrt Bnde des J. 349, wird er von Kephi- wahnt wird, Schafer III 2 307, 4. Uber eine An- 

sodotos angeklagt, Aristot. Rhet. Ill 10 p. 1411 klage des Ch. durch Eubulos in nicht naher be- 

a 5; vgl. Dion. Hal. a. O. p. 734, 4ff. Schafer 112 stimmbarer Zeit berichtet uns Aristot. Bhet. 1 15 

139. 143, 2. B. 156. 5. Anfang 348 geht Ch. auf p. 1376 a 10. Schafer 12 196, 4. trber seine viel- 

Grund fortwahrender Mahnungen des Demosthenes fachen Processe vgl. Aesch. II 71. Von seiner 

mit einemBurgerheer nach Olynth, Philoch. frg. 132, Pamilie ist uns nichts bekannt; wahrscheinlich war 

PHG 1 406. Schafer 12 142. 151. Als er infolge er ein Homo novus, Kohler Athen. Mitt. II 189. 

des herrschenden Unwetters spater als beabsich- Ch. war von kraftigem Kdrperbau und gewaltiger 

tigt in Olynth anlangt, findet er die Stadt durch Leibesstarke, Plut. an seni gerenda sit resp. 
Philipp erobert Anfang 348/7 [oqxwv 6e6<pdog, 20 8; vgl. Isokr. XV 116. Personlich tapfer, hatte 

Dion. Hal. a. 0. 736, 14. Suid. s. Kdgavog). Schol. er einen mit Narben bedeckten Korper, Plut. Pe- 

Aristid. Panath. p. 179, 9 (III 299 Ddf.). Schafer lop. 2. Prahlerisch und ruhmredig, Aesch. II 70ff. 

II 2 152, 3. 157, 3. Ch. muss somit auch im Plut. reg. et imperat. apophtheg. Timoth. 2. 3, 

J. 348/7 Strateg gewesen sein. Strateg im J. 347/6, machte er leichtsinnig Versprechungen , die er 

weilt er an der thrakischen Kiiste, Aesch. II 90 nicht halten konnte ; daher sprichwOrtlich at Xd- 

— 92. Dem. IX 15. Polyaen. ni 13, 2. Schafer Qrjxog imooxeoeig, Zenob. n 13 und ofter bei den 

112 178, 3. 179, 2. Er erringt einen choregischen Paroemiographen. Dem Wohlleben und den Aus- 

Sieg unter dem Archon Lykiskos (344/3), CIA H schweifungen war er ergeben, daher bei den Athe- 

1240. Strateg im J. 343/2, befindet er sich bei nern beliebt, Theopomp. bei Athen. XII 532 b. c. 
Thasos, Schol. Dem. VII 15; vgl. Dem. LVIII30Nep. Chabr. 3, 4. Wenn ihm wegen der Placke- 

38. Schafer 112 450, 4. IH2 444. Auf dem reien der Bundesgenossen im Interesse des Unter- 

thrakischen Chersones operiert er als Strateg des halts seiner S6ldner Vorwiirfe gemacht werden, 

J. 341/0, CIA II 116; vgl. Dittenberger Syll. Plut. Phoc. 14, so liegt die Schuld weniger an 

107 N. 4. Als Feldherr dieses Jahres wird er ihm als an der mangelhaften Leitung der Ge- 

auch in den Seeurkunden CIA II 808 c 82. 809 d schafte in Athen selbst, Dem. XIX 332; Demo- 

220 genannt, Schafer II 2 450, 4. 451, 2. Da- sthenes wird an letztgenannter Stelle seinen Ver- 

mals etwa wird Ch. Methymna unter dem Ty- diensten gerecht und nimmt ihn gegen die gegen 

rannen Aristonikos belagert haben, Polyaen. V ihn erhobenen Anfeindungen in Schutz. 

44, 3, sofern hier Agiaxmrvfiog der Hss. in 'Aqi- 4) Athener (Alg~<ovevg). TgirieaQxog in einer 
oxovixog zu andern ist, Schafer III 2 171, 1. 40 Seeurkunde vom J. 342/1, CIA II 803 f 15. Der- 

Als Feldherr des J. 340/39 , wird er den von selbe Xdfejtjg 'A . . . . ov Algcovsvg als Isitovq- 

Philipp bedrangten Byzantiern zu Hiilfe gesandt ywv in einer Inschrift derselben Zeit, CIA II 172. 

im Spatherbst 340, Plut. Phoc. 14; reg. et imp. 5) Sohn des Ch., Athener (raQytfxuog). 'Yno- 

apophtheg. Phoc. 8 p. 188 b. Hesych. Miles, orig. xoofirjxrjg zwischen 117 — 129 n. Chr., CIA III 1108. 

Constantinop. 28 = FHG IV 151. Porphyr. Tyr. Derseibe^ran? etwa im J. 139/40, CIA III 1023. 

1 = FHG III 692. Schafer 112 508, 1. 4. 509, 6) Athener ('EXevaiviog). Tgwfea^os in einer 

2. 514 Anm. Vor Byzantion stirbt und findet Seeurkunde von etwa 323 v. Chr., CIA II 812 c 6. 

ihr Grab seine Gemahlin Damalis, die ihn be- 7) Sohn des Chairion, Boiotier. IlaXg xoQev- 

gleitet hatte, Hesych. Miles 29. 30 = FHG IV xqg, Teilnehmer an den Soterien in Delphi um 
151. 152. SchaferII 2 509,4. Feldherr im J. 339/8 50 270— 260 v. Chr., Wescher-Foucart Inscr. 

stent er Fruhjahr 338 bei Amphissa an der Spitze de Delphes 3. 4; vgl. Pomtow Jahrb. f. Philol. 

des S&dnerheeres , das von Philipp geschlagen 1894, 501ff. 

wird, Polyaen. IV 2, 8; vgl. Aesch. Ill 146. 8) Sohn des Ch., 'Aycovo&htjg in Iasos 188— 146 

Schafer 112 557. 4. 5. Auch im J. 338/7 Feld- v. Chr., Le Bas 296. 297. 

herr, befehligt er am 7. Metageitnion, (Plut. Cam. 9) Sohn des Ch. "Eyogog in Sparta, Zeit des 

19) die Athener bei Chaironeia, Diod. XVI 85, 2. Hadrian. CIG 1245. 

[Plut.] de nobilit. 2. Stob. LIV 47. Schafer II 2 10) XaQtjg 6 Klsiaiog, Teixiovoorjg dgxdg, In- 

564, 1. Nach der Eroberung Thebens im J. 335 schrift auf einer Sella mit sitzendem Gfltterbild 

wird er unter denen genannt, deren Auslieferung nahe bei Didyma aus dem Ende des 6. Jhdts. 
Alexander verlangt, Arrian. anab. I 10, 4. Suid. s. 60 v. Chr., 1GA488; vgl. Newton S.-Ber. Akad. Berl. 

'AvxljiatQog. Nachdem er Athen veilassen, begiebt 1859, 661. Uber Tsixtosaaa bei Milet vgl. Thukyd. 

er sich nach Sigeion und begriisst von dort aus im VUI 26. 

J. 333 bei Ilion Alexander, dem er einen goldenen 11) Thebaner. Avlrjxrig in einer choregischen 

Kranz iiberreicht, Arrian. a. 0. 1 12, 1. Schafer Inschrift aus dem 4. Jhdt. v. Chr., CIA II 1283. 

1112 183. Droysen Hellenism. 1 1, 187. Im J. 332 [Kirchner.] 

stellt er sich in den Dienst des Grosskenigs und 12) Dramatischer Dichter, von dem Stobaeus 

ubernimmt den Oberbefehl iiber 2000 Perser in einige Verse uberliefert. Nauck TGF 2 p. 826. 

Mytilene. Beim Herannahen der makedonischen [Dieterich.] 



2129 Chares Chares 2130 

13) Chares (FHA 114—120. Susemihl Gr. 14) Grammatiker, Schiiler des Apollonios von 

Litt.-Gesch. I 541. 542) von Mytilene (6 Mvrdrj- Rhodos. Verfasser einer Schrift xeol loxooiSrv xov 

vaTog Plut. Alex. 54. Athen. I 27 d. Ill 93 c. 124 d. 'AjioXXmviov nach Schol. Apoll. Ehod. II 1052 

VII 277 a. X437a. XII 514 e. 538 b. XIII 575 a), 2xv/icprjXldeg de Xeyovxcu negl avxrjv oovi&eg, as 

ein Grieche im Gefolge Alexanders, der bei Ein- nXmidag shier AnoXXdivtog . ovxco de avxdg ovo/mx- 

fuhrung des persischen Hofceremoniells das Amt Ceo-frac SeXevxog iv 2vft/j,ixxoig xal Xdor/s avxov 

des eioayyeXsvg (X. 6 eloayyeXevg Plut. Alex. 46, xov 'AnoXXcaviov yvwoifiog iv xq> jisol ioxoqioov 

vgl. Herod. Ill 84. Diod. XVI 47) erhielt, ver- xov AnoXXmviov. — Zweifelhaft ist, ob ein Gram- 

fasste ein Werk fiber die Geschichte Alexanders matiker Ch. oder ein anderer Schriftsteller dieses 
(Athen. XII 514 e iv xiji ni[mxt)i x&v Ileal AXe- 10 Namens gemeint ist in dem arg zerriitteten Artikel 

Igavdoov ioxooimv, ebenso III 93c. XII 538b. XIII tj 8' oe der WOrterbiicher (Lex. Bachmann. Phot. 

475a. Ill 124c. X 436 f, abgekiirzt IV 171b. X Suid. Etym. M. 416, 31). Vgl. A. Blau De Ari- 

534d), das bis zum 10. Buch citiert wird (Athen. starchi discipulis 66. A. Ludwich Rh. Mus. XLI 

XII 538b. XIII 575 a). Die Okonomie der Er- 437ff. ' [Cohn.l 

zahlung lasst sich nach den Bruchstlicken nicht 15) Aus Lindos, Erzgiesser, Schiiler des Ly- 

bestimmen. Aristobul (vgl. Plut. Alex. 55. Arr. sippos (Plin. XXXIV 41. Auct. ad Her. IV 6, 9), 

IV 14, 3. Athen. XII 513 f) und wie es scheint verfertigt den Coloss von Bhodos, d. h. das riesige 

auch Duris (Plut. Phok. 17) haben ihn beniitzt; vgl. Erzbild des Helios, des Hauptgottes der Insel. 

ferner Diod. XVH 76, 6 (Kleitarch) mit Gell. V 2 im tl ber den Aufstellungsort ist nichts Naheres be- 
Gegensatz zu Plut. Alex. 6. Plutarch entlehnt 20 kannt. Die Hohe wird bald auf 60 (Schol. Luc. 

einiges aus ihm (ausser den Citaten vgl. sympos. Icaromen. 12. Hyg. fab. 223), bald auf 70 Ellen an- 

I 6, 1 ; de cohib. ira 3 = Athen. X 434 d), doch gegeben, so von Plin. a. O. Pest. p. 58. Vibius Sequ. 

ist zu beachten, dass er eine ihm aus Ch. be- p. 159Biese, namentlich aber in einem vonStrabon 

kannte Anekdote nicht in die Biographie Alexan- XIV 652 fiberlieferten Epigramm, das lange fur 

ders aufgenommen hat und Alex. 20 ihn aus die Kiinstlerinschrift gait. Gegendiese Ansichthat 

Alexanders Briefen widerlegt. Einmal erscheint Preger nach dem VorgangMaffeis Bedenkener- 

Ch. in den Xeydfieva Arrians (Plut. Alex. 54 = hoben (Inscr. gr. metr. 280) ; doch lasst sie sich viel- 

Arr. IV 12, 3 — 5). Dass er die Uberlieferung leicht durch die Annahme halten, dass die voll- 

stark beeinflusst hatte, ist nicht anzunehmen. In standigere , bei Constant. Porphyrog. de adm. 
der Schilderung von Kalanos Ende (Athen. X 30 imp. Ill 99, 9 Bonn, und Anth. Plan. App. 82 

437 a) vertritt er mit Onesikritos (Luc. de mort. Jacobs iiberlieferte Fassung xov iv 'Podqy xoXoo- 

Peregr. 25. Strab. XV 717) die altere trberliefe- ooV, die allerdings unmoglich ist, auf volkstum- 

rung , nach der Kalanos sich ins Feuer stiirzte, licher Interpolation des zum Memorialvers gewor- 

gegem'iber der jfingeren, welche ihn ruhig in den denen Epigramms beruht und die echte Fassung 

Flammen sitzen Hess. Dass er das Amazonen- etwa lautete: ov eioooqs xoXoooov enxaxig Sena 

abenteuer ausliess (Plut. Alex. 46), gereicht ihm Xdoys inoiei 7ia%ewv 6 Aivdiog. Fiir die Authen- 

nicht ohne weiteres zur Empfehlung, da er an ticitat spricht namentlich auch das Imperfect, 

dessen Stelle andere romanhafte Schilderungen Auch die Weihinschrift ist uns, wie Benndorf 

(Athen. Xn 538 b; die Zeitbestimmung oxe . . Athen Mitt. I 1876, 45 gezeigt hat, in dem Anth. 
elXe AaoeTov ist nicht zu (ibersehen) setzte, denen 40 Pal. VI 171 und bei Suid. s. KoXoaoaev? iiber- 

in der vulgaren Uberlieferung nur so viel Ent- lieferten Epigramm erhalten. Die Stiftung erfolgte 

sprechendes gegeniibersteht, dass sich die Stelle danach zum Dank fiir siegreichiiberstandeneKriegs- 

jener Schilderungen leidlich bestimmen lasst (vgl. gefahr (avlxa xvfia xaxevvdoavxes 'Evvovg e'oxe- 

Diod. XVII 77, 6. 75, 1. Curt. VI 6, 8. 2, 5. y>av icaxoav dvopeveajv evdootg), d. h. der gluck- 

Iustin. XII 3, 10). Der Bericht fiber Kallisthenes lich ausgehaltenen Blockade durch Demetrios Po- 

Ende scheint auf einen Brief Alexanders Ruck- liorketes (304, s. das neue Bruchstuck der pari- 

sicht zu nehmen (Plut. Alex. 54, vgl. d>g iv x&i schen Marmorchronik, Athen. Mitt. XXII 1897, 

ovvedQicoi xgifiefy naqovxog 'AqioxoxiXovg mit xov 183). Der Erlos der von diesem zurfickgelassenen 

Si aocpioxijv iya> xoXaoco xal xoiig Ixniiiyavxag Belagerungsmaschinen wurde namlich zur Bestrei- 
avxov). Ch.s Vorbild waren oifenbar Ktesias und 50 tung der Kosten verwendet, die sich auf 300 Talente 

dessen Nachfolger Herakleides von Kyme und beliefen, Plin. a. O. nach Licinius Mucianus. Plut. 

Dinon von Kolophon : zur Technik der von diesen Dem. 20. Die Ausffihrung soil 12 Jahre bean- 

geschaffenen romanhaften Sensationshistorie ge- sprucht haben, so dass das Werk, falls es sofort 

horen die Schilderungen von der xovyrj der Per- in Angriff genommen wurde , 292 vollendet ge- 

serkOnige und Alexanders, das Marchen von Da- wesen ware (em SeXevxov xov NixdxoQog, Suid.). 

reios und Alexanders Zweikampf bei Issos (Plut. Lange sollte es nicht stehen. Noch in demselben 

Alex. 20; vgl. z. B. Plut. Artax. 11), die Ein- Jahrhundert brachte es ein Erdbeben zum Sturz. 

schaltung der erotischen Novelle von Zariadres Die Riesentriimmer liess man liegen. Die spateren 

und Odatis (Athen. XIII 575 a; vgl. Ktes. bei Generationen staunten die kolossalen Hohlungen 
Demetr. de eloc. 213), die iibrigens nicht irani- 60 an, in denen die zur BelastungdienendenFelsblocke 

schen, sondern ionischen Ursprungs ist: denn das sichtbar waren, die Finger, die grosser waren als 

Hauptmotiv kehrt in der Grundungssage von Mas- die meisten Statuen, den Daumen, den auch ein 

salia (Aristot. bei Athen. XIII 576a) wieder und hochgewachsener Mann kaum mit seinen Armen 

die Verbindung, in welche die iranischen Namen zu umfassen vermochte, und rechneten das Werk 

Zariadres und Hystaspes mit dem semitischen auch in diesem Zustande noch zu den Weltwundern. 

Adonis gebracht werden, verrat den griechischen Jenes Erdbeben wird von Eusebius in das erste 

Gesichtspunkt, dem alles Orientalische in eins zu- Jahr der 139. 01. gesetzt (II 122 SchSne), vgl. 

sammenlauft. [Schwartz.] Polybios V 88. Hierzu wollen die 56 Jahre, 



2131 Chareteia Charias 2132 

die der Coloss nach Plinius gestanden haben xsqi yewoyiag), gehort also zu den altesten land- 
soil, allerdings nicht stimmen; daher hat schon wirtschaftlichen Fachschriftstellem der griechi- 
Scaliger vorgeschlagen , LXVI statt LVI zu schen Litteratur. [M. Wellmann.] 
schreiben, und in der That scheint diese Ziffer Chargatha (Xagyada, Var. Xaoid&a), Stadt 
urspriinglich im Bambergensis gestanden zu haben in Arabia felix (Ptol. VI 7, 36), vonSprenger 
(s. die Ausgabe von Mayhoff). Die Eechnung (Alte Geogr. 289) zwischen Sarga und Schatab 
stimmt genau, wenn man annimmt, dass mit der auf der Strasse nach Marasdu (Sa'dah) localisiert. 
Herstellung des Statuencolosses nicht sofort nach [D. H. Miiller.] 
Aufhebung der Belagerung, sondern erst 302 be- Cliariadai {XaQiddai), Adelsgeschlecht aus 
gonnen wurde und somit die Vollendung in daslOAigina, aus dem Deinis, Megas Sohn, zweimal 
J. 290 flel. Bursian Jahrb. f. Philol. LXXXVII Stadion-Sieger, stammte (Pind. Nem. VIII 79). 
1863, 91 will an der Zahl 56 festhalten und dem- Nach dem Scholion sollen die Ch. eine <pvXr] ge- 
gemass die Arbeit noch spater beginnen lassen. wesen sein, was aber durch den Wortlaut kaum 
Tiber die Construction giebt Philo Byz. d. VII zugelassen wird (osv de ndxga, XaQiddaig rs). 
orbis spectaculis 4 wertvolle Notizen; Lukian Strittig ist, ob mit Dissen undBoeckh (z. St. 
Iup. trag. 11 riihmt, allerdings durch den Mund der Pind. II 2, 450) jidxga als Gens und danach Ch. 
Statue selbst, xijs ioyaoiag to aHoiflhg iv (isykd-ei als Phratrie aufzufassen sind, oder mit K. 0. 
zooovrcp. trber das Motiv der Statue ist nichts be- Muller (Aeginetica 139) naxQa als bei den Dorern 
kannt. Die moderne Vorstellung, als ob sie mit ge- vorkommende Bezeichnung der Phratrie und folg- 
spreizten Beinen iiber der Einfahrt zum Hafen ge- 20 rich Ch. als Geschlecht anzusehen : letzteres ist 
standen und zugleich als Leuchtturm gedient habe, wohl sicher, moglich ware es freilich, dass dabei 
beruht, wie Benndorf gesehen hat, auf falscher sidxga nicht den umfassenderen Kreis (= Phratrie), 
Interpretation der Worte in der Weihinschrift: sondern einen engeren (= Familie) bezeichnete. 
ov ydo vjieq ntXdyovg fiovov av&eoav , dXXd Hal [v. Schoeffer.] 
iv yd., afSgov ddovXmxov tpkyyog sXsv&sQiag. Uber Chariades. 1) Sohn des Ch., Athener. AiXrj- 
denKopftypuss.HartwigRom.Mitt.111887,163. xr/g, Teilnehmer an den Soterien in Delphi um 
Die Annahme von Liide rs Der Coloss von Rhodos, 270 — 260 v. Chr., Wescher-Foucart Inscr.de 
Hamburg 1865, dass die Statue in der Kaiserzeit Delphes 3. 5; vgl. Pomtow Jahrb. f. Philol. 
wieder aufgerichtet worden sei, hat mit Eecht 1894, 501ff. 

keinen Beifall gefunden. Uber den Verkauf der 30 2) Sohn des Charias, Athener ('AyevXfj&ev). 

Trummer in byzantinischer Zeit berichtet Constant. 'EXXijvoTaniag im J. 407/6, CIA I 140. Derselbe 

Porphyrog. de adm. imp. 21. In den Lukianscholien XagtdStjg 'AygvXij&ev war 409/8 imoTdrrjs rov vsd> 

(Icaromen. 12) wird infolge einer in der Kunst- rov iv noXsi, CIA I 322. Sein Vater Charias (s. 

geschichte haufigen Verwechslung der Lehrer des d. Nr. 7) wird als Choreg erwahnt. [Kirchner.] 

Ch. . Lysippos, als Meister des Werkes genannt. 3) Mechaniker, s. Charias Nr. 11. 

Ausserdem wird von Ch. noch ein colossaler Bronze- Charias (Xagiae). 1) Athenischer Archon, 01. 

kopf erwahnt, den P. Lentulus wahrend seines 91, 2 = 415/414. Diod. XIII 2. Schol. Aristoph. 

Consulats im J. 57 auf das Capitol weihte (Plin. Av. 766 (= Philoch. frg. Ill); Plut. 176; Argum. 

XXXIV 44). Wahrscheinlich hat man Ch. als den Av. I. II, wo uberall sein Name in Chabrias ver- 
Begriinder der rhodischen Bildhauerschule zu be- 40 dorben ist, die richtige Namensform in CIA II 

trachten. Brunn Kiinstlergesch. I 415. Over- 1250 Add. = 'E<p. dox- 1885, 213—214. 

beck Gr. Plasty II 175. Murray Greek sculpt.2 [v. Schoeffer.] 

II 356. Collignon Sculpt, gr. II 488ff. 2) Schauspieler in einer Liste von Schau- 

16) Der aiteste uns bekaunte korinthische spielern, CIA 11 977 frg. X. 

Vasenmaler. Wir besitzen von ihm eine fruher 3) Athener. Schwiegervater des Leogoras, des 

bei de Witte, jetzt im Louvre befindliche Pyxis, Ahnen des Redners Andokides. Br kampft nach 

auf deren Deckel eine Beihe bewaffneter Krieger Andok. 1 106 gegen Peisistratos bei Pallene ums 

dargestellt ist, wahrend auf dem mittleren Streif en J. 339/8 (vgl. Busolt Gr. Gesch. 112 325, wo 

des Bauches zwei Zfige von Reitern auf einander die zum grossen Teil falschen Angaben des Ando- 
zukommen, denen die Namen griechischer und50kides berichtigt werden). 

troianischer Helden (Achilleus, Patroklos, Prote- 4) Athener. 'Avtjq ai>Xq>86g, siegt bei den 

silaos, Nestor, Palamedes, Hektor und Memnon) Amphiaraen zu Oropos zwischen 366 und 338, 

beigeschrieben sind ; auch die Rosse haben Namen, IGS I 414. 

dem Hektor ist der sagenberiihmte Orion (sonst 5) Sohn des Ch. , Athener. rvuvaoiaQy^oag 

Arion, Erion) gegeben. Die Zeichnung ist primi- xb. 'EqfiaXa in Delos ums J. 130 v. Chr., Bull, 

tiv, die Ornamentik steht der der sog. protokorin- hell. XV 256 v. 34. Vielleieht sein Sohn ist : 

thischen Gruppe nahe, so dass das Gef&ss schwer- 6) Sohn des Ch. , Athener, der bei den Am- 

lich unter die Mitte des 7. Jhdts. herabdatiert phiaraen zu Oropos Anfang des 1. Jhdts. v. Chr. 

werden darf. Abgeb. Arch. Ztg. XXII 1864 Taf. als bnoxoix^g siegt, IGS I 416, 27. 
184. Wiener Vorlegebl. 1888 Taf. 1, 3. Vgl. Klein 60 7) Athener {AyQvXij&ev). Xo S rjy6g im J. 458/7 

Griech. Vas. mit Meistersignat. 29. Kretzschmer in einem agonistischen Katalog, CIA IV 2, 971 

Vaseninschriften 20. [C. Robert.] frg. f col. II 16. Sein Sohn ist Chariades; vgl. 

Chareteia (»? Xaor/xeta von dem Eigennamen Chariades Nr. 2. 

Xdor/g), Pachtgut auf dem Inselchen Rhenaia, CIA 8) Sohn des Neoptolemos, Athener (Avgidrjg). 

II 817 A. 11 (J. 358/7). [Bfirchner.] Tgirjeaoxog in einer Seeurkunde vom J. 334/3, 

Charetides von Paros, lebte vor Aristoteles CIA II 804 A b 10. 24. 47. 

(Pol. I 11, 1258b. 39ff.: ohv Xafyqxibrj [so Suse- 9) Athener (AaidaXidrjg). 'EXXrjvoxafiiag im 

mihl] xw Tlaoicp xai 'AxoXXoda>Qo> ' x§ A^uvto) J. 431/0, CIA IV 1, 179 b p. 32 und 162. 



2133 Charibael Charidemos 2134 

10) Sohn des Euthykrates, Athener (Kvdadtj- totete also auch bios einen Sohn des Laokoon, 
vaievs). Tpirjeaexos in Seeurkunden der J. 826/5. nicht diesen selber. Sophokles endlich, der die 
325/4. 323/2, CIA II 808 a 54. 809 c 226. 812 Verkniipfung der Fabel mit der Aineiassage dem 
a 59. ' [Kirchner.] Arktinos entlehnte (Robert a. 0. 197. 202), folgt 

11) Ch. hat unter Alexander d. Gr., wahr- in diesem Motiv vielmehr dem Bakchylides, der, 
scheinlich als Ingenieur fur Belagerungsmaschinen, mit leiser Vertauschung, von einer Verwandlung 
Kriegsdienste geleistet. Als Schriftsteller jisqI der Schlangen in Menschen redete (Serv. Fuld. 
firixo.vrjixdxmv wird er neben Diades erwahnt. Aen. II 201). Der sophokle'ische ,Laokoon', in 
Beide waren Schiiler des Thessalers Polyeidos, dem Ch. zuerst vorkam, ist nach Roberts an- 
der unter Kfinig Philipp, dem Vater Alexanders, 10 sprechender Vermutung (a. O. 201f.) kein anderes 
bei der Belagerung von Byzantion mitgewirkt Stiick als die 'Avrrivogldai. Bei ihm eigneten 
hatte. Athenaios Poliorcetique des Grecs 10, die beiden Schlangen noch nicht, wie bei Vergil 
8 — 10 Wescher (vgl. Hero Byz. ebd. 238, 12. und Qu. Smyrnaeus, der Athena, sondern dem 
240, 23. 244, 4. 246, 4). Vitruv. VII praef. 14. Apollon; sie straften noch nicht den ,Neptun- 
X 19, 3. Susemihl Litt.-Gesch. I 733, 150. priester' Laokoon beim Poseidonopfer am Strande, 
Thiel Quae ratio intercedat inter Vitruv. et Athen. wie wiederum bei Vergil, sondern den Apollon- 
mech., Inauguraldiss. Leipzig 1895, 301 Bei Vi- priester im thymbraeischen Apollontempel. In 
truv bieten die Hss. an der ersteren Stelle eha- diesem sind sie wohl urspriinglich nach der Dar- 
ridas, an der letzteren carias ; beidemal ist mit stellung des Arktinos (da Proklos bios dgaxovrss 
Athenaios Gharias zu lesen. [Hultsch.] 20 emcpavivreg hat) heimisch gewesen, bis Bakchylides, 

Charibael (XaQifSarjX), Kfinig der Homeriten anspielend auf das Versteck der Achaierflotte 

und Sabaeer in Arabien, der in Saphar (Zafar) hinter Tenedos, auch dieses xsQas hinter Tenedos, 

residierte. Anon. per. Mar. Erythr. 23. 26. 81. von den kalydnischen Inseln, herkommen liess, 

Inschriftlich und auf Miinzen ist der Name eben- weil in der Flotte wie im Schlangenpaar gleicher- 

falls iiberliefert. Nicht weniger als fiinf Kfinige massen das fiber Ilion hereinbrechende Unheil 

flihren den Namen Karibael ftsa'-o vgl. D. H. symholisiert war (so schon Arktinos ; vgl. Robert 

Miiller Burgen und Schlfisser Sudarabiens II 31 a. O. 192 und 199f.). [Tumpel.] 

= S.-Ber. Akad. Wien CCVII 983) , von denen Charidai (XaQidcu). Adelsgeschlecht in Athen, 

zwei der 1. (Fiirsten-), zwei der 2. (Kfinigs-) Pe- aus welchem der Priester des Kranaos bestellt 
riode angehfiren. Der funfte heisst Karibafil Watar 30 wurde (Hesych. s. v.): ob und wie das Geschlecht 

Juharfim und scheint mit dem Ch. des Periplus seinen Ursprung auf Kranaos zuriickfuhrte , ist 

identisch zu sein. [D. H. Miiller.] unsicher, da derselbe keine mannlichen Nach- 

Chariboia (XaQijioia) , nach dem Tzetzes- kommen hinterlassen hatte (Apollod. Ill 14, 5). 

Scholion zu Lykophron 347 mit Porkes zusammen Toepffer (Att. Genealogie 307f.) scheint zur An- 

Urheberin des Todes der Kinder Laokoons, des nahme zu neigen, dass der Kultus des Kranaos 

Antenoriden , im thymbraeischen Apollonheilig- ein Demenkult war, da im Demos Lamptrai dessen 

turn. Beide kamen von den Kalydnaiinseln her Grabmal bezeugt sei (Paus. 131, 1); der Schluss 

ans troische Gestade (itXevaavTsg). Diesen Namen ist wohl nicht zwingend, da man ein erbliches 

Ch. hat Madvig auch erkannt in dem verderbten Priestertum eher in einem Staatskult erwartet 
Fuldaer Scholion zu Vergil. Aen. II 211 (curifin 40 (die Geschlechtsgenossen gehfirten meist verschie- 

et) periboeam. Sie werden hier als dracones be- denen Demen an) und da liber einen solchen sich 

zeichnet, und die ganze Angabe auf Lysimachos eher eine Nachricht erhalten konnte — bei weitem 

(Nootoi frg. 17 a, PHG III 340) zuriickgefuhrt, nicht alle Heiligtiimer mit einem Staatskult lagen 

den thatsachlich die Tzetzesscholien auch sonst in Athen selbst. [v. Schoeffer.] 

(zu v. 874) gerade iiber die Antenoriden citieren. XagiSapiSai, Patra der zur Phyle Althaime- 

Nun fuhren aber kurz vorher (zu v. 204) dieselben nis gehflrenden Phratrie der XvtqIzioi in Kami- 

Puldaer Vergilscholien horum draconum nomina ros, IGIns. I 695, 53. [Hiller v. Gaertringen.] 
ausdriicklich auf Sophokles Drama .Laokoon' zu- Charidamos. Alviagxicov in einer Inschrift 

ruck. Dieser hat also, wie Robert (Bild und von Hypata Ende des 3. Jhdts. v. Chr. , Bull. 
Lied 197ff.) zeigt, die Namen dem Lysimachos 50 hell. XV 327. [Kirchner.] 

vermittelt. Aus ihm hatte auch Lykophron v. 847 Charidas s. Charias Nr. 11. 

den Porkes ohne Ch. (wie Dionysios Halik. Ar- Charidemos (Xagidrj/ios). 1) Bakchant auf" 

chaeol. I 48 die Geschichte ohne beide Namen; einem sf. Vasenbild des Ergotimos, dessen Dar- 

entnommen. Da von draeones nicht jiXsvaavrsg stellung auf die Oegiarai des Euripides bezogen 

ausgesagt werden kann, auch der eine Name mann- wird (CIG 8184. Gerhard A. V. Taf. 238). 
lich, der andere weiblich ist, in der griechischen [Wagner.] 

Mythologie sich ferner schwerlich ein Analogon fin- 2) Athener. Er wird von den Athenern zu- 

den wird zu Schlangen, die fibers Meer schwimmen, sammen mit Antiphon Ende des J. 359 zu Kfinig 

so schliesst Robert, dass Ch. und Porkes als Philipp gesandt, um des Konigs Unterstiitzung 
Personen von den kalydnischen Inseln heriiber- 60 zur Gewinnung von Amphipolis zu erbitten, Theo- 

kamen und sich erst dann plotzlieh in Schlangen pomp. frg. 189 (PHG I 310); vgl. Schafer Dem. 

verwandelten, welche nur die beiden Kinder Lao- 112 20, 1. 

koons tfiteten, abweichend von der vergilischen 3) Athener ('Egocddi^e). TgiriQaQxo? in einer 

Darstellung und in tibereinstimmung mit Lyko- Seeurkunde vom J. 342/1, CIA II 803 e 42. 
phron, der den Porkes bios jzcuSoPqcotos nennt, 4) Athener (Haiavievs). TQirjQaQx°s in einer 

sowie mit Dion. Hal., Lysimachos, Tzetzes und Qu. Seeurkunde vom J. 323, CIA II 812 a 75. c 28. 

Smyrnaeus, die den Laokoon seine Sfihne iiber- 92. Derselbe als Staatjtrjg im J. 330/29, CIA II 

leben lassen oder seinen Tod verschweigen. Ch. 941. 



2135 Charidemos Charidemos 2136 

5) Charidemos , Soldnerftihrer aus Oreos auf 156. Von den Athenern allein Rettung erhoffend, 
Euboia. Dort besass seine Mutter nach Dem. sendet er dem athenischen Peldherrn Kephisodotos, 
XXIII 213 das Burgerrecht, wahrend sein Vater der Winter 360/59 mit der Riistung der Flotte 
nicht zu den Biirgern geherte; Ch. wird somit beschaftigt ist, Schol. Aesch. Ill 51, ein Schreiben, 
von Demosthenes a. 0. zu den vo&oi gerechnet. in welchem er den Athenern seine Dienste wieder 
Schon in jungen Jahren soil er nach Dem. XXIII anbietet und ihnen den Chersones zu gewinnen 
148 als Soldner gegen Athen gekampft, auch gegen verspricht, Dem. XXIII 153. 156. Ehe jedoch 
die athenischen Bundesgenossen Seerauberei ge- die Athener etwas fur ihn thun konnen, erlangt 
trieben haben. Er dient unter Iphikrates fiber er durch Vermittlung der obengenannten Schwager 
drei Jahre in Thrakien von 368/7 bis 364, Dem. 10 des Artabazos freien Abzug , Dem. XXIII 157. 
XXHI 149. Beloch Att. Polit. 317. Als zu Er begiebt sich nun seines eben den Athenern 
Beginn des J. 364/3 Iphikrates des Oberbefehls gegebenenVersprechensuneingedenkaufdenCher- 
enthoben wird , bringt Ch. die amphipolitischen sones, um sich wiederum dem Kotys zu verdingen 
Geiseln , die ihm von Iphikrates zur Bewachung und die einzigen den Athenern am Hellesponte 
anvertraut waren, nicht nach Athen, sondern liefert noch verbliebenen Stadte Krithote und Elaius zu 
sie den Amphipoliten aus, Dem. XXIII 149; vgl. belagern, Dem. XXIII 158. E. W. Weber a. 0. 
E. W. Weber Demosth. oratio in Aristocratem, LXVII. Schafer 12 157. Als zu Beginn des 
Jena 1845, Prolegom. LXIV 7. Bei Timotheos, J. 359, wie es scheint (Schafer 12 158,3), Ko- 
der an Stelle des Iphikrates nach Thrakien ge- tys ermordet wird, weiss Ch. dem jugendlichen 
sandtwird, Schol. Aesch. II 31. Schafer 12 102, 20 Sohn desselben Kersobleptes die Herrschaft iiber 
nimmt er zunachst trotz des an ihn ergehenden Thrakien zu sichern, Dem. XXIII 163, Ch. selbst 
Anerbietens keine Dienste, sondern begiebt sich vermahlt sich mit einer Tochter des Kotys, Dem. 
zum Thrakerfiirsten Kotys, Dem. XXIII 149. XXIII 129. Mit dem athenischen Peldherrn Ke- 
Bald darauf jedoch geht er im Solde der Olyn- phisodotos, der Friihjahr 359 in den Hellespont 
thier nach Amphipolis, um diesen gegen die gekommen zu sein scheint, kampft er 7 Monate 
Athener beizustehen. Unterwegs fallt er den lang glucklich, Dem. XXIH 165ff., und schliesst 
Athenern in die Hande und versteht sich nun mit ihm etwa Herbst des J. 359/8 einen fur die 
dazu , in den Dienst des Timotheos zu treten, Athener so schmachvollen Vertrag, dass diese den 
Dem. XXIII 150. Filr seine Verdienste um die Kephisodotos seiner Feldherrnwurde entheben, 
Athener im chalkidischen Kriege wird er von 30 Dem. XXIII 167. Kurz darauf bringt Ch. den 
diesen mit dem Burgerrecht beschenkt, Dem. XXIII den Athenern freundlich gesinnten Miltokythes 
151. 185. 23. 65. Theodect. bei Aristot. Rhet. II in seine Gewalt und iiberliefert ihn den Kardia- 
23 p. 1399 b 1. Theopomp. bei Athen. X 436 b. nern, welche als Peinde Athens den Miltokythes 
Schafer Demosth. 12 419, 4. Dass er dem De- und seinen Sohn in grausamster Weise zu Tode 
mos Acharnai zugeteilt wurde, erfahren wir aus bringen, Dem. XXIII 169. Schafer 12 159. In- 
CIA II 804 B b 77. 807 b 8ff. und add. 741 ; zwischen hatten aber zwei thrakische Hauptlinge, 
nach letztgenannter Inschrift hiess sein Vater Amadokos und Berisades, sich gegen Kersobleptes 
Philoxenos. Von Timotheos im J. 362 (Ditten- erhoben, und da jene von Athen untersttitzt wur- 
berger Syll. 80 N. 6) entlassen, begiebt er sich von den, so muss Ch. im Namen des Kersobleptes einen 
Amphipolis nach Kleinasien , wo er in den Sold 40 Vergleich eingehen, nach welchem die Herrschaft 
des Memnon und Mentor tritt, Dem. XXIII 154. iiber Thrakien gleichmassig unter die drei Konige 
Im J. 361 zum athenischen Peldherrn ernannt, geteilt und der Chersones mit Ausnahme von Kardia 
steht er mit Phokion und Chares (s. d. Nr. 3) im den Athenern zuerkannt wird, Dem. XXIII 8. 170. 
Friihjahr 360 dem — nach Diod. XV 91 im J. 362/1 E.W.Weber a. O. LXXI. Schafer P 161. 
— vom GrosskOnig abgefallenen Satrapen Oron- Mit Chabrias jedoch, der 359 nur mit einem Schrff 
tes bei. So auf Grand von CIA II 108 Bergk in den Hellespont gesandt wird, schliesst Ch. einen 
Rh. Mus. XXXVII 357, dem Schafer 12 155. Vertrag, der fur die Athener noch schimpflicher 
156, 1 beistimmt; mit Judeich Kleinasiat. Stud, war als der kurz vorher mit Kephisodotos ver- 
214 Anm. an einer Strategie des Ch. in dieser einbarte, Dem. XXHI 171. Erst als Chares im 
Zeit zu zweifeln, ist ein zwingender Grund nicht 50 J. 357 in den Chersones kommt , lasst sich Ch., 
vorhanden; dass im J. 352 Demosthenes (a. O. der wieder in Kersobleptes Namen verhandelt, fiir 
154) dieser Strategie nicht Erwahnung thut, ist die Athener giinstige Bedingungen abgewinnen: 
verstandlich , sofern es ihm daran liegen muss, nach der friiheren Vereinbarung bleibt der Cher- 
seine Mitburger nicht daran zu erinnern , dass sones athenisches Besitztum , Dem. XXHI 173. 
Ch. schon einmal Strateg der Athener war. Meg- 178. Schafer 12 164, 2. 420. Hierfur wird Ch. 
licherweise ist Ch. zu Anfang seiner Strategie als Freund und Wohlthater der Athener von letz- 
Sommer 361 in Potidaia thatig gewesen; denn der teren mit Ehren aller Art bedacht, Dem. XXIII 
[Xaeid] vf iog in CIA II 58, welche Inschrift gerade 145. 185. 187. Schafer 12 420, 2. Nach dem 
der in Frage stehenden Zeit zuzuweisen ist, wird, Tode des Berisades beabsichtigt Ch. die Vertrei- 
wieKohlervermutet, von dem bekannten Soldner- 60 bung der Sehne desselben, sowie des Amadokos. 
fiihrer nicht verschieden gewesen sein. Von Mitte Da er bei Ausfiihrung dieses Planes hauptsach- 
360 an fiihrt Ch. auf eigene Hand Krieg in Aiolis, lich die Heerfuhrer dieser Fiirsten, den dem Be- 
Aristot. oecon. 2p. 1351b 19, underobert die Stadte risades verschwagerten Athener Athenodoros (vgl. 
Skepsis, Kebren und Ilion, Dem. XXHI 154. Plut. oben A t h e n o d o r o s Nr. 2 Bd. II S. 2043) und 
Sert. 1. Polyaen. Ill 14. Schafer I 2 156, 4. die von den Athenern mit dem Burgerrecht he- 
lm Krieg mit Artabazos, dem Schwager des Mem- schenkten Schwager des Amadokos , Simon und 
non und Mentor, gerat er aber, von diesem be- Bianor, zu fiirchten hatte, Dem. XXHI lOff. E. 
lagert, in die misslichste Lage, Dem. XXIII 155. W. Weber a. 0. LXXIV. Schafer 12 423, liess 



2137 Charidemos XaQiS^fiov axgwrriQiov 2138 

er durch den Athener Aristomachos von Alopeke kOnig verdachtigt und aufBefehldes letzteren hin- 

(vgl. oben Aristomachos Nr. 9) im J. 353/2 gerichtet im J. 333, Diod. XVII 30. Curt. Ill 2, 

(Schafer I 2 440ff. 445) die Athener seiner freund- 10. Droysen Hellenism. 1 1, 239. Erwahnt wird 

schaftlichen Gesinnungen versichern und sie auf- er unter den schuldenden Trierarchen in einer 

fordern, ihn zum Feldherm zu wahlen, sofern er Seeurkunde des J. 334,3, CIA II 804 B b 77 ; 

allein im stande sei, ihnen die Stadt Amphipolis da Ch. seit 336 von Athen abwesend war , fallt. 

zu gewinnen, Dem. XXIII 13. Zugleich machte diese Trierarchie in die Zeit vor diesem Jahre. 

ein Aristokrates (vgl. o. Aristokrates Nr. 8) den Das geschuldete Geld wird von den Erben des 

fur Ch. gegeniiber von Athenodoros, Simon und Ch., Eurymedon, Phylakos und Troilos, die wir 
Bianor wichtigen Vorschlag, das Volk mOge be- 10 als seine Sshne werden betrachten miissen, be- 

schliessen, dass wer den Ch. tete, uberall, wo er zahlt, laut der Seeurkunde CIA II 807 b 8ff. aus 

unter athenischen Bundesgenossen sich zeige, ver- dem J. 330/29. Aus Dem. XXIII 136 ovd' 

haftet werde , wer aber dem zu Verhaftenden oxiovv iaxl yap nag vjmv avxcp (d. h. XaQidrjfiq>), 

Schutz gewahre, sei es eine Stadt oder ein einzelner ov jicudes, . . . ov ovyyeveTg ist zu entnehmen, 

Burger, vom Bunde mit Athen ausgeschlossen sei, dass im J. 352 des Ch. Sohne in Athen noch 

Dem. XXIII 91. 11. 30. Die Gesetzwidrigkeit nicht ansassig waren. In der Seeurkunde CIA 

dieses Antrages sucht Euthykles von Thria (vgl. II 790 a 21 wird XaQidr/^og A nicht durch A[x<xo- 

Dem. XXIII hypoth. 2) in der ihm von Demo- vsvg] erganzt werden diirfen; denn dieser Stein 

sthenes ausgearbeiteten Bede xaxa 'Aqioxoxq&xovs gehert etwa dem J. 373 an, in welchem Ch. das 
nachzuweisen, welche in den Anfang von 01. 107, 20 athenische Biirgerrecht noch nicht besass. Das 

1 = 352 fallt, Dion. Hal. ad Ammae. 14 p. 725, 15. von Diodor XVII 30 iiber Ch. Gesagte avveoxQa- 

E. W. Weber a. O. IXff. Schafer a. 0. Blass xsvoaxo <Pdtmiq) z<p jiaoiXeX xai ti&vxwv xa>v em- 

Att. Bereds. Ill 2 1, 292ff. Welchen Erfolg die xydev/uaxoiv aoxqyos xal ov/zjlovXos yeyovws f/v 

Rede hatte, wird nicht berichtet, E. W. Weber st als mit der geschichtlichen Uberlieferung nicht 

LXXVII. Pest steht aber, dass Ch. im Jahre in Einklang stehend zu verwerfen, vgl. Schafer 

nach Ausgang des Processes, im Boedromion des III 2 87, 2. 'Avr)Q ftav/ia^ofievos sji av&Qsia xal 

J. 351, als Philipp in Thrakien erfolgreich vor- deivoxrjxi oxgazijytas heisst er bei Diod. XVII 30, 

gedrungen war, als atbenischer Peldherr in den 2; vgl. Curt. Ill 2, 10. Tlohv ovS' fjvxivovv olxwv 

Chersones geschickt wird, Dem. Ill 5. Schaferl 2 Dem. XXIII 138 ; vgl. 136. Als Wollustling und 
447. II 2 72. Vom Hellespont aus wird er Ende des 30 Trinker bezeichnet ihn Theopomp. bei Athen. X 

J. 349 an Stelle des Chares mit 18 Trieren, 4000 436 c; vgl. Ael. v. h. II 41. [Kirchner.] 

Mann Leichtbewaffheten und 150 Reitern Olynth 6) Verbrecher, der von einem Eber getotet 

zuHUlfe gesandt; ergeht mit den Olynthiern nach wurde (wahrscheinlich zu Beginn der Regierung 

Pallene und Bottiaia, wo er das Land verwiistet, Domitians), Mart. I 43, 14. Als willkiirlich ge- 

Philoch. bei Dion. Hal. ad Ammae. I 9 p. 735, 3. wahlt kommt der Name ofter bei Martial vor : 

Schafer II 2 140, 1. liber seine bei Olynth er- VI 31 (fur einen betrogenen Ehemann). 56 und 

rungenen angeblichen Erfolge sendet er ruhm- 81 (fur einen obscOnen Menschen ; ahnlich XI 87). 

redige Berichte nach Athen, Dem. Ill 1. 35; hy- XI 39 (fur einen strengen Paedagogen). [Stein.] 

poth. Dem. Ill zu Anfang; vgl. S chafer II 2 143, 4. 7) Arzt, Erasistrateer aus Smyrna (Cael. Aur. 
Durch sein ziigelloses, ausschweifendes Leben macht 40 A. M. Ill 15, 164), Vater eines schriftstellerisch 

er sich bei den Olynthiern verhasst, Theopomp. ausserst ruhrigen Arztes Hermogenes (Kaibel 

bei Athen. X 436 b. Wohin er sich nach der Epigr. gr. 305; vgl. M. Wellmann Jahrb. f. 

348 erfolgten Einnahme von Olynth begeben, ob Phil. CXLV 1892, 676f.), lebte vermutlich gegen 

etwa wiedernach Thrakien, ist unbekannt. Schafer Ende des 1. Jhdts. v. Chr. (M. Wellmann bei 

II 2 155, 2. Nach der Schlacht bei Chaironeia Susemihl Litt. d. Alex. II 446, 192). Er wollte 

im J. 338 von den Athenern zum Feldherm er- die Behauptung des Artemidor aus Side, dass die 

wahlt, Plut. Phoc. 16, macht er der Burgerschaft Wasserscheu keine Krankheit sei, auf einzelne 

ein Geschenk von Schilden und wird dafiir mit Palle beschrankt wissen. [M. Wellmann.] 

einem Ehrenkranz belohnt, Dem. XVIII 114. 117, 8) Sohn des Timarchos, hoffnungsvoller Schiiler 
wozu vgl. CIA II add. 741. Schafer III 2 8. 50 des Dion Chrysostomos , im 22. Lebensjahr in 

Nach Aesch. Ill 77 meldet im J. 336 Ch. , der Messene gestorben. Dio Chrys. or. XXX ist eine 

sich wohl damals in der Nahe der thrakischen Trostschrift in Dialogform an Ch.s jiingeren Bru- 

Kilste aufhielt, den Tod des Philipp dem Demo- der Timarchos , in welcher einer duster pessimi- 

sthenes, vgl. Schafer HI 2 87. Droysen Hel- stischen Weltanschauung (nicht der des Anti- 

lenism. I 1, 103. Er befindet sich unter den sthenes, wie P. Dummler Akademika 90ff. meint) 

Mannern, deren Auslieferung Alexander nach der in schoner Allegorie die optimistische der Zyni- 

ZerstOrung Thebens im J. 335 von den Athenern ker gegeniibergestellt wird. 

verlangt, Arrian. anab. I 10,4. Plut. Phoc. 17; 9) Rhetor aus Phoinike, Aristid. or. XXHI 

Dem. 23. Auf Bitten der Stadt steht Alexan- 453 Dindf. 

der von dieser Porderung ab und verlangt nur 60 10) Iulius Aurelius Charidemos , Sophist aus 

die Verbannung des Ch., Arrian. I 10, 6; vgl. Aphrodisias, Sohn des Claudius Aurelius Zelos, 

Dinarch. I 32. Schafer III 2 139. 143. 144, 1. CIG 2812. [W. Schmid.] 

Ch. flieht nach Asien zu Dareios, Arrian. a. O. XagiSr/fiov axQcorriQiov, Vorgebirge des siid- 

Dinarch. a. O., von dem er mit Auszeichnung be- lichen Hispanien zwischen Abdera und Barea, 

handelt wird. Weil er jedoch seine Dnzufrieden- westlich von Urci , nur bei Ptolemaios genannt 

heit mit den von Dareios gegen Alexander ge- (n 4, 7). Der alte Periplus nennt ungefahr an 

troffenen Massregeln zu freimiitig aussert, wird gleicher Stelle ein fanum Veneris und Veneris 

er von den persischen Wiirdentragern beim Gross- iugum (Avien. ora marit. 437). Daraus erschloss 



2139 Charidotes Chariklo 2140 

K. Muller (zu Ptol.) eine Acpgoblrrj xaQiStj^og, einer an Hekate gerichteten Beschworungsformel 

die sonst nirgends bezeugt ist. An die Stelle des an , darans erklart sich das Metrum , eine ana- 

alten Namens von einem Aphroditeheiligtuui, wie paestische Katalexe mit einem iambischen Te- 

sie an den Kiisten Iberiens haufig waren, kann trameter (im 3. Metrum zwei unterdrlickte Sen- 

sehr wohl der eines griechischen Seefahrers ge- kungen); unrichtig Bergk PL* III 679. Das 

treten sein. Dass das Cabo de Gata, das be- Fragment bei Meineke IV 556. KockIII394. 
deutendste Vorgebirge jener Kiiste, damit gemeint [Kaibel.] 

sei, ist wahrscheinlich. [Hiibner.] Charikles. 1) Sohn des Apollodoros, Athener, 

Charidotes (XaQiSwTtjg), Spender der Anmut, Thuk. VII 20. Nach der Verstummelung der 
Epiklesis 1) des Hermes, Horn. Hymn. XVIII 12. 10 Hernien im J. 415 beflndet er sich in der Unter- 

Zeus selbst hat ihm %a(>ig verliehen (Horn. Hymn. suemmgscommission zur Entdeckung des Frevels, 

III 575), und so spendet er sie wiederum den Andok. I 36, wobei er sich den Anschein giebt, 

Menschen (Horn. Od. XV 320). Auf Samos wurde ein treuer Anhanger der Demokratie zu sein; vgl. 

dem Hermes Ch., wie Plut. quaest. Graec. 55 er- Teleklides bei Plut. Nik. 4 = frg. 41, Kock CAP 

zahlt, zum Andenken an eine zehnjahrige Not, I 219. Bergk Reliquiae comoed. Atticae antiq. 

wahrend welcher die Samier, vom Feinde bedrangt, 329. Strateg im J. 414/3, wird er Friihjahr 413 

ihren Unterhalt durch Kaubereien erwerben muss- als Befehlshaber einer Flotte an die Kiiste des 

ten , ein Fest gefeiert , bei dem es erlaubt war Peloponnes gesandt, Thuk. VII 20. 26. Diod. Xin 

einanderzubestehlen; vgl. PrellerGriech. Myth.* 9; vgl. Beloch Att. Polit. 309. Nach dem Fall 
I 417; 2) des Dionysos, Plut. Ant. 24. 20 Athens gehfirt er im J. 404 den 30 Mannern an, 

[Jessen.] Xen. hell. II 3, 2, unter welchen er in naher Be- 

Charieis (Ace. XaQisvra), ein fur Fahrzeuge ziehung zu Kritias stehend (Lys. XH 55, Xen. 

zuganglicher Fluss in Kolchis, 90 Stadien nOrdlich mem. I 2, 31) eine besonders einflussreiche Stel- 

von der Miinde des Phasis, Arrian. peripl. Pont. lung einnimmt, Andok. I 101. Aristot. Polit. V 6 

10; Cariente III m. p. nordlich von Phasis, Tab. p. 1305 b 26. Nach der Vertreibung der Dreissig 

Peut.; Carientis Geogr. Rav. 76, 6, Gharientos wird er verbannt, kehrt aber bald wieder nach 

p. 367, 11, Cariuntis p. 113, 19, Chariuntas fl. Athen zuriick, Isokr. XVI 42; vgl. Bergk a. O.330. 
Laxorum p. 78, 18; Charien Plin. VI 14; Cha- 2) Athener, Schwiegersohn des Phokion. Einer 

riustos Ptol. V lo, 2; Arios (s. d.) Skyl. 81. Ein von denen, die von dem makedonischen Gross- 
blosses Altwasser oder nordlicher Arm des Phasis SO schatzmeister Harpalos gewonnen wurden und dem 

selbst, jedoch durch Sinkstoffe von diesem Strom im J. 324 der Process gemacht wurde, Plut. Phoc. 

abgetrennt; die heutige Nabida. Der nachste Fluss- 21. 22; praecepta gerendae reip. 13 p. 808 a. 

lauf gegen Norden ist der Chobos (s. d.). Schafer Dem. IIP 307. 309. 326 Amn. Droy- 

[Tomaschek.] sen Hellenism. I 2, 278. Er wurde spater, im 

Charietto. 1) Ein Barbar von riesiger GrSsse J. 319, auf Antrag des Hagnonides von Pergase 

und gewaltiger Korperkraft, liess sich in Trier mit Phokion zum Tode verurteilt, hatte sich aber 

nieder und begann kurz vor 355 allein den Kampf vor seiner Verdammung durch die Flucht gerettet, 

gegen die in Gallien eingefallenen Germanen- Plut. Phoc. 33. 35, vgl. Droysen a. O. II 1, 220. 
schwarme zu fuhren. Wenn sie von ihren Ge- 3) Athener (AxaQvsvg). Tgirjgagxog in einer 

lagen trunken waren, schlich er sich Nachts in 40 Seeurkunde des J. 342/1, CIA II 803 e 100. 
ihre Lager und schnitt so viel Kopfe ab, wie er 4) Sohn des Menandros , Makedone. Dutch 

konnte. Allmahlich sammelte er eine Schar von seine Vermittlung wird die Verschworung der 

Genossen um sich und bot dem Caesar Iulianus kOniglichen Knaben gegen Alexander im J. 327 

seine Dienste an. Dieser nahm ihn gerne auf entdeckt, Arrian. anab. IV 13, 7, vgl. Droysen 

und verwendete ihn zu nachtlichen Uberfallen Hellenism. I 2, 93. [Kirchner.] 

gegen die in den gallischen Provinzen pliindern- 5) Charikles (FHG IV 360), Verfasser eines 

den Quaden, von deren Konig Ch. bei einem sol- Buchs fiber die musischen Agone an den grossen 

chen Angriff den Sohn gefangen nahm (Zosim. Dionysien, aus dessen erstem Buch, vermutlich 

III 7). Auch gegen die Alamannen wurde er 358 der Einleitung, Athenaios (VIII 350 c XaQinXfjg 
als Flihrer beniitzt (Amm. XVII 10, 5). Zum Comes 50 kv rcoi xQtbrmi IleQi rov aanxov aycovog) ein Bon- 

Germaniae utriusque befordert, flel er 365 im mot des Stratonikos anfuhrt. tfber die Zeit ist 

Kampfe gegen eine Alamannenschar, die in Gallien nichts auszumachen. [Schwartz.] 

eingefallen war (Amm. XXVII 1). 6) Epikureer, nur bekannt durch Philod. Vol. 

2) Magister militum um das J. 390, kampft Here. 2 1142 frg. 19, 8 to[v yagj XagtxMfa x]qI- 

in Gallien gegen die Franken , Greg. Tur. II 9. vofisv rwv peXxla[tag] /isra rrjv 'Eq . . . (?) tslsv- 

[Seeck.] tf/v owzd[$~]eig iy[8]sd(o>c6t(ov. [v. Arnim.] 

CharMeides (XaQixXetdyg). 1) Athenischer 7) Arzt und Phannakologe , vermutlich aus 

Archon 01. 104, 2 = 363/362. Diod. XV 82. der ersten Halfte des 1. Jhdts. n. Chr., sicher 

Dem. XXI 178. Vit. X orat. 845 e. CIA H 54. alter als Andromachos (Gal. XIII 94. 109 aus 
55. 682 c (Add.). 6881. [793b]. 803 d. IV 2, 54b. 60 Asklepiades. 282 aus Asklepiades. 329 aus Askle- 

Athen. Mitt. II 142. Bull. hell, m 474—475. piades. XII 558 = 581. 559 = 579 aus Askle- 

!EV- «8X- 1883, 136—137. [v. Schoeffer.] piades). [M. Wellmann.] 

2) Komoediendichter, einmal citiert bei Athen. Chariklo {XaQix).<b, Kurzname zu Charikleia, 

VII 325 d, nicht aus eigener Lecture, sondern Fick-Bechtel Griech. Personennamen 2 373). 
aus dem Lexikon des Pamphilos (M. Wellmann 1) Tochter des Apollon oder Perses oder 

Herm. XXIH 179). Die Zeit des Dichters ist Okeanos, auch einfach Naiade genannt, Gattin 

unbekannt ; dass er Komiker war , zeigt der des Kentauren Chiron (s. d.), Mutter des Karystos 

Titel kv 'AMosi. Die citierten Worte gehOrten und der Okyrrhoe, Pind. Pyth. IV 102f. und Schol. 



2141 Charila Charillos 2142 

(Hesiod. frg. 104 K.). Schol. Apoll. Rhod. I 554. Charilaos. 1) v Aq%cov BouaraJv zwischen 217 

Apoll. Rhod. IV 812f. und Schol. Ovid. met. II —196, IGS I 215. 

636f. Ebenso ist Endeis eine Tochter des Chiron 2) Lokrer. XogoMaoxaXog in einer choregi- 

und der Ch., Philostephanos in Schol. II. XVI 14. schen Weihinschrift vom J. 328/7. CIA II 1244. 
Schol. Pind. Nem. V 12. Hyg. fab. 14. Als Gat- [Kirchner.] 

tin des Aiakos wird Endeis auf Salamis localisiert 3) Dramendichter aus Lokroi , CIA II 1244 

und damit auch Ch. in andere Umgebung versetzt. X. Aoxgog ididaoxev, im Jahre 328/7 v. Chr. 
Sie gilt nunmehr als Tochter des autochthonen [Dieterich.] 

Konigs von Salamis, Kychreus, und, unter Ein- 4) S. Charillos. 

wirkung der Namensahnlichkeit , als Gattin des 10 Charilas. 1) Archon in Delos Anfang des 

Skiron, Plut. Thes. 10. Topffer Att. Genealogie 2. Jhdts. v. Chr., Bull. hell. VI 34 = Ditten- 

273. Ch. erscheint als Teilnehmerin an der Hoch- berger Syll. 367, 47. [Kirchner.] 

zeit des Peleus und der Thetis auf der Francois- 2) (Aurelius) Charilas, Freigelassener der Kaiser 

vase (CIG 8185 d) und in der Darstellung der Marcus und Verus, Fronto ad Verum I 4 p. 118 

gleichen Scene auf einer Vase des Sophilos. Wiener Naber. [Stein.] 

Vorlegebl. 1889 Taf. 2. 3. Athen. Mitt. XIV Charileos, Beischrift auf einer Miinze freien 

1889, Taf. I. Studniczka Eranos Vindobonensis Stils von Neapolis in Campanien, welche fur den 

233f. Ch. auf dem Belief von Portus Magnus, Namen des Stempelschneiders gehalten wird, Ca- 

Eobert Arch. Jahrb. 1890, 233. talogue of coins in the Brit. Mus., Italy 102. 

2) Genossin der Athena in Boiotien, von Eueres 20 [O. Rossbach.] _ 

Mutter des Teiresias. Als die Gettin den Teire- Charillos (X&Qikkog; die Form XagUaog, die 

sias, weil er sie nackt gesehen, geblendet hatte, sich bei Plutarch im Lykurg und anderswo ge- 

erwirkte Ch. durch ihre Bitten fur den Sohn die legentlich findet, ist weniger gut beglaubigt), 

Gabe, die Stimmen der Vegel zu vernehmen, und Ktmig von Lakedaimon aus dem Hause der Eu- 

einen Stab, an dem er sicher wie ein Sehender rypontiden. Sein Vater war nach Herodot. VIII 

ging, Pherekyd. bei Apollod. Ill 70 W. Kallim. 131 (vgl. Suidas s. Avnovgyog) Eunomos, nach 

lav. Pall. 57f. Nonn. Dionys. VII 159. XLIV82; den iibrigen Autoren (Sosib. frg. 2. Strab. X 

vgl. Sostratos bei Eustath. Od. 1665, 48. Wag- 482. Plut. Lyk. If. Pausan. II 36, 4. EI 7, 3) 

ner Herm. XXVII 1892, 132f. [Escher.] Polydektes. Nach Diodor. frg. VII 8, 2 hat er 

Charila (XaQika), eine in Delphoi verehrte30 60 Jahre, etwa von 884 — 825 regiert; Sosib. 

Gattin , der zu Ehren ein ennaeterisches Fest frg. 2 (FHG II 625) berechnet seine Regierungs- 

gleichen Namens gefeiert wurde. Nur bekannt zeit auf 64 Jahre, von 874 — 811 v. Chr. (vgl. 

durch Plut. quaest. gr. c. 12. Die aetiologische Suidas s. Avuovgyog). Diese Zeitbestimmung hangt 

Legende erzahlte, dass die Delpher infolge grosser damit zusammen, dass er nach der jiingeren Uber- 

Trockenheit einst eine Hungersnot befallen hatte, lieferung, schon seit Aristoteles und Ephoros, 

so dass sie mit ihren Frauen und Kindern fiehend Lykurgs Mundel war, und dass demnach die lykur- 

zum Palast des Konigs gekommen seien. Dar- gische Gesetzgebung in seine Zeit flel. Nach 

unter habe sich auch ein kleines Waisenkind be- einer Version regiert er tyrannisch und wird von 

funden, das der KOnig mit dem Schuh ins Ge- Lykurg beseitigt (Aristot polit. VIII (V) 12 
sicht geschlagen habe. Dieses M&dchen habe Ch. 40 p. 1236 a. Herakleid. Pont, polit. II 3). Die 

(die ,Volksfreude') geheissen und sich dann aus jtlngere Erzahlung hat das geandert; er war 

Scham erhangt. Die Hungersnot aber sei immer darnach von sanftem Charakter ; durch Lykurgs 

grosser geworden, so dass man sich an die Pythia Umwalzung hat er sich zuerst bedroht geglaubt 

wandte, welche durch ein Orakel befahl, den Tod und in einem Heiligtum Zuflucht gesucht, spater 

der Ch. zu siihnen. Zur Erinnerung an Ch. sei sich aber an den Gesetzgeber angeschlossen (Plut. 

dann ein grosses Fest beschlossen worden, das Lyk. 5; de Alex. virt. 5; Cleom. 10: comparat. 

noch zu Plutarchs Zeit alle neun Jahre gefeiert Agid. et Cleom. 5; de invid. et od. 5; de adul. 

wurde. Das Fest bestand aus einem mit Reini- 11; apophthegm, lac. Archidam. 1 p. 218 B). 

gungsbrauchen gemischten Opfer (/^s/A,iy/j.Svrj rig Wie alle diese Erzahlungen nicht der Geschichte 
xa&aQiiaj dvaia). Dabei ffihrt der Konig den Vor- 50 angehOren, sondern mythisch sind , so ist auch 

sitz und verteilt Getreide an Einheimische und das, was Pausanias von seinen Kriegsthaten er- 

Fremde. Eine Puppe von jugendlichem Aussehen zahlt, ausserst schwach beglaubigt. Er soil in 

wird herbeigebracht und heisst Ch. Nach der Ge- Argos einen Einfall unternommen (Paus. Ill 7, 

treideverteilung schlagt der Konig die Puppe mit 3) und mit seinem Collegen Archelaos zusammen 

seinem Schuh, und die erste des Thyiadencolle- Aigys erobert haben (Paus. Ill 2, 5). End- 

giums nimmt sie dann, um sie in eine Schlucht lien wird erzahlt, dass er die Lakedaimonier an- 

zu tragen. Dort binden sie ihr eine Schlinge um fiihrte, als sie, durch ein Orakel verfuhrt, Tegea 

den Hals und vergraben sie da, wo sich Ch. nach angriffen. Er wurde dabei gefangen , aber von 

der Legende erhangt hatte. Die Teilnahme der den Tegeaten gegen das eidliche Versprechen, in 
Thyiaden weist auf eine Verbindung dieses Cults 60 Zukunft Frieden zu halten, freigelassen, welches 

mit dem des Dionysos, der in Delphoi kaum vor Versprechen er jedoch nicht hielt (Paus. Ill 7, 

dem 7. Jhdt. bestanden haben kann. Der ganze 3. VIII 5,9. 48 , 4f.). Diese Erzahlung , ohne 

Ritus aber ,sagt es uns auf das unverkennbarste, Zweifel erdichtet, ist eine Wiederholung der be- 

dass er eine abgelaufene Periode [die Oktaeteris] kannten herodoteischen von Spartas ungliicklichem 

abschloss und zu Grabe trug' Usener Rh. Mus. Kriege gegen Tegea aus der Mitte des 6. Jhdts. 

XXX (1875) 203. Mannhardt Antike Wald- und (Herodot. I 65). Angebliche Ausspriiche der Ch. 

Feldculte II 298. Preller-Robert Griech. bei Plutarch Lyk. 20 ; apophthegm, reg. p. 189 F ; 

Mythol. 14 287, 2. [Kern.] apophthegm. Lacon. p. 232 B. [Niese.] 



2143 Charimandros Chariomerus 2144 

Charimandros s. Charmandros. schen, der widernatiirlicher Wollust ergeben ist, 

Charimatai, kaukasisches Volk oberhalb der bei Mart. I 77. IV 39. VI 37. VII 34; ausser- 

Kerketai, Heniochoi und Moschoi, im Thai des dem ist dieser Name gewahlt V 39. VIII 6. XI 

Parthenios, der in den Pontes miindet; Steph. 59. XII 89. Desgleichen als Name fur eine fin- 

Byz. nach Herodianos, welcher Hellanikos und gierte PersOnlichkeit bei Lukian. symp. If.; dial. 

Palaiphatos citiert. Leider ist der Fluss Par- meretr. 4, 1 ; dial. mort. 5, 1. [Stein.] 

thenios sonst unbekannt; etwa der Pordanis (jetzt 8) Angeblich ein ia^oyQatpog aus der Zeit 

Purtuna)?, dann machen aber die Kerketai Schwie- des Mithradates, der einen olvoxoog des Konigs 

rigkeit. [Tomaschek.] geliebt haben und sich deshalb vom leukadischen 

Charimnestos, Athener (Kvda{h]vcuevg). Tqix\- 10 Felsen heruntergestvirzt haben sollte. Was wir von 

gagxos, fur den sein Erbe Xagtag KvSa&tjvaisvg ihm wissen, geht auf den Katalog von dvosgrnxeg 

die Schulden bezahlt nach der Seeurkunde CIA bei Ptolem. Hephaist. Phot. Bibl. 190 p. 153 Bkk. 

II 809 c 35 aus dem J. 325/4. [Kirchner.] zuriick (vgl. Tzetz. Chil. VIII 408) und hat keinerlei 

XaQifioQTov , scil. oxrjh] oder fla>/i6g, an der Gewahr. Auch die vier Choliamben, die er nach 

ostafricanischen Kiiste zwischen Deire (Strasse Ptolemaios improvisierte sixsl xaxafialwv xb axskog 

von Bab el mandeb) und dem Noxov xigaj, Strab. xaxedyrj (daher die Hinkiamben !), hat wohl Ptole- 

XVI 774. [Sethe.] maios selbst angefertigt, wie die Distichen des 

Charinades, Athener. Von Aristophanes Vesp. Agamestor, Pigres, Timolaos u. a. Vgl. Hercher 

232; Pax 1155 wegen seiner Langsamkeit ver- tfber die Glaubwiirdigkeit des Ptol. 14 = Jahrb. 
spottet; vgl. Suid. [Kirchner.] 20 f. Phil. Suppl. I 280. Crusius Philologus LIV 

Charinda (Amm. Marc. XXIII 6, 40, Xaglv- (1895) 741. In die Fragmentsammlungen (Mel- 
da? Ptol. VI 2, 3), der Cstlichste Pluss in Medien, neke Choi. p. 170. Bergk Anthol.3 p. 219) ge- 
der in das kaspische Meer miindet. Die Identi- h5ren sie nicht. Vgl. Susemihl Gesch. der 
flcierung ist schwierig, da zwischen Amardos (Se- gr. Litt. in der Alexandrinerzeit I 235. 
fld-Rud) und Maxeras (Gyrgen) eine grosse An- [Crusius.] 
zahl Plusse munden, wahrend Ptolemaios nur zwei 9) Attischer Topfer des 6. Jhdts. Wir be- 
(Straton und Charindas) nennt. Der erstere ist sitzen von ihm drei fast genau iibereinstimmende 
vielleicht der Calus oder der Surh-Rud, der Ch. Gefasse in Form weiblicher Kopfe mit reicher 
dann etwa der Gauherbaran, oder, wenn Straton Bemalung und von feinster Ausfilhrung (Corneto, 
= Calus ist, Surh-Rud. [Weissbach.] 30 abgeb. Rom. Mitt. V 1890 Taf. 11; Berlin 2190 

Charini, Volk Germaniens, von Plin. n. h. abgeb. ebd. S. 316. 317; Petersburg), ausserdem 

IV 99 nach den Burgundiones und Varini (Va- eine weissgrundige Oinochoe, auf der ein Wein- 

rinnae) genannt. Miillenhoff Deutsche Alter- stock gemalt und die Liebesinschrift Sevodoxr) 

tumsk. H 80. 117. Nach Much (Deutsche Stamm- fioi SoxeT naig xalrj angebracht ist (Brit. Mus. 

sitze 28. 40) sollen sie identisch sein mit den Harii B 631; vgl. Klein Lieblingsinschr. 21. Wer- 

des Tacitus (Germ. 43). [Bam.] nicke Lieblingsnam. 16). Vielleicht ist er iden- 

Charinos (Xagtvog). 1) Athenischer Archon tisch mit dem auf einem Marmorpfeiler aus dem 

01. 118, 1 = 308/307. Diod. XX 37. Dion. Hal. Perserschutt genannten Ch., der mit seinem Vater 

Din. 9. Senec. ep. II 6 (18), 9. [v. Schoeffer.] und seinen Brtidern das einst darauf beflndliche 

2) Athener. Parteiganger des Perikles; er 40 Weihgeschenk der Athena Ergane gestiftet haben 
stellt nach Totung des athenischen Herolds Anthe- wird, CIA IV 373, 124. Seine Zeit fixiert Reisch 
mokritos (vgl. Anthemokritos Nr. 2) im J. 431 auf Grand der Vergleichung mit den Madchen- 
einen Antrag, nach welchem den Megarern ewige statuen des Perserschutts und den Vasen mit der 
Fehde angesagt wird, jeder Megarer, der auf at- Lieblingsinschrift Memnon wohl richtig auf 530 
tischem Gebiet betroffen wird, mit dem Tode be- — 500. Klein Griech. Vasen mit Meistersign. 215. 
straft werden soil, die attischen Feldherren aber Reisch Rom. Mitt. V 1890, 313. 

eidlich verpflichtet werden, jahrlich zweimal in 10) Bildhauer aus der erstenHalfte des 1. Jhdts. 

megarisches Gebiet einzuf alien, Plut. Perikl. 30; v. Chr., heimisch in Laodikeia, in Rhodos thatig 

praec. ger. reipl. 15 p. 812 d. (<J> a smda/j.la dedoxai), bekannt durch die Kiinst- 

3) Athener. Anhanger der makedonischen 50 lerinschriften zweier in Rhodos gefundenen cylin- 
Partei, Gegner des Demosthenes, [Dem.] LVUI derfOrmigen Basen aus blauem Marmor, die beide 
37. 38. Dinarch. 163, womitRohdewald XaQivog Ehrenstatuen von Rhodiern trugen. Loewy 
fur 'AQ%Xvog zu lesen ist, Blass 2. Ausg. d. Di- Inschr. griech. Bildh. 188. 189. Hiller v. Gar- 
narch 1888 z. d. St.; vgl. Schafer Dem. 112 tringen IGIns. I 72 a. 107. tber die Datierung 
313. B. 273. 277. der Inschriften s. Holleaux Rev. d. philol. XVII 

4) Sohn des Diokles, Athener {OtvsTdog yvkijg). 1893, 177. [C. Robert.] 
Siegt in den Theseien 6xko/uax&v iv ^qso} urns Chariobaudes, Magister militum per Gallias, 
J. 160, CIA II 445, 37 ; diavkov ix navxwv urns rettete sich bei der Erhebung Constantins III. 
J. 150. CIA II 446, 92. nach Italien und wurde 408 in Ticinum von den 

5) Sohn des Ge . . aus Byzanz. KSagydog, 60 aufstandischen Soldaten erschlagen, Zos. V 32, 4. 
Teilnehmer an den Soterien in Delphi urns J. 270 [Seeck.] 
— 260, Wescher-Foucart Inscr. de Delphes 6 Chariomerus, CheruskerkOnig, der, als RiSmer- 
= Dittenberger Syll. 404, 13; vgl. Pomtow freund von den Cnatten vertrieben, anfangs selbst 
Jahrb. f. Philol. 1894, 501ff. bemuht war, seine Herrschaft wieder zu erlangen, 

6) Aus Elis. Siegt zu Olympia im Diaulos dann aber, von den Seinen im Stich gelassen, 
und im Waifenlaufe; sein Standbild in Olympia, bei den Remern Zuflucht suchen musste. Do- 
Paus. VI 15, 2. [Kirchner.] mitian, dem er Geiseln schickte, beschenkte ihn 

7) Typisch gebrauchter Name filr einen Men- zwar, leistete ihm aber nicht die erbetene Hiilfe, 



2145 Chariomundus Charisios 2146 

83 n. Chr., Dio ep. LXVIII 5, 1. Mit ihm ver- ' Kuchen (jrvQafiovg, vgl. Lobeck Aglaoph. II 1077) 

schwindet das Fiirstentum bei den Cheruskern. als Kampfpreis erhielten, Eustath. Odyss. XVIII 

[Stein.] 194 p. 1843. [Kern.] 

Chariomundus (Hss. Hariomundus), Truppen- Charisiai (at Xagiaiai [bei Paus. Xagiota], von 

fiihrer unter Kaiser Valerianus (253 — 260 n. Chr.) Charisios, dem Sohn Lykaons, benannt), Stadtchen 

in einem (gefalschten ?) Brief, Hist. Aug. Aurel. der eutresischen Arkader, etwa 10 Stadien stid- 

11, 4. [Stein.] lich von Trikolonoi, an der Hauptstrasse nach 

Chariovalda, dux Batavorum, befond sich Megalepolis. Nach der Griindung dieser Stadt 

in den Auxiliartruppen im Heere des Germanicus, 368 v. Chr. nnd Abzug der Bewohner dorthin in 
fiel im Kampfe gegen die Cherusker, im J. 1610Verfall geraten, zu Pausanias' Zeit in Triimmera, 

n. Chr., Tac. ami. II 11. [Stein.] Paus. VIII 3, 4. 27, 3. 35, 5. Steph. Byz. Bur- 

Charioviscus (Hss. Carioviscus; vgl. Mom m- sian Geographie von Griechenland II 231. 

sen Herm. XXV 240, 5. Peter Die Scriptores [Biirchner.] 

Historiae Augustae 184), Fiihrer germanischer Charisianus, willkiirlich gewahlter Name bei 

Hulfstruppen unter Valerianus, erwahnt in einem Mart. VI 24. XI 88. [Groag.] 

Briefe, Hist. Aug. Aurel. 11,4 (vgl. Chario- Charisios (Xagioiog). 1) Eponymos der arka- 

mundus). [Stein.] dischen Stadt Charisiai, Paus. VIII 3, 4 = Steph. 

Charioros (to Xaglooog = SchOneberg), ein Byz. s. XaQtaiai. [Tiimpel.] 

Ortchen Mysiens zwischen Iloi^avrjvov und Aev- 2) Eponymer Beamter in Magnesia am Maian- 
uava einerseits und ostwarts von Be.eQpeviaxov 20 dros, auf einer Miinze, Cat. Torino 278, 4006. 

andererseits, Georg. Acropol. 21 (ed. Venet. p. 15 ; [Kern.] 

ed. Paris, p. 19). Act. patr. Constantinopol. (a. 3) Miles, an den ein Rescript des Kaisers 

1315) I 12. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien Alexander vom J. 222 n. Chr. Cod. lust. IV 54, 2. 

CXXIV vm 94. [Biirchner.] [Groag.] 

Chariphemos (XaQi(prifx.og), Vorfahre des Ho- 4) Praeses Syriae im J. 290 , Cod. lust. IX 

mer und Hesiod, und zwar Grossvater des Me- 41, 9. XI 55, 1. [Seeck.] 

lanopos, des gemeinsamen Grossvaters der beiden 5) Presbyter und Oekonom der Kirche zu Phila- 

Epiker; Sohn des Philoterpes, des Urenkels des delphia 431, trat auf dem oekumenischen Concil 

Orpheus. So Proklos in seinem /Hog ' Ofujgov zu Ephesus in der 6. Sitzung mit der Forderung 
(erhalten durch die Scholia minora im Venetus 30 auf, die Synode solle die Rechtglaubigkeit seines 

454 A und deren Verwandte, z. B. Escorialensis Bekenntnisses anerkennen und das von seinen 

Q I 12, s. Bethe Rh. Mus. XL VIII 369. 372, Gegnern in der Heimat, die ihn excommuniciert 

publiciert zuerst von Leo Alia tius, dann bei hatten, besonders auch bei tfbertritten von Quarta- 

BekkerSchol.Hom.il. Dindorf Schol. Venet A. decimanern zur Kirche gebrauchte Bekenntnis fiir 

Westermann Biographi p. 24ff.), der als Zeugen haeretisch erklaren. Er fiihrte das letztere, das 

fiir diese Genealogie 'Ellavixog , Aafidorr/g und eine nestorianische Christologie vertritt, auf Theo- 

$£Q£xv&?]s anfiihrt. Dieselbe Stammtafel im aycbv dorus von Mopsuestia zuriick. Es wurde denn auch 

'Ofirjgov xai'Hoio&ov (ed.Rzach Hesiod. op. p. 237 von der Synode, obschon ohne Nennung des Theo- 

Z. 41ff.) und Suidas s. "O/irjQog mit einigen Va- dor, verworfen. Beide Bekenntnisse bei Hahn 
rianten. Beide geben statt dieses Ch. vielmehr 40 Bibliothek d. Symbole^ 1877, 229ff. 245. Die 

Ev<prjfwg. Vgl. iiber diese Liste Lobeck Aglao- Acten iiber die Verhandlung bei Man si Coll. 

pham. 323. Welcker Ep. Cyklus. 147. ' Concil. IV 1342ff. V 602ff. 686ff. Hefele Con- 

[Bethe.] ciliengesch. 2 II 2061 [Jiilicher.] 

Charipliu (to Xaoiyov oTo/ia, § 2 XaQKfQor), 6) Ein attischer Redner, Zeitgenosse des De- 
die vierte oder mittelste Mtindung des Indus, von metrios von Phaleron, des Demochares, der des 
der hinwieder der funfte und sechste Flussarm, Demosthenes Neffe war, und des Dichters Me- 
Sapara und Sabalagssa, abzweigten; das war die nandros, also um die Wende des 4. Jhdts. , ein 
tiefste und fiir die Einfahrt grosserer Schiffe be- fruchtbarer Logograph, der den Lysias nachahmte, 
quemste Miinde , und an ihr lag das Emporion Cic. Brut. 286. Seine Reden waren noch zu Quin- 
Barbarei (s d.); Ptol. VII 1, 2. 28. Jetzt heisst 50 tilians Zeiten vorhanden, und es spricht fiir ihren 
lieses mittlere Miindungssystem Sitta, die Haupt- Wert, dass manche sie dem Menandros zuschrie- 
miinde KMivari, von der gegen Osten die Kaha ben , Quintil. inst. or. XI, 70. Wir besitzen 
und Kakeivari abzweigen. Chariphos scheint ur- von ihnen nur drei von Rutilius Lupus iibersetzte 
spriinglich der Name eines alexandrinischen oder Stellen (I 10. II 6 und 16). Vgl. Blass Att. 
arabischen Kauffahrers gewesen zu sein. Ber. Ill 2, 318f. [Thalheim.] 

[Tomaschek.] 7) Aurelius Arcadius Charisius, rOmischer Ju- 

Charis, eine von Seleukos I. gegriindete Stadt rist, Magister libellorum unter Constantin (Dig. 

in Parthia, Appian. Syr. 57. [Tomaschek.] 111,1 Inscr.) , dessen Verbot der Appellation 

Charisandros (Xaoioavdgog). 1) Athenischer vom Praefectus praetorio an den Kaiser (Cod. 
Archon 01. 101, 1 = 376/375. Diod. XV 36. 60 Theod. XI 30, 16 = Cod. lust. VII 62, 19) vom 

CIA II 555. [670—672]. 814 (Marm. Sandvicense). J. 331 bei ihm erwahnt wird (frg. 2, 1). Er ist 

[v. Schoeffer.] schwerlich mit dem (Nr. 4) im Cod. lust. IX 41 , 

2) Athener. Nixtjaag naTSag naXrjv anb yvu- 9 (vgl. XI 55, 1) erwahnten Praeses Syriae Ch. 

vaaicov bei den Amphiaraen zu Oropos zwischen zu verselbigen. Er citiert schon den Modestin 

366 und 338, IGS I 414. [Kirchner.] (frg. 1, 26), auch seine Sprache weist in die nach- 

Charisia (XaQtoia), ein den Chariten gewid- classische Zeit (Kalb Roms Jur. 144if.). Er 

metes Fest, das durch Pannychis und Tanz ge- schrieb de muneribus civilibus, de testibus, da 

feiert wurde und bei dem die Sieger im Tanzen officio praefeeti praetorio in je einem Buche, 

Pauly-Wissowa III 68 



2147 Charisios Charisios 2148 

Fragmente aus diesen Schriften sind in den Di- metro erhalten) , ein grosser Teil des 5. Buches 

gesten erhalten (vgl. auch Lydus de mag. I 14) (der Best der idiomata und die Abschnitte fiber 

und bei L e n e 1 Paling. I 57ff. gesammelt. Vgl. Synonyma und Glossen) verloren gegangen sind. 

Zimmern Gesch. d. B. Priv.-B. I 388f. Bu- Das erste Buch begann mit den traditionellen 

dorff B. B.-G. I 200. Teuffel B. L.-G. § 404, Abschnitten de grammatiea und de voee; von dem 

1. Karlowa B. B.-G. I 754. KriigerQu. u. darauf folgenden de litteris ist der zweite Teil 

Litt. d. B. B. 228. S c h u 1 i n Ad Pand. tit. de erhalten. Daran schliessen sich die Abschnitte 

orig. iur. 3f. [Jors.] de syllabis und de dietione; alles Weitere bezieht 

8) Plavius Sosipater Charisius , lateinischer sich auf Geschlecht und Wandel des Nomen. Die 
Grammatiker. Der voile Name findet sich ausser 10 Anordnung der einzelnen Abschnitte ist zum Teil 

in der Inscriptio vor der Vorrede (nicht mehr er- verworren ; auch sind Wiederholungen nicht ver- 

halten im cod. Neapol.) bei Bufinus GL VI 572, mieden (vgl. Jeep Eedeteile 2ff.). Das zweite 

18 (der Vomame wird in der Inscriptio Fl. ab- Buch lenkt nach einigen kurzen Deflnitionen wie- 

gekiirzt, bei Bufln haben die Hss. Flu, doch wohl der in die traditionelle Disposition ein und bringt 

= Fla). Sosipater Charisius steht bei demselben die Lehre vom Nomen (das fruher Dargelegte zum 

Bufln GL VI 565, 4; sonst findet sich nur Gha- Teil ignorierend), ferner die Lehre vom Pronomen, 

risius (so Priscian durchweg; Bufln GL VI 555, Verbum, Participium, Adverbium, der Coniunction, 

16. 573, 26). Tiber die Beziehung zu dem auf Praeposition und Interiection. Das dritte Buch 

alle Falle sehr spaten Plavianus (vgl. L. Miiller enthalt einen (schon 178, 34 angekiindigten) Ex- 
Jahrb. f. Phil. XCIII 561. H. Hagen Anecd. 20 curs zur Lehre vom Verbum. Das vierte Buch 

Helv. CLXIII. Keil Herm. I 333. A. Eiese behandelt in seiner ersten Halfte die vitia und 

Heidelb. Jahrb. 1871, 585) gehen die Ansichten virtutes orationis, in seiner zweiten zum grosseren 

auseinander. Wahrend Keil und namentlich Teil verlorenen Halfte die Metrik. Das fiinfte 

Hagen den Namen aus dem Vornamen des Buch enthalt die idiomata , an die sich noch 

Ch. erklaren , bei dem sich alle Stellen des so- allerlei Bestandteile anschlossen , von denen der 

genannten Flavianus finden, halt L. Miiller an Index berichtet (synonyma Ciceronis, glossemata 

einem spaten magistellus fest und Biese mOchte per litteras , glossemata idem significantia , de 

Flavianus zum Vornamen des Ch. erheben und differentiis) : ob diese Abschnitte ganz oder 

darin des Batsels Lesung finden. Nicht selten teilweise zum Bestand des Ch. gehoren , lasst 
wird Ch. auch Cominianus genannt; vgl. den be- 30 sich nicht mehr entscheiden (vgl. ausser Keil 

treffenden Artikel. Der Zusatz in der Inscriptio p. Xff. Boelte Jahrb. f. Philol. 1888, 429. 

V.P. MAG1STER steht nur in der Editio prin- Jeep a. a. O. 13). 

ceps; VBB1S BOMAE beruht ganz auf Conjee- Der sehr reiche Inhalt des charisianischen 

tur. Die Heimat des Ch. lasst sich nicht genau Werkes weist ihm eine hervorragende Stelle in 

bestimmen. Wenn es 215, 22 heisst: hodieque der grammatischen Tradition zu, obschon das 

nostri per Campaniam sie loquuntur, so kann da- Verdienst des Ch. iiber das eines Compilators 

raus kein Schluss auf die Heimat des Ch. gezogen oder Abschreibers nicht hinausgeht. Um so wich- 

werden (vgl. Froehde De Iul. Bom. 672). Dass tiger ist die Frage nach seinen Quellen. Uber 

die Notiz in der Chronik des Hieronymus zu 358 die Abhangigkeit von anderen Handbuchern hat 
(Euanthius . . . Constantinopoli diem obit , in 40 sich Ch. selber in der Praefatio an seinen Sohn 

cuius locum ex Africa Gharistus addueitur ; fur geaussert : artem grammaticam sollertia doc- 

Gharistus haben Freh. u. a. Ghrestus) mit Usener tissimorum virorum politam et a me digestam 

Eh. Mus. XXIII 492 auf Ch. zu beziehen sei, ist heisst es im Eingang, studia mea ex variis 

doch nur eine Conjectur, obschon die Worte, die artibus inrigata ebenda weiter unten. Er be- 

Ch. an seinen Sohn richtet (1, 11: ut quod origi- nutzt seine Quellen in der Weise, dass er die 

nalis patriae natura denegavit virtute animi ad- betreifenden Abschnitte aus mehreren Autoren 

fectasse videaris), die Usenersche Ansicht em- einfach nebeneinander stellt, zum Teil mit Nen- 

pfehlen. Auch die Zeit des Ch. lasst sich nicht nung der Namen seiner Gewahrsmanner. Aus 

sicher bestimmen. Vor dem 4. Jhdt. ist er auf Palaemon hat er nach ausdrilcklicher Angabe 225, 
keinen Fall anzusetzen; wenn Usener recht hat, 50 5 — 229, 2 (de coniunetione) ; 231, 1 — 236, 15 (de 

ist seine Bliite um die Mitte dieses Jahrhunderts praepositione) ; 238 , 23 — 25 (de interieetione) ; 

bezeugt. Die Erwahnung des vir perfectissimus aus Cominian 147, 18 — 148, 13 (de ablativo); 

Marcius Salutaris (229, 19) lasst mehr als eine 175, 29 — 178, 35 (de coniugationibus) ; 180, 11 — 

Deutung zu. 181, 15 (de partieipio et de adverbio) ; 224, 24 — 

Die ars grammatiea des Ch. (diesen Titel 225, 4 (de coniunetione); 230, 4—32 (de prae- 

gab Keil mit Benutzung der Dedication: artem positione); 238, 19—22 (de interieetione); 265, 

grammaticam sollertia doctissimorum virorum 2 — 22 (de barbarismo); 266, 15 — 267, 22 (de 

politam et a me digestam in libris quinque) soloecismo); aus Iulius Bomanus 116, 29 — 147, 

besteht aus fiinf Biichern, von denen der An- 16 (de analogia); 190,8 — 224,22 (de adverbio); 
fang des ersten (die Abschnitte de grammatiea, 60 229, 3 — 230, 2 (de coniunetione) ; 236, 16 — 238, 

de voce und der Eingang des Abschnittes de lit- 16 (de praepositione) ; 239, 1 — 242, 12 (de inter- 

teris ; vgl. den Index) , ein Teil des vierten (de iectione). Neben diesen directen Zeugnissen kom- 

lectione et partibus eius IV nach dem Index; men noch die Beziehungen in Betracht, durch 

ferner de continuations, de separatione, de mora, die Ch. mit Diomedes und Donatus einerseits, 

de distinctione, de subdistinctione , de rhythmo, mit Dositheus und dem Anonymus Bobiensis 

de metri versifieatione , de basi, de pedibus, de andrerseits verkniipft ist (vgl. Boelte De artium 

versibus; aus den metrischen Abschnitten sind die scriptoribus lat. 8. Jeep a. a. O. 2ff.). Erschwert 

beiden Stiicke de Saturnio und de rhythmo et wird die Quellenforschung durch die Thatsache, 



2149 XccQictriQia iXev&eQiag Charites 2150 

dass nicht nur die genannten Schriftsteller, son- nach Plut. de glor. Athen. 7 in Athen zur Er- 

dern auch ihre Gewahrsmanner oft eng mit einan- innerung an die Befreiung der Stadt durch Thra- 

der verbunden sind, so dass verwandter Inhalt sybvil am 12. Boedromion gefeiert wurde. Da- 

nicht immer den Schluss auf Verwandtschaft der remberg-Saglio Diet. I 1099. Hermann 

Quellen rechtfertigt. G-ottesd. Alt. 2 56, 4. [Stengel.] 

tlber den Anteil de3 Palaemon handelt am Charitaios (auch Karithaios), attischer Topfer 
ausfiihrlichsten C. Marschall (De Q. Eemmii aus der Mitte des 6. Jhdts. Wir besitzen von ihm 
Palaemonis libris grammaticis, 1887) ; in dem Be- zwei schwarzfigurige Gefasse, beide nur mit ijtole- 
streben , moglichst viel Eigentum des Palaemon aev signiert: eine friiher bei dem Kunsthandler 
zusammenzubringen , lasst er sich zu unsicheren 10 Depoletti beflndliche, jetzt verschollene Hydria, 
Vermutungen hinreissen. Es scheint unmOglich, die auf dem Bauch einen Zug berittener Amazonen, 
im einzelnen nachzuweisen, wie weit die Kapitel I auf der Schulter einen knieenden Hopliten zwischen 
— XIV des ersten Buches auf Palaemon zuriickzu- zwei Reitern und am Hals ein von zwei Lowen 
fiihren sind ; sicherlich ist Palaemon nicht die angefallenes Reh zeigt, und eine Schale nach Art 
directe Quelle (vgl. Jeep a. a. 0. 2ff.). Eine der Kleinmeister mit einer Darstellung von He- 
Crux bilden die Kapitel XV und XVII. Letzteres rakles LOwenkampf. Die Zeichnung ist lax und 
gehOrt nach der tlberschrift dem Iulius Romanus ; deutet auf die spatere Zeit des sf. Stils. Ab- 
aber auch im XV. Kapitel wird Romanus citiert geb. Wiener Vorlegebl. 1889 Taf. VI 2. 3; vgl. 
(51, 5. 53, 12. 61, 5); ausserdem stimmen viele Klein Griech. Vasen mit Meistersign. 51. 
Angaben auffallend zusammen. Wie die so ent- 20 [C. Robert.] 
standene Schwierigkeit zu losen sei, ist vielfach Charites, Charis (Xagcrsg, Xagig, lat. Ora- 
untersucht worden (Christ Philol. XVIII 122. tiae, auch lautlich ubereinstimmend). 
v. Morawski Herm. XI 342. Neumann De I. Etymologie. 1) Der Name der Ch. ist 
Plin. dub. serm. libris Charisii et Prise, fontibus identisch mit dem Appellativum yagi? (Stamm 
14ff. Marschall 43ff. Beck Philol. 1889, 255. x a e\ welches bedeutet: , was Freude schafft, woran 
Boelte Jahrb. f. Philol. 1888, 401ff. Froehde man sich freut', d. h. Gaben jeglicher Art, auch 
De C. Iulio Romano Charisii auctore 569ff.), in- Huld, Dank, Anmut, SchOnheit. Gleichbedeutend 
des ohne durchschlagenden Erfolg, hauptsachlich ist die Ableitung von x a Q"t Sophokles sv eXsysla 
deshalb, weil eben mehrere Moglichkeiten vor- und Apollod. frg. 3 bei Erotian, lex. Hippocr. 
liegen. Die Quellen des zweiten Buches sind 30 Cornut. theol. 15. Die Ch. sind also die guten 
-teils ilberliefert (Palaemon, Iulius Romanus, Co- ,Hulden'. Demgegenuber sind abzuweisen 2) die 
minian), teils vennutungsweise bestimmt (Comi- Ableitung von skr. har = spriihen, leuchten 
nian, Palaemon; Marschall weiss auch hier zu (W. Sonne Kuhns Ztschr. X 96f.), wenigstens in- 
viel). Buch 3 leitet Schottmiiller De Plin. libr. sofern, als der Zusammenhang nicht ein directer 
gramm. 10 aus Palaemon ab , indirect wohl mit ist, sondern durch das Mittelglied %alQ<o geht, und 
Recht; direct mOchte ich es aus der gemeinsamen 3) die Gleichstellung mit den vedischen Sonnen- 
Quelleableiten,aufdieobenhingedeutet wurde (vgl. rossen haritas. Zwar gehen beide Namen auf 
Jeep 20). Das vierte Buch stammt zum Teil nach den gleichen Stamm zuriick (vgl. 2), aber die zwei 
ausdrucklicher AngabeausCominian;diefolgenden Begriffe sind auf ganz verschiedenem Boden selb- 
rhetorischen Abschnitte, die sich mit Scaurus be- 40 standig erwachsen. In ihrem Wesen haben die 
riihren, hat Ch. nach der Ansicht Kummrows Ch. keine Verwandtschaft mit Sonnenrossen. Max 
(Symb.adgramm.latin.37)undandererebenfallsaus Miiller Essays, deutsche Ubersetzg. II 119 u. 0. 
Cominian ; hingegen diirften die metrischen Stiicke Curtius Et.< 120. 198. L. v. Schroder Kuhns 
aus Iulius Romanus geflossen sein (vgl. Schott- Ztschr.XXIX 1888, 222. UsenerG0tternamenl31f. 
miiller 15. Proehde a. a. 0. 587). Den Anfang II. Genealogie. 1) a. Als alteste Gestalt ist 
des 5. Buches fuhrt man auf Palaemon zuriick (Mar- hier wohl die Okeanostochter Eurynome zu fassen, 
schall75). tiber die wichtige Prage nach der Be- der als Gatte, ob schon urspriinglieh ist fraglich, 
ziehung zwischen Ch. und Diomedes vgl. Jeeps der oberste der Gotter, Zeus, beigesellt ist. Hesiod. 
DarlegungenRh.Mus.LI401ff.undArt.Diomedes. theog. 907f. Onomakritos frg. 3K. (Paus. 1X35, 5). 

Oberliefert ist Ch. durch den Codex Neapo- 50 Chrysippos bei Sen. de benef. I 3, 9. BergkAnth. 

litanus IV A 8 saec. VII/VIII; vgl. Keil GL VII lyr. fr. adesp. 85. Schol. Od. VIII 364. Hyg. 

p. Vllff. ; daraus stammt die Editio princeps des fab. praef. p. 12 Schmidt. Orig. c. Cels. I 340 D. 

Jahres 1532, deren Lesungen fur einige weniger Einfach TOchter des Zeus heissen die Ch. Sappho 

gut gehaltene Partien heute noch in Frage kom- frg. 65 B. Anakreon frg. 69 B. Pind. 01. XIV 12. 

men. Das Fragmentum Parisinum (cod. 7560) hat Paus. V 11, 7. Cornut. theol. 9. Diod. V 72, 5. 

keinen erheblichen Wert. Cber die Excerpte aus Statt Eurynome nennt Cornut. theol. 15 auch 

Ch. (Paris. 7530. Bern. 123. Vatic, reg. Christ. Eurydome, Eurymedusa, Euanthe. b. Als Gattin 

1442. Leid. Voss. 8, 37 u. a.) vgl. KeilXIXff. des Zeus wurde auch Hera Mutter der Ch. ge- 

HagenAnecd.Helv. CLVff. tlber das am Schlusse nannt, Cornut. theol. 15. Schol. Od. VHI 364. 

des ersten Bandes der GL von Keil als Eoc- 60 Nonn. Dion. XXXI 186; n&pt) der Ch. Koluth. 

cerpta ex Charisio edierte Lehrbach vgl. unter rapt. Hel. 88. Als Mutter der Ch. von Zeus 

Anonymus Bobiensis; iiber die im ersten Bande erscheinen ferner c. Euuomia, Orph. h. 59, 2. 

nicht edierten Stiicke des cod. Neapol. vgl. Keil d. Hermione, die Tochter des Okeanos, Lobeck 

GL IV 573ff. Corp. gloss, lat. II 537ff. Goetz Aglaoph. 399, Harmonia (cod. Harmione), Lact. 

Ind. Jen. a. 1888/89, 4ff.; Corp. gloss, lat. V 660ff. Stat. Theb. II 286. Burmann Anth. lat. I 54 

Hauptausgabe von Keil (GL I) 1857 (und dazu (Hemonia). 

Christ Philol. XVIII 112ff.). [Goetz.] 2) Als TOchter des Uranos scheinen die Ch. 

XaQiaxriQia ilcv&eQiag , ein Dankfest, das bezeichnet zu sein Anth. Pal. XV 25, 14. 



2151 Charites Charites 2152 

3) Der wesensverwandte Dionysos ist Vater Usener Gotternamen 131) in Athen, und uber- 
der Ch. entweder a) von Aphrodite, Serv. Aen. I haupt an weitaus den meisten Kultorten. b) Die 
720. Diod. V 72, 5 (Zeus u. a.) oder b) von Ko- Zweizahl in Lakonien und in der Argolis. 
ronis, Nonn. Dion. XL VIII 555f. XV 91. IV. Nam en der Ch. 1) Einzelnamen der 

4) Diejenige Eigenschaft der Ch., welche durch Ch. entstanden an verschiedenen Orten unabhangig 
den Namen der einen von ihnen, Aglaia, ausge- von einander, und zwar verhaltnismassig spat, in 
driickt ist, flndet sich auch durch das Elternpaar Orchomenos erst ,nach Eteokles', Paus. IX 35, 1. 
Helios-Aigle dargestellt , Antimachos frg. 100 K. Wenn die an der Quelle Akidusa bei Eleon ver- 
(Paus. IX 35, 5). Cornut. a. 0. Hesych. s. AiyXr/g. ehrten ,drei Jungfrauen' wirklich den Ch. gleichzu- 

5) Mr eine Auffassung der Ch. als TOchter 10 setzen sind, so waren dort also Einzelnamen iiber- 
des Eteokles scheint zu sprechen die Erzahlung haupt unbekannt geblieben, Plut. qu. gr. 41. K. 0. 
Westermann App. narr. 77, vgl. Theokr. XVI Miiller Orchom.2 173. 2) Agaue (Charis?), auf 
104 und Schol. ('EteoxXstoi X). der Meidiasvase, Pyl Arch. Ztg. XII 1854, 299f. 

6) a. Die Ch. Tochter der Lethe, Schol. II. XIV Loewy Eranos Vindob. 275. 3) Aglaia, wohl 
276. Eustath. II. 982, 45. b. Cic. de nat. deor. der alteste Ch.-Name (s. o. II 7), koramt in seiner 
III 44 nennt Gratia eine Tochter des Erebos und Bedeutung dem Gattungsnamen nahe und be- 
der Nacht; ebenso Hyg. fab. praef. die Euphro- zeichnet gewissermassen die Ausserung, dasResul- 
syne. c. Sehr zweifelhaft ist, ob unter den drei tat des Wesens des Charis (onXoxarq XaQhcov bei 
TOchtern des Hermes und der Hekate die Ch. zu Hesiod, ,die jiingste, bliihendste der Ch.', ist ein 
verstehen sind, Tzetz. Lyk. 680. Petersen Arch.- 20 ehrendes Bei wort der Gattin des Hephaistos, und be- 
epigr. Mitt. V 1881, 44. deutet nicht einen Altersunterschied, vgl. 17). Der 

7) a. Charis ist Gattin des Hephaistos, II. XVIII Aglaia sind in Orchomenos beigesellt Euphrosyne 
382, spater auf Aglaia, Hesiod. theog. 945. Eustath. ,die Wohlgesinnte, die Erfreuende' (wieder = Cha- 
II. 1148, 57, oder Thalia gedeutet, Schol. II. XVHI ris) und Thalia (von MXXw) ,die BMhende'. Diese 
382. Eustath. a. 0. v. Wilamowitz Gett. Nachr. drei Namen wurden aber jedenfalls schon friihe, 
1895, 237f. b. Aglaia ist die Gattin des Amy- wenn nicht von Anfang an, nicht im ursprilng- 
thaon , der in Thessalien und im messenischen lichen Sinne, sondern als ,der festliche Glanz, die 
Pylos localisiert ist, Diod. IV 68. Ihr Sohn Me- feierliche Freude, die bluhende Lust des Mahles' 
lampus griindete nach der Eeinigung der Proi- gefasst, wohl infolge des glanzenden Ch.-Festes. 
tiden den Ch. ein Heiligtum auf dem Berge Akron 30 Sie kommen iiberhaupt nur in der Dichtung, nicht 
in der Argolis, Soph. Iphig. frg. 288 N. Amy- im Kulte vor, Paus. IX 35, 1. Den Versuch 
thaon ist nach Maass Gett. Gel. Anz. 1890, 354 Usener s a. 0. 132, durch Ausscheidung der 
eine Hypostase des Hades, c. In Mantineia gait Euphrosyne fur Orchomenos eine Zweizahl als 
Aglaia als Tochter des Mantineus, Gattin des ursprilnglich zu erweisen, ist nicht ausreichend 
Abas und Mutter der Zwillinge Akrisios und Proi- begriindet, Hesiod. theog. 907f. K. 0. Miiller 
tos, Apollod. II 24 W. Schol. Eur. Or. 965. Tzetz. a. 0. 174. Pind. 01. XIV 14. Orph. h. 59, 3. 
Lyk. 1074. Maass a. 0. 353. d. Aglaia ist Apollod. I 13 W. Cornut. theol. 15. Plut. max. 
Gattin des Charopos (= Charon) von Syme und c. princ. esse diss. 3. Sen. de benef. I 3, 6 (wo 
Mutter des Nireus, des schOnsten Mannes vor Aigle statt Aglaia, vgl. II 4). 4) Auxesia und 
Ilioh, II. II 671. Arist. pepl. 17 B. e. Kleta, 40 Damia (s. d.) nicht ausdriicklich Ch. genannt, aber 
Gattin des Eurotas, Mutter der Sparte, Schol. offenbar wesensgleich. Sie erscheinen in Aigina, 
Eur. Or. 626 (und der Tiasa? Paus. Ill 18, 6). Epidauros, Troizen, Sparta (Auxesia und Da- 
Eurotas heisst auch Sohn des Lelex und der moia), Tarent. Auxesia ist ihrem Namen nach 
Nymphe Kleochareia, deren Name wieder an die eine Gettin des Wachstums; dem Namen Damia 
Ch. erinnert, Apollod. Ill 116 W. liegt derselbe Gedanke zu Grunde, der sich in 

III. Zahl der Ch. 1) Ist die Identificie- der Kultverbindung Demos und Ch. (Athen) aus- 

rung von II 7 b und d mit der Charis Aglaia spricht, Robert Comment. Momms. 145. Peter in 

richtig, so gab es urspriinglich nur e i n e Charis, Roschers Lex. 1 943f. Auxesia und Damia heissen 

denn neben der Hadesgattin sind andere gleich- in Epidauros auch 'A&oiai &eat, Le Bas-Pou- 
artige Wesen nicht denkbar. Eine ahnliche Stel- 50 cart nr. 196b expl. p. 64 (Pouilles d'Epidaure 

lung nimmt Charis neben dem chthonischen Gotte nr. 51). 'Afyola ist sonst ein Attribut der Kore 

Hephaistos ein. Wenn am Bathron des Zeus- oder der Demeter, Usener Gstternamen 129. 

thrones in Olympia eine Charis erscheint (Paus. 5) Auxo (= Auxesia), Thallo, Karpo: ,Sprossen, 

V 11, 8), ebenso im Gemalde des Apelles im Wachsen, Frucht' sind die athenischen Ch., Paus. 

Odeion zu Smyrna (Paus. IX 35, 6), so ist es un- IX 35, 2. Robert a. 0. Bei Hyg. fab. 183 sind 

sicher , ob damit nur eine Repraesentantin der es Namen von Horen. Statt der Karpo nennt der 

Gattung oder wirklich die ursprungliche eine atttische Ephebeneid, Poll. VIII 106, Hegemone, 

Charis gemeint ist. 2) Nach demselben Vorgange, und zwar nicht Artemis Hegemone (Roberta. 0.), 

den wir an Eros und Nike wahrnehmen, entstand sondern Aphrodite Hegemone, L o 1 1 i n g 'A&rjra 
schon friihe eine Mehrzahl von Ch. (so bei Homer), 60 HI 1891, 596f. 6) Chryseis, Meidiasvase, s. 2. 7) Da- 

wobei die Bedeutung der einzelnen Charis und mia, s. 4. 8) Eukleia, Heydemann Vas.-Kat. Ne- 

in der Folge auch das Ansehen der ganzen Gat- apel S A. 316, vgl. CIG 8364. 9)Eunomia, Heyde- 

tung sich mindern musste. 3) Unter dem Ein- mann a. 0. (bei Hyg. fab. 183 neben Auxo u. s. w. 

flusse des Kultus fand dann eine Reduction auf als Hore genannt), vgl. II 1 c. Eukleia und Eu- 

eine bestimmte Zahl statt: a) Die Dreizahl, in nomia wurden in Athen verehrt, und sind viel- 

Orchomenos von Eteokles festgesetzt , Paus. IX leicht dort zu den Ch. gezogen worden, CIA III 277. 

35, 1, nach der Tradition also nicht urspriinglich. Paus. I 14, 5. v. Wilamowitz Aus Kydathen 

Die Dreizahl flndet sich auch von jeher (trotz 151. 10) Euphrosyne, s. 3. Mannhardt Ant. 



2153 Charites Charites 2154 

Wald- und Feldkulte 245f. Suid. s."0/nrjeos- Mit gesetzt war und besonders zubereitete Speisen, 
Kale und Pasithea tritt sie an der Hochzeit des worunter ein ,Ch.-Auge' benanntes Backwerk, an 
Peleus und der Thetis in einen SchSnheitswett- die Festfeiernden verteilt wurden, Eustath. Od. 
kampf mit Aphrodite. Teiresias erkennt der Kale 1843, 25f. v. Wilamowitz a. 0. 131. Die boio- 
den Preis zu, Sostratos bei Eustath. Od. 1665, tische Eidgenossenschaft: Theben (e), Orchomenos, 
48f. Wagner Herm. XXVII 1892, 132f. 11) Har- Koroneia(b), Anthedon, Thespiai (c), Tanagra (f ), 
monia, Nonn. Dion. XIII 339f. Heydemann a. 0., Oropos, Plataiai (d) weihte den Ch. nach Weisung 
vgl. Horn. h. in Ap. Pyth. (II) 16f. Harmonia des Apollon einen Dreifuss, I6S I 3207. Das 
Mutter der Ch. s. II 1 d. Harmonia ist wohl nicht schSnste Denkmal der orehomenischen Ch. ist das 
als die thebanische Heroine, sondern als blosse 10 herrliche Loblied Pindars (01. XIV) auf die manges- 
Personification aufzufassen. 12) Hegemone, s. 5. reichen KOniginnen von Orchomenos, die Schutz- 
13) Kale, s. 10. Der Name ist aus II. XVIII gottinnen der uralten Minyer.' Vgl. Pind. Pyth. 
382 abgeleitet. Sie gait deshalb als Gattin des XII 26. Theokr. XVI 104f. Strab. IX 414. Anth. 
Hephaistos, Eustath. a. 0. 14) Karpo, s. 3. Pal. IX 634. Nonn. Dion. XIII 95. XVI 131. 
15) Klenna und Phene, oder Kleta und Phaenna XXXI 204f. XXXIV 37f. XLI 149. 227f. XLH 
sind die Namen der zwei lakonischen Ch., Alkman 464f. b) Koroneia. Bilder der Ch. im Tempel 
frg. 105. Polem. frg. 89, FHG III 142. Paus. der itonischen Athena, Paus. 1X34, 1. c) Thes- 
IX 35, 1. Ill 18, 6. Ath. IV 139 B. 16) Kleta, piai (?), Heiligtum auf dem Helikon, mit Bimeros 
s. 15. 17) Pasithea (s. 10), von Hera dem Hypnos und den Musen (und Eros?), Schol. Hesiod. theog. 
als Gattin zugesagt, II. XIV 267f. ((Ua xG>v onlo- 20 64. d) Plataiai. Die Ch. baden in der Quelle 
■csgdmv Xaqirmv, vgl. 3). Eustath. II. 984, 30 u. 0. Argaphia (= Gargaphia), Mein eke Anal. Alex. 
Nonn. Dion. S. Stat. Theb. II 286. 18) Peitho, 282. Alkiphron III 1. Dem Amphion aus dem 
von Hermesianax den Ch. zugezahlt, Paus. IX nahen Hysiai verfertigen sie eine Mitra, ol ttov 
35, 5. Schol. Aristoph. Nub. 773. Proklos zu Hesiod. anoMxmv noirjtai nach Philostr. imag. I 10. 
op. 73. Suid. s. XdQizag. Preller-Robert e) Theben. Musen und Ch. singen bei der Hoch- 
Griech. Mythol.* I 509; vgl. Orph. h. IX 13. zeit des Kadmos und der Harmonia das Lied: 
19 und 20) Phaenna, Phene, s. 15. 21) Thalia, ,Was schon ist, ist lieb . . .', Theognis 15f. Auf 
s. 3 und II 7 a. 22) Thallo, s. 5. Verehrung der Ch. in Theben weisen auch die 

V. Kulte und Ortliches Vorkommen. zahlreichen Erwahnungen durch Pindar. Sehr 
1) Nach Thessalien weisen nur wenige Spuren: 30 zweifelhaft bleibt die Beziehung des Beliefs Hel- 

a) der Name der Koronis (II 3b), die auch Aigle big Sammlgn. Roms II 741. f) Eleon im Ge- 

heisst, Roscher Lex. d. Myth. II 1388f., vgl. o. biete von Tanagra: ,Drei Jungfrauen', TOchter des 

IV 3. II 4. b) Amythaon (II 7 b). c) Die Er- Skamandros und der Akidusa, an der Quelle Aki- 

zahlung vom Beigen der Ch. bei der Hochzeit des dusa verehrt, Plut. qu. gr. 41 ; vgl. IV 1. 

Peleus und der Thetis, Quint. Sm. IV 140 und 3) Phokis. a) Delphoi. Ch. auf der Hand 

von Wettstreite daselbst (IV 10). des Apollonkultbildes, Schol. Pind. 01 XIV 10; 

2) Boiotien. a) Orchomenos. Hochberiihm- vgl. Nem. VI 42; frg. 90 Bergk. Reigen mit Ar- 

tes und uraltes Heiligtum an der Stelle des heu- temis, Horn. h. in Dian. (XXVII) 14f. Zweifel- 

tigen Klosters ,zur Grablegung Mariae'. Eteokles haft ist die Beziehung des Reliefs Helbig a. 0. 
war es nach der Sage , der ihnen zuerst opferte 40 II 773. b) Elateia. Ch. als Schwurzeugen in der 

und einen Kult einrichtete; ihm fielen die drei Freilassungsurkunde Bull. hell. XI 1887, 341. 

schwarzen Steine vom Hirnmel, unter deren Bild 4) Euboia. Inschrift aus dem Dorfe Politika, 

fortan die Ch. verehrt wurden. Kunstvolle Kult- 2. Jhdt. n. Chr., 'Eytjfi. &qx- 1892, 174f. (Xdpis). 

bilder aus Marmor wurden erst spat aufgestellt, 5) Attika. a) Athen. a) Das Heiligtum auf 

Hesiod. frg. 63 K. = Schol. Pind. 01. XIV 1. Paus. der Akropolis, bei oder in den Propylaeen, wahr- 

1X35,1. 38,1. Im Tempel der Ch. brachten die scheinlich urspriinglich auf der Stelle des Siid- 

Umwohner Opfer von Feldfrilchten dar, ebendort- fliigels und dann bei der Ausfuhrung des peri- 

hin lieferten die unterworfenen Thebaier den Tribut kleischen Baues vor die Propylaeen verwiesen. 

ab, Ephoros in Schol. II. IX 381. K. 0. Miiller Die Ch. standen in Kultverbindung mit Artemis 
a. 0. 178. Im Tempel selbst wurde spater Hera 50 (- Hekate) Epipyrgidia und Hermes Propylaios. 

mit den Ch. zusammen verehrt (Schliemann Es wurden ihnen wie in Orchomenos Mysterien 

Orchom. 52), in der Nahe befand sich ein Tempel gefeiert, Paus. I 22, 8. IX 35, 2f. CIA III 268, 

des Dionysos (Paus. IX 38, 1) und die der Aphro- vgl. Pind. Pyth. II 19. Orph. h. 59, 7. CIA III 

dite heilige Quelle Akidalia, in der sich die Ch. 1317. Oft erwahnt ist das Ch.-Relief des Sokrates 

badeten, Serv. Aen. I 720. Die Charisien oder (s. u.), Paus. a. 0. Diog. Laert. II 19. Suid. Plin. 

Charitesien waren eine Mysterienfeier, tiber deren XXXVI 32. Schol. Aristoph. nub. 773, dessen Dar- 

Inhalt wir nicht unterrichtet sind. Da aber auch stellung auf Silbermiinzen von Athen wiederholt 

in Athen Ch.-Mysterien gefeiert werden und in ist, Brit. Mus. Cat. Attica p. 55 nr. 409f. Im- 

dem nahen Eleusis die Hulden in den dortigen hoof-Blumer und Percy Gardner Numism. 
Getterkreis eingefuhrt sind, so stimmte die orcho- 60 Comm. on Paus. 155 nr. 17. Vielleicht waren die 

menische Lehre wohl mit der eleusinischen iiberein Ch. auch am Erechtheion dargestellt, Petersen 

in der Verheissung eines seligen Lebens nach Arch.-epigr. Mitt. V 1881, 52. CIA III 224. 

dem Tode. Die aussern Veranstaltungen sind uns /?) Heiligtum des Demos und der Ch. auf dem 

bekannt: Agone aller Art sind in den Inschriften Markte, nordlich vom Hephaistostempel (sog. The- 

haufig erwahnt, z. B. IGS I 3195-97. CIA III seion), Joseph, ant. Iud. XIV 153. CIA II 347. 

115. Das Hauptfest fand nachtlicherweile statt 467. 1665. Ill 661. 265 (Priester des Demos, der 

und wurde mit Reigen und Sang gefeiert, wobei Ch. und der Roma). IV 2, 385 c. 432 b— d. Ho- 

einKuchen aus Honig und Weizenmehl als Preis molle Bull. hell. XV 1891, 344f. Athen. Mitt. 



2155 Charites Charites 2156 

XVI 1891, 252. 362. Unmittelbar daneben lag 36. Vgl. den Kameo bei Kohler Ges. Schriften 

ein Altar fur Aphrodite fjye/*6vri xov Stf/nov und V Taf. 3. 

die Ch., Lolling a. 0. CIA IV 2, 1161b. Ein 12) Unteritalien und Sicilien. a) Ta- 

Eelief mit Demos (als Jtingling dargestellt) und rent. Fest Dameia, wahrscheinlich zu Ehren der 

den drei Ch. im Typus des Sokrates erwahnt Damia, Hesych. b) Akragas(?), Pind. Pyth. VI 1, 

v. Sybel Katalog 849. Furtwangler Athen. vgl. Stesichoros frg. 37 B. = Schol. Ar. Pax 798. 

Mitt. Ill 1878, 192. y) In der Akademie wurden 13) Die Inseln. a) Aigina. Damia und 

die Bilder der Ch. von Speusippos aufgestellt, Auxesia, Herod. V 83, vielleicht in den Akro- 

Diog. Laert. IV 1 init.- S) Die Ch. erscheinen terienflguren des Tempels zu erkennen, Petersen. 
im Eide der attischen Epheben, Poll. VIII 106; 10 a. 0. 62. Mehrfache Anrufungen der Ch. in Lie- 

sie haben teil am Gamelienopfer ebenderselben, dern auf aiginetische Sieger, z. B. Pind. Isthm. 

Etym. M. s. yafitjlla , sie werden angerufen in V 62f. ; Nem. V 53f. Aiginetisches Adelsgeschlecht 

demGebeteAristoph.Thesm.296f. Der Schwur Chariadai, Topffer a. 0. 307. b) Delos. Weih- 

rrj tag Xdqnag wird zuerst von Sokrates erwahnt, geschenk an die Ch., Dittenberger Syll. 367. 

Plat. Theaet. 152 C. Aristoph. nub. 773 und Schol. ; Ch. auf der Hand des alten Apollonkultbildes von 

vgl. Eur. Cycl. 583. Kail, epigr. 32, 2. Plut. qu. Angelion und Tektaios, Plut. de mus. 14. Paus. 

conv. VII 1. e) Vielleicht steht das attische Ge- IX 35, 3. K. 0. Miiller Dorier I 353, dargestellt 

schlecht der Charidai in Beziehung zu den Ch., auf Miinzen von Athen, Brit. Mus. Cat. Attica 72f., 

Topffer Att. Gen. 307. b) Vari am Hymettos. vgl. Macrob. sat. 1 17, 13. Curtius Ges. Abh. I 
Weihinschrift im Nymphenheiligtum daselbst, CIA 20 381 . c) Kreta. Ein Kult lasst sich aus Apollod. Ill 

I 428. c) Lamptrai (?), Topffer a. 0. d) Pei- 210 W. (13h) erschliessen, vgl. 9 a. Terracotte im 

raieus, Votivrelief , Furtwangler Athen. Mitt. Museum von Hierapytna, Mon. ant. d. Lincei VI 

III 189. e) Eleusis. Opfervorschrift CIA I 5. 1896,193. d) Lemnos(?) s. II 7 a. e) Lesbos (?), 

6) Megaris. Pagai. X&qixss einem Decrete Alkaios frg. 62 B. Sappho frg. 60. 65 B. f)Melos(?). 
vorgesetzt, wie sonst &sol u. a., IGS I 188. Melisches Thongefass: Artemis und Apollon mit 

7) Argolis. a) Troizen. Damia und Auxesia, zwei Gottinnen (Kleta und Phaenna?), Stud- 
Paus. II 32, 2. b) Argos. Ch. und Dioskuren niczka Kyrene 35. 162. g) Naxos. Priester der 
auf dem Markte, Pind. Nem. X 38f. Miinze des Ch. in einer Inschrift aus den Euinen einer Kapelle 
Septimius Severus, Imhoof-Blumer Monnaies der heiligen Jungfrau, Bull. hell. I 1877, 88. 
grecques 177. c) Heiligtum auf dem Berge Akron, 30 Miinze der Iulia Domna, Brit. Mus. Cat. Crete etc. 
von Melampus, dem Sohne der Aglaia, nach der 112. Auf Naxos weben die Ch. dem Dionysos 
Eeinigung der Proitiden der Artemis und den Ch. ein Gewand, Apoll. Rhod. IV 423f. h) Paros. 
geweiht, Soph. Iph. frg. 288 N., s. II 7 b. d) Heraion Kult der Ch., auf Minos zuriickgefiihrt, Apollod. 
bei Mykenai. Bilder der Ch. im Pronaos des III 210 W. Priester CIG 2325. Ch. auf einer 
Tempels; Ch. und Horen in der Brautkrone der Miinze der jiingeren Faustina, Svoronos Numis- 
Hera des Polyklet, Paus. II 17, 3f. e) Epidauros. matique de la Crete 207. Ch., Nymphen und Pan 
Damia und Auxesia, Herod. V 82f. Weihinschrift sind auf dem parischen Belief des Adamas zu er- 
an Apollon Maleatas, Damia und Auxesia, LeBas- kennen, Michaelis Arch. Ztg. XXV 1867, 5. 
Foucarta. 0. f) Alt-Hermione. Tempelder i) Ehodos (?), Pind. 01 VII 93. Anth. Pal. XV 11. 
Ch., Paus. II 34, 10. 40 Arch.-epigr. Mitt. VII 1883, 127f. k) Syme, II 7 d. 

8) Arkadien. a) Mantineia, s. II 7 c. b) Te- 1) Tenedos (?), Pind. frg. 123 Bergk. m) Thasos. 
gea, Weihinschrift, Eohl IGA 94. c) Megalo- Belief und Opfervorschrift. Michaelis a. 0. 
polis. Am Wege nach Messenien ein Heiligtum Taf. 217. B0hlIGA379. Brunn-Bruckmann 
der schwarzen und der weissen Eumeniden, wo Denkm. d. griech. u. rom. Sculpturnr. 61. Jacobs 
auch den Ch. geopfert wird, Paus. VIII 34, 2f. Thasiaca (Diss. Gott. 1893) 9. 

9) Lakonien. a) Sparta. Tempel der Diosku- 14) Thrakien. a) Thrakischer Chersonnes (?). 
ren und der Ch., Paus. Ill 14, 6. Musen und Ch. Altar des Demos und der Charis (oder der Ch.? 
in Sparta, Pind. frg. 199 Bergk. Weihinschrift an Lolling a. 0.), erwahnt in der eingeschobenen 
Zeus Taletitas, Damoia und Auxesia, Le Bas- Urkunde Demosth. XVin 92. b) Traianopolis. 
Foucart 162k p. 143. Usener a. 0. 130. Die 50 Miinze des Septimius Severus, Brit. Mus. Cat. 
gleiche Verbindung vielleicht auf Kreta. b) Tempel Tauric Chersonnese 177. c) Umgebung von Tniova, 
der Kleta und Phaenna am Flusse Tiasa (s. IV 15), spate Weihung an Charis, Arch.-epigr. Mitt. XIV 
Paus. Ill 18, 9f. c) Amyklai, Weihgeschenk des 1891, 154. d) Byzanz (?) ,Bad der Ch.', Anth. 
Bathykles von Magnesia; Ch. und Artemis Leuko- Pal. IX 609. 616. 623. 634. 638. 

phryene. Ch. und Horen als Tragerinnen des 15) Kleinasien. a) Nikaia. Miinze des Volu- 

Thrones, Paus. Ill 18, 9f. sianus, Brit. Mus. Cat. Pontus etc. 174. b) Ky- 

10) Messenien. a) Pharai, Weihinschrift zikos. Bilder der Ch. im Athenatempel , Anth. 
Bfihl IGA 74. b) Pylos. Amythaon II 7 b. Pal. VI 342. c) Pergamon. Ch. von der Hand 

11) Elis. a) Olympia. Einer der zwOlf an- des Bupalos iv xtp'AxxdXov daXdum; gemalt von 
geblich von Herakles geweihten Altare beim Pe- 60 Pythagoras aus Paros beim sog. Pythion, Paus. 
lopion gehorte Dionysos und den Ch., Herodor. IX 35, 6. d) Smyrna. Ch. von der Hand des 
frg. 29 (FHG II 36) = Schol. Pind. 01. V 10. Bupalos im Tempel der Nemeseis liber den Kult- 
Paus. V 14, 10. Ch. und Horen iiber dem Haupte bildern; eine von Apelles gemalte Charis im 
des Zeusbildes und Charis am Bathron des Thrones, Odeion, Paus. a. 0. e) Erythrai. Ch. und Horen 
Paus. V 1 1 , 7f. b) Elis. Tempel auf der Agora von der Hand des Endoios im Pronaos des Athena- 
mit den Goldelfenbeinstatuen der Go'ttinnen, Paus. tempels, Paus. VII 5, 9. f ) Magnesia a. M. Aus 9 c 
VI 24, 6. Die elischen Frauen riefen den Dio- ist auf einen Kult der Ch. und der Artemis Leuko- 
nysos an mit den Ch. zu kommen, Plut. qu. gr. phryene in Magnesia zu schliessen. g) Panamara 



2157 Charites Charites 2158 

bei Stratonikeia. Inschrift Bull. hell. XII 1888, coniug. praec. init. 1) Zeus, Ch. una Aphrodite an- 

273. h) Ikonion (Isaurien). Miinze der Tranquil- gerufen, Pind. frg. 90 Bergk. m) Sophia, Pothos, 

Una, Imhoof-Blumer Monnaies grecques 177. Ch., Hesychia, Arist. At. 1320f. n)_ Diallage der 

16) Kyprosund Phoinikien. a) Paphos (?). Kypris und der Ch. gvvTQocpog, Arist. Ach. 989. 
Horn. h. in Ven. 59f. ; Od. VIII 364. b) Antio- o) Peitho, Ch., Horen, Nymphen im Traume ge- 
cheia. Miinze des Caracalla. Imhoof-Blumer sehen, bedeuten fur alle und in allem Gutes, Ar- 
Griech. Miinzen 242 (766); vgl. Anth. Pal. IX 680. temid. II 37 fin. p) Liebende opfern Aphrodite, 
c) Byblos(?), XaQirwv 86/nog, Nonn. Dionys. Ill Eros, Peitho, Ch., Arrian. cyn. 35, 2. q) Athena, 
109f. d) Berytos (Beroe), e<5os XoqCtwv, Anth. Leto, Ch., Aphrodite, Artemis, Hebe, Hera, Nonn. 
Pal. IX 426. 'Ogzofievos Xaghcov, Nonn. Dionys. 10 Dionys. 1 468f. r) Horen, Leto, Aphrodite, Athena, 
XLI 149. Die Ch. waren wohl in Verbindung Ch., Artemis, Hebe, Nonn. Dionys. II 328f. s)Aphro- 
mit Aphrodite. " dite, Dionysos, Peitho, Ch., Eros, Pan. Vase bei 

17) Libyen. a) Kyrene. Ch.-Hiigel, Kail. Inghirami Vasi fitt. I 3 Taf. 255/6. Gerhard 
frg. 266 Sehn. = Schol. Pind. Pyth. V 31. b) Ch.- Ant. Bildw. Taf. 59. 2) Aller Gotter Genos- 
Hiigel im Lande der Makai, Herod. IV 175. Nonn. sinnen sind die Ch., Horn. h. Ven. 95f. Die 
Dionys. XIII 341. H. Barth Wanderungen 318. Getter halten nicht Tanz noch Mahl ohne die Ch., 

18) Rom(?). ,Bad der Ch.', IGI 1034. sie sind aller Dinge Schaffnerinnen im Himmel, 

19) Allgemeines. Die Ch. wurden oft auf Pind. 01. XIV 8f. 3) Die Agrauliden (Tau- 
Markten und an Wegen verehrt. Arist. Eth. Nik. schwestern) sind den Ch. wesensverwandt. Robert 
1133 a, s. Athen, Argos, Sparta, Olympia, Elis u. a. 20 Comment. Momms. 149 Tersucht die drei Glei- 
Erwahnenswert ist, dass die Ch. mehrfach gleich- chungen : Herse-Auxo, Pandrosos-Thallo, Agraulos- 
sam als Thurhiiterinnen erscheinen, so Tor allem Karpo. 4) Agraulos 1 a. IV 12. 5) Aidos 
auf der Akropolis von Athen, dann im Heraion owiaxiog der Ch., Anth. Pal. II 341. 6) Aphro- 
und in dem Athenatempel Ton Erythrai, vielleicht dite, 1 a. b. k. 1. o — s. II 3 a. IV 12. 17. V 2 a. 
auch von Koroneia. 16 a. d. 17 a, (Xaghcov locpos = xijjzos 'Acpgo&hrjg'i). 

20) tlber die Kultformen ist einiges schon Die Ch. baden und salben die Aphrodite, Od. VIII 
V 2a und 5a bemerkt. Fur Athen, Naxos und 364. Horn. h. Ven. 59f. Serv. Aen. I 720. Anth. 
Paros sindPriester bezeugt, einmal (etwa in fiber- Pal. IX 623. 625. 629; sie weben ihr den Peplos, 
tragener Bedeutung?) findet sich auch eine Prieste- II. V 338f. Kypr. frg. 3 K. Aphrodite nimmt an 
rin erwahnt, Anth. Pal. VII 733 (Diotimos). My- 30 ihren Gesangen und Tanzen teil, Od. XVIII 193f. 
sterien wurden den Ch. in Orchomenos und Athen Horn. h. Ap. Pyth. 16f. Kypr. frg. 4 K. Hor. carm. 
gefeiert, an denjenigen von Eleusis hatten sie I 4, 5. Die Ch. tanzen bei der Hochzeit des 
wahrscheinlich teil ; ein Geheimkult bestand auch Adonis und der Aphrodite, Nonn. Dionys. XLI 7, 
in Epidauros und auf Aigina. Wahrend diese und beweinen den toten Adonis, Bion I 91; 
Peste einen freudigen Charakter tnigen, durften sie pflucken Blumen fur die Herrin, Nonn. Dionys. 
auf Paros weder Kranze noch Floten Terwendet XXXI 204f. XXXIII 4f., die ihre KOnigin (Koluth. 
werden, weil, wie die Sage erzahlt, Minos, als er rapt. Hel. 16) oder Mutter oder Schwester (Diod. 
den Ch. opferte, die Nachricht vom Tode seines V 72, 5) heisst und deren standige Umgebung 
Sohnes Androgeos erhalten hatte. Ahnlich war und Begleitung sie bilden, Paus. VI 24, 7. Schol. 
es auf Thasos. In Orchomenos wurden den Got- 40 Aristoph. Pax 41. Plut. amat. 15. Quint. Sm. V 72. 
tinnen Peldfriichte und, wie es scheint, Backwerk Nonn. Dionys. XLI 228. Hor. carm. Ill 21, 21f. 
dargebracht; auf Thasos waren Ziege und Perkel Sen. de benef. I 3, 9. Pervig. Ven. 49f. 7) Apol- 
als Opfer verboten, wahrend in Eleusis die Ziege Ion 1 d. g. V 2a. 3a. 7e. 9c. 13b. 13f. Mit 
vorgeschrieben war (sofern nicht in der Lticke den Ch. zusammen wurde Apollon in der Grotte 
der Inschrift das gleiche Verbot enthalten war). von Vari (V 5 b) und auf Thasos (V 13 m) ver- 
Kaucherwerk wird Orph. h. 59 erwahnt. ehrt, sein Tempel stand in der Nahe des ihrigen 

VI. Verbindung mit andern Gsttern. in Sparta und Elis (V 9a. lib). Sie fiihren 

1) Verschiedene Verbindungen. a) Epheben- den Reigen zu Ehren des Gottes, der sie selbst 

eid in Athen an Agraulos, Enyalios, Ares, Zeus, auch wohl anfiihrt, Horn. h. Ap. Pyth. 16 f. Seine 

Thallo, Auxo, Hegemone, Poll. VIII 106. b) Ga- 50 Begleiterinnen sind sie schon auf der Francois- 

melien opfer der Epheben in Athen an Hera, Aphro- vase; seine Dienerinnen sind sie Nonn. Dionys. 

dite und Ch., Etym. M. s. yafitjXla. c) Eid bei XXXIV 38. 8) Ares la. 9) Artemis Id. e. 

den Thesmophoroi, Plutos, Kalligeneia, Kurotro- q. r. II 6 c. V 3 a. 5 a a. 7 c. 9 c. 13 f. 15 f. 

phos, Hermes, Ch., Aristoph. Thesm. 296f. d) Lied Die enge Beziehung der Ch. zu Artemis hat die 

des Agathon: Chthoniai, Phoibos, Artemis, Leto, Kunst in Athen in eigenartiger Weise zum Aus- 

Ch., Aristoph. Thesm. lOlf. e) Opfervorsch'rift aus druck gebracht, Petersen a. O. 26f. Der Ar- 

Eleusis: Hermes, Ch., Artemis, Telesidromos, Tri- temistempel steht in der Nahe desjenigen der Ch. 

ptolemos, Iakchos, CIA I 5. f ) Weihinschrift aus in Sparta, Paus. Ill 14, 6, und am Flusse Tiasa, 

Tegea an Poseidon, Hermes, Herakles, Ch., Kohl Polemon frg. 89 = Ath. IV 139 B. Artemis im 

IGA 94. g) In einer Inschrift Ton Elateia werden 60 Reigen mit den Ch. , Horn. h. Ap. Pyth. 16f.; 

als Zeugen angerufen: Athena, Zeus, Hermes, h. Dian. (XXVII) llf. Gebet an Selene (Miller 

Apollon, Poseidon, Ch., Bull. hell. XI 1887, 341. Melanges 452. Herm. IV 64); Ton ihnen begleitet 

h) Inschrift Ton Panamara, Bull. hell. XII 1888, auf der Francoisvase, vgl. Anth. Pal. VI 273. 267. 

273: Zeus, Moiren, Tyche, Ch., Musen, Mnemo- s. Kurotrophos. 10) Asklepios und Ch. Ton 

syne, i) Ch. und Moiren fiihren Persephone mit einem knieenden Manne angebetet, Votivrelief, 

den Horen im Tanz ans Licht empor, Orph. h. Visconti Museo Pio Clementino IV 13. Ein 

XLII. k)Ch., Peitho und Hermes sind jidgedgoi und Ch.-Relief, wahrscheinlich dem Asklepios geweiht, 

avfifico^oi der Aphrodite, Cornut. theol. 24. Plut. Furtwangler Athen. Mitt. Ill 1878, 190. O. 



2159 . Charites Charites 2160 

Jahn Entfiihrg. d. Europa 39. 11) Athena lg. wander, Kypr. frg. 3 K. Ihre Namen sind bis- 

q. r. V 2 b. 5 a a. 15 b und e. 19. Auf eine weilen mit denen der Ch. vertauscht, so auf der 

Gruppierung der Ch. mit Athena weist die Stelle Berliner Sosiasschale, Eobert a. 0., und der Typus 

des Aristides (I p. 24 Dind.) Xolqitss <5' avxfjs von Hermes mit den Ch. ist in einem Belief von 

jtsgi xeiQas i'aravrac, vgl. Betersen Arch.-epigr. Megalopolis fur Ban und die Horen verwendet, 

Mitt. IV 1880, 168, 25 (Belief). V 1881, 63. Purtwangler a. 0. 201. 39) Hyaden, mit 

Strab. 141. 12) Charon (?) H 7d. 13) Chtho- den Ch. verglichen, Hesiod. astr. frg. 12 K., vgl. 

niaild. 14) Demeter wahrscheinlich in Eleusis Jahn a. 0. 41. A. W. Curtius Progr. d. K. 

mit den Ch. verehrt, s. Chthoniai, Kalligeneia, Wilhelmgymn. in Keln (1892) 9. 40) Hygieia, 
Bersephone und IV 4. Die Ch. besanftigen auf 10 Schwurgottin der Inschrift V 4. Xaghcov sag in 

Geheiss des Zeus die Gottin, welche Unfruchtbar- dem Hymnos des Ariphron auf Hvgieia, Ath. XV 

keit gesandt hat, Eur. Hel. 1337f. Zwei Schwestern 702. Kaibel Epigr. 1027. 41) Hypnos IV 17. 

Briesterinnen der Demeter und der Ch., Anth. Bal. 42) Iakchos 1 e. Aristoph. Ran. 335. 43) Kalli- 

VII 733 (Diotimos). 15) Demos IV 4. V5a/J. 14a. geneia 1 c, wohl = Demeter. Hesych. 44) Kuro- 

v. Wilamowitz Aus Kydathen 201. 16) Dial- trophos 1 c, wohl = Artemis-Hek'ate. 45) Leto 

lageln. 17) Dionysos II 3. V 2a. 11a und b. Id. q.r. 46) Mnemosyne lh. 47)Moiren lh. i. 

13 g. In Orchomenos war der Dienst des Dio- 48) Musen lh. V2cunde. 9a. Reigen in Del- 

nysos mit dem der Ch. und Musen eng verbun- phoi, Horn. h. Ap. Pyth. 16f.; h. Dian. 15. In 

den.- BreussQuaest. Boeot. 33. Reisch Dermis. Olympia stand ihr Altar neben dem der Ch., 
Gr. cert. 107. Der erste Trunk beim Mahle ge- 20 Baus. V 14, 10. tTberhaupt ist diese Zusammen- 

horte den Ch. , Horen und Dionysos (Banyassis stellung von Musen und Ch. eine der allerhaufig- 

frg. 13 K. = Ath. II 36 D), mit Aphrodite bringen sten , wurde aber schon fruh zur leeren Form, 

Ch. und Dionysos den Wein, Hor. carm. Ill 21, Sappho frg. 60 B. Eur. Here. 674f. v. Wilamo- 

21. Vgl. Bgo/nCa X aQis, Arist. Nub. 311 und Schol. witz z. d. St. Arist. Av. 781f. Plat. leg. Ill 682 A 

Bind. 01. XIII 18. 18) Dioskuren V 7b. 9 a. Simmias Theb. frg. 2 B. Theokr. XVI 107. Anth 

19) Eileithyia, in Sparta Tempel neben dem Pal. VII 1. 22. 416—419. IX 513. Anth. Plan 

der Ch., Baus. Ill 14, 6. 20) Eirene, neben 283. 49) Nemesis V15d. 50) Nymphenlo. 

Euphrosyne genannt in dem Liedchen Mann- V 13 h. Nymphenheiligtum in Vari (V 5 b), Relief 

hardt a. 0. Herod, vit. Horn. = Suid. s."Ofirj@og. von Thasos (V 13 m), Altar in Olympia neben 
21) Enyalios 1 a. 22) Erinyen, mit den Ch. 30 dem der Ch., Baus. V 14, 10. Nymphen und Ch. 

angerufen in der Inschrift von EuboiaV 4. 23) Eros, finden sich auch auf dem capitolinischen Belief 

mit den Ch. zusammen in Elis dargestellt, Baus. des Epitynchanus, Mus. Capit. rV 54. 0. Jahn 

VI 24, 7. Gemeinschaftlicher Kult vielleicht in Arch. Beitr. Taf. IV 2, und der Typus des Ch.- 

Thespiai V 2 c. Sehr oft mit Aphrodite zusam- Beliefs wurde in Athen auf die Nymphenreliefs 

men. 24) Eumeniden V8c. 25) Eurynome ubertragen, Purtwangler a. 0. 198. Boscher 

II la. 2.6) Zum Unterschied von den Graien Lex. d. Myth. I 882, 51. 884, 42. Die Nymphen 

sollen die Ch. ojiXotsqcu genannt worden sein, flechten mit Aphrodite und den Ch. Kranze auf 

Eustath. II. 984, 23. II. XIV 267; vgl. IV 3. 17. dem Ida, Kypr. frg. 4K., und tanzen mit ihnen, 

27) Hades II 7b. 28) Harmonia II 1 d. IV 11. Hor. carm. I 4, 5f. IV 7, 5f. 51) Ban 1 s. V 13h. 
Ira Reigen mit Artemis und den Ch., Horn. h. Ap. 40 Gemeinsame Verehrung in Vari (V 5 b) und Bharai 

Byth.l6f.,dabeiauch:29)Hebelq.r.30)Hekate, (V 10a). Bind. frg. 95 Bergk nennt ihn Xa S hcov 

s. Artemis. 31) Helios 114. Heiligtum in der /j,elrn.ia xzqtivov. 52)Beitho Ik. o. p. s. 32. IV 18, 

N&he desjenigen der Ch. in Alt-Hermione und vgl. Pind. frg. 123 Bergk. 53) Bersephone 1 i; 

Elis, Paus. II 34, 10. VI 24, 6. 32) Hephaistos vgl.ld.IV4. 54)Plutoslc. Mannhardt a. 0. 

II 7a. Ch. und Peitho schmucken die von ihm 55) Poseidon If. g. 56) Pothos lm. Ch. mit 

gebildete Pandora, Hesiod. op. 73f. Vielleicht Pothos im Olymp, Eur. Bakch. 410. 57)Priapos, 

hing in Athen der Dienst der Ch. mit dem seinen Hymnus auf Priapos, CIL XIV 3565 d. 58) Roma, 

zusammen, Lolling a. 0. 33) Hera II lb. Priester des Demos, der Ch. und der Roma, CIA 

IV 17. V 2a. 7d. Die Ch. folgen der Herrin III 265. 59) Sophia 1 m. 60) Telesidro- 
und bewahren das Scepter, Koluth. rapt. Hel. 88f. 50mos le. 61) Thesmophoroi lc. 62) Tripto- 
173. K. 0. Miiller Orchom.2 173. 34) Hera- lemos le. 63) Tyche lh. 64) Uranos 112. 
kles If. 35) Hermes Ice. f.g.k. II6c. Hermes 65) Zeus 1 a. g. h. 1. 14. II 1. V 7e. 9a. 11a. 
ist der ffytfimv der Ch. Cornut. theol. 16 under- VII. Die Bedeutung der Ch. 1) Die Ch. 
scheint als solcher auf Reliefs von Athen (Bull. sind urspriinglich chthonische Gottheiten, Gettin- 
hell. XIII 1889 Taf. 14) und Thasos (V 13 m). nen der Unterwelt. Dies ergiebt sich mit aller 
Mit ihnen vereint ist er in den Propylaeen von Sicherheit a) aus ihrer Function als Spenderinnen 
Athen (V 5 a a), bei Megalopolis, sofern das Aa- des Erdsegens, iiberh'aupt des Gedeihens in jeder 
xxvXov fivijfta eine Darstellung des ithypallischen Form; b) aus ihrer Verbindung mit Gsttern der 
Hermes war, Paus. VIII 34, 3. Belger Wochen- Unterwelt: Chthoniai, Erinyen-Eumeniden (deren 
schrift f. kl. Ph. IX 1892, 387, und am Bathron 60 lichte Seite sie darstellen), Nemeseis; ferner Cha- 
des Zeusbildes in Olympia, Baus. V 11, 8. Hermes ron (?), Hades (?), Hephaistos. Fraglich ist, ob 
xaeidcbrtjs Horn. h. Merc. (XVIII) 12. Plut. qu. das Elternpaar Erebos-Nyx hieher zu ziehen sei, 
gr. 55. Anth. Pal. VI 144. Sen. de benef. I 3, 7. und die mir mundlich geausserte Vermutung, dass 
36) Hesychia 1 m. 37) Himeros V 2c. Mit Eteokles gleich Klymenos-Hades sei und somit 
den Ch. bei ^er Geburt der Aphrodite, Quint. Sm. ebenfalls in diesen Kreis gehOre, ist unsicher; 

V 71. 38) Horen 1 i. o. r. 17. V 7d. 9c. 11a. c) aus der Thatsache, dass ihnen Mysterien ge- 
15 e. Im Reigen mit den Ch., Horn. h. Ap. Pyth. feiert wurden; d) aus dem Opfer der Honigkuchen 
161 Sie weben mit den Ch. der Aphrodite Ge- in Orchomenos (Stengel Griech. Kultusaltert. 



2161 Charites Charites 2162 

70); aus der Anrufung der Ch. im Fluche (Euboia) XIV 1). Sie baden in der Akidalia (Serv. Aen. 

und der Verwendung ihres Bildes als Amulett, I 720; Aeidalius nodus, Mart. VI 13, 5) und in 

Jahn a. 0. 35. der Gargaphia (V 2d), sie geleiten die Aphrodite 

2) a. Als chthonische Gottheiten sind die Ch. zum Bade, Od. VIII 364. Horn. h. Ven. 61, und 

zunachst Geberinnen dessen, was der Erde selbst ,Bader der Ch.' gab es in Byzanz und Bom. 

entsprosst , die Schiitzerinnen der Pfianzenwelt, 3) Die Beziehungen der Ch. zum menschlichen 

die dem Menschen Freude und Nutzen schafft. Geschlecht sind die Folge der unter 2 a besproche- 

Darauf weisen die Namen Auxesia, Auxo, Karpo, nen Function, a) Nach dem Ephebeneide und 

Thalia, Thallo und die Verbindung der Ch. mit der Nachricht fiber die Gamelienopfer (VI 1 a. b) 
wesensahnlichen Gottheiten: Aphrodite, Apollon, 10 erweisen sich die Ch. als Kurotrophoi und Kalli- 

Artemis-Hekate, Athena, Demeter, Dionysos, Her- geneiai, auf Aigina sind Damia und Auxesia 

mes, Horen, Hyaden, Nymphen, Pan, Persephone. direct GeburtsgOttinnen, Usener a. 0. 131. Sie 

Das gleiche besagen uns die Attribute, mit wel- schmiicken das Antlitz und alle Teile des Korpers, 

chen die Ch. auf einer Beihe alter Kunstwerke Diod. V 73, 3; durch sie vollenden die Men- 

dargestellt sind: Bose, Astragal (oder Frucht?) schen alles, von ihnen erhalten sie Klugheit, Adel 

und Myrtenzweig auf dem Kultbilde in Elis, Paus. und glanzende Erscheinung, Pind. 01. XIV 5f. 

VI 24, 6; Blume, Frucht und Binde auf dem IV 8f. I 31f. Eur. Hipp. 1142f. v. Wilamowitz 

Belief von Thasos; eine Frucht (oder ein Ei?) auf z. d. St. Den Alexibiadas lassen die Ch. auflodern 

einem Belief von der Akropolis, Lech at Bull. in Kraft, Xdgtg noximaQzi. evx)Ja fioQcpdv und 
hell. XIII 1889 Taf. 14; Blume oder Frucht und 20 ,der Ch. Wagen' sind es, die den Sieger zum Ziele 

Kranz: Terracotte aus Athen (5. Jhdt.), in Berlin, fiihren, Pind. Pyth. V 45; 01. VI 76. Simonides 

Arch. Anz. 1895, 128; Zweige, Zweige mit Friich- frg. 148 B. Der Ch. und wackerer Vater teil- 

ten, reifer Apfel: Sosiasschale in Berlin, Bobert haftig zu sein, ist das hOchste Lob fur Jiinglinge, 

Comment. Momms. 149. Pompeianische Wand- Bergk Anth. lyr. carm. pop. 44. Von den Ch. 

gemalde zeigen uns in reich bewassertem Wald- hat die Jungfrau Kyrene ihre SchOnheit, Hesiod. 

thai die Gruppe der nackten Ch. mit weissen frg. 144 K. , eine andere Heroine den lieblichen 

Blumen, Kranzen nnd Apfel, Helbig856. 856b. Schimmer der Augen, Hesiod. frg. 135 K., und 

857. Mau Bom. Mitt. IV 1889, 30. Auf die mit den Ch. werden verglichen die Dienerinnen 

elementare Bedeutung der Ch. weist auch die Ver- der Nausikaa, Od. VI 18, das Haar des Euphor- 
wendung der Gruppe als Gewandschmuck auf einer 30 bos, II. XVII 51, Helena, Quint. Sm. VI 152, 

Gruppe von Statuen, Jahn a. 41f. Der schon Paris, Tzetz. Antehom. 125f.;vgl. ausserdem Nonn. 

«rwahnte Kameo (V 11 b) zeigt den einhersturmen- Dionys. IV 141. IGI 1858. 1915. 2307 (CIG 6259. 

den Dionysosstier, der auf dem gesenkten Haupte 6299. 6755). Die Krino haben die Ch. am Busen 

die Ch. tragt; dartiber steht das Siebengestirn gehegt, Alk. frg. 62 B., vgl. Lykophr. 2B. Ein 

der Pleiaden. Das deutet entweder auf den reichen besonderes Lob fur edle Frauen ist die Be- 

Segen zur Zeit der Ernte, da die Pleiaden auf- zeichnung ,die vierte der Ch.', zuerst von Kalli- 

gehen, oder auf den Untergang des Gestirns, den machos (epigr. 51) auf Berenike angewendet und 

Beginn der Aussaat und der befruchtenden Begen- nachher hauflg, Anth.. Pal. IX 515 (Krinagoras). 

zeit. Beim Einbringen der Garben zieht mit Plu- Anth. Plan. 283. Nonn. Dionys. V 202. XIII 
tos und Eirene Euphrosyne ins Haus des reich- 40 340. XL1I 222. 467. XXXIV 39. 162. CIG 4622. 

begiiterten Mannes (VI 20). Weit zahlreicher sind Ins gemeine gezogen ist dieser Gedanke durch 

aber die Beziehungen der Ch. zum Fruhling. Wie das Belief Arch. Ztg. 1875 , 65 (Aushangeschild 

ein Garten ist dann das Land zu schauen (Xaglxaiv ernes verrufenen Hauses). Sibylla als dritte zu 

x&nog, KtjTitviiaxa, im Bilde, Pind. 01. IX 27. Ari- den zwei Ch. , Dio Chrys. XXXVH 13. b) Als 

stoph. Av. 11 00), jidrxa Adftxei Xaghcov eagi, singt Schutzgottheiten der Jugend, zunachst der mann- 

Ariphron (VI 40) ; die Ch. lassen Bosen und Lilien lichen , sind die Ch. auch Schiitzerinnen des 

spriessen, Anakreont. 44 B. Anth. Pal. VII 219; Staates, des Demos. So finden wir sie in Athen, 

sie flechten Kranze auf dem quellreichen Ida, vereint mit Aphrodite fiysfidvt] xov drj/iiov und mit 

Kypr. frg. 4 K, und im Garten der Chloris-Flora, Demos selbst ; gleichbedeutend ist der Name der 
Ovid. fast. V 219f. Im Fruhling soil man sie mit 50 Damia; und Eteokles, der nur mit den Ch. zu- 

festlichem Liede preisen, Stesich. frg. 37 B. = Ari- sammen genannt wird, scheint nichts anderes zu 

stoph. Pax 797f. und Schol. Hor. carm. I 4, 5f. IV sein als ein Bepraesentant, eine Art Demos, der 

7, 5f. Pervig. Ven. 50. Anrede an Physis-Natura: uralten Minyer, deren Beschiitzerinnen die Ch. 

Xaghcov nolvcovvfie midd>, Orph. h. IX 13. Be- sind, Pind. 01. XIV (vgl. dagegen 1 b). c) Wie- 

sonders bezeichnend sind Ausdriicke wie Xaghwr der als Kurotrophoi und Kalligeneiai, dann speciell 

fteXedima, MXog, Ibykos frg. 5 B. Anth. Pal. VI nach ihrem Verhaltnis zu Hera und Aphrodite, 

292. Nonn. Dionys. XLI 250. Xaghcov sqvos, Trag. sind die Ch. Gettinnen der Liebe und des Ehe- 

Gr. frg. adesp. 90 N. XaQixcov {^Qs/xfta, Aristoph. bundes, ovt,vyiai XaQixsg = ecpoqoi rov ydjxov und 

Eccl. 974. Xaghcov av&og, Anth. Pal. VII 600, ,der yafi^Xwi, Eur. Hipp. 1147 und Schol. Nichts ist 
Spross , die Blume der Ch.', die kosende Anrede 60 der Aphrodite eigen, was nicht auch den Ch., Schol. 

an geliebte Menschen. b. Mit ihrer Thatigkeit Aristoph. Pax 41. Arrian. cyneg. 35,2. Den XdQirsg 

als Forderinnen der Pfianzenwelt hangt die mehr- a<pQo5iolmv igmroov (Pind. frg. 128 Bergk) steht die 

fach hervortretende Beziehung der Ch. zum Wasser frevelhafte Verbindung von Mann und Weib, Sivsv 

zusammen. Sie selbst heissen dcddooicu (Bergk XaQhmv, gegeniiber (Ixion-Nephele, Pind. Pyth. 

Anth. lyr. frg. adesp. 85), und ihre Mutter Eury- II 42f.). Die Kusse der Liebenden atmen die Ch., 

nome ist eine Tochter der Okeanos. Am Wasser Nonn. Dionys. IV 156, und nach dem Beilager 

liegt ihr Heiligtum in Lakonien (V 9 b) und in mit Ariadne verlasst Dionysos die Insel Naxos 

Orchomenos (Kayiolcov vSdtcov laxoTocu, Pind. 01. Xaghcov nlri&ovoa, Nonn. Dionys. XLVII 474. 



2163 Charites Charites 2164 

Die Ch. bei einem Hochzeitspaar auf dem Marinor- 23 ; coniug. praec. 28, so wird von den loyoi Xa- 

kraterHelbigSammlgn.RomsI577. EinePflanze, qixojv eines Redners gesprochen, IGS I 1886 

Ch.-Auge genannt, wurde als Liebesmittel ge- (Thespiai). Am meisten aber gilt dies von der 

braucht, Plin n. h. XIII 142 (Iuba). d) Abgeleitet Dichtkunst. Pindar fleht die Ch. an, er fordert 

aus den Vorstellungen 2 und 3 a, aber spat und sie zum Liede auf und eilt mit ihnen zum Feste, 

wenig bezeugt ist die Auffassung der Ch. als For- er bebaut ihren Garten, Pind. 01. IX 27; Pyth. 

derinnen der Gesundheit. So erklart Macrob. 1 17, IX If. 89; Nem. IX 54. XI; Isthm. Ill 8. IV 19; 

13 die Ch. auf der Hand des delischen Apollon. frg. 90 Bergk. Des Anakreon Lieder atmen die Ch., 

Vgl. ihre Verbindung mit Asklepios und Hygieia. Simonid. frg. 184 B. = Anth. Pal. VII 25; vgl. 
e) Ganz gewohnlich dagegen und in ihren An- 10 IX 238 (Krinagoras). Des Aristophanes Seele 

fangen weit zuriickreichend (v. Wilamowitz zu wahlten sich die Ch. als Temenos, Plat, epigr. 

Eur. Here. 674f.) ist die Vorstellung von den 29 B.; vgl. leg. Ill 682 A. Des Menander Iamben 

Ch. als Gsttinnen des Dankes, der Gefalligkeit, sind Xaphcov naibeg, Anth. Pal. II 364. IX 187; 

des Wohlthuns in alien Beziehungen. Dahin ge- ahnlich Homer XaQtrav aoxtjQ, Anth. Pal. VII 1 ; 

hSren denn auch die zahlreichen allegorischen Sophokles, Meleagros, Meviimeicu Xagirsg, MsXrj- 

Deutungen der Gruppe der nackten Ch., Arist. tnoi XaQixeg, Theokrit: Anth. Pal. VII 22. 416 

Eth. Nik. 1133 a. Diod. V 73, 3. Eustath. II. —420. Theokr. XVI 5f. 104f. Gewohnlich sind 

984, 23. Schol. II. XIV 267. Cornut. theol. hier neben den Ch. die Musen genannt. Sie stehen 

9. 15. Sen. de benef. I 3, 3f. Strab. IX 414. einander sehr nahe, ohne dass sie vOllig identi- 
Alles Anmutige ist ihr Werk, ist ihnen eigen. 20 ficiert wiirden, Hahne Progr. d. Herzogl. Neuen 

Auch Kunstwerke haben Charis, weshalb nach Gymn., Braunschweig 1896, 32f. Eichinger 

spaterer Deutung Charis von Homer die Gattin des Progr. Gymn. St. Stephan, Augsburgl892. Bru ch- 

Hephaistos genannt worden war, Eustath. II 1148, mann Epitheta deorum 1893 s. Xdgneg und den 

57. Schol. II. XVIII 382. Cornut. theol. 19. Strab. Einzelnamen. 

I 41. f) Als Gettinnen der Anmut und edler VIII. tlbersicht. Hauptsachlich in zwei 

Freude weilen die Ch. genie beim frohen Feste Bichtungen hat sich die Vorstellung von den Ch. 

(Pind. 01. XIV. Panyassis frg. 13 K. Hor. carm. Ill entwickelt: 1) Die Ch. des Kultus sind hohe, er- 

21,21. Plut. qu. conv. I 2. Schol. Aristoph. Ach. habene Gottinnen (ayladrifioi , ayvai , (Saaifoiai, 

989) und pflegen Tanz und Gesang. Wir werden fisyalmrvfioi, jtQoorjvstg , aefivai) , die Geberinnen 
nicht fehlgehen mit der Annabme, dass sich diese 30 alles Guten, die Schiitzerinnen allesEdlen, SchOnen 

Vorstellung hauptsachlich im Anschluss an die und Lieblichen. Fur sie ist die Dreizahl das 

Ch.-Feste , besonders dasjenige von Orchomenos, Feststehende (III 3). Infolge der Verbindung mit 

gebildet habe (IV 3. V 2 a). Und wenn die Ver- andern Gottheiten wurden die Ch. mehrfach in 

mutung fiber den Inhalt der Mysterien richtig den zweiten Bang, in untergeordnete Stellung 

ist, so besteht er in der Verheissung eines seligen gedrangt, vgl. die Ch. um Artemis-Hekate (IX 4) 

Lebens nach dem Tode, da der Glaubige den und auf der Hand des delischen Apollon. Den 

Hnlden selige Reigen tanzt, Aristoph. Ran. 324f. letzten Grad dieser Entwicklung bezeichnet die 

So ist der Reigen der Mysten ein Vorbild dessen, rein decorative Verwendung der Ch.-Gruppe auf 

was ihrer nach dem Tode wartet , und die Ch., alten Kunstwerken in Amyklai, Mykenai, Olympia, 
die in ewiger Seligkeit leben , sind die uniiber- 40 Smyrna. 2) Mitbestimmend hiefflr war diejenige 

trefflichen Meisterinnen der Kunst. Bei Eur. Auffassung der Ch., die sich zuerst bei Homer 

Phoen. 788 heissen sie x o e°^ 0l0 ^> un & xoomfos und dann in der Litteratur der ganzen Folgezeit 

'Oq%o(ievoTo Nonn. Dionys. XXXI 205. XXXIV 37. findet: eine Schar freundlicher , lieblicher, tan- 

XLI 227; sie tanzen mit Aphrodite, Apollon, Ar- delnder Madchen, deren gSttliches Wesen kaum 

temis, Horen, Moiren, Musen, Nymphen, Pan, und betont wird. Zumeist im Gefolge der Liebes- 

beim Reigen der Olympier dfirfen sie nicht fehlen, gattin nehmen sie an ihren Functionen teil und 

Pind. 01. XIV. Anakr. frg. 69 B. Mit ihrem gleichen sich ihr auch ausserlich an: der Gurtel 

Choros verherrlichen sie die Hochzeit des Peleus, lost sich , das Gewand fallt. In der hellenisti- 

Quint. Sm. IV 140 ; ax^ata Xdgctcov Xen. symp. schen Zeit vermischt sich beides. Die Dreizahl 
VII 5 ; fj Xaghcov oQirjoig Euphorion bei Poll. 50 ist nun das allein Geltende, und die nackten Ch. 

IV 9. Bei der reigenfrohen Stadt der Ch. wachst finden im Kult Aufnahme. 3) Trotz dieser Ver- 

das Rohr, das besser als jedes andere zum Feste fiachung der Vorstellungen , wie sie sich in Lit- 

klingt, Pind. Pyth. XII 26. g) Mit dem Tanze teratur und Kunst vollzog, blieb doch der Kult 

eng verbunden ist Gesang und Musik. Die Ch. der Ch. weitherum bestehen, und als die Ch.-Heilig- 

auf der Hand des delischen Apollon hielten Leier, turner brachen, erhoben sich da und dort (Orcho- 

Fl6te und Syrinx, Plut. de mus. 14; sie singen menos, Naxos) fiber den heidnischen Ruinen Kirchen 

mit Aphrodite auf dem Ida, Kypr. frg. 4 K., und zu Ehren der heiligen Jangfrau, denn die Gottes- 

bei der Hochzeit des Kadmos (V 2 e) und mischen mutter, die KOnigin der Engel und Menschen, ist 

sich in die jubelnde Siegesfeier zu Delphi, Pind. aller Ch. Mutter, Boissonade Anecd. Gr. Ill 70. 
Nem. VI 39; vgl. Eur. Here. 674f. Aristoph. Av. 60 IX. Die Ch. in der Kunst. 1) In immer 

781. Auf den Gesang der Ch. beziehen sich die Bei- griinender, ewig frischer Jngend leben die Ch., 

namen aoi&ifxoi, flaolluai, igaoC/.ioX7tog , <pih)aC- unnachahmlich in Jugendkraft, anmutig, lieb- 

fiohtog^ Pind. 01. XIV, xeladewal, Pind. Pyth. reizend und frohen Sums. Im schon geflochtenen 

IX 89, ifisQd(f>covoi, Theokr. XXVHI 7. h) ,Langer blonden Haar prangt die glanzende Kopfbinde 

lebt als Werke das Wort, das nach der Ch. Fugung und der Veilchenkranz, die Wangen leuchten wie 

die Zunge enthebt des Herzens Tiefe', Pind. Nem. Milch und Blut, das Antlitz gleicht der sich er- 

IV 6f. So rat Platon dem Xenokrates den Ch. schliessenden Rosenknospe, und rosig sind auch 

zu opfern, Diog. Laert. IV 6. Plut. Mar. 2; amat. die Anne. Die blauen Augen blicken mild und 



2165 Charites Charites 2166 

freundlich auf die Menschen , und ein tiefgegiir- Reihe unter sich genau iibereinstimmender Reliefs, 

tetes Gewand, wie es kOniglichen Gestalten ziemt, meist von der athenischen Burg. Die erste der 

umschliesst den keuschen Leib, Bruchmann a. 0. Ch. wird in Dreiviertelprofil, die mittlere en face. 

Die Kunst hat dieses liebliche Bild nicht wieder- die dritte im Profil gesehen; das hastige Aus- 

zugeben verstanden. In alterer Zeit ist es die schreiten vcn a ist hier zum ruhigen Gange ge- 

Befangenheit in archaischen Formen einer- und massigt. So ergiebt sich eine wiirdige, massvoll 

das Bestreben der Kiinstler, die Ch. als hehre bewegte Gruppe mit bedeutsam hervortretender 

Gottinnen zu charakterisieren , andrerseits, was Mittelfigur. Ein Abschlass links und rechts ist 

ihre Gestalten steif und den Ausdruck herb er- dadurch erreicht, dass die beiden ausseren Figuren 
scheinen lasst; die Nacktheit der Ch. in der spatern 10 mit der freien Hand das Gewand fassen. Letzteres, 

Kunst widerspricht durchaus ihrem eigentlichen sowie die Haartracht, sind gegeniiber a und b 

Wesen. einfacher, madchenhafter gestaltet und in ihrer 

2) Bedeutende Kiinstler haben schon friih Anordnung auf die Gesamtwirkung der Gruppe 
den Dreiverein der Ch. dargestellt, so Bathykles berechnet. Der Stil weist diese Reliefs etwa in 
in Amyklai, Bupalos in Pergamon, Endoios in die Mitte des 5. Jhdts., womit die Tradition, dass 
Erythrai (V 9 c. 15 c. e). Dahin gehoren auch die der jugendliche Sokrates den Typus geschaffen 
alten Bilder im Heraion und die Goldelfenbein- habe, wohl ubereinstimmt. Vielleicht lasst sich 
statuen in Elis (V 7c. lib. VII 2a). Zum Teil dafiir auch sein Schwur rij ras Xagirag anfiihren. 
die gleichen Kiinstler haben die Ch.-Gruppe auch Gegen die Tradition lasst sich meines Erachtens 
rein decorativ verwendet, so Bathykles und Bupalos 20 kein zwingender Grand, auch nicht der Beamten- 
in Amyklai und Smyrna (V9c. 15d), Polyklet name Sokrates auf den Miinzen, geltend machen, 
und Pheidias im Heraion und in Olympia (V 7c. V 5a. Benndorf Arch. Ztg. XXVII 1869, 55f. 
11a), vgl. die Statuen des Apollon mit den Ch. Furtwangler a. 0. Petersen Arch.-epigr. 
in Delos und Delphoi (V 3 a. 13 b). Alle diese Dar- Mitt. V 1881 , 26f. B a u m e i s t e r Denkmaler I 
stellungen waren wohl unter sich ziemlich iiber- 203f. (Milchhtsfer). 374f. (Bm.). Helbig Samm- 
einstimmend. Gegen die Annahme einer eng ver- lungen Roms I 84. 

bundenen Gruppe spricht die Verwendung der Ch. 5) Ein ganz anderes Schema , dessen Ent- 

als Tragerinnen am amyklaeischen Thron und stehungsort wir nicht "kennen , ist das der drei 

sprechen die Attribute der elischen und delischen um einen Pfeiler oder urn eine Saule tanzenden 
Ch. Hochst wahrscheinlich waren es nur drei 30 Ch. Ein solches Bild stand in einem Tempel in 

einzelne, unvermittelt neben oder hinter einander Kyzikos (V 15b); ein anderes mit der Inschrift 

stehende Piguren. mis X6.Qi.aiv Aeovnos bei Montfaucon I 109 

3) So zeigt sie uns auch das Relief yon Thasos =Clarac 632 E, 1427 B. CIG 5971. Die 
(V 13 m), wo Nymphen und Ch. inschriftlich be- Anfange dieses Typus liegen in der Darstellung 
zeugt, aber nicht von einander unterschieden eine Anzahl archaischer Reliefs, welche die Ch. 
sind. In zierlicher Gewandung stehen die Mad- um den Altar des Apollon tanzend zeigen, Ste- 
chen steif hinter einander, eine gewisse Abwechs- phani Ausruhender Herakles 250. Eine ganz 
lung ist durch die Verschiedenheit des Gewandes besondere Ausbildung hat aber das Schema in 
und der Haartracht erzielt. Athen gewonnen, wo die Ch., durch Nachbar- 

4) a. Den ersten Schritt, die drei Figuren zu 40 schaft und Kultgemeinschaft enge mit Artemis- 
einer Einheit zusammenzuschliessen, zeigt uns ein Hekate verbunden , ihr angeglichen wurden. So 
Votivrelief von der Akropolis, dessen Stil auf das werden sie dargestellt , entweder die Herrin um- 
Ende des 6. Jhdts. weist, Lech at Bull. hell. tanzend und ihre Attribute haltend, oder mit diesen 
XIII 1889, 467f. Taf XIV. Voran schreitet Her- Attributen bios um einen Pfeiler geordnet. Dar- 
mes, der, wie es scheint, die FlOte blast; ihm aus hat sich wohl der Typus der dreigestaltigen 
folgen die drei Ch., nach links schreitend (wie in Hekate entwickelt. Die drei Madchen mit dem 
alien diesen Darstellungen), das Antlitz dem Be- Polos finden sich auch neben Athena, VI 11. 
schauer zugewandt. Den Zug schliesst eine kleine Petersen a. 0. Benndorf ROm. Mitt. I 1886, 
nackte, mannliche Gestalt, in der wir trotz der 115. 

knabenhaften Bildung den Weihenden erkennen 50 6)WahrenddiebesprochenenTypenausschliess- 

werden. Die Ch. tragen ein vorn gefaltetes Ge- lich im Kultbilde und Weihgeschenk vertreten 

wand, den Kopf schmuckt das hohe Diadem, bei waren, hat die Malerei einen andern Weg einge- 

zweien fallen die Haare iiber den Nacken herab. schlagen. Abgesehen von der Francoisvase, wo 

Ihre Zusammengehorigkeit ist in steifer, schema- sie den Wagen des Apollon und der Artemis be- 

tischer Weise dadurch zum Ausdruck gebracht, gleiten, finden wir die Ch., sofern sie sich uber- 

dass sie sich bei der Hand halten. Der Typus des haupt mit einiger Wahrscheinlichkeit unter der 

Hermes ist viel reifer als der der Ch., doch wird grossen Zahl langbekleideter Madchen erkennen 

letzterer kaum erst fur diese Composition erfun- lassen, durchweg als Dienerinnen und Gefahrtin- 

den sein. b. Eine folgende Stufe bezeichnet das nen der Aphrodite, also in untergeordneter Stel- 
archaische Relief aus dem Peiraieus, Furtwang- 60 lung, IV 2. 8. VI Is. Heydemann Vasensamm- 

ler Athen. Mitt. Ill 189. Hier sehen wir die lung Neapel SA. 321. 699. Arch. Ztg. XXX Taf. 

Ch. allein. Wieder halten sie sich bei der Hand, 69. XXXI 20 u. a. Hieraus ist dann die Dar- 

wieder ziert sie das Diadem , unter dem reiche stellung der Ch. mit gelOstem Giirtel und durch- 

Locken hervorquellen , aber der Schritt ist ge- sichtigem Gewande hervorgegangen , auf die Se- 

massigt, das Gewand reicher. Nachgeahmt ist neca (de benef. I 3, 2, nach Chrysipp) und Horaz 

der Typus auf dem archaistischen Borghesischen (carm. I 30, 5) hinweisen. Wahrscheinlich gehort 

ZwOlfgotteraltar, Friederichs-Wolters 422. in diesen Kreis das von Plinius (n. h. XXXV 141) 

c. Die dritte und letzte Stufe bezeichnet eine erwahnte Bild des Nearchos, Venus inmitten von 



2167 Charitesia Chariton 2168 

Gratien und Oupidines, und vermutlich auch die Anon. Laur. 103= Schoell-Studemund Anecd. 

Gemalde des Apelles und Pythagoras von Paros gr. II 267. [Jessen.] 

(V15c. d). Nur eine weitere Stufe in dieser Ent- 2) Sohn des Iatrokl.es, Athener (Mslnevg). 

wicklung ist die vOllige Nacktheit der Ch., die 'Yjioxoo^ijrijs ums J. 124 n. Chr., CIA III 1104. 

schon im 3. Jhdt. durch Kallimachos (Xagnss [Kirchner.] 

aarakssg, frg. 266 Schn.) und Euphorion (XaQiteg 3) Chariton aus dem karischen Aphrodisias 

a<paQses, frg. 66 Mein.) bezeugt ist. (auf dieses Aphrodisias scheint ausser dem von 

6) Die Stelle des Kallimachos deutet offenbar E. Rohde Rh. Mus. XLVIII 139f. Angefiihrten 
auf den bekannten statuarischen Typus der drei auch die Beschreibung des Weges von Innerkarien 
nackten Ch. hin , der demnach, wie sich auch 10 nach Milet mit Priene als Zwischenstation IV 5, 
sonst ergiebt, eine SchOpfung aus dem Anfange 2 zu weisen, wobei die Gegend von Aphrodisias 
der hellenistischen Epoche ist. Er scheint her- als Ausgangspunkt gedacht sein diirfte), Schreiber 
vorgegangen zu sein aus dem Typus 4. Denkt (vnoyQacpevg) des Rechtsanwalts (qijtcoq) Athena- 
man sich dort die Mittelsaule weg, so erhalt man goras wahrscheinlich eben in Aphrodisias (I 1. 
bei der giinstigsten Betrachtungsweise zwei der Rohde a. a. 0. 140), Verfasser des Romans ra 
Figuren in halbem Profll, die dritte in Ruck- msqI XaiQeay xal KattiQgdtjv in acht Bilchern 
ansicht und wenn sie auf eine Linie geriickt wer- (diese Bucht;eilung ist von Ch. selbst gemacht, 
den , so ergeben sich von selbst die Grundziige s. "VTII 1, 4 und die Recapitulation in der Mitte 
des neuen Typus. Die Nacktheit der Ch. weist V 1, 1 — 2). Wann Ch. geschrieben hat , lasst 
auf den Einfiuss der Malerei hin. Die zwei Ch. 20 sich nur aus Charakter und Stil seines Romans 
rechts und links halten mit der aussern Hand ungefahr bestimmen. Zu der Annahme (Rohde 
das Attribut (VII 2 a) und legen den innern Arm Griech. Rom. 492), Ch. sei Christ gewesen, giebt 
auf die Schulter der mittleren, welche ihrerseits, der Roman keinen Anlass. Daran ist aber nicht 
im Profll nach rechts gesehen, in der Rechten das zu zweifeln, dass er eine Reihe von Exemplaren 
Attribut halt, die Linke auf die Schulter der des pathetischen Romantypus voraussetzt und 
Schwester legt. Ist das Streben nach sinnlichem diesen gegeniiber etwas Neues bieten will: neu 
Reiz unverkennbar, steht auch diese Darstellung ist z. B., dass er seine Erzahlung mit der Hoch- 
der alten Vorstellung von den Ch. recht fern, so zeit des liebenden Paares ieginnt und dieses erst, 
ist doch kaum daran zu zweifeln, dass der Typus nachdem sich Chaireas durch die friiheren Freier 
auch im Cultbilde Verwendung gefunden hat, so 30 der Kallirrhoe hat in rasende Eifersucht versetzen 
in Orchomenos und Koroneia (V 2 a. b) , vgl. die und zu roher Misshandlung seiner Frau hinreissen 
Miinzen. Daneben kommt er in einer grossen lassen, den Launen von Aphrodite, Eros und Tyche 
Zahl von Kunstwerken aller Art, Reliefs, Gem- iiberantwortet; neu ist auch der vollig schlichte 
men, Lampen, Glasmalereien, vor, Jahn Eu- und episodenlose Verlauf der Handlung. Im iibri- 
ropa 34f. Pompeianische Wandgemalde VII 2 a. gen erfolgt die Trennung der beiden Liebenden 
Die Terracotte von Kreta (V 13 c) zeigt die drei wie gewohnlich durch Rauber. Dann wird das Inte- 
nackten Ch. en face. Noch nicht erklart ist das resse in sehr ausserlicher Weise gesteigert mit dem 
Relief Museo Borbonico V 39 (vgl. Richards Rang der Bewerber, welchen gegeniiber Kallir- 
Journ. of Hell. Stud. XI 1890, 284), wo im fest- rhoe' in der Trennung von ihrem Geliebten ihre 
lichen Reigen neben Euphrosyne, Aglaie, Thalie 40 Treue zu bewahren hat : zuerst heiratet sie not- 
auch noch Ismene, Kykais, Eranno und eine kleine gedrungen den angesehensten Mann von Milet, 
weibliche Figur Telonnesos vorkommen. Dionysios, dann wird sie Gegenstand der Liebe 

Ausser der schon citierten Litteratur sind be- des karischen Satrapen Mithridates , endlich der 

nutzt: Furtwangler Art. Chariten in Roschers Liebe des PerserkOnigs. von dessen Werbung sie 

Lex. d. Myth. I 879f. Preller-Robert Griech. im Augenblick grosster Bedrangnis durch den als 

Mythologies I 481 — 484. [Escher.] Deus ex machina dienenden Abfall Agyptens be- 

Charitesia (XaQitrjaia), ein den im boiotischen freit wird ; der Konig muss ins Feld Ziehen, wo 

Orchomenos von alters her verehrten Chariten ge- ihm dann der zu den Agyptern iibergegangene 

feiertes Fest mit musischen Wettkampfen , die Chaireas den Sieg und die Geliebte zugleich ab- 
noch in spaterer Zeit viel besucht waren ; Sieger- 50 gewinnt (Inhaltsiibersicht bei Rohde Griech. Rom. 

listen aus dem Anfang des 1. Jhdts. v. Chr. IGS 486ff.). Man bemerkt in dieser geradlinigen Fuh- 

I 3195 — 3197. CIA III 115. Vgl. Usener rung der Handlung (die unbedeutende Spannung 

Getternamen 132. [Kern.] Ill 2, 17 ist zugleich structive Notwendigkeit) 

Charitimides, Athener, Befehlshaber der 40 einen gewissen tXberdruss gegen die sonst in 

attischen Schiffe, welche im J. 459 dem Inaros Romanen iiblichen tollen Verwicklungen , eine 

nach Agypten zu Hiilfe gesandt werden , Ktes. Stimmung, welehe der Verfasser nicht nur selbst 

Pers. 32, vgl. Busolt Gr. Gesch. Ill 1, 306. hat, sondern auch bei seinen Lesern voraussetzt 

[Kirchner.] (VIII 1, 4. 7, 4). Diese Beobachtung darf aber 

Charito, Gattin des Kaisers Iovianus (Zonar. nicht Anlass werden , den Ch. an das Ende der 
XIII 14 p. 29 C), Tochter des Lucillianus (Amm. 60 Entwicklung des antiken Romans zu versetzen. 

XXV 8, 9), Mutter des Varronianus (Amm. XXV Ahnlichkeiten zwischen Ch. und einigen der ande- 

10,11). Sie zog ihrem Manne nach dessen Thron- ren Romanschrii'tsteller (Rohde Griech. Roman 

besteigung entgegen, traf ihn aber nicht mehr 489; einige Parallelen zwischen Ch. und Heliodor 

lebend an (Zonar. a. 0. p. 29 A). Im J. 379 suramelt KmraravrTvos A. Kdxaos Xagirmv 'A<pgo- 

lebte sie noch, aber in steter Furcht fur sich und Sioievg /m^tjrijs Ssro<poi>vTos xal 'HXio&mQov, Er- 

ihren Sohn (Joh. Chrysost. ad vid. iun. 4 = Migne langen 1890, 22ff.; mehrfache Entlehnungen 

Gr. 48, 605). [Seeck.] aus Ch. bei Chorikios) sind vorhanden , geben 

Chariton (Xaghmv). 1) Epiklesis des Zeus, aber keine Sicherheit dariiber, wer Original, wer 



2169 Chariton Chariton 2170 

Naehahmer ist. Pur die Datierung des Romans mass in Tropen und Figuren (nur fiinfmal, IV 1, 

ist folgendes von Bedeutung: Ch. giebt seinem 11. V 4, 4. 8, 2. VIII 1 , 14. 4,1 wild die 

Eoman einen wenn auch fliichtig gezeichneten schlichte Erzahlung durch rhetorische Fragen 

geschichtlichen Hintergrund ; er lasst ihn spielen unterbrochen ; sonst verlauft sie in kurzen, viel- 

nach der Besiegung der Athener im sicilischen fach asyndetischen oder mit den einfachsten Par- 

Krieg (II 6, 3. Ill 4, 17. 5, 3) bei Lebzeiten des tikeln verbundenen Satzen; die sparliche Meta- 

Hermokrates, dessen Tochter Kallirrhoe ist, dessen phorik ist vorwiegend mit Bildern aus dem Kriegs- 

Gegner aber nicht, wie bei Thukydides, Athena- leben gespeist); sehr angelegen ist ihm die Uber- 

goras, sondern Ariston (I 1, 3) heisst, also zwischen sichtlichkeit (s. die Recapitulationen V 1. VIII 
413 und 408 (Diod. XIII 75); dazu stimmt frei- 10 1 und besonders VIII 7, 5ff.). Andererseits ver- 

lich nicht , dass gleichzeitig Artaxerxes II. (seit raten aber den Zusammenhang mit der Sophistik 

404; s. iibrigens A. v. Gutschmid Kl. Schrift. die eingelegten Gerichts- und Ratsversammlungen 

V 284) Konig ist, unter welchen wiederum der mit Reden (I 2. 5, 4ff. 10. Ill 4, 4ff. V 6, Iff. 

Ausbruch des agyptischen Aufstandes mit Un- VII 3, 2. VIII 2, 10), die eingelegten Briefe und 

recht gesetzt zu werden scheint (Rohde Griech. Monologe (Rohde Griech. Rom. 494, 1. 2), unter 

Rom. 491, 2). Auch die Annahme, dass Milet welchen von exemplarischer Frostigkeit der II 11 

damal3 unter persischer Oberheirschaft stand (III ist. Zieht man diese Merkmale sprachlicher und 

7, 2. IV 6, 4. 8. V 6, Iff) , ist ungeschichtlich. stilistischer Art, von welchen keines in der sprach- 

Nun macht aber der von U. Wilcken gefundene lichen Untersuchung des Romans durch A. Gasda 
Ninosroman (Herm. XXVIII 167ff.), welcher nicht 20 (Quaestiones Charitoneae, Ols 1860) erkannt ist, 

nach Beginn des 1. Jhdts. n. Chr. entstanden sein in Betracht, so wird wahrscheinlich , dass Ch. 

kann und bereits die auch von Ch. beniitzte nicht in das 4. oder 5. Jhdt. n. Chr., sondern in 

Romanphraseologie aufweist (Wilcken Herm. das 2., spatestens den Anfang des 3. zu setzen 

XXVIII 180ff.), wahrscheinlich, dass Aufbau auf sei. Dazu passt, dass das (saec. Ill p. Chr. ein- 

geschichtlicher Grundlage im allgemeinen ein gegangene) Ephebeninstitut (I 6, 5. VIII 6, 11) 

Charakterzug der alteren Epoche griechischer Ro- und die (393 zum letztenmal gehaltene) Feier der 

manschriftstellerei ist, wahrend die spateren Ro- olympischen Spiele(VI 2, 1) als noch bestehend vor- 

mane sich von geschichtlichen Voraussetzungen ausgesetzt werden; das ,Umgehen' (Rohde Griech. 

frei machen. Spricht diese Beobachtung dagegen, Rom. 492) einer olympischen G6ttin (der Aphro- 
den Roman allzu spat anzusetzen, so gestatten 30 dite) braucht nicht als christliche Vorstellung ge- 

einige technischen und sprachlichen Indicien eine deutet zu werden ; ein solcher Gedanke konnte, 

genauere Feststellung der Abfassungszeit : Ch. wie Philostratos Hero'ikos zeigt, auch dem Heiden- 

legt nicht nur in Reden handelnder Personen (II turn saec. II/III nicht allzuferne liegen, und fur 

3, 7. IV 1, 3. 5. 4, 5. V 10, 9. VI 4, 6. VII 2, 4. Ch. empfahl er sich aus structiven Grunden als 

3, 5) Homerverse ein, sondern er beniitzt solche Motiv. Es ist darnach moglich, dass unser Ch. 

(einmal IV 7, 7 auch einen sprichwOrtlich ge- derselbe ist, an welchen sich der geringschatzige 

wordenen Komikervers) auch als Glieder seiner Brief des zweiten Philostratos (ep. 66) wendet; 

eigenen Erzahlung (I 1, 14 = IV 5, 9. I 4, 6. die Geringschatzung wiirde sich aus Ch.s ab- 

II 9, 6. Ill 4, 4. 5, 6. 6, 3. IV 7, 5. V 2, 4. 4, lehnendem Verhalten gegen die Kunstmittel der 
6. 5, 9. VI 1, 8. 2, 4. VII 1, 11. 4, 3. 6. VIII 40 atticistischen ayehia erklaren. In Ch.s Sprache 

1, 17. 5, 2), bedient sich also der Form der me- macht sich besonders die Nachahmung des Thuky- 

nippischen Satire, welche auf griechischem Boden, dides (Cobet Mnemos. VIII 251), Xenophon (ebd. 

soviel wir sehen, erst durch Lucian c. 160 wieder 232. 234. Kexxog a. a. 0. 22ff.) und Herodot 

eingebiirgert, von den spateren griechischen Roman- (Cobet a. a. 0. 235ff.) bemerklich. Erhalten ist 

schreibern aber nirgends mehr (vielleicht noch in der Roman nur in einer schlecht geschriebenen 

dem griechischen Original desApollonius rexTyri?) Florentiner Miscellanhandschrift (besclirieben von 

angewendet worden ist. Die von Nikostratos, Cocchi in D'Orvilles Ausg. 2 praef. VI) saec. 

Aelianus und Philostratos geschaffene atticistische XIII , aus welcher der Text zuerst von A. M. 

a<psXeia dagegen kennt Ch. nicht, er vermeidet Salvini, dann von dem Florentiner Professor 
noch sorgfaltig den Hiatus (R. Hercher Jahrb. 50 Antonio Cocchi 1727 — 28 abgeschrieben wurde ; 

f. Philol. LXXVII 165; vgl. W. Schmid Atti- Cocchi iiberliess seine (sehr unzuverlassige : Co- 

cism. Ill 291f.), gebraucht den Dual hdchst selten bet Collectanea critica 129ff.) Abschrift an den 

(nur dvoTv daxegov p. 43,3. 58, 27.96, 23 Her- durchP.Burmann auf Ch. hingewiesenen Amster- 

cher; dvoTv p. 119, 31; afiyoTv p. 77, 7. 103, 27), damer Professor Jak. Phil. D'Orville, welcher 

ebenso wie Xenophon Ephesius, der nur eine Dual- den Roman 1750 (Amstelod. 3 voll.) zuerst heraus- 

form (dvoTv III 8, 5) hat, wahrend z. B. Heliodor gab mit einem ubermassig weitlaufigen, aber be- 

deren eine Menge aufweist; ferner gebraucht Ch. sonders durch sprachliche Beobachtungen niitz- 

nie den Nominativus absolutus (welcher, von sorg- lichen Commentar; einen Abdruck dieser Ausgabe 

faltigeren Schriftstellern saec. I. — II. p. Chr. ver- nebst lateinischer Ubersetzung von J. J. Reiske, 
mieden, erst im 2. Jhdt. als attische Eleganz in 60 eigenen Textverbesserungen und solchen von Pier- 

Anspruch genommen und haufig gebraucht wurde); son und Abresch besorgte Chr. D. Beck (Leipzig 

nie das Futurum III, sehr sparsam den Optativ 1783). Eine neue ergebnisreiche Collation des 

(die Finalpartikeln [immer tva ausser p. 58, 14. Florentinus verdankt man Cobet; sie ist von 

73, 1] haben auch im Zusammenhang von Ver- Hirschig fiir die Herausgabe des Ch. in den 

gangenheitstempora stets den Coniunctiv; ebenso Scriptores erotici (Paris 1856) beniitzt worden. 

bei Xenoph. Ephes. ausser V 4, 2) und ist nament- Die beste Ausgabe lieferte R. Hercher (Erotici 

lich weit entfernt von dem bei alien sophistischen scriptores Graeci Bd. II, Leipzig 1859). Wich- 

acpsXeXs seit Ende des 2. Jhdts. allgemeinen Uber- tigere Beitrage zur Kritik: Cobet Mnemos. VIII 



2171 Chariupolis Charmadas 2172 

229ff.; Var. lect. 167. 169ff. Gasda Quaestiones den angefiihrten Komoedienstellen herausgespon- 

€haritoneae 22ff. R. Hercher Herm. I 72ff.; nen sind. Eine Sonderstellung nahm Aristo- 

Jahrb. f. Philol. LXXVII 154ff. Hertlein Herm. phanes von Byzanz ein (Etym. a. 0.), der die 

IX 363. J. Hilberg Philol. XXXIII 693ff. S. sprichwOrtliche Bedeutung der Formel ola xam 

Naber Mnemos. N. S. VI 190ff. Zangoiannis Xa^evr/g erkannt zu haben scheint (Welcker 

Eixoamevxasxrjglg xfjg xadqyeot'as K. E. Kovxov Kl. Schr. I 322, 17. Crusius Philol. a. 0.). 

1893, 347ff. Headlam Jonrn. of philol. XXIII Ch. ist also einer jener redenden Namen, wie .sie 

361. Im ganzen s. E. Eohde Griech. Rom. 485 im antiken Spruchwitz so gem verwandt werden 

— 498. [W. Schmid.] (vgl. Kallippides, Emblo,Opisambo, Dikabos u. a., 

4) Chariton 6 dxXaywyos, ein Wanderarzt, der 10 Crusius Anal, ad paroem. 55, 1); er gehort zu 
Ton Markt zu Markt zog und seine Mittel, unter xaQi£eoftai gratis aliquid faeere. Antike und 
anderm eines gegen Scorpionsspinnen (<paXdyyia), moderne Legenden- und Marchenpoesie kennt das 
feilbot (Galen. XIV 180). Da das Mittel aus der gastfreie , arme Weib , das dem vorsprechenden 
pharmakologischen Schrift des Asklepiades 6 <£<xp- Fremden von ihrer Armut mitteilt (Crusius 
ftayJcov stammt (80 n. Chr.), so gehSrt er spatestens Verh. Philologenversammlung Gorlitz 43) ; an 
der Mitte des 1. Jhdts. n. Chr. an. Ein Marcus eine derartige Scene mag auch diese Formel ur- 
Iulius Charito kommt auf einem Augenarztstempel sprunglich erinnert haben. Klar ist jedesfalls, 
•des 3. Jhdts. aus Dijon vor; vgl. Grotefend dass xcutl Xagt§evt]g spater soviel bedeutet, wie 
Die Stenipel der rem. Augenarzte, Hannover 1867, ,billig' oder ,gering', ,gewohnlich'. In der Lit- 
nr. 41 S. 63. Deneffe Les oculistes Gallo-Ro- 20 teraturgeschichte hat Ch. nichts zu suchen. 
mains au III e siecle 65. [M. Wellmann.] [Crusius.] 

5) Eingeritzte Inschrift auf dem Puss einer Charixenes, Arzt, besonders als Pharmakolog 
nnteritalischen Vase bei Mi Hinge n Vases de beriihmt, lebte nach Antonius Musa (Gal. XIII 108, 
Coghill pi. XI, die fruher falschlich fur die Ktinst- vermutlich auch nach Celsus und Scribonius Largus) 
lersignatnr gehalten wurde; s. Brunn Kiinstl.- und vor Asklepiades 6 0agftaxlwv, dem Galen 
Gesch. II 666. Entweder bezeichnet die Inschrift die Reibe von Mitteln verdankt, die er uns er- 
den Besitzer oder Xagixwv ist Genetiv und das halten hat (XII 635 Mittel gegen Eitergeschwiire. 
Gefass als ein Votivgeschenk an die Chariten be- 638 Mittel gegen stinkende Geschwure. 685 Mittel 
zeichnet. [C. Robert.] gegen Polypen nach dem chirurgischen Eingriff. 

Chariupolis (»? XaQiovaoXig), in den Notitiae 30 XIII 48 ein Arteriak. 49 Mittel gegen Entzun- 

■episcopatuum seit dem 8. Jhdt. Sitz eines Bi- dung der Luftrohre. 82 Mittel gegen Blutaus- 

schofs, der dem Metropoliten von Herakleia, Thra- wurf. 85 Pillen gegen Bluthusten. 108. Mittel 

kien und Makedonien untergeordnet war. Jetzt gegen Atemnot. 102. Mittel gegen Peripneu- 

Hairebolii (Trebol, Erebol) am Podscha Dagh und monie, Phthisis u. s. w.), also um die Mitte des 

am Irebol-Fliisschen , das nordlich sich in den 1. Jhdts. n. Chr., d. h. in jener Zeit, fur welche 

Erbene-Tschai, einen linken Nebenfluss des Hebros die Bearbeitung der Arzneimittellehre charakte- 

(Maritza), ergiesst. Sie lag an einer Verbindungs- ristisch ist. [M. Wellmann.] 

strasse vom Hellespont zu den Donaumiindungen Charixenos. 1) ZxQaxriydg AlxmXdbv urns 

und hat dem Namen zufolge schon vor dem J. 277/6, CIA II 323 = Dittenberger Syll. 149. 
8. Jhdt. bestanden. Kiepert Pormae orb. ant. 40 Bull. hell. V 300 (delphische Inschrift) = Dit- 

XVII; Text S. 2, 23. [Biirchner.] tenberger Syll. 150. Wohl jiinger ist der Aito- 

Charixene [XaQtg'forj), angeblich eine griechi- ler Ch. , der nach Polyb. IV 34, 9 einen ver- 

sche Dichterin (Pabricius Bibl. Gr. II p. 116 heerenden Zug nach Lakedaimon unternimmt; die- 

und daraus Baehr in der 1. Aufl.). Zeugnisse: ser Zug wird von Droysen Hellenism. Ill 1, 429 

1) Aristoph. Eccles. 943 ov yag ram Xagi§er>]g ins J. 242 gesetzt. 

rdd' eaxiv, offenbar eine sprichwOrtliche Redens- 2) "Agymv iv 'A/upiooa Wescher-Poucart 

art; der Scholiast notiert in seiner Verlegenheit Inscr. de Delphes 224 zur Zeit des delphischen 

svri&r)g xai pcoQa. fj XaQi^evtj, aber der Sinn der Archon Emmenidas, Sohn desKallias (IV. Priester- 

Stelle muss sein turn gratuita haee tibi enmt zeit 170 — 157 v. Chr.); vgl. Pomtow Jahrb. f. 
(s. Crusius Philol. XL VII [N. F. I] 37). 2) Kra- 50 Philol. 1889, 516. 

tin. Odyss. frg. 146, I p. 59 K. (Etym. M. p. 367) 3) "Aqxojv iv Apcpiooq. Bull. hell. V 428 nr. 41. 

sagt von sich in einer Parabase, dass er ge- Curtius Anecdota Delphica 3 im Jahre des del- 

sungen habe iSi 1 axva xovxez oviF ola ram Xagi- phischen Archon Kleodamos (VIII. Priesterzeit um 

|«^ff (vgl. Philol. a. O.). 3) Theopomp. Siren. 130 v. Chr.); vgl. Pomtow Jahrb. f. Philol. 1889, 

frg. 50 I p. 747 K. (Etym. a. 0.) avlsi yao awnQa 517. 546. 575. 

avrrj ys xgovfia®' oia rani XaQi&vtjg. Im Anschluss 4) Archon in Delphi. Inschrift Ostmauer XVII 

an diese beiden Stellen erklarten die tonangebenden bei Pomtow Beitrage zur Topographie von Delphi 

spatern Interpreten (wohl auch Didymos) Ch. fur (1889) Taf. IV fig. 6. Zeit Mitte des 3. Jhdts. 

eine avXijtQig agxaia xai xoitftQia xQovfiaxwv v. Chr. [Kirchner.] 
(= 3) oder ^slonowg (= 2). Bei Hesych. s. ml Xa- 60 Charmadas. 1) Neuakademiker, Schuler des 

.Qi&vtjg (aus ahnlicher lexikographischer Quelle der Karneades. Bei Sextus hypotyp. I 220 lautet der 

Interpolator des Paroemiographen s. v. und wohl Name Xapfiidag, bei Euseb. praep. ev. XIV 4, 15 

auch Eustath. II. II 711 p. 326, 45) werden die Xaefitd^g, in den lateinischen Quellen durchweg 

verschiedenen Erklarungen nur durcheinander ge- Charmadas. Cicero fingiert in De oratore, dass 

worfen. Kock und Cobet glauben an die alte die Redner L. Licinius Crassus und M. Antonius 

■noi-qxQia xQovpaxwv. Es liegt aber auf der Hand, in Athen in der Akademie seine Vortrage hSrten, 

dass diese widerspruchsvollen Notizen iiber Ch. Crassus als er, als Quaestor aus Makedonien zu- 

einfach, ohne weiteres urkundliches Material, aus ruckkehrend, Athen berflhrte, also etwa 107 v. Chr. 



2173 Charmae Charmides 2174 

Mit welchem Rechte Sext. hypot. I 220 (vgl. Euseb. Charmantides (XaQ^avrldtjg). 1) Sohn des 

praep. ev. XIV 4, 15) ihn neben Philon von La- Chairestratos, Athener (Ilaiavisvs). Er siegt an 

risa als Vertreter der vierten Akademie nennt, den Thargelien Anfang des 4. Jhdts., CIA II 553. 

d. h. als Vertreter einer von Karneades und Klei- Schiller des Isokrates, wird er als guter Burger 

tomachoserheblichabweichendenRichtung,kOnnen mit dem goldenen Ehrenkranz beschenkt, Isokr. 

wir nicht controllieren. Doch beweist die Zusam- XV 93; vgl. Blass Att. Bereds. II 2 17. 19. Er 

menstellung mit Philon, dassCh. den Kleitomachos wird erwahnt Plat. Rep. I 328 b. [Kirchner.] 

iiberlebte. Was Cicero tiber die Vortrage des Ch. 2) Schuler des Euphranor, von Plin. n. h. 

mitteilt, bezieht sich auf die Frage des rhetorischen XXXV 146, wo iibrigens die Hss. eharmanides 

Unterrichts. Wie seine Collegen Kleitomachos und 10 oder earmanides geben , unter die beruhmten 

Hagnon bekampft Ch. die gewShnlichen Rhetoren- Maler gerechnet, welche nur eine kurze Erwah- 

schulen mit Griinden, die zum Teil direct aus nung verdienten; s. Brunn Gesch. d. griech. 

Platons Phaidros entlehnt sind, und beweist, dass Kiinstl. II 164. [0. Rossbach.] 

man die wahre rednerische Bildung nur in der Charmas (Xdgfias), Vater des Euandros (s. 

Philosophenschule sich aneignen kOnne, Cic. de d.) nach Schol. Dionys. Perieg. 348, wahrend sonst 

orat. I 84 — 93. Besonders geruhmt wird seine gewohnlich Hermes als solcher angegeben wird. 

Beredsamkeit und sein starkes Gedachtnis, Cic. [Wagner.] 

de orat. II 360; Tusc. I 59. Quint. XI 2, 26. Charmichos, Sohn des Stasilaos, Boiotier. 

[v. Arnim.] Teilnehmer an den Soterien in Delphi urn 270 

2) Zur XaJe/ndd-rjs wollte Loewy Inschr. gr. 20 — 260 v. Chr. , Wescher-Foucart Inscr. de 
Bildh. 68 die verstummelte Kiinstlersignatur einer Delphes 5, 23; vgl. iiber die Zeit Pomtow Jahrb. 
Basis von der Akropolis vermutungsweise erganzen. f. Philol. 1894, 501ff. [Kirchner.] 
Doch hat Kohler CIA II 1550 die alte Lesung Charmidas. 1) Sohn des Euthys, Spartaner. 
von Pittakis o/iddt/g bestatigt und schlagt frag- Er wird unter KSnig Alkamenes im 8. Jhdt. v. Chr. 
weise 'lnnoxoiidbrjg vor. [C. Robert.] nach Kreta gesandt, um dort innere Unruhen bei- 

3) Einer der altesten griechischen Maler, zulegen, Paus. Ill 2,7, vgl. Curt i us Gr. Gesch. 
welcher nach Plin. n. h. XXXV 56 in seinen 16 282. 

Bildern nur eine Farbe anwendete (monoehro- 2) Eleier. Er siegt im Faustkampf der Knaben 

matis fingere). tiber seine Zeit war nichts Na- zu Olympia, woselbst sein Standbild. Davon 

heres uberliefert, der Name weist auf nichtionische 30 Basisblock mit Inschrift erhalten , Inschr. von 

Abkunft hin. [O. Rossbach.] Olympia 156; Zeit 5. Jhdt. v. Chr. [Kirchner.] 

Charmae, ein Volk Vorderindiens nordlich von Charmidea (?). Auf einer in Tschelidschik 

den machtigen Arabastrae (s. d.) , schwacher an nicht weit von Ghemlek (Bithynien) gefundenen 
Kriegsvolk und Elefanten als diese, bis zu den Inschrift steht 6 dijfiog 6 Xagfiidsavwy. Ein Ort 

Pandae hinauf reichend, Megasth. bei Plin. VI 75. entsprechenden Namens ist unhekannt, Bull. hell. 

Man vergleicht die in den indischen Schriftwerken XVII 540. [Kuge.] 

erwahnten Carmarariga und die Gebiete Carma- Charmides. 1) XaQ/.i[(8i]g], athenischer Ar- 

khanda und -mandala; doch sind alle diese Be- chon etwa 01. 212, 2 = 70/71 n. Chr. CIA III 

ziige unsicher. [Tomaschek.] 1014. Erganzung des Namens unsicher. 

Charinaenis (Geogr. Rav. 218, 7), Strassen-40 [v. Schoeffer.] 

station, wahrscheinlich in Suddalmatien. Nach 2) Des Glaukon Sohn aus Athen, stammte aus 

W. Tomaschek Mitt, der geogr. Gesellschaft altadligem Geschlecht (Plat. Charm. 157 e. 158a, 

in Wien 1880, 556 eine griechische Handels- vgl. 155 a). Sein Vetter vaterlicherseits und Vor- 

niederlassung (Xd(>ficuva) aus Makedonien. mund war der bekannte Oligarch Kritias des 

[Patsch.] Kallaischros Sohn (Plat. Charm. 154 a. 155 a), 

Charmande (Xag/j.dv8rj), Stadt am Euphrat, seine Schwester Periktiene (s. d.) die Mutter des 

Xen. anab. I 5, 10, vielleicht identisch mit Kit- Philosophen Platon. Ch. gehOrte zu Sokrates 

mad 1 ' (so die massoreth. Aussprache, LXX Xao- Kreise und wird ausser in dem nach ihm be- 

fidv) Ezech. 27, 23. [Fraenkel.] nannten Dialog Platons (s. d.) oft als treuer An- 

Charmandros (XdeiiavdQog). 1) Sohn des 50 hanger erwahnt (Plat. Theag. 128 d. e; symp. 222b 

Charmandrides aus Aigina, nach Favorin bei [Athen. V 187 d]; Prot. 315 a; Axioch. 364a. Xen. 
Diog. Laert. Ill 19 Anklager des Platon auf mem. Ill 6, 1. 7, 1—9; symp. 1, 3. 2, 19. 3, 1. 

Grand eines von ihm selbst eingebrachten Ge- 9 [Stob. nor. 95, 22]. 4, 8. 27. 29. 52. 8, 2, vgl. 

setzes, welches das Betreten der Insel Aigina Luc. dial. mort. 20, 6. Aelian. v. h. VIII 1. 

fur Athener mit Todesstrafe belegte. " Themist. or. XIII 117 b). Sokrates soil ihn auch 

2) Seneca nat. quaest. VII 5 erwahnt einen zu politischer Thatigkeit bestimmt haben (Xen. 
Charmander als Verfasser einer Schrift fiber die mem. Ill 7, vgl. Diog. Laert. II 5, 12. 13). Im 
Kometen ; liber seine Zeit ergibt sich aus Seneca J. 422 erscheint Ch. noch als heranwachsender 
nur, dass er nach Anaxagoras gel ebt haben muss. Jungling (Plat. Charm. 153 a. 154 a— 155 c), war 
Vgl. zum Text der Stelle Georg Mtiller De Se- 60 demnach um 440 geboren. Im Verein mit Kritias 
necae quaest. nat. (Bonn 1886) 44. stand er an der Spitze der oligarchischen Um- 

3) Bei Pappus synag. VII 24 (ed. Hultsch walzung im J. 404, mit ihm fiel er im Fruhjahr 
II 664) werden drei Lehrsatze aus dem Anfang 403 als einer der Zehnmanner, die neben den 
eines Buches des Mathematikers Ch. angefuhrt, Dreissig fur Athen im Peiraieus als Regierungs- 
die von den ebenen Ortern handeln. Die Iden- ausschuss eingesetzt waren, gegen die von Thrasy- 
titat des Mathematikers mit dem Astronomen Ch., bulos gefuhrten Demokraten (Xen. hell. II 4, 19, 
die Ruhkopf (zur Stelle des Seneca) annimmt, vgl. 10—18. 38. Aristot. 'A^v. no).. 38, 1. 39, 6. 
ist unerweislich. [Boll.] Diod. XIV 33, 2. 3. Plut Lys. 15, 5). [Judeich.] 



2175 Charminos Charon 2176 

3) Schtiler Epikurs,- der ihn in einem (an ihn Charmokles. Eponymer isgeis in Rhodos, 
gerichteten?)Briefegelobtzuhabenscheint(Use- IGI 2393 n. 519. 520 (Inschriften von Tarent). 
ner Epicurea'p. 151, 16 aus Philod. de libertate [Kirchner.] 
dicendi, Vol. Here. 1 V 2 frg. 49), und vertrauter Charmon (Xdg/^cov) , Epiklesis des Zeus in 
Freund des Arkesilaos, Cic. de fin. V 94. Mantineia, Paus. VIII 12, 1, als ,Gott heiterer 

[v. Arnim.] Freundschaft und guter Kameradschaft', Preller 

4) Lieblingsname auf mehreren rotfigurigen Griech. Myth.* I 148. Immerwahr Kulte und 
Gefassen, vornehmlich nolanischen Amphoren, aus Myth. Arkadiens 25. 30. [Jessen.] 
der Mitte des 5. Jhdts., die samtlich einem und Charinonia s. Carmo. 

demselhen Vasenmaler zu gehOren scheinen. C. 10 Charinophron (Xag/id<pQO)v), Beiwort des Her- 

Smith Journ. Hell. Stud. IV 1883, 96. Klein mes als des debtee^ kdcov, Horn. Hymn. Ill 127 

Lieblingsinschriften 74. Wernicke Lieblings- (von Stephanushergestellt). Hesych. [Jessen.] 
namen 87. [C. Robert.] " Charmos (XaQpog). 1) Nach der Eigenschaft 

Charminos (XaQfitvog). 1) Aus Athen, be- des Vaters benannt, den Pind. Pyth. IX 64 als dr- 
fehligte Winter 412/411 v. Chr. als Stratege auf Sgdoi %aQfxa (pil.oig bezeichnet, war nach Diod. IV 
dem vor Samos liegenden athenischen Geschwader 82 (d. i. Timaios) Sohn des Aristaios (o. Bd. H 
(Thuc. VIII 30. Schol. Aristoph. Thesmoph. 804) S. 855), auf Sardinien geboren. Sein Bruder tragt 

und unterlag Anfang 411 mit einer kleineren den ebenso bezeichnenden Namen Kallikarpos. 
Flottenabteilung bei Syme gegen den Spartaner [Hiller v. Gaertringen.] 

Astyochos (Thuc. VIII 41, 3. 42, vgl. Aristoph. 20 2) Athener. /ro^a^oa?, nahestehenderVex- 

Thesmoph. 804). In demselben Jahre unterstiitzte wandter der Peisistratiden , Kleidem. bei Athen. 

er den missgliickten Veisuch, in Samos gewaltsam XIII 609 d; vgl. Busolt Gr. Gesch. 112 378. 

eine Oligarchic einzurichten (Thuc. VIII 73, 3, vgl. Er weiht zuerst dem Eros einen Altar nqd rrjg 

Aristoph. a. a. O. m. Schol.). [Judeich.] ioddov rijg is 'Axabr)fxlav , Paus. I 30, 1. Athen. 

2) Lakedaimonier , den Thibron im Winter a. O., vgl. Plut. Sol. 1. Sein Sohn heisst "Iji- 

400/399 zusammen mit Polynikos nach Thrakien na^xog, Harpokr. s. "Liizagxos aus Lykurg. Leokr. 

sandte, um die Kyreer unter Xenophon fur den 117 ; bei Lykurgos ist "htnaQ%og Xag/xov anstatt 

Krieg gegen Tissaphernes anzuwerben. Bei dieser Tlhuqiov zu schreiben, v. Wilamowitz Aristot. 

Gelegenheit vermittelte er zwischen den Seldnern u. Athen I 114, 27. "ImiaQxog Xd^/nov gehorte 
und den thrakischen Fursten. Xen. anab. VH 6, 30 dem Demos Kollytos an, Aristot. 'A$r\v. jioAiz. 22. 
If. 39. 7, 13—19. [Niese.] 3) Archon in Delos im J. 282, Bull. hell. VH 

Charmion. Sohn des Xenon. Siegt als f u>- 107. XIV 389. 392. 393. 402. [Kirchner.] 

roixos in den olympischen Spielen zu Tegea, L e 4) Xdgfiog, Syrakusaner des 4. oder 3. Jhdts., 

Bas II 338 b. [Kirchner.] wegen der Eleganz seiner Gastmahler erwahnt 

Charmis aus Massilia (Plin. XXIX lOf.) war von Klearchos frg. 16 bei Athen. I 4 A. ; vgl. VIII 

Arzt in Bom unter Nero. Er erregte dort durch 344 C (FHG II 308). [Niese.] 

seine Kaltwasserkuren, die er selbst zur Winter- Charmosina , nach Hesych. ein athenisches 

zeit mit den Kranken vornahm (Plin. a. a. O. Fest. Vgl. Plut. Is. u. Osir. 29. Hermann 

Senec. ep. 53. 83), grosses Aufsehen und stand Gottesd. Alt. 2 62, 41. [Stengel.] 

in solchem Ansehen, dass er fur eine Kur, die 40 Charmothas (XaQ/uo&Ss Ufirjv) , Hafen und 

er in der Provinz vornahm, 200 000 Sest. (iiber Stadt am arabischen Meerbusen (Aristo bei Strab. 

40 000 JL) fordern konnte. Er hatte in Rom XVI 777, bei Diod. Ill 44 XagfiovMs), welchen 

eine eigene Schule (Gal. XIV 128), und trotzdem K. Mtiller fur Hama, Sprenger (Alte Geogr. 

er auf seine Vorganger nicht gut zu sprechen 41) fur Wedsch halt. G laser (Skizze 28) sucht 

war, empfahl er doch das Antidoton des Aelius ihn zwischen Gidda und Konfuda. 
Gallus (unter Augustus) als wirksames Mittel [D. H. Mfiller.] 

gegen allerhand Krankheiten (Gal. XIV 114 aus XaQ/tvlubveioi , Patra von Kamiros, IGIns. 

Andromachos). Die Composition desselben hat I 695, 14. [Hiller v. Gaertringen.] 

Servilius Damokrates erhalten (Gal. XIV 126), Cnarmylos (Xdef.wXog), ein wahrscheinlich 

der noch berichtet, dass er es fur 1000 att. Drach- 50 dem Hermes Charmophron verwandter Heros auf 

men (etwa 800 <M) zu verkaufen pflegte (XIV Kos, von dem sich das Geschlecht der Charmyleis 

127). Er ist ein typisches Beispiel fur die Be- ableitete. Der Name ist noch in einem Flur- 

clamesucht und Habsucht der Arzte der ersten namen auf Kos erhalten. Paton and Hicks 

Kaiserzeit. Ein Ch. aus Massilia wird von Aelian Inscr. of Cos 349. Dibbelt Quaest. Coae mythol. 

(h. a. V 38, wahrscheinlich aus Alexander von (Diss. Greifswald 1891) 15. [Escher.] 

Myndos) erwahnt mit einer Notiz fiber die Charoiades (XaQoiddtjs), des Euphiletos Sohn 

MusiMiebe und Euhmbegierde der Nachtigall, aus Athen, befehligte als Stratege mit Laches das 

die in der Einsamkeit ein einfaches Lied singe, von den Athenern Ende Sommers 427 v. Chr. den 

in der Gefangenschaft aber, wenn sie viele Zu- Leontinern gegen Syrakus zu Hfilfe gesendete 
hSrer habe, schmelzende Melodien wirble. 60 Geschwader (Thuc. Ill 86. Diod. XII 54, 5. lust. 

[M. Wellmann.] IV 3, 6) , fiel aber bald im Kampfe gegen die 

Ckarmodara (Tab. Peut.), Stadt am west- Syrakusier (Thuc. Ill 90, 2). [Judeich.] 

lichen Ufer des Euphrat bei der Einmundung des Charon (Xdgcov, etr. CharufnJ). Nach Diod. 

Marsyas, wahrscheinlich identisch mit dem Choi- I 92. 96 ist der Name mit der ganzen Figur 

madara (s. d.) des Ptolemaios in der syrischen aegyptischen Ursprungs, vgl. E. Curtius Ionier 

Landschaft Kommagene; 12 Millien oberhalb Sa- 19, 50 und Kriiger Ch. u. Thanatos 5, wozu 

mosata; entspricht dem heutigen Chesu-Mansur. Arch. Ztg. XXV 1867, 104, dagegen Wiedemann 

[Benzinger.] Sammlung altaeg. WSrter 44. Bei Eust. Od. 



2177 Charon Charon 2178 

p. 1716, 41f. wird Charybdis mit Ch. zusammen- Th. XI 587ff. CIL VHI 8992 (Cic. de nat. deor. 

gebracht, vgl. Waser Skylla undCh. 8A. Nach III 17). Ch. metaphorisch: Plut. Ant. 15 (vgl. 

Serv. Aen. VI 299 xax avn'cpQamv von xaigo), Suet. Octav. 35). Theophil. paraphr. gr. inst. Caes. 

vgl. auch Eust. p. 16, 35. 1703, 30ff. Gerhard II 24, 2. Apul. de mag. 23. 56. Nikeph. Bryen. 

Gr. Myth. § 576, 2. Lehrs Pop. Aufs.2 288. hist. 12 (19) (Migne Gr. CXXVII41). Auohsonst 

Xdgmv (W. % a Q-'- Xaguss, z a 'e m ) ^ e i ne Art im spatern Altertum der Tod iiberhaupt: Joseph. 

Kurzform zu x<*e-oir6-s , mit (wild) funkelndem ant. XIX 358. Anth. Pal. VII 603. 671. XI 

Blick, vgl. v. Wilamowitz Horn. Unters. 225, 133; Plan. 385. CIG add. 2239 c. Artemid. onei- 

23. Vgl. Lyk. Al. 455 u. Tzetz z. St. Euphor. rokr. I 4, im Sprichwort bei Paroem. II 228. Suid. 
frg. 47 bei Meineke Anal. Al. 84f. Steph. Byz. 10 s. Xoqwv. Isid. Etym. VIII 11, 42. Theod. Prodr. 

s. 'Icbv>] und Suid. s. KXecov. x&q. Hes. und IX 43. Niket. Eug. II 171ff. VIII 218ff., wie bei 

Etym. M. Eust. Od. p. 1666, 37. 1703, 30ff. Lyk. den Neugrieehen Charos oder Charontas; vgl. B. 

Al. 260. 660. ' Schmidt Volksleben d. Neugr. 1 222ff. Lubke 

1) Der Unterweltsferge : 6 ysQcubg jioQ-^fievg Neugr. Volks- und Liebesl. p. 256ff. u. s. Ch. dar- 

in der Minyas, aus welcher Polygnotos die Pigur gestellt: bartig, oft hasslich und struppig, in Exo- 

des Ch., die in der Odyssee noch nicht erwahnt mis und Schiffermutze, im Kahn mit Ruder; be- 

wird (vgl. Eust. p. 1666, 37), fiir seine Nekyia sonders hauflg auf attischen Grablekythen, wo zwei 

in der Lesche zu Delphi entnahm, ihn darstellend Typen : ,der erste stellt die Ankunft der Toten am 

als greisen P&hrmann im beladenen Schiffe bei Unterweltsflusse und ihre erste Begegnung mit 
den Rudern, Paus. X 28, 2. Offenbar schon friih20Ch. dar, wahrend der zweite eine Combination 

eine Gestalt des Volksglaubens, erscheint Ch. nach herzustellen sucht zwischen dieser Scene und 

Aischylos (Sept. 854ff.) besonders bei Euripides der Trauer am Grabmal, der erste lasst sich 

und Aristophanes; da fordert er auf, ins Schiff wieder in zwei Abteilungen zerlegen, je nachdem 

zu steigen, Eurip. Alk. 254 (parodiert bei Arist. die Gestalt des Hermes teils vermittelnd eintritt, 

Lys. 606). Arist. PrO. 185ff. Timoth. frg. 6 Bgk. teils weggelassen ist' (v. Duhn). Zwanzig Le- 

(Ath. VIII 341 c). PTG adesp. 433. Vgl. ferner kythoidarstellungen hat zusammengestellt Pot- 

Eurip. Her. 432 (v. Wilamowitz Herakl. 112 tier Et. sur les lee. bl. att. p. 34ff., weitere Ch.- 

107); Alk. 252ff. 361 (vgl. Konst. Man. IV 5). Darstellungen (Reliefs und Gemmen) ebd. p. 48. 

439ff. 458. Arist. Pro. 139ff. 183ff.; Plut. 278. Ausserdem vgl. besonders Miiller-Wieseler 
Athen. XIII 597 b. Luk. Char. u. 0. Anth. Pal. 30 Denkm. II Tf. 69, 869-71. Mylonas Bull. hell. I 

V 53. 193. VII 67. 363; App. epigr. 236 (= CIG 1877, 39ff. z. Tf. 1. II. Ill 177. IV 317f. v. Duhn 

6298). CIG 6203. 6239. Das Fahrgeld (woffir Arch. Ztg. XLIII 1885, Iff. z. Tf. I— III; Arch, 

neben den allgemeinen Bezeichnungen: vavlov, Jahrb. II 1887, 240ff. z. Ant. Denkm. 123. Helbig 

noQ^ixifiov [noQ-frfma] , ravrdirjs djtolos die sel- D. Sffentl. Sammlgen. Roms II 295. 300. 527f. 

tenern: davdxijfs) [Hes. Suid. Etym. M. s. v.], xart- Philadelpheus'^^. &q%. Ill 1896, 131ff. z.jr.5. 

rrJQiov [Moiris p. 204 Piers. Choirob. bei Cramer Etruskischer Daimon, mit dem Namen Cliarupi) 

Anecd. Gr. II 232, 28], xagnddcov [Suid. s. v.]) bezeichnet, Pabretti Cllt. nr. 305 (z. Tf. XXV). 

betrug zwei Oboloi nach Arist. Fro\ 140ff. 270, 2147 (vgl. Mon. d. Inst. II 9). 2162 (z. Tf. XL ; 

wahrend sonst regelmassig nur von einem Obolos vgl. Mon. VI 31, 1). 2514 bis (z. Tf. XLIV); pr. 
die Rede ist, den man dem Toten zwischen die40suppl. nr. 403 (vgl. Mon. IX 14, 4): hasslich, 

Zahne geklemmt mitzugeben pflegte, Luk. de luctu bartig und unbartig, krummnasig, mit tierisch 

10 (vgl. Anth. Pal. XI 168, 6. 171, 7. 209, 3). spitzen Ohren und fletschenden Hauern, auch ge- 

Prop. V 11, 7f. Iuv. Ill 264ff. (vgl. Schol. 267). flugelt, im Chiton, mit Hammer als charakteristi- 

Apul. met. VI 18; Ausnahmefall bei Strab. VIII 373 schem Attribut (vgl. Hes. s. 'Axfiovidrjg), auch mit 

(Eust. p. 286, 44f.), vgl. auch Suid. s. jioQ&fitji'ov. Schlangen. Pur weitere Darstellungen des gleichen 

Orph. Arg. 1144. Schneider Callim. II 185f.; Daimons ohne Namensbeischrift , gewo'hnlich in 

fur diesbeziigliche Mirnzfunde in Grabern vgl. Her- der Function eines Seelenbegleiters oder Wachters 

mann-Bliimner Gr. Privataltert. 367f., 5; fiir die am Grabe, auch weiblich gebildet: Ambrosch 

Sitte und ihren Ursprung vgl. Rohde Psyche 24. De Charonte Etrusco, Vratisl. 1837 (Ann. d. Inst. 
281f.,3. 702. Vergils Schilderung (Aen. VI 298ff., 50 IX 1837, 2, 253ff. [Braun]). Dennis Cities and 

vgl. Sen. Here. f. 768ff.; Oed. 167ff.) scheint durch cemeteries of Etr. Pottier a. a. O. 41f. 44ff. 

etruskische Anschauung beeinflusst; der mtirrische Bull. d. Inst. 1864, 39. 1877, lOOff. 115. Ann. 

greise Fahrer mit struppigem Haar und flammen- d. Inst. XXXVIII 1866, 438 z. tav. d'agg. W. 

den Augen starrt von Schmutz; nur Beerdigte LI 1879, 299ff. (Korte). Arch. Ztg. XXIX 1871, 

darf er iibersetzen (vgl. Horn. II. XXIII 71ff.), 60 z. Tf. 46. Rem. Mitt. I 183. X 84. Kritische 

Lebende miissen den goldenen Zweig vorweisen, Sichtung wiinschenswert. Der etruskische Todes- 

Aen. VI 136ff. 406ff. (Ovid. met. XIV 113ff.); da- gott mit Hammer trat auch als Maske in der Arena 

fur dass er den Herakles iibergesetzt, musste er auf, um die Leichen der gefallenen Gladiatoren 

ein voiles Jahr in Ketten liegen, Serv. Aen. VI fortzuschleppen, Tertull. apol. 15; ad nat. I 10, 
392. Myth. Vat. II 149f.; porthmeus heisst er 60 dazu Keck Ann. d. Inst. LIII 1881, 18ff. z. tav. 

Petr. 121 v. 117. Iuv. Ill 266, sehr hauflg por- d'agg. A und z. Mon. XI 25. 

titor: Verg. Aen. VI 298. 326; G. IV 502. Prop. 2) Name eines Teilnehmers an einer Eberjagd 

a. a. O. Ovid. met. X 73. Sen. Here. f. 772. Lu- oder eines Kriegers auf altkorinthischen Vasen, 

can. Ill 17. VI 704. Sil. It. IX 251. Stat. Th. Kretschmer Gr. Vaseninschr. p. 18 nr. 13 u. 14, 

IV 479. XII 559. Claudian. de raptu Pros. II p. 23 nr. 27, p. 227f., vgl. auch Arch. Ztg. XLIII 

360 u. s. f.; vgl. noch Hor. c. II 3, 28. Tib. I 1885, 238. 

10, 36. Prop. II 4, 29f. IV 17, 24. Sen. Here. 3) Hund des Aktaion: Aisch. frg. 241 N. (aus 

f. 561 u. 0. Iuv. II 150ff. Stat. silv. V 1, 250ff.; Poll. V 47) und Hyg. fab. 181, wo im zweiten Ver- 

Pauly-Wissowa III 69 



2179 Charon Charondas 2180 

zeichnis f Goran (p. 37, 14 Sch.); vielleicht auch lich das einzige Buch war, das Ch.s Namen trug, 

ist Ch. als Kurzform zu Charops bei Hygin anzu- ebenso aber auch, dass spater, vornehmlich wohl 

sehen und statt Goran Corax zu lesen, wenn nicht infolge der romantischen Vorliebe des Fruhhelle- 

Borax bei Hygin auf das Korax des Aischylos nismus fur diese Litteratur, das Original excerpiert 

zuTiickzufiihren ist (vgl. Roscher Myth. Lex. und dem ver'anderten Geschmack angepasst wurde. 

II 1380). Hundsname auch in einer Darstel- So erklaren sich die Nebentitel JTsqI_ Aafixpdxov 

lung der kalydonischen Eberjagd, CIG 8139. (/?Suid.), Kxioeig iidXsmv (iv [SifiXioig ft Suid.), IIsq- 

[Waser.] aixd (Athen. IX 394 e. Suid. iv fiifttiois /?) ohne 

4) Thebaner, in dessen Hause sich die Ver- Schwierigkeit ; vielleicht gehOrt auch 'EXlrjvixd 
schworenen im J. 379 versammeln und der sich 10 (iv fiifiXi'oig 8 Suid.) hierher, wenn nicht Ver- 
an der Ermordung der Oligarchen beteiligt, Plut. wechslung mit Charax vorliegt. Alle anderen 
Pelop. 9—11; de gen. Socr. 27—30; vgl. Xen. Titel im Artikel des Suidas sind dem alten Lam- 
hell. V 4,3. Curtius Gr. Gesch. Ill 6 256ff. psakener unbedingt abzusprechen, nicht nur Al- 

[Kirchner.] fiiomxd , Aifivxd , Kpyzixd iv /itjiXtotg y , IleQi- 

5) Lakedaimonier, Zeitgenosse Lysanders, er- jiXovg xmv ixxog xmv 'HgaxXeiwv oxtjXoov, sondern 
wahnt bei Plutarch, apophthegm. Lacon. var. 25. auch der, den Suidas in verdorbener Gestalt iiber- 

[Niese.] liefert H^vravsig rj aQxovrag xovg xmv Aaxs8ai- 

6) Der Zimmermann oder Kiinstler (xsxxcov, /^ovicov • saxi 8k %qovixd. Denn Sgot sind freilich 
vgl. W e 1 c k e r Kunstbl. 1827 nr. 83) bei Ar- Chroniken, aber nicht xgonxd im antiken Sinne, 
chilochos frg. 25, PLG II 390Bgk.4 = Arist. 20 und die beliebte Conjectur Aafiipaxijvmv fur Aa- 
Rhet. Ill 17. Archilochos liess ihn die lehrhaften, xebaipiovimv ist so unwahrscheinlich wie nur mog- 
aus Plut. de tranquill. an. 10 zu erganzenden Verse lich. Es handelt sich um ein junges Buch mit 
ov iaoi xd PvyscD xov jioXviqvoov jxilst xxX. (nach Kdnigslisten und Magistratstafeln, Genaueres be- 
Vers 1 ist wohl mit Plutarch eine Liicke' anzuneh- haupten zu wollen, ist nicht geraten. 

men) vortragen, die spater vielfach nachgeahmt sind 8) Charon von Naukratis (FHG IV 360. S u s e- 

(Anacreont. 8. Anth. Pal. IX 110; ahnlich auch mihl Gr. Litt.-Gesch. II 152. 692), soil nach 

Horaz ep. II). Aristoteles meint, er habe damit Suidas verfasst haben 'IsqsZs rovg iv 'AXeg~avd(>elai 

naheliegenden Einwendungen ausweichen wollen, xal wi>? iv Aiyvjircot xal xd ijcl ixdoxov jiqo.- 

die man ihm hatte machen konnen, wenn er eine %$evza, BaoiXeTg rovg ix jiaXaiov yeyovoxag iv ixd- 
solche Moralpredigt in erster Person gehalten 30 axcoi sdvsi xal IIsqI Nayxgdzecog xal aXXa xivd 

hatte. S. O. Immisch Philol. XLIX 199, oben tisqI Aiyvaxov. Der zweite Titel diirfte auf eine 

Bd. II S. 501, 5ff. [Crusius.] Sammlung praehistorischer und historischer Ko- 

7) Charon (FHG I 32 — 35. IV 627. 628) von nigslisten gehen, wie sie Eusebios aus Kastor und 
Lampsakos (Strab. XIII 589 ix Aapydxov . . Xd- Porphyrios erhalten hat. Schwieriger ist der erste 
qwv . . 8 ovyyQarpevg. 583 (aus Demetrios von Skep- zu erklaren; am nachsten liegt es, an ein mit 
sis). Plut. de malign. Herod. 20; mul. virt. 18. historischen Daten versehenes Verzeichnis der epo- 
Athen.X394e.XI475b.XII520d.Schol.Apoll.il nymen Priestertiimer in Alexandrien und Ptole- 
477. Phot. s.Kv{)i)flog: b Aafiyjaxrjvog), nach Suidas mais (vgl. Strack Die Dynastie der Ptolemaeer 
des Pythokles, nach Paus. X 38, 11 des Pytheas 171ff.) zu denken. So sonderbar es auch an- 
Sohn, gab im 5. Jhdt. die Chronik von Lampsakos, 40 mutet, dass die Formen der hellenischen Stadt- 
in ionischem Dialekt, heraus (iv SevzeQou "Qqcov geschichte auf die Ptolemaeergeschichte iibertragen 
Athen. XII 520 d, iv xoTg "Qgotg XI 475 b, sein sollen, diirfte dies immer noch wahrschein- 
"Q<povg Aafiipaxtjv&v iv (liftXioig 8 Suid., die Buch- licher sein als eine blosse Publication von Tem- 
zahl ist natiirlich jung). > Der Stil der Chronik pelarchiven. Eine Vermutung iiber die Zeit wage 
tritt frg. 3 noch sehr drastisch hervor; die Ge- ich nicht. 

schichten von Lampsake (frg. 6) und dem Krieg 9) Charon von Karthago (FHG IV 360. Suse- 

zwischen Kardianern und Bisalten (frg. 9), sowie mihl Gr. Litt.-Gesch. II 386), verfasste nach 

das Marchen von der Hamadryade (frg. 12) ge- Suidas Tvgavvoi oaoi iv xiji Evqconrji xal_ Aoia 

hOren zu den besten Proben des Tons , der in ysyovaoi, Bioi h>86q~a>v &v8g(ov iv BifSXtoig 8, Bioi 
diesen ionischen Stadtgeschichten herrschte. Die 50 6[toia>g ywaixwv iv 8. Von den ialschlich unter 

Chronik ist jedenfalls verOffentlicht , nachdem Ch. von Lampsakos gestellten Titeln sind ihm mit 

Artaxerxes I. Themistokles zum Stadtherren von einiger Wahrscheinlichkeit zu geben Al&iomxd, 

Lampsakos gemacht hatte (Plut. Them. 27), also Aiflvxd, IJsQmXovg xwv exxog x&v 'HgaxXeimv 

nach 465/4, andererseits vor Beginn des 4. Jhdts. oxrjX&v. Er ist nicht vor das 3. Jhdt. und nicht 

Ob Ch. junger oder alter als Herodot war, ist spater als 146 v. Chr. zu setzen. [Schwartz.] 

nicht auszumachen ; die conventionelle antike Lit- Charondas (XagrnvSag). 1) Aus Katane auf Si- 

teraturgeschichte (Dionys. de Thuc. 5. Plut. de cilien (Steph. Byz. s. Kaxdvrf), einer der beriihmten 

Herod, malign. 20. Tertull. de an. 46) setzt ihn Gesetzgeber des Altertums, der neben Lykurg, 

nur darum vor Herodot, weil sie alle sog. ,Logo- Solon, Zaleukos u. a. genannt zu werden pflegt 
graphen' wegen ihres Stiles und der mangelhaften 60 (Cic. de leg. I 57. Seneca epist. 90, 6). Er gait 

Okonomie fur vorherodotisch halt, ohne sich darum als Urheber der Gesetze Katanes und der iibri- 

zu kfimmern, dass bei Veroffentlichung von Stadt- gen chalkidischen Colonien Siciliens und Italiens, 

geschichten und dem selbstandigen Componieren also der vo/xifia XaXxi8ixd (Plat. rep. X 599 E. 

eines epischen Geschichtswerkes immer etwas Aristot. polit. II 12 p. 12*4 a); insonderheit herrsch- 

Verschiedenes herauskommen muss. Doch lasst ten seine Gesetze in Rhegion (Herakleid. Pont, 

sich mit einiger Sicherheit behaupten, das Herodot polit. 25, 4), und man erzahlte daher, dass er hier 

Ch. nicht beniitzt hat. Es versteht sich ganz von als Verbannter gelebt habe (Aelian. var. hist. Ill 

selbst, dass ,die Chronik von Lampsakos' ursprung- 17). Nach Aristoteles (pol. VI (IV) 11 p. 1296 a) 



2181 Charondas Charondas 2182 

war er, wie Solon, aus dem Mittelstande, ein gewiss nicht schliessen darf, dass sie in "Versen 

fss'oof jcoXirtje. Sein Kame erinnert an Boiotien, abgefasst waren (Athen. XIV 619 b, wo man fitr 

aber es liegt kein Grand vor, deshalb mit A. 'Afojvrioi nicht, wie Philol. V 421 vorgeschlagen 

Holm seine ehalkidische Abkunft zu bezweifeln. worden ist, Karavrjai schreiben darf; man kaim 

Gewiss ist Ch. eine wirklich historische Per- hier vielleicht an die seltsame Notiz des Steph. 

sOnlichkeit; aber es giebt weder fiber ihn selbst Byz. s. Kardvij erinnern, der von Ch. sagt 6 8i- 

und seine Zeit noch fiber sein Werkglaubhafte Nach- aornxos z5>v 'Aftrjvrjoi vojao&sxcqv). Ausffihrlicher 

richten. Er wird, wie begreiflich, haufig mit Zaleu- handelt fiber die Gesetzgebung des Ch. Diodor 

kos in Verbindung gebracht, der angeblich Olymp. XII 12 — 19, in einem Abschnitt, der zum Teil 
29 (664-660) in Lokri wirkte. Eine von Aristoteles 10 aus sehr trfiber Quelle geflossen ist und nur einiges 

pol. II 12 erwahnte Tradition macht ihn zu dessen Brauchbare enthalt ; zu erwahnen ist die Bestim- 

Schfiler. Umgekehrt musste er nach einer freilich mung des Schulunterrichts fur alle BurgersOhne 

sehr spaten Notiz bei Theodoret (de cur. Graec. auf Kosten der Gemeinde (c. 14), die Pfirsorge fur 

aff. IX vol. IV p. 608 C ed. Paris. 1642) alter dieWaisen (c. 15), Ehe-und Pamiliengesetze (c. 18), 

sein als Zaleukos, da er hier der alteste Gesetz- wobei aber immer der Zweifel besteht, ob es Ge- 

geber Siciliens und Italiens genannt wird. Andere setze des Ch. oder Gesetze von Thurii seien. Diodor 

wiederum machen den einen wie den andern zu berichtet, dass Ch. Anderungen der Gesetze sehr 

Schfilern des Pythagoras (Diog. Laert. VIII 16. erschwerte; wer ein neues beantragte, musste mit 

Porphyr. vit. Pyth. 21. Iamblich. vit. Pyth. 33. dem Strick um den Hals vors Volk treten und 
130. 172. Seneca epist. 90, 6). Diodor XII 11, 3 20hatte das Leben verwirkt, wenn sein Vorschlag 

(ebensoVal.Max.VI5ext.4. Schol. Plat. rep. 599 E. verworfen wurde (vgl. Demosth. XXIV 139). Ch. 

Themist. orat. II 31b) setzt ihn nach Thurii. Er er- selbst besiegelte seine gesetzliche Gesinnung durch 

zahlt, Ch.seibeiGrfindungdieserStadt(444v.Chr.) den Tod. Er kam, wie Diodor XII 19 weiter 

zum Gesetzgeber erwahlt worden. Dies ist ein erzahlt, aus Versehen bewaffnet in die Volks- 

Irrtum, der sich nach Hey nes Vermutung (Opus- versammlung, was in seinen Gesetzen verboten 

•cul. acad. II 160f.) wohl daraus erklart, dass die war. Hamisch wies ihn ein Gegner darauf hin; 

Thurier einen Teil der chalkidischen Gesetze an- er zog darauf das Schwert und gab sich selbst 

nahmen ; denn dass im tibrigen die Thurinischen den Tod. Ahnlich wird von Diokles und auch 

Gesetze keineswegs in alien Stficken mit denen des von Zaleukos erzahlt (Diod. XII 19. XHI 32, 2. 
Ch. iibereinstimmten, hat Bentley gezeigt (aus30Val. Max. VI 5 ext. 4). Es ist eine typische 

Stob. fior. XLIV 22), und es ist kein Zweifel, Anekdote ohne historischen Wert. Beiloh.Stobaios 

dass Ch. lange vor Thuriis Grundung lebte. Man floril. XLIV 40 (vol. II p. 180f. Meineke) ist eine 

wird anzunehmen haben, dass Ch. vor der Auf- in mildem dorischem Dialekt verfasste Einleitung 

hebung Katanes durch Hieron (476 v. Chr.) lebte; zu den Gesetzen des Ch. erhalten (XagrnvSa Ka- 

aus Herakleides Pont, polit. 25, 4 geht ferner her- xavaiov TtQooifua vo/nwv), die auch Cicero (de leg. 

vor, dass er alter war als Anaxilas von Ehegion, II 14. Ill 5) erwahnt, wie auch dem Zaleukos 

der 494 zur Eegierung kam ; also gehCrt er dem eine solche zugeschrieben wird (Stob. flor. XLIV 

6. Jhdt. an. Das was uns aus seinen Gesetzen 20f. Diod. XII 20, 2). Es ist eine Ermahnung, 

bekannt ist, gestattet keine Schlusse auf die Zeit Gerechtigkeit , Zucht und Tugend zu fiben, der 
des Urhebers, zumal da wir fiber den Inhalt der- 40 Obrigkeit und den Gesetzen zu gehorchen, die 

selben nur wenig Sicheres wissen. Es ist dem Eltern, GStter und Toten zu ehren, das Vater- 

Ch. ergangen, wie den alten Gesetzgebern fiber- land fiber alles zu lieben u. s. w., ganz allgemein, 

liaupt; auch die spateren Erweiterungen und Ande- ohne jeden individuellen Charakter. Wie Bentley 

rungen der chalkidischen Gesetze gehenunterseinem erkannte, lehren Dialekt, Sprache und Inhalt, 

Namen; hOren wir doch, dass in Rhegion, das sich dass es ein spateres Machwerk ist, das in einigen 

der Gesetze des Ch. ruhmte, auch noch andere Stficken sich vielleicht an die Wirklichkeit an- 

Gesetzgeber aufgetreten sind (Iambi, vit. Pyth. lehnt. Derartige belehrende Einleitungen lagen 

130. 172). Eine Sammlung der Gesetze des Ch. der praktischen Gesetzgebung alterer Zeit feme 

kennt schon Aristoteles ; sie enthielten nicht viel (Plato de leg. IV 722 E). Erwahnenswert ist der 
Eigentumliches (polit. II 12 p. 1274b); unter dem 50 Schluss, woesheisst, dass jeder Burger diese Lehren 

was er gelegentlich erwahnt, ist altertumlich nur auswendig wissen und bei festlichen Gelagen auf 

die Benennung 6/tooljivot, ,die aus einem Brot- Befehl des Festleiters vortragen solle. Dies er- 

korb Essenden' fur die Hausgenossen; anderes weist innert an die oben erwahnte Notiz fiber den Vortrag 

entschieden auf jfingere , demokratische Zeit hin der Gesetze des Ch. in Athen ; auch der Nomode 

(Aristot. pol. I 2 p. 1252 b. II 12 p. 1274 b. VI in Mazaka (s. o.) setzt eine solche Bestimmung 

{IV) 13 p. 1297 a). Aristoteles rfihmt die Ge- voraus, und da auch anderswo Ahnliches geschah, 

nauigkeit und Peinheit der Ausarbeitung ; auch so mag wohl sein, dass es in spaterer Zeit in den 

das wird nicht als ein Zeichen besonderer Alter- chalkidischen Stadten wirklich in Geltung war. 

tiimlichkeit zu gelten haben, und man darf an- Litteratur. Das Beste fiber Ch. sagt Bentley 
nehmen, dass in dieser Sammlung das Werk des 60 Die Briefe desPhalaris (deutsch von W. Eibbeck) 

Ch. in stark verjiingter Form vorlag. Diese Ge- 378f. Ihm folgt im wesentlichen Heyne Opus- 

setze erfreuten sich grossen Ansehens; als das cula acad. II 147f. Minderwertig ist St. Croix 

kappadokische Mazaka in der ersten Halfte des in der Histoire de l'academie des inscriptions et 

2. Jhdts. eine griechische Stadt wurde, nahm es belles lettres XXXXII (1786) 316f. und P. D. 

die Gesetze des Ch. an; ein Beamter, rofupddg Gerlach Zaleukos, Charondas und Pythagoras 

betitelt, war mit ihrer Auslegung betraut (Strab. (Basel 1858) 77f. Vgl. auch A. Holm Gesch. 

XII 539). Pemer in Athen wurden sie nach Her- Sicil. I 153f. 401. Busolt Griech. Gesch. 12 426f. 

mippos beim Weine vorgetragen , woraus man [Niese.] 



2183 Charoneia Charops 2184 

2) Archon in Chaironeia, 2. Jhdt. v. Chr., Namen des Charon abgeleitet), Name mehrerer 

I6S I 3379. [Kirchner.] Erdrisse oder Hohlen (viele in der Nahe des ka- 

Charoneia (XaQwv[e]ia) , Hohlen, die durch rischen Maiandros), die ihr Entstehen Erdbeben 

schadliche Diinste, die aus ihnen aufstiegen, jedem verdanken. In ihnen befand sich nicht selten 

Lebewesen, das ihnen nahte, besonders Tieren und Stickluft (s. Art. Charoneia). 

speciell dariiber wegfiiegenden VOgeln den Tod 1) Bei Magnesia am Maiandros in Karien, 

brachten und daher fiir Eingange in die Unterwelt Strab. XII 578. 

galten, dem Pluton heilig, daher auch nXovxcona 2) Auf der Strasse zwischen Tralleis und Nysa 

genannt (Strab. V 244 [s. Art. Avernus lacus]. bei dem Ort (icoXig) Acharaka (s. d.) in Karien, 

XIII 629. XIV 649. Cic. de div. I 36) oder spi- 10 neben dem wohlbestellten Hain und Tempel des 
raeula Bitis (Verg. Aen. VII 568. Apul. met. VI Hades und der Kore. ITber dem Hain lag die 
18; de mundo 17; vgl. auch Varro bei Isid. Etym. Grotte Ch., in der Kranke durch Incubation von 

XIV 9, 2 und bei Serv. Aen. VII 563. Plin. II Priestern Heilung suchten. Zuweilen brachten 
95. Solin. VII 6), ostia Bitis (Verg. Georg. IV auch Kranke mehrere Tage darin ohne Nahrung 
467 ; Aen. VIII 667) , ianua Bitis (Verg. Aen. zu. Fiir andere Leute soil der Aufenthalt dort 

VI 127. Val. Flacc. VI 112f. Arnob. V 28), ia- schadlich gewesen sein. Bei einem jahrlichen 
nua Orei (Plaut. Bacch. 333. Lucr. VI 762), Pest wurde ein Stier in die Hohle gebracht, der 
'Axegovreia (Isid. a. a. 0.), Acheruntis ostium nach kurzem Hineinlaufen tot niederzustiirzen 
(Plaut. Trin. 525). Xagcbna (s. Art. Charonion) pflegte. Strab. XIV 649. 

kennt Strabon hauptsachlich in Kleinasien im 20 3) Bei Myus im karischen Ionien, Strab. XII 

Plussgebiet des Maiandros : bei Hierapolis (Strab. 578. [Burchner.] 

XII 579. XIII 629. 630. Plin. a. a. 0. Apul. de 4) Charonion oder Plutonion war eine Vertie- 

mundo 17. Anon. Vat. XXXVII bei Keller Scr. fung bei Hierapolis, deren Boden von giftigen 

rer. nat. min. I), bei Acharaka auf dem Wege Dampfen bedeckt war, so dass Tiere darin starben, 

zwischen Tralleis und Nysa, zur Nysa'ls gehorig, wo Strab. XII 579. XIII 629ff. Zwischen 19 n. Chr. 

ein nXovzcbviov verbunden mit Incubation (Strab. und 380 ist es verschwunden. Partsch Abhandl. 

XII 579. XIV 649. 650. Eust. Dion. Per. 1153 fiir Martin Hertz 121. Ramsay Cities and 
[Miiller Geogr. gr. min. II 405, 19ff.]) und beim bishoprics of Phrygia I 86. [Ruge.] 
Dorfe Thymbria, unterhalb Magnesia, vier Stadien Charope (XaQonrj, -eia), eine Bakchantin im 
von Myus (Strab. XII 579. XIV 636). Ch. auf 30 Gefolge des Dionysos. Nonn. Dionys. XXXVI 
Miinzen von Magnesia, Drexler Wschr. f. kl. Ph. 256. 273f.; ebenso heisst auch eine Traubenart, 

XIII 1896, 390ff. Charoneae scrobes bei Plin. a. Pollux VI 82. Vgl. Charops Nr. 3. 

a. 0. XagcQvsia /Sapadga bei Galen, de usu part. [Escher.] 

VII 8; in Hippocr. imdrjfi. A (III 540. XVII A 10 Charopides, Athener (Sxafipcoridrjg). 'EXXtjvo- 
Kiihn). Vgl. noch Antig. Karyst. CXXIII (135) xaftiag im J. 424/3, CIA I 273.^ [Kirchner.] 
Keller. Aretaios 1 7. Diog. Laert. VII 123. Iambi. Charopinos (XaQomvog). "Aqx(ov BotcoxoTg 
de myst. IV 1. Simpl. u. Philop. in d. Comm. in 2. Jhdt. v. Chr., IGS I 393. 3068. 4259. 
Aristot. Gr. XI 194, 15. XV 390, 22. 476, 22. [Kirchner.] 
602, 14. Psell. it. evsqy. daifi. p. 20 Boiss. Vgl. Charopos (Xagojcog, auch X&Qotp, von x<*Q> X ai '~ 
Rohde Psyche 198f., 1. Xolqcoviov nQootonov 40 qw ,funkelnden Blicks', Schol. II. II 672. Eustath. 
oder TiQoowuov XaQwvog als wiotqojicuov zur Ab- II. 317, 42, Ebeling Lex. Homer. Pick-Bechtel 
wehr einer Pest, Tzetz. exeg. in H. p. 93 Herm. und Griech. Personennamen^ 404. 414. Maass Or- 
Chil. II 920f. [Waser.] pheus 153). 1) Beherrscher von Syme, Gatte der 

Xagd>vecot xlifiaxeg, nach Pollux Name der (Charis?) Aglaia, Vater des Nireus. II. II 672. 

unterirdischen Treppen im Theater, mittelst derer Arist. pepl. 17 B. Apollod. epit. Ill 13 W. Diod. 

Schauspieler aus einem Unterraum emporsteigen V 53, 2. Hyg. fab. 97. 270 (Charops). Tzetz. 

konnten, IV 132: ai dk ^agwvsMM xXifiaxeg xaxa Lyk. 1011. Luc. dial. mort. 25. 

rag ex xwv edcoXicov xa&odovg xsl/xevcu, ra u'ScoXa 2) Gatte der Kephalostochter Oie , der Epo- 

cbr' avxmv avanefiizovot (vgl. IV 127). Die An- nymen des attischen Demos Oie. Suid. s. Olrjdev. 
gabe, dass die %• "X. ihrer Lage nach den Treppen 50 Phot. Lex. p. 232. Philochoros bei Harpokr. s. 

des Zuschauerraumes entsprachen, genflgt nicht, Olfj&ev (Charops). [Escher.] 

um ihren Platz genauer zu bestimmen. In den Charops (Xdgoyj, auch XaQonog). 1) = Cha- 

erhaltenen Dramen findet sich kein Auftritt, in ropos Nr. 1, Hyg. fab. 270. 

dem derartige Treppen erforderlich waren (s.'Ava- 2) = Charopos Nr. 2. Harpokr. s. Olrj&cv. 

ji isofi a) ;esbleibt daher zweifelhaft, ob Pollux sich 3) Ein Thraker, Vater des Oiagros, Gross- 

auf eine Einrichtung des hellenistischen oder des vater des Orpheus. Er verrat dem Dionysos den 

rOmischen Theaters bezieht. tfber die in einigen beabsichtigten nachtlichen tjberfall des Lykurgos 

Theatern vorhandenen unterirdischen Gange und und wird dafur nach dem Tode des Lykurgos von 

Treppen, s. Orchestra. Vgl. A. Miiller Buh- dem Gotte als Konig von Thrakien eingesetzt und 
nenaltertumer 150. DOrpfeld und Reisch Das 60 in die bakchischen Weihen eingeweiht. Diod. Ill 

griechische Theater 248. 272. [Reisch.] 65, 4f. Lobeck Aglaophamus 323. 

XaQcbvsios ■d-vQa, auch XaQcovog dvQa, Xa- 4) a) Beiname des Herakles, der unter diesem 

gcoveiov, hiess im Gefangnis zu Athen die Thiir, Namen in der Nahe des Zeusheiligtums auf dem 

durch welche die Verbrecher zur Hinrichtung ab- Laphystion verehrt wurde. Nach boiotischer tfber- 

gefiihrt wurden, das ArmesunderpfSrtchen. Poll. lieferung hatte er dort den Kerberos aus der Unter- 

VIII 102. Hesych. Schol. Aristid. vol. Ill 65. welt emporgefuhrt , Paus. IX 34, 5. b) Sohn 
Zenob. prov. VI 41. [Thalheim.] des Herakles, Vater der Isis, ^gvyca yQan/xaxa 

Charonion (Xagmviov naml. Isqov, von dem erwahnt von Plut. de Is. et Os. 29. 



2185 Charta Charta 2186 

5) Ein Lemnier (?), Stat. Theb. V 159. Ch. sei erst nach der Griindung des agyptischen 

6) Sohn des Hippasos, Bruder des Sokos, von Alexandreia durch Alexander den Grossen bekannt 
Odysseus vor Troia getotet. II. XI 426f. Ovid. geworden und in Gebrauch gekommen; eine Be- 
met. XIII 260. hauptung, die den Thatsachen nicht entspriclit, 

7) Hund des Aktaion. Hyg. fab. 181; vgl. sondern vielmehr eine Gelehrtenconstruction ist. 
Horn. h. in Merc. 194. " [Escher.] Das beweist allein die Inschrift CIA I 324 aus 

8) Xdootp , der erste in der Eeihe der zehn- dem J. 407 v. Chr. : x<*Q xal scov-ij-d-tjoav dvo, aa- 
jahrigen Archonten 01. 7, 1 — 9, 2 = 752—743. vlSeg xhxaQss, und dass fur den griechiscben Cul- 
Dion. Hal. ant. I 71, 5. 75, 3. Veil. Pat. I 2, turkreis, im besonderen Ionien, schon Herodot 
3. 8, 3. Euseb. Chron. I 189. II 80 Schoene. 10 stillschweigend den allgemeinen Gebrauch der Ch. 
Hieron. ebd. II 81. Exc. lat. Barb. ebd. I 217. fur litterarische Zwecke voraussetzt, erhellt aus 
Sync. 399, 7. [v. Schoeffer.] seinen Worten V 58: xai rag filfiXovg dupfieoag 

9) Sohn des Telemachos aus Elis. Er siegt xaXeovoi cbro xov nalaiov ot "Icovsg , oxt xoxe iv 
zu Olympia urn die Mitte des 1. Jhdts. v. Chr. aitavi (tiftXmv Ixqkovxo dicp&SQrjai alyerjoi xal oU- 
xiXtjxi xehto). Sein Standbild in Olympia, wo- flOfexi de xax' efts no/.Xol xwv fiaofiaQwv dg xoi- 
von Basis mit Inschrift erhalten, Inschr. von Olym- avrag dupfttQag yQaqpovai. Die Erflndung der 
pia 207. [Kirchner.] Siyd-ega (membrana) aber (s. unter Atcp&sQa und 

10) LieblingsnameaufeinerrotfigurigenSchale Membrana) schreibt Varro an unserer Stelle 
des 6. Jhdts. Klein Lieblingsinschriften 36. Wer- dem Eumenes von Pergamon zu, § 70: mox 
nicke Lieblingsnamen 89. [C. Robert.] 20 aemulatione eirca bibliotheeas regum Ptolemaei 

Chart a, 6 %&(>xrig {v X"Q Tt l)> bezeichnet das et Eu/menis, supprimente chartas Ptolemaeo idem 

aus der Papyrusstaude (Cyperus Papyrus L.) ge- Varro membranas Pergami tradit repertas. Diese 

wonnene und verarbeitete , aber noch nicht be- Geschichte kehrt in spaterer Zeit haufiger wieder 

schriebene Buchmaterial (s. unter Buch oben (so bei Hieron. ep. ad Chrom. VII und Joannes 

S. 943). Das Wort ist wohl, wie die sinnverwandten Lydus de mens. p. 14, 11 ed. Wuensch, beiden 

nanvQog (Schaft der Papyruspflanze) und [SvjiXog durch Sueton vermittelt), und zeigt deutlich, dass 

(deren Mark) agyptischen Ursprungs (s. unter es die Rivalitat von Alexandreia und Pergamon 

Byblos Nr. 4 oben S. 1102); und wie das Wort und die Verschiedenheit des von beiden Cultur- 

selbst, ist auch die Sache, die es bezeichnet, im centren benutzten Schreibmaterials war, die Varro 
Nillande zu Hause, und von dort aus zu den Grie- 30 zu seiner Construction reizte. 
■chen und Romern gekommen. Unsere Kenntnis Auf diese historische Einleitung folgt § 71 

von der Herstellung und Verwendung der Ch. be- — 73 eine naturgeschichtliche Beschreibung des 

ruht hauptsachlich auf der ausfflhrlichen Schil- Papyrus und eine Aufzahlung der verschiedenen 

derung des alteren Plinius, n. h. XIII 68 — 89, Arten seiner Verwendung, die Plinius aus Theo- 

einer Stelle , die haufig interpretiert worden ist phrasts Pflanzengeschichte (IV 8, 3ff.) entnommen 

und eine umfangreiche Litteratur hervorgerufen hat. Es ist eine Staude , die hauptsachlich im 

hat; an sie schloss sich bereits Melchior Gui- Nildelta gedeiht; sie sendet aus einer armdicken 

landinus an in seinem zuerst Venedig 1572 er- Wurzel dreikantige Stengel aus, die eigentlichen 

schienenen Buche Papyrus, hoc est commentarius Papyri, die eine buschelartige Blume tragen. Die 
in tria C. Plinii maioris de papyro capita, und 40 Stengel werden, wie Plinius ausdrucklich sagt, 

sie ist der Angelpunkt auch fur die neueren Ab- bis zu 10 eubita (4,44 m.) hoch, eine Angabe, die- 

handlungen fiber die Ch. geblieben. Von diesen Bliimner (a. O. 309) mit 14 Fuss flbersetzt. 

sind besonders zu nennen H. Bliimner Techno- Birt a. 0. 225 bestreitet die MOglichkeit einer 

logie und Terminologie Bd. I Abschn. 7 (die Pabri- solchen H8he und will an dem theophrastischen 

cation des Papiers und Schreibmaterials) S. 308 — Mass von 4 Ellen (1,85 m.) festhalten; wie ich 

327, und Th. Birt Das antike Buchwesen, 5. Cap. glaube, mit Unrecht : die Papyrusstauden am Anapo 

S. 223—255. Bei Bliimner findet sich auch bei Syracus erreichen heute durchschnittlich melir 

ein Verweis auf die ziemlich umfangreiche Lit- als doppelte Mannshohe. 

teratur, die neueste ist nachgetragen von F.B lass Sodann wendet sich Plinius mit § 74 zur 

Palaeographie , Buchwesen und Handschriften- 50 Fabrication der Ch. aus dem Papyrus. Das Mark 

kunde, Iw. Mullers Hdb. I 2 333 — 336. der Pflanzenstengel — nicht, wie man fruher an- 

Die Beschreibung des Plinius weist im ein- nahm, der Bast — wird mit einem scharfen In- 

zelnen mancherlei Schwierigkeiten und Dnklar- strument in sehr diinne, aber mOglichst breite 

heiten auf, die, wie ich glaube, weniger durch Lagen zerlegt. Da der Stengel der Papyrusstaude 

Textverderbnis entstanden sind, als dadurch, dass dreikantig ist , so hat das Mark im Querschnitt 

der Autor im Eifer des Excerpierens sich einer die Gestalt eines gleichseitigen Dreiecks, und die 

zu gedrangten Kurze befleissigte und manchen breiteste Lage ist diejenige, die der H8he dieses 

verbindenden Gedanken ausliess, den wir heut- Dreiecks entspricht; von da ab nehmen die Lagen 

zutage zum volligen Verstandnis notwendigerweise nach beiden Seiten hin an Breite ab. Da nun 
haben miissten. Das Wesentliche aber, was wir 60 offenbar diejenige Ch. die beste ist, die aus der 

trotzdem aus ihm lernen konnen, sei im folgen- geringsten Anzahl Querstreifen besteht — sie 

den dargelegt. bietet die grSssten einheitlichen Flachen, und die 

Plinius beginnt § 69 mit einem kurzen IFber- Feder ist am wenigsten in Gefahr, durch Stecken- 

blick fiber die Geschichte des Schreibmaterials, bleiben in den Fugen die Gleichmassigkeit der 

den er vollstandig aus Varro geschSpft hat, wie Schrift zu schadigen — so ist leicht verstandlich, 

die zweimalige Nennung dieses Autors am Anfange warum Plinius an dieser Stelle von den Mark- 

und am Schlusse des Abschnittes beweist. Dem- streifen sagt: principatus medio atque inde scis- 

nach hat Varro die Ansicht ausgesprochen , die surae ordine, und dann sofort zur Aufzahlung der 



2187 Charta Charta 2188 

einzelnen Sorten der Ch. iibergeht , deren Giite erklart. Wollen wir nun beide Deflnitionen com- 

ja mit von der Breite der scissurae abhangig war. binieren, so erhalten wir filr scapiis die Bedeu- 

Nach Nennung der Papyrusarten , wie der tung eines Bandchens Schreibpapier (ich glaube 

Handel sie unterschied, fahrt Plinius in der Schil- nicht, dass man ehartae scriptae pressen darf), 

derung der Fabrication fort. Sie geschieht auf das aus einer bestimmten Anzahl von Blattern 

Platten, die mit Nilwasser feucht gehalten wer- besteht; diese Anzahl giebt nun gerade Plinius 

den , da , nach Ansicht des Plinius , die triibe an unserer Stelle auf 20 an. Soil diese Erkla- 

Fliissigkeit dem Leim erst die rechte Kraft giebt. rung einen Sinn haben, so kann der seapus na- 

Zuerst wird eine Reihe Streifen von mOglichster tiirlich nur eine kaufmannische Einheit gewesen 
Lange, nur oben und unten gerade geschnitten 10 sein, nach der die Ch. im Handel ging; aus meh- 

(so verstehe ich die Worte resegminibus utrim- reren scapi setzte man dann nach Bediirfnis die 

que amputatis), dicht nebeneinander auf der Tafel grSsseren Rollen zusammen. Den Namen aber hatte 

vertical in der Richtung auf den Arbeiter zu diese Einheit wohl gerade daher, dass sie unge- 

festgeleimt, dann wird dariiber eine andere Schicht fahr der Masse Ch. entsprach , die ein einzelner 

ebenso quergelegt: die erste ist die Unterlage, Schaft liefern konnte. 

oder, wie Plinius mit einem von der Webekunst Der nachste Paragraph, der noch mit der Fa- 

entnommenen Gleichnis sagt, die horizontalen statu- brication zu thun hat, ist 81; hier bekommen 

rnina; die zweite die subtemina, bilden die eigent- wir eine Schilderung der Fehler, die dem einzelnen 

liche Schreibflache (Wil eke n Hermes XXII 488). Blatte anhaften kOnnen. Rauhe Stellen werden 
Das so fertig geklebte Blatt wird gepresst und an 20 durch Elfenbein oder Muscheln geglattet, dann 

der Sonne getrocknet; sodann werden die einzelnen wird aber die Schrift leicht undeutlich. Eine 

Blatter mit einander verbunden, und zwar so, dass ganz geglattete Ch. nimmt weniger Tinte an, 

die besseren von weniger guten abgelost werden, wenn sie auch einen grosseren Glanz hat. 1st 

und die schlechtesten zuletzt kommen. Dies ge- man bei der Herstellung mit dem Verteilen der 

schah wohl, weil in der gerollten Hs. (s. unter Fliissigkeit unvorsichtig gewesen, so merkt man 

Papyrus) die ersten Blatter an der Aussen- dies beim Glatthammern , oder schon durch den 

seite lagen und so am meisten jedem Unfall Geruch. Linsenformige Flecken kann man mit 

ausgesetzt w'aren, den bessere Blatter eher aus- dem Auge wahrnehmen; schwieriger ist die Ent- 

hielten , wie schlechte ; dann aber blieben auch, deckung eines anderen Fehlers, der darin besteht, 

wenn die Ch. nicht ganz beschrieben wurde, gerade 30 dass in die Mitte zwischen beiden Lagen ein 

die schlechten Seiten unbenutzt (Birt a. 0. 238). Streifen geraten ist, der durch seine schwammige 

HJeran schliesst Plinius noch die Notiz : num- Natur dazu neigt, das Papyrusmark auszusaugen 

quam plures seapo quam vicenae (plagulae), (so verstehe ich taenea fungo papyri bibula); 

Worte , die man sehr verschieden gedeutet hat. diesen merkt man erst, wenn beim Schreiben die 

Aus der Schreibweise des Autors heraus kann ich Buchstaben auslaufen, das betreffende Blatt muss 

sie nicht anders verstehen, als: ,Ein Schaft hat alsdann umgearbeitet werden. 

nie mehr als 20 Blatter', d. h. ,aus einem Pflanzen- § 82 giebt die Recepte des besten Leims und 

schaft kann man bis zu 20 Blattern Ch. fabri- einige Nachtrage zur Herstellung der Ch. : das 

cieren'. Dass ein Schaft, der bis zu 4,44 m. hoch fertige Blatt wird mit dem Hammer diinn ge- 

wird, genug Mark enthalt, um bis zu 20 Blatter 40 schlagen und mit Leim tibergangen ; zuletzt wer- 

Ch. zu bilden — Plinius giebt beide male Maxi- den die Falten, die es durch das Leimen gezogen 

malzahlen — , stellt sich bei einer Berechnung hat, durch nochmaliges Hammern beseitigt; dann 

mit annahernden Werten als durchaus richtig ist die Ch. fertig und im stande, einen langen 

heraus: 20 Blatt des weiter oben von diesemAutor Zeitraum zu uberdauern. Plinius fiigt hinzu, dass 

genannten grOssten Formates fordern etwa 2,30 qm. er selbst noch die Handschrift der beiden Grac- 

Mark, und genau ebensoviel an wirklich verwend- chen gesehen habe; die Autogramme des Cicero, 

baren Streifen liefert eine Staude von der bezeich- Augustus und Vergil seien durchaus nichts Unge- 

neten H6he. wOhnliches. 

Nun giebt es aber eine Anzahl Glossen fur Der plinianische Tractat iiber die Ch. schliesst 

seapus, die Birt 239f. anfuhrt, und die ihn ent- 50 sodann mit einer langeren Polemik gegen Varros 

weder als eertus numerus tomorum ehartae seri- Behauptung, der Papyrus sei erst unter Alexander 

ptae oder als tumulus (lies tomulus) chartarum dem Grossen bekannt geworden (F. Miinzer 

erklaren. Um diese Glossen zur Deckung zu Quellenkritik des Plinius 152). Zuletzt giebt er 

bringen, kann man entweder annehmen, dass sea- noch die Nachricht, dass sich bereits gelegentlich 

pus eine doppelte Bedeutung gehabt habe — und ein Mangel an Ch. fuhlbar mache; unter Tiberius 

das ist ja gewiss das Naherliegende — , oder man habe der Senat, um Unordnungen vorzubeugen, 

geht da von aus, dass das zu glossierende Wort Vertrauensmanner eingesetzt, die die Verteilung 

eindeutig gewesen ist und nur verschieden erklart der Ch. iiberwachten. 

wurde ; alsdann waren tomtis und tomulus dem Die Angaben, die Plinius zwischendurch iiber 

Sinne nach nicht congruent gewesen. Da wir 60 die zu seiner Zeit gebrauchlichen Sorten Ch. macht, 

nun wissen, dass tomus in der That zweierlei lassen sich am besten nunmehr im Zusammen^ 

bezeichnen konnte, so scheint mir der letzte Weg hange betrachten. Ihnen stellt sich ein Bericht 

der methodisch richtige; alsdann hatten wir to- des Isidor zur Seite (orig. VI 10), der sein Wissen 

mus in der ersten Glosse in seiner ursprtmglichen aus Sueton schopft, wie Reifferscheid nachge- 

Bedeutung als geschnittenes Stuck Papier (rofiog wiesen hat (Suet. rell. frg. 103 und p. 420). 

6 Te/ivofisros x<*Q T ys Birt a. O. 25) aufzufassen, An eine gute Ch. stellten die Alten die An- 

wahrend die zweite Glosse seapus als ein Band- forderung , dass sie diinn und dabei doch dicht 

chen aus Papierstucken (man beachte den Plural) (d. h. nicht durchlassig), glatt und weiss sei, und 



2189 



Charta 



Charta 



2190 



nach der Verschiedenheit dieser Qualitaten schie- 
den sich die einzelnen Sorten; dazu kam aber 
noch ein rein ausserliches Unterscheidungszeichen, 
die GrOsse, die man nach der Breite des einzelnen 
Blattes bestimmte ; je breiter dieses war, fur um 
so besser gait die Sorte. 

Bei den einzelnen Arten nun, die uns die rO- 
mischen Schriftsteller nennen, lasst sich noch 
unterscheiden , welche urspriinglich in Agypten 



niana, die 10 digiti (0,185 m.) breit wurde. Hier 
giebt Plinius auch das Verfahren an: sie entstand 
durch weiteres Auseinanderarbeiten und sorgfal- 
tiges Zwischenlegen passender Streifen; so sind 
jedenfalls die Worte tenuatamque curiosa inter- 
polations zu verstehen. Dies Verfahren wird wohl 
auch bei der Herstellung der Augustea und Li- 
viana aus aus der hieratioa beobachtet worden sein. 
Die Reihenfolge der agyptischen und rOmischen 



fabriciert wurden, und welche hinzukamen, als 10 Sorten, wie sie Plinius angiebt, entspricht nun 



Plinius 

Augustea 
Liviana 
hieratica 
Fanniana 



diese Industrie nach Rom verpflanzt wurde und 
dort eine weitere Ausbildung erfuhr. Die beste 
agyptische Sorte war urspriinglich die hieratiea, 
deren Blattbreite 11 digiti (0,2035 m.) betrug, 
religiosis tantum voluminibus dieata sagt Pli- 
nius, zu dessen Worten es stimmt, wenn in dem 
einen Londoner Zauberpapyrus (Kenyon Greek 
Papyri in the Brit. Mus., London 1893, p. 74) 
v. 304 zu einer schriftlichen BeschwOrung aus- , . , . 

drticklich die Benutzung des z^e^g Isganxog ver- 20 ampfiUheatnea 
langt wird. 

Nach der hieratiea war die beste die amphi- 
theatriea, so genannt nach dem Pabricationsorte 
in der Nahe des Amphitheaters von Alexandreia, 
9 digiti breit (0,1665 m.); dann kam die Saitiea, 
zu der man schon schlechteres Material nahm, 
und die man 7 — 8 digiti (0,148 bezw. 0,1295 m.) 
breit machte. Noch schlechter und fast baum- 
rindenartig war die Taeneotiea, ebenfalls nach 



nicht ganz dem Verzeichnisse Suetons, wie es Isi- 
dor erhalten hat. Es zeigen sich folgende Ab- 
weichungen : 



Sueton 

Augustea 

Liviana 

hieratiea. 



Plinius 

Saitiea 
Taeneotiea 

emporetiea 



Sueton 
Taeneotiea 
Saitiea 
Comeliana 
emporetiea 



Dabei ist jedoch wenig von Belang, dass Sueton 
die beiden schlechten Sorten, die aus Sais und 
von der Taenia herkommen, in anderer Beihen- 
folge schatzt, als Plinius; wichtiger ist, dass er 
nach der Saitiea noch eine Sorte anffiirt, die 
Comeliana a Comelio Gallo praefecto Aegypti 
primum confecta. Da Cornelius Gallus sicher 
sich nicht um die Fabrication einer Ch. gekiim- 
mert hat, die an Giite zwischen der saitischen 



einer alexandrinischen Ortlichkeit benannt, sie 30 und dem Packpapier stand, so miissen wir an- 



wurde nicht nach der Gttte, sondern nach dem 
Gewicht verkauft. Ihre Breite giebt Plinius da- 
her auch gar nicht an, fur ihn beriihrt sie sich 
eng mit der letzten Sorte, der emporetiea, die 
nur fur Handelszwecke zu Emballagen u. a. ge- 
braucht wird, und deren Breite bis zu 6 digiti 
(0,111 m.) betragt. Und da naturgemass die brei- 
teren Sorten aus dem unteren Ende der Papyrus- 
schafte hergestellt werden, die langere Streifen 



nehmen, dass diese Sorte nur am Ende der Schreib- 
papiere steht, weil sie zuletzt erfunden ist. Sie 
wird jedenfalls sich an eine bereits vorhandene 
bessere Art agyptischer Ch. angeschlossen haben, 
und das ist sicher die amphitheatriea gewesen, 
die sonst im Cataloge des Sueton vollstandig 
fehlen wurde. Und da wir wissen, wie Augustus 
bestrebt war, jede Erinnerung an seinen einstigen 
Liebling zu unterdrucken, so werden wir uns nicht 



liefern, so bleibt, nachdem die oberen Teile sich 40 wundern , dass bei Plinius die aus der Amphi- 



zu der schmalen emporetiea haben verarbeiten 
lassen, noch ein Best, die oberste Spitze; diese 
liefert keine Ch. mehr, sondern ist der Papyrus 
schlechthin, der binsenartiger Natur und nur zu 
Stricken tauglich ist, und auch das nur da, wo 
er feucht gehalten werden kann. 

Die rOmische Industrie kniipfte nun an die 
beiden besten agyptischen Sorten an, indem sie 
ihre Breite und damit auch ihre Giite verbesserte. 



theatrica abgeleitete rOmische Marke nicht als 
Comeliana mit dem Namen des Erfinders er- 
scheint, sondern als Fanniana mit dem Namen 
des Fabricanten. 

Nachdem Plinius so den Stand der Papyrus- 
fabrication unter Augustus besprochen hat, giebt 
er noch einen Nachtrag iiber die spatere Zeit. 
Kaiser Claudius dehnte sein Interesse fiir litte- 
rarische Dinge auch auf das Schreibmaterial aus 



So entstanden aus der hieratiea zwei neue Sorten 50 und erfand eine neue, nach ihm genannte Ch. ; 



von je 13 digiti Breite (0,2405 m.) ; die erste 
davon kennt Plinius unter dem Namen der au- 
gusteischen Ch. , wahrend sie Sueton Augustea 
regia nennt, und sie in der alteren Litteratur 
zweimal nur als regia (fiaoilixbs x<*Q rf ]$) erscheint 
(Catull. 19, 6. Hero neol avrofiar. p. 269); dieser 
Name scheint zu beweisen, dass man bereits in 
Ag3'pten Verbesserungen an der hieratiea vorge- 
nommen und der dort entstandenen neuen Sorte 



die Augustea wurde namlich so diinn hergestellt, 
dass die Tinte auf die andere Seite durchschlug; 
diesem tfbel half Claudius dadurch ab, dass er 
die untere Lage aus Papyrus zweiter Giite her- 
stellte, der dichter war als der ganz feine Pa- 
pyrus, der die obere Lage bildete. Ausserdem 
brachte er die Breite des Blattes auf einen Puss 
(0,296 in.), und dadurch wurde seine Ch. die beste; 
die Augustea verwendete man von da ab meist 



eine Bezeichnung gegeben hatte, die eine Ehrung 60 zu Briefen. Ein Versuch, die Breite des Blattes 



fiir die Ptolemaeer sein sollte. In Bom machte 
man daraus, wie bemerkt, zwei Sorten : die eigent- 
liche Augustea regia und die Liviana, so genannt 
nach der Gattin des Augustus; sie unterschied 
sich von der Augustea nicht durch die Breite, 
sondern durch geringere Peinheit. 

Aus der amphitheatriea stellte der rOmische 
Fabricant Fannius eine neue Ch. her, die Fan- 



auf eine Elle (0,444 m.) zn bringen , scheiterte ; 
diese sog. maeroeolla (oder maeroeola) hatten den 
Nachteil, dass, wenn sich ein Querstreifen losriss, 
gleich mehrere Columnen Schrift bedroht waren. 
Die Quell en, auf die Plinius und Sueton im 
letzten Grunde zuriickgehen, sind sicher Berichte 
nach Notizen, die in den Fabriken zu Alexandreia 
oder Bom gemacht worden sind. Doch hat beiden 



2191 Charta Chartas 2192 

schon eine schriftstellerisch redigierte Ijbersicht Mithin sind durchgangig die von Martial ange- 

vorgelegen, und zwar aus augusteischer Zeit; filr fiihrten Pergamentbilcher wertvoller als die Pa- 

Sueton beweist dies die Wendung, die beste Ch. pyrusrollen; doch folgt aus dieser Erkenntnis 

sei in honorem Oetaviani Augusti appellata (nicht nicht viel fur das Preisverhaltnis der beiden Schreib- 

divi Augusti), und die Erw&hnung des Cornelius materialien , da die Wertschatzung hier iiberall 

Gallus; fiir Plinius geht es daraus hervor, dass mit durch den Umfang der betreffenden Werke 

er die claudianische Reform als Nachtrag zum bedingt ist. 

Stande der Sorten unter Augustus bringt. Diese So gut wir fiber die Fabrication der Ch. im 

Quelle unter den Werken des Varro oder des Ver- 1. Jhdt. n. Cur. unterriehtet sind, so wenig wissen 
rius Flaccus zu suchen, verbietet fur Sueton eben 10 wir aus der Polgezeit. Gelegentlich werden in 

jene Erwahnung des Gallus; es ware ein sehr Rom horrea chartaria erwahnt (Notit. reg. IV), 

merkwiirdiger Zufall, wenn Varro in seinen letzten die zeigen, dass das verk&ufliche Schreibmaterial 

Lebensjahren, wahrend deren Agypten unter der in grossen Speichern aufbewahrt wurde; doch 

Verwaltung des Cornelius stand, liber die Ch. ge- musste mit der allmahlichen VerSdung Roms auch 

schrieben hatte, und Verrius Flaccus wiirde ihn ein Verfall dieser Industrie kommen; und dies 

bei seiner Stellung zum Hause des Herrschers Zuriickgehen wird klar an den Massen der er- 

sicher nicht erwahnt haben. Er kOnnte hochstens haltenen Papyri, von denen lange nicht alle die 

fiir Plinius in Betracht kommen , aber auch das Breite erreichen, die Plinius von einer guten Ch. 

ist mehr wie unsicher. fordert. Die Messungen Birts (a. 0. 275f.) er- 

Der Preis, den die Ch. im Handel erzielte, 20 geben fiir sehr viele Papyri ein Zirruckbleiben 

war natiirlich in alterer Zeit, als der Marktver- selbst hinter der Breite der emporetica. 

kehr noch weniger lebhaft war, ein ziemlich hoher ; Die Schicksale der aus Papyrusmark herge- 

die oben erwahnten x<*Q tal Svo kosteten im J. 407 stellten Ch. im Mittelalter sind zuletzt besprochen 

v. Chr. 2 Drachmen 4 Obolen (s. oben S. 975). von F. Blass (a. 0. 344). In Agypten ist sie 

Von einem ganz geringen Stiicke Ch. spricht De- noch sehr lange fabriciert worden, wie die Funde 

mosthenes LVI 1 als von einem y(>a(ifiat;etdiov ausdemFaiyumbeweisen(WilckenHermesXXIIl 

dvotv xakxoiv ecovtjfiivov xal ptfSXidiov /mxqov narv. 629). Doch allmahlich erlag dieses Material einer 

In der Kaiserzeit werden uns gelegentlich Preise machtigen Concurrenz; nicht nur beginnt seit dem 

von Buchern genannt, die ergeben. dass eine fertige 3. und 4. Jhdt. im Occident das Pergament (s. 
Rolle von geringem Umfange und einfacher Aus- 30 u. Pergament) die Ch. abzulosen, sondern auch 

stattung den Verleger auf einen Selbstkostenpreis im Orient muss sie allmahlich weichen, und zwar 

von etwa einem Sesterz zu stehen kam (s. oben hier dem Baumwollen- und Linnenpapier. Ersteres, 

S. 984): da hierin noch der Schreiberlohn inbe- die charta bombycina (i;vXoxa.Qtlov) , wird seit 

griffen ist, so kann damals die Rolle Ch. nicht dem 8. Jhdt. von den Arabern importiert, aber 

gerade sehr teuer gewesen sein. im Abendlande bis zum 14. Jhdt. neben dem Per- 

Interessant ist hierbei auch die Frage, in gament nur sparlich verwendet; mit dem 15. Jhdt. 
welchem Verhaltnis der Preis der Ch. zu dem des beginnt dann die fJberhandnahme des Linnen- 
anderen Schreibmaterials , des Pergaments, ge- papieres, das schliesslich sich als alleiniges Buch- 
standen hat. Einen Fingerzeig giebt uns Martial material behauptet hat ; auch auf dieses geht 
in seinen Apophoreta (B. XIV), die, wie B i r 1 40 der Name charta iiber, und die auf Linnenpapier 
bewiesen hat (Buchwesen 73ff.), so geordnet sind, geschriebenen Manuscripte werden xax e^o/^r 
dass immer ein wertvolles Geschenk mit einem als codices ehartacei bezeichnet. [Wiinsch.j 
minderwertigen abwechselt. Hier sind nun in Chartanoi s. Chattanoi. 
den Epigrammen 183 — 196 Biicher als Geschenke Chartaria horrea, in Rom, nur genannt in 
gewahlt, und zwar, wie die Titel beweisen, ab- der Notitia reg. IV (Jordan Topogr. II 546) 
wechselnd ein auf Ch. und ein auf Pergament zwischen templum lelluris und tigillum sorormm, 
geschriebenes. Da nun das zuerst genannte Buch, also am Westabhang des Oppius. [Hulsen.] 
die Batrachomachia auf Papier, auf ein zweifellos Chartarii heissen im ostgothischen Reiche 
minderwertiges Geschenk folgt, so schliesst Birt die Officialen des Comes sacri patrimonii, deren 
aus dem Gesetze der Disposition, dass dieses Buch 50 Obmann der tribunus chartariorum ist (Cassiod. 
wieder ein wertvolles Geschenk gewesen sein mttsse, var. VII 43). Mit den Chartularii haben sie nichts 
und mithin hoher im Preise gestanden habe, als gemein, Cassiod. VII 43. VIII 23, 4. IX 3, 2. XII 
der darauffolgende gauze Homer (Ilias und Odyssee) 4, 6. Mommsen Neues Archiv d. Gesellsch. f. 
in membranis. Ich halte diesen Schluss fiir un- alt. deutsche Geschichte XIV 513. [Seeck.] 
mOglich und glaube, dass hier eine der zahlreichen Chartas und Syadras (oder nach Studnicz- 
Durchbrechungen des Dispositionsgesetzes vorliegt, kas ansprechender Emendation Syagras), spar- 
die auch Birt anerkennen muss, und die er auf tanische Bildhauer oder Erzgiesser. Sie werden 
den Ausfall einzelner Epigramme zuriickfuhrt ; in einer von Pausanias aus unbestimmter Quelle 
an unserer Stelle ist wohl eine Laune des Dichters uberlieferten Kiinstlerdiadochie VI 4, 4, als Lehrer 
massgebend gewesen , die bei den Buchern , ent- 60 des Eucheiros von Korinth bezeichnet, aus dessen 
gegen dem sonstigen Brauche, das wertlose Ge- Schule Klearchos von Rhegion hervorgegangen 
schenk den wertvollen voranstellte. Denn dass sein soil, der wieder seinen vermeintlichen Lands- 
ein ganzer Vergil in membranis, mit dem Bilde mann Pythagoras (in Wahrheit einen geborenen 
des Dichters verziert, mehr wert war als der Culix Samier) gebildet habe. Fiir die genauere Chrono- 
auf Ch., und dass die Monobiblos Properti an logie der beiden Kiinstler ist diese kunsthistorische 
Wert einen vollstandigen Livius nicht iibertreffen Hypothese nicht zu verwerten ; nur so viel lasst 
konnte, auch wenn jene auf einem zehnmal kost- sich aus ihr entnehmen, dass es ein mit ihrem 
bareren Stoff gesehrieben war als dieser, ist klar. Namen signiertes altertumliches Werk gegeben 



2193 Chartodras Charybdis 2194 

haben muss, auf dem allein die ganze Kunde von Charades (Harudes), germanisches Volk auf 

diesem Kiinstlerpaar beruht haben wird. Brunn derkimbrischenHalbinsel,SudnachbarnderCirnbri. 

Kiinstlergesch. I 52. Overbeck Griech. Plasty Ptol. II 11, 7 dvauixcorsQoi ftiv QovrSovotoi^ ava- 

183.263. Robert Arch. March. 10. Studniczka Tohy.mxeQoi 8i Xagovdsg, navxmv d'agxrixmreooi 

Vermutungen zur griech. Kunstgeschichte 44. KI^qoi. Im Mon. Ancyr. V 14f., wo von der 

[C. Robert.] Flottenexpedition des Augustus die Rede ist (vgl. 

Chartodras, lebte vor Theophrast (h. pi. II Veil. Pat. II 106. Plin. n. h. II 167, auch Strab. 

7, 4) und schrieb iiber Landwirtschaft. Nach VII 293) lautet der Name Gharydes: ela[ssis 

der einzigen Notiz, die uns von ihm erhalten ist, mea per Oeeanum] ab ostio Bheni ad solis orientis 
behandelte er die verschiedenen Arten des Dangers 10 rejMmew usque ad n[ationem Cimbrorujm na- 

und behauptete, dass der Menschenkot unter alien vigavit, quo neque terra neque mari quisquam 

Dfingemitteln den ersten Platz verdiene; vgl. Romanus ante id tempus adit. Cimbrique et Cha- 

Kirchner Die botan. Schriften des Theophrast, rydes (im griechischen Texte entstellt zu Xalvfies) 

Jahrb. f. Phil. Suppl. VII (1874) 507. et Semnones et eiusdem traotus alii Oermanorum 

[M. Wellmann.] poptdi per legates amicitiam meam et populi 

Charton (Xaertbv), Castell an der Grenze der Romani petierunt. Ein starker Heerhaufe des 

Tzanoi Okenitai, zwei Tage von Oronon, dem Volks (24 000 Mann) machte den Zug des Ariovist 

Sitz des Dux, unter Iustinian; Procop. aedif. Ill 6. mit (Caes. b. g. I 31. 37. 51, Harudes iiberliefert). 

[Tomaschek.] Zeuss Die Deutschen 151. 152. J. Grimm 

Chartularii, Subalternbeamte, die zuerst im20Gesch. d. deutschen Sprache lis 440. Miillen- 

J. 326 nachweisbar sind (Cod. Theod. VIII 7, 5; hoff Deutsche Altertumsk. II 66. 111. 157. 287. 

fiber die Datierung s. Seeck Ztschr. d. Savigny- Much Deutsche Stammsitze 204f. [Ihm.] 

Stiftung Rom. Abt. X 237). Sie finden sich als ChnrjbAis(Xdev(Sdie, -«<u?, ionisch -jos). Her- 

Untergebene folgender Beamten: leitungen des Namens: a) Aus dem Griechischen: 

1) Der Praefecti praetorio. Bei dem africani- Od. XII 104: Xagvfldis avaQQOiftdsT. Schol. Plat, 
schen Iustinians steht im Officium an letzter Stelle ep. p. 345 e : elg x&og Qoipduv (vgl. Suid. Etym M. 
eine Schola chartulariorum von 50 Mitgliedern undGud.), vgl. Eust. p. 1716, 41ft (HartungRel. 
(Cod. lust. I 27, 1 § 38). Ferner hat sein com- und Myth. d. Gr. II 86). Andere (s. Od. von Faesi- 
mentariensis einen, sein adiutor mehrere Ch. (Joh. Hinrichs II 8 z. XII 104): *xaqad (-ga) -goifidis 
Lyd. de mag. Ill 17. 20). Die letzteren sind aus 30 (zu/aed<5eaCurtius Grundz.s 197) und * X aQvfiSis 
den exeeptores genommen und haben die Regesta (xqvmtw, xaXxmTco Curtius 529) = ,Kalvy>a> des 
oder Cottidiana zu fubren. Meeres' (vgl. Kqovos und Xgdvos). DiintzerKuhns 

2) Der Magistri militum (Cod. Theod. VIII 7, Ztschr. f. vgl. Spr. XIV 197: Xag-vp-bis (vgl. 
5). Hier finden sich Ch. sowohl bei den kaiser- x £ ^s) — arripiens. Doederlein Horn. Gloss. II 
lichen Numeri, als auch bei den von Privatleuten 229 (nr. 797): x.eQaf}og, *xeQaftv&n>. Pott Kuhns 
angeworbenen Foederati. Sie scheinen in irgend Ztschr. V 255f. hwerbo (Graff Altd. Sprachschatz 
einer Weise mit der Verteilung der Kornrationen IV 1287) , hwerbil. b) Aus dem Semitischen : 
unter die Soldaten zu thun zu haben (Cod. lust. Lewy D. semit. Fremdw. i. Gr. 207. 

XII 37, 19 § 2). Ausserdem werden die Frauen Gegeniiber der Skylla (s. d.) erhebt sich in 
verstorbener Soldaten, die sich wieder verheiraten 40 Bogenschussferne ein zweiter Felsen, nicht so hoch, 

wollen, angewiesen, sich bei den Ch. Gewissheit aber mit machtigem wildem Feigenbaum, unter 

iiber den Tod ihrer friiheren Manner zu holen welchem die 8Ta X. die dunkle Flut in sich schlingt 

(Nov. lust. CXVII 11), was auf Fiihrung der Per- und wieder aussprudelt, dreimal des Tages, einem 

sonallisten hinzuweisen scheint. C. Benjamin ,Kessel iiber flammendem Feuer' vergleichbar, so 

De Iustiniani imperatoris aetate quaestiones mi- schrecklich, dass ,dem Schiffer im kleinen Schiffe' 

litares, Berlin 1892, 8. selbst des ErderschutterersHiilfe nicht fruchtet(Od. 

3) Zu dem Officium des Castrensis sacri pa- XII lOlff. 235ff.). Auf der Kirke Rat (v. 108ff.) 
latii gehSrt ein chartularius et serinium ipsius mied Odysseus die gefahrlichere Ch., dafur holte 
(Not. dign. Or. 17, 10; Occ. 15, 11). Hier ist er sich die Skylla sechs seiner Mannen aus des 
also Oberhaupt einer Kanzlei. 50 Schiffes Bauch (v. 245ff.). Hernach , wie des 

4) In den Officien der Dioecesanverwalter wer- Odysseus Gefahrten den Frevel an des Helios 
den Scriniarii abcommandiert, um als Ch. den Rech- Rindern mit dem Leben gebusst, trieb der gott- 
nungsbeamten (numerarii) zeitweilig Hulfe zu liche Dulder allein auf zertriimmertem Kiel zur 
leisten, Cod. lust. XII 49, 10. Ch. zuriick, die eben wieder ,des Meeres salzige 

5) Cod. lust. X 23, 3 ist die Rede von den Flut' einschhirfte; Odysseus hielt sich fest am 
chartularii, qui de eohortalibus offieiis uniuseu- iiberschattenden Feigenbaum, bis wieder Mast und 
iusque provineiae largitionales titulos retraetare Kiel ausgespieen wurden ; da schwang er sich hin- 
constituuntur. Hier sind es also Officialen der unter und setzte sich auf die Balken, um mit 
Praesides , die, wie es scheint, nur zeitweilig zu den Handen davonzurudern (v. 426ff.) , vgl. Eur. 
Ch. gemacht werden , um die Steuerrechnungen 60 Troad. 436. Lyk. Al. 668. 743. Apollod. ep. 7. 
nachzupriifen. 21. 23 Wagn. Hyg. p. 108, 23 Sch. u. s. f. Iason 

In diesen hOchst verschiedenen Functionen das und seine Begleiter gelangten gliicklich durch 

Gemeinsame zu entdecken, ist bisher noch nicht ge- die Skylla und Ch. dank der thatkraftigen Hiilfe 

lungen. Bethmann-HollwegDerrOm. Civilpro- der Thetis und ihrer Schwestern, Apoll. Rhod. IV 

cess III 155. P. Kriiger. Kritik des Iustinian. 789f. 825f. 923. Orph. Arg. 1251ft; vgl. Apollod. 

Codex 174. L. M. Hartmann Untersuchungen I 136 W. Ovid. met. VII 62ff.; her. XII 125f. 

zur Geschichte der B3"zantinischen Verwaltung in Aineias mied die Gefahren der Meerenge bei Si- 

Italien 33. 141; vgl. Chartarii. [Seeck.] cilien und fuhr um die Insel herum, Verg. Aen. 



2195 Chasalus Chatracharta 2196 

in 420ff. 554ff. VII 302f. Ovid. met. XIII 730f. lichen Ostjordanlandes 12) allerdings Bedenken 

XIV 75. In der Mythologie spielt Ch. kaum eine erhebt. [Benzinger.] 

Eolle; erst spater erscheint sie als Tochter des Chastieis(XaaT(«rff),attischeOrtschaft.Hesych. 

Poseidon und der Ge : als sehr gefrassiges Weib s. Xaaxia (und Xaaziets) • Xaotia xov ano xov &r\- 

raubte sie dem Herakles Binder und wurde da- fiov ■ XaausTg yag drj^og. Ein Demos Ch. hat bisher 

fur vom Blitz des Zeus ins Meer geschleudert, keine inschriftliche Bestatigung gefunden. Gewiss 

wo sie indes ihre gefrassige Natur beibehielt, nichts zu thun hat damit das heutige Dorf Chasia 

Serv. Aen. Ill 420 (Myth. Vat. II 170). Schol. an der siidlichen Vorstufe des Parnesgebirges ; 

Lucan. I 547. Prud. Apoth. 747 (LIX 981 Migne), vgl. den thessalischen Bergzug Ch., Bursian 

vgl. Artikel Skylla. Hauflg findet sich Ch., 10 Geogr. I 13. 15. [Milchhoefer.] 

wie Skylla, in ubertragenem und sprichwOrtlichem Chasuari(i) , germanisches Volk, das Tac. 

Gebrauch, vgl. Waser Skylla und Ch. i. d. Lit. Germ. 34 im Rficken der Chamavi ansetzt (An- 

und Kunst d. Gr. und R. , Diss. Zurich 1894 , grivarios et Gliamavos a tergo Didgubnii et Cha- 

69ff. Mit Skylla wurde Ch. von den Alten in suarii eludunt), wahrend Ptol. II 11, 11 (Ka- 

die sicilische Meerenge verlegt (Thuk. IV 24, 5) oov&qoi) sie siidlich von den Sueben und westlich 

und zwar auf die sicilische Seite unter das Vor- von den Chatten wohnen lasst (Zeuss Die Deut- 

gebirge Peloron bei Messene (Schol. Apoll. Rhod. schen 113f.). Ihr Name flguriert noch in der 

IV 825 u. a.), vgl. Iustin. IV 1. In Syrien Veroneser Volkertafel XV 6 ed. Seeck nomina 

fuhrt den Namen Ch. der Schlund , in den sich civitatum trans Bhenum fluvium quae sunt . . . 
der Orontes zwischen Apameia and Antiocheia er- 20 Oasuariorum (Miillenhoff Deutsche Altertumsk. 

giesst, Strab. VI 275 und Eust. Od. p. 1716, 25f.; Ill 323. Riese Rhein. Germanien 208). Viel- 

Eustathios spricht da ausserdem von einer lyki- leicht sind sie Anwohner der Hase, Nebenflusses 

schen Ch., und fur eine Ch. bei Gadeira vgl. der Ems (Zeuss a. O. Miillenhoff a. O. II 

Schol. Plat. ep. p. 345 e. Suid. Etym. M. u. Gud. 217f. Much Deutsche Stammsitze 54. 78). C. 

(Ps.-Eud. p. 431 Vill.). Miiller (Ausg. des Ptol. I 1, 263) u. a. identi- 

Von seiten der bildenden Kunst hat die Ch. ficieren sie mit den Ghattuarii Strabons VII 291. 

keine Beachtung gefunden ; Deutungen auf die Ch. 292, der sie mit den Cheruskern und Chatten zu- 

trifft man bei Gori Mus. Etr. CXLVIII 2 (viel- sammen nennt, wahrend Zeuss a. 0. 99f. diese 

mehr etr. ,Skylla'). Minervini Bull. nap. arch. als AbkOmmlinge der Chatten ansieht und in dem 
n. s. VH 38 z. Tf. Ill (vielmehr phantast. See- 30 Namen Chattuarii (Attuarii Veil. Pat. II 105) 

pferd). Braun Bull. d. Inst. 1843, 55 (vielmehr eine gemeinsame Bezeichnung der Bataver und 

Glaukos oder Triton). Polites 'Ecprm. &$%. 1892, Canninefaten erblickt (Zeuss 336ff. 582ff.). Jeden- 

241ff. (vielmehr Aiolos). [Waser.] falls sind die Chattuarii (das Gallovari der Ve- 

Chasalus (Hieron. onom. ed. Lagarde 91, 4. roneser Volkertafel XIII 21 zwischen Franci und 

94, 25. Euseb. ebd. 223, 59 XoaAovs ; 218, 55 Iotungi wird in Cattovari = Chattuarii zu andern 

'Eg"ddovs; Joseph, bell. Iud. Ill 3, 1 Ealw-d), das sein, Miillenhoff a. 0. Ill 313. Riese Rhein. 

alttestamentliche Kesulloth (Jos. 19, 18) oder Kis- Germ. 387) verschieden von den Ch. J. Grimm 

loth Tabor (Jos. 19, 12), nach Josephus in der Gesch. der deutschen Sprache 113 409.542. Vgl. 

.grossen Ebene' = Ebene Jezreel, nach Onom. Attuarii. [Ihm.] 
acht Millien Ostlich von Diocaesarea (Sepphoris, 40 Chateni s. Chattenia. 

Saffurije) dem Tabor zu gelegen , das heutige Chatracharta. 1) Stadt im nordwestlichen 

fksal auf einer felsigen Anhohe , westlich vom Teile von Baktriane an der Vereinigung des Ochos 

Tabor, mit vielen Felsgrabern und einem Castell mit dem Oxos, Ptol. VI 11, 7. VIII 23, 7. Am- 

aus der Kreuzfahrerzeit. Pococke Morgenl. II mian. Marc. XXIII 6, 58. Den Ochos halt man 

96. Buckingham Travels 450. Robinson Pa- gewOhnlich fiir den Unterlauf des Areios (jetzt Te- 

laestina III 41 7f. Gue'rin Galile'e I 108. Bae- cend), welcher den Oxos in historischer Zeit nie- 

deker Pal. u. Syrien 4 270. [Benzinger] mals erreicht haben diirfte; gleichwohl kann Ch. 

Chasamari, Volk am obern Lauf des Nils, auf die hervorragende Position von Amuya oder 

Plin. n. h. VI 192. [Sethe.] Amul, 'O.mei oder 'O.mu zur Zeit der sinischen 

Chasbi [Xaofil Euseb. onom. ed. Lagarde 301, 50 Dynastie Han, das heutige Car-gui bezogen wer- 

37 ; Hieron. ebd. 112, 18 Chaxbi; alttestament- den. Offen bleibt noch eine zweite MOglichkeit, 

lien Keub Gen. 38, 5 oder AJcxib Josua 15, 44), wenn man das Gebiet von Baktra nicht so weit 

Ort in Judaea im Gebiet von Eleutheropolis, nicht gegen Westen ausdehnen will und die Bezeichnung 

identiriciert. [Benzinger.] Ochos als schwankend annimmt : die bedeutendste 

Chasbi a, lykaonische Stadt, Ptol. V 6, 9. Wasserader zwischen dem Balch-ab und dem 

[Ruge.] Marw-rtid ist der Pluss von Maimene und Ande- 

Chasira (XaatQa), Stadt Grossarmeniens, west- chud, der sich nicht allzufern vom Oxos in Irri- 

lich von Artaxata, am Euphrat gelegen, Ptol. V gationscanale auflOst; dann flele Ch. mit Ande- 

13, 12. [Baumgartner.] chud (Anchud, Andchu'i) zusammen, einer Kultur- 

Chasirus (Var. Casyrus), Berg in Elymais, 60 oase reich an Garten und Ackerstrichen; zur Zeit 

Plin. n. h. VI 136. [Wissowa.] der Han wird D.na.ho als Sitz einer Herrschaft 

Chasphoma (Xdo<pm/ta Joseph, ant. Iud. XII zwischen Mo (Marw) und Po.ho (Balch) nahe dem 

340. I Makkab. 5, 25 Xao<pa>g; ebd. v. 36 We'i (Veh-rSt, Oxos) hervorgehoben. Der Name Ch. 

Xao<f(bv; II Makk. 12, 13 Edomr), fester Platz enthalt im ersten Glied zd. eksathra ,Herrschafts- 

der Gileaditis (Ostjordanland) , gewOhnlich mit bezirk' oder auch hvdthra ,gutes Feuer besitzend', 

Chisfin in der Gaulanitis , estlich vom Tiberias- im zweiten das Element — xaQta. [Tomaschek.] 

see an einer alten ROmerstrasse identiriciert, wo- 2) Stadt in Assyrien, Ptolem. VI 1, 6. 

gegen Buhl (Studien zur Topographie des nfird- [Fraenkel.] 



2197 Chatramis Chattenia 2198 

Chatramis, Xaxqafilg, Xargafik yfj und Xa- Schreibungen Sahara (Strab. XVI 768) und 2dp- 

tQafiiTis (Eustath. D. Per. 954. Dion. Per. 957. Prise. fada m x e 6xoXis (Ptol. VI 7, 38). Zur Zeit des Pe- 

Per. 887. Paraph. D. Per. 954—961. Niceph. riplus Mar. Eryth. residierte in Zdpfia&a der Konig 

Synopt. 933—961. Avien. 1135), daneben Xaxga- 'EXloaQOs (nlffibs), dem audi das Emporium Kdvr> 

fimxcxai (Ptol. VI 7, 25. 26), XaxQaumvXxat (var. gehorte. Der Weihrauch wird auf Kamelen nach 

XaTQaf-ifiZrou, Uran. bei Steph. Byz. s. "Aaa§tjvoi) Sabatha und von da auf Flossen und Schiffen zu 

und Xar&afMoriTig (Strab. XVI 768 und Steph. Meer nach Kane gefiihrt (Per. Mar. Eryth. 27). 

Byz. s. v. und s. KaxxajSavia). Dies sind die Aus dem eigentlichen Hadramaut sind bis 

Namen eines Landes und Volkes im gliicklichen jetzt nur wenige Inschriften bekannt, dieselben 

Arabien. 10 sind ZDMG XXXVII 392ff. zusammengestellt (vgl. 

Das Land Hadramaut wird schon in der heili- auch Mordtmann ZDMG XXXI 79), wo auch 

gen Schrift (Gen. 10, 26 und I Chr. 1, 20) in uber den Dialekt dieser Inschriften das Wesent- 

der Form n"!'0"?SO Chasarmawet erwahnt, findet Hche gegeben ist. Einige weitere Inschriftfrag- 

sich in den sabaeischen Inschriften in der Schrei- mente hat Theodor Bent mitgebracht, die mir 

bung rronjrn und wird von den Arabern Hadra- in Abklatschen vorliegen. Von den Inschriften 

maut, daneben aber auch Hadramut (vgl. Bekri von 'Obne (Bani) und Naqb al Hagr liegen mir 

Geographisches Worterbuch 291) gesprochen. Das Abklatsche vor, die Graf Carlo Landberg erst 

Nomen gentilicium \a.utetHadrami und der Plural jtingst mitgebracht hat. Ausser Wrede's Beise 

Hadarim. Daraus erklaren sich die mannigfachen in Hadramaut und van den Berg Le Hadramout 

Formen dieses Namens im Griechischen, die noch 20 et les colonies Arabes (Batavia 1886) sind noch 

durch die verschiedene Wiedergabe des h. (durch M. J. de Goeje's Hadramaut und die Reisebe- 

X oder Spiritus lenis) vermehrt worden sind, so schreibung vonBentundHirsch, ganz besonders 

Adod/ivxa (Theophr. hist, plant. IX 4,2), A3ga- C. Landbergs Arabica V (noch im Druck) zu 

fiXxai (Ptolem. VI 7, 10) und Atramitae (Plin. VI vergleichen. Eine Durchforschung Hadramauts 

155. XII 52). Wahrend also Theophrast das h und das Vordringen nach Schabwa (Sabota LX 

durch d ausdriickt, haben Plinius und Ptolemaios, templa muris ineludens) ist ein wissenschaftliches 

wahrscheinlich nach verschiedenen Quellen , die Desideratum ! [D. H. Miiller.] 

doppelte Aussprache. In spaterer Zeit waltet das Chatriaioi , Volk in Vorderindien , zwischen 

X vor. Die Form des Namens richtet sich bald dem Hydraotes und Hyphasis, mit dem Vorort 

nach der verkurzten, bald nach der vollen Bildung 30 Sangala, Ptol. VII 1, 64; es sind die Kathaioi der 

(hadram und hadramaut) und variiert noch je Alexanderzeit. Lassen Ind. Alt. II 157f. halt sie 

nach Ansatz der griechischen Endung. mit Recht filr die im Mahabharata geschilderten 

In der Velkertafel (Gen. 10,26) wird Hasar- Aratta (s. Aratrioi) oderBahika, von denarischen 

mavet genealogisch zu den Joktaniden gezahlt und Madra abstammende kriegerische , jedoch konig- 

neben Saba'(N3ffl) angefiihrt. Theophrast, der lose Hirtenstamme, welche wegen ihrer unfrommen 

es als Ursprungsgebiet von Weihrauch, Myrrhe, Brauche und wegen ihrer Mischung mit niedrigeren 

Kassia und Kinnamon nennt (als Weihrauch erzeu- Kasten bei den Brahmana der Gangesregion ver- 

gend nennt es auch Plinius XII 52, ebenso erwahnt achtet waren, obwohl ihr Name Ksatriya, prakr. 

er die hadram autische Myrrhe XII 69 ; damitstimmt Khattaya oder Khattia, auf die herrschende Stel- 

die Angabe des Eratosthenes bei Strabon XVI 768 40 lung hinweist; unter den Bagput giebt es noch 

uberein : .Kattabania erzeugt Weihrauch, Chatra- jetzt Abteilungen Khatri, Khatti u. dgl. 

motitis Myrrhe', was allerdings Ed. G 1 a s e r [Skizze [Tomaschek.] 

26] fur eine Verwechslung erklart, da Weihrauch Chatrische (Xato(ox>)) , Ortschaft im west- 

in Hadramaut, Myrrhe in der Gegend von Ta'izz lichen Teile yon Areia, Ptol. VI 17, 5; vielleicht 

gedeiht) ; auch der Per. mar. Eryth. 27 nennt es das heutige Carrachs, Vorort einer Oase auf dem 

X<bga h^avcoxotpoQoe) , fiihrt es neben Saba', Kitti- Wege von Qayin in KShistan nach Ghorian am 

baina (1. Kittibania) und MAMAAI (1. Mainia) Hare-rud. [Tomaschek.] 

an, worin man schon die vier grossenVolker er- Chattanoi (Xaxxavol oder XaQxavoi), ein im 

kennt, die Eratosthenes bei Strab. XVI 768 auf- agyptischen Nomos Libya ansassiger Volksstamm, 

zahlt, der jedoch die Homeriten an Stelle der 50 Ptol. IV 5, 22. " [Sethe.] 

Kattabanen erwahnt. Hier wird auch zuerst die Chattenia, Xaxryvta, Land der Gerraeer am 

Hauptstadt von Hadramaut, Sdfiaxa, genannt. persischen Meerbusen; Sou de xfjs 'Egv&Qag &a- 

In gleicher Weise kennt Plinius die Hauptstadt Moor/? sagt Steph. Byz. Seine Quelle ist Poly- 

von Hadramaut, die er aber Sabota schreibt: pars bios (XIII 9), der das Land ,sonst als mager, 

eoruni Atramitae, quorum, caput Sabota LX elend (kvnod), aber mit Burgen und Dorfern besat, 

templa muris ineludens (VI 155) und: In medio bezeichnet; auch eine Stadt Adflcu des Landes 

eius (sc. Arabiae) fere sunt Astramitae (sic) Ch. kennt Polybios (Steph. Byz. s. Adflai). Die 

pagus Sabaeorum, capite regni Sabota in monte Einwohner heissen auch Chattenoi. Ausser Po- 

exeelso. Daneben schreibt Plinius an anderen lybios fiihrt nur noch Plinius XII 147 die 

Stellen Chatramotitae (VI 154) und .... armis 60 Chatteni an : sinus Capeus, quern aeeolant Qaulo- 

praestare maxima Ghatramotitas (VI 161). pes et Chateni (Detlefsen Qattaei), sinus Oe- 

In den Inschriften (Os. 29) kommt die Stadt raieus , oppidum Gerra . . . Sprenger (Alte 

in der Form rrnffi I "p>~ ,die (Haupt-) Stadt Schab- Geogr. 149) stellt zusammen sinus Capeus mit der 

wat vor, die auch Hamdani (87, 23) als eine Bucht von al Qatif, die Chateni mit den Einwohnem 

zwischen Baihan und Hadramaut liegende Stadt von al-Chatt und Gerra mit al-Gar'a (Hamdani 

nennt. Diesem Sehabtcat entspricht lautlich am 137, 24). In anderer Orthographie kommt, wie 

besten Plinius Sabota, indem das w in 6 auf- Sprenger (Alte Geogr. 168. 170. 177. 185) nach- 

gelOst worden ist. Daneben finden sich die weist , derselbe Orts- und Volksnamen vor , so 



2199 Chatti Chatti 2200 

Atta und 'ArtaToi (Ptolem. VI 7, 15), Attene und Geschichte des Volkes anlangt, so ist auf die 

Attana (Plin. VI 32. 147). [D. H. Mfiller.] Operationen des Drusus (in den Jahren 11 — 9 

Chatti (in den Hss. gelegentlich Catthi, auch v. Chr.) schon hingewiesen worden ; seine Zfige 

Chatthi, Catti, Cati). Nachdem die Cherusker mit in das innere Germanien gingen immer durch das 

dem Tode des Arminius ihre fiihrende Stellung Chattenland (vgl. auch Veil. II 109). Auch Ger- 

unter den Germanen eingebiisst hatten, erscheinen manicus fand es fur notig, die Chatten durch 

ihre alten Feinde (Tac. ann. XII 28), die ihnen verschiedene Angriffe im Schach zu halten (Tac. 

stammverwandten Chatten als das machtigste Volk ann. I 55f. II 7. 25). Bei dem Einfall des Le- 

des germanischen Binnenlandes, das in der Folge- gaten Silius (Tac. ann. II 7) flelen die Frau und 
zeit den BOmern viel zu schaffen machte. Fur 10 Tochter des Chattenfiirsten Arpus in rOmische 

■die Bestimmung ihrer Wohnsitze (Z e u s s Die Hande (andere prineipes der Ch. aus jener Zeit 

Deutschen 95ff.) geben die Erwahnungen bei Strab. sind Actumerus Tac. XI 16, Adgandestrius II 88 ; 

VII 291 (Xdrrot) und Plin. n. h. IV 100 keinen vgl. zu diesen Namen Miillenhoff Haupts Zeit- 

weiteren Anhalt, als dass wir sie uns etwa als schr. IX 223ff.). Im J. 17 triumphierte Germa- 

Nachbarn der Cherusker zu denken haben. Ta- nicus de Cheruseis Ghattisque, Tac. II 41 (vgl. 

citus Germ. 30 setzt sie iiber die agri deeumates Strab. VII 292). Unter Claudius mussten sie 

hinaus: ultra hos (sc. agros deeumates) Chatti zweimal zur Ruhe gebracht werden, im J. 41 

initium sedis ah Hereynio saltu ineohant (vgl. durch Sulpicius Galba (Dio LX 8), im J. 50 durch 

zu dieser Stelle Zochbauer Serta Harte- den Legaten Pomponius Secundus (Tac. ann. XII 
liana, Wien 1896, 240ff.) ; unter dem Hercynius 20 27f.). Wie zu erwarten, beteiligten sie sich auch 

saltus sind hier Vogelsberg und Rhtin zu ver- an dem Aufstand der Bataver, ihrer Stamnies- 

stehen nebst ihren nSrdlichen Auslaufern. Die genossen (Tac. Germ. 29; hist. IV 12. Grimm 

Nordgrenze der Ch. scheint in die Gegend des a. O. II 3 406. Much Deutsche Stammsitze 23f.), 

Harzes zu fallen, denn nach Ptol. II 11, 11 (iiber- wenn auch nur nebenbei (Tac. hist. IV 37. Momm- 

liefert Xdrrai und Xavnai) sassen sie siidlich sen K. G. V 121. 136). Zur Zeit des Domitian 

von den Chamavi (vgl. Ptol. II 11, 10). Wenn hatten sie fiber die Cherusker obgesiegt und den 
Tac. Germ. 35 die Chauken bis zu den Chatten Cheruskerffirsten Chariomerus vertrieben (Dio epit. 
hinaufreichen lasst (Chaucorum gens . . . omnium, LXVII 5, vgl. Tac. Germ. 36). Der Angriffs- 
quas exposui gentium lateribus obtenditur, donee krieg, den Domitian unternahm, fallt in das J. 83 
in Cliattos usque sinuetur), so scheint das nicht 30 (Sueton. Dom. 6 expeditiones partim sponte sus- 

recht glaublich (Zeuss a. O. 96. Schweizer- cepit, partim neeessario: sponte in Chattos . . . 

S idler zu Tac. a. 0.). Im Sfidwesten berfihrten de Chattis Daeisque post varia proelia duplieem 

die Ch. den Khein am Taunus mons. Das ist triumphum egit. Butrop. VII 23. Frontin. strat. 

die Gegend, wo Drusus sich festsetzte und ein n 3, 23. Aur. Victor Epit. 11 ; Caes. 11. Iuven. 

Castell anlegte, Dio LIV 33 iv Xaxroig nag' avrcp IV 147 mit Schol. Martial. II 2, 6. Stat. silv. 

tg> 'Ptfva, (vgl. Dio LIV 36. LV 1. Florus II 30, I 1, 27. Ill 3, 168. Mommsen E. G. V 136f. 

32. Oros. VI 21, 15. Aur. Victor Epit. I 7). Schiller Gesch. d. rOm. Kais. I 527f.). Uber 

Eine weitere Grenzbestimmung liefert Tac. ann. spatere Kampfe berichten Hist. Aug. M. Anton. 

XIII 57, wo er (zum J. 58) von Grenzstreitig- philos. 8, 8 Catthi in Germaniam et Baetiam 
keiten zwischen Ch. und Hermunduren berichtet, 40 inruperant; Did. Iulian. 1, 8 Cattos debellavit. 

die einen Salzfluss (flumen gignendo sale feeun- Auch Caracalla scheint gegen sie gefochten zu 

dum et conterminum) betrafen. Man hat diesen haben (Dio epit. LXXVH 14. Zeuss a. 0. 327; 

Fluss fur die thfiringische oder frankische Saale s. den Artikel Cenni). Ihr Name erscheint zu- 

erklart: nach Zeuss (a. 0. 97f ) ist es eher die letzt zu Ende des 4. Jhdts. bei Sulpicius Ale- 

Werra, deren Thai an mehreren Punkten Salz- xander (Greg. Tur. hist. Franc. II 9) und Clau- 

quellen und Salzwerke hat. ,Auf diese Gegend dian. de bello Goth. 420 (bei Sidon. Apoll. carm. 

deutet schon der Zug des Drusus, der durch die VII 390 ist wohl mit Zeuss a. 0. 328 Chau- 

Chatten bis Suebia (Hermundurenland) vordringt, cumque oder Cauckumque fiir Chattumque her- 

dann zu den Cheruskern sich hinabwendet und zustellen). Die Veroneser Volkertafel XIII 16 
hier erst fiber die Weser setzt. Die Werra ist 50 p. 251 ed. Seeck nennt Cati zwischen Bructerern 

noch spater der Grenzfluss zwischen den Hessen und Burgundionen (Miillenhoff Deutsche Alter- 

und den Thuringern, den Nachkommen der Her- tumsk. HI 313). Die Hauptstelle fiber die Sitten 

munduren, die ihre alten Sitze behauptet haben. und Gebrauche der Ch. bei Tac. Germ. 30. 31, 

Das Land der Chatten nimmt so nach den alte- der sich fiber ihre kriegerische Tuchtigkeit und 

sten Nachrichten schon einen bedeutenden Eaum Besonnenheitsehranerkennendaussertundnament- 

ein, in der Form eines Dreiecks ausgedehnt, dessen lich ihre kluge Taktik und ihre fast rSmische 

eine Spitze um den Taunus an den Bhein reicht, Kampfesweise hervorhebt. Eine eingehende Schil- 

die zweite im oberen Werrathal liegt und die derung widmet den Ch. Jakob Grimm im 21. 

dritte unter der Diemel bei den Chamaven und Kapitel seiner Geschichte der deutschen Sprache. 
Cheruskern endet' (Zeuss). Die Lage des chat- 60 Aus neuerer Zeit ist zu nennen Wilhelm Arnold 

tischen Hauptorts Mattium, den Germanicus im AnsiedlungenundWanderungenDeutscherStamme 

J. 15 in Brand steckte (Tac. ann. I 56), steht (Marburg 1875), welcher aus den hessischen Orts- 

nicht fest. Schon dieser Name beweist, dass die namen beachtenswerte Schlfisse fur die erste An- 

am Taunus sitzenden Mattiaci ein chattischer siedlung und weitere Verbreitung der Hessen zieht. 

Stamm sind, die auch unter rOmischer Herrschaft Denn dass der Name der Chatten von den spa- 

hier ansassig blieben (vgl. Tac. Germ. 29. Zeuss teren Hassi, Hessi nicht zu trennen ist, scheint 

a. 0. 98. Grimm Gesch. d. deutschen Sprache sicher trotz des Widerspruches von Zeuss (a. 0. 

IIS 404ff. Mommsen R.G. V 135). Was die 96); vgl. Miillenhoff Ztschr. f. deutsches Alt. 



2201 Chattuarii Chaulotaioi 2202 

XXIII 5ff. Von sonstigen gelegentliohen Er- quieseentibus eadem fama — eine Schilderung, 
wahnungen des Chattennamens bei alten Schrift- mit welcher die des Plin. n. h. XVI 2ff., der 
stellern seien noch erwahnt Suet. Vit. 14 vati- das Land dieser misera gens in den diistersten 
einante Chatta (Var. Gala, Gattha, Chattlia) mu- Farben, aber wahrbeitsgetreu malt, scharf con- 
Mere, cui velut oraculo adquieseebat (vgl. Tac. trastiert (Zeus s Die Deutschen 140f. Schweizer- 
Germ. 8. Dio LXVII 5) und Martial XIV 26, Sidler zu Tacit, a. 0.). Auffallend ist die Stel- 
der als Beizmittel fur die Haare Ghattica spuma lung, welche Plin. IV 101 dem Volke anweist : 
anfiihrt (die Lesart eaustica ist ohne Gewahr ; in Bheno autem ipso . . . nobilissima Batavorum 
vgl. Mart. VIII 33, 20 spuma Batava. XIV 27 insula et Cannenefatium et aliae Frisiorum, C/iau- 
Mattiacas pilas. J. Grimm Gesch. d. deutschen 10 coram, Frisiavonum, Sturiorum, Marsaciorum, 
Sprache II 3 407). Vgl. auch die Artikel Am- quae stemunter inter Helinium ao Flevum. In 
sivarii, Batavi, Chasuarii, Cherusci. Wirklichkeit sassen die Ch. Ostrich von den Priesen 

[Ihm.] an der Nordseekuste zwischen Ems und Elbe. 

Chattuarii s. Chasuarii. Und zwar waren sie geschieden in ,grosse' und 

Chaubi (XavfSot), Volk Germaniens am Ocean. ,kleine' Chauken (Plin. n. h. XVI 2 gentes . . . 

Strab. VII 291 tiq6s Sk r<p Sxsavqj SovyafipQol sunt in septentrione visas nobis Cliaueorum, qui 

re xal Xavfiot xal Bqovxxsqoi xal KififSgot axX. maiores minoresque appellantur). Ptol. II 11, 7 

S. den Artikel Chaibones. [Ihm.] (vgl. II 11, 9) setzt die kleinen (Kavxot ol (uxqoi) 

Chauci. Nach Unterwerfung der Priesen zog nach den Friesen an von der Ems bis zur Weser, 

Drusus gegen das germanische Volk der Ch. (Dio 20 die grossen (Kavxot ol /*et£ovs) Ostlichi bis zur 

LIV 32; vgl. Liv. epit. 140). Im J. 5 n. Chr. Elbe. Zeuss (Die Deutschen 139) mOchte die 

wurden sie den ROmern botmassig (Veil. Pat. II Stellung umkehren, da Geschichte und Localitat 

106 reoeptae Gauoliorum nationes); wir finden die westliche Abteilung als die grossere zeigt; 

daher bei ihnen wie bei den Priesen rOmische Tac. ann. XI 19 (missis qui maiores Ghaueos 

Besatzung (Tac. ann. I 38 in Ghaueis . . . prae- ad deditionem pellicerent, doch wohl die nachsten 

sidium agitantes vexillarii diseordium legionum); Nachbarn der Priesen) spricht fur diese Annahme. 

wie die Priesen stellten auch sie den ROmem Nach Tac. Germ. 35 hatte sich das Gebiet der 

Hulfstruppen (Tac. ann. I 60 Ghauei cum auxilia Ch. siidlich bis zu den Chatten erstreckt, eine 

pollieerentur. II 17 a Chaueis inter auxilia Bo- Angabe, die bezweifelt werden darf (Zeuss a. O. 

mana agentibus. II 24). Unter Tiberius scheint 30 140. C. Miiller Ausg. des Ptol. I 257). Auch 

das schwer zu schfltzende Chaukenland aufge- zu Anfang des 3. Jhdts. finden wir die Ch. noch 

geben worden zu sein (Mommsen R. G. V 111). als Bewohner des inneren Germaniens (Hist. Aug. 

Seit der Zeit des Claudius treten die Ch. den Did. Iulian. 1, 7 Belgieam sancte ac diu rexit. 

RSmern feindlich gegeniiber. Im J. 41 musste ibi Gauchis, Qermaniae popalis, qui Albim flu- 

der Statthalter P. Gabinius Secundus eine Ex- vium aecolebant, erumpentibus restitit). Spater 

pedition gegen sie unternehmen, die ihm den scheinen sie sich mehr nach Westen ausgedehnt 

Ehrennamen Chaucius einbrachte (Suet. Claud. zu haben, denn bei Claudian cons. Stilich. I 225 

24 Cauchius Hss., vgl. Dio LX 8). Sechs Jahre erscheinen sie geradezu als Anwohner des Ost- 

spater brandschatzten sie sogar mit ihren leichten lichen Rheinufers (Zeuss a. O. 382). Dann ver- 
Piratenschiffen die gallische Kiiste (Tac. ann. XI 40 schwinden sie aus der Geschichte. — Der Name 

18. 19. Dio LX 30). Domitius Corbulo wusste wird bei den Autoren verschieden iiberliefert. 

ihren Fiihrer Gannascus, einen geborenen Cannene- Chauci ist wohl die beste Lesart (zur Deutung 

faten, unschadlich zu machen, aber an einer nach- s. Zeuss a. O. 138. Schweizer-Sidler zu Tac. 

drucklichen Ziichtigung des Volkes hinderte ihn Germ. 35), die die Hss. des Tacitus an den meisten 

Claudius, der Befehl gab, alle rSmischen Besat- Stellen bieten, ebenso Plin. IV 101, is rtjv Xav- 

zungen vom rechten Rheinufer zuriickzuziehen xlSa Dio LIV 32, Chad die Tab. Peut. (Des- 

(Schiller Gesch. d. rOm. Kais. I 322f. Momm- jardins Table de Peut. 3. Miillenhoff D. A. 

sen R. G. V 114f.). Dass die Macht des Volkes III 313); dagegen Kavxot Strab. VII 291; Cauci 

im Wachsen begriffen war, zeigt auch der Um- Plin. XVI 2. 5. Tac. ann. XI 19; hist. V 19 und 

stand , dass sie die Amsivarier aus ihren Sitzen 50 ferner Cauchi Veil. II 106. Tac. a. XI 19 ; hist, 

vertreiben konnten (Tac. ann. XIII 55). Im ba- IV 79. Suet. Claud. 24. Hist. Aug. ; Kavxot Ptol. 

tavischen Kriege kampften sie wieder gegen die und Dio LX 30 (LX 8 ist Kav%ovs aus Mav- 

Romer (Tac. hist. IV 79. V 19). — Die Ch. ge- govalovs hergestellt) Bei Lucan. 1 463 ist Caycos, 

horten zu den bedeutenderen germanischen Vol- bei Claudian cons. Stilich. 1 225 Cailco, in Eutrop. 

kern. Veil. Pat. II 106 hebt ihre zahlreiche und I 379 Caucis iiberliefert. Bei Zosim. Ill 6 steht 

kraftige Jugend hervor, Tacit. Germ. 35 ruhmt Kovddovs , was nicht in Kav%ovq (Zeuss a. 0. 

ihre Macht und Zriegstuchtigkeit, daneben ihre 382), sondern wohl in Xaud/iovg zu andern ist 

Besonnenheit und Massigung: tarn immensum (Riese Rhein. Germanien 286. Miillenhoff D. 

terrarum spatium non tenent tantum Chauci, A. Ill 226). Vgl. auch J. Grimm Geschichte 

sed et implent, populus inter Qermanos nobilissi- 60 der deutschen Sprache 113 466ff. [Ihm.] 

mus quique magnitudinem suam malit iustitia Chariones s. Chaibones. 

tueri. sine cupiditate, sine impotentia, quieti Chaulasioi s - Chablasioi. 

seeretique nulla provocant bella, nullis raptibus Chaulci s. Calucones Nr. 2. 

aut latrociniis populantur. id praeeipuum vir- Chaulotaioi (XavloxaTot), Volk an der nord- 

tutis ac virium argumentum est, quod, ut supe- lichen Grenze des gliicklichen Arabien, nur von 

riores agant, . non per iniurias assequuntur ; Eratosthenes bei Strab. XVI 767 neben den Na- 

prompta tamen omnibus arma ac si res poscat bataeern und Agraeern erwahnt. Die Zusammen- 

exereitus, plurimum virorum equorumque, et stellung Sprengers (Alte Geogr. 420) mit den 



2203 Chaunoi Checa 2204 

Chaulan ist wenig ansprechend, noch weniger die genannten Xezrata xcofti] , heute Kasr el Cham- 

Glasers (Skizze 13) mit den keilschriftlichen mas. [Sethe.] 

Khalatu. [D. H. Mtiller.] Chaza, Stadt nOrdlich vom Kataraktensee 

Chaunoi (ol Xavvoi) bei Steph. Byz. aus Bhia- (Ukerewe N.), bei der sich die zwei Ausfliisse dieses 

nos: S&voe flsojzQomxov in Epeiros. Nach K. Sees vereinigen. Anon, bei Hudson Geogr. gr. 

Bursian Geogr. v. Griechenl. 127 liegt ein Miss- min. IV 38. Muller zu Ptol. IV 7, 7 (vgl. 

verstandnis der Stelle des Bhianos vor ; Ch. Neben- Cbiera). [Fischer.] 

form fur Chaones s. d. Nr. 1. [Biirchner.] Chazaroi, ein hunnobulgarisches Volk, Nach- 

Cliaunus , ein Berg in Hispania Citerior. kommen der im Ostlichen Kaukasos und nOrdlich 
Nach der trbergabe von Ercavica (s. d.) an die 10 davon bis iiber die Wolgamiinden hinaus nomadi- 

BOmer im J. 575 = 179 v. Chr. brach nach dem sierenden Sabiroi. zuerst erwahnt als Bundesge- 

Bericht bei Livius (XL 50, 2 wohl nach Vale- nossen des Kaisers Herakleios im J. 623 — 626 ; seit 

rius Antias) ein neuer Aufstand der Keltiberer 650 treten sie als Herren der nordpontischen Ge- 

aus, der erst nach einem lange unentschiedenen stade, zumal der taurischen Halbinsel, auf, wo 

Kampfe ad montem Chaunwm (so die beste Uber- ihnen die Eeste der Gothen unterliegen. Bei ihnen 

lieferung) bewaltigt wurde. Die Vermutung von waren die Herrscher- und Amtstitel %ayavo<; (mon- 

Isaak Vossius (zu Mela), dass damit der Berg golisch chaghcm, turkisch qdan, chari), ni% (turkisch 

Gaius (s. d.) des Martial gemeint sei , lasst sich beg) und zovdovvos (turkisch tut- ,festhalten') iib- 

durch nichts begrunden; der Berg Chaunus ist lien; das byzantinische Eeich unterhielt mit ihnen 

vollig unbekannt. [Hiibner.] 20 innige, besonders handelspolitische Beziehungen. 

Chauou (Xavcov) , eine Landschaft in Medien, Am langsten erhielt sich ihr Andenken in Taurien 

wo Semiramis einen grossen Park angelegt haben oder Gazaria , wo die Genuesen Caffa besassen, 

soil, Ktes. bei Steph. Byz.; Diodor. II 13 bezeichnet sowie im Bereich des kaspischen Meeres, das bei 

es als Stadt. Vermutlich ist hiermit Xoava Ptol. den Persern darya-i-Chazar genannt wurde. Scy- 

VI 2, 14 identisch , das wahrscheinlich an der thia maior heisst demnach beim Geogr. Eav. p. 163, 

Strasse Ekbatana-Eaga (Hamadan -Tehran) ge- 10 Chazaria; doch halt derselbe die Chazari 

legen war. [Weissbach.] oder Ghaziri mit Unrecht fur die Akatziroi der 

Chaurana, Ort nOrdlich vom Imavos und siid- hunnischen Zeit; p. 30, 8 stent Qazorum fur 

lich von den Kasiabergen, Ostlich von den Chaitai, Lazorum. [Tomaschek.] 

Vorort der Chauranaioi Skythai, Ptol. VI 15, 3. 4; 30 Chazene (Xa(tjvt]), Landschaft in Assyrien, 

Ammian. Marc. XXIII 6, 63 fligt die merkwiirdige Strab. XVI 736. Steph. Byz. Der Name halt sich 

Notiz hinzu urbs, quae Persis paruit, vielleicht als Hazzd bei den Syrern, Payne-Smith Thes. 

eine Erinnerung an die von Ktesias und Herodot Syr. 1238 (arabisch Hazza Jakut Geogr. WOrtb. 

iiberlieferte Sage vom Ameisengold, welches die II 236). [Praenkel.] 

Baktrianoi aus der nOrdlich von Indien gelegenen Che, Ort Agyptens, beim Geogr. Eav. Ill 2, 

EinOde holten; Ael. h. a. Ill 4 verlegt in diese vgl. XT. [Sethe.] 

EinOde den Grenzfluss der Issedones Kafmvltvos. Chebres (XefiQijs), zwOlfter KOnig der acht- 

Das meiste Gold Indiens stammt aus den Hoch- zehnten agyptischen Dynastie, Maneth. nach Afri- 

flachen von Tibet, aus dem .Goldbezirk' Hataka- can. bei Synkell. p. 72 A (PHG II 575—578. 
de<ja nahe dem Kailasa; gebracht wurde es von 40 Lep si us KOnigsb. Quellentaf. 17), Vorganger 

den Khaca, Kulinda und Tangana. Die sinischen des Acherres, der bei Eusebios (chron. p. 99. Syn- 

Annalen erzahlen vom ,Frauenreich' Niii-kuS, wel- kell. p. 72. Lepsius a. a. O. 16) anstatt des Ch. 

ches 20 Tagreisen stidlich von Chottan lag und als zwOlfter Konig der Dynastie erscheint, und 

reich war an Gold, Moschus und Salz; Hyuan- dem Xsqqi^s Cheres vorangeht. Bei Josephus (c. 

Thsang fand dieses Eeich Ostlich von Ladak; es Ap. 115) heissen beide Konige 'AxeyxnQVSt i m a1 '- 

hiess indisch Suvarna-gOtra ,Goldgeschlecht'. Im menischen Teste der erste Cencheres , der zweite 

Tarich-i- Easidi wir'd ,Gold-Tibet' geschildert als Achencheres, bei Synkell. p. 151/5 (FHG II 609) 

Sitz der nomadischen Tribus Dul.pa (von tib. der erste XsvxsQrjg , der zweite 'AxeeQ^s. Es ist 

rdul ,Goldstaub'). Neuere Berichte, Journ. geogr. bis jetzt nicht gelungen , einen dieser Namen 
soc. XLVII 102ff., erzahlen von den Goldgruben der 50 hieroglyphisch zu belegen. [Sethe.] 

drei Kreise im Bereich des ,Eisgebirges' Gangs.ri; Cliebron. 1) Xs(Sqc6v oder Xsjigco? (African.), 

diese drei Kreise heissen tibetisch skor.gsum, von zweiter KOnig der achtzehnten agyptischen Dy- 

fcor, skor, akhor, kho.ra ,Kreis', und dieses Wort nastie , Maneth. bei Joseph, c. Ap. I 15. Afri- 

ist sicher schon in dem antiken Ch. als Basis can. und Euseb. bei Synkell. p. 62 B. C. Theo- 

enthalten. [Tomaschek.] phil. ad Autolyc. Ill 19. Synkell. p. 147. Euseb. 

Chaurina, Ort in Areia, Ptol. VI 17, 5; nicht chron. p. 99 (FHG II 573—578. 608. Lep- 

etwa das heutige GhOrian, Vorort des alten Can- sius KOnigsb. Quellentaf. 16. 17). Die agypti- 

tons Pusang am Hare'-rud ; die Lage vieler, meist schen KOnigslisten lassen auf den ersten KOnig 

aus Lehm erbauter Festen wird stets unsicher der Dynastie Amosis unmittelbar den dritten 
bleiben. Der Form nach vergleicht sich Chabrin 60 Amen-hotep I (Amenophis) folgen ; von einer da- 

im Gebiet von Bost am Hilmend; afghan. ch-aw- zwischen liegenden Eegierung hat sich bisher auch 

rin bedeutet ,lehmig, aus Lehm gemacht'. sonst keine Spur in den Denkmalern gefunden. 

[Tomaschek.] [Sethe.] 

Chaus s. Kazanes. 2) S. Hebron. 

Chautaiont-Xaijraro^HafenplatzanderKuste Checa, Station zwischen Nasabi (Nachcewan 

des agyptischen Nomos Libya, Stad. mar. magn. am Araxes) und der seleukidischen Grenzfeste 

26. 27 (= Geogr. gr. min. I 437), wie Muller gegen Media Nicaea Enyalia, Tab. Peut.; gewiss 

(z. St.) zeigt, identisch mit der von Ptol. IV 5, 4 richtiger schreibt Geogr. Eav. p. 49, 9. 66, 20 Zer- 



2205 Cheidria XsiqiSiotoq %itu>v 2206 

cane, Zereana; etwa Zargun am oberen Zab (Ya- nr. 285, der den Sieg in 01. 94 = 404 v. Chr. 

qut), schwerlich Siragan, Siqayava der Annenier verlegt. [Kirchner.] 

und Byzantiner. [Tomaschek.] XsiQiSwtbs xixmv, eh) Gewand mit Armeln ; 

Cheidria (roe XeldQia), verderbte Lesart in vgl. %ti(>k, von dem x- abgeleitet ist. tiber die 

Xen. hell. II 1, 28, von Joh. Lowenklau ver- verschiedenen besonderen Formen dieses Gewandes 

bessert: to tei%v&qlo.. Es sind die Castelle am erfahren wir aus den litterarischen Zeugnissen 

Hellespontos gemeint, in die die Athener nach nur, dass es entweder bis zum Knie reichte (Strab. 

der Schlacht bei Aigospotamoi 405 sich zuriick- XV 734. Heliodor. IX 15. Philostrat. mai. imag. 

zogen. [Biirchner.] 334, 4 K.) oder bis zu den Piissen (Herodian. V 

Cheilaiou (Xellcuov oQog), Variante des Namens 10 3, 6. 5, 10). Selbstverstaudlich ist, dass ein der- 

M6%Xog oder "0%loq fur den Berg der Sieben- artiger Chiton xaxa xovg &fiovg evajtro/tevog (Poll, 

schlafer bei Ephesos. S. Ramsay Hist. Geog. VII 58) und aix<fi;moxolog (Moiris 64) war. Auf 

of Asia M. 110. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien einem Irrtum muss die Notiz bei Hesychios be- 

CXXIV VIII 32. S. Chalos Nr. 1. ruhen: aXXi% • x^mv x et Q'So}xdg napa Evq/ogioovt; 

[Biirchner.] akh,% ist ein thessalischer Ausdruck fur Chlamys 

Cheileos, Tegeat. Nach Plut. Themist. 6 (Stephani Compte rendu 1875, 106 Anm.). Ein 

soil er Herbst 481 bei Gelegenheit der Versamm- Armelgewand ist der national-griechischen Tracht 

lung der Eidgenossen in Korinth den Beschluss fremd. Keine der Hauptformen hellenischer Frauen- 

des Themistokles , alle inneren Peindseligkeiten und Mannerkleidung hat Armel. Der ionische 

einzustellen, unterstutzt haben, Herod. VII 145 ; 20 Frauenchiton wird haufig incorrect Armelchiton 

vgl. Busolt Gr. Gesch. 112 656, 3. Nach Herod, genannt, weil er den Arm zum Teil bedeckt; dies 

IX 9 veranlasste er Sommer 479 die Ephoren zu geschieht aber nicht durch einen besonders zuge- 

Sparta , den Athenern gegen die Perser Hiilfs- schnittenen und genahten , der Form des Armes 

truppen zu senden; vgl. Plut. de Herodoti malign. sich anpassenden Armel (a. unter Chiton). Audi 

41 p. 871b. Busolt a. O. 112 723, 2. bei Homer wird nie ein Armelgewand erwahnt; 

[Kirchner.] vielmehr scheint das haufige Beiwort der Frauen 

Cheilon s. C h i 1 o n. XevxcbXsvog der Verwendung von Armeln, wenig- 

Cheimarone (Plin. n. h. IV 29 Chimarone; stens in weiblicher Tracht, zu widersprechen. Desto 

var. Chimerion) ; wenn die Anfiihrung dieses auffallender ist es , dass uns auf einem mykeni- 

Namens nicht auf Verwechslung mit Cheimerion 30 schen Denkmal deutlich eine Frau mit x- X- be- 

im epeirotischen Thesprotien beruht (s. d.) , ein gegnet, und zwar auf der bekannten Kriegervase 

Bergzug in der thessalischen Phthiotis. (Furtw angler und Loschcke My ken. Vasen 

[Biirchner.] p. 61 Taf. XLII/XLIII; iiber die Armel der Krieger 

Cheimarros (6 Xsi/taQQog; das Appellativum s. unter XsiQig). Die Darstellungsfahigkeit des 

bezeichnet einen Regen- oder Winterbach, Suid.), mykenischen Vasenmalers ist zu gering, um uns 

Trockenbach in einer Schlucht von Argolis, die eine genaue Vorstellung von der Form und Aus- 

den Chaonbergzug (s. d. Nr. 1) vom Pontinos stattung des Kleides im einzelnen zu geben; doch 

trennt , zwischen dem Erasinos und der Lerne, kann daran nicht gezweifelt werden, dass er ein 

Paus. II 36, 7. L.Ross Reisen und Reiserouten Gewand mit enganschliessenden Armeln hat dar- 

durch Griechenland (1841) 145. K. Bursian 40 stellen wollen. Auf dem Oberarm dicht an der 

Geogr. v. Griechenl. II 65. [Biirchner.] Schulter ist ein heller Flecken ; es ist unklar, ob 

Cheimarrus s. Kedron. er eine Decoration andeuten soil, oder ob gemeint 

Cheimerion {xo Xei/tsQiov = das winterlich ist, dass der Armel nicht in voller Rundung mit 

rauhe Gebirg). 1) Vorgebirg mit einer Rhede dem Rock verbunden sei (vgl. unter Xsiglg eine 

(FXvxvg Xifir\v, jetzt "Ay. 'lcoavvrjg) im epeirotischen derartige Tracht auf zwei spaten Monumenten). 

Thesprotien in der Landschaft Ela'itis, zwischen Auf einigen archaischen Bildwerken sind enge 

den Fliissen Acheron und Thyamis, gegeniiber der Armel angegeben , die den Oberarm ganz oder 

Insel Paxos. Auslaufer des jetzt Berge von <Pava- teilweise bedecken ; so bei der stozvia &rjQcov auf dem 

qi(ov) genannten Zuges, Thuc. I 30. 46. Strab. Bronzerelief aus Olympia (Bronzen Taf. XXXVIII), 

VII 324. Paus. VIII 7 , 2. Der Name rXvxvg 50 bei einer Darstellung derselben Gottin auf einem 

Xifirjv bezeugt das Hervorsprudeln einer starken Elfenbeinrelief aus Nimrud (Roscher Myth. Lex. 

Siisswasserquelle im Meer (nichts Seltenes, vgl. II 1753) und bei einer Mainade auf einer Vase 

Papenwasser im Stettiner Haff u. a.). J. H. Skene aus dem aiolischen Kyme (Rom. Mitt. Ill Taf. VI). 

Journ. Royal. Geog. Society XVHI 139ff. Bur- Zu beachten ist, dass alle drei Monumente aus 

si an Geogr. v. Griechenl. I 28. [Biirchner.] dem ostgriechischen Kulturkreise stammen. Ahn- 

2) S. Kimmerion. liche Halbarmel sehen wir bei Mannern in langen 

Cheimo (Xetfico), Ort (xwnrj) Agyptens, an Chitonen auf korinthischen Thonpinakes ange- 

der Kiiste des mareotischen Gaus, Ptol. IV 5,8; geben (Ant. Denkm. II 24 nr. 2. 3. 8. 10. 21. 

vgl. auch den Artikel XT. [Sethe.] Arch. Jahrb. XII 13. 17). Im griechischen Osten 

Cheimon aus Argos. Siegt in Olympia im 60 ist endlich das einzige archaisch-griechische Kunst- 

Ringkampf. In Olympia sowie 'in Argos sein Stand- werk entstanden, das eine griechische Gettin mit 

bild von Naukydes von Sikyon. Dasselbe spater reich verzierten Langarmeln darstellt; das Frag- 

nach Rom in den Tempel der Pax gebracht. Sein ment einer archaischen Aphroditestatue aus der 

Gegner in Olympia war Taurosthenes von Aigina, Zeit der .Tanten von der Akropolis' , gefunden 

der Sieger in der folgenden Olympiade. Paus. VI in Marseille, jetzt im Museum von Lyon (Bazin 

9,3. Zeit die des Kiinstlers, nach Robert Archao- L 'Aphrodite Marseillaise, Paris 1886; er hebt mit 

log. Marchen 107 etwa 423—390 , vgl. G. H. Recht die stilistische Verwandtschaft des Stiickes 

Fbrster Olymp. Sieger (Progr. Zwickau 1891) mit den Werken der archaischen Kunst von 



2207 XsiQiSwvog %ivmv XeiQcSearog yixtttv 2208 

Kypros, Milet und Samos hervor). Bei den II 27 = 759 Col. II 20. 758 B Col. II 29. 44). 

weiblichen Figuren des sog. Harpyen-Denkmales Der erste and letzte wird naher beschrieben als 

(Brunn-Bruckmann Denkm. 146/147) kann noixilog, der letzte ferner als Xivovg und ^arga- 

xnan zweifeln, ob sie Chitone mit weiten Armeln x st °vSi der zweite mit naopidtia s%a>v xevoa. Auch 

oder die gewohnlichen ionischen Chitone tragen. scheint mit einer Armeljacke, die wir ganz selten 

Wahrend diese wenigen charakteristiscben Aus- auf griechischen Monumenten sehen, nichts anderes 

nahmen nur die Regel bestatigen, dass die Armel als der persische xdvdvg gemeint zu sein , wenn 

den Grieehen urspriinglich fremd waren . finden auch die Armel nur bis zur Handwurzel reichen, 

wir sie nachweislich bei fast alien Barbarenvolkern. so an einer Terrakotte (Arch. Anz. 1893 , 147 
Bei den Juden trugen sie die Jungfrauen (Joseph. 1 Pig. 30), auf einem Grabstein (C o n z e Att. Grabrel. 

ant. Iud. VII 171). Auf den altchristlichen Sar- CLVI 819) und zwei Vasen (Catalogue of Vases 

kophagen werden die Juden z. B. in den Scenen in Br. Mus. Ill F 90 PI. 11 und De la Borde 

der Gesetzesverlesung und Bedrangung Mosis nicht Vases grecs de M. le comte de Lamberg I PL 

nur durch die eigenartigen Barette, sondern auch LVI), auf denen je eine Mainade mit solch einer 

darch Armelgewander ausgezeichnet (vgl. Kraus Jacke dargestellt ist. Tiber den Einfluss der Ziige 

Real-Encyklopadie der christl. Altertiimer, s. Ju- Alexanders auf das allgemeinere Bekanntwerden 

den). Wegen der PhOnikier s. Herodian. V 5, 10. persischer Kleidung in griechischen Kreisen s. 

Zur allgemeinen Tracht geherten sie bei den nachher. 

Persern; s. Herodot. VII 61. Xenoph. Cyrop. VIII Da wir neben dem xdvdvs auf den Abbil- 
3, 13. 8, 17; hell. II 1, 8. Heliod. IX 15. Strab. 20 dungen die Perser noch mit einem bis zu den 

XV 734. Poll. VII 58, wo wir auch xdvdvg und Knieen reichenden Armelchiton bekleidet sehen, 

xanvQLs als besondere Namen persischer Armel- so liegt es nahe, auf diesen den zweiten yon Pol- 

chitone erfahren. Eine genaue Vorstellung konnen lux iiberlieferten Namen xdizvgig auzuwenden ; 

wir uns nur von dem xdvdvg machen. Nach Pho- doch bleibt dies hypothetisch , da wir in keiner 

tios war er ein e<pa[ifia (Uberkleid; zu der Er- anderen Quelle etwas iiber xarnvqig erfahren. Als 

klarung zoTs vavuxoTg arsydargoig ioixog vgl. He- fur persische Tracht charakteristisch sind auch 

rodot. 1 194); von Hesych erfahren wir, dass ihn die Darstellungen des Mithras zu beachten (Cu- 

die Soldaten auf den Schultern befestigten (e/t- mont Textes et Monuments rel. aux myst. de 

noQnovvxai). Bei Lucian (dial. mort. XIV 4) wirft Mithra). 

Philipp dem Alexander vor, er habe die makedo- 30 Die Parther, Araber und Adiabener (Assyrien) 

nische Chlamys mit dem persischen xdvdvg ver- sehen wir auf den Beliefs des Bogens des Septi- 

tauscht. Dieser muss also einen ahnlichen Zweck mius Severus in Armelgewandern dargestellt (Ros- 

wie die Chlamys gehabt haben. Nach Pollux war sini Gli archi trionfali 55ff.). 

der xdvdvg, den Konig und Hofleute trugen, pur- Dass die Skythen Armel trugen, lehren uns 

purn gefarbt, also aus Zeug, doch gab es auch ihre Darstellungen: Compte rendu 1861 Taf. VI 

solche aus Leder. All das passt nur auf ein 11. 1864 Taf. III. Antiquite's du Bosph. cimm. 

Kleidungsstuck, das wir haufig auf Darstellungen (S. Beinach Bibl. des mon. fig. Ill) Taf. XX. 

von Persern bemerken (z. B. auf dem sogen. Ale- XXXII. XXXIII u. p. 137. Bull. hell. 1888 PI. I 

xandersarkophag ; Hamdi Bey et Th. Beinach (Relief aus Mantinea). Aus Pollux VII 70 er- 
Une necrop. roy. a Sidon PI. XXVff.), ein Ober- 40 fahren wir Namen und Staff ihres Armelgewandes ; 

kleid in Form einer Jacke mit Armeln, das nur es hiess avoslga und war aus Fellen gearbeitet. 

auf den Schultern befestigt ist und deshalb bei Die Darstellungen zeigen uns, dass sie eine Art 

heftiger Bewegung im Winde flattert. Uber die Uberrock war, ahnlich dem xdvdvg ; doch wurde 

Armel des xdvdvg (xogai) s. unter Xeigig. Wenn sie immer angezogen und gegiirtet getragen. 

man sich dem KOnige naherte , musste man die tfber die Dacier und die iibrigen Barbaren der 

Hande durch die xogm stecken, also den xdvdvg Donaulander belehren uns Monumente, wie die 

anziehen (Xen. hell. II 1, 8; Cyrop. VIII 3, 10). Bildsaulen gefangener Dacier auf dem Traians- 

Der xdvdvg des KOnigs war nach Pollux ahnoQ- forum, die Beliefs der Saule daselbst (Cichorius 

tpvgog, der der andern noQcpvQovg (vgl. Xenoph. Die Reliefs der Traianssaule) und das Monument 

Cyrop. I 3, 2. VIII 3, 13. Bsttiger Amalthea 50 von Adamklissi (Tocilesco D. Mon. v. Adam- 

I 171. O. Mailer Handbuch der Arch. § 246, 5). klissi). Uber die Thraker und Makedonier s. 

In der griechischen Kunst wurde der xdvdvg dann nachher. 

zu einem Charakteristikum barbarischer Tracht, Auch bei den Barbaren der Marc-Aurelsaule 

z. B. bei Medea auf dem Relief imLateran (Ben n- (Petersen, Domaszewski und Calderini Die 

dorf und Schoene Bildw. d. Lateran nr. 92), bei Marcussaule auf Piazza Colonna in Rom, Text- 

Anchises (Millingen Mon. ined. II 12. Bau- band p. 47) herrscht die Armeltracht vor; wir 

meister Denkmaler Abb. 84) und bei Amazonen finden sie auch bei den germanischen Frauen, 

auf dem Wiener Sarkophag (R. v. Schneider trotzdem dies der tjberlieferung des Tacitus (Germ. 

Album auserl. Gegenst. der Antikens.WienTaf.IX; 17) widerspricht. 

uber die Herkunft des Sarkophags aus Soloi auf 60 tfber die Gallier s. Strab. IV 196; vgl. S. 

Cypern vgl. Smirnoff Arch.-epigr. Mitt, aus Reinach Les Gaulois dans Part antique, Revue 

Ost. 1896, 142). Dass im 4. Jhdt. der xdvdvg arch. 18891 337 (die Kinder auf dem Sarkophag 

auch in Griechenland wenigstens als Luxusgewand von Amendola ebd. 1888 II Taf. XXII/XXIII) ; 

bekannt war und zwar schon vor den Ziigen Ale- Gottergestalten mit gallischer Kleidung bei S. Re i- 

xanders, bezeugen die Kleiderinventare der brau- nach Bronzes figure's de la Gaule romaine 137ff. 

ronischen Artemis ; fiinf Weihungen eines xdvdvg Vgl. auch Plut. Otho 6. 

sind darin verzeichnet (CIA II 754, 19 = 755, Ausnahmen bilden in dieser Beziehung unter 

11. 758 B Col. II 5 = 759 Col. II 1. 758 B Col. den Barbaren die Thraker. Sie werden haufig 



2209 XeiQidooTog %tToov XsiqiSwtos %it<6v 2210 

und charakteristisch dargestellt, aber immer ohne dagegen Stephani a. a. 0. 175, dem darin un- 

Armel (s. Litteratur und Monumente bei Furt- bedingt Recht zu geben ist, dass die typische 

wangler50. Berl. Winckelm.-Progr. 158ff. ; vgl. Kostiimierung der Paedagogen nicht von der 

Compte rendu 1875 , 95). Wenn Orpheus und Biihne hergenommen zu sein braucht. Diene- 

Thamyris trotzdem bisweilen im orientalischen rinnen mit Armelchitonen sehen wir vor alien 

Armelgewande erscheinen , so sollen sie dadurch Dingen auf einer langen Reihe griechischer Grab- 

entweder als Kitharoeden bezeichnet werden, wie reliefs : Conse Attische Grabrel. 66 XXVIII. 

Orpheus in der Unterwelt (Wien. Vorlegebl. S. E), 71 XXXIII. 78/79 XXXVI. 284 LXVI. 289 

oder es ist auf sie falschlich das allgemein barba- LXVII. 304 LXXII. 306 LXXIII. 337 LXXXV. 

rische Costiim iibertragen (Rom. Mitt. 1888 Tf. IX). 10 410 XCVII. 882 CLXXI. Ann. d. Inst. 1829 t. 

Aus dem letzteren Grunde tragt auch Boreas an G. Arch. Ztg. 1871 Taf. 53. Dieselbe Kleidung 

einer figurierten Vase aus Tanagra (Athen. Mitt. sehen wir an den Statuen trauernder Dienerinnen 

1882 Tf. XII) und, ebenso wie Skiron, an demTurm in Berlin (Beschreibung d. ant. Sk. 498f.). Den 

der Winde (Brunn-Bruckmann Denkm. 30. Grabreliefs entsprechen inhaltlich einige Vasen- 

Baumeister Denkmaler Abb. 2370) Armel. Die bilder, wo wir auch Dienerinnen in dieser Kleidung 

thrakische Gottin Bendis (P. Hartwig Bendis, sehen (Dumont et Chaplain Les ceram. de 

Leipzig-Berlin 1897) ist auf verschiedenen grie- la Grece propre I 38f. Compte rendu 1861 Tf. I. 

chischen Denkmalern dargestellt, aber nur zwei- Inghirami Pitture di vasi flttili II 192) und 

mal sehen wir sie mit langen Armeln : auf einem ein Wandbild (Zahn Pompei III 15 = Helbig 

griechischen Votivrelief (Hartwig Taf. II) und in 20 Camp. Wandg. 1435). Bei einigen Vasenbildern 

einer Statuette aus Cypern (ebd. Fig. 4). Hatten kann man zweifeln, ob Dienerinnen oder Herrinnen 

die Armel zur thrakischen Tracht gehOrt, so wflrde in der betreffenden Tracht gemeint sind; Revue 

man die Gottin in alien Fallen nicht ohne sie arch. 1849 PL 129, 2. Compte rendu 1860 Tf. I. 

dargestellt haben. Ebensowenig haben augen- Benndorf Griech.u. sicil. Vaserib. XL V. Zweifeln 

scheinlich die Makedonier Armel getragen (vgl. kann man, da es andern Monumenten und Zeug- 

Heuzey et Daumet Mission archeol. de Mace"- nissen zufolge sieher ist, dass der %. %. seit 

doine). Auch hatte die weiter unten zu behan- dem 5. Jhdt. auch in Griechenland bekannt war 

delnde tiberlieferung von Alexanders d. Gr. Trach- und im Privatleben, wenn auch selten, getragen 

tenwechsel keinen Sinn, wenn er von Hause aus wurde. Bei Frauen finden wir ihn auf folgenden 

den x- X- getragen hatte. tfber die Tracht der 30Darstellungen: Dumont et Chaplain Les ce- 

Thessaler erfahren wir, sie ware besonders reich- ram. de la Gr. pr. I 25f. (die Verstorbene am 

lich gewesen, verwandt der der Barbaren, aber Grabe; Lekythos). Millin Peintures de vas. ant. 

von Armeln ist nirgends die Rede (Strab. XI 530. Ill (Abschiedsscene). 38 (Hetaere). II 42 (Floten- 

Athen. XII 527 b. XIV 663 a. Monumente : Athen. spielerin). Compte rendu 1881 Tf. Ill 1 (Toiletten- 

Mitt. Xn 73. XV 199 Taf. IV— VII). scene). Mon. d. Inst. XII Tf. XXII 4 (Madchen mit 

Bekanntlich wurde in der Kunst nun die Armel- Harfe auf einem weissgrund. Bild des farnesinischen 

tracht, speciell die der Orientalen, auch auf my- Hauses). Ferner ist hier die Figur der jiingerenNio- 

thische Volker iibertragen, die die Sage zu Nach- bide in Florenz zu nennen (Amelung Fiihr. d. d. 

barn jener Barbaren machte. Genannt sind oben Ant. in Florenz nr. 184; die variierte Wiederholung 

schon die Amazonen (vgl. o. Bd. I S. 1777ff. Da- 40 im Museo Chiaramonti tragt den armellosen ioni- 

remberg-Saglio Dictionn. des ant. I 221ff.; sehen Chiton; es ist auch deshalb wahrscheinlich, 

charakteristisch ist, dass sich die Tracht bisher dass die Florentiner Figur das Original genauer 

bei keiner statuarischen Darstellung der Amazonen wiedergiebt; der Kunstler der Niobidengruppe hat 

und auf Reliefs nur ganz selten gefunden hat); viel Miihe darauf verwandt, in Ausserlichkeiten 

dann Arimaspen (s. o. Bd. H S. 827) und Aithiopen Abwechslung zu schaffen). Endlich findet sich 

(s. o. Bd. I S. 1102). Ebenso werden naturlich ein Armelchiton bei einer weiblichen Figur auf 

auch einzelne mythische Personen, die aus bar- dem kleineren pergamenischen Fries, deren Be- 

barischen Landern stammen, wie Medea mit ihrer deutung unbestimmt ist (Robert Arch. Jahrb. 

Familie (s. Seeliger in Roschers Myth. Lex. II III 96). Der Fries wird uns noch weiter unten 

2500ff.) durch die Armeltracht charakterisiert (s. 50 beschaftigen. Als Document fur die Verwendung 

weiteres daruber unten). des %■ X- m der Frauentoilette dient uns der schon 

Barbarentracht ist es auch, wenn wir Paeda- citierte Catalogus vestium in Brauronio dedica- 

gogen und Dienerinnen in Scenen des Mythus tarum, CIA II 751ff. Darin sind filnf Weihungen 

oder der Wirklichkeit mit Armelchitonen darge- von Armelchitonen verzeichnet, 754, 1. 758 B Col. 

stellt sehen. Beide werden dadurch als dem II 7 = 759 Col. II 2 (xeigiSag l^o>v = x^QiSco- 

Sclavenstande angehorig charakterisiert. Das be- tog). 758 B Col. II 21. 759 Col. II 15. 763 Col. 

kannteste Beispiel fur den Paedagogen ist die be- I 10. Die Beiworte bezeugen uns, dass wir es 

treffende Figur in der Niobidengruppe (Amelung hier durchweg mit Prachtgewandern zu thun 

Fiihrer d. d. Ant. in Florenz nr. 183). Sonstige haben: xaxaotuexos, ^varidmrog, momoixilog, ns- 
Beispiele auf Vasenbildern : Wiener Vorlegebl. 60 QitfytjTos. 

Ser. I Taf. XII (Medea). Arch. Ztg. 1883 Taf. 6 Bei Mannern sehen wir den Armelchiton zu- 

(Hippolytos). Gerhard Trinksch. u. Gef. II Taf. erst am Parthenonfries , und zwar bei einigen 

XXII (Ganymed?); auf einer praenestinischen Reitern des Zuges, bei denen man ja auch son- 

Ciste, Mon. d. Inst. VIII Taf. XXX (Chrysippos) stige einzelne Bestandteile barbarischer Kleidung 

und einem Wandgemalde, Helbig Camp. Wandg. beobachtet: Michaelis Parthenon Taf. 13, XXXI 

1151 (Dirke). Vgl. ferner die Zusammenstellungen 97. XXXII 99. XXXV 108. XXXIX 121 u. 122. 

von Stephani Compte rendu 1863, 177ff. Jahn XLII 133 (zu beachten ist, dass sich alle diese 

Mimch. Vasensamml. Einl. CCXXVII; Europa 3; Beispiele an einer Stelle, und zwar in dem west- 

Pauly-Wissowa III 70 



2211 XeiQidwTog %t,xmv XeiQidcoTcg yixmv 2212 

lichen Teil des Nordfrieses finden). Wir sehen Eine grosse Eolle hat endlich der %. x- im 

dieselbe Tracht an Hellenen erst wieder auf zwei Offentlichen Leben der Griechen gespielt und zwar 

Monumenten, die umein voiles Jahrhundert jiinger in sacraler Bedeutung. Er gehorte zur typischen 

sind als der Parthenonfries: auf dem vorauszu- Tracht der griechischen Schauspieler; der tragische 

setzenden malerischen Vorbilde des Alexander- trug den langen, bis auf die Fttsse reichenden, 

mosaiks inNeapel(OverbeckPompei613ff. Bau- der komische den kiirzeren, der bis zum Knie oder 

meister Denkm. Taf. XXI) und dem sog. Ale- etwas dariiber hinaus reichte. Uber das Costum 

xandersarkophag in Constantinopel (Hamdy Bey der ersteren vgl. die Zusammenstellung von Lit- 

et Th. Beinach a. a. 0.)- Auf dem Mosaik tragt teraturundMonumentenbeiBaumeisterDenkm. 

Alexander unter dem Panzer einen Armelchiton, 10 III 1852ff., uber das der letzteren ebd. II 825ff. 

in der Schlachtdarstellung des Sarkophags tragt Ferner Be the Prolegomena zur Geschichte des 

er und der jugendliche Reiter in der Mitte einen Theaters 42ff. 48ff. 320ff.; Arch. Jahrb. XI 293ff. 

solchen ohne Panzer; der alte Beiter rechts tragt Uber das Costum speciell der alten attischen Ko- 

den Panzer dariiber; in der Jagddarstellung hat modie und der unteritalischen Posse vgl. A. Korte 

ihn der griechische Teilnehmer zu Pferde (Ale- Arch. Jahrb. VIII 61ff. Das Armelgewand mit 

xander?). Die iibrigen Griechen hier und in den seiner orientalisch bunten Ausstattung gab der 

andern Darstellungen des Sarkophages sind nackt Pigur etwas Ungewohnliches, Pestliches, und es 

oder in der iiblichen griechischen Weise geriistet. ermOglichte die vollstandige Verhtillung , die im 

Wir sahen ausserdem oben, dass der Armel den Zusammenhang mit Maske und Kothurn not- 
Makedoniern augenscheinlich urspriinglich ebenso 20 wendig war. Wahrscheinlich war es zudem ur- 

fremd war, wie den mit Barbaren nicht vermisch- spriinglich das Gewand , in dem man sich den 

ten Griechen. Die beiden Monumente illustrieren gettlichen Schirmer jener Spiele, Dionysos, selbst 

indessen das in der schriftlichen trberlieferung vorstellte (Crusius Philol. XLVHI 703; Be the 

mehrfach hervorgehobene Aufnehmen persischer Prolegomena zur Geschichte des Theaters 42). 

Tracht im Heere und speciell im Freundeskreise Es ist von Bedeutung, dass dasselbe Costum auch 

Alexanders. Charakteristisch ist die bei Plutarch sonst im dionysischen Kult iiblich war, und zwar 

Alex. 31 erzahlte Geschichte; ein axoXov&os er- bei den Choren der cdv<paXXoi, Tiber die uns Athe- 

halt als Belohnung dcodexa xwfiag teal orolfj TIeq- naios (XIV 622 b) eine Notiz des Deliers Semos 

aixfj %(yPjoftai. Alexander selbst soil nach Plut. erhalten hat. Sie erschienen demnach mit Masken, 

a. a. 0. 45 (vgl. Arrian. anab. IV 7, 3 — 5. 9, 9. 30 trugen xawvag fisooXsvxovg, #««{K<5as avftcvag und 

VII 6, 2. 8, 2. Diod. XVII 77) allerdings erst ein %a(,avxXvov xaXvaxov (vgl. Suid. s. IdvyaXloi). 

nach dem Tode des Dareios persische Kleidung Wir werden uns von ihrem Aussehen eine Vor- 

angelegt haben , wahrend das Mosaik und die stellung nach einer merkwurdigen Silensgestalt auf 

Hauptseite des Sarkophages ein Ereignis dar- einem Vasenbild machen konnen (Compte rendu 

stellen, das jener Entscheidung vorausliegt. In- 1861 Tf. II 4). Wir sind leider nicht im stande zu 

des stimmt auch das, was die trberlieferung von bestimmen, ob diese Ausstattung ebenso alt war, 

den Teilen persischer Kleidung berichtet, die Ale- wie die Chore selbst , und ob das Costum der 

xander angenommen habe, iiberein mit den Dar- Schauspieler nach ihr gebildet wurde, oder oh das 

stellungen der Monumente. Plutarch Alex. 45 Verhaltnis umgekehrt war, so dass die 'MyaXXoi 

sagt ausdriicklich, Alexander habe weder avafr- 40 erst nach dem Vorgang der Buhne eine so reiche 

gidag, noch den xavdvg, noch die ridga getragen Ausstattung erhalten batten, 
(dagegen besagt die Notiz bei Lucian. dial. mort. Nach Athen. I 21 e hatte ja Aischylos zuerst 

XIV 4 in Betreff des xavdvg nichts), und in der die axoXrj der Buhne so prachtig und wiirdig ge- 

That sind das gerade die Teile, durch deren Pehlen staltet, und er fahrt fort, die Hierophanten und 

sich die Kleidung der Griechen auf Mosaik und Daduchen, also die beiden obersten Priester von 

Sarkophag allein von der der Perser unterscheidet. Eleusis, hatten das zum Vorbild genommen und 

Auch ist es sicher nicht zufallig, dass gerade von gingen ebenso gekleidet. Die Wahrheit dieser 

Hephaistion (Plut. Alex. 47) gesagt wird, er habe letzten Behauptung wird wenigstens in Betreff 

den Wechsel in Tracht und Sitten gutgeheissen des Hierophanten absolut durch die Monumente 

und mitgemacht, und dass der Reiter in der Mitte 50 bewiesen. Wir erkennen ihn an dem langen %■ 

der Schlachtdarstellung des Sarkophages von ver- ^., der ganz nach Art des tragischen Gewandes 

schiedenen Seiten Hephaistion benannt worden ist hoch gegurtet ist, auf der Reliefvase von Cumae 

(s. zuletzt Winter Arch. Anz. IX 17. Stud- (sein Gewand ist hier weiss und vergoldet; Compte 

niczka Arch. Jahrb. IX 243). Eine Gewandung, rendu 1862 Tf. Ill; vgl. Strube Studien iib. den 

die der des Alexander auf dem Sarkophag genau eleus. Bilderkreis 44), auf einem Vasenbild (Mon. d. 

entspricht, tragt eine in zwei Wiederholungen im Inst. XII Tf. XXXV) und endlich auf einer ganzen 

Vatican erhaltene Pigur, deren Original stilistisch Reihe von Reliefs , die in drei Scenen die Ein- 

in die gleiche Periode wie der Sarkophag gehOrt weihung eines Mysten darstellen (E. Gaetani- 

(Helbig Puhrer d. d. off. Samml. in Rom nr. 2. Lovatelli Ant. Mon. Taf. II — IV); hier hat er 
129). Durch die reichen Sendungen persischer 60 auch die sonst erwahnte, reiche Haartracht (Plut. 

Beute in die Heimat wird jedenfalls auch die Alcib. 22. Arrian. diss. Epict. Ill 21, 16). In 

orientalische Tracht in Hellas bekannter, als sie der mittleren Scene dieser Reliefs sehen wir 

bis dahin war, geworden sein. Doch muss sie meistens eine Priesterin mit dem Emporhalten 

auch dann etwas Ungewohnliches geblieben sein ; der mystischen Schwinge beschaftigt; sie tragt 

sie findet sich z. B. bei keiner Terracotte (weder die gleiche Kleidung wie der Priester und soil 

in Tanagra, noch in Myrina, noch in Sicilien), die hierdurch jedenfalls als Oberpriesterin, als Hiero- 

Menschec in der Tracht des taglichen Lebens phantin, charakterisiert werden; sie stammte, wie 

darstellt. der Hierophant, aus dem Geschlecht der Eumol- 



2213 XsiQiSmrog %t,Twv XetgiSmrog ybxav 2214 

piden. Den Daduchen sehen wir einmal (Compte (Helbig a. a. 0. nr. 187), sonst tragt Apoll auch 
rendu 1859 Tf. II) auch mit langen Armeln darge- ein Gewand mit tlberschlag, vollkommen von der 
stellt. Er tragt immer einen kiirzeren, etwas iiber Form des dorischen Prauengewandes (z. B. H el- 
die Kniee herab reichenden Chiton, der also eher big a. a. 0. nr. 262 und in einer unpublicierten 
dem der komischen Schauspieler entsprechen Statue des Braccio nuovo). Deshalb hat man kein 
wiirde. Recht, wie gewohnlich geschieht, von dem Kitha- 

Strube (a. a. 0. 28) meint, das Abhangig- roedengewand zu sprechen, als ware der %. /. 

keitsverhaltnis zwischen Eleusis und attischem typischf(irdieKitharoeden(vgl.StephaniCompte 

Theater in dieser Beziehung ware eher umgekehrt, rendu 1875, 102ff.). 

und Aischylos hatte also aus seiner Heimat Eleu- 10 Ahnlich ist es mit dem Gewand der Wagen- 

sis die Tracht der Priester auf die Buhne ver- lenker. Sie tragen in der Begel den alten ionischen 

pflanzt. Indessen war, wie gesagt, fur den antiken Mannerchiton gegiirtet. Die in Delphi neuerdings 

Schauspieler die Notwendigkeit mSglichst voll- gefundene Bronzestatue eines Wagenlenkers zeigt 

kommener Verhullung von vornherein gegeben, unter diesem Gewand noch eins vom Schnitt des 

wahrend es fur den eleusinischen Priester nur auf ionischen Prauenchiton (Comptes Bend, de l'Acad. 

eine mSglichst glanzende Ausstattung ankam, die de inscr. 1896, 362ff. Archaol. Anz. 1896, 173ff.). 

sich auch ohne die barbarische Zuthat der Armel Am Parthenonfries sind zwei mit Armeln dar- 

erreichen liess; wir wissen ja vielmehr, dass der gestellt (Michaelis Parth. Tf. 12 XIV 52. 

griechische Priester, bis ins 4. Jhdt. wenigstens, XVIII 60); Armel hat der Lenker auf dem Vo- 
als Erbstiick alter Mode den armellosen, langen, 20 tivgemalde eines Apobaten aus Herculanum (Bo- 

ionischen Mannerchiton trug (s. unter Chiton). bert XIX. Hallisches Winckelmannsprogr. 1895). 

Man kSnnte geneigt sein, die barbarische Tracht mit Kaum hierher rechnen kann man zwei Darstel- 

der legendarischen Herkunft der Hierophanten von lungen des Laios beim Baub des Chrysippos, wenn- 

dem Thraker Eumolpos, dem Diener des Dionysos, gleich sich ja nach Euripides seine Leidenschaft 

des Gottes, dem ja auch die theatralischen Auf- fur den Knaben bei dem Unterricht im Wagenlenken 

fuhrungen galten, in Zusammenhang zu bringen entzundet(Vasenbild: Wien. Vorlegebl. Ser.VITaf. 

(Topffer Attische Geneal. SOff.), aber wir sahen, XI; Praenest. Ciste: Mon. d. Inst. VIII Taf. XXX). 

dass gerade die Thraker wahrscheinlich keine Da die Beispiele so gering an Zahl sind, ist es 

Armel getragen haben, und dann tragt ja auch sehr zweifelhaft, ob die ksnigliche Gestalt mit 
der Daduchos den Armelchiton. Ein Abhangig- 30 Armelchiton und hohem Diadem auf dem einen 

keitsverhaltnis muss existiert haben, denn wir Stuckrelief der Parnesina wirklich Helios, ge- 

sahen zwar, dass die Griechen seit dem 5. Jhdt. riistet zur Fahrt, darstellen solle (Rem. Mitt. 

den Armelchiton auch ausserhalb der Buhne kann- 1895, 68); jedenfalls darf man sich bei dieser 

ten, aber wir trafen Manner immer nur in dem Deutung nicht auf die Gewandung der Figur be- 

kurzen, der bis zu den Knieen reicht. Am meisten rufen wollen. 

Wahrscheinlichkeit hat das von Athenaios Con- Nachdem alle Falle aufgezahlt sind, in denen 

statierte flir sich. der %. %. im Leben der alten Volker getragen 

Hier sei noch erwahnt, dass auf den Stuck- wurde, eriibrigt es noch, sein Vorkommen bei 

reliefs der Parnesina in Scenen, die deutliche Be- Gottern und Heroen in mythischen Darstellungen, 
ziige auf dionysische Mysterien haben, Frauen 40 soweit diese nicht schon herangezogen sind, zu 

mit langen Armeln erscheinen, und zwar sind es untersuchen. Wenn Artemis auf einem Vasen- 

gerade immer die, die mit Kulthandlungen be- bild, das Orest und Iphigenia bei den Tauriern 

schaftigt sind, Mon. d. Inst. Suppl. XXXIV rechts darstellt, mit Armeln erscheint, so soil sie da- 

oben, die Figur, die das Triptychon in die HShe durch als Gsttin der Barbaren charakterisiert wer- 

halt; ebd. links unten die Figur vor dem Altar, den (Ann. d. Inst. 1848 tav. d'agg. L); ihr nahes 

die die Guirlande in Empfang nimmt; XXXV Verhaltnis zubarbarischenKultenerklart esferner, 

links oben der Arm einer Figur, die ein Tuch aus dass wir sie auch sonst mit Armeln dargestellt sehen 

einer Schwinge zieht. (im Gigantenkampf Monuments grecs 1875 Tf. I = 

Unter dem Einfiuss des Biihnencostiims hat Wien. Vorlegebl. S. VIII Taf. IX; als Zuschauerin 
sich dann auch der lange Chiton der Kitharoeden, 50 beim Amazonenkampf Millin Peintures de v. ant. 

der urspriinglich ebenso wie der der Priester II 25 ; auf einem Unterweltsbild Wien. Vorlegebl. 

armellos war, zum x- X- entwickelt. Wir ent- S. E Taf. VI 2); man erinnere sich an die thra- 

nehmen die Beispiele den Darstellungen des Apol- kische, der Artemis verwandte Bendis, die wir 

Ion Kitharoedus: Overbeck Kunstmythologie, als Barbarin in zwei Fallen ebenf alls mit Armeln 

Atlas: Vasenbilder XXI 17. XXIV 20. 23. 24. dargestellt sehen (Hartwig Bendis Taf. II und 

XXV 3. 6; Reliefs XXI 10. 13. 14; Statuen XXI Fig. 4). Auch sei hier nochmals auf die Wei- 

32 = Helbig Fiihrer nr. 267 und (nicht bei hungen im Brauronion hingewiesen. 

Overbeck)AmelungFuhrerd.d.Ant.inFlorenz Dieser Bildung der Artemis schliesst sich die 

nr. 172 ; Spiegelkapsel Bull. hell. 1884 Tf. XVI. der Erinyen und der mit ihnen verwandten Wesen 
Auch sind hier wiederum die Darstellungen des 60 an; iiber Erinyen s. Ros eher Myth. Lex. I 1335; 

Orpheus in der Unterwelt zu erwahnen (Wien. Eris Compte rendu 1861 Tf. Ill = Wien. Vorlegebl. 

Vorlegebl. S. E). Indes erscheinen Kitharoeden S. A Tf. XI 1; Lyssa Mon. d. Inst. XI Tf. XLII; 

und Apollon auch anders gekleidet: die Kitha- Apate Wien. Vorlegebl. S. VII Taf. Via; Poi- 

roeden des Parthenonfrieses (Michaelis Parth. Tf. nai Wien. Vorlegebl. S. E Tf. II; Dike ebd. 

12 VLTI) tragen den ionischen Weiberchiton, eben- Tf. VI 2 (vgl. G. Korte Personif. psychol. 

so Apoll (ausser in mehreren Abbildungen bei Affekte i. d. sp. Vasenm.). Hier ist iiberall viel 

Overbeck : a. a. 0.) auf einem spartanischen Relief eher das Bestreben anzunehmen, die Gestalten 

(Athen. Mitt. 1887 Tf. XII) und in einer Statue barbarisch fremdartig erscheinen zu lassen, als. 



2215 XeiQiSwtdg %i%<£v XsigeSwTog %itwv 2216 

wie gewohnlich geschieht, ein Einfluss des Buhnen- Endlich finden wir den %. X - nun noch bei 

costiims. einzelnen Figuren auf einer ganzen Reihe von 

Bei Dionysos liegt die Sache etwas anders. Monumenten, deren Darstellungen nicht zum we- 

Er erscheint zuweilen geradezu im Schauspieler- nigsten deshalb fur abhangig von der Buhne 

costiim, wie z. B. an einer Dreifussbasis in Athen und ihren Auffuhrungen erklart worden sind; zu- 

Ann. d. Inst. 1861 tav. d'agg. G; in den meisten nachst anf den unteritalischen Vasenbildern (Jahn 

andern Fallen, in denen er Armel tragt, ist aber Miinch. Vasensamml. Einl. p. CCXXVII). That- 

auch hier ein Anlehnen an barbarische Tracht der sachlich flnden wir aber hier die genannte Tracht, 

Grund (Dionysos bartig: auf dreiseitigerCandelaber- wenn wir die Falle ausnehmen, in denen Figuren 
basis Ann. d. Inst. 1850 tav. d'agg. C; auf einem 10 durcb sie als Barbaren charakterisiert werden sollen, 

spatenSarkophagimMuseoChiaramonti, Beschr. d. nur bei Konigen (so z. B. Kreon von Korinth, 

Stadt Bom II 2 S. 51 nr. 178; zweifelhaft ist es, ob Wien. Vorlegebl. S. I Tat XII ; Kreon von Theben, 

eine Figur von den Stuckreliefs der Latinergraber Mon. d. Inst. X Tf. XXVII; Iobates, Inghirami 

hierher gebort, Mon. d. Inst. VI/VII Tf. L A; sie Pitt, di v. f. I 57; Danaos und Pelasgos, Wien. 

wird von Petersen Ann. d. Inst. 1861, 239 Dio- Vorlegebl. S. B Tf. IV 1; Pelasgos, ebd. 2; Minos 

nysos genannt ; Dionysos jugendlich : auf Vasenbild und Sisyphos im Hades, Wien. Vorlegebl. S. E Tf. I ; 

als Zuschauer, Mon. d. Inst. Suppl. XXI ; auf Vasen- Triptolemos, ebd. Tf. n ; als Konig tragt auch Hades 

bild die Ankunft der Apbrodite auf dem Schwan aufdenUnterweltsbilderndenx-z-.Wien. Vorlegebl. 

erwartend, Arch. Jahrb. I Taf. 11 ; auf Vasenbild S. E Tf. I. IV. VI 2. 4); einmal flnden wir sie auf 
beim Wettstreit der Athena und des Poseidon, 20 einem Bilde zweifelhafter Bedeutung (Inghirami 

Wien. Vorlegebl. S. VII Taf. IX; auf Belief einen a. a. 0. 1 60) bei einem KOnig und einem Jflng- 

Schauspieler besuchend, Arch. Ztg. 1881 Taf. 14; ling, einmal bei Teiresias (Inghirami a. a. 0. 

als Iakchos auf Vasenbild, Mon. d. Inst. 1885 ni 248). Wenn Triptolemos auf einem merk- 

XXXV). So kommt auch eine Mainade oder jeden- wiirdigen Bilde seiner Aussendung den %■ X- tragt, 

falls ein Wesen seines Kreises (mit Tympanon) zum so stent das im Zusammenhang mit der Verle- 

Armelgewand (Vasenb. mit Geburt d. Erichtho- gang der ganzen Scene an den Nil, d. h. in das Bar- 

nios, Compte rendu 1859 Tf. I; vgl. Strube a. barenland(Compte rendu 1862 Tf. IV; vgl.Strube 

a. 0. 85ff.). a. a. 0. 18). Wenn wir also hiervon und von 

Wenn unter den Musen Melpomene im %. %. dem einen Jiingling absehen, der sehr wohl einen 
erscheint (z. B. Helbig Fiihrer nr. 271), so ist 30 Barbaren darstellen kann, so haben wir nur Ko- 

damit naturlich das Gewand ihrer Schiitzlinge, nige und einmal einen Seher in der betreffenden 

der Schauspieler, gemeint. Anders ist es, wenn Tracht, also Personen, die sich vor den andern 

auf einem Vasenbild (Wien. Vorlegebl. S. VI Taf. durch die Wurde und Pracht ihrer Erscheinung 

XI) ausser Apollon auch vier Musen im Armel- auszeichnen sollten; dadurch allein erklart sich 

gewand erscheinen; dies erklart sich lediglich vollkommen geniigend, dass man ihnen jenes Co- 

aus dem Bestreben, Abwechslung zu schaffen ; die stum gab. Fur die mythischen Konige speciell 

Musen tragen dies Gewand, wie griechische Mad- gait als Vorbild die Tracht des grOssten histori- 

chen es mitunter trugen, wie es auch die eine schen Kenigs der alten Welt, des GrosskOnigs der 

Niobide tragt. Ebenso wird es zu erklaren sein, Perser. Die Buhne hatte dabei keine andere Be- 
wenn auf Wandbildern verschiedene Musen mit 40 deutung, als dass sie jenes Costiim den Griechen 

Armeln dargestellt werden (z. B. Helbig Wand- immer von neuem lebendig vor Augen fuhrte. 

gem. nr. 862); doch mag hier auch schon eine Auf ihr trugen es indes alle Personen, nicht etwa 

Obertragung von der einen Muse auf die iibrigen die Kfinige oder gewisse Rollen allein. Thatsach- 

stattgefunden haben, wie sie dann ganz gedanken- lich ist es bisher auch noch nie gelungen , ein 

los auf spaten Sarkophagen dazu ftthrt, dass fast derartiges Vasenbild schlagend auf eine bestimmte 

alle Musen den Armelchiton tragen (z. B. Beschr. Theaterscene zu deuten (Vogel Scenen euripid. 

d. Stadt Bom II 2 S. 123 nr. 2). Trag. in gr. Vaseng. ; vgl. den letzten derartigen 

Als Barbar tragt Priap den x- %■ (Furtwang- Versuch von Bethe Arch. Jahrb. XI 292ff. , der 

ler Samml. Sabouroff Tf. CXXVlI), als Barbarin auch nichts weiter beweist, als die wahrschein- 
Isis (allerdings nur in zwei Fallen : Grabstein bei 50 liche Abhangigkeit des Vasenbildes Taf. 2 von 

Le Bas Voyage arch. Mon. fig. LXXV und Statue der Andromeda des Euripides). Der Einfluss der 

im Capitol, Nuova descrizione p. 374 nr. 15). Tiber dramatischen Poesie auf jene Bilder ist damit 

Boreas und Skiron am Turm der Winde s. o. S. 2209. naturlich nicht ausgeschlossen. 

Anlehnung an die barbarische Tracht ist es wieder, Ganz dasselbe ist zu bemerken zu dem perga- 

wenn Hypnos in dem spateren bartigen Typus in menischen Telephosfries. Eine Frau im Armel- 

langen Armeln erscheint (Boscher Myth. Lex. gewand wurde schon oben erwahnt. Sonst er- 

I 2851). scheint auf ihm in dieser Tracht der KOnig Aleos 

Befremdend wirkt zunachst die ornamental ver- (Arch. Jahrb. II 244. Ill 59), ein anderer KSnig, 

wendete Fliigelgestalt im %. %. auf dem beim Par- den Bobert Korythos nennt, und neben ihm ein 
thenon gefundenen Marmorsessel in Athen und 60 an Bang und Bedeutung ebenbiirtiger Jiingling, 

seiner Wiederholung in Berlin (s. zuletzt Furt- den Bobert nicht benennt (Arch. Jahrb. HI 87). 

w angler Meisterwerke 206). Die Erscheinung An dieser Stelle ist auch der Pelias auf den Stuck- 

erklart sich aber, wenn wir die gleiche Figur auf reliefs der Latinergraber zu nennen (Mon. d. Inst. 

Fundstiicken des kimmerischen Bosporus wieder- VI/VII Tf. LII 3); durch den langen Armel- 

flnden (z. B. S. Beinach Biblioth. des mon. chiton soil er jedenfalls als Konig und nicht als 

fig. Ill PI. XX 8). Aus dem Osten stammt das ■ Thessalier charakterisiert werden. 

ornamentale Motiv, dorther auch die Tracht der Endlich ist hier die Bolle zu untersuchen, die 

Figur. der %. x- auf den Wandgemalden spielt. Einige 



2217 Xeiql eQyaGufievos XsogCg 2218 

Falle, in denen ein Madchen, eine Dienerin und geschrieben wird (Strab. XI 530. Athen. XII 527 b. 

ein Paedagog mit ihm dargestellt sind, wurden XIV 663 a); bei den Persern aber wurden Hand- 

schon erwahnt. Sonst sehen wir in ihm (ausser schuhe, wenigstens im Hofceremoniell, getragen 

Barbaren) Konige (Lykomedes, Helbig Wandg. (Xenoph. Cyrop. VIII 8, 17 baxxvlrjO-oa; man be- 

nr. 1297; Pelias, Sogliano Le pitture murali achte die senr bezeichnende Rolle, diedieserGegen- 

campane nr. 1551), Priester oder Seher (Kalchas, stand Athen. I 6 d spielt, die einzige Stelle, in 

Helbig a. a. 0. 1304; Laokoon, Ann. d. Inst. der er an der Hand eines Griechen guter Zeit er- 

1875 tav. d'agg. 0) und Opferdiener (Sogliano wahnt wird). Sohwanken kSnnen wir bei der Er- 

a. a. 0.); also im wesentlichen dieselben Personen, klarung folgender Stelle. Od. XXIV 226ff. wird 
wie auf den genannten Vasenbildern und dem Pries. 10 die Ausrttstung beschrieben, die Laertes zum Um- 

Iphigenia tragt anf dem Bilde Mon. d. Inst. VIII graben des Bodens angelegt hat: ausser dem #«- 

Tf. XXII Armel als Priesterin der Taurier. xcbv xr-rj/nidsg an den Unterschenkeln, G-amaschen, 

Noch bei den Bcimern gait das Armelgewand die gegen Dornen schiitzen sollen, und ihnen ent- 

als Zeichen barbarischer Sitte und luxuriOser Ver- sprechend zu demselben Zweck /«jMc5e? im xhqol 

weichlichung (Verg. Aen. IX 616. Gell. VII 12. (ausserdem die xvvitj alyelrj). Die Commentare des 

Plut. Otho 6. Cass. Dio LXXII 17. Herodian. V Eustathios helfen nicht viel weiter. Sie erklaren 

3, 6. 5, 10). Unter den Kaisern sollen es Otho %. mit xa t&v %eiQwv xaXv/i/iaxa ix SsQfidxov 

und Commodus getragen haben (Plut. und Cass. und fiigen hinzu, dass dieselben auch von Bogen- 

Dio a. a. 0.). Auf den altchristlichen Sarkophagen schiitzen (#. xQwrrai si xal fit] SaxxvXcozaTg) und 
ist es ganz selten vertreten, wenn es nicht, wie20beim Waschen und Brotsauern benutzt worden 

bei den Juden, den drei Konigen oder dem guten seien. Diese Behauptung beruht, soweit sie die 

Hirten, zur besonderen Charakterisierung client. beiden letztgenannten Thatigkeiten angeht, auf 

Erst durch den steigenden Wechselverkehr mit einem argen Missverstehen einer tfberlieferung, 

barbarischen Volkern und den Einfluss von Byzanz wie wir sie bei Pollux X 181f. flnden und die 

ist es schliesslich allgemeine Mode geworden. mit %. nicht das Geringste zu thun hat (es handelt 

[Amelung.] sich vielmehr um die <pa). Piir die Benutzung 

Xeiql igyaadfievog , in der bekannten Ge- von x^toTdsg beim Brodbacken s. auch Athen. XII 

setzesstelle xov fiovlevoavxa sv xcp avxai hi- 548 b = FHG II 308, wo es sich aber erstens 

Xsoftcu xal xov xfj xeiol soyaadftevor And. I um keine allgemeine Sitte, sondern um die luxu- 
94, der Thater im Gegensatz zum intellectuellen 30 riose Laune des Philosophen Anaxarchos handelt, 

Urheber, s. BovXsvaswg yoacprj. und wo zweitens nur eine Umwicklung der Arme 

[Thalheim.] oder geradezu Armel gemeint sein konnen, da nur 

Cheirimachos (Xsigifiaxog), Sohn des Elek- solche das Herabrinnen des Schweisses in den 

tryon und der Alkaiostochter Anaxo, Bruder der Teig verhindern konnten, nicht aber Handschuhe, 

Alkmene. Apollod. II 52 W. [Escher.] die ja iibrigens beim Brodbacken von vornherein 

XeiQi'g, von x^e gebildet, wie xv-qpiig von ausgeschlossen sind. Die antiken Bogenschiitzen 

xvrj/j,t]. Da x £l Q fast durchweg Hand bedeutet haben als typische Tracht stets enganliegende 

und nur in verhaltnismassig seltenen Fallen Arm Armel, aber niemals Handschuhe oder ahnliches, 

(sebr haufig bei Homer; s. Stephanus Thesau- was ja auch bei der Handhabung ihrer Waffe nur 
rus s. v.; auch Herodot. II 121), so ware zu er- 40 hinderlich hatte sein kennen. Auch hedarf der 

warten, dass %. in der Begel Bedeckung der Hand Bogenschtitze keines Schutzes seiner Hande , wie 

oder Handschuh bedeute und ausnahmsweise Armel. etwa der zum Nahkampf bestimmte Krieger. 

In Wirklichkeit ist es jedoch umgekehrt. Sicher Dennoch scheint Eustathios etwas derartiges zu 

bedeutet x- nilr einmal Handschuh, ein andermal meinen (etwa Halbhandschuhe?), wie aus seinem 

wahrscheinlich; in einem dritten Pall konnen Zusatz (si xal w daxxvXwxaXs) hervorgeht. Hal- 

wir schwanken, wie das "Wort zu erklaren sei. ten wir uns an die Schilderung Homers selbst. 

Bei weitem am hauflgsten indes bezeichnet es Wie oben bemerkt wurde, bedeutet x^Q De i 

Armel. Homer besonders haufig Arm. Bei der Arbeit 

Das einzige zweifellos sichere Beispiel fur die des Umgrabens konnten die Arme eher durch 
Bedeutung Handschuh flndet sich in der spaten 50 Dornen verletzt werden als die dicht am Spaten 

medicinischen Litteratur. Galen (VI 187) und oder an der Hacke liegenden Hande, deren Be- 

Oreibasios_(ed. Matth. 288) gehen beide die Vor- weglichkeit zudem durch eine allseitige Umhullung 

schrift,_ die ngoyvuvaaxai sollten zum Einreiben behindert worden ware. 

womoglich x^el^as s% o&ovicov gouixdg anziehen, Endlich ist es fur unsere Frage nicht unwich- 

a>g S/naXcorioap yevsa&at xrjv svsoysiav. Der Fall, tig , dass uns eine Umhullung der Arme , ent- 

in dem %. wahrscheinlich mit Handschuh zu fiber- sprechend der der Unterschenkel durch die xvrj- 

setzen ist, flndet sich in einer Erzahlung des /xTdsg, schon auf zwei mykenischen Monumenten 

Herodot (VI 72) , nach der bei dem spartani- begegnet, auf der bekannten Kriegervase von My- 

schen Kenig Leutychides als verraterisches Zeichen kenai(Furtwangler u. L'CschckeMyken. Vasen 
seiner Bestechlichkeit eine x- nksr) aoyvplov ge- 60 69 Taf. XLII/XLIII) und dem Hauptstreifen einer 

funden wurde. Das setzt docb wohl einen klei- bemalten Stele ebendaher ('E<pt]fi. &qx- 1896, 8f. 

neren beutelartigen Gegenstand voraus , klein mv. 1). Die Arme der samtlichen hier dargestell- 

auch deswegen , weil Leutychides dabei ertappt ten Krieger sind in derselben Weise gemalt, wie 

wird, wie er auf der x- sitzt. Da nun die Scene die Unterschenkel, die ohne Zweifel mit xvtjfu- 

in Thessalien spielt, erinnern wir uns, dass den dsg umhiillt gedacht sind (vgl. Keichel Homer. 

Bewohnern dieses Landes wegen seines rauhen Waffen 74ff.); auf dem einen Bild (Taf. XLIII) 

Klimas besonders reiehliche Kleidung und tfber- sind dicht an der Schulter und am Handgelenk, 

einstimmung der Tracht mit der der Perser zu- ebenso wie am Knie und am Fussgelenk, Kiemen- 



2219 XeiQig Cheirisophos 2220 

umschnfirungen angedeutet. Wir haben uns also Grossk6nig verbergen. Philostratos mai. (imag. 

die Arme ganz analog den Unterschenkeln um- 334, 4 K.) beschreibt den x^e^cordg %ndiv eines 

hiillt zu denken. Unklar ist, ob die Umhiillung Jagers: h rj/MOv xov firjQov xal i'aa xov ayx&vog; 

mit der Bedeckung des OberkOrpers zusammen- hier also muss ein kurzerer Armel gemeint sein. 

hangend gedacht ist oder nicht ('Erptj[i. a. a. 0. Vgl. zu allem XsigiScoxog iitwv. 

9 ; fiber die Armel der weiblichen Gestalt auf Eine besondere Armeltracht sei hier erwahnt. 

Taf. XLII s. unter Xeigidcoxdg xitwv oben Wir flnden sie auf zwei spaten Bildwerken : einem 

S. 2206). alexandrinischen Belief bild(Schreib er Hellenisti- 

Die Schilderung des Gedichtes und die Dar- sche Eeliefbilder LXVI) und einem pompeiani- 

stellungen durften sich gegenseitig erganzen. Die 10 schen Wandbild (Helbig Wandg. nr. 1369). Dort 

erstere giebt uns den Namen, die letzteren zeigen sehen wir bei einer Alten, die vor einem Altare 

uns die Form eines Teiles alter Tracht , der bei stent, hier bei einem Priap, der der Schmuckung 

der Ausrustung zum Kriege oder zu harter Land- des Hermaphroditen zuschaut, Armel, die augen- 

arbeit hie und da Verwendung fand. In beiden scheinlich nur unter der Achsel mit dem fibrigen 

Fallen hatte er den Zweck, die Arme zu schutzen. Gewand zusammenhangen und deshalb die Schul- 

Im Kriege hat die %. nach dem Ende der myke- ter freilassen. [Amelung.] 

nischen Periode augenscheinlich keine und inner- Cheirisophos. 1) Lakedaimonier, und zwar 

halb derselben nur ausnahmsweise Verwendung vollberechtigter Spartiate, da ihn Xenophon anab. 

gefunden. In dem Epos flndet sich keine weitere IV 6, 14 zu den Homoeen rechnet. Er ward von 

Erwahnung von ihr. Auch ihre Verwendung bei 20 den Spartanern dem jiingeren Kyros bei seinem 

der Landarbeit konnen wir mit keinem weiteren Feldzuge gegen Artaxerxes zur Hiilfe gesandt, 

Beispiel aus der schriftlichen oder monumentalen und stiess 401 v. Chr. mit 700 (oder 800) Hopliten 

Uberlieferung belegen (mit Handschuh ubersetzen bei Issos zum Heere des Kyros (Xenoph. anab. 

an jener Stelle %. Hermann-Blfimner Privat- I 4, 3. Diodor XIV 19, 5). Nach der Scblacht 

altertfimer 183. J. Mfiller Handbuch IV 1 S. 405 bei Kunaxa und dem Tode des Kyros sandte Klearch 

und Dfintzer Erlauternde Schulausg. d. Odyssee; ihn und den Menon zum Ariaios, um diesem die 

mit Armel Ameis Schulausgabe der Odyssee). Krone anzubieten (Xenoph. a. O. II 1, 5); und als 

In alien ubrigen Fallen bedeutet %. zweifellos Klearch und die fibrigen Ffihrer getotet oder festge- 

Armel. Pollux (VII 62) giebt sie als Bestand- nommen waren und das Heer neue Anftthrer wahlte, 

teil der Tracht an zunachst den xxegvysg , xb 30 wurde ihm der Oberbefehl fibertragen. So be- 

rj/uov xov x^coviokov , worunter er nach VII 55 richtet Diodor XIV 27, 1. Xenophon schweigt 

nur Vorder- und Efickseite des Frauenchiton ver- davon; erst bei Sinope, so erzahlt er, kam das 

stehen kann. Er erklart %. mit xa msqi raig x e e~ Heer zur Einsicht, dass ein einheitlicher Ober- 

alv. In dem Catalogus vestium in Brauronio de- befehl nOtig sei ; man bot dem Xenophon das 

dicatarum (CIA II 751ff.) wird 758B Col. II Commando an, er aber lehnte es beharrlich ab, 

Z. 7ff. (vgl. 759 Col. II Z. 2f.) aufgezahlt: xard- da die Opfer ungfinstig ausfielen, und so wurde 

axixxog iv tct(la>xiq> x sl Q^ a s k'xcov k~vozida>xog. Ch. gewahlt, hehielt jedoch sein Amt nicht langer 

Dazu ist nach Analogie der ubrigen Weihangen als sechs oder sieben Tage (Xenoph. a. O. VI 

Xix<bv oder ^jrcon'o^os zu erganzen; x- a l so ist 1, 18ff. 2, 6ff.). Diese Darstellung ist ohne Zweifel 

mit Armel zu ubersetzen. Sonst kommt das Wort 40 absichtlich entstellt ; es geht aus Xenophons eige- 

in Schilderungen von Trachten vor, bei denen nem Bericht mit ziemlicher Deutlichkeit hervor, 

nachweislich Armel ublich waren; Xenophon (Cy- dass Ch. wahrend des ganzen Biickzuges der Zehn- 

rop. VIII 3, 13. 8, 17; hell. II 1, 8) giebt sie als tausend den Oberbefehl hatte; er geht voran und 

Bestandteile der persischen Tracht an, Lukian ffihrt den Haupttrupp oder den rechten Flttgel, 

(Zevg TQay. 41) als zur Biihnentracht gehOrig, wahrend Xenophon die Nachhut befehligt; von 

Plutarch (Otho 6) als Charakteristica einer bar- ihm gehen die Anordnungen aus, und nur Xeno- 

barisierenden Tracht neben den ava^vgiSsg (fiber phon selbst iibertrifft ihn an Mut und Einsicht 

diese Trachten s. Naheres unter Xscgideoxbg (vgl. Xen. anab. Ill 1, 45. 2, 2. Ill 2. If. 33f. 

Xitcbv). Xenophon giebt ausserdem in der zweiten 37. 4, 11. 38. IV 1, 6f. 15. 2, 8f. 23. 3, 8. 13. 

der genannten Stellen neben x- als unverkennbare 50 5, 22. 6, 6f. 7, 2f.). Offenbar hat Xenophon, um 

Bezeichnung fur Handschuh Saxxvt.ri&Qa. End- sein eigenes Verdienst freier und kraftiger her- 

lich erklart sich nur bei der Bedeutung Armel vortreten zu lassen, den Oberbefehl des Ch. ver- 

ffir x- die weitere Bildung x u &^ wx ^ (Suid.). schwiegen oder vielmehr verschoben. tibrigens 

Das Wort ist factisch oder ideell stets mit x^tov will er, mit einer einzigen Ausnahme , stets mit 

oder ^fTcojwxos verbunden, und kann in dieser ihm in vollem Einverstandnis gewesen sein (anab. 

Verbindung natfirlich nur ,mit Armeln versehen' IV 6, 2). 

bedeuten. Als der gefahrliche Euckzug beendet und Tra- 

tjber die Form der x- geben uns die Monumente pezunt erreicht war (Fiuhjahr 400), ward Ch. nach 

Aufschluss, die untei XeiQidcozog ^inBf aufge- Byzanz zum lakedaimonischen Nauarchen Ana- 
zahlt sind. Wir flnden durchweg rohrenfermige 60 xibios geschickt, um Schiffe zur Weiterfahrt zu 

Armel, die mehr oder weniger eng anliegen und holen (Xenoph. anab. V 1, 4. Diod. XIV 30, 4). 

bis zur Handwurzel reichen. Ausnahmen sind Er verweilte langere Zeit, und als er mit nur 

folgende: Xenophon (hell. II 1, 8; Cyrop. VIII einer Triere wieder zum Heere stiess, befand 

3, 10) berichtet von persischen Armeln — es waren sich dieses schon bei Sinope (Xenoph. V 3, 1. 

die Armel des xdvdvg — , die so lang waren, dass VI 1, 16. Diod. XIV 31, 3). Hier erfolgte nach 

sie auch die Hande bedecken konnten, und giebt Xenophons soeben erwahnter Erzahlung seine Wahl 

als ihren speciellen Namen teoQrj an. Die persi- zum Oberbefehlshaber. Er ftthrte das Heer weiter 

schen Grossen mussten darin ihre Hande vor dem bis ins Gebiet von Herakleia; da er sich hier 



2221 Xsigo^aUdTQa Cheirotorates 2222 

weigerte, bei der Brandschatzung der Herakleoten FHG I 29), waren nach dem von M. Mayer (Gi- 

mitzuwirken, sagte sich der grOsste Teil der Leute ganten und Titanen 110. 125, 169) nachgewiesenen 

von ihm los und ging seiner eigenen Wege (Xen. neuen Fragment des Hellanikos bei Schol. Aristid. 

a. 0. VI 1, 18f. 2, 6f.). Mit der Abteilung, 52, 10. Ill 408 Dindf. eine besondere Art von 

die bei ihm blieb, erreichte er auf dem Land- xvxlwTieg neben den sog. ovgdvioi und den sike- 

wege den Hafen Kalpe (Kdfozqg liftr/v). Aber lischen der Odyssee. Nach der ausflihrlicheren 

schon unterwegs war er krank und in Kalpe erlag Fassung im Schol. Hesiod. Theog. 139 (Flach 

er bald darnach einem Fieber, noch ehe die Wie- Glossen u. Schol. zu Hesiod. Theog. 225), wo sie 

dervereinigung des ganzen Heeres erfolgt war. ebenfalls von den ,Sohnen des Uranos' und ,denen 
Neon von Asine ubernahm seine Abteilung (Xen. 10 um Polyphemos' unterschieden werden, haben sie 

anab. VI 2, 13f. 3, 10. 16. 4, 11; vgl. V 3, 4). Mykenai ummauert. Letzteres bestatigt der Schol. 

2) Schmeichler des Dionysios I. von Syrakus. ABMI Eur. Or. 965, der sie mit dem tirynthi- 
Athen. VI 249 e. [Niese.] schen Kflnig Proitos zusammen nennt, aber falsch- 

3) Holzschnitzer aus Kreta, Verfertiger eines lich 'EyxsiQoydaxoQeg schreibt (in Verwechslung 
vergoldeten Xoanon des Apollon, das offenbar als mit den kyzikenischen Wesen, s. d.). Nach Stra- 
Kultbild in dem Tempel des Gottes zu Tegea stand bon VIII 372 hatten diese sieben raotsQoxsiseg, 
(Paus. VIII 53, 7). Daneben war eine marmorne wie er schreibt, dem Proitos seinen Schlupfwinkel, 
Portratstatue des Kiinstlers selbst aufgestellt, ob von dem aus er seine Ausfalle machte, mit Riesen- 
gleichfalls von seiner eigenen Hand und ob signiert, mauern umgeben , und ebenso die GewoTbe von 
sagt Pausanias nicht, doch scheint beides nicht un- 20 Nauplia geschichtet. Wenn er hinzusetzt: diese 
wahrscheinlich. Zeit und Schule waren nach der mauerbauenden Kyklopen des Proitos stammten 
Angabe desselben Schriftstellers nicht iiberliefert, aus Lykien, so hat er sie irrtiimlich confundiert 
folglich rechnete auch seine sonst beniitzte kunst- mit den Lykiern des Amphianax, die Proitos zur 
historische Quelle den Ch. nicht zu den sogen. Eroberung von Tiryns aus dem Lande des Iobates 
Daidaliden, wie es in neuerer Zeit vielfach ge- mitgebracht hatte; s. Apoll. bibl. II 2, Iff. Nach 
schieht, z. B. von Klein Arch.-epigr. Mitt. V dem Schol. Eur. Or. 965, der mit Strabons Irr- 
1881, 88. Overbeck u. a. Auf eine genauere turn nichts anzufangen weiss, stammten sie viel- 
chronologische Bestimmung des Kiinstlers muss mehr aus Kuretis, d. i. Euboia. tFber die euboisch- 
bei solchem Stand der Uberlieferung verzichtet dryopische Herkunft der Kyklopen (z. B. des Ge- 
werden, doch scheinen das Material und die Be- 30 raistos) in Argolis vgl. Athen. Mitt. XX 1895, 
rufung eines Kreters nach Tegea ungefahr auf das 288, 10. 291 (Wide) zu Athen. XIV 639 c. Bull. 
6. Jhdt. hinzudeuten. Brunn Kiinstlergesch. I hell. 1886, 141. Roscher Myth. Lex. II 1689, 
51. Overbeck Griech. Plast.4 I 90. Murray 9. 1688 mit Anm. Singular Xsigoydoxotg bei Poll. 
Greek sculpt. 2 II 181. [C. Robert.] VII 7. Strabon erklart den Namen, der sich aus 

XeiQofSaXioTQa ist der Name eines von Heron ,Hand' und ,Bauch' zusammensetzt, aus ihrer Ge- 

construierten tragbaren Handgeschiitzes , eines wohnheit, sich (yaaxsQa) durch ihre Handfertigkeit 

Mitteldings zwischen den armbrustartigen Bauch- zu ernahren. Schol. Aristid. II 710 naqd to ex 

spannern(yaaTOa<pe«7f)unddengew6linlichenPfeil- xmv xsiq&v £ijv. Pollux I 50 legt dem Worte 

geschiitzen ; der Fortschritt bei der %■ gegw die j., dessen Bildung er tadelt, die Bedeutung: fld- 
gewohnlichen Geschutze hat darin gelegen, dass 40 vavooi, xeiQoxexvai, xsiQovQyoi, anoxeiQiftioi, 8rj- 

hier statt der Elasticitat gespannter Sehnen, in fiwvgyoi bei. Ob das die euhemeristische Deutung 

welche die Bogenarme eingeklemmt waren , die war, die der Komiker Nikophron in seinen Xsiqo- 

Elasticitat stahlerner Bogenarme trat, also viel- ydaxogeg (Meineke FCG II 2, 852; Hist. Com. 

leicht eine Weiterbildung der xaXxivtovoi des 257. Kock OAF I 718) gab? Welcker setzt 

Ktesibios und Philon. Die einzige erhaltene Be- die Ch. des Nikophron Ann. d. Inst. 1830, 245ff. 

schreibung (beiWescher Poliorce'tique des Grecs den sikelischen Paliken gleich. Der eigentiim- 

123ff.) ist nicht so gut uberliefert, dass eine v6llig liche Name bringt aber vielmehr den in Argo- 

sichere Wiederherstellung der %. danach mOg- lis verbreiteten, mit Euboia sichtlich zusammen- 

lich ware; vgl. Vincent La chirobaliste d'Heron hangenden Polypenkult (Festschrift fur Overbeck 
d'Alexandrie, Paris 1866. Prou La chirobaliste 50 1893, 164, 3) in Erinnerung; vgl. fur Argolis 

d'Heron d'Alexandrie (Notices et Extraits des jetzt noch Steuding Jahrb. f. Philol. CLI 1895, 

manuscrits de la bibliotheque nationale XXIV 2, 185ff. Tiimpel Berlin. Phil. Wochenschr. 1895, 

1877). [Droysen.] 997f. Die Ch. kSnnen aber als mythische Wesen 

Chelrobie (XeiQofSirj), Tochter des Deriades, richtig nur beurteilt werden im Zusammenhang 

Gattin des Morrheus, der ihr Bild auf dem Schilde mit den ebenfalls quadertiirmenden Kiistenbau- 

ftihrt, spater aber die Gattin um der Chalkomede kiinstlern von Artakia-Kyzikos, den 'EyxtiQoyaozo- 

willen verstossen will. Ch. nimmt am Kampf peg oder 'EyyaazQaxeiQug, die mit dem dortigen 

gegen die Bassariden teil. Nonn. Dionys. XXX 'ExaroyxatQ Aigaion die thessalisch-malische (dryo- 

286. XXXIV 167f. 285f. XXXV 83. 148f. XL 15ff. pische) Herkunft teilen. S. Briareus, Aigaion 

[Escher.] 60 nnd Philol. N. F. X 1897, 340—354. 

XeiqoSozov (namlich ddveiov) heisst bei den [Tiimpel.] 

Grammatikern, Poll. II 152. Hesych., ein Darlehen, Cheirogonia (XsiQoyovia, Moritz Schmidt 

das von Hand zu Hand ohne Verschreibung gegeben Philol. XIII 220 vermutet XeiQoyevsia), Beiname 

ist. Bei Diod. I 79 heisst dasselbe dovyyQaya der Persephone, Hesych. Erklart wird Ch. durch 

daveiCsa&cu, bei Timostratos Bekk. An. I 89 Sia die Beziehungen der Gottin zur Geburt, Gerhard 

XtiQog daveioou. [Thalheim.] Griech. Myth. § 418, 6. Preller Griech. Myth. * 

Cheirogastores {XeiQoydoxoQsg) , zuerst be- I 781, 3. [Jessen.] 

zeugt bei Hekataios (frg. 359 aus Pollux I 50, Cheirokrates, Architekt, der in Ephesos den 



2223 XeiQoxqizris Xsigovofiia 2224 

Wiederaufbau des 356 zerstOrten Artemistempels mahlern wurde die Mappa sowohl vom Gastgeber 

leitete, nach Artemidor v. Bphesos bei Strab. XIV geliefert (Varro de 1. 1. IX 47. Horat. sat. II 4, 81; 

641. Vgl. Deinokrates. [Pabrioius.] ep. I 5, 21. Lucian. a. 0.), als auch von den 

XsiQoxQirrig , erwahnt in einer Inschrift aus Gasten mitgebracht (Mart. XII 29); letzteres weil 

Milas (Mylasa), Hula und Szanto Reise in es tiblicb war, in der Mappa Speisen vom Nach- 

Karien, S.-Ber. Akad. Wien CXXXII (1894) 13, tisch mit nach Hause zu nehmen, Petron. 60. 66. 

1. Unnotig (und nach Szantos Mitteilung in Mart. II 37, 7. VII 20, 13. Der ahnliche Ge- 

Widerspruch mit der anf dem Stein vorhandenen branch des mantelum Act. Arv. a. 0. ist wohl 

Spur) ist Ad. Wilhelms (Herm. XXXII 317) die einzige Spur dieser Bezeichnung der Serviette. 

Vermutung 6v]siQOHQtrns. Denn in Magnesia am 10 Mehrfach wird geklagt liber die schlechte Sitte, 

Maiandros sind zwei Listen von xsiQoxQixal ge- dem Wirt oder den Mitgasten die Serviette zu 

funden (noch unveroffentlicht). Ihre Bedeutung stehlen, Catull. 12, 3. Mart. VIII 59, 7. XII 29. 

ist unklar. Auf der einen Liste wird ein jiqo- Die Mappa war ein beliebtes Saturnaliengeschenk, 

povXog rcov x^Qoxqix&v erwahnt. [Kern.] Mart. V 18, 1. VII 20, 13. 53, 4. 72. 2. X 87, 6. 

XeiQOfidxa. Plut. qu. Gr. 32 berichtet von Beim Circusrennen gab der Spielgeber das Zeichen 

zwei Hetaerien, die sich in Milet nach dem Sturze zum Beginn, indem er die Mappa in die Balm 

der Tyrannen gebildet hatten und von denen eine warf, Quintil. a. 0. Suet. Nero 22. Iuv. 11, 193. 

IlXovrk, die andere X. hiess, die eine also die Mart. XII 29, 9. Tertull. spect. 16. Nach Cassiod. 

Eeichen, die andere die arbeitende Bevolkerung var. Ill 51, 9 soil die Sitte von Nero stammen; 
umfasst hat. Vgl. B. Meyer Gesch. des Alter- 20 doch setzt die dort erzahlte Anekdote — Nero, 

turns II 615f. [Szanto.] zu Tische liegend, lasst seine Mappa aus dem 

Xeied/jiaHrQov, MhzeitiginsLateinischeuber- Penster werfen, um das Zeichen zu geben — viel- 

setzt mantellum (aus manterulum), Plaut. Capt. mehr den Gebrauch als bestehend voraus; so auch 

521. Hieraus wird mantelum (Act. Arv. 27 Mai Sueton. a. 0. Diesem Gebrauch verdanken wir 

218, Henzen p. 13. 17. Pest. 133a 31. Lucilius die bildliche Darstellung der Mappa auf den Con- 

V 23 M.) und mantelium (Varro de 1. 1. VI 85) ; sulardiptychen : sie erscheint hier als ein zusam- 

aus dem Plural dieser letzteren Form wird end- mengerolltes, wohl kaum iiber 0,30 m. im Quadrat 

lich die in der Kaiserzeit iiblichste Singularform grosses Tuch. 

mantele gebildet. Im Spatlatein kommt dann die 3. Das Tischtuch. Der Gebrauch von x- in 

urspriingliche, volkstumlich fortbestandene Form 30 diesem Sinne ist nicht ganz sicher zu erweisen; 

mantellum in der Bedeutung ,Mantel' wieder wahrscheinlich ist aber doch bei Alciphr. Ill 46 

zum Vorschein und entsteht aus dem vermeint- das sehr wertvolle ^., das der Briefsteller erst 

lichen Deminutiv durch falsche Buckbildung man- stehlen konnte, nachdem alle Anwesenden einge- 

tum. schlafen waren, ein Tischtuch. Im Lateinischen 

1. Handtuch zum Abtrocknen nach dem Wa- hat mantele durchaus diese Bedeutung, Isid. or. 
schen der Hande, Athen. IX 410b und das dort XIX 26, 6. Tischtticher waren in alterer Zeit 
Angefuhrte. Anthol. IV 286, 2. Schol. Theocr. und noch bei Horat. sat. II 8, 10 nicht ublich; 
7, 16. So auch mantele. Man brauchte es vor sie kommen zuerst vor bei Martial XII 29, 12. 
dem Essen (Verg. Aen. I 702; Georg. IV 377) XIV 138; nach letzterer Stelle sollten sie die 
und vor dem Opfer (Serv. Aen. a. 0. Ovid. fast. 40 kostbaren Tischplatten schutzen. Mit Tischtiichern 
IV 933). Daher gehort das mantele zum Opfer- wurde grosser Luxus getiieben, Alciphr. a. 0. 
gerat und wird mit solchem abgebildet; so auf Hist. Aug. Elag. 27,4; Al. Sev. 37, 2; Gallien. 
dem Altar des Vespasianstempel in Pompei mit 16, 3; Aurel. 12, 1. 

Acerra und Lituus (Overbeck Pompei 4 119); 4. Endlich werden sowohl x- a l s die lateini- 

es ist hier ein langes Tuch , nach Art unserer schen tjbersetzungen in weiterem Sinne fur Tuch, 

Handtiicher, an den Enden mit Franzen versehen. Umhiillung u. dgl. gebraucht. Sappho, Hekataios 

Als Stoff wird genannt AfioXcvov, Leinen aus un- und, wie es scheint, auch Kratinos, alle bei Athen. 

gerOstetem Flachs; ferner zottige Stoffe, Verg. a. 0., verstehen unter x- ein Kopftuch. Bei Plaut. 

und Ovid. a. 0. Serv. Aen. I 701. Poll, VII 74; Capt. 521 heisst mantellum in iibertragenem Sinne 

aber auch feinere Stoffe, Anthol. a. 0. Philoxenos 50 ,Verhiillung'. Auch die Bezeichnung des Tisch- 

bei Athen. a. 0. tuches als mantele beruht wohl auf der allge- 

2. Serviette zum Abwischen der Hande wah- meinen Bedeutung ,Tuch', nicht etwa darauf, dass 
rend des Essens, Xen. Cyrop. I 3,5. Lucian.de man sich am Tischtuch die Hande gewischt hatte ; 
mere. cond. 15; vgl. iibrigens 'Ajio/iaydaila. denn neben demselben blieb die Mappa stets im 
Sie war vielleicht urspriinglich, aus dem Namen Gebrauch. So ist auch wahrscheinlich mantellum, 
zu schliessen, von dem Handtuch nicht verschieden. in dieser altesten Form, volkstumlich immer fur 
In rOmischer Zeit aber kam fur die Serviette eine ,Mantel' in Gebrauch geblieben und in dieser Be- 
besondere Form und die nach Quintil. inst. I 5, deutung in die romanischen Sprachen iiberge- 
57 punische Bezeichnung mappa auf; hauflg seit gangen. Vielleicht war ein Mantel auch das 
Horaz (bei Catull. 12, 3 linteum). Iuv. 5, 27. 60mateliu, welches der in der britannischen Blei- 
Griechisch bleibt auch hierfur x- ublich, Lucian. tafel Eph. ep. VII 827 Verfluchte gestohlen hatte; 
a. 0. Ahnlichkeit der mappa mit dem mantele wenigstens diirfte es etwas mehr als eine Serviette 
ergiebt sich aus Petron. 32; denn die laticlavia gewesen sein. Becker-Goll Gallns III 387ff. 
mappa fimbriis hine atque Mine pendentibus Marquardt Privatl. 2 312ff. [Mau.] 
erinnert sehr an das mantele des pompeianischen Cheiron s. Chiron. 

Altars; mappa mit breitem elavus auch Mart. XeiQavopia , kunstgerechte Bewegung der 

IV 46,17. Die mappa war aber kleiner : breves Hande und Arme a) beim Tanze (xsiQovo/ieXv = 

mappae Mart. VII 72, 2. X 87, 6. Bei Gast- manus oder braeehia iaetare). Xen. symp. II 19 



2225 XeiQonovca XekxsXwvtj 2226 

wird es daher zu dgxeio-d-cu in Gegensatz gestellt. %iav). In dem Ausdrucke %• r V v yvtofiyv °der 

Eine graziOsrbythmischeBewegung der Hande war xag yvm/iag (Dem. XVIII 248. [Dem.] VQ 19) hat 

eine unerlassliche Erganzung des Tanzes und wird %. dieselbe Bedeutung wie sonst, z. B. Dem. IV 

haufigmitdiesemzusammenerwahnt:Lucr. IV 767. 30, imxeigoxoveiv (s. d.). 

Prop. IV 8, 41f. Ovid. fast. Ill 536. Iuven. 5, Wahrend das yrjcpiCsod'cu im engern Sinne 

120. Eustath. II. 121, 3. Hesych. s. xsiqov6[ios. gewiss mir anf Grand gesetzlicher Bestimmung 

Anth. Pal. V 129, 3f. Kolluth. V 2. Von Hippo- oder besonderen Beschlusses vorgenommen wurde, 

kleides erzahlt Herodot VI 129 das Bravourstiick, hatte die %ziQoxovia auch bei alien richterlichen 

dass er, den Kopf auf einen Tiscb stiitzend, die Erkenntnissen der Volksversammlung statt, wie 
%. mit den Fiissen ausgefiihrt habe. Da diese 10 z. B. bei der noofioXrj (s. d.). Auf Verhandlungen 

Mimik offenbar stets gewisse Gedanken und Ge- dieser Art bezieht sieh die Schilderung des Ver- 

fiihle zum Ausdrucke bringen sollte, eine Kunst, fahrens , die uns die Grammatiker (Schol. Dem. 

die im Pantomimus der BOmer ihren Gipfel er- XXI 2 und Plat. Axioch. 465. Suid. u. a. s. xaxe- 

reicht hat, erhalt x- gelegentlich die allgemeine xetQorovrioav) ohne wesentliche Abweichung geben. 

Bedeutung Gebardensprache, Aelian. v. h. XIV 22. Danach dtirfen wir uns den Vorgang wohl in 

Cass. Dio XXXVI 13 (vgl. Orchestik,Pantomi- alien Fallen so vorstellen, dass der Herold auf 

mus). Wenn sie von Athen. XIV 631 c (Eustath. Geheiss des Vorsitzenden den Gegenstand der 

957, 47) mit der itvqqixV ( s - d.) gleichgesetzt wird, Abstimmung verkfindete , dann alle , die dafiir 

so beweist diese Anwendung die Wichtigkeit der stimmen wollten, aufforderte, die Hand zu erheben, 
Armbewegung bei diesem den Waffenkampf nach- 20 und schliesslich die Gegenprobe machte. Vermut- 

ahmenden Tanze und baut eine Brlicke zu b) der licb nur, wenn das Ergebnis zweifelhaft war, wur- 

zweiten Art der %. beim Faustkampfe (vgl. TIvy- den bei wiederholter Abstimmung die einzelnen 

pri): der Ausfall mit der Faust und die verschie- Stimmen gezahlt. Wenigstens geben die Worte 

denen Arten der Parade, oft gleichgesetzt der oma* der Lexikographen nur so einen befriedigenden 

jimpa (s. d.), Plat. leg. VIII 830 c. Plut. symp. Sinn. Natiirlich war Tageshelle dazu erforder- 

IX 15, 1. Paus. VI 10, 3. Dio Chrys. or. ad Alex. lich, Xen. hell. 17,7. Die Entscheidung iiber 

32. Heliod. Aeth. IV 1. Krause Gymn. u. Agon, die (formelle) Gultigkeit des Beschlusses (xgiveiv 

1510. II 810. Sittl Gebarden 242,2. Emma- ras ^efooTowas-) war Sache der Proedren (Aristot. 

nuel L'orche'stique grecque 94f. [Juthner.] resp. Ath. 44, 12), wahrend in der Verfassung 

XeiQojzovia , nach Hesych. ioQxrj iv fj xexvT- 30 der 5000 (das. 30, 25) ffinf durch das Los bestellte 

xat tivovoiv, also ein Handwerkerfest. Ratsherrn dafiir vorgesehen waren; dem Vorsitzen- 

[Stengel.] den lag es ob, das Ergebnis der Abstimmung zu 

XeiQorexvtov, ein Wort von zweifelhafter Be- verkunden (avayoosvuv xag xeiQoxovlag Aischin. Ill 

deutung, das einmal in einer delphischen Ehren- 3). Vgl. iibrigens 'Ano-, dta-, int-, xaxaxsigo- 

inschrifl bei Wescher-Foucart Inscr. de Del- xovelv und IlQoxiiQozovia. [Koch.] 

phes nr. 8 in der Verbindung avzi 8k xov x u Q°- Chelai (at XrjXai = Krebsscheren , nach den 

rexvlov ioxdxco to mQooxaviov 'Hqaxlsiotg vor- vorspringenden Ufervorspriingen genannt, xara to 

kommt, also wohl eine Leistung bezeichnet, die ift-cpsgeg xov oxrjfiazog ■ slxd>r yag xfjg oyewg xov- 

dem Geehrten zukam, von der er aber gegen die vofia, Dionys. Byz. per Bosp. navig. 57). 
Verpftichtung, ein (hOlzernes) Proskenion zum 40 1) Ort Bithyniens am schwarzen Meere, Ar- 

Feste jedesmal aufzustellen, befreit wurde. Biich- rian. peripl. 18. Anon, peripl. 6ff. Tab. Peut. 

senschutz Besitz und Erwerb 333 halt da- IX 3 (Miller). Geogr. Kav. II 17 (p. 99). V 9 

far, dass eine Gewerbsteuer gemeint sei. (p. 364). Es muss in der Nahe des der Insel Kirpe 

[Szanto.] gegeniibergelegenen Kaps gesucht werden. Kie- 

XeiqotoveZv, x El e OTOV ' a bezeichnet die Fas- pert Specialk. d. westl. Kleinasiens III; Forma 

sung eines Mehrheitsbeschlusses durch Aufheben orb. ant. IX. 

der Hande. Dieses Verfahren kam in den Ver- 2) Landungsplatz am Bosporos, Dionys. Byz. 

sammlungen des athenischcn Bates und Volkes anapl. Bosp. fr. 57 (Geogr. gr. min. II 74), wahr- 

und sonst in Anwendung : 1) bei alien Wahlen scheinlich identisch mit dem <pqovdiov am Bospo- 
von Beamten, Gesandten u. s. w., die nicht durch 50 ros , XrjXt) , Pachym. I 419 u. a. Ann. Comn. 

das Los erfolgten; eine geheime Wahl scheint X 5. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien 1891, VIII 

nirgends stattgefunden zu haben, so dass die 75. Nach Miiller (Geogr. gr. a. a. O.) ist es bei 

apxal aiQsxai und x sl Qoxort]xol als gleichbedeutend Kitscheli liman im nordlichen Teil des Bosporos 

dende/afc «l»;erora& gegeniiberstehen (s.'Aoxal); anzusetzen. S. auch unter Bosporos Nr. 1 

2) bei den meisten Abstimmungen der Volks- oben S. 748 nr. 54. 55. [Ruge.] 

gemeinde und ihrer Abteilungen (vgl. CIA I 40. Chelchal, Hunne, Unterfeldherr des Aspar um 

Aischin. II 13). Hier war es die offene Abstim- das J. 467, Prise, frg. 39, FHG IV 108. 

mung im Gegensatze zur geheimen durch yjfjyoi, [Seeck.] 

zum y-rjyifro&ai (s. d.). Doch wird dieses hauflg XeXixeXcbvt}, Madchenspiel mit Gesang. Ein 
als weiterer Ausdruck vom Abstimmen uberhaupt 60 Madchen sitzt in der Mitte ; sie heisst x^d>v?i, 

auch_ da gebraucht, wo ohne alien Zweifel offene die anderen umkreisen sie und singen : x^l^^n 

Abstimmung gemeint ist (vgl. besonders Stellen xl jiostg h zq> fisacp; sie antwortet: sgia /mxqvo- 

wie Lys. XII 44. 75 und die ausschliessliche Be- fiai xai xQoxtjv Mdijotav. Darauf die anderen : 

zeichnung des Volksbeschlusses als y>^<pia/iia), und 6 <5' exyovog aov xl moimv ax<x>Xexo ; Antwort : 

zwar stets da, wo ein sachliches Object (poriftda, Xevxav &<p' tjinoiv eig MXaaoav aXaxo. Der weitere 

vavg u. a.) damit verbunden ist, vgl. uberhaupt Verlauf des Spiels wird nicht berichtet; vermut- 

Schoemann De comit. Att. 120ff. (doch bei lich musste die x e ^ vt l eme der anderen greifen, 

Aristot. resp. Ath. 34, 26 xsiqoxovsTv xtjv dXiyao- die dann an ihre Stelle trat. Weshalb die in 



2227 Chelidon Chelonatas 2228 

der Mitte Sitzende ,Schildkrote' heisst, bleibt un- descr. 184. 683. Mela II 102. Solin. 38, 1. Steph. 

klar, ebenso der Sinn der Verse. Poll. IX 125. Byz. [Ruge.] 

Eustath. Od. 1914, 56. Grasberger Erz. u. XeliSoviov reixog, Mauer in Agypten, die, 

Unterr. 1133. Hermann-Blumner Privataltert. wie man sagte, von den Schwalben aus kleinen 

299, 2. [Mau.] Steinen zusammengetragen sein sollte und das 

Chelidon, Geliebte des C. Verres ; Cicero Land gegen die Fluten des Nils schiitzte, Thrasyll. 

schildert sie als berufsmassige Buhlerin; nach bei Ps.-Plut. de fluv. 16, 2 (Geogr. gr. min. II 

Ps.-Ascon. p. 192 Or. war sie das nicht, son- 654f. PHG III 503). Plinius, der dieselbe Ge- 

dern eine plebeische Clientin des Yerres. Sie schichte erzahlt (n. h. X 94), giebt als Ort der 

iibte auf ihn wahrend seiner stadtischen Praetur 10 Mauer , deren Namen er nicht nennt, die hera- 

680 = 74 grossen Einfluss aus, so dass, wenn kleotische Nilmiindung an. [Sethe.] 

man dem Redner glauben will, alle seine Eechts- Chelldonis (XsXidovig) und Chelidon (XeXt- 

spriiche durch ihren Willen bestimmt wurden dwr), Tochter des bei Ephesos wohnenden Pan- 

(Cic. Verr. I 104. 106. 120. 136ff. n 24. Ill 78. dareos, Schwester der Aedon, von ihrem Schwager 

V 34. 38. Schol. Vat. p. 376 Or.). Zur Zeit des Polytechnos geschandet, von Zeus in eine Schwalbe 

Processes 684 = 70 war sie bereits tot und hatte verwandelt; nach dem Willen der Artemis ist sie 

Verres zum Erben eingesetzt (Cic. Verr. II 116. Genossin der Menschen, Ant. Lib. 11 nach Boios. 

IV 71. Ps.-Ascon. a. O.). [Miinzer.] S. Aedon. ' [Hoefer.] 

Gheliionm(XsXidcovtd). l)Attischer Demos (?), Chelis, attischer Topfer aus dem Kreise des 

nach Arcad. d. accent, p. 99, 15 ; bisher inschrift- 20 Epiktet, in der zweiten Halfte des 6. Jhdts. thatig; 

lich nicht bestatigt. Doch tragt den Namen Cheli- er gehSrt zu den Vasenfabrikanten, die sowohl in 

donu noch heut eine 3 km. nordwestlich von Ke- schwarzfiguriger als in der rotfigurigen Technik 

phisia gelegene Statte, wo sich auf dem verbreiter- arbeiten. Wir besitzen von ihm vier Schalen 

ten Grunde eines kurzen, aber von starken Quellen und das Fragment einer solchen, alle mit sjioieosv 

genahrten linken Nebenarmes des Kephisos die signiert und, wie es die Kleinmeister, zu denen 

Kirche Panagia Kolfitjoig (mit beruhmtem Wall- Ch. gehort, lieben, nur mit wenigen Piguren ge- 

fahrtsfeste am 23. Aug. gr. St.) beflndet. Vgl. schmiickt. Die eine im Cab. de me'dailles zu Paris 

Karten v. Att. Text II 33ff. [Milchhoefer.] hat ein schwarzfiguriges Innen- und rotflgurige 

2) Ein Ort in Phrygien, von Strab. XIV 663 Aussenbilder (Milliet-Giraudon 51—53); die 
nach Artemidor erwahnt an der Strasse ostwarts 30 drei andern (Neapel 2615, Mtinchen 736, die dritte 
von Apamea. Da es sonst nirgends genannt ist, verschollen, fruher bei Canino) sind sowohl aussen 
wird der Name vielfach als Corruptel angesehen. als innen rotflgurig. Uber das Fragment (Ben n- 
Cramer (Asia minor II 30) setzt es gleich Di- dorf Gr. u. sicil. Vasenb. 29, 20) lasst sich nicht 
niae (Liv. XXXV 15). Kiepert setzt es nur un- urteilen. Die Darstellungen sind dem bakchischen 
sicher nordwestlich vom HoirangOl an, Specialk. und dem palaestrischen Kreise entlehnt. Die 
d. westl. Kleinasiens IX; Forma orb. ant. IX, Neapler Schale tragt den Lieblingsnamen Mem- 
Kadet bei Karadilly zwischen Synnada und Di- non, der auch bei Kachrylion und auf zahlreichen 
neir (Nouv. archiv. de miss, scientif. 1895). unsignierten Schalen begegnet, von denen Klein 

[Ruge.] drei (Miinchen 111. 1021, die dritte verschollen, 

3) Ein im Boedromion gefeiertes Fest der 40 fruher bei Noel Desvergers, alle aussen rot-, innen 
Rhodier, bei dem die Knaben von Thur zu Thiir schwarzfigurig) dem Ch. zuschreibt. Bei zwei 
gingen und das bekannte bei Athen. VIII 360 c andern, rotfigurigen, halt er die Zuteilung wenig- 
iiberlieferte Schwalbenlied sangen: jp#', fjX&s %z- stens fur moglich, was fiir die im Brit. Mus. 
Xibwv xalag wqag ayovaa, xaXovg inavrovg (B er gk E 19 befindliche und bei Jahn Dichter auf 
PLG III* 671 nr. 41). Nach Athen. a. a. O. Vasenbildern VI 1 (Sachs. Abh. VIII 1861) ab- 
hatte Theognis iv (? iisqi xSrv iv 'P6da> {fooiwv gebildete zuzugeben ist, far die bei Noel Des- 
dariiber berichtet und als den Stifter dieses aysQ- vergers L'Etrurie 37 publicierte hingegen, die 
fiog — denn die Knaben erhielten fiir ihren Sang die TOpfersignatur des Kachrylion tragt , be- 
Esswaren und andere Geschenke — Kleobulos von stritten werden muss. Klein Griech. Vas. mit 
Lindos bezeichnet. Vgl. Eustath. Odyss. XVIII 50 Meistersign. 116ff. [C. Robert.] 
411 p. 1914. Hesych. s. xeXidovioxat. Man pflegt Chelonatas (6 XeXcovdxag ; Ptolem. Ill 14, 30 
bei diesem Fest gewOhnlich an die jetztverschollene tj XeXcovnig, Plin. n. h. IV 13 Chelonates ; der 
Schwalbenvase aus Vulci zu erinnern, Mon. d. Name von der einer Schildkrote ahnlichen Ge- 
Inst. II tav. 24; vgl. Kretschmer Griechische stalt, vgl. den Namen des benachbarten Vorge- 
Vaseninschriften 91 nr. 66. [Kern.] birges Ichthys), jetzt Cabo Tornese, eines der 

XeliSovlSes vijooi , eine Gruppe von fiinf westlichen Vorgebirge der Peloponnesos gegeniiber 

Felseneilanden, dem chelidonischen oder heiligen der Insel Zakynthos, fiinf rOmische Meilen (etwas 

(isQa axQa) Vorgebirge (jetzt Selidanburii, To- reichlich gemessen) von Kyllene (Plin.). Har- 

maschek S.-Ber. Akad. Wien 1891, VIII 51) douin meinte in seinem Commentar zu Plin. n. 

gegenuber, nach Ptol. V 3, 9 waren es fiinf Klip- 60 h. IV 13, Ch. sei das jetzige Vorgebirg rXagivrCa. 

pen, nach Dionys. perieg. 128. 510. Strab. XIV Da aber nach Strab. VIII 338 ein Eiland vor 

666. Plin. n. h. V 131 nur drei. Von hier an Ch. liegt und auch die Entfernung zur Not stimmt, 

rechnete man den Tauros, Strab. XI 520. XIV 651. ist diese Meinung irrig. Dass das ganze jetzige 

Das Gewasser um dieselben war wegen der Untiefen Vorgebirge XXe/iowoi einst Ch. geheissen habe 

und Brandungen an den steilen Felsen, sowie (Leake Peloponnesiaca 210), halte ich fiir nicht 

wegen der wechselnden Stiirnie den Schiffenden gut mOglich. Der Name Ch. wie jetzt Tornese 

sehr gefahrlich, Lucian. navig. 8. Strab. XI 520. passt nur auf den kleinen Kiistenvorsprung. 

651. 666. Skyl. p. 100. Stadiasm. 232. Avien. orb. [Biirchner.] 



2229 Chelone Xeluvindeg vijGoc 2230 

Chelone. 1) °H Xe).d>vrj , von der Ahnlich- drei Seiten durch Bretter, aufgehangte Felle oder 

keit mit der Gestalt einer Schildkrote, eine Klippe Decken geschlossen waren , wahrend bei der %. 

in der See am Puss der 2xmocoviSeg nexoai (jetzt oovxxlg, welche unmittelbar an der Stadtmauer 

Kaxij oxaXa) in Megaris, Diod. IV 59. Ihr Name ihre Stelle hatte, nur ein Schutz der Seitenwande 

gab Anlass zu der Sage, der Wegelagerer Skiron erforderlich war. 'Gegen niedrige Mauern bediente 

habe die von ihm Beraubten einer Meerschild- man sich auch wohl einer x-, welche an Stelle 

krote als Patter vorgeworfen, E. Curtius Pelo- eines Satteldaches ein flaches Dach mit Brust- 

ponnesos I 26. K. Bur si an Geogr. v. Griechenl. wehren umgeben zur Aufnahme von Kriegern trug. 

I 368 A. [Blirchner.] Die GrOsse der %■ war natttrlicb eine ganz ver- 

2) Eine Jungfrau , die von Hermes in eine 10 schiedene ; von einer /. , die ein Athener Philon 
SchildkrOte verwandelt wurde , weil sie es ver- erbaut, werden die Masse angegeben : sie deckte 
schmahte, zum Hochzeitsfeste des Zeus zu er- eine Bodenflache von etwa 11 1/2 m - Front zu 
scheinen, Serv. Aen. I 505. Myth. Vat. I 101. 10 m. Seitenlange, die Stiitzen waren 3 m., das 

II 67. [Hoefer.] Dach in Giebelhohe etwa 31/2 m - hoch; der Durch- 

3) Xeloivr] ist die zuerst bei Aeneas Tacticus messer der Rader betrug fast 1 1/ 2 m. tiber die 
vorkommende Bezeichnung fur diejenige Maschine /. xgw(poQog, die zum Schutz des Sturmbockes 
{fMrjxavrj) im Belagerungskriege, welche die Auf- fiber demselben aufgerichtet war, vgl. Kqios. 
gate hatte, den Mannschaften des Belagerers das Athenaios jieqi fit]xavt}[idxcov bei Wescher Po- 
Arbeiten im Bereich der Belagerten zu ermOg- liorce'tique des Grecs 1867, 15ff. ; libersetzt und 
lichen, indem sie ihnen gegen die von der Stadt- 20 erlautert von Rochas d'Aiglun in den Melan- 
mauer kommenden leichteren wie schwereren Ge- ges Graux 1884, 787ff. Vitruv. de architectura X 
schosse hinreichende Deckung verschaifte. Je 14ff. mit den Anmerkungen von Reber. Thiel 
naher der formliche Angriff an die Stadtmauer Quae ratio intercedat inter Vitruvium et Athe- 
heranfuhrte, je allgemeiner und intensiver auch naeum mechanicum 1895, 291. Die sich bei Apol- 
von seiten des Verteidigers die Anwendung der lodor Wescher 140ff. flndenden Angaben sind, 
Geschiitze wurde, desto weniger reichten die bis weil aus der Kaiserzeit stammend, hier nicht be- 
dahin tiblichen Hiirden und Hutten aus Plecht- riicksichtigt. [Droysen.] 
werk. aus, die wohl aus der Feme kommende 4) XeXwvrj wurde metonymisch fur die aegi- 
Pfeile oder Schleuderkugeln aushalten mochten, naeische Miinze gesagt (wie rok~6xr\g fur den Da- 
desto grSssere Sorgfalt erforderte die zweckmassige 30 reikos, xoqvj ftir attisches Geld, jzebXog fur korin- 
Herstellung der x- Der Verwendung nach wur- thisches), abgeleitet von dem altesten und lange 
den zweierlei %. unterschieden : x- x mor e^sg un| i Zeit au ^ der Hauptseite dieser Miinze dominie- 
X- ogvxridsg; erstere kamen zur Anwendung, um renden Geprage einer Schildkrote (anfangs Meer- 
das Gelande bis zur Stadtmauer fiir die Annahe- schildkrote , spater Landschildkrote) ; s. Pollux 
rung der Belagerungsttirme durch Beseitigung IX 74 xal fitjv to IleXonovvrjoioiv vofiiofia xeXcovtjv 
von Hindernissen , Zuschiitten von Graben, be- rives rjg~lovv xaXeTofiou ano rov xvnd>(iarog • oftev 
sonders des Stadtgrabens, gangbar zu machen, der rj ftsv jiagoc/^la • xdv agexav xal xdv oo<piav vixavri 
andern bediente man sich unmittelbar am Pusse x e ^ rat > sv 8s r oTg EvjtoXidog El'Xwoiv si'Qtjrac • 
der Stadtmauer, um deren Fundamente zu unter- ofloXdv rov xaXXixiXoivov (dazu Hesych. s. xaXXi- 
graben. Fiir die Herstellung beider Arten von 40 x^Xcovog) ; s. Suid. s. x e ^ v n- Warum Plutarch 
X-galtenim wesentlichendieselbenGesichtspunkte: de Pythiae orac. 12 die Miinze der Tenedier als 
Beweglichkeit und Pestigkeit besonders gegen alle zsAoiwor bezeichnet, oder was er an ihr so nennt, 
von oben her geschleuderten Lasten: auf einem weiss ich nicht (fiovoi ydq, a>g eoixev, h rco x s ~ 
quadratischen Balkenrost lagen zwei seitlich meh- Xcovlq> xvnov xeXexscog e'xovot,). [Kubitschek.j 
rere Puss weit vorspringende Querbalken auf, XsXmvtrrjg ttoXnog, an der Westkiiste von 
auf deren Enden ein nach vorn und hinten vor- Elis. Was Ptolem. Ill 14, 30 fiir einen Busen 
springender, aus vier Balken zusammengeschla- im Auge hat, ist ungewiss. Vielleicht den win- 
gener Rahmen ruhte; in diesen waren ringsherum zigen Golf siidlich vom Vorgebirg Chelonatas, 
Stiitzen eingelassen, diese trugen einen viereckigen s. d. [Biirchner.] 
Rahmen, auf dem das aus Sparren gebildete Sattel- 50 XeXcovkt/g vrjaog, Insel in der Erythra tha- 
dach aufsass; die Widerstandsfahigkeit des Daches lassa, Steph. Byz., vielleicht identisch mit der 
besonders bei den x- oovxrtdsg wurde noch durch XsXoivow vfjoog oder einer der Xelcovhidsg vfjaoi. 
Auflegen von allerlei nachgiebigen Material: [Sethe.] 
Paschinen aus frischen Zweigen, frischen mit Schilf XeXcoviriSeg Xifivai, von einem Arm des Gir- 
oder Stroh gestopften Hauten verstarkt, hierdurch flusses gebildet, der sich von Ischeri (Biskra) aus 
zugleich den Versuchen der Belagerten, durch in nordfistlicher Richtung abzweigt, Ptol. IV 6, 4. 
Brandpfeile oder Pechfackeln die %. anzuziinden, Vielfach mit den verschiedenen Chotts des ost- 
nach Kraften entgegengearbeitet. Durch vier lichen Algier zusammengebracht (vgl. Vivien 
oder acht Rader, welche so in dem unteren Rost de Saint-Martin Le nord de TAfrique 442f. 
angebracht und so construiert waren, dass sie 60 Tissot Geogr. comp. delaprov. romaine d'Afrique 
unter demselben frei laufend nach alien Seiten 97. Miiller zu Ptol. p. 740), ohne sicheres Er- 
gestellt werden konnten, erhielten die %. Beweg- gebnis. Den Angaben des Ptolemaios entsprechen 
lichkeit; Mannschaften, die innerhalb derselben noch am besten die Chotts zwischen Constantine 
standen und schoben, gaben die bewegende Kraft, und Tebessa (Chott ank el-Djemel, Ch. el Guellif, 
Der einzige Unterschied zwischen den beiden Guerah e'-Tarf). [Fischer.] 
Arten der x- nat . wie es scheint, darin gelegen, XeXcovhiSeg vijooi, die beiden Inseln Kara- 
dass bei den x- x max e^sg, welche in einiger Ent- fioai an der Westkiiste des arabischen Meerbusens, 
fernung von der feindlichen Stadtmauer standen, Ptol. IV 7, 37, s. Chelonitis. [Sethe.] 



2231 Chelonitis Xtjw 2232 

Chelonitis, Insel im roten Meer, Steph. Byz.; Myth.4 I 307f. Maass bei Sam Wide Lakon. 

Plin. n. h. VI 151 zahlt Chelonitis unter den Kulte 130 halt an der Ableitung von %dXvs 

insulae an der Westkuste Siidarabiens auf ; wahr- fest, vermutet aber in der Epiklesis Beziehungen 

scheinlich damit identisch ist die XeXwvwv vfjoog zum Wesen der Artemis als ErdgOttin. 

(s. d.) des Strab. XVI 773 urid die XeXwvhtdeg [Jessen.] 

rfjooi (s. d.) des Ptol. IV 7, 37. Chembis (Xs/ifiie Hekat. bei Steph. Byz. s. 

[Tomaschek.] Xe/ifug; Xifi/iie Herod. II 156. Mela 19. Eustath. 

XsXcov&v vfjoog, eine von drei bei einander Od. X p. 1644), Insel in einem See beim Tempel 

liegenden Inseln an der Westkuste des arabischen derunteragyptischenStadtButo(Nr.2), mitHainen 
Meerbusens zwischen Evfievove Xt/irjv und Deire, 10 und einem Heiligtum des Horos (Apollon). Nach 

Strab. XVI 773. [Sethe.] den agyptischen Quellen (vgl. auch Plut. de Is. et 

Chelonophagoi {XeXwvo<payoi), SchildkrOten- Os. 18) sollte hier dieser Gott, nach einer andern 

esser. 1) Volk an der Kiiste von Karmanien, das Version, deren Spuren auch bei Herod, a. a. 0. 

von den grossen Schildkroten , die das indische zu verfolgen sind (s. Bubastis Nr. 1), die 

Meer beherbergte, lebte und seine Hauser mit ihren Zwillinge Schu (Apollon) und Tafnet (Artemis) 

Schalen deckte, Agatharch. per. mar. erythr. 47 von der Isis geboren worden sein. Die Gottin 

(nach Diod. Ill 21 und Phot. Geogr. gr. min. I Buto, der das Kind Horos von der Mutter zur 

138f.). Plin. n. h. VI 109. IX 35. Mela III 8 heimlichen Erziehung anvertraut war, sollte die 

(Solin. 54, vgl. Salmasius z. St.). Ptol. VI 8, 12. Insel beweglich gemacht haben, um den Auf- 
Ael. n. a. XVII 3. Mark, peripl. mar. ext. I 28 20 enthalt ihres Pfleglings vor den Nachspahungen 

(Geogr. gr. min. I 532). seines feindlichen Oheims Seth zu verbergen. Bei 

2) Volk an der Westkuste. des arabischen dieser Sage wird man an eine jener schwimmen- 
Meerbusens, das ebenfalls von den dort in fabel- den Pflanzeninseln gedacht haben, die sich noch 
hafter GrOsse vorkommenden SchildkrOten lebte heute im obern Lauf des Nils aus grossen vom 
und ihre Schalen als Kahne benutzte, Strab. XVI Strome mit fortgefiihrten Pflanzenmassen bilden 
773. Plin. n. h. IX 35. Die von den Ch. aus und, bald hier bald dort sich festsetzend, nicht 
Scheu vor den gefahrlichen Klippen des Meeres selten der Schiffahrt ernste Hindernisse bereiten, 
nicht gefangenen Tiere, welche an der Kiiste der vgl. die Schilderungen von Schweinfurth Im 
Trogodyten anschwammen, wurden von diesen als Herzen Africas. Wo die agyptischen Denkmaleruns 
heilig verehrt, Plin. n. h. IX 38, vgl. dazu Nym- 30 die Isis in Ch. ihren Sohn Horos saugend zeigen, 
phis bei Ael. n. a. XVI 17. [Sethe.J sitzt sie in einem Papyrusdickicht (Brugsch 

3) Eine VOlkerschaft an der Kiiste von Kar- Diet, geogr. 571). Die agyptische Form des 
mania, Ptol. VI 8, 12. RiesenschildkrOten gab es Namens Ch., die hier und sonst angegeben wird, 
im Bereich des indischen Meeres oder der fxzyalrj Hb, etwa *Chebbe oder Chebje gesprochen, war 
■fraXaooa (skr. maharnava), so bei Taprobane, Ael. aus einem ursprfinglichen Zh-bltj verkiirzt , das 
XVI 17, und an der Kiiste der Insel Chryse (s. d.). etwa 'eoh-ebjote lautete und"soviel als ,Papyrus- 
Die arabischen Werke, z. B. Aga'ib el-Hind, und sumpfdickicbt des Konigs von Unteragypten' be- 
die italienischen Beisenden des Mittelalters er- deutete, eine Benennung, die sich daraus erklart, 
zahlen Pabelhaftes von der GrOsse dieser Tiere. dass der dort geborene Gott Horos ein KOnig von 

[Tomaschek.] 40 Unteragypten gewesen sein sollte und dass die 

Chelphun(-fiTdAjrwrnachVermutungCorssens benaehbarte Stadt Buto (Nr. 2) in vorgeschicht- 

Spr. d. Etr. I 244. 338), Satyr auf einem etruski- licher Zeit die Hauptstadt des selbstandigen unter- 

schen Spiegel (Gerhard Etr. Spieg. Taf. 314. agyptischen Kftoigreiches gewesen war, vgl. Sethe 

Heydemann Satyr- und Bakchennamen 33). Ztschr. f. agypt. Sprache XXX 113ff. tlber das 

[Wagner.] von Heliodoros erwahnte Chemmis, das gewohn- 

Chelydorea (ta XeXvdogsa, Name von %eXvs lich mit der Insel Ch. identiflciert wird, s. Chem- 

und deiQw = Entschalung der Schildkrote), 1759m. mis Nr. 4, fiber das von Plut. de Is. et Os. 14 

hohes Gebirg in Arkadien und in der achaeischen genannte, das man dafiir halten konnte, s. C h e m - 

Pellene, ein nach Norden vorgeschobener Teil des mis Nr. 2. [Sethe.] 
Kyllenezuges, Paus. VIII 17, 5. Es beherbergte 50 Xrjfirj, ein kleines Fliissigkeitsmass, das, wie 

viele Landschildkroten. Auf ihm lasst die Sage es scheint, zuerst im ptolemaeischen Massystem 

den Hermes die Leier erfinden, K. Bursian als V24 der attischen xovbXi) (s. d.) = 1/4 xva&og 

Geogr. v. Griechenl. II 183. 198. 201. 314. 340. = 1,14 Centiliter bestimmt worden ist (Metrol. 

Der im Gipfelplateau 1750 m. hohe Konglomerat script. I 134. 242, 27). Damit stimmt die Mass- 

tafelzug stiirzt nach Osten, Norden und Westen tafel des Dioskorides (ebd. 133. 241, 3. 20. 242, 6). 

in fast senkrechten dunkelfarbigen Wanden (da- Dagegen erscheint im Carmen de pond. 77f. als 

her sein heutiger Name MavQofiovvo = Schwarz- Vierundzwanzigstel der attischen Kotyle das my- 

berg) und bietet einen Anblick von gewaltiger strum und erst als Drittel des letzteren die ckeme 

Grossartigkeit, Philippson Peloponnes 124f. = 0,38 cl. Ausserdem sind fiir die romische Pro- 

[Btirchner.] 60vinz Agypten teils als %., teils als /ivotqov, xo- 

Chelytis (XsXvrcg), Epiklesis der Artemis in yliaQiw, x&qvov noch verschiedene andere, beson- 

Sparta, Clem. Alex. Protrept. p. 33 Pott. Anon. ders bei den Arzten iibliche, kleinste Pliissigkeits- 

Laur. 27 = Schoell-Studemund Anecd. II 270, masse bezeugt, welche noch in so spater Zeit 

vermutlich von %&Xvs (Schildkrote , Lyra) abzu- eine angenaherte Vorstellung von der ausserordent- 

leiten, so dass Artemis Ch. dem Wesen nach der lichen Mannigfaltigkeit der altagyptischen klein- 

Artemis Hymnia nahestande, Welcker Griech. sten Teilmasse geben. Sie lassen sich fast aus- 

Gotterl. I 586; fiber die Beziehungen der Gottin nahmslos auf die Zerlegung einer provincialen 

zur Musik vgl. 0. Bd. II S. 1353. Preller Griech. Kotyle von 41,03 cl in Dreihundertsechzigstel zu- 



2233 Chemen Chemset 2234 

ruckfiihren. So kommen in einer Tafel jisqI fie- den panischen Schrecken hervorgerufen haben ; 

tqcov vys&v auf eine %. [zixgd 20/ 360 = i/ 18 pro- dass damit das oberagyptische Ch. gemeint ist, 

vinciale Kotyle = 2,28 cl, in einer andern zur stellt ausser der Erwahnung der Pane noch die 

Sammlung ex x&v KleomxxQas xoa/iijxixcov ge- Angabe sicher, dass die ebenfalls dem Gotte Mm 

hOrigen Tafel auf eine %■ V psydlr) 12 / 860 = Vso dienende Stadt Koptos nicht fern davon lag. Ausser 

Kotyle = 1,37 cl und auf eine %. r) fiixga 8/ 360 dem Mm (Pan) wurde in Ch. noch die Gottin 

= 1/45 Kotyle = 0,91 cl. Hultsch Index zu den Triphis (s. d.) verehrt (Letronne a. a. 0.). Die 

Metrol. script, s. v.; Metrologie 2 624f. 116, 2. Stadt war im Altertum wegen ihrer Steinarbeiten 

119. 636ff. [Hultsch.] und Gewebe beruhmt (Strab. XVII 813), manche 

Chemen, Ort Agyptens beim Geogr. Eav. Ill 2, 10 Proben ihrer Kunstfertigkeit in letzterer Be- 

nach Parthey (Abh. Akad. Berl. 1857, 130) viel- ziehung haben sich uns erhalten (vgl. Biegl 

leicht fur Chemmis; der einheimische Name der Textilfunde. Forrer Romische und byzantinische 

oberagyptischen Stadt Chemmis (= Panopolis) Seidentextilien; Graber- und Textilfunde von Ach- 

lautete in der That wahrscheinlich Chemmin (s. mini) und noch heute bildet die Weberei den vor- 

Chemmis Nr. 2). [Sethe.] nehmsten Brwerbszweig der Bewohner (vgl. Bae- 

Chemla (XrjfiCa), Name Agyptens, von der deker Agypten 1897, 208). Ch. war dasHaupt 

Schwarze des Fruchtbodens so benannt, wie das eines eigenen Gaues, des Nomos Panopolites (s. 
Schwarze im Auge, Plut. de Is. et Os. 33. Der Panopolis); Herodots Angabe, es lage im &tj- 

agyptische Name des Landes Kemet, koptisch fiaixbg ro/j,6s ist ungenau, er meint in der The- 
Ktjfis oder in dem den Griechen bekannteren unter- 20 bais, wie Diod. I 18 {xaxa xr/v &i]fSatda) richtig 

agyptischen Dialekte Xrjfu, scheint in der That angiebt. Auch nach der Eroberung des Landes 

den Wortstamm hmm .schwarz sein' zu enthal- durch die Araber hat die Stadt nicht an Bedeu- 

ten; denn der Name wird in den Inschriften oft tung verloren, sie ist jetzt eine der grossten Agyp- 

in Gegensatz zu dosret, ,dem roten Lande' d. h. tens, mit nahezu 10 000 Einwohnern. Die zu Tage 

den zu Agypten gehSrigen Wiistenlandern, gestellt. liegenden Euinen sind deshalb nur unbedeutend, 

[Sethe.] um so ausgedehnter die bisher aufgefundenen Ne- 

Chemmis. 1) Xsp/Mg, agyptischer K&nig aus kropolen aus altester und spatester Zeit in dem be- 

Memphis, Erbauer der grSssten der drei beriihm- nachbarten Gebirge (Baedeker a. a. O.). S. auch 

ten Pyramiden von Gizeh, Diod. 1 63, bei Herodot. den Artikel Panopolis. 
Cheops (s. d.), agyptisch Hwfw. 30 3) Insel in der Nahe der unteragyptischen 

2) Bedeutende Stadt Oberagyptens, Herod, n Stadt Buto Nr. 2, Herod. II 156. Mela I 9, s. 

91 (Steph. Byz. Hesych. Ke/ufiig). Diod. I 18 Chembis. 

(Xeftfiai, in den meisten Codd. mit einem berich- 4) Xsfifus heisst bei Heliodor Aeth. II 18, 21. 

tigenden Zusatze Xefi/Mv fj Xe/tfico). Plut. de Is. V 9. VI 3. 4. 11 ein wohlhabender, stark bevOl- 

et Os. 14; altagyptisch 'Ipw oder Chente-min kerter Ort (xcoftr/) im Nordwesten des Nildeltas, 

(Brugsch Diet, geogr. 576. 1384 IX). Dieser der wegen der rauberischen Umwohner der Bov- 

letztere Name ist spater zu Chemmin (vgl. Che- xoXoi (s. d. Nr. 1) auf einem Hiigel am Ufer des 

men) verkiirzt worden (vgl. die mit den Laut- Nils angelegt war und in dem man eine Gottin 

zeichen/wrebeginnendehieroglyphischeVariantebei Isias verehrte (VI 3. 4). Wenn dieser Ort wirklich 
Brugsch a. a. O. 575, die zu der irrigen Lesung 40 existiert hat, so ist in ihm vielleicht das Ch. zu 

Chem fur den Gottesnamen Mm veranlasst hat), sehen, das dem bei Herodot. II 165 mit andern 

und diese Form Chemmin liegt dem griechischen Gauen des Deltas angefiihrten vo/iog Xe/ifihtjs den 

Xsfiftcs, dem koptischen Sehmin (im Dialekt des Namen gegeben hat. Steph. Byz. bezieht diesen 

Ortes selbst noch Ghmin gesprochen) und dem Gaunamen, ebenso wie falschlich Herodots Beschrei- 

heutigen arabischen Namen Achmim zu Grunde; bung der Insel Ch. Nr. 3 bei Buto (s. Chem- 

er bedeutete in seiner ursprunglichen Form etwa bis), auf die oberagyptische Stadt Ch. Nr. 2 (Pa- 

,der den Gott Mm habende (Ort)' und ist von den nopolis), obwohl Herodot ausdriicklich von dieser 

Griechen , die diesen hier verehrten ithyphalli- gesagt hatte , dass sie im QrjfSa'Cxog ro/iog liege 

schen Gott (s. M I n) meist ihrem Pan gleichsetzten (H 91), und die andern Gaue, die er mit dem 
(Diod. Plut. a. a. O. Steph. Byz. s. Ilavog nolig. 50 Chemmites zusammen nennt, alle dem Delta an- 

Letronne Eec. des inscr. I 106), mit TIavbg gehoren. Die Annahme von Wiedemann (zu 

stoXie (Panopolis, s. d.) iibersetzt worden (vgl. .Diod. Herodot. II 165), dass die eben erwahnte Insel 

a. a. O.). Herodot, der diese Identification mit Ch. (Chembis) der Hauptort des Gaues war, nach 

dem Pan noch nicht kennt, und in dem Mln viel- dem er benannt sei, ist nach Herodots Beschrei- 

mehr den Perseus wiedererkennen will, berichtet, bung dieser Insel beim Tempel der Stadt Buto,, 

dass diesem zu Ehren in Ch. gymnastische Spiele die selbst bis in die spateste Zeit Hauptstadt 

aufgefiihrt wurden, wovon sich sonst nirgends in eines eigenen Gaues gewesen ist , durchaus un- 

Agypten eine Spur fande. Er hatte dabei offen- wahrscheinlich. [Sethe.] 

bar ein auf den Denkmalern efters dargestelltes Chemosis (Xr//tc»ots), Name einer Augenkrank- 

merkwiirdiges Festspiel im Auge , das im Er- 60 heit , den man , aber kaum mit Eecht , mit dem 

klettern von Stangen durch Krieger bestand, das Namen Agyptens Kemet (kopt. Kerne , griech. 

immer nur vor dem Gotte Mln aufgefiihrt wird Xrn.Ua) zusammenbringen wollte (Ebers Abh. 

und in der That ganz einzig in seiner Art da- Sachs. Ges. d. Wiss. phil.-hist. Kl. XI 266ff.). 
stent (eine Abbildung Lepsius Denkm. Abt. [Sethe.] 

IV 42 b). Nach Plut. (a. a. 0.) sollten die in Chemset, der zweite der vier Quellflflsse des 

der Umgebung von Ch. wohnenden Pane und Satyrn Nil, die sich vom Mondgebirge (Kenia und Kili- 

zuerst von der im Delta erfolgten Ermordung des mandscharo) herab in den Kataraktensee (Ukerewe 

Osiris Kunde erhalten und durch ihre Wehklagen N.) ergiessen. Anon, bei Hudson Geogr. gr. min. 



2235 Chen Cheops 2236 

IV 38. Muller zu Ptol. IV 7, 7. Vielleicht der Xtjvopoaxiov), agyptische Stadt, in der Thebais 

heutige Chimigu, der sich in der Miatu (Msng) aufdemrechtenNiluferzwischenKainepolis(Keneh) 

genannten Gegend. mit einem zweiten Fluss (Xeg- und Lepidotonpolis (El Mescha'ik) gelegen, Ptol. 

pdhxs) vereinigt (vgl. Muller zu Ptol. p. 777). IV 5, 72. Alex. Polyhist. bei Steph. Byz. Itin. 

[Fischer.] Ant. 165 (Cenoboskio). Tab. Peut., nach der Not. 

Chen (fi Xtjv) oder Chenai (al Xijvai oder dign. or. XXXI 47 Standort der ala Neptunia. 

Xtjvai [Diod.]), Heine Ortschaft am Oitegebirg in In der alteren Ptolemaeerzeit gehorte Ch. zu dem 

Thessalien, Plat. Protag. 843 A. Skyl. 62. Aus Gau von Ptolemais Hermeiu (aeg. Psoi, jetzt Men- 

ihr stammte Myson, einer der sieben Weisen. Im schieh), Grenfell An Alexandrian erotic frag- 
Altertum haben einige Ch. in Lakonien angesetzt, 10 ment , Oxford 1896 nr. 42, 14; daher wurde 

Diog. Laert. I 106. Diod. exc. de virt. et vit. dort auch, wie in Psoi, das Krokodil als heilig 

p. 235 nennt Myson einen Malier, und Pausanias verehrt , Alex. Polyhist. a. a. 0. Zur Zeit des 

X 24 , 1 spricht ausdrucklich vom Oitegebirg. Geographen Ptolemaios geherte Ch. zum Nomos 

K. Bursian Geogr. t. Grieehenl. 95. Panopolites, die Vita Pachomii nennt es dagegen 

[Biirchner.] eine xd>fii) des Nomos Diospolites, womit wohl 

Chena (X^ra),nachTomaschekS.-Ber.Akad. der Gau der gegeniiber liegenden Stadt Diospolis 

Wien CXXIV vm 18 vermutlich die jetzt Ine mikra gemeint ist. In der koptischen Version 

genannte tiirkische Ortschaft an der Flussbeuge desselben Textes wird als einheimischer Name 

des Oberlaufs des Skamandros in der Troas. Die des Ortes Scheneset angegeben, die arabische trber- 
Alanen bestanden dort 1320 ein Treffen mit den 20 setzung giebt bald diesen bald den griechischen 

Tiirken (Pachymeres de Andronico IV 16). Namen mit sek statt mit ch anfangend, wohl 

[Biirchner.] nach agyptischer Aussprache, da in den meisten 

Chencheres (Xsv/^evs) > vierundvierzigster agyptischen Worten urspriingliches eh in seh iiber- 

KOnig von Agypten nach Syncell. p. 151 (FHG gent. Der altagyptische Name ist unbekannt, der 

II 609), s. den Artikel Chebres. [Sethe.] heutige arabische lautet Kasr es Saijad. Ame- 

XevsfiQiTwv #c6ga, LandschaftUnteragyptens, lineau GCogr. de l'Egypte 431. In der Nahe 

zum mareotischen Gau gehOrig. Agyptische Ur- flnden sich Felsgraber von machtigen Gaufiirsten 

kunden der Berliner Museen I 13, 2. [Sethe.] aus den Zeiten des alten Reicb.es, in denen die 

Chenephres {Xsvs<pQfjg Al. Polyh. bei Euseb. Centralgewalt des Konigtums zu Gunsten der 
pr. ev. IX 27 = FHG III 221ff. Cedren. I 86, 30 Macht der Territorialherren geschwacht war. Bae- 

21. Clem. Al. str. p. 149 Sylb.; XevecpQij Cramer deker Agypten 1897, 218. [Sethe.] 

An. par. II 176 ; Xsvs<pqwv oder XsvefiQcbv Chron. Chenopolis , Stadt Agyptens beim Geogr. 

pasch. 63. 64 ; Kanphera Abulfar. chron. p. 14) Rav. Ill 2 ; der Name ksnnte vielleicht aus Ky- 

heisst bei Artapanos der agyptische Konig, unter nopolis oder Kainepolis verderbt sein, die aber 

dem Moses lebte und der Auszug der Juden statt- beide ebenda als Oynopolis und Gaenopoli ge- 

fand. Im Anfang der vOllig abenteuerlichen, nannt sind. [Sethe.] 

offenbar tendenzifis erfundenen Geschichte wird Chenosiris (xsvooiqis), nach Plut. de Is. et 

Ch. als einer von vielen KOnigen, die damals zu- Os. 37 Name des Epheus bei den Agyptern, so- 

gleich iiber Agypten herrschten, bezeichnet und viel wie ,Pflanze des Osiris' bedeutend; in der 
ihm als Herrschaftsgebiet die Gegend oberhalb 40 That bedeutet im Agyptischen diet (kopt. sohe) 

Memphis (oi vjisq MkjKpiv xdnoi) zugewiesen, im das Holz, den Baum, und n bezeichnete das fol- 

weiteren Verlauf erscheint er aber als Konig von gende Wort als Genitiv. [Sethe.] 

ganz Agypten, der u. a. mit den Aithippen Krieg Cheops (Xeoip, mir in den Casus obliqui be- 

fuhrt und durch dessen Leute der alte, aus Ziegeln legt), agyptischer K6nig, der die grOsste der drei 

gebaute Tempel von Diospolis (Theben) durch beruhmten Pyramiden beim heutigen Dorfe Gizeh 

einen Neubau aus Stein ersetzt wird. Dass unter erbaut hat, Herod. II 124ff. Schol. Clem. Alex. 

ihm die Stadte Hermopolis und Meroe gegrfindet IV 113 ed. Klotz, bei Diodor (I 63) Chemmis 

und der Apisdienst eingefuhrt sei, sind nur einige genannt, entspricht dem zweiten Konig der vier- 

von den argen Anachronismen, von denen die ganze ten Dynastie 2ov<pis Manethos nach African, bei 
sonderbare Geschichte wimmelt. Der Name Ch. 50 Syncell. p. 56 D (bei Euseb. ebd. p. 57 C irrig 

hat wie die andeni Namen, die Artapanos hier als der dritte bezeichnet, weil bei Manethos der 

einfuhrt, gut agyptisches Aussehen, er enthalt Nachfolger des Ch. ebenfalls Suphis genannt 

den Namen des Sonnengottes ipgr/ wie der analog war) und dem funfzehnten K8nig der Liste des 

gebildete Name Xave&o'jd-rjs ebenda den des Gottes Eratosthenes 2am<pie (FHG II 548f. Lepsius 

Thoth. [Sethe.] Konigsbuch Quellent. 6-7). Der agyptische Name, 

Cheneres (Xevsg^s), letzter Konig der zweiten der sich auch mit roter Farbe auf Blocken der 

agyptischen Dynastie, Maneth. nach African, bei Pyramide aufgeschrieben findet (Lepsius Denkm. 

Syncell. p. 54 D (FHG II 542. Lepsius Konigsb. II 1) und in den sie umgebenden Grabern von 

Quellent. 5). Der entsprechende hieroglyphische AngehOrigen und Dienern des KOnigs oft genannt 
Name ist unbekannt. [Sethe.] 60 wird (Lepsius Denkm. II 18—34), ist Hwfw 

Xrfviov i>Qog , abweichende Namensform fur (Herod. Xsoy), woraus in der Ptolemaeerzeit durch 

Xenophons &tjxn? ( s - d.), Diod. XIV 29. den gewohnlichen Ubergang des ch (h) in sch 

[Tomaschek.] (s) wohl Swftv (Maneth. Sovcpig, Eratosth. 2a- 

Chenneseri, Stadt im siidwestlichen Arabien, &<pt,g) geworden war ; die Aussprache des Namens 

Plin. VI 158, von Glaser (Skizze 147) zweifelnd ist unbekannt. Die von dem Glossator des Era- 

mit Gebel Hansir (unweit von Jerim) verglichen. tosthenes gegebene Ubersetzung des Namens xm- 

[D. H. Miiller.] fiaarrjg, xaxa evt'ovg dk xQtjixaxiarr]s ist einstweilen 

Chenoboskia (XtjvofiooHia , xa Xrjvoftooxia, nicht controllierbar. In Herodots wunderlicher 



2237 Cheops Chephren 2238 

Chronologie ist der Konig an eine ganz falsche dies spricht entschieden dagegen, dass er den 

Stelle geraten, hinter den der zwanzigsten Dyna- spateren Agyptern fiir einen Gottesverachter gait; 

stie angehorenden Konig Rampsinitos; auch bei ebenso auch, wenn wir bei Africanus lesen, dass 

Diodor ist Chemmis der achte Nachfolger des er der Verfasser eines heiligen Buches gewesen 

Eemphis, der demselben KSnige entspricht. Dem- sei, das die Agypter noch zu Africanus Zeit sehr 

gemass wird von Diodor das Alter der Pyramiden hoch schatzten und das dieser selbst erwarb. So 

nur auf ,nicht weniger als 1000 Jahre' angegeben; muss es fast scheinen, als ob die Sage von der 

doch teilt er daneben noch eine andere Schatzung Schlechtigkeit des Konigs nicht bei den Agyptern, 

mit, nach der sie mehr als 3400 Jahre vor seiner sondern bei den Griechen entstanden sei. Sie 
Zeit erbaut sein sollten, eine Zahl, die so wenig lOkonnte wohl ein Ausfiuss des niichternen Urteils 

abgerundet ist, dass sie offenbar auf einer ge- fiber den Wert der Pyramiden sein, dem wir bei 

naueren Berechnung beruhte. Sie ist zwar viel- Plin. n. h. XXXVI 75. 79 begegnen, dass sie 

leicht etwas zu hoch gegriffen, kommt der Wahr- namlich nur Producte thorichter Eitelkeit der 

heit aber doch bedeutend naher, denn spater als KOnige, ohne Nutzen fiir das Volk, das diese Riesen- 

in den Anfang des dritten vorchristlichen Jahr- arbeit leisten oder durch Aufbringung der Kosten 

tausends wird man die Erbauung der grossen ermOglichen musste, seien. Den Agyptern, die 

Pyramiden nicht setzen dtirfen. Tiber die Dauer keinen hoheren Wunsch kannten, als dass ihr 

der Regierung des Ch., die Herodot und nach Name ,leben' bleibe, lag ein solcher Gedanken- 

ihm Diodor auf 50, Africanus in seinem Auszuge gang gewiss ganzlich fern, ihnen musste die grosse 
aus Manethos gar auf 63, Eratosthenes auf 29 20 Pyramide , die diesen Zweck eines Denkmals so 

Jahre angeben, ist nichts bekannt, doch scheinen glanzend erreicht hatte, vielmehr Gegenstand der 

die beiden ersten Zahlen aus gewissen Grfinden grossten Bewunderung sein. Vor dem phantasti- 

zu hoch zu sein (s. Meyer Gesch. d. Altert. I schen Buch von Lauth ,Chufus Bau und Buch' 

§ 76). Das Hauptdenkmal aus der Eegierung sei gewarnt. [Sethe.] 

des Ch. ist seine Pyramide, die einstmals seine Chephren (Xe<f>Q^r Herod. II 127; Ksq>Qfjv 

Leiche barg, jetzt aber nur noch den geOffneten Diod. I 64. Synes. ep. 58, 201. Suid.; Ktucpqrfv 

leeren Sarg enthalt. Sie ist nicht nur die erste Schol. Clem. Alex. IV 113 ed. Klotz), agyptischer 

wirkliche Pyramide, die sich ein agyptischer Konig Konig, Erbauer der zweitgrOssten der drei be- 

als Grabmal erbaute, sondern iibertrifft auch ruhmten Pyramiden von Gizeh, nach anderen 
alle anderen an GrOsse bedeutend ; sie ist das 30 XajJQ-vtjg genannt Diod. I 64, bei Manethos (nach 

beredteste Zeugnis fur die Macht ihres Erbauers, African, bei Syncell. p. 56 D) und bei Eratosthenes 

und ihr ist es gelungen, seinen Namen noch ebenso, wie sein Vorganger (Cheops), 2ov<f>i;, 2aa>- 

bis in unsere spaten Zeiten lebendig zu erhal- cpig genannt. Der agyptische Name ist iF/V*, etwa 

ten. Naheres fiber sie s. unter IIvQafiideg. Die Ch*ef-re' , in ptolemaeischer Zeit wohl Scftefre' 

drei kleinen Pyramiden , die vor ihrer Ostseite gesprochen. Er hat sich an der Pyramide selbst 

liegen , waren nach Diod. I 64 fur Angehorige nicht gefunden, wohl aber in dem dazu gehorigen 

des Konigs bestimmt; Herod. II 126 erzahlt, die Tempel (Petrie Hist, of Egypt. I 47ff.) und in 

mittlere sei von der Tochter des Konigs, die sich den benachbarten Felsengrabern, die Prauen und 

auf seinen Befehl prostituieren musste , erbaut Sohnen des KOnigs gehorten. Nach Herodot (Diod.) 
worden ; eine in der Nahe gefundene Inschrift 40 soil Ch. der Bruder seines Vorgangers , des Er- 

aus spaterer Zeit bestatigt, dass die sfidlichste bauers der grfissten Pyramide, Cheops, gewesen sein, 

einer Tochter des Ch. Namens Hntsn gehOrte nach andern der Sohn (Diod.). Was richtig ist, 

(Mariette Monuments divers 53). Sonst haben ist ungewiss; ein aus dem mittleren Reich stam- 

sich nur noch im Tempel von Bubastis Bauteile mendes Marchenbuch (etwa aus dem 18. Jhdt. 

aus seiner Zeit gefunden; der Bau des Tempels v. Chr.) nennt ihn Sohn des Cheops (Erman 

von Denderah und eines Tempels der Isis bei Die Marchen des Pap. Westcar I 18), doch will 

den Pyramiden wird ihm in spateren Inschriften das nicht viel besagen, da es ebenso wie die 

zugeschrieben. Im Wadi Magharah auf der Sinai- griechischen Autoren und Manethos die That- 

halbinsel zeigt ihn ein Felsrelief die dort an- sache ignoriert, dass Ch. nicht unmittelbar, son- 
sassigen Beduinen vernichtend und bezeugt so 50 dem erst nach einer kurzen Zwischenregierung 

seine Herrschaft fiber dieses fiir die Agypter wegen eines Konigs Dedef-re° auf Cheops gefolgt ist. 

derKupferminenwichtigeGebiet(LepsiusDenkm. Dass diese beiden KOnige Dedef-re' und Ch'ef- 

II 2). Von dem Ruf der Gottlosigkeit und Ty- re' in derselben Weise nach dem Gotte Re' be- 

rannei, in dem Ch. bei Herodot und den spateren nannt sind, wie zwei Sonne des Cheops Dedef- 

griechischen Schriftstellern steht, die ihm alles mln und Ch'ef-mln nach dem Gotte Mln, spricht 

mOgliche Schlechte nachsagen (Diod. a. a. O. vielleicht dafiir, dass auch sie beide Sohne des 

Maneth. a. a. O. Themist. or. V 68 b), hat sich Cheops waren. In diesem Falle ware sowohl 

in den agyptischen Denkmalern keine Spur ge- Diodors Angabe, dass Ch. der Sohn des Cheops, 

funden. Unter seinen Nachfolgern sowie unter wie Herodots, dass er der Bruder seines Vor- 
der folgenden Dynastie wird sein Totencult eifrig 60 gangers gewesen sei, gerechtfertigt, und es ware 

gepflegt, und als man nach etwa zweieinhalb Jahr- bei beiden nur die ja sicher falsche Vorausset- 

tausenden zur Zeit der Psammetiche die ausge- zung, dass dieser Vorganger eben Cheops sei , zu 

raubten Pyramiden wieder herstellte, wurde ihm berichtigen. Wie Cheops soil auch Ch. nach den 

ebenso wie den andern alten Konigen der, wie griechischen Schriftstellern (Herod. Diod. Synes. 

es scheint, mittlerweile langst eingeschlafene Cult a. a. O.) infolge seiner das Volk druckenden Bau- 

erneuert. Im 10. Jhdt. v. Chr. wie zur Ptole- lust in dem Rufe eines gottlosen KSnigs gestanden 

maeerzeit werden ihm, wie erwahnt, Tempelbauten haben und dem Volke verhasst gewesen sein. 

an verschiedenen Orten Agyptens nachgesagt. Alles Doch finden wir seinen Cult, wie bei jenem Konig, 



2239 Chera Cherres 2240 

in den folgenden Jahrhunderten bestehen und im so wird man kaum zweifeln konnen, dass die Nen- 

7. Jhdt. v. Chr. wieder erneuert werden. Von nung des Konigs Ch. nur auf einer irrigen Ditto- 

Denkmalem hat sich aus seiner Zeit ausser der graphie beruht. [Sethe.] 

Pyramide, die ihm als Grabstatte diente (s. IJv- 2) S. Cherres. 

Qapideg), fast nichts erhalten, einige sparliche Cherias (Xsglag) hiess der Knabe, der bei 

Baureste im Tempel von Bubastis ausgenommen, einem Festmahl im Hause des Oineus den Herakles 

die seine Bauthatigkeit fur dieses Heiligtum be- unvorsichtigerweise mit Wasser begoss und des- 

zeugen. Die grosse Sphinx bei den Pyramiden halb von ihm erschlagen wurde, nach Hellanikos 

von Gizeh hat mit ihm nichts zu thun, wie meist in den 'laxoQlai, wahrend derselbe ihn in der Pho- 
falschlich angenommen wird, s. Sphinx, Har- 10 ronisArchias nannte (Ath. 1X410). VonEustath. 

mais. Ob der dabei liegende Granittempel des Horn. 1900, 24 wird er (jedoch nicht in alien Hss.) 

Osiris, in dem Mariette die berlihmten Statuen Chairias genannt; die gelaufigen Namen sind 

des Konigs in einen Schacht gestiirzt gefunden Eunomos (Eurynomos, Ennomos) und Kyathos. 

hat, von ihm herruhrt, ist auch zweifelhaft; die [Wagner.] 

Statuen sind nicht Originate, sondern spatere Chermula (Not. Dign. or. XXXIV 6 = 20; 

Restaurierungen aus der Psammetichzeit (7. Jhdt. Euseb. onom. ed. Lagarde 258, 43ff. 272, 76ff. 

v. Chr.), als man den Totencult des Konigs wieder- XequaXa; Hieron. ebd. 113, 8. 159, 18. 110, 31 

herstellte. [Sethe.] Carmela; Josua 15, 55. I Sam. 15, 12. 25, 2ff. 

Chera (XrJQa), Epiklesis der Hera in Stym- Karmel), Ort in Judaea, 10 Millien Ostlich von 
phalos, wo Hera, ihrer alten Naturbedeutung ent- 20 Hebron, rOmische Garnisonsstadt (equites seutarii 

sprechend, in den Phasen des Friihlings, Sommers Illyrieiani); das heutige el-Kurmul mit Euinen 

und "Winters als Jungfrau, Gattin und Witwe eines Castells und zweier Kirchen. Bobinson 

(IlaTg bezw. UaodsVos, Pind. 01. VI 88 — Teksta Palaestina II 424—429. Bitte r Erdkunde XIV 

— XriQa) verehrt wurde. Der Name Ch. wurde 1071 Baedeker Palaest. u. Syrien 4 201. 

dann auf die Zeit gedeutet, da sie nach einem [Benzinger.] 

Streit mit Zeus sich einsam nach Stymphalos Xigvifiov, %eQvi(Siov, ,xsiq6vi(Sov, %ziQvvintQov 

zuriickgezogen hatte, Paus. VIII 22, 2; vgl. Prel- (bei Homer nur in einer jungeren Partie, II. XXIV 

ler Griech. Myth. 4 I 166. Immerwahr Kulte 304, sonst Mfas, Od. I 137 u. 6.), das Wasch- 

u. Mythen Arkadiens 33f. [Jessen.] becken, iiber dem durch tibergiessen aus dem 

Cherbalas, der westlichste Quellfiuss des Nil, 30 xqoxovg vor dem Essen und vor dem Opfer die 

der sich in den Kataraktensee ergiesst. Anon. Hande gewaschen werden. Lateinisch heisst das 

bei Hudson Geogr. gr. min. IV 38. Miiller zu Becken trulleum, trulleus, die Kanne guttumium, 

Ptol. IV 7, 7 (vgl. Chemset). [Fischer.] guttus, aquaemanale (s. d.), Varro bei Non. 547, 

ChercMs (Xsgxk), eine nordische Nation, der 6. Corp. gloss. II 202 a 31. Bei Homer ist in 

die gefangene Sclavin entstammte , welche der den Ffirstenhausern das Becken silbern, der jtqo- 

byzantinische Gesandte Zemarchos im J. 572 vom %ovg golden. Goldene x e 8 v ^ la Lys. bei Athen. 

Tiirkenchan Sildzibul zum Geschenk erhielt, Me- IX 408 c, wo Verschiedenes iiber x- gesammelt 

nander Prot. frg. 21, d. i. das altturkische Volk ist; trullei aus korinthischem Erz, Plin. n. h. 

Qyrghiz (sinisch Kie.ko, Ki.K.M.sse, abzuleiten XXXIV 7. X. als Opfergerat Philostr. imag. 

von jakut. kiargiii, mongol. kergei ,stolz sein, 40 848. [Mau.] 

gross thun', vgl. Ann. korkea weps. korged ,hoch') Cherobios , Pluss an der kolchischen Kuste, 

am oberen Jenisei oder Kem; die sinischen Be- nOrdlich vom Chorsos (= Chobos, s. d.), Skyl. 81; 

richte aus derZeit derThanganalysiertW.Schott flumen Rhoan und regio Cegritiee, Plin. VI 14. 

tiber die echten Kirgisen, Abh. Akad. Berl. 1864. In entsprechender Lage linden wir auf den heuti- 

Die Weiber dieser Jeniseikirgisen waren ob ihrer gen Karten den Bach Sianis-cqari mit der Curia. 

SchSnheit beruhmt ; die in der germanischen Attila- [Tomaschek.] 

sage erwahnte Herkja oder Helche, sowie die Cheroinon (XegoTvov), Castell in Thrakien, 

slawisch umgeformte Kreka oder Hreka (Petrus Procop. de aedif. IV 11. [Biirchner.] 

Patric. p. 197. 207), waren wohl Kirgisinnen. Cherondas (XrjQcbvdag). Archon in Orchome- 

[Tomaschek.] 50 nos 3. Jhdt. v. Chr., IGS I 3173. [Kirchner.] 

Cheres. 1) XeQtjs, fiinfter Konig der fiinften XijQcooral sind Horn. II. V 158. Hes. theog. 

agyptischen Dynastie Manethos nach African, bei 607. Quint. Smyrn. VIII 299 die Seitenverwandten, 

Syncell. p. 57 D (PHG II 552f. Lepsius Konigsb. welche sich in das Erbe eines kinderlosen oder 

Quellentaf. 9). Die beste der uns erhaltenen agyp- unverheirateten Mannes teilen. So auch Suidas 

tischen Kenigslisten, die Tafel von Abydos, nennt und Poll. Ill 47. Dann wird das Wort von den 

zwischen dem dritten und sechsten KSnig der Grammatikern nach Analogie von oQcpanoiat als 

manethonischen Liste nur einen KOnig, so dass ,Witwenpfieger' gedeutet. Schol. Soph. Ai. 512. 

die Dynastie nur aus acht statt aus neun KOnigen Eustath. 533, 31. [Thalheim.] 

bestanden hatte. Dieselbe Zahl acht giebt be- Cherras (Geogr. Bav. II 14 = 84, 6 Pinder; 
achtenswerterweise auch Africanus statt der zu 60 var. Charras), Ort in Palaestina zwischen Livias 

erwartenden neun als Summe der KOnige an, und und Thamara genannt, also wohl im Ostjordan- 

nach Lepsius (a. a. 0. p. 54) hat sie vielleicht land zu suchen; sonst unbekannt. Vielleicht iden- 

auch dem Eusebios vorgelegen. Da ausserdem tisch mit Cherus, s. d. [Benzinger.] 

der Name XsQrjg in den derselben Dynastie an- Cherres (XeQQtjg), Cheres, dreizehnter KOnig 

gehorigen Namen OvosQxeQVS, NecpeQxegrjg, Mev- der achtzehnten agyptischen Dynastie Manethos 

xigrjg, Tavx^g als endigender Bestandteil wieder- nach Euseb. chron. p. 99, bei Syncell. p. 71 D 

kehrt und die ihm beigefiigte Zahl der Regierungs- (PHG II 577f. Lepsius Konigsb. Quellentaf. 

jahre dieselbe wie bei dem Konig Nscpegx^? ist, 16), s. Chebres. [Sethe.] 



2241 Cherrura Chersonesos 2242 

Cherrura (Xegoovoa), Beiname der libyschen (IGA 493, add. p. 183. Herod. I 92). Eine von 

Stadt XeQQovrjoog (Chersonesos Nr. 22), Alex. Oh. und Metagenes verfasste Schrift iiber den Bau 

Polyhist. bei Steph. Byz. s. XsQQovrjaog. erwahnt Vitruv VII pr. 12 p. 159, 3; ihr ent- 

[Sethe.] stammen nicht nur Vitruvs Angaben ilber das 

Chersiacus pagus , in Belgica. Plin. n. h. beim Transport der grossen Werkstilcke vom Stein- 

IV 106 Morini or a Mar satis iunoti pago qui bruch bis zum Bauplatz angewandte Verfahren 

Chersiacus voeatur. [Ihm.] (s. o.) , sondern auch die Notiz bei Plin. n. h. 

Chersias (Xegotag), epischer Dichter (?). Plu- XXXVI 96 — 97 iiber die sinnreiche tjberwindung 

tarch lasst ihn in seinem Mahl der sieben Weisen der Schwierigkeiten beim Legen des Gebalks. 
auftreten, wo er ihn 156E so einfilhrt: X. olOVgl. Brunn Gesch. d. gr. Kiinstler II 344ff.; 

Tiotrjzrjs — atpuro yaQ tjdr/ rfjg aixlag xal bifjXXaxxo S.-Ber. Akad. Miinchen 1871 , 531ff. , und iiber 

x<5 IIeQia.vdQco vewoxl, XlXcovos derj&svxog. Sonst die Reste des Baus Murray Journ. of hell. stud, 

wird Ch. nur noch genannt von Paus. IX 38, 9, X 1889, Iff. Puchstein Arch. Anz. 1890, 161f. 

wo er zwei Verse von ihm anfiihrt als Beleg fur [Fabricius.] 

Aspledon, den Homonymen der Stadt. Pausa- Chersis (Xsooig). 1) Kw/mj der Kyrenaika 

nias bemerkt xovde xov X. xcov encov ovde/nia fjv zwischen Apollonia und Darnis, westlich vom 

hi xax' Ifis (ivrjfirj und giebt als eine Quelle den Vorgebirge Zephyrion. Ptolern. IV 4, 5. Stad. 

auch IX 29, 2 genannten, sonst nie erwahnten mar. magn. 49. 50 (Geogr. gr. min. 1445), nach 

Korinther KaXXmnog iiber Orchomenos an, dessen Muller (z. St.) Ostlich vom heutigen Vorgebirge 
Glaubwiirdigkeit mehr als bedenklich ist, s. Ro- 20 Turbo. 

bert Commentat. Mommsen. 145. Deshalb hat 2) Hafen der Kyrenaika, siidlich vom Vorgebirge 

Robert mitZustimmung vonWilamowitz Horn. Boreion Nr. 2 (Ras Tejunes), Stad. mar. magn. 

Unters. 338f. auch sein Citat aus Ch. fur gefalscht 63. 64 (Geogr. gr. min. I 452), bei Ptolem. IV 

erklart. An derselben Stelle fuhrt Pausanias 4, 3 At&xeooig genannt, Ruinen bei Bassuan, s. 

offenbar nach derselben Quelle fort: xovxov Ss Muller z. St. [Sethe.] 

xov X. xal sjzlyQafifia oi 'Oq%oji£vioi xo ml xq> 3) Als Name der dritten Graia zu Ileqjorjdcb 

'Howdov xacpco /j,vr)/M>revovoiv. [Bethe.j und 'Evvco (Hes. th. 273), wofiir andere Dino (s. 

Chersibios (XeQoifiiog). Einer der sieben Serine Deino), Hygin. fab. praef. (p. 11, 1 Sch.); Hera- 

des Herakles und der Megara nach Baton iv dsv- kleitos n. an. XIII (p. 315, 28 Westerm.) bietet 
xsqci) 'Axxixmr iozoQi&v (Schol. Pind. Isthm. 3, 104). 30 hiefiir IIsqoco, und so wird entweder letzteres oder 

[Wagner.] Ch. verderbt sein, Bursian liest bei Hygin Persis 

Chevsidanias (XegoiSd/iiag). 1) Sohn des (vgl. Ulovxig neben nXovxw). [Waser.] 

Priamos, von Odysseus getstet (Horn. II. XI 423. Chersonesos. Ionigche und altattische Form fj 

Apollod. Ill 12, 5, 8). Hygin (fab. 90) nennt ihn Xsgoovrjaog, jiingere Form fj XsQQovtjoog, dorisch 

Chirodamas. XsQoovaoog; ursprungliche Bedeutung: landfeste 

2) Sohn des Pterelaos (Apollod. II 4, 5, 3). (landfest gewordene, s. Nr. 1) Insel. In den Tex- 

[Wagner.] ten nicht selten XsQQowrjaog (unrichtig; iiber 

Chersikrates (XeQaixQaxrig), Korinther, who- die Schreibung der mit -rrjoog zusammengesetzten 

yovog xcov Baxxiadwv (Timaeus frg. 53, FHG Eigennamen Voemel Demosthen. Phil. II 39ff. 
I 203 aus Schol. Apoll. Rhod. IV 1216; xov 40 [nicht ganz richtige Ansicht]). Der namentlich 

xcov 'Hqaxluboov ysvovg Strab. VI 269) , Griin- fruher getriebene Missbrauch, in neueren Sprachen 

der von Kerkyra; nach Ephoros (bei Strabon a. das Wort als Masculinum zu behandeln, ist weder 

a. O.) zog er zusammen mit Archias (s. d. Nr. 2) wissenschaftlich noch padagogisch zu rechtferti- 

aus und wurde von diesem zur Besiedelung der gen. Ch. hiessen bei den Griechen viele Halb- 

Insel auf Kerkyra zuriickgelassen, von wo er die inseln und darauf befmdliche St&dte: 

einheimische liburnische Bevolkerung vertrieb; 1) Die thrakische Ch. Mannigfache Beisatze : 

nach Timaeus a. a. O. (vgl. Schol. Apoll. Rhod. f) iv 'ElXtjonovxco X. (Herod.), X. rj xaxavxme- 

IV 1212) aber erfolgte die Grundung von Kerkyra gag 'Afivdov (Xenoph.), oft: fj Ogaxia X., fi kv 

spater als die von Syrakus, 600 Jahre nach der &Qqxr) X, f) Qoaxixri , fj fiexa &Qqxr)v xeifisvtj, 
Einnahme Troias (vgl dazu J. Geffcken Ti-50X rfjg &oqxrj$ , 'fj 0Qqxooog, X. fj agog 'EXXtjo- 

maios Geographie des Westens 49 Anm.). S. auch novxop, fj 'EXXtjOJiovxla X., Chersonesus ad Pro- 

o. Bd. II S. 2785f. [Wissowa.J pontidem (Plin.). Die Einwohner XsooovrjoTxai, 

Chersiphron aus Knossos in Kreta , bedeu- Xsoqovfjoioi,, Cherronenses. Sie streckt sich hand- 
tender Architekt. Erbauer des alteren Artemis- ahnlich als Fortsetzung des 'hgov ogog (jetzt 
tempels zu Ephesos, Strab. XIV 640. Plin. n. h. Tekfiir dagh) vom thrakischen Festland nach Siid- 
VII 125. XXXVI 95. Von Ch. ruhrte der Ent- westen. 

wurf des Gebaudes als ionischer Dipteros her Litteratur (Auswahl) : F. Calvert undM. Neu- 

(Vitruv. Ill 2, 7 p. 70, 5), und unter seiner Bau- mayr Denkschriften der Wiener Akad. Math. CI. 

leitung ist noch der Transport der Saulen er- XL (1880) 358ff. G. A. Choiseul-Gouffier Vo- 
folgt, wahrend Transport und folglich auch Le-60yage pittoresque dans Tempire Ottoman III 370ff. 

gung der EpistylblOcke unter der Bauleitung Clarke Travels in various countries of Europa 

seines Sohnes Metagenes stattfanden (ebd. X 2, II Iff. Dumont Archives des Missions scienti- 

11—12 p. 249, 26ff.). Ch. starb also wahrschein- fiques et literaires II Se'rie tome VI (1864) 463ff. 

lich vor Vollendung des Sculpturenschmuckes der Th. Fischer Landerkunde von Europa II 2, 106. 

Saulen, der doch wohl erst nach der Legung des A. Hauvette-Besnault Sur quelques villes an- 

Gebalks ausgefiihrt worden sein kann, d. h. vor ciennes de la Chersonnese (sic) de Thrace, Bull. 

546, denn die Reliefsaulen waren noch als Weihge- hell. IV 1880, 505—520. Krafft Die polit. 

schenke des Konigs Kroisos inschriftlich bezeichnet Verh. des thrak. Cliers. in der Zeit von 560 — 413, 

Pauly-Wissowa III 71 



2243 Chersonesos Chersonesos 2244 

Stuttgart 1877 (Festschrift). J. B. Lecheva- spitze fur den Verkehr gunstiger als auf der West- 
lie r Voyage de la Propontide et de l'Hellespont. seite. Zwar schneidet der MsXag xoXnog (jetzt 
Deutsch Liegnitz 1801, 5ff. K. Mannert Geogr. Golf von Xeros oder Saros) 60 km. weit, sildlich 
der Gr. u. R. VII 1, Landshut 1812, 184—206. 30, nerdlich 7,6 km. breit, tief in das thrakische 
C. Neumann und J. Partsch Phys. Geogr. v. Festland ein, aber die nach ihm zu steiler ab- 
Griechenl., Breslau 1885, 127ff. Olivier Voyage fallenden Hohen erleichterten den Verkehr in ge- 
dansl'empiie Ottoman, l'Egypte et en Perse, Par. ringerem Masse, als die zahlreichen Vorspriinge 
1809 I 236. II 41. A. Papadopulos-Kera- der Ostkiiste, die die Hellespontosenge beherrschen. 
meus Srifistmasis rojtoyQatpixal xal imyQarpixai Nahe dem siidlichen Ausgang des Hellespontos 
ex Kovftnay xxX. 'E$~a/iuXiov , IHayiaqiov xal KaX- 10 werden auch ausdrucklich zwei Hafen genannt: 
hsiohmg. 'EXXrjv. &1X0X. SvXXoyog ev Kcovaxavxivov Madytos und Koilos (Koila) , Mel. II 26. Plin. 
xdXet n a ed e njfi. XVII 97ff. M. Paranikas 'EXXrj- n. h. IV 49. Anna Comn. XIV p. 429. 
vixog 4>doXoyixds SvXXoyos h Kcovaxavxivov noXsi Namen von Vorgebirgen sind uns aus dem 
II (1864) 221ff. Ill (1868) 48ff. A. Prokesch Altertum nur wenigebekannt: MaQovaia &xgahj- 
von Osten Denkwitidigkeiten und Erinnerungen cophr. 534 und Tzetz. Strab. VII 331 frg. 52; 
aus dem Orient, Stuttg. 1836 I 121ff. 336. A. Maoxovola Ptolem. Ill 11, 9. Mel. II 25. 27. 
M. F. Schultz De Chersoneso Thracica capita Plin. n. h. IV 48 (wegen der brustahnlichen Form 
II, Dissert. Berol. 1853. J. Pitton de Tourne- so genannt, Schol. Lycophr.), jetzt die beiden Vot- 
fort Voyage du Levant. Deutsch Niirnberg 1777 gebirge Tekeh buriin (das westlichere) und E16s 
II 225ff. Viquesnel Journal d'un voyage dans20bur\in (nicht von "EXXrjs fsc. novxog oder rdcpog], 
la Turquie d'Europe (Me"moires de la socie'te' ge'o- sondern von der in der Nahe gelegenen alten 
log. de France ser. II vol. I 259). Munzen: Stadt 'EXsovg), dem Sigeion der Troas gegeniiber; 
Head HN 222—225. AioXiov (das Windloch [Aeolium, Plin. IV 49 

Die ca. 905,4 qkm. grosse Halbinsel (die Insel extrema from C}iersonesi]), jetzt das Vorgebirg 

Eiigen hat einen um 184 qkm. grosseren Flachen- von Sedil bachr; Kwog orjfia (vgl. Kwoatjftov 

raum) ist eine jungtertiare Tafel von einer Hohe pjw Suid.), auch 'Exdfitjg ofjfta (s. Hekabe), 

von 200 — 300 m., steigt nach Nordwesten und wo jetzt das europaische Dardanellenschloss Kilid 

steiler nach dem Melasbusen (Golf von Xeros) zu bachr steht, Schultz a. a. O. 4ff.; ein Vorgebirg, 

an, fallt dort in fast geradlinigem Bruch zu dem das ohne Namennennung erwahnt wird, Imbros 
tiefen unterseeischen Thai M&lag xolnog des Golfs 30 gegeniiber gelegen, auf dem das Stadtchen Alo- 

von Xeros oder Saros jah ab. Der sarmatische pekonnesos sich befand (Demosth. XXIII 166), 

Kalk hat in alter wie neuer Zeit Baumaterial an der jetzt xoXnog MvQjxribia genannten tiefen 

geliefert. Maktrakalke sind hauflg. Die Tertiar- Bucht des Kislar-dagh. Srjotmg axga Strab. VII 

ablagerungen sind teilweise aufgerichtet und ge- frg. 55, zwischen Madytos und Sestos. Es wird 

stOrt; sie bilden Hiigel an beiden Ufern des Hel- da zu suchen sein, wo jetzt die kleine Dardanellen- 

lespontos. Discordant an- und aufgelagerte, hori- festung Boghalu liegt. Hier war an einem 'Ano- 

zontale Schichten von Quaternar (Conglomerate ftdftQa genannten Orte der europaische Brucken- 

aus GerOllen, Sand und Muschelgehausen) treten kopf des Pontons des Xerxes. Die Kiiste beschreibt 

an dieser Meeresstrasse auf. Bei Gallipoli be- Herodot VII 33 als axxtj xQa%ea eg -&dXaaoav xa- 

stehen die quaternaren Ablagerungen aus hartem 40 xtjxovaa. 

Gestein, das in schroffen Klippen zur See abfallt. Die Fltisschender Ch. sind der vielen kurzen 

Ober die geologische Geschichte s. den Artikel Querthaler wegen alle unbedeutend; den langsten 

Hellespontos. ,Der Tekfflr dagh fallt zur Land- Lauf hat der durch die Schlacht von 405 be- 

zunge von Gallipoli ab , die sich beim jetzigen riihmte Aigospotamos, dessen Bett sich quer durch 

Plajari (tiirk. Bula'ir) bei nur 134 m. Seehohe die Halbinsel zieht (jetzt Flusschen von Bergas 

auf 3 km. verengt , so dass hier eine bequeme und Galata). Der bedeutendere thrakische Melas 

Stellung zur Verteidigung der Halbinsel und des miindet an der westlichen Wurzel der Halbinsel. 

Hellesponts gegen Angriffe zu Land gegeben ist.' Was das Klima betriift, so stimmt es wohl 

Die Inseln Lemnos und Aj. Stratios sind Fort- mit dem der Troas (s. d.) und Dardaniens (s. d.) 

setzungen des Halbinselbodens (Fischer a. a. O.). 50 iiberein. Die starke (siidwestliche) Str6mung des 

Die Strasse des Hellespontos ist einem Hellespontos bringt es mit sich, dass zur Zeit 

sehr breiten Strom ahnlich. Wie am Saum des der Winterregen die Temperatur stark fallt. Pro- 

Busens von Xeros durch den Melas (jetzt Kawatz kesch (a. a. O. 355) klagte auf seiner Beise in 

tschai) veranlasst, flnden wir am Ostgestade der diesen Gegenden Ende Octobers fiber grosse Kalte. 

Ch. Anschwemmungen durch den Andrang der Die Kalkberge der Ch. gestatten beinahe 

Propontis. Die kiirzeste Entfernung zwischen uberall Anbau (im Altertum Getreide [vgl. die 

der Ch. und der Kiiste Dardaniens betragt zwi- Namen Kgitimxt), Kqi&s<x, s. Ptolem. Ill 11 ed. 

schen dem Vorgebirg der Stadt Dardanos (beim Miiller p. 491 zu Z. 10], Weizen Plin. n. h. XVHI 

jetzigen Tschanak kalessi [Dardanellia]) einerseits 66; Olbaume [vgl. 'EXauovg{, Nutzholz [vgl. /fo- 
und dem Vorgebirge Kynos sema (jetzt Kilid 60 Xsov]) , und so war das Gebiet der an der wich- 

bachr [17 km. siidlich vom alten Madytos]) andrer- tigen Seestrasse des Hellespontos giinstig gelegenen 

seits 1,2 km., Strab. II 124 meint wohl diese Ent- Halbinsel begehrenswert fur Staaten, die selbst 

fernung, wahrend zwischen Sestos und Abydos Le- nicht ausreichende Bodenerzeugnisse hatten, ins- 

andros eine Seestrecke von 4,5 km. (Strab. XIII besondere fur Athen. Aus der Ch. bezogen die 

591 30 Stadien zwischen den beiden Stadten) zu Athener viel Weizen (Schol. Aristoph. eq. 262, 

durchschwimmen hatte. Die starke Stromung des daraus Suid. s. Xeqqov. Xenoph. anab. V 6,25; 

Hellespontos geht nach Siidwesten. Die Kiisten hell. Ill 2, 10). Auch aus byzantinischer Zeit 

sind auf der Hellespontosseite und um die Sud- haben wir Zeugnisse von der Fruchtbarkeit der 



2245 Chersonesos Chersonesos 2246 

Thaler: AgathiasV 12. Muntaner Chronic, c. 201. athenischen Handel im einzelnen s. bei den ein- 

209, aus der Neuzeit Olivier a. a. 0. I 241. schlagigen Artikeln): Im 7. Jhdt. die ohen er- 

Pitton de Tournefort a. a. 0. 226. wahnten Ansiedelungen aiolischer und ionischer 

Von den Hasen der Ch. berichtet Plin. n. h. Ackerbauer. Kurz nach 561 folgt der Phila'ide 

XI 190, dass sie je zwei Lebern gehabt hatten. Miltiades aus Athen mit Genehmigung des Pei- 

Bei Versetzung in andere Gegenden sei die eine sistratos einem Ruf der von den Apsinthiern be- 

verschwunden. Der Hellespontos war und ist sehr drangten Dolonker auf der Ch. Absperrungsmauer 

fischreich. s. o. S. 2245. Die athenischen AnkOmmlinge nahe 

Das Gebiet der Ch. in politischer Hin- der Abschliessungsgrenze in Krithote, Paktye und 
sicht. Nach Schol. Apoll. Rhod. Arg. I 925 gab 10 Kardia. Bildung eines Staatswesens mit Miltiades 

es eine Ansicht, wonach die Halbinsel eine land- an der Spitze. Prytaneion Herodot. VI 38. Der 

fest gewordene Insel ist. Nach Ps.-Demosthenes Verband hat Bestand bis 447. Krieg mit den 

{VII 39) bezeichnete der Altar des Ztsiig "O^tos Lampsakenern, die offenbar Beziehungen zur Ch. 

zwischen dem befestigten Ort Ilxsleov und der hatten. Auf Veranlassung des Kroisos von Ly- 

Asvtcij axxr) die Grenze des athenischen Gebiets dien der in die Gefangenschaft der Lampsakener 

gegen das Bereich der festlandischen Thraker, geratene Miltiades freigelassen. Miltiades nach 

und diese Linie wurde im Altertum wohl meist seinem Tode als Oikist verehrt. Sein Nachfolger 

als geographische Markscheide angesehen. Als Stesagoras, Sohn von Miltiades' Halbbruder Ki- 

Grenze gait auch wohl das (jkxxqov reTxog , das mon Koalemos (nach 524). Er fallt durch Meuchel- 
gerade auf dem Hals der Halbinsel von der Mun- 20 mord wahrend eines Krieges mit den Lampsa- 

dung des Melas nach Osten zum Vorgebirg Aevxfj kenern. Von den Peisistratiden dessen Bruder 

axTTj schon unter dem alteren Miltiades zumSchutz Miltiades (II.) als Herrscher gesendet (vor 514). 

gegen die Einfalle der festlandischen Thraker an- Er kampft gegen die Thraker, heiratet dann He- 

gelegt worden war. Diese Linie meint wohl auch gesipyle, des Thrakerfiirsten Oloros Toehter. 496 

Ptolem. XIII 11, 1. 9. Spater wurde die Mauer Skytheneinbruch. Die Dolonker rufen den Mil- 

Sfters zerstOrt und wieder hergestellt. Im wesent- tiades zurilck. Nach 500 fahrt Miltiades von 

lichen bestand sie bis auf Lysimachos. Die Beste Elaius nach Lemnos und vertreibt die Tyrrhener. 

erweisen sie als einen schonen Befestigungsbau, Belagerung von Myrina. 493 verlasst Miltiades 

ahnlich den Bauten von Arkesine auf Amorgos. die Ch. , die in der Folge der persischen Herr- 
Sie war 6 km. lang (Dumont a. a. 0.). Plinius 30 schaft unterworfen wird (bis 469). Ch. wichtig 

n. h. IV 48 dehnt die Grenze weiter nach Norden fur die Perser behufs ihrer Unternehmungen gegen 

aus, indem er Tiristasis zur Ch. rechnet. Thrakien und Griechenland. Schiffbriicken zwi- 

Bewohner. Ein an der Kliste bei Gallipoli, schen Abydos und einem Punkt zwischen Sestos 

dem alten Kallipolis, unmittelbar am Puss der und Madytos. Xerxes durchzieht die Ch. 480. 

steilen Klippen der Muschelbanke gefundenes ge- Der Perser Artayktes im Besitz des Protesilaion 

schlagenes, nicht poliertes Messer aus schwarzem bei Elaius, s. Bd. II S. 1327. 478 Sestos durch die 

Hornstein (F. Calvert und M. Neumayr a. a. hellenische Plottenbesatzung genommen, Artay- 

0. 368) konnte auf sehr alte Besiedlung (vgl. His- ktes, der Befehlshaber von Sestos, bestraft. 477 

sarlik) weisen. Auch auf der Ch. spuken Pelasger bemachtigt sich Pausanias aus Sparte der Stadt 
und Tyrrhener (Schultz a. a. 0. 59. 62). Argonau- 40 Sestos. 476 gewinnt Kimon, des Miltiades (II.) 

tensages.Bd.IIS.757. In den homerischen Gedich- Sohn, Sestos fur die Athener. Der vertriebene 

ten erscheinen Thraker als Umwohner des Helle- Pausanias begiebt sich nach Kolonai in der Troas. 

spontos (Schultz a. a. 0. 56ff.). Die Griechen Die Ch. bis 405 im Schutzverhaltnis zu Athen. 

vor Troia sollen Ackerwirtschaft auf der Ch. be- 452 1000 Kleruchen der Athener; zinspflichtige 

trieben haben (Thukyd. I 11 u. Schol.). Die Stadte: Alopekonnesos, Kallipolis, Elaius, Limnai, 

(lesbische) Niederlassung Sestos wird schon II. II Madytos, Sestos und Ch. (Agora). 448 erneuert 

836, allerdings an einer Stelle spaten Ursprungs Perikles das fiaxgov xeT%os. Seit 443/2 Teil des 

genannt. In der historischen Zeit bewohnten Do- hellespontischen Tributbezirks. 431 unterstutzen 

lonker (AoXoyxoC) die Halbinsel (Herodot. VI 34. die Chersonesiten Athen mit Geld und Soldaten. 
Steph. Byz. Constant. Porph. de them. II 2). Im 50 411 die hellespontischen Gewasser Schauplatz der 

7. Jhdt. Colonisation von Aiolern (von Lesbos aus: Ereignisse im peloponnesischen Krieg. Der Spar- 

Madytos, Alopekonnesos, Sestos [Schultz a. a. 0. tiate Derkyllidas im Hellespontos, der Athener 

61]) und von Ionern von Miletos und Klazomenai Strombichides in Sestos. Mindaros aus Sparte 

{Limnai , Kardia) und Teos (Elaius). Die Be- fangt athenische Schiffe bei Elaius ab. Die Athener 

siedler oblagen meist dem Landbau; neben ihnen Thrasyllos nnd Thrasybulos besiegen bei Kynos- 

wohnten zahlreiche Dolonker. Durchgreifende Ein- sema die peloponnesische Flotte. Thymochares 

wirkung von griechischer Seite erst durch die mit wenigen athenischen Schiffen bei Elaius ge- 

Athener im 6. Jhdt. Die Inschriften der Halb- schlagen. 408 Alkibiades an der Ostkiiste der 

insel sind — wenige Denkmaler fur romische Ch. 405 Schlacht am Fliisschen Aigospotamoi. 
Wiirdentrager ausgenommen — in griechischer 60 Lysandros bemachtigt sich der Stadt Sestos. Die 

Sprache abgefasst. Ch. spartanisch. 402 Beunruhigungen durch Thra- 

Die Wohnstatten werden in den betreifen- ker. Der Beislaufer Klearchos, vorher Harmost 

den Artikeln behandelt werden. Hier folgt nur in Byzantion, hilft den Hellenen, die ihn unter- 

eine tibersicht (s. die Tabelle S. 2247f.). stutzen. Kyniskos(?) aus Sparte auf der Ch. 

Mythisches: s. Hekabe, Polydoros, Neue Einfalle der Thraker. 398 durch Derkyl- 

Andromache (Bd. I S. 2152) und o. u. Be- lidas das fiaxgdv xeTxos erneuert. Harmosten aus 

wohner. Sparte. Zug des Agesilaos nach Asien. Nach der 

Geschichte (der einzelnen Stadte und der Schlacht bei Knidos 394 befestigt Derkyllidas 



2247 



Chersonesos 



Chersonesos 



2248 







Stelle der 






Stelle der 


Name der Stadt, 
des Castells, 


Alteste 


Bealencyclopadie 

oder 

F. Schultz 


Name der Stadt, 
des Castells, 


Alteste 


Realencyclopadie 

oder 

F. Schultz 


des Heiligtums 


Belegstelle. 


des Heiligtums 


Belegstelle. 


u. s. w. 




a. a. 0. 


u. s. w. 




a. a. 0. 


'Aya&onoXig 


Pacliym.VI4 


s. Bd. I S. 763. 


KagdtoxoXig 


Ptolem. 


s. Kagdia. 


'Ayogij St. 


Herodot. 


Bd.IS. 877 (rich- 


KifisQig St. 


Prokop. 


Schultz 28f. 






tiger mitten auf 


Kiooa 


Plin. 


Schultz 53f. 






demHalsderCh.). 








'AyoQaTov reixog 


Steph. Byz. 


Schultz 24ff. 


KotXa St. 


j Miinzen 
(Ptolem. 
[Act. concil. 
iNic. ecu 
351 


Schultz 36. 39. 


Alyog Tioxafxoi St. u. 


Herodot. 


Bd. I S. 977. 






PI. 
Alohov Vgb. 


Ylm.Aeolium 


s.o.ir.Bd.IS.1034 


KoiXr) 


Schultz 39f. 






nachzutragen. 






'AXcojiexovvrjOog St. 


Demosth. 


Bd. I S. 1597. 


KoiXia 


Hierokl. 


Schultz 39f. 


'Anofiddga Briicken- 


Strab. Xni 


Bd. I S. 2817. 


KolXog Xifirjv 


Mela 


Schultz 39. 


kopf 


591 




KvXXa 


Ptolem. 


Schultz 39. 


"Aeyog Altar 


App. Syr. 63 


Schultz 63; vgl. 


Kgfjooa 


Skyl. 


Schultz 53f. 






Bd. II S. 789. 


Kqi&sol 


Ptolem. 


Schultz 54; s. o. 


A(pQof)ioiag St. 


Ptolem. 


| Bd. I S. 2726f. 


Kgiftcottf 


Skyl. 


Schultz 52. 


'AcpQo&hrjS iiolig 


Steph. Byz. 


Kvvoorjfiov %coQiov 


Suid. 


s. d. Art. 


"AQomlog St. 


Skyl. 


Bd. I S. 379. 


Kvvog afj/.ia Vgb. 


Thukyd. 


s. o. S. 2244. 


"ApaXog St. 


Const. Porph. 


s. "AgaitXog Bd. I 


Asvxrj axztj Bhede, 


Herodot. 


Schultz 15. 28. 


■ 




S. 379. 


Castell 






"AgavQog St. 


Hierokl. 


s. "AQcmXog Bd. I 


Aifivai St. 


Herodot. 


Schultz 30. 






S. 379.^ 


Avoifia%eia St. 


Diod. 


Schultz 15. 16. 


'AqqhxvoC Ortsch. (?) 


Thukyd. 


Schultz 38 und 






19. 20. 


Gebiet (?) 




Bd. IIS. 1228. 


{Mdbig St. 


Ptolem. 




Caela, Ouela s. KoTXa 






\Ma8vtog St. 


Hekat. 


Schultz30.35ff. 


Agaftog St. 


Strab. 


Schultz 30, s. 


MaiovoCa Vgb. 


Lykophr. 


s. o. S. 2244. 






auch ZAQcmlog 


Ma£ovocoi Bewohner- 


Zenob. V 25 


s. d. Art. 






Bd. I S. 379. 


eines Fleckens (?) 






'Exafirjg ofj/xa oder 


Diod. 


s. o. S. 2244. 


Ma^ovoia 






axga 






Maorcvala Vgb. 


Ptolem. 


s. o. S. 2244. 


'EXmovg St. 


Herodot. 


Schultz 32ff. 


Ilauov St. 


Skyl. 


Schultz 30. 


"EXXr/g roupog 


Herodot. 


Schultz 20. 








'Ek~o.iii.hov St. 


Ptolem. 


Schultz 15. 


Ilaxtvtj St. 


Hellanikos 


Schultz 20. 


'HQOvg uivgyog Turm 


Strab. 


s. Hero. 


ndrog/.iog Hafen 


Plin. 


Schultz 32. 


Oijofiog St. 


Agathias 


Schultz 28f. 


IlQcotEoiXasiov He- 


Strab. 


Schultz 34f. 


"Idaxog St. 


Thukyd. 


Schultz 88. 


roon 






^Etj St. 


Skyl. 


Schultz 30. 


IlzsXeov Ort 


Herodot. 


Schultz 15. 29. 


KalrjQog St. s. '^Aco- 


Steph. Byz. 


Schultz 81. 


Quila s. KotXa 






3t«KoVv?;ooj 






Zrjoriag axga Vgb. 


Strab. 


Schultz 6. 


KalXiTiohg St. 


Alex. Polyh. 


Schultz 50ff. 


2rjozdg St. 


Ilias 


Schultz 40ff. 


Kapdlrj St. 


Herodot. 


Schultz 16. 


XsQoovrjoog St. 


Hekataios 


s. u. Nr. 3. 



2249 Chersonesos Chersonesos 2250 

Sestos. Der Perser Pharnabazos kann es nicht dritte philippische Rede. Ein Heer des Philippos 

einnehmen. Der Athener Thrasybulos sucht die durchzieht die Ch. Mitteilung des Philippos hier- 

Chersonesiten fur Athen zu gewinnen. Die La- fiber an die Athener. 340 Eroberung von Stadten 

kedaimonier schicken den Anaxibios, die Athener der Ch. durch Philippos. Um diese Zeit(?) Ehrung 

den Iphikrates, der Guerillakrieg flihrt und die der Athener seitens der chersonesischen Stadte 

Halbinsel fiir Athen gewinnt, bis sie 387 durch Elaius, Madytos und Alopekonnesos. 338 die Ch. 

den KOnigsfrieden frei wird. Der Abydener Phi- makedonisch. Zu Alexandros' Zeit Hekataios Ty- 

liskos unterwirft in Diensten des hochverrateri- rann von Kardia. 334 Zug des Alexandros mit 

schen Persers Ariobarzanes die Ch. Nach seiner seinem Heer nach Sestos zum Ubergang nach 
Ermordung belagert der OdryserkSnig Kotys Se- 10 Asien. Alexandros in Elaius beim Protesilaion. 

stos, nach ihm Maussollos von Karien, der auf Nach Alexandros Tod die Ch. unter Lysimachos 

die Vorstellungen des Agesilaos abzieht. Timo- von Thrakien. 309 durch ihn Lysimacheia mit 

theos von Athen bekommt von Ariobarzanes Se- Einwohnern von Kardia und Paktye gegriindet 

stos und Krithote fiir Athen (um 365), wird be- und befestigt. 286 Lysimachos im Lysimacheion 

auftragt, die ganze Halbinsel fur Athen zu ge- ebendort bestattet. 280 Seleukos am Altar Argos 

winnen, erobert 364 Elaius und andere Ortschaf- ebendort getotet. Die Caller bemachtigen sich 

ten (Beute 1200 Talente). Ihn ersetzt 363 Er- Lysimacheias und der ganzen Ch. 279/8. Von 

gophilos aus Athen mit wenig Erfolg, darauf Antigonos Gonatas bei Lysimacheia geschlagen. 

Menon (361) und hernach Kephisodotos. 360 Ti- Die Ch. 262 (?) im Besitz des Antiochos II., 247 
momachos im Kampf gegen Kotys, hierauf Iphi- 20 des Ptolemaios Euergetes. Lysimacheia beim aito- 

krates, der mit Hiilfe der Abydener Sestos ein- lischen Bund. 202 bemachtigt sich Philippos III. 

nimmt. Der Orite Charidemos, urspriinglich in von Makedonien der chersonesischen Stadte und 

Diensten des Timotheos, sucht 361 verraterischer- behalt sie bis 197. Hierauf Einbriiche der Thra- 

weise Krithote und Elaius den Athenern zu ent- ker, dann 195 des Antiochos d. Gr. von Syrien, 

reissen, fiihrt mit dem von Athen gesendeten derdenChersonesitenWohlthatenerweist. Vonden 

Kephisodotos, der das Seeraubernest Alopekonne- an Antiochos d. Gr. Hof geschickten zehn rOmi- 

sos angreift, Krieg, zwingt ihn zu einem schimpf- schen Gesandten P. Lentulus, P. Villius, L. Te- 

lichen Frieden. Wegen der Auslieferung des Mil- rentius in Lysimacheia. 192 bei den Thermopylen 

tokythes an die Kardianer, die erbittertsten Feinde besiegt, halt sich Antiochos d. Gr. in Lysimacheia 
der Athener, bekampfen die Thraker Berisades 30 auf , das er befestigt. 191 Sestos fiir ihn ver- 

und Amadokos mit den Athenern den Charidemos. loren. L. Cornelius Scipio erobert Lysimacheia 

Kersobleptes, der Sohn des Kotys, tritt in einem und die Ch., setzt dann von da nach Asien iiber. 

Vertrag die Ch., Kardia ausgenommen, den Athe- 190 bekommt gemass dem Prieden mit Antio- 

nern -ab. Chabrias, Peldherr gegen Charidemos, chos Eumenes von Pergamon die Ch. von den 

wird zu einem schmahlichen Vertrag gezwungen. Rflmern. Unter seinem Nachfolger Attalos II. 

Die Athener billigen diesen Vertrag nicht, son- Philadelphos Einfall des Diegylis, KOnigs der 

dem schicken zehn Gesandte an Kersobleptes. Kainer, der spater von Attalos gefangen wird. 

358 wird Chares mit Vollmachten von Athen nach 133 im Testament des Attalos III. die Ch. rSmisch. 

der Ch. geschickt. Hierauf Vertrag mit Chari- Wahrscheinlich Teil der Provincia Macedonia. 88 
demos. Athenodoros aus Athen Sachwalter der 40 gehort ein Teil der Ch. dem Mithradates von 

Kinder des verstorbenen Berisades. Simon und Pontos. Bedriickungen der Ch. durch L. Piso. 

Bianor auf Seite des Pratendenten Amadokos. 353 Spater Ofters Durchziige rOmischer Truppen : des 

die Ch. vertragsmassig im Besitz der Athener P. Cornelius Dolabella, des M. Brutus und C. 

nach Einnahme von Sestos durch Chares. Nach Cassius. Im Besitz des M. Vipsanius Agrippa, 

353 Kleruchen ('Ad-ijmToi kv Xef>oow)oq> CIA II 12 durch Erbschaft Eigentum des Octavianus 

116). Biirgerrecht und Ehren fiir Kersobleptes. Augustus. 11 Einfall des Vologaesus; dessen 

352 Antrage des Aristokrates , dawider Euthy- Vertreibung durch L. Piso. Nach Christus unter 

kles mit der von Demosthenes ausgearbeiteten Vespasian ein Teil der Provincia Europa. Ha- 

Rede (XXIII) vor den Heliasten. Philippos II. drianus erweist verschiedenen Stadten Wohlthaten. 
von Makedonien wird dem athenischen Besitz auf 50 Eine rOmische Strasse von Aprum nach Kallipo- 

der Ch. gefahrlich. Sein Bilndnis mit den Kar- lis oder Sestos. Nach der Grundung des Kaiser- 

dianern. 351 Charidemos Peldherr der Athener. sitzes in Byzantion wichtiges Bollwerk. Einfalle 

349,pliindert Philippos die Ch. 346 zehn athe- der Geten. 558 n. Chr. gegen die Hunnen unter 

nische Gesandte an Philippos, um Prieden abzu- Zaberges von Germanos verteidigt. 814 der Bul- 

schliessen. Philokrateischer Priede. Die Ch. den gare Crumus erobert Hexamilion, riickt bis Sestos 

Athenern zugesichert, Kardia ausgenommen. In vor. Spater beunruhigen die Genueser die Ch., 

Athen des Demosthenes Partei obenauf. 343 Dio- und Tflrken fallen in Thrakien ein. 1204 nach 

peithes mit athenischen Kleruchen nach der Ch. der Einnahme von Byzantion durch die Lateiner 

geschickt. Brief des Philippos an die Athener tiber die Ch. den Venetianern zugesprochen, Kallipolis 
Kardia. Agora von Philippos beansprucht. De- 60 von Marco Dandolo und Jacopo Viadio eingenom- 

mosthenes' Rede iiber die Halonnesos. Auf atheni- men. Den Venetianern wird die Halbinsel durch 

scher Seite wird ausgefiihrt, die Grenze der atheni- Joannis Dukas, den Peldherrn der Nikaeer, ab- 

schen Besitzungen nach Norden sei die Linie zwi- genommen , von Kataloniern , Arragonesen und 

schen Leuke, Akte und Pteleon (s". o.). Feind- Amogabaren besetzt, Kallipolis, Madytos, Hexa 

seligkeiten des Diopeithes gegen die Kardianer milion gegen die Griechen verteidigt (bis 1308). 

und Thrakien. Zweiter Brief des Philippos (An- 1357 erobern die Ttirken Semenik-bissar (s. J. 

klagen gegen Diopeithes). 341 Demosthenes' erfolg- Pitton de Tournefort a. a. O. 232ff.), Kalli- 

reiche Rede iiber die Ch. (VIII, fiir Diopeithes) und polis und Madytos. Nach 1453 von den Turken 



2251 Chersonesos Chersonesos 2252 

die alteren Dardanellenbefestigungen angelegt, bedeutend und von Polyrrhenia abhiingig. K. Bur- 

1659 die neuen, die ofters verstarkt wurden. si an Geogr. v. Griechenl. II 551, der jedoch irrt, 

2) Die thrakische Chalkidike (s. d. Nr. 2) wenn er glaubt, auf dieses Chersonasos bezoge 
hiess bei Hekataios XsQodvrjoog, vielleicht fj iv sich die Stelle Strab. XVII 838, s. Nr. 6. Der 
@oqxy X. Ihren Namen bekam der von den Ort lag in der Nahe des jetzt von der keilformi- 
Chalkidiern besetzte Teil und spater die ganze gen Gestalt 2<pt]vdgi genannten Vorgebirges und 
Halbinsel erst von diesen Ansiedlern. Fleckens an der jetzt gleichnamigen Bucht (See- 

3) Stadt auf Nr. 1 nach Hekataios bei Steph. karte nr. 2836 a der Britischen Admiralitat). 
Byz. Suidas (xai noXig vnoxsXrjg xoig Adrjvaioig, 6) Bei Strab. XVII 838 wird eine Gegeniiber- 
sv<pooog els tivqoiv yewoyiav • o&ev ioaaymyovv 10 stellung von Ortlichkeiten der Kyrena'ika mit 
ol 'A&ijvaXot, ovg KXscov dciasis [Schol. Aristophan. solchen auf der Insel Kreta gegeben , Apollonia 
eq. 262]; die Notiz von evyooog bezieht sich (Kyren.) soil dem Kqwv Mkxamav (Kretas) ent- 
auch auf die Halbinsel) und Miinzen (Head HN sprechen, Chersonasos (Kyr.) dem Matalon (Kr.), 
222), und zwar auf dem Isthmos der Halbinsel. der Grosse Hafen oder Panormos (Kyr.) der Cherso- 
Man hat gedacht, es sei entweder das spatere nasos (Kr.). Da es heisst xa&' Sv f) iv Kgrfxy 
Kardie oder aber Kallipolis darunter zu verstehen. Xegoovtjoog i'dovrcu, ist wohl unter Ch. eine Stadt 
Allein diese beiden lagen nicht auf dem Isthmos, zu verstehen. Es geht also kaum an, isQo6vr)oog 
und Kardie wird mit seinem Namen schon bei als Appellativum zu fassen. Entweder liegt bei 
Herodotos genannt. Sie ist an oder nahe bei Strabon ein Irrtum vor, da Ch. an der Nordkfiste 
der St&tte zu suchen, die aueh Ayogd genannt 20 Kretas liegt (die Entfernungszahl der verglichenen 
wurde, daher erscheinen in den athenischen Tri- Ortlichkeiten etwa 3000 Stadien ist fur die zwei 
butlisten dieXsgoovfjoTzaida'AyoQag, vgl.Boeckh bekannten kretischen Chersonasoi viel zu gross), 
Ath. Staatsh. IIS 496. Sie lag nicht an der oder wir miissen (wogegen der Artikel 17 sprache, 
Kiiste, sondern etwa in der Mitte zwischen den der auf etwas Bekanntes hinweist) eine dritte 
beiden Meeren, die den Isthmos bespiilen. Die Ortlichkeit Ch. auf Krete annehmen, s. Cherso- 
Grenze des athenischen Besitzes auf der Ch. war ' nesos Nr. 5. 

eine Linie zwischen Leuke Akte und Pteleon (vgl. 7) Halbinsel Aitoliens, Ptolem. Ill 14, 2 M. 

S. 2245). In byzantinischer Zeit wird sehr oft an Es ist jedoch hier eher x^oovf]aog als Appella- 

der Grenze der Ch. 'El-afitXiov (von der 6 Meilen tivum zu fassen. Nach der Darstellung des Ptole- 

langen, jetzt auf eine Strecke von 6 km..in Spuren 30 maios ist dieses AhcoXiag xsgoov^oov axgov zwi- 

verfolgbaren langen Sperrmauer; s. Hexami- schen den Miindungen des Acheloos (jetzt Aom- 

lion) genannt. gdg) und des Lykormas-Euenos (jetzt <I>l8aQr]g) zu 

4) Ch. (ihr Name in Hss. zuweilen verschrie- suchen. Der ganze Kiistenstrich vom Hiigel Pa- 
ben: Ghersonessus Geogr. Bav. V 21, Gresonesso naja am Acheloosknie bis zu Warassowon am linken 
Tab. Peut., beides infblge Missverstandnisses der Ufer des Euenos zeigt jetzt nur eine Stelle, an 
gescharften Aussprache des a), Halbinsel (noch der wir das AhcoXiag cixoov nach den Angaben 
jetzt xafiog Xegoovrjoog) und Stadt an dem Ost- des Ptolemaios annehmen kOimen, einen Hiigel 
lichen Teil der Nordkuste der Insel Kreta, zwischen am KoXttos TIooxonavioTov, auf einem landfest ge- 
Knossos und Olus (Xen. bei Steph. Byz.), einmal wordenen Eiland, mit dem jetzigen xdfiog Xxgocpa. 
(Paus. VI 16. 5) zum Unterschied von den vielen 40 Wahrscheinlich meint Ptolemaios mit der x- die 
andern Ch. X. f\ Kgr/rcov zubenannt, Hafenplatz schon zu Ende des 2. Jhdts. v. Chr. mit dem 
der Lyttier, jetzt noch Xsoaovrjaog genannt, an Pestland verbundene Insel 'Aota/iha. Vgl. K. Bur- 
der heute noch xogcpog MaXua genannten Bucht. si an Geegr. v. Griechenl. I 127. 

Sie pragte mindestens seit der Mitte des 4. Jhdts. 8) Vorgebirge nobg xtjv Koooovitojv jtoXiv, 

selbstandig Miinzen, Head HN 388 (Inschr. Xsq- Steph. Byz. s. Axxixr). 

oovaoiaiv) und gewann in spateren Zeiten (Sitz 9) Ostriches Vorgebirge Euboias , Scheide 

eines Bischofs) grOssere Bedeutung als Lyttos. Bei zwischen Mittel- und Sudeuboia , Auslaufer der 

dieser Stadt Chersonasos befand sich ein Heilig- Dirphyskette, ein 763 m. hoher Bergkegel, jetzt 

turn der Britomartis (s. d.), deren Idealhaupt auf Ka$og'Oyj)-(x>viag, Ptolem. Ill 14, 22. K. Bursian 

Miinzen der Stadt abgebildet ist. Der Tempel 50 Geogr. v. Griechenl. II 398. 

lag nach K. Bursians (Geogr. v. Griechenl. II 10) Vorgebirg in der Korinthia (X. jigog xfj 

571) Vermutung 15 km. Sstlich, nahe der Kiiste, KoQir&q> Steph. Byz.), 6stlichster Vorsprung des 

auf einem jetzt 'EXXtjvixor Xi(Sadi(ov) genannten Oneiongebirgszuges. Daneben der Hiigel Soly- 

Platz , auf dem noch eine geebnete Flache von geios, 12 Stadien von der Kiiste, 60 Stadien *siid- 

etwa 95 Fuss (etwa 20 m.) im Geviert , nebst lich von Korinthos, 20 vom Isthmos, an dem spater 

einigen Pundamenten alter Gebaude erhalten ist, ein Dorf Solygeia gegriindet wurde. Hier landete 

Strab. X 478f. Plut. de mulier. virt. 8. Anonym. in sehr friiher Zeit Aletes , der Anfiihrer eines 

stad. m. m. § 349f. Ptolem. Ill 15, 4 M. Steph. Haufens dorischer Abenteurer, die dann die Korin- 

Byz. s. XsQoovrioog. Hierocl. 650. Notit. episc. 3, thier zwangen, sie in die Stadt aufzunehmen. Hier 

442. 8, 223. Geogr. Rav. V 21. Tab. Peut. R. 60 auch landete zwischen Ch. und Rheiton (jetzt 

Pashley Travels in Crete, Cambridge a. London noch im Hinterland das Dorf 'Psnov [falsch 'Ptjxov]) 

1837, I 268ff. T. A. B. Spratt Travels and die Plotte der Athener, Milesier, Andrier und 

Researches in Crete, London 1867, I 104ff. In- Karystier, ihrer Bundesgenossen 425, um Korinthos 

schriften beim jetzigen Ort Xeoa6rrjai(ov) und anzugreifen, -Thuc. IV 42. K. Bursian Geogr. 

beim Dorf KovrovXoo<pdoi(ov), Museo Ital. HI 681. v. Griechenl. H 12. 

5) Ortschaft auf Kreta, genannt von einer 11) Vorgebirg der Argolis, auf dem Methana 
Landzunge an der schmalen Ostkuste der Insel, lag, zwischen Epidauros und Troizen, bios Ch. von 
Ptolem. Ill 15, 2 M., als Ortschaft jedenfalls un- Mela II 49 genannt, aber auch Med-rjvt] (Meticbvij 



2253 Chersonesos Chersonesos 2254 

C. Miiller, vgl. Thuc. IV 45 [und Diod. XII 65], Kiiste um einige Puss constatiert hat, die der 

wie schon Strab. VIII 347 ev naiv arriyQayoig fand) sogenannte Skylax (99) einfach als Teil des rho- 

XSQOovrjoog Ptol. Ill 14, 33. Die Halbinsel ist mit dischenFestlandgebietsfPocitW x<*>e a ) bezeichnet, 

dem Festland durch einen Isthmos von 200 — wird nicht allein unter byzantinischer Herrschaft 

300 m. verbunden, hat einen Umfang von 30 km. und auf altvenetianischen Kiistenkarten (Toma- 

Man kann sie als ein trachytisches Prisma von schek Hist. Topographie von Kl.-As. im Mittel- 

741 m. (Xelcova) Erhebung betrachten, umgeben alt. 41), sondern bis vor kurzem noch in der tiir- 

von Zungen secundaren Kalkes, an die sich nach kischen Verwaltungspraxis kurzweg Trachla oder 

Osten Plachen von Tertiargebilde anschliessen, die Trachea genannt ; offenbar ein aus dem Altertum 
mit trachytischen Agglomeraten bedeckt sind. 10 conservierter Name und vollstandiger als Trachea 

Dieselbe geognostische Zusammensetzung bietet Chersonesus zu verstehen, so dass ihm das in 

Aigina. Das Innere der Halbinsel ist nur trachy- den Tributlisten einfach als Ch. genannte Glied 

tisch. Dies Gestein steht im Kiistengebiet im des athenisch-delischen Seebundes entsprechen 

Norden und Westen an. Expedit. scientif. de More"e wiirde. Nur in Inschriften ist der sonst unbe- 

SectiondesSciencesPhysic.IIl, Par. 1834, 366ff. kannte Name einer Ortschaft auf dieser Halb- 

Uber die Lavastrome, die Eruptionen und die insel, Casarea, gefunden 1888 von Bent Journ. 

Eruptivtrachyte v. Seebach Zeitschr. d. deutsch. Hell. Stud. IV 83. X 47. Kiepert Formae orb. 

geolog. Gesellsch. XXI (1869) 295. A. Philipp- ant. IX Text S. 6 oben. Stalaktiten in der Phau- 

son Peloponnes 54ff. Auf der Halbinsel finclen siasgrotte erwahnt Plin. n. h. XXXI 30. 

sich vereinzelte Bestande von Pinus maritima 20 [Biirchner.] 

halepensis. Tiber die warmen Schwefelquellen 15) Ch., einevorspringendeLandspitzezwischen 

O. Landerer IleQiyQacprj za>v iv Msftdvotg &si- Rhamnus und Trikorythos in Attika (die heutige 

ov%a>v ia/ianxcov vSdxcov, 'A&. 1884. Vgl. Eeiss ,Punta'?), Ptol. Ill 15, 8. [Milchhoefer.] 

und Stiibel Ausflug nach Agina und Methana, 16) Vorgebirge in Lykien, Steph. Byz. 

Heidelberg 1867. S. noch Methana. " [Buge.] 

12) Nach Strab. XIV 656. Paus. V 24, 7 17) Halbinsel an der persischen Kiiste mit dem 
eine Stadt auf der knidischen Chersones, der west- ,ionischen' Hafen Ionaka (apers. Yaunaka), Sstlich 
lichen Halfte der karischen Ch. Es ist das der vom Fluss Bhogomanis und von Taoke, Ptol. VI 
Stadtteil von Knidos (s. d.), der auf dem Insel- 4, 5. Marc, peripl. 1, 24; d. i. die von Nearchos bei 
chen lag. Vgl. A. Boeckh Staatsh. d. Ath.3 III 30 Arr. Ind. 39, 2 beschriebene gartenreiche Halb- 
419. 495. Dass die beiden Teile anfanglich von insel Mesambrie. Die Stellung von Ionaka nahm 
einander unabhangig waren, beweist der Umstand, zur Sasanidenzeit Bev-sahr ein, jetzt hat hier Abu- 
dass jeder von ihnen yooog an die delisch-attische sehr, Busir Bedeutung. [Tomaschek.] 
Bundeskasse zahlte, Kohler Del.-Att. Bund 195. 18) X^vafj x^Qaovrjaog s. d. 

Head Hist. Num. 523. 19) Chersonesus Tauriea, f) TavQixi] x 8 Q6°~ 

13) °H Xsgoovrjoog Kaqlag (Cornelius Ale- vrjoog, ist die ins Schwarze Meer sich hineiner- 
xanderPolyhistor, der von dieser Halbinsel stammte, streckende Halbinsel, welche heute Krim heisst. 
in den Schol. Apoll. Bhod. I 925 = FHG HI Nur durch einen schmalen Isthmus mit dem Fest- 
234, 64) zerfallt in zwei durch eine 2 km. schmale landezusammenhangend.bildet sie in ihrem ganzen 
Landzunge getrennte Teile, die (Ostliche) Xcqqo- 40 nOrdlichen Teile eine Fortsetzung der siidrussischen 
rtjaog who Kvcdov (= TQioma), Aelian. v. h. II Steppe, wahrend im Siiden von West nach Ost 
33. Pausan. V 24, 7, und die Xsgoovijoog rfjg ein Gebirge sich hinzieht, das steil zum Meer 
BvfSaooirjg , Herodot. I 174. Ein gemeinschaft- abfallt. Der Bumpf dieser Halbinsel bildet gleich- 
licher Name scheint im Altertum ausser dem sam ein Bechteck, an das sich im Westen und 
obigen nicht im Gebrauch gewesen zu sein. In OstenwiederHalbinselnansetzen, dorteinekleinere, 
der Jetztzeit hat man sie wohl als dorische oder hier eine grOssere, die , weit sich ins Meer vor- 
a potiori als knidische Ch. bezeichnet. Spratt schiebend, nur durch die enge Wasserstrasse des 
Bemarks on the Dorian Peninsula and Gulf with kimmerischen Bosporos vom asiatischen Festlande 
Notes on a temple of Latona there, Archaeo- getrennt ist. Im Altertum ist der gewohnliche 
logia XLIX (London 1886) 345 — 65 mit Karte 50 Name der ganzen Halbinsel fj TavQixrj xeegovijoog, 
1 : 225 000. Die knidische Halbinsel ist ein so genannt nach dem Volke der Tauroi, die im 
von malerischen Thalern und wenigen Ebenen Gebirge des Siidens wohnten. Selten heisst sie 
durchsetztes Kalksteingebilde. Uber die alte Strasse f) Sxvfttxrj x s ee° vr l ao s ( s0 z - B. Strab. VII 308), 
von der Ostlichen Nekropolis von Knidos in der natiirlich nach den Skythen so genannt, die den 
Bichtung auf Jasikjidi und die Beste und Fern- ganzen Siiden Busslands innehatten und, wie wir 
sichten Newton Travels and Discoveries in the sehen werden, auch die taurische Chersones als ihr 
Levant II 259ff. ; die bybassische Halbinsel ist Gebiet in Anspruch nahmen. Aus der oben bespro- 
ein von Westen nach Osten streichender Berg- chenen eigentiimlichen Configuration des Landes 
riicken von vulcanischem Serpentin, der auch uber erklart es sich, wenn Strabon VII 308. 310 von 
den schmalsten Isthmos bei Penzik — fiinf Sta- 60 einer ficyalri XsQ^ovijaog im Gegensatz zur fiixQa 
dien — sich erstreckt und die Durchstechung im XsQQovtjaog spricht ; unter der letzteren versteht 
Altertum so sehr erschwerte (Herodot. I 174), er die westliche, ins Schwarze Meer auslaufende 
dass die Arbeiter glaubten, sie wurden durch kleinere Halbinsel, unter /xeydXt) hingegen die ganze 
iibernaturliche Macht abgehalten. Krim. Allgemeine Geltung haben aber natiirlich 

14) 'H XsQoovtjoog rgaxeta, die sudlich von diese Ausdriicke peyalt] und /.uxqo. nicht gefunden ; 
der knidisch-bybassischen Halbinsel sich ausbrei- bei den vielen schlechthin XsQ$6vt]aog genannten 
tende, sehr gegliederte und felsige Halbinsel, an Halbinseln bedurfte es eines significanten Zusatzes. 
der Spratt seit dem Altertum eine Senkung der um die eine von der anderen zu unterscheiden ; 



2255 Chersonesos Chersonesos 2256 

und das waren weder fieydfai noch fiixgd, wohl aber Nomaden, die ganz Stidrussland innehatten, auch 

Tavgixrj. Auch Herodots Ausdruck fur die Ost- die vOllig offenen und leicht zuganglichen Teile 

liche, vom kimmerischen Bosporos begrenzte Halb- der Krim sich aneigneten, wahrend im Gebirge 

insel — %EQo6vr)oos fj xgrjxkij IV 99 — hat keine eine andere und offenbar vor den Skythen zurtick- 

allgemeine Geltung gefunden ; dass aber der Vater gewichene BevOlkerung Zuflucht und Schutz fand. 

der Geschichte diesen Ostlichen Teil der Krim, Slit dieser Stelle (IV 99. 100) stimmt eine andere 

das spatere Herrschaftsgebiet der bosporanischen vollig uberein (IV 28), wonach ol evxog xfjg xd- 

Fiirsten, nicht etwa die westliche Halbinsel, wo- <pgov Zxv&ai xaxoixij/xevoi auf dem fest zuge- 

rauf spater die Stadt Chersones sich erhob und frorenen kimmerischen Bosporos mit ihren Wagen 
welche wegen ihres Bodens weit eher auf den 10 auf das jenseitige Ufer zu den Sindern Ziehen. 

Beinamen fj xgrix^n ein Anrecht zu haben scheint, Man hat diese xaygog, welche skythische Sclaven, 

gemeint hat, geht unzweifelhaft aus seinen Worten die in der Abwesenheit ihrer Herren in Klein- 

hervor: . . . /<%>< x s Q aov V aov T tfs xgrjxerig xaleo- asienmitderenFrauenverbotenenUmgangpflegten, 

\ievr\g • avxrj de eg d-alaooav xijv jigdg dn-qhayxrjv bei der Riickkehr derselben zur Verteidigung auf- 

ave^iov xaxrjxsi ; dasselbe Meer nennt er im fol- geworfen haben sollen, meist an verkehrter Stelle, 

genden Capitel xijv fjoiriv, und damit gar kein wie mir scheint, gesucht; unter diesem ,Graben' 

Zweifel sei, was er meint, bestimmt er die in kann nur der Isthmus von Perekop verstanden 

Rede stehende Halbinsel, also seine i£Qoovr\oog werden, der auch spater von den Geographen 

fi xQrjxsrj, nochmals als im Westen des kimme- xdygog genannt wird (Strab. VII 308. Mela II 
rischen Bosporos und des maiotischen Sees ge- 20 4). Bei der durchaus verkehrten Ansicht Herodots 

legen. Aber das Bild, welches Herodot sich von von der geographischen Lage der taurischen Halb- 

der Krim gemacht hatte, entspricht durchaus nicht insel darf man nicht von IV 3 xdcpgov ogvl-dfievot 

der Wirklichkeit , worauf oft genug schon hin- xaxdxetvovoav ex x&v Tavgixmv ogemv eg xtjv Mai- 

gewiesen ist. Wie Strabon die fuxgd in einen fjxiv Xi/j,vrjv xfj jieg eaxl /teyioxt) ausgehend diesen 

Gegensatz bringt zur (ieydlr\ xegodvyoog, so scheidet Graben vom Ostende der taurischen Berge, also 

Herodot die xgrjxerj x e e a ° vr l ao $ deutlich von der etwa von der spateren Stadt Theodosia direct an 

Tavgtxr) ; allerdings bildet erstere bei ihm nicht die Maiotis sich gezogen denken, denn hier wiirde 

so sehr einen Teil der letzteren, als vielmehr ein der Zusatz xfj ueq eaxl fueyloxt] ftir die Maiotis 

neben der letzteren liegendes selbstandiges Glied, nicht passen, der nur passt auf die Stelle, wo 
so zu sagen eine Halbinsel ftir sich, und wahrend 30 die Maiotis am nachsten dem Pontos Euxeinos 

seine Taurike an der Sudgrenze Skythiens in den kommt und mit ihm den Isthmus von Perekop 

Pontos Euxeinos auslauft, liegt seine xgrjxetj an bildet. Wenn Herodot aber seine xdcpgog nach 

der Ostgrenze des skythischen Landes. den taurischen Bergen bestimmt, so zeigt sich 

So mag auch der Ausdruck xqijx^V >die rauhe', hier dasselbe Missverstandnis , worauf wir oben 

der gar nicht auf diesen fruchtbaren und ergie- trafen: er nimmt gleichsam zwei Halbinseln an, 

bigen Landstrich passt, auf den ihn Herodot an- eine von den Tavgixd ogea ganz erfiillte auf der 

wendet, seinen Ursprung der allgemeinen An- Siidseite Skythiens, eine andere, die xgrjxeij, neben 

schauung von den taurischen Bergen, womit die der ersteren auf der Ostseite dieses Landes. Die 

taurische Halbinsel erflillt war, verdanken — dass Geschichte von den skythischen Sclaven — Ste- 
diese letztere aber ausser den Tavgixd ogea noch 40 phanos von Byzanz s. xdcpgai erzahlt nach Kalli- 

Steppengebiet und fruchtbares Ackerland umfasst, stratos dieselbe etwas anders — setzt doch keinen 

ist Herodot nicht klar geworden, der aus einem zu- wirklich ausgehobenen Graben voraus, ist doch 

sammenhangenden Ganzen zwei mehr oder weniger vielmehr zur Erklarung einer naturlichen Ein- 

selbstandige Teile machte. senkung, eines naturlichen Grabens, gemacht; 

Trotzdem er also von der taurischen Halb- und dies alles passt auf den Isthmus, die Ver- 

insel keine geographisch richtige Anschauung bindungsbriicke zwischen der Krim und Siidruss- 

hatte, sind seine ethnographischen Angaben iiber land, die oft grosser, oft kleiner ist , je nachdem 

dieselbe fur uns nicht bios ausserst wertvoll, son- sie mehr oder weniger unter Wasser steht. Diese 

dem auch offenbar richtig, weil sie mit denen Einsenkung bei Perekop hat denn auch wieder- 
anderer Schriftsteller ubereinstimmen und auch 50 holt bei den Alten den Glauben erweckt, als ware 

an sich uns ein festgeschlossenes Bild gewahren. hier ein kiinstlicher Canal einst gezogen gewesen, 

Das von ihm tj Tavgixrj genannte Land ist ge- s. Plin. n. h. IV 84, der hier von einem wianu 

birgig und vom Volke der Tauroi bewohnt; iiber f actus alveus spricht, und Konstantinos Porphyro- 

den Tauroi und im Landstrich xd ngog $aldoor)g gennetos de admin, imp. c. 43. Mit der hero- 

xrjg fjoii]g, der wieder mit den folgenden Worten doteischen Ansicht, dass ausser im Gebirge auf 

xov te Boanogov xov Kififteglov xd ngog ioxegijg xal der iibrigen Halbinsel Skythen wohnen, stimmen 

%rjg Ufxvqg xrjg Marfxidog bestimmt wird und eben andere Zeugnisse uberein. Nach Steph. Byz s. 

jene vorhin erwahnte x^Qodvrjaog xgqxei] ist, wohnen TLavxixdnaiov bekommen die Griechen diesen Ort 

die Skythen. Tauroi und Skythen sind ganz ver- von einem skythischen Konig, nach Harpokration 
schiedene Volker, das hebt Herodot ausdrucklich 60 s. Bevbooia ist dies ein Ort, der iyyvg x&v 

hervor und versucht es an Beispielen klar zu Sxvdmv liegt , und nach dem anonymen Periplus 

machen. Also im Gebirge, d. h. im siidwestlichen Ponti Euxini p. 173 Hoffm. wohnen Skythen im 

Teile der Halbinsel, wohnten die Tauroi; iiber siidostlichen Teile der Krim dno'A&ijvaiwvog fie- 

ihnen, d. h. im Steppengebiet nOrdlich vom Ge- xQ l Kvxmv, und auch aus dem sehr fragmentierten 

birge und in dem von Herodot xgrjxet] genann- Verse des Sophokles ovd'av xd Boonogeiov ev Sxv- 

ten Teile, also ostlich vom Gebirge bis zum $aig vdcog (frg. 641 Nauck) tritt die enge Ver- 

kimmerischen Bosporos, hatten die Skythen ihre bindung des Bosporos (naturlich des kimmerischen) 

Zelte und Weiden. Es begreift sich, dass diese mit den Skythen hervor. Diesen Zeugnissen reiht 



2257 Chersonesos Chersonesos 2258 

sich dann Strab. XI 494. VII 310 und Skylax 69 Vernichtung seines Eeiches blieben die Skythen 

xa-frrjxovoi yag {Sxvd'ai) in xijs s'gco ftaXaooris vjiso und Tauren auf der einen, die Griechen auf der 

xrjg TavQtxfjg els tijv Maimxiv U/nrr/i' an. anderen Seite die Elemente, woraus die Bev8lke- 

Ffir die Zeit des grossen Mithradates bezeugt rung der Krim bestand. Und wie friiher die Leu- 
die in Chersonesos Herakleotike zu Ehren seines Ge- koniden, so batten jetzt unter rOmischer Ober- 
nerals Diophantos gesetzte Inschrift (Latyschew hoheit auf der Ostseite in Bosporos die Achai- 
Inscriptiones or. sept. Ponti Eux. 1 185) das Port- meniden, auf der Westseite die Chersonesiten die 
leben skythischer Stamme auf der Krim, wie denn Wacht fiber die Barbaren. Erst im 3. Jhdt. n. Chr. 
auch noch um die Mitte des 1. Jhdts. n. Chr. treten auf der Krim Veranderungen ein, die im 
der moesische Statthalter Ti. Plautius Silvanus 10 einzelnen fur uns nicht immer erkennbar, im 
Aelianus die Stadt Chersonesos von der Belage- ganzen aber doch bekannt sind. Es sind das die 
rung durch einen skythischen Konig befreit (CIL Veranderungen, die mit dem Einbruch germa- 
XIV 3608). Von den bosporanischen Konigen nischer Stamme in Siidrussland und mit dem 
fochten Kotys II. im J. 123 und Sauromates II. langeren Verweilen derselben dortselbst beginnend 
im J. 193 n. Chr. gegen die Skythen und be- eine allgemeine Verschiebung der Velker zur Polge 
siegten dieselben (Latyschew Inscript. or. sept. hatten und allgemein unter dem Namen der Vol- 
Ponti Eux. II 27 [hiernach 26 zu verbessern]. 423). kerwanderung zusammengefasst zu werden pflegen. 
Dies ist nicht immer genligend festgehalten worden, Dass die Krim hiervon nicht unberiihrt bleiben 
dass skythische Stamme auf der ganzen Krim konnte, versteht sich wohl von selbst; um aber 
(ausser im Gebirge) wohnten (vgl. z. B. Neu-20im einzelnen ihre Geschichte in dieser Zeit fest- 
mann Hellenen im Skythenlande 201, ganz zu stellen zu kOnnen, sind unsere Quellen nicht aus- 
schweigen von den irrigen Aufstellungen Thom. reichend. Auch ist zu beachten, dass die Schrift- 
H. Dyers in Smiths Dictionary of anc. geo- steller nach der alten Gewohnheit, die Velker 
graphy II 1110, der iiberhaupt keine Skythen Siidrusslands Skythen zu nennen, nun auch im 
auf der ganzen taurischen Halbinsel kennt). 3. nachchristlichen Jahrhundert alle die germa- 

Neben diesen beiden Volkern, dem skythischen nischen Velker, die jetzt dort hausten, wo friiher 
und taurischen, trat schon fruhzeitig als drittes die Skythen ihre Wohnstatten und Weideplatze 
das griechische auf der Krim auf. Ruhrig und gehabt hatten, meist Skythen nannten; selten 
unternehmend, wie sie waren, kamen die Griechen begegnet uns der Name Gothen, seltener noch 
bei ihren Seefahrten auch ins Schwarze Meer, 30 der Einzelnanie eines der mit den Gothen nach 
an dessen Sudkiiste wir schon im 8. vorchrist- dem Siiden gezogenen anderen germanischen 
lichen Jahrhundert griechische Siedlungen finden. Velker. Von der Donau ostwarts in den weiten 
Spater wurde auch dessen Nordkiiste von ihnen Steppen bis zum Don waren die Gothen im 3. Jhdt. 
besiedelt und auf der Krim Pantikapaion, das, das machtigste Volk ; von der Donau aus erfolgten 
wie wir aus Stephanos von Byzanz wissen, in den ihre Einfalle in die Provinzen des romischen Bei- 
Handen der Skythen war, erobert und aus einer ches, vor allem in Moesien und Thrakien, sogar 
skythischen Ansiedlung zu einer griechischen Stadt in Illyrien. Diesen anfangs iiber die Donau und 
gemacht. Wie Pantikapaion, oder , wie die grie- dann weiter zu Land erfolgenden Einfallen und 
chische Stadt mit griechischem Namen genannt Eaubzugen gesellten sich bald solche auf dem 
wurde, Bosporos unter ruhrigen Piirsten gedieh, 40 Seewege hinzu, und ausser den Donauprovinzen 
wie aus dieser Stadt allmahlich ein Fiirstentum werden jetzt auch der Pontos, Bithynien, Asien, 
herauswuchs, das einen grossen Teil der Halb- ja sogar Kappadokien und Kilikien von den Bar- 
insel umfasste und seine skythischen Bewohner baren heimgesucbt. Nach Zosimos ausdriicklichem 
aus Nomaden zu Ackerbauern erzog, die unab- Zeugnis (I 31) hatten die bosporanischen Kenige 
hangig gebliebenen Skythen der Steppengegend wiederholt diese germanischen Velker von ihrem 
aber im Zaume zu halten verstand, wie andere Vorhaben, nach Asien iiberzusetzen, abgehalten; 
griechische Stadte, wie Theodosia Nymphaion an- das geschah sicher nicht durch giitliche Vor- 
gelegt wurden und wie schliesslich dieser bospo- stellungen, sondern entweder gebot die Macht- 
ranische Staat verflel und vor dem Ansturm der stellung des Bosporos den Barbaren Halt oder 
nomadischen Skythen zusammenbrach und bei 50 aber, was wohl wahrscheinlicher ist, die Entschei- 
Mithradates von Pontos Schutz suchen musste, dung des Schwertes fiel zu ihren Ungunsten und 
ist im Artikel Bosporos (oben S. 757ff.) erzahlt bestimmte sie, von ihrem Plane vorlaufig wenig- 
worden , worauf ich hier verweise. Auf der stens abzulassen. Erst als im Bosporos Wirren 
Westkiiste der Krim wurde von Herakleia die ausgebrochen und der rechtmassige KSnig — we- 
Stadt Chersonesos angelegt , die vielfach mit nigstens voriibergehend — vom Throne verdrangt 
Bosporos rivalisierend nach Zeiten einer nicht war, verstanden die Bosporaner sich dazu, den 
unbedeutenden Bliite auch bei Mithradates Schutz Boranern, Gothen, Karpen und Urugunden Schiffe 
fand und gerade wie Bosporos den ihr gewahr- zur tfberfahrt nach Asien zu geben. Die Wohn- 
ten Schutz mit dem Verlust ihrer Unabhangig- sitze dieser Volkerschaften waren nach Zosimos 
keit bezahlte, s. den folgenden Artikel. Die 60 Bemerkung — yevtj de xavra msqi xov"1oxqov ol- 
Beziehungen der Griechen zu den Barbaren, vor xovvxa — mebr nach der Donau zu, nicht auf 
allem zu den Skythen, das Vorwartsdrangen der Krim selbst; die Beriihrung derselben mit 
der einen und das Zuriickgedrangtwerden der dem Bosporos und also auch mit der taurischen 
anderen, wobei ein erspriesslicher gegenseitiger Halbinsel im allgemeinen war nur eine voruber- 
Austausch von Handelswaren aller Hand einher- gehende. Dies geschah in den Jahren 253 — 255 
geht, fullen die Geschichte der Krim bis in n. Chr. Etwa ein Jahrzehnt spater tritt in der 
die rOmische Kaiserzeit hinein aus. Denn auch trberlieferung ein Volk hervor, welches, mit den 
nach dem Fall des grossen Mithradates und der Gothen von Norden gekommen, in Siidrussland 



2259 Chersonesos Chersonesos 2260 

am weitesten Ostlich siedelte und die europaische standigkeit zu wahren batten, versteht sich wohl 

Kiiste der Maiotis besetzt hatte. Das waren die von selbst, und dass es dabei nicht ohne K&mpfe 

Heruler ; von der Maiotis brachen sie auf zu ihren und Kriege abging, diirfen wir wohl voraussetzen. 

Eaub- und Pliinderziigen, so bald nach 265 n. Chr. Aber aus dem Fortbestehen des bosporanischen 

(Syncell. p. 717 Dind. Zonar. XII 23; vgl. Hist. Reiches mindestens bis in die Mitte des 4. Jhdts., 

Aug. Gallieni duo 13), so etwas spater unter Clau- wahrscheinlich aber, worauf ich oben S. 786 hin- 

dius (Syncell. p. 720. Zosim. I 42); die unter gewiesen habe, bis in noch spatere Zeiten, er- 

Tacitus (Zonar. XII 28) von der Maiotis auf- sehen wir doch, dass die Heruler nicbt in den 

brechenden Skythen sind wohl dieselben Heruler, Besitz der ganzen taurischen Halbinsel gelangt 
s. Loewe Die Germanen am Schwarzen MeerlOsind. 

18. Ein Jahrhundert spater (um 370 n. Chr.) Nun ersehen wir aus Procop. de aedif. Ill 7, 

werden die Heruler an der Maiotis vom Gothen- dass in Iustinians Zeit ein Strich an der Siid- 

kSnig Hermanarich unterworfen (lord. Get. 23). kiiste der Krim mit Namen Dory von Gothen 

Ihre Wohnsitze genau zu bestitnmen ist unmog- bewohnt war, welche dem Theoderich auf seinem 

lich, schon weil dieselben, wie es in der Natur Zuge nach Italien nicht gefolgt, sondern dort ge- 

dieser Vblker lag, haufigen Schwankungen und blieben sein sollten, dass sie die Oberhoheit Ost- 

Veranderungen unterworfen waren. Aber wenn roms anerkannten und dass sie zwar kriegerisch, 

der Etymologie der Heruler (AiqovIoi zwar bei aber doch auch vortreffliche Ackerbauer waren. In 

Synkellos, aber "EXovqoi bei Dexippos, s. Gelzer den kirchlichen Listen begegnet dann ein Bistum 
Jahrb. f. protest. Theol. 1884, 319) von dem grie- 20 Gothia, und bis ins 17. und 18. Jhdt. hinein ist 

chischen i'irj — Sfimpfe — , die an sich naturlich die Existenz von Germanen in der Krim nachzu- 

so falsch wie moglich ist, ein thatsachlicher Bezug weisen, s. Tomaschek Die Gothen in Taurien, 

zu Grunde liegen muss, um iiberhaupt aufgestellt Wien 1881. Braun Die Krimgothen, St. Peters- 

werden zu kOnnen, so ist es wohl der, dass die burg 1890 und neuerdings B. Loewe Die Beste 

Heruler, wenn nicht ausschliesslich, so doch zu der Germanen am Schwarzen Meere, Halle 1896. 

einem grossen Teile, dasjenige Ufer der Maiotis Nun liegt es allerdings nahe, bei diesen Krim- 

bewohnten, welches die Kiiste der Krim bildet. gothen an die Heruler zu denken, die nachweis- 

Abgesehen von den vielen salzhaltigen Seen, die lich im 3. und 4. Jhdt. auf der Krim gesiedelt 

tiber den Isthmus weit nach Siiden verbreitet haben ; wenn wir auch aus dem Fortbestehen des 
sind, wird gerade an der Ostkiiste der Krim von 30 bosporanischen Reiches in dieser Zeit oben ge- 

der Maiotis durch eine lange schmale Landzunge schlossen haben , dass sie nie in den Besitz der 

ein stagnierendes, sumpfartiges, wenig tiefes und Cstlichen Halbinsel am kimmerischen Bosporos 

der Seefahrt gefahrliches Wasser abgetrennt, wel- gelangt sind, so steht doch nichts der Annahme 

ches im Altertum orniga Xlfxvr) ,faule See', heute im Wege, dass wenigstens ein Teil von ihnen 

Siwasch heisst. Wenn die Heruler hier, also nach von der nOrdlichen Steppe aus in den Besitz der 

Siiden tief in die Krim hinein sassen, versteht fruchtbaren nordlichen Abhange des Gebirges sich 

man, scheint mir, die Ableitung ihres Namens gesetzt hat und von da aus auch an die Sudkiiste 

von k'Xt] besser und leichter, wie sie sich im Ety- gelangt ist, wo also in Iustinians Zeit , Gothen' 

molog. magn. p. 333 Gaisf. nach Dexippos und bei sassen, und dass sie hier im Besitz der schenen 
Iordanes 23 findet. Dass Zosim. II 21 unter Con- 40 fruchtbaren Abhange und Thaler des Gebirges 

stantin dem Grossen Sauromaten an der Maiotis sitzen blieben, als die Hauptmasse der Heruler 

wohnen lasst, ist nichts anderes, als wenn die unter den Hunnen und mit denselben nach Westen 

Heruler und mit ihnen die anderen germanischen zog. Dass aber, wie Loewe a. a. O. annimmt, 

Volker von den Griechen Skythen genannt werden ; die im Sudwesten der Krim nachweislich ange- 

hier sind Sauromaten sicher mit ihrem alten Namen sessenen Germanen ausschliesslich Heruler ge- 

eine Bezeichnung des neuen Volkes, das jetzt die wesen seien, ist nicht wahrscheinlich. Hier hat 

Wohnsitze der Sauromaten inne hat, welche zum eine Velkermischung und eine Assimilierung der 

Teil vernichtet, zum Teil unterworfen in die He- verschiedenartigsten Vslker stattgefunden, auf die, 

ruler aufgegangen sind. Und dasselbe gilt von wenn auch nicht naher eingegangen, so doch hin- 
den Skythen , die , wie wir gesehen haben, noch 50 gewiesen werden soil. Denn als die Germanen 

im Ausgang des 2. Jhdts. n. Chr. auf der Krim Siidrussland verliessen, waren Hunnen in diesen 

sassen, wahrend die Sauromaten weiter nordOst- Gegenden das gebietende Volk, welche auch die 

lich gegen den Don hin wohnten. An der That- Krim besetzten. Es ist zu beachten, dass Prokop 

sache, dass die fruheren Bewohner der Krim, die ausdrucklich zwischen Cherson und Bosporos (dem 

Skythen, wie ihre nordOstlichen Nachbarn , die alten Pantikapaion) hunnische V biker wohnen lasst 

Sauromaten, rait dem dritten nachchristlichen Jahr- (bell. Goth. IV 5; bell. Pers. 1 12) und dass lord, 

hundert aus der Geschichte verschwinden und dass c. 5 in der Nahe von Cherson AlUiagiri (so 

an ihre Stelle die germanischen Heruler in diesen Mommsen) und offenbar auch nicht allzuweit 

Gegenden treten, ist nicht zu zweifeln, wenn es davon Hunuguren nennt. Altziagiren und Hu- 
auch fur uns ein Ratsel ist und bleiben wird, 60 nuguren (oder Onoguren) sind doch sicher keine 

wie dieser Process im einzelnen sich gestaltet germanischen Volker. Was aber am meisten hier 

hat. Wich tiger noch ware zu wissen, wie die in Betracht kommt, ist eine neuerdings von de 

Fiirsten des Bosporos und die Freistatt Cherso- Boor verSffentlichte kirchliche Liste, welche 

nesos zu den neuen AnkSmmlingen standen ; dass Loewe iibersehen hat. In dieser Liste (s. Ztschr. 

die beiden Staaten sich wie friiher gegen die Ein- fur Kirchengesch. XII 1891, 531) wird die Dioe- 

und Cberfalle der Skythen, so jetzt gegen die- cese Gothia mit ihren Suffraganen aufgezahlt. 

jenigen der Heruler oft genug zu verteidigen und Metropole ist Doros ; vgl. oben Dory bei Procop. 

gegen die neuen Herren der Steppe ihre Selb- de aedif. Ill 7. Unter den Suffraganen werden 



2261 Chersonesos Chersonesos 2262 

genannt 6 XoxZtjqcov 6 'Aaxr/1 6 XovdXrjg 6 'Ovo- griff vom Lande her erfolgte, und dass sie, mochte 

yovQoiv 6 Persy 6 Ovvvmv 6 Tvjxa.Ta.Qia. Nach sie auch nicht dureh Fruchtbarkeit wie die ihr 

einem diesem Verzeichnis angehangten Scholion gegeniiberliegende, von der Maiotis und demPontos 

ist 6 Xot&qwv ovvsyyvg 4>ovXwv, dieser Ort liegt Euxeinos umflossene Halbinsel von Kertsch sich 

also an der Sildkiiste bei Phullai (heute Phul). auszeichnen, doch erne grOssere Menschenmenge 

So wenig wir, mit Ausnahme von Tymatarcha geniigend zu ernahren die MOglichkeit bot. Die 

und nach dem Scholion von den Chotziren, die Bedingungen zur Griindung einer Colonie waren 

Lage der iibrigen Bischofssitze kennen, so gewiss hier also giinstig. Herakleia, selbst eine Colonie 

ist es doch, dass in der nach den Gothen be- von Megara, am Siidufer des Pontos Euxeinos, 
nannten und, wie man bisher annahm, von Gothen, 10 besiedelte die jiixqol Xsggovt]aog und grlindete 

oder sagen wir lieber von Germanen, bewohnten dort eine Stadt, die Ch. genannt wurde. Wann 

Dioecese auch fremde und vor allem hunnische das geschah, ist nicht uberliefert. Dem Skymnos 

Volker (s. 6 Ovvvmv 6 'Ovoyovgwv und wohl auch (v. 850 im anonymen Periplus Ponti Euxini p. 179 

6 Xot£(q(ov) ihre Bischote hatten und dass alle Hoffm.) verdanken wir die Nachricht, dass nacb 

diese Bischofssitze nicht allzu weit von einander Einholung eines Orakelspruchs die Herakleoten 

entfernt gelegen haben mtissen. Sind die Chot- zusammen mit den Deliern die Stadt Ch. griin- 

ziren wirklich ein hunnisches Volk, so gab es deten; wahrend sie sonst iiberall nur als Colonie 

also noch siidlich von den Gothen von Doros oder Herakleias gilt, wird hier allein der bei der Griin- 

Dory an der Kiiste Hunnen. Man wird annehmen dung mitthatigen Delier gedacht. 
miissen, dass im 5. und 6. Jhdt. auf der Krim 20 Und zwar soil die Griindung geschehen sein 

eine Voikermischung stattfand, die wir im ein- auf Grund eines Orakels, das befahl ivxog Kv- 

zelnen nicht nachweisen kOnnen, von der uns aber avimv afia ArjXioig XsQQovqoov olxiaai. Thirion 

in der de Boorschen Liste ein wertvolles Zeug- (De civitatibus quae a Graecis in Chersoneso Tau- 

nis erhalten ist. Wie diese Hunnen bekehrt sind, rica conditae fuerunt SO) halt an dieser Nach- 

wissen wir nicht, aber sicher bildete das Chri- richt fest und setzt darnach die Griindung urns 

stentum und der gemeinsame Christenglaube zwi- J. 500 v. Chr., d. h. eo tempore quo Belli eete- 

schen ihnen und den in Dory zuriickgebliebenen rarumque maris Aegaei insularum eives in Per- 

Germanen das Band, welches sie friedlich neben sarum ditionem antea redaeti sese in libertatem 

einander wohnen und friedlich an einer gemein- vindieavere. Mir erscheint die ganze Nachricht 
samen kirchlichen Organisation teilnehmen liess. 30 des Skymnos hochst verdachtig. "Wie man es 

Warum diese kirchliche Eparchie Gothien genannt von einer Colonie des dorischen Herakleia erwartet, 

wurde, ist uns nicht klar; aber so wenig Ger- sind die Inschriften der Tochterstadt im dorischen 

manen ausschliesslich in derselben vertreten waren, Dialekt abgefasst und auch ihre Magistrate sind 

ebenso wenig diirfen wir nach dem Stande unserer dieselben , wie wir sie sonst bei Dorern treffen. 

Kenntnisse diese Germanen ausschliesslich fur Waren Delier wirklich an der Colonisierung be- 

Heruler ansprechen; es sind eben im Verlauf teiligt, diirften doch auch wohl ionische Ein- 

der Volkerwanderung verschiedene Volker im Be- fliisse nachweisbar sein ; und ist es an sich glaub- 

sitze der Krim gewesen, und verschiedene Reste lich, dass Dorer und Ionier zu einem solchen 

derselben sind dort sitzen geblieben, wahrend die Unternehmen sich verbanden? Das Orakel weist 
Hauptmasse ihrer Brfider vorwarts zog. 40 uns zweifelsohne nach Delphi. Statt der Delier 

Und wie im Altertum, so bietet noch heute sind Delpher zu lesen. Herakleia — das ist offen- 

die Krim das Bild eines bunten Volkergemisches bar der Sinn der Nachricht — hat im engsten 

und dem Ethnologen reichen Stoff zu Studien. Anschluss an Delphi, unter des delphischen Gottes 

20) Stadt auf der taurischen Halbinsel, daher Piirsorge und Obhut, ihre Tochterstadt Cherso- 

XsQoovaoos a noxl x~i Tavqixa. auf einer Inschrift nasos gegriindet, wie bei Athenaios IV 173 e die 

bei Latyschew S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 505, Magneten am Maeander, die aus Thessalien kamen 

gewOhnlich Xe@Qov>]oos oder Xsgoovaaog a in xov und in Kleinasien eine neue Heimat sich schufen, 

ITdvrov , Dittenberger Syll. 207. 367; spater leool xov -d-sov, anoixoi AeXcpwv genannt werden, 

XsQoatv. wozu O. Kern Griindungsgeschichte von Magnesia 

An der westlichen Kuste der taurischen Halb- 50 a. M. 26ff. verglichen werden kann. Obrigens 

insel, der heutigen Krim, wird durch das Ein- besitzen wir in einer Inschrift (bei Dittenberger 

dringen eines Meerbusens, dem von der Sudktiste Syll. 207) ein wertvolles Zeugnis einer engen 

her bis auf wenige Meilen eine tief eingeschnittene Verbindung zwischen Delphi und Ch. ; die Cher- 

Bucht, bei den Alten SvpfSolmv hfiriv, heute die sonesiten opfern eine Hekatombe dem Apollon 

Bucht von Balaklava, sich nahert, eine Halbinsel und zwelf Stuck Vieh der Athena, und die Del- 

gebildet, die von Strabon /imga X'sQQovtjoog ge- pher schicken ihnen zwei Theoren zur Ankflndi- 

nannt wurde. Von dem erwahnten, ostwarts in gung der pythischen Spiele und verleihen ihnen 

das Land eindringenden Meerbusen aus gehen selbst die Promantie und ihren beiden Gesandten 

nach Suden drei Hafen, so dass, wahrend die die Proxenie. 

iibrige Westkiiste, ebenso wie die ganze Ostkiiste 60 Schneiderwirth (Zur Geschichte von Cher- 

der Krim, schlecht gegliedert und hafenarm sind, son in Taurien , Berlin 1897) setzt die Griin- 

hier die Natur durch Schaffung guter und brauch- dung von Ch. in die erste Halfte des funften 

barer Hafen eigentlich von selbst auf die Anlage vorchristlichen Jahrhunderts, das ist ja moglich, 

einer Colonie jeden, der um Sehiffahrt und Handel aber keineswegs sicher. Auffallend ist immer, 

sich kummerte, hinwies. Dazu kam, dass die sog. dass Herodot, der, woran wohl nicht zu zweifeln 

fiixQa XsqQovtjoog wegen des schmalen Isthmus, ist, in Olbia war, so gar nicht dieser griechischen 

der sie mit der iibrigen Halbinsel verband, leicht Ansiedlung gedenkt ; seine Kenntnis der tauri- 

zu sperren und zu verteidigen war, falls der An- schen Halbinsel ist allerdings sehr gering, und 



2263 Chersonesos Chersonesos 2264 

seine Vorstellung von ihrer Lage und Ausdehnung ihre Buinen zwischen Quarantaine- und Schfitzen- 

irrig und falsch ; trotzdem hatte er wohl, falls bucht feststeht, wofiir ich auf die sorgfaltigen 

fiberhaupt zu seiner Zeit Chersones schon eine Untersuchungen von P. Becker (D. herakleot. 

irgendwie in Betracht kommende und zu einer Halbinsel) verweise. Strabon nennt die aaXaia 

gewissen Bedeutung herangewachsene Ansiedlung XsQQovrjaog xateaxa^/jerrj ; wann und von wem 

gewesen ware, dieselbe erwahnt. Denn in Olbia dies geschah, wird nicht (iberliefert. Becker 

konnte sie alsdann doch nicbt unbekannt sein, (S. 23. 58) denkt an eine Zerstorung der alten 

wie schon die verhaltnism&ssig grosse Nahe beider Stadt durch die Feinde. durch die umwohnenden 

Orte dies voraussetzen lasst. Und so wenig wir Barbaren; ist das richtig, so folgt doch daraus, 
auch von Kampfen, welche die Herakleoten bei 10 dass die Barbaren auch im Besitz des umliegenden 

und nach ihrer Pestsetzung auf der sog. kleinen Landes waren, und wie ist es da mOglich, dass 

Chersones gegen die umwohnenden Barbaren ge- die Chersonesiten an einer nach Strabon ran 100 

fiihrt haben, wissen, so sicher sind solche voraus- Stadien weiter ostwarts, d. i. weiter ins Land der 

zusetzen ; denn die Taurer, das wilde, rauberische Barbaren hinein gelegenen Stelle ihre neue Stadt 

und bis in die nachchristlichen Jahrhunderte noch anlegten ? Dass die Chersonesiten allmahlich vor- 

wegen seiner Baubsucht und barbarischen Sitten drangen und allmahlich erst des Landes sich be- 

beriichtigte Volk, das im Osten die an das spatere machtigten, beweisen doch die von Becker er- 

Gebiet von Ch. grenzenden Berge bewohnte und wahnten Baureste, die vom Ende der Schilfbucht 

friiher jedenfalls die ganze kleine Ch. innehatte, nach Stiden laufen, also die alte Stadt gegen 
werden nicht gutwillig das Land geraumt haben, 20 Osten abschlossen und die gewiss richtig nicht als 

als die Herakleoten kamen. Hier sind lange und Privatbauten, sondern als zu Verteidigungszwecken 

hartnackige Kampfe vorauszusetzen , und schritt- dienende Werke anzusehen sind. Wenn es nun 

weise musste den Taurern der Boden entrissen nach Strabon vom Ende des av/n^olwr Xifirjr bis 

werden, worauf die Stadt Ch. sich erhob. Herodot zum Hafen Ktenus, den Becker in der Siidbucht 

kannte die Taurer, kannte ihre wilden Sitten und wiedererkannt hat, gleichfalls Verteidigungswerke 

ihre Raubsucht (IV 103) ; sollte er nicht auch der der Chersonesiten gab, denen die heute noch vor- 

Chersonesiten gedacht haben, falls sie zu seiner handenen Eeste alter Bauten auf der erwahnten 

Zeit schon eine nennenswerte Ansiedlung sich ge- Strecke offenbar angehOren und die ostwarts von 

schaffen hatten? der ,neuen' Stadt laufen, also zu ihrem Schutze 

Also fiber die Zeit der Griindung von Ch. 30 errichtet sind , so beweisen auch sie ein allmah- 

steht nichts fest; fiber blosse Vermutungen ist liches Vordringen der Chersonesiten nach Osten. 

man bisher nicht hinausgekommen. Wir werden Beide Stadte, die alte und die neue, haben im 

wohl nicht irren , wenn wir annehmen , dass im Osten von sich Schutzwerke ; dies ist nach den 

5. Jhdt., als Herodot die Nordkfiste des Pontos Beckerschen Untersuchungen als feststehend zu 

besuchte, Ch. entweder noch gar nicht existierte betrachten. Mir scheint es nicht richtig zu sein, 

oder nichts war als eine Anlegeplatz, eine Fak- bei dem Ausdruck f) jiaXoua XsgQovrjoos xars- 

torei, falls die Herakleoten um diese Zeit schon oxaii(ihr\ an eine ZerstOrung durch Peinde zu 

an der Westkfiste der Krim sich festgesetzt hatten. denken ; bei dem allmahlichen Vordringen, bei dem 

Im 4. Jhdt. hOren wir mehreremale von Expe- durch die wachsende BevOlkerung zu eng werden- 
ditionenHerakleias nach der Krim und vonKriegen40 den Baum auf dem Cap Parthenion , worauf die 

zwischen dieser Stadt und den Fiirsten von Bos- alte Stadt stand, und aus vielen anderen Grtinden, 

poros (s. Naheres oben S. 764f.). Diese kriege- nicht zuletzt auch, um die als vorzfiglicb ge- 

rischen Verwicklungen der beiden Gemeinwesen schilderten Hafen von Sewastopol und der Qua- 

sind doch wohl nur erklarbar, wenn Herakleia um rantainebucht auszunutzen , nahmen meines Er- 

diese Zeit schon Interessen auf der Krim zu ver- achtens die Chersonesiten selbst das dem Boden 

treten hatte, welche es durch den Aufschwung, Gleichmachen der alten Stadt vor, nachdem sie 

den damals das bosporanische Beich unter seinen sich eine neue erbaut hatten. Ist dies richtig, 

trefflichen Fiirsten nahm, und durch die Ausbrei- so dfirfen wir darin wohl einen Beweis fur die 

tung ihrer Macht gefahrdet glaubte. In der ersten oben vorgetragene Ansicht sehen , dass Ch. aus 
Halfte des 4. Jhdts. v. Chr. gab es wohl sicher 50 urspriinglich kleinen Anfangen, aus einemursprfing- 

eine herakleotische Ansiedlung oder, wenn man lich fur Handel- und Schiffahrtszwecke angelegten 

lieber will, Colonie auf der Westkuste der Krim. Anlegeplatz und Emporium, woffir wir die bei 

Skylax (69) kennt XeQQovrjoos und nennt es ein Strabon so genannte ,alte' Stadt am Schwarzen 

eimoQiov; ohne allzu grosses Gewicht auf das Meer halten, allmahlich zu grOsserem Umfang 

Wort ifixoQiov zulegen, darf man doch wohl be- und grOssere.r Bedeutung, zu einem mehr und 

haupten, dass Ch. auch um 350 v. Chr. noch mehr von der Mutterstadt sich ablosenden und 

keine xohs , jedenfalls keine zu Macht und An- selbstandigen Gemeinwesen sich herausgewachsen 

sehen gelangte Stadt war. hat, das als nofog zu bezeichnen ist. Als Ch. 

ftber das allmahliclie Wachsen der Stadt wie so weit gekommen war, siedelte es nach der un- 
tiber die Ausbreitung ihrer Grenzen und das Zu- 60 gleich gunstigeren Stelle zwischen Quarantaine- 

ruckdrangen der Barbaren sind wir sehr unvoll- und Schutzenbucht fiber. Das ist doch sicher, 

kommen unterrichtet. Strabon sagt, dass die alte dass es dies nur thun konnte , als es im Besitz 

Stadt von der neuen, der zu seiner Zeit bewohnten, der jmxqo. XeQQovrjoog war; so lange es um diese 

weiter westwarts gelegen und dass zwischen beiden Halbinsel mit den Barbaren zu kampfen hatte, 

drei Hafen sich befunden hatten (Strab. VII 308) ; ware jede Verlegung ihrer Siedlung von Westen 

darnach sucht man die alte Stadt auf der schmalen weiter nach Osten , also weiter in Feindesland 

ins Cap Parthenion (heute Fanary) auslaufenden hinein, politisch unklug gewesen. 

Halbinsel, da die Lage der ,neuen' Stadt durch In dieser Zeit des Aufschwunges und der er- 



2265 Chersonesos Chersonesos 2266 

starkten Macht konnten die Chersonesiten auch selben, wie wir sie sonst in griechischen Bepu- 

daran denken, iiber ihre Halbinsel hinaus ihr Ge- bliken flnden. Die Jahre werden gezahlt nach 

biet auszudehnen; ndrdlich von der grossen Bucht, (Saadeig oder fiaodevorxsg, oder in rOmischer Zeit, 

an deren Siidufer Ch. lag, an der langen KOste wo die Sitte, dass auch begiiterte und einfluss- 

waren Kerkinitis und der xalbg Xiurjv chersone- reiche Damen Amter iibernahmen, um sich greift, 

sitische Besitzungen (Inschrift in S.-Ber. Akad. nach fiaodevovoai (s. Latyschew Inscript. orae 

Berl. 1892, 479, welche nach ihrem Herausgeber septentr. 188. 186 und Materialy IX p. 20 nr. 5; 

Latyschew aus dem dritten vorchristlichen Jahr- fiir das Femininum ebd. 189 und Latyschew 

hundert stammt, und Strab. VII 308). Inscript. per annos 1881 — 88 repertae p. 26 nr. 32). 

Bisher haben wir die Colonie, welche die Hera- 10 Unter den in Ch. verehrten Gottheiten nahm die 
kleoten an der Westkiiste der Krim griindeten, Parthenos, die jungfraulicheGottin, die vornehmste- 
immer Ch. genannt, und in der That ist dies Stelle ein (Latyschew Inscr. orae septentr. 184. 
in Inschriften (s. Dittenberger Syll. 207. 185. S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 514). Ihr zu 
S.-Ber. Akad. Berl. 1892, 479. 1895, 505 u. 0.) Ehren wurden die Partheneia gefeiert (Laty- 
und bei Schriftstellern ihr richtiger Name. Nur schew Inscr. orae septentr. 185). 
bei Plinius (n. h. IV 85) flndet sich die Notiz : So wenig Sicheres und Zuverlassiges wir auch 
in ora a Careine oppido . . . mox Heraelea Cher- von der Geschichte der Stadt Ch. wissen, so darf 
sonesus libertate a Bomanis donatum . Megaricae doch wohl das 3. und die erste Halfte des 2. Jhdts. 
(so der codex Vaticanus und der alteste Parisinus ; v. Chr. als die fiir dieselbe gliicklichste Zeit be- 
Megarice cod. Kiccardianus) vocabantur antea, 20 trachtet werden. Uber die Ausbreitung ihrer Macht 
praeeipui nitoris in toto eo traetu custoditis in dieser Zeit ist oben gesprochen worden ; jetzt er- 
Qraeciae moribus .... Darnach hat man wohl scheint Ch. auch zum erstenmal auf einem Schau- 
behauptet, dass der urspriingliche Name von Ch. platz der ausserhalb der taurischen Halbinsel lag. 
Megarike gewesen sei und dass sie auch Hera- An dem im J. 178 v. Chr. zwischen Pharnakes 
kleia genannt gewesen sei. Man hat dabei aber vom Pontos einer- und Eumenes von Pergamon, 
nicht beachtet, dass der Plural — Megaricae voca- Prusias von Bithynien und Ariarathes von Kap- 
bantur — auf eine einzelne Stadt bezogen un- padokien andererseits geschlossenen Priedensver- 
mOglich ist und dass es wohl an jeder Analogie trag sind von autonomen Stadten ausser Hera- 
dafiir fehlt, dass eine Stadt, hier Chersonesos, kleia und Mesembria auch Ch. beteiligt (Polyb. 
mit dem Ethnikon einer anderen Stadt — hier 30 XXV 2 = XXVI 6). Wie einst Herakleia fiir 
Megarike nach Megara — benannt ist, mit der die im Entstehen begriffene Tochterstadt auf 
sie nachweislich nichts direct zu thun hat. Zwar der Krim mit den bosporanischen Piirsten ge- 
kann man Megariee lesen, dann muss man auch kampft hatte, so vergalt Ch., das inzwischen em- 
voeabatur lesen ; aber damit ist wenig geholfen. porgebliiht und erstarkt war, jetzt ihrer Mutter- 
Die Nennung Herakleias vor Chersonesus bei Pli- stadt Gleiches mit Gleichem. Aber lange dauert& 
nius und das Hineinziehen von Megara (Mega- dieser Zustand nicht, in dem Ch. sogar andere 
ricae vocabantur) weist darauf hin, dass bei ihm Staaten unterstiitzen konnte, es kam bald die 
der Eehler tiefer liegt, dass er achtlos und ge- Zeit, wo es selbst dringend des Schutzes bedurfte. 
dankenlos zwei Quellen contaminiert hat und zwar Wir wissen, dass neben den Taurern, den Berg- 
eine, welche bei den einzelnen Stadten die ihnen 40 bewohnern des Siidwestens der Krim, die Skythen 
von Rom gewahrten Privilegien auffiihrte — da- Nachbarn der Chersonesiten waren; dass letztere 
her stammt Chersonesus libertate a Bomanis do- die ersteren einstmals wenigstens in Schranken 
natum, wenn man nicht vorzieht, dies als ureigenen zu halten und ihrer zu einem gewissen Grade 
Zusatz des Plinius aufzufassen, wofiir, wie spater sogar Herr zu werden verstanden, lehren uns die 
ausgefiihrt werden wird, gewisse Indicien spre- oben besprochenen chersonesitischen Besitzungen 
chen — und eine andere, welche bei den einzelnen auf skythischem Gebiet. Polyaen (VIII 56) er- 
ColonienihreMutterstadtenannte — daher stammt zahlt, dass die KOnigin der Sarmaten, Amage, 
Heraelea, die in der That die Mutterstadt von von der Stadt Ch. um Schutz gegen die sie be- 
Ch. war, und daher weiter der Zusatz Megaricae drangenden Skythen gebeten, denselben erst davon 
vocabantur antea, insofern Herakleia die Tochter- 50 abzulassen befohlen, dann, als dies nichts niitzte, 
stadt Megaras war und ihrerseits nun wieder mitten dieselben iiberfallen , den Skythenkonig mitsamt 
inne stand zwischen letzterer und Ch. In diesem seinem Hofstaat getstet, den Chersonesiten aber 
Sinne konnte Herakleia und Ch. wohl megarisch das ihnen entrissene Land zuriickgegeben und 
genannt werden. Dass aber Ch. je den Namen dem Sohne des getoteten Skythenkonigs die Herr- 
Megarike gehabt habe, daran ist nicht zu denken ; schaft mit der Weisung iibergeben habe, fortan 
ebensowenig hiess sie jemals Herakleia. von Ein- und Uberfallen der Griechen abzustehen. 

Die Verfassung der Stadt war demokratisch ; Zeitlich ist diese Erzahlung dadurch zu fixieren, 

die wenigen, leider meist arg verstiimmelten De- dass sie in der Nahe der Krim Sarmaten sitzen 

crete sind gefasst von der (SovXa und dem Sauoe. lasst , die wir friiher jenseits des Don , im 
Einmalist in einer von Latyschew edierten, aus 60 2. Jhdt. v. Ch. aber diesseits desselben Flusses 

der rOmischen Zeit stammenden Inschrift (Mate- in der siidrussischen Steppe flnden (s. Miillen- 

rialy po Archeologij Eossij nr. IX p. 14 nr. 2) hoff Deutsche Altertumskunde II 110). Jeden- 

von einem rvQawog die Eede, aber leider ist die- falls lehrt uns die Geschichte Polyaens, dass etwa 

selbe so fragmentiert, dass man nichts weiter als um die Mitte des 2. Jhdts. die Skythen wieder 

die Thatsache daraus lernt, dass einmal in romi- gefahrliche Gegner und Bedranger der Stadt Ch. 

scher Zeit jemand durch die Mitwirkung zum waren. Und dies wurden sie immer mehr — am 

Bruch einer Tyrannis in seiner Vaterstadt sich Ende des 2. Jhdts. ist die Not in Ch. so gross, 

verdient gemacht hat. Die Magistrate sind die- dass auf Bitten und Drangen der von Skythen 



2267 Chersonesos Chersonesos 2268 

eingeschlossenen und hart bedrangten Bewohner Kotschoubey Bd. I verweise. Auch die von K Shier, 

Mithradates der Grosse, der Konig vom Pontos, Koehne und Becker (Die herakleot. Halbinsel 

seinen General Diophantos nach der Krim schickte, 95) angefuhrten Mfinzen mit den Bildnissen des 

der die Feinde wiederholt schlug und Ch. rettete. Iulius Caesar und des Augustus konnen nichts be- 

Allerdings kostete es der Stadt ihre Autonomie ; weisen, da sie nach v. Sallet (Ztschr. f. Numisni. 

fortan war sie eine pontische, unterthanige Stadt I 27) gar nicht chersonesitisch sind. Plinius 

(Latyschew Inscr. or. sept. 185 = Ditten- Worte: Eeraelea Chersonesus, Kbertate a Bo- 

berger Syll. 252 und dazu Strab. VII 308). manis donatum wird man mit Henz'e (De civi- 

So wurde Ch. eine Stadt des pontischen tatibus liberis 66) als eigenen, aus dem Ged&chtnis 
Reiches und kam nach Mithridates des Grossen 10 zugefiigten Zusatz des Verfassers auffassen, zumal 

Tode an seinen Sohn Pharnakes, der, des eigent- da es bei ihm bei den nachweisbar auf Augustus 

lichen pontischen Eeiches beraubt, auf die Be- zuruckgehenden Notizen fiber die libertas von 

sitzungen auf der taurischen Chersones beschrankt Stadten nur liberum, liberum oppidum, liberae 

wurde; mit diesen ging auch Ch. in den Be- condieionis heisst. Wenn also Plinius Ch. frei 

sitz der Nachfolger des Pharnakes, des Asan- nennt, so bezieht sich das auf die flavische, nicht 

der, Polemon und Aspurgos fiber. Nach Stra- auf die augusteische Zeit. Wir haben keinen 

bons Zeugnis war es zur Zeit, als er schrieb, d. h. Grund, des Strabon Zeugnis anzufechten; Ch. 

zu Anfang der Begierung des Tiberius, bospo- blieb bis in die Kaiserzeit hinein den Konigen 

ranisch ; ef sxefoov Srj iqovov rots rov Bootioqov des Bosporos unterthan. 

dvvaaraig f) r&v XsQaorrjonwv tioXis vmjxoos 20 In augusteischer Zeit war Ch. nach Strabons 
fiexQt vvv eortr (VII 308). So bestimmt dies Zeugnis noch bosporanisch , in Plinius Zeit war 
Zeugnis auch ist und so gut unterrichtet in cher- es autonom und frei. Wann es seine Freiheit 
sonesitischen Dingen auch Strabon sich uns er- ilsv&sQia erhielt, wissen wir nicht, dass es die- 
wiesen hat, so verwirft man doch seit Boeckh selbe aber bald wieder verlor, um sie dann noch- 
seine Angabe, dass Ch. bis in die Zeiten des mals wieder zu erhalten, erhellt aus dem Pol- 
Tiberius zum bosporanischen Beiche gehort habe. genden. Nach Phlegon von Tralles (PHG III 
Man stiitzt sich dabei auf Plin. n. h. IV 85: 602) im 15. Buch seiner Olympiaden, das von 
Heraclea Ghersonesus, Kbertate a Bomanis do- Hadrian handelte, verlieh dieser Kaiser dem Kotys 
natum, woraus man folgert, dass es eine freie von Bosporos das Diadem und ordnete ihm Stadte 
Stadt war und zwar schon zu Augustus Zeit, auf 30 unter er als ovm/jiti/iet xal avrtjr XeQowva. Da 
den diese Art Nachrichten des Plinius zurfickzu- ist Ch. also wieder eine abhangige Stadt des Bos- 
gehen pflegt (Cuntz Jahrb. f. Philol. Suppl. poros. An diesem Zeugnis ist um so weniger zu 
XVII 475), und combiniert hiermit die auf cher- zweifeln, als in einer Inschrift (Latyschew Inscr. 
sonesitischen Mlinzen sich findende Aera. Ihren or. sept. 199) Ariston gertihmt wird,, dass er als 
Anfang bestimmte Boeckh nach CIG 8621 (stops Gesandter vjisq rag eXevdsQias zum d-eos Sefiaoros 
<pc(i er hd IA unter der Regierung des Kaisers gereist sei. Zwar dauerte diese Gesandtschaftsreise 
Zeno) auf das J. 36 oder 21 v. Chr., Latyschew lange — e^aerlar — und Ariston selbst scheint 
aber, der irS IA liest, auf das J. 25 v. Chr., da sich um den Erfolg redlich bemuht zu haben 
die vierzehnte Indiction wahrend der Begierung — d. h. doch wohl aizoxafiovza — , aber schliess- 
Zenos entweder in das J. 475 oder 490, die elfte 40 lich hatte sie doch Erfolg und erreichte was sie 
dagegen ins J. 487 n. Chr. fallt. Aber der Ur- sollte, namlich die Freiheit der Stadt. Das geht 
sprungsort dieser Inschrift steht nicht fest ; Cou- aus derselben Inschrift hervor ; denn derselbe Ari- 
sing ry (Voyage en Macedoine) hat sie in Thessa- ston wird spater auch zu Rhoimetalkas, dem Konig 
lonike gesenen und abgeschrieben, Pallas da- von Bosporos, der von 131 — 154 regierte, als Ge- 
gegen (Beisen in die siidlichen Statthalterschaften) sandter geschickt vtzsq ov[ifiaxias, die er zu stande 
giebt als ihren Fundort Simferopol auf der Krim brachte. Und sicher konnte keine Stadt einen 
an (vgl. Kubitschek Arch.-epigr. Mitt. XIII Symmachievertrag mit einem Konig abschliessen 
124 und neuerdings Latyschew S.-Ber. Akad. dem sie selbst unterthanig war, also muss Ch., 
Berl. 1895, 508). Es ist also sehr misslich, den als Ariston zu Bhoimetalkas reiste, frei gewesen 
Anfang der chersonesitischen Aera nach dieser 50 sein. Wir werden in dem &eds Sepaotos der 
Inschrift zu berechnen. Aber auch zugegeben, Aristoninschrift Antoninus Pius sehen, da Hadrian 
dass CIG 8621 aus Ch. stammt und dass dessen nach Phlegon (s. o.) nicht in Betracht kommt, 
Aera im J. 36, 21 oder 25 v. Chr. begann, so bei Antoninus Pius aber die Mutterstadt von 
folgt doch daraus nicht notwendig, dass die- Ch., das pontische Herakleia, sich verwandte im 
selbe deshalb eingefiihrt wurde, weil die Stadt Interesse ihrer Tochterstadt. Worum es sich 
ihre Freiheit wiederbekam und aus dem Verband bei dieser Gesandtschaft Herakleias an Antoninus 
des bosporanischen Eeiches entlassen wurde. Ab- Pius und ihrer Verwendung fur Ch. bei demselben 
gesehen davon, dass es manche Stadte mit eigener Kaiser handelte, ist zwar nicht ausdriicklich in 
Aera gab, die niemals civitates liberae waren, der Inschrift gesagt (Latyschew S.-Ber. Akad. 
bei Chersones spricht gegen die Gleichzeitigkeit 60 Berl. 1895, 505 nr. 1), wohl aber liessen die Hera- 
der Verleihung der Freiheit und der Einfiihrung kleoten iaj re fteias anoxQioeis xal ras evfieva- 
der eigenen Aera vor allem der Umstand, dass tieioas evegyeotas durch eine Gesandtschaft den 
auf den Mlinzen mit der Aufschrift ekev&sgas Chersonesiten kund thun. Und wer mOchte zwei- 
niemals eine Jahreszahl, auf den Miinzen mit feln, dass die ,gnadigst gewahrten Wohlthaten' 
Jahreszahlen niemals die Aufschrift elevftsQas sich auch die offenbar sehnlichst gewiinschte Freiheit 
findet, wofiir ich auf v. Salle ts Beschreibung des in sich schlossen? Dass Ch. durch Antoninus 
Berliner Cabinets und auf dessen Aufsatz in der Pius wieder eine freie Stadt wurde, steht hin- 
Zeitschr. f. Numism. I 30 und Koehnes Musee reichend fest, wie mir scheint. 



2269 Chersonesos Cherusci 2270 

tfber die weiteren Schicksale der Stadt Ch. avxrjv d'e zr)v Xegoovtjoov vneg pisv xovg 2dq~ovag 

ist nichts bekannt ; erst in byzantinischer Zeit SiyovXmveg . . . SaflaXlyyioi . . . Koflavdoi . . . Xdloi 

iliessen die Quellen etwas reichlicher. Was Kon- . . . 0ovvSovoioi . . . Xagovdeg ■ . . jcdvrcov de dg- 

stantinos Porphyrogennetos de administr. im- xzixwzegoi KijxjSgoi. Zeuss Die Deutschen 151f. 

perio c. 57 von den Beziehungen zwischen Ch. Miillenhoff Deutsche Alt. II 287 und Taf. IV. 

und den Kaisem Diocletian und Constantin wie G. Holz Beitr. z. deutschen Altertumskunde I 

zwischen Ch. und dem Nachbarstaate Bosporos 1894, 23ff. Vgl. auch Plin. n. h. II 167. IV 97 

erzahlt, ist keine Geschichte und verdient nicht, promuntorium Oimbrorum (= Skagens Horn) 

wie es Schneiderwirth noch zuletzt gethan excurrens in maria paeninsulam efficit, quae 
hat, nacherzahlt zu werden. Von den Beziehungen 10 Tastris appellatur. S. Cimbri. [Ihm.] 

von Ch. zu Bom ist sicher bekannt, dass rOmische 28) In Hispania Citerior. Hekataios allein 

Soldaten in Ch. begraben liegen (s. Latyschew erwahnte die sonst ganz unbekannte Stadt "Yoxp, 

S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 520 nr. 11. 521 nr. 13; noXig ev 'Iflrjgiq %sggovrjoov (frg. 16 Miiller), 

Inscript. orae sept. 222 = CIL III 782). Diese und der alte Periplus nennt nach dem Vorgebirge 

Thatsache an sich beweist wenig, auch in Bos- Crabrasia (s. d.) die eassa Cherronesus (Avien. 

poros giebt es Graber rOmischer Soldaten. Aber ora mar. 491). Zwischen Sagunt und Dertosa 

in Ch. scheint — wenigstens zeitweilig — eine endlich werden bei Strabon nach Poseidonios drei 

rCmische Besatzung gewesen zu sein, hier gab es ,Stadte' genannt, die sonst unbekannt sind (III 

eine vexillatio Chersonessitana und der ihr vor- 159 jiXrjolov Se noXeig elol Xeggovr/odg re xal 
gesetzte Chiliarch hat Polizeibefugnisse, denn er 20'OXeaozgov xal KagzaXiag). Dass eine Stadt den 

hat mit dem zeXog mognxov zu thun (Latyschew Namen Ch. gefiihrt habe, ist so unwahrschein- 

Materialy po archeologij Eossij IX 40, wieder ab- lich wie der Name Oleastron fur eine andere ; 

gedruckt in Revue archeolog. 3. Ser. XXII 400). nur Cartalias kann ein Stadtname sein, ist aber 

Leider ist die Inschrift sehr verstummelt und in auch nicht ohne Verdacht des Missverstandnisses 

ihrem Zusammenhang nicht verstandlich. Sollte (s. d.). Nur das grosse Ebrodelta selbst kann 

nach Pius Chersones zu einer rfimischen Provin- mit dieser Ch. gemeint sein (Miillenhoff D. 

cialstadt herabgesunken sein, worin rOmische Be- A. I 169), und es ist nicht unwahrscheinlich, 

satzung lag und rSmische Offlciere thaten, was in dass Poseidonios von einigen alten griechischen 

Freistadten eigene Magistrate zu thun pflegten? Niederlassungen und einem Hain wilder Olbaume 

[Brandis.] 30 darauf horte ; seine Nachrichten dariiber scheinen 

21) Xegoovrjoog fieydlt] an der Kiiste des agyp- von Strabon oder einer vermittelnden Quelle nicht 
tischen Nomos Marmarika, unweit der Grenze der richtig aufgefasst zu sein. [Hiibner.] 
Kyrenaika, Hafenplatz, Strab. XVII 838. Plin. Chersonis insula, an der arabischen Seite 
n. h. V 32. Ptolem. IV 5, 2. 15, 8. Stad. mar. des persischen Meerbusens, nahe an Tarute und 
magn. 45. 46 (Geogr. gr. min. I 444); bei Ps.- Tylos, Geogr. Bav. 390, 12; nicht zu beziehen 
Skylax 108 (Geogr. gr. min. I 83) Xeqqov^ooi auf die Landspitze Chersonesos (jetzt ras el-Te- 
"AxdCdsg mit Hafen, schon zur Kyrenaika gehOrig ; nagib), sondern auf die Bahreinhalbinsel el-Qatar, 
wahrscheinlich die Halbinsel, deren Spitze jetzt vgl. Catarrhei, Kadara. [Tomaschek.j 
Ras et Tin heisst, Barth Wanderungen durch Chertobalus. Nach Ptolem. II 14, 3 Xsqto- 
die Kiistenlander des Mittelmeeres I 501. 40 [SaXog ein Ort zwischen Brigetio und ad Plexum 

22) Stadt Libyens, genannt Xeggovga, Alex. in Pannonia superior ; identisch mit Gerulata (Karl- 
Polyhist. bei Steph. Byz. s. XsQQovr)oog, nach burg; s. d.)? Mommsen CIL III p. 546. I. W. 
Miiller (Geogr. gr. min. I 444) identisch mit Kubitschek Arch.-epigr. Mitt. XI 144. A. Hol- 
dem vorigen. Eine grosse Stadt XegQovtjoog lasst der Altkelt. Sprachschatz s. v. [Patsch.] 
Diodor III 53 von den Amazonen ivrog zijg Tqi- Cberus (Xegovg xcofiij Not. episcop. I 1036 
za>v!8og XLfivqg gegriindet sein. Parthey = Beland 217), Bischofssitz in Arabia, 

23) Xegoovrjoog (uxga, Halbinsel der Kiiste zur Metropolis Bostra gehOrig. Die von Wad- 
des agyptischen Nomos Mareotes, westlich von Ale- dington u. a. vorgeschlagene Identiflcierung 
xandreia, mit Hafen und Castell {yoovQiov), am mit el-Kureje im Hauran ist mOglich, wenngleich 
Anfang des IlXiv&ivog xoXnog, Strab. XVII 799. 50 die Lesung des Namens Ch. auf einer der In- 
Hirt. bell. Alex. 10. Cass. Dio XLII 43. Ptolem. schriften aus el-Kureje, die Gesenius (Burck- 
IV 5, 9. Ps.-Skyl. 107 (Geogr. gr. min. I 82). hardt Reisen I 507 Note) vorschlug, nicht rich- 
Stad. mar. magn. 1. 2 (Geogr. gr. min. I 429). tig ist (vgl. CIG zu 4643). Bitter Erdkunde 
Der Hafen wird etwa beim heutigen El Habiar XV 963. Inschriften aus el-Kureje s. CIG 4643. 
an der Ostseite der Halbinsel zu suchen sein, 4643 a. Waddington Inser. Ill 1962—1968. 
s. Miiller zur letzten Stelle. ' [Benzinger.] 

24) An der Westkflste des arabischen Meer- Cherusci. Das germanische Volk der Che- 
busens,sudUchvom/7<MOj<<uT6)> ogog, Ptolem. IV 7, 5. rusker wird zuerst von Caesar erwahnt, dem be- 

25) 'Ogewt] xegoovrjoog s.'Ogeivr]. [Sethe.] richtetwird(b.g.VI10),dassSuebenundCherusker 

26) Die siidlichste, halbinselartige Spitze von 60 durch die Bacenis silva (s. d.) von einander geschie- 
Sardinien, jetzt Capo Teulada, Ptol. Ill 3, 3. den seien. Da uns die Geschichte das Volk als 

[Hiilsen.] zahlreich und machtig zeigt, so hat es sicherlich 

27) Chersonesus Cimbrica (Xegoovrjoog Kcfi- einen weiten Eaum besetzt gehabt ; aber die An- 
figixr)), die kimbrische Halbinsel im Norden Ger- gaben der Alten hieriiber sind sparlich und un- 
maniens, benannt nach den Cimbri (Jutland, Hoi- sicher. Strabon VII 291 nennt als kleinere ger- 
stein, Schleswig). Ptol. II 11, 2. 7. 16 (vgl. manische Volker (evdeeotega eftvrj reg^anxd) 
Marcian. p. 555). Nach Ptol. II 11, 7 wohnten Xrjgovoxoi xe xal Xdrxoi xal ra/tapgiovioi xal 
em xbv av%eva xfjg Kififlgtxfjg Xegoovrjoov 2dg~oveg, Xazxovdgtoi ; Plinius n. h. IV 100 fiihrt als Teile 



2271 Cherusci Chesion 2272 

der Hermionen auf Suebi, Hermundtiri , Chatti, cantur: Chattis victoribus fortuna in sapientiam 

Cherusci; Tacitus Germ. 36 setzt sie an die oessit. traeti ruina Cheruseorum et Fosi, eine 

Seite der Chauci und Chatti. Genauer giebt Nachricht, die ubertrieben scheint (Zeuss Die 

ihre Wohnsitze Ptolem. II 11, 10 an: siidlich Deutschen 106). Denn noch nach Ptolemaios 

von den an beiden Ufern der Elbe sitzenden Ca- werden die Cherusker erwahnt (Nazar. paneg. 

lucones bis zum Harz (v<p' ovg Xaigovoxol xal Constantino Aug. d. 18 [hierzu Mullenhoff 

Kaftavoi psxQi xov Mtjlifioxov lloovg). Also werden Deutsche Altertumsk. Ill 212]. Claudian. de IV 

wir sie zwischen Weserund Elbe (vgl. Vib. Se- cons. Honorii 450ff. venit aceola silvae Bructerus 

quester Albis Oermcmiae, Suevos a Cheruseis Hercyniae latisque paludibus exit Cimber et in- 
dividit) nordlich vom Harz anzusetzen haben. 10 gentes Albim Uqttere Cherusci; de bello Gothico 

Dass sich ihr Gebiet auch noch auf die West- 420 Chattos inmansuetosque Cheruseos. Zeuss 

seite der Weser erstreckte, zeigen die Berichte a. 0. 382f.). Die Orhepstini (s. d.) der Tab. 

fiber die EOmerziige bei Veil. Pat. II 105 sub- Peut. sind vielleicht die Cherusker. Zur Deu- 

aeti ... Brueteri, recepti Cherusci ... transitus tung des Namens Zeuss a. 0. 105. Much 

Visurgis. ^ Dio LIV 33 (Drusus) eg xtjv x&v 2v- Deutsche Stammsitze 60f. (,die jungen Hirsche'). 

ya^Qoyv iveftaXe xal 81' avxfjg xal eg xijv XeQov- Vgl. J. Grimm Gesch. der deutschen Sprache 

oxida 7iQoexd>Qr]oe jtexQi xov OviaovQyov. LV 1 113 426ff. Eduard Heyck Die Staatsverfassung 

siQog rtjv Xegovoxtda jxexeoxn xal xov OviaovQyov der Cherusker, Neue Heidelberger Jahrb. V 1895, 

diaflag rjXaoe [iexQi tov 'AXfSiov (auch LVI 8). Nord- 131ff. [Dim.] 

lich waren sie von den Angrivariem durch einen 20 Chesdupara (Prokop. 284, 25 Xeodovndoa), 

Wall geschieden (Tac. ann. II 19 silvas quoque Ortschaft im Gebiete von Naissus (Nis, Moesia 

profunda palus ambibat, nisi quod latus unum superior). W. Tomaschek Die alten Thraker 

Angrivarii lato aggere extulerant, quo a Che- II 2, 85. [Patsch.] 

ruscis dirimerentur). Gegen die Romer haben Chesia (Xvola), als Name einer Phyle von 

sich die Ch. wehrhaft behauptet. Die Erfolge Samos im Etym. M. s. 'Aaxvndlaia bezeugt und 

des Drusus (im J. 12 und 9 v. Chr.) und Tibe- nach dieser Angabe ebenso wie Astypalaia schon 

rius (im J. 4 n. Chr.) waren voriibergehend (Liv. von den Griindern von Samos eingerichtet, wah- 

epit. 140. Dio LIV 33. LV 1. Floras II 30, 24. rend Herod. Ill 26 eine dritte Phyle Aischrionia 

Oros. VI 21, 15 ; Veil. II 105 recepti Cherusci). (s. d.) erwahnt. Die samische Inschrift bei W. 
Unter der ruhmvollen Fflhrung des Arminius30 Vischer Kl. Schr. II 155 (III) aus romischer 

haben sie durch die Schlacht im Teutoburger Zeit nennt einen Xnoievg, also hat diese Phyle 
Wald (9 n. Chr.) die romische Macht in Ger- .noch in spater Zeit bestanden. Nach Panofka 

manien vernichtet (Veil. II 117ff. Dio LVI 18ff. Ees Sam. 81f. handelt darilber ausfuhrlich W. 

Floras II 30; die Zeugnisse bei Riese Rhein. Vischer a. a. 0. 154ff. Vgl. auch Philippi 

Germanien 68ff.). Nicht minder bestanden sie Beitr. z. Gesch. d. att. Biirgerr. 238. 
die Rachekriege, welche Germanicus, um die [Szanto.] 

Schmach der Varusschlacht zu tilgen, mit mehr Chesias {Xrjaidg). 1) Epiklesis der Artemis 

Einsicht und Geschick als glucklichem Erfolg von ihrem Tempel auf dem Vorgebirge Chesion 

fuhrte (Tac. ann. I 55ff. II 8ff,), wenn er auch auf Samos, Kallim. Hymn, in Dian. 228 nebst 
(Tac. ann. II 41) de Clieruscis Ghattisque et An- 40 Schol. tiber Artemis-Cult auf Samos vgl. Herodot. 

grivariis quaeque aliae nationes usque ad Al- III 48. Steph. Byz. s. TavQonoliov. Hesych. s. xa- 

bim colunt triumphierte (vgl. Strab. VII 291). uQocpayog. 

Ebenso waren es die Ch. , welche der Unter- 2) Hypostase der Artemis Ch. (s. oben Bd. II 
driickung der germanischen VOlker durch Marbod S. 1355. 1401) , eine samische Nymphe , welche 
Einhalt thaten (Tac. ann. II 44 — 46). Es ver- dem Flussgott Imbrasos die Okyrrhoe, die Geliebte 
steht sich von selbst, dass sie in diesen Kampfen des Apollon, gebar; Apoll. Rhod. bei Athen. VII 
nicht allein standen, sondern an der Spitze eines 283 e. Von mehreren Xrjaiadeg vvficpai spricht 
Volkerbundes handelten (Strab. VII 291 Xtjqovoxoi Nikand. Alexiph. 151. [Jessen.] 
xal ol tovrwr vnfjxoot. Tac. ann. II 45 Cherusci Chesion. 1) To Xrjoiov nennen die Schol. 
soeiique eorum, vetus Arminii miles); u. a. ge- 50 Callim. hymn. Ill 228 ein Vorgebirg der Insel 
hOrten die Fosi zu ihren Bundesgenossen (Tac. Samos. Seine Lage konnen wir nicht bestimmen. 
Germ. 36). Naheres iiber ihre Kampfe unter Au- Die alteste Ansiedelung auf Samos und ihr Be- 
gustus und Tiberius in dem Artikel Arminius zirk wurde nach der Auseinandersetzung der helle- 
Bd. II S. 1190ff. Mit Arminius endete im J. 19 nischen AnkOmmlinge mit den urspriinglichen Be- 
rn Chr. ihr Kriegsglfick. Innere Fehden hatten wohnern in zwei Besitzteile Aoxvnakaia und Xtjaia 
schliesslich ihr ganzes Fiirstengeschlecht hinweg- geteilt. Der Vorsprung lag wahrscheinlich im 
gerafft. Als sie sich den letzten von Arminius Bezirk des letzteren, wo die cpvXi] Xtjoitj in der 
Stamme, Italicus, von den ROmern zum KOnig alteren Zeit ihr Land hatte, und in der Nahe des 
erbaten, brach der innere Zwist wieder aus (Tac. Fliisschens Chesios (s. d.). Biirchner Das ioni- 
ann. XI 16. 17) und schwachte das Volk immer 60 sche Samos I 1, 27. Heiligtum der Artemis dort, 
mehr. Einer seiner Nachfolger, der KOnig Cha- s. Chesias. 

riomerus, wurde schliesslich von den Chatten ver- 2) To Xrjoiov soil nach Apollodoros von Athen 

trieben und rief die Intervention Domitians ver- (im ersten Buch der Xqovix& bei Steph. Byz. 

geblich an (Dio epit. LXVII 5. Mommsen R. = FHG I 436, 49) ein Stadtchen Ioniens ge- 

G. V 132). Tacitus Germ. 36 schildert das Volk wesen sein. Stephanos fugt hinzu: 'Qqog 8'<xq- 

als sehr heruntergekommen und von ihren alten oevixwg avzrjv (so nach jtoXixnov) <prjOi, xal ovde 

Gegnern, den Chatten , besiegt : Qui olim boni szdXtv dXXa xdnov. Der Name hangt mit dem Fliiss- 

aequique Cherusci, nunc inertes ac stulti vo- chen Chesios (s. d.) und mit dem Namen der 



2273 Chesios Chilbudios 2274 

cpvXrj Xtjoir) auf Samos zusammen. Bs ist wohl sein Gewahrsmann die Namen richtig iiberliefert 

moglich, dass bei einer Auswanderung eines Teils hat, ob nicht vielmehr Nsfiwog die richtige Form 

der Samiei nach der gegeniiberliegenden Kiiste war? So mochte die kurlandische Aa benannt 

des ionischen Lydiens dort eine Ortschaft Ch. gewesen sein, welche ihren Ostlichen Miindungs- 

gegriindet worden ware. Leute der samiscben arm der Diina zusendet und bei Bauske den reissen- 

Phyle AiaxQicovlt) traf Herodotos (III 26) als Be- den N'emen'ok oder den ,kleinen Ne'muns' der 

wonner der Oasis in der libyschen Wiiste. Xrj- Letten aufnimmt. In ohes- glaubt Miillenhoff 

atevg findet sich als Ethnikon auf mehreren In- lit. SeS ,sechs' erblicken zu dtirfen. 
schriften von Samos aus dem 4. und 3. Jhdt. [Tomaschek.] 

Da aber auch Namen der andern Phylen von 10 Chethimos (Xs&cfiog), griechische Form des 

Samos auf denselben Inschriften als Ethnika ver- biblischen (Genesis X 4) Kithim bei Joseph, ant. 

wendet werden, bezieht sich diese Bezeichnung Iud. 1 128, der aus der ,heiligen Schrift' als Ur- 

wahrscheinlich auf Leute aus Samos selbst (vgl. enkel Noahs, Enkel des Japhethas, Sohne des 

Btirchner Das ionische Samos I 2, 21f.). S. Jovanes (Javan), den Tarsos, Elisas und Ch. (unter 

Chesios. [Biirchner.] Auslassung des biblischen Vertreters der Dodanim) 

Chesios (o Xtjoios; den Namen leiteteE. Cur- citiert. Den Namen Xs^ifia fuhrt Kypros wegen 

tius Gesammelte Abhandlungen I 498f. von yew der Stadt Kittion. [Ttimpel.] 

ab ; es giebt aber das ij im Namen zu Bedenken Chettaia (Xezxaia), Ort (xco/it)) an der Kiiste 

Anlass; mfiglicherweise stammt das Wort aus des agyptischen Nomos Libya, Ptolem. IV 5, 4; 
lelegisch-karischem Sprachgut), Fliisschen auf Sa- 20 vgl. Chautaion. [Sethe.] 

mos in nachster Nahe der Stadt. 2%rioiog (Xtfoiog) Chettaios (XsrraTog ) citiert Joseph, ant. Iud. 

jiaQaxelftevos rjj noXsi Themistagoras FHG IV I 139 aus der ,heiligen Schrift' (Genesis X 15: 

512, 1. Dazu Callim. hymn. Ill 228 und Schol. Heth) als Bruder von zehn anderen palaestinen- 

Plin. n. h. V 135. Da am Heraion (5 km. west- sischen Stadteponymen, Sohn des Chanaanos (s. d.), 

lich von der alten Stadt Samos) der "I^Qaaog Enkel desChamos; er ist Eponymos der Chetiter. 
(gev/ia tcov MvXcov) sein Bett hat und sich von [Turn pel.] 

ihm Ostlich bis zur Stadt nur noch das Einnsal Chi (to xaXovfisvor XT), Ort an der agypti- 

des ^EJ^aeoo? von Chora, das jeder Bedeutung schen Mittelmeerkiiste , westlich von Taposiris, 

entbehrt, beflndet, so ist wohl anzunehmen, dass wohl nach der Gestalt des Buchstaben X so be- 
das kleine, die alte 'AorvjidXaia (jetzt to KaaxsXXi) 30 nannt (wie das Delta), Polyaen. II 28, 2. Stad. 

und den grossen westlichen Hauptteil der alten mar. magn. 5. 6 = Geogr. gr. min. I 430f., wo 

Stadt scharf scheidende Trockenbachlein , dessen Miiller mit Unrecht Xifi<b lesen will, um es, 

Quelle jetzt BQovfiofSgvoig heisst, als Ch. anzu- unter Anderung der iiberlieferten Entfernung von 

sprechen ist. S. Biirchner Das ionische Samos Taposiris, mit der von Ptolem. IV 5, 8 genannten 

1 1 (1892), 32ff. 1 2 (1896), 21. Vgl. E. Fabricius Xet/tw xa,^ (s. Cheimo) zu identiflcieren. Ein 

Athen. Mitt. IX 1884, 162ff. Plan der Stadt. Ort Che in Agypten wird auch beim Geogr. Bav. 

Xtjotdg (s. d.) war ein Beiname der Artemis, die III 2 genannt. [Sethe.] 

auf Samos verehrt wurde. [Biirchner.] Chia (»? Xla sc. vfjaog oder z<*>Qa.) = Chios 

Chesloimos(-X«'<TAotftos), in der .heiligen Schrift' Nr. 1. Polyb. XVI 5, vgl. Plin. n. h. V 136. 
bei Joseph, ant. Iud. I 137 der Eponymos der Cas- 40 [Biirchner.] 

luhim (Genesis X 14) in einer der biblischen Chias (Xidg), nach Hygin. fab. 69 eine Tochter 

ganz entsprechenden Genealogie. Er heisst Bruder der Niobe, fab. 11 erscheint sie als Ghiade. Im 

des Ludieimes (Ludim), Enemetieimes (Anamim), Schol. Euripid. Phoeniss. 159 wird aus Phere- 

Labieimes (Leabim = Libyer), Nedemos (Naph- kydes (frg. 102 b) Xiovrj unter den Niobetechtern 

thuhim), Phetrosimos (Patrusim), Sohn des Me- angefiihrt. Vgl. die Zusammenstellung bei Stark 

stra'imos (Mizra'im), des Eponymos der Agypter, Niobe 96. [Bethe.] 

Enkel des Chamos, Urenkel des Noeos (Noah); Chidibbia scheint der alte Name der an der 

wenn Josephos als weitere Bruder Phylistines (Pe- Stelle des heutigen Dorfes Slouguia, 81 km. von 

lischtim) und Chaphthorimes (Chaphthorim) zu- Tunis, gelegenen Stadt gewesen zu sein, nach 
setzt, so entspricht das den Chron. I llf., wo50Wilmanns CIL VIII p. 166; Cilibbia in der 

beide, als Sohne freilich, auf Casluhimzuruckgefiihrt Inschrift CIL VIII 1332 beruht auf willkurlicher 

werden. Josephos erklart, man wisse ausser dem Erganzung Gue'rins (CIL VHI Suppl. 14870). 
Namen nichts von Ch., da auch seine Stadt durch [Dessau.] 

die Aithiopen aufgehoben sei. Knob el zur Genesis Chiera, Stadt nOrdlich vom Kataraktensee 

erkennt in ihm den Vertreter des Berges Kasios (Ukerewe N), bei der sich die zwei Ausfliisse dieses 

(s. d.), agyptisch kas-lokh (Berg der Durre) in Sees vereinigen. Anon, bei Hudson Geogr. gr. 

Kassiotis; unter Dillmanns Einspruch z. d. St. min. IV 38. Miiller zu Ptol. IV 7, 7. Heute 

[Ttimpel.] Schir (Miiller zu Ptol. a. a. 0. p. 777). Vgl. 

Chesynos (Xiavvog), der nordlichste und letzte C h a z a. [Fischer.] 

der vier Fliisse, welche hinter der Vistula dem 60 Chilbudios. 1) Von Iustinian im J. 530— 

aistisch-germanischen Mittelmeer zustromen; an 531 zum Magister militum von Thrakien ernannt, 

seinem Ufer hauste das lettische Volk der Kar- wehrte durch drei Jahre in siegreichen Kampfen 

bones; Ptol. Ill 5, 2. Marcian. II 39. Nach fast die Barbaren von der Donau ab, flel aber selbst 

allgemeiner Annahme die heutige Duna, vgl. in einem Treffen, Prok. Goth. Ill 14 p. 331 B. 
Miillenhoff D. A. II 351f. Freilich wird die 2) Ein Ante, von Sclavenen in jugendlichem 

Dima (altn. Dyna, estn. Vaina, russ. Dwina) ge- Alter gefangen , liess sich spater bei den Anten 

rade von den Letten anders benannt, namlich fur den Magister militum gleichen Namens aus- 

Daugawa. Wer weiss aber, ob Ptolemaios oder geben, Prok. Goth. Ill 14 p. 332ff. [Hartmann.] 

Pauly-Wissowa III 72 



2275 j| Chiliarchos Xikaarf^sg 2276 

^Chiliarchos, XfAia^os (so gewehnlichAischyl. spiele s. o.). Aber freilich in einem Falle ist 

Pers. 302. Arrian. an. I 22, 7. IV 30, 5. VII 14, persische Hofsitte wohl massgebend gewesen fur 

10. Diodor. XVIII 48, 4 u. o\), selfcen xdidgx?l? Alexander; namlich wahrend die bisher genannten 

(wie bei Herodot. VII 81. Aelian. tact. IX 6), Chiliarchen immer mehr oder weniger unterge- 

auf Inschriften meist x sl ^ la ex°s (CIG 4342 b = ordnete Chargen bekleideten, ist unmittelbar nach 

Lanckororiski Pamphylien p. 168. Eevue de des grossen Konigs Tode die Chiliarchie das be- 

phil. XIX 181. Inschr. v. Olympia 447 u. 0.), deutendste und ansehnlichste Amt, das seinem 

davon abgeleitet das Subst. xikiagxia und das Trager seine Stelle unmittelbar um den Konig an- 

Verbum %ifoa.Qim> , dessen Aorist x el ^ la QXV aa s weist. In den Ausziigen des Photios aus Arrians 
(Arch.-epigr. Mit. XVIII 231 u. 0.) oder Perfect 10 Diadochengeschichte heisst es : IIsQdlxxav 8s %ih- 

x.e%iXiaQxrixd>s (Cass. Dio LXVII li, 4) jemanden aQ%eTv jjtAwp^ias y)s fiQX ev 'Hipaioxtcov. xb 8s f\v 

bezeichnet, der das Amt eines Ch. bekleidet hat. smxQojii; xfjs jtdorjs {SaoiXsias. Derselbe Arrian 

Seiner Ableitung nach ist natiirlich Ch. jemand, nennt auch in der Anabasis (VII 14, 10) Hephai- 

der tausend Mann anftihrt , an der Spitze von stion, der vorher Hipparch genamit war (III 27, 4. 

tausend Mann steht, ein Ausdruck, der auf mili- V 12, 2), x l ^ a QX 0V m & dessen Reiterregiment 

tarischem Gebiet heimisch ist. In Griechenland Chiliarchie, wahrend sonst immer die Hetaeren- 

findet sich, soviel wir wissen, x^o-qxos nur bei den reiterei in Hipparchien und diese in Hen geteilt 

Makedonen und bei den Ptolemaeern in Agypten, sind. Hier ist offenbar xdiaoxos in einem anderen 

deren Heerwesen auf makedonischer Grundlage Sinne gebraucht als oben, wo, wiewirsahen, unter- 
beruhte. Hier ist die kleinste tactische Einheit 20 geordnetere Fiihrer damit bezeichnet wurden. Je- 

die 16gliedrige Rotte (Arrian. anab. VII 23, 3; denfalls wurde doch Perdikkas, als er Chiliarch 

tact. 10 = Aelian. tact. 1X6); nach den Taktikern wurde, mit der hochsten Wurde bekleidet, wie 

bilden dann 64 Eotten eine Chiliarchie, die also Arrian es auch sagt. Und als Antipatros seinen 

1024 Mann hat und deren Anfiihrer Ch. heisst. Tod nahen fiihlte, machte er Polyperchon zum 

Aber wahrend bei den Taktikern 8 Rotten (= oxoaxrjyos avxoxoaxwo , seinen Sohn Kassander 

128 Mann) raf«s heissen, kommt in Alexanders aber zum x l ^ a SX 0V xal SsvxsQsvovxa xaxa xtjv 

Heer als Anfiihrer einer Taxis Chiliarch vor — egovolav. fj 8s xov x l ^&QX 0V T «f«? xal nQoaywyrj 

Arrian. anab. I 22, 4: xrjv xs'A88aiov xal Ti/xdv- xo jjisv jiq&xov vmo xS>v IIsQOixiov flaoiXscov sis 

8oov afxa ol xd^iv aycov vgl. mit I 22, 7 : cms- ovopia xal do^av MQOtjx&V> l^sxa ds tavta it&Xiv 
ftavov . . . xal 'AddaTos /lAragx ? ottos — oder 30 iot' 'AXst; avSgov /j.sydXtjs srvxsv i^ovoias xal ri/j-fjs 

es ist eine Truppengattung wie die Toxoten ein- ore xal %5>v aXXarv tcov ITsoocxcov voftifuov £r)Xoi- 

mal in Chiliarchien einmal in Taxen geteilt — rye sysvexo. So Diodor. XVIII 48. Bei den Persern 

Arrian. anab. IV 24, 10, vgl. mit V 23, 7. Es hatte der Commandeur des Leibregiments , der 

wird also das Wort xd^is in Alexanders Heer einen 1000 /trjXoyogoi, deren Speere am Fusse vergoldete 

anderen Wert gehabt haben, als bei den Taktikern, Apfel hatten, eine besonders hervorragende Stel- 

denn dass Chiliarchie und Ch. mit Hintansetzung lung; er hatte den Verkehr mit dem Hofe direct 

ihrer urspriinglichen Bedeutung auf eine taktische zu iiberwachen , dem KOnige Rapport taglich zu 

Einheit von 128 Mann angewandt waren, ist mir iiberbringen, auch die Einfuhrung von Gesandten 

nicht glaublich; diese Annahme wird auch nicht und Bittstellern zu besorgen (s. J. Mar quart 
durchdasubrigeVorkommendieserW0rterempfoh-40Philologus LV 227. Justi ZDMG L 659). Wo 

len. Von anderen Truppengattungen sind die in griechischen Quellen dieser persische Beamte 

Hypaspisten in Chiliarchien eingeteilt, deren Fuhrer genannt wird, heisst er xdiagx°s, was eine tTber- 

CMiarchen heissen, Arrian. anab. in 29, 7. 30, 5. setzung des persischen hazahrapatis ist (s. Aeschyl. 

V 23, 7. Als Alexander im Sterben lag, standen Pers. 302. Pherekyd. frg. 113). Wenn also Ale- 

Chiliarchen und Pentakosiarchen vor den Thiiren xander einen Hipparchen seiner Hetaerenreiterei, 

(Arrian. VII 25, 6). Ebenso finden sich im ptole- den Hephaistion , zum Chiliarchen ernannte , so 

maeischen Heere neben Chiliarchen auch Penta- lag darin sicher eine Nachahmung persischer Hof- 

kosiarchen (s. Mahaffy in Cunningham Memoirs sitte; aber bald starb Hephaistion, dann Alexander 

of the R. Irish Academiy VIII nr. XIII 3 und XV). selbst, sodass diese neue Charge es zu keiner Be- 
Darnach war also Ch. der Commandeur einer etwa 50 deutung brachte , auch Perdikkas ist nur kurz 

1000 Mann starken Truppenabteilung. Ad.Bauer Chiliarch gewesen und hat als Reichsverweser 

(Die griech. Kriegsaltertrimer in Iwan Miillers einen anderen Titel gefiihrt. Kassander wollte 

Handbuch IV 1, 432) glaubt, dass Alexander die iiberhaupt von Anfang an diese Wurde nicht haben. 

Teilung seiner Truppengattungen in Chiliarchien In den spateren Zeiten findet sich keine Spur 

nach persischem Muster vorgenommen habe, bei dieses Amtes. Wie x l ^ a QX°s die Ubersetzung 

denen es nach dem Kyrosroman Xenophons Heka- und Bezeichnung eines persischen Amtes ist , so 

tontarchen, Chiliarchen, Myriarchen gegeben habe. wird ebenfalls damit ein rOmischer Wiirdentrager 

Aber die Teilung in Chiliarchien wachst, wie die bezeichnet. Hier wird der tribunus militum bei 

griechischen Taktiker zeigen, aus der 16gliedrigen griechischen Schriftstellern durch xdiaoxos wieder- 
Rotte heraus, deren Vielfaches sie sind, und diese 60 gegeben , und zwar sowohl der gewOhnliche tri- 

letztere ebenfalls fiir etwas den Persern Entlehntes bunus militum in der Legion (Bull. hell. XIV 

zu halten, liegt doch gar kein Grand vor. Ausser- 233. Inschr. v. Olympia 447. Revue arch. 1 1883 

dem begegnen in Alexanders Heer Chiliarchen und p. 207) als auch in friiherer Zeit die Consular- 

Chiliarchien sowohl im thrakisch-illyrischen Feld- tribunen (Dionys. Halikarn. XI 60. Cass. Dio XL 

zug als auch auf dem Zug nach Baktrien — also 45. Diod. XIV 90 u. 0.). Daher ist tribunus 

zu einer Zeit, wo Alexander an eine Reorganisa- latielavius xsdi'aoxos itXaxvotjftos, CIG 3990. 4022 

tion seines Heeres, wie er sie spater in Susa und und otters. [Brandis.] 

Babylon vornahm, noch gar nicht dachte (Bei- XiXiaartJQee werden in der samischen In- 



2277 Xiliaotvq CMlon 2278 

schrift Bull. hell. VII 517, die nachher Athen. Regierung, speciell die Amterfahigkeit zukommt. 

Mitt. X 32 besser herausgegeben ist, erwahnt und Die normierte Anzahl hat darauf gefuhrt, solche 

sind als Mitglieder einer Chiliastys (s. d.) zu ver- Verfassungen der von Aristoteles Pol. VI (IV) 

stehen. [Szanto.] 5, 6 p. 1293 a charakterisierten dritten Form der 

XiXiaozvg. Unter den verschiedenen Unter- Oligarchie zuzurechnen, in welcher die Zahl der 

abteilungen der griechischen Burgerschaft flndet Berechtigten fixiert ist and die Liicken durch die 

sich auch eine Einteilung nach iifoaoxves oder Sshne eben dieser Berechtigten wieder erganzt 

Tausendschaften , die aus einer urspriinglichen werden. Solche %. finden wir insehriftlich in Opus 

Heereseinteilung entstanden zu sein scheint ; die- (IGA 321), litterarisch bezeugt fur Kyme (FHG 
selbenzerfallenins*aroartS«joderHundertschaften. 10 II 217, 6), Kolophon (Athen. XII 526 D), Kroton 

Der Bang, den die %. in den einzelnen Staaten (Iambi, v. Pyth. 35, 260), Lokroi (Polyb. XII 16) 

einnehmen, ist verschieden, und so kann Hesy- und Rhegion (FHG II 219); vgl. Busolt Gr. 

chios xifoaotves einmal als cpvXal erklaren, dann Staats- und Rechtsalt. 2 35, 3 und Gilbert St.-A. 

wieder s. exaxooxvg hinzufiigen Sg ^Aeaa-ris avy- II 276, 1. Ahnliches ist als vorubergehende Ein- 

yevsia. In Samos sind die %. die den Phylen richtung fur Akragas bezeugt; vgl. Gilbert a. 

unmittelbar untergeordneten Einheiten, zerfallen a. 0. 252. [Szanto.] 

in exaxoaxvsg und diese in ysvrj. Das geht aus Chiliokomon. 1) Ein iiberaus fruchtbarer Be- 

den Biirgerrechtsdiplomen der Insel hervor , von zirk im Grenzgebiet von Persarmenia und Assyria, 

denen uns mehrere insehriftlich erhalten sind und ostlich von Korduene; Ammian. Marc. XXIII 3, 5. 

die die Zulosung der Neubiirger zu diesen Ab- 20 XXIV 8, 4. XXV 7, 12 z. J. 363; persisch muss 

teilungen anordnen, so C. Curtius Inschr. und der Name Hazar-dih gelautet haben. Ohneweiteren 

Stud. z. Gesch. v. Samos nr. 7. 8. 9 und Fabri- Anhalt lasst sich eine genauere Bestimmung nicht 

cius Athen. Mitt. IX 194ff. Dazu zu vgl. W. geben. [Tomaschek.] 

Vischer Kleine Schriften II 155 und Philippi 2) XiXtoxcofiov meSiov , eine Ebene dicht bei 

Beitr. zur Gesch. des attischen Burgerrechts 11 Amaseia, Strab. XII 561. [Ruge.] 

Anm. 114, ferner Burckhardt De Graec. civi- Chilon (XlXcov besser beglaubigt als das zu- 

tatum divisionibus 31ff. Ebenso ist die %. Unter- weilen vorkommende XelXcov). 1) Sohn des Da- 

abteilung der Phylen in Ephesos, und zwar sind magetos (Diog. Laert. I 68. Suid. s. XlXmv), 

uns insehriftlich folgende Chiliastyennamen in der Lakedaimonier, eine der friihesten, vielleicht die 
Form von Demoticis bekannt : 1) aus der Phyle 30 fruheste Personlichkeit der spartanischen Ge- 

der 'EqpeosTg : 'Agyadevg , BwQevg, Ae/3e8iog, Olvtaifr; schichte, von der sich ein wirkliches Andenken 

2) aus der Phyle Heftaoxrj : AafiavStjog , Sisig, erhalten hat, also ein Mann, der ohne Zweifel 

. . fxr\og ; 3) aus der der Trjioi •■ EvQvndfin . ., 'E%e- eine grosse Wirksamkeit gehabt hat. Er beklei- 

JiroXsfievg, 'HyriToQtiog, . . . sovtrjog ; 4) aus der der dete 01. 55 (560 v. Chr.) oder 56 (556 v. Chr.) 

KaQrjvaioi:'AX^ai.[iev£vg,'ExvQEog,IIsTog,2iy,d)VEog, das Ephorat; nach Sosikrates war er sogar der 

Xrfkcovsog , 5) aus der der Evwvvfioi : rXavxr\og, erste Ephor und hat das Amt begriindet (Diog. 

IloXvxXrjog, 6) aus der Phyle Befijttvtjg : Alywreog, Laert. I 68 ; vgl. Euseb. chron. II p. 96f.). Diese 

Ilsldayriog. Hieriiber vgl. Anc. gr. inscr. of the letztere Nachricht verdient Beachtung ; denn in 

Brit. Mus. ID 2 p. 69. Wahrheit scheint das Ephorat um diese Zeit ent- 

Eine in Kos gefundene Inschrift Bull. hell. 40 standen zu sein, und man darf wohl vermuten, 

V 210 enthalt das Decret einer nicht fest- dass Ch. an der damaligen Bildung der sparta- 

stellbaren Stadt und erwahnt gleichfalls Chi- nischen Verfassung, in der das Ephorat eine so 

liastyen. wichtige Stelle hat, erheblichen Anteil hatte. 

In Methymna auf Lesbos heisst die Abteilung Durch das Datum seines Ephorats bestimmt sich 

%kXXrjoxvg und steht unter einem x^XXrioxvaQxag, seine Lebenszeit ; denn wenn ihn Diogenes Laertios 

scheint aber keine hohere Abteilung liber sich an einer Stelle (I 72) schon 01. 52 (572) hoch 

gehabt zu haben. Es ist bezeugt ein xowbv xa>v bejahrt sein lasst, so hat das keinen Wert und 

0coxsa>v Collitz Dial.-Inschr. 278 und ein xoivbv dient nur dazu, ihn mit Aisopos in Verbindung 

x&r IlQcoxicov Collitz 276, die beide im weiteren zu bringen. Nach Hermippos starb er in Pisa 
Contexte der genannten Inschriften als %. be- 50 aus Freude fiber den olympischen Sieg seines 

zeichnet werden, und eine xkXXrioxvg 'Egv^Qaimv Sohnes (Diog. Laert. I 72). In Sparta hatte er 

GIG 2168b = Collitz 278. Auf Erganzung be- ein Heroon (Paus. Ill 16, 4); sein Bild mit Epi- 

ruht eine %eXXrjexvg] a 2xvq[icov Athen. Mitt. gramm erwahnt Diog. Laert. I 73. 
XI 286; s. ubrigens auch Bull. hell. IV 437. Schon friih wurden Ausspruche spartanischer 

Endlich erwahnt W. Vischer EX Schr. II 156 Weisheit auf ihn zuruckgefuhrt ; Hippokrates, den 

eine Inschrift, die er in Chios abgeschrieben, die aber Vater des Tyrannen Peisistratos , warnt er in 

angeblich vom kleinasiatischen Festland stammt Olympia vor Eheschliessung und Kindererziehung ; 

und in der ^ %iXiaaxvg fj XaXxiSewv als stiftende die Insel Kythera, soil er gesagt haben, auf der 

erwahnt wird. Da Paus. VII 5, 5 von einer Phyle sich ein seemachtiger Feind Spartas so leicht 
der Chalkidier in Erythrai spricht, hat Vischer 60 festsetzen kOnne, wiirde am besten nicht existieren 

die Inschrift dorthin versetzt und in ihr das (Herod. I 59. VII 235. Diog. Laert. I 68. 71). 

Zeugnis fur eine Chiliastyeneinteilung in Ery- Wie iiberhaupt die grossen Manner der alten Zeit, 

thrai erblickt. Andere Stadte, wie Byzanz haben so wurde auch er in die Zahl der Sieben Weisen 

zwar Hekatostyen, aber keine Chiliastyen. aufgenommen, zuerst bei Platon, und hat seitdem 

[Szanto.] unter ihnen einen festen Platz (Plat. Protag. 

XiXioi. In mehreren griechischen Staaten 343 A. Diog. Laert. I 13. Paus. X 24, 1). Er 

wird unter diesem Namen die fixierte Zahl der hat an den Geschichten, die sich an sie kniipfen, 

tausend Vollberechtigten verstanden , denen die z. B. an der Erzahlung vom Dreifuss, seinen An- 



2279 Chilon Chimaira 2280 

teil (Diog. Laert. I 29f.), erscheint auch in Plu- ster Olymp. Sieger, Progr. Zwickau 1891 nr. 384. 

tarchs Gastmahl der Sieben Weisen und giebt 1892 p. 5. [Kirchner.] 

hier einige Aussprtiche zum besten (c. 2. 7. 11. 6) Der Cos. 193 und 204 n. Chr. L. Fabius- 

12). Auch mit Aisopos wird er hier- und anderswo Cilo (gr. Kettcov oder Kttmv) wird mehrfach (Lan- 

zusammengefiihrt (Diog. Laert. I 69. 72). Ver- ciani Sill. aq. nr. 167. Hist. Aug. Comm. 20, 1 

schiedene der bekannten Lebensregeln werden ihm und Zos. II 4 , 3. 7 , 2) falschKch Chilo (gr. 

zugeschrieben, so das yvw&i aavtov (Schol. Plat. Xllmv) genannt. S. Cilo. [Groag.] 

Phileb. 48 C; Alcibid. 129 A; vgl. Diog. Laert. 7) Yicarius Africae 374—375 (Cod. Theod. 

I 40. Stob. flor. XXI 26), das m 8h ayav (Schol. XII 6, 16. XIII 4, 4. 6, 7; wenn ihn das letzte 
Eurip. Hippol. 264) und das eyyva Tiaoa 8'ara 10 dieser Gesetze proconsul Africae nennt, so kann 

(Diog. Laert. I 73. Diod. IX 9f.). Es gab unter dies schon deshalb nicht richtig sein, weil das 

seinem Namen eine Sammlung kurzer Spriiche Proconsulat zu jener Zeit yon Q. Aurelius Sym- 

lakonischer Art (rd Xtkcovog naQayyeXfiara bei machus bekleidet wurde, Seeck Symmachus p. 

Plutarch, de aud. poet. 14), die man nach dem XLVIII). Er und seine Prau Maxima reichten 

Urheber auch als chilonisch bezeichnete (Xdoi- bei dem Stadtpraefecten Olybrius (369 — 370) eine 

veios rooxos Diog. Laert. I 72). Wir finden eine Elage auf Giftmischerei ein (Amm. XXVIII 1, 8). 

Anzahl zusammengestellt bei Diog. Laert. I 69f. Dass ihn Ammian schon damals ex vieario nennt, 

Stob. flor. HI 79 y. V 31. XXI 3. XLVDII 24. ist nur als Gedachtnisfehler zu betrachten. 

LXX 15. CVIII 72. CXn 11. CXXVI 15. flor. [Seeck.] 
Mon. 264. dicta sept. Sap. 2 (Stob. IV p. 296 20 Chilonis {Xdcovls oder Xedeovk). 1) Lake- 

Mein.). daimonierin, Tochter des Eleades, Gattin des 

2) Lakedaimonier , Sohn des Demarmenos, EOnigs Theopompos. Sie soil nach einer Erzah- 
Vater der Perkalos, die zuerst mit Leotychides ver- lung Polyaens (VIH 3) ihren von den Arkadern 
lobt, spater aber mit dem Eonige Deroaratos ver- gefangenen Mann durch ihre Aufopferung befreit 
mahlt war (Herodot. VI 65). Vielleicht ein Enkel haben. 

von Nr. 1. 2) Tochter des weisen Chilon (s. Chilon Nr. l) t 

3) Lakedaimonier, koniglicher Abkunft. Er wird unter den pythagoreischen Weibern aufge- 
erhob nach dem Tode des Eleomenes III. Anspriiche fiihrt bei Iambi, vit. Pyth. 267. 

auf das Eonigtum der Eurypontiden und suchte 3) Tochter des Leotychides aus der konig- 
den Usurpator Lykurgos zu stiirzen. Wie Eleo- 30 lichen Familie von Sparta. Sie war vermahlt 

menes III. machte er der Menge Hoffnung auf mit Eleonymos, zog aber ihrem bejahrten Gatten 

Landbesitz und Guterteilung ; er gewann etwa den jungen Akrotatos vor, Sohn des Eonigs Areus. 

200 Anhanger und tiberraschte und totete die Dies war eine der Orsachen, aus denen Eleonymos 

Ephoren. Aber Lykurgos, der in seinem Hause sich von seiner Vaterstadt abwandte und die 

iiberfallen wurde, entrann, und als Ch. auf dem Waffen des Pyrrhos auf Sparta lenkte (Winter 

Markte erschien, fand er keinen Anklang. Die 273/272). Als der Eampf um die Stadt tobte, 

Mehrheit wandte sich vielmehr gegen ihn und war Ch. entschlossen , dem Eleonymos nicht in 

er entfloh nach Achaia (Winter 219/218 v. Chr.), die Hande zu fallen und hatte fur alle Falle einen 

Polyb. IV 81. Seine weiteren Schicksale sind Strick bereit. Die gliickliche Verteidigung der 
unbekannt. [Niese.] 40 Stadt befreite sie von ihren Beffirchtungen. Plu- 

4) Lakedaimonier. Flottenfuhrer, wird wahr- tarch. Pyrrh. 26 — 28. Parthen. erot. 23. 
scheinlich wahrend des korinthischen Erieges von 4) Tochter des Eonigs Leonidas II. , Gattin 
Demainetos dem Buzygen, und Eleobulos, Sohn des Eleombrotos, den Agis IV. an Stelle des Le- 
des Glaukos aus Acharnai, dem miitterlichen Oheim onidas zum Ebnig erhob. Als ihr Vater in die 
des Bedners Aischines, in einer Seeschlacht be- Verbannung gehen musste, trennte sie sich von 
siegt, Aesch. II 78. Schafer Dem. 12 221. ihrem Manne. Jedoch nach der Kiickkehr des 
Wohl mit diesem identisch ist Ch. , der Schwie- Leonidas. als Eleombrotos den Schutz eines Heilig- 
gersohn des ESnigs Agesilaos, welcher im J. 364 turns aufsuchen musste , gesellte sie sich wieder 
bei Eromnos im Eampf mit den Arkadern zu ihm, unterstiitzte seine Bitte um Schonung 
fallt, Xen. hell. VII 4, 23; vgl. Schafer 12 50 und begleitete ihn in die Verbannung (241 v. Chr.). 
222, 1. Plut. Agis 17f. [Niese.] 

5) Cheilon aus Patrai in Achaia. Zweifacher Chimabes , neben Vites als nordisches Volk 
Periodonike, gewinnt er ausserdem noch einen erwahnt beim Geogr. Rav. p. 28, 17. Zeuss Die 
Sieg in den nemeischen und zwei in den isthmi- Deutschen 668 Anm., erkennt darin Antes et Vi- 
schen Spielen, Paus. VI 4, 6; dass er nur einen nodes (= Venethae). Leichter empflehlt sich die 
und nicht zwei Siege zu Delphoi errungen, be- Verbesserung Ghunabes, Ghunaves, vgl. Leo Dia- 
richtet auf Grund ungenauer Lesung des auf dem conus VI 8 p. 103; die Bulgaroi (s. d.) stammen 
Standbilde zu Olympia befindlichen Epigramms and t&v Korodycov XaCdocov xs xal XovvafSwv; 
falschlich Paus. a. O.; vgl. Preger Inscr. graecae Ps. - Callisthenes III 28 ed. Meus.: Xa£d(>ovs 
metr. ex scriptoribus collectae (Leipzig 1891) 60 Bovlyaoovs Xovvdflovg; im Mittelalter hiess eine 
nr. 130 Anm. 1. Seine olympische Siegerstatue centrale Landschaft der illyrischen Albania Xov- 
war ein Werk des Lysippos von Sikyon; vgl. va(Ua, Hunavia, und den Chunavu vergleicht ein 
Brunn Gesch. d. griech. Eunstler I 359. Er altslawisches Fragment mit einer Eatze. 
flndet, wie das erwahnte Epigramm bezeugt, sei- [Tomaschek.] 
nen Tod als Erieger und zwar, wie Pausanias Chimaira (j? Xifiaioa), Name verschiedener 
bemerkt, entweder in der Schlacht bei Chairo- Ortlichkeiten (Berge, Schliinde, Platze, dann auch 
neia oder im lamischen Eriege; vgl. Paus. VII von Castellen). tFber die Bedeutung des Namens 
6, 5. Schafer Dem. Ill 2 379, 2. G. H. F6r- siehe die einzelnen Artikel. 



2281 Chimaira Chindaioi 2282 

1) Zufiuchtsort der epeirotischen Chaoner, die LOwenkopf und als Schwanz eine Schlange ge- 

nach Skyl. 28 xara xcbfiag, nicht in umfriedeten tragen habe. 

Ortschaften wohnten. Den Namen hat die Be- Darstellungen der Ch. sind nicht selten, so- 
festigung jedenfalls von dem Namen des Platzes, wohl allein als auch im Kampf mit Bellerophon, 
■einer Felsnohe, die auf beiden Seiten durch das s. unter Bellerophon oben S. 251. Die beriihm- 
Bett eines xeijAaQQog (xi/iagog) geschiitzt war. Bei teste Darstellung ist die grosse griechische Bronze 
Theodoridas Anth. Pal. VII 529 heisst wohl der in Florenz, abgebildet bei Baumeister Denkm. 
namliche Ort XifiaQa, bei Plin. n. h. IV 4 Chimera I 301, fig. 316. Brunn-Bruckrnann 464 (319). 
var. Chimara. Die Peste lag nicht weit ober- MilchhOfer, Anfange der Kunst in Griechen- 
halb des Hafens Panormos, jetzt IlaXeQrjfiog an der 10 land 81 will die Bildung der Ch. durch mecha- 
Westkiiste von Epeiros im Gebiet der akrokerau- nisches Aneinanderriicken von Tiertypen erklaren, 
nischen Berge, 60 Stadien siidostlich von Aulon, und glaubt sie auf Inselsteinen zu erkennen. Da- 
das 600 Stadien von Dyrrhachion lag (Anna Comn. gegen Rossbach Archaol. Ztg. 1883, 323. Als 
XII 8). Nach Plinius a. a. O. floss am Hiigel Wappentier haben Korinth, Sekyon, Kyzikos, Ze- 
Aquae regiae fons heraus. Procop. de aedif. IV 4. leia die Ch., s. Head HN 336. 345. 451; Num. 
Anna Comn. X 8. XII 8. Heutzutag heisst der Chron. 1875 pi. X 9. 

von Arnauten bewohnte ganze Bezirk der akro- Die Localisierung der Ch. ist secundar. Durch 

keraunischen Berge Chimara und ebenso das Homer ist die Sage Lykiens allgemein geworden, 

Stadtchen, das sich jetzt an der Statte von wo sie am Kragosgebirge gedacht wird, spater 
Ch. befindet. W. Leake Northern Greece I 80. 20 an der Statte der Erdfeuer von Jarnatsch: Benn- 

K. Bursian Geogr. v. Griechenl. I 15f. dorf-Niemann Reisen in Lykien und Karien 

[Biirchner.] 1884, 82. Oskar Treuber Beitrage zur Gesch. 

2) Der Sitz der Ch. (Nr. 3) wurde ursprunglich der Lykier, Tubinger Progr. 1886 und oben Nr. 2. 
nach der Westkuste von Lykien verlegt, in die Nahe Neben rationalistischen Deutungen der Ch. 
des Xanthosthales, Horn. II. VI 179. Strab. XIV als Hure und Schiff (Schol. Tw. II. VI 181. 
665 erwahnt f\ Xi/miQa ya.Qayk' am Kragos. Es Herakl. jisqi amatmv 15) ist sie bereits im Alter- 
wird die Schlucht von Avian sein, die bei Alindja turn als Reprasentantin feuerspeiender Berge ge- 
auf die Kiiste trifft. Benndorf Reisen in Lykien dacht worden, wie ihre Localisierung an solchen 
und Karien I 82 mit genauen Quellenangaben. Statten Lykiens zeigt, vgl. Pomp. Mela I 15. 
Kiepert Forma orb. ant. IX und Specialk. d. 30 Plin. n. h. II 236. V 100. 131. Serv. Aen. VI 
westl. Kleinasiens XIV. 288. Moderne Deutungen s. u. Bellerophon 

Spater wurde die Sage bei dem Erdfeuer von oben S. 251. 

Tanartasch an der Ostkiiste localisiert, wahrschein- Mit andern Schreckgestalten ist die Ch. in 

lich durch Antigonos von Karystos (Partsch die Unterwelt versetzt, Verg. Aen. VI 288. Lu- 

Abhandl. f. Martin Hertz 119, 1, vgl. Benn- cian. dial. mort. 30, 1; Nee. 14; Hermot. 72. 

dorf a. a. 0.); Ktesias (bei Plin. II 236. V 100) [Bethe.] 

und Skylax 100 erwahnen das Feuer, kennen aber Chimairens {Xi/zaiQevg), Sohn des Prometheus 

den Namen nicht (Partsch a. a. 0.). Beschrei- und der Kelaino, einer Tochter des Atlas. Mit 

bung des Phaenomens bei Seneca ep. 79. Bei seinem Bruder Lykos lag er in Troia begraben. 
Strab. XIV 666 und Plin. V 131 muss irgend 40 Ihre Graber zu ehren wurde den Spartanern wah- 

eine Ungenauigkeit vorliegen, da hienach die Ch. rend einer Pest vom Orakel befohlen. Zu diesem 

an der Siidkuste gesucht werden miisste. Das Zwecke schickten sie den Menelaos nach Troia, 

Feuer ist in diesem Jahrhundert von Beaufort der dort mit Paris Gastfreundschaft schloss und 

wieder entdeckt worden; genaue Beschreibung ihn mit nach Sparta nahm (s. Antheus Nr. 3), 

bei Berg Ztschr. f. allgem. Erdk. 1854, 307. wo er Helena raubte (Lykophr. 132 mit Schol. u. 

v. Luschan Reisen in Lykien II 138. Tietze Tzetz. zu 132. 136. 219. Phavorin. s. "ArXag. 

Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 1885, 353. Eustath. Horn. 521, 30). Schol. min. H. V 64 

[Ruge.] bezeichnet Ch. und Lykos als tovg ev TqoIo. kqo- 

3) Ein dreigestaltiges Ungeheuer der feind- vlovg daifiovag. [Wagner.] 
lichen Urwelt, von einem Himmlischen umgebracht, 50 Cliimaridai (XifiaQiSac), Adelsgeschlecht in 
wie die Giganten und andere Ungetiime. Hesiod. Athen (Hesych.). Toepffer Att. Genealogie 311. 
Theog. 319ff. nennt sie neben Kerberos, Hydra, [v. Schoeffer.] 
Sphinx ein Kind der Echidna und des Typhaon; Chi mar OS, eponymer Beamter in Magnesia 
Pegasos und Bellerophontes batten sie getetet. am Maiandros auf einer Milnze, Imhoof-Blu- 
Pegasos ist das Gfitterross, Bellerophon ein halb mer Monnaies grecqu. 291, 85. [Kern.] 
verschollener Gott; s. unterBellerophon. Homer Chinalapli (XivaXdcp, scheint besser beglaubigt 
giebt II. VI 180 und XVI 328 die lykische Sage als XtvcupaX), Fluss in Mauretanien, wenig west- 
von ihrer Besiegung und ihrer Aufziehung durch lich von Caesarea miindend , Ptol. IV 2, 5. 18. 
Amesidoros. Danach der Oued Messelmoun oder Nesselmoun. 

Wie Typhon schnaubt Ch. nach Homer wie 60 Doch wird gewOhnlich, der Namensahnlichkeit zu 

Hesiod und Spateren (z. B. Pindar 01. XIII 128) Liebe, der Ch. mit dem Chelif, dem Hauptfluss 

Feuer, die sie auch sonst gleich schildern als eine des westlichenAlgeriens, identificiert(CatLaMau- 

Verbindung von Lowe, Drache und xl/taiga, d. i. re"tanie Cfearienne 29), der viel weiter westlich 

Ziege. Hesiod sagt deutlich, dass sie die drei miindet. [Dessau.] 

KOpfe dieser Tiere trug, der Homervers H. VI 181 Chindaioi, Nachbaren der Charandaioi (s. d.), 

jiQoo'&e Xscov, omftev de dQaxcov, ftsaarj de yJ/MUQa Orph. Argon. 756; vgl. die Chindenoi, ein sara- 

ist aber im Scholion Twl. B mit Polemik gegen kenisches Volk neben den Madianoi, Nonnosi fragm. 

Hesiod derart erklart, dass der Ziegenleib einen bei Phot. bibl. 3. [Tomaschek.] 



22-83 Chindita Chione 2284 

Cliindita, Stadt in Aithiopien am rechten schworenen den ihm verwandten Tyrannen Kle- 
Ufer des Nils. Bion bei Plin. n. h. VI 178. archos von Herakleia, fand aber selbst dabei den 

[Sethe.] Tod und brachte seiner Vaterstadt nicht die Be- 

Chindrnm flunien, im kaspischen Steppen- freiung, da Klearchos Bruder Satyros die Tyran- 

gebiet diesseits von den Chorasmii, Plin. VI 48; nis behauptete (Ind. Hercul. philos. Acad. ed. 

vielleicht Chrindum, s. Cbrendoi; es lasst sich Biicheler, Grfsw. 1869, col. VI 13. Memnon bei 

auch zend. qandra = iucwndus zu Grunde legen. Phot. bibl. cod. 224. Iustin. hist. XVI 5, 12. 

[Tomaschek.] Suid. s. KXeaQxos). Siebzehn flngierte Briefe des 

Chinea (so Lachmann, Oyenaea vulg.) spe- Ch., meist an den Vater gerichtet, sind erhalten; 
aula, Berghohe bei Brixia. Catull. LXVII 28. 10 herausgegeben mit den Fragmenten des Memnon 

[Hiilsen.] u. a. von Orelli Lps. 1816, wo iiber Hss. und 

Chinna (Ptol. II 16, 12) s. Cinna. altere Ausgaben berichtet, auch die Abhandlung 

Chinzeros (Xiv(t]eos, assyrisch-babylonisch von A. G. Hoffmann Comment, soc. philol. Lips. 

UMnzer), etwa seit der Mitte des 8. Jhdts. v. Chr. Vol. Ill p. II p. 234ff. wiederabgedruckt ist; 

Beherrscher des, wie es scheint, im Anfange des und in Hercher Epistologr. Graeci. Zeller 

neunten gegriindeten chaldaeischen Fiirstentumes Philos. d. Gr. II a* 421, 1. [Natorp.] 

Bit-Amvkhdni siidlich von Babylon. Wahrend 3) S. Chionis Nr. 3. 

der Zeit vorubergehender Schwache des assyrischen CMone (Xwvrj, von %uav, Schnee, bei Nr. 6 viel- 

Beiches vor der Thronbesteigung Tiglathpile- leicht mit Bezug auf weisse Kalkfelsen). 1) Toch- 
sars III. 745 oder wahrend der ersten Begierungs- 20 ter des Nilus und der Okeanostochter Kallirrhoe. 

jahre dieses Konigs scheint er eine Art Hegemonie Auf dem Lande lebend erleidet sie von einem 

fiber die in den Grenzen des alten babylonischen Landmann Unbill und wird darauf von Hermes auf 

Beiches ansassig gewordenen chaldaeischen Stamme Geheiss des Zeus in die Wolken versetzt. Deshalb 

errungen zu haben. Nach dem Tode des letzten heisst der Schnee %mov und verdirbt die Saaten. 

altbabylonischen Konigs Nabuschumukin 732 be- Etymologischer Mythus bei Serv. Aen. IV 250. 
machtigte er sich des Thrones von Babylon (Ba- 2) Tochter des Boreas von der Erechtheus- 

bylon. Chronik B 16ff. bei Eb. Schrader. Keil- tochter Oreithyia, von Poseidon Mutter des Eu- 

schriftliche Bibliothek , Berlin 1889ff. II 276f . ; molpos, den sie heimlich gebiert. Um nicht ent- 

vgl. Konigsliste A IV a. a. 0. II 287), behaup- deckt zu werden, wirft sie das Kind ins Meer, 
tete sich aber unbehelligt kaum etwas iiber ein 30 worauf Poseidon es der Benthesikyme iibergiebt. 

Jahr auf demselben. Als 731 Tiglathpilesar zur Geschwister der Ch. sind Kleopatra, Zetes, Kalais. 

Ziichtigung der Chaldaioi in Babylonien einriickte, Eurip. Erechtheus, Lykurg. c. Leocr. 98. Apollod. 

scheint er Babylon ohne Schwertstreich preisge- III 199. 201 W. Paus. I 38, 2. Schol. Apoll. Bhod. 

geben und sich nach Sapea der befestigten Haupt- I 201 (noch eine Schwester Chthonia). Schol. 

stadt seines Stammlandes, zuriickgezogen zu haben. Theokr. VII 76 (ein Bruder Haimos). Schol. Eur. 

Hier von dem assyrischen Heere belagert (Thon- Phoen. 854. Hyg. fab. 157. Clem. Alex. Protr. 

tafelinschr. Tiglathpilesars in. A 23ff. a. a. 0. 32. Dieser Ch. nachgebildet ist 
II 15f.; vgl. Verwaltungsliste a. a. 0. I 214f.), 3) die Tochter des Arkturos, von Boreas ge- 

muss er einige Zeit erfolgreich Widerstand ge- raubt und auf den Berg Niphantes gebracht, wo 
leistet haben, da ihm die babylonische Chronik B 40 sie ihm den Hyrpax gebiert. Ps.-Plut. de fram. 

(22, a. a. 0. H 276f.) als babylonischem Konig 5, 3. Drei riesenhafte SOhne des Boreas und der 

eine Begierungszeit von drei Jahren giebt und Ch., welche bei den Hyperboreern Priester des 

in der That Tiglathpilesar erst 729 oder 728 offi- Apollon waren, erwahnt Hekataios von Abdera 

ciell in Babylon die Begierung antrat (Verwal- frg. 4, FHG II 387. Ael. de nat. an. XI 1 ; vgl. 

tungliste a. a. 0. I 214f.). Bei der schliesslich Diod. II 47, 7. 

doch erfolgten Eroberung von Sapea gefangen 4) Tochter des Daidalion. Apollon und Her- 

genommen, scheint Ch. allerdings nicht hinge- mes wohnen ihr in der gleichen Nacht bei, von 

richtet worden zu sein (vgl. Babylon. Chron. B jenem gebiert sie den Philammon, von diesem den 

19ff. a. a. 0. H 276f.), aber fur die Annahme Autolykos. In stolzer Uberhebung schmaht sie 
Tieles (Babylonisch-assyrische Geschichte, Gotha50die Artemis, diese aber totet sie mit dem Pfeil. 

1886ff. I 236) ,Tiglathpilesar hat ihm wohl eine Den untrostlichen Vater verwandelt Artemis in 

gewisse Unabhangigkeit und ein eigenes Gebiet einen Habicht. Eurip. Autolykos. Hyg. fab. 200. 

lassen miissen', fehlt jeder Anhaltspunkt. Wie 201. Ovid. met. XI 301f. Die altere Sage nannte 

nach der Platteninschrift Tiglathpilesars (llf. statt der Ch. die Deionstochter Philonis. TOpffer 

Keilschr. Bibl. II 4ff.) wenigstens ein erheblicher Att. Geneal. 39. 

Teil seiner Unterthanen, wird er vielmehr aus 5) Eine Tochter der Niobe, Pherekydes frg. 

dem Heimatlande nach Assyrien deportiert worden 102 b. Schol. Eur. Phoen. 159. 
sein. Der ptolemaeische Kanon bei Sync. 207 d. 6) Eponyme von Chios, Steph. Byz. s. Xlog. 

208 d. 209 c. nennt Ch. fur das J. 731 als baby- Metrodoros und Kleobulos bei Plin. hist. nat. V 
lonischen Konig zusammen mit Il&eos (= Phul, 60 136, FHG III 205. IV 364. 
d. h. Tiglathpilesar III.; s. Artikel Poros). 7) Nymphe, nach der Sage von Priapos Mutter 

[Baumstark.] des Priapos von Dionysos. Schol. Theokr. I 21. 

Chion (Xleov). 1) Athenischer Archon 01. 103, 8) Krotalistria auf einer rf.-Vase, neben Ehodo 

4 = 365/64. Diod. XV 77. Dem. XXX 17. CIA und Thalia. CIG 7468, vgl. Heydemann Satyr- 

II 682. [698 I]. [751 Alb]. [v. Schoeffer.] und Bakchennamen 29. [Escher.] 

2) Sohn des Matris, aus Herakleia am Pontos, 9) Typischer Name fur ein schamloses Weib, 

Herer Platons, totete 352 v. Chr. (Diodor. XV Iuven. Ill 136; vgl. Priedliinder z. St. Mart. 

81, 5. XVI 36, 3) mit Leonides und andern Ver- I 34, 7. 92, 6 u. o. [Stein.] 



2285 Chionides Chios 2286 

Chionides, Dichter der alten Komoedie, ohne geschriebenen Vers s. Hermes XXX 432. Vgl. 

Zweifel ein geborner Athener. Die einzige Zeit- Meineke Com. I 27. Die Fragmente bei Mei- 

angabe ffir ihn bietet Aristoteles Poet. c. 3 neke II 5. Kock I 4. [Kaibel.]_ 

p. 1448 a 33 exsT&sv (aus Sicilien) Jjv 'EmxaQpog, Chionis (Xiovig). 1) Lakedaimonier, der sie- 

jtoWip jiQorsQog &v Xiwvldov xal Mdyvrjxog. Soil benmal in Olympia siegte, nach Pausanias (III 

diese' Doppelbestimmung Sinn haben, so miissen 14, 3) viermal im Stadion und dreimal im Di- 

Ch. und Magnes Zeitgenossen, d. h. zu gleicher aulos. Die Liste der Olympioniken verzeichnet 

Zeit in Athen als Dichter thatig gewesen sein. einen dreifachen Sieg im Stadion 01. 28. 29 und 

Ebenso ergiebt sich, dass Ch. und Magnes fur 30, d. i. 668. 664. 660 v. Chr. (Paus. IV 23, 2. 
Aristoteles die altesten datierbaren Vertreter der 10 10. VIII 39, 3. Euseb. chron. I p. 197). Iobannes 

Komoedie waren, dass sie also damals dichteten, Ant. I 27 (FHG IV 540, wo Xiovov xov Adxwvog 

als die Komoedienauffuhrungen in das offlcielle tiberliefert ist) erzahlt, dass er 52 Puss weit habe 

Festprogramm der Dionysien aufgenommen und springen konnen. Spater soil er mit Battos zu- 

darum aufgezeichnet wurden , d. h. etwa Ende sammen naeh Kyrene gezogen sein. In Olympia 

der sechziger Jahre (v. Wilamowitz Hermes und in Sparta batte er eine Ehrensaule mit dem 

XXI 613). Dazu stimmt, was sich fur Magnes Verzeichnis seiner Siege. Paus. IH 14, 3. VI 

aus Aristophanes' Eittern 519ff. schliessen lasst. 13, 2ff. J. H. Krause Olympia 261. 
Die Irrtumer bei Suidas erledigen sich um so 2) Lakedaimonier, wird unter denen genannt, 

leichter, als sie sich aus seiner indirecten Quelle, die den Prieden des Nikias und das darauf fol- 
eben aus Aristoteles , erklaren lassen : Xicovidr/g 20 gende Bundnis mit Athon beschworen (Thuk. V 

'Aftr/vaTog , xco/tixog xfjg dgxatag xcoficpdiag, ov xal 19, 2. 24, 1). [Niese.] 

Xsyovoi jtQoyxaycovtozrjv yeveo&cu xfjg aj>#cu'af xw- 3) Chionis aus Korinth, Erzgiesser, s. unter Amy- 

ficoSiag (also nQO)xay<m>ioxr)g wohl soviel wie oq- klaios Nr. 4. Ohne Zweifel ist er identisch mit 

X*]y°s), bibdoxuv Sk sxeaiv r/' xqo x&v lleQoixwv. dem von Vitruv. Ill praef. 2 erwahnten Ghion 

Das Jahr 488 (01. 73, 1) ist Epicharms Epochen- Corinthius , der dort zu den Kiinstlern gezahlt 

jahr (vgl. Anon. Ilegi xcoftySiag III %Qovoig 8s wird, denen das Schicksal keinen ihrer Tuchtig- 

ysyors xaxa xr/v oy 6Av/j,mdda), und mit Epicharm keit entsprechenden Ruhm gegOnnt habe. 
konnte Ch. verwechselt werden allein auf Grand [C. Robert.] 

derfliichtigbenutzten Aristotelesstelle. Vgl. Suid. Chionitae, ein nordisches, den Persern bald 

Mdyvtjg .. imftaklei Se'EmxaQfiq} vsog nQsafivtrj. 30 feindliches, bald mit ihnen verbiindetes Volk, 

Unter Ch.s Namen gingen zwei Dramen, die im J. 356 mit Euseni, im J. 358 mit Gelani zu 

"Hgcosg (dreimal citiert bei Pollux, Suidas und in den gentes extimae gerechnet, im folgenden Jahre 

Bekkers Antiatticisten) und die ntco/oi (dreimal unter seinem rex Orumbates neben Albani und 

bei Athenaios) ; das letztere aber gait schon den Segestani an der Belagerung von Amida durch 

alten Eritikern fur unecht (6 rovg elg XtwviSrjv Sapor II. beteiligt; Ammian. Marc. XVI 9, 4. 

avacpsQo/j,svovg Ilxwxovg noitjoag Athen. IV 137 e, XVII 5, 1. XVIII 6, 22. XIX 2, 3. Zweihundert 

vgl. XIV 638 d), und dafur hatten sie gewiss noch Jahre spater heissen die Tiirken vom Altai und 

andre Oriinde als den auch fur uns erkennbaren, im Zweistromland bei den Persern KeQfu-xicoveg, 

dass der von dem Dichter erwahnte Tragiker Theophan. frg. in Corp. scr. Byz. vol. I 484, oder 
Onesippos, des Kleomachos Sohn, in die Zeit des iQ'EQ/xrj-xloveg, Theophan. Chron. p. 371 vom J. 563, 

peloponnesischen Krieges gehOrt, vgl. Eratin. frg. d. i. nach volkstiimlicher TJmdeutung des Namens 

15. 97. 256. [Eupolis] frg. 139, dazu Telekleid. Xovvvl (Theophylact. Sim. VH 7. 8) ,die Heiss- 

frg. 16 und Hermipp. frg. 45, bei denen er Noft- bliitigen', npers. Germ-chuni, von ehun zd. vohvm 

ijtjiog heisst, zweifellos derselbe (v. Wilamo- ,Blut'. Nach Zonar. XII 20, 1 soil bereits Carus 

witz Observ. crit. in comoed. 27). Daraus dass im Kampfe mit den Hunnen, den Kampfgenossen 

die "Hgcosg, soweit wir wissen, nicht angezweifelt der Perser, sein Leben verloren haben; die arme- 

wurden, ergiebt sich natfirlich noch nicht ihre nischen Chronisten verlegen den Hauptsitz der 

unbedingte Echtheit ; ebenso gab es unter Magnes Hun- oder Hiun-kh an die Nordseite des Kau- 

Namen neun Komoedien, die ausdrucklich fur Fal- kasos. Die Qyaona , Hwyauna des Awesta , die 
schungen erklart wurden, vgl. Anon. IIsqi xco/tcp- 50 Gegner des Kavi-Vistacpa nnd des zoroastrischen 

Stag III. Die altesten Dichter werden ihre Stiicke Glaubens, erklart man jetzt freilich als blosse dis- 

noch gar nicht des Aufschreibens fur wert gehalten sidentes , welche abgesonderte Pfade wandeln, 

haben. Eine dritte Komoedie des Ch. ist nur hiva-yaona; ebenso zweifelhaft erweist sich der 

bei Suidas erwahnt ; der Titel IleQoai rj 'Aoovqioi Bezug der Hunu von Vaecka zu den Hunnen der 

ist mehr als bedenklich. Nicht nur die Dich- geschichtlichen Zeit; s. Chunoi, Hunni. 
tungen, auch der Mann selbst war bald in Ver- [TomascheL] 

gessenheit geraten; ausser bei Aristoteles, der Chionues (Xiowtjg) , Sohn des Diogeitondes, 

die altesten Didaskalien eingesehen hatte, linden Thebaner. Dichter der neuen Komoedie, siegt bei 

wir seinen Namen nur noch bei Vitruv VI pr. 3 den Amphiaraen zu Oropos Anfang des 1. Jhdts. 
genannt : non minus poetae qui antiquas comoe- 60 v. Chr., IGS I 420. Derselbe kommt auch IGS 

(lias graece seripserunt easdem sententias versi- I 4149 um die Mitte des 1. Jhdts. vor. 
bus in seaena pronuntiaverunt , ut Euorates [Kirchner.] 

Chionides Aristophanes, maxime etiam cum his Chiorenda, Ort Agyptens beim Geogr. Rav. 

Alexis u. s. w. Aber diese Zusammenstellung ist III 2. [Sethe.] 

sehr verdachtig, zumal es einen Komiker Eukrates Chios (r\ Xfog, nach Plin. n. h. V 136 bei 

nicht gegeben hat; man erwartet die iiblichen einigenXm; der Bewohner Xlog; latinisiert CWms, 

Namen Eupolis Cratinus Aristophanes, tiber daneben Chia [adiect.] insula). 1) Insel im aegae- 

einen dem Ch. von den Modernen falschlich zu- ischenMeer, dessen'/xdejovOTWayosihreSudkusten 



2287 Chios Chios 2288 

bespult (Entfernung von Samos Plin. n. h. II 245 Teller Geologische Beobachtungen auf der Insel 

und V 136 : 94 m. p., von Teos Plin. n. h. V 138 : Oh. = Denkschr. Akad. Wien. Math. EX XL (1880) 

711/2 m - P- von Lesbos [Stidkiiste] Plin. n. h. V 340—356. P. Tschichatscheff Asie Mineure II 

139 : 56 m. p., von Mytilene 65 m. p., im Mittel- 251—255. J. Pitton de Tournefort Relation 

alter ebenso, vgl. Tomaschek S.-Ber. Akad. d'un voyage du Levant, Amsterd. 1718 II 140ff. 

Wien CXXIV 1891 vm 20), der ionischen oder H. F. Tozer The Islands of the Aegean, Oxf. 1890, 

erythraeischen Halbinsel und der Chalkitis gegen- 139 — 156. H. K. Whitte De rebus Chiorum 

iiber (kiirzeste Entfernung 7,5 km., bei Strab. XIV publicis ante dominationem Eomanorum, Hauniae 

645 60 Stadien), im Mittelalter Xlog (genuesisch 1838. A. Wlastos Xiaxa tjroi lazoola xijg 
Scio), auch MavQovtjaifov) , persisch Sejex, arabisch 10 vr/oov Xlov. Ev 'EqiaovtioXsi 1840. D. Sygoma- 

Dschesirat-al Mastiki, turkisch Saqis adasch ge- las noayfiaxeta neol xijg Xiov. 'EvAvVjvcug 1884. 

nannt. Die mythologisierenden antiken Etymo- Ausserdem die Litteratur bei A. Miliarakis 

logien zum Namen Xlog bei Plin. n. h. V 136. NeoeXXqvtxfi rsmyoaupixri <PiXoXoyia, 'Ev 'A&fjvaig 

Paus. VII 4, 6. Steph. Byz. ; beachtenswert Isid. 92 I. Inschriften ausser im CIG II und IV in 

orig. XIV 6: Syri mastichen ehion vooant, da- vielen oben angeffihrten Schriften und in andern 

gegen mit Unrecht Bochart Geographia sacra Werken und Zeitschriften. Miinzen: Mionnet 

(Lugd. Bat. 1707) 382ff. von N^rt = Schlange Description III 265fl. ; Suppl. VI 388ff. Imhoof- 

(unter Berufung auf Ael. h. a. XVI 39, s. u.; vgl. Blumer Monnaies grecques, Par. 1883, 297ff. ; 

o%Xvog = Mastixbaum). Dichterische Beinamen Abh. Akad. Miinchen XVIII (1890) 654. Vgl. 
waren: Al&aXia Ephoros bei Plin. n. h. V 136; 20Friedlander Eepertorium 269ff. Head HN 

Ai&dXtj bei Steph. Byz. ; Ilavovaaa (von den Pi- 513f. 

nien, vgl. den Ortsnamen Ilhvg, jetzt Pity6s, auf Karten: Nr. 1645 der Britischen Admiralitat. 

der Insel) Strab. XIV 589. Plin. n. h. V 136, Karte zu Paspatis s. 0. Kiepert Westl. Klein- 

Maxqig (von der langlich gestreckten Gestalt) Plin. asien Bl. VII; Pormae orb. ant. IX. Geologische 

n. h. V 136. Aithalia und Pityussa sind auch tJbersicht bei Teller (s. o.). 

fiir andere Platze vorkommende Namen, Aithalia Chorographie: Die Insel ist 826,7 □km. 

und Makris hiessen auch zwei Eilande in der gross (das Fiirstentum Beuss j. L. 830 Qkm.). 

Nahe. Nach Strab. XIV 645 betragt ihr Umfang 900 Sta- 

Litteratur (Auswahl): Ch. Alimonakis Xlog dien, nach Isidor (bei Plin. n. h. V 136) 134 m. p., 
fj vrjaog iv xfj aQxaioxrjxi, Erlangen 1882 (Inaug.- 30 nach Plin. a. a. O. 125 m. p. Sie erhebt sich im 

Diss.). P. Belon Les observations de plusieurs TTeXivvaTov (jetzt°Aywg'HXiag, s. u.) bis zu 1260 m. 

singularity etc. trouve"es en Grece etc., Par. 1553. Od. Ill 170 wird die Insel no.1naX6e.ooa = klippen- 

Chr. Bon delmonte Liber insularum Archipelagi reich genannt. Eine Anzahl Eilande, Reste der 

ed. L. Sinner, Lips, et Berol. 1824. M. Boschini ehemaligenZwischengliederzwischendemFestland 

L'arcipelago con tutte le isole, scoglie, secche e und Ch., beweisen neben der geringen Tiefe des 

bassi fondi, Venet. 1658. C. de Bruyn Reizen Sundes durch die tektonische und geognostische 

door de vermaardste Deelen van Klein-Asia, de Gleichformigkeit mit beiden Rissteilen, dass an 

Eilanden Scio, Rhodus .... Delft 1698. R. Chand- der Bruchstelle in tertiaren Zeiten Pestland war. 

ler Travels in Asia M., Lond. 1776. G. Choiseul- Die Olvovooai des Altertums, die jetzt Ayvovooai 
Gouffier Voyage pittoresque de la Grece, Par. 40 genannten Inseln im Norden zwischen Ch. und 

1782 I 87ff. A. Conze Philologus XIV 155ff. (die der Mimashalbinsel, zeigen altere halbkrystalli- 

SaoxalomsTQa [sog. Schule des Homer] Phanai). nische Schiefergesteine , der nordwestliche Teil 

J. A. Cramer A geogr. and hist, descript. of Asia (AQiovota der Alten), das ITefovvaTov, das Gebiet 

Min. Oxf. 1832 II 395 — 402. O. Dapper Nau- des jetzigen KaQdafivAq, der Strich nordwestlich 

keurige Beschryving der Eilanden in de Archipel von der alten Stadt palaozoische Schiefer und 

der Middelantsche Zee, Amsterd. 1688 II 75ff. Sandsteine mit Kieselschiefer und Kalkeinlage- 

G. v. Eckenbrecher Die Insel Chios. Vortrag rungen; mesozoische Kalkbildungen (Reste eines 

Berl. 1845. U. Emmius De Ohio et eius statu miocanen Tieres gaben wohl Anlass zu den Sagen, 

ac fortuna = Gronovii Thesaur. graec. antiqui- die Ael. h. a. XVI 39 erwahnt, wie ahnlich auf 
tatum IV 1 p. 167. 544 — 550. N. D. Fustel de 50 Samos , Bitrchner Ion. Samos I 2, 6f.) sind in 

Coulanges Memoire sur Pile de Ohio, Archives dem grSssten Teil der Insel, abgesehen vom Nord- 

des Missions Scientiflques et Litte"raires V (Par. westen und Siidosten, wo limnaische Tertiar- 

1856) 481 — 642. H. Houssaye L'ile de Ohio bildungen anstehen. Strandebenen und xeipaQQog- 

dans l'antiquite, Revue des deux Mondes XL VI Alluvionen giebt es nOrdlich und siidlich von der 

Iff. W. Judeich Kleinasiat. Studien, Marburg alten Stadt und bei BoXXiaoog. 

1892. A. Karawas ToaoyQayla rijg vtjoov Xiov ; Kommt man zur See von Norden her, so er- 

sv Xiqj 1866. A. Kora'is Xiaxfjg aoxaioXoylag blickt man einen hohen, felsigen uud waldigen 

vXtj ="Axaxxa in Par. 1830. K. Krumbacher TeiVAgiovala (jetzt Anava>(ieQia) mit dem dunkel- 

Griech. Reise 190ff. L. Lacroix lies de la Grece, grauen IleXivvaZov ("Ay. 'HXiag). Von der dunklen 
Par. 1853 259ff. Ch. Newton Travels and Disco- 60 Farbe kommt dessen Name (nsXiMg), vgl. M&lcuva 

veries in the Levant, Lond. 1865 I 214—217. A. axon beim jetzigen Dorf MeXaviog im Gegensatz 

G. Paspatis Xiaxov rXoaoo&Qiov .Ev 'A&rjvaig zum Vorgebirg "AQyevvov auf der Chalkitis gegen- 

1888. R. Poco eke A Description of the East and iiber. Von ihm nach Suden wird der Gebirgsgrat, 

some others countries, Lond. 1743 — 52. E. Poppo der die Insel mit nordsiidlicher , sich naher der 

Beitrage zur Kunde der Insel Chios und ihrer Ostkiiste haltender Achse durchzieht, etwas niedri- 

Geschichte, Frankf. a. O. 1822. A. Prokesch ger, erhebt sich dann im Mittelteil zu 837 m. im 

v. Osten Denkwiirdigkeiten und Erinnerungen jetzigen Iloofiaxog, senkt sich wieder und schliesst 

aus dem Orient , Stuttgart 1836 II 545ff. Fr. mit divergierenden Auslaufern (sudlichster Punkt 



2289 Chios Chios 2290 

axgcoxr/Qiov $dvai (jetzt xdflog Maozixoxcboaw am jetzigen Aifihag Meavaiv angesetzt. Dazu 
300 m.). Eine kegelformige Inselklippe ist das passt nicht gut der Name Nouor. Notion ist ein 
Eiland Bevermov. Der Gebirgsgrat, der ebenso- Teil der heute so genannten Maaxixoxoigo. , der 
wenig jetzt, wie es im Altertum der Fall war, Gegend der Mastixdorfer. 5) MeXaiva axxiq in einer 
einen einheitlichen Namen tragt, entsendet viele chiischen Inschrift ionischen Dialekts (wohl bei 
Querriegel , zwischen denen mehr oder weniger der MeXaiva axqa anzusetzen), Movoeiov x. fli§Xio- 
ausgebreitete Thaler an die See sich hinausstrecken, ^xr/ xfjg iv Spvgvri EvayyeXixfjg SxoXfjg IIsq. 
namentlich nQrdlich und siidlich der alten Stadt /?' ex. a 1876 a. 40 dg. gvy 6. Ebendort ist ein 
Ch. (jetzt Kdoxgov), durch den Fleiss der Be- Bezirk 6) AorpXxig genannt, mOglicherweise das 
wohner sehr ergiebig an edlen Baumfriichten. Der 10 wellige HGgelland mit Tafelbergen im sndSstlichen 
siidliclie Teil, das Gebiet der heutigen fiaoxixo- Teil des Gebiets der Maoxixoxtoga. 
Xoigia, tragt den Charakter eines kultivierten Gebirge und Berge: Vor allem ist der Name 
Hains von Oliven- (und Agrumi)baumen und na- des UeXiwaXov (s. o. S. 2288) zu erwahnen , bei 
mentlich ausgezeicrmeten Lentiskusterebinthen , den Schriftstellern in etwas verschiedener Form 
•von denen das beriihmte chiische Mastichiharz ge- auftretend: UeXivaTov Strab. XIV 645. Nicephor. 
wonnen wird. Im Altertum gab es in der Nahe geogr. synopt. 512 — 554, Pellenaeus Sil. Ital. VII 
des Apollontempels von <Pavai, in dem dort vor 210, IleXXrjvaTov Schol. Dionys. orb. descr. 536, 
rauher Witterung geschiitzten Bezirk, einen Dattel- Pelinna (patula) Avien. 714. Arius auf Ch. wird 
palmenhain. von Vib. Sequester unter den montes genannt 
Teils von der Beschaffenheit des Bodens und20ww<fe vinum Ariusium; also ist damit die Berg- 
seiner Bewachsung, teils von der horizontalen gegend Agiovola gemeint. Die Karte zu Paspa- 
Gliederung stammen sechs Namen fiir Bezirke auf tis (s. o.) bietet, ohne dass die Quelle im Text 
Ch. im Altertum: 1) 'Agiovola, Strab. XIV 645. angegeben ware, fiir den jetzigen Ilgo^axog oder 
An Ableitung des Namens aus dem Semitischen Ilqojiaxag , an dessen Ostabhang das beriihmte 
(Boehart Geogr. sacr. 384 ")^"'fflN"i _ lri = Berg Kloster Nea Movr/ (westlich von der Stadt) liegt, 
des vorziiglichsten Weins) ist aus mehreren Griin- einen alteren Namen Ilh&odog (wohl mittelalter- 
den nicht zu denken. Ich vermute, der Name lich). Uber XrjXtiaios s. K or a is 24. Vorge- 
bezeichnet eine Gegend, in der die Hexart aqia birge: Von den sehr vielen Vorgebirgen der Insel 
haufig vorkommt (ahnlieh schon Kora'is 7). Die sind nur die Namen MiXaiva axqa (jetzt MsXa- 
Eigenschaften, die Theophrastos (hist, plant. Ill 30 nog oder 'Ay. NixoXdov axQmxrjQiov) im Nord- 
3, 8. Ill 4, 2. Ill 4, 4. V 4, 2. V 9, 1) von der westen, Iloaidsiov (jetzt axgwxrjQiov 'Ay. 'EXevtjg 
aola aussagt, passen auf die Art von Ilex, die oder Karaifieoag) im Osten, 0avai (jetzt dxj>co- 
wie auf den meisten Inseln des aegaeischen Meeres xr/owv Maoxixoxcbgcov), bei Ptol. V 2, 13 <Para/a 
so auch auf den steinigen Berghalden Aer'Aoiovota, axga, im Siiden zu belegen. 
wie ich selbst sah, sich flndet und noch heute Die Wasserlaufe sind (den Quellbach von 
aged, agidg genannt wird (vgl. Fraas Synopsis Nayog Krumbacher a. a. 0. 225 ausgenom- 
plant. flor. class. 2 255; Irrtum hinsichtlich der men) alle Trockenbache (xsifiaggoi) und der Achse 
Ableitung von dgiog [ageog bei Fraas]). Die des Gebirgsreliefs entsprechend kurz , aber zur 
'Agtovala des Altertums ist ein Teil des heutzu- Regenzeit sehr reissend. Der jetzige Bagfidoi (in 
tage von der hohen Lage 'AnavooixsQid genannten 40 seinem Oberlauf IlaQ^evtjg, ein Name, der auf 
Landstrichs, 30 Stadien lang, zwischen der Ms- Verehrung der Artemis hinweist, s. u.) siidlich 
Xcuva axga und dem IleXivvaTov des Altertums. Vgl. vom Kaaxgov hat mit seinen Verzweigungen den 
noch Bd. II S. 1117 Ariusia und ebd. S. 1290 alten Hafen ausgesandet (Fust el de Coulanges 
Arsysia. Tiber die Weinproductkm s. u. 2) Ta a. a. 0. 496). 

KoiXa (von der Einbuchtung), Herodot. VI 26. Man Quell en giebt es auf der Insel viele; eine 

hat friiher angenommen, es sei die in der Bogen- grosse Anzahl hat leichtes, gesundes Trinkwasser, 

sehne 20 km. weite starke Ausbuchtung in der so die heutige Ilaoa^Qvaig (die sog. Quelle des 

Mitte der Insel im Westen gemeint. Da aber an Homeros) bei der SaoxaXoaexpa. Eine Quelle hiess 

einer fjordahnlichen Bucht im Nordosten noch im Altertum xorjvri 'EXevtjg; an ihr soil sich die 
jetzt der Name KotXa haftet, haben Paspatis 50mythische Helene gebadet haben (Steph. Byz. s. 

und H. Kiepert Formae orb. ant. IX recht, wenn 'EXsvrj). Auch Quellen mit brackischem und solche 

sie in ihren Karten dort xd KotXa ansetzen. Es mit natiirlich warmem Wasser giebt es an ver- 

war hier an der Kiiste der Hafen AsXylvtov (jetzt schiedenen Stellen. Uber die Temperatur der 

der ziemlich tiefe Alphas KoXoxvftia). 3) Der Quellen in der Nahe der alten Stadt Plin. n. h. 

Name Aai'ovg, doch wohl von Xa-, Xai- = Stein ; vgl. XXXI 50. 

jetzt ASi in der Nahe (var. Aaiovg; Conjecturen An Seehafen ist, abgesehen vom hafenlosen 

'EXaiovg,Adivog, Aaivovg, AiMg ,'AXmvg) bezeichnet Nordwesten (Strab. XIV 645), kein Mangel (Fustel 

eine Kiistenstrecke, die nach Strab. XIV 645 von de Coulanges 482). An den besten lagen Ort- 

der alten Stadt eine Kiistenfahrt um den Siidteil schaften und Castelle, auch Tempel, an dem treff- 
der Insel von 300 Stadien (ist zu niedrig ange- 60 lichsten Hafen die alte Hauptstadt (Strab. XIV 

setzt) entfernt ist. Der Isthmos zwischen der 645), durch die Lage daran zu schoner Bliite ge- 

Stadt Xiog im Osten und Aatovg im Westen soil bracht. Jetzt wird er, da er versandet war, aus- 

60 Stadien breit sein (stimmt ungefahr). 4) No- gebaggert. 

xtov (d. h. siidwestlicher Strich), nach Strab. a. Im allgemeineh herrscht auf der Insel eine 

a. 0. eine Kustenstrecke mit Eheden. Sie ist da milde, durch die regelmassigen Etesien gemassigte 

zu suchen, wo um den jetzigen "(Jo/tog Kaglvxa Temperatur. Nur selten tritt, gerade wie auf 

die weit einschneidenden Einbuchtungen mit recht Inseln der Nachbarschaft , so strenge Kalte ein, 

tiefem Ktistenwasser sind. Friiher hat man Notion dass die Fruchtbaume geschadigt werden. Das 



2291 Chios Chios 2292 

Gebiet der /naoxixdxcoga bleibt verschont. Die schriften (a. a. 0. 503). Siidostlich dehnt sich 

Insel wurde im Altertum dank ihrer dosxij x<*>Q<*s, eine Strandebene (jetzt Kaunas BoXiooov) aus, 

xoacov evxaigiq, dsoaiv xodosi zu den Maxdowv die ziemlich fruchtbar ist. 3) rsoovxmv Aifitfr. 

vij ooi gerechnet, DM. V 82. Mildere Winter und Aelian (hist. an. XII 30) berichtet, in ihm habe 

kuhlere Sommer als in Athen. Bewolkungsziffer man zahme Fische unterhalten eg jtaoafiv&iav 

im jahrlichen Durchschnitt 33 %, Neumann und xov yrjoojg xoig jzoeofivzdxoig (zum Zeitvertreib?). 

Partsch Physikalische Geogr. von Griechenl. Aus einer andern Quelle erfahren wir bei Plin. 

49, 25. n. h. XXXII 16, class beim delubrum Senum 

Bodenausbeute und Erzeugnisse: Mar- Aale Binge an den Kiemen (?) oder Halsflossen (?) 

mor Plin. n. h. V 136. XXXVI 132, vgl. versico- 10 trflgen. Es scheinen somit dort heilige Aale (wie 

loris marmoris maculae XXXVI 46. Fustel de z. B. in der Quelle des karischen Zeus Aafloav- 

Coulanges 482. Steinbrflche ofters erwahnt, devg, vgl. Bd. I S. 4) gehalten worden zu sein. 

Theophr. de lapid. I p. 647. Strab. XD7 645. Plin. Da der Aal ein Plussfisch ist , der zeitweise in 

XXXVI 46. Stellenweise trifft man auf alte Stein- die See geht , so haben wir den Feoovxiav Xijxyjv 

briiche z. B. in AsifSddta, dem jetzigen Vorort des und das delubrum Senum an der Miindung eines 

Kaoxoov, bei Ovjuiavd im Siiden, dann nOrdlich x s '/ xa 6Q°s zu suchen, etwa des Baopdoi 1 km. 

von der Jlaoa^gvoig T e 1 1 e r s. o. Seifenerde, feine siidlich vom grossen Hafen der Hauptstadt und siid- 

Topfererde, Stellen bei Korais 46, medicinische ' lich vom jetzigen Vorort Wco/iC (s. Plan S. 2299f.). 

Erden, Gal. simpl. med. IX 1. Plin. XXXV 194. 4) Aelyivtov , nach Thukyd. VIII 38 ein X co- 
Bubine Korais 45. Die Humuskrume hat der 20 oiov nicht weit von der Stadt Ch. , das schon 

Pleiss der Einwohner geschaffen und durch Ter- von Natur aus auf der Landseite fest war und 

rassenbauten nach MSglichkeit bewahrt. Nur 412 von den Athenern bei ihrem Einfall auf Ch. 

etwa ein Drittel des Bodens eignet sich zum An- auch auf der Seeseite, wo mehrere Hafen sich be- 

bau von Kulturgewachsen (daher das Streben nach fanden, befestigt wurde. VIII 40 wird von grOsse- 

auswartigem Landbesitz). Die hervorragendsten ren Schanzen um ihr Feld- und Schiffslager dort 

waren im Altertum, wie sie es heutzutage noch berichtet, so dass AsXcpiviov auf einer mehr land- 

sind, Weinreben, Lentisken und Feigenbaume. einwarts gelegenen Bergkuppe zu suchen ist; dar- 

Kallimachos nennt die Insel olvrjori (frg. 165 Bgk.). aus Diod. XIII 76 und Steph. Byz. ; vgl. Harpocr. 

Von Aristophanes bis Athenaios sind die griechi- s. v. Schol. Demosth. XXIII 74. Schol. Aristoph. 

schen Schriftsteller voll des Lobes fur den dunklen 30 equit. 772. Suid. Es ist an der Ostkuste (in der 

chiischen Wein, insbesondere den aus der Gegend Nahe von KoThx, s. o.) 1.5 km. nordlich von der 

Aoiovola, s. Bd. II S. 1117 Ariusia. Dort Hauptstadt, beim heutigen Aifievag KoXoxvftia 

auch die Stellennachweise. Dazu besonders Strab. anzusetzen, wo noch im Mttelalter und wohl auch 

IV 637. 657. Horat. carm. Ill 19; serm. I 10, 24. spater ein Hafen Porto Delfino, Porto Pino mit 

Plin. n. h. XIV 73. 96. 97. Wein von idvai Verg. dem flume Belofano genannt wird, Tomaschek 

georg. II 98. Von Ch. hat man nicht nur Wein- S.-Ber. Akad. Wien CXXIV vin 21. Dass dort 

trauben (Varro de r. r. II init. : navibus vinde- 'AnoXXwv AeXylviog verehrt wurde, ist wahrschein- 

miam eondimus ex insula Coa et Chia), sondern lich (Korais 10). 5) »5 KaoSa/ivXr] (nach Eustath. 

auch BebstOcke nach Italien gebracht, Plin. n. h. zu Od. I 241 p. 1414 bedeutet das Appellativum 

XIV 24. Chiischen Wein verwendete man zu Heil- 40 auch ein udog (tdfyg; die Vergleichung von Orts- 

zwecken, Eudemos bei Galen, antidot. II 2, 452. lagen mit einem Brot ist im alten und neuen 

Plin. XXXIV 104. Die fiaoxr/n von Ch. war am Griechenland nichts Seltenes, vgl. den Namen des 

meisten geschatzt, Plin. n. h. XII 72, vgl. XXII Hugels Ywpl siidlich von der Stadt Ch.), Thukyd. 

121 (medicinisch) und Korais 59. 439. Peigen VIII 24. Steph. Byz. Jetzt Ta KapdafivXa (etwas 

Korais 52f. Chiische Feigenbaume in Italien. weiter landein warts als die alte Stadt). 6) ai Ka- 

Pinienharz, Korais 61f. Das Terebinthenharz von Qideg (von xagk = Squillenkrebs , Seekrabbe [?] , 

Ch. gait und gilt als das vorziiglichste , Galen. wohl vom Fangort) bei Ephoros (erhalten bei 

antidot. II 435; theriac. 471; xoayooiyavov Diosc. Athen. Ill 105 d. e) nolig neol Xt'ov ttjv vrjoov ge- 

ni 35. Aus Getreide Kraftmehl, Plin. n. h. XVIII nannt. Die Namenform und die Praposition jisqI 

76. Uber die d/xafit]XlSeg Korais 56f. Biirchner 50 scheinen auf einen langgestreckten Seeort hinzu- 

Das ionische Samos 1 1, 42f. Landschnecken Diosc. deuten. Die Sage, dass der Ort von Leuten ge- 

II 11, Kammmuscheln Varro bei Gell. Vn 16. griindet sei, die unter Makar aus der deukali- 

Xenocr. sibqi xfjg duo x&v svvdocov xQotpijg III onischen Plut sich gerettet hatten, scheint sich auf 

44 p. 9. Austern von den Kiisten von Lesbos in einen Hiigel an der See zu beziehen. Kaoldeg des 

die chiischen Gewasser versetzt, Aristot. de gen. ahnlichen Klangs wegen da anzusetzen, wo jetzt 

HI 11. das DOrfchen Kaovsg (5 km. westnordwestlich vom 

Topographie: Hauptstadt und Mittelpunkt Kaoxoov am Jlrifdviov) liegt, geht nicht an. Dieses 

des politischen Lebens war stets die Stadt Ch. hat seinen Namen von den Nussbaumen. 7) xd 

(s. Nr. 2), andere Niederlassungen waren im Alter- Kavxaoa (var. Kavxaoog , von xavxrj [= weite 
turn: 1) Bapodvxiov (s. d.), jetzt Boovxddog, nord- 60 Schale] wegen der Form des Kiistenbodens , auf 

lich gelegener Vorort der Hauptstadt. 2) BoXtooog dem der Ort gebaut war, vgl. E. Curtius Ge- 
(jetzt BoXiooog), an der siidlichen Grenze der sammelteAbh. 1487; Ethnikon: KavxaosXg Inschr. 

Aoiovola. Nach Ps.-Herodot. Horn. gen. et vit. 'E<prn*. dgx- 1889 Avyovoxov = Kev. Et. Gr. 

§ 20. 23. 24 West, lag er in der Nahe von Pitys. Ill 1890, 212; Kavxaolarv Name von Chiern auf 
Homer soil dort die scherzhaften Gedichte verfasst Inschriften und Miinzen, z. B. Mionnet Suppl. 
haben. Thukyd. Vni 24 berichtet, bei ihm hatten VI 393), Kiistenort, erwahnt von Herod. V 33. 

die Athener die Chier geschlagen. Pnstelde Der persische Flottenbefehlshaber Megabates fahrt 

Coulanges fand dort zwei schlecht erhaltene In- Pruhjahr 499 mit Aristagoras aus Milet, der ioni- 



2293 Chios Chios 2294 

schen Flotte und den Naxiern nach Ch. , halt Chiern stets geriihmt. Auf die Pflege von Kultur- 

seine Plotte bei Kavxaoa, urn von da mit dem pflanzen (edler Fruchtbaume, der Weinrebe, der 

Nordwind nach Naxos zu fahren (vgl. 34). Also Mastiohibaume) auf dem nur teilweise ergiebigen 

wird es an der Siidkiiste von Ch. gelegen haben. Boden wurde, wie auch auf andern Inseln, z. B. 

Im Siiden von Ch. giebt es viele gute Hafen, vor Samos in alter und neuer Zeit, alle Millie und 

allem die der alten 0dvai. Auf Kieperts Formae Sorgfalt (Errichtung von Mauern zur Erhaltung 

orb. ant. IX ist Kavxaoa da angesetzt, wo der der Krume) verwendet. Davon zeugen die Erfolge 

Xu/iaeQog von KaXaficorrj bei der Gegend A(oria in der Zucht des Peigenbaums, Plin. n. h. XV 69, 

in den xoXaog KaXa^corfjg miindet. Gleich in der der Pistacia lentiscus XII 72, einer Art des Birn- 
Nahe, li/gkm. siidlicher, ist eine kleine mulden- 10 baums XVII 237. Der kalkige Boden der Insel, 

fOrmige Einbuchtung mit tiefem Wasser. Die geeignet firr die Pflege des Weinstockes, belohnte 

Porm des Einschnittes (die sich sonst noch Ofters die Emsigkeit der Weinbauer. Die Chier angeblich 

an der Siidkiiste flndet) passte zu dem Namen. Erfmder der Weinbereitung, Theopomp. bei Athen. 

8) to Asvxmviov (von der hellen Parbe des Bodens) I 26 b. tfber den Wein s. o. S. 2291. Im 5. Jhdt. 
oder t) Asvxwvia Thukyd. VIII 24. Plut. de mul. wurde in Athen eine Amphora um eine Mine ver- 
virtut. 3 p. 244f. Polyaen. strat. VIII 66. Prontin. kauft , d. h. um den Preis , den 30 hi. Getreide 
strat. II 5 § 18. Die Athener machten bei ihrem kosteten, Plut. tranqu. an. 10. Feigen s. o. Varro 
Einfall (412) auf Ch. die Bunde auf der Insel, de r. r. I 41. Athen. in 75 f. Kraftmehl, Plin. 
landeten im Norden bei Kardamyle und Bolissos, n. h. XVIII 76. TOpfergeschirre (grosse Xtoi 
bei Phanai im Siiden und bei Leukonion. Daher 20 xddoi, Plin. n. h. XXXVI 59. Luc. ver. hist. II 40. 
ist Leukonion im siidlichen Teil anzusetzen, wohl Hesych. s. ora/ina; kleine: Strab. XIII 317. Athen. 
dort , wo die Pelskiiste hellere Farbung zeigt, XI 480 e). Betten und Sofas , Crit. bei Athen. 
etwa beim heutigen Aevxcovia, 5 km. siidsiidOst- I 28 b. Athen. XI 486 e. Inschriften Boeckh 
lich von der Hauptstadt, Kiepert Formae orb. Staatsh. d. Ath. II 153f. Purpur, Athen. XII 539 f. 
ant. IX. Die Vermutung von Korais a. a. 0. Schuhe, Hesych. s. Xtat. Firr den Betrieb des Han- 
17f. ist unhaltbar, da bei Plutarch statt KoQcovstg dels war die Insel durch die Lage an dem Ver- 
KoXcovscg oder KoXaivaeTg (von einem Ort im Ge- einigungspunkt grosser Verkehrsstrassen zwischen 
biet der kleinasiatischen Erythraier) zu andern ist. Asien , Griechenland , Agypten und den Pontos- 

9) fj JIhvg (von Pinien , die dort wuchsen , vgl. landern sehr begiinstigt, Strab. XIV 663; Naheres 
den dichterischen Beinamen der Insel Ilirvovooa). 30 bei Fustel de Coulanges 519ff. tjber das 
Nach der Pseudoherodoteischen vita Homeri 20 Fehlen von Pflanzstadten ausser der Beteiligung 
hielt sich Homeros dort auf. Beim Ruhen soil am Hellenion von Naukratis und der Griindung 
ihm dort ein Pinienzapfen auf die Nase gefallen von Ch. in Agypten ebd. 521f. Maroneia in Thra- 
sein. Nahe bei Bofaooog, jetzt Ilavog, 14 km. est- Men, Colonie der Chier s. Bd. IS. 2831 und 
lich vom heutigen BoXiooog. 10) f) IloXixvr} Hero- unten. Gesetze zum geordneten Betrieb der Han- 
dot. VI 26 wird bei Gelegenheit des Einfalls des delsgeschafte (Notariat) Ps.-Arist. oec. II 2 , 12, 
Histiaios auf Ch. und seines Sieges bei xd KoiXa Inschriften Movouov xal (SiflX. x. iv 2[ivQvy 
genannt. Es wird das Ortchen wohl an einer der Evayy. 2%oX. jieq. ft' h. a a. 39 in. und die 
zahlreichen Einbuchtungen in der Nahe zu suchen oben angefiihrten Arbeiten. Viele Sclaven, Thu- 
sein. 11) ai $avai, Thukyd. VIII 24. Strab. XIV40kyd. VIII 40. Plut. de mul. virt. 3 p. 244f. Po- 
645. Steph. Byz. Liv. XXVIII 24. XXXVI 43. 44. lyaen. strat. Ill 9. 

Genannt von dem weithin sichtbaren Vorgebirge Im 5. Jhdt. v. Chr. waren die Chier die reich- 

(pdvat oder <&avala axQa s. o., wegen dessen Nahe, sten Griechen, Thukyd. VIII 45. In der Zeit des 

etwa in mehrere Teile getrennt (noch jetzt 'Amavw Mithridates betrug die in der Stadt gebrand- 

$ava und Kdtco $avd). Uber den Apollontempel schatzte Summe 2000 Talente, Appian. Mithr. 47. 

und dessen Ruinen, Conzea. a. 0. 156f. Fustel Von dem regen Handelsverkehr und Geldumsatz 

de Coulanges a. a. 0. 505. Im Siiden der Insel geben die zahlreich gefundenen antiken Miinzen 

'AnoXlwv 'AyQertjg verehrt, s. Bd. II S. 41. Tiefe Zeugnis. 

Hafen (Strab. XlV 645) giebt es um dieses Vor- Poesie, Litteratur und bildende Kunst: Tiber 
gebirge mehrere. Palmenhain s. o. 12) fj Xiog 50 Ch. als angebliche Heimat des Homeros, die Home- 
die Hauptstadt, s. u. Nr. 2. riden auf Ch. , Kreophylos von Ch. oder Samos, 

In chorographisch wichtigen Inschriften (Mov- Kynaithos s. den Art. Homeros. Ein Verzeichnis 

otiov xat ^i^Xio&tjxrj xfjg iv SfivQVfi EvayyeX. hervorragender Chier bei Kora'is 179 — 254 [Bto- 

SxoXfjgnsQ. ft st. a' 1876 oo. 39 ki. Studniczka ygacpla Xicov ovofiaarwr). Und daraus Wlastos 

Athen. Mitt. XIII 1882, 164, 1. Blass Satura a. a. 0. 76—124. Was den Dialekt der alten 

philol. Sauppio oblata 127ff.) linden sich noch fol- Chier betriiFt, so enthielt der Wortschatz, wie 

gende Namen (s. auch oben): to AfjXiov, vielleicht die mehrfach angefiihrten Grenzsteinurkunden be- 

ein Heiligtum des delischen Apollon, ^ 'Eqjxw- zeugen, noch im 5. Jhdt. Aiolismen. Die Volks- 

voaaa, wahrscheinlich ein Weiler oder Plecken sprache war sehr wahrscheinlich ionisch-aiolisch, 
(genannt von einem Eigennamen?), Evddai (?),60O. Hoffmann Die griech. Dialekte III 225. 

iv Evddyoiv (von ev und adsiv [?] oder von einem Glossen bei Hesychios, Hoffmann Gr. Dial. Ill 

Eigennamen [?]), Ka/Mvr/r} (von der backofenarti- 221f. tiber die bildenden Kiinstler unddieKunst- 

gen Bodenform [?]), to Olov (= EinOd). Die drei werke H. Brunn Geschichte der griech. Kiinst- 

letzteren Namen sind wohl Flur- oder Gewanne- ler2, Stuttg. 1889, II Register, 

namen, denn es handelt sich in der Inschrift um Kulte in der Hauptstadt und auf der Insel: 

Grenzsteine. Ausser Dionysos und Kybele (s. o.) Zeus Olympios 

Die Betriebsamkeit und Arbeitsamkeit in Land- (und Herakles, Paspatis 410, 24) beimjetzigen 

wirtschaft , Gewerbe und Handel wurde an den Msaxd (6 km. siidOstlich noch heutzutage ein Ort- 



2295 Chios Chios 2296 

chen 'OAv/tm). 7 km. von 'OXvfim Herakles und Auswartige Besitzungen : Atarneus, s. den Ar- 

Athena (ebd. 409, 23). Herakles beim jetzigen tikel Bd. II S. 1897, die Insel Ch. im Nil, 

Tlvoylov im Siidosten der Insel, ebd. 4041, 9. Hekataios FHG I 20, Anteil am Hellenion in 

Apollon s. Bd. II S. 76: 'Aygsxrjg , BorjdQOficog, Naukratis, Chios in Karien (?), die Insel Psyra 

AeXtplvtos, A-qhog, Kavxaoevg, 6 iv Koikoig, Ei- (jetzt Vaoa), die Oinussai (jetzt 'Ayvovaaai), Ma- 

viog, IH-bios, 0avaTog. Artemis s. Bd. II S. 1406. roneia s. d. 

Cultstatte vielleicht am jetzigen Ilaodevrjs s. o. Chronologische tibersicht fiber die Ge- 

Athena s. o. und tgov 'Afhjvaltjg TJoliovxov, Hero- schicke der Insel und ihrer Bewohner: My- 

dot. I 160. Poseidon s. das Vorgebirge Iloai- thische Periode s. o. S. 2295. 7. Jhdt. Kampfe 
dsiov. Dionysos Aktaios und Phloios , Asklepios 10 der von den Milesiern unterstutzten Chier gegen 

Alimonakis 29f. Erythrai in Ionien. 6. Jhdt. Miinzpragung: Elek- 

Bewohner: Als erste Bewohner nennen uns tronstatere nach milesischem Puss und Silber- 

die Schriftsteller wie von vielen andern Nachbar- drachmen chiischer Wahrung (Sphinx, Dionysos- 

platzen Leleger und Pelasger (Strab. XIII 621. kult). Hiilfstruppen fur Miletos gegen den KSnig 

XIV 632. Paus. VII 2, 4; vgl. Schol. Pind. Pyth. von Lydien. Adelsherrschaft. Auslieferung des 

10, 6). Nach Ion (Paus. VII 4, 8) sagenhafte Paktyas an Mazares, den Peldherrn des Kroisos. 

Einwandemng aus Kreta unter Oinopion, Sohn Lohn hieffir Atarneus in Mysien. Weigerung, den 

des Dionysos oder des Theseus und der Ariadne. von Harpagos, dem Feldherrn des Kyros, bedrang- 

Unter seiner Herrschaft kommen Karer und Aban- ten Phokaiern die Oinussai abzutreten. Anteil 
ten aus Euboia. Nach Oinopion und seinen Sohnen 20 am Hellenion in Naukratis in Agypten. Um 600 

bekam Amphiklos aus Histiaia auf Euboia die Sclavenaufstand unter Drimakos. Kyros unterwor- 

Herrschaft. Der Urenkel des Amphiklos, Hektor, fen. 513 Tyrann Strattis unter persischer Ober- 

vertreibt die Abanten und Karer. Unter ihm hoheit., 498 Histiaios auf Ch. s. o. KoiXa, IToUxrrj. 

wird Ch. Mitglied des ionischen Bundes. Nach 494 bei Lade 100 chiische Schiffe. Chiische Fliicht- 

Strab. XIV 633 war Egertios Fiihrer einer Schar, linge werden von den Ephesiern aufgerieben. Vor- 

die aus verschiedenen Stammen gemischt war. her waren von 100 Junglingen, die nach Delphoi 

Die nahe Verwandtschaft der Chier und Ery- geschickt waren, 98 an der Pest gestorben und 

thraier, deren Stadt auch vom ostlichen Boiotien 119 Schulknaben von einem eingestiirzten Dach 

und von Euboia aus gegriindet war, in Sprache, erschlagen worden. Strattis, wieder als Tyrann 
Ortsnamen, Kulten u. s. w. ist unverkennbar und 30 eingesetzt, von Verschwornen mit Hiilfe der grie- 

wird von Busolt (Jr. Gesch. 12 314 mit einer chischen Flotte beseitigt. 479 Ch. in die helle- 

Besiedlung des Gebiets von Erythrai von Ch. aus nische Eidgenossenschaft aufgenommen. 477 auto- 

erklart. Die Nachricht des Marmor Parium II 43 nomes Mitglied des athenischen Seebundes. Demo- 

von einer Besiedlung von Ch. durch Neleus aus kratie. 468 (?) vermitteln die Chier Prieden zwi- 

Athenhat als unglaubhaft zuriickgewiesenPustel schen Athen und den von ihnen besiegten Phase- 

de Coulanges a. a. O. 512. Nach Beloch liten. 441 trifft Sophokles (als cxoaxtjydg gegen 

Die BevSlkerung der griechisch-romischen Welt Samos geschickt) auf Ch. mit Ion im Hause des 

234 hatte die Insel Ch. zur Zeit des pelopon- athenischen nodgevog Hermesileos zusammen. 441 

nesischen Krieges etwa 30 000 freie Einwohner und — 40 Die Chier auf Seite der Athener gegen Sa- 
100000 Sclaven (iiber 130 Einwohner auf 1 Qkm.). 40 mos (Chier und Lesbier zusammen- 55 Schiffe). 

Beruhmte Chier des Altertums und der Neuzeit 431 auf Seite Athens. Erhebung der Aristokraten. 

bei Kora'is 179 in. und Wlastos 76 in. Dich- Befestigung von Ch. Auf Befehl Athens die neue 

ter, Schriftsteller und Philosophen s. d. Art. Ari- Stadtmauer eingerissen. Die Athener stellenDemo- 

ston Nr. 56 (Bd. H S. 957ff.), Ion, Kynaithos, kratie her. 415 Die Chier unterstiitzen die Athener 

Likymnios, Metrodoros, Skymnos, Theo- bei der sikelischen Expedition (50 Schiffe). 413Ab- 

kritos, Theopompos, ferner Homeros (und fall der Chier von Athen zu Sparta (60 Schiffe). 

Homeriden). Kiinstler s. die Artikel Archer- 412 Hiilfsgesuch der Chier in Sparta. 412 Die 

mos Bd. II S. 457f. Bion Nr. 14 (oben S. 487), Athener schicken den Flottenbefehlshaber Ari- 

Bupalos Nr. 2 (oben S. 1054), Glaukos, Me- stokrates nach Ch. Sieben Schiffe der Chier stossen 
nippos, Mikkiades, Pantias, Sostratos, Ze-50zum athenischen Geschwader. Das Erscheinen der 

nodotos. tTber den Dialekt der Chier Kora'is peloponnesischen Flotte unter Alkibiades und Chal- 

67 in. O. Hoffmann Griech. Dial. Ill 224f. Mdeus bringt die Adelsherrschaft in die Hohe. 

tfber die Lebensweise, Eigentumlichkeiten und Die Chier wiegeln Lebedos und Lesbos auf. Die 

die sprichwOrtlichen Redensarten, die durch diese athenischen Feldherrn Leon und Diomedon landen 

veranlasst wurden, Pape Worterb. d. griech. bei Kardamyle, siegen bei Bolissos, Phanai und 

Eigennamen n3 1686. Alimonakis 69. Der Leukonion. Verwiistung. fjbergabe der Stadt. Die 

"Wohlstand der Chier fiihrte zur tjppigkeit; bei Anhanger der Peloponnesier rufen den spartani- 

Petron. sat. 63 ist vita Chia ein genussreiches, schen Flottenbefehlshaber von Erythrai herbei, 

flppiges Leben. XidCsiv. Vgl. Alimonakis 69f. der spater durch Pedaritos ersetzt wird. Athens 

Verfassung: Anfangs herrschten iiber Ch. wie 60 Anhanger getotet. Die Athener befestigen Del- 

iiber alle hellenischen Staatswesen ,K8nige'. Auf phinion. Sclavenaufstand. Strombiches, der athe- 

die KOnigsherrschaft folgt aristokratisches Eegi- nische Anfiihrer, wird durch die Erhebung von 

ment, das vom demokratischen abgelOst wird. Da- Abydos und Lampsakos dorthin abgelenkt. 407 

zwischen Tyrannen ; Beamte im 5. Jhdt.: ovqo- nehmen die Athener Delphinion wieder. Die demo- 

yvkaxes , nEvzexatdexa , flaodevs; im 4. Jhdt.: kratische Partei kommt in die Hehe. Die ver- 

iiQvxavK, oQiazai, s^sxaoxai, ol xaxa jxrjva xafiiai, bannten Aristokraten fiihrt der spartanische Adini- 

dyogavoftog. Phratrieneinteilung. Vgl. Gilbert ral Kratesippidas zuruck; die Demokraten ver- 

Griech. Staatsaltert. II 153. bannt. 600 von ihnen machen einen Handstreich 



2297 Chios Chios 2298 

auf Atarneus, das sie bis 398 behalten. 406 von Inschriften genannten Quartiere und Ort- 

Delphinion von dem Spartaner Kallikratidas ge- lichkeiten sind moglichst genau angegeben. Sie 

nommen ; sein Unterfeldherr Eteonikos besetzt die unterliegen auch keinen Veranderungen , wah- 

Insel. 404 kampfen die Chier bei Aigospotamoi, rend beim Wiederaufbau der durch das grosse 

mit den Peloponnesiern verbiindet. Drei Chier Erdbeben von 1881 zerstorten und 1888 noch 

zeichnen sich besonders aus. 404/403 durch Lysan- nicht wiederhergestellten Stadtteile Strassen und 

dros ein Harmost, zehn Archonten und eine spar- Hauserreihen anders gelegt wurden. Die zahl- 

tanische Besatzung in Ch. Die Demokraten nach reichen Belegstellen in Schriftstellern und In- 

Atarneus. 394 Die spartanische Besatzung ver- schriften sind in P apes und Benselers Werter- 
trieben. 388/87 Im Biindnis mit Athen. 381 Ge- 10 buch der griechischen Eigennamen und im Index 

lockerte Beziehungen zu Athen. 377 Ch. tritt als zum CIG gegeben. Als Statte der Akropolis haben 

erste Stadt dem zweiten athenischen Seebund bei. wir den jetzt UaXaioxaoxoov genannten Hiigel 

364 tritt Ch. in freundschaftliche Beziehungen zu anzusehen. Uber die Mauerreste Pustel de Cou- 

Theben. 357 fallt Ch., durch Maussollos von Ka- langes a. a. O. 488f. 493. Nach den Inschrift- 

rien hiezu veranlasst, von Athen ab, weist Chares' funden zu schliessen, befand sich die alte ayogd 

Angriffe zuriick. Die Athener werden bei Ch. ge ■ mit den Staatsgebauden zwischen JJaXaioxaaxQor 

schlagen, Chabrias fallt. 355 Priede mit Athen. und Bovvdxi (jetzt kein Hugel mehr). Die Stadt 

354 Oligarchie. Vor 346 von karischen Piirsten zog sich ahnlich wie Genua als Streifen um den 

erobert. 346 Herrscher Idrieus von Karien, Nach- (spater versandeten) halbmondfotmig geschweiften 

folger der Artemisia. 343 (?) wieder selbstandig. 20 Hafen her. Die Mauem der Stadt (aus braun- 

339 leisten die Chier im Bund mit den Athenern lichen, beim jetzigen Dorf 6v//iavd gebrochenen 

den von Philippos II. bedrangten Byzantiern wirk- Marmor erbaut) erstreckten sich nach Vitr. X 16 

same Hiilfe. Demokraten obenan. Die Aristo- bis hart an das Seegestade. Der alte Hafen, fur 

kraten rufen die Perser. Apollonides , Phisinos 80 Pahrzeuge Eaum bietend, erstreckte sich weiter 

((pyoTvos*!), Megareus, Athenagoras lieferu dem ins Land, als es jetzt der Pall ist, und reichte 

Memnon die Stadt aus, in die Pharnabazos eine wohl an den Sfidfuss des IlaXouoxaoxoov (Pustel 

Besatzung legt. 333 liefern die Demokraten die de Coulanges a. a. 0. 488). Dass von der alten 

Perser und die Aristokraten dem makedonischen Stadt und den Gebauden um den Hafen nicht 

Anfiihrer Hegelochos aus. Makedonische Besa- mehr Cberreste zu Tage liegen, riihrt nicht nur 

tzung bis 331. 325 Beschwerde der Chier wegen 30 von der ununterbrochenen Bewohnung der Statte 

der Gewaltthatigkeiten der Soldaten. 324 Am- her, sondern ist auch den starken Erdbeben zu- 

nestiedecret des Alexandres. 202 Mit Attalos zuschreiben, die die Insel so oft heimgesucht haben. 

von Pergamon und den Bhodiem verbiindet, schla- Aus Aeneas poliorc. 11 wissen wir, dass dicht an 

gen die Chier Philippos HI. von Makedonien bei dem durch xXeT&oa (wohl geteerte Ketten) ge- 

ihrer Insel. 190 auf Seite der Romer gegen schlossenen Hafen die Schiffswerften lagen, daran 

Antiochos von Syrien. Ehrungen und Gewah- eine oxod jedenfalls zum Verstauen der Waren 

rung von Land (Atarneus [?] , Xlog noXig Ka- u. dgl. Geschaften , hieran ein Turm stiess , in 

oi'ag [?] aXXtj xaxa to Toiomov xei/tevr) Iv xfj dem sich die aQxovxeg aufhielten. c. 17 erwahnt 

Xegoovr/ocp [?]) seitens des rOmischen Senates. 86 er, dass eine Anzahl Strassen zur dyogd fiihr- 

auf Seite des Mithradates. Die Stadt von Zeno- 40 ten. Ob das iobv 'Ad^valrjg IIohov%ov (Herodot. 

bios gebrandschatzt (2000 Talente), die Burger I 160) auf der Akropolis oder in der Stadt stand, 

nach dem Pontos gebracht. 85 durch Sulla zu- konnen wir nicht entscheiden. Ein Sitzbild der 

riickgebracht. Ch. eine eivitas libera. Ebenso zu Athena in Ch. wird Strab. XIII 601 genannt. 

Lucullus, Pompeius, C. Iulius Caesars, Augustus Aeneas pol. 17 erwahnt die Aiovvoia, die an 

und Tiberius Zeiten ; der letzte besuchte Ch. zwei- einem (Scofiog gefeiert werden. Das Theater 

mal. Unterstiitzung der Chier zur Herstelhmg wird Appian. Mithr. 47 erwahnt. Aovxoov xwv 

der durch das grosse Erdbeben zerstorten Ge- avSgoiv (Paspatis 403 nr. 4), ■yvfirdator (ebd. 

baude. Noch bei Plin. n. h. V 136 eine eivitas 418, 46). Eine Stunde Wegs nordlich von der 

libera. 24 v. Chr. Besuch des Herodes. Geschenke. Akropolis beflndet sich die beriihmte daoxaXo- 

Wohlthaten. Unter Vespasianus keine eivitas 50 jiexga, nach dem Glauben vieler jetziger Einwoh- 

libera mehr; gehort zur provineia insularum bis ner die Schule des Homeros, in der That ein altes 

Constantinus. 449 und 451 n. Chr. Bischof Try- Heiligtum der Kybele (vgl. Pococke a. a. 0. Ill 

phon von Ch. Bischofe Georgios und Theophilos. lOff. Chandler a. a. 0. c. 16. C h o i s e u 1- 

1089 Verwiistung durch den Turken Tzachas. Gouffier pi. XLVII. Conze a. a. 0.). 

1090 besetzt Dalassenos im Auftrag des byzan- 3) Auf der triopischen oder knidischen Cher- 
tinischen Kaisers Ch. 1172 der Doge von Venedig sonesos, die sich zwischen dem keramischen und 
Vital Miehieli im voriibergehenden Besitz von Ch. dorischen Golf gegen die Inseln Kos und Ni- 
1204 Ch. im Besitz der Venezianer. Hierauf im syros ausstreckt, Stadt (noXig) Kariens CIA I 231. 
Besitz der genuesischen Pamilie Zaccaria , der 233. Steph. Byz. Der cpoQog der Stadt betrug 
Byzantiner, der Maona von Genua und schliesslich 60 zwischen 450 — 447 v. Chr. 2000 Drachmen. In 
der Turken. den Listen von 450 und 447 eine Quote von 

2) Xwg, Hauptstadt von Nr. 1. Vgl. die 33 Drachmen, A. Boeckh Staatshaush. d. 

umstehende Planskizze der jetzigen Stadt. Von Ath. ns 498. Die Ortslage ist in der Nahe von 

ganz genauer topographischer Wiedergabe eines Akanthos landeinwarts zu suchen. Th. Spratt 

Teils, namentlich um die jetzige Pestung, musste The Dorian Peninsula , Archaeologia XLIX 345. 

bei der Croquierung , die eilig und nur mit H. K i e p e r t Formae orb. ant. IX. 

verstohlenen Peilungen 1888 ausgefuhrt wurde, [Burchner.] 

abgesehen werden. Die in den Pundberichten 4) Eponyme der Insel Chios, Sohn des Oke- 



2299 



Chios 



Chios 



2300 




I5&* A' 



IPoayxi 



Bovvaxi 







q -dbQaycoytlov 

Xelparov 



Mtiloi Irtfixijs 



KdOtqor x.Xc&qclXi 



too too 



2301 Chiramaxium Chiron 2302 

anos oder des Poseidon und einer einheimischen Chiron. 1) DerKentaur. In der litterarischen 

Nymphe. Wahrend der Geburtswehen flel Schnee, trberlieferung vorwiegend Xsiqoiv, auf attischen 

wovon Poseidon dem Sonne den Namen gab. Steph. Vasen durchweg XIqcov. Kretschmer Die griech. 

Byz. Paus. VII 4, 8 = Ion Chius frg. 13, FHG Vaseninschr. 131f. Khigmv in einer hocharcha- 

II 50. [Escher.] ischen Inschrift auf der Stadthobe von Thera (nach 

5) Eponymer Prytanis in Lebedos, in einer brieflicher Mitteilung des Herrn Dr. P. Hiller 

Inschrift vora Panionion bei Mykale, CIG 2909. v. Gaertringen). 

[Kirchner.] 1) Etymologie. Ch. ist der Gott der schmerz- 

Chir amaxium (Petron. 28, %eiQa/xak'a Oribas. mildernden, kunstgewandten Hand ; der Name ist 
1 520 Daremb.), ein von Menschen gezogener kleiner 10 ein Hypokoristikon von xeiQioocpos oder einem 

Wagen. In einem solchen wird der Liebling des andern mit x^Q zusammengesetzten Wort. Cornnt. 

Trimalchio gefahren und man bedient sich seiner, theol. 33 fin. Et. M. Mannhardt Ant. Wald- 

umKrankeneinem&ssigeBewegungzu verschaffen, und Peldkulte 46. Usener Griech. Gotternamen 

Gael. Aurel. chron. Ill 6, 86. [Mau.] 156f. Vgl. Pick-Be cht el Griech. Personennamen 

Chireoe, kaukasisches Volk zwischen den Phry- 414. 433. Et. Gud. Erotian. lex Hippokr. s. Xsi- 

stanitae und Amazones, Tab. Peut. ; wahrschein- Qcovdxrm. 

lich blosse Dittographie der nahe verzeicbneten 2) Localisierung und Kult. Kronos er- 

Chisoe (s. d.); die alanischen Oseten, welche sich' zeugt den Ch. in Lakereia am boibeischen See; 

Ir d. i. Airya ,Arier' nennen, werden kaum darunter Ch. lebt auf dem Pelion , dessen Ortsgottheit er 
gemeint sein, trotz lesg. Hirijaw ,Osete', Hiritli 20 ist. Pind. Pyth. Ill If. Kypr. frg. 2K. Hes. cat. 

,Osetenland'. ' ' [Tomaschek.] frg. 38 K. Eur. I. A. 705. Dikaiarch. frg. 60. 

Chiris {XiQig), eine der fiinf Stadte Unter- Nikand. het. frg. 42; ther. 502. Ovid. met. VII 

nubiens, die die Blemyes (s. d.) im 5. Jhdt. n. Chr. 352; Xeigcovecos axga iiber derKiiste Sepias Schol. 

innehatten, Olympiod. frg. 1, 37 bei Phot. bibl. II. XVI 144; XuQwvlSeg axgat Kail. h. in Del. 

62 a 21 (FHG IV 66). [Sethe.] 103. Seine Wohnung ist eine Hohle, Pind. Pyth. 

Chirius Fortunatianus s. Fortunatianus. Ill 63. IV 102. IX 30; Isthm. VII 42; Nem. Ill 

Chirographarii creditores sind die nicht 43. Ovid. met. II 630; fast. V 381f. Schol. 

durch ein Pfandrecht geschiitzten Glaubiger , so Arat. 436 ; Ileke&eoviov avxgov Philarg. zu Verg. 

benannt, weil sie nur durch ihre Schuldscheine Georg. Ill 115, XIqcov IleXsfiQovwg Hesych. ; Mdy- 
(s. Chirographum und Cautio) gesichert sind. BOvrjs Pind. Pyth. Ill 45; vgl. Schol. II. XVI 14ff. 

Paul. V 26, 4. Cod. VIII 41 (42), 7. Der Ge- v. Wilamowitz Herm. XXX 1895, 196. Noch 

genstand ihrer Forderung heisst chirographaria in spater Zeit gab es am Fusse des Pelion ein 

pecunia. Cod. VIII 26 (27) etiam ob ohirogra- Geschlecht, das sich auf Ch. zuruckfiihrte und 

phariam peeuniam pignus teneri (sog. retentio die Heilkunde, die vom Vater auf den Sohn als 

Gordiana, vgl. Dernburg Pandekten* I 687 strenges Geheimnis vererbt wurde, unentgeltlich 

§ 279). [Leonhard.] ausiibte, Dikaiarch frg. 60. Dem Ch. als Arzt 

Chirographum (jsigoygacpov, ov/ifioXaiov) oder brachten die Magneten Gaben dar, Plut. quaest. 

cautio (s. d.), Cass. Dio LXV 5. Ps.-Asc. ad Cic. conv. Ill 3. Von einem Menschenopfer an Ch. 

Verr. I 36 p. 184, ist das handschriftliche Schuld- und Peleus im thessalischen Pella spricht Moni- 
bekenntnis. Es war nach rOmischem Bechte nur40mos, FHG IV 454. Panofka Arch. Ztg. I 172. 

ein Beweismittel fur eine Darlehensschuld oder IX 399 setzt den Apollon im magnesischen Hylai 

eine Stipulatio (s. d.), wahrend die Peregrinen (Paus. X 32, 6) dem Ch. gleich. In Arkadien 

nach ihrem Bechte durch Chirographa und Syn- und Lakonien ist Ch. nicht ursprunglich zu Hause. 

graphae verpflichtet wurden. Gai. Ill 134. Cic. 3) Genealogie. Ch. ist der Sohn des Kro- 

in Verr. act. II, I 91; Phil. II 65; ad fam. VII nos und der Philyra. Kronos wohnte ihr in Boss- 

18, 1. Sueton. Caes. 17; Cal. 12; Dom. 1. gestalt bei oder er verwandelte sich, von Bhea 

Quint. VI 3, 100. Gell. XIV 2. Cod. Theod. iiberrascht, in ein Boss, oder Philyra wurde nach 

II 27. Ambros. de Tobia 12; de sacram. I 2. dem Umgange mit Kronos verwandelt. Dies soil 

Das rSmische Becht erfuhr insofern eine Ande- den Bossleib des Ch. erklaren. Titanomachie frg. 
rung, als spaterhin Schuldscheine nur eine be- 50 7 K. Pherekydes in Schol. Apoll. Bhod. I 554. 

stimmte Zeit (im iustinianischen Bechte zwei II 1231. Apollod. I 9 W. Schol. Lyk. 1203. Schol. 

Jahre) lang einer exeeptio oder querela non nume ■ II. I 266. IV 219. Eustath. II. 463, 33. Hyg. 

ratae pecuniae unterlagen, nach Ablauf dieser fab. 138. 274; astr. II 38. Serv. Philarg. und 

Zeit aber nicht mehr wegen nicht empfangener Probus zu Verg. Georg. Ill 93. Hesych. Kqo- 

Gegenleistung angefochten werden konnten. ridqg Pind. Pyth. ni 4. IV 115. Nikand. ther. 

Iustinian bemerkt daher, dass hiernach der 501. Orph.lith.praef.il; Philyrides, Philyreius 

Schuldschein sich nach Ablauf der Anfechtungs- heros, Pind. Pyth. Ill 1. VII 22. IX 30. Hes. 

zeit in einen neuen selbstandigen Verpflichtungs- theog. 1003. Apoll. Bhod. I 554. Ovid. met. 

grund {obligatio litteris) verwandle. Inst. Ill 21. II 676; fast. V 383. 391. Vergil, georg. Ill 550. 
Litteratur: Brissonius De formulis, Franco- 60 Prop. II 1, 60. Orph. Arg. 450. Bruder des Ch. 

furti 1592, VI 535ff. Gneist Die formellen Ver- ist Dolops (Hyg. fab. praef. p. 11 Schm.) oder 

trage des neuen romischen Obligationenrechts 1845, Aphros, Ioann. Antioch. frg. 6, FHG IV 542. T flm- 

198ff. Bahr Die Anerkennung als Verpflichtungs- pel Philologus XLIX 1890, 116f. Nach Suid. 

grunda 327. Goldschmidt Ztschr. d. Savignyst. frg. 1, FHG II 464 = Schol. Apoll. Bhod. I 554. 

Bom. Abt. X 352ff. Mitteis Beichsrecht und II 1231. Lucan. VI 386f. stammt Ch. wie die 

Volksrecht 1891, 484. Leonhard Inst. 417. 418, andern Kentauren von Ixion und Nephele und 

1 § 134 II. Weitere Litteratur s. bei Arndts ist Bruder des Peirithoos. Schol. II. IV 219 heisst 

Pand. § 281 Anm. 1. [Leonhard.] er ein Sohn des Poseidon. Gattin des Ch. ist 



2303 Chiron Chiron 2304 

die Nymphe Chariklo. Hes. cat. frg. 104 K. Pind. Ill 57. Xsigmvls fiiBkog, ein medicinisches Buch, 

Pyth. IY 103 und Schol. Apoll. Ehod. 1 554. n 813 Anth. Pal. VII 158, 9. Epigr. adesp. 579. Die 

und Schol. Ovid. met. II 686. Ein Sohn des Ch. Kunst der Jagd wurde ihm von Apollo und Ar- 

ist Karystos, der Eponyme der euboischen Stadt temis verliehen (Xen. cyneg. I If.), und nicht 

Karystos, die nach Theodoridas audi Cheironeia weniger lieb als Jagen, Reiten und Piihrung der 

genannt wurde, Pind. Pyth. IV 103 (181). Schol. Waffen ist ihm das Spiel der Leier, als deren 

Lyk. 580. Steph. Byz. Eustath. II. 281, 9. Ross- Erflnder er gait. Eustath. II. 463, 33. Ch. als 

bach DLZ 1894, 179; ein anderer einer der Leierspieler Stat. silv. V 3, 191 ; Ach. I 18. Ovid, 

vier Aristaioi, Schol. Apoll. Bhod. II 498 = fast. V 386. Plut. Per. 4. Val. Place. I 139. 

Bakchylides frg. 62. Tochter des Ch. ist Hippe, 10 Orph. Arg. 401f. Philostr. her. 197 K. Sen. Troad. 

die Mutter der Melanippe. Eur. Melanippe arg. 832f. Sil. It. XI 452f. Die Komedie kennt Ch. 

p. 129 N. frg. 492 N. Hyg. astr. II 18 (= Kail. als Jugenderzieher, insbesondere als Vertreter der 

frg. 386 Schn.). Schol. Germ. Arat. p. 79, 3. 141, ,klassischen' Musik. Kratinos Xelgavsg. Platon 

6. Pollux. VI 141; oder Melanippe selbst (?) com. frg. 191 K. Pherekrates XeiQmv. Kratinos 
ist eine Tochter des Ch., Eratosth. cat. 18. Auch min. XeiQcav. Er lehrt Gerechtigkeit und ein- 
Thetis soil die Tochter des Ch. sein, Schol. Apoll. fachen Sinn, und Ehrfurcht vor Zeus und den 
Rhod. 1558. Hyg. fab. 14. Diet. Cret. I 14. VI Eltern. Xelgcovos vjtofifjxai, Unterweisung des 

7. Tzetzes Antehom. 180. Graf Arch. Jahrb. Ch. an Achilleus, ein Epos unter Hesiods Namen, 
1 1886, 199. Nach Hyg. astr. H 18 ist Thetis der Kinkel Erg. epic. 148f. Wahrscheinlich hierauf 
friihere Name der Hippe. Weitere TOchter des 20 bezieht sich die Inschrift XiQcovsia auf einer 
Ch. sind Endeis (anderwarts Tochter des Skiron, Biicherkiste auf dem streng rf. Napf aus der 
T6pffer Att. Geneal. 273), die Mutter des Peleus, Werkstatt des Euphronios, Furtwangler Vasen- 
Philosteph. Kyr. frg. 35 = Schol. II. II 14. XVI katalog Berlin 2322. 

14. Hyg. fab. 14, und Okyrrhoe, die Pflegerin 5) Schiitzlinge und Schiiler des Ch. 

des Asklepios. Ovid. met. II 635f. a) Achilleus (s. Bd. I S. 225. 242). Peleus 

4) Das Wesen des Ch. Ch. ist einer der bringt seinen von Thetis verlassenen Sohn zu 

Kentauren, er heisst bicpvtjg, (prjQ, (a/tevrjg, gemi- Ch. Wahrscheinlich war dies zuerst in den hesi- 

nus, semifer, semivir, Apollod. I 9 W. Pind. odischen Katalogen erzahlt, Robert Bild und 

Pyth. Ill 4. IV 119. 1X38. Ovid. met. II 630f.; Lied 124. Homer erwahnt nur den Unterricht 

fast. V 380. Aber er unterscheidet sich von 30 in der Heilkunde, II. XI 831 und Schol., vgl. 

den iibrigen Kentauren durch seine Abstammung Schol. Arat. 436. Plut. quaest. conv. V 2. Schol. 

und seinem ganzen Wesen nach. Er ist der ge- Demosth. XVIII 72. b) Aktaion, Sohn des 

rechteste, ja sogar der einzig gerechte aller Ken- Aristaios, wird von Ch. auferzogen und lernt bei 

tauren, II. XI 832. Titanomachie frg. 6 K. Xen. ihm die Jagd. Er wird von den eigenen Hunden 

cyneg. I 1. Hyg. astr. II 38. Erathosth. cat. 40. zerrissen. Wie sie nachher ihren Herrn suchend 

Orph. Arg. 377; er ist fidvng und weiss die Zu- zur Hohle des Ch. kommen, macht der Kentaur 

kunft, Eur. I. A. 1064. Hor. epod. Xni lOf. Pind. ein Bild des Aktaion , um sie zu beruhigen. 

Pyth. IX 52f., und wird auch geradezu als Gott Apollod. Ill 30f. W. c) Alkon lernt mit As- 

bezeichnet, Aisch. Prom. 1027. Soph. Trach. klepios zusammen bei Ch. die arztliche Kunst. 
714. Als solcher ist er unsterblich, Apollod. II40Anonymus in vita Soph, d) A poll on, Schuler 

85 W. In jedem Palle eignet ihm Gute and Milde, des Ch. lust. Mart, de monarch. 6. Ch. scheint 

FrOmmigkeit und tiefe Weisheit, II. IV 219. Eur. zu Delphoi besondere Beziehungen gehabt zu 

I. A. 710. 929 (evasBsorarog). Pind. Pyth. Ill haben; vgl. e und f und die Erwahnungen 

4. 5. 53. 63 (evQVftedmv , (Sa{hfii]Ta, adxpQcov). Pindars in den pythischen Oden. e) Aristaios. 

Plat. rep. Ill 391 C ; Hipp. min. 371 D. Spatern Ch. weissagt dem Apollon die Zukunft des Sohnes, 

gilt er geradezu als Philosoph, Hermippos bei den ihm Kyrene gebaren werde. Pind. Pyth. IX 

Clem. Al. strom. I p. 132 Sylb. Antisthenes, Plut. 29 (nach der hesiod. Eoie, Schol. zu v. 6). Den 

de E apud Delphos 6. Ioann. Antioch. frg. 6 kleinen Aristaios bringt der Vater zu Ch. Apoll. 

u. a. Als Erzieher und Preund einer grossen Rhod. II 509f. (wahrscheinlich auch dies nach 

Zahl griechischer Heroen, sowie als Kronide, wird 50 Hesiod, Studniczka Kyrene 40f.); vgl. 3. f) As- 

er als Greis bezeichnet. Nonn. Dion. XXXV 61 klepios wird von seinem Vater Apollon, als die 

(yt]Q(deog ysQeoBiog). XL VIII 41. Theokr. XHI Leiche der Koronis auf dem Scheiterhaufen liegt, 

150 (yiQwv). Lucan. VI 393. Sen. Thyest. 861. aus dem Mutterleibe genommen und zu Ch. ge- 

Stat. Ach. 1 106 (senex longaevus), vgl. Philostr. bracht, wo er die arztliche Kunst und die Jagd 

her. p. 176 K. lernt, H. IV 219, (wahrscheinlich schon in der 

Seine Zoglinge unterrichtet er in allem, was hesiodischen Eoie, v. Wilamowitz Isyll 59. 63. 

er selbst als Meister treibt und was Helden wohl Pind. Pyth. Ill 33f. und Schol.; Nem. Ill 54. 

ansteht, so hauptsachlich in der Heilkunst, die Apollod. HI 119 W. Nikand. ther. 438f. Phi- 

er selber an Peleus und Phoinix (s. u.) ausubt, lostr. her. p. 176 K. Cornut. theol. 33 fin. Dionys. 
die er von Zeus empfangen hat (Orph. lith. praef. 60 Rhod. frg. 6 (Schol. Pind. Pyth. I 109). Ovid, 

llf.) oder als deren Erfinder er gilt. Hyg. fab. met. II 628f. Der Argiver Sokrates (Schol. Pind. 

138. 274. Eustath. II. 763, 15. Schol. II. IV Pyth. Ill 102) erzahlt, dass Asklepios spater seinen 

219. Suid. Pind. Pyth. Ill 65. Philostr. a. O. eigenen Lehrer Ch. geheilt habe; offenbar von 

Orph. Arg. 379. Plut. quaest. conv. VIII 2. Eine der durch den Pfeil des Herakles verursachten 

Reihe von Heilpflanzen sind von Ch. entdeckt Wunde. Diese Scene (die zu Grande liegende 

und nach ihm benannt (Xiqwvsiov , KsvravQstov) dichterische Bearbeitung kennen wir nicht) ist 

Theophr. hist, plant. IX 11, 1. Dikaiarch. frg. dargestellt auf dem pompeianischen Wandgemalde 

60. Plin. n. h. XXV 13. 14. 16. 19. 30. Dioskor. Helbig 202, und die gleiche Sage wird auch der 



2305 Chiron Chiron 2306 

Phlyakendarstellung Baumeister Denkm. II 903 soil von Ch. die arztliche Kunst gelernt haben, Ptol. 

zu Grande liegen. Heydemann Arch. Jahrb. Heph. I. 1) Machaon und Podaleirios sind 

I 1886, 287. g) Dionysos, der Geliebte des nach Xen. cyneg. I 2 Schiller des Ch., vgl. Ael. 

Ch., soil von ihm seine Feiern und Weihen ge- Aristid. VII 42. m) Medeios Sohn des Iason, 

lernt haben. Ptol. Heph. IV. h) Herakles vrird von Ch. erzogen, Hes. theog. 1001. n) Melam- 

von Hermes dem Ch. zur Erziehung gebracht: pus, Sohn des Amythaon, lernt von Ch. die arzt- 

a) sf. Amphora aus Volci, Klilgmann Arch. Ztg. liche Kunst (Tierheilkunde). Columella X 349. 

XXXV 1876, 199 Taf. 17. Usener a. O. Schol. Vergil, georg. Ill 550. Suid. o) Patroklos flieht 

Theokr. XIII 9. Plut. de mus 40. Hauflger wegen einer Blutschuld zu Peleus, der ihn an 
ist die Brzahlung, dass Ch. durch einen Pfeil 10 Ch. weist. Ch. erzieht ihn mit Achilleus zu- 

des Herakles verwundet wird: /S) Ch., von den sammen. Philosteph. Kyr. frg. 35 = Schol. II. II 

Lapithen vom Pelion vertrieben, wohnt auf dem 14. XIV 14. Oder der Vater Menoitios bringt ihn 

Vorgebirge Malea; nach der Schlacht auf der zu Ch. , Val. Place. I 407f.; vgl. Stat. Ach. I 

Pholoe fliehen die Kentauren zu ihm, wobei He- 174f. p) Peleus, ,der Mann vom Pelion' nach 

rakles unabsichtlich den Ch. mit dem Pfeile trifft. spaterer Sage ein Enkel des Ch. (s. o. S. 2302f.), 

Apollod. II 85 W. Diod. IV 12, 8. Tzetz. Lyk. wurde von Akastos, bei dem ihn dessen Weib ver- 

670; chil. V 124f. Da die Wunde unheilbar ist leumdet hatte, zur Jagd auf wilde Tiere in die 

(Soph. Trach. 714f. Xeigcoveiov elxog Eustath. Walder des Pelion geschickt. Ch. (oder Hermes) 

II. 463, 33. Suid.), bietet er sich Zeus an, statt des geben ihm ein Schwert, das Hephaistos gearbeitet 
Prometheus zu sterben. Apollod. II 119 W. Ro-20hat. Wie Peleus zuriickkehrt, lachen ihn die H6f- 

bert 16. Hall. Winck.-Progr. 1892, 67. Preller- linge des Akastos aus, dass er keine Beute habe; 

Robert Griech. Myth. lOOff. Aisch. Prom. 1026f. er aber zeigt ihnen die abgeschnittenen Zungen 

Ch. und Pholos zusammen nehmen den Herakles der Tiere. Spater sinkt er auf dem Pelion in 

auf, Theokr. VII 149f. y) Wie Herakles und Schlaf; Akastos versteckt das Schwert unter einen 

Ch. friedlich in der Hohle beisammen sitzen, fallt Kuhfladen, die Kentauren uberfallen den Schlafen- 

ein Pfeil aus dem KOcher, oder Ch. lasst einen den, aber Ch. rettet ihn und verhilft ihm wieder 

der Pfeile fallen und verwundet sich den Puss. zu seinem Schwert. Hes. cat. frg. 35 K. Pind. 

Zum Lohn fur seine Gerechtigkeit und damit er Nem. IV 54f. und Schol. Schol. Apoll. Rhod. I 

nicht an unheilbarer Wunde dahinsieche, wird 224. Apollod. Ill 165f. W., vgl. Nikand. het. 
er von den Gottern als ,Kentauros' oder Sagittarius 30 frg. 42. Glanzend und durchaus iiberzeugend ist 

unter die Sterne versetzt. Dies ist die jungere, die Reconstruction der alten Sage durch Mann- 

durch die Aratcommentare fiberlieferte Version, hardt a. O. 58, wonach Peleus urspriinglich von 

ein Gegenstuck zur Hadesfahrt des Ch. Eratosth. den neidischen Hofiingen im Schlafe getotet, daun 

cat. 40. Schol. Arat. 436. Hyg. astr. II 1 8. 38. aber von Ch. wieder ins Leben zuriickgerufen 

Ovid. fast. V 379f. Schol. Germ. B p. 99; G wurde. Wahrscheinlich ist dies die Sage, die 

p. 178 Breys. Sen. Thyest. 860f. Lucan. VI 393f. ; Ch. selbst den Namen gab, ihn zum dixaiotazos 

vgl. Paus. V 19, 9. Vielleicht ist das Motiv des KevravQcov machte und aus der Schar der Ken- 

fallenden Pfeiles in der Ch.-Sage secundar und von tauren heraushob. Nach Philosteph. Kyr. a. 0. 

Pholos her iibertragen, vgl. Apollod. II 86 W. floh Peleus zu Ch., nachdem er seinen Stiefbruder 
Robert Arch. Jahrb. V 1890, 230f. Taf. IV. 40 Phokos getotet hatte. Beide Versionen vereinigt 

Mannhardt a. 0. 44. Ausser der Verstirnung Schol. Ar. Nub. 1063. Mit dem Rat und der 

des Ch. und der Heilung durch Asklepios (s. o.) Hiilfe der Ch. gewinnt Peleus das Meermadchen 

wird noch erwahnt, dass sich Ch. im Anigros Thetis. Die Hochzeit im Beisein der Gotter wird 

badete, Paus. V 9, 10, oder eine Heilpflanze an- in der Hohle des Ch. gefeiert. Ch. giebt dem 

wendete, Plin. n. h. XXV 66, oder an der Wunde Peleus als Hochzeitsgeschenk eine eschene Lanze. 

starb. Diod. und Tzetz. a. 0. 8) An a an- Apollod. Ill 170 W. Pind. Nem. Ill 56. Phere- 

schliessend und mit p wahrscheinlich fur die Aus- kydes (? Schol. Pind. Nem. IV 81). Sophokles 

bildung von y massgebend geworden, ist die durch frg. 155. 556. Quint. Sm. I 593. Tzetz. Lyk. 

den Herakles des Antisthenes vertretene Version, 178. Graef Arch. Jahrb. I 1886, 196f. Dieser 
wonach Herakles aus Liebe zu Achilleus in die 50 volkstumlichen Version steht die epische gegen- 

Hohle des Ch. kommt. Eratosth. cat. 40, vgl. fiber, wonach Ch. nach Auftrag und Willen der 

Philostr. her. p. 176 K. Mosaik von Portus Mag- Gotter die Ehe stiftet. Erst bei Ovid sind beide 

nus, Robert a. 0. R. de la Blanchere Musee Passungen vermischt, II. XVI 140f. Kl. II. frg. 

d'Oran Taf. II— VI p. 40f. Kaibel Herm. XXV 5K. Kypr. frg. 2K. Pind. Isthm. VII 42f. Schol.; 

1890, 586f. Dummler Philologus L 1891, 228f. Pyth. Ill 90 (168). Eur. I. A. 701f. 1036f. Xen. 

Nach Stat. Ach. I 156 sah Ch. den Herakles zu- cyneg. I 8. Apollod. a. 0. Quint. Sm. IV 131f. 

erst auf der Argo. i) Iason, der Held von Iol- Schol. Apoll. Bhod. IV 816. Coluth. rapt. Hel. 

kos, wurde von seinen Eltern als Kind zu Ch. 26f. Claudian. IX If. Wie Peleus mit den Ar- 

gebracht und von diesem auferzogen und in der gonauten absegelt, zeigt ihm Ch. vom Ufer aus 
Heilkunde unterrichtet (daher der Name Iason). 60 den kleinen Achill. Apoll. Rhod. I 553f. Val. 

Wie er die vaterliche Herrschaft iibernehmen will, Place. I 255f. Orph. Arg. 376f. q) Phoinix, von 

heisst ihn Pelias zuvor das goldene Vliess aus seinem Vater geblendet, flieht zu Peleus, der ihn 

Kolchis holen. Ch. giebt ihm guten Rat zur zu Ch. fiihrt. Dieser giebt ihm das verlorene 

Fahrt. Hes. cat. frg. 38 K. Pind. Pyth. IV 102f. Augenlicht wieder. Phoinix wird hierauf KOnig 

und Schol.; Nem. Ill 54. Asklepiades frg. 3, FHG der Doloper (Dolops Bruder des Ch., s. o.). Apollod. 

HI 302 = Schol. Od. XII 69. Hypoth. Ap. Rhod. Ill 175 W. (giebt wahrscheinlich den Inhalt der 

p. 532f. Keil. Apoll. Rhod. I 32f. Schol. Apoll. euripideischen Tragoedie Phoinix). Schol. Plat. 

Rhod.I32.554. Tzetz. chil. VI 984f. k)Kokytos leg. 931B. Tzetz. Lyk. 421. Prop. II 1, 60. 

Pauly-Wissowa III 73 



2307 Chiron Xi'^on'o? afinelog 2308 

r) Podaleirios s. Machaon. s) Teiresias, der Haufig sind die Darstellungen der Uberbrin- 

Weissagekunst beraubt, erhalt sie durch Ch. zu- gung des kleinen Achilleus an Ch. Ausser der 

nick. Sostratos bei Eustath. Od. 1665, 48f. Wag- Bd. I S. 242f. angefiihrten Litteratur vgl. Heyde- 

ner Herm. XXVII 1892, 131f. t) Die Jagd und mann Vasensammlg. Neapel S. A. 160. Furt- 

das Kriegshandwerk erlernten von Ch., nach Xen. wangler a. 0. 1901. Walters Journ. of Hell, 

cyneg. I If. iind Philostr. p. 176 K.: die Genossen Stud. XIII 1892/3, 84f. (Brit. Mus. Cat. B 77), 

des Peleus und Iason bei der kalydonischen Jagd : desgleiclien linden wir haufig den Unterricht bei 

Amphiaraos, Kastor, Meleagros, Nestor, Polydeu- Ch. Eine eigentiimliche Stellung nimmt das Bild 

kes, Telamon, Theseus (Stat. Ach. I 157); ferner der streng rf. Vase Furtwangler a. 0. 4220, 
andere beriihmte Jager wie Hippolytos, Kephalos, 10 ein Besuch der Thetis bei Ch. und Achilleus, ein, 

Meilanion; und die Genossen des Achilleus vor vgl. Bd. I S. 226, 52ff. Ch. den Achill im Kithar- 

Troia: Aias (Aineias), Antilochos, Diomedes, Me- spiel unterrichtend, war der Vorwurf einer sta- 

nestheus, Odysseus, Palamedes, Protesilaos. tuarischen Gruppe in den Saepta zu Rom, Plin. 

Die Bedeutung des Ch., einerseits als Arzt n. h. XXXVI 29. Auf sie gehen zuriiek die pom- 

und hiilfreicher Preund, andererseits als Erzieher peianischen Wangemalde Helbig 1291f. und eine 

und Lehrer ritterlicher Kunst, liegt in seinem Reihe statuarischer Repliken, Kroker Ann. d. Inst. 

Verhaltnis zu Peleus und dessen Sohne Achilleus 1884, 50f. tav. d'agg. G. Helbig Offentl. Samm- 

begriindet. Daraus erklart sich nach der einen lungen Roms I 567. 

Richtung die Beziehung zn Iason-Medeios , Askle- tFber Ch. mit Asklepios und Apollon s. oben 

pios u. a., nach der andern seine Stellung als 20 S. 2304. [Escher.] 

Erzieher so vieler Helden. Seine Verbindung mit 2) Attischer TOpfer aus der zweiten Halfte 

Herakles (/? — d) bedeutet eine spatere Wieder- des 6. Jhdts., von dem wir nur eine mit ijzoleoev 

anknupfung an die Kentaurenmythen, von denen signierte, vollig schmucklose Schale besitzen (Mus. 

er schon fruh losgelost war (vgl. dagegen Usener Gregor. 229). Benndorf (Griech. u. sicil. Vasenb. 

a. 0.). Ganz spat ist die Vorstellung von Ch. 10) wollte seinen Namen auch in der verstummel- 

als Fiihrer der Kentauren, Horn, xd/mvog rj xsqo.- ten Kunstlerinschrift einer Vasenscherbe von der 

/mis 15f., oder gar Nonn. Dionys. XIV 49f. Akropolis (abgeb. ebd. Taf. 12, 5) eiS (oder q) ov 

6) Ch. in der Kunst. Ch. wird in der Kunst inote einsetzen, was sich durch die Unzulassig- 

wie die andern Kentauren dargestellt, als riistiger keit der Schreibung Xsiqwv fiir Xiqwv verbietet. 
Jager, der an einem Baumstamm iiber der Schul- 30 Klein Griech. Vasen mit Meisersign. 79. 216. 
ter die Beute heimtragt. Doch unterscheidet er [C. Robert.] 

sich von seinen Genossen sehr haufig durch eine Xigcoveios ax(>a (vom Namen des Kentauren 

edlere Bildung, er ist avd^conq) opoiog (Philostr. Xigcov genannt), am Vorgebirg 2t]mdg der magne- 

her. p. 176 K). Dahin gehOrt es, wenn der Typus tischen Halbinsel Thessaliens. Schol. II. 153. Vgl. 

der Kentauren mit menschlichem Leib, bezw. XtQcovior und XtQcoviSeg axgai. [Biirchner.] 
menschlichen Vorderfussen , mit Vorliebe fiir Ch. Chironia (»? Xigcoria, nach dem Namen des 

verwendet wurde. Kliigmann Bull. d. Inst. Kentauren Chiron genannt), dichterische Bezeich- 

1876, 140f. Puchstein Arch. Ztg. XXXIX 1881, nung der Stadt Karystos (s. d.) auf Euboia, Steph. 

243. Benndorf Griech. und sic. V.-B. 86. Ch. Byz. s. Kdgvotog. K. Bursian Geogr. v. Grie- 
ist ausschliesslich in mythologischen Gruppie- 40 chenl. II 433. [Biirchner.] 

rungen dargestellt worden, die wenigen Einzel- Xigcovideg axgeu (vom Namen des Ken- 

darstellungen gehen auf Gruppen zuriiek. Der tauren Chiron genannt), dichterischer Name fur 

Kentaur, dessen Rucken von einem Pfeil durch- den Pelion auf der magnetischen Halbinsel, die 

bohrt ist, auf dem geschnittenen Stein mit der zu Thessalien gerechnet wird. Callimach. hymn. 

Beischrift Xi(qwv) Arch. Jahrb. I 1886, 127, er- IV 104. Vgl. Xigcovsiog axQa und Xiqwviov. 
innert an die Abenteuer mit Herakles (5 h); der [Biirchner.] 

leierspielende Ch. auf Bronzemunzen des Prusias Chironiou (to Xtgmvwv [civzQov] vom Namen 

n. von Bithynien (Brit. Mus. Cat. of Greek Coins, des Kentauren Chiron genannt), Grotte im mag- 

Pontus etc. p. 2 1 Of. , nr. 8 — 17) an seine Be- netischen Pelion, der zu Thessalien gewOhnlich 
ziehungen zu Achilleus, mit dem er auf einer 50 gerechnet wird, in der Nahe des Tempels des 

Miinze von Alexandreia gruppiert ist. Imhoof- Zevg 'AxQaTog, in dem Abhang des unbewachsenen 

Blumer und Otto Keller Tier- und Pfianzen- Felsgipfels, der dem pagasaeischen Busen zuge- 

bilder 69. wendet ist; ,aber die Offnung ist durch einen 

Eine Reihe von Vasen zeigt Ch. als Zuschauer grossen, vom Gipfel herabgestiirzten Felsblock 

beim Ringkampfe des Peleus und der Thetis. geschlossen, so dass man nur durch eine schmale 

Schneider Der troische Sagenkreis 78f. Graef Spalte einen jahen Abhang, der sich ins Dunkel 

Arch. Jahrb. I 1886, 201f., dazu Rom Mitt. VII verliert, erblickt, nichts von den SchOnheiten, mit 

1892, 184. Die Hochzeit des Peleus war auf denen die Phantasie der Dichter, wie des Quintus 

dem Kypseloskasten dargestellt.' Paus. V 19, 7f. Smyrnaeus (Posthom. IV 153), diesen Ort aus- 
Loschcke Progr. Dorpat 1880, 5f. Klein S.- 60 gestattet hat'. K. Bursian Geogr. von Griechenl. 

Ber. Akad. Wien 1884, 64f. Schneider a. O. I 97. [Biirchner.] 

88f. Wir sehen sie ferner auf der Francoisvase, Xiqcavog afineXog, Heilpflanze. Diosc. IV 

auf der Vase des Sophilos, Studniczka Eranos 181. Apul. de herb. virt. 66. Macer Florid. 58ff. 

Vindob. 233f. Wiener Vorlegebl. 1889 Taf. 2. 3, Identisch mit Chironia des Plinius: Est Chironis 

und auf dem sf. Gefass Overbeck Her. Gall. inventum ampelos quae voeatur Chironia (n. h. 

46, Taf. VIII 6. Val. Flacc. 1 139. Wahrschein- XXV 34). Heisst sonst auch flQvwvig, fwaixav- 

lich in denselben Kreis gehort das Vasenbild dig, apronia (Plin. n. h. XXIII 27). Eine zu 

Furtwangler Vas.-Kat. Berlin 1900. den Kiirbisgewachsen gehorende Schlingpflanze, 



2309 Xtgcovog qC& Xixwv 2310 

nach Murr (Pfianzenwelt in d. griech. Myth. der Falle, in denen von demselben Kleidungsstiick 

225) die schwarzfriichtige Zaunriibe (Bryonia alba mit Recht gesagt wird, es sei Ch. und Himation 

L,), die nach Fraas (Flora cl. 102) in Italien s. u. 1 und 3. 

haufig, in Griechenland jetzt selten ist. Vgl. Fur das Wort Ch. wird im Etym. M. 812, 9 

pQvcovk Nicand. Ther. 858, fSovwria Dioso. IV eine Erklarung gegeben, die wir ohne weiteres 

180. Bryonias (jj povcoviag) Colum. X 250 : bei seite lassen konnen (abgeleitet von xexvodai ; 

indomitasque bryonias alligat alnos (Ress 1795: die Stelle ist auch im ilbrigen confus und un- 

,Ich halte sie fur die bei uns so genannte Zaun- brauchbar). Dagegen ist in neuerer Zeit mit 

riibe'). Dioskorides identificiert die Bryonia mit Sicherheit nachgewiesen worden, dass Ch. ein semi- 
vitis alba. Diese nennt auch Colum. VI 4, 310tisches Lehnwort der griechischen Sprache ist; 

(Heilmittel ftir Rindvieh). XII 7, 1. Gegen man- s. Fr. Studniczka Beitrage zur Geschichte der 

nigfache Leiden wendet es Scribonius Largus altgriechischen Tracht 1886, 15f. W. Helbig 

(comp. 79) an, als Abfuhrmittel auch die Araber Das homerische Epos 2 161f. (beide auch im ilbrigen 

noch (Berendes Pharm. der alt. Culturvolker haufig zu vergleichen und deshalb nur als Stud - 

III 41). Wittstein (Etym.-bot. Lex. 1856): von niczka und Helbig citiert). Dabei ist die 

{Sqveiv ,wuchern'. [Max C. P. Schmidt.] Thatsache wichtig, dass alle einschlagigen semi- 

XiQoovog Qi£a, Heilpflanze. Mit goldgelben tischen Ausdrticke mit den Bezeichnungen ftir 

Bliiten und duftenden Blattern in thessalischen Linnen (Baumwolle) verwandt sind, woraus sich 

Waldthalern wachsend (Nicand. Ther. 500ff.). Chi- entnehmen lasst, dass die Worte, von denen Ch. 

ron fand sie in den Waldern des Pelion (Anon. 20 abgeleitet ist, bei den Semiten nur Linnenrocke 

gr. carm. de herb. 115ff.). Asklepios nannte sie bezeichneten. Wir diirfen also dieselbe Bedeu- 

jzavaxeia. Theophrast (h. pi. IX 11, 1) und Pli- tung urspriinglich auch bei den Griechen voraus- 

nius (n. h. XXV 32) nennen sie navaxeg Xeiom- setzen und annehmen, dass ebenso wie das Wort 

vuov. Fraas (Flor. cl. 210) identificiert sie mit auch der Gegenstand, den es bezeichnet, aus dem 

clem echten Alant (Inula Helenium L.), den Dios- Orient nach Hellas importiert worden sei. Hier- 

korides (I 27), Columella (a. 0. XI 3, 35. XII mit stimmt das Zeugnis des Herodot (V 82ff.) 

48) und Plinius (z. B. XIX 91f.) beschreiben. tiberein, das uns iiber eine bedeutsame Wandlung 

Murr (Pfianzenwelt in d. griech. Myth. 224f.) innerhalb der Tracht der athenischen Frauen 

halt sie mit dem neXe&oovwv des Apuleius (de Kunde giebt, eine Wandlung, die nach Herodot 

herb. virt. 34) fur identisch, trennt sie aber vom 30 veranlasst wurde durch einen Fall , in dem die 

navaxeg Xeiocbnov des Dioskorides (III 57) , da Frauen in Athen von ihren Gewandnadeln (xe- 

dies eine Dolde und wahrscheinlich die Ferula oovai) einen unerhort grausamen Gebrauch ge- 

Opoponax Sprengel = Opoponax Chironium Koch macht hatten: (87) xijr de eodfjxa fiexefiaXov av- 

sei, wofiir er sich auf Fraas a. a. 0. 143 beruft. xscov eg xrjv 'Idda • e<pooeov yao 8i] ixqo xov at xcbv 

Selbstverstandlich gehort nicht hierher das py- 'Atfrivaicov yvvaixeg eoftfjza Amolda, xfj Kooiv&ly 

xaeanthum Chironium des Plinius (n. h. XII 31. JiaganXtiaicoxdz^r • fiexefiaX.ov wv eg xov Xiveov 

XXIV 125. XXV 165 etc.), d. h. der farbende xi&wva, I'va dij neQovrjoi fiij xQewvxai. 

Wegedorn (Ehamnus infectoria L.). Vgl. Murr (88) sort Se alrjMi Mycp xQea^evoioi ohx 'lag 

110. Das panaees wird oft genannt bei Scribo- avxt] fj io&rjg xo xaXaiov alia KaeiQa, ijiel ij ye 

nius Largus (comp. 5. 126. 165. 260; seine Wuri&l 40'EUtjnxtj iotitjg izaoa i) agxalr/ xwv yvvaixwv r\ 

117. 236), bei Celsus (med. V 4. 15. 25, 3), bei avxrj ^r, xijv vvv Acopida xaliofiev. Demhierange- 

Hippokrates (de nat. mul. 29; de vict. acut. 53); nommenen Entwicklungsgang widerspricht aller- 

bei Hippokrates ist es zweifellos das Opoponax, dings Thukydides (I 6) in dem Abriss der altesten 

bei Celsus scheint es so zu sein (V 23, 3). griechischen Geschichte, wo er iiber Veranderungen 

[Max C. P. Schmidt.] in der Tracht der Athener spricht: ol nQeojivxe- 

Chirotosagis, d. i. XigcoxooayeTg, skr. Kirata- qoi avxotg xa/v ev8ai/j,6vmv 8ia xo aftgodiaixov 

Caka, indische VOlkerstamme entlang der Hoch- ov aoXvg xs° v °s ejieidtj x lxS>v ^s re Xivovg 

kette des Himavat, Megasth. bei Plin. VI 64; vgl. enavaavxo cpoQovvxeg; und weiter: a<p y ov xal 

Kiradai, Kirrodeeis, Skiratai; die heutigen 'Icbvcov xovg aoeopvxeQovg xaza xo k~vyyevhg 

Kirantastamme in Nepal. [Tomaschek.] 50 J™ jioXv avxij f) oxevi] xaxeoxe. Von ihm ist 

Chisiduo, richtiger Thisiduo, Stadt in Africa, augenscheinlich Poll. VII 71 abhangig. Doch hat 

s. CIL VIII p. 159; Suppl. p. 1436, und unter Studniczka 19 mit Eecht der Ansicht des Hero- 

T hi si duo. [Dessau.] dot den Vorzug gegeben, fur die vor allem die 

Chisoe , kaukasisches Volk nahe den Aspur- Herkunft des Namens aus dem Semitischen spricht. 

gianoi, zwischen den Psaeeani am locus salina- Andere Grande werden sich des weiteren ergeben. 

rum und den Nerdani oder Vardani, Tab. Peut.; Als speciellen Namen fur das dorische Unter- 

wahrscheinlich eine Ahteilung der Cerkessen, in gewand der Frauen, den uns Herodot schuldig 

der heutigen Qabarda; Tab. Peut., vgl. Chireoe, bleibt, werden wir aus Homer nexXog kennen lernen 

Cizi, Sedochezi. [Tomaschek.] (s. u. 1). Die spateren Schriftsteller haben beide 

Xizmv, neuionisch xi&oiv, bezeichnet bei Schrift- 60 Worte nicht mehr untersehieden , und wir sind 

stellern guter Zeit, sobald es von einem Kleidungs- deshalb nicht berechtigt, weder in jedem Fall, in 

stuck und nicht in (ihertragener Bedeutung (s. u.) dem das Wort Ch. gebraucht wird, anzunehmen. 

gehraucht wird, das den Korper direct bedeckende, dass das ionische Frauenkleid gemeint sei, noch 

hemdartige Untergewand der weiblichen und mann- bei Peplos stets das dorische vorauszusetzen (S t u d - 

lichen Kleidung im Gegensatz zu den mantelarti- niczka 133ff.). Fiir das Untergewand der Manner 

gen Umwilrfen. Besonders klar: Od. XV 60. XIV ist schon bei Homer durchweg Ch. im Gebrauch 

341 ; H. II 262. Her. I 8. Auch die Verbindung (iiber £&fw s. u. 3 S. 2329f.). Zum Zweck der 

XsioiScozog x- beweist dies (s. o. S. 2206). Wegen Vereinfachung und Concentrierung unserer Unter- 



2311 Xitwv Xivaiv 2312 

suchungen werden wir, dem spateren Sprachge- die dem Auge durch klare Zeichnung oder Bil- 
brauch folgend, an dieser Stelle alle Formen des dung ermoglichen, sich eine deutliche Vorstellung 
Untergewandes der weiblichen und mannlichen zu verschaffen. Auf ihnen begegnen uns zwei 
Tracht besprechen mit Ausnahme des xeiQidmxog Haupttypen weiblicher Untergewander, von denen 
%. (s. S. 2206ff.), der stets eine besondere Stellung wir den einen mit vollster Sicherheit als den 
eingenommen hat. Neben den erwahnten Schrif- dorischen bezeichnen konnen. Beispiele bei Stud- 
ten von Studniczka und Helbig kommen in niczka Fig. 2 — 5. 10. 27 — 29. 36 — 38. 
ausgedehnterem Masse noch in Betracht: Bohlau ,In alien seinen Formen besteht das dorische 
Quaestiones de re vestiaria Graecorum, Weimar Frauenkleid aus einem grossen, viereckigenWollen- 
1884 (citiert Behlau) und Kalkmann Zur 10 zeugstiick, welches in der Regel, wenn auch nicht 
Tracht archaischer Gewandfiguren , Arch. Jahrb. notwendig, die Kerperhehe um ein Betrachtliche;- 
XI 19ff. (citiert Kalkmann). tiberragte. Dieser Uberschuss wurde am oberen 

1) Peplos. Die citierte Stelle des Herodot Teil des Gewandes nach aussen als aTtoxxvyfta um- 

belehrt uns iiber die Hauptunterschiede zwischen geschlagen, vielleicht um der Brust eine doppelte 

dem dorischen und ionischen Typus des weiblichen Bedeckung zu geben , wahrscheinlich auch , um 

TJntergewandes. Wir erfahren, dass bei dem do- den Stoff nicht hart am Eande mit grossen Nadeln 

risch en Gewande Nadeln (rogwcw) zur Befestigung zu durchbohren, was leicht ein Ausreissen der 

der Teile an einander benotigt wurden. Aus den Saume zur Folge haben konnte' (Studniczka 6; 

Worten [lezefSaXov &v eg xov Xiveov xiftmva kOnnen vgl. ebd. 141f. B6blau56f.). Dieses so ge- 
wir schliessen, dass das dorische Gewand in der 20 faltete Zeugstiick wird nun zunachst wie ein 

Regel aus Wollenstoff gearbeitet war, und daraus, Mantel um den Kerper gelegt , so dass die eine 

dass Herodot kurz vorher die Gewander, an deren Halfte den Biicken, die andere die Brust bedeckt 

Stelle die xi&aiveg traten, ifidxia nennt, konnen (die beiden nxegvyeg, Poll. VII 62); die offene 

wir entnehmen, dass sie zu dem Typus der em- Seite befindet sich meist auf der rechten Seite der 

flXr/fiara gerechnet wurden im Gegensatz zu den Figur (auf der linken z. B. Studniczka Fig. 36. 

evSv/naxa (Poll. VII 50), d. h. dass sie — wenig- 37. Baumeister Denkm. Abb. 417; Nike 

stens urspriinglich — an den Langsseiten nicht des Paionios); auf der entgegengesetzten Seite 

durch Nahte geschlossen, vielmehr an einer Seite wird das Zeug unter der Achsel durchgefuhrt. 

offen waren , so dass sie wie Mantel (ifidxia) an- Nun werden die oberen Bander der beiden axs- 
gelegt werden konnten. 30 Qvyeg in ihrer mittleren Partie rechts und links 

Da nun all diese Charakteristica — nur vom vom Kopfe an zwei correspondierenden , in ihrer 

Stoffe ist nicht direct die Eede, doch spricht alle Distanz den Schultern entsprechenden Punkten 

Wahrscheinlichkeit fur Wolle (Studniczka 119) gefasst und auf den Schultern zusammengeheftet. 

— sich im Homer wiederfinden, wenn von dem Wir bemerken die gleiche Art des Umlegens 

nejiXog die Bede ist (seltener eavog , eiavog, ein bei der zAaira dmlfj , nur dass diese nur auf 

Wort, das spater ganz ausser Curs kommt; in einer Schulter geheftet wurde (Studniczka 

dichterischer Sprache und archaisierender Tendenz Fig. 20 — 22). Die xXaTva ist eine Art Ifianov, 

bei Apoll. Bhod. IV 169. Orph. Arg. 877. 1223), deshalb wird nemlog mit vollem Recht sowohl 

so darf man annehmen, dass nenlog das urspriing- Ch. wie Ifidtior genannt. 

liche Wort fur das dorische Untergewand der 40 Die Befestigung auf den Schultern oder, wie 

Frauen war (Studniczka 92if. Helbig 198ff.): es II. XIV 180 heisst, xara orfj&og (Studniczka 

er wurde mittels neqovai befestigt (II. V 424. 97. Helbig 200f.) geschah meistens so, dass der 

XIV 180; Od. XVHI 292); Eustathios (zu Od. Rand der hinteren uixsqv^ iiber den der vorderen 

a. a. O.) nennt ihn ein yvvameXov Iftdnov xazd xd iibergriff (z. B. Studniczka Fig. 3. 5. 28. 30). 

Acogitcd; einigemale wird fur dasselbe Gewand Das Umgekehrte findet sich z. B. auf dem Relief 

(pagog gebraucht, das gleich i/ndxiov ist (Stud- der beiden Madchen aus Pharsalos (Frie der ichs- 

niczka 95). Mit dem Wort neuXog werden auch Wolters Bausteine 41. Brunn-Bruckmann 

Decken und Teppiche bezeichnet (Studniczka Denkm. 58. Baumeister Denkm. Abb. 361) und 

94. Helbig 200). Wahrend die Bedeutung des an der Nike von Paros (Loewy Arch.-epigr. Mitt. 
Wortes in spaterer Zeit, wie gesagt, im allge-50XI 162 Taf. 6, 2. Furtwangler Arch. Stud, 

meinen verblasst war, ist es doch charakteristisch, H. Brunn darg. 79). An der einen der beiden 

dass das Gewand, das der Athena Parthenos dar- stehenden Frauen des Ostgiebels vom Zeustempel 

gebracht wurde und fur das sich aus alter Zeit in Olympia und an der Athena der Augeas- 

der Name nenXog gehalten hatte — es war sicher Metope ebendort ist die Nestelung auf beiden 

aus Wolle gearbeitet (Suid. s. v. Arist. Av. 827) — , Schultern verschieden; an der Hippodameia (Olym- 

bei der Procession wie ein Segel ausgespannt pia, Bildw. X 1 S. 50) ist die Nestelung auf der 

werden konnte (Michaelis Parthenon 212. Stud- rechten Schulter wie gewohnlich, links anders; 

niczka 136; vgl. Benndorf Beitr. z. Kenntn. bei der Athena (XLHI 12 S. 178) ist das Ver- 

d. att. Theater 70 Abb. 51). haltnis umgekehrt; bei der Sterope (X 2 S. 51) 

Sprachlich scheint das Wort nenXog zu dem Ur- 60 ist die Nestelung nur auf der linken Schulter 

bestand zu gehoren; vgl. Studniczka 93, der es sichtbar und hier von der gewohnlichen Art ab- 

von einer Wurzel nXo ableitet, der die von latei- weichend. Meist begniigte man sica mit Neste- 

nisch pallet,, pallium entsprache; s. Helbig 198. lung an einem Punkte, d. h. oben auf der Schulter. 

Eine genaue Vorstellung vom Schnitt und Ganz selten kommt Nestelung an zwei Punkten 

Aussehen des Peplos vermitteln uns nach Mass- vor, d. h. auf Schulter und Oberarm (Kalkmann 

gabe der bisher gewonnenen Angaben der schrift- 21, 11. Prachow Antiqu. Mon. Xanth. II 6. 

ichen tjberlieferung die Denkmaler, von denen FrChner Coll. Tyszkiewicz 23). Auf einem atti- 

zunachst nur die in Betracht gezogen werden, schen Grabrelief (Conze A. Gr. 803) ist augen- 



2313 XitoLv Xttwv 2314 

scheinlich sogar erne dreifache KnOpfung des Ge- Solch ein teilweise oder ganz geschlossener Peplos 

wandes angegeben, das sicher der Peplos ist ; da- ist auch augenscheinlich auf den korinthischen 

durch nahert sich seine Form durchaus der des Vasen und Pinakes nnd den chalkidischen Vasen 

ionischen Ch. (ebenso an der Halbflgur eines gemeint; das mtojixvyfia ist nicht immer ange- 

Madchens, von einem Grabmal stammend, in geben aus Nachlassigkeit oder Ungeschick des 

Wien, Jahresh. des Osterr. Archaeol. Inst. I 1 Malers (Studniczka Fig. 10. Bohlau 67ff., der 

T. I). Die Heftung geschah mittels der nsgovai sicher Unrecht hat, daraus eine besondere Art des 

(auch jieQOvl&eg oder ivexai; vgl. Studniczka ,korinthischen Ch.' zu construieren; auch bei Figu- 

97. 113, 66), nach denen der Peplos auch sr«- ren, bei denen sicher der nsnXog gemeint ist, wie 
Qovajjka. (Theocr. XV 79), e/megorafta (ebd. 35) 10 bei Studniczka Fig. 36, ist das wnonxvyfia ver- 

und neqovaxqlg (ebd. 21) genannt wurde (Poll. gessen). Es ware mOglich, dass wir in dieser ge- 

VII 55; vgl. Studniczka 11. 96ff.). Eine be- schlossenen Form die bei Herodot. a. a. 0. er- 

sondere Form der jzsqovcu lernen wir aus den wahnte korinthische Spielart der allgemein-dori- 

iiberaus sorgfaltigen Zeichnungen der Francois- schen Tracht zu erkennen hatten, umsomehr als 

vase kennen (Studniczka Fig. 28. 29. 31. wir wissen, dass sich speciell in Sparta die Form 

Helbig Fig. 54. 57. 58). Dieselbe Form ist des offeuen Peplos, des %. axioxog , als charak- 

mehrfach in Funden constatiert worden (Stud- teristische Mode der Madchen erhalten hatte, die 

niczka Fig. 34 rechts. Helbig 202 Fig. 55. 56. deshalb <patvo/^t]Qidsg genannt wurden (Bohlau 

Or si Mon. d. Line. I 809, 2). Es ist eine lang- 79ff. Studniczka 8, vgl. auch 109f. Kalk- 
liche Nadel, an ihrem stumpfen Ende verstarkt 20mann 49). 

durch eine Platte oder Kugel und verziert durch Die spartanischen Madchen verschmahten auch 

kleine Querstangen. Manchmal sind beide Nadeln die Giirtung, durch die wenigstens der obere Teil 

durch eine Kette verbunden (bei den letzten eng- des Peplos geschlossen wurde. Der Gurtel wurde 

lischen Ausgrabungen auf Cypern sind derartige immer in der Hiiftgegend umgelegt, unter oder 

Nadeln aus Gold gefunden worden, an denen ein iiber dem anojcTvy/na je nach dessen Lange (Stud- 

kleiner Eing zur Befestigung der Kette erhalten niczka 141f.). tlbersteigt der Peplos trotz des 

ist; noch nicht publiciert; dem Veri'asser aus miojixvyfia die Lange des KOrpers, so muss er 

Photographie bekannt). Diese Form ist denn iiber den Gurtel heraufgezogen werden und bildet 

augenscheinlich auch bei Herodot. a. a. 0. und dann bier einen Bausch, der in verschiedenen 
bei Sophokles Oed. r. 1269 gemeint, denn sie 30 Formen unter dem aji6nxvyp,a sichtbar wird(Boh- 

gewinnt unter Umstanden das Aussehen und die lau 60f. Fig. 25. 27 a. b. 28 — 30. 37 a). Die 

GrOsse eines kleinen Dolches (besonders grosse homerischen Beiworte fia-dv'Qwvog und fiadvxoXnog 

jzsqovou trugen nach Herodot. a. a. O. die Frauen beziehen sich nicht, wie friiher angenommen wurde, 

von Argos und Aigina). Sehr auffallend ist, dass auf die tiefe Lage des Giirtels in der Huftgegend 

auf der Francoisvase die Nadeln nicht horizontal, und die Grosse des Bausches, sondern das erstere 

sondern fast senkrecht und mit dem stumpfen, bedeutet ungefahr ,durch schlanke Taille ausge- 

schweren Ende nach unten stecken. Wir wissen zeichnet' (so dass der Gurtel tief einschneiden 

nicht, wie dafur gesorgt war, ihr Herausfallen zu konnte und Huften und Briiste dagegen weit vor- 

verhindern. Natiirlich werden auch andere Arten sprangen), das zweite .hochbusig' (oder wOrtlicher: 
von Gewandnadeln (auch KnOpfung) verwendet 40 mit tiefer Einsenkung [xoXsiog] zwischen den 

worden sein ; jedenfalls ist das in nacharchaischer Brusten); s. Studniczka 120f. lOlff. Helbig 

Zeit geschehen (Studniczka Fig. 30. 32 — 35). 210ff. In archaischer Zeit scheint man den Peplos 

Auch Homer kennt schon die Form der Biigel- vorne mehr als hinten in dieHohegezogenzuhaben, 

Fibula und gebraucht fur sie ebenfalls den Aus- so dass die Fiisse sichtbar blieben, wahrend sich 

druck iteQovr) (xXrfiaiv evyvapnxoig dgagvia Od. hinten eine Schleppe bildete; eine Mode, durch 

XVIII 293; iiber uiognr] s. Studniczka 113, 66). die sich das homerische Beiwort kXxEoinesiXog er- 

Da an jener Stelle der Odyssee von zwolf Nadeln klart (Studniczka 95. Helbig 204; vgl. die 

fur einen Peplos gesprochen wird, hat man mit ovqxoi %. unter 2 a S. 2318; ebd. s. iiber nodrjQrjg 

Kecht geschlossen, dass jieQovai auch an andern und oxoXidcoxog, Ausdriicke, die natiirlich auf den 
Stellen des Gevvandes zur Verwendung kommen 50 Peplos ebenso gut angewendet werden konnen, wie 

konnten; das aber kann nur der Fall gewesen auf Ch.). Das anonxvyfia (Bohlau 17ff.) reicht 

sein , urn mit ihnen den seitlichen Schlitz des im 6. Jhdt. gerade bis zur Giirtung (deshalb 

Gewandes zu schliessen (Studniczka 96. Hel- scheint es auf nachlassig gemalten Vasen zu feh- 

big 203). len); im 5. Jhdt. gewinnt es an Lange (Stud- 

Statt der Nestelung durch jzegovai ist nun niczka 141f.); ganz vereinzelt ist ein sehr kurzes 

augenscheinlich hauflg aus praktischen Griinden asxojixvy/M, wie wir es am ionischen Ch. (S. 2319) 

Befestigung durch Nahterei getreten. Fiir eine wiederfinden werden (Michaelis Parth. XIV 58); 

derartige Verbindung der nxsQvysg auf den Schul- im 4. Jhdt. nimmt es bedeutend an Lange zu 

tern giebt es nur Beispiele aus schwarzfigurigen (besonders haufig an Artemisfiguren ; Helbig 
Bildern (Bohlau 27f. Fig. 2. 3. 39). Die ur- 60 Fuhrer 37. Berl. Skulpt. 59. 60. Furtwangler 

sprunglich offen'e Seite ist fast an alien Figuren Meisterw. XXIX. EOm. Mitt. IV Taf. Xa. IX 

der Francoisvase ganz geschlossen, wie aus 140. 150; sonstige Beispiele bei Bohlau 58). 

dem ununterbrochenen Umlaufen der Randorna- War es lang genug, so konnte die den Riicken 

mente geschlossen werden kann. Sonst sehen wir bedeckende Halfte iiber den Kopf gezogen werden ; 

diese Seite nur von der Hiifte abwarts durch Naht so an einer Figur des 5. Jhdts. im Magazzino 



ilossen; Studniczka 9f. Fig. 4. 5. Helbig archeol. in Rom (Arndt-Amelung Einzel-Auf- 
203f, Hierdurch wird das Gewand im Grunde nahmen 806/7, Text vonBulle; vgl. Overbeck 
aus' einem negi^rifia ein svdv/ia (vgl. Bohlau 12). Kunstmythologie Taf. XXI 8 S. 284, 4 [Artemis 



2315 XtTwv Xitwv 2316 

oder Priesterin ?]). In seltenen Fallen — und dass in den homerischen Gedichten an vielen 

nur auf Denkmalem des 5. Jhdts. — kommt ein Stellen die kunstvolle Buntheit des Peplos (und 

Peplos mit doppeltem ajtorexvy/ia vor, einem der %kaTva) hervorgehoben wird, wahrend das 

langeren und einem kiirzeren , von denen das Gleiche bei dem sicher linnenen Ch. der Manner 

eine natiirlich am Halsrande angenaht sein musste und dem Pharos nicht geschieht (Studniczka 

(Kalkmann 27 Pig. 9; hier tragt Klytaimnestra 119; die ebenda und Helbig 205 fur jioacttog 

den Peplos fiber dem Ch., nicht, wie Kalkmann und TiafinomlXog angefiihrten Stellen geben diese 

erklart, einen Ch. mit drei Behangen, ebd. 50, Bezeichnungen samtlich dem Peplos). Hier ist 

160. Gardner Ashmol. Mus. 15 und Ell. cer. auch das Beiwort HQoxonmlog zu erwahnen, das 
I 41; in beiden Fallen doch eher Peplos als Ch. 10 nicht nur Eos fuhrt (Helbig 205; ausser den 

ohne Armbedeckung; auch Arch. Jahrb. 1X252, dort Anm. 3 angefiihrten Beispielen — Graia, Enyo 

Aphrodite im unteren Bilde [s. 2 b S. 2320]). und Okeanide Telesto — noch zu nennen die 

Beiche Streifenornamente umsaumen auf den Musen bei Alkman, frg. 85 A Bergk). Horn. H. 

Vasenbildern die Bander des Peplos, haufig auch III 86 wird der Peplos der Aphrodite ,schimmern- 

den Halsrand, wie besonders auf der Frawjoisvase der als der Glanz des Feuers' genannt, woraus 

(Wien. Vorlegebl. 1888 Taf. II— IV). Die Worte Helbig (ebd.) wohl mit Eecht auf hochrote Farbe 

dafiir scheinen nach Poll. VII 62 nit,ai, net, idsg und schliesst; so gefarbt ist der Peplos des Madchens 

irsQinsCa zu sein, da das ebenda als Ausdruck fur auf einer Lekythos 'Ecprj/x. aQ%. 1886 it. 4 u. r. 

die aussersten Rander des Ch. genannte Wort (pa Demeter und Leto tragen einen schwarzblauen 

nach seiner sonstigen Bedeutung (>? xov iiQofSazov 20 Peplos (nvavonsnXog; Helbig 205,6); uber eine 

Sooa fj ovv z(p koim; vgl. Becker-Goll Charikles Demeterstatue in einem so gefarbten Ch. s. Ame- 

III 254f.) am ehesten auf den zottigen Rand eines lung Fiihrer d. d. Ant. in Flor. 98. 
Wollenstoffes , also auf die Rander des Peplos Wahrend in den meisten Fallen der Stoff des 

passt. CIA II 758 B Col. II 2—4 beweist aller- Peplos durch die Art der Darstellung als ein mehr 

dings, dass diese Worte in spaterer Zeit auch auf oder minder schwerer Wollenstoff deutlich charak- 

andere Ge wander iibertragen worden sind; dort terisiert wird, finden sich auch Ausnahmen, in 

ist von der icetig eines xoi%anxov sc. l/xaxiov (s. d.) denen ein leichter durchsichtiger Stoff gemeint 

die Rede. Ein anderes Wort fur diesen Bandbesatz ist, entsprechend dem des Ch. , also Linnen; so 

war ox&oifiog (s. Becker-Goll a. a. O. 255; damit z. B. an der Nike des Paionios, einem Torso des 

stent nicht im Widerspruch, wenn Aristophanes 30 Parthenon (Michaelis Parthenon Taf. VI J) und 

bei Poll. VII 95 das Wort als bandartigen Haar- an einem Typus von Karyatiden (Rom. Mitt. IX 

schmuck nennt). Auch kommt ein mehr oder minder 150). Fur die kalte Jahreszeit werden jedenf alls 

breiter Streifen vorne in der Mitte der Kleidung auch die Frauen dichtere und gefutterte Stoffe ver- 

von oben bis unten reichend vor; besonders breit wendet haben; s. uber <xiitpif.io.llog, fiallcoxog, 

und reich 'Eymi. o.q%. 1883 it. 3; wir werden afupifiizog , xoijxixog (Poll. VII 57f.) unter 4 a 

dieses Ornament auch beim ionischen Ch. wieder S. 2332. 

treffen (s. u. 2 b S. 2324; vgl. dort auch uber die Es giebt nicht wenig Falle, in denen wir an 

Namen; Studniczka 112). Sowohl die nst, a Figuren bemerken, dass sie den Peplos uber einem 

oben, wie die am seitlichen Rande verlaufende andern TJntergewand , meist dem ionischen Ch. 

findet sich auch an spateren Monumenten (fur 40 tragen (B(5hlau64f. Fig. 34; z. B. Athena Medici, 

die erste z. B. 'Ecprj/j.. agx- 1883 it. 7a und Brunn-Bruckmann Denkm. 171). Darin 

1886 it. 1; fur die zweite Studniczka Fig. 2 kommt im Grunde nur die Auffassung zur Gel- 

und 3). tung, dass der Peplos auch Himation sei. Am 

Manchmal erstreckt sich die Musterung uber ehesten liesse sich sagen, dass er in diesen Fallen 

ganze Partien des Gewandes, manchmal uber das der yXaiva dtnlfj entspricht, die ja meist nur auf 

ganze Gewand (so an der einen Moire der Fran- einer Schulter genestelt wird , aber an einzelnen 

coisvase Studniczka Fig. 28. Helbig Fig. 54; Figuren, z. B. der archaischen Artemisstatuette 

auch Athen. Mitt. 1889, 3 Taf. I). Entweder sind in Neapel (Rem. Mitt. 1888 Taf. X. Brunn- 

die einzelnen Muster horizontal geteilt, wie an Bruckmann Denkm. 356. Baumeister Denkm. 
den eben genannten Beispielen, oder durch eine 50 Abb. 369), auch mit doppelter Nestelung auf bei- 

schrage Linie , die sich von der Vorderseite der den Schultern vorkommt (vgl. die gefliigelte Athena 

Figur nach hinten senkt (so auf den melischen Va- einer sf. Vase in Orvieto, Rom. Mitt. 1897, 308 

sen, Conze Mel. Thongef. Taf. III. IV). Zuweilen Taf. XII) und auch mit in die Giirtung einbe- 

zeigt die Partie oberhalb des Giirtels eine andere zogen wird (Kalkmann 43ff., wo fur diese Falle 

Musterung als die untere, so dass man zunachst falschlich eine besondere Tracht angenommen wird). 

den Eindruck von zwei getrennten Kleidungs- Den Charakter des Himation behalt der Peplos 

stiicken, Taille und Rock, erbalt, wahrend doch natiirlich besonders deutlich, wenn er, wie im 

eine solche Teilung im ganzen Altertum nie statt- 6. Jhdt. standig, bedeutend ktirzer ist als das 

gefunden hat (z. B. Gerhard A. V. 74; vgl. untere Gewand und nur etwa bis an die Knie 
analoge Erscheinungen beim Ch. S. 2323). Auf 60reicht (Beispiele bei Gerhard A. V. 13. 37. 66. 

keinen Fall ist es bedeutungslos, dass die Vasen- 157. 247. 266; an diesen Figuren ist das untere 

maler einen Peplos fast nie ohne mehr oder minder Gewand nur einmal [37] der ionische Ch. , wie 

reiche Musterung, den Ch. dagegen meist ein- spater immer, an den andern ein Gewand, das 

faring darstellen. Die Erscheinung erklart sicb aus den Arm bloss lasst , also wohl dem langen Ch. 

dem verschiedenen Stoff der Gewander; Semper der Manner entspricht [s.4b]; vgl. BohlauFig. 7. 

(Der Stil 12 123ff.) betont, dass die Wolle zur 8 und Kalkmann 46ff.), oder wenn er, wie zu- 

Buntweberei ungleich mehr geeignet sei, als das weilen im 5. und 4. Jhdt., ungegiirtet Tiber dem 

Leinen. Auch steht damit in Zusammenhang, gegiirteten Ch. getragen wird (z. B. an den Varia- 



2317 Xivwv Xuwv 2318 

tionen einer praxitelischen Artemisflgur als Tyche; mittlere Drittel der Schmalseite, die beiden Anne 

s. Furtwangler Meisterw. 554f.). werden durch die offenen Stellen der Langsseiten 

Noch ist einiger Falle zu denken , in denen gesteckt. Das Gewand wird fiber den Hiiften ge- 

der Peplos an mannlichen Piguren vorkommt, giirtet , so dass sich unter den Armen und bei 

d. h. an einer Eeihe von statuarischen Darstel- grOsserer Liinge des Gewandes auch unter der 

lungen des Apollon Kitbaroidos, und zwar an einem Brust ein weiter Bausch bildet. Derartig ist das 

ruhig stehenden und einem bewegten Typus. Von Gewand z. B. der ,Thausclrwestern' vom Parthenon 

dem ersteren ist die bekannteste hierher gehOrige (MichaelisParth. Taf. VIK-M. Brunn-Bruck- 

Pigur die sog. barberinische Muse in Miinchen mann Denkm. 190), der ,Peitho' und Aphrodite 
(Brunn Glyptoth. 90. Brunn-Bruckmann 10 auf dem Friese (Michaelis a. a. 0. Taf. XIV 40. 

Denkm. 465) mit ihrer Variation im Conserva- 41. Brunn-Bruckmann a. a. 0. 194. 195a), 

toren-Palast in Bom (Bull. com. 1887 Taf. XX — der Kore Albani (Brunn-Bruckmann 255) und 

XXI); dann der Apollon Actius (Bom. Mitt. 1894, der in den Bonner Jahrb. 1897, 153ff. zusammen- 

241. Arndt-Amelung Einzelaufn. 334); end- gestellten Aphroditetypen und ihrer Verwandten. 

lich ein spaterer Typus in der Sala a croce greca Hohe Gilrtung unter den Briisten und tiefe in 

des Vatican (Mus. Pio-Clem. I 22 = Clarac 520, der Gegend der Hiiften kommt erst im 4. Jhdt. 

1068). Von dem bewegten Typus gehOren zwei auf (s. fur erstere Petersen Arch.-epigr. Mitt. 

Piguren auch stilistisch eng zusammen; die eine 1881, 3ff., fur letztere Furtwangler Meisterw. 

(H e 1 b i g Fiihrer 262 = Berlin. Skulpt. 50) ist 552f.). Um das Herabgleiten des Gewandes von 
eine Weiterbildung der anderen (Braccio nuovo, 20 den Schultern zu verhindern , wird mitunter ein 

unpubliciert); beides sind Copien nach Werken Band umgelegt, das auf jeder Seite um Schulter 

vom Ende des 5. Jhdts. aus der Schule des Paio- und Achsel lauft und sich auf dem Kiicken kreuzt 

nios. Eine dritte derartige, sehr verwandte Figur (z. B. Michaelis Parthenon Taf. VI L. Helbig 

befindetsichimrfimischenKunsthandel; siestammt Fiihrer 379 [wahrscheinlich Kore; vgl. Amelung 

aus einer anderen Schule und spaterer Zeit (wird Basis von Mantinea 45, wo auch drei von den 

in den Einzelaufnahmen von Arndt-Amelung Musen der Basis dieses Band tragen]. Eyr^. o.q%. 

publiciert werden). Die jiingste derartige Figur 1891 jr. 4 [Themis]. Mus. Gregor. II 5, 2a = 

aus der Sammlung Duval bei Genf ist von v. Duhn Roscher Myth. Lex. I 1946 = Baumeister 

im Arch. Anz. 1895, 50 publiciert worden; sie Denkm. Abb. 798 [Aphrodite]. Athen. Mitt. II 
hat das gleiche Motiv wie der Apollon Musagetes 30 Taf. 16 = Rose her a. a. 0. I 2782 [Hygieia]) 

des Vatican (Helbig Fiihrer 267; vgl. Ame- oder sich auf Brust und Ruck en kreuzt mit einer 

lung Basis von Mantinea 33). runden Broche am Kreuzungspunkt auf der Brust 

Einen kurzen Peplos linden wir selten an (Conze Att. Grabr. 827 u. s. hauflg. Helbig 

einigen mythischen Figuren, wie an der Atalante Fiihrer 96 [vielleicht ursprunglich Hygieia]. 720 

der Francoisvase (Studniczka Fig. 31. Helbig [Karyatiden in Eleusis und Villa Albani]). 

Fig. 57), an dem Torso J des Parthenon (Micha- Sollte das Gewand der leichteren Beweglichkeit 

e lisParth. Taf. VI), einigen Artemisfiguren (Neapel, halber aufgerafft werden, so wurde doppelte Gtir- 

Museo Borbonico VIII 59 = Clarac 570B, 1224c; tung angewendet; so an der sog. Diana von Gabii 

Stockholm, Clarac 580, 1237 A) und dann an im Louvre (Studniczka 79, 32 Fig. 21. Brunn- 
den sog. Kalathiskostanzerinnen (Hauser Neu-40 Bruckmann Denkm. 59) und an den von Odys- 

attische Rel. 96ff. Arch. Anz. 1892, 76f.). seus bei der "Wasche uberraschten Phaiakenmad- 

2a) Den eigentlichen Ch., das ionische chen auf einem streng rf. Vasenbild (Gerhard 

Linnengewand der Frauentracht lernen wir A. V. 217). 

genau ebenfalls erst aus den Denkmalern kennen, Reichte der Ch. bis auf die Fiisse, so war er 

auf denen neben dem Peplos nur eine Art von jioS^grjg (vgl. Schol. Eur. Hec. 934) und wurde 

Untergewand vorkommt, die, entsprechend der ov/i/iet^ta genannt (vgl. Poll. IV 120), stiess er 

hierfiir wenig ergiebigen Stelle des Herodot, ohne unten in Falten auf, arohdcoTog (Poll. VII 54. 

xeqovcu getragen wurde und, soweit wir aus der Xen. Cyrop. VI 4, 2 otohSanos ra xoltco), schleppte 

Stilisierung sorgfaltig ausgefiihrter Malereien oder er, so war er ovqtos (Schol. Arist. Lys. 45; vgl. 
Sculpturen schliessen kbnnen, aus Leinenstoff be- 50 Poll. IV 118). 

stand. Da dieses Gewand in mannigfaltigeren Da nun bei diesem Gewand die Naherei stark 

Formen auftritt als der Peplos, wird es gut sein, beteiligt war, konnte seine Form auch durch Zu- 

sich zunachst die einfachste dieser Formen Mar zu schneiden verandert werden. Das ist in besonders 

machen, die wir an den Monumenten des 5. und starkem Masse augenscheinlich im 6. Jhdt. ge- 

4. Jhdts. linden. Ihre Herstellung kann man sich schehen , in dem die zur Bedeckung der Arme 

folgendermassenvorstellen: zwei rechteckige Stiicke hestimmten Teile haufig geradezu armelartig her- 

Linnen , von der Hohe eines Menschen , in der vortreten und von dem anderen Teile deutlich 

Breite etwa dem Abstand der Ellenbogen von gesondert sind. So z. B. am Harpyiendenkmal 

einander bei ausgestreckten Armen entsprechend, (Overbeck Gesch. d. PI. Fig. 37. Baumeister 
werden aufeinander gelegt und an den beiden 60 Denkm. Abb. 366. Brunn-Bruckmann Denkm. 

Langsseiten zu etwa zwei Dritteln einander ent- 146/7) und an einigen der archaischen Madchen- 

sprechend durch eine Naht verbunden. Von der statuen von der Akropolis (Rhomaides Musses 

Schmalseite, die zunachst dem offen gelassenen dAthenes Taf. II. V). Ja, an manchen Figuren 

Drittel der Langsseiten ist, werden die beiden dieser und noch alterer Zeit wird die Bedeckung der 

ausseren Drittel durch Naht oder durch KnCpfung Arme so eng, dass sie vollstandig die Form kurzer 

mit einander verbunden; das mittlere Drittel bleibt rOhrenfOrmiger Armel annimmt (drei Beispiele 

offen. Nun wird dieses Gewand iiber den KSrper s. unter XeiQidwros %■ S. 2206; auch Bohlau 

gezogen; der Kopf wird durch das offen gelassene Fig. 38). Ebenso wird man sich die Tracht der 



2319 Xctcov Xtvwv 2320 

bekannten Nike von Delos vervollstandigen dfirfen, 25f. Abb. 8; dagegen ist seine Annahme eines 

an deren linken Armstumpf unten eine Naht sicht- dreifachen anonxvy^a bei der Klytaimnestra Abb. 9 

bar wird(KavvadiasKentr. 21. Brunn-Bruck- unrichtig; s. o. S. 2315). Sehr zweifelhaft ist es, 

maun Denkm. 36; vgl. Kalkmann 51). Auch ob dieser Teil der Gewandung jemals als eigenes 

an der Votivstatue der Nikandre von Delos (Kav- Stuck, d. h. als loser Behang, wie eine moderne 

vadias Kentr. 1. Brunn-Bruckmann Denkm. Mantille, getragen worden ist, wie Kalkmann 

57 a) bemerkt man vor den AchselhOhlen kleine a. a. 0. annimmt; dafiir kOnnte nur 'E<pi]/n. &e%. 

Falten, die darauf schliessen lassen, dass die Ober- 1886 Taf. 5 sprechen. 

arme vom Gewand bedeckt waren. Augenschein- Am Bnde des 5. Jhdts. flndet sich die gleiche 

lich bilden diese Formen tlbergangsstufen zn dem 10 Eigenart, ausser auf den Bildern eines "Ova oder 

urspriinglich barbarischen %eiQid<ox6s %. (s. d.). 'EmvrjTQov ('E(prjfi. o.q%. 1892, 247ff.) aus Eretria 

Hauflg bemerken wir an dem Ch. "der arcliai- (ebd. 1897 n. 9. 10) zunachst an einigen Werken 

schen Piguren eine bandartige Einfassung am des speciell attischen Kreises, dem Torso L vom 

Halsrand, wo sie die Offnung bundartig um- Parthenon (bei Michaelis Taf. VI), an einer Nio- 

schliesst (sie ist nicht etwa decorativ, wie die bide auf dem Petersburger Niobidenrelief (Stark 

entsprechende Einfassung am Peplos), und langs NiobeTaf. Ill 1. Baumeister Denkm. Abb. 1759. 

den Randern oder der Naht des Teils, der den Amelung Ffihrer d. d. Ant. in Plor. Abb. 81; 

Arm bedeckt (z. B. am Harpyiendenkmal, den eben vgl. Purtwangler Meisterw. 68ff.), der sitzenden 

genannten Madchenstatuen der Akropolis, dem Frau des Grabreliefs im Pal. Barberini zu Bom 
Relief Studniczka Fig. 23; vgl. K a 1 k m a n n 20 (Archaeol. Ztg. 1871 Taf. 53. 2), der als Roma 

21, 7). erganzten, sitzenden Figur (iiberlebensgross) im 

Wir fanden, dass der Peplos des 6. Jhdts. so Hof des ■ Conservatorenpalastes (Clarac 770 E, 

getragen wurde , dass die Fusse vorne sichtbar 1903 A = Arndt-Amelung Einzelaufh. 472; die 

blieben. Das gleiche Streben liegt der Mode zu dort im Text gegebene Bestimmung als Copie 

Grunde, die wir zu eben jener Zeit an Figuren nach einem Werk des phidiasischen Kreises wird 

mit dem Ch. beobachten, diesen auf der Vorder- durch diese Beobachtung bestatigt) und der Athena 

seite soweit fiber den Gttrtel aufzuraffen, dass sich Giustiniani (Helbig Ffihrer 51. Kalkmann 24). 
vor dem Unterleib ein starker Bausch bildet, wah- Haufiger flndet sich diese dagegen an Werken 

rend der Rand sich unten in der Mitte hebt der Schule des Paionios, und zwar bis ins 4. Jhdt. 
(Bohlau 35ff. 51f. Fig. 4. 11 — 13). Hauflg aber 30 hinein , so an drei von den Maenaden auf den 

fallen nun die Rander so, als ware das Gewand Madrider Reliefs (Winter 50. Berl. Winckelm.- 

nicht nur an einer Stelle, sondern rings herum in Progr. Taf. II. Mr. S. 102 f. nr. 29—32. 26), 

gewissen Abstanden aufgerafft. Da das aber an einer der Nereiden vom Nereidenmonument (Mon. 

sich unwahrscheinlich ist und die Erscheinung d. Inst. X 11, 4; vgl. 12, 9. Brunn-Bruck- 

sich auch an Teilen des Gewandes flndet, die mann Denkm. 212), der linken Figur auf dem 

nicht gegurtet wurden, so muss man annehmen, Florentiner Relief der beiden Frauen mit dem 

dass die unteren Rander durch Zuschneiden aus- Stier (Brunn-Bruckmann Denkm. 342b. Ame- 

gebuchtet wurden und dass das Zeug weiter oben lung Fuhrer 158; durch diese Beobachtung wird 

mittelst Nahen an den der Einbuchtung des es wahrscheinlich, dass diese Variation der Platte 
unteren Randes entsprechenden Punkten aufge- 40 aus der Nikebalustrade nicht erst in ,neuattischer' 

nommen wurde (Bohlau 42f. Fig. 19). Immer Zeit, sondern schon an der Wende des 5. zum 

aber wird zur Erzielung des guten Sitzes so kunst- 4. Jhdt. entstanden ist), einer weiblichen Statuette 

lich gearbeiteter Kleider das Eingreifen der Brenn- aus dem Peiraieus (Athen. Mitt. 1889 Taf. 4), 

schere notwendig gewesen sein, so dass der rococo- einer Nereide vom Asklepiostempel in Epidauros 

artige Eindruck derartiger Figuren in Malerei und ('Eyrjft. 6.qx- 1884 n. 3, 3 und 3a. LechatEpi- 

Plastik gewiss nicht allein auf Kosten der steifen daure 74). 
kiinstlerischen Stilisierung zu setzen ist. An zwei Statuen, die auch stilistisch zusammen- 

Endlich ist noch einer dem besOnderen Ge- gehOren, flnden wir den merkwiirdigen Fall, dass 

schmack des 6. Jhdts. entsprungenen, kfinstlichen zwei ionische Ch. fiber einander gezogen sind: 

Ausstattung des Ch. zu gedenken, die mit den 50 an der .Flora' des capitolinischen Museums (Helbig 

Perserkriegen verschwindet, um am Ende des Fuhrer 519. Brunn-Bruckmann Denkm. 257) 

5. und Anfang des 4. Jhdts. noch einmal an ein- und der sog. Zingarella des Louvre, einer Artemis 

zelnen Figurengruppen aufzutauchen. Man fiber- (Clarac 287, 1231; vgl. Amelung Basis von 

trug das ajiomvy^a vom Peplos auf den Ch. Mant. 72). Der aussere Ch. ist kfirzer und von 

(Behlau 39 Fig. 14 — 19. Kalkmann 22ff.), bei schwererem Stoff als der untere; man kOnnte ihn 

dem es entweder dadurch hergestellt wurde, dass wohl mit Recht xnmvioxoq nennen (s. u. S. 2322. 

man die beiden msQvyeg oben, wie beim Peplos, 2334). Die gleiche Tracht zeigt sich ferner an einer 

in ganzer Breite nach vom und hinten uberfallen Mainade der bekannten Lykurgosvase (Mil ling en 

liess (Bohlau Fig. 19), oder durch Annahen von Peint. de Vases 1. 2 = Baumeister Denkm. 
zwei besonderen Stucken Zeug am Halsrande vom 60 Abb. 918/19. Kalkmann Abb. 11, der den oberen 

und hinten (Bohlau Fig. 14 — 17). Das ajionxvypa Ch. falschlich als langes wzojtrvy/na des unteren 

ist dabei von verschiedener Lange, meist aber auffasst). Die Figur bei Kalkmann Abb. 10 

sehr viel kfirzer als das am Peplos. Besonders tragt wohl eher den ttblichen Ch. fiber einem 

hauflg flndet sich diese Tracht auf den Bildern an deren von der unter 2 b besprochenen Form, 
der grossen Schalenmaler , auf denen sie auch Endlich ist noch der Falle zu denken, in denen 

am kurzen Ch. der Manner vorkommt (s. u. 4 a wir Manner in dem beschriebenen Ch. sehen. In 

S. 23301). In einigen Fallen lasst sich sogar ein der archaischen Zeit ist das hauflg der Fall bei 

doppeltes ajiomvy^a constatieren (Kalkmann bartigen Gottern und Heroen (so z. B. am Har- 



2321 Xivwv Xitwv 2322 

pyienmonument und auf vielen Vasen), auch bei 1430), der iiberwiegenden Mehrzahl der auf Phi- 
Kroisos (Mon. d. Inst. I 54 = Baumeister liskos bezogenen Musen (Amelung Basis von 
Denkm. Abb. 860), der einen Ch. mit anomvypa Mant. 79ff.); in diesen Fallen ist das Gewand 
tragt. In der spaterenZeit halt sich diese Tracht nur hoch gegurtet und meist oben am Halsrande mit 
bei Dionysos (auf Vasen und statuarisch: Helbig einer bundartigen Einfassung, einer Queder, um- 
Fiihrer 326 und Boscher Mythol. Lex. I 1118; saumt, die an die gleiche Erscheinung an dem 
gesch iirzt nacb Art des Ch. der Artemis yon Gabii archaischen Ch. erinnert (s. o. S. 2319); dann zu 
am Dionysos Hope : Boscher a. a. 0. 1133) und nennen die Neapeler, Flora' (Br unn-Bruckmann 
bei Apollon und den Kitharoeden (Beispiele oben Denkm. 360) , die Elektra der Neapeler Orestes- 
unter Xsigidwrog x- S. 2213f.). 10 Gruppe (Brunn-Bruckmann 306), die Antiope 
2b) Neben der bisher behandelten Form des des ,farnesischen Stiers' (Brunn-Bruckmann 
Ch. begegnet uns nun in einzelnen Fallen schon 367) und der Herakles in der Gruppe mit Omphale 
im 6. Jhdt. (vgl. die oben erwahnten Bilder Ger- (Gerhard-Pan of ka Neapels ant. Bildw. 24 
hard A. V. 13. 66. 157. 247. 266, wo das Ge- nr. 71. Arndt-Amelung Einzelaufn. 151); alle 
wand allerdings nicht selbstandig, sondern unter diese Figuren zeichnen sich durch tiefeGiirtung aus. 
dem Peplos vorkommt), immer haufiger seit dem Ein Batsel bietet uns eine Figur des 5. Jhdts., 
5. Jhdt. eine andere, die im wesentlichen ihrer die in mehreren Copien erhalten ist (Furtwang- 
Form (geschlossener, genahter Bock) dem anderen ler Meisterw. 651ff. , der in ihr eine Aphrodite 
Ch. gleich ist , nur werden die Arme gar nicht des Agorakritos erkennen will) , bei denen alien 
bedeckt. Die beiden jtrsgvyeg werden auf den 20 der Ch. den rechten Arm bedeckt, wie der unter 
Schultern nur an einem Orte verbunden. Man 2 a besprochene, den linken aber frei lasst, wie die 
konnte das Gewand also einen durch Naht ge- hier besprochene Variante. 
schlossenen Peplos ohne daioTtzvy/ia nennen, wenn Diese Variante ist es nun auch , die wir ge- 
dem nicht der Stoff widersprache , der in alien kiirzt und aufgeschiirzt an den meisten Artemis- 
Fallen, in denen die Darstellung ihn deutlich statuen vom Typus der Artemis von Versailles 
charakterisiert, ein besonders feiner, haufig ganz finden (Baumeister Denkm. Abb. 140. Brunn- 
durchsichtiger Linnenstoff ist. Am ahnlichsten Bruckmann Denkm. 420) und an den meisten 
ist die Form der des langen Manner-Ch. , aber Amazonentypen (Overbeck Gesch. d. gr. PI. 
ohne die an diesem meist vorhandenen Armel- Fig. 86. Baumeister Denkm. Abb. 1500 — 1502; 
ansatze (s. 4b). Einen besonderen Namen konnen 30 vgl. zuletzt Furtwangler Meisterw. 291ff.). 
wir dafiir nicht vorschlagen. Wir sehen sie an vielen Haufig ist hier die eine Brust frei, dadurch dass 
gemalten und plastischen Figuren des 5. Jhdts. die Nestelung auf einer Schulter gelost ist; hier- 
(Beispiele bei Kalkmann 22, 14. 15), besonders durch wird aus dem d^icpifidaxaXog ein szsqo- 
charakteristisch an der Venus Genetrix und ihrer /udaxaXog x- (Poll. VII 47). An dieser Stelle ist 
Sippe, der Hera Farnese (nicht bei der Nike des auch das Gewand der Wettlauferin im Vatican 
Paionios, wie Kalkmann schreibt; sie tragt (Helbig Fiihrer 377) zu erwahnen, ein kurzer 
deutlich einen Peplos , der an ihrer linken Seite hsQofidoxaXog x- > w * e na ch Paus. V 16, 3 der 
offen ist und dessen Uberschlag mit gegurtet ist; der elischen Madchen beim Wettlauf war : x- dXlyov 
nur da sein Stoff deutlich diinnes Leinen ist, vnsQ ydvaxog xadtjxsi • xbv 3>j.iov axgi xov oxrj&ovg 
konnte man ihm eine Mittelstelle zwischen dem 40 yaivovoi xov ds^idv. 

Peplos und dieser Form des Ch. anweisen; vgl. Noch sei eines kurzen Bockes gedacht, der 

o. S. 2316), an der Leda mit dem Schwan (Helbig den Oberkorper ganz freilasst und nur vom Giirtel 

Fiihrer 454. Winter Athen. Mitt. 1884, 157 bis an die Kniee reicht; er kommt nur einmal bei 

Taf. 6. Amelun'g Basis v. Mant. 70f.; vgl. eine Amazonen vor (Mon. d. Inst. X 28 = Baumeister 

Hygieia auf Epidauros, Arndt-Amelung Einzel- Denkm. Abb. 63) und einmal bei Helios (Ger- 

aufnahme 710/11. Lechat Epidaure 187), an der hard Ges. Abh. II = Baumeister a. a. O. 

kleinsten Niobide in Florenz (Amelung Fiihrer Abb. 745). 

174). In all diesen Fallen ist das Gewand un- Endlich bemerken wir an vielen weiblichen 

gegurtet, also SgS-oarddiog (Poll. Vn 48. Stud- Gestalten, und zwar nur des 5. Jhdts., fiber dem 
niczka 66, 33). Von nun an finden wir es stets 50 langen Ch. ein kurzes, meist reich ausgeschmiicktes 

gegurtet; so an der im Biicken getroffenen, alteren Gewand, dem wir auch in der Tracht der Manner 

Niobide (Amelung a. a. O. 175; hier hohe Giir- begegnen werden (s. 4a S. 2331), und das seinem 

tung, schwererer Stoff und ein dreieckiger Brust- Formtypus nach zu der hier behandelten Varia- 

ausschnitt bemerkenswert; dasselbe bei der sog. tion des gewOhnlichen Ch. gehOrt. Bei Frauen 

Niobidentrophos [Amelung 173], bei der das Ge- kommt es gegurtet und ungegurtet vor; gegurtet 

wand, das von bedeutender Lange gedacht ist, bei Gerhard A. V. 79. 80. Dumont et 

aufgerafft ist [kein cbidxTvyfia}; an ihr ist ferner Chaplain Ce'r. de la Gr. pr. VIII; ungegurtet: 

die breite kunstreiche ' Schnalle auf den Schul- Arch. Jahrb. I Taf. X 2a. Benndorf Gr. u. sic. 

tern zu beachten, die in gleicher Form nur noch Vas. XIV. XXV. Journ. Hell. Stud. 1890 Taf. XII. 
an einer Figur des kleineren pergamenischen 60 Gardner Ashm. Mus. 21. Bohlau Fig. 31 

Frieses [Overbeck Gesch. d. PI. Abb. 133b. (Kalkmann 28, 42 fasst dies Gewand falschlich 

Baumeister Denkm. Abb. 1429] und an einer als dutdmvyfj.a des Ch. auf). Dumont et Chap- 

hellenistischen , als Urania erganzten Statuette lain Cer. de la Gr. pr. XXXIV. XXXVI. Man 

des Vatican [Helbig Fiihrer 197] vorkommt). wird vielleicht fiir diesen kurzen Ch. mit noch 

In der hellenistischen Periode fmdet sich diese grosserem Becht, als fiir den S. 2320 genannten, 

Form haufiger; so an vielen Figuren beider per- den Namen xwowtoxog gebrauchen dfirfen (Boh- 

gamenischer Friese (Overbeck a. a. O. Bau- lau 20ff. und u. S. 2334). tjber seine wahrschein- 

meister a. a. O. Abb. 1421. 1423. 1426. 1429. liche Herkunft aus dem Orient s. 4a S. 2331. 



2323 Xnmv Xivwv 2324 

2c) Stoff und Ausschmuckung des legebl. VII 1 = Baumeister Denkm. Abb. 2207). 

weiblichen Ch. Der Stoff, aus dem der Ch. Uber andere Stoffe s. Bombyx, Byssos, Coae 

in all seinen Formen im Gegensatz zum Peplos vestes, Othone, Serica, Sindon. Die Aphro- 

gearbeitet war und von dem er seinen Namen dite des Praxiteles im koischen Gewande ist wahr- 

erhalten hatte, war das Linnen (s. o. S. 2310). scheinlich in einer schlechten Copie im Louvre 

Vgl. das Kleiderinventar der Hera von Samos erhalten (Furtwangler Meisterw. 552f.). 

(C. Curtius Inschr. u. St. z. Gesch. v. Sam. 10), Die mannigfaltige , bunte Farbung des Ch., 

in dem Z. 15 ein suftcoviaxos Xivovg und Z. 20 auch in spaterer Zeit, beweisen uns die im Farben- 

ein xiff&vog ozvjinivov zo/tcg vorkommt; ozvji- schmuck erhaltenen Terracottastatuetten(Kekule 
jiivog auch in den Inventaren der brauronischen 10 Gr. Thonflg. aus Tanagra), die Wandgemalde von 

Artemis (CIA II 758 B Col. II 9—10. 15); Rom, Pompei und Herculanum (Mon. d. Inst. XI 

bezeichnet ist damit ein grobes Linnengewand 22. 23. Mau-Lessing Wand- u. Deckenschm. 

(Poll. VII 72f.). Wenn in vielen andern Fallen (z. B. eines rem. Hauses. Helbig Camp. Wandgem.), 

CIA II 754, 10 = 755, 4—5. 754, 22 = 755, 14 auch Lekythen, wie die von Winter im 55. Berl. 

= 756, 2. 758 B Col. II 19. 36. 41. 763 I 7—8 Winckelm.-Pr.publicierte in Berlin und verschiedene 

u. s.) der Ch. diidpyivog genannt ist, so wisseu schriftliche Uberlieferungen , zu denen wir auch 

wir aus Poll. VII 74 , dass damit ebenfalls ein die Nachrichten ziehen diirfen , die uns die In- 

Gewand aus Lein en bezeichnet war (s. Art. 'A,u6q- ventare der brauronischen Artemis liber die Aus- 

yiva). Vgl. auch Sauppe Mysterieninschr. v. An- stattung des yjzwvioxog bieten, denn es lasst sich 
dania 14 Z. 17: yixwva Xlvsov (Dittenberger 20 nicht erweisen, dass dieser sich in irgend etwas 

Syll. 388). Die Art dieses Stoffes charakterisieren Wesentlichem vom Ch. unterschieden habe (vgl. 

die Bildhauer des 5. und der folgenden Jahrhun* o. S. 2323 und u. S. 2334). Poll. VII 56 flnden 

derte trefflich und — wenn man absieht von den sich folgende Namen weiblicher Ch. , die durch 

sich entwickelnden und verandernden Einzelheiten die Farbe veranlasst sind: xgoxwzog oder xqoxw- 

der Stilistik — iibereinstimmend (vgl. Amelung ziov , jiagaXovQyig und opcpdxivov. Das krokos- 

Bonn. Jahrb. 1897, 160ff.). Danach nahm man farbige, d. h. safrangelbe Prachtgewand spielt 

feine Leinenstoffe, die man meist durch unregel- auch sonst eine hedeutende Bolle: z. B. Arist. 

massige Faltelung — vielleicht durch Pressung Ran. 46; Lys. 219 (ebd. 47 und Eccl. 332 das 

und Windung in feuchtem Zustand — zu einem Diminutiv xgoxcoriSiov). Luc. hist, conscr. 10. 
ausserordentlich lockeren Sitz und Fall brachte. 30 Athen. X 440 d. XII 519 c. CIA II 754, 61—62. 

So an den hierher gehOrigen Figuren des Par- 758 B II 38 — 39 ; vgl. 754, 58. Ja noch in spater 

thenon ; an der Venus Genetrix und der Nike des Zeit flguriert der /. xgoxomvoe als besonderes 

Paionios ist der Stoff dagegen glatt (Xizdg bei Stuck in der Aussteuer agyptischer Frauen (Corp. 

X- d^ogyivos CIA II 758 B II 36). Haufig sind Papyr. Rain. I 124 u. s.). Die Krokosfarbe fanden 

die Stoffe so fein, dass sie die Korperformen voll- wir schon am Peplos. Manner haben nie Ge- 

kommen durchscheinen lassen. Wir wissen, dass wander dieser Farbe getragen (Hermann-Blum- 

es derartige Stoffe in Wirklichkeit gab (d^togyig ner Privataltertiimer 289, 1. Bohlau 11); einige 

Pell. VII 74. Studniczka 28; zagavzividiov Poll. charakteristische Ausnahmen bei Wieseler Sa- 

VII 76; pevdog Poll. VII 49; vgl. Aristoph. Lys. tyrspiel 149. Fur die Farbe zu beachten Ar. Eccl. 
45ff.); vgl. auch Sauppe Mysterieninschr. von 40 329 (= zo tivqqov Plat. Tim. 68 c). Der Farbe 

Andania 13 Z. 16 und 14 Z. 21 (Dittenberger nach schliesst sich hier die io&tjg /j,rjXCvri der alten 

Syll. 388). Auf technische Vollendung bezieht Frauen in der Komoedie an (Poll. IV 119). 

sich das Beiwort gvozidcazog (CIA II 754, 11 = Den Namen jzagaXoveyig erklart Poll. VII 53, 

755, 5. 758 B II 7 — 8), abgeleitet von j-vorig, wo allerdings von i/udzia die Rede ist: naga- 

das nicht nur einen Ch. bezeichnet (Poll. IV 116. Xovgy'eg zo sxazegmSsv e%ov 7zagv(paofisvr)v jzoq- 

VII 49). Dass der Stoff mitunter auch doppelt cpvgav. Ein yizcovioxog nagaX.ovgytjg nsgmoixiXog 

getragen oder gefuttert wurde, beweist das Bei- CIA II 758 B II 16 — 17; vgl. ebd. 754, 55 = 

wort diszXovs (z. B. CIA II 754, 61 — 62 bei xqo- 756, 31 ixaQalovgyiSiov xnmviaxov anXovv und 

xcozog). C. Curtius Inschr. u. Stud. z. Gesch. v. Samos 

Weniger deutlich wiirde sich urteilen lassen, 50 10 Z. 20f. jigoaXtj/i/ia zijg $eov jzagaX.oQyeg aficpi- 

besassen wir nur Figuren archaischer Zeit, bei {hioavov. Eine verwandte Decoration wird CIA 

denen sich die Angabe des Stoffes meist darauf II 763 I 7—8 durch die Bezeichnung fieooaXovoyeg 

beschrankt, dass an den bauschig fallenden Tei- fiir %. d^ogyivog bezeugt, nur dass in diesem Falle 

len Schlangenlinien parallel nebeneinander gesetzt also nur eine izoqcpvQa vorhanden war. Eine der- 

werden, wahrend in den gerade fallenden Teilen der artige Verzierung finden wir schon in archaischer 

Stoff glatt und mit geraden Faltenlinien wiederge- Zeit; in dieser allerdings meist nur an dem oberen 

geben wird. Ist der Ch. also einfach gegurtet, so dass Teil des Ch. zwischen Halsrand und Giirtel (B 6 h - 

er sich deutlich in zwei Teile sondert, von denen lauFig. 88; bei Helbig Horn. Epos I 139 Anm. ist 

in den oberen bauschigen die parallelen Schlangen- eine Serie von Beispielen hiefur gesammelt, aus der 
linien eingezeichnet sind, so erhalt man zunachst 60 aber viele Nummern zu streichen sind, da es sich bei 

den Eindruck, dass Taille und Rock getrennt ihnenum den Peplos mit seitlichem Streif en handelt). 

seien und dass oben eine gestrickte Wolljacke ge- Deutliche Beispiele aus spaterer Zeit Ann. d. Inst, 

meint sei (vgl. Kalkmann 29). Den Schliissel 1840 tav. d'agg. N (Hippodameia). Mon. d. Inst, 

geben uns einige Darstellungen , bei denen ein VII Taf. Vb (Maenade). Diese jioQ<pvgcu wurden 

Zweifel nicht bestehen kann, dass die beiden, so gdftdoi oder naqvyai genannt (Poll. Vll 53; vgl. 

verschieden dargestellten Teile der Gewandung Becker-Goll Charikles III 255). Auch orjfiEla 

zu einem Stuck zusammengehoren (Kalkmann miissen solche Streifen genannt worden sein; 

Abb. 12. Gerhard A. V. 224 — 225. Wien. Vor- Sauppe Mysterieninschr. v. Andania 13f. (Dit- 



2325 Xitwv Xumv 2326 

tenberger Syll. 388): f.ii)Ss xa oafieia iv xotg erwahnen. Das Gegenteil von nsgmogcpvgog ware 

elfiaxioig jiXaxvxega fniidaxxvXiov (vgl. Hesych. s. negiXevxog (Poll. VII 52). Diese Decoration im 

xalaoigig- x- nXarvotj/iwg); die ebd. 14f. vorkom- allgemeinen muss 8idjts(og (Athen. V 198c) bei 

menden axial, mfissen dagegen eher die horizon- %• bedeuten (s. o. iiber nita S. 2315). 

talen Besatzstreifen bezeichnet haben; vgl. neta In den Inventaren finden wir ferner ausser dem 

o. S. 2315. Studniczka 112 vermutet den Ur- weissen Ch. (754, 45 = 756, 23—24. 758 B II 11. 

sprung derartiger Verzierungen wohl mit Recht 14 — 15 ; weiss war das Gewand der jungen Madchen 

im Orient, speciell in Lydien und 113, 64 in und der Priesterinnen in der Komoedie, Poll. IV 

slgaoTig einen Namen dafiir, der in dem Kleider- 119) auch einen yXavxeiovg (758 B II 16; vgl. 
inventar der Hera von Samos vorkommt: a. a. 0. 10 Poll. IV 117 yXavxivog und 119, wo mit aigivog 

Z. 12f. xi-dchv Avdiog k'g~aoxiv sxcov ioaxidog (blau); die gleiche Farbe genieint sein wird; Tracht der 

xifichv Avdiog k'^aoxiv vaxiv&ivijv (dunkelrot) i'xcov; alten Prauen in der Komoedie). 

xi&cov Avdiog k'g~aoTiv dXogyr/v (purpura) s'xcov; Auf den oben genannten Denkmalern finden 

xiftwv AvSiog kt-aoxiv Xevxijv sxcov. Seine An- wir alle diese Farben und Farbenzusammenstel- 

nahme hat mehr fiir sich, als die von Curtius, lungen vertreten. Auch finden wir haufig Orna- 

der darunter die am Gewebe heraustretenden mente, die wir uns auf dem Leinen eher auf- 

Faden versteht, was angesichts der stetigen An- gestickt, als in den Stoff eingewebt zu denken 

gabe der Farbe unwahrscheinlich ist. In Syrakus haben. Einige Ausdriicke bieten auch hier die 

durften derartig verzierte Kleider nur von Hetaeren erwahnten Inventare. IJvgycoxog (754,25 = 755, 
getragen werden (Athen. XII 521 b). 20 18 = 756, 5. 754, 45 = 756, 23—24) bezeichnet 

Ob mit S/Acpaxivov ein Ch. gemeint sei, sagt wohl eine Verzierung, wie wir sie z. B. Gerhard 

Pollux nicht; die Farbe muss nach der sonstigen A. V. 187 = Baumeister Denkm. Abb. 748sehen, 

Bedeutung des Wortes (01 aus unreifen Oliven; d. h. die in ihrem Schema den Zinnen eines Turmes 

Wein aus unreifen Trauben) ein trubes Gelb oder gleicht. Ilagaxv/idxiog (754, 45 = 756, 23 — 24) 

Eot gewesen sein. An derselben Stelle spricht diirfte am wahrscheinlichsten das Ornament be- 

Pollux noch vom xlXXiov = ovdygivov , eselsgrau, zeichnen, das wir ,laufender Hund' nennen; auch 

vom cpaiov (vgl. Poll. IV 117. 119. VII 48) und dies z. B. auf Vasen haufig (Wieseler Satyr- 

dem fisXav (s. Poll. IV 118 von der Biihne: xijg spiel 86). Kaxdoxixxog (758 B II 33 — 34; auch 

<5' iv ovficpoga o fisv ovgxog fieXag; vgl. dazu eine C. Curtius Inschr. u. St. z. Gesch. v. Samos 
Statue der Demeter im schwarzen Gewande in 30 10 Z. 16) erklart Poll. VII 55 mit o i%mv Com 

Florenz, Amelung Fiihrer 98 und die Berl. Le- r) arihj ivv<pao/A,iva, ware also mit 'Qwmxig oder 

kythosim55. Berl.Winckelm.-Progr.). Dannnennt i;q>8io>z6g (ebd. und Athen. V 197 e) und mit av- 

Pollux den xoxxof)a<pi]g x-(= xoxxivofiaq>rjg, schar- divog oder avd-rjQog (Athen. XII 521b. Artemid. 

lachrot). Vor den drei speciellen Namen fur farbige Oneirocr. II 3) gleichbedeutend (vgl. Wieseler 

Frauenkleidung notiert er nun fiinf andere, von a. a. 0. 152f.). Allgemeine Bezeichnungen bunter 

denen er behauptet, sie galten nur fiir Manner- Verzierung sind noixiXog (754, 14), jieouzoixuog 

kleidung: aXovgyig, nooyvQig , cpoivixig oder <poi- (754, 2 — 3 u. s.) und jiaQajioixdog (758 B II 

vtxovg x- und jiaxqaxk- Von diesen werden wir 16—17). So hatte der Ch. des Buhnencostums 

die drei mittleren allerdings noch als specielle den allgemeinen Namen z6 noixlXov (Poll. IV 116; 
Namen besonderer mannlicher Ch. kennen lernen 40 vgl. Wieseler Theatergebaude Taf. VII. VIII. XIII 

(noQtpvQovg aber war der ovgxog der Frauen auf undden Art. ,Trauerspiel' bei Baumeister Denkm. 

der Buhne nach Poll. IV 118; iiber sioQcpvQo/xiy^g III 1849ff. und die zugehorigen Tafeln). WegenVer- 

eoftrjg s. ebd. VII 48). Dagegen finden wir den zierung mit Goldornamenten s. C. Curtius Inschr. 

ersten und letzten samt den zu ihnen geherigen u. St. z. Gesch. v. Samos 10 Z. 17: xiftwvioxog 

adjectivischen Ausdriicken (mit x lr(ov ^ OH °s Ter_ XS vo V nenoixiXfievog fivgxov y^ovoeor s'xcov. Das 

bunden) in den Kleiderinventaren der brauroni- Gleiche bezeichnet xQ vo ° naax °s- Vgl. Compte 

schen Artemis. Dass der Gottin mitunter auch rendu 1865, 66ff. Taf. III. 1866, 69ff. Taf. II. 

Mannergewander geweiht wurden, beweist die ein- Notizie d. sc. 1886, 360f. 

malige Anfiihrung eines x^<»vioxog avdoeiog (CIA 2d) Geschichte des Peplos und des 
II 758 B II 26; ein lj.ia.xiov avdoeiov ebd. 754, 47;50weiblichen Ch. Die Form des Peplos ist so 

vgl. Bohlau 11, 1). Aber schon die besondere einfach, dass es eine natiirliche Annahme ist, sie 

Bezeichnung als avdgeTov bezeugt das Vereinzelte sei auch die urspriingliche Gewar.dform der grie- 

dieses Falles, und wir diirfen entschieden und chischen Frauen gewesen, wofiir ja auch ihr aus- 

mit vollem Eecht trotz Pollux sowohl aXovgyig schliessliches Vorkommen in den homerischen Ge- 

(a. a. 0. 754, 49 = 756, 26 [tfsvixrj]. 754, 56) wie dichten zu sprechen scheint. Die Frage ist nun, 

aXovgyo; x- (754, 12 = 755, 6 — 7. 754, 14; vgl. wie sich zu dieser Annahme die mykenischen 

754, 21 = 755, 13 — 14; hierher zu ziehen auch Darstellungen weiblicher Gewaudfiguren und die 

754, 45 = 756, 23 — 24 /. nXaxvaXovgyiqg), fiaxga- Beobachtungen verhalten, die man iiber das Vor- 

xk (754, 16 = 755, 9. 754, 48 = 756, 25) und handensein von Fibeln in altesten Ausgrabungs- 
(Saxgaxeiovg x- (758 B II 12. 23) fiir die weibliche 60 schichten angestellt hat; denn man kann ohne 

Toilette in Anspruch nehmen. Zu aXovgyig ist weiteres voraussetzen , dass innerhalb des helle- 

ferner zu vgl. Poll. IV 120, wo dXovgyfjg xvxXco nischen Culturkreises Frauen, denen Fibeln mit 

von dem x- aodr/grjg der Frauen auf der Biihne ins Grab gelegt wurden, im Leben den Peplos 

gesagt ist. Nichts anderes als aXovgyog kann oder eine Sim verwandte Gewandung trugen. 

Tisgi^yr/xog bedeuten, da es von Hesych (s. v.) mit Wenn wir uns nun auch von den Einzelheiten 

jieguiogtpvgog erklart wird (Poll. VII 57. CIA der speciell mykenischen Frauenkleidung, wie sie 

754, 18 = 755, 11. 754, 21 = 755, 13—14 u. s.). an Goldringen (Studniczka Fig. 8) und dem 

Hier sind auch rat xsvxdxxeva (Poll. VII 52) zu Berliner Bleifigiirchen (Arch. Anz. 1889, 94) dar- 



232 " Xrnav Xirwv 2328 

gestellt ist, kerne klare Vorstellung machen ken- rung ja jedenfalls der Typus des Ch. entsprechen, 

nen, so ist doch sicher, dass sie mit dem Peplos bei dem die den Arm bedeckenden Teile genaht 

nichts gemein hat (vgl. zuletzt M.Mayer Arch. statt geknopft oder genestelt waren, ein Typus, 

Jahrb. 1892, 189ff.). Daneben bemerken wir an der zudem, wie die Bildwerke beweisen, nur in 

kleinen, sicher in Hellas selbst gearbeiteten Thon- der archaischen Zeit Mode war; nach der Er- 

figurchen eine Gewandung, die am ehesten dem zahlung des Herodot, die man indes eben als 

ionischen Ch. oder vielmehr dem xuQibmxog x- Legende nicht zu wCrtlich nehmen darf, kam es 

entsprechen durfte (Studniczka Athen. Mitt. aber nur auf Vermeidung der gefahrlichen, dolch- 

1887, 21. Mayer a. a. 0. 193; vgl. das S. 2206 ahnlichen nsqovai an, die nur am Peplos Ver- 
tiber das Gewand der Frau auf der Kriegervase 10 wendung flnden konnten. 

Gesagte) ; Damit steht im Einklang, dass sich Die Bildwerke wiederum lehren uns, dass der 

Fibeln nirgends in mykenischen Grabern gefunden Peplos sehr bald nach den Perserkriegen wieder 

haben (Studniczka Athen. Mitt. a. a. 0.). Wan- allgemein in Aufnahme kam, in dorischen Cultur- 

rend nun diese Thatsachen — und bekanntlich kreisen schon etwa 480 (Kalkmann 40ff. und 

nicht diese allein — die Abhangigkeit der ,my- 49). Er blieb neben und mit dem Ch. in Ge- 

kenischen' Cultur vom Orient darthun, ergiebt brauch bis zur hellenistischen Zeit, in der beide 

sich aus der Constatierung des Vorhandenseins von der unter 2 b besprocheuen Form des Ch. ver- 

von Fibeln in samtlichen .vorclorischen' Schichten drangt werden. 

des griechischen Culturkreises, dass diese und 3) Exomis. Es ist von vornherein anzu-. 

damit der Peplos zu der ursprunglichen griechi- 20 nehmen , dass es urspriingiich ein kurzes, dem 

sehen Frauenkleidung gehtfrt haben (Studniczka Peplos entsprechendes, fur die Manner 

Athen. Mitt. a. a. 0. 141). Die Bezeichnung bestimmtes Gewand gegeben habe. In der 

dieser Gewandung als ,dorisch' wird sich, wie That sehen wir ein solches — natiirlich ohne 

Studniczka a. a. 0. anniinmt, erst mit der Zeit das ajtoTtxvyiia des Peplos — an einigen Monu- 

im Gegensatz zu der speciell ionischen heraus- menten, so z. B. besonders deutlich an der bekann- 

gestellt haben , weil sie sich in den dorischen ten Statuette des Odysseus im Museo Chiaramonti 

Staaten, speciell in Sparta, am reinsten erhalten (Ann. d. Inst. 1863 tav. d'agg. 1 = Bau- 

hatte. Wir diirfen nun, nach der Stellung des meister Denkm. Abb. 1251) und konnen als 

Peplos bei Homer zu urteilen, annehmen, dass seinen Namen eg~ojfiig bestimmen. Nach Pollux 
er nach dem Zusammenbruch der mykenischen 30 (VII 47) und Hesych (s. v.) war die Exomis so- 

Cultur wieder die allein gebrauchliche Kleidung wohl Umwurf (Himation, vgl. Schol. Ar. Vesp. 444) 

der griechischen Frauen wurde, dass also seine als Ch. Das Gleiche wurde vom Peplos gesagt. 

Geschichte den gleichen Gang genommen hat, Eine Eigentumlichkeit der Exomis, von der sie 

wie die des geometrischen Stils oder wie man sich ihren Namen erhalten hat, war ferner, dass sie ein 

dieselbe neuerdings wenigstens vorzustellen pflegt. heQo/udoxaXog %. war, d. h. dass sie nur auf einer 

Jedenfalls setzt das die anfangs angefuhrte Stelle Schulter gespangtwar, wahrend die andere Schulter 

des Herodot voraus, die nun wiederum von einer bloss blieb (s. u.). Ganz so ist nun das Gewand des 

Verdrangung des Peplos durch den Ch. berichtet. Odysseus umgeworfen ; die rechte Schulter bleibt 

Sie kniipft dies in stark mythisch gefarbter Er- frei ; man sieht die beiden Zipfel vorne und hinten 
zahlung an ein kriegerisches Ereignis , das mit 40 herabhangen , durch deren Verkniipfung auf der 

Wahrscheinlichkeit in die erste Halfte des 6. Jhdts. Schulter die Exomis zu einem afxptpaoxalog %. 

datiert wird (Studniczka 4f. Helbig 162). geworden ware. Die Exomis ist hier und sonst 

Mag audi die Verbindung beider Thatsachen legen- an der rechten Seite der Figur offen ; Pollux giebt 

darisch sein, jedenfalls wird der hierdurch ge- (IV 118) an, dass die der Schauspieler in der 

wonnene Zeitansatz dadurch bestatigt, dass auf Komoedie vielmehr an der linken Seite ungenaht 

den schwarzfigurigen Vasen, dereii grOssere Masse gewesen sei. Ein Wechsel in dieser Beziehung 

noch in der ersten Halfte des 6. Jhdts. fabriciert ist auch beim Peplos constatiert worden. Vgl. 

worden ist, der Peplos bei weitem iibervviegt; ausserdem Hesych. s. Eg~m(it;\ nag' o xai oi 

auf der beriihmtesten , der Francoisvase, flndet xcofuxoi ozs fiev k'vdv&t ore 8e nsgifiaXov. Den 
sich kein einziger weiblicher Ch. Auf den streng- 50 Worten des Pollux entsprechen allerdings Monu- 

rotflgurigen Vasenbildern dagegen verschwindet mente, speciell die Darstellungen auf den Phlyaken- 

der Peplos fast ganz (dies ergiebt eine Durch- vasen nicht, deren Costum sich nach A. KOrte 

sicht von z. B. Gerhards Auserl. Vasenb.). (Arch. Jahrb. 1893, 61ff.) von dem der alteren 

Wir sahen oben (S. 2310), dass dem Bericht Komoedie nicht wesentlich unterscheidet. DerCh. 

des Herodot der des Thukydides widerspricht ; ist hier weder ungenaht noch lasst er die linke 

zwar handelt dieser nur von der ionischen Tracht Schulter frei. Eine Exomis, die in der That an 

der Manner, jener nur von der der Frauen. Man der linken Seite der Figur offen ist und die linke 

kann aber nicht den Ursprung der einen in Brust frei lasst, tragt eine Amazone vom Mauso- 

Ionien (oder Karien), den der andern in Hellas leum-Fries (Brunn-Bruckm ann Denkm. 96. 
annehmen, muss sich also fur Herodot oder Thu- 60 Ant. Denkm. II 16, 31. Baumeister Abb. 969). 

kydides entscheiden. Nun liefern — ausser der Andererseits ist anzunehmen, dass man die Exomis 

Etymologie des Wortes Ch. — auch die archa- ebenso wie den Peplos unter Umstanden in seinem 

ischen Denkmaler Kleinasiens die deutlichste Be- unteren Teil durch Naht geschlossen haben wird ; 

statigung der Ansicht des Herodot (s. Kalk- so sehen wir sie an einer allerdings spaten Sta- 

mann 42f.). Kalkmann (21) glaubt annehmen tuette eines Hirten in Pal. Colonna in Bom (Matz- 

zu mtissen, dass das Gewand, das den Peplos ver- Duhn Ant. Bildw. 1204). Dadurch wird die 

drangt habe, gar nicht mit Fibeln genestelt, sondern Exomis in der Form dem kurzen ionischen x- 

genaht gewesen sei. Nun wurde dieser Anforde- hegofiaoxaXog sehr ahnlich. Der Unterschied be- 



2329 Xituv Xitmv 2330 

steht im wesentlichen nur darin, dass man mit ein Gewand von der Form des Ch. sein miisse; 
der Exomis jederzeit beide Schultern bedecken es bedeutet allgemein : nur mit dem Untergewand 
kann, wahrend der %. hsgo/^idaxaXog von vom- versehen, ohne Mantel. Fur diese Auffassung des 
herein so zugeschnitten ist, dass eine Bedeckung £o5,ua scheint auch die Nebeneinanderstellung von 
der bloss gelassenen Schulter unmOglich ist ; s. Cdi/aara und xvjidrndeg (s. u. S. 2332) bei Alkaios 
Weiteres S. 2330. Wahrscheinlich ist aber schon im (Bergk PLG III 154) zu sprechen (vgl. Stud- 
Altertum haufig fur beide Formen unterschiedslos niczka 21). So oft die Exomis an Figuren spa- 
der Name Exomis angewendet worden ; wenigstens terer Zeit vorkommt , bei denen die Stoffe deut- 
werden beide in ganz gleicher Weise denselben lich charakterisiert sind, ist ihr Stoff derb, wie 
Gesellschaftsklassen zugeschrieben : den Unfreien 10 starke Wolle oder starkes Leinen. Hirten machten 
und Armen (Poll. VII 47. Arist. Vesp. 444; Lys. sich die Exomis naturlich aus Fellen: 6 xograTog 
662. 1021 ; vgl. Sext. Emp. Pyrrh. I 153). Aelian nach Poll. VII 60 (vgl. IV 118 Tracht des Satyr- 
(v. h. IX 34) giebt sie den Spartanern. drama) she nsqipXrifia. sirs f<5/<a (Tracht der Mas- 

In Anbetracht der Form der Exomis drangt salioten). Vgl. Stephanus Thesaur. s. v. und 

sich jedem die Uberzeugung auf, dies Gewand Wieseler Satyrspiel 92f. 99. 119f. und 139f. 

miisse auch als d/iyifidoxalog getragen worden Ihr ausserst seltenes Vorkommen in schrift- 

sein. So finden wir es in der That an einer Ama- licher und monumentaler Uberlieferung erklart 

zone vom Mausoleum-Fries (Brunn-Bruck- sich dadurch. dass schon zu Homers Zeiten in der 

mann Denkm. 97. Ant. Denkm. II 16, 34. Bau- Mannerkleidung die ionische Mode durchaus herr- 
meister Abb. 970; offen an der linken Seite der20schend geworden war. Uber die Exomis bei den 

Figur). Da aber in dem Fall , dass die ursprttng- Amazonen s. o. S. 2328. 

lich offene Seite durch Naht geschlossen ist, kein 4a) Der kurze Ch. der Manner. Er muss 

wesentlicher Unterschied mehr besteht zwischen sich von der Exomis ebenso unterschieden haben, 

der Exomis und dem entsprechenden ionischen Ch., wie der weibliche Ch. vom Peplos ; d. h. er muss 

dessen izregvyeg auf den Schultern ja auch durch ein evdvfia gewesen sein, ein genahter Rock, den 

KnOpfe oder andere Verbindungsglieder und nicht man anzog. Ein derartiges Gewand sehen wir 

durch Naht verbunden werden konnten (s. 4 a), so nun auf den Denkmalern , nur dass Einzelheiten 

kann man bei Beschreibung der Denkmaler keinen mit der Mode wechseln, und in den zwei Va- 

Unterschied in der Benennung machen. rianten, die Poll. VII 47 angiebt als d[i<pifid- 

Dagegen fuhrt eine andere Beobachtung auf 30 oyalog (die Stelle bei Suidas s. a^Kpifidaxalog ist 

eine sichere Spur. Ein kurzes dorisches Ge- ganz unbrauchbar) und hsQo^daxalog (vgl. Heliod. 

wand — so wie der dorische d/j.<f>i/.idaxalog der Aeth. Ill 1). Fur die erstere Form sind zwei 

Manner abgesehen vom dndnxvy^ia sein musste vortreffliche Beispiele aus dem 6. Jhdt. bei Stud- 

— tragt die Atalante der Francoisvase (Stud- niczka Fig. 18 (von einer rhodischen Schale) 

niczka Fig. 31. Helbig Fig. 57). Hier ist und 19 (Hermes der Francoisvase, auf der noch 

nun die Partie vom Giirtel abwarts in ganz viele weitere Beispiele) abgebildet (plastisch'jEV^. 

besonderer Weise gezeichnet, durchaus verschie- o.qx- 1891, 13 r.). Der Ch. liegt eng an und hat 

den von dem entsprechenden Teil des kurzen an beiden Schultern kurze Armelansatze, die auf 

ionischen Ch. der Manner (s. 4 a). Die letzteren Fig. 18 geschlitzt sind. Der Halsrand, der untere 
sind deutlich rings herum geschlossen ; die Art 40 Hand und der der Armelansatze ist mit Borten 

der Darstellung an der Atalante diirfte sich da- verziert, ebenso wie der Peplos der Frauen (s. 

gegen nur bei der Annahme eines einseitig offenen dariiber und iiber die Namen dieser Borten i 

Gewandes erklaren. Wie dem nun auch sei, jeden- S. 2315). Studniczka 58f. bezieht auf diese Art 

falls kehrt dieselbe Zeichnung an zahlreichen der Umranderung nach Diintzers Vorgang mit 

Kriegerflguren der schwarzfigurigen Vasen an dem Kecht den Ausdruck reQ/Moeig bei Homer (Od. 

Gewandstiick unterhalb des Panzers und in gleich XIX 242) und Hesiod (E. 538); vgl. Helbig 

deutlichem Gegensatz zu dem unteren Teil des 174f. Dass die Manner auch in homerischer Zeit 

ionischen Ch. wieder (Beispiele unter anderem bei schon derartige kurze Ch. trugen, geht aus der 

Studniczka 69 Anm.; besonders deutlich z. B. erwahnten Stelle bei Hesiod und aus II. IV 146 
GerhardA. V. 207. 213 und Arch. Ztg. 1884 Taf. 50 hervor; Helbig 173. Studniczka 59-61. Auf 

15 = Baumeister Denkm. Abb. 2124 [Amasis]). den rotfigurigen Vaser. von der Wende des 6. 

Aus dieser Vergleichung ergiebt sich die Folge- zum 5. Jhdt. werden die Armelansatze seltener 

rung, dass — wenigstens im 6. Jhdt. — Krieger (z. B. Gerhard Trinksch. IX 1 = Baumeister 

unter dem Panzer ein Gewand trugen, das in der Denkm. Abb. 1881 , Peleus auf einem Bild des 

Form dem der Atalante gleich, also dorisch war. Peithinos ; hier hat auch Thetis Halbarmel). Das 

Nicht unmoglich ware es endlich, dass mit diesem Verbindungsstiick der beiden jiregvysg auf den 

Gewand speciell das C&fia gemeint sei, das an Schultern wird ganz schmal. Die Verbindung ge- 

einigen Stellen des Homer fur Untergewand unter schieht oft augenscheinlich durch KnOpfung statt 

dem Panzer und sonst vorkommt (Studniczka durch Naht; in einigen Fallen durch eine lang- 
67ff.; vgl. dagegen Helbig 292ff., dessen Deu-601iche gedrehte Schnur (Mon. d. Inst. II 14). Der 

tung des 'Qmfia auf den unteren vorspringenden Ch. selbst wird stoffreicher und sein Stoff wird als 

Band des Panzers angesichts der gleich zu er- Leinen deutlich charakterisiert (vgl. die Ausfiih- 

wahnenden Stelle der Odyssee und der spateren rungen o. S. 2323). tfber dem Giirtel bildet sich 

Bedeutung des Wortes verfehlt scheint). Wenn haufig ein weit iiberhangender Bausch. Einebund- 

sich Odysseus (Od. XIV 489) in einem Moment, artige Einfassung der Rander fmdet sich auch 

wo er, nach dem Vorhergehenden zu schliessen, jetzt noch; vgl. auch die gleiche Erscheinung an 

nur mit dem £fifia bekleidet ist, oloxhcov nennt, dem weiblichen Ch. dieser Zeit (2 a S. 2319). Auch 

so ist damit nicht gesagt, dass £co/j,a notwendig werden, wie dort, die unteren Rander in zier- 



2331 Xitwv Xumv 2332 

licher Weise ausgezackt (s. S. 2319). Auf einigen IX 50—51 = Baumeister Abb. 449 und sonst 

Darstellungen beraerken wir einen kurzen tiber- an vielen Beispielen). 

fall auf der Brust, wie er schon bei weiblichen Da der kurze Ch. zur ionischen Tracht ge- 

Gestalten dieser und spaterer Zeit constatiert hort, liegt es nahe, Analogien bei den nichtgrie- 

wurde. Sehr viele Beispiele bei Kalkmann chischen Vfilkern Kleinasiens zu suchen; am ehe- 

25, 32, zu denen sich noch andere hinzufiigen sten bietet sich hier die xvnaaaig {xvaaaoCoxog) 

liessen. der Lyder dar, ein kurzer leinener Rock (Stud- 

Ein besonders deutliches Beispiel far den ixs- niczka21). Von Stoff und Form der rrjpswa oder 

QofiaaxaXog %. bietet ein in Kassel befindlicher rijfisvvt'g der Meder erhalten wir keine Vorstel- 
Torso (Furtwangler Meisterw. Fig. 22). Der 10 lung (Poll. VII 61; vgl. allerdings Plut. Rom. 

Parthenonfries bietet viele Beispiele fiir den afjupi- 26, wo als Tracht des Romulus der negmoQqvQog 

fiaoialos x- m it und ohne Armelansatz, sowie fiir xrjflervog angegeben wird). 

den hnQOfiaoialog %. Das Klima Griechenlands erforderte neben dem 

Als besondere , durch die Farbe hervorge- Ch. aus feinem Leinen auch solche aus warmeren 

rufene Namen von Mannergewandern nennt Poll. Stoffen (Poll. VII 57f. dfiyfaaXXog und /mXXcoxog 

VII 55 alovQyig , noQcpvQig , tpowixig xai cpoivi- geht auf zottige Wollenzeuge ; a/Mpifiirog, xglfuxog, 

xovg x- , fiaxQaxk- trber alovQyig und fiaxga%lg mit doppeltem, dreifachem Aufzuge [Drillich] ge- 

s. 2 a S. 2325. Fiir aXovgyig s. noch speciell Ar- webt). Die Hirten und Jager nahten sich ibren 

temidorus oneirocr. II 3 : noixiXr\v 8s sofajza Ch. aus Fellen (Poll. VII 70) ; vgl. Paus. VIII 
e'xsiv i} dXovgylda isgevai fiev xai {hfisXixoig xai 20 1, 5 iiber Ch. aus Schweinshauten bei den Be- 

oxtjvixoTg xai xotg negi x6v Aiovvoov xsxvixaig wohnern von Euboia und Phokis. Die bei Poll. 

fiovoig ovfupigst. noQyvQig kommt bei Xen. Cyrop. VII 70 erwahnten Namen gelten aber nicht nur 

II 4,6 und VIII 3, 3 als Tracht der Perser und fiir hbifxara, sondern noch hauflger fur megi- 

Meder vor. Purpura ist der Ch. des Theseus pXtffiaxa (St ephanus Thesaurus und in uns. Lex. 

bei Bakchylides (ed. Kenyon XVIII 52). #om- s. 'I/xdnov). Mit $i<p#ega z. B. ist ohne Zweifel 

xove war das rote Kriegsgewand der Lakedai- der Mantel mit Kapuze gemeint, wie ihn Teles- 

monier (Xen. Lac. XI 3. Plut. Lye. 27 u. s. ; vgl. phoros auf den Darstellungen tragt. Wenn Poll. 

O. Miiller Dorier 2 II 248), kommt als solches a. a. O. sie trotzdem x- nennt, so gebraucht er 

auch bei den Persern vor (Xen. Cyrop. VII 1, 2) ; das Wort hier in seiner allgemeinsten Bedeutung. 
vgl. hierzu den prara xoxxivov (bezw. <poivi- 30 Statuette mit Ch. aus Fell s. Mus. Borb. VII 

xovvxa) als xfjg pax*!? atipeTov vhsq xfjg axgaxtj- 10 = Baumeister Abb. 772. 

yixfje oxrjvijg dtaxeivoftsrov der Romer (Plut. Fab. 4 b) Der eigenartigste Bestandteil der ioni- 

15; Marc. 26; Brut. 40). Bei Poll. IV 119 kommt schen Tracht aber war der lange leinene Ch. 

(powixig als <p6grjfia vsmxsgwv in der Komoedie der Manner (Poll. VII 47 TiodrjQtjg), den die 

vor. Die farbigen Bildwerke beweisen ausserdem, Samier in der von Asios (frg. 13. Kink.) beschrie- 

dass die Gewandung der Manner ebenso bunt war, benen Festversammlung tragen (Studniczka 

wie die der Frauen. Vgl. auch Poll. IV 115ff. 20): x lov ^s xe'x"<oai jiedov x&ovog svgsog slxov, 

iiber die Biihnengewander, deren Farben nicht nach dem die Ionier bei Homer (Hymn. Ap. Del. 

anders gewesen sein werden als die der Gewander 147. II. XIII 685) iXxexixoweg 'Idoveg genannt 
des Lebens. Bine sehr reich ornamentierte Species 40 werden, und in dem Theseus bei seiner Ankunft 

des kurzen Ch. findet sich im 5. Jhdt. haufig auf in Athen far ein Madchen gehalten wird (Paus. 

Vasendarstellungen ; ganz das gleiche Gewand 119,1). Einen langen Ch. setzen auch die Verse 

haben wir in derselben Zeit an Frauen bemerkt (o. Homers (II. V 734ff. = VIII 385ff.) voraus, in 

S. 2322). Zu erwahnen Dionysos (RoscherMyth. denen beschrieben wird, wie Athena den Ch. ihres 

Lex. I 1107 [s..die Anm.] und 2055. Compte Vaters Zeus statt ihres Peplos anzieht, um in den 

rendu 1861 Taf. IV = Baumeister Denkm. Abb. Kampf zu ziehen. Beiworte und Vergleiche bei 

110. Mon. d. Inst. Suppl. XXI; s. auch das Idol des Homer (Studniczka 56f.) gestatten den Schluss, 

Dionysos auf einem Neapeler Krater, Heydemann dass Leinen der iibliche Stoff war, aus dem der 

Vasens. d. Mus. naz. nr. 2419 und Winter 50. Ch. gearbeitet war. Von seiner Form und Aus- 
Berl. Winckelm.-Pr. 114), der Daduchos der einen 50 stattung geben uns die sf. Vasenbilder und archai- 

Mysterienvase (Compte rendu 1859 Taf. II = Bau- sche Sculpturwerke eine deutliche Vorstellung; 

meister Abb. 521); die Dioskuren (Arch. Ztg. Beispiele bei Studniczka Fig. 14—17 und in 

1846 Taf. 44/45 und 1848 Taf. 24 = Baumeister grosser Menge bei Helbig 177ff. Vielfach wird 

Abb. 1804 — 1805); Hephaistos bei der Riickfiih- hier auch seine Schneefarbe (s. d. Frg. des Asios), 

rung in den Olymp (El. cer. I 43. 46 — 47) und bei die fiir ihn typisch gewesen sein muss, durch 

der tibergabe des Erichthonios (ebd. 85 A) ; auf weisse Farbe wiedergegeben (Ant. Denkm. I Taf. 7 

letzterem Bild auch Kekrops; Triton (Mon. d. nr. 1. 5. 6. 24. 28 und sonst haufig); yg\.'E<prnx. 

Inst. Suppl. XXI); auf letzterem Bild auch Helios; dgx- 1891 it. 13. In seiner Ausstattung mit Rand- 

Pelops (Mon. d. Inst. VIII 3 = Baumeister ornamenten gleicht er dem kurzen Ch., auch ist 
Abb. 1395); Kitharoede (Dumont et Chaplain 60 er wie dieser bisweilen — besonders haufig in 

Cer. de la Gr. pr. XVI). Daselbe Gewand in alterer Zeit — mit Armelansatzen versehen. Er 

derselben Ausstattung findet sich bei asiatischem ist in der durch die genannten Denkmaler reprae- 

Costiim, von dem es wohl auch stammen wird; sentierten Zeit typisch bei Mannern vorgeriickten 

so beiParis (Gerhard Ap. V. 100 = Baumeister Alters und vornehmen Standes und wird ausser- 

Abb. 314), der es hier augenscheinlich iiber einem dem von jung und alt gleichmassig als Pracht- 

vollstandigen Tricot tragt, da Armel und Bein- und Festgewand getragen (Helbig 182). In den 

kleider das gleiche Muster haben (ebenso an ver- uberwiegend meisten Fallen ist er ungegiirtet, 

jschiedenen Figuren der Dariusvase , Mon. d. Inst. also og&ooxddiog (Poll. VII 49) ; damit stimmt 



2333 Xitoav Xnwv 2334 

fiberein , dass vrir auch aus Homer und Hesiod Ioniern zugeschrieben : oaQixxug fuqXivoi xm jioq- 

schliessen konnen, dass die Griechen Hirer Zeit cpvQot xal Xsvxol, o'i 8s aXovgyetg [Demokritos]) ; 

sich nur zu schwerer Arbeit giirteten (Stud- bei den Persern ausser xdvdvg mid. xdmvQig dei 

niczka 65f.). Die Denkmaler lehren uns ferner, xavvaxyg (s.o.XetQidwxog %. S. 2207f.) ; letzterer 

dass dieser Ch. bei alien Stammen Griechenlands auch bei den Babyloniern (Poll. VII 60; xavvdxrjg 

gleichmassig verbreitet war (Helbig 181). sonst allerdings ein smfioXaiov ; s. Stephanus 

Augenscheinlich sind nun in jener schon er- Thes. s. v.). Vgl. fiber die Babylonier Herodot. 

wahnten Stelle des Thukydides (I 6), wo er tiber I 195 : xQsmvxai xidoivi jroStjvexsi hvsq> xai stiI 

bestimmte Wechsel in der Tracht der griechi- xovxov aXXov siqIvsov xiftwva sjisvdvvei. Uber den 

schen Manner spricht, mit den XivoT %ixwveg, die 10 /ivcotog der Armenier s. Poll. VII 60 und Phot, 

neben der gekiinstelten Haartracht als Charak- s. v., iiber fiavdvt] und <paiv6Xrjg (tpaivoXiov, tpai- 

teristica der zur Zeit des Historikers iiberwun- voXlg) bei Persern, Kretern und Libyern s. Ste- 

denen Altvatermode genannt werden, auch jene phanus Thes. s. v. Polyb. Ill 114, 4 spricht 

langen Ch. gemeint, trotzdem Thukydides nicht Ton den XivoZ jisQmoQqpvgot prow/owi der Iberer. 

ausdriicklich davon spricht. Jedenfalls wiirde seine Ausfilhrlicher handelt Poll. VII 71 fiber die Tracht 

Angabe in diesem Fall mit dem, was wir den der Agypter; fiber <pa>omv (j. ix jia/Jog Xivov), 

Monumenten entnehmen konnen , ubereinstimmen, ^[Wfcoomnov und rj/Mxifiiov, xaifidgmxtov , oov- 

denn seit dem Anfang des 5. Jhdts. verschwindet ddgiov, s. Stephanus Thes., fiber die letzteren 

der lange Ch. allmahlich aus den Kreisen , in drei besonders Hesych. Am bedeutsamsten ist ihr 
denen er bisher geherrscht (vgl. Studniczka20x- ftvoavooxog und Xivovg, der xaXdoigtg (Herodot. 

Arch. Jahrb. 1896, 249ff.) ; er bleibt furderhin II 81), den wir auf griechischem Boden durch 

nur noch fur bestimmte Kategorien in Gebrauch : die Mysterieninschrift von Andania als Festtracht 

Priester (Michaelis Parthenon 257 Taf. XIV der Prauen, Madchen und Sclavinnen in den be- 

34. Conze Attische Grabreliefs921— 924), Kitha- treffenden Mysterien finden (hier xaXdatjQig; s. 

roeden oderFlOtenspieler (Studniczka66. Wie- Sauppe a. a. 0. 14 Z. 17. 18.19.21. Ditten- 

seler Theatergebaude Taf. XIII) und Wagen- berger Sylloge 388). Nach Hesych (s. xaXdoigig 

lenker (die in Delphi neuerdings gefundene Statue und xQvcpoxaXdoiQig) war er nXaxvarjfiog (fiber die 

eines solchen tragt diesen Ch. fiber dem gewOhn- o^/ieTa = noQ<pvQaT oder gdfSdoi s. o. S. 2324), ein 

lichen weiblichen ionischen Ch. ; s. Arch. Anz. Xivovv xal jtodfjQsg %ixwviov und diente auch den 

XI 174). 30 Mannern als fjvioxtxog xal inmxbg %. Dass die 

Auch fur diese Form des Ch. bieten sich Ana- xaXaotgeig auch in Korinth gearbeitet wurden, be- 

logien bei anderen asiatischen Volkern dar. Bei zeugt Athen. XII 525 d, nach dem sie purpurn, 

den Lydern war die Paodga ein %. xodtjetjg (Poll. veilchenblau oder hyakinthosfarbig (dunkelrot) 

VII 60); die Assyrer trugen fiber einem langen waren, und der an dieser Stelle auch von persi- 

leinenen Ch. einen andern aus Wollenstoff (Her. I schen spricht, oXtisq elol xdlXiazai naoCiv, An 

195; vgl. Darstellungen wie bei Helbig Fig. 60 zwei Stellen der Mysterieninschrift (14 Z. 17) ist 

und s. u.). ferner neben xaXdaiQig als Untergewand oivdo- 

4 c) Eine Mittelstufe zwischen dem langen und vixtjg genannt, wozu x- zu erganzen ist (fiber den 

dem kurzen nimmt ein Ch. ein, der nur bis oivdcov der Agypter s. Stephanus Thes.). 

zu den Waden reicht (nicht etwa ein langer, 40 Endlich ist noch ein specieller cixeXixog x- 

etwas aufgeschfirzter Ch.). Er findet sich auf den nach Poll. VII 77 zu nennen. 

Gravierungen des Panzers aus Olympia (Stud- Am Schluss ist auf die metaphorische Ver- 

niczka Fig. 43. Helbig Fig. 48), an dem The- wendung des Wortes Ch. fttr alles Umhfillende 

seus der Francoisvase (Wiener Vorlegebl. 1888 Taf. hinzudeuten, woffir sich eine reichhaltige Samm- 

III; wiees scheint, ist der Oberarmhalbbedeckt!), lung von einschlagigen Stellen bei Stephanus 

auf einem sf. Vasenbild (Gerhard Auserl. Vasenb. Thes. s. v. ^mov S. 1511f. findet. Dadurch er- 

XVI), an der Dionysosfigur einer rf. Vase (Gaz. ledigt sich auch die falsche Annahme, die dem 

arch. 1879 pi. 5 = Koscher Myth. Lex. I 1108), Worte Ch. bei Homer in der Waffentracht eine 

einem Kitharoeden (Dumont et Chaplain Ce>. von der gewOhnlichen wesentlich verschiedene Be- 

de la Gr. pr. XVI), einem Trabanten des Midas 50 deutung beilegte, d. h. die eines erzbeschlagenen 

(Ann. d. Inst. 1844 tav. d'agg. H) und an vielen Kollers aus Filz oder Leder; vgl. daruber, sowie 

Figuren der Beliefs vom Nere'idendenkmal (Mon. fiber den ebenfalls hierher bezogenen Ausdruck 

d. Inst. X Taf. XIII— XVIII. Brunn-Bruck- oxQsnxdg %■ Studniczka 61ff. (otQsnxog richtig 

mann Denkm. 214—218). Der Dionysos, der mit ,wohlgezwirnt' zu ubersetzen) und Helbig 

Kitharoede und Trabant tragt fiber diesem Ch. 183f. und 287f. 

den kurzen mit reichen Ornamenten , der oben Fur die abgeleiteten Worte x^oiraQiov, pr»- 

unter 4 a S. 2331 besprochen ist. viov, x ira>vl 'OxdQiov , /ircorfoxtor und x na>v <- aK0l s 

Bei verschiedenen fremden Vslkern wird der ist die Litteratur bei Stephanus Thes. unter 

Ch. als Tracht angegeben, zum Teil mit Anffih- den verschiedenen Stichworten gesammelt. Vgl. 

rung besonderer Namen ; so bei den Lydern neben 60 ausserdem Bohlau 20ff. fiber x iX< *> v > xnnviov, 

der schon erwahnten kurzen xinaaaig die lange x lTCOV ^ OHO ? m den Inventaren der brauronischen 

(SaoaQa (Aiovvmaxog Poll. VII 60; vgl. Herodot. Artemis (Angabe des Stoffes bei den ersten heiden 

I 155; hierher gehort auch der oaQStavixog x- haufig, bei dem letzten nur einmal; Angabe der 

Poll. VII 77); bei den Kilikiern (xvfrcovag eiQivsovg Farbe und Verzierung beim /(rcuctWoj fast stets, 

Herodot. VII 91) ; bei den Medern ausser den bei den andern ganz selten ; bei x^coviov haufig 

schon genannten xt)ftevva und xqjievvCg die oaQaizig Angabe, ob omXovv oder dmXovv, bei den andern 

(siogqfrvQovg fisaoXsvxog x- Poll- VII 61. Hesych. nie). Unterschiede in der Form lassen sich danach 

und Phot. s. v. ; bei Athen. XII 525 c wird sie den nicht feststellen, abgesehen davon, dass im Gegen- 



2335 Chitone Xkalva 2336 

satz zu x- ■ die andern Ausdriicke kleinere Ge- aus Schafwolle war (II. X 134 ovXr\ <5' inevrjvofte 

wander bezeichnen werden (s. tlber die MOglich- Xdxrrj. Od. XIV 520f. 529 jivxvrjv; besonders 

keit ihrer Anwendung auf bestimmte Gewander haufig ovXr/, s. Studniczka a. a. O. 73,8. Poll, 

o. S. 2320. 2322). Willkiirlich ist Bohlaus An- X 123 [esojio/utos] na-/etav). Dieser Eigenschaft 

nahme, die xircorlanoi seien wollen gewesen, irrig verdankt sie die haufige Bezeiehnung durch Bei- 

seine Deutung der yncovm. Aus den Erwahnungen worte wie dvsfiooxsjzrjg II. XVI 224, dls^avspiog 

der Schriftsteller (s. Stephanus Thes.) kann Od. XIV 529, x^dfivva Aesch. frg. 439. Soph. 

man einzig schliessen, dass xixmviov so gut wie frg. 1005; als Winterkleidung bei den Dichtem 

ausschliesslich fur das Untergewand der Prauen der neueren Kornodie Poll. X 123 (die Stellen He- 
gebraucht wurde, wahrend die iibrigen Ausdriicke 10 siod. erga 536f. und Poll. VII 61 geben hierfiir 

bei beiden Geschlechtern vorkommen. direct nichts aus ; sie beweisen nur, dass die Ch. 

[Amelung.] sowohl im Sommer wie im Winter getragen wurde, 

Chitone (Xix<i>vrj). 1) Als attischer Demos und dass man fur letztere Jahreszeit eine besonders 

vom Scholiasten zu Kallim. Hymn. Dian. 225 in fiaXaxrjv als egv/ia xq°°s oder eine besonders aa- 

einer Kultlegende uber Artemis Ch. (s. Nr. 2) be- x s ^ av a ls x sl f ls 8 iv ° v wdnov bezw. x e ^ aar S 0V De - 

zeichnet. Sehr zweifelhaffc. [Milchhoefer.] niitzte). Eine locker gewebte, also weniger warme 

2) Xircovrj , Xncovla , Epiklesis der Artemis, Ch. muss mit daaddrjTog xXaTva bei Sophokles frg. 

Kallim. Hymn, in Iov. 77. Hesych. Steph. Byz., 791 N. gemeint sein (s. Poll. VII 36). Poll. VII 

bei dem Epicharm. und Parmenon citiert werden. 47 constatiert ferner aus Homer zwei verschiedene 
1) Im Brauronion auf der Akropolis von Athen, 20 Arten von Ch., die dnXotdsg (II. XXIV 230; Od. 

Schol. Kallim. in Iov. 77; in Dian. 225; vgl. XXIV 276) und die dinXaT (II. X 134; Od. XIX 

CIA II 778, 16. 2) Wahrscheinlich auch im atti- 226): fur letzteres wird aucli binla^ angewendet 

schen Demos Ch., Schol. Kallim. in Iov. 77. (II. Ill 126. XXII 441 ; Od. XIX 241. Stud- 

3) In Milet, wohin Neleus den Cult aus Attika niczka a. a. O. 74. Helbig a. a. 0. 189). Als 

iibertragen haben soil, Kallim. in Dian. 225. Fest spatere Ausdriicke fur beides fiihrt Pollux amXrj- 

NtjXtjk, Plut. de mul. virt. 253 P. Polyaen. VIII yidag und SmXtjyiSag oder StfloXovg an (Ste- 

35; vgl. 0. Miiller Dor. I 381. 4) In Syrakus, phanus Thesaurus s. v.). Daraus, dass So- 

Athen. XIV 629 e, mit Tanzen und Flotenspiel phokles (frg. 704 Nauck) das Wort &7iXtjyig mit 

gefeiert, vgl. Epicharm. bei Steph. Byz. 5) In OsaaaXfj verbindet, wodurch das Gewandstilck 
Segesta(?); Schreiber in Roschers Myth. Lex. 30 deutlich als Chlamys (s. d.) bezeichnet wird, kann 

I 572f. sieht in dem von Cic. Verr. IV 34 be- man schliessen, dass Ch. ajiXotg und Chlamys 

schriebenen Bild der Artemis cum stola eine sich nicht wesentlich untefschieden haben; Am- 

Artemis Ch. Die Epiklesis wurde der GOttin bei- monius a. a. 0. 147 giebt nach Didymos an, 

gelegt von den Gewandern, die ihr geweiht wur- die Ch. sei im Gegensatz zu der Chlamys em 

den, s. oben S. 825. Preller Griech. Myth.* I xsxQdyaivov l/xaxiov gewesen; wir erfahren in der 

314. 319. [Jessen.] That aus anderen Quellen, class die Chlamys 

Chitnae (Xixovai), Vcilkerschaft im Ostlichsten (s. d.), zum Teil wenigstens , rund zugeschnitten 

Teile von Mauretania Caesariensis , deren Wohn- war. Also bestand der Unterschied zwischen 

sitze bis zum Ampsagaflusse reichten, Ptol. IV x- dnXijyk und Chlamys nur in der Form. 
2, 21. [Dessau.] 40 Den ricntigen Aufschluss dariiber, welche Art 

XXaZva, ein Wort, das nachweislich nur in von Doppelung mit den Worten SinXfj u. s. w. 

der Beschreibung mannlicher Tracht vorkommt, gemeint sei, hat Studniczka a. a. 0. 74f. (vgl. 

bezeichnet ein Gewandstiick, das nach der uber- Helbig a. a. 0. 190) nach Od. Xin 224 ge- 

einstimmenden tTberlieferung der Grammatiker geben, wo Athena in der Gestalt des jungen 

zu dem Typus der JiegifSXrj/MiTa gehtirt, d. h. es Hirten erscheint: di'jtrvxov a/iq>' m/xoiaiv sxovo' 

ist eine Art Ifidnov im rqj x"6>vi (Poll. VII 46. evegysa Xwjirjv. letzteres bedeutet urspriinglich 

Suid. Hesych. s. v. Moeris 408 u. s.). Pollux zwar nur im allgemeinen Gewand (vgl. jedoch 

folgert das a. a. 0. mit Becht aus einem Vers Hesych. Xwnrj, to ifidrtov, jrs(>i(SXt]fta ; auch in den 

des Homer (Od. XVI 79), zu dem noch andere beiden von Studniczka a. a. 0. 77 angefiihrten 
hinzuzufugen sind (II. II 262; Od. XIV 341. 513 50 Stellen aus Theokrit Id. XXV 254 und Apol- 

[Schol. r<i egwd-ev mQt§Xrjfxara\; vgl. auch Od. lonios Bhod. Argon. II 32 ist mit dem Wort 

XXI 118, wo Odysseus, um den Bogen zu spannen, sicher ein Mantel gemeint), aber nach den Worten 

die Ch. ablegt, was das Vorhandensein eines Unter- a/j,q? &/u.oioiv kann in diesem speciellen Fall nur 

gewandes voraussetzt). Hinzu kommt, dass Ch. ein Mantel damit gemeint sein, also eine Art Ch. 

auch als Wort fur Lagerdecke vorkommt , wie Das Beiwort dhtxvxog bedeutet doppelt zusammen- 

ebenfalls Poll. a. a. 0. anfuhrt (II. XXIV 646 gefaltet, und danach konnen wir nun auch dmXfj 

[Schol. ro msQifiXrjtMx xfjg xXtvqg]; Od. Ill 349f. bei Ch. erklaren, zumal hier bestatigend die Denk- 

Hom. Hymn. Ill 159. Sophold. Trach. 540. Poll. maler eintreten; auf ihnen findet sich, wie wir 

X 123; vgl. Amnion. Diff. voc. ed. Valckenaer sehen werden, diese Form des doppelt gelegten 
146, 23). In Ubereinstimmung mit dieser doppel- 60 Mantels haufig und wir werden ihr gerade den 

ten Art der Verwendung steht die Etymologie Namen Ch. iiberzeugend zuweisen kOnnen. 

des Wortes , das wahrscheinlich aus der Wurzel Wenn man die Ch. doppelt zusammengefaltet 

xXi- gebildet ist und mit x^ ia ' iva > .warmen' zu- tragen konnte, so musste sie unter Umstanden 

sammengehsrt (Studniczka Beitrage zur Ge- eine bedeutende GrOsse erreichen; dafiir spricht 

schichte der altgriechischen Tracht 73. Helbig sicher Od. XIV 521 (isydf^v, wahrscheinlich auch 

Horn. Epos 2 188). Zu dem Zweck, als warmende II. X 134 ixzadirjv (Studniczka a. a. 0. 75, 

Decke zu dienen, war die Ch. besonders geeignet, der das Wort mit ,ausbreitbar' iibersetzt; dagegen 

da sie meist ein starkes, dichtes, zottiges Gewebe Helbig a. a. 0. 188, der meint, der Ausdruck 



2337 Xlalva Xlalva 2338 

,vergegenwartige, wie der schmiegsame StofF glatt Wenden wir uns nun zu den Denkmalern, so 

ausgebreitet die Schultern und den Eiicken des ist zunachst zu bedenken, dass wir im Grunde 

Helden umgiebt') , sicher endlich der Ausdruck nach den obigen Eesultaten nicht das Recht haben, 

xaxaofivlog x%aXva Sophokl. frg. 560 Nauck. den Namen Ch. — wenigstens fiir die altere Zeit 

An verschiedenen Stellen ist bei Homer be- — nur auf eine specielle Manteltracht anzuwenden. 

sonders erwahnt , dass die Ch. mit einer neoovr) Wir finden auf den altesten hier verwendbaren 

genestelt wurde (II. X 133; Od. XIX 226); an Monumenten vier verschiedene Arten, den Mantel 

einigen anderen Stellen ist eine derartige Be- zu tragen. 1) Man lasst diesen in seiner Haupt- 

festigung vorauszusetzen (Studniczka a. a. 0. masse den Eiieken bedecken und zieht die beiden 
75. Helbig a. a. 0. 191). Es wird kein Zufall 10 oberen Zipl'el gleichmassig iiber beide Schultern 

sein, dass in den beiden Stellen, in denen diese nach vorne: die sog. symmetrische Manteltracht; 

Nestelung besonders erwahnt wird, die Ch. als s. Bohlau Quaestiones de re vestiaria graecorum 

SmXfj bezeichnet ist. Man wird aus demselben S2f. Helbig a. a. 0. 188ff. Die in dieser Weise 

Grunde, aus dem man beim Peplos (s. S. 2312) getragenen Mantel sind von sehr verschiedener 

den oberen Teil, der genestelt werden musste, Ausdehnung und in manchen Fallen augenschein- 

ilberschlug, d. h. um das Ausreissen des Stoffes lich auch doppelt gefaltet, um ihr Volumen zu 

durch die Nadeln zu vermeiden, auch die Ch., verringern. 2) Man legt den einen Zipfel auf 

wenn man sie nesteln wollte, doppelt umgelegt die eine Schulter, ffihrt die iibrige Masse unter 

haben. der entgegengesetzten Achsel durch und wirft den 

Verschiedentlich wird bei Homer die lebhafte 20 dem ersten gegeniiberliegenden Zipfel fiber die 

Farbung der Ch. hervorgehoben: cpomxoeooa II. schon bedeckte Schulter; Bohlau a. a. 0. 33. 

X 133; Od. XIV 500. XXI 118; nooyvoer} II. Ill Helbig a. a. 0. 188, 2. 3) Man legte einen Teil 

126. XXII 441; Od. IV 115. 154. XIX 225. 242. iiber eine Schulter, fiihrte die iibrige Masse quer 

Andromache webt eine purpurne Diplax und ver- fiber den Rficken nach der entgegengesetzten Hfifte, 

ziert sie mit &g6va noixlla II. XXII 441; Helena um den Unterleib, bis zu dem unter der schon 

schmuckt eine Diplax mit figiirlichen Darstel- bedeckten Schulter befindlichen Unterarm , auf 

lungen derKampfe zwischen Troern und Achaeern dem man das Ende ruhen liess; z. B. Gerhard 

II. Ill 125ff.; vgl. Studniczka a. a. 0. 86. A. V. X. XXXII (eine Variation hiervon scheint 

Helbig a. a. 0. 191f. Da andererseits Ch. auch die Tracht zu sein, die wir auf Gerhard A. V. 
bei Personen der niederen Stande vorkommt (Stud- 30 XIII. XV. XIX 2. CVIII. CXXXVI finden ; doch 

niczka a. a. 0. 73. Helbig a. a. 0. 193), so ist sie nach den Zeichnungen — wenigstens dem 

muss sie eine ganz allgemeine Verbreitung ge- Verfasser — ratselhaft; ahnlich, aber verstand- 

habt, d. h. sowohl dem Bedurfnis wie dem Luxus lich bei dem Hermes a. a. 0. LV) ; ffir 2 und 

gedient haben. Letzterem allein hingegen scheint 3 mussten die Mantel natiirlich betrachtlichen 

das <p&Qoe gedient zu haben , ein Wort , das in- Umfang haben. Endlich 4) finden wir, sehr selten, 

dessen auch eine allgemeinere Bedeutung, wie genestelte Mantel, und zwar nur bei Apoll und 

spater i/idxiov (s. d.) gehabt haben muss, denn Hermes; z. B. Gerhard A. V. XVII. XXXIX. 

an einigen Stellen wird der Mantel derselben XL. LXVII. LXXII1; die Fliichtigkeit der Zeich- 

Person in einem Zusammenhang bald Ch. , bald nungen erlaubt nicht zu erkennen, ob die Mantel 
<fS.Qog genannt (Studniczka a. a. 0. 72). 40gedoppelt oder einfach sind, ob wir es demnach 

Mit Ch. in der Hauptsache identisch ist augen- mit Ch. oder Chlamys zu thun haben. 

scheinlich der specielle spartanische Mannerman- All diese so verschieden getragenen Mantel 

tel, dessen besonderer Name xQtficov war (Stud- wfirde ein homerischer Grieche Ch. genannt haben ; 

niczka a. a. 0. 77). Theopompos (Poll. X nur in einigen Fallen, wo ein Mantel grosser 

124) spricht einfach von der %. na%ua Aaxco- Form besonders mit weisser Deckfarbe gemalt 

vixtj, womit nur der Tribon gemeint sein kann; ist, mag das <paoog gemeint und mit der Farbe 

bei Polyaen. strateg. IV 14 erscheint Polysper- auf den schneeigen Linnenstoff gedeutet sein 

chon vor seinen Soldaten in der Ausrfistung der (Studniczka a. a. 0. 92, 75). Da aber in spaterer 

peloponnesischen Gegner xQifiwva dmXovv ifijiog- Zeit fiir die grossen Mantel das Wort Ifiartov all- 
jii)od(isvog; Aristoph. Vesp. 1132f. sagt Bdely- 50 gemein ublich wurde, sollen diese, soweit sie auf 

kleon : Tov xQifiwv acpsg , Tijvdl de yXaivav ava- spateren Monumenten auftreten, auch in unserem 

Xajiov XQijicovinrng (das ist nur mOglich, wenn Ch. Lexikon der tfbersichtlichkeit halber unter ifidxiov 

und Tribon in der Form einander entsprechen) ; weiter besprochen werden, an dieser Stelle da- 

Diog. Laert. sagt VI 13 von Antisthenes , dass gegen nur die kleineren Manteltypen spaterer 

er sSiJiXcoos tov rql^wva; nach ihm wurde dies Zeit, abgesehen von dem sicher Chlamys zu be- 

die schulgemasse Kynikertracht (Mullach Frg. nennenden Typus. 

phil. gr. II 264). 1) Die ungenestelte Ch. Sie wird wie 

Sonst war in spaterer Zeit Ch. in Leben und ein Shawl zusammengefaltet und symmetrisch ge- 

Sprache ganz zurfickgetreten. Eine Spur der tragen, d. h. ihre Hauptmasse liegt im Eiicken, 
Diplax finden wir noch bei Lykurgos 40, nach 60 wahrend die beiden Enden in mannigfacher Weise 

dem man in der Zeit nach der Schlacht bei Chai- fiber die Schultern oder Arme geworfen oder um 

roneia Greise und Dntaugliche timid, to ifidxia die Arme geschlungen werden ; so z. B. Gerhard 

ifiMsjtoo7it]/j,svovg sah. Auch gab man die in A. V. XL VI (Apollon). L — LI (Hermes); Statuen 

Pellene gearbeiteten und besonders geruhmten Ch. des Apollon und des Oinomaos in den Giebeln 

den Siegern in den dortigen Agonen als Preis des Zeustempel von Olympia (Olympia III Taf. IX 

(Pind. 01. IX 146; Nem. X 82. Strab. VIII 386. 3. XXII); Statue des Anakreon (Brunn-Bruck- 

Poll. VII 67). iiber emaoomjiua, smnoomg, ifure- mann Denkm. 426); Statue eines Jagers (Hel- 

Qovaxoig = luaxiov dmlovv s. weiter unten S. 2339. big Fiihrer 2. 129); Statue des Ares (Helbig 

Pauly-Wissowa III 74 



2339 XXalva Xlalva 2340 

Fuhrer 402. Furtwangler Sammlung Somz^e Schulter befestigt wird, sondern in der ganzen 

PI. XXXV p. 61ff.) und sonst oft. In derselben Lange des Oberarms, offenbar zugleich mit dem 

Weise, d. h. shawlartig, zusammengefaltet ist der den Arm bedeckenden Teil des Chiton, geknopft 

Mantel der Artemisstatuen im Typus der Artemis wird, wodurch sie im Grunde den Charakter des 

von Versailles. Auch kommt es vor, dass die Ch. neQi/llri/ua verliert; s. besonders Kalkmann a. a. 

zusammengerafft und auf die linke Schulter gelegt 0. 35ff. Pig. 13. 17. Bei diesen Piguren sieht 

wird (z. B. Hermes von Andros, Brunn-Bruck- man meistens dort, wo der Mantel schrag die 

mann Denkm. 18.BaumeisterDenkm.Abb.737. Brust ilberschneidet, einen schmalen, mehr oder 

Athen. Mitt. 1879 Tf. XV. 1883 Tf. IV. Arch. Ztg. minder kunstvoll gekrauselten Cberfall, unter dem 
1860 Tf. 139/140 = Baumeister Denkm. Abb. lOdann zunachst ein langerer, in mehreren Zipfeln 

319 [die beiden Jiinglinge links von Bellerophon]). herabhangender Teil folgt. Dnter diesem wieder 

2. Die genestelte Ch. Das alteste Bei- wird dann — und zwar fast stets ohne jeden 

spiel fur diese Tracht bietet der Apollon auf dem weiteren Absatz — die ganze iibrige Masse des 

Nymphenrelief von Thasos (Studniczka a. a. 0. Gewandes sichtbar. Die Prage ist nun, ob diese 

79 Fig. 20). Beispiele aus spaterer Zeit sind der noch zu dem Mantel oder zu dem Chiton zu 

Apollon der Galleria delle Statue (Helbig Fuhrer rechnen ist. Kalkmann behauptet a. a. 0. 30ff. 

187) und der eines Beliefs aus Sparta (Athen. entschieden das letztere gegeniiber der bisher 

Mitt. 1887 Tf. XII). In diesen Fallen ist die Ch. geltenden Ansicht (vor allem gegen Studniczka 

unter der linken Achsel durchgez6gen und auf Athen. Mitt. XI 354, 2) , die sich fur das erstere 
der rechten Schulter geknfipft. Anders liegt sie 20 entschied. Kalkmann hat recht, wenn er be- 

bei einer archaistischen Statue des Apollon in tont, dass aus der verschiedenen Stilisierung des 

Villa Borghese (Helbig Fuhrer 916), bei dem oben sichtbaren Teiles des Chiton und des frag- 

die linke Schulter von der Ch. bedeckt ist, und lichen Teils des Gewandes nichts geschlossen 

bei dem bartigen Zuschauer auf der ficoronischen werden kann (s. o. unter Xixwv S.2323). Bedenk- 

Ciste (Studniczka a. a. 0. Helbig Fuhrer II licher aber macht es doch, wenn der Chiton oben 

S. 388ff.), bei dem sie vor der Brust geknupft dunkelrot gefarbt ist, das fragliche Stuck aber 

ist und iiber beide Schultern zuruckfallt (s. auch die gleiche Parbe und Ornamentierung hat, wie 

den Hermes bei Gerhard A. V. CXLIV). Be- die sicheren Teile des Mantels (Ant. Denkm. I 

deutsam ist es nun, dass die an erster Stelle ge- 19, 1. 39. Collignon Histoire de la sc. gr. I 
nannte Art , die genestelte Ch. zu tragen , sich 30 T. I). Dem Verfasser scheint das entschieden 

nur bei Apollon oder Kitharoeden findet. Wir dafur zu sprechen, dass jener untere Teil zum 

sind berechtigt, der Ch. in diesem Fall die Namen Mantel gehOrt. Das Befremdende bei dieser An- 

lumoQTirifxa , ejimoQmg, ifijtsQoraTgis beizulegen nahme ist die Thatsache, dass der Mantel — wenig- 

(s. Stephanus Thesaurus s. v.), die als i[mnor stens scheinbar — drei iiberfallende Teile hat. 

SijiXovv erklart werden und in Schilderungen der Kalkmann meint, das ware nur denkbar, wenn 

besonderen Kitharoedentoilette eine Rolle spielen. der oberste schmale angenaht ware, und deshalb 

Bei Stephani Compte rendu 1875, 105. 109ff. unmoglich. Aber zu eben jener Zeit, aus der 

sind alle einschlagigen Stellen gesammelt und die Piguren mit dieser Tracht stammen, finden 

mitMonumentenerlautert;vgl. ausserdemBQhlau wir ionische Chitone mit besonders angenahtem 
a. a. 0. 49. Bedeutsam ist es nun, dass wir die 40 Uberfall. Indessen ist es kaum nfltig, eine der- 

Ch. ganz in der gleichen Weise genestelt und artige Befestigung durch Naht anzunehmen. Es 

getragen auch bei Frauen finden. Beispiele bei musste sehr schwer sein, derartige Mantel, auch 

Bohlau a. a. 0. Fig. 35. Studniczka a. a. 0. wenn sie mit dem Chiton durch Kn6pfung ver- 

79 Pig. 21. 22. Allen bekannte Beispiele sind bunden waren, in gutem Sitz zu erhalten, das 

die Athena Farnese in Neapel und ihre Variation, Herabgleiten der schweren Masse von der Schulter 

die Athena Hope (Furtwangler Meisterwerke zu vermeiden. Deshalb, glaubt Verfasser, wen- 

106ff. Pig. 16. 18. Monuments Piot 1896 II 27ff.), dete man, wie das auch zum Festhalten des Chiton 

die Athena mit dem Wolfshelm in Villa Albani geschah (S. 2318), ein Band an, das dem Bande 

(Helbig Fuhrer 775. Furtwangler Meisterw. des Mantels entsprechend lief und iiber das dieser 
113ff. Pig. 19), Demeterstatue in Miinchen (Brunn 50 Rand in geringer Breite gelegt wurde. Dadurch 

Glyptothek 79) und Berlin (Beschreibung 582), wurde sich die grosse Begelmassigkeit der nun 

die Artemis von Gabii (Studniczka a. a. 0. sich bildenden Randlinie und ihr tiefes Ein- 

Pig. 21). Letztere diirfte die jiingste Figur (zweite schneiden in die Stoffmasse des Chiton erklaren. 

Halfte des 4. Jhdts.) sein, an der diese Tracht Sei dem aber, wie ihm wolle, die Existenz der- 

auftritt. artiger Mantel mit drei iiberhangenden Teilen 

Ganz mit Becht hat nun schon Bohlau a. a. 0. wird durch die Figur der Demeter auf dem Vasen- 

49. 67, nach ihm Studniczka a. a. 0. 80f. und bild bei Gerhard A. V. XLVI bewiesen; auch 

Kalkmann ZurTracht archaischer Gewandfigu- sind die archaistischen Piguren, an denen man 

ren, Arch. Jahrb. XI 35f. darauf hingewiesen, dass das Gleiche beobachten kann, nicht so ohne wei- 
diese Manteltracht nur eine Vereinfachung der 60 teres als missverstanden zu verwerfen (Kalk- 

complicierteren ist, die uns z. B. an vielen von mann a. a. 0. 39, 90). Richtig aber ist es zwei- 

den Madchenstatuen von der Akropolis, auf archai- fellos, dass derartig lange Mantel zu den grOssten 

schen Reliefs und vielen sf. und streng-rf. Vasen Seltenheiten gehorten; davon kann eine Durch- 

begegnet, nur dass dort haufig, was spater nicht sicht von Gerhards Auserlesenen Vasenbildern 

mehr vorkommt, die beiden Teile der Ch. auf der z. B. iiberzeugen. In den meisten Fallen ist auf 

Schulter nicht durch Nestelung, sondern durch den in Frage kommenden Vasenbildern Mantel 

Nahen vereinigt werden, und dass ferner in vielen und Chiton deutlich unterscheidbar , und in all 

Fallen die Ch. nicht nur an einer Stelle auf der diesen Fallen erreicht der Mantel kein einziges 



2341 Xlalva Xlafivg 2342 

Mai die Lange, so dass er den Chiton unten ganz eruieren, und damit zugleich die Stellen der Litte- 

verdeckt. Das kann uns aber an dem Schluss ratur, an denen diese Ausdriicke vorkommen, zu 

nicht irre machen , zu dem uns Farbung und illustrieren. Poll, fuhrt VII 49 unter den Namen 

Ornamentierung an den Marmorflguren zwingt. weiblicher Gewandstiicke auch SaiXotSiov und rj[.u- 

Wie im 5. und 4. Jhdt. die nur auf der Schulter duiXoldiov auf. Brsteres wird bei Herodian (Philet. 

genestelte Ch. von sehr verschiedener Lange war p. 446 ed. Piers. [Moiris], wo das "Wort in SmXr)- 

(vgl. z. B. die Figur bei B o' h 1 a u Pig. 35 = dwv verderbt ist) mit to hmXovv ifidnov erklart. 

Kalkmann Fig. 16 mit der Athena Albani), so Es ist Diminutiv von SuiXoig, das Hesych (s. 8i- 

muss der auf dem Oberarm geknOpfte Mantel eben- nXoida) mit StxXovfievt) x^ av 'S h> r<p <poQeTo&cu 
falls sehr verschiedene Dimensionen gehabt haben, 10 erlautert. Chlanis (s. d.) kann sich von Ch. nur 

wie uns das durch das eben erwahnte Vasenbild durch den leichteren Stoff und geringere GrSsse 

bei Gerhard und das ebd. LXXVIII publi- unterschieden haben. Ferner wird SutXoig mit 

cierte bewiesen wird; auf beiden sehen wir zwei dl3zXaq~ gleichgesetzt ; s, Heyne zu II. Ill 126, 

Frauen in einem derartigen Mantel, die eine in Obs. IV 473f. Danach kann es kein Zweifel sein, 

einem sehr langen, die andre in einem kurzen. dass wir das Becht haben, die oben behandelte 

Nach alledem miissen wir es in den Fallen, Ch. der Frauentracht SutXolg oder duiXoldiov je 

in denen jede Unterscheidung durch Farbe oder nach ihrer Grosse zu benennen (Studniczka Ver- 

Ornamentierung mangelt, zweifelhaft lassen, ob mutungen zur gr. Kunstgesch. 28). 'H/uSurXol- 

ein kurzer oder langer Mantel gemeint sei ; wo diov kommt nur einmal in classischer Litteratur, 
aber die farbige Unterscheidung deutlich erhalten 20 Aristophanes Eccl. 318, vor. Diese Stelle ist von 

ist, miissen wir ihr Bechnung tragen und in den Bohlau a. a. 0. 6ff. eingehend und mit griind- 

oben citierten Fallen einen sehr langen Mantel licher Kritik behandelt worden ; dem Endresultat 

annehmen. Deshalb braucht man sich Stud- seiner Behandlung aber braucht man sich trotz- 

niczka in der Benennung ,ionisierender Peplos' dem nicht durchaus anzuschliessen. Nach ihm 

nicht anzuschliessen ; diese ware berechtigt, wenn ware rjfitSmXoiSiov wie SuzXoidiov identisch mit 

der betreffende Mantel wirklich ,eine dem ioni- dem als Hauptgewand getragenen Peplos. Das 

schen Trachtstil angepasste Umbildung des alten kann, wenn wir dmloldiov richtig bestimmt haben, 

dorischen Kleides, d. h. des Peplos' ware (Stud- nicht den Thatsachen entsprechen. Alle Schwie- 

niczka Athen. Mitt. a. a. 0.). Diese Annahme rigkeiten der Stelle diirften sich aber lOsen, wenn 
wiederum ware nur berechtigt , wenn die Falle, 30 man eine doppelt gefaltete Ch. von geringer GrOsse 

in denen dieser Mantel auf beiden Schultern, dem annimmt, die durch die kiinstliche Befestigung 

Peplos entsprechend , genestelt wird, die Kegel (auf Schulter und Arm oder auf beiden Schultern) 

bildeten. In der That sind sie aber im Verhaltnis in der That zu einem svdv/ia werden konnte und 

zur Masse der Denkmaler , die hier in Betracht deshalb auch nicht rait Unrecht %ixd>viov genannt 

kommen, sehr in der Minderzahl und reprasen- wird, denn seinem Typus nach — und insofern 

tieren, wie Kalkmann a. a. 0. 43ff. (dort alle hat Bohlau recht — ist ja diese Ch. nichts 

Beispiele citiert) richtig ausfiihrt, eine Ubergangs- anderes als ein kurzer Peplos ; fur dies Gewand 

stufe zwischen der Ch. und dem Peplos, der ja wird aber in der Zeit des Aristophanes neben 

ebenfalls mantelartig uber dem Chiton getragen seinem ursprttnglichen Namen ohne Unterschied 
vorkommt und deshalb mit Recht auch ifiaxiov 40 auch Chiton gebraucht. Ein solches Gewand muss 

genannt wird. Die kiinstliche Anlage dieser Ch. xgoxwridiov , das an jener Stelle der Eccl. 332 

ermSglichte auch sonst mannigfache Variationen dasselbe Kleidungsstiick wie tjfudiirXoidiov be- 

je nach dem Geschmack der Zeit, des Volkes und zeichnet, auch Lysistr. 47 sein, denn hier figu- 

des einzelnen; eine solche bespricht Kalkmann riert es neben neQifSaoideg und yjxcoviov als Haupt- 

a. a. 0. 45. Wo und wann hat sich die Mode bestandteil weiblicher Festtoilette. 

entwickelt, dass die Ch., die wir bei Homer nur Am Schluss seien noch die beiden Namen 

in der Tracht der Manner fanden, auch vom weib- oiavg und oiavQa erwahnt. Poll. VII 57 setzt 

lichen Geschlecht getragen wurde ? Die Frauen das erstere gleich mit jiaxsTa %Xaiva, und VII 70 

trugen in homerischer Zeit ihre Mantel symme- wird das zweite als neQipXrjfta aus Fell erwahnt. 
trisch (s. unter 'Ifiaxiov); damit im Einklang 50 Haufig wird aiavqa mit Ch. erklart, doch schwan- 

steht es, dass wir auf den altesten Vasen, die ken die genaueren Angaben uber beide Namen 

dem Eindringen des ionischen Gewandstiles vor- sehr (Stephanus Thesaur. s. oiovea). Uber 

ausliegen, bei Frauen nur die symmetrische Man- Mantel aus Fellen bei Homer s. Studniczka 

teltracht nnden. Augenscheinlich war es also in a. a. 0. 71f. und Helbig a. a. 0. 196f. Vgl. 

Ionien, wo die Ch. auch in die Toilette der Frauen Hermann-Blumner Griech. Privataltert. 177f. 

eindrang und entsprechend dem ganzen dort herr- tiber die der griechischen Ch. entsprechende romi- 

schenden Bococogeschmack stilisiert wurde. In sche La en a s. d. [Amelung.] 

dieser Form kam sie im 6. Jhdt. mit dem weib- Chlamydia (r) XXa/ivdla) , dichterischer Bei- 

lichen Chiton nach Hellas und machte hier die name (von der Gestalt) der Insel Delos, Plin. n. h. 
Wandlung der ganzen Kleidung zur natiirlichen 60 IV 66. Steph. Byz. s. AfjXog. K. Bursian 

Einfachheit mit durch. Sie erhielt sich, wie sie Geogr. v. Griechenland II 454. [Burchner.] 

der festlandischen Tracht der Frauen urspriing- Xlafiv? — das "Wort gehtirt ebenso, wie yXalvo., 

lich fremd war, im Leben augenscheinlich nur in yXavig mit %Xiaiva> warmen zusammen (thessalisch- 

der Tracht der Manner, denn wir nnden sie im aiolische Form mit labialem Nasal gebildet) ; vgl. 

5. und 4. Jhdt. nur noch bei mythischen weib- Studniczka Beitrage zur Geschichte der altgr. 

lichen Gestalten. Tracht 73 — ist ein Bestandteil der mannlichen 

Vielleicht aber ist es mOglich, zwei specielle Tracht (Poll. VII 46), und zwar ergiebt sich aus 

antike Ausdriicke fur jene Tracht der Ch. zu dem Zusammenhang, in dem sie bei Poll. a. a. 0. 



2343 Xlafivg Xlapvg 2344 

(neben xXaTva entgegengesetzt dem dann folgenden 48 : nog<pvgofuyrjg 8's — ^Aa/^i? oi>x ft avvv<parxo 

%ix(bv) und X 124 (neben ifidxiov, %laiva, %Xavig) r) nogfpvga, dXX' fj «f sgiov <pcuov ovarj xax' dgxdg 

erwahnt wird, und aus der Art, wie ihr Umlegen /xs/xixxo. Vielfach ist von %laii68ss nogyvgai die 

beschrieben wird (A then. V 215 c xsgi^X^dvog Kede, Athen. V 198 a (die Silene in der Pompa 

gegeniiber sv8s8vxd>g. Herodian. VII 5, 3 nsgifldl- des Ptolemaios). Plut. Lucull. 39 (Chor). Hero- 

Xovoi. V 3, 12 nsgifiaXdvxsg) , ferner daraus, dass dian. VII 5, 3. V 3, 12 (romische Kaiser). Philostr. 

bei Herodian IV 7, 3 eine Ch. mit einem jxegipXrjfta her. 674 aXovgyig 8s r) xXafivg (vgl. uber aXovgyig 

vertauscht wird, diese bei Xen. anab. VII 4, 4 S. 2324). Hierher ist auch zu ziehen (s. u.) Poll, 

mit der £sigd der Thraker und bei Ammonius Diff. IV 116 syanxlg ovaxgs/A/iidxiov xi jiogcpvgovv r) 
voc. 147 mit der %XoXva verglichen wird, dass sie 10 cpoivixovv , 8 nsgl xrjv x £T S°- e h ov oi noXsjxovvxsg 

zu dem Typus der xsgifiXrjfiaxa, der Mantel ge- rj &rjga>vxsg, und zwar ist etas Blihnentracht; uber 

horte (dagegen bedeutet die Erklarung des Hesyeh. die Parbe, die die Ch. der Jager im Leben hatte, 

nogyvga rj xvt(av nichts). Uber ihre specielle s. Poll. V 17 oi Xsvxtj ovSs xax' aXXrjv svxgoiav 

Form giebt uns eben jene Stelle des Ammonius itgoXd/tjiovoa. Athen. XII 535 f berichtet von 

(vgl. die Anmerkung 23 von Valckenaer in seiner Demetrios Poliorketes: al 8s xXafiv8s; avxov f\oav 

Ausgabe; dort aus Ptolem. Ascalonita § 90 s'xsi ogopvtvov s%ovcim to cpiyyog xrjg XQoag, xd 8s ji&v 

xvxXoxsgrj xd Kara) und aus einem unedierten 6 ndXog svvcpavxo xgvaovg doxsgag s'xcov xal xd 

Lexikon von Cyrill der Name xvxXojxdvxiov), ferner ScbSsxa CySia {ogyvivog bezeichnet eine dunkle 

Plut. Alex. 26 und Plin. n. h. V 10 Aufschluss; Purpurfarbe). Die Schauspieler der Tragoedie 
danach muss sie an einer Seite rund zugeschnitten 20 trugen nach Poll. IV 116 eine x- didxgvaog. Cara- 

gewesen sein und zwei ziemlich lange Zipfel ge- calla wurde haufig gesehen iv ziafivow dgyvgq> 

habt haben, zwei ycovlai, nach deren Ahnlichkeit itsnoixd^svaig, einer Tracht der Germanen (Hero- 

mit Pliigeln diese Mantel OsxxaXixal xxsgvysg dian. IV 7, 3). Plutarch spricht Philop. 9 von x- 

(Suidas s. v.) oder OsxxaXixd mxsgd (Poll. VII 46. 8ir/rd-tofj,svat, Sert. 14 von x- dv&irai. Allgemeine 

Hesych. Phot. s. v. Eustath. ad II. II 732) ge- Ausdrilcke sind Xafingd (Athen. V 212 d) und 

nanntwurden. Ferner ist zubeachten, dass in guter jioXvxsXr/g (ebd. 215 c). Als Stoff der Ch. wird 

Zeit niemals von einer Doppelung der Ch. die Rede Poll. VII 48 Wolle angegeben, wofiir auch Lukian. 

ist (erst im Edict. Dioclet. CIL III Suppl. p. 1943, Tim. 38 {jiaXaxrjg x-) und vor alien Dingen ihre 

57 und 1944, 16 lesen wir %■ 8uzXfj). Thessa- Herkunft aus den rauhen Landern Nordgriechen- 
lisch hiess sie wegen ihrer Herkunft (Poll. X 124. 30 lands spricht. 

Philostrat. her. 674); svdsxxaXiCsoftai war gleich- Die Ch. war die specielle Manteltracht der 

bedeutend mit xXapvSoqjogsTv (Poll. VII 46) ; So- Eeiter, Soldaten und Jager. Fur die Tracht der 

phokles frg. 704 Nauck bezeichnet einen Mantel Eeiter s. Poll. X 124 oi 'Axxixol — to inmxov 

als &eooaXrj duiXr/yig, womit nur x- umschrieben ^Aa/«55a; vgl. Xen. anab. VII 4, 4; fur die der 

ist. Bei den Thessalern wurde sie als Siegespreis Soldaten s. Plut. Philop. 9. 11 axgaxwmxal /. ; 

in den Agonen erteilt (Eustath. a. a. O.), wie die vgl. Themist. orat. 292 d ; fur die der Jager Poll. 

xXaXva in Pellene (s. o. S. 2337). Dass die Ch. V 17 (vgl. IV 116). Fiir einen Mantel solcher Ver- 

auch von anderen Volkern Nordgriechenlands als wendung ist es im Grunde vorauszusetzen , dass 

charakteristische Tracht getragen wurde, bezeugen er fiir gewohnlich genestelt getragen wurde, um 
Ammonius a. a. 0. und Plin. n. h. V 10, die sie 40 das Herabgleiten oder -fiiegen von den Schultern 

den Makedonen zuteilen, und Strab. VII 327, zu vermeiden. Dasselbe lehren uns denn auch 

der sie den Illyrem zuschreibt, dem Volk, von dem die Monumente, auf denen wir die Ch. mit Sicher- 

Thessaler und Makedonen abstammen. Als spe- heit erkennen diirfen und zwar nach der Bestim- 

ciellen Namen der thessalischen Ch. lernen wir mung der Ch. als specieller Ephebentracht neben 

aXXtl- kennen (die Stellen daruber gesammelt und dem Petasos (Poll. X 164). Danach konnen wir 

behandelt bei Stephani Compte rendu 1875, die Ch. auf vielen Vasenbildern und Beliefs, be- 

106 Anm.). Als altestes litterarisches Zeugnis sonders dem Parthenonfriese , in einem einfach 

fiir ihre weitere Verbreitung, im Gegensatz zu getragenen, auf einer Schulter oder vor der Brust 

dem haufigen Vorkommen der Source bei Homer, geknOpften Mantel erkennen, dessen Hauptmasse 
wird bei Poll. VII 124 (vgl. Amnion, a. a. 0.) 50 ungefahr bis zu den Hiiften reicht, wahrend die 

ein Vers der Sappho angeffihrt, in dem sie den langeren Zipfel, die nxsgd, bis zu den Knien 

Eros beschreibt, wie er mit purpurner Ch. vom herabhangen (s. einige Beispiele bei Dar ember g 

Himmel kommt (vgl. Ant. Pal. XII 78). et Saglio Dictionnaire des antiquitfe I 11151 

In classischer Zeit hatte die Ch. in Hellas [Saglio]; ebd. Fig. 1419 giebt einen Be- 

allgemeine Verbreitung gefunden; ja in Athen griff davon, wie sich die Ch. bei lebhafter Be- 

gehOrte sie zur stehenden Tracht der Epheben wegung verschieben konnte. Wichtig fiir unsern 

(Poll. X 124. Kock CAF II 410, 2 [Antidotes] Zweck sind nattirlich auch die Statuen des Her- 

iyygacpfjvai xal XafSsTv xd xXapv8iov. Plut. de mes, des gottlichen Epheben, der typisch in Pe- 

virtut. in ul. 262 xX<*(iv8ag s<pr/(lixdg. Anth. Pal. tasos und Ch., oder wenigstens in letzterer er- 
XII 78). Fiir Sparta s. Arist. Lys. 987 (kaum 60 scheint, die er entweder, wie iiblich um die Schul- 

hiefiir zu verwerten ist Iuven. VIII 101 spartana tern tragt (z. B. Helbig Fiihrer 331. 61) oder 

chlamys). zusammengerafft mit dem geknOpften Teil auf 

Viele Aussagen sind uns erhalten von der einer Schulter ruhen lasst, wahrend das andere 

reichen farbigen Ausstattung der Ch. Poll. VII Ende um den Arm geschlungen wird (z. B. Athen. 

46 giebt als verschiedene Arten an: SXdXsvxog Mitt. 1878 Tf. V. Furtwangler Meisterw. 573); 

oder nagvyig, Tiagcmogcpv gog, svndgvcpog (uber die auch sieht man die Ch. vom Arme herabgleiten, 

Bedeutung dieser Worte vgl. Poll. VII 53 und wie beim Hermes Ludovisi (Helbig Fiihrer 865) 

oben unter Xixojv S. 2324). Derselbe schreibt VII oder dem Hermes auf dem Saulenrelief von Ephesos 



2345 Xlafivg Xlavk 2346 

(Roscher Myth. Lex. I 2416); endlich ruht sie Auch die Diminutivform ilanvbiw war im Ge- 

manchmal neoen dem Gott auf einem Baumstamm, brauch ; s. Stephanus Thesaur. s. v. Ein 

wie in dem wundervollen Beispiel des praxiteli- Umschlagetuch der Frauen, das in der Form der 

schen Hermes in Olympia (Olympia III T. 49ff. = Ch. verwandt gewesen sein muss, war das syxvxloy 

Brunn-BruckmannDenkm.466=Baumeister (s. d.). Vgl. Hermann-Bliimner Griech. Pri- 

Denkm. Abb. 1291 u. s.). Selten ist die Ch. vataltert. 177f. [Amelung.] 

bei Apollon ; zwar sahen wir, dass auf den Vasen- XXavig, wie %XaTva und %Xa^vg mit xliaivia 

bildern nicht immer zu entscheiden ist, ob dieser warmen zusammenhangend (Studniczka Bei- 

Gott in der Chlaina oder in der Ch. dargestellt trage zur Gesehichte der altgr. Tracht 73), war 
sei (s. u. XXalva S. 2338); aber von Statuen ist 10 im allgemeinen ein feiner Mantel, Xsnxbv tfiaxiov 

ausser dem bekannten Apoll votn Belvedere beson- (Hesych. Poll. VII 48, vgl. Amnion. Diff. voc. 

ders eine zu nennen (Overbeek Kunstmythologie 147). Bezeichnungen , die auf Dichtigkeit hin- 

Tf. XXI 33 S. 184f.), bei der die Ch. wohl mit Ab- weisen, sind sehr selten, so Poll. VII 57 Illaxcov 

sicht eine ganz ungewbhnliche Lange hat, wie iv TaTg a<p' isqoov xcu fiaXXwxag ylavibag uqyixzv 

sie sich bei Hermes nur bei einem in kleinen und Kock CAF I 237, 47 xlavideg ovXai (fier- 

Bronzen erhaltenen Typus flndet (S. B e i n a c h mippos). Hauflg wird sie als Zeichen luxuriOser 

Repertoire de la statuaire II 1 p. 164, 4. 6. 10. Tracht erwahnt; so Aristoph. Eecl. 848 (hier 

165, 2 — 4. 6. 166, 4). Auf der Jagd wurde die im Gegensatz zu XQtflmv). Demosth. XXI 133; 

Ch. beim Verfolgen der Tiere, damit sie durch XXXIV 44. Kock a. a. 0. II 261, 19 (Ephip- 
ihr Zuruckflattern nicht behindern oder sich an 20 pos). II 268, 18 (Anaxilas). Ill 105, 363 (Menan- 

den Zweigen der Aste verfangen konnte, und bei dros). Teles bei Stob. Flor. 108, 82. Vgl. auch 

dem Kampf mit den Tieren als Schutzmittel um Lukian. Herod. 5 und Athen. XII 548 a. Die 

den linken Arm und die Hand geschlungen (Poll. Braut schickte dem Brautigam am Tag vor der 

V 18. Xen. Cyneg. VI 17 ; vgl. Plut. Ale. 39 Hochzeit die Ch. (wavXioxr/gia (vgl. Aristoph. Av. 
und Pacuv. trag. frg. 99. 186 Ribb. Val. Flacc. 1693 %. yafuxrj oder ya/nr/Xiog). Auch von der far- 
Ill 119). Um den linken Arm geschlungen bigen Ausstattung der Ch. erfahren wir einiges 
sehen wir sie z. B. auf Darstellungen der Me- aus den Schriftstellern ; eine Xsvxtfs. Kock a. a. 0. 
leagerjagd (B aumeister Denkm. Abb. 990. 992); I 518, 491 (Aristophanes). II 23, 33 (Antiphanes) ; 
ebenso bei Hermes in heftiger Bewegung (Kav- vgl.Longin. desublim.43,2xAa»'j<5es, xafihaXovgyij, 
vadias Kentrikon 246. Ar ndt- Amelung Ein- 30 xa 8s aoixiXxd, xa 8s Xsvxa; eine jtvQgrj bei Herod, 
zelaufnahmen 134). Die linke Hand ist umwickelt III 139; av&ivrj im Biihnencostum Poll. IV 118. 
bei Meleager (Ann. d. Inst. 1868 tav. d'agg. LM = Ch. wird nicht als specielle Tracht der Manner 
Roscher Myth. Lex. II 2615) und Adonis (Robert ausgegeben; sicher einer Frau gehorig ist sie 
Sarkophagreliefs III Taf. 114 = Roscher Myth. Anth. Pal. V 173. 

Lex. 1 75); uber Poseidon mit umwickelter Linken Da sie sich in der Form nicht von der xXatva 
und geschwungenem Dreizack auf Miinzen s. Sag- unterschieden zu haben scheint — die enge Ver- 
lioa. a. 0. Auch vgl. man den Gigantensarkophag wandtschaft beider zeigt sich auch darin, dass 
des Vatican, Helbig Fuhrer 213. Von weib- Hesych 8mXot8a mit SmXovfisvtj xXavlg iv xq> 
lichen Wesen tragt nur die Iris ausnahmsweise rpoQsTo&ai erlautert (s. o. S. 2342) — , so diirfen 
die Ch. (z. B. Gerhard A. V. 83). Einige Monu- 40 wir sie auf den Darstellungen in den shawlartig 
mente geben uns auch ausser Terracotten und getragenen Mantelchen erkennen. Ebenso wurde, 
Wandgemalden uber die farbige Ausstattung der wie wir annahmen, die %laZva getragen. Die Ent- 
Ch. Aufschluss, vor allem die Reliefs des sog. Ale- scheidung dariiber, ob diese oder Ch. gemeint sei, 
xandersarkophags (Hamdi Bey etTh. Reinach wird also nur von der Grosse des sTxtpXrjfia ab- 
Une necropole r. de Sidon XXXIV — XXXVH). Eine hangig sein, denn von dem Stoff, nach dem man 
vereinzelte Notiz Tiber den Preis einer, wie man auch noch unterscheiden konnte, geben uns die 
schliessen kann, ziemlich kostbaren Sorte von Ch. Darstellungen keine geniigende Vorstellung. Als 
enthalt Poll. VI 165: xgwxdxtjQog xXafivg. Beispiele mogen dienen Gerhard A. V. 102 (Ama- 
in Rom wurde die Ch. in den Zeiten des L. zone). 114(Nymphe). 117 — 118, 3 (Frau mitKrug 
Scipio und Sulla eingefiihrt (Cic. pro Babir. Post. 50 und mit Kranz). 151 (Athena und Nike). 
27); bei Plautus wird sie bestandig als Soldaten- Diminutivformen von Ch. abgeleitet sind xXa- 
mantel genannt (Mil. gl. 1423; Rud. 315; Pseu- viSiov, xXavi8iaxtov , xXaviaxidtov und xXaviantov 
dul. 735. 1139. 1184). Sie wird gleichgesetzt mit (s. Stephanus Thesaur. s. v., zu dessen Ci- 
Abolla, Paludamentum und Sagum (vgl. Aboil a taten noch nachzutragen ist CIA II 754, 40 
Bd. I S. 105 und bei Daremberg et Saglio =755, 32 = 756, 18 xlavloxiov icaibiov Xsvxbv 
a. a. 0. I 9). Hauflg ist von ihrer reichen Aus- xaqxov und 760 B I 8 x^ av ^ aMOV natdsTov aus 
stattung die Rede (Ovid. met. II 733. Verg. Aen. dem Kleiderinventar der brauronischen Artemis; 

V 250. Waddington Edit de Diocletien 33, statt x Xavl8iov lesen wir x^Miov an zwei Stellen 
48f. CIL III Suppl. Ed. Diocl. 1944, 22, 16. 17. der Kleiderinventars der samischen Hera [C. Cur- 
20, wo allerdings nur auf dem Fragment P xXa/ni- 60 tius Inschr. u. Stud. z. Gesch. v. Samos 10, 3. 
8og, sonst x^avidog geschrieben ist); die Ch. (oder 36, vgl. 18]; beidemal sind die x- aXogya). Die 
Paludamentum), in der sich Agrippina die jiingere Bildung dieser verschiedenartigen Diminutive be- 
einst zeigte, war ganz aus Goldf aden gewebt (Cass. zeugt ebenfalls , dass die Ch. ein Zierkleid war. 
Dio LX 33. Plin. n. h. XXXIII 3, 63); vgl. Suet. tber Preise der Ch. in spater Zeit s. Ed. Diocl. 
Calig. 19 {aurea cMamych). Uber die Preise der CIL III Suppl. p. 1944, 22, 1 a. 16. 17. 20; dass 
Ch. in spaterer Zeit s. Edictum Diocletiani CIL an den drei letztgenannten Stellen das Fragment P 
III Suppl. 1942, 1 a (otQaxcaxixrj). 1943, 57 (duxXfj). x^ a t*v8og statt x^^Sog giebt, beweist, dass man 
58 (anXij) und 1944. Cod. Theodos. Vn 6, 4. in dieser spaten Zeit die verschiedenen Formen 



2347 Chlemos Chloris 2348 

nicht mehr genau unterschied. Vgl. Hermann- 212fT. Prosp. 1298 = lommsen Chron. min. I 

Bliimner Griech. Privataltert. 177f. 472. [Seeck.] 

[Amelung.] Chloia s. Chloe Nr. 2. 

Chlemos (XXs/iog), Sohn des Peisenor, Freund Chloris (XXwgig oder XXcoQig, XX&qiv, XXa>- 

und Gefahrte des Glaukos, von Meriones erschla- QtSa). A. Urspriinglich eine Vegetation sgSttin, 

gen, Quint. Sm. VIII 101 ff. [Hoefer.] wie der Name besagt. Ihr gOttlicher, chthonischer 

Chlidanope (XXiSavwrnj , die zarte, weich- Charakter zeigt sich noch deutlich in den Sagen, 

blickende) ist der vom Scholiasten nachgelieferte die sie als Gattin des Poseidon und Neleus (s. 

Name jener Heroine, mit der Pindaros (Pyth. IX unter Ca, b) kennen und Tochter der Persephone 
31) den Hypseus die Kyrene erzeugen lasst. DerlO(Cb) nennen. Sie erscheint verbunden mit Leto 

Scholiast nennt sie eine Tochter der Alkaia. Vgl. (uber diese vgl. Preller-Robert Griech. Myth. 

Studniczka Kyrene 148f. [Tiimpel.] I 233f.), vielleicht mit ihr zunachst identisch. 

Chliara (ta XXmqa von x^ la S°? lauwarm; Im Heiligtum der Leto zu Argos stand neben 

der Name bezieht sich wohl auf warme Quellen dem praxitelischen Bilde derselben eine Statue 

[vgl. den Namen des nahen rig/nt]]), ein Platz der jungfraulichen Ch., Paus. II 21, 9. Ich halte 

mit einem tpgovQiov an der nordlichen Grenze deshalb Ovids Deutung der Ch. als Flora, Fast. 

von Lydien, nach der Partitio Romaniae a. 1202 V 195, fur richtig, und so wird denn wahrschein- 

provineia Adramittii de Chliaris et de Pergamis lich die von ihm dort erzahlte Sage von der Liebe 

zwischen Nakrasa und Thyateira. Notit episcopat. des Zephyros, des Boten des Fruhlings, zu Ch. 
III. X. XIII bezeugen einen Bischof wohl fur 20 mit Welcker A. D. IV 210 auf einen griechi- 

dieses XXiaga in der Provincia Asia. Nach Pa- schen Mythos zuruckzuflihren sein , der durch 

chymeris II p. 423 zog 1306 der Megadux von alexandrinische Kunst (vgl. das pompeianische 

Kyzikos iiber 'Axvq&ovs reg/it] XXtagd bis Phi- WandgemaldeHelbignr.974)ihmvermittelt war. 

ladelpheia. Zu Anfang des 14. Jhdts. iibte ein Ch. scheint mit dem Letokult verdrangt und 

starkes Erdbeben (fehlt in Schmidts Erdbeben- in Vergessenheit geraten zu sein. Sie lebt nur 

katalog, Studien uber Erdbeben 2 157) von Per- noch in wenigen Sagen fort, 

gamon aus iiber XXiagd, das verheert wurde, ins B. Erkennbar ist noch das alte Verhaltnis 

tiirkische Gebiet hinein seine Wirkungen. To- der Ch. zur Leto in der Niobesage (vgl. Prel- 

maschek S.-Ber. Akad. Wien CXXIV vm 96. ler-Robert Griech. Myth. 1233). Ch. ist eine 
Ramsay Hist. Geography of Asia Min. 117. 118 30 Tochter der Niobe und des Amphion, und wird 

und Note*. Kiepert Formae orb. antiq. IX. neben einem Brader von Artemis und Apoll ver- 

[Btirchner.] schont, weil sie zur Leto betet, Apollodor. Bibl. 

Chloe (XUfy). 1) Kloster auf der Insel Lem- HI § 46 Wagn. Hygin. fab. 9 und 10. Tzetz. 

nos (Acta et diplom. ed. Miklosich I 95). Chil. IV 422. Paus. II 21, 9, der diese Version 

[Biirchner.] mit der bei Apollod. Ill § 47 aus Telesilla frg. 

2) Epiklesis der Demeter als GSttin der griinen- 5 Bgk. angeflihrten albern contaminiert, also offen- 

den Saat, in demselben Sinne wie Demeter auch bar das gleiche mythologische Handbuch benutzt. 

xXof]<poQog, xXooxaQTiog (Orph. hymn. XL 5), Pausanias giebt wohl richtig als argivische Uber- 

EvxXot) (CIA III 191) und EvxXoog (beim Ko- lieferung, Ch. und ihr Bruder hatten zuerst der 
lonos Hippios: Soph. Oed. Col. 1600. Kern 40 Leto in Argos den Tempel gebaut — eine spate 

Athen. Mitt. XVHI 196) heisst. In Athen ge- aetiologische Sage zur Erklarung des Bildes 

meinsames Heiligtum der Demeter Ch. und der der Ch. neben dem der Leto. Als Siegerin im 

Ge Kurotrophos, vgl. Paus. I 22, 3. Aristoph. ersten olympischen Agon der "Hgaia, die Hippo- 

Lysistr. 835. Eupolis frg. 183 im Schol. Soph. medeia gestiftet habe, fuhrt sie Paus. V 17, 4 an. 

Oed. Col. 1600. Philoch. im Schol. Aristoph. Ly- C. Ch. figuriert als Stammmutter in Heroen- 

sistr. 835. Athen. XIV 618 d. e. Cornut. 28. genealogien: a) von Poseidon Mutter des The- 

Eustath. Horn. 772, 62. CIA II 631. 722. Ill 349. banerhelden Periklymenos, des Gegners des Am- 

AeXn'ov &q%. 1889, 129f. Bull. hell. XIII 167. phiaraos (s. d., Pind. Nem. IX 26), sie selbst 

Athen. Mitt. XVIII 192ff. Ihr zu Ehren wird eine Tochter des Teiresias, Schol. Pind. Nem. 
das Fruhlingsfest der Chloia gefeiert und ihr am 50 IX 57. Schol. Eurip. Phoeniss. 834 nach An- 

6. Thargelion ein Widder geopfert, Eupolis a. a. gabe des Gelehrten Peisandros (uber ihn Be the 

O. Hesych. s. %Xoia. Schol. Aristoph. Lysistr. Thebanische Heldenlieder 4, 10), wo Xanthe als 

835. tiber den Platz des Heiligtums in Athen ihre Mutter und auch drei Geschwister genannt 

vgl. Bursian Geogr. Griech. I 304. Milchhofer werden. — b) Als Mutter des Periklymenos (der 

bei Baumeister Denkm. I 197. Kohler Arch. von Poseidon begnadet ist, Hesiod. Kat. frg. 33 Rz. 

Anz. 1866, 167; Athen. Mitt. II 177. Wachs- Schol. Apoll. Rhod. I 156), Chromios, Nestor und 

mutli Stadt Athen I 246. Lolling Athen. Mitt. der Pero von Neleus, dem KOnige von Pylos, bei 

XI 322. Kern Athen. Mitt. XVIII 195. Hitzig- Homer Od. XI 281fL (vgl. v. Wilamowitz Horn. 

Bliimner Paus. I 242. Chloiafest in Eleusis Unters. 149), wo sie Tochter des Iasoniden Am- 
'E<p. <xqx- 1890, 127. Demeter Ch. auf Mykonos, 60 phion , des Konigs des minyeiscben Oichomenos 

Bull. hell. XII 460 = Dittenberger Syll. 373. genannt wird. Schol. Horn. Od. XI 289, angeb- 

[Jessen.] lich nach Pherekydes (frg. 56), erganzt die Ge- 

Chlogio, KSnig eines frankischen Stammes, nealogie der Ch. durch Nennung ihrer Mutter 

wohnte in Dispargum und eroberte von dort aus Phersephone , Tochter des Minyas (Mlov Codd., 

Camaracum und alles Land bis zur Somme (Greg. corr. Heyne). Vgl. Paus. IX 36, 6—8. X 29, 5. 

Tur. H 9). Im J. 428 wurde er hier von Aetius Strab. VIII 347. Schol. Plat. symp. 208 D (Hel- 

und Maiorian geschlagen und ihm das gewonnene lanikos frg. 10). Apollod. Epit. Sab. Ill 12 

Land wieder abgenommen, Apoll. Sid. carm. V (Wagn. p. 191). Schol.Hom.il. XI 692 B Twl., 



2349 Chlorus Chnubis 2350 

wo diesem Homerverse entsprechend zwolf Sohne der Herr (vzfl) von Elephantine (itjfl)' CIG 4893. 

aufgezahlt werden, von denen Schol. A (Aristarch) Strack nr. 95. 140. Im Agyptischen lautete der 

aber, um die Ubereinstimmung mit Od. XI 289 Name Ch. eigentlich Chnum (alt Ohnomew), wor- 

herzustellen , nur die dort genannten drei als aus dann mit dem nicht ungewohnlichen Ober- 

Sohne der Ch. gelten lasst. Ebenso Schol. Apoll. gang von m in b Gknub geworden ist. Beide 

Ehod. I 152. Dagegen ist Ch. auch nach Apollod. Formen waren in griechisch-romischer Zeit neben- 

III § 93 Wagn. Diod. IV 68 und Hygin. fab. 10 einander gebrauchlich , wie die eben genannten 

Mutter aller zwOlf Sohne des Neleus. Polygnot Varianten des Namens XvovfiwvefSirifl sowie die 

hat Ch. in der Lesche zu Delphi auf dem Unter- fur den gnostischen Aionen Ch. vorkommenden 

weltbilde unter Phaidra an die Kniee der Thyia 10 Namensformen (s. u.) und die mit dem Namen 

gelehnt gemalt, Paus. X 29, 5. — c) Als Mutter des des Gottes Ch. gebildeten Personennamen (z. B. 

Mopsosvon Ampyx, dem Sohne des Titaron, Schol. Ilaxrovpi? neben Ilaxvovfug u. s. w., s. Parthey 

Apoll. Rhod. I 65. Hygin. fab. 14. [Bethe.] Ag. Personennamen) zeigen. — Das alteste uns 

Chlorus, Fluss in Kilikien, der in den Issi- bekannte Bild des Ch., das Deutzeichen, mit dem 

schen Meerbusen miindet, Plin. n. h. V 91. Nach sein Name in den altesten Inschriften versehen 

Cramer Asia minor II 361 vielleicht identisch wird, stellt ihn noch ganz als Tier dar, ein Zie- 

mit dem Karsos bei Xen. anab. I 4, 4. [Ruge.] genbock oder Widder einer, wie es scheint, friih 

Chlmie {fi Xlovvr) Schol. II. IX 539, xo XXov- ausgestorbenen Rasse, mit Bart und langen, wel- 

veiov Etym. M. 533, 32. Said.) , Ortlichkeit bei ligen, seitwarts wagrecht vom Kopfe abstehenden 

Kalydon (Ruinenstatte beim jetzigen EvrjvoxcoQior 20 HOrnern (s. Griffith Beni-Hasan III fig. 35). 

am Lykormas-Euenos) in Aitolien (xlovvtjs Bei- Diese Auffassung gehOrt aber der vorgeschicht- 

wort des wilden Ebers, x^ovvig bliihendes Knaben- lichen Zeit an ; schon in den altesten wirklichen 

alter) , wo nach einigen die Jagd auf den kaly- Darstellungen des Gottes aus geschichtlicher Zeit 

donischen Eber stattfand. ' [Biirchner.] (de Morgan a. a. O. I 17, 78. 26, 199. 73,44) 

Chnas (Xva?) , Eponymos von Xva = <Poivlxri, hat nur noch der Kopf seine tierische Gestalt be- 

wird dem griechischen Agenor (s. d.) gleichge- halten, der ganze iibrige Korper dagegen mensch- 

setzt von Hekataios (von Abdera) bei Choiroboskos, liche Gestalt angenommen , genau wie es auch 

Bekker An. Ill 1181, 20. FHG IV 627, 254 a bei den andern agyptischen Tiergottheiten der 

(zu FHG I 17, 254 Xva nqoxegov = ^oivixrj). Fall ist (Anubis, Suchos, Pacht, Seth). Etwa 

Philon v. Byblos (frg. 2 bei Euseb. pr. ev. I 10 30im 15. Jhdt. v. Chr. (s. de Morgan a. a. O. I 

p. 39, FHG III 509, 27 extr.) nennt einen Bruder 4ff.) tritt in der Darstellung des Ch. eine weitere 

dieses spater Agenor umgenannten Ch., eialgtog Veranderung ein ; vielleicht, weil die Rasse seines 

= Isiris ? als Erfinder dreier Buchstaben im Phoi- heiligen Widders damals schon ausgestorben war 

nikischen. Vgl. Arkadios p. 125, 16. Et. M. 635, (Griffith a. a. 0.), erhalt Ch. (und auch sein 

29f. [Tiimpel.] heiliges Tier, der Widder, s. Lepsius Denkm. 

Chnodomarius, TeilktSnig der Alamannen, be- IV 90 c) von dieser Zeit an gewohnlich zu seinen 

siegte um 350 in einer Schlacht den Caesar De- alten charakteristischen langen Hornem noch die 

centius, zerstSrte mehrere gallische Stadte und kurzen, sich fast halbkreisfSrmig um das Ohr 

verwiistete lange Zeit ungehindert das Land (Amm. nach vorn herum biegenden Horner hinzu , die 

XVI 12, 5). Im J. 357 war er der Anstifter des 40 ursprunglich dem gleichfalls widderkOpfigen Gott 

grossen Alamanneneinfalls (Amm. XVI 12, 4. 24) Amon geeignet und diesen vom Ch. unterschieden 

und befehligte in der Schlacht bei Strassburg den hatten (s. Lepsius Ztschr. f. &gypt. Sprache 

linken Fliigel des Heeres, wahrend der Sohn seines 1877 , 8). So beschreibt auch Eusebios (pr. ev. 

Bruders Medericus, Serapio, den rechten fuhrte III 12) das Bild des Gottes von Elephantine; auch 

(Amm. XVI 12, 23—25. 35). Auf der Flucht die andern Einzelheiten, die er dabei angiebt, 

wurde er gefangen und von Iulian an den Kaiser treffen fur die Darstellungen des Ch. aus grie- 

Constantius gesandt (Amm. XVI 12, 58—61. 65. chisch-romischer Zeit zu, die ihn oft genug mit 

66. 70. Lib. or. I 542—544. Iulian. ep. ad Athen. blauer Hautfarbe und vor einer TOpferscheibe 

279 C. Socr. Ill 1, 34). Von diesem nach Rom sitzend zeigen, auf der er unsinnigerweise die Ge- 

geschickt, starb er bald darauf in den dortigen 50 stalt eines Kindes drehend formt (z. B. Lepsius 

Castra peregrina an einer Krankheit (Amm. XVI Denkm. IV 70f. Champollion Monuments I 76. 

12, 66). [Seeck.] 81). Diese schOpferische Rolle ist aber ein Element, 

Chnubis. 1) J&oC/?<s CIG 4862 = Letronne das ursprunglich dem Kataraktengotte Ch. fremd 

Rec. d'inscr. I 446 (Insel Elephantine). CIG 4893 war und erst von einer anders localisierten Form 

= Letronne a. a. 0. 389 (Insel Sehel). Strack des Ch. hergenommen ist (s. u.). — In den grie- 

Dyn. d. Ptolemaeer nr. 140 (Assuan) , ebd. nr. 95. chischen und lateinischen Inschriften des Kata- 

CIL III 75 (Steinbriiche bei Assuan). Kvovcpie raktengebietes wird der Ch. mehrmals mit dem 

Strab. XVII 817, agyptischer Gott, der haupt- Ammon, bezw. Iuppiter Hammon, seine Gemahlin 

sachlich im Gebiete der ersten Katarakten, die Satis (s. d.) dementsprechend mit der Hera bezw. 

der Nil beim Durchbrechen einer Granitbarre 60 Iuno regina, ihre standige Genossin Anukis (s. d.) 

oberhalb Assuan (Syene) bildet, verehrt wurde mit der Hestia identificiert (CIG III 4893. Strack 

(vgl. de Morgan Cat. gen. des monuments de a. a. 0. nr. 95. CIL III 75). Die Identification 

l'Egypte I). Sein Hauptheiligtum (XvovpieTov) des Ch. mit dem Amon ist in agyptischen In- 

befand sich in der alten Hauptstadt dieses Ge- schriften niemals belegt; sie ist gewiss, wie alle 

bietes Elephantine auf der Insel gleichen Namens solche Identificationen in griechischen Inschriften, 

(Strab. a. a. 0. Strack a. a. 0. nr. 140. Euseb. griechisch. Der Ammon ist dabei offenbar als 

pr. ev. Ill 12), daher sein Cultname Xvovp- (var. eine griechisch-rOmische Gottheit behandelt (wie z. 

Xvovjx- , Xvofi,-)(o-vefS-iri§ ,Ch. der Grosse (<u), B. die Isis), durch die die unbekannte agyptische 



2351 Chnubis Chnubis 2352 

Gottheit Ch. erklart werden soil. Was die Grie- nannten Localformen, namlich als Osiris (Brugsch 

chen zu der Gleichsetzung der beiden Gotter ver- a. a. 0. 292f.). — Die vierte Form des Ch. ^Herrn 

anlasst hat, wird ein ebenso ausserlicher Grund, von Sochet (d. i. ,Feld') c erscheint mit seinen Ge- 

wie in denmeisten Fallen (vgl. Buto, Bubastis, nossinnen, der lOwenkOpfigen Mnhjt und der men- 

Chon), gewesen sein, namlich die Ahnlichkeit der schenkopfigen Nbwwt, im Tempel von Bsneh (La- 

Darstellung: beide Gotter haben die gleiche blaue topolis) neben den eigentlichen einheimischen Gott- 

Hautfarbe und den Widderkopf mit den krummen heiten dieser Stadt Neith (Athena) nnd Suchos 

.Ammonshornern'. Die agyptischen Inschriften verehrt. Nach der Anordnung der Gottheiten 

des Kataraktengebiets dagegen identificieren den auf den Thiirarchitraven des Tempels zu schliessen, 
Ch. seit dem neuen Reich (vom 16. Jhdt. v. Chr. 10 scheint jener Ort Namens Sochet, die eigentliche 

an) mit dem Sonnengotte Be' (Chnum-Re'); zum Kultheimat dieses Ch., in der nOrdlichen Umgebung 

Zeichen dieser Auffassung erhalt er nicht selten von Latopolis gelegen zu haben. In der That 

die Sonnenscheibe als Kopfschmuck ebenso wie stand noch zu Anfang dieses Jahrhunderts bei 

die anderen Gotter, die zur gleichen Zeit dieselbe Ed Der, dreiviertel Stunden nordwestlich von 

Auffassung erfahren haben (Amon, Month, Suchos, Esneh, ein kleines Heiligtum, in dem dieselben 

Horus). Diese Gleichsetzung Chnum-Re' findet sich Gottheiten wie im Tempel von Esneh verehrt er- 

auch an anderen Cultstatten des Ch., doch wird schienen (s. Champollion Notices de'scriptives 

ausdriicklich bezeugt, dass sie dem Kataraktenge- I 184ff.) und das nach einigen leider sehr ver- 

biete eigentiimlich war (Brugsch Religion u. My- sttimmelten griechischen Inschriften dem Amnion 
tliol. 193. 293). Als Localgottheit dieser Gegend 20 geweiht war, den ja die Griechen in dem agypti- 

warCh. naturgemass seinemWesen nach ein Wasser- schen Ch. wiederzufinden glaubten (Letronne Rec. 

gott und, da nach einer alten Tradition die Nil- d'inscr. II 236ff., vgl. I 199ff., wo die iiberlieferten 

quellen in den Katarakten liegen sollten (vgl. Buchstabenreste AN vielleicht zu XNOYBEI 

Herod. II 28), so war der Ch. in des Wortes eigent- zu erganzen sind). Auch hier setzten die Agypter 

lichster Bedeutung ein vdQaywyog filr die Agypter, den Ch. nicht ihrem Amon gleich, sondern dem 

eiue Eigenschaft, aus der Eusebios (pr. ev. Ill 12) Luftgotte Sw (Smg), dem Vater des Geb und 

die blaue Farbe seiner Haut erklaren will. So Sohne des Re% seine lOwenkepfige Genossin Mnhjt 

konnte er denn auch mit dem Nun (s. d.), dem dementsprechend der gleichfalls lOwenkOpfigen 

Urgewasser, aus dem der Nil durch seine Quell- Tafnet, der Zwillingsschwester des Sw. So ist 
locher zur Erde emporstriimen sollte, oder auch 30 Ch. an den genannten vier Orten seiner Vereh- 

mit dem Nil selbst identiflciert werden (Brugsch rung von den Agyptern vier verschiedenen Gottern 

a. a. 0. 297); und es wird verstandlich, dass gleichgesetzt worden, die nach der alten Gotter- 

gerade er es ist, der in den Tempeldarstellungen lehre vier aufeinander folgende Generationen von 

dem KOnig beim Fang der WasservOgel hilft (z. B Vater und Sohn (Osiris, Sohn des Geb, Sohnes 

Lepsius Denkm. IV 2. 88f.). Da die Katarakten- des Sw, Sohnes des Re c ) darstellten; ein lehr- 

gegend aber auch die Siidmark Agyptens gegen reiches Beispiel fur die wunderlichen Widerspriiche, 

Nubien bildete, so wird Ch. in den altesten, nach zu denen bisweilen der spater in der agyptischen 

der Colonisierung Nubiens durch die Agypter er- GOtterlehre herrschende Synkretismus gefuhrt hat. 

richteten Tempeln dieses L an des verehrt mit dem Die Formen Ka/ifjcptg (s. d.), K/j.rjq> , Kvtjq>, die 
Beinamen ,Vernichter der Nubier als Wachter der 40 man meist fur Varianten des Namens Ch. erklart, 

SMgrenze'. Ausser der Kataraktengegend war haben nichts damit zu thun, sondern geben den 

der Cult des Ch. aber auch noch an einigen anderen Beinamen der ithyphallischen Gotter (Min, Amon) 

Stellen Agyptens heimisch. So zunachst in der K^-miot-f ,Stier seiner Mutter' wieder, der, so- 

mittelagyptischen Stadt Her-wer in der Nahe des vielbekannt, menials dem Ch. beigelegt vorkommt. 

heutigen Benihassan ; dort wurde Ch. zusammen Der Name Xrovfiig , Xvovfug, Xvovyig, Kvovcpig 

mit einer froschkijpfigen Gsttin Hkt verehrt. Diese ist endlich durch die Gnostiker auf einen ihrer 

Gottin begleitet inn iiberall da, wo er als SchOpfer ,Aionen' iibertragen worden, der meist als Schlange 

der Menschen anftritt, sowohl in den Darstellungen, (gewShnlich mit Lowenkopf, seltner sich in den 

in denen er eine menschliche Figur auf der TOpfer- Schwanz beissend), von einem Strahlenkranz um- 
scheibe formt (s. o.) als in den Texten, die sich 50 geben , dargestellt wird und also mit dem alt- 

auf die Geburt des Konigs beziehen (Naville agyptischen Gotte Ch. keinerlei Ahnlichkeit zeigt, 

Deirelbahari II 46ff. Erman Die Marchen des s. Drexler Mythol. Beitrage I 61ff. 

Papyrus Westcar I 59). Es scheint danach, dass 2) Xvovpls, Stadt in Oberagypten auf dem 

die schopferische Thatigkeit des Ch., derer schon rechten Nilufer etwa halbwegs zwischen Tuphion 

die altesten Inschriften gedenken, ursprunglich (Tud) und Eileithyiaspolis (El Kab), Ptolem. IV 

speciell dieser localen Form des Gottes von Her- 5, 73. Da der Name augenscheinlich mit dem 

wer geeignet hat, die nach Inschriften der spa- des Gottes Ch. (Nr. 1) zusammenhangt und wir 

teren Zeit als eine Form des Erdgottes Geb (Kronos), genau an der angegebenen Stelle, aber auf dem 

des Vaters des Osiris, angesehen wurde. — Eine andern Ufer, in der That einen Ort kennen, an 
dritte Cultstatte des Ch. war die ebenfalls in 60 dem dieser Gott verehrt wurde, Ed Der, dreiviertel 

Mittelagypten belegene Stadt Hypselis (Brugsch Stunden nordwestlich von Esneh, so hat VVil- 

a. a. 0. 292f.), in deren Gau, dem Nomos Hypse- kinson (Modern Egypt II 266) sehr ansprechend 

lites , daher der Widder heilig gehalten wurde, in diesem die alte Stadt Ch. wiedererkennen wollen, 

Munzen Head HN 723 ; der Schadel einer Tier- obwohl es nicht auf demselben Ufer des Stromes 

mumie von El Bosra, gegeniiber von Hypselis, ist liegt, wie Ptolemaios angiebt. In der That filhrte 

als Ovis tragelaphus bestimmt worden (Berliner der altagyptische Ort Sochet, dem das heutige 

Ag. Museum nr. 752). Aufgefasst wurde dieser Ed Der zu entsprechen scheint (s. o. Nr. 1), als 

Ch. von Hypselis wieder anders als die vorge- Kultort des Gottes Ch. auch den Namen Per- 



2353 Chnubos Gneuros Choaspes 2354 

chntrm oder Pi-chnum ,Haus des Gottes Ch.' mit liber den kislaq Chwar oder sahr-Chwar bis zur 

dero Zusatze ,von Sochet' (Brugsch Diet, g^ogr. Grenze von Kumis bei Aradan ; dieseStrecke durch- 

103). Daraus konnte leiobt Ch. werden, da das p zog Alexander am zweiten Tage seiner Jagd nach 

oder pi des Wortes per oder pej ,Haus' (stat. con- Bessos. Zwischen Chwar und Aradan verteilt sich 

struct, per- oder pi, p) in spaterer Zeit gewohnlich der Heble-rud in sieben Strange , deren Wasser 

fur den mannlichen Artikel p oder pi gehalten und zur Zeit der Diirre zu Salzcascaden sich verhartet. 

dann oft weggelassen worden ist (vgl. z. B. Her- Die orientalischen Schriften schreiben Chwar. 

monthis); ausserdem war bei den G-riechen dieVer- Chowar und Qar,_d. i. ,Nahrung, Putter'; vgl. 

wechslung der agyptischen Gotternamen mit den die sarmatischen Eigennamen Xodg-yagog .Speise- 
durch Vorsetzung jenes Wortes per- ,Haus' davon 10 bereiter, Koch', Xoago-cpddiog ,Futter- oder Gerste- 

gebildeten Ortsnamen ganz gewohnlich; vgl. Bn- maher', und den Landesnamen Chorasmia. 

bastis, Buto, Mendes. [Sethe.] [Tomaschek.] 

Chnubos Gneuros (Xvov^og Tvevgog), zwdltter Choaspa, Ortschaft in Arachosia, Ptol. VI 

thebanischer Konig Agyptens nach Eratosth. bei 20, 4. Amm. Marc. XXIII 6, 72; d. i. ,gute Rosse 

Syncell. p. 101D (FHGII545. Lepsius Konigsb. besitzend'; von der Eossezucht hatten auch die 

Quellentaf. 6) ; agyptisch ist der Name nicht nach- Ariaspai am Etymandros ihren Namen ; ein Ort 

gewiesen ; der Glossator des Eratosthenes glaubte Chusp findet sich heutzutage nur am Nordrand 

in dem ersten Teil das agyptische Wort vovfi der karmanischen Wiiste am wasserarmen Chusp- 

,Gold' zu erkennen, wie seine Ubersetzung des rud westlich von Birgand. [Tomaschek.] 
Namens Xgvatjg , Xgvaov vlog lehrt (Lepsius 20 Choaspes. l)Xodojzr)g (so gewohnlich, Nikeph. 

Chronologie p. 513). [Sethe.] geogr. synopt. 1062-1079 Xodamg, Par. Dion. Per. 

Chnumis s. Chnubis Nr. 1. 1063—1079 Xdaamg; auch Isid. orig. XIII 21, 15 

Choamaui, baktrianisches Volk zwischen den Choaspis; Geogr. Rav. II 12 Coapis) , ein Fluss 

Chomarae und Paropanisadae , Mela I 13; vgl. der in Medien entspringt und an dem Susa lag. 

Comani. Wenn ricntig geschrieben, deutbar aus Nach Plin. VI 130 ergoss er sich oberhalb der 

apers. 'uwamanis, zd. humano ,wohlgesinnt'. chaldaeischen Seen (s.Chaldaicu s lacus) und der 

[Tomaschek.] StadtCharax (s. d. Nr. 11) in den Tigris, nach Poly- 

Choana (Xoava). 1) Stadt in Media, Ptol. kleitos (bei Strab. XV 728) direct in den See, der 

VI 2, 14 , und zwar in der Landschaft Choro- die Wasser des Tigris und des Eulaios (s. d.) auf- 
mithrene , nordwestlich von den Kaspiai pylai, 30 nahm , um dann in vereinigtem Strome in das 

etwa in der Lage von Teheran; vgl. npers. ehwan, Meer zu munden. Doch erwahnt Strab. a. a. O. 

chdn, chdn , Station, Einkehrhaus', gewohnlich auch die Meinung anderer, welche Plinius wieder- 

chdneh. giebt. Ptolemaios nennt den Fluss nicht. Der 

2) Stadt in Baktriane, Ptol. VI 11, 7, nahe heutige Name ist Kerhah. Er zeichnete sich durch 

der Beuge des oberen Oxos , der infolge einer Mares, wohlschmeckendes Wasser aus, welches das 

falschen Vorstellung im Sudosten am Paropannisos gewohnliche Tafelgetrank der persischen KOnige 

entspringt und erst von Ch. an gegen Westen bildete, und von dem sie auf ihren Zugen ganze 
fliesst, wobei er zuerst den Dargoidos und hierauf Wagenladungen in silbernen Gefassen mit sich 

den Zariaspes aufnimmt. Diese Lage passt am gefuhrt haben sollen, Herodot. I 188, citiert von 
besten auf Kunduz an der Vereinigimg des von40Athen. II 45 B, wozu Ktesias daselbst zu ver- 

Bamian und Baghlan kommenden Surch-ab mit gleichen ist. Herodot. V 49. 52. Plut. de exil. 7. 

dem aus Badachsan kommenden Parchar, nahe Ael. v. h. XII 40. Plin. XXXI 35. Sol. 38, 4. 

der ervvahnten Beuge des Oxos. Kunduz hiess Auson. de clar. urb. 14, 28. Das Xodojistop vdcog 

im 6. und 7. Jhdt. Huo (Abklirzung von Huo.no, (Eust. Dion. Per. 1073. Suid. s. v.) hiess deshalb 

Chwana) und A.huan (Achwana), wie die Annalen fiaodixov; ahnlich Tib. IV 1, 140: regia lympha 

der Thangdynastie erweisen. Hyuan-Thsang schil- Choaspes und Sol. 37, 6 : nobilissimus amnis Ch. 

dert Huo als Sitz des ttirkischen Statthalters von Vgl. ausserdem Dion. Per. 1073. Avien. descr. orb. 

Tukhara (s. Tocharoi); ,das Klima ist mild, das 1274. Prise, per. 974. Paus. X 31, 7. Strab. I 

Land niedrig und flach, wohlangebaut, reich an 47. XV 729. Arist. meteor. I 13, 16. Lukian. 
Kornfrilchten, Strauchern und Blumen, sowie an 50 nekyom. 7. Nonn. XXIII 277. XXIV 29. Suid. 

Obst'; die neueren Schilderungen lauten weniger s. Mefivcov. Curt. V 2, 9. Ammian. Marc. XXIII 

gttnstig; die Sommerhitze erreicht extreme Grade; 6, 40. Die altpersische Form des Namens ist 

Baume undBlumen finden sich erst an den Gehangen liuvaspa .rossereich, evimtog', welches Wort in den 

im Suden; doch wird Weizen und Gerste zwischen Keilinschriften (Dar. Pers. d. 8; Dar. Sz. c. 4) als 

den Rinnsalen reichlich angebaut. [Tomaschek.] Epitheton des Landes Persien erscheint. Von dem 

Choani (var. eiani) . ein Volk im sildwest- Flusse hatte ein Edelstein von goldiggriinem 

lichen Teile des gliicklichen Arabien, erwahnt Schlmmer, Choaspitis (Plin. I 37. 56. XXXVII 

Plin. VI 159 neben den Ghorranitae und Cesani, 156. Isid. orig. XVI 7, 16), seinen Namen. Nach 

von Glaser (Skizze 162) mit den Kijan zusammen- Eust. Dion. Per. 1075 hatte ein anderer (sonst 
gestellt. [D. H. Muller.] 60 unbekannter) Fluss 'Axdrrjg, der in der Nahe des 

Choara (Xoaga), Ortschaft in Parthia hinter Ch. gestrOmt ware , seinen Namen der Klarheit 

den Kaspiai pylai, Ptol. VI 5, 3; Parthiae amoe- seines Wassers verdankt. Eigentiimlich trifft mit 

nissimus situs, Plin. VI 44. Der ganze Gau dieser Uberlieferung die Thatsache zusammen, dass 

hiess Choarene (Isid. Chat. mans. Parth. 8. Ptol. der assyrische Name des Ch., Uknu (Frdr. De- 

VI 5, 2) oder Chorene, Strab. XI 514 (zu unter- litzsch Wo lag das Paradies? Lpz. 1881, 193ff.), 

scheiden von Chaarene, s. d.); derselbe erstreckte als Appellativum gleichfalls einen Edelstein be- 

sich in einer Lange von 300 Stadien (34 miles, zeichnet, namlich den Lapis lazuli. Erwahnt sei 
55 km.) von der heutigen Station A'iwan-i-Keif noch, dass nach Plinius (XXIV 162) 30 Schoinen 



2355 Choatrae Xotvg 2356 

vom Ch. entfernt das Theombrotion , eine heil- Cariente, Tab. Peut. Geogr. Rav. 76, 7. 367,12; 

kraftige Pflanze von prachtigem Aussehen und hier starb Cubares, Fiirst der Lazoi im J. 555, 

Gerucb, wuchs. [Weissbach.] Agathias III 3. Vgl. Chorsos und Cohibus. 

2) Ein bedeutender Strom des indobaktrischen Der heutige Khopis-cqari, nach einem Dorfe Khopi 

Grenzgebietes, dessen Quellen wie jene desBaktros, benannt, an der Mundung mit der Ciwa vereinigt, 

Araxes (= Oxos, Ranha) und Indos im Paropa- daher Dipotamo oder li Potami auf den italieni- 

nisos liegen, Aristot. meteor. I 13 nach Berich- scben Seekarten des 14. Jhdts. [Tomaschek.] 
ten der Makedonen Alexanders. Aristobulos bei Chodae (var. Godae), Volk im siidwestlicben 

Strab. XV 697 wusste bereits, dass der Ch. Ban- Arabien, von Plin. VI 158 neben den Aiathuri 
dobene und Gandaritis durchstromt, an der Stadt 10 erwahnt. [D. H. Mliller.] 

Gorys vorbeifliesst und bei dem Orte Plemyrion Chodarzos (XcoSaQCog) , Sohn des Pharzeos. 

in den Kophes fallt, der sich in den Indos er- SzQaxrjyog in Olbia, Kaiserzeit, Latyschewlnscr. 

giesst. Arrian. anab. IV 23, 2 erwahnt in dieser orae septentr. Ponti Euxini I 57. [Kirchner.] 
Gegend die Ortschaft Euaspla d. i. Euaspa, apers. Chodda, eine Stadt in Karmania, Ptol. VI 

uwappa ,gute Rosse besitzend', gebraucht jedoch 8, 13; altpersisch etw&'mvddd, skr. svadha ,eige- 

fttr den Strom selbst die einheimische Bezeich- ner Stand, Haus', vgl. apers. Pisya-'uwada. 
nung Choe's (s. d.) , die im Koas des Ptolemaios [Tomaschek.] 

wiederkehrt; vgl. Ghoaspes amnis Curt. VIII 10, Choerogylion, eine Insel an der Kiiste Lykiens, 

22, Goa(s)pis Geogr. Eav. p. 77, 10. Es ist der Plin. n. h. V 131. Lesart ist sehr unsicher. 
heutige unterhalb Gellalabad in den Kabul-rM von 20 [Ruge.] 

Norden her fliessende ab-i-Kameh, -Kunar, -Caghan- Choes. 1) Xorjg, Pluss im Lande der Aspa- 

sarai, im Oberlauf durch Citrar genannt Kh9; sioi (s. d.) auf dem von Alexander im Herbst 327 

seine Quellen liegen im Moraenensee Catt-i-bui nach Uberschreitung des Kophes eingeschlagenen 

am vergletscherten Stidabhang des Hindukus nahe Wege, Arrian. anab. IV 23, 2. Suid. Hochst wahr- 

der Pamirregion von Wachan; die Lange seines scheinlich einheimischer Name fur den Choaspes 

Laufes iibertrifft bedeutend die des Kophes. (s. d. Nr. 2), obwohl einige Forscher annehmen, dass 

[Tomaschek.] der Ch. eher nach Laghman gehore, wo sich die 

Choatrae, Bewohner waldreicher Hochgebirge beiden Pliisse Alisang und Alingar, von denen 

in Asien, Val. Place. Argon. VI 151. Lucan. Ill der letztere auch den Namen Kao fiihrt, in der 
246, s. Choatras. [Tomaschek.] 30Ebene von Mandror vereinigen; der Weg fiihrt 

Choatras, einer der verschiedenen Namen des dann durch den Daruntapass zum Unterlauf des 

Taurosgebirges , Plin. V 98, danach Sol. 38, 12 ab-i- Kunar oder Choaspes, s. Koas. [Tomaschek.] 
(vgl. Iordanes Get. 7, 55). Die herkOmmliche 2) Xo'sg s. Anthesteria o. Bd. I S. 2372f. 

Ableitung vonavest. khwdthra , Q:\wa7.' (s. Kiepert Fiir die vielumstrittene Prage nach der Lage des 

Lehrb. d. alt. Geogr. § 71 , 4) deutet auf ein Kultlocals haben die im Winter 1895/1896 wieder 

schneebedecktes Gebirge. Vgl. auch Parachoa- aufgenommenen Ausgrabungen Dorp fe Ids wert- 

thras. [Weissbach.] voiles Material zu Tage gefordert. Vgl. die Be- 

Clioba. 1) Ghoba (so die Inschrift, auch Tab. richte Dorpfelds Athen. Mitt. XX 1895 an meh- 

Peut., im Itin. Ant. Goba, bei Ptolemaios Xmp&d' reren Stellen und Maass Orpheus 58. 
oder Xmjidx, vielleicht richtig), Ortschaft an der 40 [Hiller v. Gaertringen.] 

Kiiste Mauretaniens, zwischen Saldae und Igilgili, Xoevg s. Xovg. 

Ptol. IV 2, 9. Tab. Peut. Itin. Ant. p. 18. Geogr. Chogeae, ein Ort an der Strasse von Nikaia 

Rav. Ill 7. V4, an der Stelle des heutigen Ziama, nach Ankyra, Itin. Hieros. 573, 7. Vielleicht ist 

nach der Inschrift CIL VIII 8375. Seit Hadrian es in der Nahe von Mekedsche anzusetzen, wo 

oder Antoninus Pius Municipiwn Aelium Ghoba, v. d. Goltz Reste eines alten Wartturms er- 

CIL a. a. O. Ein Bischof wird im J. 484 unter wahnt, Miinchener Allg. Zeitung 1891, Beilage 

denen der Provincia Mauretania Sitifensis genannt nr. 189 und Anatolische Ausniige 403. [Ruge.] 
(Not. Sitif. nr. 3, in Halms Victor Vitensis Choi, pontisches Volk hinter den Becheires, 

p. 70: Coviensis). [Dessau.] Hekataios frg. 190, 6. Steph. Byz.; wahrschein- 

2) Xcofid (Euseb. onom. 301, 32 ; Hieron. ebd. 50 lich verschrieben fiir Taoi (s. T aochoi), wie Chaoi 

112, 9 Ghobaa; vgl. Gen. 14, 15), xco/ttj in der (s. d.) und Koitai. [Tomaschek.] 

Gegend von Damaskus, wo nach Eusebios zu jener Choiak {Xoiux oder Xoi&x , seltener auch 

Zeit haeretische Judenchristen (Ebjoniten) lebten ; Xv a% in Inschriften von Gertasseh in Nubien und 

vielleicht identisch mit Hoba 111 km. nord5st- Xom%{ in solchen aus der Kyrenaika), Name des 

lich von Damaskus, westlich von Karjaten (Wetz- vierten Monats des agyptischen Jahres. Die Gott- 

stein in Delitzsch Genesis* 561ff.). Nach heit, nach der dieser Monat benannt war, heisst 

anderen (Riess Bibelatlas) ist Ch. identisch mit in den agyptischen Inschriften K)-hr-K) (Papyrus 

K<bxa(Sa des Epiphanios (adv. haer. ebion. 2 , II Ebers 1 Verso. L e p s i u s Denkm. IV 78 a). Der 

p. 92, 5 Dindorf) und Kcoxajid des Eusebios (hist. griechischen Form Xoum liegt wie bei den andern 
eccl. I 7), welches dem heutigen Kaukab im Hau- 60 Monatsnamen die unteragyptische Form zuGrunde; 

ran, 16 km. von Neve entspricht. [Benzinger.] die oberagyptische, die ins Arabische iibergegangen 

Chobata (var. Chabota), Ort in Albania, sud- ist, lautet im Koptischen Koiahk oder Kiahk. 
Ostlich an der Metropolis Chabala, Ptol. V 12, 6. [Sethe.] 

[Tomaschek.] Xoivi%, ein Mass fiir Trockenes, besonders 

Chobos {X6§og), Fluss an der kolchischen fur Getreide, enthielt nach iiblicher Schatzung 

Kiiste, nfirdlich vom Charieis, 180 Stadien vom so viel Weizen, als ein Mann zur taglichen Nah- 

Phasis, Arrian. peripl. Pont. 10; flumen Ghobum e rung bedarf. Herod. VII 187. Polyb. V 1, 11 

Caueaso fluens, Plin. VI 14; Ghobus XVI m. p. vgl. mit IV 37, 7. Athen. Ill 98 E. Diog. Laert 



2357 XolviS, Choirilos 2358 

VIII 18. Suid. s. IIv&ayoQa xd ovftfioXa. Boeckh hervorzuheben die %. der Provinz Palaestina (Apo- 

Staatshaush. 13 357. Hultsch Metrologies 105, kal. 6, 6) als die'Halfte des hebraeischen Kab 

3. Nach der yon Solon in Athen eingefuhrten (Metrologie 4511 456), also mit ihrem Betrage 

Ordnung der Hohlmasse zerflel der fisSifivog in von 1,01 1 der aeginaeischen %. gleichzusetzen, 

Sechstel, sxxstg, Zwolftel, rjfikxxa, und Achtund- ferner die pontische %. = 1 syrisch-alexandrini- 

vierzigstel, %oivmss. Die attische %■ war al so schen Sextaren, deren jeder li/ 3 rornische Sextare 

= l/ 8 exzevg oder rOm. Modius = 1,1 Liter. hielt, mithin = 1,46 1 (Metrol. script. I 269, 19ff. 

Unter sich hatte sie vier xozvXai attischen oder II 106, 5ff. ; Metrologie 573f.), endlich die %. von 

zwei Sextare rOmischen Masses. Das Dreifache Herakleia CIG III 5774f., die vielleicht gleich 
der x- war das tibliche FKissigkeitsmass von mitt- 10 dem eben erwahnten alexandrinischen Sextar = 

lerer GrOsse, der x°vg (s. d.). Hultsch Metrol. 0,73 1 war (Metrologie 669f.). [Hultsch.] 

script. I 208, 5ff. 224, 14ff., und vgl. ebd. II Index Choirades. 1) Griechische Stadt im Gebiet 

unter %■ 2 ; Metrologie 104. 106. Die solonisch- der Mossynoiken, Hekat. bei Steph. Byz. Skyl. 86. 

attischen Masse waren nach Aristot. "Abryv. tioI. Meyer Gesch. d. Altert. II 450. Es lag entweder 

10 grosser als die pheidonisch-aeginaeischen, und auf der Stelle des spateren Pharnakeia oder dicht 
zwar wahrscheinlich in dem Verhaltnisse von dabei, Miiller zu Skyl. a. a. O. Mannert Geogr. 
27 : 25 (berechnet aus dem Verhaltnisse des solo- d. Griech. VI 2, 286. Forbiger Handb. d. alt. 
nischen Talentes zum aeginaeischen = 18:25, Geogr. II- 424. [Ruge.] 

s. Xovg). Demnach wiirde die aeginaeische %. nur 2) Xoiqdbsg lautete vielleicht der antike 

um ein wenig kleiner als die attische, namlich 20 Name zweier Inselchen, die dem Kap Skaramanga 

auf 1,01 1 anzusetzen sein. Die in Lakonien gegenilber am nOrdlichen Ausgange der Meerenge 

seit Lykurg iiblichen Hohlmasse sind andert- von Salamis in die Bucht von Eleusis liegen 

halbmal so gross als die aeginaeischen gewesen (doch s. Pharmakussai). Da sich in dieser 

(s. Xovg). Da somit die lakonische x- = 1,52 1 Gegend eine Eeihe antiker Orts- besonders Insel- 

war, so erklart sich der Scherz bei dem Komiker namen mit geringen Modificationer. erhalten hat, 

Aristophanes (Kock Com. Att.frg. I551=Meineke so vermutete Lolling (Hist, and philol. Aufs. 

11 2, 1198), dass ein Peloponnesier, der nach Athen E. Curtius gewidmet 8) jenes Wort hinter der 
gekommen, den ixxsvgim Betrage von 8 attischen #. modernen Benennung Kyrades. Eine Anspielung 
als el-axoivixov hexqov, namlich nach dem Masse der darauf glaubte sodann Sp. Lambros (Athen. Mitt, 
lakonischen x- bezeichnet ; denn in der That stan- 30 XIII 408f.) bei Aischylos in seiner Beschreibung 
den 6 lakonische x- — 9,1 1 dem attischen Ix- der Schlacht von Salamis wiederzufinden , Pers. 
revs von 8,75 1 so nahe, dass beide Betrage nach v. 421 'Axxal Se vexo&v %oiQa8ss r kjilrj-dvov. 
ungefahrer Schatzung als gleich gelten konnten. [Milchhoefer.] 
Merklich grosser als die attische x- war, wie aus 3) Nfjaoi 'lanvyiag, Thuc. VII 33, 4, die vor 
Theophr. hist, plant. VIII 4, 5 vgl. mit Phere- dem Hafen von Tarent liegenden Inseln S. Pietro 
krates Kock I 145 (II 1, 252 Mein.) hervorgeht, und S. Paolo. [Hfilsen.] 
die boiotische x- > sie war das Achtel des boioti- Cholreai (at Xoigsai , wohl mit x m Q<*s = 
schen Masses oaiztjg, d. i. des phoinikischen Saton, Klippe zusammenzubringen), Kilstenplatz im Ge- 
und dieses wiederum stimmte in seinem Betrage biet der Eretrier auf Euboia. 490 landeten Teile 
mit dem lakonischen sxrevg uberein. Mithin hielt 40 der Perserfiotte dort, Herodot. VI 101. Demos 
die boiotische x-> wie die lakonische, 1,52 1. von Eretria, in dessen Nahe ('Agx<uoXoy. 'E<pri[itiQig 
Hultsch Metrologie 2 542f. (statt ,aeginaeisch' jzcq. /}' H. 13 N. 404), vermutlich an einer jetzt 
ist hier ,lakonisch' zu lesen, denn das aeginaeische IlaXaioxcoQa genannten Ruinenstatte in cler Nahe 
Mass, welches fruher nach Boeckh fur gleich von Bd&eta. Al. Rangawis Ber. Sachs. Ges. 
dem lakonischen und grosser als das attische gait, Wiss. 1859 , 131 an einer alten Heerstrasse. 
ist nach Aristot. a. a. O. in Wirklichkeit kleiner K. Bursian Geogr. v. Griechenl. II 423, vgl. 420 
als das attische gewesen, und weiter hat sich das Anm. [Btirchner.] 
lakonische Mass als anderthalbmal so gross als Choireatai(o(Xo(eeaiatvon^o(eoj=Schwein), 
das aeginaeische ergeben). Das ptolemaeische Name von Phylengenossen in Sikyon, Herodot. V 
System der Masse fiir Trockenes ging aus von 50 68. Der Orthagoride Kleisthenes legte im ersten 
einem Medimnos im doppelten Betrage der ptole- Drittel des 6. Jhdts. als Tyrann von Sikyon den 
maeischen Artabe, die dem attischen Metretes dorischen Phylen dort die Ekelnamen 'Yarat, 
gleich war. Demnach war der ptolemaeische Me- 'Ovearcu und XoiQsami bei. Wiedereinfiihrung 
dimnos = Vj % attischen Medimnen, und ebenso der alten Namen nach Kleisthenes Tod, G. Gil- 
verhielt sich der ptolemaeische Hekteus zum atti- bert Staatsaltert. II 83. [Burchner.] 
schen. Allein die ptolemaeische %. war nicht, Choirile (Xoioilr}), Doppelname der Hekabe, 
wie im attischen Systeme, der achte, sondern erst Philoch. bei Schol. Eurip. Hec. 3. Suid. Hero- 
der sechzehnte Teil ihres Hekteus und hielt somit dian. Epimerism. 153 XoiqvIXyj. Ob es sich hier 
nur 0,82 1. Da nun zu dieser x- als Drittel eine um einen alten Doppelnamen wie Paris-Alexan- 
xoxvh) geordnet war , so lief das ptolemaeische 60 dros u. dergl. handelt oder um ein gelegentliches 
System, so verschieden es auch sonst von dem Beiwort (Sid to jioXvmxida yeyevijodcu ■ r\ yaQ x°iQog 
attischen war, doch auf dasselbe kleine Teilmass jioXXd xixxu, xal iv toTg 'Ogcpixoig — Orph. frg. 261 
wie das attische System aus. Denn die Kotyle — ol xoieoi ixdfiai noogayoQsvovxcu, Schol. Eurip. 
= V3 ptolemaeische x- = 0,274 1 ist keine andere Hec. 3), lasst sich nicht entscheiden. [Jessen.] 
als die attische Kotyle = 1/4 attische %. Index Choirilos (XoigiXog). 1) Eleier. Er siegt'im 
zu Metrol. script, unter t ue8i/.ivog 4, ^omf 3. Me- Faustkampf der Knaben zu Olympia , woselbst 
trologie 105. 624f. Unter den verschiedenen Choi- sein Standbild von Sthennis, Sohn des Herodoros, 
niken, die ausserdem noch erwahnt werden, sind Paus. VI 17, 5. Zeit die des Kunstlers, welcher 



2359 Choirilos Choirilos 2360 

im J. 348 nach der ZerstOrung Olynths nach Athen nach dem Vorbilde der Boiotie die Volker des 

kam und dort mit dem Biirgerrecht beschenkt Heeres des Xerxes, aber geschickter als jene, nam- 

wurde; vgl. Benndorf Ztscbr. f. Osterr. Gymn. lich bei der Schilderung des Uberganges liber den 

XXVI 742. CIA II 1544. IGS I 279. 315; vgl. Hellespont, aufgezahlt hat (frg. 3. 4 K.), viel- 

auchG.HEorster Olymp. Sieger (Progr. Zwickau leicht schon im ersten Buch (frg. 2 K.). Gelegent- 

1891) nr. 387, welcher Ch.s Sieg der 01. 112 lich hat er Sagen eingestreut, so die vom Baube 

= 332 v. Chr. zuweist. [Kirchner.] der Oreithyia durch Boreas (frg. 5), nach schSner 

2) Von Samos, epischer Dichter des ausgehen- Vermutung Naekes bei der Schilderung der See- 
den 5. Jhdts. v. Chr. Der Peripatetiker Praxi- schlacht bei Artemision und der vom Nordwind 
phanes hat ihn in seinem Dialoge iteQi lazoQiag 10 geleisteten Hiilfe, so wie Herodot VII 189. Solche 
(R. Hirzel Hermes XIII 46ff.) in Pella am Hofe tfbereinstimmungen diirfteesmehrgegeben haben; 
des KOnigs Archelaos (413 — 399, Diod. XIV 37) sie und die Gleichheit der Tendenz waren so auf- 
von Makedonien neben Thukydides, dem Komiker fallend , dass auf eine Benutzung des Herodot 
Platon, dem Tragiker Agathon, dem hmmowg Ni- durch Ch. geschlossen wurde, was die antike lit- 
keratos, dem Dithyrambiker Melanippides einge- terarhistorische Novelle durch ein Liebesverhaltnis 
fiihrt (Marcell. vita Thukydid. § 29). Dass Ch. zwischen beiden ausdriickt (Suidas). 
sich wirklich am Hofe dieses kunstsinnigen K0- Die Bedeutung des Ch. beruht darin, dass er 
nigs aufgehalten hat, zeigt wohl Istros bei Athe- das abgestorbene Epos neu belebte, indem er ihm 
naios VIII 345 D in der sonst therichten Notiz, einen neuen Inhalt gab, statt der Gotter- und 
dass er sein tagliches Honorar von vier Minen 20 Heldensage den grossen Nationalkampf der Hel- 
slg 6xpo<payiav verwendet habe. lenen gegen die Sarbaren unter Piihrung Athens, 

Als Ch. nach Pella mit andern litterarischen wie Panainos in der bunten Halle zu Athen (Paus. 

GrOssen berufen wurde , muss er natiirlich eine I 15, 3, vgl. V 11, 6) die Marathonschlacht neben 

Beruhmtheit gewesen sein. Vermutlich wird er die Thaten des Theseus und der Troiaeroberer 

sich wie die andern dahin zuriickgezogen haben gesetzt hat. 

nach dem Sturze Athens und nachdem die Ver- Es war ein epochemachender Bruch mit dem 

haltnisse in seiner Heimat Samos fur ihn , den Herkommen, und sein Beispiel fand nicht wenige 

Athenerfreund, unertraglich geworden waren. Ly- Nachfolger, die die Thaten — freilich nicht mehr 

sanders Verkehr mit ihm und seine Versuche, eines Volkes — der Konige im Stile des hero- 
ihn zur Besingung seiner Thaten zu veranlassen, 30 ischen Epos besangen, obgleich der jiingere Zeit- 

wovon Duris von Samos zu erzahlen wusste (bei genosse des Ch. , Antimachos von Kolophon, mit 

Plutarch Lysand. 18 = FHG II 484, 65), fallen seiner Thebais stofflich wieder in die alten Bah- 

vermutlich vor seine tflbersiedelung nach Make- nen einlenkte. 

donien und bestatigen , dass er damals auf der Ch. ist sich seiner grossen Anderung so be- 

Hohe seines Buhmes stand. Die Nachricht bei wusst gewesen, dass er es fur notwendig gehalten 

Suidas, dass Ch. in Pella gestorben sei, hat also hat, sie im Prooimion zu motivieren. Diese schOnen 

nichts Unwahrscheinliches. Verse sind uns durch Scholien zu Aristoteles Rhe- 

Weitere Daten fur das Leben des Ch. , die torik IH p. 1415 a 1 erhalten, der auf sie hinge- 
Suidas giebt, sind aus jenen abgeleitet oder irr- wiesen hatte. Ubrigensist schwerlich, wieNaeke 
tiimlich oder wie die Notizen liber seine Herkunft40p. 106 meinte, der Vers a fiaxaq, Song k'r/v xsTvov 
und sein Verhaltnis zu Herodot flngiert. Aber xqovov i'dgig aoidrjg wirklich der erste des Ge- 
es ergiebt sich von selbst, dass er sein Epos vom dichtes gewesen. Es durfte nach altem und stets 
Perserkrieg betrachtlich vor Ende des 5. Jhdts. beibehaltenem Stil die Anrufung der Muse voran- 
geschrieben haben muss , einerseits weil er von gegangen sein ; an sie knlipften die mit Evidenz 
Lysander und Archelaos offenbar als erster Epiker von Naekep. Ill dem Ch. zugesprochenen Verse 
seiner Zeit umworben wurde , andererseits , weil an : ijyso /not Xoyov aXXov, Sncog 'Aaitjg caib yafyg 
sein Werk, das die nationalen Grossthaten gegen jjX&ev ig EvQomrjv nolsfiog fxtyag , worauf dann 
die Barbaren feierte und Athen pries, seiner ganzen die Klage des Epigonen gefolgt sein mag. 
Tendenz nach nicht einer Zeit angehOren kann, Die Wirkung des Ch. ist gross gewesen. Seine 
in der Athen niedersank und mit Sparta urn die 50 Umwerbung durch Lysander und Archelaos be- 
Gunst der persischen Satrapen buhlte. weisen es, und die Notiz bei Suidas, dass sein 

Das einzige Gedicht des Ch. , von dem wir Epos ovv rotg 'Oftr/oov arayirmoxso&ai irj>r)(plaihj, 

sichere Kunde haben — denn die bei Suidas ge- wird trotz der unklaren Passung auf der Uber- 

nannten Aapiaxa (Naekep. 101 schlagt vor, es lieferung beruhen, dass die Athener dasselbe neben 

dem Dichter Alexanders d. Gr. Nr. 5 zu geben oder Homer bei Offentlichen Agonen, also den Pana- 

in Safuaxa zu andern) und die alia xiva jioirj- thenaeen, zuliessen (Naeke p. 89). Zur Zeit des 

fiara, die dann der Falscher der Eudokia genauer Aristoteles muss das Epos des Ch. noch allge- 

specialisiert hat, sind nicht fassbar oder flngiert — mein bekannt gewesen sein , da jener mehrfach 

ist ein Epos, das von Herodian TFcQoixa, bei Sto- auf es Bezug nimmt; in der Top. VIII 153 a 14 
baios nsgarjtg und bei Suidas j? 'A&tjvaimr vixt) 60 tadelt er seine Gleichnisse gegeniiber den home- 

xaxa 3eQg"ov genannt wird, ursprunglich titellos. rischen. Ephoros hat ihn benutzt (Strab. VII 

tber seinen Umfang haben wir nur die Gewiss- 303). Platon soil ihm den Antimachos vorgezogen 

heit, dass es mehrere Biicher ausfiillte (Herodian haben (Proklos in Platon. Tim. I p. 28). Spater 

tisqi fAovrjQ, 2e'f.IIp.919Lentz: Xoiqllog ha). Die wurde sein Epos noch neu herausgegeben , wie 

Grenzen des Stoffes bezeichnet der von Suidas die durch Herodian msqI ixovtjq. lek~. H p. 919 

erhaltene Titel , kein Fragment giebt Veranlas- Lentz bezeugte Einteilung des Werkes in Biicher 

sung, den Kreis weiter zu Ziehen, tfber die Ge- zeigt. Das Urteil iiber ihn schwankte. Duris 

staltung wissen wir nichts , als dass Ch. wohl nahm sich seines Landsmannes an (Proklos a. a. O. 



2361 Choirilos Choirilos 2362 

= FHG II 485, 67). Kallimachos (Proklos in 150. Die Uberlieferung fiber Ch., der durchweg 

Plat. Tim. I p. 28 = frg. 74 b) scheint wie Eupho- im Zusammenhang mit Alexander dem Grossen 

rion (Krates Anth. Pal. XI 318) ihn hoher gestellt erwahnt wird , geht in letzter Instanz anf Ale- 

zu haben als Antimaehos, umgekehrt Krates von xanderschriftsteller zurtick, die auch von der litte- 

Mallos (Anth. Pal. XI 318 ; vgl. iiber dies Bpi- rarischen eohors des KOnigs berichteten (s. Curt. 

gramm Meineke An. Al. 30. Bohde Griech. Ruf. VIII 5, 7, zu combinieren mit Arr. anab. 

Rom. 23, 1). Josephos scheint noch Ch. gelesen IV 9 , 9. Amynt. bei Athen. XVI 529 P = 

zu haben (c. Apion. I 22). frg. 2 scr. Alex. p. 136 M.). Reste eines antiken 

Ausfiihrliche grundlegende Behandlung des fiiog des Alexanderdichters Ch. sind, wie zuerst 
Ch. und erste Sammlung seiner Fragmente gab 10 Nake (S. 81ff.) nachgewiesen hat, in die Vita 

A. P. Naeke, Lps. 1817. Seine Fragmente ferner des altera Epikers bei Suidas-Hesychios (p.237Fl.; 

bei Diintzer Fragm. der ep. Poesie d. Gr. bis vgl. Daub a. a. 0. 414) eingesprengt. Bekannt 

z. Z. Alex. d. Gr., Coin 1840. Diibner hinter ist die von Horaz erzahlte Anekdote, dass Ale- 

dem Hesiod in den Frg. Epicor., Paris 1840. G. xander seine Verse Stiick fur Stuck mit einem 

KinkelEp. Gr. frg. I 265ff. In den Fragmenta Goldstiick bezahlt habe (ep. II 1, 232, s. auch 

poetarum Graecorum auctore (J. de Wilamowitz- Ps.-Acro, der die Geschichte in scurrilerer Fas- 

Moellendorff collecta wird Ch. im 3. Bande sung erzahlt; dass derartiges wirklich passieren 

von W. Schulze bearbeitet werden. [Bethe.] konnte, zeigt Io. Lyd. de magistr. Ill 27 6 de 

3) Tragiker in Athen, eine wenigstens fur uns fi<rdelg ava arlxov /.isv sxaorov %qvoivov Ajio rfjg 
ganz schattenhafte GrOsse, der man in den An- 20 xQani^-qg /us xo/iloao&cu mxQsxeXevoaTo). Bruch- 
fangen der Tragoedie zwischen Thespis und den stiicke aus diesen Berichten sind vor allem in 
andern ihre Stelle anwies. Er soil noch unter die Apophthegmen- und Chrienlitteratur aufge- 
den Peisistratiden aufgefuhrt haben, 01. 64 (524), nommen. Nach einer derartigen Quelle erzahlt 
in Wettkampf mit Aischylos und Pratinas , ja Porphyr. zu Horaz a. 0., Alexander habe gesagt, 
noch mit Sophokles getreten sein. Naturlich ist matte se Thersiten Homeri esse, quam hums 
das alles zusammen nicht einmal moglich. Er- Achillem ; derselbe Ausspruch wird in dem Gnomol. 
halten ist eine mythographische Angabe aus einer Vat. II 78 (Wiener Stud. X 3) auf Anaximenes an- 
Alope und ein als Tropus angefiihrter Vers. Die gewandt, von dem man (angezweifelte) Sut] sg'AXe- 
Grammatiker kennen ihn nicht mehr (v. Wila- iavSqov (Paus. VI 18, 6) besass. Auf eine uns nicht 
mowitz Herakles II 50). Die Alope wird ein 30 bekannte Anekdote geht vermutlich Auson. ep. 
Satyrspiel gewesen sein — der Titel zeigt viel- XVI eumque ego imitatus sim vesaniam Choe- 
leicht den Einfiuss des Phrynichos, der weibliche rili, tu ignosoas magnanimitate Alexandri. Das 
Rollen einfuhrte — , und auf ein Vorwiegen von Alexandergedicht des Ch. muss ganz im Stil des 
Satyrdramen weist der alte Spruch f)vixa /isv Heroenepos gehalten gewesen sein. Horaz halt 
(laoiXevg f/v XoiQilog ev SarvQoig. Nach diesem von seinen ineultis versibus et male natis (ep. II 
Mustervers wird auch das /iezqov XoiqIXsiov (s. 1, 233) nicht viel und wundert sich cum risu 
Christ Metrik 2 202) benannt sein. Man mag (arspoet. 351), wenn ihm einmal eine Stelle gelingt; 
immerhin dem Artikel des Suidas glauben, dass mit Homer kann Ch. den Vergleich nicht ent- 
er in der Entwicklung des Costums und der Mas- fernt aushalten (ars poet. 358). Horaz giebt hier 
ken eine Rolle gespielt habe. Im ttbrigen kennen 40 wohl nur das Urteil der hellenistischen Asthetik 
die Angaben dieses Artikels, der die Hauptiiber- weiter, das uns Hermias zu Plat. Phaedr. p. 112 
lieferung iiber Ch. fiir uns ausmacht , wie iiber («' ya@ o/xoiov f) XoiqiXov — noirjoig nQog xrjv "O/mj- 
160 Dramen, 13 Siege keinen Glauben, aber auch pov) und der Epikureer bei Fiorelli Coll. altera 
keine eigentliche Beurteilung finden. Naeke VI 187 (nach Usener a. 0. Kopp a. a. 0. 65 
Choerili Samii quae supersunt . . . , de Choerili . . rwv s/j, jioirjttxfj SiacpsQsiv XoiqIXov xal 'Ava- 
Samii aetate vita et poesi aliisque Choerilis, ^ifiivtjv O^r/Qov) erhalten haben. Ch. gehort also 
Leipzig 1817. W e 1 c k e r Griechische Tragoedien vor allem zu den litterarischen xoXaxsg Alexan- 
I 18 und Nachtrag zu der Schrift iiber die Aesch. ders des Grossen, wie Agis (Bd. I S. 821, 64), 
Trilogie 282ff. Bernhardy Grundriss II 2, 13. Anaximenes (s. Bd. I S. 2097, 34), Kleon (s. d.). 
Nauck TGF 2 p. 719f. [Dieterich.] 50 Spuren dieser Pseudopoesien, in denen Alexander 

4) Nach einer schlechten Conjectur der alten mit Herakles oder Dionysos, die von ihm be- 
Kratinosinterpreten ein Sklave des Ekphantides, kampften Barbaren mit Giganten und Titanen 
der seinem Herrn beim Komoediendichten geholfen gleichgesetzt wurden. hat Fr. Kopp a. 0. 47ff. 
habe. Vgl. Hesych. s. ixxszoigdoifiivf] (und iyxe- aufzudecken gesucht, Zuweisungen auf bestimmte 
XoiQiXw/tevriv) mit Hesych. s. %0QlXa ix<pavrideg Namen sind aber his jetzt nicht gelungen. Pro- 
(Kratin. frg. 335 K.). [Kaibel.] blematisch bleibt es, ob die in der contaminierten 

5) Dichter zur Zeit Alexanders des Grossen, Suidas -Vita erwahnten Aa/utaxd von diesem Ch. 
nach der flberzeugenden Darlegung von Nake herriihren, wie Nake will (S. 101); Daub (S. 416) 
(S. 42. 81) aus Iasos in Karien (s. Suid.-Hesych. hat wieder die Correctur Safuaxa empfohlen. Von 
s.v. p. 237F1. Steph.Byz. s.'Iaaog). Litteratur fiir 60 den Dichtungen in grossem Stil ist kein Wort 
die altere Zeit zusammenfassend und abschliessend erhalten ; dagegen ist ein viel citiertes , nachge- 
A. F. Naeke Choerili Samii quae supersunt [Leip- ahmtes und (schon von Chrysippos) parodiertes 
zig 1817] p. 84ff. 93ff. 197ff. 210ff., ferner H. naiynov des Ch. auf uns gekommen, das nach 
Diintzer Fragm. d. gr. Epiker II 2. Th. Bergk Nakes einleuchtender Hypothese (S. 205ff.) Por- 
Griech. Litt.-Gesch. II 485f. Ill 260, 29. Daub phyrio im Sinne hat, wenn er zur arspoet. 357 
De Suidae biograph., Jahrb. f. Phil. Suppl. XI p. 356 M. sagt, dass von Ch. omnino septem, versus 
414ff. Fr. Kepp De Gigantomachiae monumen- laudantur (d. h. im Grunde wohl citiert werden) : 
tis 47ff. H. Usener Rh. Mus. XLIII [1888] die unter dem Namen des Ch. von dem Alexander- 



2363 XoiQivai Choiroboskos 2364 

schriftsteller Amyntas (Athen. XII 529 F) fiber- lasst sich nicht entscheiden. Seine Schriften sind 

lieferte hexametrische Grabschrift des Sardanapal. trotz des trockenen Stils und der geschwatzigen 

Vgl. B. Niese De Sardanapali epitaphio dispu- Weitschweiflgkeit, mit der oft die trivialsten 

tatio (Marburg 1880) und E. Meyer Forschungen Dinge bis zum Utterdruss breit getreten werden, 

z. a. Gesch. I 203ff. (wo gegen Niese erwiesen doch von grOsster Bedeutung fur die Geschichte 

wird, dass die griechischen Verse gewisse typi- der griechischen Sprachwissenschaft, da sie eine 

sche Gebarden auf orientalischen Konigsdenk- Fiille von Gelehrsamkeit enthalten, die aus den 

malern deuten wollen). Ber Scholiast zu Ovid. besten grammatischen Werken des Altertums ge- 

Ib. 517 inelususque neeem cavea patiaris u.s. w. schOpft ist, insbesondere aus verlorenen Schriften 
will wissen, dass hier Kallisthenes oder Ch. (Cfe-lOdes Apollonios Byskolos, Herodian, Oros u. a. 

) gemeint sei, der quia . . gesta . . Ahxandri Bie meisten Schriften des Ch. sind teils voll- 



. . . male deseripsit, positus in cavea fuit et ibi standig teils in Ausziigen erhalten, einige sind 

frigore et fame periit. Bie mit Auson. ep. XVI ganz verloren. Nach der Art und Weise, wie 

unvereinbare, wohl auf ein Autoschediasma hinaus- Ch. sich selbst citiert und auf seine Schriften ver- 

laufende Anekdote ist gleichwertig mit der von weist, lasst sich im allgemeinen auch die Reihen- 

Acro zur ars poet. 357 erzahlten, nach der Ch. folge seiner Vorlesungen feststellen. 

vertragsmassig fiir jeden guten Vers ein Gold- 1. Bie Vorlesungen (Scholien) fiber die Techne 

sttick, fur jeden schlechten eine Ohrfeige bekam des Bionysios Thrax sind nicht direct und voll- 

und saepe male dieendo colaphis eneetus est. So standig erhalten , sondern nur in Bruchstticken 
hat Ch. schliesslich nur als Typus eines Jammer- 20 nnd Ausziigen eines gewissen Heliodoros. Alle 

poeten weiter gelebt. [Crusius.] Erklarungen namlich, die in den Hss., welche die 

Xolgivai, eine Muschelart, deren man sich in Commentare zu Bionysios Thrax enthalten, einem 

iilterer Zeit in den Gerichten Athens zur Abstim- Heliodor zugeschrteben werden, gehen sicher auf 

mung bediente, Ar. Equ. 1332; Vesp. 332. 349. die Vorlesungen des Ch. zuriick. In I. Bekkers 

Poll. VIII 16. [Thalheim.] Ausgabe (An. Gr. 647—972) sind die von ver- 

Choirion, wohl der Name eines (auch in der schiedenen Verfassern (Ch.-Heliodor, Melampos- 

Abkfirzung XOI vorkommenden) Stempelschnei- Biomedes, Stephanos, Porphyrios) herrfihrenden 

ders auf Silbermfinzen aus der zweiten Halfte Commentare wie in einigen Hss. durcheinander 

des 5. Jhdts. v. Chr. von Katana in Sicilien; gemischt und die einzelnen Stficke selten mit 
E. Weil 34. Berliner Winckelmannsprogramm 17, 30 den Namen der Verfasser bezeichnet. Mit Hfilfe 

Taf. Ill 2. 3 und Catalogue of the Greek coins eines reicheren und besseren hsl. Apparates werden 

in the Brit. Mus., Sicily 47. 49. [0. Bossbach.] alle Scholien , nach ihren Verfassern so weit 

Xolgios vdjttj (= die Waldthalschlucht des als mOglich gesondert, von A. Hilgard in 

Choirostrockenbachs, dessen Name uns nicht fiber- den Grammatici Graeci herausgegeben werden. 

liefert wird; der Name kommt wohl nicht von Vgl. fiber die Scheidung der Commentatoren L. 

XoTgog = Schwein her, sondern ist eher mit xoiq&s Preller Quaestiones dehist. gramm. Byz., Borpat 

= Klippe [vgl. Hesych. yoiQadsg • ai syxelfisvat 1840 (= Ausgew. Aufsatze 69ff.). A. HartJahrb. 

jihQai] in Verbindung zu bringen), Wasserscheide f. Philol. CV 268. W. Hoerschelmann Be 

des Taygetos, die enge, von einem Winterbach Bionysii Thracis interpretibus veteribus, Lipsiae 
durchflossene Schlucht zwischen den Stadtchen 40 1874. A. Hilgard Be artis grammaticae ab 

Gerenia und Abia (20 Stadien von der X. v. am Bionysio Thrace compositae interpretationibus ve- 

Meer, Paus. IV 30, 1 vgl. 1, 1), von den Messe- teribus in singulos commentaries distribuendis 

niern als Grenzscheide zwischen ihrem und dem (Progr. Heidelberg) 1880. G. Uhlig Bion. Thr. 

lakonischen Gebiet betrachtet und von dem romi- Proleg. XXXIVff. 

schen Kaiser Tiberius 25 n. Chr. in dem Grenz- 2. IJsqI iiQoocpSlag (ed. I. Bekker An. Gr. 

streit, den Tac. ann. IV 43 erwahnt, festgesetzt. 675—703 und in anderer Form ebd. 703—708), 

L. Ross Reisen im Peloponnes I (1841) 3ff. K. ein Commentar zu dem schonfrfihzeitig zur Techne 

Bursian Geogr. von Griechenl. II 112, 154. 171. des Bionysios Thrax hinzugefugten Tractat xsqI 

[Burchner.] xgoocpdiwp (Bion. Thr. ed. Uhlig p. 105 — 114). 

Choiroboskos. Georgios Choiroboskos, Gram- 50 Er steht in engstem Zusammenhang mit den 

matiker, lebte wahrscheinlich noch im 6. Jhdt., Scholien des Ch. zu Bionysios Thrax und ging 

nicht lange nach Ioannes Philoponos (Anfang des diesem voraus. Vgl. G. Uhlig a. a. O. p. L. 

6. Jhdts.) und Ioannes Charax, auf deren Schriften 3. Bie Scholien zu den sloaycoyixol xavovsg 

er Bezug nimmt. Er wird in den Hss. bisweilen jisqI xlioecog ovojiaxcav xal §r)(i&i(Dv des Theo- 

als biaxovog bezeichnet (in einer Hs. auch als dosios von Alexandrien sind vollstandig erhalten. 

%a.Qxo<pvlag', womit wohl das bekannte kirchliche Wichtige Stficke daraus hatte schon I. Bekker 

Amt gemeint ist), gewOhnlich aber als yeap.fia- An. Gr. 1180 — 1296 verflffentlicht, das Ende des 

rixog xal olxovfievixbg diddoxalog, er war also 3. Teils Cramer An. Ox. IV 340—398. Bas 

Lehrer an der von Constantin gegrfindeten Ge- ganze Werk gab zuerst aus Coislin. 176 sehr nach- 
lehrtenschule zu Constantinopel. Als solcher Melt 60 lassig Th. Gaisford heraus (G. Ch. Bictata in 

er Vorlesungen fiber alle Teile der Grammatik, Theodosii Canones, 2 voll., Oxonii 1842), sehr sorg- 

die von den Schulern nachgeschrieben und als faltig mit reichem kritischen Apparat und wert- 

oxoha who (pmvfjg verbreitet wurden ; die meisten vollen Prolegomena A. Hilgard (Grammatici 

der erhaltenen Werke des Ch. sind Nachschriften Graeci IV 1. 2. Lipsiae 1889 — 1894). Bas Werk 

solcher Vorlesungen. Von Eustathios wird er besteht, entsprechend der Bisposition des theo- 

einigemale (wie Herodian und Theodosios) 6 ze%- dosianischen Werkes, aus drei Teilen : a^oha slg 

vixog genannt. Ob der Name Xoigofiooxog ein rovg ovofiauxovg xavovag, usqi x&r sv raTg mw- 

blosser Beiname oder sein Familienname war, asat xovcov, o%6ha sig xovg §rj/iaxixovg xavovag. 



2365 Choiroboskos Choiroboskos 2366 

Der erste Teil wird auch als 'Ovo/iaxtxov oder gangen. Eustathios scheint sie noch gehabt zu 

jtsgi ovo/tarcov, der dritte Teil auch als 'Prj/uaxixor haben (vgl. comm. in II. p. 365, 30 Sg jiov xai 

oder zxsgl grj/udxojv citiert. Viel benutzt wurde 6 XoigofSooxbg Txagaorifisiovxai sv oig sfyyeTxai 

das Werk vom Verfasser des Etymologicum genui- xov 'Hgwdiavov). Einzelne Bruchstucke flnden 

uum , ofter auch von Eustathios. Ob die in vielen sich auch in den Etymologika. Einiges daraus 

Hss. iiberlieferten und in Aldus Cornu Copiae scheint auch in den Hss. dei Scholien zu Theo- 

et Horti Adonidis gedruckten Excerpte 'Hgcodi- dosios interpoliert zu sein. fJber die Excerpte 

avov asgi nagayioycov ysvixwv und jzagsxjjolai xov in Aldus Cornu Copiae s. o. nr. 3. 

(isydkov grjfiaxog ix xwv 'Hgcodiavov, die grOssten- 6. Epimerismen (grammatische Erklarungen) 
teils mit den betreifenden Abschnitten unseres 10 zu den Psalmen sind unter dem Titel 'Em/tsgta/tol 

Werkes iibereinstimmen, aufCh. zuriickgehen oder ovv deep xov yjaXxrjgiov an6 (poyvfjg Tsmgyiov xov 

auf ein alteres Werk, bedarf einer genaueren emxlvjv Xotoo(!ooxov im Cod. Paris. 2756 (saec. 

Untersuchung. Vgl. A. Lentz Jahrb. f. Philol. XV) iiberliefert und von Th. Gaisford heraus- 

XCI 185ff.; Herod. Fraef. CXIff. A. Hilgard gegeben (G. Ch. Dictata Vol. Ill 1—192). Von 

a. a. 0. Proleg. XCV und dagegen R. Reitzen- Lehrs und Lent z wurden siehauptsachlich wegen 

stein Geschichte der griech. Etymologika 360ff. ihres Stils Ch. abgesprochen und fur ein jiingeres 

Vielleicht erklaren sich die verhaltnismassig ge- Machwerk erklart. Indessen flndet sich nichts 

ringen Abweichungen daraus, dass in jenen Ex- darin, was mit den grammatischen Lehren des 

cerpten nicht der Theodosios-Commentar des Ch., Ch. im Widerspruch steht, und der Stil allein 
sondern seine Vorlesungen iiber das 'Ovofiazixov 20 ist kein geniigender Gmnd, die tlberlieferung 

des Herodian und das 'Prj^axixdv des Apollonios furunrichtigzuhalten. In vollstandigererFassung 

(unten nr. 5) benutzt sind. Starken Einfluss iibte lagen sie dem Verfasser des sog. Etymologicum 

das Werk des Ch. in der Renaissance. Konstantin Gudianum vor, der sie stark benutzte; vgl. R. 

L as k ar i s schcipft im 1. und 3. Buch seiner Gram- Reitzenstein Geschichte der griech. Etymo- 

matik hauptsachlich aus Ch., ohne ihn zu nennen logika 99. 205. Unter den Quellen, aus denen 

(vermutlich weil in seiner Hs. der Name des Ch. Ch. in diesem Werke schOpfte, befanden sich auch 

als Verfasser nicht angegeben war). In noch um- synonymische WOrterbucher und Sammlungen viel- 

fangreicherem Masse benutzte ihn ebenso still- deutiger Glossen; vgl. A. Kopp De Ammonii 

schweigend Urbanus von Belluno in seinen In- Eranii aliorum distinctionibus synonymicis (Reghn. 
stitutionum in linguam Graecam grammaticarum 30 1883) 47ff. und Beitrage z. griech. Excerpten- 

libri duo (Venedig 1497 von Aldus Manutius ge- litteratur (Berlin 1887) 143ff. 

druckt), der ersten lateinisch geschriebenen Gram- 7. Ein Commentar zu Hephaistion in Form 

matik der griechischen Sprache, die die Grundlage von Vorlesungen ist anonym unter dem Titel 

fur alle griechischen Grammatiken des 16. Jhdts. 'E^rjytjoig slg xo xov 'Hcpaioxiwvog h/xeioldtov in 

wurde. Vgl. A. Hilgard in der Festschrift zur dem Cod. Marcianus gr. 483 und in dem daraus 

350 jahrigen Jubelfeier des Gymnasiums zu Heidel- abgeschriebenen Cod. Saibantianus oder Bodleianus 

berg (1896). Auct. T IV 9 und in einer abweichenden Recen- 

4. Die Vorlesungen jieqi dg-d-oyQoupia g sind nur sion im Vaticanus gr. 14 iiberliefert. W. Hoer- 
in einem mageren Auszuge erhalten und von Cra- schelmann Rh. Mus. XXXVI 282ff. erkannte 
mer An. Ox. II 167 — 281 herausgegeben (Nach- 40 Ch. als Verfasser dieses Commentars; denn der 
trage dazu von R. Schneider Bodleiana 20-33). Stil ist ganz der des Ch. und zwei Stellen, in 
Der Titel des alphabetisch angelegten Excerpts denen der Verfasser seine Schriften ksqI xovmv 
lautet in der einzigen Hs. Barocc. 50 (saec. X): und ixeol Qrifiaxcov citiert, beziehen sich auf des 
aQxrj ovv &sq> xov nooov xfjg dgfioyoaqilag xaxa Ch. Commentar zu Theodosios. Durch eine erst 
oxoixstov ano (pcorfjg Femgyiov xov XoioofSooxov, jetzt bekannt gewordene Hs. (Paris, suppl. gr. 
Bv£avxtov yoaft/naxixov xai oixovfisnxov dida- 1198) wird Hoerschelmanns Vermutung auch 
oxalov, iv ovvxoixia. T/iq&elorjg ix xrjg xa&okov urkundlich bestatigt. Einige Stiicke hatte bereits 
xai xaxa jxlaxog avxov og&oygaqiiag , did. xo sv mitten zwischen anderen Hephaistion-Scholien Th. 
owtA/aco evovvonxov shai xo CtjTovfisvov, ovv xai Gaisford aus dem Saibantianus verOffentlicht 
raTg ahi'aig ixdoxov. Die Vorlesungen beruhten 50 in seiner zweiten Hephaistion- Ausgabe (1855). Den 
im wesentlichen auf dem Werk des Herodian ganzen Commentar gab W. Hoerschelmann 
negi ooftoygaqpiag und behandelten den Gegen- mit Unterstutzung von W. Studemund in dessen 
stand nach der gewOhnlichen Einteilung der do- Anecdota varia I 33ff. (1886) heraus. Vgl. auch 
d-oygacpla in 3 Abschnitten: negi ovvtdt-ecog ra>v Hoerschelmann in den Gfittinger Gel. Anzeigen 
oxoi%eimv, mgi jxoiortjrog und mgi icoooxtjxog. Das 1887, 600. 

im Barocc. 50 erhaltene Stuck ist nur ein Ex- 8. Ein kurzer Tractat txsq'i nvsv/xdrcov ist unter 

cerpt aus dem dritten Abschnitt nsgi Mooorrjxog. dem Namen des Ch. teils selbstandig in Hss. uber- 

Weitere Bruchstucke aus diesem und auch aus liefert teils in dem von Vale kenaer Amnion, p. 207 

den anderen Abschnitten lassen sich gewinnen —242 herausgegebenen Mischlexikon As^txov jiegi 
aus Eustathios und besonders aus den Etymologika, 60 jcvsv/ndrmv ixksysv ex ta>v jxsgi jivsv/j.dxo>v Tgv- 

die die vollstandigen Scholien des Ch. negi og&o- epeovog, Xoigoftooxov, &so8coqixov xai higmv be- 

ygacpiag beDutzt haben. Vgl. P. Egenolff Die nutzt. Er beruht im wesentlichen auf dem be- 

orthographischen Stiicke der Byzant. Litteratur treffenden Abschnitt des 20. Buches der Ka&ohxi] 

(Progr. Heidelberg 1888) 17—21. ngoooybia des Herodian. Vgl. P. Egenolff Die 

5. Die Vorlesungen iiber das Onomatikon des orthoepischen Stiicke der byzant. Litteratur (Progr. 
Herodian und das Rhematikon des Apollonios Mannheim 1887) 17ff. 

Dyskolos , auf die^ Ch. in den Scholien zu Theo- 9. Ein Tractat negi xqoikov noitjuxcov (herausg. 

dosios im voraus oft verweist, sind verloren ge- von Ch. Walz Rhet. Gr. Vni 802—820 und 



2367 Choiropsalas , Cholleidai 2368 

L. Spengel Rhet. Gr. Ill 244—256) ist in zahl- Cholbesina, Stadt im Cstlichsten Teile von 

losen Hss. uberliefert. Wenn unter dem Msra- Sogdiane, Ptol. VI 12, 5; wahrseheinlich also im 

<PQdarrjs, der einmal erwahnt wird (p. 251, 19 Sp.), Gebiet der Sakai zwischen dem WachS-ab (Sur- 

der bekannte Symeon Metaphrastes (10. Jhdt.) chab, Qyzil-su) und dem Oberlauf des Oxos, ab- 

gemeint ist, kann Ch. nicht der Verfasser sein. i-Pang, zu suchen. Die arabischen und persi- 

A. Ludwich De Ioanne Philopono grammatico schen Schriften nennen dieses Gebiet Chnttal, 

(Progr. Konigsberg 1888) 9 versteht darunter den jetzt wird es Kul-ab genannt; der Sitz des Sultan 

Grammatiker Demosthenes Thrax, den Verfasser war die Peste Hulbak, Hulbagh unserer Kart'en, 

einer Paraphrase der Odyssee. gelegen am Aq-su, welcher das Land von Nord 
10. Ein anderer rhetorischer Tractat tieqi x&v 10 nach Slid durchfiiesst und in den ab-i-Pang fallt. 

TQimv <y%r\iMza>v zcop ovXXoytoftwv rscoQyiov toy [Tomaschek.] 

XoiQofiocsxov, &g nveg Uyovot, im Cod. Brit. Mus. Cholchonopolis, Stadt Agyptens beim Geogr. 

Addit. 5118, der angeblich von Ch. herriihren soil, Rav. Ill 2. Parthey (Abh. Akad. Berl. 1857, 

ist noch ganz unbekannt. 132) vermutet Identitat mit dem ebenda vorher 

Den Namen eines rsmgyiog yeafi/ianxog tragen aufgefiihrten Chalchonogopolis, s. d. [Sethe.] 
einige anakreonteische Gedichte (beiBergkPLG Cholchos s. Kolchos. 
Ill* 362—375). Da dieser Georgios ein Schuler Choliainbographoi s. Iambos. 
des Dichters Koluthos war, der im Anfang des Choliatai, ein den Tiirken unterworfenes Volk 
6. Jhdts. lebte, so ist es nicht unmOglich, dass am Unterlauf des Oxos oder Oech (mpers. Veh- 
er mit Ch. identisch ist. Diese dichterischen 20 rdt), demnach in Chorasmia; Menander Prot. frg. 
Versuche wiirden wir dann vermutlich in die 20. 21 im J. 568. In den russischen Chroniken 
Jugendzeit des Ch. zu setzen haben. ' heisst das kaspische Meer Chwaliskoje morje, nach 
Vgl. im allgemeinen A. Lentz Herodian. dem Volke der Chwalisy, d. i. der Chwaresmier; 
Praef. p. CLXXXVff. A. Hilgard Gramm. Gr. npers. ohical, chwar , Putter' bildet die Basis. 
IV Proleg. p. LXI — CUT. [Cohn.] Nach Qodama hiess iibrigens audi eine tiirkische 
Choiropsalas {XoiQoipaXag), Beiwort des Dio- Herrschaft an der Zarafsanbeuge nordlich von 
nysos in Sikyon, Polemon frg. 72. Schol. Aesch. Buchara Kul, d. i. tiirk. qol, qui ,Seite, Heeres- 
Pers. 1033 (6 riXXcov ra fiogea tear yvvaixwv). fliigel'. [Tomaschek.] 
Clem. Alex. Protr. p. 33 Pott; vgl. Preller Cholle (Ptolem. V 15, 24. Tab. Peut. Geogr. 
Griech. Myth. I 690, 4. 712, 4. fJessen.] 30 Rav. II 15 p. 89, 2 Pinder), Stadt in der syrischen 
Choiros (XoT^og), Bakchantin auf einer rf. Vase Landschaft Palmyrene an der Strasse von Pal- 
in Neapel nr. 2369. CIG 8378. Heydemann myra nach Sura am Enphrat, und zwar nach Tab. 
Satyr- und Bakchennamen 15. [Wagner.] Peut. dritte Station von Palmyra aus zwischen 
Cholaibos (XdXaiflog = rrbs), Herrscher der Oruba und Resapha (ebenso Geogr. Rav. a. a. O.). 
Stadt Save im Lande Maphareitis , Vasall des Nach den arabischen Nachrichten diirfte eine Um- 
CharibaeT, des Konigs von Safar (Per. mar. Eryth. stelhmg der Namen in der Tab. Peut. stattge- 
22). Vgl. Spxenger Alte Geogr. 447. funden haben und Ch. die zweite Station (zwischen 

[D. H. Miiller.] Araka und Oriza) sein; dann wtirde es der Lage 

Cholargos (XoXagyog, Demot. Xolagysve, in nach dem heutigen Suchne entsprechen; vgl. Mo- 
XolaQyeav), ansehnlicherer Demos der Phyle Aka-40ritz Abh. Akad. Berl. 1887, 27f. [Benzinger.] 

mantis (in der romischen Ephebenliste CIA III Cholleidai (XoAlsTdai, Demot. XoXXsidtjg, XoX- 

1177 kommt Ch. einmal, gewiss versehentlich, Xldr/g, ix XoXXid&r), attischer Demos der Phyle 

unter der Attalis vor). Mehrere Umstande sprechen Leontis und innerhalb dieser einer der ansehn- 

fur die Lage von Ch. in der nordwestlichen Um- lichsten. Uber die Lage desselben fehlen directe 

gebung Athens: die ZugehSrigkeit zum Verbande Zeugnisse, doch geherte Ch. nach Ausweis der 

der Meooyewi (CIA II 604, gef. ,beim Theseion', inschriftlich erhaltenen Kataloge nicht zur Paralia- 

aufzustellen: iv r<$ °HgaxXei<p zm ev xvxXq} ev Xo- trittys der Phyle, sondern zu ihrem Stadt- oder 

XaQyecov), deren Decrete samtlich aus benachbarter Landbezirk (im oberen Teil des Kephisosgebietes). 

Gegend stammen , die Pundorte einiger Grabin- Piir letztere Annahme bin ich, Demenordnung des 
schriften (vgl. Ant.-Bericht, Athen. Mitt. XII 346 50 Kleisth. (Ahh. Akad. Berl. 1892) 23 eingetreten, 

nr. 581f. bei Chaidari und ,westlich vom Olwald') ; erstere verteidigte L o e p e r (Athen. Mitt. XVII 

auch miissen die Landereien des Cholargeers Peri- 380. 392) infolge seiner weiteren Auslegung jener 

kles, wie aus der Erzahlung bei Thukydides II Inschriften ; vgl. dazu meine Bemerkungen Athen. 

13 und Plutarch Perikl. 33 hervorgeht, dem Ein- Mitt. XVIII 295f. Gegen die Ansetzung so be- 

fallgehiet der Spartaner nahe gewesen sein. tiher- deutender Demen der Leontis wie Ch. (und Leu- 

einstimmend liegen nun auch die anderen, uns aus konoe) im Stadtbezirk spricht sehr ihre sonstige 

dem athenischen Pedion bekannten Demen der Unbekanntheit, sowie der Mangel an bezuglichen 

Akamantis in derselben Richtung, z. B. Keramei- sepulcralen Inschriftfunden (anderweitige auf De- 

kos und Hermos (am Aigaleos), wahrend sich die moten von Ch.: CIA II 2316 [Kephisia]. Athen. 
iibrigen ostlich vom Hymettos bis an das Meer 60 Mitt. XII 84, 1 [Prau; Ieraka]. Conze Grab- 

hinziehen. In jener Gruppe, die ich jetzt geneigt reliefs IV 80 [Marathon]). Namentlich aber kann 

bin, mitLoeper ganz zur stadtischen Trittys zu Aristophanes in den Acharnern seinen Chollei- 

rechnen, wird Ch. auf dem rechten Kephisosufer, den Dikaiopolis (v. 406), der sich an die Stadt 

etwa in der Nahe von Sepolia oder Levi anzu- nicht zu gewohnen vermag und nach der idylli- 

setzen sein. Vgl. Milchhoefer Demenordnung schen Ruhe seines Dorfes zuriicksehnt (v. 33f.), 

d. Kleisth. (Abh. Akad. Berl. 1892), 24. Loeper unmOglich in nachster Nahe Athens wohnhaft ge- 

Athen. Mitt. XVII 393; dazu XVIII 298f. dacht haben. Cholleide war als attischer Demot 

[Milchhoefer.] auch Archedemos, der SchopfJy des bekannten 



2369 ChoUenon Chomer 2370 

Nymphenheiligtums im siidlichen Hymettos (CIA sius Konigsb. Quellent. 10), hieroglyphisch nicht 

I 423f.) ; doch lasst sich dieser Umstand schwer- nachgewiesen. Die beigefiigte Ubersetzung xdopos 

lich fur benachbarte Lage von Ch. verwerten. <piX£<pmoxos scheint fur den zweiten Teil richtig 

[Milchhoefer.] zu sein, denn in der That bedeutet fiaX im Kop- 

Chollenon, Ort Agyptens beim Geogr. Rav. tischen .liebend', un d der Gott Ptah <Pfta (hier 

in 2. [Setae.] mit Vorschlagsvocal i<p&a) wird gewohnlich dem 

Cholmadara (XoXfiadaQa Ptolem. V 15, 11), griechischen Hephaistos gleichgesetzt. Fiir die 

Stadt in der syrischen Landschal't Kommagene, iibrig bleibende erste Silbe Xa>- hat Bun sen 

am westlichen Ufer des Euphrat oberhalb Samo- (Agyptens Stelle III 65) Verderbnis aus Toy- (rich- 
sata; wahrscheinlich identisch mit Charmodara 10 tiger ware 6m-) vermutet, da das agyptische Wort 

der Tab. Peut, s. d. [Benzinger.] fiir ,Erde', ,Welt' fo im Koptischen to (bezw. in dem 

Cholobetene (XoXoprjtrjvrj) , nach Arrian bei fiir die Griechen allein in Betracht kommenden 

Steph. Byz. Gegend Armeniens , in welcher ein unteragyptischen Dialekte #o) lautete. [Sethe.J 

Tigranes, wahrscheinlich der Gegner des Lu- Chomara, Ort in Baktriane im Gebiet der 

cullas, anfanglich als Satrap regiert habe. Nach Ghomaroi, Ptol. VI 11, 6. 8; Chomarae schreibt 

C. Miillers einleuchtender Vermutung zu FHG auch Mela I 13 fiir Gomori, vgl. Citomarae. 

Ill 588, 4 = KoX&rjvrj am Araxes bei Ptol. V Vielleicht hat sich eine Spur dieses Volkes im 

13, 9. [Baumgartner.] District Chumran erhalten, den die arabischen 

Choloe (var. Chologi) , Ort im Pontus Gala- Geographen zwischen Nisa Abiward und Ndsapur 

ticus, Ptol. V 6, 9. [Ruge.] 20 ansetzen. [Tomaschek.] 

XoiXov rei%os OWo? hier vielleicht = un- Chomasbelos (Xofj.da(StjXog) , zweiter babylo- 

gleichfOrmig, unvollkommen zu fassen), Stadt nischer KOnig nach der Sintflut, in den Berosos- 

(jidlig) in Karien, Apollonios von Aphrodisias in ausziigen des Alex. Polyh. bei Euseb. ed. Schoene 

Karien im 18. Buch seiner KaQixd bei Steph. I 23 und nach diesem bei Sync. 90 c genannt. Der 

Byz. [Biirchner.] Vorganger des Oh. — Evexius in der armenischen 

Cholua (XoXova). 1) Stadt des nordlichen Eusebiosiibersetzung, Evr\%oiog bei Syncellus — , 

Grossarmeniens, Ptol. V 13. 11. ist, wie v. Gutschmid zu Euseb. a. a. O. erkannte, 

2) Stadt im Westen des mittleren Grossarme- kein anderer ist als der durch ein Schreibversehen 

niens, entweder in Acilisene oder in Astaunitis, zu Seuechoras gewordene Euechoros bei Ael. de 
Ptol. V 13, 15. [Baumgartner.] 30nat. anim. XII 21, dieser erscheint aber hier als 

Choluata (XoXovara), Stadt Grossarmeniens, Grossvater eines spateren babylonischen KOnigs 

nordOstlich von Artaxata, Ptol. V 13, 11. Gilgamos. Somit ware, falls dieser Gilgamos un- 

[Baumgartner.] bedenklich dem Helden des babylonischen [Izdu- 

Choma (xdifut). 1) Im Peiraieus, ein bestimm- bar-] Gilgamisch-Epos gleichgesetzt werden diirfte, 

ter Teil des Hafenrandes dicht bei der Eetioneia die Vermutung beinahe unabweisbar, dass der 

gelegen (Xen. hell. II 3, 46. Thukyd. VIII 90, 1). babylonische Konig Oh. des Berosos mit dem von 

Bei ihm pflegten alle Kriegsschiffe vor der Ab- [Izdubar-] Gilgamisch getoteten elamitischen Ty- 

fahrt vor Anker zu gehen (Demosth. LI 4. L 6. rannen Babyloniens , Chumbaba , identisch sei. 

CIA II 809 a 184f.) , und auf ihm hielt deshalb Allerdings mttsste dann die Bezeichnung des Ch. 
auch der Rat wahrend der Biistungszeit Sitzungen 40 als Sohn des Euechoros bei Euseb. und Sync, auf 

ab (CIA II 809 b 15f.). Vielleicht hiessen so die einem Versehen des Euseb. oder schon des Alex. 

beidenMolen, die, von beiden Seiten vorspringend, Polyh. beruhen. Doch vgl. auch Hommel ZDMG 

fiir die Einfahrt nur eine Offnung von noch nicht XL VI 571 Anna. [Baumstark.] 

55 m. frei lassen (so zuerst Arnold zu Thuk. Chomer, hebraeisches Hohlmass sowdhl fiir 

a. a. O.) , dann wiirde die Bezeichnung did&vypa Trockenes als Pliissiges im Gehalte von 10 Epha 

(s. d.), die vielleicht fiir das Ch. gebraucht ist, oder Bath = 3,64 hi. Ezech. 45, 11. 14. Dem 

nicht schlecht passen. Das Ankern eines Pri- Ch. gleich war das Kor, bei Ezech. 45, 14 als 

vatschiffes am Ch. erwahnt Alkiphr. Ill 65, 1. Olmass, im Ev. Luc. 16, 7 als Getreidemass er- 

Vgl. Wachsmuth Stadt Athen II 94f. wahnt (daher auch Hesych. xoqos . . . [isiqov n oi- 

[Wachsmuth.] 50 xixdv). Die Septuaginta haben bei Ezech. 45, 

2) Statte in der siidfistlichen Ecke Arkadiens 11. 13f. yofidg iibersetzt; dagegen giebt Epipha- 
im Gebiet der Manthyreis, an der Grenze der Ge- nios ksqi /astqow xai oxadfi6>v das Ch. durch 
biete der Megalopoliten (westlich), Tegeaten (nQrd- xoQog oder %6q wieder und unterscheidet davon 
lich) und Pallantier (nordwestlich von Ch. [Paus. das yofidq (ydfiog) = 1/2 Ch. Lagarde Symmict. 
VIII 44, 1 und 5]), jetzt ein machtiger Steindamm II 174f. 180 vgl. mit I 211. Metrol. script. I 
im Sumpf des heutigen SaQavrajidra/xog. K. Bur- 259f. 271, 8. 10. 273, 5—19. 277, 16—18. II 100, 
sian Geogr. v. Griechenl. II 217. 222f. Kreuzungs- 5—13. Hultsch Metrologies 448. Gleichen Be- 
punkt von Strassen. [Biirchner.] trag mit dem Ch. hatte der $oivixtxog xdqog, 

3) Stadt in Lykien, Plin. V 101. Ptol. V 3, 7. der in 30 adra (bei Epiphan. fiddtoi) zerfiel. 
Hierokl. 683, 9. Not. ep. I 303 u. a. Munzen 60 Fragm. ae S l fthgrnv Metrol. script. I 258, 21; 
XQMATEITQN, Head HN 577, autonome und Metrologie 415f. Irrtiimlich teilt Joseph, ant. 
kaiserliche von Gordian. Es ist vielleicht in der XV 314 dem xdgog 10 attische Medimnen zu ; 
Nahe von Armudly siidlich von Elmaly zu suchen, er meint Metreten. Im genauen Masse sind 10 
Bitter Kleinasien II 820. Petersen u. Luschan attische Metreten = 3,94 hi.; Josephos hat aber 
Reisen in Lykien II 162. [Ruge.] nur einen ungefahren Vergleich geben wollen; 

Chomaephtha {Xco/xascp&d), neunundzwanzig- systemgemass waren Ch. wie xdgog = 10 phei- 

ster thebanischer KOnig von Agypten nach Era- donisch-aeginaeischen Metreten = 3,64 hi. (vgl. 

tosth. bei Syncell. p. 109 B (FHG II 558. Lep- Xovg). [Hultsch.] 

Pauly-Wissowa III 75 



2371 Chomisdaites Chones 2372 

Chomis&sute8(Xco(Modahr];),o'H(>axXijgSuidL., Monatsnamens Pa-chons (oberagypt. Pa-schons) 

von Steuding bei Roscher Myth. Lex. I 897 wieder, der den Namen des Gottes Chons, dem der 

mit Chon-Herakles zusammengestellt. [Jessen.] Monatgeweiht war, enthalt (s. IIax<bv). Dagegen 

Chompso (Xofiifco), Insel zwischen Agypten wird der Name durch %G>voig wiedergegeben in 

und Aithiopien, Herodot bei Stepb. Byz. anstatt den mit ihm zusammengesetzten Personennamen 

Taxo/irj)d>, wie im Texte des Herodot selbst (II ¥ev%covotg, 2svxoivacg, Tay&voig u. s. w. Andere 

29) nach der Uberlieferung steht; s. Takompsos. Spuren des Gottes Chons bei griechischen Schrift- 

[Sethe.] stellern hat man in den erklarenden Zusatzen zu 

Chon(dXew, schwerlichmit/oS^zusammenzu- einigen agyptischen KOnigsnamen bei Manethos 
bringen, eher einheimische Bezeichnung). 1) Fluss 10 und Eratosthenes finden wollen, doch ist das min- 

in Epeiros nach Theognostos can. 794 in Cramer destens sehr ungewiss, s. die Artikel 'Oooqxcov, 

Anecd. Oxon. II 132 Xmv Xcovog ovo/xa nota/uov, Ilsucpcbg, 2s/j.<povxQcizrjg , Sioxooi%BQfiri?. 

If ov xai f) "HnuQog Xcovla, naoa 'Hoodorcp. An [Sethe.] 

der Stelle Herodot. IX 93, an der Thedgnostos in Chondria (fj Xovdgla ; der Name etwa von 

seinem Exemplar den Namen Xcova zwischen fiooxs- einer Getreideart xovdQog, aus der Graupen ver- 

xai jiagd und noxajxov gefunden zu haben scheint, fertigt wurden, Theophr. h. pi. IV 16, 2, oder 

fehlt er in unsern Hss. Stein hat ihn in seinen von der Unebenheit der Bodenflache), Ort im ly- 

Ausgaben eingesetzt. Das beim Hafen Orikos dischen Kaystrosblachfeld zwischen dem asischen 

(jetzt 'Egixd) miindende Fliisschen (jetzt Aovxdn) Gefild mit Metropolis und dem Kaystros, nahe 
hat seine Quellen nicht auf dem Lakmon. An 20 bei den Stadten Larissa und Teira. H. Kiepert 

der Stelle des Herodctos ist der Aoos (jetzt Vjosa Formae orb. ant. IX. [Burchner.] 

oder Vbjutza) gemeint, dessen Miindung beim alten XdvSgos, nach W. Prellwitz (Etym. WOr- 

Apollonia sich befindet. Bemerkenswert ist, dass terb. d. gr. Spr. , 1892 , 361) aus einer Urform 

heutzutage ein wenige Kilometer nOrdlich vom ghrondhros hervorgegangen , vgl. ahd. niederd. 

alten Orikos liegender, 1020 m. hoher Berg Hon grand, angls. grindan ,zermalmen', engl. to grind 

heisst. Vgl. die Art. Chaones, Chonia. ,mahlen, knirschen', lat. frendere ,knirschen, schro- 

[Biirchner.] ten, zermalmen,' lit. grendu, gresti ,horbar reiben, 

2) Xcov, agyptischer Name des Herakles, Et. scheuern' u. s. w. Das Wort bezeichnet eine Art 

magn. s. Xcovsg. Es kann damit nur der in Griitze. Sie wurde aus £eia = Spelt (Diosk. II 
Theben (Diospolis) als dritte Gottheit der Triade 30 118. Geop. Ill 7) hergestellt; die von Weizen be- 

verehrte Gott Chons (alt Chbnsew) gemeint sein, reitete (Gal. VI 496. Sim. Seth app. p. 127) gait, 

dessen Tempel, bezw. sein Vorhof in der That wenigstens bei den Romern, nur fur eine Nach- 

in den griechischen Beischriften demotischer Dr- ahmung der echten (Plin. XV 116); auch bei den 

kunden aus der Ptolemaeerzeit als 'HgaxXsiov bezw. Persern brauchte man dazu d'Xvga = Spelt (Polyaen. 

6 'HQaxUovg Sgopog bezeichnet wird (Wessely IV 3, 32) und bei den Indern Gerste (Plin. XVin 

Wiener Studien III 7. Brugsch Diet, geogr. 71), letztere aber bei den Griechen nicht (Tryph. 

1281. 1303). Auch Herod. II 42 bezeugt, dass bei Athen. Ill 109 c). Erwahnt wird der x- haufig 

in Theben ein Cult des Herakles bestand, und von den attischen Komikern, so der italische 

erzahlt, wie dieser durch sein Verlangen, den Zeus (Hermipp. bei Athen. I27e), der thessalische 
(Amon) zu sehen, ihn veranlasst habe, den Kopf 40 (Alexis ebd. Ill 127 c. Antiphan. ebd. b) und me- 

eines Widders (seines heiligen Tieres) anzunehm en. garische (Antiphan. ebd.). Dem %. entsprach bei 

Zur Gleichsetzung mit dem Herakles, mit dem den Romern die ai»*ca(Strab.V 242, vgl. Plin. XVIII 

ubrigens sonst auch andere agyptische Getter iden- 109. Hesych. Corp. gloss, lat. II 67, 46. Ill 555, 68. 

tificiert werden (s. Herakleion, Herakleo- 620, 24), wie denn auch die Herstellung (nach 

polis), wird in erster Reihe das veranlasst haben, Geop. ill 7; vgl. Diosk. II 118) ziemlich dieselbe 

dass er der Sohn des Amon, also des Zeus, war. war, wie bei der alica (s. d.). Die dazu ge- 

Dargestellt wird der Ch. in der einigen alten brauchte Muhle hiess xovdgoxojieTov (Poll. Ill 78. 

Getterbildern (Ptah und Min) eigenen Weise, die VII 19. Hesych.) oder x^Sqiov (Poll. VII 19). 

man spater unrichtig als mumienfSrmig zu deuten Aus x- bereitetes Brot hiess x°^e"VS scil. agrog 
pflegt. Als Kind des thebanischen Gotterpaares 50 (Philist. bei Athen. Ill 115 d. Septuag. Gen. 40, 

Amon und Muth erhalt er dabei wie Horus, der 16. Hesych.), und der dazu verwandte x- war von 

Sohn des Osiris und der Isis, in der Regel das Spelt, t,ua (Tryph. bei Athen. Ill 109 c). Uber 

Abzeichen der Kinder, den an der rechten Schlafe seine diatetischen Eigenschaften s. Alica. Dass 

herabhangenden geflochtenen Zopf (L an zone Di- x- allc h die Getreideart, aus welcher die Griitze 

zionario di mitologia egiziana III 340ff.). Seinem bereitet wurde , bezeichnet habe , geht aus den 

Wesen nach Mondgott, wird er meist mit der Mond- dafiir angezogenen Stellen (Theophr. c. pi. IV 16, 

scheibe auf dem Haupte abgebildet. Ausserdem 2. Polyb. XII 2, 5) nicht mit Notwendigkeit her- 

galt er als Heilgott (vgl. die Legende bei Brugsch vor; auch ist bei Plinius (XVIII 50) vielleicht 

Gesch. Agypt. 636ff.) und fiihrte als solcher den eieercula fur alica zu lesen. [Olck.] 
Titel ,Abwehrer der Schaden'. Auf diese heil-60 Chone (Xmvt]), angebliche Stadt der Chones 

bringende Rolle des Gottes, die die Griechen mOg- in Unteritalien, nach Apollodor bei Strab. VI 254 

licherweise in der Identification mit dem Herakles am Vorgebirge von Krimisa im Bruttierlande ge- 

noch bestarkt hat, scheint sich auch ein anderer Bei- legen. Vgl. Steph. Byz. (to e{hixov Xwriog) und 

name zu beziehen, Nefer-hotep, griech. Nsqxotrjg Tzetzes zu Lycophr. 912 (= Cass. Dio frg. 2, 2 

(haufig in Personennamen wie IIeTsve<pa>Ti]s). Die Dind.). [Hiilsen.] 

Form X<av fur Chons findet sich auch in der grie- Chones (Xwvsg ; davon das Land Xcovrj, Strab. 

chischen und zugleich im unteragyptischen Dialekt VII 255. Hesych. Steph. Byz., und Xcovla, Strab. 

des Koptischen gebrauchlichen Form TIax<i>v des XIV 654. Lykophron bei Steph. Byz.), Volk in 



2373 Chonia Chor 2374 

Unteritalien , in der Nahe von Metapontum und VIII 260, nenlrjyov be x°e° v nooiv Od. VIII 264 

SirisansassigundzumoinotrischenStammgehorig (vgl. II. XXIV 262: yoQOixvnlr\aiv aQiozoi). Em 

(Aristot. Pol. VII 9. Antiochos bei Strab. VI solcher yoQ°s — i n der Eegel wohl ein fur Rei- 

255. Lycophr. Alex. 983). Aus der Namens- gentanze geeigneter Teil des Marktes — gehSrt 

ahnlichkeit mit den epirotischen Chaones schliesst zu den notwendigen Platzen einer wohlgeordneten 

man wohl mit Eecht auf Stammverwandtschaft. Stadt, weshalb den Stadten die BeiwOrter xak- 

Strabon iiberliefert, dass sie civilisierter gewesen llxooog (Od. XI 581), svqvxoqos (II. II 498; Od. 

seien als die iibrigen Oinotrer; ihre Geschichte VI 5. XI 256. 265. XIII 414. XV 1) gegeben 

mid ihr Untergang liegt vOllig im Dunkeln, ab- werden, vgl. Od. XII 4. 318 (xooog der Nymphen). 
gesehen davon, dass nach Strabon (VI 264) Siris 10 Auch in der bekannten Stelle der homerischen 

und (XIV 654) Sybaris von griechischen Colo- Schildbeschreibung II. XVIII 590 (sv ds %°e° v 

nisten auf dem Ch. entrissenen Terrain angelegt jiotttdXe .... xco ixsXov, otdv tiox svl Kvmaco 

wurden. Vgl. Pais Storia d. Sicilia 1 43. 60. 71. evQsly Aaidalog rjc»c?]osv) bezeichnet x°Q°s den 

[Hiilsen.] Platz, der fur die in kunstvollen Windungen 

Chonia (rj Xwvia), alter Name von Epeiros, sich bewegenden Reigentanze eingerichtet ist (s. 

Theognostos can. 794 in Cramer Anecdota Oxon. Labyrinthos), vgl. Petersen Bemerkungen zur 

II 132, der sich auf Herodotos beruft. Es geht altesten Geschichte der griech. Kunst (Ploen 1871), 

der Name auf die Form Xdovsg zuriick, die frei- 21. Benndorf S.-Ber. Akad. WienCXXIII 1890, 

iich bios in Thesprotien genannt werden, s. C h a - 3. Die Ortliche Bedeutung ist spater nur in ein- 
ones und Chon Nr. 1. [Burchner.] 20 zelnen Gegenden lebendig geblieben, vgl. Paus. Ill 

Chonnamasrara (eher -nagara), eine nicht 11, 9 (Sparta) und die Inschrift von Istron auf 

weiter bestimmbare Ortschaft Vorderindiens im Kreta aus der Zeit um Christi Geburt, Mus. ital. 

Lande der Kaspeiraioi, Ptol. VII 1, 49. di antich. class. Ill 641. 

[Tomaschek.] Schon in jungerer homerischer Zeit ist aber 

Xovvog, nach Athen. XI 502 b eine besondere, die Bezeichnung x°Q°s aucn alu? die innerhalb 

in Gortyn iibliche Art kupferner Becher, die dort des Tanzplatzes geordnet aufgestellte Gesamtheit 

der Liebhaber dem geraubten Liebling zu schenken der an dem Beigen beteiligten Personen iiber- 

pflegte. Der Name (= x& v °s) bezeichnet die tragen worden. Den tfbergang, der in der oben 

trichterartige Form, die auch dadurch bestatigt angefiihrten Formel eg x°&°v sQxsoflm schon an- 
wird, dass nach Athen. a. O. diese Becher den 30 gebahnt erscheint, zeigen Wendungen wie II. XVI 

theriklaeischen ahnlich waren, die nach Schol. 183: sv x°e rS 'AQxsfiidog fisxa fisXno[isvrjaiv, vgl. 

Clem. Alex. Paed. II 3 p. 188 (IV p. 121 Klotz) 180. II. XVIII 603: zoqov nsodoxad' o/t'dog. An- 

einen kugelf5rmigen Bauch mit trichterfOrmiger drerseits wird die Bezeichnung x°e°s auch iiber- 

Offnung hatten. [Mau.] tragen auf den ,Tanzgesang' selbst, die gesungene 

Chonodomarius s. Chnodomarius. und mit Tanzbewegungen begleitete Dichtung, 

Chouuphis (Xovovqpig Plut. Is. et Os. 10. Fa- die von der x°S°s genannten Gemeinschaft vor- 

vorin. bei Diog. Laert. VIII 90 [FHG 579, 16]; getragen wird, vgl. II. Ill 395; Od. VIII 248. 

Kovovfig Clem. Al. strom. I 15, 69 = Migne VIII Xoqeia und xoQsvetv bezeichnen daher recht eigent- 

773), Agypter, der den Eudoxos von Knidos unter- lich den mit Gesang verbundenen Tanz einer 
wies, nach Plut. (a. a. O.) aus Memphis, nach Fa- 40 grosseren Anzahl Personen (Plat. Leg. II 654 B), 

vorin. (a. a. O.) aus Heliopolis, aber, wie das Er- wahrend oexyws oQx^o-dm vorzugsweise vom Tanze 

lebnis mit dem Apis zu zeigen scheint, in Mem- schlechtweg , sei er nun von mehreren oder von 

phis wohnend; wohl identisch mit dem Propheten einzelnen ausgefiihrt, gesagt wird. Indem bei 

Ch. in Memphis, zu dem Agesilaos den Agetoridas chorischen Auffuhrungen allmahlich das Haupt- 

sandte, als Platon dort studierte, Plut. gen. Socr. gewicht auf den gemeinsamen Gesang fallt, kann 

7. Als agyptischer Personenname ist sowohl Xo- x°6°s aucn yon Gesangen gesagt werden , die 

vovcptg als Xsvovtpig als Kovovqpig sonst belegt ausserhalb des Tanzplatzes, z. B. wahrend eines 

(Parthey Agypt. Personennamen). [Sethe.] Aufzuges oder Aufmarsches (jtQooodia, siA/Jarr/pia) 

Choopotes (XoonoTtjg) , Epiklesis des Diony- oder wahrend einer in Tanzschritten erfolgenden 
sos in Magnesia, sein Fest sind die Xoeg . Possis 50 Vorwartsbewegung (vgl. die Hymenaioi und xco/toi) 

bei Athen. XII 533 e. [Jessen.] gesungen werden. So wird in jungerer Zeit jede 

Choos (Xcoog), agyptischer KOnig, Maneth. Dichtung, die von einer Mehrheit von Sangern 

nach Euseb. bei Syncell. p. 55 D, wo aber die vorgetragen wird, als x°G°s bezeichnet. 

Worte fis&' Sv xai devtsgog Xcoog aus (isff 1 Sv Nach dem jetzt iiblichen Sprachgebrauch be- 

dsvtsQog Kaix&og verderbt sind, da der armeni- zeichnen wir als Ch. 1) einen von einer Mehrheit 

sche Eusebios Cechous hat, was zu der von AM- von Personen vorgetragenen Gesang und die fur 

canus iiberlieferten Form Kcuexcog (s. d.) stimmt; einen solchen Vortrag bestimmte Dichtung; 2) eine 

vgl. FHG II 543. [Sethe.] behufs gemeinsamen Vortrags solcher Dichtungen 

X6q s. C h o m e r. zusammengestellte Gemeinschaft von Sangern oder 

Chor. Das Wort x°Q°s — von G. Curtius60Tanzern (Choreuten). 

Etymologies 199 mit W. ghar, x^Q (xdQtog hor- Wir besprechen demgemass hier zuerst die 

■tus, goth. gards) zusammengestellt — bezeichnet Ch.-Dichtungen , dann die Zusammensetzung der 

zunachst den festumgrenzten, fiir Beigentanze her- Ch.-Gemeinschaft, endlich die Art und Weise, in 

gerichteten Offentlichen Platz, der in jungerer Zeit der die Ch.-Dichtungen von den Choreuten vor- 

gewohnlich Orchestra genannt wird. Diese Be- getragen werden. 

deutung iiberwiegt noch bei Homer in Wendungen Chordichtungen. Das Zusammensingen 

wie I? x°8° v (xogdvds) $Qx ea ® al i H- m ^93. mehrerer hat seine Vorstufe in den gemeinsamen 

XV 508; Od. VI 65. 157, ksialveiv x°Q° v Od. Rufen und Anrufungen, mit denen die Schar der 



2375 Chor Chor 2376 

Anwesenden an den Vortrag eines einzelnen sich rungen auch der griechischen Cultur des Fest- 

anschliesst. Mit diesen Rufen, die auch zu ganzen landes gerechnet werden diirfen. So zeigt uns 

Satzen anwachsen kOnnen , fallt die Schar der einen Eeigen bei Totenfeiern die Dipylonvase, 

Festgenossen am Ende oder an bestimmten Ein- Mon. d. Inst. IX 39, wobei man sich der — frei- 

schnitten des Einzelvortrages ein, wobei derselbe lich schlecht verbiirgten — tlberlieferung erinnern 

Zuruf mehrfach in gleichmassiger Weise in be- mag, dass die Megarer einen Ch. von 50 Jting- 

stimmten Zwischenraumen wiederkehren kann lingen und Jungfrauen nach Korinth zur Betraue- 

(scpvfiviov, Befrain, Kehrreim). Von solchem re- rung der Toten aus dem Hause der Bakchiaden 

frainartigen Anrufen des Hymen hat das Hoch- zu senden pflegten (Paroemiogr. I 117 MeyaQscov 
zeitslied, von dem Anrufen des Hcudv der apol- 10 ddxgva); Sanger und Pyrrhichisten neben einem 

linische Hymnus seinen Namen erhalten, vgl. Kitharspieler sehen wir auch auf einem Kopen- 

Usener Gotternamen 153. 326. Bei Reigentanzen hagener Dipylonnapf, Arch. Ztg. 1885, 138 Taf. 8. 

war es in alterer Zeit iiblich, dass bios ein einzelner Noch hoher hinauf fiihrt uns die Thatsache, dass 

die Dichtung sang, wahrend eine Schar von Jiing- in einzelnen altertumlichen Culten der Ch.-Gesang 

lingen mit ihren Tanzbewegungen den Gesang heimisch scheint, wofiir der dionysische Hymnus 

begleitete (Od. VIII 264). Allmahlich wird der der Frauen in Elis (Plut. qu. Gr. 36. Paus. V 

Anteil, den die Tanzer am Gesangsvortrag nehmen, 16, 6) ein Beispiel giebt; sehr alt sind wohl auch 

immer grSsser. Wenn sie erst nur durch Zurufe die yvvcuxrjioi %oqoi auf Aegina (Herod. V 83), 

oder den Vortrag von Kehrreimen sich beteiligten, ebenso wohl die Chare der attischen tovycpdoC 
so entsteht jetzt ein Wechsel von Einzel- und Chor- 20 (s. d.) und andere im Demeter- und Dionysos- 

gesang, wobei der Einzelsanger zum QaQ%<ov, zum dienst iiblichen Spottlieder. Auch die TQayixoi 

Vorsanger wird, den die andern durch ihren ge- %oqoi zu Ehren des Adrastos in Sikyon (s. u.), 

meinsamen Vortrag ablosen. Endlich werden auch die durch Herod. V 67 schon fur die Zeit um 

Dichtungen in ihrer Ganzheit vom Chore vorge- 600 bezeugt sind, wurzeln wohl in alter pelopon- 

tragen, an dessen Spitze jetzt der s^&qzwv als nesischer Cultsitte, ebenso vielleicht die Chore 

Beigenfiihrer und erster Sanger steht. der SdrvQoi. 

Beim Linoslied II. XVIII 570 , das ein ein- Kunstmassige Ausbildung scheinen diese ver- 

zelner vortragt, beteiligen sich die Wemlese? /.wkxfj schiedenartigen Ansatze chorischer Dichtung zu- 

r' lvy/.w~>. Ahnlich mag man sich den vfievcuog erst innerhalb des apollinischen Cultes gefunden 
II. XVIII 493 denken, der im hesiodeischen .Schild 30 zu haben. Wie schon Homer einen apollinischen 

des Herakles' 272f. in breiterer Ausfuhrlichkeit Paian kennt und der Apollonhymnus auf Delos die 

geschildert wird. Vollerer Chorgesang scheint Ch.-Gesange als alte Einrichtung erscheinen lasst, 

vorausgesetzt II. I 472 f (ol Sk xarrj/teQioi nolizfj so wird man auch die Chore im Apolloncult auf 

■&eov lldoxovto, xalbv dsldovres 3iair)ova) und II. Kreta (Strab. X 480. 484) und in Delphi (Bergk 

XXII 391 (Paian, den die Mannen des Achilleus Litt.-Gesch. II 112) in sehr fruhe Zeit hinauf- 

nach Hektors Tod anstimmen); auf refrainartig riicken diirfen. Auch die Sitte, zum Apollonfest 

wiederkehrende Wehrufe beschranken sich die nach Delos Chore zu entsenden (Thuc. Ill 104. 

Klagenden, II. XXIV 720, wahrend die nachsten Dionys. Perieg. 527f.), mag schon seit Beginn des 

AngehOrigen des Toten im Einzelvortrag ihrem 7. Jhdts. nicht mehr auf die umliegenden Inseln 
Schmerz Ausdruck verleihen (i£rj(>x e ydoio ... ol 40 beschrankt gewesen sein. Ein noooodiov fur die 

fisv ag' s&qtjvsov, im de orsvdxovro yvvatxeg). Festgesandtschaft der Messenier wollte die spate 

Bei Hesiod und in den homerischen Hymnen Sage bis auf Eumelos von Korinth zuriickfiinren 

liegen schon Zeugnisse fiir den ausgebildeten (Paus. IV 23). 

chorischen Hymnus und dessen Abart, das nqoao- Den Hauptanteil an dieser kunstmassigen Aus- 

Siov vor. Das Prooimion der Theogonie erzahlt von bildung chorischer Auffiihrungen hatten die aus 

den Musen, die singend dahin schreiten; nach dem ionischen Osten und von den Inseln nach 

Hes. Schild 201 singen die Musen im Ch., wah- dem Peloponnes eingewanderten Dichter. Ob schon 

rend Apollon in der Mitte steht. Einen Paian Terpander, der zu Anfang des 7. Jhdts. die aeo- 

singen die Kreter, die im Taktschritt nach Pytho lische Musik in Sparta einbiirgerte , die Organi- 
ziehen, geleitet vom phorminxspielenden Apollon, 50 sation der Jungfrauenchore, der wir dort wenig 

Hymn. Apoll. Pyth. 335. Die Hymnen und Tanze spater begegnen , begriindet hatte , wissen wir 

der delischen Madchenchore schildert der delische nicht. Sicher 1st, dass Thaletas aus Kreta, der 

Apollonhymnus 148f. (vgl. Callim. in Del. 305). (um 660 v. Chr.) die Manner- und Knabenchore 

Wie wir hier das alteste Beispiel fur das srag- an den spartanischen Gymnopaedien geordnet hat 

&eveiov — das von einem Jungfrauen- Ch. vorge- (Athen. XV 678 C), bereits verschiedene Formen 

tragene Cultlied — haben, so zeigt uns der bei des Ch.-Liedes gepflegt hat, die (ebenso wie die 

Hesiod Schild des Her. 281f. geschilderte xcofiog monodischen Cultlieder) im weiteren Sinne alle 

auch schon die Ansatze des frOhlichen Gesellig- als v/ivoi bezeichnet, je nach der Art der den 

keitsliedes. Vortrag begleitenden Bewegungen (langsames 

Weisen so , wie es bei den Verhaltnissen des 60 Schreiten, feierlicher Eeigen auf dem Altarplatz 

altgriechischen Litteraturbestandes selbstverstand- oder lebhafter Tanz) in jrgooodia, jzcuaves und vtioq- 

lich ist , unsere altesten Nachrichten iiber den "aw ata geschieden werden konnen. Etwa gleich- 

Ch.-Gesang auf den ionischen Osten, so darf man zeitig oder wenig spater hat Tyrtaios fiir die 

diesen doch nicht auf fremde Vorbilder zuriick- Spartaner chorische Marschlieder gedichtet; auf 

fiihren wollen. Es fehlt auch nicht ganz an Zeug- ihn wird die xqi%oqIo. (Lieder der Greise, Manner 

nissen, die uns zur Vermutung berechtigen, dass und Jiinglinge) zuruckgefuhrt, vgl. Poll. IV 107. 

Ch.-Beigen und -Gesange wenigstens in kunst- Carm. pop. 18 Bgk. Plut. Lyk. 21. Damals wird 

loser Form zu den primitiven, autochthonen Ausse- auch die Flote als Begleitinstrument der Chore 



2377 Chor Chor 2378 

sich eingebiirgert haben, die fiir das Zusaramen- Ch.-Dichtung, die fur die Geschichte der poeti- 

singen vieler ausgiebigere musikalische Beglei- schen Litteratur bedeutvmgsvoll geworden sind, die 

tung ermOglichte, als die Kithara; doch verbleibt PersOnlichkeit der Choreuten vollkommen zuriick. 

diese namentlich bei den kleineren CultchOren Eine Sonderstellung nehmen die tragischen 

nach wie vor in Geltung (s. u.). und komischen Chore ein, die in eigener Person, 

Den nachhaltigsten Einfluss auf die Ch.-Dich- aber nicht im Sinne ihrer biirgerlichen Person- 

tung hat Alkm an (s. d.) gettbt, der in der zweiten lichkeit, sondern im Sinne der vom Dichter ihnen 

Halfte des 7. Jhdts. in Anlehnung an volks- bestimmten Verkleidung und Maske sprechen. 

massige aeolische Liedformen einerseits und an Doch scheiden sich diese Gattungen chorischer 
die von Terpander ausgebildete Form des mono- 10 Dichtung, die im 6. Jhdt. im nOrdlichen Pelo- 

dischen Nomos (s. d.) andererseits den chorischen ponnes und in Attika (s. u.) als neue Kunstformen 

Hymnus in Sparta ausbildete; er hat auch die Glie- ausgebildet worden sind, aus der Gesamtheit 

derung in Strophe, Antistrophe und Epodos auf chorischer Dichtungsformen auch dadurch aus, 

musikalischer Grundlage durchgeffihrt, vgl. Cru- dass sie nicht als vollkommen selbstandige cho- 

s i u s Comment. Ribbeck. 7. Ausser Paeanen, rische SchOpfungen, sondern als Bestandteile grOs- 

Parthenien, Hyporchemata sind auch Hochzeits- serer dramatischer Dichtungen sich darstellen, s. u. 

lieder fiir ihn bezeugt (Leonidas Anth. Pal. VII Im 6. Jhdt. sind neben den fiir den Cult be- 

19); besonderen Euhm aber hat er als Ordner stimmten Ch.-Dichtungen auch die fiir weltliche 

und Lehrer der spartanischen JungfrauenchOre Zwecke bestimmten Dichtungsgattungen zu hohe- 

gewonnen. 20 ren Kunstformen gelangt. Dies gilt z. B. von 

Als zweiter grosser -Neuerer auf dem Gebiete den Hymenaeen, die besonders von aeolischen 

der Ch.-Dichtung erscheint dann Stesichoros (s. Sangern gepflegt worden zu sein scheinen (ein Ge- 

d.), der die chorische Technik in seinen grossen dicht der Sappho liegt dem Epithalamion Theo- 

hymnenartigen , strophisch gegliederten Ch.-Ge- krits zu Grunde, Kaibel Herm. XXVII 249). 

sangen , die fiir religiose Pestfeiern bestimmt Von grosserer Bedeutung aber war die durch 

waren, zu gesteigerter Vollendung gebracht hat. Simonides und Pindar zu hCchster Vollendung 

Gleichzeitig oder friiher ist im nOrdlichen Pelo- gebrachte Form der Enkomien und Epinikien, in 

ponnes (Korinth) auch die chorische Form des denen die fiir den Gotterhymnus geschaifenen For- 

Dionysosliedes im Dithyrambos zu kiinstlerischer men auf das Lobgedicht fiir Menschen iibertragen 

Durchbildung gelangt; denn, wenn auch die Per- 30 sind. Da diese prunkvolle Ch.-Lyrik, die sich einer 

sOnlichkeit Arions sagenhaft sein mag (vgl. Cru- kiinstlichen, mit aeolischen, epischen, dorischen 

sius Bd. II S. 840), so darf fiir die litteratur- Elementen durchsetzten Sprache bedient (Bergk 

geschichtliche Thatsache doch an dem durch die Litt.-Gesch. II 145. v. Wilamowitz Euripides 

Arionsage gegebenen Zeitpunkt (Herod. I 23) fest- Herakles I 74) , vorzugsweise an den Hsfen der 

gehalten werden. Tyrannenreiche , die fiir dorisch gelten, gepflegt 

In jener Zeit hat sich auch jene eigentiiraliche wird, ist fiir die ganze Dichtungsgattung schon 
Entwicklung vollendet, der zufolge der Ch. all- im Altertum der Name ,dorische Ch.-Lyrik' iib- 
mahlich aus einer Gruppe von Sangern, die aus lich geworden. In den letzten Jahrzehnten des 
ihrer eigenen Person heraus sprechen, zum blossen 6. Jhdts. ist dann durch Simonides und Lasos der 
Vermittler subjectiver Gedanken des Dichters oder 40 Dithyrambos zur bevorzugten Gattung der Ch.- 
rein erzahlender Dichtung geworden ist. In alterer Dichtung geworden; ihm wurde nach der demo- 
Zeit singt der Dichter selbst als Einzelsanger kratischen Neuordnung Athens bei dem Agone 
die Partien der Dichtung, die seine persOnlichen des dionysischen Staatsfestes eine hervorragende 
Gefiihle verlautbaren, wahrend der einfallende Stellung zugewiesen. Dadurch, dass an Stelle 
Ch. den Gedanken Ausdruck giebt, die in den der berufsmassig geschulten Chore des 6. Jhdts. 
Choreuten dadurch erweckt worden sind (oder nun die aus der freien Biirgerschaft gestellten 
solcher Art erweckt scheinen sollen). Noch in Chore traten (s. u.) und mit ihren Vortragen unter- 
den Choren des Alkman scheinen auch ausser der einander am die Ehre eines staatlichen Sieges- 
Person des Dichters einzelne Sanger sich in selb- preises stritten , gewann die chorische Dichtung 
standigem Vortrag aus dem gemeinsamen Chore 50 fiir das Offentliche Leben eine erhohte Bedeutung. 
abgelOst zu haben; einen solchen Einzelgesang Wahrend wir aber iiber die an den Thargelien 
eines Ch.-Madchens hat v. Wilamowitz Herm. und Panathenaeen aufgefiihrten Gesange (Paeane, 
XXXII 262 in dem Pariser Bruchstiick nachzu- Hyporchemata, Hymnen) keine genauere Vorstel- 
weisen versucht. Nachdem einmal bei der fort- lung gewinnen konnen, liegen reichere litterarische 
schreitenden Teilung der musischen Bethatigung Nachrichten iiber die Entwicklung des an den 
die Partie des Dichters durch den ihn vertreten- Dionysien gepflegten Dithyrambos vor. Die alten 
den Didaskalos oder Vorsanger iibernommen wor- Formen der chorischen Dichtung sind hier zuerst 
den war, konnte es nicht mehr Anstoss erregen, gesprengt worden. Wahrend nach Aristot. Problem, 
wenn auch der ganze Ch. als vielstimmiger Dol- XIX 15, 910b 18 die alteren Dithyramben noch 
metsch den Empflndungen des Dichters Ausdruck 60 strophisch waren, sind es die jiingeren mimetischen 
gab. Schon bei Stesichoros ist der Ch. ein blosses nicht mehr , und schon Simonides und Pindar 
Werkzeug, ein musikalisches Instrument, das die haben astrophische Dithyramben gedichtet, vgl. 
individuellen Gedanken des Dichters der Aussen- Blass Herm. XXX (1895) 314. Zugleich wachst 
welt vermittelt. Und wenn auch natiirlich be- immer mehr die Bedeutung der musikalischen 
sonders in Cultliedern auch spaterhin nach alter Begleitung; schon seit der Zeit des peloponnesi- 
Weise dem Ch. Worte gegeben werden , die aus schen Krieges sind die Dithyrambendichter mehr 
seinem Sinne heraus gesprochen erscheinen , so Musiker als Dichter. Indem der jiingere Dithy- 
tritt doch gerade fiir jene hoheren Gattungen der rambos auch mimetische Elemente aufnimmt, ge- 



2379 Chor Chor 2380 

winnt er einen neuen Charakter. Wie sehr diese schriftliche Urkunde iiber die ArjXiaSeg, den Jung- 

Dichtungsform im 4. Jhdt. im Vordergrund des frauen-Ch. auf Delos (vgl. Eur. Her. fur. 687), der 

Interesses steht, geht daraus hervor, dass Aristo- bei einer grossen Anzahl von Festen mitzuwirken 

teles die chorische Dichtung mehrfach schlechtweg hatte (vgl. Bull. hell. XIV 493). Dieser Ch., bei 

mit dem Namen des Dithyrambos bezeichnet. dem eine standig angestellte FlOtenspielerin mit- 

Auch der monodische Nomos hat sich diesem opern- wirkte (Bull. hell. XIV 396 Z. 85), pflegte auch, 

artigen Stile genahert , seit Timotheos die alte offenbar gegen Bezahlung, fur die fremden Theoren 

Kunstform durch Einfuhrung von Ch.-Partien um- und die vornehmen Besucher des Heiligtums zu 

gestaltet hatte, vgl. Bergk Litt.-Gesch. II 164. singen und weihte dann in Delos als %0Qua aus 
530. Dennoch hat schon in der Zeit um 400 10 der ,Draufgabe' der GOnner eine Schale (Bull, 

die fortschreitende Entwicklung der Ch.-Dichtung hell. XIV 50 If.). Auch von den umliegenden 

ihr Ziel gefunden, und im 4. Jhdt. beginnt ge- Inseln sind nach Delos Jungfrauenchore gesendet 

rade infolge des stetigen Vorwiegens der Musik worden , wie von Strab. X 485 und andern be- 

der Verfall der Gesangsdiehtung, indem der Ch. zeugt wird. Seltener sind Frauen chore , doch 

in den agonistisch betriebenen Dichtungsarten kennen wir solche beispielsweise auf Aegina (Hero- 

mehr und mehr zu einem untergeordneten musi- dot. V 83) und im elischen Dionysosdienst (Paus. 

kalischen Begleiter des FlOtenspielers, des Kithar- V 16, 6); fur einen korinthischen Hierodulen-Ch. 

spielers oder des Einzelsangers herabsinkt, s. Xo- hat Pindar gedichtet (frgm. 122 B. Athen. XIII 

Qixoi aycovsg. 573f). 

Dennoch ist, wie im agonistischen Betrieb, so 20 Wo Chore mannlichen Geschlechtes auftreten, 

auch auf dem Gebiete der chorischen Cultpoesie sehen wir vielfach Knaben- und MannerchOre in 

und der Enkomiendichtung das Bediirfnis nach Neu- gesonderten Auffiihrungen nacheinander auftreten, 

schOpfungen bis in die romische Zeit hinein lebendig so bei den Thargelien und Dionysien in Athen, 

geblieben. Die hellenistischen Dichter haben in bei den Apollonien in Delos, den Soterien in Delphi, 

ihren Enkomien und Hymnen zum Teil wieder den Festen in Arkadien; auch in den ChOren der 

auf die Vorbilder der archaischen Zeit zurflck- Manner iiberwiegen natiirlich die vsavloxoi (Polyb. 

gegriifen; zu den wenigen uns davon gebliebenen IV 20, 8). ITaTdsg, sqrqPoi und avdgsg waren an 

Besten haben sich neuerdings einige inschriftlich den spartanischen Gymnopaedien, Athen. XV 678 b 

erhaltene Stiicke gesellt , so sind uns in Delphi (wie bei den athenischen PyrrhichistenchOren, CIA 
Hymnen des Aristonoos (um 225) und zweier 30 II 965), Greise, Manner und Knaben bei der auf 

jiingerer Dichter (zwischen 180 und 130 v. Chr.) Tyrtaios zuruckgefiihrten spartanischen xQi%ogia 

erhalten, Bull. hell. XVII 564. XVIII 361. XIX (Plut. Lye. 21; de mus. 9. Poll. IV 107) unter- 

393, vgl. auch Bull. hell. XIII 245 (Delos). XVIII schieden. 

71 (Delphi). Daneben hat man nicht nur in der Was die Anzahl der Choreuten betrifft, so 

Schulerziehung , sondern auch bei OfFentlichen finden wir fur kleine Chore die Sieben-, die Neun-, 

Festen die SchOpfungen der alteren Ch.-Dichter, die Zehn- und die ZwOlfzahl bevorzugt, wobei 

insbesondere die Dithyramben, bis in die rflmische wir aber nicht immer dariiber unterrichtet werden, 

Zeit hinein zu wiederholter Auffiihrung gebracht, ob der Ch.-Fuhrer in die Zahl eingerechnet ist 

vgl. Athen. XV 678b (Sparta). Polyb. IV 20, 8 oder nicht; bei grossen ChOren ist die Ftinfzig- 

(Arkadien). Bull. hell. XVHI 80 (Delphi). 40 zahl iiblich, ausnahmsweise begegnet die Zahl 

Zu den Romern ist die griechische Weise der hundert. Sieben Choreuten mit ihrem Choregen 

ChOre zugleich mit der Einbiirgerung griechischer veranschaulichen den Ch. der Panathenaeen auf 

Culte gelangt; ein wesentlicher Einfluss fiel dabei der Atarbosbasis , Sybel Sculpturen zu Athen 

den Mann ern zu, denen die sibyllinischen Orakel nr. 6151. CIA II 1286, was schwerlich blosse Will- 

anvertraut waren, vgl. Diels Sibyllinische Blatter Mr ist, da die geringen Kosten des Ch.s (300 

91. Tiber altere italische Ch.-Gesange und Tanze Drachmen bei Lys. XXI 1) im Vergleich zu den 

vgl. Arvales fratres, Salii. KostenderPhylenchOreeinekleineZahlerschliessen 

Zusammensetzung der lyrischenChOre. lassen (s. Xogijyi'a). Die Siebenzahl bezeugt fur 

Die .lyrischen' Chore — die dramatischen sollen den Ch. des FlOtenspielers an den Nemeen (seit der 
unten gesondert besprochen werden — sind nach 50 hellenistischen Zeit) Hyg. fab. 273, fur die Chore 

Geschlecht und Alter, nach Anzahl und burger- der Kithara- und FlOtenspieler das kyrenaeische 

lichem Charakter ihrer Mitglieder verschieden. Wandgemalde, Wieseler Theatergebaude Taf. 

tiberall dort, wo es sich um CultchOre oder staat- XIII. Altes Herkommen verburgt ftir die Neunzahl 

lich organisierte Auffiihrungen handelt, ist aber der Ch. der Musen; auf einer Schale von Argos, 

die Art der Zusammensetzung des Ch.s nach alien Berlin 3993 (Furtwangler Samml. Sabouroff 

diesen Gesichtspunkten hin genau geregelt. Taf. 41) sehen wir auf der einen Seiteneun, auf der 

Wahrend im agonistischen Betrieb , wie es andern sieben Ch.-Frauen (von einem gemeinsamen 
scheint, ausschliesslich Manner- und KnabenchOre Schleiertuch verhullt) , davor Junglinge als Ch.- 
zugelassen waren, spielen in vielen Culten weib- Ordner. Sechs Junglinge und vier Madchen, in 
liche Chore eine grosse Rolle. Fur die ionisch- 60 ihrer Mitte den Lyraspieler, zeigt die altattische 
aeolische Cultsitte ist uns die Bedeutung der Jung- Kanne, Arch. Jahrb. II Taf. 3. Elf Sangerinnen 
frauenchOre durch die Gedichte der Sappho und scheint der Ch. umfasst zu haben, fur den Alkman 
des Alkaios , fur die spartanische durch die des das im Pariser Papyrus erhaltene Partheneion ge- 
Alkm an geniigend bezeugt. Auch die Boioterin dichtet hat (v. Wilamowitz Herm. XXXII 258). 
Korinna hat wie Simonides und Pindar jiagtie- Die ZwOlfzahl finden wir z. B. beim Epithalamion 
vsta gedichtet, und Poll. IV 81 erwahnt, dass fur des Theokrit und dem daraus von Kaibel Herm. 
Jungfrauenchore besondere Floten verwendet wur- XXVII 256 erschlossenem Cult-Ch. Sieben Mad- 
den. Genauer unterrichtet sind wir durch in- chen und sechs Junglinge mit Theseus als Vor- 



2381 Chor Chor 2382 

Sanger stellt die Francoisvase dar (Wiener Vor- dass bei den Dionysien jede Phyle einen Ch. (Schol. 

legebl&tter 1888 Taf. 8), den Halb-Ch. von sechs Aeschin. I 10), an den Thargelien je zwei Phylen 

Frauen mit Theseus als Ch.-Piihrer die Polledrara- zusammen einen Ch. stellten, Aristot. 'Athp>. nol. 

Hydria Journ. hell. XIV Taf. VII. Das Alter der 56. Ulpianos zu Dem. XX 28, s. Xogixoi dycb- 

Funfzigzahl bezeugt der Ch. der fiinfzig Nereiden ; veg. Auch bei den ChOren der athenischen Pro- 

funfzig Jiinglinge und fiinfzig Jungfrauen sollen metheia und Hephaisteia (s. d.) muss die Phylen- 

die Megarenser zur Betrauerung der Toten aus angehOrigkeit eine Rolle gespielt haben, wie CIA 

dem Hause der Bakchiaden nach Korinth ent- 553 lehrt. In der spateren hellenistischen Zeit 

sendet haben (Bekk. Anekd. I 281. Paroemiogr. haben sich wohl noch an einzelnen Orten die 

I 117), fiinfzig bezeichnet als die iibliche Zahl 10 Chore auf btirgerlicher Grundlage erhalten, vgl. 

der (von FlOtenspiel begleiteten) Sanger Schol. fur Arkadien Polyb. IV 20, 8, fur Delos die In- 

Pind. Pyth. XII 39; ixaxoyyviog dyila nennt Pin- schriften Bull. hell. VII 104f. und dazu Kaibel 

dar frg. 122 B. den Ch. der korinthischen Hiero- Herm. XXIII 272, an anderen Orten sind an ihre 

dulen; fiinfzig ist die gesetzlich festgestellte Zahl Stelle Chore berufsmassiger Techniten getreten, 

fur die athenischen PhylenchOre (Simonid. 147 B., in denen Angehorige aller Staaten nebeneinander 

die wir aber in der Kaiserzeit bei dem Ch. der thatig waren, wie die Soterienkataloge (Wescher- 

Oineis CIA III 75 auf fiinfundzwanzig herabge- Poucart Inscr. de Delphes 4— 6) zeigen. Auch 

setzt sehen) , hundert Jiinglinge — also einen in Athen scheinen die PhylenchOre, die nur durch 

Doppel-Ch. — senden zum Zwecke besonders glan- einen staatlichen Zwang aufrecht erhalten werden 

zender Vertretung die Chioten nach Delphi, Hero- 20 konnten, schon im 3. Jhdt. eingegangen zu sein; 

dot. VI 27. in der Kaiserzeit hat man die alte Einrichtung 

Fiir andere Zahlen, die gelegentlich begegnen, neu zu beleben gesucht , aber nur mit geringem 

Beispiele zu haufen, ware zwecklos, vgl. Herodot. Erfolg, vgl. CIA III 78 — 82. Plut. qu. conv. I 10 

V 24, 2 (fiinfunddreissig Knaben , Anfang des p. 628 A. Ein icolsmxog xoe°s begegnet auch 

5. Jhdts. v. Cbr.). Paus. V 16, 6 (sechzehn Prauen noch in einer thespischen Inschrift der spateren 

in zwei HalbchOre geteilt bei dem elischen Dio- Kaiserzeit, IGS I 1776. 

nysoscult). CIG 2715 (dreissig Knaben in Strato- Innerhalb des Ch.s nimmt eine ausgezeichnete 

nikeia zur Zeit des Tiberius). Es ist natiirlich, Stelle der xoQvqxxiog oder fjysumv ein, vgl. Dem. 

dass in der Zeit der dionysischen Techniten dort, XXI 60: tore dk drjnov xovfi' ou xor ijyeftov' av 

wo die Chore von den Techniten beigestellt werden, 30 atpely rig, oi'xsxai 6 Xouzdg zoQog. Bei der Auf- 

die Zahl der Sanger von der GrOsse der Pauschal- fiihrung vertritt er die Stelle des Dirigenten, in- 

summe abhangt, die den Techniten fiir die Auf- dem er das Zeichen zum Beginn (ivSootftor) giebt 

fiihrung bezahlt wird. In den delphischen Sote- und fiber Ehythmus und Tact der Sanger wacht, 

rienkatalogen aus der ersten Halfte des 3. Jhdts. Aristot. Problem. XIX 22. Ps.-Aristot. de mund. 6. 

v. Chr. (Wescher-Foucart Inscr. de Delphes Dio Chrysost. LVIp. 565 M. Aelian. nat. an. XV 5. 

3 — 6) finden wir die Manner- und KnabenchOre Colum. r. r. XII 2. Dim fallen haufig auch noch 

einmal aus je ffinf, zweimal aus je funfzehn Cho- andere Obliegenheiten des Didaskalos (s. d.) zu, 

reuten zusammengesetzt, wahrend ein viertes Mai die Lehre und die Anordnung der Sanger, daher 

zwOlf Knaben und vierzehn Manner (vielleicht wird er auch gelegentlich als %oQooxax-qg (s. d.), 

durch einen Irrtum der Aufschreibung) verzeichnet 40 %oQolexxr\g (s. d.) bezeichnet; andere Benennungen 

sind, s. u. rOmischer Zeit sind mesoehorus (Plin. ep. II 14, 

Die Choreuten sind entweder berufsmassig 17), aQx&xoQog (IGI 1618. CIG 6231). 

ausgebildete und besoldete Sanger und Tanzer, Eine besondere Rolle kam dem ,Vorsanger' 

oder aber sie sind ,Dilettanten' , die freiwillig im jungeren Dithyrambos zu, indem ihm vielfach 

oder von Staatswegen hiezu bestimmt, zum Zwecke grOssere selbstandige Solopartien zugewiesen wa- 

einer einzelnen Festauffuhrung zusammengetreten ren, so dass er fast wie ein Schauspieler vom Ch. 

sind und auf offentliche Kosten geschult und wah- sich abhob, vgl. Aristot. Poet. 26. Gomperz 

rend der tibungszeit verpflegt werden. Die Ch.- Jahrb. f. Philol. 1886, 77f. Daher wird auch in 

Dichtungen , die Simonides und Pindar fur die den choregischen Inschriften von Orchomenos, IGS 

Feste des Adels gedichtet haben, sind gewiss von 50 I 3210. 3211 (um 200) neben dem Flotenspieler der 

berufsmassigen , in Gilden organisierten Sangern Sanger, und in den Siegerverzeichnissen der dor- 

vorgetragen worden, wobei es dem Dichter-Dida- tigen Homoloien (IGS I 3196 f.) der ijysfubv bei 

skalos (oder der Gilde) fiberlassen blieb, den Ch. Manner- und KnabenchOren genannt, s. Xoqixoi 

nach eigenem Ermessen aus Einheimischen und ay&vsg. 

Fremden auszuwahlen. Dagegen waren gewiss alle Aber auch die ubrigen Sanger erscheinen je 

CultchOre, die wie die Atjliddeg zu regelmassig nach ihrer Tfichtigkeit im Range abgestuft; da- 

wiederkehrenden Dienstleistungen verpflichtet wa- her sagt man auch im iibertragenen Sinn nov 

ren, nur aus Einheimischen zusammengesetzt, und x°8°v rd^ofisv (Plat. Euthyd. 279 C). Nur be- 

ebenso war bei anderen von Staatswegen zusam- zuglich der lakonischen Chore und der skenischen 

mengebrachten ChOren wohl fiberall, wie in Athen 60 Chore Athens (s. u.) sind wir dariiber genauer 

(Dem. XXI 56. Plut. Phok. 30), darauf gesehen, unterrichtet. Der Platz , den jeder Sanger ein- 

dass nur Bfirger mitwirkten. An manchen Orten nimmt, wird nach der Normalstellung des Ch.s 

scheinen innerhalb bestimmter Culte die Chore beim Einmarsch benannt. Was Athenaios V 181 c 

auf verwandtschaftlicher Grundlage zusammenge- im Zusammenhang mit Nachrichten fiber altkre- 

setzt worden zu sein, vgl. Diels Herm. XXXI 372. tische Ch.-Tanze nach Timaios (FHG 1201) be- 

In Athen werden an den Dionysien und Thar- richtet : oi de Xsyofievoi Aaxmviazal iv zstQayA- 

gelien die einzelnen Chore aus den AngehOrigen voig x°Q ^ V^ ov t ^ a rf WOfl l auf die meisten der 

der einzelnen Phylen zusammengesetzt, so zwar, lakonischen CultchOre bezogen werden. Die Ein- 



2383 Chor Chor 2384 

teilung in oxoTxoi (s. d.) bezeugt Alkman frg. 146 : isgol xeov nalScov xoqoi (Inschr. v. Delos). Wenn in 

ojxootoixovg sxaXsas xag sv xdljet xoqevovoag jtag- rOmischer und vielleicht schon in der hellenisti- 

devovg; auf dieselbe Gliederung bezieht sich auch schen Zeit manche Ch.-Diohtungen von den Choreu- 

Alkman frg. 162: tpiXotpiXog . . . i? yilovoa en' ten in ruhigem Stand vorgetragen wurden, so 

axQov x°8°v i'oiao&ou (was Die Is Herm. XXXI diirfen wir dagegen fur die altere Zeit voraus- 

365, 1 auf die siQcoxoaxaxig deutet). Die letzte setzen, dass bei alien auf dem Festplatz vorge- 

Eeihe ist natiirlich die wenigst ehren voile (k'axa- tragenen Gestagen die Rhythmen der Dichtung von 

xog zov x°Q°v ■ • ■ ■ x^Q" ai'pog Plut. apophth. den Sangern mit entsprechenden Tanzbewegungen 

Lac. 219 E , vgl. 208 D. Xen. Agesil. II 17. begleitet wurden. 

Die Schulung der so zusammengesetzten Chore 10 Je nach der Art der Dichtung und nach der 

erfolgte in alterer Zeit durch den Dichter selbst, Zahl der Choreuten waren die Bewegungen der 

spater immer haufiger durch einen besonderen Chore verschiedenartig. Bei vielen Cultreigen be- 

Didaskalos, der oft mit dem xoQvyaiog identisch wegten sich die Choreuten in langsamen Schritt- 

war ; letzterer Pall trat regelmassig dort ein, wo reigen um den Altar (vgl. Callim. in Dian. 170. 

es sich um Einiibung alterer Dichtungen handelte. 267; in Del. 301. 312),'indem sie einander bei 

Die Sorge fiir die Zusammenstellung und die Ver- den Handen fassten, vgl. II. XVIII 594. Plut. 

pflegung des Ch.s wird vielfach vom Staate einzel- de def. orac. 22 p. 422 B. Etym. M. s. x o S°s- So 

nen Personen iibertragen, sei es besondern Epime- sehen wir die Beigentanzer hauflg auf Vasenbil- 

leten , oder — nach athenischem Vorbild — Li- dem dargestellt, besonders kunstvolles tfbergreifen 

turgen, s. Xogfjyia. 20 der Hande zeigt die Polledraravase Journ. hell. 

Vortragsweise der Chore. Die Vortrage stud. XIV Taf. VII; mitunter waren die Cho- 

der Choreuten, die unison sangen (s. Musik), reuten durch ein Seil, das sie in den Handen 

erfolgten in alterer Zeit unter Begleitung der Lyra hielten, verbunden, vgl. die delischen Inschriften 

oder Kithara. Im Culte — besonders im apol- Bull. hell. VII 183f. Ter. Adelph. 752. Liv. 

linischen, vgl. Apoll. Ehod. 1 538 — und bei kleine- XXVII 37, 19. Diels Sibyllin. Blatter 91. Pal- 

ren ChOren hat sich das Saitenspiel auch immer lat De fabula Ariadnea 5. Wie bei dem Um- 

erhalten. Auch die Mehrzahl der pindarischen Ge- schreiten des Altares, so musste sich kreisfOrmige 

dichte ist fiir Begleitung durch Saiteninstrumente Aufstellung auch sonst fiir grOssere Chore em- 

componiert. In spaterer Zeit haben die Kithara- pfehlen, in deren Mittelpunkt der Vorsanger (Od. 

virtuosen ahnlich wie die Flotenspieler sich bei 30 VIII 264. Hes. Schild 201) oder Flotenspieler 

ihren Vortragen der Beihiilfe eines Ch.s be- einen Platz hatte (Luc. Anach. 23). Daher wird 

dient; der Kitharist Lysandros von Sikyon hat man auch die Bezeichnung des xixXwg x°Q°s 

nach Philochoros FHG I 395 (Athen. XIV 638 a) doch am wahrscheinlichsten von dieser Art der 

diese Sitte ins Leben gerufen. In der delischen Anordnung ableiten diirfen. In dem falschlich 

Inschrift von 172 v. Chr. (Bull. hell. IX 146) Simonides oder Bakchylides zugeschriebenen Epi- 

werden xiftaQioxal fisra. x°S°v verzeichnet, eine gramm Anth. Pal. XIII 28 (Ende des 5. Jhdts.?) 

XOQoyyaltQia ist in Iasos fiir ca. 170 v. Chr. (Le heisst es vom Choregen des Phylen-Ch.s x&v (nam- 

Bas-Waddington 257), an den delphischen Py- lich olvSqcov) e%oQriyr)oev xvxlov (ieMyri(yvv'Lriji6vi- 

thien fiir die 2. Halfte des 2. Jhdts. v. Chr. (Bull. xog. Vorzugsweise wird xvxfoog x°8°$ (xvxXia 

hell. XVIII 83) bezeugt. Auch in der Kaiserzeit 40 (tilt}) von Dithyramben gesagt, vgl. Aristoph. Ach. 

erfreuten sich diese Ch.-Kitharisten noch grosser 367; Av. 917. Aeschin. Ill 232. Paian des Philo- 

Beliebtheit, s. Xopoxtdagevg und XoqixoI damos Z. 131 (Bull. hell. XIX 393f.). Schol. 

aycoveg. Aristoph. Av. 1403; aber auch von den ChOren an 

Bei grOsseren ChOren wurde schon seit dem den Panathenaeen (Lys. XXI 2), den Thargelien 

7. Jhdt. die Plote allgemein iiblich, die allein (Suid. s. Ilvdiov), den Posidonien (Plut. Vit. X 

die zahlreichen Stimmen zu iibertOnen vermochte ; orat. p. 842 A) wird der Name gebraucht, man spricht 

insbesondere gelangte die Piste durch den Di- auch von xvxXioi jzcudeg (Plut. Arist. 1), xvxXiog 

thyrambos zur Herrschaft. Wie von kyklischen avXijxtfg (s. o.). Im Gegensatze dazu scheint bei 

ChOren, so spricht man auch von xvxXioi avXoi kleineren ChOren vielfach eine viereckige Formation 

(Hesych.) und xvxXioi avXtjxal (Luc. de salt. 2). 50 iiblich gewesen zu sein. Wie diese xsxQaywvoi 

Poll. IV 81 scheidet verschiedene PlOtengattungen x°Q°l ( s - °0 s i° n ^ e ™ Tanze geordnet haben 

fiir die Chore der Manner, der Knaben, der Mad- mOgen, wissen wir nicht. Leider lasst sich nicht 

chen. feststellen, in wie weit fiir den Vortrag eine Tei- 

Nur ein geringer Teil der Ch.-Dichtungen ist lung in HalbchOre iiblich war (Vermutungen hier- 

fiir den Vortrag auf dem Marsche oder wahrend uber bei Diels Herm. XXXI 372). Ein Beispiel 

festlicher Umziige bestimmt (jiqoooSiov , ififia- fiir einen in zwei scharf geschiedene Halften zer- 

xr)Qiov , nofijiri , x6i/.wg). Weitaus die Mehrzahl fallenden Ch. gieht der dionysische Ch. von sech- 

wurde auf dem Altarplatz oder auf einem fiir zehn Prauen in Elis (Paus. V 16, 6; vgl. We- 

solche Auffiihrungen eigens hergerichteten Tanz- niger Das Collegium der 16 Prauen in Elis, 

platz (yoQog, oQxfoiQa, Marktplatz) vorgetragen. 60 Weimar 1883). 

Hier treten die Choreuten am Festtage auf, in Uber die Schemata der Tanzbewegungen sind 

festlicher Gewandung und bekranzt (Dem. XXI wir fast ohne Nachricht. Allerdings wird iiber- 

16. 55), geleitet vom Dichter (oder Didaskalos), liefert, dass mit dem Absingen der Strophe eine 

von dem Ch.-Musiker und — wo ein solcher be- ,Wendung' nach der einen Seite, mit der Antistrophe 

stellt ist — von dem Choregen (s. d.). Sie haben eine Wendung nach der andern Seite verbunden 

wahrend der Auffiihrung den Character heiliger gewesen sei, und dass die Epodoi in ruhigem 

Personen (Dem. XXI 55), da sie im Dienste des Stand gesungen worden seien; allein diese Lehre 

Festgottes stehen, vgl. Bull. hell. II 331. IV 351 : ist, wie Crusius (Comment. Eibbeck. 10) ge- 



2385 Chor Chor 2386 

zeigt hat, nicht auf thatsachliche Beobachtung, (s. d.) verkniipft. Wenn Aristoteles die Vorstufen 

sondern nur auf die Speculationen spaterer py- der Tragoedie im Dithyrambos zu erkennen glaubte, 

thagoreischer Lehrer gegriindet. Auch die Epodoi so war er vielleicht beeinflusst von dem Dithy- 

sind, da sie in denselben Rhythmen gedichtet rambos seiner Zeit, der nach dem Vorbilde des 

sind wie die Strophen, in Tanzbewegung gesungen Dramas selbst mimetische Elemente aufgenommen 

worden. Lebhafter als bei den strophischen Dich- hatte , oder er hat eine Gruppe von Dichtungen 

tungen werden die Rhythmen in den nicht stro- als Dithyramben bezeichnet, von denen wir heute 

phischen Dichtungsarten , den Dithyramben und nicht mehr in der Lage sind, ein klares Bild zu 

manchen Tanzliedern (zu denen auch die Pyr- gewinnen (v. Wilamowitz Euripides Herakles 
rhiche gehort, Aristoph. Ran. 152) gewesen sein, 101 85. Blass Herm. XXX 314). Jedenfalls haben 

vgl. Hyporchema. liber die sonstige Organi- schon in der Pisistratidenzeit die XQaytxol x°e°h 

sation der staatlichen Ch.-Auffuhrungen s. Xoqi- nach dem sie bereits im Peloponnes in enge Ver- 

xol dycovsg. bindung mit Dionysosfesten gesetzt worden waren, 

Chor im Drama. Eine besondere Betrach- in Athen an dem stadtischen Friihjahrsfest des 

tung erfordern die Chore der xgayqtdoi, 2&xvqoi Dionysos eine Heimstatte gefunden (Marm. par. 

und xco/ucodoi, die sowohl ihrer Zusammensetzung ep. 43 01. 61), und sie sind gewiss auch bei der 

nach wie auch nach Art und Vortrag ihrer Ge- kleisthenischen Neuordnung des Dionysienfestes 

sange von den Jyrischen' ChOren wesentlich sich als Bestandteil dieses Festes geseztlich festgestellt 

unterscheiden. Ihre Vorfiihrungen sind vor allem worden. 

gekennzeichnet durch die filfitjots, die in Tracht, 20 Auf der gleichen Grundlage mimetischer Cult- 

Gesang und Bewegung zu Tage tretende Nach- Chore sind auch die 2axvQ<ov %oqoI erwachsen, 

ahmung bestimmter Personen und Ereignisse. Die die ihre Vorbilder in den bocksgestaltigen Dae- 

Choreuten sprechen und handeln im Sinne der monen des peloponnesischen Volksglaubens hatten. 

von ihnen dargestellten Personen und filhren im Aristoteles dachte die Tragoedie geradezu aus dem 

Verein mit einem oder mehreren Sprechem, den Satyrspiel hervorgegangen (Poet. 4, 17 p. 1449 a 

Schauspielern, ein einzelnes Geschehnis in seinem 20). Man wird annehmen diirfen , dass die Vor- 

allmahlichem Vorriicken den Zuschauern als etwas fuhrungen der SdxvQoi , wenn sie auch in ihrer 

Gegenwartiges vor. Indem fur die genauere Wur- letzten Wurzel mit denen der xgdyoi sich beriihren 

digung des Anteils, der dem Ch. innerhalb der mochten, doch an anderem Orte und in anderer 
dramatischen Dichtung zufallt, auf die Artikel iiber 30 Weise sich entwickelt haben, so dass sie schon 

Tragoedie und Komoedie verwiesen wird , sollen zur Zeit, als sie nach Attika iibertragen wurden, 

hier nur die einzelnen von den dramatischen ChOren einen von den tragischen ChOren wesentlich ver- 

vorgetragenen Partien in Hinblick auf die Ent- schiedenen Charakter hatten. Die Satyrspiele sind 

wicklungsgeschichte des chorischen Dramas ge- in Athen urspriinglich selbstandig aufgefiihrt wor- 

kennzeichnet, dann die Zusammensetzung und Aus- den, bis sie einen festen Platz nach den Vorfiih- 

stattung des Ch., sowie der Anteil, den der Ch. rungen der tragischen Chore erhielten und end- 

an dem ausseren Hergang der Vorstellung bei lich mit den Tragoedientrilogien in engere Ver- 

den Dramen des 5. Jhdts. hat, dargelegt, endlich kniipfung traten, s. Tetralogia. 

noch die Rolle, die dem Ch. an dem Drama der Von der weiteren kunstmassigen Ausbildung 
spateren Zeit zufallt, besprochen werden. 40 der tragischen Ch.-Dichtung — die auch far die 

Die chorischen Partien in der Tragoe- Gestalt der Satyrspiele bestimmend war — konnen 

die und im Satyrspiel. Tgayixol xoqoI, die wir auf Grund der litterargeschichtlichen Nach- 

das Schicksal des Adrastos behandelten, waren richten und der altesten Dramen noch ein Bild 

nach Herod. V 67 schon um 600 in Sikyon hei- gewinnen. In den altesten tragischen Dichtungen 

misch. Dass die Bezeichnung xqayixol von xpdyog flel das Hauptgewicht auf die Ch.-Vortrage. Die 

abzuleiten sei, wird man kaum bezweifeln diirfen, alten Litterarhistoriker haben daher geradezu 

aber dass noch Herodot oder sein Gewahrsmann Tragoedien und Satyrspiele vorausgesetzt, die aus- 

die tragischen Chore als ,Bocksch0re' verstanden schliesslich aus Ch.-Gesangen bestanden (vgl. Diog. 

wissen wollte, ist iiberaus unwahrscheinlich. Der Laert. Ill 56. Athen. XIV 630 c), und auch Ari- 
Name ist vermutlich auf eine als xgdyoi bezeich- 50 stoteles vertritt eine ahnliche Anschauung, wenn 

nete Cultgenossenschaft zuruckzufiihren , die mit er die Schauspieler mit den ,Vorsangern' des Ch.s 

Gesangen und Tanzen (in entsprechender Ver- in Verbindung bringt. Aus der vorwiegenden Be- 

kleidung, aber nicht in Bocksgestalt) die heilige deutung des Ch.s erklart es sich, dass die Dramen 

Geschichte des von ihr verehrten Gottes darstellte, der alteren Zeit nach den Personen des Ch.s be- 

s. T(>ayq>dla. Nach solchem Vorbild hat man nannt sind, und auch noch die conventionellen For- 

dann in mimetischen ChOren auch die Schicksale meln der jiingeren Zeit spiegeln diese Thatsache 

anderer GOtter und Heroen zur Darstellung ge- wieder. Der Dichter, der in den Wettkampf ein- 

bracht. treten will, erbittet und erhalt vom Archon ,den 

Ob schon jene sikyonischen Ch.-Gesange durch Ch.' (s. u.), el'oaye xbv %oqov ruft man dem Dich- 
gesprochene Vortrage des (ebenfalls verkleideten) 60 ter zu (Aristoph. Ach. 11), ioqovs aysiv sagt 

Priesters abgelOst wurden, wissen wir nicht, eben- Aristophanes Ran. 1418 mit Riicksicht auf die 

sowenig lasst sich der Anteil genauer bestimmen, Tragoedie. Der Name xgaycpdot ist von den Sangem 

den Korinth an der kunstmassigen Entwicklung des Ch.s auf die iibrigen Mitwirkenden (die Schau- 

dieser Ch.-Dichtungen genommen hat, s. Arion. spieler, selten auch auf die Dichter) Iibertragen 

Die gangbare athenische tTberlieferung hat die worden, und die Bezeichnung xgaymdaiv xQayq>8oTs 

Verkniipfung ,tragischer' Ch.-Gesange mit ge- ist daher fur die Tragoedienauif'uhrungen auch 

sprochenen Einzelvortragen {gfjois) auf attischen dann noch in Geltung geblieben , als langst das 

Boden verlegt und mit dem Namen des Thespis Hauptgewicht der Dichtung auf die von den 



2387 Chor Chor 2388 

Schauspielern dargestellten Teile iibergegangen Dennoch bleiben auch in dieser spateren Zeit 

war. die Ch.-Vortrage firr die Gliederung der Tragoedie 

Dass die Tragoedie in alterer Zeit mit dem bestimmend, sieb'ildengewissermassendenRahmen 

Einzugsliede des Ch.s begann , kOnnen wir noch und das Geriiste des dichterischen Aufbaues. In- 

an des Aischylos ,Schutzflehenden', den ,Persern', dera der Ch. auch jetzt noch wahrend des ganzen 

dem ,gelOsten Prometheus' sehen ; erst nach dem Dramas auf dem Spielplatz anwesend bleibt — 

Einzug des Ch.s (si'aodog) erschien der Schauspieler, die wenigen Ausnahmen (Aesch. Eum., Soph. Ai., 

d. i. urspriinglich der Dichter selbst (enuoodiov). Eur. Alk. Hel.) finden ihre besondere Erklarung 

Es wird daher schwer, der Nachricht, dass schon — , vvahrt er die Einheitlichkeit des dramatischen 
Thespis den Prologos ,erfunden' habe, Glauben 10 Kunstwerkes, so dass jene gewaltsamen Unter- 

zu schenken (vgl. Bergk Gr. Litt.-Gesch. Ill 80). brechungen, die durch die Zwischenacte des moder- 

Vielmehr scheint die Auffassung berechtigt, dass nen Dramas herbeigefiihrt werden, vermieden wer- 

erst durch den Eintritt des costiimierten Ch.s fur den. Nach jedem Abschnitte der Handlung giebt 

die Phantasie des Zuschauers die Orchestra zu der Ch. in einem Liede seinem Urteil iiber den 

dem von dem Dichter vorausgesetzten Schauplatz Gang der Ereignisse oder seinen Erwartungen 

der Handlung gemacht wurde und so der Ch. in iiber den weiteren Verlauf der Dinge Ausdruck. 

der Zeit, wo noch keine Skene (s. d.) vorhanden Im Gegensatz zu dem ersten Ch.-Lied, der jc&qo- 

war , gewissermassen auch den einheitlichen Ort- dog, die urspriinglich ein Einzugslied war, heissen 

lichen Hintergrund bildete. Solange er anwesend die spateren Gesange des Chores oxaoifxa , weil 

ist, behalt die Orchestra die gleiche Bedeutung, 20 sie vom Ch. auf seinem Standplatze in der Or- 

sie kann eine neue erst erhalten, wenn der Ch. chestra (s. u.) gesungen werden; ihrer sind in der 

abgezogen ist, um nach einer Pause in gleicher Eegel drei, doch wird die Zahl iiberschritten, wo 

eder veranderter Tracht wieder zu erscheinen. es dem Dichter erforderlich scheint. Sie scheiden 

Der Ch. ist im alteren Drama der ,Protagonist' die Epeisodia von einander ab und bezeichnen so 

des Stiickes (Apollonius Lex. Horn. s. vnoxoi- die Ruhepunkte der vor den Augen der Zuschauer 

voao) und die Eeden des xmoxQixrjg waren gleich- sich abspielenden Handlung. 
sam nur Einlagen, die Anlass und Grundlage fur Aber auch innerhalb der Epeisodia und des 

ein neues Ch.-Lied schaifen sollten. Mit einem feier- von Aristoteles als Exodos bezeichneten letzten 

lichen Abzugsgesang des Ch.s schloss die Dichtung. Abschnittes bleibt der Ch. — bezw. der Ch.- 

Durch die Einfuhrung eines zweiten Schau- 30 Eiihrer — auch in den Dramen des Sophokles 
spielers wurde die Ausdehnung der Ch.-Gesange be- und Euripides wenigstens durch den Vortrag 
reits wesentlich beschrankt; daher sagt Aristoteles kurzer Lieder oder iambischer Trimeter (vgl. Schol. 
Poet. 4 p. 1449a von Aischylos: ra xov ioqov Eur. Med. 517) in bestandiger Wechselbeziehung 
rjXcixxcooe. Mit der weiteren Vermehrung der Schau- zu den Gesprachen der Schauspieler. Dazukommen 
spieler auf drei wird der Anteil des Ch.s noch noch die in erregten Augenblicken von den 
mehr herabgemindert. Dies spricht sich ausserlich Choreuten allein oder abwechselnd mit den Schau- 
ta dem Umfang der Ch.-Partien aus. Wahrend spielern gesungenen melischen Partien (dfioifiaTa), 
in den ,Schutzfiehenden' des Aischylos die Ge- insbesondere die gemeinsam mit den Schauspie- 
sange des Ch.s mehr als die Halfte der Dichtung lern vorgetragenen Kommoi (s. d.). 
ausmachen, betragen sie in der Orestie durch- 40 Die chorischen Partien in derKomoe- 
schnittlich nur ein Drittel, in den alteren Stiicken die. Die Entwicklungsgeschichte der chorischen 
des Euripides etwa ein Fiinftel des Dramas (Bergk Komoedie, fiir die uns keine so alten Zeugnisse 
Gr. Litt.-Gesch. Ill 143). vorliegen, wie fiir die Tragoedie, ist noch nach 

Vor dem Einzug des Ch.s wird jetzt regel- vielen Seiten bin nicht aufgeklart. Wie schon bei 

massig ein von Schauspielern dargestellter Auf- Homer an das Weinlesefest Ch.-Reigen ankntipfen 

tritt, der Prologos, vorgesetzt (eine Ausnahme (II. XVIII 570), so scheint auch im griechischen 

bildet der nacheuripideische ,Rhesos'). Der Einzug Festland die Sitte weitverbreitet gewesen, die 

selbst erfolgt in der Eegel ohne Gesang. doch Erntefeier, die Dionysos- und Demeterfeste mit 

bleibt dem ersten Liede, das der Ch. in der Or- Ch.-Tiinzen und Ch.-Liedern zu feiern, in denen 

chestra singt, der alte Name naQodog (s. d.). An 50 Scherz und Spott eine hervorragende Stelle fanden, 

der Handlung, die zwischen den Schauspielern vgl. Hes. scut. Here. 281. Herod. V 83. Eine 

sich abspielt, hat der Ch. schon seit der sopho- besondere Entwicklung haben nan in Attika die 

kleischen Zeit geringen Anteil. er ist vielfach nur an die Dionysosfeste ankniipfenden Chore der xco- 

ein Zuschauer, ein xqdevxtjg axqaxxog (Aristot. fimSol (s. d.) und xovywSot (s. d.) genommen. 

Problem. XIX 48), ohne doch das Eecht zu ver- Schwarme junger Manner, xm/not, begleiteten den 

lieren, unter Umstanden- nach Art eines Schau- Phallos, und an die Phallika, die Gesange, die 

spielers in die Handlung einzugreifen (Aristot. unmittelbar auf die Festfeier Bezug nahmen, 

Poet. 18, 1456). Noch mehr schrumpft die Eolle schlossen sich Strophen persOnlich-satyrischen In- 

des Ch.s in der Schlusspartie der Tragoedie zu- halts. Darum leitet Aristoteles Poet 4 p. 1449 a 
sammen. Schon in den alteren aischyleischen Dra- 60 chid xwv rd cpalXixa {e^aQxovxcov) die Komoedie 

men sehen wir, wie die Schauspieler in diesem ab. Der Wunsch, sich durch Vermummung un- 

Teile immer mehr hervortreten und in den Ch.- kenntlich zu machen, mag ebenso wie die bei den 

Gesang selbst mit eingreifen (vgl. den Kommos siidlichen Volkern besonders lebhafte Preude an 

der ,Perser' und ,Sieben'). In den ,Choephoren', Verkleidungen aller Art bald dazu gefiihrt haben, 

dann durchweg bei Sophokles und Euripides be- dass die Chore bei diesen ,Faschingsfesten' in 

schrankt sich der Schlussvortrag der Chore auf- phantastischer Tracht auftraten und dieser Tracht 

wenige Verse, die vermutlich von den Ch.-Fiihrem entsprechend auch ihren Vortragen und Tanz- 

gesprochen wurden (s. u.). weisen einen mimetischen Charakter gaben. In 



2389 Chor Chor 2390 

welcher Art sich bei diesen Vorfuhrungen das SuiXa (Kommation, Parabase, Pnigos) und aus> 

dramatische Element entwickelte, konnen wir nicht einer Syzygie (Ode, Epirrhema, Antode, Antepir- 

mehr im einzelnen verfolgen. Es ist eine anspre- rhema). Daneben findet sich in den alteren aristo- 

chende Vermutung, dass durch die Teilung des phanischen Komoedien noch eine sog. Nebenpara- 

Ch.s in zwei Teile, d. h. also durch das Zusam- base, die nur die Bestandteile der zweiten Halfte 

menspiel zweier Chore dazu der Anlass gegeben der Parabase in sich schliesst; vgl. Zielinski 

war. Schon in den volkstilmlichen Vorbildern Gliederung 175. 

far den Schimpf- und Streitgesang , der ein we- Ein Ch.-Gesang musste urspriinglich auch den 

sentliches Element der alten Komoedie bildete, mag Einzug der xcofxw&oi begleiten, wie das noch fur 
Einzelvortrag die Ch.-Vortrage abgelOst haben, 10 mehrere Stficke des Kratinos bezeugt ist; vgl. 

worauf die auch in den aristophanischen Komoe- Kaibel Herm. XXX 76. Susemihl Eev. de 

dien noch festgehaltene .syntagmatische' oder phil. 1895, 206. Wahrend das ErOffhungslied der 

,epirrhematische' Compositionsweise hindeutet, bei BovxoXoi dithyrambischen Charakter hatte (He- 

der Ode und Epirrhema, Antode und Antepir- sych. s. jtvQjrsQsyx^i) , begann ein anderes Stuck 

rhema sich ablOsen. Es diirfen also hier vielleicht mit einer Art von Parabase (Kratin. 306 K. Ari- 

die Halbchorfuhrer wirklich als Vorlaufer der stid. or. II 521 Dind.). Erst spater ist nach 

Schauspieler angesehen werden. Vgl. Zielinski dem Muster der Tragoedie auch hier ein Prologos 

Gliederung der attischen Komoedie 249; Philol. der Parodos vorgesetzt worden. Ebenso wird der 

XL VII 27. Kaibel Herm. XXX 80. Die weitere Abschluss der Komoedenvorfiihrungen ursprung- 
Entwicklung mag dann so vor sich gegangen sein, 20 lich durch einen chorischen Abzugsgesang ge- 

dass die xm/MpSlai mit den dialogischen Zwischen- bildet worden sein (ii-odtoi vo/ioi Kratin. 276) ; an 

spielen possenhaft-satyrischen Charakters, die bei Stelle der kunstmassig ausgebildeten Exodika,. 

den festlichen Umztigen der xm/xoi, iiblich waren, wie sie namentlich die ,Wespen' , ,Vogel' , der 

zu einem Ganzen verschmolzen , indem man die ,Prieden', die ,Lysistrate' und die ,Ekklesiazusen' 

Zwischenspiele kunstmassig ausbildete und die zeigen, mOgen in alterer Zeit volkstfimliche Lieder 

Chore in diese Dialogauftritte eingreifen liess; vgl. gesungen worden sein, vgl. Ach. 1231; Ran. 1526; 

PoppelreuterDecomoediaeAtt.primordiis(Berl. Plut. 1209, s. Poppelreuter De com. primor- 

1893). In solcher Weise hat die Kunstform der diis 37. 

,alten Komoedie' sich vermutlich an den atheni- So sehr aber in aristophanischer Zeit der Bau 
schen Lenaeen, mit denen vielleicht urspriinglich 30 der Komoedie von dem Vorbild der Tragoedie be- 

der Name der rgvycodol verknfipft war, zuerst ent- einflusst ist , so bewahrt er doch in der Anlage 

wickelt (Bergk Gr. Litt.-Gesch. Ill 10). Nach der Parodos wie in der Stellung der gliedernden 

dem Marm. par. ep. 39 soil schon zwischen 581 Ch.-Gesange (Parabasen und Stasima) viel grOssere 

und 562 Susarion einen Komoeden-Ch. in einem Preiheit, als die Tragoedie. ,Acharner', ,Ritter', 

Agon vorgeffihrt haben. Die Liste der Komoe- ,Wolken', ,Wespen', ,Frieden' und ,V0gel' haben je 

diensieger der Lenaeen CIA II 977 i reichte ge- zwei Parabasen, in der ,Lysistrate' ist die Para- 

wiss bis fiber die Zeit der Perserkriege , wahr- base durch eine andere ,epirrhematische' Dichtung 

scheinlich bis zur kleisthenischen Zeit hinauf. ersetzt (Zielinski Gliederung 181), die ,Thesmo- 

Erst spater sind — vielleicht infolge eines Orakel- phariazusen' und ,FrOsche' haben nur eine (ver- 
spruches — die x&ixoi und xa>[updoi den stadti- 40 kurzte) Parabase, in den ,Ekklesiazusen', und im 

schen Dionysien eingefttgt worden (zwischen 478 ,Plutos' fehlt sie, in den letzteren beiden fehlen 

und 465); vgl. Bruchstiick a des Siegesverzeich- auch die Stasima, vgl. Arnold t Die Chorpar- 

nisses CIA II 971 und Aristot. Poet. 1449 b 2, tien bei Aristophanes, Leipzig 1873. 

s. XoQrjyia. Zusammensetzung der dramatischen 

Ebenso wie bei den Spielen der rQaycadoi er- Chore. Zahl der Choreuten. Tiber die Zahl 

scheint auch in der Komoedie der alteren Zeit der Choreuten haben wir fur die altere Zeit, in 

der Ch. als die Hauptsache; er erfreut sich dank der die Tragiker ihre Chordichtungen selbstandig 

den satyrischen Spitzen seiner Vortrage und der aufftihrten, kein zuverlassiges Zeugnis. Wenn Poll. 

Originalitat seiner Verkleidung besonderer Volks- IV 109 angiebt, dass der Ch. in der Tragoedie 
tumlichkeit. Es bleibt lange iiblich, die Komoe- 50 urspriinglich aus 50 Leuten bestand, bis gelegent- 

dien nach den Ch.-Personen zu benennen; der lich der Auffuhrung von Aischylos .Eumeniden' 

Name xcofiqtdoi wird so wie xgaycpdot (s. o.) auch durch ein Gesetz eine geringere Zahl festgestellt 

auf die Schauspieler und Dichter, sowie auf die wurde, so hat diese Nachricht keine Gewahr. Die 

gesamte Dichtung iibertragen. Die Komoedien Zahl 50 war nahegelegt durch die Analogie der 

werden auch noch in der Zeit des Aristophanes dithyrambischen Phylenchore. Sicher ist, dass 

schlechtweg als x°Q ' bezeichnet, wobei fraglich zur Zeit, wo die skenische Choregie geregelt 

bleibt , ob dabei an die Dichtung in ihrer Ge- wurde, auch die Zahl der Sanger, die der Chorege 

samtheit oder mehr an die personliche Erschei- stellen musste, bestimmt worden sein muss. MOg- 

nung der Chore gedacht wird, vgl. Aristoph. Eq. lich, dass der Ch. erforderlichen Falls durch Sta- 
521; Nub. 1114; Av. 1101; Eccles. 1160. Eupo- 60 tisten auf eine grflssere Anzahl gebracht wurde, 

lis frg. 223 K. was man beispielsweise fur den Ch. der Danaiden 

Wenn auch nicht in gleichem Masse wie bei in Aischylos .Schutzflehenden' wird annehmen 

der Tragoedie sind doch auch in der alten Ko- miissen, vgl. v. 307. 921. 944. Fur die Zeit, in 

moedie die Ch.-Gesange fur den gesamten Aufbau der die Dichter mit je vier Stiicken in den Wett- 

der Dichtung von grOsster Bedeutung. Unter den kampf eintraten, ist die Zwolfzahl der Choreuten 

chorischen Bestandteilen der Komoedie scheint gesichert. Sie mag wohl schon bei den tragischen 

die Parabase zuerst zu kunstmassiger Entwicklung ChOren des Peloponnes iiblich gewesen sein. 

gelangt zu sein; sie besteht aus zwei Teilen, den Durch Sophokles ist, wie glaubwiirdig fiber- 



2391 Chor Chor 2392 

liefert wird, die Zahl der Choreuten von 12 auf delphischen Soterienfesten aus der ersten Halfte 

15 erhoht worden (Suid. s. SoqpoxXfjs. Vit. Soph. des 3. Jhdts. werden in den Technitenlisten (bei 

177, 25 West.), vgl. Hense Chor des Sophokles, Wescher-Foucart Inscr. de Delphes 3 — 6) je 

Berlin 1877. Muff Die chor. Technik des Sopho- sieben komische Choreuten aufgezahlt, derenRolle 

kles, Halle 1877. A. Miiller Biihn.-Altert. 202. freilich wesentlich verschieden gewesen sein muss 

JSfach Schol. Aristoph. Eq. 586 hat Aischylos fur von der Eolle des alten Komoeden-Ch. (s. u.). 

den Agamemnon, nach Schol. Aesch. Eum. 586 Ausser dem regelmassigen Ch. konnte, wenn 

fur die ,Eumeniden' bereits einen Ch. von 15 ver- das Stuck es erforderte, auch noch ein Neben-Ch. 

wendet, wofiir G. Hermann Opusc. II 130. Ar- auftreten. Man verwendet dazu wohl die in den 
noldt (Chor im Agamemnon des Aischylos 65) 10 andern Stiicken der Tetralogie auftretenden Cho- 

und andere eingetreten sind, wahrend nach dem Vor- reuten. Beispiele bieten die ,Schutzflehenden' und 

gang 0. Miillers Wecklein (Jahrb. f. Philol. die ,Eumeniden', vermutlich auch die , Sieben' 

Suppl. XIII 432; S.-Ber. Akad. Miinchen 1887 1 83) (xgoxo/xjzot 1053) des Aischylos, der ,Hippolytos', 

auch hier die ZwOlfzahl festhalt, die fiir die alteren ,Alexandros' und die ,Antiope' des Euripides (vgl. 

aischyleischen Dramen feststeht (Muff De choro Schol. Eur. Hipp. 58), die ,FrOsche' und die 

Persarum, Halle 1878; Chor in den Sieben des ,Wespen' des Aristophanes. 

Aischylos, Halle 1882). Aus den von den einzelnen Gliederung des Ch.s Die erste Stelle im 

Choreuten gesprochenen Versen Agam. 1299 und Ch. nimmt der Ch.-Fuhrer ein, s. KogvyaTps. 

Eum. 575 lasst sich eine sichere Entscheidung der Aber auch die anderen Sanger erhalten je nach 
Streitfrage nicht gewinnen; doch darf es als wahr-20 ihrer Tiichtigkeit einen bestimmten Rang, der 

scheinlich gelten, dass die Vermehrung der Cho- fiir ihren Platz innerhalb der Normalaufstellung 

reuten gleichzeitig mit der Einfiihrung des dritten (beim Einmarsch) massgebend ist. Beim Ein- 

Schauspielers (um 465) erfolgt ist. zug ist namlich der Ch. , nach dem Vorbild der 

Die mancherlei Combinationen, die man iiber Heeresabteilungen, hi xsvQayaivq) oxtfftan (Bekker 

die Griinde von Sophokles Neuerung aufgestellt hat, Anekd. 746, 27. Etym. M. s. xgaycpSla) in Glieder 

brauchen hier nicht erOrtert zu werden. Sophokles und Botten geordnet; als Rotten (otoT%oi) werden 

selbst soil eine Schrift tisqi xoqov verfasst haben die in einer Reihe hintereinander Marschierenden, 

(Suid., vgl. Bergk Gr. Litt.-Gesch. in 361), als Glieder (t,vyd) die nebeneinander Stehenden be- 

deren Echtheit freilich bezweifelt werden kann zeichnet. Der tragische Filnfzehner-Ch. bestand 
(v. Wilamowitz Euripides Herakles I 20, 34). 30 daher aus fiinf f vyd von drei Mann und drei axoX- 

Die Piinfzehnzahl wird wohl bis zum AufhOren x 01 von f un f Mann , der altere Zwolfer-Ch. aus 

der Choregie (s. d.) in Athen iiblich geblieben vier £vya von drei und drei oxoTxoi von vier Mann, 

sein (Poll. IV 109. Schol. Ar. Av. 297; Eq. 589), Der komische Ch. zerfiel in sechs (vyd von vier 

da sie durch die Gesetze tiber die Dionysien (Dem. Mann oder vier oxoTxoi von sechs Mann, vgl. Poll. 

XXI 51) festgelegt worden sein muss. Nicht IV 108. Wenn Pollux sagt: xal xaxa xqsTs /isr 

vollig sicher steht, ob im Satyrspiel die alte elofjeoav, el xaxa (vyd ysvoixo r\ jidgodoe, so pfiegt 

'ZwOlfzahl festgehalten wurde , wofiir nach dem man die Dreizahl auf die hintereinander Marschie- 

Vorgang Wieselers (Das Satyrspiel 30f.) neuer- renden zu beziehen und demnach als die Anord- 

dings v. Prott (Schedae philologae fiir Usener nung xaxa Cvya jene zu bezeichnen, wo fiinf (bezw. 
] 891 , 53) auf Grand eines Vasenbildes (Neapel 40 vier) in der Tragoedie, sechs in der Komoedie 

3240. Mon. d. Inst. Ill 31. Schreiber Cultur- nebeneinander in der Front marschieren, vgl. A. 

histor. Bilderatlas III 1) eingetreten ist. Miiller 205f. Dementsprechend bezeichnet man 

Danach hatte der Chorege einer Tetralogie fiir dann als den Einzug xaxa axoixovg den Einzug 

4x15 oder fiir 3x15 + 12 Choreuten zusorgen, in der iiblicheren Form, bei der der Ch. in der 

wobei allerdings mOglich ist, dass gelegentlich Marschfront in der Tragoedie drei, in der Komoe- 

dieselben Choreuten in verschiedenen Stiicken ver- die vier Mann und in der Tiefe in der Tragoedie 

wendet wurden. fiinf (in alterer Zeit vier), in der Komoedie sechs 

Die Komoedie des 5. Jhdts. hatte einen Ch. Mann hat. 

von 24 Personen (Poll. IV 109. Scbol. Ar. Av. Diese Aufstellung mit drei Mann in der Front 
297; Ach. 211); diese Zahl ist offenbar festge-50nun ist bei der Rangordnung der Choreuten zu 

stellt worden zur Zeit, als der tragische Ch. aus Grunde gelegt; dabei kommt noch in Betracht, 

12 Personen bestand, und ist deshalb gewahlt dass der Ch. in der Regel von der Seite der 

worden, weil in der alteren Komoedie hauflg zwei Heimat, d. h. durch die (vom Zuschauer aus ge- 

Ch&re nebeneinander verwendet wurden und da- sehen) rechts gelegene Parodos (s. d.) in die 

her auch spaterhin die Teilung des Ch.s in zwei Orchestra einzieht. Es werden demnach die besten 

Halbch0reiiblichblieb(ZielinskiGliederung274). Choreuten an dem den Zuschauern nachstgelegenen 

Wenn bei Lys. XXI 2. 4 die Kosten der Stoichos, d. i. in der linken Langreihe aufgestellt ; 

Tragoedienchoregie mit 3000, die der Komoedien- diese heissen daher dgtarsgoaxdxai (s. d.), die der 

choregie avv xfj xijg oxevfjs dvaS'easi mit 1600 mittleren Reihe dsvxsQooxdrai , die der dritten 
Drachmen angegeben werden, so wiirde dies sehr 60 (rechts stehenden) Reihe det-tooxdxai (s. d.) oder 

wohl zu der Voraussetzung stimmen , dass der Set-woxoixoi, vgl. Schol. Aristid. Ill p. 535 Dind. 

tragische Chorege fiir etwa 60 (oder 57), der Poll. II 161. IV 106. Im mittleren Stoichos 

komische fiir 24 Choreuten zu sorgen hat. Dass standen die wenigst geschulten Choreuten, die 

diese grosse Zahl der komischen Choreuten wahrend wegen ihres Platzes zwischen den beiden andern 

der mannigfaltigen Umgestaltungen , die in der Reihen als Xavgoaxaxm (Phot. Hes.) oder vjtoxoX- 

Ordnung des athenischen Komoedenagons seit dem mov xov yoQov (Phot.) bezeichnet werden. Der 

Ende des 5. Jhdts. stattfanden (s. XogijyCa), xoQvtpatog hat bei der normalen Aufstellung des 

unverandert blieb, ist nicht wahrscheinlich. Bei den Tragoedien-Ch.s seinen Platz als dritter des linken 



2393 Chor Chor 2394 

Stoichos (also in der Mitte der Langreihe) und Schon aus der Zeit des Aischylos wird von 

fiihrte daher auch den Namen rohog aQioxt-oov eir.em beriihmten Tanzer, dem Telestes erzahlt 

(Phot.); bei einer Viertelschwenkung gegen die (Aristokles bei Athen. I 22 A), den man als xoqv- 

Znschauer zu kam er in die Mitte der vordersten yaZog wird betrachten durfen (er wird beiAthen. 

Reihe zu stehen. Auf die beiden, die bei dieser I 21 P aueh als doxnoxodidaoxaXog bezeichnet). 

Prontstellung rechts und links von ihm standen, Die SOhne des Karkinos waren berufsmassige 

scheint sich die Bezeichnung jxaoaoxdxai (Aristot. Choreuten, und die Art, wie Aristophanes Vesp. 

Pol. Ill 4; Metaph. IV 11) zu beziehen. Viel- 1498. 1503 von ihnen spricht, zeigt, dass man 

leicht ist auch der Ausdruck tiqcoxoxoqoi. , der in sogar die Eigenart einzelner Tanzer kannte, vgl. 
einer ikarischen Inschrift des 5. Jhdts. CIA IV 10 Schol. Arist. Vesp. 1502; Pac. 778; Nub. 1261. 

3, 5 a, begegnet auf die bei dieser Aufstellung in Bekannt ist durch Andokides I 47 Phrynichos 6 

erster Eeihe stehenden Choreuten (oder auf die dox>)od/,ievog , d. i. wohl der tragische Choreutes 

Ch.-Fuhrer allein) zu beziehen. Von derselben Schol. Ar. Nub. 1087. Auch die Bemerkungen, 

Art der Aufstellung scheint auch die Bezeichnung welche Choreuten iiber die Schicksale friiherer 

xoaomblxai fur die Fliigelmanner entlehnt (Plut. Chore machen, scheinen auf gildenartigen Zusam- 

qu. conv. V 5 p. 678 D); zweifelhaft ist die menhang zu deuten, vgl. Aristoph. Ach. 1150 mit 

Bedeutung der ipdeTg, vgl. A. Miiller 207. Dass Schol. und Eupol. frg. 306. Bei Platon Bep. II 

diese in der letzten Linie aufgestellten Choreuten 373 B werden die Choreuten zwischen den Schau- 

gelegentlich auch nur Statisten waren, die zur spielernundden!pyoAa/?o«aufgezahlt,undDemosth. 
Erganzung der Zahl des Ch.s dienten , scheint 20 XXI 193 erwahnt in geringschatzigem Sinne ;fop£»;- 

aus den Worten Menanders frg. 165 K. hervor- rat xai g~ivoi xal xoiovxot xiveg. Ein solcher ge- 

zugehen, die wohl auf den skenischen Ch. zu be- werbsmassiger Choreut war wohl der von Demo- 

ziehen sind: maixeQ xwv xogcov ov navxsg adova' 1 sthenes XXXIX 16 erwahnte Tanzer, ebenso der 

alX 1 aqxovoi dvo xivig r\ xoug TiaQeorrjxaoi navxmv bei Hypereides frg. Ill (S. 7 Blass) genannte 

eaxatoi slg xbv af>i&/u6v. Mnesitheos 6 x°Q evr V^- Dass auch ausserhalb 

Auswahl der Choreuten. Fiir die Diony- Athens ahnliche Verhaltnisse obwalteten , geht 

sien bestand das Gesetz, dass keine Fremden im aus der Geschichte von Kleonymos (6 x°Q svr VS 

Ch. auftreten durften (Schol. Aristoph. Plut. 953, Theophr. bei Athen. VI 254 D) hervor, ebenso wie 

vgl. Dem. XXI 56), was bei den Lenaeen gestattet aus der Erzahlung , dass Timon von Phlius in 
war (wenn die Erzahlung bei Plut. Phok. 30, wo- 30 seiner Jugend (urn 300 v. Chr.) sich als Tanzer 

nach Demades einmal hundert Fremde auftreten sein Brot verdiente (sxoqsvev ev roTg ftedxQoi.g,. 

liess und dafiir die gesetzliche Strafe erlegte, Euseb. praep. ev. XIV 18 p. 763, II p. 308 Dind., 

sich auf einen dramatischen Ch. bezieht, so ist vgl. 761 b, II p. 305 D.). Ganz deutlich wird der 

die Zahl anekdotenhaft iibertrieben). Demnach gildenmassige Betrieb bezeugt durch die Nach- 

scheint es, dass der Chorege selbst den Ch. zu- richt des Aristoteles (Pol. Ill 3), dass oft diesel- 

sammenzustellen hatte (xgaycadovg xaxaXsysiv CIA ben Leute im tragischen wie im komischen Chore 

IV 3, 54). Er hatte dattei insofern vollkommen auftraten. Ein Hinweis auf den Ersatz der ,frei- 

freie Wahl, als die dramatischen Chore ohne Buck- willigen' Choreuten durch gewerbsmassige Cho- 

sicht auf die Phylenzugehorigkeit der einzelnen reutengilden ist uns vielleicht erhalten in derNotiz 
Mitglieder zusammengesetzt wurden, so dass der 40 bei Schol. Horn. II. XIII 637 (ecog xivog oi svyeveTg 

Tragoeden-Ch. geradezu dem Phylen-Ch. d. i. dem vsoi wqiovvxo iv xaXg xQayq>8laig), vgl. v. Wilamo- 

dithyrambischen Ch. gegenubergestellt werden witz Eurip. Herakl. I 80. In der hellenistischen 

konnte, Is. V 35, vgl. Nikitin Zur Geschichte Zeit werden die Chore wohl in der Regel von den 

der dramat. Wettkampfe in Athen 1882 (russisch, Protagonisten (oder den SidaoxaXoi) beigestellt 

s. Philol. Wochenschr. 1883, 960). Lipsius Ber. oder von den dionysischen Vereinen selbst zu- 

Sachs. Gesellsch. d. Wiss. 1885, 411. Brinck sammengebracht. 

Dissert. Halens. VII 91. Man hat dies damit er- Verhaltnis des Ch.s zum Dichter und 

klaren wollen, dass die Bestimmungen (iber die Choregen. Der dramatische Dichter, der ein 

Zusammensetzung der dramatischen Chore noch Werk zur Auffiihrung bringen will, wendet sich 
in vorkleisthenische Zeit zuriickgehen. Vielleicht 50 an den Archon mit der Bitte urn einen Ch. (%o- 

liegt aber der Grund in der praktischen Erwagung, gov altstr Kratin. frg. 15 K. Aristoph. Eq. 13), der 

dass die Tragoedie grosse Anforderungen an die Archon giebt ihm den Ch. , wenn die Dichtung 

Choreuten stellte und daher die Auswahl der ge- fiir die Auffiihrung geeignet erscheint (xoqov Si- 

eigneten Leute nicht durch die PhylenzugehOrig- dovcu Kratin. 15 K. Plat. Bep. II 353 C; Leg. 

keit beschrankt werden konnte. Natiirlich wird VII 817 D. Aristot. Poet. 1449 b 2). Der Ch. 

man getrachtet haben , diejenigen , die sich als erscheint also gewissermassen als Chor des Dich- 

besonders geeignet erwiesen hatten, immer wieder ters, der ihn vom Staate erhalten hat {xoqov 

als Choreuten zu gewinnen. Wahrend es in der laflsTv Kratin. frg. 18 K. , vgl. Crusius Philol. 

Komoedie langer iiblich geblieben sein mag, die XLVII 34. Aristoph. Ran. 94. Vit. Aeschyl. 
Chore jedesmal wieder aus neuen Kraften zusam- 60 vgl. x°Q° v h elv Kratin. frg. 90 K. Aristoph. Pac. 

menzustellen, werden die Tragoedenchore schon 800), daher fiihrt der Dichter den Ch., den er 

friih aus berufsmassig ausgebildeten Leuten zu- in alterer Zeit selbst unterrichtet, dem Publicum 

sammengesetzt worden sein, oder doch immer vor (Aristoph. Ach. 11: e'iaay, w Osoyvi, xov %o(x>v, 

einige solche ,Berufschoreuten' in ihrer Mitte ge- vgl. Vit. Eur.) und bringt mit den Choreuten 

zahlt haben. Inwieweit diese ausser der Ver- gemeinsam das festliche Siegesopfer dar (Plat, 

pflegung und Bekleidung wahrend der Ubungszeit sympos. 173 A). Seit der Einfiihrung der Choregie 

auch noch Geldgeschenke erhielten, wissen wir scheint aber der Staat dem Dichter nicht den Ch. 

nicht. selbst, sondern bios einen Choregen zugewiesen zu. 



2395 Chor Chor 2396 

haben, dem der Staat die Pflicht iibertragen hat, wendung gebracht , so lag die Neuerung wohl 

•den Ch. zusammenzubringen. Dieser hat fur die nicht in der Form , sondern in der Farbe des 

Emahrung der Choreuten wahrend der Einribnngs- Schuhes (B e r g k Gr. Litt.-Gesch. Ill 97, 335). 

zeit zu sorgen (Aristoph. Nub. 438. Plut. de glor. Bei lebhafterem Tanze miissen die Choreuten natur- 

Athen. 6. Schol. Aristoph. Ach. 886. 1150), ebenso lich ihre Himatien ablegen (amoSvoai, yvixvuodai), 

fur die entsprechende Ausstattung am Festtage vgl. Aristoph. Ach. 607 ; Thesmoph. 655 ; Lysistr. 

<s. u.). Der Chorege ist daher auch mit verant- 615. 637. 662. 686. Alexis frg. 237 K. Schol. 

wortlichfiir die Leistungen desCh.s; er ist gleich- Aristoph. Pac. 729. Plato Menex. 236 d. Von der 

sam der Vertreter des Ch.s, an dessen Spitze er phantastischen Ausstattung der Chore in der alte- 
— nominell — steht, und hat als solcher auch lOren Komoedie besitzen wir ausser den litterarischen 

an dem Wettkampfe Anteil (Is. V 36. Dem. XXI Nachrichten noch bildliche Zeugnisse in einigen 

-5'). Plut. Demosth. 29). Da der Ch. nur durch schwarzflgurigen Vasenbildern im Brit. Museum 

seine Person zusammengehalten wird und nach B 509 (Journ. Hell. II Taf. XIV), Berlin 1697. 

der Auffuhrung wieder auseinandergeht, so kann 1830, Boston (Bull. Napolet. N. S. V Taf. 7, 1. 

-ein dramatischer Ch. nur mit den Namen des Robinson Catalogue of gr. and rom. vases in the 

Choregen und des Dichters bezeichnet werden; museum of fine arts in Boston 372), die uns Cho- 

•daher finden auch diese beiden, zwischen denen reuten aus dem Ende des 6. und Anfang des 

die Ehre der siegreichen Auffuhrung sich teilt, 5. Jhdts. vorfuhren, vgl. Bolte De monum. ad 

in den officiellen Siegerlisten (CIA II 971) ihre Odysseam pertinentibus 45. 95. Poppelreuter 
"Stelle, s. XoQi]yla. 20 De comoediae att. primordiis 6. 

Die Ausstattung des Ch.s bei der Auf- Typisch, wenn auch im Laufe der Zeit man- 

filhrung. Der dramatische Ch. stellt in der cherlei Veranderungen im einzelnen unterworfen 

Eegel eine Mehrheit gleichartiger PersOnlichkeiten ist das Costum des Satyr-Ch.s. Wahrend dieses 

dar, die Choreuten erscheinen daher alle in glei- in altester Zeit noch manche Ziige von der Bocks- 

chem Costum. Ganz ausnahmsweise zerfallt der gestalt der peloponnesischen Satyroi (s. d.) beibe- 

Ch. in der Tragoedie in zwei eng mit einander halten hatte (vgl. Aeschylus frg. 207 N.), wurde 

verbundene Gruppen; so besteht in den ,Schutz- es spater unter dem Einfluss des ionisch-attischen 

flehenden' des Aischylos der Ch. aus den Danaiden Silens-Typus umgestaltet. Ein kurzer Bocksfell- 

und ihren Dienerinnen , in den ,Schutzfiehenden' Schurz, an dem vorne der aufgerichtete Phallos, 
des Euripides aus den Muttern und ihren Diene- 30 riickwarts der Schwanz befestigt ist , bildet seit 

rinnen (Arnoldt Chortechnik des Euripides 71f.). der Mitte des 5. Jhdts. neben der Maske mit 

Bei dem grOsseren Ch. der Komoedie war eine Pferdeohren den wesentlichen Bestandteil der Be- 

Teilung in zwei verschiedenartige HalbchOre leich- kleidung; unter den bildlichen Zeugnissen sind 

ter durchfuhrbar, in der ,Lysistrate' besteht der von besonderem Interesse der Pandora-Krater Brit. 

eine Halb-Ch. aus Greisen. der andere aus Frauen. Mus. Catal. HIE 467 (Journ. Hell. XI Taf. 11) 

Dass dergleichen Ofters vorkam, geht aus Schol. und die Neapeler Vase 3290 H. (Mon. d. Inst. Ill 

Aristoph. Eq. 509 hervor, wo berichtet wird, dass 31), vgl. Wieseler Das Satyrspiel. Wernicke 

bei der Teilung des Ch.s in zwei Gruppen die Herm. XXXII 1897, 290f. S. Satyrspiel. 

beiden HalbchOre ungleich gross gewesen seien, Die Bolle des Ch.s bei den Auffiih- 
z. B. dreizehn Manner und elf Frauen, dreizehn40rungen der klassischen Zeit. Der Ch. zieht 

Frauen und elf Kinder, mehr Greise als Jiinglinge durch die Parodos (s. d.) in die Orchestra ein, 

umfasst hatten. nur in seltenen Fallen kommt er aus der Skene ; 

Von der Mannigfaltigkeit der Eollen, in denen vgl. DOrpfeld-Eeisch Das griech. Theater 

die dramatischen Chore erscheinen konnten, geben 181. In der Eegel marschiert der tragische Ch. 

■die erhaltenen Dramen noch Zeugnis. Insbe- mit einer Front von drei, der komische mit einer 

sondere schaltet die Komoedie mit grosser Frei- Front von vier Mann ein (s. o.). Fiir den Einzug 

heit, indem sie den Ch. auch aus Tiergestalten, mit einer breiteren Front von sechs Mann hat 

Phantasiegestalten, Personificationen aller Art zu- man bei Aristophanes Beispiele nachweisen wollen; 

sammensetzt ; ubermenschliche Wesen (,Okeani- vgl. Arnoldt Ch.-Partien bei Aristophanes 35f. 
-den' im Prometheus, ,Eumeniden' im letzten Stuck 50 Ausnahmsweise erfolgt der Einzug der Choreuten 

der Orestie) hat auch die altere Tragoedie mehr- onoQ&drjv, einzeln oder in kleinen Gruppen (Poll, 

fach verwendet, wahrend seit der sophokleischen IV 109), so in den ,Eumeniden' (Vit. Aeschyli) 

Zeit grOssere EinfOrmigkeit in der Auswahl der und im Oed. Col. 117f. In zwei getrennten Ab- 

Choreutenrollen Platz greift. teilungen ist der Ch. in der Eegel dann einge- 

Die Charakteristik der Choreuten in Kleid zogen, wenn er aus zwei verschiedenartigen Halb- 

und Maske war im wesentlichen in der gleichen chOren bestand, wofur die ,Lysistrate' ein Beispiel 

Weise durchgefiihrt , wie bei den Schauspielern, giebt; vgl. auch Eurip. Troad. 152. 165. Durch die 

vgl. A. Muller 226f. 270f., s. Schauspieler, Handlung bedingt ist es, wenn im ,Aias' der Ch. 

Masken. Dass auch das Schuhwerk der Cho- in zwei Teile geteilt nach verschiedenen Seiten 
reuten in seinem Schnitt dem der Schauspieler 60 abzieht und bei der Epiparodos (s. d.) durch ver- 

ahnlich war, darf man aus der Gleichheit der schiedene Zugange wieder herein kommt. Ganz 

Namen schliessen (Crusius Phil. XL VIII 203), vereinzelt endlich sind die Falle, wo der Ch. schon 

•doch miissen die Schuhe der tragischen Choreuten, bei Beginn des Stiickes anwesend und in ruhender 

um zum Tanze geeignet zu sein, geringere Hohe Haltung vor der Skene angeordnet erscheint, wie 

der Sohlen gehabt haben als die Kothurne der in Euripides ,Schutzflehenden'. Der Einzug, der 

Schauspieler. Wenn Istros (Vita Soph. 128 W.) in der altesten Zeit das Drama erflffnete (vgl. 

berichtet, Sophokles habe tag Isvxag xerjmdag Aischylos ,Perser' und ,Schutzflehende') , erfolgt 

fiir Schauspieler und Choreuten zuerst in An- spaterhin immer erst wahrend oder nach dem Pro- 



2397 Chor Chor 2398 

logos. Der alteren Sitte entspricht es, dass der Aristoph. Ekklesiazusen), worauf dann ein zweiter 

Ch. unter Gesang oder parakatalogischem Vor- Einzug (emxaQodos) erfolgen musste. 

trag (s. u.) einzieht; der Marsch erfolgte dann Der Abzug des Ch.s am Schlusse des Stiickes 

wahrend der Anapaste. Aus der Lange dieser {egodog, ayodog Poll. IV 108) geschah in der 

anapastischen Systeme in den Dramen des Ai- alteren Tragoedie mit ahnlichem oder noch grOsse- 

schylos und in Sophokles ,Aias' hat man mitBecht rem Pomp als der Einzug; die Schlussstiicke der 

auf einen feierlichen Umzug langs des Orchestra- aeschyleischen Trilogieen ,die Eumeniden' und die 

Umkreises geschlossen. Inwieweit dort, wo die ,Sieben' konnen uns davon eine Vorstellung geben. 

anapastischen S}'steme kurz sind oder ganz fehlen, Spater wird eine rascherere und weniger feier- 
auch ein Teil der lyrischen Strophen wahrend 10 liche Art des Abzuges, die sich zuerst bei den 

der Marschbewegung gesungen wurde, ist eine Anfangs- und Mittelstiicken der Trilogie einge- 

strittige Prage. Allzu weitgehende Polgerungen burgert hatte, allgemein iiblich. Die wenigen 

iiber die Art des Einmarsches hat Myriantheus anapaestischen Verse, wahrend welcher bei So- 

(Die Marschlieder im griech. Drama) zu ziehen phokles und Euripides der Ch. abzuziehen pflegt, 

versucht. In sehr vielen Fallen zieht aber der lassen ein rasches Abtreten der Choreuten er- 

Ch. schweigend ein, wobei entweder nur die xpikr) schliessen. 

avXtjaig oder die am Schlusse des Prologes vom Vortragsweise der chorischen Partien. 
Schauspieler vorgetragenen Trimeter oder Mono- Uber die Vortragsweise der in den Hss. dem Ch. zu- 
dien die Rhythnien des Marsches angaben ; der gewiesenen Partien besitzen wir keine zureichende 
Ch. tragt dann erst, nachdem er in der Orchestra 20 Uberlieferung und konnen meist nur aus Inhalt 
angelangt ist, die melische Parodos unter ent- und Versmass der betreffenden Partien Schlusse 
sprechenden Tanzbewegungen vor (A. Milller271) dariiber ziehen. Die kleineren Zwischenreden, 
und verbleibt wahrend des ganzen Dramas in meist 1 — 3iambische oder anapaestische Verse, 
der Orchestra (s. o.). Die nach dem Vorgang die Bemerkungen nach den Beden der Schau- 
G. Hermanns von A. Miiller u. a. verfochtene spieler, Ankiindigungen von Auftretenden und Ant- 
Hypothese, dass der Ch. auf einem besonderen worten auf ihre Pragen oder Aufforderungen an 
Gerust in der Orchestra gestanden habe, darf heute den Ch. enthalten, werden gewiss mit Becht dem 
als widerlegt gelten, s. Orchestra, Thymele. Ch.-Fiihrer zugewiesen, der die Aufgabe hat , zwi- 
Die Choreuten werden sich in der Nahe der Schau- schen dem Gesang des Ch.s und dem Dialog zu 
spieler und der Skene wahrend der Epeisodien so auf- 30 vermitteln. Dass auch die Anapaeste, wahrend 
gestellt haben, dass sie den Zuschauern den Aus- deren der Einzug des Ch.s erfolgte, vom Ch.-Fiihrer 
blick auf die Mitte des Spielplatzes nicht verdeck- allein vorgetragen wurden , wird jetzt fast all- 
ten; wie es scheint, standen sie meist in der Nahe gemein angenommen. Gleiches gilt von den wenigen 
des einen oder, in Gruppen geteilt, in der Nahe Versen des Ch.s am Schlusse der Dramen des 
beider Zugange. So erklart es sich, dass sie die Sophokles und Euripides, den ,Exodika' (Schol. 
durchdieParodoinahendenPersonenherankommen Arist. Vesp. 270. Arnoldt 358), in denen all- 
sehen und von den Schauspielern, die auf die Skene gemeine Betrachtungen , Anreden an die Schau- 
zuschreiten, in der Begel zuerst gesehen und spieler, den Ch. oder das Publicum (Eurip. Iph. 
angesprochen werden; vgl. DSrpfeld-Reisch Taur. Phoen. Orest.) enthalten sind; vgl. Arnoldt 
Das griech. Theater 182. An eine regelmassige 40 Chor. Technik des Euripides 355. Muff Cho- 
Teilung in Halbchore wird man dabei in der Tra- rische Technik des Sophokles 10. tfber die Streit- 
goedie nur selten, haufiger in der Komoedie zu frage, welche Ausdehnung dabei der melodrama- 
denken haben, wie auch Hephaistion p. 71 an- tische Vortrag hatte, s. Parakataloge. Bei den 
giebt, dass die Choreuten der Komoedie vor der lyrischen Partien des Ch.s und bei den Wechsel- 
Parabase avxmQoowjzov all^loig axavxsg angeordnet gesangen, insbesondere bei den xopfiol (s. d.), ist 
waren. In der Begel wird wahrend der Epeisodien neben dem Ch.-Fiihrer auch der iibrige Ch. be- 
einefreiere Art der Aufstellung iiblich gewesen sein ; teiligt; beim Vortrag dieser epeisodischen Ch.- 
nicht selten sehen wir den Ch. auch in lebhaftere Lieder wird eine Teilung des tragischen Ch.s 
Bewegung geraten, sei es, dass er zu den Thiiren in einzelne Gruppen, auch ein Hervortreten ein- 
der Skene sich drangt, sei es, dass er den Schau- 50 zelner Choreuten angenommen werden diirfen (vgl. 
spielern in den Weg tritt oder mit ihnen hand- Arnoldt Chorische Technik bei Euripides 226f.), 
gemein wird. ohne dass man in der Individualisierung des Ch.s 

Dagegen muss man fur den Vortrag der Ch.- zu weit gehen diirfte. Sicher steht fur Aga- 

Gesange ein engeres Zusammenschliessen und eine memnon 1344; Eumeniden 585f. (vgl. 252) Aias 

kunstvoll-orchestische Anordnung des Ch.s anneh- 866; Trach. 863; Oed. Col. 117, dass die er- 

men. Wahrend der Stasima ist nur in seltenen regt gesprochenen Verse auf einzelne Choreuten 

Fallen ein Schauspieler anwesend, der dann in verteilt waren. Ahnliches mag Sfter in der Ko- 

ruhiger Haltung vor der Skene weilt (Arnoldt moedie geschehen sein, wofiir die .Lysistrate' ein 

Chor. Technik des Euripides 42f.). In der Begel Beispiel giebt (v. 696f.), vgl. A. Miiller 218. 417. 
ist daher der Ch. wahrend dieser Gesange der 60 Fur den Vortrag der Stasima in der Tragoedie 

Riicksicht auf die Skene entbunden und ganz sich ist eine Verteilung von Strophe und Antistrophe 

selbst iiberlassen. Beim Vortrag der Parabase auf die beiden Halbchore nicht anzunehmen, s. 

wandte der Ch., der wahrend der Epeisodia den Aixogt'a und'H/tixoQiov. Hemichorischer Vor- 

Schauspielern halb zugekehrt war, sich den Zu- trag fand wohl iiberhaupt nur dort statt, wo der Ch. 

schauern zu (naQaf}alveiv, Heph. p. 71). aus verschiedenartigen Bestandteilen zusammen- 

Nurausnahmsweise erfolgte wahrend des Stiickes gesetzt war (s. o.) oder durch die Situation eine 

•ein Auszug des Ch.s (/uEtdaraaig Poll. IV 108, Zweiteilung des Ch.s erfordert war. In der Ko- 

wgl. Aischylos Eumeniden, Soph. Aias, Eurip. Alk., moedie sind solche Halbchore bezw. Doppelchore 



2399 Chor Chor 2400 

Ofters verwendet worden (s. o.), auch ist durch CXXXVII 163). Die charakteristische Tanzart 

den Gang der Handlung hier Ofter als in der der SatyrchOre ist die Sikinnis (s. d.) ; doch mag 

Tragoedie eine Teilung des Chs eingetreten. Aber hier grosse Mannigfaltigkeit geherrscht haben. 

auch dort, wo der Ch. eine Einheit bildete, scheint, Auf die axrjftara des Satyrchors weist Euripides 

entsprechend der grOsseren Zahl der Choreuten, Kykl. 220 hin. Sophokles hatte in seinem ,Am- 

hemichorischer Vortrag die Eegel gebildet zu phiaraos' die Buchstaben eines Namens durch Tanz- 

haben. flguren dargestellt, Athen. X 454 P. 

Die Vermutungen iiber die Eollen, welche in Auch in der Komoedie spielt der Tanz eine 

der Tragoedie den Halbchorfiihrern zuflelen, ent- grOssere Eolle als in der Tragoedie. Hyporche- 

behren meist einer geniigenden Grundlage. Falle, 10 mata waren hier zahlreich (Athen. XIV 630 E). 

wo ihr Eingreifen sicher scheint, wie Aesch. Sept. Besonders beliebt war der xogSag" (s. d.), eine 

355, sind vereinzelt. Dagegen lost in der Ko- lebhafte und unziichtige Tanzart (Aristoph. Nub. 

moedie der Halbchorfiihrer mit dem Vortrag der 540. Theophr. char. 6). Auch die Reden der 

Antepirrhematica wohl regelmassig den Koryphaios Schauspieler haben die Choreuten vielfach mit 

ab, aer die Epirrhematica vortragt; vgl. Zie- mimischen Tanzgeberden begleitet (Schol. Ari- 

linski Gliederung 266. stoph. Nub. 1352. Bergk Litt.-Gesch. Ill 165), 

Von der Parabase ist der ganze erste Teil ' was iibrigens auch der alteren Tragoedie nicht 

(der sich in xo/xfiatiov, jTagajSaois, [uxxqov (nvTyos) vOllig fremd war. Welche Ausdehnung der Ch.- 

gliedert), wie nach dem Vorgang Hermanns jetzt Tanz wahrend der von den Chorfiihrern allein 
fast allgemein angenommen wird, ebenso im zwei- 20 vorgetragenen Partieen hatte, hat Zielinski 

ten Teil das kniQqrjfia und avzsntQQrjfia vom Ch.- Gliederung 349 gezeigt. Im ,Plutos' scheinen die 

Piihrer (bezw. Halbchorfiihrer), der hier den Dichter Choreuten (iberhaupt nur als Tanzer verwendet 

vertritt, allein vorgetragen worden; die Prage, worden zu sein, wahrend die Gesangspartieen vom 

ob Ode und Antode vom Gesamt-Ch. oder von Koryphaios allein vorgetragen wurden (Zielinski 

den beiden Halbchoren gesungen wurden, darf 273). So erklart es sich, dass auch die jiingere 

man wohl auch hier zu Gunsten des hemicho- Komoedie auf den Tanz nicht vSllig Verzicht 

rischen Vortrages entscheiden, s. Parabase. leistete (s. u.). 

Alle selbstandigen Gesange des Ch.s sind Die Vortrage und Tanze des Ch.s werden in 

— wenigstens in alterer Zeit — unter Tanzbe- der Eegel von FlOtenmusik begleitet, die bei den 

wegungen vorgetragen worden. Als Grundschema 30 komischen wie bei den tragischen ChOren seit 

fur die Tanzaufstellung wird man das rezQaymvov den Anfangen des Dramas iiblich war. Wie es 

exfjfta ansehen diirfen; denn wenn die Nachrichten scheint, war jedem Ch. immer nur ein FlOtenspieler 

darilber auch erst spat sind (s. o.), so haben wir beigegeben (Kahler Comment. Ribbeck. 317), der 

doch keinen Grund, sie fur unrichtig zu halten. dem Ch. beimEinzug und Auszug vorauszog, Schol. 

Das schliesst natiirtich nicht aus , dass unter Aristoph. Vesp. 582 ; vgl. Kratin. frg. 276 K. (bei 

Umstanden auch kreisfOrmige Tanze stattfinden Suid. I 2, 324 s. egodioi vofioi). Die PlOte wird 

konnten {evxvxXos x°8 s ' a Aristoph. Thesmoph. als Begleitinstrument in den Dramen selbst mehr- 

968. 953). Von dem Tanze selbst vermOgen wir fach erwahnt; vgl. Soph. Trach. 217. Arist. A v. 

kein klares Bild zu gewinnen. Die Annahme, 268. 659. 683; Eccles. 891. In spaterer Zeit scheint 

dass bei Strophe und Antistrophe ein Umwandeln 40 die iptlij avXrjatg insbesondere in der Komoedie 

des Altars erst in der einen, dann in der andern grOssere Bedeutung gewonnen zu haben , da an 

Eichtung stattgefunden habe, beruht auf der von Stelle der Tanzgesange vielfach gesangloser Tanz 

Crusius (Commentationes Eibbeckianae 3f.) mit mit FlOtenmusik getreten war. Uber die Aus- 

Eecht zuriickgewiesenen Voraussetzung, dass Stro- wiichse der begleitenden FlOtenmusik vgl. Hor. ad 

phe und Antistrophe mit bestimmten .Wendungen' Pis. 202, s. Auletik. 

vorgetragen worden seien. In der Zeit des Thespis, Neben der Flote ist nicht nur beim Unter- 

Phrynichos und Aischylos mussen die Tanze der richt, sondern auch beim Vortrag gelegentlich 

Tragoedie ungemein mannigfaltig gewesen sein, Kitharspiel verwendet worden vgl. Plut. de glor. 

vgl. Aristoph. Vesp. 1478. Phrynich. frg. 3 (Schol. Athen. 6. Sextus Emp. ngo? fia&tip. VI 17 p. 751 

Aristoph. Ean 688. Bergk Litt.-Gesch. Ill 266). 50 Bekk. Hor. ad Pison. 216. Gevaert Hist, de 

Aristoph. frg. 677f. Athen. I 22 A. Einige Namen la musique II 518. Schon im Wettstreit zwi- 

tragischer Tanze hat noch Poll. IV 105 uberliefert. schen Euripides und Aischylos bei Aristophanes 

Seit der zweiten Halfte des 5. Jhdts. haben die (Ean. 1281. 1304) scheint auf solche gelegent- 

Tanze mehr und mehr ein typisches Schema an- licheVerwendungderKitharaangespieltzuwerden. 

genommen, die Vernachlassigung des Tanzes wird Sophokles hat als Thamyris selbst die Kithara 

schon vom Komiker Platon frg. 130 K. scharf ge- gespielt (Athen. I 20 F); kitharspielend erschien 

tadelt. Fiir die Stasima war die als Emmeleia (s. wohl auch Agathon bei Arist. Thesm. 1 OOf. Eine 

d.) bezeichnete Tanzart vorherrschend. Dochfehlte Kithara sehen wir in den Handen eines Choreuten 

es auch in der Zeit des Sophokles und Euripides sowie neben dem sitzenden Dichter auf der Satyr- 

nicht an Ch.-Gesangen, die mit lebhaft bewegtem 60 spielvase in Neapel 3240 H. Ein xSaQiafia in 

Tanz vorgetragen worden sein mussen ; vgl. Soph. Baxxwv Evgimdov wird erwahnt in der Inschrift 

Ant. 1115; Ai 693; Oed. E. 1086; Trach. 205. Bull. hell. XVIII 85. In der Eegel wurde die 

Eur. El. 857; Here. fur. 763; Bacch. 1153. Kithara wohl nur beim Einzelgesang, nicht beim 

Hauflger als in der Tragoedie sind die leb- Ch.-Gesang verwendet. Ein x«(>os<i&a(>evs rgayixos 

hafteren Ehythmen und Tanze im Satyrspiel; vgl. wird in der Inschrift von Aphrodisias CIG 2759 

Cramer Anecd. Paris I 20; sie fanden sich hier (2. Jhdt. n. Chr.) zwischen x°Q a ^ns und x°S°- 

auch schon bei den Einzugsliedern (Marius Victor. xi&aQsvg genannt (denn diese Lesart verdient wohl 

II 11. VI 99 K; vgl. Blass Jahrb. f. Philol. den Vorzug vor der bei Le Bas-Waddington 



2401 Chor Chor 2402 

1620 a. Liermann Dissert. Hal. X 115. 119 ge- Lukillios Anth. Pal. XI 11 wird das %oqov exeiv 

gebenen: x°e<? *ea.yix$). als charakteristisch fur den Tragoeden wie fur 

Der dramatische Ch. in der hellenisti- den Choraules bezeichnet. 

schen .Zeit. Es ist neuerdings vielfach die Mei- Wenn daher in den Technitenverzeichnissen der 

nung kusgesprochen worden, dass seit dem Be- delphischenSoterien(Wescher-FoucartInscrip- 

ginn der hellenistischen Zeit der dramatische Ch. tions de Delphes 3 — 6) tragische Choreuten nicht 

vollig abgeschaftt worden sei; vgl. Liiders Dio- besonders angefiihrt werden, so liegt es nahe, 

nysische Klinstler 116f. Christ S.-Ber. Akad. anzunehmen, dass die Mitglieder der Auleten- 

Miinchen 1894, 22. Bethe Prolegomena zur Ge- chore auch als Choreuten der Tragoedie verwendet 
schichte des Theaters 245. Es fehlt aber, wie 10 worden sind (v. Jan Verhandl. XXXIX. Philologen- 

mir scheint, nicht an Thatsachen, die den Port- vers, zu Zurich 87). Auf einen Ch., der im Drama 

bestand des Ch.s bis in die romische Zeit hinein mitgewirkt hat, scheint auch die Angabe der deli- 

wenigstens filr die Tragoedie mit geniigender schen Inschrift von 279 v. Chr. (Bull. hell. XIV 

Sicherheit erschliessen lassen ; vgl. Capps Amer. 396 Z. 85) zu weisen: x°6V X V yevo/ievq) rotg 

journ. of archaeol. 1895, 287, DOrpfeld-Reisch xco/xcodoig xai xm xQayq>Scp Agdxovxi xots sjciSsi- 

Das griechische Theater 258. ^a/xevois rep fist? Sades .... An den Ch. der Arj- 

Fiir die aristotelische Zeit ist der Tragoeden- hades, der in der Zeile vorher ausdriicklich als 

Ch. vielfach bezeugt; vgl. Arist. Poet. 18, 1456; x°9°s ywaixwv bezeichnet wird, wird man hier 

Pol. Ill 3, aber auch die pseudo-aristotelischen darum nicht denken kOnnen, weil der Ch. offen- 
,musikalischen Probleme' {jiQo(iXr)ij,. <pvo. XIX ; 20 bar irgendwie bei oder nach der emSeil-is in Tha- 

vgl. Ruelle Rev. des etudes gr. IV 236f.), die tigkeit getreten ist (vgl. Z. 100: Ch. fur den 

als nachtheophrastisch betrachtet werden (s. Bd. II Pletenspieler Timostratos). 

S. 1047), setzen ihn uberall voraus, p. 918 b. War aber bei den Wiederauffiihrungen der 

920 a. 922 b. Dass auch Tragoeden-Choregie fur ,alten Tragoedien' der Ch. iiblich, so wird es 

eine Anzahl von Orten bis ins 2. Jhdt. hinein schwer, sich die ,neuen Tragoedien' ohne Ch. zu 

bezeugt ist, mag man nicht als entscheidend an- denken ; bisher fehlt es uns wenigstens an irgend 

sehen, da die Choregie (s. d.) der spateren Zeit einem Zeugnis dafiir, dass im griechischen Alter- 

nicht notwendig die unmittelbare Fiirsorge filr turn die Kunstform der chorlosen Tragoedie be- 

einen Ch. in sich schliesst. Wohl aber fallt die kannt gewesen sei. Fur den ununterbrochenen 
Thatsache schwer ins Gewicht, dass die alteren 30 Fortbestand des Tragoeden-Ch.s bis in die rOmische 

Tragoedien, vor allem die des Euripides, die ganze Zeit tritt jetzt auch Leo Bh. Mus. LII 518 ein. 

hellenistische Zeit hindurch aufgefuhrt worden Naturlich ist aber dieser Tragoeden-Ch. der 

sind. Die Annahme, dass dabei die Ch.-Gesange hellenistischen Zeit in vielen Beziehungen ver- 

teils ganz gestrichen, teils durch einen Sprecher schieden von dem Ch. des 5. Jhdts. Schon seit 

vorgetragen worden seien, lasst sich nicht er- der euripideischen Zeit war immer weniger Ge- 

weisen. Denn die dafur citierte Stelle des Dio wicht auf die Tanztiguren des Ch.s gelegt worden; 

Chrysost. XIX (LXIX) 487 K., II p. 258 von Amim in spaterer Zeit scheinen die tragischen Choreuten 

bezieht sich nur auf Einzelrecitationen der Kaiser- ihre Gesange fast ohne Tanzbewegung vorgetragen 

zeit. Es ist wohl denkbar, dass in kleinen Thea- zu haben; Diogenes der Babylonier bezeugt fur 
tern vom Range moderner Winkelbuhnen gelegent- 40 das Drama des 2. Jhdts. v. Chr. den Wegfall 

lich klassische Tragoedien in solcher Verstumme- der oQxrjois (bei Philodem. de mus. IV 7 p. 70 K.). 

lung vorgefiihrt wurden, als die Regel darf man Auch die Anzahl der Choreuten ist jetzt ver- 

es nicht betrachten. Aristophanes von Byzanz ringert worden; dies erklart sich leicht daraus, dass 

hat iiber mannigfaltige Veranderungen , die die die Choreuten von den Vereinen der ,dionysischen 

Dramen bei spateren Auffiihrungen erfahren haben, Kiinstler' beigestellt und auch vielfach von diesen 

berichtet, von einer derartigen tiefeingreifenden Vereinen oder den einzelnen Tragoeden selbst 

Umgestaltung, wie der Wegfall des Ch.s sie be- besoldet werden mussten ; sieben Choreuten sehen 

dingen wiirde, weiss er nichts ; die Notiz Schol. wir auf dem kyrenaeischen Wandgemalde (s. o.); 

Eur. Or. 176 setzt vielmehr den Ch. auch im auf den Brauch, eine kleine Schar von Sangern 
Theater seiner Zeit voraus (v. Wilamowitz Eu- 50 durch Statisten zu einem vollen Ch. zu erganzen, 

ripides Herakles I 152). Auch die lateinischen scheint sich Menander frg. 165 K. zu beziehen. 

Dichter vermochten, als sie griechische Tragoedien Auch fur das Satyrspiel der hellenistischen 

fur das romische Theater bearbeiteten, den Ch. Zeit lasst sich, soweit unser durftiges Material 

nicht vOllig zur Seite zu schieben. Schliisse erlaubt, der Fortbestand des Ch.s be- 

In der That ist nicht abzusehen, warum in haupten. Fur die Satyrspiele des Sositheos geht 

der hellenistischen Zeit, wo filr die Vortrage von dies aus der Fassung des Dioskorides-Epigrammes 

Floten- und Kitharspielern die Mitwirkung von Anthol. Pak VII 707 hervor; ebenso setzt ein 

Choren allgemein iiblich ist (vgl. Choraules, Fragment aus dem ,Menedemos' Lykophrons bei 

Xogox i&agevs , Choropsaltria, XoqikoI Athen. X 420 a den Satyr-Ch. voraus. Auch ein 
ay fives), bei Tragoeden der Ch. in Wegfall ge- 60 pompeianisches Mosaik der casa del poeta,- das 

kommen sein sollte. Hat doch selbst der Tra- wohl einem hellenistischen Original nachgebildet 

goede Iason am Hofe des Partherkonigs Orodes ist (Mus. Borb. II 56. Wieseler Theatergebaude 

(53 v. Chr.) bei dem Vortrag einer Partie der T. VI 1) zeigt uns zwei Satyrchoreuten ; vgl. 

euripideischen Bakchen seinen Ch. mit (Plut. Crass. Robert Gott. Gel. Anz. 1897, 40. Chorisches 

33). Ebenso sehen wir auf dem Wandgemalde Satyrspiel haben auch die Romer vor Augen ge- 

eines kyrenaeischen Grabes bei Wieseler Theater- habt, als sie die griechische Dichtungsform auf 

gebaude T. XIII die trs&jschen Schauspieler von die romische Biihne zu iibertragen versuchten, 

sieben Choreuten begleitet, und im Epigramm des wie Horaz ad Pisones 220 lehrt. Welcher Art die 

Pauly-Wissowa III 76 



2403 Chor Chora 2404 

hellenistischen SatyrchOre geweser. seien, wissen (J. Miillers Handb. d. Altertumswissensch. V 3) 

wir freilich nicht. VielleicM sind hier die Cho- 274f. [ReiscL.] 

reuten mehr als Tanzer derni als Sanger thatig Chora (rj Xwga d. h. appellativisch die Statte 

gewesen. einer Niederlassung), Name verschiedener firtlich- 

Anders steht die Frage fur den Ch. in der keiten, die meist von der Kfiste etwas abgelegen 

Komoedie der hellenistischen Zeit. Ausdriicklich waren, in Gallien, Agypten, Thrakien. Der Name 

bezeugt ist ein komiscber Ch. von sieben Personen scheint erst in spaterer Zeit (frtihester Gewahrs- 

fiir die erste Halfte des 3. Jhdts. v. Chr. durch mann Plinius d. a.) haufig angewendet wor- 

die Technitenlisten des delphischen Soterienfestes den zu sein. Heutzutage ist der Name in von 
(s. o.), und auch noch bei dem kleinen Fest der 10 Griechen bewohnten Gegenden fur grosse Dorfer 

winterlichen Soterien um 150 v. Chr. werden vier vielfach tiblich. 

XOQsvrai xco/uqidov genannt (E<pt}fi. &qx- 1883, 1) Stadtchen in Thrakien an der Propontis, 

161. 1884, 218) ; ilberdie delische Inschrift von 279 gegenuber der Insel Prokonnesos, mit einer Rhede 

v. Chr. s. o. S. 2402. Allein dieBeziehung dieser (beimjetzigen^j'. remgyiog), 4,6 km. sudlich von 

Choreuten zu den Schauspielpersonen der einzelnen Ganos, 6,6 km. nordOstlich von Myri6phyton (tiirk. 

Stiicke kann nur sehr locker gewesen sein. Zwar Mirefte) an dem Kustenwege langs der Propontis. 

steht offenbar noch in dem Stiicke des Diphilos, Ob Ch. der alte Name der Stadt war, ist zweifel- 

das Plautus im ,Rudens' nachgebildet hat, der haft. Inschriften weisen auf alte Besiedlung und 

Ch. in unmittelbarer Beziehung zu dem Gang die Verehrung des Apollon Mvgxrjvog hin (A. Pa- 
der Handlung. Aber im allgemeinen fiihrte, wie 20padopulos-Kerameus 'Ell. <Pdol. Svll. iv 

wir das schon bei Aristophanes ,Ekklesiazusen' Kwvjnolei XII nagagx. 104), der wohl dem sonst 

und ,Plutos' sehen, die Entwicklung der Ko- bekannten Apollon Mvgxcpog entspricht. Byzan- 

moedie immer mehr zu einer Einschrankung der tinische Reste s. A. Papadopulos a. a. 0. Im 

Ch. -Vortrage, wahrend die alte Vorliebe der Ko- Mittelalter leisteten die Einwohner dem byzanti- 

moedie fur lebhafte pantomimische Tanze leben- nischen Kaiser Ioannes Kantakuzenos 1343 n. Chr. 

dig blieb. Der Ch. sinkt immer mehr zu einer Widerstand. Bei der Besttirmung soil ein Erd- 

Schar von stummen Personen herab, denen nur beben einen grossen Teil der Mauern zerstSrt 

noch die Aufgabe zufallt, in den Pausen der Hand- haben. Der Kaiser verbot die Plunderung und 

lung die Zuschauer durch ihre T&nze zu ergetzen. setzte Archonten (d. h. Aedilen) ein , die die 
Als ein Hinweis auf solche Ch.-Tanze ist wohl 30 Mauern herstellten, dass sie besser als zuvor waren. 

die Aufschrift Xogov zu verstehen, die sich nach Hernach fielen die Einwohner vom Kaiser ab und 

dem Zeugnis Vit. Aristoph. 11 p. XXVIII Diibner stellten sich auf die Seite der Kaiserin Anna, 

in den Hss. der jtingeren Komoediendichter vor- Ioann. Cantac. II 47 Sch. Jetzt tj Xa>ga; das 

fand. So mOgen allmahlich die Ch.-Tanze vollig Ortchen erscheint beim Voriiberfahren an der 

aus dem Verbande des Stiickes losgelfist worden Kuste recht unbedeutend, aber gfinstig gelegen. 

seien, so dass der Ch., wie die romischen Nach- 2) In Thrakien. Nach Ioannes Kantakuzenos 

bildungen der neueren Komoedie uns zeigen, auch III 35 Sch. ein Kloster (fiovrj) , in das 1342 n. 

vollig in Wegfall kommen konnte. Chr. ein gewisser Sabas verbannt wurde. Nicht 

Ch. im romischen Drama. Die Rolle, die dasselbe, wie der befestigte Ort Ch., dessen Bewoh- 
der Ch. im Drama der Remer spielt, ergiebt sich 40 ner dem Kaiser 1343 Widerstand leisten wollten. 

unmittelbar aus den litterarischen und socialen [Biirchner.] 

Verhaltnissen, die bei der Ubertragung des griechi- 3) Xmga bezeichnet in Rhodos das engere 

schen Dramas nach Rom massgebend waren. In Heimatland , Hauptstadt und Insel Rhodos , im 

der Komoedie ist der Ch. bis auf wenige Rudi- Gegensatze zur Peraia an der karischen Kiiste — 

mente vollig beiseite geblieben (s. o.) ; vgl. Dio- und sicherlich auch zu den rhodischen Inseln. Es 

medes GL I 491 Keil. In der Tragoedie fiillt gab einen besonderen arQarayog sm xav %<oqo.v, 

der Ch. mit seinen Gesangen die Pausen der Hand- dem der oxQaxaybg em xo negav gegeniibersteht, 

lung aus (Hor. ad Pison. 193. Donat. Argum. Hiller v. Gaertringen Athen. Mitt. XX 1895, 

Andr.), greift aber nur selten in die Handlung 377ff., 3 (= IGIns. I 49) Z. 25, vgl. S. 382ff., 4, 
selbst ein; vgl. Grysar S.-Ber. Akad. Wien. XV 50 an anderer Stelle noch genauer bezeichnet als 

(1855) 384. Ribbeck ROm. Tragoedie 607. 631f. oxgaxayrjaag ex navxmv [em xag] x<*>Qag rag iv 

0. Jahn Herm. II 227. Capps Amer. journ. xat vdoacoi, IGIns. I 701. Unter diesem Strategen 

of archaeol. X 297. Die Rolle, die dem Ch. im stand der aye/j,d>v em xag x°>8 a s (IGIns. I 44. 

Drama des 1. Jhdts. n. Chr. zufallt, hat Leo M. Holleaux Bull. hell. XVIII 1894, 398); der 

Rh. Mus. LII 509 charakterisiert. Inwieweit in einzige uns bekannte bekleidete sein Amt in Kriegs- 

alterer Zeit an Stelle wirklichen Ch.-Gesanges der zeit, d. h. wohl wahrend einer feindlichen Inva- 

Einzelvortrag des Ch.-Fuhrers getreten ist, bedarf sion der Insel (xaxa jioleftov = mithradatischer 

noch naherer Untersuchung ; vgl. Leo Plautin. Krieg von 88 v. Chr.?). Bekanntlich haftet heut- 

Forschungen 85. Der Ch. besteht aus berufs- zutage der Name Ch. namentlich in der griechi- 
massig ausgebildeten Mannern , meist Sclaven 60 schen Inselwelt vorzugsweise an den Hauptorten. 

griechischer Herkunft; er wird vom FlOtenspieler [Hiller v. Gaertringen.] 

chorieis tibiis, i. e. choraulicis begleitet, die An- 4) 'H x«>e a ls ^ g anz natflrlich auch in den 

zahl der Sanger ist unbestimmt, Diomedes GL I griechischen Inschriften und Papyrus aus Agypten 

791; vgl. Friedlander bei Marquardt St.-V. eine sehr gewohnliche Bezeichnung fur dieses 

III 2 545. uber den Ch. im Pantomimus s. d. Land. Genauer heisst es mit Beriicksichtigung 

Litteratur liber den Ch. im Drama bei A. der alten Einteilung in Ober- und Unteragypten 

Miiller Griech. Buhnenaltertumer 202f. G. Oeh- fj xe avco %. xal n xaro>(CIG III 4697 Z. 46), 

michen Biihnenwesen der Griechen und ROmer ^ arco xal xdxco %■ (Leemanns Pap. graec. mus. 



2405 Choragium Chorasmia 2406 

Lugd. Batav. II 29, 9), al' xe avco y.al ai xaxco VI 10085; dispensator summi ehoragii, CIL VI 

X.cooai (CIG a. a. 0. Z. 3). Dementsprechend 10083. Friedlander bei Marquardt St.-V. 

hiess Unteragypten nach Strab. XVII 788. Ptolem. Ill 2 547. [Reisch.] 

IV 5, 45. 55 in der Volkssprache (xalzTzcu xoi- Choragus, bei den Eemern derjenige, der die 

v&$) i) xaxco %., mid diese Bezeichnung wird der fur die dramatischen Auffiihrungen notigen Aus- 

Angabe bei Plin. n. h. VI 212 Aegypti inferiora riistungsgegenstande (das choragium) zu liefern 

quae Chora voeatur zu Grande gelegen haben hat. Die Bezeichnung ist vom griechischen yo- 

(vgl. XIII 42). Die analoge Bezeichnung fur Ober- Qtjyos entlehnt, doch hat der rOmische Ch. eben nur 

agypten f\ avco x.- (Strab. XVII 819) erscheint eine der Verpflichtungen, die den griechischen Cho- 
beim Geogr. Bav. II 21. Ill 2 als Anoeura, Ad- lOregen (s. Xogriyia) in der spateren Zeit oblagen, 

noeura. An manchen Stellen scheint ubrigens und ist in mancher Beziehung eher dem i/uarto- 

i) x- im Gegensatz zu der eine Ausnahmestellung fiiodijg (s. d.) gleichzustellen. Da in Bora die mit 

eiimehmenden Hauptstadt Alexandreia zu stehen der Leitung der Spiele betrauten Beamten wech- 

unddasfibrige Agj'ptenzubezeichnen(O.Hirsch- selten, auch der Director der Schauspieltruppe 

feld S.-Ber. Akad. Berl. 1896, 481). [Sethe.] immer nur fur ein Fest in Dienst genommen 

5) Ort in Gallien. Not. dign. oc. XLII 66 wurde, so fehlte es wenigstens in republicanischer 
praefeetus Sarmatarum gentilium a, Chora Pa- Zeit an einem staatlichen Magazin fur die Aus- 
risios usque. Vgl. Holder Altkelt. Sprachschatz stattungsgegenstande des Theaters und die Schau- 
s. Chora und Cora, der noch Ionae vita Colum- spielkleider. Daher tibergiebt der Staat (d. h. 
bani 39 anfiihrt, wonach es auch einen Fluss 20 der jeweilige Festleiter) einem privaten Unter- 
gleichen Namens gab (jetzt ,1a Cure', Nebenfiuss nehmer gegen eine bestimmte Entlohnung die 
der Yonne). Damit wohl identisch der Ortsname Verpflichtung , fur Costume u. s. w. zu sorgen, 
Cora bei Amm. Marc. XVI 2, 3. [Ihm.] vgl. Plaut. Pers. 159: xoftev ornamenta (zur Ver- 

6) X6(>a, Bakche auf der chalkidischen Vase. kleidung eines Madchens) ? a chorago sumito. 
Boulez Choix des vases peints Taf. V. Heyde- Dare debet, praebenda aedilesloeaverunt, vgl.Txin. 
mann Satyr- und Bakchennamen 28 (Xoqco). 858 ; Cure. 464. Der Ch. musste naturlich auch bei 
CIG 7459 (Xcooa). Kretschmer Die griech. Va- der Auffiihrung anwesend sein, um alien an die 
seninschr. 64. Ausstattung gestellten Anforderungen zu gentigen, 

7) Nereide, auf der rf. attischen Schale in so dass er in mancher Beziehung auch die Pflichten 
Miinchen 331. Kretschmer a. 0. 202, vgl. 30 eines Begisseurs erfullen konnte, vgl. Schol. Ter. 
Choreia. [Escher.] Eun. V 4, 45 (ecee rure redeuntem seneni): eho- 

Choragium (s. XoQtjysTov, XoQtjyia) , die ragi est administrate, id opportune in proseae- 

Gesamtheit der zur Theaterausstattung erforder- nium (Weinberger Wien. Stud. XIV 123). In 

lichen Dinge (Costume, Maschinen, kiinstlerischer Plautus Curculib 462 halt der Ch. eine Anspracbe 

Schmuck der Skene etc.), das instrumentum seae- an die Zuschauer. [Reisch.] 

narum (Fest. ep. p. 52), vgl. Plaut. Capt. prol. Choraios (Xoiqatog), Vater der Kallithea, 

56 (iniquomst, comieo choragio eonari desubito Schwiegervater des Atys, Grossvater des Lydos 

agere nos tragoediam). Vitruv. V 10. Rhetor, ad und Tyrrhenos in der Sage von der Einwande- 

Herenn. IV 50. 65. Val. Max. II 4, 6. Plin. n. h. rung des Tyrrhenos aus Lydien nach Italien bei 
XXXVI 115. Apul. apol. 13. Wahrend in der 40 Dion. Hal. I 27 (aus Timaios; vgl. I 67 und Ti- 

republicanischen Zeit Privaten die Lieferung der maios frg. 19, FHG I 197 fiber die Lyder des 

Ausstattungsgegenstande iibertragen wurde (s. Tyrrhenos in Italien). [Tiimpel.] 

Choragus), gab es in der Kaiserzeit ein staat- Choramnaioi (Xcoga/ivatoi) , ein wahrschein- 

liches Zeughaus , wo der Biihnenapparat aufbe- lich dem centralen Steppengebiet zugehOriges Volk 

wahrt wurde, um fur die Spiele jedesmal beige- des persischen Reiches. Nach Ktesias bei Diod. 

stellt zu werden. Dieses Magazin erscheint unter II 2 soil Ninos wie die fibrigen Volker des Ostens, 

dem Namen summum choragium auf dem capi- so auch die Choromnaioi unterworfen haben; sie 

tolinischen Stadtplan und bei den Regionariern nehmen ihre Stelle zwischen den Parthyaioi Der- 

(Jordan Topogr. II 117; Forma urbis II 7), es bikes Borkanioi und Karmanioi ein. Ktesias hatte 
lag in der dritten Region in nachster Nahe des50ferner im 10. Buch seiner Persika berichtet: ,die 

flavischen Amphitheaters ; offenbar diente es nicht Ch. sind so wild und schnellfussig , dass sie im 

nur fur die Ausstattung der skenischen, sondern stande sind, Hirsche im Lauf zu erjagen'; Steph. 

auch der andern Spiele. Das Beiwort summum er- Byz. Das Gebiet hiess wohl Choramna , eine 

klart 0. Hirschfeld (Untersuchungen anf dem nominale Bildung derWz. clncar- .glanzen', npers. 

Gebiete der rom. Verwaltungsgeschichte [1876] chwarram, churram ,heiter, froh, frisch' ; viel- 

182) damit, dass wir es hier mit einem kaiser- leicht die wildreichen Oasen am Rande von Kd- 

lichen Depot zu thun haben (im Gegensatz zu histan westlich von Areia. [Tomaschek.] 

dem fur magistratische Spiele aus dem Aerarium Choranthe (Xoq&v [{hj]), Bakchantin auf einer 

oder von Privaten gelieferten Riistzeug), wogegen rf. Vase in Paris. CIG 7452. Frfiher las man 
Th. Mommsen St.-R. 112 1023,2 Bedenken er- 60 Xooovix-q. Heydemann Satyr- und Bakchen- 

heht. Sicher ist, dass der grosse Beamtenkorper namen 30. [Wagner.] 

dieses summum choragium durchweg aus kaiser- Chorasmia (ionisch Xogaoufy), Stadt oder Ge- 

lichen Freigelassenen und Sclaven besteht; in den biet ,gegen Sonnenaufgang von den Parthoi', Sitz 

Inschriften begegnen uns procuratores summi der Chorasmioi, Hekataios frg. 173 bei Steph. 

ehoragii, CIL III 348. VI 297; adiutores pro- Byz. 695 M.; ,diese haben Ackerland, Steppen- 

curatoris summi ehoragii, CIL VI 776. 10086; ebenen und auch Anhehen inne, auf denen wilde 
contrascriptores rationis summi ehoragii, CIL Straucher, zumal Stachelgewachse , sowie Tama- 

VI 8956; medicus rationis summi ehoragii, CIL risken und Weidenbaume wachsen', derselbe bei 



2407 Chorasmia Chorazin 2408 

Athen. II 70 B; eine recht zutreffende Schilde- graphie des Landes wird bei den arabischen Geo- 
lung der Kulturoase von Chiwa — nur dass dabei graphen sehr genau dargelegt; Var- oder bahr-i- 
die Erwahnung des Oxoslaufes fehlt! Herodot Chwarizm bezeichnet den Aralsee; einige Orte 
III 117 ergiinzt diese Llicke, indem er in echt enthalten das Wort methan, zd. maethana; Keith 
orientalischerWeisedenStromAkes(s.d.)schildert, d. i. ,Graben, Umfriedigang' Mess die Altstadt 
welcher, nachdem er im Quellgebiet die Bergriegel und Eesidenz (sahristan) von Chwarizm ; vgl. L e r c b. 
der Thamanaioi Sarangai Parthoi Hyrkanioi und Russ. Eevue 1873, II 445. 565. Dm 630 schildert 
Chorasmioi an fiinf Stellen durchbrochen hat, zu- der siniscbe Pilger Hyuan-Thsang das Reich Ho. 
letzt sein Wasser in der grossen Ebene der Clio- li.si.mi.kia d. i. Chwarizm-i-Kath als ein Land an 
rasmioi sammelt und ablagert. Weiter stellt 10 beiden Ufern des Vachsu , schmal von Ost nach 
Herodot III 93 die Ch. samt den Parthoi, Areioi West, fiinf Tagereisen lang von Sfid nach Nord. 
und Sogdoi zum 16. Steuerbezirk des Dareios, Nach Ma.tuan.lin hiess das Reich auch Ho.tsin; 
und nach VII 66 trugen die Ch. wie die Parthoi die Rinnsale waren samtlich an der linken Seite 
und Sogdoi dieselbe Bewafmung wie die Baktrioi. vom Hauptstrom abgeleitet; die Herrscher ruhmten 
Zu Alexanders Zeit hoffte Bessos vergeblich Htilfe sich von Siy&wus abzustammen. [Tomaschek.] 
von den entfernten Ch., Curt. VII 4, 6; zu ihnen Chorath (Hieron. Onom. ed. Lagarde 113, 28; 
floh zwar der Rehell Spitamenes, erhielt aber nur Euseb. ebd. 302, 69 Xoqqo.; alttest. Krith I Reg. 
schwachen Zuzug von einigen Nomadenst&mmen, 17, 3), ein Zufluss des Jordans, im Onom. aus- 
Strab. XI 513; vielmehr erschien in demselben driicklich als von Osten herkommend bezeichnet ; 
J. 328 vor Alexander in Marakanda mit 1500 20 von der Tradition schon im Mittelalter im West- 
Reitern Pharasmanes, der KSnig der Ch., und bot jordanland im Wadi Pasa c il gesucht, seit Robin- 
seine Unterwerfung an; er erzahlte, seine Herr- son (Palaest. II 489f.) meist ebenso unrichtig 
schaft reiche bis zu den Amazones und Kolchoi, mit dem Wadi el-Kelt identiflciert. Welcher unter 
und er sei bereit, falls Alexander diese Volker den linksseitigen Zufliissen des Jordan dem Ch. 
unterjochen wolle, die Wege zu weisen und alles entspricht, wissen wir nicht (vgl. Art. Crith in 
Notige beizustellen ; Arrian. anab. IV 15, 4; vgl. Riehms Handworterb. 281. Ritter Erdkunde 
Curt. VIII 1, 8. So erscheint das chorasmische XV 489f.). [Benzinger.] 
Machtgebiet in einem Umfang, wie spater wieder- Choraules. So hauflg auch von friihester Zeit 
holt zur Zeit der Hunnen, Turken und Mongolen. an singende und tanzende Chore von einem Floten- 
Die Abhangigkeit vom makedonischen Reiche war 30 blaser in Tact gehalten wurden, taucht doch die 
indes nur eine nominelle (trotz Arrian. VII 10, 6), Bezeichnung Ch. erst in rOmischer Zeit auf. In 
und wir hOren in der Folgezeit nichts von einer classisch griechischer Zeit ist stets nur von dem 
Obmacht fiber dieses durch Wlisten abgeschlossene avlrjxrjg die Rede, auch das Collegium der Techni- 
Land. Die Religion der Magoi war auch hier im ten schreibt so (IGS I 1759 = ReischMus. certain., 
Schwange, Luc. macrob. 4. Ptol. VI 12, 4 im app. IV) ; im Notfall mochte xvxhog oder xvxlixog 
Pinax von Sogdiane und VI 14, 13 im Pinax von zur Unterscheidung von dem Blaser des Solocon- 
Sarmatia erwahnt an der Iaxartesbeuge bis zum certes beigefugt werden; vgl. Bd. II S. 2406. 
unteren Oxos Sagaraukai ,Steppensaken' und Rhi- Dagegen braucht Strab. XVII 796 in Bezug auf 
bioi, am Oxos selbst die Oxeianoi und die Cho- den wegen seiner Musikliebhaberei als Auletes 
rasmioi; die sonstigen Erwahnungen dieses Volkes 40 bezeichneten Ptolemaeer (im 1. Jhdt. v. Chr.) 
bei den Alten sind ohne Belang; meist erscheinen das Verbum yoQavleXv, und in dem 'AoiavOv Axqo- 
Ch. und Sogdoi mit dem Oxos verbunden, Dion. afiaxcov d-laoog, mit welch em Antonius im Orient 
per. 746. Bei Herodot. VII 78 findet sich der sich umgab, spielt der Ch. Xuthos eine Haupt- 
Eigenname XoQaafiig; seit der Alexanderzeit fiber- rolle (Plut. Ant. 24). Ismenias, der prunkliebende 
wiegt die Schreibung XcoQaofitoi, mit langem o. Schfiler des Antigenidas aus der Zeit Alexanders, 
In den Keilinschriften des Dareios heisst das . wiirde wohl nicht als Ch. bezeichnet sein, wenn 
Land Huwarazmi, Huwarazmiya; im Vendidad des nicht unsre Quelle fiber ihn eine rOmische ware 
AwestaQairizemoderHwairizem;npers. Chwarazm (Plin. n. h. XXXVII 6).. Die griechische Litte- 
oder Chwarizm, arab. Chowarizm; frankisch seit ratur bietet ausser den zwei angeffihrten Stellen 
Hayton terrae Corosmina; die armenische Geo- 50 und dem Epigramm des Lukillos Anth. XI 11 
graphie p. 43 Soukry schildert die Chrazmikh als kein Beispiel fur den Gebrauch dieses Wortes; 
tiichtige Kaufleute und Bogenschutzen (aietn ,Bo- erst bei den lateinischen Schriftstellern der Kaiser- 
gen') im Lande Tur. Die zendische Form mit zeit erscheint es hauflger (z. B. Petron. 53. 69. 
qairi im ersten Gliede wird verschieden aufge- Martial. V 56, 9. VI 39, 19. IX 77, 6. XI 75, 
fasst, das zweite Glied hat sicher die Bedeutung 3. Suet. Nero 54 ; Galba 12 und bei Diom. p. 492, 
,Land'; der ganze Name wird entweder mit ,nied- 1 K.). Dasselbe Ergebnis liefert eine Betrachtung 
riges Land' (Kiepert, Lerch) und ,schlechtes, der Inschriften. Die Bezeichnung Ch. erscheint 
unfruchtbares Land' (Just i, Spiegel), oder mit nur in dem Decret der Stadt Delphi, Bull. hell. 
,Putterland , Fruchtland' (Burnouf, Sachau, XVIII 84, 8, das wegen seiner Angabe des Monats- 
Geiger), nach Analogie von Choara, fibersetzt. 60 datums in spate Zeit gehBrt (Pomtow PhiloL 
Jedenfalls waren die Ch. von Haus aus reine Arier, LIV 224) , sodann in der Inschrift aus Thespiai 
die erst spater den Hunnen und Turken erlagen, IGS 1 1773 (wahrend die Urkunde IGS 1 1776 noch 
sowie Anhanger der Zendreligion. Einen Abriss sich des alteren Ausdrucks bedient), ebenso aus 
der alten Geschichte des Landes giebt der Araber Neapel IGI 737 (s. Lfiders Dion. Kiinstler 185 
el-Biruni in seiner (von Ed. Sachau zuerst heraus- nr. 102), aus Gortyn CIG 1719 und aus Aphro- 
gegebenen und ins Englische iibersetzten) ,Chro- disias ebd. 2759 ; ein L. Axius Daphnus cho- 
nologie der orientalischen Volker' ; darin sind auch raules in Rom CIL VI 10119. [v. Jan.] 
die Monatsnamen der Ch. enthalten. Die Topo- Chorazin (Xopafrlv Euseb. Onom. 303, 77 ; 



2409 Chordiraza Xo^ym 2410 

vgl. 114, 7. Ev. Matth. 11, 21. Luk. 10, 13), Studien VII 5 7f. scheinen mir nicht stichhaltig). 

ein zur Zeit des Eusebios schon verOdeter Flecken Wenn Lysias XII 20 ganz allgemein von den Ch. 

in Galilaea, zwei Millien von Kapernaum entfernt, spricht, die seine Pamilie geleistet hat, so wird 

das heutige Chirbet Keraze, eine Stunde nord- man ausser an die Lenaeen vor alien an die 

ostlich von Tell Hum mit Buinen einer alten Ch. bei den Festen der Demen zu denken haben, 

Synagoge u. a. Vgl. Art. Chorazin in Biehms von denen die Metoeken schwerlich entbunden 

HandwOrterbuch 273f. Baedeker Palaestina und waxen. Ebenso ist wohl auch die Bestimmung 

Syrien I 284. [Benzinger.] der Inschrift CIA II 86 (erste Halfte des 4. Jhdts.) 

Chordiraza (Xo(>dl(>ai;a), Stadt der Mygdonen zu verstehen , fit; s&Tvai avxovg (die sidonischen 
in Mesopotamien, Strab. XVI 747. [Fraenkel.] 10 Kaufleute) (iexoixiov TZQaxxeoftcu /iqdk x°e»]ydv /xrj- 

Chordyle s. Kordyle. Sera xaxaoxfjoai. Glaubte ein als Chorege Be- 

XogriyeTov, der Ort, an dem der Chor durch stellter, dass ein anderer statt seiner durch die 

den Choregen geschult wird, vgl. Phrynichos bei gesetzlichen Bestimmungen zur Ch. bestimmt er- 

Bekker Anekd. 72, 17: %. 6 xonog evfta 6 xoQtjyog scheme, so konnte er durch den Process der 

tovg re x°S°vg xai xovg vnoxQixag ovvdycov owe- dvtidooig (s. d.) die Liturgie auf jenen zu iiber- 

KQoxei. Poll. IV 106: x°S*l7 t0V 0- x°Q r !7^ 0V ) ° walzen suchen (Dem. XX 130). 

xonog , ov fj xaQaaxevi) xov /opoiJ. X. war im Ffir alle athenischen Staatsfeste, an denen 

Sinne von SiSaoxaXetov schon von Epicharm ge- chorische Agone stattflnden (wozu in weiterem 

braucht (Poll. IX 41) , vgl. Hesych. xoQvy^d ° &- Sinne auch die dramatischen Agone und die Wett- 
SaoxaXeta, ein solches x- SQ ^ au °h auf Keos 20 kampfe der PyrrhichistenchSre gehOren), sind solche 

Athen. X 456 f schon zur Zeit des Simonides Choregien von Gesetzes wegen festgestellt. Die- 

voraus. In Athen mussten die Choregen eine jenige fur die lyrisch-dithyrambischen Chore an 

Baumlichkeit beistellen, in welcher ihre Chore den grossen Dionysien ist gewiss gleich bei der 

eingeschult werden konnten. Antiph. VI 11 be- Neuordnung der Phylen durch Kleisthenes ge- 

zeichnet diese Ortlichkeit als SiSaaxaXeTov. regelt worden, da bereits fur 01. 68, 1 (508/7 v. Chr.) 

Von diesem Worte scheint geschieden werden der Agon von MannerchOren fur dieses Fest be- 

zu mfissen das von den alten Hss. und den mo- zeugt ist (Marm. par. ep. 46); gleichzeitig da- 

dernen Lexicographen damit zusammengeworfene mit wird die auf ahnlicher Grundlage beruhende 

Wort x°eV7 tov > das die Gesamtheit der vom Cho- Ch. der apollinischen Thargelien eingerichtet 
regen beigestellten, fiir die Ausrflstung erforder- 30 worden sein, vgl. Xoqixoi aywvsg. Da ferner 

lichen Dinge bezeichnet (lat. ehoragmm) , vgl. in Athen tragische Chore schon fur 534 v. Chr. 

Polyb. I 18, 5 : xd y^oQrjyia (im ubertragenen Sinn) bezeugt sind (Marm. par. 43) , so wird ver- 

xai xijv aXXijv jiaQaaxevtjv. Zweifelhaft kann die mutlich in kleisthenischer Zeit auch fiir diese 

Auffassung des Wortes erscheinen bei Dem. XIX Chore durch Anordnung von Ch. von Staatswegen 

200: ev xoeqyioig alloxgioig em x<p xgixaymvi- Vorsorge getroffen worden sein; das Verzeichnis 

oxeXv ayajnjxwg TxaQaxQscpo/xevov. [Beisch.] der dionysischen Siege CIA II 977 scheint, wie 

XoQtjyla, die Liturgie, die einem wohlhaben- Bruchstflck a erschliessen lasst, in der That bis 

den Steuertrager von Gesetzes wegen die Pflicht in jene Epoche zuriickzureichen. Erst in nach- 

aufbiirdete , einen Chor fiir ein Staatsfest auf persischer Zeit ist die Ch. fiir KomOdenchOre der 
eigene Kosten auszuriisten, s. Xogyyog. 40 stadtischen Dionysien eingerichtet worden, wie 

Wenn auch schon in der Zeit der Tyrannen- Bruchstiick a der Siegerliste CIA II 971 in Ver- 

herrschaft in Athen wie im iibrigen Griechenland kniipfung mit der Nachricht des Aristoteles Poet, 

chorische Auffiihrungen stattgefunden haben, bei 5, 1449 b ergiebt. An den Lenaeen (s. d.) haben 

denen einzelne Manner die Kosten der Chorstellung zwar KomOdienauffiihrungen schon in viel friiherer 

auf sich genommen haben mogen, so kann von Zeit stattgefunden, doch bleibt der Zeitpunkt, 

einer gesetzlichen Ordnung der Ch. erst seit der an dem zuerst von Gesetzes wegen Choregen fiir 

kleisthenischen Zeit die Bede sein, und erst nach dieses Fest angesetzt worden sind, im unklaren, 

dem damals in Athen getroffenen Vorbild sind da nach Aristoteles Poet. 5 die Komodenchore 

auch in anderen Staaten spaterhin ahnliche Ein- in alterer Zeit aus Freiwilligen bestanden. Be- 
richtungen getroffen worden. Indem wir fiir die 50 zeugt ist Ch. an den Lenaeen durch Aristophanes 

allgemeinen Bestimmungen, die fiir die Ch. so- Ach. 1150 und Schol. Aristoph. Plut. 953. So 

wohl wie fiir andere Liturgien gelten — bestimm- lange der Staat die skenischen Agone der Le- 

tes Vermogensausmass, untere Altersgrenze, perio- naeen leitete — seit der Zeit des peloponnesi- 

dische Befreiung u. a. — auf den Artikel fiber die schen Krieges gab es auch TragOdienauffiihrangen 

Liturgie verweisen, geben wir zunachst eine tfber- an den Lenaeen — , musste er auch Choregen dafiir 

sicht fiber die fiir alle athenischen Ch. giltigen stellen. Aristoteles erwahnt in der 'Afltjvalcov 

Einrichtungen, dann fiber die Sonderbestimmungen nohxeia keine Lenaeen-Ch., und die erhaltenen 

der ,Phylen-Ch.' und der .skenischen' Ch. , und Inschriften nennen immer nur schlechtweg Chore- 

schliessen daran die Nachweisungen fiber ausser- gen xcofiq>8mv und xQaycpd&r, ohne das Fest, auf 
athenische Ch. 60 das sich die Liturgie bezog, naher zu bezeichnen, 

Die Choregie in Athen. Allgemeine so dass man wohl dabei immer an die stadtischen 

Bestimmungen. Zu den Ch. fur die atheni- Dionysien zu denken hat. 

schen Stadtfeste wurden nur Bfirger herange- In sehr frfihe Zeit wird endlich auch die Ch. 

zogen, deren VermOgen ein bestimmtes Mass fiber- fiir das Panathenaeenfest hinaufreichen, das schon 

schritt. Metoeken sind, so viel wir wissen, nur inderPisistratidenzeitmitahnlichenVorfiihrungen, 

fur die Lenaeen zu Ch. verpflichtet worden, vgl. wie spaterhin, ausgestattet gewesen sein wird. 

Schol. Aristoph. Plut. 953. H. Schenkl Wiener Dass die Ch. fur das jahrlich wiederkehrende Fest 

Studien II 190 (die Einwande Thumsers Wiener (die sog. kleinen Panathenaeen , s. d.) bestellt 



2411 XoQ-qyia XoqriyCa 2412 

wurden, geht aus [Xen.] de rep. Ath. 3, 41iervor, vgl. das einemal auf 700, das anderemal auf 800 

Lys. XXI 2. Dem. XXI 156. Ausser fiir lyrische Drachmen. Bei Lysias XIX 29. 42 werden die 

Chore gab es an diesem Feste auch Choregen fiir Kosten fiir zwei TragOdienchoregien mit 5000 

die Pyrrhichistenchere (CIA II 1286. Lys. XXI Drachmen angegeben. Diese Angaben beziehen 

2) , die nach Altersklassen in drei Gruppen zer- sich auf die letzten Jahre des 5. Jhdts. Die Aus- 

fielen (CIA II 965). Die Phylenzugeherigkeit lagen werden im Laufe der Zeiten vielfach sich 

spielt bei diesen Choregen keine Eolle (sie werden verandert haben, wobei auch die Anderungen der 

daher CIA II 533 nicht erwahnt). einzelnen Dichtungsarten, fiir welcheChOreerforder- 

Ausserdem sind noch jahrliche Choregien fiir lich waren, von Einfluss gewesen sein miissen. 
die Prometheia und Hephaisteia, an denen auch 10 Dass auch in demosthenischer Zeit der dionysische 

die Phylen Anteil haben, bezeugt durch [Xen.] Mannerchor grOssere Ausgaben erheischte, als ein 

de rep. Athen. 3, 4 und ClA II 553 ; wir haben tragischer Chor, bezeugt Dem. XXI 156. Inwie- 

es aber hier vermutlich mit einer Einrichtung zu weit den Choregen auch Staatszuschiisse zuflossen, 

thun, die nur durch wenige Jahrzehnte in Kraft was man vielleicht aus Dem. IV 36 schliessen 

war, s. XoQtxol ay&vsg. Endlich sind noch konnte, wissen wir nicht. 

fur die nach Delos entsendeten Chore besondere Als Lohn fiir seine Miihen muss der Chorege 

Choregen durch den Archon bestellt worden, Ari- sich mit den Ehren des Festtages begniigen und 

stot. 'A&rjv. jioL 56, 3. Ch. auch noch fiir anler- mit den Auszeichnungen, die ihm im Falle eines 

weitige auswartige Peste anzunehmen, sind wir Sieges zu teil werden. Er erscheint bei dem Fest- 
nicht berechtigt. Wenn aber Demosthenes XX 20 aufzug und beim Proagon (s. d.) an der Spitze 

22 die Zahl der Manner, welche jahrlich fur Ch. seines Chors bekranzt und im Purpurgewande 

Hestiasis und Gymnasiarchie nOtig seien, nur auf (Athen. XII 534 C. Dem. XXI 22), das nur dem 

ungefahr 60 beziffert, so bleibt er gewiss betracht- Komoedenchoregen nicht eignet (Aristot. Eth. Ni- 

lich hinter der Wirklichkeit zuriick. com. IV p. 1123). Seine Person ist am Pesttage 

Gemeinsam ist alien diesen Choregen die Ver- wie die der Choreuten heilig, da er im Dienste 

pfiichtung, den Chor ordnungsgemass zusammen- des Pestgottes steht, Dem. XXI 16. 56. Im Palle 

zubringen (Xen. Hier. 9, 4), sie tragen Verant- des Sieges wird er Offentlich bekranzt, Dem. XXI 

wortung und Strafe, wenn z. B. Fremde zu sol- 55. 64. Die Aufschriften der von ihm selbst ge- 

chen ChOren, wo ihre Mitwirkung verboten ist, stifteten Weihgeschenke (s. u.), sowie die von 
zugelassen werden (Plut. Phok. 30). Sie haben 30 Staatswegen aufgezeichneten Siegerlisten (s. Di- 

die Baumlichkeit beizustellen , in der der Chor daskalien) iiberliefern der Nach welt seinen Na- 

eingeiibt wird (s. XoQtjysTov); sie verpflegen den men. 

Chor und in der Kegel wohl auch die Lehrer und Infolge der grossen Forderungen , die an die 

Musiker (s. u.). Sie miissen die Choreuten in der einzelnen Choregen gestellt wurden, war es schon 

Weise kleiden und ausstatten, wie die Auffiihrung seit dem Ende des 5. Jhdts. schwierig, die nOtige 

es erfordert. In wie weit in einzelnen Fallen Zahl geeigneter Steuertrager zu finden. Bei den 

auch Geldgeschenke an die Choreuten iiblich waren, skenischen ChOren behalf man sich eine Zeit lang 

lasst sich nicht feststellen, vgl. [Xen.] de rep. durch die Einrichtung der Synchoregie, s. u. 

Athen. 1, 13. Daruber, dass die Choregen in jeder Auch Demosthenes XX 22 deutet auf die MOg- 
Weise ihre Pflichten erfullen, wird besondere Auf- 40 lichkeit, bei Choregien Syntelie einzufuhren, wie 

sicht gefiihrt, Xen. Hier. 9, 4. Aber wirksamer als bei der Trierarchie. "Wenn er behauptet, es sei 

solcher staatlicher Zwang war der personliche leicht, die nOtige Anzahl von Liturgen zu finden, 

Ehrgeiz der Choregen, bei den Offentlichen Agonen so wird er durch die Thatsache widerlegt, dass 

den von ihnen ausgestatteten ChOren, bezw. den selbst fiir die Ch. der dionysischen MannerchOre 

Schaustellungen, bei denen ihre Chore mitwirken, schon um die Mitte des 4. Jhdts. nicht immer 

zum Siege zu verhelfen. Die Kosten der Liturgie opferwillige Steuertrager ermittelt werden konn- 

waren daher sehr bedeutend (Xen. Hipparch. 26), ten (Dem. XXI 13. S chafer Demosthenes und 

und dass mehr als einmal Choregen weit iiber das seine Zeit II 103f.). Eine Anzahl von Choregien, 

Ausmass dessen, was sie leisten konnten, fiir ihre zuerst wohl die der Hephaisteia und Prometheia, 
Liturgie aufwendeten , wird mehrfach bezeugt, 50 dann die der Lenaeen , sind offenbar schon im 

vgl. Antiphanes II 98 K. Der Sprecher von Ly- 4. Jhdt. vollig eingegangen. Fiir die chorischen 

sias XXI 2 hat fiir acht Choregien innerhalb eines Auffiihrungen an den grossen Dionysien half man 

Jahrzehnts 14 900 Drachmen aufgewendet, dabei sich durch eine neue Einrichtung, die zwischen 

aber zahlreichere Choregien geleistet, als er ver- 319 und 306, wahrscheinlich 309/8, in Kraft trat 

pflichtet war, und diese wohl auch in glanzen- (vgl. Kohler Athen. Mitt. Ill 232). Der Staat 

derer Weise, als sonst Iiblich war. iibernimmt von da ab alle Auslagen der fruheren 

Je nach der Bedeutung des Festes und der Choregen (wenigstens dem Namen nach) auf eigene 

Beschaffenheit des Chors sind die Kosten der ein- Rechnung und bestellt fiir die Leitung der Spiele 

zelnen Choregien sehr verschieden. Bei Lysias einen eigenen Beamten, den Agonothetes (s. d.); 
XXI 2f. werden die Auslagen fiir einen Manner- 60 von diesem wird aber erwartet, dass er grOssere 

chor an den grossen Dionysien ovv rfj xov xqi- Zuschiisse aus Eigenem leiste, und bald scheint 

nodog avatieoei auf 5000 Drachmen bere'chnet, fiir auch der Hauptteil der Festesauslagen von ihm 

einen Mannerchor an den Thargelien auf 2000, bestritten worden zu sein. Damit war fiir Athen 

fur einen tragischen Chor auf 3000, fur einen die Liturgie der Choregen abgeschafft, die aber 

komischen auf 1600, fiir einen Knabenchor auf anderwarts auch in hellenistischer Zeit noch weiter 

1500, fiir einen kyklischen Chor an den kleinen bestand. 

Panathenaeen auf 300, fiir Pyrrhichisten (vielleicht Die Choregie fiir die athenischen 

von verschiedenen Altersklassen, vgl. CIA II 965) Phylen chore. Die Choregen fiir die 10 Chore, 



2413 XoQrjYi'a Xoq-qyCa 2414 

welche fur die Dithyrambenauffuhrungen an den chore ein Anteil zu (Lys. IV 3. Isokr. XVII 33). 
Dionysien von den Phylen alljahrlich gestellt wer- Er iibernimmt im Namen der Phyle den Sieges- 
den (s. XoqixoI ayoivsg), werden von den Phylen kranz und den von Staatswegen der siegreichen 
gewahlt (Dem. XX 130. XXXIX 7. XXI 13), und Phyle ausgesetzten Preis, den Dreifuss (Xen.Hier. 
zwar wohl schon lange Zeit vor dem Feste (Dem. 9, 4. Simon. 147 B.) aus der Hand des Archon ; 
IV 36, vgl. Brinck Diss. Hal. VII 79), da der ihm fallt dafiir auch die Aufgabe zu, diesen Drei- 
Archon, wie es scheint, unmittelbar nach seinem fuss in angemessener Weise aufzustellen. Wir 
Amtsantritt die etwaigen Binreden der gewahlten besitzen noch eine grosse Anzahl von Inschrift- 
Choregen zu priifen hat (Aristot. 'A-d-qv. jioX. 56). steinen, die einst als Basen solcher Dreifiisse dien- 
Zu den Thargelien stellen jahrlich fiinf Phylen 10 ten. Die alteren dieser Inschriften (die man als 
je einen Choregen, dem dann eine zweite Phyle ,ehoregische' zu bezeichnen pflegt) nennen die 
zur Erganzung des Chors zugelost wird (Antiph. Phyle als Siegerin, ofters ohne dass die Gattung 
VI 11). Fiir die Choregen der KnabenchOre be- des Chores (aaidaiv, AvSqcov) beigefugt ware, den 
stent die Bestimmung, dass sie iiber 40 Jahre alt Namen des Choregen und des Didaskalos , wozu 
sein miissen (Aeschin. I 11. Aristot. A&yv. xoX. noch der Name des Archon gefiigt werden kann, 
56); doch war der Sprecher von Lysias XXI. Eede vgl. CIA I 336: Olvelg ivlxa naidov , Evgv/j,eveg 
kaum fiber 25 Jahre , als er jiaidixm x°6V die MeXezeovog exofjeye NixootQarog ididaoxe. Die 
Ch. leistete. Der Chor (s. d.) durfte nur aus Inschriften des 4. Jhdts. nennen regelmassig ausser 
AngehOrigen der betreffenden Phyle zusammen- dem Archonten auch den Flotenspieler, dessen 
gestellt werden, wobei auf jene, die ohne ge- 20 Name anfangs meist hinter dem des Didaskalos, 
nilgenden Grund der Teilnahme sich zu entziehen spater vor ihm seine Stelle findet, vgl. CIA II 
suchten, wohl ein gewisser Zwang ausgeiibt wer- 1244: Aiyvftg dvdgOiv evixa, Evayldijg Krrjoiov 
den durfte (Antiph. VI 11). Uber die Art, wie <Pdatdt]s ixoorjyei, Avoifiaxtdqg Eaiddfiviog ri'vXei, 
der Chor zusammengebracht wurde und iiber die XaQllaog Aoxgdg ididaoxe, Evdbxoizog fjQx e (01. 
Fiirsorge, die seiner Verpflegnng zugewendet wurde, 113, 1 = 328/7 v. Chr.). Etwas verschieden lautet 
berichtet Antiphon VI 11 — 13, vgl. Plut. de glor. die Formel auf den Basen der Thargeliendreifiisse; 
Athen. 6; iiber den Aufwand fiir die Festgewander hier ist der Chorege Vertreter nicht nur seiner 
vgl. Dem. XXI 16. Auch die Verpfiegung des eigenen Phyle, sondern auch der ihm zugelosten 
Didaskalos und des Flotenspielers musste wahrend zweiten Phyle, die mit der ersten einen gemein- 
der Einiibungszeit des Chores der Chorege be-30samen Chor stellt; hier wird daher der Chorege 
sorgen. Der Didaskalos, d. i. der Dichter und an erster Stelle als Sieger genannt, vgl. CIA II 
Componist des Chorstiickes, der in alterer Zeit 1236: Ai'owg Mvtjoifloido 2<fr\zxiog x°£> r 17'*> v evixa 
auch Lehrer des Chores war, wurde dem Choregen 'Axafiavzidi IJardiovidi nalScov, EvxXijg ididaoxe, 
im 5. Jdht. zugelost, vermutlich in der Weise, Eida^daxog yvke, Xicov fjQxev (01. 103, 4 = 365/4 
dass durch das Los die Keihenfolge bestimmt v. Chr.). 

wurde, in der die Choregen den Didaskalos wahlen Die Choregen der jiingeren Zeit haben sich 
durften (Antiph. VI 11. Aristoph. Av. 1404. Bergk vielfach nicht begniigt, die Preisdreifusse auf ein- 
Litt.-Gesch. II 503). Der Didaskalos erhielt da- fachen Plinthen aufzustellen, sondern sie haben 
mals wohl vom Staate fur seine vom Archon zur dafiir reichgeschmiickte Basen oder auch gauze 
Auffiihrung angenommene Dichtung einen bestimm- 40 Bauwerke auffiihren lassen, in denen oder auf 
ten Sold (Xen. Hier. 9, 4) und hatte seinerseits denen die Dreifiisse ihren Platz fanden, vgl. Reisch 
den Flotenspieler beizustellen (Plut. de mus. 30). Griech. Weihgeschenke 63f. lOlf. Erhalten ist 
Im 4. Jhdt. hatten sich diese Verhaltnisse dahin heute von diesen choregischen Bauten nur noch 
verandert, dass nun die Flotenspieler den Choregen der zierliche Rundbau des Lysikrates (s. d.) aus 
zugelost werden (Dem. XXI 13), wahrend der Di- dem J. 334. Dazu kommt der zu Stuarts Zeit 
daskalos dem Flotenspieler untergeordnet erscheint noch im wesentlichen unversehrte Fassadenbau des 
(Dem. XXI 59). Vermutlich hat damals der Floten- Choregen Thrasyllos (s. d.) aus dem J. 319 und 
spieler selbst die Chordichtung, die ihm ein Dich- das schon im Altertum zerstOrte, aber von Dorp- 
ter zur Verfiigung gestellt hatte, beim Archon f eld (Athen. Mitt. X 219) nach den vorhandenen 
eingereicht und dafiir von Staatswegen einen 50 Banstiicken reconstruierte Monument des Choregen 
Sold bekommen; wenn, wie CIA II 1246 lehrt, Nikias aus demselben Jahr. Wahrend die In- 
die Wiederauffuhrung eines alteren Dithyrambos schrift des Lysikratesdenkmals nur darin von der 
desTimotheos gestattet war (Kohler Athen. Mitt. iiblichen Formel abweicht, dass der Chorege an 
X 233), so lag vielleicht fiir Timotheos ein Sonder- erster Stelle genannt ist, tragen die Weihinschiif- 
gesetz vor, ahnlich jenem, dass die Wiederauffiih- ten der beiden Bauten von 319 den grOsseren 
rung aeschyleischer Stucke gestattete. Anspriichen der Choregen Rechnung durch die 
Wie der Chor selbst ; so erscheint auch sein Formel: avid-rjxev xoQtjy&v vcxr/oag . ... qruljj. In 
Fflhrer, der Chorege, bei den chorischen Agonen der Agonothetenzeit wird die Weihinschrift der 
der Dionysien und Thargelien, der Prometheia Preisdreifusse den veranderten Rechtsverhaltnissen 
und Hepaisteia (CIA II 553) als Vertreter der 60 entsprechend amgestaltet , vgl. CIA II 1292 : 6 
Phyle, die ihm fur seine Bemiihungen Dank und drj/jog ix°eV7 £ h IJv&dQarog fjQx sv , aycovo&hijg 
Ehren zollt , Vgl. CIA II 553. 557. CIA IV 2, OQaovxXijg BqaaiXXov AsxeXesvg- 'IxnoVcovrlg nai- 
563 c. 563 d. Wenn auch der Sieg seines Chors dmv ivixa, Qiow dr/fiaiog rjvXei, IlQovofiog &t][laiog 
eigentlich ein Sieg der Phyle ist, so ist es doch ididaoxe. 

schon seit dem 5. Jhdt. iiblich, in der gewOhn- Die Choregie fiir die dramatischen 

lichen Sprechweise den Choregen als .Sieger' zu Auffiihrungen in Athen. Uber die Art, wie 

bezeichnen. Als Vertreter der Phyle kommt ihm die Choregen fiir die dramatischen Chore in alterer 

auch bei der Bestellung der Richter fiir die Phylen- Zeit bestimmt wurden , kOnnen wir nur aus der 



2415 JCoQtjyia XoQfjyia 2416 

spiiter iiblichen Ordnung Schliisse Ziehen. Ein Dauer gewesen zu sein; als Demosthenes 355 
Inschriftstein von Ikaria (CIA IV 3, 5 a p. 135) v. Chr. (XX 23) den verbliimten Vorschlag machte, 
aus der zweiten Halfte des 5. Jhdts. , der fiber die Syntelie auch bei den Ch. einzufilhren, bestand 
die Liturgien fur ein dionysisches Demenfest und sie offenbar nicht mehr, ja der Eedner scheint 
die Einsetzung von Choregen fur Tragoeden han- sich ihrer gar nicht mehr zu erinnern. Die CIA 
delt, ist zu fragmentiert, um Aufklarungen fiber II 1280 verzeichneten Tragoedien-Ch. zweier Chore- 
die stadtischen Ch. geben zu konnen. Aristoteles genpaare fallen in die letzten Jahre des 5. oder in 
('A^rjv. noX. 56) berichtet, dass der Archon jahr- die ersten des 4. Jhdts. (Beisch Mus. cert. 44. 
lich aus der gesamten Biirgerschaft drei der Beich- C apps Amer. journ. of archaeol. 1896, 323). Der 
sten als Choregen fiir die Tragoeden bestimmte 10 CIA IV 2, 1280 b von Synchoregen mit einem 
und dass er vordem auch fur die Komoeden fiinf Drama des Sophokles errungene Sieg wird von 
Choregen zu bestellen hatte, wahrend zur Zeit, Foucart Eev. de philol. XIX (1895) 119 auf 
wo die 'Adrjvaimv noXixda verfasst wurde (um die 401 erfolgte Auffuhrung des Oedipus Col. be- 
328 v. Chr.), diese Choregen von den Phylen zogen, wahrend Koehler die Inschrift fiir vor- 
gewahlt wurden. Da es sicher steht, dass die euklidisch halt, in welchem Pall die Einfiihrung 
Tragoeden- und Komoedenchore ohne Biicksichts- der Synchoregie auf den Kallias von 412/11 an- 
nahmeaufdiePhyleneinteilungzusamrnengebracht gesetzt werden miisste. Der in der gleichen In- 
worden sind (s. Chor), so darf es als wahrschein- schrift erwahnte Sieg des Aristophanes mag kurze 
lich gelten, dass auch schon zur Zeit der Ein- Zeit vor dem Tragoedensieg fallen. Das Epi- 
richtung der skenischen Choregien die Phylenzu- 20 gramm des Steines aus Vari CIA II 1285 hat 
gehGrigkeit bei der Bestellung der Choregen nicht mit stadtischer Synchoregie kaum etwas zu thun 
in Betracht kam. Ubrigens wissen wir, dass im (s. u.). Die Kedner dieser Epoche thun bei Auf- 
5. Jhdt. fiir die Komoeden nur drei Choregen be- zahlung von Choregien der Synchoregie keine Er- 
stellt wurden, da die Pestordnung der Dionysien wahnung (Lys. XIX 29. 42. Is. V 36) , auch 
damals nur fiir drei Komoedien Baum bot. Erst nicht bei der Ch. fiir den Komoediendichter Ke- 
seit der Zeit, da die Chorpartien einen geringeren phisodoros im J. 402 (Lys. XXI 4) und der Tra- 
Umfang hatten, wurden jedesmal fiinf Komoedien goeden-Ch. von 410 (Lys. XXI 1); allerdings 
aufgefuhrt (sicher vor 388, wie die Didaskalie hatten sie kein Interesse daran, zu sagen, dass 
des aristophanischen ,Plutos' lehrt). ihre Clienten bei den Liturgien Gehilfen hatten. 
Schon im 5. Jhdt. hat man Versuche gemacht, 30 Moglicherweise ist also die Synchoregie schon da- 
die Lasten der dramatischen Ch. weniger empfind- mals wieder abgeschafft worden, als die Zahl der 
lich zu machen, indem man je zwei Personen zu an einem Tage aufgefiihrten Komoedien infolge 
gemeinsamer Ubernahme der Ch. verband. Ari- der geringeren Inanspruchnahme der ChSre von 
stoteles berichtete (Schol. Arist. Ban. 404), dass drei auf fiinf erhoht wurde , wodurch sich die 
unter dem Archontat des Kallias ovvdvo sdo§s Leistungen der Choregen fiir die einzelnen Stiicke 
XOQtjyuv ra Aiovvoia roig zgaymSoig xal xoXg xco- betrachtlich verringern mussten. Durch eine Be- 
fuodoTg. Der Scholiast, der diese Nachricht zur duction des Chores oder durch Bewilligung eines 
Erklarung einer Stelle der (an den Lenaeen auf- Staatszuschusses mSgen auch die Lasten fiir die 
gefiihrten) ,PrOsche' beibringt, fahrt fort: &aze Tragoedienchoregen damals in ahnlicher Weise 
tacog fjv tig xai ttsqi tov Atjvaixov ay&va ovatoXrj, 40 herabgesetzt worden sein. Dagegen werden die 
XQovcp de votsqov ov noXXqi nvi xai xaftanat; ue- Gramm atikernachrichten, welche die vollige Ab- 
qisTXs Kivijoiag xa; xoQr)ylag. Diese Angabe kOnnte schaifung der Ch. schon fiir die Zeit um 400 vor- 
hOchstens fiir die Lenaeen Geltung haben, fiir die aussetzen (Platonios de differ, com. p. XIII 24. Vita 
Aristoteles (in der 'Ad^vaicov jtoXtrsia) keine Ch. Aristoph. p. XXVIII 65 Diibner), durch das Zeug- 
kennt (s. o.), sie wird aber auch in dieser Be- nis des Aristoteles und der Inschriften zur Ge- 
schrankung kaum richtig sein, da man bei den niige widerlegt. Die skenische Ch. ist vielmehr 
bezeugten Lenaeenauffflhrungen des 4. Jhdts. erst zu Ende des 4. Jhdts. gleichzeitig mit der 
nicht uberall an ,freiwillige' Choregen wird denken Ch. fiir dithyrambische Chore durch die ,Choregie 
kSnnen. Dagegen wird die Nachricht iiber die des Demos' (s. o.) ersetzt worden. Seit dieser Zeit 
Einfiihrung der Synchoregie durch Inschriften be- 50 hatte der Agonothetes (s. d.) als Mandatar des 
stiitigt; die Entscheidung, ob unter Kallias der Demos auch fiir die dramatischen Chore zu sorgen. 
Archon von 406/5 oder der von 01. 92, 1 = 412/11 Eine genauere Abgrenzung der Verpflichtungen, 
zu verstehen ist, hangt von der Beurteilung der die der skenische Chorege noch ausser der Ver- 
Inschrift CIA IV 2, 1280b ab (s. u.). Als Vor- pflegung des Chores (Aristoph. Nub. 338 u. Schol.; 
bild diente vermutlich die Syntrierarchie , deren Ach. 1155) zu erfiillen hatte, lasst sich auf Grund 
altestes Beispiel in 01. 92, 2 (411/10 v. Chr.) der sparlichen Uberlieferung nicht geben. Wo 
fallt (Boeckh Staatshaushalts I 210), auch fiir der Dichter zumUnterricht nicht ausreichte, musste 
die Liturgie der Eutaxia ist Syntelie zweier wenig- der Chorege einen besonderen Lehrer mieten (Dem. 
stens fiir die spatere Zeit bezeugt, CIA II 172 XXI 59) ; er musste sich auch bereit finden lassen, 
um 01. 110. Praglich ist, ob neben der Gruppe 60 erforderlichenfalls einen Nebenchor von Tanzern 
der wohlhabenden Biirger, die zur Synchoregie oder Statisten oder einen vierten Schauspieler (zu 
herangezogen wurde, noch eine Gruppe der Steuer- den drei vom Staate bezahlten) zu stellen , s. 
kraftigstenweiterbestand, fiir die die Einzelchoregie IlaQaxoQtjytifia. Er hatte aber auch noch fiir 
in Kraft blieb. Dass dabei die Abpaarung der Cho- manche anderweitige Erfordernisse der Auffuhrung 
regen nach einem festen Schema erfolgte, ersehen zu sorgen (vgl. Aristoph. Pac. 1022) und scheint 
wir daraus, dass dasselbe Paar mehrmals zu gemein- auch die Statisten beigestellt zu haben (Plut. Phok. 
samer Ch. herangezogen wurde, vgl. CIA II 1280. 19, vgl. Nik. 3). Wenn bei einer Komoedien-Ch. 
Die ganze Einrichtung scheint aber nur von kurzer ferner auch die oxsvrjg ava&sotg erwahnt wird 



2417 Xoqrtfia XoqVflCa. 2418 

(Lys. XXI 4), so wird anzunehmen sein, dass er rambenchor, Vertreter einer Phyle ist, vielmehr nur 

auch bei der Beschaffung der Schauspielertrachten fur den Zweck einer bestimmten Auffuhrung unter 

mitzuwirken hatte oder freiwillig mitwirkte ; vgl. der Obsorge des Choregen zu einer Einheit zusam- 

Le Bas-Waddington 92 (Teos), wo ein Ago- mengefasst wird, so erscheint der dramatische Cho- 

nothet xa uQoaoma xal tovs orscpavovs weiht. Viel- rege in noch hoherem Grade wie der Chorege der 

leicht wurden in sp&terer Zeit die im Dionysos- PhylenchOre als der Vertreter des Chors. Als sol- 

heiligtum geweihten Gew&nder, wie das in Delos cher tritt er selbst in den Wettkampf ein (vgl. Is. 

geschehen zu sein scheint (Bull. hell. VII 109 nr. V V 36. Dem. XXI 59) und hat ebenso Anteil am Sieg, 

Z. 17),wiederzuweitererVerwendungimFestdienst wie der Dichter (der als Lehrer des Chores er- 
gegen eine Leihgebiihr an die Choregen verliehen 10 scheint), ein Anteil, den Bethe De scaenicorum 

(s. u.), die dann nur fur die k'xoxsva nqooama certaminum victoribus (Ind. schol. aest. Bostock 

zu sorgen hatten. Bass die Choregen auch von 1894) zu gering geschatzt hat. Da so der Sieg 

Kleidervermietern die Gewander mieten konnten, gewissermassen zwischen Dichter und Choregen ge- 

bezeugt Poll. VII 78. Sicher ist, dass von der teilt erscheint, wird in den officiellen Urkunden 

Freigebigkeit und dem Geschmacke des Choregen keiner von beiden ausdrucklich als Sieger bezeich- 

der Erfolg eines Stiickes wesentlich beeinflusst net, sondern eine Form gewahlt, die Choregen und 

werden konnte, Plut. Demosth. 29, vgl. Is. V Dichter als coordiniert erscheinen lasst. So heisst 

36. Wenn trotz alledem die skenische Ch. weniger es in der altesten erhaltenen Weihinschrift eines 

kostspielig ist, als die fur einen Mannerchor (Lys. skenischen Choregen von 476 v. Chr. (Plut. Them. 
XXI 2. 4. Demosth. XXI 156), so erklart sich20 5): Gsj.uaxo>cXrjs <!>QeaQQiog sx°q/i? si ^QVvi%og idl- 

das aus der verschiedenen Beschaffenheit des Chors daoxsv, vgl. CIA II 977. In nichtamtlicher For- 

(s. d.), der Verschiedenartigkeit des vom Choregen mulierung kann sovvohl der Chorege (Lys. XXI 4. 

gestifteten Weihgeschenkes (s. u.), vielleicht auch Ps.-Andokid. V 42. CIA II 1282. 1285. IV 2, 

daraus, dass der Staat einen bestimmten Zuschuss 1280 b) , wie der Dichter als Sieger bezeichnet 

fur den Chor gewahrte, woriiber aber keine Nach- werden. 

richten vorliegen. Da der skenische Chor keinen zur Weihung 

Was das rechtliche Verhaltnis der dramati- bestimmten Ehrenpreis erhalt, ist es dem Choregen 

schen Choregen zur StaatsbehOrde betrifft, so ist und dem Dichter allein iiberlassen , ob und in 

es nominell der Staat, der als Veranstalter der welcher Weise sie durch ein Weihgeschenk die 
Festspiele die notigen Chere beistellt. In altester 30 Eriimerung an den Sieg festhalten wollen. Natur- 

Zeit hatte der Dichter selbst fur seinen Chor lich hat der Chorege aus eigenem Interesse fur ein 

Sorge getragen. Seit der staatlichen Organisation solches Weihgeschenk Sorge getragen ; im athe- 

erhalt er, sobald sein Werk zur Auffuhrung an- nischen Dionysosheiligtum wurde in der Regel, 

genommen ist, vom Arehon den Chor (joqov di- wie es scheint, ein Pinax (Plut. Them. 5. Aristot. 

86vai, z°e° v kafietv, s. Chor o. S. 2386. 2394. Ob Polit. VIII 6), ein Gemalde oder eine Belieftafel 

der Staat irgend einen Einfiuss auf die Zusammen- mit entsprechender Darstellung und Aufschrift, 

setzung der Chore nahm, wissen wir nicht, ver- geweiht (Reisch Gr. Weihgeschenke 116). So 

mutlich hat er die Aufgabe, den Chor zusammen- erklart es sich, dass uns nur wenige auf skenische 

zubringen, ebenso wie die Pfiicht, ihn entsprechend Weihgeschenke bezugliche Inschriftsteine erhalten 
auszustatten, auf den Choregen iiberwalzt. In 40 sind. Haufig wurde aber von den Choregen auch 

welcher Weise die Choregen mit den einzelnen in ihren Heimatsgemeinden ein Anathem zur Ver- 

Dichtem zusammengestellt wurden, ob die Dichter herrlichung eines stadtischen Sieges aufgestellt; 

um die Choregen oder die Choregen um die Zu- auf solche Weihgeschenke wird man die in den 

weisung der Dichter losten, ist nicht Iiberliefert, das Demen gefundenen Inschriften beziehen durfen, 

letztere wird aber wahrscheinlich durch die Analogie die ausser den Choregen auch die Namen des 

der dithyrambischen Dichtungen (s. o. S. 2410). Dichters-Didaskalos enthalten, da Auffuhrungen 

Bei Wiederauffuhrungen alterer Stflcke treten an neuer Stiicke in der Kegel nur in der Stadt anzu- 

Stelle der Dichter die Protagonisten , vgl. Plut. nehmen sind, vgl. den Stein von Eleusis CIA IV 

Alex. 29. Man sagt: xmnydotg xoQijysTv Kt]<pt- 2, 1280 b (Athen. Mitt. 1894, 174). 
oo8d>Q(p (Lys. XXI 4. Kock Fragm. Com. I 800), 50 Choregie in den attischen Demen. Die 

'ExyavrLdrj loQ-qyuv (Aristot. Polit. 1341 a 30), natiirliche Voraussetzung , dass die ausserhalb 

wie man bei einer Dithyrambench. sagt: tjj yvXij Athens nachweisbaren Choregien nach dem Muster 

XOQtjysTr (Is. V 36). Die Schauspieler, die in iilterer der stadtathenischen Liturgien eingerichtet waren, 

Zeit der Dichter in Sold nimmt, werden seit der gilt in erster Linie fur die attischen Demen- 

Zeit, da der Staat die Schauspieler pruft und zu feste. Wir hesitzen noch das Bruchstiick eines 

besonderem Wettkampf zulasst — also etwa seit Decretes aus der zweiten Halfte des 5. Jhdts., in 

Mitte des 5. Jhdts. (vgl. Lipsius S.-Ber. Sachs. dem genaue Bestimmungen iiber die Ch. fur Tra- 

Gesellsch. d. Wiss. XXXIX 1887, 281) — aus der goedien in Ikaria gegeben waren, auch die dvri- 

Staatskasse besoldet (Strattis frg. 1 K. Aeschin. doots erwahnt wird, CIA IV 3 p. 134, 5 a. Im 
II 19. Plut. Alex. 29) und von der BehOrde den 60 4. Jhdt. sind die Choregen in der Begel von De- 

Dichtern zugelost (Phot. Suid. Hes. s. ve/tr/octs marchen bestellt worden (in Salamis vom salamini- 

vTioxQixmv. A. Miiller 360), bis im 4. Jhdt. schen Arehon, Aristot. 'Aftrjv. not. 54, 8), in vielen 

eine neue Art, die gemieteten Schauspieler unter Demen wohl nur auf vorhergehende freiwillige 

die Dichter aufzuteilen, eingefiihrt wurde (CIA Selbstmeldung opferwilliger Demoten. Lyrisch- 

II 973). Dass der Chorege fur ihre Verpfiegung dithyrambische Chore und Choregen sind, abge- 

zu sorgen pflegte, scheint aus Dem. XIX 200 sehen von den Poseidonien im Peiraieus , die in be- 

hervorzugehen. sonderer Art organisiert waren, [Plut.] vit. orat. 

Da der skenische Chor nicht, wie der Dithy- 842 A , fur Salamis (CIA II 1248 , Knabenchor) 



2419 Xoqyiyia Xoqr^ia 2420 

und fur Rhamnus CIA IV 2, 1333 c (Knaben- Auf Delos werden fiir die KnabenchOre der 

chor) bezeugt. Vielleicht bezieht sich auch die Apollonien jahrlich je vier Burger als Choregen 

lnschrift eines Choregen vonIkariaCIAIV2,1281b, bestellt; da je zwei zusammen als Sieger ge- 

die Nikostratos als Didaskalos nennt, auf einen narmt werden, so haben sie offenbar paarweise 

Dithyrambenagon des Demos; fiir freiwillige Bei- als Synchoregen je einen Chor ausgeriistet, vgl. 

stellung eines Manner- und Knabenchors bei den Bull. hell. VII 114 (nr. X). IX 147. In dersel- 

Dionysien Ton Eleusis wird ein Thebauer belobt ben Weise war die Ch. fiir die KnabenchOre der 

CIA IV 2, 574b. Skenische Choregen sind ausser Dionysien geregelt. Als Choregen der Komoeden 

fur die (den stadtischen Festen gleichgestellten) werden je vier Burger und zwei Metoeken genannt, 
Dionysien desPeiraiens (Gesetz des Euegoros Dem. 10 von denen immer je zwei Burger und ein Metoeke 

XXI 10. Aristot. 'A&rjv. noX. 54) bezeugt fiir zu gemeinsamer Liturgie vereinigt waren, vgl. 

Ehamnus (Komoeden, CIA II 1278. IV 2, 1233 c) Brinck 188. Gleiches gilt von den Choregen der 

und Ikaria (Tragoeden, CIA IV 2, 1285b. 1282b, Tragoedie. Dass jahrlich nur eine delische Phyle 

vgl. CIA II 1317). Auch die zwei alljahrlich in Ai- zur Ch. herangezogen wurde und zwar so, dass 

xone bestellten Choregen (CIA II 579. IV 2, 584 b) je zwei der Choregen zu einer Triktys gehOrten, 

sind als Choregen fiir Komoeden zubetrachten, vgl. vermutet Kaibel Herm. XXIII 272. Von den 

CIA II 585. Endlich wird man auch den lnschrift- erhaltenen Inschriften ist die alteste aus 286 (Bull, 

stein von Vari, der einen Komoedensieg zweierCho- hell. VII 104f.), die jiingste aus 172 (Bull. hell, 

regen imEpigrammefeiert (CIA II 1285), ohne einen 1X147); dass in dieser letzteren zwar noch xoa- 
Dichter zu nennen, ebenso wie den Stein von Ka- 20 yojdoC aber keine Tragoedienchoregen mehr aufge- 

lyvia CIA II 1282 (Athen. Mitt. XII 281), den fiihrt werden, beruht vielleicht nur auf einem Ver- 

drei siegreiche Choregen gemeinsam geweiht haben, sehen. In noch spatere Zeit fiihrt das Bull. hell, 

auf dramatischeChoregienfurDemenfestebeziehen VII 370 veroffentlichte Epigramm eines delischen 

diirfen. Solche Choregen darf man ferner iiberall Choregen (Brinck 208). Da nach dem Ausweis 

dort voraussetzen, wo Tragoeden- oder Komoeden- der genannten Inschriften die Zahl der auftreten- 

auftiihrungen der Deraen bezeugt sind , wie in den Komoeden und Tragoeden in den verschiede- 

Salamis, Eleusis, Myrrhinus. Obwohl wir es hier nen Jahren verschiedene waren, lassen sich die 

wohl iiberall nur mit Wiederauffiihrungen alterer Leistungen der skenischen Choregen nicht genauer 

Stiicke zu thun haben — hOchstens bei Komoe- feststellen. Dass ihnen Gewander (fiir die Pompe?) 
dien kOnnte man an Originalstiicke denken — 30 aus dem Besitz des Heiligtums gegen eine Leih- 

wurden die Leistungen der Choregen doch an gebiihr zur Verfiigung gestellt wurden, geht aus 

manchen Ortenim Agon gegen einander gemessen; der Choregeninschrift Bull. hell. VII 109 vom 

wenigstens bezeichnen sich die Choregen der In- J. 270 v. Chr. {xal xwv ifiaxicor rove fuo&ovs ovx 

schriften CIA IV 2, 1285 b. 1282 b (Ikaria) und ankbovxo x&v eig xa Aiovvaia) hervor. Der in den 

II 1285 (Vari) als Sieger, wobei kaum an stadtische Rechnungsurkunden der delischen Tempelbehorde 

Siege gedacht werden kann. Das war freilich verzeichnete Einnahmeposten xov xoQtjytxov darf 

nur ein bescheidener Wettkampf , da z. B. fiir aber nicht auf die Leihgebiihr hezogen werden, 

Aixone aus CIA II 579. IV 2, 584 b und fiir Ikaria welche die Choregen fiir tjberlassung des fiir die 

aus CIA IV 2, 572 c hervorgeht, dass iiberhaupt AuffiihrungennOtigenApparateszubezahlen haben 
nur zwei Choregen bestellt wurden. Synchoregie 40 (Schoeffer De Deli insulae rebus 143); man 

scheint fiir dramatische Auffiihrungen allgemeiner hat darin wohl (mit Homolle Bull. hell. XIV 

als bei den Stadtfesten gestattet gewesen zu sein, 445) anderweitige Betrage zu erkennen, die von 

da die Anatheme, die von mehreren Choregen ge- den Choregen erlegt werden mussten ; vgl. die 

meinsam aufgestellt sind, doch nicht alle auf eine Inschriften von Iasos (s. u.). 

Mehrheit der von Einzelnen gewonnenen Siege be- Fiir Keos bezeugen die Inschriften CIG 2363 

zogen werden kOnnen. und Mus. ital. di antich. class. I 2 , 207 Cho- 

Choregie ausserhalb Attikas. Durch regen fiir Manner- und KnabenchOre; die Kranze, 

attischen Einfluss ist das Institut der Ch. im die von ihnen in den Schatz des Apollon Pythios 

5. und 4. Jhdt. auch im iibrigen Griechen- zu Karthaia geweiht werden, sind offenbar die 
land, auf den Inseln und in Kleinasien — selbst 50 Ehrengaben , die ihnen zum Dank fiir glanzende 

in Massilia, wie aus IGI 2444 . hervorgeht — ein- Fiihrung des Amtes vom Volke bewilligt worden 

gebiirgert worden. In Boiotien waren kyklische waren. Auch Ch. fiir den nach Delos entsende- 

Cho're seit alters zu Hause, nach Plut. Arist. 1 ten Knabenchor ist hier — wie in Athen (s. o.) — 

war auch Epaminondas einmal als Chorege eines nachweisbar, vgl. Mus. ital. I 2, 208 Z. 37. Merk- 

solchen Chores aufgetreten. Aus Orchomenos sin-d wiirdig ist in Minoa auf Amorgos die Ch. fiir 

zwei Inschriften erhalten (etwa aus der Zeit um apollinische Kordaxtanzer, CIG 2264 c. Choregen 

200), die uns Synchoregie fiir einen dithyrambi- in Aigiale werden erwahnt Athen. Mitt. I 339, 8. 

schen Mannerchor bezeugen, IGS 13210. 3211, vgl. In Samos verzeichnen die Inschriften neben dem 

3212. Auf ahnliche Synchoregie scheint sich Agonotheten fiir Knaben- sowohl wie fiir Manner- 
auch das Bruchstiick einer lnschrift von Chairo- 60 chore (xaidcov und avdgwv avlrjxalg) je zwei Cho- 

neia IGS I 3408 zu beziehen. Fiir Delphi ist die regen (CIG 3091. M.-Ber. Akad. BerL 1859, 754f, 

Liturgie der Choregen bezeugt durch die Inschrif- vgl. Brinck 207), ferner zwei Choregen xQayo)- 

ten Wescher-Foucart Inscr. de Delphes 16. dwv xal xcoficodcov, die vermutlich in der Weise 

Bull. hell. VII 416, 2. 420, 3. Aus Eretria in Wettbewerb traten, dass jeder von ihnen so- 

ist das Bruchstiick einer choregischen lnschrift wohl eine Tragoedie wie eine Komoedie ausriistete. 

erhalten, 'Adr\va 1893, 348. Durch Isokr. XIX Hier wie in Delos erscheint der Wettkampf fn- 

36 wird Ch. fiir Siphnos, durch Antiph. V 77 sofern als ein Wettkampf der Choregen, als diese 

fiir Mytilene bezeugt. als Sieger bezeichnet werden. Etwa der gleichen 



2421 XoQvyte XoQ-qyoQ 2422 

Zeit gehoren die Inschriften von Teoa GIG 3089. zu den Auffiihrungen notige Personal mitzubringen 

3090 an, in denen Choregen nvegixne xal Jial- und wohl auch fur die Ausstattung zu sorgen. 

dcov avltfxwv und Choregen avkrjt&v ardgcov ge- Oft wurde wohl vom Festleiter mit einer Gesell- 

nannt werden, s. XoqixoI aywveg. Ch. in Teos schaft dionysischer Kiinstler ein Pauschalvertrag 

erwahnt auch der Brief des Antigonos Le Bas- abgeschlossen. So erklart es sich auch, dass 

Waddington 86 Z. 66. Ebenso finden wir selbst der Name ,Choregen' fiir die Liturgen, 

in Milet Choregen fiir Knaben- und Manner- die jetzt nur noch die Geldgeber fiir die musi- 

chore in den Inschriften CIG 2868 und Rev. schen Feste sind, vielfach aufgegeben wurde. Wie 

arch. XXVIII 1874, 108, deren letztere noch der in Athen seit dem Ende des 4. Jhdts. ein Agono- 

Mitte des 3. Jhdts. anzugeheren scheint (Brinck 10 thetes (s. d.) aufgestellt wurde, der allmahlich 

213), vgl. auch CIG 2871b. Im Theater von die Verpfiichtungen der friiheren Choregen auf 

Iasos ist eine Anzahl von Inschriften gefunden, Le sich nahm (s. o.), so sehen wir in der spateren 

Bas-Waddington 252 — 299 (etwa aus der Zeit hellenistischen Zeit auch ausserhalb Attikas viel- 

von 190 — 130 v. Chr. ; vgl. Brinck 21 6f.), in fach einen Agonotheten bald als ,freiwilligen' 

denen ixtdooeig, ,Zugaben' des Agonotheten und Beitragsleister neben den Choregen, bald als ein- 

der Choregen verzeichnet sind. Diese (nominell zigen Liturgen fiir die chorischen und drama- 

freiwilligen) Mehrleistungen bestehen darin, dass tischen Auffiihrungen Sorge tragen. Gewiss ist 

die Liturgen auf eigene Kosten einen Schauspieler dieser Agonothetentitel, der uns im 2. und 1. Jhdt. 

oder Musiker im Theater auftreten lassen oder v. Chr. bei den Festen in Boiotien, im Peloponnes, 

aber der Staatskasse eine entsprechende Summe 20 in Kleinasien und auf den Inseln vielfach ent- 

uberweisen. Von Kechtswegen soil der Staat die gegentritt, ganz ebenso, wie seinerzeit in Athen, 

Kiinstler bezahlen, wahrend die Choregen nur fur mit der Verpflichtung verbunden gewesen, ,frei- 

die Ausstattung und fiir die Chore aufzukommen willig' zu den Kosten des Festes beizusteuem 

haben. In Wirklichkeit aber nehrnen die Choregen oder wohl gar allein dafiir aufzukommen. 

aus gutemWillen(lju)>«;oai'T«s) auch diese Leistung Wahrend so in der Kaiserzeit der Titel des 

auf sich. In der Regel werden in diesen In- ,Choregen' in Kleinasien nur einer der vielen 

schriften vier Burger und zwei Metoeken als"Cho- Ehrentitel ist , die GOnnern der Gemeinden ge- 

regen genannt, das mag die gesetzlich festgesetzte geben werden, hat man in Athen im 1. Jhdt. 

Zahl gewesen sein, die aber mancherlei Ausnahmen n. Chr. den Versuch gemacht, die alte Einrich- 

zuliess. Wenn in den spateren Inschriften die 30 tung der Phylenchoregie wieder ins Leben zu 

Choregen ebenso wie der Agonothet eine bestimmte rufen. CIA III 78 wird (zwischen 90 und 100 n. 

Summe — die burgerlichen Choregen in der Regel Chr.) der Chorege der Phyle Oineis genannt, neben 

200 Drachmen, die Metoeken 100 Drachmen — dem Archonten Philopappos, der als Agonothet 

zahlen, die mit der Formel anidcoxav (statt ijis- der Dionysien bezeichnet wird. Dexikles , der 

Smxav) verzeichnet wird, so bestand wohl damals ^rifeW xooq> einen Dreifuss aufgestellt hat (CIA 

die choregische Leistung iiberhaupt nur in solchen III 68b. Reisch Griech. Weihgeschenke 106), 

Zahlungen an den Staat , der damit den Dnter- ist ebenfalls als Chorege zu betrachten, vgl. noch 

nehmer der Spiele (eine Gesellschaft dionysischer CIA III 80. 82. 84. Nach Plut. sympos. I 10 

Kiinstler) entlohnte. war Philopappos einmal Agonothet und Chorege 

Endlich liegen auch noch aus Rhodos zahl- 40 aller Phylen zugleich. Wie wir aus diesen Zeug- 

reiche Zeugnisse fiir dortige Ch. vor, sowohl fiir nissen ersehen, hat aber die Institution der Ch. 

lyrische Chore, wie fiir Tragoeden , IGIns. I 68. nicht mehr feste Wurzeln zu gewinnen vermocht 

71, vgl. 70. 157. 383. 385. 836. 838. Ein Volks- und ist nach kurzer Zeit wieder eingegangen. 

beschluss von Lindos IGIns. I 762 lehrt uns, dass Boeckh Staatshaushaltung der Athen er I 3 

die rhodische Gesamtgemeinde zehn Choregen aus 539ff. Thumser De civium Atheniensium mune- 

Biirgern und Metoeken zu erwahlen beschloss und ribus 83. Reisch De musicis Graecorum eerta- 

dass die Lindier es ihren Epistaten anheimgaben , minibus (Wien 1885) 25ff. Brinck Inscriptiones 

aus der Zahl der in Lindos ansassigen Fremden ad choregiam pertinentes, Dissert. Halenses VII 

noch weitere sechs Choregen zu den aus den (1886) 71ff. A. Miiller Gr. Biihnenaltertiimer 

Biirgern gewahlten aufzustellen, wenn sich nie- 50 331f. Bodensteiner Commentationes phil., 

mand freiwillig der Leistung unterziehen sollte. Festschrift f. d. Miinchener Philologenversamm- 

Auch diese vereinzelten Nachrichten geniigen, lung 1891. K. F. Hermann -Thumser Gr. 

um zu zeigen, dass das Institut der Ch. sich Staatsaltert. 6 690ff. [Reisch.] 

ausserhalb Attikas langer erhalten hat als in XoQrjyog, der Chorfiihrer. Die urspriingliche 

Athen, indem man fast iiberall Synchoregien ein- Bedeutung hat sich besonders bei den Dorern er- 

richtete und dabei auch die Metoeken als Chore- halten, vgl. Athen. XIV 633 A. So heisst im 

gen bestellte. Wir konnen auch namentlich aus Partheneion Alkmans Agesichora v. 48 xlsvva 

den Inschriften von Iasos sehen , wie die Ver- x°e a y°s ™d De i Arist. Lysistr. 1314 wird Helena 

pflichtungen des Choregen immer mehr auf blosse als %. der spartanischen Frauenchore gefeiert; auch 

Geldleistungen sich beschrankten. Es war ja seit 60 an die -/_. (Manner) fiir die aeginetischen Frauen- 

dem 3. Jhdt. tiblich geworden, wie schon die delphi- chore zu Ehren der Demie und Auxesie (Herod, 

schen Soterieninschriften lehren (Wescher-Fou- V 83) darf man erinnern. Dem Chorfiihrer, der 

cart Inscr. de Delphes 3-6. Reisch Mus. cert. an der Spitze seines Chores einherzieht, fallt in 

88), dass auch die Chore aus berufsmassigen San- der Regel auch die Anordnung des Chores zu 

gernzusammengesetztundvondeneinzelnenKunst- (Plut. Mor. p. 219 E) ebenso wie die Schulung 

lern selbst mitgebracht wurden. Wer einen kykli- der Sanger; ausnahmsweise iibernahm er wohl in 

schen Auleten oder einen Protagonisten anwarb, alterer Zeit auch das Amt des Flotenspielers 

machte dem Betreffenden zur Pflicht, das ganze (Aristot. Polit. VIII 6 p. 1341a 30). : 



2423 Choregos Chorikios 2424 

Indem der Kreis der Eechte und Pflichten des bei ihm heisst, in Paraitakene, der sonst in un- 

Chorfiihrers sich immer mehr erweitert, verschiebt serer Ifberlieferung (Curt. VIII 2, 19ff. Strab. 

sich die Bedeutung des Wortes. Die Athener ge- XI 517. Plut. Alex. 58) den Namen Sisimithres 

l>rauchen in gehobener Sprache das Wort zwar fuhrt. Nach Geiger Alexander d. Gr. Peldzuge 

noch in seinem urspriinglichen Sinn (Soph. Ant. in Sogdiane 37 war Sisimithres der eigentliche 

1146. Burip. Hel. 1467. Plat. Leg. II 665 a), vor- Name, Ch. ein Epitheton, welches die Herkunft 

zugsweise aber verstehen sie darunter den Trager naher bezeichnete (vgl. auch F. v. Schwarz 

der als Choregie (s. d.) bezeichneten Liturgie, die Alex. d. Gr. Feldziige in Turkestan 83f.). Er 

ein em. wohlhabenden Steuertrager die Pflieht auf- befehligte auf einem schwer zuganglichen Felsen, 

biirdete, einen Chor fur ein Staatsfest auf eigene 10 der wahrscheinlich mit dem Berge Kohi-nur an 

Kosten auszuriisten, wahrend zur Bezeichnung des dem Wachschflusse im heutigen Hissar oder Ost- 

,Chorfuhrers' (des Vorsangers und Vortanzers) buchara, in der Nahe der Briicke Puli-sangin, 

andere Namen sich einbfirgern, wie rjysfimv xoqov gleichzusetzen ist, vgl. die eingehende Darstellung 

oder xoQv<paTos (s. d.), vgl. Chor. Da diese Cho- der Ortlichkeit bei Schwarz a. 0. 84ff., wodurch 

regen in spaterer Zeit vielfach nur mehr die Geld- die Ansetzung Droysens (Hellen. I 2, 79, 1) 

geber sind, wahrend die Sorge fur die Zusammen- im wesentlichen bestatigt wird. Alexander d. 

stellung der Chore den einzelnen Kiinstlern (FlOten- Gr. belagerte diesen Pelsen im Priihjahr 327 und 

spielern, Protagonisten u. s. w.) oder einem Techni- bewirkte durch seine Massregeln bei Ch. solche 

tenverein Iibertragen wird, so kann man die %. auch Einschiichterung, dass er seine Position den Make- 

geradezu als rovg /.uo&ovfiivovg xovg %ooovg (Athen. 20 doniern uberlieferte. Alexander bestatigte ihn 

XIV 633 A) bezeichnen. In Athen sind zudem in der Herrschaft, die er bisher innegehabt hatte 

die Worte %oor\y6g , xoorjyuv , xoQtjyia bald in (Arrian. IV 21, 1 — 9. Curt. VIII 2, 19 — 33), und 

freierer Weise auch von anderen Liturgien gesagt bezeugte ihm in noch hoherem Masse seine Gunst, 

worden(Thumser Wiener Studien VII 59), woraus als Ch. dem durch Hunger und Kalte erschopften 

sich in der Spatzeit eine sehr mannigfache Ver- makedonischen Heere reichlichen Vorrat von Le- 

wendung dieser Worte in allgemeiner Bedeutung bensmitteln zufiihrte (Arrian. IV 21 , 10 ; Cur- 

entwickelt hat, s. die Lexica. [Beisch.] tius IV 4, Iff. lasst diese Unterstiitzung durch 

Choregos, Dichter der mittleren Komoedie, Sisimithres bei Gelegenheit eines mit sehr leb- 

als Sieger an den Dionysien nach Philippos und haften Farben ausgemalten Marsches durch eine 

vor Anaxandrides (es folgen Philetairos Eubulos 30 Landschaft Namens Gazaba erfolgen ; derselben 

Ephippos Antiphanes u. a.) verzeichnet in dem Quelle folgte Diodor, wie wir aus dem Inhalts- 

Katalog CIA II 977 frg. f. [Kaibel.] verzeichnis zu XVII x # sehen; vgl. Kaerst 

Choreia (Xogeia). 1) Die hervorragendste Forsch. z. Gesch. Alex. d. Gr. 134. Geiger a. 

unter den Mainaden, welche den Dionysos nach O. 39f.). 

Argos begleiteten und dort im Kampfe mit Per- Strabon a. O. verlegt den Felsen. um den es 

seus flelen. Ihr Grabmal wurde in Argos gezeigt sich hier handelt, nach Baktrien, Curt. IV 19, 1 

{Paus. II 20, 4). nach Nautaka, was doch wohl aus dem hsl. Nauta 

2) Bakchantin auf einer rf. Vase in Neapel herzustellen ist (gegen v. Schwarz a. 0. 83), 

nr. 2419. CIG 8387. Heydemann Satyr- und da auch Diodor in der Inhaltsangabe orgarsia 

Bakchennamen 17. 39. [Wagner.] 40 slg rovg naXov/j.svovg Navraxag hat. Topogra- 

Choreva (so Tab. Peut. , Goreva Itin. Ant.), phisch aber ist diese Angabe nicht wohl mOglich 

Station der Strasse von Carthago nach Cirta, Tab. (auch war ja Nautaka eine Stadt), und ist wohl 

Peut. Itin. Ant. Nach Tissot Geogr. comparee entstanden durch Verwechslung mit dem Winter - 

de l'Afrique II 451 die Ruinen Henchir Dermulia. aufenthalt in Nautaka (Arrian. IV 18, 2), dessen 

[Dessau.] Erwahnung in der von Curtius wiedergegebenen 

Choricus, beim sog. Interpolator Serv. Aen. Uberlieferung verloren gegangen ist (vgl. auch 

VIII 138, wie quidam berichten, rex Areadiae, schon Miitzell zu Curt. a. 0.). [Kaerst.] 

genau so wie Serv. Aen. Ill 209 von Phineus Chorikios aus Gaza (Lob Gazas p. 107f. Bois- 

sagt: Tkraeum rex vel ut quidam volunt Area- sonade, der Gazaeer p. 7. 101 Boiss.), der be- 

diae. Beides stammt also offenbar aus gemein- 50 deutendste Schiller des Sophisten Prokopios von 

samer Quelle; die Geschichte von Ch. bezeichnet Gaza (p. 2. 109 Boiss.), widmete sich selbst (apo- 

Kobert in Prellers Griech. Myth. I 415, 3 als log. mimor. XVI 15) dem nach seiner Meinung 

sicherlich sehr spat. Die Tochter des Ch. Pa- besonders schwierigen (p. 4f. Boiss.), aber auch 

laestra giebt dem Eingkampf den Namen ; die alle anderen kiinstlerischen Thatigkeiten in Schat- 

Verstiimmlung des Hermes, dem dieses von dem ten stellenden (Arch. Jahrb. IX 173, 19ff.) So- 

Gott geliebte Madchen die Erfindung der Bruder phistenberuf noch bei Lebzeiten des Prokopios 

verraten hat, durch Ch. motiviert die Hermenform (p. 21 Boiss. Phot. bibl. cod. 160 p. 103 a 

und den Beinamen KvXXtjvios wie von xvllog (!), iff. Bekker); zu seinem Lehrer stand er in be- 

und Ch., der zuletzt von Zeus zur Strafe in einen sonders familiarem Verhaltnis (p. 12 Boiss.) und 
Schlauchverwandeltwird, istderbekanntetfbungs- 60hat ihm auch die Leichenrede (p. Iff. Boiss.) in 

schlauch der Bingkampfer, der x<6qvxos. Damit der Zeit zwischen 526 und 536 (C. Kirs ten 

ist gesagt, dass Choricus nichts als eine ver- Quaest. Choricianae, Bresl. philol. Abhandl. VII 

derbte Schreibung fur Ooryeus ist, wie noch allzu 1895, 12f.) gehalten. Unter den uns erhaltenen 

vorsichtig andeutet St oil in Roschers Myth. Lex. Beden wird das zusammengehorige Paar 'Aoiorsvg 

I 898. [Hiller v. Gaertringen.] reog und &ddeyvoog von Ch. selbst (Kirsten 

Chorieues (Xooi^g). Mit diesem Namen a. a. O. 22f.) als Jugendwerk bezeichnet. Sonst 

bezeichnet Arrian. anab. IV 21 einen Hauptling ist die friiheste datierbare Rede von ihm die Apo- 

im Ostlichen Sogdiane , oder wie die Landschaft logia mimorum, welche das Bestehen pantomimi- 



2425 Chorikios Chorikios 2426 

scher Auffiihrungen auch in Constantinopel (VIII unterricht, widmete sich Ch. vielleicht von An- 
2. 6f.) noch voraussetzt, also jedenfalls vor Iusti- fang an mit mehr Lust als der rednerischen Thatig- 
nians Theaterverbot im J. 526 (Kirsten 2 If.) keit (Philol. LIV 115, 17ff. 116, 17ff.) nnd be- 
verfasst sein muss. Sie fallt wohl in den An- schrankte sich in hoherem Alter mehr und mehr 
fang von Ch.s rednerischer Laufbahn, da eine so aui'ihn (Eh. Mus. XXXVII 488f.); seinen Schiilern 
lebhafte Parteinahme ftir eine den Redelehrern in hielt er regelmassig in jedem Jahr eine feierliche 
Gaza verbotene Belustigung (I 4. XIII 2f. 5) in Eede wahrend eines Festes (Philol. LIV 121f.); 
Ch.s reiferen Jahren kaum verstandlich ware ; auch sie suchten ihn aber zu hauflgerem Auftreten zu 
die dialers Eh. Mus. XLIX 501f., in welcher veranlassen (Philol. LIV 115f.) und liessen es an 
noch unbefangen von Pantomimenauffiihrungen 10 Beifall nicht fehlen (Werfen mit Eosen, Philol. 
gesprochen wird, dtirfte nicht weit vom J. 526 LIV 115, 10; Geleite vom Theater naeh Hause 
abliegen, und ehenso muss die dialers Philol. stehender Brauch, Arch. Jahrb. IX 114,8). Mit 
LIV 116, 17ff. im J. 526 oder bald nachher ge- Namen bekannt sind uns von seinen Schiilern nur 
halten sein (a. a. 0. p. 116, 20f.); wenn, wie es diejenigen, welchen er Hochzeitsreden hielt, Za- 
den Anschein hat. die SMeStg Philol. LIV 114f. charias (Index lection. Vratislav. aest. 1891, 14 
bei dem heidnischen Eosenfest (fiber welches s. — 18), Prokopios, Johannes und Elias (Ind. lect. 
B. Stark Gaza und die philistaeische Ktiste 598. Vrat. a. a. 0. 19—24), alle, wie es scheint, Ga- 
643; vgl. Heuzey-Daumet Mission archeol. de zaeer; einen vornehmen, ihm von Summus zuge- 
MacCdoine Inschr. nr. 87. 89. 90) und nicht etwa fiihrten Schiller aus Arabien erwahnt er p. 32, 1 
bei einem diesem substituierten christlichen Prfih- 20 Boiss. Die Schfiler, vor dem rhetorischen Curs 
lingsfest gehalten worden ist, so dtirfte sie auch grammatisch vorgebildet, suchte.Ch., ebenso wie 
nicht fiber das J. 526 herunterzusetzen sein. Die er selbst von Prokopios angeleitet worden war 
erste Eede, welche Ch. vor hohen Beamten hielt, (p. 5 Boiss.) , in die vollendete Correctheit und 
ist die Lobrede auf Aratios und Stephanos (p. 126 Eleganz attischen Ausdrucks einzufuhren (p. 2. 
Boiss. Eev. de philol. I 63 § 1), deren Zeit Ch. 4. 5. 78 Boiss. Philol. LIV 111, 15. 122, 12. Ind. 
Graux (Eev. de philol. I 55—61) auf 535/36 be- lect. Vrat. aest. 1891 p. 21, 24. Apolog. mim. X 
stimmt hat. Einigermassen lasst sich die Zeit 4), welche ihnen spaterhin sei es im sophistischen, 
auch noch bestimmen fur die Leichenrede auf sei es im geistlichen (p. 81. 109 Boiss. Aen. Gaz. 
Maria, die Mutter des Bischofs Marcianus von ep. 15), sei es im juristischen (p. 40, 14 Boiss. 
Gaza (naeh 518), und ffir die beiden Lobreden 30 Ind. lect. Vrat. aest. 1891 p. 22,21.. Procop. Gaz. 
auf Marcianus selbst: die erste, auf welche sich ep. 29. 41. 148) oder arztlichen (Procop. ep. 123) 
or. in Arat. XII 4ff. bezieht, fallt vor 536 und Beruf zu gut kommen sollte. Ch. war jeden- 
ist im Prtihjahr, am Gedenktag des H. Sergios falls als Lehrer langere Zeit unverheiratet (Ind. 
kurz vor Tag- und Nachtgleiche (p. 77. 82. 83 lect. Vrat. aest. 1891 p. 19 § 1. Eh. Mus. XLIX 
Boiss.) gehalten (p. 80, 14 Boiss. bezieht sich 505, 6; vielleicht liegt eine Anspielung darauf 
nicht, wie Kirsten 7 meint, auf den 'Emzdtptos auch vor Arch. Jahrb. IX 190, 16); dass er spater- 
sis IlQoxomov, sondern auf eine vorhergegangene hin geheiratet habe, wird durch geringschatzige 
kfirzere, uns verlorene Lobrede auf Marcianus, bei Bemerkungen fiber die Prauen (p. 54. 64. 110 
welcher Marcianus — vgl. auch p. 104 Boiss. — Boiss. Herm. XVII 211, 31), wie sie auch der 
nicht anwesend war; doch ist aus dem von Graux 40 verheiratete Prokopios (z. B. [Choric] p. 141. 142) 
Eev. de philol. I 78, 16 angefuhrten Grund in sich gestattet, nicht ausgeschlossen. Der Philo- 
Marc. I naeh Epitaph. Procopii zu setzen) , die sophie und Theologie steht er weit ferner als sein 
zweite ist im Sommer (p. 114, 9. 123, 13f. Boiss.), Lehrer (nur die diahs&g Philol. LIV 120f. tragt 
naeh der Eede auf Aratios und Stephanos , in besonders stark die cynische Parbe, welche dieser 
welcher Ch. von der durch Marcianus erbauten Litteraturgattung von ihrer Entstehung aus der 
zweiten Kirche (des H. Stephanos) noch nichts cynischen Diatribe her anhaftet, vgl. W. Sell mid 
weiss , und vielleicht langere Zeit vor 542 (in Atticism. IV 346if.). Ubrigens ist Ch. ohne Zweifel 
welchem Jahr Marcianus jedenfalls nicht mehr ebenso wie Prokopios und Aineias Christ gewesen, 
Bischof war, Kirsten 14) gehalten; ferner fallt was auch Photios (bibl. p. 102 b 32if. 103 a 13) 
die 8mXsg~ig in Iustiniani brumalia zwischen 532 50 bezeugt ; er bewegt sich aber fast immer nur 
und 540 (Kirsten 19f.) und die Lobrede auf den in dem Gedanken- und Anschauungskreis des 
Peldherrn Summus zwischen 535 und 540 (Kir- heidnischen Altertums : seine Homerexegese und 
sten 15ff.). Daraus, dass Ch. als Festredner der Mythenkritik ist die eines religiOs conservativen 
Stadt Gaza vor den hochsten Beamten auftreten Heiden (Ind. lect. Vrat. hib. 1891/92 p. 4, 4; aest. 
durfte, ersieht man, dass er seit Prokopios Tod 1891 p. 16, llff. 23, 12ff. Eh. Mus. XLIX 502, 
als erster Eedner Gazas angesehen war; nur die 2ff. Arch. Jahrb. IX 188, 17ff.); von Beziehungen 
fibergrosse Lange von manchen seiner /tsXerat auf die Bibel ist, wenn man von den Beschrei- 
scheint hie und da beanstandet worden zu sein bungen der Gemalde in den Kirchen der Heiligen 
(Philol. LIV 122, 21ff. Arch. Jahrb. IX 174; den Sergios und Stephanos (p. 83ff. 116 Boiss.) ab- 
verwOhnten Geschmack der Gazaeer streift Ch. 60sieht, nirgends die Eede; christliche Sitten und 
Philol. LIV 114, 10ff.). Von Eeden, welche er Anschaunngen werden erwahnt z. B. p. llf. 37ff. 
ausserhalb Gazas gehalten hatte, ist uns nichts 42ff. Boiss.; or. in Arat. III. XI 4. XII 1. XIV 
bekannt; einer Anwesenheit bei einer Xvyvoxata 2; apol. mim. XII 7; dabei ist aber Zeus Welt- 
in Agypten, mit welchem Land Gaza, den Briefen schepfer in Iustin. brumal. § If. , die Moiren 
des Aineias und Prokopios naeh, in regem Kultur- schneiden dem Prokopios den Lebensfaden ab 
verkehr stand, gedenkt er in der zweiten Eede (p. 14f. Boiss.), er wird alsdann auf die fia- 
auf Marcianus (p. 122 Boiss.). Dem andern Teil xagcov rfjooi versetzt (p. 22 Boiss.), und wo man 
des Sophistenberufs (p. 4 Boiss.), dem Jugend- etwas von personlicher Unsterblichkeit zu hOren 



2427 Chorikios Chorikios 2428 

erwartet (Ind. lect. Vrat. aest. 1891 p. 19, 19ff.), sthenes (den er als seinen Musterautor bezeichnet, 

tritt eine vfillig heidnische Auffassung hervor. Herm. XVII 223, Iff.). Viele Entlehnungen wer- 

Am weitesten geht die von Photios (bibl. p. 102 b den nachgewiesen in den Noten zu den einzelnen 

34ff.) geriigte Vermischung von Christliehem und Reden von Boissonade, Graux. Forster; im 

Heidnischem in den Trauerreden auf Prokopios Zusammenhang handeltiiber seine Klassikerstudien 

und Maria. Die Notwendigkeit heidnischer Bru- Joh. Malehin De Choricii Gaz. veterum Graecor. 

dition fiir den christlichen Theologen gait dera scriptor. studiis, Kiel 1884. Aber auch die Klas- 

Ch. (p. 109) wie den strengsten Christen (Marc. siker der Neusophistik beniltzt er stark, beson- 

Diac. vit. Porphyr. p. 9, 2 ed. Bonn.) als selbst- ders den Aelius Aristides (s. z. B. Graux Rev. 
verstandlich. 10 de philol. I 65, 19; apol. mim. VI 27 aus Aristid. 

Wir liaben von Ch.s Reden wahrscheinlich or. XIII 307 Dindf.; ebd. VIII 21 . aus Aristid. 

nicht weniger als Photios gehabt hat; Boisso- XIII 299; p. 22 Boiss. und dialex. in Iustin. 

nade p. VII — VIII interpretiert die Worte des brumal. § 13 aus Aristid. XLVI 398; Epithalam. 

Photios zum Teil schief; unter den nXaafiaxixd Procop. § 7 aus Aristid. IV 52), wahrscheinlich 

versteht Photios die pieXhai, unter jiavtjyvQixoi auch den Libanios, welchen er p. 6 Boiss. nennt, 

die Lobreden auf Personen, unter fiovmdlat die und seinen Lehrer Prokopios (Phot. bibl. p. 103 a 

zwei Trauerreden, unter kxcpgdosig xal eyxco/iia 11. Villoison Anecd. gr. II 280 s. v. Chori- 

besonders die zwei Reden auf Marcianus , viel- cius). Zahlreich sind auch seine Beziehungen auf 

leicht auch einiges Pseudochorikianische. Die von Werke der bildenden Kunst (s. die Zusammen- 
Boissonade unter die Fragmente (p. 283 — 298, 20 stellung von Forster Arch. Jahrb. IX 167ff.). 

frg. 8 — 85) aufgenommenen Excerpte aus den Den /tsXsrai, welche er zum Teil als Rede und 

Plorilegien des Maximus Confessor (c. 645; er Gegenrede paarweise zusammennimmt (so JIoXv- 

citiert zwei Stellen: Migne patrol. Gr. 91, 966 ddfiac und IlQiafiog, Agiorevg vsog und 4>ddgjv- 

= Choric. frg. 83 Boiss. , das einzige auch von gog , vielleicht auch Saagridrtjg und einen nicht 

Arsenios p. 480 Walz noch bewahrte Fragment; mehr erhaltenen IJga^ireXtjg) , schickt er manch- 

Migne a. a. O. p. 992 = Choric. frg. 31 Boiss.), mal (erhalten nur zum S7iagndrr)g) eine diatriben- 

Makarios Chrysokephalas (Villoison Anecd. II artige frei praludierende dialeg~ig im Stil des 

18ff.), Antonios (Melissa), Johannes Georgides, so- Xoyog acpeXrjg (of = avrqi z. B. kommt nur in 

wie die von R. Forster (Melanges Graux p. 639 diaXeg~eig vor), regelmassig (nur zum Agiorevg ist 
— 641) aus einem Commentar zu Hermogenes ge- 30 sie uns verloren) eine fiber den Gegenstand und 

zogenen (ebenso wie die Stiicke bei Cramer seine Behandlung orientierende &smgia oder ngo- 

Anecd. Oxon. IV 164f. in den MiXriddr/g gehOri- Sscogla voraus. Manche fisXhai sind in zwei Ab- 

gen) Fragmente stammen alle aus vollstandig er- satzen vorgetragen worden, in welchem Fall der 

haltenen Reden. Nur zu dem Anfang der ver- zweite Absatz mit einer neuen didXe§ig eingeleitet 

stiimmelten Rede 'Agiorevg liefern die Florilegien wird (so Philol. LIV 119. Rh. Mus. XLIX 483. 

Erganzungen (Forster Philol. LIV 95). MSglich Arch. Jahrb. IX 174). Den Lobreden auf Per- 

ist, dass dem SizagTidrqg eine jetzt verlorene Rede sonen geht regelmassig eine ScdXe£ig voran , nur 

des Praxiteles voranging, auf welche der Snag- der auf Summus fehlt sie, wohl weil diese eine 

ndr-qg Bezug zu nehmen scheint. Nicht erhalten, Improvisation war; ebenso fehlt sie den Trauer- 
wenn sie tiberhaupt verOffentlicht war , ist die 40 reden. Als Improvisationen (i-x rov 3igoy_ugov) 

smdsiSn auf Bischof Marcianus, auf welche p. 99. werden bezeichnet die Rede auf Summus, die dtd- 

104 Boiss. angespielt wird, und zu einer Reihe Xsgig in Iustiniani brumalia und das Stuck Philol. 

von erhaltenen diaXel-eig fehlen die zugehOrigen LIV 114. 

fisXhai, wie umgekehrt vielleicht zu manchen er- Ch.s Reden galten den Byzantinern (Joh. Rha- 

haltenen /xsXkai die dtaXeg'eig verloren gegangen cend. in Walz Rhet. Gr. Ill 521. 526) als Muster 

sind. An strenger, schiilerhafter Correctheit in der fj,6vmg Q^toQixt] (opp. cpiXooocpixrj) XoyoyQaipia, 

Sprache und rhetorischer Technik (die vdfioi rfjg der Xkg~ig TouieivoTSQa und xa&agd, insbesondere 

rixvt]g werden angezogen in Arat. IV 10 p. 39. fiir klassisch seine navrjyvQixol und ovpfiovXsv- 

125 Boiss. Rh. Mus. XLIX 484, 13f.) iiberbietet xixoi (? s. Anon, in Walz Rh. Gr. Ill 572. 573. 
Ch. noch den Prokopios; seine Sorgfalt in Hin- 50 Greg. Cor. in Bekker Anecd. p. 1081), wahrend 

sicht der avv&eoig zeigt sich in Vermeidung des seine dcaXegsig getadelt werden von Anon. Walz 

Hiatus (die Regeln s. Forster Herm. XVII 207f. Rh. Gr. Ill 571. 

und genauer Kirsten a. a. O. 25ff.) und Ein- Wir besitzen von Ch. folgende Reden : 1) Lob- 

haltung des Meyerschen Klauselgesetzes (Kirsten reden auf Personen: iyxm/uov ex rov mqoxsiqov 

36ff.). In den Lobreden verfallt er oft in Schwulst elg 2ov/nfiov rov svdo^orarov <ixQaxrjXdrr]v (ed. Boiss. 

und masslose Schmeichelei (einige Beispiele bei p. 25ff.), zwei Reden elg Magxiavov Fdfyg siti- 

Cobet Collectanea crit. 143f.). Photios tadelt oxonov (I ed. Boiss. p. 77ff.; II ebd. p. 105ff.), 

auch sein Ubermass in Tropen und poetischen beide durch ihre Kirchen- und Gemaldebeschrei- 

Wendungen (besonders Hypotyposen, z. B. p. 236. bungen von hervorragender Wichtigkeit fiir die 
278 Boiss. Rev. de philol. I 77 § 11. Herm. XVII 60 Geschichte der christlichen Kunst (s. B. Stark 

217, 28ff. 221, 14ff. 237, 6ff. Rh. Mus. XLIX Gaza 626ff.), und die Rede sie 'Aodnov dovxa xal 

497, 32ff. 506. 523, 5ff.); in Klangfiguren da- Zreyavov aqxovra (ed. Graux Rev. de philol. I 

gegen halt er Mass. Gem zeigt er seine Gelehr- 63ff. , die zugehorige SidXsS ig bei Boiss. p. 126 

samkeit in Citaten aus Dichtero und einer Menge — 128). 2) Trauerreden: 'Emrdqjiog inl IIqoxo- 

von Reminiscenzen aus den klassischen Prosaikern, mq> (ed. Boiss. p. Iff.) und 'Emrd<piog enl Magla. 

insbesondere Thukydides (den er Philol. LIV 119. fi-qroi Magxiavov rdCrjg imoxdnov xal Avaoraalov 

24 jitjyij rfjg gyrogixije nennt; einige Nachwei- 'EXevftsgonoXsoog hmoxonov (ed. Boiss. p. 37 ff.). 

sungen s. Co bet Coll. crit. 142ff.) und Demo- 3) Hochzeitsreden fiir Schiiler: 'Em&aXdjuog slg 



2429 Chorikios Chorikios 2430 

Zaxaplav tva x&v avxov (poixtjx&v ovxa (ed. For- 167) fest mit ihr auch die des sprachlich mid 

ster Ind. lect. Vrat. aest. 1891 p. 14 — 17; die stilistisch mit dem IlaxgoxXog aufs niichste yer- 

Eede wird in der Uberschrift als didXeg'ig bezeich- wandten Ilaidoxxovog, der sicli auch in Libanios- 

net), wozu das von Forster a. a. 0. p. 17—18 Hss. verirrt hat, dagegen gehoren nicht dem Ch. 

herausgegebene kleine Stiick einen Nachtrag bil- die in Cod. Vatic. 1898 enthaltenen, von Bois- 

det; 'EmdaXdfiiog eig JIqoxotiiov xai'Io)dvvr)v xai sonade (p. 129 — 178) aus A. Mai Spicileg. Rom. 

'Hilar (potrrjTag ovzag avxov (ed. Forster a. a. 0. T. V iibernommenen Stficke, welche Kirs ten 

p. 19-24). 4)J(aAef£(jausserdenangefuhrten:<5(a- (46ff.) mit aller mOglichen Sicherheit dem Pro- 

Xeg~ig oxi aXdofiaxa Xoycov iqomxwv ov Xvfiaivexai kopios zugewiesen hat; diesem dfirften auch die 
itQog aXXag fieXhag aXXrjv e%ovoag vszotieoiv (ed. 10 Fragmente 1 — 7 der Boissonadeschen Samm- 

Boiss. p. 198ft; vgl. Porster Ind. Vrat. aest. lung (vgl. [Choric] 174f. Boiss.) gehoren; die 

1891 p. 9), didXeg'ig elg to firj SeTv dxelfj xaxaXeixpai Movcodia p. 179 — 195 Boiss. ist ein Werk des 

xov Xoyov (ed. Boiss. p. 201; vgl. Forster a. a. Nikephoros Basilakis (Porster Philol. LIV 93), 

0.; der Schluss fehlt in Cod. Matr. 101, sowie in die StaXil-sig bei Boissonade 202 — 204 sind von 

Mais Vaticanus), didXe§tg eig xd 'lovattviavov Libanios. Fiir unecht muss bis auf weiteres auch 

figovfidXia (ed. Forster Ind. Vrat. hib. 1891/92 das Fragment einer Lobrede auf den Peldherrn 

p. 3-5), StdXs§tg aiofro/uevov xiv&v x&v ■deojzeoiwv Asiaticus (von Boissonade 196f. ebenfalls aus 

fiov didaoxdXajv /iiefHpofievajv fit/ 3ia(>afidXXor>xa zaTg Mai Spicileg. Bom. V entnommen) gelten. 

dijfiooiaig x&v X.dycov ovvoSoig deixvvotv <ag iv Samtliche echten Stucke des Ch. enthalt nur 
yrjgqxaXov rjovyJa{aA. FOrster Kh. Mus. XXXVII 20 der Codex bibliothecae regiae Matritensis (biblio- 

483f.), didXe^ig dbro xrjg naQovorjg &Qag Xaflovoa theca nacional) N- 101 (beschrieben von Iriarte 

xijv aqyofjpiijv jiQogopoQoig avx/j dirjyrj/taot xaXXa>- Regiae biblioth. Matrit. codices Graeci manuscr. 

mfrtai (ed. Porster Philol. LIV 114f.), did- I 394—406; dann von E. Ruelle Archives des 

Xelgig x&v tpoixrjx&v jioXXdxig einelv Sei]&evxa>v missions scientiflques et litteraires, 3. serie tome 

xfjg /tezs 1 % °v sxaQovxog avafioXtjg dir/ytfosxai xr)v II 1875, 503f. 563f., von Porster Herm. XVII 

TZQdfpaciv (ed. Porster ebd. 1151), SidXelgig x&v 206 und am vollstandigsten von demselben Ind. 

vemv fifxag ag~iovvxow jivxvoxsqov naoievai deixvv- lect. Vrat. aest. 1891, 4ft'.), eine Papierhs. (sogen. 

oiv ovx dvovrjxov ovoav xijv fiexQiav xov xqovov bombycinus) saec. XIII/XIV (Probe bei Graux- 

Sidoxaoiv (ed. FOrster ebd. 116f.), 8idXeq~ig oxi Mar tin Facsimiles de manuscrits Grecs d'Espagne 
to fiexgiov (pQovrjpia tag evnoayiag ovx la <5ja-30pl. XVI nr. 57, dazu Textband p. 114ft), welche 

Xveo&ai (ed. FOrster ebd. 118f.), didXe^ig oxi Konstantinos Laskaris gelegentlich einer Reise 

fidvtj nscpvxev aavXog d(>exi) ra> xexiq/uevcp (ed. nach Rhodos geschenkt erhielt c. 1453; sie kam 

FOrster ebd. 120f.), SidXs^ig eig xo zip' ixr\oiov nach Laskaris Tod mit dessen gesammter Biblio- 

djtodovvai xoig axgooy/nevoig fieXsxtjv (ed. F r s t e r thek in den Besitz der Stadt Messina , von da 

ebd. 121f.), Sid?.eg~ig agog xov fis^ipdj^svov , oxi 1679 nach Palermo und endlich nach Spanien. 

xov Xoyov xo fA.rjxog ov ov/ti/nexgov ioxi xfj dwdftei Aus dieser Hs. sind zuerst fiir Boissonade dureh 

xov Xeyovxog (ed. Porster ebd. 122f.), didXeg'ig E. Miller die zwei Reden auf Marcianus aus- 

Iv /xsoqj xsxayfisvtj xov Xoyov Sevxeoag Serjdevxos geschrieben worden; dann hat sie Ch. Graux zu 

ovvdbov 7iQog(poQ0v eavxfi Seixvvm xavxrjv shai der Ausgabe der Reden in Arat. und Apolog. 
zr)v xdq'iv (ed. Porster Rh. Mus. XLIX 483; die 40mimor. verwendet, und alle Schriften des Ch. hat 

didXs^tg gehSrt nicht zu der folgenden fieXJxtj), nach und nach, fiber vier Zeitschriften und drei 

didXslgig oxi deT xov jiagtorxa xov fielsxcofisvov xo Indices lectionum verstreut , R. FOrster, von 

rfftog Sid Jiavxdg cpvkdg~ai xov Xoyov (ed. Porster dem eine Gesamtausgabe zu erwarten steht, aus 

Arch. Jahrb. IX 173). 5) Elf ixaXkxai nebst dew- ihr herausgegeben. Dber die iibrigen Hss., deren 

Qiai: Tvoawoxxdvog (ed. Boiss. p. 49ff.; der Gegen- keine mehr als vier Reden (die zwei Trauerreden, 

stand derselbe wie in Lukians TvQavvoxxovog), Tyrannicida und Laudatio Summi) enthalt , s. 

JIaidoxxdvog (ed. Boiss. p. 206ff.), HaxgoxXog (ed. FOrster Ind. lect. Vrat. aest. 1891 p. 3 (Probe 

Boiss. p. 239ff. ; Gegenstand aus II. IX und XVI), aus dem von Laskaris aus Matritens. N- 101 ab- 

AvSoi (ed. Forster Ind. lect. Vrat. hib. 1891/92 geschriebenen Cod. Matrit. N. 115 s. bei Graux- 
p. IOC; Gegenstand nach Herodot. 1 155f.), MiX- 50 Martin a. a. 0. pi. XVIII nr. 62 mit Textband 

tiddrts (ed. FOrster Ind. lect. Vrat. hib. 1892/93 p. 123). 

p. Iff.; Gegenstand nach Herodot. VI 132ff.), 'Agi- Die ersten Reden des Ch., welche im Druck 

axevg (ed. F Or ster Philol. LIV 95ff.), Znaoxid- erschienen, sind Epitaph. Procop. und Laudatio 

trie (ed. FOrster Arch. Jahrb. IX 174ft), end- Summi (Fabricius Biblioth. Gr. VIII 841—876 

lich die beiden zusammengehorigen Paare TloXv- mit lateinischer tTbersetzung von Chr. Wolf; 

bdfiag und ngia/Liog (ed. FOrster Herm. XVII Fabricius entnahm sie einer in Hamburg be- 

208ff.), 'Agioxsve vsog und <&iXdoyvQog (ed. For- fmdlichen Abschrift des Luc. Holsten aus Vatic, 

ster Rh. Mus. XLIX 484ft). 6) Die Rede vjisq gr. 938); demnachst hat Villoison Anecd. Gr. 

x&v iv Aiovvaov xov filov dxovi'Qovxoyv (Apologia II (Venedig 1781) 18ff. die von Makarios erhal- 
mimorum ed. Graux Rev. de philol. I 212ft; die 60 tenen Fragmente des Ch. , die Trauerrede auf 

zugehOrige #«opj'a ed. For ster Philol. LIV 119f.), Maria (p. 21ft) und den Tyrannicida (p. 52ft), 

das letzte Document zur Geschichte des Theater- beide aus Parisin. 2967 saec. XVI, herausgegeben. 

wesens aus dem Gebiet der griechischen Litteratur. Es folgen die oben citierten Ausgaben von Bois- 

Die Echtheit des JldxQoxXog, welche man auf sonade (Paris 1846), Graux (1877; vgl. Oeuvres 

Grund einer Randnotiz des Konst. Laskaris friiher II 1ft) und Fffrster (1882 — 1894). 

(Villoison Anecd. gr. II 17 n. 2. Forster Die diirftigen Testimonia fiber Ch. sind vor 

Herm. XVII 207, 1) bezweifelt hatte, steht jetzt Boissonades Ausgabe abgedruckt (Phot. cod. 

(Philol. LIV 123, 15f. Forster Arch. Jahrb. IX 160 und eine wertlose Verwasserung dieses Ar- 



2431 XoqixoI dywvsg Xoqixoi dycovsg 2432 

tikels, welche den Eeden des Ch. im Parisin. 2967 geregelt worden. Auch die gleichartige Organi- 

vorangeschickt ist). Textkritisches zu Or. in sation des Thargelienagons wird schon auf diese 

Arat. aus Anlass der Ausgabe von Graux bei Epoche zuriickgehen. An den Dionysien scheinen 

Cobet Collect, crit. 139ff.; Mnem. N. S. V 159ff. an den Agonen der Knaben- und der MannerchOre 

M. Haupt Opusc. Ill 611ff. Gomperz Rev. de je fiinf Chore, die von den einzelnen Phylen ge- 

philol. II llff. Headlam Journ. of philol. XXIII stellt wurden (Schol. Aeschin. I 10), aufgetreten 

261ff. Die kritischen Bemerkungen von R. Her- zu sein; denn aus dem Zusammenhang der Argu- 

cher (Herm. V 291) beziehen sich nur auf die mentation bei Is. V 36 ergiebt sich, dass die 

Pseudochoriciana aus Cod. Vat. 1898. Im allge- vierte Stelle im Phylenkampf als eine der letzten 
meinen s. ausser den oben citierten Abhandlungen 10 gait; auch wurde" wohl die Auffuhrung von je 

B. Stark Gaza und die philistaeische Kiiste 639. zehn Manner- und KnabenchOren an die Phylen 

Kil. Seitz Die Schule von Gaza (Heidelberg 1892) und an die ZuhOrer zu grosse Anforderungen ge- 

21ff. ^ [W. Schmid.] stellt haben. Es wird durch das Los bestimmt 

XoqihoI aymvsg ist die Bezeichnung fur die worden sein, welche Phylen einen Knabenchor 

Wettkampfe der lyrischen (kyklischen) Chore, die und welche einen Mannerchor zu stellen hatten. 

als gesonderte Gattung von den dramatischen Wenn CIA II 971 d dieselbe Phyle mit einem 

Agonen und von den Wettkampfen musischer Manner- und einem Knabenchor aufgetreten ist, 

Einzelkiinstler geschieden werden. Im Sprach- so mag das in einer zufalligen Verschiebung seinen 

gebrauche der jiingeren Zeit versteht man daruuter Grand haben (vgl. Brinck Diss. Hal. 86). Die 
auch solche chorische Auffuhrungen, bei denen 20 Sorge, den Chor zusammenzubringen und zu er- 

nicht ein wirklicher Wettkampf stattfindet, sofern nahren, fallt dem Choregen (s. d.) zu ; ihm wird 

sie als selbstandige kiinstlerische Darbietungen im 5. Jhdt. einer der Dithyrambendichter, deren 

bei Festvorstellungen statthaben. In diesem weite- Werke der Archon zur Auffuhrung zugelassen 

ren Sinne werden auch wir den Ausdruck schon hatte (Antiph. VI 11), im 4. Jhdt. aber ein FlO- 

deshalb fassen miissen, weil wir bei den ,Agonen' tenspieler (Dem. XXI 13) zugelost. 

der jiingeren hellenistischen Zeit in der Kegel Die Eeihenfolge, in der beim Wettkampf selbst 

nicht dariiber unterrichtet sind, ob an den be- die einzelnen Chore auftreten, ist vermutlich, wie 

treffenden musischen Festen nur ein einzelner beim skenischen Agon (Aristoph. Eccles. 1157) 

Chor jeder Gattung auftrat oder ob wirklich meh- durch das Los bestimmt. Ein Collegium beei- 
rere Chore in einen Wettbewerb eintraten. trber 30 digter Richter (Dem. XXI 17. 65) entschied liber 

die hiebei vorgetragenen Gesangsdichtungen und den Sieg und iiber die Rangfolge der wettkam- 

iiber die Zusammensetzung der Chore s. Chor. pf enden Chore ; es gab, wie es scheint, gesonderte 

Hervorgewachsen sind die chorischen Agone aus Richtercollegien fur den Agon der Manner (Dem. 

den unmittelbar an die Cultacte anknlipfenden XXI 18) und fur den der Knaben, jedenfalls aber 

Auffuhrungen mehrerer chorischer Cultgesange, war das Collegium fur die kyklischen Chore (Aeschin. 

die nach ihren Vorzugen zu unterscheiden und III 232) aus anderen Personen und in anderer 

zu belohnen nahe liegen musste. Wo die ersten Weise zusammengesetzt, als das fiir die skenischen 

Ansatze zu agonistischer Ordnung der Chorauf- Agone. Durch die Nichtbeachtung dieser That- 

fiihrungen gegeben waren, lasst sich nicht ent- sache enthalten die alteren Untersuchungen uber 
scheiden. In diesem Sinne gedeutete Wendungen 40 die dionysischen Preisrichter (vgl. A. Milller 

in Alkmans Partheneion scheinen einen Wettkampf 369) viel Irrtumliches ; vgl. Lipsius S.-Ber. Akad. 

nicht erweisen zu kOnnen; auch fur die Gymno- Leipzig 1885, 415. Freilich erlauben die erhal- 

paedien in Sparta lasst sich wirklicher Wettkampf tenen Nachrichten nicht uberall eine bestimmte 

nicht erweisen, da die Bezeichnung des Festes Scheidung; fiir die kyklischen Agone wurde, wie 

als Agon sich nur in spateren Nachrichten flndet, Lys. IV 3 zeigt, eine Anzahl von Mannern durch 

wo sie vermutlich im allgemeinen Sinn von ,Auf- die Choregen, andere, wenn Isokr. XVII 33 sich 

fiihrung' zu verstehen ist. Fiir Athen wird man hieher bezieht, durch die Bule namhaft gemacht, 

Dithyramben -Wettkampfe schon fiir die Peisistra- aus deren Zahl dann erst durch das Los diejenigen 

tidenzeit annehmen durfen; vgl. Aristoph. Vesp. (vermutlich fiinf oder zehn) ausgewahlt wurden, 
1401. Suid. s. Aacog. Bergk Litt.-Gesch. II 377. 50 die den entscheidenden Spruch zu thun hatten. 

Auch in Boiotien mOgen die chorischen Agone Da die Chore und Choregen von den einzelnen 

noch in das 6. Jhdt. hinaufreichen , wenn auch Phylen beigestellt werden, ist der chorische Agon 

die Nachrichten, die Pindar und Korinna an sol- der Dionysien eigentlich ein Wettkampf der Phylen, 

chen Wettkampfen teil nehmen lassen, begriin- daher erscheint auch als eigentlicher Sieger und 

dete Bedenken erregen (Reisch Mus. cert. 56). Preistrager die Phyle (Lys. IV 3. Dem. XXI 5). 

Eine feste Organisation hat der Wettkampf Wenn es bei den Rednern allgemein iiblich ist, 

von ChOren aber zuerst in Athen zur Zeit des die Choregen als Sieger zu bezeichnen, so ist 

Kleisthenes gewonnen, indemdamals die chorischen dies insofern berechtigt, als der Chorege an 

Auffuhrungen auf Grund der neuen Phylenein- dem Fest der Vertreter — um nicht zu sagen, 
teilung geordnet wurden. Darauf bezieht sich 60 die Verko'rperung — der Phyle ist. Daher wird 

die Nachricht des Marm. Par. ep. 46, dass 01. auch sein Name im officiellen Siegerverzeichnis 

68, 1 (508/7 v. Chr.) der erste Wettkampf von (vgl. CIA II 971) neben dem der Phyle genannt, 

Mannerchoren abgehalten worden sei. Ob man wahrend der Dichter und Aulet, die vermutlich 

aus der Form dieser Nachricht schliessen darf, einen bestimmten Sold, aber keinen Siegeslohn 

dass Wettkampfe von KnabenchOren schon friiher erhielten, in jener Liste nicht verzeichnet, wohl 

eingefiihrt worden waren, mag unentschieden aber auf den von der Phyle (d. h. von ihrem 

bleiben ; jedenfalls sind damals auch die Knaben- Choregen) errichteten Weihgeschenken namhaft 

chore nach derselben Weise wie die MannerchOre gemacht werden; s. Xogtjyca. 



2433 JCoqixoI dywveg Xoqixoi dywveg 2434 

In ahnlicher "Weise wie der chorische Wett- erwahnt der Paian des Philodamos, Bull. hell. 

kampf der Dionysien wird auch der der Thar- XIX 391f. (urn 330) Z. 131 Ilv&laoiv de jier&sTrj- 

gelien geregelt gewesen sein ; hier haben immer qoioi xQonaig . . . Baxxov d-voiav xoq&v xs jto(XXan>) 

je zwei Phylen zusammen einen Ghor gestellt xvxXlav 'AfxiXXav; fiber chorisehe Auffiihrungen 

(Aristot. 'AStjv. noX. 56) in der Weise, dass dem an den Soterien und den Pythien der spateren 

Choregen der einen Pnyle eine zweite zugelost Zeit s. u. Aueh in Arkadien traten noch zur 

wurde (Antiph. VI 11); auch hier traten Manner- Zeit des Polybios Manner- und KnabenchOre in 

und KnabenchOre auf (CIA II 553. Lys. XXI 1. Wettbewerb (IV 20, 8). 

Dem. XXI 10 Gesetz des Euegoros), vermutlich Nach dem Vorbild Athens sind im 5. und 

je fiinf an der Zahl ; auch hier erhielten die sieg- 10 4. Jhdt. zahlreiche chorische Agone insbesondere 

reichen Chore einen Dreifuss als Preis ; liber die auf den Inseln und in Kleinasien eingerichtet 

erhaltenen Inschriften vgl. XoQrjyCa. worden, die teilweise bis in die spatere helleni- 

Ausserdem sind chorische Agone (an denen stische Zeit hinein fortbestanden ; Alexander d. Gr. 

die Phylen keinen Anteil hatten) fur die jahr- ist selbst ein Freund solcher Veranstaltungen ge- 

lichen Panathenaeen bezeugt, Eur. Heracl. 779 wesen, Plut. Alex. 67. Athen. XII 538 E. Unsere 

(Bergk Litt.-Gesch. II 501). Xen. de rep. Athen. Nachrichten dariiber beruhen meist nur auf zu- 

3, 4. Lys. XXI 2. CIA II 1286. In weiterem Sinne falhgen inschriftlichen Zeugnissen iiber Choregen, 

sind auch die panathenaeischen Wettkampfe der Kranzverkiindigungen an Festtagen sowie auf 

in drei Altersklassen geschiedenen Pyrrhichisten agonistischen Sieges- oder Teilnehmerlisten. In 
(s. d.) zu den chorischen Agonen zu rechnen ; vgl. 20 alterer Zeit sind hier wohl iiberall die Chore aus 

Is. V 36. freien BiirgersOhnen zusammengestellt worden, bis 

Zu der Zeit des peloponnesischen Krieges wur- sie in hellenistischer Zeit vielfach durch Techniten- 

den ferner auch an den Prometheia und Hephai- chore ersetzt wurden. 

steia Agone abgehalten (Xen. de rep. Athen. 3, 4 ; Auf Delos kennen wir Agone von KnabenchOren 

vgl. R. SchOll S.-Ber. Akad. Miinchen 1887, 2), an den Apollonien, wie an den Dionysien; vgl. 

an denen, wie CIA II 553 lehrt, auch die Phylen Bull. hell. IV 351 u. 0. VII 114f. IX 147; aus 

beteiligt waren. Wenn in dem Beschlusse der der Gruppierung der Choregen ergiebt sich, dass 

Phyle CIA II 553 angeordnet wird, es sollten im 3. Jhdt. immer nur zwei Chore gegen ein- 

die mit Manner- oder KnabenchOren siegreichen ander auftraten. Glanzender waren ohne Zweifel 
Choregen dieser Peste verzeichnet werden, ohne 30 in alterer Zeit die chorischen Agone an dem 

dass auf dem Steine eine solche Liste sich fande, grossen Delienfest ; die Rechenschaflsurkunde der 

so erklart sich das wohl daraus, dass kurz nach Amphiktyonen CIA II 814 a A Z. 31 aus 375/4 

400 die betreffenden Agone bereits wieder ein- verzeichnet unter den Ausgaben zur Festfeier 

gegangen waren. Aus der Thatsache , dass in tqmo&ss vixrjxrjQia tote x°8 oT s, vgl. auch Aristot. 

der Inschrift des KitharOden Nikokles, CIA II 1376 'Afo)v. jcoX. 56, 3. 

(um 300 oder spater; vgl. A. KOrte Rh. Mus. Fur Karthaia auf Keos sind Manner- und Kna- 
LII 174), ein Dithyrambensieg an den Lenaeen benchOre durch die Inschriften Mus. ital. di an- 
verzeichnet ist, wird man chorische Agone fur tich. class. I 2, 207f. aus dem Ende des 4. Jhdts. 
die Lenaeen der alteren Zeit nicht erschliessen (vgl. Athen. X 456 F und CIG 2363) , fur Chios 
diirfen ; es handelte sich dabei wohl um die Wie- 40 KnabenchOre durch Bull. hell. V 300 im 3. Jhdt. 
derauffiihrung einer alteren Dichtung (s. u.). Im (aber vgl. schon Herod. VI 27) bezeugt. Zu Samos 
Peiraieus hat der RednerLykurgos einen chorischen traten (in der Zeit um 200 v. Chr.) je zwei Manner- 
Agon eingerichtet, mit der Bestimmung, dass und zwei KnabenchOre in den Wettkampf, M.-- 
daran nicht weniger als drei kyklische Chore teil- Ber. Akad. Berlin 1859, 754f. Brinck 207. Auf 
nehmen sollten, und dass der erste mindestens Rhodos erwahnt Aristides or. XLIV 570 Dind. 
zehn, der zweite acht, der dritte sechs Minen er- die Dreifusse xwv xoqcov /xaxo^ircov, vgl. IGIns. 
halten sollte (Vit. X orat. 842 A). I 68. In Kalymna werden %oqixoI ay&ves (im 

Auch an attischen Demenfesten fanden viel- 2. Jhdt. v. Chr.) erwahnt, Inscr. of the Brit, 

fach chorische Auffiihrungen statt. Bezeugt ist ein Mus. II 231 , ebenso in Minoa auf Amorgos, 
Wettkampf von KnabenchOren auf Salamis durch 50 Rh an gab 6 Ant. hell. 750 (vgl. Athen. Mitt. I 

die choregische Inschrift Bull. hell. VI 521. CIA II 337). In Teos begegnen uns Choregen fur Pyr- 

1248 (aus der ersten Halfte des 4. Jhdts.) ; einen rhiche und Knabenchor sowie fur Mannerchor im 

Demen-Agon von KnabenchOren in Rhamnus wird 3. Jhdt. v. Chr. CIG 3089. 3090 (fiber Dithy- 

man aus CIA IV 2, 1233c (Ende des 4. Jhdts.) rambenagone in Teos vgl. Le Bas-Waddington 

erschliessen diirfen ; auf einen Dithyrambenagon 93. Bull. hell. IV 170), ebenso in Milet fur Manner - 

in Diaria bezieht sich vielleicht CIA IV 2, 1281 b. und KnabenchOre, CIG 2868. Rev. arch. XXVIII 

Grosse Bedeutung haben die chorischen Agone (1874) 108. In Halikarnass wurden noch im 

auch in Boiotien, wo sie seit alters heimisch ge- 3. Jhdt. v. Chr. mehrtagige chorische Agone ab- 

wesen sein dflrften (s. o.). Fiir Thespiai lasst gehalten, wie Bull. hell. V 212 lehrt (6'rav fj 
sie schon das alte Epigramm Athen. XIV 629 A 60 noliq tiq&xov ayy x°Qwovs ayoivag xfj Sevxsqov 

erschliessen, fiir Theben werden sie in der Zeit des ijfiegq x&v xvxliav), ebenso in Iasos (CIG 2671 

Epaminondas bezeugt durch Plut. Alk. 1, aus Or- Aiowatois xvxlicov xfj jiQcbxy, Zeit Alexanders), 

chomenos sind choregische Inschriften IGS I 3210. Fur Alexandreia bezeugt Agone von Knaben- und 

3211. 3212 (um 200 v. Chr.), ein ahnliches In- MannerchSren Athen. V 198 C. Diesen ausdriick- 

schriftbruchstuck auch aus Chaironeia (IGS 1 3408) lichen Zeugnissen lassen sich aber noch andere 

erhalten. Einen Agon von KnabenchOren auf hinzufugen, in denen nur Agone von FlOtenspielern 

Eretria erweist fiir die zweite Halfte des 4. Jhdts. ohne Erwahnung der Chore verzeichnet sind, s. u. 
das Inschriftfragment 'Adrjvd. 1893, 348. In Delphi Infolge der mannigfachenVeranderungen, welche 

Pauly-Wissowa III 77 



2435 Xoqixol dycovsg JloqixoI aywveg 2436 

im Laufe der Zeit die chorischen Dichtungen, ins- nach Hyg. fab. 273 wurde der Choraules von 

besondere der Dithyrambos durchgemacht haben, sieben Sangern begleitet, womit das Zeugnis des 

haben auch die yoQixol aywvsg in der hellenisti- kyrenaeischen Wandgemaldes (Wieseler Theater- 

schen Zeit einen Character angenommen , der gebaude T. XIII) iibereinstimmt. Vielleicht hat 

wesentlich verschieden ist von dem der alteren dort, wo ein Technitenverein den Agon besorgte, 

Zeit. auch ein und derselbe Chor verschiedenen Floten- 

Schon seit der zweiten Halfte des 5. Jhdts. spielern gedient, wie dies Polyb. XXX 13 voraus- 

hat im Dithyrambos die Flote eine immer stei- zusetzen scheint. wenn er, den Unverstand des 

gende Bedeutung gewonnen (vgl. Pint, de mus. Anikios schildernd, erzahlt : xovxovg (die Auleten) 
30), im 4. Jhdt. tritt der Didaskalos immer mehr 10 . . . fisza xov %oqov avXelv ixeXevoev afia jtdvzag. 
hinter dem FlOtenspieler zurilck, s. Xogqyla; Aus diesen Verhaltnissen erklart es sich, dass 

der Text erscheint, wie bei unserer Spieloper, als in Insehriften mehrfach bios von Auleten-Agonen 

Nebensache, und wenn selbst bei den Dionysien die Rede ist, wo sicher an chorische (dithyram- 

in Athen schon im 4. Jhdt altere Stiicke des Ti- bische) Auffuhrungen gedacht werden muss ; vgl. 

motheos von Milet zur Wiederauffiibrung gebracht Ath. Mitt. I 337 r<p dycovi x&v avXr\x&v xolg 'Exa- 

werden konnten (CIA II 1246), so wird es um xo/tfitoig (Zeit des Ptolemaios Euergetes). Papers of 

so mehr bei den chorischen Auffuhrungen ausser- the amer. school 1885 111: xolg Aiovvoioig avlrj- 

halb Athens iiblich geworden sein, beriihmte altere xwv xjj tzqwxj] rjfiegq (Decret einer kleinasiatischen 

Dithyramben zu wiederholen , wobei das Haupt- Stadt um 200 v. Chr.), womit die vorher erwahn- 
interesse dem Vortrag des Flotenspielers und seiner 20 ten Wendungen xfj Sevxsqov fifikga x&v xvxXicov, 

mimetischen ,Programmmusik' sich zuwandte. %oQi]yol jiatdcov avXijxatg u. a. zu vergleichen sind. 

So sinkt der Chor allmahlich zu einem Gehiilfen Man mietet die FlOtenspieler zur Auffiihrung eines 

der Auleten herab. Wahrend den ChOren dort, Dithyrambos, wie man den Protagonisten mietet 

wo sie aus Biirgern bestehen (wie z. B. in Athen zur Auffiihrung eines alteren Dramas , und setzt 

bis ins 3. Jhdt.) , wenigstens officiell noch eine als selbstverstandlich voraus , dass die Kiinstler 

grOssere Eiicksicht gewahrt bleibt, erscheinen sie Chor und Statisten mitbringen werden ; so sollen 

anderswo, wo sie aus berufsmassigen und besol- nach den Festsetzungen in der Inschrift von Ker- 

deten Sangern zusammengesetzt werden, nur noch kyra CIG 1845 Z. 9 drei FlOtenspieler, drei Tra- 

als untergeordnete Mitwirkende des Flotenspielers, goeden , drei Komoeden , d. h. also die nOtigen 
vgl. das Witzwort des Stratonikos (um 400 v. Chr.) 30 Techniten zur Auffiihrung von je drei Dithyram- 

bei Athen. VIII 350 C. Bei der Hochzeit Ale- ben, Tragoedien und Komoedien gemietet werden, 

xanders in Susa 324 v. Chr. blasen die FlOten- und in der gleichen Weise ist es zu verstehen, 

spieler zuerst den pythischen Nomos, dann treten wenn die teische Synodos nach Iasos zwei FlOten- 

sie ein zweitesmal fieza %oqov auf (Chares bei Ath. spieler, zwei Tragoeden und zwei Komoeden schickt, 

XII 538 E). Das Gleiche wird man fur die del- Sxcog owdymai x<p dem xogovg (Le Bas-Wad- 

phischen Soterien annehmen diirfen, auf die sich dington 281). Dank der Beliebtheit, deren sich 

die inschriftlichen Verzeichnisse der Techniten die dithyrambische Flotenmusik erfreute, haben 

bei Wescher und Foucart Inscr. de Delphes sich chorische Auffuhrungen bei den musischen 

3 — 6 (aus der Zeit um 270; vgl. Reisch 101) Festen bis in die rOmische Zeit, ja bis in die 
beziehen. Dort werden neben zwei (einmal drei) 40 Zeit der letzten Antonine erhalten ; sie werden 

FlOtenspielern die Mitglieder je eines Manner- aber nicht als %■ <*•> sondern als Agone der %og- 

und eines Knabenchores nebst ihren Lehi-ern ge- avXai oder xvxXioi avXtjxai verzeichnet. Der letzte 

nannt, wobei die Unterordnung der Chore in der Ptolemaios Auletes hat selbst an den Wettkampfen 

Thatsache sich ausspricht, dass ihre Lehrer ein- der x°e a ^ Ml teilgenommen (Strab. XVIII 796), 

mal als Siddoxaloi avXrjxmv bezeichnet werden. Antonius ihnen seine Gunst geschenkt (Plut. Ant. 

Dass dieses Verhaltnis spaterhin selbst dort Platz 24). Als Belege fur das spate Nachleben der 

griff, wo die Chore aus freiwillig witwirkenden Gattung mag auf die Insehriften von Theben IGS I 

Biirgern sich zusammensetzten, beweist der Aus- 2449, Thespiai IGS 1 1773. 1776, Akraiphia IGS I 

druck des Polybios IV 20, 8 X ogevovai (die arka- 2726. 4151, Delphi Bull. hell. XVIII 98, Aphro- 
dischen Junglinge) xax' sviavxov xoXg Aiovvoiaxolg 50 disias CIG 2758. 2759 verwiesen werden, s. Cho- 

avXrjraTg. So erklart es sich, dass in Insehriften raules. 

des 2. Jhdts. v. Chr. von Choregen gesagt wird, Erscheinen demnach die Dithyrambenagone 

sie hatten die Choregie geleistet aaibwv oder seit der hellenistischen Zeit nicht sowohl als cho- 

dvdQ&v avXtjxatg (in Samos CIG 3091. M.-Ber. rische Agone, denn als Agone der FlOtenspieler, 

Akad. Berlin 1859, 754, ahnlich in Teos CIG 3089). so bleibt doch, dank der eigentiimlichen Beschaffen- 

Der FlOtenspieler tritt eben jetzt auch bei dem heit des jiingeren mimetisch-dramatischen Dithy- 

Wettkampf in den Vordergrund, und fur die ago- rambos, wenigstens jenen gesanglichen Partien, 

nistische Beurteilung konvmt seine Leistung allein die der Chorfuhrer oder rjysfimv vortragt , eine 

oder doch in erster Linie in Betracht ; er bringt, gewisse Bedeutung gesichert. Schon in den Di- 
wie es in einer delphischen Inschrift (Bull. hell. 60 thyramben des Timotheos von Milet erscheint der 

XVIII 86) um 100 v. Chr. heisst, ein qofia fiexa Koryphaios als Vertreter einer bestimmten Kolle 

Xogov zum Vortrag, er tritt als avXrjxijg fiexa /oqov vom Chore gewissermassen losgelost, vgl. Aristot. 

(Inschr. von Delos aus 172 v. Chr., Bull, "hell Poet. 26. Gomperz Jahrb. f. Philol. 1886, 771f. 

IX 47), als xvxXtog avXrjtiqg oder %oQavXr)g (s. d.) So kommt es , dass diesem ,Vorsanger' auch im 

auf. In der Begel bringt sich der FlOtenspieler Agon eine besondere Stellung eingeraumt wird, 

diesen Chor, der aus berufsmassigen Sangern be- und dass er als selbstandiger Kiinstler neben dem 

steht, selbst mit, und es ist begreiflich, dass man FlOtenspieler genannt wird, wohl auch einen An- 

dafurdieZahlderChoreutenmOglichstverringerte; teil am Siegespreis hat. Von einem der Manner, 



2437 XoqmoI dydovsg JtcoQiTrjg 2438 

der als Vorsanger bei dem Mannerchor des So- Zweifelhaft ist, ob wir an chorische Auffiih- 
terienfestes mitgewirkt hat (Pythokles von Her- rungen zu denken haben, wenn an den Museia 
mione, Wescher-Foucart 4 v. 29), besitzen von Thespiai ein noirjtrjg tiqooo81ov unter den 
wir noch ein in Versen abgefasstes Siegesverzeich- Agonisten verzeichnet ist, Bull. hell. XIX 336. 
nis (Kaibel Epigramm. gr. 926. Reisch 102), 338 (2. Jhdt. v. Chr.). IGS 1 1760 (um 90 v. Chr.). 
in dem nebst nemeischen, pythischen, isthmischen 1773. Bull. hell. XIX 342. 344 (spate Kaiser- 
Siegen, die er als avX<p86g davongetragen hatte, zeit). MOglich ist, dass als ,Prosodien' in diesen 
auch solche iv xvxUoioi xoqoToiv verzeichnet sind. hellenistischen Inschriften Einzelvortrage bezeich- 
So wird auch der Sieg aufzufassen sein, den der net worden sind. Ausdrucklich wird aber auch 
Kitharode Nikokles Arjraia 8i&vQ&fifi(o errungen 10 noch in einer thespischen Inschrift des 2. Jhdts. 
hat, CIA II 1367 , vgl. die teischen Inschriften n. Chr. ein jioitjti/g xoqG>v (zwischen gymnischen 
Le Bas-Waddington 93, wo neben dem Di- und hippischen Siegern) genannt, IGS I 1772. 
thyrambendichter der Kitharoede verzeichnet ist, Eine Wiedereinfuhrung der chorischen Agone 
und Bull. hell. IV 170, wo derselbe Kitharoede auf der Grundlage der Phyleneinteilung in ihrer 
als Sieger mit einem Dithyrambos (d. h. also mit alten Form ist wahrend der rSmischen Kaiserzeit 
der Wiederauffiihrung eines alteren Werkes) ge- in Athen versucht worden. Einen Sieg der Le- 
nannt wird. Ebenso wird in den choregischen ontis bezeugt fur seine Zeit Plutarch qu. conv. 
Inschriften von Orchomenos IGS I 3210. 3211 (um I 10 p. 628 A, einen dionysischen Chorsieg der 
200 v. Chr.) neben dem FlOtenspieler des Manner- Oineis CIA III 78 (zwischen 90 und 100 n. Chr.), 
chores der , Sanger' genannt. In dem Techniten- 20 vgl. CIA III 79. Kaibel Epigr. gr. 929. Vier 
verzeichnis der ,winterlichen' Soterien (um 150 Phylen erscheinen zu einem Chor vereinigt CIA 
v. Chr.) 'Eq, nl A,. a Q %. 1883, 161 (1884, 218) wird III 81 (Brinck 161), sechs CIA III 82, vgl. 
neben je zwei Choreuten der ^ys/ud>v ndlg, d. h. 82 a. Auf einen von alien Phylen gemeinsam auf- 
der Vorsanger des Knabenchores, und der rjy£[j.wv gestellten Siegesdreifuss bezieht sich CIA III 80. 
avSgwv — ein Kitharoede — aufgefuhrt. Unter Auch der Rhetor Aristides hat einmal nach Ana- 
den Siegern der Homoloia von Orchomenos (um logie des alten Phylenagons zehn Chore rovg 
80 v. Chr.) IGS I 3196. 3197 (Beisch 110. 117) /isv nal8<ov rovg 8k &v8q&v beigestellt (Or. sacr. 
werden neben den Auleten der Manner- und Knaben- II 331). 

chore auch die naT8eg tjye/uoveg und fivSgeg rjys- Bei den ROmern sind Chorauffuhrungen durch 

ftovsg, d. h. die Vorsanger der beiden Chore, nam- 30 die mit Chorbegleitung auftretenden Musikvir- 

haft gemacht, von denen der eine in denselben tuosen bekannt geworden. Chorische Agone im 

Inschriften noch einmal als Kitharoede, der andere eigentlichen Sinne des Wortes sind wohl nur aus- 

als Auloede erscheint. IGS I 3196 siegt derselbe nahmsweise (bei Domitians capitolinischem Agon ?) 

Mann TiaTdag und avSqag r/ysfiovag, trat also bei abgehalten worden, vgl. FriedlanderSitt.-Gesch. 

einem Manner- wie bei einem Knabenchor als Vor- IIS 627. 630. 

sanger auf; xaTSeg rjyefiorsg ist hier fiir nal8mv Litteratur. Reisch De musicis Graecorum 

f/ye/ioveg in derselben Weise gesagt, wie maTSsg certaminibus (Wien 1885) 25ff. Brinck Inscrip- 

avlrjxal fiir ual8wv avlfjtai gesagt wird, vgl. tiones ad choregiam pertinentes, Diss. Hal. VII 

Reisch 59. 110. So ist auch der avXa>86g /xexd (1886) 71ff. [Reisch.] 

Xoqov an den delphischen Pythien Plut. Qu. 40 Chorillos (XoQiXXog), Satyrname auf zwei rf. 

conviv. VII 5 p. 704 C zu verstehen. Noch in einer Vasen in Berlin nr. 2532. 2589 Furtw. Gerhard 

thespischen Inschrift der spateren Kaiserzeit IGS I Trinksch. u. Gef. Taf. 6, 7. 27. Auf ersterer las 

1776 wird unter den mitwirkenden Kunstlern der iaa,nfrnher XagiXaog,Xd(>iXXog,XoiQdXog. Heyde- 

Sanger noXeaixov yoqov besonders namhaft ge- mann Satyr- und Bakchennamen 25. 23. 
macht. [Wagner.] 

Noch mehr wie bei den Dithyrambenauffuh- Xcoglg oixovvres- Aus der stricten Inter- 

rungen tritt der Anteil der Chore in der belle- pretation von Dem. IV 36 und XLVII 72 geht, 

nistischen Zeit bei andern musikalisch-poetischen wie Bttchsenschutz Jahrb. f. Philol. XCV 20 

Agonen zuriick, an denen Chore mitwirken. Ahn- gezeigt hat, hervor, dass unter den x- °'- die- 
lich wie die FlOtenspieler haben auch die Ki- 50 jenigen Freigelassenen in Athen zu verstehen sind, 

tharvirtuosen vielfach einen Sangerchor zur Unter- die einen vom Freilasser getrennten "Wohnsitz 

stiitzung ihrer Vortrage verwendet. Philochoros nahmen, wahrend andere im Hause blieben. Damit 

FHG I 395 (bei Athen. XIV 638 A) berichtet vom stimmen die Grammatikernachrichten im ganzen, 

Kitharisten Lysandros : xal to jiQay/ta av^fjaag einmal flndet sich der Ausdruck offenbar unrichtig 

Xoqov aeQieorrjoato jcgwTog. So linden wir in Delos auch auf Sclaven ausgedehnt. Anders Busolt 

172 v. Chr. unter den Mitwirkenden an den Dio- Griech. Staats- und Rechtsaltert. 2 195 mit Anm. 

nysien xiftaQieral /nerd x°e°v verzeichnet (Bull. 8, der die citierten Stellen und Bekker Anecd. 

hell. IX 147), eine x Q W^ x W- a hat im 2. Jhdt. gr. 316, 11, sowie Harpocr. Phot. Suid. s. v. zwar 

v. Chr. an den Pythien teilgenommen (Bull. hell. auf die Freigelassenen bezieht, aber [Xen.] 'A&. 
XVIII 83), eine andere ist um 170 v. Chr. in60™A. 1, 17. Isae. VII 5. 35. Aesch. I 97. Teles 

Iasos aufgetreten (Le Bas-Waddington 257), in Stob. Flor. 95, 21. 5, 67 und Theophr. Char, 
auf einem kyrenaeischenWandgemalde (Wieseler 30 ebenfalls auf die x- <"• deutet und hier Sklaven 

Theatergebaude T. XIII) sehen wir die Kitharvir- versteht. ' [Szanto.J 

tuosen von ihrem Chore begleitet, und noch um Xcoghys wird von Suidas interpretiert ano 

200 n. Chr. finden wir bei dem Agon von Aphro- trig x^Q a s, bedeutet daher einen Bewohner des 

disias zwei Preise fiir xosoxfO-agslg und einen, wie Landes im Gegensatz zur Stadt und wird gleich- 

es scheint, fiir einen j;oeox«#ao£is iQayixog ver- bedeutend mit Perioeken genommen. Als Be- 

zeichnet, GIG 2759, vgl. oben S. 2436. wohner eines Dorfes oder der Umgebung einer 



2439 JCwQi&vteg Chorochoad 2440 

Stadt zu verstehen in der Inschrift LeBas III driger machen, bis die Perpendikel links und 

1534. [Szanto.] rechts mit den auf den Eckbrettern gezogenen 

Xcagi^ovzeg hiessen in der alexandrinischen geraden Linien zusammenflelen. Fur den nicht 

Zeit die Gelehrten, welche die Abfassung der seltenen Fall aber, dass stark ere Winde wehten 

Ilias und der Odyssee durch einen Dichter be- und die Perpendikel von der Lotrichtung ablenkten, 

stritten und die Odyssee Homer absprachen. Seneca war auf der oberen Flache des Richtscheites eine 

de brev. vitae 13 Oraecorum iste morbus fuit Rinne von 148 cm. Lange, 2 cm. Breite und 3 cm. 

quaerere, . . . prior seripta esset Bias an Odyssea, Tiefe eingegraben. Nachdem diese mit Wasser 

praeterea an eiusdem essent auetoris. Sie suchten gefullt war, musste, ahnlich wie vorher, die Stel- 
besonders Widerspriiche zwischen Ilias und Odyssee 10 lung des Ch. so geregelt werden, dass das Wasser 

nachzuweisen , um die Verschiedenheit der Ver- an den beiden Enden der Rinne gleich hoch stand, 

fasser zu begrflnden. Aristarch polemisierte gegen Der Ch. verrichtete also dann den Dienst einer 

sie und wandte das Zeichen der Diple an jigog "Wasserwage {libra aquaria), und zwar zeigte er, 

rove liyovxag nh ehaixov avxov'IXiada xal'O&vo- wie Vitruv hinzufiigt, die horizontale Richtung 

auav (Reifferscheid Sueton. 143. Dindorf genauer an als die sonst iibliche Wasserwage, und 

Schol. II. I p. XLV). Von Aristarchs Bemerkungen auch genauer als die Dioptra (s. d.). Dieser Vor- 

agog xovg %a>()!£ovzag sind uns noch mehrere er- zug war wohl den grOsseren Dimensionen des Ch. 

halten ; vgl. Aristonikos zu II. II 356. 649. IV zu danken. Nach den Anschauungen der Gegen- 

354. X 476. XI 147. 692. XII 96. XIII 365. wart muss dieses Instrument freilich als sehr un- 
XVI 747. XXI 416. 550. Chorizonten waren die 20 handlich und wenig genau gelten. Der Lange 

Grammatiker Xenon und Hellanikos (s. d.), wie von rund 6 m. mag eine Hohe von 1,4 m. ent- 

wir durch Proklos erfahren : yiyQacpe 8k ("O^r/Qog) sprochen haben ; denn so konnte der Geometer 

aorfoeig dio, 'Ihdda xal 'OSvooeiav, fjv Ssvcov xal sowohl, wenn er ein wenig sich niederbeugte, die 

'EXXavixog atpaiQovvTai avxov (Dindorf Schol. tTbereinstimmung der Lote mit den Linien auf 

11. I p. XXXIII 22). Vgl. Wolf Proleg. ad Horn. den Eckbrettern controllieren , als auch, falls die 
158. W.H. GrauertRh.Mus.I(1827)199— 211. obere Rinne mit Wasser zu Mien war, neben 

[Cohn.] dem Apparate stehend den gleichmassigen Stand 

Choro (Xoqco). 1) Nereide auf einer rf. Vase des Wassers beobachten. Aus dem Berichte des 

in Miinchen nr. 331, CIG 7398. Vitruv gehtnoch hervor, dass der Ch. haupt- 
2) Name einer Bakchantin auf einer chalkidi- 30 sachlich bei der Anlage von Wasserleitungen ver- 

schen Amphora in Leyden nr. 1626 (wo Kirch- wendet wurde. Auf dem hochgelegenen Platze, 

hoff X(bga liest), einer Trinkschale der Samm- wo das Wasser in die Leitung eingefuhrt werden 

lung Dzialinsky, einem Aryballos mit Goldschmuck sollte, mass man zuerst den Winkel, welchen die 

in Athen (Sammlung Soteriadis) , und zweimal durch den Ch. angezeigte Horizontallinie mit dem 

auf einer rf. Vase in Berlin nr. 2471, CIG 7461, ersten Abschnitte des Leitungscanales bildete; 

abgeb. Furtwangler Samml. Sabouroff Taf. 55. dazu kamen dann, je nach der Bodengestaltung, 

Heydemann Satyr- und Bakchennamen 28. 32. weitere Winkelmessungen bei den andern Ab- 

12. 25. [Wagner.] schnitten des Canals hinzu. Um das Leitungs- 
Chorobates (xa>Qo(ldxrig) wird von Vitruv. wasser jedenfalls in massiger Neigung und doch 

Vni 6 als eine Vorrichtung zur Peststellung der 40 mit mOglichst hohem Druck bis in die bewohnte 

Horizontallinie eines Ortes in einer gegebenen Statte zu fiihren, mussten dazwischen liegende 

Richtung beschrieben. WOrtlich bedeutet Ch. wohl Thaler und Niederungen durch Substructionen 

den ,auf einer Ebene dahinschreitenden', d. i. nach iiberbruckt werden (vgl. Wasserleitungen). So 

Bedarf von einem Orte zum andern fortzubewe- begleitete der Ch. die Bauausfuhrung eines Aquae- 

genden Apparat; seiner Gestalt nach aber wird ductes vom Anfang bis zum Ende, immer ein 

man ihn passend ,Horizontalstander' nennen. Ein Minimum des Palles fur das in den Leitungs- 

MLzernes, 20 Puss = 5,9 m. langes und entspre- canal einzuflihrende Wasser gewahrleistend. Eine 

chend starkes Richtscheit ruhte an jedem Ende nicht unwahrscheinliche Wiederherstellung der in 

auf einem rechtwinklig daran gefiigten Pussge- den Hss. nicht iiberlieferten Pigur bietet Stra- 
stell, so dass, wenn das Ganze auf einem voll-50tico zu Vitruv. a. a. O. in Vitruvii Poll, archi- 

kommen ebenen Boden stand, das Richtscheit ge- tectura cum notis variorum, Utini 1825 — 29, 

nau die horizontale Lage angab (Hultsch Abh. Bd. Ill Taf. V 2; doch sind die Verbindungen 

Gesellsch. d. Wiss. Gottingen N. P. I nr. 5, 25f.). zwischen dem Richtscheite und den beiden Puss- 

Um die rechtwinklige Piigung zwischen Richt- gestellen nicht durch Querleisten (wie Stratico 

scheit und Pussstandern zu sichern, waren in jeder vermutet), sondern, wie ich nach den Worten 

oberen Ecke Bretter in der Porm von rechtwink- Vitruvs inter regulam et ancones a eardinibus 

ligen Dreiecken eingezapft, die das Richtscheit (von den Ecken aus, wo Richtscheit und Puss- 

und je ein Pussgestell zusammenhielten. Auf gestell zusammentreffen) compaeta transversaria 

jedem Brette war parallel zu dem Fussstander, angenommen habe, durch festgefiigte Eckbretter 

mithin rechtwinklig zu dem Richtscheite , eine 60 gesichert worden. [Hultsch.] 

gerade Linie gezogen, mit welcher je ein am Richt- Chorochartes {X]oQo%aQTr)g) las man friiher 

scheit angehrachtes Lot zusammenfallen musste, den Namen eines Satyrn auf einer rf. Amphora 

wenn das ganze Gestell auf ebenem Boden sich in Berlin nr. 2160 Purtw. CIG 7463. Heyde- 

befand. Wich aber die Lotrichtung von der zum mann Satyr- u. Bakchennamen 24. 36. Nach 

Richtscheite normalen Linie ab, so musste der Purtwangler lautetjedoch der Name 'OQoxaQfjg 

Geometer, um die Horizontallinie aufnehmen zu (t vor -rje ist durchgestrichen). [Wagner.] 

kOnnen, den Boden entweder an der einen Seite Chorochoad, Stadt in Arachosia zwischen 

so weit erhshen oder an der andern Seite nie- Beste (Bost) und Alexandria Arachoton (Kandahar), 



2441 XoQodsxTtjc XoQoaTatiqq 2442 

Isid. charac. mans. Parth. 19.. Der Lage nach Dion. Ktlnstler 182 nr. 94) erganzen ktonen. 

vergleicht sich der Quellenort Cesme mit Euinen tlber eine Choropsaltria s. d. [v. Jan.] 

zwischen zwei von Norden kommenden Zufliissen XogoUxTtig, der Ordner des Chores, eigent- 

des Arghand-ab; der Name deutet sich als ,glan- lich derjenige, der den Chor zusammenstellt, Tgl. 

zende Stissigkeit'; skr, sw(to,"Wohlgeschmack' hat Antiph. VI 12: %oqov ovXXsyeiv. CIA IV 3, 5 a 

sich noch in baluc. 'wddh, kurd. oho ,Wtirze, Salz' p. 134: TQayq>8ovg xaxaXiyeiv. Pollux IV 106 

erhalten. [Tomaschek.] fiihrt das Wort in einer Gruppe bedeutungsver- 

XoQob&xrrig s. XogoXexxr/g. wandter WOrter zusammen mit fjysfxcov %oqov, 

XoQoSiddaxaXog , der Chorlehrer. Da der xoQvyatog, xoqojioiog , xoQodiddexaXog auf. Suidas 
Dichter in alterer Zeit auch derLehrer des Chores 10 erklart (unter dem fehlerhaften Lemma %oqo6sx- 

ist, so kann %. ebenso wie dtddoxaXog (s. d.) auch xrjg) : 6 xov x°e°v ngosSdgxov ' oiojtsQ ovv mxgd 

noch in spaterer Zeit, wo der Dichter die Ein- xivog xoQohkxtov Xajisiv xr\v axdaiv. Der %. ist 

fibung seiner Dichtung andern zu (ibertragen natiirlich vielfach auch Vorsanger und Lehrer des 

pflegte, nicht nur den eigentlichen Chorlehrer, Chores, vgl. Aelian. n. a. XI 1. XV 5. 

sondern auch den Dichter und Componisten be- [Reisch.] 

zeichnen. Daher bleibt, wo jemand schlechtweg Choromandae, einvorderindischesAboriginer- 

X- genannt wird, mehrfach die Bedeutung zweifel- yolk , welches Tauron nach den Aussagen der 

haft , so z. B. bei dem Kallimachos , Aristoph. Arya also schilderte : ,Leute menschlicher Sprache 

Bccles. 809. Vorzugsweise denken die Attiker bar, nur furchtbares Gebriill ausstossend, mit 
allerdings bei x- an den Chorlehrer, Plat. Leg. 20 zottigen Leibern und Hundezahnen, mit funkeln- 

II 655 A. VII 812E; Alkib. 1251). Aristot. Polit. den Augen', also gleich den Raksasa. Hier ist von 

III 9, und zwar an den Lehrer lyrischer Chore; den Mundastammen die Rede, deren Kern die 
aber Aischines 98 bezeichnet einen Kleainetos Horo in Singhbhum bilden; vgl. Dalton Journ. 
als x- > der doch wohl von dem bei Alexis frg. Asiat. soc. of Bengal 1866 , 168. Das einhei- 
266 K. und beiPhilodem (Gomperz S.-Ber. Akad. mische kolarische Wort horo, hogho, hor, ho 
Wien CXXIII 37) genannten Tragoediendichter bedeutet ,Mensch' ; dazu ist Manda (Mtmda) gefugt. 
Kleainetos nicht verschieden ist. Auch der sonst [Tomaschek.] 
vitodidaoxaXog (s. d.) genannte Chormeister der Choromitlirene, fj Xcogo/ii^Qtiv^, var. Xoqo- 
Tragoedien kann als x- bezeichnet werden. San- fufifyrjvrj, dasjenige Gebiet Mediens, "welches direct 
nion , 6 xovg xqayixovg xogovg Siddoxcov (Dem. 30 an Parthien grenzte, Ptol. VI 2, 6. [Weissbach.] 
XXI 51) heisst x- Vita Aeschin. p. 269 W. So Choronike (Xogovixr)). 1) Name einer Muse 
ist wohl auch der x- aufzufassen, der in dem Ver- auf einer rf. Hydria im Vatican CIG 7815, s. 
zeichnis eines dionysischen Technitenvereins von R 6 d i g e r Fleckeis. Jahrb. Suppl. VIII 278. 
Ptolemais (Bull. hell. IX 132) aus der Zeit des Vgl. dazu die archaische lateinische Inschrift Go- 
Philadelphos neben Tragoeden und Komoeden und ronieei T. Terentius L. O. I. donom mereto dedet, 
dem avXtjTtjg xQayixog genannt wird. Als ein Hiilsen Rem. Mitt. X 1895, 63f. [Wagner.] 
von Staatswegen bestellter Gesangslehrer der Ju- 2) S. Choranthe. 

gend erscheint der x- i n einer delphischen In- XoQonoiog, der Ordner, Leiter des Chores, 

schrift (Ende des 3. Jhdts. v. Chr.), Bull. hell. Poll. IV 106 fiihrt das Wort in einer Gruppe mit 
XVIII 71 : dsdox'&ou xa nolei xofi fisv x°8 ^ 1 ' 40 xoQvcpaXog xoQoXexxrjg ^opoSt^aoxaAos u. a. auf. 

SdoxaXov xov xax~ sviavxov yivdfisvop diddoxsiv Die Bezeichnung scheint besonders in Sparta iib- 

xovg jiatdag xo xs itod-o&iov xal xov naiava .... lich, vgl. Xen. Agesil. II 17. Plut. Apophth. La- 

Weiteres s. u. Didaskalos. [Reisch.] con. 208 D, findet sich aber auch in attischer Prosa 

Chorodna, Ortschaft in Persis auf dem Wege (Plut. de glor. Ath. 6) und bei den Dramatikern 

von Orobatis nach Aspadana, Ptol. VI 4, 6. In (Soph. Ai. 703 von Pan, Eur. Phoen. 795 von den 

einem Itinerar des arabischen Geographen Moqad- Chariten). In einer sp'atrOmischen Inschrift (CIG 

desi von Arragan nach Samiram (im Hochland 5940) wird ein Preigelassener M. Furius Melissos 

westlich von Ispahan , wo sich die Quellen und als x- bezeichnet. [Reisch.] 

Zufliisse des Karun befinden) steht die Station Choropsaltria. Laut eines durch Couve 
Choronda eine Tagreise vor Samiram ; Thomas 50 im Bull. hell. XVIII 82 mitgeteilten Ehrendecrets 

Herbert im J. 1630 erwahnt Choronda in der Lage hat eine Tochter des Aristokrates aus Kyme sich 

der heutigen Stadt Pelard, an einem Zufluss des als Ch. im pythischen Agon ausgezeichnet. Da 

Karun. [Tomaschek.] der in der Inschrift genannte Archon in die IX. 

XoQoxi&agevg (ehorocitharista). Wie bei dem Priesterzeit gehOrt , in welcher nur ein Pythien- 
Worte Choraules, so haben wir auch hier eine jahr (126 v. Chr.) bisher besetzt ist (vgl. Pom- 
spat erst aufgekommene Bezeichnung far eine tow Philologus LIV 217), wird, wie Herr Dr. Pom- 
langst vorher bestehende Sache. In der Zeit des tow mitzuteilen die Giite hat, jene Feier auf 130 
Stesichoros und Pindar suchen wir den Ausdruck oder 122 oder 118 oder 114 v. Chr. gefallen sein. 
Ch. vergebens; man kannte da nur den xiftaQi- Die Kiinstlerin hat wahrscheinlich nicht die Ki- 
oxrig ; dagegen erzahlt Sueton von dem capito- 60 thara, sondern ein grosseres Saiteninstrument ohne 
linischen Agon Domitians (Dom. 4): praeter ei- Plektron, also etwa eine Harfe gespielt. Suidas 
tharoedos clwroeitharistae quoque et psiloeitha- s. y>aXXoftivrig und tpaXr^gior. v. Jan Die griech. 
ristae (sc. eertabant). Mehrere Ch., ein tragi- Saiteninstrumente (1882) 13. 19. [v. Jan.] 
scher und zwei andere, erscheinen in den Rech- XoQoardxtjs, der Ordner, Leiter des Chores 
nungen liber die in Aphrodisias von Lysimachos {xoqov toxrjoi Ar. Av. 219 u. 6. x°S oarao ' a P°U- 
gestifteten Spiele CIG 2759 (2. Jhdt. n. Ch.), und IV 106). Es gehOrt zu den wichtigsten Obliegen- 
dieses Wort hatte Kirchhoff auch in der Urkunde heiten des Chorleiters, jedem Choreuten den Platz 
aus Ankyra Ann. d. Inst. 1861, 183 (Liiders (axdotg) anzuweisen , der seinem KOnnen ange- 



2443 Chorotus Chosroes 2444 

messen ist (Plut. apophth. Lac. p. 219 E), und die Bollwerk von Areia, Diod. XVII 78; verschrieben 

geordnete Aufstellung und Bewegung des Chors zu aus Artakoana (s. d.). [Tomaschek.] 

Iiberwachen, vgl. XoQoksxxtjg, Xogojtotog. Chortaso (Xogzaodi), agyptische Stadt, die 

Der %. ist gleichzeitig der Vorsanger, r/yepwv %oqov, angeblich deshalb so benannt sein sollte , weil 

vgl. die xogoordiig im Partheneion Alkmans v. 84 sie das Heer der Kleopatra mit Lebensmitteln 

(v. Wilamowitz Herm. XXXII 257, 1). An versorgt hatte (xogrdCetv), Steph. Byz. Auf der 

solche Obliegenheiten des Chormeisters denkt auch neuerdings zu Madeba in Moab aufgefundenen 

Iulian ep. ad Iambi. 41 p. 421 A : wojieq ol r<p antiken Mosaiklandkarte ist die Stadt im nord- 

XOQoaxarrj ngog to avaxXrjjia xov Qvftfiov ovvo/j,aQ- westlichen Teile des Deltas, nordwestlich von 
rovrreg; vgl. Sommerbrodt Scaenica 13. Mit 10 Hermopolis (heute Damanhur) angegeben. 

den Befugnissen eines Agonotheten erscheint ein [Sethe.] 

%. in einer Inschrift von Pordoselene (Ende des Chorust (?), Ort in der Gegend von Strass- 

4. Jhdts.), vgl. Collitz Dialectinschr. I 304 burg, Geogr. Rav. IV 26 p. 232 (es folgt Zia- 

(C a uer Delectus 429) ozscpavmrco 8k avrov 6 %o- berna, heut Zabern). Holder Altkelt. Sprach- 

goaxdxag Si 6 evscov iv rcj5 aycovt. [Reisch.] schatz s. Charisi. [Dim.] 

Chorotus, Ort der Kyrenaika, an der Strasse Chomtzon , Castell in einem Engthor des 

von Boreion (Nr. 3) nach Berenike (Nr. 8). Itin. Kaukasos, wo die nordischen Berg- und Steppen- 

Ant. 66, vgl. Barth Wanderungen durch die volker nach Media und in die Romania einbrachen, 

Kustenlander des Mittelmeers I 352. 380, 92. Menander Prot. frg. 3 z. J. 562 ; ob die Enge von 

[Sethe.] 20Dariel oder jene von Derbend (s. Tzur) gemeint 

Chorranitae (var. coranitae), Volk im slid- ist, lasst sich nicht entscheiden. [Tomaschek.] 

westlichen Teile des gliicklichen Arabien , von Chorzene (XoQ(t]vrj) , eine der nOrdlichsten 

Plinius VI 159 neben den Cesani und Choani und schneereichsten Gegenden Grossarmeniens an 

erwahnt. Glaser (Skizze 162) vergleicht Qur'a der Grenze von Iberien und Kolchis, Strab. XI 

des Hamdani 100, 16. [D. H. Miiller.] 528, vielleicht identisch mit der KoxagCn v V des 

Chorsa (Xogaa), Stadt Grossarmeniens am Ptol. V 13, 9, aber sicher versehieden von Chor- 

Euphrat, westlich von Artaxata und etwas n&rd- zianene (s. d.). [Baumgartner.] 

licher als dieses, Ptol. V 13, 12. Chorzianene (XogCmvtjvtj Prokop. bell. Pers. 

[Baumgartner.] II 24 oder KogCdvi) Prokop. aedif. Ill 3), Gegend 

Chorsabia, Stadt in Kleinarmenien, Ptol. V 30 Armeniens zwischen der Pestung Kitharizon in 

7, 3, sonst unbekannt. Ramsay (Asia minor der Asthianene und Theodosiopolis, dem heutigen 

71) setzt es gleich Carsagis des Itin. Ant. Erzerum. Bei den armenischen Schriftstellern 

[Ruge.] (vgl. die Stellen bei Indjidjian Altarmenien 

Chorsari hiessen die Perser bei den Skythen 41) heisst die Gegend Chorzean. [Baumgartner.] 

oder Saken, Plin. VI 50; vielleicht Chorsaei, vgl. Chosroes. 1) Arsakide ('Oggorjg Cass. Dio, 

oset. ehor%ag ,freundlich, befreundet', ehor%, gut'. 'Oagorj? Lucian , Osdroes Hist. Aug. , Cosdroes 

[Tomaschek.] Aurel. Vict.; fiber den Namen E. Drouin Rev. 

Chorseas (Xoqo£ov Ptolem. V 15, 5, var. numism. 3 e ser. XIII [1895] 369), Bruder und 

XsQoeov , V 16, 1 var. Xqvooqqoov) , Pluss in Nachfolger des Pakorus II. als Herrscher wohl 
Phoinikien , der nach Ptolemaios die Siidgrenze 40 nur iiber einen Teil des Partherreichs mit der 

gegen Palaestina bildet , nSrdlich von der Stadt Hauptstadt Ktesiphon. Die (bis jetzt bekannten) 

Caesarea Stratonis ins Meer mundend, nicht (wie Anfangs- und Endpunkte seiner Regierung sind 

v. Stark Palaestina 43 meint) identisch mit dem die J. 106/7 und 129 n. Chr. Er setzte im J. 113 

Krokodilfluss des Plinius. [Benzinger.] an Stelle des Exedares dessen Bruder Parthama- 

Chorsiai. Xogma oder Xogoiat (der einhei- siris als Konig in Armenien ein (beide waren 

mische Name mindestens in der spateren Zeit, In- Sohne des Pakorus II.), wodurch er das Eingreifen 

schriften Collitz Griechische Dialektinschriften Traians herausforderte. Eine von Ch. nachtrag- 

I nr. 733. 734. 737; in 736 a das Ethnikon a lich nach Athen an Traian geschickte Gesandt- 
itohg Xogomcov; bei den Schriftstellern Kogouxl schaft mit der Bitte um Bestatigung des Par- 
Scyl. per. 38. Diod. XVI 58. Demosth. XIX 141. 50thamasiris hatte ebensowenig Erfolg wie das per- 
Plin. IV 8; Kogoiai Harpocr. s. v.), im siidwest- sOnliche Erscheinen des Parthamasiris vor Traian. 
lichen Boiotien am siidlichen Auslaufer des Pa- Armenien wurde zur Provinz gemacht. Indessen 
laowuni-Gebirges an der Grenze von Phokis, am , wird Ch. bei dem Peldzug des Traian nicht als 
Puss einer jetzt TlalrjoxaoxQo genannten Hiigels, dessen unmittelbarer Gegner genannt. Er hatte 
der die Akropolis trug. Die Stadt lag an einem zugleich mit inneren Schwierigkeiten zu kampfen 
Trockenbach, der jetzt $ixe!-a heisst. Am Puss (Dio. Malal.). Bei der Eroberung von Ktesiphon 
der Akropolis die ayoga, wo die Inschriften ge- (im J. 116) fielen seine Tochter und sein Thron- 
funden worden sind. Sie gehOrte zu Thisbe, dann sessel in die Hande Traians. Der Nachricht des 
wahrend des phokischen Krieges zu Phokis, end- Aurel. Vict. Caes. 13, 3, dassCh. dem Traian Geiseln 
lich zu Thebai. Leake Trav. in North Greece 60 gestellt habe, kommt schwerlich eine historische 

II 521. Bursian Geogr. v. Griechenl. I 243. Bedeutungzu. Traian setzte Partamaspates (einen 

[Biirchner.] Sohn des Ch. ?, so Malalas, Sarmatosiris genannt 

ChorsoSj Pluss an der kolchischen Kiiste nord- Hist. Aug. Hadr. 5, 3) als Konig von Parthien 

lich vom Arios (s. Charieis), Skyl. 81; verderbt ein, der sich aber nicht zu halten vermochte (Dio) 

aus Chobos (s. d.); der heutige Ort Chorgo nahe und von Hadrian bei der Aufgabe der traianischen 

der Miinde des Khopis-cqari konnte auch die Eroberungen anderweitig entschadigt wurde (Hist. 

Schreibung Chorgos erlau'ben. [Tomaschek.] Aug. Hadr. 5_, 4) — wahrscheinlich mit Osroene, 

Chortakana, grosste Stadt und natiirliches v. Gutschmid Mem. Acad. St. Petersburg VII 



2445 Chostes Chremonides 2446 

S. XXXV 28f. Duval Journ. asiat. 8 e ser. XVIII Konigs Menuas, Sohnes des lspuinis, von Biaina 

(1891) 208f. Ein drohender Zwist mit den Par- vermeldet (Sayce Journ. Asiat. soc. XIV 1882, 

them wurde von Hadrian bei seiner ersten Orient- 558 nr. 33): ,die Chaldigottheiten haben mir ver- 

reise (im J. 123, s. Bd. I S. 505) abgewandt liehen das Gebiet der Stadt Puteria, die Stadt 

(durch Entfernung des Parthamaspates aus Osro- Chuzana, das ganze Land Supani (Sophene)'. Der 

ene? so v. Gutschmid a. a. 0.), Hist. Aug. by zantinische Kaiser Theophilos eroberte und ver- 

Hadr. 13, 8. Bei seiner zweiten Orientreise lud wiistete Armenia quarta und die komopolis (armen. 

Hadrian im J. 129 (s. Bd. I S. 510) den Ch. zu giul-a-khatakh) Chozan ; Aso+ik und Samuel v. Ani; 

einer persOnlichen Zusammenkunft ein, indem er Const. Porphyrog. adm. imp. 50 erwahnt to xov 
ihm seine Tochter zuriicksandte, Hist. Aug. Hadr. 10 Xo'Qwov ds/.ia; Kaiser Basilios II. errichtete einen 

13, 8. Ch. folgte, wie es scheint, der Einladung bischcflichen Stuhl in noliyvr) z&v Xo'Qavwv ; 

nicht. Gleichzeitig mit Ch. erscheinen auf Miin- noch jetzt heisst die Stadt und Landschaft Chozat. 

zen Volagases III. (II.) (sicher seit 119) und [Tomaschek.] 

(wahrscheinlich) Mithradates (112/3?). Chrabasa, Stadt in Africa, und zwar in Byza- 

Miinzen von 106/7 bis 127/8, ohne Inschrift, cium, Ptol. IV 3, 37. [Dessau.] 

nur auf Grund des Datums dem Ch. zugewiesen ; XgrifiaxC^eiv bedeutet in der attischen Kanzlei- 

wenig Silbermimzen , keine Tetradrachmen , oft sprache speciell, eine Sache vor der Vclksversamm- 

schlechte Pragung. Head HN 695. Imhoof- lung zur Verhandlung bringen, und wird daher 

Blumer Portratkopfe 56. Longperier Chronol. von den Vorsitzenden der Volksversammlung aus- 
et Iconogr. des Rois Parthes Arsacides 118f. 20 gesagt. Auf zahlreichen Inschriften begegnet es 

134ff. Percy Gardner Parthian Coinage 14 — 16. in der sog. probuleumatischen (s. d.) Pormel xovg 

54. 62. Markoff Catal. des monn. Arsac. etc. itgosdQovg oi av Xa%moiv jiqo£8qsv£iv . . . . xQt/fia- 

(Petersburg 1889) 36. Cass. Dio LXVIII 17 — 20. xlaai tzsqi xovxwv, yvwfitjv ds gvfifldXXso&ai xfjg 

26 — 30. 33. Verwirrter Bericht bei Malal. p. 270f. fiovlijg sig xbv dfjfiov . . . (vgl. Hartel Beitrage 

273f. Bonn., z. T. nach Arrians Parthika, beniitzt zum att. Staatsrecht und Urkundenwesen I 63ff., 

von Gutschmid, (wohl mit Becht) verworfen von wo auch die Beispiele gesammelt sind), in der 

Mommsen. Dierauer bei Budinger Unter- Litteratur im typischen Sinn Dem. XXI 9 und 

such. z. rOm. Kaisergesch. 152ff. (mit Bemer- in der Schilderung der Volksversammlung bei 

kungen v. Gutschmids). Mommsen Rom. Aesch. I 23. [Szanto.] 
Gesch. V397ff. La Berge Regne de Trajan 159ff. 30 Chremes {XQefiijg), athenischer Archon 01. 

v. Gutschmid Iran 141ff. Schiller BOm. 113, 3 = 326/5. Diod. XVII 87. Dion. Hal. 

Kaisergesch. I 556ff. Longperier u. Gardner Din. 9. CIA II 579. 808 b. c. d. 809 d. e. 811 c. 

a._a. 0. Da die Miinzen nicht iiber 127/8 hinab- IV 2, 563 c. [v. Schoeffer.] 

reichen, ist die von Longperier a. a. 0. 144ff. an- Chremetes, Pluss an der Westkiiste Libyens, 

genommene Identitat mit Nr. 2 unwahrscheinlich. Hanno 9. Aristot. Met. I 13. Nonn. Dion. XIII 

2) (VoeStjg), Peldherr(?) des Volagases IV. 347. XXXI 163. Hes. Suid. Heute Sakhiet el 
(III.). Lucian. quom. hist, conscr. 18. 19. 21. 31. Hamra. [Fischer.] 
Mommsen BOm. Gesch. V 406. v. Gutschmid Chremon (Xgettrnv). 1) Athener. Einer von 
Iran 147. [J. Miller.] den Dreissigmannern im J. 404, Lys. XXX 12. 

3) Konig von Armenien zur Zeit der Griindung 40 14. Xen. hell. II 3, 2. 

des neupersischen Beiches durch Artaschir (Bd. II 2) SxQaxayog in Tegea zwischen 250 — 200, 

S. 1321ff.), angeblicherBruderdesvonArtaschirge- Le Bas II 340b. [Kirchner.] 

sttirzten letzten Partherkonigs Artaban, Agathan- Chremonides {Xee^mvi'dr/g) , Sohn des Eteo- 

gelos.GeschichtedesKoiiigsTiridatesinLanglois kles, Athener (Al&aUdrjg) nach CIA II 332. Er 

Collect, des hist. arm. I = PHG V 2 p. 113ff. und war philosophisch gebildet im Umgange mit 

Mos. Chor. II 65ff. bei Langlois Collect, des hist. Zenon, Diog. Laert. VII 17. Er beantragt, 

arm. II 114ff. nebst den dort angeflihrten Parallel- ein Bundnis mit Areus (vgl. Areus Nr. 1), dem 

stellen. Artaschirs Zug gegen Armenien wird Konig der Lakedaimonier, und deren Bundesge- 

ohne Nennung des dortigen Konigs erwahnt in nossen gegen Antigonos Gonatas zu schliessen, 
Cass. Dio epit. LXXX 3. Nach Agathangelos 50 unter dem Archon Peithidemos im J. 268/7 oder 

und Moses wird Ch. fur Artaschir ermordet durch 267/6, CIA II 332. Droysen Hellenism. Ill 1, 

einen Anak, und spater sein Sohn Tiridates durch 233. Dittenberger Syll. 163 N. 1. Nach Ch. 

den Sohn dieses Anak, Gregor den Erleuchter, ist der sog. chremonideische Krieg benannt, He- 

zum Christentum bekehrt. [Baumgartner.] gesand. bei Athen. VI 250 f. Droysen a. 0. 226ff. 

Chostes, Ort Agyptens beim Geogr. Bav. Ill Nachdem die Athener ungliicklich gegen Antigo- 

2 (vgl. Kostos). [Sethe.] nos Gonatas gekampft hatten und Athen im J. 263 

Chotene (Xcoxtjv^), nordliche Landschaft von in die Han de des Antigonos gefallen war, Droy- 

Armenia, siidlich vom Euphrat, wo Mithradates sen a. 0. 244, 4, begiebt sich Ch. mit seinein 

mit den Chotenoi und Iberes Kampfe bestand, an der Erhebung Athens gleichfalls beteiligten 
bis er sich zur Munde des Apsaros durchschlug, 60 Bruder Glaukon, der damals xvgavvcvmr Ileioaimg 

Appian. Syr. 101. Entweder aus Taochene, Tao- war (Athen. II 44 c; vgl. Droysen 226, 2. 230), 

chenoi entstellt, oder aus Chorzene, Chorzenoi. nach Agypten, wo sie Bate und Beistande des 

[Tomaschek.] Konigs Ptolemaios genannt werden, Teles jisqI 

Cliozana, muss bei Ptol. V 13, 15 wieder- yvyijs XVI 4 Hense. Etwa 20 Jahre spater urns 

hergestellt werden fur Kodana , ein Ort ostlich J. 242 wird Ch. als agyptischer Admiral in der 

vom oberen Euphrat in der .armenischen Land- Seeschlacht bei Ephesos von den Rhodiern be- 

schaft Sophene, d. i. Cophkh, Sahe-Cophkh. Eine siegt, Polyaen. V 18. Droysen 407. v. Wila- 

in Palu gefundene alarodische Keilinschrift des mowitz Antigon. von Karystos 225. 302, 14. 



2447 Chrendoi JCgeog 2448 

Des Ch. Vater 'ExsoxXfjg X^sfiwvidov Al&a?JStjg Herm. XXVII 262f.), und es ist audi auf den 

wird in Inschriften Ende des 4. Jhdts. genannt, etwaigen Zusammenhang des Spitznamens mit 

CIA II 948. 1368, seine Sch wester fsidooxgaxri 'Eqiioxonibat, obgleich zweifelnd hingewiesen wor- 

als Priesterin der Aglauros Anfang des 3. Jhdts., den (B. Keil Solon. Verf. 46ff.). Mit Recht hat 

CIA II 1369; vgl. U. Kohler Athen. Mitt. IX v. Wilamowitz (Aristoteles und Athen I 63) 

53. [Kirchner.] diese Zusammenstellung, insofern eine Anspielung 

Chrendoi (XgfivSoi, var. XqivSoi), .Volk in heabsichtigt sein soil, abgewiesen, aber dabei auf 

Hyrkania am siidOstlichen Eck des kaspischen die Analogie mit einer Reihe in der Komoedie 

Meeres, von del Binnenlandschaft Arsitis an bis gebrauchlichen Bildungen, zu denen auch °Eq/a,o- 
zum Unterlauf des Maxeras, Ptol. VI 9, 5; anlOxomdai gehort, hingewiesen. Sollte nicht darin 

der Grenze von Media wird zugleich der Fluss ein Merkmal des Ursprunges liegen? Entweder 

Charinda (s. d.) vermerkt. Der Orientalist Ed. konnte die ganze Geschichte einer Komoedie ent- 

Sachau nimmt einen Zusammenhang dieser Na- stammen oder der Name war wirklich ein volks- 

men mit Chnerita des Awesta, pahlavi Chnan, an tumlicher Beiname und bezeichnete Solon und 

und iibersetzt Chnentem yim Vehrkandsayanem seine Freunde im guten Sinne als ,Schuldentilger', 

mit .Charindas, Sitz der Hyrkanier', eigentlich was dann spater bOswillig verdreht wurde (wohl 

,Chnenta, Siedlung (Kulturbezirk) von Hyrkania', nicht ohne Zuthun der Komoedie), oder vom Stand- 

s. ZDMG XXVII 1873, 147 und S.-Ber. Akad. punkt der hochadligen Geldleiher als gewaltsame 

Wien 1873, 472. Die Hauptschwierigkeit besteht ,Schuldenabschneider<, wobei der Verdacht, dass 
in der Vertretung des Lautcomplexes ehr- durch 20 sie selbst ,ihr Sohafchen ins Trockene gebracht', 

chn-, welche auf arischem Sprachboden ohne Ana- entstehen konnte — in diesem Falle wurde nur 

logie dasteht; begrifflich konnte chrenta, kerenta die Auswahl der Namen fiir die Freunde des Solon 

skr. krnta ,zerschneidend' denselben Sinn ergeben dem Klatsch des 5. Jhdts. zuzuschreiben sein. 

wie ohnenta , von der "Wz. khan zd. kan- ,aus- Erinnert sei noch daran, dass gegen den Freund 

graben, scharren'. [Tomaschek.] des Agis IV., Agesilaos, ganz dieselbe Beschuldi- 

Chreokopidai (xQswxoixldai) bedeutet wort- gung spater erhoben wurde (Plut. Agis 13). Lit- 

lich die ,Schulden-Abschneider oder -Tilger' von teratur: Busolt Griech. Gesoh. 112 41 — 43 Anm. 

XQE(oxo7zetv abstammend ; ausser dem Begriffe des [v. Schoeffer.] 

Gewaltsamen mischte sich leicht auch derjenige XgeaxpvXatces , eine BehOrde spaterer Zeit 
des Betriigerischen bei, wie das Verbum spater 30 in den Stadten des westlichen Kleinasiens und 

fast = ,betrugen' gebraucht wird , besonders der Inseln, Vorsteher eines Archivs, in dem Pri- 

significant bei Plut. de vit. aere al. 5 p. 829 c. vatvertrage und gerichtlfche Entscheidungen auf- 

Speciell ist Ch. als Spitzname mehrerer Freunde bewahrt wurden. Die inschriftlichen Zeugnisse 

des Solon, namentlich des Konon, Kleinias, Hip- sind gesammelt bei Dareste Bull. hell. VI 241f. 

ponikos, bezeugt, von denen erzahlt wurde, sie In einer Inschrift von Amorgos Bull. hell. XII 

hatten ihre Kenntnis der Plane desselben ge- 232 ist die Rede von vxoyQayrjv noieTo&cu jzqos 

missbraucht, um mit geliehenem Gelde sich Land- rovg iQsaxpvXaxag. Wahrscheinlich konnten vor 

besitz zusammenzukaufen und bei der Seisachthie dieser Behorde auch Vertrage abgeschlossen wer- 

(s. d.) letzteren zu behalten, wahrend sie das ge- den, vgl. Dio Chrys. XXXI 593 R. In Kos wirken 
borgte Geld nicht zuriickzuzahlen brauchten , so 40 sie bei Adoptionen , in Knossos bei Biirgschafts- 

dass sie sich stark bereicherten (Plut. Sol. 15; stellung mit, Dareste a. a. 0. Bei Aufstanden 

Praec. ger. reipubl. 13 p. 807 e und ahnlich, war das xQscocpvluxiov natftrlich besonders ge- 

nur ohne Namensnennung, Aristot. 'Aft. nol. VI fahrdet. Jos. bell. Iud. II 427. [Thalheim.] 

2 — 3). Einige .Verlaumder' beschuldigten auch Xqeos, die Schuld, schon bei Homer in Ver- 

Solon der Teilnahme an diesem Betruge, andere bindung mit 6<psXXsrat II. XI 686. 688; Od. Ill 

abef ,volksfreundlich Gesinnte' leugneten dies ent- 367. XXI 17, freilich mehr im Sinne von Busse, 

schieden, indem sie (Plut. Sol. 15) angaben, Solon wie II. XI 698 ; Od. VIII 353f. zeigt. Dieselbe 

hatte selbst, fiinf, ja nach Worten des Rhodiers Verbindung mit ocpsiXezca weist auch die Prosa 

Polyzelos fiinfzehn Talente an ausgeliehenen Gel- auf, Demosth. XL 37. XLII 9. 27, aber schon in 
dern verloren, wahrend Aristoteles (a. a. 0.), diesen 50 ihr spaltet sich die Bedeutung je nach dem Stand- 

Beweis wohl zweifelhaft findend, sich zur Wider- punkte der Partei in a) Schuld, Demosth. XLII 

legung auf die hochsinnige Denkart des Solon 5. 28. XLIX 32. 62. Hyp. Athenog. oft, und 

als unvereinbar mit solcher Durchstecherei berief. Verbindungen mit ekxIvuv Demosth. XXVH 49. 

Die ganze Geschichte ist besonders fiir die grie- 54, avadexsaftat Hyp. Ath. Ill 21, ajioatsQfjoai 

chische Historiographie bezeichnend. Schon friiher Demosth. XXXIII 24; b) Forderung, Demosth. 

und besonders nach Auffindung der 'A&. nol. ist XXXVIII 7. 9 u. 0. und Verbindungen mit ela- 

die Meinung verbreitet, die ganze Legende sei jiQdrzsa&cu Demosth. XXXVI 36, TiQaxxeoftai Ant. 

Erflndung eines oligarchisch gesinnten Schrift- frg. 67, anaixsiv Demosth. XLIX 64, xo^saftai 

stellers des Endes des 5. Jhdts., hauptsiichlich auf XL 37 , aitola^ijiavsiv XLIX 64 , acpdvai Isokr. 
die Nachkommen jener Freunde des Solon, Konon, 60 XXI 13, xaxalsiitsiv Demosth. XLIX 42. Dann 

Alkibiades des Kleinias Sohn und Kallias des c) das zuruckgezahlte Geld, Demosth. XXXVI 41 ; 

Hipponikos Sohn gemiinzt, die sich als nako.16- endlich d) das geliehene Geld, das Darlehen in 

Tikovxoi (so Arist.; aQxaiojtlovxog Lys. XIX 49 Verbindung mit la/j.f>avsiv , Demosth. XLIX 8. 

von Kallias) aufspielten; die volksfreundlichen Plut. Sol. 13. Das Darlehen ist mitunter zins. 

Schriftsteller hatten diese Luge nicht durchschaut frei, axoxtp xefj°^ at t( ? a.gyvQiq> , Demosth. LIII 

und nur versucht, ihren Helden Solon zu retten, 12, meist zinsbar, x&^ a & 1 ' toxoig S<psdo/xsra, 

seine Freunde preisgebend. Als Erflnder der Luge Isai. XI 42; es wird, meist auf Grand schrift- 

wird vielfach Kritias angesehen (vgl. Dummler lichen Vertrages (ovyyQayrj) vor Zeugen und gegen 



2449 XQfjai^ Christodoros 2450 

Unterpfand (ive/vQov , vno^xri) gegeben. Zur 5) Aus Byzantion, ScMler des Herodes At- 

Riickforderung gab es eine iqswq hixr\, Poll. VIII ticus , wirkte als Sophist und Lehrer der Bered- 

31, die vor die Vierzigmanner gehSrte. Diese samkeit in Atheninder zweiten H&lfte des2.Jhdts. 

Aufschrift erscheint bei der verlorenen lysiauischen n. Chr. neben Adrianos von Tyros und sollte, als 

Rede nqbg Aioxirqv xbv 2wxQo.ti.xbv xqsok , aus dieser nach Rom berufen wurde, sein Nachfolger 

der Ath. XIII 611a ein langeres Stuck anfuhrt, auf dem kaiserlichen Lehrstuhl der Rhetorik in 

und unter den demosthenischen in XLIX jigbg Ti- Athen w.erden. Er soil 100 zahlende Schiiler ge- 

fio&sov vmsq xe«'<»s; fiber weitere dahin gehOrige habt haben, unter welchen genannt werden die 

Reden s. Lipsius Att. Proc. 681. Xqsqjv ano- Sophisten Hippodromos, Philiskos, Athenodoros 
xonal Minderung des Kapitals oder der Zinsen 10 (Philostr. Vit. soph. p. 98, 15 Kayser), Apollonios 

der Glaubiger, eine geffirchtete Massregel jeder yon Naukratis (ebd. 103, 2), Herakleides von 

Umwalzung, vgl. And. I 88. Isokr. XII 259. Milet (ebd. 115, 2), die Advocaten Nikomedes 

[Demosth.] XVII 15. Plat. Resp. VIII 566 a; Leg. von Pergamon, Aquila aus Gallien und Aristai- 

III 684 d. V 736 c, die sich jedoch auch auf ge- netos von Byzantion, die Philosophen Kallaischros 

setzlichem Wege vollziehen konnte, Arist. resp. und Sospis, der Tragodiendichter Isagoras. Er 

Ath. 67. Dittenberger Syll. 344. war ein starker Weintrinker und starb im ffinf- 

[Thalheim.] zigsten Lebensjahr. Sein Stil war nach Philo- 

XQrjaig, das Leihen. Das Wort ist in dieser stratos weniger farbenkraftig als der des Herodes. 

Bedeutung selten, z. B. Polyb. XXXII 9, 4. Das S. Philostr. Vit. soph. II 11. [W. Schmid.] 
zugehorige Verbum xixQ^vai , xev aou steht zu- 20 6) Auf Grund der Inschrift eines Mithrasreliefs 

nachst von Gegenstanden , die andern zur Be- im Vatican (Cumont Mitras inscr. nr. 39 ; mon. 

nutzung unentgeltlich iiberlassen werden, Ar. fig. nr. 31) Xgfjoxog jiarijQ xal r<xvQog iaoirjoav 

Thesm. 219. 250. Xen. mem. Ill 11, 18. [De- frfiher fur einen Kiinstler gehalten. Doch be- 

mosth.] XLIX 23. Luk. pise. 47; adv. ind. 30, zeichnet, wie zuerst Brunn Kiinstlergesch. I 611 

auch wenn der Gebrauch darin besteht, dass der gesehen hat, sjroitjaav nur die Weihung, da jtaxijg 

Gegenstand gegen Geld verpfandet wird, Demosth. im Mithraskult ein priesterlicher Titel ist. K a i b e 1 

LIII 12; dann auch vom Darleihen von Geld, IGI 1272. Loewy Inschr. griech. Bildh. 457. 
Her. Ill 58. Lys. XIX 22. Plat. Demod. 384b, " [C. Robert.] 

und wechselnd mit 8avst&iv Demosth. XIX 170. Chretiua, Stadt in Lusitanien zwischen Scal- 

[XLIX] 6. 8. 17. Von Zinsen ist hierbei in keinem 30 labis und Aeminium (s. d.) , wird nur bei Ptole- 

Falle die Rede , auch im letzten sind sie nach maios (II 5, 6) angefiihrt. Der Name klingt ver- 

§ 3f. 54 nicht wahrscheinlich. Und Suidas unter- derbt ; ihre Lage , wenn sie tiberhaupt existiert 

scheidet : to ph yag xqr\aai em. (plXcov , xb Sk hat, lasst sich nicht bestimmen. An das heutige 

davsToat, xqos tovs Tv%6vxag. In den Ableitungen Cintra oder an Crato zu denken, wie wegen einer 

XQsog und XQV arr l?t ^ as sowohl den Darleiher wie entfernten Namensahnlichkeit geschehen ist, liegt 

den Entleiher bezeichnet (Harp.), ist freilich dieser kein Grund vor. [Hiibner.] 

Unterschied vSllig verblasst. [Thalheim.] Chrinni, Volk in Skythia an den Quellen des 

Chresterios (Xgtjar^Qcog), Epiklesis des Apol- Iaxartes oder Silis, lord. Get. 5. C. Miiller verweist 

Ion als Gott der Weissagiing, Tempel in Aigai auf die Grynaioi (s. d.) des Ptolemaios; Mullen - 
beiMyrina,Pabricius Athen. Mitt. X 272. Bull. 40 hoff Weltkarte 32 auf die Phrynoi des Dion, 

hell. X 293. CIG II 3527. Uber einen zweiten per. 752, womit die Phunoi oder Chunoi gemeint 

Tempel, der nur durch Cyriacus von Ancona be- sind, welche Orosius auf seiner Weltkarte in diesen 

kannt ist, vgl. Fabricius a. a. O. 274. Regionen verzeichnet fand. [Tomaschek.] 

[lessen.] Christodoros, des Paniskos Sohn, aus der 

Chrestos (XQtjotdg). 1) Praefectus praetorio Stadt Koptos beim agyptischen Theben (daher 

unter Severus Alexander (Dio ep. LXXX 2, 2 = 0f)jiaTog), lebte unter dem byzantinischen Kaiser 

Zonar. XII 15. Zosim. I 11, 2). Sein Gentil- Anastasios I. (491 — 518 n. Chr.) als ungemein 

name war bisher unbekannt, erscheint aber in fruchtbarer epischer Dichter. Sagengeschichtliche 

einem vor kurzem publicierten Papyrus, Grenf ell Stoffe scheint er vor anderen bevorzugt zu haben; 
An Alexandrian Erotic Fragment p. 82 nr. IL. 50 so verfasste er umfangreiche Tlaxqia oder Grun- 

Denn der Her genannte Praefect von Agypten dungsgeschichten von Constantinopel , Thessalo- 

ist, was Grenf ell nicht bemerkt zu haben scheint, nich, Nakle, Milet, Tralles und Aphrodisias. Fer- 

mit C. identisch; dieser heisst daher vollstandig ner ein Avhiaxa. betiteltes Gedicht, worin u. a. 

Geminius Chrestus, s. d. auch die mythische Urgeschichte Lydiens behandelt 

2) Romischer Geograph, von dem Lydus de wurde. Aber auch zeitgenOssische Ereignisse hat 
mensib. IV 68 p. 98fF. ed. Bonn, ein Fragment er in Versen verherrlicht; seine sechs Bucher 
fiber den Nil mitteilt. Er rfihmt darin, dass er 'IaavqixA schilderten die Eroberung Isauriens durch 
nach Mauretanien und bis an den Ocean selbst den Kaiser Anastasios; drei Bucher Epigramme 
gelangt seL [Stein.] und vier Bucher Episteln werden wohl auch in 

3) Officier unter Constans , Mitverschworener 60 der Hauptsache Menschen und Verhaltnisse seiner 
des Magnentius, mit dessen Hulfe dieser 350 auf Zeit betroffen haben; den Schulern des Neupla- 
den Thron erhoben wurde, Vict. epit. 41, 22. tonikers Proklos (f 485 n. Chr.) hat er eine eigene 

4) Africauischer Grammatiker, wird 357 nach Monographie gewidmet. Ob sich unter den alia 
dem Tode des Euanthios als dessen Nachfolger auf nolla, die er nach Suidas noch ausserdem heraus- 
den Lehrstuhl zu Constantinopel berufen, Hieron. gegeben haben soil, auch das Lehrgedicht 'ISevnxd 
chron. 2374. Nach der Lesart einer Hs. Chari- fiber die Kunst, VOgel mit Leimruten zu fangen, 
stus statt Chrestus hat Use ner Gharisius con- und die ausgesprochen christlichen Oavfiaxa x&v 
jiciert. [Seeck.] ayicov 'AvaQyvQwv Koojia xal Aa/uavov befanden, 



2451 Christodoros Chromatios 2452 

oder ob der XQtaroSmQog &r)f}aiog 'lXlovovgiog, Elision wird nur bei Conjunctionen und Praepo- 

dem Suidas diese letztgenannten Dichtungen zu- sitionen gestattet , der Hiatus aufs angstlichste 

schreibt, ein vom Sohne des Paniskos verschie- vermieden; Endsilben, die auf einen kurzen Vocal 

dener Dichter war , lasst sich heute nicht mehr auslauten, in der Arsis oder spondeisehen Thesis 

mit Sicherheit entscheiden. Als Heimat wird bei so gut wie gar nicht angewandt, u. w. d. m. Wo 

dem einen wie bei dem andern Theben genannt, Ch. es wagte, in der Structur des Hexameters von 

und einem Dichter mit dem ausgesprochen christ- Nonnos abzuweichen, da geschah es meist in un- 

lichen Namen Christodoros wird man stets ge- mittelbarer Anlehuung an Homer. Auch in der 

neigt sein, auch Gedichte christlich-kirchlichen Diction zeigt sich Ch. von keinem epischen Dichter 
Inhalts zuzutrauen , so heidnisch die Vorbildung 10 so abhangig wie von Homer. Ausserdem waren 

des Mamies sonst auch scheint und so fest er auch ihm Apollonios Rhodios, Kallimachos und Theokrit 

sonst auf dem Boden der Antike stehen mag. bekannt. Am meisten aber verdankt er nachst 

Ausser zwei Epigrammen auf den Tod eines Homer seinem Vorbilde Nonnos. Schlichte und 

gewissen Ioannes von Epidamnus (Anth. Pal. VII allgemein gebrauchliche Redewendungen mied er 

697. 698) besitzen wir von diesem schreibseligen fast krampfhaft; dagegen iibernahm er mit Vor- 

Epiker nur noch 416 Verse einersog. Ekphrasis, liebe homerische a'jraf sipj/xsva, und demselben 

worin er 80 eherne (?) Statuen beschreibt, mit denen Streben nach ausgesuchter Originalitat des Aus- 

die Wande des Zeuxippos (s. d.) , eines vielge- drucks verdanken eine ganze Reihe neuer Wortbil- 

nannten Gymnasions im vornehmsten Stadtteil von dungen ihren Ursprung. Doch kann dies prunkende 
Constantinopel, geschmiickt waren. Anfang und 20 Wortgeklingel den trostlosen Mangel an eigenen 

Ende dieser Ekphrasis, die das zweite Buch der Gedanken und an wirklicher Poesie mit nichten 

Anthologia Palatina (ed. Stadtmiiller I p. 36 — verschleiern. Vgl. ausser den verschiedenen com- 

57) ausmacht, sind verstiimmelt. Bekanntlich mentierten Ausgaben der Anthologia Graeca W. 

handelte es sich bei dieser Dichtgattung, die seit Christ Gesch. d. Griech. Litt.3 795 (wo Ch. 

dem 2. nachchristlichen Jahrhundert beliebt war, meines Erachtens viel zu giinstig beurteilt wird). 

weniger um eine genaue Beschreibung von Ort- P. Baumgarten De Christodoro poeta Thebano, 

lichkeiten oder Kunstwerken, als vielmehr um Diss. Bonn 1881. Konrad Lang eKh. Mus. XXXV 

Proben eleganter Rhetorik und nrythographischer llOff. [P. Baumgarten.] 

Gelehrsamkeit. Und so sind denn auch Ch.s Christopolis (fj XqiotojzoXis von Xqioxog ge- 
Statuenbeschreibungen fur die Kunstgeschichte 30 nannt). 1) = Jidg 'Icqov (s. d.) = TLvQ-yiw, G. W e- 

vollig wertlos; ein jeder Versuch, die von ihm so ber Bull. hell. V (1892) 15ff. [Biirchner.] 

pomphaft und doch so ungenau geschilderten Bild- 2) S. Chrysopolis. 

werke unter dem Antikenschatz unserer Museen Xgiazbg naaxmv (Ghristus patiens), eine die 

wieder aufzufmden, muss misslingen. Die Namen Geschichte Jesu mit den Mitteln der antiken Dra- 

der Statuen fand Ch. offenbar an den Postamenten matiker beschreibende griechische Tragoedie, die 

angeschrieben; schon er selbst war nicht immer friiher dem Gregorios von Nazianz zugeschrieben 

sicher, ob diese Beischriften das Richtige trafen wurde. Bare Unechtheit ist erwiesen, sie stammt 

(vgl. v. 228ff. 393 — 95. 407ff.), und wir Heutigen aus dem Mittelalter und ist das einzige Drama, 

sind es noch weniger; aber bei der oberflachlichen das die byzantinische Litteratur hervorgebracht 
Phrasenhaftigkeit seiner Beschreibung ware es 40 hat. Auch so hat sie fur die klassischen Studien 

Vermessenheit, diese Beischriften unsrerseits corri- noch Wert, weil der Verfasser wahrscheinlich auch 

gieren zu wollen. Die zehn Gotterstatuen , die spater verloren gegangene Tragoedien der alten 

er namhaft macht, werden ja wohl durch ihre Zeit benutzt hat. Text ed. J. G. Brambs Lips. 

Attribute geniigend kenntlich gewesen sein; da- 1885. Litteratur bei K. Krumbacher Gesch. d. 

gegen ist dies bei den 34 Heroen in hohem Masse byzant. Litt. § 196. [Jiilicher.] 

unwahrscheinlich, und ein unbartiger Aias Tela- Chritionis, Ort an der Maiotis oberhalb Sin- 

monios z. B. (v. 271ff.) erweckt entschieden Ver- dike zwischen Supatos und Hale, Tab. Peut. ; 

dacht. Noch am ehesten wird man den von Ch. Fritioris, Erautionis Geogr. Rav.; vielleicht die 

mitgeteilten Namen bei den 34 Bildnissen be- Fischereistation eines Charistion oder Chrestion. 

rilhmter Manner mid Frauen Glauben schenken, da 50 [Tomaschek.] 

derartige ikonische Statuen gleich vom Kiinstler mit Chroasai, skythisches Volk im asiatischen 

Namensunterschrift versehen zu werden pflegen. Steppengebiet, Plin. VI 50; etwa .Rohfleischesser' 

Was Ch. von seinen beriihmten Persfinlich- chrwyapa, skr. kravyacin. [Tomaschek.] 

keiten mitzuteilen weiss, sind ausnahmslos die Chromatios. 1) Palaestinenser, studierte in 

abgegriffensten Trivialitaten. Wo er iiber my- Athen zusammen mit Libanios und unterstiitzte 

thische Figuren spricht, verrat er Vertrautheit ihn spater bei seinem offentlichen Auftreten in 

mit Homer, aber auch mit den spateren alexan- Antiocheia. Bald darauf erkrankte er, reiste aber 

drinischen Sagenversionen. Doch erfahrt weder noch nach Kilikien und starb dort um die Mitte 

der Geschichtschreiber , noch der Mythograph, des 4. Jhdts. Er war zugleich Neffe und Schwieger- 
noch auch der Archaeologe durch Ch.s oberflach- 60 sohn des Hierokles , Lib. ep. 393. An^ ihn ge- 

liches Gerede irgend welche wirkliche Bereiche- richtet Lib. ep. 605; lat. Ill 393. [Seeck.] 

rung seines Wissens. 2) Bischof von Aquileia etwa von 387—407. 

In Bezug auf die Metrik ist Ch. durchaus Hochangesehen unter seinen Zeitgenossen hat er 

Schiller des Nonnos (s. d.) ; einen Vers ohne Caesur in Briefwechsel mit Ambrosius, Augustinus, Hie- 

im dritten Fusse hat er niemals zugelassen, die ronymus, Rufinus und mit Iohannes Chrysostomus 

weibliche Hauptcaesur auffallend bevorzugt. Im gestanden; fur den Letztgenannten hat er sich 

einzelnen Versfuss ist bei ihm der Spondeus un- nach dessen Absetzung selbst beim_ Kaiser, frei- 

gleich seltener, als er dies bei Homer war. Die lich erfolglos, verwandt. Seine Briefe sind alle 



2453 Chromia Chronica Constantinopolitaria 2454 

verloren gegangen; aber nicht nur aus den er- Pind. Pyth. II 34. 198). Bei der Grundung von 

haltenen Briefen der Freunde an ihn, sondern Aitne (476/475 v. Chr.) siedelte er dorthin fiber 
mehr noch aus den ihm gewidmeten und auf und wurde mit Deinomenes, dem Sohne Hierons, 

seine Anregung verfassten Werken eines Ambro- zum Vorsteher (emxQOTios) der neuen Colonie be- 

sius , Rufin und Bieronymus erfahren wir , mit stellt (Schol. Pind. Nem. IX 6). Als Burger von 

welch lebhaftemlnteresseer die theologische Arbeit, Aitne errang er in Nemea und bei den Pythien 

soweit er es konnte, gefOrdert hat. Weder Hiero- in Sikyon "Wagensiege, die Pindar (Nem. I und IX) 

nymus noch Gennadius nennen ihn in ihren Ka- gefeiert hat. Br war damals schon bejahrt und 

talogen christlicher Schriftsteller ; es folgt daraus sein Haus wird als reich und gastlich gepriesen 
nur, dass er sich erst nach 392 litterarisch be- 10 (vgl. Dissen in Boeckhs Pindar II 2 S. 348. 

thatigt hat. Wir besitzen namlich noch einige Holm Gesch. Sicil. I 201. 214f. 222. 225f. Free- 

seinen Namen ftthrende Predigten, einen traetatus man Gesch. Sicil. Deutsche Ausg. II 100. 185. 

fiber die acht Seligpreisungen und siebzehn ahnliche 210ff. 443ff.). [Niese.] 

fiber Abschnitte aus Evangel. Matth. 3. 5. 6. Sie Chromis (X(>6f>ug). 1) Gefahrte des Phineus, 

scheinen nach freien Vortragen fur die VerOffent- totet bei des Perseus Hochzeit den Emathion, 

lichung (tr. V 2 we taedium legentibus face- Ovid. met. V 103ff. 

remus) ausgearbeitet zu sein; mGglicherweise sind 2) Kentaur, von Peirithoos erschlagen, Ovid. 

es nur Bruchstticke aus einer zusammenhangen- met. XII 332. 

den Auslegung des ersten Evangetiums. Die 3) Mit Ennomos Anffihrer von Mysern, II. II 
Sprache zeigt einen gebildeten , die ganze Hal- 20 858 , von Achilleus getotet (identisch mit Chro- 

tung einen wfirdig frommen Mann; bei all em Trach- mios Nr. 3). 

ten nach der intellegentia spiritalis, deren Auf- 4) Junger Satyr, Verg. Eel. VI 13 und Serv. 

flndung auch ihm wie dem Ambrosius als Haupt- [Hoefer.] 

aufgabe des Exegeten erscheint, weiss er Ge- 5) XQOfus, %Q6j.uog (Athen. VII 282 b) gehort 

schmacklosigkeiten der Allegorese besser als Ambro- nach Aristoteles (hist. an. V9, 120) zu den 

sius zu vermeiden. Der tlberlieferung bezuglich Zugfischen, hat ein scharfes Gehflr (hist. an. IV 

des Ch. als Verfassers zu misstrauen haben wir 8, 103. Ael. n. a. IX 7), lasst ein Knurren (yQv- 

keinen Grund. Eine offenkundige Fiction dage- ho/xov) hOren (Arist. hist. an. IV 9, 106) und hat 

gen sind ffinf angeblich zwischen Hieronymus und einen Stein im Kopf, weshalb er gegen die Winter- 
den Bischofen Ch. und Heliodorus gewechselte 30 kalte empfmdlich ist (Arist. hist. an. VIII 19, 239. 

Briefe , durch die Autoritaten zur Empfehlung Plin. IX 57. Ael. IX 7). Diese Angaben passen 

anderer Apokrypha geschaffen werden sollten. Die auf die Sciaena aquila; vgl. Aubert-Wimmer 

Texte nebst kritischem Material bei Migne Pa- Aristoteles Tierkunde 144. Erwahnt wird er in 

trolog. lat. XX 247— 436. [Julicher.] der Litteratur zuerst von dem Iambographen Ana- 

Chromia (Xgofita), Tochter des Itonos, des nios, der in seinen Iamben den Genuss dieses 

Sohnes des Amphiktyon, nach einigen Gemahlin Fisches zur Frfihlingszeit empfahl(PLGIl4frg. 5). 

des Endymion, Paus. V 1, 4. [Hoefer.] Sein sfissliches Fleisch gait als nahrhaft, aber 

Chromios (Xgofiwe). 1) Sohn des Pterelaos, schwer verdaulich (Hikesios bei Athen. VII 327 d). 

Apollod. II 4, 5. Tzetz. Lyk. 932. In Pella und Ambrakia gab es besonders grosse 

2) Sohn des Priamos, Apollod. Ill 12, 5. Tzetz. 40 und fette Exemplare (Archestratos bei Athen. a. 
Horn. 68; von Diomedes getotet, II. V 160ff. a. O.). Der xe&vs des Oppian (hal. I 112. Ael. 

3) Sohn des Arsinoos aus Mysien , Bundes- XV 11) und der xqs/.ivs des Ps.-Aristoteles (Athen. 
genosse der Troianer , Apollod. epit. 3, 35 W. VII 305 d) sind verschiedene Namen desselben 
Diet. II 35 (hier fuhrt er mit Ennomos Mygdones Fisches ; nach Oppian halt er sich gern in der 
ex Moesia) ; derselbe (?) II. XVII 494. 218. 534; Nahe. von Fliissen und Seeen auf und liebt den 
vgl. Chromis Nr. 3. Schlamm (vgl. Ovid. hal. 121 ehramis inmunda), 

4) Sohn des Neleus und der Chloris, Od. XI nach Ps.-Aristoteles gehOrt er zu den Fischen, die 
286; II. IV 295. Schol. Apoll. Rhod. I 152. Schol. einen Stein im Kopf haben (vgl. Arist. a. a. O.); 
II. XI 692 (jigsa^vrtje)- vgl. Kose Aristot. Pseudep. 296. Birt De hali- 

5) Lykier, Bundesgenosse der Troianer, von 50 euticis Ovidio falso adscriptis 117. Hes. s. %qo- 
Odysseus getotet, II. V 677. Tzetz. Horn. 97. pis und m e[ivg. Plin. XXXII 153. 

6) Troianer, von Teukros getotet, II. VIII 275. " [M. Wellmann.] 

7) Grieche, vor Troia von Eurypylos getotet, Chronica Constantinopolitana. Eine der 
Quint. Sm. VI 616. [Hoefer.] wichtigsten Quellen fttr die Geschichte des 4. und 

8) Sohn des Agesidamos, Geloe'r, Freund des 5. Jhdts., zwar nicht in Original erhalten, aber von 
Tyrannen Hippokrates, zeichnete sich (etwa 493 sovielenSchriftstellernausgeschriebenundbenutzt, 
oder 492 v. Chr.) in der Schlacht am Heloros dass von ihrem Inhalt kaum etwas verloren sein 
aus, wo Hippokrates die Syrakusaner schlug (Pind. dtirfte. Die historischen Aufzeichnungen schlossen 
Nem. IX 95f. mit den Schol. [= Timaios frg. 85]), sich an ein Exemplar der Fasten, das schon mit den 
vgl. Herodot. VII 154). Spater schloss er sich 60 ersten Consuln Brutus und Collatinusbegann. Dieses 
an Gelon an und siedelte mit ihm nach Syrakus war ein Auszug aus einem sehr vollstandigen Epo- 
fiber; der Tyrann gab ihm seine Schwester zur nymenverzeichnis , das den auf Stein erhaltenen 
Frau und bestimmte ihn mit Aristonus zusammen capitolinischen Fasten nahe stand, ja vielleicht, 
zum Vormund seines Sohnes (Schol. Pind. Nem. so weit sie reichten, nur eine Abschrift derselben 
IX 95 = Timaios frg. 84). Auch Gelons Nachfolger war. Doch miisste diese zahlreiche Erweiterungen 
Hieron nahm seine Dienste in Anspruch und sandte von gelehrter Hand erfahren haben , da die con- 
ihn um 477 zu Anaxilas von Ehegion, um diesen stantinopolitanischen Fasten von den capitolini- 
vor dem Angriff auf Lokri zu warnen (Schol. schen oft in einer Weise abweicheo, die sich nicht 



2455 Chronica Constantinopolitana Chronica Constantinopolitana 2456 

nur aus Unachtsamkeit oder Corruptel erklaren das Martyrium des Petrus und Paulus und anderer 

lasst. Mommsen (CIL 12 p. 81) nimmt daher beruhmter Heiligen. 

an, dass beide auf eine gemeinsame Quelle zurfick- 3) Stadtromische , wie Spiele, Feuersbriinste, 

gehen. Der Auszug ist dem des Chronographen Offentliche Bauten oder Naturwunder, die in Rom 

vom J. S54 insofern ahnlich, als beide aus der gesehen wurden (Seeck Jahrb. f. Philol. 1889, 

Namenreihe der einzelnen Eponymen je einen 620). 

Namen aufzunehmen pflegen; doch erduldet diese Hiernach muss dieser alteste Teil der Chronik 

Eegel viel mehr Ausnahmen (CIL I 2 p. 85), wie in Pom entstanden sein und zwar, wie die christ- 

fiberhaupt das Verzeichnis nachlassiger gearbeitet lichen Notizen zeigen, in recht spiiter Zeit. Ubrigens 

ist und daher auch eine grSssere Zahl von Llicken 10 stehen hier die Nachrichten oft bei falschen Jahren 

und Corruptelen enthalt. Ausserdem finden sich und sind auch sonst ziemlich wertlos. 

folgende durchgehende Verschiedenheiten : Um so wichtiger ist die zweite Halfte, die mit 

1) Der Chronograph wahlt meist den letzten der Thronbesteigung Constantins (306) beginnt 
Namen der Reihe, die constantinopolitanischen und in Constantinopel entstanden ist. Dies tritt 
Fasten in der Eegel, wenn auch nicht immer, den darin hervor , dass die orientalischen Ereignisse 
vorletzten, so dass sie einander zu erganzen pflegen in viel weiterem Umfange verzeichnet sind , als 
(CIL 12 p. 94). die occidentalischen , und. namentlich die Local- 

2) Wahrend der Chronograph jedes Jahrmit interessen der Ostlichen Hauptstadt umfassendste 
zwei Namen bezeichnet, beriicksichtigen die con- Beriicksichtigung finden. Von dort werden die 
stantinopolitanischen Fasten nur die Consulate. 20 Einziige der Herrscher (Hydat. fast. 361, 2 = 
Wo statt derselben Decemvirate oder Militar- Chron. Pasch. 362. Hydat. 378, 1. 2. 380, 2 = 
tribunate eintreten, wird dies durch folgende For- Pasch. 378 = Oros. VII 34, 6. Hydat. 386, 2 = 
meln ausgedruckt: his conss. decemviri ereati Marcell. chron. 386, 1. 2. Socr. V 18, 14 = Marc. 
priores et posteriores annis II oder: his eonss. 391, 1) oder fremder Gesandten (Hydat. 384, 1 
tribuni plebis faeti III an. I; die Namen fehlen = Pasch. 384 = Marc. 384, 1) und Konige (Hydat. 
hier also ganz. Bei dem Dictatorenjahr 430 heisst 381, 1 = Marc. 381, 2 = Oros. VII 34, 7; vgl. 
es: his conss. turn dictator creatus Papirius Marc. 401, 1 = Pasch. 401), die Beisetzungen 
Cursor et magister equitum Drusus , und ent- kaiserlicher Leichen (Hydat. 382, 1 = Marc. 382, 1. 
sprechend bei den spateren 445 und 453. Hyd. 383, 2 = Pasch. 383. Marc. 395, 2 = Pasch. 

Die Fasten sind erhalten bei Hydatius und 30 395 = Socr. VI 1, 3) , die Erlangung beruhmter 

griechisch iibersetzt im Chronicon Paschale; am Reliquien (Hydat. 356 = Pasch. 356 = Hieron. 

besten herausgegeben von Mommsen Chron. min. chron. 2372. Hydat. 357, 1 = Pasch. 357 = Hie- 

I 205; CIL 12 p. 98. ron. 2373 = Fast. Vind. 447 = Barb. Seal. 241), 

Fur die Kaiserzeit scheinen die Fasten fort- die Einweihung von Kirchen (Hydat. 360 = Pasch. 

laufend weitergefuhrt zu sein, aber derart, dass 360 = Hieron. 2376. Hydat. 370, 2 = Pasch. 370 

man Consulate, die nur vorubergehend anerkannt = Hieron. 2386. Marc. 415, 1 = Pasch. 415) und 

wurden , spater beseitigte und immer diejenige andern offentlichen Gebauden (Hieron. 2389. Hydat. 

Form der Jahresbenennung nachtraglich herstellte, 369, 1. 375, 1. Marc. 390, 3. 394, 4. 407. 421, 

welche dauernd die officielle blieb. So sind von 2. 3. 427, 2. 435, 1), Feuersbriinste (Marc. 404, 1. 
den Consuln , die 307—323 in Rom oder dem 40 433), Hagelschlage (Hydat. 367, 1 = Pasch. 367 

Orient verkiindet wurden, nur diejenigen aufge- = Hieron. 2383. Pasch. 404) und sonstige Natur- 

nommen, welche bei Constantin d. Gr. Anerken- erscheinungen (Marc. 401, 2. 402, 3) berichtet, ja 

nung fanden; 399 ist der Name des Eunuchen selbst von den Siegen der Kaiser wird mitunter an- 

Eutropios gestrichen u. drgl. m. Solange die gegeben, nicht wann sie erfochten, sondern wann 

Einheit des Reiches bis zu dem Grade erhalten sie in Constantinopel gemeldet wurden (Hydat. 

blieb, dass sich fur die Jahresbenennung trotz zeit- 379, 3. 380, 1; vgl. Marc. 401, 1. Pasch. 415). 

weiliger Abweichungen in den einzelnen Reichs- Aber diese localen Notizen uberwiegen erst seit 

teilen doch zum Schluss immer eine einheitliche dem J. 356; vorher finden sich nur zwei, die 

Redaction durchsetzte, ist diese in der constan- Griindung der Stadt (330) und der grosse Auf- 
tinopolitanischen Chronik festgehalten. Seit sich 50 stand des J. 342 (Hydat. 342, 2 = Hieron. 2358); 

nach dem Tode Theodosius d. Gr. in der Reihenfolge alles iibrige, was zwischen 306 und 355 berichtet 

der Consulnamen und in anderem ein dauernder wird, betrifft das Reich im allgemeinen, nicht die 

Unterschied zwischen Westen und Osten ausbildet, Stadt ins besondere. Selbst die Beisetzung der 

zeigt sie naturlich die orientalische Form der Leiche Constantins ist nicht verzeichnet, wahrend 

Jahresbenennung. die entsprechenden Notizen bei den spateren Kai- 

Vor dem Regierungsantritt Constantins d. Gr. sern, soweit sie in Constantinopel begraben sind, 

waren den Consulaten nur sehr wenige historische fast niemals fehlen. 

Notizen hinzugefiigt, und von diesen lassen sich Schon dies leitet zu dem Schluss, dass die 

die meisten folgenden drei Kategorien unter- gleichzeitige Fiihrung der Chronik erst nach 
ordnen: 60 der Mitte des 4. Jhdts. begonnen hat. Als Be- 

1) Litteraturgeschichtliche , wie Geburt und statigung kommt noch folgendes hinzu. Bis zum 
Tod von Cicero, Sallust und Vergil. Auch dass J. 353 werden Thronbesteigung und Tod der Usur- 
der iugurthinische und catilinarische Krieg ver- patoren ganz in derselben Form verzeichnet, wie 
zeichnet sind, gehort in diesen Kreis, da sie diesen bei den legitimen Kaisern , seit dem J. 365 da- 
Vorzug jedenfalls nur ihrer Behandlung durch Sal- gegen wird ihnen regelmassig irgend ein schmahen- 
lust zu danken haben. des Beiwort angehangt, wie latro noctumus ho- 

2) Christliche, wie Geburt und Kreuzigung stisqtie publicus (Hydat. 365, 2), hostis publicus 
Jesu, der jfldische Krieg, die Christen verfolgungen, et praedo (Hydat. 366, 2), tyrannus (Marc. 383, 3. 



2457 Chronica Constantinopolitana Chronica Constantinopolitana 2458 

394, 1. Hydat. 388, 2), hostis publieus (Hydat. Werkchen entstand eben in einer Stadt, deren 

388, 2). Da die ersten Ausbriiche dieser loyalen Volkssprache die griechische war (See ok Jahrb. 

Entriistnng uns unter Valens (364— 378) begegnen, f. Philol. 1889, 621). Die Chronisten bedienten 

wird man die Gleichzeitigkeit der Chronik wohl sich des Lateinischen , erstens , weil die stadt- 

von dessen Eegierung an datieren diirfen. Der rOmische Chronik, welche sie fortsetzten, in dieser 

Zeitpunkt ihrer Entstehung lasst sich aber noch Sprache gescbrieben war, zweitens, weil die Kaufer 

genauer feststellen. Bei Prinzen und Prinzessinnen des Bnches wohl meist zu den hoheren Beamten 

werden die Geburten, soweit sie im orientalischen geherten, die alle ohne Ausnahme der officiellen 

Reichsteil stattfanden, seit dem J. 366 — aber Gerichtssprache , aber nicht ohne Ausnahme des 
nicht friiher — sorgfaltig notiert (Hydat. 366, 1. 10 Griechischen machtig waren. 

384, 2 = Pasch. 384 = Marc. 384, 2. 397. 399, 2. Denn dass die Chronik nicht officiell gefuhrt 

401,3. 403,1), menials dagegen bei Kaisern, die wurde, sondern ein privates buchhandlerisches 

als Privatleute geboren waren, auch wenn sie, wie Unternehmen war , ergiebt sich namentlich aus 

Constantin, Constantius, Valens, Theodosius und folgendem Kennzeichen. Das Exemplar, welches 

Arcadius, in Constantinopel residiert hatten. Die der spanische Bischof Hydatius benutzte, ist hochst 

einzige Ausnahme macht Gratian (Hydat. 359, 1 wahrscheinlich von Akanthia, der Witwe des Prae- 

= Pasch. 359 = Hieron. 2375), der nicht iiber den fecten Kynegios, nach Spanien gebracht worden, 

Orient geherrscht und die Stadt nieroals betreten denn es brach gerade mit dem Jahre ab, in dem 

hat. Dies lasst wohl nur die Erklarung zu, dass sie von Constantinopel dorthin abreiste. Nun steht 
die erste Abfassung der Chronik in die Zeit fallt, 20 bei Hydatius (fast. 388, 1) : his conss. defunctus 

wo der Geburtstag jenes Kaisers eben als Offent- est Oynegius praefeetus Orientis in eonsulatu 

licher Pesttag verkiindet worden war, d. h. sehr suo Gonstantinopolim. hie universas provineias 

bald nach seiner Thronbesteigung (24. August 367). longi temporis labe deeeptas in statum pristi- 

Denn nur damals kann in Constantinopel das In- num revocavit et usque ad Aegyptum penetra- 

teresse an Gratian so gross gewesen sein , dass vit et simulacra gentium evertit. unde cum magno 

man ihn nicht nur vor alien andern Herrschern, fletu totius populi civitatis deduetum est corpus 

sondern auch vor seinem eigenen Vater und Oheim eius ad apostolos dieXIVkal. Apr., et post 

in dieser Weise bevorzugte. annum transtulit eum matrona eius Achantia 

Was vor dem J. 367 liegt, ist also erst nach- ad Hispanias pedestre. In den iibrigen Teilen 
traglich in die Chronik aufgenommen. Elf Jahre 30 der Chronik wird nur der Tod von kaiserlichen 

riickwarts hafteten auch die Daten der constan- Personen verzeichnet, niemals von Privatleuten ; 

tinopolitanischen Localgeschichte noch fest in der dass ihnen vollends ein solcher Nachruf gehalten 

Erinnerung und konnten daher seit 356 vollstan- wird, ist sonst ganz unerhOrt. Trotzdem verrat 

dig eingetragen werden; fur die vorhergehende sich jene Notiz schon durch ihren ausgesprochenen 

Zeit kannte man nur noch die wichtigsten Er- Localcharakter als Bestandteil der Ch. C, doch 

eignisse der allgemeinen Eeichsgeschichte oder findet sie sich bei keinem andern Ausschreiber 

entnahm sie andern Quellen. Bei dem Regierungs- derselben, muss also dem Exemplar des Hydatius 

antritt des Stadtgriinders (306) beendete der un- ganz allein eigentiimlich gewesen sein. Daraus 

bekannte Chronist seine eigene Arbeit; fur alles, kann man schliessen, dass, als Akanthia sich eine 
was voranlag , copierte er einfach jenen stadt- 40 Copie des Werkchens fertigen liess, die Abschrei- 

romischen Fastenauszug mit seinen schlechten ber derselben jene Notiz iiber ihren verstorbenen 

Notizen. Gatten mit besonderer Riicksicht auf die vor- 

Seit 367 ist dann die Chronik gleichzeitig nehme Bestellerin hinzufiigten. Derartiges ist 

weitergefiihrt, derart, dass jedes wichtigere Er- aber nur bei Buchhandlern denkbar, die einen gut 

eignis, sobald man in Constantinopel davon Kunde zahlenden Kaufer freundlich stimmen wollen, nicht 

erhielt, eingetragen wurde. Wie lange man damit aber, wenn eine kaiserliche oder stadtische Kanzlei 

fortfubr, wissen wir nicht ; doch ist zu beachten, die Chronik gefuhrt hatte. 

dass zwischen Marcellinus Comes und dem Chro- Schon dies zeigt, dass die einzelnen Exemplar© 

nicon Paschale, die beide auf die Ch. C. zuriick- oft und vielleicht immer ge'sonderte Redactionen 
gehen, die auffalligen Ubereinstimmungen mit dem 50 darstellten, die nach den Wunschen und Bediirf- 

Regierungsantritt Marcians (450) aufheren. Denn nissen der jedesmaligen Besteller gefertigt wurden. 

wo sich ihre Notizen auch spater beriihren, sind Doch lassen sich unbeschadet dieser Unterschiede 

die Ahnlichkeiten nicht so gross , dass sie not- im einzelnen zwei Hauptredactionen erkennen. Die 

wendig auf eine gemeinsame Quelle hinfiihrten. eine strebte nach keiner Art von Abschluss, son- 

Damit herte die Chronistik in Constantinopel frei- dern fiihrte ihre Notizen immer bis zu dem Tage 

lich nicht auf , doch vielleicht nahm sie andere herab, an dem das betreffende Exemplar ausgegeben 

Formen an ; namentlich ist zu vermuten, dass sie wurde. Sie bot nur den kurzesten Inbegriff der 

jetzt griechisch wurde. Ereignisse in formelhaften , immer wiederkehren- 

Denn die Ch. C. waren in der officiellen Sprache den Worten und Wendungen und fiigte ihnen fast 
des Reiches gefuhrt, wie nicht nur aus den wOrt- 60 ausnahmslos das Tagdatum hinzu, soweit es den 

lichen tfbereinstimmungen ihrer lateinischen Aus- Schreibern selbst bekannt war. Die zweite Redac- 

schreiber, sondern noch sicherer daraus hervor- tion endete jedesmal mit dem letztverflossenen 

geht , dass das griechische Chronicon Paschale Thronwechsel und naherte ihren Inhalt auch darin 

vielfach die Spuren missverstandlicher tibersetzung der Form der Kaiserbiographien an, dass sie beim 

zeigt. Dies hinderte natiirlich nicht, dass der Tode jedes Herrschers die Zahlen seiner Regie- 

lateinische Text mehrfach Graecismen enthielt — rungs- und Lebensjahre verzeichnete. Sie brachte 

z. B. war regelmassig ipso anno (= rip avrqj auch historische Nachrichten , welche liber die 

iviavzqi) statt eodem anno geschrieben — ; das Grenzen des streng chronistischen Schemas hinaus- 



2459 Chronica Constantinopolitana Chronicon Paschale 2460 

gingen, namentlich kirchlicher Art, und strebte nicht nur, wie auch Marcellinus Comes es thut, 

nach Mannigfaltigkeit und Abrundung der Satze, Tod und Ordination der orthodoxen Bischefe von 

kurz nach kiinstlerischer Stilisierung. Dafiir liess Constantinopel (VI 2, 1. 11. 20, 1. 2. 21, 1. VII 

sie die Tagdaten otter weg (Seeck 611—617). 25, 21. 26, 4. 28, 4. 29, 4. 37, 19. 40, 1), son- 

Wir unterscheiden die beiden Redactionen als die dern auch der arianischen (II 43, 11. IV 14, 2. 

kurze und die langere. V 12, 6. 7. VII 6, 1. 30, 7) und der novatiani- 

Die Chronik war, wie es scheint, sehr ver- schen (V 12, 4. VI 1, 8. VII 6, 10. 17, 1. 46, 

breitet und ist daher viel benutzt worden. Bis 1. 12). Mommsen Chron. min. II 45. 
jetzt konnen wir dies bei folgenden Autoren nach- 8) Marcellinus Comes bei Mommsen Chron. 

weisen, die wir in chronologischer Folge aufzahlen. 10 min. II 60 folgte einem Exemplar der langeren 

1) Epiphanius hatte in seinem 376 erschiene- Recension , das mindestens bis zum Tode Theo- 
nen Buche contra haeres. 51 einen Teil der constan- dosius II. (450) reichte. 

tinopolitanisehen Fasten ausgeschrieben, Momm- 9) Das Chronicon Paschale stimmt bis zum 

sen Chron. min. I 204. gleichen Jahre mit Marcellinus ttberein, scheint 

2) Hieronymus hat in seiner Chronik ein Exem- aber beide Redactionen contaminiert zu haben. 
plar der langeren Redaction benutzt, das bis zum 10) Auch Malalas und Theophanes scheinen 
Tode Valentinians I. (375) herab reichte. Die letzte einiges aus den Ch. C. geschOpft zu haben, Momm- 
Notiz, die sich durch ihre Wiederkehr in den Fast. sen Chron. min. II 45. 

Vind. 490 und bei den Barb. Seal. 291 als Be- Seeck Jahrb. f. Philol. 1889, 601. Momm- 

standteil der Ch. C. erweisen lasst, steht unter20sen Chron. min. I 199. [Seeck.] 

dem J. Abrahams 2391. Chronica (Tallica, eine Fortsetzung der hiero- 

3) In den Fasten des Hydatius bei Momm- nymianischen Chronik, welche dieser auch darin 
sen Chron. min. I 205 — 247 ist uns eine sehr folgt, dass sie nicht nach Consulaten, sondern 
getreue und beinahe vollstandige Abschrift der nach Jahren Abrahams, Olympiaden und Kaiser- 
kurzen Redaction erhalten, die vom Consulat des jahren rechnet. Sie ist von einem Semipelagianer 
Brutus und Collatinus bis auf das J. 389 n. Chr. in Siidgallien, wahrscheinlich in Massilia, gefertigt 
hinabreicht. Die J. 390—468 hat dann der spa- und reichte ursprunglich wohl bis zum Tode Theo- 
nische Bischof aus occidentalischen Quellen hinzu- dosius II. (450). Fur die J. 379—394 ist sie vor- 
gefiigt , denn in ihnen zeigt sich keinerlei auf- zugsweise aus der Kirchengeschichte des Rufinus 
fallende tJbereinstimmung mit den ubrigen Aus- 30 geschOpft; daneben sind die ravennatische Chronik 
schreibern der Ch. C. Dasselbe gilt von alien und verschiedene ekklesiastische Schriften benutzt, 
Notizen , welche die Regierung Diocletians (284 die fast alle noch erhalten sind. Fiir die spatere 
— 305) betreffen ; sie unterscheiden sich nament- Zeit ist sie selbstandig mit Ausnahme sparlicher 
lich auch dadurch von denen der Ch. C. , dass Entlehnungen aus der ravennatischen Chronik. 
diese fast ausnahmslos richtig datiert sind, jene Das Original ist verloren, doch sind daraus ge- 
in ihrer Mehrzahl unter falschen Jahren stehen flossen: 

und in der Regel auch kein Tagdatum zeigen. In 1) Chronica Imperialia , wegen ihrer Rech- 

den J. 306 — 318 sind die Nachrichten jener frem- nung nach Kaiserjahren so genannt, mitunter auch 

den Quelle mit denen der Ch. C. gemischt, von als Prosper Tiro angefuhrt, well sie in den Hss. 
319 an liegen uns die letzteren rein vor. Die letzte 40 falschlich dessen Namen tragen, fast eine getreue 

occidentalische Notiz ist hier: 318 his corns, tene- Abschrift der Ch. G. mit nur geringen und un- 

brae fuerunt inter diem hora IX. Denn die Stunde wesentlichen Verkurzungen. Hsl. liegt sie in zwei 

der Sonnenfinsternis passt nur fiir Gallien (Op- Redactionen vor, die eine, durch den Cod. Londin. 

polzer Canon der Finsternisse. Denkschr. der 16974 aus dem 10. Jhdt. erhalten, reicht, wie die 

Wiener Akad. math, naturw. Classe LII); auch Vorlage, bis zum J. 450; die andere, vertreten 

steht sie, wie das fur jene Quelle ja charakte- durch einen Bamberg. E 3, 18 und einen Monac. 

ristisch ist, unter einem falschen Consulat, denn Univ. 9, beide aus dem 11. Jhdt. , enthalt eine 

sie hat erst 319, nicht 318, stattgefunden (Seeck Fortsetzung bis zum J. 452 und ausserdem ein 

627 — 632). Verzeichnis der frankischen Konige. Editio prin- 

4) Claudian kannte wahrscheinlich ein Exem- 50 ceps von Petrus Pithoeus, Paris 1588. 

plar der langeren Redaction, das bis zum Tode 2) Eine andere Redaction war durch Zusatze 

des Theodosius (395) herabreichte (Seeck 616). aus Orosius, Hydatius und der constantinopoli- 

5) Orosius folgte bis zum J. 378 der Chronik tanischen Chronik bereichert und bis auf das 
des Hieronymus; wo diese abbricht, hat er ein J. 511 hinabgefuhrt. Daraus ist ein ganz kurzer 
Kapitel (VII 34) fast ganz aus Notizen der Ch. Auszug unter dem falschen Namen des Severus 
C. zusammengesetzt. Sulpicius in einer Madrider Hs. (Univ. 134) aus 

6) Die Chronik von Ravenna ist bis zum J. 418 dem 13. Jhdt. erhalten. Editio princeps von Flo- 
nur ein Auszug aus der constantinopolitanischen rez Espana sagrada IV, Madrid 1749. Alle Reste 
nnd zwar aus der kiirzeren Redaction. der Chr. G. sind besprochen und herausgegeben 

7) Sokratesbenutzte in seiner Kirchengeschichte 60 von Mommsen Chron. min. I 615. [Seeck.] 
ein Exemplar der Chronik, das bis zum J. 439 Chronica Imperialia s. Chronica Gallica. 
herabreichte (Socr. VII 45, 4 = Marc. 438, 2) und Chronicon Paschale (Krumbacher Byzant. 
sich dadurch auszeichnete , dass den Consulaten Litt.-Gesch. 337ff. van der Hagen Observa- 
auch die Olympiadenjahre beigeschrieben waren, tiones in Heraclii imperatoris methodum paschalem, 
freilich nach einer falschen und von der eusebia- ut et in Maximi monachi computum paschalem, 
nischen abweichenden Rechnung (I 2, 1. 40, 3. nee non in Anonymi chronicon paschale eiusque 
II 47, 5.. IV 38, 7. V 26, 5. VI 23, 7. VII 20, 13. chronotaxin et methodum paschalem, Amsterdam 
48, 8). Ausserdem verzeichnete es seit dem J. 360 1736, von musterhafter Klarheit und fiir das tech- 



2461 



Chronicon Paschale 



Chronicon Paschale 



2462 



nisch Chronologische allein brauchbar. Gelzer 
S. Iulius Africanus II 1381, nur mit grosster Vor- 
sicht zu benutzen) wird jetzt ein chronographisches Phaleg 
Werk des 7. Jhdts. genannt, das nur im Cod. Ragau 
Vatic. 1941 saec. X erhalten ist. Die Hs. hat Seruch 
Anfang und Ende eingebusst, auch in der Mitte Nachor 
ist ein Quaternio ausgefallen, der die Zeit von Thara 
Claudius XIV. bis Nero XIII. umfasste. Nach einer Abraham 
schlechten Abschrift wurde das Buch zuerst von Isaak 
dem Jesuiten Rader unter dem sehr unpassenden 10 Jakob 
Namen Chronicon Alexandrinum , Mtinchen 1615 Levi 
herausgegeben ; die vaticanische Hs. ist erst heran- Kaath 
gezogen in der bis jetzt allein massgebenden Ambram 
Bonner Ausgabe von L. Dindorf 1832, doch ist Moses 
eine genaue Collation der Hs. und eine wissen- 
schaftliche, mit Quellennachweisen versehene Neu- 
bearbeitung ein sehr dringendes Bediirfnis. 

liber die Weltaera der Osterchronik werden 
immer wieder irrige Angaben in Umlauf gesetzt, 
obgleich Ha gen langst nach der vom Chronisten 20 Aod 
angewandten Epactenrechnung und nach den Semegar 
namentlich im Schlussteil sehr haufigen Angaben 
des Wochentages, welche jeden Zweifel iiber die 
Jahreszahl ausschliessen, langst den Beginn der 
Aera auf den 21. Marz 5509 v. Chr. bestimmt 
hat. Sie geht also der sog. constantinopler Aera, 
die im September 5509 v. Chr. anfangt, um ein 
halbes oder bei abgekvtizter Bezeichnung um ein 
ganzes Jahr voraus; z. B. ist das vom 1. Januar 
bis zum 31. December laufende Jahr 1 unserer 30 Jephtha 
Aera nach der Osterchronik = 5509/10, abgekurzt Essebon 
5510, nach der constantinopler Aera = 5509/10, 
abgekurzt 5509. Zur Datierung verwendet der 
Chronist diese Aera ebensowenig, wie es Africanus 
und Eusebius mit den ihrigen gethan haben, sie 
dient vielmehr nur dazu, eine Liste von Patriarchen, 
Bichtern, Konigen und Kaisern zusammenzuhalten, 
deren einzelne Regentenjahre zur Bezifferung der 
Jahre dienen, und zwar ist die Liste praktischer- 



Jahre 

130 
132 
130 

79 
70 
100 
60 
83 
47 
60 
75 
80 
Israel in der Wiiste 40 



Jesus Naue 
Chusarsathom 
Gothoniel 
Eglom 



Fremdherrschaft 

Debora 

Oreb und Zeb 

Gideon 

Abimelech 

Thola 

Jair 

Ammoniter 



Ealon 

Labdon 

Philister 

Samson 

Anarchie 

Eli 

Samuel 

Saul 



weise so eingerichtet, dass immer das letzte Jahr 40 David 
einem Weltjahr gleichgesetzt wird und man die Salomo 
laufenden Jahre der Einzelregierungen nur zu der Roboam 
letzten Summe hinzu zu addieren braucht, um das Abiud 
correspondierende Weltjahr zu erhalten. Das Vor- Asa 
bild der nabonassarischen und philippischen Aera Josaphat 
ist unverkennbar. Da zum Verstandnis nnd rich- Joram 
tigen Gebrauch der Chronik diese Fundamental- Ochozias 
tabelle unentbehrlich ist, setze ich sie, mit der Gotholia 
Umrechnung in iulianische Jahre unserer Zahlung, Joab 
her; ich bemerke gleich hier, dass erst von Con- 50 Amessias 

Ozias 
Joatham 
Achaz 
Chr. Ezekias 
„ Manasses 
„ Amon 
„ Josias 
„ Joachaz 

„ Joachim 

„ 60 Jechonia 
„ Sedekias 



stantin an die Daten historisch richtig sind. 





Jahre 


letztes 
Jahr 




Adam 


230 


230 = 


5280 


Seth 


205 


435 = 


5075 


Enos 


190 


625 = 


4885 


Eainan 


170 


795 = 


4715 


Maleleel 


165 


960 = 


4550 


Jared 


162 


1122 = 


4388 


Enoch 


165 


1287 = 


4223 


Methusala 


187 


1474 = 


4036 


Lamech 


188 


1662 = 


3848 


Noe 


500 


2162 = 


3348 


Sem 


100 


2262 = 


3248 


Arphaxad 


135 


2397 = 


3113 


Kainan 


130 


2527 = 


2983 


Sala 


130 


2657 = 


2853 


Eher 


134 


2791 = 


2719 



27 

8 

32 
18 
56 
24 
20 
40 

7 
40 

3 

23 
22 
18 

6 

7 
10 

8 
40 
20 
40 
40 
20 
20 
40 
40 
17 

3 
44 
25 
10 

1 

6 
40 
29 
52 
16 
16 
29 
55 

2 

31 

Monate 

12 

■ Monate 

11 



letztes 
Jahr 

2921 : 

3053 : 

3183 : 

3262 : 

3332 

3432 

3492 

3575 

3622 

3682 

3757 

3837 

3877 

3904 

3912 

3944 

3962 

4018 

4042 

4062 

4102 

4109 

4149 

4152 

4175 

4197 

4215 

4221 

4228 

4238 

4246 

4286 

4306 

4346 

4386 

4406 

4426 

4466 

4506 

4523 

4526 

4570 

4595 

4605 

4606 

4612 

4652 

4681 

4733 

4749 

4765 

4794 

4849 

4851 

4882 



= 2589 v. Chr. 

= 2457 „ , 

= 2327 , „ 

= 2248 „ „ 

= 2178 „ , 

= 2078 „ , 

= 2018 , „ 

= 1935 „ r 

= 1888 „ ,. 

= 1828 „ „ 

= 1753 „ „ 

= 1673 „ „ 

= 1633 „ „ 

= 1606 „ „ 

= 1598 „ „ 

= 1566 „ „ 

= 1548 , „ 

= 1492 „ „ 

= 1468 „ „ 

= 1448 „ „ 

= 1408 „ „ 

= 1401 , f 

= 1361 „ ,. 

= 1358 ,, ,. 

= 1335 „ „ 

= 1313 „ „ 

= 1295 , , 

= 1289 „ „ 

= 1282 „ , 

= 1272 „ , 

= 1264 „ „ 

= 1224 , „ 

= 1204 , , 

= H64 „ „ 

= H24 „ „ 

= H04 „ „ 

= 1084 „ ,. 

= 1044 „ „ 

= 1004 , „ 

= 987 „ „ 

= 984 „ „ 

= 940 „ ,. 

= 915 „ , 

=905 „ „ 

= 904 „ ,. 

= 898 „ „ 

= 858 „ „ 

= 829 , „ 

= 777 „ „ 

= 761 „ „ 

= 745 „ „ 

= 716 , ,. 

= 661 , , 

= 659 „ „ 

= 628 „ „ 



Nabuchodonosor (23) 
Eueilad Merodach 7 
Baltasar 4 
Dareios der Meder 3 
Dareios Assueru = 
Astyages 13 



4894 =616 „ „ 

4905 =605 „ „ 
Nabuchodonosor XX] 

4908 = 602 v. Chr. 

4915 =595 „ „ 

4919 =591 „ „ 

4922 =588 „ „ 



4935 



575 



2463 



Chronicon Paschale 



Chronicon Paschale 



2464 



Jetzt beginnen die profanen Tabellen: 

t„^«« letztes 
Jahre Jahr 

Kyros 30 4965 = 545 v. Chr. 

Kambyses 8 4973 = 537 „ „ 

Merdios u. Patzates 7 Monate 

Dareios 36 5009 = 501 . . 

Xerxes 28 

Artabanos 7 Monate 

Artaxerxes Makro- 

cheir 41 

Dareios Nothos 19 

Artaxerxes Mnemon 4 

Artaxerxes Oclios 27 (so) 5171 (so) = 339 

Arsisochos 4 5175 = 335 v. Chr. 



5037 = 473 



5078 = 432 
5097 =413 
5137 = 373 



Dareios 6 

Ptolemaios Lagu 40 
„ Philadelphos 38 
„ Euergetes 26 
„ Philopator 17 
„ Epiphanes 24 
„ Philometor 35 
„ Euergetes II. 29 
„ Soter H. 17 
„ Alexander 
„ Potheinos 
„ Auletes 
„ Kleopatra 

Augustus 

Tiberius 

Gaius 

Claudius 

(Nero 



Vespasian 9 J. 11 Mon. 22 T. 5586 



5181 = 329 „ „ 

5221 = 289 „ „ 

5259 = 251 „ „ 

5285 = 225 „ „ 

5302 = 208 „ „ 

5326 = 184 „ „ 

5361 = 149 „ „ 

5390 = 120 „ „ 

5407 = 103 „ „ 

5417 = 93 „ „ 

5425 = 85 „ „ 

5455 = 55 „ B 

5477 = 33 „ , 

5521 = 12 n. Chr. 

5543 = 34 „ „ 

4 (so) 5548 (so) = 39, „ 

14 <5562>= 53 „ „ 

14 5576)= 67 . . 



Arcadius 
Theodosius II. 
Marcianus 
Leon 
Leon II. 
Zenon 
Anastasios 
10 Iustin 

Iustinian 38 
Iustin II. 11 B 
Tiberius 
Mauricius 
Phokas 



J. 



14 
42 

7 
16 

1 
17 
27 

9 

11 Mon. 6075 
8 „ 6087 

4 
20 



letztes 
Jahr 

5917 

5959 
5966 
5982 
5983 
6000 
6027 
6036 : 



6091 
6111 
6119 



408, n. Chr. 

450 „ „ 

457 „ „ 

473 , , 

474 , , 
491 , „ 
518 „ , 
527 „ , 
566 „ „ 
578 „ , 
582 „ „ 
602 „ , 
610 „ , 



10 
8 
30 
22 
44 
22 



Titus 

Domitian 

Nerva 

Traian 

Hadrian 

Pius 

Marcus 

Commodus 

Pertinax 



2 

16 
1 

19 
21 
23 
19 
12 
2 Monate 



Didius Iulianus 7 „ 

Severus 19 
Caracalla 7 

Macrinus 1 

Heliogabal 4 

Alexander 13 
Maximums 3 

Gordian 6 

Philippus 6 

Decius 1 

Gallus 3 

Valerian 14 
Claudius 2 

Aurelian 6 

Probus 6 

Carus, Carinus u. 

Numerianus 3 

Diocletian 20 



77 
5588 = 79 

5604 = 95 

5605 = 96 
5624 = 115 
5645 = 136 
5668 = 159 
5687 = 178 

5699 = 190 

5700 = 191 
5719 = 210 

5726 = 217 

5727 = 218 
5731 = 222 
5744 = 235 
5747 = 238 
5753 = 244 

5759 = 250 

5760 = 251 
5763 = 254 
5777 = 268 
5779 = 270 
5785 = 276 
5791 = 282 

5794 = 285 
5814 = 305 



Constantin 31J. lOMon. 5844 lies 5846 = 337 



Constantius 
Mian 
Iovian 
Valentinian 
Gratian, Valens u. 
Theodosius 16 



24 5870 = 361 n. Chr. 

2 5872 = 363 „ „ 

10 Monate 5873 = 364 „ „ 

14 5887 = 378 „ „ 



5903 = 395 (14. Jan.) 



Zu beachten ist, dass der Jahresanfang des 
21. Marz, der im iibrigen nur fur die biblische 
Chronologie Bedeutung hat, bei Theodosius I. 

20 Todesjahr in Riicksicht gezogen wird; der 14. Jan. 
395 fallt noch in das Weltjahr 5903. Wichtiger 
sind die Incongruenzen in der Perserliste bei 
Ochos und in der Kaiserliste bei Tiberius. Nach 
der Zahl der Eegentenjahre, 27, musste das letzte 
Jahr jenes 5164 = 346 v. Chr. sein, statt dessen 
ist es um 7 erhoht, ohne dass die Zahl der Re- 
gen ten jahre geandert werden diirfte, die augen- 
scheinlich den 26 Jahren der eusebianischen tfber- 
lieferung entspricht. Bei Tiberius lasst sich die 

30 Verschiebung genan verfolgen. Das 15. Jahr 
des Tiberius ist rechnungsmassig = 5521 + 15 = 
5536 = 27 n. Chr.; nach der Osterberechnung 
aber wird es = 5537 = 28 gesetzt , und so geht 
es bei den folgenden Jahren fort. Dem entspricht, 
dass die in den tlberschriften als 18. und 19. ge- 
zahlten Jahre im Text als das 19. [p. 408. 415. 687] 
und 20. [p. 423] genommen werden, und schliesslich 
erscheint die verschmitzt vorbereitete Verschiebung 
in der Liste, indem als letztes Jahr des Tiberius 

40 nicht das angegebene 22. = 5543 = 34 , sondern 
das flngierte 23. = 5544 = 35 in Eechnung ge- 
stellt wird, so dass Gaius letztes Jahr von 5547 
= 38 auf 5548 = 39 riickt. 

Mit den Welt- und Eegentenjahren combiniert 
der Chronist eine fortlaufende Zahlung der Olym- 
piaden und Indictionen: 01. 1, 1 ist = Ozias LI 
= 4732 = 778, also um 21/2 Jahre zu fruh an- 
gesetzt. Die erste Indiction wird auf Caesar I. 
= Kleopatra VI = 5461 = 49 v. Chr. , um ein 

50halbes Jahr zu fruh, berechnet. Die Verschie- 
bung unter Tiberius ist nun aber auf die Olym- 
piaden- und Indictionenrechnung insofern von Ein- 
fluss, als dem interpolierten einen Weltjahr in 
den beiden anderen Eeihen nichts entspricht, und 
dadurch die Olympiaden nur noch I1/2 Jahr den 
wahren voraus sind, die Indictionen als die laufen- 
den genommen werden miissen; richtig fangen 
die thatsachlich mit dem 1. September 312 be- 
ginnenden constantinischen Indictionen, ohne dass 

60 eine Lucke gelassen ware, mit Constantin VIII 
= 5822 = 313 an, 

Endlich wird noch eine Consultafel hinzuge- 
fflgt, die aber in ihrer ersten Halfte so fehlerhaft 
ist, dass der von hinten zuruckzahlende Chronist 
mit dem ersten Consuljahr beiArtaxerxes Makrocheir 
XXXI = 5068 = 442 v. Chr. ankommt. Zur Be- 
stimmung der Jahre ist sie, wie nachdriicklich 
eingescharft werden muss, durchaus unbrauchbar; 



2465 Chronicon Paschale Chronicon Paschale 2466 

erst von 313, dem ersten constantinischen Indie- die Osterfeier stattfanden, blieb eine Eiickwirkung 

tionsjahr, an treffen die Consuldaten fortlaufend der lateinischen ehronologischen Speculationen auf 

mit den Indictionen und Regentenjahren zusam- den Osten nicht aus; die Griechen konnten sich 

men und konnen ohne weiteres umgesetzt werden. der Anfgabe nicht entziehen, die Vollkommenheit 

Die Osterchronik ist, wie alle byzantinischen ihres Cyklus auch dadurch zu beweisen, dass sie 

Machwerke dieser Gattung, ein Conglomerat ver- ihn historisch benutzten. So sind die orientali- 

schiedener Bestandteile. Eine vollstandige Analyse schen Berechnungen der Passion und infolge der 

vermag ich bei dem Mangel guter Vorarbeiten schon erwahnten Parallelisierung der Oster- und 

nicht zu geben und beschranke mich daher dar- der Schopfungswoche , des ,ersten' Monats mit 
auf, das Wesentliche anzudeuten. Auf den ersten 10 dem Anfang der Welt, die Weltaeren entstanden, 

Blick ist zu erkennen, dass ein Paschalwerk mit die wiederum dem Occident fremd geblieben sind. 

einer Chronographie zusammengearbeitet ist; man Die griechischen Osterdaten miissen, da die 

konnte auch sagen, dass ein iiberarbeiteter An- Cyklen der Mondmonate und der Wochentage 

nianos mit einem iiberarbeiteten Panodoros ver- das Product von 19 x 28 = 532 ergeben , nach 

einigt ist. Dem Chronisten selbst ist das Pa- einer Periode von 532 iulianischen Jahren wieder- 

schalwerk, um das sich nach van der Hagen kehren. Als 1. Jahr des 19jahrigen Mondcyklus 
niemand ordentlich bekummert hat, die Haupt- • wurde das 1. Jahr Diocletians gesetzt, das mit 

sache gewesen; sein Verstandnis ist der Schliissel dem 1. Thoth = 29. August 284 beginnt und den 

zu dem Ganzen. Einige orientierende Vorbe- Ostervollmond am 10. Pharmuthi = 5. April hat; 
merkungen sind bei dem schwierigen Gegenstand 20 als 1. Jahr des 28jahrigen Sonnencyklus das 21. 

wohl nicht uberflfissig. = 304/5; die Jahre Diocletians pflegten um der 

Der Chronist folgt, wie sich von selbst ver- bequemeren Bechnung willen durchgezahlt zu wer- 

steht, der sog. alexandrinischen oder griechischen den. Nun traf es sich, dass das 77. Jahr dieser 

Osterberechnung , die auf dem 19jahrigen Mond- Paschalaera = 360/1 n. Chr. das 1. sowohl des 

und 28jahrigen Sonnencyklus beruht und als Haupt- Sonnen- als des Mondcyklus war. Indem man 

regeln festhalt , dass der Ostervollmond = XIV nun sich der trotz Eusebius immer noch hoch 

lunae friihestens auf den 21. Marz , der Oster- angesehenen Berechnung des Africanus anschloss, 

sonntag friihestens auf den XV. , spatestens auf nach welcher bis zur Geburt Christi 51/2 Jahr- 

den XXI. Tag des Mondmonats fallt. Die Rech- tausende verstrichen waren, setzte man dies Jahr 
nung will einerseits eine richtige Bestimmung des 30 360/1 n. Chr. = dem ersten Jahr der 12. Oster- 

alttestamentlichen ,ersten' Monats, spater Nisan periode von 532 Jahren = 5853 der Welt. So 

genannt, an dessen XIV. Tage das Passah ge- entstand die alexandrinische, vom 1. Thoth 5493 

feiert werden soil, verbiirgen, andererseits ein Zu- v. Chr. ab laufende Weltaera. Perner unternahm 

sammentreffen des christlichen mit dem ,gesetz- es der Monch Annianos (Sync. p. 62ff.) eine Oster- 

lichen' Passah vermeiden, sah aber urspriinglich tafel der 532jahrigen Periode auszuarbeiten, in 

von einer Berechnung des historischen ersten der die wichtigsten Daten der evangelischen Ge- 

christlichen Passah, d. h. der Passion Christi, schichte angemerkt waren; es brauchte dann nur 

vOllig ab. Dagegen pflegen die lateinischen Oster- die laufende Ziffer der 532jahrigen Periode zu 

cyklen hiervon auszugehen, und sich damit nicht 5320 addiert zu werden, um jedesmal das Datum 
einmal zufrieden zu geben; schon Hippolyt hat 40 in Weltjahren ausdriicken zu konnen. Die Haupt- 

die Passahs des Alten Testaments mit Httlfe seines daten , von Maximus dem Bekenner (comp. eccl. 

112jahrigen Cyklus berechnet und wahrscheinlich 132 p. 335 Petav.) und Georgios dem Synkellos 

auch schon die Oster- mit der Schopfungswoche iiberliefert, aber mit Gewissheit auf Annianos zu- 

parallelisiert. Bei den lebhaften Debatten, die riickgehend, sind folgende: 
im 4. Jhdt. zwischen Alexandrien und Rom fiber 

PeriodeBjahr Weltjahr 

181 5501 = 9 n. Chr. 29. Phamenoth = 25. Marz, Montag, Empfangnis Christi. 

181 5501 = 9 „ s 30. Payni = 24. Juni, Montag, Geburt Johannes d. T. 

182 5502 = 9 „ „ 29. Choiak = 25. December, Mittwoch, Geburt Christi. 
212 5532 = 40 „ „ 11. Tybi = 7. Januar (die Verschiebung vom 6. auf den 7. 

ist notig, da 38/9 ein alexandrinisches Schalt- 
jahr ist), Donnerstag, Taufe Christi. 
214 5534 = 42 „ „ 27. Phamenoth = 23. Marz, Freitag, XV lunae, Passion. 

Dass diese Rechnung schon am Ende des XVI lunae forderten, von dem Gedanken aus- 

4. Jhdts. recipiert war, zeigt die Einleitung des gehend, dass Christus nach dem Evangelium Jo- 

alexandrinischen Bischofs Theophilos zu seinem hannis an der XIV lunae, dem jiidischen Passah- 

lOOjahrigen Ostercyklus (380—479), nach der tag, gekreuzigt war. 

Christus am Donnerstag XIV lunae das gesetz- Die historische Verkehrtheit dieser frommen 
liche Passah mit den Juden feierte und am Frei- 60 Chronologie bedarf keines Wortes; man kann im 

tag XVlunae gekreuzigt wurde (Krusch Stud. Synkellos noch nachrechnen, wie die Kaiserliste 

z. mittelalterl. Chronol. 225. 226); dieselbe Chro- durch diesen methodischen Unsinn verwflstet ist. 

nologie wird auch von dem Bischof Proterius von Aber man versuche nur einmal ein Passionsdatum 

, Alexandrien in dem Brief, den er 454 an Papst -— denn das ist fur alle das Fundament — zu 

Leo schrieb (a. a. O. 271) vertreten. Die Spe- fmden, das zugleich auf einen Freitag, einen Tag 

culation war nicht unwichtig, da die Lateiner die nach dem jiidischen Passah und ungefahr auf 

XVlunae als Mondalter des Ostersonntags nicht 30 Jahre nach 5500 alexandrinischer Aera fallt 

anerkannten, sondern als geringstes Mondalter die und den Marz, ja sogar den Phamenoth, nicht 

Pauly-Wissowa III 78 



2467 Chronicon Paschale Chronicon Paschale 2468 

iiberschreitet, nm zu begreifen, wie Annianos zu lemik erklart sich daraus, dass mit der Hinauf- 

seinen Daten kam; was konnte der fromme MOnch schiebung der alexandrinischen Aera auch die 

dafur, dass die recipierte Chronologie der heid- Daten der GescHchte Jesu sich andern mussten; 

nischen Kaiser so unheilig war? Zu beachten man suchte ebenfalls mOglichst nahe an 5501 

ist iibrigens, dass Annianos noch der Berechnung und 5534 zu bleiben , musste aber auch auf den 

des Africanus folgt, nach der zwischen Taufe und verschobenen Mondcyklus Encksicht nehmen. Der 

Passion Christi drei Passahfeste liegen (vgl. Ab- Vorteil, der sich daraus ergab, dass die in ihrem 

handlg. d. Gott. Ges. d. Wiss. XL 27ff.). Hier Wert zurfickgeschobenen Jahreszahlen besser mit 

siegte spater namlich die Rechnung des Eusebius, der profanen Chronologie stimmten, wurde reich- 
der vier Passahfeste zahlte, und der heilige Ma- 10 lich dadurch aufgewogen, dass sich keine passende 

ximus ist dadurch in arge Verlegenheit gekom- auf den Freitag fallende XV lunae auftreiben 

men, er muss Christi Taufe um ein Jahr zuriick- liess, wovon jeder, der das leichte Experiment 

schieben, um die vier Passahfeste herauszubekom- nachmacht , sich selbst iiberzeugen kann. Es 

men, und doch auf demselben Jahr festhalten, um blieb nur tibrig die Passion auf das 219. Jahr 

die durch Lucas 3, 23 bezeugte Differenz von der constantinopler Osterperiode zu setzen = 5539 

30 Jahren zwischen Taufe und Geburt nicht ein- constant. = 31 n. Chr. In diesem Jahr riel der 

zubtissen, und weiss sich nicht anders zu helfen, * Ostervollmond nach griechiseher Rechnung auf 

als dass er das Jahr 5532 verschieden wertet, wie Sonnabend den 24. Marz. Freitag der 23. Marz 

van der Hag en vortrefflich nachgewiesen hat. war dasselbe Datum wie das alexandrinische, die 
Endlich erwahne ich noch, dass Annianos, wie 20 Jahreszahl unvergleichlich bequemer, nur das 

der Synkellos Georgios, als ersten Tag der Welt Mondalter musste corrigiert werden. Das geschah 

Sonntag den 29. Phamenoth = 25. Marz ansetzte, durch eine eigentiimliche, nur fur pseudohistorische 

so dass SchOpfung und Auferstehung auf den oder polemische Zwecke, nie fiir die wirkliche 

gleichen Sonntag fallen. Bestimmung des Pestes selbst angewandte Rech- 

Die alexandrinische Aera bot den Vorteil, dass nung mit 1/60 Tagen (vgl. Chron. Pasch. 414), 
aus jeder Jahreszahl durch Division mit 19 oder deren innere Construction sich in Kiirze nicht 
28 oder 532 das Jahr des Mond- und Sonnencyklus darlegen lasst; ich muss mich hier begniigen, 
und der Osterperiode sofort bestimmt werden zweierlei als wichtig und gesichert hervorzuheben, 
konnte; dagegen war sie auf die 15jahrigen, von erstens, dass diese Rechnung nur verstandlich ist 
312/3 laufenden Indictionsperioden nicht einge- 30 bei den 84jahrigen lateinischen Cyklen, zweitens, 
richtet. Diesem Mangel half diejenige Aera ab, dass sie von dem System der nevd'mtXovvxsg und 
welche den Weltanfang der alexandrinischen um i^ouikovvrse , gegen welche der heilige Maximus 
16 Jahre zuriickschob, auf den 1. September 5509 polemisiert (comp. eccl. I 16 p. 324 Petav.), nicht 
v. Chr. Man nennt sie gewohnlich die constan- zu trennen ist; wenn nun diese einerseits nach 
tinopler, und es ist nicht ratsam, diese conven- lateinischer Art vom Mondalter des 1. Januar 
tionelle Bezeichnung umzupragen; aber verschwei- ausgehen, andererseits den Mondcyklus der con- 
gen will ich nicht, dass ich ihren Ursprung nicht stantinopler Aera befolgen, so ist der Zusammen- 
in Neurom, sondern in der alteren Rivalin Ale- hang klar. Nun liess sich aber wohl die XIII 
xandriens, in Antiochia suche; denn es ist schwer- lunae in die XIV, aber nicht so einfach in die 
lich Zufall, dass das erste Jahr der caesarischen 40 X V corrigieren , und daher erklart sich der ge- 
Indictionen = 49/8 v. Chr. = 1 der antiochenischen waltige Eifer zu beweisen, dass der Kreuzigungs- 
Aera ist. Natiirlich andert sich zugleich die tag der 14. und nicht der 15. Nisan gewesen sei. 
Zahlung — nicht die Construction — der Cyklen In das Excerpt, das die Osterchronik aus dem 
und der Osterperiode: das 1. Jahr des constanti- Prolog des Theophilos mitteilt, wird denn auch 
nopler Sonnencyklus ist = dem 13. des alexan- einfach diese Berechnungsweise hineininterpoliert, 
drinischen, des 1. des Mondcyklus = dem 4. des ein charakteristisches Zeichen fiir die Art derMit- 
alexandrinischen, das 1. der Osterperiode = dem tel, mit denen diese monchische Polemik arbeitete. 
517. alexandrinischen. Da nun Dionysius Exiguus Die constantinopler Aera war zwar auf dem 
in seiner 525 herausgegebenen Ostertafel diesen Jahresanfang des Indictionsjahres , dem 1. Sep- 
nach der constantinopler Aera modificierten Mond- 50 tember, aufgebaut, hat aber sicher ebenso wie 
cyklus schon kennt, muss sie damals schon exi- die alexandrinische, wenn sie auf die biblische 
stiert haben; dass sie erst viel spater zar Datie- Chronologie angewandt wurde, einen SchOpfungs- 
rung verwandt wird, beweist nichts dagegen, da tag gehabt. Das konnte der 25. Marz nicht sein, 
keine dieser Aeren urspriinglich zur Datierung da dieser 5508 v. Chr. nicht auf einen Sonntag 
bestimmt war. fiel, sondern nur der 24. oder vielmehr der 17. 

Aus der constantinopler Aera ist, wie schon Im ersten Jahr des constantinopler Mondcyklus 

van der Hagen gesehen hat, die der Oster- namlich fallt der Osterneumond auf den 20. Marz 

chronik abgeleitet. Sie ist lediglich fiir das und, wenn dies Jahr zugleich das erste der Oster- 

Paschalwerk bestimmt und auf die chronogra- periode ist, auf den 4. Wochentag, an dem Sonne 
phische Tabelle nur iibertragen. Dies Paschal- 60 und Mond erschaffen wurde. So wurde der Aus- 

werk ist nun freilich nicht leicht verstandlich, gangspunkt des constantinopler Mondcyklus zu- 

da erstens der Anfang fehlt und zweitens ein gleich der Anfangstag der Weltaera, die ja ganz 

Abschreiber wichtige Partien gestrichen hat. Am logisch nicht alter als Sonne und Mond sein 

Anfang des Vorhandenen stent eine breite, mit konnte. 

vorzflglichen und sehr wertvollen Citaten ausge- Um nunmehr zur Osterchronik zuriickzukehren, 

stattete Polemik gegen den alexandrinischen An- so folgt in ihr auf den Beweis, dass Christus an 

satz des Passionstages auf die XV lunae,; es sei der XIV lunae. gekreuzigt sei, eine ErSrterung 

vielmehr die XIV lunae anzunehmen. Diese Po- iiber die 532jahrige Osterperiode. Hier werden 



2469 Chronicon Paschale Chronicon Paschale 2470 

erwahnt erstens eine 95jahrige Ostertafel, von nist hat also zunachst nichts anderes gethan, als 

der die ,Einfaltigen' glaubten, dass sie alle Oster- die constantinopler Aera mit allem, was drum 

feste umfasse — das ist augenscheinlich die des und dran hing, um ein Jahr hinaufgeschoben, 

Kyrillos von Alexandrien, welche die griechischen und es ist 

Osterfeste vom 153. — 247. Jahre Diocletians = das 1. Jahr des Sonnencyklus im Chron. Pasch. = 

437—531 n . Chr. berechnet , und zweitens eine 28 const. = 12 alex. 

532jahrige, welche darin das Eichtige verfehle, , 1. „ „ Mondcyklus im Chron. Pasch. = 

dass sie die Ostervollmonde nach einem anderen 19 const. = 3 alex. 

19jahrigen Cyklus als dem alexandrinischen be- „ 1. „ der Osterperiode im Chron. Pasch. = 

rechne. Der 457 abgefasste Gursus pasehalis des 10 532 const. = 516 alex. 

Victorius, der die alexandrinische Berechnung mit Aber in der auf den Cyklen basierten heiligen 

den Principien der lateinischen Osterfeier auszu- Chronologiehat jede solche Anderung unangenehme 

gleichen suchte, ist ebenfalls unverkennbar. An Folgen. Schon bei der Berechnung des ersten 

dritter Stelle erscheint eine Ostertafel der 532- Passah im Alten Testament tritt das hervor (p. 139). 

jahrigen Periode, die zwar die Osterfeste cano- Der Osterchronist setzt es in Moses 81. Jahr = 

nisch richtig nach dem unverfalschten 19jahrigen 114. Jahr der Osterperiode = 3838 = 1672 v. Chr. 

Cyklus angabe, aber die Weltjahre und die Jahre und berechnet es auf Sonntag den 13. April XIV 

der Fleischwerdung falsch berechne und die kirch- lunae. Die Berechnung passt nach Ferie und 

lichen Festtage der Empfangnis, der Geburt, der Mondalter nur auf das folgende Jahr, das 115. 
Vorstellung im Tempel und der Geburt Johannes 20 der Osterperiode = 3839 = 1671 v. Chr. Die 

des Taufers fur falsch bestimmt erklare (p. 21f., Zahl 3838 ist durch die biblische Chronologie ge- 

vgl. p. 417). Dies ist offenbar das von dem geben; also ist sie fur diese Passahberechnung 

Osterchronisten iiberarbeitete Paschalwerk , das nur verwertbar, wenn sie nach constantinopler 

soviel wie irgend mOglich reconstruiert werden Aera gewertet wird; denn dann bedeutet sie das 

muss. 114. Jahr der constantinopler Osterperiode = 1671 

Der Osterchronist kiindigt nun eine genaue v. Chr. = 115 der Osterperiode des Chron. Pasch. 

ErOrterung des 28 jahrigen Sonnen- und 19jahrigen Warum hat nun aber der Osterchronist das Passah 

Mondcyklus an, sowie der Methoden, die Wochen- von 3838 = 1672 v. Chr. nicht richtig berechnet 

tage und Mondalter nach diesen Cyklen zu be- (14. Nisan = Montag den 25. Marz)? Weil er 
rechnen. Aber diese ErOrterung selbst fehlt und 30 die wunderbare Coincidenz, dass das erste jiidi- 

wird durch die xqo%oI, welche die Hs. jetzt bietet, sche Passah auf den christlichen Sonntag fiel, 

nicht ersetzt ; denn diese geben nicht den Sonnen- nicht zerstOren wollte. Da das aber nur heraus- 

und Mondzirkel, dem der Osterchronist folgt, son- kommt, wenn 3838 constantinopolitanisch gerechnet 

dem die gewOhnlichen der constantinopler Aera. wird, so folgt daraus, dass der Osterchronist ein 

Hier hat offenbar ein chronologisch geschulter auf constantinopler Aera basiertes Hao%ahov um- 

Abschreiber die ihm irregular scheinenden Be- gearbeitet, besser gesagt verballhornt hat, welches 

rechnungen gestrichen und jene xqoxoI dafiir ein- die historisch wichtigen Opferdaten der 532 jahrigen 

geschoben. Periode hervorhob, in derselben Weise, wie es 

Der Verlust ist nun allerdings zu ersetzen, Hippolyt und Annianos gethan hatten; ja man 
indem sich arts den nicht seltenen und umstand- 40 kann weiter gehen und vermuten, dass dieses ITa- 

lich ausgefflhrten Epactenrechnungen der Sonnen- o%aXiov, die Vorlage des Osterchronisten, den aus- 

vmd Mondcyklus des Osterchronisten reconstruieren gesprochenen Zweck verfolgte, das alexandrinische 

lasst; van der Hagen hat das in musterhafter des Annianos auf constantinopler Aera umzuar- 

Weise gethan. Nach dem Osterchronisten ist der beiten. 

Anfangstag der SchOpfungswoche Sonntag der Zum 35. Jahre Iustinians = 6071 = 562 n. Chr. 

18. Marz 5509 v. Chr., am Mittwoch dem 21. sind behauptet der Osterchronist, dass es das letzte 

die beiden Lichter (<p<oaxfJQe<;) an den Himmel der mit dem Passionsjahr anfangenden 532jah- 

gesetzt. Dass diese Aera aus der constantinopler rigen Periode sei. Das ist richtig ; fur die con- 

abgeleitet ist, zeigt der Mondcyklus. Denn der stantinopler Aera wie fiir die der Osterchronik 
21. Marz des ersten Jahres ist weder ein Neu- 50 ist 31 n. Chr. = 5540 Chron. Pasch. = 5539 const, 

mond noch ein Vollmond, vielmehr fallt der Oster- das einzig mflgliche Passionsdatum. Im folgen- 

neumond, da das Jahr das dritte des alexandri- den aber wird eine seltsam schwankende Eech- 

nischen Cyklus sein muss, auf den 31. Marz, und nung aufgestellt. Die Etappen der Zahlung sind 

dieser oder vielmehr der aus rechnerischen Grtinden Philippus V = 5758 Chron. Pasch. = 5757 const. = 

vorgezogene des 1. Marz liegt der Berechnung 249 n. Chr. = 219. Jahr der mit der Passion 

der Mondepacten beim Osterchronisten zu Grunde, beginnenden 532jahrigen Periode, 

nicht, wie es auf den ersten Blick scheint, der Constantin VIII = 5822 Chron. Pasch. = 5821 

21. Marz; denn die wunderlichen zwanzig Zusatz- const. = 313 n. Chr. = 219 + 64 = 

tage, die bei jeder Rechnung addiert werden, die 283. Jahr. 

13 7iqo x&r cpwoxrjQcor und die 7 jigoaiXtjvoi, 60 Nun wird aber Philippus V = Deeio et Oratiano 

sollen nur das Datum des Epactentages vom 20. eoss. gerechnet ; das ist in Wirklichkeit allerdings 

Marz auf den letzten Februar zuriickschieben. das J. 250 n. Chr., nach den Fasten des Chron. 

Ferner bezeichnet der Chronist selbst das erste Pasch. aber 248 = Philippus IV. Constantin VIII 

Jahr seines Cyklus als das 1. xaxa #«W , das soil ferner sein = Volusiano et Anniano eoss. 

folgende = dem ersten des constantinopler als = 314 n. Chr. in Wirklichkeit wie nach dem 

das 1. xaxa (pvoiv, um so die Unvollkommenheit Chron. Pasch.; ferner = In diction I, was nur auf 

des von ihm erfundenen Weltanfangs zugleich ein- 313 n. Chr. passt. Ganz abgesehen von diesen 

zugestehen und zu verschleiern. Der Osterchro- Schwankungen sind auch die Etappen der Zah- 



2471 Chronicon Paschale Chronicon Paschale 2472 

lung selbst ganz ratselhaft. Folgende Erwagung wertet, und hier steckt, wie schon vanderHagen 

klart auf. Das Passionsjahr 31 = 5539 constant. erkannt hat, der Grand fur die einjahrige Ver- 

ist das 219. Jahr der auf constantinopler Aera schiebung der Weltjahre im Verhaltnis zu den 

basierenden Osterperiode ; ebenso ist 249 n. Chr. Indictionen und Olympiaden , die oben erflrtert 

das 219. Jahr nach der Passion. 313 ist ge- wurde. Viel schwieriger ist die Bestimmung der 

nommen als erstes Indictionsjahr. Diese urspriing- Empfangnis Johannis des Taufers. Sie muss auf 

lichen Daten sind nun urn ein Jahr hinunterge- den 24. September (= 7. jiidischen Monat) 5506 

schoben, weil nach der Osterperiode des Chron. [4. v. Chr.] fallen, ist aber in der seltsamsten 

Pasch. 31 n. Chr. das 220. Jahr ist; dass diese Weise p. 368ff. berechnet. Denn erstens sollen 
Verschiebung aber secundar ist, beweist das erste 10 die jtidischen Monate als Mondmonate gefasst 

Indictionsjahr 313. Preilich ist die Eechnung werden, und wird trotzdem der 1. des 7. Monats 

weiter noch dadurch verwirrt, dass versucht wurde, ohne weiteres dem 1. September gleichgesetzt, 

das 219. statt des 220. Jahres wieder hineinzu- zweitens ist die Mondrechnung, die p. 368 steht, 

bringen ; so kommt das falsche Consulat = 248 ein unsinniges Phantasiestiick. Hier liegt augen- 

n. Chr. heraus und die Differenz von 65 zwischen scheinlich eine gewaltsame Verschiebung vor. Setzt 

diesem und dem ersten Indictionsjahr. Diese Ver- man jene Mondrechnung durch richtige Deutung 

balmornung fallt einem Schreiber, jene dem Oster- der einzelnen Posten, ohne eine Zahl zu veran- 

chronisten selbst zur Last; wiederum zeigt sich, dern, in eine correcte Epactenrechnung um, so 

wie ein alteres, klar und richtig berechnetes Pa- ergiebt sich , dass die Empfangnis Johannis ur- 
schalwerk verdorben worden ist. Was hat denn 20 sprunglich auf den 24. September lunae XXIV 

nun aber den Osterchronisten bewogen, das altere bestimmt war ; der Beweis ist im einzelnen zu 

IIao%6Xiov schlecht umzurechnen? Schon die Be- umstandlich, um hier vorgelegt zu werden, aber 

trachtung, dass das Schopfungsdatum des 18. Marz mathematisch sicher zu fuhren. Das Mondalter 

von dem alexandrinischen des 25. genau durch des 24. September passt aber nur auf 5505 

eine Woche getrennt ist, kann auf die richtige const. = 5505 Chron. Pasch. = 5 v. Chr. Der 

Spur bringen. Das Paschalwerk des Osterchro- Osterchronist hat also die in seiner Vorlage ge- 

nisten will so viel wie moglich das von Annianos gebenen Daten um ein Jahr hinuntergeschoben ; 

geschaffene Verhaltnis zwischen den Schopfungs- sie lauteten ursprunglich, in constantinopler Aera 

und Festdaten zu den Wochentagen auf die con- ausgedruckt: 
stantinopler Aera ubertragen, und dies ist der 30 Perioden- Welt- 

eigentliche Grand der Verschiebung, die dem Er- Jahr J ahr 

finder selbst am meisten Unbequemlichkeiten ver- 185 5505 [5 v. Chr.] 24. September, lunae 

ursacht hat. Die Daten der Geschichte Christi XXIV, Sonntag, Empfangnis 

zeigen das mit sprechendster Deutlichkeit. Der Johannis d. T. 

Osterchronist setzt sie so an: 185 5505 [4 v. Chr.] 25. Marz, Sonntag, 

jahr der WoU . Empfangnis Christi. 

532j a hrigen ™S» 185 5505 [4 v. Chr.] 24. Juni, Sonntag, 

Periode Geburt Johannis. 

187 5507 [3 v. Chr.] 25. Marz, Montag, 186 5506 [4 v. Chr.] 25. December, Diens- 

Empfangnis Christi. 40 tag, Geburt Christi. 

187 5507 [3 v. Chr.] 24. Juni, Montag, 216 5536 [28 n. Chr.] 6. Januar, Dienstag, 

Geburt Johannis d. T. Taufe Christi. 

187 5507 [3 v. Chr.] 25. December, Mitt- 219 5539 [31 n. Chr.] 23. Marz, lunae XIV 

woch, Geburt Christi. (j n Wahrheit XIII) , Preitag, 

220 5540 [31 n. Chr.] 23. Marz, Preitag, Passion. 

Passion. Hi er heto sich die Schwierigkeit des Taufjahres 
Man sieht, die Wochentage sind genau die gleichen sofort , es liegt 30 Jahre vom Geburtsjahr und 
wie in der alexandrinischen Berechnung. Anderer- drei Jahre vom Todesjahr ab , so dass die euse- 
seits lasst sich beweisen, dass diese Ansatze erst bianische Ansetzung von vier Passahfesten zwi- 
durch nicht immer vollstandig gelungene Correctur 50schen Taufe und Tod diesem Bechner keine Un- 
einer Vorlage entstanden sind. Schwierigkeiten gelegenheiten macht, wohl aber dem Osterchro- 
macht zunachst das Datum der Taufe. Sie wird nisten, der die vom 25. December abhangigen 
(p. 394f.) auf Donnerstag den 6. Januar gesetzt. Daten um ein Jahr hinunterschob und doch das 
Dies passt nur auf das J. 5537 = 29 n. Chr. ; vom Mondalter abhangige Passionsjahr beibehalten 
der Jahresanfang am 21. Marz muss hier beriick- musste. Wenn er freilich p. 417 triumphierend 
sicbtigt werden. Dies Jahr ist auch notwendig, versichert oi 8s xata taw soqt&v rijg ayias rov 
damit Christus bei der Taufe voile 30 Jahr alt $eov xa&ohxijs xal tbiooroXixfjg ixxXnoi'as ygdymi 
ist. Aber als erstes Passah Christi, das nach ToX/ir/oavtsg rsaoaQas irtavrovg oXsxkrjgovg xal 
der Taufe fallen muss, wird das vom Sonnabend rjfiegag xwag xrjQviai rov xvqiov to evayyeiiov axs- 
27. Marz gerechnet ; dies passt nach Wochentag 60 yrjvavto ivavtioijxsvoi ta>i (kfievti Ssoq?6g(oi xal 
und Mondalter nur auf das den 21. Marz 28 n. Chr. [idQtvQi xal taig aylaig yga<paTg, so ist das eine 
beginnende Weltjahr 5537, so dass die Taufe 5536 ebenfalls firr die Vornehmheit mSnchischer Pole- 
fallen musste. Thatsachlich wird dies auch vom mik charakteristische freche Luge. 
Osterchronisten angegeben, es ist auch nicht zu Ein Blick auf die drei verschiedenen Bech- 
vergessen, dass nach seiner Fundamentaltabelle nungen, die des Annianos, des Osterchronisten 
5536 = dem fur das Taufjahr notwendigen 15. und seiner reconstruierten Vorlage genflgt, um 
Jahr des Tiberius (vgl. Evang. Luc. 3, 1) ist. erkennen zu lassen, dass der Osterchronist sich 
Das Taufjahr ist also, wie bei Maximus, doppelt ge- bemuht, die gleichen Wochentage wie die Ale- 



2473 Chronicon Paschale Chronicon Paschale 2474 

xandriner fur die mit Christi Geburt zusammen- tafel selbst ist von den spateren Schreibern ebenso 

hangenden Feste zu erzielen, mid, wenn er seinem gestrichen wie die Auseinandersetzung fiber die 

Vorganger vorwirft, dass er sich an den katholi- Cyklen, aber die Schlussbemerkung mit ihrem 

schen Festen vergriffen hatte, im Grunde nichts fur den Redactor charakteristischen Schwanken 

anderes meint als die Wochentage jener alexan- zwischen seiner eigenen und der constantinopler 

drinischenPseudochronologie; auf den gefahrlichen Aera ist stehen geblieben und oben schon erOrtert. 

Gedanken, die Monatsdaten fur falsch zu erklaren, Da nun ferner eben dieser Mann schon mit seinem 

konnte in damaliger Zeit kein Mensch verfallen. Paschalwerk eine Chronographie verbunden hatte 

Die Entwicklung ist also so vor sich gegangen : — die letzte Fortsetzung setzt beides voraus — , 
das Paschalwerk des Annianos ist in ganz ver- 10 so ergiebt sich mit grOsster Wahrscheinlichkeit, 

standiger Weise auf die constantinopler Aera um- dass sein Werk mit dem Jahr XXXV Iustinians 

gearbeitet, zugleich ist dabei die eusebianische = 6071 = 562 n. Chr. schloss; wenn das 5. oeku- 

Chronologie der 3 1/4 Jahre von der Taufe zur menische Concil von Gonstantinopel erst vor zehn 

Passion an Stelle der nur 2 1/4 Jahre zahlenden Jahren, 552 n. Chr., stattgefunden hatte, begreift 

des Africanus gesetzt. Diese Umrechnung ver- man, dass seine Beschlusse in solcher Vollstandig- 

anderte aber die durch Parallelisierung mit den keit aufgenommen sind. Ob die wenigen histo- 

Schopfungstagen symbolisierten Wochentage und rischen Notizen, die sich zu den Jahren von 563 

wurde von dem Oster chronisten so corrigiert, dass — 602 finden , dem letzten Portsetzer angehoren 

die alexandrinischen Wochentage wieder heraus- oder einem friiheren Leser, der an die eigentliche 
kamen, sein Hauptmittel war die Verschiebung 20 Osterchronik ein paar Bemerkungen anhing, ist 

der Aera um ein Jahr. Den Hauptzweck erreichte eine ziemlich gleichgiiltige Prage. Dagegen ware 

er zwar — auch der 27. Thoth = 24. September es wichtig zu wissen , wann das altere Paschal- 

5501 alexandr. [811. Chr.] fallt auf einenMontag — werk abgefasst ist. Diesem Osterrechner sind 

vollstandig; aber dafiir ging ihm die fein fiber- die wichtigen und vortreff lichen Excerpte aus 

legte Berechnung der Empfangnis Johannis und Petrus von Alexandrien, Athanasius, Apollinaris 

die richtige Differenz zwischen Tauf- und Geburts- von Hierapolis , Clemens und Hippolyt zu ver- 

jahr verloren, und um dieses Loch zu stopfen, danken; von ihm diirfte ferner die Polemik gegen 

musste er zu chronologischen Pinten greifen. die Cyklen des Cyrill und Victorius herruhren, die 

Es erhebt sich nun die Prage, wann die beiden im Orient wenigstens im 5. Jhdt. actueller war als 
Paschalwerke , das urspriingliche und seine ver- 30 im 6. Ausserdem hangt dies Paschalwerk mit der 
schlechterte Auflage, abgefasst sind; aus ihrer constantinopler Aera zusammen, die nach den obigen 
LOsung ergiebt sich die Zerlegung des ganzen ErOrterungen sicher vor 525 entstanden ist. Da 
Buches von selbst. Denn das Paschalwerk, ist nun der Redactor von 562 nicht nur die Welt- 
nun einmal den Byzantinern ebenso wichtig ge- jahre, sondern auch fur die Zeit vor Tiberius XV 
wesen, wie es uns gleichgultig ist, und jede die Olympiaden und Indictionen verschoben hat, 
Analyse, die diesen Mittelpunkt ignoriert, tappt so hat er sie wahrscheinlich schon vorgefunden; 
von vornherein im Dunkeln. die Verbindung von Ostertafel und Chronographie 

Die letzte Epactenrechnung steht p. 710, zum reicht also bis zu dieser ersten Uberarbeitung des 

6. Jahr des Heraclius = 6125 == 616 n. Chr. Sie Haoi&kiw des Annianos hinauf. An diese Com- 
ist incorrect und riihrt nicht von dem Bearbeiter 40 bination aber schliesst sich eine andere natur- 

des Paschalwerkes her, wie die Schlussbemerkung gemass an. Das Ch. P. enthalt eine Consulliste, 

p. 711 deutlich verrat: ovvdidei 8s xavxa xal xd die bis 395 aus gleicher Quelle schOpft wie die 

nQoxaxxofieva itaga xa>v a&oXoycov avdQwv sv xfji Fasten des Hydatius (vgl. Mommsen Chron. 

xmv (pmaxriQcov yjrjqxxpoQtai : die Rechnung nach min. I 203f. Prick Byzant. Ztschr. I 283ff.). 

den ,Lichtern' ist die Epactenrechnung vom 21. Das Original enthalt kurze chronikartige Notizen, 

Marz ab, die die constantinopler Aera um ein die, am Anfang sehr dttrftig, von Diocletian an 

Jahr hinaufschiebt. Offenbar ist dieser Passus reichlicher werden und fur die constantinische 

von dem Portsetzer des chronographischen Teils Zeit sehr wichtig sind. Wahrend nun die Fasten 

geschrieben, der die genauen Berichte fiber die des Hydatius von 395 an aus occidentalischen 
Zeit von Mauricius XX an = 6111 = 602 n. Chr. 50 Quellen stammen, lauft im Ch. P. die orien- 

verfasst hat ; ihm kommt auch die Uberschrift talische Pastenchronik weiter, bis sie unter Leon 

zu p.^ 32 imxofir/ xQovmv z&v and 'Abaft, xov tiqki- dfirftiger wird und mit Anastasios XVI = 60] 6 

xoxXdoxov av&Qcbjiov i'a>e x I'xovs xfjg ftaodeiag = 507 n. Chr. aufhflrt. Hier reisst namlich 

'HQaxXslov xov svasfSeaxdxov xal [isxa. iviaxelav die Liste ab und wird erst mit 518 n. Chr. 

exovg j$ xal Tv] sxovg xfjg fiaodelag 'HgaxXeiov wieder aufgenommen, wahrend die Regenten- und 

vsov Kcovaxavxlvov xov airov vlov ivbixxiwvog f Weltjahre richtig gezahlt sind. Man darf dein- 

(630 n. Chr. = 6129). Dieser Chronist, dessen nach mit einiger Wahrscheinlichkeit das altere 

Arbeit das historisch wertvollste Stuck des ganzen Paschalwerk mit der dazu gehongen Chronogra- 

Werkes ist, hat also mit dem Paschalwerk und phie dem J. 507 n. Chr. zuweisen; der Bearbeiter 
der damit verbundenen Chronographie nichts zu 60 hat bei der Fortsetzung der Fasten die 10 Con- 

schaffen, sondern nur seine Annalen an das ihm "sulate von 508—517 ausgelassen. Wie die con- 

fertig vorliegende Werk angehangt. stantinopler Aera selbst, so diirfte auch dies Pa- 

Der eigentliche Osterchronist, d. h. der Re- schalwerk antiochenischen Ursprungs sein, wo- 

dactor des alteren , auf der constantinopler Aera mit natiirlich fiber die Herkunft der Pastenchronik 

aufgebauten Paschalwerkes, verspricht eine Oster- nichts gesagt ist. Durch diese Analyse ist auch 

tafel der 532 Feste zu geben, deren erstes das bestimmt, wer die grossen Excerpte aus Malalas 

Passah der Kreuzigung gewesen sei (p. 25), also eingefugt hat ; da sie fiber 507 hinausgehen , ist 

von 5540—6071 = 31—562 n. Chr. Die Oster- es der eigentliche Osterchronist, der Bearbeiter 



2475 Chronicon Paschale Chronicon Paschale 2476 

des alteren Paschalwerks, gewesen. Dagegen hat fallenden Coincidenzen, trotz aller kleinen Modi- 

er das 18. Buch des Oxforder Malalas nicht gekannt, fieationen und Divergenzen, zu sehen. Vom Jahr 

sondem eine diesem allerdings nahe stehende, des Chusarsathom an stimmen die Weltjahre bis 

after ausfiihrlichere Parallelrecension ; das einzelne auf eine Differenz von drei Jahren fast durchweg 

lasst sich nur im Zusammenhang mit der ganzen iiberein, von Josaphat, dem KOnig von Juda, an 

Malalasfrage erOrtern. vollstandig, bis bei den letzten KOnigen wegen 

Ausser herrenlosen Kleinigkeiten und allerlei der verschiedenen Berechnungen des 70jahrigen 

erbaulichem Geschreibsel von geringem Interesse Exils Differenzen eintreten. Besonders zu be- 

bleibt nach Abzug der Malalasexcerpte, der Fasten- achten ist, dass beide die von Eusebius aufge- 
chronik und der letzten Fortsetzung, sowie des 10 stellte, aber im Kanon nicht vervvertete Berech- 

Paschalwerkes und der Kaiserliste von Constantin nung des Buches der Richter zu Grunde legen, 

abwarts noch ilbrig als Kern der Chronographie, aber aus Africanus eine 40jahrige Anarchie zwi- 

der von dem alteren Paschalwerk nicht abgetrennt schen Samson und Eli einschieben. Hier lasst 

werden darf, eine Epitome des eusebianischen sich auch der Gewahrsmann noch fassen. Der 

Kanons (smtoixt] xqovcqv), die aber nicht den reinen, Georgios und dem Ch. P. gemeinschaftliche An- 

sondern den iiberarbeiteten Eusebius excerpiert. satz der ZerstOrung Jerusalems auf 4905 ist nur 

Das lasst sich leicht an einigen, besonders wich- eine leichte Verschiebung des offenbar von Pa- 

tigen Beispielen nachweisen. Ich habe in den nodor (Sync. p. 426, 20) gegebenen Datums 4903 

Abh. d. Gott. Ges. d. Wiss. XL 48 gezeigt, wie das (richtiger 4904) ; es ist nichts als die Umsetzung 
Datum der ZerstOrung Troias im eusebianischen 20 des eusebianischen Ansatzes 01. 47, 3 = 590/89 

Kanon um zwei Jahre verschoben ist ; es miisste v. Chr. in die alexandrinische Weltaera. 

dem 1. Jahr Labdons entsprechen, steht aber beim Da nun aber die Aera des Ch. P. um 17 Jahre 

3. Den gleichen Ansatz hat das Ch. P. ; da es der alexandrinischen vorauslauft , so miissen sich 

die Eichterzeit anders berechnet als Eusebius, im Ch. P. , wenn es die Weltjahre der alexan- 

wovon gleich mehr, kommt der tolle Ansatz auf drinischen Aera ohne Umrechnung ubernimmt, 

4241 = 1269 v. Chr. heraus. Ebenso habe ich bOse Differenzen mit der profanen Chronologie 

a. a. 0. bewiesen, dass infolge der einjahrigen ergeben. Das ist auch der Fall ; zur Ausgleichung 

Differenz zwischen den Passionsdaten des Africanus sind aber nicht die Eichterzeit, die jildischen 

und Eusebius die Ansatze beider fur 01. 1, 1 um KOnige oder auch nur die Zwischenregierungen 
ein bis zwei Jahre verschoben sind; das Ch. P. 30 zwischen Nabuchodonosor und Kyros beniitzt; 

setzt 01. 1, 1 statt, wie der echte Eusebius ge- diese, fiiufzig Jahre umfassend, deck en sich im 

than hat, auf Ozias XLIX = 776/5, auf Ozias LI wesentlichen mit der von Georgios p. 428 auf- 

= 778 oder, wenn man die dem Bearbeiter des gestellten Liste und sind eine Combination der 

alteren Paschalwerks eigentiimliche Verschiebung von Africanus aus dem Buche Daniel ausgegra- 

der Olympiaden vor Tiberius XV in Eechnung benen KOnige mit dem Excerpt in Euseb. Chron. 

stellt = Ozias L = 777: das ist bekanntlich das I p. 49 Sch. Vielmehr hat die erste profane Liste, 

falsche Datum des armenischen Eusebius. Femer die persische, herhalten miissen, um die Verkehrt- 

steht p. 193 die Bemerkung : Tr/v a 6Xvfima8a heit der biblischen Chronologie zu biissen. Durch 

6 'Aipgixavog xaxa 'Iwadafi 'Efeatcov rov 'Iovda die ErhOhung der 20 Jahre des Xerxes auf 28 
f}aoiXea avvdyst ■ xal 6 JjfieTegog 8k xaviov xara 40 und den Sprung der Weltjahre bei Ochos wird 

tov avxov naQioTrjaiv. Sie ist identisch mit der, die Liste auf 246 erhovht, falsch steht 247 p. 321 

welche im interpolierten Eusebius (II p. 78f. angegeben. Die wahre Dauer betragt 230 (560/59 

Sch., vgl. Abh. d. Gott. Ges. Wiss. XL 32f.) —330/29); die Differenz von 16 Jahren ent- 

steht. Africanus setzte thatsachlich 01. 1,1= spricht genau den Differenzen zwischen der alexan- 

776/5 = 1. Jahr Achaz; der Ansatz ist verschoben drinischen und constantinopler Aera. Wenn im 

zu 777/6 = letztes Jahr Joathams. Durch Com- Liber generationis der alteren Eecension p. 131 

bination mit der eusebianischen Liste ist wiederum Momms. 245 als Summe der Perserliste erscheint, 

aus Joathams letztem Jahr das erste geworden ; so beruht dies offenbar auf derselben Ausgleichung 

thatsachlich ist im Ch. P. das wahre Olympiaden- der Aeren und beweist , dass es nicht geraten 
jahr 776 = Ioatham I. Ein far den interpolierten 50 ist, die Chronologie dieses Machwerks ohne weitere 

Kanon sehr charakteristischer, ebenfalls mit dem Priifung Hippolyt zuzuschieben. Dass das Ch. P. 

schwankendenPassionsdatum zusammenhangender die Ptolemaeerliste des interpolierten Kanons bei- 

Fehler ist die Verlangerung der Ptolemaeerliste behalt, sie aber durch Cassierung Alexanders um 

um zwei Jahre (296 Jahre statt 294): er kehrt 4 Jahre hinaufschiebt und so die Kaiserliste um 

im Ch. P. wieder. zwei Jahre nach oben verlangert, hat in dem An- 

Es hat dem eusebianischen System schweren satz von Tiberius XV seinen Grund; Ahnliches 

Schaden gethan, dass es die Jahre vor Abraham lasst sich im interpolierten Kanon und bei Geor- 

strich und die Richterzeit nicht nach dem Buch gios nachweisen. 

der Eichter und dem Apostel Paulus , sondern den An diesem Unsinn ist Panodoros unschuldig. 
Biichern der KOnige berechnete, femer, dass es, 60 Er hat allerdings das eusebianische System auf 

ebenso wie Africanus, die 130 Jahre des zweiten die alexandrinische Aera umgerechnet und dies 

Kainan ausliess. Darummussteesgeandert werden. System selbst der biblischen Chronologie mehr 

Zuerst ist das in Alexandrien geschehen. Man anzupassen versucht, was ohne erhebliche Ver- 

braucht nur die auf die alexandrinische Aera ge- anderungen nicht anging, aber schon sein An- 

stellten Tabellen des Synkellos Georgios mit denen satz des letzten Jahres Alexanders auf 5170 = 

der Osterchronik zu vergleichen — eine genaue 324/3 v. Chr. (Syncell. p. 618) zeigt, dass ihm 

Dntersuchung miisste mindestens noch die Ex- die argen Falschungen der profanen Chronologie 

cerpta Barbari heranziehen — , um sofort die auf- fremd sind. Auch ist sein Datum der Geburt 



2477 Chronograph vom J. 354 Chronograph vom J. 354 2478 

Christi (Syncell. a. a. 0.) 5493 weder das des den, auf dem Haupt eine Mauerkrone, Tiber der 
Annianos, noch das des im Ch. P. steckenden zwei schwebende Genien einen Kranz balten, zu 
Paschalwerkes, sondem das (aus mir noch un- den Seiten zwei Genien mit brennenden Fackeln, 
klaren Griinden) um 4 Jahre spater geriickte des von denen der eine auf dem Eiicken eines dritten 
Africanus und Eusebius (vgl. Abhandlg. d. Gott. steht, und ein Geldsack. Trier als hochge- 
Ges. d. Wiss. XL 30) : es ist iibrigens von Dio- schiirzte, behelmte Amazone, in der Linken Speer 
nysius Exiguus in seiner Fortsetzung der cyrilli- und Schild, mit der Rechten einen bartigen Ger- 
schen Ostertafel ubernommen, wenn er 248. Dio- manen am Haar bartend, dessen Hande auf den 
cletian = 532 n. Chr. setzt, und im letzten Grunde Riicken gebunden sind. Daneben am Boden bar- 
das Epochenjahr unserer Aera. Vielmehr zeigt 10 barische Waffen, in der Luft Prunkgefasse, dar- 
die Epitome des Ch. P. denselben Process der unter ein Trinkhorn, als Andeutung der von den 
Weiterbildung des eusebianischen Kanons, wie Feinden gewonnenen Beute. 
unsere tjberlieferung des Kanons selbst, nur weiter 2) Eine Victoria mit Adler zu ihren Fiissen, 
fortgeschritten; es sind nicht nur Africanus, son- die auf einen Eundschild schreibt: Sahis Au- 
dern auch Panodor und etliches andere hinein- gustis felix Valmtinus. 

interpoliert. Ob nun aber die mancherlei Einzel- 3) Ein Verzeichnis der Kaisergeburtstage, die 

daten , die das Ch. P. mehr als der iiberlieferte noch officiell gefeiert wurden, nach den Monaten 

Kanon hat und die nicht aus der Fastenchronik geordnet (abgedruckt CIL I 2 p. 255). Darjiber 

stammen konnen, auch nichts sind als Interpo- zwischen zwei Victorien ein Brustbild des Kaisers 
lationen, oder ob nicht in manchen Fallen wenig- 20 mit Nimbus und Erdkugel, auf der ein Phoenix 

stens eusebianisches Gut erhalten ist, das im steht. 

Kanon verloren gegangen ist, ist eine andere und 4) Abbildungen der sieben Planetengotter mit 

nicht so ganz leicht zu beantwortende Frage. einer kurzen Charakteristik ihrer astrologischen 

[Schwartz.] Bedeutung und der Angabe, welchem von ihnen 

Chronograph tomi J. 354, ein reich illu- jede Stunde der einzelnen Wochentage gehCrt. 

strierter Kalender, der durch Hinzufugung zahl- 5) Die Zeichen des Tierkreises mit der An- 

reicher Tabellen verschiedener Art zum praktischen gabe , fur welche Art von Geschaften es Gutes 

Nachschlagebiichlein fiir den Bewohner der Stadt oder Schlimmes bedeutet, wenn der Mond in sie 

Bom gemacht worden war. Wie von den Chro- eingetreten ist. 

nica Constantinopolitana (s. d.), so gab es wohl30 6) Der Kalender mit Bildern der Monate (ab- 
auch von dem Ch. ebenso viele Bedactionen wie gedruckt CIL 12 p. 256), deren jedem ein vier- 
Exemplare, d. h. jedes einzelne nahm in seiner zeiliges Epigramm hinzugefiigt ist. Er ist in 
ganzen Zusammensetzung Biicksicht auf die Per- funf Columnen geteilt. Die erste enthalt Buch- 
son und die Wiinsche des Bestellers und war staben von A bis if, welche die Mondphasen be- 
in den Listen der Kaiser , Consuln und Prae- zeichnen sollen, die zweite A bis O als Tage der 
fecten bis auf das Jahr herabgeflihrt, in dem es siebentagigen Woche, die dritte A bis H als 
ausgegeben wurde. Das Exemplar, dessen Ab- Tage der altrSmischen achttagigen Woche, die 
schriften erhalten sind, stammte aus dem J. 354, vierte das Tagdatum, die fiinfte dasjenige, was 
obgleich ihm spater noch einige Nachtrage hin- an dem Tage geschieht, d. h. heidnische Feste, 
zugefugt wurden (s. nr. 9) , und war fiir einen 40 Spiele , die regelmassigen Senatssitzungen , die 
gewissen Valentinus geschrieben, vielleicht densel- Geburtstage und sonstigen Gedenktage der Kaiser, 
ben, der bei Amm. XVIII 3, 5 im J. 359 erwahnt Die Astrologie ist auch hier beriicksichtigt, in- 
wird (bei dem Consularis Piceni von 365 scheint sofern die Unheilstage {dies aegyptiaei) und das 
die Namensform Valentinianus Cons. 9, 4. Cod. Eintreten der Sonne in die Zeichen des Tier- 
Theod. XV 1, 17 besser iiberliefert zu sein , als kreises angemerkt wird. Christliche Elemente 
Valentinus Cod. Theod. IX 2, 2. 30, 4). Denn enthalt der Kalender noch gar nicht. 
auf dem bemalten Titelblatte steht: Valentine 7) Die Bilder des Augustus Constantius und 
lege felieiter und noch andere Segenswiinsche an des Caesar Gallus, beide mit dem Scepter in der 
denselben Mann. Daneben findet sich in kleiner Linken und in gleicher Prunktracht; doch steht 
Schrift: Furius Dionisius Filocalus titulavit; 50 der Caesar und ist barhauptig, wahrend der 
die grossen Prunkbuchstaben sind also von dem- Augustus sitzt und das Diadem tragt. Mit der 
selben Kalligraphen gemalt, der auch die Stein- Bechten schiittet dieser Goldstiicke aus, jener 
inschriften des Papstes Damasus (366 — 384) vor- tragt darauf eine Victoria; doch steht auch neben 
zuzeichnen pfiegte (De Bossi Bull, crist. 1884/5, ihm ein Geldsack. 
12). Nach dem Titelblatt enthalt dasBuchlein: 8) Fasten von der Griindung der Bepublik 

1) Die Abbildungen der vier bedeutendsten bis zum J. 354 n. Chr. Jedem' Consulat ist 

Stadte des Beiches als allegorischer Frauenge- Wochentag und Mondphase des Neujahres, jedem 

stalten, Bom auf dem Throne sitzend, die an- vierten die Bezeichnung des Schaltjahres (B — 

deren minder vornehmen stehend. Bom mit bissextus) hinzugefiigt, beides natiirlich nach fal- 

Helm, in der Linken die Lanze, in der Bechten 60 schen Berechnungen. Aber obgleich es ein Un- 

die Victoria auf der Weltkugel; neben ihr steht sinn war, die durch Caesar eingefuhrte Schaltung 

ein Geldsack und ein Genius, der aus einem eben- schon bis auf die Zeiten des Brutus und Colla- 

solchen Sacke Geldstiicke ausschiittet mit Bezug tinus zuriickzudatieren , hat dies doch den Vor- 

auf die Congiarien. Alexandria mit Ahren be- teil gehabt, dass durch das Zusammenfassen von 

kranzt, in einer Hand den Olzweig, in der an- immer je vier Jahren das trberspringen einzelner 

dern ein Ahrenbiischel, zu den Seiten Kornschiffe Consulate , wie es in den sonstigen Fasten so 

und zwei Genien mit brennenden Lichtern. Con- uberaus haufig vorkommt, hier fast ganz vermieden 

stantinopel mit Lanze und Kranz in den Han- worden ist. Das Eponymenverzeichnis ist daher 



2479 Chronograph vom J. 354 Chronograph vom J. 354 2480 

das vollstandigste , das wir ilberhaupt besitzen. 13) Ein Verzeichnis der romischen BischOfe 

Fur die Zeit der Eepublik ist es ein Auszug aus mit Angabe ihrer Regierungsdauer nach Jahren, 

grOsseren Fasten , die den capitolinischen sehr Monaten und Tagen nnd kurzen historischen Be- 

ahnlich, ja vielleicht sogar aus ihnen abgeschrie- merkungen. Teilweise ist auch das Datum von 

ben waren. Nimmt man dies an, so muss man Ordination und Tod angegeben. Dies ist die 

freilich die Hiilfshypothese machen, dass jene Ab- alteste bekannte Papstliste und insofern von grosser 

schrift von gelehrterHand mit Zusatzen versehen Wichtigkeit. Bis zum J. 230 geht sie auf die 

war; denn derCh. bringt mitunter Namen, die auf Chronik des Hippolytos von Portus zurilck, spater 

dem Stein nie gestanden haben und doch insofern auf gleichzeitige Fortsetzungen. 
nicht unrichtig sind, als die Cognomina in den 10 14) Begionenverzeichnis der Stadt Rom aus 

Geschlechtern der betreffenden Consuln thatsach- dem J. 334, s. Begiones. 

lich vorkommen. Von jedem Eponymen ist nur 15) Eine lateinische trbersetzung der Welt- 

je ein Name verzeichnet, und zwar in der Begel chronik des Hippolytos von Portus, fortgesetzt bis 

derjenige, welcher in den capitolinischen Fasten auf das J. 334, s. Hippolytos. 

in der Namenreihe die letzte Stelle einnimmt. 16) Eine Art kurzer Stadtgeschichte Roms, die 

Die mehrstelligen Collegien der Decemvirn und mit dem Tode des Licinius (325) abschliesst, also 

Militartribunen sind auf je zwei Namen reduciert jedenfalls vor dem Tode Constantins (337), wahr- 

und dies sind regelmassig diejenigen, welche in scheinlich auch im J. 334 verfasst oder doch bis 

den capitolinischen Fasten an der Spitze der bei- so weit fortgesetzt ist. Sie beginnt mit den alte- 
den Columnen stehen. Die Dictatorenjahre (421. 20 sten fabelhaften Konigen, Picus, Faunus, Latinus, 

430. 445) sind durch die Formel hoe anno dieta- Aeneas und Ascanius, schliesst ihnen die Beihe 

tores non fuerunt bezeichnet, die Jahre der Anar- der albauischen und dann der romischen Konige 

chie (379 — 383) durch erfundene Consulate aus- an. Bei jedem ist die Eegierungsdauer angegeben; 

gefiillt. Wo durch Gegenconsulate die Jahres- dazu kommen dann noch kurze historische Notizen 

benennungen zeitweilig schwankend waren , sind meist aetiologischer Art, namentlich wird die Ein- 

sie durchgangig in die Formel gebracht, welche fiihrung der Congiarien und ihre Verteilung bei 

dauernd die anerkannte blieb, Mommsen CIL jedem Konige genau vermerkt. Wahrscheinlich 

I 2 p. 81. stammen diese Nachrichten mittelbar aus Sueton 

9) Ein Verzeichnis der Ostertage fur ein Jahr- de regibus. Die Zeit der Republik ist nur durch 
hundert von 312 — 411 n. Chr. mit dazu gesetzten 30 einige Namen beruhmter Manner vertreten, die 
Consulaten. Bis zum J. 354 sind es die wirklich ohne alle Ordnung durcheinandergeworfen sind. 
gefeierten Osterfeste der romischen Kirche; von Dann folgen die Kaiser von Iulius Caesar be- 
da an beruht die Liste auf Berechnung. Doch ginnend. Bei jedem sind Jahre, Monate und Tage 
auch in dieser zweiten Halfte sind die Consulate seiner Begierung angemerkt, dann die Congiarien, 
bis 410 nachtraglich hinzugeffigt; aber durch tTber- Spiele, Bauten in Rom, Naturmerkwurdigkeiten, 
springen von neun Consulnpaaren ist die Jahres- die unter ihm in der Hauptstadt gezeigt wurden, 
benennung von 368 auf den Ostertag von 359 ge- und andere meist stadtrOmische Notizen , zum 
kommen , und dieser Fehler setzt sich dann im Schluss der Ort des Todes und ob dieser ein na- 
ganzen weiteren Verlauf der Liste fort. turlicher oder gewaltsamer war. Die Mehrzahl 

10) Ein Verzeichnis der rOmischen Stadtprae- 40 dieser Nachrichten scheint auf trefflicher tiber- 
fecten gleichfalls fur ein Jahrhundert von 254 — lieferung zu beruhen. 

354 n. Chr., seit dem J. 288 auch mit Angabe Wie weit die verschiedenen Eedactionen des 

der Antrittstage. Die Fasten, welche diese Liste Ch. verbreitet waren, zeigt seine Benutzung durch 

begleiten, haben dadurch besonderen Wert, dass Eutrop, Hieronymus, Isidor und die Quelle des 

sie genau angeben , welche Jahresbezeichnung in Barbaras Scaligeri. 

Bom die gleichzeitige war. Z. B. heisst es unter Von den erhaltenen Hss. enthalt keine den C. 

dem J. 308: vollstandig, doch erganzen sie einander derart, 

Gonsules quos iusserint domini nostri Angusti. dass wohl ein paar Bilder, aber nichts vom Text 

Ex XII kal. Mai. factum est Maxentio et Bo- verloren gegangen ist. Wahrscheinlich gehen sie 

mulo. 50 alle auf einen Cod. Luxemburgensis zuriick, den 

Quod est deeies et Maximiano VII. Peiresc sich verschafft hatte, der aber seit dem 

Das heisst in den ersten drei Monaten des Jahres J. 1627 verschollen ist. Aus ihm hat Peiresc eine 

waren in Bom uberhaupt keine Consuln verkiindet, Copie der Zeichnungen fertigen lassen, die in Bom 

man datierte also mit dem Postconsulat ; am in der Barbariniana (XXXI 39) aufbewahrt wird, 

20. April traten der Usurpator Maxentius und und im 16. Jhdt. ist der Cod. Bruxell. 7524 — 55 da- 

sein Sohn das Consulat an, doch wurde dasselbe raus abgeschrieben. Doch damals war der Luxem- 

nach dem Siege Constantins far ungiiltig erklart burgensis schon sehr liickenhaft. Als er noch voll- 

und dem Jahre die Benennung deeies et Maxi- standig war, scheinen einzelne Stucke in den Cod. 

miano VII gegeben , die es dann auch dauernd Sangall. 878 saec. IX Gbergegangen zu sein, andere 
behielt. 60 durch ein verstummeltes Mittelglied in den Ber- 

11) Todestage und Begrabnisstatten heiliger nensis 108 + 128 saec. X, der grOsste Teil des 
Papste nach dem Kalender geordnet. Ganzen in den Vindob. 3416 saec. XV, der auch 

12) Andere kirchliche Feste, namentlich die Copien der Bilder enthalt. Auch die alteren Aus- 
Todestage von Martyrern mit Angabe ihrer Be- gaben sind alle unvollstandig; genannt zu werden 
grabnisstatte oder des sonstigen Locals, in dem verdienen, weil sie am haufigsten angefiihrt wer- 
die Feier begangen wurde. Die Beihe beginnt den: der Druck des Kalenders in Cuspinians 
mit dem Weihnachtstag und folgt dann gleich- Ausgabe von Ovids Fasten (Wien 1513). Aeg. 
falls dem Kalender. Bucher De doctrina temporum commentarius in 



2481 Chrononense monasterium XyvaaXXls 2482 

VictoriumAquitanum, Antwerpen 1684. Norisius lehnung an orphische Vorstellung, wie derDichter 

Dissertations tres, Florenz 1689. Brste vollstan- Herakl. 7771 dem Ch. die Keule , die Herakles- 

dige Ausgabe von Mo mm sen Abh. d. sachs. waffe, gegeben zu habenscheint; vgl. v. Wilamo- 

Gesellsch. d. Wissensch. Hist. phil. Kl. II 1850, witz Anal. Eur. 2S0ff.; Her. II* 173ff. ^onaXov f. 

547ff., erweitert in den Chron. min. I 13ff. Die to ndXiv). Auch Dike heisst Tochter des Ch.: 

Abbildungen sind photographisch reproduciert von Eur. frg. 223 N. (frg. 150 acus Aiog) , wie denn 

J. Strzygowski Die Calenderbilder des Chrono- bei Nonnos die Horen als Tochter des Ch. er- 

graphen vom J. 354, Jahrb. d. arch. Instit. I Er- scheinen, Dion. XII 15. 96, vgl. auch III 197. 

ganzungsheft, Berlin 1888. [Seeck.] Stob. eel. II, 31 a (p. 39, 5 Wachsm.), vgl. auch 

Chrononense monasterium, zur Civitas Ar- 10 Eur. Suppl. 787f. (X naxrjQ afieo&v). Nonnos 

vernorum geherig, jetzt Cournon (dep. Puy-de- lasst ferner Zeus auf dem geflugelten Wagen des 

D6me). Greg. Tur. hist. Fr. IV 26; vitae patr. Ch. einherfahren, II 422, nach Quint. Sm. (XII 

6. Longnon Ge'ogr. de la Gaule 498. Holder 194f.) hatte Aion des Zeus ehernen Wagen ge- 

Altkelt. Sprachschatz s. Oronone. [Ihm.] fertigt, vgl. auch Nonn. Dion. XXXVI 422f. Man 

Chronos (XooVoj). 1) Pluss an der Ostsee- dachte sich Ch. etwa altersgrau (xoXwg), Anth. 

kiiste hinter der Miindung der Vistula, im Gebiete Pal. IX 499, ein noXwg xsxvhtjg wird er von Di- 

der aistischen Galindai, Ptol. Ill 5, 2. Marcian. philos gescholten, frg. 83 Kock (vgl. auch ysQovxog 

II 39; Ghrcmius Ammian. Marc. XXH 8, 35; von xqovov , Luk. am. 12). Inschriftlich bezeichnet 

den meisten Forschern erkannt als der heutige sieht man Ch. in der Beliefdarstellung der sog. 

Pregel, lit. Pre"glus, pruss. Pregora. Die Gothen 20 ,Apotheose Homers' ; als gefliigelter Genius stent 

nannten diesen Fluss Guthalus (s. d.). Mullen- er hinter dem rechtshin thronenden Dichterfiirsten, 

hoff D.A. II 351f. halt auch den Namen Ch. fur in jeder Hand eine Eolle haltend, um so mit Oiku- 

germanisch, Grundform Hrono, von altnord. hrynja mene anzudeuten, dass der Euhm von Ilias und 

ahd. runen ,herabstiirzen'. [Tomaschek.] Odysseia unverganglich und tiberallhin verbreitet 

2) Die Zeit absolut, im Gegensatz zu aioiv, sei, Miiller-Wieseler II 742. 968. 

der Zeit mit gewisser Relation, vgl. Anth. Pal. Schon aus dem Altertum stammt die nahe- 

1X51 (v. Wilamowitz Herakles II 2 155. 179f.). liegende Gleichsetzung von Xoovog und Kqovo? 

Zunachst bei Pherekydes von Syros (Stellen bei (s. d. ; vgl. Plut. de Is. et Osir. 32; quaest. Eom. 11. 

Welcker Gr. G.-L. 1 143, 2. Gruppe Gr. Kulte 12 [Kronos oder Ch. als Vater der Aletheia, wozu 

und M. I 654, 46), besonders aber in orphischer 30 vgl. Gell. N. A. XII 11, 7], Weiteres bei Butt- 

Lehre als Weltprincip, vgl. besonders Damask, n. mann Myth. II 32. Creuzer Symb. II 2 439. 

&QX- 380ff. Kopp. Creuzer Symb. Ill 2 292ff. LobeckAgl. 470); sie wurde neuerdings vertreten 

LobeckAglaoph.470ff. Zeller Philos. d. Gr. I 2 durch Buttmann (a. a. O. 31ff.) und Welcker 

64ff. Gruppe a. a. 0. 632ff. Kern De Orphei (Gr. G.-L. I 140ff.; vgl. auch Braun Gr. G.-L. 

Epimenidis Pherecydis theog. 1888. Susemihl § 52), scheint aber heute allgemein aufgegeben, 

De theog. Orph. forma antiquiss., Ind. schol. Gry- hauptsachlich aus sprachlichen Griinden (Curtius 

phisw. 1890. Gomperz Gr. Denker I 70ff. 75ff. Grundz.5 154f. 200. Brugmann Grundr. d. vgl. 

430f. Es erscheint da (vgl. die &soX. fj xaxd x. Gramm. d. idg. Spr. n 142f.; vgl. Preller- 

'IeQwvvfiov qoegofievtj xal'EXXavixov) X. o&er'HQa- Kobert Gr. M. I 51, 1. E. Curtius Arch. Jahrb. 

xXfjg mit 'Avdyxt] oder 'AdQaoxeia , die .nimmer 40 IX (1894) 42* und auch Ges. Abh. II 189. M. 

alternde Zeit', in der Gestalt eines geflugelten Mayer in Eoschers Lexikon n 1526ff. 1546ff.). 

Drachen mit Antlitz eines Gottes zwischen Stier- Doch wenn xqovos xorjfiaxa geschrieben wurde, 

und Lewenkopf (Damask. 381 K.) , und es liegt nur wo ein Schriftzeichen fur die Aspirata fehlte, 

nahe, auf diesen Ch. jene monstrose Bildung zu so nennt uns umgekehrt eine Inschrift von Elateia, 

deuten, die seit Zoega gewOhnlich als Aion (s. d.) wohl noch dem 5. Jhdt. angehorend, Poseidon als 

bezeichnet wird: ein schlangenumwundener genii- Xqovov vlos, Bull. hell. X (1886) 367ff.; auch ist 

gelter Mann mit Lewenkopf, Muller-Wieseler festzuhalten, dass Kronos ausserhalb der Getter- 

D. d. a. K. II 967. Baumeister D. d. kl. Alt. welt steht, die wir mit Homer betreten, und dass 

I 32, Abb. 34); Deutung auf Mithras: Diete- der Mythos vom Verschlingen der eigenen Kinder 

rich Abraxas 53f. In den spaten orphischen 50 trotz allem nicht schlecht passt auf die schaffende 

Hymnen trifft man Ch. als Sohn der Mene (= Se- und wieder zerstorende Zeit (vgl. Io. Lydus de mens, 

lene) (IX [VIII] 5) oder des Herakles (XII [XI] I 1 [p. 2 Eoether], auch III 11 [p. 110 R.]. 

11), in einem orphischen Fragment als Vater des Isid. Etym. VIII 11, 31). 

Eros und der Ilvevfiaxa (Schol. Apoll. Rhod. Ill 3) Eines von den vier Eossen des Helios, Schol. 

26; vgl. Orph. Arg. 12fi\). Eurip. Phoin. 3. [Waser.] 

,Seit Pherekydes von Syros , Herakleitos und Chrysa. 1) Herrschaft im ostlichen Kaukasos, 

den Pythagoreern hatte man sehr viel iiber die nSrdlich von Albania, Const. Porphyr. caerim. II 

Zeit nachgedacht, und Pindar, Sophokles, Euripi- 48 p. 398; vgl. Bardesanes bei Eus. praep. evang. 

des personificieren sie oft und sinnreich' (v. Wila- VI 10, 16: iv xfj 'AXfiavlq xal 'Qxtjvfj xai Savviq 

mo witz Herakl. II 2 174). Pind. 01. II 17 Bgk. 60 xal iv Xovofi, wo der syrische Text Krusa jenseits 

heisst Ch. 6 jiavxmv itaxxiQ, und Simonides von Keos des Flusses Quro giebt. Noch jetzt heisst dieser 

redet wie wir vom ,Zahn der Zeit' (frg. 176), Bergcanton Krus oder Krys, und hier wird ein 

Euripides vom ,Fuss der Zeit' (frg. 43 N.) ; letzterem eigener Dialekt des Albanischen gesprochen. Eust. 

ist in dieser Personification Sophokles vorange- ad Dion. per. 288 kennt ein Volk ol Xgvaai; 

gangen, El. 179 (X yao ev/iaQrjg &eos), 6 navd? etwa die agyptischen Hrusa? [Tomaschek.] 

Sqcov x-, Oid. T. 1213 (vgl. Eur. El. 952) und 2) S. Chryse und Chrysea. 

frg. 280 N, vgl. auch Anth. Pal. VII 245. Eur. XQvoaXHg, die Puppe der Schmetterlinge. Sie 

Herakl. 900 heisst Aion Xqovov ncug, wohl in An- entsteht durch Verwandlung der Raupe (xaiiTirj), 



2483 Chrysamaxos Chrysaor 2484 

hat erne harte Schale und bewegt sich irnr, wenn der Ordination durch die Flucht nach Bithynien 

man sie anruhrt (Arist. hist. an. V 19, 137 B.; zu entziehen suchte. Es wird von ihm gerflhmt, 

de gen. an. Ill 9). Sie ist durch spinneweben- dass er von der Kirche keinen Lohn nahm, viel- 

artige Faden befestigt , hat keinen Mund und mehr zuerst aus seinem eigenen VermOgen an die 

kein deutliches Glied, frisst nichts und hat keine Armen Geld verteilte (Sokr. VII 12). Er starb 

Excremente. Aus der geplatzten Schale kriecht am 26. August 419 nach siebenjahrigem Episco- 

der Schmetterling (yiv%f) hervor (Plin. XI 32. 37. pat (Sokr. VII 17). ' fSeeck.] 

Hes.). Bei der Beschreibung dieser Verwandlung Chrysaor (Xqvo&wq, XgvaaoQog, X^voaogevg, 

hat Aristoteles ausschliesslich den Kohlschmetter- XQvoaoQiog), ein haufig vorkommender Name und 
ling (Papilio brassicae L.) im Auge gehabt, vgl. lOBeiname verschiedener Getter, den schon Hesiod. 

Sundevall Die Tierarten des Aristoteles 20 If. Theog. 283 von der goldenen Waffe herleitet. 

Theophrast (h. pl. II 4, 4 ; caus. pl. V 7, 3) schliesst 1) Als selbstandige Gestalt der Sage erscheint 

sich in der Beschreibung dieses Vorganges an Ch. in der hesiodeischen Theogonie 278ff. 979tf., 

seinen Lehrer an. [M. Wellmann.] wo erzahlt wird : als Perseus der Medusa das 

Chrysamaxos, aus Lakedaimon. Siegt zu Haupt abschlug, sprangen als die SprOsslinge 

Olympia im Lauf, 01. 46, African, bei Euseb. 1 200. aus Medusas Umgang mit Poseidon der gewaltige 

[Kirchner.] Ch. und der Pegasos hervor, und dieser Ch. er- 

Chrysanthios aus Sardes, Neuplatoniker des zeugte spater mit der Okeanostochter Kallirrhoe 

4. Jhdts., Schiiler des Aidesios (s. d. Nr. 4), Lehrer den Geryoneus. Etwas weiteres erfahren wir von 
und Preund des Eunapios, bei dem er einen fttog hat 20 Ch. nicht, denn alle spfiteren Erwahnungen (z. B. 

(vit. soph. 107f. Boiss. , vgl. 13f. 49f. 54f.). Als Apollodor. II 4, 2, 9. 5, 10, 2. Hyg. fab. praef. 

Iulianos im J. 353 nach Pergamon kam, um den und fab. 30. 151. Tzetz. Lyk.. 17. Paus. I 35, 

Aidesios zu horen, wies dieser ihn an seine Schiiler, 7. Pediasim. Hercul. labor. 25) fussen auf Hesiod, 

von denen damals Ch. und Eusebios allein an- und die euhemeristische Erzahlung bei Diodor. 

wesend waren. Iulianos lernte ihn sehr hoch IV 17, 2. 18, 2 ist wertlos. Es ist daher schwer 

schatzen und lud ihn im Winter 361/362 zusam- zu entscheiden, ob die Einfiigung des Ch. an 

men mit Maximos von Ephesos dringend nach dieser Stelle der hesiodeischen Theogonie lediglich 

Constantinopel ein; aber da die Vorzeichen un- dem Wunsche entsprungen ist, zwischen Medusa 

giinstig ausfielen, folgte nur Maximos dem Rufe, und Geryoneus einen genealogischen Zusammen- 
Ch. zog es vor , in Sardes zu bleiben , und liess 30 hang herzustellen , oder ob man darans Schliisse 

sich auch durch ein zweites, noch ehrenvolleres auf das Wesen des Ch. Ziehen und ihn als Per- 

Schreiben nicht umstimmen. Der Kaiser ernannte sonification des ,Blitzes', der ,Donnerwolke', des 

ihn und seine Prau Melite zu agx^Qstg xrjg AvSlag ; ,Begens' u. dergl. erklaren darf ; fiber derartige 

er starb iiber 80 Jahre alt in Sardes. Seine Be- Erklarungen vgl. Schomann Opusc. acad. II 

deutung lag in seiner durchaus mystischen From- 205f. Preller-Plew II 65. Boscher Gorgonen 

migkeit (fjv dk 6 X. dfiotpvxcog Mai,lfiu) ra msqi 115 und die altere in Roschers Myth. Lex. I 900 

#eiaofA,dr ovvev&ovoicov Eunap. 49) und seinem zusammengestellte Litteratur. 

asketischen Leben, nicht in seinen philosophischen 2) Einen Heros Eponymos Ch. fingierte man 

Leistungen, obwohl er nach Eunap. 113 zahl- in Karien, wo Zeus Ch. seinen beruhmten Kult 
reiche Schriften verfasst haben soil. Vgl. Zeller 40hatte, die Stadt Idrias vormals Chrysaoris hiess 

Ph. d. Gr. Ill 23, 731. [Kroll.] (Steph. Byz. s. 'Idgidg und XevoaoQig) und auch 

Chrysanthis (XQvoav&ig) erzahlte nach argi- das ganze Land Chrysaoris genannt wurde (Paus. 

vischer Sage der Demeter den Baub der Kora V 21, 10. Epaphroditos bei Steph. Byz. s. Xpv- 

(Paus. I 14, 2), wie Hekate im eleusinischen De- oaoQig). Dieser Ch. sollte der Sohn des Sisy- 

meterhymnos. Auf einem bei Lerna gefundenen phiden Glaukos und Vater des Idrieus und Mylasos 

Belief steht links von einem Altar Demeter, rechts sein; Steph. Byz. s. MvXaaa und Evgamog. 

zwei Madchen, die Frau Ch. , der Mann Mysios 3) Beiwort verschiedener Getter undHeroen: 

(von der Demeter Mvaia, s. Demeter), in ge- Zeus Xqvo&wq, X^vaaoQuvg (Strab. XIV 660) oder 

nauer Analogie zu Metaneira undKeleos und ihren Xgvaaogiog (CIG 2720. 2721) in Karien, wo sein 
TSchtern. Bursian Arch. Anz. 1855, 57. Osann 50 Tempel das Bundesheiligtum der als avortj^a 

Arch. Z. 1855, 142f. Milchhoefer Athen. Mitt. XgvoaoQewv verbiindeten Stadte war, vgl. Fou- 

IV 1879, 152 nr. 496 (Museum in Argos). Over- cart Assoc, relig. 105. Hicks Journ. Hell. XI 

beck Gr. Kunstmyth. Ill 509 nr. II 11 (unver- 115ff. Lagarde Ges. Abhandl. 268. Das nahere 

Offentlicht; Photographie im athen. Institut Ar- fiber diesen karischen Zeus mit dem Doppelbeil 

gos nr. 3. 6. 7, s. Arch. Anz. VI 1891, 83). als Waffe bei Preller-Bobert Griech. Myth. I 

[Hiller v. Gaertringen.] 141. Overbeck Kunstmythol. des Zeus 269f. 

Chrysanthos , Sohn des novatianischen Bi- Apollon Xqvo&wq oder XgvodoQog Horn. II. V 509. 

schofs von Constantinopel Marcianus, trat noch XV 256. Horn. hymn. I 123. II 214. XXVII 3. 

sehr jung in einen Hofdienst ein, wurde dann Hes. Erg. 771; frg. 244 Bzach. Pind. Pyth. V 
unter Theodosius I., wahrscheinlich um 390, Con- 60 104. Apoll. Shod. Ill 1283. Orph. Argon. 140. 

sularis einer italischen Provinz {vuaxixbg zfjg 'ha- Anonym. Laurent. 46 = Schoell-Studemund 

Mas), dann Vicarius Brittanniarum. Als er 412 Anecd. Gr. n 267. Apollon fiihrte dies Beiwort 

nach Constantinopel gekommen war, um sich dort von seinem Schwert (s. o. Bd. II S. 12); die Er- 

um das Amt des Stadtpraefecten zu bewerben, klarungen von dem goldenen Tragriemen des 

starb der novatianische Bischof Sisinnius , nach- KOchers oder der Leier oder gar von den goldenen 

dem er kurz vorher den Wunsch ausgesprochen Sonnenstrahlen (Schol. Horn. II. V 509. XV 256) 

hatte, Ch. mSge sein Nachfolger werden. Infolge stammen erst aus einer Zeit, welcher der schwert- 

dessen wurde er dazu gewahlt, obgleich er sich bewaffnete Apollon fremd geworden war, Preller- 



2485 Chrysaoras Chryse 2486 

Robert Gr. Myth. I 290f. Artemis Ch. in dem beherrschenden Einfluss iiber den Kaiser (Suid. 

Orakel bei Herodot VIII 77, gleiehfalls von ihrer a. 0.)- Er eroffnete sein Regiment damit, dass 

Waffe, dem Schwert; vgl. o. Bd. II S. 1349. er den Magister militum Johannes ermorden liess 

Preller-Robert a. a. 0. I 296,2. 334,2. De- (Marcell. chron. 441, 2. Chron. Pasch. 315 C. 

meter Ch. Horn. hymn. V 4, vielleicht von ihrer Theoph. 5938. 5943), und beniitzte es ungescheut 

goldenen Sichel, Preller Demeter 77. Auch zu seiner eigenen Bereicherung (Marcell. chron. 

Orpheus fiihrt das Beiwort Ch. bei Pind. frg. 139, 450, 3. Joh. Ant. frg. 198). Im J. 448 versuchte 

Schol. Horn. II. XV 256. [Jessen.] er einen hunnischen Hauptling zur Ermordung 

4) Eponym in Rhodos, IGIns. I 1204. des Attila anzustiften (Prise, frg. 7). Doch wurde 

[Kirchner.] 10 dies verraten, und Attila forderte die Auslieferung 

Chrysaoras (o Xgvoaooag Steph. Byz., Rei- des Ch., liess sich aber noch durch eine Gesandt- 

nesius vermutete Xovoooodag) , rechtes Neben- schaft, der sich Anatolios und Nomos, ein persOn- 

flusschen des Maiandros. Er entspringt aiis einer licher Preund des Eunuchen, unterzogen, zur Ver- 

Quelle der Mesogis und fliesst mitten durch die solmlichkeit umstimmen. Gleichzeitig verlangte 

Stadt Mastaura in Lydien (Karien), W. J. Ha auch Zenon, dass ihm Ch. zur Bestrafung iiber- 

milton Reisen in Kleinasien u. s. w. (dt. tlbers.) geben werde, aus welchem Grunde, ist unbekannt 

I 483. Kiepert Pormae orb. ant. IX. Fluss- (Prise, frg. 12 — 14). Hatte er bei dieser Gelegen- 

gott auf Miinzen von Mastaura, Head HN 551. heit noch seine Stellung zu behaupten vermocht, 

[Btirchner.] so wurde ihm spater der eutychianische Kirchen- 

Chrysaoreion (Xovoaoguov , Xovaaogixov) 20 streit verderbliclt. Da Eutyches sein Pate war 

avatrjfia, ein Bund der Karer, die beim Tempel (Liber, brev. 11. 12 = Migne L. 68, 999. 1004), 

des chrysaorischen Zeus bei Idrias in der Nahe ergriff er lebhaft seine Partei gegen den Bischof 

des spateren Stratonikeia ihre Bundesheiligtiimer Flavianus von Constantinopel und war der Haupt- 

hatten, Boeckh CIG II p. 473. Strab. XIV 660. anstifter der sog. Raubersynode von Ephesus, die 

In der Diadochenzeit nahmen auch die Griechen 449 gehalten wurde (Euagr. h. e. II 2. Niceph. 

von Stratonikeia an dem Bund teil. Nach Strabon h. e. XIV 47. Zonar. XIII 23. Theophan. 5940. 

hatte jede Stadt mehrere Dorfer (x&/j,ai) und 5941. Coll. Avell. 99, 5). Aber der Sieg der 

besonders Stratonikeia deren eine ziemlich grosse orthodoxen Partei hatte seine Verbannung zur 

Zahl. In den Inschriften von Lagina (Ch. Diehl Polge (Niceph. h. e. XIV 49. Theoph. 5942). Als 
et G. Cousin Bull. hell. XI 1887, 33) lernen30nach dem Tode des Theodosius Marcian zur Herr- 

wir von Demen von Stratonikeia folgende mit schaft gelangte (450), liess er den Eunuchen hin- 

meist karischen Namen kennen: 'Ieoa xm/xr/, Ko- richten (Chron. Pasch. 319B. Marcell. chron. 450, 

Xiooya, Kcboaia, KcogaCa, AofSoXda, Amvdagya, 3. Theophan. 5943. Joh. Ant. frg. 194). Sievers 

llavafidoa (?), Tag/uia (ein besonderes xoivov Tag- Studien zur Gesch. d. romischen Kaiser 433. 

luavwv Cousin et Deschamps Bull. hell. X [Seeck.] 

1886, 485), TgaXX . . . [Burchner.] Chrysargyron s. Collatio lustralis. 

Chrysaorios , Schiiler des Porphyrios , dem Chrysas (Xgvoag ). 1) Pluss in Sicilien, jetzt 

dieser seine Einleitung in die aristotelischen Kate- Dittaino. Diodor. XIV 95. An ihm lag, in der 

gorien, die Abhandlung jisqi xov iq>' fj/uv (Stob. Nahe von Assorus, das Panum Chrysae, Cic. Verr. 
II 163, 17 W.) und (nach Cramer Anecd. Paris. 40 IV 96. Sil. Ital. XIV 229. Vib. Sequest. p. 4 

IV 432) eine Schrift neoi diaoxdaecog HXdxwvog Burs. [Hiilsen.] 

xai 'AgioroTsXovg widmete. Nach Philoponos und 2) Der ho'chste Ehren geniessende Gott des 

David (Schol. in Ar. 11 a 34. b 8. 18 b 16) war (auch von Sil. It.' XIV 229 personiflcierten) si- 

er rOmischer Senator, nach Cramers Anonymus kelischen Flusses im Gebiete von Assoros, auf der 

Nachkomme eines berlihmten Symmachos. Vgl. Strasse nach Henna zu, wo er ein Heiligtum und 

auch Amnion, in Porph. isag. 22, 11 Busse. Zel- marmornes Tempelbild hatte; Verres liess einen 

ler Ph. d. Gr. Ill 23, 678, 1. [Kroll.] Raubversuch machen; Cic. Verr. IV 96. 

Chrysaoris (XgvoaoQig von Zevs Xgvoaogiog [Tiimpel.] 

mit der goldenen Doppelaxt, s. d.). 1) Dichte- Chryse (f) Xqvoij und fj Xqvotj), Name einer 
rischer oder mythographischer Beiname der Land- 50 Reihe von Stadten und Inseln (Ofters mit Bezug 

schaft Karien, Epaphrod. bei Steph. Byz. auf Goldreichtum in der Nahe z. B. bei Thasos). 

2) Beiname der Stadt 'Bgidg in Karien, an 1) XQvofj vijaog , dichterischer Beiname der 

deren Stelle oder in deren Nahe in der Diadochen- Insel Thasos (dta r« zqvoS. fieraXXa Arrian. bei 

zeit Stratonikeia gegriindet wurde (s. Idrias). Eustath. Dionys. perieg. 589. Steph. Byz.). 

Vgl. 'Av. TlajiaXovxag Ileal xijg aoXewg 2roa- 2) Xovarj, eine schon vor Pausanias' Zeit (VIII 

xovixeiag xai rwv hoibv amfjg, Patr. 1886, 7. 33, 4) verschwundene Insel in der Nahe von Leni- 

[Biirchner.] nos , Paus. a. a. O. Soph. Lenin, frg. 345 Ddf., 

Chrysaphios , mit dem Spitznamen Tzuma daraus Steph. Byz., der irrig eine noXig xov 'AjioX.- 

(Theoph. 5941. Suid. s. Qsobooiog), Hofeunuche Xwvog daraus macht. Auf ihr soil dem Philoktetes 
bei Theodosius II., bekleidete anfangs die Wurde 60 von einer Schlange (Wasserschlange , Paus.), der 

eines Primicerius sacri cubiculi (Niceph. h. e. XIV "Wachterin des Heiligtums der Athena, die verhang- 

47 = Migne Gr. 146, 1221), dann eines Spatha- nisvolle Wunde beigebracht worden sein(s.Nr. 10). 

rius (Collect. Avell. ed. O. Gu enter 99, 5. Chron. Von da habe man ihn nach Lemnos gebracht. 

Pasch. 319B. Theodor. epist. 110 = Migne Gr. Sophocl. Philoct. (arg. II v. 1) 194. 270 (vgl. 

83, 1305, vxaomoxrjg Prise, frg. 7, PHG IV 76. Suid. s. jtgoaea X ev). 1327. Im J. 78 v. Chr. fanden 

Euagr. h. e. II 2 = Migne Gr. 86, 2489) und Kampfe des Lucullus gegen Varius, Alexandros 

errang nach dem Sturze des Kyros, der wohl noch und Dionysios , Flottenbefehlshaber des Mithra- 

in dem Consulatsjahr desselben (441) erfolgte, den dates auf einer verlassenen Insel statt, auf der sich 



2487 Chryse Chryse 2488 

em Altar des Philoktetes, eine eherne Schlange, und hat einen oixovQoiv o<pig als Wachter (1327), 

ein Bogen und ein mit Binden umwickelter Brust- und zwar auf der novxia Xgvat] (270) , also 

panzer befand. Auch eine Hohle gab es darauf. einer Insel, die auf der Fahrt von Aulis nach Ilion 

Appian. Mithr. 77. Es ist wohl Ch. gewesen. wohl vor Lemnos lag (s. Nr. 1) ; denn auf Lemnos 

Appianus nennt den Namen nicht. Nach Pau- wird Philoktetes ausgesetzt, nachdem er (266f.) 

sanias hat eine Hochflut die Insel versenkt. Auf von der Schlange am Altar der Ch. gebissen war. 

der Seekarte nr. 1659 der britischen Admiralitat In den gleichfalls sophokleischen Arj/tvtai (frg. 345 

grenzt dicht Ostlich an Lemnos eine ausgedehnte Ddf.) liegen die nayoi Xqvotjs Lemnos benach- 

Bank (Charos [= Xagog d. h. Xdgcov -(?)] -Un- bart ; bei Eustath. II. II 722 p. 330 zwischen Im- 
tiefe, Conze Reise auf den Inseln des thrak. lObros und Tenedos, im Schol. B (L) II. II 721 

Meeres, Taf. I: Mithonas-Untiefe). Medit. Pilot um Imbros oder um Tenedos. Nach dem einen 

IV 223; vgl. H. Kiepert Atl. v. Hellas IX. Auf Scholion zu Soph. Phil. 194 war Philoktetes dabei 

die Lage ostlich von Lemnos weist auch die Notiz gewesen, als Herakles auf seinem troischen Zuge 

bei Steph. Byz.: tisqi 'Hcpaioxiav axQa>zr)Qiov nqbg diese ,xofog nahe bei Lemnos' besuchte und dort 

Tivsdov fiUjzov. Choiseul-Gouffier Voyage opferte. Auf dieses nQogrrjg'aoftai des Herakles 

{Par. 1842) II 218ff. fuhrt Steph. Byz. den angeblichen spateren Namen 

3) Nach Steph. Byz. ein Vorgebirg auf Lem- dieser Insel Nmi (s. v.) zuriick (Anth. Pal. XV 
nos im Osten, der Insel Tenedos gegeniiber, vgl. 25, 25 Mai 0Qrjtxiai). Nach dem Schol. 264 
Nr. 2. hatte Philoktetes dem Herakles ,in Lemnos' (!) 

4) Tfjg Asofilag xoTtog, nach Steph. Byz., also 20 einen Altar am Strande errichten wollen, als er 
im lesbischen Gebiet in der kleinasiatischen Aio- gebissen wurde. Nach Philostrat. d. J. dagegen 
lis gelegen, s. Lesbos. Ekphr. 17 p. 889 war der Altar schon vonlason 

5) Stadt oder Ort auf Skyros, s. d., Steph. gegriindet worden auf der Argofahrt, und Philo- 
Byz. ktetes wollte ihn nur den Achaiern zeigen (Eustath. 

6) Insel bei Kreta, s. Chrysea. II. II 722 p. 330, 10 = Schol. AB(L)D z. d. 

7) Eine Ortlichkeit in Karien, im Gebiet, das St. xa&aiqwv fico/iov). Denn Dosiades Anth. Pal. 
Halikarnassos gehorte, Steph. Byz., der noch hin- XV 26, 5 nennt Iason den Liebling (atxag) der 
zufiigt Acoqwv nedlov, also wahrscheinlich land- Xgvaa. Vom Wesen der Ch. gab es zwei Auf- 
einwarts zu suchen. fassungen, beide gegenubergestellt im Schol. Soph. 

8) Eine Stadt {nolig) am Hellespontos, halb-30Phil. 194. a. Nach der einen, wiederholt zu 
wegs zwischen Ophrynion, j. IlaXaioxaarQov, etwas 1327 = Schol. ABD(L) und Eustath. p. 330, 10 
westlich vom jetzigen Renkjoi, und Abydos (beim zu II. II 722 = Tzetz. Lyk. 911 = metr. Hypoth. 
jetzigen Nagara), Steph. Byz. Die Ortsbestim- Soph. Phil., war X ein Name der Athena, unter 
mung trafe auf den Landvorsprung zwischen jetzi- dem diese ein ayaX/za hatte. Vgl. die Athena 
gem Kaqavxiva (einige Wohnhauser) und Kepe's X9 va V Schol. Soph. Oid. Rex 188. Anon. Laurent. 
Kalessi zu. Der ganze Strandsaum war jeden- deXIIDeor. epithet, nr. 35 = StudemundAnecd. 
falls im Altertum mit Wohnstatten besetzt, wie var. gr. 1886, 269 = Niketas d. XII Deor. epith. 
er es heutzutage noch ist. V, a. O. 276, 79. Anth. Gr. App. ep. Ill 91, 2 

9) Chrysa (Xevoa) und Chryse (Xq-voij ; Name Cougny. Anth. Pal. XIV 2, 1 (IJaXXag X9 va V 
von Goldlagern ? vgl. AgyvQta in der Troas, XaXxrj 40 aqpvQtjXaxog). Der Minerva heilig ist die Insel 
mehrfach), Stadt auf der Sildspitze der Troas Nea nach Plin. n. h. IV 72. Welcker schliesst 
(im sudlichen Aiolis). daraus, dass auch Sophokles sich die Ch. als eine 

a) Die altere Stadt, f\ aolaia X. und rj Ki- Athena gedacht habe, weil die Bezeichnung ihrer 
Xtxtog X. nach Strab. XIII 605. 613 in der Schlange als xgvcpiog oIxovqcov o<pis (1327) der 
Ebene von Thebe am adramyttenischen Golf mit athenischen Burgschlange entlehnt sei ; er habe 
einem Hafen. Die vielen Belegstellen von II. I nur sich gescheut, den Namen der heimischen 
37 an bei Pape-Benseler Worterb. d. gr. Eigen- Gottin geradezu auf die Barbaren zu iibertragen. 
namen 3 1692; nach Eustath. zu Dionys. perieg. b. Die andere Erklarung des Schol. 194 nennt Ch. 
444 Geburtsort des Homeros mit Heiligtumern des eine Nymphe; O. Miiller Allg. Enc. s. v. Pallas- 
Apollon KMaTog, s. Bd. II S. 56 (Steph. Byz. 50 Athena §33 schrieb diese Bezeichnung falschlich 
contaminiert die Insel Ch. mit der Stadt), Av- dem Sophokles zu, was Roscher Myth. Lex. I 
xeTog ebd. S. 59, Zfiiv&svg S. 69. Die Stadt wurde 901, 27—31 wiederholt, obwohl schon Welcker 
fruh zerstort. Gr. Gstterl. 1 309 den Irrtum nachgewiesen hatte. 

b) Die jiingere Stadt r) vvv X. in der hale- Die vom Scholion citierte, offenbar jiingere Sage 
sischen Ebene in der Nahe des Vorgebirgs Lekton weiss, dass diese .Nymphe' den Philoktetes un- 
bei Hamaxitos. Auch dort wurde Apollon ver- glucklich geliebt und darum verflucht habe; da- 
ehrt, wie so vielfach in der Troas (Herakleides rum habe Sophokles sie nun &/i6yea>v genannt, 
bei Strab. XIII 604; s. Pape-Benseler 1692), Tzetz. Lyk. 911; darum habe sie ihn durch 
auf einer felsigen Hohe iiber dem Meer. Ein- ihre Schlange beissen lassen. Ohne Erwahnung 
wande nach Mannert bei Alb. Forbiger Handb. 60 dieser Legende stellt Eustath. a. O. diese Sfio- 
d. alt. Geogr. i II 141, 44b. Ch. Texier Asie <pqwv (1. &fj,6<fQ<ov) vvfupt) X. der gleichnami- 
Min., Par. 1882, 191. Tempel des Apollon Smin- gen Ch. einer angeblich zwischen Tenedos und 
theus dorischer Saulenordnung gefunden beim Imbros liegenden Insel gegeniiber, deren Schlange 
Dorf Mnaiina (Baba). [Biirchner.] in der Parallelversion den Philoktetes biss. Ver- 

10) In der Philoktetsage ein kultgeniessen- such, den Wohnort der Ch. in dem goldreichen 
des gottliches Wesen des nOrdlichen (aegaeischen) Thasos (Herodot. IV 46) wiederzufinden bei Ar- 
Meers, das zuerst bei Sophokles genannt ist. rian. v. Nikomed. frg. 67 (aus Eustath. Dion. 
In dessen Philoktetes heisst sie 194 &/h6<pqo>v Per. 517, FHG II 599). Diktys II 14 weiss 



2489 Chryse Jfyvofj %(6qu 2490 

erganzend nachzutragen , dass Odysseus gleich ^rjaavQos auch Pausanias, wohl nicht ohne Bezie- 

nach dem beriihmten Biss die Schlange der hung, a. a. 0. nennt. Doch wird auch hier wieder 

Ch. getetet habe, verlegt aber den Vorgang an der Name einem Athenakult angehOrt haben, 

den aus den Troika bekannten , der Philoktet- namlich dem kopa'ischen (der uberschwemmten 

sage fremden Altar des Zminthischen Apollon, Urstadt Athenai? vgl. 0. Miiller a. 0. 58f.). 

wo unter Beihiilfe des Priesters Chryses Pala- Robert-Preller Gr. M. I 191 verweist auf die 

medes und die andem Griechen opfern und durch Sage von dem goldenen Regen bei der Geburt 

einen Ausfall des Alexandros gestCrt werden. 1st der Athena in Ehodos (Pindar. 01. VII 34. Phi- 

es nicht mOglich, zu ergrunden, wieviel von diesem lostr. imag. II 27 u. a.), die hier durch den Namen 
Stoff den verschiedenen Bearbeitern der Philoktet- 10 der Xevoo-yeveia besonders nahe gelegt wird (s. d.); 

sage zugehort, so dem Aischylos (Philoktetes frg. die Gottin oder Nymphe von Lemnos-Chryse da- 

250 — 253 Ddf.), dem Studemund (a. a. 0. 261, gegen ist in den Athenakreis sichtlich erst hinein- 

17) zweifelnd den Namen der Athena Xqvot) zu- gezogen; sie tragt einen fremdartigen Charakter 

schreibt, dem Philoktetes des Tragikers Philokles und ist von Heinrich De insula et dea Chryse, 

(Suid. s. v.), dem des Euphorion (Me in eke Bonn 1839 als sintische Gottin, von Petersen Gr. 

Anal. Alex. 73ff.) u. a., so steht doch vom euri- Myth. 294 als thrakische Bendis, durch v. Wila- 

pideischen Philoktetes fest, dass wir sein Argu- mowitz Hermes XVTII 1883, 257 gleichfalls 

mentum in Hygin. fab. 102 haben. In dessen als thrakisch und als gleichwertig der byzan- 

verdorbenem Texte lesen wir freilich, dass Phi- tischen $a>a<p6Qog angesprochen worden. Per- 
loktetes von der Schlange in insula Lemno ge-20vanoglu Arch. Zeit XXXII 110 und 0. Miiller 

bissen sei (wie in Schol. Soph. Phil. 264), und Ch. Dor. 1 2 390 deuten den Namen Ch. auf den Mond, 

wird nicht genannt; aber Dion Chrysostomos, der Welcker a. 0. 307f. auf eine Licht- (Sonnen- und 

in seiner 52. Kede die Darstellungen des Aischylos, Mond-) Gottin. 

Sophokles und Euripides in Vergleich zieht und 13) Auf Lesbos war X^vafj der Kultname der 

namentlich die letzten ausfiihrlich bespricht, be- Aphrodite nach Kleanthes von Assos beim Schol. 

richtet im ,Philoktetes' (or. 59) aus dem euri- B(L)D Horn. II. Ill 64. tTber den Zusammen- 

pideischen Drama (p. 577), dass die Achaier auf hang mit dem xonot Aeoflias Xqvot) bei Steph. 

d.em Altar der Ch. opfern mussten, wenn sie vor Byz. s. Xgvor] s. Philol. N.P. II 104, 114. Hier 

Ilion keinen Misserfolg erleben wollten, und diesen wird die Erklarung fur die homerische Bezeich- 
Altar sich von Philoktetes zeigen liessen (vgl. 30 nung der ,Goldenen Aphrodite' liegen ; vgl. o. 

Dindorf Poet, scaen. 351 a. E. Meineke a. 0. Bd. I S. 2748. [Tiimpel.] 

Schneidewin Philol. IV 658). Abgebildet ist 14) Spartiatin, Schwester der Xenopeitheia, 

das Holzbild der X. mit Altar und opferndem gehSrte zu den Gegnern des Agesilaos und wnrde 

Herakles auf dem Wiener Vasenb. Arch. Zeit. mit der Schwester hingerichtet. Theopomp frg. 268 

III 1845 Tab. 35. An den Briisten sind zwei bei Athen. XIII 609 B (FHG I 324). [Niese.] 
Sterne sichtbar. Andere nennt Welcker Gr. Chrysea (rj Xgvom Anon. stad. mar. magni 

Gotterl. I 308, 41. Vgl. Aldenhoven, Ann. d. 319; bei Mela II 114. Plin. n. h. IV 61 Chrysa), 

Inst. 1873, 69 zu Plasch Angebl. Argonauten- Insel bei Kreta, s. d., jetzt rai'8a(>ovr/oi. K. Bur- 

bilder 13ff. Overbeck Galerie 324ff. Ann. d. sian Geogr. v. Griechenl. II 579. [Biirchner.] 
Inst. 1881, 149, samtlich in Darstellungen der 40 XQvaij x^ee^ v V ao S > die Halbinsel, welche 

Philoktetsage. sich vom ,Goldland' her gegen Siiden erstreckt, 

11) In Samothrake heisst Ch. Tochter des Pal- also deutlich die Halbinsel von Malaqa , Ptol. I 
(l)as, Gattin des Dardanos, dem sie als Mitgift und 13, 9. 14, 1—8. VII 2, 5. 12. 25. Marc. I 16. 
Geschenk der Athena die Palladien und den My- Bereits Plin. VI 55 kennt einen Bericht , wahr- 
sterienkult der fisyaloi &eoi in die Ehe bringt; scheinlich eines Hellenoparthers aus Charax, worin 
Dardanos bringt diese Weihen, die seine Gattin promunturium Chryse als Landvorsprung westlich 
einst selbst empfangen hatte, aus Arkadien nach vomserischenPlusseLanos(=Daonas,Doanas,s.d.) 
Samothrake; Uallistratos a. Zafioftgqxijg frg. 1 vorkam; genau erkundet wurde jedoch die ganze 
aus Dion. Hal. I 68, FHG 355 und Satyros frg. 52 Kuste der Halbinsel erst durch den alexandrini- 
ebendaher, a. 0. Ill 165. Das voile Stemma, 50 schen Kaufmann Alexandros, welcher Kattigara 
welches Dardanos an die Pleiade Elektra und (s. d.) erreichte, und wir kennen dessen Bericht, 
Zeus anschliesst, steht Dion. Hal. I 61. 62, wo einen der denkwurdigsten aus dem Altertum, aus 
es urn die Sohne der Ch., Deimas und Idaios ver- dem Auszug des Marinus bei Ptolemaios. Dass 
mehrt ist (entlehnt liber Varro human, rer. II diese Halbinsel den indischen Namen Suvarna- 
aus den griechischen Quellen: Kiessling De dvipa erhielt, erklart sich aus den Goldvorkomm- 
Dion. Hal. Antt. auct. lat. 1858, 41). Palas ist nissen sowohl in den Quarzgangen des centralen 
der Eponymos des arkadischen Pallantion, Pallas HOhenzuges wie auch in den Flussalluvionen des 
geschrieben bei Paus. VIII 44, 5. Auch diese Kiistenstrichs, z. B. im Territorium von Pahang. 
Ch. gehert also dem Kr'eis der Athena an. Eigens geschildert wird der Typus der Amoral an 

12) Im boiotischen Orchomenos heisst Ch. Toch- 60 der Ostkiiste; man kann dabei an Malayu oder 
ter des Almos , Schwester der Chrysogeneia, von auch an die jetzt ins Innere verdrangten Negritos, 
Ares Mutter des Phlegyas, des Eponymos der 0Xe- die Sakai und Samang, denken. [Tomaschek.] 
yvavxk x<»Q a > der von Eteokles die Herrschaft von Xgvaij %d>Qa, ein Gebiet des hinterindischen 
Orchomenos ubernimmt; Paus. IX 36, 1 = Steph. Festlandes, Ostlich von der Argyre (s. d., d. i. 
Byz. s. 0hyva, der sie freilich Xgvafj schreibt Eakhang, Arrakan), das heutige Barma und den 
und von einer Stadt Phlegya spricht. 0. Miiller nOrdlichen Teil von Pegu umfassend, Ptol. VII 
denkt Orch.2 137 an den sprichwortlichen Reich- 2, 17, der zugleich eine sprechende Schilderung 
turn der alten boiotischen Stadt, deren Mivvov der Bewohner entwirft: ,Leute von weisser Haut- 



2491 Chrysei Chryseiis 2492 

farbe , dichtem Haarwuchs , kleiner Statur und xe 'Hexicova avstXs . . . fieff ovg Avgnjooor nog- 

stumpfnasig', also ahnlieh den Beseidai-Tiladai. ftrjoag . . . alxfialmxov rjysv . . . Bgiarjida . . . omo ds 

Dieser Typus ist noch jetzt alien tibeto-barmani- xfjg Xovotjg ■ Xgyorjida rf/v Xqvoov. Das Argu- 

schen Stammen von der Beuge des Brahmaputra mentum der Ilias bei Plutarch de v. et p. Homeri 

bis zum Isthmus von Krah, dem die Karyan oder I 7 lasst ebenfalls Ch. in Chrysa gefangen werden. 

Karen nahe kommen, eigen; zuraal die hoheren Auch die, welche im Schol. BL die Athetese der 

Kasten bei den Mrang.ma (von mrang , brang Thebeverse tadelten, weil sie ovx irnoi /ua&sTv 

,Pferd') oder Barmanen sind lichthautig. Die r)^mg, o&ev rjXco Xgyar/cg, erkennen wenigstens 

Barmanen nennen ihr Land S6na-paranta ,goldenes die Notwendigkeit an, zu begrlinden, warum der 
Grenzland'; AcSkaschicktebuddhistischeGlaubens- 10 Ort der Gefangennahme nicht Chryse sein soil; 

boten nach Payigu und Suvarna-bhunii, pali So- eiilei ja.Iv tioq^ocov Xqvoov 'A%illsvg, 'A&nva 

banna-bMmi oder bhfi; dann kamen auch Missio- d'ovx eia, ydoxovoa /xt) aigrjoeiv dC'AnoXXmva, und 

nare aus Lanka dahin. In europaischen Schriften bringen dann aus den Kyprien (frg. 16 Ki. aus 

flnden wir den Namen zuerst bei dem Portugiesen Eustath. II. I 366 p. 119, 4ff.) die Erzahlung von 

de Couto V 5, 9 Sobuna-bu no regno de Avd. einer Besuchsreise bei, die Ch. zur Iphinoe, Eetions 

Banna ist reich an Gold und Rubinen; Joseph. Schwester, Aktors (des ,FestIandischen') Tochter, 

ant. VIII 164 glaubt daher Ophir oder SdxpeiQ gemacht habe, um dort der Artemis zu opfern 

in dieser Xqvotj yfj suchen zu dilrfen. (= Schol. A zu 18); Schol. L 366 findet hier 

[Tomaschek.] gar, um die Thebeverse zu retten, ohne doch auf 

Chrysei, vorderindisches Volk, neben den Cae- 20 Chryse als Ort der Gefangennahme verzichten 

triboni und Megallae (Mavella), Megasth. bei Plin. zu miissen, die Figur der Synekdoche : Achilleus 

VI 73; etwa .Krisnaverehrer'? Lassen dachte habe wirklich Chrysa und Brisa genommen, sie 

an die Karusa oder Karuca des Visnu-Purana seien freilich hier nicht genannt, aber doch ein- 

p. 79. 186. 351. [Tomaschek.] begriffen in der^Nennung Thebes, die nun einmal 

Chrysei's (X(>voi]tg). 1) Tochter des sminthi- die bedeutendste dieser Stadte sei und fur die 

schen Apollonpriesters Chryses (s. d.) im ersten anderen mit stehe! ,Einige' (beim Schol. BD 

Gesang der Ilias (13. 20. 95. 98 ohne Namen, 366 = Eustath. p. 118, 42ff.) wussten auch, dass 

einfach als Madchen und Tochter bezeichnet; 111. Chryse als ,unbedeutendes und ofTenes Land- 

143 X. xovQt) ; 182. 310. 369. 439 X. schlechthin stadtchen' ein zu unsicherer Aufenthaltsort fur 
genannt, nieinals Xovofjog ftvyaxviQ, wahrend doch 30 Ch. gewesen war, weswegen sie die befestigte 

Bqiarjog dvyaxtjQ in den jungeren Abschnitten Thebe vorzog (xQijotpvyszov xi sQvfiviov Eustath.). 

des Epos steht). Sie lebt als Gefangene im Zelt v. Wilamowitz fasst den Eindruck dieser Com- 

des Agamemnon, der dem flehenden Vater die binationen und Erflndungen in dem Urteil zu- 

Auslieferung verweigert; erst durch die Pest des sammen:,ManhatkeineVeranlassung, demDichter 

Apollon, den Chryses als Racher aufgerufen hat, des ersten Gesangs die Erbeutung (der Ch.) bei 

wird er bewogen, sie zuriickzuschicken ig Xqvot]v einer anderen Gelegenheit als dem Pall von Chryse 

(431) und zum Altar, dessen Priester ihr Vater zuzuschreiben' (Homer. Untersuchungen 411). 

ist (440). Diese Ortlichkeit (ig XQvarjv 390) ist Wirklich machen die Versuche, die Thebeverse 

auch beibehalten in der von Aristarchos (Schol. mit der echten Episode von Ch. und Chryses in 
A 365) athetierten Palillogie (364 — 392). Wahrend 40 Chryse in Einklang zu bringen, einen klaglichen 

somit die Annahme nahe liegt, dass Ch. ebenda auch Eindruck. Hatte man doch sogar erwogen , ob 

seiner Zeit gefangen genommen worden sei (Eustath. man nicht die Heimsendung ig Xqvotjv als eine 

II. I 366 p. 118, 421), was auch noch andere unten Rucksendung«& jzax£(>a(\) auffassenkOnne(Eustath. 

zu erorternde Spuren bestatigen, liefert dieses p. 121, 2f.)! Dann wiirde man sogar den Chryses 

schon Aristarchos stOrende recapitulierende Ein- in Thebe wohnend denken dilrfen, statt in Chryse. 

schiebsel eine andere Erzahlung (366) : als Achilleus Sogar die Namenerklarung nahm man zu Hulfe. 

die Stadt des Eetion, Thebe, zersterte und pliin- Wahrend die Schol. AD zu 392 Xgyor/tg patro- 

derte, behielten die Achaier aus der Beute, die nymisch verstanden (ov xvQlcog) und eine Anto- 

sie im iibrigen unter sich teilten, die Ch. dem nomasie annehmen, eine angebliche Verhullung 
Agamemnon vor. Aristarchos schied, wie gesagt, 50 des ,Eigennamens' Astynome, den doch Homeros 

diese Angabe einfach aus; andre die ganze Scene gar nicht kennt, nur die aQxaloi (ygaix/xaxiHol) 

zwischen Thetis und Achilleus (348—430), welche der Scholiasten, so behaupteten andere (Eustath. 

zujenerwiederholendenWiedererzahlung an Thetis p. 121, 8ff.), Xgvatjtg sei allerdings hvqiov ovo/ia 

Anlass bot. Sie veranlasste durch Widerspriiche und eine Antonomasie wiirde erst X^vafjog xovgtj 

hinsichtlich der Zeitrechnung und der Ortlichkeit tauten miissen, das allerdings Homeros nirgends 

(z. B. des Aufenthalts der Gotter, auf dem Olympos ? hat. Es ist vergebliches Bemiihen, durch Annahme 

in Aithiopien ?) zahlreiche Athetesen (vgl. Schol. einer Antonomasie dem Homeros schon die Kennt- 

BL zu 424f. 420f. 426 ; den Obelos im Venetus nis und Verschweigung der Namen Astynome fur 

bei 424). Und so batten Lachmann, Bern- Ch. und Hippodameia firr Briseis unterschieben zu 
hardy, Haupt, Kochly, G. Curtius diese 60 wollen, wie das gleiche Scholion thut. Aber auch 

82 Verse einem Nachdichter (Lachmanns ,zwei- das ist verfehlt, Ch. als gewohnlichen Eigennamen 

tem') zugeschrieben (vgl. Lachmann Betrach- hinzustellen. Der Streit in dieser Form ist miissig; 

tungen 99f. mit Haupt s Anmerkung; Philol. Ill noch miissiger die Berufung auf alte Mythogra- 

1848, 8fT.). Einige alte Erklarer ignorieren denn phien , durch welche die Gegner der patronymi- 

auch kurzweg diese , Gefangennahme bei Gelegen- schen Deutung des Namens ihre These stiitzen 

heit der Eroberung von Thebe'. Das wichtige wollen, bei Eustath. p. 77, 39ff. : Astynome und 

Schol. BD zu 366 erklart unbeirrt imozQaxevoag Hippodameia seien Cousinen, da ihre Vater, Chryses 

'AxdXevg xfj 6rjpr] xal xt]v nohv noQ&r/oag xov in Chryse und Brises in Pedasos am Satnioeis, 



2493 Chryse'is Chrysendeta 2494 

Briider gewesen seien, SOhne des Ardys (offenbar giebt. Piir die Ermittlung des urspriinglichen 

doch wohl des Eponymos der mysischen Stadt Wesens der Ch. ist entscheidend die enge Ver- 

Ardynion). Das einzig Richtige daran ist der Zu- kniipfung mit Chryse einerseits, anderseits mit 

satz, die Tochter batten (,nachherM) ihre home- dem Eroberungszug des Achilleus, der ihm selbst 

liscben Namen Brise'is und Ch. infolge der Kriegs- die beriihmten sieben Lesbierinnen und anderen 

gefangenschaft erhalten. Wirklich ist der Ge- Helden andere gefangene Madchen, samtlich Orts- 

brauch, kriegsgefangene Sclavinnen (wie Sclaven) heroinen, einbrachte (vgl. Turn pel Philol. N.F. 

nach ihrem Herkunftsort zu nennen, wie Tsxig, II 1889, 99ff. und in Boschers Myth. Lex. II 

Kifaooa, 0Qq.xra u. a. im griechischen Altertum nie 1949ff). Wie die Lesbierin Diomede dem Achilleus 

ausgestorben ; also ist Xpvotjts von Xgvoa oder 10 die Lesbierin Brise'is ersetzen sollte, so sollte diese 

Xgvoi) ebensowenig zu trennen, wie Bgiotjig von dem Agamemnon die Ch. ersetzen, die ihrer- 

dem jetzt auf Lesbos bezeugteu Ort B^ijoa = seits von dem Aeofiiag xonog Xqvoij des Steph. 

BQiaa. Das hat v. Wilamowitz mit Ent- Byz. s. Xqvor] nicht zu trennen ist, trotz des die 

schiedenheit und Eecht geltend gemacht (a. 0. Porschung von Strabon bis auf unsere Zeit irre- 

411). Als typisches Beispiel einer ,Kriegsge- fiihrenden Localpatriotismus des Demetrios von 

fangenen' schwebt die homerische Ch. noch dem Skepsis (Tiimpel Philol. Ill 1890, 90ff.). Hat 

Aischylos vor, wenn er (Agam. 1439) den Plural Chryses auch Ziige des lesbischen Apollon an- 

XQvatjidss verachtlich in diesem allgemeineren genommen, dessen Cultheros er ist, so kann ander- 

Sinne bildet. Noch der gelehrte Homeriker Eu- seits die Ch. schwerlich von dem lesbischen Cult 

phorion sah in dem Namen keinen Eigennamen, 20 der Xgyafj (s. d. Nr. 13), einer epichorischen Aphro- 

den er vielmehr in dem djiQidxijv des Verses dite, getrennt werden, die sich zu Xqvoi} dem Orte 

I 99 zu linden glaubte (98 ano naxQi q>lkcp verhalt, wie 'A-thjvafiJa zu 'Adfjrai. Einen Aphro- 

$6[ievai ilixcomda xovqt]v 'AiiQidxrjv avwnoivov ditecult gabs zu Pyrrha am Pyrrhaiergolf ; an 

ayuv d'leQrjV lxax6[ifir\v eg Xqvchjv . . .). Er demselben lag auch das friih untergegangene 

fasste das Wort als Substantiv auf! Wenigstens Arisba, dessen Einwohner und wohl auch Culte, 

«rzahlte er im Thrax (frg. 21, Meineke Anal. Methymna aufsog (Herod. I 151); in Methymna 

Alex. 57) eine mit der erhaltenen des Parthenios aber ist ein Apollon-Smintheuskult bezeugt (CIG 

(26, Westerm. MvftoyQ. p. 176) ubereinstimmende 2190 h), der also vom Pyrrhaiergolf stammen wird. 

Geschichte von einer sonst nirgends bezeugten Vgl. auch die dort localisierte Smintheussage bei 

Lesbierin Apriate (s. d.), die dem troischen Sagen- 30 Plutarch, symp. VII sap. 20 p. 163 (Philol. II 

kreis angehort (vgl. Tiimpel Philol. N. P. Ill 1889, 114f.). So wird man das homerische Chryse 

1890, 107ff.). Wir diirfen diesen offenbar lesbi- = dem lesbischen am Pyrrhaiergolf ansetzen diirfen, 

schen Localmythos als einen Ortlichen Nachklang wo in einem Apollon-Smintheus- und einem Aphro- 

von der homerischen Ch.-Sage fassen, auch wenn dite-Chryse-Cult die Bedingungen zur homeri- 

wir das SuiQidxijv mit Euphorions Kritikern Ari- schen Sage von Chryse, Chryses, dem Priester 

starchos und Krates von Mallos adverbial oder des sminthischen Apollon, und seiner Tochter Ch. 

adjectivisch fassen (Ludwich Aristarchs homer. gegeben sind. Auch die Angaben der 'Odvooemg 

Textkritik 1 179. Apollon. lex. s. ajigidxtjv. Eustath. itQea/}ela im ersten Iliasgesang stimmen ; s. die 

p. 1760, 36ff. zu Od. XIV 317; Schol. AB(L) oben citierten Untersuchungen im Philologus. Ent- 

Townl. II. 199). H. Stephanus freilich (Thes. 40 lassung der Ch. in Gegenwart des (fiber den 

1. gr. s. mzQiaxr]) billigte Euphorions substan- Verlust der Brise'is ziirnenden) Achilleus auf Wand- 

tivische Deutung! Die homerische Darstellung gemalden s. Helbig Camp. Wandg. nr. 1308. 

der Sage von Ch. wird oft citiert; so von Hygin. CIGr 6125. 6129 b. 

fab. 106. 121 (I. Halfte). Apollod. bibl. epit. 2) Nere'ide, Gespielin der Persephone , Homer. 
IV 1 Wagner. Duris von Samos frg. II aus Athen. Hym. Demet. 421. 
XIII 560 B, PHG II 469 (Ch. als Ursache der 3) Okeanide, Hesiod. theog. 359. 
Pest). Ovid, trist. II 873 ; rem. am. 469. Aristeid. 4) Eine der 50 Tochter des Thespios, von He- 
ars rhet. I 14, 1. Dion Chrysost. or. 61 {Xqv- rakles Mutter des Onesippos; Apollod. Bibl. II 
or/is) p. 581 (in einer psychologischen Wflrdigung 7, 8, 1 — 3. [Tiimpel.] 
ihres Verhaltens, im Vergleich zu dem der Bri-50 Chryseladin (xo XqvosAASiv d. h. XqvosIo.- 
se'is) hat, wie selbstverstandlich, Ch. mit Chryses biov, spate Namenbildung vom goldgelben 01, das 
in Chrysa, ebenso Lukian. de sacrif. 3. Bei Diktys, auf den Landereien des Gutes gewonnen wurde), 
der sonst (II 14. 28—30. 33) mit Homeros stimmt, Name eines Grundstiickes auf der Insel Thera, 
wird (47) Ch. von dem dankerfullten Vater dem CIG IV 8656 B 16. [Biirchner.] 
Agamemnon zuriickgeschickt und heisst iiberhaupt Chryselephantina s. Goldelfenbein- 
wie bei Tzetzes (Lyk. 298) sowie im obigen Scho- technik. 

lion und bei Eustath. a. O. Astynome; bei Tzetz. Chrysendeta, substantivisch , kommen ofter 

Antehom. 349 Astynomeia. Unter Chryses Nr. 1 bei Martial vor; lanoes ehrysendetae XIV 97. Hier 

siehe die weitere Ausdichtung derLebensschicksale und II 43, 11 sind es grosse Schiisseln, nament- 

der Ch. (Schwangerschaft, Verheimlichung, Geburt 60 lich um grosse Fische aufzutragen, und da es 

des jungeren Chryses, Begegnung mit Orestes und sich offenbar um den Namen einer bestimmten 

Iphigeneia), die auf eine von Sophokles (Xgvorjg) Gefassgattung handelt, werden solche auch II 53, 

benutzte Localsage von Chrysopolis (gegeniiber 5. VI 94. XI 29, 7 gemeint sein. Aus dem Namen 

Byzanz) zuriickzugehen scheint, nach Euripides ist zu schliessen, dass sie silbern mit goldenem 

weiter ausgedichtet wurde und so durch Pacuvius Eandewaren. Eine solche Schiissel auch Athen. IV 

(im Chryses) Bearbeitung erfuhr. Daselbst auch 129 b : mva§ dgyvQovg im n&xog ovx oliyov jisqI- 

die noch spatere Genealogie, welche der Ch. ausser %Qvoog. Ahnlich werden die phialae ehrysendetae 

•dem Sohne Chryses II. gar Iphigeneia zur Tochter bei Herzog Gall. Narb. app. p. 30 nr. Ill zu ver- 



2495 J^Qvarj vf t aog Chryses 2496 

stehen sein. Adjectivisch kommt das Wort noch thatig war. Wir besitzen von ilim und seinen 

vor von einem goldverzierten Schwert (Philem. Veiwandten Plavius Andronikos und Flavius Ana- 

bei Poll. X 145) und von einem goldgefassten ximandros eine 1886 in Rom bei den Sette Sale 

Edelstein, Plut. Lucull. 3. Becker-GOll Gallus in zertriimmertem Zustand aufgefundene , aber 

II 376. Marquardt Privatl.2 697, 1. [Mau.] grosstenteils wieder zusammengesetzte, aus Zeus, 

X(yoarj vijoog, zuerst von den Makedonen Ale- Poseidon, Herakles und Helios bestehende Statuen- 

xanders an der Miinde des Indus erkundet, Plin. gruppe, die sich jetzt in der Sammlung Jakobsen 

VI 80; bei Dion. per. 589 als ,Insel des Sonnen- zu Kopenhagen befindet. Etwas trocken in der 

aufgangs' auf Taprobane bezogen; Mela III 70 Behandlung und stark pathetisch in der Auf- 
sucht sie samt Argyre in mari Eoo, und so findet 10 fassung veranschaulicht sie sehr lehrreich den 

sich in der Tab. Peut. ABfgireJ CIRSE, ins. Barrokstil des 2. Jhdts. n. Chr. Der Schulzu- 

Chrisi beim Geogr. Rav. 420, 14 von Taprobane sammenhang mit Aristeas (s. d. Nr. 16) und Pa- 

abgesondert im gangetischen Golfe; im Peripl. pias ist unverkennbar. Bull. com. 1886, 316ff. 

mar. Erythr. 60 wird von den grossen Kolandia- tab. X. XI. Einzelne Stiicke aus der Gruppe bei 

schiffen gesprochen, welche zum Ganges und nach Arndt-Bruckmann Einzelverkauf 166 — 170. 

Chr. segeln; § 63 von der hinterindischen , am [C. Robert] 

aussersteh Ende der Welt gegen Sonnenaufgang Chryses [Xgvorig). 1) Ein Priester des Apollon 

gelegenen oceanischen Insel Chr., welche das beste Spivd'evg von Chryse, Killa und Tenedos im alte- 

Schildkrot {xsltovri xQvoovyoicoTixrj) liefert; von sten Teil der Ilias I, betet zu seinem Gotte, dass 
da an gegen Norden liegt die serische Haupt- 20 er die Achaier mit seinen Pestpfeilen heimsuchen 

stadt Thinai. Erst Ptolemaios unterscheidet ein mbge (37f.), weil er, obgleich mit des Gottes Binden 

Goldland (skr. Suvarna-bhumi) und eine goldene geschmiickt und mit reichlichen Losegeschenken 

Halbinsel (skr. Suvarna-dvipa). Die Araber ver- versehen, doch vergeblich im Griechenlager vor 

standen unter .Goldland' und ,Goldinsel' die est- Ilion um Riickgabe seiner Tochter gebeten hatte. 

lichen Lander und Inseln iiberhaupt , zumal Su- Agamemnon wies ihn , obgleich Ch. den Achaiern 

mutra; zuletzt jagten die Portugiesen einer ilha gliickliche Eroberung Hions und frohliche Heim- 

de ouro nach, glaubten sie an der Westseite von kehr wiinschte , trotz der Fiirsprache der andern 

Sumatra zu erreichen, fanden jedoch wirklich Gold Achaier, mit harten drohenden Worten ab (8 — 33). 

nur in Menangcabo und in Pahang. Gawa be- Als der Gott den Pluch des Priesters erhort, 
sass den Ruf Goldschatze zu besitzen; aber diese 30 bringt in der (nach Christgleichf alls alten) °0<5v<r- 

vulcanische Insel besitzt kein Gold. oscog itQeapda 430 — 487 Odysseus im Auftrag Aga- 

[Tomaschek.] memnons auf einer Wasserfahrt die Chryse'is zu- 

Chrysermos. 1) Sohn des Herakleitos aus nick ig Xqvotjv (437) und giebt sie ihrem ,lieben 

Alexandreia. Svyysvrjg paoitecog IlxoXsfiaiov (d. h. Vater Ch.' (441f.) zurilck, worauf Ch. mit Erfolg 

Ptolemaios III. 247 — 223) xal i^tjyrjx^g xal em zum Apollon um Beendigung der den Achaiern 

x(bv latQcov, xal emaxdtr)? xov Movosiov, Bull. verderblichen Pest fleht (450ff.). Hier ist der 

hell. Ill 470 nr. 2 = Dittenberger Syll. 169. Wohnort des Ch. deutlich Chryse. liber die Epi- 

[Kirchner.] sode, welche (370 — 384) diese Angaben von An- 

2) Aus Alexandreia, Stoiker, als Schiller des fang bis zur Riicksendung eg X^votjv (390) wieder- 
Antipatros von Tarsos (oder des Diogenes von 40 holt nnd ausdichtet, s. Chryse'is Nr. 1. Daselbst 
Babylon?) genannt im Index Stoicomm Hercula- auch das Netige iiber die antike Controverse, 
nensis (Biv. di filoL III) col. LIT. [v. Arnim.] welche auch das k Xgvarjv in ihr Bereich zog 

3) Arzt aus der Schulc der Herophileer (Sext. und neben der Deutung slg xofov auch die = si; 
Emp. Pyrr. I 84), war Lehrer des Herakleides izaxsga (!) in Erwagung zog (Eustath. p. 121, 2f.). 
von Erythrai (Gal. VIII 743), eines Zeitgenossen Um das Apollonheiligtum des Ch. dem troischen 
des Strabon (XIV 645), und des Apollonios Mys Festlande zusprechen zu konnen, scheute man 
(Schoene De Aristoxeni jisqI xijg 'HgcxpiXov at- keine Schwierigkeit ; alte fj,v&oyQa<p(ai sollen Ch. 
Qsascog libro XIII a Galeno adhibito, Bonn. Diss. zum Sohn des Ardys (offenbar Eponymen von Ar- 
1893, 15, 2), lebte also um die Mitte des 1. Jhdts. dynion) undBruder des Brises gemacht und beider 
v. Chr. Er wird von Plinius und Galen ange- 50 Tochter , Astynome (= Chryse'is) und Hippoda- 
fiihrt; von ersterem (n. h. XXII 71) erfahren wir, meia (= Brise'is), in den beiden nur eine Tage- 
dass er die in Wein abgekochte Asphodillwurzel reise von einander entfernten festlandischen Stadten 
gegen Anschwellung der Ohr- und Halsdrtisen ge- Chryse und Pedasos am Satnioeis angesetzt haben 
geben habe, der letztere erwahnt seine Pulsderi- (Eustath. p. 77, 39ff.). Ohne solche Anhangsel 
nition (VIII 741) und die Composition eines pa- geben die homerische Erzahlung wieder Platon, 
stillus Chrysermi (XIII 243). [M. Wellmann.] der sie unter Ausscheidung aller fiifajaig des 

Chryseros (XQvosQcog). 1) Athener ('Aft/to- Dichters referiert (Bep. Ill p. 392 c. 393 d). Apoll. 

vevg). 'Hysfiwv i(p^cov um 112 n. Chr., CIA III bibl. epit. IV 1. Hygin. fab. 106. 121 (erste 

1094. [Kirchner.] Halfte). Tzetz. Lyk. 298 (wo die Tochter wie im 

2) Spartaner, Geronte aus der Zeit nach M. 60 Schol. AD II. 392 und bei Hesychios Astynome 
Aurelius, CIG I 1248. [Niese.] heisst; Tzetz. Antehom.Astynomeia). Onverandert 

3) Praepositus sacri cubiculi unter dem Kaiser wiederholt die homerische Handlung ferner Plut. 
Zeno, Cod. lust. XI 69, 1. [Seeck.] de vita et poesi Homeri 1 7, wo Chryse'is in Chrysa 

4) Plavius Chryseros aus Aphrodisias, Bild- selbst gefangen genommen wird; Christodor. Anth. 
hauer, gehort zu einer schon durch mehrere In- Pal. IX 385, wo unter den Inhaltsangaben der 
schriften (Loewy Inschr. gr. Bildh. 364 — 368) 24 Iliasgesange Xqvoov faxai fur den ersten an- 
bekannten Kiinstlerfamilie, die in der Kaiserzeit, gegeben wird (= naQcupQaoig xijg 'Oft. 'IXiddog A, 
wahrscheinlich unter Traian und Hadrian, in Rom II p. 651 Bekk.); Dion. Chrysost. or. 61 (Xqv- 



2497 Chryses Chrysippos 2498 

arjts) p. 581. Aristeid. ars rhet. 114, 1. Lukian. de XVIII 1883, 258) das Argumentum der nur in 
sacrif. 3. Christodor. Anth. Pal. II 85 (Beschrei- funf Bruchstiicken (frg. 650 a bis 653 Ddf.) iiber- 
bung des Ch. mit Scepter). Diktys wiederholt lebendenTragoedieXguOT?? des Sophokles erkennen. 
II 14. 28 — 30. 33 die homerische Darstellung Der von Ribbeck a. 0. reconstruierte Ch. des 
vom,ZminthischenApollonpriesterCh.', nennt zwar Pacuvius soil nach Naeke, Nauck und Bib- 
die Insel Chryse nicht, denkt aber an sie, da er beck ebenfalls auf dieses verlorene Drama des 
am zminthischen Altar Philoktetes von der Schlange Sophokles, nach v. Wilamowitz (a. 0. 257) 
(der Chryse) gebissen werden lasst (14); II 47 vielmehr auf ein nacheuripideiscb.es Drama des 
schickt der dankerfullte Ch. seine von Odysseus Iphigenienkreises zuruckgehen. 
zuriickgebrachte Tochter dem Agamemnon wieder. 10 2) Ch. der Jiingere, Sohn der Chryse'is von 
IV 18 birgt Ch. den aus Ilion fliehenden Seher Agamemnon, Enkel des alteren Ch., wohnte auf 
Helenos im Tempel verrat ihm Ilions Schicksal der Insel Zminthe nach Hygin. fab. 120. Sein 
und bringt ihn dann sicher zu den Griechen, denen Eingreifen in die Iphigenienhandlung (121) und 
Helenos den Sieg verkundet; alles Neuerungen die Riickfiihrung seiner Sage auf Sophokles Tra- 
zu Homeros. Die Fragen nach der Ortlichen An- goedie Xgiaris s. o. unter Nr. 1 a. E. Seine 
setzung der Heimat des Ch. bei Homeros erOrtert letztenLebensschicksale behandelt eine nach v. Wi- 
im Anschluss an Apollodors Commentar n. ve&v lamowitz (a. 0. 256) von Sophokles benutzte, 
Strab. XIII 612f.; vgl. Art. Chryse Nr. 9 und in unseren Quellen auf den Boojioqov avdxAovg 
Chryse'is Nr. 1. Eine ganz neue Legende fiber des Dionysios von Byzanz (p. 33 ed. Wescher) 
Ch. hat Polemon frg. 31 aus Schol. AD H. I 39, 20 zuriickgehende Sage ; vgl. die nlelovg bei Steph. 
ausfuhrlicher zu lesen bei Eustath. z. d. St. p. 34, Byz. s. XQvoonofog und Hesych. Miles, orig. 
20ff., FHG ni 124f. Der Scholiast (und mit ihm Constantinop. VI frg. 4. 11 aus Const. Por- 
C. Muller FHG a. 0., der den Eustathios nicht phyr.de Them. II 8f., FHG IV 148. Sie lautet: 
mit ausschreibt) , verschweigt namlich, was Eu- Nach dem Tode des Agamemnon flieht Ch. H. 
stathios berichtet, dass in Chryse, einer mysischen vor den Nachstellungen der Klytaimnestra und 
Stadt, der Apollonpriester Krinis mit dem Apollon- kommt auf der Suche nach Iphigeneia in die 
priester Ch. verkehrte. Auf diesen Verkehr wird spater nach ihm Chrysopolis benannte bithynische 
die auch im Scholion erzahlte Legende von der Stadt, die Byzanz gegenuberliegt. Dort stirbt 
Stiftung des Apollon-2^tW>««s-Heiligtums in Chryse er und wird begraben; in einer spateren Bre- 
(nach dem Scholion im troischen xomog Sfilv&og), 30 chung (Et. M. s. XpvodjioXig, kiirzer Tzetz. Lyk. 
anlasslich einer Mauseplage, zuriickgefuhrt. Dieser 183) wird Iphigeneia sogar zur Schwester des 
Vorgang soil den Ch. ermutigt haben, dem glei- Ch. II., also Tochter Agamemnons von der Chry- 
chen Gotte auch seine aus Homeros bekannte Bitte, se'is ; sie soil von den Tauroskythen geraubt und 
betreffend die geraubte Tochter, vorzutragen. Mit zur Artemispriesterin gemacht sein. (jber die 
den spateren Schicksalen des Ch. beschaftigt sich Beziehungen dieser Localsage zum Kult der Chryse 
eine Sage, die in die Orestes- und Iphigeniensage einer- und der athenischen Colonisation anderseits 
hintiberspielt und selbst wieder Weiterbildungen s. v. Wilamowitz a. 0. 257f. [Tumpel.] 
erfahrenhat. Bei Hygin. (fab. 121, zweite Halfte; Chrysippa, eine von Steph. Byz. erwahnte, 
vgl. 120 Schluss) lesen wir : Agamemnon schickte sonst unbekannte Stadt Kilikiens. [Buge.] 
dem Ch. seine Tochter Chryse'is, die von Achilleus 40 Chrysippe {XQvaiimrj). 1) Tochter des Iros, 
in Mysien gefangen genommen war, schwanger von Phthios Gattin des Hellen, des Eponymos 
zuriick; diese leugnete aber ihrem Vater gegen- der thessalischen Stadt (!) Hellas; Steph. Byz. 
iiber, von Agamemnon beriihrfc zu sein, und be- s.'EXkdg. Als Tochter des Eponymos von Ira-Hiera 
hauptete, als doch endlich Ch. der Jiingere gehort sie zu den malischen 'IgteZg = 'legijg (Philol. 
geboren wurde, sie habe ihn von Apollon em- N.P. Ill 1890, 229f.). 

pfangen. Als aber Iphigenie und Orestes mit 2) Eine Danaide, die ihren Brautigam Chry- 

Pylades und dem taurischen Artemisidol zu Ch. sippos, Sohn des Aigyptos , tstet ; Apollod. Bibl. 

I. nach der ,Insel Zminthe' (120 Schluss) kommt II 1, 5. 

und (was im Text vermisst wird) Thoas die Fliicht- 3) Tochter des Hydaspes, verliebt sich in ihren 
linge und Tempelrauber verfolgt und die Aus- 50 Vater und weiss ein Beilager mit ihm in dunkler 

lieferung verlangt, bei Ch. II. auch Erfolg hat Nacht unter Beihfilfe ihrer Amine herbeizufuhren. 

(121), da ermittelt Ch. I., dass die verfolgten Ge- Der Vater begrabt, als er es erfahrt, die Kupp- 

schwisterKinderdesAgamemnonsind.woraufChry- lerin lebendig, pfahlt die Tochter und stiirzt sich 

se'is ihrem Sohne, oder Ch. I. seinem Enkel Ch. II. aus Gram in den Indosfluss, der nach ihm Hy- 

(Text qui [d. i. Chryses I.] Chrysi [d. i. dem II.] daspes genannt wird ; eine apokryphe Geschichte 

filio stio) seine wahre Abstammung (namlich von bei Ps.-Plut. de fluv. 1, 1. Vgl. Schol. Dion. 

Agamemnon, nicht von Apollon) enthiillt und ihn Per. 1139. [Tiimpel.] 

darauf aufmerksam macht, dass er Halbbruder Chrysippos (XQvomjiog). 1) Sohn des Pelops. 

von Iphigeneia und Orestes sei. Darauf ver- Eine peloponnesische Sagengestalt, schoner Knabe, 
zichtet Ch. II. auf Auslieferung, t6tet vielmehr 60 der friih stirbt (vgl. die Liste solcher bei Hygin. 

im Verein mit Orestes den Thoas und entlasst fab. 271). Seine Sage ist an verschiedenen Orten 

die Fluchtlinge unversehrt nach Mykenai. So der und nach zwei verschiedenen Richtungen aus- 

von Bunte (ed. p. 100) und Ribbeck (Rom. gebildet. 

Trag. 249, 2) richtig gestellte Text, in dem Naeke A. Peloponnesische Sage. Eine in meh- 

(Opusc. 1 91), Nauck (TGF 229f.), Welcker (Gr. reren Brechungen vorliegende, aber iibereinstim- 

Trag.I210ff.),Ribbeck(a.O.249f.;trag.rel.p.71. mende, bei Thukydides I 9, der aus des Hellanikos 

284) und Robert (Arch. Zeit. XXXni874, 134) 'AsyoXixa schOpft (U. Kehler Comment. Momm- 

unter Zustimmung von v. Wilamowitz (Herm. sen. 375), kurz angedeutete und in einem langeren, 

Pauly-Wissowa III 79 



2499 Chrysippos Chrysippos 2500 

wohl echten Fragment (42) des Hellanikos er- zeugen , oder sein Sohn moge ihn toten , ebenso 

haltene Uberlieferung ergiebt folgendes: Ch. ist in Schol. Eurip. Phoen. 60 (nicht aus der Oidi- 

der Sohn des Pelops und der Nymphe Axioche podie, s. v. Wilamowitz Ind. lect. Gotting. 1893, 

(Schol. Eurip. Or. 4. Schol. Pind. 0. 1 144) oder 10 Anm.). 

der Danais (die unter Plutarchs Namen gehende Apollon von Delphi ist Bacher des geschan- 

Parall. min. 33), jedenfalls nicht der Hippodameia deten Ch. nach dem vor den Phoenissen des Eu- 

(Schol. Horn. II. II 105. Hygin. fab. 85). Da Pelops ripides in ABM (Schol. Eurip. ed. Schwartz 

ihn vor alien seinen Kindern (Liste im Schol. Eur. p. 243 , 14ff.) erhaltenen hexametrischen Orakel 

Or. 4. Schol. Pind. 01. 1144) liebt, fiirchtet Hippo- (vgl. Anth. Pal. XIV 76). Wie es scheint, ist 

dameia, dass er diesem statt ihren Sohnen Atreus, 10 diese Version auf einer praenestinischen Ciste 

Thyestes u. s. w. die Herrschaft vererben werde. Mon. d. Inst. VDII 29/30 = Benndorf Wien. 

Auf ihr Anstiften toten sie ihn. Thuc. I 9 (der Vorlegebl. 1889, VIII 2 dargestellt (Be the 

nur Atreus nennt). Schol. Horn. II. II 105 AD Theb. Heldenl. 14 mit Anm. 19). Sehr merk- 

(Hellanikos frg. 42) und BTwl. Platon Kratyl. wfirdig ist die Notiz im Schol. Eurip. Phoeniss. 

395 B. Schol. Eurip. Or. 4. Tzetz. Chil. I 415ff. 60 nvsg Ss <paoiv, on Amog avflQedt] roio 0181- 

Hygin. fab. 85. Paus. VI 20, 7. Nach Dieuchi- aodog, on afi(p6reQoi rJQwv Xqvoixhov. Bei Hy- 

das von Megara bei Schol. Apoll. Khod. I 517 = gin. fab. 85 und Tzetz. Chil. I 415 ist die Ver- 

FHG IV 390 frg. 8 floh Alkathoos, Sohn des sion vom Baube des Ch. durch Laios mit der 

Pelops , wegen Ermordung des Ch. aus Megara unter A gegebenen Version verbunden durch die 

(sic). Nach Entdeckung des Mordes verbannt 20 Erflndung , Pelops habe Ch. durch einen Krieg 

Pelops seine Sorme und fluent ihnen (Schol. II. II aus der Gewalt des Laios befreit. Wertlos, well 

105 AD), nach Paus. VI 20, 7 und Parallel, min. aus Thukydides Worten irrtumlich herausgespon- 

33 muss auch Hippodameia nach Mideia fliehen, nen, ist die Notiz im Schol. Thukyd. I 9, Pelops 

nach Hygin. fab. 85. 243 tetet sie sich selbst. selbst habe den Ch. getetet, und Atreus sei aus 

B. Die andere Sage erzahlt von einem Baube Purcht vor gleichem Schicksal entflohen. Die 

des Ch. Sie ist in zwei Ponnen erhalten. a) Pra- Erzahlung in den unter Plutarchs Schriften ge- 

xilla von Sekyon frg. 6 Bgk.* bei Athen. XIII henden Parallela minora c. 33 (aus einem mytho- 

603 A hat erzahlt, Ch. sei von Zeus geraubt wor- graphischen Handbuche) hat v. Wilamowitz 

den. Dieselbe Version bei Hygin. fab. 271 , wo Ind. lect. Gott. 1893 , 9 fur die Tragoedie Ch. 
aber der fliichtige Verfasser aus 'O Zsvg seiner 30 des Euripides in Anspruch nehmen zn diirfen ge- 

mythographischen Quelle Orjoevg verlesen hat, glaubt : Laios raubt den Ch. , Sohn des Pelops 

und Clemens Alexandr. Protrept. 2, 33 p. 9 S., und der Nymphe Danais, doch wird dieser von 

s. v. Wilamowitz Ind. lect. Greifswld. 1880/81, seinen Stiefbrfidern, den Sohnen der Hippodameia, 

13. UnhaltbaristSchneidewinsHypothese fiber Atreus und Thyestes, befreit; vergeblich mahnt 

die Sagenform der Praxilla, Abh. d. Getting. Ges. sie diese, den Ch. zu toten. Endlich ermordet 

d. Wiss. V 1853, 180. — b) Eine zweite Form sie ihn selbst. Laios, auf den der Verdacht des 

bringt Ch. mit Laios von Theben zusammen, sie Mordes fallt, wird durch die Aussage des sterben- 

ist erfunden von dem Dichter des Epos Oidipo- den Ch. entlastet, Hippodameia wird verbannt. 

deia, als dessen Hypothesis das Schol. Eurip. Vgl. fiber den Ch. des Euripides Welcker 
Phoin. 1760 (Peisandros) nach Ausscheidung ge-40Gr. Trag. II 533. Nauck FTG p. 632. Nach 

ringer Interpolationen nachgewiesen ist von Be the Suidas hat auch Lykophron eine Tragoedie Ch. 

Theban. Heldenl. 4ff. Laios von Theben raubt geschrieben, ferner Accius : Bibbeck Bom. Trag. 

den schonen Sohn des Pelops Ch. aus Pisa und 344. 444. tTber die dem Diogenes von Sinope 

schandet ihn ; vor Scham tetet sich Ch. selbst. von Diog. Laert. VI 80 zugeschriebene Tragoedie 

Als die Thebaner dies erste Beispiel von Enaben- Ch. s. Nauck FTG p. 808; vgl. Suidas s. Aio- 

liebe (aus wissenschaftlichen Ero'rterungen fiber yivrjg fj Ohofiaog 'A&rjvawg xQaymog. Eine Ko- 

das Aufkommen der Paederastie Athen. Xni moedie Ch. schrieb Strattis (Kock FCA I 726). 

602 f. Aelian. v. h. XDII 5. Suid. s. ddfivgig) Von Darstellungen des Baubes des Ch. durch 

ungestraft lassen, sendet, durch diesen Frevel Laios sind sicher die der praenestinischen Ciste 
verletzt, die auf dem Kithairon thronende "Hga 50 Mon. d. Inst. VIII 29/30 (s. o.), zweier unter- 

ya/ioardlog zur Strafe die Sphinx, und sie ver- italischer Vasen bei Overbeds Her. Gall. I 1 

nichtet den Laios und sein Haus durch seinen (= Berlin 3239) und 2 (= Neapel 1769) und 

Sohn Oidipus. — c) Diese Sage vom Baube des auch die abgekurzte einer attischen Vase schonen 

Ch. durch Laios liegt uns ausserdem in mehre- Stils, Wiener Vorlegebl. Serie VI Taf. 11, 2 = 

ren Brechungen vor, die teils eines meist nicht Eoscher Myth. Lex. I 903f. 

kenntlichen kiinstlerischen Zweckes wegen, teils 2) Sohn des Aigyptos und einer Frau aus 

durch Willkfir der contaminierenden Mythogra- Tyros, Brautigam der Chrysippe, Tochter des Da- 

phen etwas variiert sind , vgl. B e t h e Theban. naos und einer Frau von Memphis, Apollod. Bibl. 

Heldenl. 13ff. Bei Apollod. Ill § 44 Wagn. H § 18 Wagn. Hygin. fab. 170. 
wird der Aufenthalt des Laios bei Pelops mit 60 3) Grander der kilikischen Stadt X^vomna, 

seiner Vertreibung aus Theben durch Amphion Steph. Byz. s. v. 

und Zethos motiviert und erzahlt , Laios habe 4) Sohn des Aiolos und der Laistrygonin Trj- 

sich in Ch. verliebt, als er ihn im Wagenlenken lenwQa, die jenem sechs Tochter und sechs SOhne 

unterrichtete. Nach Hygin. fab. 85 wird Ch. in gebar , Paroemiograph. Apostol. I 38 aus einem 

Nemea von Laios geraubt. Nach den Hypotheseis A Homerscholion zu Od. X 6, das auch Eustath. 

zu Euripides Phoenissen (Schol. ed. Ed. Schwartz p. 1645, 4 ausgeschrieben hat. 

I p. 244, 4ff.) und zu Aischylos Sieben g. Th. 5) Wagenlenker des Kastor auf der attischen 

flucht Pelops dem Laios, er solle nie Kinder Hydria des Meidias 4. Jhdts. (W. Klein Vasen 



2501 Chrysippos Chrysippos 2502 

mit Meistersignaturen 197), abgebildet bei Mil- setzungen herausgegeben. Charakteristisch ist ftir 

lin Gall. myth. 94, 385 = Wiener Vorlegebl. Ch. die reichliche Benutzung griechischer Littera- 

IV 1. " [Bethe.] tur und Mythologie, iiberhaupt das Prunken mit 

6) XQvomxos, athenischer Archon, wohl in einer dem Gegenstande ganz fremden Gelehrsam- 
den letzten Jahren des Kaisers Tiberius. 'E<p. keit; in der Kirche vorgetragen kOnnen wir uns 
«gX- 1885, 64. [v. Schoeffer.] seine Enkomien nicht denken. Vgl. Cave Script. 

7) Schutzverwandter in Athen, der mit seinem eccl. hist. lit. I 287, der ohne Grund zwei Ch. in 
Bruder im J. 335 v. Chr. ein Talent Silber schenkte, gleicher Stellung und um dieselbe Zeit unter- 
darauf bei einer Teurung mehr als 10 000 Scheffel scheidet. [Jtilicher.] 
Getreide einfiihrte und zu dem tiblichen Preise 10 13) Sohn des Ariston aus Akraiphia, wird als 
von fiinf Drachmen verkaufte und im J. 327/6 Sieger mit epischen Dichtungen erwahnt in der 
wiederum ein Talent dem Volke als Geschenk Siegerliste der fiinfjahrigen Ihdoia zu Akraiphia 
iiberliess, Dem. XXXIV 38. 39; vgl. iiber die letzt- IGS I 4147, 12 (Zeit des Caesar). [Sakolowski.] 
erwahnte Zeitbestimmung Thalheim Aufsatze 14) Dritter Scholarch der Stoa, gebiirtig aus 
fur M. Hertz 59, 1. Blass Att. Bereds. Ill 2 1, Soloi in Kilikien. Die zweite Version bei Diog. 
578, 3. Ftir Ch. ist die unter des Demosthenes Laert. VII 179 (aus Alexander Polyhistor sv dta- 
Namen auf uns gekommene 44. Bede vxsq Xqv- Soxcus) und Suid. s. v. (vgl. Dio Prus. or. 32 § 53), 
olnnov jiqos rr/r ^oQiximvosjiaQayQacprivua. J. 327/6 die inn einen Tarsenser nennt, wird durch Strab. 
gehalten; vgl. ausser Thalheim und Blass a. XIV 671 dahin richtig gestellt, dass sein Vater ein 
O. noch S chafer Dem. B. 300ff. 20 Tarsenser war, der nach Soloi iibersiedelte. Name 

8) Sohn des Ch., Boiotier. Teilnehmer an des Vaters Apollonios (so Diog. Laert. a. a. O.) 
den Soterien in Delphoi als avrjQ xoesvrfis zwischen oder Apollonides (so Suid.). Firr die Bestimmung 
270 — 260, Wescher-Foucartlnscr. de Delphes der Lebenszeit des Ch. ist auszugehen von dem 
4; vgl. iiber die Zeit Pomtow Jahrb. f. Philol. apollodorischen Zeugnis (bei Diog. Laert. 184), 
1894, 501ff. das ihn 01. 143 (208—204 v. Chr.) 73 jahrig 

9) Sohn des Apollonidas , Bhodier. 'Aysfimv sterben lasst. Die Angaben bei Ps.-Lukian Ma- 
a/Mod-os htti re 'Aqtov^cov seal IJaQa^leias in einer xgofiioi 20 (Ch. wird 81 Jahre alt) und Val. Max. 
Weihinschrift des xoivov Taqfiiavrnv, gefunden in VIII 7 est. 10 (Ch. beginnt im 80. Lebensjahre 
Mughla in Karien, Bull. hell. X 486. den 39. Band seiner logischen Untersuchungen) 

[Kirchner.] 30 gehen auf eine gemeinsame altere Quelle zuriick, 

10) Ein Sclave Ciceros, wurde von diesem kOnnen aber gegen das ausdriickliche Zeugnis 
wegen seiner litterarischen Bildung geschatzt, frei- Apollodors nicht in Betracht kommen. Also Ge- 
gelassen und seinem Sohne als Paedagog beige- burt zwischen 281 und 277, Tod zwischen 208 und 
geben (Cic. ad Q. fr. Ill 4, 5. 5, 6; ad Att. VLT 204. Es ist daher unmOglich, den Ch. noch zum 
2, 8). Er tauschte aber das Vertrauen des Herrn, Schiiler Zenons zu machen (Diog. Laert. 179 axov- 
denn im J. 704 = 50 ging er nach Verubung von oag Zyjvcovos, doch fahrt er fort: fj KXedv&ovs cos 
Unterschlagungen durch; Cicero erklarte daher AioxXfjs xal oi jiXeiovs), da Zenon wahrscheinlich 
seine Freilassung fur ungiiltig (ad Att. VII 2, 8. 264/263 starb. Ch. wird ungefahr 260 nach Athen 
5, 3). [Miinzer.j gekommen sein, wo damals als Nachfolger Zenons 

11) Verwandter des Arztes Postumius Marinus, 40 Kleanthes der stoischen Schule vorstand. An 
Sohn eines Mithridates ; fur ihn und seine Familie ausserem Erfolg wurde die Lehrthatigkeit des 
erbittet Plinius von Traian das Biirgerrecht, Plin. Kleanthes weit iibertroffen durch die des Ariston 
ad Trai. 11, 2. [Stein.] von Chios und des Akademikers Arkesilaos. Ch. 

12) Um 460 Presbyter in Jerusalem. Unsere hat den Arkesilaos und seinen Nachfolger Laky- 
Kenntnis von seinem Lebensgang stammt aus der des eifrig gehert (Sotion bei Diog. Laert. 183), 
Vita des Euthymios von Kyrillos von Skythopolis den Ariston trotz seiner grossen ZuhOrerzahl ge- 
(ed. Montfaucon Analecta gr. 1688 I 1—99). ring geachtet. Massgebend fiir seine Entwicklung 
Er war aus seiner Heimat Kappadokien, wo er wurde in erster Linie der Unterricht des Klean- 
sich die weltliche Bildung angeeignet hatte, mit thes. Auch was er von Arkesilaos lernte, hat er 
zwei Briidern nach Palaestina, gekommen um die 50 nur zum Ausbau und zur Verteidigung des von 
Menchsgelubde unter den Augen des beruhmten Kleanthes ihm uberlieferten Systems benutzt. Dass 
Euthymios zu erfullen. Er wurde in dessenKloster die Schrift jtara xijs ewrj&eias, in der die skepti- 
Oikonomos , dann durch Iuvenalis von Jerusalem schen Grunde gegen die Sinneswahrnehmung dar- 
zum Presbyter geweiht und ist wohl um 470 ge- gestellt waren, einer akademischen Epoche seiner 
storben. Als Schriftsteller hat er die Heiligen- Entwicklung entstammte, geht aus Plut. de Stoic. 
leben gepflegt, fiir Kyrillos war er ein tiavfiaoro; repugn, c. 10 mit Sicherheit hervor. Denn die 
ovyyea<peig. Photios kennt Bibl. c. 171 von ihm sieben Biicher tisqi (lies vjieq) tfjs avvrj&slas aipos 
ein iyxcbfuov sis toy fidgrvga Oso&coqov, die Mit- rogyimtifyv, welche die Widerlegung der skepti- 
teilung, dass er darin nebenher einen seiner Vor- schen Grunde enthielten , bildeten ein selbstan- 
ganger Lukianos ausgeschrieben habe, beruht auf 60 diges Ganze, ein besonderes avvrayfta, verschieden 
einem Missverstandnis des Photios. Fragmente von den sechs Biichern xaxa tijs ovvtj&elas hqos 
jenes Enkomion werden von Eustratios in seinem MrjtQ6bcoQov. Es ist also die Annahme ausge- 
Werk iiber den Seelenschlaf c. 22 (ed. Allatius schlossen, dass Ch. die skeptischen Grunde nur 
p. 508 — 513) citiert. In ahnlicher Weise hat Ch. darstellte um sie im weiteren Verlauf des Werkes 
die Gottesgebarerin, den Erzengel Michael, Johan- zu widerlegen. Plutarch sagt, dass Ch. den Arke- 
nes den Taufer gefeiert; handschriftlich ist wohl silaos durch Vermehrung der skeptischen Grunde 
das meiste noch im Grundtexte vorhanden , aber zu flberbieten suchte und dass er sich nicht mit 
«ntweder gar nicht oder nur in lateinischen tber- trockener Herzahlung der Grunde begniigte, son- 



2503 Chrysippos Chrysippos 2504 

dern als ein leidenschaftlicher Anwalt der Skepsis hi £wvxog axioxt) avxov bei Diog. Laert. 179 ein 

gegen ihre Peinde losfuhr. Aber bald wandte er iibertreibender und missverstandlicher Ausdrack 

sich selbst von der Skepsis ab und dem stoischen ist. Als ein Beweis seines hohen Selbstgeftihles 

Dogmatismus zu. Sein eingehendes Studium der wird Diog. Laert. 185 (nach Demetrios iv o/ioy- 

akademischen Philosophie sollte nun der Stoa zu vvfioig) angefuhrt, dass er tzq&tos iMgQt]os o%o- 

gute kommen. Es befahigte ihn, den stoischen Xrjv vnaidgov ex stv w Avxeicp. Diese Nachricht 

Dogmatismus, der zu Kleanthes Zeiten von Arke- mit Zeller auf bei Lebzeiten des Kleanthes ge- 

silaos in die Enge getrieben worden war, durch haltene Vorlesungen des Ch. zu beziehen, sehe 

sorgfaltige, begriffliche und logische Durchbildung ich keinen Grund. Das Charakteristische dieser 
gegen die skeptischen Griinde zu verschanzen und 10 Lyceumsvorlesung war, dass sich zu ihr nicht nur, 

ihm nicht nur fur seine Zeit das tJbergewicht wie zu den regelmassigen Collegien, angemeldete 

tiber die tibrigen athenischen Schulen zu verleihen, und Honorar zahlende Schiiler, sondern jeder, der 

sondern auch zu der universellen Verbreitung des wollte, einflnden konnte. 

Stoicismus den Grund zu legen , welche ihn zu Nach dem 232/231 erfolgten Tode des Kleanthes 

einem Hauptfactor der spateren rOmisch-griechi- wurde Ch. sein Nachfolger. Abgesehen von seinem 

schen Kultur bis zum Ausgang des Altertums ge- Schwestersohn Aristokreon kennen wir nur zwei 

macht hat. Daher sagte man: si fir/ yag ijv Xqv- namhafte ScMler des Ch., Zenon von Tarsos und 

omnog, ovx av fjv Sxod, und sein Neffe Aristokreon Diogenes von Babylon , die beide nach einander 

nennt ihn in einem Epigramm xmv 'Axad^/xiancov Schulhaupter der Stoa gewesen sind. Gleichwohl 
oxQayyalldwv xonida. Schon friih zeigte sich seine 20 kann nicht bezweifelt werden , dass seine Lehr- 

hervorragende logische Begabung, mit der sich thiitigkeit eine ausgebreitete und tiefgreifende war. 

ein ausdauernder Pleiss verband. Seine Belesen- Schuler sind wohl grOsstenteils die Adressaten 

heit erstreckt sich nicht nur auf die ganze philo- seiner Schriften , unter denen sich nur wenige 

sophische Litteratur (namentlich hat er auch den namhafte oder auch nur anderweitig bekannte 

Aristoteles eingehend studiert), sondern auch auf Manner befinden. Keine seiner zahlreichen Schrif- 

die Dichter. Viele seiner Schriften waren mit ten hat er einem Fiirsten gewidmet, einen Euf 

Anfiihrungen aus Homer, Hesiod, Euripides u. s. w. nach Alexandreia in stolzem Unabhangigkeitsge- 

vollgepfropft. Auch war er einer der grOssten Viel- ftihl abgelehnt (Diog. Laert. 185). Dagegen hat 

schreiber des Altertums. Angeblich soil er tag- er das athenische Biirgerrecht angenommen , im 
lich im Durchschnitt 500 oxixoi geschrieben haben 30 Gegensatz zu Zenon und Kleanthes, die es ab- 

(Diokles bei Diog. Laert. 181). Die Zahl der lehnten , ftrj dogcooi rag avrcov aaxoidag adixeTv 

Bucher wird auf 705 angegeben (ebd. 180). Seine (Plut. de Stoic, repugn. 4 p. 1034 A.). Die Schrift- 

ganze Schriftstellerei trug einen gelehrt schul- stellerei des Ch. wiirden wir noch besser ihrem 

massigen Charakter. Es war ihm nur um die ganzen Umfange nach iiberblicken, wenn das von 

Sache zu thun. Auf geschmackvolle Form legte Diogenes mitgeteilte Schriftenverzeichnis sich voll- 

er kein Gewicht. Im Ausdruck teils vulgar, teils standig erhalten hatte. Aber die grosse Lficke 

in terminologischer , nur dem Eingeweihten ver- am Schluss des siebenten Buches hat, ausser der 

standlicher Schulsprache sich bewegend, im Satz- ferneren Geschichte der Stoa, auch den grOsseren 

bau verworren, dazu voll von Abschweifungen und Teil des Verzeichnisses verschlungen. Es zerfiel, 
endlosen Wiederholungen , war Ch. nach dem 40 der Einteilung des Systems gemass, in ein Xoyixov, 

Urteil des Dionys von Halikarnass de comp. verb. rj&inov, (pvoitcov fisgog. Ausgefallen ist das ganze 

4 p. 31 Beiske unter alien namhaften Autoren Verzeichnis der physischen Schriften und von dem 

der schlechteste Stilist. der ethischen der grossere Teil. Aber auch in 

Dass sich Ch. in seiner Jugend, ehe er Philosophie dem Katalog der logischen Schriften beflndet sich 

zu studieren begann, zum Wettlaufer ausgebildet eine kleinere Liicke, und zwar gleich am Anfang. 

habe (Diog. Laert. 179), ist wohl samt der ahn- Denn wahrend von den vier Abteilungen, in welche 

lichen tFberlieferung iiber Kleanthes (ofitog nQ&rov nach Diog. a. a. O. 198 (Xoyixov xonov to xwv 

fjv Tivxxrjg, Antisthenes iv diadoxalg bei Diog. 3iQoeiQtjfisvwvxsxrdgcovSia(poQ(Svixxdgovxa\i.s.Vf.) 

Laert. 168) mit Zeller fur eine sinnreiche Erfin- das Verzeichnis der logischen Schriften zerfiel, die 
dung zu halten, die das unterschiedliche Wesen der 50 zweite, dritte, vierte besondere tTberschriften haben 

beiden Manner symbolisch zum Ausdruck bringen (z. B. Xoyixov xonov xov neal xa Ttoayfioxa, Xoyi- 

soll. Die Nachricht, dass er durch die Confiscation xov xonov jisqi rds Xi!-sig xal xov xax' avxag Xo- 

seines vaterlichen VermOgens veranlasst wurde, yov u. s. w.), lautet der Anfang der ersten Abtei- 

sich der Philosophie zu widmen (Hekaton bei Diog. lung: Xoyixov xonov Mosig Xoyixd xal xwv xov 

Laert. 181), ist, wenn glaubwiirdig, auf das Er- yiXoo6<pov oxsfifidxow. Da hier offenbar , nach 

greifen der Philosophie als Lebensberuf zu be- Analogie der ■b s eosig fj&ixai, die sich in der ersten 

Ziehen, nicht auf den Beginn seiner athenischen Abteilung des ethischen Katalogs ebenfalls neben 

Studienzeit. Dass er spater hSchst einfach, ja ooot und m&ava finden, Mosig Xoyixai zu schreiben 

armlich lebte {fiQxmo yQaidlo) fiovq>, Demetrios ev ist, so ergiebt sich, dass der Abteilungstitel aus- 
Sfianwfioig bei Diog. Laert. 185) , beweist nicht, 60 gefallen ist, der wohl demjenigen der ersten ethi- 

dass er arm war. Schon der Ertrag seiner Lehr- schen Abteilung {fj&ixov Xoyov xov aeol xijv Stao- 

thatigkeit, fur die er ohne Zweifel sich honorieren ftomaiv z&v fj&ixwv ivvoioiv) analog war. Dass 

liess (vgl. das Bruchstiick aus mot fttcov bei Plut. mit dem Abteilungstitel ungefahr zehn Biicher- 

de Stoic, repugn, c. 20), sicherte ihm ein reich- titel ausgefallen sind, ergiebt sich (abgesehen von 

liches Auskommen. Im Ploril. Monac. (Stob. Ploril. dem unverhaltnismassig geringen Umfang der Ab- 

IV 289 Mein.) 262 heisst er: Xixog , s%g>v %QV- teilung, welche allein keine Unterabteilung in 

fiaxa noXXa. Natiirlich hat Ch. schon bei Leb- owxa&ig aufweist) aus der Differenz zwischen der 

zeiten des Kleanthes Vortrage gehalten, wofiir das Zahl der wirklich bei Diog. Laert. aufgezahlten 



2505 Chrysippos Chrysippos 2506 

Biicher und der am Schluss angefuhrten Gesamt- die weitere Geschichte der stoischen Schule be- 

summe der logischen Schriften. Ausserhalb der dingt. Nachdem sie bis in die Mitte des 2. Jhdts. 

Einteilung stehen am Schluss des Verzeichnisses v. Chr. als Quelle und Inbegriff der stoischen 

die 39 Biicher Xoyix&v Crjxt]^dxcov, deren 39. Buch Weisheit gegolten hatten, macht sich von diesem 

nach Tal. Max. VIII 7 est. 10 Ch. noch kurz vor Zeitpunkt an eine Beaction gegen ihre Autoritat 

seinem Tode vollendet hatte. Sie liessen sich in geltend. Aber weder die heftigen Angriffe der 

keiner der vier Abteilungen unterbringen, weil die karneadeischen Schule noch der Abfall des Panai- 

in der Sammlung vereinigten kleinen logischen tios und seiner Nachfolger von der chrysippischen 

Abhandlungen nicht alle auf ein und dasselbe Orthodoxie haben das Ansehen des Ch. auf die 
Gebiet der Logik sich bezogen. Einen beachtens- 10 Dauer so sehr zu erschiittern vermocht, dass eine 

werten Fingerzeig fur die Provenienz des Kata- Gefahr ffir die Erhaltung seines litterarischen 

logs giebt die verkehrte Anordnung der Abtei- Nachlasses eingetreten ware. Wahrend die eklek- 

lungen. Die dritte Abteilung negl tag kegsis steht tische Richtung in die Popularphilosophie aus- 

trennend zwischen der auf die Urteilslehre und miindete, hat sich in dem schulmassigen Betrieb 

der auf die Schliisse beziiglichen. So konnte nur der stoischen Philosophie bald die Autoritat des 

irren, wer das Verzeichnis auf Grand einer syste- Ch. wiederhergestellt. Im 1. und 2. Jhdt. n. Chr. 

matisch geordneten Gesamtausgabe der Werke des werden seine Schriften wieder eifrig studiert und 

Ch. aufsetzte. Urn sich auf einfache Weise zu commentiert. Wer in dieser Zeit die stoische 

iiberzeugen, dass auch innerhalb der einzelnen Ab- Schule als solche bekampft, wie Plutarch, Galen, 
teilungen des Katalogs die Schriften nach dem 20 Alexander von Aphrodisias , pflegt seine Polemik 

System geordnet sind , vergleiche man ihn mit in erster Linie gegen Ch. zu richten. Auch das 

dem diokleischen Abriss der Logik bei Diog. Laert. Wissen von stoischer Philosophie, welches in dieser 

Bei der Sammlung der Bruchstiicke des Ch. ist Zeit Gemeingut aller Gebildeten ist, bezieht sich 

weniger auf die Reconstruction einzelner Schriften im wesentlichen auf die chrysippische Form der 

nach Gedankengang und Composition , als auf Lehre. Erst im 3. JTidt. n. Chr. verliert die Stoa 

systematische Anordnung des gesamten Quellen- immer mehr Terrain. Gelehrte Forscher, wie 

materials Gewicht zu legen. Auch die verdienst- Origenes , beniitzen wohl noch die Schriften des 

voile Reconstruction von jieqI aQovoiag und negl Ch. im Original. Der neuplatonische Synkretis- 

sifiaQfievfjg, welche wir Alfred Gercke verdanken, mus nimmt auch einzelne stoische Lehren auf. 
ist mehr eine Materialsammlung filr Ch.s Lehre 30 Aber der Stoicismus selbst stirbt ab, und in den 

von Vorsehung und Fatum als fur die betreffen- folgenden Jahrhunderten ist der litterarische Nach- 

den Schriften. Es ist bezeugt und flndet durch lass des Ch., wie so vieles andere, dem Untergang 

die Fragmente vielfaltige Bestatigung , dass es verfallen. Die Ausserung des Galenos XI 221 K. 

Ch.s Art war, in ein und derselben Schrift die el xal /ntjdsv io<p(ero 'EgaaiaxQaxov fiiflXiov, SIX 1 

verschiedensten Teile der Lehre zu beruhren. Er tjdtj navxa amoXcaXsi, xa&dnsQ xa X^vamnov xiv- 

war eben der Systematiker xax 1 egoxrjv, der bei dvrsvsi jia&sTv, ist wohl auf den gleichnamigen 

jedem einzelnen Dogma den Zusammenhang der Arzt zu beziehen. 

ganzen Lehre im Auge behielt. Daher ist es un- Die Neuerungen des Ch. in der Lehre liegen 

berechtigt, wo nicht ein Citat mit Schrifttitel vor- besonders auf dem Gebiete der Logik. Er war 
liegt oder anderweitige Grande fur die Zuweisung 40 mehr ein scharfsinniger und spitzfindiger, als ein 

an eine bestimmte Schrift vorgebracht werden schopferischer Geist. Wahrend Zenon und Klean- 

kOnnen, lediglich auf Gruud des behandelten Gegen- thes wenig fur die Logik geleistet hatten, hat 

standes die Zeugnisse fur die Reconstruction be- Ch. mit einer fur den wahren Fortschritt der logi- 

stimmter einzelner Schriften zu verwerten. Natfir- schen Wissenschaft wenig forderlichen, oft an un- 

lich lasst sich von einer ganzen Reihe von Schrif- fruchtbare Haarspalterei grenzenden minutiosen 

ten der Hauptinhalt angeben; eine weitergehende Genauigkeit die Lehre von den Urteilsformen und 

Reconstruction im einzelnen ist eigentlich nur Schltissen bis ins einzelne ausgebaut. Eine herbe, 

bei den Schriften txsqI ipv/rjg und jxsqi jia&mv aber der Hauptsache nach gerechte Beurteilung 

mOglich, deren Text Galen in der Schrift ,de der stoischen (d. h. chrysippischen) Logik lieferte 
Platonis et Hippocratis placitis' zum Zwecke der50Prantl Geschichte der Logik im Abendlande 

Widerlegung grossenteils excerpiert hat. Nament- I 40 Iff. Eingehend hat sich Ch. mit der Auf- 

lich von jtegi yvxfjg lassen sich grosse Strecken lOsung der megarischen und sophistischen Trug- 

durch sorgfaltige Aneinanderpassung der von Galen schliisse befasst. Es ist wesentlich sein Verdienst, 
gelieferten Mosaiksteine herstellen. Als Bruch- . dass von nun an jene eontorta et aculeata sophis- 

stiick der Schrift zisqi amxpaxixcov hat Th. Bergk mata, welche der aristotelischen Logik Trotz ge- 

(Casseler Gymn. Progr. 1841) den Inhalt eines von boten hatten, der allgemeinen Verachtung anheim- 

Letronne zuerst publicierten Papyrus zn erweisen fielen. Er hat dadurch die Angriffe und Gefahren, 

versucht. Aber das Fehlen eigentlicher philo- welche jeglichem Dogmatismus von dieser Seite 

sophischer ErOrterang (das Ganze enthalt nur eine her drohten, iiberwunden und die Logik zu einem 
Exemplification gewisser Urteilsformen an Dichter- 60 brauchbaren Werkzeuge des Dogmatismus ge- 

stellen) macht es unmoglich zu entscheiden , ob macht. Ahnliches gilt auch von seiner Bekampfung 

wir es mit einer Schrift des Philosophen selbst der skeptischen ijtoxn- Denn die stoische Er- 

oder mit einem logischen Schulexercitium eines kenntnistheorie verdankt ebenfalls dem Ch. ihre 

Studierenden der stoischen Philosophie zu thun feinere Durchbildung. Bekanntlich hat er die 

haben. Einen Papyrus der herculanensischen Bi- grobsinnliche Auffassung des Kleanthes, welcher 

bliothek habe ich Herm. XXV 473ff. als Teil einer die cpavzaoia als xvjzwois iv yvxfj defmierte und 

Schrift des Ch. zu erweisen versucht. mit dem Abdrack des Siegelringes in Wachs ver- 

Das Fortleben der Schriften des Ch. ist durch glich, durch eine feinere ersetzt, indem er die 



2507 Chrysippos Chrysippos 2508 

dXXoiwoig yysfmvtxov an die Stelle der xvixcoaig Ch. diese Begriffe (svvoiai) als sjxcpvxoi oder cpvai- 

setzte. Die spater allgemein recipierte Reihen- xal bezeichnet, so denkt er dabei nicht an ein 

folge der Momente des Erkenntnisvorganges (at- ,apriorisches' Vorhandensein derselben in der Seele, 

odyoig, (pavTaoia, xaxaXr/nxixij cpavxaaia, xaxdXtj- sondern nur an ihre natiirliche, d. b. spontane 

y>ts, avyxaxd&saig) scheint yon ihm zu stammen. Entstehung, im Gegensatz zu und vor aller wissen- 

Vgl. Stein Psychologie der Stoa II 382ff; dazu schaftlichen Begriffsbildung. Die von Cicero ge- 

Bonhoffer Epiktet und die Stoa 122ff. Wahrend wahlte trbersetzung der s'ficpvxoi jiooXrjyisig als 

die xaxaXr/axixrj cpavxaaia schon von seinen Vor- innatae oder insitae leistet allerdings jenem Miss- 

gangern als Wahrbeitskriterium angesehen wurde, verstandnis Vorschub. Aber die Worte bei Aet. 
scheint er den Begriff der nodXrjipig ausgebildet 10 IV 11, 4 6 8s Xdyog, xa&' ov agoaayoQevofisfra Xoyi- 

zu haben. Nach der von Stein a. a. 0. 231ff. xoi sx xcov uooXrjvjscov ovfmXtjQovafrai Xsysxai 

vertretenen Anffassung hatte bereits Zenon neben xaxa xtjv jtQcoxtjv ef!8opid8a zeigen, dass diese Be- 

der sinnlichen Erfahrung den ootids Xoyog als eine griffe im Kindesalter bis zum vollendeten siebenten 

zweite Erkenntnisquelle gelten lassen. Auf ihn Jahre allmahlich gebildet werden. Vgl. Sen. ep. 

bezieht Stein mit H i r z e 1 Diog. Laert. VII 54 : 120, 4 nobis videtur observatio collegisse et rerum 

SXXoi 8s xivsg xcov doxaioxsocov Sxco'ixcov xdv oq- saepe faetarum inter se eollatio : per analogian 

$6v Xoyov xqixtjoiov ditoXsinovaiv. Zenon habe nostri intelleetiwn et honestum et bonum iitdieant. 

unter dem do-frog Xoyog eine der menschlichen Also sind auch die nooXrppsig oder xoival svvoiai 

Seele vermoge ihrer Abstammung von dem gOtt- rein empirische Begriffe, die nur deswegen cpvai- 
lichen Weltprincip innewohnende Praedisposition 20 xal und sfiyvxoi heissen, weil sie, wie ihr Vor- 

fur die Auffindung der ethischen und metaphysi- handensein in alien gentigend entwickelten Men- 

scben Grundbegriffe verstanden, die zwar nicht schenseelen beweist, mit Naturnotwendigkeit in 

ohne die Mitwirkung der sinnlichen Erfahrung zu uns erwachsen. Dass die Stoiker die tfberein- 

wirklichen Erkenntnissen fuhre, aber deren An- stimmung ihrer Lehre mit diesen xoival svvoiai 

eignung erleichtere. Es bleibe also der Empiris- als Beweis ihrer Wahrheit zu verwenden liebten, 

mus und Sensualismus, trotz der Annahme dieser ist bekannt. Aber auffallend bleibt doch immer, 

zweiten Erkenntnisquelle, der Hauptsache nach dass Ch. (nach Diog. Laert. a. a. O.) die nqd- 

gewahrt. Den Begriff des ootids Xoyog habe dann Xrjtpig der atotirjois als xqixyjqiov xijg dXtjtisiag 

spater Ch. durch den der nodXtjipig ersetzt (vgl. coordinierte. Denn wenn unsere Auffassung der 
Diog. Laert. a. a. 0., wo, nachdem Ch. im vor- 30 nodXr)%pis richtig ist, so kann sie nicht als eine 

aufgehenden zu denjenigen gerechnet wurde, die von der sinnlichen Erfahrung unabhangige und 

als Kriterium die cpavxaaia xaxaXrjnxixrj aufstell- ihr gleichberechtigte Erkenntnisquelle gelten. Man 

ten, fortgefahren wird: 6 8s Xyvomnog Siacpsod- kOnnte daher auf den Gedanken kommen, ngoXtjip tg 

fisvog noog avxdv sv xcp nocbxcp nsol Xoyov xoi- sei hier in einem engeren, speciell technischen 

xrjoid (prjoiv slvai aiatir/aiv xal jigdXijipiv. son 8' Sinne gebraucht. Es kOnnte hier von ,Voran- 

fj nodXtjipig svvota cpvaixrj xcov xatidXov). Er ver- nahmen' die Rede sein, die nicht nur dem wissen- 

stehe darunter , ganz entsprechend dem soeben schaftlichen Denken, sondern aller Erfahrung vor- 

ttber den ogtidg Xdyog Bemerkten, diejenigen empi- aufgehen, von wirklich apriorischen Begriffen oder 

rischen Begriffe, welche auf Grund einer giinsti- Erkenntnissen. Aber diese Auffassung ist unzu- 
gen seelischen Disposition mit Leichtigkeit und401&ssig, weil aufs bestimmteste bezeugt ist, dass 

ohne Zuhiilfenahme subtiler dialektischer Mittel nach stoischer Lehre der denkende Seelenteil bei 

in alien Menschen gleichmassig von selbst sich der Geburt einem unbeschriebenen Blatte gleicht, 

bilden und dadurch sich als richtig bewahren. welches erst durch die Sinneswahrnehmung einen 

Diese ngoXrppsig seien identisch mit den xoival Inhalt bekommt. Ae'tios IV 11, 1 (Doxogr. 400, 1) 

svvoiai. Dass der Ausdruck JiooXrjtpsig im Sinne 01 Sxcoi'xoi cpaaiv • oxav ysvvtjtifj 6 avtigmnog, s%si 

von xoival oder cpvaixal svvoiai gebraucht wurde, xd fiysfiovixdv fisoog xfjg yvxijs cootisq %doxn]v 

geht aus der Hauptstelle Aetios IV 11, 3 (Diels svsgyov jigbs chtoygatprjv • slg xovxo /j,!av sxdaxrjv 

Doxogr. 400 a 17) hervor, und Ch. selbst spricht x&v svvoicov svcaioyodcpsxai. Als Unterart dieser 

bei Plut. Stoic, repugn. 17 in diesem Sinne von svvoiai werden dann auch die aooXrjrpsis genannt, 
IjMpvxoi TtgoXrjxpsig. Bei Diog. Laert. 54 wird nod- 50 von den en es heisst: ai fisv cpvaixmg yivovx'ai xaxa 

Xtjiptg deflniert als svvoia gwoixtj rcov xaftdXov xovg eigrjfisvovg xgdnovg, d. h. auf dem Wege der 

(was nicht mit Stein als ,natiirliches Erfassen sinnlichen Erfahrung. Wenn Ch. das einemal, 

des Alls', sondern als ,natiirlich entstandener All- in tfbereinstimmung mit Zenon, die xaxaXrjkxixri 

gemeinbegriff' zu iibersetzen ist). Solche ,natiir- <pavxaola als Wahrheitskriterium bezeichnet, ein 

liche Allgemeinbegriffe' sind z. B. die sittlichen andermal aiofrrjoig und nQoXtjipig an ihre Stelle 

Begriffe, Epictet. Diss. II 11, 2 dya&ov 8s xal setzt, so ist darin nicht mit Diokles bei Diog. 

xaxov xal xaXov xal aloxQov xal nosjtovxog xal a. a. 0. ein Widerspruch zu flnden. Mov\oig und 

omQSTiovg xal nooor\xovxog xal dmofldXXovxog xal sigdXtjipig sind als die Momente zu betrachten, die 

oxi 8sT noirjoai, xig ovx sx<ov s'fiawxov svvoiav fur das Zustandekommen einer xaxaXijnxixfj <pav- 
sXrjXvfrs ■ 8id xovxo jidvxsg xQ<ons&a xoig Svdfiaoi 60 xaola erforderlich sind. Die Priifung der von der 

xal s<pao/A.d£siv itsiQco/te&a xdg nQoXrjyjsig xaTg ssil aiov\)oig gelieferten Data, die der ovyxaxd&eoig 

fisQovg ovolaig. Steins Auffassung, dass nach voraufgehen soil, ist nur durch jiQoXrjtpsig rnCg- 

chrysippischer Lehre die Bildung dieser Begriffe lich. Die xaxaXtjxxixij cpavxaaia ist auch fur Ch. 

durch eine angeborene seelische Disposition be- das eigentliche und einzige Wahrheitskriterium, 

fOrdert und erleichtert werde und dass sie in- das nur an der andern Stelle in seine Pactoren 

sofern ein Mittelding bilden zwischen angeborenen zerlegt wird. 

Ideen und rein empirischen Begriffen, findet in Die Neuerungen des Ch. auf dem physikali- 

derUberlieferungkeineausreichendeStiitze. Wenn schen und ethischen Gebiet scheinen sich teils 



2509 Chrysippos Chrysippos 2510 

auf Nebenpunkte bezogen, teils in genauerer be- (Plin. XX 111 = Diosk. II 151. Plin. XX 119 = 

grifflicher und dialektischer Durchbildung der Diosk. II 170. Geop. 343 B.) eine Beihe von Bruch- 

uberkommenen Lehren bestanden zu haben. Bei stiicken erhalten hat (Plin. ind. I 20 — 27. 29. 30. 

Abweichungen des Kleanthes von Zenon folgte er Plin. XX 17. 78. 93. 111. 113. 119. XXVI 10) 

bald dem einen, bald dem andern, bald nahm er Nach ihm scheint sogar eine Pflanze Chrysippios 

einen zwiscben beiden vermittelnden Standpunkt benannt zu sein, welche mit Peigen aufgelegt 

ein. Wir kennen die Ansicht des Ch. fast iiber Driisengeschwulste beilen sollte. (Plin. XXVI 93 ; 

alle einzelnen Punkte des Systems, da es in der vgl. Garg. Mart. ed. Eose 152, 14). In dieser 
von ihm geschaffenen Form fortgelebt hat. Die Schrift gab er Beschreibungen der verschiedenen 

Gesamtdarstellung dieses Systems werden wir in 10 Gemtisearten (XX 113; das Citat scheint durch 

dem Artikel Stoa geben. Die Aufgabe festzustel- Dionys Qi£oxofuxa dem Sextius iibermittelt zu 

len, welche Dogmen desselben erst von Ch. stam- sein), Vorschriften fiber deren Gebrauch sowie iiber 

men, fallt zusammen mit der Beconstruction der ihre arzneiliche Verwendung. Besonders ausfiihr- 

Systeme des Zenon und des Kleanthes. Wir wer- lich hatte er den Kohl behandelt und den grossen 

den daher in den iiber diese Philosophen handeln- Nutzen desselben als Arzneimittel hervorgehoben 

den Artikeln besser dasjenige entwickeln kSnnen, (Plin. XX 78 : cum et Chrysippus medieus pri- 

was sich iiber Neuerungen des Ch. erschliessen vatim volumen ei dieaverit per singula membra 

lasst. Binzelheiten iiber vermutliche Neuerungen hominis digestum). Seine "Verdi enste um die Aus- 

des Ch. hier anzufuhren, wiirde bei dem gegen- bildung der Diatetik ruhmt Porphyrios (Schol. II. 

wartigen Stande der ForschungwenigZweck haben. 20X1 515, s. Porphyrii reliq. ed. H. Schrader 

Der von Hirzel (Unters. zu Cic. philos. Schr. II I 165; vgl. Cels. I prooem. 2, 18). Vielleicht 

198ff.) versuchte Nachweis, dass erst Ch. den Pan- stammt von ihm der Umschlag gegen Gelenk- 
theismus folgerichtig durchgebildet habe, ist von schmerzen bei Cels. V 18, 30, sowie das Pilaster 

Stein (Psychol, der Stoa I 67, 98) mit Becht fur Nierenentziindungen bei Bufus ed. Buelle 6; 

abgelehnt worden. Dass bei der ixnvQwoig die vgl. Cael. Aur. M. Ch. I 4, 235. II 5, 274. 

Welt nach Kleanthes in <pX6§ , nach Ch. in avyrj 16) Zu unterscheiden von ihm ist der Lehrer 

sich auflOst (Ps.-Philo aegl ay&aQotas p. 28, 24 des Erasistratos. Dass dieser Schliler eines Kni- 
Cumont), scheint mir nicht auf eine tiefere philo- diers Ch. gewesen, stent unumstosslich fest durch 

sophische Differenz zu deuten, wie Hirzel a. a. O. das iibereinstimmende Zeugnis des Plinius (XXVIII 

210f. glaubt. Ebensowenig ist Hirzel a. a. O. 30 5), Galen (XI 171. 151) und des Diogenes Laer- 

737 — 755 der Nachweis einer Differenz zwischen tios (VII 186). Der Versuch von Wilamowitz 

Ch. und Kleanthes in der Elementenlehre ge- (a. a. 0.) una B. Helm (a. a. 0.), ihn mit dem 

lungen; vgl. Stein a. a. 0. 76, 113. tfber Ch.s Begleiter und Schuler des Eudoxos zu identi- 

Lehre von Vorsehung, Patum und Willensfreiheit ficieren, scheitert abgesehen von chronologischen 

handelt Gercke Chrysippea, Jahrb. f. Philol. Schwierigkeiten an dem unanfechtbaren Zeugnis 

Suppl. XIV 698f. des Diogenes Laertios, der als Sohn des Beglei- 

Litteratur: Baguet De Ch. vita doctrina et ters des Eudoxos den Aristagoras, als Sohn des 

reliquiis, Lovanii 1822. Chr. Petersen Philo- Lehrers des Erasistratos den Chrysipp nennt 

sophiae Chrysippeae fundamenta, Hamb. 1827. (Diog. Laert. VII 186). Demnach haben wir an- 
Krische Forschungen 443ff. Bergk De Chry- 40 zunehmen , dass der Lehrer des Erasistratos der 

sippi libris tisqi (motpaxmwv, Cassel 1841. Nico- von Diogenes Laertios (VIII 89) genannte Enkel 

lai De logicis Chrysippi libris, Quedlinb. 1859. des ersteren war, der Schuler des Aethlios, der 

B. Hirzel Untersuchungen zu Ciceros philoso- etwa 300 bliihte und mit seinen neuen Lehren 

phischen Schriften s. Sachregister. Gercke Chry- (Plin. XXVIII 5) einen grossen Einfluss auf 

sippea, Jahrb. f. Philol. Suppl. XIV 691ff. Chri- seinen Schiller ausiibte (Gal. XI 197). Es ist 

stos Aronis Xqvoitmos rQa^ifiarixog, Diss. Jena mir sehr wahrscheinlich, dass er in Alexandreia 

1885. L. Stein Psychologie der Stoa Bd. 1 1886, gewirkt hat; dafiir spricht der Umstand, dass er 

74.172. 111888,332. v. Arnim Ein stoischer als Anatom geriihmt wird (Gal. XV 136), sowie die 

Papyrus der herculanensischen Bibliothek, Herm. Thatsache, dass sein Sohn (s. Nr. 17) Beziehungen 

XXV 473ff. [v. Arnim.] 50 zum Hofe des Ptolemaios n. hatte. Wir erfahren 

15) Chrysippos 6 'Eqivsw (?) , hervorragender von ihm, dass er im Gegensatz zu den meisten 

Arzt aus Knidos, der in den sechziger Jahren des 4. Arzten der Vor- und Nachzeit den Aderlass ver- 

Jhdts. mit Eudoxos eine Beise nach Agypten unter- warf (Gal. XI 230; vgl. 148. 151. 175. 245. 252; 

nahm (Diog. Laert. VIII 89. v.Wilamowitz Antig. ebenso Erasistratos, Gal. a. a. 0. und X 377) 

v.Kar.325; andersBoeckh Uberdievierj.Sonnen- und beim Blutsturz die Venen der Brust zu unter- 

kreise der Alten, Berl. 1863, 142ff. Susemihl binden empfahl (Gal. XI 230; vgl. Cael. Aur. M. 

Ind. Schol. Gryph. 1885, 7). Er gait als Schuler Chr. II 13, 304. Aret. cur. ac. m. H 2, 249; 

des Eudoxos, der ihn in seiner yij; zisqioSos er- ebenso Erasistratos, Herophilos und Xenophon, 

wahnte (Wilamowitz a. a. 0. 324), und des Arztes des Praxagoras Schuler; vgl. Cael. Aur. a. a. 0.). 

Philistion (um 400) und hinterliess vnoftvrj/xara 60 Ferner hatte er die Entstehung des Fiebers ebenso 

xaXhata (Diog. Laert. a. a. 0. B. H e 1 m Herm. wie Erasistratos aus der Bewegung der Arterien 

XXIX 167f.). Sein Schuler scheint Metrodor ge- oder vielmehr des Blutes in den Arterien erklart 

wesen zu sein, der Lehrer des Erasistratos, der (Gal. XVII A 873. V. Bose Anecdota II 226; 

Gemahl der Pythias, der Tochter des Aristoteles vgl. Gal. XIX 342). Diese beiden kurzen Notizen 

(Sext. Emp. adv. math. 657, 23 B.). Er ist ver- (Galen wusste von ihm so wenig, weil seine Schriften 

mutlich der Verfasser der Schrift ne^l la%avwv nicht mehr aufzutreiben waren, XI 221) lassen 

(Schol. Nic. Ther. 845; vgl. Plin. XXII 83), aus vennuten, dass Erasistratos die praxagoraeische 

der Plinius durch Vermittlung des Sextius Niger Theorie von dem Unterschiede der Venen und 



2511 Chrysis Chrysogonos 2512 

Arterien sowie der Anastomose zwischen beiden Emporion Sobana (skr. suvarna ,Gold') vom meri- 

ihm verdankt. Auf diese Neuerungen des Cb. dional streichenden Fluss Palandas abzweigen soil ; 

beziebe ich die Worte des Plin. XXVIII 5 Horum Ptol. VII 2, 5. Man denkt zuerst an die Fluss- 

(naml. Hippoeratis et Prodiei) placita Chrysippus laufe im Gebiet von Malaqa, den rio Fermoso und 

ingenti garrulitate mutavit plurimumque et ex den rio Mubar, in deren Nahe sich der Berg Ofir 

Ohrysippo discipulus eius Erasistratus Aristo- erhebt; in zweiter Linie kommt der grosse Pluss 

telis ftlia genitus (Irrtum). In der Wassersucht von Perak in Betracht, mit seinen Schatzen von 

hielt er den Scbwitzkasten fur das beste Mittel Zinn im Alluvium; peraq, pirak bedeutet in alien 

(IV 495), bei Gallenruhr (xoXsoa) gab er wie malayu-Dialekten ,Silber'. Kiepert weist dem 
Erasistratos Wein mit kaltem Wasser gemischt, 10 Goldhafen Sobana die Lage von Singapur zu; der 

auch wenn der Kranke dem Tode nahe war (vgl. Sund zwiscben Malaqa und Sumatra heisst bei 

Cels. IV 11. Aret.). Scharfe Purgantien vermied den Malayu selat Sabong, port, estreito de Sabam, 

er wie sein Schiiler (Gal. XI 245). nach einem Inselchen in (lessen Mitte, von mal. 

17) Chrysippos, Sohn des Vorhergenannten, von satvang ,seichter Grund'; vgl. Chrysorrhoas 
dem Diog. Laert. VII 186 folgendes bezeugt: Nr. 7. [Tomaschek.] 
xal ixspog, vibg xovxov, laxobg IhoXsfiaiov, og Chrysobora (Hss. Cha/risobora, Plin. n. h. VI 
diaflXt]i%ig 7isQiri%{h) xai fiaoxtyovfievog exoldofrr]. 69) s. Kleisobora. 

Er ist demnacb identisch mit dem Bhodier Ch., Chrysochoas (Xovooxdag), Sohn des Konigs 

der als Leibarzt des zweiten Ptolemaios in den Neilos und seiner koniglichen Gattin Garmathone 
Sturz seiner Gemahlin Arsinoe verwickelt wurde 20 (Dub ner: Arganthone ?), starb im Ephebenalter, 

und im Anfang der siebziger Jahre des 3. Jhdts. wurde aber von Osiris aus der Unterwelt ent- 

v. Chr. ums Leben kam (Schol. Theocr. XVII 128) ; lassen auf Bitten seiner Gattin Isis, die sich der 

vgl. Wilamowitz Antig. v. Ear. 326. jammernden Garmathone auf ihre Bitten dankbar 

18) Chrysippos, ein Schiller des Erasistratos, erweisen wollte fur die gastfreundliche Aufnahme: 
von dem weiter nichts iiberliefert ist (Diog. Laert. eine auf die Umnennung des Aigyptosstromes in 
VII 186). Neilos sich zuspitzende apokryphe Legende bei 

19) Chrysippos, seetator Aselepiadis (Cael. Aur. Ps.-Plut. de fluv. 16, 1 nach Thrasyllos v. Mendes 
M. Ch. IV 8, 393), der iiber Wfirmer geschrieben Alyvnxiaxa frg. 1, PHG III 502f. [Tiimpel.] 
hat; vgl. A. M. II 10, 71. 12, 77. Chrysogeneia (Xpvooysveia) , nach Paus. IX 

20) Chrysippos, Verfasser von rea>Qyixd aus 30 36, 1. 3 Tochter des orchomenischenKonigs Almos, 
uubekannter Zeit (Diog. Laert. VII 186). Schwester der mit Ares vermahlten Chryse ; nach 

21) Chrysippos von Tyana {aoyog stsfifj.atoi.6yog dem Schol. Apoll. Bhod. Ill 1094, der sie Xqv- 
Ath. XIV 648 a), lebte nach Apicius, nach dem ooyovrf (s. d.) nennt, Enkelin des Sisyphos, von 
er eine besondere Kuchenart benannte (Ath. XIV Poseidon Mutter des Minyas , des Grunders von 
647 c), und lange Zeit vor Athenaios, da er zu Orchomenos. Der Name spielt nach O. Miiller 
dessen Zeit nur noch wenig bekannt war (Ath. Orch.2 137 auf den Goldreichtum dieser boioti- 
648 e), d. h. etwa um die Mitte des 1. Jhdts. schen Urstadt an, wenn er nicht in den Kreis 
n. Chr. Er ist Verfasser eines 'Aoxonoiixov , in der orchomenischen Athena Xovotj (-i?) gehSrt, 
dem er iiber Zubereitung der verschiedenen Brote und auf die aus rhodiscber Sage bekannte Ge- 
und Kuchen Vorschriften gab mit Beriicksichti- 40 burt der Athena unter goldenem Begen anspielt 
gung ihrer verschiedenen Namen (Ath. Ill 113 (vgl. Kobert-Preller Gr. Myth. I 191 und 
a— d. XIV 647 c). [M. Wellmann.] unter Art. Chryse Nr. 12). [Tumpel.] 

22) Architekt, s. Vettius Chrysippus. Chrysogone (Xovooyortj), beim Schol. Apoll. 
Chrysis (Xovo(g). 1) Amazone auf einer rf. Bhod. Ill 1094 Name der Chrysogeneia (s. d.). 

Vase in Neapel, Heydemann Katalog 2613. Denn ist diese bei Paus. IX 36, 1, 3 Tochter 

2) Bakchantin (?) auf der Meidiasvase. Cat. des Almos, jene Enkelin des Sisyphos, so erganzen 
of vases in the Brit. Mus. 1264. CIG 8487. sich beide Stemmata, da Almos (s. d. Nr. 2) Sohn 
Heydemann Satyr- und Bakchennamen 14. 39. des Sisyphos ist. [Tumpel.] 

P y'l Arch. Ztg. XII 1854, 303 sah in dem Namen Chrysogonos. 1) Vater des Dichters Samos, 

Ch. ein Appellativum der Aphrodite. 50 Polyb. V 9, 4. Dem Konig Philipp V. sehr er- 

3) Nymphe auf einer rf. Lekythos in Berlin, geben, Polyb. VII 12, 6. IX 23, 9, befehligt er 
Purtwangler Katalog 2471; Sammlung Sabou- jenes Truppen in Thessalien im J. 219, Polyb. 
roff Taf. 55. [Escher.] V 17, 6, und in Paionien im J. 218, Polyb. V 

4) Tochter des Niketes aus Athen (IIsQyaoij- 97, 3. 

&ev). Priesterin der Athena Polias um die Mitte 2) Athener. Pythionike . soil bei der Eiick- 

des 2. Jhdts. v. Chr., CIA II 1392b. Dieselbe kehr des Alkibiades nach Athen im J. 408 den 

kommt vor in einem ihr zu Ehren von den Del- Schlag der Buderer mit der Flste begleitet haben, 

phern gewidmeten Ehrendecret, CIA II 550; vgl. Duris bei Plut. Alkib. 32 (PHG II 484, 64). 

Topffer Att. Geneal. 130. [Kirchner.] Athen. XH 535 d. Nach Aristoxenos bei Athen. 

Chryso. Xqvooo • daiftoov Hesychios; vielleicht 60 XIV 648 d verfasste Xovooyovog 6 avlrjxtjg die 

ist Xgvoco (vgl. CIG 2546. Tryphon bei Walz Ilohxsia, welches Gedicht falschlich dem Epi- 

Bhet. Gr. VIII 741, vgl. IIlovxw ZidrjQoi) oder charm beigelegt wurde. 

Xqvoq>v (vgl. Eh. Mus. VI [1848] 84, 6. CIG 3143, 3) Aus Nikaia in Bithynien. Siegt zu Olym- 

1, 4. 5738; vgl. IIlovxwv XaXxwv) zu lesen. pia im Lauf im J. 116 und 112, Afric. bei Euseb. 

[Waser.] chron. I 212. 

Chrysoanas, richtiger wohl Chrysoagas (su- 4) Sohn des Peneos (?). Ephor in Sparta, 

mrnavaha ,goldfuhrend'), Pluss an der Westseite Eomerzeit, CIG 1249. [Kirchner.] 

der Halbinsel Chryse, welcher sich nOrdlich vom 5) S. L. Cornelius Chrysogonus. 



2513 Xgvffoyeacpia XqvooxoXXo. 2514 

6) Kitharoede zur Zeit Iuvenals, Iuv. VI 74. Lenz Mineral, d. Gi. u. Bern. 21,71. Bussema- 
VII 176. Die Scholienglosse pcmtomimus bei ker und Dareinberg zu Orib. II 517, 1. 576, 
Lommatzsch Jahrb. f. Philol. Suppl. XXII 10.722,10. Sprengel zu Diosc. II 645. Jacob 
(1896) 431 diirfte kaum zutreffend sein. beiDaremberg Diet, des antiqu. II 1134. Nies 

7) Chrysogonos wurde von den Gothen ge- Mineral, d. Plinius 17f.) handelt es sich bei diesen 
ehrt, die auf seine Aufforderung unter Valerianus Angabenum den natiirlichen Malachit oder Kupfer- 
(253 — 260 n. Chr.) in Nikomedia eingefallen waren, griin, der sehr haufig erdig vorkommt. Was nun 
Zosim. I 35, 1. [Stein.] die Verwendung der %. als Goldlot anlangt, so 

Xqv ooygacpia. , Goldschrift. Ein Leydener konnte Malachit in natiirlichem Zustande hierzu 
Papyrus aus dem 2.— 3. Jhdt. n. Chr. (Leemans 10 freilich nicht dienen, und ebensowenig an und 

X) giebt eine ganze Reihe Becepte fur die hierzu fur sich allein. Wahrscheinlich war das Goldlot 

verwendete, mit Pinsel oder Peder aufzutragende, der Alten, wie das der heutigen Goldarbeiter, eine 

tinten- oder farbenartige Masse. Es ist meistens Mischung von Gold , Silber und Kupfer, und da 

Goldschaum und Quecksilber und als Bindemittel mochte das Kupfer haufig aus geschmolzenem 

Ei oder Gummi. Anders sind zu verstehen die Malachit gewonnen werden. Doch wurden an- 

seuta chrysographata Hist. Aug. Claud. 14, 5: statt dieses Minerals auch andere kupferhaltige 

Schilde mit Goldverzierung. Ob letztere durch Substanzen zur Bereitung des Goldlots genommen. 

Vergoldung oder durch eingelegte Arbeit herge- Diosc. V 92 giebt dafur das Becept, Kupferrost 

stellt war, muss unentschieden bleiben. [Mau.] (log Griinspan) in kupfernem Mftrser und kupfer- 

Chrysokeras, das ,Goldene Horn', heisst bei 20 nem StOssel mit dem Urin eines Knahen vermischt 

rOmischen Schriftstellern die in der Boanoqios zu reiben; Her ist also die %. das so gewonnene, 

axga (s. d.) endigende Halbinsel, auf welcher By- nicht das dazu benutzte Material , wahrend bei 

zantion (s. d.) erbaut ist. Plin. n. h. P7 46 pro- Gal. simpl. med. IX 3, 38 (XII 242 K.) dieselbe 

munturium Ghryseon Ceras (var. Chrysoeeras Procedur mit der %. selbst beschrieben wird; vgl. 

u. s.w.), in quo oppidum Byzantium. IXbOthyn- ebd. X 2, 15 (XII 286). Ausfuhrlicher ist das 

ni semper adversum Byxantii promunturium ex Becept bei Plin. XXXIII 93 : er hat ausser Griin- 

ea causa appellatum Aurei Cornus praeoipiti span {aerugo) und Knabenharn noch nitrum 

petunt agmine. Solin. 10, 17 promunturium (Soda) als Zusatz und giebt als lateinischen Na- 

Oeras Chryseon Byxantio oppido nobile. Mart, men dieses zum Loten silberhaltigen Goldes die- 
Cap. VI 657 promunturium Ceras Chryseon By- 30 nenden Lotes somterna an ; um kupferhaltiges 

xantio oppido eelebratum. Ammian. Marc. XXII Gold zu loten, nehme man zu jener Mischung 

8, 7 promuntorium Ceras praelueentem navibus noch Gold und ein Siebentel Silber hinzu; vgl. 

vehens construetam Celsius turrim, quapropter dazu auch XXXI\f 116. Vom Mineral, das %. 

Ceratas adpellatur ventus inde suetus oriri prae- heisst , ist auch hier nicht die Bede ; aber das 

gelidus. Diese Stellen scheinen keinen Zweifel Lot heisst so, und der Name ist auf alle kupfer- 

iibrig zu lassen, dass der Name wirklich auch der griinen, zu LOtzwecken benutzten Stoffe iiberhaupt 

hornformig gekriimmten Halbinsel von Byzantion ubergegangen , vgl. Plinius ebd. ehrysocollam 

beigelegt wurde und nicht bios der bekannten et aurifices sibi vindieant adglutinando auro, 

Hafenbucht, welche bei Pol. IV 43, 7. Strab. VII et inde omnis appellatas similiter virentes di- 
320. Dion. Byz. 5f. 10. 23. 25. 27. 31f. Wesch. 40 cunt So viel ist klar, dass auch beim alten 

mit Schol. 7. 9. 34. 40. Hes. Mil. frg. 4, 8. Zosim. Goldlot Gold, Silber und Kupfer vertreten waren 

II 30, 2. Procop. de aedif. I 9. Theoph. I 136 und zur Gewinnung des letzteren teils Malachit, 

de Boor u. a. als KsQas, niemals aber als ,Gol- teils Kupferrost verwandt wurde; der Name des 

denes Horn' bezeichnet wird. Letzterer Ausdruck Lotes selbst ging dann auf den Malachit iiber. 

scheint durch Plinius u. a. im Abendlande ein- Das beigesetzte Natron sollte gewiss, wieBeck- 

geburgert worden zu sein, da die volkstiimliche mann zu Aristot. mirab. ausc. p. 124 bemerkt, 

griechische Bezeichnung fur den Hafen von Con- als alkalisches Salz die Stelle des heut dafur be- 

stantinopel heute noch KsQariog xolnog lautet. nutzten Borax vertreten, nicht dass, wie man 

Die nahere Beschreibung des letzteren s. daher friiher haufig annahm (vgl. Hofer Hist, de la 
unter Keras. [Oberhummer.] 50chimie 12 173. Saglio bei Daremberg Diet. 

XgvaoxoXXa. 1) Wie der Name es andeutet, des antiqu. I 794 ; K o p p Gesch. der Chemie IV 

war der erste und wesentlichste Zweck dieses 166 halt die %. fur ein phosphorsaurehaltiges 

Stoffes , bei der Letung des Goldes zu dienen. Harnsalz), die %. selbst Borax gewesen ware. Der 

Die zahlreichenErwahnungenundBeschreibungen Zusatz des Knabenurins wird wesentlich dem 

ermoglichen mit ziemlicher Sicherheit die Be- Aberglauben zuzuschreiben sein. 

stimmung des so genannten Stoffes. Nach Theophr. Neben der natiirlichen x- kommt auch eine 

de lap. 26 (vgl. ebd. 51) kam die %. in Gold- kiinstliche vor, iiber deren Gewinnung Plin. a. a. 

und Kupferbergwerken vor ; Plin. XXXIII 86 be- O. 86 berichtet. Die Methode bestand darin, 

zeichnet sie als eine in den Schachten (putei) der dass man den Winter iiber Wasser in die Erz- 
Goldbergwerke vorkommende Plflssigkeit (umor), 60 gange leitete und dies dann im Juni und Juli 

die durch die Adern des Metalls abfliesse, infolge trocknen liess; doch gait das so erzeugte Material 

der Kalte aber bis zur Pestigkeit des Bimsteins fur schlechter als das naturliche. Diese kunst- 

erstarre. Eine noch bessere Sorte komme in den liche Art scheint besonders von den Malern be- 

Kupfergruben vor, eine gute auch in den Silber- nutzt worden zu sein. Schon Theophrast kennt 

bergwerken , wahrend die aus Bleigruben stam- die %. als Malerfarbe, de lapid. 51 ; iiber die Be- 

mende die geringste sei. Auch Vitr. VII 9 , 6 reitungsart geben Diosc. V 104 und Plin. XXXIII 

bezeichnet die Erzbergwerke als wesentlichste 87 eingehende Vorschriften, wonach das Mineral 

Pundstatte. Nach allgemeiner Annahme (vgl. im MOrser zerstossen und gesiebt wurde, welche 



2515 Chrysokomas Chrysonomos 2516 

Procedur mehrmals sich wiederholte znr Errei- Burmaim Chrysogone) gladium fugiens strin- 
chung grOsserer Feinheit: das Pulver wurde ent- genie mturito texit adulterium iudioe casta reo. 
weder in der Sonne getrocknet oder in Tiegeln [Wissowa.] 
mit Essig vermischt, aufs neue gestampft, ge- XgvaoXdxavov s. Meldc. 
schlammt und getrocknet. Dazu kamen dann Chrysolaos {XpvooXaog), Sohn des Priamos, 
noch Zusatze wie Alaun u. a. Die Angaben iiber Hyg. fab. 90. [Hoefer.] 
diese Zusatze sind aber nicht leicht verstandlich, Chrysolithos. Der Edelstein , der heut den 
weshalb die Auffassung der Neueren iiber die %. Namen Chr. fiihrt und daneben auch Olivin oder 
benannte Malerfarbe und die Bereitung derselben Peridot genannt wird, ist ein beliebter Schmuck- 
verschieden ist, s. Davy Gilberts Ann. d. Phy- 10 stein von gelblichgriiner bis brauner Parbe, der 
sik LII (1816) 28f. John Malerei d. Alt. 214; vornehmlich in Oberagypten, Ceylon, Pegu, Bra- 
vgl. Bliimner Technol. d. Gr. u. R6m. IV 508ff. silien in Flussalluvionen gefunden wird, vgl. 
und Pol bei Daremberg a. a. 0. II 1S28. Die Schrauf Edelsteinkunde 150. Kluge Edel- 
beste Sorte kam nach Diosc. a. a. 0. aus Arme- steinkunde 354. Indessen ist es durchaus unge- 
nien und hatte eine satte griine Parbe ; demnachst wiss, ob dieser Stein mit dem Ch. der Alten iden- 
geschatzt waren die makedonische und die ky- tisch ist; die Mehrzahl der alteren Mineralogen 
prische. Vitr. a. a. 0. kennt nur makedonische, identiflcierte ihn vielmehr mit dem Topas der 
Plin. a. a. 0. 89 ausser kyprischer, armenischer Alten, vgl. Corsi Delle pietre antiche 277, wo- 
und makedonischer auch spanische von saatgriiner gegen freilich Glocker De gemmis Plinianis 53 
Parbe. Tiber Verfalschungen vgl. Plin. XXXV 48f. 20 opponiert; neuerdings hat sich Osk. Schneider 
Vielfache Verwendung fand die %. auch in der Naturwissenschaftl. Beitr. 18 wieder dafur aus- 
Medicin, zumal fur Pilaster, Salben etc., inner- gesprochen, dass der Topas der Alten unser Ch. 
lich als Brechmittel; vgl. Hippocr. VIII 130, 6 sei. tjber den Ch. der Alten liegen folgende 
Littr. Diosc. a. a. 0. Galen a. a. 0., auch comp. Nachrichten vor : es ist ein Edelstein von gold- 
med. Ill 2 (XIII 568). IV 1 (XIH 662) u. 0. gelber Farbe, Prop. Ill 8 (II 16), 44. Plin. 
Plin. XXXIII 92. XXXVII 126: chrysolithos aureo fulgore tralu- 

2) Das Aussere des Malachit hat die Alten centes. Apoll. Sid. carm. 11, 20. Marbod. de 
6fters dazu verfuhrt, ihn mit dem Smaragd zu lap. 11; vgl. Plin. a. a. 0. 90. 101. 154. 172. 
verwechseln. Die ganz fabelhaft klingenden Be- Ovid. met. II 109. Apocal. 21 , 20. Prudent, 
richte von riesengrossen Smaragden bei Theophr. 30 psych. 851. Als Heimat des Steines bezeichnet 
lap. 24f. (Plin. XXXVII 74f.) werden sich durch Diod. II 52 Indien, Plin. a. a. 0. 126 auch 
solche Verwechslung erklaren (vgl. Lenz a. a. Aithiopien, Tibarenien (am schwarzen Meer) und 
0. 20, 69), und ebenso, was Theophr. ebd. 26 Arabien; auch der Peripl. mar. Erythr. erwahnt 
von Smaragden sagt ; svqioxovtcu ojidvuu fisye- ihn c. 39. 49 und 56. Nach Plinius fasste man 
do; sxovoat oyoayidog dXX' sXdtrovg ai noXXai, die durchsichtigen a jour, wahrend man den an- 
Sw xal jcqos xrjv xdXXrjaiv avtfj xe&vrai tov xqv- dern eine Polie von Messing (auriehaleum) unter- 
oiov; vgl. Ps.-Arist. mirab. ausc. 58. Dass es legte; doch waren sie damals als Schmucksteine 
aber in der That einen Edelstein gab, der Ch. nicht mehr beliebt. Lenz Mineral, d. Gr. u. 
heisst, giebt Plin. XXXVII 147 an: lapis am- Rom. 169, 628 ist der Ansicht, dass der Ch. der 
phidanes alio nomine ehrysoeolla appellatur. 40 Alten unsern Topas bedeute, ebenso Millin 

3) Endlich fiihrte noch ein Geback aus Lein- Introd. a l'e'tude des pierre grav. 123; vgl. Bauer 
samen nnd Honig den Namen Ch. , Alcm. bei Edelsteinkunde (1896) 458f. Plunz Taschenb. d. 
Athen. Ill 111 A. Hesych. s. xevooxdXXa. Edelsteinkunde (1897) 224. t Bliimner 

[Bliimner.] Chrysologos s. Petrus von Ravenna. 

Chrysokomas (Xgvooxofias , Xqvgoxo/io;). Chrysomede {Xgvoofiedrj) wird die Bakchantin 

Nicht nur Waifen, Kleidung und Gerat der Getter Chalkomede bei Nonn. Dion. XXXIV 119 genannt 

wird als goldglanzend von den Dichtern gefeiert {on xallog s%eis iQvoirje'AcpQo&hrjs). [Wagner.] 
und giebt Anlass zu Gfitterbeiworten wie xq v °1- Chrysonomos (xQvoovdfios) , der Etymologie 

Xdxarog, xpvoijnog , xQ va °®Q 0V °s> XQ vaon ^d°s> nacn ( aus ZQ va ^ nnd vefietv) —, Gold verwaltend', 
%Qvo6oQam.s, xev0° a ™<P a v°s> xQv aa0m s un ^ ahn- 50 ,iiber Gold verfugend'. Das Wort kommt in der 

lichen, sondern auch die Gestalt der Getter selbst Litteratur nur einmal als Adjectiv bei Aischylos 

als xsvosog und einzelne Teile der Gestalt (vgl. (Pers. 81 Weckl. nach hsl. tberlieferung) vor, 

XevooxreQog , xQ v "0}3tdg, xQ v ooxsQ(og u. dergl.), wird aber nach dem Zeugnis der Scholien meist 

daiunter vor allem das Haupthaar. Beiworte in xe va °Y 0V0 ? ge&ndert ( S o auch von Weckl ein) ; 

dieser Art sind xQvoonXdxafiog, XQvaot&eiQog, xqv- Als staatsrechtlicher Terminus kommt es in zwei 

ooxahtjg und am haufigsten xqvo°x°I*<*s- Das Inschriften von Leros vor, a) IlaQvaoodg 1886, 93 

Epitheton flndet sich z. B. fur Apollon (Tyrt. (Sakkelion) = Bull. hell. XIX 550 (Pontrier). 

frg. 3. Pind. 01. VI 71. VII 58. Eurip. Suppl. Athen. Mitt. XXI 33 (Burchner); b) "Eyw 

976f. Cornut. 32 u. o., vgl. die Citate bei Bruch- &q%. 1862, 260 nr. 229 (diese wurde von Sak- 
mann Epithet, deor. 35), Dionysos (Hes. Theog. 60kelion auf Patmos gefunden, aber von Wilhelm 

947), Helios (Hymn. Mag. 4, 2 bei Abel Orphica in iiberzeugender Weise als Leros zugehorig er- 

291), Eros (Anakreon frg. 14 bei Athen. Xffl wiesen, Arch.-epigr. Mitt. XV 9); hier werden 

599 c. Eurip. Iph. Aul. 548), Hymenaios (Anth. die Ch. als Beamte erwahnt, welche die Aufstel- 

Planud. IV 177) , Zephyros (Alkaios frg. 13 bei lungskosten von Stelen zu bezahlen haben, diirfen 

Plut. amat. 20). [Jessen.] also, was auch durch ihren Namen bestatigt wird, 

Chrysokome, erwahnt nur in dem Epigramme als Schatzmeister der Gemeinde auf Leros ange- 

Anth. lat. 267 R. (Baehrens PLM IV 358): sehen werden. Freilich Schebeleff (s. unten) 

Chrysoeome (fiberl. Orisoeonte, corr. Ouden dorp, ist geneigt, sie fur Schatzmeister der heiligen 



2517 Chrysopator Chrysopras 2518 

Gelder der IlaQ&Evog anzusehen, weil die Stele fischen (VI 17, 175), kommt im Brackwasser vor 

in ihrem Heiligtume aufgestellt werden soil, aber (VIII IS, 232) und leidet unter der Kalte (VIII 

Heiligtiimer sind auch sonst die gewohnlichen 19, 239). Er gait als der Aphrodite heilig (Ar- 

Aufstellungsorte fur Decrete , und doch werden chippos bei Athen. VII 328 a) und wurde schlecht- 

ihre Aufstellungskosten von der Staatskasse be- weg der ,heilige Fisch' genannt (Kallimachos und 

zahlt. Auch seine Hypothese uber den Ursprung Eratosthenes bei Athen. VII 284 c.f. Plut. de soil, 

des Namens — in Kleinasien sei seit dem 7. Jhdt. anim. 32). Nach Ael. n. a. XIII 28 war er der 

Gold gepragt worden und die Schatzineister seien furchtsamste von alien Fischen. Er halt sich an 

deshalb Ch. genannt worden, spater sei der Name Klippen und im Meeressande auf (Opp. hal. I 169. 
allgemein verschwunden und habe sich nur auf 10 Col. VIII 16, 8. Plin. XXXII 152. Ovid. hal. 

dem entlegenen Leros gehalten — ist kaum sehr 111), hat weisses, festes Pleisch (Xenokrates bei 

ansprechend; man konnte auch sagen, der Name Orib. 1 135), das sich durch angenehmen Geschmack 

sei entstanden, als seit Alexander die Schatzmeister und Nahrhaftigkeit vor dem aller Pische aus- 

mehr mit Gold als Silber zu thun hatten (die In- zeichnet (Hikesios bei Athen. VII 328 a. Xenokr. 

schriften sollen in das 1. Jhdt. v. Chr. gehoren). a. a. 0., vgl. Diphilos bei Athen. VIII 355 d). In 

Ein Ch. eines Vereines von Lampadisten wird Ephesos, wo sie Icovionoi hiessen, und in Selinus 

auch auf Patmos genannt (Boss Inscr. ined. II wurden besonders fette und grosse Exemplare 

nr. 189 = Sakkelion a. a. 0. 258 = Ditten- (10 Ellen) gefangen (Archestratos bei Athen. a. a. 

berger Syll. 402), und bei der Sitte dieser Ver- 0.), die man gehorig reinigte und dann ohne Zu- 
eine, ihre Beamten denjenigen der Gemeinde an- 20 that am Peuer briet. Im Herbst flng man sie 

zuahneln, ist es wohl nicht zu kiihn anzunehmen, am Strande mit griinen Pappelzweigen, die wie 

dass auch auf Patmos Ch. als Gemeindeschatz- Pallisaden zugespitzt zur Zeit der Ebbe in den 

meister existierten. Litteratur: Schebeleff Die Sand gesteckt wurden: die Doraden, die von der 

Chrysonomen (Sep.-Abdr. a. d. Journ. d. Min. f. Plut in grosser Menge mitgefuhrt wurden, blieben 

Volksaufkl. 1897). [v. Schoeffer.] dann an hohlen Stellen unter den Zweigen zu- 

Chrysopator(Xg«;oojr<fc<»g,X()iJodjtaT£>og),Bei- nick. In Indien, wo sie eine Lange von 8 Ellen 

wort des Dionysos von seiner Geburt als jwqi- erreichten (Ael. XVI 12), wurden sie nach der 

yevrjg, Nonn. XL VII 471, vgl. Preller Griech. Eegenzeit, wenn die Pliisse wieder in ihr Bett 

Myth.4 I 661 , und des Perseus als Sohnes der zurticktraten , auf den mit Schlamm bedeckten 
Danae und des Zeus, Lykophr. 838; im Zusammen- 30 Peldern gefangen. Man fing sie auch mit kleinen 

hang der Danaesage erhalt Zeus selbst mehrfach Fischen als Koder, besonders mit der fiaivtg (Opp. 

das Beiwort iQvaeiog, vgl. Bruchmann Epitheta hal. Ill 188). Der Genuss des Fleisches sollte 

deor. 143. [Jessen.] gegen giftigen Honig helfen (Plin. XXXII 43), vgl. 

Chrysopeleia {XQvooneXeia nach Bechtel- Marc. Sid. v. 12 ed. M. Schneider. Poll. VI 50. 

Fick Griech. Personennamen 2 415 = Goldtaube?) Geop. XX 7, 1. Birt De halieut. Ovidio falso 

war nach Eumelos frg. 15 (Apollod. Ill 102 W. adscriptis 107. [M. Wellmann.] 

Tzetz. Lye. 480) eine Nymphe und von Arkas Chrysopolis. 1) Flecken (xwfti]) in Bithy- 

(s. d. Nr. 1) Mutter des Elatos und Apheidas. nien am Bosporos, Constantinopel gegeniiber, jetzt 

Das Schol. Lycophr. 479 setzt an ihre Stelle eine Scutari, der gewOhnliche tfberfahrtsort nach Asien, 
namenlose Hamadryade , der Arkas das Leben 40 Xen. anab. VI 6, 38. Ephoros, Theopompos bei 

rettet, indem er einen sie bedrohenden Waldstrom Steph. Byz. Strab. XII 363. Plin. V 149. Amm. 

ableitet. Wenn Tzetz. a. a. 0. fur diese Geschichte Marc. XXII 8, 7. Steph. Byz. Tab. Peut. IX 1, 2 

Charon von Lampsakos als Gewahrsmann nennt, (Miller). Geogr. Eav. IV 33 p. 272. Dionys. Byz. 

so hat dies nach U. v. Wilamowitz Isyllos 81, anapl. Bosp. frg. 65, dazu der Commentar von 

54 gar keinen Wert. [Hiller v. Gaertringen.] Muller in den Geogr. gr. min. II 91. [Buge.] 

XQvao<poQia, das Becht, goldene Gewander 2) S. Dryaina. 

zu tragen, manchmal zusammen mit dem Becht, 3) Nach dem Bandscholion zu Ptolem. Ill 12, 

Purpur zu tragen, verliehen, kommt in griechi- 28 M. und den Listen der Stadteumnennungen in der 

schen Stadten als Auszeichnung fur verdiente Be- HieroklesausgabevonA.Burckhardtp.61.65 an- 
amte oder Priester in der Kaiserzeit wiederholt 50 geblicher spaterer Name fur Amphipolis am Stry- 

vor. Le Bas II 117 mit der Bemerkung von mon, das in Wirklicbkeit Popolia hiess, Tafel De 

Poucart, ferner CIG 1123, fur Athen CIA ni Thessalonica 498f. ; De viae Egnatiae parte orien- 

623. 624. Vgl. auch Keil Sched. epigr. 46. tali 9. Pur Xgvoaxokig Variante Xgiarojiolitg. 
^ [Szanto.] 4) KlOsterchen auf dem Athos, Acta et diplom. 

XQvoocpgvg, die Dorade (Chrysophrys aurata), ed. Miklosich II 217f. (J. 1392). [Biirchner.] 
jetzt xfynovQa oder tCsmovQa, bei den Bttmern Chrysopras. Der Halbedelstein , der heute 
aurata (Plin. XXXII 145), im Italienischen orata, (doch erst seit der Mitte des vorigen Jhdts., vgl. 
im FranzOsischen dorade, vgl. Aubert-Wimmer Kluge Edelsteinkunde 398) den Namen Ch. 
Aristoteles Tierkunde I 144. Diren Namen hat fiihrt, ist eine Art des griinen Chalcedon, die vor- 
sie von dem glanzenden Goldfieck, der sich zwi- 60 nehmlich bei Frankenstein in Schlesien gefunden 
schen ihren Augen beflndet (Opp. hal. 1 169. Ovid. wird, s. Kluge 397. S chr auf Edelsteinkunde 
hal. 111). Nach Aristoteles (hist. an. I 5, 8B.) 173. Bauer Edelsteink. 560. Der alte Ch. da- 
hat dieser Fisch zwei Brust- und zwei Bauch- gegen war nach Plin. XXXVII 113ff. von lauch- 
flossen und wenige Pylorusanhange (II 17, 49). gruner Farbe, die ins Goldgelbe spielte (was bei 
Er wird oft bei Tage mit dem Dreizack wahrend. unserem Ch. nicht der Fall ist), und kam aus In- 
des Schlafes gefangen (IV 10, 109), laicht im dien; er fand sich in Stiicken von solcher Grdsse, 
Sommer an den Flussmflndungen (V 10, 121. dass man Becher {eymbia) daraus schnitt. Erwahnt 
VIII 15, 235. Plin. IX 58), gehOrt zu den Zug- wird er nur selten, so bei Isid. orig. XVI 7, 7 



2519 Chrysor Chrysothemis 2520 

nach Plin., ebenso bei Marbod. lap. 15; ferner Strab. XVI 755. Plin. n. h. V 74. . Miinze bei 

Apocal. 21, 20. Prudent, psych. 864. Darnach Eckhel HI 337. Geogr. Kav. II 15 p. 90 Pin- 

durfte es kaum angehen, ihn, wie Cor si Delle der), der heutige Nahr Barada. Der alte ein- 

pietre ant. 250 thut, mit dem modernen Ch. zu heimische Name ist als Abana im Alten Testa- 

identiflcieren , was auch Kluge a. a. 0. und ment (II Reg. 5, 12) uberliefert. Geogr. Kav. 

Lenz Mineral, d. Gr. 171, 633 ablehnen; letzterer fiihrt irrtiimlicherweise unter den Pliissen Syriens 

vermutet, es konne ein Flussspat gewesen sein. einen Bona neben dem Ch. auf (II 15 p. 89, 18 

In den Gemmensammlungen ist der moderne Ch. Pinder); es kann jedoch keinera Zweifel unter- 

anscheinend nicht nachweisbar, doch vgl. Tolken liegen, dass sein Bana und Farfara dem alttesta- 
Preuss. Gemmensammlung, Vorrede VI. lOmentlichen Abana und Pharphar (a. a. 0.) ent- 

[Blumner.] spreohen und ersterer also mit Ch. identisch ist. 

Chrysor (Xqvowq) ist nach Philon von Byblos Einen dritten Namen BaQdivtjg giebt Steph. Byz. 

frg. 2, 8 aus Euseb. pr. ev. I 10, FHG III 566, (s. Aa/xaaxog). Der Nahr Barada entspringt in 

9 mit einem nicht genannten Bruder (oder meh- den Gebirgsschluchten des Libanon, durchfliesst 

reren) zusammen Erflnder des Erzes und seiner dann in sieben Arme geteilt die Ebene von Da- 

Bearbeitung, und stammt fiber Agreus und Halieus, maskus und miindet in den Wiesenseen (ca. sechs 

die Erfinder der Jagd und Fischerei, vom Ge- Stunden Ostlich von Damaskus) aus. Bitter 

schlecht des Hypsuranios (in Palaestina) ab. Wah- Erdkunde XVII 1278. 1282. 1285ff. 1295ff. Bae- 

rend ,nach einigen' die Bruder den Backstein- deker Palaest. u. Syrien* 334. 
mauerbau erfanden, gilt nach Philon Ch. alsEr-20 9) Fluss bei Gerasa im Ostjordanland; die 

finder der Beredsamkeit, der sjttpdai und fiavreiac, Inschrift Le Bas-Waddington nr. 1722 redet 

sowie (wenn hier nicht Verwirrung mit dem andern von 'Avrioxscov roiv agog r<j5 Xqvooqoi} x(nv m@6- 

der zwei Bruder eingetreten ist) als Erfinder der xegov regaa^v&r; also der Dscherasch durch- 

Angel (SyniatQa), des Eoders, der Angelschnur fliessende Bach Wadi Dscherasch. [Benzinger.] 
und des Flosses, iiberhaupt der Schiffahrt, wird 10) = Chorseas, s. d. 

= Hephaistos gesetzt und auch Zeus Muli%iog 11) Ein Fluss Bithyniens, auch Geodos ge- 

benannt. Sie sollen Ahnherrn des Technites und nannt, Plin. V 148. Kiepert Forma orb. ant. 

des Trfivog Avt6x&cov und damit einer weiteren IX; Specialk. d. westl. Eleinasiens II iibertragt 

Stammfolge von eponymen Erfinderheroen sein. den Namen vermutungsweise auf den Daghly dere 

[Tumpel.] 30 an der Nordseite der arganthonischen Halbinsel. 

Chrysorrhoas (XgvaoQQoag), haufig vorkom- 12) Der Fluss von Hierapolis muss so ge- 

mender Flussname. 1) Quelle in Troizen, die bei heissen haben nach Miinzen, Kiepert Forma orb. 

einer sieben Jahre anhaltenden Diirre allein von ant. IX. Bamsay Cities and bishoprics of Phry- 

den zahlreichen Quellen nicht austrocknete , von gia I 86, 2. [Ruge.] 

der Fiille der Name, Paus. II 31, 10. Vielleicht 13) Beiname des Nils, Ioann. Lyd. de mens, 

war auch das Wasser dieser Quelle der Gesund- IV 68. Athen. V 203 C. Ioann. Antioch. frg. 2, 

heit zutraglicher als das sonstige Trinkwasser in 17 (FHG IV 541). Auch einer der Stromarme 

Troizen, das bitter war und angeblich Aufblahen des Nils oder ein Canal im Delta hiess Xqvooq- 

und Podagra verursachte (Plin. n. h. XXXI 36. Qoag, koptisch Pawon-n-nub p-herman, gleich- 
Vitruv. VIII 3). 40 falls das Wort fur Gold (vovfl) enthaltend. Auk*- 

2) Dichterischer Beiname des Bosporos s. o. lineau Geogr. de l'Eg. 303. [Sethe.] 
S. 751 nr. 76. Chrysorthe (XevooQthj), Tochter des Sikyo- 

3) Spaterer oder mythologisierender Beiname niers Orthopolis, welche dem Apollon den Koronos 
des Lykormas-Euenos in Aitolien, Hygin. fab. gebar (Paus. II 5, 8). [Wagner.] 
242. E. Bursian Geographie von Griechenland Chrysos (Xpvoog), auf einer Oinochoe des 4. 
I 132, 4. Jhdts. als Knabe dargestellt in langem, reichdra- 

4) Beiname des Paktolos (s. d.) wegen seines piertem Chiton mit Armeln, mit vergoldeter Taenie 
goldhaltigen Flusssandes, Plin. n. h. V 110. in den Locken und mit Oinochoe in der Linken, 

[Btirchner.] inschriftlich bezeichnet; er schreitet links hinter 

5) Angeblich ein Fluss im Quellengebiet des 50 der auf sprengender Quadriga stehenden Nike, von 
Tigris, Iul. Honorius p. 30 und Ethicus p. 76 rechts eilt Plutos (s. d.) herbei, Furtwangler 
Eiese; vielleicht der ostliche Zufluss Chaboras, Berl. Vasens. 2661 (= CIG 241 [8372]). Des- 
der ein Kulturgebiet bewassert; wahrscheinlich gleichen ZPr^O^ iiber einem am Boden rutschen- 
hat sich aber der Name Ch. aus der Orontes- den Knablein auf einer Oinochoe aus Megara in 
region zu weit nach Osten verirrt. der Sammlung der Ztiricher Universitat, vgl.Blum- 

6) Ein Fluss an der pontischen Ostkuste nahe ners Beschr. S. 199. E. Miiller Festg. an die 
an Sebastopolis, Plin. VI 14; vgl. An them us 39. Philol. Versamml. Zurich 1887 lOff. 

Nr. 1 und Chares Nr. 1. [Waser.] 

7) Ein Fluss Hinterindiens : inter gentes Eoas Chrysostomos s. Dion und Johannes. 
et Passyadras (skr. Pracyadri .ostliches Felsenge- 60 Chrysothemis (Xffvao&sfiig). 1) Eine Da- 
Dirge'), ubi flumen Oh. et promunturium Samara naide , totet ihren Brautigam , den Aigyptiden 
(skr. Tamara, s. Temalas) orientali exeipiuntur Asterides, Hygin. fab. 170. 

oeeano, Oros. I 2, 46. Entweder zu beziehen auf 2) Tochter des Agamemnon bei Homer. II. 

den Chrysoanas (s. d.) oder, da Samara das heutige IX 145 = 287 neben Laodike und Iphianassa, 

C. Negra'is vorstellt, auf den Hauptstrom des vielleicht auch in den Kyprien, woruber jedoch 

Goldlandes Suvarna-bhumi, namlich die Iravadi. die Aussage des corrupten Schol. Laur. Sophocl. 

[Tomaschek.] Electr. 157 (= frg. 12 Kinkel) Zweifel lasst. 

8) Fluss bei Damaskus (Ptolem. V 15, 9. Auf der streng rf. Vase Mon. d. Inst. VHI 15 



2521 Xqvoovv oQog Chthonia 2522 

scMtzt KPVSO&EMIZ den Orest beim Morde Name Altai hangt zusammen mit tiirkisch altun, 

des Aigisth, vgl. Eobert Bild u. Lied. 155. So- altyn ,Gold'; auch die sinischen Annalen der 

phokles lasst Ch. neben Elektra in der gleichnami- Thang geben als Sitz des ,Wolfsgeschlechtes' und 

gen Tragoedie auftreten und nennt 957 als dritte des Tiirkenfiirsten den Kin.san oder das ,Gold- 

Schwester Iphianassa. Euripides Orest. 23 giebt gebirge' an. [Tomaschek.] 

Ch., Iphigeneia, Elektra, ebenso in Apollodors Xqvoovv orofia, die dritte der sieben Indus- 

Bibl. Epitome Sab. II 16 = p. 187, 9 Wagner. miindungen, die heutige Pitiani (von skr. pita 

Die Angabe des Schol. AD Horn. II. I 7 von vier .gelblich'), Ptol. VII 1, 2. [Tomaschek.] 

TOchtern Agamemnons, Laodike, Ch., Iphigeneia, Xqvoovv ■&sqos (Strab.) oder xQvoa d'egt], das 

Elektra , beruht wohl auf Contamination. Nur 10 sind wohl in erster Linie goldne Ahren, weihten 

der Name Schol. Lykophr. 183. die Metapontier (Strab.), Apolloniaten und Myri- 

3) Gemahlin des Staphylos und Mutter der naeer (Plut.) als Erstlinge reicher Ernten nach 
Molpadia, Parthenos, Rhoio, die von Apollon Delphi. Es handelt sich offenbar nicht um all- 
Mutter des Anios (s. d.) und Grossmutter der jahrliche Gaben, wie sie deren die eleusinische 
Oinotropen (s. d.) wird. Diodor. V 62, 1. 2 (aus Gottin mehrfach verlangt und zeitweilig auch be- 
Apollodors vscov xaxaloyost Be the Hermes XXIV kommen hat, sondern um einmalige, in Delphi 
436), vgl. das fur diese Sage auf dieselbe Quelle noch spater gezeigte Weihgeschenke, Strab. VI 
(Pherekydes, Kyprien frg. 17 Kinkel) zuriick- 265. Plut. de Pyth. or. 401. 402. K. 0. Miiller 
gehende Schol. Lykophr. 570 (vgl. Wentzel Dorieri I 265. 269. Preller-Eobert Griech. 
Philol. N. P. V 62). Eine andere tberlieferung 20 Myth. I 260. 261, 1. Ob die Ahre auf den meta- 
iiber diese Ch. giebt Hygin. P. A. II 25 gelegent- pontinischen Mfinzen nur gerade auf dieses %. $. 
lich des Sternbildes der IlaQftevog, der nach Er- geht, wie ausser den vorher Genannten auch Head 
wahnung des Hesiod und Arat und nonnvM HN 62 meint, mag dahingestellt bleiben. 
fortfahrt: alii autem Apollinis filiam ex Ghry- [Hiller v. Gaertringen.] 
sothemi natam et infantem Parthenon nomine Xovoovs s. Aureus oben Bd. n S. 2547. 
dietam, eamque, quod parva interierit, ah Apol- Chthimena s. K t i m e n a. 

line inter sidera colloeatam. Chthon (X&cov), die Erdtiefe personificiert, 

4) Angeblich ein uralter Sanger aus Kreta, gewOhnlich gleichbedeutend mit Gaia (s. d.), so 
Sohn des Karmanor, der in der geschwindelten als Mutter der Titanen (Aisch. Prom. 205; Eum. 6) 
uralten Siegerliste der Pythien bei Paus. X 7, 2 30 und Giganten (Nonn. Dion. XXV 453) und des 
erscheint. Ed.MeyerGesch.d.Altert.II§373A.4. Typhoeus (ebd. II 566); sie heisst Mutter der 
In einer Hypothesis zu Pindars Pythien (Boeckh Traume (Eur. Hek. 70), der Seirenen (Eur. Hel. 
Pind. II 1 p. 298, 2) hat Ch. den Apollon nach 168). Vgl. noch Anth. Pal. V 177. Nonn. Dion. 
dem Drachenkampf entsiihnt, wahrend bei Pau- XXI 131 (Preller-Eobert Gr. M. I 635, 4. 
sanias dies seinem Vater Karmanor zugeschriehen 616. 846, 2). Bei Pherekydes von Syros sind als 
wird. Urpotenzen angenommen : Zeus, Chronos (s. d.) und 

5) Hesperide auf der attischen Hydria 4. Jhdts. Ch. (bezw. X&ovlrj), wofur in orphischer Lehre Chaos 
des Meidias links neben dem Hesperidenbaum, (s. d.), Stellen bei Welcker Gr. G.-L. 1 143, 2. 
hinter ihr ASSTEPOPE und TTIEA. Abge- Gruppe Gr. Kulte und M. I 654, 46, vgl. Kern 
bildet Millin Gall. myth. 94, 385 = Wiener 40 De Orphei Epim. Pherecydis theog., Berl. 1888. 
Vorlegebl. IV 2. ' [Bethe.] Gomperz Gr. Denker I 70ff. [Waser.] 

6) Chrysothemis aus Argos, Erzgiesser, dem Chthonia {fj X&ovia). 1) Mythologisierender 
spateren Altertum nur bekannt durch die Kunst- und dichterischer Beiname der Insel Kreta (s. d.). 
lerinschrift zweier in Olympia aufgestellten Sta- Steph. Byz. [Burchner.] 
tuen, die er in Gemeinschaft mit seinem Lands- 2) Xftovla , Epiklesis verschiedener Erdgott- 
mann Eutelidas verfertigt hatte. In der Passung heiten. Alle Gottheiten, die im Innern der Erde 
der Inschrift ist die Art, wie der Kunstschule hausen, an einem bestimmten Orte als standig 
ohne Nennung der Lehrer gedacht wird, beachtens- dort wohnende Schirmer des Landes verehrt wer- 
wert : EvrsXi&ag xa.1 Xgvoo&e/iie rdSe egya rsha- den oder die sonst in irgend welcher Beziehung 
oav 'AgyeToi, zsxvav eiSoreg ex jiqotsqcov. Die dar- 50 zur Erde oder Unterwelt stehen, konnen das Bei- 
gestellten Olympioniken waren Damaretos aus He- wort Ch. fuhren. Man spricht bald von einer 
raia, der im Waffenlauf sowohl 01. 65, als dieser einzelnen Gottin als x&ovla, bald von einer Mehr- 
Wettkampf zum erstenmal stattfand, als in der zahl von teal x&ovicu, vgl. z. B. Aristoph. Thesm. 
folgenden Olympiade gesiegt hatte, und sein Sohn 101. Stob. eel. I 5, 12 = Bergk PLG HI* 733 
Theopomp, Sieger im Funfkampf. Letzterer wird (Moirai); Soph. Oed. Col. 1568 und Orph. hymn, 
also vermutlich die Statuen gestiftet haben, deren LXIX 8 (Erinyen) ; Apoll. Rhod. II 504. IV 1322 
Errichtung dann in den Anfang des 5. Jhdts. nebst Schol. (x&dnac rv^(pai im Sinne von %co- 
fallen wiirde. Vermutlich gehOren Ch. und Eute- qioi) ;iiber die chthonischen Gottheiten vgl.P re Her 
lidas zur dritten Generation der Schule des Hage- Demeter 187if. Eohde Psyche 190ff. Im einzelnen 
laidas (s. unter Asopodoros Nr. 6). wahrend man 60 flndet sich Ch. als Epiklesis fur a) Ge, Aischyl. 
sie friiher falschlich als dessen Vorlaufer ansah. Pers. 626. 638. Musaios Eumolp. frg. 1 Kinkel, vgl. 
Paus. VI 10, 5. Brunn Ktinstlergesch. 161. Over- Wunsch Defix. tabell. Attic. 90b. 99; im Cult von 
beck Griech. Plasty 1 140. Collignon Sculpt. Mykonos neben Zeus Chthonios Dittenberger 
gr. I 225. 320. Preger Inscr. gr. metr. 174. Syll. 373 = Bull. hell. Xn 460; vgl. v. Wila- 

[C. Robert.] mowitz Euripid. Herakles II 164. b) Demeter, 

Xqvoovv oQog, Hauptsitz des Tiirkenchagans, Apoll. Ehod. IV 987. Anth. Pal. VI 31. Orph. 

auch genannt 'Extay d. i. ,Aq-tagh' weisses oder hymn. XL 12. Cult in Sparta, angeblich von 

Schneegebirge, Theophylact. Sim. VII 8, 11. Der Orpheus gestiftet, im Zusammenhang mit Hades- 



2523 Chthonia Chthonios 2524 

cult, Paus. Ill 14, 5. Plut. Lyk. 27. Milchhofer Priester und Beamten und das ganze Volk mit- 

Athen. Mitt. II 472. Sam Wide Lakon. Culte samt den Kindern, welche weisse Kleider und 

171. 174f. 244f. Cult in Hermione auf dem Pron, Hyacinthenkr&nze (xoo/toodvdaAov) tragen, beteili- 

im Zusammenhang mit dem Cult des Pluton Kly- gen, werden vier Binder von Mannern zum Tempel 

menos, Paus. II 35, 4ff., wo auch das Fest X&ovia gefiihrt und drinnen von vier alten Frauen, die 

naher beschrieben wird ; vgl. Eurip. Heracl. 615. eine besondere priesterliche Function hatten, ge- 

Lasos frg. 1 bei Athen. X 455 c. XIV 624 e. schlachtet, Paus. II 35, 5 — 8 sebr ausfiihrlich und 

Aelian. n. a. XI 4, wo das auf diesen Cult be- anscheinend genau, Imhoof-Blumer and P. 

atigliche Gedicht des Aristokles stebt. Plut. Pomp. Gardner Num. comm. on Pausanias 61 Hermione 
24. IGA 47f. CIG 1196ff. Bull. hell. Ill 76. 10 nr. 6. Dittenberger Syll. 389. Dagegen fuhrt 

XIII 198. Pausanias erwahnt noch mehrere De- nach Aristokles bei Ael. n. h. XI 4 die Priesterin 

metertempel in Hermione, wie auch Kopf bezw. der Demeter das Rind zum Altar, s. De meter. 

Attribute der Giittin auf den Miinzen der Stadt Sam Wide De sacris Troezeniorum, Upsala 1888, 

erscheinen; vgl. Preller Demeter 57; Griech. 45ff. Preller-Eobert Griech. Myth. I 751, 1. 

Myth. I 751. Sam Wide De sacris Troezen. Her- 786. Stengel Gr. Kultusalt. 175. 

mion. Epidaur. 45ff. Rohde Psyche 195. v. Wi- [Hiller v. Gaertringen.] 

lamowitz Eurip. Her. II 164. tfber die Ch., Chthonios (X&oviog). 1) Selbstandig gebraucht 

welche den Cult in Hermione gestiftet haben soil, oder als Beiwort eines einzelnen Gottes , kenn- 

vgl. unten Nr. 3. c) Koret Anth. Pal. Vn 657. zeichnet Ch. eine Gottheit, die mit der Unter- 

d) Hekate : Cornut. 34. Aristoph. frg. 500. 501 20 welt und der Erde in Zusammenhang steht, Tod 

Kock. Theokrit. II 12. Apoll. Shod. IH 862. IV und Leben, Bliihen und Welken beherrscht. Der 

148. Hymn, in Hecat. bei Bergk PLG in* 682. dat(ia>v %$6vio<;, oi %$ovioi &eot, ol xaxa x&ovog 

Wunsch a. a. O. 104 — 108 u. 0. Weitere Belege #eoi, oi Ssojtorai %$6vioi oder navtsg ol x^ovioi 

bei Bruchmann Epithet, deor. 99. werden angerufen und verehrt, um Lebenden und 

3) Tochter des Phoroneus oder Kolontas. In Verstorbenen gnadig zu sein (ein Beispiel fur viele 
Hermione, wo der alte Cult der Ch. bezw. der Wunsch Defix. tab. Attic. 99); daherruftihn auch 
Demeter Ch. neben dem Cult des Pluton Klyme- der Landmann als Segenspender neben Demeter an 
nos stand , setzte man als Stifter dieser beiden (Hesiod. Erg. 465). tfber den ganzen Vorstellungs- 
Culte die Geschwister Ch. und Klymenos, Kinder kreis vgl. insbesondere Eohde Psyche 190ff. Am 
des Phoroneus ; nach anderer Version war Ch. 30 haufigsten begegnet uns Zeus xarax&oviog (Horn. 
eine Tochter des Argivers Kolontas, der sich gegen II. IX 457. Nonn. Dion. XXVII 77) oder x&ono; 
Demeter verging und bestraft wurde, wahrend (Hesiod. Erg. 465. Soph. Oed. Kol. 1606. Nonn. 
Ch. selbst von der Gottin nach Hermione ver- Dion. XXVII 93 u. 6\ Orph. hymn. XVIII 3 u. 0. 
bracht wurde, Paus. II 35, 4. Hesych. Suid. u. a.), der nicht verschieden ist 

4) In Athen spielt eine Ch. im Geschlecht der von dem Hades x^ ovl °s (Hesiod. Theog. 767. 
Eteobutaden eine Rolle (vgl. Topffer Att. Ge- Eurip. Ale. 237; Androm. 544), dem Hegesilaos 
nealog. 115). Sie gait als Tochter des Erechtheus x$°' no s (Nicand. frg. 74, 72 Schneider) oder Pluton, 
und der Praxithea und als Gemahlin des Butes Preller Griech. Myth. I 798ff. Rohde Psyche 
(Apollod. IH 15, 1, 2—3. Hyg. fab. 46. 238. 191. Kult des Zeus Ch. auf Mykonos neben Ge 
Westermann Mythogr. 345; Paradoxogr. 219) ; 40 Chthonia (Bull. hell. XII 460 = Dittenberger 
nach anderen war sie eine Tochter des Boreas Syll. 373), in Korinth neben Zeus vyiarog (Paus. 
und der Oreithyia (Schol. Apoll. Rhod. I 211). n 2, 8), in Olympia (Paus. V 14, 8). Haufig 
In dem Kampfe mit Eumolpos erhielt Erechtheus genannt wird ferner Hermes xddviog in seiner 
bekanntlich das Orakel, er werde siegen, wenn Eigenschaft als Psychagogos, Aeschyl. Choeph. 
er eine seiner Tochter opfere. Erechtheus opferte 1. 118. 708; Pers. 626. 639. Soph. El. Ill ; Aias 
die eine , verlor damit aber auch alle anderen, 832. Eurip. Alcest. 743. Aristoph. FrOsch. 1126. 
denn die Tochter hatten sich geschworen, mit 1138.1145. Orph. hymn. LVII. Wunsch a. a. O. 
einander zu sterben. Sie wurden nachmals als 83. 91. 93. 101. 105— 107. CIG 538. 539. Kaibel 
Hyades oder Hyakinthides oder Parthenoi verehrt. Epigr. gr. 505. Dionysos x®6 vt °s als Gott des 
Ch. bezw. Persephone Ch. heisst die Geopferte 50 Naturlebens , Orph. hymn. LIH 1. Nonn. Dion, 
bei Hyg. fab. 46. 238. Stob. nor. 39, 33. Apollod. XXXI 144. Suid. s. Zayqsbg. Journ. hell. VH 10. 
Ill 15, 4, 5, wahrend sonst auch andere Namen 19. Wenn die Titanen bei Hesiod. Theog. 697 
genannt werden. Die Einzelheiten der Sage vgl. x^ioi heissen, so kann man zweifeln, ob sie als 
unter Erechtheus, Hyades und Hyakin- damonische Machte der inneren Erdtiefe (Preller 
t hides. Griech. Myth. I 62) oder als yrjysveTg gekenn- 

5) Eine der Alkyoniden, die sich nach dem zeichnet werden sollen. Dagegen heissen die Erech- 
Tode ihres Vaters Alkyoneus in das Meer stiirzen, theiden (Soph. Aias 202) und Inachiden (Trag. 
Hegesand. bei Suid. s. akxvovldeg fjfisocu. Bekker anonym, bei Hesych. s. %&ovlovg 'Ivaxidag) x&onoi 
An. Gr. 377, 25. Paus. Lex. bei Eustath. Horn, im Sinne von aMx&oveg, ebenso wie auch die 
776, 16ff. Vgl. unter Alkyonides. [Jessen.] 60meisten der gleich zu erwahnenden Heroen den 

6) X&ovia (so bei den Autoren; in der In- Namen Ch. im Sinne von yijysv^g, avxox&ow oder 
schrift bei Dittenberger Syll. 389 tc5v [fieyd- iyxcboiog fiihren. 

Imv] X&ovsiow) sind ein jahrliches im Sommer, 2) Einer der thebanischen Spartoi, Vater des 
zur Erntezeit, in Hermione gefeiertes Fest, das der Lykos und Nykteus, Hellanik. und Pherekyd. bei 

Demeter X&ov(a und den mit ihr im Culte verbun- Schol. Apoll. Rhod. Ill 1179. Apollodor. ni 4, 

denen Klymenos-Hades und Kora gilt (s. o. Nr. 2b), 1, 5. 5, 5, 1. Paus. IX 5, 3. Hyg. fab. 178. Schol. 

welch letztere zu dieser Jahreszeit in die Unter- Eurip. Phoen. 670. Schol. Apoll. Rhod. IH 1186. 

welt zuriickkehrte. Im langen Zuge, an dem sich 3) Sohn des Poseidon und der Syme, Fiihrer 



2525 Chthonophyle Xovg 2526 

der ersten Colonie nach der Insel Syme, Diodor. legen innerhalb zweier StrSme ; noch weiter ent- 

V 53, I. Andere Versionen iiber Syme Athen. fernt liegt Taugast (s. d.), die Residenz des ,Him- 

VII 296 c. Steph. Byz. s. 2vfnj. melssohnes'; Theophylact. Sim. VII 9, 8f. nach 

4) Solm des Aigyptos und der Kaliadne, ver- Aussagen syrischer Handelsleute. Auch die syrisch- 
lobt mit der Danaostochter Bryke, Apollod. II 1, sinische Erztafel yon Si.~an.fu spricht von einer 
5, 7. Doppelstadt Saragh, d. i. 2fjQa fiijTQoxofog, nnd 

5) Ein Kentaur, auf der Hochzeit des Peiri- Chumdan, d. i. sin. Kong.tien .Regierungssitz', 
thoos von Nestor getotet, Ovid. met. XII 441. Bezeichnung fiir die Hauptstadt der Han-dynastie 

6) Ein Gigant, Nonn. Dionys. XL VIII 21. Cang.~an, das heutige Si.~an.fu am Flusse We'i-ho 

[Jessen.] 10 nahe dem Ho. Belehrend ist der Bericht des ara- 

Chthonophyle (XftovoyvXrj), Tochter des Si- bischen Kaufmannes Ibn-Wahab (Relation des vo- 

kyon, welche dem Hermes den Polybos gebar. yages, p. ReinaudLIp. 89); Chumdan ist inzwei 

Spater heiratete sie Phlias, den Sohn des Dio- Halften geteilt; rechts vom Fluss haben die Re- 

nysos, und wurde Mutter des Androdamas (Paus. gierungsorgane ihren Sitz nnd liegen die Hauser 

II 6, 6). Dagegen geben Schol. Apoll. Rhod. I der Grossen mit ihren Garten und Canalen ; gegen 

115 und Steph. Byz. s. &Xtovg an, dass sie selbst Westen aber wohnt das Volk samt den fremden 

mit Dionysos den Phlius oder Phlias, nach dem Kaufleuten, und befindet sich die Zollstatte' ; dieser 

die Stadt Phlius benannt wurde, zeugte, wahrend westliche Stadtteil ist also Sera. Die Sagen vom 

nach Paus. II 12, 6 dessen Mutter nicht Ch., Alexanderzug bis Gog und Magog d. h. bis zur 
sondern Araithyrea (alter Name der Stadt) hiess. 20 sinischen Mauer ist bekannt genug. 

Vielleicht war Ch. die Reprasentantin einer alten [Tomaschek.] 

Phyle der Sikyonier (Miiller Dor. ns 54. Cur- Chumstiiictus (die Namensform ist corrupt), 

tius Peloponn. II 471). [Wagner.] tribunus (militum) ex eivitate Nerviorum, der 

Chthonophylos (X&ovocpvXog), ein Gigant auf sich unter Dnisus in Germanien hervorthat, im 

dem Altarfriese zu Pergamon (C o n z e Vorlauf. J. 742 = 12, Liv. epit. CXLI. [Stein.] 

Bericht I 64. H 44. Altertumer v. Perg. VHI 1 Chunaros (Xovvagos), Sohn des Herakleides. 

nr. 124). [Wagner.] StgaTyyogm Olbia, Kaiserzeit, Latyschewlnscr. 

Chnch (Xovx), Name eines der acht (pvXaxeg, orae septentr. Ponti Euxini I 54. [Kirchner.] 
die dem hOchsten Wesen als Leibwache dienen Chimoi, sarmatisches Volk zwischen dem Kar- 
(SoQvcpoQovoiv), in dem gnostischen Zauberpapyrus 30 pates nnd den Rhoxolanoi an der Maiotis, zumal 
W vonLeiden(LeemannsPap.graec. mus.Lugd. an der Beuge des Borysthenes, wo einst die sky- 
Bat. II 143), interessant als Wiedergabe des hierogl. thische Landschaft Gerrhos stand; Ptol. in 5, 
Namens Kk, eines der sogenannten acht Elemen- 25 (= § 10 Miiller). Marcian. H 39 las gleich- 
targOtter, deren Namen eben jene acht gnosti- falls auf seinem ptolemaeischen Pinax die zu bei- 
schen ipvXaxsg tragen. [Sethe.] den Seiten des Borysthenes gelagerten Ch. oder 

Chnllabi. Ein Bischof a Ghullabi bei dem Choanoi, er macht jedoch zum Unterschied von 

carthagischen Concil im J. 256 (Sententiae episco- den innerasiatischen Ch. den Beisatz oi Iv rfj 

porum, in Hartels Cyprian p. 459). Vielleicht Ev^mnrj. Vielleicht nimmt Ammian. Marc. XXXI 

ist Chnllu gemeint, s. d. [Dessau.] 2, 1 mit den Worten gens ea monumentis veteri- 

Chullu (auf diese Form fuhren die Inschriften, 40 bus leviter nota Bezug auf die ptolemaeische Stelle. 

besonders ClL VIII 6711, bei Schriftstellern auch Dass man an einen sarmato-iranischen Sonder- 

Oullu, Ghulli, Oulli; bei Ptol. IV 3, 3 XSXXoyj stamm gleichen Namens denken kann, beweisen die 

fisya; r) KovXkov), Stadt der numidischen Kiiste Chaones (s. d. Nr. 2), die wir an der Seite der ,aus- 

nachst dem Ampsagaflusse, heutzutage Collo. Sie gewanderten' Iazyges finden. Anderseits ware es 

gehfirte urspriinglich zum Gebiet von Cirta, ge- auch gar nicht unmOglich, dass die innerasiati- 

noss aber als Colonia Minerva Chullu eine gewisse schen Ch,, welche dem Volke der Mitte nnd wahr- 

Selbstandigkeit. Solin. 26, 1 riihmt die Purpur- scheinlich auch den Ariern des Zweistromlandes 

industrie der Stadt. Auf ZOlle, die im Hafen von seit alters bekannt waren, schon zu Beginn des 

Ch. erhoben wurden, scheint sich eine Bestimmung 2. Jhdts. n. Chr. eine Horde gegen Westen ans- 
einer Verordnung vom J. 445 zu beziehen (Nov. 50 gesendet haben, welche den vormaligen Skythen- 

Valentin. III. XVIII 1, 1). Im iibrigen s. CIL boden in Besitz nahm. Vgl. Chionitae und 

VIII p. 700. [Dessau.] Hunni. [Tomaschek.] 

Chum (Xov/j,), Nebenform ffir Cham (Ham) Churitae, Volk im inneren Africa, Ptol. IV 

bei Alexandres Polyhistor (XaXSal'xd frg. 3 bei 6, 19. [Dessau.] 

Euseb. pr. ev. IX 17 p. 419 d, FHG HI 212, 3), Chus (Xovg Ioann. Ant. frg. 4, 1, FHG IV 541, 

der ihn dem griechischen Asbolos (s. d. ,Russmann') Xovaos Ios. ant. I 131, hebr. Kuseh), nach jii- 

gleichsetzte, wahrend sein Gewahrsmann Berosos discher Auffassung (Gen. 10, 6) Sohn des Ham 

(frg. 11, FHG II 503 von Euseb. chron. p. 23, 34 (Xdfi) und Stammvater der Aithiopen, die nach 

Schoene. Synkell. p. 78 c) ebenfalls iiber Alex. Pol. Josephus noch zu seiner Zeit sowohl sich selbst 
citiert, ihn XcofidopijXog genannt hatte. Er heisst 60 Xovaaloi nannten als von den asiatischen Volkern 

der Stammvater der Aithiopen, Bruder des Mestra- (soil heissen den Semiten) so genannt wurden. 

imos, des Stammvaters der Agypter, Enkel des Der Name hangt, wie es scheint, mit dem alt- 

Belos H., Urenkel des Belos I. = Kronos, Sohn agyptischen Namen fiir Nubien KS zusammen, 

eines nicht genannten Stammvaters der Phoi- der im Koptischen in dem davon abgeleiteten 

nikier; vgl. Chanaanos. [Tirmpel.] Volkernamen 'egoosch, unteragyptisch 'ethoseh, 

Chumdan (XovfiSdv, syrisch ebenso), eine der dem mutmasslichen Prototyp zu Ai&ioy/, erhalten 

Sage nach von Alexander gegriindete Stadt des ist. [Sethe.] 

fernen Ostens, Hauptsitz des Seidenhandels , ge- Xovg oder %osvg, Krug, Kanne, ein Gefass 



2527 Chusa XvtqIvScc 2528 

zum Tragen oder Ausschenken von Fliissigkeiten, Chuther (XovfirJQ), siebenundzwanzigster the- 

besonders von Wein, auch als Trinkgefass dienend. banischer Konig von Agypten nach Eratosth. bei 

Aristoph. Ach. 1086; Bitter 95; Friede 537. Poll. Syncell. p. 109 B (FHG II 558); das folgende 

X 73. Hesych. s. x° a - Hermann-Bliimner Wort ravQog gehOrt, wie Lepsius (Chronologie 

Griech. Privataltert. 3 166, 1. Als Mass gait in 515; KOnigsb. Quellentaf. 10) richtig erkannt 

Griechenland und unter den Ptolemaeern in Agyp- hat, zur tJbersetzung des Namens tavQog zvgavvos. 

ten der x- = Via l*sz(y>jTTJg und hatte seinerseits Es soil offenbar die Silbe Xov- wiedergeben, die 

12 xorvXai unter sicb. Hultsch Index zuMetrol. der trbersetzer mit dem agyptischen Worte hi 

script, unter x°vs 2. 3; Metrologie2 101. 624f. ,Stier' (erhalten in Kafiij<pig ,Stier seiner Mutter') 
Nissen Iw. Miillers Handb. der klass. Altertums- 10 zusammenbrachte ; der Silbe {hjQ miisste dann 

wiss. 1 2 867f. 874. Die attischen Hohlmasse das rvgawog entsprechen, und in der That giebt 

waren nach dem euboischen, d. i. solonischen Ta- es im Koptischen ein Wort fore ,stark'. Der 

lente, die aeginaeisch-pheidonischen und die andert- Name Xovdrjg selbst ist hieroglyphisch nicht nach- 

halbfach so grossen lakonischen Hohlmasse nach gewiesen. [Sethe.] 

aeginaeischem Gewichte bestimmt. Das aeginae- Chnthoi, Volk im siidostlichen Teile der kar- 

ische Talent ist anzusetzen = 400 altagyptischen manischen Wiiste, Ptol. VI 6, 2. [Tomaschek.] 
woten oder ten zu 90,96 gr. = 4000 Kite zu Chuzis, Stadt in Africa, zwischen den beiden 

9,096 gr., die euboische Mine war = l/ioo eines Syrten, Ptol. IV 3, 41. S. Zuchis. [Dessau.] 
phoinikischen Talentes von 4800 Kite , mithin Chydas (Xvdag), Fluss in Sicilien an der Nord- 

das euboische Talent = 2880 Kite; also verhielt 20 kiiste zwischen Aluntium und Kalakte miindend, 

sich das aeginaeische Talent zum euboischen wie vielleicht der jetzige Furiano, Ptol. HI 4, 2. 
25 : 18. Hieraus und aus dem Vergleiche mit [Hiilsen.] 

dem agyptischen Hohlmasse (s. Artabe Bd. II Chylemath (oder Clvylimath), Fluss Maure- 

S. 1301, 29ff.) ergeben sich fur den aeginaeischen taniens, zwischen Portus Magnus und Quiza miin- 

Metretes mindestens 36,45 Liter, fur den lako- dend, Ptol. IV 2, 3. Nach Cat La Maure"tanie 

nischen Metretes 54,67 1, fur den attischen 39,36 1. Ce'sarienne 31 die Makta. [Dessau.] 

Mithin ist der lakonische Chus, nach welchem Chyretiai (a! Xugsrraj Inschrift bei W. Leake 

die Beitrage jedes Spartiaten zu den gemeinschaft- Northern Greece pi. XXXVI nr. 175. Ptolem. Ill 

lichen Mahlzeiten bemessen wurden (Plut. Lykurg. 12, 41 M.), spatere Namensform fur Kyretiai (at 
12) und der nach Dikaiarchos (bei Athen. IV 30 KvQerlai Inschrift a. a. O. pi. XXXVI nr. 174 = 

141 G vgl. mit Plut. a. a. O.) zwischen ls/ 8 und CIG 1770. Liv. XXXI 41. XXXVI 10. 13. XLII 

IV2 attischen Choen betrug, anzusetzen auf li/ 2 53), Stadtchen in der thessalischen Hestiaiotis 

aeginaeischen Chus = 4,56 1. Ferner kommen sudwestlich von Oloosson auf einem Htigel ge- 

auf den aeginaeischen Chus = 3,04 1 und auf legen, auf demjetzt der Ort zfojumxo liegt (Leake 

den attischen (der nach Aristot. 'A&rjv. aol. 10 a. a. O. IV 406 aus gefundenen Inschnften, von 

grosser war als der aeginaeisch-pheidonische) 3,28 1. denen die altere aus dem J. 194, die Abschrift 

Gleichen Betrag mit dem attischen Chus hatten eines Briefes des Titus Quinctius an die Tayoi 

der ptolemaeische Chus in Agypten und der r<5- und die Biirgerschaft ist; die spatere ist eine 

mische Congius. Als landliches Mass erscheint Ehreninschrift auf L. Severus). Vgl. K. Bursian 
spater in der rOmischen Provinz Agypten ein Chus 40 Geogr. v. Griechenl. I 56. [Biirchner.] 

im Betrage von i/s des attisch-ptolemaeischen Chyrillos, Sohn des Euphemos, aus Kyzikos, 

Metretes = 4,92 1 (Hultsch Metrologies 628; fictiver Kunstlername auf einer von Ligorio ge- 

Jahrb. f. Philol. 1895, 87). In der Provinz Achaia falschten Kiinstlerinschrift, CIG 6161. 
ist, wie ein in Gytheion aufgefundenes Monument [C. Robert.] 

bezeugt, ein Chus iiblich gewesen, der 1/3 eines Chyrocamns, Ort Agyptens beim Geogr. Kav. 

provincialen Metretes hielt, zu welchem ein Me- V 7. [Sethe.] 

dimnos von 4 solchen Choen = 7 romischen Mo- Xvgcovoe (Xigoovog* coniect.) to xahovfievov 

dien gehOrte. Dieser Chus hielt also 15,32 1, eitavfoov, ein nach einem Personennamen benann- 

d. i. die Halfte des babylonischen Maris (Metro- tes GehOft in nachster Nahe der Stadt Messene 
logie 537ff.; Jahrb. a. a. O. 85f.). [Hultsch.] 50(Pelop.). 221 v. Chr. erklommen Freibeuter, die 

Chusa, eine Mutatio in Kappadokien, auf der sich an Dorimachos aus dem aitolischen Tricho- 

Strasse von Ankyra nach Tarsos, Itin. Hieros. 577,3. nion, dem Befehlshaber des aitolischen Bundes in 

[Ruge.] Phigalea, angeschlossen hatten, auf Leitern die 

Chnsai (Xovaai), Stadt in Agypten, s. Kusai. Mauern des GehSfts, teteten von den Bewohnern 

Chusaioi (XovaaTot) s. Chus. die, die sich zur Wehr setzten, die iibrigen und 

Chusaris, Fluss an der Westkiiste Libyens, das Vieh fiihrten sie als Beute mit sich fort, 

in den atlantischen Ocean miindend, Ptol. IV 6, Polyb. IV 4. [Biirchner.] 

5. Derselbe heisst IV 1, 2 Kovoa (heute Ued Chytis {ydx.Chitis, Oitis) insula s. Diodori 

Scherrat) und ist nur falschlich noch einmal sud- insula, 
rich vom Atlas angesetzt. [Fischer.] 60 Chyton, Chytron s. Chytrion. 

Chnsirensinm civitas, in Byzacium, siid8st- Chytos (o ^tiro's [= Anschwemmung] sc. Xi- 

lich von Mactaris, nach der von Wilmanns ent- mv), Hafen von Kyzikos an der Propontis, Apol- 

deckten Inschrift CIL VIII 698. Als Bischofssitz, Ion. Rh. I 987 und Schol. , s. Kyzikos. 
nach Wilmanns Vermutung, in der Liste vom [Biirchner.] 

J. 484 genannt (Not. episc. prov. Byz. nr. 15, in XvrQivSa (auch x^ r Q a Yo\L IX 125). Poll. 

Halms Victor Vitensis p. 67, wo Custrensis anstatt IX 113 (vgl. Hesych. Suid.) beschreibt zwei Kna- 

Ousirensis uberliefert ist). Vgl. auch Tissot benspiele dieses Namens. 1. Einer sitzt in der 

Geographic de l'Afr. II 628. [Dessau.] Mitte; er heisst ^tga, der Topf; die anderen um- 



2529 Chytrion Chytroi 2530 

kreisen ihn, indem sie ihn schlagen und andor- II 1, 5. L. Ross Griechische Konigsreisen I 

weitig belastigen, bis er einen greift, der dann 90. K. Bursian Geographie von Griechenland 

an seine Stelle tritt. 2. Einer lanft im Kreise, I 93. 

indem seine linke Hand auf dem Rande (Kara 2) Tiefe Stellen (fia&vofiaxa xfjg Xi/xvt]g) im 

xtjv Ksfpalrjv) eines in der Mitte stehenden Topfes Sumpf IleXsxavia in Boiotien, der zwischen dem 

herumgleitet ; die anderen stehen ringsum, schla- boiotischen Kephisos (jetzt Mavoonoxafiog) und 

gen ihn und rufen: xlg xr/v %vxoav; wer (hiitet) seinem Nebenfluss MsXag am westlichen Ende des 

den Topf? Er antwortet: syco MiSag (Euphe- Kopa'issees sich ausdehnte und wegen des treff- 

mismus fur ovog). Er sucht mit dem Fusse einen lichen Flotenrohrs bekannt war, Theophrast. h. 

der Umstehenden zu beriihren, der dann an seine 10 plant. IV 11, 8. K. Bursian Geogr. v. Griechen- 

Stelle tritt. Auch bei jener ersten Art des Spiels land I 197. [Bilrchner.] 

wird die ursprflngliche Vorstellung sein, dass er 8) Xvxqoi., spater Kv-Hqoi, alte Stadt auf Ky- 

den Topf hiitet, etwa auf ihm sitzend. NachPa- pros, zuerst in Urkunden von Assurbanipal und 

pasliotis JJsqi xwv naQa xoTg aQxaloig "EXXrjat Asarhaddon genannt, in welchen ein Pilagura 

naibixiav naiyviwv, Athen. 1854, 15 (bei Gras- (Pylagoras ?), Konig von Kitrusi, eines der zehn 

berger Erz. u. Unterr. I 49ff.) sind ahnliche Konigreiche der Insel, erscheint. Schrader In- 

Spiele noch jetzt in Griechenland iiblich. schr. Tiglath-Pilesers II (Abh. Akad. Berl. 1879) 

Becq de Fouquieres Jeus des anciens^ 91. 34. Oberhummer Cypern 12f. In noch hoheres 

Hermann-Bliimner Privataltert. 299,1. Da- Alter fuhrt die vorphoinikische Nekropole, welche 

remberg-Saglio I 1141. [Mau.] 20Dummler Athen. Mitt. XI 212. 259 dort nach- 

Chytrion (Xvxqwv, Xvxov Aristot. pol. V 3, gewiesen hat. Kyprisch-phoinikische und agyp- 

XvxQog, Xvxqov Strab., der Einwohner Xvxhtjg), tisierende Figuren aus Ch. bespricht M. Ohne- 

Ortlichkeit, zeitweise Stadtteil von Klazomenai falsch-Richter Kepertorium f. Kunstwiss. IX 

(s. d.) im kleinasiatischen Ionien. Die Klazo- 316f. ; Uns. Zeit 1880 II 461f. (vgl. u.). Ky- 

menier, urspriinglich auf dem Festland auf der prische Inschriften in epichorischer Schrift be- 

Stelle 2xv<pia sesshaft, wurden unter Leitung sitzen wir von Ch. in betrachtlicher Anzahl; sie 

des Paralos aus Kolophon nordlich an einen Ort enthalten meist nur kurze Widmungen an die 

versetzt, der X (var. Xvxov, Xvxqov) hiess. Er griechische Aphrodite und griechische Personen- 

lag jedenfalls, wie der Name (von %iw d. h. An- namen (Prototimos, Onasithemis , Charitimos, 

schwemmung) besagt, an der Kuste. Spater wurde 30 Stasikrates), nur der Name Gillikas tragt phoini- 

die Stadt Klazomenai auf das nOrdlich davor lie- kisches Geprage. Collitz Griech. Dialektinschr. 

gende Eiland verlegt. Daher erscheint spater I nr. 1 — 14. Meister Griech. Dialekte II 168f. 

Ch. als Flecken im Gebiet der Klazomenier, CIG Die wenigen Inschriften in gemeingriechischer 

II 3132. Aristot. pol. V 2, 12; frg. 196. Ephor. Schrift und Sprache gehOren der hellenistischen 

bei Steph. Byz. Strab. XIV 645. Paus. VII 3, 5. und romischen Zeit an. Von inneren Wirren (Ty- 

[Btirchner.] rannis und Biirgerkrieg) berichten Bruchstiicke 

Chytroi {oIXvxqoi = Kochtopfe, von der topf- von Inschriften aus dem zweiten Jhdt. v. Chr., 

artig ausgehChlten Gestalt), Name von Quellen Le Bas III 27671; eine Widmung an Arsinoe" 

und anderen Hehlungen , dann auch von Ort- Philadelphos (s. o. Bd. II S. 1282 Nr. 26) von einem 

schaften. 40 Aristoteles aus Alexandria enthalt eine andere, 

1) Wildbader in der Oitaia an dem beruhmten s. Cesnola Cypern 370 nr. 9, eine solche an 

Pass Sxsvov oder der Enge von Pylai , wie die Olympias, Enkelin des Seleukos, der unter Ptole- 

Anwohner sagten, dem beruhmten Defile' von Ther- maios VIII. Euergetes II. Statthalter der Insel 

mopylai, am Fuss des Kallidromos, des ostlichen war, eine weitere, s. ebd. nr. 10 und Oberhummer 

Auslaufers des Oitegebirges in der Nahe der xm/nrj S.-Ber. Akad. Munchen 1888, 329. Bei den Schrift- 

'Av&rjXrj, Ostlich vom Heiligtum der Demeter Am- stellern wird Ch. erst spat erwahnt. Doch war 

phiktyonis, dem Heiligtum des eponymen Heros nach Harp. s. Xvroot in einer Kede des Lysias 

Amphiktyon und den Sitzen fur die Amphiktionen- Ch. genannt, und Steph. Byz. s. Xvxgot fiihrt 

abgeordneten. Zwei sehr klare Hauptquellen und Bruchstiicke aus Alexander Polyhistor (FHG III 
mehrere kleinere, wie sonst oft dem Herakles ge-50 236, 94) und Xenagoras (FHG IV 527, 10; auch 

weiht, der dort einen Altar hatte (Herodot. VII bei Harp. a. a. O.) an, in welchen ein Konig von 

176, daraus Eustath. Dionys. per. 437. Strab. IX Ch. erwahnt und der Eponymos Chytros Sohn des 

428), mit jetzt 39 — 41 ° warmem, stark schwefelig Alexandros (oder Aledros), eines Sohnes des Aka- 

riechendem Wasser mit erheblichem Gehalt an mas, genannt wird. Ptol. V 14, 6 nennt XvxQog 

Schwefelwasserstoff (Kl. Stephanos La Grece als itolig fisaoysiog von Kypros ; Plin. n. h. V 130 

au point de vue naturel etc., Par. 1884, 396), Chytri; Tab. Peut. X atari; Geogr. Kav. V 20 

heilsam gegen Rheumatismus , syphilitische und Oythara. 

Hautkrankheiten, gaben dem Pass den von den Von den inneren Verhaltnissen der Stadt wissen 

fibrigen Griechen des Altertums vorzugsweise ge- wir ausser den oben angefiihrten Zeugnissen fur 

brauchten Namen Thermopylai. Ihr Wasser war 60 das Konigtum in alterer und den Andeutungen 

in Badebecken gefasst, die die Umwohner Xvxqoi iiber Verfassungskampfe in hellenistischer Zeit 

hiessen. Pausanias IV 35, 9 (wo auch wegen des nichts Naheres. An offentlichen Amtern wird ein 

Zusatzes xoXvfi^rj-d'Qav, tjvxiva 6vo[ia£ovoiv oi im- yvfivaoiaoxog (CIG 2627) , den die naXaioxoixai 

Z<oQioi XvxQovg , das Wort als Eigenname zu ehren, und ein i<prj^aQ%og (Cesnola 371 nr. 11) 

fassen ist) berichtet, dass das Wasser, das in das genannt. Von einzelnen Culten sind Apollon 

Xvxqoi ywaixuoi genannte Becken floss, besonders (Heiligtum zu Voni, s. Ohnefalsch-Richter 

klarwar. Der Sophist Herodes Attikos liess neue Athen. Mitt. IX 135ff. nr. 106), Artemis (ebd. 

xoXvfipij&Qag herstellen, Philostrat. vit. sophist. nr. 7) und die paphische Aphrodite hervorzuheben ; 

Pauly-Wissowa III 80 



2531 Chytroi XvvQonovg 2532 

letztere, deren die epichorischen Inschriften (s. o.) Auch oberhalb der Stadt, bei der Quelle Kepha- 

haufig gedenken, hatte ein Temenos, liber das lovrysos (s. o.), hat derselbe eine alte (,vorphoi- 

vgl. Ohnefalsch-Richter Repert. f. Kunst- nikische') Nekropole nachgewiesen (a. a. 0. 66), 

wiss. IX 317. 320 und .Kypros' (s. u.). Der Cult ausserdem ein Heiligtum des Apollon bei dem 

dieser Gottin und die Ahnlichkeit der Namen Dorfe Voni, eine halbe Stunde siidlich von Ch., 

veranlasste friihzeitig eine Verwechslung mit Ky- s. o. und Index zu ,Kypros' 522. Jetzt ist die 

thera, so Dracont. VIII 438. Et. Gud. s. Kv&tjQa. Statte von Ch. ein wiistes Triimmerfeld, Ober- 

Schol. Hes. theog. 192, welche durch die spatere hummer a. a. 0. Einen Tempel zu Palaekythro 

Schreibung mit anlautendem K (s. u. und Eoss (s. o.), dessen Grundmauern als Steinbruch dienten, 
Inselreisen IV 139) noch begiinstigt wurde; doch 10 erwahnt A. Drummond Travels u. s. w. (London 

schreibt noch Suidas Xvxqoi. Die spatesten Ur- 1754) 274, eine byzantinische Kirche daselbst 

kunden aus dem alten Ch. sind Widmung eines Sakellarios KvnQtaxa (Athen 1890) I 203, wo 

vergoldeten ehernen Standbildes fur den Praef. man 202ff. auch eine Cbersicht der wichtigsten 

praet. Philippus, zwischen 351 und 354 errichtet Belegstellen und Inschriften flndet. 

(CIL III 214 vgl. add.) , und eine Inschrift [Oberhummer.] 

von Iustinian I. (bei Le Bas III 2770). Eegel- 4) S. Anthesteria Bd. I S. 2372. 2374. 

massig wird Ch. in den profanen und kirchlichen Chytron, Kyniker aus der Zeit des Kaisers 

Stadteverzeichnissen der byzantinischen Zeit auf- Iulianus, Iul. or. VII p. 224 C. [v. Arnim.] 

gefuhrt; Hierokl. 44 Kv$qoi. Georg. Cypr. 1108 Chytrophoria {fj Xvxqo<poqi<x oder xa Xv- 
Kv&qoi. Const. Porph. them. I 15 Kv&sQsia. Nil. 20 TQcxpoQiat), Zusammenfassung der oppida Klazo- 

Dox. 187 Kv&Qtjs. In den Bischofslisten und den menai, Parthenie und Hippoi, so lange diese auf 

Unterschriften der Concilsacten wird der Name Inseln lagen. Durch Alexander den Grossen 

sehr verschieden geschrieben. Im 4. Jhdt. wird wurde das Gebiet durch einen zwei Stadien langen 

ein Bischof Pappos iv moXei omxqo. Kv&gia xaXov- Damm mit dem Festland verbunden. Plin. n. h. 

fdvtj genannt, Lequien Oriens christ. II 1067ff., V 117. S. Klazomenai. [Biirchner.] 

und denselben, auf die Armlichkeit der Stadt Chytropolia oder Ollaria ,Topfmarkt', Ebene 

Bezug nehmenden Ausdruck gebraucht auch die in Kolchis nahe der Stadt Telephis, Agathias II 

anonyme Vita Epiphanii § 34 Dind. (I 39) ; Pho- 20 z. J. 554. [Tomaschek.] 

teinos ist im J. 451 sn. Xvxqov oder Xvxqwv, Chytropolis (»? XvxqojioXis , wahrscheinlich 
Lequien 1069f. (Xvxqcov, Xvxqwv und X6&q<ov 30 auch von der topfartig ausgetieften Form des Ge- 

bei Harduin Concil. II 65b. 284b. 482c, Kb- landes so genannt), befestigte Ortlichkeit in Thrake, 

xq(ov bei MansiConc. VI 949). Spyridon heisst Theopomp. Philipp. XXII bei Steph. Byz. Der 

im J. 787 in. Kv&qcov bei Harduin IV 37, 77a- Ort wurde von Leuten aus Aphytis auf der Halb- 

Xatag Kv&qcov ebd. 273, IlaXaiag fjxoi Kv&qcov inselPallenederthrakischenChalkidikegegrundet. 

ebd. 448 (Lequien 1070); es ist dies die erste [Biirchner.] 

Erwahnung der noch jetzt Palaekythro genannten XvtQonovg , ein Gerat, urn einen Kochtopf, 

Ortlichkeit, welche auch Leontios Machairas p. 24 %vx(>a , uber Peuer zu stellen. Alciphr. Ill 5. 

Miller IlaXoxv&Qov nennt und von Kvftgta (p. 19) Diokles bei Poll. X 99 (wo Xaoava = x-)- Dies 

unterscheidet, ebenso Florio Bustron Chron. p. 29 konnte ein einfacher Dreifuss sein. Aristoph. Byz. 
Mas Latrie und die Urkunden bei Mas Latrie40bei Eustath. II. 1827, 47 vgl. mit Schol. Aristoph. 

Hist, de Chypre II 504. Ill 509. av. 436. Indes die Grammatiker — glaubwiir- 

Die Lage von Ch. ist wesentlich bedingt durch dige Zeugen , da das Wort wahrend des ganzen 

eine machtige, am Stidabhang des nSrdlichen Ge- Altertums in Gebrauch blieb — erklaren %. durch 

birgszuges von Kypros in 264 m. Meereshohe her- Ausdriicke, die zweifellos ein Gerat bezeichnen, 

vorbrechende Doppelquelle, jetzt xerpaXopQvoos ge- in dem das Peuer enthalten war, also einen kleinen 

nannt, auf welche offenbar auch der Name (#«<») tragbaren Herd : pavvog, fiaysigiptds flavvog, av&Qa- 

zuriickzufiihren ist. Noch heute verwandelt diese xiov (Alexis bei Poll. a. O.), &o%6.q<x (Strattis bei 

Quelle ein Thai von 5 km. Lange und 1/2 — 1 km. Poll. a. O.), iaxa-Qiov, ioxoQtg Poll. X 100. Bek- 

Breite in eine paradiesische Gartenlandschaft in- ker Anecd. 106 , 30. Hesych. s. (Savvos. Ein 
mitten steriler Umgebung, und das heutige Ky- 50 derartiges Gerat aus Thon war, wie einige voll- 

thraea bildet einen ausgedehnten Bestand von standige Exemplare und viele Pragmente be- 

besonders benannten Ortschaften oder ,Quartieren', zeugen , am ganzen Ostlichen Mittelmeerbecken, 

deren Hauser unter dem dichten Laubdach ver- westlich bis Karthago, verbreitet, namentlich um 

steckt sind. F. Unger und Th. Kotschy Die die Mitte des 2. Jhdts. v. Chr., kommt aber auch 

Insel Cypern (Wien 1865) 6. 70. 76. 430. Ober- fniher und spater vor. Es ist etwa 0,50—0,60 m. 

hummer Jahresb. Geogr. Ges. Miinchen 1888/9, hoch, hat die Form eines oben und unten er- 

83f.; Zeitschr. Ges. f. Erdk. 1892, 445f. Das alte weiterten Cylinders, dessen oberen Abschluss ein 

Ch. istjedochnichtgenauanderStelledesjetzigen durchlochertes Becken zur Aufnahme der Kohlen 

Kythraea, noch auch das 4 km. sudlich davon in bildet ; unten ist ein Exemplar durch einen hori- 
der Ebene gelegenen Palaekythro zu suchen, son- 60 zontalen Boden geschlossen , die iibrigen offen. 

dern auf einem Hiigel mit beherrschendem Blick Der Cylinder hat mehrere Offnungen , um den 

fiber die Ebene oberhalb der verfallenen Capelle Kohlen Luft zukommen zu lassen, darunter meist 

H. Dimitrianos, ca. 1 km. ostrich der oberen Quar- eine grossere, die auch zum Herausnehmen der 

tiere von Kythraea. Dort hatte schon Cesnola herabgefallenen Asche dienen konnte; zwei Henkel 

Cypern 212f. richtig die Lage von Ch. erkannt an der oberen Halfte des Cylinders dienen zum 

und Ohnefalsch-Kichter weitere Nachforsch- Transport; am Bande des Kohlenbeckens stehen 

ungen angestellt , woriiber vgl. dessen ,Kypros, drei senkrechte Glieder auf, die wir ,Ohren' nennen 

die Bibel und Homer' 14f. u. 8. (s. Index 518). kOnnen ; unter diesen ist nach Innen je ein hori- 



2533 XvxQonovc, Cibalae 2534 

zontaler Vorsprung angebracht. Diese trugen den auch nichts anderes ist, als das untere Ende einer 

Topf, die Ohren hinderten seitliche Bewegung des- Amphora. 

selben. Die Ohren sind auf der Innenseite mit Es ist merkwiirdig, dass auch in Pompeii kein 

Beliefs verziert, am haufigsten mit einem Kopfe, deutlich den Namen %. verdienendes Gerat ge- 

so dass der Bart den den Topf tragenden hori- funden ist. Ein Mus. Borb. IV 59 abgebildetes 

zontalen Vorsprung bildet. Mehrmals ist es He- Gerat ist wohl mit Unrecht von dem Heraus- 

phaistos mit dem spitzen Hut, sonst Silen oder geber (Quaranta) so benannt worden. Es ist 

andere nicht zu benennende KOpfe, nicht selten cylinderformig, auf drei Fiissen, mit einem Henkel ; 

ein Stierkopf. niedriger angebracht, so dass auf drinnen stand zu unterst ein eisernes Kohlen- 
ihm der Topf stand. In anderen Fallen ist daslObecken, oben war ein Bronzegefass eingesetzt, 

Belief bios ornamental. genau in den Cylinder passend und auf seinem 

Das vollstandigste Exemplar, aus Iasos, abgeb. oberen Bande mit dem eigenen iibergreifenden 

Arch. Jahrb. XII 1897, 161, ist seit kurzem im Bande aufliegend, ohne Henkel, also absolut 

Antiquarium des Berliner Museums ; hier ist auch nicht abnehmbar , wahrend der %. zum Auf- 

der Kochtopf, genau passend und offenbar fur den setzen des abnehmbaren Kochgeschirrs dient. Das 

X. gearbeitet, an seinem Platze erhalten. Sehr Ganze ist eine Vorrichtung zum Warmhalten des 

ahnlich sind zwei sich zu einem vollstandigen Wassers. 

Exemplar erganzende Pragmente im National- Conze Arch. Jahrb. V 1890. 118ff. ; Arch. Anz. 

museum zu Athen, abgebildet a. 0. V 1890, 134 1890, 166. Benndorf Eranos Vindob. 384. Mau 
Ein reicher omamentiertes Exemplar besitzt das 20 Bom. Mitt. X 1895, 38ff. Winter Arch. Jahrb. 

Museum Pol in Genf, abgebildet a. O. 137; diesem XII 1897, 160ff. Brueckner Arch. Anz. 1896, 

soil ein im Bardomuseum in Tunis befindliclies, 108. Von Luschan Verh. d. anthropol. Ges. 

aus Karthago, sehr ahnlich sein. Ein sehr ein- 1892, 202. [Mau.] 

faches, im stadtischen archaeologischen Magazin Chytros (Xvxqos), Sohn eines 'AXs^dv^gov, 

beim Colosseum in Rom ist mit zwei eben dort Enkel des Akamas, Eponymos der kyprischen 

beflndlichen ahnlichen aber kleineren Geraten ab- Stadt Chytroi ; Xenagoras jzeqI vfjowv frg. 10 aus 

gebildet EOm. Mitt. X 1895, 39. Als Fragmente Steph. Byz. s. Xvxqoi, PHG IV 427. Dieses Stemma 

finden sich in grosser Zahl die Ohren. Altere ab- will Chytroi in Anspruch nehmen fur jene athe- 

weichende Form aus Istrien und Este Ho ernes nische Colonisation von Kypros, die Herodotos 
Mitt. d. praehist. Comm. d. Wien. Ak. I 3, 1893, 30 VII 90 und (nach Philostephanos) Lykophron 585 

98, 1. Wie ein aus Troia stammendes Gerat my- behaupten. [Tiimpel.] 

kenischer Zeit (Brueckner Arch. Anz. 1896, Ciabrus s. Cebrus. 

108) diesem Zwecke gedient haben soil, ist mir Ciaca (Chiaca), Stadt in Kleinarmenien , an 

nicht klar. der Strasse von Satala nach Melitene, Grenzfestung 

Aus Hesiod. erg. 748f. /«7<5' and xvxqouo- der Romer, Ptol. V 7, 6 (Kiaxfc). itin. Ant. 209. 

8cov dvemQQsHzcov dveXovxa softetv /nrjdk Xoeoftai • Notit. Dign. 35, 1. Tab. Peut. XI 2 (Miller). Es 

ijtsl xal xoXs svi notvrj, geht hervor, dass der %• muss zwischen Malatia und Keban Maden gelegen 

auch zu religiosen Handlungen, als eine Art trag- haben; vielleicht sucht es Yorke mit Recht bei 

barer Altar fur Bauchopfer diente. Es ist klar, Chermuk, wo er Beste der alten Strasse gefunden 
dass ein Gerat wie das eben besprochene hierzu 40 hat (Geogr. Journ. 1896 II 329). [Buge.] 

vollkommen geeignet war. Das Genfer Exemplar Ciagisi, ein dakischer Stamm, der sich, wie 

erinnert auch durch seine Ornamentation — Guir- man aus seiner Erwahnung bei Ptolem. IH 8, 5 

landen in. Belief — an einen Altar; und so Ksidysiaoi schliessen darf, auch nach der Occu- 

auch die Pragmente Arch. Jahrb. V 135. 136. pation des Landes erhalten hat. Seine Wohn- 

Es scheint also, dass man bei der Fabrication sitze sind unbekannt; Kiepert verlegt sie For- 

auf diesen religiOsen Charakter des %. Biicksicht mae orbis antiqui XVII (vgl. Beiblatt S. 4) nach 

nabm. Siiddakien an den Unterlauf des Schylfiusses, siid- 

Es ist mehrfach bezeugt , dass man den %. lich von Pelendava-Krajova ; W. Tomaschek 

auch Xdoava nannte. Schol. Aristoph. Pax 893. Die alten Thraker I 105 sucht sie dagegen ,am 
Poll. X 99. Moeris Hesych. Suid. s. Xaoava, Xd- 50 linken Donauufer Cstlich vom Altfiuss'. 
oavov. Nach Suidas hiess (in Athen ?) ra Xaoava [Patsch.] 

der Ort, wo nach einem Opfer fur die Buleuten Cibalae (CIL III 3267 Cib.; CIL III 10253. 

gekocht wurde. Adoava, lasanum (Petron. 41) VI 2833 Gibal; VI 2385, 1 a 13 = Eph. ep. IV 

heisst sonst ein Nachtstuhl, und zwar war es der 896, 1, 29 = Ch. Hiilsen Bull. d. commiss. arch, 

derbste Ausdruck fur denselben; schicklicher war di Boma 1894, 16,26 Cibali; Eph. ep. IV 894 a 

es, ihn 8i<pgog zu nennen (Poll. a. O.). Offenbar 14 Oibalis ; Ptolem. II 16, 7 KipaXis ; Itin. Ant. 

ist dies ursprftnglich ein grober Scherz, beruhend 232, 5. 261, 1. 267, 2. 268, 4 Oibalis ; Itin. Hieros. 

auf einer Ahnlichkeit der Form ; es ist sehr wohl 563, 2 Oivitas Oibalis ; Geogr. Bav. 216, 13 Ci- 

denkbar, dass es Nachtstiihle ahnlicher Form, balis. Zosim. II 18, 4 [vgl. 19, 1. 2, 48]. So- 
natiirlich ohne die Ohren, gab. 60zomen. h. e. I 6, Philost. lib. 8 ap. Phot. cod. 

In Pompeii ist ausser den oben erwahnten 40 r>jv KtflaXtv ; Itin. Ant. 131, 2 Oibalas civitas ; 

Fragmenten kein x- gefunden worden, wohl aber Victor epit. 41, 5 [vgl. 45, 2]. Eutrop. X 5. Oros. 

nicht selten ein einfaches Surrogat desselben. Man VII 28, 19. Amm. Marc. XXX 7, 2 apud Oibalas), 

schnitt eine Thonamphora, etwa der Form XII jetzt Vinkovci (Fundort von CIL III 3267. 10253) 

CIL IV an der Stelle ihrer grOssten Weite hori- in Pannonia inferior in der Nahe der Volcaea 

zontal durch, schnitt in den unteren Teil ein lang- palus (Victor. Dio LV 32,3). Die Lage des 

lich viereckiges Luftloch und benutzte ihn so als Ortes beschreibt Zosim. II 18, 4 aoXis 8e avxr\ 

Untersatz fur das Kochgeschirr, welches meist JJaiovlag ioxiv, Im X6<pov xeifievi). oxevrj 8k 686s 



2535 Cibaliana Cicereius 2536 

ij em Tt)v Tiofav avdyei, fi xo noXv fiegog t7ie%ei sorgte der Quaestor (Quintil. inst. or. V IS, 17). 

Ufivr) fia&eTa oxa&icov nerte xb evqog e'xovca, zo Im Felde fuhrte der romische Soldat C. fur 17 

Se lemofievov ogog eazlv, ev d) xal o X6<pog, i<p' (Hist. Aug. Alex. Sev. 47, 1. Ammian. Marc. XVII 

ovneQ fj nohg. C. war erst munieipium (CIL 9, 2. Cic. fuse. II 87) — so richtig L a n g e n 

III 3267 dee. mun.Cib.), sparer eolonia Aurelia a. a. 0. I 4. 5 gegen Zander Andeutungen z. 
(CIL VI 2833 [aus der Zeit des Alexander Se- Gesch. d. rom. Kriegswesens II 15 — , spater (Cod. 
verus]. Eph. ep. IV 894a 14 [nach Septimius Theod. VII 4, 5) fur 20 Tage mit sich (Le Beau 
Severus]) und wiehtiger Strassenknotenpunkt ; hier Me"moires de l'acad. des inscr. et belles-lettres XLI 
teilte sich die von Sirmium kommende Strasse und 142). Mit coeta O, d. i. Brot, waren meist nur 
fuhrte einerseits nach Mursa-Aquincum , ander- 10 die Flottensoldaten — wohl der Feuersgefahr 
seits ilber Servitium nach Siscia und Salonae wegen — verproviantiert , Liv. XXI 49, 7. XXIV 
(Itin. Ant. Itin. Hieros. Geogr. Rav.; die Tab. 11, 9. XXIX 25, 6. XXXIV 12, 6. XLIV 35, 13 
Peut. hat nur das Zeichen eines Hauptortes fur (Zander a. a. 0. II 6. Langen a. a. 0. 117), Land- 
C. CIL III p. 422. Kiepert Formaeorbis antiqui truppen ausnahmsweise, Liv. Ill 23, 3. 27, 3. 
XVII). Ob C. eine Garnison hatte, ist unsicher ; tfbertragen wird C. auch geradezu far Sold ge- 
vgl. CIL III 3268. 13353. Von den Kulten ist braucht, weil dieser ursprunglich ein Verpfiegungs- 
nur der der in Illyricum stark verehrten Liber geld war, Varro de 1. 1. V 90. Liv. XXIV 47, 11. 
und Libera (CIL III 3267) bekannt; in CIL III Herodian. II 11, 5 (em QrjtoTg oitt]Qeoiot.g ozga- 
10253 waren mehrere Collegien, darunter das coll. rubzag xazaxzyoa/tevog). 4) C. fiir das Gefolge 
eentonariorum genannt (vgl. Arch.-epigr. Mitt. 20 des Statthalters in der Provinz, in diesem Palle 

IV 99). Stark war C. in der Garde seit Sep- keine Naturalverpflegung, sondern sog. Tagegelder 
timius Severus vertreten (CIL VI 2833 [drei Mann]. (F. Hofmann De provineiali sumptu populi Ro- 
Eph. ep. IV 894 a 14. Hulsen a. a. 0. Momm- mani 19ff. Langen a. a. 0. II 24). Nach Cic. 
sen Eph. ep. V p. 181). Auf dem Cibalensis cam- Verr. I 36 erhielten C: die Legati, der Quaestor 
pus fand am 8. October 314 die erste Schlacht (Cic. ad fam. V 20, 9; ad Att. VII 1, 6 bestatigt 
zwischen Constantin und Licinius statt (Zosim. dies) , die cohors praetoria und Cic. ad Att. VI 
Eutrop. Victor. Oros. Anonym. Vales. 5, 16. Fast. 3, 6 zufolge auch die praefecti. Nach Hofmann 
Idat. ad a. und Hieron. chron. a. Abr. 2329. H. a. a. 0. 20f. bezog sogar der Statthalter Diaten, 
Schiller Gesch. der rOm. Kaiserzeit II 196f.). doch scheint dies Mommsen (St.-R. 13 299, 4) 
In der Nahe von C. wurde Gratian, der Vater 30 wenig glaublich. Ubrigens bewilligten auch die 
Valentinians und Valens, geboren (Ammian. Marc. Kaiser ihren Begleitern eibaria (Suet. Tib. 46). 
Victor. 45, 2. Philost. lib. 8 ap. Phot. cod. 40). 5) C. der Provincialen, die diese, anstatt Getreide 
Tiber ein Bad, Sarkophage, Statuetten, Lampen, zu liefern, dem Statthalter zahlten. Letzterer 
Miinzen und sonstige Kleinfunde in C. vgl. J. kaufte dafur Getreide ein, und was er dabei gut 
Brunsmid (der eine grosse hier completierte machte, gehorte ihm. Daher diese C. fiir die 
Mfinzsammlung besitzt) Arch.-epigr. Mitt. HI 123ff. Statthalter sehr eintraglich waren, Cic. Verr. Ill 
und I. W. Kubitschek ebenda IV 99f. Ziegel 216. 217. II 12 (Mommsen St.-R. is 299, 4). 
CIL m 10703. CIL HI p. 415. 422. 1675. Litteratur: Masquelez in Daremberg et Sag- 
2181. W. Tomaschek Mitt, der geogr. Gesell- lio Diet. I 1169ff. [Fiebiger.] 
schaft in Wien 1880, 498. Ruggiero Dizion. 40 Cibarri, ein Volk in Hispania Citerior. In 
epigraph. II 221. A.Holder Altkelt. Sprachschatz der auf Poseidonios und Varro beruhenden Aufzah- 
s. v. J. Jung Remer und Romanen in den Donau- lung der Velker an der West- und Nordwestkiiste 
landern2 97. 153. [Patsch.] Hispaniens bei Plin. n. h. IV 111 werden genannt 

Cibaliana, Ort in Africa , von dem Bischofe als zum Gerichtsbezirk von Lucus Augusti gehOrig 

im J. 258 (Sententiae episcoporum, in Hartels a flumine Navia Cibarri (Gibarei wie es scheint, 

Cyprian p. 454 nr. 56) und im J. 411 (coll. Carth. die Hss., doch ist die leichte Anderung durch die 

c. 208, beiMansi Act. concil. IV 159 = Migne ahnliche Endung einer Reihe anderer Volkernamen 

XI 1346) erwahnt werden. [Dessau.] dieser Gegend wahrscheinlich) Egivarri (vielleicht 

Cibaria schlechthin heisst alles, wovon Men- Aegivarri) eognomine Narini (Namarini die 
schen (Dig. XXXIV 1. Col. r. r. XII 14. Hor. 50 Hss., aber der Fluss Nar ist bekannt) u. s. w. 

sat. I 1, 32), wie Tiere (Cat. de agric. 60. Cic. (bei Mela in dem entsprechenden Abschnitt III 13 

pro Rose. Am. 56. Col. VIII 4, 1) sich nahren. Im fehlen diese Namen). Sie miissen darnach unge- 

besonderen werden erwahnt: 1) C. der Sclaven fahr an der Grenze zwischen Callaekien und Astu- 

(Senec. de benef. Ill 21, 2). Sie bestanden in 4 — rien, westlich vom Flusse Navia (s. d.) gewohnt 

4% (Cat. de agric. 56. Donat. zu Ter. Phorm. 9), haben. [Hubner.] 

spater in 5 (Senec. epist. 80, 7) Scheffeln Getreide Cibilitani, eine Gemeinde in Lusitanien, nur 

monatlich (Plaut. Stich. 60). 2) C. der Appari- unter den stipendiarii der alphabetisch geordneten 

toren der curatores aquarum bei Front, de aq. Listen des Agrippa und Augustus bei Plinius (TV 

100 (Mommsen St.-R. 13 299, 2). 3) C. der 118) genannt, daher die Lage nicht bestimmt 

Soldaten. Nach Polyb. VI 39, 13 erhielt der 60 werden kann. [Hubner.] 

Fusssoldat 2 / 3 , der Reiter 2 Medimnen Weizen Ciboliton patria, in Armenien, Geogr. Rav. 

und 7 Medimnen Gerste fiir den Monat, und noch p. 69, 14. [Tomaschek.] 

in der Kaiserzeit (Suet. Galb. 7) wurde ihnen die Cicade s. Tern!-. 

rohe Frucht geliefert (Langen Die Heeresver- Cicae insulae s. Signae. 

pflegung d. Romer im letzten Jahrh. d. Republik Cicatrieula s. Cornelius und Pinarius. 

13). Wer sich auszeichnete, bekam das Doppelte Cicera (Cieereula) s. Erbse. 

(Liv. VII 37, 2; vgl. damit CIL II 115 annona Cicereius. 1) C. Cicereius, Schreiber des 

dupla ob virtutem donatus). Die Verteilung be- alteren Scipio Africanus, bewarb sich spater, wahr- 



2537 Cicero Cichorie 2538 

scheinlich 579 = 175, zugleich mit dessen Sohne furth (Verhdlg. d. Berl. Gesellsoh. f. Anthro- 
um die Praetur und trat, als er sich ihm vor- pol., 14. Juli 1891, 662), dass durch das ganze 
gezogen sah, aus Bescheidenheit zuriick (Val. Max. Land als Unkraut die wilde C. , C. divaricatum 
IV 5, 3 ; vgl. Ill 5, 2). Im folgenden Jahre wurde Schousb., verbreitet sei, welche sich zu den Kill- 
er fur 581 = 173 zum Praetor gewahlt (Liv. XLI turarten C. intybus L. und C. endivia L. gerade 
28, 5), erhielt Sardinien als Provinz, urn von dort so verhalte , wie Lactuca scariola L. zu Lactuca 
nach Corsica zu gehen (Liv. XLII 1, 3. 5). Er sativa L. Doch vermuten die Botaniker sonst nur 
notigte die Corsen durch einen Sieg im offenen von der Endivie, dass sie aus C. divaricatum her- 
Pelde zum Frieden und zur Leistung eines Tri- vorgegangen sei. Wenn aber Maillet (Descrip- 
buts (a. 0. 7, If.) und triumphierte iiber sie 582 10 tion de l'Egypte etc., 1740 Br. IX bei Pr. Wonig 
= 172 ohne Genehmigung des Senats in monte D. Pfl. im alt. Agypt., 1886, 222) die wildwach- 
Albano (a. 0. 21, 6f. Acta tr.). Angeblich in sende Endivie Agyptens von weit besserem Ge- 
diesem Jahre reiste er als Gesandter nach Illyrien schmack, als die in Prankreich kultivierten fand 
(Liv. XLII 26, 7; vgl. Nissen Krit. Unter- und sie dort zu seiner Zeit so hauflg war, dass 
suchungen 247); 587 = 167 weilte er dort als sich die Halfte der armen BevQlkerung davon 
Mitglied der Commission zur Neuordnung des nahrte, so kann dies auch nur C. divaricatum ge- 
Landes (Liv. XLV 17, 4). 586 = 168 hatte er wesen sein. Jedenfalls findet sich C. endivia hier 
auf dem Albanerberge der Iuno Moneta einen in und in Europa nur kultiviert. Heute soil die 
der Schlacht gegen die Corsen gelobten Tempel agyptische C. oeqivov (Wilkinson De lingua 
geweiht (Liv. XLII 7, 1. XLV 15, 10). 20 copt. 110 bei Sprengel zu Diosk. II 159) oder 

2) C. Cicereius, municipaler Magistrat von kendeb schikhurieh(¥ ox s~ka,l Flora aeg. 72 ebd.), 

Capua 646 = 108 (CIL 1 565 = X 3776. 3777). genauer nach Ascherson (bei J. Low Aram. 

[Miinzer.] Pflanzennamen, 1881, 255, 1) sowohl C. endivia 

Cicero s. Tullius. In der Kaiserzeit Bei- als divaricatum silis (d. i. osQig), mdggede, aim 

name des M. Tullius Cicero, cos. suff. 724 = 30 v. rukobb und hindib, doch Urospermum picroides 

Chr. mit Caesar (dem spateren Augustus) cos. IV. Desf. ebenfalls silis heissen; Anderlind (Die 

[Groag.] Landwirtsch. in Egypt., 1889, 38) giebt fiirC. 

Cichorie. VonderGattungCichoriumkommen endivia an schikurije , hendebe. In Italien wird 

drei Arten in Betracht , C. intybus L. die C, heute die Endivie unter dem Namen endivia 
C. divaricatum Schousb. = C. pumilum Jacq. und 30 kultiviert. 

C. endivia L. die Endivie. Die C. ist in ganz Die Griechen hatten urspriinglich, und wie es 

Europa und im gemassigten Asien einheimisch. scheint bis Nikandros, welcher (alex. 429) za xt/oga 

In Italien, wo sie z. B. in den Provinzen Bom gegen Vergiftung durch Bilsenkraut empfahl, wohl 

und Grosseto als eieoria von den Feldern viel nur den Ausdruck xiyoqiov oder xi%a>qiov , und 

gesammelt und als eicorietta in bewasserten Gar- zwar fiir die C. , und spater , etwa seit Beginn 

ten gebaut wird, hat sie ausser diesen auch den unsrer Zeitrechnung , aigig sowohl fur diese als 

Namen radicchio. Nach C. Fraas (Synopsis die Endivie. Beide Benennungen sind ungewissen 

plant, flor. class. 197) sind ihre frischen Blatter Ursprungs. Die erstere fand auch, und zwar 

unter dem Namen mxgaUda oder gaSlxta in ganz ebenfalls in der Bedeutung von C, Eingang bei 
Griechenland, wo sie als ausserst lastiges Unkraut 40 den Romern , wurde aber nur selten gebraucht 

in alien feuchten Niederungen vorkomme, ein (eiehoreum bei Hor. c. I 31, 17; cichorium bei 

ausserst beliebtes Gemiise. Dagegen behauptet Plin. XX 74). Urspriinglich findet sich bei ihnen 

Th. v. Heldreich (D. Nutzpfl. Griechenlands, ein intubus (spater intubum, intibus, intibum) 

1862, 28, vgl. 76), dass C. divaricatum Schousb. genanntes Gemiise, welches wohl erst spater haupt- 

in Griechenland sehr gemein sei und in der dor- sachlich die Endivie war, als die C. auch ambubeia 

tigen Flora ganz die Stelle von C. intybus ver- (neben intubus bei Cels. II 30) oder ambubaia 

trete; die jungen Blatter und Triebe, za gaSixia, (Plin. I ind. ad XX cap. 29 u. XX 73; vgl. ainbu- 

albanes. r'core, -a. warden fleissig gesammelt als Ma xixcogia Corp. gloss, lat. II 16, 17 und am- 

Gemlise oder als Salat mit Essig und Citronen buuia xixchgiov ebd. Ill 359, 76), d. h. die Wan- 
im Friihjahr hauflg gegessen; wegen des bittern 50 dernde , und im Gegensatz zur Endivie intubus 

Princips, das sie enthielten, halte man ihren Ge- agrestis (Diosk. n 159. Pall. I 30, 1. Veget. mu- 

nuss fur sehr gesund. Von ihm sind auch (Griech. lom. V 41, 2) oder erratieus (Plin. XX 65. 73. 

Jahreszeiten, herausg. v. Aug. Mommsen V 1877) XXII 144. Ps.-Theod. Prise, add. I 93) oder sil- 

fiir die attische Ebene die beiden andern Arten vaticus (Gargil. Mart, de cura bourn 9. Isid. or. 

als kultiviert, C. divaricatum aber als wild wach- XVII 9, 37 ; vgl. sativus intubus bei Gargil. M. 

send aufgefuhrt (S. 503) ; die C, avztSia, und die med. 12) genannt, oder cichorium mit diesemwilden 

Endivie , gadlxia , wiirden Ende Juli gesat , im intubus geglichen wurde (Paul. Aeg. VII 3. Corp. 

September ausgepflanzt und von Mitte October gloss, lat. Ill 538, 5. 558, 60). Neuerdings hat man 

auf den Markt gebracht, mit spaterer Nachzucht (s. bes. H. J an sen Wochenschr. f. klass. Philol. 
bis zum Frfihjahr (S. 585). Aber nach E. Bois- 60 1895, 1065) intubus aus dem Punischen herge- 

sier (Fl. orient. Ill 1875, 716 und suppl. ed. leitet, nachdem das aramaeische und arabische 

Buser 1888, 318) findet sich C. divaric. Sch. nur hindab = Endivie von Lagarde (Semitica 1 1878, 

in Kreta, Rhodus, Cypern, Kleinasien, Syrien und 61f.) fiir eine echt semitische Weiterbildung von 

Agypten. Ebensowenig hat sie E. v. Halacsy arabisch hudb, wie bei Avicenna die Augenwim- 

auf seiner Forschungsreise durch mehrere Gegen- pern heissen , erklart war. Da sich erst nach 

den Griechenlands (Denkschriften Akad. Wien Cato intubus im Lateinischen findet (zuerst bei 

1894) gesehen. In Italien aber ist sie auf Sici- Lucilius, s. u.), so ist die punische Herkunft des 

lien beschrankt. Uber Agypten sagt G. Sch wein- Namens wohl moglich. Das Wort wurde dann 



2539 Cichorie Cichorie 2540 

auch von den Griechen flbernommen. So empfiehlt die Bezeichnungen chreston und pancration, wo- 

Archigenes (bei Gal. XIV 321) urn das J. 100 von die letztere (bei Diosk. II 203) sich auf Pan- 

n. Chr. , das von den Rfimern IvxvjioMxavov ge- cratium maritimum L. beziehen soil. Zu Beginn 

nannte mx<o(><.ov gegen Kopfschmerz auf den Kopf des Mittelalters flnden wir ftir die C. atich den 

zu legen, wofiir auch sonst der Saft des intubus sonst Heliotropium villosum Desf. und Heliotro- 

(Plin. XX 73. Plin. Iun. II p. 10, 6 ; vgl. Alex. pium supinum L. bezeichnenden Namen heliotro- 

Trall. I 469 Puschm.), oder genauer des intibum pium (Veget. mulom. V 41, 2. Corp. gloss, lat. 

sativum (Garg. Mart. med. 12), also der Endivie III 538, 44. 560, 62. 621, 69) oder solsequia 

gebraucht wurde. Im Edict des Diocletian vom (Corp. gloss, lat. Ill 560, 63. 609, 45) gebraucht, 
J. 301 (VI 3. 4) ist nur eine bessere und eine 10 und zwar wegen ihrer Lichtempfindlichkeit (Isid. 

schlechtere Sorte der intiba, bezw. Xvxvfioi, d. h. or. XVII 9, 37). auch sponsa solis (Corp. gloss, 

wohl C. und Endivie, unterschieden. Bei Alexan- lat. 560, 63) und wegen ihrer Heilkraft gegen 

dros vonTrallesuberwiegtlVn'rffttt'gegenuberw/w- Warzen (vgl. Ps.-Theod. Prise, add. I 93) ver- 

qiov und osQig und wird mit letzterem synonym ruearia (Isid. or. ebd.). Dmgekehrt nannte man 

gebraucht (Puschmann zu I p. 308, 2); doch auch Pflanzen, welche nicht zur Gattung Cicho- 

wahrend bei ihm xix&qwv stets die C. bedeutet, ist rium gehoren, xix<oqiov, so Chondrilla iuncea L. 

es fraglich, ob die beiden andern Namen nur fur (Diosk. II 160), diese auch oegtg (Diosk. a. a. O. 

die Endivie gebraucht sind. So sind z. B. in Gal. XII 119). Perner soil der ooyxog auch xi- 

der lateinischen Ubersetzung der Fragmente des x ( ^Q l0V geheissen haben (Diosk. II 158); von den 
Philumenos bei Alexandres (ed. Puschm. p. 44) zu 20 drei unterschiedenen Arten ist die erste sicher 

den mehr stopfenden und trocknenden Gemiisen Helminthia echioldes Gaertn., welche heute aygiog 

beide Arten des intubum gerechnet. Bei Simeon £<>xog, albanesisch cihur heisst (v. H el drei ch a. 

Seth (p. 46) findet sich nur ivtvflav sowohl fur O. 78); die dritte Art mit breitem Blatt ist viel- 

die wilde als die Gartenpflanze. Daher sind von leicht identisch mit der hedypnois, der Duftigen 

den Stellen, wo sich intubus bezw. ivrvfiog findet, des Plinius (XX 75) ; es kOnnte dann Urosper- 

viele bedeutungslos. Auch fur die oeQig, welche mit mum picroldes Desf. sein, welches heute Sygiog 

intubus identificiert wird (Gal. VI 628. Orib. in d. £,ox&g heisst (v. Heldreich a. a. O.), in Agypten 

lat. Ubers. bei Daremberg VI 562. Corp. gloss. silis (s. o.). 

1. Ill 350, 23. 43. 408, 66. 478, 14. 546, 50 u. s. w.) I. Cichorium intubus L. Das xizoqiov ist zu- 
gilt dasselbe , wenn schon in geringerem Grade. 30 erst von Aristophanes erwahnt (Bekk. anecd. p. 105, 
Obwohl namlich Dioskorides (II 159) eine wilde, 21. Phot, lex.) und von den Erklarern als wildes 
welche auch xix<oqiov genannt werde, d. h. also Gemiise erklart (ebd. ; vgl. Tbeophr. h. pi. 1 10, 
die C, und zwei angebaute Pflanzen dieses Namens 7. IX 12, 4. Poll. VI 62. Hes. Eutekn. zu Nic. 
unterscheidet, legt er ihnen alien doch dieselben alex. 429); doch ass man nur, wenn der Hunger 
medicinischen Eigenschaften bei, und zwar Eigen- dazu nStigte , die zarten Sprossen davon in ge- 
schaften, welche meist von andern zum Teil der kochtem Zustande (Gal. VI 622). Auch der in- 
serts (Plin. XX 76. 77. Geop. XII 28) oder dem tubus der Romer (Lucilius bei Non. Marc. 209, 2. 
sativum intubum (Gargil. Mart. med. 12) beige- Aemil. Mac. bei Charis. 100, 32), ein Unkraut im 
legt werden. Nach ihm sollen sie astringieren, Felde mit bittern Wurzelfasern (Verg. g. I 120), 
erfriscben und dem Magen dienlich sein ; gekocht 40 geherte zu einem einfachen landlichen Mahle (Lu- 
stopfen , wenn mit Essig genommen ; besonders cil. bei Charis. 100, 29. Non. Marc. 137, 27. 209, 
die wilden dem Magen niitzen (so vom wilden 4. Pompon, ebd. 209, 6). Ebenso war die als Ganse- 
xizfogiw, welches auch osqv; heisse, Kuf. Ephes. futter zu saende seris (Varro III 10, 5. Col. VIII 
frg. 76, 16); den schlaffen und erhitzten Magen 14, 2) die C. (agreste intubum Pall. I 30, 1). Be- 
ermuntern ; allein oder mit Mehl als Pflaster auf- sehrieben wird die C. bis auf die ungenau als 
gelegt bei Magenschmerzen mit Herzklopfen helfen ; Hulsen bezeichneten Fruchte hinreichend deutlich 
ebenso gegen Podagra und Augenentziindungen ; von Theophrastos (h. pi. VII 8, 3. 11, 3; c. pi. 
Kraut und Wurzel aufgelegt denen , welche von II 5, 4) ; besonders wird sie als ausdauernde Pflanze 
einem Skorpion gestochen sind ; das Kraut mit dadurch charakterisiert, dass die Blatter nach den 
Mehl die Rose heilen ; der Saft mit Bleiweiss und 50 Pleiaden, also etwa nach dem ersten Viertel des 
Essig aufgestrichen kiihlen. Galenos (VI 794) Mai greg., aus der Wurzel kamen (h. pi. VII 7, 
rechnet gar die oeqis neben xiymqiov zu dem 3. 11, 3. Plin. XXI 88. 101). Die Pflanze wird 
wilden Gemiise, was ganz unverstandlich ist, wenn auch als ahnlich einer Qoiag genannten Mohnart, 
er hier nieht etwa an das ag3'ptische xix<oqiov Papaver rhoeas oder dubiurn L. (Theophr. h. pi. 
gedacht hat. Mit xt^coofov, also C. intubus, wird IX 12, 4), die Blatter denen der botrys, Cheno- 
auch mxQig = Bitterling identificiert (Diosk. II podium botrys L. , bezeichnet (Plin. XXVII 55), 
159. Ruf. Ephes. frg. 76, 16. Paul. Aeg. VII 3), die Wurzel der einer Art av&vlttg , Ajuga oder 
obwohl diese sonst (Theophr. h. pi. VII 11, 4) Teucrium iva L. (Diosk. HI 143. Plin. XXVI 84). 
davon unterschieden und eine bittereArtdesSalats, Medicinisch verwandt scheint sie von den Hip- 
der laetuca, genannt wird (Plin. XIX 126); in 60 pokratikern nicht zu sein, sondern erst von Ni- 
letzterem Ealle wird es fiir Helminthia echioldes kandros (a. 0.); am ausfuhrlichsten spricht fiber 
Gaertn. (s. Sprengel in s. Erlaut. zu Theophr.) die Heilkrafte des cichorium Plinius XX 74. 75. 
oder Urospermum echioldes L. gehalten, doch ist Derselbe erzahlt auch, dass nach der Behauptung 
es vielleicht Picridium vulgare Desf. , welches der Magier, wenn man sich mit dem Saft in 01 
heute unter dem Namen mxqaU&a als Gemiise einreibe, man sich die Gunst der Menschen er- 
bentitzt (Heldreich a. O. 78) und in Italien werbe, wahrend Artemidoros (oneir. I 67) gerade 
lattieino, lattughino u. s. w. genannt wird. Nur das Gegenteil von der oegig behauptet, da deren 
bei Plinius (XX 74) flnden sich fiir die C. auch Genuss das Verborgene offenbare. 



2541 Ciciliana Ciconia 2542 

II. Cichorium endivia L. Nach Dioskorides Cicinus, keltischer Beiname des Mars. CIL 

(II 159) unterscheidet sich die zahme osgis von XII 356 (Fundort Chane, dep. Basses-Alpes) : 

der wilden durch breitere Blatter und angeneh- Marti Carro (s. d.) Cieino L. Pomp. Myrismns 

meren Gesohmack; von jener unterscheidet er v. s. 1. m. Holder (Altkelt. Sprachschatz s. v.) 

wieder zwei Spielarten; die eine sei dem Salat verweist auf die Cicinenses der stadtrOmischen 

ahnlicher und mit breiterem Blatt, die andere mit Inschrift CIL VI 9103 a (Mitglieder einer reli- 

schmalerem etwas bitter. Diese Unterscheidung giOsen Bruderschaft?). DeBossiBullettino crist. 

aber mehr fur die Endivie als die C. Bei 1864, 59. [Ihm.] 



Plinius stesst man auf die Schwierigkeit, dass er Cicolluis, Beiname des gallischen Mars auf 
seine seris (XX 76. 77), deren Schilderung an die 10 mehreren Inschriften der C6te-d'Or (Aignay-le-Duc, 

aegis des Dioskorides erinnert, dem intubus gegen- Dijon, Malain). Lejay Inscr. de la COte-d'Or 

uberstellt ; letztere vertrage eher den Winter als nr. 1 Augfusto) sae(rum). Deo Marti Oieollui 

der Salat und werde urn das Friihlingsaequinoc- et Litavi P. Attius Paterelufs] v. s. 1. m. ; nr. 145 

tium gesat (XIX 129), komme aber audi wild (= B. Mowat Bev. archeol. 3. ser. XIV 1889, 

vor (ebd. 123. XX 73); sie ahnele auch der hyo- 371, Abbildung in dem Catal. du mus. de Dijon 

seris, Centaurea nigra L. ? (oder Hyoseris lucida n. 73 pi. VI, vgl. Bev. celt. XVI 100) [i]n h(o- 

L. ?). Wenn er von der seris (XX 76. 77) nur norem) d(omus) d(ivinae) deo Marti Oieollui 

zwei, wie es nach dem iiberlieferten Text scheint, - Pudens Pudentiani filfius) ; nr. 203 [deo Marti 

wilde Sorten unterscheidet, so sollten es nach Oieollui] et Litavi ex voto suseepto; nr. 204 
dem Index drei Sorten sein. Da er eine bessere, 20 [MJarti Gi[eo]llui et Litavi u. s. w.; nr. 205 

dunkle und sommerliche, neben einer schlechteren, Marti Cieolui Goelius Patri[an]us pro salute Pa- 

winterlichen und weisseren, auffuhrt, beide auch triani filii sui v. s. I. m.; nr. 206 Marti Oi- 

dem Salat ahnlich, wenngleich bitter sein sollen, eollui et Litavi; nr. 207 [deo Ma]rt[i] Ci[collui 

so konnen dies keine wilden sein. Dazu kommt, e]t Bell[onae]. Sowohl C. wie Litavis scheinen 

dass das (ir/diov, Convolvolus althaeoides L., nach topische Beinamen zu sein (Koschers Lex. II 

Dioskorides (IV 18) Blatter wie die osgig, nach 2064); anders Ernault bei Holder Altkelt. 

Plinius (XXVlI 104) wie die seris sativa hat. Sprachschatz s. v. Die Inschriften auch bei 

Er wird also nicht etwa den Kapuzinerbart, eine Allmer Bevue epigr. 1896, 436 nr. 1178. 

Abart der C, sondern auch eine Endivie, und zwar [Ihm.] 
eine breitblatterige, eine Escariole, gemeint haben. 30 Ciconia, ein Instrument, mit dem man fest- 

Mit intubus sativus dagegen kann er die heute in stellte , ob ein Graben oben und unten dieselbe 

Italien endivia rieca genannte Endivie gemeint Breite, die vorgeschriebene Tiefe und, was von 

haben, deren Blatter vielfach ausgeschnitten sind, den heutigen Erklarern nicht geniigend bertick- 

und welche dort vielleicht am hauflgsten kultiviert sichtigt wird und freilich in unebenem Gelande 

wird. Diese meinten denn wohl auch Vergilius unter Umstanden nicht mOglich war, auch eine 

mit seinem am Gartenbache gepflegten intibum in gleichem Niveau fortlaufende Sohle hatte. Be- 

(g. IV 120 ; vgl. moret. 86) und Columella, wel- schrieben ist das Instrument im Zusammenhange 

cher einen intybus im Friihjahr sate (X 111), mit seinem Zwecke nur von Columella (III 13, 

aber auch sagt, dass er den Winter besser als 8f.). Ein Feld sollte zur Anpflanzung von Beben 
der Salat vertrage , weshalb er selbst in kalten 40 nach und nach, ohne dass eine Stelle dabei iiber- 

Gegenden zu Beginn des Herbstes gesat werden gangen wurde, durch sich eng aneinander schlies- 

konne (XI 3, 27), wobei er freilich wohl im Winter sende Graben , deren Tiefe im ebenen Gelande 

wenigstens mit Erde behaufelt werden musste. 21/2 und im abschussigen 3 — 4 Puss betragen 

So sagt auch Palladius, im April wiirden die in- sollte, umgegraben werden, indem der Arbeiter die 

tyba gesat, welche man im Sommer wachsen lasse ausgegrabene Erde sofort hinter sich in den Graben 

(V 3, 5), im October die, welche fur den Winter warf und so diesen mit der ausgehobenen Erde 

dienten (XI 11, 1). Eingemacht wurde der in- wieder fiillte. Die von den Landleuten dabei zum 

tubus wie der Salat (Col. XII 9, 3). Nach Api- Messen des Grabens gebrauchte C. wird nicht 

cius (103) sollte man die intuba im Pruhling in etwa die Gestalt eines Winkelmasses , sondern, 
Fischsauce mit etwas 01 und zerschnittenenKilchen- 50 wie auch allgemein angenommen ist, die eines T 

zwiebeln, im Winter mit Tunke oder Honig und gehabt haben, was besonders auch daraus hervor- 

scharfem Essig geniessen. Die aiqig des Didymos geht, dass auch der tolleno, der auf einem Pfosten 

(Geop. XII 28) fand ziemlich dieselbe Anwendung ruhende und bewegliche Brunnenschwengel , in 

wie die des Dioskorides und Plinius; doch wird Spanien C. genannt wurde (Isid. or. XX 15, 3; 

hinzugefugt (§ 3), dass, wenn man sie nach dem heute cigondl). Wahrend nun die Erklarer vor 

Neumonde sehe und bei diesem schwSre, sie nicht Schneider angenommen hatten, dass die C.beim 

zu essen, man in den nachsten 30 Tagen nicht Messen die Lage eines aufrechtstehenden T an- 

an Zahnschmerz leiden werde. genommen habe, bestreitet dieser mit Becht, dass 

III. Cichorium divaricatum Schousb. Die oeois der Wortlaut eine solche Erklarung zulasse. Nach 
hiessnach Dioskorides (II 159) in Agypten (mit 60 ihm (z. d. St. u. Abb. Ill T. 3 Fig. 6 u. 8) — 

einheimischem Namen) ayov, nach Plinius das in- und seiner Auffassung haben sich auch andere an- 

tubum erraticum (XIX 126. XXI 88) oder sil- geschlossen — soil die C. vielmehr wie ein um- 

vestre (XX 73) eiehorium und war dort nachst gekehrtes T (X) auf die Sohle des Grabens ge- 

der agyptischen Bohne, Nelumbium speciosum stellt worden sein, wobei die wagerechte regula 

Willd., am meisten geschatzt (XXI 88), das sa- die Breite und die senkrechte virgula die Hohe 

tivum-seris , und dieses niedriger und aderiger angegeben habe (maiores nostri regulam fabriea- 

(XX 73). [Olck.] verunt, in cuius latere virgula prominens ad 

Ciciliana s. Caeciliana. earn altitudinem, qua deprimi suleum oportet, 



543 Ciconiae nixae Cilicia 2544 

eontingit summam ripae partem Colum.). Da lich ist damit der bedeutendste der in die Bucht 

aber beim Gebrauch dieser C. Ungenauigkeiten yon Algeziras mtindenden Kiistenfliisse gemeint, der 

vorkommen konnten, wenn man sie nicht ganz Rio Palmones (Mullenhoff dachte an den Eio 

gerade stellte, so empfahl Columella eine von ihm Sancti Petri, Unger an den Salado de Conil, 

gemachte Verbesserung derselben. Nach Schnei- die aber beide fur den zusammenhangenden Port- 

ders Auffassung fiigte Columella zu der alten C. schritt der Kiistenbeschreibung zu weit westlich 

noeh zwei Stabe hinzu, die in Form eines Sterns sind). Romische autonome Miinzen mit der Auf- 

oder des griechischen X einander kreuzten, in- schrift Oilpe, die nach den Typen in das siidliche 

dem er diesen Stern aufrecht stellte und an dem Baetica gehOren (Mon. ling. Iber. nr. 182), zeigen 
Kreuzungspunkte desselben die Spitze der virgula 10 denselben Namensstamm. In den Feldztigen des 

befestigte; dann liess er von dieser Spitze eine Hasdrubal des Gisgon Sohn wird bei den Anna- 

Schnur mit einem Gewichte die virgula entlang listen, denen Livius folgt, eine Stadt im siidlichen 

bis an die regula herabfallen. Doch dieser An- Hispanien unweit Gades Silpia genannt (XXVIII 

nahme scheinen die Worte (§ 12) entgegenzustehn, 12, 14) ; bei Polybios heisst dieselbe Stadt 'Ikiyya 

welche besagen, dass die C. so auf der Mitte des oder 'HXlyya (X 20 , 1 nach den Hss.), woraus 

Sterns befestigt wurde, ut tanquam suppositae Schweighauser 'Ikbta anderte; schwerlich mit 

basi ad perpendieulum normata insisteret; de- Recht. Ob Cilpe gemeint sei, ist daher zweifelhaft. 

inde transversa^, quae est in latere, virgulae Die nach dem iberischen, nicht phoinikischen 

fabrilem libellam superposuimus. Hier ist, wie Namen des Plusses benannte Volkerschaft muss 
auch Gesner schon gesehen hat, kaum mOglich, 20 also ungefahr auf der Stidspitze der Halbinsel, 

dass transversa virgula eine aufrecht, wenngleich zwischen Carteia und Gades, ihre Wohnsitze ge- 

rechtwinkelig zur regula, stehende Rute oder Latte habt haben. [Hiibner.] 

bezeichnet haben kOnnte. Auch aus andern Griin- Cilca novum, Ort Kappadokiens an der Strasse 

den ist vielleicht folgende Erlkarung mit dem Text von Komana Cappadociae nach Samosata , Tab. 

eher vereinbar. Die alte C. nahm beim Messen Pent. X 5 (Miller). [Ruge.] 

die Lage eines liegenden H an ; der Stern , mit Cilebenses (KdrjfSrjvmoi, var. Kelrjfttvaioi, Ki- 

welchem nur die Breite und Bbenheit der Sohle, hrfji^-yjawt, Sxdtj^raioi) , Volk im nOrdlichen 

nicht die obere Breite des Grabens , controlliert Teile von Corsica, sudlich von den Vanacini, also 

werden sollte (§ 13) , wurde glatt auf die Sohle vielleicht in der Nahe von Bastia, Ptolem. Ill 2, 7. 
gelegt ; auf dem Kreuzungspunkt desselben war 30 [Hulsen.j 

genau unter einem rechten Winkel die C. als auf- Cileni, Volkerschaft im hispanischen Callae- 

rechtstehendes T befestigt und dariiber, d. h. auf cien, in der Aufzahlung der KustenvOlker im Ge- 

die nun ojier zu liegen kommende virgula die richtsbezirk von Lucus Augusti bei Plinius, die 

fabrilis libella, d. h. doch wohl ein gleichschenk- auf Poseidonios und Varro beruht, zwischen Noela 

liges Dreieck, von dessen Spitze ein Paden mit im Norden und den Celtici Praetamarici (vor dem 

einer Bleikugel bis auf die virgula herabhing, Fluss Tamar, s. d.) im Siiden genannt (IV 111. 

gestellt. Spater begniigte man sich damit, nur 112); nach ihnen begann der Gerichtsbezirk von 

die Tiefe eines solchen Grabens durch eine virga Bracara. Ptolemaios setzt die Kdtvol zwischen 

zu messen (Pall. II 10, 4). [Olck.] die Capori (s. d.) und die Lemavi (II 6, 24). Auf 

Ciconiae nixae, Ort in Rom, genannt in der 40 Inschriften jener Gegenden rinden sich ein Ge- 

Notit. reg. IX (Jordan Top. II 555), ferner als l(enus) CIL II 5250, eine [GJilena 2649, der Name 

Ort des Pferdeopfers am 15. October im Kalender Cilinus 5310 und als Herkunftsbezeichnung Gae- 

des Filocalus z. d. T., sowie in der Inschrift be- lenieus 2568. Darnach scheint die altere Form 

treffend den Transport der vina fisealia vom Caeleni und Celeni, Gileni die jiingere zu sein. 

Tiber nach dem Templnm Solis Aureliani, CIL Auch der hauflge Personenname Gilius, Gilia 

1785. Zu suchen sudlich vom Mausoleum Au- (Mon. ling. Iber. Index p. 257; Gelius CIL II 

gusti, in der Nahe von Piazza Borghese und Pi- 2781. 5321) ist von demselben iberischen Stamm. 

azza Nicosia. Vgl. Mommsen CIL 12 p. 332. S. auch Aquae Cilenae Bd. II S. 299 Nr. 34. 
Hiilsen Bull. com. 1895, 49. [Hillsen.] [Hiibner.] 

Cigisa, Ortschaft in der Nahe von Karthago, 50 Ciliana s. Caeciliana. 
18 oder 19 Mill, von diesem entfernt, an der Cilibia, Stadt in Africa, von der Bischofe im 

Strasse nach Thuburbo minus (dem heutigen J. 411 (coll. Carth. c. 206, bei Mansi Act. concil. 

Tebourba), Tab. Peut. Itin. Ant. p. 44. Vgl. IV 156 = Migne XI 1343), 525 (Mansi VIII 

Tissot Geogr. compare"e de l'Afrique II 247. 648) und 649 (Mansi X 939, wo aber Elibien- 

[Dessau.] sis iiberliefert scheint), genannt werden. Nach 

Cilani caput s. Caput Cilani. Wilmanns Vermutung Henchir Kelbia, s. CIL 

Cilbus, Fluss, Cilbieeni, Volkerschaft an der VIII p. 120. Vgl. auch Chidibbia. 
Siidkuste Iberiens. Zwischen Anas und Baetis, [Dessau.] 

westlich von der Insel Cartare (s. d.), nennt der Cilicia (?). Das Rescript der Kaiser Valen- 

alte Periplus die Cilbicener und Tartessier; wah- 60 tinian , Valens und Gratian Cod. Theod. X 20, 

rend Ileaten (s. Her get es) und Kempser (s. 7 = Cod. lust. XI 8 (7), 5 ist datiert Cilieiae 

Cempsi) nach den sehr unvollkommenen Vor- vom J. 372. Man hat hierin einen Ort Galliens 

stellungen dieser Quelle das innere Iberien bis vermutet (Riese Rhein. Germanien 320 und Re- 

zu den westlichen Kyneten bewohnten , besitzen gister 469), ohne Wahrscheinlichkeit, wenn auch 

die Kuste die Cilbicener (Avien. ora marit. 255. Valentinian wahrend des grOssten Teils dieses 

303). Sie fuhren ihren Namen unzweifelhaft vom Jahres in Gallien weilte. Der Name ist wohl 

Fluss C, wie der Besilos auch nur im alten Peri- verderbt (Seleueiae? Gy%iei? Siseiae?), s. Gotho- 

plus genannt (Avien. ora marit. 320); wahrschein- fredus zum Cod. Theod. a. O [Ihm.] 



2545 Cilicium ad Cimbios 2546 

Cilicium, ein aus Ziegenhaaren hergestellter tium fmd«t sich bei Sil. It. VII 29. Auf Inschrif- 

dicker, grober Stoif, so benannt, weil die hierzu ten der Kaiserzeit kommen Mitglieder der Familie 

benutzten langhaarigen Ziegen in Kilikien ge- in jener Gegend vor; auf alteren rOmischen und 

zogen wurden. Varro r. r. II 11, 12. Plin. n. h. auf etruskischen sind noch keine nachgewiesen 

VIII 203. Colum. I pr. 26. Doch zog man diese (vgl. Miiller-Deecke Etrusker I 484). 
auch in Phrygien (Varro a. 0.), Lykien (Aristot. [Munzer.] 

606 a 17. Callisth. bei Aelian. nat. an. XVI 30), 1) G. Oilnius G. f. , Beamter zur Zeit 

Africa (Verg. Georg. Ill 312. Martial. VII 95, Hadrians, erhielt von diesem oder schon von Traian 

13. VIII 51, 11), Spanien (Avien. or. mar. I 218 militarische Auszeichnungen. Inschriftfragment 
—221), und Colum. VII 2, 6 spricht von dieserlOaus Arretium CIL XI 1833. 
Verwertung der Ziegenhaare ohne Ortliche Be- 2) C. Gilnius P. f. Pom(ptina) Paetinus, tri- 

schrankung. Es ist ein Gewebe (Ps.-Ascon. p. 185 bunus militum, quaestor, tribun(us) plebis, prae- 

Or.), nicht ein Pilz. Man gebrauchte C. als Putz- tor, Legat des Kaisers Tiberius, Proconsul, CIL 

tiicher, z. B. zum Abreiben der Pferde, Veget. VI 1376. 

vet. II 14, 3 ; vgl. Serv. Georg. Ill 313. Colum. 3) C. Cilnius Proculus , Consul (suffectus in 

XII 48, 1; zu militarischen Zwecken als Schutz unbekannter Zeit), genannt auf einer Amphora, 

gegen Geschosse, Liv. XXXVIII 7, 10. Veget. IV CIL XV 4536. ' [Groag.] 

6. So behangte man auch Gebaude mit C. zum Cilo. 1) S. Betuus, Caecilius Nr. 40, 

Schutz gegen Wind und Regen, Dig. XIX 1, Fabius, Iiinius, Pulfennius. 
17, 4. XXXIII 7, 12, 17; als Bettdecken und 20 2) Beiname des L. Fabius Cilo Septiminus 

Unterlagen, Hieron. ep. 71, 7. 108, 15. Sulp. Sev. Catinius Aeilianus Lepidus Fulcinianus , cos. I 

ep. 1, 5 ; dial. 1, 20, 2. Schiffer kleideten sich suff. 193 n. Chr., cos. II ord. 204 mit M. Annius 

in C, Verg. Georg. in 313. Flavius Libo. [Groag.] 

Blumner Gewerbl. Thatigk. 30. B rich sen- Cilurnuni, im nOrdlichen Britannien, das in 

schutz Hauptst. des Gewerbfl. 64. [Mau.] der Reihenfolge von Osten nach Westen sechste 

Cilia (KllXa), Ort in Africa, Appian. Lib. 40. der grOsseren Castelle am Hadrianswall ; daher 

S. Cellae Nr. 2 a. [Dessau.] noch jetzt Chesters — friiher East Chesters und 

Cilliba (var. eulluba), Garamantenstadt in Walwick Chesters — genannt, bei Hexham in 

Phazania (Fezzan), von Cornelius Balbus einge- Northumberland. Da die Not. dign. den tri- 
nommen, Plin. V 35. Die Versuche, die Stadt 30 bunus aloe II Astorum Oilurno auffiihrt (Occ. 

zu identiflcieren mit Zouilah(Behm Peterm. Mitt. XL 38; beim Geogr. Rav. in der Aufzahlung 

Erg. -Heft VIII 43) oder Zeila (Vivien de St.- der Stationen des Walls 432, 16 Gelunno) und 

Martin Le nord de l'Afrique dans l'antiq. gr. eine Anzahl dort gefundener Inschriften erhalten 

e.tlrom. 116), bleiben zweifelhaft. [Fischer.] sind, die gerade diese Ala II Asturum dort be- 

[ Cilliuin, Stadt in Africa, Provincia Byzacena, zeugen (CIL VII 585 ein militarisches Gebaude 

naich Itin. Ant. p. 54 50 Millien von Theveste durch und fur sie im J. 221 wieder hergestellt ; 

(TObessa), 25 Millien von Sufetula entfernt. An- vgl. 586. 587. 590), so ist die Benennung un- 

sehnliche Ruinen von Henchir Gasrin (Kasserin), zweifelhaft (CIL VII p. 117). Der keltische Name 

Triumphhogen , dreistOckiges Mausoleum eines soil ,Eimer' bedeuten(?). Die Lage des Castells 
Flavius Secundus, mit der Inschrift Buecheler40mit Mauern und Thoren am Flusse Tina mit 

Anth. Lat. 1552. S. Gue'rin Voyage en Tunisie romischer Brticke und zahlreiche Reste von Bauten 

I 308ff. CIL VIII p. 33; Suppl. p. 1178. sind durch sorgfaltige Ausgrabungen ermittelt; 

[Dessau.] ein Museum bei dem Landhaus der Besitzer des 

Cilma, africanische Ortschaft, Ptolem. IV Gelandes, der Familie Clayton von Newcastle- 

3, 36, von Tissot Geographie de TAfrique II on-Tyne, vereinigt die zahlreichen und nicht un- 

612 vermutungsweise mit den Ruinen Henchir bedeutenden Funde von Inschriftsteinen , Scul- 

Djilma, bei Sbe'itla (Sufetula) identificiert. pturen, Architecturstiicken, Bronzen, Gefassen aus 

[Dessau.] Thon und Glas, Miinzen u. s. w., die hier ge- 

Cilniana, Station der rOmischen Strasse an macht wurden und sich stetig vermehren. Vgl. 
der Siidkiiste Hispaniens zwischen Suel (s. d.)50R. C. Bruce The Roman Wall u. s. w. 3. Ausg. 

und Carteia (s. d.), nur im Itin. Ant. 406, 1 ge- Lond. 1867, 149ff. und Lapidarium septentrionale, 

nannt, wonach sie bei der Torre de las Bovedas Lond. 1875, 60ff. [Hubner.] 

(dem Thurm mit den Bogen), am Fluss Guadaisa Cimber s. Tullius. 

im Gebiet von Marbella gesucht wird, wo sich ad CimMos, Ort an der Stidktiste von Hi- 

auf einem wiisten Platz, genannt Montemayor, spania Ulterior in der Gegend von Gades, nur 

Reste antiker Bauten fin den sollen (Guerra Dis- erwahnt in dem Bericht iiber die Kampfe des P. 

curso a Saavedra 91). [Hubner.] Scipio Africanus mit Mago im J. 548 = 206 v. Chr. 

Cilnius, machtiges Geschlecht in Arretium, bei Livius (XXVIII 37, 1 Mago mm Gades re- 
lag 452 = 302 mit der niederen Biirgerschaft in petisset, exclusus inde, elasse ad Cimbios — haud 
Streit, der durch romische Vermittlung beigelegt 60 proeul a Gadibus is locus abest — adpulsa ...su- 
wurde (Liv. X 3, 2. 5, 13). Bekannt sind die fetes., cum quaestore elicuit, die er kreuzigen 
witzigen Anspielungen des Kaisers Augustus auf lasst, und fahrt dann nach den Pityusen). Hier- 
die arretinische Herkunft des Maecenas (s. d.), den nach wiirde man den Ort, der wegen der Erwah- 
er und andere als Cilnier bezeichnen, weil er, ver- nung der Sufeten eine karthagische Niederlassung 
mutlich in weiblicher Linie, von der alten Familie gewesen zu sein scheint, (Sstlich von Gades suchen. 
abstammte (Macrob. sat. II 4, 12; vgl. Bormann Hat sich in dem Namen eine Erinnerung an das 
Variae observatioues de antiquitate Romana [Mar- alte Volk der Cempsi (s. d.) erhalten ? Vgl. auch 
burg 1883] Illff.). Ein erdichteter C. aus Arre- Cembricum. [Hubner.] 



2547 Cimbri Cimbri 2548 

Clmbri. Die Kimbern und Teutonen sind decl. Ill 13. Flor. Ill 3. Veget. Ill 10; falsch 

die ersten Germanen, welche, von Norden her- Eutrop. IV 27). Sie baten darauf, ihnen Land 

kommend, die romische Herrschaft in ihren Grund- anzuweisen, wo sie sich friedlich niederlassen 

festen bedrohten. Unter dem Consulat des Cae- kOnnten, eine Bitte, die der Senat abschlug (Liv. 

cilius Metellus und Papirius Carbo (113 v. Chr.) epit. 65; nach Floras a. 0. scheinen die Ver- 

primum Oimbrorum audita sunt arma, berichtet handlungen vor der Schlacht stattgefunden zu 

Tacitus Germ. 37, und das Andenken an die furcht- haben. Miillenhoff II 294. Mommsen E. G. 

bare Gefahr hat sich bei den Bomern bis in spate II 8 175). Etwa gleichzeitig hatten sich die Hel- 

Zeit wachgehalten (vgl. Sail. or. Lep. 17 , hist, vetier nach Gallien gewandt, um sich hier ruhige 
frg. I 35 Maur., wo sich Cimbrica praeda, und 10 und fruchtbare Wohnsitze zu suchen. Im Gebiet 

Veil. II 121, wo sich Gimbriea Teutonicaque mi- der Allobroger (Nitiobroger nach Mommsen, vgl. 

litia in iibertragener Bedeutung findet). Noch Desjardins Geogr. de la Gaule II 311) schlugen 

nach 200 Jahren zeigte man die ,weiten Lager- die helyetischen Tiguriner den Consul L. Cassius 

raume' als Spuren der Masse und Menge des Longinus (im J. 107), wobei der Feldherr mit 

Volkes und der GrOsse der Auswanderung (Tac. fast dem ganzen Heere umkam; die Uberlebenden 

a. 0., die Stelle utraqiie ripa eastra ae spatia capitulierten unter schimpflichen Bedingungen 

ist ubrigens sehr unklar ; gewohnlich bezieht man (Caes. b. g. I 7. 12. 30. Liv. epit. 65 L. Cassius 

utraque ripa auf den Ehein, so Miillenhoff consul a Tigurinis Oallis, pago Helvetiorum, 

Deutsche Altertumsk. II 112; Biese Bhein. Ger- qui a civitate secesserant, in finibus Allobrogum 
manien 469 denkt an alte Eingwalle im Ehein- 20 cum exercitu eaesus est. milites qui ex ea clade 

gebiet, MarcksBonn. Jahrb. XCV32ff. an Wohn- superaverant, obsidibus datis et dimidia rerum, 

statten der Kimbern an beiden Ufern der Elbe). omnium parte ut incolumes dimitterentur, cum. 

Die Kriegsziige der Kimbern und Teu- hostibus pacti sunt. Appian. Celt. I 3. Oros. 

tonen. Die tFberlieferung der Alten fiber diese V 15, 23ff.). Im J. 105 dachten die Kimbern 

Kriege ist ungleich, liickenhaft und widerspruchs- unter ihrem KOnig Boiorix ernstlich an einen Ein- 

voll. Der alteste Gewahrsmann ist Poseidonios fall in Italien. An der Eh6ne kam es zu einem 

(denn mit den Kimbern des Kleitarchos und Epho- neuen Zusammenstoss mit den ESmern. Nach 

ros ist es nichts trotz G. Zippel Heimat der der Vernichtung der Truppen des Legaten M. 

Kimbern, Festschrift des Konigl. Friedrichs-Col- Aurelius Scaurus (Liv. epit. 67. Veil, n 12. Tac. 
legiums, Konigsberg 1892, 57f.; vgl. Mtillenhoff 30 Germ. 37. Gran. Licin. p. 16 ed. Bonn., vgl. Val. 

a. 0. I 231. 233. II 283); von einigen gelegent- Max. V 8, 4. Ampelius 19) erfolgte die blutige 

lichen Ausserungen Ciceros und Caesars abge- Schlacht bei Arausio gegen den Consul Cn. Mal- 

sehen, scheint fast die ganze spatere lateinische lius Maximus und den Proconsul Q. Servilius 

trberlieferung auf Livius zu beruhen, von dem Caepio, eine der furchtbarsten Katastrophen, die 

die betreffenden Biicher verloren sind; am aus- Eom je betroffen hat, herbeigefuhrt zum Teil 

fiihrlichsten berichtet Plutarch im Leben des durch die UDeinigkeit der Peldherrn. Auf r6mi- 

Marius (Naheres iiber die Quellen bei Mullen- scher Seite sollen 80 000 Soldaten und 40 000 

noff D. A. II 121ff.). Mann vom Tross gefallen sein (Liv. epit. 67. 

Die Kimbern stiessen auf ihrem Zug nach Veil. II 12. Ascon. p. 69 Kiessl. Tac. Germ. 
Siiden zuerst mit den Boiern am herkynischen 40 37. Plut. Mar. 19; Lucull. 27. Gran. Licin. 

Wald zusammen; zuriickgeschlagen wandten sie p. 16. 20. Eutrop. V 1. Oros. V 16 Antias 

sich zu den Donaukelten, Skordiskern, Tauriskern, scrihit ; vgl. Sail. lug. 114. Cic. pro Balbo 

Helvetiern, und veranlassten die Toygener und 28. Val. Max. IV 7, 3. Gellius III 9, 7 u. a. 

Tiguriner, auf die der Beutereichtum der Kim- m.). So kam wieder eine Art ,Gallierschreck' 

bern grossen Eindruck machte, mit ihnen zu iiber Eom, das in seiner Bedrangnis den eben 

Ziehen (Poseidonios bei Strab. VII 293, vgl. IV als Sieger aus Africa zurfickgekehrten Marius 

193). Im J. 113 standen sie in Noricum und zum zweitenmal zum Consul erhob und ihm dieses 

brachten den Eomern unter Cn. Papirius Carbo Amt ffinf Jahre hintereinander liess. Marius hatte 

unweit Noreia die erste Niederlage bei (Liv. epit. Zeit, sein Heer einzuuben , da die Germanen aber- 
63 Cimbri, gens vaga, popidabundi in Illyricum 50 mals auf einen Einfall in Italien verzichteten. 

venerunt; ah Us Papirius Carbo consul cum Die Teutonen blieben in Gallien zuriick (falls 

exercitu fusus est. Strab. V 214 nig Nworjiav diese iiberhaupt an den bisherigen Kampfen schon 

noliv, jisql rjv Prolog Kagprnv ovftjlaXwv KiiApQoig teilgenommen hatten, Mommsen a. O. 183. 

ov&kv snQaqSv. Veil. II 12. Tac. Germ. 37. Plut. Miillenhoff II 299), die Kimbern unternahmen 

Mar. 16; Naheres berichtet darfiber Appian Celt. einen Eaubzug nach Spanien, der ohne Erfolg 

I 13, der aber die Teutonen an Stelle der Kim- blieb , da die Keltiberer tapferen Widerstand 

bern nennt; vgl. Miillenhoff a. 0. II 292f.). leisteten (Liv. epit. 67. Obsequens 43 Jahn. 

Der Weg nach Italien hatte ihnen nun offenge- Plut. Mar. 14; vgl. Hieronym. epist. CXXIII 16 

standen, aber sie zogen es vor, sich nach Gallien ipsae Hispaniae iam iamque periturae cotidie 
zu wenden (Veil. II 8 Cimbri et Teutoni tran- 60 contremiscunt recordantes inruptionis Cimbricae; 

scendere Rhenum, multis max nostris suisque auch Seneca ad Helv. VII 2 Pyrenaeus Qerma- 

eladibus nobiles. Appian. a. 0. xal Tsvroreg eg norum transitus non inhibuit). Im J. 103 fratete 

Palaxag sxcogow). Vier Jahre spater (109) frnden der Kimbernstrom iiber die Pyrenaeen zuriick, und 

wir sie im siidlichen Gallien nahe an der ita- nachdem die Vereinigung mit den Teutonen erfolgt 

lischen Grenze, wo sie ein zweites rOmisches war (im Gebiet der Veliocasses, nach Momm- 

Heer unter M. Iunius Silanus schlugen (Liv. sens Emendation zu Liv. epit. 67), geriet ganz 

epit. 65 adversus Cimbros infeliciter pugnavit. Gallien in die Hande dieser Vslker, die es aus- 

Vell. II 12. Ascon. p. 60. 71 Kiessl. Quint, pliinderten und entsetzliche Leiden fiber die Be- 



2549 Cimbri Cimbri 2550 

wohner bracbten (Caes. b. g. I 33. VII 77). Nur von den Ambrones; vgl. Appian. Illyr. 4. Amm. 

den tapferen Belgen gelang es, die Peinde von Marc. XXXI 5, 12 und die Stellen bei Mfillen- 

ihren Grenzen abzuwehren (Caes. b. g. II 4. Strab. hoff II 165). Ob diese Tradition auf tJberlie- 

IV 196). Jetzt endlich (102) entschlossen sie sich ferung oder Vermutung beruht, lasst sich aller- 

ernstlich zum Angriff auf Italien. Ein Heerhaufe dings mit absoluter Gewissheit nicht entscheiden. 

von 6000 Mann blieb in Gallien zuruck, um das Mfillenhoff spricht nur von einer ,Flutsage' 

zusammengeraubte Gut, das nicht mitgeschleppt und glaubt (a. O. I 232. II 166), dieselbe sei von 

werden konnte, zu scbutzen ; aus ihnen ist spater Gallien her auf die Kimbern ubertragen worden, 

nach mannigfachen Irrfahrten die Volkerschaft weil Timagenes (bei Amm. Marcell. XV 9) berichtet, 
der Aduatuci (s. d.) erwachsen (Caes. b. g. II 29. 10 ein Teil der Einwohner Galliens sei nach der 

Mommsen R. G. lis 183). Die Angreifer teilten Lehre der Druiden durch Fluten von den Inseln 

ihre Scharen. Wahrend die Kimbern (mit den und dem Lande jenseits des Rheines vertrieben 

Tigurinern) den Weg durch Noricum wahlten, worden und in ihre spateren Sitze eingewandert. 

sollten die Teutonen und Ambronen versuchen, Auf die Unwahrscheinlichkeit dieser Hypothese 

durch das romische Gallien und die westlichen macht J. P. Marcks Bonn. Jahrb. XCV 35ff. 

Passe in Italien einzudringen (Plut. Mar. 15; aufmerksam; er bemerkt mit Recht, dass ein 

vgl. Strab. VII 294). An der Rh6ne stiessen zwingender Grand, die rOmische Tradition zu be- 

diese mit den Romern zusammen; Marius hatte zweifeln, nicht vorliegt. Es ist ja hinlanglich 

hier ein wohlverschanztes Lager aufgeschlagen, bekannt, dass gerade die Nordseekiiste von ver- 

das die Barbaren drei Tage lang vergeblich be- 20 heerenden Sturmfluten oft heimgesucht worden 

sturmten. Als sie endlich weiter zogen — voile ist, dass Zuidersee, Dollart und Jadebusen ihre 

sechs Tage soil der Vorbeimarsch an dem Lager jetzige Gestalt grossen Sturmfluten verdanken. 

des Marius gedauert haben (Plut. Mar. 18) — Marcks erinnert namentlich an die unheil voile 

folgte ihnen Marius bis in die Gegend von Aquae Octobernacht 1634, ,in der die grosse Insel Nord- 

Sextiae. Hier wurde in zwei Schlachten das Teu- strand grossenteils vernichtet ward, fiber 6000 

tonenheer aufgerieben, ihr Konig Teutobod ge- Menschen, mehr als 50 000 Stuck Vieh ertrunken 

fangen (Liv. epit. 68. Veil. II 12. Plut. Mar. und in ganz Nordfriesland gegen 10 000, in den 

18ff. Floras III 3. Eutrop. VI. Oros. V 16 u. a., Marschlandern Schleswig-Holsteins 15 000 Men- 

in den Einzelheiten stimmen die Berichte vielfach schen umgekommen sein sollen'. Hat aber die 

nicht uberein. Mommsen a. O. 183f. Mullen- 30 Uberlieferung von der Ursache der Wanderung 

hoff II 130ff. Desjardins Geogr. de la Gaule ihre Richtigkeit, so falltauch Mullenhoff s durch 

II 316ff.). Die Kimbern waren ohne ernstlichen keinen Beweis gestutzte Annahme, die wahren 
Widerstand zu linden nach Oberitalien gelangt, Kimbern hatten viel weiter stidlich an der mitt- 
der Consul Q. Lutatius Catulus hatte nicht ge- leren Elbe gesessen (a. O. II 289. 300). Das ge- 
wagt, die Alpenpasse zu besetzen und musste nach samte Altertum kennt die Kimbern nur als An- 
einem ziemlich regellosen Ruckzug auf das rechte wohner der See. Strabon VII 291 ffihrt die Sugam- 
Ufer des Po ganz Oberitalien zwischen Alpen und brer, Bructerer. Kimbern und andere Volkerschaften 
Po den Kimbern iiberlassen (Sommer 102). Hatten als uiqos ro~> 'Qxeavyi wohnend auf und ebenso 
die Kimbern ihren Angriff energisch fortgesetzt, VII 294, wo er die Kimbern westlich von der 
so ware Rom ernstlich bedroht gewesen. Statt40Elbe ansetzt in der irrigen Meinung, von den 
dessen pflegten sie der Ruhe und liessen sichs Volkern jenseits der Elbe sei nichts bekannt 
wohl sein. Dadurch gewannen die Romer Zeit, (Zeuss Die Deutschen 145). Der Gewahrsmann 
ihre Streitkrafte zu vereinigen, und bei Vercellae des Mela setzt Kimbern und Teutonen an den 
auf dem Raudischen Peld ereilte die Eindring- sinus Codanus, III 31f., eine Stelle, ,wo man 
linge der Untergang. Unter verhaltnismassig ge- die Nordseekiiste mit ihren Watten aufs klarste 
ringen Opfern erkampften Catulus und Marius geschildert findet'. Plinius n. h. IV 96f. (vgl. 99) 
einen vollstandigen Sieg; was nicht in der Schlacht zahlt die Kimbern zu den germanischen Inguae- 
fiel (hierunter die Ffihrer Lugius und Boiorix), ones und setzt sie auf die nach ihnen benannte 
totete sich selbst oder geriet in Gefangenschaft. Halbinsel, die mit germanischem Namen Tastris 
So hatte die gens vaga zu existieren aufgehort 50 (falls dies die richtig iiberlieferte Namensform 
(Liv. epit. 68. Veil. II 12. Plut. Mar. 24ff. Floras ist) hiess (s. Chersonesos Nr. 27). So dur- 

III 3. Eutrop. V 2. Oros. V 16 u. s. w. ; vgl. fen wir bei der alten Annahme stehen bleiben, 
das Elogium des Marius CIL I p. 290 nr. XXXIIf. dass die von Schleswig, Holstein und Jutland 
= 12 p. 195 nr. XVIIf. = CIL XI 1831 = gebildete Halbinsel die wirkliche Heimat der Kim- 
Dessau Inscr. 59. Mullenhoff a. O. II 137ff.). bern ist, von der die Wanderung ausging. Ein 

Ursache der Wanderung. Herkunft Teil des Volkes blieb in diesen Ursitzen zuruck 
der Kimbern. Mommsen R. G. lis 171f. und zwar in den nordlichsten Gegenden. Die 
meint, Zeitgenossen hatten fiber die Ursache der rOmische Flottenexpedition unter Augustus ist 
kimbrischen Wanderung nichts Genaueres aufge- bis zu ihnen gelangt, wie Augustus selbst im 
zeichnet. Nun polemisiert aber Poseidonios (Strab. 60 Mon. Ancyr. V 14ff. berichtet : clafssis mea per 
VII 292f.) gegen die vulgare rSmische Uberlie- Oeeanum] ab ostio Blieni ad solis orientis re- 
ferring, dass Sturmfluten an der Kfiste der Nordsee gionem -usque ad fi[nes Cimbrorujm {jii%Qi l'd- 
grosse Landschaften weggerissen und dadurch die vovg Klfiftgrnv im griechischen Text) navigavit, 
massenhafte Auswanderung der Kimbern veran- quo neque terra neque mari quisquam Bomanus 
lasst hatten (Floras III 3, 1 Cimbri Teutoni atque ante id tempus adit; Oimbrique et Charydes et 
Tigurini ab extremis Qalliae profugi, cum terras Semnones et eiusdem tractus alii Oermanorum 
eorum inundasset Oeeanus, novas sedes toto orbe populi per legatos amicitiam meam et populi 
quaerebant. Fest. ep. p. 17 M. berichtet dasselbe Bomani petierunt, ein Bericht, der bestatigt und 



2551 Cimbri Cimbri 2552 

erganzt wird durch Strabon VII 292f. xal ydq stimmen die Angaben fiber ihre KSrperbildung 
vvv H%ovoi (Klfi^Qot) xr\v x&Qav rjv u%ov jiqotsqov, und ihr sonstiges Wesen (vgl. besonders Plut. 
xal snefiipav tip Seftaoxco Swqov rov isgcbxaxor Mar. 11 xal fidXtota fisv sixd^ovro rsgfiavixd 
naQ 1 avxolg Xeflrjxa (vgl. hierzu die Stelle VII yivr\ xwv xmlrjxdvxcov im xov (Soqeiov (bxeavov 
294 von den weissagenden Frauen im Mmbrischen sTvai xocg /xsyi&eai xwv acofidvmv xal xfj ^agojro- 
Heere), ahovfieroi opiXlav xtl. Veil. Pat. II 106. xtjxi xa>v dfiftdtcov), die zwar auf die Nordlander 
Plin. n. h. II 167 septentrionalis oeeanus maiore fiberhaupt, aber doch vorwiegend auf die Deut- 
ex parte navigatus est auspieids divi Augusti schen passen. Andererseits ist es begreiflicb, dass 
Germanium classe circumvecta ad Cimbrorum ein solcher Schwarm, nachdem er vielleicht Jahr- 
promontorium (= Skagens Horn, vgl. IV 96. 97. 10 zehnte auf der Wanderschaft sich befunden und 
Tac. Germ. 1. Mullenhoff II 285). Tacitus auf seinen Ztigen an und in dem Keltenland ohne 
Oerm. 37 gedenkt ihrer als eines unbedeutenden Zweifel jeden Waffenbruder, der sich anscMoss, 
Volkchens (eundem Germaniae sinum proximi willkommen geheissen hatte, eine Menge kelti- 
Oeeano Cimbri tenent, parva nunc eivitas, sed scher Elemente in sich schloss ; so dass es nicht 
gloria ingens), und Ptolem. II 11, 7 setzt sie befremdet, wenn Manner keltischen Namens an 
in der nordlichsten Spitze der Halbinsel fiber den der Spitze der Kimbrer steben (vgl. Mullenhoff 
Charuden an (ndvxcov 8s aQxxixwxeQoi Kt/xfJQoi). II 118f.) oder wenn die Romer sich keltisch reden- 
Alle diese Zeugnisse lasst Mullenhoff nicht der Spione bedienen, um bei ihnen zu kundschaften' 
gelten; er behauptet, die Romer hatten auf jener (Mommsen II 172). Da ein Wort kimbr — 
Flotten expedition gar keine Kimbern in Jutland 20 latro, Xyaxfig (s. o.) sich in keiner germanischen 
angetroffen, sondern nur den Kimbernamen will- Sprache findet, noch ein Wortstamm, der auf diese 
kfirlich auf Stamme, die sie dort vorfanden, fiber- Bedeutung fuhrte, so kommt Mullenhoff II 
tragen (a. 0. II 286. 288f. Ill 226). Stich- 116ff. zu dem Schluss, dass die Kimbern erst ausser- 
haltige Griinde fur diese Voraussetzung fehlen halb Germaniens ihren ,keltischen' Namen be- 
aber durchaus (Marcks a. 0. 39ff.). Denn wenn kommen hatten, eine sehr unwahrscheinliche Hy- 
Miillenhoff an das Bestreben des Augustus pothese. Der Name Kimbern ist wohl sicher ebenso 
denkt, ,dem rOmischen Volke fiir Beleidigungen, alt wie der deutsche Teutonenname, und nicht 
die seiner Majestat frfiher widerfahren waren, Ge- gut glaublich ist es, dass der Suebenhauptling 
nugthuung zu verschaffen, ware es auch nur zum Cimberius (Caes. b. g. I 37) erst von der galli- 
Scheine', und dabei an die Partner erinnert, so 30 schen Bezeichnung germanischer Scharen seinen 
reicht dieses Argument doch nicht aus, um eine un- Namen erhalten habe. Die Etymologie kann eben 
verdachtige tlberlieferung anzuzweifeln ; die Siege geschichtliche Thatsachen nicht umstossen, son- 
des Marius reichten als Genugthuung wohl aus, dern muss sich nach ihnen richten (gegenMiillen- 
so dass Augustus gar keinen Grand haben konnte, hoff vgl. Much Deutsche Stammsitze 214ff. u. 
auf die Gesandtschaft des damals ganz unbedeu- Beitrage zur Gesch. d. D. Spr. u. Litt. XX 13. 
tenden Kimbernvolkes besonders stolz zu sein Marcks a. 0. 40f. Joerres Bonn. Jabrb. C 
{Marcks a. 0. 40). 121; zur Deutung des Namens auch Zeuss Die 
Deutung des Namens. Die Kimbern Deutschen 141f. Schweizer-Sidler zu Tac. 
Germanen. Dass die Romer in Jutland keine Germ. 37). 

wirklichen Kimbern antrafen, erschliesst Mullen- 40 Wesen, Sitten und Gebrauche. Hieriiber 

hoff ferner aus der Etymologie des Namens, wird von den Schriftstellern nur gelegentlich und 

uber welche die Sprachforscher noch nicht einig nicht zusammenhangend berichtet, darunter man- 

sind. Den Alten galten die Kimbern teils als ches, was die Kimbern von den Kelten entlehnt 

Gallier (Kelten), teils als Germanen. Poseidonios haben mochten (vgl. Mommsen R. G. lis 172ff.). 

bei Strab. VII 293 bringt sie leichtfertig mit den Auf ihre grossen Leiber und blauen Augen, die sie 

Kimmeriern zusammen (vgl. Diod. V 32. Plut. als Nordgermanen kennzeichnen , ist schon oben 

Mar. 11. Zeuss Die Deutschen 194. cTArbois hingewiesen worden (Plut. Mar. 11). Sie waren 

de Jubainville Les premiers habitants de l'Eu- abgehartet gegen Schnee und Kalte, konnten aber 

rope, Paris 1877, 160. Desjardins Geogr. de den italischen Sommer nicht so gut vertragen 
la Gaule II 303). Die Zeugnisse, die fur das 50 wie die BOmer (Plut. a. 0. 23. 26. Oros. V 16, 

Keltentum der Kimbern sprechen, hat Holder 14). Weiber und Kinder fuhrten sie auf Wagen 

im Altkelt. Sprachschatz s. Cimbri zusammen- mit sich. Ihr Kriegswesen scheint sich nicht sehr 

gestellt. So sagt Pest. ep. p. 43 M. Cimbri Un- von dem der Kelten jener Zeit unterschieden zu 

gua Qallica latrmws dieuntur (vgl. Plut. Mar. haben. Sie trugen Helme, die den Rachen ftirch- 

11 oxi Kl^Qovg sxovofia&vot rsQfiavol tovg Xy- terlicher Tiere glichen, mit hohen Federbuschen, 

cxdg [daraus Suidas s. Ei^qog 6 Xijaxijg]. Strab. Schild und Panzer; ihre Waffen waren eigentum- 

VII 293 xavxd xs dr) Sixaimg imxifiq avyygaipsvoi liche Wurfspiesse (axovxiofia 8k J)V sxdaxcp 8if}oXta) 

Iloosidwviog xal ov xaxwg slxdCsi, dioxi XyoxQixol und grosse Schwerter. An Reiterei fehlte es ihnen 

ovxeg xal itXdvtjxeg oi KifipQoi xal fiexQi xwv jisqI nicht, doch konnte sie sich mit der der ROmer nicht 
xijv Maimxiv jtotijaatvxo axgaxslav. Diod. V 32 60 messen (Plut. a. 0. 25). Ihre Schlachtordnung 

fyXovoc ydg ex naXaiov Xfjaxsiisiv im tag dXXco- war schwerfallig, ebenso viele Glieder breit wie 

tQiag id>Qag ixeqxo^svoi) ; ' Gallier sind sie auch tief; die Manner des ersten Gliedes sollen in ge- 

bei Cic. de orat. II 266. Sail. lug. 114. Appian. fahrlichen Gefechten durch Ketten mit einander 

Illyr. 4. Als aber die Romer Germanen und Kelten verbunden gewesen sein (Plut. 25. 27, iiber die 

genauer scheiden gelernt hatten, haben sie das Angriffsweise der Ambronen vgl. Plut. 19). Ihr 

Richtige gefunden und in den Kimbern Germanen Angriff war schnell und gewaltig , ihr Mut und 

erkannt; so Caesar, Augustus, Velleius, Seneca ihre Kiihnheit unwiderstehlich (Plut. 11), und die 

(ad Helv. VII 2), Plinius, Tacitus u. a. Dazu Frauen gaben den Mannern an wilder Tapferkeit 



2553 Cimbrianae Cimmir 2554 

und Entschlossenheit nichts nach (Plut. 19. 27. als viarum atque itinerum dux (Caes. b. g. VI 

Oros. V 16, 13. 17ff.). An ihr furchtbares Schlacht- 17). [Ihm.] 

gebriill musste Marius seine Soldaten erst ge- Ciminia aqua, in Rom, nur genannt im Ap- 

wOhnen (Plut. 16. 20). Wahrend die Manner pendix der Eegionsbeschreibung (Jordan Top. 

unter gellendem Schlachtruf in den Kampf zogen, II 569) und bei Polemius Silvius (Chron. min. 

halfen die bei den Wagen zuriickbleibenden Weiber ed. Mommsen I 545); vielleicht Zweigleitung 

und Kinder mit, das GetOse zu vergrOssern, indem der Sabatina. Vgl. Jordan Top. I 1, 480. 
sie auf die ledernen Wagendeckel schlugen (Strab. [Hulsen.] 

VII 294). Todesfurcht kannten sie nicht, der Tod Ciminia via, Vicinalstrasse in Sudetrurien, 

auf dem Schlachtfeld gait ihnen als der einzig 10 bog bei Sutri von der Via Cassia ab , fiihrte an 

des freien Marines wiirdige (Val. Max. II 6, 11 der Ostseite des Lacus Ciminius vorbei, iiber- 

in aeie gaudio exultabant tamquam gloriose schritt den Pass zwischen Monte Cimino und M. 

et felieiter vita excessuri, lamentabantur in Venere und erreichte die Via Cassia wieder bei 

morbo quasi turpiter et miserabiliter perituri). Aquae Passeris (nOrdlich von Viterbo). Ihre Ver- 

Echt germanisch war die Sitte, dass nicht Prie- waltung war verbunden mit der der Clodia Annia 

ster, sondern Priesterinnen das Heer geleiteten: Cassia und anderer kleiner Seitenstrassen. Cu- 

greise Prauen in weissen linnenen Gewandern mit ratores derselben s. CIL II 1532. Ill 1458. 6813. 

ehernem Leibgurt und unbeschuht; ihr Amt war, 7394. V 877. IX 5155. 5833. X 6006. Vgl. Nibby 

die zum Opfer bestimmten Kriegsgefangenen ab- Dintorni di Roma III 578. [Hiilsen.] 

zuschlachten und aus dem in den grossen Opfer- 20 Ciminius ager, kommt vor in der nach Her- 

kessel rinnenden Blut und aus den Eingeweiden kunft und Erganzung dunkeln Inschrift Ephem. 

zu weissagen (Strab. VII 294). Was es mit dem epigr. IV 833 = CIL VI 31619 . . elms Lartis 

,ehernen Stier', bei dem Plut. Mar. 23 die Kim- ffilius) . . . [agjrum Ciminium . . . . ea peeunia 

bern schwOren lasst , fur eine Bewandtnis hat, veetigalia . . . [cjonstituit in annos . . . [aerijs 

ist nicht klar (dfiooavreg xbv %olxovv xavQov, ov gravis CC1JJQ cv oj cv DOXXV (— 403 625). 
vorsQov fisra rijv fid^v sis rrjv KarXov cpaoiv [Hulsen. ] 

oixlav &ojisq axQodlviov tijs vlxr); no/Mod'rjvai). Ciminius lacus (Kifxivla Xip,vr(), vulcanischer 

Litteratur (soweit nicht bereits erwahnt). Kratersee in Sudetrurien, am Sudfusse des Mons 

Joh. Muller Bellum Cimbricum, Turici 1776. Ciminius, jetztLagodiVico(579m. u.M., 12[[]km. 
Herm. MiillerDieMarkendes Vaterlandes 1 135ff. 30Plache, im Altertum fast um die Halfte grSsser). 

Zeuss Die Deutschen 141ff. P. E. Schiern Die Sage fiihrte seine Entstehung auf Hercules 

Origines et migrationes Cimbrorum, Diss. Havniae zuriick (Serv. Aen. VII 697 aliquando Hercules, 

1842. Herzog Gallia Narbon. 59ff. E. Des- cum de Hispania rediret, ad hos populos venit. 

jardins Geogr. de la Gaule II 302ff. Pallmann Qui cum a singulis provocaretur ad osiendendam 

Die Cimbern und Teutonen, Berlin 1870. liber virtutem, defixisse dieitur veetem ferreum, quo 

die Volker, die in Gesellschaft der Kimbern er- exercebatur. Qui cum terrae esset adfixus, et 

scheinen (Ambrones, Teutones, Toygeni, Tigurini), a nullo potuisset auferri, eum rogatus sustulit, 

s. die betr. Artikel. [Ihm.] unde immensa vis aquae secuta est, quae Gi- 

Cimbrianae. 1) Castell in Moesia inferior; minium laeum feeit; daraus Mythogr. Vat. I 54) ; 
Not. dign. Or. XL 27 milites Oimbriani, dm- 40 nach anderen hatte an dieser Stelle friiher eine 

brianis. Stadt Saccumum oder Succinium gelegen, welche 

2) Strassenstation in Pannonia superior (Itin. durch ein Erdbeben in die Tiefe gesunken war 

Ant. 262. 267, 8), siidwestlich von Herculia-Stuhl- (Ammian. Marc. XVII 7, 13. Sotion de mir. font, 

weissenburg. MommsenCILIIIp.432. Kiepert 41 in Physici graeci min. ed. Ideler I 188). 

Form. orb. ant. XVII. K. Miillenhoff D. A. Strabon V 226 und Columella VIII 16, 2 riihmen 

II 16. [Patsch.] seinen Fischreichtum. Vgl. noch Verg. Aen. VII 

Cimbriairas,BeinamedesMercurius. Inschrift 697. Sil. Ital. Vni 493. Vib. Seqnest. 12 Burs, 

aus Heidelberg : Mereurio Cimbrio .. . K.Christ Tab. Peut. [Hiilsen.] 

Bonn. Jahrb. XL VI 179; aus Miltenberg bei Bram- Ciminius mons, Gebirge in Sudetrurien, vul- 

bach CIRh. 1739 (Lesart berichtigt Bonn. Jahrb. 50 canischer Entstehung, ziemlich genau in nord- 

XLVI 180. LII 75ff. Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. sfldlicher Richtung verlaufend und im Monte Ci- 

VIII 47) in h. d. [d.J Mereurio Ci[mbri]ano. mino bis 1056 m. ansteigend. Im 6. und 5. Jhdt. 

Derselbe Beiname, wie es scheint, auch auf der bildete es die Grenze zwischen Etrurien und der 

zweiten Miltenberger Inschrift Br ambach 1740, romischen Machtsphare; von dichtem Wald be- 

vgl. Christ Bonn. Jahrb. LXIII176ff. J.Becker deckt, war es ganz unwegsam, und wurde mit 

ebd. L — LI 167ff. [Ihm.] einem Heere zuerst iiberschritten von Q. Pabius 

Cimenice resio s. Cebenna mons. Maximus, Consul 310 v. Chr. (Liv. IX 36—39. 

Cimetra Stadt in Samnium, vom Consul Q. Floras I 17. Frontin. strat. I 2, 2). Doch ist 

Fabius Maximus Rullianus 297 v. Chr. einge- die Schilderung, die Livius von der Undurchdring- 
nommen, Liv. X 15, 6; Lage unbekannt. 60lichkeitmacht,starkrhetorischubertrieben. Spater 

[Hiilsen.] noch erwahnt bei Plin. II 211 (in silva Ciminia 

Cimiaciuus, Beiname des Mercurius auf einer loea sunt, in quibus in terram depaeta mm 

Inschrift aus Ludenhausen in Oberbay em, CIL III extrahuntur ; vgl. Ciminius lacus und Arae 

5773 Deo Mereurio Oimiaeino aram turariam Muciae Bd. II S. 340 Nr. 13) und auf der Tab. 

M. Patemius Vitalis qui aedem feeit et signum Peut. [Hiilsen.] 

posuit p. s. I. I. m. (aus dem J. 211). Wahr- Cimmir, ein Ort in Persarmenia oder Assyria, 

scheinlich liegt ein Ortsname zu Grunde; Hoi- neben Osmot, Geogr. Rav. 79, 1; erinnert an die 

der Altkelt. Sprachschatz s. v. denkt an Mercur Kimmerioi, assyr. Gimirri. [Tomaschek.] 



"2555 Cinara Cincius 2556 

Cinara , Tochter einer Preigelassenen , Hor. nageln im Tempel der Nortia zu Volsinii (Liv. 

carm. IV 1, 4. 13, 21; epist. I 7, 28. 14, 13. VII 3, 7 diligens talium monumentorum auctor 

Derselbe Name, willkiirlich gewahlt, bei Propert. Oincius) sind in Bezug auf ihre Zuteilung an 

IV lb, 99. [Stein.] den Grammatiker oder den Annalisten strittig, 

Cincarita, Ortschaft in Africa, von der zwei doch spricht bei ersterem die Verbindung mit 

Bischsfe, ein katholischer und ein donatistischer, Pabius und Gellius fur den Annalisten. Die Hy- 

zum Keligionsgesprach in Karthago im J. 411 pothese von Th. Pluess (De Cinciis rerum Eo- 

erschienen (coll. Carth. c. 133: Cinearitemis, c. manarum scriptoribus , Diss. Bonn. 1865, 24ff.), 

188: Ginearitanus , bei Mansi Act. concil. IV der den Grammatiker C. ebenfalls zum Verfasser 
116. 142 = Migne XI 1331). [Dessau.] 10 von (lateinischen) Annalen macht, hat mit Recht 

Cincibilis, Hauptling eines transalpinischen keinen Beifall gefunden. Die Fragmente gesam- 

Keltenstammes , erwahnt 584 = 170 (Liv. XLIII melt bei Hertz a. a. 0. 32ff. Huschke Iuris- 

5, 1). [Miinzer.] prud. anteiustin. 84ff. P. P. Bremer Iurisprud. 

Cincinnatus s. Quinctius. antehadrian. I 252ff. [Wissowa.] 

Cincius, plebeisches Geschlecht. 4)M. Cincius, auf einer delischen Weihinschrift 

1) C. Cincius, Aedilis plebis, etwa in der ersten republicanischer Zeit (Bull. hell. VII 367). 
Halfte des 6. Jhdts. d. St. (Meilenstein der Via 5) L. Cincius Alimentus, Praetor 544 = 210, 
Ostiensis CIL VI 1277. 31585 nach Hiilsen Rom. verwaltete Sicilien und hatte zwei Legionen zu 
Mitt. X 298ff.). seiner Verftgung (Liv. XXVI 23, 1. 28, 3. 11). 

2) L. Cincius, Geschaftsfiihrer des Atticus (mit 20 Im nachsten Jahre schiitzte er unter dem Ober- 
Praenomen Cic. ad Att. 17. 8, 2; sonst erwahnt commando des M. Valerius Laevinus die Osthalfte 
ad Att. 1 1, 1. 16, 17. 20, 1. 7. IV 4 a. VI 2, 1; der Insel, das neuerworbene syrakusanische Gebiet 
ad Q. fr. II 2, 1. Ill 1, 6). [Miinzer.] (Liv. XXVII 7, 12. 16. 8, 16) und wurde im 

3) L. Cincius (der Vorname nur bei Pest, folgenden von dort abberufen, um die Belagerung 
p. 218) , juristischer und grammatischer Schrift- Locris von der Seeseite her zu leiten (a. 0. 26, 3). 
steller, friiher falschlich mit dem Annalisten L. Er bestiirmte die Stadt mit aller Macht, wurde 
Cincius Alimentus Nr. 5 (s. d.) zusammengewor- aber von den Verteidigern zum Abzuge gezwungen, 
fen (vgl. M. Hertz De Luciis Cinciis , Berolini als Hannibals Sieg iiber die Consuln und sein 
1842, 28ff.). Er wird meist zusammen mit Aelius Anriicken zum Entsatz ihnen neuen Mut gegeben 
{Stilo), Varro und Santra citiert, die Reihenfolge 30 (a. 0. 28, 13ff.). Von Sicilien kehrte C. bald 
in der Aufzahlung ist jedoch eine so schwankende, darauf nach Bom zuriick und wurde noch Ende 
dass sie zu Schliissen auf das chronologische Ver- desselben Jahres, 546 = 208, mit anderen Gesand- 
haltnis der drei Grammatiker zu einander nicht ten an den Consul T. Quinctius Crispinus ge- 
berechtigt; selbst die Worte des Macrob. sat. I schickt (a. 0. 29, 4). Zu unbekannter Zeit, ver- 
12, 13 Cineio etiam Varro eonsentit sichern die mutlicb spater, kam er in Hannibals Gefangen- 
zeitliche Prioritat des C. vor Varro nicht voll- schaft (Liv. XXI 38, 3). Als Senator bezeichnet 
standig, wenn sie auch wahrscheinlich ist. Einen ihn Dionys. I 74, 1. [Miinzer.] 
sicheren Terminus ante quem giebt die Thatsache, Mit ihm ist zweifellos identisch der gleich- 
dass Verrius Placcus seine Werke ausgiebig be- namige Annalist L. Cincius Alimentus. Da nam- 
niitzt hat. Nur durch diesen kennen wir die401ich dieser nach Liv. XXI 28, 2 (frg. 7 Peter) 
Schriften des C. de eomitiis (Pest. p. 240), de seiner eigenen Angabe gemass in die Gefangen- 
.eonsulum potestate (Pest. p. 241), de officio schaft Hannibals gefallen war, ist zunachst die 
iuriseonsulti in mindestens zwei Biichern (Pest. Zeit beider dieselbe, ferner war nach dem Zeugnis 
p. 173. 321. 347), mystagogieon libri, ebenfalls des Dionys I 74 (frg. 4 P.) auch der Geschicht- 
mindestens zwei (Fest. p. 363), insbesondere aber schreiber Senator (avr/Q rcov In rev (tovXevtixov 
das Werk de verbis priseis (Pest. p. 214. 265. ovvsSqiov) , vor allem aber ist ausschlaggebend 
277. 330), auf welches sich alle ohne Buchtitel die genaue Ubereinstimmung aller drei Namen, 
gegebenen C.-Citate des Festus beziehen und aus zumal bei der Seltenheit sowohl von C. wie von 
dem auch die unter C Namen angefiihrten Ety- Alimentus. 

mologien von delubrum und fanum bei Serv. 50 Neben Q. Pabius Pictor ist C. der alteste 

Aen. IV 56; Georg. I 10 (letzteres Fragment wird rOmische Historiker, dessen Bild als Schriftsteller 

von H. Peter mit Unrecht dem Annalisten zu- freilich der kritischen Forschung gegeniiber in 

gewiesen) stammen. Ein Buch de fastis hat Sue- volligem Nebel verschwimmt. Lange Zeit hin- 

ton benutzt, auf den die Citate daraus bei Ma- durch war der Historiker C. mit dem unter Au- 

crob. sat. I 12, 12. 18. 30 und Lyd. de mens. gustus schreibenden gelehrten Antiquar C. (s. d. 

IV 44. 92 (iv rep tisqI soqx&v) zuriickgehen, Gel- Nr. 3) zusammengeworfen worden. Erst seit Hertz 

lius XVI 4 giebt Excerpte aus dem 3., 5. und 6. sind die beiden PersSnlichkeiten scharf von ein- 

Buche eines umfangreichen Werkes de re mili- ander geschieden und die mannigfachen antiquari- 

tari. Woher Cornelius Labeo bei Arnob. Ill 38 schen, staatsrechtlichen und sprachwissenschaft- 
(iiber Namen und Bedeutung der di novensiles, 60 lichen Schriften, die fur die Zeit des Annalisten 

vielleicht aus den Mystagogica) und Charis. p. 132, ganz unerhort waren, dem jiingeren C. zuge- 

30 (licet Varro et Tullius et Cincius . . huius wiesen worden. Aber auch von den sieben Prag- 

Serapis et huius Ms dixerint) ihre C.-Citate menten, die Peter dem Annalisten zuschreibt, 

haben, ist nicht mit Sicherheit zu ermitteln; werden diesem noch eins, wenn nicht gar zwei 

Plinius fiihrt einen C. im Quellenregister des 36. abzusprechen sein. Zunachst gehOrt das von Ser- 

Buches an. Die Bruchstiicke fiber die Einfiihrung vius erhaltene frg. 2, das Erorterungen uber la- 

der Buchstabenschrift durch Euander (Mar. Vict, teinische Etymologien, Faunas, fana, fanatiei, 

p. 23) und iiber die Einschlagung von Jahres- enthalt, meiner Ansicht nach unbedingt in das 



2557 Cincius Cinctus Gabinus 2558 

Werk de verbis priseis des jungeren C, umso- 73) registriertes , aber, wie es scheint, erst im 

mehr als dieses Werk gerade von Servius auch 16. Jhdt. entstandenes Gerficht lasst ihn bei der 

sonst noch (Aen. II 225) benutzt ist. Weiter Erbauung der alten Kirche St. Maria in Trans- 

wird man wohl frg. 1, das fiber die Bntstehung pontina am Fuss der Engelsburg gefunden sein, 

des lateinischen Alphabets handelt, lieber auf worauf sich die Meinung griindet, dass er zum 

den Sprachforscher beziehen, und so verbleiben Maussoleum des Hadrian gehort habe. Dagegen 

denn fur den Annalisten mir funf Fragmente. war im ganzen Mittelalter die Ansiclit verbreitet, 

Abgesehen hiervon wird ein Urteil fiber ihn dass er vom Pantheon stamme (bereits erwahnt 

noch dadurch erschwert, dass er mehrfach nur am Ende des 12. Jhdts. in der Descriptio plenaria 
in Zusammenstellung mit Fabius Pictor erscheint. 10 totius urbis); Benozzo Gozzoli lasst daher im 

Cberhaupt dfirfte das gleichzeitige, aber glan- Campo santo von Pisa das als Turm von Babel 

zendere Werk des Fabius das des C. schon bald verwandte Pantheon mit diesem Pinienapfel be- 

vollig verdrangt haben. Wenigstens lasst sich eine kront sein. Neuerdings ist Lacour-Gayet fiir 

wirkliche Benutzung des letzteren nur fiir Dionys diese mittelalterliche Tradition eingetreten, indem 

erweisen , der daraus die frg. 3. 4. 5. 6 erhalten er sich fiber der Lichtoffnung des Pantheons eine 

hat. Livius hat das Cinciuscitat XXI 38, 2 = Art Laterne angebracht denkt, deren BekrOnung 

frg. 7, wie die ganze Fassung der Stelle schliessen der Apfel gebildet habe, schwerlich mit Recht. 

lasst, wohl aus seiner Quelle, vermutlich Coelius Visconti Mus. Pio-Cl. VII 43. Brunn Kunstler- 

Antipater, herfibergenommen. Die zweite Stelle gesch.1610. Lacour-Gayet Melanges del'Ecole 
des Livius (VII 3), die man auf den Annalisten 20 francaise I 1881, 312. OIL VI 29794. 

hat beziehen wollen, gehort vielmehr, wie Peter [C. Robert.] 

p. CXf. vollig ttberzeugend darlegt, dem Antiquar. 9) Cincius Severus (Hist. Aug. Comm 20, 3: 

Uber den Inhalt und Charakter des Werkes . Cingius Severus, zweifellos nur Fehler der Hss.), 

irgend etwas Bestimmteres zu vermuten , muss Pontifex (Hist. Aug. Comm. 20 , 3) , Proconsul 

unter diesen Verhaltnissen als vollig aussichtslos von Africa (vermutlich unter Commodus), als solcher 

erscheinen. Aus den Fragmenten ergiebt sich nachsichtig gegen die Christen (Tertull. ad Scap. 4). 

nur soviel, dass C. als Grundungsjahr Roms das Unmittelbar nach Commodus Tod (31. December 

J. 729 v. Chr. angenommen hatte (frg. 4) und 192) stellte er imNamen des Collegiums der Ponti- 

dass ferner die Romulussage (frg. 3), die Tarpeia- flees im Senate den Antrag auf dam.rwtw memo- 
sage (frg. 5) und die Geschichte des Sp. Maelius 30 riae des getoteten Herrschers (Hist. Aug. Comm. 

(frg. 6) ausffihrlicher behandelt waren. Da aber 20, 3 — 5). Nach der Consecration des Commodus 

C. nach frg. 7 auch noch den hannibalischen (im J. 197) liess ihn Kaiser Severus toten, angeb- 

Krieg dargestellt hatte, muss sein Werk von der lich weil er ihm nach dem Leben getrachtet hatte 

frfihesten Urgeschichte bis zur eigenen Zeit des Ver- (Hist. Aug. Sev. 13, 9), in Wirklichkeit wohl wegen 

fassers herabgereicht haben. Geschrieben war es, seines obeti erwahnten Antrages. [Groag.] 

wie samtliche alteren Annalenwerke , in griechi- Cincoiitium s. Tincontium. 

scher Sprache, deren genauere Kenntnis C. sich Cinctus, ein breiter, die Schamteile verhiillen- 

wohl wahrend seines langen Aufenthaltes in Sici- der Gurt oder Schurz = eampestre, subligaculum. 

lien und Unteritalien erworben hatte. Dort mag War er schmaler, so nannte man ihn auch hemi- 
er auch die erste Anregung zur Abfassung des 40 einctium, wenn noch schmaler, cineulum (ein- 

Werkes bekommen haben. guluml). Gloss, bei Mai Class, auct. VII 555. 

Litteratur: Hertz De Luciis Cinciis, Berlin Man trug ihn bei gymnastischen Ubungen (a. 0.), 

1842. Plttss De Cinciis rerum Romanarum scrip- ferner die, welche, wie die Candidaten oder An- 

toribus, Bonn 1865. Peter Hist. Rom. rell. Clf. hanger alter Sitte (der jfingere Cato, Ascon. p. 25 

40f.;Hist. Rom. frg. 31f. Teuffel R. L.-G. 1 192. Kiessl., die Familie der Cethegi), keine Tunica 

Mommsen RSm. Chronol. 2 315. [Cichorius.] (s. d.) trugen. Daher einctuti Cethegi Hor. a. 

6) M. Cincius Alimentus, vielleicht Bruder von p. 50 und Porph. z. d. St. [Mau.] 
Nr. 5, als Volkstribun 550 = 204 mit einer Com- Cinctus (Jalrinus, eine besondere, fur gewisse 
mission des Senats zu P. Scipio nach Sicilien ge- religiose Handlungen fibliche Art, die Toga an- 
schickt (Liv. XXIX 20, 11) und Urheber der von 50zulegen. Dieselbe wird, wie gewohnlich, zunachst 
Fabius Cunctator beffirworteten lex Cineia de so auf die linke Schulter gelegt, dass vom der 
donis et mwieribus (Cic. Cato 10; de or. II 286; Zipfel ziemlich auf den Boden reicht, und schrag 
ad Att. I 20, 7. Liv. XXXIV 4, 9. Tac. ann. fiber den Rucken hinab unter dem rechten Arm 
XI 5. XIII 42. XV 20. Fest. ep. p. 143; vgl. durchgezogen, dann aber nicht, wie sonst, fiber 
Lex); 561 = 193 Praefectus Pisis (Liv. XXXIV die linke Schulter zuruckgeworfen , sondern um 
56, 1). [Munzer.] den Leib gegurtet, so dass sie auch den von der 

7) Cincius Faliscus, Schauspieler wahrschein- linken Schulter herabhangenden Zipfel festhalt. 
lich in der zweiten Halfte des 2. Jhdts. v. Chr., Serv. Aen. VII 612. Isid. or. XIX 24, 7. End- 
der in der rOmischen Komoedie zuerst den Ge- lich wird der schrag fiber den Rficken gehende 
brauch der Masken einffihrte, Donat. de com. 60 und hier sonst doppelt liegende Teil fiber den 
p. 10, 1 Reiff. [Wissowa.] Kopf gezogen. Cato bei Serv. Aen. V 755. Liv. 

8) P. Oincius P. I. Scdvius, romischer Erz- VIII 9, 5 vgl. mit VIII 9, 9 und X 7, 3. Dies 
giesser der Kaiserzeit, der laut der Signatur den letztere ist Opferritus ; Zweck der sonstigen Ab- 
colossalen Pinienapfel gefertigt hat, welcher jetzt weichung vom Gewohnlichen ist die freie Bewe- 
im Vatican in dem nach ihm benannten Giardino gung der Arme. Der C. G. wird erwahnt bei 
della Pigna aufgestellt ist, wahrend er im Mittel- der Ziehung des sulcus primigenius (Cato a. 0.), 
alter im Vorhof von Alt-St.-Peter stand. Ein von bei der Offnung des Ianustempels (Verg. Aen. 
Flam. Vacca 62 (Schreiber Sachs. Ber. 1881, VII 612), bei der Devotion (Liv. a. 0.), bei den 



2559 Cinerarium Cingonius 2560 

Ambarvalien (Lucan. I 596), bei der als Opfer Hiberus miindet und seinen alten Namen Cinca 

geltenden Verbrennung der Kriegsbeute (Appian. noch tragt ; bei Caesar (b. civ. I 48, 3 cum essent 

Lib. 48; Mithr. 45) und bei sonstigen Opfer- inter flumina duo, Sieorim et Gingam, spatio 

handlungen, Liv. V 46, 2. Val. Max. I 1, 11. CIL milium XXX, neutrum horum transiri poterat) 

XI 1420, 25. Doch war der C. G. keineswegs all- und Lucan (I 432 und IV 24 Cinga rapax) er- 

gemeine Opfertracht, vielmehr scheint er auf den wahnt. In den alphabetischen Listen des Agrippa 

zahlreichen bildlichen Opferdarstellungen nicht und Augustus werden unter den stipendiarii des 

vorzukommen. Es lasst sich auch nicht defi- Bezirks von Caesaraugusta Cineienses angefuhrt 

nieren, bei welcher Art Handlungen er erforder- (Plin. Ill 24, so die Hss.), und Ptolemaios nennt 
lich war; nicht nur bei Staatshandlungen, denn 10 bei den Iaccetanern, also in derselben TJmgebung, 

Liv. V 46, 2 handelt es sich um ein gentili- einen Ort Kirra (II 6, 71). Es wird daher am 

cisches Opfer. Ufer des Plusses einen gleichnamigen Ort ge- 

Wenn die Gelehrten der ciceronischen Zeit geben haben, dessen Lage nicht genau ermittelt 

meinten, der C. G. sei urspriinglich die Kriegs- ist ; Fraga, Alcolea de Cinca und Monzon konnen 

tracht, die Romer hatten also in altester Zeit in dafiir in Betracht kommen. Der Stamm kehrt 

der Toga gekampft, (Fest. ep. 255, 5; vgl. ep. 77, in vielen keltischen Namen wieder; zwischen Cinca 

3. Serv. Aen. VII 612), so beruhte dies wohl nur und Cinga wird kaum unterschieden. [Hiibner.] 

darauf , dass man ganz unberechtigterweise den Cingetorix. 1) Hauptling der Treverer, stritt 

C. G. mit proeinctus, prooineta classis in Ver- mit seinem Schwiegervater (Caes. b. G-. V 56, 3) 
bindung brachte. Erne Uberlieferung aus so 20 Indutiomarus um die Herrschaft, schloss sich 700 

primitiver Zeit konnte unmOglich vorliegen, und = 54 beim Herannahen Caesars sofort an diesen 

die Sache selbst ist unglaublich. Erstens wegen an (ebd. 3, 2f.) und wurde von ihm in seiner Stel- 

der ganzlichen Chzweckmassigkeit; zweitens ist lung befestigt (4, 3). Spater bewog sein Rivale 

weder ersichtlich, wie die Kriegstracht zu der den Stamm zum Abfall, und C. wurde von ihm 

ausschliesslich sacralen Bedeutung des C. G., noch zum Landesfeind erklart (56, 3). Er entfloh zu 

wie sie zu diesem Namen kommen konnte. Denn Labienus (57, 2) und wurde , nachdem der Auf- 

die Vermutung Mommsens (Rom. Gesch. I? 98), stand im Anfang des nachsten Jahres gedampffc 

dass Gabii hier Prototyp des Feindes sei, C. G. war, fur seine Treue gegen Rom mit der Krone 

das Gewand, in dem man gegen diesen Feind belohnt (VI 8, 9). 

zog, ist nicht befriedigend. Offenbar hat auch 30 2) Einer der vier Fiirsten von Kent, Vasall 

Vergil. Aen. VII 678ff., dem obige Auffassung des Cassivellaunus, 700 = 54 erwahnt (Caes. b. G. 

bekannt sein musste, nicht daran geglaubt. Ohne V 22, 1). [Miinzer.] 

Zweifel ist der C. G. als Ritualtracht von Gabii Cingiduus hat man (Allmer Revue epigr. 

nach Rom gekommen, zu einer Zeit, wo diese 1896, 438 nr. 1179) als Beiname des Iuppiter 

Stadt mit Rom eng verbundet war, vielleicht bei optimus maximus erschliessen wollen aus der 

Gelegenheit der tfbersiedlung gabinischer Ge- Genfer Inschrift CIL XII 2591, welche vielmehr 

schlechter nach Rom. trber die alte Bedeutung von zwei Briidern Cingi (s. Holder Altkelt. 

von Gabii (s. d.) , namentlich in sacraler Bezie- Sprachsch. s. ring-) duo Stabulo et Aulus (?) ge- 

hung und sein Verbaltnis zu Rom s. Schwegler weiht worden ist. [Ihm.] 
Rom. Gesch. I 399. 789. M filler Etrusker 140 Clngilla (Plin. n. h. V 86), Ort in der syri- 

3, 8. Marquardt Privatl.2 560, wo die Er- schen Landschaft Kommagene, an deren Grenze; 

wahnung des testamentum in proeinctu zu strei- nicht identificiert. [Benzinger.] 

chen ist. [Mau.] Cinginnia, Stadt in Lusitanien. In dem 

Cinerarium, zur Aufnahme von Aschenumen Feldzug des Decimus Brutus gegen Lusitanien 

(ollae) bestimmte (grOssere) Nische in einem Co- im J. 618 = 136 v. Chr. wies eine Stadt das fur 

lumbarienmonumente , CIL VI 15 326. 22981; die TJnterwerfung gebotene Gold mit einer stolzen 

unterschieden von columbaria, ollaria, aediculae Antwort zuriick, deren Name in den besten Hss. 

(s. d.), CIL VI 10241. 14248. 15551. 17653. des Valerius Maximus (VI 4 ext. 1, der aus Li- 

S. auchUrlichsBonn.Jahrb.III 139. Ruggiero vius schopfte; doch wird die Erzahlung wie die 
Diz. epigr. II 237; cinerarium als Aufschrift einer 50 Schilderung ahnlicher Charakterziige der Lusitaner 

Aschenurne CIL VI 11 139, [Samter.] zuletzt auf Poseidonios zuriickgehen) so wie oben 

Cinerarius, Haarkrausler ; Varro del.l. V 129. geschrieben ist, in den schlechtern Ginniana oder 

Aero und Porph. zu Hor. sat. II 2, 98. Etwas Ahn- Cinnania. Sonst wird sie nirgends erwahnt, und 

liches ist C. auch Catull 61, 138, wahrend sich aus die Lage ist daher nicht zu bestimmen, ausser 

Sen. dial. II 14, 1 keine Bedeutung ergiebt. Nach dass sie im nOrdlichen Lusitanien etwas siidlich 

Varro a. O. kommt der Name vom Warmen des vom Durius gelegen haben muss. Dass eine alt- 

Brenneisens in der Asche, nach Charisius I 101, iberische Niederlassung nordlich vom Durius, die 

15 K. hatten sie nach einem von Cato (bei Serv. im Volksmund wie mehrere ahnliche Citania heisst 

Aen. IV 698) bezeugten Gebrauch mit Asche die (CIL II 896, s. d.), damit nicht gemeint sein 
Haare blond gefarbt. Beides ziemlich unwahr- 60 kann, bedarf keines Beweises. Die Stadt C. (vgl. 

scheinlich. Vielleicht ist C. eine auf Volksetymo- Cinga) oder wie der Name sonst gelautet haben 

logie beruhende Umbildung des nur bei Horat. mag (vielleicht Cingitania), wird damals zerstort 

a. O. vorkommenden und von Aero und Porph. worden sein und erscheint daher nicht wieder in 

mit C. erklarten einiflo = xixivvoiiokog (Keller der Cberlieferung. [Hubner.] 

Volksetym. 102). Becker-Goll Gallus III 276. Cingius SeTerus s. Cincius Nr. 9. 

Ellis zu Catull a. 0. [Mau.] Cingonius Varro stellte im J. 61 n. Chr. einen 

Cinga, rechtsseitiger Nebenfmss des Sicoris Antrag im Senate (Tac. ann. XIV 45). Im J. 68 

(s. d.) in Hispania Citerior, mit dem er in den Consul designatus, schloss er sich dem Nymphidius 



2561 Cingula Cinorus 2562 

Sabinus an bei dessen Versuch, sich an Stelle Ciniscus ficus im Territorium von Ratiaria 

Galbas der Herrschaft zu bemachtigen (Tac. hist. (Arcer) in Moesia superior, Heimat eines Prae- 

I 6), unci verfasste ihm die Ansprache an die Prae- torianers, CIL VI 2730 Antonius Paterio m. eoh. 

torianer (Plut. Galba 14). Das ungliickliche Ende X pr. (centuria) Artemonis .... not. Mysia su- 

von Nymphidius Beginnen brachte auch C. den periori reg. Batiarese vieo Cinisco . . . . Momm- 

Untergang; Galba, der damals auf der Reise nach sen Eph. epigr. V p. 184. A. Holder Altkelt. 

Bom begriffen war, liess ihn in via toten (Tac. Sprachschatz s. v. W. Tomaschek Die alien 

hist. I 6. 37. Plut. Galb. 15). [Groag.] Thraker II 2, 85. [Patsch.] 

Cingula (ital. cinghia), der Bauchgurt der Cinithii, africanische Volkerschaft , an der 

Zug-, Last- und Eeittiere, Ovid. r. a. 236. Die 10 kleinen Syrte, Tac. aim. II 52. Plin. n. h. V 30. 

Bedeutung wird klar durch Calpurn. eel. 6, 41 : a Ptol. IV 3, 22. 27. Ein praefeetus gentis Cini- 

dorso quae totum circuit alvum. [Mau.] thiorum, rOmischer Beamter, aus der mittleren 

Cingnlani nennt unter den Orten der ersten Kaiserzeit, CIL VIII 10500. [Dessau.] 

Region Italiens (Latium et Campania) Plin. n. h. Cininm s. Guius. 

Ill 63. Lage unbekannt. " [Hiilsen.] Cinna. 1) Oinna (so Itin. Ant. 338; Sinna 

Cingulum. 1) Cingulum (KlyyovXov Strab. Tab. Pent.; Ptolem. II 16, 12 AaXuariag 8k jzoXsis 

V 227 ; Cinglum in der stiidtischen Soldatenliste fieooysioi aids .... Xivva, AoxXsa) , erste Station 

CIL VI 3884 v 1 ; Einwohner Cingulanus CIL von Scodra-Scutari der durch Montenegro nach 

IX 5681. 5682. 5683. 5684), Stadt in Pieenum Norden fuhrenden Binnenstrasse, am Ostufer des 
(unrichtig von Strab. a. a. O. zu Umbrien ge- 20 Scutarisees ; vielleicht jetzt Helmi (Hum) im Ge- 

rechnet), gegriindet von dem Volkstribunen T. biete des albanesischen Stammes derHotti, wo sich 

Labienus 63 v. Chr. aus eigenen Mitteln (Caes. rOmische liberreste befinden sollen. Vgl. A. Evans 

bell. civ. I 15) und stark befestigt. Dass Silius Antiquarian researches in Blyricum (parts I and 

Ital. X 34 schon im zweiten punischen Kriege 11)84. W. Tomaschek Mitt, der geogr. Gesell- 

die Cingulaner unter Anfiihrung eines Labienus schaft in Wien 1880, 554. Kiepert verlegt For- 

kampfen lasst, kann nicht als Zeugnis fur die mae orbis antiqui XVII den Ort sildlicher in das 

frtihere Existenz der Stadt gelten (Mommsen Gebiet der Kopli. H. Cons La province Rom. 

CIL IX p. 541 vermutet, dass der Volkstribun ein de Dalmatie 255. [Patsch.] 

Picenter gewesen sei und seinen Geburtsort unter 2) S. Kinna. 

dem Namen C. zur Stadt erhoben habe ; dass ein 30 3) Pluss in Spanien, s. Cinga. 
pagus an derselben Stelle schon existiert habe, 4) ROmisches Cognomen, s. Castrius, Cor- 

ist wahrscheinlich wegen der sehr alten Inschrift nelius, Helvius. 

der magisteri Terebius et Vibolenus CIL IX 5679). 5) Als fingierter Name bei Mart. I 89. II 

Ausser in den Burgerkriegeu zwischen Caesar und 53. HI 9. 61. V 57. 76. VI 17. 39. VII 33. 43. 

Pompeius (Caesar a. a. O. Cic. ad Att. VII 11, VIII 7. 19. XII 28. 64. 

1. 13b, 6) wird sie nur bei Plin. HI 111 und 6) Beiname des Cn. Cornelius Cinna Magnus, 

im Liber coloniarum 254 erwahnt. Die Stadt cos. ord. 5 n. Ch. mit L. Valerius Messalla Vo- 

gehOrte zur Tribus Velina (Kubitschek Impe- lesus. [Groag.] 

rium Romanum tributim discriptum 63) und hatte 7) Cinna Gatulus, stoischer Philosoph, Lehrer 

als Magistrate duoviri (CIL IX 5686. 5688). La- 40 des Kaisers Marcus. Hist. Aug. Marc. 3, 2. Marc, 

teinische Inschriften aus C. CIL IX 5679— 5698 ; d? i. I 13 (Kaxovlov). [Stein.] 

Punde von Miinzen und andern Antiken Bull. d. Cinnaba (Kivra^a, an der einen Stelle var. 

Inst. 1838, 163. 1848, 90f. [Htilsen.] Ksvvd)a), Gebirg in Mauretania Caesariensis, Ptol. 

2) Schwertgurt, der den KOrper iiber den IV 2, 15. 20. Wohl ein Teil des Atlas, Cat La 

Hiiften umschliesst. Alle Soldaten tragen das Mauritanie Cesarienne 25. [Dessau.] 

cingulum, Serv. Aen. VIII 724; cingi daher Cinnamus, gallischer Vasenfabrikant der Kai- 

= Soldat werden, Dig. XXIX 1, 25. 38, 1. 43; serzeit, Dragendorff Terra sigillata 93. 
discingi gilt als Schimpf (Pestus p. 104 M.) und [C. Robert.] 

als Strafe (Liv. XXVII 13, 9. Sueton. Octav. 24. Cinniana, Station der romischen Strasse von 

Frontin. strateg. IV 1, 26), findet sich als Zeichen 50 Summus Pyrenaeus nach Barcino, in Hispania 

der Trauer, Sueton. Octav. 100. Oladius und Citerior, auf dem kleinen erhaltenen Stuck der 

pugio werden jeder an einem C. getragen. Das Peutingerschen Tafel, das den Anfang von Hispa- 

cingulum ist wie der balteus mit bullae geschmiickt. nien enthalt (zwischen Gerunda und Iuncaria), den 

trber dem C. erscheint oft auf den Grabsteinen Itineraren von Vicarello (CIL XI 3281 auch zwi- 

eine metallene viereckige Platte, von welcher mit schen Gerunda und Iuncaria), dem Itin. Ant. (397, 

Nageln beschlagene Lederstreifen herabhangen. 9 zwischen Aquae Vocoriiae und Iuncaria) und 

Dieses Stuck der Riistung ist an einem beson- dem Geogr. Rav. (303, 2. 341, 12 zwischen Aquae 

deren Riemen befestigt und dient zum Schutz der Voconiae, Gerunda und Iuncaria, das ist die voll- 

Weichteile. Vgl. A. Miiller Das Cingulum mili- standigste Liste), wahrscheinlich nach dem nahen 
tiae, Programm Ploen 1873. [v. Domaszewski.] 60 Praedium eines Cinna benannt. Es ist zwischen 

Ciniaemus. Inschrift aus Rakos-Palota bei Orriols und Pallinas anzusetzen, wo es einen Fluss 

Pest CIL III 3617 .... Iunoni reg(inaej et Genio Cingana (?) geben soil (Guerra Discurso a Saa- 

GINIMMO (so oder CENIJEMO nach Momm- vedra 91). [Hiibner.] 

sen) et Genio eommerci M. A[ur(elius)] Seve- Cinorus (?), Kiistenfrass in Gallia Narbonensis 

rin[us] bf. cos. l[eg. II] Adi(utricis) v. I. [m. zwischen Orobus (Orbis) und Rhodanus (Avien. 

s.]. In C. scheint ein Localname zu stecken. or. mar. 596 Holder). Ob identisch mit Arauris, 

Vgl. den Genius Anigemius. [Ihm.] jetzt l'Herault? Desjardins Ge'ogr. de la Gaule 

Ciniflones s. Cinerarius. 1157. Miillenhoff Deutsche Altertumsk. 1 188f. 

Pauly-Wiseowa III 81 



2563 Cintasius Cippus 2564 

Holder liest mit Dnger sonorus. Der Name termini, auf denen sich nur einzelne Buchstaben 

scheint entstellt zu sein. [Ihm.] oder Zeichen befinden, s. Budorff Gromat. Insti- 

Cintasius. L. Cintasius Gasfsjianus, prae- tutionen 276. 
f(ectus) castr(orum), und zwar der Legio II Tra- Wie andere areae werden auch die von Grab- 
iana fortis in Alexandria, im J. 162 n. Chr., Comptes monumenten durch oippi bezeichnet, teils durch 
rendus de l'acad. des inscv. et belles-lettres 1896, einzelne, teils durch mehrere, die an verschiedenen 
41. Wahrscheinlich identisch mit dem auf einem Seiten des Monuments, gewOhnlich an zwei, bis- 
nicht naher datierbaren Papyrus aus dem Ende weilen auch an den vier Ecken (OIL II 1367. 
des 2. Jhdts. (Agypt. Urk. aus dem kgl. Mus. zu VI 13070. 30016. Bom. Mitt. VIII 146-148) auf- 
Berlin II 388) genannten Kaoiavog; vgl. Mo mm- 10 gestellt oder auch an den vier Ecken einer Grab- 
sen Zeitschr. der Savigny-Stiftung fiir Bechts- kammer eingemauert wurden (Bull. com. 1880, 
gesch. 1895, 188. [Stein.] 57). Sieben cippi zur Termination eines Grahes 

Cinxia. Als C. wird Iuno, die Vorsteherin CIL XIV 3857. Zehn oippi X 4656; vgl. XII 

der Hochzeit und Ehe angerufen, damit sie wache 4299 : hi cippi in pedatura monumenti positi 

iiber dem Anlegen und LOsen des brautlichen sunt. Zur Unterscheidung von andern Grenz- 

Gilrtels. Der Neigung des Bomers entsprechend steinen (oippi terminati) liess man bei den Grab- 

wird die religiose Peier der Hochzeit in eine An- cippen (cippi monumentales) den untern Teil 

zahl von Einzelhandlungen zerlegt und jede der- unbearbeitet (Grom. p. 281; vgl. p. 139f.). Die 

selben unter den besonderen Schutz der Gottheit Grabcippen — sie sind teils durch die Inschrif- 
gestellt (Mart. Cap. II 149. Fest. ep. p. 63. Non. 20 ten ausdriicklich als cippi bezeichnet, teils nach 

p. 47. Arnob. Ill 25. 30). Peter in Boschers My- den weiter unten angefuhrten Indicien als solche 

tholog. Lexic. II 173, 45ff. will von der Iuno C. die zu erkennen — geben in der Begel den Namen 

Gottin der Indigitamenta C. getrennt wissen ; vgl. des Bestatteten an , zum Teil auch den Namen 

jedoch Wissowa De dis indigetibus et novensidi- desjenigen, der den C. setzen liess, sowie die 

bus, Ind. lect. Marp. W. S. 1892/3, 4ff. [Aust.] Ausdehnung der Area in fronte und in agro, 

Cipipa (Kimjca)', Stadt in Zeugitana (Africa vgl. Hor. sat. I 8, 12 (Ausdehnung nach alien vier 

propria), Ptol. IV 3, 31. [Dessau.] Bichtungen auf dem als finis loci bezeichneten 

Cipins. 1) Non omnibus dormio : prover- Stein CIL III 9315). Die Inschriften der Cippen- 

bium videtur natum a Gipio quodam, qui Pa- paare sind meist gleichlautend , bisweilen nennt 
rarhenehon dictus est, quod sim.ularet dornii- 30 indes auch der eine Stein die Langen-, der andre 

entem, quo impunitius uxor eius moecharetur ; die Breitenausdehnung (CIL XII 4707, vgl. Not. 

eius meminit Lucilius (Pest. p. 173; vgl. Cic. ad d. scav. 1891, 241). Nur den Namen des Be- 

fam. VII 24, 1. Iuvenal. I 56f. mit Friedlan- statteten (ohne Massangabe) enthalten die Cippen- 

ders Anm.). Bei Plutarch (amat. 16,22) ist der paare XI 527. XII 2032 und 4960 und der C. 

Held der Anekdote Gabba, der Hofnarr des Au- XI 4749; andere, z. B. das Cippenpaar XII 1476, 

gustus, und der Liebhaber seiner Frau Maecenas. die Cippen XII 1477ff. und viele der CIL VI 

2) M. Cipius, M. f., Miinzmeister urn 644 = p. 291 Iff. als termini sepulerales zusammenge- 

110 (Mommsen Munzwesen 539 nr. 135; Trad. stellten Steine, geben nur die Ausdehnung der 

Blacas II 352 nr. 161). [Miinzer.] area an, ohne den Namen des Bestatteten hin- 

Cippus (von Gell. XVI 7, 9 zu den verba ob- 40 zuzufugen. Eine Angabe iiber das mit dem Be- 

soleta et maculantia gezahlt , die Laberius ex sitze des Grabes verbundene Becht des itus am- 

sordidiore vulgi usu ponit. Lucilius 1. Ill frg. 25 bitus u. s. w. (s. Graber) enthalten die Cippen 

L. Muller, Pest. p. 258 b, 32), ursprunglich Pfahl III 9315 und VI 29989 (vgl. XIV 3341), eine 

(vgl. Corp. gloss, lat. II 100, 53: cippus = xoq- testamentarische Bestimmung (Vermachtnis an ein 

fiog), daher bezeichnet es a) bei Caes. bell. Gall. Collegium in ossa tuenda) der C. XI 4749. 

VII 73, 4 zum Verhau verwendete Baumstamme Dass die cippi nicht mit den eigentlichen Grab- 

mit scharf zugespitzten Asten; b) Grenz zeichen steinen (s. Graber), den arae sepulerales, identisch 

(= terminus, s. d.), holzerner Grenzpfahl (Ovid. sind, ergiebt sich 1) daraus, dass ara (Grabstein) 

fast. II 641 ; termini roburei Hygin. Grom. p. 127, und cippi (zur Termination des Grabes) bei ein und 
3 Lachmann; cippi oleaginei in Sicilien Grom. 50 demselben Monumente nebeneinander vorkommen 

p. 211, 16 L.) oder Grenzstein (ursprunglich wohl (CIL VI 11535); 2) aus ihrer paarweisen Ver- 

in Form der Spitzsaule). Die Inschriften der wendung ; 3) daraus, dass sie sich an den Aussen- 

steinernen cippi bezeichnen die Bestimmung des wanden von grOsseren Monumenten finden (iiber 

cippus bezw. der area, zu der er gehort (cippi die Aufstellung von Cippen vor Columbarienmonu- 

einer Tempelarea CIL VI 826; termini inter menten vgl. CIL VI p. 1093. EOm. Mitt. a. a. O.) ; 

publicum et privatum VI 1262ff.; Strassencip- 4) aus den oben angefuhrten Fallen, in denen auf 

pen, s. Viae; Cippen zur Termination des Tiber- den Cippen nur die Ausdehnung der area ange- 

laufs, s. Tiber is; zur Termination von Aquae- geben ist, also notwendig noch ein besonderer 

ducten, s. Wasserleitungen; Pomeriumscip- Grabstein mit dem Namen des Bestatteten vor- 
pen, s. Pomerium); zum Teil geben sie auch an, 60 auszusetzen ist. 

wann und von wem der C. errichtet ist oder die Trotzdem erscheint indes cippus auch in die 

Entfernung bis zum nachsten C. (CIL 1821. VI Bedeutung , Grabstein' iibergegangen zu sein, 

1262. Not. d. scavi 1890, 83ff. 187. 1891, 91. wie einige Inschriften von einzeln, nicht paar- 

164. Orelli-Henzen 6660). Die in fortlaufender weise aufgestellten , ausdriicklich als cippi be- 

Beihe aufgestellten Cippen (Wasserleitung, Fluss- zeichneten Steinen zeigen, welche (ohne Angabe der 

lauf, Pomerium u. s. w.) sind. meist mit fortlaufen- Ausdehnung der area) die in den Grabschriften 

den Nummern bezeichnet (s. auch Hygin. Grom. tibliche Pormel h(ic) sfitusj efstj, s(it) t(ibi) 

p. 127, 7 L. Sic. Flac. Grom. p. 139, 15). Uber t(erra) Ifevis) enthalten (CIL II 823. 1430. 3334. 



2565 Cipus Circeius mons 2566 

5907). Vgl. auch Pers. I 37 und Schol. Aus Plin. II 201. Ill 57. 58. 59. 62. XV 29. 119. 

dieser Erweiterung der Bedeutung von eippus XXXII 6. 60. 62. Diodor. XIV 102 sk Kegxlovs; 

erklart es sich vielleicht . dass das Material des die durch Ankniipfung an die Circefabel bedingte 

C. II 1430 — an dessen Echtheit Mom m sen Schreibung mit * wird spater allgemein, auch 

allerding auch wegen des in der Inschrift vor- auf Inschriften: CIL X 6424. 6426. 6430. 6431), 

kommenden nati (fiir liberi) zweifelt — Marmor Stadt am Promunturium Circeium. Die fabelhafte 

ist, wahrend sonst, im Gegensatz zu den mar- Tradition fiihrt die Grundung der Stadt, einer 

mornen arae, Cippen aus Marmor nicht vorkom- colonia iuris Latini, die als Bollwerk gegen die 

men. Ein zur Aufhahme eines Decrets dienender Volsker dienen sollte , auf Tarquinius Superbus 
Stein wird als C. bezeichnet in der Pisanerin- lOzurilck (Liv. I 56, 3. Dionys. IV 63) und lasst 

schrift XI 1420, 1. 29. sie in den Kampfen mit Coriolan eine Bolle 

Im spaten Latein bedeutet eippus Fussfessel, spielen (Liv. II 39. Dionys. VIII 14. Plut. Cor. 

s. Corp. gloss, lat. II 100, 53 (eippus = jtodo- 28). Dagegen giebt Diodor. XIV 102 als Grun- 

xaxtj) und Du Cange Glossar. mediae et inflmae dungsjahr 361 = 393 v. Chr. an , und diase An- 

Latinitatis s. v. gabe wird dadurch bestatigt, dass der im Anfang 

tiber die Etymologie des Wortes eippus vgl. des 5. Jhdts. v. Chr. schreibende Skylax (peripl. 8) 

Pauli Zeitschrift f. vgl. Sprachforschung XVIII die Grenze von Latium hier (beim 'EhtfjroQog 

10 und Pick ebd. XX 361. Ersterer setzt fur fivijfia) ansetzt. Im ersten Vertrage mit Karthago 

eippus eine altere Form seeipos, zusammenhangend (Polyb. Ill 22) , ebenso im Foedus Cassianum 
mit ahd. skive.ro, Steinsplitter , Schiefer voraus, 20 (Dionys. V 61) werden die Kioxairpai genannt. 

was indes nicht zu der Grundbedeutung ,Pfahl' Um die Mitte des 4. Jhdts. v. Chr. empOrten sich 

passt. Fick bringt, von der Bedeutung ,Pfahl' die C. gegen Bom, um gemeinsame Sache mit 

ausgehend, eippus (cipus, vgl. die Eigennamen den Volskern zu machen (Liv. VI 12. 13. 17. 21. 

Cipus, Gipius) mit lat. seipio (Stamm scip = VIII 3); ebenso verweigerten sie* im hannibali- 

Gxifi^zm) zusammen und setzt es = griech. oxoT- schen Kriege die Stellung von Mannschaft (Liv. 

noe (Hesych. oxomoe • fj igoxv tSiv &lmv, «V &v XXVII 9. XXIX 15). Im J. 198 v. Chr. ver- 

etaiv oi xega/xoi). suchten die in Setia internierten karthagischen 

Litteratur : Daremberg-Saglio Diet. I Geiseln C. zum Auf stand zu bewegen (Liv. XXXII 

1185. Buggiero Dizionario II 238 (Zusammen- 26). Spater wird es selten erwahnt; es war nach 
stellung aller Inschriften, in denen das Wort cip- 30 dem Bundesgenossenkriege Munieipium geworden 

pus vorkommt). [Samter.] (Cic. de fin. IV 7) und gehOrte zur Tribus Pom- 

Cipus, ein in der geschichtlich hellen Zeit ptina (CIL X 6426. 6428. Kubitschek Im- 

nicht mehr nachweisbarer Beiname der plebeischen perium Bomanum tributim discriptum 17), blieb 

Gens Genucia. Ein Trager des Namens, der Prae- aber wegen seiner , den grossen Verkehrswegen 

tor Genucius C, ist der Held folgender Geschichte : fernen Lage (nur die Kfistenstrasse von Tarra- 

Als er einst aus der Porta Baudusculana, einem cina nach Antium beriihrt es, Tab. Peut.) stets 

Thore der servianischen Mauer am Aventin (Varr. unbedeutend (tzoU%viov Strab. V 232). Doch ver- 

1. 1. V 163. Fest. p. 265. Bas. Capitol, reg. XII, anlasste die malerische Lage zu Villenbauten (Cic. 

vgl. Jordan Top. I 1, 234. Gilbert Gesch. u. ad Att. XV 10), u. a. die Kaiser Tiberius und 
Top. Boms II 295f. 308f.) an der Spitze des Heeres 40 Domitian (Suet. Tib. 72. Martial. XI 7, 4. Stat, 

ins Feld zog , wuchsen ihm plotzlich aus dem silv. I 3, 85). Auch als Detentionsort fiir den 

Kopfe Homer hervor ; auf die Frage nach der Be- Triumvirn Lepidus wird es erwahnt (Suet. Aug. 

deutung des Prodigiums erfuhr er, die KOnigs- 16). Beriihmt waren die Austern von C. (Horat. 

wiirde sei ihm beschieden, wenn er nach Bom zu- sat. II 4, 33. Iuven. IV 140. Plin. XXXII 60. 

riickkehre; aber die Freiheit der Vaterstadt gait 62). Gelegentlich erwahnt wird C. noch bei Plin. 

ihm holier als der eigene Buhm. Darum ging er XIX 134. XXV 11. Auf dem Monte della Citta- 

auf immer freiwillig in die Verbannung; die dank- della genannten Hiigel, an der Nordseite des Mons 

baren Burger errichteten ihm zu Ehren iiber der Circeius, etwa 3 km. vom Meere, sind noch be- 

ThorOffnung der Porta Baudusculana das eherne trachtliche Stiicke grosser Polygonalmauern, ahn- 
Bild eines gehornten Mannes (Val. Max. V 6, 3, 50 lich denen von Signia, erhalten. Andere Beste aus 

vgl. Plin. n. h. XI 123). In der dichterisch aus- spaterer romischer Zeit beim Dorfe S. Felice, an 

geschmiickten Erzahlung Ovids (metam. XV 565 der Siidseite, und dem kleinen Ankerplatz Porto 

— 621) geschieht das Wunder bei der Biickkehr di Paola an der Westspitze. Vgl. Abeken Mittel- 

von einem siegreichen Feldzuge. Die Legende ist italien 141. 148. 160. Gius. Capponi II promon- 

ohne mythologischen Gehalt und nur dazu be- torio Circeo illustrato con la storia, Velletri 1856. 

stimmt, das Vorhandensein des Bildes zu erklaren; Lateinische Inschriften aus C. CIL X 6422—6434. 

s. Wissowa in Boschers Mythol. Lexik. 1 908f. ; 8287. [Hiilsen.] 

Philol. Abhandl. f. M. Hertz 161. Uber die Be- Circeius mons (Cereeius mons, Cireaeum 

deutung des Wortes C. vgl. die Combinationen promunturium; to Kiqxcuov oqos Ps.-Arist. de 
vonBiicheler Bh. Mus. XXXIII 1878, 490 und60mir. ausc. 79. Strab. V 232; Kioxaiov uxqov 

Jordan Herm. XV 1880, 9. [Aust.] Ptolem. Ill 1, 5), Vorgebirge an der latinischen 

Circei (KwxaTov oder Ktqxaia, Einwohner Cir- Kiiste, jetzt Monte Circello (513 m.). Der aus 

eeienses, KigxaToi, auch Kigxmtrat Polyb. Ill 22, Appeninenkalk bestehende , von Osten her all- 

KtQxaiijrai Dionys. V 61), in alterer Zeit, wie es mahlich ansteigende , nach den iibrigen Seiten 

scheint Cereei (so hat die bessere tfberlieferung schroff absttirzende Berg ist vom Massiv des Vols- 

Cic. ad Att. XIl 19. XV 10; de nat. deor. Ill 48; kergebirges vollig isoliert und gewahrt aus der 

de fin. IV 7. Liv. II 39, 2. VI 12, 6. VIII Feme den Anblick einer Insel (Procop. bell. Goth. 

3, 9. XXVII 9, 7. XXIX 15, 5. XXXII 26, 8. I 11). Die Ansicht, dass er erst nachtraglich 



2567 Circidius Circitor 2568 

durch Alluvion landfest geworden sei , findet hervor, dass Plinius nach der allgemeinen An- 

sich bereits bei den Alten (Varro b. Serv. Aen. schauung des Altertums die Erde als Centrum 

III 386. Strab. V 232. Dionys. IV 63. Plin. II sowohl des Kosmos als des Tierkreises (centrum 

201. Solin. II 22); doch hat Plin. Ill 58 den caeli nee non et signiferi) setzt, wahrend die 

Theophrast h. pi. V 8, 3 sonderbar dahin miss- Bahnen des Mondes, der Sonne und der filnf Pla- 

verstanden, als ob dies Ereignis in der Zeit jenes neten Centren haben, die sowohl unter einander 

Autors noeh nicht eingetreten sei. Man zeigte als vom Centrum des Weltganzen verscbieden sind. 

am C. das Grab des Elpenor (Strab. a. a. 0. aus Die von Detlefsen angezweifelten Worte omnia 

Theophrast. Ps.-Skylax c. 8. Plin. XV 119) und autem liaee constant ratione eircini u. s. w. ent- 
andere auf Odysseus bezfigliche Eeliquien. Eine 10 halten eine ganz sachgemasse Berufung auf jene 

auf dem Kioxator oqoq wachsende Giftpflanze er- Astronomen, qui primi quaerendi vias demon- 

wahnt Ps.-Aristot. a. a. 0. Vgl. noch Eustath. zu straverint (§ 62), und wie hier Plinius die ratio 

Dionys. Perieg. 692. Schol. Apoll. Bhod. Ill 311. eircini lobend hervorhebt, so hat nicht lange nach 

[Hiilsen.] ihm der Gromatiker Balbus von einer venera- 

Circidius (Kioxidiog, var. Koixcdiog, Kiqxov- bilis trianguli rata) gesprochen (Hultsch Metrol. 

dtog, KiQtci'otos), Fluss Corsicas auf der Westseite, script. II 9 , 8). Gelegentlich erwahnen den Z. 

Ptolem. HI 2, 3, von Mfiller z. d. St. mit dem auch Caes. b. G. I 38, 4. Vitruv. I 1, 4, 2, 2. 

in den Golfo di Galeria miindenden Fango iden- 6, 6f. u. 0. 

tiflciert. [Hiilsen.] Antike Z. von verschiedenen Formen sind noch 

Circinus. xoovog, diafStfzrig, xaoxivog, der 20 heute erhalten oder aus Abbildungen auf Monu- 

Zirkel. Die friiheste Erwahnung des toqvos flndet menten ersichtlich. Friederichs Berlins antike 

sich bei Theogn. 805, nachstdem bei Herod. IV Bildwerke II 252. Dresselsche Sammlung im 

36. Eurip. Bacch. 1066; Thes. frg. 382,3 Nauck. Albertinum zu Dresden nr. 535—537. Bliimner 

Plat. Phileb. 51C. 56B. Diodor. IV 76, 4f. u. a. ; Technologie II 232. Daremberg et Saglio 

als diafiriTtjs (was bei Plat. Phileb. 56 B u. a. Dictionn. a. a. 0. Nach Blumner sind zu unter- 

dieBlei- oderSetzwage bedeutet, Blumner Tech- scheiden der gewohnliche Z., der dem jetzt fibli- 

nologie II 235f.) erscheint er bei Aristoph. nub. chen ganz ahnlich war, ferner der Hohl-Z. zum 

178; av. 1003, als xaoxivog, insofern eine gewisse Messen innerer Hohlungen, der Proportions-Z. zum 

Art des Z. (s. u.) einer Krebsschere ahnelte, bei tJbertragen von Verhaltnissen und der sog. Taster- 
Sext. Emp. adv. phys. II 54. Fur die Geometer, 30 Z. mit oval ausgebogenen und nach unten wieder 

Feldmesser, Architekten u. s. w. war der Z. von sich vereinigenden Armen (daher xaoxivog, Krebs, 

alters her neben dem Lineal (xavmv Aristoph. genannt, was sonst die Zange bedeutet, ebd. 192f.). 

av. 1002. 1004 u. a., lat. regula) das wichtigste Der Proportions-Z. hatte an seinem Kopfe eine 

Hulfsmittel, um geometrische Figuren zu zeichnen ; Stellschraube, um die mit dem einen von beiden 

nicht minder brauchte ihn der Ktinstler, wenn SchenkelpaarengemesseneDistanzfestzuhalten, die 

es gait, ein vorliegendes Modell in Stein nach- dann, wie Fig. c beiBliimner232 zeigt, entweder 

zubilden ; bei dem Handwerk diente er neben der verdoppelt oder um die Halfte verkleinert iiber- 

Richtschnur, dem Richtscheit und dem Winkel- tragen werden konnte. Ahnliche Vorrichtungen 

mass als Werkzeug fur den Zimmermann (Hesych. zum Festhalten einer gemessenen Distanz finden 
s. xoQvog), Tischler, Maurer und Steinmetzen. Als 40 sich auch auf den einfachen Zirkeln des Berliner 

Erfinder des xoovog gait nach Diodor a. a. O. Museums nr. 1208. 1208a. 1208b (Friederichs 

Talos, ein Schwestersohn des Daidalos (nicht aber a. a. O.) sowie auf dem Z. im Albertinum zu 

Daidalos selbst, wie Blumner Technologie II 231 Dresden nr. 535, dessen Lange urspriinglich 16 cm. 

schreibt und Saglio im Dictionn. des antiquite's betragen haben mag, wahrend jetzt der eine unten 

1 1185 wiederholt). Derselben Sage folgen Ovid. abgebrochene Schenkel 13, der andere 10,7 cm. 

met. VIII 237ff. und Hygin. fab. 274 vgl. mit lang ist. Einer solchen Vorrichtung entbehren 

39. 244, nur dass sie des Daidalos Neffen Per- ebd. nr. 536 (gut erhaltene Halfte eines Z. mit 

dix benennen (irrtfimlich wird so die Schwester Kopf und Charnier, 13,5 cm. lang) und nr. 537 

des Daidalos genannt in Roschers Lexikon der (kleiner, vollstandig erhaltener, nur an den Spitzen 

Mythologie I 937). 50 ein wenig gekfirzter Z. von 8,7 cm. Lange). Diese 

Dass die griechische Geometrie von Anfang drei zuletzt erwahnten Monumente sind, wie auch 

herein den Gebrauch des Z. gekannt hat, geht andere, aus Bronze gefertigt. [Hultsch.] 

unverkennbar aus den Constructionen von Kreisen Circitor. 1) Im Privatleben einer, der herum- 

oder KreisbOgen hervor, welche zuerst bei Thales geht ; Digest. XIV 3, 5, 4 heissen die Hausierer 

(Cantor Vorles. liber Gesch. der Mathem. 12 so (vgl. Prise. XIV 34), CIL 115181,40 die ton- 

128), dann bei Hippokrates (ebd. 192ff.), Antiphon sores, Digest. XXVII 1, 6, 1 die Arzte (pi jisqio- 

(ebd. 190) und weiter bei alien spateren Geo- Ssvrai) und (ubertragen) Priap. XVII 1. Petron. 

metern sich finden. In Euklids Elementen sind 53. CIL VI 9257 die Wachter. 

Z. und Lineal die einzigen vom Verfasser zuge- 2) Ein zur tutela duetuum gehOriger Unter- 

lassenen Constructionsmittel (Zeuthen Gesch. der 60 beamter aus dem Sclavenstande. Er hielt die 

Mathem. 81). Bei Plin. n. h. II 63 weist ratio Wasserleitungen in Stand, wachte fiber die Ge- 

cireini semper indubitata darauf hin, dass das rechtsame und zahlte entweder zur familia pti- 

hipparchische System der excentrischen Kreise bliea oder zur familia Oaesaris; vgl. Front, de 

(s. Astronomie § 14) durch Zeichnungen mit aq. 117. Inschriftlich erwahnt werden diese cir- 

dem Z. deutlich sich darstellen lasst. Der ganze citores CIL VI 8749 (Aug. serv.). X 711 (Aug. 

Abschnitt fiber das Planetensystem bei Plin. II c, nat. Lyeao) und XIV 3649 (Fragment einer 

62ff. leidet an Missverstandnissen und Dnklar- Liste solcher C. aus dem 4. Jhdt., in Tibur, vgl. 

heiten; aber es geht doch mit Sicherheit daraus Dessau Ann. d. Inst. 1882, 132ff.). Der letzten 



2569 Cireius Circumcisio 2570 

Inschrift zufolge hiessen die Vorgesetzten der C. x«*?? Kail) el Herm. XX 606) bei Theophrast 

decani, und sie hatten das Recht, ihre Sohne als (= agyeozrjs bei den Siciliern, Wimmer Fragm. 

adcreseentes in das Corps eintreten zu lassen. V 62) und xtQxias bei Ps.-Aristo teles (in Italien 

Naheres s. unter Wasserleitungen. und Sicilien = figaxtas, II 973 ed. Berol.). Die 

3) Militarisch die Eonde. Stehend wurde diese ROmer zogen es n&mlich vor , bei der Ubertra- 
Charge erst im 4. Jhdt. n. Chr., vgl. Veget. Ill 8 gung der griechischen Windrose fur den Wind 
nunc militiae faetus est gradus. Desgleichen aus Nordwest oder Nordnordwest an Stelle der 
gehoren die Inschriften, auf denen militarische griechischen Bezeichnung dgaoxtas den alien 
C. genannt werden (CIL III 6292. V 4100. 6784. Schiffern des tyrrhenischen Meeres gelauflgen Na- 
6999. IX 344 [inter suspeetas]. CIRh. 1293. Rev. 10 men cireius (xIqxios) einzusetzen, der urspriing- 
arch. 1880 II 325. 1882 1 113. 1892 1 298. Arch.- lich einen besonderen Wind des siidlichen Galliens 
epigr. Mitt. XVII 1894, 211), samtlich fruhestens bezeichnete (Kaibel a. a. O. 622). [Haebler.] 
dem 4. Jhdt. n. Chr. an. Vor dieser Zeit wurden 3) Name eines Rennpferdes, das zu den aus- 
die Vigilien entweder von vier taglich von neuem gezeichneten Principia (s. d.) des berfihmten Wa- 
bestimmten Reitern (t'yodoi, vgl. Polyb. VI 35, 8 genlenkers Crescens (s. d.) gehOrte. Friedlander 
—37, 6. Liv. XXII 1, 8) oder auch von den Cen- S.-G. 116 517, vgl. mit 498. [Pollack.] 
turionen (Tac. hist. II 29) und Tribunen (Liv. Circulator. 1) Ein Marktschreier, der um- 
XXVIII 24, 8. Digest. XLIX 16, 12, 2) fiber- herziehend dem Volke allerlei Kiinste (praesti- 
wacht. Nach Hieron. adv. Joh. Hieros. 19 und giae Tertull. apol. 23) vormacht, Schlangen ban- 
Cod, lust. I 27, 2 bildete die cireitoria dignitas 20 digt (Cels. V 27, 3. Dig. XLVII 11, 11), Degen 
den vorletzten Rang der militia equestris der spat- verschluckt (Apul. met. I 4) n. dgl. , auch wohl 
rOmischen Heeresverfassung. Wer sie bekleidete, Vortrage oder Vorlesungen halt, Plin. ep. IV 7, 6. 
musste zwei Pferde oder ein Pferd nnd einen 2) Bei Cic. ep. X 32, 3 circulator auctionum, 
Sclaven haben und erhielt doppelte Ration (Cod. ein Handelsmann, der nmherziehend auf Auctionen 
Theod. VII 22, 2). Die C. waren also beritten, Einkaufe macht. [Mau.J 
wie die Grabreliefs dreier C. (Rivautella und Circulus lacteus s. Milchstrasse. 
Ricolvi Marm. Taurin. II 103. Rev. arch. 1892 Circumcellioues, oder, wie man dafiir cor- 
I 298. 1880 II pi. 21, 5) bestatigen. Von diesen rupto sono nominis (Augustin. enarr. in psalm, 
fuhren die beiden ersten eine Lanze , der letzte 132 , 3) auch sagte , Circelliones , ein von feind- 
ein Breitschwert. Die Truppe, der die C. ange- 30 licher Seite gebrauchter Name fur eine merkwiir- 
horen, wird auf drei Inschriften (CIRh. 1293. Rev. dige, nur auf africanischem Boden — und haupt- 
arch. 1880 II 325. 1892 I 298) durch Angabe des sachlich in Numidien — im 4. und 5. Jhdt. vor- 
numerus, auf einer (CIL V 6784) durch Angabe kommende Erscheinung. Augustin definiert den 
der vexillatio naher bezeichnct. Namen a. a. O. quia eircum eellas vagantur, 

4) Der vorletzte Grad der Agentes in rebus contra Gaudentium I 28 (32) eellas circumiens 
(s. d.). rusticanas, Ahnliches mag Isidorus de haeres. 54 

Litteratur : Saglio bei Daremberg et denken : C. dicti sunt eo quod agrestes sunt. Es 

Saglio Diet. I 1186. Ruggiero Diz. epigr. handelt sich nicht, wie die spateren Haeresiologen 

I 555. II 239. O. Hirschfeld S.-Ber. Akad. es sich vorstellen, um eine besondere Secte, son- 
Berl. 1893, 424f. [Fiebiger.] 40 dem um eine auf dem Boden des Donatismus um 

Circlus. 1) Der Name eines zum System des 345 sich entfaltende und bis zur Vandalenzeit an- 

Taurus gehOrigen Gebirges, Plin. n. h. V 98. haltendeBewegung;dasCircumcellionentumistdas 

[Ruge.] ins Donatistische (ibersetzte MOnchtum. Die C, 

2) Ein besonderer Wind des narbonensischen die sich selber ,Heilige' oder Agonistici, Kampfer 

Galliens von grosser Heftigkeit, der aber gesundes Gottes, nannten — nach Optatus stammt dieser 

Wetter bringt ; in Vienna war er unbekannt, da- Name von ihrem Freunde , Bischof Donatus von 

gegen machte er sich sudwarts bis nach Ostia Bagai — , sind Haufen von Christen, die regel-, 

bemerkbar (Sen. nat. quaest. V 17, 5. Plin. n. besitz- und heimatlos im Lande umherwandern, 

h. II 121. Suet. Claud. 17; derselbe bei Isidor. ihre Nahrung erbettelnd, ganz Gott geweiht, 
de nat. rer. p. 232 Reiff. Gell. n. a. II 22). Da- 50 Leute die nichts zu verlieren haben und schon 

neben kommt aber der C. auch in der Windrose darum keine Todesfurcht kennen, deren Elend und 

vor (als Nordwest und Nordnordwest), nnd zwar religiose Schwarmerei sie aber den Tod bis zur 

bereits bei Timosthenes , der ihn dem d-Qaoxiaq Wollust des Selbstmordes hinauf geradezu suchen 

gleichstellt (bei Agathem. II 473 Miiller), somit lasst, gelegentlich in den Handen gesehickter 

ist die Bezeichnung wohl griechischen Ursprungs Filhrer ein furchtbares Heer und immer von den 

und hangt zusammen mit hiqxos (Gellius: cir- Besitzenden und Andersglaubigen gefurchtet. In 

eium appellant a turbine, opinor, eius ae verti- der den Donatismus behandelnden Litteratur wer- 

gine ; vgl. auch Sueton bei Isidor a. a. O. 228 den sie viel erwahnt, die Hauptstellen sind Opta- 

und Veget. IV 37 cireius = &Qaoxlas). Der tus III 4. Augustin. in psalm. 132, 3. 6; contra 
altere Cato, der als die richtigere Form cercius 60 Gaudent. I 26— 38(29— 51). Gesta collat. Carthag. 

betrachtet, schilderte in den Origines seine un- III 174. Die stark socialistische und antirOmische 

gestume Kraft mit den Worten cum loquare, Farbung dieser Bewegung ist unverkennbar ; gren- 

buceam implet, armatum hominem, plaustrum zenlose Not und grimmiger Hass gegen die Fremd- 

oneratum percellit. Vielleicht ist deshalb auf herrschaft mussten sich mit dem religiosen Fana- 

ihn auch zu beziehen, was Strabon IV 182 (nach tismus verbinden, um diese fur das Wesen des 

Posidonius) uber die Heftigkeit eines ixsXa^o- Donatismus hOchst charakteristische Erscheinung 

qsiov nvEvfxa im Rhonethale berichtet (vgl. Diod. ins Leben zu rufen. [Jiilicher.] 

V 26), vermutlich auch der Name degxlas (xsq- Circumcisio. Die jiidische Sitte der Be- 



2571 Circumscriptio Circus 2572 

schneidung (circumeisio) scheint in vorhadriani- Aus der Vogelperspective betrachtet, hat die Arena 

scher Zeit durchaus gestattet gewesen zu aein. und damit der C. uberhaupt etwa die Gestalt ernes 

Hadrian hat sie wahrscheinlich schlechtweg vev- romanischen Rundbogenfensters (s, nebenstehen- 

boten und der Castration (s. den Art. Castratio) den Grundriss). An den beiden Langseiten und an 

gleichgestellt ; Mommsen Rom. Gesch. V 549 dem Eundbogen steigen die amphitheatralischen 

und zu den dort Citierten Hist. Aug. Hadr. 14, 2. Sitzreihen empor, wahrend die schmale, in etwas 

Ein Eescript von Antoninus Pius gestattet den schrager Bichtung gelegte Basis von den Ablauf- 

Juden die Beschneidung ihrer Kinder und ver- standen besetzt ist. Die Arena ist der Lange nach 

bietet nur die Beschneidung von Nichtjuden bei durch eine breite, etwas schrag verlaufende Mauer 
poena castrantis , Mod. Dig. XL VIII 8, 11 pr. 10 in zwei Halften geteilt (s. Spina). Diese mannig- 

Paul. V 22, 3. 4. Orig. c. Cels. II 18. Den Arzt faltigen architektonischen Schmuck (s. Ovaria, 

trifft, wie bei der Castration, Todesstrafe , Paul. Delphines, Fala, Obelisci) tragende Mauer 

sent. rec. V 22, 3; wer sich beschneiden lasst, ist jedoch kiirzer als die Langsachse und mit 

wird nach Paul. a. a. 0. nur mit Relegation und ihren Enden, deren jedem eine Meta (s. d.) vor- 

Confiscation des ganzen Vermogens bestraft und gelagert ist, sowohl von dem Kreisbogen als auch 

zwar nur dann, wenn er rOmischer Burger ist, von den Carceres um ein gates Stiick entfernt. 

,der Nichtbiirger scheint ini gleichen Fall selber tfber die einzelnen Teile des C. vgl. die betreffen- 

straffrei geblieben zu sein' (so Mommsen Histor. den Artikel, z. B. Calx (die weisse Siegeslinie), 

Ztschr. LXIV 409). In der Folgezeit scheint die Portae (die in die Arena fuhrenden Thore), 
Gesetzgebung gesch wankt zu haben, vgl. Hist. 20 Eur ip us, Podium u. s. w. Uber die verschie- 

Aug. Sever. 17, 1 ; Alex. 22, 4. Doch stehen die denen im C. abgehaltenen Spiele und Schaustel- 

in den Codices aufgefuhrten Constitutionen der lungen s. den Artikel Ludi circenses. 

spateren Kaiserzeit im wesentlichen im Einklang Die C. gehoren zu den grossartigsten Schau- 

mit dem Rescript des Antoninus Pius : es wird anlagen aller Zeiten. Sie waren die besuchtesten 

dem jiidischen Herrn bei Capitalstrafe verboten, und glanzendsten Sammelplatze fur Schaulustige 

den christlichen Sclaven zu beschneiden ; der contra aller Art. Ovid, selbst ein eifriger Besucher der 

legem beschnittene Sclave wird frei; Constantin. Rennen, empfiehlt den jungen BOmern den C. 

Cod. Theod. XVI 9, 1 und const. Sirm. IV. Con- wiederholt als passenden Platz, um mit den Scho- 

stantius Cod. Theod. XVI 9, 2. Grat. Valent. und nen in Berilhrung zu kommen (ars am. I 96 — 

Theod. Cod. lust. Ill 1, 5. Hon. und Theod. 30 164 vgl. mit amor. Ill 2), wie auch Catull (55, 4), 

Cod. lust. I 9, 16. Tibull und Properz des C. in dieser Beziehung 

Vgl. zum ganzen Mommsen Rom. Gesch. V gedenken. Denn nach diesen Schauplatzen strOmte 

549; Histor. Ztschr. LXIV 389ff., bes. 400. 408. die lebensfrohe mannliche und weibliche Jugend 

409. [Hitzig.] in vollem Festesglanze. Der C. wurde auch zu 

Circumscriptio bedeutet die Schadigung eines festlichen Aufzugen, namentlich bei Triumphen, zu 

andern (ahnlich wie captio und laesio), Dig. XI Volksversammlungen und ahnlichen Zwecken be- 

6, 4. Cod. Theod. Ill 1, 1. XVI 5, 65, 3, vgl. niitzt (Liv. IX 42. XXVII 21. Plut. Lucull. 37). 

Paulus in Dig. XIX 2, 22, 3. Quemadmodum Im C. Flaminius hielt Augustus seine Leichen- 

in emendo et vendendo naturaliter eoncessum rede auf den Drusus (Cass. Dio LV 2). Diese 
est quod pluris sit minoris emere, quod minoris 40 Platze waren zugleich den GOttera geweiht, und 

sit pluris vendere et ita invieem se eireumseri- die circensischen Spiele hatten ihre religiose Be- 

bere, ita in loeationibus quoque et conductions deutung, wie die Festspiele der Alten uberhaupt 

iuris est, ein Satz , der sich auf bewusste Tau- (Dion. Hal. ant. Rom. VII 66. Liv. II 37). 

schungen nicht bezieht, auch nicht ohne Ausnahme [Pollack.] 

ist. Cod. IV 44, 2 und 8 (sog. laesio enormis). Die stadtrOmischen C.-Anlagen. 

Zachariae von Lingenthal Ztschr. d. Savigny- Circus Maximus (haufig Circus schlecht- 

Stiftung IV 49ff. Dernburg Pandekten* II 281 weg; bei den Griechen Injto&Qoixog peytotos oder 

§ 102. [Leonhard.] einfach ijtTcodgofios). In dem sumpfigen, von der 

Circus (,Eing') dicitur omnis ambitus vel Marrana durchflossenen Thale zwischen Palatin 
gyrus, cuius deminutivum est eireulus (Nonius 50 und Aventin (Lange ca. 600, Breite kaum 150, 

p. 20; vgl. Varro de 1. 1. V 153, wo ich mit Pom- Meereshehe 12—15 m.) schuf sich das alteste Rom 

poniusLaetus fur das uberlieferte Mecinus seinen Platz fur Spiele und Wettrennen; urspriing- 

Maximus lese. Cassiod. var. Ill 51, 10. Tertull. lich gewiss nur eine geebnete und eingehegte Bahn, 

sped. 8), aber im besonderen und gewohnlich be- um die herum die bevorzugten Zuschauer auf 

zeichnet das Wort die in erster Linie fur die primitiven Gerusten, das Volk stehend den Rennen 

WagenrennenbestimmteromischeRennbahn. Wah- zuschauten; eine ,Bemitzung der Hiigelabhange' 

rend die Amphitheater eine speciell italische Er- fur Sitzreihen schon in alter Zeit ist durch die 

findung sind, scheint es, dass sich die Eomer bei Beschaffenheit der Ortlichkeit ausgeschlossen. Was 

Anlage ihrer Rennbahnen die griechischen, wahr- Liv. I 35, 8. 56, 2. Dionys. Ill 68. IV 44. Aurel. 
scheinlich durch die Vermittlung der Etrusker 60 Vict. vir. ill. 8. Eutrop. I 6 u. a. uber angeb- 

(vgl. Liv. I 35 mit Tac. aim. XIV 21), zum Muster liche stabile Bauten des Tarquinius Priscus und 

genommen haben, wenn sie auch in manchen Superbus berichten, ist ohne Gewahr; die Ver- 

Stiicken, so namentlich in der Einrichtung der vollkommnung der Anlage geht zusammen mit 

Carceres , von ihrem Vorbilde abgewichen sind. der Entwicklung der ludi Bomani, welche in der 

Der C. zerfallt in drei Hauptteile: 1) die offene Decemviralzeit noch dreitagig und nicht statar, 

Bahn (s. Arena), 2) den Startplatz (s. Carceres seit 388 = 366 v. Chr. viertagig und auf den 

undOppidum)und 3)den Zuschauerraum (s. Gra- SeptemberfkiertwurdenfMommsenRom.Forsch. 

dus, Spectacula, Cuneus, Praecinctiones). II 42f.). Erst von da an erhalten wir positive An- 




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a. a'. Metae. b. Delphines. c. Sac. lovis Arboratoris. d. Ara deorum Potenthim. e. Sac. Magnae Matris. f. Sac. Seiae Messiae Tutiliuae. g. Ovaria. li. Ara Cod si. 



CO 

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2575 Circus Circus 2576 

gaben iiber die Baulichkeiten des C, die gleich- Ausfiihrer eines caesarischen Planes war). Er er- 
zeitig ersichtlich machen, wie primitiv bis dahin setzte hOchst wahrscheinlich die holzernen Car- 
die ganze Anlage gewesen sein muss. Im J. 363 ceres durch einen Quaderbau aus Tuff, und die 
v. Chr. iiberschwemmte der Tiber, als gerade die Aufstellung des grossen Obelisken in Mitte der 
(kurz vorher eingesetzten) ludi seaenici gefeiert spina (10 v. Chr.) muss eine feste Anlage der- 
wurden, den C. und zwang zur Unterbrechung selben, wahrscheinlich auch UberwOlbung der 
des Schauspiels (Liv. VII 3, 2). Im J. 425 = Marrana, herbeigefiihrt haben. Die Metae frei- 
329 v. Chr. wurden zum erstenmale feste Carceres lich blieben auch jetzt noch holzern. 
errichtet (Liv. VIII 20, 1), die aus Holz und bunt Nach der ausfiihrlichen Beschreibung bei 
bemalt waren (Ennius bei Cic. de div. I 108 = 10 Dionys. Ill 68 hatte der Zuschauerraum drei 
frg. LVDI Vahlen. Valmaggi Rivista di fllologia Range, einen mit steinernen Stufen, zwei mit 
XXVI 114). Eine feste spina gab es in dieser Zeit Holzgeriisten. Dass es noch kein sehr hoher Bau 
naturlich noch nicht; man wird durch Seile oder war, ergiebt sich auch daraus, dass das Zuschauen 
holzerne Barrieren die in der Mittellinie des Feldes, aus den Oberstockwerken benachbarter Hauser 
an der Marrana, gelegenen Heiligtiimer der land- auch jetzt noch gewOhnlich blieb; sogar Augustus 
wirtschaftlichen Gottheiten (wie die sacella der selbst liebte es (Suet. Aug. 45). Die Aussenhalle 
Seia Segetia Tutilina und den Altar des Consus war einstockig und enthielt, ausser den Eingangen 
am Siidende der Mittellinie, s. d.) miteinander und Treppen zur eavea, Tabernen und Zimmer 
verbunden und dadurch die ganze Arena in zwei dariiber (sQyaorrigia xal oixrjoeig vxeq avxa ; letz- 
parallele Bahnen geschieden haben; am Nord- 20 teres vieltekht pergulae, s. Mau Rem. Mitt. 1887, 
und Siidende der Scheidelinie standen die gleich- 220f.) , den Sitz von Kneipen und schmutzigen 
falls holzernen metae. Die Marrana selbst, in der Gewerben (popa de e. Cic. pro Mil. 24; astro- 
Mitte unbedeckt und zur notwendigen Sprengung logi de e. de divin. I 158, vgl. Hor. sat. I 6, 
des Rennplatzes dienend, wird nur an den Car- 141; ein pomarius de e. maximo ante pulvi- 
ceres und gegeniiber am Wendepunkt auf eine nar CIL VI 9822; Bordelle im C. Iuv. Ill 65. 
langere Strecke iiberdeckt gewesen sein. Von man- Priap. 25. Anth. Lat. I 190 Riese. Hist. Aug. 
nigfachen Ausschmiickungen horen wir nach dem Elagab. 26. Cypr. de spect. 5; vgl. Friedlan- 
hannibalischen Kriege : 196 v. Chr. baut L. Ster- der S.-G.s II 325). Die Carceres bestanden aus 
tinius einen mit vergoldeten Statuen geschmiick- einer Halle von wahrscheinlich zwOlf gewolbten 
ten Bogen, vielleicht das Thor fur die Pompa in 30 Bogen (und einem grosseren Mittelportal) ; um 
der sudlichen Rundung (Liv. XXXHI 27, 4); von die Arena lief der zehn Puss breite Euripus. 
Statuen im C. ist 186 und 182 v. Chr. die Rede Augustus begann auch die Sonderung der Stande, 
(Liv. XXXIX 7, 9. XL 2,1); 174 v. Chr. erneuerten Senatoren und Ritter, vom iibrigen Volke, die 
die Censoren die Carceres und die metae, stellten Claudius und Nero vollends durchfuhrten (Cass. 
Geriiste mit Holzeiern (s. Ovaria)als Zahlapparate Dio LV 22. LX 7. Suet. Claud. 21; Nero 11. 
fur die missus auf, beschafften eiserne Kaflge fur Tac. ann. XV 32. Plin. n. h. VIII 21; vgl. 
wilde Tiere bei den venationes und trafen noch Mommsen St.-R. Ill 520. 893). Ob wohl unter 
andere Verbesserungen , iiber die wir bei der Tiberius im J. 36 wiederum ein grosser Brand 
Liickenhaftigkeit der Stelle (Liv. XLI 27, 6) leider an der aventinischen Seite des C. berichtet wird 
nicht klar werden. Bei den grossen Triumphal- 40 (Tac. ann. VI 51. Cass. Dio LVIII 26), gab Ca- 
spielen des Pompeius im J. 55 v. Chr. wird er- ligula wieder Spiele darin mit verschwenderischer 
wahnt, dass der Zuschauerraum mit Eisengittem Pracht (Suet. Calig. 18. Plin. XXXIII 27). Clau- 
gegen die Arena abgeschlossen gewesen sei, in dius verschonte den C. durch marmorne Carceres 
welcher zwanzig Elefanten auftraten (Plin. VIII und vergoldete (wohl bronzene) Metae (Suet. Claud. 
20). Da diese Vorrichtung sich jedoch nicht be- 21); Nero liess im J. 63 den von Caesar angelegten 
wahrte, umzog Caesar bei seinen Triumphalspielen Euripus zuwerfen, um mehr Platz fur die Sitze 
im J. 46 die Arena, die er ,nach beiden Seiten' der Ritter zu gewinnen (Plin. VIII 21. Tac. ann. 
erweiterte, mit einem Wassergraben (Plin. a. a. O. XV 32); zur Sicherung der Zuschauer wurden bei 
Suet. Caes. 39 spatio eirei ab utraque parte pro- Venationen Walzen mit Stacheln an der Grenze 
dueto et in gyrum euripo addito). Doch hatte 50 der Arena aufgestellt (Calpurn. eel. VII 48f.). Bei 
auch damals die Arena noch keine feste gemauerte dem grossen Brande des folgenden Jahres, der 
Spina, sondern konnte durch Wegnahme der metae bekanntlich an der Sudostseite des C. ausbrach 
(und der sie vermutlich verbindenden Barrieren) (Tac. ann. XV 38), muss derselbe stark bescha- 
in einen einfachen Platz verwandelt werden (Suet. digt , aber bald wieder hergestellt sein , da er 
a. a. O.). Agrippa stellte, behufs leichteren Zah- schon im J. 68 bei dem kitharsdischen Triumph 
lens der Umlaufe, ausser den alten ovaria auch des Kaisers als Festlocal beniitzt wird (Suet. Nero 
ein Geriist mit holzernen Delphinen auf (Cass. 25. Cass. Dio LXIII 20. 21). Im J. 81 wurde 
Dio XLIX 43). Nachdem ein Brand im J. 31 die Porta pompae in der sudlichen Rundung zu 
v. Chr. den C. arg beschadigt hatte (Cass. Dio einem dreithorigen Ehrenbogen fur Titus (wegen 
L 10), stellte Augustus ihn wieder her, und ob- 60 der Einnahme von Jerusalem) umgestaltet (Inschr. 
wohl er im Mon. Ancyr. 4, 4 nur die Errichtung CIL VI 944, nur beim Anon. Einsidlensis erhal- 
der Kaiserloge, des pulvinar (s. d.), erwahnt, ten; den Grundriss giebt PUR frg. 35 Jordan), 
scheint er doch im wesentlichen dem C. die Ge- Domitian, dessen Vorliebe fur C.-Spiele bekannt 
stalt gegeben zu haben, die er in der ganzen ist (Suet. Domit. 4. 5. 7), erbaute sich eine mit 
Kaiserzeit behielt (direct sagt dies Cassiod. var. dem Kaiserpalaste in Verbindung stehende pracht- 
HI 51 ; Plin. n. h. XXXVI 102: Oireum maximum voile Loge, die Traian wieder beseitigen liess 
a Gaesare dietatore extruetum ist wohl so damit (Plin. panegyr. 51 ; aber die Schlussworte lieebit 
zu vereinigen , dass Augustus , wie hauflg , der ergo eivibus tuis te invieem oontueri : dabitur 



2577 Circus Circus 2578 

non eubieulum prineipis, sed ipsum principem bar. Im 8. Jhdt. stand noch, wie wir aus dem 

cemere in publico, in populo sedentem, populo Anon. Einsidlensis erfahren, das aussere Ambu- 

eui loeorum quinque milia adieeisti. beziehen lacrura der Ostseite (porticus a Septem viis us- 

sich, wie das folgende und c. 28 zeigt, nicht que S. Anastasiam: Jordan II 660. Lanciani 

auf eine Vermehrung der Sitzreihen, sondern der Monum. dei Lincei I 515) aufrecht; ebenso der 

plebs frumentaria; vgl. Mommsen St.-R. Ill Triumphbogen des Titus am Sfldende mit seiner 

446, 3). Vielleicht hangt damit und mit einem Inschrift; letzterer wird noch im 12. Jhdt. er- 

Brande, der beide Seiten des C. beschadigte (Suet. wahnt (turris de arco . . .in eapite cireli, Urk. 

Domit. 5), zusammen, was Pausanias von Traian v. 1145 bei Mittarelli Annal. Camaldol. Ill app. 
berichtet, er habe dem C. einen Anbau von zwei 10 417, vgl. Mirabil. c. 25 b. Jordan Top. II 637); 

Stadien Lange hinzugefiigt (Paus. V 12, 4: so aber schon in der Renaissance war, wie Zeich- 

wird man olxobourjixa Is i'njiwv dgo/tovg iiQorjxov nungen und Stiche des 16. Jhdts. (am besten 

k dvo axadimv firjxos verstehen miissen); nach Duperac Vestigj di Roma 1625, Taf. 11 [ = 

Cass. Dio LXVIII 7 waren die Anbauten des Sadeler ed. 1606 Taf. 11]; vgl. auch A16 Gio- 

Traian so bedeutend, dass er in der Dedications- vannoli f. 2 ed. 1616) beweisen, von dem grOssten 

inschrift sich riihmte, ,den C. fur das rOmische Gebaude Roms kaum mehr Iibrig, als die kiim- 

Volk geraumig genug gemacht zu haben'. Unter merlichen noch heut vorhandenen Reste. 

Antoninus Pius stiirzte bei den ludi Apollinares Aus diesen Resten (Unterbauten der siidlichen 

eine Saule der partecta ein, wobei 1112 Menschen Rundung bei der sog. Moletta, Substructionen der 
ums Leben kamen (Chronogr. a. 354 bei Mo mm- 20 ambulacra nach der Palatin- und Aventinseite, 

sen Chron. min. I 146; vgl. Hist. Aug. Pius 9); Pnaster der umgebenden Strassen) lasst sich von 

von Caracalla meldet der Chronograph (a. a. 0. den Massen und der Disposition des Ganzen, be- 

147): hoc imperatore ianuae Gird ampliatae sonders da die Fragmente der Forma Urbis iiber 

sunt. Ungefahr gleichzeitig iiberliefern uns die einige Hauptpunkte Licht geben, wenigstens eine 

Pragmente 38. 39. 40 der Forma U. R. einen Teil allgemeine Vorstellung gewinnen. Eine Discus- 

des Grundrisses des C, wahrend wir Tertullian de sion im Detail kann hier ebenso wenig gegeben 

spect. 8 eine ausfiihrliche Schilderung mit Hervor- werden (ich verweise auf § 7 des demnachst er- 

hebung der darin existierenden Cultstatten ver- scheinenden Schlussbandes von Jordans Topo- 

danken. Alexander Severus bestimmte das aecti- graphie) wie eine Widerlegung der Versuche Jor- 
gal lenocinii zur Ausbesserung des C. und der 30 dans in den Prolegomena zu seiner Forma Urbis Ro- 

iibrigen Schaugebaude (Hist. Aug. Alex. 24). Phi- mae, welche von teilweise falschen Messungen aus- 

lippus Arabs feierte im J. 247 das tausendste Jahr gehen und infolge von Rechenfehlern zu ganz irrigen 

der Stadt mit grossartigen Spielen, die auch durch Resultaten kommen. Durch Vergleichung der be- 

eine Miinze mit detaillierter Abbildung des C. stehenden Reste mit dem severischen Plan (ein 

verewigt wurden (Cohens V 138 nr. 12. 13. Reductionsverhaltnis von 1 : 250 fur denselben vor- 

Friedlander Abh. Akad. Berl. 1873, 67 — 71); ausgesetzt) lasst sich folgendes ermitteln: die 

auch Probus gab eine grossartige venatio (Hist. Breite des C. mit den urspriinglichen Gebauden 

Aug. Prob. 19). Unter Diocletian passierte ein (des Augustus) betrug 150 m. ; die Breite der 

ahnliches Ungliick wie unter Pius (Chronogr. a. Arena 80 m., die der Gebaude rechts und links je 
354 p. 148 M.: partectorum podius ruit et op- 40 35 m. Die Lange der Bahn war 2000 rom. Fuss 

pressit homines XIII). Nachdem die Decoration = 590 m. , die des Gebaudes incl. der Carceres 

des C. unter Constantin prachtig erneuert war und der siidlichen Rundung 635 m. (31/2 Stadien, 

(Aur. Vict. Caes. 40. Nazar. panegyr. 35), erhielt Dionys. Ill 68);- der Gesamtumfang 1480 m. (8 Sta- 

er unter Constantius im J. 337 einen alles iiber- dien, Dionys. a. a. O. ; genau eine romische Meile). 

ragenden Schmuck, einen zweiten aus Heliopolis Die Breitenangabe des Dionysios (4 nle&Qa = 

herbeigebrachtenObelisken, dergleichdemaugusti- 110 m.) ist fur die Gesamtbreite zu gering, fur 

schen auf der spina aufgestellt der grosste aller die Arena (wenigstens der severianischen Zeit) 

damals und jetzt in Rom existierenden ist (Am- zu gross (auch durch die Zuschilttung des Euri- 

mian. Marc. XVII 4, 12—16. CIL VI 1163). Wie pus erklart sich die Differenz nicht vollkommen); 
sehr noch im 4. und 5. Jhdt. der C. im Mittel- 50 ganz unmOglich ist seine Angabe , der C. habe 

punkt der Interessen der hauptstadtischen BevSl- fur 150 000 Menschen Platz geboten. Denn wenn 

kerung stand, beweist sowohl die Schilderung am Ende des 4. Jhdts. die Notitia dem Namen 

des Ammian (XXVIII 4, 28ff.) wie die Corre- C. Maximus die Capaeitatsziffer 385 000 (in eini- 

spondeuz des Symmachus und endlich die Straf- gen Hss. sogar 485 000) hinzufugt, so sind darunter 

predigt Leos d Gr. (Sermo in octava Petri et wie Bull. com. 1894, 321 gezeigt ist, nicht Per- 

Pauli, gehalten im J. 453, LXXXI). Im 6. Jhdt. sonen zu verstehen, sondern laufende Fusse der 

wandte Theoderich dem C. seine Sorgfalt zu; das Sitzstufen, so dass also selbst in constantinischer 

ausfiihrliche Schreiben bei Cassiod. var. Ill 51 Zeit, nach alien Erweiterungen des Zuschauer- 

(vgl. noch I 20. 27) ist fur Geschichte und An- raums, hochstens 180—190 000 Zuschauer im C. 
lage des C. wichtig, die zum Teil abenteuerlichen 60 Platz gehabt haben konnen. Fur das Gebaude 

Erklarungen fur die Benennungen der einzelnen des Augustus konnen wir hfichstens auf eine 

Teile finden Parallelen bei dem zeitgenOssischen Stufenliinge von 110— 120 000 Fuss, eine Personen- 

Io. Lydus (de mens. I 12). Die letzten Spiele zahl von 55—60 000 kommen. Die Anbauten der 

gab Totila 549 in dem verodeten Gebaude (Pro- traianischen und der Folgezeit erweiterten die 

cop. b. Goth. Ill 37), dessen Zerstorung bald in Reihen der Sitzstufen uber die urspriinglichen 

grossem Massstabe begonnen haben muss; waren Grenzstrassen, die nun als uberbriickte, aber immer 

doch auch die unendlichen Reihen zugeschnittener noch o'ffentliche Strassen weiter existieren Nach 

Marmorstufen zu Neubauten so bequem verwend- der palatinischen Seite , wo ein grosser Teil der 



2579 Circus Circus 2580 

Substructionen noch erhalten ist unci die Kaiser- Constantius auf keinem , wohl aber regelmassig 

palaste eine unubersehreitbare Grenze bilden, lasst in der Mitte der des Augustus; neben ihra die 

sich der Zuwachs an Sitzstufen auf hochstens Magna Mater auf dem Lowen (deren Heiligtum 

90 — 95 000 rOmische Fuss berechnen ; auf der im C. auch erwahnt wird in der Not. reg. XI 

Aventinseite muss man einen Anbau von etwa und von Tertull. de spect. 8); ein Postament mit 

gleicher Ausdehnung annehmen, um auf die Ziffer drei Piguren und daneben ein grosser Altar mit 

der constantinischen Regionsbeschreibung zu kom- Opferflamme (ob die Seia Segetia Tutilina und 

men. Ganz aus dem Spiele gelassen ist absicht- der Altar der samothrakischenKabiren? s. Tertull. 

lich die viel erorterte Angabe des Plinius XXXVI a. a. O. Plin. n. h. XVIII 8); mehrere Victorien 
102: Cireum maximum a Caesare dictatore ex- 10 auf Saulen, am Ende der Spina, den Metae zu- 

tructum longitudine stadiorum trium, latitudine nachst. Die von Cassiod. var. Ill 51 erwahnten 

unius, sed cum aedificiis iugerum quatemum, ad Trophaeen mit Statuen gefesselter Gefangener 

sedem COL- Schon das Missverhaltnis zwischen darunter zeigt nur das Diptychon des Consuls 

Lange und Breite (3 : 1 statt 6 oder 7 : 1) zeigt, Lampadius aus dem 5. oder 6. Jhdt. (Gori Thes. 

dass hier, sei es durch Schuld der Absclireiber, diptych. II 16. W. Meyer Abb. Akad. Miinchen 

sei es des Autors, etwas nicht in Ordnung ist; XV 1879, 78 nr. 42). Nicht zu identificieren 

zur Emendation bietet die tjberlieferung keine sind mehrere kleine Saulen- und Kuppelbauten, 

Handhabe, und es ist ziemlich gleichgiiltig, dass die nicht auf alien genannten Darstellungen 

die Lange Stad. 3 = 555 m. von der oben aus wiederkehren ; aus der Litteratur sind noch be- 
besseren Quellen ermittelten nicht sehr stark ab- 20 kannt der am Sudende der Meta gelegene unter- 

weicht, und dass sich aus ad sedem ~CCL durch irdische Altar des Consus, sowie das wahrschein- 

die Anderung ad sedem p(edum) CL eine ver- lich auf der Spina gelegene Heiligtum des Iup- 

standige Ziffer gewinnen lasst. Die verzweifelten piter arborator (Not. reg. XI; vgl. Hiilsen Dis- 

Versuche Frilherer, das eum aedificiis iugerum sertazioni dell' Accad. pontif. ser. II vol. VI 259. 

quatemum zu deuten, mag man bei Jordan FUR 267). Im Bereich des C. Maximus, aber nicht auf 

proleg. p. 21 nachsehen. der Spina, lag ferner ein kleines altes Heiligtum 

Unsere Kenntnis der inneren Ausschmiickung der Venus Murtia oder Murcia (vielleicht abge- 

des C. schopfen wir hauptsachlich aus den bild- hildet auf dem Relief von Poligno, s. Zange- 

lichen Darstellungen, unter denen mit Sicherheit meister a. a. O. 245f.), sowie ein alter Tempel 
auf den C. Maximus freilich nur die Milnzbilder 30 des Sol (Tac. hist. XV 74 , vgl. Not. reg. XL 

(Friedlander Abh. Akad. Berl. 1873, 67ff., s. o.), Tertull. de spect. 8. Hiilsen a. a. 0. 267), letz- 

sowie die in Rom und Mittelitalien gefundenen terer vielleicht ursprunglich ausserhalb des Ge- 

Sarkophage zu beziehen sind (wichtigste: Relief baudes, aber durch die Erweiterung nach der 

von Foligno, herausgegeben von Zange meister aventinischen Seite hin mit in dasselbe einbe- 

Ann. d. Inst. 1870 tav. d'agg. LM und p. 232 griffen. In der Nahe des C. , auf einem locus 

— 261, wo ein reichhaltiges Verzeichnis anderer lapide albo constratus lag auch das ratselhafte 

Bildwerke; verlorenes Relief, um 1560 in der Monument iemovem tribuni eombusti, s. Pestus 

Sammlung des Agostino Maffei, schlecht ge- 174 M. 

stoehen bei Panvinius De ludis circ. Tf. CII Vgl. fiber den Circus, ausser den angeffilirten 
ed. 1642, gute Zeichnung im Cod. Vat. 3439 f. 58; 40 Aufsatzen von Jordan und Zangemeister: 

Relief aus Rom, jetzt in den Uffizien in Plorenz, Sachs e Geschichte der Stadt Rom II 225 — 240. 

Dutschke III 145, 86; zwei im Vatican, Museo Nihby Roma antica 1618 — 632. Canina Edi- 

Pio-Clem. V Taf. 40 und 43; eins in Neapel, fizj IV tav. 183—187. Reber Ruinen Roms 

Mus. Borbon. VIII 28, ebd. aus Rom ein Frag- 351—372. Friedlander Sittengesch. 116 322ff. 

ment mit genauster Darstellung der Carceres, s. Gilbert Top. II 454f. IH 313 — 316. Altere 

Zangemeister a. a. 0. tav. d'agg. N 2). Von Ausgrabungen im C: Flaminio Vacca Mem. 5; 

provinciellen Mosaiken wird man z. B. das Bar- neuere Not. d. scavi 1876, 101. 138. 184. 1877, 

celloneser (Hilbner Ann. d. Inst. 1863, 135— 8. 110. 204. 1884, 154. 1888, 191. 227. 

172), welches bis in die Details mit den an- Der Circus Flaminius ist gegrilndet 221 
geffihrten Abbildungen des C. Maximus stimmt, 50 v. Chr. von C. Flaminius, nahe dem Punkte, wo 

heranziehen durfen , wahrend andere , z. B. das die von ihm erbaute Via Flaminia die Stadt (durch 

von Artaud publicierte Lyoner, zu wesentliche die Porta Fontinalis am Fusse des Capitols) ver- 

Ahweichungen zeigen, als dass man sie auf den Hess (Liv. epit. 20. Cassiod. chron. z. d. J. Paul. 

rOmischen C. beziehen diirfte. Die Abbildungen p. 89 ; wogegen die Ableitung von dem campus 

auf Lampen, Gemmen und andern kleinen Kunst- Flaminius bei Varro de 1. 1. V 154, vgl. Plutarch, 

werken (Verzeichnisse bei Hfibner und Zange- q. Rom. 66, nicht in Betracht kommt: hat wirk- 

meister a. a. 0.) sind fast durchweg 2U klein, lich in der Nahe des C. ein Grundstfick campus 

um fur das individuelleBild des C. Maximus Wesent- Flaminius oder prata Flaminia, Liv. Ill 54, 

liches zu bieten. Da, was fur Einrichtung des 15, geheissen, so muss das locale Zusammentreffen 
C. im allgemeinen wichtig ist, unter den betref- 60 zufallig sein). Er diente hauptsachlich zur Ab- 

fenden Artikeln (Carceres, Metae u. s. w.) zur haltung der ludi plebei und taurii (Val. Max. 

Sprache kommt, ist hier nur der filr den C. Maxi- I 7, 4. Varro de 1. 1. V 154), aber auch zu Volks- 

mus charakteristischen Heiligttimer und Kunst- versammlungen (Liv. XXVII 21, 1. Cic. ad Att. 

werke auf der Spina zu gedenken, welche nament- I 14, 1; pro Sest. 33; cum senat. grat. ag. 17; 

lich auf den Reliefs von Foligno und dem Maf- vgl. Mommsen St.-R. ni 381) und beim Tri- 

feischen, sowie auf dem Mosaik von Barcellona umph (Liv. XXXIX 5, 17. Plutarch. Lucull. 37, 

sehr detailliert dargestellt sind. Da alle alter 2; vgl. auch Joseph, bell. Iud. Vn 5, 4). Ob- 

sind als das 4. Jhdt., erscheint der Obelisk des wohl er in der Kaiserzeit nicht haufig erwahnt 



2581 Circus Circus 2582 

wird (Cass. Dio LV 2. 10: Krokodiljagd in dem p. 343f), ist leider hinsichtlich der Masse wider- 

zurNaumaehie umgestaltetenC. Flaminius. Ascon. sprechend mid lasst nicht einmal sichere Ent- 

in Cic. in toga cand. p. 81 K.-S.), ergiebt sich scheidung daruber zu, ob die Carceres auf der 

seine Wichtigkeit doch scbon daraus, dass die der Stadt zugewandten (dies nimmt Canina an, 

neunte Kegion des Augustus nach ihm und nieht wahrseheinlicb. mit Reeht) oder abgewandten Seite 

nacli dem Campus Martius benannt ist, was iibri- (so, abgesehen von alteren Topographen, Lan- 

gens manchmal die Entseheidung daruber er- ciani Pagan und christian Rome 129. PUR 

schwert, ob bei dem Ausdrucke in eirco Fla- frg. 13) gelegen haben. Die Breite des Gebaudes 

minio an das Gebiiude oder an die Region zu lasst sich auf ca. 100 m. (die der Arena auf 60), 
denken ist (so ist z. B. das theatrum quod est 1 die Gesamtlange auf 350 m. berechnen. Ob die 

in eirco Flaminio in den Acta ludor. saec. August. mehrfachen Erwahnungen von Pferderennen in 
Z. 158 das Marcellustheater ; die Region zu ver- . Vatieano sich alle auf dieses Gebaude beziehen, 

stehen bei Seneca de benef. V 16, 5: [Caesar ist zweifelhaft (sicher z. B. Sueton. Claud. 21: 

dictator] eastra in eireo Flaminio posuit pro- cir censes frequenter etiam in Vatieano eommisit; 

pius quam Porsena feeerat. Martial. XII 74, 2 : dagegen ist Sueton. Calig. 54 aurigabat extructo 

accipe de eireo poeula Flaminio, d. h. aus den plurifariam eirco offenbar nicht von stabilen An- 

Bazaren im Marsfelde; auch vielleicht CIL VI lagen die Rede; ebenso unsicher Tac. ami. XIV 

9713: M. SJalvio M.l. Secundo [nujmmulario 14 elausum, ralle Vaticana spatium in quo equos 

de eirco Flaminio). Die Forma Urbis Romae regeret {Nero) haud promiscuo spectaeulo, vgl. 
hat frg. 27 nur einen Teil der Namensbeischrift 20 Sueton. Nero 22. Hist. Aug. Eleg. 23 elephan- 

erhalten, die Regionarier haben den Namen in torum quattuor quadrigas in Vatieano agitasse 

der Uberschrift zu reg. IX, aber ohne Capacitats- fertur dirutis sepuleris quae obstabant), Irrig 

ziffer. Dies ist die letzte Erwahnung des C. Pla- ist auch die Identification mit dem Faiavdv bei 

minius im Altertum (die Beziehung der Inschrift Cass. Dio LIX 14 und dem Qaianum der Regio- 

CIL VI 1676 aus der Zeit des Arcadius und Ho- narien (s. Gaianum und Lanciani Bull, com., 

norius auf das Gebaude ist zweifelhaft). Der 1896, 248). Der C. muss anfangs des 4. Jhdts. 

Anon. Einsidlensis iibertragt den Namen C. Pla- zerstort sein, als Constantin die Basilica des Apo- 

minius falsch auf das Stadium (Piazza Narona), stels Petrus, welcher der Tradition nach hier den 

wahrend Mirabilien und Ordo Benedicti ihn rich- Martyrertod gefunden hatte, auf den Mauern der 
tig ansetzen (Jordan Top. II 339. 383. Lan- 30n0rdlichen Cavea und mit den Materialien der- 

ciani Mon. dei Lincei 1521). Bedeutende Reste, selben erbaute (Duchesne Lib. pontif. I193ff.); 

welche im 12. (Bulle Coelestins III. v. J. 1192, Anfang des 5. Jhdts. liess Honorius auf der Spina,. 

Bullar. Vatic. I 74) und 15. Jhdt. (Plav. Blon- wenig nordlich des auf seinem Platze belassenen 

dus Roma instaur. Ill 109) noch sichtbar lagen, Obelisken, ein Mausoleum fur sich und seine Fa- 

sind durch grosse Palast- und Kirchenbauten milie errichten (Lanciani Pagan and christian 

des 16. und 17. Jhdts. iiberdeckt worden; an Rome 200ff.). Dass das arddiov fiiya ir Nsgwvog 

die Gewolbe des ausseren Umgangs erinnert noch jiediy, welches Procop. bell. Goth. II 1 erwahnt, 

der moderne Strassenname Via delle botteghe nicht mit diesem C, sondern mit dem sog. C. 

oscure; an die Seiler, welche in der langen Bahn Hadriani neben dem Mausoleum des Hadrian iden- 
des C. ihr Gewerbe trieben, die Kirche S. Cate- 40 tisch sein kann, ergiebt sich sowohl hieraus, wie 

rina dei Funari und die Via dei Funari. Die aus dem Zusammenhang der EreignissebeiProkop. 

Carceres lagen nach dem Capitol zu, westlich Vgl. Beschreibung Roms II 1, 14 — 17. Canina. 

von Piazza Margana, die Rundung ist zum Teil Edifizj IV 7f. 190. Jordan Topogr. II 429. Le- 

erhalten unter Palazzo Mattei-Caetani an Piazza tarouilly Le Vatican I Taf. 1—4. 

Paganica. tiber die Reste vgl. Canina Edif. Dass der Circus Florae nur aus dem Miss- 

tav. 7. 186. 187, der aber den C. (wie Lan- verstandnis einer Kalendernotiz (der Fasti Venu- 

ciani Bull. d. Inst. 1870, 48f. nachweist) viel sini) zum 3. Mai hervorgegangen ist, und dass 

zu weit nach Westen ausdehnt. Nibby Roma ein Circus Sallustii niemals existiert hat, ist 

ant. II 613. Lanciani Ruins and excavations bereits von Becker Top. 674 tiberzeugend nacli- 
453ff. 50gewiesen worden; da wo Canina u. a. einen 

Ausser diesen beiden Circi besass Rom nur Circus Varianus oder Elagabali hinversetzen, lag 

noch ein ahnliches Schaugebaude, das in den Garten in Wahrheit das Kenotaph des Antinous (Rom. 

der Agrippina lag und, weil nicht Offentlich, in Mitt. 1 896, 122if.) ; dass der sog. Circus Hadriani 

den Breviaria des constantinischen Regionenbuchs in Wirklichkeit eine Naumachie gewesen ist, soil 

nicht erwahnt wird. Dieses nennt Plinius XVI anderswo gezeigt werden. Dagegen haben wir 

101. XXXVI 74, wo er des von Caligula dort auf- in unmittelbarer Nahe von Rom noch mehrere 

gestellten Obelisken Erwahnung thut, circus Oai Circi, namlich 

et Neronis prineipum in Vatieano. Dieser in- 1. den Circus derArvalen. Am zweiten 

schriftlose Obelisk ist der einzige, der durch das Tage des Maifestes der Dea Dia wurden bei dem 
ganze Mittelalter nie von seiner Basis gesturzt 60 heiligen Haine derselben am 5. Meilenstein der 

wurde; bis 1586, wo ihn Sixtus V. in die Mitte Via Portuensis Wagenrennen abgehalten. Dass 

des Petersplatzes versetzte, bezeichnete er die dafur ein eigenes C.-Gebaude bestand, ergiebt 

spina des circus Gaianus. Andere Reste von sich aus den haufigen Erwahnungen der Carceres 

Substructionen des Gebaudes sind beim Bau der und der daruber liegenden Loge, von der aus der 

neuen Peterskirche gefunden, die einzige Beschrei- Magister das Zeichen zum Beginn der Spiele gab 

bung, die wir von denselben besitzen, Giac. (Henzen Acta Arval. p. 36ff. u. o. Bd. II S. 1477). 

Grimaldis (cod. Barb. 34, 50 f. 206, wonach im Reste sind nicht nachzuweisen ; unwahrscheinlich 

Auszug Martinelli Roma ex ethn. sacra [1650] ist es, wenn ihn Pellegrini (Edifizi dei fratelli 



2583 Circus Circus 2584 

Arvali, Roma 1865) am Bergabhange rechts der di Boma2 I. Canina Via Appia I 213 und 

Strasse sucht, viel eher ist die Ebene am Fluss Taf. 48; Edifizj VI Taf. 51. [Hiilsen.] 

links der Strasse in der Vigna Stefano Ceccarelli Bei der grossen Vorliebe fur circensische Spiele 

(s. den Plan Ephem. epigr. VIII p. 341) dazu ist anzunehmen, dass auch sonst in Italien und 

geeignet. Inschrift eines cursor prasini, der ad in den rOmischen Provinzen eine Menge C. vor- 

deam Diam II vicit, Not. d. scavi 1894, 280. handen gewesen sein mflssen. Freilich scheinen 

2. DerCircus desMaxentius anderViaAp- die Amphitheater, nach der Zahl der erhaltenen 
pia zwischen dem zweiten und dritten Meilenstein, Beste und Zeugnisse zu urteilen, haufiger ge- 
links von der Strasse unweit des Grabes der Cae- wesen zu sein. Eine erschopfende Zusammen- 
cilia Metella gelegen, ist der am besten erhaltene 10 stellung der nachweisbaren C. nach Art der von 
unter alien. Den Namen seines Erbauers hat Friedlander S.-Gr. II Anh. 13 fur die Amphi- 
eine im J. 1825 an der Porta triumphalis gefun- theater gegebenen fehlt noch; vgl. Buggiero 
dene Inschrift, nach der er 309 n. Chr. dem jung Dizion. II 239ff. Im J. 306 v. Chr. hielten die 
verstorbenen Sohne des Maxentius Bomulus (dessen Burger von Anagnia (s. d.) in eireo quern Mari- 
Grab vielleicht der grosse, hallenumgebene Bund- timum vocant eine Bundesversammlung der Her- 
bau zwischen der Strasse und den Carceres ist) niker ab, in welcher die Kriegserklarung an die 
geweiht war (bis dahin war er von den Topo- Bonier beschlossen wurde, Liv. IX 42, 11. Es 
graphen meist C. des Caracalla genannt; fiber ist freilich sehr fraglich, ob hier unter C. ein 
mittelalterliche Benennungen vgl. Jordan Top. Bennplatz zu verstehen sei. Pur Mediolanum wird 
II 407). Litterarisch wird er nur erwahnt vom 20 ein C. durch Auson. de clar. urb. V 5 (populique 
Chronographen von 354 (Mommsen Chron. min. voluptas circus) bezeugt. Theodosius der Grosse 
I 148) : (Maxentius) eircum in catecumbas (s. o. veranstaltete darin am Tage vor seinem Tode 
S. 1782f.) fecit. Das Gebaude hat eine Gesamt- (17. Jan. 395) circensische Spiele, Socrat. hist, 
lange von 520, eine Breite von 108 m.; die Arena eccl. V 26. Sozom. VII 29. Plir Trebula Mu- 
ist 485 m. lang, 84 m. breit. Die 285 m. lange tuesca im Sabinerlande CIL IX 4907, fur Asisium 
Spina trug in der Mitte einen ursprfinglich fur XI 5390 (fur Aletrium wird CIL X 5807 ein eam- 
Domitian errichteten Obelisken, welcher im J. 1650 pus ubei ludunt genannt). Die im J. 353 n. Chr. 
von hier auf Piazza Navona versetzt worden ist in Arelate veranstalteten circensischen Spiele be- 
(Cancellieri Piazza Navona, Bom 1811, 42f. rechtigen zu der Voraussetzung, dass dort ein C. 
Beschr. Boms III 3, 375. Marucchi Obelischi 30 gewesen sei. Ammian. Marc. XIV 5, 1. CIL XII 
di Eoma, Bom 1898, 125—131). Von den Metae 670. Ahnliches gilt fur Trier (Treveri), August, 
ist eine Kegelsaule im J. 1825 ausgegraben, jetzt confess. VIII 6. Salvian. de gubern. Dei VI 8, 
in Villa Albani (Visconti V. A. 58 nr. 344). Der 39 sagt, dass in Magontiacum, Massilia, Colonia 
Zuschauerraum ist schmal und kann nicht mehr als Agrippinae, Treveri vor der Abfassungszeit (zwi- 
9 — 10 Stufen gehabt haben, die flir ca. 23000 schen 439 — 451 n. Chr.) der Schrift circensische 
Personen Platz boten. Die Treppen zu den Sitzen Spiele stattgefunden haben. Flir Lugudunum s. 
(auf jeder Langseite 21 im Abstande von 20 m.) Boissieu Inscr. de L) T on 466. Fur Arausio s. 
sind wohl erhalten; zur Erleichterung des die Caristie Mon. ant. a Orange (Paris 1856) Taf. 51. 
Sitze tragenden Gewolbes sind in das Gusswerk De Bossi Inscr. christ. II p. 46 ein spates bar- 
zahlreiche Thongefasse eingebettet. Kenntlich 40 barisches Gedicht aus Gallien iiber die Verwand- 
sind noch zwei pulvinaria, eines an der Nord- lung eines C. in eine christliche Kirche. Fur 
seite, in der Gegend der calx, wohl fur die Preis- Karthago, wo Beste einer Spina noch heutzutage 
richter bestimmt, ein zweites in der Mitte der westlich von der Byrsa, dicht an der Eisenbahn- 
Siidseite. Besonders wohl erhalten sind die Car- linie La Goulette-Malga, zu erkennen sind (T is sot 
ceres, mit zwei Turmen (s. Oppidum), einem Prov. Bom. dAfrique 1645. Sal. Beinach ebd. 
grossen Mittelportal und , beiderseits zwischen II 799) wird durch den oben genannten Salvianus 
diesem und den Turmen,. je sechs Bogen fur XII 69 bezeugt : eeelesia Oarthaginiensis insanie- 
die Wagen. Vgl. Bianconi Descrizione dei cir- bat in circis, s. auch Augustin. conf. VI 7. Auzia 
chi particolarmente di quello di Caracalla, herausg. CIL VIII 9052. 9065 (227 n. Chr.), Saldae ebd. 8936, 
v. Fea Bom 1789 fol. Nibby Del Circo di Bo- 50 Thugga (Dougga) mit Buinen, Carton Thugga 
molo volgarmente detto di Caracalla, Bom 1825. p. 152, vgl. CIL VIII 15 524. 15525. CaesareaMau- 
Burgess Description of the Circus on the Via retaniae (Cherchel), Buinen beschr. von VailleDe 
Appia near Borne, London 1828. Beschreibung Caesareae monumentis quae supersunt, Algiei 1891. 
Boms III 1, 624. Canina Edifizj di Eoma an- HadrumetumTissot a.a. O.II157. Gafsa (Capsa), 
tica IV tav. 194 — 196. ' Grosses Mosaik mit C.-Spielen. Theveste, CIL 

3. DerCircus vonBovillae, 1823ff. ausge- VIII 16566, Inschrift eines Wagenlenkers , der 
graben; das Gebaude hat 335 m. Lange, 70 m. in trigario (s. d.) begraben ist, vgl. Bh. Mus. 
Breite, die Arena 320 bezw. 60 m. Die zur Halfte XLIV 485ff. Lafaye bei de la Blanche re 
wohl erhaltenen (12) Carceres bestanden aus einer Collect, du Musee Alaoui I 125f. In Hispania 
segmentformigen Bogenreihe aus Tuffquadern mit 60 Baetica nennen uns die Inschriften zwei C, einen 
vorgestellten Halbsaulen. Der Zuschauerraum in Urso (CIL II 5439 n 1, 20 vgl. mit iv_2, 
batte nur etwa sechs Stufen, konnte also etwa 12) und einen in Zafra (984). Ausserdem wird 
8000 Menschen fassen. Inschrift eines cursor die Abhaltung circensischer Spiele, die also in 
prasini, der Bovillis vicit, Not. d. scavi 1894, den meisten Fallen das Vorhandensein eines C. 
280. Vgl. Tambroni und Poletti Atti dell' voraussetzen, fiir folgende Orte dieses Landes 
Accad. pontificia III (1829) 119—183. de Bo- durch die Steine bezeugt: Arunda (ebd. 1360), 
manis Effem. romane 1823. Angelini e Fea Astigi (1471. 1479), Balsa II 5165f. (vgl. Po- 
Monumenti del Lazio I (1828). Nibby Dintorni dium). Burguillos (5334), Castulo (3265. 3270), 



2585 Ciris Cirta 2586 

Corduba (5523), Emerita (478), Illipula (954), Kiepert CIL III tab. IV und Pormae orbis an- 

Murgi (5490), Oretum (6339 = 3221), Ossigi (2100), tiqui XVII); besetzt war derselbe von der coh. 

Ostippo (1441), Tucci (1663. 1685), Ulia (1532). II Alpinorum equitata CIL III 3646. 3647 = 

Diese Zusammenstellung firr das eine Land, in 1058'J. Ruggiero Dizion. epigr. I 434. A. v. 

dem die inschriftliche Ausbeute in dieser Hin- Domaszewski Arch.-epigr. Mitt. V 204) und 

sicht besonders giinstig, aber gewiss noch nicht wahrscheinlich auch schon vor der Not. dign. von 

einmal vollstandig gewesen ist, zeigt deutlich, einem Detacbement der leg. II adiutr. ; es ist hier 

class selbst unbedeutende Orte ihre ciroensischen wohl nur eine Veteraneninscbrift (CIL III 10580, 

Spiele gehabt haben, und lasst auf ihre Verbrei- 229 n. Chr.) zum Vorsobein gekommen, doch 
tung auch in den ubrigen Teilen des rOmischen 10 diirften die im nahen Visegrad in den Ruinen 

Reiches sehliessen. Uber die entsprechenden grie- eines mittelalterlichen Castells gefundenen In- 

chischen Anlagen s. den Art. Hippodromos. schriften der Legion CIL III 10585. 10586 von 

Vgl. auch Corp. gloss, lat. II 101 , 1 (fiir evcov C. dorthin verschleppt worden sein. Der eben- 

lies iv 4>). 322, 51. 58. 573, 16 (lies equestris). falls dort entdeckte Stein CIL III 10587 coh. 

Ill 10, 58. 84, 32 (lies circenses). 146, 35. 173, / nova [Surorum sagittariorurn] ist zu frag- 

46. 240, 64. 302, 53. 372, 7. 468, 18. 484, 8. mentiert, um Schliisse aus ihm Ziehen zu kennen ; 

V 276, 57 (62 ist dagegen fiir eireum zu lesen die in Leianyfalu gefundene Ara derselben Cohorte 

cirsum, vgl. IV 218, 42 und 46. V 351, 54). ist eher mit Szent-Endre (Ulcisia castra) in Verbin- 

Litteratur (ausser der schon angefiihrten) : dung zu bringen. Militarziegel aus spater Zeit sincl 
Onuphr. Panvinius De ludis circensibus, Paris 20 CIL III 10679 e.f. 10681 cverzeichnet. Gegenuber 

1600 und Venedig 1602 mit Anmerkungen von von C. liegt am linken Donauufer das in spat- 

Argoli und einem Anhange von Pinelli. J. C. rOmischer Zeit befestigte Vercicze (CIL III 3761 e.f. 

Bulengerus De Circo Romano ludisque circ. 4668a). C. wird, da ein Decurio von Aquincum 

(beide in Graevii Thes. ant. Rom. IX. Patav. hier sein Familiengrah hatte (CIL III 10591), 

1699. Index!). Salmasius Exerc. Plin. ad So- der niederpannonischen Hauptstadt attribuiert ge- 

linum p. 635f. Artaud Descript. d'une mosaique wesen sein. Von den hier verehrten Gottheiten 

represent, des jeux du cirque. Lyon 1806. De ist ausser Iuppiter (CIL III 10580. 10582) nur 

Laborde Descripci6n de un pavimento en mo- Volcanus bekannt (CIL III 3646). tfber Klein- 

sayco descubierto en la antigua Italica. En Ma- funde in C. vgl. Hampel Arch.-epigr. Mitt. II 
drid und Paris 1806. Hirt Gesch d. Baukunst 30 73f. ; ein Grabrelief ebd. VII 104, 60. CIL III 

11 und HI mit Taf. Visconti Museo Pio-Cle- 459.1712. A. Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. 
ment. V 216ff. Biibr in d. Encycl. v. Ersch Ruggiero Dizion. epigr. II 242. [Patsch.] 
und Gruber XVII 288 unter Circus mit Litte- CirruSj Haarschopf der Athleten in spaterer 
raturangaben. Daremberg et Saglio Diction- Zeit, fiaUog jxacdiov xai aMijrov Gloss, vet. Nach- 
naire des antiqu. I 1187 — 1201 mit Taf. 1515 — dem bei den griechischen Epheben schon seit den 
1539 (I. l'edifice p. 1187— 1192 von J. L. Pascal. Perserkriegen kurzer Schnitt des Haares iiblich 
II. les jeux p. 1192 — 1201 vonBussemaker und geworden war, kommt spater (in griechischer Zeit 
Saglio). L. Friedlander S.-G 116 322ff. und noch nicht nachweisbar) bei den Berufsathleten 
bei Marquardt-Wissowa Rem. St.-V. Ill 2 die Gepflogenheit auf, einerseits das Haar bis an 
504ff. Baumeister Denkm. I 692ff. Schulze40die Haut abzuscheeren (Luk. dial, meretr. V 3 
Die Schauspiele z. Unterh. d. rem. Volkes, 1895 iv XQ°? axp&rj avxrj xa&djieo oi acpodga dvSeco- 
(Gymn.-Bibl. XXIH). Fiir die stadtromischen deig x&v ad-Xrjtcbv djioxsxagfisvtj ; diese Art hiess 
C. Kiepert und Hiilsen Formae urb. Rom. oxaipiov, Schol. Aristoph. av. 806, vgl. Philostr. 
antiqu. (Berlin 1896) Nomenclator S. 19. imag. II 32, 3), anderseits aber im Scheitel einen 

[Pollack.] Haarschopf stehen zu lassen. Da ein praktischer 

Ciris (xstgig), der Vogel, in welch en des Nisos Zweck desselben nicht zu ermitteln ist, er beim 

Tochter Skylla verwandelt wurde; Weiteres s. u. Ringen vollends nur nachteilig sein konnte, wird 

Nisos und Skylla. [Hoefer.] man darin eine Art ausseres Abzeichen jener Be- 

Cirun (K(ova), Gebirge in Africa, Ptol.IV3, 16. rufsklasse erblicken diirfen. Nach Sueton Nero 

Vermutungen iiber die Lage bei Tissot Geo- 50 45 wurde -einer Statue dieses Kaisers, um seine 

graphie de l'Afrique I 20. [Dessau.] ubermassige Vorliebe und Fiirsorge fiir die Athle- 

Cirnaba s. Cyrni. ten zu verspotten, ein C. aufgesetzt. Von Dar- 

Cirpi, Station der Donauuferstrasse (Itin. Ant. stellungen vgl. namentlich das Athletenmosaik 

266, 11 Oirpi mansio) und wichtiges Castell in im Lateran (Secchi Musaico Antonin.) und die 

Pannonia inferior, das nach Not. dign. Occ. XXXIII ubrigen bei Daremberg-Saglio I 520 ange- 

12 = 33. 49. 56 besetzt war von equites Dal- fuhrten Beispiele, dazu Mus. Torlonia Taf. CXXII 
matae, Oirpi; auxilia Fortensia, Cirpe; prae- 478. ROm. Mitt. V Taf. 7. Bull. com. 1886, 
feotus legionis secundae adiutrieis, Oirpi. Nach 50. Litteratui: Visconti Mus. Pio-Clem. V 226f. 
der genauen Angabe bei Ptolem. II 15,4 jioksig Krause Gymn. u. Agon. I 541. Saglio bei 
8s eioiv vnb /xev xov AavoifSiov itora/iov .... Kuq- 60 Daremberg-Saglio Dictionn. I 520f. 

mg. II 11, 5 fj £q>e.g~rjg smoTQOcprj (xov Aavovfttoy) [Jiithner.] 

xaxa K&Qmv aQxxix<oxdxtj jraacov und ni 7, 1 Cirta. 1) In Numidien, Stadt in fester Lage auf 

sjii xtjv xaxa.K6.Q7uv xov Aavovfitov noxafiov im- einem steilen Plateau am linken Ufer des Ampsaga- 

axQocprjv lasst sich die Lage des Ortes am Do- fiusses (heutzutage auf dieser Strecke Rumel), ca. 

nauknie beim heutigen Duna Bogdiany, nordest- 60 Millien vom Meere entfernt (nach Tab. Peut. 

lich von Visegrad bestimmen, wo Ruinen eines 67 Mill, von Rusicade), spater Constantina, bei 

Lagers aufgedeckt worden sind (J. Hampel Arch.- den Arabern Ksantina, jetzt Constantine. Der 

epigr. Mitt. II 73f. Mommsen CIL III p. 459. Name, der sich auch als Beiname der Stadt Sicca 



2587 Cirta Cisium 2588 

flndet (s. d.), einigemal Cirtha geschrieben (Circ- dass Minucius Felix fur eine der Figuren seines 
fiir Girt- in lateinischen Hss. ist ohne Bedeutung), Dialogs Octavius einen Cirtenser, Caecilius Nata- 
ist phoinikischen Drsprungs und bedeutet Stadt. lis, wahlte, der hier freilich das Heidentum ver- 
Im Altertum scheint man ihn einmal von einer tritt, dessen Bekehrung aber in Aussicht gestellt 
Thespiade Ksofrrj abgeleitet zu haben , die vom wird (Herm. XV 471). Schweren Schaden erlitt 
Herakles einen Sohn 'Iofitjg , ohne Zweifel den C, wo urn das J. 308 der Viear von Africa, Ale- 
Stammvater des numidischen Konigshauses, ge- xander, sich zum Kaiser hatte ausrufen lassen, 
habt haben soil (Apollod. bibl. II 7, 8). C. wird um das J. 310 bei der Einnahme durch die 
zuerst genannt als Hauptstadt des numidischen Truppen d^s Maxentius (Victor Caes. 40). Die 
Beiches, das der Masaesylierfiirst Syphax gebildet 10 zerstOrten Teile wurden unter Constantin wieder 
hatte (Liv. XXX 12. Appian. Lib. 27), und aufgebaut, und die Stadt nahm den Namen Con- 
das dann auf Massinissa uberging (Strab XVII stantina an (Victor a. a. 0.) , der nunmehr der 
832). Die Stadt nahm zu unter Micipsa, der ubliche wurde (OIL VIII 7012. 7013. 7034), wenn 
griechische Ansiedler dort aufnahm und unter auch der alte nicht gilnzlich vergessen wurde (so 
dem sie 10000 Reiter und 20000 Fussganger ins noch in der Bischofsliste vom J. 484, Num. nr. 83: 
Feld soil haben stellen kfinnen (Strab. a. a. O.). Ciroensis). Nicht unerhebliche Beste antiker Bau- 
Auch eine starke italische Colonie war dort, die ten existierten noch im Innern der Stadt bei der 
sich, als im J. 112 v. Chr. Adherbal dort von Iu- Besitzergreifung durch die Franzosen (1837), sind 
gurtha belagert wurde, in hervorragendem Masse aber seit dieser Zeit fast vollig verschwunden. Ab- 
an der Verteidigung beteiligte (Sail. lug. 21. 26). 20 bildungen in dem Werke Exploration scientifique de 
Im J. 46 eroberte der fruhere Catilinarier und l'Algerie, Archeologie par Delamare Taf. 113ff., 
nunmehrige Condottiere F. Sittius aus Nuceria in Beaux arts par Ravoisie Taf. 6ff. S. auch Vara 
Gemeinschaft mit dem mauretanischen KOnig Boc- Cirta, Paris und Const. 1895. [Dessau.] 
elms die Stadt (bell. Afric. 26, vgl. Appian. b. c. 2) S. Arauris. 

II 96) und siedelte mit Caesars Genehmigung 3) Cirta insula, im persischen Golf an der 

seine Leute dort an (Appian. b. c. IV 5); dies arabischen Seite, im Bereich des Bahre'inarchi- 

blieb auch so, als Sittius in den Wirren nach pels; Geogr. Rav. p. 390, 9. [Tomaschek.] 

Caesars Tode umgekommen war (Appian. a. a. O.). Cisauna, Ort in Samnium, von L. Cornelius 

Die. Ansiedelung (Cirta Sittianorum colonia, Mela Scipio Barbatus, Consul 298 v. Chr., eingenom- 
I 30; ungenau Plin. n. h. V 22: colonia Cirta 30 men, nur auf dessen Epitaph CIL I 30 = VI 1258 

Sittianorum cognomine) fuhrte nach Caesar den (zusammen mit Taurasia) genannt. Lage ganz 

Namen colonia Iidia Iiwenalis Honoris et Vir- ungewiss. [Hiilsen.] 

tutis C. (CIL VIII 7041. 7071; Kigta 'lovl.ta bei Ciseli, castellum Lusitaniae, einzig erwahnt 

Ptol. IV 3, 28). Es giebt Miinzen der Colonie auf einer Inschrift aus Caesarobriga im Ostlichen 

aus der ersten Kaiserzeit mit den Bildnissen des Lusitanien (CIL II 5320) ; daher die Lage nicht 

Honos und der Virtus (Revue numismatique 1883 zu ermitteln. [Hiibner.] 

p. 69, vgl. CIL VIII Suppl. p. 1849). Das Ge- Cisimbrium, Stadt in Hispania Ulterior,* in 

biet der Ansiedelung, die zuerst unter Duovirn der alphabetischen Liste der Stadte des Binnen- 

stand, erstreckte sich nordlich bis zum Meere, wo landes zwischen Baetis und Ocean bei Plinius 
es die Hafenstadte Chullu und Rusicade einschloss, 40 (III 10), die aus Agrippa und Augustus Com- 

siidlich zum nrindesten bis Sigus, und umfasste mentarien stammt, nach Inschriften in dem wiisten 

zahlreiche pagi (Tac. ann. Ill 74 ; vgl. CIL VIII Platz, der den Namen Zambra bewahrt, zwischen 

p. 552. 567. 563. 586; auch Ptol. IV 3, 28 zahlt Lucena und Igabrum, wahrscheinlich zum Ge- 

als zu dem Gebiet der Cirtenser gehorig ausser richtsbezirk von Corduba gehorig (CIL II p. 292. 

C. selbst noch eine Anzahl andrer Ortschaften 885). In der Aufzahlung bei Plinius, die aber 

auf). Drei von ihnen, Milev, Chullu und Rusi- nicht ganz zuverlassig ist, erscheint es unter den 

cade, fiihrten selbst das Praedicat colonia, und stipendiariae; seit Vespasian ist es municipium 

die Vorstande der Ansiedelung, die nunmehr drei Latinum (CIL II 2096) in den Tribus Quirina 

an der Zahl waren, nannten sich tresviri quat- und Galeria, was nicht sicher erklart ist. Diese 
tuor coloniarum und fiihrten den Nebentitel von 50 Inschriften zeigen die iiblichen Amter (duoviri 

praefecti trium coloniarum (so z. B. CIL VIII und pontifiees, CIL II 2098) sowie den ordo mu- 

7978), Milevitanae , Rusicadensis , Ckullitanae nicipum municipii (2099). Das Adiectivum Ci- 

(so z. B. CIL VIII 7095). Vgl. iiber diese eigen- simbrensis (2098. 2099) kann auch von der in 

artige Gemeindeverfassung Mommsen Herm. I den Hss. des Plinius (iberlieferten Form Cisim- 

53f. CIL VIII p. 618. Administrate gehorte brium abgeleitet sein, wie von Carthago beides, 

die Stadt zum Sprengel des Proconsuls von Africa Carthagincnsis und gewohnlicher Carthaginiensis, 

und, nachdem der Legat der in Africa stationier- gebildet wurde. [Hiibner.] 

ten Legio tertia Augusta von dem Proconsul un- Cisium, ein zweiradriger (Non. 86, 30) leich- 

abhangig geworden, zu dem des letzteren, der ter und schneller (Cic. pro Rose. Am. 19; Phil. 
spateren Provinz Numidien. Von der Blute der 60 II 77. Verg. jatal. 8, 1) Wagen; bei Auson. ep. 

Stadt in der Kaiserzeit zeugen die zahlreichen 8, 6 dreispannig, benutzt von Reisenden ohne 

dort gefundenen lateinischen Inschriften (CIL VIII schweres Gepack; wer solches hatte, bediente sich 

6939ff.; Suppl. 19415ff.). Im 2. Jhdt. sassen viele der reda. Ahnlich wie C. wird auch das esse- 

geborene Cirtenser im romischen Senat (Front. dum erwahnt; da dies auch Streitwagen ist, mag 

ad am. II 10 p. 201 Naber); unter andern war der Unterschied der gewesen sein, dass es nach 

der Redner Cornelius Fronto aus C. (Front, p. 200 hinten, das C. nach vorn offen war. Darstellungen 

Naber. Minuc. Fel. 9). Von der Aufnahme, die zweiradriger Wagen, die C. sein kOnnen, Neu- 

das Christentum in C. fand, zeugt der Umstand, rohr und Hawich Monument von Igel, "West- 



2589 Cisomagus Cissonius 2590 

seite(zweispannig; auch bei Daremberg-Saglio 6) Cispius Lacvus. Legat des L. Munatius 

I 1201). Montfaucon Ant. expl. IV 195. Oli- Plancus in Gallien 711 = 43 (Cic ad fam. X 18, 

vieri Marmora Pisaurensia 155 (diese beiden ein- 1. 21, 3). [Milnzer.] 

spannig). Stationen der gisiarii (so geschrieben), Cispius mons, in Rom, ein Teil der Esqui- 

Mietskutscher, bei Pompeii OIL X 1064, und Cales, lien , und zwar die nach dem Vious Patricius zu 

ebd. 4460. Bei Pompeii lag diese Station an gelegene Bergzunge (Pest. 348), welehe jetzt 

der Grenze des Stadtgebietes {ad gisiarios, qua durch die Kirehe S. Maria Maggiore bezeichnet 

territorium est Pompeianorum); es scheint da- wird und die vom Oppius durch das Thai der 

nach, dass in diesem i'remde Mietkutscher wenig- Subura bezw. des Clivus Suburanus geschieden ist. 
stens nicht einschriinkungslos zugelassen waren. 10 Dass der C. schon zum ,Septimontium' gehOrte. 

Auch in Cales scheint die Station vor dem Thor bezeugt Fest. a. a. O.; den Namen Ieitet er ab 

gelegen zu haben (ad gisiarios portae Stellatinae). a Laevio Gispio Anagnino, qui missus ad Ro- 

Eine solche Station in Tibur CIL VI 9485. Ein mam tuendam dum Tullus Hostilius Veios op- 

Collegium der cisiarii, mit Magistri und Ministri, pugnaret, earn, partem Esquiliarwn , . . in qua 

CIL XIV 2874 (Praeneste), ein Collegium der est aedis Mefitis, tuitus est (s. Cispius Nr. 5). 

cisiani (Ostia) ebd. 409, 16. Ein cisiarius in Sonst kommt der Name nur vor in der Argeer- 

Sena Gallica CIL XI 6215. Dass cisiarii auch urkunde (bei Varro de 1. 1. V 50), wo das saera- 

Verfertiger von C. sein kOnnen, ist an sich mCg- Hum quintieeps und sextieeps der Regio Collina 

lich, aber nicht erweislich. Scheffer De re vehi- auf dem Cespius mons (eis lucum Poetelium und 
cularia II 18. Marquardt Privatl. 2 728, 1. 734. 20 apud aedem lunonis Lueinae) genannt werden, 

Becker-Goll Gallus III 15. [Mau.] und bei Gell. XV 1, 2; aus letzterer Stelle geht 

Cisomagus, Vicus der Civitas Turonum. Greg. hervor, dass der C. in der Kaiserzeit ein stark 

Tur. hist. Franc. X 31, 3 in vicis . . . Cisoma- bewohntes Viertel mit hohen Mietshiiusern war. 

gensi. NachLongnon Geogr. de la Gaule 269 Vgl. Becker Top. 534. Beschr. Roms III 2, 203. 

das heutige Ciran-la-Latte (Tourraine). Holder Jordan Top. I 1, 187. Gilbert I 165. 166. 
Altkelt. Sprachschatz s. v. (auf Merowingischen [Hiilsen.] 

Miinzen Cisomo vico). [Hun.] Cissa. 1) Cissa (Plin. n. h. Ill 151. Geogr. 

Cisonius s. Cissonius. Rav. 408, 21) s. Gissa. 

Cisori, Garamantenstamm ab ea parte Nili, 2) S. Cessetani. 

quae supra Syrtes maiores oceanumque meri- 30 Cissi, Ortschaft (municipium) an der Kiiste 

dianum protenditur. Ebendort die Cispii, Plin. von Mauretania Caesariensis, 12 Millien westlich 

VI 194 nach Dalion. [Fischer.] von Rusuccuru gelegen , Tab. Peut. Itin. Ant. 

Cispii s. Cisori. p. 16. Ptol. IV 2, 7. Bischefe werden im J. 411 

Cispius, plebeische Familie. (coll. Carth. c. 208, bei Mansi IV 161 = Migne 

1) Cispius, als Schuldner Ciceros genannt 709 XI 1348) und im J. 484 (Not. Caes. nr. 107, in 
= 45 (Cic. ad Att. XII 24, 2. XIII 33, 2). Halms Victor Vitensis p. 70) genannt (im J. 411 

[Miinzer.] erscheint ausser dem episcopus Cissitanus auch 

2) C. Cispius aus Arretium, Fabrikant von ein Gessitanus, coll. Carth. c. 206, bei Mansi IV 
gepressten Reliefvasen. Gamurrini Iscr. d. vasi 157 = Migne XI 1344). Vielleicht identisch mit 
fltt. Arret. 47. Dragendorff Terra sigillata 27. 40 dem heutigen Dellys, an der algerischen Kiiste, 

[C. Robert.] vorausgesetzt, dass Rusuccuru an der Stelle des 

3) L. Cispius, vielleicht ein Bruder des Folgen- heutigen Tigzirt lag , s. CIL VIII p. 766. 974. 
den und identisch mit Nr. 6, warFlottenfiihrer Cae- Eine Ortschaft mit ahnlichem oder identischem 
sars im africanischen Kriege (b. Afr. 62, 2. 67, 1). Namen in der Provincia proconsularis, nach dem 

4) M. Cispius, Volkstribun 697 = 57, hatte Bischofsverzeichnis vom J. 484 (Not. proc. 27, in 
friiher einen Zwist mit Cicero gehabt, trat aber Halms Victor Vitensis p. 64: Gicsitanus). 
trotzdem zusammen mit seinem Vater und Bruder [Dessau.] 
fur dessen Zuruekberufung aus dem Exil auf (Cic. Cissianti, Volkerschaft an der Maiotis nahe 
p. red. 21) und wurde am 25. Januar, als er den Amazones, Mela I 13; Plin. VI 35 Cisianti. 
seinem Amtsgenossen Q. Fabricius zu Hulfe eilte, 50 [Tomaschek.] 
der sie offentlich zur Sprache bringen wollte, Cissii montes, eine nOrdliche Abzweigung des 
durch die Clodianer mit Gewalt vom Forum ver- Kaukasos , Plin. VI 21 ; Cisson ft. Geogr. Rav. 
jagt (Cic. Sest. 76). In einem der folgenden p. 77, 14 ist der albanische Kasios oder Casus. 
Jahre stand er wegen ambitus vor Gericht und [Tomaschek.] 
wurde verurteilt , obwohl ihn Cicero verteidigte Cissonius, Beiname des gallischen Mercurius 
{Cic. Plane. 75. Schol. Bob. z. d. St. p. 267 Or.). auf mehreren Inschriften. Nach Orelli 1406 
Sollte er mit M. Cispius L. f. prfaetor) CIL I (= Castan Rev. archeol. n. s. XXXVIII 1879, 
631 = VI 1278 identisch sein, so musste ihn 85, vgl. 3. ser. XV 54) hatte er einen Tempel 
Caesar rehabilitiert haben. in Besancon : Deo Mercurio Oissonio Dubetratia 

5) Cispius Laevus soil wahrend des Krieges, 60 Gasttda natione Syria templum et porticus vetu- 
den Tullus Hostilius mit Veii fiihrte, an der Spitze state eonlabsum denuo de suo restituit. Die 
von Mannschaften aus Anagnia den Teil des Es- iibrigen Inschriften stammen aus Kreuzwald bei 
quilin besetzt haben, der nach ihm Cispius mons Metz (Zangemeister Bonn. Jahrb. LXIX 42 = 
benannt wurde (Varro bei Fest. p. 351). Diese O. A. Hoffmann Steinsaal des Mus. Metz 69 
tjberlieferung bezweckt , das Bundnis zwischen nr. 296 Deo Oissonio P. . . I. s.) , Rheinzabern 
ROmern und Hernikern in die alteste Zeit hinauf- (Mehlis Bonn. Jahrb. LXVI 163 Deo Mercurio 
zurucken, und ist ohne Wert (vgl. fiber den Ve- Oissonio Ooreianus, iiber der Inschrift Darstel- 
ienterkrieg Schwegler R. G. I 577, 2). lung des Gottes mit Beutel und Caduceus, vgl. 



2591 Cista Cista 2592 

Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. V 205), Koln (Bram- zeigen einen runden Korb, unterdessen gehobenem 

bach CIBh. 400 Mereurio Cissonio , vgl. Deckel eine Schlange herausschliipft, mit anderen 

Diintzer Verzeichnis d. rom. Alt. des Mus. Wall- bakchischen Symbolen, umgeben von einem Epheu- 

raf-Richartz in Koln, 1885, 26 nr. 10), Heddernheim kranz. Ahnlich auf der Pariser Onyxschale Miil- 

(Brambach 1461 Mereurio Cissonio aram . . .) ler-Wieseler II 626. Von den Cistophoren sind 

und Ruppertsberg in der bayrischen Rheinpfalz der Zeit nach wohl nicht sehr entfernt die aus 

(Brambach 1831 Deo Cisonio ex voto posuit Bhodos stammende Gruppe des farnesischen Stiers, 

Paternus, die Lesart Cisonio bestatigen H a u g an deren Basis die C. — ein mit einem Gewand 

Bonn. Jahrb. LV — L VI 169 und Zangemeister bedeckter cylinderformiger Korb — die bakchi- 
Bonn. Jahrb. LXIX 43). Vgl. auf Inschriften die 10 schen Mysteiien andeutet, mit deren Feier Dirke 

Mannsnamen Cisso, Cissus, Cissonius (Holder beschaftigt war, und die von Stephani a. 0. 

Altkelt. Sprachschatz s. v.). G 1 u c k Kelt. Namen publicierte Silberschale aus Stidrussland mit Dar- 

90. Die Erganzung Gi[sso]nio auf der Milten- stellung einer Bakchantin, die den Deckel der C, 

berger Inschrift Brambach nr. 1739 ist nicht aufhebt und die hervorkommende Schlange futtert. 

zutreffend; vgl. Cimbrianus. [Ihm.] Demnachst die Miinze von Kassope Mionnetll 

Cista, xiaxrj. Die Etymologie des Wortes ist 52 nr. 54 und die oskiscbe Miinze aus sullani- 

dunkel; es bezeichnet aber einen Korb, ohne Ruck- scher Zeit, Friedlander Osk. Miinzen 73. Un- 

sicht auf die Form. Denn wahrend die am hauflg- gemein zahlreich sind die Darstellungen aus der 

sten genannte Mysterien-C. cylindrischer Form Kaiserzeit; s. J aim 324ff. Die C. erscheint hier 
ist, kommt bei Colum. XII 56, 2 eine viereckige 20 bei Statuen als geschlossener Korb mit flachem 

e. viminea vor; vgl. noch Theophr. h. pi. Ill Deckel; so bei Dionysos, bei einem Satyr, als 

10, 5. V 7, 5. Ammon. 82. Poll. X 180. Ovid. Sitz eines Silen , Clarac 672, 1596. 706, 1685. 

met. II 554. Plin. n. h. XV 60. 209. Es wird als 728, 1744. 730, 1756. Weit haufiger begegnet 

Besonderheit notiert, dass im Griechischen xioxt] sie in bakchischen Scenen auf Reliefs , nament- 

auch bisweilen einen Kasten bezeichnet, Bekker lich Sarkophagen. Und zwar ist an dem Deckel 

Anecd. 105, 14. Suid. s. v. Im Lateinischen des Sarkophags Casali, Miiller-Wieseler II 

ist C. durchaus ein Korb, und in dieser Bedeu- 432, dieselbe Handlung dargestellt, wie auf der 

tung ist das Wort in die romanischen Sprachen erwahnten Silberschale; sonst aber erscheint die 

iibergegangen. Korbe dienten natiirlich zur Auf- C. nie in ritualem Gebrauch, sondern unter anderen 
nahme der verschiedensten Dinge ; es ist Zufall, 30 bakchischen Attributen am Boden stehend. In 

dass im Griechischen xloxt] besonders hauflg als alien diesen Darstellungen ist sie ein geflochtener, 

Behalter fur Lebensmittel erscheint; so schon cylinderformiger Korb, mit hochgewOlbtem. geoff- 

Homer Od. VI 76; C. fur Kleider Poll. X 180. netem Deckel, unter dem die Schlange hervor- 

Quintil. VIII 3, 19; ein eistarius a veste forensi schliipft; so z. B. Clarac 126, 362. 128, 421. 

des Tiberius Orelli-Henzen 6374. C. als Reise- 132,116.144,725.150,472. Mtiller-Wiese- 

koffer Horat. ep. I 17, 54. Cistellae zur Aufbe- ler II 116. 411. 432. Alslnhalt der bakchischen 

wahrung der erepitndia Plaut. Cist. 380; Rud. C. nennt Clem. Alex, protr. 19 das al&oTov des 

389f. Ter. Eun. 753. Cistula fur Kostbarkeiten Dionysos , Finnic, de err. prof. rel. 5 das Herz 

Plaut. Amph. 773; vgl. die eistellatrix Plaut. des Dionysos-Zagreus ; dies nennt auch Clem. a. 
Trin. 252. Insbesondere heisst C. 40 O. 22 mit der Schlange, Granatapfeln, vag-thjxeg 

1) der cylinderfOrmige Korb, in dem bei My- und Epheu. 
sterienfeiern geheime Symbole aufbewahrt wurden. Die C. der Demetermysterien ist aus viel alterer 

Ausfiihrliche Behandlung dieser e. mystiea bei Zeit und auch fur das eigentliche Griechenland 

O. Jahn Hermes III 317ff. Nachtrage dazu bezeugt. Zuerst in Polygnots Unterweltgemalde, 

Stephani Die Schlangenfiitterung der orphischen Paus. X 28,3; sodann Plut. Phok. 28. Ferner 

Mysterien, Petersb. 1893, namentlich llff. kommt sie vor in Verbindung mit von Athen aus 

Die e. mystiea kommt weitaus am haufigsten reformiertenMysteriencultenimPeloponnes(Prel- 

in Verbindung mit bakchischen Mysterien vor, ler Dem. u. Perseph. 144ff.): in Andania, Z. 29 

ist aber dem alt-einheimischen Dionysoscult fremd der Mysterieninschrift (Dittenberger Syll. 388), 
und erst mit dem orphisch-sabazischen Mysterien- 50 in Thelpusa und Akakesion , Paus. VIII 25, 7. 

cult in Gebrauch gekommen. In Verbindung mit 37, 4. Bildliche Darstellungen der Demeter-C. 

eben diesem wird sie vielleicht zuerst erwahnt kommen erst spat und nicht hauflg vor ; manch- 

Demosth. XVIH 260, wenn dort mit Harpokration mal ist auch nicht klar , ob C. oder Modius ge- 

xioxoyoQog statt des hsl., auch von Aristides und meint ist (Jahn 329). Sicher ist sie (geschlossen) 

Libanius bestatigten xixxoyogog zu lesen ist. Doch auf dem Thonrelief Campana Op. in plast. 1 7, auf 

ist dies sehr zweifelhaft, zumal sonst die bak- dem pompeianischen Bilde Helbig 362, wo sie 

chische C. wohl fur Makedonien, Asien und Italien, Demeter als Sitz dient, auf einem Sarkophag im 

nicht aber fur das eigentliche Griechenland nach- Louvre, Miiller-Wieseler II 103, bei einer 

weisbar ist. Erst bei den romischen Dichtern Statue der Demeter, Gerhard Ges. Abh. II 397; 
wird sie offer erwahnt: Catull. 64, 259. Sen. Here. 60 unter anderen Demetersymbolen Mus. Pio-Cl. VIII 

Oet. 597. Val. Flacc. II 265. Nonn. Dion. IX 127. 45. Mus. Napoleon IV 103. Inhalt der Demeter- 

Die alteste bildliche Darstellung erscheint auf C. sind Esswaren. Dies ergiebt sich aus dem 

makedonischen , bald nach dem Tode Alexanders ovvdrj/jia bei Clem. a. O. 21 : ... . eXafiov ix xl- 

mit seinem Bilde gepragten Kupfermiinzen, wohl axr/g, iyyevodfievog ajied'e/utjv .... els xlaxrjv, vgl. 

mit Bezug auf den von Olympias geubten bak- Arnob. V 26 ; es sind die bei Clem. a. 0. 22 ge- 

chisch-sabazischen Cult, Mionnet I 560 nr. 634. nannten otjoafiaX xal nvqajxiSsg xal xoXvmxi xal 

635. Sodann auf den seit 133 v. Chr. in der nonava jiokvo/t<paXa. 
Provinz Asia gepragten ,Cistophoren' ; dieselben Fur Aphroditemysterien auf Kypros wird die 



2593 Cista Cista 2594 

C. und ihr Inhalt, Phallus und Salz, bezeugt sena SchOne nr. 56; in Corneto, Bull. d. Inst 

durch Clem. a. 0. 14, vgl. mit 22. Arnob. V 19. 1876, 15; in Todi, ebd. 1880, 17; in Picenum 

Finnic, a. 0. 10, 1. Firr Isismysterien in Rom SchOne nr. 58. Dass aber in Btrurien solche 

Tibull I 7, 47. Apul. met. XI 11. Dargestellt oder ahnliche Gerate ublich waren, beweisen ausser 

ist sie, mit Deckel, von der Schlange umwunden, obigen Funden 20 im Museo Gregoriano befindliche 

auf dem Votivaltar mit der Inschrift Isidi saer. C.-Fiisse aus Vulci und Orte (Mus. Greg. I 61) 

GIL VI 344. Mus. Cap. IV 10, und auf den Seiten- und das Vorkommen von C. in den Zeichnungen 

fiachen des Grabcippus CIL VI 13 454, dessen etruskischer Spiegel, mit gleichem Inhalt, wie 

Vorderseite die Verstorbene in Isistracht zeigt. er fur die praenestinischen C. constatiert ist. Ger- 
Ferner erscheint sie auf dem Grabstein eineslOhard Etr. Sp. I 19. V 47. 96; ausserdem ebd. 

eistophorus der Bellona, Orelli 2318. Millin IV 282. 320. V 18. 22. 32. 67. 96. 139, 1. Frei- 

Gal. myth. 89, 157*. Zwei C. mit gewOlbtem lien haben diese C. nicht recht den praenestini- 

Deckel, die eine mit der Biiste des Sol, die andere schen Typus; am ehesten V 18. 139, 1. 

mit einem Halbmond verziert, auf dem Grabstein Der voll entwickelte Typus besteht aus einem 

eines Priesters der Isis und der Gflttermutter CIL cylinderfOrmigen, seltener ovalen (Schone nr. 12. 

XIV 429. Eine kleine C. mit Tragriemen neben 18. 34. 45 — 50. 60. 65) Behalter aus Bronze, ge- 

dem Brustbild eines Kybelepriesters , Helbig tragen von drei, bei ovaler Form von vier Fiissen, 
Fiihrer nr. 422. Mtiller-Wieseler II 817. Auf in % seiner Hohe mit meistens acht runden 

der Tabula Iliaca bezeichnet eine C. die von Scheibchen versehen , an denen Ringe befestigt 

Aineias geretteten Heiligtiimer. Der cistifer Mar- 20 sind , in denen Ketten, seltener Riemen hingen, 

tial. V 17,4 und der xiatipnQ Kaibel IGI 1512 geschlossen durch einen bald ein-, bald iiber- 

(Rom) sind wohl keine Priester. Letzterer wird greifenden Deckel, auf dem als Griff eine oder 

von Mommsen bei Kaibel a. 0. und St.-R. IP mehrere Figuren stehen. 

xm 1*. 611 als eistiber, d. h. quinquevir eis Der Name C. fur dies Gerat hat keinerlei Ge- 

Tiberim erklart, nach Liv. XXXIX 14, 10. Dig. wahr; man hat, wie schon oben bemerkt, unter 

I 2, 2, 31. 33; es ist aber schwer glaublich, dass C. schwerlich etwas anderes als einen Korb ver- 

dies die Grabschrift eines romischen Beamten sein standen. Noch weniger die frtihere Ansicht (Ger- 

sollte. hard Etr. Sp. I 6ff.; tlber eine C. mystica, Abh. 

2) Der Korb zur Aufnahme der Stimmtafel- Akad. Berl. 1849, 49 Iff.), als hatte es bei den 
chen bei Abstimmungen, adHerenn. I 21. Sisenna 30 Mysterien Verwendung gefunden. Es waren viel- 
bei Non. 91, 22. Plin. n. h. XXXIII 31. Tab. mehr Behalter fur Toiletten- und namentlich Bade- 
Malac. 55. Darstellungen desselben auf den De- gerat. Zoega bei Welcker A. D. Ill 544. Jahn 
naren Bab elon Cassia 10. 11, undeutlich Licinia 47ff. Brunn Ann. d. Inst. 1864, 373ff. Dies 
7. Doch wurden zu Abstimmungen auch Grnen geht hervor aus den vielfach in den C. gefunde- 
benutzt: vdgicu Plut. Ti. Gracch. ll,xadioxogT>io- nen Gegenstanden. Zusammenstellung derselben 
nys. XI 52. Babelon Cassia 8. 9. Vgl. Momm- SchOne Ann. 1866, 194: Spiegel (diese fast regel- 
sen St.-R. Ill 405, 6. 406, 1. 2. massig Brunn Ann. 1864, 372), Strigiles, Kamme, 

3) Die Kasse, wie fiscus, nur dass dies eine Schwamme, ein Stuck Leinen als Handtuch, Pin- 
Offentliche, C. eine Privatkasse bezeichnet, Cic. zetten zum Haarausrupfen , Schminkbuchschen, 
Verr. Ill 197. Donat. ad Ter. Ad. 277. 40 kleine Spateln zum Auftragen der Schminke, Sal- 

4) Der moderne archaologische Sprachgebrauch bengefasse, Haarnadeln und Discernicula, Spangen, 
versteht unter C. gewisse cylinderfermige Gerate, auch zierliche Frauensandalen (Helbig Bull. d. 
meist aus Bronze, aber auch aus anderem Material Inst. 1866, 16). In den in den Zeichnungen der 
(Holz, Elfenbein, Knochen). Anlass zu dieser Be- C. vorkommenden C. (SchOne nr. 7. 63. 64. 76) 
nennung gab die Ahnlichkeit in der Form mit erkennt man, wie es scheint, Miindungen von 
den MysterienkOrben. Es ist unmoglich, eine ge- Salbenflaschchen und Griffe von Spiegeln. So 
naue Begrenzung des durchaus unwissenschaft- auch auf dem Spiegel Gerhard V 47. Der be- 
lichen Begriffes zu geben oder darilber zu streiten, sonders vollstandige Inhalt der C. SchOne nr. 18 
welche cylinderfOrmigen Gerate C. zu nennen sind, ist abgebildet Mon. d. Inst. VIII 8; vgl. Ann. 
welche nicht. Auf Grand des recipierten Sprach- 50 1864, 371: aus Bronze ein Spiegel, eine zierliche 
gebrauches kommen hier zwei Typen in Betracht : Strigilis, eine Pinzette, eine Spatel, zwei Arm- 
die Praenestiner C. und die ,gerippten Cisten' bander, zwei Fibeln, drei Haarnadeln, eine kleine 
(eiste a oordoni). Schachtel, ein Flaschchen, ein Becher; aus Knochen 

a) Praenestinische Cisten. Litteratur: drei Haarnadeln, ein kleinev Behalter wie eine 
Gerhard Etr. Spiegel I 3ff. 0. Jahn Die fico- Nadelbiichse, drei Stilcke unklarer Bestimmung, 
ronische C, Leipzig 1852. R. SchOne Ann. d. vielleicht um Garn aufzuwickeln (nach Brunn 
Inst. 1866, 151ff. 1868, 413ff. (giebt vollstandiges a. 0. wurde auch einmal ein Knauel Garn in einer 
Verzeichnis nr. 1—75 der damals bekannten C.). C. gefunden); aus Holz zwei kleine Schachteln in 
Friederichs Kl. Kunst 125ff. Fernique Etude Form eines Fusses und einer Taube mit je funf 
sur Preneste, Paris 1880, 145. Schumacher Eine 60 Abteilungen, vielleicht fur Schminke, und ein 
praen. C. im Mus. zu Karlsruhe, Heidelberg 1891; Fragment eines anderen Gefasses; femer ein Sal- 
dies die letzte und griindlichste Behandlung des bengefass aus Alabaster, ein kleines Thonflasch- 
Gegenstandes. chen und ein Schwamm. Die hier inmitten eines 

Es mOgen jetzt etwas mehr als 100 solcher durchaus auf Gebrauch seitens einer Frau deuten- 

C. bekannt sein. Sie werden fast ausschliesslich den Bestandes gefuudene Strigilis (vgl. auch 

in Grabern von Praeneste gefunden, nur aus- SchOne nr. 9. 11) muss uns warnen, aus dem 

nahmsweise anderswo. So in Vulci SchOne nr. 9. Vorkommen dieses Gerats (SchOne nr. 2. 3. 5. 

10. 55. Helbig Bull. d. Inst. 1880, 213; in Bol- 72) auf einen mannlichen Besitzer zu schliessen; 

Pauly-Wisaowa III 82 



2595 Cista Cista 2596 

vgl. auch die silberne Strigilis mit der Inschrift die Vorderseite badende Frauen, die Riickseite 

Creseentia bei Pignorius De servis 85. In den einen bakchischen Zug zeigt, dessen beide ausserste 

Zeichnungen der Cisten und Spiegel kommen C. Figuren aber, zwei Silene, ihre Aufmerksamkeit 

stets nur in Verbindung mit Frauen vor. den Frauen zuwenden. Drei ganz getrennte Hand- 

Der cylinderfOrmige Behalter ist verschiedener lungen zeigt die grosse und schone C. Schone 

GrOsse. Die Hohe ist meistens zwischen 0,20 und nr. 21, Mon. d. Inst. VIII 29. 80: Parisurteil, 

0,25; doch finden sicb auch C. von nur 0,08 Raub des Chrysippos (?), Krieger vor dem thronen- 

(SchOne nr. 20) und 0,09 (Schone nr. 60) Hohe den Apollo. 

und grOssere von 0,33 (SchOne nr. 22), 0,34 Was den Inhalt der Darstellungen betrifft. so 
(Schone nr. 29) und 0,44 (SchOne nr. 16, Ciste lOsind es nur zum kleinsten Teil verstandliche mytho- 

Napoleon). Der Durchmesser pflegt bei den cylin- logische Scenen, oder doch solche, von denen wir 

derformigen C. etwas geringer zu sein als die voraussetzen konnen, dass sie den Verfertigem 

Hohe. Eine kleine, wie es scheint altere Gruppe und Besitzern der C. verst&ndlich waren. So die 

zeigt schlankere Proportionen ; gedrucktere Ver- eben genannte, SchOne nr. 21. Das hervor- 

haltnisse haben die ovalen C. Die Wande sind ragendste Beispiel dieser Classe ist die flcoronische 

ohne ISfaht aus einem Stuck getrieben; nur in C: sie zeigt die in Bithynien gelandeten Argo- 

einem Palle (SchOne nr. 45) aus einer Platte nauten gruppiert einerseits urn den von Polydeukes 

zusammengenietet. Der Boden ist manchmal aus besiegten und gefesselten Amykos, andererseits 

demselben Stuck getrieben, manchmal aber auch urn eine Quelle. Hierher gehert auch die napo- 
besonders gearbeitet und angeletet. Die Wande 20 leonische C., SchOne nr. 16 (Totenfeier des Pa- 

haben mit seltenen Ausnahmen (SchOne nr. 47. troklos) und SchOne nr. 13 (Perseus, Andromeda 

48. 53. 56. 57. 61. 68. 69) eingravierte Zeich- und Phineus). Vollkommen verstandlich sind auch 

nungen. An der flcoronischen C. und an der C. mythologische Handlungen allgemeinerer Art, wie 

SchOne nr. 49 sind an den Stellen, die durch Kentaurenkampfe (Mon. d. Inst. Suppl. 17. 18), 

die Scheiben mit den Bingen geschiitzt waren, Amazonenkampfe (SchOne nr. 9. 31), bakchische 

an der flcoronischen auch da, wo urspriinglich die Scenen (SchOne nr. 11. 66). Auch eigentliche 

Fusse ansassen, Beste von Versilberung zu er- Genrescenen finden sich: Palaestrisches (SchOne 

kennen. Nach BrOndstedt (Ficoron. C. 9; vgl. nr. 3. 74), Jiinglinge, die sich waffhen (SchOne 

Jahn 2) war an der flcoronischen C.kenntlich, dass nr. 2. 5), Badescene und heimkehrende Krieger 
die Gravierungen mit Gold ausgefiillt waren; doch 30 (SchOne nr. 75 = Mon. d. Inst. VIII 56 — 58). 

ist davon jetzt nichts mehr kenntlich. Unwahr- Weitaus die haufigsten Darstellungen aber sind 

scheinlich und allgemein aufgegeben ist die Ver- dem Anschein nach mythologische Handlungen, 

mutung Sempers (Stil II 561), dass die Gravie- in Wahrheit aber nur willkiirlich gruppierte Fi- 

rung nur Vorzeichnung fur aufgelegte Farben ge- guren. Diese, und nur diese Classe hat manch- 

wesen sei; sie ist namentlich mit der Feinheit mal auch Namenbeischriften, die aber durchweg 

der Zeichnungen der flcoronischen C. ganzlich un- sinnlos sind und zu keinem Verstandnis helfen. 

vereinbar. So zeigt die C. Schone nr. 15 (Mon. d. Inst. VI. 

Die Zeichnungen sind nur ausnahmsweise bios VII 55) ein Parisurteil, aber die drei Gottinnen 

ornamentaler Art (SchOne nr. 37. 67), in der sind durch Beischriften als Atalante(?), Helena 
Begel in der Mitte ein breiter Streifen figurlicher 40 und Alsir bezeichnet; ausserdem eine unverstand- 

Darstellungen, oben und unten ein schmaler Or- liche Scene mit zum Teil dem troischen Kreise 

namentstreifen — am haufigsten Palmetten und entnommenen Beischriften: Crisida, Aiax, Oinu- 

Lotus — , an dessen Stelle auch Meerwesen und mama, Casentor. So kommen in den Beischrif- 

andere Tiere treten kOnnen (SchOne nr. 13. Mon. ten SchOne nr. 19 Aias und Agamemnon vor, 

d. Inst. VI 40); andere flgiirliche Darstellungen — aber die Handlung ist unverstandlieh. Offenbar 

oben ein Gelage, unten Kentaurenkampf — zeigt hatten die Verfertiger keine rechte Kenntnis der 

an dieser Stelle die napoleonische C. SchOne griechischen Mythen. Vgl. noch SchOne nr. 4. 

nr. 16. Mon. d. Inst. VI. VII 61—64. Der Mittel- 7. 14. 17. 22. 24—29. 32—35. 76. Bull. d. Inst, 

streifen ist nur in einem einzigen Falle (SchOne 1870, 99ff. I— IV. Mon. d. Inst. Suppl. 15—16. 
nr. 12. Mon. d. Inst. VI. VII 40, Prometheus 50 19-20. 

und Pandora) in je eine Scene enthaltende Felder Ganz vereinzelt steht die merkwiirdige ovale 

geteilt;sonstenthalter stets eine ringsum laufende C. SchOne nr. 18. Mon. d. Inst. VIII 7. 8. Bei 

Composition, die bei den besseren C. so ange- einem grOsseren Durchmesser von 0,46, einem 

ordnet ist , dass eine besonders in die Augen kleineren von 0,22 hatte sie urspriinglich die bei 

fallende Figur oder Gruppe als Centrum, ausser- ovalen C. sonst nicht vorkommende Hohe von 

dem manchmal noch ein ruckwartiges Centrum 0,36, wurde aber dann durch Abschneiden des 

hervorgehoben ist. So auf der flcoronischen C. oberen Teils der Wande auf 0,18 reduciert, so 

als Hauptcentrum Polydeukes und Amykos, als dass von alien aufrechten Figuren die oberen 

Centrum der Kiickseite die Quelle. SchOne Ann. KOrperteile verloren sind. Dargestellt sind Kampf- 
d. Inst. 1866, 201. Furtwangler ebd. 1877, 185. 60 scenen, und zwar als Mittelgruppe der einen Lang- 

Schumacher 14, welcher nachweist, dass mehr- seite ein Krieger, der einen von einer Lanzedurch- 

fach das Centrum auch durch die Anordnung des bohrten Gegner mit dem Schwert vollends zu 

oberen Streifens hervorgehoben wird. Haufig toten im Begriff ist. Auf dem Deckel dieser selbe 

zeigen auch die Zeichnungen keine einheitliche Krieger rait einem auf am Boden liegenden Waffen 

Handlung, sondern ihrer zwei, die in keinem inneren stehenden Konige Frieden schliessend; links wird 

Zusammenhang stehen und nur ausserlich bis- der tote Gegner fortgetragen, rechts drei Frauen- 

weilen irgendwie in Verbindung gesetzt sind. So gestalten, von denen die erste zum KOnig spricht, 
auf der von Schumacher publicierten C. , wo die zweite sich der Mittelgruppe zuwendet, ob- 



2597 Oista Cista 2598 

gleich die dritte sie mit zornigen Geberden daran haben zwOlf; zweimal (SchOne nr. 4. 25) sind 
zu hindern sucht. Die Identitat der beiden Gegner es sechs, zweimal (SchOne nr. 36. 63) vier, ein- 
ist zweifellos; es ist der einzige Fall, dass die mal (SchOne nr. 5) zehn. Sie waren meistens 
Darstellung der Wand sich auf dem Deckel fort- verbunden durch Ketten , und zwar in den er- 
setzt. Es ist schwerlich mOglich, hier etwas haltenen Exemplaren (SchOne nr. 13. 19) so, 
anderes als (mit B run n Ann. 1864, 356ff.) Aeneas, dass zwischen je zwei durch eine Kette verbun- 
Turnus, Latinus, Lavinia und Amata zu erkennen, denen Ringen einer unbenutzt blieb; dagegen 
wenngleich der Kampf nicht der vergilischen Schil- sind in den Zeichnungen der C. kleine C. dar- 
derung entspricht und auf dem Deckel eine Pigur gestellt , an denen alle Ringe durch Ketten ver- 
unerklart bleibt. Nun ist es zwar auf Grand der 10 bunden sind. Natilrlich dienten sie um das Ge- 
schriftlichen Uberlieferung , wie Nissen Jahrb. rat zu tragen, sind aber zu kurz, um iiber dem 
f. Philol. XCI 375ff. nachweist, sehr schwer an- Deckel zusammengenommen zu werden. In einigen 
zunehmen, dass diese Form der Sage schon zur Fallen (Schone nr. 32. 45. 72) vertraten Riemen 
Zeit der praenestinischen C. ausgebildet gewesen dieStelle der Ketten; die weiterhin zu erwahnende 
sei; aber die C. miisste als Zeugnis gelten, dass viereckige C. (SchOne nr. 71) hatte an den Lang- 
dies doch der Fall war, wenn die Echtheit der seiten Ketten, an den Schmalseiten Riemen. Bei 
Zeichnungen sicher ware. Zweifel an derselben Anbringung der Scheiben ist auf die Zeichnung 
sind im allgemeinen angedeutet von Heydemann der Wande keine Riieksicht genommen; die sind 
Arch. Zeit. XXIX 122; nach Robert 50. Berl. bisweilen gerade auf die KOpfe der Figuren ge- 
Winckelm.-Progr. 63, 1 ware auf der Wand Penthe- 20 setzt. Nur in einem Falle (SchOne nr. 29) sind 
silea dargestellt, der Deckel aber unecht; O.Ross- in den Gravierungen die Platze der Scheiben vor- 
bach oben Bd. I S. 1018 scheint das Ganze fur gesehen und vorgezeichnet ; dann aber sind die- 
gefalseht zu halten. Im Brit. Museum, wo sich selben doch an ganz anderen Stellen angebracht 
die C. jetzt befindet, gelten die Zeichnungen des worden. 

Deckels (nicht dieser selbst) fur unecht und wer- Ebenso wird auch durch die Ftisse die Zeich- 
den in dem demnachst erscheinenden Katalog der nung der Wande rucksiehtslos unterbrochen. Sie 
Bronzen so bezeichnet werden (Mitteilung von A. haben stets die Form von Tierflissen; meistens 
S. Murray). Andererseits sind C. und Deckel sind es Lowentatzen, seltener Kuhfiisse (SchOne 
gleich nach der Ausgrabung von vorziiglichen nr. 60. 69; dazu Ann. d. Inst. 1866, 192f. nr. 25. 
Kennern (Fr. Martinetti, Graf Tyskiewicz) noch30 28. 39. 40). t}ber denselben und mit ihnen aus 
mit dicker Sinterschicht bedeckt gesehen worden, einem Stuck pflegt, am Korper des Gefasses an- 
deren Entfemung dem Kunsthandler Pasinati liegend, noch eine Figur oder Gruppe angebracht 
monatelange Miihe machte ; dieselben Kenner haben zu sein. Besonders oft erscheint hier ein gefliigel- 
eben deshalb gegentlber den ihnen bekannten ter Knabe (Eros), neben dem auf der C. SchOne 
Zweifeln ausdriicklich an der Echtheit festgehalten nr. 22 (Mon. d. Inst. VIII 29. 30; ebenso SchOne 
(Mitteilung von W. Helbig). Sicher echt ist die nr. 58) ein wasserspeiender Lewenkopf, ein Bal- 
Wand, auch die Deutung auf Penthesilea wohl nicht samarium und eine Strigilis sichtbar sind; er 
haltbar: die beiden, durch verschiedene Riistung selbst ist beschaftigt, sein Haar zu ordnen; so 
charakterisierten Parteien sind beide mannlich. auch in anderen Exemplaren, wo er in der Rech- 

Ebenso vereinzelt steht die C. Mon. d. Inst.40ten ein unklares Gerat hat, Schumacher 27. 

X 29 mit Darstellung eines Triumphes auf dem Offenbar ist also seine Beziehung zum Bade. An 

Albanerberg, Michaelis Ann. d. Inst. 1876, 105ff. der ficoronischen C. finden wir an dieser Stelle 

Unverkennbar istin'denDarstellungenmancher eine Gruppe von drei Figuren: Eros zwischen 

C. die Beziehung auf den Gebrauch derselben in Herakles und Iolaos; die Deutung, und die Be- 

Bad und Palaestra. Beides — Faustkampf und ziehung auf Bad und Palaestra, ergiebt sich aus 

Quelle — ist vertreten auf der ficoronischen C. dem Vergleich von Spiegelzeichnungen, wo statt 

Palaestrische Darstellungen Schone nr. 3. 74; des Eros Hermes erscheint, Iolaos eine Strigilis 

auch die sich waffnenden Jiinglinge ebd. nr. 2. 5 halt und einmal auch der wasserspeiende Lowen- 

kOnnen verglichen werden. Ganz besonders hauflg kopf sichtbar ist, Jahn 37ff., vgl. auch Ann. d. 

ist die Darstellung nackter Frauen, die bei einem 50 Inst. 1866, 193, 31. Die Beziehung auf das Bad 

wasserspeienden LOwenkopf mit ihrer Toilette be- ist auch klar an der napoleonischen C. (SchOne 

schaftigt sind, mit oder ohne mythologischen Vor- nr. 16) — Herakles im Bade von Nike und Satyr 

wand (Thetis von Peleus belauscht , Parisurteil). bedient — und bei dem offenbar als Brunnenfigur 

Es liegt nahe, anzunehmen, dass C. mit Dar- gedachten Satyr mit Hydria SchOne nr. 42. Haufig 

stellungen dieser letzteren Art fur Frauen, solche freilich sind es Figuren ohne solche Beziehungen ; 

mit palaestrischen und Kampfscenen fur Manner so der besonders beliebte Lowe (Schone nr. 2. 

bestimmt waren. Doch ist selbstverstandlich dies 3. 7. 32. 33. 37—40) oder die Harpyie (SchOne 

im Gebrauch nicht durchgefuhrt worden. Lehr- nr. 4. 5. 30. 31. 43. 64. 65). Seiten fehlt diese 

reich ist hierfur die ficoronische C. , die , wenn Figur ganz und ist der Ubergang vom Fuss zum 

irgend eine, mannlichen Charakter hat, aber nach 60 Korper nur durch ein einfaches ornamentales Motiv 

der Inschrift von Dindia Macolnia ihrer Tochter vermittelt. Die Tatzen der C.-Fusse stehen in 

geschenkt wurde. Die Funde in den C. geben. der Regeljede auf einer kleinen Platte; bisweilen 

wie schon oben (S. 2594) bemerkt, in dieser Rich- (Ficor. C. SchOne nr. 21. 58) ist auf dieser noch 

tung keine sichere Entscheidung. ein von der Tatze plattgedruckter Frosch ange- 

Die kleinen Scheiben mit den Ringen sind in bracht. Die Ftisse sind durchweg geringer Arbeit, 

2/ 8 der Hehe meistens angelotet, seltener genietet; gegossen und nur wenig und oberflachlich mit 

ihrer sind meistens acht; nur die ficoronische C. dem Grabstichel bearbeitet. 

und noch eine besonders grosse (SchOne nr. 24) Der Deckel ist meist flach, seltener etwas 



2599 Cista Gista 2600 

hoher gewOlbt und wie die Wande rait gravierten Diese Piguren stehen auf einem auf dem Deckel 

Zeichnungen versehen ; am haufigsten ringsum ein festgenieteten Bronzestreifen , seltener, wo ihrer 

Blattkranz oder Ornamentstreif, innerhalb des- mehrere sind, jede auf einer kleinen Platte. Auf 

selben figiirliche Darstellungen. Besonders beliebt diesem Streifen ist bisweilen, in der Mitte des 

sind hier Seetiere, SchOne nr. 19 (Mon. d. Inst. Deckels, ein Ring befestigt, an dem in einzelnen 

IX 22. 23) mit auf ihnen sitzenden Nereiden ; Fallen Reste einer Kette oder eines Riemens ge- 

Nereiden allein SchOne nr. 32 (Bull. d. Inst. funden werden. Schone nr. 13. 17. 27. 28.40. 
1866, 142 xii): ohne Zweifel mit Beziehung auf 42; die C. Schone nr. 7 hat nur den Ring, ohne 

den Gebrauch der C. zum Bade. Eine freilich Piguren. Vermutlich diente derselbe, um den 
unverstandliche mythologische Scene SchOne 10 Deckel mit Hiilfe der an den Wanden angebrach- 

nr. 45, eine Kampfscene Mon. d. Inst. Suppl. 13. ten Ketten irgendwie zu befestigen. Dass letztere 

14. In der Mitte ist bisweilen der Platz zum auch zu solchem Zweck benutzt wurden, kann 

Aufsetzen der Henkelfiguren frei gelassen (SchOne auch daraus geschlossen werden, dass bisweilen 

nr. 13. 14 = Mon. d. Inst. VI. VII 40. 54. an ovalen C. ohne Ringe, und nur an solchen, 

SchOnenr. 19 = Mon. d. Inst. 1X22. 23. SchOne der Deckel einen chamierartigen Verschluss hat, 

nr. 5); es kommt aber auch vor, dass ohne Ruck- SchOne nr. 46. 

sicht auf diese die Mitte durch ein rundes Oma- Der geringere Kunstwert der Accessorien im 

mentmotiv — SchOne nr. 21 = Mon. d. Inst. Vergleich mit den Zeichnungen ist besonders auf- 

VIII 31 ein Gorgoneion — eingenommen , oder fallig an der ficoronischen C, aber auch sonst zu 
auch nur ein runder Platz frei gelassen wird ; so 20 beobachten (Schumacher 30). Dieser Unter- 

Mon. d. Inst. Suppl. 13. 14. Auf der ficoroni- schied im Verein mit der riicksichtslosen Art, wie 

schen C. sind um das ornamentale Mittelmotiv sie auf die Zeichnungen aufgesetzt sind, kOnnten 

in einem inneren Kreise Lowen und Greife, in die Vermutung nahe legen, als hatten den C. ur- 

einem ausseren eine Eberjagd dargestellt. End- spriinglich diese ja nicht notwendigen Zuthaten 

lich kann auch die figiirliche Darstellung das gefehlt und seien erst spater hinzugefiigt worden. 

ganze Rund des Deckels einnehmen. SchOne Doch ist diese Annahme nicht durchfuhrbar. Schon 

nr. 15 = Mon. d. Inst. VI 55, wo auch der ein- erwahnt wurde, dass bisweilen die Deckelzeich- 

fassende Kranz oder Ornamentstreif fehlt. Der nungen den Platz fur die Standplatte der Piguren 

ganz vereinzelte Fall der Aeneasciste, auf deren frei lassen, dass in einem Palle der Zeichner die 
Deckel die Darstellung der Wand fortgesetzt ist, 30 Platze der kleinen Scheiben fiir die Ringe angab. 

wurde schon oben erwahnt. Beweisend ist ferner das Vorkommen von vier C. 

Auf dem Deckel sind regelmassig eine oder (SchOne nr. 19. 27—29), die sowohl in der Form 

mehrere Piguren befestigt , um als Henkel zu des Behalters — von ungewOhnlich schlanken Ver- 

dienen. Als einzige Pigur ist weitaus am haufig- haltnissen, mit ein-, nicht iibergreifendem Deckel 

sten ein xvfiurrfs mannlichen (SchOne nr. 45. — als auch in den Deckelfiguren und Fiissen 

57. 59. 60) oder weiblichen (SchOne nr. 12. 18. genau iibereinstimmen und offenbar einschliesslich 

19. 27 — 29. 46. 50) Geschlechts, der mit der dieser aus einer Fabrik hervorgegangen sind ; vgl. 

Vorderseite nach oben auf Handen und Fussen SchOne Ann. d. Inst. 1877, 198. Und gerade 

steht. Vereinzelt findet sich ein Jungling, der fiir die ficoronische C. ist die urspriingliche Zu- 
einen Discus (54) oder eine Ente (65) tragt; ein- 40 gehOrigkeit der Accessorien auch inschriftlich be- 

mal (20) Herakles, einmal (32) dieser mit dem glaubigt. Denn die offenbar von einer Hand ge- 

Lowen kampfend. Selten Tierfiguren: ein Tiger schriebene Inschrift — Novios Plautios med Ro- 

(68. 69), ein Delphin (Bull. d. Inst. 1876, 15). mai feeid, Dindia Macolnia fileai dedit — kann, 

Weit haufiger sind es zwei Figuren, mit Vorliebe da sie den Namen des Verfertigers mit dem der 

verschiedenen Geschlechtes. Eine Ringergruppe Geberin vereinigt, sich nur auf die Verfertigung 

verschiedenen Geschlechtes pflegt man Peleus und der ganzen C. beziehen, nicht etwa nur auf die 

Atalante zu nennen (SchOne nr. 2. 4. 23. 26. der Deckelfiguren, auf deren Standplatte sie steht. 

43. 51. 66. 67. 75). Oft aber stehen Mann (bis- Ausserdem scheint es, wenn auch die Lesung nicht 

weilen als Satyr charakterisiert, SchOne nr. 3. ganz sicher ist, dass der Name Maquoulnia (oder 
5. 8. 17. 40. 62. 64) und Frau, nackt, einfach 50 ahnlich) auf einem der Fiisse stand (SchOne a. 

neben einander, sich gegenseitig eine Hand auf O. 156). Fiisse und Deckelfiguren waren auch 

die Schulter legend (30. 31. 33. 37); ebenso zwei schon lange vor der Zeit der altesten praenestiner 

Manner (13. 39). Ferner zwei Krieger oder nackte C. iiblich (s. u.). Sicher ist freilich wohl, dass 

Jiinglinge, die einen nackten toten Mann oder die Accessorien von anderen Arbeitern hergestellt 

eine tote Frau (Schone nr. 21. 42. Mon. d. Inst. und befestigt wurden, als von denen, die die 

Suppl. 13. 14) oder ein Jungling und eine Frau, Zeichnungen ausfuhrten, und dass diese letzteren 

die einen toten Mann tragen (58). Einmal Bac- meistens auf die Accessorien keine Riicksicht 

chus auf einen Satyr gesttitzt (44), einmal zwei nahmen, denkbar auch, dass die 0. ohne die Ac- 

Pliigelfiguren (72) ; eigentiimlich sind auf der cessorien zum Verkauf standen und diese von den 
ovalen C. aus Vulci SchOne nr. 9 die auf zwei 60 Kaufern besonders ausgesucht und dami erst be- 

Schwanen sitzenden weiblichen Gestalten. Seltener festigt wurden, Jahn 52f. Schumacher 30f. 
sind Gruppen von drei Piguren; so auf den beiden In Betreff des Kunstcharakters nehmen die 

grOssten C, der ficoronischen und der napoleoni- Zeichnungen der beriihmten, 1745 gefundenen und 

schen (Bacchus zwischen zwei Satyrn) und auf von Pr. Ficoroni erworbenen C. , jetzt im Museo 

der auch grossen SchOne nr. 24 (Silen zwischen Kircheriano in Rom , der von alien zuerst ge- 

Mann und Frau). Nur ganz ausnahmsweise (34. 47) fundenen , eine besondere und von alien anderen 

statt der Figuren nur ein einfacher Henkel. Die verschiedene Stellung ein, Jahn a. 0. BrOnd- 

Arbeit der Deckelfiguren ist der der Fiisse ahnlich. sted Den ficoroniske Cista, KjObenhavn 1847. 



2601 Cista Cista 2(302 

G. M(archi) La cista atletica del museo Kirche- bliihende C.-Industrie bestand, aus der ohne Zweifel 

riano, Roma 1848. E. Braun Die ficoronische audi geringwertigere und daher nicht mit Ur 

Cista des Collegio romano, Leipzig 1849. Weiteres sprungszeugnissen versehene Ware hervorging. Die 

bei SchOne Ann. d. Inst. 1866, 158. Die Zeich- beziiglichen Bemerkungen Jordans Krit. Beitr. 

nungen dieser C. sind nicht nur von griechischer 13 sind durchaus zutreffend. Die der ficoronischen 

Kunst beeinflusst , sondern kOnnen als directes in den Accessorien sehr ahnliche napoleonische C. 

Product derselben gelten. Dass freilich auch diese diirfte aus derselben Fabrik stammen. Dass in 

C. in Italien entstanden ist, bezeugt nicht nur Rom keine C. gefunden sind, kann nicht in Be- 

die schon erwahnte Inschrift, sondern auch einige tracht kommfcn und wurde, selbst wenn reichere 
Binzelheiten der Zeichnung: Halsband mit bullae, 10 Graber des 3. Jhdts. aufgedeckt waren, nur be- 

Armband einesMannes, Art derBeschuhung(Jahn weisen, dass es in Rom nicht, wie in Praeneste, 

9, 1. 18, 6. 53); es ist aber sehr wohl mOglich, iiblich war, den Toten C. mitzugeben. Einige 

dass die Zeichnungen von einem griechischen Ar- altere C, z. B. die ficoronische, reichen ins 4. Jhdt. 

beiter ausgefiihrt wurden und Novius Plautius hinauf. Fr. Martinetti beobachtete die Aufdeckung 

nur der Pabrikherr war. Von keiner der iibrigen eines Grabes, in dem neben einer C. zwei kleine 

C. kann dasselbe gesagt werden; sie sind Pro- attische Vasen freien rotfigurigen Stils gefunden 

ducte einer einheimischen Kunstiibung, abhangig wurden (Mitteilung von W. Helbig). 

von griechischen Vorbildern, aber entschieden itali- Wir haben bisher nur den gewOhnlichen Typus 

schen Charakters , jedoch ohne Spuren etruski- der praenestinischen C. betrachtet. Es sind nun 
schen Einflusses. Etruskischen Charakter zeigt 20 noch einige in verschiedener Weise abweichende, 

mir die C. SchOne nr. 11 (Gerhard fiber eine aber doch derselben Classe angehorige Gefass- 

C. mystica des Berl. Mus. ; vgl. Jahn 49ff.; un- formen zu erwahnen, zum Teil derselben, zum Teil 

gewisser Provenienz, nach einer Angabe aus Prae- alterer Zeit angehorig. 

neste, nach einer anderen aus Caere), auf der in Wir erwahnen zunachst die selten vorkommende 

einer bakchischen Scene eine stark an den etrus- Form der viereckigen Cisten. Eine derselben 

kischen Charun erinnernde Figur vorkommt. Die (SchOne nr. 71), in Praeneste gefunden, hat gra- 

Henkelfiguren und Fiisse zeigen auch bei der vierte Zeichnungen und ist ohne Zweifel den iib- 

ficoronischen C. entschieden italischen, aber weder rigen praenestinischen C. gleichzeitig, Pieralisi 

hier noch sonst etruskischen Charakter. Dem Lettera sopra una c. prenestina, Roma 1867. Eine 
■entsprechend sind auch mehrfach C. mit lateini- 30 zweite ist erwahnt Bull. d. Inst. 1859, 100, eine 

schen, aber bisher keine mit etruskischen Inschrif- dritte (oder dieselbe?), im Louvre, Friederichs 

ten gefunden worden. Der griechische Einfluss 125, 1. 

a,uf diese latinische Kunstubung wurde wohl ver- Viel abweichender ist die ovale C, Schone 

mittelt durch die gemalten Vasen, und zwar fur nr. 9, aus Vulci, abgeb. Mus. Greg. I 40—42. 

die besseren C. durch die griechisch-unteritali- Gerhard Etr. Sp. I 9 — 11. Schumacher 66, 

schen Vasen. Hierher gehort die schone C. SchOne deren Wande statt der Gravierungen iiber einer 

nr. 21 = Mon. d. Inst. VIII 29 — 31, die napo- Form getriebene Reliefs — Amazonenkampfe — rein 

leonische, die von Schumacher publicierte Karls- griechischen Stiles zeigen. Reliefverzierung auch 

ruher und einige andere. Die iibrigen, mit nach- SchOne nr. 65. Sodann die gleichfalls ovale C. 
lassigerer und grOberer Zeichnung, sind wohl ab- 40 SchOne nr. 45, aus Bronze iiber einem mitLeinen 

hangig von der im siidOstlichen Etrurien friihbe- iiberzogenen Holzkem. Das Bronzeblech ist diinner 

triebcnen Nachahmung attischer Vasen, einer als an den anderen C, die Wand nicht rund ge- 

Industrie, die jetzt namentlich durch die Funde trieben, sondern aus einer Platte zusammenge- 

von Falerii im Museum der Villa Papa Giulio in bogen und mit eingravierten Ornamenten verziert. 

Rom vertreten ist. S. hieriiber Schumacher 24ff. Eine besondere Gruppe bilden die C. aus Holz, 

Als Entstehungszeit der Praenestiner C. kann an denen nur der obere und untere Rand und, 
im wesentlichen das 3. Jhdt. v. Chr. gelten. Dar- wo er erhalten ist, der Deckel mit Bronzeblech 
auf fiihren vor allem die Inschriften; weniger die beschlagen sind, SchOne nr. 6 (Picenum). 10 
Formen der Buchstaben, die bei dieser Art Schrift (Vulci; vgl. Schumacher 35). 43. 50. 60 (diese 
nur einen unsicheren Anhalt bieten, als die sprach- 50 drei aus Praeneste). Zum Teil (6. 60, hier innen 
lichen Formen, Mommsen bei Jahn 42ff. Jor- und aussen erhalten) waren sie ganz mit Leder 
dan Krit. Beitr. 2ff. Ferner steht fiir die ge- iiberzogen; 43 hatte nur einen Lederstreif, auf 
malten Thongefasse aus Falerii, die mit den C. dem die Ringe befestigt waren. C. dieser Art 
und den mit ihnen zusammengehenden Spiegeln (ohne Leder) lassen sich bis in viel altere Zeit 
auffallende Beruhrungspunkte zeigen, nicht nur hinauf verfolgen; sie fanden sich bei Bologna in 
das J. 241, in dem die Stadt zerstOrt wurde, als etruskischen Grabern des 5. Jhdts. v. Chr. Ein 
untere Zeitgrenze fest, sondern sie miissen noch gut erhaltenes Exemplar Zannoni Scavi della 
etwas holier hinauf datiert werden, weil ihnen Certosa 70,6, danach bei Schumacher 34; auf 
noch vor diesem Jahr eine jungere Gattung, mit dem ein-, nicht iibergreifenden Deckel diente als 
Reliefbildern, gefolgt ist (Schumacher 25), wie 60 Griff, ganz wie auf praenestiner C, ein mit der 
denn iiberhaupt in den rOmischen Grabern von Vorderseite nach oben auf Handen und Fiissen 
Anfang an die Beigaben weit sparlicher sind als stehender Mann, als Fiisse LOwentatzen mit Pal- 
in Etrurien und den latinischen Stadten. metten. Auch der Gebrauch war der gleiche, 

Es liegt kein Grund vor, gerade Praeneste als wie in Praeneste: man fand teils in, teils mit 

Hauptfabricationsort der C. zu betrachten (so zu- der C. einen Spiegel, eine Patera und einen elfen- 

letzt Schumacher 25). Die ficoronische C., die beinernen Kamm. Offenbar haben wir hier Vor- 

einzige, deren Fabricationsort positiv bekannt ist, laufer der praenestiner C, und es ist nicht ohne 

ist in Rom entstanden und beweist, dass hier eine Wahrscheinlichkeit , wenn auf Grund derselben 



2603 Cista Gista 2604 

auch den oben genannten ffinf Holzcisten ein waren, dagegen eiu beweglicher Bflgelhenkel, viel- 

heheres Alter gegenfiber den Bronzecisten zuge- leicht ihrer zwei, wenn, wie nicht unwahrschein- 

schrieben wird (Schumacher 35). lich, ein in der Barberinischen Sammhmg befind- 

Ebenfalls bei Bologna in Grabern des 5. Jhdts. licher silberner Bflgelhenkel zu dieser C. gehOrt 

hat sich ein etwas abweichender C.-Typus ge- (Schumacher a. 0.). Dass diese C. dem gleichen 

funden; drei gut erhaltene Exemplare bei Zan- Zweck diente, wie die spateren, kann nicht mit 

noni a. 0. 80, 1—5. 8; S. 242, 1. 313. 315. Sicherheit behauptet werden; denn von keinem 

Auch diese sind aus Holz, aber ganz mit Bronze der zugleich gefundenen Gegenstande ist bezeugt, 

bekleidet. Von der Mehrzahl der praenestiner C. dass er in der C. enthalten war, fur die meisten 
weichen sie ab durch zwei bewegliche Bflgelhenkel 10 ist es bei der Kleinheit der C. (innerer Durch- 

und durch das Fehlen der Binge. Die Fusse sind messer kaum 0,14) unmOglich. 

ganz wie dort; an einem Exemplar sind sie auch Derselben phoinikischen oder unter phoiniki- 

mit einer Relieffigur, einem ruhenden Silen, ver- schem Einfluss stehenden Kunstrichtung, aber einer 

ziert. Deckel sind nicht erhalten; zwei ganz etwas spateren Zeit gehflren zwei in Chiusi ge- 

gleiche, zusammen gefundene Exemplare haben fundene Elfenbein-C. an. Die eine ist abgebildet 

glatte Wande, ohne andere Verzierungen als die Mon. d. Inst. X 39 a, 1. la (dazu Ann. d. Inst. 1877, 

Attachen der Fusse und Henkel, das dritte oben 379). Schumacher 52, wo weitere Litteratur; 

und unten einen Ornamentstreifen , der als eine ttber die andere s. Helbig Bull. d. Inst. 1878, 

Erinnerung an den Bronzebeschlag der Holz-C. 130. Die erstgenannte ist in abwechselnd breitere 
gefasst werden kann. Auch hier wurde an einigen 20 und schmalere Horizontalstreifen geteilt, jene mit 

Besten beobachtet, dass der Deckel eingriff. Mit flgiirlichen Darstellungen , diese mit Ornamenten 

diesen C. , tibcr deren Inhalt nichts beobachtet ausgeffillt. Das Gefass war aus Holz, mit Elfen- 

werden konnte, stimmt dienapoleonische(Schi5ne bein bekleidet, ohne Henkel und Fusse; es stammt 

nr. 16) iiberein durch die beweglichen Bflgelhenkel aus einem Grabe der Mitte des 6. Jhdts. Die 

und den eingreifenden Deckel. Diesen hat auch andere C. hat nur zwei Streifen mit Tierflguren. 

die flcoronische und die C. Schone nr. 19. 27 — 29 Dass C. aus Elfenbein oder Knochen demselben 

(vgl. o. S. 2600); alien diesen gemeinsam sind Zweck dienten wie die praenestiner C, beweist 

etwas schlankere Verhaltnisse als sonst die prae- die in einem Grabe bei Vulci gefundene viereckige 

nestiner C. zu haben pflegen. Man erkennt da- C, Bull. d. Inst. 1880, 211, welche Kamme und 
her (Schumacher 37) nicht ohne Wahrschein- 30 ein Discerniculum enthielt, wahrend ein Spiegel 

lichkeit in ihnen eine etwas altere Gruppe. Es in der Nahe gefunden wurde. 

ist aber gut, sich der Unsicherheit eines solchen In noeh altere Zeit fiihren einige sehr kleine 

Schlusses bewusst zu bleiben: wie im 5. Jhdt. (Hehe 0,155 und 0,17, Durchmesser 0,11) cylinder- 

und wie zur Zeit der napoleonischen und ficoro- fbrmige Gefasse, die bei Bologna in vor den Be- 

nischen C, so konnten bis in die Zeit der spate- ginn des Verkehrs mit den Griechen fallenden 

sten praenestinischen C. die Form mit und die Grabern (,VilIanovaperiode') gefunden wurden, 

ohne Bflgelhenkel neben einander ttblich sein. Schumacher 40ff. Die Wande sind aus einer 

Eine noch altere Vorstufe bezeichnet die Silber- Platte zusammengenietet und haben getriebene, 

C. des capitolinischen Museums, Schone nr. 70. in einem Falle ngurliehe Verzierungen; zwei hat- 
HelbigFuhrerI614, abgeb. Mon. d.Inst. VIII 26, 40 ten bewegliche Bflgelhenkel , eine dritte nicht; 

danach bei Schumacher 39, wo die weitere dagegen ist hier der mit einem einfachen Griff 

Litteratur. Sie wurde gefunden in einem prae- versehene Deckel erhalten. Keine derselben hat 

nestinischen Grabe zusammen mit Gegenstanden Fflsse , Binge oder Deckelfiguren. Ausser den 

der Culturschicht, die man nach dem caeritischen Bronzeexemplaren fanden sich auch zahlreiche 

Grabe Begulini-Galassi zu bezeichnen pflegt, also Nachbildungen in Thon. Mit einer dieser C. wurde 

aus dem Ende des 7. oder der ersten Halfte des ihr Inhalt gefunden: zwei grosse Bronzenadeln 

6. Jhdts. v. Chr. Ihre Verzierungen zeigen starken mit knochernen Kopfen, eine Bronzefibel und ein 

orientalischen , speciell (namentlich in dem Pal- Spinnwirtel (Not. d. sc. 1890, 137). tjberhaupt 

metten- und Lotusband zu unterst) mesopota- wird wohl anzunehmen sein, dass diese kleineren 
mischen , ohne Zweifel durch Phoinikier ver- 50 C, so auch die praenestinische Silber-C, zur Auf- 

mittelten Einfluss. Ob sie von Phoinikiern oder bewahrung von Schmuckgegenstanden, nicht, wie 

von Griechen unter phoinikischer Einwirkung ge- die spateren, des Badegerates dienten. 

fertigt ist, hat sich nicht feststellen lassen. Der b) GerippteCisten (eistea cordoni). Litte- 

cylinderformige Behalter ist aus Holz und mit ratur: Gozzadini Scavi Arnoaldi-Veli 38ff. Vir- 

aufgenagelten Silberblechstreifen bekleidet. Und chow Ztschr. fflr Ethnol. 1874, (141). Zannoni 

zwar hat die Wand der C. nur oben und unten Scavi della Certosa 233ff. Helbig Ann. d. Inst. 

einen geschlossenen Blechstreifen, oben mit Tieren, 1880,240ff. Schumacher42ff. MarchesettiNe- 

unten mit Palmetten und Lotus verziert. Diese crop, di S. Lucia 185ff. Dies in grosser Zahlnament- 

sind, wie auch die Verzierungen des flachen Deckels lich in den Grabern bei Bologna gefundene Gerat 
(Palmetten und Lotus, in der Mitte ein Stern), 60 hat mit den praenestiner C. in der Form nur eine 

in flachem Relief herausgetrieben und graviert. entfernte Yerwandtschaft und trennt sich ausser- 

Der mittlereTeil der Wand zeigt zwei Tierstreifen, dem von ihnen durch die zum Teil ganz ab- 

in denen zwischen den Tieren der Grand heraus- weichende Benutzung und durch sein ganz anderes, 

geschnitten ist. Die Disposition ist also von der viel grOsseres Verbreitungsgebiet. Es ist ein 

der spateren C. nur dadurch verschieden , dass cylinderformiges Bronzegefass, verziert durch ge- 

die mittlere Flache in zwei Streifen geteilt ist. triebene vorspringende Bippen, ohne Fusse, bald 

Ein wesentlicherer Unterschied ist es, dass weder mit zwei beweglichen Bugelhenkeln, bald mit zwei 

Fusse, noch Ringe, noch Deckelfiguren vorhanden an die Wande angenieteten Griffen. Man unter- 



2605 Oista Cistema 2606 

scheidet, an die Bologneser Funde ankniipfend, aus Siidtyrol I. II, Progr. Bozen 1866, 71. Conze 

zwei Gattungen (Gozzadini 48). Die altere, Mon. d. Inst. X 6; Ann. d. Inst. 1874, 164. 

,palaeoetruskische', ist kleiner; die Eippen, fiinf Wieser Ztschr. des Ferdinandeum 1891, 811, 

bis acht, stehen so weitlaufig, dass zwischen Taf.IVl. Schumacher61. Ihre Wande sind durch 

ihnen Platz bleibt fiir Verzierungen , entweder die Eippen in Tier breitere und vier schmalere 

figiirliche oder ornamentale (geometrischen Stils), Streifen geteilt; die breiteren enthalten figiirliche 

meist graviert , seltener getrieben. Diese Gat- Darstellungen : Wagen, Eeiter, Pferde, Tiere, die 

tung gehOrt der Zeit des geometrischen Stils etwa wie Hirsche oder Steinbocke aussehen; die 

(Villanovaperiode) an. Nur das alteste Exemplar Einteilung ist sehr ahnlich der oben S. 2604 er- 
(Scavi Benacci I), mit Bugelhenkel (Zannoni 10 wahnten Elfenbein-C. Ahnliche Darstellungen 

236f. Schumacher 42) diente als Aschen- auf dem Deckel urn ein rundes Mittetfeld. Die 

urne; die iibrigen fanden sich als Beigaben; rohe Zeichnung der getriebenen und gravierten 

ebenso in diesen alteren Grabern zahlreiche Ge- Figuren beruht nicht auf hohem Alter, sondern 

fasse gleicher Form aus Thon. Man streitet, ob auf dem bauerlichen Charakter dieser Kunstiibung: 

die Thongefasse den Bronzen nachgebildet waren durch den Vergleich mit besser datierten Monu- 

(Pigorini Bull, di paletnol. ital. XIII 1887, menten einer anderen Classe, den Situlen, ergiebt 

73f. Schumacher 44) oder umgekehrt (Z a n- sich als Entstehungszeitdas4. Jhdt. (Schumacher 

noni 234. Marchesetti 187, 7). Diejilngeren, a. 0.). Die C. wurde in Fragmenten gefunden; 

,etruskischen', sind grosser, 0,20-0,40 hoch, Durch- es scheint nicht sicher zu sein , ob sie Biigel- 
messer bis 0,43, mit 9 bis 15 enger stehenden 20 henkel (Conze) oder feste Seitengriffe (Wieser) 

Eippen. Sie gehOren, soweit aus mitgefundenen hatte. 

Gegenstanden, namentlich Vasen, hat geschlossen Dass die beiden Typen der gerippten und der 

werden kOnnen, dem 5. Jhdt. v. Chr. an, und praenestiner C. auf einander einwirkten und in 

dienten, namentlich in Italien, durchaus als Aschen- einander iibergingen . zeigt eine aus einem der 

urnen; so auch in Hallstatt. Dagegen gilt dies Zeit der praenestiner 0. nicht feme stehenden 

nicht fiir die weiter nOrdlich gefundenen, und es Grabe bei Vulci stammende C; dieselbe hat als 

ist nicht wahrscheinlich, dass das Gerat fiir diesen Decoration nur vier herausgetriebene Eippen, ruht 

Zweck erfunden eein sollte. Besonders bemerkens- aber auf mit einem Gorgoneion verzierten Fiissen 

wert ist der Fund einer solchen C. bei Priment- ganz nach praenestinischer Art. [Mau.] 
dorf, Prov. Posen, weil diese bronzene Schmuck- 30 Cisterna, Xaxxos, dsgafisvrj, vereinzelt auch 

sachen enthielt, also einem ahnlichen Zweck diente, tuiodoxrj (Aristot. polit. VII 11), ein unterirdisch, 

wie die praenestiner C. (Virchow 143). Thon- also kiihl gelegener, und mit hydraulischem Stuck 

cisten kommen in diesen jiingeren Grabern (mit ausgestrichener Behalter zum Sammeln und Auf- 

schwarz- und rotflgurigen Vasen) nicht mehr vor. bewahren von Fliissigkeiten , hauptsachlich von 

Das Verbreitungsgebiet der gerippten C. ist Trinkwasser, aber auch von Wein und 01 (Suid. 

sehr gross, tfbersicht der 1893 bekannten bei Phot. s. Xaxxog. Xen. anab. IV 2, 22. Digest. 

Marchesetti 190ff. Danach fanden sich weit- XL VII 2, 21 §5), wahrend lacus das oberirdische 

aus die meisten (51) in den Grabern bei Bologna, und offene Bassin (vgl. cisterna frigidaria Pe- 

12 im iibrigen Oberitalien, 21 in Istrien, 4 in tron. 73 das kalte Bassin im Bade) zum Tranken 
Mittelitalien, 6 in Siiditalien (2 aus Cumae, eine 40 des Viehes bezeichnet und die cisternenartigen 

unbekannter Herkunft im Neapler Museum, die Kornkeller oeiqoi, siri heissen; von den C. sind 

beiden anderen aus Nocera und Eugge in Apulien), auch die eastella innerhalb der Wasserleitungen 

47 nOrdlich der Alpen, nOrdlich bis zum Unter- zu unterscheiden , die teils zur Sicherung der 

lauf der Weser, westlich bis ins Ostliche Frank- Leitung, teils zur Verteilung des Stromes in ein- 

reich, Ostlich bis nach Ungarn. Uber Herkunft zelne Eohren dienen (dividicula). Cisternen waren 

und Fabrieationscentrum dieser C. ist bis jetzt uberall anzulegen, wo es an fliessendem oder an 

keine Einigung erzielt. Nach Gozzadini und Quell- und Brunnenwasser iehlte. Die rOmischen 

Zannoni ist es die Gegend von Bologna, nach Autoren schreiben daffir einen oblongen Grundriss 

Helbig (vgl. auch v. Duhn Eem. Mitt. II 1887, und, falls sie nicht in gewachsenem Felsen aus- 
269) Cumae; nach Schumacher waren sie auf 50 gehOhlt sind, besonders sorgfaltige und solide Aus- 

dein Landwege uber Istrien aus der Balkanhalb- mauerung der Wande und des Fussbodens vor ; 

insel nach Italien gekommen und dann hier an Estrich (pavimenfum testaceum) und Verputz 

mehreren Orten fabriciert worden. Dass fiir Italien (opus Signinum) soil mit gebranntem Thon ver- 

das Pothal das alteste Centrum ist, wird dadurch mischt , d. h. hydraulisch , sein. Man pflegt iin 

wahrscheinlich, dass die ,palaeoetruskischen' C. Verputz alle Winkel und Ecken abzurunden. Zum 

hier in eine Zeit hinaufreichen, fiir die ein Verkehr Verschmieren der Eisse werden Kittrecepte mit- 

mit Unteritalien nicht anzunehmen ist, dagegen geteilt. Oben miissen die Behalter zugedeckt 

wohl noch in Picenum (Ann. d. Inst. 1881, 219), sein. Bestimmt sind die Cisternen hauptsachlich 

nicht aber in Unteritalien vorkommen, hier viel- fiir Eegenwasser, das von den Dachern, unter Um- 
mehr sich nur der Typus des 5. Jhdts. findet. 60 standen auch von anderen fiber den Cisternen 

Durch Beobachtung des entschiedenen Vorwiegens gelegenen Stellen gesammelt und in ThonrOhren 

der C. mit Bfigelhenkeln im Norden einschliess- (tubi jietiles) hineingeleitet wird. Sind zwei oder 

lich des Venetianischen, der mit festen Griffen drei Cisternen passend neben einander gelegt wor- 

im Siiden einschliesslich Bolognas, kommt Mar- den, soksnnen die vorderen als Klarbassins dienen 

chesetti zu der Annahme zweier Centren, in und das Wasser kann aus der einen in die an- 

Bologna und in Venetien. dere durch Filter (per colum) gelassen werden. 

Den gerippten C. stent nahe die bei Moritzing Um es in Bewegung zu halten, wird empfohlen, 

in Siidtyrol gefundene, Orgler Archaeol. Notizen Aale und Fische in die Cisternen zu setzen (He- 



2607 Cistra Citiergesetz 2608 

rod. Ill 9. VI 119. Varro r. r. 111. 2. Vitruv. tatum in ludis pro eiteria atque cum speeta- 
VIII 7,4, im Auszuge bei Plin. n. h. XXXVI toribus sermocinaturum? (Jordan Caton. frg. 
173. Colum. I 5, 2. Pallad. I 16. 17. Digest. orat. rell. 40, 6 p. 58). Ihre Haupteigenschaft 
XLIII 22). Von den angeb lichen Vorziigen und war also Geschwiitzigkeit, was zu der verfehlten 
den wirklichen Mangeln der aqua eisternina han- Ableitung von ultra (Elster) und sqeTv (reden) 
delt Plin. n. h. XXXI 31—34 (z. T. nach Theo- Veranlassung gegeben haben mag. Forcellini 
phrast). Erhalten sind in alien Landern der an- lexic. u. d. Worte. Argoli zu Onuphr. Pan- 
tiken Kultur zahllose Cisternen aus alien Zeiten, vinius De ludis circens. II 2 (Graevii thes. 
teils grubenartig oder flaschenfOrmig aus dem antiqu. Rom. IX 349) will aus Martial. XIV 182 
Felsen geschnitten, teils in regelmassigerer Ge- 10 schliessen , dass die C. eine thoneme Maske ge- 
stalt unter der Erde aus Quadern oder in Incer- wesen sei, in die jemand hineingekrochen sei und 
turn gebaut. Die zum Privatgebrauch bestimm- dann herausgesprochen habe. Da in dem Epi- 
ten liegen meist unter den Peristylien oder Im- gramme jeder Hinweis auf die C. fehlt, ist diese 
pluvien der Hauser (vgl. Varro a. a. 0.; so z. B. Verniutung haltlos. Friedlander bei Mar- 
in Alexandria, wo sie mittels vnovofioi aus dem quardt-Wissowa E. St.-V. III2 509. 
Nilcanal gespeist wurden, in Delos, in Soluntum, [Pollack.] 
in Pompeii) und haben zum SchOpfen eine mit Cltharista portus, in Gallia Narbonensis, 
einem Puteal eingefasste Offnung; grfissere far Plin. n. h. Ill 34. Itin. mar. 506 a Oitharista 
Bader und andere offentliche Zwecke bestimmte portu Aemines positio. Neben Gargaria genannt 
Cisternen, zum Teil hOchst ansehnliche Bauten, 20 in einem Brief des Papstes Zosimus vom J. 417 
sind meist durch Zwischenwande in mehrere Kam- (Man si IV 360). Das heutige Dorf Ceyreste 
mem geteilt, oder wenn der Raum ungeteilt ist, bei La Ciotat (arrond. Marseille), das aber nicht 
wird die Decke von Pfeilern getragen. Je nach direct am Meere liegt. Jullian Bull, epigr. V 
dem Alter der Cisterne besteht die Decke aus 166. Desjardins Ge"ogr. de la Gaule I 181. 
Steinplatten oder nach romischer Art aus einem 187. 190. II 83. 169. Holder Altkelt. Sprach- 
GewOlbe. Mehrere Beispiele aus alteren Publi- schatz s. v. Der Name ist wohl griechischen Ur- 
cationen wiederholt bei Daremberg-Saglio sprungs. S. auch Cecylistrium. Herzog 
Dictionn. I 1208ff. [Puchstein.] Gall. Narbon. 17 beruft sich irrtumlich auf Caesar 

Cistra, Ort im medisch-assyrischen Grenz- und Steph. Byz. [Ihm.] 

gebiet, Geogr. Rav. p. 53, 4. [Tomaschek.] 30 Cithenus mons, am Wustenrande von Parthia, 

Cistrope (var. Cristope), Ortschaft sei es in Plin. VI 44. [Tomaschek.] 

Indien, sei es in Ariana, Geogr. Rav. 46, 12; vgl. Citicius, an den ein Rescript des Kaisers De- 

64, 18 Strippa. ' [Tomaschek.] cius vom J. 249. Cod. lust. X 16, 3. [Groag.] 

Cistnia (Kwrovla) liest C. Miiller bei Ptol. Citiergesetz ist die wenig zutreffende, aber 

II 11 , 12 mit einem Teil der Hss. ; Stadt im heute allgemein iibliche Bezeichnung der im Cod. 

inneren Germanien (Ziillichau ?). Friihere lasen Theod. I 4, 3 enthaltenen, an den rOmischen Senat 

'Aorovia. [Ihm.] gerichteten Constitution der Kaiser Valentinian III. 

Citania, Ort im hispanischen Callaecien. Im und Theodosius II. vom 6. November 426 iiber 

Thai des Flusses Ave, siidlich von Bracara, liegen die Geltung der Schriften der rOmischen Juristen 
am linken Ufer, den rOmischen Badern von Vi-40 vor den Gerichten. Sie bezeichnet sich selbst als 

zella gegenilber, auf den Vorbergen der Serra Stuck eines grOsseren Gesetzes (post alia), und 

de Falperra eine Reihe vorroniischer Nieder- von den verschiedenen uns erhaltenen, an dem- 

lassungen, deren eine den auch sonst im nOrd- selben Tage und Orte (Ravenna) verabschiedeten 

lichen Portugal fur alte verlassene Stadte ge- und in gleicherWeiseadressiertenErlassen(Hanel 

brauchten Namen C. fiihrt (CIL II 896, wo die in d. Ausg. d. Cod. Theod. z. d. St. Kriiger 263, 

Litteratur verzeichnet ist). Reste der Mauern, 13) mOgen diejenigen, welche sich auf die Anwen- 

Strassen, Hauser, eine Anzahl kurzer lateinischer dung der kaiserlichen Constitutionen in der Praxis 

Inschriften, sowie zahlreiche TOpferscherben , be- beziehen (Cod. lust. I 14, 2. 3. 19, 7. 22, 5) viel- 

weisen, dass der Ort in romischer Zeit bewohnt leicht ein Ganzes mit unserem Fragment gebildet 
war. Der Name kann nicht, wie man irrtumlich 50 haben, so dass wir es mit einem die Geltung der 

annahm, aus dem lateinischen civitas entstanden Rechtsquellen tiberhaupt regelnden Gesetze zu 

sein, sondern enthalt wohl die Verstummelung thun hatten. 

eines alten Namens , wie aus Igaeditani gebildet Zum Verstandnis unseres Gesetzes ist es notig, 

wurde Idanha, und ahnliches. Der Ort bietet sich die Entwicklung des Juristenrechts in der 

ein gutes Beispiel fiir die in jenen Gegenden nicht Kaiserzoit zu vergegenwartigen. Die bindende 

seltenen vorrOmischen , aber noch in romischer Kraft der Responsen der mit dem Jus respon- 

Zeit bewohnten Niederlassungen der einheimi- dendi begabten Juristen war schon friibzeitig ge- 

schen Stamme (vgl. Hermes XV 1880, 49ff. 597ff.). wohnheitsmassig auf deren in ihren Schriften 

[Hiibner.] niedergelegte Ansichten (sententiae et opiniones 

Citeria ist eine jener volkstiimlichen Scherz- 60 Gai. I 7) iibertragen , und Kaiser Hadrian hatte 

figuren, die bei dem feierlichen, die Spiele er- diesen Zustand in der Weise geordnet, dass er 

offnenden Festzuge (s. Pom pa) zur Unterhaltung verfiigte, die ubereinstimmende Lehre der Juristen 

und Belustigung der schauenden Menge mit auf- solle fiir den Richter massgebend sein , bei Mei- 

gefuhrt wurden. Fest. ep. 59 : Citeria appella- nungsverschiedenheiten solle er sich dagegen nach 

batur effigies quaedam arguta et loquax ridieuli eigenem Ermessen der einen oder anderen Ansicht 

gratia quae in pompa vehi solita sit. Gato in anschliessen (Gai. I 7; Naheres s. im Artikel Ius 

M. Gaeeilium: Quid ego eum illo dissertem am- resp on dendi). Diese Geltung (die auctoritas 

plius, quern ego credo deniqiw in pompa recti- prudentium) blieb den sententiae reeeptae auch, 



2609 Citiergesetz Citiergesetz 2610 

als seit Diocletian das Jus respondendi nicht mehr atque Mareelli omniumque quos illi (die Citieren- 

verliehen wurde (vgl. den Artikel Innocentius). den: Papinian u. s. w.) celebrarunt, si tamen 

Die Parteien verlasen bei den gerichtlichen Ver- eorum (der Citierten: Scaevola u. s. w.) libri prop- 

handlungen die Stellen aus den Schriften der ter antiquitatis ineertum codieum eollatione 

patentierten Juristen (and der in Betracht kom- firmentur. Die Kaiser wolleu augenscheinlich 

menden kaiserlichen Constitutionen), wodurch sie die Juristen zur Stimmzahlung zulassen, welche 

ihren Ansprueh zu stiitzen oder den des Gegners das Jus respondendi besessen haben. Dass ihre 

zu Pall zu bringen suchten. Dies reeitare wird Worte diesen Sinn haben, zeigt deutlich die ent- 

in unserem Gesetz ausdriicklich erwahnt, begegnet sprechende Vorschrift Iustinians an die Compi- 
aber auch sonst als etwas ganz regelmassiges ; 10 latoren seiner Digesten (Const. Deo 4): Iubemus 

vgl. Paul. sent. V 25, 4. Cons. IV 2. 5. Cod. igitur vobis antiquorum prudentium , quibus 

lust. VI 61, 5 pr. lust. Const. Haee 3; Summa auetoritatem oonscribendarum inter pretandarum- 

3 ; Cordi 5 ; Tanta 22 ; weitere Nachweise s. bei que legum saeratissimi prineipes praebuerunt, 

Mitteis Reichsr. u. Volksrecht 138f. Wilcken libros ad ius Bomanum pertinentes et legere ef 

Ztschr. d. Sav.-Stfg. XVII 160. Doch ergaben elimare, ut ex his omnis materia colligatur . . . 

sich allmahlich manche Schwierigkeiten firr die Quia autem et alii (d. h. solche, die kein Jus 

Praxis: zunachst lag eine solche schon in der respondendi hatten) libros ad ius pertinentes 

Menge der in Betracht kommenden Schriften (eopia soripserunt, quorum seripturae a mollis auetori- 

immensa librorum Const, de Cod. Theod. auct. bus reoeptae nee usitatae sunt, neque nos eorum 
1), sodann in der Frage, welche Juristen das Jus 20 volumina nostrum inquietare dignamur sanetio- 

respondendi gehabt hatten, denn nur deren Schrif- nem. Und dem entsprechend heisst es in dem 

ten konnten Geltung beanspruchen. Auch die Einfuhrungsgesetz zu den Digesten (Const. Ae- 

Zuverlassigkeit der vorgelegten Texte liess oft zu dcoxev [der griechische Text spricht noch deut- 

wiinschen iibrig — bei Processen , in denen es licher als der lateinische] 20) : No/xo&sxas Se tjroi. 

sich um Tausende handelte, mochte es sich schon vdficov eQjxnvsvxds exeivovs rjftpoioafisv oi naga 

einer Falschung lohnen — , und schliesslich bot jiaoiv Setioxi/taofievot xa&eoxaaiv xal xoi/e efiiiQO- 

die Litteratur eine unilbersehbare Menge von o&ev doeaavxeg avxoxgdxogas xal xfje 3w*(?' exelvwr 

Streitfragen : die Zeiten aber, in denen man vom xvxovtss /tvrjutjs • si ydg us rcov ovxl tots na- 

Eichter erwarten durfte , dass er sich hieriiber laiotg vofio&sraie yvmgilco^snor ioxiv , rovrtp di 
eine eigene Ansicht bilden werde, waren voruber. 30 rijs Jtgos xovto xb fiijiXiov /isxovoiag ajirjyoQsvoa- 

In alien diesen Punkten suchte das C. eine usv • uiaaiv ye ur/v xoTg evxavfta xeifihoig (ilav 

bestimmte Ordnung durchzufuhren. Doch bietet xd^w xe xai a£iav dedebxapev , ovSsvl fiet£ovo; 

seine Auslegung manche Schwierigkeiten. Klar avftevxias napa xov exegor (pdoxi/nrjd'eiatjs ; das* 

ist zunachst die Art der Regelung der Contro- hiermit auf das C. hingewiesen wird, ist zweifel- 

versen: die Stimmen der dem Gericht vorliegen- los. Die Worte der Const. Deo 4 quorum serip- 

den Juristen, welche sich in ihren Schriften liber turae a nullis auetoribus receptae nee usitatae 

die betreffende Rechtsfrage aussprachen, sollten sunt enthalten den Schliissel fur das Verstandnis 

gezahlt werden und die Ansicht der Mehrheit der obigen Stelle des C. Man nahm an , dass 

sollte gelten; bei Stimmengleichheit sollte Pa- die Juristen mit- Jus respondendi (iuris auetores, 
pinian, wenn er sich unter den vorgelegten Ju- 40 voficodexai) nur solche Juristen citiert hatten, die 

listen befand, den Ausschlag geben, andernfalls ebenfalls das Jus respondendi besessen hatten. 

der Richter freie Hand haben. Den Noten des Von Papinian , Paulus , Gaius , Ulpian und Mo- 

Paulus und Ulpian zu Papinians Schriften (vgl. destin stand es fest oder wurde es als feststehend 

Bd. I S. 575) wurde einem alteren Gesetze des angenommen (vgl. den Art. Gaius), dass sie jenes 

Constantin vom J. 321 (Cod. Theod. I 4, 3) ent- Privileg gehabt hatten. Demgemass bestimmten 

sprechend die Geltung versagt. Schliesslich wurde die Kaiser, dass ausser diesen fiinf Koryphaeen 

verfugt, dass des Paulus Sententiae immer mass- die Schriften derjenigen Juristen vor Gericht Gel- 

gebend sein sollten, so dass also, wenn sich in tung haben sollten, welche bei jenen angefuhrt 

diesem Werke eine Ausserung fiber die betreffende wurden. Nicht aber enthalten ihre Worte — wie 
Prage fand, tiberhaupt keine Stimmzahlung vor- 50 oft behauptet ist — eine Beschrankung auf die 

genommen wurde (vgl. den Art. Iuli us Paulus). bei den Koryphaeen vorkommenden Stellen der 

Die Prage , welche Juristen bei der Stimm- iibrigen Juristen ; eine Auslegung, welche iibrigens 

zahlung in Betracht kommen sollten , wurde fol- auch durch den Schluss des Satzes ausgeschlossen 

gendermassen geregelt: Zunachst sollten alle ist: Die seientia der Citierten soil massgebend 

Schriften des Papinian, Paulus, Gaius, Ulpian und sein si tamen eorum libri . . . codieum eollatione 

Modestin Geltung haben: Papiniani Pauli Oaii eon firmentur. Eorum libri konnen nur die Ori- 

Vlpiani atque Modestini seripta universa fir- ginaltexte der Citierten (Iulian u. s. w.) sein, 

mamus ita, ut Gaium quae Paulum Ulpianum grammatisch ist keine andere Erkliirung mOglich. 

et cunetos eomitetur auetoritas, lectionesque ex Von Papinian, Paulus, Gaius, Ulpian und Modestin 
omni eius opere reeitentur. Dann folgen die 60 hatte man jedenfalls feststehende Texte bei den 

Worte: Eorum quoque scientiam quorum trae- Gerichten zur Hand, oder man benfitzte sie aus 

talus (hierbei scheint an Uberarbeitungen friiherer Sammlungen, wie die vaticanischen Pragmente 

Juristen durch die Vorhergenannten , z. B. der und die Collatio, deren Citate als authentisch ge- 

libri posteriores des Labeo durch Iavolenus, oder golten zu haben scheinen. Von den iibrigen aber 

seiner mSavd durch Paulus [vgl. Bd. I S. 2551ff.] waren ohne Zweifel die Originaltexte viel seltener, 

gedacht zu sein) atque sententias (gelegentliche und in jenen Sammlungen werden sie nicht ex- 

Citate) praedieti omnes suis operibus miseuerunt cerpiert (hOchstens Vat. frg. 90 — 93 kfinnte Zweifel 

ratam esse censemus ut Scaevolae Sabini luliani erregen, ware dann aber eine vereinzelte Aus- 



2611 Citiergesetz Citrone 2612 

nabme). Uberhaupt scheint ihre Heranziehung Werke keine widersprechenden Ansichten fanden 

in der Praxis recht selten vorgekommen zu sein (Const. Deo 8; Tanta 10. 15); die innerhalb der 

(vielleicht liegt eine solche den Constitutionen Excerpte in grosser Zahl anzutreffenden Contro- 

Iustinians im Cod. VI 61, 5. VII 7, 1. VIII 47, versen kann er also nicht als einen Widerspruch 

10 pr. zu grunde; indessen ist auch mijglich, dass angesehen haben. Wenn man es filr unschadlich 

diese Entscheidungen sich nicht aus der Praxis, hielt, sie aufzunehmen, so liegt der Gedanke nahe, 

sondern bei Gelegenheit der Revision der juristi- dass die Praxis sie auch bisher, d. h. auf Grund 

schen Streitfragen durch clen Kaiser ergaben; und des C, nicht beriicksiehtigte, mit andern Worten 

das letztere diirfte auch bei den sonstigen Er- dass man aus den Stellen der Koryphaeen inimer 

wahnungen von Juristen ausser den Koryphaeen 10 nur deren eigene Meinung entnahm. Die Vor- 

im Cod. lust, der Pall sein ; vgl. II 18, 24. Ill schrift aber, dass Iulian u. s. w. nur in ihren be- 

33. 15, 1. IV 5, 10 [hier sind die Citate des glaubigten Originaltexten vorgelegt werden duri- 

Marcian, Celsus, Iulian aus Ulpian und Papinian ten, hatte den Zweck, die Controversen nach M6g- 

entnommen]. V 70, 7, 1. VI 26, 10 [Sabinus sicher lichkeit zu vennindern, denn bei der Seltenheit 

aus zweiter Hand]. VI 29, 3 [Sabiniani ebenso], der alteren Werke war deren Herbeischaffung mit 

samtlich aus den J. 530—531). Dass die Com- grossen Schwierigkeiten verbunden. 

pilatoren Iustinians bei der Abfassung der Di- Das C. ist 107 Jahre in Geltung geblieben 

gesten ihren Kreis sehr viel weiter zogen, wird — iiber einen Plan seiner Beseitigung s. d. Art. 

uns als eine ganz besondere, der bisherigen Praxis Codex Theodosianus — ; wir finden es am 

widersprechende wissenschaftliche That bezeichnet 20 Ende des 5. Jhdts. in der sog. Consultatio (7, 3) 

(Const. Tanta 17. 18: Homines etenim qui antea erwahnt, und hauflg wird in den Einfiihrungs- 

lites agebant, licet muttae leges fuerant positae, patenten zu den Digesten Iustinians darauf hin- 

tamen ex paucis lites perferebant vel propter gewiesen (Const. Deo 5. 6; Tanta 10. 17. 19. 20). 

inopidm librorum . . . vel propter ipsam inseien- Mit dem Beginn der Gesetzeskraft der Digesten 

tiam . . . In praesenti autem eonsummatione no- (30. Dec. 533) trat es ausser Kraft. 

strorum digestorum e tantis leges eolleetae sunt Neuere Litteratur: Zimmern Gesch. d. rOm. 

voluminibus, quorum et nomina antiquiores ho- Priv.-R. I 214ff. Puchta Bh. Mus. f. Jurispr. 

mines — non dieimus neseiebant, sed — nee V 141ff. VI 87ff. (= Kl. jur. Schr. 284ff.); Inst. 

unquam audiebant. So erklart es sich, dass die I § 134. Huschke Ztschr. f. gesch. B.-W. XIII 
Kaiser im C. befahlen, die vorgelegten Texte der3017ff. Sanio Bechtshist. Abh. Iff. Budorff B. 

Juristen ausser den Koryphaeen miissten durch B.-G. I 202ff. Dernburg Inst. d. Gaius 107ff. 

Vergleichung mit zuverlassigen Exemplaren (etwa Karlowa B. B.-G. I 932ff. Kriiger Quellen u. 

mit solchen, die bei heheren Gerichten, auf den Litt. d. B. B. 262ff. Kipp Quellenkunde d. E. 

Bechtsschulen oder in grosseren Bibliotheken vor- B. 92f. Padeletti-Cogliolo Stor. d. dir Bom. 2 

handen waren) sicher gestellt werden. 634f. Landucci Stor. d. dir. Bom. I 2 255f. 

Aus unserer Auffassung des C. ergiebt sich, * [JOrs.] 

dass aus den Texten der Koryphaeen immer nur Citium s. Cetius mons. 

deren eigene Meinung entnominen werden konnte, Citius (Tac. ann. XV 25) s. Cestius Nr. 9. 

mit andern Worten, dass wenn beispielsweise Ulpian Citomarae, ein Volk in Ariana, neben Comani, 

den Labeo fur und den Iulian und Pomponius gegen 40 Plin. VI 47 (comarae E , caemarae DF) ; wohl 

seine Meinung anfuhrte, nicht zwei gegen zwei, gleich Chomarae (s. Chomara). [Tomaschek.] 

sondern nur die eine Stimme des Dlpian gezahlt Citrago s. Melisse. 

wurde, dass die abweichenden Ausserungen nur Citrone. Den Alten war nur eine Citrusart 

dann in Betracht kommen konnten , wenn sie in bekannt, und zwar war diese, wie heute fast aus- 

den sichergestellten Texten des Iulian und Pom- schliesslich angenommen wird, Citrus medica Riss., 

ponius selbst nachgewiesen wurden. Selbstver- die C. (nicht etwa die in Deutschland meist C. 

standlich ist dabei einerseits, dass wenn Ulpian genannte Limone). Nur K. Koch (D. Baume u. 

die Meinung des Iulian als die seinige vortrug Straucher d. alt. Griechenl., 1879, 242) glaubt, 

(Iulianus ait, gleich viel ob mit oder ohne den dass es eine bittere Orange, Citrus aurantium 

Zusatz hoe verum pitto dgl.), sie auch als solche 50 fructu amaro, gewesen sei, weil damals uberhaupt 

gerechnet wurde, und andererseits, dass die Par- nur zwei Citrusarten existiert hatten . namlich 

teien nicht auf solche Aussprflche des Iulian ausser der genannten noch die Limone. Doch 

u. s. w. , welche bei den Koryphaeen referiert aus der Beschreibung, welche die Alten nament- 

waren, beschrankt sein sollten ; nur fur die Frage, lich von der Frucht geben, und aus linguistischen 

ob jene Juristen uberhaupt Geltung beanspruchen Grunden muss man an der ersteren Annahme fest- 

konnten, nicht fur ihren Inhalt waren die Citate halten (vgl. V. Hehn Kulturpfl. u. HaustiereS 

der Koryphaeen massgebend. Die Kaiser wollten 1894, 428f. Willkomm tiber Stidfriichte, 1877, 

also nicht — und wahrscheinlich traten sie da- 39f. 70f. A. de Can do lie D. Ursprung der Kul- 

mit einem in der Praxis vorkommenden Miss- turpfl., iibers. v. Goeze, 1884, 220f. V. Loret 

brauch entgegen — , dass man die Meinungen 60 Le cedratier dans l'antiquite, Ann. de la socie'te 

der Koryphaeen aus den von ihnen selbst citier- de Lyon XVII 1891, 225 — 271, auch in Separat- 

ten abweichenden Ausspruchen anderer Juristen abdr., Par. 1891). 

widerlege, wie sie ja auch vorgeschrieben hatten. An den Zweigen der C. finden sich Dornen 

dass die Noten der Spateren zu Papinian (zu den oder auch nicht; in der persischen, zum alten 

tibrigen Koryphaeen finden sich keine) ausser Be- Medien gehorigen Provinz Gilan findet sich der 

tracht bleiben sollten. Eine Bestatigung findet Baum, angebaut und verwildert, mit langen grtinen 

diese Auffassung durch die Digesten Iustinians: Dornen bewaffnet, wie sie keiner der anderen 

dieser Kaiser versichert uns, dass sich in seinem Citrusarten zukommen (Willkomm 40f. Hehn 



2613 Citrone Citrone 2614 

434). Wie bei den ubrigen Arten tragt der freie bei Athenaios und scheint verdachtig). Dieser 

Pruchtknoten der zwittrigen Bliite einen saulen- Baum also wachst in Medien mid Persien.' ,Die 

artigen Griffel mit halbkugeliger Narbe; nur der Kerne liegen getrennt von einander in Beihen (h. 

WildlingOstindienshatofteingeschlechtigeBlutevi pi. 1 11, 4).' Dass alles, was Theophrast sagt, 

(Willkomm70, 5). Die Frucht, welche im Mittel sich auf Asien bezieht, geht nicht nur aus seinen 

1— 1V 2 kg. schwer ist und iiber 15 cm. lang wer- eigenen Worten, sondern auch aus dem, was Ver- 

den kann, ist langlich und so warzig oder runzelig gil (a. a. 0.) ihm entnimmt , hervor. Ja man 

wie kaum eine andere Prucht; die Schale wird kOnnte, obwohl die Schilderung Theophrasts im 

bis zwei Zoll dick, da ihre innere weisse Schicht, ubrigen sehr detailliert ist, zweifeln, ob er selbst 

das eigentliche Fleisch, ausserordentlich entwickelt 10 schon die Prucht gesehen hat, da er gerade diese 

ist (Loret 245) und allein geniessbar ; der Prucht- nicht beschreibt. Doch kamen nach einem Zeit- 

brei, in welchem die Samen eingebettet sind, ist genossen desselben, dem Komiker Antiphanes (bei 

sparlich entwickelt, lederartig, wenig saftreich Athen. Ill 84b), damals schon C. nach Griechen- 

und ungeniessbar, da der Saft eher bitter als sauer land, wenn auch als etwas sehr Seltenes. In seiner 

ist. Die Heimat des Baumes ist Ostindien und Komddie Boiotia schenkt jemand einem Madchen 

Birma, was zum Teil schon im spateren Altertum drei schOne Apfel mit den Worten, dass der Same 

bekannt gewesen zu sein scheint , da Hesychios neulich von dem Konige (Alexander) nach Athen 

sagt : xixqiov ■ xo 'Ivdtnor ia)\ov. Nur dieser Baum geschickt sei. Da sowohl von ihm als seinem 

heisst heute in Griechenland f) xtrgnd, die Prucht Nachahmer Eriphos (ebd.) diese Apfel fur iden- 

to xItqov, albanes. kitre, bezw. -a (v. Heldreich 20 tisch mit den Hesperiden- oder goldenen Apfeln 

Die Nutzpflanzen Griechenl., 1862, 54), auf Ke- erklart werden, so kOnnen es schon deshalb C. 

phalonia mxqvx (v. Heldreich Plore de l'ile de gewesen sein, weil diese auch spater 6fters mit 

Cephalonie, 1882, 29); auch heisst dieser Baum jenen identificiert werden (Tuba bei Athen. Ill 

und seine Prucht in Italien (ausser der Ceder) 83b. Mart, XIII 37. Anonym, de citro bei Bah- 

eedro, in Spanien und Portugal eidra, in Prank- rens Poet. lat. min. IV 349 = Riese I 169. 

reich cedrat (bezw. cedratier), in England citron Corp. gloss, lat. II 315, 24. Ill 26, 22. 358, 75. 

(citron-tree). 442, 9. 562, 69; vgl. auch iiber die Abbildung 

Von den Griechen erwahnt den Baum zu- eines Baumes in der Gestalt einer Aurantiacee 

nachst Theophrast (h. pi. IV 4, 2. 3; bei Athen. mit Quittenapfeln in den Fresken der Villa der 
III 83 d— f). Er sagt: ,Medien und Persien ist30Livia Moller Bom. Mitt, V 1890, 79), und weil 

eigentumlich der sog. medische oder persische andrerseits der Pfirsich, an welchen man als per- 

Apfel. Das Blatt des Baumes ist ahnlich oder sischen Apfel denken konnte, urns J. 300 v. Chr. 

fast gleich dem der avded%Xr) (Arbutus andrachne noch nicht in Europa bekannt war. Doch dass 

L., wofiir Plinius XII 15 und Solinus 46, 4 wohl der C.-Baum damals in Griechenland kultiviert 

mit Riicksicht auf Theophr. h. pi. Ill 16, 5 unedo sei und vortreffliche Priichte getragen habe, wie 

= Arbutus unedo L. setzen; bei Athenaios da- Loret (a. a. 0. 228) meint, geht wohl aus den 

gegen steht falschlich av&Qaxvr) = Portulaca ole- genannten Stellen nicht hervor; denn die Mit- 

racea L., ausserdem auch noch der Wallnussbaum teilung von dorthin geschickten Kernen kann doch 

und wie bei Verg. g. II 131 der Lorbeerbaum) ; nur als der Scherz eines Komikers aufgefasst 

er hat Dornen wie der edle Birnbaum und der 40 werden , wie etwa der ROmer Trimalchio auch 

ogvdxavfrog (Mespilus pyracantha L. ?), aber glatte seine C. und seinen Pfeffer auf seinen eigenen 

und sehr spitze und machtige ; die Prucht wird Landereien gewonnen haben sollte (Petron. 38). 

zwar nicht gegessen, aber ist ebenso wie das Blatt Was aber die Abfassungszeit der die Kultur der 

sehr wohlriechend ; wenn sie zwischen die Kleider C. behandelnden Kapitel in den Geoponica (X 7 

gelegt wird, so bewahrt sie diese vor Wurmern — 10. 76, 7. 9) betrifft, so beflndet sich Loret 

(ebenso Oppius bei Macrob. sat. Ill 19, 4. Diosk. in einem verhangnisvollen Irrtum. So glaubt er, 

I 166. Plin. a. a. 0. Athen. a. a. 0. 83 f — 84a); dass z. B. das ganze Kapitel X 76, ohne iiber- 

sie ist auch niitzlich, wenn jemand Gift getrunken arbeitet zu sein, den Diophanes von Nikaia, wel- 

hat (vgl. u.), und um den Atem zu verbessern chen er zu Anfang statt Mitte oder Ende des 

(Verg. a. a. 0. 135) ; wenn man sie namlich in 50 1. Jhdts. v. Chr. ansetzt , zum Verfasser habe, 

Briihe oder dergleichen kocht und das Innere in und kommt , weil in diesem Kapitel (§ 9 u. 10) 

den Mund ausdrilckt und hinunterschliirft, macht Didymos von Alexandreia und Florentinus erwahnt 

es den Atem angenehm (ebenso Diosk. Plin. aa. werden , zu dem Schluss , dass diese spatestens 

00.). Der herausgenommene Same wird im Priih- am Ende des 2. Jhdts. v. Chr. gelebt hatten 

jahr in wohl gepfiegte Beete gesat und dann jeden (S. 250), wahrend Didymos nach 316 n. Chr. (Nik- 

vierten oder fiinften Tag mit Wasser besprengt; las zu I 5, 5. Gemoll Untersuchungen iiber die 

sobald der Pflanzling erstarkt ist (d. h. nach drei Quellen der Geoponica, 1883, 170) und Florentinus 

Jahren nach Pall. IV 10, 12), wird er, wiederum um 218 n. Chr. (Gemoll 170f.) anzusetzen ist. 

im Friihjahr, in ein etwas weiches, feuchtes, nicht Nicht nur Vergil (a. a. 0. ; vgl. Serv.) kennt die 

zu mageres Erdreich (reihenweise nach Theophr. 60 Frucht nur als medische , sondern Plinius sagt 

h. pi. I 11, 4) umgepflanzt. Der Baum tragt zu noch, dass trotz vielfacher bei andern Volkern ge- 

jeder Jahreszeit Friichte (ebenso c. pi. I 11, 1. machten Versuche der Baum (mains Assyria, quant 

18, 5). Diejenigen von den Bliiten, welche, wie alii Medicam vocant) nur bei den Medern und 

ich gesagt habe (h. pi. I 13, 4), gleichsam eine Persern fortkomme (XII 16). Zwar erleiden diese 

hervorragende Spindel (d. h. einen Griffel) in der Worte durch eine andere Stelle (XIII 103), wo 

Mitte haben, sind fruchtbar, die andern nicht. Er er sagt, dass der Baum eine Frucht trage, welche 

wird aber auch wie die Dattelpalme in durch- den einen durch seinen Geruch und seine Bitter- 

l6cherten Topfen herangezogen (dieser Passus fehlt keit widerlich sei, von andern aber begehrt werde. 



2615 Citrone Citrone 2616 

und dass er auoh die Hauser ziere , eine Ein- artige Prucht eine gefingerte C. (fingered citron) 

schrankung , aber doch nur in dem Sinne , dass gewesen sei, d. h. diejenige Form der C, welche 

■der Baum ausserhalb Mediens zwar als Zierbaum sich an einem Ende in flngerartige Fortsatze teile 

diene, aber keine Pruchte trage, wenn diese auch und welcher noch jetzt in China eine aberglau- 

schon in Europa wohl bekannt waren. Denn bische Verehrung gezollt werde ; diese moge durch 

wieder an einer andern Stelle (XVI 135) heisst arabische und persische Handler den Assyriern, 

es bei ihm , dass der in Assyrien einheimische welche aus andern Griinden jedenfalls die C. ge- 

Baum wie die Palme (welche zwar in Italien viel- kannt haben miissten, bekannt geworden sein. Die 

fach vorkam, aber keine Pruchte trug, Varro II von Theophrast gebraucht.en Benennungen f\ Mtj- 

1, 27. Plin. XIII 26), nur in der Heimat Frlichte 10 Sixij iii\lia und r\ IleQoixij /j,t]Xsa erhielten sich, 

trage. In diesem Sinne behauptet noch Solinus obwohl fur die Zwischenzeit nicht nachweisbar, 

(46, 6) , dass man vergeblich versucht habe, den bis anf Dioskorides (I 166 ; vgl. Plin. XII 15). 

Baum, welcher nur in Medien gedeihe, auch in Dieser allein hat auch daiur den Namen xsdgo- 

andern Gegenden anzupflanzen; ja selbst noch fitjXov, wofiir sich spater xaQotirjlov findet (Geop. 

Gargilius Martialis (bei Pall. IV 10, 16, wo durch X 76, 7). Nach Dioskorides a. a. 0. ist dieser Apfel, 

Anderung des non in nunquam der Sinn wenig welcher lateinisch eitrium heisst, allgemein be- 

alteriert wird , da der Baum , wenn iiberhaupt, kannt ; der Baum tragt zu alien Jahreszeiten 

auch das ganze Jahr hindurch Pruchte entwickelt, Pruchte ; der Apfel selbst ist langlich , runzelig, 

falls dies nicht durch den Schnitt verhindert wird) goldfarben und von bedrilckendem Wohlgeruch, 

hob hervor, dass der Baum in Assyrien der Pruchte 20 sva>8sg ftsra pagovg , sein Same dem der Birne 

nicht entbehre. Selbst die Annahme Hehns (a. ahnlich. Selbst Plutarch spricht noch vom nfjlov 

a. 0. 433) , dass der Baum zur Zeit des Ploren- Mrjdixdv (symp. VIII 9, 3). Obwohl aber dann 

tinus ein Schmuck der Villen und Garten be- Apuleius (bei Serv. georg. II 126) dagegen eifert, 

giinstigter Landschaften gewesen sein miisse (Geop. dass dafur citrus gesagt werde , da dieses Wort 

X 7, 11), da er eine Treibhauskultur mit Er- einen ganz andern Baum (namlich Callitris qua- 

ziehung von Priichten schildere, wie sie heute am drivalvis Vent.) bezeichne, so erklart Galenos (XII 

Ufer des Gardasees ublieh sei, ist hOchst unsicher, 77) , dass er nicht mehr fiijXov (ttjdixov, sondern 

•da der Sammler der Geoponica jenen nicht direct, allgemein xhgtov genannt werde. Ja Athenaios 

sondern aus Anatolios benutzt hat, vieles jenem (III 83 f) scheint jenen Namen gar nicht mehr 
auch untergeschoben zu sein scheint (Gem oil a. 30gekannt zu haben; jedenfalls findet sich bei ihm 

a. 0. 171), Anatolios aber nicht vor dem 4. Jhdt. und spater nur xitqiov (so meist auch bei Alex, 

gelebt hat (fiber die Entstehung der Geoponica Trail., doch xixqov II 175. 251 Puschm. und Anon. 

vgl. auch E. Oder im Eh. Mus. XLV 1890, 58f. de alim. bei Ideler Physici et med. gr. min. II 

■212f.)- Mit Kecht schliesst daher H. Blfimner 260, 13. 24. 266, 12 und Sim. Seth p. 52, 16f. 

aus dem verhaltnismassig recht betrachtlichen Langk.). Ein hochst verworrenes und jedenfalls 

Preise, welcher fur die C, das Stuck zu 16 — 24 sehr spates Scholion (Nic. al. 533) identificiert 

Denaren = 29,2 — 43,8 Pfennig, gegenuber z. B. /.lijdov (Convolvolus althaeoides L.) mit (iqdiy.ov 

<lem Preise der Melone von 1 — 2 Denaren in dem fii)lov und vsqo.v£iov ; das letztere (im Sanskrit 

Maximaltarif des Diocletian vom J. 301 (VI 75. ndgaranga, nagaranha, ndranga, ind. naroundji, 
76; vgl. 30ft.) angesetzt ist, dass man damals 40 pers. nareng , arab. naring , neugr. vegdvrCior, 

■erst angefangen habe, die Prucht in Europa zu ital. narancia, franz. orange u. s. w.; vgl. Hehn 

Ziehen. Mag also die Kultur in Italien auch schon 436f. und Loret 242), bezeichnet aber die wohl 

vor Plinius (vgl. Oppius bei Macrob. sat. Ill 19, erst im 9. Jhdt. durch die Araber verbreitete 

4) begonnen haben , so linden wir sie doch im bittere Orange. 

Gegensatz zu der Kultur der von Lucullus ein- Bei den Romern spricht, wie erwahnt, zuerst 

gefuhrten Siisskirschenart, welche binnen nur 120 von der C, ohne ihr aber einen bestimmten Namen 

Jahren sich bis nach Britannien verbreitete (Plin. zu geben, Vergilius (georg. II 126f. ; vgl. Serv. 

XV 102), erst bei Palladius (IV 10, llf.), welcher Solin. 46, 4 und Macrob. sat. Ill 19, 4); bei ihm 

in der zweiten Halfte des 4. Jhdts. schrieb , die findet sich audi die charakteristische Bemerkung, 
Kultur als schon von andern, und zwar auf ver- 50 dass der Saft stechend und der Geschmack lange 

schiedene Weise ausgeubt geschildert. Er selbst haftend sei. Doch schon seit der Zeit des Augu- 

hatte auf Sardinien und bei Neapel zu jeder Jahres- stus findet sich citreum (Cloatius bei Macrob. sat. 

zeit Pruchte gewonnen, und ihm war es auch mit III 19, 2. 3. Oppius ebd. 4. 5. Scrib. Larg. 158. 

Baumen. welche gegen den Nordwind geschiitzt Plin. XV 110. XVII 64. XXIII 105. Garg. Mart, 

waren und im Winter mit Stroh bedeckt wurden, 45. Auct. de virt. herb. 71. Pall. IV 10, 15, vgl. 

selbst an sehr kalten Stellen gelungen (also durch insit. 109. Macrob. a. a. 0. Corp. gloss, lat. Ill 

dieselben Vorsichtsmassregeln . wie sie Geop. X 26, 22), eitrium (Diosk. I 166. Ed. Diocl. VI 75. 

7, 3. 4 fur jeden Standort verlangt werden). sie Orib. vers. VI 21 Molinier. Apic. 21. 75. 175. 

zu starker Entwicklung und Pruchtbildung zu Corp. gloss, lat. II 315, 24. Ill 428, 53. 588, 31), 
bringen. Zu seiner Zeit war der C.-Melisse schon 60 citrum (Pamphil. bei Athen. Ill 85 c. Corp. gloss, 

der Name citrago neben dem fruheren apiastrum lat. Ill 264, 47. 442,- 9. 477, 41), cetreum (Corp. 

beigelegt (I 37, 2. V 8, 6). Was ubrigens Assy- gloss, lat. Ill 358, 75) und eedrium (ebd. 609, 

rien betrifft, woher die Pruchte bis lange nach 19) fiir die Prucht und citrus (Plin. XIJI 103. 

Beginn unserer Zeitrechnung nach Europa ge- XV 28. Mart. XIII 37. Apic. 4. Pall. IV 10, 11. 

langt sein miissen, so sucht E. Bonavia (The XI 15; de insit. 109. Anon, de citro bei Bah- 

Plora of the Assyrian Monuments, 1894, 65f. 72 rens PLM IV 311. Corp. gloss, lat. Ill 544, 59), 

mit Fig. 29a u.'b u. 31) zu erweisen, dass die cedrus in Hss. des 10. und 11. Jhdts. (Corp. gloss, 

auf assyrisehen Denkmalern dargestellte ananas- lat. Ill 562, 69. 609, 19) und eetros in einer Hs. 



2617 Citrone Citrone 2618 

des 9. Jhdts. (ebd. 537, 36) fiir den Baum. Fur und Schol. Nic. ther. 764), erst zur Zeit des Kani- 

den letzteren hat eine nur in einer jungeren und byses , sondern schon etwa vor 3100 v. Chr. in 

unzuverlassigen Hs. erhaltene Stelle des Petronius Agypten aus Sttdarabien eingefuhrt (G. Schwein- 

(c. 38) eredrae (im Plural), eine Lesart, welche furth Verhandlungen d. Berl. Gesellsch. f. An- 

L. Friedlander (Oena Trim. p. 221f.) verteidigt thropol. 1891, 669) und kann auch in Palaestina. 

mit dem Bemerken , dass der Baum nicht nur wovon wir freilich nichts wissen, angebaut worden 

citrus, sondern auch cedrus genannt worden sein sein, da sie heute auch in Agypten verschwunden 

miisse, da er jetzt cedro heisse und die Umwand- ist (Fr. WOnig D. Pfl. im alten Agypten 321), 

lung von tr in dr gegen die italienische Sprach- aber die Ubersetzung des Josephus scheint unzu- 
regel sei. Doch ist diese nicht ohne Ausnahme 10 verlassig. Zunachst lasst sich hierauf aus seiner 

(G. KOrting Latein.-romanisches Worterb., 1891, Obersetzung des ray schliessen; denn fur die 

iiber latro , mater , pater , patronus). Die Ein- Myrte flndet sich sonst im Alten Testament o"ir% 

schaltung des r hinter e im Volksmunde kann Die Septuaginta ubersetzen der Etymologie ent- 

allerdings nicht befremden, und Petronius ge- sprechend "nr, U" mit %vlov coQatov (schoner 

stattet sich nach Friedlander (p. 9) manche in Baum) und rQ" SI" Spy mit xlaSoi %v/.ov daoeig 

der strengen Schriftsprache nicht zulassige Frei- (dicht belaubte Zweige), die Vulgata jenes mit 

heiten. Immerhin aber scheint es doch fraglich, arbor pulcherrima. Da die Festordnung seit Moses 

ob Petronius selbst eredrae statt citrea geschrieben bis Josephus manche Ausbildung erfahren hat 

hat. (vgl. Riehm HandwOrterb. d. bibl. Altert., 1884, 
Man nimmt auch heute allgemein an, dass ei- 20 893), so ist nicht zu verwundern, dass der ,schOne 

trus in der Bedeutung C. infolge des aromatisch Baum' bis zum J. 90, bezw. 141 v. Chr. zum C- 

duftenden Holzes der xedgoe (= Ceder oder Wach- Baum specialisiert war. Alsdann nimmt Loret 

holder) direct (O. Schrader bei Hehn a. a. O. im Gegensatz zu andern Agyptologen an, dass- 

XVI) oder indirect, nachdem die Romer bereits der Baum schon im 15. Jhdt. v. Chr. oder nooh 

aus diesem Grande Callitris quadrivalvis Vent. friiher aus dem Tigrisgebiet nach Agypten ge- 

eitrus genannt hatten, als Frucht des Citrusbaumes bracht sei (S. 256. 261f.). Er beruft sich dabei 

(Hehn a. a. 0. 432. Willkomm a. a. 0. 71) zunachst auf eine im Musee de Louvre beflnd- 

aus nsdQog umgewandelt sei, namlich durch Volks- liche Frucht aus einem agyptischen Grabe, von 

etymologie mit Anlehnung an eitra , gleichsam welcher er aber zugiebt, dass ihre Bestimmung 
eitra mare natus (0. Keller Lat. Volksetymo- 30 als die einer Citrusart nicht ganz zuverlassig sei ;. 

logie 59). Es scheint aber schwer denkbar, dass auch das Alter des Grabes kann er nur vermutungs- 

die Bonier ohne zwingenden Grund ein zweites- weise auf das 12. Jhdt. v. Chr. datieren. Als- 

mal dasselbe gethan haben sollten. Daher ist der dann enthalt ein Teil des Tempels von Karnak, 

Versuch Lorets, obwohl er auf diesen Punkt welcher im 15. Jhdt. erbaut ist, ein Zimmer, an 

nicht naher eingeht, den Namen citrus aus dem dessen Wanden eine grosse Zahl von Abbildungen 

Altagyptischen herzuleiten, hechst beachtenswert. solcher Biiume sich befindet, welche damals von 

Zunachst halt er es fur sehr wahrscheinlich, dass Thutmosis III. aus Asien nach Agypten gebracht 

die Juden schon zu Moses Zeiten die C. gekannt sind. Unter diesen Baumen ist es aber doch nur 

hatten (S. 254f.). Dieser hat namlich bei Ein- ein einziger (abgeb. bei Loret 264), dessen Fruchte 
setzung des Laubhiittenfestes bestimmt, dass bei 40 zum Teil allerdings Limonen auffallend ahnlich 

seiner Feier die Festteilnehmer sich mit der Frucht sehen. Auch andere Fruchte will Loret in den 

eines Baumes Tin versehen sollten (Levit. 23, 40). Grabern jener Zeit gefunden haben, welche denen 

Seitdem nun die altesten rabbinischen Commen- von Karnak vollkommen ahnlich seien. Damit 

tare der Bibel erschienen sind, wurde diese Frucht ist aber schwer die Thatsache vereinbar, dass der 

erklart durch das hebraeisch-chaldaeische Atroug Limonenbaum erst im Mittelalter nach Europa 

(Mischna Sukka III etc.), ein Wort, welches dem gekommen ist , und fiir unsere Frage handelt es 

persischen atroug (nach einigen mit der Wurzel sich eigentlich auch gar nicht um die Limone,. 

tarang — , schon, gut sein' zusammenhangend) ent- sondern die C. Freilich will Bonavia (a. a. 0. 

lehnt, im arabischen atroug erhalten ist und die 70f.) auf einem Wandgemalde von ,E1 Kab' eine 
C. bezeichnet ; und noch heute ist es bei den 50 Frucht gesehen haben , welche einer gefingerten 

orthodoxen Juden Brauch, am Tage dieses Festes C. ungewflhnlich gleiche ; doch bleibt abzuwarten,. 

mit einer C. in der Hand die Synagoge zu be- wie es sich damit verhalt. 

treten. Auf Munzen, welche in Palaestina bekannt- Nun glaubt aber Loret (257f.) weiter, seine 

lich erst seit 141 v. Chr. gepragt wurden , will Behauptung durch linguistische Grande recht- 

Eckhel (I 3, 470) mala citrea erkannt haben. fertigen zu kSnnen. Namlich die sog. Scalae, 

Alsdann berichtet Josephus (ant. XIII 372), dass koptisch-arabischeLexika,welchenachdem9.Jhdt.„ 

urns J. 90 v. Chr. die Juden bei der Feier des und koptisch-griechisch-arabische Lexika, welche 

Laubhiittenfestes ihren K6nig mit xitqia beworfen im 7.-9. Jhdt. verfasst sind, haben die Gleichungen 

hatten ; es sei namlich Sitte bei den Juden , an Kortimos = el-limoun, Ou-Djedjre = hommdd,. 
diesem Feste Stabe von Palmen und C. {{riQaovg 60 Ou-Ketri = atroug und Ohitr<(= xitqov = atroug.. 

rx tpoivixoav xal xizqIcov) zu halten. An einer Davon bezeichnet unzweifelhaft Itmoun die Li- 

andern Stelle aber (ebd. Ill 245), wo er genauer mone , hommdd Citrus medica L. fructu apice 

die fiir dieses Fest von Moses vorgeschriebenen conico medulla valde acida (eine Varietal der C.)- 

Ceremonien beschreibt, iibersetzt er Tin ST mit und atroug die C. Auch eine koptische Hs. des 

jisQasa = Mimusops Schimperi Hochst. , deren Vatican vom J. 979 hat Kithri in der Bedeutung 

Friichte den Hagebutten in Form und Farbe von C, und aus dem auf den Anfang des 4. Jhdts. 

ahneln, und roy mit Myrte. Nun ist zwar die n. Chr. bezflglichen Inhalt geht anscheinend her- 

xeooea nicht, wie Loret meint (nach Diod. I 34 vor, dass der Baum in Agypten damals allgemein,. 



2619 Citrone Citrone 2620 

auch in Oberagypten, kultiviert wurde. Die vier zur Unterlage den Birnbaum oder schwarzen Maul- 

letztgenannten koptischen Worte setzen nun nach beerbaum (in letzterem Falle zur Erzielung roter 

Loret ein alt&gyptisches , aber noch nicht ge- Priichte, Geop. X 12. 76, 7; solche kOnnen auch 

fundenes Wort Djatr-it voraus, das hervorgegangen durch Pfropfen auf den Apfelbaum gewonnen wer- 

sein kann aus dem alteren Djar-it mit der Wurzel den, falls der Baum nicht eingeht, ebd. 7, 8. 76, 

DJeR (OHeB, KeR) = spitz sein, sauer sein. Es 7). Die Frueht lilsst sich fast ein ganzes Jahr 

ist nun anch in medicinischen Papyri der Name am Baum erhalten; besser jedoch wird sie in Ge- 

Djar-it fur die Frueht eines Baumes erhalten, fasse eingeschlossen ; manche brauchen fur jede 

,aber Loret glaubt selbst (269), dass dieses wohl einzelne Frueht ein Gefass (vgl Apic. 21, wie es 

auch das Johannisbrot . welches im Koptischen 10 auch nach Plin. XV 65 mit Apfeln und Birnen 

neben andern auch den Namen D/tri hat , be- geschehen konnte) oder umschmieren die Fruchte 

zeichnen kOnne. Man sieht, dass die Herleitung mit Gips (welcher in Wasser erweicht ist, Geop. 

der genannten koptischen Worter von der altagypti- X 7, 9. X 10) ; die meisten conservieren sie in 

schen Wurzel Djar doch nicht ohne Schwierig- Sagemehl der Ceder, in zerhaektem Stroh oder in 

keiten mOglich ist. Auch der arabische Name Spreu (nach Geop. X 10 in Gerste). Von den 

qari, als sj'nonym mit atrowj von le Vizir, einem Geopouikern wird auch das Pfropfen auf den Gra- 

um 1600 zu Fez lebenden Mediciner, erklart (Lo- natbaum empfohlen (ebd. 7, 12. 76, 9); auch geben 

ret 25S. 270), diirfte diese Herleitung kaum sie Vorschriften, wie man der Frueht eine beliebige 

plausibler machen, ebensowenig wie das hebrae- Gestalt, z. B. die eines Menschen- oder Tierge- 

ische T[T„ welches, wie Loret meint, einige Be- 20 sichtes, geben konne, indem man sie wahrend des 

ziehung zur Wurzel Djar gehabt haben kann, aber Wachsens mit einer Form von Glas oder gebrann- 

wegen des nur einmaligen Vorkommens nach ihm tem Lehm oder Gips umgab, in welcher sie sich 

thatsachlich kaum gehabt hat. Mit Recbt er- auswachsen konnte (X 7, 6. X 9). Ebendaselbe 

Mart er sich aber wohl gegen die Herleitung der sollte aber auch rait Apfeln, Birnen und Grauat- 

koptischen Worter aus dem Griechischen, beson- apfeln mOglich sein (X 9. 3). 

•ders weil die dem Griechischen entlehnten kop- Anfanglich diente die C. nur als Drogue und 

tischen Worter der Scalae iinmer eine griechische Heilmittel (Theophr. a. a. O.) ; erst seit Plinius 

Endung haben. Aber wie das lateinische citrium fingen einige an , dieselbe mit Wohlgefallen zu 

ins Griechische, so konnte es ja vielleicht auch geniessen (XIII 103; vgl. Plut. symp. VIII 9, 3. 
•direct ins Koptische iibergegangen sein und, wie30Athen. Ill 85 c). liber ihre diatetischen Eigen- 

manches lateinische Wort bei dem Ubergange ins schaften aussert sich besonders Galenos (VI 618f. ; 

Romanische, die Endung eingebiisst haben. Man vgl. Orib. coll. med. I 64) : ,Die Frueht hat drei 

vergleiche z. B. die Stadtenamen Bari, Chiusi, Teile: den sauren Teil, welcher in der Mitte ist; 

Sassari, Girgenti etc. Finden sich doch im Spat- den Teil, welcher ihn umgiebt und gleichsam das 

lateinischen wenigstens die Formen citriu (Corp. Fleisch der Frueht ist. und einen dritten, welcher 

gloss, lat. Ill 191, 66), eitru (ebd. 556, 36. 621, die aussere Hillle bildet. Diese Hiille ist wohl- 

13) und cetru (ebd. 537, 36). Daher dtirfte sich riechend und auch fur den Geschmack aromatisch ; 

■die Frage, wie die ROmer dazu gekommen seien, sie ist natflrlich schwer verdaulich, weil fest und 

•die C. eitrium zu nennen, wohl am besten durch schwielig; als Medicament jedoch niitzt sie fiir 

die Annahme erledigen, dass schon die Griechen 40 die Verdauung, wie alles Herbe ; in geringer Menge 

•ein von xedgog abgeleitetes Wort dafiir gehabt genommen, starkt sie den Magen (vgl. Plin. XXIII 

haben. So erklart sich, wie Phanias, ein Zeit- 105. Auct. de virt. herb, bei Garg. Mart. med. 

genosse Theophrasts (bei Athen. Ill 84 d), zweifeln ed. Rose 191. Sim. Seth p. 52, 2 Langk.) ; daher 

konnte, ob xsSqiov nach yJdgoe benannt sei, und drilckt man auch den Saft in gewisse Heilmittel, 

Athenaios (ebd.; vgl. Etym. M. 515, 49) ohne welche abfiihren oder den KOrper reinigen (vgl. 

weiteres xtrgiov fiir gleictibedeutend mit leeSglov Diosk. I 166. Garg. Mart. med. 45. Alex. Trail, 

auffassen konnte. Dafiir spricht auch der von I 133. II 255 Puschm.). Der saure und unge- 

Dioskorides (I 166) angegebene Name xedQo^tjXov. niessbare Teil, in welchem auch die Samen ein- 

trber die Anpflanzung des Baumes spricht Pal- gebettet sind, wird zu verschiedenen anderen 

ladius (IV 10, llif.) am verstandigsten: ,1m Marz 50 Zwecken gebraucht, besonders um schwachen Essig 

wird er durch Samen angepflanzt, wofiir Beete herber zu machen. Der Teil, welcher zwischen 

mit Wasserrinnen angelegt werden, durch Steck- den genannten in der Mitte liegt und auch Nah- 

linge (welche auch umgekehrt eingesetzt werden rungsstoff enthalt, ist weder sauer noch herbe, 

konnten, Geop. X 8, 2), durch Stecklinge, welche aber wegen seiner Zahigkeit schwer zu verdauen ; 

von beiden Seiten abgeschnitten waren (ebenso daher geniessen ihn alle, welche die Schwache 

Geop. X 8, 1), oder durch gebogene Zweige, wo- seines Geschmacks erhShen wollen, mit Essig und 

"bei der ganze Zweig in die Erde gesteckt wurde Briihe von gesalzenen Fischen, vielleicht weil er 

(oder nur beide Enden , Geop. ebd.). Bei den so leichter verdaut wird.' An einer andern Stelle, 

beiden letzteren Methoden kann die Anpflanzung wo er die Teile mehr von rein medicinischem 

in sehr warmen Gegenden auch im Herbst ge- 60 Standpunkt beschreibt (XII 77), sagt er von dem 

schehen (vgl. Geop. X 7, 1), in sehr kalten im Fleisch, welches ebenso wie die Rinde gegessen 

Juli und August. Er liebt einen warmen und werde, dass es einen dicken Saft habe, Schleim 
feuchten Standort (vgl. Geop. ebd.). Gepfropft mache und erkalte (vgl. Ae't. I s. firjkia Mtjdixrj. 

(nicht oculiert, Geop. X 7, 7) wird er (wenn aus Paul. Aeg. VTI 3). In der Schrift de virt. herb. 

Samen gezogen) in warmen Gegenden im April, (a. a. O. p. 191) heisst es, das weisse Fleisch, 

in kalten im Mai. nicht in die Rinde (weil diese welches man als Speise gebrauche, erzeuge Schleim, 
zu schwach ist, Geop. X 76, 7), sondern in den verschliesse die inneren Offhungen, belastige den 
.Spalt (ebenso Geop. X 7, 7). Auch nimmt man Magen, werde schwer verdaut und bereite durch 



2621 Citrus Citrus 2622 

seine Scharfe VerdauungsstOrungen. Apicius (75) III 4, 2. 6) nebcn Callitris quadrivalvis , welche 

«mpfahl, die C. mit Laserkraut (?), Silphium, teils &va, teils iWov genannt werde (ebd. V 3, 7; 

trockener Bachminze , Essig und Fischsauee zu vgl. Plin. a. a. 0.). Zwar sagt er von der letzteren, 

essen. Alsdann giebt er (175) das Recept tar ein aus dass sie beim Tempel des Amnion und im Gebiet 

kleingehacktem Fleisch und zerriebenen Pflanzen- von Kyrene wachse, was fur die Gegenwart nicht 

teilen bestehendes, in Essig, 01 u. s. w. mit Zu- zutrifft, doch beseitigen jeden Zweifel an der Iden- 

satz von Gewiirzen bereitetes und mit den wtirfel- titat mit Callitris quadrivalvis die Worte, dass 

formigen Stiickchen einer C. gemischtes Gericht ; ihr Holz der Faulnis 1'iir iinmer widerstehe (vgl. 

Rosenwein obne Eosen stellte er (4; vgl. Pall. V 4,2. Plin. XIII 101f.), die Wurzel stark ge- 
XI 15) dadurch her, dass er grime C.-Blatter 10 masert sei, und aus dieser die kostbarsten Kunst- 

40 Tage lang in garendem Most hielt. werke gemacbt wiirden. Wenn aber dvov zu den 

Was die Anwendung in der Medicin betrifft, Thiiren des Tempels auf der sagenhaften Insel 

so wurde die C. zuerst bei Vergiftungen ange- Panchaia verwandt gewesen (Euhemeros bei Diod. 

wandt (Theophr. h. pi. IV 4, 2. Verg. g. II 128ff. V 46), Babylon damit Handel getrieben (Joh. apoc. 

Oppius bei Macrob. sat. Ill 19, 4. Diosk. I 166. 18, 12) oder hier zur Zeit Alexanders d. Gr. ein 

Plin. XXIII 105. Solin. 46,4. Athen. Ill 84 d), indischer Philosoph sich daraus und aus andern 

auch gegen den Biss giftiger Tiere (Athen. Ill wohlriechenden Holzern einen Scheiterhaufen er- 

84 e. Auct. de virt. herb. a. a. 0. p. 191), oder nur richtet haben soil (Ael. var. h. V 6), so ist dieses 

der Kern (Sim. Seth p. 53, 8f. Langk.). Ferner entweder ein Phantasieproduct der Schriftsteller 
wurde sie, abgesehen von einigen andern schon20oder das ayal\o%ov £vXov Indiens und Arabiens, 

erwahnten Eigenschaften, schwer atmenden Greisen welches dem dvivov HAov ahnelt (Diosk. I 21), 

empfohlen (Verg. g. II 135. Anon, de citro bei d. h. das Aloeholz von Aquilaria agallocha Boxb. 

Bahrens PLM IV 350); ebenso schwangeren oder Aquilaria malaccensis Lam. Dagegen war 

Frauen bei Appetitlosigkeit (Diosk. I 166. Plin. das &vov, aus welchem die Thiiren auf dem Schiffe 

XXIII 105) oder als Riechmittel vor der Ent- des Konigs Hieron (Moschos bei Athen. V 207 e) und 

bindung (Soran. I 67). Gegen das Podagra wur- des Ptolemaios Philopator (Kallixenos ebd. 205 b) 

den C, welche recht weich in Essig gekocht, zer- und ein altes Bildnis des Hermes in Arkadien 

rieben und mit etwas schwefelsaurer Thonerde(?) (Paus. VIII 17, 2) hergestellt waren und wovon 

und Myrrhensaft vermischt waren, aufgelegt (Scrib. Masinissa den Rhodiern zur Errichtung von Bild- 
Larg. 158) oder abgeschalte C. gegessen (Alex. 30 saulen 50 Talente schickte (Suid. s. &vov), wieder 

Trail. II 511) oder andere Substanzen in C.-Saft das Holz unseres Baumes. 

gebraucht (ebd. 523). Gegen Husten bereitete Der lateinische Name citrus (citreum = ftvivov 

man ein beriihnites Mittel aus C. und anderen Corp. gloss, lat. II 101, 20) far den Baum und 

Pflanzen (Garg. Mart. med. 45). Dieselbe Wirkung citrum fur das Holz ist durch populare Entstel- 

wie der Saft sollte in manchen Fallen auch der lung aus ksSqos (Ceder oder Wacholder) ent- 

Same haben (Plin. a. a. 0.). Wegen seiner Saure standen, indem das duftende, unzerstorbare Holz 

sollte der letztere astringieren ; den schwangeren dieser Coniferen zu dieser Identificierung Veran- 

Frauen gegen Appetitlosigkeit helfen; zerrieben lassung gab (V. Hehn Kulturpn.6 431). Eine 

in Wein bei Milz- und Leberleiden; zerrieben auf RuckiiDertragung der Bedeutung ist es, wenn 
Wunden gestreut werdeii (Garg. a. a. 0.). Einen 40 das Holz einmal (Cass. Dio LXI 10, 3) xedQirov 

sehr mannigfaltigen Gebrauch machte Alexander genannt wird. Das Holz kam von Mauretanien 

Trallianus von der C. [Olck.] (Strab. XVII 826. Lucan. IX 426. Plin. V 12. 

Citrus = Callitris quadrivalvis Vent. (Thuia XIII 91. Stat. silv. Ill 3, 94), wo zur Zeit des 

articulata Vahl), ein der Cypresse ahnlicher, 5 — 6, Plinius schon die besten Stamme ausgehauen waren 

aber auch bis 12 m. hoher Strauch oder Baum in (XIII 95). Der Baum glich an Blattern, Geruch 

den Gebirgen des nordwestlichen Africa, beson- und in Bezug auf den Stamm der pyramiden- 

ders im Atlas, dessen Holz einen citronenartigen formigen und wilden Cypresse (ebd.). Der knollige 

Geruch hat und sich durch schone Maserivng aus- Auswuchs der Wurzel und der Teil, welcher sich 

zeichnet; besonders wenn die Stamme niederge- am untersten Ende beflndet, wurde am meisten 
brannt werden , so entwickeln sich die Wurzel- 50 geschatzt (ebd.). Das Holz war das teuerste von 

stumpfe zwar sehr langsam, aber zu ganz bedeu- alien Holzern (ebd. XXXVII 204). 

tendem Umfange und geben ein dichtes, prachtig Zuerst erwahnt der Dichter Naevius in seinem 

geadertes Holz (Fliickiger Pharmakognosie d. Bellum Punicum (bei Macrob. sat. Ill 19, 5 und 

Pfianzenreichs II [1883] 95, 2). Isid. or. XIX 22, 20; vgl. Fest. ep. p. 42, 14) 

Der griechische Name dafiir war Svov oder eine eitrosa vestis, welche Hehn (a. a. 0. 432) 

&va und ist auf eine indogermanische Wurzel dheii als citrusduftendes Kleid erklart. Cassius Hemina 

= ,heftig bewegen, anziinden' zuruckzufuhren (vgl. (bei Plin. XIII 86) berichtet namlich , dass im 

W, Pre 11 wit z Etym. Worterb. d. gr. Spr. s. v.). J. 181 v. Chr. eine Kiste mit der Leiche des Numa 

Das tivov freilich, welches von Kalypso auf ihrem und mit dessen Buchern gefunden sei, und dass 
Herde verbrannt wurde und seinen Geruch weithin 60 letztere von Motten verschont geblieben seien, 

verbreitete (Horn. Od. V 60; vgl. Plin. XIII 100), wohl weil sie eitrati gewesen seien. d. h. nach 

kann kaum schon unser Baum gewesen sein, son- Hehn mit dem Duft des C.-Holzes impraegniert 

dern wohl eine der einheimischen Wacholderarten, gewesen sind und dieser die Motten ferngehalten 

entweder der Cypressenwacholder, Iuniperus phoe- hat. Doch kann wohl auch eitrosus bei Naevius 

nicea L., oder der Stechwacholder, Iuniperus oxy- dem griechischen noixlXog (bei Strab. IV 202. XVII 

cedrus L. So erwahnt auch Theophrast eine iinmer- 826) entsprechen und ,bunt' bezeichnen (vgl. con- 

grune &via (h. pi. I 9, 3. IV 1, 3 Iuniperus phoe- crispa bei Isid. or. XIX 22, 20). Cato (bei Fest. 

nicea L.?) und eine nicht immergriine dvsia (ebd. ep. p. 242, 21 ; vgl Varro de r. r. Ill 2, 4) tadelte 



2623 Citrus Cizi 2624 

es, dass einige ihre Hauser mit C.-Holz und Elfen- zeiohne und nach der Ahnlichkeit mit dem Pfauen- 

bein schmiickten, wobei wohl, wie Hor. c. IV 1, schweife benannt sei (vgl. Plin. XVI 68. 185). Seit 

20 und Apul. met. V 1, an die Construction der der Zeit des Augustus kamen auch quadratische 

lacunaria zu denken ist. Seit der Zeit Ciceros repositoria, Tafelaufsatze, in Mode, die mit Ahorn- 

(Plin. XIII 102) werden kostbare Tische von C- oder C.-Holz fourniert waren (ebd. XXXIII 146). 

Holz erwiihnt (Cic. Verr. IV 37. Strab. a. a. 0. Da ausdrueklich bezeugt wird, dass das citrum 

Petron. 119, 28. Plin. XIII 91. XVI 68. Mart. zu Pournieren geschnitten wurde (ebd. XVI 231), 

X 80, 2. 98, 6. Plut. de cupid. divitiar. 10. Paul. so mag dies wohl auch in andern Fallen als bei 

Dig. XIX 1, 21, 2). Ofters sind sie als C- den repositoria geschehen sein, so besonders auch 
Tische nur durch eine Bezeichnung, welche die 10 bei den rnauri postes einer Prachtvilla (Stat. silv. 

Herkunft des Holzes angiebt, charakterisiert, so- I 3, 35). 

fern sie libysche (Mart. II 43, 9), mauretanische Die Kunsttischler fur die Arbeit in C.-Holz 

(Mart. IX 22, 5. XII 66, 6) oder Tische vom hiessen eitrarii (CIL VI 9258) oder eitriarii 

Atlas (Lucan. X 144. Mart. XIV 89) genannt sind. (Rom. Mitt. 1890, 287f.). Auch in Gallien scheint 

Gemeint ist eigentlich nur die durch orbis bezeich- es solche gegeben zu haben, da Caesar bei seinem 

nete runde Platte (Plin. XIII 95), weshalb auch gallischen Triumphe apparatus ex citro auffuhrte 

orbis allein aus dem Zusammenhange, in welchem (Veil. Pat. II 56, 2). [Olck.] 

das Wort steht, als C.-Platte erkennbar ist (Ovid. Citua (Geogr. Rav. 218, 4) s. Situ a. 

heroid. XVI [XVII] 87. Lucan. X 145. Mart. II Ciyica. 1) S. Ceionius Nr. 4. Helvius, 

43, 9. Iuv. I 137). Je starker die Maserung, 20 Vettulenus. 

desto wertvoller war das Holz (Sen. de benef. VII 2) Beiname des Sex. Vettulenus Civica Pom- 

9, 2). Besonderen Wert hatten die Tischplatten, peianus, cos. ord. 136 n. Chr. mit L. Ceionius 

wenn die Maserung getigert (mit langen Streifen) Commodus, und des M. Ceionius Civica Barbarus, 

oder pantherartig (mit kleinen Rosetten) war, cos. ord. 157 mit M. Metilius Aquillius Regulus. 
nachstdem, wenn sie krause Wellenlinien, beson- [Groag.] 

ders solche, welche den Augen des Pfauenschweifes Civile ins s. Ins. 

ahnelten, oder zerstreute Flecken, welche den Ciyilis. 1) S. Iulius. 

Birnen ahnelten, zeigten; am meisten kamesje- 2) Vicarius Britanniarum im J. 368, Amm. 

doch auf die Farbe an, wobei die des Mostes, also XXVII 8, 10. [Seeck.] 

wohl ungeklarten Weissweins , am meisten ge- 30 Ciyitas, als Gottin nur bekannt aus der Wid- 

schatzt war, nachstdem auf den Umfang (Plin. mung auf einem Altar zu Rom Civitatij sacrum j 

XIII 96f.). Der Wert des Holzes wurde von den A. Aemiliusj Artema j fecit, CIL VI 88. [Aust.] 
Eingeborenen noch dadurch erhoht, dass sie es in Cius, Station (Itin. Ant. 224) und Castell 

frischem Zustande in die Erde vergruben und mit (Not. dign. Or. XXXIX 6 = 14 euneus equitum 

Wachs bestrichen, von den Kunsttischlern dadurch, Stablesianorum, Oii) an der Donauuferstrasse in 

dass es je sieben Tage mit ebenso langen Unter- Moesia inferior zwischen Carsum (Hirschowa) und 

brechungen in Weizen lag, wodurch das Gewicht Troesmis (Iglitza) ; jetzt Hassarlik in der Dobru- 

desselben bedeutend gemindert werden sollte; mit dscha (CIL ni p. 1353. Kiepert Formae orbis 

Meerwasser durchtrankt und dann getrocknet, sollte antiqui XVII), wo sich Reste eines rOmischen 
es noch dichter werden ; von Wein erhielt es keine 40 Castells befinden. in denen die Inschrift CIL ni 

Plecken u. s. w. (Plin. XIII 99). Wo von Luxus- 6159 = 7494 (vgl. Gardthausen Herm. XVII 

tischen die Rede ist, waren es C.-Tische (Sen. de 251ff. Mommsen ebd. 322ff. G. Tocilescu 

benef. VII 9, 2. Iuv. I 75). Ein solcher Tisch Arch.-epigr. Mitt. VI 47ff.) gefunden wurde, in 

hatte Goldes Wert (Petron. 119,28. Mart. XIV welcher Kaiser Valens seinen Sieg iiber den Gothen- 

89), reizte die Manner zu unsinnigem Aufwand, kSnig Athanarich im J. 369 (O. Seeck o. Bd. II 

wie Perlen die Weiber (Plin. XIII 91), und kam S. 1934) feiert. Dass der Ort schon fruher be- 

dem Senatorencensus gleich (Sen. a. a. 0.), d. h. setzt war, kann man den beiden Veteranenin- 

einer Million Sesterzen (ca. 218 000 Mark) oder schriften CIL III 7495: Iul. Valens, vet.exala, ex 

mehr. Selbst Cicero zahlte schon fur einen solchen sing(ulari) und Arch.-epigr. Mitt. XIV 19: [Oe- 
Tisch 500 000 Sesterzen, Asinius Gallus eine Mil- 50 mo] vici Verc .... titiani G. Iulius Valefnjs, 

lion Sesterzen (Plin. XIII 92. Tert. de pall. 5), veter. leg. V Maced., mag(ister) vici, v. s. I. m., 

andere noch mehr (Plin. a. a. O.). Den grossten in denen wohl Verwandte genannt werden, ent- 

Tisch besass der Kenig Ptolemaios von Maure- nehmen. In dem Vicus wohnten auch Einhei- 

tanien, ein Sohn Iubas ; die Platte war aus zwei mische, CIL III 7496. Diese Inschrift zeigt auch 

halbkreisformigen Stricken zusammengesetzt, hatte die Mischung des rornischen und griechischen Ein- 

41/2 Fuss im Durchmesser und 1/4 Fuss Dicke Susses in den kleineren niedermoesischen Lager- 

(Plin. XIII 93). Der Fuss des Tisches war wohl orten. W. Tomaschek Die alten Thraker I 52. 

meist von Elfenbein (Lucan. X 144. Stat. silv. II 2. 85. Ruggiero Dizion. epigraph. II 267. 
Ill 3, 94. Mart. II 43, 9. IX 22, 5 ; vgl. XIV 3. [Patsch.] 

Lucian. gall. 14). Der Philosoph Seneca besass 60 Cizama (var. cizania), Garamantenstadt, von 

500 Stuck solcher C.-Tische mit elfenbeinernen Cornelius Balbus mitbezwungen, Plin. V 37. Viel- 

Fiissen (Cass. Dio LXI 10, 3). Auch Sophas von leicht Emzezzem nordOstlich von Ghadamis (= Ki- 

libyschem (Verg. Cir. 440) oder C.-Holz (Pers. I (5a/«J, Cydamus). Vivien deSt.-Martin (Lenord 

52) werden erwahnt ; doch den lectus pavoninus de l'Afrique dans l'antiq. gr. et rom. 121) sucht den 

beiMartialis(XIV85)haltBlumner (Technologie Ort im Wadi Zemzim zu weit ostlich. [Fischer.] 
II 246, 4) fur ein Sopha aus Ahornholz, da Plinius Cizi, richtiger Chizi. Volk an der asiatischen 

(XVI 66) von einer Ahornart (Bergahorn) sagt, dass Seite der Maiotis, Plin. VI 19; vgl. Chisoe und 

sie sich durch den krausen Verlauf der Maseru aus- Sedo chezi. [Tomaschek.] 



2625 Clabularis cursus Clantiburgum 2626 

Clabularis cursus, die Abteilung der kaiser- Novi an der Vereinigung der Una und Sana in 

lichen Post, welche durch langsame, von Ochsen Bosnien. [Patsch.] 

gezogene Lastwagen (angariae) gebildet wurde. Clande (Geogr. Rav. 217, 12) s. Clandate. 

Das Wort flndet sich Cod. Theod. VI 29, 2 § 5. Clanis. 1) Fluss in Steiermark, jetzt der 

5 § 1. VIII 5, 23. 26. 62. Cod. lust. XII 50, 22. Glan?, Strab. IV 207 ra ivieoxelueva xwv Oviv- 

Amm. XX 4, 11. S. Bd. I S. 2184, 51ff. [Seeck.] doXtx&v, If &v 6 Aovoag xal KXdyig xal SXXoi 

Clachili. Die Claohilorum sata durchfliesst TiXeiovs x a S a ^e^ el ? aoxa/ioi ovfifiaXXovoi sig to 

der Rhodanus bei Avien. or. marit. 675 ed. Holder. rod "Ioxqov QeTftoov. Richtiger wohl Olanis. 

Die Lesart Ghabileorum ist ohne Gewahr und Holder Altkelt. Sprachsch. s. Olanis, Qlana, 
Zeuss Vermutungen (Die Deutschen 112. 226) 10 Olanis. [Ihm.] 

daher hinfallig. Miillenhoff Deutsche Alt. I 2) Clanis (KXan'g Strab. V 233) oder Glanis 

196f. setzt sie an die untere Rh6ne (vgl. II 239). (Plin. Ill 59), soil urspriinglicher Name des Liris 

[Ihm.] gewesen sein, vielleicht eine ahnliche Verwechs- 

Clad(i)us, Geldverleiher, Mart. II 57, 7. lung wie bei Appian b. c. I 39: duo Aloiog no- 

[Stein.] rafiov, ov vvv /tot, doxovoi Aheovov fjygio&ai. Vgl. 

Clambetae, Station der von Hadra in den Nissen Ital. Landeskunde 329 u. unten Clanius. 
Jagodengau fuhrenden Strasse (Tab. Peut.: Clam- 3) Glanis (Elans Strab. V 235; FXdvig App. 

betis; Geogr. Rav. 211,6: Crambeis), wahrschein- b. c. I 89, jetzt Chiana), rechter Nebenfluss des 

lich beim jetzigen Starigrad bei Obrovac an der Tiber, entspringt im toskanischen Appennin, siid- 
Zrmanja, am Siidfussedes Velebit(MommsenCIL 20 lich von Arezzo (0. Arretinus , Plin. Ill 54), 

III p. 369. 384. Hirschfeld CIL III p. 1634. durchfliesst das Thai von Clusium, nimmt am 

Kiepert CIL III tab. Ill und Pormae orbis anti- Fusse des Stadthiigels von Volsinii (Orvieto) von 

qui XVII. W. Tomaschek Mitt, der geogr. rechts die Pallia (Paglia) auf und fallt bald dar- 

Gesellschaft in Wien 1880, 501. H. Cons La auf, nach einem Laufe von 95 km., in den Tiber, 

province Rom. de Dalmatie 195), wo der vielleicht Seine zeitweise grosse Wasserfulle, die das ebene 

erst nach 29 n. Chr. gesetzte Stein CIL III 9972 : Thai von Chiusi yersumpfte (s. Clusinus lacus) 

Iuliae August, divi Augusti, matri Ti. Caesaris und sogar bei Uberschwemmungen im unteren 

Aug., L. Volusio Saturnino leg. pro pr. C. lu- Tiberlaufe bis Rom sich gefahrlich bernerkbar 

lius C. f. Sulla ob dee. gefunden wurde. Aus machte, veranlasste im J. 15 n. Chr. den Plan, 
ihm geht sicher hervor , dass der Ort wie iiber- 30 ihn teilweise in den Arno abzuleiten , was aber 

haupt der ganze Strich zwischen der Zrmanja und durch den Widerspruch der Plorentiner vereitelt 

Krka bereits zu Beginn der Kaiserzeit romani- wurde (Tac. ann. I 76. 79. Cass. Dio LVII 14). 

siert war; wahrscheinlich hatte er schon unter Im Mittelalter war das ganze Thai von Arezzo 

Tiberius das Stadtrecht, denn wenn Sulla in Co- bis Chiusi mangels der Regulierung des C. in 

rinium (Karin, sudlich von C.) deeurio gewesen einen unbewohnbaren Sumpf verwandelt (H. Kie- 

ware, so hatte er dieses officielle Denkmal dort pert Mittleres Toscana nach einer Zeichnung Le- 

(am Forum, in der Basilika oder sonst wo) er- onardo da Vincisim British Museum; Berlin 1893), 

richten lassen. Krusevo, wo die beiden in CIL erst Ende des vorigen Jahrhunderts ist durch die 

III 2884 genannten ausgedienten Praetorianer grossartigen Arbeiten Fossombronis Wandel g<3- 
wohnten, und ein Teil der Garde eine Zeit lang 40 schaffen und ein Gebiet von 20 Quadratmeilen 

gestanden zu haben scheint (CIL III 2887, s. Co- der Cultur zuriickgegeben; ein grosser Teil der 

rinium), wird zu C. gehort haben. A. Holder im Altertum durch den C. zum Tiber gehenden 

Altkeltischer Sprachschatz s. v. [Patsch.] Gewasser wird jetzt durch Canale in den Arno ge- 

Claminia, Hafen an der malabarischen Kiiste leitet, die Wasserscheide ist umca. 40 km. siidlicher 

Vorderindiens , zwischen Kottiaris und Muziris, geriickt. Vgl. Nissen Ital. Landeskunde 299. 311. 
Geogr. Rav. p. 42, 8 ; etwa Cranganor, Kodungalur, 4) S. Clanius. [Hiilsen.] 

eine alte Ansiedlung syrischer Christen. Man 5) Gefahrte des Phineus, von Perseus erschla- 

wird an Kalamina (var. Qalimaya) der Thomas- gen, Ovid. met. V 140ff. 

legende erinnert, welcher Ort freilich auch auf 6) Kentaur, auf der Hochzeit des Pcirithoos 

den gedrosischen Hafen Kalama (s. d.) bezogen 50 von Peleus getotet, Ovid. met. XII 379. [Hoefer.] 
werden kann; skr. kalama bedeutet so viel wie Clanius (FXavig Dion. Hal. VII 3. Lycophr. 

fdli ,eine weisse Sorte Reis'. [Tomaschek.] Alex. 718), Fluss in Campanien, siidostlich von 

Clauipetia (Aa/xahsia Polyb. bei Steph. Byz., Nola entspringend. fallt wenig sudlich vom Vol- 

was wohl mit dem von Lykophron am hipponi- turnus ins tyrrhenische Meer. Im Altertum scheint 

schen Meerbusen genannten Vorgebirge Aa/iirhtje er in die Lagune von Liternum (Lago di Patria) 

zusammenzustellen ist), Stadt im Lande der Brut- gemundet zu haben , weshalb auch wohl (Liv. 

tier (Mela II 69. Plin. Ill 72) , nach der Tab. XXXII 29, 3. Strab. V 243. App. b. c. I 39) von 

Peut. (vgl. Geogr. Rav. IV 32 p. 264 und V 2 der ,Mrindung des Liternus' die Rede ist. Der 

p. 332 P.) 10 mp. nOrdlich von Tempsa, 40 mp. an seinem mittleren Laufe gelegenen Stadt Acer- 
siidlich von Cerillae, also an der Stelle des heuti- 60 rafi schadete er haufig durch Uberschwemmungen 

gen Amantea. Im zweiten punischen Kriege nahm (Verg. Georg. II 225 m. d. Schol. Sil. Ital. VIII 

es der Consul P. Sempronius ein (Liv. XXIX 38, 535) ; im Mittelalter bildete er hier einen weiten 

1. XXX 19, 10). Reste sind nicht nachweisbar. Sumpf (Partano di Acerra), der neuerdings durch 

[Hiilsen.] Canale (i lagni) entwassert ist, welche den alten 

Clandate (so Geogr. Rav. 218, 13; Clande Lauf des C. vOllig verandert haben. [Hiilsen.] 
217, 12), eine Strassenstation unbekannter Lage Clanorenta s. Glanoventa. 

in Dalmatien; nach W. Tomaschek Mitteilungen Clantiburgum (Geogr. Rav. 220, 3) s. Teuti- 

der geogr. Gesellschaft in Wien 1880, 511 etwa burgium. 

Pauly-Wissowa III 83 



2627 Clanum Classic! 2628 

Clannm, Station an der von Iuliobona (Lille- licher Genugthuungsforderung eintretende indietio 

bonne) fiber Paris nach Augustobona (Troyes) belli (Serv. Aen. X 14: clarigationem emrcere, 

fuhrenden Strasse, 16 Millien von letzterer Stadt hoc est per fetiales helium indieere; vgl. IX 52); 

entfernt (Itin. Ant. 383, var. Glano). Holder s. daruber den Artikel Fetiales. [Wissowa.] 
Altkelt. Sprachsch. s. v. Wahrscheinlieh ist Ola- Clarissimi viri , Titel der Senatoren und 

num die richtige Namensform (s. d.). [Ihm.] Beamten senatorischen Ranges in der spateren 

Claodicus, Hauptling der Cimbern, 653 = Kaiserzeit, s. Senatus. 
101 bei Vercellae gefangen (Oros. V 16, 20). Claritas, eine den Glanz des Romerreiches 

[Milnzer.] personiflcierende Gottin, deren Name uns erst 

01 ar anus. 1) Stoiker, Mitschiiler und Alters- 10 auf Milnzen der spateren Kaiserzeit entgegentritt ; 

genosse des Philosophen Seneca, der ihn als Muster ein besonderer Typus wurde fur sie nicht mehr 

aufstellt, wie man durch Geistesfrische die Be- geschaffen. Die Miinzen mit der Umschrift C. 

schwerden des Greisenalters iiberwinden kann, und zeigen den Sonnengott im Strahlenkranz stehend 

eine Unterhaltung iiber ethische Dinge mitteilt, und halbbekleidet. die erliobene Rechte tragt eine 

die er mit ihm gepflogen, epist. 66, 1—5. Erdkugel (Cohen Med. imp. 2 Diocl. 16. 17; Max. 

[v. Arnim.] Here. 28. 29; Const. Chlore 8; Gal. Max. 10. 11; 

2) Als scharfsinniger und gelehrter Erklarer Postume 12. 13). [Aust.] 

von Dichtungen erwahnt bei Mart. X 21, 2. Auson. Clari viri sollten nach der Bestimmung Con- 

epist. XVIII 27f. Porphyr. ad Horat. sat. II 3, stantins des Grossen die Senatoren von Constan- 
83 p. 254 Meyer. Serv. Aen. XI 316 (iiberliefert 20 tinopel genannt werden (Anon. Vales. 6, 30), wo- 

Clanarius). Wahrscheinlieh identisch mit Nr. 1 durch sie tiber die Decurionen aller andeni Stadte 

und dem auf einer stadt. jmischen Inschrift aus erhoben , aber hinter den romischen Senatoren, 

neronischer Zeit genannten Glaranus avunculus, denen der Titel viri clarissimi zukam, zuruck- 

Borghesi Oeuvres V 221f. Vgl. Teuffcl- gesetzt wurden. Doch schon Constantius II. 

Schwabe L.-G. 115 § 328, 2. 4. [Stein.] stellte im J. 339 die beiden Senate gleich und 

Clarenna , auf der Tab. Peut. an der von tibertrug wahrscheinlieh auch den Clarissimat auf 

Regensburg (Reginum) nach Rottenburg (Sumelo- die Hauptstadt des Ostens. Zeitschr. f. Numism. 

cenna) fuhrenden Strasse. Das heutige Cannstatt XXI 62. [Seeck.] 

oder Kongen amNeckar? Naeher Bonn. Jahrb. Ciarius (die Uberlieferung proclamo oder pro 

LXXI 19f. Mommsen CIL III p. 739f. Holder 30 Damo ist corrumpiert), lur den Plinius der Jungere 

Altkelt. Sprachsch. s. v. [Ihm.] eine Verteidigungsrede halt, welche er spater aus- 

Clari, Volk im Westen Arabiens, an der Gold- gearbeitet und gefeilt seinem Preunde (C. Li- 

kiiste: Deinde Olari, litus Hammaeum, ubi auri cinius Marinus Voconius) Romanus schickt, Plin. 

metalla (Plin. VI 150), wie es scheint, in der epist. IX 28, 5. [Stein.] 

Gegend von Gumfide der Admiralskarte. Vgl. Clarus. 1) S. Erucius, Gavius, Iulius, 

Sprenger Alte Geogr. 52. Glaser Skizze 3 Iff. Ragonius, Septicius, Sicinius und Tre- 

[D. H. Miiller.] batius. [Stein.] 

Clariae, thrakisches Volk auf der Nordseite 2) Cognomen folgender Consuln der Kaiserzeit : 

des Haimos, Plin. n. h. IV 41. [Oberhummer.] a) Sex. Erucius Clarus, cos. suff. vielleicht im 

Clarianus ist ein auf Ziegelstempeln in Gallia 40 J. 117 n. Ch. mit Ti. Iulius Alexander Iulianus, 

Narbonensis haufig vorkommender Name , CIL cos. II ord. 146 mit Cn. Claudius Severus. b) C. 

XII 5679 nr. 19. 22. 25. [O. Rossbach.] Erucius Clarus, cos. ord. 170 mit M. Cornelius 

Clariafatio, von den alten Grammatikern ab- Cethegus. c) C. Iulius Erucius Clarus, cos. ord. 

geleitet a claritate vocis (Serv. Aen. IX 52. Plin. 193 mit Q. Sosius Falco. [Groag.] 

n. h. XXII 5 clarigatum id est res raptas clare 3) Consularis Palaestinae in den ersten Jahren 

repetitum; s. aber auch Serv. Aen. X 14 clari- des 5. Jhdts. Marc. diac. vit. S. Porphyr. Gaz. 

gatio autem dicta est aut a clara -voce ... aut 99. Abh. Akad. Berlin 1874, 213. [Seeck.] 
a xkfjQtp, hoc est sorte), alter Terminus der rO- 4) Clara s. Aemilius Nr. 160. 

mischen Rechts- und Priestersprache, der in Quin- 5) Didia Clara, Tochter des Kaisers M. Didius 

tilians Zeit (inst. VII 3, 13) zu den einer Er- 50 Severus Iulianus, s. Didius. [Stein.] 

klarung bedurftigen obscuriora et ignotiora verba Clasis, Nebenfluss des Tiber in Umbrien, nur 

gehorte. In wirklicher Anwendung kommt das genannt bei Silius Ital. VIII 453 (die Hss. haben 

Wort nur bei Liv. VIII 14, 6 vor, wo es unter Glanis, was Cluver Ital. ant. 701 iiberzeugend 

den nach dem Latinerkriege iiber den senatus verbessert hat), im Mittelalter Olasius oder Glasia, 

von Velitrae getroffenen Bestimmungen heisst: ut jetzt Chiascio, entspringt _ bei Iguvium, scheint 

eius, qui cis Tiberim deprehensus esset, usque im Altertum nicht direct in den Tiber, sondern 

ad milk assium clarigatio esset, nee prius quam in den jetzt ausgetrockneten Lacus Umber (s. d.) 

acre persoluto is, qui cepisset, extra vincula gegangen zu sein, dessen Abfluss die Alten dem 

eaptum haberet; hier bedeutet es also die Ver- Tinea (s. d.) zurechneten. Nis sen Ital. Landesk. 
pflichtung zur Zahlung von Losegeld oder Busse, 60 310. [Hiilsen.] 

vielleicht auch den Anspruch auf solche Leistungen. Classlarii s. Epibatai, Nautae, Remiges, 

Die Spateren kennen das Wort nur aus dem ius Socii navales. 

fetiale, und zwar speciell in der Anwendung auf Classici. Wie Gellius VI 13 (nach Cato?) be- 

den Act des res repetere (Plin. a. a. O. Arnob. richtet, hiessen efam'<» die Mitglieder nur der ersten 

II 67 per clarigationem repetitis res raptas; der fiinf servianischen Vermflgensclassen (s. Clas- 

Livius, der I 32, 5ff. den ritus, quo res repc- sis Nr. 2), die iibrigen infra classem. Auf die 

tuntur, beschreibt, braucht das Wort c. nicht) gleiche Quelle geht wohl die Notiz bei Pest. ep. 

oder auch — ungenau — auf die nach vergeb- p. 113 zuriick: infra classem significantur qui 



2629 Classicum Classis 2630 

minore summa quam centum et viginti milium eormi dieunt halten, bezweifelt v. Domaszewski 

aeris censi sunt. Demnach konnte elassieus auch (a. a. 0.) deren Eichtigkeit und will auch von 

soviel bedeuten, wie vermOgend, leistungsfahig. Langes Anderung des bueinatores in eornicines 

Thatsachlich ist das Wort in der antiken Litteratur (vgl. Lange Hist, mutationum rei mil. Roman, 

im iibertragenen Sinne angewendet worden, immer 57 , 7) nichts wissen. Als feierlichstes Signal 

aber so, dass dabei die Grundbedeutung und der wurde das C. nach v. Domaszewski von alien 

Ursprung von der Classeneinteilung der Burger- Hornblasern geblasen (Polyb. XIV 3, 6), und dass 

scliaft nicht vergessen wurde, also mit der vollen es sehr vernehmlich war, geht aus einer Hygin- 

Empfindung des metaphorischen Gebrauches. So stelle (de munit. castr. 21) hervor, wo e. und das 
bezeichnet Cicero Academ. prior. II 73 den Klean- 10 schwachere bueinum (Masquelez bei Darem- 

thes, Chrysippos und die ilbrigen Philosophen berg I 753 halt beide falschlich fiir identisch) 

inferioris aetatis im Vergleich zu Demokritos als gegenilberstehen. Ubertragen wird c. , besonders 

quintae elassis. Fronto bei Gell. XIX 8, 15 bei Dichtern, fiir Kriegstrompete gebraucht, Verg. 

sprieht von elassieus adsiduusque aliquis scrip- Georg. II 539 ; Aen. VII 637 mit d. Comment. 

tor, non proletarius. Arnobius sagt II 29 desi- d. Servius. Tibull. I 1, 4. Seneca Thyest. 574. 

nite hominem, proletarius cum sit, classieis, Lucan. IV 186. Ammian. Marc. XVI 12, 45. 

et capite cum censeatur , adscribere ordinibus Litteratur : v. Jan beiBaumeister Denk- 

primis. Losgelost von der urspriinglichen Be- maler III 1659f. Masquelez in Daremberg 

deutung und im modernen Sinne ist das Wort et Saglio Diet. I 753f. [Piebiger.] 
erst von den Humanisten gebraucht worden ; so 20 Classicus. 1) Mit diesem Namen nennt Mart, 

heisst es bei Melanchthon in der Widmungsepistel II 69 einen verschamten Parasiten; derselbe Name 

der Ausgabe von Plutarchs Schrift El xaX&s sign- II 86, 6 und XII 46. [Stein.] 

rat, to Xa&s fticboas an Bartholomaeus Peldkirch 2) S. Caecilius Nr. 42, Iulius. [Groag.] 

vom April 1519 (Corp. Reformat. I p. 80): De Classicus centurio s. Centurio Nr. 3. 

hae re Plutarchi sententiam, classici videlicet Classis. 1) Stadtteil von Ravenna, an- 

authoris, certum est praelegere scholae nostrae. schliessend an den von Augustus gegriindeten 

Hier bedeutet elassieus soviel als mustergiiltig ; Hafen der Classis praetoria Ravennas; den Ort 

da den Humanisten aber die gesamte Litteratur bezeichnet die 3 kin. sudlich der Stadt gelegene 

der Griechen und ROmer als mustergiiltig erschien, Basilica S. Apollinare in Classe. S. lord. Get. 29. 
so wurde sie von ihnen als classisch bezeichnet, 30 Geogr. Rav. IV 31 p. 258. V 1 p. 326 P. Pro- 

und die durch das Studium jener Litteratur er- cop. b. Goth. II 29. CIL XI 281a (Mosaik von 

worbene Bildung hiess fortan die classische Bil- S. Apollinare nuovo, Garrucci Storia delF arte 

dung. Vgl. Jacobs in Ersch und Gruber 242). tlbrigens vgl. Ravenna. [Hulsen.] 

Encyclop. I Bd. XVII 384ff. [Kiibler.] 2) Durch die Verfassung des Servius Tul- 

Classicum kommt von calare (Isidor. orig. lius wurde die rOmische Bfirgerschaft (mit Aus- 

XVIII 4) und ist das Signal zum Sammeln. nahme der Equites) ihrem VermSgen nach in 

1) Bei seinem Klang traten die Centuriatco- fiinf Classen geteilt. Die Burger der ersten Classe 
mitien zusammen (Mommsen R8m. Staatsrecht sollten mindestens 100 000 As (so nach Liv. I 43. 
Ill 288). Es wurde mit dem Horn gegeben; die Dionys. IV 16. Polyb. VI 23, 15; 120 000 nach 
Blaser hiessen classici (Varro de 1. 1. V 91). Spa-40Plin. XXXIII 43 und Pest. ep. p. 113, 125000 
ter wurde das Blasen von den Censoren verdungen nach Gell. VI 13), die der zweiten mindestens 
(Varro ebd. VI 92). 75 000, die der dritten 50 000, die der vierten 

2) Das C. als militarisches Signal durfte nur 25 000 , die der fiinften nach Livius 11 000, 
der Feldherr blasen lassen, da es nach Veget. II nach Dionysius 12 500, nach Polyb. VI 19, 2 
22 (vgl. auch Modestus de voc. rei mil. 16) das 4000 As (400 Drachmen) besitzen. Die Eintei- 
insigne imperii war. Waren zwei Peldherrn im lung diente vorwiegend politischen Zwecken (s. d. 
Lager, so stand beiden das C. zu (Liv. XXVII Art. Centuria Nr. 2). Aber die Grundbedeu- 
47, 5. XXVHI 17, 15. Caes. b. c. Ill 82, 1). tung des Wortes elassis ist eine militarische. 
Durch das C. berief der Peldherr im Lager die Nach gewOhnlicher Annahme ist es von calare 
emtio (Liv. V 47, 7. VII 36, 9. VIII 7, 14. 32, 1. 50 = xakeTv abzuleiten und bedeutet ,Ladung' (so 
Ammian. Marc. XXI 5, 1) und gebot Schweigen schon Dionys. IV 18 und Quintil. I 6, 33; nach 
(Liv. II 45, 12); es ertonte, wenn auf sein Ge- Serv. Aen. I 39. Isid. Orig. XIX 1, 15. Schol. 
heiss jemand hingerichtet wurde (Veget. II 22. Lucan. I 306 soil dagegen das Wort mit xalov 
Tac. ann. II 32). Abends, ehe die Wachen auf- = lignum zusarnmenhangen) , d. h. zunachst im 
zogen , erklang es bei seinem Zelt (Polyb. XIV militarischen Sinne ,Aufgebot'. Diese friiher all- 
3, 6, der zwar das Wort e. nicht hat); und selbst gemein gebilligte Etymologie hat zuerst Corssen 
den Aufbruch aus dem Lager scheint er durch (Vocal. I 496) in Zweifel gezogen; er leitet elassis 
ein C. signalisiert zu haben (Liv. II 59, 6), wah- von einer Wurzel elat (*clat-e-re, vgl. griech. xh]- 
rend sonst die Tuben Vorriicken und Angriff an- revm , goth. lathon, as. lathjan, ahd. ladon) ab, 
zeigten (v. Domaszewski Die Pahnen im rSmi-60halt aber an der Bedeutung ,Ladung' fest (ebenso 
schen Heere 8 und 9, 1). Sogar ausserhalb des Curtius Grundz.5 139. Vanicek). Dagegen 
Lagers (anders v.Domaszewski a. a. 0.9) wurde behauptet Mommsen (Staatsr. Ill 263), dass 
das C. geblasen; denn unter den Klangen des C. classis im Land- und Seekrieg die Linie bezeichne 
zog Vitellius in Rom ein (Suet. Vitell. 11). Strittig ,im Gegensatze zu den ausser der Reihe am Kampfe 
ist, wer das C. blies. Wahrend Marquardt beteiligten Truppen oder Schiffen'. Er beruft 
(St.-V. 112 552) und v. Jan (Baumeister Denk- sich darauf, dass die Hoplitenphalanx , gebildet 
maler III 1659) sich an die Worte des Vegetius aus Biirgern mit einem Besitz von mindestens 
(II 22): C. item appellatur quod bueinatores per 100 000 oder 120 000 As (s. o.), urspriinglich 



2631 Classis Classis 2632 

elassis hiess, nur wer zu ihr gehOrte, elassicus war, 268) oder doch bald danach milssen die Census- 

alle andern als infra elassem bezeichnet (Pest. satze umgerechnet worden sein; damals wurden 

ep. p. 113. Gell. VI 13) wurden. Damit stimme es, sie auf die Ho'he gebracht, in der sie uns iiber- 

dass nach mehrfachem Zeugnis in alter Zeit elas- liefert sind (nach Polyb. VI 23, 15 batten die Be- 

sis die Bezeichnung des Heeres war (Fest. p. 56. waffnung der ersten Classe oi vsieq rag fcvQtas 

249. 186 s. classes elypeatas, proeineta elassis, tifiov/isvoi Sgaxftdg , d. i. 100 000 leichte As-, 

opima spolia. Fabius Pictor bei Gell. X 15, 4. Scbwierigkeiten macht nur die Lex Voconia vom 

Verg. Aen. VII 716). Erst als der militarische J. 585 = 169; vgl. den Art. und Mommsen 

Charakter in der Centurienordnung beseitigt war St.-R. Ill 249, 4). Aber auch spater sind die An- 

und sie nur noch politischen Zwecken diente, habe 10 satze sicherlich mehrfach verandert worden. Vgl. 

das Wort elassis, indem es die militarische Be- Boeckb Metrol. Untersucb. 427ff. Die weitere 

deutung nur far den Seekrieg behielt, eine auf Litteratur s. bei dem Art. Centuria Nr. 2. 

die Wahlen und Abstimnrangen der Volksver- [Kflbler.] 

sammlung bezugliche Bedeutung erhalten. Es 3) Wahrend C. die Bedeutung ,Aufgebot des 

bezeichne jetzt die gleichzeitig zur Abstimmung Landheeres' friib verlor, bezeichnete es, auch ohne 

aufgerufenen ,Abteilungsreihen des Fussvolkes', so den Zusatz navalis, seitdem die Romer Seekriege 

dass die volldienstpflichtigen Centurien, die friiher fiihrten, allgemein das Schiffsaufgebot, die Flotte 

allein die C. waren, jetzt die prima elassis bil- (Jordan Herm. XVI 57f.). Romische Kriegs- 

den und dementsprechend die vier unter der Pha- schiffe aber gab es nicht erst, wie es nach Polyb. 

lanx stebenden Stufen jetzt als zweite, dritte, 20 1 20, 13. Flor. I 18. Zonar. VIII 11 scheinen 

■vierte und filnfte Classe auftreten. In der neuen konnte, seit dem ersten punischen Kriege (vgl. 

Bedeutung gebraucht, flnde sich das Wort bereits Mommsen R. G. I 7 515), sondern wenigstens 

in der Lex agr. vom J. 643 = 111 Z. 38: [re- seit der Mitte des 5. Jhdts. v. Chr. Auf so alte 

euperatores ex eijvibus L quei elassis primae Beziehungen Boms zum Meere deutet die Prora 

sient, Xldato. Aber bei dieser Auffassung bleibt auf dem As der Decemvirn (Mommsen Gesch. 

die Etymologie des Wortes dunkel , und dass d. rom. Miinzwesens 175. 184). Bemerkenswert 

elassis die Linie bezeichne, ist nicht zu erweisen. aus den ersten Zeiten der remischen Flotte sind 

Vielmehr passt die Bedeutung ,Ladung', ,Auf- folgende Daten : 426 erster Schiffskampf, Liv. IV 

gebot' auch fur die Zeit, als nur die voll ausge- 34, 4 ; 394 Abordnung eines romischen Kriegs- 

riisteten Burger die elassis bildeten, insofern als 30 schiffes nach Delphi, Liv. V 28, 2; 348 infolge 

eben sie allein in altesten Zeiten zur Heeresfolge Boms Ohnmacht zur See (Liv. VII 5, 4) Abschluss 

verpflichtet waren, die andern aber erst spater zu eines Vertrags mit Kartbago (Polyb. Ill 22 — 25. 

dieser Ehrenpfiicht herangezogen wurden. Mommsen Rom. Chronologie 320f. ; 306 erneuert, 

Auf die militarische Grundbedeutung des Wortes Mommsen B. G. I 7 415) und Tarent (Appian. 

weist die verschiedene Art der Bewaffnung, welche Samn. 7, 1. Mommsen R. G. I 7 413); 339-268 

nach der Oberlieferung den einzelnen Stufen vor- Anlage zahlreicher Kiistenbefestigungen (Momm- 

geschrieben war. Voile Hoplitenausriistung hatte sen a. a. 0.); 338 Seesieg uber die Antiaten, 

die erste Classe, namlich Erzschild (elipeus Liv., deren Schiffe in die rOmischen Docks gebracht 

aonig Dion.), Helm, Panzer, Beinschienen, Lanze, oder verbrannt wurden, Liv. VIII 14, 8. 12; 311 

Schwert. Den iibrigen Classen oder den Centurien 40 Einsetzung der Duoviri navales classis ornandae 

infra elassem fehlte der Panzer. Die zweite Classe et reflciendae, Liv. IX 30, 4 (s. unter Duoviri); 

trug Holzschild (seutum Liv., ftvQeog Dion.), Helm, 310 Flottenexpedition nach Campanien, Liv. IX 

Beinschienen, Lanze, Schwert, die dritte dasselbe 38, 2 ; einige Jahre spater nach Corsica, Theophr. 

ausser den Beinschienen; die vierte Classe hatte h. pi. V 8, 1. 2. Mommsen R. G. I 7 415; 282 

nach Livius nur hasta und verutum, nach Dio- Angriff auf rOmische Schiffe im Hafen von Tarent, 

nysios Schild, Schwert und Lanze {&vgs6g, ^(<pog, Liv. epit. XII. Appian. Samn. 7, 1. Mommsen 

86qv), die funfte nach Livius Schleuder, nach E.G. I 7 391 ; 267 Einsetzung von vier Flotten- 

Dionysios Speer (oaw(ov) und Schleuder (vgl. quaestoren, Liv. epit. XV (s. unter Quaestores 

Marquardt Rom. Staatsverw. 112 326). ' classic!). Bedeutsam fur den Aufschwung der 

Die Censussatze, nach welchen die Classen 50 romischen Marine war der Ausbruch des ersten 

eingeteilt waren, werden in den Quellen nach dem punischen Krieges. Wahrend noch 264 ro'mische 

Miinzsystem angegeben, welches kurz vor dem Truppen auf bundesgenossischen Schiffen befordert 

ersten punischen Kriege eingefuhrt wurde (der werden mussten (Polyb. I 20, 14), gingen vier 

As = i/io Denar). Die alteren Ansatze sind uns Jahre spater bereits hundert romische Penteren 

nicht bekannt; nach Mommsens wahrschein- und zwanzig Trieren (Polyb. I 20,9), in Jahres- 

licher Annahme (Bom. Trib. Ill; Staatsr. Ill frist (Mommsen R. G. I 7 516; Plin. n. h. XVI 

247) waren sie ursprunglich nicht in Geld, son- 74. Flor. I 18 ubertreiben) nach karthagischem 

dern in Landmass ausgedriickt und zwar I. Classe Muster erbaut (Polyb. I 20, 15) und mit geiibten 

20 iugera, II. Classe 15 iugera, III. Classe 10 iugera, Ruderern bemannt (Polyb. I 21, 2), in See. Ihr 

IV. Classe 5 iugera, V. Classe 2 iugera = 1 heredium. 60 geringeres Geschick im Manoverieren glichen die 

An Stelle dieser Satze traten dann, vermutlich Rfimer dadurch aus, dass sie den Corvus (s. d.) 

durch die Censuren der J. 442 = 312 und 450 erfanden (Polyb. I 22, 4—11), wodurch ihnen 

= 304, als die Freigelassenen , d. h. die Nicht- mOglich wurde, ihre treff lichen Landtruppen an 

ansassigen, in die Tribus aufgenommen wurden, Bord im Nahkampf zu verwenden. So siegten 

Geldbetrage, und zwar zunachst berechnet nach sie bereits in der ersten grossen Seeschlacht 260 

dem schweren As, namlich zu 40000, 30 000, bei Mylae unter C. Duilius uber die Karthager 

20000, 10000, 4400 schweren As. Gleichzeitig (CIL I 195. 12 p. 47. Polyb. I 23. Liv. epit. 

mit der Einfiihrung des leichten As (urn 486 = XVII. Flor. I 18. Eutrop. II 20. Aur. Vict, de 



2633 Classis Classis 2634 

vir. ill. 38, 1 u. a.), desgleichen 257 am tynda- v. Chr. war die rOmische Flotte so in Verfall ge- 
rischenVorgebirge unter C.AtiliusRegulus (Polyb. raten, dass die rOmischen Truppen bei Beginn 
I 25. CIL 12 p. 47), 256 bei Eknomos unter des iugurthinischen Krieges (111) bis Rhegium 
L. Manlius Vulso (Polyb. 1 26—28. CIL I 2 p. 47), marschieren mussten, um erst von hier nach Africa 
254 am hermaeischen Vorgebirge unter Ser. Ful- ilbergesetzt zu werden (Sail. b. lug. 28, 6). Der 
vius Paetinus Nobilior und M. Aemilius Paulus gewaltigen Flotte des Mithridates (die von Appian. 
(Polyb. I 36. Liv. XLII 20, 1. CIL 12 p. 47), Mithr. 17. 19 auf 400 angegebene Zahl seiner 
vor allem aber 241 unter C. Lutatius Catulus Schiffe scheint allerdings iibertrieben; vgl. K ro- 
und Q. Valerius Falto bei den Aegaten (Polyb. mayer Philol. LVI 470ff.) stand 88 lediglich ein 
I 61. Cohen Monn. de la rep. rom. 193 nr. 2. 3. lOkleines rOmisches Geschwader bei Byzanz gegen- 
CTL I 2 p. 47). Allerdings erlitten sie daneben iiber, das sich alsbald ergab (Appian. Mithr. 17. 
auch, bald durch die Schuld ihrer Admirale, bald 19). Ganzlich fehlte es dagegen zu Beginn dieses 
durch die Unerfahrenheit ihrer Seeleute (vgl. Krieges dem rOmischen Oberbefehlshaber Sulla 
Mommsen R.-G. I' 535—537), wiederholt grosse an Schlffen, die erst Lucullus fiir ihn mit vieler 
Schiffsverluste — 255 bei Camarina (Polyb. I 37, Millie aus Cypern, Phoinikien, Rhodus und Pam- 
3ff.), 253 auf der Fahrt nach Italien (Polyb. I phylien requirierte (Plut. Lucull. 2. 3. Appian. 
39, 6), 249 bei Drepana (Polyb. I 51) und an Mithr. 33. 56). Unzureichend war auch die Zahl 
der Siidkiiste Siciliens (Polyb. I 54, 8) — so dass der Schiffe, mit denen M. Antonius 74 den Kampf 
der rOmische Senat, nachdem er zweimal als gegon die Seerauber aufnahm (Flor. I 42, 2. 3. 
Ersatz fiir die verlorengegangenen Flotten neue 20 Mommsen R.-G. Ill' 79). Eine um so grOssere 
ausgerfistet — 254 in drei Monaten eine von 220 Flotte — 500 Schiffe — bewilligte daflir der 
(Polyb. I 38, 5. 6), 250 eine von 200 Schiffen Senat 67 v. Chr. dem Pompeius zum Seerauber- 
(Polyb. I 41, 3) — und 249 dem Mangel an See- kriege (Plut. Pomp. 26. Mommsen R.-G. Ill' 
leuten durch Aushebung von 10 000 neuen abge- 100; St.-R. II 3 654), auf dessen Betreiben auch 
holfen hatte (Polyb. I 49, 2), darauf verzichtete, in den Jahren 62 und 61 bedeutende Summen 
weiterhin eine Flotte zu unterhalten (Polyb. I — 4300000 Sesterzen im J. 62 — zu Flotten- 
55, 2). Erst die Hochherzigkeit rOmischer Burger zwecken verausgabt wurden (Cic. pro Flacco 30). 
ermOglichte 241 den Neubau einer ausgezeichneten Mit neuem Eifer nahmen seitdem die ROmer den 
Flotte von 200 Penteren (Polyb. I 59, 6. 7), und Seekrieg wieder auf, so dass die Flotte in den 
mit einem Schlage war der Krieg beendet. Auch 30 Kampfen der ausgehenden Republik wachsende 
in der Folgezeit fiihrte die Flotte mehrfach die Bedeutung erlangte. Im Biirgerkriege der Jahre 
Entseheidung herbei. So verjagte 228 Cn. Ful- 49/48 stand der etwa 150 Schiffe (Kromayer 
vius Centumalus mit einem Geschwader von 200 Philol. LVI 438) zahlenden caesarianischen Flotte 
Schiffen nach kurzem Kampfe (Polyb. II 11. 12. eine aus funf, dem M. Calpurnius Bibulus unter- 
CIL 12 p. 47) die gefurchteten illyrischen Piraten stellten Geschwadern (Caes. b. civ. Ill 5, 3) ge- 
(Polyb. II 8, 1. 2), wahrend L. Aemilius Regillus bildete pompeianische von wenigstens 350 Schiffen 
mit einer rOmisch-rhodischen Flotte von 80 Schiffen (die Dio XLI 52, 2. Plut. Pomp. 64; Cat. 54. 
190 bei Myonnesos Antiochus Seemacht zerstorte Appian. bell. civ. II 49 uberlieferte Zahl 5- 600 
(Liv. XXXVII 30. 31. 58, 3. XL 52, 5. 6). Aber ist nach Kromayer a. a. O. 433—438 zu hoch 
bemerkenswert ist , dass die ROmer trotz wach- 40 gegriffen ; vgl. namentlich Appian, bell. civ. II 87) 
sender Machtfulle nicht auf die Unterhaltung einer gegeniiber, die ohne die Niederlage bei Pharsalus 
grOsseren kriegsbereiten Flotte bedacht waren. die Caesarianer allenthalben in die Enge getrieben 
Es genilgte ihnen, die besiegten Seestaaten da- haben wiirde; vgl. Caes. bell. civ. Ill 40. 100. 
durch unschadlich zu machen, dass diese ihre 101. Siegreich schlug 42 v. Chr. die mehr als 
Schiffe ausliefern mussten (De la Berge Bull. 200 Schiffe (Appian. bell. civ. IV 133) starke 
epigr. VI 15) — so 228 die Illyrier, Polyb. II Flotte des Brutus und Cassius wiederholt die An- 
12, 3; 201 die Karthager, Polyb. XV 18, 3. Liv. griffe der allerdings ganz bedeutend schwacheren 
XXX 37, 3; 196 Philipp von Makedonien, Liv. Flotte der Triumvirn (vgl. Kromayer a. a. O. 
XXXIII 30, 5; 195 Nabis, Liv. XXXIV 35, 5; 444f.) zuriick (Appian. bell. civ. IV 82. 86. 115. 
188 Antiochus, Liv. XXXVIII 38, 8. Appian. 50 V 26), und trotz des Siegs bei Philippi war An- 
Syr. 39 — , die sie, statt damit die eigene Flotte tonius in seinen Unternehmungen im Osten ge- 
zu vermehren, wiederholt verbrannten (Liv. XXX hemmt (vgl. Appian. bell. civ. V 2. Dio XL VIII 
43, 12 201 v. Chr. ; XXXVIII 39, 2. 3 188 v. Chr.) 41, 6), weil er keine Flotte hatte. Gefahrlicher 
oder verschenkten (Liv. XLV 43, 10. 44, 16 noch sollte den Triumvirn Sextus Pompeius werden, 
167 v. Chr.). So kam es, dass meist erst nach der nach Caesars Tode, wie einst sein Vater, vom 
Ausbruch eines Seekrieges von dem damit beauf- Senate zum Praefectus classis et orae maritimae 
tragten Magistrat die alten, in den rOmischen (vgl. Appian. bell. civ. Ill 4. Babelon Monn. 
Docks (iiber dieselben vgl. Gilbert Gesch. u. de la rep. rom. II 351f.) ernannt, 42 bereits 130 
Topographie d. Stadt Rom III 146—150) befind- Schiffe im westlichen Mittelmeer um sich ver- 
lichen Schiffe in stand gesetzt und dazu neue 60 sammelt hatte (vgl. Appian. bell. civ. IV 117 mit 
gebaut wurden — z. B. 192 vor dem Kriege mit IV 86. 115. Kromayer a. a. O. 444) und bald 
Antiochus, vgl. Liv. XXXV 20, 12. 21, 1, und darauf iiber die doppelte Zahl verfiigte (Veil. Pat. 
172 vor dem Kriege mit Perseus, Liv. XLII 27, II 77, 3). Zwar stellte Octavian, der, um die 
1 — und dass in immer grOsserer Zahl bundes- Schmach des Vertrags von Misenum zu tilgen, 
genOssische Schiffe die rOmischen Flotten ver- zu Rom und Ravenna grossartige Schiffsbauten 
starkten (z. B. 200 v. Chr., vgl. Liv. XXXI 44, ins Werk gesetzt hatte (Appian. bell. civ. V 78. 
1 ; 198 v. Chr., vgl. Liv. XXXII 16, 6; 190 v. Chr. 80), dem Gegner 38 eine annahernd gleich starke 
vgl. Liv. XXXVII 30, 1). Gegen Ende des 2. Jhdts. Flotte (Kromayer a. a. 0.450) entgegen, doch 



2635 Classis Classis 2636 

ging mehr als die Halfte seiner Schiffe in den erfolgte, lasst sich nur annahernd bestimmen. 
Schlachten von Cumae und Ehegium, namentlich Sicher bestand die Station Misenum wohl bereits 
aber bei einem Seesturm wieder verloren (Appian. 22 v. Chr. Denn damals muss das vor Forum 
bell. civ. V 82— 92. Dio XL VIII 46— 48. Gardt- Iulii ankernde Geschwader, welches Augustus 
haus en Augustus I 247 — 251). Unverzagt riistete nach der Schlacht von Actium aus den von An- 
Octavian von neuem (Gardthausen a. 0. tonius erbeuteten Schiffen dort gebildet hatte 
255—262): zwei Jahre lang wurden fiir ihn in (Tac. ann. IV 5. Strab. IV 184) und das gewiss 
ganz Italien (Dio XL VIII 49, 1), insbesondere 26/25 am Cantabrerkriege teilnahm (Flor. II 33. 
aber in dem durch Verbindung des Lucriner- Oros. VI 21, 4. Mommsen B.-G. V 61), grfesten- 
und Arvernersees mit dem Meere neugeschaffe- 10 teils (unrichtig — s. u. — meinen Mow at Bull, 
nen Portus Iulius (Suet. Aug. 16. Dio XLVIH epigr. VI 216. Perrero L'ordinamento delle ar- 
50, 3. Flor. II 18, 6. Serv. Georg. II 161. mate romane 159. Allmer Inscript. de Vienne 
Anth. Pal. VII 379. IX 708) unter Agrippas I 421. Desjardins Geogr. de la Gaule rom. 
Leitung Schiffe gebaut (vgl. Strab. V 244), und III 181. 373, nach 22 hatten in Forum Iulii fiber- 
die allerwarts aufgebotene Schiffsmannschaft (vgl. hauptkeine Schiffe mehr gestanden), nachMisenum 
Dio XLVIII 49, 1) einen ganzen Winter fiber iiberffihrt worden sein, da der Kaiser Gallia Nar- 
ffir den Seekrieg geschult (Suet. Aug. 16. bonensis schwerlich sonst dem Senate anvertraut 
Veil. Pat. II 79, 2). So kampften 36, trotz- hatte (Dio LIV 4, 1). Zur selben Zeit muss auch 
dem Sturme der auslaufenden Flotte manchen die ravennatische Flotte gegriindet sein, weil bei 
Verlust verursacht hatten (Appian. bell. civ. V 98. 20 Vitruv. II 9, 16, der in den Jahren 15 — 13 schrieb 
99. Dio XLIX 1. Veil. Pat. II 79, 3), wiederum (Schanz B6m. Litt.-Gesch. II 230), Eavenna mit 
300 octavianische Schiffe gegen die gleiche Zahl dem Po verbunden erscheint, una weil Valgius 
des Pompeius (Appian. bell. civ. V 118), der erst Eufus, der wahrend der ersten 10 Jahre des Prin- 
bei Mylae und dann bei Naulochus entscheidend cipats dichtete (Eibbeck EOm. Dicht. II 360), 
geschlagen wurde (Gardthausen Augustus I mit den Versen: Et placidam fossae qua iun- 
263 — 270). Verstarkt durch die von Pompeius guntoraPadusam,navigat Alpini flumina magna 
erbeuteten Schiffe (vgl. Kromayer a. a. O. 458 Padi offenbar auf die Fossa Augusta anspielt. 
— 460) nahm Octavians Flotte endlich auch den Von Staatswegen freilich wurden jene Flotten 
Kampf mit Antonius auf, liber dessen schwer- nicht errichtet (daher auch nicht im Mon. Ancyr. 
fallige, schlecht bemannte Schiffe sie 31 v. Chr. 30 aufgefuhrt, Gardthausen Augustus I 649), von 
hei Actium einen vollstandigen Sieg errang (Plut. Augustus vielmehr aus eigenen Mitteln geschaffen 
Ant. 65-67. Dio L 15-36. Flor. II 21. Gardt- und mit der Familia des Kaiserhauses bemannt 
hausen Augustus I 378ff). Hier endet die Ge- (Mommsen Herm. XVI 463; St.-E. lis 862f.). 
schichte der republicanischen Flotte. Aus kleinen Daraus erklart sich auch, dass sie unter ihrem 
Anfangen heraus hat sie sich demnach trotz der Grfinder noch recht unbedeutend waren und 6 
Abneigung der BOmer gegen das Seewesen vor- n. Chr. weder gegen die sardinischen Piraten 
ubergehend unter dem Druck der Verhaltnisse im Westen, Dio LV 28, 1, noch gegen die Dal- 
glanzend entwickelt, wenn sie auch nie, so wie mater im Osten, LV 29, 4, etwas ausrichteten. 
das Heer, eine stehende Einrichtung des r6mi- Ihre urspriingliche Bezeichnung war: G. quae est 
schen Freistaates bildete. 40 Miseni CIL III p. 844, 0. Misenensis CIL X 
Stehende Flotten gab es vielmehr erst in der 3530 oder C. Misenatium CIL III 1919, des- 
Kaiserzeit. Unter ihnen waren die wichtigsten gleichen 0. Eavennas CIL III p. 850 oder C. 
die, welche Augustus zum Schutze Italiens in Ravennatium Bphem. epigr. IV 923. Nach Ve- 
Misenum und Eavenna begrfindete, Tac. ann. IV getius IV 31 hatte die Flotte von Misenum die 
5. Suet. Aug. 49. Veget. IV 31. Ersterer Ort westlichen, die von Eavenna die ostlichen Mittel- 
hot ihm an Stelle des Portus Iulius, der sich der meerlander zu ihrem besonderen Schutzgebiete, 
geringen Tiefe des Lucrinersees wegen auf die was jedoch nicht ausschloss, dass bisweilen Schiffe 
Dauer zu einer Flottenstation nicht geeignet haben der einen ins Bereich der andern geschickt wurden 
wiirde (vgl. Strab. V 244. 245), einen natfirlichen (misenatische z. B. nach Galatien und Pamphy- 
(Beloch Campanien 196), geraumigen (fiber den 50 lien, Tac. hist. II 9). Fiir solche Falle scheinen 
Umfang vgl. Leipz. Stud. XV 291), vom Meere Centum Cellae und der Piraeus als gemeinsame 
aus leicht zuganglichen (Strab. V 243) und doch Stationen fur beide Flotten — s. u. — vorge- 
geschiitzten Hafen (Plan Leipz. Stud. XV Taf. 2) sehen gewesen zu sein. Frfih erleichterten ttber- 
in massiger Entfernung von Bom, letzterer schon dies zahlreiche Provincialfiotten — s. u. — den 
38 v. Chr. Schiffsstation (Appian. bell. civ. V 78. Dienst der italischen. Da dieser unter den Kai- 
80), in dominierender Lage inmitten von Siimpfen sern, als die Seekriege aufhorten, fast ausschliess- 
(Leipz. Stud. XV 283) , an der Grenze Italiens lich darin bestand, allerorten die Piraterie schnell 
(Appian. bell. civ. II 32), erhielt von ihm durch zu unterdrficken, Zufuhr und Handel zu sichern, 
Anlage der Fossa Augusta, welche den siidlichen den Kaiser, dessen Beamte, sowie Truppen zu 
Poarm Padusa nach Eavenna leitete (Plin. n. h. 60 befOrdern, hatten die Centralen Misenum und Ba- 
in 119. Iordanes Get. 150. Claudian. de VI. venna an den verschiedensten Punkten ihre Neben- 
cons. Honor. 495f. Sidon. Apoll. epist. 1 5, 5), einen stationen , vgl. die Kartenskizze Leipz. Stud. XV 
stattlichen, kunstlich erweiterten Hafen (Naheres Taf. 3. Von diesen gehoYten Inschriftenfunden 
Leipz. Stud. XV 285—288, Plan ebd. Taf. 1), der oder Schriftstellerzeugnissen zufolge zu Misenum: 
nach Iordanes (a. a. O.) 250 Schiffe fasste (vgl. auch O stia — enlvstov von Bom, Strab. Ill 145. V 219, 
Zosim. VI 8, 2). Wann die Anlage der beiden und Hauptstapelplatz fiir fiberseeisches Getreide, 
Flotten, von denen die misenatische bald die an- Dessau CIL XIV p. 7. 8 — vgl. CIL XTV 110 
gesehenere wurde (Hirs chf eld Verw.-Gesch. 126), (danach stand 186 n. Chr. der Trierarch Iustus der 



2637 Classis Classis 2638 

Station vor). 232— 234. 237— 243. 4133, nament- Herodian. VIII 6,5; Ancona — vorzflglicher 

lich aber Suet. Ner. 47; Vesp. 8 (von Dessau Hafenplatz, Mommsen OIL IX p. 572, und be- 

CrLXIVp.9richtigerklart),wahrendSuet. Claud, reits 178 v. Chr. Schiffstation, Liv. XLI 1, 3 — 

25 nicht mit Mowat Bull. epigr. VI 165 und vgl. Tac. ann. Ill 9, namentlich aber nr. 231. 

Heron de Villefosse bei Daremberg-Saglio 232 (Bartoli) der Reliefs der Traianssaule, aus 

Diet. I 1222 auf die elassiarii, sondern auf die denen mit Bestimmtheithervorgeht, dass der Kaiser 

vigiles von Ostia zu beziehen ist; vgl. Leipz. von hier zum zweiten dakischen Kriege in See 

Stud. XV 324; Antium — Lieblingsaufenthalt ging, Tocilesco Das Monument von Adamklissi 

der iulischen Kaiser, Mommsen OIL X p. 660 — 118. 119; Brundisium — gleich bedeutend als 
vgl. Ephem. epigr. VIII 658. Tac. ann. XIV 4 ; 10 Handelsstadt , wie als Oberfahrtshafen — vgl. 

Terracina vgl. CIL X 8261. Tac. hist. Ill 76. OIL IX 41—43. Ephem. epigr. VIII 33. Tac. 

77. Dio LXV 16, 2 ; Baiae — von den spateren ann. IV 27 (24 n. Chr. ein Sclavenaufstand durch 

Kaisern bevorzugt, Mommsen CIL X p. 351 — die hier kreuzenden Liburnen unterdriickt) ; Sa- 

vgl. CIL X 3353. 3393. 3436. 3442. 3445. 3453. lonae — strategisch wichtiger Punkt an der 

3484. 3523. 3633. 3642. 3652. 3669; Puteoli dalmatinischen Kuste - vgl. CIL III 2034, viel- 

— fruher bereits Schiffsstation , Appian. bell. civ. leicht auch Mytilene auf Lesbos, vgl. CIL III 
V 78. 97. 98, und wichtiger Einfuhrhafen, Momm- 6092 a, und Chalcedon, vgl. CIL III 312. Eine 
sen CIL X p. 183. Hirschfeld Philol. XXIX gemeinsame Station hatten beide Flotten im 
75, 113. Beloch Campanien 114 — 116 — vgl. Westen in Centumcellae (Ferrero L'ordina- 
CIL X 3360 (hiernach auch diese Station unter20mento 132. Bormann CIL XI p. 524) — da- 
einem Trierarchen). 3364. 3386. 3397. 3406. selbst ein besonderer Begrabnisplatz fur Flotten- 
3407. 3419. 3462. 3475. 3492. 3495. 3498. 3504. soldaten, Annovazzi Not. degli scavi 1877, 264 — 
3507. 3512. 3529. 3546. 3568. 3580. 3583. 3585. wo neun raisenatische (CIL XI 3522— 35*6. 3532 
3589. 3604. 3605. 3612. 3629. 3638. 3647. 3649. —3535) und sechs ravennatische (CIL XI 3528 
3666. 8208, sowie Suet. Vesp. 8; Neapolis. vgl. — 3531a. 3536), im Osten im Piraeus, wo vier 
CIL X 3338. 3349.3354.3358.3370.3375.3388. misenatische (CIL III 556 a. 558. 6109. 7290) 
3401. 3433. 3437 a. 3494. 3508. 3510. 3511. 3532. und die ravennatische Inschrift CIL III 557 ge- 
3562. 3566. 3578. 3607. 3611. 3613. 3620. 3632. funden wurden. Ausserdem lagen, nach Momm- 
3634. 3637. 3656. 3662. 3658; Stabiae, vgl. sen St.-B. IP 862 wenigstens seit Commodus (Sue- 
CIL X 8131. Plin. epist. VI 16, 11. 12 (79 n. Chr. 30 tons Worte Aug. 49 : Ceterum nuwierum partim 
wahrend des Vesuvausbruchs stationierten Schiffe in urbis partim in sui eustodiam adlegit sind 
daselbst); Capreae, vgl. Suet. Tib. 62. DioLVTJI nicht mit Gardthausen Augustus 11349,41 und 
13, 1 (bestand wahrscheinlich nur unter Tiberius); Chapot La flotte de Misene84, 1 auf die Flotten- 
Forum Iulii — Plan des Hafens bei A. Leger soldaten von Bom zu beziehen; ebensowenig — s. 
Les traveaux publics des Bomains 468 und pi. VI Leipz. Stud. XV 342 — ist aus Joseph, ant. Iud. 
Pig. 9. 10 — vgl. CIL XII 257 (258 muss, weil XIX 253 mit Marquardt St.-V. 112 511, 7 m 
auf einen fremden Plottenpraefecten bezuglich, folgern, dass elassiarii schem unter Claudius in Rom 
ausser Betracht bleiben, Heron de Villefosse et garnisonierten), misenatische (vgl. CIL VI 3094-97. 
Thedenat lnscr. rom. de Frejus 39). Tac. ann. IV 3099. 3101. 3104. 3105. 3107. 3109. 3110. 3113. 
5; hist. Ill 43 (letzterer Stelle zufolge standen 40 3122. 3123. 3125. 3126. 3129—3131. 3133. 3135. 
hier wenigstens noch unter den Flaviern Schiffe, 3137 — 3139. 3910. Ephem. epigr. IV 921. 922) 
nach Jullian Prejus rom. 41ff. sogar noch unter wie ravennatische (vgl. CIL VI 3148. 3152 — 3156. 
Commodus); Mariana, vgl. CIL X 8329, und 3159—3162. Ephem. epigr. IV 923) Flottensol- 
Aleria, vgl. Ephem. epigr. VIII 800. 801 (La- daten standig in Bom, wo sie ausser zu gewohn- 
faye Bull, epigr. I 230f. Ill 290f. IV 19) — lichen militarischen Diensten zum Spannen der 
beide vorziiglich Italiens Kilsten deckend — auf Schattensegel (Hist. Aug. Commod. 15, 6) und 
Corsica (69 n. Chr. befehligte die corsischen Li- zu den Naumachien (Jordan Topogr. d. Stadt 
burnen der Trierarch Claudius Pyrrhicus, Tac. Rom II 116. Gilbert Gesch. und Topogr. d. 
hist. II 16); Carales — Plan des Hafens Atti Stadt Rom III 334f.) verwendet wurden. Das 
di Torino XXI 1886 — vgl. CIL X 7592. 7593. 50 misenatische Quartier befand sich daselbst zwi- 
7595. 7823. Ephem. epigr. VIII 709—712, und schen Colosseum und Titusthermen (Ferrero 
mOglicherweise auch Olbia, vgl. Ephem. epigr. L'ordin. 67, 5. Jordan a. a. O. II 115. 116) 
VIII 734, auf Sardinien — dazu bestimmt, die in der dritten Region (nach CIL VI 1091 von 
rauberischen Sarder (Strab. V 225. Tac. ann. Gordian vergrossert), das ravennatische jenseits 
II 85) inSchachzuhalten — , endlich Panormus des Tiber in der 14. Region (Jordan ebd.). Be- 
auf Sicilien — mit der Aufgabe, die Getreide- graben wurden die Misenaten an der Via Appia 
ausfuhr zu sichem — vgl. CIL X 7288. 7291. (Henzen zu CIL VI 3093), die Ravennaten bei 

Desgleichen gehOrten zu Ravenna: Aqaileia der Villa Pamflli (Henzen zu CIL VI 3149). 

— als Knotenpunkt zahlreicher Strassen (Itin. Vorubergehend standen Ravennaten auch am Fu- 
Ant; 124. 126. 128. 270. 276. 279. 291) sehr den 60 cinersee, vgl. CIL IX 3891. 3892 mit Momm- 
Barbaren ausgesetzt, Strab. V 214. Mommsen sens Anmerkungen dazu, um diesen mit ent- 
CIL V p. 83 — vgl. CIL V 960. 1048 (774. 910. wiissern zu helfen. Dagegen berechtigt die von 
938 sind als Veteraneninschriftenbeiseitezulassen). Henzen Rom. Mitt, n 14—20 besprochene In- 
Ammian. Marc. XXI 12, 9, zur Zeit der Notitia schrift, derzufolge unter M. Iulius Philippus 20 
dignitatum durch die selbstandige C. Venetum Ravennaten zusammen mit Praetorianern der 6. 
ersetzt (occ. XLII 4); Altinum — von hier Ra- Cohorte an der flaminischen Strasse eine Rauber- 
venna zu Schiff durch die Septem Maria erreich- bande bezwangen, nicht zu der Annahme, dass 
bar, Mommsen CIL Vp. 205 — vgl. CIL V8819. sich dort Plottensoldaten standig aufhielten. Aus 



2639 Classis Classis 2640 

der Geschichte der beiden italischen Plotten ist sonders wahrend der dreijahrigen Belagerung von 

folgendes bekannt : Claudius organisierte sie mili- Bj^zanz. Severus Nachfolger Caracalla (nicht be- 

tarisch (Mommsen Herm. XVI 463). 64 n. Chr. reits Severus, wie Mowat Bull, epigr. VI 209 

litt die misenatische Flotte Schiffbruch (Tac. ann. meint, vgl. CIL VI 1063, 212 n. Chr.) verlieh 

XV 46). 65 liessen sich die Misenaten beinahe ihnen den Beinamen pia vindex, der auf sieben 

in eine VerschwCrung ein (Tac. ann. XV 51. 57), misenatischen — CIL III 7327. VIII 14854. X 

was jedoch Nero nicht abhielt, aus ihnen kurz 3335. 3336. 3529. Ephem. epigr. VIII 800. Rev. 

vor seinem Tode die Legio I adiutrix zu bilden, arch. 1892 II 403 nr. 140 — und drei ravenna- 

Tac. hist. I 6. Suet. Galb. 12. Plut. Galb. 15. tischen — CIL III 168. EI p. 899. Rom. Mitt. 
Junemann Leipz. Stud. XVI 5—20. Gross war 10 II 14 — Inschriften begegnet, der ravennatischen 

der Anteil beider Flotten an den Ereignissen des dazu den Beinamen Antoniniana ; vgl. CIL III 

J. 69. Nach Galbas Tode, der sie grausam be- 168. X 8325. XI 36. 39. Unter Gordian hiess 

driickt hatte (Tac. hist. I 87. Suet. Galb. 12. die misenatische Flotte u. a. Gordiana, CIL X 

Plut. Galb. 15. Dio LXIV 3, 2), kampften sie 3386, unter M. Iulius Philippus die misenatische 

willig auf Othos Seite (Tac. hist. II 11) gegen die wie die ravennatische Philippiana, vgl. CIL III 

Vitellianer, die misenatische unter Moschus (hist. 7327. X 3335. Rom. Mitt. II 14, unter Decius 

I 87) in Sttdfrankreich, alles verheerend (hist. II die ravennatische Deeiana, CIL III p. 899. Von 

12. 13; Agric. 7) und den Gegner in die Enge hoheren Officieren beider Plotten sind bekannt 

treibend (hist. II 14. 15), mit mehr wechselndem die misenatischen Praefecten : Sextus Aulienus CIL 
Erfolge die ravennatische im Pogebiet, hist. II20X 4868 unter Tiberius, Tiberius Iulius Optatus 

23. 32. 35. 36. 43. Nach Othos Tode hielten Pontianus CIL III p. 844. X 6318. Plin. n. h. 

beide Flotten eine zeitlang zu Vitellius, hist. Ill IX 62. Macrob. sat. Ill 16, 10 unter Claudius, 

2. 6. Dann gingen sie zu Vespasian fiber : zuerst, Anicetus, MOrder der Agrippina (Tac. ann. XIV 

von ihrem Praefecten Lucilius Bassus verleitet 3. 7. 8. Dio LXI 13, 2. 4. Zonar. XI 12) und 

(hist. II 100. 101), die ravennatische, deren Schiffe Verderber der Octavia (Tac. ann. XIV 62. 63. 

Vespasian die Kusten von Umbrien und Picenum Suet. Ner. 35) unter Nero (59—62), Moschus Tac. 

unterwarfen, hist. Ill 42, wahrend ihre Soldaten hist. I 87 unter Otho, Claudius lulianus Tac. 

mit vor Rom zogen, hist. Ill 50, erst spater, in- hist. Ill 57. 77 unter Vitellius, Sextus Lucilius 

folge der grOsseren Nahe der Hauptstadt, die mi- Bassus, gleichzeitiger Befehlshaber der ravenna- 
senatische (hist. Ill 57), die Vitellius tapferer 30 tischen Flotte, Tac. hist. II 100. Ill 12. CIL III 

Bruder Lucius dafur im Hafen von Terracina, wo p. 850, unter Vitellius CIL III p. 1959 (falsch- 

sie Schutz gesucht hatte, hart bedrangte, hist. lich schreiben ihm Mowat Bull, epigr. VI 207 

III 76. 77. Dio LXV 16, 2. Zum Lohne fur und Mommsen zu CIL III p. 1959 ein erneutes 

ihre Dienste formierte Vespasian die Legio II Flottencommando unter Vespasian zu), Claudius 

adiutrix aus Ravennaten, Tac. hist. Ill 50. Dio Apollinaris Tac. hist. Ill 12. 57. 76. 77 unter 

LV 24, 3. Vaglieri bei Ruggiero Dizion. I Vitellius, C. Plinius Secundus unter Vespasian 

89f., und schickte die Flottenveteranen . mit be- (starb 79 n. Chr. wahrend des Vesuvausbruchs, 

sonderen Privilegien ausgestattet (CIL III p. 851), Plin. epist. VI 16, 20. Suet. 92 Reiffersch.), Iulius 

in Colonien (CIL III p. 850. 1959), die Flotten Fronto CIL V 4091 im J. 129, M. Calpurnius 

selbst aber machte er wahrscheinlich geraume 40 Seneca Fabius Turpio Sentinatianus, zuvor Prae- 

Zeit nach dem Frieden — nach Suet. Vesp. 8 feet von Ravenna CIL II 1267, im J. 134 CIL 

war der Kaiser mit dem Belohnen langsam — II 1178. Ill p. 878, Valerius Paetus CIL III 

zu praetoriae d. i. imperatoriae und stellte sie p. 880 im J. 145, P. Cominius Clemens, zuvor 

damit fiber die nichtpraetorischen Provincialflotten. Praefect von Ravenna CIL V 8659. Rev. arch. 

Letzteres ist allerdings nur eine Vermutung (was 1890 II 447 nr. 151, nach Verus Tode, L. Iulius 

Chapot a. a. O. 49 — 52 dagegen vorbringt, ist Vehillus Gratus lulianus, zuvor ravennatischer 

nicht stichhaltig). Aber sicher ist, dass die ita- Praefect Rev. arch. 1888 I 414 nr. 66, etwa in 

lischen Flotten den praetorischen Beinamen, der den Jahren 185 — 89 (Barnabei Not. degli scavi 

auf den Diplomen von 71 noch fehlt (vgl. CIL 1887, 546), Cn. Marcius Rustius Rufinus, zuvor 

III p. 850. 1959), auf einem solchen von 127 50 Praefect von Ravenna CIL IX 1582. X 1127, vor 

(CIL X. 7854) zuerst begegnet und sich seitdem 205, Valerius Valens CIL X 3336 unter Gordian, 

bis ins 4. Jhdt. (vgl. CIL X 3343, 302 n. Chr.) Aelius Aemilianus CIL X 3335 im J. 247, M. 

erhielt (erst bei Veget. IV 31. 32 und Not. dign. Cornelius Octavianus CIL VIII 12296 um die 

occ. 42, 7. 11 fehlt er), aus keinem Anlass mehr Mitte des 3. Jhdts. (Ferrero Iscr. nuov. 32. 

verdienten als ffir ihr Verhalten im J. 69 (Ver- 33), . . . o V...ius CIL X 3343 im J. 302, Fla- 

nazzas Ansicht, dass sie nach dem ersten daki- vius Marianus CIL X 3344 im 4. (Ferrero 

schen Kriege praetorisch wurden — Memor. di To- L'ordin. 76) oder 5. (Mommsen zu CIL X 3344) 

rino XXIII 89 — ist Leipz. Stud. XV 302 wider- Jhdt., . . . Buftts CIL X 4867 (Zeit unbestimmt); 

legt). Unruhmlich dagegen kampften beide Flotten die ravennatischen : P. Palpellius Clodins Quiri- 
193 ffir Didius lulianus. Muhelos bemachtigte 60 nalis CIL V 533. Tac. ann. XIII 30 (totete sich 

sich Lilians Gegner Septimius Severus Ravennas 57 n. Chr.), L. Aemilius Sullectinus Boissieu In- 

und seiner Flotte, Dio LXXIII 17, 1. Hist. Aug. script, de Lyon 16 und M. Aurelius Regulus CIL 

Iul. 6, 3. 4. Zonar. XII 7, und so wenig taugten VI 3150 vor Vespasian, Sextus Lucilius Bassus 

die zu Hfilfe gerufenen Misenaten, dass sie nicht s. o., Cornelius Fuscus Tac. hist. Ill 12. 42 unter 

einmal ihre Waffen zu brauchen verstanden, Dio Vespasian, P. Cornelius Cicatricula Ferrero L'or- 

LXXIII 16, 3. Um so thatkraftiger unterstiitzten din. 360 (Anfang des 2. Jhdts. Hirschfeld Verw.- 

beide Flotten daffir den siegreichen Severus gegen Gesch. 1 125), L. Numerius Albanus CIL X 7854 

Pescennius Niger, Herod. II 14, 7. Ill 1, 1, be- im J. 127, M. Calpurnius Seneca Fabius Turpio 



2641 Classis Classis 2642 

Sentinatianus s. o., Tuticanius Capito Rom. Mitt. Froehner in der Rev. arch. 1865 I 422 — 437. 

VI 335f. im J. 152, P. Cominius Clemens und 1865 II 30—51 vereffentlichte, erwahnt; vgl. 

L. Iulius Vehillus Gratus Iulianus s. o., M. Aqni- ostrac. 5. 23 (aus d. Zeit Traians und des An- 

lius Felix CIL X 6657 unter Septimius Severus, toninus Pius), desgleichen ein stQeztoQiog siXotog 

Cn. Marcius Rustius Rufmus s. o., Gongius Ne- (vgl. ostrac. 17. 23. 33), nach Liv. XXVI 39, 8 

storianus CIL X 8325 im J. 214, I...cianus und Tac. hist. V 22 das Admiralsschiff, nicht, 

CIL III p. 898 im J. 250; welcher von beiden wie Froehner Rev. arch. 1865 II 42 will, das 

Flotten C. Claudius Sardus CIL VI 3166, Cn. Schiff des Praefectus Aegypti. Schiffsstation war 

Oetavius CIL X 6320, . . . nius CIL XI 710 und u. a. Elephantine (ostrac. 23). Auch standen Schiffe 

CIL XIV 2266 angehorten, ist ungewiss. 10 der agyptischen und syrischen Flotte, von einem 

Misenatische Suhpraefecten waren : Alfenius Se- Praepositus befehligt (CIL VIII 9358. 9363), um 

necio CIL X 3334 etwa unter Septimius Severus, Mauretanien vor den Piraten zu schiitzen, im 

C. Annius Flavianus Ferrero Iscr. nuov. 583 Hafen von Caesarea (Plan und Beschreibung bei 

und P. Fulcinius Vergilius Marcellus Rev. arch. Cagnat L'arme"e d'Afrique 338. 345f.), wo die 

1894 II 401 nr. 158 (Zeit bei beiden unbestimmt) ; Inschriften CIL III p. 1973 (107 n. Chr.). VIII 

ravennatische T. Abudius Verus Postumus CIL 9358. 9363. 9379. 9385. 9386. 9392. 21025 (li- 

V 328 und T. Appalius Alfinus Secundus CIL burna Nilus). Ephem. epigr. V 983. 993. 1005 

IX 5357 (Zeit bei beiden unbestimmt), T. Cor- gefunden wurden. Nach He'ron de Villefosse 
nasidius Sabinus CIL IX 5439 im 3. Jhdt. ; bei (Bull, des antiquites afr. 1882, 20) bestand die 
CIL VI 1643. 1644. VIII 14729 ist die Flotte 20 Station bereits unter Nero. Gewiss gehorten ihr 
nicht naher bezeichnet. Ein praepositus c. Mi- auch die in Salda bei einem Tunnelbau zur Zeit 
senatium war L. Artorius Iustus CIL III 1919 des Antoninus Pius (CIL VIII 2728) verwendeten 
(Zeit unbestimmt), praepositi reliquationi von Flottensoldaten an (Mommsen Archaeol. Zeit. 
Misenum waren C. Sulgius Caecilianus CIL VIII 1871, 5). Neben der militarischen ist eine eigne 
14854 (3. Jhdt.) und M. Verecundinus Verus CIL agyptische Getreideflotte inschriftlich (IGI 917. 

X 3345 (Zeit unbestimmt). Von misenatischen 918) bezeugt (Mommsen R. G. V 577, 1). Zur 
Nauarchen endlich kennen wir Q. Agusius Varus Sicherung ihrer Fahrt nach Italien richtete bereits 
CIL X 3351, Annius Herculanus Bull. hell. 1897, Kaiser Gaius unterwegs Stationen filr sie ein 
77. Aurelius Candidus CIL X 3349, C. Iulius (Joseph, ant. Iud. XIX 205f.). Ihre Ankunft in 
Magnus CIL X 8215 (Ende 2. Jhdts.), Saturninius 30 Puteoli wurde festlich begangen (Senec. epist. 
Isidorus CIL X 3352, C. Sulgius Caecilianus s. o., LXXVII 1. 2). Dm sie zu entlasten, schuf Com- 
Valerius Verus Ephem. epigr. IV 922, Volusius modus die C. Afrieana Commodiana Hereulea 
Proculus Tac. ann. XV 51. 57 (unter Nero); von (Hist, Aug. Commod. 17, 7. 8. Eckhel VII 117. 
ravennatischen P. Petronius Afrodisius CIL XI 128), die Klein (Rh. Mus. XXX 1875, 295) falsch- 
86 ; bei P. Aelius Iunianus CIL X 3350, C. Fa- lich mit der O. Nova Libyca identificiert. Letz- 
bricius Ianuarius CIL X 7593, T. Flavius An- tere wird lediglich CIL VIII 7030 (180/88 n. Chr.) 
toninus CIL X 3348 und Ti. Iulius Hilarus CIL erwahnt. Wilmanns Ansicht (CIL VIII p. XXII), 

VI 8927 (unter Tiberius) flndet sich keine nahere dass sie vor Caesarea ankerte, hat Ferrero Bull. 
Angabe der Flotte. des antiquites afr. Ill 1884, 175ff. und Iscr. e 

Zahlreiche Flotten schiitzten in der Kaiserzeit 40 ricerche nuove 60 iiberzeugend widerlegt. Viel- 

auch die Provinzen. Die agyptische Flotte. mehr war sie in einem Hafen der Cyrenaica, dem 

Aus der ptolemaeischen hervorgegangen und nach alten Libyen, stationiert und wird des nova wegen 

ihrer Hauptstation C. Alexandriae (Ephem. epigr. erst kurz vor 180 gegrundet sein. Nach Henzen 

IV 926) oder Alexandrina (CIL II 1970. Agypt. (Bull. d. Inst. 1874, 115) sollte sie die Mauren 

Urkund. 142. 143. 455) benannt, fiibrte sie schon von Spanien abwehren. Die syrische Flotte, 

unter den ersten Kaisern (vgl. Ephem. epigr. IV durch CIL III 421. 434 (liburna Orypus). VIII 

926) den Beinamen Augusta (CIL III 43. VIII 8934. 9358. 9363. 9385. CIG 2346 e. 4461 (= Le 

9358. 21025; iiber dessen Bedeutung s. v. Doma- Bas III 2715). CIA III 1447, sowie 2 Papyri 

szewski oben Bd. n S. 2349). Vorwiegend fiel aus den Jahren 143 und 148 (Agypt. Urkunden 

ihr wohl die Sicherung der Getreideausfuhr zu, 50 113. 265, Leipz. Stud. XV 422f. besprochen) be- 

die sie spater (409 n. Chr.) sogar selbst besorgte kannt. Ihre Station hatte sie in dem schon fruher 

(Cod. Theod. XIII 5, 32). Von ihren Praefecten benutzten (Liv. XXXIII 41, 9. Appian. Syr. 4), 

sind bekannt: Claudius Clemens CIL III p. 856 in der Kaiserzeit durch kiinstliche Anlagen sehr 

(86 n. Chr.), Q. Marcius Hermogenes CIL In 43 verbesserten (Le Bas III 2714—2717. O. Muller 

(134 n. Chr.), L. Valerius Proculus CIL II 1970 Antiquitates Antioch. 12. Tillemont Hist, des 

(3._ Jhdt., vgl. Jung Wiener Stud. XIV 240, 106), empereurs IV 386. Mommsen R. G. V 457), 

Priscus oder Crispus Agypt. Urkund, 142. 143 iiberaus wichtigen (Perdrizet et Fossey Bull. 

(159 n. Chr.). Subpraefect war Ti. Iulius Xanthus hell. XXI 77) Hafen von Seleucia am Orontes. 

Ephem. epigr. IV 926 (unter Nero). Von diesen In dem Kampfe zwischen Cn. Calpurnius Piso 

befehligte Proculus gleichzeitig die ebenfalls schon 60 und dem syrischen Statthalter Cn. Sentius (19 

frtilier (Curt. IV 33. B. Alex. XIII 1) bestehende n. Chr.) schlug sie ersteren erfolgreich zuriick 

und daher griechisch bezeichnete Potamophylacia, (vgl. Tac. ann. II 81 mit Nipperdeys Erlau- 

welche den Verkehr auf dem Nil sicherte und terungen). Ferner nahmen ihre Mannschaften 

die Zolle iiberwachte (Lumbroso Bull. d. Inst. gewiss an den zwei jiidischen Kriegen unter Ve- 

1876,102 — 104 und L'Egitto al tempo dei Greci e spasian und Hadrian teil (Mommsen Ephem. 

dei Eomani 25—27. Jung Wiener Stud. XIV epigr. Ill p. 331). In ersterem gait es, die an 

264. Schwarz Jahrb. f. Philol. CXLIII 713 den Kilsten Syriens, Phoinikiens und Agyptens 

— 716). Ihre Schiffe werden auf Scherben, die Piraterie treibenden Bewohner von Joppe (Joseph. 



2643 Classis Classis 2644 

bell. Iud. Ill 416. 428ff.) unschadlieh zu machen, CIL VII p. 20), jetzt Lymne (CIL VII 18. 1226), 

auch fand damals auf dem See Genezareth ein und Glevum, jetzt Gloucester (OIL VII 137), 

Seetreffen statt (Joseph, bell. Iud. Ill 522ff. nach Hiibner (Hermes XVI 526 und Romische 

Eckhel III 348. VI 330. Cohen Monr.. imper. Herrschaft in Westeuropa 16. 26) auch Londi- 

I Vesp. 502. 506; Titus 314—316. Dumersan mum, jetzt London, und Portus magnus, jetzt 

Numism. journal I 88. Madden A Jewish coi- Porthmouth, Stationen derselben gewesen sein. 

nage 193ff.); auf letzteren, in dem sich der ein- Wahrscheinlich hat Claudius sie unter Benfitzung 

zige bekannte Praefect der syrischen Flotte Sex. der schon von Drusus angelegten (Flor. II 30) 

Cornelius Dexter (CIL VIII 8934) auszeichnete Schiffsstation Gessoriacum (vgl. Mommsen R. G. 

(Darmesteter Revue des e"tud. juives I 1880, 10 V 28, 2. Ferrero Iscr. nuov. 62,2) anlasslich des 

17. Schiller Kaisergesch. I 614, 1) bezieht sich britannischen Feldzuges (43) begrtindet, wenn auch, 

die leider arg verstiimmelte Ihschrift CIL VI 1556 wieHubner a.a.O. annimmt, dieitalischenFlotten 

aus der Mitte des 2. Jhdts. Wahrend des Winters damals das meiste gethan haben werden. Eine 

165/66 teilte die C. Syriaca ihren Hafen Seleucia schwere Niederlage wurde ihr 70 n. Chr. wahrend 

mit einem Geschwader der misenatischen Flotte des Bataveraufstandes von den Cannenefaten zuge- 

(vgl. den von Thompson Archaeologia LIV 1895, fugt (Tac. hist. IV 79. Mommsen R. G. V 128). 

433 verOffentlichten Papyrus vom 24. Mai 166), Erfolgreich (Mommsen a. a. 0. 173) operierte sie 

deren Schiffe iibrigens auch sonst Ofter hier ge- in den Jahren 82—84 unter Agricola (Tac. Agric. 

ankert haben mfissen (Bull. hell. XXI 77). Unter 24. 25. 29) mit dem Landheere bis hinauf zu den 

Valens und Valentinian hiess sie C. Seleucena 20 Hafen Ost-Schottlands und umsegelte sogar Bri- 

(Cod. Theod. X 23). tfber ihre Zweigstation im tannien (Agric. 38). Auch an dem Hadrianswalle 

mauretanischen Caesarea s. S. 2642. Die Flotte werden ihre Soldaten mitgearbeitet haben, da 

von Karpathos. Sie wird erst im 5. Jhdt. (Cod. nOrdlich desselben bei Birdoswald (= Aboglanna) 

Theod. XIII 5, 32 aus dem J. 409) genannt und und Netherby Inschriften mit der Bezeichnung 

diirfte mehr eine Transportflotte gewesen sein. pedatura (vgl. Veget. Ill 8) o. Britannieae (CIL 

Von ihren SXxddss lesen wir bei Synesius epist. VII 864. 970) gefunden wurden. Von Philippus 

XLI 180. Nach De la Berge Bull. epigr. VI Arabs oder dessen Sohne (244—249) wurde ihr 

228, 2 und He'ron de Villefosse bei Darem- der Beiname Philippiana (vgl. CIL XII 686) ver- 

berg-Saglio Diet. 1 1234 ging sie aus der syri- liehen. Auf sie gestiitzt trotzte Carausius in den 

schen hervor. Uber die Hafen von Karpathos vgl. 30 Jahren 286 — 293 dem Kaiser Maximian (Eutrop. 

ManolakekesiTaejrmtoalOf. Die pontische IX 21. 22, 1. Aur. Vict. Caes. XXXIX 20. 21). 

Flotte. Einst den Polemonen gehorig (Tac. hist. Erst nach Gessoriacums Eroberung durch Con- 

TII 47), kam sie unter Nero an Rom und statio- stantius (Paneg. Constantii 6; Constantini 5) und 

nierte, wie seither, in Trapezunt (Mommsen R. G. Carausius Ermordung (Paneg. Constantii 12) wurde 

V 306). Denn von hier aus ftihrte Mucian sie die bei Vecta unter Allectus stehende (a. a. O. 

70 n. Chr. gegen Vitellius (Tac. hist. II 83. Ill 15) Flotte 296 besiegt (a. a. 0. 16. Eutrop. IX 

47). Nach Joseph, bell. Iud. II 367 zahlte sie 22, 2). 343 verwendete sie gewiss Kaiser Con- 

40 Schiffe. Unter Septimius Severus half sie stans auf seinem von Bononia aus (Cod. Theod. 

gewiss Byzanz mit belagern (Dio LXXIV 12, 1). XI 16, 5) unternommenen britannischen Zuge 
Unter Caracalla stand sie in Cyzicus (Dio LXXIX 40 (Ammian. Marc. XX 1, 1. Eckhel VIII 110). 

7, 3), wo auch der Grabstein eines ihrer Prae- Lilian benutzte sie zu Getreidetransporten von 

fecten Crispinus (CIG II 3694, 3. Jhdt.) gefunden Britannien nach Deutschland (Lilian, epist. ad S. 

wurde. Ein anderer Praefect war L. Iulius Vehillus P. Q. Atheniens. 279 D. Libanius epitaph. Iul. I 

Gratus Iulianus (s. o.). Wahrscheinlich gehdrte 549ff. Reiske. Zosim. Ill 5, 2. 3. Tillemont 

ihr auch der auf einer Inschrift von Sinope (CIL Hist, des emp. IV 433. Marquardt St. -V. II 

111 6980) genannteNauarchC. Numisius Primus an. 503, 2), und in den Jahren 360 und 368 bedienten 
Nicht zur C. Pontica rechnen mOchte ich die aller- sich Lupicinus und Theodosius ihrer zu Truppen- 
dings nur auf einer griechischen Inschrift (Bor- transporten zwischen Bononia und Rutupiae (Am- 
ghesi Oeuvr. Ill 274) aus dem J. 92 erwahnte mian. Marc. XX 1, 2. 3. XXVII 8, 6). Von Offr 
xlaoorj IIsQivMa, wie dies Ferrero L'ordinamento 50 cieren der C. Britannica sind hekannt: die Prae- 
168. Heron de Villefosse bei Daremberg- fecten M. Maenius Agrippa L. Tusidius Campester 
Saglio Diet. I 1234 und Marquardt St.-V. (CIL XI 5632 = Orelli 804 unter Hadrian), C. (?) 

11 2 504 thun. Vielmehr halte ich dieselbe mit Aufidius Pantera (CIL VII 18) und ein dem Namen 
Mommsen R. G. V 193 fur das Geschwader, wel- nach unbekannter (CIL VI 1643), der Archigu- 
ches die Provinz Thrakien schiitzte. Die britan- bernus Seius Saturninus (Dig. XXXVI 1, 46, wenn 
nische Flotte. Zur Verbindung Britanniens mit der Name nicht erdichtet ist ;. vgl. Sievers Stud, 
dem Festlande und zum Schutze Nordgalliens be- z. Gesch. d. rom. Kaiser 201, 12), der Praepo- 
stimmt, hatte sie in Gessoriacum, dem spateren situs reliquationi Flavius Senilis (CIL VII 37), 
Bononia, heute Boulogne-sur-mer (Plan bei Des- der 'Orf&aA/iixog "A£ws (Galen. XII 786 Kiihn; 
jardins Geographie de la Gaule romaine I pi. 60 vgl. Grotefend Die Stempel der rom. Augen- 
XVII), wo die Inschriften Orelli 3603. Ferrero arzte 66), sowie die Trierarchen Q. Arrenius Vere- 
L'ordinamento 507. 509. 510. 511 = Vaillant cundus (Orelli 3603), Ti. Claudius Aug. 1. Se- 
Epigraphie de la Morinie 47. 49. 55. 114. Vail- leucus (Ferrero a. a. O. 507 = Vaillant a. a. 
lant 93. 99, sowie Ziegel mit dem Stempel CI. 0. 47 Mitte des 1. Jhdts. n. Chr.), P. Graecius 
Br. (Vaillant Rev. arch. 1882 II 367) gefunden Tertinus (Ferrero 509 = Vaillant 49), Vale- 
wurden, ihre Centrale. tiber dem Meere diirften, rius Maximus (Dig. XXXVI 1, 46) und Domitianus 
inschriftlichen Funden zufolge, Dubrae, jetzt Dover (Vaillant99. Rev.arch. 1889 I 219ff.). Ferrero 
(CIL VII 1226), Portus Lemanae (vgl. Hiibner 512 = Vaillant 46 wird die Triere Radians er- 



2645 Classis Classis 2646' 

wahnt. In der Notitia dignitatum begegnct statt sehlug die Bructerer auf der Ems (Strab. VII 

der C. Britannica die unter dem Dux Belgicae 290. Mommsen R.-G. V 25), unter Tiberius 

secundae stehende C. Sambriea in loco Quartensi drang sie 5 n. Chr. bis Jutland und zur Elbe 

et Hornensi (occ. XXXVIII 8). Die Frage, ob vor (Monum. Ancyr. V 14. Veil. Pat. II 106. 

sie in Wissant an der Sombre, auf dem Sabis = Plin. n. h. II 167. Mommsen R.-G. V 33. 

Sambre oder auf der Samara = Somme gestanden Marcks Rhein. Jahrb. LXXXXV 29ff.), und be- 

(vgl. Booking Not. dign. II 8371), ist durch sonders wirksam unterstiitzte sie Germanicus, 

Vaillants Ausfiihrungen (a. a. 0. 248ff.), wo- ausser bei Truppentransporten auf dem Bhein (Tac. 

nach in Port d'Etaples nordlich der Sommemiin- aim. I 45), 15 und 16 n. Chr. auf seinen Zugen 
dung 1873 und 1876 Stempel mit der Bezeich- 10 zur Ems (Tac. ann. I 60. 63. 70. II 6. 8. 23f. 

nung CI. Sam. gefunden wurden, zu Gunsten Mommsen R. G. V 47 — 49). 28 n. Chr. half 

der letzteren entschieden. Der loeus Hornensis sie das Castell Flevum von den Priesen entsetzen 

ist das heutige Cap Hornez (Lornel) und Port (Tac. ann. IV 73. Mommsen R. G. V 114). 

d'Etaples, das einstige Vicus ad Quantiam, ist Als Civilis 70 n. Chr. sich erhob, verrieten als- 

der loeus Quartensis oder besser Quantensis. bald die Ruderknechte ein Geschwader von 24 

Die Rheinflotte, eine Griindung des alteren Rheinschiffen an ihn (Tac. Hist. IV 16. Momm- 

Drusus (Plor. II 30. Mommsen R. G. V 28, sen R. G. V 121), das fortan auf seiner Seite 

2), C. Germaniea genannt, weil sie Germanien kampfte (Tac. hist. IV 17. 22), und auch spater 

schiitzte. Bis ins 4. Jhdt. beherrschte sie das liess die Rheinflotte das Landheer im Stich (Tac. 

Stromgebiet des Mittel- und Unterrheins (Hege- 20 hist. V 18. 19. 21). Als sie endlich auf dem 

sipp. bell. Iud. II 9, 124 — 127. Eumen. Paneg. Kampfplatze erschien, wurde sie iiberfallen und 

Const. 13, 1. Incert. Paneg. Const. 3, 2. 22, 6). sogar das Admiralschiff erbeutet (ehd. 22). Ein 

Von ihren Stationen sind durch Schriftsteller oder weiteres Seetreffen verlief resultatlos (ebd. 23). 

inschriftliche Funde bezeugt : Noviomagus (jetzt Im Saturninusaufstande (89 n. Chr.) blieb die 

Speier) durch Symmach. laud, in Valent. II 28 C. Germaniea gleich dem iibrigen exereitus Ger- 

(B 6 eking Not. dign. II 966), Moguntiacum (jetzt maniae inferioris (vgl. Mommsen R. G. V 109) 

Mainz) mit seinen Navalia durch CIRh. 1301. Domitian treu, wofiir sie die Beinamen pia fidelis 

1302 (185 und 198 n. Chr.), Antunnacum (jetzt erhielt. Auch verlieh ihr der Kaiser den Bei- 

Andernach) durch CIRh. 677. 684 (pleroma ist namen Domitiana; vgl. CIRh. 684. 677 (Ritter- 

kein Lastschiff, sondern bedeutet Bemannung; 30 ling De legioneX. gemina 14f. und Westd. Ztschr. 

vgl. Leipz. Stud. XV 383), beide aus der Zeit XII 207. 209.222). Auf der Inschrift 677 fiihrt 

Domitians, und 680 (um 100 n. Chr., Mommsen sie ausserdem den Beinamen Augusta. Aus ihrer 

R. G. V 133, 1), Brohl, in dessen Steinbruehen spateren Geschichte wissen wir nur , dass die Ger- 

zeitweilig Flottensoldaten gleich anderen Truppen- manen 280 n. Chr. die lusoriae, d. i. Wacht- 

teilen beschaftigt wurden (vgl. Freudenberg schiffe auf dem Rhein, in Brand steckten (Hist. 

Das Denkmal des Herkules Saxanus im Brohl- Aug. Bonos. 15), und dass Iulian diese Schift's- 

thal, Bonn 1862, 13ff.), durch CIRh. 660. 662 gattung 357 auf der Maas (Ammian. Marc. XVII 

(beide um 100), sowie Rhein. Jahrb. LXXXIV 2, 3) und 359 bei seinem Rheiniibergange ver- 

62. 85ff., Bonna (jetzt Bonn) durch Flor. II 30 wendete (Ammian. Marc. XVIII 2, 12). In der 

(vgl. Ihm oben S. 701). Tac. hist. V 22 (70 40 Notitia dignitatum wird die Rheinflotte nicht 

n. Chr.). Rhein. Jahrb. LXXX 150f. (160 n. Chr.), mehr erwahnt; vgl. Robert Les legions du 

Alteburg, 2 km. siidlich von Koln, mit noch vor- Rhin 37. Von Officieren der C. Germaniea sind 

handenen Bauresten (vgl. Koenen Rhein. Jahrb. bekannt: die Praefecten Iulius Burdo unter Vi- 

LXXXIX 223if. und Nissen ebd. LXXXXVIII tellius Tac. hist. I 58, C. Manlius Felix unter 

1631), durch Tac. ann. I 45. CIRh. 355. 410. Traian CIL III 726, P. Helvius Pertinax, der 

4201 Rhein. Jahrb. LXVI 781 (friiheste Kaiser- spatere Kaiser, unter Marc Aurel Hist. Aug. Per- 

zeit). LXXVIII 137 (Zeit der Antonine) , sowie tinax 2, 2, M. Aemilius Crescens CIRh. 355 und 

durch Ziegel mit der Aufschrift O. G. P. F. (vgl. M. Pomponius Vitellianus CIL VIII 9327 (falsch- 

CIRh. 385 aus dem J. 189. 436 g 1. 2. 1971, 3), lich halt Ritter Rhein. Jahrb. XXXVII 7 auch 

die Schuermanns zuerst im Bull, des commiss. 50 Iulius Tutor Tac. hist. IV 55 fur einen Flotten- 

roy. d'art et d'archeol. XVIII 1879, 67ff. (vgl. praefecten), der Nauarch Ti. CI. Albinus CIL 

Bone Rhein. Jahrb. LXXI 108) richtig. wie XII 2412 und die Trierarchen Rufrius Calenus 

Mommsen Corr.-Bl. d. Westd. Ztschr. VII 261 CIRh. 665, T. Aurelius Provincialis CIRh. 522, 

und Rhein. Jahrb LXXXIX 224 bestatigt, auf L. Domitius Domitianus CIL XII 681 und C. 

die C. Germaniea bezog, Noviomagus am Waal Sunicius Faustus (160 n. Chr., Rhein. Jahrb. LXXX 

(jetzt Nimwegen) durch CIRh. 361, 12, Lugdu- 1501 Corr.-Bl. d. Westd. Ztschr. V 77). Die 

num Batavorum an der Rheinmundung durch Donauflotte, wohl noch unter Augustus (Mom m- 

Ziegelfunde bei Schloss Britten (CIRh. 4 A d. sen R. G. V 187) zum Schutze der neuen Pro- 

4 C 24. 32), Katwijk (CIRh. 4 A a 7. 4 Ac 3) vinzen Pannonien und Moesien einschliesslich deren 

und Voorburg (CIRh. 23 h 1. 2; von CIRh. 138 60 Nachbargebiete begriindet. Sie bestand aus der 

und 139 g ist der Fundort unbekannt), schliess- C. Pannoniea auf der mittleren und der C. Moe- 

lich ebenfalls durch Flottenziegel Rumpst am ska auf der unteren Donau und deren Neben- 

Rupel im Scheldegebiet (vgl. Schuermanns a. a. nlissen. Beide Flotten miissen zahlreiche Stationen 

O. XVIII 63. XXIX 191) und die Gegend von gehabt haben, iiber die wir jedoch erst aus der 

Aachen im Roergebiet (vgl. CIRh. 591. 630). Zeit der Notitia dignitatum, als dieselben selb- 

Kriegerisch bethatigt hat sich die Rheinflotte des stiindige Abteilungen bildeten, Naheres erfahren. 

ofteren. Unter Drusus fuhr sie 12 v. Chr. in Von diesen liegen im Bereich der C. Pannoniea: 

die Nordsee (Dio LIV 32, 1. Suet. Claud. 1) und Lauriacum (jetzt Lorch) in Norieum, Station der 



2647 Classis Classis 2648 

C. Lauriacensis (Not. dign. occ. XXXIV 43), Ar- szewski 1 1 If.) und die Donau aufwarts bis Be- 
lapa (jetzt Gross-POchlarn) und Comagena (jetzt gensburg (Scene 29. 30. v. Domaszewski 115) 
Tulln) in Noricum, Station der C. Arlapensis et und zur Naab (Scene 34. v. Domaszewski 117), 
Maginensis (Not. dign. occ. XXXIV 42), Car- andererseits von Aquincum aus (Scene 78. v. Do- 
nuntum (jetzt Petronell), beziehentlich Vindo- raaszewski 121) auf der Theiss (Scene 84. 108. 
mana (jetzt Wien) in Pannonia sup., Station der v. Domaszewski 122) vordrang. Allerdings 
C. Histrica (Not. dign. occ. XXXIV 28), Plorentia muss der Kaiser zu ihrer Ausriistung damals viel 
(j. Mohacz; vgl. Booking Not. dign. II 704) Geld gebraucht haben, das nach Mommsen 
in Pannonia inferior, Station der 0. Histrica (Not. Ephem. epigr. Ill p. 330f. die Coloni von Ostia 
dign. occ. XXXIII 58), samtlich an der Donau, 10 aufgebracht haben dtirften. Auf Donauschiffen 
Mursa (jetzt Esseg) in Pannonia inferior, Station beforderte Mian 361 n. Chr. 3000 Mann (Zosim. 
der G. Histrica an der Drau (Not. dign. occ. Ill 10; Spanheim Observ. ad Iuliani or. 1281 
XXXII 52), Siscia (jetzt Sissek) in Pannonia sup., falschlich 3000 ,Schiffe'), und mit ihrer Hulfe 
das schon bei Strab. VII 313 und Appian. Illyr. siegte Theodosius Peldherr Promotus 383 und 
22. 23 als Schiffsplatz eine Eolle spielt (Cicho- 386 iiber die Skythen (Zosim. IV 35, 1. 39, Iff.), 
rius Die Reliefs der Traianssaule Text II 162), Oberdies erwahnen Veget. IV 46 und der Codex 
Station der G Aegetensium sive seeunda Panno- Theodosianus VII 17 (412 n. Chr.) lusoriae Da- 
nica (Not. dign. occ. XXXII 56), Servitium (jetzt nubii. Von Officieren der C. Pannonica kennen 
G-radiska) in Pannonia sup., Station der G. prima wir aus Inschriften : die Praefecten C. Manlius 
Pannonica (Not. dign. occ. XXXII 55), Graium 20 Felix unter Traian CIL III 726, L. Cornelius 
(jetzt Racsa; vgl. Booking Not. dign. II 680) Restitutus 3. Jhdt. (Bull, epigr. VI 223) CIL 
in Pannonia inf., Station der G. seeunda Flavia VIII 7977, T. Plavius Gallicus CIL VIII 1269 
(Not. dign. occ. XXXII 51), Sirmium (jetzt Mi- und einen dem Namen nach unbekannten CIL 
trovicz) in Pannonia inf., Station der C. prima VI 1643, die Trierarchen T. Plavius V... CIL 
Flavia Augusta (Not. dign. occ. XXXII 50), Tau- III 4319, L. Iulius Maximus CIL III 4025 und 
runum (jetzt Semlin) in Pannonia inf., im Itin. P. Magnius Victorinus CIL III 10343; von der 
Ant. 131, 6 als Plottenstation bezeichnet (von C. Moesica: die Praefecten Sex. Octavius Pronto 
SchiffenimgegeniiberliegendenSingidunumspricht unter Domitian (CIL III p. 858), P. Aelius Am- 
Menander Protector 332. 334) und Fundort des monius unter Gordian (Arch.-epigr. Mitt. VIII 
Flottenziegels CIL III 10675, samtlich an der30 22f.), P. Aelius Marcianus CIL VIII 9358, Q. 
Save ; im Bereich der C. Moesica : Margum (jetzt Atatinus Modestus CIL IX 3609, L. Valerius . . . 
Semendria) in Moesia sup., Station der C. Stra- CIL III 8716 und einen dem Namen nach unbe- 
densis et Germensis (Not. dign. or. XLI 39), kannten CIL VI 1643. Mehrere Plussflotten 
Viminacium (jetzt Kostolacz) in Moesia sup., Sta- finden wir in spater Zeit in Gallien. Ausser 
tion der C. Histrica (Not. dign. or. XLI 38), der oben besprochenen C. Samarica die G. An- 
Egeta (jetzt Brzu Palanka) in Moesia sup., Sta- deretianorum (Not. dign. occ. XLII 23) an der 
tion der C. Histrica (Not. dign. or. XLII 42), Mundung der Oise in die Seine unweit Paris 
Batiaria (jetzt Artscher) in Moesia sup., Station (Booking Not. dign. II 1023), die G. Ararica, 
der G. Ratiariensis (Not. dign. or. XLII 43), deren Constantin sich 310 auf seinem Zuge nach 
Transmarisca (jetzt Totorkan) in Moesia inf., Sta- 40 Massilia bediente (Eumen. paneg. 18, 3f.), zu Ca- 
tion von naves amnicae (Not. dign. or. XL 36) ballodunum, jetzt Chalons sur Sadne (Not. dign. 
und Plateypegiae (vgl. Mommsen Herm. XXIV occ. XLII 21) und die O. fluminis Bhodani zu 
213, 1) in Scythia minor, Station einer Flotte Vienna, jetzt Vienne, oder Arelate, jetzt Aries 
(Not. dign. or. XXXIX 35), samtlich an der Donau. (Not. dign. occ. XLII 14) , zu der wohl auch die 
Auch die Not. dign. or. XXXIX 20. XL 22. 28 milites muscularii Massiliae (Not. dign. occ. 
genannten milites nauclarii sind gewiss aus der XLII 16) zu rechnen sind. Von einer 1000 Last- 
einstigen moesischen Flotte hervorgegangen. Aus undlOOandereSchiffezahlendenEuphratflotte, 
der Geschichte der Donauflotte ist folgendes be- die Iulian 363 gegen die Partner fiihrte, berichtet 
kannt: 50 n. Chr. schiitzte sie den SuebenkOnig Ammian. Marc. XXIII 3, 9. 5, 4. 6. XXIV 1, 
Vannius (Tac. ann. XII 30). Die Flavier ver-50 4. 6, doch bezweifelt De la Berge (Bull, epigr. 
liehen ihr den Beinamen Flavia, den sie noch VI 229) mit Kecht, dass die Romer auf dem Eu- 
Not. dign. occ. XXXII 50. 51 fiihrt. Voruber- phrat eine standige Flotte unterhielten. 
gehend hatte sie auch die Beinamen Gordiana Von Landseeflotten sind bekannt: die Bode n- 
(Arch. epigr. Mitt. VIII 22f.) und Augusta (Not. seeflotte, die Tiberius 15. v. Chr. auf seinem 
dign. occ. XXXII 50). Sehr brauchbar erwies Zuge gegen Vindelicien benutzte (Strab. VII 292. 
sie sich Traian im ersten dakischen Kriege. Das Dio LIV 22, 4) und zu welcher der Numerus 
zeigen die Beliefs der Traianssaule, auf denen bareariorum Gonfluentibus sive Breeantiae der 
dargestellt ist, wie ihre Schiffe bald den Kaiser Notitia dignitatum (occ. XXXV 32) gehort, die 
(Cichorius Bild 33. 34. 46), eine vornehme Ge- C. Comensis auf dem Comersee (Not. dign. occ. 
fangene (30), Truppen und Gepack (2. 33— 35. 60 XLII 9) und die G. bareariorum zu Eburudu- 
47) befordern, bald Lebensmittel herbeischaffen num, jetzt Yverdon auf dem Neuenburger See 
(2. 3), bald Brucken herstellen (4. 5. 48), bald (Not. dign. occ. XLII 15), von Valesius (Not. 
den Verkehr zwischen den Burgi an der Donau Gall. 184. 503) und Cellarius (Not. urb. ant. 
vermitteln (1). Dasselbe gilt von Marc Aurels I 199) infolge einer Verwechslung mit Eburodu- 
Kriegen an der Donau, in denen die Flotte nach num im Lande der Caturiger unrichtig far die 
den Beliefs der Marcussaule einerseits von Car- Flotte der Durance gehalten. 
nuntum aus (Petersen Scene 2. 3. v. Doma- Litteratur: Bobiou Rev. arch. XXIV 1872, 
szewski 109) auf der March (Scene 13. v.Doma- 95-108.142—156. De la Berge Bull, epigr. VI 



2649 Classing Claudia 2650 

1886. Ferrero L'ordinamento delle annate Eo- Clatius. T. Iu(lius) Clatius Severus (IGI 

mane, Torino 1878; Iscrizioni e ricerche nuove, 2417, 2) s. unter Iulins. Das Gentile C. findet 

Torino 1884 (abgedruckt aus Memorie di Torino ser. sich auch sonst (CIL II 5014. VI 14853 — 14856. 

II. XXXVI); derselbebeiRuggieroDizion.epigr. IX 338. 368. X 7059 u. s. w.). [Groag.] 

II271ff. Heron de VillefossebeiDaremberg Clayariatis, Beiname des Mercurius auf eini- 

et Saglio Diet. I 1230—1236. Hirschfeld gen Inschriften bei Holder Altkelt. Sprachscbatz 

Verwaltungsgeschichte I 122 — 127. Marquardt s. v. (aus Bull, de la soc. des antiquaires de France 

St.-V. 112 495—515. Chapot La flotte de Mi- 1881, 164ff. 179 [Fundorte Les Granges, dep. 

sene, Paris 1896. Fiebiger Leipziger Studien Aube, Marsal in Lothringen] und Lejay Inscr. 

XV 277—458. [Fiebiger.] 10 de la C6te-d'Or nr. 290). Deutung unsicber. 

Classius, Kiistenfluss in Gallia Narbonensis, [Ihm.] 

westlich vom Rhodanus, Avien. or. mar. 621 Bol- ClaTarinm soil, argentum, das Schuhnagel- 

der. De Saulcy Rev. arch. n. s. XV 1867, 91 geld, ein donativum, das die Soldaten erhielten, 

will Lasins herstellen und sieht darin den Fluss um sich elavi caligares davon zu kaufen (Tac. 

Lez. Nach anderen ist es der Colason (Desjar- hist. Ill 50). [Fiebiger.] 

dins G^ogr. de la Gaule I 158); nach Mullen- Claratum s. Lugdunum Clavatum. 

hoff Deutsche Altertumskunde 1 193 die Vidourle, Claudeiconium s. Iconium. 

deren keltischer Name bei den Alten nicht vor- Claudia. 1) Als Stadtname irrtiimlich er- 

kommt. [Ihm.] schlossen aus Plin. n. h. Ill 146, der nur be- 

Clastidinm, Ort der Anamares (s. Bd. I20richtet, die Stadte Noricums Virunum, Celeia, 

S. 2055) in Gallia cispadana, ohne Stadtrecht und Teurnia, Aguntum, Iuvavum hatten alle den Bei- 

in.der Kaiserzeit wahrscheinlich zum Gebiet von namen Claudia gefuhrt. Das KXavbwviov (KXav- 

Placentia gehorig (Mommsen CIL V p. 828), diovviov, KXavSoviov) bei Ptolem. II 13, 3 ist wohl 

jetzt Casteggio. Genannt hauptsachlich wegen entstellt aus KXavdtov'Iovaov (C. Muller z. St.), 

des Treffens zwischen Romern und Galliern im s. Iuvavum. [Ihm.] 

J. 222, in dem M. Claudius Marcellus dem galli- 2) S. Forum Claudii = Octodurus. 

schen Fiihrer Virdumarus die Spolia opima abge- 3) Claudia, rOmische Burgertribus (liber die 

wann (Acta triumph. Cap. CIL 12 p. 47. Polyb. iiblichen Formen der Abkiirzung, Claud., Clau.. 

II 69. Plut, Marcell. 6. Liv. XXIX 11. 14. Cic. Cla., CI. s. Kubitschek De Roman, trib. ori- 
Tusc. IV 49. Val. Max. 11,8; Fragmente aus 30 gine ac propagatione 38) , der Reihenfolge der 
der Praetextata C. des Naevius, die dies Ereignis Griindung nach wahrscheinlich die zwanzigste, 
feierte, bei Varro de 1. 1. VII 107. 1X78. Rib- die jiingste der nach Geschlechtern benannten 
beck Scaen. rel. I 2 276). Vier Jahre spater sechzehn alteren tribus rustieae. Ihre Errich- 
nahm Hannibal es (lurch Verrat (Polyb. Ill 69, 1. tung verzeichnen die Annalen zum J. 250 = 504 
Liv. XXI 48, 9. Nepos Hannib. 4, 1); genannt wird (Liv. II 16, 5. Dion. Hal. ant. V 40, 5), und zwar 
esauch im Feldzuge des Minucius gegen die Ligurer setzt die verbreitetste Uberlieferung (Schwegler 
197 (Liv. XXXII 29. 31), sowie von Strab. V 217, Rem. Gesch. II 57f.) in dasselbe Jahr die Ein- 
und in der Insehrift CIL V 7357. [Hiilsen.] wanderung und Aufnahme des sabinischen Ge- 

Claternae (KXazsorai CIL III 6547 = Suppl. schlechtes der Claudier (s. u. S. 2663), von dem 

7299. Ptol. Ill 1 , 46 und der vierte Becher 40 die Tribus ihren Namen fuhrt, wahrend eine an- 

von Vicarello, CIL XI 3284; Einwohner Clater- dre Version diese Einwanderung bereits in der 

nensis CIL XII 4256) oder Claterna (so die Hss. ersten Konigszeit geschehen sein lasst (Suet. Tib. 

des Cic. Phil. VIII 6; ad fam. XII 5, 20. Plin. 1; vgl. Verg. Aen. VII 706ff. Appian. reg. 12). 

III 116. Itin. Ant. 287. Tab. Peut.; corrupt Da sicher zwischen der Landanweisung an die 
KXhsQva bei Strab. V 216) und Clatemum (drei Claudier und der Bildung einer eigenen Tribus 
Becher von Vicarello, CIL XI 3281—3283. Itin. eine geraume Zeit verstrichen ist (Dion. a. a. O, 
Hierosol. 610), Stadt in Gallia Cispadana an der xal xfjg jtoXecog fiotqav el'aoev oaijv ifiovXexo Xa- 
Via Aemilia, 10 mp. von Bononia, 13 mp. von fieTv .. %diQav ts avxtfi nQooed-Tjxsv ex xijg dtjuo- 
Forum Cornelii (Imola), zur Tribus Pollia gehorig ai'ag . . . ., aq>' & xal <pvXrj rig eysvexo ovv %(>o- 
(Kubitschek Imp. rom. trib. discr. 96), im50v&) RXavSia xaXovfiivt) u. s. w. Liv. a. a. O. 
J. 43 v. Chr. vom Consul Hirtius eingenommen eivitas data agerque trans Anienem situs [so 
(Cic. a. a. 0.), spater fast nur inschriftlich (s. o. Kubitschek; uberl. vetus, aber von einer vetus 
und Praetorianerliste vom J. 141, Eph. epigr. IV Claudia tribus ist nie die Rede] ; Claudia tribus 
887) und als Station der Via Aemilia erwahnt. additis postea novis tribulibus, qui ex eo veni- 
Ambrosius ep. II 8 nennt im J. 393 C. unter den rent agro, appellata; vgl. Kubitschek a. a. 0. 
semirutarum urbium eadavera. Wann die Stadt 2, 16) , so ist die wahrscheinlichste Losung des 
zerstert wurde, steht nicht fest, eine Urkunde aus Widerspruchs die , dass die ursprfinglich zeitlos 
dem J. 997 nennt noch ein territorium in Cla- iiberlieferte (Mommsen Rem. Forsch. I 293; 
terna, eine von 1154 schon Quaterna (Gozza- Staatsr. Ill 26, 1) Reception des claudischen Ge- 
dini Not. d. scavi 1883, 123); den Namen be- 60 schlechtes spater willkurlich auf das bezeugte 
wahrt die Kirche S. Maria di Quaderna und das Griindungsjahr der claudischen Tribus angesetzt 
FMsschen Quaderna Ostlich von Imola. Ausgra- wurde. 

bungen haben neuerdings dort Reste von Privat- Die den Claudiem zugewiesene Flur lag nOrd- 

gebauden , ein schOnes ornamentales Mosaik , In- lich von Rom jenseits des Anio (Liv. a. a. 0. Plut. 

schriften, Munzen u. dgl. , zu Tage geftrdert. Popl. 21) zwischen Fidenae und Ficulea {$ixoX- 

S. CIL XI 683—692. Gozzadini Not. d. scav. veag hat Bormann Altlatin. Chorogr. 251, 508 

]883, 122. Brizio ebd. 1890, 107. 1892, 133 bei Dion. a. a. 0. einleuchtend fur das verdorbene 

— 145. 1898, 233 — 236. [Hiilsen.] Ilinexiag verbessert), also benachbart dem Gebiete 



2651 Claudia ara Claudianus 2652 

■dernachstjiingeren Tribus Clustumina (a. d.). Von 9) Claudius Claudianus, der letzte bedeutende 

den weiterhin zu dieser Tribus geschlagenen Ge- Vertreter lateinischer Sprache und Dichtung, c. 370 

meinden liegt diesem ursprunglichen Gebiete am — 404. 

n&chsten das Territorium der Aequer, von dem Cli- I. Leben und Clironologie der Werke 

ternia (CIL 1X4169) und der Verband der Aequi- (s. L. Jeep I proleg. J. Koch Eh. Mus. XLIV 

-culi(CILIX4120.4128u.a.)zurC. gehOrten. Aus 578ff. Th. Birt praef. p. I— LXIX. K. Heck 

Unteritalien kamen dazu die im J. 631 = 123 De vita CI. CI. poetae, Donaueschingen 1896). Als 

gegrundete Colonie Tarentum (CIL IX 250. 252) Quellen dienen : 1) ein nach Hesych von Milet 

und nach dem Bundesgenossenkriege die treu ge- (s. E. Eohde Eh. Mus. XXXIII 167) geschrie- 
bliebenen Gemeinden Barium (CIL VI 2381b 10 bener Artikel des Suidas, 2) die Ehreninschrift 

I 10. IX 283f.), Caelia (CIL VI 2382 b 33) und des verlorenen, dem Dichter noch bei seinen Leb- 

Luceria (CIL 1X799, doch s. v. Domaszewski zeiten (bell. Goth, praef. 7ff.) auf Geheiss der 

N. Heidelb. Jahrb. IV 158, 5); die umfassend- Kaiser Arcadius und Honorius auf dem Forum 

sten Erweiterungen aber erfuhr die Tribus durch Traianum gesetzten Erzbildes, heute im Neapler 

Caesar und den Kaiser Claudius, von denen ersterer Museum (CIL VI 1710 = IGI i074), 3) verstreute 

einen Teil der transpadanischen Gemeinden (Ace- kurze Notizen in den Chroniken zu J. 395 und 

lum, Albona, Apsoros, Berua, Concordia, Emona, 4) die Werke des Dichters. Der durch die In- 

Iulium Carnicum, Nedinum, Novaria, Tarvisium, schrift gesicherte Name ist in den guten Hss. 

Varvari, die Nachweise s. bei Kubitschek Im- gewahrt. C. stammte aus Alexandria (KXavdiavds 
perium Bom. tributim discript. p. 105ff. und bei 20 'AkstavSgsvs Suid. ; mit Eecht weist Birt p. Ill 

Euggiero Dizion. epigr. II 288f.), letzterer aber die Berechtigung eines andern Schlusses aus Joh. 

alle von ihm geschaffenen Neubiirgerstadte mit Lyd. de magistr. I 47 y.al K/Mvdtavog Ss ovrog, 

Ausnahme der (zur Quirina geschlagenen) maure- 6 IIa<pXaywr , 6 xoitjTrji ab ; lJa<p).aycbv heisst 

tanischen der Tribus Claudia zuwies (Kubit- hier der Schwatzer, wie schon Bucheler Eh. 

schek Wien. Stud. XVI 1894, 329ff.). Verein- Mus. XXXIX 282 andeutete ; schwerlich aber reicht 

zelt stehen Cemenelum in den Alpes Maritimae die Stelle Apoll. Sidon. carm. IX 274 Pelusiaeo 

(Clh V 7872 u. a.) und Catina in Sicilien (CIL satus Canopo aus zum Beweise, C. sei, zu Ca- 

X 7023. 7083). [Wissowa.] nopus geboren, spater erst Burger von Alexandria 

Claudia ara s. Agrippinenses. geworden; Canopus, Alexandria, Aegyptus sind 
Clandianus. 1) Preund Galens, XII 423 K. 30 fur den gallischen Dichter eins) — und hat dort 

2) Glaudi[a]ii[us] , [proeura]t(orJ Aug(usti) seine Jugend verlebt, wie die Stoffe seiner kleinen 
r[eg(ionis) The]ve[stinae] unter Commodus, CIL Gedichte noch vielfach durch Vorliebe fur Agyp- 
VIII Suppl. 11048; jedoch ist die Erganzung tisches verraten (Nilus, Phoenix). Dass er in 
■unsicher. [Stein.] dieser Zeit ausschliesslich griechisch (s. u.) ge- 

3) .... us Claudianus aus Xanthos wurde nach dichtet, ist bei seiner spateren Gewandtheit in 
Bekleidung ritterlicher Offiziersstellungen und Pro- der lateinischen Spraehe und Versification durch- 
curaturen als erster (seiner Pamilie ?) in den Senat aus uuwahrscheinlich (Birt p. VIII); jedenfalls 
aufgenommen. Er gelangte zu den Stellungen haben aber erst die grSsseren lateinischen Ge- 
eines Legaten des Proconsuls in Achaia und in dichte seinen Euhm begriindet. C. bezeugt selbst 
Asia, Legaten der legio II. Traiana , die demnach 40 carm. min. 41 v. 13 mit den viel, am argsten 
damals voriibergehend ausserhalb Agyptens ge- wohl von B i r t p. VIII missverstandenen Worten 
standen haben muss, und Proconsuls von Make- an Probinus: Romanos bibimus primum te eon- 
donien (griechische Inschrift aus Xanthos, Benn- sule fontes et Latiae eessit (Birt falsch mit 
dorf Eeisen im siidwestl. Kleinasien I 92 nr. 76; jtingern codd. aeeessif) Oraia Thalia togae, in- 
vgl. dazu Mommsen ebd. 157. KlebsProsopogr. cipiensque tuis a faseibus omina cepi fataque 
I 346 nr. 621. Trommsdorff Quaest. duae ad debebo posteriora tibi, dass im J. 395 im Con- 
hist. leg. Eom. spect. 1896, 41ff. 59). Derselbe sulat des Olybrius und Probinus die Stoffe der 
Mann ist wahrscheinlich der als evegyeftqs] von griechischen Muse zum erstenmale denen des romi- 
Xanthos bezeichnete [KXaJvbiavog der Inschrift schen Burgerlebens gewichen sind (das bedeutet 
CIG III 4276 und Add. p. 1125 (= Le Bas lH 50 togae ; darum ist auch der vorhergehende zwei- 
1255 = Benndorf a a. O. 92 nr. 74). Tromms- deutige Ausdruck durchaus auf Dichterquellen 
dorff weist ihn der Zeit des Marcus und Verus zu beziehen, die rflmischen Stoff sprudeln; das 
(161 — 169) zu, was eher zu billigen ist, als Klebs ganze Gedicht dreht sich nur um das scribere). 
Vermutung, dass C. unter oder nach Elagabal Die Verse sind sachlich vSllig erklart, wenn wir 
gelebt haben konne. annehmen, dass C. vor 395 griechische epische 

4) Claudianus Iulianus (Dig. XXXI 87, 3), Gedichte, z. B. die Tiyavto(ia%ia (v. 11 scheint 
s. Appius Claudius Iulianus (Claudius Nr. 193) deren Entstehung in Alexandria wahrscheinlich 

5) Claudianus s. As ellius Nr. 2, Carminius zu machen), gemacht und nun, zum Januar 
Nr. 3, Claudius Nr. 109, Plavius. 395, zum erstenmale ein grOsseres, romische Tages- 

6) Glaudiana Busebia, c(larissimae) m(e- 60 ereignisse betreffendes Werk, eben den panegy- 
moriae) ffeminq), Gemahlin des Consulars L. rieus in Prob. et Olybr., geschrieben hat, aus 
Ovinius Curius Proculus Modianus Africanus. CIL dessen beifalliger Aufnahme er mit Sicherheit 
VI 1479. [Groag.] schliesst (debebo), er werde nunmehr zur Aner- 

7) Comes Orientis im J. 396. Cod. Theod. kennung in weiteren Kreisen gelangen. Aus den 
XVI 8, 11. [Seeck.] Worten zu folgern, C. habe vor 395 keine latei- 

8) Wahrend des Krieges gegen Totila byzan- nischen Gedichte gefertigt oder herausgegeben, 
tinischer Befehlshaber von Salona, Prok. Goth. ware ebenso willkurlich wie der andere Schluss, 
III 35 p. 431 B. [Hartmann.] er habe seit 395 keinen griechischen Vers mehr 



2653 Claudianus Claudianus 2654 

gemacht. Es liegt also in diesen Versen kein Anicii, gebracht. Aber Honorius war nicht aus- 

Zeugnis fiir die Ubersiedelung C.s nach Rom im schlaggebend , Stilicho war in Wirklichkeit der 

J. 394 oder gar fiir die Ernennung zum Senator Herrscher. Seiner Verherrlichung widmet C. jetzt 

(soMommsen beiBirt p. VIII not. 2). Andrer- seine Kraft. Und die Ereignisse halten Dm in 

seits ist sicher, dass C. urn 395 in Rom war (er Atem : die Ermordung des Rufrnus am 27. No- 

schreibt im J. 400 zum 3. Januar Stilicho . . . vember 395 gab die gewiinschte Gelegenheit, in 

te mihi post quintos annorum, Soma, recursus den beiden Biichern in Bufinum den gefahrli- 

reddidif), und es ist gewiss natiirlich anzunehmen, chen Nebenbuhler seines Helden am Hofe von Con- 

dass er dem Consulatsantritte der Anicii , seiner stantinopel zu schmahen, Stilicho aber zu preisen 
Jugendfreunde , am 3. Januar 395 zu Rom per- 10 und zu beglfickwunschen (Abfassungszeit zwischen 

sOnlich beiwohnte. MOglich ware es also immer- December 395 und Mitte 397, jedenfalls ist praef. 

hin, dass C. im Laufe des Jahres 394 von Ale- II nach dem Siege Stilichos fiber Alarich, dessen 

xandria direct nach Rom gekommen ware, bezeugt Zug durch Griechenland die Verse II 186ff. noch 

aber ist es nicht; er kann z. B. schon einige beklagen, geschrieben worden; Buch und praef. 

Zeit vorher in Mailand am Hofe des Theodosius I wurden zu Mailand in Abwesenheit des Kaisers 

gelebt haben (ich stiltze diese Ansicht auf R. und Stilichos vorgelesen, Birt p. XXXVIII). 

Pros. II praef. 2, wo ich lese neglectumque deis). Mit diesem Werke hat C. seine Stellung, wie es 

Jedenfalls hat er nicht zu lange nach dem 3. Ja- scheint, dauernd gefestigt. Zum 3. Januar 398 folgt 

nuar 395 Rom wieder verlassen, urn nach Mai- dann der panegyricus in IV consulatum 

land zu ziehen; von dort hat er kurz darauf (s. 20 Honorii; noch vor Ende des Winters (K o c h a. 

Birt p. IXff.) die beiden poetischen Briefe an a. 0. 585. B i r t XXXII 4) Epitkalamium und 

Probinus und Olybrius (carm. min. 40. 41) FeseenninainnuptiasHonorii et Mariae; 

via Flaminia (s. 40, 8) abgesandt. Wahrend dieser in beiden nimmt das Lob Stilichos, nun Schwieger- 

funfjahrigen Abwesenheit von Rom hat nun C. vaters des Kaisers, grossen Raum ein. Im selben 

seine Hofcarriere gemacht, ist, wie die Ehren- Jahre musste der Dichter sich auch an einen Kriegs- 

inschrift bezeugt, vir clarissimus, tribunus et stoff machen, denn der africanische Aufrfihrer 

notarius geworden, d. h., wie Birt p. XXII dar- Gildo war besiegt und am 31. Juli 398 getotet 

legt, er hat die gewOhnliche Laufbahn verlassen worden. C. wollte das bellum Gildonicum in 

und ist in Stilichos Geheimcabinett berufen wor- zwei Biichern schreiben, da aber der eigentliche 

den, in eine Stellung, die zwar nicht an Hohe 30 Besieger des Gildo, Maszezel (vgl. I 380ff.), bald 

des Titels (C. ist nicht vir speetabilis wie z. B. nach der Declamation des ersten Buches zu Mai- 

Fl. Arpacius OIL VIII 989), aber an wirklicher land (Birt p. XXI) von Stilicho noch im selben 

Ehre und Einfluss die Amter anderer weit fiber- Jahre beseitigt wurde, hielt der vorsichtige Dichter 

ragte. Diese seine militia (term, techn.) kann es fiir besser, das zweite Buch nicht zu schreiben 

allerlei Sendungen nach versehiedenen Orten, auch oder es zu unterdrficken. Mit dem folgenden Werke, 

ein Mitziehen ins Feldlager des Stilicho zur Folge dem panegyricus in Manlium (Mallium 

gehabt haben; wir wissen nur die negative Ein- die Steine) Theodorum eonsulem, der im Sep- 

zelheit, dass er bis 400 nicht in Rom war. Neben tember (Koch 577) zum Consul fur 399 desig- 

dem Amte, dem der Dichter seine genaue Kenntnis niert war, machte C. eine frfihere Invective (c. 

der Zeitereignisse, aber auch seine Pflicht und 40 min. 21) gegen den jetzt machtigen Mann wieder 

Sucht, sie dem Mailiinder Hofe genehm zu schil- gut. Bei der wieder ausgebrochenen Zwietracht 

dern, verdankt, geht die weitere poetische Ubung zwischen Ost- und Westrom durfte der Dichter 

her. Durch eine glanzende Combination hat Birt es wagen, den Collegen des Theodorus im Con- 

(p. XlVff.) wahrscheinlich gemacht, dass die Ab- sulate 399, den Castraten Eutropius, mit den drei 

fassung der drei Biicher de raptu Proserpinae Bfichern in Eutr opium aufs gehassigste zu ver- 

in die Zeit von 395 — 397 fallt. Das Gedicht, folgen ; der kaiserliche Geheimsecretar sah gewiss 

anscheinend ohne zeitgeschichtlichen Hintergrund, den Sturz des verhasstenEunuchen voraus, der noch 

enthalt doch sub rosa eine echt hofische Huldi- im Sommer von Arcadius nach Cypern verbannt 

gung an den Adressaten Florentinus : wie Ceres wurde. Den Hauptschlag zur Sicherung seiner 

auf der Suche nach der Tochter der bedrangten 50 Stellung in Mailand aber fiihrte C. mit den drei 

Erde das Getreide beschert (R. Pros. I 30f.), so Biichern de consulatu Stiliehonis im J. 400, 

hat Florentinus, von dem der Dichter sagt (II die er wohl im Februar dieses Jahres (Birt p. XLII 

praef. 50) tu mea plectra moves, als Praefectus 1) zu Rom vorlas. Dieses Werk war es unzweifel- 

Urbi (c. Aug. 395 bis Ende 397) ffir die ausrei- haft, welches ihm die vor Frfihjahr 402 (s. bell, 

chende Verproviantierung der durch den aufrfih- Goth, praef. 7 und 14) bethatigte Ehre eintrug. 

rerischen Gildo von ihrer africanischen Korn- dass Arcadius et Honorius, felieissirni ac doc- 

kammer abgeschnittenen Stadt Rom gesorgt. Als tissimi imperatores , senatu petente statuam in 

Ende 397 Florentinus bei Stilicho in Ungnade foro Traiani erigi eollocarique iusserimt, wie 

flel, liess der Hofdichter das Werk unvollendet die Inschrift besagt. Damit hat C. den Gipfel 

liegen. Er konnte das, denn er erfreute sich 60 des Ruhmes erreicht ; zwei Jahre lang kann auch 

bereits hoherer Gunst und hatte zum 3. Januar seine politische Muse ruhen. Erst die Kampfe 

396 den (wohl erst December verfassten, s. Koch mit den Gothen, Stilichos zweifelhafter Sieg, aber 

Rh. Mus. XLIV hlffl.) panegyricus in Illcon- zweifelloser Erfolg fiber Alarich bei Pollentia 

sulatum Honorii dem jungen Kaiser selbst vor- (6. April 402) stellen dem Dichter eine neue Auf- 
lesen dttrfen (praef. 17 iam dominas aures, iam gabe; in dem Werke de hello (Pollentino oder 
regia tecta meremur , et chelys Augusto iudice richtiger) Oothico, schnell nach den Ereignissen 
nostra sonat). Soweit hatte inn also die Gunst verfasst und (im Juni?) zu Rom domo Pythia 
seiner senatorischen Freunde, in erster Linie der (praef. 4) d. h. doch wohl in der bybliothece templi 



2655 Claudianus Claudianus 2656 

Apollinis recitiert, sucht er durch die bfindig- der Serena an die Kaiser gefeiert werden, kann 

sten Lobsprfiche Stilichos Verdienste in den Augen C. kaum vor 398 gefertigt haben (BirtXXXVUIf.), 

der Zeitgenossen und der Nachwelt zu sichern. carm. 48 und append. 4 wohl kaum vor 400 

Die spatern Ereignisse kamen ihm darin zu Hfilfe, (Birt p. XLI); das Epithalamium Palladii et 

denn im Sommer des folgenden Jahres 403 (so Celerinae (carm. min. 25) zur Vermahlung eines 

richtig Birt p. Llllff.) selling Stilicho den Gothen- Collegen im Geheimcabinett setzt Birt (p. XLIVff.) 

kOnig noch einmal bei Verona, und der Dichter in die Jahre 398/99, ich mochte es, da ich fiber 

feierte diesen neuen Erfolg in dem panegyrieus die Zeit von C.s eigener Hochzeit anders denke 

de VIeonsulatu Honorii, der in denMonaten als Birt, den Jahren 402/4 zuweisen; carm. 
September bis December 403 verfasst und nach 10 min. 20 de sene Veronensi fallt vor Herbst 401 

dem feierlichen Siegeseinzuge des Kaisers und (Birt p. LXI); carm. min. 50 in Iaeobum 

Stilichos in Rom (wohl am 3. Januar 404), wel- magistrum equitum in den Herbst 401 (Birt 

chen die Verse 331 — 639 beschreiben, dort vor p. LXII) ; fiber die anderen kleinen Gedichte wie 

den Siegern declamiert worden ist. fiber die unvollendete lateinische Gigantoma- 

Hier reisst der Faden ab, der die Chronologie chia lasst sich nichts Sicheres ermitteln; manche 

der Gedichte C.s mit den Zeitereignissen ver- sind tfbungen in der descriptio und kOnnen aus 

bindet; sie erlautern und stfitzen sich fur uns der ersten Jugendzeit des Dichters stammen. tlber 

wechselseitig. die Zeit der griechischen Gedichte C.s steht nichts 

Wir haben bisher die nicht politischen Ge- fest; doch scheint es angemessen, sie der Zeit 
dichte zum grOssten Teile beiseite gelassen, doch 20 seines Aufenthaltes in Alexandria zuzuweisen. 

kOnnen ausser den erwahnten noch andere in den Von den Lebensumstanden des Dichters wissen 

oben entworfenen chronologischen Rahmen mit wir nur, dass er kein Latifundienbesitzer war 

Wahrscheinlichkeit eingereiht werden. Fur C.s (carm. min. 31, 37ff), sonst wird sein Amt ihm 

eigene Lebensgeschichte sind zunachst von Be- schon ein bequemes Auskommen gesichert haben. 

deutung die beiden Gedichte an Serena, die Gattin Clientelverhaltnisse bezeugt er selbst zu Hadrian 

Stilichos, weil wir erfahren, dass diese dem Dichter (carm. min. 22, 34), zu Serena (carm. min. 81, 

seriptis desponderat ante puellam. Zur Hoch- 62) ; gewiss hat es auch zu den Anicii bestanden. 

zeit fahrt C. nach Africa, d. h. doch wohl nach tJber seinen Vater hat man haltlose Vermutungen 

dem heimatlichen Agypten, hat aber vor, gleich gemacht (Birt p. Vf.); des Dichters Lebenszeit 
nach derselben an den Mailander Hof zurfickzu- 30 sei, urn zusammenzufassen, auf c. 370 — 404 be- 

kehren; die Epistula ad Serenam (carm. min. stimmt. 

31) spricht den Dank fur diese Vermittlung und die Die vielerorterte Frage, ob C. Christ oder 

Hoffnung aus, getragen von der Gunst der mach- Heide (a Christi nomine alienus Augustin civ. 

tigen Frau glficklich zu ihr heimzukehren. Die dei V26; paganus pervieaeissimtcs Oros. VII 35) 

Zeit dieser Reise bestimmt sich durch v. 25 — 28, gewesen, halte ich mit dem Programme von Birt 

wo, was Birt und seine Vorganger nicht ge- De moribus christianis quantum Stilichonis aetate 

sehen zu haben scheinen, unter dem Bilde von in aula imperatoria valuerint disputatio (Marburg 

Orpheus (so wie das C. fast in jeder Vorredemacht) 1885) p. Vllff. fur entschieden (anders Arens 

offenbar auf das altere Werk laus Serenae(a&vm. Histor. Jahrb. d. GOrres-Gesellsch. XVII 1896, Iff.), 
min. 30), das erst einige Zeit nach C.s Ankunft bei 40 B irt weist (vgl. auch seine Einleitung p. LXllI) 

Hofe und wohl erst nach 398 (Birt p. XXXVIIIf.), uberzeugend nach, dass die Meinung des Augu- 

aber nicht erst 404 (so Birt p. LIX), geschrieben stin, von Orosius auf die Spitze getrieben, aus 

ist, und die auf Stilichos Gothenkriege (proelia den in heidnischem Stile geschriebenen politi- 

Phlegraea) beziiglichen Gedichte (bell. Goth, und schen Gedichten des C. abgeleitet ist. C. wird 

VI cons. Hon.) angespielt wird, als nach 404 ebenso Christ gewesen sein wie sein grosser 

Januar. Und ich wage, nachdem Birt p. LIX GOnner Stilicho, der unter der Nach wirkung des 

treffend auseinandergesetzt hat, wie unwahrschein- Ubertritts des Kaisers Theodosius ausserlich dem 

lich es ist, des Dichters Verstummen nach 404 christlichen Glauben angehfirte, die christliche 

anders als durch seinen Tod zu erklaren, die Ver- Kirche schfitzte, aber im Herzen dem alten Glauben, 
mutung, dass der Schlusswunsch der Epistel an 50 der mit Roms GrOsse und Geschichte so innig 

Serena nicht in Erfttllung gegangen ist, d. h. verquickt war, zugethan war und seinen Ruhm 

dass C. auf seiner Hochzeitsreise den Tod ge- gern in den Formen verkttnden hOrte, die zum 

funden hat. Von den fibrigen kleinen Gedichten Preise der alten Helden erwachsen waren. Darum 

lasst sich nur folgendes sagen: das carmen de kann C. ganz gut der Verfasser des lateinischen 

Salvatore (carm. min. 32), eine Spur von C.s carmen (min. 32) de Salvatore und der beiden 

(Hof-) Christentum (s. u.), muss nach des Hono- griechischen Epigramme (IV. V) rig rov acorf/Qa 

rius Thronbesteigung (395) zu einem Osterfeste gewesen sein. Recht interessant ist die Aufzah- 

geschrieben sein (v. 20f.) ; das Epigramm de Theo- lung der Heiligen, deren Beistand sich der wein- 

dosio et Hadriano (carm. min. 21) und die De- selige Reiterfuhrer und Christ Jacobus erfreuen 
preeatio ad Hadrianum weist Birt (p. Xlff.) 60 soil (carm. min. 50). 

mit zwar nicht ganz zwingenden, aber doch pro- Ich zweifle auch nicht, dass die griechische 
babeln Griinden dem Jahre 396 zu (keinesfalls Gigantomachie und die in der Anth. Pal. unter 
enthalt v. 21f. eine Invective gegen Stilicho, eher dem Lemma Kkavdiavov uberlieferten Gedichte 
einen Ausfall auf die Heidengotter ; wahrschein- (I 19. 20. V 86. IX 139. 140. 753. 754) unserem 
lich ist aber der Satz eine deduetio ad absurdum Alexandriner gehSren; vgl. Birts sorgfaltige Be- 
in Form einer Frage); carm. min. 19 ad Gen- weisffihrung p. LXXff. (die alteren Stimmen fur 
nadium wird nach 396 geschrieben sein (Birt und wider verzeichnet Ludwich S. 163f.). Das 
p. LXI); carm. min. 45 — 48, in denen Gaben wichtigste Zeugnis daffir ist das unter der Ehren- 



2657 Claudianus Claudianus 2658 

inschrift stehende griechische Epigramm (auch Ostrom steht er trotz seiner Herkunft durchaus 

bei Kaibel Epigr. gr. 879) slv hi Btgydioio auf westlicher Seite; die Machthaber des Ostens, 

voov xal novoav 'OfxrjQov KXavSiaror 'Pcofn] teal Eufinus und Eutropius, sind ihm fast persOnliche 

flaadfjg e&eoav, das den Dichter als Homer und Feinde, den Kaiser Arcadius schont er nur aus 

Vergil in einer Person feiert, nnd des Suidas Atis- Rucksicht auf den Bruder ; Honorius selbst aber 

druck immotos vsmrsQoe. steht vOllig im Schatten Stilichos. Trotzdem 

II. Kunst, Stoffe, Sprache. C. und Na- sind die grossen Zeitgediehte des C. nicht nur 

matianus sind die dichterischen Merksteine der als die reichhaltigste Quelle iiber Stilicho und 

Zeit, in welcher das Heidentum als Vertreterin seine Zeit von unschatzbarer Bedeutung, sie ver- 
des Alten , als Verehrerin der einstigen GrOsse 10 dienen auch in ihren thatsachlichen Angaben vOllig 

Roms zum letztenmale zu Ansehen und Macht Glauben, denn sie liegen zvt nahe den Ereignissen 

gekommen war. Den Kampfen um die Ara Vic- selbst, als dass sie wirklich Geschehnisse falsehen 

toriae, das Symbol der alten Staatsreligion, stelit und erdichten konnten. Kurz die Geschichts- 

sich auf litterarischem Gebiete das Streben an die forschung wird nie aus dem Schweigen des Dichters 

Seite, es den Dichtern der alten grossen Zeit wieder schliessen diirfen, ein andernorts berichtetes Er- 

gleich zu thun. Und C. ist diesem Ziele sehr eignis sei nicht geschehen, aber sie wird das, 

nahe gekommen; abgesehen von einigen Einzel- was er angiebt, als historische Wahrheit anzu- 

heiten konnte man seine Gedichte nach der Rein- nehmen haben , wenn sie die dichterischen Dm- 

heit ihrer metrischen Form und ihrer Sprache schreibungen richtig aufgelost hat, eine Aufgabe, 
ganz gut dem 1. Jhdt. n. Chr. zuweisen (vgl. 20 die freilich nur der leisten kann, der in der rhe- 

Birts reiche Sammlungen p. CCXIff., zum Lexi- torischen Poesie der Kaiserzeit griindlichst Be- 

calischen besonders Paucker Rh. Mus. XXXV scheid weiss. Vgl. iiber die PrageVogt De CI. 

586ff. und Trump Diss. Halle 1887). Vergleicht Claudiani carminum quae Stiliconem praedicant 

man z. B. den ein halbes Jahrhundert spater fide historica, Bonn. Diss. 1863. Schultz De 

bluhenden Apollinaris Sidonius, so merkt man Stilichone, KOnigsberg. Diss. 1864. StOcker De 

anf Schritt und Tritt den Verfall des Geschmacks Claudiani rerum Romanarum scientia, Marburg 

und des Konnens, wahrend C, dessen Heimat ja 1889. 

allerdings auch ganz andere Traditionen aufwies IV. Litterarisches Fortleben. Die la- 

als Gallien, den Vergleich mit Statius vOllig aus- teinischen Gedichte des C. zerfallen der Form und 
halt. Diese Parallele liegt iiberhaupt recht nahe; 30 dem Inhalte nach in verschiedene Gruppen, deren 

beide epischen Hofdichter haben die griindlich- Erhaltung und Verbreitung sich auch verschieden 

sten Studien gemacht (die Lecture C.s umfasst gestaltet hat. Die grosseren politischen Gedichte 

beinahe alle uns bekannten lateinischen Dichter sind vom Dichter wohl nach der Recitation jedes- 

s. Birt p. CCI Anm., auch die Christen, z. B. maleinzelnherausgegebenworden. Nach einer sehr 

Iuvencus ebd. p. LXIV, zahlreiche Griechen ebd. einleuchtenden Vermutung Birts (p. LXXVIH) 

p. LXXII), beiden ist die Diehtung eine wirk- ist der grOsste Teil derselben, deren Hauptinhalt 

samere Form der Rhetorik. Die Descriptio spielt die Verherrlichung Stilichos bildet, noch bei Leb- 

eine grosse Rolle auch in den kleinen Gedichten zeiten dieses Mannes nach dem Tode C.s, also 

des C; ich nenne nur die des partus Smyrnensis zwischen 404 und 408, wohl auf Anregung des 
(carm. min. 2), armenti (carm. min. 4), die Statuen- 40 Gefeierten selbst zu einer Sammlung vereinigt 

beschreibung de pits fratribus (carm. min. 17), worden. Von dieser blieb das alteste, der pam- 

des Aponus (carm. min. 26) u. s. w. ; die grosseren gyriem dietus Probino et Olybrio consulibus bis 

Gedichte (besonders Consulatsgedichte und Epi- etwa zum 12. Jhdt. ausgeschlossen , weil er pri- 

thalamien) entlehnen ab und zu auch die Dis- vater Natur war und von Stilicho darin noch 

position verwandter Silvae des Statius. Beiden keine Rede ist. Um dieselbe Zeit (beachte, dass 

Dichtern gemeinsam ist auch die iiberall rheto- Nr. I ein Gedicht auf Stilicho ist, s. Birt p. CXLV) 

risch zugespitzte Diction, Wortspiele u. a., beide scheint auch aus den kleineren Gedichten die Aus- 

riihmen sich der Schnelligkeit ihres Dichtens (vgl. wahl (in drei Biichern? so Birt p. CXLIII) zu- 

Claud. carm. min. 19, 7f. 25, 1). C. aber lebte in sammengestellt worden zu sein, welche man jetzt 
einer grosseren Zeit ; auch das bellum Germa- 50 unter dem Namen earmina minora zusammen- 

«»CM/»desdomitianischenGeschichtssangerswurde, fasst; die Ordnung derselben schwankt nach Grup- 

wenn vollendet, kaum den Schwung und die Wucht pen (eine Tafel zur Ubersicht bei Birt p. CXXXV), 

gehabt haben, wie die Gesange C.s auf die Kampfe gruppen weise sind sie auch in denHss. den grosseren 

des wirklich grossen Stilicho. Besonders hervor- Gedichten angehangt oder zwischen dieselben ein- 

gehoben seien noch die praefatioms bei C. : sie geschoben worden. Die ganze Sammlung (poli- 

sind durchweg hOchst geschickt gemacht, die zum tische Gedichte und carm. min.) pflegt man unter 

III cons. Hon. ist geradezu ein Cabinettstiick. Sein dem Namen Claudianus maior zusammenzufassen. 

grSsstes Werk, der unvollendete (s. o.) Raptus Von ihm gesondert blieb (mit einer durch Zufall 

Proserpinae, dessen Sage wohl aus einer ale- erklarbaren Ausnahme bis zum 12. Jhdt.) der Glau- 
xandrinischen Quelle des 2. Jhdts. geschOpft ist 60 dianus minor, d. h. die drei Bucher de raptu 

(Forster Der Raub und die Ruckkehr der Per- Proserpinae. In fiinf verschiedenen Gruppen ist 

sephone, Stuttgart 1874, 91— 96), reiht sich nach dann noch eine Reihe von kleineren, zum Teil 

Aufbau sowie Verskunst und Sprache wiirdig den sicher unechten Gedichten unter C.s Namen iiber- 

grossen Epen des 1. Jhdts. an. liefert, welche in den Ausgaben als carminum 

III. Wert als Geschichtsquelle. Dass minorum appendix aufgefiihrt zu werden pfiegen. 

C. durchaus Partei ist, geht aus seinen Lebens- Die ausschlaggebenden Hss. sind fur 1) paneg. 

umstanden hervor. Sein Held ist Stilicho; bei Prob. et 01. eine Antwerpener (saec. XIII), eine 

der fortdauernden Eifersucht zwischen West- und in Arras (saec. XII— XIII), eine in Neapel (saec. 

Pauly-Wissowa III 84 



2659 Claudianus Claudianus 2660 

XIII), 2) fur den Claudianus maior eine Hs. De codicibus Cuiacianis quibus in edendo Clau- 

aus Gemblours, jetzt in Brfissel (saec. XI), eine diano Claverius usus est, Marburg 1889, und der- 

im Vatican (saec. XII), eine Pariser (saec. XIII), selbe sich berichtigend bei Birt p. CXCVIff.). 

3) fur die carm. min. ein alter codex Sangallensis Fordernder sind die Ausgaben Scaligers (eel. 

saec. IX (enthalt nur die lateinische Giganto- Plantiniana 1603), die Elzevirdrucke des Nic. 

machie), ein gleichaltriger Veronensis, ein Vati- Heinsius (Leyden 1650 und Amsterdam 1665), 

canus saec. XII, 4) fur den Raptus Proserpinae Barths dicke Bande (1612 Hanau, 1650 Frank- 

eine Hs. in Plorenz (saec. XII) und die schon furt), Burmanns Sammelwerk (Amsterdam 1760). 

fur 1) erwahnte Antwerpener (saec. XIII). Die Fur die Erklarung noch immer wichtig sind die 
Bruchstiicke der griechischen Gigantomachie sind 10 Arbeiten Matthias Gesners (Leipzig 1759 und 

nur uberliefert in einer von Constantin Lascaris G. L. Konigs (I Gottingen 1808). Die erste 

1465gescbriebenenMadriderHs. (s.Birt p.LXXff.). kritische Ausgabe ist die von L. Jeep (I 1876. 

Neben diesen, fortlaufenden Text gebenden Hss. II 1879 Lpzg.), jetzt weit iiberholt von Th. Birt 

sind von grosser Bedeutung fur einzelne Teile und in den Monumenta Germaniae historica, auct. 

Stellen die Notierungen von Versen und Lesarten antiquiss. torn. X, Berlin 1892. Freilich ist es 

aus alteren codices, wie wir sie fur C. haben 1) in auch Birt noch nicht gelungen, die Verhaltnisse 

den Excerpta Lucensia (Florentina) in einem Exem- der verzwickten Uberlieferung auf eine oder einige 

plare der editio princeps, jetzt in der National- einfache Formeln zurfickzuftihren ; so herrseht in 

bibliothek zu Florenz (aus einem ,antiquus B' der Textgestaltung noch ein leidiger Eklekticismus. 
eingetragen, aus dem die carm. min. in einem 20 Eine Handausgabe mit leider ganz und gar un- 

cod. Mediceus saec. XV copiert sind), 2) in den genugendem kritischen Apparat hat J. Koch, 

sog. Excerpta Gyraldina in einem Exemplare der Birts verdienstvollerMitarbeiter, 1893 bei Teubner 

Aldina zu Leyden (,Oregorius Oiraldus emen- erscheinen lassen. Die Fragmente der griechi- 

davit hune codieem ex vetustissimo exemplari schen Gigantomachie zuerst vollstandig 1769 von 

sumpto ab Aenea Oerardino', der uns unbekannt Iriarte herausgegeben , in den Ausgaben seit 

ist). Beide alten Hss. waren einander sehr nahe Barth gefiihrt, neuestens mit den Epigrammen 

verwandt. Sehr wichtig ist ferner eine alte Hs. wiederholt bei A. Ludwich Eudociae, Procli, 

des Capito, die uns durch die Baseler Ausgabe. Claudiani reliquiae, Lpzg. 1897 S. 159-180. Die 

des Druckers Isengrin 1534, redigiert von Michael wichtigste Litteratur zu Text und Erklarung findet 
Bentinus, in ihren Hauptlesarten erhalten ist. 30 man bei Birt p. CCHI 1; spater sind noch 

Sie allein enthalt eine ganze Reihe sonst ver- erschienen Arens Quaest. Claud., Diss. Mfinster 

lorner Verse, ist aber im fibrigen mit grosster 1894; Claudianea, Jahrb. f. Philol. 1896, 430ff. 

Vorsicht zu benutzen ; vgl. Birt p. CLXXXVIIff. Ellis Ad Claud, carm. min., Philol. LIV 598. 

Koch praef. p. Vlff. Viel geringere Bedeutung Heck De vita CI. CI. poetae, Donaueschingen 

haben die sehr zahlreichen Eintragungen von 1896. Donadoni Claudiano, la guerra getica, 

Versen und Versgruppen in den Florilegien des epitalamio per la nozze di Onorio e Maria. Studio 

11. bis 13. Jhdts. Am reichhaltigsten ist davon e versione, Palermo 1895. [Vollmer.] 

das wie eine Art von Geschichtserzahlung zu- 10) Claudianus Mamertus, Presbyter zuVienne, 

sammengestellte Florilegium Parisinum, am alte- f um 474. Er war lange Zeit die rechte Hand 
sten der Sentenzen zusammentragende codex Mo- 40 seines alteren Bruders, des Bischofs Mamertus zu 

nacensis (saec. XI), aber auch der letztere ist Vienne, der ihn iiberlebte, und unter den Ver- 

ftir die Textgestaltung fast ohne Wert. C. ist tretem der classischen Schule in Gallien als Mann 

infolge der Gunst, die er bei Hofe genoss, und von ungewOhnlich weiter und tiefer Bildung hoch 

wohl auch seiner Kunst wegen viel gelesen worden ; angesehen. Gennadius de vir. ill. 83 erkennt seine 

von seinem Zeitgenossen Prudentius an lassen rhetorische und philosophische Begabung an ; ge- 

sich die Spuren seiner Worte durch Jahrhunderte radezu enthusiastisch aussert sich Sidonius fiber 

in fast alien Landern romischer Bildung nach- den lebenden Freund und fiber den toten epist. 

weisen (Birt p. LXXVIIIff.); aber erst vom IV 3. 11. V 2. Von diesem Sidonius angeregt, 

9. Jhdt. ab fliessen fur uns hsl. Quellen. Scholien hat C. auch sein Hauptwerk verfasst, die drei 
stehen in den altesten Hss. gar nicht oder nur50Biicher de statu — Gennadius ffigt bei: vel de 

sparlich, erst vom 12. bis 13. Jhdt. ab schwellen substantia — animae, von einer Widmung an 

sie an. Sie sind noch nicht alle herausgegeben den Auftraggeber Sidonius begleitet. Die Ab- 

(VerzeichnisderPublicationenbeiBirtp.CLXXX); fassungszeit muss dicht vor470 liegen; der Zweck 

es wird sich auch kaum der Miihe lohnen , wenig- des Buches ist gegenuber einer anonym erschie- 

stens sind bis jetzt wertvolle Notizen in ihnen nenen, grosses Aufsehen erregenden Epistel des 

nicht gefunden worden. Faustus von Reji, worin die Korperlichkeit alles 

V. Ausgaben. (Verzeichnis bei G e s n e r Geschaffenen, also auch der Seelen und der Engel 

p. XVIff. Birt praef. p. CLXXXIVff.). Editi- behauptet wird, die UnkOrperlichkeit der Seele 

ones principes des Celsanus, Vicentiae 1482, des zu erweisen. Ausserdem besitzen wir von C. noch 
Ugoletus, Parmae 1500, dann von Parrha- 60 zwei Briefe, einen an Sidonius (in dessen Brief- 

sius, Mediolani 1500, von Camers, Wien 1510, sammlung IV 2) und an einen Lehrer der Rheto- 

die Aldina 1523 von Asulanus. Vollstandiger rik in Vienne, Sapaudus, letzterer interessant 

und sehr wichtig (s. o.) die des Michael Ben- durch die Klagen des Verfassers fiber den Ver- 

tinus bei Isengrin, Basel 1534, weiter die eben- fall der Bildung in seinem Zeitalter und sein ent- 

falls, wenn auch nur teilweise, auf uns verloren schiedenes Eintreten fur das Studium der heid- 

gegangene Quellen sich stutzende Ausgabe des nischen Classiker, des Plautus, Cicero u. s. w. 

Claverius, Paris 1602 (fiber die von ihm be- spretis novitiarum ratiuncularum puerilibus nu- 

nutzten Hss. der Bibliothek des Cuiacius s. Koch gis. Die Sprache des C. ist keineswegs frei von 



2661 Claudianus mons Claudius 2662 

der Geziertheit des damaligen Gallicismus, und XI 2 Miller (Olaudia). Es lag zwischen Samo- 

den gelernten Ehetor spiirt man auch in seinen sata (Samsat) und Melitene (Malatia) , genaueres 

philosophischen Beweisfuhrungen zu oft; aber in ist nicht bekannt. Yorke Geographical Journal 

Form, Wortschatz und Gedanken zeichnet ihn 1896 II 463. Tomaschek Festschr. f. H. Kie- 

eine gewisse Originalitat und Kraft aus; er spielt pert 141. [Ruge.] 

nicht bios mit den Dingen, sondern hat sie griind- Claudienses. 1) Ex praefeetura Claudia 

lich studiert und sich — besonders vom Platonis- (CIL XI 3310 a. Not. d. scavi 1887, 107), s. Fo- 

mus beeinfiusst — eine eigene Meinung gebildet. rum Clodii. 

S. M. Schulze Die Schrift d. CI. M. de statu 2) Wie es scheint Einwohner eines pagus, 
an. mit krit. Untersuch. 1883. De la Broise lOkommen vor auf dem in Cola di Pacengo am Ost- 

Mam. Claudiani vita eiusque doctrina de anima ufer des Gardasees gefundenen Steine, CIL V 

hominis, Diss. Paris 1890. A. Engelbrecht 3991. [Hiilsen.] 

Untersuchungen uber d. Sprache d. CI. M. 1885. Claudilla s. Iunius. 

H. ROnsch Zur Kritik u. Erkliirung des CI. M., Claudioderbe s. Derbe. 

Ztschr. f. wiss. Theol. 1887, 480ff.; beste Aus- Claudiolaodicea s. Laodikeia. 

gabe der Werke des C. von A. Engelbrecht Claudiomagus (= Claudii campus), vieus 

im Corpus script, eccles. lat. Vindob. XI 1885. in eonfinio Biturigum atque Turonorum, mit 

Auch als Dichter lernen wir C. kennen durch beriihmter Kirche, Sulp. Sev. dial. I (2) 8, 7. Vgl. 

das Lob, das Sidonius ep. IV 3, 8 einem hymnus Fortunat. vita Martini III 270 est locus in Toro- 
von ihm spendet. Eine Interpolation in Gennad. 20 num fine el confine Biturgum, incola quern, vicum 

83 und eine Eandbemerkung in einem Codex des voeitavit Claudiomagum. Jetzt Clion, d6p. Indre. 

C. saec. XII schreiben ihm das bervihmte Lied Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] 

Pange lingua gloriosi zu; dies kann aber nicht Claudionerium, Stadt der Artabrer in Hispa- 

der von Sidonius gemeinte Hymnus sein , da er nia Citerior nach Ptolemaios (n 6, 21 xarsxovoi 

ausser der amoenitas poetica auch seine historica de xa fikv jr«pt xo Neotov "Aoxa$Qoi, iv o'g zioXei; 

Veritas hervorhebt, wonach es eine langere poetische KXavSiovsgiov — so eine Anzahl Hss. , KXavSio- 

Bearbeitung eines geschichtlichen Stoffes gewesen fisgior andere — , Nooviov) , offenbar eine Griin- 

sein diirfte; auch ist durch einwandfreie Uber- dung des Kaisers Claudius — wie Claudiomagus, 

lieferung Venantius Fortunatus als Verfasser jenes Clausentum — am Vorgebirge Nerium (s. d.). 
Passionsliedes gesichert. Andere Dichtungen, die 30 Die Lage ist unbekannt. Dass in der Nahe ein 

gelegentlich unserem C. M. zugeschrieben worden Ort San Claudio ist (wie K. Miiller zu Ptolem. 

sind, z. B. contra vanos poetas ad collegam, ein bemerkt), hat nichts damit zu thun. [Hiibner.] 

carmen pasehale, laus Ghristi, sogar zwei kurze Claudiopolis. 1) Stadt in Kilikien (Ptol. V 

griechische Epigramme el; xov acoxfjQa und slg 7, 7 KXavdionoXig. Ammian. Marc. XIV 2, 5. 

xov dsoxoxtjv Xgioxov sind sicher unecht oder doch Hierocl. 709 KXavdiovjioXis. Not. ep. I 844. Ill 

hOchst zweifelhaft: giinstigsten Falls gehen sie 734 u. a.). Die Vermutung von Leake Journal 

auf einen anderen Trager des Namens C. — es of a tour in Asia minor 107ff. 117. 319, dass C. 

scheint ja fast einen griechischen Dichter geist- in Mut zu suchen ist, hat durch Inschriftenfunde 

licher Lieder KXavdtavog gegeben zu haben — ■ ihre Bestatigung gef undent, Heberdey und Wil- 
zuriick. Diese Gedichte s. bei Migne Patrolog. 40 helm Denkschr. Akad. Wien 1896, 119. Hogarth 

lat. LIII. [Jiilicher.] Supplem. Papers Royal Geogr. Society 1893 III 

Clandianus mons, KXavdtavov (6'ooj), Name 651. Ramsay Revue numism. 1894, 168. 1. 

eines Gebirges in der arabischen Wiiste Ostlich Headlam Supplem. Papers Society for the Pro- 

von Agypten, genannt in zwei zur Zeit des Traian motion of Hellen. Studies I 1892. Ausserdem In- 

und Hadrian abgefassten Inschriften der alten schriften bei Sterret Papers Amer. School at 

Niederlassung (vdgev/xa TQaiavbv Aaxtxov = fons Athens III nr. 4 — 10; vgl. Davis Life in Asiatic 

Traianus Daeicus) bei den Steinbriichen von Turkey 330. Verschieden davon ist wohl die 

Gebel Fatireh, in denen im Altertum der graue Stadt, deren Miinzen die Aufschrift haben Colonia 

Granit gebrochen wurde (bei Ptol. MeXavog Xlftov Iulia Augusta Felix Ninica Glaudiopolis. Die 
oqo? , s. d.), praepositus ... operi marmorum 50 Lage ist unbekannt, Ramsay Revue numism. 

monti Claudiano, CIL III 25 (= Letronne 1894, 164. 

Rec. d' inscr. I 429), ovtoe jtoos roig xov KXav- 2) Stadt im Gebiet der Trokmer, Ptolem. V 

diarov sgyoig ... xtliaQxov, CIG 4713e (= Le- 4,9. Nach Ramsay Asia Minor. 447 gleich dem 

tronne a. a. O. 153). Nach Letronnes Ver- Ptolem. V 4, 6 genannten NeoxXavdwjzolig, eine 

mutung (a. a. O. 136ff.) bezeichnete der Name Vermutung, die sich aber bis jetzt noch nicht 

nicht allein, wie hieraus zu schliessen, die Granit- beweiseu lasst. [Ruge.] 

briiche von Gebel Fatireh, sondern zugleich auch 3) S. Bithynion. 

die nordlich davon gelegenen Porphyrbriiche des Claudioseleucia s. Seleukeia. 

Gebel Dochan (bei Ptolem. IIoQ<pvQixov Xl&ov Claudi(um?), in Numidien, Station der Strasse 
ogog, s. d.), die nach Plin. n. h. XXXVI 57 unter 60 von Thamuges nach Mascula, von jedem von bei- 

Kaiser Claudius zuerst eroffnet worden waren, wor- den 25 Millien entfernt, Itin. Ant. p. 33. Wohl 

aus sich dann die Benennung CI. m. erklaren die Ruinen von Henchir Sedra, s. Wilmanns 

wurde. Vgl. Schweinfurth Ztschr. d. Ges. f. CIL VIII p. 258. Gsell Melanges d'archeologie 

Erdk. Bd.^ XXXII, Berlin 1897. [Sethe.] publies par l'ecole fr. de Rome XIII 1893, 484. 

Claudius, Stadt in Kappadokien und rOmische [Dessau.] 

Grenzfestung am Euphrat, Plin. V 85 (Claudio- Claudius, rOmischer Familienname , vom sa- 

polis). Ammian. Marc XVIII 7, 10 (Laudias). binischen Clausus abgeleitet. Die Nebenform Clo- 

Ptolem. V 7, 9. Not. dign. XXXII 1. Tab. Peut. dius ist von C. eigentlich nur orthographisch ver- 



2663 Claudius Claudius 2664 

schicden (vgl. Stolz Hist. Gramm. d. lat. Spr. leuten in Streit geriet; die Zahl der Ausgewan- 

I 1, 210) und ist erst in der letzten Zeit der derten soil flinftausend betragen haben. Wenn 

Republik regelmassig von einzelnen Claudiern ge- auch diese Einzelheitenungeschichtlich sein mOgen, 

filhrt worden, wahrend sonst beide Formen viel- nnd wenn sich auch der Zusammenhang der Er- 

fach ohne TJnterschied gebraucht werden. Es gab eignisse unserer Kenntnis entzieht, so wird man 

in Bom einepatricische und eineplebeische Familie an dern Kern der Erzahlung festhalten dlirfen, 

dieses Namens ; die Hauptlinie der ersten waren dass das ganze claudische Geschlecht im Anfang 

die Pulchri, die der zweiten die Marcelli (Ascon. der republicanischen Zeit aus der Premde eingewan- 

Scaur. p. 22. Suet. Tib. 1). Eine Uhersicht fiber dert und in den rOmischen Staatsverband aufge- 
die Geschichte des patricischen Geschlechts giebt 10 nommen worden sei (iiber die Cooptation durch die 

Suet. Tib. 1 : Patricia gens Claudia orta Patriciervgl.MommsenE0m.Forsch.I174; St.-R. 

est ex Regillis, oppido Sabinorum. Inde Romam III 30, 1. 32, 2). Fiir das hohe Alter der Einwan- 
recens conditam cum magna elientium manu , derang spricht der Name der Tribus Claudia (oben 

eommigravit, auetore Tito fatio eonsorte Romuli, S. 2650£), wobei iibrigens zu bemerken ist, dass die 

vel, quod magis constat, Atta Glaiidio gentis patricischen Claudier der spateren Zeit in der Tri- 

prineipe, post reges exaetos sexto fere anno ; at- bus Quirina oder Palatina waren (vgl. Mommsen 

que in patrieias eooptata agrum insuper trans St.-E. Ill 788; S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 894; 

Anienem elientibus loeumque sibi ad sepulturam iiber die Nerones s. u.). Als Erinnerung an die 

sub Capitolio publice accepit. Deinceps proee- sabinische Herkunft fuhrten die Claudier allein 
dente tempore duodetriginta eonsidatus, dieta-IOvon alien patricischen Geschlechtern den Vor- 

turas quinque, eensuras septem, triumphos sex, namen Appius, in den der erste Einwanderer 

duas ovationes adepta est. Auf die erste Version, seinen fruheren sabinischen Attus (Atta, Attius 

die Sueton von dem Bericht iiber die Einwande- vgl. Schwegler E. G. II 57, 5)umgeandert haben 

rung des Geschlechts giebt, spielt sonst nur Verg. soil (vgl. o. Bd. II S. 242. 2252) ; noch ein Consul 

Aen. VII 707ff. an: Clausus ..... Claudia nune des dritten nachchristlichen Jahrhunderts (Nr. 16) 

a quo diffunditur et tribus et gens per La- nennt sich mit Stolz progenies Claudius Appia- 

tium postquam in partem Roma data Sabinis. dum (CIL X 1688). Ausser Ap. kommen im Raupk 

Wenn sie der rOmischen Annalistik nicht fremd zweige der patricischen Familie nur die Prae- 

gewesen ware , so hatte sie z. B. Dionys. II 46, nomina C. und P. vor (iiber L. Q. und die Vor- 
3 sicherlich erwahnt. Deshalb ist die Annahme 30 namen der Nerones s. u.). Ihren Familiencult 

schwerlich richtig , dass die Einwanderung ur- erwahnt Macrob. sat. I 16, 7 ; zum Euhme rech- 

spriinglich zeitlos iiberliefert gewesen sei ; viel- neten sie sich, dass sie sich bis in die Kaiserzeit 

mehr steht jene Version als spate gelehrte Er- ohne Adoptionen in directer Linie fortgepflanzt 

flndung neben der zweiten von Sueton wieder- hatten (Tac. ann. XII 25). Livius und Dionysios 

gegebenen, die die alte Geschlechtstradition dar- haben in ihren Geschichtswerken die Claudier 

stellt und wesentlich gleichlautend von verschie- der alteren republicanischen Zeit durchgehends 

denen Autoren erzahlt wird (vgl. Liv. II 16, 4. als die typischen Vertreter des adelsstolzen, hoch- 

IV 3, 14. X 8, 6. Tac. ann. IV 9. XI 24. XTI miitigen und volksfeindlichen Junkertums mit 

25. Gell. XIII 23, 8. Auct. de praen. 6. Sil. Ital. den grellsten Farben dargestellt, und seitdem ist 
XVII 33. Dionys. V 40, 3. XI 15. Plut. Popl. 40 die Behauptnng von der vetus atqtie insita Clau- 

21, 4 — 9. Appian. reg. frg. 12. Zonar. VII 13; diae familiae superbia (Tac. ann. I 4; vgl. be- 

iiberdie geringfiigigen Abweichungen Schwegler sonders Suet. Tib. 2, auch Sil. Ital. XVII 33) stets 

E. G. II 57f.). Als Heimat geben sie die sonst wiederholt worden. Erst Mommsen hat in seiner 

unbekannte Stadt Eegillum im Gebiete der Sa- trefflichen Abhandlung: Die patricischen Clau- 

biner an, und die altesten Claudier fiihren ge- dier (Rom. Forsch. I 285ff.) diese Ansicht als 

wOhnlich Cognomina, die auf diese Herkunft hin- falsch und hinfallig nachgewiesen, und wenn auch 

weisen, aber gewiss erst spater erfunden sind (Re- seine Vermutung, dass sie auf Falschungen des 

gillum erwahnt von Liv. Suet. Dionys. Appian. ; Licinius Macer beruhe, nicht zu beweisen und zu 

Beinamen der Consuln von 259 = 495, 283 = 471 halten ist, so sind seine Ergebnisse sonst der 
und 294 = 460 bei Idat. Chron. pasch. Dionys. 50 Hauptsache nach durchaus richtig und haben fast 

Sabinus, beim Chronogr. Inreligiense; anderes allgemein Zustimmung gefunden (beachtenswerte 

s. u.). Das auffallende Cognomen Inregillensis, Bemerkungen bei Nitzsch Gesch. d. rOm. Eep. 

dem zu Liebe auch die Stadt Inregillum genannt I 69; Einspruch gegen Mommsen ohne Bedeu- 

wird, ist nach einer Vermutung Mommsens (CIL tung von Lohse Die Haupter des patricischen 

12 p. 32 zum J. 392) lediglich durch die falsche Claudiergeschlechts , Chemnitz 1891; zur Ge- 

Auf lOsung der alten Abkiirzung Crassinregill. (f. schichte des Hauptzweiges der Familie vgl. noch 

Cap. zum J. 303. 304) entstanden, deren richtige Liibbert De gentis Claudiae commentariis do- 

AuflOsung vielmehr Crassinus Regillanus sei mesticis, Kiel 1878). Gegen das Ende der Ee- 

('PrjyiXXog Diod. XI 85, 1 ; 'PtjyMavdg Diod. XII publik ist von einer bestimmten claudischen Fa- 
23, 1 ; Regillianus Suet. Tib. 1).*) Als Grund 60 milienpolitik keine Eede ; soweit man aber vor- 

der Auswanderung des Geschlechts aus Eegillum her gewisse Ziige zu erkennen meint, die ver- 

wird angegeben, dass sein Oberhaupt den Frieden schiedenen Gliedern des Geschlechts gemeinsam 

mit Rom wollte und deshalb mit seinen Lands- sind, so stehen unter ihnen ein klares Verstand- 

nis fiir die Forderungen der Zeit und ein ener- 

*) Aus Bequemlichkeitsrucksichten sind die gisches Erfassen aller Mittel zur FOrderung der 

conventionellen Formen der Beinamen in der GrOsse Boms auf den verschiedensten Gebieten 

Stammtafel und in den Uberschriften beibehalten an der Spitze. Spater standen in ihrer Clientel 

worden. durch mehrere Generationen hochberuhmte Grie- 



Staramtafel der patrieisehen Claudier.*) 

24. M. Claudius 



321. Ap. Claudius Sabinus Inregillensis, 

vorher Attus Clausus 

COS. 259 = 495 



123. Ap. Claudius Crass us Inregillensis Sabinus 

COS. 283. 303 = 471. 451 

deeemv. leg. serib. 303. 304 = 451. 460 



322. C. Claudius Sabinus Inregillensis 
cos. 294 = 460 



121. Ap. Claudius Crassus 
tvib. rail. cons. pot. 330 = 424 



P. Claudius 



122. Ap. Claudius Crassus Inregillensis 

trib. mil. cons. pot. 351 = 403 

diet. 392 = 362 

COS. 405 = 349 



183. C. Claudius Inregillensis 
diet. 417 = 337 



91. Ap. Claudius Caecus 

cens. 442 = 312 

COS. 447. 458 = 307. 296, diet. 



102. Ap. Claudius Caudex 
COS. 490 = 264 



31<C. Ap. Claudius Ruf'us 
COS. 486 = 268 



SO*. P. Claudius Pulcher 
COS. 506 = 249 



293. Ap. Claudius Pulcher 
COS. 642 = 212 



435. Claudia Quinta 



104. C. Claudius Centho 
cos. 614 = 240 

lOsTc. Claudius Centho 
leg. 664 = 200 



248. Ti. Claudius Nero 



382. Claudia 
(und vier andere Claudiae) 



Ti. Claudius Nero 



P. Claudius Nero 



294. Ap. Claudius SOB. P. Claudius SOO. C. Claudius 883. Claudia 

Pulcher Pulcher Pulcher op Pacuvius 

cos. 570 = 184 cos. 577 = 177 Oalavius 

cens. 685 = 169 



COS. 669 .= 185 

1 

11. Ap. Claudius 

(Pulcher) 

COS. 624 = 130 

30. Q. Claudius 
senat. um 660= 104 



103. Ap. Claudius Centho 
praet. 679 = 175 



240. C. Claudius Nero 249. Ti. Claudius Nero 246. Ap. Claudius Nero 
COS. 647 = 207 COS. 562 = 202 praet. 559 = 196 

cens. 660 = 204 



295. Ap. Claudius Pulcher 
cos. 611 = 143 
cens. 617 = 137 



302. C. Claudius Pulcher 
COS. 662 = 92 



296. Ap. Claudius Pulcher 
COS. 676 = 79 



384. Claudia 



385. Claudia 386. Claudia 

os Ti. Sempron. Gracchus oa Q. Mareius Philippus 



13. Ap. Claudius 290. Claudius Pulcher, 297. Ap. Claudius Pulcher 303. C. Claudius Pulcher 
f 672 = 82 spater M. Livius Drusus cos. 700 = 64 praet. 698 = 66 

Claudianus cens. 704 = 50 I 



P. Clodius Pulcher 
tr. pleb. 696 = 58 



Clodia 
op Q. Mar- 
eius Rex 



299. *Ap. Claudius 388. Claudia 389. Claudia 298. Ap. Claudius 

Pulcher op On. Pom- op M. Junius Pulcher 

Adoptivsohn, vorher peius fll. Brutus cos. 716 = 38 
C. Claudius Pulcher ^__^^__»-__ 



Clodia Clodia 

op Q. Caeei- os L. Lici- 

lius Metellus nius 

Celer Lucullus 



299. *C. Claudius 

Pulcher, 

spater Ap. Claudius 

, „ Pulcher, 

15. Ap. Claudius (Pulcher) adoptiert von 
senat. 729 = 25 Nr. 297. 



P. Clodius 
Pulcher 
praet. 



Clodia 
op Octavianus 



*) Da die verwandtsehaftlicheu Beziehungen unter deu einzelnen Nummern besprochen und belegt werden , sind hier auch zweifelhafte Angaben Oder Vermutuugen 
dera (Jesamtbilde einverleibt worden. 



CO 

(35 






o 

I — ' 



to 

(33 



2667 Claudius Claudius 2668 

chenstadte, wie Sparta (Suet. Tib.6) und Perga- sehr wohl auf die Ereignisse des Jahres 662 = 

mon (Inschr. von Pergamon II 409). [Miinzer.] 92 beziehen (vgl. Lange Bom, Altert. Ill 2 112, 

In der Kaiserzeit wurde der Name infolge der 6. Lubbert De gentis Claudiae comment, do- 

zahlreichen Biirgerrechtsverleihungen der Kaiser mest. 25), so dass der Vorname Ap. fur den 

Claudius und Nero so haufig, dass er gewdhnlich ab- Consul von 624 =130 festzuhalten ist und bei 

gekiirzt CI. geschrieben wurde. Namentlich ist auf- Cicero Nr. 302 gemeint ware. Zur Pamilie der 

fallig und vielleicht auf Neros Vorliebe fur das Pulchri wird jener Ap. wegen seines Vornamens 

hellenische Element zuriickzufuhren die grosse gerechnet werden diirfen und kdnnte ein Sohn von 

Zahl der Claudii im griechischen Osten des Eeiches, Nr. 294 oder 305 sein. Er ist vermutlich iden- 
von welchen im 2. Jhdt. n. Chr. viele in den 10 tisch mit dem Appius Claudius , von dem der 

Senat gelangten. [Groag.] Redner Antonius bei Cic. de or. II 246. 284 zwei 

1) Claudius, avunculus des Helvidius Priscus, witzige Ausserungen mitteilt , deren zweite im 
der Schwiegersohn des (P. Clodius) Thrasea Paetus Senat bei den Beratungen iiber das Gesetz des 
und im J. 70 n. Chr. Praetor war; lebte unter Sp. Thorius 636 = 118 fiel. 

Vespasian, Schol. Iuven. V 36. 12) Ap. Claudius hielt im J. 667 = 87 als 

2) Claudius, Bauber, der zur Zeit des Sep- Militartribun das Ianiculum besetzt, als Marius 
timius Severus in Syrien und Judaea sein Un- gegen Eom riickte; er effnete diesem das Thor, 
wesen trieb, Dio epit. LXXV 2, 4. als er von ihm an einen fruher erwiesenen Dienst 

3) Claudius, der frlihere Barbier des Kaisers erinnert wurde (Appian. bell. civ. I 68). Bor- 
Elagabal, wurde von diesem zum Praefectus an-20gbesi halt ihn entweder fur einen Sohn des Con- 
nonae erhoben, Hist. Aug. Elag. 12, 1. sulsvon662 = 92 (Nr. 302; Oeuvres II 174) oder 

[Stein.] des Consuls 624 = 130 (Nr. 11; ebd. V 317), was 

4) Claudius, angeblich praeses Galliarum weniger wahrscheinlich ist. Vgl. Nr. 13. 
unter Valerianus und Gallienus (253 — 260), soil 13) Ap. Claudius, ein tapferer junger Mann, 
den heiligen Pontius getotet und selbst unmittel- fiel 672 = 82 im Kampfe gegen die Demokraten 
bar darauf den Tod gefunden haben. Vita s. und Samniten an der Porta Collina (Plut. Sulla 
Pontii III (Acta SS. Mai. Ill 2771). [Groag.] 29, 4). Seine Identification mit Nr. 12, die Bor- 

5) Claudius athenischer Archon, um die ghesi (Oeuvres II 174) und Mommsen (Miinz- 

Wende des 2. und 3. Jhdts. n. Chr., CIA III wesen 561 nr. 177) annehmen, ist nur unter der 
1065. Vielleicht identisch mit einem der zwei 30 Voraussetzung eines wiederholten Parteiwechsels 

Claudii: Philippos aus Melite oder Patroklos aus denkbar. 

Lamptrai, die am Ende des 2. oder Anfang des 14) Ap. Claudius wurde bei den Proscrip- 

3. Jhdts. n. Chr. im Amt waren. [v. Schoeffer.] tionen von 711 = 43 durch die Aufopferung eines 

6) Claudius, ein problem atischer Grammatiker, seiner Sclaven gerettet und entkam nach einem 
tier mehrfach in der Ars anonyma Bernensis bei weiteren gefahrlichen Abenteuer nach Sicilien 
Hagen Anecd. Helv. 62ff. citiert wird. Wahrend ("Ajimog Appian. bell. civ. IV 44. 51). Vielleicht 
ihn Hagen ebd. LXXXVII mit Sacerdos iden- identisch mit Nr. 299. 

tificiert, sucht Steup Eh. Mus. XXVI 320ff. die 15) Ap. Claudius, Sohn eines der beiden Appii 

Existenz eines besonderen Grammatikers dieses Nr. 298 oder Nr. 299, Senator im J. 729 = 25 
Namens zu erweisen. [Goetz.] 40 (Inschr. v. Mytilene S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 

7) Praeses Daciae im J. 321. Cod. Theod. II 894), vielleicht der Ap. Claudius, der 752 = 2 
19, 2. v. Chr. als einer der Geliebten der Iulia , Tochter 

8) Praefectus Annonae Alexandrinae im J. 349. des Augustus, verurteilt wurde (Veil. II 100, 5). 
Cod. Theod. Xn 6, 3. [Miinzer.] 

9) Proconsul Africae 368—370, Praefectus 16) (Appius) Claudius, baute seiner Tochter 
Urbis Eomae 374—375, s. Bd. I S. 2204 Nr. 43. Claudia Sabinilla (Nr. 438) ein Haus in oder bei 

10) Gallier, Vater des Dichters Claudius Eu- Neapel, wie er selbst in einer metrischen Inschrift 
tilius Namatianus, Consularis Tusciae im J. 389 berichtet (CIL X 1688 = Biicheler Anthol. II 
(Cod. Theod. II 4, 5. Eut. Nam. I 579), Comes 888). Er bezeichnet sich in derselben als pro- 
sacrarum largitionum, Quaestor sacri palatii, Prae- 50 germs Claudius Appiadum (v. 2), [qui dedit A]e- 
fectus urbis Constantinopolitanae im J. 396 (Eut. neadum fastis ex ordine consul [nomijna (v. 1. 2), 
Nam. 1 583ff. Cod. Theod. VI 26, 8. XV 13, war demnach Consul ordinarius und fuhrte ohne 
1). Im J. 416 war er schon tot (Eut. Nam. I Zweifel das Praenomen Appius, da sonst bei der 
581). [Seeck.] grossen Zahl senatorischer Claudii in der spateren 

11) Ap. Claudius. Obseq. 28 und Cassiod. Kaiserzeit, welcher die Inschrift angehort, die 
nennen einen Consul des Jahres 624 = 130 Ap. Fiction der Abstammung von den beriihmten Appii 
C, offenbar einen Consul suffectus (vgl. CIL I 2 Claudii geradezu absurd gewesen ware. Von dem 
p. 35 zum J. 624). Auf denselben wird gewohn- Cognomen des Mannes ist nur ajnus oder m]rms 
lich die Notiz Ciceros de leg. ffl 42 bezogen: erhalten; Borghesi (Oeuvres VIII 531) erganzte 
C. Claudio consule de Cn. Carbonis seditiane 60 Iuliajnus und bezog die Inschrift auf Ap. Clau- 
referente; es wird daher der Vorname C. dem dius Iulianus cos. II 224 (Nr. 193), doch erklart 
Consul beigelegt (z. B. CIL a. O. erganzt: C. Biicheler, dass Iulianus nicht zum Metrum 
Claudius C. f. Ap. n. Puleher, also Bruder von passe. Freilich bliebe dann von den Beinamen 
Nr. 295) und Ap. verworfen. Borghesi Oeuvres der Consules ordinarii im 2. und 3. Jhdt. n. Chr. 
V 317 halt dann diesen C. fur den Vater des nur ein einziger in das Metrum passender iibrig : 
672 = 82 gefallenen Ap. (Nr. 13) und des C. Clau- der des Urbanus (schon von Burmann Anthol. 
dius Glaber (Nr. 165), von denen der zweite aber II 125 erganzt) cos. 234, dessen Gentilname un- 
Plebeier ist. Indes die Stelle Ciceros kann sich bekannt ist. [Groag.] 



2669 Claudius Claudius 2670 

17) C. Claudius, Halbbruder des Q. Fabius ermitteln liesse. Es folgt aber daraus, dass der 
Rullianus, Consuls 444 = 310, drang nach einigen Name L. Claudius bei Cio. har. resp. 12, der 
Darstellungen als dessen Kundschafter in das den Opferkonig und Pontifex von 697 = 57 be- 
innere Etrurien ein (Liv. IX 36, 2 — 9). zeichnet, verderbt sein muss (Mommsen Rem. 

18) C. Claudius war Kriegstribun 490 = 264 Porsch. I 15, 13). 

beim Beginn des ersten punischen Krieges und 22) L. Claudius, Praetor und Statthalter von 
wurde von dem Consul Ap. Claudius Caudex Sicilien 580 = 174 (Liv. XLI 21, 2). 
(Nr. 102) vorausgesandt, um Messana zu besetzen. 23) L. Claudius L. f. Lemonia (tribu), Se- 
in den erhaltenen Berichten wird er zum Teil nator 681 = 73 (SC de Oropiis I6S I 413, 15). 
mit dem Consul verwechselt und verschmolzen, 10 24) M. Claudius. Der Vorname M. ist bei 
doch lasst sich sein Anteil an den Operationen^ den patricischen Claudiern ungebrauchlich , aber 
ziemlich feststellen. Zunachst setzte C. in einem die Fasti Cap. bezeichnen den Decemvir Appius 
Fischerkahne iiber die Meerenge, um die ganze (Nr. 123) als Ap. f. M. n. Da sie den Decemvir 
Lage erst kennen zu lernen (Zonar. VIII 8; auf nicht wie die spateren Darstellungen als Enkel, 
den Consul iibertragen Auct. de vir. ill. 37, 3), sondern als Sohn des ersten in Rom eingewan- 
erschien dann in der Volksversammlung in Mes- derten Appius Claudius betrachten, so darf nicht 
sana und verkiindete den Mamertinern, er bringe mit Liibbert (De gentis Claudiae comment, do- 
ihnen den erbetenen rOmischen Schutz, und deu mest. 9) M. als dessen allein richtiger Vorname 
Karthagern, sie hatten demnach die Stadt zu betrachtet werden. Vielmehr kommt er dann 
raumen (Dio frg. 43, 5f. Zonar.). Er machte 20 dem Vater des ersten Appius zu (vgl. Schwegler 
einen Versuch , mit seinem kleinen Geschwader B. G. II 569, 2) und ist natiirlich ebenso flngiert 
nach Sicilien hinuber zu gehen; dies misslang wie Volesus Valerius, der Vater des Poplicola, 
(Dio 43, 7. Zonar.), aber der karthagische Flotten- oder andere Ahnherren der zuerst in den Fasten 
commandant Hanno in angstlicher Sorge, den auftretenden Consuln, die in die KOnigszeit zu- 
Schein der ErOffnung der Feindseligkeiten von riickreichen und vollig unbekannt sind. 
sich fern zu halten, schickte ihm die Schiffe zu- 25) M. Claudius, Client des Decemvirs Appius 
ruck, die von den Seinen aufgebracht wurden (Dio (Nr. 123), erhob auf dessen Anstiftung auf Ver- 
43, 8f. Zonar. VIII 9; zum Teil auf den Consul ginia als seine Sclavin Anspruch, wurde nach 
iibertragen bei Diod. XXIII 2). Von solchen dem Sturze der Decemvirn vor Gericht gefordert, 
Scrupeln war C. frei ; er wagte einen zweiten 30 verurteilt und ging in die Verbannung (Liv. Ill 
Versuch der Uberfahrt mit besserem Erfolg, be- 44, 5ff. 46, 3. 47, 7. 58, 10. Dionys. XI 28—32. 
rief die Mamertiner zur Volksversammlung und 33. 36. 37. 46). Bei Diodor. XII 24, 2 spielt 
lud auch Hanno dazu ein (Dio 43, 10. Zonar.); diese Rolle noch ein namenloser ovxo<pdvtt]g, und 
als dieser kam, Hess er ihn einfach festnehmen die PersOnlichkeit des M. Claudius fallt natiirlich 
und hatte es jetzt nicht mehr schwer, die Heine mit der Unhaltbarkeit der ganzen Sage. Sein 
punische Besatzung der Burg durch Drohung und Vorname kommt nur bei den plebeischen Claudii 
List zum Abzug zu bewegen (Zonar.). Dieses Marcelli vor, stimmt aber mit dem des Gross- 
Verfahren war ebenso kiihn wie gewissenlos, und vaters des Decemvirs in den Fasti Cap. uberein, 
deshalb haben die rOmischen Berichterstatter es der gleichfalls erfunden ist (Nr. 24). 
verschwiegen , nicht aber Polybios. Bei diesem40 26) M. Claudius, vielleicht Marcellus, erwiilmt 
beginnt der Bericht iiber die Unternehmungen von Obsequ. 24 zum J. 617 = 137: Tarraeinae 
des Consuls Appius deutlich erst mit I 11, 9; M. Claudius praetor in nave fulmine eonftagrav it. 
das Vorhergehende von I 11,4 an behandelt die • 27) P. Claudius, unterwarf nach Val. Mas. 
des Kriegstribunen C, nur ist dieser irrtiimlich VI 5, 1 die Cameriner und verkaufte sie in die 
"Anmoq genannt und wird gesagt, die Mamertiner Sclaverei ; das rOmische Volk missbilligte sein 
hatten die Karthager zur Raumung der Stadt Verfahren und machte es wieder gut. Der Name 
genOtigt und sich dann dem rOmischen Officier des Feldherrn scheint verderbt zu sein; Kempf 
ergeben. Sehr bald nachdem C. mit seiner ge- z. d. St. denkt an Ap. Claudius Rufus (Nr. 316), 
ringen Mannschaft sich festgesetzt hatte, erschien Linker (Jahrb. f. Phil. XCI 403) an M. Clau- 
eine karthagische Armee und Hiero von Syrakus, 50 dius Marcellus , in welchem Falle die Arretiner 
um ihn in Messana zu belagern, bis ihn der Consul an die Stelle der Cameriner treten miissen. Das 
entsetzte (vgl. Nr. 102). Irrig ist die Darstellung Richtige ist kaum festzustellen. 
des Ineditum Vaticanum (Herm. XXVII 121), es 28) P. Claudius, Kriegstribun 558 = 196, flel 
sei nicht C, sondern ein Kaeso (Duilius?Fabius?) im Kampf mit den Boiern (Liv. XXXIII 36, 5). 
von dem Consul nach Sicilien geschickt worden. 29) Q. Claudius beantragte als Volkstribun 

19) C. Claudius, Freigelassener eines C, etwa 536 = 218 ein Gesetz, ne quis senator cuive 
des C. Claudius Centho (Nr. 105), rOmischer Kauf- senator pater fuisset, maritimam navem quae 
mann auf Delos um 574 = 180 (CIL III Suppl. plus quam trecentarum ampliorarum esset haberet 
7218). (Liv. XXI 63, 3; vgl. Mommsen St.-R. Ill 899). 

20) C. Claudius C. f. Palatina (tribu), als 60 Vgl. auch Nr. 151. 

Helfershelfer des C. Verres 682 = 72 erwahnt 30) Q. Claudius Ap. f. Pollia, Senator um 

(Cic. Ven. II 107ff.). 650 = 104 (SC de Adramytt. 27. Mommsen 

21) L. Claudius. Von dem patricischen Ge- Ephem. epigr. IV p. 218; St.-R. Ill 968f. Anm.), 
schlecht berichtet Suet. Tib. 1: Luci praenomen nach dem Vornamen des Vaters (vielleicht Nr. 11) 
consensu repudiavit, postquam e duobus genti- ohne Zweifel zu den patricischen Claudiern ge- 
libus praeditis eo alter latroeinii, caedis alter hOrig, obgleich sein eigenes Praenomen bei diesen 
convietus est (vgl. auch Gell. IX 2, 11), ohne dass sonst nicht vorkommt. [Miinzer.] 
sich iiber die Zeit dieser Begebenheiten etwas 31) (Ti. Claudius ?), Vater des Claudius Etru- 



2671 Claudius Claudius 2672 

scus (Nr. 143). Uber seinen Namen vgl. Hirsch- Vermahlt war er mit der schonen, aus vor- 

feld Wien. Stud. Ill (1881) 273f. Dass er, ob- nehmem Hause entsprossenen (Tettia?) Btrusca 

wohl von Tiberius freigelassen , doch Claudius (vgl. Gsell 219 und Melanges darcheol. et d'hist. 

hiess, ist nicht auffallig, vgl. Friedlander VIII 1888, 74—80), der Schwester eines Consulars 

Sittengeschichte 16 95, 2. (nach Gsell a. a. 0. des Tettius Iulianus), die 

Von ihm ist bei Statius und Martial viel die in der Blute ihrer Jahre starb (v. 108—137. 207. 

Eede, ohne dass sein Name genannt wird. An- Mart. VII 40, 5). Sie gebar ihm zwei Sonne, 

lasslich seines Todes richtete Statius an seinen die ihn iiberlebten (v. 122; vgl. 145. 148. 153f. 

Sohn Etruscus das Trostgedicht silv. Ill 3. Dar- Mart. VII 40, 3), und deren einer Claudius Etruscus 
aus erfahren wir im wesentlichen den Lebens- 10 war, der seinem Vater ein prachtvolles Grabmal 

gang des C. Er stammte aus Smyrna, aus nied- setzte (v. 196—202). Vgl. Hirschfeld a. a. O. 

rigem Geschlecht (v. 59ff. 43ff. 142), kani aber Friedlander a. a. O. Klebs Prosopogr. I 371f. 
nocb im Knabenalter als Selave an den Hof des [Stein.] 

Tiberius, dem er auch seine Preilassung verdankte 32) Tib. Clfaudtus ?] , Legat der legio 

(v. 66 — 69). An dem kaiserlichen Hofe blieb er XIII gemina unter Hadrian (?). CIL III 953 

auch in der Folgezeit und begann allmahlich Dacia. 

Carriere zu machen ; nicht weniger als zehn Kai- 33) [TiJfleQiog KlavSiog .... lag 0s6jiqojio[s] 

sern, von Tiberius bis Domitian, hat er unent- oder 6eojiQ07io[v] (sc. viog), [6 xgdxjtaxog vjxa- 

wegt gedient (vgl. v. 83f.). Gaius behielt ihn xfmog] (IGIns. 1 959 Chalce), wahrscheinlich Sohn 
in seiner Gunst und nahm ihn als Begleiter auf 20 des Olympioniken Theopropos, der als svjxaxQi&rjg 

seinem Scheinzug gegen die Germanen und gegen 'PoSiog und avvxXrjxixwv ysvsxtJQ bezeichnet wird 

Britannien in den Jahren 39 und 40 n. Chr. mit; (Kaibel Epigr. Gr. 934 = Dittenberger-Pur- 

trotz seiner bescheidenen Stellung soil er auf den gold Inschr. v. Olympia 239, vgl. p. 799). 
tyrannischen Pursten einen wohlthuenden Einfluss 34) CI. Acilius Cleoboles s. Acilius Nr. 29. 

ausgeiibt haben (v. 69 — 75). Von Kaiser Claudius 35) Claudius Aelianus, s. unter Aelianus 

wurde er weiter befordert (v. 76-82), und wohl noch Nr. 11. 

unter Nero avancierte er gar zu der einflussreichen 36) CI. Aelius Pollio, leg(atns) Augfusti) prfq) 

Stellung eines Beamten a rationibus (v. 86 — 105). pr(aetore) 0(ermaniae) sfuperioris) CIBh 982 

Keinesfalls ist die Ansicht (Gsell Le regne de Do- Mogontiacum. Wie Dessau vennutet, vielleieht 
mitien, Paris 1894, 70) richtig, dass er schon unter 30 identisch mit Pollio, der unter Elagabal nach dem 

Kaiser Claudius dieses Amtbekleidethabe, wogegen Proconsulat von Bithynien die Stadthalterschaft 

schon die Worte Iamque .... iam u. s. w. (v. 85f.) in Germania erhielt (218 n. Chr.). Dio LXXIX 

sprechen, namentlich aber der Umstand, dass M. 3, 1 ; vgl. Prosopogr. Ill 60 nr. 414. [Groag.] 
Antonius Pallas diese Stellung bis zum J. 55 37) Claudius Agathemerus s. o. Bd. I S. 742 

innehatte ; vgl. Hirschfeld a. a. O. gegen Nr. 3. 

Friedlander a. a. 0. 107. Auch die Annahme 38) Marc(ius) Claud(ius) Agrippa s. Marcius. 

(Klebs Prosopogr. imp. Bom. I 371 nr. 691), 39) (Ti.) Claudius Agrippinus wird in einer 

dass er a rationibus auch noch unter Domitian Inschrift aus Oinoanda genannt, die den Stamm- 

geblieben sei, erscheint hochst unwahrscheinlich, baum seiner Familie giebt (Petersen und Lu- 
da er bereits von Vespasian unter die Bitter auf-40schan Beisen im siidwestlichen Kleinasien II 182 

genommen wurde. Sein im Laufe der Zeit er- nr. 233 E = Heberdey-Kalinka Denkschr. 

worbenes betrachtliches Vermogen scheint er na- Akad. Wien XLV 1897, 44; das Facsimile der 

mentlich durch dieses Amt bedeutend vermehrt Inschrift scheint die Lesung Petersens zu be- 

zu haben (v. 147 — 150), aber erst von Vespasian, statigen: K).a[v]8iog 'AygmneTv [og Aqvavxtjaiv)- 

der ihn auch an dem Triumph des J. 71 teil- vog dtffiagzog x[al] Xn[na.QyJog). Da er hier als 

nehmen liess (v. 138 — 142), wurde er, wahrschein- Gemahl der Aelia Platonis erscheint, ist er iden- 

lich wahrend dessen Censur im J. 73/74, in den tisch mit dem in der grossen Opramoasinschrift 

Ritterstand erhoben, dem seine Sohne bereits an- von Rhodiapolis als Gatten der gleichnamigen 

gehorten (v. 143 — 145). Von Domitian wurde Nichte des Opramoas erwahnten Senator Clau- 
er aus unbekannten Ursachen verbannt; wahrend 50 dius Agrippinus (Loewy Beisen im siidw. Klein- 

aber sein ihm unterstellter Amtsgenosse (eurarum asien II 98 = 113. 114. Heberdey Opramoas, 

sooius; vgl. Hirschfeld Verw.-G. I 32. 35) bei Wien 1897, 45. 49). Die Document*, in welehen 

dieser Gelegenheit Italien verlassen musste, wurde daselbst seiner gedacht wird , datieren aus den 

ihm gestattet, sich nach Campanien zu begeben, J. 145 und 149 n. Chr. (vgl. Heberdey 55ff.). 

wohin ihn sein Sohn Etruscus begleitete (v. 156 Daher wird man ihn unbedenklich mit dem in 

— 164. Mart. VI 83, 8). Diese Verbannung fallt den Arvalacten des J. 155 aufgefiihrten frater 

ungefahr in das J. 83, als C. bereits das hohe Arvalis Ti. Claudius Agrippinus (CIL VI 2086) 

Alter von 80 Jahren erreicht hatte (146f. 156; identiflcieren diirfen. Da der Lykiarch Claudius 

vgl. Gsell a. a. 0. 70, 5). Es gelang ihm spiiter, Dryantianus aus Patara, dessen einziger Sohn er 
auf die Fiirbitte seines Sohnes wieder Gnade in 60 war, als jiarijo vnaxixov bezeichnet wird, ist C. 

den Augen des Kaisers zu finden, und er durfte auch zum Consulat gelangt (als suffectus in un- 

schon vor dem J. 90 wieder zuriickkehren (v. 165 bekanntem Jahre). Seine naheren Familienbe- 

— 171. Mart. VI 83. VII 40, 2 utrumque deum; ziehungen erlautert der umstehende Stammbaum 

vgl. Friedlanders Erklarung z. St. Gsell 71, (teilweise nach Denkschr. zu S. 46). Der Nach- 

1). Er starb im J. 92, nahezu 90 Jahre alt kommenschaft des C. gehOrte vermutlich auch Ti. 

(v. 172f. Ill praef. Mart. VII 40, 6; vgl. Fried- Claudius Agrippinus aus Patara, der Sohn des 

lander dazu und zu IV 45 sowie S. 56. Gsell Ti. Claudius Iason, an (Beisen I 117 nr. 89. 

70 , 5). Denkschr. S. 27 nr. 26 Patara. Reisen 1 122 nr. 93 



2673 



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Letoon bei Xanthos, hier: tiqo-jovow vn[azs]v6v- 
t[cov]; wieder ein anderer Ti. CI. Agrippinus, 
Lanckororfski Stadte Pamphyliens und Pisi- 
diens II nr. 31. 58. 122). Den aus zahlreichen 
auch ungedruckten Inschriften (vgl. CIG III 4262. 
4274 und Add. p. 1124 = Le Bas III 1257. CIG 
III 4366 e. f und wohl auch 4249. Eeisen I 65f. 
nr. 36—38. II 5 nr. 12; s. Claudius Nr. 364) 
bekannten vornehmen Lykier Ti. Claudius Caesia- 
lOnus Agrippa halt Petersen (Reisen II 183, 2) 
fur den Urenkel des C, ob mit Recht, hleibt 
zweifelhaft. [Groag.] 

40) T. Ant(onius) Cl(audius) Alfenus Ariyno- 
tus, s. Antonius Nr. 46. 

41) [Ti. Claudius] Ti. f. Qmr(ina) Alpinus, 
OIL V 3356, s. Bellicius Nr. 4 und 5, wo OIL 
III Suppl. 13250 nachzutragen ist. Vgl. auch 
Klebs Prosopogr. Imp. Rom. I 234f. nr. 85. 

42) Claudius Aniketos, Freigelassener des 
20 Kaisers Nero, s. Aniketos Nr. 5. Nachzutragen 

ware GIL VI 3671 [T]i. Claudius Anicetus und 
CIL VI 15038 = IGI 1754. [Stein.] 

43) CI. An(nius) N[at]alianus (?). In einer 
schlecht erhaltenen Inschrift aus Bulgarien (Arch, 
epigr. Mitt. XV 1892, 211 nr. 86) wird gelesen: 
v3iazev(ovzog) Kl. 'Av. N[az]a?uavov jiQea[j3(sv- 
xov)] 2eft(aozcov?) avziozQfazrjyov). Dieser Statt- 
halter von Moesia inferior (wohl nicht von Thra- 
kien) geh8rt ins 3. Jhdt. n. Chr. [Groag.] 

30 44) Claudius Antonius s. o. Bd. I S. 2584 
Nr. 21. 

45) Claudius Apollinaris , Praefect der mise- 
natischen Flotte im J. 69 n. Chr. , zu der Zeit, 
als sie durch den Centurio Claudius Faventinus 
zum Abfall von Vitellius gebracht wurde. Er 
wurde samt seinem Vorganger im Commando, 
Claudius Iulianus, der damals gleichfalls zu Vespa- 
sian iibergegangen war, von L. Vitellius in Terra- 
cina eingeschlossen, entkam aber nach dem Uber- 

40 fall der Stadt durch die Vitellianer aut einer Li- 
burne, Tac. hist. Ill 57. 76. 77. Beachtenswert 
ist , class sich die Grabschrift eines M. . Claudius 
Apollinaris aus Alexandria in Misenuin befindet, 
CIL X 3564. [Stein.] 

46) Claudius Apollinaris, an den ein Rescript 
der Kaiser Marcus und Verus (Scaevola Dig. XXII 

3, 29). Vielleicht Vater des Folgenden. 

47) CI. [A]pollin[aris] , Legat der legio I. 
Minervia unter Commodus (vielleicht 188 n. Chr.) 

50 in Germania inferior, Rhein. Jahrb. 1871, 188. 

[Groag.] 

48) Claudius Apollinarius , Bischof von Hiera- 
polis (Phrygien) um 160ff. ; nach Eusebs Chronik 
einer der angesehensten Fuhrer der asiatischen 
Kirche seiner Zeit. Euseb erwahnt ihn in der 
Kirchengeschichte ofters, IV 21. 26, 1. 27. V 5, 

4. 16, 1. 19, 1. 2. Von seinen Schriften werden 
da genannt eine an Marc Aurel gerichtete Apo- 
logie vjzsq zfjg jztozewg, fiinf Biicher jigbg "EXlrj- 

60 vag, gewiss ahnlichen Charakters, zwei Biicher tzsqi 
akrj&etag, zwei Biicher izqdg 'Iovdalovg und Streit- 
schriften gegen die Montanisten. Hieron. vir. ill. 
26, vgl. epist. 70, 4 ad Magn. bezieht seine Kennt- 
nisse aus Eusebius. Socrates h. eccl. Ill 7 fuhrt 
diesen Apollinarius gegen die Irrlehren seines 
Namensgenossen in Laodicea insFeld; Theodoret 
haer. fab. II 21 kennt Schriften des Apollinarius 
sTQog zovg Seovijoiarov; 'Eyy.oazizag. Photius bibl. 



2675 Claudius Claudius 2676 

14, der auch seine cpgamg als a^wXoyog riihmt, 47, 8. Sil. It. XIII 142 — 178. Appian. a. a. 0.). 

hat von ihm gelesen jiqos "EXXrjvag xai tzhqI svos- Dagegen schilderte Claudius Quadrigarius (frg. 56 

fleias xai xsqI dlrj&st'ag. Zwei wertvolle Frag- Peter) den Zweikampf desselben Taurea mit einem 

mente aus einer Abhandlung des Apollinarius tieqi Artorius, und was er fiber dessen Ausgang sagt, 

vov nao%a, worm er den 14. Nisan als Jesu Todes- stimmt wieder mit einer anderen livianischen Er- 

tag verteidigt, hat das Chronicon Paschale in der zahlungfiberein,derenGegenstandderBeiterkampf 

Praefatio (p. 6 ed. Ducange) aufbewahrt. Alles zwischen T. Quinctius Crispinus imd dem Cam- 

ist gesammelt und commentiert beiRouth Reliqu. paner Badius vor Capua im J. 542 = 212 ist 

sacr. 12 155—174. Nach D. VOlter (Ztschr. f. (Liv. XXV 18, 4—15). Es ist eine der bekannten, 

wissensch. Theol. XXVI 180ff.) besassen wir die 10 in der romischen Geschichte so hauflgen Doublet- 

Schrift tzeqI dXtj&eiag noch in dem irrtumlich Iustin ten, denen jeder historische Wert fehlt. 

zugeschriebenen Xoyog jiagaivenxoe itgog "EXXrjrag 60) Claudius Asellus, urns J. 602 = 152 von 

ed. v. Otto Corpus Apologetarum christ. Vol. 113 seiner Gattin Licinia vergiftet (Val. Max. VI 3, 8, 

1879. " [Julicher.] vgl. Liv. ep. XLVIII). 

49) Ti. CI. Appius Atilius Bradua Regillus 61) Ti. Claudius Asellus, Kriegstribun 547 
Atticus, s. Nr. 87. = 207 (Lir. XXVII 41, 7) und plebeischer Aedil 

50) CI. Appius Martialis s. Appius Claudius 549 = 205 (Liv. XXIX 11, 13). 

Martialis Nr. 237. 62) Ti. Claudius Asellus, Praetor 548 = 206, 

51) Claudius Arabianus, einer der von Kaiser erhielt Sardinien und eine neue Legion (Liv. 
Severus nach dem Siege fiber Clodius Albinus 20 XXVIII 10, 3. 9. 14). 

(197 n. Chr.) getoteten Vornehmen (Hist. Aug. 63) Ti. Claudius Asellus hatte in verschie- 

Sev. 13, 7), gewiss Nachkomme des Cn. CI. Se- denen Kriegen gedient und wurde aus unbekann- 

verus Arabianus (Nr. 350) , vielleicht Sohn des ten Griinden von P. Scipio Aemilianus als Censor 

Cn. CI. Severus (Nr. 348). 612 = 142 unter die Aerarier verstossen. Scipios 

52) CI. Archelaus Claudianus , in einer In- College, L. Mummius, setzte ihn wieder in seinen 
sehrift von Philadelphia in Lydien falsch gelesen Stand ein , und er selbst zog , nachdem er das 
(MovosTov xai /fyM. xfjg svayy. oxoXfjg, Smyrn. I Volkstribunat erlangt hatte, Scipio wegen seines 
1875 nr. 18), richtig PI. Archelaus Claudianus Verhaltens vor Gericht (Cic. de or. II 258. 268. 
(Le Bas III 644). Gell. IH 4, 1. Lucil. bei Gell. IV 17, 1. Frag- 

53) Claudius Aristocles, s. Aristokles Nr. 19, 30 mente der Eede Scipios in diesem Process Gell. 
wo die Inschrift KXavSiov 'AQiotoxXsa, g^ro/go), II 20, 5f. VI 11, 9. Fest. p. 286). [Miinzer.] 
vjianxov (Dittenberger-Purgold Inschr. v. 64) (Ti.) Claudius Athenodorus, Praefectus 
Olympia 462) nachzutragen ist. [Groag.] annonae, CIL VI 8470. Vielleicht derselbe, dessen 

54) Claudius Ariston (einige Hss. Aristion), Preigelassener Ti. Claudius Hyginus den Grab- 
vornehmer Ephesier, der wegen seiner grossen Be- stein zu Puteoli setzt, Ephem. epigr. VIII 396. 
liebtheit auch Neider hatte und angeklagt wurde. [Stein.] 
Er musste sich in Centumcellae vor Traian recht- 65) Claudius Attalus, Statthalter von Thrakien 
i'ertigen, wurde aber freigesprochen , Plin. epist. unter Commodus (Dio LXXIX 3, 5; Miinze von 
VI 31, 3. Nicht unmOglich ist es, dass der ephe- Pautalia, Mionnet Suppl. II 373 nr. 1008). Sep- 
sische yQammrevg unter Domitian Tib. Cl(audius) 40 timius Severus stiess ihn wahrend des Krieges 
Aristfion], Beiblatt zu den Jahresheften des Osterr. gegen Pescennius Niger (193 — 194) aus dem Se- 
archaol. Inst. I (1898) 76, derselbe ist. Ein Tib. nate (vielleicht weil er noch als Legat von Thra- 
Claudius Aristio auch CIL V 741. [Stein.] Men die Besetzung von Byzanz durch Niger zu- 

55) CI. Arrianus, Senator, Gemahl der CI. gelassen hatte, vgl. Ceuleneer Essai sur le regne 
Balbina Nr. 410 (griechische Inschrift aus Ankyra, de Sept. Severe 1880, 68); Caracalla (211—217) 
Arch, epigr. Mitt. IX 1885, 127 nr. 92). Viel- nahm ihn wieder in denselben auf. Unter Elagabal 
leicht identisch mit dem Folgenden. (218—222) Proconsul von Cypern, wurde er auf 

56) L. Claudius Arrianus, Consul (suffectus in Befehl dieses Kaisers in seiner Provinz umge- 
unbekanntem Jahre), IGI743Neapolis. Vgl.Nr. 55. bracht, weil er einst wahrend seiner thrakischen 

[Groag.] 50 Statthalterschaft den unter Elagabal allmachti- 

57) Arruntius Claudius wird von Diomedes gen P. Valerius Comazon Eutychianus beleidigt 
321, 11 als Zeuge fur die Ansicht aufgeffihrt, hatte (Dio LXXIX 3, 5. 4, 3); vgl. Nr. 67. 
dass die Anordnung der Namen (praenom-en, 66) L. Claudius Attalus (iiber sein Praenomen 
nomen, cognomen, agnomen) von den Griechen vgl. Le Bas III 1596) aus Aphrodisias in Karien, 
abzuleiten sei. Manche mOchten ihn mit Arrun- Senator , Sohn des aqxieeevg 'Aoiag L. Antonius 
tius Celsus identificieren. [Goetz.] Claudius Dometinus Diogenes (CIG II 2781 b. Add. 

58) Ti. Claudius Artemidorus, Proconsul (von p. 1111 = Le Bas 1596; vgl. CIG II 2777), 
Asia), Neffe der Claudia Caninia Severa Nr. 412 Bruder des Claudius Diogenes Nr. 131 (CIG II 
(Bull. hell. I 1877, 293 nr. 82 Ephesos). Der- 2805 a. b. Le Bas 1615), Oheim der Claudia An- 
selben Familie gehfirt jedenfalls auch Claudia 60 tonia Tatiana Nr. 403 (CIG II 2819 b. Add. p. 1115 
Artemidora (Nr. 406) an. [Groag.] = Le Bas 1597). Auch in der schlecht fiber- 

59) Claudius Asellus. Liv. XXIII 46, 13—47, 7 lieferten Inschrift CIG II 2781 c. Add. p. 1112 
und Appian. Hann. 37 erzahlen einen gliicklichen scheint ein Angehoriger dieser Familie erwahnt 
Zweikampf eines tapfern rOmischen Eeiters Clau- zu sein ; vgl. Nr. 68. 

dius Asellus mit dem Campaner Cerrinus Vibel- 67) Tib. CI. Attalus, avvxXtjrixog, Sohn des 

lius Taurea vor Capua im J. 539 = 215, wozu Tib. CI. Stasithemis, Neffe des Tib. Claudius 

einige Quellen noch den Bericht iiber ein keckes Telemachus (Nr. 364, s. d.). Vielleicht identisch 

Eeiterstiickchen des Helden fugten (Liv. XXIII mit CI. Attalus Nr. 65. 



2677 Claudius Claudius 2678 

68) Ti. CI. Attalus, ovvxiijzixog , genannt in p. 353 gegen Asbach Bhein. Jahrb. LXXII 1882, 
der Grabschrift seines jtgayfiaxevx^g Achilleus (CIG 371). In seiner Vaterstadt Athen war er &qxls- 
II 2831 Aphrodisias in Karien), vermutlich Ver- gevg xwv Ssjiaoxwv did fttov (CIA III 665. 668. 
wandter des L. CI. Attalus Nr. 66. [Groag.] 669—673. 476 [da Hadrian 'OXvfimog genannt 

69) Tib. Claudius Attalos, athenischer Archon, wird, nicht vor 128/129, s. o. Bd. I S. 500]. IGS I 
s. Attalos Nr. 13. [v. Schoeffer.] 2509) and nqoydvwv {'Ecprjfi. dgx- 1894, 206 nr. 30), 

70) Claudius Attalus Paterc(u)lianus, vnaxixdg scheint jedoch sonst, vermutlich wegen der Ver- 
(Consul suffectus in unbekanntem Jahre, wohl des urteilung seines Vaters, auf die Bekleidung von 
3. Jhdts n. Chr.), rjye/twv Bei&vvlag, genannt in Ehrenstellen in Athen verzichtet zu haben. Seinen 
einer Inschrift seiner dvsifiadfj , die gleichzeitig 10 Eeichtum verwendete er in hochsinniger Weise 
als Nichte der Consularen Flavius Antoninus, zu gemeinniitzigen Zwecken. Namentlich seine 
Flavius Damianus und Flavius Phaedrus und als athenischen Mitbiirger wurden von ihm mit Wohl- 
Verwandte des Consularen Menullius Attalus be- thaten iiberhauft (Philostr. p. 57f.); der Stadt 
zeichnet wird, Athen. Mitt. XXI 1896, 112 Tralles. # Troas gab er zur Herstellung einer Wasserleitung- 

71) Ti. Claudius Atticus Herodes. a) Name.' 4 Mill. Drachraen (Philostr. a. a. O.) u. s. w. Dem- 
Sein vollstandiger Name Ti. KlavSiog Axxixbg entsprechend wetteiferten die griechischen Stadte, 
'HgmSrjs (CIA III 665. 669. 671. 672. 674) wurde ihn zu ehren. Er war Patron des Bundes der 
ubereinstimmend auch von seinem Sohne (Nr. 72) Eleutherolaconen (CIA III 668, vgl. Foucarts 
gefiihrt, weshalb bei manchen Inschriften nicht Amn. zu Le Bas 11243 d); in Sparta bekleidete 
zu entscheiden ist, wem von beiden dieselben an- 20 er vielleicht das Amt eines Patronomen (CIG I 
gehoren (CIA III 485. 675. CIG II 2978. 3579). 1241. 1245, s. u. Nr. 87); zahlreiche Statuen wur- 
In der abgektirzten Nomenclatur heisst dagegen den ihm errichtet; wir haben Kenntnis davon, 
der Vater Ti. CI. Atticus oder nur Atticus, der dass die Stadt Athen (CIA III 3. 665), samtliche 
Sohn (wenigstens in den griechischen Inschriften) zwolf Phylen derselben (von fiinf sind die In- 
Ti. CI. Herodes oder allein Herodes. schriften erhalten, CIA III 669 — 673), das xoivbv 

b) Leben. C. war der Sohn des (Ti. Claudius) ovvedgiov xwv 'EXXrjvcov xwv sig fflaxijag avvidv- 

Hipparchus (Philostr. vit. soph. II 1 p. 56 Kayser) xwv (IGS I 2509), die Einwohner Gytheions (CIA 

und gehOrte dem attischen Demos Marathon an III 668, vgl. Le Bas II 243d) und Megaras (IGS 

(s. die Inschriften). Infolge der Verurteilung seines I 88) ihm Denkmaler setzten. Von C.s Beziehungen 
Vaters (s. Nr. 179) verlor er den grSssten Teil 30 zu dem Sophisten Scopelianus erzahlt Philostr. I 

seines VermOgens (dass er nicht das ganze ein- 21 p. 34. Mo'glicherweise hezieht sich auf ihn 

blisste, zeigt Philostr. p. 56 iv /nia xwv alxiSxv, der Vers Iuvenals XI 1: Atticus eximie si cenat, 

ag xQog x@ ftedxgw kxixx^xo), hatte jedoch das lautus habetur (vgl. Borghesi Oeuvres V 533). 

Gliick , in einem seiner Hauser einen grossen Er lebte noch , als sein Sohn Herodes etwa zwi- 

Schatz zu finden. Er stellte die Verfugung iiber schen 130 und 135 Corrector der freien Stadte 

denselben dem Kaiser Nerva (96—98 n. Chr.) an- in Asia war (Philostr. p. 57. 63, vgl. o. Bd. II 

heim, doch Nerva schrieb ihm: xq<*> olg svQtjxag. S. 2495), muss aber vor Antoninus Pius Eegie- 

Und als C. einwendete , die Grosse des Schatzes rungsantritt (138) gestorben sein, da ihm Herodes 

iibersteige seine Verhaltnisse,entgegnete der Kaiser: noch unter Hadrian in der Wurde des dgxieQevg 
■ical JiaQaxQco xcp sQualq>, abv ydg soxiv (Philostr. 40 xwv Ssjiaaxcov nachfolgte (CIA III 478). 

p. 56f. = Zonar. XI 20). Auf diese Art plotzlich c) Familie. C. war mit Vibullia Alcia Agrip- 

zu immensem VermOgen gelangt, erreichte C. auch pina aus vermOgender athenischer Familie ver- 

eine glanzende Stellung im romischen Staatsdienst mahlt (CIA in 3. 674. CIG II 2371. Ditten- 

wie in seiner hellenischen Heimat. Vielleicht noch berger-Purgold Inschr. v. Olympia nr. 621. 

von Nerva in den Senat (wohl in die Rangclasse 'Eyrip. Aqx- a. a. O.). Diese gebar ihm den Ti. 

der Praetorier) aufgenommen, gelangte er zwei- CI. Atticus Herodes (Nr. 72) und den Ti. CI. 

mal zum Consulat (so sind die Worte des Philostr. Atticus Herodianus (Nr. 73). Vgl. im allgemeinen 

p. 55 zu verstehen: 6 oorpiorijg 'Hgoidtjg ixsisi Dittenberger Herm. XIII 67ff. Klebs Proso- 

fiiv kx TiaxsQcov ig xovg diovudxovg, daraus Suid. pogr. I 351 nr. 654. 

s. 'HQcodrjg : 6 avzov .-raxljg . . xoTg Siavjidxoig 50 72) Ti. Claudius Atticus Herodes, der beruhmte 

ovyxaxeHx&r) , vgl. proleg. Aristid. Ill p. 739 Sophist, Sohn des Vorausgehenden, Cos. ord. 143 

Dind. 'HQcobr/g d.-rb vxdxwv xaztfyexo), beidemal als n. Ch. mit C. Bellicius Torquatus, s. Herodes. 

suffectus in unbekannten Jahren, zuerst unter der Seine Familie s. unter Nr. 87. 374. 400. 175. 416. 

Regierung Traians (98—117), das zweitemal wohl 436, ferner Bd. I S. 2315 Nr. 125, S. 2310 Nr. 107. 

unter Hadrian (11 7 — 138). Als vnaxog wird er IGS 73) Ti. CI. Atticus Herodianus, Sohn des 

188, als 6 /.a/Lixgozazos [imaxmog] L e B a s II 243 d Atticus Herodes (Nr. 71) und der Vibullia Alcia 

bezeichnet. Wenn man der Angabe des Suidas, (CIG II 2371 Keos), jungerer Bruder des Voraus- 

dem allerdings geringe Autoritat zukommt, Glau- gehenden. [Groag.] 

ben schenkt, war C. auch Proconsul von Asia 74) Claudius Augustalis, junger, gebildeter 
{fjQ^s xijgAaiag 6 avxov Ttaxr/Q, vgl. Waddington 60 Freund des Columella, auf den er anregend ein- 

Fastes des prov. Asiat. nr. 126). Vielleicht ist wirkt, Col. de r. r. XI 1, 1. 2. Die stadtromische 

er auch der vnaxixbg Axxtxdg, der als Statthalter Grabschrift eines Ti. Claudius Augustalis Not. 

von Syrien (gewiss nicht von Judaea) unter Traian d. scavi 1898, 164. 

angeblich den Simeon , Bischof von Jerusalem, 75) Ti. Claudius Ti. f(ilius) Quir(ina) Au- 

kreuzigen Mess (Hegesipp. bei Euseb. hist. eccl. gustanus, procfurator) Aug(usti) provfinciae) Bri- 

III 32, 3. 6 = Chron. Pasch. p. 471 ed. Bonn.; tan(niae), Vater des Bellicius Sollers (Ti. Clau- 

vgl. Zahns Anm. zu Martyr. Ignatii 1 [Patrum dius Alpinus), der unter Traian lebte, und dessen 

apostol. op. II p. 307] und Klebs Prosopogr. I Gemahlin Claudia Marcellina dem C. , ihrem 



2679 . Claudius Claudius 2680 

Schwiegervater, die Inschrift CIL V 3337 setzt. 86) Ti. Claudius Blastus, Procurator (Epi- 

Vgl. auch Hirschfeld zu CIL III Suppl. 13250. strateg der Heptanomis?) des Kaisers Domitiari, 

Ein Gl(aitdius) Augustanus CIL III 5904. Corp. Papyr. Rain. I 3 nr. T 5. Derselbe Name 

76) M. Aur(elius) [Cljaudius, s. Aurelius auf Ziegelsteinen aus den Figlinae Sulpicianae 
Nr. 83. aus hadrianischer Zeit, CIL XV 577—579 ; ferner 

77) M. Aurelius Claudius Gothicus, Kaiser CIL V 1162. VI 14951. [Stein.] 
von 268—270 n. Chr., s. Aurelius Nr. 82. 87) Ti. Claudius Bradua Atticus, der altere 

78) M. Aurelius Claudius Quintillus , Kaiser Solvn des Rhetors Ti. CI. Atticus Herodes (Nr. 72) 
270 n. Chr., s. Aurelius Nr. 84. [Stein.] und der Appia Annia Regilla Atilia Caucidia Ter- 

79) L. Ti. Claudius Aurelius Quintianus, s. Ti. 10 tulla (Bd. I S. 2315 Nr. 125). Seine Namen finden 
CI. Quintianus Nr. 310. sich in folgeuden Formen: Tib. CI. Appius Atilius 

80) Ti. CI. Aur(elius) Telemachus, 6 y.gd- Bradua Regillus Atticus (Athen. Mitt. VI 1881, 
(rtarogj ovvyJ.riTiy.6g, Enkel des Tib. Claudius 310); M. Atilius Atti[cus] Bradua Regillus (Dit- 
Telemachus (Nr. 364, s. d.), wahrscheinlich Sohn tenberger-Purgoldlnschr. v.Olympianr.623); 
des Tib. CI. Stasithemis (Nr. 356). Benndorf 'Tib. CI. Bradua Atticus (CIA III 1145); Cl[au- 
Reisen im siidwestl. Kleinasien I 67 nr. 42 Si- di]u[s] Brafdua] . . . (CIA III 1146); Atticus 
dyma. [Groag.] (CIL VIII Suppl. 14683. CIRh. 101. Philostr. vit. 

81) Ti. Claudius B[a]l[billus?], imtQOTtog Kal- soph. II 1 p. 66 Kayser); Bradua in den meisten 
oagog (= procurator Augusti), auf einer Inschrift Datierungen nach seinem Consulat und in den 
aus Delos (Bull. hell. Ill 1879, 160, 9), gesetzt 20 Fasten. Sein vollstandiger officieller Name ist 
von einem Ti. Claudius Novius, der auch auf uns demnach nicht uberliefert ; nach Klebs Ver- 
attischen Inschriften aus claudischer und nero- mutung lautete derselbe Ti. CI. Atticus M. Ap- 
nischer Zeit genannt ist (CIA III 457. 613. 652. pius Atilius Bradua Regillus. C. gehorte dem 
1085). Zu dieser Zeitbestimmung wilrde es ganz attischen Demos Marathon an (CIA III 1145. 
gut passen, ihn mit dem Folgendem zu identifi- Athen. Mitt. a. a. O.). Wohl unmittelbar nach 
cieren. Ein Ti. Claudius Balbinus CIL IX 2981. dem Tode seiner Mutter, die einer neupatricischen 

82) Ti. Claudius Balbillus, Praefect von Agp- Familie entstammte (vgl. die Amterlaufbahn ihres 
ten unter Nero seit dem J. 55 n. Chr., Tac. ann. Vaters, Olympia nr. 619 und Philostr. vit. soph. 
XIII 22. Plin. n. h. XIX 3. Sen. nat. quaest. IV II 1 p. 63 Z. 26ff.), wurde der Knabe von Kaiser 
2, 13. CIG III 4699. 4957, 28. Die Inschrift 30 Pius (138— 161 n. Chr.) auf Beschluss des Senates 
CIG III 6668 = IGI 1323, wo die Freigelassene in den Patriciat aufgenommen (IGI 1392. 1389 I 
eines Balbillus erwahnt wird, bezieht Kaibel an = Kaibel Epigr.gr. 1046 v. I5ff. ; als evjiargi- 
■der letztgenannten Stelle gleichfalls auf C. Se- d^g wird C. bezeichnet Athen. Mitt. a. a. O.). 
neca a. a. 0. citiert ihn als Autor und riihmt Seinem Vater bereitete er viel Kummer, da es 
seine litterarische Thatigkeit, die auf das Wunder- ihm an Lernfahigkeit gebrach und er fibermassig 
bare gerichtet sei. Zu diesem Lob wilrde recht dem "Wem und den Weibern huldigte. Daher 
wohl das Beiwort aocpo; passen , das in der In- hinterliess ihm Herodes (gestorben urn 176) testa- 
schrift Kaibel Epigr. Gr. 991 = CIG III 4730, mentarisch nur das miitteiiiche Erbteil (Philostr. 
vgl. Add. p. 1202f. einem Balbillus verliehen ist. p. 66; die Worte Frontos dieendum est de filio 
Daher halt Franz CIG III p. 311 auch diesen 40 impio et precum paternarum immemore, ad 
fur C. , der demnach durch seine Mutter Akme M. Caes. Ill 3 p. 42 N, beziehen sich vielleicht 
ein wenn auch unehelicher Nachkomme der Se- eher auf Herodes selbst). Im J. 185 bekleidete 
leukiden in Kommagene (oder in Syrien; vgl. C. den Consulat als ordinarius mit Maternus (s. o.). 
Mommsen zu Kaibel a. a. 0.) ware. Vgl. auch Die hervorragende Stellung, die seine Vorfahren 
Teuffel-Schwabe Litt.-Gesch. lis §291, 6. in Hellas eingenommen hatten, vererbte sich auch 
Vielleicht identisch mit dem Vorhergehenden. auf ihn, er war Archon eponymos in Athen zwi- 

[Stein.] schen 185/186 und 191/192 (CIA III 1145 mit 

83) [Cla]udius Bassus [Capi]tolinus , Consul Dittenbergers Anm. 1146); in Sparta hatte er 
(suffectus in unbekanntem Jahre). CIL VI 3829 .vielleicht das Amt eir.es Patronomen inne (der 
= 31697, wo vor dem Namen des C. der einer 50 CIG I 1256 genannte 'Azny.og 'Hqcooov ist dann 
. . . meria [Majreella, vielleicht seiner Gattin zu unterscheiden von dem Atticus, der zur Zeit 
oder Tochter, genannt ist. Ein KL Kamxcolelvog Hadrians Patronomos war, CIG I 1241. 1245, ver- 
erscheint in der Genealogie einer von den Tral- mutlich dem Grossvater des C, s. Nr. 71); die 
lensern geehrten Frau senatorischen Ranges (In- Eleer und die Bewohner des Piraeus setzten ihm 
schriftfragment aus Tralles, Athen. Mitt. XXI Statuen (Olympia nr. 623. Athen. Mitt. VI 1881, 
1896, 113 nr. 3). 310). Als sein Sohn ist vielleicht KL 'Arnxog 

84) CI. Bellicus (?), Statthalter Thrakiens unter MaQa(@wviog), xfjQv'q' ftovXijg y.al dij/iiov im J. 209 
Commodus (Miinze von Adrianopel, Mionnet I n. Chr. (CIA III 10) anzusehen (s. auch Nr. 436). 
386 nr. 145 R HR KABEAAIKO). Ein M. Vgl. Dittenberger Herm. XIII 78fif. Klebs 
OvUmog) KL Bellixiog Evy.xog wird als Ephebe 60 Prosopogr. I 348 nr. 640. 

in Kyzikos genannt, CIG II 3665, 50. 88) Claudius Brasidas. Einer Notiz Plutarchs 

85) Ti. Claudius Bi[th]ynicus, Pronconsul (von (apophth. Aug. 14) zufolge lebte noch zur Zeit 
Lycia Pamphylia) nicht vor Kaiser Marcus (s. Bran- des Augustus ein AbkOminling des beruhmten 
dis Herm. XXXI 1896, 169), CIG III 4360 (vgl. lakedaimonischen Feldherren Brasidas. DieNach- 
Add. p. 1164) Side. Zu seinen Vorfahren gehSrte kommen desselben wird man auch in der vor- 
vielleicht Ti. Claudius Ti. f. Cor(nelia) Bithynicus, nehmen spartanischen Familie der Claudii Brasidae 
Ilvir von Aeclanum zur Zeit Hadrians (CIL IX erkennen diirfen, die in Inschriften aus dem 2. Jhdt. 
1414). [Groag.] n. Chr. erscheint (KL Bgaaidag CIG I 1259. 



2681 Claudius Claudius 2682 

1286; Tift. Kk. BoaaiSag BgaoiSov 1329; Tip. sie durch Heine Anderungen diese Schwierigkeit 

KX. IJQaxoXaog Bqaoidov 1343. 1426; Tip. Kk. zu heben, Liv. IX 29, 11 durch Ansetzung der 

[Agfiovsjixog Bgaoidov Le Bas II 176, vgl. Foil- Erblindung post aliquot annos nach der Censur, 

carts Anm.). Hieher gehort wohl auch Brasidas Diod. XX 36. 6 durcli die Behauptung: xfjg &ex?ji 

quidam Lacedaemonius vir praetorius, der zur aizoivdelg seal tor ano rfjg ovyxktfrov ydovov evia- 

Zeit des Kaisers Marcus lebte (Ulp. Dig. XXXVI firjftek, jioooiTioiij&ti xvqpXbg elvai. Nach dem Elo- 

1, 23). [Groag.] gium bekleidete Appius folgende Amter, die nur 

89) (Claudius) Burrus, Sohn des (Ti. Claudius) dadureh bekannt sind, falls sie irn folgenden nicht 
Parthenius (Nr. 260), s. Burrus. mehr erwahnt werden : er war censor, eo(n)s(ul) 

90) A. Claudius Caecina .... aeus aus Kyzi- 10 bis. dict(ator), interrex III, pr(aetor) III, aedfi- 
kos, do&eig Xoyiozrjg (= curator datus ab impera- lis J cur(ulis) II, q(udestor), tr(ibunus) milfi- 
tore) unter Antoninus Pius, auf einer von den Pien- turn) III. Seinen Ruhm dankt er hauptsachlich 
sern gesetzten Ehreninschrift, Archaeol. Ztg. N. F. der Censur, die er vor den anderen hoheren Amtern 
V (1873), 57. Der A. Claudius Cae[c]ina Pau- im J. 442 = 312 verwaltete. Der beste Bericht 
sanias aus Kyzikos, Athen. Mitt. IX 19. ist ver- dartlber ist der Diodors XX 36, 1 — 6; treffliche 
wandt oder identisch mit ihm. [Stein.] Wiirdigung der Censur bei Mom m sen E. Forsch. 

91) Ap. Claudius Caecus. Zu den Berichten I 301ff.; vgl. IhneE. G.z I 409ff. Nitzsch R. G. 
der Schriftsteller tritt als Quelle fiir seine Lebens- I 103. Si eke Appius Claudius Caecus Censor, 
geschichte sein Elogium, von dem ein vollstan- Marburg 1890 (ohne Wert L oh se Die Haupter des 
diges Exemplar aus Arretium erhalten ist, wah-' 20 patric. Claudiergeschlechts [Chemnitz 1891] 18ff. 
rend von dem Original, das in Bom auf dem Amatucci Biv. filol. XXII 1893, 227ff.). Der 
Augustusforum stand, nur zwei kleine Bruchstiicke Amtsgenosse des Appius, C. Plant-ins Venox, war 
vor einigen Jahren gefunden wurden (CIL I 2 ihm nach Diod. XX 36, 1 durchausergeben; erhatte 
p. 192 nr. IX. X). Als C. f. Ap. n. (Elog. Fasti durch seinen Einspruch die Massregeln des Ge- 
Cap. zu den J. 442. 447) war Appius Sohn von nossen ohne weiteres verhindern konnen und that 
Nr. 183. Nach Frontin. aqu. I 5: Appio Claudio es nicht; daher ist es unwahrscheinlich, dass er 
Crasso censore. cui postea Caeeo fuit cognomen, aus Unzufriedenheit mit ihnen sein Amt nieder- 
fuhrte er urspriinglich den Beinamen Crassus. und legte. wie Liv. IX 29, 7 im Widerspruch mit sich 
bei Suet. Tib. 2 (vgl. Nr. 137) will Hirschfeld selbst IX 33, 4 behauptet. Die einfache That- 
(Herm. VIII 476) in einer Erzahlung , die von 30 sache . dass Plautius nach achtzehn Monaten in 
Mommsen(R0m. Forsch. I308f.) mit hoherWahr- der iiblichen Weise abdankte, wahrend Appius 
scheinlichkeit auf Appius bezogen wird, statt des im Amte blieb, um seine grossen Bauten zu voll- 
iibeiiieferten Claudius Drusus gleichfalls Clou- enden (Liv. IX 33, 4ff. Frontin. de aqu. I 5. 
dius Crassus lesen. Nur Pompon. Dig. I 2, 2. Auct. de vir. ill. 34, 9), hat nichts Ungesetzliches 
36 sagt von Appius : hie Centemmanus appel- und ist nur willkurlich bei den spaten Historikern 
latus est, wohl wegen seiner Bauthatigkeit, wie als gesetzwidrig aufgefasst und aufgebauscht wor- 
Archimedes von Marcellus ebenso genannt wurde den (Mommsen St.-R. II 351, 2). Von diesen 
(Plut. Marc. 17. 1; vgl. auch Nr. 376). Uber grossen Bauten des Censors sagt Diod. XX 36, 2 
das bekannteste Cognomen des Appius, Caecus, mit vollem Recht: avrov de (.irrjuelov a&avaxov 
ist zwar von Mommsen (ebd. I 302) die 40 xarekixev, elg xoivr/v svxQvjoriav <pdouf.irj$eig, denn 
Vermutung aufgestellt worden , die man durch bis zum heutigen Tage bewahren die Aqua Appia 
Berufung auf Hor. sat. I 2, 91 (caecior, kurz- und mehr noch die bewunderte Via Appia den 
sichtig) und auf den Namen des Griinders von Namen ihres Erbauers (Elog. Cic. Cael. 34. 
Praeneste Caeculus (quod oculos exiguos ha- Liv. IX 29. 6. Diod. XX 36, 2. Frontin. de aqu. 
beret Cat. orig. II 22, vgl. Serv. Aen. VII 678) I 5. Auct. de vir. ill. 34, 7f. Eutrop. II 9, 3.. 
stiitzen kann, dass es dem Appius von Geburt Fest. ep. 24. Pomp. Dig. I 2, 2, 36. Hieron. 
an eigen gewesen sei, weil es in den Fasten und Cassiod. chron. zum J. 442, vgl. o. Bd. II 
ihm von vo'rnherein beigelegt wird, aber das S. 215. 238ff.; uber die Statue des Appius in dem 
geringe Gewicht dieses Arguments giebtMomm- nach ihm benannten Forum Appii Suet. Tib. 2, 
sen selbst zu. Wahrscheinlich ist Appius im 50 s. o. und Nr. 137). Auf religiosem Gebiet hat er 
Alter erblindet. denn der von Plut. Pyrrh. 19; eine Neuerung getroffen, indem er den Cult des 
an seni sit ger. resp. 21. Appian. Samn. 10. 1. Hercules an der Ara maxima von der Familie der 
Ined. Vatic. (Herm. XXVII 120f.) erhaltene An- Potitier auf Staatssclaven iibertrug, wofiir angeb- 
fang seiner Rede gegen den Frieden mit Pyrrhos, lich ihn und jenes pflichtvergessene Geschlecht die 
die noch in Ciceros Zeit existierte (s. u.) , kann Strafe des Himmels traf (vgl. ausser den oben ange- 
wohl historisch sein: ,er habe bisher nur seine fuhrten Stellen Fest. p. 237. Macrob. sat. Ill 6, 13. 
Blindheit bedauert, aber jetzt wunschte er auch E. Peter in Roschers Lex. d. Mythol. I 2924ff.). 
taub zu sein', und fiir die Alten war die Blind- Von ihm oder wenigstens wahrend seiner Censur er- 
heit stets eine unanfechtbare Thatsache (vgl. z. B. ging das Verbot an die Tibicines . ihr Festmahl 
Cic, Caec. 54; har. resp. 38; Cael. 33; Phil. I 11; 60 im Iuppitertempel zu halten, das den bekannten 
Tusc. V 112: Cato 16. 37). GewOhnlich sahen Auszug des ganzen Collegiums aus Rom zur Folge 
sie in ihr eine gottliche Strafe fiir die frevelhafte hatte (Liv. IX 30, 5. Auct. de vir. ill. 34, 1 u. a. ; 
Umgestaltung des Herculescultes (Liv. IX 29, 9 vgl. Zeller Festschr. zur Begriissung d. Philo- 
—11, vgl. ep. XIII. Val. Max. 1 1. 17. Auct. de logenvers. zu Heidelbg. [Leipz. 1865] 33ff.). Von 
vir. ill. 34. 3. Serv. Aen: VIII 179. Lactant. div. der hochsten Bedeutung waren die politischen 
inst. 117, 15); wenn einzelne die staatsrechtliche Eeformen des Appius. Er hat die Burger ohne 
Unmoglichkeit bemerkten, dass ein Blinder weitere Grundbesitz, unter denen namentlich die Frei- 
Amter bekleidete (vgl. Dig. Ill 1, 1. 5), so suchten gelassenen zahlreich vertreten waren . durch die 



2683 Claudius Claudius 2684 

Aufnahme in die Tritras erst zu Vollbfirgern ge- sein dfirfte (vgl. noch Auct. de vir. ill. 34, 4: ne 

macht und dadurch den Bestand unci die Zu- consulatus cum plebeis communiearetur acer- 

sammensetzung der Bfirgerschaft griindlich ver- rime restitit). Wie in seinem ersten, so hatte 

andert; diese durchgreifende und folgenschwere Appius auch im zweiten Consulat 458 = 296 den 

Verfassungsanderung vermochten auch die reactio- L. Volumnius zum Collegen (Fasti Cap. Elog. Cie. 

naren Massnahmen seines Nachfolgers Q. Fabius Cato 16. Liv. Cassiod. Chronogr. Idat. Chron. 

Maximus, Censor 450 = 304, nicht einfach zu be- Pasch.), und beiden war diesmal Gelegenheit ge- 

seitigen (Liv. IX 46, 11. Diod. XX 36, 4. Plut. geben, sich im Kriege zu erproben. Von den 

Popl. 7, 7; vgl. Mommsen St.-K. II 402f.). Mit Thaten des Appius sagt das Elogium: complura 

ihr Hand in Hand ging die Lectio senatus, die 10 oppida de Samnitibus cepit, Sabinorum et Tu- 

•erste uns bekannte griindliche Revision der Senats- seorum exercitum fudit ; der Auct. de vir. ill. 34, 6 : 

liste; besonders die Aufnahme von Libertinen- Sabinos, Samnites, Etruseos bello domuit. Livius 

scilmen in den Senat verletzte dabei das alte Her- X 17, llf. weist auf vier verschiedene Berichte 

kommen (Liv. IX 29, 7. 46, 10. Diod. XX 36, 3. iiber die Ereignisse dieses Kriegsjahres bin; der 

Suet. Claud. 24. Auct. de vir. ill. 34, 1; vgl. dritte davon (gemeinsame Kriegffihrung beider 

Mommsen St.-B. II 418, 3. Ill 422, 3), und es Consuln in Samnium) liegt in dem Elogium zu 

war eine Folge davon, dass im J. 451 = 304 Cn. Grunde , der vierte ist trotz seiner geringen Zu- 

Flavius, der Schreiber des Appius, eines Preige- verlassigkeit von Livius selbst in seiner ausfuhr- 

lassenen Sohn, zur curulischen Aedilitat gelangte, licheren Darstellung bevorzugt worden. Es wird 

der auf seine Veranlassung und mit seiner Unter- 20 darin das Verhaltnis des Appius zu seinem Heere 

stiitzung den Kalender und die Actionen veroffent- und seinem Amtsgenossen (vgl. dartiber auch Dio 

lichte (Diod. XX 36, 6. Plin. n. h. XXXIII 17. frg. 33, 27) mit ganz ahnlichen Parben gemalt, 

Dig. I 2, 2, 36 u. a., vgl. Cn. Plavius). Diodor wie in der Geschichte seines Ahnherrn (Nr. 123), 

XX 36, 1 giebt noch an , dass sich Appius iiber und obgleich hiernach die Niederlagen, die Appius 

die Beschrankung des Censors durch den Senat im Kampf mit den Etruskern erlitt , nach dem 

in financiellen Fragen hinwegsetzte, und charak- Eintreffen des Volumnius durch einen Sieg der 

terisiert seine ganze Thatigkeit gewiss im wesent- vereinigten consularischen Heere wett gemacht 

lichen richtig mit den Wo rten: jtoVm rcor jiarQcocav worden waren (Liv. X 18, 3 — 19, 22), so steht 

voiuiicov ixivtjae • to~> drj/Mp yag to xe%agiofiivov es doch fest , dass keiner der Peldherren trium- 

jzomSv ovdsva loyov iswmzo tijs ovyxlrjtov. Als 30 phierte und dass die Gefahr fur Bom bestandig 

rucksichtsloser demagogischer Neuerer offenbarte wuchs. Appius blieb auch im nachsten J. 459 = 

sich Appius auf alien Gebieten, auf die sich der 295 als Praetor, wohl zum zweitenmal, in Etrurien 

Einfluss des Censors erstreckte, und den Interessen bis zum Eintreffen des Consuls Q. Pabius Rul- 

des Patriciats waren seine Bestrebungen meist lianus (Liv. X 22, 7 — 9. 24, 18. 25, 4 — 9). Livius, 

geradezu entgegengesetzt. Erst nach der Beklei- der ihn schon frfiher als Gegner dieses grossen 

dung der Censur bewarb er sich urns Consulat; Feldherrn gezeichnet hat, lasst ihn gleichsam nur 

wenn einige Annalisten (bei Liv. IX 42, 3) mein- aus Missgunst gegen ihn die Entsendung der beiden 

ten, dass er es sogar noch wahrend der Censur Consuln auf den nordlichen Kriegsschauplatz for- 

gethan hatte, so erklart sich dies daraus, dass sie, dern (X 25, 13—16. 26, 6; vgl. Auct. de vir. ill. 
wie Livius, das Dictatorenjahr 445 = 309 iiber- 40 34, 5: ne Fabius solus ad bellurn mitteretur, 

gangen hatten, so dass nach ihrer Bechnung die eontradixit) , aber wenn Appius diese Forderung 

censorische Amtsperiode zur Zeit der Bewerbung wirklich stellte , so bewies er dadurch vielmehr 

urns Consulat allerdings noch nicht abgelaufen sein voiles Verstandnis fur die furchtbar gefahr- 

war. Als Consul blieb Appius im J. 447 = 307 liche Lage des Vaterlandes. Nach der Entschei- 

in Rom und widmete sich den innern Angelegen- dungsschlacht bei Sentinum wurde ihm der Auf- 

heiten (Fasti Cap. Elog. Liv. IX 42, 2 — 4, vgl. trag erteilt, Campanien von den samnitischen 

X 15, 12. 22, 7. Cassiod. Diod. XX 45, 1. Chronogr. Scharen zu saubern, den er mit seinem alten Ge- 

Idat. Chron. Pasch.; von Piso wurde dieses Con- fahrten Volumnius zusammen glucklich erfullte 

sulat fibergangen , Liv. IX 44, 3). Zum J. 454 (Liv. X 31, 3—8, nicht frei von manchen Uber- 

= 300 wird der Widerstand des Appius gegen 50 treibungen). Geschichtlich diirfte die Angabe sein, 

das Ogulnische Gesetz fiber die Zulassung der dass Appius im Etruskerkriege waryend seines 

Plebeier zu den Priestertiimern gemeldet (Liv. X zweiten Consulats den Tempel der Bellona gelobte, 

7, 1), lediglich um in der bekaunten Manier einem den er dann beim Circus Flaminius errichtete 

Claudier die Rolle des unduldsamen Aristokraten (Elog. Liv. X 19, 17. Ovid. fast. VI 201; fiber 

zuzuteilen. Im J. 455 = 299 fungierte er als die meistens auf ihn bezogene Stelle des Plin. 

erster Interrex (Liv. X 11, 10). Wahrend eines n. h. XXXV 12, vgl. Nr. 296). Zwischen die 

andern, zeitlich unbestimmten seiner drei im Elo- J. 462 = 292 und 469 = 285 fallt wahrscheinlich 

gium verzeichneten Interregnen soil er die Wahlen die nur aus dem Elogium bekannte Dictatur des 

geleitet und versucht haben, keinen plebeischen Appius (vgl. Mommsens Anm. dazu). Spater 

Consularcandidaten zuzulassen. Mit dieser von 60 ist er nur einmal aus der Zurfickgezogenheit her- 

Cic. Brut. 55 fiberlieferten Erzahlung verwandt vorgetreten, zu der ihn Alter und Blindheit ver- 

und ebenso erfunden ist die von Livius X 15, 7 urteilten, und wenn ihm seine bisherige Thatig- 

— 12 gegebene, dass Appius bei seiner zweiten keit fast die erste Stelle unter den alteren rOmi- 

Bewerbung urns Consulat die Wahl zweier Patri- schen Staatsmannern sichert, so dankt er diesem 

cier durchzusetzen suchte (vgl. Mommsen Rfim. Hervortreten einen Platz in der Weltgeschichte. 

Forsch. I 311f. Ihne R. G.2 I 441, 2), wobei die Als Pyrrhos nach der Schlacht bei Herakleia im 

Bemerkung § 12 eine gegen die Fabische Version J. 474 = 280 Rom den Frieden anbot und der 

gerichtete Anmerkung eines spateren Annalisten Senat schon beinahe fiir die Vorschlage seines 



2685 Claudius Claudius 2686 

Gesandten Kineas gewonnen war, da entschied (CI. 27) and Dio (LX 12, 5 = Zonar. XI 8 p. 27 

der blinde Greis durch eine feurige Kede die Fort- Dind.) fiihrte C. zuerst das Cognomen Germani- 

setzung des Krieges und damit das Vorwarts- eus, hiess also urspriinglich Ti. Claudius Caesar 

schreiten anf dem Wege zur Weltherrschaft. Diese Germanicus (Klavdiog Ttflegtog reguanxog bei 

Bede wurde noch in Ciceros (Brut. 61; Cato 16) Dio a. a. 0.). Nach dem siegreichen britanni- 

und Senecas (ep. XIX 5, 13) Zeit gelesen; es ist schen Feldzuge des Claudius verlieh der Senat 

leicht mOglich, dass Plut. Pyrrh. 19 den Gedanken- diesem sowie seinem Sohne den Beinamen Bri- 

gang und besonders die Anfangsworte (vgl. o.) tamiieus (Dio LX 22, 2). Aber wahrend Clau- 

ziemlich getreu wiedergiebt, und gewiss entfernte dius selbst dieses Cognomen uicht annahm, liess 
sich nur wenig vom Original die poetische Um- 10 er es zu, dass sein Sohn dasselbe fiihre (Dio LX 

schreibung des Ennius, aus der Cie. Cato 16 die 22, 2. 12, 5 = Zonar. XI 9 p. 29. 8 p. 27 Dind. 

beriihmten Verse bewahrt hat: quo vobis mentes, Suet. CI. 27. Eutrop. VII 13, 3) und zwar, wie 

reetae quae stare solebant antekac, dementes sese es scheint, an Stelle des Beinamens Oermanicus. 

flexere viai (vgl. sonst Elog. Cic. Brut. 55; Cael. der demselben weder auf Inschriften noch auf 

34; Phil. I 11. Liv. ep. XIII. Iustin. XVIII 2, 10. Munzen gegeben wird. Dies geschah vielleicht 

Ovid. fast. VI 203. Val. Max. VIII 13, 5. Suet. aus dem Grande, damit der Sohn, einmal zur 

Tib. 2. Plor. I 13, 20. Ampel. 19, 2. Auct. de Herrschaft gelangt, nicht den gleichen Namen 

vir. ill. 34, 10. Dig. I 2, 2, 36. Zonar. VIII 4). wie der Vater fuhren mOge. 

Nach Prontin. strat. IV 1, 18 ging damals auch Seit dem britannischen Siege (43 n. Chr.) hiess 

von Appius der Antrag aus, die von Pyrrhos ge- 20 demnach C. mit vollstandigem Namen Ti. Clau- 

fangenen und entlassenen Soldaten zu degradieren dius Ti. Claudi Caesaris Augusti Germanici 

und zu bestrafen (vgl. Val. Max. II 7, 15. Eutrop. filius Caesar Britannicus. Uberliefert ist sein 

II 13, 2. Zonar. VlII 4). Cicero riihmt von Ap- Name in folgenden Formen: Tifiegiog KX[av8wg 

pius, dass er sich bis in sein hohes Alter frisch xov avroxgdrogog'}] Ti/3egtov Klav&iov K[ai]- 

und riistig, ein Muster strenger Zucht und Sitte, oo.go[g SsjSaoxov] viog KaXaag Bgsxavvixog (Denk- 

erhalten habe; vier Sehne und ftinf TOchter hatten schr. Akad. Wien XLV 1897, 1 nr. 2, ahnlieh 

ihn betrauert (Cato 16. 37 [daraus Val. Max. VIII Bull. hell. II 1878, 597 nr. 3), Ti. Claudius 

13, 5]; vgl. Cael. 33f.; Tusc. V 112; Sohne und [Caesar] Britta[nicus Ti.] Clau[di Caesaris Aug. 

Schwiegersohne erwahnt bei Plut. Pyrrh. 18). Als filius] (CIL XI 3602), [Ti.] Claudius C[aesar] 

die vier Sohne erscheinen in der Tradition Ap. 30 Neroni[s Claudi] Caesarifs {rater Bri]tanni- 

Claudius Rufus Nr. 316 und die Stammvater der e[us] (CIL VI 922 nach Mommsens Ergiinzung), 

Claudii Pulchri, Centhones und Nerones, doch ist Ti. Claudius Caesar Aug. f. Britannicus (Munzen 

die Verwandtschaft nicht vollig gesichert ; von den Cohen I' 2 269 nr. If.), [T]i. Claudius Britan- 

Tochtem ist nur Nr. 382 bekannt. Zu den iibrigen nieus [Caesar] (Ephem. epigr. VII 1242), Tifte- 

Euhmestiteln des Appius tritt noch der, dass er giog Klavdiog Kaioag Bgsxavnxog (CIG III 3831 a 

die erste Personlichkeit ist, die in der Geschichte 15 Add. p. 1062. Miinze Mionnet II 467 nr. 309), 

der ramischen Litteratur genannt wird. Nicht Claudius Britannicus Caesar (Munzen), 7V. Klav- 

nur seine Rede gegen den Frieden mit Pyrrhos Stog Sefiaorov viog (Blunze Cohen 12 270), Ti. 

war die erste, die in Rom schriftlich der Nach- Claudius Britannicus (CIL XIV 2769), Britan- 

welt uberliefert wurde (vgl. ausser den oben an- 40 nie[us] Aug. f. (CIL VII 1202, iiber Britannicus 

gefiihrten Stellen Tac. dial. 18. Quintil. inst. or. Aug. s. u.), sonst Britannicus Caesar oder nur 

II 16, 7), sondern es wird auch mehrfach eine Britannicus. 

Spruchsammlung in saturnischem Versmass citiert, b) Leben. Britannicus wurde dem Kaiser Clau- 

die den Beifall des Panaitios fand und mit ahn- dius von dessen dritter Gemahlin Valeria Messa- 

lichen Litteraturproducten aus der Schule des lina geboren (Suet. CI. 27. Tac. ann. XI 32. 34. 

Pythagoras verwandt war (Cic. Tusc. IV 4). Ihr Joseph, ant. XX 149 ; bell. II 249. Zonar. VI 

bekanntestes Fragment: fabrwm esse suae quern- 15 p. 45. XI 10 p. 31 Dind. Iuv. VI 124. Schol. 

que fortunae bei Ps.-Sallnst. ad Caes. de rep. 1 1, 2; Iuv. VI 117. 124. 434). Er war der erste Kaiser- 

vielleicht gehort hierher auch: negotium populo sohn, der einem regierenden Imperator geboren 

Romano melius quam otium committi (Val. Max. 50 wurde. Tiber das Datum seiner Geburt bringt 

VII 2, 1). tlber die griechische Komoedie, speciell Sueton einander widersprechende Angaben, indem 

Philemon als Quelle der Sentenzensammlung des er sagt : Britannieum vicesimo imperii die in- 

Ap. CI., vgl. F. Marx Ztschr. f. Osterr. Gymn. que secundo considatu natum sibi (CI. 27). Der 

1897, 217ff. 394. Dass Appius auch der erste zwanzigste Tag der Regierung des Kaisers Clau- 

juristische Schriftsteller der Romer gewesen sei, dius war namlich der 12. Februar 41 n. Chr., 

sagt Pomp. Dig. 12, 2, 36: hune etiarn aetiones wahrend der zweite Consulat des Claudius erst 

scripsisse traditum est , primuni de usurpationi- in das J. 42 fallt. Mit ersterer Angabe stimmt 

bus, qui liber non exstat. Fur die meistens ange- die Notiz des Tacitus iiberein , dass Britannicus 

zweifelte Existenz und Echtheit dieser Schrift tritt im J. 55 unmittelbar vor der Vollendung seines 

neuerdings ein Bremer Iurisprud. Antehadrianae 60 14. Lebensjahres stand (Tac. ann. XIII 15), deren 

quae supersunt (Leipz. 1896) I 3ff. Anderungen Richtigkeit durch innere Grande verbiirgt wird 

von grosser Bedeutung im Schriftsystem werden (vgl. Nipperdey-Andresen zu Tac. ann. XII 

Appius zugeschrieben von Pomp. ebd. und Mart. 25). Man wird daher den 12. Februar 41 als 

Capella III 261. Uber alles dies vgl. Teuffel- Datum von Britannicus Geburt zu betrachten 

Schwab e5 I 131 §90. [Munzer.] haben. Die Angabe, dass er um zwei Jahre alter 



"32) Ti. Claudius Caesar Britannicus, Sohn des gewesen ware als der am 15. December 37 ge- 
Kaisers Claudius (Nr. 256). borene Nero (Tac. ann. XII 25), ist in jedem 

a) Name. Nach dem Zeugnis des Sueton Falle unrichtig und beruht wohl auf einem Fehler 



2687 Claudius Claudius 2688 

in den Hss. (Dio LX 12, 5 setzt keineswegs, wie Kotschoubey II 221 nr. 3 = Greek coins Pontus 52 

Lehmann, Claudius und Nero 132, 2, meint, nr. 5. Mionnet Suppl. IV 496 nr. 70 = Greek 

Britannicus Geburt in das J. 42; vgl. Klebs coins 52 nr. 1, aus dem J. 45/46. Koehne II 

Prosopogr. I 361 nr. 666; audi ist die alexan- 220 nr. 2, aus dem J. 48/49). 

drinische Munze, auf die Lehmann a. a. 0. ver- Uber die Entwicklung des Knaben erfahren 

weist, nicht massgebend; vgl. Sallet Daten d. wir wenig. Ob er thatsachlich , wie Nero und 

alex. Kaisermiinzen 18f.). Agrippina behaupteten, von friihester Kindheit 

Den Titel Augustus, den der Senat dem Kinde an epileptischen Anfallen unterworfen war (Tac. 

verleihen wollte, lehnte Claudius ab (Dio LX 12, ann. XIII 16. Suet. Nero 33. Zonar. XI 11 p. 34. 
5 = Zonar. XI 8 p. 27 Dind. , trotzdem tragen 10 12 p. 38 Dind.), lasst sich natiirlich nicht fest- 

Munzen unbestimmter Herkunft die Legende Bri- stellen. Doch war er gewiss nicht blodsinnig, 

tannieus Aug. EckhelVI254. Cohen 12 270). wie seine Stiefmutter in bOswilliger Absicht ver- 

Dagegen gestattete er, dass seinem Sohne zum breiten liess (Zonar. XI 11 p. 34 Dind.). Anderer- 

Andenken an die in Britannien erfochtenen Siege seits werden ihm wieder gute Anlagen (Tac. ann. 

(43 n. Chr.) der Beiname Britannicus vom Senate XII 26. XIII 15) und auch korperliche Eignung 

beigelegt wurde (s. o.). Schon fruhzeitig suchte (Dio LXI 1, 1) zugeschrieben (eine gewisse phy- 

er ihm die Zuneigung der Truppen und des Volkes sische Widerstandskraft des Knaben zeigte sich 

zu gewinnen, in dem er sich bei offentlichen An- darin, dass der erste Versuch, ihn durch Gift zu 

lassen mit dem Kinde auf den Armen zeigte, be- toten , unwirksam blieb, s. u.). Die Erziehung 
griisst von Beifallsrufen der Menge (Suet. CI. 27). 20 des Prinzen leitete Sosibius (Tac. ann. XI 1. 4. 

Heranwachsend genoss Britannicus die Ehren, Dio LX 32, 5); mit ihm gemeinsam wurde der 

die einem Kaisersohne gebiihrten. Der Senat liess um Weniges altere T. Flavius Vespasianus (geb. 

Munzen mit seinem Bilde pragen, auf deren Ruck- 30. Dec. 39), der spatere Kaiser Titus, erzogen, 

seite Mars mit Schild und Lanze abgebildet ist ; der auch die Unterweisung derselben Lehrer genoss 

wohl aus Anlass kriegerischer Erfolge, wie sie (Suet. Titus 2). Dieselbe scheint sich hauptsach- 

unter Claudius Regierung nicht selten waren lich auf Beherrschung der lateinischen und grie- 

(Eckhel VI 254. Cohen 12 269f. nr. 1. 2; auf chischen Sprache in gebundener und freier Rede, 

den ersten britannischen Feldzag [Lehmann sowie auf Musik und Gesang erstreckt zu haben 

a. a. O. 229] kOnnen sich diese Miinzen nicht (vgl. Tac. ann. XIII 15. Suet. Nero 33 ; Tit. 3). 
beziehen, da Britannicus bereits als Knabe dar- 30 Von dem Gesinde des Britannicus werden Ti. 

gestelltist; andererseits setzt sieMommsenSt.-R. Claudius Aug. I. Quadratus deefurio) leetica- 

II 3 831 wohl zu spat an); es wurden ihm In- rior(um) Britannici (CIL VI 8873) und Nar- 

schriften gesetzt (CIL XI 3602 = Dessau 221 eisfsjus Ti. Claudi Britannici supra insulas 

Caere. Bull. hell. II 1878, 597 nr. 3 Kibyra. (CIL XIV 3769 Labici) inschriftlich erwahnt, 

Heberdey-Kalinka Denkschr. Akad. WienXLV Noch kaum zum Knaben erwachsen nahm Bri- 

1897, 1 nr. 2 Kibyra; in einer Inschrift aus Ai- tannieus im J. 47 an dem Ludus Troiae teil, schon 

zanoi, CIG III 3831a 16 Add. p. 1062 = Le damals von L. Domitius, seinem nachmaligen 

B a s III 856, wird Kaiser Claudius als [6] Kai- Adoptivbruder, in den Schatten gestellt (Tac. ann. 

aagog BQifrarvixJov naxr\Q bezeichnet; vgl. auch XI 11, vgl. Suet. Nero 7). In das nachste Jahr 
CIG III 3831a 15 = Le Bas III 858); zahl- 40 (48) fallt das Ereignis, das fur Britannicus die 

reiche Provinzstadte pragten Miinzen, auf denen traurigsten Folgen haben sollte, der gewaltsame 

Britannicus entweder allein oder mit seinen Ge- Tod seiner Mutter Messalina, der es bei all ihren 

schwistern Antonia und Octavia dargestellt ist, Lastern doch wenigstens an mutterlicher Liebe 

wahrend auf der anderen Seite der Miinze sich fur ihren Sohn nicht gemangelt zu haben scheint 

hauflg die Portrats seines Vaters, seltener seiner (vgl. Suet. Nero 6. Tac. ann. XI 26). Schon 

Mutter finden (Cohen I 2 270. 261 nr. 124. Nu- ein Jahr darauf verm&hlte sich Claudius mit seiner 

mism. Chronicle XIV 1894, 4 Korinth ; Mionnet Nichte Iulia Agrippina, und im J. 50 adoptierte 

II 192 nr. 327 = Cohen I 2 p. 265 Patrai; Mion- er deren Sohn aus erster Ehe, L. Domitius Aeno- 

net I 497 nr. 363. 364; Suppl. Ill 133 nr. 858 barbus, unter dem Namen Nero Claudius Caesar 
-860. Greek coins in the Brit. Mus. Macedonia 118 50 Drusus Germanicus (Tac. ann. XII 25 ; vgl. Suet. 

nr. 81 Thessalonike ; Mionnet II 467 nr. 308. CI. 39). Hatte Britannicus anfangs noch immer 

309. L. Miiller Muse"e Thorwaldsen 271 nr. 156 den Vorrang vor diesem (vgl. die Inschriften und 

Nikomedia; Mionnet Suppl. V 81 nr. 412. 413. Munzen, auf denen Britannicus an erster Stelle ge- 

Imhoof-Blumer Monnaies grecques 240 nr. 62 nannt ist: Ephem. epigr. VII 1242 = Dessau220 

Nikaia; Mionnet Suppl. V 560 nr. 413. 414 = Latium. Mionnet VI 680 nr. 458. 459. CohenI 2 

Cohen I 2 270 = Greek coins Troas 62 nr. 40. 271 Miinzen unbestimmter Herkunft ; nebeneinan- 

41 Ilion; Mionnet II 420 nr. 61; Suppl. VII derstehend sind sie dargestellt auf korinthischen 

468 nr. 699. 700 Tralles ; Mionnet III 307 nr. 22. Miinzen Cohen I 2 261 nr. 122. 123. Greek coins, 

23; Suppl. VI439 nr. 24. 25 Alabanda; Mionnet Corinth 66 nr. 542. 543 [auf dem Avers Kopf 

IV 156 nr. 890 Thyatira; Eckhel IV 52 [aus 60 des Claudius, vgl. die Abbildung Taf. XVII 3]. 

den Jahren 42—45; vgl. Sallet Daten d. alex. Leake Numismata Hell., Europ. Greece 41 [auf 

Kaisermiinzen 18f.]. Greek coins Alexandria 9 dem Avers Kopf der Agrippina]), so wurde er 

nr. 68 [aus dem J. 42/43] Alexandria; Greek coins doch bald durch die Intriguen seiner Stiefmutter 

Crete 2 nr. 12 Kreta; Cohen I 2 271 Kythcos; und der Preigelassenen, die, weil sie Messalina 

Mionnet VI 677 nr. 438. 680 nr. 457 unbestimm- gestfirzt hatten, die Rache ihres Sohnes furchteten 

ter Herkunft); auch auf Miinzen des bosporanischen (Tac. ann. Xn 9. Zonar. XI 10 p. 31 Dind.), 

Kiinigs Kotys 1. (seit 46 n. Chr.) linden sich Por- vSllig in den Hintergrund gedrangt _ (Narcissus 

trat und Namen des Britannicus (Koehne Musee gehorte nicht zu den Britannicus feindlich ge- 



2689 Claudius Claudius 2690 

sinnten Freigelassenen, vgl. Tac. ann. XII 65. sein 14. Lebensjahr vollenden und mit der Toga 

Suet. Tit. 2). Wahrend Nero, als er im J. 51 virilis auch die Eignung zum Eintritt in das 

die Mannertoga anlegte, mit den dem prasum- staatliche Leben erhalten sollte (vgl. Nipper dey- 

tiven Nachfolger zukommenden Ehren bedacht Andresen zu Tac. ann. XII '25), sowie die Dro- 

wurde , blieb Britannicus ganz unbeachtet ; bei hnngen der ganz in den Hintergrund geschobenen 

den Spielen, die aus eben diesem Anlass gegeben Agrippina, die durch den Hinweis auf Britannicus 

wurden, erschien Nero im Triumphalgewande, ihren Sohn sich gefiigig zu erhalten suchte (Tac. 

Britannicus in der Knabentoga (Tac. ann. XII ann. XIII 14. Zonar. XI 12 p. 38 Dind. [aus 

41). Eine Anzahl von Munzen , auf denen Nero Dio]. Dio epit. LXI 7, 3) brachten in Nero den 
und Britannicus zusammen erscheinen, giebt erste- 10 Entschluss zur Beife, dem Leben des Britannicus 

rem den Vorrang (Mionnet II 661 nr. 209. ein Ende zu machen (Tac. ann. XIII 15. Suet. 

Greek coins Troas 62 nr. 42 Ilion. Mionnet Nero 33; den Nachrichten iiber die Scene bei den 

II 523 nr. 60 Assos. V 554 nr. 217 = de Saul- Saturnalien des Jahres 54 [Tac. a. a. 0.], iiber 

cy Numismatique de la terre sainte 77 nr. 17 die Schandung des Britannicus [Tac. ann. XIII 

Jerusalem [aus dem J. 54]; vgl. auch CIL "VI 17] sowie iiber Neros Eifersucht wegen seines 

922). Die Offlciere und Freigelassenen, die dem Bruders schonerer Stimme [Suet. Nero 33] ist 

Britannicus geneigt waren, wurden aus ihren keine weitere Bedeutung beizumessen). Zu An- 

Stellungen verdrangt , aus der Umgebung des fang des J. 55 (vor dem 12. Februar, dem vier- 

Prinzen alle entfernt, die im Verdaehte treuer zehnten Geburtstage des Britannicus, s. o.) schritt 
Ergebenheit fur denselben standen (Tac. ann. XII 20 Nero zur Verwirklichung seines Vorhabens. Die 

41). Dass Britannicus den Nero auch nach dessen beruchtigte Giftmischerin Lucusta und der Tribun 

Adoption noch immer mit dem Namen Domitius Iulius Pollio (ibernahmen die Ausfuhrung des Ver- 

(oder Aenobarbus) begriisste (Tac. a. a. 0. Suet. brechens. Nachdem ein erster Vergiftungsversuch 

Nero 7), diente der Kaiserin zum Vorwand, um keinen Erfolg gehabt hatte, bereiteten sie einen 

seine Erzieher bei Claudius zu verdachtigen. Die- stark und schnell wirkenden Gifttrank, der dem 

selben wurden jetzt teils verbannt, teils, wie So- Britannicus bei einer Abendtafel, an der auch 

sibius, getotet, und an ihre Stelle kamen Ge- Nero, Agrippina und Octavia teilnahmen, credenzt 

sehopfe Agrippinas (Tac. ann. XII 41. XIII 15. wurde und dessen sofortigen Tod herbeiftihrte 

Dio LX 32, 5. 6 = Zonar. XI 10 p. 33 Dind.). (Tac. ann. XIII 15. 16. XIV 3. Suet. Nero 33; 
Inmitten einer unzuverlassigen Umgebung, vom 30 Tit. 2. Dio LXI 1, 2. 7, 4. Zonar. XI 12 p. 38 

Vater und von dem Verkehr mit der Aussenwelt Dind. Joseph, ant. XX 153; bell. II 250. He- 

mOglichst ferngehalten, der Offentlichkeit gegen- rodian. IV 5, 6. Eutrop. VII 14, 3. Epit. de 

iiber als blodsinnig und epileptisch dargestellt, Caes. 4 [falsch]. Aelian. de nat. animal. V 29 

unwiirdig und ohne Sorgfalt behandelt, verbrachte [irrig: eodiovreg]. [Sen.] Octav. v. 45f. 67. 112ff. 

Britannicus vereinsamt ein trauriges Dasein (Tac. 166ff. Schol. Iuv. I 71. VI 117. 124. VIII 215 

ann. XII 26. XIII 15. Dio LX 32, 1. 5. 6. 34, [mit Irrtumern]; die Zweifel, die Stahr Agrip- 

1. Zonar. XI 10 p. 33. 11 p. 34 Dind.). Wah- pina 247 gegen die Thatsache der Vergiftung 

rend Claudius selbst bis zum J. 54 diese Behand- aussert, sind unbegriindet). Am folgenden Tage 

lung seines Sohnes gar nicht beachtet hatte, wurde unter stromendem Begen die Leiche in das 
naherte er sich diesem damals, vielleicht von Nar- 40 Mausoleum des Augustus am Marsfeld uberfiihrt, 

cissus angeregt (vgl. Tac. ann. XII 65), wieder verbrannt und die Asche daselbst beigesetzt (Tac. 

und ging damit um, ihm die Toga virilis zu geben ann. XIII 17. Suet. Nero 33. Dio LXI 7, 4 = 

(Suet. CI. 43. 44. Dio LX 34, 1. Zonar. XI 11 Zonar. XI 12 p. 38 Dind. [Sen.] Oct. 171f.; iiber 

p. 35 Dind. Joseph, ant. XX 151; Genaueres iiber die Zeit: postero die Suet. Nero 33, an eine Be- 

die Vorgange vor dem Ende des Claudius s. unter stattung bei Tage lasst auch Dio LXI 7, 4 denken, 

Nr. 256). Die Hoffnungen, die diese spaten dagegen: nox eadem neeem Britamnici et rogum 

Ausserungen vaterlicher Liebe in Britannicus er- coniunxit Tac. ann. XIII 17). Mit Britannicus 

wecken mochten, wurden jedoch durch den Tod starb der letzte echte Claudier (Tac. ann. XIII 

des Kaisers (13. Oct. 54) zunichte gemacht. Wah- 17). 

rend der ereignisreichen Stunden, die Claudius 50 Litteratur: De Vit Onomasticon II 308. Bug- 

Ende unmittelbar folgten, hielt Agrippina dessen giero Diz. epigr. II 302. Klebs Prosopogr. I 

Sohn im Innern des Palastes zuriick und ver- 361 nr. 666. Lehmann Claudius und Nero, 

hinderte ilm dadurch, sich offentlich zu zeigen Gotha 1858, I. Bd. Schiller Gesch. d. rom. 

(Tac. ann. XII 68). So konnte Nero anstandslos Kaiserreichs unter Nero, Berlin 1872. 

zum Herrscher proclamiert werden, ohne dass sich c) Ausseres und Bildnisse. Von dem Ausseren 

eine Hand fur Britannicus erhoben hatte (Tac. des Knaben geben uns nur die auf Senatsbeschluss 

ann. XII 69. Dio LXI 1, 1. 2. Zonar. XI 12 geschlagenen Munzen (s. o.) eine allerdings auch 

p. 37 Dind.). Mit der Thronbesteigung seines nur undeutliche Vorstellung. Sie zeigen einen 

Adoptivbruders wurde die Stellung des Britannicus ziemlich grossen Kopf auf schlankem Halse, einen 
unhaltbar (die einzige Miinze aus neronischer Zeit, 60 kraftigen Hinterschadel und ein, soweit man ur- 

die auf dem Eevers sein Bild tragt [Mionnet teilen kann, dem des Vaters ahnelndes Profll (vgl. 

Suppl. Ill 135 nr. 875 Thessalonike], scheint ver- die Abbildung Bernoulli Bomische Ikonographie 

dachtig); seine Beseitigung war nur eine Prage II 1 Taf. XXXIV 16; die Miinzbilder auf den 

der Zeit. Zwar wurde noch im J. 54 die An- griechischen Munzen sind teils undeutlich [vgl. 

klage gegen den Bitter Iulius Densus, dem An- Greek coins Pontus Taf. XI 13], teils ungeniigend 

hanglichkeit an den Kaisersohn zur Last gelegt publiciert). Da andererseits schriftstellerische 

wurde, nicht angenommen (Tac. ann. XDII 10); Zeugnisse iiber sein Ausseres nicht vorliegen (die 

aber die Nahe des Tages, an welchem Britannicus Worte membraque et vultm deo similes, [Sen.] 

P&uly-Wissowa III 85 



2691 Claudius Claudius 2692 

Oct. 172, besagen naturlich nichts), ist es fast nach diesen Feldziigen wurde er Consul (suffectus) 

aussichtslos, auf Grund dieses einen Miinzportrats und leg. Augfustorum seit 198) pr. pr. provine. 

nach erhaltenen Bildnissen des Britannicus zu H(ispaniae) c(iterioris) et in ea dux terra mari- 

suchen. An und fur sich ist klar, dass nicht viele que adversus rebettes hfbstes) pfublicosj — vgl. 

Darstellungen des so vernachlassigten und schliess- Domasze wski Corresp.-Bl. d. Westd. Ztschr. XI 

lich gewaltsam beseitigten Knaben existiert haben 1892, 231. XII 1893, 37 — item Asiae item Nori- 

konnen (Bernoulli II 1, 365). Wir haben nur cae. Bei den hier erwahnten Kampfen handelte 

Kenntnis von zwei Statuen, welche Titus , nach- es sich wahrscheinlich um die vollige Beruhigung 

dem er zur Herrschaft gelangt war (79), seinem der Provinzen, die C. in Asia und Noricum wohl 
ehemaligen Gespielen errichten liess (eine goldene 10 als dux, in der Tarraconensis als dux und Statt- 

in Palatio und eine Eeiterstatue aus Elfenbein, halter durchffihrte (letzteres Amt verwaltete er 

welche bei derPompa circensis vorgetragen wurde, noch zur Zeit, als die Inschrift CIL II 4114 yon 

Suet. Tit. 2). Tiber die als Britannicus bezeich- seinem Stallmeister dem optimus praeses gesetzt 

neten Biisten und Statuen handelt Bernoulli wurde). Von Priesteramtern bekleidete C. das 

(II 1, 367), der nur in Bezug auf zwei togabeklei- eines XVvir s(aeris) f(aeiundis). Vgl. Nr. 97. 

dete Knabenstatuen im Louvre und im Museum 97) Ti. CI. Candidus, Tribun der Legio XV. 

zu Neapel (Abbildungen : Clarac 351, 2300 A. Apollinaris und vielleicht Sevir equitum Roma- 

937,2389 = Beinach Repertoire de la statuaire norum, genannt in einem Inschriftfragment aus 

178. 577) die Msglichkeit zugiebt, dass sie Bri- Ancyra (CIL III 6752 mit Mommsens Anm.), 
tannicus darstellen kOnnten (vgl. auch Bernoulli 20 anscheinend Sohn des Vorhergehenden. [Groag.] 

II 1, 358f. 368f.). [Groag.] 98) C. Claudius Canina. Der Vomame des 

93) Claudius Caesius Agrippinus, Sohn des Vaters ist nicht erhalten, der des Grossvaters ist 
Ti. CI. Dryantianus Antoninus (Nr. 141), Bruder Gaius. Dass Canina zu den patricischen Clau- 
der CI. Dryantilla Platonis (Nr. 415), Senator diern geherte, beweisen die plebeischen Amts- 
(vgl. Nr. 39 und 141). Vielleicht ist er der [AJgrip- genossen im Consulate. Er bekleidete es zum 
pinus, der in den Arvalacten des J. 214 n. Chr. erstenmale 469 = 285 (Canina Chronogr.; Cae- 
als frater Arvalis genannt wird (CIL VI 2103; cina Idat. Chron. pasch.; C. Claudius Cassiod.), 
allerdings konnte man auch an Fabius Agrippinus zum zweiten 481 = 273 (Cinna Chronogr.; Cam- 
denken). bia Idat. Chron. pasch.; C. Claudius Cassiod.; 

94) Tib. CI. Callippianus Italicus, Consul (suf- 30 Claudius Canina Veil. I 14, 7; C. Claudius Ca- 
fectus in unbekanntem Jahre) , HQsofisvtijs xal nina Eutrop. II 15) und triumphierte in diesem 
avtiaxQuinyos xwv SefSaoxaiv (Severus und Cara- Jahre [de Lueajneis Samnitibus [Bruttieisque] 
calla? vgl. DittenbergerEphem. epigr. I p. 248) Quirinalibus (Acta tr.). [Mlinzer.] 
AoyiOTTjg nal sjiavoQ^corijs r<3v sXevSeQcor noXtwv 99) M. Cla(udius) Caninius Severus, 6 [hq<x- 
von Achaia (dasselbe Amt Nr. 124 und 203), CIA ziojtos synpos , von den Rhodiern durch eine 

III 631. Statue geehrt (IGIns. I 95 b Rhodos; da die In- 

95) Claudius Callistus, an den ein Rescript schrift schlecht erhalten ist, lasst sich nicht ent- 
der Kaiser Severus und Caracalla, Ulp. Dig. L 7, 7. scheiden, ob der Zeile 7 genannte Marcus A. . . 

96) Tib. CI. Candidus (so in der Inschrift CIL sein Vater war). Die namliche Ehrung wurde 
114114 = Dessau 1140 [Tarraco], die seine Amter 40 seiner aveyjid, Aelia Peithias (vgl. Ti. CI. Her- 
in absteigender Reihenfolge aufzahlt; bei Dio nur mias Nr. 174 und Ti. CI. Draco Nr. 136), zu teil 
EdvStdos), praefeetus eoh(q)rtis secundae eivium (IGIns. I 95 a). Die Namen der Claudia Caninia 
Bomanorum, trib(unus) mil(itum) leg(ionis) Severa (Nr. 412) beweisen ihre Verwandtschaft 
II. Aug(ustae), praepositus eopiarum expedi- mit C, vielleicht war sie seine Schwester oder 
tionis Gtermanicae secundae (im zweiten Marko- Tochter. [Groag.] 
mannenkrieg 177—180 n. Chr.), proc(urator) 100) Claudius Capito vertritt die Klage der 
vieesimae ]iered(itatium) per Gallias Lugdunen- Bithynier gegen ihren Proconsul Varenus Rufus 
sem et Belgicam et utramque Cermaniam, al- inremrenter magis quam eonstanter als Gegner 
leetus inter praetorios item tribunieios, eur(a- des (Ti.) Catius (Caesius) Fronto, ca. 107 n. Chr., 
tor) civitatis Teanensium, leg(atus) pr(o) pr(ae- 50 Plin. epist. VI 13, 2. Vgl. Nr. '277. [Stein.] _ 
tore) provincfiaej Asiae, logista civitatis splen- 101) Claudius Cassianus, Consular (zur Zeit 
didissimae Nicomedensium item Ephesiorum. des Antoninus Pius oder des Marcus), von der 
Vielleicht weil er in der letzterwahnten Stellung Stadt Sparta geehrt. CIG I 1326 (bezilglich der 
zu Septimius Severus hielt (vgl. HenzenRhein. Zeitbestimmung vgl. I 1341. 1363. Le Bas- 
Jahrb. XIII 1848, 30 Anm.), wurde er von diesem Poucart 143). [Groag.] 
zum dux exereitus lllyriei im Feldzug gegen 102) Ap. Claudius Caudex. Weder iiber seine 
Pescennius Niger (194 n. Chr.) bestimmt. Er Abstammung, noch fiber den Ursprung seines Bei- 
lieferte demselben eine Schlacht in den Engpassen namens lasst sich etwas Bestimmtes aussagen. 
zwischen Nicaea und Kios, in welcher er durch Die capitolinischen Fasten nennen ihn C. f. Ap. 
sein persOnliches Eingreifen den Sieg entschied 60 n., Gell. XVII 21, 40 und Auct. de vir. ill. 37, 1 
(Dio LXXIV 6, 4—6). Als Fiihrer desselben Bruder des Appius Caecus Nr. 91, der ebenfalls C. 
Truppenkorpers nahm er teil an den Expeditionen f. Ap. n. war. Aber der Altersunterschied beider 
gegen die skenitischen Araber, Adiabene und Os- ist so bedeutend, dass diese Verwandtschaft ganz 
rhoene (195/6, vgl. Dio LXXV 2, 3) und gegen undenkbar ist (Mommsen ROm. Forsch. I 25, 
Clodius Albinus (196/7, auch in der Schlacht bei 37). Falsch ist die Angabe des Auct. de vir. ill. 
Lugudunum hatte er ein Commando, vgl. Ceu- 37, 1: vietis Volsiniensibus eognomento Caudex 
leneer Essai sur la vie et le regne de Septime dietus, denn fiber die Volsinienser triumphierte 
Severe 1880, 102). Wahrscheinlich- unmittelbar vielmehr der Amtsgenosse des C. im Consulat M. 



2693 Claudius Claudius 2694 

Pulvius Flaccus (Acta tr. Fest. p. 209), und eine der Name in den von Egesta entstellt ist) , und 

wirkiiche Erklarung des Beinamens wird damit wagte sogar einen Angriff auf Syrakus (Polyb. I 

nicht gegeben. Nach Sen. brev. vit. 13 , 4 er- 12, 4; am ausfiihrlichsten Zonar. VIII 9). Auch 

hielt er ihn, weil er zuerst die Romer bestimmte, diese Unternehmung scheiterte; der Consul kehrte 

Kriegsschiffe zu bemannen, denn plurium tabu- deshalb, da sein Amtsjahr zu Ende ging, unter 

larum eontextus caudex apud antiquos vooatur. Zuriicklassung einer Besatzung in Messana nach 

Auch diese Ableitung kann nicht sonderlich be- Rom heim, und erst unter seinen Nachfolgern 

friedigen. C. war Consul 490 = 264 (Fasti Cap. wandte sich das Kriegsgluck auf Sicilien den R6- 

Chronogr. Idat. Chron. pasch. Veil. 1 12, 6. Val. mem zu (vgl. fiber den ganzen Feldzug Neuling 
Mas. II 4, 7. Oros. IV 7, 1. Cassiod.) und erwarb 10 a. 0. 20—25. Ihne E. G.2 n.34ff. Meltzer 

seinen Ruhm durch die Eroffnung des ersten pu- Gesch. d. Karthager II 262ff. 559). Er hat daher 

nischen Krieges, womit eine neue Epoche in der auch nicht triumphiert; die Nachricht, dass er es 

romischen und in der Weltgeschichte anhebt (Enn. gethan , ist falsch wie die oben erwahnten Aus- 

ann. 230 Vahlen bei Cic. inv. I 27. Liv. XXXI schmiickungen der rOmischen Kriegsberichte (Eu- 

1, 4. Eutrop. II 18, 3. Veil. I 12, 6. II 37, 2. trop. II 18, 3, vgl. Sil. Ital. VI 660; auch Suet. 

Suet. Tib. 2. Gell. XVII 21, 40. Sil. Ital. VI Tib. 1 spricht von fiinf claudischen Triumphen, 

660. Ined. Vatican. Herm. XXVII 121). Ersandte wahrend die Triumphaltafel nur vier kennt). Noch 

den C. Claudius (Nr. 18) voraus, der sich der C. Claudius Pulcher, der Consul 662 = 92, war 

Stadt Messana bemachtigte und hier von den Kar- Patron des populus Mamertinus (Cic. Verr. IV 
thagern und Syrakusanern eingeschlossen wurde. 20 6); vielleicht geht dieses Verhaltnis auf Caudex 

C. selbst erschien nun in Bhegion und erliess an zuriick. 

die Gegner die Aufforderung, die Belagerung auf- 103) Ap. Claudius Centho, Sohn eines Gaius 

zuheben. Nach Polyb. 1 11, 11 that er dies erst, (Nr. 105), war curulischer Aedil 575 = 179 (Liv. 

nachdem er in Messana eingetroffen war , aber XL 59, 6) und Praetor 579 = 175. Er ging nach 

vorzuziehen ist seinem Bericht der Diodors, bei Spanien, besiegte in diesem Jahre oder im An- 

dem die ablehnenden Antworten Hieros (XXIII 1) fang des nachsten die Keltiberer in einer grossen 

und der Karthager erhalten sind (XXIII 2 ; die Entscheidungsschlacht (Liv. XLI 26, 1 — 5. 28, 1 ; 

punischen Drohungen ahnlich dem C. Claudius vgl. Weissenborns Amn.) und erhielt zum Dank 

gegenuber bei Zonar. VIII 9). Der Consul tauschte daffir eine Ovatio (Acta tr. Liv. XLI 28, 3). 581 
glficklichdiekarthagischenWachtschiffeundsetzte 30 = 173 ordnete er als Gesandter die Verhaltnisse 

iiber die sicilische Meerenge (Diod. XXIII 3. Zonar. in Thessalien (Liv. XLII 5, 8 — 10); dass er da- 

VIII 9, vgl. Dio frg. 43, 11). Was darauf folgte, mals auch in Makedonien thatig gewesen sei (ebd. 

wird nicht iibereinstimmend erzahlt; Polybios I 25, 1), ist annalistische Falschung (Nissen Krit. 

15, Iff. wahlt den Bericht des Philinos aus, um Dnters. 247). Im J. 584 = 170 wurde er als 

im Anfang seines eigenen Werkes an einem Bei- Legat nach Illyrien geschickt. Der Bericht des 

spiel die Parteilichkeit dieses Autors darzulegen, Livius (XLIII 9, 6f. 10, 1 — 8. 11, 11) iiber seine 

aber auch seine Darstellung kann nicht allein die missgluckte Unternehmung gegen die Stadt Us- 

Grundlage fur uns bilden, sondern wir miissen kana ist mit Nissen (a. O. 60f.) durchaus zu 

eine vermittelnde Stellung zwischen den abweichen- verwerfen gegenuber den aus Polybios geflossenen 
den Uberlieferungen einnehmen. Es scheint, dass 40 Angaben: um die Niederlage des L. Coelius vor 

C. sich erst gegen Hiero wandte. Er errang zwar Uskana wett zu machen, griff C. mit seinen 

Tieinen vollstandigen Erfolg, aber trotzdem kehrte eigenen und mit epirotischen Truppen das Castell 

der KOnig bald darauf heim, zum Teil bewogen Phanote in Epirus an (Liv. XLIII 21, 4f.), wurde 

durch das Misstrauen gegen seine Bundesgenossen von der Besatzung, als er unverrichteter Sache 

(Polyb. I 11, 12 — 15. 15, 2f. Diod. Zonar., vgl. abziehen wollte, geschlagen (ebd. 23, 1 — 3) und 

Neuling De belli Punici primi scriptorum fon- fiihrte sein Heer nach Entlassung der fremden 

tibus [Gottingen 1875] 23 f.). Dann griff C. die Contingente nach Illyrien zuriick (ebd. 23, 6). Er 

Karthager an, erlitt im Anfang bedeutende Ver- blieb im folgenden Jahre dort stehen und forderte 

luste , brachte ihnen aber schliesslich doch eine die Achaeer zur Hiilfesendung auf (Polyb. XXVIII 
Niederlage bei und notigte sie zum Abzuge; da- 50 13, 7ff.), bedurfte auch noch im Winter neuer 

mit war Messana befreit (Polyb. I 12, 1 — 3. 15, Verstarkungen (Liv. XLIV 20, 5). Anfang 586 

4ff. 16, 1. Diod. XXIII 3. Dio frg. 43, 12. Zonar.). = 168, als er gegen Genthios ins Feld riicken 

Gegenuber dieser Darstellung entbehren jeden wollte, wurde er abgelSst (ebd. 21, 4. 30, 10f.). 

Wertes die mehr oder weniger confusen Berichte 104) C. Claudius Centho, nach Fasti Cap. Ap. 

romischer Autoren, auf welche Art C. die Bomer f. C. n. und nach Cic. Brut. 72; Tusc. I 3. Gell. 

auf Schiffe brachte und iiber die Meerenge setzte XVII 21, 42 Sohn des Appius Caecus Nr. 91, was 

•(Auct. de vir. ill. 37, 3f. Sen. brev. vit. 13, 4. damit iibereinstimmt. Der bedeutende Zeitabstand 

Frontin. strat. 14, 11. Flor. 1 18, 5. Ampel. 46, 3), macht ebenso wie bei P. Claudius Pulcher Nr. 304 

die Stadt befreite, sofort den Hiero besiegte und gegen die Richtigkeit dieser Angaben einiger- 
zur Unterwerfung zwang (Auct. de vir. ill. 37, 5. 60 massen bedenklich. C. war Consul 514 = 240 

Oros. IV 7, 1—3. Flor. I 18, 5. Suet. Tib. 2). (Fasti Cap. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cas- 

Auch iiber die folgenden Ereignisse sind unsere siod. Gell. a. O. Cic. Brut. 72; Tusc. 13; Cato 50), 

Hauptquellen nicht ganz einig, doch scheint un- Censor 529 = 225 (Fasti Cap.), Interrex 537 = 217 

gefahr dieses der Sachverhalt zu sein : Nachdem (Liv. XXII 34, 1) und Dictator zur Loitung der 

Messana entsetzt war, unternahm C. Streifziige Wahlen 541 = 213 (Liv. XXV 2, 3 — 5). 

in das syrakusanische Gebiet, belagerte die Festung 105) C. Claudius Centho, wahrscheinlich Sohn 

Echetla, die zwischen diesem und dem karthagi- von Nr. 104 und Vater von Nr. 103, war bei Er- 

schen lag (Polyb. I 15, 10. Diod. XXIII 3, wo offhung des Krieges gegen Philipp 554 = 200 



2695 Claudius Claudius 2696 

Legat des Consuls P. Sulpicius. Er wurde so- 111) Claudius Clemens, Procurator von Cor- 

fort nach dem tJbergang der Romer nach Grie- sica unter Vespasian, CIL X 8038; unter Domi- 

chenland abgeschickt, um das belagerte Athen zu tian Praefect der alexandrinischen Flotte , CIL. 

entsetzen (Liy. XXXI 14, 3. 22, 5. Zonar. 1X15); III p. 856 dipl. 13, datiert vom 17. Februar 86. 

er leste nicht allein diese Aufgabe, sondern unter- Ein Ti. Claudius Clemens erscheint CIL VI 940. 
nahm auch einen kecken und erfolgreichen Zug [Stein.] 

gegen Chalkis auf Euboea , einen Hauptwaffen- 112) [Gaiu]s Claudius Clemens, Sohn des Fol- 

platz des Konigs. Die Stadt wurde genommen, genden, s. d. 

die Waffenfahigen niedergemacht , die reichen 113) C. Claudius Clemens Licinianus, vjiaxi- 

Magazine in Brand gesteckt, die Statuen Philipps 10 xog (etwa gegen Ende des 2. Jhdts. n. Chr.), Ge- 

umgestiirzt. Darauf zog C. , zu schwach , um mahl der Claudia Iulia Procula (Nr. 421), Vater 

Chalkis zu behaupten, mit reicher Beute ab (Liv. des Vorausgehenden (genealogische Inschrift von 

XXXI 22, 8—23, 11. Zonar.) und nahm sein Oinoanda, s. Nr. 39). 

Standquartier im Piraeus (Liv. XXXI 22, 5. 25, 2). 114) Tib. Claudius Cleoboles, [s]en(ior), Con- 

Als die Makedonier ihren Angriff auf Athen er- sul (suffectus in unbestimmtem Jahre), leiblicher 

neuerten, wurden sie von ihm wieder zuriickge- Vater des CI. Acilius Cleoboles (Nr. 34), der von 

worfen (Zonar.). M.' Acilius Faustinus cos. 210 n. Chr. adoptiert 

106) C. Claudius Centho, vielleicht ein Sohn des wurde, CIL IX 2334 Allifae. [Groag.] 
Vorigen, ging 599 = 155 an der Spitze einer romi- 115) M. Claudius Clineas, Legat des Consuls 
schenGesandtschaftnachAsien,Polyb.XXXIIIl,2. 20 C. Licinius Varus im J. 518 = 236, wurde nach 

107) Ti. Claudius Centumalus, wurde von P. Corsica vorausgesandt und schloss ohne Ermach- 
Calpurnius Lanarius wegen eines Hauses auf dem tigung mit dem Feinde Frieden (M. Claudius 
Caelius, das er diesem verkauft hatte, verklagt Val. Max. VI 3, 3; KXavdtog KXivsag Zonar. VIII 
und von M. Cato, der nicht lange vor 673 =81 18; KXavdtog Dio frg. 44, 2. Ammian. XIV 11, 
starb, verurteilt (Cic. off. Ill 66 , daraus Val. 32). Der Senat erklarte den Vertrag fur ungiiltig 
Max. VIII 2, 1). [Miinzer.] und lieferte den C. den Corsen aus; als sie ihn 

108) Claudius Claudianus s.Claudianus Nr. 9. zuriickwiesen, wurde er nach einer Version (Zonar.) 

109) Ti. Claudius Claudianus, stammte wahr- verbannt , nach der andern (Val. Max.) im Ge- 
scheinlich aus Numidien (Busicade ?), da in dieser fangnis hingerichtet. Die Identification mit M. 
Provinz ihm selbst, seiner Gemahlin Pomponia 30 Claudius Glicia Nr. 166 entbehrt jeder sicheren 
Germanilla und seiner Schwester Claudia P. f. Quir. Grundlage. [Miinzer.] 
Gallitta (Nr. 418) Ehreninschriften gesetzt wurden 116) Ti. Cl(audius) Clitianus, Aoywxrjg (= eu- 
(CIL VIII 5349 Calama. 7977. 7978 = Dessau rator) von Magnesia (am Sipylos), geehrt von den 
1146. 1147 Rusicade). DemNamen seiner Schwester Einwohnern dieser Stadt, Bull, hell, IX (1885) 
zufolge war er Sohn eines Publius (nicht Ti., wie 395. 

CIL VIII 5349 gelesen wird) und geherte der 117) [Ti.] Claudius [(1)Co]gidubnus, r(e%V? 

(in Rusicade gewohnlichen) Tribus Quirina an. lega[tus] Aug(usti) nfostri) Brit(anniae) , CIL 

Wahrscheinlich ging er aus dem Ritterstande hervor VII 11, vgl. Add. p. 305. Die staatsrechtliche 

(die Identificierung mit Ti. CI. Claudianus praef. Stellung, die C, vorausgesetzt, dass die Ergan- 
eoh. I Bracaraugustanorum , CIL III 1773, ist40zungen richtig sind, einnimmt, macht es wahr- 

freilich vollig unsicher) und wurde erst von seinem scheinlich, dass er mit dem britannischen Konig 

Landsmann Septimius Severus (Kaiser seit 193 Cogidumnus identisch ist, der nach Tac. Agric. 

n. Chr.) unter die Tribunicier aufgenommen (vgl. 14 von Kaiser Claudius einige Gebiete erhielt und 

Ritterling Arch.-epigr. Mitt. XX 1897, 38, 98). treu dem romischen Kaisertum bis in die Zeit 

Hierauf wurde er (vgl. CIL VIII 7978) praetor des Tacitus (geschrieben 98 n. Chr.) lebte. Vgl. 

tutelar is candidatus Aug (usti) — in der Inschrift, Hiibner unter Britannia oben S. 869 und 

die wahrscheinlich unter der Samtherrschaft des Herm. X (1875) 399. 

Severus, Caracalla und Geta (209—211) gesetzt 118) Claudius Constms, procurator) Aug fusti} 

ist, stent hier wie sonst falschlich Auggg. — , le- von Mauretania Caesariensis , durch dessen Ver- 
g(atus) legfionis) XIII. gemfinae) et V. Mace- 50 dienst dort ein Sieg iiber die Musulamier errungen 

donieae piae (in Dakien im J. 195, CIL III 905), wurde , CIL VIII 9288. Wahrscheinlich dem 

praepositus vexillation(um) Dacisearum (wohl in 3. Jhdt. angehOrig; vgl. Pallu de Les sert Fastes 

den Feldziigen des Severus gegen Pescennius Niger des prov. africaines I 522. [Stein.] 

193/4 und gegen Clodius Albinus 196/7), Statt- 119) Claudpus] . . . Cornelifanus] (?) : . . ov 

halter von Pannonia inferior (schon vor dem Som- Elav&[iov . . . vjnanxov [vlbv] . . . Koovrjh[av6v 

mer 197, CIL III 3387 [wo Caracalla Caesar, ... aQx<.]tQza 2s[(Saozov, aenxefiovQoaiv in[ovlw- 

aber noch nicht imp. destinatus genannt wird] vovfi (?, vielleicht eher xa>v i &v8]qwv m]\ 'Pa>^irjg) r 

und im J. 198 , CIL III 3745. 10616) , Consul %]iliaQ%or [ukarva^fiov] Xsy(ecovog-xQht]g) KvQ[r\- 

(suffectus im J. 199 oder 200), Statthalter von vaixrjg, xa] filar xov [Kaioagog] ajioded[eiypivov t 
Pannonia superior (zwischen 201 und 207 ; die 60 xov] jtatQ<ov[a cet. rj] naxQt[g .- . . Inschriftfrag- 

Ausdrucksweise der Inschrift eonsul(aris) provin- ment aus Pompeiopolis in Paphlagonien, heraus- 

e(iarum) et exerc(ituum) Pann(oniarum) inferio- gegeben und erganzt von Doublet Bull. hell. 

r(is) et superior(is) ist irrig; vgl. Ritterling XIII 1889, 307 nr. 14. [Groag.] 

a. a. 0. 36f.). C. bekleidete die Priesteramter 120) Claudius Cossus, einer der helvetischen 

eines sacerdos Laurens Lavinas (ritterlich) und Gesandten, die an den Fiihrer des vitellianischen 

eines septemvir epulonum. Heeres (A.) Caecina (Alienus) geschickt wurden, 

110) T. Fl(avius) Claudius Claudianus s. um Gnade fur den Volksstamm zu erflehen; durch 
Flavius. [Groag.] sein schlaues Benehmen gelang es ihm, die Wut 



2697 Claudius Claudius 2698 

der Soldaten und des Peldherm umzustimmen antritt gestorben (Fasti Cap. Chronogr. Idat. 

und die ZerstOrung seiner Vaterstadt Aventicum Chron. pasch. Claud. Quadrig. bei Gell. IX 11, 3. 

zu verhindern, Tac. hist. I 69. [Stein.] Cic. Cato 41. Liv. VII 24, 11. 25, 10. Cassiod.). 

121) Ap. Claudius Crassus, Sohn des Decern- 123) Ap. Claudius Crassus Inregillensis Sa- 
virs Nr. 123 , Militartribun mit consularischer binus. So reichlich auch die Quellen fiir die Ge- 
Gewalt 330 = 424, blieb in Rom, wahrend seine schichte dieses Mannes fliessen , so sind es doch 
Amtsgenossen ins Feld zogen (Liv. TV 35, 4. 36, 5. nur die spatesten Berichte, die uns vorliegen. 
Diod. XII 82, 1. Chronogr.). Bei dem Versuche, uber sie hinaus zu der ge- 

122) Ap. Claudius Crassus Inregillensis, Enkel schichtlichen Wahrheit vorzudringen, bleibt nichts 
des Decemvirs Appius Nr. 123 (Liv. IV 48, 5. VI 10 iibrig als das Ergebnis: Appius war Consul I 
40, 1) und Sohn eines nicht weiter bekannten 283 = 471, Consul II 303 = 451 und nach der 
Pnblius (Fasti Cap. zum J. 351). Das Cognomen Niederlegung des zweiten Consulats in demselben 
Crassus fuhrt er bei Livius (V 1, 2. VI 40, 1 und in dem folgenden Jahre Decemvir consulari 
u. 0.), Chronogr. Idat. Chron. pasch. zum J. 405; imperio . legibus scribendis. Der Consul von 283 
[Orjassus Inregillensis bieten die Fasti Cap. zum = 471 heisst bei Liv. II 56, 5 und Dionys. VIII 
J. 392 (vgl. 351. 405; uber diese Beinamen oben 90. IX 42 Sohn des Appius Nr. 321 und fuhrt 

5. 2663). Schon im J. 338 = 416 soil dieser wie dieser bei dem Chronogr. den Beinamen In- 
AppiusdietraditionelleFeindschaftgegendiePlebs regillensis, bei Dionys. Idat. und Chron. pasch. 
bewiesen haben (Liv. IV 48, 5ff. , vgl. V 2, 14). Sabinus ; das Consulat bezeugen Chronogr. Idat. 
Als Militartribun mit consularischer Gewalt blieb 20 Chron. pasch. Liv. II 56, 5. Cassiod. Diod. XI 
er im J. 351 = 403 in Bom zuruck (Fasti Cap. 67, 1. Dionys. IX 42. 43. Ohne Wert sind die 
Liv. V 1, 2. Diod. XIV 35, 1) und beschwichtigte friiheren Erwahnungen bei Dionys. VIII 90 zum 
die Unzufriedenheit, die bei den Plebeiern durch J. 272 = 482 (Absicht der Patricier, den C. zum 
die Fortsetzung des Krieges mit Veii wahrend Consul zu wahlen, durch die Plebeier vereitelt) 
des Winters erzeugt worden war (Liv. V 2, 13. und IX 1 , vgl. X 30 zum J. 273 = 481 (von 
3, 1. 7, 1). Im J. 358 = 396 soil er den Vor- Liv. II 44, 2, vgl. IV 48, 6 zum J. 274 = 480 
schlag gemacht haben, die veientische Beute zur erzahlt: Rat des C., einen Tribunen durch die Inter- 
Soldzahlung fiir die Krieger zu verwenden (Liv. cession seiner Collegen unschadlich zu machen), 
V 20, 5ff.). Von diesem Zeitpunkt an ist von sowie die Berichte uber sein Consulat. Da das 
ihm durch fast dreissig Jahre nicht mehr die 30 J. 283 = 471 ohne Zweifel hOchst bedeutungs- 
Rede, und wenn sich die folgenden Nachrichten, voll, ja epochemachend fur die Entwicklung des 
wie die Tradition will, samtlich auf ihn beziehen, Volkstribunats war (vgl. Mommsen St.-R. II 276. 
so hatte sich seine politische Thatigkeit uber III 152. Ed. Meyer Rh. Mus. XXXVII 616; 
nahezu sieben Jahrzehnte erstreckt. Daher ist es Herm. XXX 5ff. 17 Anm.), konnte die Erfindung 
nicht unmoglich, dass ein jiingerer Appius hier der Annalisten, soweit sie den C. betraf, hier an- 
in den Fasten und sonstigen Berichten mit einem kniipfen. Liv. II 56, 5 — 58, 1 und Dionys. IX 
alteren zu einer Personlichkeit verschmolzen ist 43 — 49, die nur geringe Abweichungen von ein- 
(von Drum an n G. R. II 169f. als Vettern unter- ander aufweisen, verlegen hierher das publilische 
schieden). Selbstverstandlich erscheint Appius als Gesetz, wonach die Beamten der Plebs in plebe- 
Vertreter der angeblichen claudischen Familien- 40 ischen Sonderversammlungen gewahlt werden soll- 
politik im J. 386 = 368 unter den Gegnern der ten, schildern die daraus entspringenden Kampfe 
licinisch-sextischen Gesetzantrage (Liv. VI 40, 1 der beiden Stande und zeichnen dabei ganz schab- 
— 42, 1. Auct. de vir. ill. 20, 2). Als eines der lonenmassig den Consul Appius als den erbittert- 
Haupter des Patriciats ubernahm er 392 = 362, sten Gegner der Plebeier, wahrend sein Amtsge- 
nachdem der plebeische Consul L. Genucius im nosse T. Quinctius die Vermittlerrolle erhalt. 
Kampfe gegen die Herniker gefallen war, die Die- Daran schliessen sich die iibereinstimmenden Be- 
tatur rei gerundae eausa (Fasti Cap. Liv. VII richte iiber den Feldzug gegen die Volsker, wo- 

6, 12) und soil einen Sieg uber die Feinde er- bei sich erst das Heer aus Hass gegen den Feld- 
rungen haben (Liv. VII 7, 3—8, 7). Die tenden- herrn Appius ohne Kampf in die Flucht jagen 
ziOse Farbung und die schablonenmassige Dar-50und dann Appius zur Strafe die Officiere und 
stellung mancher Einzelheiten machen diese Er- je den zehnten Mann von den Gemeinen hinrich- 
zahlung ziemlich verdachtig (vgl. Clason R. G. ten liess (Liv. II 58, 3 — 59, 11. Val. Max. IX 
I 279f., der I 344 deshalb sogar die Dictatur in 3, 5. Frontin. strat. IV 1 , 34. Flor. I 22, 2. 
Zweifel zieht), doch kann man vielleicht an der Dionys. IX 50. Appian. Ital. 7. Zonar. VII 17), 
Niederlage und dem auf sie folgenden Siege fiber und die iiber die Katastrophe des Appius (Liv. 
die Herniker festhalten (vgl. Burger Sechzig II 61, 1—9. Dionys. IX 52—54): Er habe auch 
Jahre aus d. alt. Gesch. Roms [Amsterdam 1891] im folgenden Jahre den Hass der Tribunen durch 
213). Da aber schon vor dem Feldzuge des Appius seinen Widerstand gegen ihr Ackergesetz auf sich 
der Legat C. Sulpicius die Scharte ausgewetzt geladen, sei von ihnen vor Gericht gezogen wor- 
hatte (Liv. VII 7, 1—3), und da Appius nur mit 60 den, habe hochmiitig alle Mittel, das Volk fur 
grossem eigenen Verlust einen Erfolg errang (ebd. sich zu gewinnen, verschmiiht (vgl. Suet. Tib. 2) 
8, 7: quarta pars militum amissa), so ist es be- und sei noch vor der Fallung des Urteils plotz- 
denklich, in den Acta triumphorum einen Triumph lich gestorben, nach Dionys und Zonaras durch 
des Appius zu erganzen, weil hier vor einem Selbstmord, nach Livius (und der Angabe seiner 
Triumph des J. 393 = 361 das zum Tagesdatum Verwandten bei Dionys) an einer Krankheit. Diese 
eines andern gehiirende Wort Nov. erhalten ist ganze Darstellung ist eine consequente und ein- 
(CIL 12 p. 51). Im J. 405 = 349 ist Appius heitliche Erfindung; der einzige Zug, der nicht 
zum Consulat gelangt, aber kurz nach dem Amts- hineinpasst, ist der, dass die Plebs ihrem argsten 



2699 Claudius Claudius 270O 

Feinde sogar gegen den Willen der Tribunen in der beriihmten Sage von Verginia, die schon 

ein ehrenvolles Begrabnis gewahrte. Die voll- Livius selbst als das Seitenstiick zu der von Lu- 

standige Haltlosigkeit der ganzen Erzahlung er- cretia bezeichnet (III 44, 1). Der Aufstand der 

giebt sich aus der einfachen Thatsache, dass der Gemeinde und der Sturz der Decemvirn erscheinen 

Consul von 283 = 471 im J. 303 = 451 noch als die Folgen dieses Verbrechens, und Appius 

einmal Consul wurde und infolge der Einsetzung tritt von dem Schauplatz ab, um erst wieder 

der Decemvirn sein Amt mit deren "Wurde ver- nach Herstellung der alten Ordnung als Ange- 

tauschte._ Die Identitat ist klar ausgesprochen in klagter vor dem Volke zu erscheinen; noch ehe- 

den Fasti Cap. zum J. 303 = 451 : Ap. Claudius die von L. Verginius erhobene Anklage zur end- 
Ap. f. M. n. Crassinr[i]gill. Sabin. II. T. Oe- 10 giiltigen Verhandlung gekommen war, habe er im 

nufeius L.f. L. n.] Au[gu]rinus abdicarunt ut Gefangnis durch eigene Hand seinen Tod ge- 

de[c]emviri consular [i imperio fierjent. decern- funden. In dieser ganzen Darstellung macht sich,. 

viri consular[i impjerio legibus sferibundis wie Mommsen richtig erkannte (Rom. Forsch. 

factji eod. anno Ap. Claudius Ap. f. M. n. I 298; ubereinstimmend Ihne R. G.2 I 182ff.), 

Orassin[rigill. Sab]in. qui cos. fuefrat]. T. Oe- eine doppelte Auffassung des Appius geltend, eine- 

nucius L. f. L. n. Augurin[us q]ui cos. fuerat altere, die in ihm den Vertreter der plebeischen 

(vgl. Chronogr. zum J. 303 : Sabino II; zum Interessen erblickte, und eine jtingere, fur die er 

J. 304: Sabino III); sie ist aber auch noch deut- der Typus des plebeierfeindlichen Claudiers war. 

lich zu erkennen an mehreren Stellen des Livius Es ist der zweiten hier nicht gelungen , alle 
(III 33, 7. 35, 3. IV 48, 5f.; vgl. Niebuhr R. 20Spuren der ersten zu verwischen; namentlich 

G. H 377, 54. SchweglerR. G. II 568ff.). Ap. zeigen die Worte, die Liv. Ill 33, 7 beim ersten 

f. war auch nach der gewOhnlichen Annahme eben- Auftreten des Appius im J. 303 = 451 von ihm 

so der Consul von 283, wie der Decemvir; nur gebraucht, dass dieselbe Tradition einerseits den 

machte man jenen zum Vater des Decemvirs. Decemvir noch nicht von dem Consul von 283- 

Dessen Beinamen, die freilich selbst schon spat = 471 schied, andererseits ihn als plebieola zeich- 

hinzugefugt sind, sind von denen des Consuls nete. Die jiingere Anschauung tritt in der Er- 

nicht verschieden. Diod. XII 23, 1 (IlojiXiog zahlung vom Beginn des J. 304 an hervor, sehr 

KXmdiog 'PtjyiXXavog; hinter IIosiXios muss ein deutlich z. B. IH 36, 7. 37, 6. 38, 13. 49, 8. Ver- 

dazu gehoriger Gentilname Wuriatius nach Liv., glichen mit dem Bericht des Livius erscheint der 
Horatius nach Dionys.] und der zum Folgenden 30 unvollstandig erhaltene des Dionys (X 54 — XI 44) 

gehOrige Vorname ["Aumog, vgl. Diod. XII 24, 1] als ein Versuch, die scharfsten Widersprtiche aus- 

ausgefallen sein) und Suet. Tib. 2 geben die Form zugleichen oder abzuschwachen. Zwar wird vom 

Begillanus; daher vermutet Mommsen (CILI2 ersten Decern virat gerilhmt, dass es zum Vorteil 

p. 32 zum J. 392), dass die Fasti Cap. bei den Jahren der Plebs und iiberhaupt sehr gut verwaltet wor- 

303. 304 die alte Abkiirzung Crassinrigill., d. h. den sei (X 57) , aber Dionys weiss weder etwas 

Crassinus Begillanus erhalten haben, wahrend davon, dass Appius seine Wiederwahl namentlich 

sie sonst schon deren falsche AuflOsung Crassus der Plebs verdankte (X 58), noch davon, dass er 

Inregillensis bieten. Die bekannteste Darstellung sich spater gerade gegen diese wandte (nur eine 

der Geschichte des Decemvirats ist die des Li- ganz beilauflge Bemerkung XI 22 Ende) und 
vius III 33 — 58; Appius habe in so hohem Masse 40 durchaus auf die jungen Patricier stiitzte (vgl. 

die Gunst der Plebs zu erwerben verstanden, dass besonders die vollig entgegengesetzte Schilderung 

er das Haupt der Regierung wurde; nachdem das von der Haltung der iuniores patrum und des 

erste Collegium das Gesetzgebungswerk noch nicht vsov xfjg fiovlfjs fiegog in der Senatssitzung bei 

zu vOlligem Abschlusse gebracht hatte und die Liv. Ill 41, 1 und Dionys. XI 21). Wenn Dionys 

nochmalige Wahl von Decemvirn beschlossen war, XI 1 seine Schilderung einleitet: Tioirjoofiai. 8s 

habe er, gestiitzt auf die Plebs, durch eifrige Be- xov tisqI avvcov Xoyov ovx anb xwv zsXevxaicav 

miihung seine Wiederwahl und die Wahl von Ge- ag^dfisvog a SoxeT xoig noXXoTg aiua yeveo&ai fiova 

nossen, auf die er sich verlassen konnte, durch- xfjg iXsv&sgi'ag, Xsya> Si xwv jisqI xtjv naQ&svov 

gesetzt und dann plstzlich die Farbe gewechselt. dftagxijd'ivxoyy 'Annlm dia xov eawza , so hat er 
Jetzt erst habe er sein wahres Gesicht gezeigt 50 Schilderungen im Auge , denen die ganze Aus- 

und mit seinen Amtsgenossen eine Schreckens- malung der Gewaltherrschaft , die Episode des 

herrschaft begonnen, die mehr und mehr auf den Siccius u. s. w. noch fremd war , dagegen die 

Plebeiern lastete, wahrend die patricische Jugend Sage von Verginia schon gelauflg. Alter als die 

auf seiten des Tyrannen stand. Widerrechtlich bisher erwahnten Berichte ist der Diodors. Er 

behielten die Decemvirn ihr Amt auch im nach- enthalt erstens eine schlecht iiberlieferte Liste 

sten J. 305 = 449 und fuhren fort, in- derselben der Decemvirn (XII 24, 1), zweitens eine Sage, 

gewaltsamen Weise zu herrschen. Die Bedrohung deren echt volksmassigen Ton der Anfang geniigend 

Roms durch die Aequer und Sabiner n8tigte sie zeigt (ebd. 2: sig 8' sf avxcov sQao&eig evyevovg 

zwar, den Senat zu berufen, aber da es nun als thxq&svov msvixqSs), drittens Nachrichten fiber die' 
das dringendste erschien, der Gefahr von aussen 60 beide Stande versehnende Gesetzgebung (XET 25, 

zu begegnen, so erhielten sie das Recht der Aus- 2). Wenn dieser letzte Teil Bedenken erregt, so 

hebung und den Oberbefehl. Acht von ihnen trifft die Schuld den griechischen Compilator (vgl. 

seien ins Feld gerfickt, Appius und Sp. Oppius Mommsen Rom. Forsch. II 287f.); und keines- 

zur Verwaltung der inneren Angelegenheiten in falls berechtigt dies zu ungiinstigen Schlussen 

Rom geblieben. Die Erzahlung wendet sich dann fur den zweiten, damit gar nicht zusammenhangen- 

den ungliicklichen Kriegen und der frevelhaften, den Teil. Dieser giebt ohne Frage die alteste 

von den Decemvirn befohlenen Ermordung des L. Fassung der Sage vom Sturze der Decemvirn 

Siccius zu und erreicht endlich ihren Hohepunkt wieder (vgl. noch Maschke Freiheitsprocess im 



2701 Claudius Claudius 2702 

classischen Altertum [Berlin 18881 41ff -); es ist spiiteren Zuthaten noch in den jiingsten Darstel- 

Volkssage in ihrer urspriinglichen Form, die noch lungen abhoben. Wenn die Sage (noch bei Ci- 

keine bestimmten Namen ihrer Helden kennt und cero, von dem dies Ascon. Cornel, p. 68 ausdruck- 

noch keine bestimmte und klare Vorstellung von lich hervorhebt, und Diodor) keine bestimmten 

dem Charakter der Tyrannis hat. Bei der weiteren PersOnlichkeiten kannte, so konnten die Geschicht- 

Entwicklung der Tradition wurde diese Tyrannis schreiber sich damit nicht begniigen; aus der 

nach griechischen Mustern ausgenialt: durch die Jungfrau schlechthin (virgo) wurde eine Verginia 

Hiilfe des niederen Volkes kommt ein Demagog und der erste, den die Liste der Decemvirn ver- 

empor, missbraucht seine Gewalt zur Befriedigung zeichnete, konnte leicht als deren Hanpt und als 

perstmlicher Begierden und wird deshalb von 10 der Held der Sage angesehen werden. 

denen selbst, die ihn erhoben hatten, wieder ge- [Miinzer.] 

stiirzt. Diese Ausgestaltung der alten Sage dfirfte 124) CI. Demetrius, av&vnatos xrjs 'Axatas xal 

der Gracchenzeit angehOren, in der man ahn- nQsa^(svtijg) Ss§(aatov) xal avnoxQaxrjyog xal 

liche Dinge erlebt hatte, in der z. B. die ver- iaavoQ#coxtjs xwv sXev&sqo>v n6lsa>v, Vater der 

fassungswidrige Verlangerung der Amtsgewalt in Claudia Baebia Baebiana (Dittenberger-Pur- 

ein zweites Jahr hinein von Tib. Gracchus ver- gold Inschr. v. Olympia nr. 941), vermutlich 

sucht worden war. Damals hat ein Appius identisch mit dem Folgenden. 

Claudius, der Schwiegervater dieses Ti. Grac- 125) M. CI. Demetrius, Consular, legatus 

chus, die demokratische Bewegung auf das ent- Augustorum (Severus und Caracalla 198—211 n. 

schiedenste unterstiitzt (vgl. Nr. 295) . und da- 20 Chr.) pro praetore von Pontus und Bithynien 

mals schrieb Piso, der zu den heftigsten Geg- (CIG II 3771 Nicomedia), vielleicht Sohn des 

nern der Bewegung gehOrte, sein Geschichtswerk. Folgenden. Vgl. Nr. 124. [Groag.] 

Auch die Endredaction der Magistratstafel, auf 126) Tib. Cl(audius) Demetrius aus Nicomedia, 

die die capitolinischen Fasten zuriickgehen, mag v(ir) efyregiusj, procurator) Aug(ustorum) n(o- 

in derselben Zeit erfolgt sein , als die Ponti- strorum duorum) (ducenarius) episcepseos chorae 

ficalannalen zum Abschluss kamen und vornehm- inferioris (emoxey/ecos tijg ^coga? rife xaxco, d. i. 

lich namhafte, angesehene Manner sich dem Stu- das Kfistengebiet der Alpes Maritimae), Inschrift 

dium der alteren Geschichte Boms widmeten. Erst aus Cemenelum CIL V 7870 und dazu vgl. Momm- 

ihre Nachfolger, die Annalisten der sullanischen sens Beme'rkungen. Er ist vielleicht der Vater 

Zeit, haben dann den Consul Appius von dem 30 des Vorhergehenden , und daher wurde die In- 

Decemvir getrennt und die Erzahlung von dem schrift nicht, wie Mommsen thut, dem 3., son- 

unnatiirlichen Ende wahrend des noch schweben- dem dem 2. Jhdt. n. Chr. zuzuweisen sein; die 

den Processes zweimal erzahlt, haben das Bild beiden Augusti waren also Marcus und Verus. 

des Appius mit neuen Farben ausgemalt und den Der Ausdruck ducenarius ist daher auch nicht 

breiteren Hintergrund ausgefuhrt, von dem es titular, sondern als Bestimmung zu procurator 

sich abheben sollte. Vielleicht giebt Livius im zu fassen, vgl. Mommsen St.-B. Ill 564 und 

wesentlichen die Darstelhmg des Valerius Antias Hirschfeld Verw.-G. I 259. 

und Dionys die des Licinius Macer wieder. Eine 127) Claudius Demianus, verbrecherischer 

selbstandige Stellung nimmt unter den erhaltenen Mensch, den der Proconsul von Asien , L. Anti- 
Berichten noch der Ciceros (rep. II 63) ein; er40stius Vetus, ins Gefangnis setzte, Nero aber zur 

stent zwischen den Darstellungen der altesten Belohnung fur seine Anklage gegen Vetus frei- 

und der sullanischen Annalistik, ohne sich jedoch liess, 65 n. Chr., Tac. ann. XVI 10. [Stein.] 

mit der pisonischen naher zu berlihren (vgl. das 128) Claudius Demostratos, athenischer Ar- 

ahnliche Verhaltnis bei der Geschichte des Sp. chon, vgl. Demostratos. [v. Schoeffer.] 

Cassius oben S. 1749 Nr. 91). Dagegen sind die 129) [Ti? OJlaudio Ti. f. Dextro . . . ri ite- 

sonstigen Erwahnungen der Geschichte des Appius rum . . . aed. pi. [vix. ajnn. XXVII . . . us 

ohne eigenen Wert (Cic. fin. II 66. Liv. VI 20, 3. Scombrio . . [ojptimo f(ecit). Aufschrift einer 

Val. Max. VI 1, 2. Ascon. Cornel, p. 68. Suet. Urne, von den Herausgebern des CIL unter die 

Tib. 2. Flor. I 24, 2. Eutrop. I 18. Ampel. 25, 2. Senatoreninschriften eingereiht (CIL VI 31 700 

Auct. de vir. ill. 21, 2. Pompon. Dig. I 2, 2, 24. 50 = 3873). Dass C. Senator gewesen ist, scheint 

Zonar. VII 18 u. a.); hochstens verdient noch er- jedoch wenig wahrscheinlich ; war es der Fall, so 

wahnt zu werden, dass fiber seinen Tod wieder ist Zeile 3 vielleicht [quaestojri iterum zu er- 

zwei Versionen esistierten, Selbstmord oder Hin- ganzen. [Groag.] 

richtung auf Befehl der Tribunen im Gefangnis 130) Claudius Didymus s. Didymos. 

(vgl. Dionys. XI 46. 49 [Angabe der Verwandten]. 131) Claudius Diogenes aus Aphrodisias, Se- 
Auct. de vir. ill. 21, 4). Eine Kritik der ver-i/nator, Bruder des L. Claudius Attalus (Nr. 66) 

schiedenen Auffassungen des Decemvirats gehOrt und demnaeh Sohn des L. Antonius Claudius 

nicht hierher (vgl. fiber die diodorische F. Cauer Dometinus Diogenes, Oheim der Claudia Antonia 

Jahrb. f. Philol. CXXIX 171), wo es sich nur Tatiana (Nr. 403). CIG II 2819 b Add. p. 1115 

ran Appius Claudius handelt. Dessen Name, der 60= Le Bas III 1597. II 2805 a = Le Bas III 

in der Liste der Decemvirn an der Spitze stand, 1615. II 2805 b Aphrodisias. [Groag.] 

und die alte Sage, deren Grundmotiv zweimal in 132) Claudius Diognetus, Procurator Augusti, 

der rOmischen Geschichte wiederkehrt (Lucretia Stellvertreter des Oberpriesters von Alexandria 

und Verginia), und deren Tendenz Mommsen (diadexo/tevos xty aQxi[eQ]oovvriv) unter Septimius 

(St.-B. II 717, vgl. Ed. Meyer Bh. Mus. XXXVII Severus; ein von ihm an einen untergebenen Stra- 

618, 1) scharf und richtig beurteilt hat, waren tegen gerichtetes Schreiben auf einem griechi- 

die einfachen Elemente, die mit einander ver- schen Papyrus Herm. XXIII (1888) 593 ist vom 

bunden wurden und die sich von den zahlreichen 24. Mai 197 datiert; vgl. U. Wilcken a. a. O. 



2703 Claudius Claudius 2704 

600. Die Gattin eines Ti. Claudius Diognetus, niitzt werden kann. Floras Hauptquelle ist Li- 
Claudia Magna, setzt ihrer Grossmutter die ephe- vius; Orosius hinwieder schrieb fiir die Geschichte 
sische Inschrift CIL III 6087. der germanischen Feldziige des Drusus den Floras 

133) (M. Claudius) Dionysius (?), Preigelasse- aus, nicht etwa Livius selbst (vgl. C. Wachs- 
ner des (M. Claudius) Marcellus Aeserninus (Nr. muth Einleitung in das Studium der alten Ge- 
234), thessalischer Eunuch, der grosse Beichtiimer schichte, Leipz. 1895, 121 und die dort ange- 
besass und bedeutenden Einfluss erlangte. Von gebene Litteratur; gegen G. Kossinna Westd. 
ihm erzahlt Plin. n. h. XII 12, dass er die Pla- Ztschr. IX 212, 35. A. Eiese ebd. 343; das rhei- 
tane nach Italien verpflanzt habe. Aus der An- nische Germanien in der antiken Litteratur, Leipz. 
spielung, die Plinius auf seinen Reichtum macht, 10 1892, 57, 3; dagegen auch J. AsbachEhein. Jahrb. 
lasst sich wohl schliessen, dass Dionysius das LXXXV 18 mit schwachen Griinden ; richtig diirfte 
wirkliche Cognomen des Mannes war. Um noch aberseinfAsbach a. a. 0. 23], dass Sueton und Eu- 
grosseren Einfluss zu gewinnen, liess er sich unter trop denselben Auszug aus Livius benutzt haben). 
die kaiserlichen Preigelassenen adoptieren (Plin. Zu verwerten sind auch Velleius und Valerius 
a. a. 0.), hiess daher dann Ti. Claudius Dionysius; Maximus, die von den erhaltenen Quellen der Zeit 
einem Mann dieses Namens wird die Grabschrift nach am nachsten stehen, aber nicht zu den eigent- 
CIL VI 15003 gesetzt. [Stein.] lichen Geschichtsquellen zu zahlen sind. Magere 

134) Claudius Domitianus (Kl. Aofieuavog), Notizen bieten Strabon, der Philosoph Seneca, die 
athenischer Archon zwischen 129 — 138 n. Chr., beiden Plinier, Plutarch, Josephus, die spateren 
CIA III 1111. [v. Schoeffer.] 20 Breviaristen u. a. Horaz fiigte auf Veranlassung 

135) CI. Domitillianus Proculus aus Sagalassos, des Augustus seinen drei Banden Oden einen vierten 
6 xQ&ziotog owxk-rjTixos (Lanckororiski Stadte hinzu, um den siegreichen C. zu verherrlichen ; 
Pamphyliens und Pisidiens II 229 nr. 212). fiir die Geschichte gewinnen wir freilich so gut 

136) Ti. Clau(dius) Draco, [6 Xaunqjoxaxog wie nichts daraus. Nicht unwesentliche Nach- 
vnaxmoi, Sohn der Aelia Peithias (IGIns. I 95 a richten und Andeutungen verdanken wir endlich 
Ehodos) und des Ti. CI. Hermias (Nr. 174), Bruder dem Epicedion Drusi eines unbekannten Verfassers, 
der Sosipatra, Theonis und einer Unbekannten einem Trostgedicht an Livia anlasslich Drusus 
(Hermes IV 1870, 193 = Anc. Greek inscr. in Tod, Bahrens PLM I 97ff.; vgl. iiber den Stand 
the Brit. Mus. Ill 200 nr. 562 Ephesos). Seine der Frage nach dem Verfasser des Gedichts Teuf- 
Mutter war eine drsyjia des M. CI. Caninius Se-30fel-Schwabe Litt.-Gesch. 15 251, 5 und unten 
verus (Nr. 99). [Groag.] Art. Consolatio ad Liviam. Erwahnt sei, dass 

137) Claudius Drusus, verderbte Lesart bei Drusus Peldziige in Germanien in den nicht er- 
Suet. Tib. 2: Claudius Drusus, statua sibi dio- haltenen bella Qermaniae des alteren Plinius be- 
demata ad Appi Forum posita, Italiam per eli- handelt waren (Plin. epist. Ill 5). Eine voll- 
entelas oeeupare temptavit; vgl. Appius Claudius standige und ubersichtliche Zusammenstellung der 
Caecus (Nr. 91). [Miinzer.] auf die germanischen Eriege beziiglichen Nach- 

138) (Claudius) Drusus, Sohn des spateren richten bei A. Eiese Ehein. Germ. 48—60. 
Kaisers Ti. Claudius Nero Germanicus (Nr. 256) b) Inschriften. Die Zahl der zu Ehren des C. 
und der Plautia Urgulanilla. Im J. 20 n. Chr. gesetzten Inschriften ist nicht sehr gross, was bei 
wurden Drusus und die Tochter Seians, beide da- 40 seinem kurzen Lebenslauf erklarlich ist. Vgl. 
mals noch im Kindesalter stehend, einander zu ausser den Indices zum CIL namentlich die atti- 
kiinftiger Ehe bestimmt; spater (zwischen 23 und schen Inschriften der mit seinem Cult betrauten 
31) fand auch die officielle Verlobung statt, doch Priester. Hervorzuheben ist CIA III 443. Eh. 
starb der Knabe schon wenige Tage nachher in Mus. XLV 612. 

Pompeii (Tac. ann. Ill 29. Suet. Claud. 27. Dio c) Miinzen und Bildwerke. Die wenigen er- 

LX 32, 1; vgl. Nipperdey-Andresen zu Tac. haltenen Munzen mit dem Namen oder dem Eopf 

ann. IV 7). In der Inschrift CIL XIV 3607 wird des Drusus bei Eckhel VI 176—178. Cohen 

P. Plautius Pulcher, der Bruder der Urgulanilla, als 12 220—222. Ebendort Eestitutionsmiinzen aus 

avonculus Drusi Ti. Glaudi Caesar is Augusti claudischer und flavischer Zeit, s. u. Mionnet 
fili bezeichnet. [Groag.] 50 III 70f. nr. 82. 219 nr. 1222f. Die Sculpturen, 

139) Nero Claudius Drusus, gewohnlich Drusus die — durchweg ohne geniigende Sicherheit — 
der Altere genannt, Stiefsohn des Augustus und dem Drusus zugeschrieben werden, bei J. J. Ber 
Bruder des Kaisers Tiberius. " nouilli Eomische Ikonographie II 1 (1886), 

I. Quellen. a) Schriftsteller. Den ausfuhr- 209—216. 

lichsten Bericht iiber ihn und seine Thaten linden d) Moderne Litteratur. Uber Drusus Feldziige 

wir bei Dio, dessen Erzahlung jedoch keineswegs in Germanien hat sich seit langer Zeit eine reiche 

luckenlos und sachlich nicht immer zuverlassig Litteratur angesammelt. Wenige Personlichkeiten 

ist. Zonaras hier zu citieren , der ja nur einen der romischen Kaisergeschichte sind so hauflg 

sehr diirftigen Auszug aus Dio bietet, ist iiber- wie C. der Gegenstand einer vaterlandischen Local- 
flussig. Livius hat in den letzten Biichern seines 60 forschung geworden , deren Ergebnisse zumeist 

Geschichtswerkes die Feldziige des Drusus be- in periodischen Druckschriften der Eheingebiete 

schrieben, wie wir aus den lapidaren Satzen der niedergelegt sind. Namentlich enthalten die ein- 

Periochae erkennen; das wenige, was sich hier zelnen Jahrgange der Eheinischen Jahrbiicher eine 

findet, ist immerhin wertvoll. Ergiinzend kommt grosse Zahl einschlagiger Aufsatze. Besonders 

hinzu Sueton in der Biographie des Claudius und hervorgehoben zu werden verdient J. Asbach 

Tacitus an einigen Stellen der Annalen, sowie Die Feldziige des Nero Claudius Drusus, Ehein. 

Plorus, der manches sonst unbekanntes Detail Jahrb. LXXXV 14—30. Andere Darstellungen : 

uberliefert, aber nur mit iiusserster Vorsicht be- M. P. Essellen Geschichte der Sugambern, Leip- 



2705 Claudius Claudius 2706 

zig 1868. A. Dederich Die Fcldziige des Drusus Livia trennte sich im J. 716 = 38 von ihrem Ge- 

und Tiberius im nordwestl. Germanien, Koln mid maH , der sie , den Bitten Octavians mehr ge- 

Neuss 1869, 1 — 108. Watte rich Die Germanen zwungen als freiwillig folgend, diesem als Gattin 

des Kheins, Leipzig 1872, 103 — 122. A. F. Abra- iiberliess. Um diese Zeit war sie schon schwanger, 

ham Zur Geschiehte der germ, und pannon. Kriege und nach drei Monaten gebar sie im Hause Octa- 

unter Augustus, Berlin 1875, 1 — 7. Wieters- vians ihren zweiten Sohn Drusus. So entstand 

heim-Dahn Geschiehte der Volkerwanderung damals der Spottvers, dass dem Gliicklichen schon 

I (1880) 76 — 82. P. Seyffert Quaestiones ad nach dreimonatlicher Ehe Kinder geboren werden, 
Augusti bella Germanorum criticae. Diss. Erlangen und es fehlte selbst nicht an dem bOsen Geriichte, 
1887. G. Zippel Die romische Herrschaft in 10 dass Drusus doch der natiirliche Sohn Octavians 
Illyrien, Leipzig 1877, 247—270. H. Schiller sei (Suet. Claud. 1; Aug. 62; Tiber. 4. Dio XL VIII 
Geschiehte der rom. Kaiserzeit I (Gotha 1883) 44, 2. 4. 5. Yell. II 79, 2. 94, 1. 95, 1. Tac. 
183. 215—219. Ranke Weltgeschichte III 1, ann. I 10. ¥ 1. Porphyr. ad Hor. carm. IV 4, 
8—15. MommsenR. G.V15f. 24— 31.E.Klebs 27 p. 127 Meyer; in der Epit. de Caes. I 26 wird 
Prosopogr. imp. Rom. I 365ff. nr. 689. irrtumlich behauptet, dass beide Sohne Livias 

II. Leben und Thaten. a) Name. Sein schon am Leben waren, als sie Octavian heiratete). 

Vorname war anfangs Decimus; er Mess also ur- Vielleicht um dieses Gerilcht zu zerstreuen, schickte 

spriinglich D. Claudius Drusus; spater — es Octavian den Drusus sogleich nach seiner Geburt 

muss dies friihzeitig geschehen sein, doch wissen seinem leiblichen Vater zuruck und bemiihte sich, 
wir nicht, aus welchem Anlass — erhielt er statt 20 dieses Vorgehen durch die acta urbis moglichst 

dessen das Praenomen Nero (Suet. Claud. 1), das publik zu machen (Dio XLVIH 44, 5). So wird 

bis dahin als Cognomen von dem jiingeren Zweig Drusus auch auf Inschriften Ti. f. genannt, z. B. 

der patricischen Claudier gefuhrt worden war, CIL V 8003. IX 2443. CIA III 443. 

dem er angehort (vgl. Suet. Tib. 1. Gell. XIII Er stammte also vaterlicherseits von den 

23, 8). Nero Claudius Drusus heisst er daher Claudii Nerones ab, gehOrte aber auch durch seine 

correct auf Inschriften, wie z. B. CIL V 4310. VI Mutter der claudischen Pamilie an , und zwar 

457. XI 1165. CIA III 443. Dittenberger und ihrem alteren Zweig, den Claudii Pulchri. Denn 

Purgold Inschriften von Olympia, nr. 369. Rh. Livia Drusilla war die Tochter des Appius Clau- 

Mus. XLV 612 und bei Dio ind. 1. LV; mit Um- dius Pulcher, der von einem Livier adoptiert wurde 
stellung des "Vornamens Dio XLVIII 44, 4. Sonst30und daher dann M. Livius Drusus Claudiatms 

wird von den Schriftstellern bisweilen der Vor- hiess (CIL IX 3660f. = Dessau Inscr. sel. 124. 

name (Veil. II 95, 2. 97, 2. Tac. ann. I 3. Plor. Athen. Mitt. IX 257). Durch ihn ist das bei 

II 22, 4; vgl. auch Eckhel VI 178) oder der einem Zweige der Livier ubliche Cognomen Drusus 
Gentilname (Suet. Tib. 4. Plin. epist. Ill 5, 4) auf seinen Enkel C. ubergegangen (Consol. ad 
weggelassen. Noch hauflger, und zwar sowohl Liv. 146. Suet. Tib. 3; vgl. A. Holder Altcelt. 
von Schriftstellern, als auch auf Inschriften wird Sprachschatz s. v. Drusus). Als Sohn der Iulia 
er bios Drusus genannt, also gerade so wie der — so hiess bekanntlich Livia nach ihrer durch 
Sohn des Kaisers Tiberius , genannt der jiingere Augustus Testament erfolgten Adoption in die 
Drusus, bei dem jedoch Drusus Vorname ist, Gens Iulia — wird C. genannt CIL XI 1165. 
wahrend bei C. Drusus als Beiname fungiert. 40 Als Ti. Claudius Nero starb, setzte er Oc- 
Hingegen ist Nero bei ihm Vorname, wahrend er tavian zum Vormund fiber seine Sohne Tiberius 
bei seinem Brnder Tiberius, dem spateren Kaiser, und Drusus ein (Suet. Tib. 4. Dio a. a. O. ; aus 
und bei seinem Sohn, dem spateren Kaiser Clau- Suet. Tib. 6 verglichen mit c. 5 folgt, dass sein 
dius, das Cognomen bildet. Vollig gleiche Namen Tod zwischen 720 = 34 und 722 = 32 erfolgte), 
wie C. fflhrt nur Kaiser Nero nach seiner Adoption und so wurden die beiden Knaben im Hause ihres 
durch Kaiser Claudius, ist aber durch den Titel Stiefvaters erzogen (Dio a. a. O.; sehr haufig 
Caesar recht wohl von ihm zu unterscheiden (vgl. findet sich die Erwahnung des Bruderpaares als 
Dittenberger Herm. VI 132f.). Da der Name Stiefsohne des Augustus; vgl. Consol. ad Liv. 
Nero bei C. eine andere Stellung als bei seinem 209, wo Drusus der Pflegesohn, alumnus, ge- 
Bruder Tiberius hat, ist die Zusammenfassung 50 nannt wird; falschlich bezeichnet Oros. VI 32, 
beider als Nerones (Hor. carm. IV 4, 28. Consol. 12 beide als AdoptivsOhne des Augustus; bios 
ad Liv. 1. 145. 149. 383) uncorrect. Infolge seiner Tiberius wurde spater von Augustus adoptiert). 
Siege in Germanien wurde er vom Heere zum Augustus hing mit grosser Liebe besonders 
Imperator acclamiert, und nach seinem Tode wurde an Drusus, und sowie er es fur Tiberius gethan 
ihm vom Senat der Siegerbeiname Qermanieus hatte, beantragte er spater, im J. 735 = 19, im 
verliehen (s. u. Ill), so dass auf den nach seinem Senat, auch dem Drusus den Antritt der Amter- 
Tode gepragten Munzen sein vollstandiger Name lauf bahn fiinf Jahre vor der gesetzlichen Zeit 
lautet: Nero Claudius Drusus Qermanieus imp(e- zu gestatten (Dio LIV 10, 4; vgl. LIII 58, 4. 
ratorj. Inschriften, wo er bios Nero Claudius Tac. ann. Ill 29). So scheint Drusus schon im 
Drusus Qermanieus genannt wird, z. B. CIL 60 folgenden Jahr 736 = 18 die Quaestur bekleidet 

VI 31273 = Dessau 148. IX 2443. Not. d. scavi zu haben (aus Tac. a. a. O. geht hervor, dass 
1897, 104. Drusus Qermanieus CIL II 2038. es sich dem Augustus bei seinem Antrag auch 
IX 3304 und auf vielen Inschriften des Kaisers um die Erlassung des Vigintivirats handelte, und 
Claudius; ferner Tac. hist. V 19; Germ. 34. Strab. demnach ist die Angabe bei Suet. Claud. 1 ge- 

VII 291. Senec. ad Polyb. 15, 5. Val. Max. wiss unrichtig, dass Drusus erst wahrend des 
IV 3, 3. rhaetischen Krieges Quaestor gewesen sei). Cher 

b) Abstammung und Jugend. C. war der Sohn seine Thatigkeit in Rom in den nachsten Jahren 

der Livia Drusilla und des Ti. Claudius Nero. ist weiter nichts bekannt, als dass er im J. 738 



2707 Claudius Claudius 2708 

= 16 gemeinsam mit Tiberius die Ausrichtung einigt, eine Verbindung, die bis ins 2. Jhdt. be- 

von Gladiatorenspielen iibernahm. Unmittelbar stehen blieb, und war anfangs einem Praefectus 

danach ging Augustus nach Gallien (vgl. Veil. (CIL IX 3044 = Dessau 2689; vgl. 0. Hirsch- 

II 97, 1), begleitet von Tiberius, der damals Praetor f eld S.-Ber. Akad. Berl. 1889, 425 und CIL XII 

war, und dessen Functionen nun Drusus ausubte, p. 20, dagegen v. Domaszewski Corr.-Bl. d. 

Dio LIV 19, 6. westd. Ztschr. XVII 80—82), spater einem Pro- 

c) Der Krieg in den Alpenlandern. Seine curator (Tac. hist. I 11. Ill 5) unterstellt, vgl. 

ersten kriegerischen Lorbeeren holte sich Drusus Marquardt St. -V. I 2 288. Mommsen CIL III 

im Kriege gegen die Bhaeter im J. 739 = 15. p. 706f. ; Ephem. epigr. IV p. 518ff. Ruggiero 
Den Anstoss zu diesem Kriege boten die Alpen- 10 Dizion. epigr. I 432. Dass unter den damals 

vtflker durch Wiederholung der alten Raub- und besiegten Volkerschaften auch Noriker gewesen 

Pliinderungszuge nach Italien, bei welchen sie seien, und dass aus demselben Anlass die Pro- 

mitbarbarischerGrausamkeitvorgingen. Zunachst vinz Noricum eingerichtet worden sei, ist kaum 

erhielt Drusus allein von Augustus den Auftrag, richtig ; die Erwahnung der Noriker bei Strab. 

sie zu bekampfen. Bin rascher Sieg, den er fiber IV 206 (vgl. Zip pel 272). Veil. II 39, 3 und 

sie in den tridentinischen Alpen erfocht, trug ihm Bufus brev. 7, desgleichen die Benennung bellum 

die omamenta praetoria ein (Dio LIV 22, 1-3. Noricum bei Flor. a. a. O. geht aller Wahrschein- 

33, 3 ; darauf nimmt auch die obenerwahnte zum lichkeit nach auf die im vorhergehenden J. 738 

Teil unrichtige Notiz Suet. Claud. 1 Bezug). Der =16 erfolgte Unterwerfung dieses Volkes durch 
Sieg war wohl entscheidend, bewirkte aber nicht 20 P. Silius (Nerva), Dio LIV 20, 2, zuriick. Auch 

eine dauernde Abhilfe gegen die Einfalle der sind die Noriker unter den von Augustus besiegten 

Bhaeter, die auch Gallien bedrohten. So wurde 46 (?) Alpenvolkern auf der Inschrift des Tro- 

Tiberius von Gallien aus, das er damals ver- paeum Augusti (CIL V 7817 = Plin. n. h. Ill 

waltete (s. o. ; vgl. auch Suet. Tib. 9), denselben 136f.) nicht aufgezahlt, es sei denn, dass die dort 

Feinden entgegengeschickt (Dio LIV 22, 3) und genannten Ambisontes identisch seien mit den 

begann im Verein mit Drusus einen wohlorgani- norischen Ambisontii, von denen Ptolem. II 13, 

sierten Feldzug. Drusus zog das Thai der Etsch 2 spricht, was jedoch keineswegs sicher ist (vgl. 

(pons Drusi wird eine Ortlichkeit auf der Tab. Mommsen CIL III p. 588 gegen Zippel 256f. 

Peut. segm. Ill genannt, wahrscheinlich in der Ihmo. Bd. I S. 1800; A. Holder Altkelt. Sprach- 
Nahe der Eisackmfindung ; vgl. Mommsen CIL30schatz s. v. nimmt an, dass die Ambisontii erst 

V p. 938) und des Eisack (Isargus in der Consol. spater zu den Norikern gerechnet worden seien). 

ad Liv. 386, die hard CIL V 7817, 5) auf- Dort wo Drusus im Kampfe gegen die Rhaeter 

warts und besiegte die Bundesgenossen der Bhaeter, miihselig in den Alpen vorgedrungen war, konnte 

die Breuner, Ucenner (vgl. Rossbach zu Flor. er nach Beendigung des Krieges eine ordentliche 

II 22, 4 p. 169), Chenauner und andere Volker- Strasse anlegen lassen, die von seinem Sohne, 

schaften (vgl. Zippel 263); Tiberius wandte sich dem Kaiser Claudius, neugebaut und nach ihm 

gegen die Vindeliker, die er durch eine rasche via Claudia (Augusta) benannt wurde. Sie fiihrte 

tiberfahrt fiber den Bodensee erschreckte und in in der claudischen Zeit in einer Lange von 350 

einem Kampfe zu Wasser besiegte, worauf er bis Millien vom Po und von Altinum aus durch das 
an die Donauquellen vorriickte und nach kleineren 40 Thai der Piave und Brenta (Val Sugana) in das 

Gefechten die Entscheidung durch einen Sieg fiber Etschthal und reichte in ihrer Fortsetzung, wahr- 

die Rhaeter herbeifilhrte. Um die Gefahr einer scheinlich fiber Augusta Vindelicum, bis an die 

neuerlichen Erhebung des Volkes abzuwenden, Donau (CIL V 8002f.; vgl. Mommsen ebd. p. 938 

wurde der grosste Teil der waffenfahigen Mann- und R. G. V 18f. Itin. Ant. p. 280f. Wess. 

schaft gefangen abgeffihrt und nur die zur Be- Partsch Bd. I S. 1608f. Ruggiero Dizion. 

bauung des Bodens unbedingt notwendige Be- epigr. I 427. II 289). 

volkerung im Lande zurttckgelassen (Dio LIV 22, Das erwahnte gewaltige Denkmal der Tropaea 

4f. Strab. IV 206. VII 292. Suet. Tib. 9. Flor. Augusti beweist, wie dankbar es die Bewohner 

a. a. O. Hor. carm. IV 14, 9 — 13. Consol. ad Oberitaliens empfanden, dass den bestandigen 
Liv. 15. 175; anders fasst Zippel 267ff. den 50 rauberischen Einfallen der AlpenvOlker ein Ende 

Gang der Ereignisse auf). Die Schwierigkeit der gesetzt worden war. Gegen die von Zippel 

Besiegung der wilden BergvoTker, die fiberdies 251ff. ausgesprochene Ansicht, dass hier nur die 

im Laufe eines einzigen Sommers durchgefiihrt in den Jahren 16 — 14 v. Chr. besiegten Alpen- 

wurde (Strab. IV 206), schildert Veil. II 95, 1. 2; volker genannt seien, vgl. Mommsen z. St. Ahn- 

vgl. auch 90, 1. 104,4. 122, 1 und Hor. sowieFlor. lich rfihmt sich Augustus im Mon. Anc. Lat. 5, 

a. a. 0. Die Entscheidungsschlacht, d^ie von Tibe- 12—14 = Graec. 14, 7—9 (vgl. Mommsen z. St. 

rius geschlagen wurde, fallt auf den 1. August 739 p. 104) ; alle Volker vom adriatischen bis zum 

= 15 (Hor. IV 14, 34ff., vgl. mit CIL I 2 p. 244. tyrrhenischen Meer unterworfen zu haben. 

248. 323. Oros. VI 19, 16. Macrob. sat. 1 12, 35; Vor allem war man in Rom fiber den sieg- 
s. Mommsen Herm. XV 112; ausserdem findet 60 reich beendigten Feldzug erfreut, und Horaz, der 

sich die Besiegung der Rhaeter und Vindeliker die ersten drei Bucher earmina schon heraus- 

erwahnt Hor. carm. IV 4, 17f. Epit. de Caes. gegeben hatte, schrieb auf Veranlassung des Au- 

I 7. Oros. VI 21, 12). Aus den Landern der gustus ein viertes, in welchem er diese Siege 

unterworfenen Volker wurde eine neue romische verherrlichte (Suet. vit. Hor. p. 46 Reiff. Por- 

Provinz gebildet, Rhaetia mit Vindelicia (Liv. phyr. in Hor. carm. IV 1, 1 p. 121 Meyer); aller- 

perioch. 138. Veil. II 39, 3. Suet. Aug. 21 ; vgl. dings gilt dies nur von der vierten und vier- 

Plin. n. h. IV 98. Eutrop. VII 9). Diese Pro- zehnten Ode dieses Buches. 

vinz wurde zunachst mit der vallis Poenina ver- d) Statthalterschaft in Gallien. Als Augustus 



2709 Claudius Claudius 2710 

im J. 741 = 13 nach dreijahrigem Aufenthalt in der gemeinsame Landtag der drei gallischen Pro- 

Gallien (Belege bei Gardthausen Augustus und vinzen versammelte. Der Vorsteher dieses Heilig- 

seine Zeit [Leipz. 1896] II 2, 648; vgl. Momm- turns, stets ein Mann aus einheimischem gallischem 

sen Res gestae d. Aug. 2 49) nach Rom zurilck- Stamm, war zugleich Vorsitzender des Landtags 

kehrte, setzte er, da auch Tiberius zu Beginn des und nur ein Jahr im Amt; als ersten Priester 

folgenden Jahres seinen ersten Consulat in Rom nennt uns Liv. perioch. 139 den Aeduer C. lulius 

antrat, Drusus als Statthalter der neu organi- Vercondaridubnus (vgl. im tibrigen zur Einrich- 

sierten tres Qalliae ein, Dio LIV 25, 1, weil tung der Ara Hirschfeld a. a. 0. p. 227ff. ^ 

wahrscheinlich schon zu jener Zeit ein Angriffs- Lyon in der Romerzeit, Wien 1878, 16f. Des- 
krieg gegen die Germanen in Aussicht genommen 10 jar dins a. a. 0. Gardthausen II 2, 364ff. 

wurde. In seiner Eigenschaft als Legat des Au- Marquardt St.-V. I* 269f.). 

gustus in Gallien hat Drusus dann die Kriege Es war dringend notwendig gewesen, die Gal- 

mit den Germanen gefiihrt. tFber die Verbindung lier zur Ruhe zu bringen ; denn schon hatten sich, 

Galliens mit Germanien in der friiheren Kaiser- die Germanen, und zwar zunachst die Sugambern, 

zeit vgl. Marquardt St.-V. I 2 267f. 271ff. und deren Unzufriedenheit und die Abwesenheit des 

die dort verzeichnete Litteratur. Mommsen R. Augustus zunutze gemacht und hatten unter ihrem 

G. V 29 ; speciell iiber Drusus Stellung A. W. Konige Maelo (Strab. VII 291. Mon. Ancyr. Lat. 

Zumpt Studia Romana, Berlin 1859, 118. Dass 6, 3; Graec. 17, 3f. und dazu Mommsen p. 140^ 

seine Residenz Lugudunum war, ersehen wir unter Watterich a. a. 0. 99, 1 bezieht die Notiz 
anderem daraus, dass sein Sohn, der spatere Kaiser 20 Strabons auf den Krieg unter Lollius) den Rhein 

Claudius, dort am 1. August 744 = 10 geboren iiberschritten und den Krieg begonnen. Ihnen 

wurde, Suet. Claud. 2. Sen. ludus de morte Clau- zog nun Drusus entgegen und brachte ihnen beim 

diae 6. . (Jbergang fiber den Rhein eine schwere Nieder- 

Eine der Aufgaben des Drusus in Gallien be- lage bei (Dio a. a. 0.). 

stand in der Abhaltung des Census (Liv. perioch. e) Die Feldziige in Germanien. a. 742 = 12. 

138), der sich von dem schon friiher, im J. 727 Er selbst gieng zunachst an den unteren Rhein, 

= 27 (Liv. perioch. 134. Dio LIII 22, 5), ver- durchzog die Insel der Bataver und das Land der 

fiigten wahrscheinlich dadurch unterschied , dass Usipier und gelangte hierauf ins Gebiet der Su- 

nun zum erstenmal mit der Volkszahlung auch gambern, das er verwiistete. Dann segelte er 
eine Schatzung verbunden war. Denn Kaiser 30 den Rhein abwarts und unterwarf die Friesen, 

Claudius, der fiber diese Dinge doch unterrichtet wie es scheint , weniger durch Gewalt als durch 

sein musste, sagt in seiner Rede fiber das ius Massigung, indem er ihnen einen ihrer Armut 

honorum der Gallier (CIL XIII 1668 n 35ff.): entsprechenden geringen Tribut auferlegte (Tac. 

patri meo Druso Germanium subigenti tutam ann. IV 72) , so dass er sie sogar zum Heeres- 

quiete sua seeuramque a tergo praestiterunt et dienst in einem Zuge gegen die Chauken heran- 

quidem cum aid) census novo turn opere et inad- ziehen konnte. Diese wollte er von der Seeseite 

sueto Qallis ad bellum advoeatus esset. Auch her angreifen und liess daher einen Canal bauen, 

ergiebt sich dies daraus, dass die Gallier diesmal der vom Rhein zur Issel, in die Zuyder-See und 

unwillig dariiber waren, so dass Drusus sie nach weiterhin in die Nordsee fuhrte (Tac. ann. II 8 
Lugudunum berief und dort besanftigte (Liv. 40 fossa Drusiana. Suet. Claud. 1 [fossae] Dru- 

perioch. 139. Dio LIV 32, 1), ein Umstand, den sinae ; es ist die Strecke zwischen Rhein und 

C. freilich, nach der Tendenz seiner Rede, be- Issel, die von Westervoort bis Doesborgh reicht;. 

schfinigt; vgl. auch E. Desjar dins Geogr. hist. vgl. Dederich a. a. 0. 13— 16; J. Asbach Rhein. 

et adm. de la Gaule Romaine III (Paris 1885) Jahrb. LXXXV [18881 16 vermutet wohl richtig, 

151, 3. dass dieser Canal von Drusus nur vollendet wurde). 

Der Vorwand zur Berufung der Gallier nach So schiffte er die friesische Kilste entlang, er- 

Lugudunum war die Griindung der ara Romae oberte die Insel Byrehanis (Bureana — Borkum ; 

et Augusti gewesen. Die Einweihung dieses Hei- Strab. VII 291) und fuhr dann in die Ems ein, 

ligtums fand 742 = 12 statt, und zwar am 1. Au- wo er die Bructerer besiegte (Strab. VII 290) ; 
gust, dem Jahrestag der Eroberung Alexandrias 50 es ist kein Grund, diese Nachricht mit Watte- 

und der Entscheidungsschlacht gegen die Alpen- rich 109 zu bezweifeln. Darauf segelte er an 

volker (s o.; fur die Kenntnis des richtigen Jahres der Kiiste weiter bis zur Wesermundung, um die 

sind wir auf die verlassliche Angabe bei Livius, Chauken anzugreifen. Aber auf der Ruckfahrt 

mit dem Dio stimmt, angewiesen ; Suet. Claud. 2 geriet er mit seiner Plotte in Gefahr, da bei einer 

giebt nur das richtige Tagesdatum an, das auch un vermutet rasch eintretenden Ebbe die Schiffe 

mit dem Geburtstag des spateren Kaisers Claudius auf den ihnen unbekannten Untiefen festsassen. 

zusammenfallt, irrt aber hinsichtlich des Jahres; Nur mit Hilfe der Priesen wurde er gerettet, und 

diese Annahme ist, wie Hirschfeld CIL XIII da mittlerweile der Winter angebrochen war, setzte 

p. 227 mit Recht betont , einleuchtender als die er den Kampf zunachst nicht fort, sondern begab 
von der Einweihung und volligen Herstellung zu 60 sich nach Rom (Dio LIV 32, 2. 3). 

zwei verschiedenen Zeitpunkten, Desj ar dins III Drusus Fahrt in der Nordsee ist von den Zeit- 

186ff. Gardthausen 112, 366, 18ff. ; vgl. auch genossen als ein bedeutsames Wagestiick bewun- 

Gregor. Turon. hist. Franc. 1 18 = Migne Patrol. dert und wiederholt geruhmt worden, und inso- 

Lat. LXXI 173, Cuius [sc. Augusti] nono deeimo fern mit einer gewissen Berechtigung , als er in 

imperii anno Lugdunum Qalliarum urbem con- der That der erste romische Feldherr war , der 

ditam manifestissime reperimus). Fortan war sich den Gefahren des noch unbekannten Oceans 

diese Ara nicht nur der religiose Mittelpunkt des aussetzte (Suet. Claud. 1. Tac. Germ. 34; vgl. 

Landes, sondern auch der Ort, an welchem sich ann. II 8. Strab. VII 291 ; mit Unrecht aber ist 



2711 Claudius Claudius 2712 

das Gedicht des Albinovanus Pedo auch auf Dru- werden kann) geriet er in einen Hinterhalt und 

sus Meerfahrt statt auf den Schiffbrucb seines wurde in einer engen Schlucht von den Germanen 

Sohnes Germanicus bezogen worden, vgl. Th. (Chauken?) iiberfallen. Aber die Lassigkeit der 

Bergk Augusti rerum a se gestarum index [Got- siegestrunkenen Feinde verschaffte ihm nach einem 

tingen 1873] 97, 2. 0. Haube Beitrag zur verzweifelten Kampfe den Sieg (Dio LIV 32, 2. 

Kenntnis des Albinovanus Pedo. Progr. Fraustadt 3 ; das b9se Omen, dessen Dio hier gedenkt, wird 

1880, 5f. Detlefsen Herm. XXXII 196—200; von Plin. n. h. XI 55 und Obseq. 72 ausffihr- 

an anderer Stelle gedenke ich dies naher zu be- licher erzahlt). So gelangte er, von den Geg- 

griinden). nern nicht mehr belastigt, an den Bhein zuriick 

In Eom wurde er zum Praetor urbanus fur 10 und errichtete zwei Castelle, eines an der Lippe, 

das folgende Jahr 743 = 11 gewahlt, nachdem wo der Fluss Aliso einmiindet, ein anderes im 

er, wie erwahnt, schon fruher durch die orna- Gebiete der Chatten, am Taunus (Dio LIV 33, 1. 

menta praetoria ausgezeichnet worden war (Dio Tac. ann. I 56 ; wahrscheinlich mit diesem iden- 

LIV 32, 3; die Bichtigkeit der tiberlieferung aaxv- tisch ist das bei Ptolem. II 11, 14 erwahnte "Aqx- 

vdfiog ergiebt sich scbon aus dem Text selbst, ravvov [die Identificierung mit der Saalburg ist 

wird aber noch weiter bestatigt durch 35, 5 und sehr zweifelhaft; vgl. J a cob i Das Bomercastell 

34, 1, wo ausdrttcklich von Drusus Praetur die Eede Saalburg, Homburg 1897, 56]; v. Veith Fest- 

ist; Boissevin z. St. weist mit Becht auf die scbrift d. Bhein. Jahrb. 1891, 107 — 128 versucht 

Analogie zur Laufbahn des Tiberius hin; Suet. in Bezug auf diesen Feldzug des Drusus topo- 

Claud. 1 sagt ungenau, dass Drusus sogleich nach 20 graphische Festlegungen von zweifelhaftem Wert). 

der Praetur Consul wurde; vgl. auch Klebs Pro- Nun wurden ihm die Ehren des Triumphs vom 

sopogr. I 366f.). Senat zuerkannt; er hielt zu Pferd seinen Einzug 

(8. 2. Feldzug, 743 = 11. Im Friihling dieses in Eom, feierte aber nicht den Triumph selbst, 

Jahres nahm er den Feldzug gegen die Germanen da dies Augustus nicht zuliess , sondern musste 

wieder auf, indem er den untern Bhein fiberschritt. sich mit der Ovation und den Triumphalornamen- 

Diesmal wurden die Usipier vollstandig unter- ten begnfigen (vgl. Mommsen St.-B. 13 466). 

worfen ; dann liess er iiber die Lippe eine Briicke Nach Ablauf seiner Praetur und nach Ausrichtung 

schlagen und zog sud warts gegen das Volk, das glanzender Spiele (Dio LIV 34, 1) wurde ihm der 

er fruher ebenfalls nur vorlauflg bestraft hatte, Proconsulat verliehen. Die Annahme des Titels 

die Sugambern. Ihre Besiegung wurde ihm leicht 30 imperator, mit welchem ihn das Heer acclamiert 

gemacht durch die Kampfe dieses Stammes mit hatte, gestattete Augustus ihm ebensowenig wie 

den Chatten, die sich ihnen bei ihrem Einfall ins dem Tiberius (Dio LIV 33, 4. 5; vgl. 32, 1. Suet. 

rOmische Gebiet nicht hatten anschliessen wollen Claud. 1; vgl. Mommsen St.-B. 1 3 126, 1). Der 

(vgl. Strab. VII 291). Drusus fand bei der Be- Kaiser selbst aber vermehrte nach diesem Siege 

setzung ihres Gebietes nicht den geringsten Wi- die Zahl seiner Imperatorenacclamationen (Dio 

derstand und konnte ohne Blutvergiessen durch a. a. 0.) ; er heisst in den Jahren 743 und 744 imp. 

ihr Land und das der Tencterer und der Chatten XII (Mommsen Bes gestae d. Aug. 2 14). Spater 

(Liv. per. 140. Flor. II 30, 23 = Oros. VI 21, aber, wahrscheinlich im J. 745 = 9, in welchem 

15 ; das folgende bezieht sich auf den letzten Feld- auch Tiberius zu erstenmal Imperator genannt 

zug des Drusus; anders J. Asbach Bhein. Jahrb. 40 wird (Mommsen a. a. 0.), erhielt doch auch 

LXXXV 1888, 14—30, indem er von den Nach- Drusus diesen Titel (Tac. ann. I 3; bei Flor. II 

richten des Florus ausgeht und sich auf dessen 30, 30 ist das Wort imperator wohl nicht in 

Autoritat stutzt gegeniiber Dio, dem wir doch pragnanter Bedeutung gebraucht), der auch auf 

allein eine chronologische Feststellung von Drusus den Miinzen (Eckhel VI 176f. Cohen 12 220ff.) 

Feldziigen verdanken; schon fruher ist diese An- und Inschriften (CIL V 3109. IX 2443) erscheint. 

nahme von Dederich 53 — 59 aufgestellt worden, In demselben Winter starb Augustus Schwester 

dessen Darlegung auch in Hinsicht des dritten Octavia und Drusus hielt ihr die Laudatio (Dio 

Feldzuges willkurlich und kaum richtig ist; liber LIV 35, 5. Liv. perioch. 140; daraus ergiebt sich 

haupt ist von den meisten Forschern mit Unrecht die Zeit unzweifelhaft, es ist daher die Angabe 
die Nachrieht des Florus vom Ubermut derGer-50bei Suet. Aug. 61 zu corrigieren, wonach Octa- 

manen [s. u.] auf den tiberfall von Arbulo be- vias Tod erst ein Jahr spater flel). 

zogen worden; G. Kossinna, Westd. Zeitschr. y) 3. Feldzug, 744 = 10. Im darauffolgenden 

XIX 208f., irrt, wenn er annimmt, dass bei Flo- Friihling 744 =10 begann er den dritten Feldzug 

rus II 30, 24 Suebi fur Chatti gebraucht ist, da gegen die Germanen. Diesmal waren es die 

eben unmittelbar vorher von den Chatten selbst Chatten, die, wie erwahnt, unzufrieden fiber die un- 

die Bede ist) bis an die Weser marschieren, wo freiwillige Veranderung ihrer Wohnsitze waren 

er die Cherusker zu bekampfen vorhatte (Dio LIV und sich, wieder mit den Sugambern vereint, er- 

33, 1) ; sie wie die Chauken an der unteren Weser hoben. Ihre Dnterwerfung gelang in diesem Jahre 

wurden geschlagen (Liv. perioch. 140). Die Chat- noch nicht. Drusus zog aber nach einigen Er- 

ten , welche anfangs froh dariiber waren , dass 60 folgen fiber sie gemeinsam mit Augustus , der 

Drusus ihre Feinde, die Sugambern, von dem Kampf sich in der Lugdunensis aufgehalten hatte, und 

gegen sie ablenkte, wurden nun sehr gegen ihren mit Tiberius nach Bom (Dio LIV 36, 3. 4. Liv". 

Willen in das Gebiet ihrer Gegner verpfianzt (Dio perioch. 141). 

LIV 36, 3; vgl. Mommsen E. G. V 26). 6) 4. Feldzug, 745 = 9. Zu Beginn des J. 745 

Durch die Nahe des Winters und den Mangel = 9 trat Drusus den Consulat mit T. Quinctius 

an Lebensmittel bewogen, trat Drusus den Buck- Crispinus Sulpicianus an (Dio LV 1, 1 und ind. 1. 

weg an, kam aber dabei wieder in grosse Gefahr. LV. CH, V 3109. VI 457. 31702. IX 2443. Not. 

Bei Arbalo (dessen Lage nicht genau bestimmt d. scavi 1897, 104. Fasti; als Consul wird Drusus 



2713 Claudius Claudius 2714 

auch erwahnt Veil. II 97, 2 und Consol. ad Liv. spater Classis Augusta Germamca pia fldelis ge- 

139. 141. 177. 293. 336. 457). Wahrscheinlich nannten Flotte, vgl. Bone Ehein. Jahrb. LXXI 

um dieselbe Zeit wurde er Augur (OIL IX 2443) 107—110 u. o. S. 2645f.; eine neue Inschrift Not. 

und unternahm dann bald trotz ungiinstiger Pro- d. scavi 1898, 418). Zu den von Drusus getroffenen 

digien von neuem den Kampf gegen die Ger- Sicherungsmassregelu gehOrte auch der Bau eines 

manen, zunachst wieder gegen die Chatten (Dio Dammes am rechten Miindungsarm des Bheins, 

a. a. 0.). Nach Cassiodor (Mommsen Chron. um die Wassermassen des Stromes nach Norden 
min. II 135) hat er in diesem Jahre , also auf abzulenken. Der Bau dieses Werkes stand offenbar 

dem Wege nach Germanien, dem Augustus einen in Zusamraenhang mit dem schon fruher her- 
Tempel im Gebiet der Lingonen gewidmet. Nach- 10 gestellten Schifffahrtscanal zwischen Ehein und 

dem er das Land der Chatten durchzogen und Zuyder-See (s. o.), um namlich diesem grOssere 

ihre Stammes- und Bundesgenossen, die Sueben Wassermengenzuzuffihren. Ubrigens konnte Drusus 

(vgl. Dahn-Wietersheim I 81f.; nach G. Kos- den Dammbau nicht vollenden; das geschah erst 

sinna Westd. Ztschr. IX 204 sind es Hermun- 63 Jahre spater, im J. 55 n. Chr. durch den Legaten 

duren), bekampft und iiberwaltigt hatte (Bpit. de Pompeius Paulinus ; Civilis hat dann im J. 70 

Caes. I 7. Consol. ad Liv. 17f.), zog er wieder diesen Damm durchstechen lassen, Tac. ann. XIII 

gegen die Cherusker, vernichtete alles, was sich 53; hist. V 19; vgl. Dederich 8-16. 

ihm entgegenstellte, und konnte so nach tfber- Auf dem Biickweg, wahrscheinlich die Saale 

schreiten der Weser bis an die Elbe gelangen. aufwarts (Strab. VII 291 sagt, dass ihn zwischen 
Hier freilich war seinem Marsch ein Ziel gesetzt; 20 2&Xa? [= Saale?] und Bhein der Tod ereilt habe), 

Tropaeen, die er hier aufstellte, bezeichneten die erlitt Drusus durch einen Sturz vom Pferde einen 

ausserste Grenze, bis zu welcher rOmische Heere Schenkelbruch , an dessen Polgen er 30 Tage 

vorgedrungen waren (Dio LV 1, 2. 3). Plorus spater starb, noch bevor er den Rhein wieder er- 

spricht auch von einem Sieg iiber die Marco- reichte (Liv. per. 142. Dio LV 1, 4). Die Be- 

manen, aus deren erbeuteten Waffen und Feld- richte von der Erscheinung eines riesigen bar- 

zeichen die Tropaeen errichtet worden seien (Flor. barischen Weibes, das ihn zur Umkehr gemahnt 

II 30, 23—25 = Oros. VI 21, 15—17; vgl. Mon. habe, bei Suet. Claud. 1 und Dio LV 1, 3 weichen 

Anc. Lat. 6, 3f.; Graec. 17, 4; mit Unrecht haben von einander ab; zur Erklarung vgl. Abraham 5. 

Watterich 119, 2 und A. Biese Bh. Mus. XLIV J. Asbach a. a. 0. 24f.; doch ist gegenuber ihren 
341, 2. 346 diese Nachricht verdachtigt; dagegen, 30 Ausfiihrungen zu erwagen, dass Sueton an dieser 

wenn auch mit nicht ganz zutreffenden Argu- Stelle in der Zeitangabe, wie erwahnt, schon darin 

menten, G. Kossinna Westd. Ztschr.IX 212; vgl. irrt, dass er angiebt, Drusus habe den Consulat 

A. Biese ebd. 343). Ausser den Marcomanen unmittelbar nach der Praetur bekleidet. Dio (1,5) 
wurden auch die Sugambern besiegt, ihr tfber- iiberliefert auch andere Prodigien. Das Sommer- 
mut empfindlich bestraft, ihre Macht gebrochen lager, in welchem Drusus verschied, wurde nach- 
(Plor. a. a. 0. Consol. ad Liv. 17f. 31 If.; die her (Castra) Scelerata genannt (Suet. a. a. 0.). 
Kreuzigung romischer Centurionen durch die Su- tFber die Ortlichkeit vgl. Mommsen B. G. V 
gambern auch erwahnt im Schol. des sog. Aero 27, 1. Schiller I 219,1; Abraham 5 — 7 meint, 
ad Hor. carm. IV 2 , 34 ; danach wurde aber dass Drusus nur bis zur Saale gelangt sei, stimmt 
diese That in eine friihere Zeit fallen, etwa zur 40 aber in Betreff des Todesortes mit Mommsen 
Zeit der Niederlage des Lollius; vieUeicht ist auf uberein. 

dasselbe Ereignis zu beziehen Dio LIV 20, 14). Durch Drusus Peldziige war Germanien vom 

Die Sugambern wurden spater an das linke Bhein- Bhein bis zur Elbe dem romischen Beich unter- 

ufer tibersiedelt, Dio LV 6, 3. Tac. ann. II 26. worfen, wenngleich bei weitem noch nicht vollig 

XII 39. Suet. Aug. 21; Tib. 9 (hier ist die richtige zur Buhe gebracht. Die rOmische Herrschaft in 

Zahlvon40000 angegeben; die Zahl 400 000 bei diesen Gegenden war, wie dies nach so raschen 

Eutrop. VII 9 und Oros. VI 21, 24 ist wohl durch Erfolgen kaum anders zu erwarten stand, wohl 

Versehen entstanden). Epit. de Caes. I 7. Strab. begriindet, aber noch lange nicht gesichert und, 

VII 290; vgl. K. Zeuss Die Deutschen und ihre wie die folgenden Ereignisse zeigten , nur von 
Nachbarstamme 85f. Dahn-Wietersheim I 82. 50 kurzer Dauer. Aber mit Becht hat man schon 

K. Mull enhoff Ztschr. f. deutsch. Altert. 1879, im Altertum hervorgehoben , dass Drusus am 

26 — 43. weitesten in das Innere Germaniens vorgedrungen 

Nun wurden neue Schutzmassregeln getroffen, sei, Gebiete mit seinem Heere durchzogen habe, 

Castelle in gr6sserer Zahl errichtet. Zu der schon die vor ihm nicht bekannt waren , ja in denen 

erwahnten Befestigung der Main- und Lippelinie man bis dahin nicht einmal gewusst hatte, dass 

und der Grenzverteidigung am Bhein, die schon es iiberhaupt BOmer gab (Senec. ad Marc. 3, 1; 

friiher bestanden hatte, kam jetzt die Anlage ad Polyb. 15, 5. Plin. epist. Ill 5, 4. Tac. Germ, 

neuer Castellreihen langs der Elbe (?), der Weser 37. Plor. II 30, 27. Consol. ad Liv. 17—20. 

und der Maas hinzu; vgl. J. Pohl Verona u. 314. 391. 457; vgl. 139. 293. 335—338. 457; 
Caesoriacum, Progr. Miinstereifel 1886, 10. Doch 60 Erwahnung der germanischen Peldziige des Drusus 

wurde auch fur entsprechende Verbindungen mit bei Veil. II 97, 2. 3. Suet. Aug. 21. Eutrop. VII 9. 

dem Hinterlande gesorgt und eine Flottille am Claudian de cons. Stil. 1 193; paneg. de IV. cons. 

Bhein begriindet (Flor. 1130,26; vgl. Mommsen Honorii455. Oros. VI 21, 12. VII32, 12; in Ger- 

B. G. V 28, 2; zu der vielbestrittenen Florus- manien [genauer: im linksrheinischen Germanien, 
stelle ist vor allem die eben genannte Schrift von J. in der Belgica] im Gebiet der Tungrer erhielt 
Pohl zu vergleichen, dessen Resultate aber auch als sich sein Name in der Bezeichnung eines Langen- 
zweifelhaft betrachtet werden mflssen ; die Schiffe, masses, pes Drusiamus, Hygin. de cond. agr.,, 
von denen die Bede ist, bilden die Anfange der Gromat. ed. Lachm. p. 123). 



2715 Claudius Claudius 2716 

III. Tod; Leichenfeier; Andenken bei Hieronym. a. Abr. 2057); Mommsen E. G. V 

■der Nachwelt. Schon auf die Kunde von der 27, 1 irrt, wenn er unter dem bei Eutrop ge- 

Erkrankung seines Lieblings Drusus schickte nannten das aucb Flor. II 30, 23 erwahnte Tro- 

Augustus, der sich damals in Ticinum befand, paeumversteht; denn dieser Tropaeen gedenkt auch 

Tiberius nach Germanien. Bei der ausserordent- Dio LV 1, 3 [s. o.], und es wird ausdriicklich 

lichen Gesehwindigkeit , mit der Tiberius seine berichtet, dass sie den ausserstenPunktbezeichnen, 

Eeise zuriicklegte (Val. Max. V 5, 3. Plin. n. h. bis zu welchem Drusus gelangt sei ; sie befanden 

VII 84) , gelang es ihm , den Bruder noch am sich also an der Elbe , womit endlich auch die 

Leben anzutreffen. Geachtet selbst von seinen Angabe der Lage von Tgonaia Aqovaov bei Ptolem. 
Feinden, von seinem Heere tief betrauert, starblOII 11, 13 beilaufig stimmt. Eine Erwahnung 

Drusus in den Armen des Tiberius, in dem jugend- jenes tumulus Drusi bei Mainz flndet sich auch 

lichen Alter von 29 Jahren , am 14. September in dem leider nur verstummelt erhaltenen SC 

745 = 9 (Dio LV 2, 1. Val. Max. Strab. Senec. iiber die dem verstorbenen Germanicus erwiesenen 

Plin. epist. a. a. 0. Liv. perioch. 142. Consol. ad Ehren, CIL VI 911, in welchem unter anderm 

Liv. 89 — 94. Ovid, ex Pont. II 8, 47; Fasti I die Aufstellung dreier Bogen beschlossen wurde, 

597. Porphyr. ad Hor. carm. IV 4, 27 p. 127 von denen einer nach dem Bericht bei Tac. ann. 

Meyer. Suet. Tib. 7; Claud. 1 teilt er das un- II 83 am Khein errichtet werden sollte; vgl. 

sinnige Geriicht mit, dass Drusus von Augustus Th. Bergk Westd. Ztschr. I 500. Die unrichtige 

vergiftet worden sei; vgl. auch Tac. ann. II 82; Auffassung Schillers I 219 hat Bernoulli II 
sein Lebensalter ist bei Veil. II 97, 3 abgerundet 20 1 , 210 richtiggestellt; vgl. auch Baumeister 

angegeben; das Datum seines Todes Fasti Antiates, Denkmaler III 1878. J. Asbach a. O. 29, 2. 

CIL 12 p. 248; vgl. 329). Der Triumphbogen an der Via Appia ist auch 

Drusus Leichnam wurde auf den Schultern Suet. Claud. 46 erwahnt; vgl. 0. Hirschfeld 

von Tribunen und Centurionen zunachst ins Win- Wien. Stud. VII 174. Miinzen mit der Abbil- 

terlager gebracht; von da fuhrte Tiberius den dung des Triumphbogens und der Aufschrift de 

Conduct nach Bom, wobei von einer Stadt zur Qermcmis bei Eckhel VI 176f. Cohen P 220f., 

andern die Spitzen der einzelnen BehOrden den nr. 1 — 6. tjber das Denkmal TrusilSh in Mainz 

Leichnam trugen. Unter grossem Geprange durch- s. E. Hiibner Khein. Jahrb. LXXX (1885) 89. 

eilte der Leichenzug die Provinzen und Italien ; Ausserdem errichteten ihm seine Truppen unweit 
uberall loderten Scheiterhaufen empor; auf dem 30 von der Lippe und dem Teutoburger Walde, wahr- 

ganzen Wege ging Tiberius dem Trauerzuge zu scheinlich an der Stelle, wo er gestorben war 

Fuss voran (Dio a. a. 0. Senec. ad Marc. 3, 1. (Mommsen a. a. 0.), eine Ara, die im J. 16 

2; ad Polyb. 15, 5. 34, 4. Suet. Claud. 1; Tib. n. Chr. von den Germanen zerstOrt, aber von 

7. Consol. ad Liv. 171 — 180). Obwohl es schon Drusus Sohn, Germanicus, neu aufgerichtet wurde, 

Winter war, als der Zug nach Italien kam , er- der hier gleichfalls das Heer defilieren liess (Tac. 

wartete ihn Augustus in Ticinum und verliess ann. II 7; Abraham 6, 7 vermengt die beiden 

ihn auf dem weitern Wege nicht, sondern zog Denkmaler). Ferner wurden auf Senatsbeschluss 

gemeinsam mit Tiberius in Bom ein (Tac. ann. Statuen des Drusus aufgestellt und ihm und 

III 5; dass Augustus nicht erst nach Ticinum seinen Nachkommen der Ehrenbeiname Qerma- 
ging, sondern schon vorher dort war, ist aus Val. 40 nicus verliehen (Dio LV 2, 3. Suet. Claud. 1. 

Max. a. a. 0. zu ersehen). Dort wurde die Leiche Flor. II 30, 28. Ovid. fast. I 597 ; trist. IV 2, 

auf dem Forum ausgestellt, und Tiberius hielt 39. Porphyr. in Hor. ep. I 3 p. 271f. Meyer, 

dem verstorbenen Bruder die Leichenrede; iiber- Consol. ad Liv. 337. 457 ; Mtinzen und Inschriften, 

dies sprach Augustus seine Laudatio im Circus die den Beinamen Germanicus bei Drusus ent- 

Flaminius. Hierauf wurde der Leichnam von halten, s. o. S. 2705). 

Bittern und SenatorensOhnen (vgl. Mommsen Seine Mutter Livia, die den Verlust des viel- 

St.-B. Ill 508, 1) auf das Marsfeld getragen und geliebten Sohnes nicht verschmerzen konnte, und 

dort verbrannt, die Asche im Mausoleum des Au- an die aus diesem Anlass das Trostgedicht eines 

gustus beigesetzt. Mit grossem Prachtaufwand unbekannten Verfassers gerichtet ist (s. o. S. 2704), 
wurde so die Leichenfeier begangen, gleichsam 50 liess auch aus eigenen Mitteln Statuen des Ver- 

zum Ersatz fur die entgangene Ehre des Triumphes, blichenen errichten (Sen. ad Marc. 3, 2; iiber- 

die dem Drusus bei seiner Biickkehr von dem haupt weist Seneca in dieser Trostschrift an Marcia, 

siegreich vollendeten Feldzug zugedacht war (Dio die auch den Verlust eines Sohnes betrauerte, 

LV 2, 2. 3. 5. Liv. perioch. 142. Consol. ad Liv. auf das Beispiel von Drusus Mutter bin) ; Au- 

71f. 207 — 209. 216—220. Suet. Claud. 1. Tac. gustus, der, wie erwahnt, ihm eine Laudatio ge- 

a. a. 0.). halten und sein Elogium in Versen abgefasst 

Alle erdenklichen Ehren wurden auf den Ver- hatte, schrieb dann auch eine Geschichte von 

storbenen gehauft. Zur Erinnerung an ihn wurde Drusus Leben in Prosa (Suet. Claud. 1) , wahr- 

einTriumphbogenausMarmoranderViaAppiaund scheinlich auf Grund und aus Anlass jener Lau- 
ein Kenotaph am Kheine, bei Mainz, errichtet; auf 60 datio. 

diesem wurde das von Augustus selbst in Versen ab- Drusus war aber nicht nur der Liebling seiner 

gefasste elogium angebracht, und alljahrlich an Mutter und seines Stiefvaters gewesen (vgl. Dio 

einem bestimmten Tage (an Drusus Todestag ?) LV 4, 4. 5, 2), sondern vor allem der Gunstling 

sollten die Truppen hier defilieren und die Vertreter des rOmischen Volkes (Tac. ann. II 41. VI 51). 

der gallischen Gemeinden officiell opfern (DioLV2, Gross war daher vor- allem die Trauer der Komer 

3; das hier erwahnte xevotacpiov ist identisch mit (Consol. ad Liv. 181 — 206), die mit ihm ihre 

dem honorarius tumulus bei Suet. Claud. 1 und schonsten Hoffhungen begruben (s. u.). 

dem monumentum Drusi bei Eutrop. VII 13, 1 = Sowie dem Drusus schon zu seinen Lebzeiten 



2717 Claudius Claudius 2718 

namentlich in griechischen Stadten Ehrenin- gesetzten Inschriften und die Miinzen bei Eckhel 

schriften, gewohnlich ihm und dem Tiberius zu- VI 178. Mionnet III 93 nr. 251. 219 nr. 1222f.; 

gleich, gesetzt wurden (CIA III 443. 449. Rh. Suppl. VI 126 nr. 323), deren eheliche Treue 

Mus. XLV 612. Dittenberger und Purgold wiederholt riihmend hervorgehoben wird, Joseph. 

Inschriften von Olympia nr. 369), so wurde auch ant. Iud. XVIII 180. Val. Max. IV 3, 3; auoh 

nach seinem Tode sein Andenken vielfach ge- der Verfasser der Consol. ad Liv. erwahnt das 

feiert. In Athen wurde ihm zu Ehren eine eigene gute Eheleben des Drusus mit Antonia (v. 301 

Priesterschaft errichtet; der Priester, der diesen — 308) und nennt sie ein par bene compositum. 

Cult zu besorgen hatte, heisst auf den Inschriften Aus dieser Ehe stammten zwei SOhne , Ger- 
stets leqevg Agovaov vji&xov und ist zugleich 10 manicus (Tac. ann. I 3. 33. 41. 43. Suet. Cal. 1. 

agxcor (CIA III 1. 68 a. b. 623. 656. 662. 1005. Aur. Victor 3, 2. Oros. VII 4, 3) und der spa- 

1009f. 1078. 1085). Diese Einrichtung bestand tere Kaiser Claudius (Suet. Claud. 1. Dio LX 2, 1. 

vielleicht sckra unter Augustus, jedenfalls bereits Eutrop. VII 13, 1. Epit. de Caes. 4, 1; allent- 

unter Claudius, und ist nach der Zeit Hadrians halben auf den Inschriften des C), und eine 

wieder abgekommen (vgl. Dittenberger zu CIA Tochter (Claudia) Livia Iulia, gewohnlich Livilla 

III 623f. 1009undp.316. Ephem.epigr.Ip.116f.). genannt (Suet. Claud. 1. 3; Aug. 99. Tac. ann. 

Auch Miinzen mit der Aufschrift Aqovoos rjews II 84. IV 3. Dio LVIII 11, 7). Es ist nicht 

(Mionnet III 70f. nr. 82) gehoren in diesen sicher, ob sich das griechische Epigramm des (Lu- 

Zusammenbang. cilius?) Iunior, CIG III 5956 = IGI 889, auf 

Unter den Ehren, die zur Erinnerung an Drusus 20 ihn und seine Gemahlin Antonia bezieht oder auf 

festgesetzt wurden, wird berichtet, dass Herodes den jiingem Drusus und dessen Gemahlin Livilla, 

einen Pestungsturm in Caesarea an der Kiiste vgl. Kaibel zu Epigr. Gr. 810. Unter Drusus 

von Iudaea nach Drusus benennen Hess (Joseph. Freunden werden Pompedius Silo (Plut. Cato 2) 

ant. Iud. XV 336 ; bell. Iud. I 412). Auch ein und Sex. Vistilius (Tac. ann. VI 9) genannt. Zuge 

litterarisches Denkmal wurde ihm gesetzt, indem aus seinem Privatleben Suet. Aug. 71. Plut. Tib. 

der altere Plinius seine Geschichte der germa- Gracch. 2. Erwahnungen von Drusus finden sich 

nischen Kriege schrieb, urn Drusus nicht der Ver- ausserdem Dio LV 6, 5. Iuvenal. VIII 21. 40. 

gessenheit anheimfallen zu lassen, wozu ihn an- V. PersOnlichkeit und Charakter. Dru- 

geblich ein Traumgesicht bewog, bei welchem sus war einer der edelsten Prinzen aus der iulisch- 
ihm Drusus selbst erschienen sei (Plin. epist. Ill 30 claudischen Dynastie. Von Jugend auf zur mili- 

5, 4). Im J. 6 n. Chr. haben seine Sohne Ger- tarischen Laufbahn bestimmt, hat er diesem Be- 

manicus und Claudius zu Ehren des verstorbenen rufe mit grosser Neigung und grossem Geschicke 

Vaters in Rom ein Gladiatorenspiel ausgerichtet, obgelegen und war in gleicher Weise durch seine 

Dio LV 27, 3. Suet. Claud. 2. schOnen, mannlichen Ziige, sein gewinnendes Be- 

Am meisten aber lebte das Andenken an Drusus nehmen und seine Tuchtigkeit der Abgott seiner 

in ehrenvoller Weise wieder auf, als sein Sohn Soldaten. Sein Ausseres wird kurz beriihrt bei 

Claudius zur Regierung gelangte. Totenopfer Veil. II 97, 3. Die Munzbilder sind als zu wenig 

wurden ihm dargebracht und Circusspiele wurden individualistisch nicht gut verwertbar fur die 

alljahrlich am Tage seiner Geburt ausgerichtet, Kenntnis seiner Physiognomie ; daruber und fiber 
die mit umso grSsserem Aufwand gefeiert wurden, 40 die wenigen Statuen, die mit geringer Sicherheit 

als dies zugleich auch der Geburtstag des Trium- auf ihn bezogen werden konnen, vgl. Bernouilli 

virn M. Antonius, des Vaters der Antonia, war Ikonographie II 1, 209-216; doch muss bemerkt 

(Suet. Claud. 11. Dio LX 5, 1 ; die Inschrift aus werden, dass die Echtheit der dort (S. 210) erwahn- 

Ravenna CIL XI 132 ist fruher unvollstandig ten Inschrift und des Reliefs aus Mainz auch an 

publiciert und falschlich auf Drusus bezogen wor- sich keineswegs unbezweifelt ist, vgl. Brambach 

den,Orelli707. Dederichl05. PiedlerRhein. CIRh. p. 362f. nr. 32. Dabei vereinigte er in 

Jahrb. XLIX 143). Vielleicht wurde zugleich sich eine Reihe von ruhmenswerten Vorzugen und 

mit der Einsetzung dieser Spiele die Benennung Tugenden , unter denen seine treue Bruderliebe 

Neroneius als Name fur einen Monat (ungewiss zu Tiberius hervorragt (Veil. II 97, 2. 3. Consol. 
welchen) zu Ehren des Drusus, wenigstens in 50 ad Liv. 83f.). Dass diese Liebe von Tiberius 

Agypten, eingefuhrt ; sie erscheint auf zwei grie- nachher mit Hass vergolten worden sei (Suet. 

chischen Papyri, aus dem J. 41/42 (Griech. Urk. Tib. 50), ist ein sehr wenig beglaubigtes, hochst 

aus d. kgl. Mus. Berl. Ill 713) und aus dem unwahrscheinlich klingendes Geriicht. Tiberius 

J. 63/64 (Kenyon Catal. of. Greek Pap. in the widmete spater diesem Verhaltnis zu seinem ver- 

Brit. Mus. II 146f. nr. 181). Spater erst, und storbenen Bruder einen Tempel der Concordia (Dio 

zwar im J. 65, wurde nach dem Kaiser Nero der LV 8 , 2) und des Castor und Pollux (Dio LV 

Monat April Neroneus genannt (Tac. ann. XVI 27, 4. Suet. Tib. 20), so dass der Vergleich des 

12. Suet. Nero 55). Bruderpaares mit den Dioskuren schmeichelsiich- 

Zum Schlusse mag noch erwahnt werden, dass tigen Rhetoren (Val. Max. IV 5, 3) nur um so 
unter Claudius (Eckhel a. a. O. Cohen 12 221 60naher lag. 

nr. 8) und selbst noch unter Titus Restitutions- Sein unerschrockener Mut, seine nie rastende 

miinzen des Drusus gepragt wurden (Cohen a. Ausdauer und sein glanzendes Feldherrntalent, 

a. O. nr. 10). die er in den Kriegsziigen nach Germanien be- 

IV. Privatleben. Drusus war vermahlt mit wies, erhohten nicht nur die sturmische Zuneigung 

Antonia, der jiingeren Tochter des Triumvirn M. des Heeres zu ihm, sondern machten auch in Rom 

Antonius (Suet. Cal. 1; Claud. 1. 3. 11. Plin. selbst seinen Namen zu einem der geachtetsten 

nat. hist. IX 172. VII 80 = Solin. I 74. Joseph, und geliebtesten. Das hatte zum Teil auch po- 

ant. Iud. XVIII 143. Plut. Ant. 87 ; vgl. die ihr litische Griinde. Denn in seinem anspruchslosen, 



2719 Claudius Claudius 2720 

bescheidenen Wesen hatte Drusus wiederholt un- III 3 ; vgl. Ill pr. Mart. VII 40). Von seinem 

verkennbar Gesinnungen kundgegeben, die den in Vater hatten er und sein Bruder ein ausserordent- 

so manchen Kreisen der rSmischen Gesellschaft lich grosses VermOgen geerbt (Stat. 147ff.), das 

nooh immer aufflackernden Hoffnungen auf Wie- C. bei mehrfacben Gelegenheiten zur Schau trug. 

derherstellung des Freistaates giinstig zu sein Nicht nur, dass er seinem Vater ein ausserst 

schienen (Suet. Claud. 1); dass er dadurch Au- prachtiges Grabmal errichtete (Stat. 196—202), 

gustus Gvmst verloren habe (Suet. a. a. 0.) und er liess auch ein rnit versehwenderischer Pracht 

Tiberius Liebe zu ihm getrtibt worden sei (Suet. ausgestattetes Bad erbauen, das von Statius und 

Tib. 50), waren nur Geriichte, die im Volke ver- Martial besungen wurde (Stat. silv. I 5 ; vgl. I 
breitet waren (Tac. ann. II 82). Aber gerade 10 praef. Mart. VI 42; und Friedlanders Anm. 

diese Stimmungen im Volke gaben Anlass zu einem dazu). [Stein.] 

Gegensatz, der von Anfang an nicht bestanden 144) Claudius Eudaem[on]. Eine . . . wis 

hatte, indem der regierenden Dynastie Drusus Cl(avdi) Eudaem[onis] (sc. uxor) wird in den 

und sein Sohn Germanicus als volksfreundliche Acta ludor. saecul. vom J. 204 n. Chr. genannt 

Angehorige des kaiserlichen Hauses entgegenge- (Ephem. epigr. VIII p. 288 = CIL VI 32329). 

stellt wurden, denen, wenn sie nicht ein fruher Vgl. Nr. 181. [Groag.] 

Tod dahingerafft hatte, die Abschaffung der Mo- 145) Claudius Eumolpus, der zu Prusa, dann 

narchie zu verdanken gewesen ware (Tac. a. a. 0. zu Nicaea angeblich als Verteidiger des Flavius 

und ann. I 33. VI 51. Suet. Claud. 1; Tib. 50. Archippos gegen Dio Cocceianus bei Plinius, dem 
Sen. ad Marc. 2, 3. 3, 1. 5, 1. 2. 4). 20 damaligen Statthalter von Pontus und Bithynien, 

So linden wir es begreiflich, dass Drusus, der Process fiihrte, Plin. epist. ad Trai. 81 ; vielleicht 

Liebling des Volkes , ein exemplum venerabile ein Nachkomme des Claudius Polyaenus Nr. 277. 

morum, maximus .... armis (Consol. ad Liv. [Stein.] 

13f.) aufrichtig betrauert wurde, und dass sein 146) Tib. Claudius aus Euonyme, 

Andenken ein ruhmvolles und gesegnetes blieb athenischer Archon, 01. 231, 3 = 147/48 n. Chr., 

(Consol. ad Liv. 265—275; vgl. auch die oben CIA III 1117. Zur Chronologie vgl. Ditten- 

angefuhrten Stellen). berger a. a. 0. ttbrigens ist der Beiname ver- 

Litteratur s. o. S. 2704f. [Stein.] dorben und auch der Geschlechtsname bei weitem 

140) Nero Claudius Drusus Germanicus Caesar nicht sicher, da die Lesung nur auf einer mangel- 
= Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus 30 haften Fourmontschen Abschrift beruht. 
(Kaiser Nero, 54 — 68 n. Chr.) s. unter L. Do- [v. Schoeffer.] 
roitius Ahenobarbus. *) 147) Claudius Eusthenius s. Eusthenios. 

141) Ti. Claudius Dryantianus Antoninus, Sohn 148) Claudius Faventinus, ein von Galba schimpf- 
des Ti. Claudius Agrippinus (Nr. 39) und der lich entlassener Centurio, brachte im J. 69 n. Chr. 
Aelia Platonis. Da sein Grossvater in der genea- die misenensische Flotte durch Vorweisung ge- 
logischen Inschrift von Oinoanda (s. Nr. 39) izannog falschter Briefe Vespasians zum Abfall von Vitel- 
[x]al ini[najaios ovvJxXrjiix&v x[a]l vjiafrixrjg lius, Tac. hist. Ill 57. Die Annahme, dass er 
■yeveajs genannt wird, waren sowohl er als sein der Ti. Claudius Faventinus sei, der anscheinend 
Sohn Claudius Caesius Agrippinus (Nr. 93) Sena- wegen der Verleihung der eorona eiviea die Ara 
toren. [Groag.] 40 Casali widmet (CIL VI 31098), ist zwar an sich 

142) Claudius Dulcitius s. Dulcitius. wahrscheinlich, wird aber durch den Charakter 

143) Claudius Etruscus, romischer Bitter, Sohn der Buchstabenformen sowie durch die Art der 
eines Freigelassenen aus Smyrna (s. Nr. 31), Freund Ausfiihrung des Bildwerkes widerlegt; vgl. gegen 
des Statius und Martial. Sein Cognomen erhielt F. Wieseler Die Ara Casali, Gottingen 1844, 5f. 
er von seiner Mutter (Tettia?) Etrusca (vgl. G sell namentlich H. Brunn Kleine Schriflen, Leipzig 
Le regne de Domitien, Paris 1894, 219 und Me- 1898, I 36 und W. Helbig Piihrer durch die 
langes d'archeol. et d'histoire VIII 1888, 74 — 80), offentl. Samml. class. Altertumer in Bom I 89. 
die er fruh verlor (Stat. silv. Ill 108 — 137. 207. Die entscheidendenGriindehatnachFriederichs 
Mart. VII 40, 5). Er gehOrte dem Bitterstande P. Wolters Die Gipsabgiisse antiker Bildwerke, 
schon an, bevor sein Vater von Vespasian unter 50 Berlin 1885, 81 Iff. beigebracht; hingegen ist das, 
die romischen Bitter aufgenommen wurde (Stat, was er anfuhrt, indem er auf den Namen Ti. 
a. a. 0. 145). Als sein Vater um das J. 83 n. Chr. Claudius hinweist, ganzlich unbegriindet. Vgl. 
auf Domitians Befehl in die Verbannung nach auch E. Klebs Prosopogr. I 372. [Stein.] 
Campanien gehen musste, begleitete ihn C. dahin 149) Claudius Felix, Paul. Dig. XX 4, 16. 
(Stat. a. a. 0. 156—164. Mart. VI 83); seiner [Groag.] 
Furbitte verdankte es spater der Vater, dass er 150) Claudius Firmus, s. Firmus. Zu er- 
wieder zuruckberufen wurde (Stat. 165-171. Mart, wahnen ist, dass die alexandrinische Inschrift bei 
a. a. 0. und VII 40, 2). Als dieser im J. 92 Ne"routsos Les inscriptions d'Alexandrie , Paris 
n. Chr. starb, richtete Statius an seinen tief- 1888, 120 nr. 48 auch von P. Meyer Herm. 
betriibten Freund C. ein Trostgedicht (Stat. silv. 60 XXXIII 268ff. unrichtig erklart wird. Unter dem 
dort genannten C. kann nicht der Usurpator Fir- 

*) Die Einreihung des Kaisers Nero, der ei- mus, der sich unter Aurelian erhob, verstanden 

gentlich an dieser Stelle zu behandeln war, unter werden, sondern es weist der Titel XajjmQoxaxog 

die Angehorigen der Gens Domitia, der er von ijiavog-d'oozrjs (= elarissimus corrector) auf die 

Geburt als Privatmann angehort, ist ein Notbe- diocletianische Beichsordnung hin, in welcher an 

helf, da der Artikel nicht rechtzeitig fertigzustellen der Spitze des agyptischen Verwaltungsbezirkes 

war und das Erscheinen des Bandes nicht langer Augustamnica Correctores standen (Not. dign. or. 

aufgehalten werden sollte. Die Redaction. 1 127 p. 5 Seeck ; iiber die spatere Organisation 



2721 Claudius Claudius 2722 

dieser Provinz vgl. Grenfell und Hunt The Dig. IV 2, 18), diirfte mit unserem C. identisch 

Oxyrhynchus Papyri 1 150 nr. 87). tlberdies hat sein. 

sich der angebliche Blemmyeif first Psiluan, den 156) Ti. Claudius Quirfina) Frontinus Ni- 

Finnus zura Kaiser ausgerufen haben soil, als eeratus, Sohn des Ti. CI. Frontinus (Nr. 155), 

der Kaiser Philippus entpuppt (Krall Denk.-Schr. sodalis Hadrianalis, Xvir stlitibus iudicandis, 

Akad. Wien XLVT 1898, 9). [Stein.] tribunus laticlavius legionis IV. Flaviae, quae- 

151) Q. Claudius Flamen (der Beiname nur stor pro praetore provineiae Aehaiae, ab aetis 
bei Liv. XXVII 22, 3), vielleicht identisch mit senatus (im griechischen Text: ini %Sn> vnofivn- 
Q. Claudius Nr. 29. Als Praetor 546 = 208 er- /uaxcov rijg ovrxXrjrov xavbldaxos avToxodroQos M. 
hielt er Tarent (Liv. XXVII 21, 5. 22,3), wurde 10 AvqyjUov 'Avzcovslrov Avyovmov reofiavixov, daher 
in seinem Commando fur das folgende Jahr be- nach 109; vgl. auch Mommsen St.-K. II f 901, 
statigt und durch zwei Legionen verstarkt (ebd. 7), aedilis eurulis, praetor (CILX 1122 = Dessau 
36, 13. 40, 11. 13). Es gelang ihm, die Boten 1087 Abellinum. CIG 1 1327 Sparta. 1133Argos), 
Hasdrubals an Hannibal aufzufangen (ebd. 43, 2). legatus legionis (CIL X 1124 = Dessau 1088 
Auch 548 = 206 blieb er in Tarent, gab aber Abellinum), Patron Ton Abellinum. Dem Kaiser 
sein Heer ab (Liv. XXVIII 10, 10. 15. 11, 12). Verus setzte er im J. 104 gemeinschaftlich mit 

[Miinzer.] seinem alteren Bruder Ti. Claudius Saethida Cae- 

152) Claudius Flavianus, an den ein Rescript lianus (Nr. 325) die Inschrift CIL III 495 (Mes- 
des Kaisers Pius (Ulpian. Dig. V 1, 2, 3); wie sene). Sein Sohn war Ti. CI. Saethida Cethegus 
aus dem Inhalte desselben hervorgeht, damals 20 Frontinus (Nr. 326), seine Tochter vielleicht Claudia 
Praetor. Vielleicht ist er eine Person mit Ti. Cethegilla (Nr. 413). Demnach diirfte er eine 
Claudius Flavianus Nr. 154. Cornelia Cethegilla, etwa die Tochter des M. Cor- 

153) Ti. Claudius Flavianus, Sohn des Ti. nelius Cethegus cos. ord. 170, geheiratet haben 
CI. Paulinus (Nr. 264) und der Claudia Marciola (vgl. auch die Namen der CIL VI 16440. 16273 
(Nr. 425). Inschrift aus dem J. 183/184 n. Chr. genannten Erzieher seiner Kinder: Cornelia Que- 
CIG III 4380b 2 Add. p. 1168 = Le Bas III tula und L. Cornelius Pansanias). 

1216 Kibyra. Vgl. Nr. 265. 157) M. Claudius Ti. f. Quirina Fronto (bei 

154) Ti. CI. Flavianus Titianus Q. Vilius Lucian nur $qovx<ov), Feldherr unter Kaiser Mar- 
Proc(u)lus L. Mareius Celer M. Calpumius cus. Die Hauptquelle fur seine Lauf bahn ist die 
Longus, Xvir stlitibus iudicandis, tribunus lati- 30 nach seinem Tode gesetzte Inschrift CIL VI 1377 
elavius legionis V. Maeedonieae, quaestor pro- = 31640 = Dessau 1098, die sich auf der Basis 
vinciae Cypri, tribunus plebis, praetor (vgl. seiner Statue in Rom befand, uns aber nur durch 
Nr. 152), legatus Ponti et Bithyniae (Legat des den bekannten Falscher Ligorio erhalten ist. 
Proconsuls, demnach vor Kaiser Marcus, s. o. Eine teilweise Controlle derselben ist durch eine 
S. 529), praefectus frumenti dandi (k'jiao[xo]g andere, dem fortissim(usJ dux, amplissim(us) 
ositofisTQiov frfi/xov 'Pa>fiaia>v) , proeonsul pro- praeses wahrend seiner Stattbalterschaft in Dacien 
vinciae Cypri, curator viarum Clodiae, Cassias, errichtete Ehreninschrift (CDL III 1457 = Dessau 
Anniae, Ciminiae, item Flaminiae, Vater der 1097 Sarmizegetusa) ermOglicht. Frontos Car- 
Vilia Proc(u)la (griechische Inschrift aus Patara, riere gestaltete sich darnach folgendermassen : 
Eranos Vindob. 1893, 90, 2). Seine Namen kehren 40 Xvir stlitibus iudicandis, quaestor urbanus, 
zum Teile wieder bei Q. Vilifus] Titia[nus] ab aetis senatus, aedilis eurulis, praetor, le- 
Quadrapus] (CIL HI 537 Korinth), wohl einem g(atus) divi Antonini Aug. (138—161 n. Chr.) 
nahen Verwandten des C; der CIG III 4283 leg(ionisJ XL Cl(audiae), leg. Augg. (Marcus und 
(Patara, aus dem J. 147) genannte Q. Vilius Verus 161 — 169) legioni I. Minerviae in exspe- 
Titianus, Vater einer Vilia Procula, diirfte mit ditionem Parthicam dedueendae, leg. Augg. pr(o) 
C. nicht identisch sein. Des Letzteren Tochter pr(aetore) exercitus legionarii et auxilior(um) per 
hiess vielleicht mit vollstandigem Namen Claudia OrienteminArtneniametOsrhoenametAnthemu- 
Vilia Procula (s. Nr. 451). Ein M. Calpurnius siam duetorum (im armenisch-parthischen Kriege 
Longus erscheint in phrygischen Inschriften (Bam- 161—165 ; vgl. Lucian. quom. hist, conscr. sit 21, 
say Cities and bishoprics of Phrygia I 307 50 s. o. S. 1846), missus ad iuventutem per Italiam 
nr. 113. 114). Vgl. Jung Fasten d. Prov. Da- legendarn, curator operumlocorumquepublicorum, 
cien 70. _ cos. (suffectus um das J. 165, vielleicht schon vor 

155) Ti. Claudius Frontinus, Consul (suffectus der eura operum) , donatus donis militarih(us) 
in unbekanntem Jahre), Vater des Ti. CI. Sae- bello Armeniaco et Parthieo ab imperatore An- 
thida Caelianus Nr. 325 (CIL X 1123 Abellinum) tonino Aug. et a divo Vero Aug. corona mu- 
und des Ti. Claudius Frontinus Niceratus Nr. 156 rali item vallari item classica item aurea item 
(CIL X 1122 Abellinum. CIG I 1327 Sparta), hastis puris IIII item vexillis LUI (diese Aus- 
Grossvater des Ti. CI. Saethida Cethegus Fron- zeichnungen erhielt Fronto bei Gelegenheit des 
tinus Nr. 326 (CIL X 1124 Abellinum). Da Fron- Triumphes der beiden Kaiser im J. 166; vgl. 
tinus Sohne in der Peloponnes, namentlich in 60 Dessau a. a. O.), comes divi Veri Aug. (zu 
Messene, eine grosse Bolle spielten und anderer- Beginn des Markomannenkrieges im J. 166 oder 
seits Pausanias IV 32, 2 eine in Messenien an- 167), leg. Augg. pr. pr. provineiae Moesiae su- 
gesehene Familie der AZMSai erwahnt, die noch per(ioris), leg. Augg. pr. pr. Moesiae super. 
zu seiner Zeit existierte, vermutet Foucart, [simul] Daciae Apulesis [et Porolissesis] , leg. 
mdem er bei Pausanias Zatftidas einsetzt, dass Aug. (des Marcus, der seit Februar 169 Allein- 
die Gattin des Frontinus diesem Hause angehorte herrscher war) pr. pr. provineia[e Moesiae] super. 
(Le Bas-Foucart p. 159f.). Claudius Frontinus, simul leg. Aug. pr.pr. provineiafr. trium] Da- 
an den Kaiser Pius ein Rescript richtete (Lilian. eiarum (vgl. auch CIL ni 6250 ; die Lesung 

Pauly-Wissowa III 86 



2723 Claudius Claudius 2724 

nach Domaszewski N. Heidelb. Jahrb. V 1895, tilname nicht sicher ist. Die Identiflcierungen 

110). Die letzteren Stellungen verwaltete Pronto mit Gallus cos. ord. 198 und mit CI. Gallus 

wahrend des ersten Markomannenkrieges, in wel- Nr. 162 konnen daher unerortert bleiben. 
chem er den Germanen und Iazygen mehrere gltick- [Groag.] 

liche Treffen lieferte (CIL VI 1377. Ill Suppl. 164) Claudius Geminus, aeaftaexvs * a < «"- 

7505 Troesmis). Wahrscheinlicb im J. 170 (vgl. atQ&trjyo? €hj(Satdos, CIG HI 4751. Rostowzew 

die Inschrift III 7505, derzufolge Sex. Cornelius Rom. Mitt. XII (1897) 75, hebt mit Recht her- 

Clemens bereits in diesem Jahre Frontos Nach- vor, dass Arabarch und Alabarch nicht zu iden- 

folger in Dacien war; Borghesis Argument, tificieren sind, wie es in der Besprechung der- 

Oeuvres VIII 474, ist zweifelhaft, s. Nr. 158) fand 10 selben Inschrift Mtinzer thut, Beil. zur Munch, 

er, pro r(e) pfublieaj fortiter pugnans, seinen Allgem. Zeitg. 1897 nr. 102. Einem Tib. Glau- 

Tod. Der Senat ehrte auf Antrag des Kaisers dius . . . Quvr(ina) . . . Gem[in]us (?) ist eine 

Marcus sein Andenken durch die Errichtung einer Inschrift aus Naxos gesetzt, Athen. Mitt. XXII 

armata statua in foro divi Traiani. Pronto ist (1897) 408 nr. 8. Vgl. Ti. Claudius Servilius 

vielleicht identisch mit dem M. CI. Pronto, Asi- Geminus (Nr. 342). [Stein.} 

archen und agxisQevg der dreizehn ionischen Stadte 165) C. Claudius Glaber, Sohn eines G. (viel- 

unter Antoninus Pius (Mionnet III 61 nr. 1 — 5. leicht des Consuls von 624 = 130, wenn es nicht 

Head Catalogue of the Greek coins of Ionia 16 wahrscheinlicher ware, dass dieser Ap. hiess; vgl. 

nr. 1. 2. Kenner Miinzen des Stiftes St. Flo- Nr. 11), war Praetor 681 = 73 (SC de Oropiis 
rian, Wien 1871, 117; vgl. Borghesi Oeuvres20lGS I 413,7) und zog als erster rOmischer Feld- 

VI 267). Ob M. CI. Fronto Neocydes (Nr. 158) herr mit einem Milizaufgebot gegen die Fechter- 

sein Sohn war, ist ungewiss. haufen unter Spartacus. Er schloss sie auf dem 

158) M. Claudius Fronto Neocydes wurde im Vesuv ein, wurde aber von ihnen uberrumpelt 
J. 170 n. Chr. in das Collegium der Salii Pala- und geschlagen (Liv. ep. XCV. Flor. II 8, 4. 
tini aufgenommen (CIL VI 1978), war demnach Oros. V 24, 1. Plut. Crass. 9, 2; vgl. Appian. 
Patricier. Borghesi (Oeuvres VIII 474) hielt ihn bell. civ. I 116. Mfinzer Philol. LV 387). 

fur den Sohn des Vorausgehenden , Klebs (Pro- 166) M. Claudius Glicia C. f. war ein Subal- 

sopogr. I 374 nr. 700) ist eher geneigt, in ihm ternbeamter und wohl Client des Consuls P. Clau- 

den Sohn des Claudius Neocydes (Nr. 243) zu dius Pulcher (Nr. 304) und wurde von diesem im 
erblicken. MOglich, dass M. Claudius Pronto sein 30 J. 505 = 249 dem Senat zum Trotz zum Dic- 

Vater, Claudius Neocydes der Vater seiner Mutter tator ernannt (seriba Fasti Cap.; viator Suet. 

war. Tib. 2; sortis ultimae homo Liv. ep. XIX). Er 

159) Claudius Fuscus, Schwiegersohn des Cae- wurde sofort zur Abdankung genetigt (Fasti Cap. 
cilius Classicus, im J. 99 n. Chr. von Plinius und Liv.) , behielt aber die Insignien seiner Wiirde 
Lucceius Albinus angeklagt, jedoch freigesprochen (Liv.). [Miinzer.] 
(Plin. epist. Ill 9, 18). Sein Gentilname lautet 167) Ti. Claudius Oordianus, leg(atus) Au- 
in den meisten Hss. Claudius, nur im codex Dres- g(usti) pr(b) prfaetore) von Numidien (ClL VIII 
densis Cluvius ; fur Claudius spricht jedoch, dass 2499. 4230. 8326, vielleicht auch 17624) im J. 188 
sich unter den vielen, meist von PersOnlichkeiten n. Chr. (VIII 2495), Patron von Verecunda (VIH 
traianischer Zeit entlehnten Namen des Q. Pom- 40 4230) und Cuicul, Gemahl der Iulia Chilonis 
peius Sosius Priscus (vgl. Nr. 160) auch CI. Puscus (VIII 8326). 

befindet (demnach ist oben S. 1200, 1 Cluvius 168) Claudius Gorgus, vir elarissimus, uxo- 

in Claudius zu corrigieren). rem aceusans cum delectus est uxorem in adul- 

160) CI. Puscus gehort zu den Namen des terio deprehensam retinuisse, et sine aceusatore 
Q. Pompeius Senecio Sosius Priscus, cos. ord. 169 lenocinio damnatus est a divo Severo. Ulp. Dig. 
n. Chr.; s. unter Pompeius. [Groag.] XL VIII 5, 2, 6. 

161) Claudius Galenus. Klebs Prosopogr. 1 169) Claudius Gothicus s. Aurelius Nr. 82. 
374f. hat gezeigt, dass das Gentile Claudius, das 170) Claudius Hadrianus , an den ein Re- 
Galen falschlich beigelegt wird, nicht auf der script des Kaisers Pius (Ulp. Dig. XXXVII 10, 
Uberlieferung beruhe; s. Galenus. [Stein.] 50 3, 1), wahrscheinlich Magistrat. Vielleicht ist 

162) Gl(audius ?) Gallus, leg(atus) Augusto- ASQiarog 6 'Pcofiaicov vjiazog (Galen. Ill 895 K.) 
rum (Marcus und Verus ? vgl. PalludeLessert derselbe. [Groag.] 
Fastes des prov. Afric. I 382fi.) [pro praetore] 171) Ti. Clfaudius) Heraela, pro(eurator) 
von Numidien (CIL VIII 2741 = 18126 Lam- ferfrariarum) (Noricarum), CIL III 4809. Allem 
baesis). Ob Pallu de Lesserts Vermutung Anschein nach nicht Procurator des Kaisers, son- 
richtig ist, dass CI. nicht den Gentilnamen des dem des Pachters Q. Septueius Clemens; vgl. 
Gallus bezeichnet, sondern die Tribus, welcher Hirschfeld Verw.-G. I 76, 1. 85, 1. [Stein.] 
dieser angehOrte, muss vorlaufig dahingestellt 172) Claudius Heraclides, athenischer Archon, 
bleiben. vgl. Herakleides. [v. Schoeffer.] 

163) CI. Gallus. Die iiberlieferte Inschrift 60 173) CI. Herennianus, legfatus) AugCustorumJ 
CIL III 1564 (ad Mediam) nennt einen G. I. Gallus pr(o) pr(aetore) von Dalmatia im J. 247 n. Chr., 
als Statthalter Daciens zur Zeit des Severus und CIL III 10174. 

Caracalla (198—211 n. Chr.). Obwohl ein C. 174) Ti. Claudius Hermias, 6 haanQotaros 

Iulius Gallus (cos. suff. 124) bekannt ist, emen- vnauxog, Gemahl der Aelia Peithias (vgl. Nr. 99), 

dierte Borghesi (Oeuvres VIII 477) in Anbe- Vater des Ti. CI. Draco (Nr. 136), der (Claudia) 

tracht der ungewOhnlichen Abkiirzung CI. Gallus; Sosipatra, (Claudia) Theonis und einer Unbekann- 

zweifelhaft, ob mit Recht, da bei dem einzigen ten, die in ihrer Ehreninschrift als aveyna xal 

bekannten Senator CI. Gallus (Nr. 162) der Gen- anoyovog noVkwv vnaxm&v bezeichnet wird (Herm. 



2725 Claudius Claudius 2726 

IV 1869, 193 = Anc. Greek inscr. in the Brit. consul (von Actmi&),'AQs<mayetx>)s, von den Athenern 

Mus. Ill 200 nr. 562 Ephesos. CIG II 3109 Teos). als Wohlthater geehrt (AsXt. a ex . V 1889, 133 

175) Ti. Claudius Herodianus, c(larissimus) nr. 14. CIA III 705). Er lebte um die Mitte 
m(ir), legfatus) provfinciae) Sicilfiae), iudex ra- des 3. Jhdts. n. Chr. (vgl. Nr. 203 und Momm- 
rissimus, patronus cdl(oniae) Panhormit(ano- sen AsXt. &qx- a. a. 0.) und wird mit dem II- 
rum), CIL X 7286 (Panhormus). Vielleicht der lyrios identisch sein, der sich in einer metrischen 
namliche ist Claudius Herodianus, Praetor tute- Inschrift als Dichter und als Wiederhersteller der 
laris im J. 203 n. Chr. (Cod. lust. V 66, 1 = Mauern Athens (wahrscheinlich unter Valerian 
Fragm. Vat. 191. 208. 209. 247). Borghesi 253—260, vgl. Wachsmuth Athen im Alter- 
(Oeuvres III 120) identiflcierte ihn mit dem gleich- 10 turn I 705f. II 198, 3) bezeichnet (CIA III 399 
zeitigen Geschichtschreiber Herodianos, was jedoch = Kaibel Epigr. Gr. 1054; aucn III 400 = 
kaum zutreffen dtirfte (vgl. Kreutzer De Herod. Kaibel 1053 durfte C. angehOren). [Groag.] 
rerum Rom. script., Diss. Bonn. 1881). MOglicher- 183) C. Claudius Inregillensis , Sohn von 
weise war C. ein Nachkomme des Atticus He- Nr. 122, Vater von Nr. 91, angeblich Dictator 
rodes (Nr. 72). 417 = 337, dankte infolge fehlerhafter Wahl 

176) CI. Hieronymianus, leg(atus) Ug(ionis) wieder ab (Liv. Vin 15, 5f.); vgl. Nr. 180. 
VI. vicftricis), CIL VH 240 Eburacum (,litterae [Miinzer.] 

■sunt saeeuli seeundi exeuntis'). Vgl. Nr. 177. 184) Claudius Iulianus, Praefect der misenen- 

177) Claudius Hieronymianus, clarissimus vir, sischen Flotte im J. 69 n. Chr. oder kurz vor- 
Zeitgenosse des Papinian, vermutlich Verwandter 20 her. Er sollte, da er sich dort wegen seines mil- 
des Senators Umbrius Primus, der dem C. sein den Eegiments beliebt gemacht hatte, diese Flotte, 
Haus per fideicommissum hinterliess (Ulp. Dig. die unter seinem Nachfolger Claudius Apollinaris 
XXXIII 7, 12, 40). Vielleicht ist er identisch von Vitellius abgefallen war, wieder umstimmen, 
mit den beiden anderen Claudii Hieronymiani trat aber selbst zur Partei Vespasians fiber (Tac. 
(Nr. 176 und 178). hist. Ill 57). Er wurde dann in Tarracina von 

178) Claudius Hieronymianus (in den Hss. L. Vitellius eingeschlossen und nach Eroberung 
Claudius Lucius Hyerorainianus oder Hiero- der Stadt auf dessen Befehl erdrosselt (Tac. hist. 
rainianus oder Gerominianus; vgl. Klebs Pro- III 76f.). Wahrscheinlich ist er identisch mit 
sopogr. I 381 nr. 713; Lucius durfte wohl auch dem Iulianus, der nach Plin. n. h. XXXVH 45 
verderbt sein), Praeses von Kappadokien (etwa zur 30 unter Nero ein Gladiatorenspiel auszurichten hatte 
Zeit des Commodus oder Severus), cum indigne und zu diesem Zwecke einen rOmischen Ritter an 
ferens uxorem suam ad hane seetam (sc. Chri- die Ostseekiiste schickte, um Bernstein zu holen. 
slianorum) transisse Christianos erudeliter trac- Vielleicht mit Bezug darauf sagt Tacitus von ihm 
iasset solusque in praetorio suo vastatus pesle (wie von seinem Genossen Claudius Apollinaris) 
■convivis vermibus ebullisset, nemo seiat, aiebat, laseivia socordiaque gladiatorum magis quam 
ne gaudeant Christiani aut sperent Ckristianae. ducum similes, hist. Ill 76. Vgl. Hirschfeld 
Postea cognito err ore suo . . paene Christianus Verw.-G. I 124, 1. 

deeessit. Tertull. ad Scap. 3. Vgl. Nr. 177. 185) Claudius Iulianus, Praefectus annonae; 

179) (Ti. Claudius) Hipparchus (Suidas s. an ihn ein Rescript Hadrians, frg. Vatic. 235. 
'Hgcbdrjs nennt ihn falschlich Plutarchos), Vater 40 . [Stein.] 
des Ti. CI. Atticus Herodes (Nr. 71) und der 186) [C]l. Iulianus, als Proconsul von Asia 
Claudia Athenais (Nr. 407). Da er sich der Maje- genannt auf einer Miinze von Ephesos , die die 
statsverletzung (? em xvQavvixatg aht'ais) schuldig Bildnisse des Caesars Marcus und der Faustina 
gemacht hatte, wurde sein Vermogen eingezogen Augusta zeigt (Waddington Fastes des prov. 
(Philostrat. vit. soph. II 1 p. 56 Kayser ; vgl. CIA Asiat. nr. 138) und demnach in die Zeit zwischen 
III 38 ra 'InnaQiov %coQia xa vnb xov yloxov 146 und 161 n. Chr. (vgl. Bd. I S. 2286. 2313) 
jiga&evra, doch s. Nr. 71). Moglicherweise ist gehort (die Bezeichnung des Marcus als OvrjQog 
«r der Hipparchus, den Suet. Vesp. 13 erwahnt: KaToag spricht fur das J. 146 selbst, vgl. Bd. I 
Salvium Liberalem in defensione divitis rei S. 2284). Die Erganzung des Gentilnamens zu 
ausum dicere, quid ad Caesarem, si Hipparchus 50 Cl(audius) ist wahrscheinlich richtig (s. Klebs 
sestertium milies habet? et ipse (sc. Vespasianus) Prosopogr. I 381 nr. 717), ebenso diirfte die Iden- 
laudavit. tfber C.s Vorfahren vgl. Dittenberger tiflcierung mit [Iu]lianus, Proconsul von Asia im 
Hermes XIII 86ff. [Groag.] J. 145 (Anc. Greec inscr. in the Brit. Mus. Ill 

180) C. Claudius Hortator, Magister equitum 156 nr. 491 Ephesos) zutreffen. Fraglich dagegen 
417 = 337, dankte mit dem Dictator C. Claudius ist die weitere Gleichsetzung mit dem Iulianus, 
Inregillensis Nr. 183 wegen fehlerhafter Wahl der in der namlichen Stellung dem Rhetor Ari- 
wieder ab (Liv. VIII 15, 5f.). Die Notiz ist viel- steides Gunst erwies (Aristid. or. XXVI p. 532f. 
leicht eine Falschung, denn beide Manner werden Dind., vgl. Waddington a. a. O. SchmidRh. 
sonst nicht erwahnt, und nur dadurch wurde der Mus. XLVHI 1893, 53ff.; Philol. LVE 1897, 721. 
bis auf den Vornamen unbekannte Vater des Ap- 60 Klebs Prosopogr. I 131 nr. 859); s. unter Iu- 
pius Caecus Nr. 91 in die Fasten eingeschwarzt. lianus. 

[Miinzer.] 187) Claudius Iulianus, Statthalter von Ger- 

181) L. Cl(audius) Iberinus Eudaemon, o xqa- mania inferior im J. 160 n. Chr. (Dessau 2907 
Tiorog loyioxrjg (= curator) von Aphrodisias, CIG Bonna), nach Kleins Vermutung (Rhein. Jahrb. 
II 2791 ; s. Nr. 144. [Stein.] LXXX 1885, 154f.) identisch mit Ti. CL Iulianus 

182) Claudius Illyrius, Sohn des athenischen (Nr. 194) und mit dem Folgenden. 

Archon eponymos (Claudius) Tebens (Nr. 363), 188) CI. Iulianus, mit dem Agnomen Naucel- 

Enkel des Cn. Claudius Leonticus (Nr. 203), Pro- lius (so redet ihn Fronto ad amic. I 5 u. 18 an, 



2727 Claudius Claudius 2728 

vgl. Klebs Prosopogr. I 382 nr. 719), Freund Freigelassenen CIL VI 15202 genannt. Uber den 

des Khetors Cornelius Fronto, der an ihn mehrere CIL VIII 14769 erwahnten Ti. CI. Iulianus vgL 

Briefe richtete (ad amic. I 5. 17. 18 p. 177. 185, Nr. 193. [Groag.] 

vgl. 172 N.). C. verwaltete unter Marcus und 196) Claudius Iulius Ecclesius Dynamius s. 

Verus (161 — 169 n. Chr.) provineiam cum eocer- Dynamius. 

citu (I 5. 18, vgl. p. 186, 7 N.), vielleicht Ger- 197) Claudius Iulius (FHG IV 362—364;; 

mania inferior (s. Nr. 187) , dessen Verwaltung "lovXXog hat das Seguiersche Bruchstuck Steph. 

ihm dann schon von Pius anvertraut worden ware. Byz. s. A&Qog, sonst ist "IovXog [Steph. Byz. s. 

Ob er mit Iulianus, dem Freunde des Caesars "Axtj] und "IoXXog — darauf fuhrt im Artikel 
Marcus (Fronto ad M. Caes. IV 1. 2 p. 59. 60 10 'Iovdaia das Schwanken zwischen 'IoXaog und '16a- 

N.) identisch ist, erscheint zweifelhaft. [Groag.] Xog — uberliefert; 'lovXiog [Steph. Byz. s. Ad/Mit], 

189) Cl(audius) Iulianus, p(erfeetissimus) Etym. M. 219, 32] ist eine leicht zu verstehende 
v(ir), Praefectus annonae unter Septimius Severus, Schlimmbesserung) , verfasste eine Beschreibung 
CIL VI 1603 (aus dem J. 201 n. Chr.) und CIG Phoinikiens (ev nowxtj $ ivixixS>v Steph. Byz. 
Ill 5973 = IGI 917 (zwischen 198 und 202). Viel- "Axtj; ev f Qowixix&v Steph. Byz.Aoogog; schleeht 
leicht identisch mit dem pfraefectus) pfraetorio) ev xaTg <Poivixt]g ioxoolaig Etym. M. a. a. O.), in 
Iulianus, an den ein Bescript der Kaiser Septi- der er historische und pseudohistorische Notizen,. 
mius Severus und Caracalla vom J. 202 gerichtet ahnlich wie Alexander Polyhistor oder Iuba, zu- 
ist, Cod. lust. VII 33, 1. [Stein.] sammenstellte. Die Etym ologie, die er von 'Iovdaia 

190) Claudius Iulianus , Consul suffectus zur 20 (Steph. Byz. s. v.) aufstellt, diirfte kaum jfinger 
Zeit der Kaiser Balbinus und Pupienus (238 n. sein als die ZerstOrung Jerusalems, andererseit& 
Chr.) mit Celsus Aelianus. Hist. Aug. Max. et kennt er Caesarea = StQaxcovog nvoyog, hat also- 
Balb. 17, wo ein wahrscheinlich erfundenes Gltick- nicht vor dem grossen Herodes geschrieben. Der 
wunschschreiben des C. an die beiden Kaiser mit- sehr seltene rSmische Name (vgl. Buecheler 
geteilt wird (vgl. Celsus Nr. 10). C. war viel- Rh. Mus. XLIV 317) ist beachtenswert; er zwingt 
leicht der Sohn des App. Claudius Iulianus Nr. 193. zu der Annahme, dass der Mann ein griechisch, 

191) CI. Iulianus, avyxXtjxixdg, s. unter Clau- schreibender KSmer war. [Schwartz.] 
dia Tlepolemis Nr. 447. 198) M. Claudius Iuncus s. unter M. Iuncus. 

192) App. Claudius Ifulianus?], Consul suf- 199) Ti. Claudius Iuncus, Proconsul von Cy- 
fectus in unbekanntem Jahre (CIL III Suppl. 30 pern (Le Bas 2726 Citium). Die Identificie- 
p. 1983 dipl. LVIII; das Militardiplom gehort in rungen, die Waddington a. a. O. versucht, 
die Zeit vor Caracalla, da bei der oohors I Heme- haben sich als unrichtig erwiesen (vgl. L. Aemi- 
senorum der BeinameAntoninianafehlt; Mo mm- lius Iuncus Bd. I S. 550 Nr. 54). 

sens Zeitbestimmung , zwischen 138 und 146 200) Claudius Iustus, in einem Rescript des 

n. Chr., entbehrt der sicheren Begriindung), viel- Kaisers Pius genannt, Cod. lust. VI 37, 1. 

leicht eine Person mit dem Folgenden. [Groag.] 

193) Appius Claudius Iulianus (der ganze 201) Claudius Labeo, Praefect der ala Bata- 
Name CIL IX 338. XI 2702. XIV 125), Consul varum im J. 70 n. Chr. Selbst ein Bataver, war 
I suffectus in unbekanntem Jahre (vgl. Nr. 192), er fruher in seiner Heimat ein Rivale des Civilis 
Consul II ordinarius mit L. Bruttius Crispinus 40 gewesen. Nach dem Verrat der Ala wurde C. 
im J. 224 n. Chr. (CIL VI 3023. 3070. XI 2702. im Lande der Friesen interniert , entkam aber 
XIV 125. CIG III 6707 = IGI 2090 u. s. w.), nach Koln und warf sich dem C. Dillius Vocula 
Praefectus urbi unter Alexander (Paul. Dig. XXXI in die Arme. Er nahm es auf sich, die Bataver 
87, 3, wo Claudius Iulianus und nicht Olaudianus wieder fur die rSmische Herrschaft zu gewinnen r 
Iulianus zu lesen ist), Patron von Canusium (CIL konnte aber dieser Mission nicht gerecht werden. 
IX 338 aus dem J. 223). Wie Mommsen wohl Nach einem vergeblichen Widerstand gegen den 
mit Recht vermutet , ist er identisch mit dem siegreichen Civilis an der Maasbriicke floh er, von. 
Claudius Iulianus, der unter Caracalla (211—217) Civilis verfolgt, in das Gebiet der Belger. Sein 
oder Elagabal (218 — 222) Proconsul von Africa weiteres Schicksal ist unbekannt, Tac. hist. IV 
war (CIL VIII 4845 = 17521 Calama, vgl. Pallu 50 18. 56. 66. 70. [Stein.] 
de Lessert Fastes des prov. Afric. I257f.; da- 202) Appius CI. Lateranus, XVvir sacr(is) 
gegen identiflciert Klebs Prosopogr. I 383 nr. 727 facdundis), cos. design(atus), leg(atus) Aug(usti) 
diesen Proconsul mit dem CIL VTII 14769 ge- pr(o) prfaetorej legfionisj III. Ital(icae) , daher 
nannten Ti. Claudius Iulianus, in dem man je- gleichzeitig Statthalter von Raetien (nicht vor 
doch wohl nur einen Municipalburger zu erblicken Kaiser Marcus), CIL HI 5793 Augusta Vinde- 
hat). C. war vielleicht der Vater des Consuls licum. 

vom J. 238 (Nr. 190). tiber eine metrische In- 203) Cn. Claudius Leonticus, o lauTiooxaxog 

schrift, die Borghesi auf ihn bezog, vgl. Nr. 16. vnaxixog xal iaavoo&aixijg xfjg'EXladog (oder xfjg 

194) Ti. Claudius Iulianus, Legat der Legio 'Axatag; avdvTtaxevaag: Askx. &qx- V 1889, 133- 
XL Claudia unter Kaiser Pius zwischen 139 und 60 nr. 14; seine Stellung war wohl analog der des 
161 n. Chr. (vielleicht nicht nach 146, vgl. Bd. I CI. Demetrius Nr. 124 und des CI. Callippianus 
S. 2284) , CIL III 7474 (Durostorum). Consul Nr. 94), erwarb sich grosse Verdienste um Hellas, 
suffectus mit Sex. Calpurnius Agricola am 27. Sep- namentlich um Delphi, wie die ihm in Epidauros, 
tember eines unbekannten Jahres zwischen 145 Megara und Delphi gesetzten Ehreninschriften 
und 161 (CIL III p. 886 dipl. XLIV). Vielleicht beweisen {'Eytju. a SX . Ill 1884, 30 nr. 76. IGS 
identisch mit den unter Nr. 187 und 188 behan- I 91. Bull. hell. VI 1882, 449 nr. 79. XX 1896, 
delten Claudii Iuliani. 727). Er war der Vater des (Claudius) Tebens 

195) Ti. Claudius Iulianus, als Patron eines (Nr. 363), Grossvater des Claudius Hlyricus Nr. 182 



2729 Claudius Claudius 2730 

{AsXt. aQx- a. a. 0.). Da eine der oben erwahn- 208) Claudius Lucanus, Consular, nach dem 

ten Inschriften von Herennius Ptolemaeus, dem Sturze Oleanders (189 n. Chr.) von Commodus 

Vater des Geschichtschreibers Herennius Dexip- getstet, Hist. Aug. Comm. 7, 7. [Groag.] 

pus, gesetzt ist (Klebs Prosopogr. I 383 nr. 732), 208) Tib. Claudius Lysiades, athenischer Ar- 

gehOrt C. in die erste Halfte des 3. Jhdts. n. Chr. chon, vgl. Lysiades. [v. Schoeffer.] 

<(vgl. Nr. 182). [Groag.] 210) Claudius Lysias, Tribunus cohortis (xi- 

204) M. Claudius Lepidus, im J. 565 = 189 Magxos rijg anelQrjg) unter dem Procurator von 
aus Aitolien nach Bom geschickt (Antias bei Liv. Judaea (Antonius) Felix. Er rettete den Apostel 
XXXVII 48, 5). [Miinzer.] Paulus vor den wiitenden Juden und schickte ihn, 

205) Ti. Claudius Lepidus, &qx>.bqi>vs rov IIov- 10 da sich dieser auf sein Burgerrecht berief, unter 
xov, ijiwrdttjs rfjs prjTQojcoXsws. Seine Gattin militarischem Schutz nach Caesarea zum Procu- 
ist Claudia Marciana, seine Tochter Claudia Le- rator, um das J. 58 n. Chr., Acta apost. 21, 31 — 40. 
pida, die mit L. Vedius Euphron vermahlt war. 22, 24—30. 23, 10—30. [Stein.] 
Sie werden geehrt in zwei Inschriften aus Ama- 211) M. CI. Macrinius Vindex Hermogenianus 
stris, CIG III 4149f. Darnach ist es hOchst wahr- s. unter Macrinius. [Groag.] 
scheinlich, dass entweder er selbst oder sein gleich- 212) Claudius Mamertinus, Verf asser einer Eede, 
namiger Vater identisch ist mit dem Epikuraeer welche unter dem Titel gratiarum actio Mamer- 
Lepidus aus Amastris, der als Peind Alexanders tini de eonsulatu suo Iuliano Imp. als nr. 3 im 
Ton Abonuteichos bekannt ist, Lukian. Alex. 25. 43. Corpus panegyricorum (nr. 11 in der Ausgabe von 

206) Ti. Claudius Ti. f. Quir(ina) Liberalise Baehr ens) iiberliefert ist. Der Name Claudius 
Aebutianus, equo publico, praeffeetus) fabr(um), ist uns nur aus der Gratiarum actio (c. 17) bekannt, 
tribfunusj mil(itum) legfionis) III Cyrenaieae, aus der wir auch ersehen, dass C. schon in vorge- 
decfurialis) Caes(arum) , co(n)s(ulum) , pr(aeto- riicktem Alter stand, als er das Consulat erlangte 
rum); er und seine Gemahlin Claudia Nectarea (canities c. 17; non breve aevum c. 18). Er 
setzten der Herennia Helvidia Aemiliana, der muss bei Lilian besonderes Ansehen genossen 
Gattin des Consulars L. Claudius Proculus Cor- haben, da ihn dieser nicht nur im Verlaufe von 
nelianus (Nr. 288) die Ehreninschrift CIL XIV einem Jahr (361/2, vgl. grat. act. c. 21. 22) zum 
4239; vgl. Dessaus Bemerkungen dazu. Er ist praefectus aerarii (grat. act. c. 1. 22. Ammian. 
wohl ein Verwandter des mit 16 Jahren verstor- XXI 8, 1), zum praefectus praetorio Elyrici 
benen Ti. Claudius Liberalis, praef. fabrum, 30 (Ammian. XXI 12, 25) et Italiae (Symm. ep. X 
equo publico, CIL XIV 3624, und des Aebutius 40, 3 Seeck; vgl. grat. act. c. 1. 22) und zum 
Liberalis, an den Seneca die Schrift debenefieiis Consul fur 362 (Ammian. XXI 10, 8. 12, 25. 
richtet; vgl. P. Meyer Jahrb. f. Philol. 1897, XXII 3, 1 und die Gratiarum actio) ernannte, 
591, 47. Ein Ti. Claudius Liberalis, Gemahl der sondern auch nebst seinem Collegen Nevitta beim 
Livia Secunda, CIL VI 15133; vgl. auch XV Amtsantritt dadurch auszeichnete, dass er ihrem 
559. IX 1424. Wagen bei der feierlichen Auffahrt in den Senat 

207) Ti. Claudius Livianus, Praefectus prae- zu Fusse folgte (Ammian. XXH 7, 1). Kurz vor 
torio unter Traian, wurde im ersten Dakerkrieg dieser Ehrung hatte ihm der Kaiser schon einen 
102 n. Chr. nebst (L. Licinius) Sura zu den von andern Beweis seiner Wertschatzung und seines 
Decebalus erbetenen Friedensverhandlungen ab- 40 Vertrauens gegeben, als er ihn zum Mitgliede 
geschickt, die jedoch zunachst scheiterten, Dio des Gerichtshofs bestellte, der in Chalkedon die 
«p. LXVIII 9, 2. Zur Zeit des Partherkrieges Haupter der Lilian feindlichen Partei am Hofe 
{J. 114 — 117) war er unter den Freunden Hadrians des Constantius aburteilen sollte (Ammian. XXII 
aus dem Bitterstande, gehOrte also wohl auch zu 3, 1). C. muss seinen Einfluss bei Hofe auch 
<ien Comites Traians, Hist. Aug. Hadr. 4, 2; vgl. noch nach Lilians fruhem Tode gewahrt haben; 
Hirschfeld Verw.-Gesch. I 224. Seine Praefec- denn wir finden ihn noch 365 unter Valentinian 
tur wird auch auf einer stadtromischen Inschrift, und Valens als Praefecten von Italien nebst Africa 
CIL VI 1604, und auf einer WasserleitungsrOhre und Illyrien (Ammian. XXVI 5, 5). Im J. 368 
aus Praeneste, CIL XIV 3439, erwahnt. Mit jedoch wurde er von Avitianus wegen Unter- 
Biicksicht auf diesen Fundort wird man wohl 50 schleifs denunciert und deshalb seiner Wurde ent- 
auch die Ziegelsteine CIL XIV 4091, 30 = XV setzt. trber den Erfolg der Klage und iiber die 
2317 als aus seinen Besitzungen stammend an- ferneren Schicksale des C. erfahren wir nichts. 
zusehen haben. Nicht minder wahrscheinlich ist Seine Bede ist am 1. Januar 362 zu Con- 
es, dass die ffiglinaej Cl(audi) Livia [ni] , CIL stantinopel (grat. act. c. 2) gehalten worden und 
XV 932, auf ihn zu beziehen sind; darnach hat zeigt wie die andern Panegyrici der spatern Kai- 
ser im J. 123 noch gelebt. Inschriften von seinen serzeit das Streben, den Charakter und die Thaten 
Sclaven CIL VI 280, vgl. 30728 und Ch. Hiilsen des Kaisers mit rhetorischem trberschwange zu 
Berl. philol. Wochenschr. 1889, 683f. 718, auch CIL verherrlichen und gleichzeitig die eigenen Ver- 
VI 30818. Es ist kein Zweifel, dass ef auch der in dienste gebiihrend hervorzuheben. Bar historischer 
•den Beliefs der Traianssaule dargestellte Praefectus 60 Wert ist ein geringer. Denn wenn auch das Bild, 
praetorio ist, der stets in Begleitung Traians er- das wir aus ihr von Lilian erhalten, trotz aller 
scheint, vgl. Domaszewski Westd. Ztschr. XIV Ubertreibungen ein ziemlich getreues ist, so ent- 
(1895) 5. Ob er mit dem Ti. Claudius Ti. f(i- halt sie doch kaum eine Thatsache, die dem Hi- 
lius) Quir(ina) Livianus aus der Zeit des Kaisers storiker von besonderem Nutzen ware. Die Sprache 
Claudius verwandt ist (Sohn oder Enkel?), lasst ist fliessend, abgerundet und geschickt, aber nicht 
sich nicht bestimmt sagen, Benndorf- Niemann frei von Eigentiimlichkeiten und Archaismen (vgl. 
Eeisen in Lykien und Karien S. 64 nr. 32, vgl. Beispiele dafiir beiTeuffel Litt.-Gesch. §417, 7). 
63 nr. 30 und Anm. 1. [Stein.] Einem altern magister Mamertinus hat man 



2731 Claudius Claudius 2732 

lange Zeit die zwei Panegyrici auf Maximian aus Amtern gelangten, wegen ihrer Plebeitat Schwie- 

dem J. 289 (nr. 10 der Uberlieferung = 2 bei rigkeiten bereitet wurden ; vielleicht standen sie- 

Baehrens) und 291 (nr. 11 der Uberlieferung = noch in einem gewissen Clientelverhaltnis zu den 

3 bei Baehrens) zugeschrieben. Dass beide dem- patricischen Claudiern. Ihr Ansehen datiert erst 

selben Verfasser angehflren, erscheint nach dem von M. Marcellus, dem Helden des hannibalischen 

Inhalte kaum zweifelhaft (vgl. Seeck Jahrb. f. Krieges, aber nicht ihr Beiname, wie Plut. Marc. 

Philol. CXXXVH 713ft*., welcher auch die sprach- 1, 1 behauptet: M&qxov de XXavbiov xXi]- 

lichen Einwande von Eiihl De XII panegyricis fojvai . . x&v and xfjs olxlas tcq&tov 31aQxeUov r 
latin's propaedeumata, Diss. Greifsw. 1868, ent- oxsq eativ 'Aq^I'ov, &s <pi)oi JJoaeidaiviog. r\v yag rfj 
kraftet). Dagegen findet die Ansicht, dass dieser 10 (tev epmeiQiq aoXe(ii>t6g, rq>' 8& ocbfian QcofcaXeog^ 
Verfasser Mamertinus hiess, in der Uberlieferung rfj 8e %uqI itXrjxTtjg, xfj 8b <pvaei <pdojt6fafios~ 
keine genugende Begrlindung; denn die Lesart Erstens erscheint der Beiname schon ttber ein 
Mumertini des cod. Ven. ist offenbar in Anleh- Jahrhundert frtiher in den Fasten, zweitens hangt 
nung an die Uberschrift von nr. 3 der Uberlie- er offenbar nicht mit Martins, sondern mit dem 
ferung (=z 11 bei Baehrens) willkiirlich aus dem Praenomen Marcus zusammen (vgl. Mareulus Pest. 
verderbten memet des Urtextes hergestellt worden, ep. 125) , das den patricischen Claudiern in hi- 
das noch im cod. Upsal. erhalten ist. HOchst storischer Zeit fremd ist (vgl. Nr. 24. 25), aber 
wahrscheinlich ist die Vermutung von Sachs bei den Marcelli so iiberwiegend haufig gebraucht 
(De quattuor panegyricis qui ab Eumenio scripti wird, dass sich die einzelnen M. Marcelli bis- 
esse dicuntur, Diss. Halle 1885, 7, 10), dass20weilen kaum sondern lassen. Neben M. ist nur 
memoriae fur memet zu lesen sei, richtig, so dass 0. als Vorname bei dieser Familie tiblich ; ihre- 
also der Verfasser magister memoriae gewesen Tribus war die Arnensis (SC de Oropiis, IGS I 
ware. Da nun auch Eumenius, der Autor des 413, 6). Seit der Zeit jenes beriihmten M. Mar- 
neunten (= 4 bei Baehrens) und wahrscheinlich cellus standen diese plebeischen Claudier den pa- 
noch mehrerer anderer Panegyrici magister me- tricischen an Euhm und Ansehen kaum nach 
moriae war, so nimmt Seeck a. 0. keinen An- (Ascon. Scaur, p. 22. Suet. Tib. 1); auf den- 
stand, diesem auch die beiden Lobreden auf Ma- selben Mann gent ihre Verbindung mit Sicilien 
ximian zuzuweisen (dagegen Schanz Gesch. d. zuruck. Die meisten Gemeinden der Insel ehrten 
r8m. Litt. DII 135). sie als ihre Patrone und genossen ihren Schutz 

Ausgaben der drei Beden in den Editionen 30 (Cic. div. in Caec. 13; Verr. II 36. 122. Ill 45. 

der Panegyrici latini, besonders in der von Baeh- IV 86. 90. Ps.-Ascon. div. in Caec. p. 100. 105 

rens Lpz. 1874. [Gensel.] Or. Liv. XXV 29, 6. XXVI 32, 8. Plut. Marc. 

213) Claudius Marcellinus, verteidigte im Se- 23, 9; vgl. Nr. 220). Vor dem Ausbruch des 

nate Plavius Marcianus gegen den jfingeren Pli- Bfirgerkrieges zwischen Caesar und Pompeius 

nius (Januar 100 n. Chr.), Plin. epist. II 11,15; haben drei Marcelli nach einander das Consulat 

vgl. Nr. 424. [Groag.] gefuhrt und haben gleichmassig gegen Caesar 

2141T.) Claudii Marcelli. Dieser wichtigste Partei ergriffen; nach dessen Siege war das Ge- 

Zweig der plebeischen Claudier war mit den pa- schlecht schon sehr zusammengeschmolzen (Cic. 

tricischen urspriinglich verwandt, denn Cic. de Marc. 10; vgl. Hor. carm. 1 12, 45f.) und ist bald 
or. I 176 berichtet: Inter Mareellos et Claudios 40 darauf erloschen, im Hauptstamm mit dem Neffen 

patrioios centumviri ittdicarunt, etvm Mareelli und Schwiegersohne des Augustus M. Marcellus 

ah liberti filio stirpe, Claudii patrieii eiusdem (Nr. 230), in der Seitenlinie der Marcelli Aeser- 

hominis hereditatem gente ad se redisse dieerent nini gleichfalls in der ersten Kaiserzeit (s. Nr. 234). 

(vgl. Mommsen St.-R. Ill 74f.). Nach Liv. Atticus hatte seine Geschichte geschrieben (Nep. 

VIII 23, 16. XXIII 31, 13 kennte es scheinen, Att. 18, 4). Die Genealogie verschiedener Mar- 

dass den ersten Marcelli, die zu den hochsten celli lasst sich nicht mehr ermitteln. *) 

218. M. Claudius Mar cellus cos. 423 = 331 

219. M. Claudius Marcellus cos. 467 = 287 



Stammbaum : 











M. 


Claudius Marcellus 












220. 


M. 


Clau 


dius Marcellus cos. 


532 = 


= 222. 539 = 215. 540 

f 546 = 208 


= 214. 


544 


= 210. 


546 = 


208. 




222. M. Claudius Marcellus cos. 558 = 196, cens. 565 = 


189 






225, 


. M. 


Claudius Marcellus 


cos. 
M. 


588 = 166. 599 = 155. 
Claudius Marcellus 


602 = 


: 152 


. f606 


= 148 





227. M. Claudius Marcellus 214. C. Claudius Marcellus «v Iunia 

aed. cur. 663 = 91 pr. 674 = 80 



229. M. Claudius Marcellus 217. C. Claudius Marcellus 216. C. Claudius Marcellus cnj Octavia 
cos. 703 = 51. f 709 = 45 cos. 705 = 49 cos. 704 = 50. f 714 = 40 

230. M. Claudius Marcellus 422. Claudia 423. Claudia 
aed. cur. 731 = 23 Marcella Marcella. 

t 731 = 23 



2733 Claudius Claudius 2734 

214) C. Claudius Marcellus war nicht, wie Ps.- P. Sestius vertrieben worden. Diese Nachrichten 
Ascon.Verr.p.206Or.sagt,^)rowepos, soniemabne- werden so zu vereinigen sein, dass M. Marcellus 
pos des beruhmten M. Marcellus Nr. 220, da derZeit- der Vater und C. Marcellus der Sohn war, jener 
abstand zwischen dessen Enkel und ihm zu gross langer in Eom blieb und erst dann ins Gebiet 
ist. Er gelangte 674 = 80 zur Praetur und ver- der Paeligner ging, dieser erst in Capua und 
waltete darauf 675 = 79 als Proconsul (Cic. Verr. darauf in Bruttium einen Aufstand ins Werk zu 
III 212) Sicilien. Sein Vorganger M. Aemilius setzen versuchte. 

Lepidus (Bd. I 8. 554 Nr. 72) hatte sich hier 216) C. Claudius Marcellus. Im J. 703 = 
schwereBedriickungenzuSchuldenkommenlassen; 51 war M. Claudius Marcellus Consul, im J. 704 
Marcellus war im Gegenteil der alten Verpflicb- 10 = 50 C. Claudius Marcellus, im J. 705 = 49 
tungen seines Hauses gegenuber den Gemeinden wieder ein C. Claudius Marcellus. Der Consul 
eingedenk und suchte ihnen durch eine gerechtere von 753 = 51 heisst bei Dio XL Ind, M. KXav- 
Verwaltung aufzuhelfen (Cic. div. in Caec. 13 ; diog M. vl. Magxellos, der von 705 = 49 in den 
Verr. II 8. 51. 110. Ill 42. 212. IV 37. Ps.- Fasti Cap. O. Claudius M. f. M. n. Marcellus 
Ascon. Verr. p. 206 Or.). Sie erwiesen sich dafiir und bei Dio XLI Ind. r. EX. M. vl. MdgxeXXog; 
erkenntlich , indem sie ihm Statuen errichteten; dagegen steht durch ausdriickliche Angaben Ci- 
in Tyndaris ist eine bezeugt (Cic. Verr. IV 86f. ceros (ad fam. XV 7. 8. 10 Aufschr.) sicher fest, 
90), in Tauromenion die Basis einer andern er- dass der Consul von 704 = 50 Sohn des C. Marcellus 
halten (rdioe EXavdwg | Madgxov vlog MadgxeX- Nr. 214 war. Daraus ergiebt sich mit voller Be- 
Xoe | y. IGI 435). 684 = 70 gehCrte Marcellus 20 stimmtheit, dass dieser Consul C. Marcellus nicht 
zum Consilium des Praetors M'. Acilius Glabrio, der leibliche Bruder, sondern der Vetter seines Vor- 
der im Process des Verres den Vorsitz fuhrte (Cic. gangers (Nr. 229) und seines Nachfolgers (Nr. 217) 
div. in Caec. 13), und zu den Bichtern in diesem im Consulat gewesen ist (richtig: f rater patruelis 
Processe selbst (Cic. Verr. IV 90). Im politi- des M. Marcellus Suet. Caes. 29 ; avsifHog Appian. 
schen Leben spielte er weiter keine Bolle; von bell. civ. II 26). Dios Bemerkung XL 59, 4: 
jener Zeit datieren wohl seine Beziehungen zu rdiov re Maqxellov (tov Mdgxov) avetpiov t} 
Cicero , der im J. 692 = 62 von ihm ruhmte : xal adeXyov — Hyerai yo.Q sxdzeQov erklart sich 
apud me parentis gravitatem obtinebat (Sulla also aus dem Gebrauch von frater schlechthin 
19f.), und im J. 703 = 51 sagte, er sei von ihm fur frater patruelis, und diese Bedeutung muss 
pluribus benefieiis vel defensus tristibus tempo- 30 frater bei Cic. ad fam. IV 7, 6. 9, 2. 4. 11, 1. 
ribus vel ornatus secundis (ad fam. XV 7, vgl. XV 10, 2; Marc. 34. Schol. Gronov. p. 418 
8. 10, 2. 11, 2). In diesem Jahre richtete er ein Or. haben. Der gemeinsame Grossvater der drei 
Gluckwunschschreiben an Marcellus, weil dessen Marcelli muss M. geheissen haben und ist sonst 
Sohn Nr. 216 zum Consul gewahlt worden war, unbekannt. Cicero erwahnt C. Marcellus zuerst 
und liess sich darin auch seiner Gattin Iunia an- mit vieler Herzlichkeit im J. 692 = 62 (Sulla 
gelegentlich empfehlen (ad fam. XV 8, vgl. 7). 19f.); im J. 697 = 57 gedenkt er eines Mar- 
In der Aufschrift des Briefes nennt Cicero den cellus, der sich damals um die Aedilitat bewarb 
Marcellus seinen Collegen ; das war dieser als (ad Att. IV 3, 5) und wohl fur diesen zu halten 
Augur; zwei weitere Stellen Ciceros (div. II 75; ist. Denn da er 704 = 50 Consul war, so hat 
leg. II 32), deren erste, 710 = 44 geschrieben, 40 er wahrscheinlich 698 = 56 die Aedilitat und 
den Tod des Marcellus voraussetzt, ergeben, dass 701 = 53 die Praetur bekleidet. Etwas vor dem 
er auch eine Schrift fiber die Auguraldisciplin J. 700 = 54 hatte er sich mit einer Grossnichte 
verfasst hatte , die deren praktischen Wert im Caesars, Octavia, der Schwester des spateren Kai- 
Gegensatz zu dem Mysticismus des Ap. Claudius sers Augustus, vermahlt (Suet. Caes. 27), aber 
Pulcher Nr. 297 betonte. Unbekannt ist, wie auf seine politische Gesinnung iibte diese Familien- 
Marcellus mit C. Antonius Hybrida verwandt war, verbindung keinen Einfluss aus, denn er ergriff 
und welche Beziehungen er zu P. Cornelius Sulla mit Entschiedenheit die Partei des Pompeius. 
hatte (Cic. Sulla 19f.). Durch dessen Unterstutzung wurde er zusammen 

215) C. Claudius Marcellus. Unter den Ge- mit L. Aemilius Paullus (Bd. I S. 564 Nr. 81) 
nossen Catilinas waren zwei Marcelli, Vater und 50 zum Consul fur 704 = 50 gewahlt, wozu ihm 
Sohn. Als Catilina im Herbst 691 = 63 bei ver- Cicero aus Kilikien seinen Gluckwunsch (ad fam. 
schiedenen Mannern vergeblich Aufnahme gesucht XV 7, vgl. 8) sandte (Figlinae Veleiates CIL I 
hatte, fand er schliesslich diese nur bei seinem 790. 791. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cael. 
Mitverschworenen M. Marcellus (Cic. Cat. I 19; ad fam. VIII 4, 1. 8, 5. 9, 2. Cic. ad fam. XV 
daraus Quintil. inst. or. IX 2, 45. tlber die Les- 7. 8. 9, 1. 10, 1; ad Att. X 15, 2; Brut. 229. 
art der Hss. M. Metellus vgl. ausser oben S. 1206 328. Hirt. b. Gall. VIII 48, 10. Plin. n. h. II 
Nr. 80 a noch Willrich De coniurat. Catilin. 147. Suet. Caes. 29. Obsequ. 65. Cassiod. Appian. 
fontibus [Gottingen 1893] 47 Anm.). Von beiden bell. civ. II 26. Dio XL Ind. 59, 4; vgl. Athen. 
Marcelli spricht Oros. VI 6, 7: Motus in Pae- Mitt. XVIII 372 = CIL III Suppl. 12320). Nach 
lignis ortus a Marcellis patre et filio per L. 60 Antritt des Consulats empfing Marcellus einen 
Vettiumprodituspatefaeta Catilinas eoniuratione weiteren Brief Ciceros (ad fam. XV 10), worin 
..... eompressus est et de utroque per Bibulum ihn dieser bat , Air die Bewilligung von Suppli- 
in Paelignis, per Cieeronem in Bruttiis vindi- cationen zur Feier seiner kriegerischen Erfolge 
eatum est. Von C. Marcellus berichtet Cicero einzutreten ; der Consul erfullte die Bitte wenig- 
Sest. 9, er sei nach Capua gekommen und habe stens teilweise (Cael. ad fam. VIII 11, 1) und 
dort die'Gladiatoren aufzuwiegeln gesucht, die erhielt darauf von Cicero das Dankschreiben ad 
ja auch im Kriege des Spartacus eine so be- fam. XV 11. Viel mehr als solche Kleinigkeiten 
deutende Bolle gespielt hatten ; er sei aber von beschaftigten ihn wahrend seines Amtsjahres die 



2735 Claudius Claudius 2736 

Plane zum Sturze Caesars. Diesem war es ge- X 12 a, S. 13, 2) und entschied sich schliesslich 

lungen, den anderen Consul und den Volkstribunen im entgegengesetzten Sinne wie Cicero, der audi 

C. Curio durch Bestechung auf seine Seite zu lange geschwankt hatte. Voll Unwillen erklarte 

Ziehen ; durch sie sah sich Marcellus auf alien dieser, ehe er Italien verliess (ebd. X 15, 2 vom 

Seiten behindert, so dass Caelius z. B. Ende Fe- 12. Mai) : Unum C. Marcellum cognovi timi- 

bruar noch schreiben konnte (ad fam. VIII 6, 3) : diorem, quern consulem fuisse paenitet. & noXXijg 

Constdes autem habemus summa diligentia : ad- ayevvelas! qui etiam Antonium confirmasse di- 

huc senatus eonsultum nisi de feriis Latinis citur, ut me impediret, quo ipse, eredo, honestius. 

nullum faeere potuerunt. GemassdenBeschlussen Die Verwandtschaft mit Caesar mochte dem Mar- 
vom vorhergehenden Jahre (ebd. 8, 5) brachte 10 cellus den Vorwand bieten, urn seinen Partei- 

er im Marz oder April im Senate die Abberu- wechsel zu entschuldigen , aber vermochte nicht, 

fung Caesars zur Spraehe, doch verhinderte der seine Charakterschwache zu verdecken; seine po-. 

passive Widerstand seines Collegen und das ge- litische Rolle war daher ausgespielt. Weder Caesar 

schickte Vorgchen Curios das Zustandekommen noch Caesars Gegner, wie M. Marcellus, wollten 

eines Beschlusses (Appian. bell. civ. II 27). Nach etwas von dem Uberlaufer wissen; Gaius gab sich 

langerer Pause referierte er wieder im Sommer die grOsste Mfihe, diesen seinen Vetter zu ver- 

iiber die Angelegenheit, aber der Senat entschied sohnen und ihm seine Ergebenheit zu beweisen 

sich fur Curios Antrag, dass nicht Caesar allein, (Cic. ad fam. IV 7, 6. 9, 4), that einen Fussfall 

sondern zugleich auch Pompeius Heere und Pro- vor dem Dictator, urn die Begnadigung des Marcus 
vinzen abgeben sollte (Hirt. b. Gall. VIII 53, 20 zu erbitten (ebd. IV 4, 3. Marcell. 10. 34. Schol. 

1. Appian. bell. civ. II 30; vgl. Suet. Caes. 29 Gronov. p. 418 Or.), aber nachdem Caesar dem 

u. a.); Marcellus schloss die Sitzung mit den Senate, der sich dieser Bitte anschloss, nachge- 

Worten, sie hatten es nun erreicht, Caesar zu geben hatte, wusste der Begnadigte dem Ffir- 

ihrem Herrn zu machen (Appian. ebd.). Caesar sprecher wenig Dank (Cic. ad fam. IV 11, 1). 

suchte inzwischen seine friedlichen Absichten zu Erst nach der Ermordung Caesars trat C. Mar- 

beweisen, indem er die zwei ihm von Pompeius cellus wieder etwas mehr hervor; sein Schwager 

uberlassenen Legionen fur den Partherkrieg zur Octavian stand in gutem Einvernehmen mit ihm 

Verffigung stellte ; hauptsachlich Marcellus scheint und zog ihn zu Staatsgeschaften heran (Cic. ad 

veranlasst zu haben, dass sie in Italien zuriick- Att. XV 3,2. 12, 2; Phil. Ill 17. Nicol. Damasc. 
gehalten wurden (Hirt. b. Gall. VIII 55, 1. Cic. 30 v. Caes. 13 [FHG III 433]), bediente sich seiner 

ad Att. VII 13 a, 2. Appian. bell. civ. II 28. auch, um auf Cicero einzuwirken (Cic. ad Att. 

Dio XL 66, 1). Bald ging er noch weiter; auf XVI 14, 2. 15, 6. Plut. Cic. 44, 1). Nach den 

das Geriicht, das sich im Herbst verbreitete, Caesar Ausserungen in dessen Briefwechsel scheint Mar- 

wolle vier Legionen in das cisalpinische Gallien cellus auch mit Atticus in naheren Beziehungen 

verlegen, stellte er sofort den Antrag, Caesar zum gestanden zu haben und ist daher wohl fur den 

Feind des Vaterlandes zu erklaren und dem Pom- Marcellus zu halten, der Atticus veranlasste, die 

peius den Oberbefehl gegen ihn zu fibertragen. Geschichte seiner Familie zu schreiben (Nep. Att 

Als Curio ihm erfolgreich Widerstand leistete, 18, 4). Er ist im Anfang des J. 714 = 40 ge- 

erklarte der Consul, auch ohne Zustimmung des storben ; seine Witwe Octavia war noch von ihm 
Senats das zu thun, was er fur seine Pflicht hielt, 40 schwanger, als sie aus politischen Motiven in 

begab sich in Begleitung der fur das nachste diesem Jahre die zweite Ehe mit M. Antonius 

Jahr designierten Consuln vor die Stadt zu Pom- einging (Appian. bell. civ. V 64. Plut. Ant. 31, 

peius, iiberreichte ihm das Schwert als Zeichen If. Dio XL VIII 31, 3). Aus der Ehe des Mar- 

des Commandos und forderte ihn als Consul auf, cellus und der Octavia waren ein Sohn und zwei 

die Stadt gegen Caesar zu schiitzen, den Befehl TOchter entsprossen (Plut. Ant. 87, 2 ; Marc. 30, 

fiber die beiden Legionen zu fibernehmen und 7; vgl Nr. 230. 422. 423). 

weitere Truppen auszuheben (Hirt. ebd. Oros. VI 217) C. Claudius Marcellus ist von seinem 

15, 1. Appian. bell. civ. n 31. Plut. Pomp. 58, gleichnamigen Vetter und Vorganger im Consulat 

4f. 59, 1; vgl. Anton. 5, 2. Dio XL 64, 1-4. Nr. 216 als M. f. M. n. zu unterscheiden (Fasti 
66, If.). Pompeius nahm den Auftrag an und 50 Cap. Dio XLI Ind.). Sein Vater ist wohl Nr. 227, 

begann noch vor dem Ende des Jahres seine sein Bruder Nr. 229. Vor seiner Wahl zum Consul 

Bfistungen; mit einem gewissen Bechte konnten wird er garnicht erwahnt. Gegen das Ende des 

die Gegner das eigenmachtige Vorgehen des Mar- J. 704 = 50 schloss er sich als designierter Consul 

cellus als die ErOffnung des Krieges betrachten mit seinem Collegen L. Lentulus Crus dem im 

(vgl. Nissen Histor. Ztschr. XL VI 70 — 72. 75). Amte beflndlichen C. Marcellus an, als dieser aus 

Das Verhalten des Marcellus nach Niederlegung eigener Machtvollkommenheit dem Pompeius den 

des Consulats entsprach aber sehr wenig dem Oberbefehl ubertrag (Dio XL 66, 2f. ; Plut. Pomp. 

Kriegseifer, den er wahrend desselben zur Schau 59, 1 erwahnt nur die Teilnahme des Lentulus, 

getragen hatte. Er verliess zwar mit Pompeius Appian. bell. civ. II 31 irrig die des andern Consuls 
die Hauptstadt, denn er war im Februar 705 = 60 von 704 = 50, L. Aemilius Paullus). Am 1. Ja- 

49 mit ihm zusammen (Cic. ad Att. VIII 12 a, nuar 705 = 49 traten Marcellus und Lentulus ihr 

4), aber bald wurde er bedenklich. Im Marz Amt an (Fasti Cap. Chronogr. Idat. Chron. pasch. 

schrieb Cicero (ebd. IX 1, 4): Mareelli quidem, Figlina Veleias CIL I 793. Mfinzen bei Momm- 

nisi gladium Gaesaris timuissent, manerent ; sen Mfinzwesen 650. Cic. ad fam. VII 3, 1 ; ad 

bei den Vettern des Gaius fiberwog die Furcht Att. XV 3, 1. Bell. Alex. 68, 2. Veil. II 49, 1. 

vor Caesar, und sie folgten dem Pompeius fibers Schol. Bob. p. 336. Flor. II 13, 15. Cassiod. 

Meer. Gaius dagegen blieb bis in den Mai hinein Joseph, ant. XIV 228. 237. Appian. bell. civ. II 

unschlussig auf seinem Gute bei Liternum (ebd. 33. Dio XLI Ind. 1, 1 ; zu Plut. Caes. 29, 1 vgl. 



2737 Claudius Claudius 2738 

Nr. 229). Dass beide als Gegner Caesars gewahlt diese Erzahlung auch der von der zweiten Con- 

-worden waren, ist klar (Hirt. b. Gall. VIII 50, 4. sulwahl seines Urenkels Nr. 220 nachgebildet sein. 

Suet Caes. 29) ; aber welche besonderen Umstande 219) M. Claudius Marcellus, Consul mit C. 

Marcellus auf die Seite des Pompeius gefuhrt Nautius Rutilus 467 = 287 (Chronogr. Idat. Chron. 

Tiatten, wird nicht angegeben; er war als Mit- pasch. Cassiod.). 

glied derNobilitatwahrscheinlich dessen (iberzeug- 220) M. Claudius Marcellus. Erhalten ist 

ter Anhanger, wahrend den Lentulus der Eigen- seine Biographie von Plutarch (im folgenden nur 

nutz bestimmte (vgl. Veil. II 49, 3: cum alter Plut. citiert); iiber deren Quellen vgl. u. a. Aug. 

consul iusto esset feroeior, Lentulus vero salva Miiller De auctoribus rerum a Marcello in Si- 
re publiea salmis esse non posset; auch Petron. 10 cilia gestarum (Halle 1882) 29-38. Hesselbarth 

124 v. 288). In der Senatssitzung des 1. Januar Historisch-kritische Untersuchungen zur dritten 

griff Marcellus nur mit einer gegen Kbnig Iuba von Dekade des Livius (Halle 1889) 533 — 541. Mar- 

Numidien gerichteten Erklarung ein (Caes. bell. cellus heisst M. f. auf den Weihinschriften (s. u.) 

civ. I 6, 4); im tibrigen liessen sich die beiden und bei Plut. 1, 1, M. f. M. n. Fasti Cap. und 

Consuln von den Ereignissen fortreissen, und die Acta tr. zum J. 532. Ob er, sein Sohn oder sein 

Ereignisse brachten es noch im Januar mit sich, Enkel der Consul M. Claudius M. f. auf einer 

dass sie im Gefolge des Pompeius die Stadt ver- Tessera hospitalis CIL I 532 = X 6231 ist, bleibt 

liessen (ebd. 6, 7. Appian. bell. civ. II 36f. Plut. ungewiss. Sein Vater ist weiter nicht bekannt, 

Pomp. 61, 3; Caes. 34, 1. Dio XLI 6, 2. 7, 1). sein Grossvater war jedenfalls Nr. 219. Dass 
Am 23. Januar waren sie mit ihm in Teanum 20 er den Beinamen Marcellus zuerst gefuhrt habe, 

(Cic. ad Att. VII 13b, 3. 14, 1), am 27. in Capua behauptet Plut. 1, 1 mit Unrecht (s. o. S. 2732). 

(ebd. 15, 2. Caes. bell. civ. I 10, 1. 14, 2) ; am Als junger Mann kampfte er ira ersten puni- 

5. Februar wollten sie wieder hier sein, doch traf schen Kriege, rettete seinem adslyog (Halb- 

Marcellus an diesem Tage noch nicht ein (Cic. oder Adoptivbruder) Otacilius, wahrscheinlich T. 

ad Att. VII 16, 2. 17, 5. 20, 1. 2. 21, 1). So Otacilius Crassus Praetor 537 = 217 und 540 

oft Cicero von ihnen spricht, geschieht es mit = 214, das Leben und erhielt militarische Aus- 

Klagen fiber ihre Schwache und Ratlosigkeit ; es zeichnungen (Plut. 2, 2f.). Nicht lange darauf 

war nicht daran zu denken, dass sie den Auftrag wurde er Augur (Plut. 2, 3; vgl. Bardt Die 

des Pompeius, die Staatskasse aus Rom zu holen, Priester der vier grossen Collegien 20 ; als Augur 
ausfiihren konnten (ebd. 22, 2) , sondern sie be- 30 erwahnt von Cic. div. II 77. Liv. XXVII 36, 5). 

gaben sich bald aus Capua hinweg, um die Plucht Als curulischer Aedil belangte er den plebeischen 

fortzusetzen (ebd. 24). Pompeius befahl ihnen Aedilen C. Scantinius Capitolinus, der seinem un- 

in einem noch vorliegenden Schreiben von Mitte miindigen Sonne Nr. 222 (s. d.) unsittliche Antrage 

Pebruar (ebd. VIII 12 a), alle Truppen, die ver- gemacht hatte, und bewirkte seine Verurteilung 

fiigbar waren , zusammenzuziehen und sich mit zu einer Geldstrafe, von der er ein Weihgeschenk 

ihm in Brundisium zu vereinigen, und diesen Be- stiftete (Val. Max. VI 1, 7. Plut. 2, 3. 5 — 8; vgl. 

fehl fuhrten sie aus (ebd. 11 c. 15, 2. Suet. Caes. Mommsen St.-E. I 706, 6. II 472, 2. 493, 4). Die 

34). Bald darauf, im Anfang Marz , gingen sie genaue Zeit der Aedilitat ist ebensowenig bekannt, 

noch vor Pompeius selbst mit einem Teil seiner wie die seiner ersten Praetur (vgl. Liv. XXII 35, 6. 
Streitmacht nach Epirus hiniiber (Cic. ad Att. 40 7). Das Consulat erhielt er zum erstenmale 532 = 

VIII 15, 3. IX 2. 6, 4. 9, 2. Caes. bell. civ. 222 mit Cn. Cornelius Scipio Calvus (Fasti Cap. 

I 25, 2. Lucan. II 645f. Appian. bell. civ. II 39. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Cassiod. Plut. 6, 1). 

40. Plut. Cic. 38, 4; Pomp. 62, 2; Caes. 35, 1. Im vorhergehenden Jahre hatten die Insubrer 

Dio XLI 12, 1). Spater wird Marcellus nur noch durch C. Flaminius eine schwere Niederlage er- 

einmal erwahnt ; zum J. 706 = 48 berichtet Caes. litten und baten jetzt um Frieden, aber die beiden 

bell. civ. Ill 5, 3 von der Flotte des Pompeius : neuen Consuln stellten sich in Kom an die Spitze 

Navibus Rhodiis G Marcellus cum G. Goponio der Kriegspartei und erreichten die Ablehnung 

praeerat (vgl. auch Dio XLI 43, 2f.). Da an den des Friedensgesuches (Polyb. II 34, 1. Plut. 6, 2. 

Stellen, an denen weiterhin von dem Geschwader Zonar. VIII 20). Daraufhin riisteten sich die 
die Rede ist, nur C. Coponius als dessen Befehls- 50 Insubrer zu einem letzten Entscheidungskampfe 

haber erwahnt wird (s. d.), so mag Marcellus und verstarkten ihre Macht, indem sie grosse 

noch vor dem Entscheidungskampfe sein Ende Scharen von Gaesaten unter dem Heerkonige Vir- 

gefunden haben; deshalb ist in der Geschichte dumarus in ihrenDienst nahmen; von Rom gingen 

seines Bruders nicht mehr die Rede von ihm, und beide Consuln nach Oberitalien ab. Der Bericht 

deshalb nennt Cicero Phil. XIII 29 beide Consuln des Polybios (II 34, 2—35, 1) iiber den Feldzug 

des Jahres 705 = 49 unter den Opfern des Bur- ist durch seine Vorliebe fur das Haus der Sci- 

gerkrieges. ( pionen und zu Ungunsten des Marcellus beein- 

218) M. Claudius Marcellus war Consul mit flusst, denn er schildert zwar richtig dessen Er- 

C. Valerius Potitus 423 = 331 (Chronogr. Idat. folg bei Clastidium, verschweigt aber seinen Zwei- 
Chron. pasch. Liv. VIII 18, 1. Oros. Ill 10, 1. 60 kampf mit Virdumarus und seinen Triumph und 

Cassiod. Diod. XVII 74, 1) und wurde 427 = rechnet die eigentliche Entscheidung des Krieges 

327 zum Dictator fur die Abhaltung der Wahlen durch die Einnahme von Mediolanum dem Scipio 

ernannt. Seine Ernenmmg wurde wegen eines an- allein an. Von dieser Darstellung unterscheidet 

geblich dabei vorgekommenen Versehens cassiert, sich die des Zonar. VIII 20 nur darin, dass sie 

wie die Tribunen behaupteten, vielmehr wegen die letztere Unternehmung beiden Consuln zu- 

seiner Plebeitat (Liv. VIII 23, 14—17); er war schreibt. Damit stimmen Plut. 7, 5f. und Eutrop. 

in der That der erste plebeische Gaudier, der III 6 (vgl. Oros. IV 13, 15) iiberein, aber bei 

zu den hOchsten Wurden gelangte, doch kOnnte ihnen steht der Sieg und namentlich der Zwei- 



2739 Claudius Claudius 2740 

kampf des Marcellus durchaus im Vordergrunde, 107. IX 78; Erwahnung anscheinend bei Diomed. 

und in den iibrigen Erzahlungen ist dies allein p. 490, 14 Keil). In diesem Feldzuge hatte Mar- 

von der ganzen Geschichte des Feldzugs fibrig cellus zuerst der Virtus und Honos einen Tempel 

geblieben. Die vereinigten consulariscben Heere gelobt (Liv. XXVII 25, 7. XXIX 11, 13. Val. 

belagerten zuerst die Stadt der Insubrer Acerrae Max. I 1, 8; s. u.). 

(Polyb. Plut. 6, 2). Die Feinde sahen sich ausser Im hannibalischen Zriege trat er erst nach 
stande , die Einschliessung zu durchbrechen und der Schlacht bei Cannae hervor. Wahrend er im 
suchten ihre Aufhebung herbeizuffihren, indem sie Felde stand , wurde er zum zweitenmale zum 
mit den Saldnerhaufen den Po iiberschritten und Praetor gewahlt. Als solcher sollte er 5S8 = 216 
in das Gebiet der Anamaren (fiber den Namen 10 nach Sicilien abgehen und war noch in Ostia 
s. Hfilsen o. Bd. I S. 2055) einfielen, wo sie mit den Eiistungen beschaftigt, als die Botschaft 
das feste Clastidium (jetzt Casteggio) besturmten. von jener Niederlage in Rom eintraf. Nun erhielt 
Wahrend die romische Hauptmacht unter Scipio er, der erprobte Feldherr, den Auftrag, das Com- 
vor Acerrae blieb, folgte Marcellus mit dem mando fiber die Eeste des bei Cannae geschla- 
grOssten Teile der Reiterei und wenigen Leicht- genen Herres in Canusium zu fibernehmen; einen 
bewaffneten den Peinden fiber den Pluss und fand Teil seiner Truppen entsandte er zum Schutze 
sich hier plotzlich ihrer Schlachtreihe gegenuber der Hauptstadt, einen andern nach Teanum Sidi- 
und in Gefahr, von ihrer Ubermacht umzingelt cinum und begab sich selbst auf seinen neuen 
und erdrttckt zu werden (vgl. Plut. 6, 8f. Frontin. Posten (Liv. XXII 35, 6. 57', 1. 7f. Plut. 9, 1. 
strat. IV 5, 4). Er traf mit grosser Geistes- 20 Appian. Hann. 27). Er ffihrte, da Hannibal sich 
gegenwart seine Anordnungen, fiberflfigelte die nach Campanien gewendet hatte, die Trammer 
Kelten und fasste sie in der Flanke, erlegte in der cannensischen Legionen nach Casilinum am 
persOnlichem Zusaromentreffen den Virdumarus untern Volturnus und zog hier seine iibrigen Trup- 
und trieb dessen dadurch in Verwirrung geratene pen an sich. Hier trafen ihn Boten von Nola. 
Scharen in den Fluss, wo viele den Tod fanden. Hannibal hatte nach dem Abfalle Capuas audi 
Etwa zu derselben Zeit gelang dem Scipio die in dieser Stadt Verbindungen angeknupft und 
Eroberung von Acerrae , und er rfickte nun vor hoffte sie auf seine Seite zu Ziehen , doch der 
Mediolanum, die Hauptstadt und letzte Zuflucht Adel hielt an dem Bttndnis mit Rom fest und 
der Insubrer. Die Angaben des Polyb. II 34, llff. rief Marcellus zu Httlfe. Diesem glfickte es, das 
und des Plut. 7, 5f. sind in entgegengesetztem 30 vom Feinde besetzte Gebiet zu umgehen und 
Sinne tendenziOs gefarbt und dfirfen vielleicht da- nach Nola zu gelangen (Liv. XXIII 14, 10 — 13 
hin vereinigt werden, dass Scipio hier bereits den mit Weissenborns Anm.). Hier gait es zu- 
Kampf begonnen hatte, dass aber erst das recht- nachst, die bedrohlich gewachsene Neigung zum 
zeitige Eintreffen des Marcellus ihn zu Gunsten Abfall in der Biirgerschaft zu bekampfen. Unsere 
der Romer entschied. Jedenfalls hat Marcellus, Quellen, deren Berichte fiber diese Ereignisse fast 
nachdem noch Comum eingenommen worden war bis zur Unbrauchbarkeit entstellt sind, erzahlen 
(nur von Zonaras erwahnt) und die Insubrer sich ausfuhrlich, wie Marcellus durch seine Grossmut 
bedingungslos unterworfen hatten , allein trium- und Milde einen vornehmen Jfingling, L. Bantius, 
phiert und zwar nach den Acta triumph, de Gal- fest an die Sache der Romer gekettet habe (Liv. 
leis Insubribus et Oerm[an](eis), deren Name 40 XXIII 15, 7 — 16, 1. Frontin. strat. Ill 16, 1. 
hier, wenn er auf gleichzeitiger Aufzeichnung be- Plut. 10, 2ff.) ; Dio, der seine geschickte Behand- 
ruhte, zuerst vorkame, aber vielmehr erst spater lung der schwankenden Bundesgenossen im all- 
fur den der Gaesaten eingesetzt zu sein scheint gemeinen rfihmt (frg. 56, 33f.), giebt zum Belege 
(vgl. Hirschfeld Festschrift fur Kiepert [Berl. eine andere Anekuote von der Nachsicht des Mar- 
1898] 271 — 273). Den Triumph erwahnen nur cellus gegen einen lucanischen Reiter (frg. 56, 35). 
noch Plut. Rom. 16, 13f.; Marc. 8, If. Eutrop. Aber beide Anekdoten werden ganz ahnlich von 
III 6. Sil. It. XII 279f. , aber zahlreiche Zeug- dem Rivalen des Marcellus, Fabius Cunctator, er- 
nisse melden , dass Marcellus als dritter und, zahlt (vgl. Val. Max. VII 3, 7. Frontin. strat. IV 
letzter nach Romulus und A. Cornelius Cossus 7, 36. Auct. de vir. ill. 43, 5. Plut. Fab. 20, lf.) r 
dem Iuppiter Feretrius die Spolia opima dar- 50 und das macht sie verdachtig. Mag auch ein 
brachte, die Rfistung des feindlichen Fuhrers, wahrer Kern in ihnen enthalten sein, so forderte 
den er als Feldherr mit eigener Hand getotet die ganze Lage andere, wirksamere Mittel, urn sich 
hatte (Cic. Tusc. IV 49. Liv. ep. XX. Flor. I die zweifelhafte Treue der Bundesgenossen zu 
20, 5. Eutrop. Ill 6. Oros. IV 13, 15. Ampel. 21. sichern, und Marcellus scheute ihre Anwendung 
Val. Max. Ill 2, 5. Frontin. strat. IV 5, 4. Fest. nicht, indem er fiber siebzig Nolaner als Verrater 
p. 189. Auct. de vir. ill. 45, If. Verg. Aen. VI hinrichten und ihr Vermogen einziehen liess (Liv. 
855—859. Serv. z. d. St. Propert. V 10, 39—44. XXIII 17, If.). Den Romern ist freilich etwas 
Manil. astr. I 787f. Sil. It. I 133. HI 587. XII anderes in Erinnerung geblieben; so sagt Cic. 
279f. Plut. Rom. 16, 13f.; Marc. 6, 9—7, 3. 8, Brut. 12: Post Cannensem ealamitatem primum 
Iff. ; comp. Pelop. et Marc. 1, 3). Die Acta triumph. 60 Marcelli ad Nolam proelio populus se Bomanus 
enthalten eine besondere Eintragung fiber dieses erexit, ahnlich Verg. Aen. VI 8571 von Marcellus : 
Ereignis, und die Mfinzen eines Nachkommen des Hie rem Romanam magno turbante tumultu 
Helden, des P. Cornelius Lentulus Marcellinus, sistet; im Epos des Silius Italicus (XIII 66ff.295ff.) 
stellen es bildlich dar (Mommsen Miinzwesen bezeichnet die Schlacht bei Nola den Wendepunkt 
648 nr. 303); der Dichter Naevius verherrlichte des Geschicks Hannibals, und noch Claudian bell, 
es, wohl erst nach dem Tode des Marcellus, in Goth. 138—141 stellt die drei grossen Feldherren 
einem Drama mit dem Titel Clastidium (zwei Roms im hannibalischen Kriege, Fabius, Marcellus 
unbedeutende Fragments bei Varro de 1. 1. VII und Scipio zusammen und rfihmt: Campo post 



2741 Claudius Claudius 2742 

ausus aperto Marcellus vinci (scil. Hannibalem) mit dem Hinweise auf die moralische Wirkung- 

doeuit (vgl. Val. Max. IV 1, 7 : M. Marcellus seiner Ziige in Italien. Den Eest des Jahres 538 

. . . primus et Hannibalem vinei et Syraeusas = 216 verbrachte Marcellus, ohne seine feste Stel- 

eapi posse doeuit). Das sind patriotische t!ber- lung bei Nola zu verlassen; er machte keinen 

treibungen, die auf ein bescheideneres Mass zu- Versuch, das belagerte und tapfer verteidigte Casi- 

ruckgefiihrt werden miissen. Liv. XXHI 16, 2ff. linum zu entsetzen (Liv. XXIII 19, 4). Er wurde 

(vgl. Frontin. strat. II 4, 8. Sil. It. a. 0.) und dannzurBerichterstattungundBeratungdesneuen 

Plut. 11, 2ff. erzahlen, dass im J. 538 = 216 Kriegsplans nach Bom beschieden (ebd. 24, If. 

Marcellus einen gliicklichen Ausfall machte und 25, 5). Man legte jetzt so hohen Wert darauf, 
dadurch Hannibal zwang, seine Absichten auflOibm ein selbstandiges Commando zu verleihen, 

Nola aufzugeben; Liv. XXIII 16, 15f. schliesst dass man sich sogar vor einer Anderung der Ver- 

seine Darstellung: Vix equidem ausim adfirmare, fassung nicht scheute, denn durch einen besondern 

quod quidam auetores sunt, duo milia et octin- Volksbeschluss wurde ihm, der nur Praetor war, 

gentos hostium eaesos, non plus quingentis Bo- sein Imperium fur 539 = 215 als proconsulariscb.es 

manorum amissis (bei Plut. 11, 5 sogar: Uyovxai emeuert. Noch vor dem Ablauf des vorhergehenden 

yaQ viisQ xevtaxioxdiovg ano&aveTv, axoxxeTvai 8i Jahres fand einer der designierten Consuln seinen 

'Pcofiaicov ov nkeiovag fj nevxaxooiovg) ; sed sive Tod, und nun wunschte man Marcellus an dessen 

tanta sive minor victoria fuit, ingens eo die res Stelle zu wahlen. Die Wabl kam zu stande,, 

ac neseio an maxima illo hello gesta est; non denn dieses Consulat wird stets unter den fiinf 
vinei enim ab Hannibale tunc vincentibus dif- 20 des Marcellus mitgezahlt (vgl. Liv. XXVII 22, 1) ; 

fieilius fuit quam postea vincere. Zonar. IX 2 aber da jetzt beide Consuln Plebeier gewesen 

sagt nur, Hannibal habe Nola durch einen Hand- waren, was noch nie vorgekommen war,_ wurden 

streich nehmen wollen, aber Marcellus sei von religiose Bedenken vorgesehiitzt und die Wahl 

ihm unbemerkt hineingelangt, und jener sei zu- cassiert. Marcellus behielt das ihm vorher be- 

ruckgeschlagen worden. Es ist daher nur das stimmte proconsularische Imperium und das Com- 

als sicher anzunehmen, dass Marcellus durch die mando der bei Nola concentrierten Streitkrafte, 

rechtzeitige Besetzung von Nola dessen Abfall von denen jedoeh die cannensischen Legionen ge- 

verhinderte ; ob die Feinde einen Angriff liber- trennt wurden, um nach Sicilien gebracht zu wer- 

haupt versuchten, und ob die Romer einen Aus- den (Liv. XXIII 25, 7. 30, 13. 31, 7f. 12 — 14. 
fall wagten, bleibt dahingestellt, und von einem30 32, 2. Oros. IV 16, 12. Plut. 12, 1—3; vgl. 

wirklichen Siege, etwa gar im offenen Pelde, uber Mommsen St.-B. I 642, 3. II 80. 649). Im 

Hannibal selbst kann keine Bede sein. Aber J. 539 = 215 soil Marcellus einen zweiten Sieg 

allerdings kam die moralische Wirkung einem bei Nola errungen haben. In der breit ausge- 

solchen gleich; das hat Livius richtig bemerkt, fuhrten Erzahlung des Liv. XXHI 41, 13 — 46, 7 

und deshalb haben seine Nachfolger, die meistens (vgl. Eutrop. Ill 12, 1 : M. Claudius Marcellus 

nur von einer Schlacht bei Nola sprechen, den consul) nehmen hier die Beden der handelnden 

ersten bescheidenen Erfolg der Bomer in diesem Personen den meisten Baum ein, und ist die Dar- 

Rriege immer wieder fur Hannibals erste Nieder- stellung der Thatsachen verworren und bedenk- 

lage ausgegeben und dem Marcellus zum hOchsten lich. Genau ubereinstimmend mit Liv. XXIII 
Buhme angerechnet (vgl. z. B. Val. Max. I 6, 9. 40 46, 4. 6 giebt Plut. 12, 5f. die iibertrieben hohe 

Flor. I 22, 29. Oros. IV 16, 12. Ampel. 18, 10. Zahl der punischen Verluste und den tjbergang- 

46, 6. Auct. de vir. ill. 42, 6. 45, 4). Hirer Be- numidischer und spanischer Beiter zu den Bomeni 

hauptung und zugleich den Angaben uber die an; uber den Kampffasst er sich aber noch kurzer 

weiteren angeblichen Siege des Marcellus iiber und fiigt eine Notiz fiber eine neue, von Marcellus 

Hannibal muss man die Zeugnisse unparteiischer angewandte Taktik hinzu (12, 4). Ebenso wie 

Autoren gegeniiberstellen, nach denen Hannibal, Liv. XXIII 41, 13 — 43, 4 giebt Zonar. IX 3 die 

so lange er in Italien war, nie besiegt worden Phmderungsziige , die Marcellus nach Samnium 

ist (Polyb. XV 11, 7. 12. 16, 5. Diod. XXIX 19. hinein ausfuhrte, als Grand der Unternehmung- 

20. Nep. Hahn. 1, 2. 5, 4. 6, 1. Iustin. XXXI Hannibals gegen Nola an, berichtet von dessen 
5, 9). Einen Ausgleich zwischen den einander 50 schwerer Niederlage und der Desertion seiner 

widerstreitenden Meinungen suchte schon Plut. Leute. Es ist bei diesem Stande der Cberliefe- 

comp. Pelop. et Marc. 1, 5: 'Avvlfiav de Maq- rung wahrscheinlich , dass sich auch in diesem 

xeMog , cog fikv ol jisqi Tlokijiiov (frg. inc. 23 Jahre die Erfolge des Marcellus auf die Behaup- 

Hultsch) Uyovav, ovdk &iak~ ivixrjosv, aW ar\%- tung Nolas, einige Beuteziige und etwa ein gluck- 

xrjwg 6 avijQ SoxeT diayevdoftai fiexQi Sximavog, liches Gefecht gegen kleinere Abteilungen des 

■fjuslg 8s Aifiiq), KaiaaQi xal Nknmxi (falsch! vgl. punischen Heeres beschrankte. Noch wertloser 

die angefuhrten Stellen) xal x&v 'ElXrjvix&v rtw ist die Tradition iiber den dritten Sieg des Mar- 

Paodst 'I6fi<f motsvofxsv, rjrtag uvag xal xQonag cellus bei Nola im nachsten Jahre. Damals, 540 

vno MaQxkllov x&v ovv 'AvvifSq yeveodai • fisydXtjv = 214, war er zum drittenmale zum Consul ge- 
<5' afixai Qonrjv ovdefiiav enoitjaav, all' i'oixe ipev- 60 wahlt worden, zusammen mit Q. Fabius Maximus 

dojixwfid xi ysvea&ai jteQt xbv Aifivv kv xatg ov/tMo- Cunctator (Fasti fer. Lat. CIL I 2 p. 57. Chronogr. 

xaXg ixetvaig. Das Urteil ist richtig, dass keiner Idat. Chron. Pasch. Nep. Cato 1, 2. Liv. XXIV 

der Vorteile, die Marcellus etwa iiber Hannibal 9, 3. 7ff. 10, If. 14, 8. Cassiod. Fest. p. 352. 

errang, von entscheidender Bedeutung und Ein- Plut. Marc. 13, 1 ; apophth. Fab. 3. Zonar. IX 4). 

wirkung auf den gesamten Verlauf des Krieges Die Kampfe bei Nola unter seinem Consulat 

war (vgl. auch Frontin. strat. 113, 9); aber Plut. kennendie ubrigenQuellenuberhauptnicht; schon 

a. O. 1, 6f. rechtfertigt auch wieder ganz passend das macht gegen den livianischen Bericht (XXIV 

und ahnlich wie Livius den Ruhm des Marcellus 13, 8 — 11. 17, 1 — 8) bedenklich, aber auch seine 



2743 Claudius Claudius 2744 

Einzelheiten halten der Kritik nicht stand. Mar- Krieges hauptsachlich Pragmente seiner Schilde- 
cellus stand an der Spitze des consularischen rung der Belagerung von Syrakus vor, die noch 
Heeres im J. 540 = 214 bei Suessula , nachdem von byzantinischen Autoren mehrfach excerpiert 
er am Ende des vorhergehenden Jahres sein Heer wurde (vgl. den kritischen Apparat der Ausgabe 
bis auf die Besatzung von Nola entlassen hatte von Hultsch). Die iibrigen Berichte gehen 
(Liv. XXIU 48, 2). Die Existenz dieser Be- meistens in letzter Linie auf Polybios zuriick und 
satzung ist in der Erzahlung iiber sein Consulat sind von geringerem Werte; der des Silius Itali- 
vollig vergessen, und die Situation 'erscheint ganz cus fiillt dessen XIV. Buch und darf wegen der 
so, wie im J. 538 = 216: Die Plebs in Nola neigt poetischen Freiheiten, die sich der Dichter nimmt, 
zum Abfall von Bom, der Senat bittet Marcellus 10 nicht mit den iibrigen auf eihe Stufe gestellt 
urn Hiilfe, dieser eilt herbei und besetzt die Stadt. werden. Vgl. auch die im Eingang citierten 
Dann dauern die Kampfe mit den Karthagern Schriften von Aug. Miiller und Hesselbarth 
-wie im J. 539 = 215 im ganzen drei Tage und (476ff.); mir nicht zuganglich ist Tuzzi Bicerche 
wird dem siegreichen Vordringen der Bomer nur cronologiche sulla seconda guerra punica in Si- 
durch einen unvorhergesehenen Zufall ein Ziel cilia bei Beloch Studi di storia antica I, Bom 
gesetzt : damals war es ein Begen , diesmal ist 1890. Marcellus ging noch wahrend seines Con- 
es das dem Livius selbst unerklarliche Ausbleiben sulats nach Sicilien ab (Polyb. VIII 3, 7. Liv. 
der romischen Beiterei unter dem Legaten C. XXIV 21, 1. Plut. 13, 1. Sil. It. XIV HOff.), 
Claudius Nero (Nr. 246), der iibrigens bei Sil. It. kann aber erst gegen das Ende des Jahres dort 
XII 173 schon 538 = 216 in dieser Stellung er- 20 eingetroffen sein. In Syrakus waren die Bomer- 
scheint. Endlich ist das gegenseitige Verhaltnis freunde am Buder, hatten ihren bedeutendsten 
der remischen und karthagischen Verluste in den Gegner Hippokrates entfernt, indem sie ihn mit 
J. 538 = 216 und 540 = 214 nahezu gleich. 4000 Soldnern und romischen Oberlaufern nach 
Einzelne andere Ziige, wie die Versetzung des in Leontinoi sandten, und traten in Verhandlungen 
Gallien commandierenden M. Pomponius auf den mit dem neuen romischen Oberfeldherrn ein (Liv. 
eampanischen Kriegsschauplatz (Liv. XXIV 17, 2 XXIV 27, 6). Aber inzwischen begann die Be- 
mit Weissenborns Anm.) machen den Bericht satzung von Leontinoi auf eigene Paust den Krieg, 
nicht glaubwurdiger , und man wird ihn daher indem sie das rOmische Provincialland verwiistete 
als Erfindung eines verlogenen Annalisten voll- und einen zu dessen Schutze gesandten romischen 
standig streichen durfen. Vgl. iibef die drei an- 30 Posten niedermachte. Sofort erklarte Marcellus 
geblichen Siege des Marcellus bei Nola noch den Frieden fur gebrochen (ebd. 29, 5) und setzte 
Egelhaaf Histor. Ztschr. (N. P. XVII) LIII 464 sich gegen Leontinoi in Bewegung. Die Regie- 
— 469. Streit ZurGesch. des zweiten pun. Krieges rung in Syrakus wollte ihm zwar Genugthuung 
in Italien nach d. Schlacht von Cannae (Berl. geben und schickte ein Heer zur Bestrafung der 
Studien VI 2) Berl. 1887, 18f. 21—26. Ein wirk- Friedensstorer, aber noch schneller erschien er 
licher und wichtiger Erfolg, den die Bomer im selbst vor Leontinoi, nahm die Stadt mit Sturm 
J. 540 = 214 in Campanien errangen, war da- und liess zweitausend romische Deserteure, die 
gegen die Einnahme von Casilinum. Zur Be- ihm in die Hande flelen, auspeitschen und hin- 
lagerung dieser Pestung vereinigte sich Marcellus richten (Liv. XXIV 30, 1 — 4. 6f. 31, 7. Plut. 
mit seinem Amtsgenossen Pabius, und als dieser 40 14, If. Sil. It. XIV 125ff.). Diese furchtbare 
sie infolge der starken Verluste aufgeben wollte, Strenge entsprach dem romischen Kriegsrecht 
stimmte Marcellus fur die Portsetzung. Die Be- (vgl. Marquardt St.-V. II 573), aber sie hatte 
satzung bestand zum grossten Teile aus Cam- in diesem Falle schwere Folgen. Hippokrates 
panern. Fabius sicherte diesen schliesslich freien und sein Bruder Epikydes waren entkommen und 
Abzug zu, aber Marcellus war treulos genug, die trafen die nach Leontinoi ziehenden Syrakusaner ; 
Abziehenden zu uberfallen, das Thor, durch das indem sie ihnen mit grellen Farben und vielen 
sie zogen, rasch zu besetzen und von hier aus in tibertreibungen die Greuel ausmalten , die die 
die Stadt einzudringen. Es ware denkbar , dass Bomer in der eroberten Stadt veriibt hatten, brach- 
der Treubruch beiden Consuln zur Last flel und ten sie sie auf ihre Seite, kehrten an ihrer Spitze 
von der dem Fabius giinstigen Uberlieferung auf 50 in die Heimat zuriick und regten hier in derselben 
Marcellus allein abgewalzt wurde, aber dieser ist Weise den Pobel auf, so dass in kurzem eine 
auch in anderen Fallen ahnlich verfahren , und Umwalzung alles Bestehenden erfolgte und Syrakus 
sonst giebt der Bericht des Liv. XXIV 19, 3 — 11 offen von Rom zu den Karthagern abflel. Unver- 
hier zu keinen Bedenken Anlass. Marcellus war zuglich brach Marcellus gegen die wichtige Stadt 
dann einige Zeit krank und blieb in Nola (Liv. auf (Liv. XXIV 33, 1. Plut. 14, 2. Sil. It. XIV 
XXIV 20, 7). 178ff.) und begann ihre Belagerung, eine der be- 
Nach seiner Genesung wurde er auf einen riihmtesten des ganzen Altertums. Livius erzahlt 
andern Kriegsschauplatz geschickt, auf dem er nun die Ereignisse bis nach dem Blutbade von 
sich hoheren Buhm erwerben sollte, nach Sicilien. Henna unter dem J. 540 = 214, wahrend er beim 
Die ausfuhrlichste und vollstandigste Darstellung 60 folgenden Jahre gar nichts von den Vorgangen 
seiner sicilischen Feldzuge giebt Livius ; ihr Wert auf Sicilien meldet; schon dieser Umstand und 
beruht darauf, dass sie im wesentlichen aus Po- mehrere andere beweisen hinreichend, dass die 
lybios geschOpft ist , aber allerdings hat Livius Chronologie der Ereignisse bei ihm unrichtig ist. 
dessen Erzahlung durch gelegentliche Zuthaten Man kann aber kaum sagen, er habe hier die 
aus anderer Quelle und besonders durch chrono- Ereignisse zweier Jahre zusammengefasst, sondern 
logische und topographische Ungenauigkeiten ent- eher, er habe sie um ein Jahr verschoben, denn 
stellt. Von dem Originalwerk des Polybios liegen hOchstens die bis hierher erzahlten fallen noch 
uns fur diesen Abschnitt des hannibalischen unter das Consulat des Marcellus, der Beginn der 



2745 Claudius Claudius 2746 

Belagerung dagegen nicht vor das Priihjahr 541 XXIV 35, 9—36, 1. Plut. 18, 2). Sowohl Rom 

= 213. Als dem Marcellus fur dieses Jahr Sieilia. wie Karthago verstaxkten ihre Position auf Si- 

finibus eis, quibus regnum Hieronis fuisset, zur cilien; vorfibergehend zeigten sich ein Landheer 

Provinz gegeben wurde (Liv. XXIV 44, 4), stand und eine Flotte der Punier vor Syrakus, und aucli 

der Kampf hier vielleicht in Aussicht, aber es be- Marcellus erhielt Verstarkung durch weitere Kriegs- 

durfte langerer Vorbereitungen, ehe man ihn auf- schiffe und eine Legion, die in Panormos gelandet 

nehmen konnte. Zur Chronologie vgl. gegen die und den feindlichen Nachstellungen gliicklich ent- 

meistens angenommene Ansicht W e i s s e n b o r n s gangen war (Liv. XXIV 36, 2 — 9). Er unter- 

(zuLiv. XXIV 39, 13; in neueren Auflagen [ ft 1895] nahm noeh mehrfach Zilge ins Innere der Insel 
abgeschwacht) die richtigen Bemerkungen von 10 (vgl. Liv. XXIV 37, 9. 38, 9. XXV 6, 20. Plut. 

Hesselbarth a. 0. 478f. (ahnlich nach Referaten 18, 2. Zonar. IX 4), doch die Angabe von Kampfen 

Tuzzi; abweichend, doch kaum besser, Matzat mit den Karthagern (Zonar. IX 4 Ende) ist un- 

Romische Zeitrechnung [Berl. 1889] 137ff.). Mar- richtig, denn es kam vor allem darauf an, der 

cellus personlich leitete den Angriff von der See- Neigung der Eingeborenen zum Verrat vorzu- 

seite her, der Propraetor Ap. Claudius Pulcher beugen, die dem Feinde Murgantia uberliefert 

(Nr. 293) den Angriff zu Lande (Polyb. VIII 5, 1. hatte. Einer der wichtigsten und festesten Platze, 

Plut. 14, 3); die Remer verffigten fiber alle Hfilfs- das im Herzen der Insel gelegene Henna, wurde 

mittel antiker Belagerungskunst und versuehten von dem rOmischen Commandanten L. Pinarius 

wiederholt, die Stadt mit Sturm zu nehmen, aber dadurch behauptet, dass er auf blossen Verdacht 
alle Angriffe wurden abgeschlagen , zahlreiehe 20 hin ein furchtbares Blutbad unter den Einwohnern 

Schiffe und Maschinen vernichtet, weil ihnen der anrichtete. Wenn Marcellus von dieser That, die 

geniale Mathematiker und Ingenieur Archimedes die Insulaner mit Abscheu erfullte und in die 

zur Verteidigung seiner Vaterstadt stets neue und Reihen der Peinde trieb , vorher nichts gewusst 

wirksamereGeschfitzeundVerteidigungswerkzeuge haben sollte, so hiess er sie doch nachtraglich 

entgegenzusetzen wusste. Die antiken Quellen gut und erlaubte seinen Soldaten, die ungluck- 

geben von diesen eingehenden Bericht, und nur die liche Stadt als eine eroberte zu behandeln (Liv. 

spateren enthalten dabei manche tlbertreibungen XXIV 39, 7; vgl. Plut. 20, 2); auch eines seiner 

(Polyb. VIII 5, 2—9, 10. Plut. 15, 1—17, 3. Liv. eigenen Weihgeschenke tragt die Inschrift: M. 

XXIV 33, 9—34, 16. Sil. It. XIV 2!>2ff. Tzetz. Claudius M. f. consol Einnad cepit (OIL I 530 
Chil. II 103—149 mit der Quellenangabe am 30 = VI 1281). Wahrend des Winters 541 = 213 

Schluss: 6 Alcov xai Aiodcogog ygdcpm rrjv loto- auf 542 = 212 bezog er ein festes Winterlager 

Qiar, daher als Fragment beider in Anspruch ge- bei Leon in der Nahe von Syrakus (Liv. XXIV 

nommen, Diod. XXVI 18. Dio frg. 56, 38, vgl 39. 39, 8—13; vgl. dazu Lupus a. 0. 124) und 

Zonar. IX 4; vgl. zur Kritik Heiberg Quae- empfing eine Gesandtschaft der in Westsi cilien 

stiones Archimedeae [Kopenhagen 1879] 38- 41; stehenden cannensischen Legionen, die ihm die 

fiber die topographischen Schwierigkeiten Lupus Bitte vortrugen, unter seiner Ffihrung kampfen 

Die Stadt Syrakus [deutsche Bearbeitg. des Werkes und die alte Schmach tilgen zu diirfen. Er unter- 

von Cavallari-Holm, Strassb. 1887] 214-217). stfitzte ihr Gesuch beim Senate und erhielt die Er- 

Spottend fiber die eigene Ohnmacht gegeniiber Ar- laubnis, es zu gewahren, doch unter Bedingungen, 
chimedes (Polyb. VIII 8, 6. Plut. 17, 1), musste 40 die ffir die Soldaten immer noch schimpflich waren 

Marcellus schllesslich die Berennung aufgeben und (Liv. XXV 5, 10 — 7, 4. Val. Max. II 7, 15. Frontin. 

sich entschliessen , die Stadt zu blockieren, was strat. IV 1, 44; bei Plut. 13, 3 — 8 falschlich in 

bei deren Ausdehnung nur hochst unvollkomrnen eine friihere Zeit verlegt). Fur 542 = 212 wurde 

geschehen konnte. Acht Monate lagen die ROmer dem Marcellus das Imperium in den bisherigen 

nach diesen missglfickten Angriffen vor Syrakus Grenzen verlangert (Liv. XXV 3, 6) , und nun 

(Polyb. VIII 9, 6); diese Zeit umfasst die zweite schienen sich endlich bessere Aussicnten auf die 

Halfte des Jahres 541 = 21:< und die ersten Mo- Gewinnung von Syrakus zu bieten. Verbindungen 

nate des nachsten bis zur Wiederaufhahme der mit der rOmischen Partei in der Stadt wurden 

Bestfirmung, aber Marcellus verbrachte sie nicht angeknupft, aber entdeckt, und der Verrat ver- 
unthatig. Nur zwei Drittel des Heeres blieben 50 eitelt. Doch es fand sich nun eine schwache 

unter Appius vor der Stadt ; mit dem letzten Stelle in der nordlichen Mauer nahe dem Strande 

Drittel zog der Oberfeldherr gegen die mit Kar- und eine Gelegenheit, bei der die Mauer schlecht 

thago verbfindeten Stadte der Insel. Denn hier bewacht wurde, namlich das grosse dreitagige 

hatte der gluckliche Widerstand von Syrakus Artemisfest. Wie alle ahnlichen war dies ein 

und die Landung einer starken punischen Armee Frfihlingsfest (vgl. o. Bd. II S. 1343f.; Artemis 

fiberall eine Garung erzeugt. Jetzt wurden Helo- Ortygia und Stadtteil Ortygia in Syrakus hiessen 

ros und Herbesos zur Capitulation gezwungen, nach der Wachtel, dem Friihlingsvogel) ; ganz 

Megara ersturmt und zerstort, doch Agrigent wurde richtig setzt Liv. XXV 23, 2 die Wiederaufnahme 

vom Feinde besetzt, ehe Marcellus hier eintraf der Action in den Anfang des Friihlings. Wahrend 
(Polyb. VIII 9, llf. Liv. XXIV 35, If. Plut. 18, 2. 60 in der Stadt das Fest begangen wurde und allge- 

20, 2. Zonar. IX 11). Daffir iiberraschte er auf meineAusgelassenheitundSorglosigkeitherrschte, 

dem Rtickwege bei Akrillai (jetzt Biscari) zehn- erstieg bei Nacht eine romische Abteilung jene 

tausend Syrakusaner unter Hippokrates, die durch Stelle der Mauer, ging an ihr entlang bis zum 

die rOmischen Linien unbemerkt hindurchgekom- Hexapylon, bemachtigte sich dieses Hauptthores 

men waren und sich mit den Karthagern ver- der nordlichen Mauer und Hess ihre Kameraden 

einigen wollten; er zersprengte sie vollstandig, ein. Der herbeieilende Epikydes fand den grossen 

nur ihr Fuhrer mit der Reiterei rettete sich wie- Stadtteil Epipolai von Roniern erfilllt und musste 

der und stiess zu dem karthagischen Heere (Liv. ihn aufgeben; am Morgen sah sich Marcellus als 



2747 Claudius Claudius 2748 

Herrn von Epipolai und der damit zusammen- gesucht, als das feindliche Ersatzheer in den 

hangenden Quartiere Neapolis und Tyche (Polyb. sumpflgen Niederungen am Anapos; die beiden 

VIII 37, 1—13. Liv. XXV 23, 1—24, 10. Plut, Fiihrer und der grosste Teil der Mannschaften 

18, 3—6. Polyaen. VIII 11. Zonar. IX 5. Tzetz. flelen der Seuche zum Opfer (Liv. XXV 26, 7—15. 
Chil.11131— 134). Zum Gelingen dieses tlberfalls Sil. It. XIV 580ff.). Noch einmal sammelte sich 
hatte die Dnterstutzung syrakusanischer Fificht- ein sicilisches Heer, und wurde von Karthago eine 
linge mehr beigetragen, als unsere Berichterstatter grosse Kriegs- und Proviantflotte ausgesandt, um 
zugeben (vgl. Liv. XXVI 21, 10. 30, 5f. 31, 4f. Syrakus zu Hiilfe zu ziehen. Obwohl die romi- 
Frontin. strat. Ill 3, 2; dazu Lupus a. 0. 228. schen Schiffe ihr entgegensegelten , kam es zu 
235). Diese erzahlen statt dessen, wie Marcellus, lOkeinem Zusammenstoss; aus unerklarlichen Grfin- 
als er von den genommenen Hehen herab die aus- den kehrten die Punier um und uberliessen die 
gedehnte, glanzende Stadt iiberblickte, in Thranen Stadt ihrem Schicksal; auch Epikydes, der sich 
ausgebrochen sei (Liv. XXV 24, 10—14. Plut. mit ihnen vereinigt hatte, verzweifelte an ihrer 

19, If. Augustin. civ. dei I 6. IH 14), ahnlich Eettung und ging nach Agrigent, und Sicilien, 
wie der jfingere Scipio auf den Triimmern von soweit es zum Keiche Hierons gehOrt hatte, unter- 
Karthago. Dessen erinnerte sich der Dichter, der warf sich den Romern (Liv. XXV 27, 1 — 28, 3). 
die gewiss erfundene Anekdote an das Ende der Auch die Friedensverhandlungen mit den Ein- 
Belagerung von Syrakus verlegte (Sil. It. XIV geschlossenen schienen sich dem Abschluss zu 
665—678), tibrigens mit richtigem Takte, denn nahern; ohne Zweifel beschleunigte sie auch der 
die Einnahme von Epipolai war noch keineswegs 20 fiihlbarer werdende Mangel an Lebensmittel (vgl. 
die Losung der ganzen Aufgabe. Die meisten die Andeutungen ebd. 26, 2. 31, 15). Aber die 
unserer Quellen sehen sie beinahe so an (vgl. die Syrakusaner waren nicht mehr die Gebieter in 
kurzen Erwahnungen Veil. II 37, 2. Flor. I 22, ihrer eigenen Stadt, sondern die fremden Soldner 
33f. Eutrop. Ill 14, 3. Oros. IV 17, 1. Auct. de und romischen Deserteure widersetzten sich und 
vir. ill. 45, 5)j selbst Plut. 18, 6 geht fiber die rissen die Gewalt an sich (ebd. 28, 4 — 30, 1). 
folgenden Ereignisse rasch hinweg, und Zonar. Schliesslich war es einer der Soldnerfuhrer, ein 

IX 5 sagt nur, dass die vollstandige Bezwingung Spanier Moericus, der sich von den Romern ge- 
von Syrakus noch viel Zeit und Mfihe kostete. winnen liess. Wahrend Marcellus einen Schein- 
Da die poetische Darstellung bei Sil. It. XIV angriff auf Achradina machte und fast alle Ver- 
618ff. ganz frei ist, bleibt Livius als einzige 30 teidiger der Stadt dorthin zog, nahm Moericus 
Quelle iibrig. Marcellus gab die eingenommenen eine Anzahl romischer Soldaten in Ortygia auf; 
Stadtteile zum grossten Teil seinen Soldaten zur die Gelandeten bemachtigten sich der wichtigsten 
Plunderung preis (s. u.) und besetzte sie. Sein Punkte der Insel und liessen weitere Genossen 
neues Lager war aber von beiden Seiten bedroht; ein (ebd. 30, 2 — 12; fiber verschiedene Unklar- 
tfstlich grenzte es an den Stadtteil Achradina, der heiten des Berichts vgl. Lupus a. O. 230 — 234). 
durch besondere, starke Mauern geschfitzt und mit Nach dem Falle von Ortygia war Achradina nicht 
der Insel Ortygia verbunden war; westlich erhob sich mehr zu halten; den romischen Deserteuren gab 
der Euryalos mit seinen gewaltigen Befestigungen Marcellus selbst Gelegenheit zu entkommen, um 
und bot sich einem Entsatzheer fast von selbst einen Verzweiflungskampf zu vermeiden, und die 
als Stutzpunkt an. Die Besatzung von Achradina, 40 Syrakusaner capitulierten (Liv. XXV 31, 1 — 7). 
die viele rOmische Uberlaufer enthielt, wies alle Durch die Misshandlung der Stadt hat Marcellus 
Eriedensanerbietungen schroff zurfick; auch der den Ruhm seines Namens befieckt. Er hatte 
Commandant des Euryalos zog in der Hoffnung nach der Einnahme von Epipolai die damals ein- 
auf Entsatz die mit Marcellus angekntipften Ver- genommenen Stadtteile seinen Soldaten fiberlassen 
handlungen eine Weile hin, entschloss sich aber unter der Bedingung, dass Leben und Preiheit 
schliesslich zur Capitulation (Liv. XXV 24, 15 — der Einwohner nicht angetastet wttrden (Liv. XXV 
25, 4. 25, 10). Jetzt waren die Romer im Rficken 25, 5—9. Augustin. civ. dei I 6. Diod. XXVI 20. 
gedeckt und konnten sich ganz auf Achradina Plut. 19, 4. Polyaen. VIII 11. Zonar. 1X5). Nach 
werfen (ebd. 26, If.). Doch jetzt erschien auch der Ubergabe von Achradina verfuhr er ahnlich, 
die von den Syrakusanern erwartete Hiilfe von 50 wollte aber grSssere Schonung den Rotnerfreunden 
aussen. Der karthagische Admiral Bomilkar war und anderen gegenuber fordern. Wie seine Befehle 
aus ihrem Hafen ausgebrochen, unterrichtete Kar- befolgt wurden , lasst sich schon aus dem Tode 
thago vom Stande der Dinge und kehrte mit ver- des greisen Archimedes schliessen, den der Feld- 
starkter Macht zuriick (ebd. 25, 11 — 13); die herr vor alien erhalten wollte (Cic. Verr. IV 131; 
romerfeindlichen sicilischen Stadte rusteten und fin. V 50. Liv. XXV 31, 9f. Val. Max. VKI 7 
stellten Hippokrates an die Spitze eines Entsatz- ext. 7. Plin. n. h. VII 125. Sil. It. XIV 676 — 
heeres (Appian. Sic. 4, wohl hierher zu ziehen); 678. Plut. 19, 7 — 10. Zonar. 1X5. Tzetz. Chil. 
mit diesem vereinigte sich das karthagische Heer II 131ff.). Dass Ahnliches vielfach in diesen 
unter Himilko. Es folgte ein combinierter An- Tagen vorkam, leugnen selbst die romischen Be- 
griff zu Lande und zu Wasser auf die Romer, 60 richte (Livius, Zonaras) nicht, und namentlich 
unterstutzt durch einen Ausfall der Syrakusaner, herrscht fast allgemeine tfbereinstimmung in der 
aber er wurde abgeschlagen (Liv. XXV 26, 3 — 6). Verurteilung der barbarischen Art , wie Syrakus 
Bald erhielt Marcellus einen Bundesgenossen an ausgeplttndert wurde. Eine Ausnahme macht nur 
der Malaria, die hier im Hochsommer (nach Liv. Cicero, der im Gegensatz zu den Raubereien, die 
XXV 26, 7 : tempore auttimni) sehr stark, ofter der sicilische Statthalter Verres in Syrakus ver- 
epidemisch, auftritt und noch andere Krankheiten ubt hatte, die Grossmut und Milde des Eroberers 
im Gefolge hat. Die Romer wurden in den hoch- der Stadt mit den glanzendsten Farben schildert 
gelegenen Stadtquartieren davon weniger heim- (Verr. n 4. IV 115f. 120 — 123. 131; vgl. Quintil. 



2749 Claudius Claudius 2750 

inst. or. V 11, 7); der Advocat verdreht hier ab- lien, und durch dessen kecke Streifziige besserte 

sichtlich die Thatsachen, wenn auch auf der sich bald wieder die Lage der Punier und ihrer 

anderen Seite die Klagen tiber die Thaten des Parteiganger. Selbst Hanno und Epikydes wagten 

Marcellus, welche den syrakusanischen Gesandten ihre feste Stellung bei Agrigent zu verlassen und 

von Liv. XXVI 29, 4. 30, 1 — 10 (vgl. Plut. 23, an den sudlichen Himerafiuss (jetzt Flume Salso) 

4, s. u.) in den Mund gelegt werden, der rheto- vorzurflcken. Hier traf Marcellus mit den Peinden 

rischen Wirkung wegen iibertrieben sein mogen, zusammen, und sogar er zog in einigen Schar- 

und wenn auch bei dem Vergleich zwischen dem mutzeln mit Muttines den kurzeren. Aber die 

Verhalten des Fabius in Tarent und des Marcel- beiden andern punischen Feldherren, eifersuchtig 
lus in Syrakus, der zu dessen Ungunsten ausfallt, 10 auf den Numider, boten in dessen Abwesenheit 

die Familientradition der Fabier mitgesprochen eine Schlacht an und wurden unter grossen Ver- 

haben mag (Liv. XXVII 16, 8. Plut. 21, Iff.). lu'sten vollig geschlagen (Liv. XXV 40, 5— 41, 7). 

Von den Kunstraubereien des Marcellus datierte Als Sieger kebrte Marcellus nach Syrakus und 

in Bom der Luxus und die gierige Aneignung von hier am Ende des Sommers nach Rom zu- 

griechischer Kunstwerke; deshalb wurde er von ruck (Liv. XXYI 21, 1. 14. Zonar. IX 5. Appian. 

Mannern wie Cato und Polybios getadelt (Polyb. Iber. 17 mit der falschen Nachricht von seiner 

IX 10, Iff. Liv. XXV 40, 2. XXXIV 4, 4). Wenn Sendung nach Spanien). Noch wahrend er auf 

er wirklich in sein Haus nur ein Planetarium Sicilien geweilt hatte, waren ihm zu Ehren Sup- 

des Archimedes als Beutestiick gebracht hat (Cic. plicationen beschlossen worden , und mit Recht 
rep. I 21f.), so waren die Beutestficke desto zahl- 20 erhob er jetzt Anspruch auf den Triumph, wobei 

reicher und wertvoller, mit denen er seinen da- er sich beklagte, dass er sein Heer auf Sicilien 

mals aufs neue gelobten Tempel an der Porta lassen musste und den Legionen von Cannae, die 

Capena und andere Heiligtumer in Bom und ausser- unter ihm gefochten hatten, keinen Lohn fur ihre 

halb Italiens ausstattete (vgl. Cic. Verr. IV 121 ; Tapferkeit gewahren durfte (Liv. XXVI 21, 2f. 

rep. I 21. Liv. XXV 31, 8—11. 40, 1—3. XXVI Plut. 13, 8; vgl. auch Ammian. Marc. XXVIII 4, 

21, 7f. 30, 9. 31, 9. Plut. 21, Iff. 30, 5f.); von 23 uber sein Selbstbewusstsein). Seine Forderung 

einem nach seiner Heimkehr, wohl 544 = 210, stiess auf Widerspruch. Wir hOren bei dieser 

aufgestellten ist noch die Weihmschrift erhalten Gelegenheit und bei dem bald darauf folgenden 

(CIL I 531 = VI 474: Martei M. Claudius M. Handel mit den Siculern wiederholt von den 
/. eonsol dedif). Im ganzen war die Beute nicht 30 Neidern und Feinden des Marcellus , selbst von 

geringer, als die spater in Karthago gemachte einer Missstimmung im Volke gegen ihn (vgl. 

(Liv. XXV 31, 11. Plut. 19, 6), und an geschmol- z. B. Liv. XXVI 21, 3f. 26, 6. 11. 29, 5. 35, 4. 

zener Bronze scheint man z. B. solche Massen Plut. 22, 1. 23, 1. 4. Auct. de vir. ill. 45, 6); ge- 

nach Bom gebracht zu haben, dass syrakusani- nannt wird unter seinen G-egnern M. Cornelius 

sches Erz dort sogar bei Bauten verwendet wurde Cethegus , sein Nachfolger auf Sicilien, der dem 

(Plin. n. h. XXXIV 13; vgl. Miinzer Quellen- scipionischen Kreise nahe gestanden zu haben 

kritik des Plin. 286 Anm.). Syrakus fiel nach scheint, und vielleicht sind in diesen Kreisen iiber- 

Liv. XXV 31, 5. XXXI 31, 8 im dritten Jahre haupt die Widersacher des Marcellus zu suchen. 

der Belagerung, und auch was sich bisher uber Damals waren gerade die beiden Scipionen in 
die Chronologie der Ereignisse ergeben hat, fiihrt 40 Spanien gefallen, und desto heller strahlte der 

darauf, das Ende des grossen Unternehmens nicht Buhm des fjberwinders von Syrakus. Es wurde 

vor 543 = 211 zu setzen (vgl. Matzat a. O. ihm daher zwar nicht der Triumph, aber doch 

143, 5). Als dem Marcellus das proconsularische zum erstenmale seit dem Beginn des hannibali- 

Imperium fur dieses Jahr zur Beendigung des schen Krieges eine Ovatio bewilligt; unzufrieden 

Krieges erneuert worden war (Liv. XXVI 1, 6), damit, zog er erst triumphierend auf den Albaner- 

stand wohl die Capitulation der Stadt nahe bevor, berg, ehe er bei der Ovatio den Romern die reiche 

war aber noch nicht erfolgt. Ganz sicher ist, Beute vorfuhrte, die er aus Syrakus heimgebracht 

dass die weiteren Ereignisse auf Sicilien ins Jahr hatte (Liv. XXVI 21, 5—13. Val. Max. II 8, 5. 

543 = 211 gehOren, die Livius noch unter dem Auct. de vir. ill. 45, 6. Plut. 21, 1. 22, 1; comp. 
vorhergehenden erzahlt (vgl. Matzat a. O. 145, 50Pelop. et Marc. 3, 4, der irrig von drei Triumphen 

8. Hesselbarth 500f). Die Einnahme der des Marcellus spricht; vgl. auch Momm sen St.- 

Hauptstadt hatte die Unterwerfung des ganzen R. I 129, 2. 3). Eine weitere Auszeichnung wurde 

ostlichen Siciliens zur Folge; Marcellus dictierte ihm bald darauf zu teil, indem er fur das nachste 

den Stadten je nach ihrer politischen Haltung den Jahr zusammen mit M. Valerius Laevinus das Con- 

Frieden (Liv. XXV 40, 4), und sie wiederum such- sulat erhielt (Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. 

ten sich nach Moglichkeit gute Bedingungen und XXVI 22, 12f. XXIX 16, 1. XXXI 13, 2. Flor. 

deren aufrichtige Erfullung zu sichern (App. Sic. I 22, 25. Oros. IV 17, 14. Cassiod. Fest. p. 364. 

5). Wenn Plut. 20, 3—11 aus Poseidonios ein Plut. 23, 1. Zonar. IX 5 Ende). 

Beispiel von der Milde des Marcellus gegen die Die Uberlieferung uber die folgenden, letzten 
Besiegten entnahm, so hatte er doch nicht dar- 60 Lebensjahre des Marcellus ist sehr triibe und 

aus so weitgehende allgemeine Schlilsse Ziehen durch Falschungen entstellt; wir sind dafiir im 

diirfen, wie: jzqcotos SoxsT tots M&qxeXXos imo- wesentlichen auf Livius angewiesen, dem sich 

Seigat rots "EXlrjoi dixcuozegovs 'Pcopaiovg (20, If.). Plutarch meistens anschliesst, und Livius schopft 

Die Einrichtung des neugewonnenen Gebiets als hier aus ganz unzuverlassigen Annalen, wie denen 

romische Provinz musste Marcellus seinen Nach- des Valerius Antias. Die Verherrlichung des Mar- 

folgern uberlassen, denn die Kampfe ruhten noch cellus wird aufs ausserste getrieben und bezeich- 

nicht. Hannibal sandte einen Reiterfuhrer aus nenderweise Ofter ihm selbst in den Mund gelegt 

seiner Schule, den Numider Muttines, nach Sici- (vgl. z. B. seine Worte bei Liv. XXV 41, 1: se. 



2751 Claudius Claudius 2752 

qui Hannibalem subnixum victoria Cannensi ab that ihm in kleinen Gefechten noch mehr Schaden 
Nola reppulisset, mit den ahnlichen , aber weit und blieb auf seiner Spur. Dagegen sagt Frontin. 
starkeren Liv. XXVII 2, 2: se, qui post Gannen- strat. II 2, 6: Hannibal apud Numistronem con- 
sent pugnam feroeem vietorem Hannibalem con- tra Mareellum pugnaturus cavas et praeruptas 
tudisset). Marcelhis trat im J. 544 = 210 sein vias obiecit a latere: ipsaque loci natura pro 
viertes Consulat vor dem Eintreffen seines Amts- munimentis usus elarissimum ducem vieit (vgl. 
genossen an und leitete eine Untersuchung wegen auch II 3, 9). Hier kann man sich trotz der ver- 
Brandstiftung noch allein (Liv. XXVI 26, 5. 27, mittelnden AnsicM Hesselbarths a. 0. 5I9f. 
6). Nach der Ankunft des Laevinus wurden die nur fur den einen oder fur den andem Bericht 
Provinzen verteilt; durchs Los erhielt Marcellus 10 entscheiden und wird das Treffen bei Numistro 
wieder Sicilien, aber es waren von dort zahlreiche fur eine Schlappe des Marcellus zu halten haben. 
Klagen liber seine Amtsftthrung eingelaufen und Er blieb aber in Hannibals Nahe, und als er in- 
sollten im Senat zur Sprache gebracht werden, folge eines Conflicts zwischen seinem nach Rom 
und wie er diese Verhandlungen , um ihre un- berufenen Collegen und dem Senat einen Dictator 
parteiische Leitung zu sichem, bis zur Ankunft ernennen musste, that er das im Lager (Liv. 
des Laevinus verschoben hatte, so schlug er jetzt XXVII 4, 1 — 4. 5, 18f. Plut. 24, 8. 25, If.). Er 
freiwillig diesem, dem der Krieg in Italien zuge- behielt sein Commando auch im J. 545 = 209, 
fallen war, einen Tausch der Provinzen vor. Trotz in welchem der greise Consul Fabius Tarent ein- 
dieses grossmutigen Benehmens wurden von den nahm (Liv. XXVII 7, 8. 11. 10, 12. Plut. 25, 2). 
Gesandten der sicilischen Stadte, besonders der20TJm Hannibal von hier abzuziehen, veranlasste 
Syrakusaner, schwere Anklagen gegen ihn erhoben, Fabius die zuchtlose Besatzung von Bhegion zu 
und nicht nur seine Gegner unterstiitzten diese, einem Angriff auf Caulonia, aber gleichzeitig soil 
sondern auch der strenge T. Manlius Torquatus er nach Liv. XXVII 12, 2 auch seinen Collegen 
verurteilte seine Harte. Aber Marcellus recht- und Marcellus gebeten haben, jenen zu beschaf- 
fertigte sich mit Berufung auf den Kriegsbrauch ; tigen. Und nun erzahlt Livius XXVII 12 , 7 
der Senat hiess seine Massregeln gut und gab — 15, 1 (daraus Oros. IV 18, 4 und Plut. 25, 3 
den Syrakusanern leeren Trost fur die Zukunft. — 26, 7) mit grosser Ausfuhrlichkeit und Leb- 
Ob Marcellus sich bei der ganzen Angelegenheit haftigkeit, wie Marcellus das ausgeftthrt habe : er 
wirklich so edel gezeigt hatte, wie unsere Quellen sei gleich im Anfang des Friihlings nach Canu- 
ihn darstellen, steht dahin; die abgewiesenen An- 30 sium gegen Hannibal marschiert, habe am ersten 
klager mussten ihn zu versohnen suchen, begaben Tage ein unentschiedenes Treffen geliefert, am 
sich daher freiwillig in seine Clientel und be- zweiten eme schwere Niederlage erlitten; dann 
schlossen grosse Ehren fur ihn und sein Haus habe er durch eine lange Bede und strenge Strafen 
(Liv. XXVI 26, 5—11. 27, 16. 29, 1—32, 8, vgl. die Soldaten zur Anspannung aller Krafte gereizt 
XXXVIII 43, 9 ; daraus Val. Max. IV 1, 7 und und am dritten Tage nach langem und schwerem 
mit willkfirlichen Ausschmuckungen und Ande- Kampfe einen grossen Sieg errungen; mit Zurfick- 
rungen Plut. 23, 2 — 9 ; etwas abweichend Zonar. lassung von 8000 Toten sei Hannibal nach Brut- 
IX 6, vgl. Dio frg. 56, 41). Noch bis in Ciceros tium geflohen, und nur der eigene schwere Ver- 
Zeit wurde ein Fest, die Marcellia, in Syrakus lust habe Marcellus an der Verfolgung gehindert. 
zu Ehren des Eroberers der Stadt und seiner 40 Die Einzelheiten des Schlachtberichts tragen deut- 
Nachkommen gefeiert (Cic. Verr. IV 151. Plut. lieh die Kennzeichen der Erfindung des Valerius 
23, 9). Es verging noch einige Zeit mit Rttstungen, Antias (vgl. far die dreitagige Dauer der Kampfe 
namentlich mit der Auf bringung einer freiwilligen die angeblichen Siege des Marcellus bei Nola) ; 
Anleihe fur die Flotte , ehe die Consuln in ihre es ist eine solche von der schlimmsten Art, denn 
Provinzen abgehen konnten (Liv. XXVI 36, 12). die Folgen der Schlacht waren gerade die ent- 
Marcellus begab sich zum Heere nach Apulien gegengesetzten , als die nach einem Siege des. 
und kniipfte Verbindungen in den noch auf Han- Marcellus zu erwartenden (scharf hervorgehoben 
nibals Seite stehenden Stadten an (ebd. 38, 5). von Streit a. O. 38 — 40). Hannibal zog unbe- 
Es gliickte ihm, Salapia (jetzt Salpi) durch Ver- hindert und schnell nach Bruttium, befreite hier 
rat zu nehmen und hier 500 numidische Beiter, 50 Caulonia und kehrte ebenso unangefochten nach 
eine Elitetruppe Hannibals, fast vollstandig nieder- Tarent zuriick, das inzwischen freilich durch Ver- 
zumachen (Liv. XXVI 38, 11—14. Val. Max. ni rat gefallen war; gegen Marcellus aber wurden 
8 ext. 1. Appian. Hann. 45 — 47. Zonar. IX 7; in Bom gegen das Ende des Jahres Anklagen 
vgl. auch Dasius). Von Apulien wandte er sich laut und lauter erhoben und schliesslich von dem 
nach Samnium und. nahm zwei wichtige Magazine Tribunen C. Publicius Bibulus offentlich ausge- 
Hannibals mit reichen Vorraten (Liv. XXVII 1, If. sprochen , dass er sein Heer zweimal von Han- 
Plut. 24, 2; fiber die Lage der sonst unbekamiten nibal habe hinschlachten lassen, und dass er^es 
Orte vgl. Neumann Zeitalter der pun. Kriege jetzt, wahrendjener in halb Italien umherschweife, 
451). Mit dem Punier selbst soil er dann bei den ganzen Sommer fiber unthatig in den Stadt- 
Numistro in Lucanien zusammengestossen sein 60 quartieren zu Venusia halte (Sinuessa statt Ve- 
und Kache fur dessen Sieg fiber Cn. Fulvius Cen- nusia bei Plut. 26, 8 wohl nur ein Versehen, aus 
tumalus genommen haben. Nach Liv. XXVII 2, dem sich dann die Hinzufugung von sis Kafina- 
1—12 (daraus Plut. 24, 2—7) dauerte die von rlav ergab, was dann wieder an Hannibals Quar- 
Marcellus angebotene Schlacht unentschieden bis tiere in Capua erinnerte und die Ausschmuckung 
in die Nacht hinein; am nachsten Tage lehnte der Rede des Bibulus 27, 2 nach sich zog; Ve- 
Hannibal die Emeuerung ab und raumte in der nusia richtig 29, 1). Nach unseren Quellen trium- 
folgenden Nacht das Feld; Marcellus schrieb sich phierte Marcellus fiber diese Anklagen ebenso wie 
den Sieg zu, verfolgte den Feind nach Venusia, fruher fiber die der Siculer; er rechtfertigte sich 



2753 Claudius Claudius 2754 

so glanzend (nach Liv. XXVII 21, 4 irar com- eigens ein Hinterhalt fur die Consuln gelegt 

memoratione return suarum), dass nicht nur der wurde, dass deren Bedeckung aus Etruskern und 

Antrag auf Abrogation seines Proconsulats — der Fregellanern bestand, dass jene die leldherren 

also wirklich gestellt, nicht wie einige Jahre spiiter im Stiche liessen; auf abweichende Benchte weist 

bei Scipio bios gefordert wurde (Liv. XXIX 19, er zuerst XXVII 26, 13 hin, wo er nut qmdam 

6) _ vom Volke abgelehnt, sondern Marcellus prodidere memoriae erne Anekdote ernffinrt, die 

furs nachste Jahr zum Consul gewahlt wurde Val. Max. I 6, 9. Plin. n. h. XI 189. Plut. Marc. 

(Liv. XXVII 20, 10—21, 4. Plut. 27, 1-5). Diese 29, 8 ubereinstimmend geben; dann schliesst er 

Wid'erspruche des Livius mit sich selbst ergeben, seinen Bericht XXVII 27,12— 14: Multos cirea 
wie ziemlich allgemein anerkannt wird, dass AerWunam rem ambitus feeerim, si, quae de Mar- 

Sieg des Marcellus im J. 545 = 209 einfach er- celli morte variant auetores, omnia exsequi ve- 

logen ist; der Proconsul hat wabrscheinlich nie Urn. ut omittam alios, Goelius triplieem gestae 

in einer Feldschlacht mit Hannibal gefochten, in rei rationem edit: unam traditam fama, alte- 

der er nicht unterlegen ist. Als designierter Con- ram scriptam laudatione fili, qui rei gestae in- 

sul wurde er noch nach Etrurien geschickt, um terfuerit, tertiam, quam ipse pro inquisita as 

Unruhen zu unterdriicken (Liv. XXVII 21,7. Plut. sibi comperta adfert; ceterum ita fama variat, 

28, 1), dann trat er 546 = 208 sein ffinftes Con- ut tamen plerique loci speeulandi causa eastris 

sulat zusammen mit T. Quinctius Crispinus an egressum, omnes insidiis circumventum tradant. 

(Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. XXVII 22, Bei dieser Verwirrung der Tradition muss man 
1. XXX 27, 11. Cassiod.; Bezeichnung als fiinf-20sich wohl mit der allgemeinen Kenntnis des Her- 

maliger Consul auf den Miinzen des Marcellinus ganges begniigen. Plutarch 29, 4—16 schopl't 

Mommsen Munzw. 648 nr. 303; bei Cic. div. aus Livius; Appian. Hann. 50 giebt einen von 

II 77. Nep. Hann. 5, 3. Ascon. Pis. p. 11. Auct. den iibrigen abweichenden , doch wenig brauch- 

de vir. ill. 45, 7. Plut. Fab. 19. 7; Marc. 1, 1. baren Bericht. Eiirzere Darstellungen und Er- 

28, 6. 30, 6; comp. Pelop. et Marc. 3, 4. Appian. wahnungen sind Cic. Tusc. I 89. Nep. Hann. 5, 

Hann. 50). Beide Consuln erhielten Italien als 3. Eutrop. Ill 16, 4. Oros. IV 18, 6. 8. Auct. 

Provinz (Liv. XXVII 22, 2), aber Marcellus wurde de vir. ill. 45, 7. Sil. Ital. XV 343ff. Plut. Fab. 

durch religiose Angelegenheiten in Bom festge- 19, 7; Flamin. 1, 5; comp. Pelop. et Marc. 3, 41. 

halten. Er hatte bei Clastidium und dann wieder Zonar. IX 9. Der Leichnam des Marcellus fiel 
bei Syrakus Honos und Virtus einen Tempel ge-30in die Hand der Feinde; Hannibal zog ihm den 

lobt und wollte das Geliibde erfiillen, indem er Siegelring ab, um sich dessen zu einer Kriegs- 

den von Q. Fabius Maximus erbauten Honostempel list zu bedienen (Liv. XXVII 28, 4. Appian. Hann. 

wiederherstellte und ein Bild der Virtus hinzu- 50. Zonar. IX 9), aber er bestattete nach dem 

fugte. Die Pontiflces erhoben dagegenEinspruch; ubereinstimmenden Zeugnis unserer Quellen den 

daher musste er einen besonderen Tempel der Toten aufs ehrenvollste (Cic. Cato 75. Liv. XXVII 

Virtus erbauen, der aber mit jenem und auch 28, 1. Val. Max. V 1 ext. 6. Auct. de vir. ill. 

dem des Mars verbunden war. Sie lagen vor 45, 7. Sil. Ital. XV 381 — 396. Appian. Hann. 50. 

der Porta Capena und wurden mit den aus Syra- Plut. Marc. 30, 1 ; comp. Pelop. et Marc. 3, 7 ; 

kus entfuhrten Kunstwerken prachtig ausgestattet ; vgl. Polyb. [?] bei Suid. I 2, 991 Bernh. Zonar. IX 
ihre Weihung sollte Marcellus nicht mehr erleben, 40 9). Auct. de vir. ill. 45, 8 sagt: Ossa Bomam 

sondern erst sein Sohn vollziehen (Cic. Verr. IV remissa a praedonibus intercepta perierunt, Ap- 

120 — 123; nat. deor. II 61; rep. I 21. Liv. XXVH pian. Hann. 50: xa Sara xcp itaiSl jigooejie/xyjev 

25, 7 — 9. XXIX 11, 13f. Val. Max. I 1, 8. Ascon. is xo'Pcofialcov oxoaxonedov; beide Versionen giebt 

Pis. p. 11. Lactant. div. inst. I 20, 12. Plut. auch Plutarch 30, 1 — 4, die erste ausfiihrlich 

Marc. 28, Iff.; fort. Rom. 5; vgl. auch Mo mm- unter Berufung auf Cornelius Nepos und Valerius 

sen zu OIL I 531). Er fibernahm wieder den Maximus, die zweite unter Berufung auf Livius 

Befehl fiber das Heer bei Venusia, und auch und Kaiser Augustus, doch weder Valerius Ma- 

Crispinus fuhrte das seinige hierher; beide lager- ximus noch Livius sprechen fiberhaupt davon, und 

ten vereinigt zwischen Venusia und Bantia und die Versuche zur Losung dieser Schwierigkeit 
warteten auf die Gelegenheit zum Schlagen (Liv. 50 sind noch nicht gegliickt. Uber das Grab des 

XXVII 25, 10. 12—14. Plut. 29, 1—3). Auf Marcellus ist nichts bekannt. 

einem Recognoscierungsritte fielen beide Consuln Marcellus war bei seinem Tode iiber 60 Jahre 

in einen Hinterhalt bei Petelia; Crispinus ent- alt (Liv. XXVII 27, 11. Plut. 28, 6) und hatte in 

kam schwer verwundet, Marcellus land dabei seinen 39 Schlachten gekampft (Plin. n. h. VII 92 ; falsch 

Tod. Die Berichte fiber dieses wichtige Ereignis Ammian. Marc. XXV 3, 13: zwanzig). Virtus und 

weisen im einzelnen mannigfache Abweichungen Honos waren seine Gotter, und die Geschichte 

auf (vgl. dazu Hesselbarth a. O. 530—533). seines Lebens ist die seiner Feldzfige. DieLeicben- 

Der zuverlassigste ist der des Polyb. X 32, 1 — 6, rede, die ihm sein Sohn hielt und die Coelius 

wonach die eigene Unvorsichtigkeit die Consuln Antipater benutzte (s. 0.) , hat jedenfalls zuerst 
ins Verderben fuhrte, was dem Autor zu langeren 60 seine Verdienste vielfachiibertrieben; darauf stfitzte 

Erorterungen fiber diese Unvorsichtigkeit und zu sich vielleicht Augustus, als er in der Leichen- 

manchem Tadel Anlass giebt (ebd. 7 — 12; ahn- rede auf seinen Schwiegersohn M. Claudius Mar- 

lich Appian. Hann. 50: o 'Avvlfias .... iufjvsos cellus dessen grossen Ahnen feierte. Doch mehr 

fih> &g OTQaxiwxr)v , sjisaxanps ds cos oxoaxi]y6v. als Familieneitelkeit hat romischer Patriotismus 

Plut. comp. Pelop. et Marc. 3, 4: ov oxoaxqyov zu seiner Verherrlichung beigetragen; Livius hat 

nxw/ia , jzQodoofiov de xivos rj xaxaaxoxov jis- dessen Erfmdungen glaubig wiederholt, und Plu- 

Tixmxnv). Bei Livius XXVII 26, 1 — 27, 11 sind tarch hat, auf sie gestfitzt, ein vielfach verzeich- 

manche Zfige offenbar hineincorrigiert, z. B. dass netes Bild vom Charakter des Marcellus gegeben, 

Pauly-Wissowa III 87 



2755 Claudius Claudius 2756 

den er wenig gliicklich mit Pelopidas vergleicht. (Liv. XVII 27, 13 vgl. S. 2754). 549 = 205 vollzog 

Die Alten haben Marcellus gem mit Fabius zu- er dann die Weihung des von dem Vater gelob- 

sammengestellt (schon Cic. rep. V 10 bei Non. ten und begonnenen Tempels von Honos und Vir- 

p. 337, 33f. , noch Claudian. bell. Gildon. I 89. tus (Liv. XXIX 11, 13). 550 = 204 war er Volks- 

Liv. XXIV 9, 7—11. Plut. Fab. 19, 2f. 5—7; tribun nnd begleitete mit seinem CoUegen M. 

Marc. 9, 2f. ; apophth. Fab. 3); beide waren vor Cincius Alimentus die Senatscommission, die in 

dem Auftreten des Scipio Africanus die tfichtig- Locri und auf Sicilien die Berechtigung der gegen 

stenFeldherrenRomsim zweiten punischen Kriege, P. Scipio erhobenen Beschwerden zu untersuchen 

Marcellus wohl der bedeutendere, Fabius der sym- hatte (Liv. XXIX 20, 11). Als curulischer Aedil 
pathischere von beiden. Marcellus war personlich 10 mit Sex. Aelius Paetus 554 = 200 machte er sich 

stark, tapfer und verwegen; von seiner Strategie durcb Fiirsorge firr die Herabsetzung der Getreide- 

ist schwer ein Bild zu gewinnen, da die Uberliefe- preise und durch glanzende Ausstattung der Spiele 

rung hierfur nicht ausreicht. Einzelne tactische oeim Volke beliebt (Liv. XXXI 50, If.), als Prae- 

Neuerungen werden ihm zugeschrieben (Plut. 12, 4. tor verwaltete er 556 = 198 Sicilien (Liv. XXXII 

Auct. de vir. ill. 45, 3. Ampel. 18, 10; vielleicht 7, 13. 8, 5. 7. 27, 3). Zum Consul fur 558= 196 

auchVeget.I15),dochsinddasDingevongeringerer mit L. Furius Purpurio gewahlt (Fast. Cap. Chro- 

Bedeutung. Er kann aber nicht bios ein tiichtiger nogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. XXXIII 24, 1. 

Soldat gewesen sein, sondern muss sich auch als 25, 4. Cassiod. Nep. Hann. 7, 6) , wunschte er 

Feldherr gut bewahrt haben, wenngleich er dem den Krieg in Makedonien zu erhalten, aber es 
Genie Hannibals bei weitem nicht gewachsen war. 20 fiel ihm Italien als Provinz zu (Polyb. XVIII 42, 

Eine gewisse Achtung fur griechische Religion, 1 — 3. Liv. XXXIII 25, 5 — 10). Annalistische Be- 

Kunst und Wissenschaft hat er besessen; der richte, die im einzelnen wenig zuverlassig sind, 

rOmischen Religion war er ausserlich ergeben, erzahlen seinen Feldzug in Oberitalien; er soil 

aber sein Geist liess sich durch sie nicht beengen erst von den Boiern geschlagen worden sein, dann 

(charakteristisch Cic. div. II 77). Wie von reli- die Insubrer bei Comum besiegt haben und schliess- 

giosen Vorurteilen, so war er indes auch von lich vereinigt mit seinem CoUegen Furius auch 

moralischen Vorurteilen frei und hat Sfter mit Grau- die Boier unterworfen haben (Liv. XXXIII 36, 4 

samkeit und Treulosigkeit seine und Bonis Sache — 37, 8). Ein Triumph des Furius wird nicht 

verfochten. Das sind etwa die hervortretendsten verzeichnet, sondern nur ein solcher des Marcel- 
Zilge, die sich bei unbefangener Betrachtung seiner 30 lus, nach Liv. XXXIII 37, 10 de Insubribus Co- 

Geschichte nach Abzug der Entstellungen ergeben. mensibusque, nach den Acta triumph, de Gal[kis 

Sein Portrait ist nur auf den Miinzen des Marcel- lns]ubrib(us) ; demnach sind mindestens die Er- 

linus erhalten (Mommsen Mfinzw. 648 nr. 303); folge gegen die Boier, die Oros. IV 20, 11 allein 

Statuen und Bfisten tragen seinen Namen mit darstellt, in den Berichten stark iibertrieben wor- 

Unrecht (vgl. Bernoulli Rom. Ikonographie I den, denn der Krieg gegen dieses Volk dauerte 

29 — 31). noch mehrere Jahre fort. Die Beziehung e'ines 

221) M. Claudius Marcellus, plebeischer Aedil Inschriftfragments aus Karthago auf diese Er- 
538 = 216 (Liv. XXHI 30, 17), ist von dengleich- eignisse ist ganz unsicher (Eph. epigr. VII 178 
alterigen Homonymen jedenfalls zu unterscheiden, mit Anm. = CIL VIII Suppl. 12538). Marcellus 
vielleicht der 558 =196 nach Karthago gesandte, 40 wurde wahrend seines Consulats Pontifex und 
falls dies nicht Nr. 222 sein kann (s. d.). leitete die Wahlen fur das folgende Jahr (Liv. 

222) M. Claudius Marcellus, Sohn von Nr. 220 XXXIII 42, 5. 7). Ob er der M. Claudius Mar- 
(vgl. die Nachrichten fiber seine Jugendgeschichte, cellus ist, der damals mit zwei anderen Gesandten 
Fast. Cap. 558. 565. Plut. Flamin. 18, 1). Als nach Karthago ging, um gegen Hannibal wegen 
Knabe wurde er von C. Scantinius Capitolinus mit des Biindnisses mit Antiochos Klage zu erheben, 
unsittlichen Antragen verfolgt. Dieser war damals ist ungewiss ; fallt diese Gesandtschaft noch unter 
plebeischer Aedil (nicht Tribun, wie Val. Max. VI sein Consulat, wie Nep. Hann. 7, 6 ausdriicklich 
1, 7 angiebt, vgl. Mommsen St.-R. I 706, 6. II angiebt, und wofur anderes spricht, so ist die Iden- 
472, 2) und als solcher Amtsgenosse des curuli- , titat jenes Gesandten mit dem Consul ausge- 
schen Aedilen Marcellus, der als Vater des Knaben 50 schlossen (vgl. Nissen Krit. Unters. 152). An 
den Scantinius wegen Stuprum vor Gericht zog. sich ist die Erzahlung des Livius (XXXIII 47, 
Ungeachtet der Unverletzlichkeit seines Amtes 7) ohne Anstoss, weil nach ihr die Gesandtschaft 
wurde die Einleitung eines Processes gegen Scan- erst in das nachste Jahr gehert, wo Marcellus 
tinius genehmigt, und der Process endigte mit wohl daran teilnehmen konnte. Im J. 561 = 193 
seiner Verurteilung, obgleich der Knabe aus Scham war er wieder in Oberitalien thatig, und zwar als 
kein Zeugnis abgab (Plut. Marc. 2, 5—8. Val. Legat und zeitweise Stellvertreter des Consuls 
Max. a. O.). An dem letzten Feldzuge seines L. Cornelius Merula; die Erinnerung an seine 
Vaters 546 = 208 nahm der junge Marcellus als eigenen geringen Erfolge gegen die Boier mochte 
Kriegstribun teil; er geriet mit ihm in den Hinter- ihn verleiten, die weit entscheidenderen des Ober- 
halt, wo jener den Tod fand, und entkam selbst 60 feldherrn missgunstig zu beurteilen (Liv. XXXV 
nur miihsam und verwundet aus den Handen der 5, 1. 6, 8. 8, 1). Bei der Bewerbung um die 
Feinde (Polyb. X 32, 6. Liv. XXVII 26, 12. 27, Censur fur 565 = 189 trug er den Sieg fiber die 
7. Sil. Ital. XV 354—376. Plut. Marc. 29, 10. anderen plebeischen Bewerber, M.' Acilius Glabrio 
15); Hannibal, der dem Leichnam des Vaters ein und M. Porcius Cato, davon und wurde mit T. 
ehrenvolles Begrabnis gewahrte, sandte seine Asche Quinctius Flamininus gewahlt (Fast. Cap. Liv. 
dem Sohne zu (Plut. Marc. 30, 1. 4. App. Hann. 50), XXXVII 57, 10. 58, 2. XXXVIII 28, 1. 36, 10. 
und dieser hielt dem Helden spater die Leichen- XLI 9, 9. 13, 4. Plut. Flamin. 18, 1). Als Cen- 
rede, die noch in gracchischer Zeit gelesen wurde sorier steht er im SC de Bacchanalibus von 568 



2757 Claudius Claudius 2758 

= 186 unter den Urkundszeugen an erster Stelle den folgenden Angaben muss es wieder unent- 
(CIL I 196 = X 104: M. ClaudifusJ M. f.). Er schieden bleiben, auf welchen der zwei M. Mar- 
starb 577 = 177 (Liv. XLI 13, 4). celli dieser Zeit sie sich beziehen. Ein Marcellus 
223. 224) M. Claudius Marcellus. Zwei Manner erschien 581 = 173 als romischer Gesandter vor 
dieses Namens sind so schwer aus einander zu der aetolischen Bundesversammlung in Delphi, 
halten, dass sie hier zusammen behandelt werden wo iibrigens eine Ehreninschrift wohl republi- 
diirfen. Einer von ihnen war Praetor urbanus canischer Zeit gefunden ist: °H jtolie x&v Ael- 
566 = 188 (Liv. XXXVIII 35, 2. 10. 42, 7 ; dar- <pcov MagxeXXov KXavdiov xov eavxrjg nargmva 
aus Val. Max. VI 5,3, der infolge fliichtiger (Bull. hell. VI 449) ; von hier aus begab er sich 
Lecture seiner Vorlage die Praetur ins folgende 10 zu einer von ihm selbst einberufenen Versamm- 
Jahr setzt) ; der zweite war Praetor 569 = 185 lung des achaeischen Bundes in den Peloponnes 
(Liv. XXXIX 23, 2). Waren beide identisch, so (Liv. XLII 5, 10—6, 3). Nach dem energischen 
wurde an der zweiten Stelle wohl die Iteration Auftreten dieses Gesandten den Griechen gegen- 
des Amtes verzeichnet sein. Einer der beiden fiber kann man vermuten, dass er ein bedeuten- 
Homonymen ist dann im J. 571 = 183 Consul derer Mann, wohl ein Consular, gewesen sein muss 
geworden (M. Claudius M. f. M. n. Marcellus ' und nicht etwa der junge M. Marcellus Nr. 225, 
Fasti Cap. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Nep. der daroals noch ganz im Anfang seiner Laufbahn 
Hann. 13, 1. Liv. XXXIX 45, 1. Oros. IV 20, stand. Im J. 585 = 169, in welchem dieser jiingere 
27. Obseq. 4. Cassiod.). Er erhielt zusammen Mann die Praetur verwaltete, werden dann zwei 
mit seinem Amtsgenossen Q. Fabius Labeo Li-20weitere Marcelli erwahnt, die sowohl von ihm, 
gurien zur Provinz; einer von ihnen sollte sich wie unter einander verschieden sind. Der eine 
auch bereit halten, gegen die Keltenscharen zu war damals Legat des Q. Marcius Philippus im ma- 
marschieren , die von Norden her fiber die Ost- kedonischen Kriege (Liv. XLIV 3, 2 aus Polybios, 
alpen in das nordadriatische Kustenland einge- daher die Namensform M. Claudius) ; der andere 
wandert waren und sich hier niedergelassen hatten war Decemvir sacris faciundis und ist in diesem 
(Liv. XXXIX 45, 3. 6f.). Marcellus ubernahm Jahre gestorben (Liv. XLIV 18,7: M. Claudius 
diesen Auftrag, iiberschritt aber angeblich seine Marcellus). Dass sich alle hier zusammengestellten 
Vollmacht. Obgleich die Kelten sich ihm ergaben Nachrichten auf noch mehr als zwei gleichnamige 
und, wenigstens nach ihrer eigenen Behauptung, Personen verteilen kCnnen, ist zwar nicht ausge- 
seinem Befehl, Italien zu verlassen, gehorchen 30 schlossen, aber kaum wahrscheinlich. 
wollten, liess er sie entwaffnen und ihnen ihre 225) M. Claudius Marcellus, bezeichnet als 
bewegliche Habe wegnehmen. Sie wandten sich M. f. im SC de Thisb. und auf der Inschrift von 
beschwerdeffihrend an den Senat, und dieser ent- Luna, als M. f. M. n. Fasti Cap. 588. 599. Acta tr. 
schied, dass sie ihr Eigentum zurfickerhalten, 588 (nur . . . M. n. erhalten Fasti Cap. 602. Acta 
aber das occupierte Gebiet raumen und unter Auf- tr. 599), als Sohn von Nr. 222 bei Liv. XLI 13, 
sicht rSmischer Commissare fiber die Alpen zu- 4. Ascon. Pis. p. 11. Im J. 577 = 177 folgte 
rttckgehen sollten; dies alles wurde ausgeffihrt er seinem damals gestorbenen Vater als Pontrfex 
(Liv. XXXIX 54, 1—55, 4). Der Bericht des nach (Liv. a. O.); 583 = 171 war er Volkstribun 
Annalisten Piso (bei Plin. n. h. Ill 131), Mar- und widersetzte sich mit seinem Collegen M. Ful- 
•cellus habe die Ansiedlung der Kelten wider den 40 vius Nobilior einem Beschlusse seiner Amtsge- 
Willen des Senats zerstort, diirfte die offlcielle nossen, der sich gegen den Senat richtete (Liv. 
Version wiedergeben : die rOmische Regierung XLII 32, 7 ) ; 584 = 170 wird er in dem Senats- 
setzte, um den Anstand zu wahren, ihren Beamten beschluss fur die Thisbaeer als Zeuge erwahnt 
vor den Kelten ins Unrecht, aber in Wahrheit (Dittenberger Syll. 226 = IGS I 2225 v. 16). 
entsprach sein Vorgehen ihren eigenen Absichten ; Im J. 585 = 169 hatte er als Praetor (Liv. XLIII 
denn um der Wiederkehr solcher Barbareneinfalle 11, 7), wiederum Gelegenheit, zwischen Senat und 
vorzubeugen, wurde in jener Gegend unweit von Volk zu vermitteln. Die beiden Consuln Q. Mar- 
ker zerstdrten Niederlassung die starke Festung cius Philippus und Cn. Servilius Caepio ffihrten 
Aquileia bald darauf begrfindet, und dem Consul damals Klage liber den Widerstand des Volkes 
bezeugte der Senat seine Zufriedenheit, indem 50 gegen die Aushebungen; darauf erklarten die Prae- 
er seine weiteren gegen die Istrer gerichteten toren Marcellus und C. Sulpicius Gallus, die Con- 
Kriegsplane gut hiess und ihm zu deren Ausffih- suln selbst triigen die Schuld, und stellten den 
rung das Commando fur 572 =182 erneuerte, Antrag, ihnen die Aushebung an Stelle jener zu 
nachdem Marcellus zur Leitung der Wahlen in ubertragen. Der Senat beschloss nicht nur dem 
Eom gewesen war (Liv. XXXIX 55, 4. 56, 3. Antrag gemass, sondern wollte sogar den Prae- 
XL 1, 6). Aus dem J. 572 = 182 horen wir toren nach glficklicher Beendigung dieses Ge- 
von ihm nur, dass er an der ligurischen Grenze schafts noch mehr (jbergewicht fiber die Consuln 
stand und die Unterwerfung von 2000 ins romi- verleihen, aber sie hielten sich taktvoll in den 
sche Gebiet ubergetretenen Ligurern entgegen- Grenzen ihrer Competenz (Liv. XLIII 14, 3ff. 
nehmen wollte ; der Senat wies ihn aber an, diese 60 15, 4f.). Dann verwaltete Marcellus bis Ende 
Frage den in Ligurien weilenden Consuln zur 586 = 168 die beiden spanischen Provinzen und 
Entscheidung zu fiberlassen und die Feinde vor- nahm dort eine sonst nie genannte Stadt Mar- 
sichtiger zu behandeln, als frfiher die Kelten (Liv. colica ein (Liv. XLIII 15, 3. XLV 4, 1). Zu- 
XL 16, 5f.). Dem einen Consul sollte er Anfang sammen mit jenem C. Sulpicius Gallus wurde er 
573 = 181 nach Ligurien zu Hiilfe eilen, aber 588 = 166 Consul (Fasti Cap. Chronogr. Idat. 
er hatte das Commando bereits seinem Nachfolger Chron. Pasch. Terent. Andr. tit. Cic. rep. I 21. Liv. 
•fibergeben und empfing jenen Befehl erst wah- XLV 44, 2. Obseq. 12. Cassiod. Plin. n. h. II 53), 
rend der Heimreise (Liv. XL 25, 9. 26, 1). Bei und beide kampften mit Glfick gegen die Ligurer 



2759 Claudius Claudius 2760 

und gegen einige Alpenstamme, so dass ihnen bei Strab. Ill 162) und errichtete seinem Gross- 
die Ehre des Triumphes zu teil wurde. Die ein- vater, seinem Vater und sich selbst beim Tempel 
zigen Zeugnisse sind Liv. ep. XL VI: Claudius von Honos nnd Virtus Statuen mit der Inschrift: 
Marcellus consul Alpinos Oallos, C. Sulpicius Tres Marcelli novies eoss. (Ascon. Pis. p. 11). 
Oallus consul Ligures subegit, Acta tr. : C. trium- Er fand seinen Tod im J. 606 = 148 wahrend 
phierte [de GJalleis Contrubfijeis et Liguribus einer Gesandtschaftsreise nach Africa, indem er 
[Meajtibusque, Snlpicins [de Ligurjibus Tai . . bei einem Seesturm ertrank (Liv. ep. L; paulo 
. . . rneis. Zum zweitenmale war Marcellus Consul ante coeptum bellum Punicum tertium Ascon. 
599 = 155 mit P. Scipio Nasica Corculum (Fasti Pis. p. 11, ohne Zeitangabe Cic. Pis. 44; div. II 
Cap. Chronogr. Idat. Cliron. Pasch. Cic. acad. pr. 10 14; de fato 33). 

II 137. Cassiod.) und verdiente sich wiederum 226) M. Claudius Marcellus war 652 = 102 
einen Triumph. Er unterdruckte namlich einen Legat des C. Marius und nahm ruhmlichen An- 
Aufstand der Apuaner, die bei der Wegfuhrung teil an dessen Siege bei Aquae Sextiae (Prontin. 
ihrer Stammesgenossen nach Samnium in den strat. II 4, 6. Plut. Mar. 20, 5. 21, 2; beide 
alten Wohnsitzen an der etruskisch-ligurischen nennen das Praenomen des C. nicht). In einem 
Grenze belassen worden waren (Acta tr. : . . . Mar- Processe trat der Eedner L. Licinius Crassus, 
cellus II .... [de Liguribjus et Apua[neis]), gest. 663 = 91 als Zeuge gegen ihn auf , aber 
und rettete dadurch die dort begriindete Colonie Marcellus wurde trotzdemfreigesprochen (Cic. Font. 
Luna, die ihm zum Dank auf ihrem Forum eine 24. Val. Max. VIII 5, 3). Im Bundesgenossen- 
Statue auf einer Marmorsaule errichtete (CIL 1 20 kriege 664 = 90 war er Legat des Consuls Sex. 
539 = XI 1339 : M. Claudius M. f. Mareelus Iulius Caesar und wurde nach dessen Niederlage 
consol iterwri). Wegen seiner Verdienste wurde in der FestungAesernia in Samnium eingeschlossen. 
er 602 = 152 zum drittenmale zum Consulat be- Obwohl die Stadt von aller Hlilfe abgeschnitten 
ferdert (Fasti Cap. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. war, widerstand sie doch einer langeren Belage- 
Obseq. 18. Cassiod. ; ter eonsul Cic. Pis. 44 ; div. rung und wurde nur durch Hunger zur Ubergabe 
II 14; de fato 33. Ascon. Pis. p. 11) und mit gezwungen (Liv. ep. LXXII. LXXIII. Appian. 
starker Macht nach Spanien gesandt, wo er sich bell. civ. I 40. 41). Wenn ein Sohn des Mar- 
zuerst als Praetor ausgezeichnet hatte, und wo cellus, der im J. 684 = 70 adulescens war (Cic. 
die Lage damals sehr gefahrlich war. Aus den Verr. IV 91), also vielleicht damals geboren wurde, 
erhaltenen Berichten ergiebt sich, dass die Wahl 30 den Beinamen Aeserninus fiihrte , so gereichte 
des Marcellus glficklich war, denn es gelang ihm, dieser dem Vater vielleicht nicht zum Spott, son- 
die Hauptstamme der Keltiberer zur Unterwer- dern zur Auszeichnung wegen seiner tapfern Ver- 
fung zu bewegen und die Lusitaner zu beruhigen, teidigung von Aesernia. Er selbst ist wohl der 
so dass er in Corduba, das Strabon III 141 M. Marcellus, der 673 = 81 zu den Kichtern 
MaQxekkov Kzlofia nennt (vgl. Hiibner CIL des P. Quinctius gehorte (Cic. Quinct. 54); viel- 
II p. 306), die Winterquartiere beziehen und ab- leicht beziehen sich auch teilweise die auf den 
warten konnte, was man in Eom fiber die Kel- gleichnamigen Aedilen von 663 = 91 bezogenen 
tiberer beschliessen werde. Er hatte namlich Notizen auf diesen M. Marcellus (vgl. Nr. 227. 
nicht nur den Bellern und Titthern, sondern auch Mo mm sen Herm. XX 282). Borghesi (Oeuvres 
den gefahrlichsten Gegnern , den Arevakern er- 40 II 309f.) vermutet in ihm den Urheber der lex 
laubt, Gesandte an den Senat zu schicken, und Clodia de vietoriatis, die Plin. n. h. XXXIII 46 
hatte selbst Gesandte mit ihnen gehen lassen, erwahnt, nnd die urns J. 650 = 104 erlassen sein 
die die Annahme der Unterwerfung der Arevaker mag (vgl. Mommsen Miinzw. 399; Tr. Bl. II 
empfahlen. Aber in Eom war man mit Marcellus 104ff.), doch ist das ganz unsicher. Cic. Brut, 
unzufrieden; seine vorsichtige nnd diplomatische 136 beurteilt Marcellus als Eedner nicht unglin- 
Behandlung der Feinde, der er seine Erfolge dankte, stig und bezeichnet ihn als Vater des M. Mar- 
wurde ihm als Feigheit ausgelegt, die Fortfuhrung cellus Aeserninus Nr. 231 und des P. Cornelius 
des Krieges und seine Abberufung wurden be- Lentulus Marcellinus. 

schlossen. Angeblich weil Marcellus seinem Nach- 227) M. Claudius Marcellus, mit dem Eedner 
folger den Euhm missgonnte, den Krieg beendigt 50 L. Licinius Crassus befreundet und als junger 

zu haben, beeilte er sich, zu einer Verstandigung Mann mit ihm in Griechenland, 663 = 91 curu- 

mit den Arevakern zu kommen, und schloss noch lischer Aedil (Cic. de or. I 57). Vielleicht ist 

vor seiner Eiickkehr 603 = 151 mit den Arevakern er identisch mit dem M. Marcellus, der 680 = 74 

unter billigen Bedingungen Frieden. Wenn Mar- vergeblich eine Ungerechtigkeit des Praetors C. 

cellus bei diesen Ereignissen in einem nicht eben Verres verhindem wollte und von Cic. Verr. I 

giinstigen Lichte erscheint, so liegt das zum Teil 135. 144. 153 bei dessen Process 684 = 70 mit 

daran, dass Polybios, unsere Hauptquelle dafiir grosser Achtung anscheinend noch als lebend er- 

(XXXV 2, Iff., zu Grunde gelegt bei Appian. lb. wahnt wird, vielleicht auch mit M. Claudius M. f. 

48—50), durch solche Schatten das Eingreifen Arn. Marcellus, der im SC. de Oropiis (IGS I 413, 
seines Helden Scipio Aemilianus in die spanischen 60 6) unter den Mitgliedern des Consiliums an erster 

Verhaltnisse heller und glanzender hervortreten Stelle genannt ist und daher mOglicherweise ebenso 

lassen will ; vielleicht wurde die romische tlber- wie der auf ihn folgende C. Claudius Glaber 

lieferung dem Marcellus mehr gerecht (Liv. ep. (Nr. 165) damals, im J. 681 = 73, die Praetur 

XL VIII. Eutrop. IV 9, 2), so dass er nach ihr bekleidete oder schon bekleidet hatte. 

durchweg als ein Mann summa mrtute, potestate, 228) M. Claudius Marcellus, Teilnehmer der 

gloria militari erschien (Cic. Pis. 44; vgl. zu catilinarischen Verschworung ; vgl. Nr. 215. 

seiner Beurteilung Mommsen E. G. II 6f.). Er 229) M. Claudius Marcellus M. f. (Dio XL 

brachte aus Spanien reiche Beute heim (Posidon. Ind. ; vgl. zu Nr. 216) war Quaestor zusammen 



2761 Claudius Claudius 2762 

mit seinem Freunde, dem jungem Cato, also 689 vollzahlige Sitzung zu stande bringen (Cael. ad 

= 65 (Plut. Cato min. 18, 3), und geherte seit- fam. VIII 1, 2. 2, 2. 5, 3). Erst am 30. Sep- 

dem dem Senate an. Im J. 691 = 63 unterstiltzte tember kam es dazu ; Marcellus referierte und 

er Cicero gegen Catilina und warnte ihn vor dem stellte den Antrag im Sinne der entschiedenen 

Anschlage gegen sein Leben (Cic. Cat. I 21. Plut. Gegner Caesars, dass dessen Statthalterschaft mit 

Cic. 15, 1). Die Aedilitat bekleidete er wohl dem 1. Marz 705 = 49 zu Ende sein sollte und 

schon in den nachsten Jahren und nicht erst 698 er sich nicht abwesend urns Consulat bewerben 

= 56, wie man aus Cic. ad Att. IV 3, 5 schliessen diirfte. Bei der folgenden Debatte erklarte sich 

kann; dort ist eher Nr. 216 gemeint. Dagegen nur Cato unbedingt fur den Antrag des Consuls; 
war es ohne Zweifel M. Marcellus, der am 2. Fe- 10 die Scheu des Pompeius und der Senatsmajoritat 

"bruar 698 = 56 auf Bitte Ciceros den Milo gegen vor dem offenen Bruche mit Caesar brachte ihn 

die Anklage de vi verteidigte (ad Q. fr. II 3, 1). zum Pall und fuhrte zur Vertagung des endgiil- 

Spatestens im J. 700 = 54 -war er Praetor; in tigen Beschlusses auf den I. Marz des nach- 

diesem Jahre gehorte er zu den Verteidigern des sten Jahres und zu halben Massregeln (Cael. ad 

M. Aemilius Scaurus (Ascon. Scaur, p. 18). Im fam. VIII 8, 5f. Cic. ad fam. IV 9, 2; ad Att. 

J. 702 = 52 trat er wiederum fur Milo auf; da VIII 3, 3. Liv. ep. CVIII. Suet. Caes. 28f. Appian. 

Milo am 4. April sowohl vor A. Manlius Tor- bell. civ. II 26. Dio XL 59, 1; vgl. Mommsen 

quatus de ambitu, wie vor L. Domitius Aheno- Die Rechtsfrage zwischen Caesar und dem Senat 

barbus de vi zur Verantwortung gezogen werden [Breslau 1857] 51). Mit diesen Beschlussen war 
sollte , erschien vor Manlius als sein Vertreter 20 dem Marcellus ein weiteres Vorgehen erschwert ; 

Marcellus und erlangte Aufschub dieses Processes. es lag sogar jetzt in seinem Interesse, dass keine 

In dem Mordprocesse nahm er an dem Zeugen- anderen iiber die Provinzen gefasst wurden. So 

verhor teil ; schon am ersten Tage wurde er dabei hatte sich Cicero schon im September mit einem 

von den Anhangern des Clodius so bedroht, dass Briefe an ihn gewandt, der nach Complimenten 

er sich unter den Schutz des Vorsitzenden stellen iiber seine ausgezeichnete Haltung, besonders auch 

musste; erst an den nachsten Tagen unter dem iiber die energische Unterstiitzung der Wahl des 

Schutz der Soldaten des Pompeius konnte er mit C. Marcellus zum Consul fur 704 = 50 (vgl. dar- 

Cicero das Verhor fortsetzen (Ascon. Milon. p. 30. iiber auch ad fam. IV 9, 2), die Bitte aussprach, 

34. 35). Als Anhanger des Pompeius und Gegner fur die baldige Abberufung Ciceros von der Statt- 
Caesars wurde er mit Ser. Sulpicius Eufus fur 30 halterschaft Kilikiens zu wirken (ad fam. XV 9) ; 

703 = 51 zum Consul gewahlt (Inschrift von Gru- doch zwei Monate spater berichtete Caelius, dass 

mentum CIL I 617 = X 220. Chronogr. Idat. die Consuln weder dafiir noch gegen die Parther- 

Chron. Pasch. Cic. ad fam. XII 15, 2. Sail. hist. gefahr irgend etwas thaten (ad fam. VIII 10, 2f.) : 

I 9 Kr. = 111 Maur. Liv. ep. CVIII. Cassiod. Plane nihil video ante Kal. lanuarias agi posse : 

Schol. Bob. Vatin. p. 320 Or. Dio XL Ind. 58, 3). nosti Mareellum, quam tardus et parum. effieax 

Marcellus sah seine Hauptaufgabe darin, Caesars sit, itemque Servius quam eunetator; euiusmodi 

Wiederbewerbung um das Consulat zu vereiteln putas hos esse aut quam id, quod nolint, eon- 

(Liv. ep. CVIII. Appian. bell. civ. II 25; Plut. fieere posse, qui quae eupiunt, tamen ita fri- 

Caes. 29, 1 halt die verschiedenen Marcelli, die gide agunt, ut nolle existimentur? Trotz dieses 
•einander im Consulate folgten, nicht aus einander ; 40 ungiinstigen Urteils ist die Consequenz des Mar- 

Eutrop. VI 19, 2 und Oros. VI 15, 1 vermengen cellus anzuerkennen. Im J. 704 = 50 schlug er 

ahnlich die Consuln von 703 und 704). Er be- vor, mit den Volkstribunen zu verhandeln, um 

gann sehr bald einen diplomatischen Feldzug, den Widerstand des einen von ihnen, des Cae- 

indem er durch ein Edict verhiess, er wolle de sarianers Curio, gegen die Senatsbeschliisse zu 

summa re publico referieren, und Antrage iiber brechen (Cael. ad fam. VIII 13, 2). Am 1. Januar 

die Zuriickberufung Caesars aus Gallien vor dem 705 = 49 wollte er allein von den Gegnern Cae- 

gesetzlichen Termin und iiber die Ungiiltigkeit sars die Sache des Senats nicht blindlings der 

der Biirgerrechtsverleihungen Caesars im trans- des Pompeius unterordnen ; er wollte die Kriegs- 

padanischen Gebiet vorbereitete (Suet. Caes. 28). erklarung hinausschieben, bis die Aushebungen 
Er brachte die letztere Angelegenheit zunachst 50 vollendet seien und der Senat einen militarischen 

zur Sprache und saumte nicht, die praktischen Biickhalt habe, aber die Majoritat hOrte nicht auf 

Consequenzen daraus zu Ziehen ; Caesar hatte nach ihn (Caes. bell. civ. 12, 2. 5. Cic. ad fam. IV 

der latinischen Colonie Novum Comum neue Co- 7, 2). Scharfer blickend als sie hat Marcellus 

lonisten gefiihrt und ihnen bei der Deduction den ungliicklichen Ausgang des Kampfes voraus- 

rSmisches Biirgerrecht verliehen; Marcellus liess gesehen; er traute dem Pompeius nicht und 

einen in Eom weilenden Senator der Colonie wegen dieser ihm ebensowenig, daher hat Marcellus an 

irgend eines Vergehens mit Ruten schlagen und dem Kriege selbst keinen thatigen Anteil ge- 

zeigte damit dem Caesar, dass er das von ihm nommen, sondern eher zur Massigung und Ver- 

verliehene Biirgerrecht nicht anerkenne (Cic. ad sohnung geraten (Cic. ad fam. IV 7, 2. 9, 3; 
Att. V 2, 3. 11, 2. Plut. Caes. 29, 1 ; etwas ab- 60 Marc. 16). Doch im Ungliick blieb er bei der 

weichend Appian. bell. civ. II 26; vgl. Mo mm- Partei, die er ergriffen hatte, und verschmahte 

sen CIL V p. 565; St.-E. Ill 640, 2). Die wich- nicht minder die aussichtslose Fortsetzung des 

tigste Frage, die den Senat zu beschaftigen hatte, Kampfes, wie die Gnade des Siegers. M. Brutus, 

die iiber die gallischen Statthalterschaften, wurde der Caesarmorder, erzahlte in einer im J. 708 = 46 

trotz des Drangens des Marcellus aufgeschoben. verfassten Schrift de virtute (erwahnt von Cicero, 

Er selbst setzte den 1. Juni fur die Verhandlung dem sie gewidmet war, de fin. I 8; Tusc. V 1) 

fest, liess dann diesen Termin absichtlich wieder zum Beweise dessen, dass die Tugend durch kein 

fallen und konnte nachher langere Zeit keine ausseres Missgeschick gemindert werde (Sen. cons. 



2763 Claudius Claudius 2764 

ad Helv. 8, 1), er habe kurzlich Marcellus in der Ergebnis ihm aber gleichgiiltig erscheint, und 

Verbannung in Mytilene besucht (der Aufenthalts- noch einmal wandte sich Cicero mit denselben 

ort auch bei Cic. ad fam. IV 7, 4. Val. Max. Mahnungen zur Heimkehr wie friiher an ihn (ad 

IX 11, 4; irrig nennt Schol. Gronov. p. 418 statt fam. IV 10). Endlich fand sich Marcellus doch 

dessen den Ort seines Todes, Athen); die Cha- veranlasst, ihnen Folge zu leisten, aber ehe er 

rakterstarke des Mannes, der seine unfreiwillige Italien erreichte, erfiillte sich, was Cicero ihm 

Musse mit gelehrten Studien und Ubungen in der prophezeit hatte (ebd. IV 9, 4). Ser. Sulpicius Rufus,. 

Beredsamkeit ausfullte (vgl. Cic. ad fam. IV 9, 3 : damals Proconsul von Achaia, berichtete dariiber 

honesto otio), habe ihm die hechste Bewunderung an Cicero: am 23. Mai 709 = 45 sei sein ehe- 

eingeflosst : Visum sibi se magis in exsilium 10 maliger College im Consulat Marcellus , auf der 

ire, qui sine illo rediturus esset, quant ilium Heimreise begriffen, im Piraeus mit ihm zusammen 

in exsilio relinqui (Sen. cons, ad Helv. 9, 4—10, gewesen; in der Nacht des 26. erhielt er plotz- 

1). Die Schrift des Brutus lag wohl Cicero schon lich die Nachricht, Marcellus sei von einem seiner 

vor, als er ihm die Worte fiber Marcellus in den Begleiter, Magius Cilo, tetlich verwundet worden. 

Mund legte : Vidi enim Mytilenis nuper virum Der Morder habe sich darauf selbst getetet, und 

atque, ut dixi, vidi plane virum (Brut. 250). Marcellus sei noch vor Tagesanbruch seinen Wun- 

Es lag natiirlich den alten Parteigenossen, die den eiiegen. Er selbst habe ihn nicht mehr 

sich dem Sieger unterworfen hatten, daran, einen lebend gesehen, aber ihm ein wiirdiges Leichen- 

solchen Mann fur ihre Anschauungen zu gewinnen. begangnis gefeiert ; er sei in der Akademie bei- 
Wie sein Vetter C. Marcellus vor der Entschei- 20 gesetzt worden, wo ihm die Athener ein Marmor- 

dung versucht hatte, Cicero in Italien festzuhalten, grahmal errichten wollten (ad fam. IV 12 ; andere 

urn selbst mit Anstand bleiben zu konnen, so Berichte Liv. ep. CXV. Val. Max. IX 11, 4). 

suchte er jetzt den Marcus zur Anerkennung der Cicero wurde durch diese Nachricht tief erschiittert ;. 

neuen Verhaltnisse zu bewegen und wurde darin er und andere hatten zunachst Caesar in Ver- 

von Cicero unterstfttzt, der dieselben Beweggriinde dacht, den Mord angestiftet zu haben, und Brutus 

hatte. Deswegen richtete Cicero im Sommer 708 fiihlte sich veranlasst, diesen Verdacht als un- 

= 46 mehrere Briefe an den Verbannten (ad fam. wiirdig und hinfallig nachzuweisen, womit er auch 

IV 7—9), die ihm immer aufs neue und aufs Cicero iiberzeugte (ad Att. XIH 10, 1.3; vgl. 22 r 

dringendste ans Herz legten, dass er nur zu 2). Dieser erwahnt dabei noch die Charakter- 
wollen brauche, um Verzeihung zu erlangen, dass 30 eigenschaft, die Marcellus vor allem auszeichnete 

er aus alien moglichen Griinden, z. B. um sein und von ihm stets bethatigt worden war, seine 

Vermogen zu retten, nichts Besseres thun k6nne, Standhaftigkeit und Consequenz (credo ilium, 

als sich in die bestehenden Verhaltnisse zu schicken ut erat, eonstantius respondisse ad Att. XIII 

und seinen Prieden mit dem neuen Regiment zu 10, 3) ; iiber andere Eigenschaften siehe oben das 

machen. Diesen Ausserungen stand auch Caesar Urteil des Caelius. Marcellus war bedeutend als 

nicht fern , aber sie blieben ohne Wirkung auf Redner (zum Consul gewahlt dia zijv xcbv Xoytov 

Marcellus. Caesars Schwiegervater, L. Calpurnius dvva/iiv Dio XL 58, 3. Marcellus loquax Lucan. 

Piso, gedachte in einer Senatssitzung im September I 313 im Sinne Caesars, citiert von Schol. Gronov. 

zuerst des Marcellus, dann warf sich C. Marcellus p. 418); er ist neben Cicero selbst, Caesar und 
Caesar zu Fiissen, um dessen Begnadigung zu 40 Sulpicius Rufus allein von lebenden Rednern im 

erbitten, und der ganze Senat schloss sich diesen ,Brutus' besprochen worden, weil er sich Cicero 

Bitten an. Caesar war zwar frfiher an Mytilene, zum Vorbild nahm und ihm mit Erfolg nacheiferte 

dem Aufenthaltsort des Marcellus, vorbeigefahren, (Cic. Brut. 248—250 ; vgl. Marc. 2. Quintil. inst. 

ohne diesen zu behelligen (Brutus bei Sen. cons. or. X 1, 38). [Miinzer.] 

ad Helv. 9, 6), und hatte sich entschlossen, ihn 230) M. Claudius Marcellus, Schwiegersohn 

zu begnadigen, aber er hielt dem Abwesenden des Augustus, a) Name. M. Claudius C. f. Mar- 

erst in einer Rede alle feindseligen Handlungen cellus OIL X 832; M. (Claudius) Marcellus Inschr- 

vor, die er gegen ihn selbst veriibt hatte, ehe er Not. degli scavi 1887, 284 nr. 671; (M. Clau- 

erklarte, er wolle dem Senat nachgeben und Ver- dius) ' Marcellus CIL VI 15033; M. Marcellus 
zeihung gewahren. Seine wohl berechnete Milde 50Mon. Anc. lat. 4, 23. Veil. II 93, 1. Suet. Tib. 10. 

machte solchen Eindruck, dass Cicero glaubte, Dio XL VIII 38, 3 = Zonar. X 22; Claudius 

es sei endlich der Beginn besserer Zeiten, sein Marcellus Tac. ann. I 3. Porph. zu Hor. carm. 

lange festgehaltenes Schweigen brach und in einer I 12, 46, sonst Marcellus. Der Name nicht ge- 

ubersehwenglichen Rede, die ungenau pro M. nannt Prop. IV 18. Sen. cons, ad Polyb. 15. 

Mareello oratio genannt und Offers, aber mit Un- b) Leben. Sohn des C. Claudius Marcellus 

recht, als Falschung verdachtigt worden ist, Caesar (Nr. 216), CIL X 832. Plut. Ant. 87; Marc. 30, 

seinen und des Senates Dank aussprach (Bericht und der Octavia, der Schwester des Augustus, 

iiber die Vorgange ad fam. IV 3, 3f. an Ser. Sul- (Plut. aa. OO. Liv. perioch. 140. Strab. XIV 

picius Rufus; der an Marcellus selbst von diesem 675. Veil. II 93, 1. Sen. cons, ad Marc. 2, 3; 
erwahnt ebd. 11, 1 ; vgl. ebd. VI 6, 10 und die 60 cons, ad Polyb. 15. Plin. n. h. XIX 24. XXXVII 

Stellen der Rede p. Marc. 3. 10. 13. 33; Ligar. 11. Tac. ann. I 3; hist. I 15. Suet. Aug. 63; 

37. Schol. Gronov. argum. p. 418£; vgl. 415 Or. Tib. 6. Cons, ad Liv. 65. Serv. Aen. V 4. VI 861. 

Liv. ep. CXV. Val. Max. IX 11, 4. Sen. cons. Porph. und Aero zu Hor. carm. I 12,46), mithin 

ad Helv. 9, 6). Auch jetzt noch zcigerte Mar- Neffe des Augustus, Plut. Marc. 30. Appian. bell, 

cellus, Caesars Gnadeanzunehmen; in einem kiihlen civ. V 73. Dio XL VIII 38, 3 (= Zonar. X 22). 

und ablehnenden Briefe (ad fam. IV 11) dankte LI 21, 3. LIII 27, 5 und 31, 2 (vgl. Sen. cons, ad 

er Cicero fur seine Bemflhungen, die ihm als Be- Marc. 2, 3. Plin. n. h. XIX 24) ; Nachkomme des 

weise seiner Freundschaft wertvoll seien, deren beruhmten M. Claudius Marcellus (Nr. 220), Plut. 



2765 Claudius Claudius 2766 

Marc. 30; jigoyovog des Triumvirn M. Antonius, ein Epigramm, Anth. Pal. VI 161 = Ruben- 

des zweiten Gemahls der Octavia, Appian. bell. sohn Crinagorae Mytilenaei epigramm. (Berlin 

civ. V 73; avunculus des Germanicus, Tac. ann. 1888) nr. 11. Auf dieses Fest wollte Geist (Kri- 

II 41. Als Geburtsjahr des Marcellus ergiebt sich nagoras von Mytilene , Giessen 1849) auch das 

712 = 42 (erste Halfte) aus der Zeitbestimnrang Epigramm Anth. Pal. VI 242 (= Rubensohn 

seines Todes (Ende 741 = 23) und der Nachricht nr. 7)beziehen mit Conjectur evxXuvov oder evxXeia 

bei Properz IV 18, 15, dass er im zwanzigsten fur EvHksldrjv (dagegen Rubensohn a. a. 0. 70), 

Lebensjahre gestorben sei. Nach Dio LIII 28, 3f. ebenso Bergk Aug. rer. gest. ind. (Gcttingen 

zn schliessen, war er alter als Tiberius (geb. 16. Nov. 1873) 111,1 mit der Conjectur MavdtdStjv. Un- 
712 = 42). Im Vertrag von Misenum 715 = 39 10 gefahr gleichzeitig mit dem erstangeflihrten diirfte 

wurde er mit der Tocbter des Sex. Pompeius ver- ein anderes Epigramm, Anth. Pal. IX 545 = Ru- 

lobt, ohne dass diese Ehe spater zu stande kam, bensohn nr. 41, gedichtet sein, mit welchem 

Appian. bell. civ. V 73. Dio XLVIII 38, 3 = Zo- Krinagoras die Sendung eines Exemplars der He- 

nar. X 22. Bei der grossen Siegesfeier nach der kale des Kallimachos an Marcellus begleitet und 

Schlacht bei Actium im August 725 = 29 ritt ihm die Kraft und den Ruhm des Theseus wunscht, 

Marcellus auf dem rechten Beipferd von Caesars vgl. Mommsen S.-Ber. Akad. Berlin 1889, 981 

des nachmaligen Augustus, Triumphalwagen, wah- Anm. gegen Cichorius (Rom und Mytilene, Leip- 

rend Tiberius auf dem linken ritt, Suet. Tib. 6. zig 1888, 54), der dasselbe vor 727 = 27 setzt; 

Die iii demselben Jahre anlasslich dieses Triumphes s. auch Susemihl a. a. 0. 563, 210. Dass Mar- 
dem Volke gewahrte Geldspende dehnte Caesar 20 cellus (bei oder besser vor seiner Vermahlung 

unter dem Namen des Marcellus auch auf die mit Iulia) von Augustus adoptiert worden sei, wird 

Knaben unter 11 Jahren aus, Dio LI 21, 3, vgl. zwar von Plut. Ant. 87 (afia jicuda xal yau§(>6v 

Suet. Aug. 41. Zum Lehrer hatte Marcellus nach enoitjaaxo KaToag) und Serv. Aen. VI 861 = My- 

Strabon XIV 675 den Akademiker Nestor (nicht thogr. Vat. I 226 ausdriicklich iiberliefert, scheint 

zu verwechseln mit dem Stoiker Nestor von Tar- jedochkeineswegsderWirklichkeit zu entsprechen, 

sos, s. Zeller Phil. d. Gr. Ills 1, 610, 3. 570 vgl. Cichorius a. a. 0. S. 40 Anm. (nach einer 

Anm. Susemihl Gesch. d. alex. Litt. II 243, Mitteilung Mommsens). Von den dort ange- 

27). Ende 727 = 27 (vgl. Suet. Aug. 26 und fiihrten Gegengrtinden wiegt am scbwersten das 

dazu Schiller Gesch. d. rom. Kaiserzeit I 206, Schweigen der (ibrigen Autoren, insbesondere des 
2) begleitete er zugleich mit Tiberius, nnd jeden- 30 Augustus selbst im Mon. Anc. und Dios (LIII 31, 

falls wie dieser Tribunus militum (vgl. Suet. Tib. 2 nur: <&g yafifyov xai o5j aSeXyidovv ayanwv); 

9), Augustus in den cantabrischen Krieg und das staatsrechtliche Bedenken gegen eine Ge- 

machte die ersten Feldziige in demselben mit. schwisterehe kommt bei Adoptivverhaltnis fast 

Dio LIII 26, 1 berichtet von Spielen, die Augu- nicht in Betracht, dagegen ist hinzuzufiigen, dass 

stus 729 = 25 im Lager (zu Tarraco) durch die sich in der Litteratur auch nicht die Spur einer 

beiden Prinzen fur die Soldaten veranstalten liess; Namensanderung findet, vgl. z. B. Tac. ann. I 3. 

irrig ist nur dabei die Angabe , dass sie schon Moglich, dass die spateren Autoren, die von Adop- 

damals Aedilen gewesen seien. 729 = 25 kehrte tion sprechen, diese aus einem zartlichen Aus- 

Marcellus noch vor Augustus nach Rom zuriick, druck in der von Augustus gehaltenen Leichen- 
um Iulia, die Tochter desselben aus der Ehe mit 40 rede (s. u.) erschlossen. Nach der Riickkehr des 

Scribonia, zu heiraten, vgl. Suet. Aug. 63. Mon. Augustus aus Spanien 730 = 24 erhielt Marcel- 

Anc. lat. 4, 23 = gr. 11,12. Cons, ad Liv. 67. lus den Pontificat (Tac. ann. I 3), wurde als 

Sen. cons, ad Marc. 2, 3. Plut. Marc. 30; Ant. Quaestorier in den Senat aufgenommen mit dem 

87. Dio LIII 31, 2. Augustus, dessen Abreise Rechte unter den Praetoriern zu stimmen (vgl. 

sich infolge seiner Krankheit verzCgerte, liess Mommsen St.-R. 13 458f. 459, 1) und erhielt 

nach Dio LIII 27, 5 die Vermahlungsfeier durch fur 731 = 23 (vgl. Plin. n. h. XIX 24: avun- 

Agrippa veranstalten. trber diese Eile des Augu- eulo XI eos.) die curulische Aedilitat mit einem 

stus, der nicht einmal sein Eintreffen in Rom ab- zehnjahrigen Altersnachlass fur die Bewerbung 

wartete, bemerkt Gardthausen Augustus und um das Consulat, Dio LIII 28, 3f., vgl. Tac. ann. 
seine Zeit (Leipzig 1896) I 2, 722, dass er im50l 3 (Mommsen St.-R. is 576,2). Die Ansicht, 

Stillen den geheimen Widerstand der Livia fiirch- dass Marcellus zum Thronfolger bestimmt gewesen 

tete, welche die Braut ihrem eigenen Sohne zu- sei, war im Altertum allgemein verbreitet, Veil, 

gedacht hatte. Auf diese Vermahlung nimmt 1193,1. Sen. cons, ad Marc. 2, 3 ; cons, ad Polyb. 

Horaz carm. I 12, 45—48 Bezug, vgl. Haupt 15. Tac. hist. I 15. Augustus selbst erklarte 

Opusc. Ill 61. Die Annahme Kiesslings (Phi- ihn nie, auch nicht 731 = 23, als er sich dem 

lol. Untersuchungen II 70, 26), dass die Hochzeit Tode nahe fiihlte, offlciell zu seinem Nachfolger, 

erst im J. 24 stattgefunden habe, ist von Schil- obwohl dies alle erwarteten, da er ihn jedenfalls 

ler a. a. 0. 183, 8 widerlegt worden. Das Pest noch nicht fur stark genug erachtete, sich gegen 

der ersten Bartabnahme (vgl. Marquardt Privat- die Opposition des Senats und des Agrippa zu 

leben derRomerS 599f.) hatte Marcellus kurz vor- 60 halten, vgl. Dio LIII 30, If. 31, 2ff. Gardthausen 

her bei seiner Riickkehr aus Spanien gefeiert und a. a. 0. 724f; fiber Augustus Absichten s. Dio LIII 

bei dieser Gelegenheit widmete ihm der Dichter 31, 4. Suet. Aug. 28. Thatsache ist, dass zwischen 

Krinagoras aus Mytilene, der damals auf seiner Marcellus und Agrippa ein Rivalitatsverhaltnis be- 

zweiten Gesandtschaftsreise zu Augustus (viel- stand, welches sich nach dem eben angefuhrten Er- 

leicht begleitete er Marcellus von Spanien nach eignisse derart zuspitzte, dass sich Augustus nach 

Rom) am kaiserlichen Hofe und insbesondere seiner Genesung veranlasst sah, den Agrippa unter 

im Hause der feingebildeten Octavia verkehrte dem Scheinauftrage einer Stellvertretung des 

(vgl. Susemihl Gesch. d. alex. Litt. II 562f.), Kaisers im Oriente aus Rom zu entfernen, Dio 



2767 Claudius Claudius 2768 

LIII 32, 1. Veil. II 93, 2. Suet. Aug. 66; Tib. 10. zwar nach zweijahriger Krankheit sterben lasst. 

Bivalitat herrschte auch zwischen Tiberius und Die ubrigen Altersangaben sind unbestimmter Art : 

Marcellus, Tac. ann. VI 51, vgl. Dio LIII 33, 4. Veil. II 93, 1 admodum iuvenis. Sen. cons, ad 

Wenn Plin. n. h. VII 149 die suspeeta Marcelli Marc. 2, 3 iuvenis. Tac. ann. II 41 intra iuven- 

vota zum Unglucke des Augustus rechnet , so tarn. Aero zu Hor. carm. I 12 puer (Plut. Ant. 

mOchte man aus dieser Stelle auch auf ein zeit- 87 xoutdij veoyapog; Marc. 30 vvficpios), vgl. Serv. 

weiliges Misverhaltnis des Marcellus zu Augustus Aen. Ill 718 eitum interitum. Das Geriicht er- 

schliessen und annehmen, dass sich der Jiingling klarte Livia fur die Morderin des Marcellus (Dio 

durch seine allzugrossen Brwartungen seinem LIII 33, 4), und einem derartigen Verdachte mag 

Oheim verdachtig gemacht habe, doch ist die 10 auch die Feindschaft Octavias gegen Livia ent- 

Stelle nicht ganz Mar. Aus dem Aedilitatsjahre sprungen sein (vgl. Sen. cons, ad Marc. 2, 5); allein 

des Marcellus wird von prachtigen Spielen be- mit Unrecht, denn diese That ware fur Livias Plane 

richtet, die er mit Beihulfe des Augustus veran- vollstandig nutzlos gewesen, vgl. die Ausfuhrungen 

staltete (Dio LIII 31, 2. Veil. 1193,1; vgl. Suet. Schillers (Kaiserzeit I 1, 188) und Gardt- 

Aug. 43), wobei das Theater durch Sonnensegel hausens (a. a. O.I2, 730f.). Dio selbst berichtet 

gescmitzt war (Prop. IV 18, 13 tarn pleno flui- a. a. 0., dass in jener Zeit viele Krankheitsfalle 

tantia vela thsatro) und ein Eitter, sowie eine mit tOtlichem Ausgange vorkamen, wonach wir 

angesehene Frau in der Orchestra auftraten (Dio etwa an eine epidemisch auftretende Krankheit 

LIII 31, 3). Dass damit die Ludi Eomani im zu denken hatten. Die Kaltwasserkur des Anto- 

September (Mommsen St.-E. II 8 517f.) gemeint 20 nius Musa, die Augustus kurz vorher geheilt hatte, 

seien, scheint daraus bestimmt hervorzugehen, hatte dessen Neffen nicht zu retten vermocht (Dio 

dass Augustus spater gerade an diesen Spielen LIII 30, 4), moglicherweise war eben dieses neue, 

die Statue des Marcellus zwischen den Sitzen noch nicht geniigend erprobte Heilverfahren der 

der Magistrate im Marcellustheater aufstellen liess nachste Grund seines Todes (Gardthausen a. 

(Dio LIII 30, 6), obwohl dieses schon I1II non. a. 0. 731). Augustus liess seinen geliebten Neffen 

Mai. (743 = 11) mit Spielen eroffnet worden war mittels eines pomphaften fimus publicum (Mar- 

(Plin. n. h. VIII 65); vgl. auch Buecheler (Eh. quardt Privatleben 2 350) in seinem Mausoleum 

Mus. XXXIX 622), der Prop. IV 18, 19f. magnis auf dem Campus Martius bestatten (Dio LIII 

ludis auf die Ludi Eomani bezieht. Auch das 30, 5. Serv. Aen. VI 861. Cons, ad Liv. 67, vgl. 
Forum liess Marcellus zur Annehmlichkeit fur30Verg. Aen. VI 872ff.). Dem Leichenwagen des 

die Spazierganger mit Sonnensegeln uberspannen Marcellus zogen 600 Paradewagen mit den ima- 

(Dio a. a. 0. navrl t<j> digsi. Plin. n. h. XIX gines der Vorfahren voran (Serv. Aen. VI 861, 

24: a leal. Aug. Hirschfelds Conjectur a. d. vgl. 874. V 4. Marquardt a. a. 0. 353). Sein 

XIII kal. Aug. [Wiener Studien 1883, 103, 28] kaiserlicher Oheim selbst hielt dem Verstorbenen 

von Gardthausen II 2, 405, 39 mit Eecht zu- die Leichenrede (Dio LIII 30, 5. Serv. Aen. I 712. 

ruckgewiesen). Nach Plin. n. h. XXXVII 11 Cons, ad Liv. 442; vgl. Peter Geschichtliche 

weihte Marcellus (wann und bei welcher Ge- Litt. fiber die rOm. Kaiserzeit, Leipzig 1897, I 

legenheit?) eine Daktyliothek dem palatinischen 456) und nannte ihn darin unter anderem im- 

Apollo (iiber den Irrtum Lancianis Bull. com. maturae morti devotus Serv. a. a. 0. Auf diese 

1883, 197 vgLHiilsen BOm. Mitt. 1896, 194Anm.). 40 spater edierte Leichenrede wird auch Bezug ge- 

Dass Marcellus Patron von Pompei war, zeigt nommen, wenn Augustus bei Plutarch (Marc, 

eine daselbst auf dem Forum triangulare gefundene 30; Comp. Pelop. et Marc. 1) als Quelle citiert 

Basis mit der Inschrift (CIL X 832) M. Olaudio wird (Heeren De font, et auct. Plutarchi 124. 

0. f. Mareello patrono. Ob auch die in Tanagra Wei chert Imp. Caes. Aug. script, rell., Grimma 

gefundene Inschrift IGS 1571 ['H fiovJXi] [xai 6] 1835, 116f. Meyer Orat. Eoman. fragmenta, 

S[fj]fios Maqxo[v Klavdtov .....] viov M&qxsX- Zurich 1842, 520f. Peter Quellen Plutarchs in 

kov aQsxfjg s[vexa xal] evvolas , top savtaiv Jtd- den Biogr. d. Bdmer, Halle 1865, 76 Anm. Gardt- 

xQcova auf unseren Marcellus zu beziehen sei, ist hausen a. a. 0. 731f.). Dass Augustus infolge von 

fraglich, zumal das Praenomen des Vaters nicht Marcellus Tode auch die Saecularspiele verschoben 

erhalten ist. Zu erwahnen ist hier auch die Notiz 50 hatte, nimmt an 0. Hirschfeld Wiener Studien 

bei Dio LIV 3, 2 zum J. 732 = 22, wonach M. 1881, 103; dagegen Mommsen Ephem. epigr. 

Primus bei seiner Verantwortung iiber einen Krieg, VIII p. 236 Anm. Vergil verherrlichte Marcellus 

den er als Statthalter von Makedonien mit den in der beruhmten Stelle Aen. VI 860—886 (vgl. 

Odrysen fuhrte, sich dahin ausredete, er sei von Serv. Aen. VI 861. Ill 718) und Properz dichtete 

Marcellus dazu veranlasst worden. Ware das die Elegie IV 18 auf seinen Tod. Die Trauer 

richtig, so wiirde daraus hervorgehen, dass sich des Augustus und der Octavia war tief (Cons, ad 

Marcellus auch politisch zu bethatigen versucht Liv. 65 und 441f., vgl. Aen. VI 868), von letzterer 

hat. Noch als Aedil starb Marcellus nach kurzer berichtet Seneca cons, ad Marc. 2, 4f., dass sie 

Krankheit (er erkrankte bald nach Augustus Ge- den Best ihres Lebens in einsamer Zuruckgezogen- 

nesung, Dio LIII 30, 4) zu Baiae, wohin er sich 60 heit der Trauer um den verstorbenen Sohn ge- 

zu seiner Heilung begeben hatte, Prop. IV 18. widmet und das Trauerkleid nie abgelegt habe. 

Veil. II 93, 1. Plut. Marc. 30. Serv. Aen. VI 861 Nichts, was sie an Marcellus erinnerte, hatte sie 

= Mythogr. Vat. I 226 (vgl. Serv. Aen. V 4. VI in ihrer Nahe geduldet und auch Trostesworten 

865). Sein Tod fallt in die Zeit von September ihr Ohr verschlossen. Als Vergil dem Augustus 

731 = 23 bis Ende dieses Jahres (s. o.). Nach und der Octavia die oben citierte Stelle vorlas, 

der glaubwiirdigeren Angabe bei Properz a. a. 0. soil diese bei den Worten tu Marcellus eris ohn- 

v. 15 stand er im 20. Lebensjahre, wogegen ihn machtig zusammengebrochen und nur mit Miihe 

Serv. Aen. VI 861 im Alter von 18 Jahren und wieder zum Bewusstsein gebracht worden sein 



2769 Claudius Claudius 2770 

(Donat. vita Verg. p. 62 Reiffersch. , vgl. auch willkurlich als Marcellus ausgegebene Bildnisse 

Serv. Aen. VI 861 und Ribbeek Proleg. ad Verg. vgl. Bernoulli Rom. Ikonographie II 2, 122-125 

60). Octavia weihte dem Andenken des Marcellus und den Nachtrag bei Gardthausen a. a. 0. 

ihre Bibliotbek (Liv. perioch. 140. Plut. Marc. 30) II 2, 399 Anm. 3, iiber den sog. Marcellus in 

und Augustus benannte das von Caesar begonnene, der Galleria dei candelabri des Vatican auch 

von ihm vollendete und 743 = 11 eroffnete Theater Helbig Fiihrer durch die Sammlungen in Rom 

nach Marcellus (Mod. Anc. lat. 4, 22 = gr. 11, 12. 12 (1899) 252f. Die von Mau fiir Marcellus er- 

Liv. perioch. 140. Plut. Marc. 30. Dio LIII 30, 5, klarte Statue zeigt einen Jungling von nicht allzu 

vgl. Suet. Aug. 29; die Litteratur iiber dasselbe starker Statur, mit unten zugespitztem Gesicht, 
zusammengetragen in Kiepert-Hiilsen Formae 10 Adlernase und vorstehenden Ohren. 
urb. Rom. ant. p. 90; s. den Art. Marcelli the a- d) Charakter. Marcellus wird von Velleius 

trum). Augustus liess auch zum Andenken an und Seneca in der im ganzen ubereinstimmenden 

seinen Neffen, der kurz vor seinem Tode dieselben und daher vielleicht auf dieselbe Quelle (Leichen- 

Spiele geleitet hatte, bei den ludi Romani dessen rede des Augustus ?) zuriickgehenden Charakte- 

Statue aus Gold zugleich mit einem goldenen ristik als ein Jungling mit den Tugenden eines 

Kranze und einem curulischen Amtssessel (vgl. ingenuus, als gemiitsfroh und geistesfrisch ge- 

Mommsen St.-R. I 8 452) zwischen den Sitzen schildert, Veil. II 93, 1 sane ut aiunt ingenuarum 

der praesidierenden Magistrate im Marcellus- virtutum (vgl. Prop. IV 18, 11) laetusque animi 

theater aufstellen, Dio LIII 30, 6. Neuere Lit- et ingenii; Sen. cons, ad Marc. 2, 3 nennt ihn 
teratur: Gardthausen Augustus I 2, 720 — 734, 20 aduleseentem animo alacrem, ingenio potentem 

dazu die Anmerkungen II 2, 399 — 408. Klebs und fiigt hinzu : sed et frugalitatis eontinentiaeque 

Prosopogr. I 384ff. De-Vit Onomasticon II 318. in Hits aut annis aut operibus non mediocriter 

c) Ausseres und Bildnisse. tiber Marcellus admirandae, patientem laborum, voluptatibus 

aussere Erscheinung fehlen die Nachrichten ganz- alienum. Seine pietas (gegen Augustus und Oc- 

lich. Vergil nennt ihn Aen. VI 861 ganz all- tavia) und die prisca fides hebt Verg. Aen. VI 

gemein egregium farina iuvenem et fulgentibus 878 hervor, seine Leutseligkeit Serv. Aen. VI 

armis, da man sich den Jungling mit Vorliebe 861. Mag auch das Bild seines Charakters, wie 

in strahlender Riistung dachte, vgl. v. 878-881; das bei einem praesumtiven Thronfolger natiirlich, in 

Weitere (v. 862) : sed frons laeta parum et deieeto inanchen Zugen iiberschwanglich ausgestattet sein, 
lumina voltu ist nicht etwa auf triiben, melan- 30 so war Marcellus doch jedenfalls ein frischer, ehr- 

cholischen Blick zu beziehen, der Dichter zeichnet licher Charakter, abhold Leidenschaften und Aus- 

vielmehr mit diesen Worten den Marcellus trauernd schweifungen , wie auch die Liebe des Augustus 

ob seines frtthen Todes wie v. 866. Ein sicher (vgl. Dio LIII 31, 2) und die tiefe Trauer seiner 

beglaubigtes Bildnis des Marcellus existiert nicht. Verwandten (s. o.), sowie seine Beliebtheit beim 

Die von Koehne (Monum. ined. de Marcellus, Volke (Tac. ann. II 41. Serv. Aen. VI 861) durch- 

M6m. de la Socie^te d'archeol. et de num. de aus fiir ihn spricht. Ob Marcellus auch der Last 

Saint-Pe'tersbourg 1 145 — 149) publicierte Munze des Thrones gewachsen gewesen ware, wie Veil, 

mit jugendlichem Kopf und der Umschrift MajQxog und Sen. aa. OO. iibereinstimmend behaupten 

Klavdiog MaqxeXXog OP. . . ist nach Duchalais (vgl. auch Verg. Aen. VI 876), kOnnen wir natilr- 
(Revue numism. franc. 1848, 72 — 76) gefalscht. 40 lich ebensowenig wie die alten Schriftsteller ent- 

Von Statuen des Marcellus, die wegen seines scheiden. Besondere Energie scheint er nicht 

fruhen Todes jedenfalls auch im Altertum nur besessen zu haben, da in allem sein Oheim oder 

in geringer Anzahl vorhanden waren , wird nur seine Mutter fiir ihn die Initiative ergriffen (vgl. 

erwahnt die goldene im Marcellustheater (s. o.); oben S. 2765 und Prop. IV 18, 14). Auch seine 

irrtumlich bezieht Klebs (Prosopogr. 1386) die militarische Laufbahn konnte man sich bei sei- 

Notiz Tac. ann. I 74 auf unseren Marcellus. nem fruhen Tode als glorreich ausmalen, vgl. Verg. 

Cber die Basis einer Statue des Marcellus, ge- Aen. VI 878 — 881. 

funden auf dem Forum triangulare zu Pompei, e) Freigelassene : Not. degli scavi 1887, 284 

vgl. CILX832. Overbeck-Mau Pompeii* 1884, nr. 671 M. Claudius M. Marcelli I. Didafs?). 
559. Mau Fiihrer durch Pompeii 3 1898, 36. 50 CIL VI 15033 M. Claudius Mareel(li) I. Eros. 

Mau (Statua di Marcello nipote di Augusto, Atti Unsicher : Not. degli scavi 1886 , 374 nr. 128 

dell' Accademia di Napoli XV 1890, 133—151) Claudia Mareella. Sclave: ebd. 1887, 284 nr. 679 

halt es fiir sehr wahrscheinlicb , dass die 1822 Hilarus Marcelli. [Gaheis.] 

im Macellum zu Pompei gefundene Marmorstatue 231) M. Claudius Marcellus Aeserninus, Sohn 

eines bartigen Jiinglings, nach Heroenart mit von Nr. 226 (Cic. Brut. 136), als junger Mann 

nacktem OberkOrper, einen Marcellus darstelle Zeuge im Process des Verres 684 = 70 (Cic. Verr. 

(Abbildungen: Mau a. a. O. nach S. 151. Mus. IV 91). 

Borb. Ill 38. Clarac Musee de sculpture, pi. 917. 232) M. Claudius Marcellus Aeserninus, Sohn 

Bernoulli Rom. Ikonographie II 1, Taf. 8. Ke- von Nr. 231, war 706 = 48 Quaestor des Q. Cas- 
kule tiber einen bisher Marcellus genannten Kopf 60 sius Longinus in Hispania ulterior und wurde 

in den kgl. Museen , 54. Winckelmannsprogramm, von ihm beim Ausbruch des Soldatenaufstandes 

Berlin 1894, 7; vgl. Rem. Mitt. VI 268f. und nach Corduba geschickt. Hier stellte er sich aber 

Mau Fiihrer durch Pompeiis 27). Maus Ver- selbst an die Spitze der Meuterer und blieb ihr 

mutung wird von Helbig (Rittrati di Fulvia e Fiihrer, bis der ganze Streit von M. Aemilius 

di Ottavia, Monamenti antichi I 1891, 588) ge Lepidus geschlichtet wurde. Seine zweideutige 

billigt, von Milani (Rom. Mitt. VI 313) als Haltung zog ihm Caesars Ungnade zu; er wurde 

moglich zugegeben und von Kekule" (a. a. 0.) verbannt, kehrte aber spater zuriick und gelangte 

nicht widerlegt. Uber andere unberechtigt oder wieder zu Ansehen (Bell. Alex. 57, 4—64, 1. Dio 



2771 Claudius Claudius 2772 

XLII 15, 2 — 16, 2; vgl. XLIU 1, 2. 29, 1; oben Pannonien, wo er von den Soldaten zum Kaiser 

Cassius Nr. 70). Er ist vielleicht identisch mit ausgerufen wurde (Zosim. I 20, 2. Zonar. XII 19 

Nr. 233. [Miinzer.] p. 131 Dind.; letzterer ist von Zosimus abhangig 

233) M. Claudius Marcellus Aeserninus, Con- oder beniitzt eine von dessen Quellen). Zu seiner 
sul ordinarius im J. 732 = 22 v. Chr. mit L. Bekampfung wurde von dem bestiirzten Kaiser 
Arruntius (M. CI. M. f. Mareellus Aeserninus: (C. Messius Quintus Traianus) Decius ausgesendet, 
Dio ind. LIV; M. Claudius M. f. CIL 12 p. 64 der einzige von den Senatoren, der dem Kaiser 
Fasti Colotiani; M. Mareellus CIL 12 p. 68 Fasti Mut zuzusprechen wusste. Noch ehe Decius hin- 
Gabini. Monum. Ancyr. gr. 3,4. Dio LIV 1,1. kam, wurde C. von den Soldaten getstet und 
Cassiod. ; Aeserninus Fasti Hydat. ; sonst Mar- 10 Decius, der die Urheber des Aufstandes bestrafen 
cellus). Dritter Magister der Quindecimviri sa- sollte, zur Annahme des Imperiums genOtigt (Zo- 
cris faciundis im J. 737 = 17 v. Chr. (If. Clau- sim. I 21, 1. 2. Zonar. a. a. 0.). Dieses Ereignis 
dius M. f. M. n. Mareellus CIL 12 p. 29 Fasti fallt in das J. 249 n. Chr., was nicht nur durch 
Cap.; M. Marcellus Eph. epigr. VIII p. 233 = die Eegierungsdauer der Philippi bestimmt ist, 
CIL VI 32323, 151. 168 Acta ludor. saec). Er sondern auch durch eine der wenigen Miinzen des 
ist vielleicht eine Person mit M. Marcellus Aeser- C. (Cohen V2 p. 181ff. nr. 1 — 8. EckhelVII 
ninus (Nr. 232). Seine Gemahlin war eine Tochter 338f.) bestatigt wird , auf der die Reversseite 
des beruhmten Asinius Pollio, sein Sohn der Fol- lautet Romae aetern(ae) an(ho) mill(esimo) et 
gende (s. d.). primo (Cohen nr. 7). Aus den Miinzen erfahren 

234) M.Claudius MarcellusAeserninus. a) Name. 20 wir auch seinen vollen Namen Imp. Ti. Cl(audius) 
(M. Claudius) Marcellus Aeserninus CIL X 1448; Marfinus) Pacatianus p(ius) ffelix) Augfustus), 
M. Claudius M.f. Mareellus CIL VI 1237. 31544; wahrend er bei den Schriftstellern nur Marinus 
M. Claudius Mareell. CIL 12 p. 70; Claudius genannt wird. Dass seine Herrschaft sich in der 
Mareellus Aeserninus Sen. suasor. VI 4; Clau- That nur iiber die Donaulander erstreckte, wird 
dius Mareellus Sen. suasor. II 9; sonst meist durch den Fundort der Miinzen wahrscheinlich 
Mareellus Aeserninus. gemacht, vgl. Eckhel VII 339. Hingegen hat 

b) Leben. Sohn des Vorhergehenden , Enkel sich Eckhels an sich unglaubwiirdige Ansicht 

des Asinius Pollio (Sen. contr. IV pr. 3. Suet. als unrichtig erwiesen, dass er auch identisch sei 

Aug. 43), Erbe einer reichen Familie (Tac. ann. mit dem 0s6g MaoTvog auf einigen Miinzen aus 
XI 7). Als Knabe genoss er die Unterweisung 30 Philippopolis (Eckhel VII 337, vgl. II 44f. 

seines Grossvaters und zeigte bereits so grosse Mionnet I 419 nr. 360f. V 589b. Cohen V2 

oratorische Begabung, dass Pollio in ihm den p. 180), denen zufolge also C. nach seinem Tode 

Erben seiner Eedekunst erblickte (Sen. contr. IV consecriert worden ware; dieser Marinus ist viel- 

pr. 3. 4). Noch im Knabenalter brach er beim mehr der Vater des Kaisers Philippus, (Iulius) 

Troiaspiel ein Bein, woriiber sich Pollio im Senate Marinus, vgl. Waddington-LeBas zu nr. 2072. 

mit bitteren Worten beschwerte (Suet. Aug. 43). Erwahnung verdient, dass von einem Claudius 

Im J. 19 n. Chr. war er Praetor peregrinus (CIL Marinus der Iulia Aug(usta) mater eastrorum 

I 2 p. 70 Fasti Arv.), wohl bald darauf (vor dem (wahrscheinlich ist die Kaiserin Iulia Domna, 

J. 24) Curator riparum et alvei Tiberis (CIL VI kaum Iulia Mamaea gemeint) eine Inschrift ge- 
1237. 31544). Im J. 20 versagte er dem ange-40setzt ist (CIL II 2529). [Stein.] 

klagten Cn. Piso seinen Kechtsbeistand (Tac. ann. 236) Claudius Marius Victor s. Victorius. 

Ill 11). Aus den Worten meminissent C. Asinii 237) Appius Claudius Martialis, Statthalter 

(cos. 40 v. Chr.), M. Messallae (cos. 31 v. Chr.) von Thrakien unter Marcus und Verus (161 — 

ac reeentiorum Arruntii (cos. 6 n. Chr.) et Aeser- 169 n. Chr.): Miinzen von Serdica ft rjyefuovevov- 

nini : ad summa proveetos ineorrupta vita et tog) KX. 'Amilov MagtidXov (nach anderer Lesung 

facundia (Tac. ann. XI 6) wird man schliessen MaqtiXXov s. Vl.) SsqS&v (Eckhel II 47. Mionnet 

diirfen, dass Marcellus zum Consulat (als suffectus) Suppl. II 484 nr. 1656. 1657) und von Anchialos 

gelangte (anders Klebs Prosopogr. I 386 nr. 741). ft fjysu. 'Ait. KX. MaQtialov 'AyiiaUwv (Mionnet 

Er gait als hervorragender Bedner (Tac. a. a. O.) Suppl. II 217 nr. 69; falsch ebd. nr. 63). Die 
und befasste sich nach damaliger Bhetorensitte 50 Lesung Martialis und die Reihenfolge Ap. CI. 

auch mit Schuldeclamationen , aus welchen der Martialis wird bestatigt durch die Inschrift einer 

altere Seneca mehrere sententiae (contr. II 5, 9. stadtrOmischen BleirOhre : Appi Claudi Martiali(s) 

VII 1, 5. 4, 1; suasor. II 9. VI 4. 10) und eo- Aur(elius) fecit (CIL XV 7427 = Lanciani Sill. 

lores (contr. VII 1, 22. 2, 10) anfuhrt. Da das aq. nr. 98). [Groag.] 

Cognomen Marcellus spater von den Nachkommen 238) Claudius Maximus , stoischer Philosoph, 

seines Oheims C. Asinius Gallus cos. 746 = 8 ge- Lehrer des Kaisers Marcus (Hist. Aug. Marc. 3, 

fiihrt wurde (s. Bd. II S. 1588), scheint es, dass 2); letzterer riihmt ihn in seiner Schrift elg i. 

er selbst keine Nachkommen hatte. Freigelassene 1 15, vgl. 17; seine Standhaftigkeit I 17; er wird 

des Marcellus werden erwahnt Plin. n. h. XII 12 als tot erwahnt VIII 17. Die ihn fiberlebende 
(vgl. Nr. 133). CIL X 1448 (Herculaneum) und 60 Secunda , die hier genannt wird, ist, nach dem 

wohl auch Eph. epigr. VIII 594 (Casinum). Zusammenhang zu schliessen, seine Gattin. Wie 

[Groag.] es scheint, sind die an dieser Stelle angeflihrten 

235) Ti. Cl(audius) Marinus Pacatianus, Gegen- PersOnlichkeiten in umgekehrter chronologischer 
kaiser der beiden Philippi, der sich nach dem Beihenfolge aufgezahlt; demnach ware C. vor 
Zuge gegen die Carpen erhob. Er stammte, wie Kaiser Verus (also vor 169 n. Chr.) gestorben. 
es scheint (vgl. Nr. 352f.), aus senatorischer Fa- Er ist kaum identisch, aber vielleicht verwandt 
milie und bekleidete eine Officiersstelle (Zonaras mit dem Ti. Claudius Maximus, der grosse Be- 
bezeichnet ihn als tagi&exvs) in Moesien oder sitzungen in Bom hatte, und dessen Name auf 



2773 Claudius Claudius 2774 

Ziegelsteinen aus den J. 123 — 135 n. Chr. er- namentlich Tib. eigentiimlich; auch scheint es r 

scheint, OIL XV 248 — 255. Vgl. den Folgenden. dass sie die einzige patricische Familie waren, 

[Stein.] bei der Dee. als Praenotn en vorkommt (vgl. Momm- 

239) Claudius Maximus, Statthalter von Pan- sen RSm. Porsch. I 17, 18). Nach Liv. XXIX 
nonia superior im J. 150 n. Chr. (1. August: 37, 10 gehOrten sie zur Tribus Arnensis. Sie 
Militardiplom aus Brigetio , Arch. - epigr. Mitt. treten in der republicanischen Zeit im allgemeinen 
XVI 1893, 231) und noch im J. 154 (3. Novem- wenig hervor, so dass ihr Stammbaum nicht fest- 
ber: CIL III p. 881 dipl. XXXIX). HOchstwahr- zustellen ist. 

scheinlich dieselbe Persdnlichkeit ist der Proconsul 244) Claudius Nero. Zwei Pragmente einer 
von Africa, Claudius Maximus, der den Process 10 Rede Catos aus dem J. 570 = 184 de moribus 
gegen Apuleius leitete und vor welchem dieser Claudii Neronis bei Jordan Catonis quae ex- 
seine uns erhaltene Verteidigungsrede hielt (pro stant p. 50. Alles weitere ist unbekannt. 
se apud Glaudium Maximum procos. de magia 245) Ap. Claudius Nero, vielleicht ein Bruder 
liber I). Er verwaltete Africa unter Kaiser Pius von Nr. 249, war 557 = 197 Legat des Flamini- 
(Apul. apol. 85) und zwar wahrscheinlich in dessen nus in Griechenland und bei dessen Unterredung 
letzter Zeit, da sein unmittelbarer Vorganger Lol- mit KOnig Philipp zugegen (Polyb. XVIII 8, 6, 
lianus Avitus (apol. 94) im J. 144 den Consulat daraus Liv. XXXII 35, 7), geleitete dann eine 
bekleidet hatte. Apuleius bezeichnet ihn als Gesandtschaft der griechischen Bundesgenossen 
reichen Mann tarn austerae seetae tamque diu- nach Rom (Polyb. XVIII 10, 8, daraus Liv. XXXII 
tinae militiae (apol. 19) und riihmt seine philo- 20 36, 10). 558 = 196 war er in der gleichen Stel- 
sophische Bildung und Belesenheit in Platon und lung wieder in Griechenland und fiihrte das Heer 
Aristoteles (apol. 1. 11. 25. 36. 38. 41. 48. 64. von dort in die Heimat zuriick (Liv. XXXIII 29, 
91). Man identiflciert ihn daher gewbhnlich mit 9. XXXIV 50, 10). Als Praetor erhielt er 559 
dem gleichnamigen Lehrer des Caesars Marcus = 195 Hispania ulterior und zu der dort stehen- 
(Nr. 238) ; ob mit Recht, ist ungewiss (allerdings den Legion noch Verstarkungen (Liv. XXXIII 42, 
kann das zurflckhaltende Lob des Apuleius nicht 7. 43, 5. 7. XXXIV 10, 1) und unterstiitzte die 
als Grund gegen die Identificierung angefiihrt Operationen des Praetors der diesseitigen Provinz 
werden, vgl. quamquam sedulo impraesentiarum P. Manlius (Liv. XXXIV 17, 1). 565 = 189 war 
a laudibus tuis tempero, neeubi tibi ob eaussam er Mitglied der Zehnercommission, die die klein- 
istam videar blanditus, apol. 48). Vgl. Pallu30 asiatischen Angelegenheiten zu regeln hatte (Liv. 
de Lessert Fastes des prov. Afric. 1896 I 199f. XXXVII 55, 7). 
Ritterling Arch.-epigr. Mitt. XX 1897, 26. 246) C. Claudius Nero, als Ti. f. Ti. n. Enkel 

240) Ti. CI. Ti.f%l.Pa[l(atina)]Me... [PJris- von Nr. 248; Vorname falschlich Ap. bei Eutrop. 
e[us] Ruf[inns] , iunior (Zangemeister er- 11118,2, Tib. bei Suet. Tib. 2. Im J. 540 = 214 
ganzt Me [la] . moglich ware auch Mefmmius], diente Nero unter Marcellus (Liv. XXIV 17, 3f.; 
vgl. Memmia Prisca CIL V 5609), wahrschein- vgl. Sil. It. XII 173 u. o. S. 2743), im J. 542 
lich Sohn des Bitters Ti. Claudius Ti. f. Pal. = 212 war er Praetor (Liv. XXV 2, 5). Er 
Rufinus (CIL X 3909 Capua), e(larissimus) v(ir), wurde als solcher zunachst nach Suessula ge- 
tribu[nus mijlfitum) leg(ionis) VII. Glfaudiae), schickt (ebd. 3, 2), vereinigte sich dann mit den 
alleet(us) inter quaestor (ios), praetfor) urb(anus), 40 Consuln zur Belagerung von Capua (ebd. 22, 7f.) 
legfatus) prov(ineiae) Narbonensfis) , leg. prov. und nahm daran noch im folgenden Jahre als 
Oretfaje, praef(ectus) Minfieiae) , proeos. prov. Propraetor teil (Liv. XXVI 5, 8). Nach der Ein- 
Aehaifaje, leg. prov. Afrieae , Patron von Vol- nahme der Stadt schiffte er sich mit einem Teile 
turnum, CIL X 3723 Volturnum. [Groag.] seiner Truppen nach Spanien ein (ungenau App. 

241) Ti. Claudius Menecrates s. Menekrates. Iber. 17), landete in Tarraco und iibernahm den 

242) L. Claudius Modestus, frater Arvalis, Befehl uber das fuhrerlose Heer der Scipionen. 
erscheint in den Arvalacten des J. 155 n. Chr. Der Bericht iiber die folgenden Ereignisse (Liv. 
(CIL VI 2086) und eines unbestimmten Jahres XXVI 17, vgl. XXVII 44, 9. Zonar. IX 7. Fron- 
unter Kaiser Marcus (VI 2095). [Groag.] tin. strat. I 5, 19) leidet an chronologischen und 

243) Claudius Neocydes, dixaioddrtjs (= iuri- 50 geographischen Schwierigkeiten (iiber die Zeit 
dieus Alexandria^), auf griechischen Papyrus- Wilsdorf Leipz. Stud. I 76. Soltau Herm. 
urkunden aus dem 2. Jhdt. n. Chr., Agypt. Urk. XXVI 412; iiber den Schauplatz Weissenborn 
aus d. kgl. Mus. zu Berlin I 243 nr. 245. II 38 z. d. St. des Liv.). Demnach schloss Nero das 
nr. 378. Wenn die Annahme, dass er der Vater ganze punische Heer unter Hasdruhal in einem 
d.es Ti. Claudius Pronto Neocydes (Nr. 158) sei, Engpasse ein, so dass es capitulieren musste, liess 
richtig ist, dann liesse sich die Zeit etwas ge- sich aber von dem schlauen Gegner grflndlich 
nauer bestimmen. Jedenfalls ist die Argumenta- iibertolpeln , denn Hasdrubal zog die Verhand- 
tion P. Meyers Herm. XXIII 267, betreffend die lungen uber die Capitulationsbedingungen so lange 
Datierung der zweiten Drkunde, unzureichend. hin, dass er Zeit gewann, nach und nach alle 

[Stein.] 60 seine Truppen unbemerkt aus der gefahrlich'en 

244ff.) Claudii Nerones. Diese Linie der patri- Lage herauszuziehen. Nero hatte sich jedenfalls 

cischen Claudier zweigte sich von dem Haupt- seiner Aufgabe nicht gewachsen gezeigt und wurde 

stamm erst gegen das Ende des 5. Jhdts. d. St. bald darauf durch P. Scipio und M. Iunius Si- 

ab. Ihr Beiname kam nach Suet. Tib. 1 und lanus ersetzt (Liv. XXVI 19, 10. 20, 4), aber nach- 

Gell. XIII 23, 8 aus dem Sabinischen und be- dem er im J. 545 = 209 wieder eine Legaten- 

deutete ,die Starken', ,die Tapfern'. In der ersten stelle unter Marcellus innegehabt hatte (Liv. 

Zeit finden sich bei ihnen dieselben Vornamen XXVII 14, 4), wurde er dennoch fur das J. 547 

wie bei den Claudii Pulchri; spater ist ihnen = 207 zum Consul gewahlt, weil allgemein die 



2775 Claudius Claudius 2776 

grOssten Erwartungen auf ihn gesetzt wurden. angriff. Sogleich nach dem Siege brach er wieder 

Nur fur zu heftig und leidenschaftlich gait er, auf; angeblich in sechs Tagen kehrte er nach 

so dass man ihm einen ruhigeren , besonneneren Apulien zuriick und liess den Kopf des gefallenen 

Amtsgenossen zur Seite stellen musste ( Liv. Hasdrubal den Vorposten Hannibals zuwerfen (Liv. 

XXVII 34, Iff.; vgl. dazu Oehler Der letzte XXVII 43— 51. Val. Max. VII 4, 4. Prontin. strat. 

Feldzug des Barkiden Hasdrubal und die Schlacht I 1, 9. 2, 9. II 3, 8. 9, 2. Suet. Tib. 2. Flor. I 

am Metaurus, Berl. 1897 [Berl. Stud. N. F. II] 14. 22, 50—54. Eutrop. Ill 18, If. Oros. IV 18, 9—15. 

20, 1). Die Wahl flel auf M. Livius Salinator. Ampel. 18, 12. 36, 3. 46, 6. Auct. de vir. ill. 48, 

Diesem hatte einst das Zeugnis Neros in einem 2 — 4. Hor. carm. IV 4, 36—71. Sil. Ital. XV 
Processe sehr geschadet (Liv. XXIX 37, 10. Val. 10 543ff. Polyb. XI 1, 5ff. Appian. Hann. 52f. Zo- 

Max. IV 2, 2), und seitdem lebte er in freiwilliger nar. IX 9, iiber die Schlacht zuletzt Oehler 

Verbannung, erbittert gegen den Staat und nament- a.a.O.; dazuK. LehmannDLZ XVIII 902ff.). Die 

lich gegen Nero. Doch es gelang , die beiden Schlacht am Metaurus brach Hannibals letzte Hoff- 

neugewahlten Consuln mit einander zu versOhnen, nungen; er zog sich in den aussersten Siiden der 

und sie versprachen , einmtitig zum Besten des Halbinsel zuriick. Piir die Romer war der Sieg die 

Vaterlandes zu handeln (Pasti Cap. Chronogr. Vergeltung fur Cannae, ein Erfolg von allergrOss- 

Idat. Chron. pasch. Nep. Cato 1, 2. Liv. XXVII ter Tragweite. In angstlicher Spannung hatte 

35, 6ff. XXXI 12, 8. Cassiod. Val. Max. IV 2, 2. man in der Hauptstadt den verwegenen Zug Neros 
VII 2, 6. Auct. de vir. ill. 50, 2). Sie losten noch verfolgt; jetzt begriisste man die Sieger mit un- 
vor dem Amtsantritt um die Provinzen , wurden 20 endlichem Jubel. Beide Consuln kamen gleich- 
aber nachher durch die umfassenden Riistungen zeitig nach Bom , doch Neros Heer blieb dem 
noch langere Zeit in Rom festgehalten (Liv. XXVII Feinde gegeniiber. Weil er also ohne Truppen 

36, 10. 38, Iff.). Nero hatte den Krieg gegen erschien und weil der Sieg im Amtsgebiet des 
Hannibal in Unteritalien erhalten und zog seine Livius erfochten war, begniigte er sich damit, bei 
Streitkrafte bei Venusia zusammen (ebd. 40, 13f.). dem feierlichen Triumphzuge neben dem Wagen 
Er fiihrte sie nach Lucanien , um dem Gegner des Amtsgenossen einherzureiten, doch aller Augen 
den Weg nach Norden zu verlegen, und traf ihn waren besonders auf ihn gerichtet (Liv. XXVHI 
bei Grumentum. Zu einer grosseren Schlacht 9, 2 — 18. Val. Max. IV 1, 9. Auct. de vir. ill. 
kam es nicht (Zonar. IX 9) ; die Erzahlung des 48, 5). Dann ernannte Nero den Livius zum Dic- 
Livius XXVII 41, 2ff. von einem grossen Siege 30 tator fur die Abhaltung der Wahlen und gab sein 
der ROrner ist sehr stark zu Gunsten der Romer Commando ab (Liv. XXVIII 10, 1. 10. 11, 12). 
iibertrieben, denn Hannibal wurde nicht aufge- Die Einigkeit, die beide Manner wahrend ihres 
halten , sondern erreichte Venusia. Nero folgte Consulats bewahrt hatten, hielt leider nicht vor, 
ihm und blieb ihm auf den Fersen, als jener von als sie im J. 550 = 204 zusammen zur Censur 
Venusia nach Metapont und wieder zuriick nach gelangten, sondern ihre alte Feindschaft kam da- 
Canusium marschierte (Liv. XXVII 43, 14 — 17). bei wieder zum Ausbruch und ausserte sich in 
Wahrend Hannibal hier auf eine Nachricht von ziemlich kleinlichen und unerquicklichen Zwistig- 
seinem Bruder Hasdrubal wartete, fiihrte ein gliick- keiten (Fasti Cap. Liv. XXIX 37, Iff. XXXVI 
licher Zufall dessen Boten dem Nero in die Hande, 36, 4. XXXIX 3, 5. Val. Max. II 9, 6. VII 2, 6. 
der dadurch sichere Kunde von den Absichten 40 Auct. de vir. ill. 50, 3). Im J. 553 = 201 ging 
der Gegner erhielt. 'Jetzt gait es fur ihn , das Nero mit zwei anderen Gesandten nach Agypten, 
Vertrauen seiner Mitbiirger durch eine kiihne That nicht bios um dort die Beendigung des Krieges 
zu rechtfertigen. tJber die wirklichen Beweg- mit Karthago anzuzeigen, sondern um eine grosse 
grunde seines Handelns lasst sich streiten; der Vereinigung gegen Makedonien zu stande zu 
Erfolg hat ihm Recht gegeben , wahrend das bringen und um diesem schliesslich den Krieg zu 
Misslingen ihn mit schwerer Schuld belastet erklaren (Polyb. XVI 25—27. 34f. Liv. XXXI 2, 
hatte. Die Einzelheiten der Ereignisse sind nicht 3; vgl. Nissen Krit. Unters. 98. 122f.). 
immer zuverlassig und gehOren nicht hierher (vgl. 247) C. Claudius Nero , Sohn eines Publius, 
z. B. Oehler a. O. 25. 30. 66); die Haupt- war 674 = 80 nach Bekleidung der Praetur Statt- 
ziige sind die folgenden: Nero liess das Gros 50 halter von Asien und bewies sich dabei allzu 
seines Heeres dem Hannibal gegeniiber und zog nachgiebig und schwach gegeniiber seinem Collegen 
mit einer auserlesenen Schar von 6000 Mann zu Cn. Dolabella, der Kilikien verwaltete, und dessen 
Fuss und 1000 zu Pferd in Eiimarschen an der Legaten Verres (Cic. Verr. I 50. 7 Iff. u. 0). Er 
adriatischen Kiiste nach Norden. Bei Sena Gal- traf Anordnungen, um die Stadt Ilion gegen feind- 
lica vereinigte er sich mit seinem Collegen und liche Angriffe, die nicht weiter bekannt sind, zu 
dem Praetor Porcius Licinus und drang mit seinem schiitzen (Inschrift bei Schliemann Ilios 709, 
Vorschlage durch, sofort den Kampf zu wagen. dazu Lolling Athen. Mitt. IX 30). 
Hasdrubal, der schliesslich die Verstarkung der 248) Ti. Claudius Nero. Ap. Claudius Caecus 
Gegner bemerkt hatte, wollte die Schlacht ver- Nr. 91 hatte nach Suet. Tib. 3 zwei Sehne, Ti. 
meiden und iiber den Metaurus zuriickgehen, wurde 60 Nero und Ap. (vielmehr P.) Pulcher; jener war 
aber Unter den ungiinstigsten Verhaltnissen an- der Ahnherr des Kaisers Tiberius von vaterlicher, 
gegriffen. Er selbst und sein Heer haben sich dieser von miitterlicher Seite. 
ausgezeichnet geschlagen, aber auch die Romer 249) Ti. Claudius Nero, als P. f. Ti. n. Enkel 
wussten, dass alles fur sie auf dem Spiele stand, von Nr. 248 und Vetter von Nr. 246, stand als Prae- 
und deshalb fasste Nero zum zweitenmale einen tor im J. 550 = 204 mit einer Legion in Sardinien 
kiihnen Entschluss, der die Entscheidung herbei- und sandte von dort Getreide an Scipio nach Africa 
fiihrte, indem er den linken Fliigel der Feinde (Liv. XXIX 11, 11. 13, 2. 5. 36, 1). 552 = 202 
umging und sie in der Flanke und im Riicken gelangte er zum Consulat (Fasti Cap. Fast. fer. Lat. 



2777 Claudius Claudius 2778 

CIL I 2 p. 57. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Liv. in einem Rechtsstreit zu vertreten (Cic. ad fam. 

XXX 26, 1. 27, 1. Cassiod.); er sollte eine Flotte XIII 64, 1) , doch hatte seine Eeise nach Asien 

von 50 Schiffen nach der ihm bestimmten Provinz besonders noch den Zweck verfolgt, bei Cicero 

Africa fiihren und mit demselben Imperium wie persOnlich um dessen Tochter Tullia zu werben; 

P. Scipio und gemeinsam mit ihm commandieren der Vater war ihm geneigt , aber ehe er etwas 

(Liv. XXX 27, 1—5). Er betrieb seine Biistungen thun konnte, hatte in Rom die Verlobung Tullias 

mit grosser Langsamkeit (ebd. 38, 6f.), hatte auf der mit Dolabella stattgefunden (Cic. ad Att. VI 6, 1). 

tJberfahrt schwere Stiirme zu bestehen und wurde Im alexandrinischen Kriege 706 = 48 zeichnete 

schliesslich nach Caralis verschlagen. Wahrend sich Nero als Quaestor und Flottencommandant 
er dort seine Schiffe ausbesserte, brach schon der 10 Caesars aus (b. Alex. 25, 3. Suet. Tib. 4. Dio 

Winter ein; niemand dachte daran, dem Consul XLEE 40, 6); 708 = 46 erhielt er das Pontificat 

seine Amtsbefugnis zu verlangern, und so fuhrte (Suet. Veil. II 75, 1) und wurde zur Anlegung 

er zuletzt die Flotte als Privatmann wieder heim von Colonien nach Gallien entsendet (Suet.). Trotz 

(ebd. 39, 1 — 3). Scipio soil spater manchmal ge- solcher Gunstbezeugung von seiten des Dictators 

aussert haben, Ti. Claudii primum cupiditatem, beantragte er dennoch offentliche Belohnungen 

deinde On. Cornelii (des Consuls von 553 = 201) fur dessen MOrder (Suet.). Er gelangte 712 = 42 

fuisse in mora, quo-minus id helium exitio Gar- zur Praetur, behielt das Amt eigenmachtig liber 

thaginis finiretur (ebd. 44, 3) , doch ist dieser dieses Jahr hiuaus, trat im perusinischen Kriege 

Ausspruch schwerlich verburgt. auf Seiten des L. Antonius und entfioh, als dieser 

250) Ti. Claudius Nero. Wahrscheinlich die- 20 714 = 40 sich dem Octavian ergab. Zuerst in 
selbe Person ist ein im J. 565 = 189 erwahnter Praeneste, dann in Neapel rief er die Sclaven zur 
Senator Ti. Claudius (SC de Delphis Viereck Freiheit auf und wollte auf eigene Faust den 
Sermo graecus 11 nr. 10) und Ti. Claudius Nero, Kampf fortsetzen. Als der Caesar gegen ihn heran- 
Praetor und Statthaltei von Sicilien im J. 573 zog, rettete er sich mit seiner jungen Gemahlin 
= 181 (Liv. XL 18, 2f.). Auch wird mit ihm Livia und seinem kaum zweijahrigen Kinde, dem 
der 569 = 185 an Philipp von Makedonien ent- spateren Kaiser Tiberius, unter manchen Gefahren 
sandte Ti. Claudius bei Polyb. XXII 9, 6 iden- nach Sicilien (Suet. 4. 6. Veil. II 75, 1. 3. 76, 1. 
tisch sein, an dessen Stelle aber Liv. XXXIX 24, 77, 3. Tac. ann. V 1. Dio XLVIII 15, 3. 44, 1). 
14 vielmehr einen Ti. Sempronius nennt. Hierauf bezieht sich auch Tac. ann. Vl 15: Ti- 

251) Ti. Claudius Nero (T. in den Hss. gewiss 30 oerius proseriptutn patrem exsul seoutus, nicht 
falsch) wurde wahrend seiner Praetur 576 = 178 auf die Proscriptionen von 711 = 43 , zu deren 
nach Pisae geschickt (Liv. XL 59, 5. XLI 5, 6f.), Zeit Tiberius noch gar nicht geboren war. Die 
stand dort als Proconsul mit einer Legion, die er Fluchtlinge fanden in Sicilien bei Sex. Pompeius 
spater entliess, noch im folgenden Jahre und im und dessen Schwester Aufnahme (Suet. 6), indes 
zweitfolgenden bis zum Eintreffen der Consuln da Nero meinte, dass jener ihm die gebtihrenden 
(Liv. XLI 12, 1. 7. 14, 1. 11). 582 = 172 wurde Ehren versage, setzte er mit den Seinen die Flucht 
er nach Asien gesandt (annalistischer Bericht bei nach Griechenland fort, wo sie in Sparta verweil- 
Liv. XLII 19, 7. 26, 7) und bereiste mit anderen ten (Suet. Dio LIV 7, 2). Er kehrte Anfang 715 = 
rOmischen Diplomaten die Freistaaten der Inseln 39 mit M. Antonius zurlick und wurde in den all- 
und Kleinasiens, um sie, besonders Rhodos, als 40 gemeinen Frieden mit eingeschlossen (Suet. Veil. 
Bundesgenossen gegen Makedonien anzuwerben II 77, 3. Tac. ann. V 1 hinsichtlich der Zeit 
(besserer Bericht Polyb. XXVII 3, 1 — 6, daraus nicht ganz genau). Bald darauf lernte Octavian 
Liv. XLIII 45, 1 — 7). die Livia kennen und wusste Nero zu bewegen, 

252) Ti. Claudius Nero, Praetor und Statt- sie ihm abzutreten; sie war damals schwanger 
halter von Sicilien 587 = 167 (Liv. XLV 16, 3, und gebar im Hause des zweiten Gemahls dem 
vgl. Klein Verwaltungsbeamte I 42). ersten noch einen Sohn, den Drusus (Suet. 4. Tac. 

253) Ti. Claudius Nero, Ti. f. Ap. n., Munz- ann. I 10. V 1. Veil. II 79, 2. Dio XLVILT 44, 
meister um 670 = 84 (Mo mm sen Miinzwesen Iff.). Nach Sueton und Dio starb Nero nicht 
613 nr. 246 ; Tr. Bl. II 439 nr. 231. Ztschr. f. lange darauf, doch nach Suet. 6 anscheinend erst 
Numism. II 55) , Legat des Pompeius im See- 50 721 = 33. Als Gemahl der Livia und Vater des 
rauberkriege 687 = 67 und mit der Bewachung Tiberius wird er noch genannt Suet. Aug. 62. 
der Meerenge von Gibraltar beauftragt (Flor. I Plin. n. h. X 154. CIL IX 3662 (vgl. auch die 
41, 9. App. Mithr. 95). Bei der Debatte iiber Bezeichnung des Tiberius auf den Inschriften vor 
das Schicksal der Catilinarier 691 = 63 stimmte seiner Adoption und die des Drusus auf Inschrif- 
er fur Verschiebung der Entscheidung (Sail. Cat. ten als Ti. f.); er ist der Ahnherr des Clau- 
50, 4; etwas abweichend Appian. bell. civ. II 5). dischen Kaiserhauses geworden. Briefe des M. 

254) Ti. Claudius Nero, Sohn eines Ti. (CIL Varro ad Neronem (vgl. Bitschl Opuscula III 
XI 3517), vielleicht von Nr. 253. Im October 407. 477) konnen kaum an einen anderen als an 
700 = 54 wollte er den A. Gabinius wegen ihn gerichtet gewesen sein. [Mfinzer.] 
Erpressungen vor Gericht Ziehen; ausser ihm 60 255) Ti. Claudius Nero, der spatere Kaiser 
hatten sich aber auch C. Antonius und C. Mem- Tiberius (14 — 37 n. Chr.) s. unter Iulius. 
mius als Klager gemeldet, und durch Divinatio 256) Ti. Claudius Nero Germanicus = Ti. Clau- 
wurde zu Gunsten des Letztgenannten entschie- dius Caesar Augustus Germanicus, rOmischer Kaiser 
den (Cic. ad Q. fr. HI 1, 15. 2, 1). Anfang vom 25. Januar 41 bis zum 13. October 54 n. Chr. 
704 = 50 gab ihm Cicero einen Empfehlungs- I. Quell en. a) Eigene Aufzeichnungen. C. 
brief an P. Silius, den Propraetor von Bithynien; verfasste eine Selbstbiographie {de vita sua) in 
in dessen Provinz hatte Nero mehrere Geschafte acht Buchern (Suet. CI. 41); sie diirfte dem 
zu erledigen, u. a. die Stadt Nysa als ihr Patron Sueton bei der Abfassung der Vita divi Claudii 



2779 Claudius Claudius 2780 

vorgelegen haben und das Citat e. 2 (ipse quo- Wochenschr. 1896, 1617ff. 1897, 410, vgl.Schiirer 

dam tibello eonqueritur) aus ihr entnommen sein. Theol. Litt. Ztg. 1896, 281ff.). Corpus papyrorum 

Vgl. Abschnitt VI. Raineri I 20 nr. 4. Gr en fell-Hunt Oxyrhynchus 

b) Eeden. Auf einer bei Lyon gefundenen, papyri I nr. 35. 37—39. Grenfell-Hunt Greek 
ursprunglich bei der Ara Romae et Augusti auf- papyri, series II nr. 41. 

gestellten Erztafel, die allerdings nur fragmen- g) Alte Litteratur. Die Geschichte des Kaisers 

tarisch erhalten ist, ist mit vergoldeten Buch- C. liegt uns in der Bearbeitung dreier Historiker 

staben die Eede verzeich.net, die C. im J. 48 n. vor: des Sueton, Tacitus und' Dio. Suetons Vita 

Chr. im Senate hielt, urn die Erteilung des ius divi Glaudii (im folgenden nur Suet, citiert) be- 
honorum an den gallischen Adel zu erwirken 10 ruht auf einer reichen, teilweise urkundlichen, 

(OIL XIII 1668 = Dessau 212; die sonstigen aber wenig gesichteten Litteratur (commentierte 

Ausgaben sind im OIL a. a. 0. verzeichnet, zu Ausgabe von Smilda, s. u.). Von Tacitus Dar- 

erwahnen namentlich die im Anhang von Nip- stellung in seinen Annalen (im folgenden einfach 

perdey-Andresens commentierter Ausgabe von Tac. citiert) ist die Geschichte der ersten sechs 

Tacitus Annalen; vgl. ubrigens Abschnitt VI). Kegierungsjahre des C. nicht auf uns gekommen; 

Tacitus hat diese Rede in sein Geschichtswerk die Ereignisse der Jahre (Mitte) 47—54 sind im 

(ann. XI 24) aufgenommen, dem Inhalt nach im elften, am Anfang verstummelten, und im zwolften 

allgemeinen ubereinstimmend, in der Form seiner Buche mit gewohnter Kunst und mit Verwertung 

eigenen Darstellungsart angepasst (vgl. Peter eines umfangreichen Quellenmaterials, namentlich 
Geschichtl. Litteratur iiber die rem. Kaiserzeit, 20 der Senatsacten, erzahlt (Ausgabe mit Commentar 

Lpzg. 1897, II 300f.). Der Gedankengang einiger von Nipperdey-Andresen 115 1892). Endlich 

Reden des C. flndet sich bei Tac. ann. XI 15. von Dio Cassius grosser romischer Geschichte be- 

XII 11. 22. 61. Suet. CI. 24. 25. 38. Dio LX handelte das 60. Buch (oder, nach Gutschmids 

11, 7 wiedergegeben (vgl. auch, Dio LX 3, 5. 5, und Boissevains Einteilung, das 60. und ein 

5); den Inhalt eines Briefes, den er an den Konig Teil des 61. Buches) die Regierung des C; im 

der Aorser, Eunones, schrieb, teilt Tac. ann. XII Original erhalten ist nur die Geschichte der 

20 mit. J. 41 — 46; die folgende Erzahlung besitzen wir 

c) Erlasse und Verordnungen. Edict vom allein in den Excerpten des Xiphilinus und Zo- 
15. Marz 46 iiber das Biirgerrecht der Anauni, naras, die einander erganzen. Tiber das Verbaltnis 
Tulliasses und Sinduni (CIL V 5050 = Dessau 30 des Tacitus, Sueton und Dio zueinander zu han- 
206); Edict vom J. 49/50 iiber den eursus pu- deln, ist hier nicht der Ort (vgl. dariiber Leh- 
blieus (nur der Anfang erhalten, CIL III 7251 m ann Claudius 29ff. Clason Tacitus und Sueton, 
= Dessau 214); drei Erlasse, Angelegenheiten Breslau 1870, 47ff. Sickel De font, a Cassio 
der Juden betreffend, aus den J. 41, 42 und 45 Dione . . adhibitis, Gott. 1876. Fabia Les sour- 
Joseph, ant. XIX 280—285. 287—291. XX 11 ces de Tac. dans les hist, et les ann., Paris 1893). 
— 14); Anfang eines Edictes aus dem J. 45 oder Wo sie flbereinstimmen , wird man, obwohl Dio 
46 (Le Bas Inscr. de More'e 250 nr. 74). In jedenfalls auch Tacitus vor sich hatte, weniger Ab- 
der juristischen Litteratur werden Verordnungen hangigkeit des einen vom anderen als BenQtzung 
des C. erwabnt Dig. XL 8, 2 (= Cod. lust. VII gleicher Quellen annehmen durfen. Als letztere 
6, 3, s. u. zum J. 47) und Dig. XXXVIII 14, 5 40 sind wohl irgendwelche von den Historikern an- 
(s. u. Abschnitt IV c y). Von Senatsbeschliissen zusehen, die kurz nach C.s Tode die Geschichte 
aus der Zeit des C. ist einer inschriftlich erhal- seiner Herrschaft schrieben : Aufidius Bassus, Ser- 
ten (CIL X 1401, s. u. zum J. 44). vilius Nonianus, Cluvius Rufus, Pabius Rusticus, 

d) Inschriften. Vgl. die Indices des CIL und der altere Plinius oder andere, deren Namen wir 
die sorgfaltige Zusammenstellung bei Ruggiero nicht kennen. Auch aus den Memoiren des C. 
Diz. epigr. II 295ff. Die wichtigsten lateinischen selbst und der Agrippina, aus den Kriegsberichten 
Inschriften linden sich bei Dessau Inscr. lat. sel. der Feldherren wie des Suetonius Paulinus und 
1198 — 223; ausserdem zu beachten: die Acta Domitius Corbulo, aus der Staatszeitung, aus Lob- 
fratrum Arvalium CIL VI 2031 — 2036 ; Add. 32348 und Schmabschriften wird manches in die Werke 
— 32351 und ein Militardiplom vom 11. December 50 der drei Geschiehtschreiber iibergegangen sein. 
52 fur die Mannschaft der Flotte von Misenum Beachtenswert sind die Nachrichten, die sich 
(CIL III p. 844 dipl. I = X 769). in der Archaeologie und im Jiidischen Krieg des 

e) Miinzen, gesammelt bei Eckhel VI 233 — Josephus iiber die Zeit des C. finden, namentlich 
259. Cohen Descr. hist, des monnaies I 2 249 — die Darstellung seiner Erhebung, die vielleicht 
1264 nr. 1 — 149 (im folgenden nur nach der Nummer auf die Historien des Cluvius Rufus zurtickgeht 
oitiert). 264 — 274; die alexandrinischen beiMion- (Mommsen Herm. IV 1869, 322). Die spateren 
net VI 54 — 61; Suppl. IX 30. 31. Greek coins Geschiehtschreiber (Eutrop, Aurelius Victor [Caes. 
in the Brit. Mus. , Alexandria p. 9 — 13; vgl. und Epit.], Orosius, Zosimus u. s. w.) bieten nichts 
v. Salle t'Daten der alex. Kaisermiinzen Berlin Originales. 

1870, 181 60 Von nichth.istorisch.en Schriften ist vor allem 

f) Papyri: Griech. Urkunden aus d. konigl. die Divi Claudii aaioxoXoxvvrcoois zu erwahnen, 
Mus. Berlin I nr. 37. 297. II nr. 584; nament- eine Menippeische Satire auf C.s Consecration, 
lich interessaht der leider nur sehr fragmentarisch die dem Seneca zugeschrieben wird. Sie ist un- 
erhaltene Bericht iiber einen Process, der wohl im mittelbar nach dem Tode des C. verfasst und 
J. 41 zwischen Alexandrinern und Juden vor dem daher namentlich als zeitgenossisches Document 
Kaiser C. gefuhrt wurde (a. a. 0. II nr. 511. Rei- von Wert (commentierte Ausgabe von Biicheler 
nach Revue des Etud. Juives XXXI 1895, 16lff. Symbola philol. Bonn. 1867, 31ff.). Als Gegen- 
Wilcken Herm. XXX 1895, 485ff. Berl. phil. stuck dazu mag Senecas Trostschrift an Polybios 



2781 Claudius Claudius 2782 

dienen , die offenbar bestimmt war , dem C. zu wohl auch C. dieses Cognomen. Im J. 4 n. Chr. 

Augen zu kommen. In Prontins Buch de aquis wurde jedoch sein alterer Bruder, der ursprfing- 

urbis Roniae finden sich genaue Angaben fiber lich Ti. Claudius Nero geheissen haben dfirfte, 

hydrotechnischen Arbeiten dieser Zeit. Was sonst von Tiberius adoptiert und trat damit in das 

an Notizen fiber C. bei Schriftstellern und Dich- julische Geschlecht fiber; C. vertauschte nun sein 

tern verstreut ist, wird im folgenden an den be- Cognomen Drusus mit dem seines Bruders, Nero, 

treffenden Stellen angeffihrt. dem angestammten Beinamen dieses Zweiges der 

h) Neue Litteratur. H. Lehmann Claudius Claudier (so dfirfte vielleicht trotz sprachlicher 

und Nero und ihre Zeit. I. Bd. Claudius und seine Schwierigkeit Suet. 2 zu verstehen sein, vgl. Dio 
Zeit, Gotha 1858. de Vit Onomasticon II 1868, 10 LV 2, 3; abweichend Mommsen Herm. XIII 1878, 

322f. Duruy Hist, des Eomains III (Paris 1871) 262; St.-E. Ill 213, 3. Smilda zu Suet. 2, deren 

509ff. L uci en Double L'empereur Claude, Paris Annahme, dass der Siegerbeiname nur auf den 

1876 (mir nicht zuganglich, doch vgl. Jahresber. altesten Sohn fiberging, durch das Beispiel der 

XV 1878, 502). Herm. Schiller Gesch. d. rom. Lentuli Gaetulici widerlegt wird). Sein Name 

Kaiserzeit I 314 — 344. Eanke Weltgeschichte lautete fortan: Ti. Claudius Drusi Cermaniei 

IH 94ff. Mommsen Rom. Geschichte V. Adalb. ffilius) Nero Qermanieus und ist in folgenden 

Ziegler Die polit. Seite der Eegierung d. Kaisers Formen fiberliefert: Ti. Claudius Drusi Qer- 

Claudius, Pr. d. Gymn. zu Kremsmfinster , Linz maniei f. Nero Qermanieus (CIL III 381. V 24. 

1879—1882. 1884. 1885. Ernst Herzog Ge- 6416 = Dessau 198. 107); Ti. Claudius Dru- 
schichte u. System d. rom. Staatsverfassung II 20 s[i f.] Qermanieus (CIL VI 4376); Ti. Claudius 

264ff. E. Perrero bei Euggiero Dizionario Nero Qermanieus (CIL X 6561. 12 p. 71 Fasti 

epigraf. II 290—303. C. Suetoni Tranquilli vita Arvalium. Dio LX 2 = Zonar. XI 8); Ti. Clau- 

divi Clandii, commentario instruxit H. Smilda, dius Nero (Dio LV 27) ; Ti. Claudius Qermanieus 

Diss. Groningen 1896. J. Asbach Rom. Kaiser- (CIL 12 p. 240 Fasti Vallenses. Ill 321. VI 4334. 

turn und Verfassung bis auf Traian, Keln 1896. 4348. 8662. 8740. 14909); Ti. Qermanieus (CIL 

Niese Abriss d. rom. Geschichte2 (Handb. d. kl. VI 4338. 4340. 4345. 4346. 4356. 4359. 4362. 

Altertumswiss. Ill 5) 1897. E. Klebs Prosopogr. 4363); Qermanieus (CIL VI 4362. Joseph, ant. 

I 388 nr. 752 (nur das Leben vor der Thron- XIX 217); Tiberius (Suet. 4 in Briefen des Augu- 

besteigung). stus. CIL XII 1026 s. u. S. 2783); Claudius 

II. Leben vor dem Eegierungsantritt. 30 (Suet. 3, Ausspruch seiner Mutter Antonia). 

a) Abstammung. C. gehorte von Vaters Seite c) Leben. C. wurde am 1. August des J. 744 

dem uralt patricischen Hause der Claudier an = 10 v. Chr. zu Lugudunum geboren (Geburts- 

(Tac. XI 24. XIII 3), wahrend seine Mutter dem tag: CIL 12 p. 240 Fasti Vallenses, p. 248 Fasti 

vornehmen Plebeiergeschlechte der Antonier ent- Antiates. Suet. 2. Dio LX 5, 3. Zonar. XI 11 

stammte. Er war der Sohn des Nero Claudius Drusus p. 35Dind.; Geburtsjahr: Suet. 2. 10. 45. Sen. 

Nr. 139 (CIL XIII 1668 = Dessau 212. V 8002. apocol. 3. Dio LIX 6, 6. LX 2, 1. 34, 3. Eutrop. 

8003 und zahlreiche Inschriften , auf denen der VII 13. Epit. de Caes. 4, 11. Zonar. XI 8 p. 24. 

Kaiser Drusi ffiliusj genannt wird. Suet. 1. Dio 11 p. 35 Dind. Philostr. v. Apoll. I p. 185 Kayser; 

LV 27, 3. LX 2, 1 = Zon. XI 8 p. 24 Dind. Senec. Geburtsort: Suet. 2. Sen. apocol. 6; unrichtig 
cons, ad Pol. 15, 5. Eutrop. VII 13. Epit. de Caes. 40 scbeint die Angabe Suetons zu sein: Claudius 

4, 1, vgl. o. Nr. 139) und der Antonia minor (CIL VI natus est . . eo ipso die quo primum ara ibi 

921. X 1417 = Dessau 222. 150. Joseph, ant. Augusta dedicata est, CI. 2, vgl. Hirschfeld 

XVIII 164. Suet. 1. 3. Plut. Ant. 87. Dio LX CIL XIII p. 227). Ein Jahr nach C.s Geburt 

2, 5. 5, 1. LXVI 14, 1. Zonar. XI 8 p. 24 Dind.), starb sein Vater (s. o. S. 2715). Von Kindheit an 

der jttngeren Tochter des Triumvirn M. Antonius wurde er von verschiedenen hartnackigen Krank- 

und der Octavia, der Schwester des Augustus (s. heiten heimgesucht, die Leib und Geist gleicher- 

Bd. I S. 2640 Nr. 114). Daher war M. Antonius massen schwachten (Suet. 2. Dio LX 2, 1. 4 = 

C.s Grossvater (Senec. cons, ad Pol. 16, 1. Suet. Zonar. XI 8 p. 24 Dind. = Suid. s. KXavdios. Sen. 

11), Augustus sein Grossoheim (dims Augfustus apocol. 6), zwar, als er zum Manne erwachsen 
av]one[ulus] meus CIL XIII 1668. Senec. cons. 50 war, verschwanden , aber tiefe und unvertilgbare 

ad Pol. 15, 4; apocol. 9. 11. Suet. 3) matter- Spuren an Seele und Leib zuruckliessen (s. Ab- 

licherseits , Livia, die Gattin des Augustus, seine schnitt V). Begreiflicherweise war an dem Hof 

Grossmutter (Senec. apocol. 9. Suet. 3. 4. 11. Dio des weisesten Herrschers und der klfigsten Frauen 

LX 2, 5. 5, 2. Zonar. XI 8 p. 24 Dind.) , Kaiser kein Platz fur dieses immer krankliche , geistig 

Tiberius sein Oheim (CIL XIII 1668. V 5050 zuruckgebliebene, armselige junge GeschOpf. Seine 

= Dessau 206. Senec. cons, ad Pol. 15, 5) Existenz wurde von der kaiserlichen Familie offen- 

von Vaters Seite. Von seinen Geschwistern waren bar als Last empfunden, und gerade er, der auf- 

diejenigen, die das Kindesalter fiberlebten, Ger- merksamster Pflege bedurft hatte, ward ganzlich 

manicus (geboren 739 = 15 v. Chr.) und Livia vernachlassigt und der Aufsicht eines ehemaligen 
Iulia, alter als C. (Suet. 1). Als kaiserlicher Prinz60 Stallmeisters unterstellt, der ihn, wie er selbst 

ist C. immer angesehen worden (vgl. CIL V 6416. spater klagte, mitrauher Strenge behandelte (Suet. 

VI 4338. 4340. 4345. Tac. I 54. Ill 18). 2). So wuchs C, von alien zuruckgesetzt , un- 

b) Name. Der ursprfingliche Name, der dem freundlich und lieblos behandelt, in steter Angst 

C. gegeben wurde, war Ti. Claudius Drusus heran (Dio LX 2, 4 = Zonar. XI 8 p. 24 Dind. 

{Suet. 2). Als der Senat nach dem Tode seines = Suid. s. MavSwg), der Gesellschaft von Leuten 

Vaters (745 = 9 v. Chr.) diesem und seiner Nach- geringer Qualitat (Sulpicius und Athenodoros 

kommenschaft den Beinamen Qermanieus decre- nennt Augustus bei Suet. 4), hauptsachlich Frei- 

tierte (Suet. 1. Dio LV 2, 3 s. o. S. 2716), bekam gelassenen (Dio LX 2, 5 = Zonar. XI 8), fiber- 



2783 Claudius Claudius 2784 

lassen, die natiirlich nichts weniger als giinstigen (19 n. Chr.), zollte ihm auch C. die letzten Ehren 

Einfluss auf die Bildung seines Cbarakters aus- (Tac. Ill 2. 3. Sen. consol. ad Pol. 16, 3 iro 

iiben konnten. Inimerhin wurde ihm jedoch der J. 20) und wurde, allerdings erst nachtraglich, 

junge jiidische Prinz Herodes Agrippa als Ge- unter den Mitgliedern des Kaiserhauses genannt, 

fahrte zugesellt (Joseph, ant. XVIII 165), und denen der Senat fur die Bestrafung von Germa- 

den wissenschaftlichen , namentlich historischen nicus Feinden dankte (Tac. Ill 18). Der mach- 

Studien , denen er sein ganzes Leben hindurch tige Gfinstling des Tiberius, Seian, setzte es durch, 

treu blieb, hat sich C. bereits in der Jugend zu- dass im selben Jahre seine Tochter und des C. 
gewendet (Suet. 3. 4. Dio LX 2, 2 = Zonar. XI Sohn einander zu kiinftigem Ehebunde bestimmt 
8 p. 24Dind.; vgl. Abschnitt V und VI). DochlOwurden (Tac. Ill 29). Aber C.s Wunsch, auch 

auch diese ernsten Bestrebungen vermochten nicht, im Staatsleben eine Rolle zu spielen, wurde von 

ihm Ansehen in seiner Familie zu verschaffen Tiberius nicht erfiillt. Er liess ihm zwar vom 

(Suet. 3). Seine eigene Mutter Antonia nannte Senate die ornamenta oonsularia verleihen (Suet. 

ihn herzlos ein ,Missgebilde, von der Natur nur 5), vereitelte jedoch den Senatsbeschluss, dass 

angefangen, nicht vollendet'; seine Grossmutter C. das Becht haben solle, sein Votum unter den 

Livia verkehrte mit ihm fast nur durch kurze Gonsularen abzugeben (Suet. 6), womit zugleich 

strenge Handschreiben ; auch seine Schwester miss- dessen Aufnahme in den Senat verbunden ge- 

achtete ihn (Suet. 3). Wie es scheint, der ein- wesen ware, und seines Neffen dringendes An- 

zige, der es wenigstens versuchte, ihn aus seiner suchen um Staatsamter beantwortete er mit einem 
Vereinsamung herauszuziehen, seine guten Eigen- 20 Handschreiben von verletzendem Hohn (Suet. 5). 

schaften zu fOrdern, war Augustus selbst (vgl. Da liess C. die Hoffnung, die politische Lauf- 

seine Briefe an Livia, Suet. 4 ; der erste derselben bahn einschlagen zu konnen, fallen und verbrachte 

diirfte, wie Smilda z. St. wahrscheinlich macht, die ubrige Regierungszeit des Tiberius in Zurilck- 

im J. 12 n. Chr. geschrieben sein). Aber er ver- gezogenheit auf seinen Landgutern bei Rom oder 

mied es, seinen Grossneffen in die Offentlichkeit in Campanien (Pompei: Suet. 27), umgeben von 

einzuflihren, weil er nicht mochte, dass ein Mit- verachtlichen Individuen (Iulius Paelignus Tac. 

glied des Kaiserhauses zum Gegenstand des Spottes XII 49 ; P. Petronius Sen. apocol. 14), dem Trunk 

werde, was doch bei C. zu furchten war (Suet. 4). (vgl. Suet. 40) und Wiirfelspiel ergeben (Suet. 5) 

Daher liess er ihn zwar im J. 6 n. Chr. in Ge- und dennoch auch der Beschaftigung mit der 
meinschaft mit seinem Bruder Germanicus Gla- 30 Wissenschaft keineswegs entfremdet (vgl. Tac. VI 

diatorenspiele zu Ehren ihres Vaters Drusus ver- 46. Joseph, ant. XIX 213). So blieb er auch un- 

anstalten (Dio LV 27, 3), aber er durfte sich nur beruhrt von den tragischen Geschicken, die die 

mit einer Kapuze verhiillt zeigen (Suet. 2). Als kaiserliche Familie heimsuchten (Aur. Vict. 3, 17). 

er die Toga virilis erhielt (vielleicht kurze Zeit Im Testamente vermachte ihm Tiberius ein Legat 

vor diesen Spielen) , wurde die Ceremonie ohne von zwei Millionen Sesterzen und empfahl ihn aus- 

jede Feierlichkeit um Mitternacht vollzogen (Suet, drucklich demHeere, dem Senat und dem Volke 

2). Auf dem Bogen, der im J. 7/8 n. Chr. in (Suet 6). 

Pavia dem kaiserlichen Hause errichtet wurde, Die Herrschaft ging nun an Gaius Caesar 

fand auch die Statue des C. ihren Platz, aller- (Caligula) iiber. den Sohn von C.s Bruder Ger- 
dings den letzten (CIL V 6416, 10 = Dessau 40 manicus (37 n. Chr.). C. begrfisste ihn im Namen 

107, vgl. Mommsen Ber. d. sachs. Ges. d. Wiss. des Ritterstandes als Kaiser (Dio LIX 6, 6) und 

1850, 313ff.). Nach diesem Jahre (s. Mommsen gelangte jetzt, allerdings bereits 46 Jahre alt, 

a. a. O.) liess ihn Augustus in das Priester- zu dem langersehnten Ziel: Caligula erhob ihn 

colleg der Augurn aufnehmen (Suet. 4. CIL zum Collegen im Consulat fur die Zeit vom 

IE 381. V 24 = Dessau 198. Munze: Cohen 1. Juli bis 12. September des Jahres 37 (Suet. 

nr. 69); aber von den Vorstufen der offentlichen 7. 9; Cal. 15. 17. Dio LIX 6, 5. 6. 7, 9. LX 

Laufbahn hielt er ihn angstlich feme, wahrend 2, 1. Zonar. XI 5 p. 15 Dind. CIL I 2 p. 71 

doch gleichzeitig C.s alterer Bruder Germanicus Fasti Arvalium. Ill 381. V 24; vgl. Asbach 

diese mit glanzendem Erfolg beschritt (vgl. Suet. Rh. Mus. XXXV 1880, 177). C. fiihrte ofter 
4 und Smilda z. St.). In seinem Testamente 50 den Vorsitz bei den Spielen, wobei ihn das Volk 

setzte ihn Augustus erst in dritter Linie zum durch Heilrufe ehrte (Suet. 7), und wurde auch 

Erben ein und bedachte ihn mit einem Legat in den Provinzen durch Errichtung von Statuen 

von 800 000 Sesterzen (Suet. 4, vgl. Aug. 101). ausgezeichnet (CIL III 381 Alexandria Troas. V 

Nach der Thronbesteigung des Tiberius (14 n. Chr.) 24 = Dessau 198 Pola). Doch mit dem Mo- 

begann man dem jetzt 23jahrigen Neffen des mente, da Caligulas Regierung zu einer tollen 

neuen Kaisers auch in der Offentlichkeit grossere Willkurherrschaft ausartete, anderte sich auch 

Aufmerksamkeit zu schenken. Er wurde noch das Verhaltnis des Kaisers zu seinem Oheim, 

im J. 14 vom Senate in das neugegriindete Col- namentlich seitdem ihn der Senat mit anderen 

legium der Sodales Augustales gewahlt (Tac. I im J. 39 zu Caligula, der damals am Rheine weilte, 
54. Suet. 6. CIL III 381. V 24); spater, viel- 60 sandte, um diesem zur Unterdriickung der Ver- 

leicht jedoch erst unter Caligula, erlangte er schwOrung des Lepidus und Gaetulicus Gliick zu 

noch das Priestertum der Sodales Titii (CIL III wiinschen (vielleicht auf der Reise dahin hat C. 

381. V 24). Der Ritterstand, dem er selbst noch in schuldiger Devotion der vergOtterien Schwester 

angehOrte (vgl. Suet. Cal. 15. Dio LIX 6, 6), Caligulas, Drusilla, eine Statue in Gallien er- 

wahlte ihn zweimal, in den Jahren 14 und 81, richtet, CIL XII 1026 = Dessaul95,vgl.Hirsch- 

zu seinem Patron und Sprecher den Consuln gegen- feld Wiener Studien III 1881, 266f.); Caligula 

uber und erwies ihm Offentlich seine Ehrerbie- sah die Sendung des Oheims als eine Bevormun- 

tung (Suet. 6). Als sein Bruder Germanicus starb dung seiner selbst und als Ubertretung des Ver- 



2785 Claudius Claudius 2786 

botes, seinen Verwandten Ehrungen zu erweisen seiner Thronbesteigung, um das J. 40, eine Tochter 

(Dio LIX 22, 9), an und liess C. sofort und auch (Claudia) Octavia (Nr. 428) hervorging (Suet. 27. 

nachher seinen Unwillen fiihlen (Suet. 9. Dio Joseph, ant. XX 149 ; bell. II 249 u. s. w., vgl. 

LIX 23, 2. 5). C. wurde fortan immer als letzter Nr. 428). Von seinen Kindern lebten zur Zeit 

unter den Consularen um sein Votum gefragt seines Eegierungsantrittes nur Antonia und Octa- 

(Suet. 9); er war wiederholt Gefahren ausgesetzt via; Drusus und Claudia waren friih gestorben 

(Suet. 9. Joseph, ant. XIX 13. 66—69. 221. 230); (s. Nr. 138 und 392> Von Freigelassenen des C. 

die Ehre, Priester des Iuppiter Latiaris, unter werden aus der Zeit vor seiner Thronbesteigung 

welchem Namen Caligula sich selbst verehren Boter (Suet. 27), Agilis und Heracla erwahnt (CIL 

liess (vgl. Suet. Cal. 22), zu werden, musste er 10 VI 14909); Sclaven werden genannt : Joseph, ant. 

mit acht Millionen Sesterzen bezahlen und geriet XIX 13. CIL III 321. VI 4334 (eques). 4338 

dadurch in solche finanzielle Bedrangnis, dass (Germanus). 4340 (Germanus eorpore custos). 

seine Giiter Offentlich feilgeboten wurden (Suet. 4345 (decurio Germanorum). 4346. 4348. 4356. 

9. Dio LIX 28, 5, vgl. Smilda zu Suet. 9). End- 4359. 4362. 4363. 4376. 8662. 8740. 

lich musste er fur Caligula und dessen Hof die e) Thronbesteigung. Kurz vor Caligulas Er- 

komische Figur abgeben; ihn durch rohe Spasse mordung hatte sich C. in der nachsten Umge- 

qualen und narren zu lassen, bildete die grOsste bung des Kaisers befunden, war aber dann von 

Belustigung fur den Kaiser (Suet. 8 ; Cal. 23 ; ihm getrennt worden. Er befand sich im Pala- 

Nero 6. Sen. apocol. 15). Das Beispiel des Herr- tium, als ihn die Kunde vom Tode Caligulas er- 
schers hatte zur Folge, dass man es auch sonst 20 reichte. Von Angst um das eigene Leben ergriffen, 

an der ihm schuldigen Ehrerbietung fehlen liess verbarg er sich in einem entlegenen Orte des 

(Suet. 38. Dio LX 3, 7). C. liess diese unwiir- Palastes; hier fand ihn, angeblich durch Zufall, 

dige Behandlung ruhig ilber sich ergehen, nicht vielleicht jedoch gerade auf der Suche nach ihm, 

aus vorschauender Berechnung, wie er spater vor- ein Soldat der kaiserlichen Leibwache, der Epi- 

gab (Suet. 38. Dio LIX 2, 4. 23, 5. Zonar. XI rote Gratus, zog ihn aus seinem Verstecke hervor 

8 p. 24 Dind. Suid. s. KlavSws; hierauf beziehen und wies ihn seinen Kameraden, die den Bruder 

sich die Legenden Constantiae Augusti und Spes des gefeierten Germanicus, den einzigen mann- 

Augusta, die sich haufig auf C.-Miinzen flnden, lichen AngehOrigen des Caesarenhauses , trotz 

Cohen nr. 4ff. 85), sondern weil er eben, ohne seines furchtsamen Widerstrebens als Imperator 

sein Leben aufs Spiel zu setzen, gar nicht anders 30 begriissten. Sie trugen ihn, ohne Widerstand zu 

konnte. Er hat spater, als er Kaiser war, auf flnden, in das Praetorianerlager , wo ihm die 

seine Art durch Scheltworte gegen Caligula (vgl. Mannschaft den Eid der Treue schwor und dafiir 

CIL VI 1252. Joseph, ant. XIX 284. 285) Kache ein Geschenk von 15000 Sesterzen fur den Mann 

genommen fur all diese Krankungen, denen die zugesichert erhielt. Inzwischen hatten jedoch die 

Ermordung Caligulas am 24. Januar 41 n. Chr. Consuln Cn. Sentius Saturninus und Q. Pompo- 

ein Ende machte. nius Secundus den Senat im Tempel des capito- 

d) Familie. Noch in jugendlichem Alter wurde linischen Iuppiter versammelt; die senatorische 

C. mit Aemilia Lepida, einer Drenkelin des Au- Aristokratie hielt den Moment fur geeignet, um 

gustus (s. Bd. I S. 591 Nr. 169. KlebsProsopogr. die Herrschaft des Senates wiederherzustellen ; 

I 38 nr. 295) verlobt ; doch wurde die Verlobung 40 sie stiitzte sich auf die vier Cohortes urbanae, 

infolge der Verurteilung der Eltern der Braut, die Forum und Capitol besetzten und von den 

die im J. 8 n. Chr. erfolgte (vgl. Dessau Pro- Consuln als Losungswort libertas erhielten. Aber 

sopogr. II 223 nr. 421), riickgangig gemacht. eine Wiederherstellung des Adelsregimentes war 

C. erwahlte sich nun Livia Medullina Camilla doch nicht nach dem Sinne dieser Soldaten; ihr 

aus dem Hause der Furii Camilli zur Braut (vgl. sturmisches Begehren nach einem Herrscher rief 

Medullinae Camilli f. Ti. Olaudii Neronis Ger- wieder Eifersucht unter den Senatoren hervor, von 

maniei sponsae CIL X 6561 = Dessau 199 welchen L. Annius Vinicianus, M. Vinicius und 

Velitrae), verlor diese jedoch an dem fur die Hoch- Valerius Asiaticus als Pratendenten auftraten. 

zeit bestimmten Tage durch den Tod (Suet. 26 ; Auf die Botschaften des Senates erteilte C, der, 

irrig Schol. Vail. Iuv. VI 322). Hierauf heiratete 50 selbst vCllig htilf- und haltlos, von dem klugen 

er Plautia Urgulanilla, die Enkelin der Urgulania, JudenkSnig Herodes Agrippa geleitet wurde, feste 

der machtigen Freundin Livias, die ihm (vor dem und doch versohnliche , von Agrippa inspirierte 

J. 20 n. Chr., s. Tac. Ill 29; vgl. auch Smilda Antworten; die Senatoren selbst verzweifelten zum 

zu Suet. 26) den Drusus (Nr. 138) und die Clau- grossen Teile an dem Gelingen ihres so ganz un- 

dia (Nr. 392) gebar (Suet. 27), aber wegen Ehe- vorbereiteten Werkes, und so musste endlich den 

bruches von ihm verstossen wurde. Denselben Senatstruppen die Einsicht kommen, dass von 

Ausgang nahm die Ehe mit Aelia Paetina (s. Bd. I dieser Seite nichts zu erwarten sei. Am folgen- 

S. 539 Nr. 179), von der er sich, obwohl sie ihm den Tage (25. Januar 41) gingen sie zu C. fiber, 

(um 29 n. Chr., vgl. Smilda zu Suet. 26) die und bald erschienen auch die Senatoren selbst 
(Claudia) Antonia (s. Bd. I S. 2641 Nr. 115) ge-60im Lager vor diesem, der sie nach einigem Z0- 

boren hatte, geringffigiger Argernisse halber schei- gem auf den Eat Agrippas wohlwollend aufnahm. 

den liess (Suet. 26. 27. Tac. XJJ 2. Joseph, ant. Noch am selben Tage erfolgte die officielle An- 

XX 150; bell. II 249). Er ging nun, vielleicht erkennung des Kaisers durch den Senat, der dem 

bereits unter der Kegierung Caligulas, mit Valeria C. Namen und Hoheitsrechte des Herrschers fiber- 

Messalina, der Tochter seines Verwandten Bar- trug. Joseph, ant. XIX 102f. 162—266 (s. o. 

batus Messalla, die, wie er selbst, Grossnichte Ig); bell. Iud. II 204—214 (in den ant. efter 

des Augustus war (Senec. apocol. 11, s. u. Nr. 423), berichtigt). Suet. 10. 11; Cal. 60. Tac. XII 

die dritte Ehe ein (Suet. 26), aus der noch vor 69. Dio LX 1. 8, 2. 15, 1. Zon. VI 10 p. 30 

Pauly-Wissowa III 88 



2787 Claudius Claudius 2788 

(aus Joseph.). XI 8. p. 23f. Dind. (aus Dio). Aur. 1558), optumus princeps (X 1401 Senatsbeschluss), 

Vict. 8, 16 — 20; Epit. 4, 2. Oros. VII 6, 3. princeps optimus parensque publieus (Plin. ep. 

Miinzen: Cohen nr. 33 (ft ex s. e. ob owes ser- VIII 6 Senatsbeschluss) und vindfex) lib(ertatis) 

vatos). 40ff. (ft imperfatorej reeept[o]; Dar- (OIL III 7061) zu erwahnen. Bemerkenswert 

stellung des Praetorianerlagers). 77ff. (ft prae- ware schliesslich noch , dass sich in den meisten 

tor[ianis] recept[is]). spateren Inschriften des C. die altertlimliche Form 

III. Regierungszeit. a) Name und Titel. Caisar findet. Vgl. Perrero a. a. 0. 

Von den ihm voni Senate (ibertragenen Herrscher- b) Geschichte. 

titeln lehnte C. den eines pater patriae zunachst 41 n. Chr. : pant. max. trib. pot. (25. Januar 41 
ab (Dio LX 3, 2) und hat das Praenomen impe- 10 —25. Januar 42) imp. [imp. II (und III)] eos. 

rator nie gefiihrt (Suet. 12 ; dass es sich auf grie- desig. II. 

chischen Inschriften und Mfinzen dennoch findet, Zur Regierung gelangt, liess C. zwar den 

hat natiirlich nichts zu sagen). Dagegen scheint Chaerea und einige andere von Gaius MOrdern 

er sofort fur das nachste Jahr zum Consul de- tdten, verkundigte aberimubrigenvollige Ainnestie 

signiert worden zu sein (vgl. CIL XII 5493. 5586ff. fur alles, was am 24. und 25. Januar gesagt 

Ephem. epigr. VIII 804. CIA III 458. Cohen oder gethan worden war (Joseph, ant. XIX 268 

nr. 70f.). Demgemass lautete sein vollstandiger — 273. Suet. 11. Dio LX 3, 4. 5 = Zonar. XI 8 

Name und Titel unmittelbar nach dem Regierungs- p. 25 Dind. Oros. VII 6, 4. 5). Dann wandte er 

antritt : Ti. Claudius Drusi f(ilius) Caesar Au- sich zu "Werken der Pietat gegen das Haus der 
gustus Germanicus pontifex maximus tribunicia 20 Caesaren, wodurch er gleichzeitig seine ZugehOrig- 

potestate imperator consul designatus II. keit zu demselben zu manif estieren suchte ; mannig- 

Der Name selbst findet sich auf Inschriften fache Ehrungen envies er dem Andenken des 

und Miinzen entweder vollstandig oder in abge- Augustus (Suet. 11. Plin. n.h. XXXV 94. Eckhel 

kurzter Form, namentlich: Ti. Claudius Caesar VI 235), seiner Grossmutter Livia, die er sogar 

Augustus Germanicus, Ti. Claudius Caesar am 17. Januar des nachsten Jahres consecrieren 

Augustus, Ti. Claudius Augustus, Ti. Claudius liess (CIL VI 2032 Acta Arv. Suet. 11. Dio LX 

Caesar (vgl. Ferrero a. a. O. 295f.). 5, 2. Sen. apocol. 9. Eckhel VI 158; vgl. CIL 

Der dies imperii des C. wird der 24. Januar 41 VI 562 = Dessau 202), seiner Eltern (Suet. 11. 

gewesen sein; die Jahre der tribunicia potestas Dio LX 5, 1. Cohen 12 221. 223. 254f.), des 
zahlte er dagegen gewiss vom 25. Januar 41 an, 30Bruders Germanicus (Suet. 11. Cohen 12 226 

an welchem Tage die Verleihung derselben vom nr. 8— 10), der Schwagerin Agrippina (Cohen 12 

Senate beschlossen wurde (vgl. Mommsen St.-R. 231 nr. 3 = Sallet Miinzen und Medaillen 1898, 

IIS 797. Herzog St.-Verf. II 264. 624). Den 74). 

Imperatortitel hat C. auf Grund von Acclamationen Obwohl er nicht zuliess, dass der Senat die 

27mal erneuert, eine Zahl, die von den rtimischen damnatio memoriae iiber Caligula verhangte, liess 

Kaisern nur noch Constantin II. iiberschritten er doch dessen Statuen wegschaffen (Dio LX 4, 5 

hat (die Zahlen der tribunicia potestas und der = Zon. XI 8 p. 25 Dind.) und gestattete, dass 

Imperator-Acclamationen fehlen immer auf den sein Name auf den meisten Inschriften eradiert 

Kupfermiinzen, manchmal auch auf Gold und Silber wurde, spater auch, dass der Senat das Kupfer- 
des C). Den Titel proconsul hat C. nicht ge- 40 geld mit dem Bilde des Gaius einschmelzen liess 

fuhrt (die Inschriften CIL II 6242 und 6324 a (Dio LX 22, 3 zum J. 43). Die Verordnungen 

gehOren wohl einem anderen Kaiser an). und Steuerauflagen, die seinem Vorganger ihren 

In der vollstandigen Titulatur fehlt niemals Ursprung verdankten, hob er auf mit Ausnahme 

das Amt des pontifex maximus; von den sonsti- derer, die einer erneuerten Priifung standhielten 

gen Priestertumern des Kaisers ist nur eimnal (Suet. 11. Dio LX 4, 1. 5, 1; vgl. Mommsen 

der Augurat auf einer Munze genannt (Cohen St.-E. II 3 1130). Die von Caligula ungerechter- 

nr. 69). Den Consulat bekleidete C. als Kaiser weise Verbannten, darunter auch Agrippina und 

viermal: in den J. 42 (cos. II), 43 (cos. Ill), 47 Iulia, die Schwestern desselben, wurden nach Be- 

(cos. IIII) und 51 (cos. V, s. zu den betreffenden schlussen des Senates zuriickgerufen und erhielten 
Jahren). Die Censur ubernahm er im J. 47 (s. d.)50ihr VermOgen wieder (Suet. 12; Nero 6. Dio LX 

fur 18 Monate, hat sie aber auch nachher noch 4, 1 = Zonar. a. a. 0.; vgl. Sen. cons, ad Pol. 

titular gefiihrt (im J. 49 CIL II 1438. Ill 6060. 13, 3. Schol. Iuven. V 109. IGI 728). Was unter 

V 5804. VI 1231 = 31537. XIH 1037; im J. 51 Tiberius und Gaius der Confiscation verfallen war, 

III 1977 ; im J. 52 CIL III dipl. I p. 844. VI 31283. gab er den davon Betroffenen, waren diese nicht 

VIII Suppl. 14727; im J. 53 II 1953; auf den mehr am Leben, ihren Kindern zuriick (Dio LX 

Miinzen wird die Censur nie genannt). Den Ehren- 6, 3 = Zonar. XI 8 p. 26 Dind.). Die grosse 

beinamen eines pater patriae nahm er zwischen Menge der Eingekerkerten unterzog er genauen 

dem 6. und 12. Januar 42 an (CIL VI 2032 Acta Verhoren , und nur im Falle wirklicher Schuld 

Arv., vgl. Smilda zu Suet. 12), wahrend er die blieb es bei der Strafe (Dio LX 4, 2 = Zonar. 
Benennung pater senatus ablehnte (s. zum J. 48) 60 XI 8 p. 25 Dind. ; vgl. Joseph, ant. XIX 276). 

und es verschmahte, den Siegerbeinamen Britan- Dagegen wurden die Sclaven und Freigelassenen, 

nieus zu fiihren (s. zum J. 43). Ebensowenig die unter den friiheren Regierungen als Angeber 

wird er die ornamenta triumplialia, die ihm der gegen ihre Herren aufgetreten waren, jetzt von 

Senat im J. 41 (s. d.) decretierte, je in den Titel der Strafe ereilt; C. steckte sie entweder unter 

aufgenommen haben. Von sonstigen Beinamen, die Gladiatoren oder ubergab sie ihren Herren 

die ihm gelegentlich gegeben werden, sind [di-] zur Ziichtigung (Dio LX 13, 2). Die Gifte , die 

vinus princeps parensque [publieus] (CIL VI sich in Caligulas Besitz befunden hatten, wurden 

2034 Acta Arv.) , di[vinus noster im]perator (X in das Meer versenkt (Dio LX 4, 5 = Zonar. a. 



2789 Claudius Claudius 2790 

a. 0. Suet. Cal. 49 = Oros. VII 5, 10) , seine Die von Gaius wieder eingefiihrten Genossenschaf- 

Papiere vernichtet (Dio LX 4, 5 = Zonar. a. a. 0.), ten lfiste C. auf , schloss die Weinschenken und 

seine Helfershelfer Protogenes und Helicon hin- verbot, gekochtes Fleisch und aqua ealida feil- 

gerichtet (Dio LX 4, 5 = Zonar. a. a. 0. Philo zubieten (Dio LX 6, 6. 7. Suet. 40; die Wirk- 

leg. ad Gaium 30). samkeit dieser Verfligungen wird allerdings ge- 

C. selbst war, in wohlthuendem Gegensatz zu ring gewesen sein, vgl. Suet. 38; Nero 16. Dio 

der SelbstvergStterung seines Vorgangers, mass- LXII 14. Liebenam Zur Gesch. d. rom. Vereins- 

voll und biirgerlich in seinem Auftreten und lehnte wesens 1890, 33f. Waltzing Etude hist, sur les 

alle iibertriebenen Huldigungen ab (Suet. 12. 35. corporat. profess. I 1895, 121). Es wurden ferner 

Dio LX 5, 3 — 6 = Zonar. a. a. 0.). Er verbot, 10 Missbrauche, die bei den Pferderennen eingerissen 

ihm Neujahrsgeschenke zu spenden, sowie ihn waren, beseitigt (Dio LX 6, 4. 5) und die Veran- 

zum Erben einzusetzen, wenn der Erblasser selbst staltung von Gladiatorenspielen durch die Prae- 

Verwandte babe (Dio LX 6, 3 = Zonar. XI 8 toren oder ,fiir das Wohl des Kaisers' untersagt 

p. 26 Dind.); er verschmahte es, seine Familien- (Dio LX 5, 6). Den in grosser Menge in Eom an- 

feste in Offentlicher Feier zu begehen (Suet. 12. sassigen Juden, die nicht selten zu Unrohen Ver- 

Dio LX 5, 7. 12, 5. Zonar. XI 8 p. 26. 9 p. 30 anlassung gaben, verbot er, sich in den Synagogen 

Dind.) und lehnte den Augustusnamen fur Frau zu gemeinsamem Gottesdienst zu versammeln (Dio 

und Sohn (s. u.) ab (Dio LX 12, B). Eine hochst LX 6, 6). Bereits vom Beginne seiner Begierung 

wohlthatige Massregel war die Aufhebung der An- an ausserte sich des Kaisers Leidenschaft fur das 

klage wegen Majestatsverletzung (Dio LX 3, 6. 20Rechtsprechen; er erneuerte damals die seit Tibe- 

4, 2). Der Kaiser verhiess tiberdies, keinen Freien rius aufgegebene Institution der kaiserlichen Bei- 

der Folterung unterziehen zu lassen(DioLX 15, 6). sitzer (Dio LX 4, 3. 4). 

Als Vorbedingung der Aufnahme in den Senat Manche von diesen zum grOsseren Teil recht 

erklarte er das rOmische Biirgerrecht schon des verstandigen Massregeln, wie z. B. gerade die 

Urgrossvaters (Suet. 24) und kam (iberhaupt der letzterwahnte, werden C. selbst zum Urheber haben ; 

hohen KOrperschaft mit Ehrerbietung und Ach- die meisten wird man aber doch wohl auf die 

tung entgegen (Suet. 23. Dio LX 6, 1 [= Zonar. Initiative der kaiserlichen Freigelassenen zuriiek- 

XI 8 p. 26 Dind.]. 12,3). Alles wies darauf hin, fuhren kOnnen, die die Indolenz und Schwache 

dass ein gemassigtes, dem Senate zum allermin- ihres Hemi beniitzten, urn, wie nie sonst unter 

desten nicht feindliche's Begiment angehoben habe, 30 dem Principat, Kaiser und Beich nach ihrem Be- 

Munzen mit der Umschrift Libertas Augusta ver- lieben zu leiten (vgl. Hirschfeld V.-G. I 202f. 

heniichten die gliickliche Wendung (Cohen Friedlander S.-G. 16 90f. Herzog St.-Verf. II 

nr. 47). Aber so gross auch der Umschwung war, 264f.). Namentlich der Chef der kaiserlichen 

der sich nach der Willkiirherrschaft des Gaius voll- Cabinetskanzlei (ab epistulis), Narcissus, ein ohne 

zogen hatte, die Vorgange bei C.s Erhebung hatten Zweifel bedeutender Mann , darf als die Seele 

doch eine bemerkliche Schranke zwischen Kaiser dieser Begierung angesehen werden (vgl. iiber ihn 

und Senat aufgerichtet, so dass es wahrend der Dessau Prosopogr. II 397 nr. 18). Nachst ihm 

ganzen Begierung des C. zu keiner ehrlichen Aus- waren unter den Freigelassenen machtig M. An- 

■einandersetzung zwischen beiden Machten kam. tonius Pallas, a rationibus (s. o. Bd. I S. 2634 

Erst am 30. Tage nach seiner Thronbesteigung 40 Nr. 84. Prosopogr. I 7 nr. 49), C. Iulius Callistus, 

erschien C. im Senate (Dio LX 3, 2 = Zonar. XI a libellis (ebd. II 184 nr. 154), Polybios, a studiis 

8 p. 25 Dind.), begleitet, wie fortan immer, von (ebd. Ill 62 nr. 427), Harpocras (ebd. II 125 nr. 10), 

den beiden Praetorianerpraefecten und von Mili- der verschnittene Posides (ebd. Ill 90 nr. 654) und 

tartribunen (Suet. 12. Dio LX 16, 3. 23, 2). Den Antonius Felix, der Bruder des Pallas (s. o. Bd. I 

Soldaten wurde untersagt, die Hauser der Sena- S. 2616 Nr. 54. Prosopogr. I 95 nr. 659). War 

toren zur Begriissung zu betreten (Suet. 25). Bei die Wirksamkeit dieser Freigelassenen im allge- 

den Audienzen liess C. die Aufwartenden nach meinen fiir den Staat erspriesslich, so haben sie 

Waffen untersuchen (Suet. 35. Dio LX 3, 3 = doch auch wieder durch Habgier, Bachsucht und 

Zonar. a. a. 0.), und auch bei Gastmahlem wachte Intriguen einen verhangnisvollen Einfluss ausge- 

ein Picjuet speeulatores iiber seine Sicherheit (Suet. 50 iibt (Suet. 28. 29. Dio LX 29, 3. 34, 5. Zonar. 

35. Dio LX 3, 3 = Zonar. a. a. 0.). XI 9 p. 30 Dind. [aus Dio]. Aur. Vict, epit. 4, 

Eine ernste Gefahr fiir die Stadt Bom war 7. 8). 

der drohende Mangel an Getreide, den Caligulas Die Gemahlin des Kaisers, Valeria Messalina, 

unsinnige Massregeln herbeigefuhrt hatten. Es suchte ihre Machtstellung, die sich auf ihre Herr- 

waren nur mehr fur sieben oder acht Tage Vor- schaft iiber den Gatten und auf ihre Verwandt- 

rate in den Magazinen; doch gelang es, die Ge- schaft mit Augustus griindete und die noch stieg, 

fahr durch uns nicht naher bekannte Massnahmen als sie dem C. am 12. Februar 41 einen Sohn 

zu beseitigen (Senec. de brev. vit. 18, 5. Aurel. Ti. Claudius Caesar Germanicus (s. Nr. 92) gebar 

Vict. 4, 3; vgl. die vom Senat geschlagenen Miinzen (vgl. [Sen.] Oct. 949 partuque potens), nicht in 

mit der Darstellung der Ceres oder eines modius, 60 politischer Hinsicht auszuniitzen , da es ihr an 

Cohen nr. 1. 2. 70. 75. [102]). Auch die Miinz- staatlichem Ehrgeiz fehlte. Ihr geniigte es, wenn 

verhaltnisse wurden neu geregelt (Miinzen mit der sie ungehindert der krankhaften Sinnlichkeit fro- 

kvifsdmitpfcmdiis) n(ummi) rfestitutumj Cohen nen konnte, die sie in kaum glaubliche Ausschwei- 

nr. 71. 73). Andere Verfiigungen hatten den fungen gesturzt hat (Plin. n. h. X 172. Dio LX 

Zweck, die Unruhe zu beschwichtigen, in die das 14, 3. 18, 1. 2. 31, 1. Aurel. Vict. 4, 5 — 9; epit. 

Volk der Hauptstadt durch die Ereignisse des 4, 5. Iuven. VI 115— 132, vgl. Dessau Prosopogr. 

24. und 25. Januar geraten war und die noch III 380 nr. 161). Doch konnte sich ihre Macht 

einige Zeit nachzitterte (Joseph, ant. XIX 272). auch sehr verderblich fiihlbar machen, wenn ver- 



2791 Claudius Claudius 2792 

schmahte Liebe oder Eifersucht sie den Unter- des Konigs Agrippa, von C. zum Tode verurteilt (von 

gang von oft hervorragenden Personen beschliessen dem gegen sie gefiihrten Process, den Wilcken 

liessen. So setzte sie es, von Eifersucht getrie- in das J. 53 setzen will, haben wir durch einen 

ben, durch, dass des Kaisers Nichte Iulia Livilla, Papyrus Kenntnis , s. o. Abschnitt I f ). Nicht 

die C. eben erst aus dem Exil zuriickgerufen hatte, genug an dem, Agrippa wusste C. auch zu be- 

wieder verbannt und bald darauf getfltet wurde stimmen , dass er in einem Edicte die grossen 

(Senec. apocol. 10. 13. Suet. 29. Tac. XIV 63. Privilegien der alexandrinischen Juden bestatigte 

Dio LX 8, 5. 27, 4). Wegen seiner Beziehungen (Joseph, ant. XIX 279—285 = Zonar. VI 11 p. 30f. 

zu Iulia musste auch Seneca damals ins Exil Dind.) , in einem anderen den Juden im ganzen 
(s. o. Bd. I S. 2241ff.). 10 Keiche die Vorrechte der Alexandriner Judenge- 

Von seinen beiden Tochtem vermahlte C. in meinde gewahrte (Joseph, ant. XIX 286 — 291 = 

diesem Jahre die altere, Antonia, mit Cn. Pompeins Zonar. a. a. 0.). Agrippa selbst empfing jetzt 

Magnus und verlobte die jiingere, Octavia, mit den Lohn fur die Dienste, die er C. bei dessen 

L. Iunius Silanus Torquatus, zwei sehr jungen Erhebung geleistet hatte; der Kaiser liess ihm 

Herren vornehmster Abstammung (Silanus war vom Senate die ornamenta eonsularia verleihen, 

ein Urgrossenkel des Augustus), die er damals vergrSsserte sein Kdnigreich durch Judaea und 

den Vigintivirat bekleiden liess und denen spater Samaria, so dass Agrippa wieder das ganze Eeich 

das Vorrecht zu teil wurde, sich fiinf Jahre vor des Herodes beherrschte, und schloss auf dem 

der gesetzlichen Zeit um die staatlichen Amter Forum einen feierlichen Bundesvertrag nach altem 
zu bewerben. (Suet. 27. Tac. XII 3. Dio LX 5, 20 Ritus mit ihm. Agrippas Bruder, Herodes, erhielt 

7 — 9 = Zonar. XI 8 p. 26 Dind. CIL VI 31722. Chalkis als KOnigreich und iiberdies die ornamenta 

XIV 2500, vgl. Dessau Prosopogr. II 249 nr. 559. praetoria (Joseph, ant. XIX 274—277 [= Zonar. 

in 69 nr. 477). VI 10 p. 30 Dind.]; bell. U 215. 217. Dio LX 

In den Provinzen fand C. keineswegs iiberall 8, 2. 3; vgl. Schtlrer Gesch. d. jtid. Volkes I 

ruhige Verhaltnisse vor. In Mauretanien, dessen 463; bezfiglich des Biindnisses, das auf Miinzen 

KSnig Ptolemaios Caligula hatte umbringen Agrippas verherrlicht wird [Madden Coins of the 

lassen, befand sich das Volk im Aufruhr. Der Jews 1881, 136], vgl. Suet. 25 und Marquardt- 

Consular M. Licinius Crassus Frugi, den vielleicht Wissowa III 2 427). Auch sonst wurden die 

schon Gaius hingesandt hatte, erzielte, wie es Verhaltnisse der abhangigen Fiirstentiimer ge- 
scheint, gleich zu Anfang von C.s Begierung einige 30 regelt. Antiochos IV. Epiphanes erhielt sein 

Erfolge, die ihm die Triumphalinsignien verschaff- KOnigreich, das ihm Gaius zuerst verliehen, dann 

ten. Auch dem Kaiser selbst wurden infolge dieser abgenommen hatte, Kommagene, die kilikische 

gluckverheissenden ErOffnung seines Principats die Kuste und Teile des Binnenlandes, wieder (Joseph. 

ornamenta triumphalia vom Senate decretiert ant. XIX 276. Dio LX 8, 1 ; s. o. Bd. I S. 2490 

(Plin. n. h. V 11. Suet. 17. Dio LX 8, 6 [wie Nr. 40 und Wilhelm Arch.-epigr. Mitt. XVII 

Plin. lehrt, nur teilweise richtig]. CIL VI 31721 1894, 2). Der Iberer Mithridates , friiher Konig 

= Dessau 954, vgl. C a gnat L'armee Bom. von Armenien, von Gains in Bom interniert, wurde 

d'Afrique 27. Pallu de Lessert Past, des prov. heimgesandt, um sein Eeich den Handen der 

Afr. 471ff.). Vielleicht noch in demselben Jahre Parther, die es in Besitz genommen hatten, mit 
wurde C. Suetonius Paulinus mit der Fortfiihrung 40 Waffengewalt wieder zu entreissen (Dio LX 8, 1. 

des Krieges in Mauretanien betraut (s. zum J. 42). Tac. XI 8, dazu Nipperdey-Andresen). Ein 

Die germanischen Velkerschaften der Chatten anderer Mithridates wurde mit dem bosporanisehen 

und Chauker beniitzten den Begierungswechsel zu Reich belehnt, dessen KOnig Polemo II., der auch 

Einfallen in romisches Gebiet, wurden jedoch von iiber Pontus herrschte, durch einen Teil Kilikiens 

den Legaten der beiden germanischen Provinzen, entschadigt wurde (Dio LX 8, 2. Joseph, ant. 

Ser. Sulpicius Galba und P. Gabinius Secundus, XX 145). 

zuruckgeworfen. Letzterer gewann dabei den ein- 42 n. Chr. : pont. max. trib. pot. II (25. Januar 

zigen idler vom Heere des Varus , der noch im 42/43) imp. Ill cos. II desig. Ill pfater) p(a- 

Besitze der Germanen war, zuriick (Suet. 24 [dazu triae). 

Smilda]. Dio LX 8, 7 [wo Mavoovolovs statt 50 C. bekleidete seinen zweiten Consulat zusam- 

Kavxovs ilberliefert ist, vgl. Boissevain z. St.]. men mit C. Caecina Largus (CIL I 772. I 2 p. 247 

Tac. hist. I 49. Plut. Galba 3, vgl. Sen. cons, ad Fasti Antiat. VIE Suppl. 11002. XIII 590. Bull. 

Pol. 13, 2. Wietersheim-Dahn Gesch. d. Vol- d. Inst. 1856, 140. Dio LX 10, 1. Cohen nr. 72f.), 

kerwanderung I 2 93. 549). Vermutlich auf Grund fiihrte aber die Fasces nur zwei Monate lang 

dieser Siege nahm C. zweimal den Titel imperator (Suet. 14. Dio LX 10, 1, vgl. CIL VI 2015). Auch 

an (imp. II im J. 41: CIL XII 5493. 5586ff.; imp. fur das nachste Jahr liess er sich zum Consul 

III im J. 42 vor dem 25. Januar: VIII Suppl. designieren (CIL V 7150. XI 5. 1169). Noch vor 

11002); es wurden Miinzen gepragt mit dem Bilde dem 12. Januar nahm er den ihm vom Senate 

der Victoria, wieder andere mit der Umschrift de deeretierten Ehrennamen pater patriae an (CIL 
Germanis und der Darstellung eines Triumph- 60 VI 2032 Acta Arv.). 

bogens (Cohen nr. 25ff. 101; iiber diesen Triumph- Neu creiert wurde in diesem Jahre die Stel- 

bogen ist sonst nichts ilberliefert). lung dreier Praetorier, welche die Eintreibung der 

In Alexandrien hatte die immerwahrende Bi- Biickstande an die Staatscasse zu besorgen hatten 

valitat zwischen Hellenisten und Juden zu neuen (Dio LX 10, 4 vgl. Mommsen St. R. 113 559. 

Unruhen gefiihrt (Joseph, ant. XIX 278). Wohl Willems Droit public Rom. 5 494, 10). Die 

infolge derselben wurden die beiden Fiihrer der durchs Los gewahlten senatorischen Statthalter 

Alexandriner, Isidoros und Lampon, nach Rom wurden angewiesen, vor dem 1. April Bom zu 

citiert und dort, vermutlich unter dem Einfluss verlassen (Dio LX 11, 6), die Danksagung der 



2793 Claudius Claudius 2794 

vom Kaiser ernannten abgeschafft (Dio LX 11, einstigen Schwiegersohnes , auch des Narcissus 

6. 7). Wahrscheinlich stammt aus diesem Jahr Unterstiitzung fand, biirgt daftir, dass wir es hier 

das S. C. Largianum (Gai. Ill 63. lust. Inst. nicht bios mit einem Eacheact der Kaiserin wegen 

III 7, 4), das die Erbschaftsverhaltnisse nach den verschmahter Liebe zu thun haben (Suet. 29 

sog. Latini Iuniani (vgl. Mommsen St.-R. Ill [crimine incerto]. 37. Tac. XI 29. Dio LX 14, 

626f.) regelte (Rudorff RiSm. Rechtsgesch. I 119. 2 — 4. Senec. apocol. 11. 13). Silanus Untergang 

Kuntze Cursus d. rOm. Rechts^ 630). machte dem Annius Vinicianus bange, der nach 

Die Getreidenot war noch keineswegs behoben, Caligulas Tode als Thronpraetendent aufgetreten 

und die Massregeln gegen dieselbe mussten fort- war. Br verband sich mit L. Arruntius Furius 
gesetzt werden (DioLX 11, 1; vgl. Cohen nr, 72). 10 CamillusScribonianus,demStatthalterDalmatiens, 

C. entschloss sich, dieser steten Not Roms durch und bewog diesen, der die 7. und 11. Legion 

ein grossartiges Werk fur immer abzuhelfen. Um sowie Auxiliartruppen unter sich hatte, die Fahne 

namlich auch im Winter die Zufuhr von Getreide des Aufruhrs zu erheben. Wie wenig beliebt bei 

zu ermOglichen, beschloss er die Anlage eines den hoheren Standen C.s Regiment war, zeigt 

Hafens an der Tibermiindung bei Ostia und be- die Thatsache, dass sich sofort zahlreiche Sena- 

gann, nicht abgeschreckt durch die Grosse der toren und Ritter auf den Weg zu Camillus mach- 

Kosten, mit der Arbeit wahrscheinlich in diesem ten. Doch beging dieser den iiblichen Pehler 

Jahre (Suet. 20. Dio LX 11, 1 — 5 = Zonar. XI 8 der aristokratischen Generale, als Ziel seiner Er- 

p. 26 Dind. , s. u. Abschnitt IV k). Noch ein hebung die Republik zu proclamieren. Fur solche 
anderes, nicht minder gewaltiges Werk, die Ab-20Ideale hatten die Legionare das Verstandnis ver- 

leitung des Fucinersees, wurde damals in Angriff loren. Sie kiindigten ihm den Gehorsam ; er 

genommen (Suet. 20. Dio LX 11, 5, s. u. Ab- musste fliehen und fand auf der Insel Issa den 

schnitt IV k). Tod. Innerhalb fiinf Tagen war der Aufstand 

Der Krieg in Mauretanien nahm semen Fort- bewaltigt. Der Kaiser , der auf die Nachricht 

gang. Der Praetorier C. Suetonius Paulinus ge- vom Aufstand bereits wieder alien Halt verloren 

langte bis an den Atlas, uberschritt im Winter hatte, war nun um so freigebiger mit Auszeich- 

(wohl 41 auf 42, s. zum J. 41) als erster der nun gen fur die Legionen, denen er vom Senate 

rSmischen Feldherren auch dieses Gebirge mid die Beinamen Claudia pia fidelis verleihen liess, 

drang bis zum Flusse Ger, dem heutigen Guir, und fur einzelne besonders Verdiente von der 
vor (Plin. n. h. V 11. 14. 15. Dio LX 9, 1). Sein 30 Mannschaft. Dagegen erging iiber die Teilnehmer 

Naclifolger Cn. Hosidius Geta schlug den Fiihrer am Aufruhr ein strenges Gericht, das sich Mes- 

der Mauren, Salabus, verfolgte ihn in die Wiiste salina und die Freigelassenen zu Nutze machten, 

und zwang ihn zu einem Vergleich, der Maure- um ihre personlichen Rachegeliiste zu befriedigen. 

tanien den ROmern auslieferte (Dio LX 9, 1 — 5, Vinicianus, Q. Pomponius Secundus, Caecina Pae- 

vgl. 24, 5). Das Land wurde in zwei Halften tus und dessen Gattin Arria, sowie sonst noch 

geteilt, Tingitana und Caesariensis, und diese viele fanden damals den Tod, wieder andere mussten 

beiden neuen Provinzen kaiserlichen Procuratoren in das Exil; trotz des Versprechens , das C. ein 

unterstellt (Dio LX 9, 5. Aurel. Vict. 4, 2; epit. Jahr vorher gegeben hatte, wurden sogar Sena- 

4, 4; vgl. Mommsen R. G. V 629f. Marquardt toren und Ritter der Folterung unterworfen. In 
St.-V. 12 482f. Cagnat27ff. Pallu de Lessert40 Dalmatien stellte L. Salvius Otho die Ordnung 

474ff.). Zur selben Zeit flelen auch in Numidien hsr, Suet. 13. 35; Otho 1. Tac. XII 52. XHI 43. 

benachbarte Wustenstamme ein, wurden jedoch XVI 34; hist. I 89. II 75. Dio LX 15. 16 = 

verjagt und die Ordnung wiederhergestellt (Dio Zonar. XI 9 p. 27f. Dind. Plin. ep. Ill 16, 7 — 9. 

LX 9, 6). Vermutlich in dem namlichen Jahre Mart. I 13. Aurel. Vict. epit. 4, 4. Oros. VH 

setzten romische Truppen im Verein mit dem 6, 6. 7. 

Heere des IbererkOnigs Pharasmanes den Bruder 43 n. Chr. : pont. max. trib. pot. Ill (25. Januar 

des letzteren, Mithridates (s. zum J. 41), wieder 43/44) imp. Ill [IV, V (VI, VII) und VIII] 

in sein KSnigreich Armenien ein, nachdem sie cos. Ill desig. IV p. p. 

den parthischen Satrapen Demonax geschlagen C. trat seinen dritten Consulat an zusammen 
hatten. Das Land bekam eine romische Besatzung 50 mit L. Vitellius, der zum zweitenmal Consul war 

(in Gorneae). Ermoglicht wurde diese schnelle (Dio LX 17. CIL 12 p. 247 = X 6638 Fasti An- 

Besitzergreifung durch den Biirgerkrieg, der im tiates. II 2158. 4750. 4770f. 4932. VI 562 [= 

parthischen Reiche zwischen den beiden Gegen- Dessau 202]. 915 [= Dessau 203]. IX 5426. 

kOnigen Vardanes und Gotarze.s wiitete (Tac. XI XII 5476. 5542. 5546. Ephem. epigr. VIII 221f. 

8. 9. XII 45; vgl. v. Gutschmid Kl. Schriften Cohen nr. 74), blieb aber nur zwei Monate im 

III 67; Gesch. Irans 123ff. Mommsen R. G. V Amte (falsch Dio LX 21, 2, vgl. Plin. n. h. X 35 

379. Nipperdey-Andresen zu Tac. aa. OO.). und CIL VI 2015). Gleichzeitig wurde er wiederum 

Ging so alles seinen guten Weg, so konnte zum Consul fur das J. 47 designiert (Henzen 

doch die romische Aristokratie es nicht verschmer- 5214. Lejay Inscr. de la C6te d'or nr. 249, 
zen , dass ihr wieder einmal das Heft aus den 60 s. u. zum J. 47). 

Handen gerissen war; die vornehmen Herren, die Der Terrain fiir die Abreise der Proconsuln 

nach Gaius Tode die Hand begehrlich nach dem von Rom wurde bis Mitte April verlangert (Dio 

Diadem ausgestreckt hatten, vermochten die Herr- LX 17, 3). Mehrere Opfer und Feste wurden 

schaft des missachteten, von eheinaligen Sclaven aufgehoben oder beschrankt (Dio LX 17, 1. 2). 

geleiteten Fiirsten nicht zu ertragen, hielten es Die Strassenbeamten und Unternehmer erhielten 

wohl auch fur leicht, ihn zu sturzen. Dass Mes- die Summen wieder, die ihnen Domitius Corbulo 

salina bei der Anklage gegen C. Appius Iunius unter Caligula durch Executionen abgenommen 

Silanus, den Gemahl ihrer Mutter und Vater Hires hatte ; die dafiir erforderlichen Mittel wurden zum 



2795 Claudius Claudius 2796 

Teil durch die Buckfordenvng der von Gains ver- der Insel selbst, die vielleicht nach Gallien hin- 

schenkten Gelder eingebracht (Dio LIX 15. LX ubergriffen, gaben den Vorwand, vertriebene brit- 

17, 2; vgl. Nipperdey-Andresen zu Tac. ann. tischeFiirsten, Bericus(Verica)undAddominius,ein 

III 31). Die Sorge fur das Volk der Hanptstadt Sohn des TrinovantenkOnigs Cunobellinus (Cym- 

bat man auch in diesem Jahr nicht ausser acht beline), den Eat. Narcissus Einfluss scheint auch 

gelassen;C. griff sogar zu dem bedenklichen Mittel, hier massgebend gewesen zu sein (vgl. Dio LX 

ein Maximum der Marktpreise festzusetzen (Dio 19, 2. Suet. Vesp. 4). Der bisherige Legat von 

LX 17, 8). Pannonien, A. Plautius (vgl. Bitterling Arch.- 

Immer schamloser wurde das Treiben Messa- epigr. Mitt. XX 1897, 8) landete mit einem starken 

linas , die ungescheut ihren Liisten fro'nte, iliren 10 Heere (vier Legionen [II. Augusta, IX. Hispana, 

Giinstlingen Amter und Ehren verlieh und ihre XIV. Oemina und XX Valeria Vietrix.], De- 

Peinde wie den Praef. praet. Catonius Iustus ver- tachements anderer Legionen und Hiilfstruppen) an 

nichtete (Dio LX 18, 1 — 3. Senec. apocol. 13). der Sudkiiste der Insel und wandte sich gegen das 

Wieder flel Hirer Eifersucht ein Mitglied des Volk der Trinovanten, das von Caratacus (Caradoc) 

Kaiserhauses zum Opfer, Iulia, Tochter des Drusus, und Togodumnus, gleichfalls Sohnen des Cunobel- 

Enkelin des Tiberius (Suet. 29. Tac. XIII 32. 43. linus, belierrscht wurde. In glftcklichen Kampfen, 

Dio LX 18, 4. Senec. apocol. 10. 13; Octavia in welchen sich namentlich die Legaten T. Plavius 

v. 944). Gleichzeitig betrieb die Kaiserin im Vespasianus , der u. a. die' Insel Vectis (Wight) 

Vereinmit denFreigelassenen einen gewinnreichen eroberte, und Cn. Hosidius Geta auszeichneten, 

Handel mit Bfirgerrechtsverleihungen, Militar- und 20 gelangten die BOmer bis zur Themse; Togodumnus 

Verwaltungsstellen (Dio LX 17, 8). Es ist da- flel. Wohl infolge dieser Siege erneuerte C. zwei- 

nach immerhin begreiflich, dass in diesem Jahr mal den Imperatortitel (imp. Ill noch im J. 43: 

von einem Bitter ein Attentat gegen C. versucht OIL VI 562. IX 5426. XII 5542. Henzen 5214. 

wurde. Der Schuldige biisste nach alter Sitte Lejay a. a. 0. 249; imp. IV: Eh. Mus. XXXV 

durch den Sturz vom Tarpeischen Felsen (Dio 1880, 154; imp. V: CIL II 4750. 4770 f. 4875. 

LX 18, 4; vermutlich ist der von L. Otho ent- 4932. VI 915 [= Dessau 203]. XII 4334. 5476. 

deckte Anschlag [Suet. Otho 1] der namliche; bei Ephem. epigr. VIII 218. 221. 222. Cohen 

Suet. 13 sind andere Attentate gemeint). nr. 54; dass die 5. Acclamation vor C.s Ein- 

Lykien wurde, da Unruhen im Lande ausge- treffen in Britannien fallt, zeigt XII 4334). Da- 
brochen waren, zur kaiserlichen Provinz gemacht 30 mit die Ehre des entscheidenden Sieges dem 

und einem Praetorier unterstellt (Suet. 25. Dio Kaiser zufalle, bat Plautius nach vorhergetroft'ener 

LX 17, 3 , der irrig angiebt , dass Lykien mit Vereinbarung diesen urn persOnliche Intervention. 

Pamphylien vereinigt worden sei, vgl. CIL III C, der bereits grosse Zuriistungen zur Expedition 

6737 = Dessau 215 und S mil da zu Suet. a. getroffen hatte, liess L. Vitellius als seinen Stell- 

a. 0.). Im Partherreich war ein Vergleich zwi- vertreter in Eom zuriick und zog teils auf dem 

schen Vardanes und Gotarzes zu stande gekom- See-, teils auf dem Landwege nach Britannien, 

men, der ersterem die Herrschaft uberliess. Var- gefolgt von einem glanzenden Stabe (von seinen 

danes eroberte das abtriinnige Seleucia und machte Begleitern kennen wir die beiden SchwiegersChne 

auch Miene, Armenien der rOmischen Machtsphare Pompeius und Silanus, den Praef. praet. Eufrius 
wieder zu entziehen. Aber die drohende Haltung 40 Pollio, Cn. Sentius Saturninus, Valerius Asiaticus, 

des S3'rischen Statthalters C. Vibius Marsus, der M. Licinius Crassus Prugi, Ser. Sulpicius Galba, 

Widerstand , den er schon bei seinem Vasallen, Ti. Plautius Silvanus, wohl auch P. Graecinius 

dem KOnig Izates von Adiabene, fand, und vor Laco und den Arzt Scribonius Largus). In Bri- 

allem das neuerliche Auftreten des Gotarzes als tannien angelangt, schlug er die vereinigten Britten 

GegenkOnig brachten ihn von diesem Vorhaben an der Themse und eroberte die KCnigsburg der 

ab (Tac. XL 9. 10. Joseph, ant. XX 69 — 73 = Trinovanten, Camulodunum. Auf Grand dieser 

Zonar. VI 13; vgl. v. GutschmidKl. Schriftenlll Erfolge, die in Wirklichkeit auf Eechnung des 

73f.; Geseh. Irans 124ff. Nipperdey-Andresen Plautius und des Generalstabs zu setzen sind, 

zu Tac. a. a. 0.). Vielleicht bestand ein gewisser empfing C. wahrscheinlich dreimal die Acclama- 
Zusammenhang zwischen den Planen des Vardanes 50 tion als Imperator (vgl. Dio LX 21 , 4. 5 ; imp. VI 

und dem Besuch, den fiinf unter rCmischem Pro- und VII sind nicht belegt; noch. in demselben 

tectorat stehende KOnige, Antiochos von Kom- Jahre erscheint imp. VIII CIL II 6324, das sich 

magene, Sampsigeramos von Emesa, Kotys von dann auch im folgenden Jahr findet: CIL II 4929. 

Kleinarmenien, Polemon von Pontus und Herodes VI 1254. Ephem. epigr, IV 813. Journ. Hell, 

von Chalkis, dem Konig der Juden, .Agrippa, in Stud. VIII 1887, 360). Nach nur 16tagigem 

Tiberias abstatteten. Wenigstens • erschien dem Aufenthalt auf der Insel trat C. die Heimreise 

Vibius Marsus dieser KOnigscongress bedenklich an, nachdem er die Nachricht vom Siege durch 

genug, um ihn zu sprengen (Joseph, ant. XIX seine SchwiegersOhne nach Eom vorausgesandt 

§38 — 342; Kotys Verhalten bot auch sonst An- hatte. Der Senat zeigte sich erkenntlich fur die 
lass zu kaiserlichen Verweisen , vgl. Tac. XI 9). 60 Neubelebung rOmischen Kriegsrahms. Er verlieh 

Agrippa hatte bereits vorher durch den Versuch, dem Kaiser und seinem Sonne den Beinamen 

die Befestigung Jerusalems zu verstarken, Anstoss Britannicus, den C. selbst jedoch nie gefuhrt 

in Eom erregt (Joseph, ant. XIX 326f.; bell. II hat, und beschloss einen Triumph, ein jahrliches 

218; vgl. Tac. hist. V 12). Pest und die Errichtung von TriumphbOgen in 

Das bedeutendste Ereignis dieses Jahres war Gesoriacum in Gallien, von wo er nach Britannien 

die Besetzung Britanniens, die, schon lange als ubergesetzt war, und in der Hauptstadt (doeh 

Notwendigkeit erkannt und oft geplant, endlich diirfte der Triumphbogen, dessen Inschrift noch 

von C. ins Werk gesetzt wurde. Unruhen auf teilweise erhalten ist [s. zum J. 51], von dem 



2797 Claudius Claudius 2798 

damals errichteten verschieden sein). Auch Mes- 2). Vielleicht aus Erkenntlichkeit hiefiir hat C. 

salina empfing vom Senate Auszeiclmungen. Das die seit Tiberius unter kaiserlicher Verwaltung 

eroberte Gebiet wurde als kaiserliche Provinz em- stehenden Provinzen Achaia und Makedonien dem 

gerichtet und A. Plautius als erster Statthalter Senate zuriickgegeben (Suet. 25. 42. Dio LX 24, 

an die Spitze derselben gestellt. Suet. 17 (vgl. 1; vgl. Marquardt St.-V. 12 319.331. Doma- 

Smilda z. St., zu dessen Ausfuhrungen hinzu- szewski Eh. Mus. XLV 1890, Iff.). Die Ver- 

zufflgen ist, dass Sueton, der hier offenbar aus waltung des aerarium Satumi, das bisher unter 

dem Gedachtnisse schrieb, die Worte der Trium- Praetoren gestanden war, iibergab er zwei Quae- 

phalinschrift des J. 51 [sine] ulla iactur[a [OIL storen, die vom Kaiser ernannt wurden, das Amt 
VI 920] mit Unrecht auf die Ereignisse des J.s 43 10 drei Jahre verwalteten und dann sofort die Praetur 

bezogen hat). 21; Galba 7; Vit. 2; Vesp. 4. Tac. oder sonstige Ehren erlangten (Suet. 24. Tac. 

XI 3; hist. Ill 44; Agr. 13. 14. Dio LX 19—23 XHI 29. Dio LX 24, 1. 2; vgl. Mommsen St.-E. 
= Zonar. XI 9. Pomp. Mela III 49. Joseph, bell. 113 559. Willems Droit publ. 469. 495; wir 
Pud. Ill 4. 5. Plin. n. h. Ill 119. Aurel. Vict. 4, 2. kennen von qttaestores aerarii Satumi unter C. 
Eutrop. VII 13. 19. Oros. VII 6, 9. 10. Cassiod. den Domitius Decidius [Dessau 966] und Coie- 
chron. 654'(wofalschlich die Eroberung der Orcadi- dius Candidus [D e s s a u 967]; Smilda zu Suet, 
schen Inseln dem C. zugeschrieben wird). Senec. 29 vermutet, dass auch Silanus quaestor aerarii 
cons, ad Pol. 13, 2; apocol. 12; Octav. v. 26ff. 42ff. gewesen sei; ohne Grund, da die vermeintlichen 
Anth. Lat. ed. Biese 2 nr. 419 — 426; C. selbst Schwierigkeiten in Silanus Carriere durch seinen 
gedenkt seines Erfolges in der Eede fiber das ius 20 Patriciat erklart werden). Als Ersatz erhielten 
honorum der Gallier, CIL XIII 1668 (vereor ne die Praetoren einige Gerechtsame der Consuln 
nimio insolentior esse videar et quaesisse iacta- (Dio LX 24, 3), wohl die Entscheidung iiber Fi- 
tionem gloriae prolati imperii ultra oceanum). deicommisssachen geringerer Bedeutung (s. u. Ab- 
Vgl. ferner CIL VI 917. 3751 = 31282 (Geliibde schn. IV d a), wahrend wieder die Quaestoren 
pro salute reditu victoria des C, die erst im ihrer Stellungen in Italien ausserhalb Roms (der 
J. 46 erfullt wurden). IX 2847 = Dessau 971. ostiensischeh und gallischen Quaestur) enthoben 

XII 4334. XIV 3608 = Dessau 986. Bern. Mitt, wurden (Suet. 24. Dio LX 24, 3; vgl. Mommsen 
VI 1891, 166. Miinzen mit ft de Britann(is) und St.-E, 113 570ff. WillemsS 469. Pelham Class, 
der Darstellung des triumphierenden C. oder eines Eeview X 1896, 6f.). An die Stelle des quae- 
Triumphbogens, Cohen nr. 15ff. S. Mommsen 30 stor Ostiensis trat ein kaiserlicher Freigelassener 
E. G. V 158ff. Euggiero Diz. epigr. I 1030. mit dem Titel proc. partus Ostiensis, der die Auf- 
Hubner 0. S. 868ff., wo die sonstige Litteratur sicht iiber den allerdings erst im Bau begriffenen 
angegeben ist. Hafen zu fuhren hatte (Hirschfeld V.-G. I 139. 
44 n. Chr. pont. max. trib. pot. IV (25. Jan. Mommsen St.-E. 113 1043). Durch einen Senats- 

44/45) imp. VIII cos. Ill desig. IV p. p. beschluss,dervermutlichin dieses Jahrgehort, wurde 

Im sechsten Monate nach seiner Abreise kehrte fur Eom und Italien verboten, Hauser und Villen 

C. nach Eom zuriick und feieite den prachtigen zur Erzielung ernes grCsseren Gewinnes abzubrechen 

Triumph, an den sich Festspiele und Auszeich- (S. C. Hosidianum CIL X 1401 = Bruns Fontes 

nungen der verdienten Militars anschlossen (Suet. I 6 190; vgl. Bachofen Lehren d. r. Civilrechts 
17. Dio LX 23, 1—5. Plin. n. h. XXXIII 54.40185ff. K a r 1 w a Bom. Eechtsgesch. I 644f._). In 

Joseph, bell. Ill 4. 5. Aur. Vict. epit. 4, 7. Eutr. Eom wurde die Eestaurierung der Wasserleitung 

VII 13. CIL III 6809. V 7003. 7165. XI 395. Orelli aqua Virgo in Angriff genommen (CIL VI 1254). 

363. Bull. hell. V 1881, 473, vgl. auch die zum Die Ehodier verloren ihre Freiheit (Dio LX 

J. 43 angefuhrten Stellen ; fiir C. bezeichnend ist 24, 4). M. Iulius Cottius erhielt eine VergrSsse- 

die Deeorierung des Knaben Silanus und des En- rung seines Herrschaftsgebietes in den sog. Alpes 

nuchen Posides, Suet. 24. 28. Tac. XII 3. Dio Cottiae und den KOnigstitel (Dio a. a, O.; vgl. 

LX 31, 7. Aur. Vict. epit. 4, 7. 8. CIL XIV Detlefsen Herm. XXI 1886, 535f.). In dem- 

2500). DieOceupationBritanniensundderTriumph selben Jahr starb der Ko'nig Agrippa von Judaea, 

waren ein grosser Erfolg der kaiserlichen Regie- Obwohl C. dazu neigte, den jungen Sohn des Ver- 
rung, deren Position durch diese glanzende F8r- 50 storbenen , der in Eom am kaiserlichen Hofe er- 

derung des Chauvinismus wesentlich gestarkt zogen wurde, zum Nachfolger des Vaters einzu- 

wnrde. Seit Augustus war den romischen Waffen setzen, wurde doch nach dem Willen der Frei- 

kein ahnlicher Erfolg beschieden gewesen; nicht gelassenen Agrippas Eeich wieder zur Provinz ge- 

einmal der Ocean hatte den Legionen Halt ge- macht und einem Procurator unterstellt (Joseph, 

boten. Daher verherrlichten denn auch die Dichter ant. XIX 343—352. 360—363 [= Zonar. VI 11. 

die That des C. (Anth. Lat. a. a. O., vgl. Sen. 12 p. 34f. DM.]; bell. II 219. 220. Tac. hist, 

apocol. 12), und auf Miinzen feierte man den wie- V 9 ; vgl. Mommsen E, G. V 524f. Marquardt 

dergewonnenen Kaiserfrieden (Cohen nr. 55. 56; St.-V. 12 411f.; Tacitus |XII 23] berichtet erst 

die Legende Pad Augustae flndet sich ubrigens zum J. 49 : Ituraei et Iudaei defunetis regibus, 
haufig auf Miinzen des C, auch in Jahren, in 60 1 Sohaemo atque Agrippa, provinciae Suriae ad- 

denen gewiss nicht Frieden herrschte). diti, vgl. dariiber Bormann De Syriae prov. Eom. 

Dem Heere lohnte der Kaiser seine tapfere partibus 1865, 3ff. Schiirer Gesch. d. jiid. Volkes 

Haltung, indem er den Soldaten die Bechte der I 471 und unten zum J. 49). 

Verheirateten zusprach (Dio LX 24, 3, s. u. Ab- 45 n. Chr. pont. max. trib. pot. V (25. Jan. 

schnitt IV i). Der Senat erkannte den von C. 45/46) imp. VIII [(IX), X und XI] cos. Ill 

und seinen Legaten abgeschlossenen oder abzu- desig. IV p. p. 

schliessenden Vertragen voile Eechtsgiiltigkeit zu C. veranstaltete ein wegen seines britanni- 

(Dio LX 23, 6, vgl. Mommsen St.-E, lis 954, schen Sieges gelobtes Fest und verteilte bei dieser 



2799 Claudius Claudius 2800 

Gelegenheit Geld unter das Volk , wobei seine heit der einen Partei durchftihren werde (Dio LX 

SchwiegersOhne intervenierten (Dio LX 25, 7. 8). 28, 6). Er ordnete Besitzverhaltnisse im Gebiet 

Den Saturnalien wurde ein fiinfter Tag hinzuge- der Anauner in Sfidtirol und bestatigte diesen, 

fugt (Dio LX 25, 8). Das Eecht der Aufstellung den Tuliassern und Sindnnern ihr, allerdings usnr- 

eigener Bildsaulen wurde auf diejenigen beschrankt, piertes, rOmisches Burgerrecht (CIL V 5050 = 

die ein Gebaude errichteten oder restaurierten ; Dessau 206 = Bruns 16 240; vgl. Kenner 

in jedem anderen Falle war besondere Erlaubnis Edict d. Kaisers C. 1869. Mommsen Herm. W 

des Senates erforderlich (Dio LX 25, 2. 3; vgl. 1870, 99ff. Karlowa ROm. Eechtsgesch. I 655). 

Mommsen St.-B. 13 451). Die Wiederherstel- Gleichzeitig wurde die Strasse von Altinum durch 
lung der aqua Virgo gedieh zu Ende (CIL VI 10 Tirol bis zur Donau, die sein Vater Drusus be- 

1252 [= Dessau 205]. 31565, vgl. 31564). Auf gonnen hatte, wiederhergestellt, ausgebaut und 

Senatsbeschluss Mess C. durch die curatores ta- mit dem Namen Via Claudia Augusta benannt 

bulariorum publicorum (s. u. Abschn. IV da). (CIL V 8002. 8003; s. u. Abschn. IV k). Bei 

einen Bau in Bom errichten (CIL VI 916 = Bom selbst wurden in Verbindung mit dem Bau 

31201). des neuen Hafens Canale vom Tiber ins Meer ge- 

Wohl in demselben Jahr hatte Ser. Sulpicius ffihrt und dadurch die Stadt von der Uberschwem- 

Galba als Proconsul von Africa Unruhen in dieser mungsgefalir befreit (CIL XIV 85 = Dessau 

Provinz zu unterdriicken ; vermutlich war er es, 207 Ostia). 

der den Stamm der Musulamier zu Paaren trieb Mfinzen aus diesem Jahr mit den Reversle- 

(Suet. Galba 7. 8. Plut. Galba 3. Tac. hist. 1 20 genden de Britannfis) und de Germanis (Cohen 

49. Aur. Vict. 4, 2; epit. 4, 4; vgl. Cagnat nr. 17f. 28f.) sprechen dafiir, dass in Britannien 

L'arrmfe Rom. d' Afrique 29f. Pallu de Lessert und am Bheine gekampft wurde; wahrscheinlich 

Fastes des prov. Afr. 123ff.). C. erneuerte drei- setzte Plautius seine Unternehmungen fort und 

mal den Imperatortitel (noch imp. VIII erscheint hatte Domitius Corbulo die seinigen begonnen 

mit trib. pot. V verbunden, CIL V 25 und wohl (s. zum J. 47). Der Konig des bosporanischen 

auch II 4645 ; im selben Jahr finden sich imp. X, Beiches , Mithridates II., von C. selbst im J. 41 

CIL II 1569. VI 916 = 31201 und imp. XI: VI eingesetzt, wurde wegen wirklicher oder nur von 

1252. 3751 = 31182; vgl. LeBas Inscr. de Mor^e seinem Bruder Kotys, den er nach Rom gesandt 

250 nr. 74). Die Veranlassung dazu gaben wohl die hatte, ihm zur Last gelegter Umtriebe seiner Herr- 

Erfolge Galbas in Africa, die Kampfe in Thrakien, 30 schaft entsetzt und das Kdnigreich eben diesem 

die bereits in diesem Jahre begonnen haben durften Kotys zugesprochen. Der Legat (von Moesien?) 

(s. zum J. 46), und endlich die Portsetzung der A. Didius Gallus verjagte Mithridates aus seinem 

Occupation Britanniens , die gewiss nicht zum Lande und setzte Kotys als Konig ein (Petr. Patr. 

Stillstand gekommen ist. Damals wird der Le- frg. 3, FHG IV 185 [= Dio LX 28, 7 ed. Boisse- 

gionslegat T. Flavius Vespasianus zwei Stamme vain], wo irrig von IbererkSnigen die Rede ist, 

unterworfen und liber zwanzig Ortschaften ein- vgl. Mommsen R. G. V 379. Tac. XII 15. 18. 

genommen haben (Suet. Vesp. 4. Tac. Agr. 13; 63; s. o. Sp. 782f. Prosopogr. I 477 nr. 1271. 

hist. Ill 44. Dio LX 30, 1 [irrig bezuglich des Nipperdey-Andresen zu Tac. aa. 00.). Wahr- 

Titus]. Joseph, bell. Ill 4. 5. Eutr. VII 19, vgl. scheinlich aus Anlass dieses Erfolges emeuerte 

Hiibner Herm. XVI 1881, 528, 5). 40 C, wohl gegen Ende des Jahres, den Imperator- 

46 n. Chr. pont. max. trib. pot. VI (25. Jan. titel zum zwolftenmal (trib. pot. VI imp. XI: 

46/47) imp. XI fund XII] cos. (Ill) desig. CIL V 5050. 8003. XI 3791. Ephem. epigr. VIII 

IV p. p. 744. Not. degli scavi 1892, 289. Cohen nr. 7f. 

Wahrscheinlich in diesem Jahre wurde durch 17f. 28f. 36f. 45f. 57f. 69. 86f.; trib. pot. VI 

das S. C. Vellaeanum den Frauen die Biirgschafts- imp. XII, CIL X 1558. XIV 85 ; noch in zwei 

leistung untersagt (Ulp. Dig. XVI 1, 2 = Bruns Inschriften des folgenden Jahres findet sich irrig 

16 186, vgl. Bachofen Lehren d. rOm. Civil- imp. XI, s. zu diesem Jahr). Der Konig von 

rechts Iff. Rudorff ROm. Rechtsgesch. I 122; Thrakien, Rhoemetalkes III., war, wohl schon im 

ob die lex Iunia Vellaea fiber Testamente in J. 45 (s. d), auf Anstiften seiner Gemahlin ran- 
das J. 27 oder 46 n. Chr. gehSrt , ist unsicher, 50 gebracht worden ; geeigneter Anlass fur die ROmer, 

vgl. Bruns 16 119. Mommsen St.-R. Ill 346, um das Land zur Provinz zu machen. Es wurde 

1. Karlowa Rem. Rechtsgesch. I 620). Ein nach Bewaltigung des Widerstandes einem Pro- 

Senatsbeschluss , der wohl gleichfalls aus diesem curator unterstellt (Euseb. ehron. I 152 Schoene. 

Jahre stammt, regelte die testamentarische Zu- Cassiod. chron. 659. Syncell. p. 631 Bonn. Tac. 

weisung des Patronatsrechts fiber Freigelassene XII 63; vgl. Mommsen Ephem. epigr. II p. 258f. 

(S. G. Ostorianum, Ulp. Dig. XXXVIII 4, 1 = Marquardt St.-V. 12 313. v. Premerstein 

Bruns 16 186; vgl. Kuntze Cursus d. rom. Jahresh. d. ost. Inst. Beibl. I 1898, 183). 
Rechts 2 564). Durch ein anderes Senatsconsult Die systematische Zuruckdrangung des Senates 

wurde die Befugnis, den Senatoren die Erlaubnis bei aller ausserlichen Ehrung desselben sowie die 
zu Beisen ausserhalb Italiens zu erteilen, vom 60derr0mischenAristokratieunertraglicheHerrschaft 

Senat auf den Kaiser tibertragen (Dio LX 25, 6. der Freigelassenen liessen in den Senatskreisen 

Suet. 23; s. Abschn. IV bee). C. selbst verbot die Unzufriedenheit nicht verschwinden. Es bil- 

die amtliche Unterstiitzung von Freigelassenen, dete sich abennals eine VerschwOrung, die von 

die ihre Patrone anklagten (Dio LX 28, 1. Suet. zwei sehr vomehmen Herren, Asinius Gallus und 

25, s. auch Abschn. IV c y). Um dem Missbrauch Taurus Statilius Corvinus, geleitet wurde und an 

der Parteien, die Gerichtssitzungen zu versaumen, welcher sogar Freigelassene des Kaisers, vielleicht 

zu steuern, verkundigte er, dass er bis zu einem aus Neid gegen die fibermachtige Stellung einiger 

gewissen Termin den Process auch in Abwesen- wenigen von ihnen, teilnahmen. Die Verschwo- 



2801 Claudius Claudius 2802 

rung wurde jedoch unterdriickt ; die Teilnehmer Eifersucht erregte, und anderer, die in denselben 

verflelen der Strafe (Suet. 13. Dio LX 27, 5). Process verwickelt wurden (Tac. XI 1—4. XIII 

Damals werden die Consulare Asinius Celer und 43. Dio LX 29, 4—6. Zonar. a. a. 0. ; vgl. CIL 

Cornelius Lupus, die amiei Lusius Saturninus und XIII 1668. Dio LX 81, 5). Messalina selbst iiber- 

Pompeius Pedo, sowie der Gardepraefect Bufrius liess sich, alle Bedenken beiseite lassend, unge- 

Pollio den Tod gefunden haben (Tac. XIII 43. scheut der Liebe zu C. Silius, den sie mit Geld, 

Sen. apocol. 13; vgl. Hirschfeld V.-G. 220). Ehren, ja mit des Kaisers eigenem Gut fiber- 

Auf diese gluckliche Errettung des Beiches vor schfittete (Tac. XI 12. 35. Dio LX 31, 3 = Zonar. 

der Gefahr neuer Wirren beziehen sich die Miinzen XI 10 p. 30f. Dind.). Vielleicht weil er sich gegen 
mit den Legenden S. P. Q. R. pfatri) pfatriae) 10 eine derart schmahliche Behandlung seines Herrn 

o(b) c(ives) sfervatosj und ex s. c. ob cives ser- aufzulehnen wagte, fiel Polybius, der Freigelassene 

vatos (Cohen nr. 36f. 86f.), die in diesem Jahr a studiis, ihrer Wut zum Opfer; dadurch ent- 

gepragt wurden. fremdete sie sich jedoch die andern Freigelassenen, 

47 n. Chr. pout. max. trib. pot. VII (25. Jan. mit denen sie bis dahin eintrachtig vorgegangen 

47/48) imp. XII [{XIII), XIV und XV] cos. war, und bereitete so ihren eigenen Untergang 

IV p. p. censor. vor (Dio LX 31, 1. 2 Zonar. XI 10 p. 30f. Dind. 

C. trat in diesem Jahr, dem 800. Boms, seinen Sen. apocol. 13; Banke Weltgesch. IDI 103f. 303f. 

vierten Consulat an, wieder zusammen mit L. Vi- iiberschatzt wohl die Bedeutung dieser Vorgange). 

tellius , der zum drittenmal Consul war (Dio LX Bei solchen Zustanden am kaiserlichen Hof nimmt 
29, 1. Zonar. XI 9 p. 29 Dind. CIL III 6024. 20 es nicht Wunder, dass wiederum Attentate gegen 

IV 2553. V 8002. VI 918 [= Dessau 210]. IX C. versucht wurden (Tac. XI 22 [hieher gehOrt wohl 

5959. X 8067, 1. 2. XII 5666. XIV 4124. IGS einer der Suet. 13 aufgezahlten Anschlage auf 

I 67. Anzeiger f. schweiz. Altertumskunde 1898, das Leben des C.]; vgl. Dio LX 29, 4. Zonar. 

66, irrig CIL XII 5528; cos. desig. IV war C. XI 9 p. 29f. Dind.). 

seit dem J. 43 , s. daselbst und ferner CIL II Aber der Kaiser liess sich das nicht anfechten. 

1569. 4645. 4718. V 25. 3326. 5050. 8003. VI Er befand sich gerade in diesem Jahr in Festes- 

916 = 31201. 917. 1252 [= Dessau 205]. 3751 stimmung; denn die 800. Wiederkehr von Boms 

= 31282. X1558. XI 3791. XIV 85 [= Dessau Griindungstag (21. April) feierte er durch Ivdi 

207]. Journ. Hell. St. VIII 1887, 360. Ephem. saecidares, hierin abweichend von dem System 
epigr. VIII 744. Not. degli scavi 1892, 289 ; nach 30 des Augustus, der diese Pestspiele vor 63 Jahren 

Suet. 14 ware C. im J. 47 an die Stelle eines veranstaltet hatte (Tac. XI 11. Suet. 21; Nero 7; 

Verstorbenen als suffectus getreten, was allein Vit. 2; Dom. 4. Plin. n. h. VII 159. VIII 160. 

schon durch die Bedeutung des Jahres als Jubi- Aur. Vict. 4, 14. Censorin. 17, 11. Zosim. II 4, 

laumsjahr widerlegt wird, vgl. u. zum J. 51, ferner 3; von den acta ludorum saecularium des C. 

Asbach Eh. Mus. XXXV 1880, 178ff. S mi Ida sind wenige Fragmente erhalten, CIL VI 32324f.; 

z. St.). Er blieb nur zwei Monate im Amte (Suet. fiber die Feier und die chronologischen Fragen, 

14; anders Asbach a. a. O., doch konnte sich die sich an dieselbe knupfen, vgl. Mo mm sen 

C. auch nach der Niederlegung des Consulats wie Bom. Chronol. 187; Ephem. epigr. VIII p. 238. 

im J. 44 [Dio LX 23, 4] die consularische Ge- Marquardt-Wissowa St.-V.III2385ff. Hirsch- 
walt zur Ausrichtung der Spiele erteilen lassen). 40 f eld Wiener Stud. Ill 1881, 102). Auch ein 

Nicht ohne bestimmte Absicht wird C. gerade Troiaspiel wurde damals von vornehmen Knaben, 

dieses Gedenkjahr zur Ubernahme der wohl schon darunter des Kaisers Sohn, veranstaltet (s. o. 

lange projectierten Censur bestimmt haben. Er Nr. 92). 

liess sich, vermutlich gleich zu Anfang des Jahres, Vermutlich unmittelbar nach der Feier der 

zum Censor designieren (censor designatus im Saecularspiele trat C. die Censur an mit L. Vi- 

J. 47 nach dem 25. Januar, CIL IX 5959 = Dessau tellius (Tac. XI 13. XII 4; hist. Ill 66. Suet. 

209 ; designatus fehlt irrig in der vor diesem Tage 16; Vit. 2. Plin. n. h. VII 159. X 5. XXXIII 

gesetzten Inschrift V 8002 = Dessau 208). 33. Aur. Vict. 4, 4; censor mit trib. pot. VII, 

Wieder beutete Messalina ihre Herrschaft fiber CIL III 6024. V 8002. VI 918 [= Dessau 210]. 
den Gatten aus, um Mitglieder der hochsten Ari- 50 XII 5666). Die Dauer der Censur betrug 18 Mo- 

stokratie zu vernichten. Aus uns unbekannten nate; wie Tac. XI 25 (vgl. auch XII 4) zeigt, 

Grunden, vielleicht weil sie Pompeius Bivalitat ist sie etwa im October 48 zu Ende gegangen 

gegen ihren eigenen Sohn fttrchtete, bewog sie (vgl. Mommsen St.-B. 113 350. Herzog St.- 

den Kaiser, seinen Schwiegersohn Cn. Pompeius Verf. II 268, 2; mit Unrecht nehmen Ziegler 

Magnus toten zu lassen. Mit diesem zugleich Begierung d. Kaisers C. 1880, 33ff. undNipper- 

fanden seine Eltern M. Licinius Crassus Frugi dey-Andresen zu Tac. XI 13 eine funfjahrige 

und Scribonia den Untergang (Zonar. XI 9 p. 30 Dauer der Censur an; auch Herzog irrt, wenn 

Dind. [aus Dio]. Dio LX 31, 7. Suet. 27. 29. er a. a. O. den Anfang der Censur vor die Sae- 

Tac. hist. I 48. Sen. apocol. 11; fiber die Zeit cularspiele setzt, da Tacitus denselben sonst be- 
vgl. Smilda zu Suet. 27). Des Kaisers Tochter, 60 stimmter hervorgehoben hatte; er wird bei der 

Antonia, wurde jetzt mit Faustus Cornelius Sulla Designierung zu Anfang des Jahres davon ge- 

Felir, einem Halbbruder Messalinas, vermahlt, dem sprochen haben). Das censorische Amt, das seit 

sie bald einen Sohn gebar (Zonar. a. a. O. Suet. 68 Jahren nicht mehr in der herkommlichen Weise 

27. Tac. XIII 23). Dem Tode des Pompeius folgte geffihrt worden war (vgl. de Boor Fasti censorii 

der des hochangesehenen Consularen Valerius 30f.), bot C. erwfinschten Anlass zur Betatigung 

Asiaticus , nach dessen einst dem Lucullus ge- seines Geschaftigkeitstriebes. In strengen Edicten 

hOrigen Garten (am Monte Pincio) Messalina lustern schalt er die Ausgelassenheit des Volkes in den 

war, seiner Freundin Poppaea Sabina, die ihre Theatern (Tac. XI 13) und trat gegen Luxus, 



2803 Claudius Claudius 2804 

Ehe- und Kinderlosigkeit auf (Suet. 16). Die vgl. Tac. XIII 54). Dagegen begannen die Chauker 

Saulen und Pfeiler, die von Privatleuten an orient- unter Fuhrung eines ehemaligen rSmischen Au- 

lichen Orten errichtet worden waren, wurden be- xiliaren, des Cannenefaten Gannascus, ihre Baub- 

seitigt (CIL VI 919 = Dessau 211, von Bor- ziige von neuem und pliinderten auf leichten Pi- 

ghesi mit Wahrscheinlichkeit auf C.s Censur be- ratenschiffen die gallische Kiiste. Doch gelang 

zogen). Drei neue von C. erfundene Buchstaben es dem neuen Statthalter von Germania inferior, 

wurden in das lateinische Alphabet aufgenommen Cn. Domitius Corbulo , mit der Eheinflotte die 

(Tac. XI 13. 14; s. u. Abschn. VI). Als Censor feindlichen Fahrzeuge zu vernichten (vielleicht 

nahm C. den Bau von zwei Wasserleitungen, den schon im J. 46, s. d.). Das geniigte jedoch keines- 
bereits Gaius begonnen hatte, wieder in AngrifflO wegs dem hochstrebenden Manne, den weitaus- 

(Tac. XI 13; s. u. Abschn. IV k); unmittelbar vor greifende Plane erfullt zu haben scheinen. Er 

seiner Censur hatte er zwei neue Heerstrassen, notigte die Friesen wieder zur Anerkennung der 

die Via Claudia Augusta und die Via Claudia nova, rCmischen Hoheit, ordnete ihre Besitz- und Bechts- 

dem Verkehr iibergeben (CIL V 8002. IX 5959 ; verhaltnisse und legte eine Garnison in ihr Land. 

s. u. IV k). Er war so eifrig in seinem neuen Dann zog er iiber den Ehein, liess den Gannascus 

Amte, dass er an einem Tage zwanzig Edicte an- umbringen und riickte, als dadurch neue Bewe- 

schlagen liess (Suet. 16). gung unter den Chaukem entstand, in das Feindes- 

Auch sonst war das Jahr reich an neuen Ge- land ein. Aber eine Erneuerung der Eroberungs- 

setzen und Verfiigungen. Durch ein Volksgesetz politik des Drusus und Germanicus, deren Ende 
wurden Glaubiger, die Hauss6hnen auf den Tod 20 nicht abzusehen war und die gerade jetzt, da ein 

der Eltern hin Geld liehen , mit Strafe bedroht ansehnlicher Teil des Heeres durch die Eroberung 

(Tac. XI 13 [lege lata], vgl. Karlowa Bom. Britanniens beschaftigt wurde, grfissere Schwierig- 

Bechtsgeseh. I 623, der jedoch mit Unrecht an- keit hot als je, entsprach nicht den Intentionen 

nimmt, dass wir es hier mit einem Edict des C. der claudischen Eegierung. Daher befahl C. den 

zu thun haben). Kranke Sclaven, die von ihren Biickzug iiber den Ehein und liess sogar alle Be- 

Herren aus dem Hause gewiesen wurden, erhielten satzungen im freien Germanien, die vom Heeres- 

nach einer Verordnung des Kaisers die Freiheit; commando in Germania inferior abhingen, nach 

ihre Totung sollte als Verbrechen des Mordes be- dem linken Eheinufer zuriickfiihren. Urn doch 

handelt werden (Suet. 25. Dio LX 29, 7 = Zonar. wenigstens das Heer an Zucht und Arbeit zu 
XI 9 p. 30 Dind. = Suid. s. KXavSios. Modest. 30 gewehnen , sorgte Corbulo fur straffe Disciplin 

Dig. XL 8, 2. Cod. lust. VII 6, 3). Durch Se- und hielt die Soldaten zur Anlegung eines Canales 

natsbeschlusse wurden 10 000 Sesterzen als Ma- zwischen Maas und Ehein an, der wohl haupt- 

ximum des Honorars fiir Anwalte bestimmt, wah- sachlich strategischen Zwecken dienen sollte. Er 

rend die Annahme einer hoheren Summe nach empfing fiir seine Thaten die Triumphalinsignien 

der lex repetundarum bestraft werden sollte (Tac. (Tac. XI 18—20. Dio LX 30, 4—6; vgl. Momm- 

XI 5 — 7), die Pontifices angewiesen, fiir die Ee- sen E. G. V 114f. Wietersheim-Dahn Gesch. 

organisation des Collegiums der Haruspices Sorge d. Vslkerwanderung I 2 93f. 550; in das J. 47 

zu tragen (Tac. XI 15; vgl. Bormann Jahresh. fallen wohl nur die Ereignisse von der Unter- 

d. Cst. Inst. II 1899, 134) und die designierten werfung der Friesen bis zum Eiickzugsbefehl des 
Quaestoren zur Veranstaltung von Gladiatoren- 40 C). Der Princeps empfing in diesem Jahr drei- 

spielen angehalten (Tac. XI 22. XIII 5. Suet. 24 mal die Acclamation als Imperator (zu Anfang 

[ungenau]; irrig denkt Smilda [zu Suet. a. a. O.] des Jahres noch imp. XII CIL XII 5528. IGS 

an einen Erlass des Kaisers, vgl. P. Dolabella 167. Anzeiger f. schweiz. Altertumskunde 1898, 

ee«swrtbeiTac. XI 22; ob thatsachlich, wie Sueton 68 [irrig imp. XI CIL V 8002 = Dessau 208, 

berichtet, die Ausrichtung der Gladiatorenspiele aucn sonst ungenau, s. o. S. 2801. IX 5959 = 

an die Stelle der stratum viantm [s. u. Abschn. Dessau 209]; noch im selben Jahr imp. XIV, 

IV da] trat, erscheint bei dem Stillschweigen des CIL XII 5666 und imp. XV, III 6024. VI 918 = 

Tacitus zweifelhaft). Dessau 2282. 210), wohl auf Grund der Erfolge 

A. Plautius, der die Eroberung und Organi- des Ostorius Scapula und Domitius Corbulo. 
sation der neuen Provinz Britannien geleitet hatte, 50 48 n. Chr. pont. max. trib. pot. VIII (25. Jan. 

wurde abberufen und erhielt die ungewohnliche 4S/49) imp. XVI cos. IV p. p. censor. 

Auszeichnung einer ovatio (Suet. 24. Tac. XIII Die Amtspflichten der Censur, an denen C. 

32. Dio LX 30, 2. Eutrop. VII 13). An seine grosse Freude fand, beschiiftigten ihn auch in 

Stelle trat P. Ostorius Scapula, der gleich nach diesem Jahre. Es wurde die lectio senatus voll- 

seiner Ankunft einen AngrifF der Britten zuriick- zogen (Tac. XI 23. XII 4. Dio LX 29, 1. 2; 

zuschlagen hatte (Tac. XII 31; vgl. dazuNipper- vgl. CIL V 3117 [= Dessau 968]. VI 1442. X 

dey-Andresen). Grosse Genugthuung wurde 6520. Mommsen St.-E. lis 940ff.), und mit 

der rOmischen Politik zu teil durch das Erscheinen besonderem Eifer trat der Kaiser fiir den bereits 

cheruskischer Gesandter in Eom, die den daselbst im Besitze des unvollstandigen Biirgerrechtes be- 
lebenden Neffen des Arrninius, Italicus, zum KOnig 60 findlichen Adel der Gallia comata ein, der urn 

wbaten und erhielten. Dass die Erhebung dieses das Eecht, ro'mische Magistraturen zu bekleiden, 

Mannes nur zu neuen Zwistigkeiten unter den ersucht hatte (die Eede, die C. bei dieser Gelegen- 

Cheruskern fiihrte, konnte der kaiserlichen Eegie- heit im Senate hielt, ist zum Teil erhalten, s. o. 

rung gleichfalls nur angenehm sein (Tac. XI 16. Abschn. lb). Durch Senatsbeschluss wurde zuerst 

17 ; die Notiz iiber die gleichzeitige Anwesenheit den Aeduern das ius adipiscendomm in urbe ho- 

germanischer, parthischer und armeniseher Ge- novum zuteil (Tac. XI 23 — 25; vgl. Marquardt 

sandter in Eom, Suet. 25, ist falschlich in die St.-V. 12 279. Mommsen St.-E. 13 490. Her- 

Biographie des C. geraten, sie gehort zum J. 57; zog St.-Verf. II 266, 4. 935. Desjardins Geogr. 



2805 Claudius Claudius 2806 

de la Gaule Bom. III'278ff.). Vielleicht liess C. nisonscommando fur einen Tag. Es erging nun ein 

damals das Recht der Adlection in den Senat, das hartes Strafgericht fiber die Schuldigen. Messalina, 

tosher nur dem Censor zustand, auf den Princeps Silius, der Praetorier Iuncus Vergilianus, der Prae- 

als solchen ubertragen (vgl. Groag Arch.-epigr. fectus vigilum Decrius Calpurnianus, der Procura- 

Mitt. XX 49; was Dio LX 11, 8 von der Auf- tor ludi Sulpicius Eufus, der Arzt Vettius Valens, 

nahme von Bittern unter die Tribunen sagt, ist die Bitter Titius Proculus, Pompeius Urbicus, 

wohl nur des zusammenfassenden Berichtes wegen Saufeius Trogus, Traulus Montanus, M. Helvius, 

in die Geschichte des J. 42 geraten und diirfte Cotta, der gefeierte Tanzer Mnester fanden den 

sich gleichfalls auf die Censur des C. beziehen). Tod ; andere erlitten die Strafe der Verbannung. 
Die Ausstossung aus dem Senat wurde in sehr 10 Der Senat erkamite dem Narcissus die ornamenta 

schonender Weise vorgenommen, indem denen, quaestoria zu und beschloss die Vernichtung von 

die die Streichung aus der Senatorenliste zu ge- Messalinas Andenken (Tac. XI 26 — 38. XII 65, 

wartigen hatten, bedeutet wurde, selbst den Censor Suet. 26. 28. 29. 36. 39. Dio LX 81, 3 — 5 = 

um die Erlaubnis zum Ausscheiden zu bitten (Tac. Zonar. XI 10 p. 31 Dind. Aur. Vict. 4, 11. 12. 

XI 25. XII 4. Dio LX 29, 1.11, 8; vgl. Momm- Sen. apocol. 11. 13; Octavia v. 257ff. Iuv. X 

senSt.-E.III881).WegendiesesmildenVerfahrens 330— 345 [dazu die Scholien]. XV329-331. SchoL 

beantragte der Consul L. Vipstanus Poplicola fur Iuv. II 29 ; dass Joseph, ant. XX 149 [= Zonar. 

C. den Titel pater senatus, den dieser jedoch ab- VI 15] nur sagt nQoavriQrjxei yag rtjv yvvaXxa 

lehnte (Tac. XI 25). Die Zahl der sehr zusammen- MeooalTvav Sia fylorvmag beweist natiirlich noch 
geschmolzenen Patricier wurde, hauptsachlich sa- 20 nicht, dass er von der Vermahlung mit Silius 

craler Biicksichten wegen, durch Aufnahme neuer nichts wusste ; der Name der Messalina ist era- 

Geschlechter in den Patriciat erganzt (Tac. XI diert CIL VI 918. 4744; vgl. W.EibbeckZtschr. 

25. Suet. Otho 1. CIL III 6074. XIV 3607; f. Gesch. u. Politik 1888,608ft.; Eh. Mus. XLIII 

vgl. Mommsen St.-E. lis 1101; von diesenNeu- 1888,636). 

patriciern sind uns L. Salvius Otho, M. Helvius Ge- Durch diesen Ausgang seiner dritten Ehe nicht 

minus und P. Plautius Pulcher bekannt). Strenge belehrt, beschaftigte sich C. bald wieder mit neuen 

Musterung Melt C.iiber die Eitterschaft (Suet. 16. Heiratsplanen. Da hielt die kluge und herrsch- 

Plin. n. h. XXXIII 33). Hauptsachliche Mfihe gab siichtige Agrippina, Germanicus Tochter, ihre Zeit 

derVollzug des Census, bei dem 5984072 romische fur gekommen. Als Nichte des Kaisers in hau- 
Biirger eingeschatzt wurden (CIL XIII 1668 Eede30figem Verkehr mit ihm, wusste sie durch fein- 

iiber das ius honornm. Tac. XI 25. Plin. n. h. VII berechnete Coquetterie die Sinnlichkeit des altern- 

159; abweichend von Tacitus geben Euseb. chron. den Herren derart zu erregen, dass bald kerne- 

p. 152 Schoene 6 844 009 , Syncell. p. 629 Bonn. andere als kunftige Kaiserin in Betracht kam. 

6 941 000 als Zahl der Burger an ; vielleicht hat Sie fand uberdies Unterstiitzung bei Pallas , der 

Tacitus, wie Lehmann 292 vermutet, spatere dem Kaiser riet, Agrippinas Sohn aus erster Ehe, 

Nachtrage nicht bertieksichtigt). Viele aus der L. Domitius Aenobarbus, der als Urgrossenkel 

Biirgerschaft wurden durch die censorische Eiige des Augustus seinem eigenen Sohne ein gefahr- 

gebrandmarkt, nicht selten nur auf Grand unge- licher Bivale werden kOnnte, durch diese Heirat 

nauer Informationen (Suet. 16 ; fiber die ebenda zur Sttitze des Britannicus zu machen. Vergebens 
berichtete Entziehung des Burgerrechtes vgl. 40 widerstrebten Narcissus und Callistus. Agrippinas 

Smilda z. St.). Mit dem feierlichen Acte der Sieg war sicher, und schon suchte sie auch durch 

Lustration schloss endlich die Censur des C. (Tac. den Plan einer Verlobung ihres Sohnes mit Oc- 

XI 25. XII 4. Mommsen St.-E. 113 340, 5. tavia, dem der bisherige Verlobte der Kaisers- 

413, 6 folgert aus letzterer Stelle eine Iteration tochter, Silanus, zum Opfer fiel, ihre und ihres 

der Censur ffir L. Vitellius, der auf einer Miinze Sohnes kfinftige Stellung vorzubereiten (Tac. XII 

seines Sohnes [Cohen 12 360 nr. 53] censor II 1—4. 8. XIII 2. Suet. 26. 27. 29. Dio LX 31, 

genannt wird). 6. 7. LXI 11,3. Zonar. XI 10 p. 31 Dind. Sen. 

Aber wahrend C. dem Staate gegenfiber mit apocol. 8. 10. 11. 13; Octavia v. 147ff. ; eine 

geschaftigem Eifer seinem censorischen Berufe andere Auffassung dieser Vorgange findet sich 
obgelegen war, hatte er es versaumt, die Censur 50 bei Eanke Weltgesch. Ill 104. 252f.). 

im eigenen Hause auszuiiben. Der Geliebte der In dieses Jahr fallt der Ausbau der via Clau- 

Kaiserin, C. Silius, drangte sie zu gesetzlichem dia Valeria, die Bom mit dem adriatischen Meere 

Ehebunde. Ein Mann von hohem Adel und grosser verband (CIL IX 5973, s. u. Abschn. IV k). Un- 

Beliebtheit, fiberdies gerade Consul designates, gefahr gleichzeitig erschloss der Statthalter von 

gedachte er, sich durch die Ehe mit der Kaiserin Germania superior, Curtius Eufus, ein Silberberg- 

und Urgrossnichte des Augustus den Weg zur werk im Gebiet der Mattiaker an der unteren 

Herrschaft zu bahnen, nachdem der Kaiser, dem Lahn, wofiir er die Triumphalauszeichnung erhielt 

man solches zu bieten gewagt, unmOglich ge- (Tac. XI 20; vgl. Dahm Ehein. Jahrb. CI 1897, 

worden ware. So wurde trotz Messalinas anfang- 117ff.). Der aus seinem Eeiche vertriebene Bos- 
lichen "Widerstrebens, wahrend C. in Ostia weilte, 60 poraner Mithridates (s. zum J. 46) hatte sich, ver- 

die Vermahlung seiner Gattin mit Silius nach mutlich im J. 47, der Herrschaft fiber das sar- 

allen vorgeschriebenen Eegeln vollzogen (October matische Volk der Dandariden bemachtigt und 

48). Aber die offenbar hochverraterischen Plane wandte sich jetzt, im Bunde mit dem Konig der 

des Silius bewogen Narcissus einzugreifen und Siraker (gleichfalls eines sarmatischen Stammes), 

mit grosser Thatkraft dem frechen Spiel ein Ende Zorsines, gegen das bosporanische Beich, in wel- 

zu machen. Damals erhielt er von dem, wie ge- chem nur wenige Cohorten unter dem Praefecten 

wohnlich bei solchen Anlassen , fassungslosen Iulius Aquila zum Schutze des Konigs Kotys zu- 

Herrscher trotz seiner halbfreien Stellung das Gar- riickgeblieben waren. Aber Kotys und Aquila 



2807 Claudius Claudius 2808 

verbanden sich mit Eunones, der die Aorser (s. o. dass die VergrOsserung Italiens die Vorbedingung 

Bd.I S. 2659)behemchte,understurmtenimVerein fur die Vorschiebung des Pomeriums war, ist 

mit diesem die Hauptstadte der Gegner, Soza und kaum richtig, vgl. Hiilsen CIL VI 4 p. 3106). 

Uspe. Zorsines wurde genOtigt, das Bild des C. Wegen der Blutschande, die L. Silanus sich hatte 

zu adorieren und Geiseln zu stellen ; Mithridates angeblich zu Schulden kommen lassen, wurde im 

ergab sich dem Eunones, der ihn, wohl im fol- Hain der Diana (wohl von Aricia) ein Suhnopfer 

genden Jahr, an C. auslieferte. Er wurde in Bom nach den Vorschriften des KOnigs Servius Tullius 

interniert (Tac. XII 15—21. Plin. n. h. VI 17; durch die Pontifices veranstaltet (Tac. XII 8 ; vgl. 

die Litteratur s. o. zum J. 46). Die Expedition Ephem. epigr. VII 1242). Die Ceremonie des 
des Aquila wird die 16. Imperatorenacclamation 10 augurium salutis wurde nach 75jahriger Pause 

des C. veranlasst haben (imp. X VI, CIL II 1302. wieder eingefuhrt (Tac. XII 23 ; s. o. Bd. II S. 23271). 

V 6969. IX 5973. X 1416). Herodes, Kdnig von Ituraea teilte C. nach dem Tode des KOnigs 
Chalkis, starb in diesem Jahr ; sein Gebiet erhielt Sohaemus der Provinz Syrien zu (Tac. XII 23), 
(vermutlich erst im J. 49/50; vgl. Joseph, ant. ebenso vielleicht Abilene, das bis zum J. 44 
XX 138) Agrippa II., Sohn des einst C. so be- Agrippa I. gehort hatte (vgl. Marquardt St.-V. 
freundeten KOnigs Agrippa von Judaea (Joseph. 1 2 403, der Abila wohl richtig mit Leukas iden- 
ant. XX 104 [= Zonar. VI 14]; bell. II 221 — tificiert ; der Irrtum des Tacitus, dass in dem- 
223; s. Schiirer Gesch. d. jtid. Volkes I 491 selben Jahr auch Judaea zu Syrien geschlagen 
und o. zum J. 44). worden sei, liesse sich eventuell auf diese Weise 
49 n. Chr. pont. max. trib. pot. IX (25. Jan. 20 auf klaren ; doch kam Abilene im J. 53 wieder 

49/50) imp. XVI, [XVII und XVIII] cos. IV an Agrippa II., s. zu diesem Jahr). Parthische 

desig. (V) p. p. censor. Gesandte erschienen in Bom und erbaten von C. 

Das einzige Bedenken, welches der Vermah- den in Bom lebenden arsacidischen Prinzen Me- 

lung des C. mit Agrippina noch entgegenstand, herdates, den sie dem unbeliebten Gotarzes als 

dass namlich die Ehe zwischen Oheim und Nichte Gegenkenig entgegenstellen wollten. C. gewahrte 

als Blutschande gait, wurde durch das Banke- ihre Bitte und liess den jungen Mann, nachdem 

spiel des L. Vitellius beseitigt. Senat und ,Volk' er ihm noch im Senate einige salbungsvolle Be- 

verlangten in wohlarrangierter Komoedie, dass C. lehrungen erteilt hatte, von dem Statthalter Sy- 

Agrippina zur Gattin nehme, und durch ein Se- riens, C. Cassius Longinus, bis Zeugma am Eu- 
natsconsult wurden die Ehen mit BruderstOchtem 30 phrat geleiten. Aber das Unternehmen des Me- 

ftir erlaubt erklart (vgl. Gai. Inst. I 62. Ulp. herdates glfickte nicht, obwohl ihn der Satrap 

V 5. 6). So wurde die Hochzeit gefeiert, der Karenes und, wenigstens anfangs, auch die Konige 
bald auch die Verlobung des jungen Domitius Abgar V. von Osroe'ne und Izates von Adiabene 
mit Octavia folgte (Tac. XII 5 — 7. 9. Suet. 26. unterstiitzten ; er wurde im folgenden Jahre von 
29. 39. Dio LX 31, 6. 32, 3. Joseph, ant. XX 149 Gotarzes geschlagen und gefangen (Tac. XI 10. 
[= Zonar. VI 15]. Plut. Ant. 87. Aur. Vict. 4, 12; XII 10-14; vgl. v. Gutschmid Kl. Schriften III 
epit. 4, 10. Zonar. XI 10 p. 3lf. Dind. [aus Dio]. 85ff.; Gesch. Irans 127f. Mo mm sen B. G. V 
Octavia v. 141f. Schol. Iuv. II 29). Mit dem Mo- 380. Nipperdey-Andresen zu Tac. aa. OO.). 
mente, da Agrippina C.s Gemahlin wurde, ging die Als der britannische Statthalter Ostorius Scapula 
Macht auf sie iiber. Ganz im Gegensatz zu Mes- 40 es unternahm, das eroberte Gebiet durch Castelle 
salina hatte diese hochbegabte Frau, die durch ihre zu sichern, geriet er in Kampf mit den Icenern 
Abstammung von Augustus ein Anrecht auf die und deren Nachbarstammen, die jedoch den rSmi- 
Herrschaft zu haben glaubte, nichts Geringeres schen Waifen erlagen (Tac. XII 31 ; wohl in dieses 
im Sinne, als die gleichberechtigte Mitherrscherin Jahr gehOrig). Diese Erfolge werden C. veran- 
ihres Gatten zu werden und dereinst ihres Sohnes, lasst haben, den Titel imp. XVII, vielleicht auch 
dem sie den Weg zum Throne auf alle Weise zu XVIII anzunehmen (noch imp. XVI CIL III 
ebnensuchte. Sie gab ihm den damals beriihmte- 6060. 7251 [= Dessau 214]. V 5804. VI 1231. 
sten Schriftsteller Boms, Seneca, der aus dem Not. degli scavi 1885, 475 [= Dessau 213]. 
Exil zuruckgerufen wurde, zum Erzieher und setzte Cohen nr. 9f. 19. 60f. 88f. ; imp. XVII Cohen 
es durch, dass er den ausseren Ehren nach demSOnr. 20. 90; imp. XVIII Cohen nr. 11. 21. 62. 
Britannicus, an dessen dereinstiger Thronfolge 63.91 [irrig imp. XV CIL XIII 1037] ; ob that- 
bis dahin niemand gezweifelt hatte (s. o. Nr. 92 sachlich beide Acclamationen auf Grand der brit- 
nnd dazu Sen. cons, ad Pol. 12, 5), gleichgestellt tischen Kampfe erfolgten, ist fraglich). Es wurden 
wurde. Zur Forderung ihrer Ziele suchte sie eben- auch wieder Miinzen mit dem % de Britann(is) 
so sich. Zuneigung zu gewinnen wie andererseits ausgegeben (Cohen nr. 19if.). 

Schrecken einzuflOssen (z. B. durch die Verban- Vielleicht im October (Mommsen St.-E. 13 

nung uud Ermordung ihrer Eivalin Lollia Pau- 588) wurde C. zum Consul fiir das J. 51 designiert 

lina) und scheute kein Mittel, um ungeheure Beich- (vgl. die Inschrift CIL V 5804, die gewiss nicht 

turner zu sammeln (Tac. XII 7—9. 22. Dio LX in die Zeit zwischen 1. und 25. Januar 50 gehort 
32. Zonar. XI 10. 11 p. 32. 34 Dind.). 60 [so Perrero Dizion. epigr. II 299], wie schon 

Den Senatoren aus Gallia Narbonensis wurde die Ziffer der Imperatorenacclamation beweist ; 

der Besuch ihrer Guter auch ohne ausdruckliche cos. desig. V im J. 50, CIL III 6737). 

Erlaubnis des Kaisers gestattet (Tac. XII 23). 50 n. Chr.: pont. max. trib. pot. X (25. Jan. 

Nach dem alten Eecht der Konige ruckte C. das 50/51) imp. XVIII, [XIX, (XX) und XXI] 

Pomerium vor, wozu ihm der Senat, weil er die cos. IV desig. V p. p. (censor). 

Grenzen des Eeiches erweitert hatte, die Befugnis Agrippina ruckte der Erfullung ihrer Wiinsche 

erteilte (Tac. XII 23. 24; s. u. Abschn. IV b«; wieder um ein Bedeutendes naher. Ihr Verbunde- 

die Meinung Detlefsens Herm. XXI 1886, 544f., ter, Pallas, jetzt der Machtigste unter den Frei- 



2809 Claudius Claudius 2810 

gelassenen , wusste den Kaiser fur die Adoption eben dies und die bestimmte Nachricht, dass die 

des jungen Domitiers empfanglich zu stimmen. Gefangennahme des Caratacus in das J. 51 fallt 

Hauptsachlich das Vorbild des Augustus und Ti- [Tac. XII 36] , fur das J. 50 als das des Sieges 

berius und die verkehrte Meinung, der jetzt 12- fiber den BrittenkOnig). 

jahrige Domitius werde dem 9jahrigen Britannicus Die glficklichen Feldziige am Rhein und in 

helfend und fordemd zur Seite stehen , bewogen Britannien veranlassten C, dreimal den Imperator- 

C. in die Adoption, die erste und einzige im titel zu emeuem (noch imp. XVIII CIL III 6737 

Hause der Claudier, zu willigen. Sie wurde am = Dessau 215. Cohen nr. 23. 66. 94; imp. XIX 

25. Februar (vgl. OIL VI 2041 Acta Arv.) lege Cohen p. 273 nr. 2; imp. XXI CIL II 4644). 
euriata apiid pontifices vollzogen, und dem neuen 10 Vielleicht in das namliche Jahr fallt die Aus- 

Prinzen, der dadurch gleichzeitig zur Tbronfolge weisung der in Bom ansassigen Juden und Juden- 

vorgeschlagen war (vgl. Mommsen St.-R. 113 christen, unter welehen Zwistigkeiten ausgebrochen 

1137), der Name Nero Claudius Drusus Germani- waren (Suet. 25. Oros. VII 6, 15. 16. Acta Apost. 

cus Caesar gegeben; seine Verlobte, Octavia, liess 18,2; die Meinung, dass hier dieselbe Massregel 

man, um eine Geschwisterehe zu vermeiden, durch vorliege, fiber die Dio LX 6, 6 zum J. 41 [s. d.] 

Adoption in eine andere Familie iibertreten (Tac. berichtet [vgl. Vogelstein-Rieger Gesch. d. 

XII 25. 26. XIII 2. Suet. 27. 39; Nero 7. Dio Juden in Rom I 1896, 19 und die dort angefiihrte 

LX 33, 2. Zon. XI 10 p. 32 Dind. Joseph, ant. Litteratur], dfirfte kaum richtig sein; fiber das 

XX 150 [= Zonar. VI 15]; bell. II 249. Plut. bekannte impulsore Chresto, das wohl auf einem 
Ant. 87. Aur. Vict. 4, 15. Octavia v. 139f.; fiber 20 Missverstandnis Suetons beruht, vgl. A. Weiss 

den Namen Neros vgl. Klebs Pros. I 369 nr. 690). Die rOm. Kaiser in ihrem Verhaltnis zu Jud. u. 

Im Zusammenhange mit der neuen Stellung ihres Christ., Pr. 1882, 13. Mommsen R. G. V 523, 1. 

Sohnes -wurde Agrippina der Name Augusta zu- Friedlander S. G. Ills 618. Schfirer Gesch. 

erkannt (Tac. XH 26. Zonar. a. a. O.; vgl. d. jfid. Volkes II 509, 70. Blass Henn. XXX 

Mommsen St.-R. 113 788, 4). Sie setzte es durch, 1895, 468. Smilda zu Suet. a. a. 0.). 

dass ihre Geburtsstadt , das heutige Koln , zur 51 n. Chr. : pont. max. trib. pot. XI (25. Jan. 

Militarcolonie erhoben und nach ihr benannt wurde 51/52) imp. XXII, [(XXIII), XXIV und 

(Tac. Xn 27, vgl. Marquardt St.-V. 12 278. {XXV)] cos. V p. p. censor. 

Nissen Rhein. Jahrb. XCVin 1895, 161ff.). C. bekleidete in diesem Jahr den fimften Con- 
Die Chatten flelen in Germania superior ein, 30 sulat mit Ser. Cornelius Orfltus, spater mit L. 

wurden jedoch von dem Legaten P. Pomponius Cal(idius) Vetus (CIL 12 p. 247 = X 6638 Fast. 

Secundus derart in die Enge getrieben, dass sie Antiates. II 4095. Ill 476. 1977. VI 353. 920. 

Gesandte und Geiseln nach Rom sandten (Tac. 1984. X 42. Bull. d. Inst. 1871, 151. Cohen nr. 24. 

XII 27. 28, vgl. Wietersheim-Dahn Gesch. 67f. 95f.; nach Sueton 14 hatte er die Fasces 

d. Velkerwand. 12 94. Dahm Rhein. Jahrb. CI sechs Monate geffihrt, was nicht richtig sein kann, 

1897, 128ff. Sarwey Westd. Ztschr. XVIII 1899, da er am 27. September noch im Amte war, vgl. 

19f.). Im Suebenreiche in Bohmen und Mahren Bull. d. Inst. a. a. 0.; vermutlich dfirfte Asbachs 

brachen innere Kampfe aus, in die auch die Nach- Meinung [Rh. Mus. XXXV 1880, 179] zutreffen, 

barvolker der Hermunduren, Lugier, Sarmaten und dass C. den Consulat an Stelle eines Verstorbenen 
Iazygen eingriffen und die mit der Vertreibung 40 noch fiber den 1. Juli hinaus fiihrte, wonach also 

des Vannius , den einst Drusus als Konig einge- bei Sueton [gessit . . (consulatum) tertium . ■ in 

setzt hatte, endigten. Die rOmische Regierung locum demortui suffeetus] tertium in quartum 

begnugte sich, ein Beobachtungscorps unter dem zu corrigieren ware; abweichend Smilda zu Suet. 

Statthalter Pannoniens, Sex. Palpellius Hister an a. a. 0.). Nero erhielt die Toga virilis, und schon 

der Donau aufzustellen, mit gutem Grand, da die zeigten die Ehren , die ihm von alien Seiten er- 

Nachfolger des Vannius, seine Neffen Vangio und wiesen wurden, dass man nur in ihm den Thron- 

Sido, die Oberhoheit Roms sofort anerkannten. erben erblickte. Der Senat designierte ihn zum 

Vannius empfing mit seinem Gefolge Wohnsitze Consul ffir sein zwanzigstes Lebensjahr, verlieh 

in Pannonien (Tac. XII 29. 30, vgl. Mommsen ihm die proconsularische Gewalt ausserhalb Roms 
R. G. V 196f. Wietersheim-Dahn 12 115. 50 und den Titel prineeps iuventutis. Die Ritter- 

Strakosch-Grassmann Gesch. d. Deutschen schaft weihte ihm einen Ehrenschild. Samtliche 

in Osterr. I 241). Priestercollegien nahmen ihn in ihre Mitte auf; 

In Britannien wurden die Ceanger durch eine man setzte sein Bild auf Reichsmiinzen ; in seinem 

Diversion, die Ostorius Scapula in ihr Land unter- Namen wurde den Soldaten ein donativum, dem 

nahm, eingeschfichtert, Unruhen bei den Brigan- Volk ein eongiarium gespendet; er veranstaltete 

ten beigelegt und die starke Veteranencolonie endlich eine Revue der Praetorianer und sagte 

Camulodunum in dem eroberten Lande gegrfindet. seinem Adoptiwater im Senate Dank (Tac. XII 41. 

Dann gelang es dem Scapula , fiber die wallisi- Suet. Nero 7. Zonar. XI 10 p. 33 Dind. CIL VI 

schen Bergvolker der Silurer und Ordoviker, die 921a [= Dessau 222]. 1984. Cohen I 2 Nero 
der unermfidliche Caratacus zum Kampf gegen die 60 nr. 96. 311 etc. Sallet Miinzen und Medaillen 

ROmer ffihrte, einen glanzenden Sieg zu erfechten, 1898,76; vgl. Mommsen St.-R. lis 831. Schiller 

der Frau, Tochter und Brfider des Caratacus den Nero 72ff.). Agrippina selbst gerierte sich mehr 

Siegern in die Hande lieferte (Tac. XII 32 — 35 ; und mehr als Mitherrscherin. Nie hat eine romische 

Agr. 14. Mfinzen mit R de Britann(is) aus diesem Kaiserin eine Stellung gleich ihr eingenommen. 

Jahr Cohen nr. 22. 23; die Verteilung der Ex- Es wurden Reichsmiinzen mit ihrem Bild gepragt 

peditionen des Scapula auf die J. 47— 50 ist aller- (Cohen I 2 274 nr. 34. Sallet a. a. 0. 75f.); 

dings unsicher, da Tacitus fiber dieselben zu letz- sie erteilte, wie der Kaiser, allgemeine Audienzen, 

terem Jahr zusammenfassend berichtet; doch spricht fiber welche in der Staatszeitung berichtet wurde - 



2811 Claudius Claudius 2812 

sie wohnte Festlichkeiten, Staatsactionen, Truppen- und der Reliefs sind noch erlialten, s. unter Ab- 

Tevuen neben ihrem Gatten auf einem Throne schnitt IV k; zu den 11 unterworfenen brittischen 

sitzend bei und erhielt das seltene Becht, im KOnigen, welche die Inschrift erwahnt, geheren 

Wagen auf das Capitol zu fahren (Tac. XII 37. Caratacus und dessen Briider [s. ztimJ. 50]; die 

42. Dio LX 33, 1. 2. 7. Zonar. XI 11 p. 34 Dind., Worte [sine] ulla iactur[a] treffen jedoch nur be- 

vgl. Mommsen St.-K. 113 807. 813. 831. 1168. ziiglich des Caratacus selbst zu). Das Beispiel 

Kaibel Ephem. epigr. II p. 8). In den Provinzen, der Hauptstadt fand in den Provinzstadten Nach- 

riamentlich griechischer Zunge, erwies man ihr ahmung (so in Kyzikos, vgl. die Inschrift des dor- 

gOttliche Verehrang und setzte ihr Portrat auf die tigen Triumphbogens CIL III 7061). Es wurden 
Munzen (vgl. Lehmann 179ff. Ferrero Diz. 10 wiederum Miinzen mit der Legende de Britannfis) 

•epigr. II 301f.). Grleichzeitig gelang es ihr, ihre ausgegeben (Cohen nr. 24). Vielleicht war es 

Geschopfeindie wichtigstenStellungenzubringen, auch dieser Erfolg, der den Senat veranlasste, in 

sie brachte den Befehl iiber die Praetorianer an einer Art Opposition gegen Agrippina Munzen mit 

Afranius Burrus, und den Kaisersohn Britannicus dem Bilde des Britannicus zu schlagen (Cohen 

iimgab sie mit ihr ergebenen Leuten (Tac. XII 12 269f. nr. 1. 2, s. o. Nr. 92; Mommsens An- 

41. 42. Zonar. a. a. 0.). sicht beziiglich dieser Munze [St.-B. 112 831] 

Da der Hafen von Ostia noch nicht vollendet durfte doch zu billigen sein). 

war , drohte im Winter noch immer die Gefahr C. empfing in diesem Jahr drei- oder viermal 

einer Hungersnot, und gerade in diesem Jahr ent- die Acclamation als Imperator (imp. XX II CIL III 
stand ein solcher Getreidemangel , dass sich das 20 476. 7206; imp. XXIV CIL III 1977; imp. XXIII 

Volk zu Schmahungen, ja sogar zu thatlichen In- und XXV sind nicht belegt; im folgenden Jahr 

sulten gegen den Kaiser hinreissen liess. Die erscheint bereits imp. XXVI; irrig ist trib. pot. 

Folge davon waren einige Erlasse, die die Korn-, XI imp. XVIII bei Cohen nr. 97. 98); ob nur 

zufuhr befOrdern sollten. Der Princeps erklarte, die Erfolge in Britannien oder auch andere, nicht 

den Schaden, der den Getreidespediteuren durch iiberlieferte Unternehmungen hiezu den Anlass 

Stiirme zugefiigt wiirde, auf sich nehmen zuwollen; boten, muss dahingestellt bleiben. 

den Schiffbauern wurden, wenn ihre Schiffe eine 52 n. Chr.: pont. max. trib. pot. XII (25. Jan. 

bestimmte Zeit hindurch Korn nach Rom gefilhrt 52/53) imp. XXVI [und XXVII] cos. V p. 

hatten, grosse Vorteile gewahrt: den Biirgern Be- p. censor. 

freiung von der Lex Papia Poppaea, den Leuten 30 Im Zusammenhange mit einem Process gegen 

latinischen Eechtes das rOmische Burgerrecht, den Furius Scribonianus, den Sohn des Emperers, wur- 

Frauen freigelassenen Standes das ius quattuor den durch Senatsbeschluss die Astrologen aus 

Xiberorum (Tac. XII 43 , der diese Verfugungen Italien verwiesen (Tac. XII 52. Zonar. XI 10 p. 33 

nicht erwahnt. Suet. 18. 19. Oros. VII 6, 17. Dind.). Die Frage der Ausscheidung unbemittel- 

Gaius I 32 c. Ulpian. 3, 6 [nicht hieher gehort ter Senatoren aus dem Senat beschaftigte den 

Zonar. XI 11 p. 34 Dind.], vgl. Smilda zu Suet. Kaiser noch immer (Tac. XII 52; die Stelle ist 

aa. OO.). Wohl auf Grund der genannten Vor- so aufzufassen, dass der Senat auf eine Rede des 

kehrungen wurden wieder Munzen mit der Urn- C. hin die verarmten Mitglieder, die nicht frei- 

schrift S. P. Q. R. p. p. ob cfivesj s(ermtos) ge- willig ihre Streichung beantragten, ausstiess ; von 
pragt, die tibrigens wahrend der ganzen Regierung 40 einer erneuerten lectio senatus, wie Lehmann 

des C. haufig in Curs kamen (Cohen nr. 95—98). 358 und Ziegler 1880, 36 annehmen, ist keine 

Der Sohn des greisen IbererkOnigs Pharas- Rede). Fur freie Frauen, die mit Sclaven im 

manes, Radamistos, flel in Armenien ein, das sein Concubinat lebten , wurde auf Antrag des Kai- 

Oheim und Schwiegervater Mithridates beherrschte. sers bei Unkenntnis des Patrons Sclaverei, im 

Durch die verraterische Haltung des rfimischen anderen Falle Libertinenstellung bestimmt; die 

Praefecten Caelius Pollio, der die Besatzung von Kinder, die einem derartigen Verhaltnis entspros- 

Gorneae (s. zum J. 42) befehligte, gefOrdert, be- sen, sollten entweder Sclaven werden oder in den 

kam er Mithridates in seine Gewalt, tOtete ihn Stand eintreten, den ihnen der Wille des Patrons 

und bemachtigte sich Armeniens (Tac. XII 44 zuwiese; wenn ein freigeborener Mann mit einer 
— 48, vgl. v. Gutschmid Kl. Schriften III 93f.; 50 fremden Sclavin ohne Kenntnis von deren unfreier 

Gesch. Irans 129. Schiller Kaiserzeit I 325f. Stellung im Contubernium lebe, sollten seine 

Mommsen R. G. V 381f. Nipperdey-Andre- mannlichen Kinder dem Stande des Vaters, die 

sen zu Tac. aa. 00.; die Chronologie dieser weiblichen dem der Mutter folgen (S. C. Clau- 

armenischen Verwicklungen , fiber die Tacitus dianum Tac. XII 53. Gai. inst. I 84ff. 91. Ulpian. 

zum J. 51 berichtet, ist nicht mit volliger Sicher- XI 11. Paul. sent. II 21a. IV 10, 2. Cod. Theod. 

neit zu bestimmen). Der Brittenkonig Carata- IV 11. Cod. lust. VII 24."Coll. libr. iuris anteiust. 

cus geriet, nachdem er neun Jahre lang den R0- ed.KrugerIII256,vgl.RudorffR0m.Rechtsgesch. 

mern Widerstand geleistet hatte, durch die Treu- I 111. Willems Droit publ.s 403). Da C. die 

losigkeit der BrigantenkOnigin Cartimandua in die Initiative zu diesem Gesetz dem Pallas zuschrieb, 
Gewalt des Ostorius Scapula und wurde nach Rom 60 zeichnete der Senat, gllicklich , sich dem m&ch- 

gebracht, doch beguadigte ihn der Kaiser (Tac, tigen Freigelassenen gefallig erweisen zu kSnnen, 

XII 36 — 38; hist. Ill 45; Agr. 14. Dio exc. Vat. diesen durch die ornamenta praetoria und ein 

V 191 Dind. = Zonar. XI 10 p. 33 Dind., s. o. Geldgeschenk aus, welch letzteres Pallas iibrigens 

S. 870f. 15691). Wahrscheinlich auf Grund dieses ablehnte (Tac. XII 53. Suet. 28. Plin. n. h. XXXV 

grossen Erfolges beschloss der Senat wiederum 201. Plin. ep. VII 29. VIII 6. Aur. Vict. epit. 

die Errichtung eines Triumphbogens fiir den Kaiser 4,8). Am 1. August dieses Jahrs wurden die 

und die kaiserliche Familie in Rom (Teile der In- beiden neuen Wasserleitungen dem Gebrauch uber- 

schrift [CIL VI 920. 921 = Dessau 216. 222] geben (CIL VI 1256 = Dessau 218. Frontin. 



2813 Claudius Claudius 2814 

de aqu. I 13; s. u. Abschnitt IV k). Die Voll- gange; trotzdem liegt kein Grand vor, mit Schil- 

endung eines Bergdurchstiches am Pucinersee ler Nero 73 an der Richtigkeit der dionischen 

feierte man durch eine grosse Naumachie im See- Nachrieht zu zweifeln). Die Vermahlung des 

becken , der C. und Agrippina prasidierten (Tac. sechzemvjahrigen Knaben mit Octavia wurde jetzt 

XII 56. Suet. 21. Plin. n. h. XXXIII 63. Mart. vollzogen (Tac. XII 58. Suet. 27; Nero 7. Dio 

epigr. 28, 11). Doch traten bei dem Werke, dessen LX 33, 2. Joseph, bell. II 249). Damit er auch 

Oberleitung Narcissus hatte, Fehler zu Tage, die durch seine Bildung glanze und Popularitat in 

allerdings bald beseitigt wurden. Dies beniitzte den Provinzen gewinne, liess ihn Agrippina im 

Agrippina, um ihren gefahrlichsten Gegner der Senate Reden zu Gunsten verschiedener Stadte 
unredlichen Baufuhrung anzuklagen, ohne freilich 10 halten, die ihm natiirlich sein Lehrmeister Seneca 

beim Kaiser einen Erfolg damit zu erzielen (Tac. verfasste (Tac. XII 58. Suet. Nero 7 , wo diese 

XII 57. Dio LX 33, 6, vgl. Suet. 32). Reden Neros in das J. 51 verlegt werden. Anth. 

Radamistos nahm den Konigstitel von Anne- Pal. IX 178). Wahrend Agrippina unermudlich 

nien an und empfing sogar die Anerkennung des thatig war , um ihrem Sonne Achtung und Be- 

Procurators von Kappadokien, Iulius Paelignus. liebtheit zu verschaffen, wurde Britannicus syste- 

Der Statthalter Syriens, C. Ummidius Durmius matisch in den Hintergrund gedrangt und als un- 

Quadratus, versuchte zwar eine Einmischung, ging fahig und krank offentlich discreditiert(s.o.Nr. 92). 

aber wieder davon ab. als der neue Parrherkbnig Aber es fehlte nicht an einer Partei , die dem 

Volagases die Anspriiche seines Hauses auf At- echten Kaisersohne die Thronfolge sichern und 
menien geltend machte und seinen Bruder Tiri- 20 dem Weiberregiment Agrippinas ein Ende bereiten 

dates mit diesem belehnte (Tac. XII 49. 50; die wollte; an ihrer Spitze stand Narcissus, seit der 

Litteratur s. zum J. 51). Zwischen Juden und Anklage, die Agrippina im vorhergehenden Jahr 

Samaritern brachen Zwistigkeiten aus, deren die gegen ihn erhoben hatte, der erklarte Gegner der 

beiden Procuratoren Ventidius Cumanus und An- Kaiserin (Tac. XII 57). Auch im Senate regte 

tonius Felix, der Bruder des Pallas, nicht Herr sich Opposition gegen die Umtriebe der machtigen 

wurden. Erst dem Eingreifen des Ummidius Prau. Nicht genug, dass man das Bildnis des 

Quadratus gelang es, die Ruhe wiederherzustellen. Britannicus auf Miinzen setzte (s. zum J. 51), 

Felix erhielt nun die Verwaltung von ganz Judaea, wurde, allerdings vergeblich , ein Angriff gegen 

Samaria, Galilaea und Peraea (Tac. XII 54; ab- die starke Stellung ihres Vorkampfers L. Vitel- 
weichend Joseph, ant. XX 118 — 137 [Zonar. VI 30 lius versucht und ein Werkzeug der Kaiserin, 

15]; bell. II 232-247; Suet. 28. Aur. Vict. epit. Tarquitius Priscus, verurteilt (Tac. XII 42. 59). 

4, 7; vgl. Schurer Gesch. d. jiid. Volkes I 476f.). Dieses Jahr war reich an Privilegien fur ein- 

Die Kieten, die unter Troxoboris dem kilikischen zelne Stadte. Die Bewohner von Ilion und von 

Ktistenlande durch Raubziige lastig flelen, trieb Kos wurden von jeder Leistung an den Staat be- 

der KOnig Antiochos von Kommagene zu Paaren freit, den Stadten Byzanz und Apamea die Steuern 

(Tac. XII 55, vgl. Wilhelm Arch.-epigr. Mitt, fur fiinf Jahre erlassen, Bononia eine Geldspende 

XVII 1894, Iff.). Ostorius Scapula setzte den gewahrt (Tac. XII 58. 61— 63. Suet. 25). Rhodos 

Krieg gegen die Silurer fort, die trotz Caratacus erhielt seine Freiheit wieder (Tac. XII 58. Suet. 

Gefangennahme keineswegs in ihrem Kampfeseifer 25. Antiphilos Anth. Pal. IX 178, vgl. IGIns. I 
nachliessen; obwohl im offenen Kampfe siegreich, 40 2). Auf Veranlassung des C. wurde durch Senats- 

erlitt er in einem hartnackigen Guerillakrieg beschluss den kaiserlichen Procuratoren voile Ge- 

schwere Verluste. Als er starb . folgte ihm als richtsbarkeit in Sachen des Fiscus gewahrt (Tac. 

Statthalter A. Didius Gallus, der die Silurer aus XII 60. Suet. 12, vgl. Mommsen St.-R. 113 

dem romischen Gebiet vertrieb (Tac. XII 38-40; 1022. Willems Droit publ.s 500f. Herzog St.- 

Agr. 14). Auf Grand dieser Kampfe nahm C. in Verf. II 773). 

diesem Jahr zwei- oder dreimal den Imperator- Agrippa II. erhielt an Stelle seines bisherigen 

titel an (beziiglich imp. XXV s. zum J. 51; Herrschaftsgebietes Chalkis die ehemaligen Te- 

imp. XXVI CIL VIII Suppl. 14727. Bull. hell. trarchien Trachonitis, Batanaea, Gaulanitis und 

XI 1887, 306; imp. XXVII mit trib. pot. XII Abilene als Konigreich (Joseph, ant. XX 138 
CIL VI 1256 [= Dessau 218]. Ill dipl. I p. 844 50 [= Zonar. VI 15]; bell. II 247, vgl. Schurer 

[vom 10. December]). Die 27. Imperatorenaccla- Gesch. d. jiid. Volkes I 492). Der Partherkonig 

mation war die letzte des C. (CIL II 1953. Ill Volagases vertrieb die Iberer aus Armenien, wurde 

409. 4591); er empfing sie vor dem 1. August jedoch durch die Strenge des Winters und den 

dieses Jahres (vgl. CIL VI 1256 und Frontin. de Ausbruch einer Seuche zur Ruckkehr in sein Reich 

aq. I 13). genotigt. Als Radamistos wieder festen Fuss im 

53 n. Chr.: pont. max. trib. pot. XIII (25. Jan. Lande zu fassen suchte, verjagte ihn (im folgen- 

53/54) imp. XXVII eos. V p. p. censor. den Jahr) das armenische Volk selbst , die par- 

Als C. in diesem Jahr erkrankte, gelobte Nero thischen Truppen kehrten zuriick, und der Arsa- 

auf Veranlassung seiner Mutter Spiele im Falle cide Tiridates bestieg den Thron Armeniens (Tac. 
der Genesung des Adoptivvaters. Gleichzeitig be- 60 XII 50. 51. XIII 6; die Litteratur s. zum J. 51). 

wog Agrippina den Kaiser, in Botschaften an den 54 n. Chr. : (pont. max.) trib. pot. XIV (vom 

Senat und an das wegen Getreidenot wieder ein- 25. Januar an) (imp. XXVII cos. V p. p. censor). 

mal in Unrufie geratene Volk zu erklaren, dass, In dem erbitterten Kampfe, den Agrippina 

falls er sterbe, Nero zur Verwaltung des Staates und Narcissus um die Herrschaft fiber Kaiser und 

bereits fahig sei. Doch genas C. wieder , und Reich fiihrten, schien es beinahe zu einem Siege 

Nero richtete die gelobten Spiele prachtig aus des Freigelassenen kommen zu wollen. Es ge- 

(Zonar. XI 11 p. 34 Dind. [aus Dio]. Suet. Nero lang ihm zwar nicht, den Sturz der Domitia Le- 

7 ; bei Tacitus lesen wir nichts iiber diese Vor- pida, der Tante Neros, deren Einfluss auf diesen 



2815 Claudius Claudius 2816 

Agrippina furchtete, hintanzuhalten (Tac. XII 64. den verschiedenen Berichten. Vgl. Schiller Nero 

65. Suet. Nero 7), aber er verstand es, Keime 85ff. ; Kaiserzeit I 343f. Ranke Weltgesch. Ill 

des Misstrauens gegen Agrippina in das Herz des S07ff. (der annimmt , dass 0. eines natiirlichen 

Fiirsten zu legen, und, was noch bedeutsamer war, Todes gestorben sei). 

eine Annaherung zwischen diesem und seinem so c) Fortleben nach dem Tode. Wahrend man 

lange vernachlassigten Sohne zustande zu bringen. sich beeilte, das Testament des C. zu vernichten 

Man horte aus dem Munde des Kaisers, es sei (Tac. XII 69. Dio LXI 1, 2 = Zonar. XI 12 p. 37 

ihm bestimmt , die Schandthaten seiner Frauen Dind.), beschloss der Senat fur ihn, wie einst fur 

erst zu ertragen , dann zu bestrafen. Unter Zu- Augustus, ein funus censorium, bei welchem Nero 
ziehung der Magistrate verfasste er ein Testament, 10 die von Seneca verfasste Leichenrede hielt. Gleich- 

in welchem Britannicus dem Nero mindestens falls nach dem Vorbild des Augustus wurde vom 

gleichgestellt wurde (vgl. Mommsen St.-E. IIS Senate die Consecration des C. beschlossen, Agrip- 

1135, 5. Asbach Rom. Kaisertum 25); eine Rede pina zu seiner flaminiea bestimmt und der Cult 

des Kaisers im Senate, in welcher er seine beiden des Divus Claudius mit dem des Divus Augustus 

Sohne zur Eintracht ermahnte, bewies gleichfalls, vereinigt , dessen Priester den Namen sodales 

dass Narcissus nicht vergebens thatig gewesen Augustales Claudiales erhielten (Tac. XII 69. 

war. Mehr noch als all dies flel in die Wag- XIII 2.3. Suet. 45; Nero 2. Dio LX 35, 2. Sen. 

schale, dass sich C. mit dem Gedanken trug, dem apocol. 12. Plin. pan. 11. Traian. ad Plin. 71. 

jetzt dreizehnjahrigen Britannicus sobald als mog- Eutr. VII 13. Stat. silv. Ill 3, 77. 78. Iuv. V 
lich die Toga virilis zu verleihen. Dies musste20 620-— 623; auch Miinzen mit der Umschrift divus 

Agrippina auf alle Weise zu verhindern trachten ; Claudius Augustus wurden damals auf Senats- 

mit der Anlegung des Mannergewandes betrat beschluss gepragt, Cohen nr. 3 If. ; die Inschrif- 

Britannicus die offentliche Lauf bahn, und was der ten, in denen C. als Divus bezeichnet wird, finden 

echte Sohn des Kaisers, selbst, wie es scheint, sich zusammengestellt bei Nordmeyer Jahrb. 

nicht unfahig und geleitet von einem Manne wie f. Philol. Suppl. XIX 1893, 291ff. und bei Fer- 

Narcissus, erreicht hatte, konnte niemand voraus- rero im Diz. epigr. II 296; iiber die Sodales 

sehen. Da kam der Zufall der Kaiserin zu Hiilfe. AugustalesClaudialesvgl.Marquardt-Wissowa 

Narcissus erkrankte am Podagra und war genotigt, III 2 471. Beurlier Le culte imperial 1891, 85f., 

die Bader von Sinuessa aufzusuchen. Die Zeit bezuglich der zeitlichen Pixierung kaum richtig). 
seiner Abwesenheit musste Agrippina, fur die es 30 Diese Verfiigungen gingen offenbar von Agrip- 

galt, alles zu gewinnen oder alles zu verlieren, pina aus, die eine Erhohung ihres Ansehens er- 

zur raschen That benutzen. Sie griff zu dem hoffte, wenn ihr einstiger Gemahl zum Gott er- 

Mittel, das allein ihre Plane zu Ende bringen und hoben wurde ; denn die Anerkennung der Begie- 

eine scrupellose Frau wie sie nicht abschrecken rungshandlungen des Verstorbenen konnte gewiss 

konnte. Der Genuss eines vergiftetenPilzesmachte auch ohne Apotheose erfolgen. Doch erzielte sie 

dem Leben des C. in wenigen Stunden ein Ende. in Wirklichkeit gerade das Gegenteil der beab- 

Er verschied fruhmorgens am 13. October, doch sichtigten Wirkung. Den Zeitgenossen trat der 

wurde sein Tod bis Mittag verheimlicht. Dann Abstand zwischen dem C, den sie selbst gekannt 

zeigte sich Nero, begleitet von Burrus, den Prae- hatten, und dem Gotte C. allzu stark vor Augen. 
torianern und empfing ohne Hindernis die Hul- 40 Der Spott, der den Kaiser zeitlebens verfolgt hatte, 

digung als Imperator. fand auch in diesem Contraste ein dankbares Ob- 

Uber die Vorgange vor dem Tode des C. vgl. ject (Dio LX 35, 2. 3); Nero selbst witzelte iiber 

Tac. XII 64—66. Suet. 43. 44. 46 ; Tit. 2. Dio den durch einen Pilz zum Gott gewordenen Adop- 

LX 34, 1. 2. 4. Zonar. XI 11 p. 35 Dind. [aus tiwater (Suet. Nero 33. Dio LX 35, 3. Plin. pan. 

Dio]. Joseph, ant. XX 151 = Zonar. VI 15. Aur. 11), und kurze Zeit nach dessen VergStterung 

Vict. 4, 13. Uber den Tod wird berichtet: Tac. erschien die ,Verkiirbisung des Divus Claudius', 

XII 66—69. XIV 63. Suet. 44. 45; Nero 33. Dio die boshafteste Satire, die je auf einen Herrscher 

LX 34, 2.3. 35, 3. LXI 6, 4. 14, 1. Zonar. XI 11 geschrieben worden ist (sie gilt als Werk des 

p. 35 Dind. [nach Dio]. Plin. n. h. II 92. XI Seneca). Nero liess tibrigens den Cult des C. 
189. XXII 92. Joseph, ant. XX 148. 151; bell. 50 spater, wahrscheinlich nach dem Untergang Agrip- 

II 248. Aur. Vict. 4, 13. 15; epit. 4, 10—12. Zo- pinas, eingehen und den Tempel, den diese am 

sim. I 6,3. Oros. VII 6, 18. Sen. apocol. 1—4; Caelius ihrem einstigen Gemahl zu bauen be- 

Octavia v. 25. 3 If. 44. 102. 164f. Mart. I 20. gonnen hatte, niederreissen (Suet. 45; Vesp. 9); 

Iuv. V 147f. VI 620—623. Philostr. vit. Apoll. formlich aufgehoben, wie Suet. 45 berichtet, hat 

V 32, vgl. CIL VI 2041. An der Thatsache der er jedoch die Consecration des C. keineswegs (vgl. 

Vergiftung diirfte nach dem Zusammenhang der daruber Hirschfeld Gott. Gel. Anz. 1873, 747f. 

Ereignisse kaum zu zweifeln sein; die Vorgange [dass C. in der Lex de imperio Vespasiani nicht 

unmittelbar nach dem Tode des C. zeigen iiber- divus genannt wird, beweist noch nicht die offi- 

dies, dass Agrippina wohlvorbereitet war; endlich cielle Aufhebung der Apotheose; wird doch Ti- 
ist es ein die Kaiserin belastendes Moment, dass 60 berius in derselben Urkunde mit einem Namen 

Narcissus Ende dem seines Herren sofort folgte. bezeichnet, den er nie gefuhrt hat: Ti. Iulius 

Mit Ausnahme des Josephus. der von einem Ge- Caesar Aug.]; S.-Ber. Akad. Berl. 1888, 841, 39. 

riicht spricht (Xoyog tjv jia@a xiviov , cog vito xfjg Beurlier 33. S mil da zu Suet. 45. Nord- 

yvvatxog 'AyQinmvqg (paepaxoig av^grjTO ant. XX meyer 291ff.). Vespasian, der unter C. empor- 

148), stellen alle Schriftsteller die Vergiftung als gekommen war, hat die Verehrung desselben neu 

gewiss hin, vielleicht am bestimmtesten der Zeit- belebt (Suet. 45) nnd seinen Tempel am Caelius 

genosse Plinius. In den Einzelheiten giebt es wieder aufgebaut (Suet. Vesp. 9. Frontin. de aq. 

der Natur der Sache nach Abweichungen zwischen I 20. II 76. CIL VI 10251 a, vgl. Gilbert Gesch. 



2817 Claudius Claudius 2818 

u. Topogr. d. St. Eom III 124). Spater haben kennen von Comitialgesetzen aus dieser Regierung 

noch Titus, Domitian und Traian das Andenken die lex Claudia iiber die Aufhebung der Agna- 

wohl weniger des C. selbst als seiner Regierung tentutel fur Prauen (s. Abschnitt IV f ), erne lex 

durch Neupragung seiner Munzen aufgefrischt gegen die Wucherer (s. zum J. 47 und Abschnitt 

(Cohen nr. 102 — 111). IV f) und vielleicht die lex Iunia Vellaea (s. zum 

IV. Verwaltung (Cbersicht). a) Allgemeines. J. 46; vgl. Karlowa Rom. Rechtsgesch. I 623. 

Die Eigenart der Regierung des C. beruht haupt- Herzog St.-Verf. II 269). Bedeutend umfang- 

sachlich darauf, dass unter ihm die Leitung des reicher war die gesetzgeberische Thatigkeit des 

Reiehes im wesentlichen in den Handen der kaiser- Senates, die, allerdings immer unter dem Einfluss 
lichen Hof bediensteten lag. Daraus erklart sich 10 der kaiserlichen Regierung, sich auf fast alle Ge- 

sowohl der im allgemeinen conservative Charakter biete des Sffentlichen Lebens erstreckte (die er- 

der Staatsleitung — denn einschneidende Refor- haltenen Senatsbeschlusse aus der Zeit des C. sind 

men in Verfassung und Verwaltung kOnnen nur gesammelt bei Bruns Pontes 6 186ff. ; ausserdem 

von einer mit hochster Autoritat ausgestatteten werden noch zahlreiche andere erwahnt; s. die 

Regierung ausgehen — wie andererseits die Rich- folgenden Abschnitte). Endlich ist auch die kaiser- 

tung auf Starkung der Purstengewalt, auf Nieder- liche Verordnung, zu der in den J. 47 und 48 das 

haltving der senatorischen Aristokratie bei ausser- censorische Edict kam, in hervorragendem Masse 

licher Ehrung derselben und auf Ausgleichung zur Rechtschaffung herangezogen worden (die er- 

des Gegensatzes zwischen Italien und den Pro- haltenen Erlasse des C. s. o. Abschnitt I c; vgl. 
vinzen, die dieses Regiment verfolgte. Man muss 20 die folgenden Abschnitte). Vgl. Hirschfeld V.- 

gestehen, dass die Herrschaft der Preigelassenen G. 286ff. Herzog II 264ff. AsbachRom. Kaiser- 

des G. eine der besten gewesen ist, die dem romi- turn 21ff. 

schen Reiche beschieden waren. Wie nach aussen b) Die obersten Gewalten. a) Kaiser und Hof. 
hin in gliicklichen Kampfen die Macht befestigt, Trotz aller ausserlichen Respectierung des Senats 
die Grenzen erweitert wurden und das Heer wieder war es doch recht eigentlich die kaiserliche Re- 
die alte Kriegszucht sich zu eigen machte , so gierung, welche die Verwaltung des Reiehes unter 
sorgten im Innern kluge Verwaltung, schnelle C. leitete. Die Rechte, welche die augustische 
Justiz und lebhafter Bautrieb fur das Wohl der Verfassung dem Princeps gab, wurden nichi bios 
Unterthanen, und rnit umsichtigem Eifer wurde vOllig ausgeniitzt, sondern auch erweitert und 
durch Verleihung des Biirgerrechtes , durch Zu- 30 iiberschritten (cuneta legum et magistratuum 
lassung zur Staatscarriere , durch Griindung von munia in se trahens princeps Tac. XI 5), und 
Colonien und Anlegung von Strassen die grosse andererseits stand der Senat wieder derart unter 
Idee verfolgt , die vielen Volker des Reiehes in kaiserlichem Einfluss, dass alle Wunsche des Herr- 
cultureller Einheit zu verbinden. schers von der hohen Korperschaft pfiichtschul- 

Die bis dahin wenig bedeutenden kaiserlichen digst erfullt wurden (vgl. Tac. XII 7. 60). So 

Hausstellungen des Secretariats, Rechnungs- und vermochte die Regierung des C. mit Benutzung 

Bittschriftenamtes wurden jetzt Ausgangs- und der gesetzlichen Befugnisse des Senates eine Po- 

Mittelpunkt der Reichsverwaltung. Und wie die litik zu verfolgen, die doch von den Traditionen 

obersten Chefs waren auch die hOheren und sub- der Senatspolitik vollig abwich; man braucht nur 
alternen Beamten des administrativen Dienstes, 40 daran zu erinnern, dass der Senat es war, der die 

namentlich in der Hauptstadt, zum guten Teile Erteilung der Jurisdiction an die kaiserlichen 

kaiserliche Preigelassene. In den Provinzen wurde Procuratoren, des Ius honorum an die Gallier und 

die Pinanz- und teilweise auch die Civilverwal- viele ahnliche Neuerungen beschloss , die gewiss 

tung vorwiegend ritterlichen Beamten anvertraut, nicht den Regierungsmaximen der senatorischen 

deren Bedeutung durch die Verleihung der Civil- Aristokratie entsprachen. 

gerichtsbarkeit wesentlich gehoben wurde. So Die Censur, die C. in den J. 47 und 48 (s. 

haben die Leiter der claudischen Regierung die d.) fiihrte, gab ihm die Moglichkeit einer Er- 

senatorische Aristokratie teils ganz von den Reichs- ganzung und Reinigung des Senats in grosserem 

geschaften verdrangt, teils einer steten Controlle Massstabe. Durch Senatsbeschlusse wurden Be- 
durch kaiserliche Beamte unterworfen und einen 50 fugnisse des Herrschers festgesetzt oder erweitert ; 

starken Schritt vorwarts gethan in der Ausbil- wie Augustus und Tiberius erhielt er die Aner- 

dung der Monarchie. kennung der Rechtsgiiltigkeit seiner samtlichen 

Aber die Freigelassenen waren doch nicht die Verfugungen (vgl. Mommsen St.-R. II 3 9091'.), 

alleinigen Machthaber. C.s eigene Initiative ist das Recht, Biindnisse zu schliessen, den Senat zu 

(namentlich an seinen historisch-antiquarischen berufen , Antrage zu stellen und zu cassieren, 

Liebhabereien)beinichtwenigen,manchmallobens- Senatsbeschlusse herbeizufiihren (CIL VI 930 

werten, dann wieder verkehrten Massregeln zu er- = Dess au 244 lex de imp. Vesp.), vielleicht auch, 

kennen. Ferner haben die Kaiserin Agrippina den Senat durch Adlection zu erganzen (s. zum 

und einzelne hervorragende Senatoren wie L. Vi- J. 48). Er bekam ferner auf Grund der Vor- 
tellius grossen Einfluss auf die Leitung des Staats- 60 schiebung der Reichsgrenze die Befugnis, das Po- 

wesens ausgefibt. Daraus erklaren sich auch die merium vorzuriicken (lex de imp. Vesp. ; CIL VI 

Widerspruche , die sich zuweilen zwischen ver- 1231. 31537 = Not. d. scav. 1885, 475. Tac. XII 

schiedencn Regierungshandlungen der Zeit des C. 23. 24. Gell. XIII 14,7, vgl. Mommsen St.-R. 

flnden. 113 435, 1. I072f. Ill 826, 1. Detlefsen Herm. 

Von den drei Pactoren der Gesetzgebung, dem XXI 502f. 518f. Hiilsen CIL VI fasc.4,2p. 3106 ; 

Volksgesetze, dem Senatsbeschlusse und der kai- s. o. zum J. 49). Das bisher dem Senate zu- 

serlichen Verordnung, ist der erstgenannte unter stehende Recht , Senatoren die Erlaubnis zum 

C. wohl nur selten in Wirksamkeit getreten. Wir Aufenthalt ausserhalb Italiens (abgesehen von Si- 

Pauly-Wissowa III 89 



2819 Claudius Claudius 2820 

cilien und dem narbonensischen Gallien) zu er- vom Kaiser veranstalteten Gladiatorenspiele zur 

teilen, wurde im J. 46 auf den Kaiser iibertragen Aufgabe hatte (Hirschfeld 178), des procurator 

(Dio LX 25, 6. Suet. 23, vgl. Tac. XII 28). bybliothecarum (Hirschfeld 189), des procura- 

C. leistete selbst den Eid auf die acta des tor a patrimonio , der das kaiserliohe Hausgut 

Augustus (Dio LX 10, 1. 25, 1), liess aber, wenig- verwaltete (Hirschfeld 41), und endlich das wich- 

stens anfangs, nicht zu, dass seine eigenen acta tige Amt des Freigelassenen a eognitionibus, der 

beschworen wurden (Dio LX 10, 1). Die Anklage die richterlichen Entscheidungen des Herrschers 

wegen Majestatsverletzung hob er auf (Dio LX vorzubereiten hatte (vgl. Hirschfeld 208f Her- 

3,6. 4,2, doch vgl. Tac. XII 42). In Bezug auf zog St.-Verf. II 783, abweichend Mommsen 

personliche Ehrung war er massvoll (s. zum J. 41), 10 St.-E. 113 965, 2). 

hat aber nichtsdestoweniger aus Angst vor Nach- /J) Senat. tlber das Verhaltnis von Kaiser und 

stellungen Neuerungen eingefiihrt, die dem Herr- Senat vgl. die vorhergehenden Abschnitte. 

scher auch ausserlich eine exclusivere Stellung Senatoren, die durch Verarmung den Sitz im 

gaben (s. zum J. 41). Denjenigen, die das Vor- Senate verloren, liess C. meist selbst ihre Strei- 

recht des Zutrittes zum Kaiser hatten, gestattete chung aus der Senatorenliste beantragen (Tac. XI 

er, einen goldenen Ring mit seinem Bildnisse zu 25. XII 52. Dio LX 11, 8. 29, 1 ; s. zu den J. 48 

tragen (Plin. n. h. XXXIII 41; dass er selbst und 52) Leuten, die es trotz vorhandener Quali- 

Smaragd- und Sardonyxringe trug, erzahlt Plin. fication verschmahten , die senatorische Carriere 

XXXVII 85). In Bezug auf den Kaisercult (vgl. einzuschlagen , nahm er auch die Ritterwiirde 

Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. 1888, 833ff. 20 (Suet. 24, vgl. Dio LX 29, 2 = Zonar. XI 9 p. 29 

Beurlier Le culte imperial 1891) hat sich C. Dind.). Das Recrutierungsgebiet des Senates 

an das Beispiel des Augustus und Tiberius ge- wurde durch die Erteilung des ius honorum an 

halten (vgl. Plin. ad Traian. ep. 70. 71; in der die Aeduer erweitert (J. 48). C. hatte zwar zu 

Puteolaner Inschrift aus dem J. 46, CIL X 1558, Anfang seiner Regierung erklart, er werde keinem 

ist die Erganzung [ministraje sacerdoti(i) di- den lotus clavus verleihen, der nicht mindestens 

[vini nostri imjperatoris Ti. Claud [i] zweifel- Urgrossenkel eines rOmischen Burgers sei, hielt 

haft, vgl. Hirschfeld 843, 48). In Britannien sich aber spater nicht immer an diese Bedingung 

wurde sofort nach der Occupation des Landes seine (Suet. 24, vgl. Nero 15). Die Senatoren aus Gal- 

Verehrung eingefiihrt und ihm ein Tempel in Ca- lia Norbonensis erhielten das den sicilischen schon 
mulodunum errichtet (Tac. XIV 31. Senec. apo- 30 lange zustehende Recht, auch ohne ausdruckliche 

col. 8). Sowie er das Andenken seiner Vorfahren Erlaubnis des Kaisers (vgl. IV b a) ihre Giiter 

feierte (s. zum J. 41), liess er auch Ehrungen der besuchen zu durfen (Tac. XII 23, s. zum J. 49). 

Mitglieder seiner Pamilie zu, seiner Fran Messa- Im Circus Maximus wurden fur die Senatoren be- 

lina (Dio LX 22, 2. Suet. 17), seiner Schwieger- stimmte Platze abgesondert (Suet. 21. Dio LX 

sohne Silanus und Pompeius (Dio LX 5, 7 — 9. 31, 7, 4). Die senatorischen Ehrenrechte wurden vom 

7 ; s. zu den J. 41 und 44), namentlich aber seines Senate auf Veranlassung des Kaisers nicht bios 

Adoptivsohnes Nero (J. 51) und seiner zweiten VasallenkOnigen (Agrippa I. und Herodes, s. zum 

Gemahlin Agrippina, die die Vorrechte einer Mit- J. 41) und Rittern verliehen (so erhielten die Pro- 

regentin nicht nur in Anspruch nahm , sondern curatoren P. Graecinius Laco [Dio LX 23, 3. CIL 

auch zum guten Teil ausubte (J. 50, 51). 40V 3340 = Dessau 1336] und Iunius Cilo [Tac. 

Die ubermachtige Stellung, welche die in den XII 21] die ornainenta consularia [vgl. Suet. 24], 

hdchsten Hofamtern beflndlichen Freigelassenen der Praefectus Praetorio Rufrius Orispinus [Tac. 

einnahmen (s. zum J. 41), kam auch ausserlich XI 4] und der Cohortenpraefect Iulius Aquila [Tac. 

in einer fur romische Anschauung unerhorten XII 21] die ornamenta praetoria), sondern auch 

Ehrung dieser ehemaligen Sclaven zum Ausdruck. kaiserliche Freigelassene bekamen derartige Aus- 

Narcissus erhielt vom Senate die quaestorischen, zeichnungen (s. IV b a). 

Pallas die praetorischen Insignien (J. 48 , 52) ; Verschwenderisch ging diese Regierung um mit 

dem ersteren ubertrug C. sogar das militarische personlichen Ehrungen einzelner Senatoren, die 

Commando fur einen Tag und damit das Recht, allerdings immer der Senat selbst, aber auch hierin 
das Schwert zu fiihren (J. 48, vgl. Mommsen 50 ganz abhangig von dem Willen des Herrschers, 

St.-R. 13 435). Felix wurde in den Ritterstand decretierte. Man wollte dadurch die Decorierten 

erhoben und Alen, Cohorten, schliesslich der Pro- selbst an das Interesse des kaiserlichen Hauses 

vinz Judaea vorgesetzt (vgl. Mommsen St.-R. fesseln und eine Art von Entschadigung bieten 

113 837, 1. Hirschfeld V. G. 256, 1; S.-Ber. fur den Verlust der reellen politischen Macht. Die 

Akad. Berl. 1889, 423), der Eunuch Posides mit ornamenta triumphalia wurden auch Nichtcon- 

einer militarischen Auszeichnung bedacht (J. 44). sularen verliehen und oft wegen geringftigiger Er- 

Freigelassene des Kaisers bekleideten Flotten- folge (Suet. 24. Tac. XI 20, vgl. XIII 53. Dio 

commandos (vgl. CIL III p. 844 dipl. I. Hirsch- LX 23, 2; soweit uns bekannt ist, erhielten die 

feld V.-G. 123f.) und zahlreiche Verwaltungs- Triumphalinsignien unter C. die Consularen M. 

stellen im kaiserlichen Dienst (vgl. Tac. XII 60. 60 Licinius Crassus Frugi [Suet 17], Ser. Sulpicius 

Hirschfeld 287); die hoheren von ihnen erhiel- Galba [Suet. Galba 8], A. Didius Gallus [CIL 

ten gleich den ritterlichen Beamten den Titel III Suppl. 7247 = Dessau 970], Cn. Domitius 

procurator (Hirschfeld 287). Neu creiert wur- Corbulo [Tac. XI 20. Dio LX 30, 5] , Curtius 

den fur die Freigelassenen die Stellungen eines Rufus [Tac. XI 20], P. Pomponius Secundus [Tac. 

Procurators der Wasserleitungen (Frontin. de aq. XII 28] , P. Ostorius Scapula [Tac. XII 38] und 

105; vgl. Hirschfeld 163ff.), des Procurators ein Unbekannter [CIL IX 2847 = Dessau 971], 

portus Ostiensis (s. zum J. 44) . wohl auch des die Praetorier Cn. Hosidius Geta [Dio LX 20. 4] 

Procurators a muneribus, der die Ausrichtung der und T. Flavius Vespasianus [Suet. Vesp. 4], end- 



2821 Claudius Claudius 2822 

lich auch der 18jahrige Schwiegersohn des Kaisers, z. B. den Tanzern der Pyrrhiche das Burgerrecht 

Iunius Silanus,' Suet. 24. Tac. XII 3. Dio LX verlieh (Dio LX 7, 2), und andererseits Messalina 

31, 7). A. Plautius, der Eroberer Britanniens, war und die Freigelassenen die Civitat zu einem Han- 

der letzte Private, der — noch dazu, ohne eigenes delsartikel machten (Dio LX 17, 5. 6. 8. Senec. 

Imperiumbesessenzuhaben — den kleinen Triumph apocol. 9). C. verbot, neue Burger wegen Nicht- 

feierte (s. zum J. 47; vgl. Mommsen St.-E. 13 fuhrung des Namens Claudius oder wegen Nicht- 

131, 2. 136, 1); P. Gabinius Secundus, der Be- einsetzung des Kaisers zum Erben anzuklagen (Dio 

sieger der Chauker (J. 41), erhielt die Erlaubnis, LX 17, 7). 

den Beinamen Chcmcius zu ffihren (Suet. 24) ; Aber auch Entziehung des Burgerrechtes kam 
dem L. Salvius Otho wurde eine Statue im Pa- 10 nicht selten vor (Dio LX 17, 5); zweimal hat 

latium errichtet (Suet. Otho 1). Auch die Er- C. vornehmen Griechen, weil sie der lateinischen 

ganzung des Patriciats (J. 48) diente dazu, ein- Sprache nicht machtig waren, das Burgerrecht ge- 

zelne Senatoren auszuzeichnen. Der machtigste nommen (Suet. 16. Dio LX 17, 4). Nichtburgern 

Senator dieser Zeit, L. Vitellius, wurde zum Col- verbot er die Fiihrung rOmischer Gentilnamen 

legen des Kaisers in der Censur und zweimal im (Suet. 25, vgl. CIL V 5050) ; Anmassung der Ci- 

Consulat erhoben und ubemahm wahrend der Ab- vitat wurde mit dem Tode bestraft (Suet. 25, vgl. 

wesenheit des C. in Britannien die Begierung (vgl. 15). 

Dessau Prosopogr. Ill 451 nr. 500. Boissier Als Vorstufe des Burgerrechtes hat C. wieder- 

L'opposition sous lesCesars 1885, 204ff.). Jahrige holt Tolkersehaften und Stadten die Latinitat 
Consulate wurden wiederholt erteilt (C. Caecina 20 verliehen (vgl. Herzog St.-Verf. II 328. Momm- 

Largus, Dio LX 10, 1. Valerius Asiaticus, Dio sen Herm. XIX 1884, 60f.). ttber den Census 

LX 27, 1, s. d.). Endlich war auch die Gewah- des J. 48 s. d.; fiber die Colonien s. unter Ab- 

rung eines funus publieum nicht selten (Dio LX schnitt IV e y. 

27, 4). Dem entgegen stent wieder, dass 35 Se- y) Preigelassene und Sclaven. So machtig 

natoren unter C. eines gewaltsamen Todes starben einzelne Preigelassene des Kaisers selbst waren, 

(Senec. apocol. 14. Suet. 29. Calpurn. bucol. 1, so wenig haben sie dem Stande der Preigelassenen 

69; vgl. Bficheler zu Senec. a. a. O.), aller- als solchem besondere Begunstigungen zu ver- 

dings viele von ihnen wohl nicht ohne eigene schaffen gesucht; vielmehr waren gerade unter C. 

Schuld. die Libertinen strenger Behandlung nnterworfen 

c) Die Stande. a) Eitterschaft. C. ehrte auch 30 (Dio LX 13, 2. 29, 2. Suet. 25, vgl. Lemonnier 

den Bitterstand. Er verlieh Bittern die senato- Etude hist, sur la condit. privee des affranchis 

rischen Ehrenrechte (s. Ahschnitt IV h §) und 1887, 1 12f .). Vielleicht lag es in der Absicht 

nahm wahrend seiner Censur Eitter in den Senat der kaiserlichen Freigelassenen , den Libertinen- 

auf (J. 48). Gleichfalls als Censor hielt er strenge stand in moglichster Niedrigkeit zu erhalten, urn 

Musterung fiber die Eitterschaft (J. 48) und sorgte dadurch den Gegensatz zu ihrer eigenen Stellung 

auch sonst fur die Sauberung derselben von nicht umso scharfer hervortreten zu lassen und nach 

dazugehorigen Elementen, wie er denn Freige- und nach eine vollstandige Scheidung der Hof- 

lassene, die sich fur rSmische Eitter ausgaben, zu bediensteten von den Privatfreigelassenen herbei- 

Staatssclaven machte (Suet. 25). Er verlangte zufiihren (vgl. Tac. XII 53. XIII 23). 
haufig von Bittern, dass sie im Senate anwesend 40 Freigelassene, die von ihren Patronen der Uh- 

seien (Dio LX 11, 8). Trotz alledem scheint ge- botmassigkeit iiberffihrt wurden, und solche, die 

rade bei diesem Stande die Politik des C. wenig die bfirgerliche Stellung der Patrone angriffen, 

beliebt gewesen zu sein. Die meisten Attentate gab C. diesen wieder zu Sclaven und verweigerte 

auf das Leben des C. gingen von Bittern aus ihren Anwalten die Eechtsprechung gegen deren 

(Suet. 13; Otho 1. Tac. XI 22. Dio LX 18, 4; eigene Freigelassenen (Suet. 25. Dio LX 28, 1. 

s. zum J. 43), und 221, nach anderer Version Marcian. Dig. XXXVII 14, 5; s. auch zum J. 46). 

fiber 300 Eitter wurden unter ihm zum Tode ver- Die Vererbung des Patronatsrechtes wurde durch 

urteilt (Senec. apocol. 14. Suet. 29. Tac. XIII das S. C. Ostorianum geregelt (J. 46). In Be- 

43; vgl. Bficheler Symb. Bonn. 88. Smilda treff des Nachlasses der Latini Iuniani, Freige- 
zu Suet. a. a. O.). Der Grund lag wahrscheinlich 50 lassener mit noch beschrankteren Eechten, erfloss 

darin, dass die Eitter sich von den kaiserlichen das S. C. Largianum (J. 42). 

Freigelassenen aus der Stellung , die sie frtther Eine gewisse Humanitat zeigte sich in einem 

eingenommen hatten, verdrSngt fuhlten. Erlasse des Kaisers gegen die Aussetzung oder 

ft) Bfirger. Entgegen dem bisherigen System Totung kranker Sclaven (J. 47). Liebesverhalt- 

der sparlichen Erteilung des rOmischen Burger- nisse zwischen einer freigeborenen Frau und einem 

rechtes war die claudische Eegierung mit dem- Sclaven wurden bestraft (S. C. Claudianum, J. 52). 

selben Einzelpersonen und Gemeinden gegentiber d) Beamtenorganisation. a) Senatorische Be- 

sehr freigebig (Suet. 19. Dio LX 17, 5—8. Senec. amte. Die Dauer der Consulate scheint unter C. 

apocol. 3. 9). Namentlich die Gallier und Spanier, ziemlich regellos bestimmt worden zu sein (As- 
dann die Griechen und schon auch die Britannier 60 bach EOm. Kaisertum 21). Den Consuln wurde 

wurden reichlich damit bedacht (Senec. de benef. die Bestellung der Vormfinder iibertragen (Suet. 

VI 19,2—4; apocol. 3. 9). Das Edict, mit wel- 23; vgl. Mommsen St.-E. 113 104). Die Zahl 

«hem C. den Alpenvolkern der Anauner, Tulliasser der Praetoren schwankte zwischen 14 und 18 (Dio 

und Sinduner ihr Bttrgerrecht bestatigt, ist noch LX 10, 4). Zwei von ihnen erhielten — wohl im 

erhalten (s. zum J. 46). Den Schiifsfabrikanten J. 44 an Stelle der Verwaltung des aerarium Sa- 

latinischen Eechtes wurde unter gewissen Be- turni (s. u., vgl. Dio LX 24, 3. Smilda zu Suet, 

dingungen das Burgerrecht zu teil (J. 51). Doch 23) — die Jurisdiction fiber geringere Fideicommiss- 

fehlte es auch nicht an Verkehrtheiten , wie C. sachen, wahrend die wichtigeren den Consuln, 



2823 Claudius Claudius 2824 

die in den Provinzen zum Austrag kommenden unter C. den Finanzprocuratoren eine Soldaten- 

den Statthaltern zur Entscheidung unterliegen abteilung beigegeben (Hirschfeld a. a. 0. 437). 

sollten (Suet. 23. Pomp. Dig. I 2, 2, 32; vgl. e) Das Reich, a) Rom. Das Pomerium der 

Mommsen St.-R. lis I03f. Willems Droit Stadt Rom wurde im J. 49 (s. d.) vorgeruckt (iiber 

public 464. 466). Der Veranstaltung von Gla- den Lauf desselben, in den auch der Aventin ein- 

diatorenspielen wurden die Praetoren enthoben bezogen wurde [Gell. XIII 14], vgl.- Hills en 

(Dio LX5, 6). Den Aedilen nahm man die Auf- Herm. XXII 1887, 615ft.; CIL VI fasc. 4, 2 

sicht tiber die Garkiichen (Suet. 38), die vielleicht p. 3106); Die Bauten des C. in Rom sind unter 

an deri Praefectus urbi ilberging (vgl. S m i 1 d a Abschnitt IV k behandelt. 

zu Suet. a. a. 0.). Die letzten italischen Quaestu- 10 Besonders liess sich C. die Sorge fur die Ver- 

ren, die gallische nnd die ostiensische, wurden auf- proviantierung der Hauptstadt angelegen sein (vgl. 

gehoben (J. 44); fe-rner entband man die Quae- Suet. 18. 19. Tac. XII 43. Aur Vict. 4, 3; s. o. 

storen der Sorge fur die Pflasterung der Strassen zu den J. 41, 42, 51, 53). Dieseni Zweck dienten 

(wahrscheinlich Roms, vgl. Mommsen St.-R. lis der Hafenbau in Ostia (s. Abschnitt IV k), haufige 

534. Hirschfeld V.-G. 151f., s. zum J. 47). congiaria an das Volk (Dio LX 25, 7. 8. Tac. 

Doch wurde den designierten Quaestoren die Aus- XII 41. Suet. 21 ; Nero 7. Chronogr. ann. 354) 

richtung von Gladiatorenspielen auferlegt (J. 47). und Vorrechte far Kauffahrer und Schiffsbauer 

Die Verwaltung der Staatscasse durch die beiden (J. 51). Die Genossenschaften wurden aufgelOst, 

praetores aerarii (vgl. Dio LX 4, 4) scheint nicht Marktgesetze erlassen (J. 41), Maximalpreise fest- 

C.s Beifall gefunden zu haben (Dio LX 10, 3). 20 gesetzt (J. 43), Brande energisch bekampft (Suet. 

Daher ubertrug er die Leitung des aerarium Sa- 18. Zonar. XI 11 p. 34 Dind. , vgl. Plin. n. h. 

turni im J. 44 (s. d.) an zwei Quaestoren. Zu XXXIV 69. XXXV 19). 

Anfang seiner Regierung setzte er ein Collegium /J) Italien. Die Grenzen Italiens hat C, wie 

von drei Praetoriern zur Eintreibung der Ruck- es scheint, durch Einbeziehung des Restes von 

stande an die Staatscasse ein (J. 42), welches bei Istrien vorgeruckt (vgl. Ritterling Arch.-epigr. 

dem Ubergang der letzteren unter quaestorische Mitt. XX 1897, 8, 17). Das Reisen zu Wagen 

Leitung wohl bereits seine Aufgabe vollendet hatte. oder zu Pferde wurde fur Italien verboten (Suet. 

Die ausserordentliche Commission der drei euro- 25. Suid. s. Kkavdtog ; vgl. Smilda zu Suet. a. 

tores tabulariorum publicorum, die Tiberius zur a. 0.). Puteoli und Ostia erhielten je eine Co- 

Wiederherstellung und Neubeischaffung der offent- 30 horte in Garnison (Suet. 25) ; Bononia, das durch 

lichen Urkunden eingesetzt hatte , war noch im Feuer mitgenommen worden war, wurde mit einer 

J. 45 thatig (CIL VI 916 = 31201; vgl. Dessau Spende unterstiitzt (Tac. XII 58); Teanum Sidi- 

967. Mommsen St.-R. lis 558f.). cinum bekam Colonial-, Misenum Stadtrecht 

Die Abreise der Proconsuln von Rom wurde (Mommsen Herm. XVIII 1883, 195. CIL X 

auf den ersten, spater auf den 13. April festge- p. 317. Ruggiero Diz. epigr. II 448f.). tiber 

setzt (J. 42. 43). Um den Provincialen die Mog- die Strassenbauten s. u. IV k. 

lichkeit der Anklage gegen die Statthalter zu ge- y) Provinzen. Die neu annectierten Provinzen 

wahren, liess C. nicht zu, dass zwei Gouverneurs- gelangten samtlich unter kaiserliche Verwaltung: 

stellungen unmittelbar nacheinander bekleidet wiir- Britannien (J. 43) und Lycien (J. 43) wurden sena- 

den (Dio LX 25, 4 — 6). Auf seine, Veranlassung 40 torischen, die beiden Mauretanien (J. 42), Judaea, 

besetzte der Senat die Proconsulate wiederholt (J. 44) und Thracien (J. 46) ritterlichen Statt- 

durch Wahl, statt, wie (Mich, durch das Los, und haltern unterstellt. Noricum ist wohl nicht erst 

liess manche Proconsuln auch zwei Jahre im Amte (wie Zippel ROm. Herrschaft in Illyrien 1877, 

(Dio LX 25, 6. Suet. Galba 7; vgl. Mommsen 280 annimmt) von C. als Provinz eingerichtet 

St.-R. IIS 250). Achaia und Macedonien kamen worden (vgl. Marquardt St.-V. 12 290). 

wieder unter Proconsuln praetorischen Ranges Die wichtigste der neuen Provinzen war Bri- 

(J. 44). Die Danksagung der kaiserlichen Statt- tannien. Allerdings gelangte unter C. selbst nur 

halter im Senate wurde abgeschafft (J. 42). ein kleiner Teil der Insel in unmittelbaren romi- 

/?) Ritterliche Beamte. Das hechste ritterliche schen Besitz (s. zu den J. 43, 45, 47, 49 — 52) ; 

Amt, die Praefectur der Praetorianer, war unter 50 aber zahlreiche brittische Hauptlinge traten zum 

C. zuerst collegialisch besetzt (Rufrius Pollio und Kaiser in Lehensverhaltnis (so Cogidumnus, s. o. 

Catonius Iustus, Rufrius Crispinus und Lusius Nr. 117; vgl. Dio LXII 2, 1). Hand in Hand 

Geta, vgl. Hirschfeld V.-G. 220). Im J. 51 mit der Eroberung ging die Organisation: Camu- 

(s. d.) wurde dann das Commando der Garde dem lodunum wurde Veteranencolonie (s. o. S. 1448f.), 

Afranius Burrus allein iibertragen. Glevum befestigtes Lager; ein Provincialcultus 

Die Provinzen Mauretania Caesariensis und wurde eingerichtet, dessen Mittelpunkt analog den 

Tingitana (J .42), Judaea (J. 44), Thracia (J. 46) Verhaltnissen in den gallischen und germanischen 

und, vielleicht nur voriibergehend , Pontus und Provinzen ein Tempel des C. in Camulodunum 

Bithynien (vgl. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. bildete (s. Abschnitt IV b a); man begann auch 

1889, 420) wurden ritterlichen Statthaltern unter- 60 sofort mit der Ausbeutung der brittischen Berg- 

stellt. Ein neues Ritteramt war auch die Pro- werke (CIL VII 1201f.). Vgl. Mommsen R. G. 

curatur ad ripas Tiberis (CIG III 3991, vgl. CIL V 159ff. Hiibner Rom. Herrschaft in Westeuropa; 

X 797 praef(ectus) euratorum alvei Tiberis, s. 1890, 10ff.; o. S. 868ff. 

Mommsen St.-R. n 3 1050. Liebenam Beitr. Judaea stand seit 44 unter einem Procurator, 

tz. Verw.-Gesch. I 71). Die kaiserlichen Procura- dem, wie es scheint, eine Zeit lang ein eigener 

oren erhielten Civiljurisdiction (J. 53) ; die militiae Procurator fiir Samaria an die Seite gestellt war 

equestres unterzog man einer neuen Regelung (s. (vgl. Tac. XII 54). Die Einziehung Judaeas war 

unter Abschnitt IV i). Vielleicht wurde zuerst jedoch eine unheilvolle Massregel; seither kanv 



2825 Claudius Claudius 2826 

<ias Land nicht zur Ruhe, der religiose und natio- Erpressungen aus der Eegierung des C. bekannt 

nale Hass der Juden gegen Kaisertum und Romer- (Tac. XII 22). Durch Verftigungen iiber den Statt- 

lierrschaft, das ungleiche Vorgehen oder die Un- halterwechsel wurde das Recht der Anklage gegen 

fahigkeit der Procuratoren riefen immerwahrende den abgegangenen Statthalter den Provincialen 

Unruhen hervor und legten den Ziindstoff zu der gewahrt (Dio LX 25 , s. Abschn. IV d a und zum 

furchtbaren Explosion spaterer Zeit (vgl. Momni- J. 45). 

sen R. G. V 523ff. Schiirer Gesch. d. jiid. <5) Abhangige Fiirstentiimer. Den untertha- 

Volkes I 471ff. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. nigen Konigen gegenuber nahm C. im allgemeinen 

1889, 440ff.). Auch das kleine Kenigreich Ituraea eine wohlwollende Haltung ein {nobilitatibus ex- 
wurde der Provinz Syrien einverleibt (J. 49). 10 terms mitis Tac. XII 20; vgl. Herzog St.-V. 

Den Rhodiern wurde die Freiheit erst genommen II 322f.) und schloss mit einigen von ihnen einen 

(J. 44), dann wiedergegeben (J. 53). Achaia und feierlichen Biindnisvertrag (Suet. 24, s. zum J. 41). 

Macedonien kamen wieder unter senatorische Ver- Antiochos IV. Epiphanes bekam Kommagene und 

waltung (J. 44). Teile Kilikiens (J. 41, s. auch zum J. 52). Der 

Das Heerescommando von Germania inferior Konig des pontisch-bosporanischen Reiches, Po- 

erlitt zwar durch die Zuriickziehung der Be- lemo II., musste Bosporus an Mithridates ab- 

satzungen vom rechten Rheinufer eine Einbusse treten, wofiir ihm Gebiete in Kilikien zugespro- 

im Wirkungskreise (J. 47), doch wurde die Siche- chen wurden (J. 41). Aber Mithridates zeigte 

rung der Stromlinie eifrig betrieben, eine Strasse sich, wie es scheint, der kaiserlichen Gnade un- 
von Mainz nach Koln angelegt (vgl. Zange-20 wiirdig; er wurde vertrieben und durch seinen 

meister Westd. Ztschr. Ill 1884, 307ff.), letz- Bruder Kotys ersetzt (J. 46). Die Konigreiche 

terer Ort und vielleicht auch Trier zu Veteranen- Thrakien (J. 46) und Ituraea (J. 49) zog man 

eolonien erhoben (Marquardt St.-V. 12 279. nach dem Tode ihrer Beherrscher ein. Judaea 

Hiibner a. a. 0. 140ff.; s. zum J. 50). Von Ger- empfing wieder einen Konig in Agrippa I. (J. 41), 

mania superior aus betrieb man Bergbau an der wurde aber nach dessen Ende zur Provinz ge- 

unteren Lahn (J. 48). Die in der Inschrift CIL macht (J. 44). Ein anderes Mitglied des Hero- 

XI 395 = Dessau 2648 erwahnten Kampfe in daeerhauses, Herodes, erhielt Chalkis am Libanon 

Spanien (gegen die Asturer) fallen wohl erst in als Konigreich (J. 41) ; als er starb (J. 48), kam 

Neros Regierungszeit. dasselbe an den jiingeren Agrippa, der es im J. 53 

Das Ziel dieser Regierung , Italien und die 30 wieder mit einem anderen Gebiete in Palaestina 

Provinzen einander naher zu bringen, wurde wie vertauschte. Das kleine Alpenland , das Cottius 

durch den Bau zahlreicher Strassen (s. Abschnitt beherrschte, wurde zum Konigreich erhoben und 

IV k), so hauptsachlich durch die Griindung von vergrossert (J. 44). Der Regierungswechsel im 

Colonien angestrebt. Namentlich die unter C. Suebenreich anderte nichts an dem Abhangigkeits- 

selbst oder kurz vor seiner Regierung neuge- verhaltnis desselben (J. 50). Beziiglich Armeniens 

wonnenen Provinzen, wie Mauretanien und Nori- vgl. den folgenden Abschnitt. 

cum, wurden dadurch dem Romertum verbunden. «) Auswartige Beziehungen. Im allgemeinen 

Die uns bekannten Colonien des C. , teils mit in Bezug auf aussere Politik conservativ, hat die 

latinischem Recht, teils mit vollem Biirgerrecht claudische Regierung nur einmal den Entschluss 
bedacht, sind folgende: Iconium in Galatien(Mar- 40 zu einem weitreichendenkriegerisehenUnternehmen 

quardt St.-V. 12 364), Claudiopolis in Isaurien gefasst: die Occupation Britanniens ist notwendig 

(Ammian. XIV 8, 2), Archelais in Kappadokien erfunden worden, um Roms Herrschaft in Gallien 

(Plin. n. h. VI 8; s. Bd. II S. 445), Ptolemais in zu festigen und dem staatsfeindlichen Druidentum 

Syrien (Plin. n. h. V 75. Marquardt 12 428), die Existenzbedingungen zu nehmen (Mommsen 

Claudiopolis in Armenia minor (Plin. V 85. Pto- R. G. V 158). Die Besetzung Mauretaniens war 

lem. V 7, 7), Colonia Claudia Aprensis in Thra- schon von Gaius vorbereitet worden. Einfalle der 

kien (Plin. IV 47, s. Bd. II S. 272), Colonia Cla'u- Wiistenstamme in die Provinzen Numidien und 

dia Aequum in Dalmatien (s. Bd. I S. 605), Co- Africa wurden abgeschlagen (J. 42, 45). Die Be- 

lonia Claudia Savaria (Steinamanger) in Panno- ziehungen zum machtigsten Nachbar, denParthem, 
nien (Plin. Ill 146. CIL III p. 525), Celeia (Cilli), 50hatten, wie immer in der Kaiserzeit, den Streit 

Virunum (Maria Saal), Teurnia (St. Peter im Holz), um Armenien zum Gegenstande. Es gelang den 

Aguontum (s. Bd. I S. 909) und Iuvavum (Salz- Remeni anfangs, mit Beniitzung der Thronwirren 

burg) in Noricum (Plin. Ill 146. CIL III zu den im Partherreich einen romischen Lehensfiirsten in 

betreffenden Stadten. Jung ROmer u. Romanen Armenien einzusetzen, der ungefahr neun Jahre 

in den Donaulandern2 188", 92f.), Colonia Claudia daselbst herrschte; zu Ende der Regierung des 

Agrippinensis (Koln) und Augusta Treverorum C. hatten sich jedoch wieder die Parther des Landes 

(Trier) in Germania inferior (s. o.), Camulodunum bemachtigt. Auch der Versuch einer Einmischung 

(Colchester) in Britannien (s. zum J. 50), Tingis, in die parthischen Successionsstreitigkeiten war 

Lixos und Volubilis in Mauretania Tingitana, missgluckt (s. zu den J. 41 — 43, 49, 51 — 53, wo 
Caesarea, Oppidum Novum, Tipasa und Rusucu- 60 die Litteratur angegeben ist ; von alterer Litte- 

rium in Mauretania Caesariensis (Plin. V 2. 20. ratur zu erwahnen: Egli in Biidingers Unter- 

MarquardtI2 487f. CIL VIII zu den einzelnen such. z. r. Kaisergesch. I 1868, 265ff. Laufen- 

Orten). Vgl. Zumpt Comm. epigr. 1850, 384ff. berg Quaest. chron. de rebus Parth. a Tac. enarr., 

Mommsen Ephem. epigr III p. 232; Herm. XIX Diss. Bonn. 1875). Die beiden germanischen Pro- 

1884, 60ff. Kubitschek Wien. Stud. XVI 1894, vinzen mussten wiederholt Einfalle der Chatten 

329ff. (J. 41, 50) und Chauker (J. 41, 47) erdulden, die 

Die Verwaltung der Provinzen scheint tuchtig jedoch gliicklich abgewehrt wurden. Die Priesen 

gewesen zu sein. Es ist nur eine Anklage wegen wurden wieder zur Unterwerfung genotigt (J. 47). 



2827 Claudius Claudius 2828 

Zu einer Eroberungspolitik in Germanien, wie sie Erben einzusetzen , wenn der Testierende noch 

Corbulo inaugurieren wollte, konnte man sich da- Verwandte habe (J. 41). Was das Vormundschafts- 

gegen nicht nur nicht entschliessen, sondern man recht anlangt, so kam die Bestellung der Vor- 

verzichtete sogar auf das bisher besetzt gehaltene miinder zu den Amtspflichten der Consuln hinzu 

Gebiet rechts vom unteren Rheinlauf (J. 47). Die- (s. o. IV d a). Bei der Adrogation eines Minder- 

selbe zurfickhaltende Politik gegenuber den Ger- jahrigen wurde die Beiziehung eines Curators zur 

manen zeigte sich darin, dass C. es unterliess, Pflicht gemacht (Modest. Dig. I 7, 8). Eine lex 

bei den Kampfen um die Herrschaft im Sueben- Claudia bob die Agnatentutel iiber Frauen auf, 

reich zu intervenieren (J. 50). wodurch die Selbstandigkeit der letzteren bedeu- 

So hat die auswartige Politik des C., abge- 10 tend erweitert wurde (Ulp. XI 8. Gai. I 157. 171). 

sehen von der Eroberung Britanniens, zwar keine Dagegen verbot ein Edict des Kaisers die Inter- 

glanzenden Erfolge aufzuweisen, aber auch eben- cession der Prauen fur ihre Gatten (Ulp. Dig. 

sowenig grosse Verluste (nihil regente eo triste XVI 1, 2), und spater wurde durch das S. 0. Vel- 

rei publieae ab externis aceidisse Tac. XIII 3). laeanum den Intercessionen von Prauen fiber- 

In ungeschwachter Kraft stand das Beich da, und haupt jede Rechtskraft genommen (J. 46). Nach 

soweit reichte das Ansehen des rOmischen Kaisers, einer kaiserlichen Verordnung sollte das Sonder- 

dass sogar von Taprobane (Ceylon) Gesandte an gut (peeulium) des minorennen Sohnes bei Be- 

den Hof des C. kamen (Plin. n. h. VI 84. 85). schlagnahme des vaterlichen Vermogens von diesem 

f ) Bechtswesen. Mit wahrer Leidenschaft lag getrennt werden (Ulp. Dig. IV 4, 3, 4). Ein 
C. der Rechtsprechung ob. Unermfidlich, Jahr 20 Volksgesetz bedrohte Gelddarlehen an Haussohne 

aus Jahr ein, selbst in den heissesten Monaten mit Strafen (J. 47). Auf das Sclavenrecht be- 

und an den Pesttagen seiner Pamilie, sass er zu zogen sich das S. 0. Largianum (J. 42), das S. C. 

Gericht; er suchte alles moglichevor sein Tribunal Ostorianum iiber die assignatio liberti (J. 46) 

zu Ziehen, mischte sich in den Gang der ordent- und ein Edict iiber die Aussetzung kranker Scla- 

lichen Jurisdiction, so dass nur weniges den anderen ven (J. 47). Senatsbeschliisse beschrankten das 

Gerichtsinstanzen iiberlassen blieb, und hielt sich Bildnisrecht (J. 45) und verboten die Hauser- 

in seinen Urteilen und in der Processfiihrung speculation (S. C. Hosidianum, J. 44). Den Schiff- 

keineswegs immer an das Gesetz. Namentlich bauern erteilte eine Verordnung des C. bestimmte 

wird ihm zum Vorwurf gemacht, dass er haufig Privilegien (J. 51). Das Strandrecht wurde durch 
nach dem Anhoren nur einer Partei das Urteil 30 Senatsconsulte geregelt (Ulp. Dig. XL VII 9, 3, 8). 

fallte (Suet. 14. 15. 33. Tac. XII 43. XIII 4. Ausweisung aus den Provinzen zog auch die 

Dio LX 4, 3. 4. 5, 7. Senec. apocol. 7. 10. 12. aus Rom und Italien nach sich (Suet. 23; vgl. 

14. 15. Calp. eel. I 69ff. ; der Bericht fiber eine L. M. Hartmann De exilio apud Rom., Diss, 

von C. geleitete Gerichtsverhandlung liegt in dera Berl. 1887, 37). Eine neue Strafe war das Ver- 

bereits wiederholt citierten Papyrus vor, fiber den bot, fiber den dvitten Meilenstein von Rom hinaus- 

zum J. 41 und Abschnitt If.). zugehen (Suet. 23). Die Ruckberufung von Ver- 

Nichtsdestoweniger nimmt seine Regierung in bannten erfolgte stets nach Senatsbescbluss (Suet. 

der Geschichte der Rechtsbildung eine hervor- 12). Die Anklage wegen Majestatsverletzung hob 

ragende Stellung ein (vgl. Aur. Vict. 4, 2). Die C. auf (s. o. rVba). Eines grosseren Betruges 
Gerichtsferien wurden in den Winter verlegt (Suet. 40 Uberffihrte wurden zum Kampf mit wilden Tieren 

23 ; Galba 14) , die Institution der kaiserlichen verurteilt (Suet. 14), Elternmorder, wenigstens in 

Beisitzer erneuert (Dio LX 4, 3), den Sachwaltern den ersten ffinf Jahren seiner Regierung , nach 

verboten, ein hoheres Honorar als 10000 Sesterzen altem Brauch in einen Sack eingenaht und ersauft 

anzunehmen (J. 47). Die Fideicommissjurisdiction (Senec. de clem. I 23; fiber die strenge Justiz 

wurde in Rom den Consuln und Praetoren, in des C. vgl. auch Chronogr. ann. 354). 

den Provinzen den Statthaltern , die fiscalische g) Finanzwesen. Auch die Finanzverwaltung, 

Gerichtsbarkeit den kaiserlichen Procuratoren fiber- die wohl hauptsachlich nach den Intentionen des 

wiesen (s. o. IV d a und zum J. 53). Zahlreiche Pallas geftthrt wurde, muss treiflich gewesen sein, 

Neuerungen wurden, hauptsachlich durch Senats- wie die reichen Mittel beweisen, fiber die trotz 
beschlfisse, aber auch durch kaiserliches Edict und 50 der vielen Bauten und Kriege des C. sein Nach- 

Volksgesetz, im Gebiete des Privatrechtes einge- folger verffigte (Her zog St.-Verf. II 266). Die 

ffihrt. Im Eherecht wurden die Vorteile der Leitung der Staatscasse wurde den Quaestoren 

Lex Papia Poppaea auch auf Manner von fiber fibertragen (s. o. IV d a). Die von Gaius neu ein- 

60 Jahren ersireckt, wenn dieselben Frauen von gefiihrten Steuern schaffte C. ab (J. 41). Cber 

weniger als 50 Jahren heirateten (S. C. Glau- den Census s. zum J. 48, fiber die fiscalische 

dianum Ulp. XVI 3. Suet. 23, vgl. Smilda Jurisdiction der Procuratoren und fiber die Be- 

z. St.). Die Ehe mit des Bruders Tochter wurde freiung verschiedener Stadte von der Steuerzah- 

fttr erlaubt erklart (S. G. Glaudianum, J. 49). Ge- lung zum J. 53. Die kaiserliche Centralcasse, 

gen Concubinatsverhaltnisse freigeborener Frauen der Fiscus , wird wohl nicht erst unter C. ge- 
mit Sclaven ergieng gleichfalls ein S. C. Claudia- 60 schaifen worden sein (vgl. Mommsen St.-R. lis 

num (J. 52). Auf das Erbrecht bezogen sich die 1001, 1 gegen Hirschfeld V.-G. 286f.). 

lex Iunia Vellaea, wenn anders diese in die Re- h) Sacralwesen und Spiele. Gemass seiner auf 

gierung des C. gehCrt (s. zum J. 46), und ein das Antiquarische gerichteten Neigung hat C. 

Edict des Kaisers, nach welchem der Schreiber altuberlieferte religiose Gebrauche zu erneuern 

eines Testamentes oder Codicills , der sich ein gesucht. So reorganisierte er die Haruspicin (J. 47), 

Legat adscribiert, gemass der lex Cornelia de veranstaltete Suhnopfer nach den Vorschriften des 

falsis bestraft wird (Callistr. Dig. XL VIII 10, 15). Konigs Servius Tullius (J. 49), erneuerte das 

Es wurde ferner untersagt , den Princeps zum augurium salutis (J. 49), vollzog das foedus mit 



2829 Claudius Claudius 2830 

abhangigenK0nigennachallenFormalitaten(J.41 errichtet wurden. Er verlieh den Legionaren die 

und o. IVe<5), riickte das pomerium vor (J. 49) privilegia maritorum (J. 44; vgl. P. Meyer Rom. 

und Melt strenge auf die Beobachtung der alt- Concubinat 1895, 59), und vermutlich geht auch die 

hergebrachten Ceremonien bei Erdbeben oder bei Legitimierung der den Biirgersoldaten von romi- 

dem Erscheinen unheilverkiindender Vogel am schen Burgerinnen geborenen Kinder auf C. zu- 

Capitol (Suet. 22, vgl. Plin. n. h. X 35). Er suchte ruck (Wilmanns Comment. Mommsen. 2011 ; 

auch die eleusinischen Mysterien nach Bom zu CIL VIII p. 284). Die Manneszucht wurde strenge 

iibertragen (Suet. 25). Manche Opfer und Feste gehandhabt (vgl. Tac. XII 12. 18. Suet. Galba 7; 

wurden freilich aufgehoben oder gekflrzt (Dio LX Otho 1); auch zu Canalbauten, Bergarbeiten und 
17, 12), wieder andere jedoch neu eingefuhrt, wie 10 ahnlichen Werken zog man die Soldaten heran 

ein jahrliches Pest wegen des britannischen Sieges (Tac. XII 20). Vor allem haben die zahlreichen 

(Dio LX 22, 1. 25, 7. 8), oder verlangert, wie Feldziige, die C.s Regierung erfullen, das Heer 

die Saturnalien (J. 45). Wesentlich religiOsen immer kriegstlichtig und schlagfertig erhalten; in 

Zwecken diente auch die Neucreierung von Patri- Britannien wie in Sudrussland (J. 46. 48), in der 

ziern (J. 48). Zu erwahnen ist ferner die Con- africanischen Wiiste (J. 42) wie in Armenien und 

secration seiner Grossmutter Livia (J. 41), womit am Bhein haben romische Truppen unter diesem 

die Errichtung eines Altars der Pietas Augusta Kaiser gefochten. 

im Zusammenhang stand (CIL VI 562 = Dessau Der ritterliche Officiersdienst wurde so geordnet, 

202). dass nach der Praefectur einer Cohorte die einer 

Sehr zahlreich waren die verschiedenartigen 20 Ala, nach dieser der Tribunat einer Legion ver- 

Spiele unter C, teilweise neue oder doch erneuerte liehen wurde (Suet. 25); eine Anordnung, die nur 

(vgl. Suet. 11. 21. 34. Nero 7. Tac. XI 22. XII ganz voriibergehenden Bestand gehabt haben kami 

41. 57. XIII 5. DioLX5. 6. 7. 13. 17. 23. 30. (vgl. Hirschfeld V.-G. 247f.); vielleicht wurde 

Plin. n. h. VIII 22. 37. 54. 65. Zonar. XI 11); damals den Bittern die Bekleidung dieser drei 

hauptsachlich die Saecularspiele sind hier zu nennen Officiersstellungen zur Pflicht gemacht (Suet. 25, 

(J. 47). Doch wird uns auch von Beschrankungen vgl. Mommsen St.-R. 111548,4). Endlich fuhrte 

einiger Spiele berichtet (Dio LX 5, 6. 6, 4. 5). C. auch eine Art Titulardienst ein (Suet. 25, vgl. 

Die in Bom wohnenden Juden wurden zuerst Mommsen St.-B. Ill 552). Alles Lob verdient 

in der AusiibunggemeinschaftlichenGottesdienstes die Auswahl der Manner, denen C. die grossen 
behindert (J. 41), spater sogar aus Rom verwiesen, 30 Heerescommandos anvertraute. 

weil infolge der Absonderung der christlichen Ge- Die Beform des Flottenwesens, die Mommsen 

meinde Streitigkeiten unter ihnen entstanden waren Herm. XVI 1881, 463 dem C. zuschreibt, geht 

(J. 50). Sehr streng trat C. gegen die rOmer- wohl bereits auf Tiberius zuruck (vgl. Ferrero 

feindliche Religion der Druiden auf, die er ganz Diz. epigr. II 276). 

zu unterdriicken suchte (Suet. 25. Plin. n. h. k) Bauten. Wenige rOmische Begierungen 

XXIX 54. Aurel. Vict. 4, 2; vgl. Desjardins kSnnen sich mit der des C. messen, was Wichtig- 

Geogr. de la Gaule Bom. Ill 292ff.). Die Astro- keit und Grossartigkeit der Bauten anbelangt. 

logen wurden aus Italien vertrieben (J. 52). Die kaiserlichen Freigelassenen konnten kein In- 

i) Heerwesen. Die Zahl der Praetorianerco- teresse daran haben, prachtige Palaste oder Tempel 
horten scheint unter C. von 9 auf 12 erhoht wor- 40 zu errichten; wohl aber entsprachen Nutzbauten, 

den zu sein (vgl. Mommsen Herm. XIV 1879, 35. die dem Wohle des Volkes dienten, ihrer klugen 

XVI 1881, 644). Um die Garde treu zu erhalten, und nuchternen Politik. So schuf diese Regie- 

spendete C. den Praetorianern jahrlich am dies rung fur die Hauptstadt den grossen Hafen, dessen 

imperii ein Donativ (Dio LX 12, 4) und unter- Mangel sich bis dahin so sehr fiihlbar gemacht 

sagte ihnen , Besuche bei den Senatoren abzu- hatte, bei dem jetzigen Porto unweit von Ostia an 

statten (J. 41). Das Gardecommando iibertrug er der Tibermiindung. Begonnen wurde mit diesem ge- 

zuerst zwei Bittern, im J. 51 dem Burrus allein waltigen Werke, zu dem nicht einmal Caesar den 

(s. o. IV d /?); den Befehl uber die ganze Garnison Entschluss gefunden hatte, im J. 42 ; im J. 46 (s. u.) 

hat fur einen Tag der Freigelassene Narcissus wurde noch daran gearbeitet, und auch im J. 51 (s. 
tibernommen (s. o. IV b a). Zwei neue eokortes 50 d.) war der Hafen noch nicht vollendet. Vermutlich 

urbanae wurden errichtet und in die flir die Ver- hat erst Nero die Einweihung vorgenommen. Mit 

proviantierung Boms wichtigsten Hafenplatze Ostia dem Hafenbau war auch die Anlage von Canalen 

und Puteoli gelegt (Mommsen Herm. XVI 1881, verbunden, welche die Uberschwemmungsgefahr, 

644ff. Marquardt-Domaszewski St.-V. 112 von der Rom stets bedroht war, wenn nicht be- 

482). seitigten, so doch bedeutend verminderten (Suet. 

Die Besetzung Britanniens machte auch eine 20. Dio LX 11, 1—5 = Zonar. XI 8 p. 26 Dind. 

Vermehrung des Heeres nOtig; man bildete zwei Plin. n. h. IX 14. XVI 201f. XXXVI 70. 125. 

neue Legionen, die die Namen XV Primigenia CIL XIV 85 = Dessau 207 [46 n. Chr.]; vgl. 

und XXII Primigenia erhielten (Marquardt- Dessau CIL XIV p. 6). Nicht minder gross- 
Domaszewski 448 abweichend. Pfit zner60 artig war die Vollendung zweier neuer Wasser- 

Kaiserlegionen 30f.). Die 7. und 11. Legion beka- leitungen, Anio novus und Aqua Claudia, deren 

men Aielthrenbem&meii Claudia piafidelis (J. 42); Bau bereits Caligula begonnen hatte. Im J. 47 

den Beinamen Claudia fiihren auch mehrere Alen (s. d.) nahm C. als Censor die Arbeit wieder in 

(ala Claudia nova, ala Claudia miliaria (?), ala I Angriff; am 1. August des J. 52 wurden die 67 

Claudia Oallorum, s. o. CichoriusBd. IS. 1237f.' und 93 km. langen Aquaeducte, deren Herstel- 

1245) und Cohorten (eohors Claudia miliar ensis, lung 55'/2 Millionen Sesterzen gekostet hatte, dem 

cohors I Claudia equitata, s. Ferrero bei Bug- Gebrauch ubergeben. Noch jetzt durchziehen die 

giero Diz. epigr. II 281), die vermutlich von C. machtigen Bogen in langer Reihe die Campagna, 



2831 Claudius Claudius 2832 

imponierende Zeugen einer arbeitsreichen Zeit der Bogen des C. inter s. Sabinam et s. Pris- 

(Frontin. de aq 4. 13 — 16. 18. 20. 68f. 72f. 86f. cam uberhaupt existierte und welcher Art er war, 

89ff. 104f. Plin. n. h. XXXVI 122. 123. Suet. entzieht sich unserer Kenntnis, s. Jordan II 

20; Cal. 21. Tac. XI 13. Aur. Vict. Epit. 4, 5; 418ff.; auch in Gaesoriacum [J. 43] und Kyzikos 

Inschrift eines Strassenbogens CIL VI 1256 [= [J. 51] wurden dem C. Triumphbogen errichtet). 

Dessau 218], vgl. 1257. 1258. Jordan To- In der Nahe des Pompeiustheaters, das er iibrigens 

pogr. d. St. Eom I 1, 473f. Lanciani Comm. neu einweihte (Dio LX 6, 8. 9), stellte C. eine 

di Frontino 133ff. Gil bert Gesch. u. Topogr. d. Colossalstatue des Iuppiter auf (Plin. n. h. XXXIV 

St. Eom. Ill 274f. Ruggiero Diz. epigr. I 566f. 40). Unter ihm kamen zuerst Porphyrstatuen aus 
568f. Hiilseno.Bd. I S. 2212f.). Einem dritten 10 Agypten nach Eom (Plin. n. h. XXXVI 57). 

grossen Bauunternehmen des C. war der endgul- Andererseits verlor die Hauptstadt durch Brande 

tige Erfolg nicht beschieden : der Ableitung des manch unersetzbares Kunstwerk, wie eine Aphro- 

Pucinersees in den Liris, die gleichzeitig das Land dite des Praxiteles und die Gemalde des Fabius 

der Marser von der tjberschwemmungsgefahr be- Pictor im Tempel der Salus (Plin. n. h. XXXIV 

freien, dem Ackerbau neues Gebiet schaffen und 69. XXXV 19); wieder andere litten unter der 

den Fluss schiffbar machen sollte. Die Arbeit, Verkehrtheit des C, der z. B. auf zwei beruhm- 

deren Oberleitung in den Handen des Narcissus ten Bildern des Apelles das Gesicht Alexanders 

lag, erforderte ein Werk von ausserordentlicher durch das Portrat des Augustus ersetzen liess 

technischer Schwierigkeit nicht bios fur jene Zeit; (Plin. XXXV 94). 

den Bau eines CanalgewoTbes von 5640 m. Lange 20 Fur Italien und die Provinzen that die clau- 

durch den Monte Salviano , an welchem 30000 dische Eegierung viel durch Anlage oder Vollen- 

Arbeiter 1 1 Jahre lang (von 42 bis 53) mit grosser dung grosser Strassen (vgl. Plin. n. h. XXXVI 

Anstrengung und nicht ohne Misserfolge thatig 125), von denen hauptsachlich zu erwahnen sind: 

waren. Doch ware die erfolgreiche Vollendung die Alpenstrasse Claudia Augusta von Altinum 

auch der ganzen Anlage schliesslich doch wohl iiber die Reschen-Scheideck zur Donau, die Italien 

nicht ausgeblieben, wenn nicht Nero es verschmaht und Raetien verband (vollendet im J. 46/47, GIL 

hatte, die Arbeit fortzusetzen. Seither hat Jahr- V 8002. 8003, vgl. Mommsen CIL V p. 938; 

hunderte lang niemand das Werk gewagt, bis E. G. V 18f. Ruggiero Diz. epigr. II 289. 

der Fiirst Alexander Torlonia in den J. 1855 — Nissen Ital. Landeskunde 163f.), die Via Claudia 
1875 die Trockenlegung des Sees durchfiihrte 30 Valeria von Cerfennia bis zur Mundung des Ater- 

(Plin. n. h. XXXVI 124. Suet. 20. 21. 32. Tac. nus, durch die Rom mit dem adriatischen Meere 

XII 56. 57. Dio LX 11, 5. 33, 6. Mart, epigr. 28, verbunden wurde (vollendet 48/49, CIL IX 5973, 

11; vgl. Lanci Bull. d. Inst. 1856, 188ff. 1858, dazu Mommsen. de Nino Not. d. scavi 1889, 

89ff. Geffroy Rev. arch. XXXVI 1878, Iff. Nis- 345) und die Via Claudia Nova von Foruli bis 

sen Ital. Landeskunde I 298. Merk el Deutsche zum Zusammenfluss des Aternus und Tirinus 

Bauzeitung XXXI 1897, 594ff. 606ff.). (vollendet 47, CIL IX 5959, dazu Mommsen), 

Noch zahlreiche andere Werke des C. sind zu beide Gebirgsstrassen , die den Bau zahlreicher 

erwahnen; in Rom selbst die Vorriickung des Po- Brficken nOtig machten (CIL IX 5973. Plin. 

meriums (s. o. IV e a), die Restaurierung der XXXVI 125). Die vielen sonstigen Strassenbauten 
Wasserleitung Aqua Virgo im J. 45 (CIL VI 1252 40 in den Provinzen findet man bei Ferrero in 

[= Dessau 205]. 1254. 31565 vgl. 31564), Ar- Ruggieros Diz. epigr. II 294 zusammengestellt 

beiten an den Aquaeducten der Marcia Tepula (hinzuzufugen die Strasse am Rhein, s. o. IV e y), 

Iulia (CIL VI 1248), die Anlage zahlreicher und Den Damm, der den Lucrinersee vom Meere trennte, 

reich verzierter Brunnen (Suet. 20. Plin. n. h. liess C. restaurieren (Plin. XXXVI 125; vgl. Be- 

XXXVI 123), eine teilweise Neutermination des loch CarnpanienS 1890, 173), in Bavenna ein Thor 

Tiberufers (Not. d. scavi 1887, 323 = CIL VI erbauen (CIL XI 5), in Sicilien den Tempel der 

31545, vgl. Abschn. IV d/S), ein Bau, der irgendwie Venus Erycina wiederherstellen (Suet. 25), in 

mit dem Staatsarchiv in Verbindung stand (s. Athen Eestaurierungen vornehmen (CIA III 385 

zum J. 45), die Ausschmuekung des Circus maxi- — 388. Herm. XXX 1895, 630), in Sardes eine 
mus (Suet. 21. Chronogr. a. 354), die Errichtung 50 Wasserleitung anlegen (CIL III 409; vgl. Weber 

einer Ara fur die Pietas Augusta (CIL VI 562 Arch. Jahrb. XIV 1899, 4ff.), in Castulo Bauten auf- 

= Dessau 202), die Vollendung des Triumph- fuhren (CIL II 3269 mit Mommsens Anm.) 

bogens des Tiberius beim Pompeiustheater (Suet. u. s. w. Auch seine Statthalter waren in dieser 

11; vgl. Gilbert III 189). Dem C. selbst wurden Hinsicht thatig, wie Corbulo, der Ehein und 

vom Senate vermutlich drei Triumphbogen in Rom Maas durch einen Canal verband (J. 47) und Cur- 

errichtet , der eine auf Grand von Erfolgen , die tius Eufus, der Bergwerke auf rechtsrheinischem 

iiber die Germanen errungen wurden (J. 41), die Gebiete anlegte (J. 48). 

beiden anderen wegen der britannischen Siege V. Ausseres und Charakter. a) Ausseres. 

J. 43 und 51). Nur von dem dritten, der an der C. war gut gebaut (Senec. apocol. 5) ; sein KOrper 
Via Lata (bei Piazza Sciarra) stand, haben wir60war kraftig, er hatte gefallige Gesichtszttge und 

nahere Kenntnis, da Inschrift (CIL VI 920. 921 = noch im Alter voiles Haupthaar (Suet. 30. Senec. 

Dessau 216. 222; vgl. VI 31203f.) und Beliefs (Mon. apocol. 5). So mangelte ihm in ruhiger Stellung 

d. Inst. X Taf. 21; vgl. Philippi Ann. d. Inst, weder Anmut noch Wurde (Suet. 30); ging er 

1875, 42ff. Helbig Fuhrer durch die offentl. aber, so versagten ihm die schwachen Kniee, so 

Samml. in Eom II 132f.) teilweise erhalten sind dass sein Gang hasslich und ungleichmassig wurde 

(vgl. Lanciani Bull. com. VI 1878, 15. Jordan (Suet. 21. 30. Senec. apocol. 1. 5). Cberdies war 

II 487. Eichter Topogr. von Eom 874. Gil- ihm von den Krankheiten seiner Jugend eine ge- 

bert III 190. Euggiero Diz. epigr. I 648; ob wisse Schwache geblieben, die ein stetes Zittern 



2833 Claudius Claudius 2834 

von Kopf und Handen zur Folge hatte (Suet. 30. tragen (vgl. Bernoulli nr. 4, Togastatue im 

Dio LX 2, 1. Senec. apocol. 5. 6. 7. Iuv. VI 622. Braccio nuovo, abgeMdet Mus. Chiaramonti II 

62S). Seine Augen waren von fleischfarbigem Taf. SI). Die letzteren hat man, zweifelhaft ob 

Weiss, an den Winkeln zuweilen von Blutadern mit Becht, in die Zeit nach des C.s Tod setzen 

unterlaufen (Plin. n. h. XI 144). Seine Stininie und als absichtliche Verhohnung des C. mit der 

Hang rauh; undeutlich und stockend kamen ihm anoxoloxvvxwais und den Witzeleien Neros (s. o. 

die Worte vom Munde (Suet. 4. 30. Dio LX 2, 2. IIIc) in Verbindung bringen wollen (s. Helbig 

Senec. apocol. 5. 6. 7. 11). Auch sein Gehor 12 33 nr. 54, abweichend Bernoulli II 353f.). 

scheint geschwacht gewesen zu sein (Senec. apocol. t)ber Darstellungen des C. auf geschnittenen 
12. Iuv. Ill 238 ; vgl. Dio LX 33, 5). Endlich ent- 10 Steinen , von denen namentlich der im Wiener 

stellte ihn ein unschickliches Lacheln, und nament- Museum befindliche Sardonyx (Abb. Bernoulli 

lich im Zorne wurde er hasslich, wenn sein Mund Taf. XXXI. Reinach Picrres gravies 1895 Titel- 

schaumte und die NasenlOcher sich nassten (Suet, tafel) hervorzuheben ist, vgl. Bernoulli II 341ff. 

30. Iuv. VI 623). All dies sind Symptome, die einem 354if. 370f. Reinach a. a. 0. 4. 17. 71. 143. 

leichten Stadium von Cretinismus eigen zu sein Babelon Came'es de la Bibl. nat. 1897, 142ff. 

pflegen ;offenbar waren die Krankheiten, denen C. in 324. 395. 409. 415. 

seiner Jugend unterworfen war, Erkrankungen des b) Charakter und geistige Anlagen. Urspriing- 

Gehirnes. Wohl hat seine kr&ftige Natur dieselben lich edel veranlagt (i; vfjs yvxtfs avxov evysvsia, 

spater iiberwunden, aber Nach wirkungen auf Korper Augustus bei Suet. 4), hat C. zuerst durch die 
und Geist haben sie eben doch hinterlassen (sin 20 Gehirnkrankheiten seiner Jugendjahre, dann durch 

autem fjlaxxcoo&ai sentimus eum et fleflXd<f$ai die harte und lieblose Behandlung von Seiten 

xai sk xtjv xov acbjxaxog xal slg xr/v xijs yjvxfj? seiner Familie schweren Schaden an Geist und 

agxtdxrjxa, Augustus bei Suet. 4). Als Kaiser er- Seele erlitten. So entstand der Charakter, der 

freute sich C. im allgemeinen guter Gesundheit, im Altertum meist als lacherlich oder verachfc- 

abgesehen von einem Magenleiden (Suet. 31) und lich , in neueren Zeiten hauflg als ratselhaft an- 

Fieberanfallen (Senec. apocol. 6). gesehen worden ist. 

Von den ziemlich zahlreich erhaltenen Bild- Es mangelte dem C. keineswegs an natiir- 

nissen des C, iiber welche Bernoulli Rem. lichem Verstande und an der Erkenntnis des 

Ikonogr. II 327ff. zu vergleichen ist, zeigen uns Rechten (xijr fisr ■yvywv ov <pav).og Dio LX 2, 1. 
die vorztiglichsten, die Colossalbiisten im Museum 30 3, 1); gewiss hat ihn auch immer der beste Wille 

von Neapel (Bernoulli 334 nr. 13, irrig als bezflglich der Leitung des Staates beseelt (vgl. 

Galba abgebildet bei Duruy Hist, des Rom. IV Tac. XII 11), und seine schriftstellerische und 

560) und im Braccio nuovo des Vaticans (Ber- rednerische Begabung, sein Interesse fur wissen- 

noulli nr. 3. Helbig Fiihrer durch die Samml. schaftliche Bestrebungen und fur Justizpflege ver- 

in Rom 12 8 nr. 7: Abbild. Museo Chiaramonti dienen alle Achtung. Aber dem entgegen standen 

II Taf. 32) , sowie die heroische Statue in der wieder Eigenschaften, die vieles Gute, was er ge- 

vaticanischen Rotonde (Bernoulli nr. 5 [Abb. plant, ins Schlechte oder ins Lacherliche wendeten. 

Taf. XVII]. Helbig 12 200 nr. 312) ein ziem- Seine Indolenz (segnitia Suet. 5; hebes Tac. XI 28, 

lich weich geschnittenes, nach unten schmal zu- vgl. Tac. XII 67. Dio LIX 23, 5) war so gross, 
laufendes Profil von altlichem Ausdruck. Claudi- 40 dass er selbst in seinen Urteilen und Stimmungen 

scher Familieneigentiimlichkeit entsprechen die von seiner Umgebung abhing (cut non iudicium, 

tief in den Nacken gewachsenen Haare und die non odium erat nisi indita et iussa Tac. XII 3), 

grossen abstehenden Ohren. Die breite Stirne, und ihm allein die Vorgange in seinem Hause 

deren oberer Teil von den abwarts gekammten entgingen, von denen sonst jedermann in Rom 

Haaren bedeckt ist, zeigt eine fur C. charak- Kenntnis hatte (Tac. XI 13. Dio LX 18, 2. 28,3. 

teristische Vertical- und Horizontalfurche; die 4. 31, 4. Senec. apocol. 8, vgl. o. Nr. 92). Es 

Augen liegen tief; die Brauen sind gegen die fehlte ihm die Klarheit und Folgerichtigkeit des 

Nasenwurzel zu aufwarts gezogen, die Nase ist Denkens; nicht im stande, eine Gedankenreihe 

stark , in der Mitte leicht gebogen , der Mund griindlich und nach jeder Richtung bis zu Ende 
schOn geformt, die Unterlippe tritt stark zuriick, 50 auszudenken, hat er durch Gedankenspriinge und 

das Kinn hat einen Fettansatz und geht schrag Unebenheiten oft den Spott seiner Zeitgenossen 

in den starken Hals iiber. Wir sehen das Antlitz herausgefordert (Tac. VI 46 [imminuta mens]. 

eines alteren Mannes, der mit selbstzufriedener Joseph, ant. XIX 258 [naQa<pQoovvri\. Aur. Vict. 

Indolenz in die Welt hinausblickt, harmlos, selbst Caes. 4; Epit. 4; vgl. die zahlreichen Anekdoten, 

nicht ohne Humor, solange man seine Ruhe nicht die iiber alberne und geschmacklose Handlungen 

stort und seinen starken sinnlichen Neigungen des C. in Umlauf waren, Suet. 15. 16. 21. 29. 

freien Spielraum lasst; aber der geringste Anlass 32. 39. 40. Tac. XII 8. 53. Dio LX 13, 3. 16, 

geniigt, um zu bewirken, dass diese Gesichtsziige 8. 22, 4. 5. 28, 3. 29, 6. 33, 5 und sonst). Kaum 

in Angst oder Zorn sich verzerren. glaublich war seine Vergesslichkeit (Suet. 29. 39. 

Von den anderen Bildnissen des C. (vgl. ausser 60 Dio LX 14, 2) ; hat er doch unmittelbar nach dem 

Bernoulli noch Helbig 12 nr. 54. 673. Treu Tode Messalinas ihrer vOllig vergessen (Tac. XI 38. 

Bildwerke von Olympia 244f. [Abb. Ausgrab. zu Suet. 39. Senec. apocol. 11). 

Olympia III Taf. XIX 2. XX 8]. Bank<5 Arch.- C. war im Grunde genommen ein plebeische 

epigr. Mitt. XVIII 55) zeigen nicht wenige in Natur. So oft er auch seine Vorfahren im Munde 

Einzelheiten einen abweichenden Charakter. Na- fiihrte (Suet. 24. 39. Tac. XI 24), von dem herben 

mentlich der Gesichtsausdruck wechselt, und neben Hochmut der alten Claudier war nichts auf ihren 

stark idealisierten Kopfen giebt es solche, die Nachkommen iibergegangen , der sich in seinen 

geradezu den Stempel des Stumpfsinnes an sich Neigungen und Affecten vollig gehen liess und 



2835 Claudius Claudius 2836 

selbst bei offentlichen Anlassen nicht das Be- ist selbstverstandlich. Er besass zwar wegen seiner 
wusstsein seiner Hoheit zur Schau trug (Suet. 21. ungenierten Art und des plebeischen Zuges in 
Dio LX 33, 3). Gleich dem geringsten Manne seinem Wesen Popularitat bei der Menge (Suet. 
aus dem Volke folgte er mit gespanntester An- 12. Dio LX 13, 5); aber die gebildete Welt Eoms 
teilnahme den Spielen, von denen ihm nament- sah nur die lacherlichen Seiten seines Charakters 
lich die blutigen Gladiatorenkampfe besonderes oder wollte nur diese sehen. Wie er yon Cali- 
Vergniigen bereiteten (Suet. 21. 34. Dio LX 13, gula, von seinen Frauen, Freigelassenen und 
3—5). War er bei guter Laune, so suchte er Freunden zum Besten gehalten wurde (Tac. XI 
durchWitze, oft recht geschmackloser Art, Beifall 3. Dio LX 29, 6. 33, 5 u. s. w.), so hat man 
zu erregen (Suet. 21. 32. 40. Tac. hist. I 48. lOihn auch sonst in Bom zeitlebens und nach seinem 
Plut. Galba 12). Doch hatte die Einfachheit und Tode zur Zielscheibe billigen Spottes beniitzt (Suet. 
Zwanglosigkeit seines Auftretens , die sich mit 15. 24. 38. Tac. XI 20; vgl. o. Ill c). Den Kaiser 
einer gewissen Selbstgefalligkeit (vgl. Tac. XII C. als weisen Eegenten darstellen zu wollen, ist ver- 
52 und unten zur Bede iiber das ius honorum) gebliches Bemtihen; allein schon die Thatsache, 
recht wohl vertrug, auch ihre guten Seiten und dass kurz nach seinem Tode eine Schrift wie die 
musste namentlich nach dem VergOtterungstaumel anoHoXoxivrcoais erscheinen konnte, spricht deut- 
des Gaius angenehm empfunden werden (s. zum lich genug dafiir, dass das Charakterbild, welches 
J. 41). Von Habsucht war C. vollig frei (Dio die antiken Schriftsteller von ihm entwerfen, trotz 
LX 6, 3). einiger Ubertreibungen im allgemeinen als zu- 
Willenskraft und Selbstandigkeit mangelten 20 verlassig zu betrachten ist. Selbst die Lecture 
ihm ganzlich. Er ist zeitlebens der Knecht seiner seiner Bede iiber das ius honorum der Gallier 
Prauen und Freigelassenen gewesen, die seine geniigt, uns die deutlichste Vorstellung von dem 
Schwachen geschickt auszuniitzen verstanden (Suet. Manne zu geben. Nichts ist bezeichnender als 
25. 28. 29; Vit. 2. Tac. XI 28. XII 1. 7. 59. die Art, wie er, zufallig auf Servius TuUius zu 
60. XIII 6. Dio LX 2. 14. 28, 2. 29, 3. 31, 7. sprechen kommend, die Weisheiten seiner etruski- 
32,1. Aur. Vict. 4, 5. Lilian. Caes. 310 Zosim. schen Geschichte vor den Senatoren auskramt; 
I 6, 3). Eine stark sinnliche Natur, war er bis wie er mit naiver Selbstbespiegelung seine Er- 
in sein Alter den Geniissen der Liebe ergeben oberung Britanniens herbeizieht; wie er, um die 
(Suet. 33. Tac. XI 29. 30. Dio LX 2,5. 6. 18, Thatsache zu beweisen, dass Gallien treffliche 

3. 31, 4. Aur. Vict. Epit. 4, 3), hatte am Essen 30 Senatoren liefernkOnne, niemandanderenzunennen 
eine naive Freude (Suet. 32. 44. Tac. XI 37. weiss als gerade einen Bitter und einen von ihm 
Aur. Vict. Epit. 4, 3) und fronte dem Trunk selbst zum Tode verurteilten Senator; wie ihn 
bis zur Vollerei (Suet. 5. 32. 33. Tac. XI 37. bei der Erinnerung an den letzteren pletzlich 
XII 64. 67. Dio LX 2, 5. 6. 34, 2. 3. Aur. Vict. der Zorn ubermannt und er in ganz unkaiserliche 
Epit. 4, 3. Zonar. XI 11). Verlor er bei der ge- Schimpfworte ausbricht u. s. w. [Groag.] 
ringsten Gefahr jeden Halt (Suet. 35. 36. Tac. VI. Schriftstellerische Thatigkeit. 
XI 31. XII 57. Dio LX 2, 6. 14. Aur. Vict. Von Jugend auf beschaftigte sich C. eifrig mit 

4. 9), so konnte ihn andererseits der mindeste den disciplinae liberates (Suet. 3; vgl. 40. Tac. 
Anlass in heftigen Zorn versetzen, der sich zu- ann. XIII 3. VI 46. Dio LX 2, 1 = Zonar. 
meist in Scheltworten ausserte (vgl. Dio LX 11,40X1 8B. Joseph, ant. XIX 164. 213) und begann 
8. Sen. apocol. 6, s. u. zur Bede fiber das ius noch als Jiingling auf Anraten des Livius und 
honorum), aber, von anderen rasch beniitzt, auch unter Beihiilfe des Sulpicius Flavus mit der Ge- 
sehr gefahrlich werden konnte (Suet. 38. Tac. XI schichtschreibung, Suet. 41 ; oft recitierte er seine 
26; hist. I 10. Dio LX 33, 8. Sen. apocol. 6). Versnche, Suet. 3 und 41. Auch als Kaiser 
Er hatte gewisse Liebhabereien , denen er mit setzte C. seine schriftstellerische Thatigkeit fort 
der Beharrlichkeit eines Kindes nachhing. So war und liess seine Producte wiederholentlich durch 
er dem Wurfelspiel leidenschaftlich ergeben (Suet. einen lector vorlesen, Suet. 41. In der Zeit 

5. 33. 39 ; Vit. 4. Sen. apocol. 12. 14) und pflegte vor seiner Thronbesteigung schrieb C. an einem 
mit nie ermattendem Eifer die Bechtsprechung Werk in lateinischer Sprache, das die Geschichte 
(s. o. IVf ). Von Jugend auf hatte er wissen- 50 nach dem Tode der Dictators Caesar behandeln 
schaftlichen Studien obgelegen (bonarum artium sollte ; da er sich aber durch den haufigen Tadel 
eupiens Tac. VI 46) und sich namentlich der Ge- seitens seiner Mutter Antonia und seiner Gross- 
schichtschreibung zugewendet (s. Abschn. VI; ob mutter Livia in der MOglichkeit, freimutig die 
ihm thatsachlich Livius hiezu die Anregung gab Wahrheit zu sagen, beschrankt sah, liess er das 
[Suet. 41], scheint doch zweifelhaft; diese An- Werk, das bis zu zwei Buchern gediehen war, 
gabe, die durch die Beniitzung des Livius in der bei Seite und , sich einer spateren (gemassig- 
Bede iiber das ius honorum natiirlich noch keines- teren) Zeit zuwendend, verfasste er, gleichfalls 
wegs bestatigt wird [so MunzerBh. Mus. LIII in lateinischer Sprache, ein Geschichtswerk, das 
1898, 609, 1] , diirfte vielleicht auf eine Ausse- a pace eivili begann, Suet. 41. Obwohl nicht 
rung des C. selbst in seiner Schrift de vita sua 60 ausdrucklich iiberliefert, ist doch als wahrschein- 
zuriickgehen; man hiite sich iibrigens, die histo- lich anzunehmen, dass dasselbe die Zeit von 
riographische Thatigkeit des C, die im wesent- der Ernennung des Octavian zum Augustus bis 
lichen nur compilatorischer Art gewesen sein wird, zu dessen Tode, d. i. 41 Jahre, umfasste, und 
zu iiberschatzen). dass mithin jedes Buch ein Jahr behandelte, 

Dass ein Mann wie dieser, ohne Autoritat, wie Biicheler (Commentar zu Senec. apocol., 

ohne Halt und geistige Klarheit, furchtsam, ge- Symbola philol. Bonnens. 48) vermutet hat (ab- 

schwatzig, sinnlich, seinen Zeitgenossen weder weichend Nipperdey-Andresen Tac. ann. 

Achtung noch Verehrung einzuflOssen vermochte, Einleitung 26 , nach denen C. mit dem J. 29 



2837 Claudius Claudius 2838 

v. Chr. hegonnen hatte, und Fabia Les sources gestellt hatte, der zu Ungunsten des letzteren 
de Tacite 368, der annimmt, dass C.s Historien bis ausgefallen war, verfasste C. eine gelehrte Verteidi- 
zum J. 41 n. Chr. reichten). Diesem Werke sind gung Ciceros, Suet. 41. Endlich ist ein gelehrter 
mit Bestimmtheit zwei Notizen zuzuweisen (Peter Essai des C. tther das Wlirfelspiel zu erwahnen, 
Hist. Rom. frg. 295, 1 und 3), eine Nachricht vgl. ebd. 33. Aus Sen. apocol. 5, 4 Claudius 
fiber die Saecularspiele des Augustus (Suet. 21) gaudet esse illie (in caelo) philologos homines mit 
und eine solche iiber die Partner (Plin. n. h. Schanz ROm. Litt.-Gesch. [Iw. Mfillers Handb. 
XII 78) ; beidemale werden historiae des C. als VIII 2] 239 zu schliessen, dass sich der Kaiser auch 
Quelle genannt, und es scheint dies auch wenig- mit philologischen Problemen heschaftigt habe, ist 
stens der Dntertitel des Werkes gewesen zu sein. 10 unstatthaft, wie aus den folgenden Worten sperat 
Die fibrigen Fragmente (Peter a. a. 0. 295f.), futurum, aliquem historiis suis hewn hervor- 
welche ohne nahere Angabe des Werkes geogra- geht, vgl. Bticheler Comment, zu der Stelle. 
phische Bemerkungen iiber den Lacus Maeotis Die Tac. ann. XIII 43 erwahnten commentarii 
(Plin. n. h. V 63), Armenia maior (ebd. VI 27), des C. haben mit dessen Schriftstellerei nichts 
das Land zwischen kimmerischem Bosporus und zu thun. Dagegen gehdren derselben die Beden 
caspischem Meere (ebd. VI 31) und fiber den Tigris an, da diese in der Regel schriftliche Aufzeich 
(ebd. VI 128) geben, sowie eine Bemerkung zu nung voraussetzen, speciell bei C, der sie meist 
Thessalien fiber den Hippocentaurus (ebd. VII 35) durch einen Quaestor vortragen liess (Dio LX 2, 
scheinen demselben Werke des C. entnommen zu 2). Erhalten ist uns auf einer 1528 zu Lyon ge- 
sein, das also Plinius infolge des Reichtums an 20 fundenen, in zwei Columnen heschriebenen Bronce- 
antiquarisch-geographischen Notizen als Quelle tafel der grOsste Teil der Bede, welche C. im 
fur seine Naturalis Hstoria besonders geeignet J. 48 zu Gunsten der Gallier, die um Zulassung 
fand ; ebenderselbe citiert C. im Autorenverzeich- des Adels zu den rfimischen Staatsamtern ersucht 
nis zu Buch V, VI, XII und XIH. Noch als hatten, im Senate gehalten hat (CIL XIII 1668 
Privatmann empfahl C. in einer eigenen Schrift = Dessau 212. Bruns Pontes 6 50 und im An- 
drei neue Buchstahen (Suet. 41 , vgl. o. Bd. I hang mehrerer Ausgaben von Tacitus Annalen z. B. 
S. 1625. Teuffel-Schwabe Kom. Litt.-Gesch. 5 von Nipperdey ; die altere Litteratur nachzu- 
§286,3. Buggiero Dizion. epigr. II 293), sehen CIL a. a. 0., vgl. Teuffel-Schwahe Rom. 
die er als Censor im J. 47 wirklich einfuhrte, Litt.-Gesch. II 5 § 286, 4. Meyer Orat. Roman, 
wie man aus der Anwendung dieser Buchstaben 30 frg. 575). Dieselbe Rede giebt Tacitus (ann. XI 
auf Inschriften nach dieser Zeit ersieht. Der 22) in directer Form, aber inhaltlich und stili- 
Excurs fiber die Entwicklung der Schrift, den stisch verandert wieder, vgl. darttber Schmidt- 
Tacitus (ann. XI 14) bei der Nachricht fiber mayer Ztschr. f. Osterr. Gymn. XLI 869 — 887. 
die von C. eingefuhrten Buchstahen giebt, verrat Peter Geschichtliche Litteratur fiber die rom. 
ganz die Art der Gelehrsamkeit des C. (es wer- Kaiserzeit II 300f. Ob C. als Vorbild ffir seine 
den darin auch die Etrusker erwahnt), und Ta- Rede die des Canuleius bei Liv. IV 3, 2ff. benfitzt 
citus dfirfte dafttr wohl dessen oben genannte hat, untersucht A. Zingerle Ztschr. f. osterr. 
Schrift henutzt haben. Tiber die gleichfalls von Gymn. XXXVII 255f. Sonst werden von Reden 
C. empfohlene Schreibweise AI ffir AE, welche des C. erwahnt: die Aufforderung zur Sichtung 
die Schriftsteller als keine absolute Neuerung 40 und Festigung der Disciplin der Haruspices, Tac. 
Obergehen, vgl. Bucheler De Ti. Claudio Caesare ann. XI 15 (vgl. Muller-Deecke Etrusker 112 
grammatico (Elberfeld 1856) 20 — 22. Nach seiner 16), die Bede an die parthische Gesandtschaft, 
Thronbesteigung schrieh C. acht Bficher de vita Tac. ann. .XII 11, quaedam oratiunculae, Suet. 
sua in lateinischer Sprache , Suet. 41 ; daraus 38. Von Erlassen des C., deren einige, nach ge- 
dfirfte wohl die von Suet. 2 aus einer Schrift wissen Indicien zu schliessen, diesen in eigener 
des C. (quodam libello) citierte Stelle (Peter a. Person zum Autor haben, sind zu nennen das am 
a. 0. 295 frg. 2) entnommen sein, worin der Kaiser 15. Marz 46 erlassene Edict fiber das rOmische 
fiber die harte Bevormundung in seiner Jugend Burgerrecht der Anauni, Tulliasses und Sinduni, 
klagt. Auch mit etruskischer und karthagischer erhalten auf einer 1869 im Nonsthale (Sfidtirol) 
Geschichte heschaftigte sich der gelehrte Kaiser, 50 gefundenen Bronzetafel (CIL V 5050 = Dessau 
er schrieb zwanzig Bficher TvQQtjrixd, sowie 206. Bruns Fontes 6 74), ferner die von Joseph, 
acht Bficher Kaqmboviaxa, beides in grieehischer ant. XIX 280 — 291. XX 10—14 im Wortlaute 
Sprache (fiber seine griechischen Studien, womit die angeffihrten drei Erlasse ffir die Juden. 
Vorliebe fur homerische Verse in der Rede zusam- Dass die Reden und Schriften des C. einer 
menhangt, Suet. 42. Sen. apocol. 5, vgl. Dio LX gewissen Eleganz im Ausdrucke nicht ermangel- 
16, 7 = Zonar. XI 9), und liess das eine Werk ten, geht hervor aus Tac. ann. XIII 3 nee in 
in dem alten , das andere in dem von ihm neu- Claudio, quotiens meditata dissereret, elegantiam 
gegrfindeten Museum zu Alexandria (vgl. S mil da requireres (vgl. Suet. 40. Sen. cons, ad Polyb. 
in seiner commentierten Ausgahe der Vita divi 14, 1) und Suet. 41, wo von der Selbsthiogra- 
Claudii zu Suet. 42) jahrlich an bestimmten Tagen 60 phie gesagt wird, sie sei magis inepte quam in- 
vorlesen (Suet. 42). Eine fur die Geschichte eleganter geschrieben. Das, was gutes daran 
wichtige Bemerkung fiber die Einwanderung der war, wurde jedoch durch die in geschmackloser 
Etrusker unter Mastarna in Bom lesen wir auch Weiseaufgespeicherte Gelehrsamkeit, die Zerfahren- 
in der Rede fiber das ius honorum der Gallier heit der Gedanken und die Nachlassigkeit im 
(s. u.), vgl. Muller-Deecke Etrusker 12 lllf. Stile schwer beeintrachtigt , wovon uns die er- 
Gegen Asinius Gallus, welcher in einer Schrift halteiien Urkunden markante Beispiele geben. So 
einen Vergleich zwischen seinem Vater, dem be- zahlt C. in der Bede fur die Gallier (Col. I Z. 8 
kannten Antiquar Asinius Pollio, und Cicero an- —40) alle Neuerungen von der Zeit des Romulus 



2839 Claudius Claudius 2840 

bis auf die Gegenwart auf (von Z. 28 an aller- 260) (Ti. Claudius) Parthenius, einer der Morder 

dings mittels der Form der Praeteritio), um dem Domitians. Da er, wie wir wissen, dessen Kam- 

Senate die Scheu vor einer einzufiihrenden Neue- merer war (Suet. Dom. 16. Epit. de Caes. 11, llf. 

rung zu benehmen. Fur die Zerfahrenheit der Dio ep. LXVII 15, 1 = Zonar. XI 19 p. 59 Dind. 

Gedanken ist besonders der Umstand bezeichnend, xqoxoitos), so ist es in hohem Masse wahrschein- 

dass sich der Autor zweimal selbst ermahnen lich, dass Ti. Claudius Entomus, Partkeni Au- 

muss, bei der Sache zu bleiben (Col. I Z. 40 und g(usti) liberti a quibielo (= cubiculo) libertus 

Col. II Z. 20ff.). Das zweitemal geschieht dies (CIL VI 8761) sein Freigelassener war, woraus 

in der barocken Form einer Selbstansprache : Tern- sich fur ihn das Gentile Claudius ergabe , vgl. 
pus est iam, Ti. Caesar Oermanice, detegere te lOMommsens Bemerkung zu dieser Inschrift. Er 

patribus conscriptis , quo tendat oratio tua etc. wurde von Domitian ausserordentlich geehrt und 

Mommsen (Ephem. epigr. VII p. 394) wollte ihm sogar das Becht des Schwerttragens verliehen 

dies fur den Zwischenruf eines Senators nehmen, (Dio a. a. 0.; vgl. Mommsen St.-B. 113 837, 1. 

doch ist kaum anzunehmen, dass ein solcher mit I 3 435). Einen Beweis fur sein grosses Ansehen 

aufgezeicb.net worden ware, vielmehr stimmt eine bei Domitian liefern mehrere Gedichte Martials, 

solche Selbstansprache zur Originalitat des Bed- dessen Gfinner C. war (Mart. IV 78, 8 und sonst 

ners und durfte sich auch im Munde eines Vor- ofter; ein Gratulationsgedicht zum 5. Geburtstag 

lesers weniger absurd ausgenommen haben. Von seines Sohnes Burrus IV 45). Nicht nur Geschenke 

der Nachlassigkeit des Stils giebt uns ein schla- empfing Martial von ihm , wie z. B. eine Toga 
gendes Beispiel der Beginn des Erlasses fur die 20 (VIII 28. IX 49), sondern er wendete sich auch 

Anauni mit dem Gewirre von Eelativsatzen, der an C. mit der Bitte, seine Gedichte (das V. Buch 

Verschiebung des Hauptsubjectes in einen Neben- seiner Epigramme) dem Kaiser Domitian zu iiber- 

satz und dem unertraglichen Anakoluth (Momm- reichen (V 6). Aus Furcht vor der zunehmenden 

sen Herm. IV 106f.). Bhetorische Figuren finden Grausamkeit des Kaisers nahm C. an einer gegen 

sich sparlich; so die Form der Praeteritio und das Leben Domitians gerichteten Verschworung 

Interrogatio mit anaphorischem quid (Bede fiber teil, deren Seele er war; er fiihrte auch im Verein 

das ius honorum Z. 28ff.) und die des Chiasmus mit seinem Freigelassenen Maximus und andern 

mit anaphorischem ut (Z. lOf. , vgl. Schmidt- den Mord aus, am 18. September 96 n. Chr. (Suet. 

mayer a. a. 0. 874). Anzuerkennen ist hingegen Dom. 16f. Dio LXVII 17, 1. 2 = Zonar. XI 19 
der Ofter geoffenbarte ehrliche Freimut. In dem 30 p. 60f. Epit. de Caes. a. a. 0. ; vgl. Vict. Caes. 

genannten Edict (Z. llf.) riigt C. seine Vorganger 11, 7. Tertull. apolog. 35. CIL VI 472). Nach 

Tiberius und Gaius. Ein Tadel gegen letzteren dieser That ermunterten C. und der Gardepraefect 

auch Joseph, ant. XIX 284f., vgl. auch Sen. apocol. T. Petronius Secundus den schwankenden Nerva 

11, 2. Peter Geschichtl. Litt. iiber die Kaiser- zur Annahme der Kaiserwiirde (Epit. 12, 2. Eutr. 

zeit 1318. Weitere Beispiele seiner Offenherzig- VIII 1, 1. Oros. VII 11, 1). Auch bei Nerva 

keit giebt Suet. 38 und 41 ; dagegen ebd. 11 ; war er in Gunst, wie die Bitte Martials beweist, 

vgl. Peter a. a. 0. I 373f. Dass C. auch eine Auswahl von seinen Gedichten dem Kaiser 

poetisch thatig war, ist nicht iiberliefert; die zu iiberreichen (XII 11; vgl. Friedlander z. St.). 

griechische Komoedie, die er in Neapel einstu- Aber Nerva wurde spater von den Soldaten ge- 
diert und nach dem Urteile der Preisrichter prae- 40 zwungen , die MOrder Domitians ihrer Wut zu 

miiert hat, hatte wahrscheinlich Germanicus zum opfern (vgl. Plin. paneg. 6. Suet. Dom. 23. Dio 

Verfasser, Suet. 11, dazu Smildas Anm.; vgl. ep. LXVIII 3, 3); so flel auch C. ihrer Bache 

Sen. apocol. 12 vosque poetae lugete novi. Neuere anheim und wurde von ihnen auf grauenvolle Weise 

Litteratur: Schanz Bom. Litt.-Gesch. II 238 — ermordet (Epit. 12, 7. 8). Dass er Eunuch ge- 

240. Teuffel-Schwabe BOm. Litt.-Gesch. lis wesen sei, wie Orosius (a. a. 0.) berichtet, ist ge- 

§ 286, 2 — 5. Peter Geschichtl. Litt. iiber die wiss falsch, er besass vielmehr einen Sohn Burrus 

rCm. Kaiserzeit (1897) 1 88f. undaa. 00. Schiller (s. o. S. 1070). Durch Martial wissen wir, dass C. 

Bom. Kaiserzeit I 1, 316f. Schafer-Nissen auch Dichter war, aber seine angestrengte Thatig- 

Abriss der Quellenkunde II 2 106. Peter Hist, keit Hess ihm fur die Dichtkunst wenig Zeit tibrig 
Eoman. fragm. p. 294ff. Meyer Orat. Bom. fragm. 50 (Mart. V 6, 2. VIII 28, 1. IX 49, 3. XI 1. XII 1 1). 

574ff. " [Gaheis.] Vgl. Friedlander Sittengesch. 16 115f. Ein 

257) CI. Orestes, vnanxog und dessen gleich- Claudiu[s] Partenfius] CIL III Suppl. 9019. 
namiger Enkel, ovyxknuxog, werden in einer In- [Stein.] 
schrift aus der Kibyratis genannt; s. bei Claudia 261) C. CI. Paternus, im J. 198 n. Chr. in ein 
Tlepolemis (Nr. 447). [Groag.] Priestercolleg cooptiert, starb im J. 200 (CIL VI 

258) Claudius Pacatus, ein seinem Herrn ent- 2004), vgl. Nr. 262. [Groag.] 
laufener Sclave, der es dann bis zum Centurio 2,$%) Cl(audius) Paternus Clementianus,pr a [e- 
brachte, aber, nachdem er entdeckt worden war, f(eetus) eoh(ortis) clajssicae, trib(unus) mili- 
von Domitian kraft seiner Wiirde als Censor seinem t[um] leg(ionis) XI C[l(audiae)], praef. eq(ui- 
Herrn zuriickgegeben wurde, Dio ep. LXVII 13, 1. 60 turn) aloe Silianae torquatae c(ivium) R(oma- 

[Stein.j ■ norum), proc/urator) Augfusti) [Norioi], Africae, 

259) P. Claudius Pallas Ronoratus Repen- Sardiniae, Iudaeae vfices) afgensj l(egati), CIL 
tinus, adleetus inter tribunicios, leg(atus) pr(o) III 5776 = Dessau 1369. Aus der Zeit seiner 
prfaetore) provineiae Africae,, praetor, leg. pr. Procuratur in Noricum stammen drei andere In- 
pr. provineiae Asiae, leg. Aug(usti) leg(ionis) X schriften, CIL III 5775. 5777; Suppl. 14361. 
g(eminae), die seit Traian in Vindobona lag (vgl. Seine Mutter ist Cl(audia) C!ementi[ana], CIL 
Bitterling De leg. Bom. X gem. 1885, 49ff.). Ill 5777. Er gehort dem 2. Jhdt. n. Chr. an, 
CIL III 4567 Vindobona. [Groag.] vgl. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. 1889, 429. 



2841 Claudius Claudius 2842 

J. Klein Die Verwaltungsbeamten von Sicilien 273) Claudius Plotianus s. Plotianus. 

und Sardinien, Bonn 1878, 265. Vielleicht Vater 274) Claudius Pollio, Centurio, der den Kaiser 

des Vorhergehenden und identisch mit dem M. Diadumenianus, den Sohn des Kaisers (M. Opel- 

Claudfius) Paternus, dem Preunde des T. Desti- lius) Macrinus gefangen nimmt, Dio ep. LXXVIII 

cius Severus, dem dieser die Inschrift Pais Suppl. 40, 1. 

Ital. 1227 setzt; vgl. auch CIL III Suppl. 13391. 275) Ti. Claudius Pollio, Waffengefahrte des 

[Stein.] jungeren Plinius in Syrien. Wahrend Plinius in 

263) Tib. Claudius Patroclus, athenischer Ar- der Legio III Gallica als Tribunus militum diente, 
chon, vgl. Patroklos. [v. Schoeffer.] commandierte C. die Ala Plavia miliaria (Plin. 

264) Ti. CI. Paulinus, feanxdf, Gemahl der 10 epist VII 31, 2. CIL VI 31032 = 3720). Plinius 
Claudia Marciola (Nr. 425), Vater des Ti. CI. Fla- hatte damals die Rechnungslegung der einzelnen 
vianus (Nr. 153), genannt in einer angeblich aus Truppenkorper zu priifen und fand dabei im Gegen- 
dem J. 145 n. Chr. datierten Inschrift seines Scla- satz zu den vielen Unregelmassigkeiten, die bei 
ven Onesimos (Bull. hell. II 1878, 610 Kibyra) andern vorgekommen waren, bei C. die vollste Ord- 
und in einer Ehreninschrift seines Sohnes , die nung und Rechtschaffenheit (Plin. a. a. O.). Plinius 
dem J. 183/184 angehOrt (CIG III 4380 b2 Add. Worte liber C.s weitere Carriere (31, 3 promotus 
p. 1168 = Le Bas III 1216 Kibyra). Der nam- ad amplissimas procurationes) &nAen eine ents\>re- 
lichen Familie wird M. CI. Plavianus, Archon von chende Erganzung in der oben citierten Inschrift; 
Kibyra im J. 137, angehOren (CIG III 4380 bl danach war er praeffectus) gentium in Africa, 
Add. p. 1167 = LeBas III 1215 Kibyra). Vgl. 20 procurator) Alpium Graiarum und proa. Au- 
auch den Polgenden. g(usti) XX liereditatium. Auch ein priesterliches 

265) Ti. CI. Paulinus , vielleicht Enkel des Amt, das eines flamen Carmentalis, bekleidete er 
Vorhergehenden, Statthalter von Gallia Lugu- (vgl. Marquardt-W issowa St.-V. III2 327, 9). 
dunensis unter Alexander (222 — 235 n. Chr.), Vor- Unter Nerva war er Hiilfsbeaniter des (Q.) Corel- 
ganger des Aedinius Iulianus. Mehrere Mitglieder lius Rufus bei der durch diesen Kaiser angeord- 
des Provinciallandtages wollten eine Anklage gegen neten Landverteilung (Plin. 31, 4; vgl. Mo mm - 
ihn erheben, die jedoch von T. Sennius Sollemnis sen St.-R. 113 995f.). Seinem Charakter giebt 
verhindert wurde. Noch unter Alexander war C. Plinius, der ihn der Preundschaft des (C. Iulius) 
Statthalter von Britannia (demnach vorher Consul Cornutus (Tertullus) empflehlt, ein sehr schones. 
suifectus). Mo mm sen Ber. d. sachs. Ges. d. Wiss. 30 Zeugnis, indem er von ihm sagt: numquam offi- 
1852, 238ff. (Ehreninschrift des Sennius Sollemnis riorum varietate continuam laudem humanitatis 
aus dem J. 238, Thorigniacum). CIL VII 1045. infregit eademque firmitate animi laborious suf- 
1046 (hier liest Hiibner CI. Ap.llini). Vgl. fecit, qua nunc (um das J. 107 n. Chr.) otium 
Klebs Prosopogr. I 391 nr. 758. [Groag.] patitur (31, 3). C. war auch litterarisch thatig, 

266) Claudius Paulus s. Iulius Paulus. er verfasste eine Lebensbeschreibung seines Freun- 

267) Cl(audius) Perpetuus, procurator) des des (L.) Annius Bassus, nam studia quoque sicut 
Kaisers Commodus in Mauretania Caesariensis alias bonas artes veneratur (Plin. 31, 5). 
zwischen den J. 184 und 191 n. Chr., Ephem. [Stein.] 
epigr. V 952, vgl. VII 491. Pallu de Lessert 276) L. CI. Pollio Iulius Iulianus Gallicanus 
Fastes de provinces Africaines I 493f. Vielleicht 40 (so CIL X 1111; dagegen X 1249: CI. Pollio 
identisch mit dem Folgenden. Iulianus [Iujlius Gallicanus), [decemjvir scliti- 

268) Cl(audius) Perpetuus Flavianus Eutychus, b(us) iudic(andis) , [qujaest. candidatus, [ajd- 
rationalis (= procurator summarum rationum, lecftus) inter pr(a)etor(ios), [pjroeos. prov. Bae- 
vgl. Hirschfeld Verw.-G. I 36) unter Septimius tiefae), [IJegatus prov. Asiae (CIL X 1249 Nola), 
Severus im J. 193, CIL VI 1585 a. b. Vielleicht Consul (suffectus in unbestimmtem Jahre der 
identisch mit dem Vorhergehenden. [Stein.] spateren Kaiserzeit), Patron von Nola (nach seinem 

269) Claudius Philippus Aadovxog, athenischer Tode gesetzte Inschrift, CIL X 1111 Sarnum). 
Archon, vgl. Philippos. [Groag.] 

270) (Ti. Claudius?) Phoebus, Freigelassener 277) Claudius Polyaenus, Einwohner von Prusa. 
unter Nero , benahm sich fibermiitig gegen den 50 der dem Kaiser Claudius ein prachtiges Gebaude 
spateren Kaiser Vespasian (Tac. ann. XVI 5, zum vermacht, Plin. ad Trai. 70. Es ist zweifelhaft, 
J. 65 n. Chr. Dio epit. LXVI 11, 2), den er aber ob der Polyaenus, der als Abgesandter der Bi- 
nach dessen Thronbesteigung um Verzeihung bat. thynier im Process gegen Varenus Rufus genannt 
Vespasian strafte ihn grossmiitig mit Verachtung wird (Plin. ep. VII 6, 6. 14. 10, 1), derselben 
(Dio a. a. O.; J. 70 n. Chr.). Derselbe Name be- Familie angehOrt. Vgl. auch Nr. 145 und 100. 
gegnet wiederholt auf Inschriften, CIL VI 15204 " [Stein.] 
—15207. Da Phoebus, unter Nero wenigstens, 278) (Claudius) Pompeianus, Quaestor, wurde 
jedenfalls grossen Einfluss und wahrscheinlich unter Commodus (180 — 192) in Antiochia (der 
auch grossen Reichtum besass , so ware es ganz Heimatstadt seiner Familie) zum yeapfiarevg ge- 
gut moglich, dass die balnea Phoebi (Iuven. VII 60 wahlt (Malalas XII p. 287 ed. Bonn.). Die Nach- 
233) sein Eigentum waren, die Glosse des Scho- richt wird wohl richtig sein , die zeitliche An- 
liasten daher auf einem Missverstandnis beruht, setzung der Quaestur dagegen falsch. Denn wenn 
vgl. Friedlander z. St. [Stein.] C. wirklich unter Commodus Quaestor gewesen 

271) Claudius Phocas , athenischer Archon, ware, miisste man in ihm den altesten Sohn des 
vgl. Phokas._ [v. Schoeffer.] Ti. CI. Pompeianus (Nr. 282) und der Lucilla 

272) CI. Piso, Legat der legio I adiutrix am erblicken ; das geht aber nicht an, weil dann Ti. 
9. Juni 207 n. Chr. (CIL III 4364 = 11082 Arra- CI. Pompeianus (Nr. 283), obwohl der jiingere 
bona). [Groag.] Sohn, doch die Namen des Vaters fiihren wurde. 



2843 Claudius Claudius 2844 

Man wird daher anzunehmen haben, dass unser Consul und zwar ordinarius mit dem anderen 

Pompeianus die Quaestur bereits unter Marcus Schwiegersohne des Kaisers, Cn. Claudius Severus 

bekleidete und identisch ist mit CI. Pompeianus (CIL VIII 18068. 1X4970. Ill 6176 u. s. w., vgl. 

Quintianus (Nr. 284). Marc. 20, 6; Carac. 3, 8; was in den gefalschten 

279) Claudius Pompeianus, Praetor, an den Briefen Avid. Cass. 10, 3. 11, 8. 12, 2 iiber C. 
Kaiser Caracalla (198 — 217) ein Eescript richtete berichtet wird, ist ohne Autoritat), und fortan 
(Ulp. frg. Vatic. 232, vgl. Borghesi Oeuvres III nahm er an alien Kriegen des Marcus in leiten- 
124), vielleicht identisch mit dem Polgenden. der Stellung teil (Carac. 3, 8; Pert. 2, 4; Did. 

280) (Claudius) Pompeianus, Sohn des Ti. CI. Iul. 8, 3. Dio LXXI 3, 2). Man darf in ihm die 
Pompeianus (Nr. 282) und der Lucilla Augusta, 10 Seele der erfolgreichen Kriegfiihnmg gegen Mar- 
Enkel des Kaisers Marcus, wurde von Caracalla komannen, Quaden und Sarmaten erblicken, da 
getotet (Hist. Aug. Carac. 3, 8. Herodian. IV 6, 3, seinem kaiserlichen Schwiegervater die Talente 
ohne Nennung des Namens). Er ist wohl eine eines Peldherren doch wohl versagt waren (vgl. 
Person mit Ti. CI. Pompeianus (Nr. 283), mit CI. Mommsen Die Marcussaule, Textband 1896, 23). 
Pompeianus (Nr. 279) und mit dem Consul ord. Wir durfen daher auch erwarten, ihn in der kiinst- 
des J. 209, von dessen Namen nur das Cognomen lerischen Wiedergabe des belhim Oermanieum et 
Pompeianus bekannt ist (vgl. Borghesi Oeuvres Sarmatieum (171 — 175) auf der Marcussaule dar- 
V443f.; allerdings ist auch wieder mOglich, dass gestellt zu flnden. Thatsachlich hat Petersen 
wir es hier mit zwei oder mehreren Sohnen des in ,einem bejahrten Manne von entschieden semi- 
alten Pompeianus und der Lucilla zu thun haben). 20 tischem Typus', der fast immer an des Kaisers 
Als sein Sohn dfirfte CI. Pompeianus (Nr. 281) Seite und zwar meist zu seiner Bechten darge- 
zu betrachten sein. Vgl. die Stammtafel zu Nr. 348. stellt ist, Pompeianus erkannt (Marcussaule, Text- 

281) Claudius Pompeianus , Consul ord. im band 43) ; eine Identiflcierung, die kaum Zweifel 
J. 231 n. Chr. mit T. Plavius Sallustius Pae- gestattet. Wir gewinnen dadurch ein deutliches 
lignianus (CIL VI 2108. XIV 2267 u. s. w.). In Abbild seiner charakteristischen Zlige (vgl. nament- 
den fasti Graeci XIV wird das J. 231 nach dem lich Taf. 16. 27. 43. 63 [zur Linken des Kaisers]. 
Consulnpaar Ko/xoSog xai Ilehyviavog bezeichnet; 89. 99 in der Publication der Marcussaule; iiber 
vielleicht fuhrte demnach C. auch das Cognomen sonstige Darstellungen des C. s. BOm. Mitt. 1890, 
Commodus zur Erinnerung an den Kaiser, dessen 75f.). Die namliche Stellung wie im ersten wird 
Grossneffe (als Sohn des 01. Pompeianus Nr. 280) 30 Pompeianus auch im zweiten Markomannenkrieg 
er wahrscheinlich gewesen ist (vgl. die Stamm- (178—180) eingenommen haben (vgl. Herodian. 
tafel zu Nr. 348). Unsicher ist, ob seine Zeit- I 6, 4). Als Marcus am 17. Marz 180 starb, 
genossen KXwdiog Ilofuisiavog vnaxixbg im tcov suchte er den neuen Kaiser, seinen Schwager Com- 
vaStv im J. 244 (IGI 1045. 993 s. Clodius) und modus, vergeblich zur Portsetzung des Krieges zu 
Pompeianus cos. ord. 241 gleichfalls zur Familie bewegen (Herodian. I 6, 4 — 7). Die Begierung 
der Claudii Pompeiani gehorten. dieses Herrschers hatte viel Unheil fur ihn im 

282) Ti. Claudius Pompeianus. a) Name. Der Gefolge. Seine Gemahlin , sowie sein Sohn aus 
vollstandige Name: CIL III 6176. 1X4970; Tib. erster Ehe, CI. Pompeianus Quintianus, fanden 
Gl. P. . ., CIL Vni 18068; sonst Claudius Pom- bei dem Versuche, Commodus zu stiirzen, ihren 
peianus oder nur Pompeianus. 40 Tod (vgl. Nr. 284); er selbst liebte Commodus 

b) Leben. C. stammte aus Antiochia. Seine (Herodian. I 8, 4), wurde auch von diesem ge- 

Familie gehorte nicht zu den vornehmen dieser schont (Dio LXXII 4, 2 = Zonar. XII 4; irrig 

Stadt; sein Vater war rOmischer Bitter (Hist. ist Hist. Aug. Comm. 5, 12), umsomehr schmerzte 

Aug. Marc. 20, 6). Er selbst gelangte in den ihn jedoch das unwiirdige Treiben des Kaisers 

Senat. Im J. 167 n. Chr. verwaltete er Pannonia (Dio LXXII 20, 1). Daher zog er sich aufs Land 

inferior (CIL III p. 888 dipl. XL VI, datiert vom zuriick, indem er sein Fernbleiben von den Staats- 

5. Mai 167) vermutlich bereits als Consular, da geschaften mit dem Alter und einem Augenleiden 

diese sonst von Praetoriern geleitete Provinz durch motivierte (Dio LXXIII 3, 2). Als nach Com- 

den im J. 166 ausgebrochenen Markomannenkrieg modus Ermordung Pertinax zur Begierung kam 
erhehte Wichtigkeit erlangt hatte (vgl. Doma-50(1. Januar 193), der unter ihm selbst gedient 

szewski Eh. Mus. XLV 1890, 207; irrig ist die hatte und sein Avancement grossenteils ihm ver- 

Notiz quern postea [nach 169] bis consulem fecit, dankte (Hist. Aug. Pert. 2, 4. Dio LXXIII 3, 1), 

Marc. 20, 6). In den Kampfen mit den Ger- erschien er wieder in Bom und im Senate und 

manen, welche die J. 166-169 ausfiillten, muss nahm an den Beratungen des letzteren teil (Dio 

Kaiser Marcus Pompeianus Tiichtigkeit erkannt LXXIII 3, 2. 3). Pertinax erwies ihm hohe Ehren 

haben, denn im J. 169 vermahlte er seine Tochter (Dio a. a. O.) und soil ihm sogar die Kaiserwfirde 

Lucilla Augusta, die Witwe des Kaisers Verus, angetragen haben (Pert. 4, 10). Nach dem bal- 

mit diesem , obwohl derselbe bereits grandaevus digen Untergang auch dieses Herrschers (28. Marz 

und selbst schon Witwer war (Marc. 20, 6. Hero- 193) verliess Pompeianus Bom abermals, um nicht 
dian. I 6, 4 [«or' imyafiiav\. 8, 3). Die Heirat60mehr dahin zuriickzukehren (Dio LXXIII 3, 2. 3), 

erfolgte gegen den Willen der Kaiserin Faustina und begab sich in die Gegend von Tarracina. 

und Lucillas selbst (Marc. 20, 7). Demgemass Als Didius Iulianus ihm die Mitherrschaft an- 

war denn auch die Ehe nicht gliicklich (Dio LXXII bot, lehnte er sie mit Hinweis auf sein Alter und 

4, 5 ; vgl. die Nachrichten iiber Lucillas Bezie- seine Augenkrankheit ab (Did. Iul. 8, 3). Ob er 

hungen zu Quadratus und Quintianus, Herodian. auch des Iulianus Ende (1. Juni 193) und den 

I 8, 4. Dio LXXII 4, 4). Um so glanzender ge- Sieg des Septimius Severus noch erlebte, wissen 

staltete sich die Bolle, die Pompeianus im Staate wir nicht. In richtiger Schatzung des Pompeianus 

spielte. Im J. 173 wurde er zum zweitenmal tadelt Iulianus Apostata (in der Maske Silens) 



2845 Claudius Claudius 2846 

den Kaiser Marcus, weil dieser das Eeich seinem CIL VIII 936S (= Dessau 1351); Add. p. 974. 

Sohne Commodus hinterliess, obwohl er einen X 3849. Aus dem 2. Jhdt. n. Chr. [Stein.] 
trefflichen Schwiegersohn hatte, der den Staat 286) T[ibexiu]s CI. Profculeianus?], Proconsul 

besser gelenkt und auch fur den Sohn besser von Achaia, CIA III 634. 

gesorgt hatte, als dieser fur sich selbst (Caes. 287) Claudius Proculus empfing als Praetor ein 

p. 401, 11 ed. Hertlein). Rescript des Kaisers Hadrian, Ulp. Dig. XXXVII 

c) Familie. Sohne des C. erwahnt Dio LXXII 9, 1, 14. 
20, 1. Zu denselben gehOrte Claudius Pompeianus 288) L. Claudius Proculus Cornelianus, Con- 

(Nr. 280) , den ihm Lucilla gebar (Carac. 3, 8). sul (suffectus in unbekanntem Jahre), Gemabl der 
Sein Sohn aus erster Ehe (mit einer Quintia?) war 10 Herennia Helvidia Aemiliana, CIL XIV 4239 (Ti- 

vielleicht CI. Pompeianus Quintianus (Nr. 284). bur). X 7828 = Ephem. epigr. VIII 718 (ager 

Vgl. die Stammtafel der Claudii Pompeiani und Caralitanus). 
Claudii Severi zu Nr. 348. 289) PI. CI. Pudens (?) Marcianus (CIG III 

283) Ti. CI. Pompeianus setzte als trib(unus) 4241) s. Flavius. [Groag.] 
mil(itum) leg(ionis) I Min[erviae] zu Lugudu- 290) Claudius Pulcher , vielleicht Sohn des 
num einen Votivstein pro salute dom[ini] n(ostri) C. Claudius Pulcher Nr. 302, ging durch Adoption 
imp. L. Sept(imi) Severi Aug. totiusq(ue) domus in die Familie der Livii Drusi (s. d.) iiber und 
eius (CIL XIII 1766 = Orelli 2106). Wahr- wurde durch seine Tochter Livia Grossvater des 
scheinlich hatte er in dieser Stellung an der Kaisers Tiberius, der demnach von vaterlicher und 
Schlacht bei Lyon , in der Clodius Albums ge- 20 mutterlicher Seite dem claudischer) Geschlecht 
schlagen wurde und fiel (19. Februar 197), teil- angehorte (Suet. Tib. 3). [Munzer.] 
genommen (Hirschfeld Sybels Hist. Ztschr. 291) (Claudius) Pulcher wird als IIMr a(ere) 
LXXIX 1897, 470, 2), vgl. Nr. 280. afrgento) a(uro) f(lancb) f(eriundo) mit (Stati- 

284) Claudius Pompeianus Quintianus. Sein lius) Taurus und (Livineius) Eegulus auf Kupfer- 
Name lautet bei Dio LXXII 4, 4 ( = Zonar. XII 4) munzen genannt (Babe Ion I 358 nr. 25 — 27. 
und in der Hist. Aug. Comm. 4, 2 Claudius Pom- II 99 nr. 348—350. 145 nr. 14—19. 469 nr. 1—3). 
peianus; bei Herodian. I 8, 5 und Amm. Marc. Er bekleidete dieses Arat wahrscheinlich kurze 
XXIX 1, 17 wird er dagegen Quintianus (in Zeit bevor der Gebrauch, die Namen der Miinz- 
mehreren Hss. Quintinianus) genannt. Vermut- meister auf den Munzen zu nennen, aufhorte, ca. 
lich ist dieser Name als sein zweites Cognomen 30 4 v. Chr. (s. Mommsen Rem. Miinzwesen 744). 
zu betrachten (Borghesi Oeuvres V 441). Man Vielleicht derselbe ist Appius (Claudius), dessen 
halt ihn gewohnlich fur den Sohn des Ti. CI. Freigelassene Claudia Prima in dem Grabmal be- 
Pompeianus (Nr. 282) aus dessen erster Ehe mit erdigt wurde, das dem Gesinde von Nero Drusus 
einer Quintia; allerdings ist auffallend, dass sein (Nr. 139) Kindern zu eigen war (CIL VI 4378). 
Verwandtschaftsverhaltnis zu diesem in keiner Als sein Vater kOnnte Ap. Claudius (Nr. 15) be- 
unserer Quellen naher bezeichnet wird. C. war trachtet werden. [Groag.] 
zurZeitseinesMordanschlagesnochjung(Herodian. 292) Claudius Pulcher, an den ein Rescript 
I 8, 5), Senator (ebd.; Ammian. Marc. a. a. O., vgl. des Kaisers Marcus (frg. Vatic. 205). Mit den 
Nr. 278) und mit der Tochter Lucillas (aus ihrer altpatricischen Claudii Pulchri hat er gewiss nichts 
ersten Ehe mit Kaiser Verus, s. o. Bd. I S. 2315) 40 zu thun. [Groag.] 
vermahlt (Dio LXXII 4, 4; rjyyvtjxo ist zwar in 293) Ap. Claudius Pulcher, Sohn von Nr. 304 
dieser Bedeutung ungewOhnlich, doch vgl. sxQfjxo 6s (Fasti Cap. zu den Consulaten seiner Sohne Nr. 294. 
xoX avxfj xavxy teal xfj xfjg xogtjg fit/xQi undNr. 310). 305. 300). Im J. 537 = 217 war er curulischer 
Obwohl mit Commodus befreundet (Dio LXXII Aedil und im folgenden Jahre Kriegstribun. Da- 
4, 4. 5), liess er sich von Lucilla und deren Buhlen mals gehOrte er zu denen, die sich aus der Schlacht 
(Ummidius) Quadratus um 182 n. Chr. zu einem von Cannae retteten, und es wurde ihm neben 
Mordversuch an dem Kaiser bestimmen. Er lauerte P. Scipio von seinen Gefahrten der Befehl iiber- 
ihm in dem engen Eingang des Amphitheaters tragen (Liv. XXII 53, 2. 54, 5). Mit den Legio- 
auf und ziickte mit dem Rufe ,dies schickt Dir nen, die aus den Uberlebenden nach der Nieder- 
der Senat' den Dolch gegen ihn, wurde jedoch501age formiert worden waren, ging er 539 = 215 
von dem Gefolge des Herrschers an der Ausfuh- als Praetor nach Sicilien (Liv. XXIII 24, 4. 30, 18. 
rung des Attentates gehindert und erlitt bald 31, 4. 6. 32, 2). Weder seine Unternehmungen 
darauf die Todesstrafe (Comm. 4, 2 — 4. 5, 12. gegen Bomilkar, der Hannibal aus Africa Ver- 
Dio LXXII 4, 4. 5 = Zonar. XII 4. Herodian. starkungen zufuhrte, und gegen Lokroi hatten 
I 8, 5. 6. Ammian. Marc. XXIX 1, 17). Ob in einen Erfolg (ebd. 41, 10—12), noch vermochte er 
der Inschrift CIL V 3223 (vgl. p. 1074) that- den Enkel und Nachfolger Hierons von Syrakus, 
sachlich, wie Mommsen vermutet, zu lesen ist Hieronymos, bei dem romischen Biindnis festzu- 
pro salute Quintiani (der Name ist eradiert) halten (ebd. XXIV 6, 4ff. 7, 8). Allein richtete 
n(ostri) cos. flamin. Aug. proeos. pontif. sodalis er nichts gegen das abtrilnnige Syrakus aus, aber 
Aureliani Antoninianiu. s. w., muss dahingestellt 60 wahrend der beiden folgenden Jahre nahm er als 
bleiben. Es kOnnte allenfalls unser C. gemeint Propraetor unter dem Oberbefehl des M. Clau- 
sein, wenngleich dieser von Herodian (1 8, 5) als vsa- dius Marcellus Nr. 220 (s. d.) bedeutenden Anteil an 
vlaxoe bezeichnet wird. Sein Nachkomme (Enkel?) dessen Unternehmungen, namentlich an der Be- 
war Claudius Quintianus (Nr. 310). [Groag.] lagerung der Stadt (Polyb. VIII 3, 7. 5, 1. 6. 9, Iff. 

285) Ti. Claudius Ti. fil. Fal(eria) Priscia- Liv. XXIV 27, 4. 6. 29, 4. 30, 1. 33, 2. 36, 6. Plut. 
nus , procurator) provincial Pannoniae supe- Marc. 13, 2. 14, 3. Zonar. IX 4). Erst gegen das 
rioris, proc. regni Norioi, proc. XX heredita- EndedesJ. 541 = 213 verliesser die Insel, um sich 
Hum, proc. provinciae (Mauretaniae Caesariensis), um das Consulat far 542 = 212 zu bewerben (Liv. 



2847 Claudius Claudius 2848 

XXIV 39, 12), und wurde mit Q. Fulvius Flaccus tien zuriick, um die Bewerbung seines Bruders 

gewahlt (Fasti fer. Lat. CIL 12 p. 57. Chronogr. um das Consulat zu unterstiitzen (Liv. XXXIX 

Idat. Chron. pasch. Cic. Cael. 33. Liv. XXV 2, 4. 32, 4f. 10—12). Im J. 570 = 184 ging er an 

3,1. Frontin.strat.IV 1,44. Flor. praef. 6. Cassiod. der Spitze einer Gesandtschaft nach Makedonien 

Fest. p. 326). Beide Consuln begaben sich auf den und Griechenland (Polyb. XXII 16, 4. 17, 1—18, 

campanischen Kriegsscbauplatz , wo die Wieder- 13, daraus Liv. XXXIX 33, 3. 34, 3. 6. 35, 5— 

gewinnung Capuas ihre wichtigste Aufgabe war. 37, 21) und noch 580 = 174 in der gleichen Stel- 

Nach wechselvollen Kampfen schlossen sie die lung zu den Aetolern (Liv. XLI 25, 5), vielleicht 

Stadt vollstandig ein (Liv. XXV 14, 12. 18, 1. auch noch 600 = 154 zu Prusias von Bithynien 

20, J. 22, 5. Appian. Hann. 37). Appius ging 10 (Polyb. XXXIII 13,4). 

zur Leitung der Wahlen nach Bom, kehrte aber 295) Ap. Claudius Pulcher war Sohn eines 

bald wieder auf seinen Posten zuriick, da der Gaius(vgl.dieGrenzsteine),wahrscheinlichdesCon- 

Befehl ihm und seinem Collegen fur das J. 543 suls von 577 = 177 (Nr. 300). Als Consul im J. 611 

= 211 verlangert wurde (Liv. XXV 41, 10—13. = 143 (Fasti Cap. Chronogr. Idat. Chron. pasch. 

XXVI 1, 2). Bei einem neuen Entsatzversuch Cassiod. Cic. Cael. 33. Frontin. aqu. I 7) suchte 

der Punier wies er den gleichzeitigen Angriff der er eifrig die Gelegenheit, sich einen Triumph zu 

Eingeschlossenen auf seine Verschanzungen zuriick, verschaffen, und griff, da sich keine andere bot, 

wurde aber dabei von einem feindlichen Geschosse das Alpenvolk der Salasser an (Liv. ep. LIII. 

verwundet (Polyb. IX 3, Iff. Liv. XXVI 5, 8. 10. Oros. V 4, 7. Dio frg. 74, 1). Er wurde zuerst mit 

6 , 5). Infolgedessen behielt er das Commando 20 bedeutenden Verlusten zuruckgeschlagen (Oros. a. 

uber die Belagerungsarmee, als Hannibals Marsch a. O. Obsequ. 21); nachdem die Decemvirn auf Ge- 

gegen Rom es notwendig machte, dass einer der heissdersibyllinischenBiichereinOpferinFeindes- 

Feldherren und ein Teil der Truppen zur Deckung land dargebracht hatten, errang er einen Sieg 

der Hauptstadt dorthin eilte (Polyb. IX 7, 7. Liv. (Obsequ. a. a. 0., vgl. Dio a. a. 0). Der Senat ver- 

XXVI 8, 8f. Flor. I 22, 43. Appian. Hann. 40. weigerte ihm den Triumph ; er feierte ihn trotz- 

Zonar. 1X6); zur Aufhebung der Einschliessung dem aus eigener Machtvollkommenheit und aus 

hatte der rasche Zug des Feindes die R8mer nicht eigenen Mitteln (Oros. Dio frg. 74, 2. Macrob. Ill 

bewogen, und damit war Capuas Schicksal be- 14, 14; vgl. Mommsen Rom. Forsch. I 214f.; St- 

siegelt. Appius vertrat im Gegensatz zu Fulvius R. I 134f.), und als ihn einer der Tribunen mit 

hinsichtlich der Bestrafung der Stadt und ihrer 30 Gewalt hindern und vom Wagen reissen wollte, stieg 

Bewohner nach Livius XXVI 15, Iff. die mildere seine Tochter, eine Vestalin, zu ihm, um ihn durch 

und menschlichere, vielleicht auch die kliigere An- ihre Unverletzlichkeit zu schiitzen (Cic. Cael. 34. 

sicht (vgl. auch Claudia Nr. 383); weil er damit Val. Max. V 4, 6. Suet. Tib. 2; vgl. Nr. 384). Er 

nicht durchdrang und an dem strengen Strafge- war ein heftiger Gegner des jiingeren Africanus, 

richt, das Fulvius ftber Capua ergehen liess, keinen dem er bei der Bewerbung um die Censur 612 = 142 

Teil mehr hatte, glaubten einige Historiker, er nachgesetzt wurde (Plat. Aem. Paull. 28, 3f. ; praec. 

sei noch vor der Capitulation seiner Wunde er- reip. ger. 14, 10. Cic. rep. 1 31 ; Scaur. 32). Dafiir 

legen (Liv. XXVI 16, 1. Zonar. IX 6); jedenfalls erhielt er dieses Amt das nachste mal, 617 = 137, 

starb er bald darauf (Liv. XXVI 33, 4 ; vgl. Sil. zusammen mit Q. Fulvius Nobilior, und verwaltete 

Ital. XIII 450ff. XVII 300—302). "" 40 es mit grosser Strenge (Dio frg. 80. Plut. Ti. 

294) Ap. Claudius Pulcher, als Ap. f. P. n. Gracch. 4, 1. Fest. p. 286). Ferner war er Prin- 

Sohn von Nr. 293, diente zuerst 559 = 195 unter ceps senatus (Plut. a. 0.) und Salier (Macrob. 

Flamininus gegen Nabis von Sparta (Liv. XXXIV III 14, 14). Er erwahlte sich selbst den Ti. 

28, 10). 563 = 191 fiihrte er die rOmische Vor- Gracchus zum Schwiegersohn (Plut. 4, 1; vgl. 

hut nach Thessalien. Es gliickte ihm, den Konig Liv. Veil. App. ; zur Kritik derErzahlung Plutarchs 

Antiochos fiber seine Starke zu tauschen, so dass Liibbert De gentis Claudiae comment, domest. 

dieser in der Meinung, er habe die ganze rOmi- 24), stand ihm bei der Aufstellung seiner Gesetz- 

sche Armee vor sich, schleunigst die Belagerung entwiirfe zur Seite (Plut. 9, 1) und wurde von 

von Larissa aufgab und nach Mittelgriechenland ihm 621 = 133 zum Triumvir agris dividendis 

zuruckging ; die befreite Stadt wurde von C. be- 50 colonisque deducendis ernannt (Grenzsteine CIL 

setzt (Liv. XXXVI 10, 10-15. 13, 1. App. Syr. I 552 = X 3861. I 553 = X 289. I 1504 = X 

16). Spater nahm C. an der Belagerung von 3760. Not. degli scavi 1897, 119 [vgl. Neue 

Heraklea teil (Liv. XXXVI 22, 8) und befehligte Jahrb. f. Phil. 1898, 331f.]. Plut. 13, 1. Veil. II 

auf dem Weitermarsch nach Naupaktos wiederum 2, 3. Liv. ep. LVIII. Appian. bell. civ. 1 13). Er 

den Vortrab (ebd. 30, 2). Nach Livius XXXVITI starb einige Zeit nach Ti. Gracchus (App. I 18). 

42, 4. 6 war er Praetor 567 = 187 und erhielt Seine Beredsamkeit nennt Cicero (Brut. 108) volu- 

als solcher Tarent; sein Bruder Publius (Nr. 305) bills sed paullo fervidior. Es ist zu bedauern, 

sei 566 = 188 Praetor peregrinus gewesen (ebd. dass die Quellen fur die politische Stellung dieses 

35, 2. 10). Publius hatte demnach die Praetur Mannes nicht reichlicher fliessen, denn ohne Zwei- 

unmittelbar hinter der Aedilitat bekleidet, was 60 fel war er eine bedeutende und zielbewusste Persbn- 

staatsrechtlich kaum denkbar ist. Diese Schwie- lichkeit; es ist wohl moglich, dass seinem Bilde 

rigkeit hat Mommsen (St.-R. I 525, 1) aufs ein- mancher Zug entlehnt ist, mit dem die romische 

fachste durch die Annahme gehoben, dass die Prae- Annalistik altere Mitglieder seines Hauses gezeich- 

turen beider Bruder mit einander vertauscht worden net hat. Verheiratet war C. mit einer Antistia 

seien. Als Consul im J. 569 = 185 (Fasti Cap. (Plut. 4, 1; vgl. Bd. I S. 2560 Nr. 59); von 

Chronogr. Idat. Chron. pasch. Liv. XXXIX 23, seinen Kindern sind zwei Sohne (Nr. 302 und 296) 

1. 52, 4. XLV 16, 8) kampfte er mit Gluck gegen und drei Tochter (Nr. 384—386) bekannt. 

die ligurischen Igauni und kehrte zu den Comi- 296) Ap. Claudius Pulcher, wahrscheinlich 



2849 Claudius Claudius 2850 

Sohn von Nr. 295. Miinzmeister um 654 = 100 Feldzug und uberreichte 682 = 72 in Antiochia 

(MommsenMiinzwesen 561 nr. 177). Er bewarb dem Tigranes das rOmische Ultimatum, das ihm 

sich zuerst vergeblich um die Aedilitat, obgleich die Wahl zwischen Auslieferung des Mithridates 

ihn der Einfluss seines Bruders unterstfitzte (Cic. und Krieg mit Rom liess (Plut. Luc. 19, 2. 21, 

Plane. 51), vielleicht im J. 662 = 92, als dieser If. 7—9. 23, 2. 29, 9. Memnon 46, 2 [FHG III 

Consul war (vgl. Nr. 302), und erhielt sie erst 550]). Im J. 691 = 63 gehOrte er dem Senate 

etwas spater (Cic. har. resp. 26; vgl. Borghesi an und fuhrte das Protokoll beim Process der 

Oeuvres II 178). 665 = 89 war er Praetor Catilinarier (Cic. Sulla 42). 693 = 61, wiihrend 

(Cic. Arch. 9). Vermutlich war er der Ap. Clau- sein Bruder Publius wegen Religionsfrevel vor 
dius, der 667 = 87 wohl mit propraetorischem 10 Gericht stand, war Appius in Griechenland aufs 

Imperium ein Heer in Campanien befehligte, aber eifrigste beschaftigt, Gemalde, Statuen und andere 

von seinen Truppen, die Cinna fur sich gewann, Kunstschatze zusammenzurauben, weil er sich um 

im Stich gelassen wurde (Liv. ep. LXXIX). Als die Aedilitat zu bewerben und seine aedilicischen 

er nach dem Siege der Demokraten der Vorladung Spiele moglichst glanzend auszustatten gedachte 

eines Volkstribuns nicht Folge leistete, wurde er (Cic. de domo 111. Schol. Bob. p. 338 Or.). Er 

seines Imperiums fur verlustig erklart, verbannt hat aber dieses Amt nicht bekleidet, sondern ist 

und bei der Aufstellung der Senatorenliste 668 im J. 697 = 57 durch die Unterstfitzung des L. 

= 86 von dem Censor L. Marcius Philippus, seinem Piso, der im vorhergehenden Consul war, sofort 

eigenen Neffen , ubergangen (Cic. de domo 83f.). zur Praetur gelangt (Cic. de domo 40). Er prae- 
Die sullanische Kestauration fuhrte ihn wieder 20 sidierte dem Gerichtshof fur Erpressungen (Cic. 

zuriick und brachte ihm das hoehste Staatsamt, ad Att. Ill 17, 1) und suchte seinem Bruder Pu- 

denn er wurde mit P. Servilius Isauricus von blius, dem er schon friiher gegen M. Bibulus, 

Sulla zum Consulat fur 675 = 79 beftirdert (Fasti Consul 695 = 59, beigestanden hatte (Cic. de 

Cap. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. Cic. domo 40), in verschiedener Weise niitzlich zu sein 

Cael. 33. Oros. V 22, 1. Schol. Gronov. p. 404 (Cic. Sest. 16. Schol. Bob. z. d. St. p. 295. 307 Or.). 

Or. Licinian. p. 38 Bonn. Appian. bell. civ. I Cicero erkannte zwar spater an, dass sich Appius 

103). Im folgendeu Jahre wurde er von Sulla im ganzen taktvoll benahm und ihm nicht direct 

nach Makedonien geschickt, aber in Tarent durch feindlich entgegentrat (de domo 87 ; ad fam. Ill 

Krankheit zuriickgehalten (Sail. hist. I 77 Kr. = 10, 8), aber er beklagte sich sehr, dass er allein 
I 127 Maur.). Da kurz darauf jener starb und 30 von alien seinen Amtsgenossen gegen die Zuriick- 

innere Wirren eintraten, ist es leicht mOglich, berufung Ciceros war (Sest. 77f. 85. 87. 89. 126; 

dass er nach der Hauptstadt nochmals zuriick- Pis. 35. Ascon. z. d. St. p. 10. Schol. Bob. p. 288 Or. 

kehrte und im Anfang von 676 = 78 als Interrex Cic. ad Att. IV 1, 6. Dio XXXIX 6, 3. 7, 2) und 

fungierte, ehe er in die Provinz abging (Sail. hist. auch, nachdem diese erfolgt war, fortfuhr, den 

I 51, 22 Kr. = I 77, 22 Maur.). Makedonien Publius zu unterstiitzen (ad Att. IV 2, 3. 3, 3f. 

hatte damals viel von den Einfallen der wilden Dio a. O.). Nach der Praetur verwaltete Appius 

Thrakerstamme am Rhodope zu leiden ; Appius Sardinien, nahm aber im April 698 = 56 an der 

schlug diese und bekampfte namentlich mit Gliick Zusammenkunft der Triumvirn in Luca teil (Cic. 

die Skordisker, wobei er weit nach Norden vor- ad Q. ft. II 4, 6. 13, 3. Plut. Caes. 21, 2), und 
drang. Mitten in diesen Kampfen ereilte ihn 40 wurde im J. 700 = 54 Consul mit L. Domitius 

der Tod 678 = 76 (Liv. ep. XCI. Flor. II 39, Ahenobarbus (Tesserae CIL I 732. Bull. d. Inst. 

6. Eutrop. VI 2, 1. Oros. V 23, 19. Ruf. Fest. 1882, 8. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. 

9, 2. Ammian. Marc. XXVII 4, 10; vgl. Sail. Obseq. 64. Caes. b. G. V 1, 1. Ascon. Pis. p. 1; 

hist. II 41 Kr. = II 80 Maur.), und seine zahl- Scaur, p. 16. Schol. Bob. p. 253. Dio XXXIX 60, 

reiche Familie blieb in Armut zuriick (Varro r. r. 2. XL 1, 1). Mit Cicero war er damals ausge- 

III 16, 2). Er war mit einer Caecilia vermahlt sohnt, hauptsachlich durch die Bemuhung des On. 

(oben S. 1235 Nr. 135) und hatte drei Sohne Pompeius, dessen Sohn seine Tochter geheiratet 

und drei TOchter (vgl. Nr. 297. 303, ausserdem hatte (Cic. Scaur. 31f.; ad fam. I 9, 4. 19. Ill 

P. Clodius Pulcher und drei Clodiae). Stark 10, 8. 10; ad Q. fr. II 10, 1; ad M. Brut, bei 
Verh. d. Tub. Philologenvers. (1876) 48ff. hat es 50 Quintil. inst. or. IX 3, 41). Ausser durch diese 

sehr wahrscheinlich gemacht, dass er es war, der Beziehungen wurde er in seinen Entschlfissen und 

wahrend seines Consulats die Ahnenbilder der Handlungen vornehmlich durch die Habsucht be- 

Claudier im Tempel der Bellona aufstellte (Plin. stimmt, die eine Folge seiner in Armut verbrachten 

n. h. XXXV 12; vgl. Miinzer Quellenkritik der Jugend war. So wollte er den Cicero nach dessen 

Naturgesch. des Plin. 125). Auftreten gegen Antiochos von Kommagene von 

297) Ap. Claudius Pulcher, altester Sohn von weiteren Schritten abhalten, weil er auf die Frei- 

Nr. 296, nach dem Tode seines Vaters in diirftigen gebigkeit dieses Fiirsten rechnete (Cic. ad Q. fr. 

Verhaltnissen und mit der Verpflichtung, fur seine II 10, 2f.). Ferner suchte er zuerst zu Gunsten 

jiingeren Geschwister zu sorgen, zuriickgelassen des von einer Anklage bedrohten Gabinius, des 
(Varro r. r. Ill 16, If.). Schwerlich darf er, wie 60 Statthalters von Syrien, die Comitien hinauszu- 

Mommsen(Miinzwesen561 zunr. 177)meinte, fur schieben (ebd. II 11, 3), griff ihn aber nachher 

den Interrex von 676 = 78 gehalten werden (Sail. selbst scharf an, um gleichzeitig der allgemeinen 

hist. I 51, 22 Kr. = I 77, 22 Maur., vgl. Nr. 296), Stimmung entgegenzukommen und jenem seine 

sondern sein erstes Auftreten fallt ins J. 679 = 75, leicht zu erwerbende Unentbehrlichkeit fuhlbar 

wo er den Terentius Varro wegen Erpressungen zu machen (ebd. Ill 2, 3. Dio XXXIX 60, 3). 

vor Gericht zog (Ps.-Ascon. div. in Caec. p. 109, Dass er dem C. Pomptinus zu dem langersehnten 

20 Or.). Darauf begleitete er Lucullus, den Ge- Triumphe verhalf, geschah wohl gleichfalls aus 

mahl seiner Schwester, auf dessen asiatischem Eigennutz (Cic. ad Att. IV 18, 4; ad fam. Ill 

Pauly-Wissowa III 90 



2851 Claudius Claudius 2852 

10, 3; ad Q. fr. Ill 4, 6). Anfang Juli begab widert zu haben, weil die Vorgange in Bom bei 

er sich mit einer Commission von zehn Senatoren und nach seines Bruders Ermordung nicht ohne 

nach Interamna und Beate, um an Ort und Stelle Eindruck auf ihn geblieben sein kOnnen. Infolge- 

die stets emeuten Streitigkeiten zu schlichten, dessen sind die nachsten Briefe 5 — 8 zur Halfte 

welche die entgegengesetzten Wfinsche beider mit Klagen des Briefschreibers gefullt und zur 

Stadte betreffend den Abfluss des Lacus Velinus andern Halfte mit Erwiderungen auf Beschwerden 

bervorriefen (Varro r. r. Ill 2, 3; vgl. Cic. Scaur. des Emptangers: Appius hatte auf jede Weise 

27; ad Att. IV 15, 5). Ganz unerhort war das eine Begegnung mit seinem Nachfolger vermieden 

Verhalten der beiden Consuln bei den scanda- und war schliesslich, als sich ihre Wege dennoch 
losen Wahlumtrieben dieses Jahres. Einer der 10 kreuzten, heimlich bei Nacht an ihm voruberge- 

Bewerber ums Consulat, C. Memmius, denuncierte eilt ; ausserdem hatte er noch nach dessen Ein- 

sich auf Veranlassung des Pompeius im October treffen in der Provinz Verffigungen getroft'en. Ci- 

selbst beim Senate : er und sein Mitbewerber cero hatte die Errichtung eines Denkmals fur den 

Domitius Calvinus hatten sich den Consuln gegen- Vorganger und die Absendung einer Gesandtschaft 

fiber schriftlich verpflichtet, falls sie mit deren nach Rom, die fiir dessen gute Verwaltung Zeugnis 

Unterstiitzung gewahlt wfirden , ihnen entweder ablegen sollte, untersagt. Der scharfe Ton dieser 

eine hohe Geldsumme zu zahlen oder durch ein Correspondenz anderte sich, nachdem Appius Ende 

falsches Zeugnis dreier Auguren und zweier Con- 703 = 51 in Bom angelangt war, denn beide Cor- 

sulare zu erharten, dass das Curiatgesetz und der respondenten hatten einander n(3tig. Der Wunsch 
Senatsbeschluss, die jenen ihre gewiinschten Pro- 20 des Heimgekehrten, den Triumph zu erhalten (Cic. 

vinzen bestimmten, ordnungsgemass zu stande ad fam. 1119,2), trat bald gegen andere Sorgen 

gekommen seien. Appius behielt angesichts dieser zuriick, denn er wurde von P. Dolabella, der kurz 

vernichtenden Beschuldigung seine ruhige Fas- darauf Ciceros Tochter heiratete, zuerst in einen 

sung (Cic. ad Att. IV 17, 2; vgl. 15, 7; ad Q. fr. Majestatsprocess und dann in einen Process wegen 

III 1, 16), die Gerichtsverhandlung fiber den Amtserschleichung verwickelt. Er gab daher so- 

schmutzigen Handel wurde hintertrieben (Cic. ad fort die Hoffhung auf den Triumph auf und kam 

Att. IV 17, 3f.), und die Wahlen ein voiles Jahr nach der Hauptstadt , um sich zu rechtfertigen. 

lang verzogert (Cic. ad Q. fr. Ill 2, 3. 3, 2). Ciceros Geneigtheit war ihm jetzt wertvoll, weil 

Appius begehrte dringend nach der Verwaltung ihm ungunstige Zeugnisse aus der Provinz viel 
einer Provinz; er wollte Kilikien und das Com- 30 Schaden thun konnten, und er schrieb nicht nur 

mando fiber die dort stehenden Truppen auch ohne selbst an ihn, sondern liess ihn auch durch Pom- 

Curiatgesetz fibernehmen, selbst wenn er dafur peius,BrutusundM.CaeliusRufusbearbeiten(Cael. 

auf das Recht des Triumphes verzichten mfisste ad fam. VIII 6, Iff. Cic. ad fam. Ill 10 ; ad Att. 

(Cic. ad. Att. IV 18, 4; ad fam. I 9, 25; ad VI 2, 10). In dem ersten Process ftthrte der 

Q. fr. Ill 2, 3), und that schon damals ein Einfluss des Pompeius und die Verteidigung des 

Gelubde fiir den Fall seines Erfolges (s. u.). Hortensius und Brutus die Freisprechung herbei 

Er verwaltete Kilikien von Mitte 701 = 53 an (Cic. ad fam. Ill 11 ; Brut. 230. 324), und ebenso 

und erwarb durch einen nicht naher bekannten endete der zweite, der eine Folge der Bewerbung 

Feldzug den Anspruch auf einen Triumph und des Appius um die Censur war (Cic. ad fam. Ill 
den Imperatortitel, den ihm Cicero (ad fam. Ill 40 12; vgl. 11, 2); ausserdem wurde Appius Mitte 

1 u. 2 Aufschr.), die Mfinzen von Laodikeia und 704 = 50 mit L. Piso zum 'Censor gewahlt (Cic. 

Apamea (Pinder Cistophoren 570f. CIL I 526) ad fam. m 10, 3f. 11, 5 und Aufschr. 13, 2. Dio 

und die Inschriften von Athen und Eleusis (s. u.) XL 63, 2. Oros. VI 15, 11). Er war nicht 

geben. Da Cicero sein Nachfolger in der kiliki- makellos und rein genug, um diesem Amte durch 

schen Statthalterschaft wurde, entwickelte sich seine Strenge mit Erfolg zu neuem Ansehen zu 

zwischen beiden Mannern ein lebhafter Brief vvechsel, verhelfen. Die unsaubern Handel mit dem Ae- 

von dem dreizehn Briefe Ciceros erhalten sind und dilen M. Caelius Bufus, wobei Censor und Aedil 

das dritte Buch der ep. ad familiares bilden. Sie sich gegenseitig wegen Unzucht belangen woll- 

sind mit Ausnahme des achten, der vor den siebenten ten, werfen ein bedenkliches Licht auf ihn (Cael. 
gehort, in chronologischer Reihenfolge uberliefert ; 50 ad fam. VIII 12, 1. 14, 4; vgl. o. S. 1270), 

der erste ist noch vor der Ernennung Ciceros zum und Bestimmungen gegen den unrechtmassigen 

Proconsul von Kilikien geschrieben, die anderen Erwerb von Kunstwerken klangen eigentumlich 

reichen von dieser Ernennung Anfang 703 = 51 im Munde eines Mannes, der selbst darin nicht 

bis zur Abreise Ciceros aus Asien Herbst 704 = eben scrupulos gewesen war (Cael. ad fam. VIII 14, 

50. Fiir die Provincialverwaltung des Appius 4. Cic. ad Att. VI 9, 5). _ Andere seiner Verord- 

lehren sie weniger, als andere Ausserungen des nungen betrafen Ackerbesitz und Schuldenwesen 

Bedners, dass Appius Kilikien hart bedrfickte und (Cael. ebd.) ; den Historiker C. Sallustius stiess 

nicht nur selbst rficksichtslos ausplfinderte, son- er wegen Unsittlichkeit aus dem Senat (Invect. 

dem auch seinenUntergebenen.z.B. seinem Schwie- in Sail. 16. Dio XL 63, 4), den C. Ateius wegen 
gersohne M. Brutus, die argsten Ausschreitungen 60 der Erdichtung von Auspicien (Cic. div. I 29), 

ungestraft hingehen liess (Cic. ad fam. Ill 8, 5ff. und C. Curio wurde nur durch Piso vor dem- 

XV 4, 2; ad Att. VI 1, 2. 6. 2, 8. Auct. de selben Schicksal geschutzt (Dio XL 63, 5). Doch 

vir. ill. 82, 4). In dem Verhaltnis des Cicero zu griff Appius den Curio wenigstens im Senate 

Appius lassen diese Briefe verschiedene Wand- heftig an (Cael. ad fam. VIII 17, 1. Dio XL 64, 1) 

lungen erkennen. Sie sind zuerst voll von Ver- und zeigte sich uberhaupt den Anhangern Caesars 

sicherungen fveundschaftlicher Ergebenheit und so feindlich gesinnt, dass sein tjbereifer diesem 

grOsster Liebenswurdigkeit (Brief 1—4), aber der mehr nutzte als schadete. Uber seine Haltung 

Adressat scheint diese Geffihle keineswegs er- in dem bald darauf ausbrechenden Bfirgerkriege 



2853 Claudius Claudius 2854 

konnte kein Zweifel bestehen (Cic. ad Att. IX 1, 36. 48) und wird der gewesen sein, der die An- 

4; vgl. VIII 1, 3). Er schloss sich dera Pompeius nahme der gesetzmassigen Belohnung verweigerte, 

an und erhielt Griechenland als Provinz. Hier weil er nur seinen Oheim hatte rachen wollen 

befragte er das delphische Orakel iiber die Zu- (ebd. p. 48). Vermutlich war er es auch, der im 

kunft und einpfing eine zweideutige Antwort, die J. 704 = 50 die Truppen aus Gallien herbeifiihrte, 

nur in der lateinischen Fassung iiberliefert wird: die dem Caesar von Pompeius zur Verfiigung ge- 

Nihil ad te hoe , Romans, bellum ; Euboeae eoela stellt worden waren und jetzt fiir den Parther- 

obtinebis. Infolgedessen zog er sich nach Euboea krieg zuriickgefordert wurden (Plut. Pomp. 57, 3. 

zuriiek, wo er noch vor der Entscheidungsschlacht Cic. ad Att. VII 15, 3. 20, 1 nach 0. E. Schmidt 
bei Pharsalus etwa im Anfang 706 = 48 starb 10 Briefwechsel des Cicero 127). Seine Parteistel- 

(Val. Max. I 8, 10. Oros. VI 15, 11. Lucan. V lung in den folgenden Kampfen ist nicht klar er- 

68ff. 122ff.). In dieser Erz&hlung tritt ein Grund- sichtlich. Da in die nachsten Jahre sein Aufent- 

zug seines Charakters scharf hervor, seine Reli- halt in Griechenland fallen muss (Suet, gramm. 

giositat. Ein stattliches Denkmal derselben sind 10), so ist es moglich, dass er zunachst, seinem 

die sog. kleinen Propylaeen des Weihetempels Oheim Appius folgend, auf seiten des Pompeius 

von Eleusis. Nach der Inschrift des Epistyls (CIL gestanden hatte. Im J. 711 = 43 schrieb Cicero 

I 619 = III 547) hat er den eleusinischen Got- fur ihn den Empfehlungsbrief (ad fam. XI 22) an 

tinnen den Umbau der alten Vorhalle (vgl. Athen. Decimus Brutus, wonach sich Appius zwar dem 

Mitt. II 190ff. und Art. Eleusis) als Consul gelobt Antonius angeschlossen haben muss, aber auch 
und als Imperator begonnen ; im J. 704 = 50 20 mit der andern Partei Fiihlung suchte. Jeden- 

wurde daran gebaut (Cic. ad Att. VI 1, 26. 6, 2), falls entschied er sich zuletzt fiir die Triumvirn, 

und die Athener erwiesen sich dem Stifter dankbar denn er ist im J. 716 = 38 zum Consulat ge- 

•durch Errichtung einer Statue (CIA III 566) ; langt, ohne dass etwas iiber seine Bekleidung der 

aber die Vollendung der Propylaeen erlebte er niedernAmterbekanntware(InschriftenvonHercu- 

Tiicht, sondern zwei seiner Neffen haben als seine laneum s. u. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. 

Testamentsvollstrecker das Werk zum Abscbluss Dio XLVIII Ind. 43, 1. Zonar. X 23). Spater 

gebracht. Auch das Amphiaraosheiligtum bei verwaltete er Spanien und fiihrte dort gliickliche 

Oropos hatte sich der Gunst des Appius zu er- Kampfe, denn die Tab. triumph. Barberin. ver- 

freuen, denn eine dort gefundene Ehreninschrift zeichnet seinen Triumph exJKspania zum 1. Juni 
wird mit Wahrscheinlichkeit auf ihn bezogen (IGS 30 722 = 32 (CIL 12 p. 77) und zwei Inschriften 

I 428). Nicht minder war er auch dem Glauben aus Herculaneum legen ihm den Imperatortitel 

seines Volkes ergeben. Ums Pontificat hatte er bei (CIL X 1423. 1424). Die erste, jetzt unter- 

sich vielleicht vergeblich beworben (Mommsen gegangene von ihnen, die ihn ausserdem noch 

Bern. Forsch. I 90 , 38) ; desto eifriger waltete als Vllvir epulonfum] bezeichnet, war die Bau- 

•er seines Amtes als Augur schon seit 691 = 63 inschrift des von ihm erbauten Theaters dieser 

(Varro r. r. in 2, 2. 7, 1. Cic. Brut. 267; div. Stadt; die zweite steht auf der Basis einer Statue, 

I 29. 105. TI 75 ; leg. II 32) und verfasste eine die ihm zum Dank dafiir nach seinem Tode hier 

Schrift iiber Auguralrecht, deren erstes Buch er errichtet wurde. Vielleicht gehoren ihm auch 

Cicero widmete (Cic. ad fam. Ill 4 , 1 ; vgl. 9, die Miinzen einer unbekannten Colonie, etwa einer 
3. 11, 4; Pragmente bei Fest. p. 197. 297. 298). 40 spanischen, mit der Aufschrift: Ap. Puleher pro- 

Er huldigte daneben noch schlimmerem Aber- eos. (Imhoof-Blumer Monnaies grecques |Am- 

glauben und GeisterbeschwOrungen (vexgo/tavTeTa sterdam 1883] 231). 

Cic. Tusc. 137; psyckomantia div. I 132). Er 299) Ap. Claudius Puleher, der leibliche Bruder 

hatte jedenfalls Interesse fiir Landwirtschaft, denn des Vorigen, fiihrte denselben Vornamen wie dieser 

er wird von Varro r. r. Ill als eine Hauptperson wahrscheinlich erst, nachdem er von seinem Oheim 

■des Dialogs eingefiihrt ; die Unterhaltung fallt in Appius (Nr. 297) adoptiert worden war. Vorher 

sein Consulat , doch hat Varro das gelegentlich hiess er vielleicht O. Zum Unterschiede von seinem 

vergessen (z. B. Ill 2, 2. 7, 1). Das giinstige Ur- Bruder wird er, falls nicht der Name des Adop- 

teil, das Cicero (Brut. 267) nach seinem Tode iiber tivvaters und bei jenem der des Vaters hinzuge- 
seine geistige Begabung im allgemeinen fallt, diirfte 50 fiigt ist, entweder als Appius minor oder mit dem 

durch die Biicksicht auf seinen Schwiegersohn M. Cognomen Puleher an Stelle des Praenomens be- 

Brutus beeinflusst sein. Seine TOchter Nr. 388 und zeichnet (vgl. Mommsen Rom. Forsch. I 25, 

389, sein Adoptivsohn Nr. 299. 37 und zu CIL I 619). Mit seinem Bruder (s. d.) 

298) Ap. Claudius Puleher. Er war der altere erhob er 702 = 52 die Anklage gegen Milo ; im 

der beiden Sshne des C. Claudius (Nr. 303) und folgenden Jahre forderte er von M. Servilius das 

fiihrte den Vornamen Appius von Geburt an; Geld zuriiek, mit dem dieser einst durch seinen 

riachdem sein Bruder (Nr. 299) dasselbePraenomen Vater C. Claudius bestochen war, zeigte sich 

infolge der Adoption erhalten hatte, wurde er aber dabei eigenniitzig und ungeschickt. Auf eine 

vornehmlich damit benannt und sonst auch als weitere Anklage gegen Servilius wegen Erpres- 
Appius maior und durch Hinzufiigung von G. f. 60 sungen verzichtete er zu Gunsten des Q. Pilius 

von jenem unterschieden. Er begann schon friih und wurde darauf selbst von den Verwandten des 

Mentlich aufzutreten, denn Cicero i'iirchtete im Servilius de repetundis und von Sex. Tettius de 

J. 696 = 58, er kOnnte gegen seinen Bruder vi angeklagt (Cael. ad fam. VIII 8, 2f.). Spater 

Quintus wegen dessen asiatischer Statthalterschaft war er mit seinem Bruder in Griechenland, ge- 

Anklage erheben (Cic. ad Att. Ill 17, 1). Beide noss dort mit ihm den Unterricht des Antonius 

Appii erschienen dann als Klager in dem Process Gnipho (Suet, gramm. 10) und vollendete als 

des Milo 702 = 52 (Ascon. Milon. p. 29f. 34); Testamentsvollstrecker seines Oheims und Adop- 

der altere fiihrte namentlich das Wort (ebd. p. 34. tivvaters den Umbau der kleinen Propylaeen in 



2855 Claudius Claudius 285t> 

Eleusis (CIL 1 619 = III 547, vgl. Nr. 297). Spater = 167 war C. einer der zehn Commissare zur 

wird er anscheinend nicht mehr erwahnt ; wenig- Neugestaltung der Verhaltnisse in Makedonien 

stens bleiben Identificationsversuche (s. Nr. 14) und Griechenland (Li v. XLV 17, 2) und reiste 

zweifelhaft. dorthin ab (a. 0. 81, 9. Polyb. XXX 13, 8), ist 

300) C. Claudius Pulcher, dritter Sohn des aber in demselben Jahre noch gestorben (Liv. XLV 

Ap. Pulcher Nr. 293, wurde 559 = 195 Augur (Liv. 44, 3). 

XXXIII 44, 3), leitete als Premdenpraetor 574 301) C. Claudius Pulcher wird gewohnlich 

= 180 die Processe wegen Giftmischerei in der ein Consul suffectus von 624 = 130 bezeichnet;. 

Hauptstadt (Liv. XL 37, 4. 42, 5) und gab als vgl. dariiber Ap. Claudius Nr. 11. 
Consul 577 = 177 (Fasti Cap. Chronogr. Idat. 10 302) C. Claudius Pulcher, Sohn von Nr. 295 

Chron. pasch. Polyb. XXV 4, 1. Cic. Gael. 33. (fiber seine Herkunft vgl. Fasti Cap. Cic. Verr. 

Liv. XLI 8, 1. Obsequ. 8. Cassiod.) ein Gesetz II 122; off. II 57). Er bekleidete zuerst die 

betreffend die Stellung der Bundesgenossen (Liv. Quaestur und nach dieser um 650 = 104 das Amt 

XLI 9, 9ff.). Er erhielt Istrien als Provinz mit, eines Mfinzmeisters entgegen dem spateren Ge- 

neuen Truppen (a. 0. 8, 3f. 9, 3. 8), eilte auf brauch (Elogium XXXIII CIL 12 p. 200 = VI 

die Kunde von Siegen der vorjahrigen Consuln 31586. Mommsen Miinzwesen 562 nr. 178; 

plotzlich dorthin, uberhaufte jene mit Vorwiirfen St.-K. II 601, 1). 654 = 100 nahm er am Kampfe 

und forderte sofortige tibergabe von Heer und gegen Saturninus und Glaucia teil (C. Claudius 

Provinz. Auf ihre Weigerung hin musste er uber Cic. Rabir. 21); vielleicht ist er der bei dieser 
Aquileia nach Rom zuriickkehren und marschierte 20 Gelegenheit von Oros. V 17, 9 erwahnte C. , da 

nun erst der Ordnung gemass mit dem neuen sein Praenomen leicht in den Hss. ausfallen 

Heere in Istrien ein, wo er das tapfer verteidigte konnte. 655 = 99 war er curulischer Aedil und 

Nesactium durch Ableitung des schiitzendenFlusses gab als solcher Spiele, die sich durch eine bis 

gewann, noch weitere Stadte einnahm und das dahin unerherte Pracht auszeichneten; die glan- 

ganze Volk zur Unterwerfung zwang (a. 0. 10, zende Ausstattung der Biihne mit Kunstwerken 

5 — 11,9). Hierauf nach Ligurien berufen, erfocht und das erste Auftreten von Elefanten bei den 

er auch dort am Flusse Scultenna einen grossen Tierhetzen wird mehrfach erwahnt (Elog. Cic. 

Sieg und kehrte mit Ruhm bedeckt, nachdem er Verr. IV 6. 133; har. resp. 26; off. II 57. Val. 

so zwei Volksstamme iiberwunden hatte, heim Max. II 4, 6. Licinian. p. 38 Bonn. Plin. n. h. 
(a. 0. 12, 2. 7—10); er triumphierte de Histre[is] 30 VIII 19. XXXV 23, vielleicht auch XXI 6, wo 

et Liguribus (a. 0. 13, 6 — 8. Acta tr. CIL I 2 P. Claudius Pulcher ilberliefert ist). Im Laufe 

p. 48 und 341). Nach Abhaltung der Wahlen der folgenden Jahre war er index qfuwstionis) 

wurde ihm das Commando erneuert ; er ging so- veneficiis (Elogium) und 659 = 95 Praetor , als 

fort in die Provinz zurtick, um den Ligurern Mu- welcher er die Repetundenprocesse leitete (Elog.) 

tina zu entreissen, das sie inzwischen genommen und gemass einem besonderen Senatsbeschluss 

hatten (Liv. XLI 14, 3. 6. 16, 7 — 9); es folgte eine Revision der Verfassung von Halaesa in Si- 

eine weitere Erhebung, die zu unterdriicken C. cilien vornahm (Cic. Verr. II 122). In der nach- 

mit verstarkten Streitkraften von Parma aus in sten Zeit curator viis sternundis (Elog.), gelangte 

Ligurien eindrang, doch er wurde zuruckgerufen, er 662 = 92 zum Consulat (Fasti Cap. Elog. 
um sich bei Mutina mit den Heeren der beiden 40 Inschr. von Samothrake CIL I 578 = III 713. 

Consuln zu vereinigen (a. 0. 17, 6. 9. 18, 1. 5f.) Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cic. Cael. 33. 

und kampfte wahrscheinlich weiterhin unter deren Obsequ. 53. Cassiod.); er war damals bereits bei 

Oberbefehl (unsicher wegen einer Liicke im Text Jahren und scheint sehr bald danach gestorben 

des Liv.). Wegen seiner Kriegserfahrung wurde zu sein (vgl. Borghesi Oeuvres II 177), doch 

er 583 = 171 als Tribunus militum dem Consul bezieht sich jedenfalls auf seine Amtsffihrung Cic. 

P. Licinius Crassus gegen Perseus zur Seite ge- de leg. Ill 42 (vgl. Nr. 11). Cicero (Brut. 166) 

stellt (Liv. XLII 49, 8). 585 = 169 gelangte er urteilt fiber ihn: Etsi propter summam nobili- 

zur Censur mit Ti. Sempronius Gracchus (Fasti tatem et singularem potentiam magnus erat, 

Cap. Liv. XLIII 14, Iff.). Infolge ihrer grossen tamen etiam eloquentiae quandam mediocritatem 
Strenge (Liv. XLIV 16, 8. XLV 15, 8f.) erhob 50 adferebat. 

der Volkstribun P. Rutilius gegen sie eine An- 303) C. Claudius Pulcher, zweiter Sohn von 

klage auf Hochverrat ; vielleicht ware C. vom Volke Nr. 296, war 696 = 58 Legat Caesars (Cic. Sest. 

verurteilt worden, wenn nicht die Erklarung des 41). Im J. 697 = 57 spricht Cicero von P. Clo- 

beliebteren Gracchus, er werde das Schicksal seines dius , als ob er mit diesem Bruder — denn der 

Amtsgenossen teilen, seine Freisprechung herbei- andere kann nicht in Betracht kommen — in 

geffihrt hatte (Liv. XLIII 16, 1 — 16. Cic. rep. Unfrieden lebte und ihm Nachstellungen bereitete 

VI 2 [bei Gell. VII 16, 11]. Val. Max. VI 5, 3. (de domo 118, vgl. 26), doch im folgenden Jahre, 

Fest. p. 285). Nur wegen der Stellung der Frei- als C. Praetor war, verhinderte er gemeinsam mit 

gelassenen gerieten die beiden Censoren in einen Publius die Entfernung der Gesetztafel betreffend 
Zwist, da sich C. den strengen Massregeln des 60 CicerosVerbannung vomCapitol(DioXXXIX21,2). 

Gracchus widersetzte. Bei dem schliesslichen Aus- Im J. 699 = 55 verwaltete r er die Provinz Asien 

gleich erreichte dieser ziemlich das, was er er- (Inschriften von Pergamon II 409. Cistophoren 

strebt hatte, dass namlich thatsachlich die Frei- von Ephesos, Pergamon, Tralles, Pinder Cisto- 

gelassenen ihres Stinvmrechts verlustig gingen phoren 569f. CIL I 522); er wollte sich fur das 

(Liv. XLV 15, 3-7 ; vgl. Cic. de inv. 1 48. Mo mm- nachste Jahr ums Consulat bewerben und des- 

sen St.-R. Ill 438; ungenau ist Auct. de vir. ill. wegen zur Plebs ubergehen, mochte aber die Pro- 

57, 3, der diese Anordnungen mit der Anklage vinz nicht verlassen und trat daher von der Be- 

gegen die Censoren in Verbindung bringt). 587 werbung zurfick (Cic. Scaur. 33ff. Ascon. z. d. St. 



2857 Claudius Claudius 2858 

d. 22f. Schol. Bob. p. 374 Or., vgl. Mommsen Meer werfen lassen; die Strafe folgte dem Frevel 

Rom. Forsch. I 125; bei Cic. ad Att. IV 15, 2 auf dem Fusse (Cic. nat deor. II 7; div. I 29. 

bessere Lesart rhetor Clodius [vgl. Clodius] wie II 20. 71. Liv. ep. XIX. XXII 42, 9. Flor. 1 18, 

praetor Clodius). Nach seiner Rttckkehr wurde 29. Eutrop. II 26, 1. Val. Max. I 4, 3. VIII 1 

«r von M. Servilius angeklagt und wahrschein- abs. 4. Suet. Tib. 2, vgl. Dio frg. 43, 32). Ihne (R. 

lich verurteilt, obgleich er den Anklager bestach ; G. 2 II 90) meint, dass diese Anekdote vielleicht 

er scheint im J. 702 = 52 und noch langer in eine spate Erfindung sei; aber es entspricht ebenso 

der Verbannung gelebt zu haben, vielleicht sogar dem Geiste jener Zeit, hierin die Hauptschuld 

noch 711 = 43 (Cael. ad fam. VIII 8, 2. Cic. ad des C. zu schen, wie dem Geiste des Consuls, 
fam. XI 22, 1. Ascon. Milon. p. 29, vgl. Momm- 10 sich nach dem Beispiel seines Vaters fiber die 

sen CIL lip. 182 Anm.). geheiligten Gebrauche keck hinwegzusetzen. Er 

304) P. Claudius Pulcher. Den Vornamen gab bald noch eine zweite Probe davon, als er 

geben Suet. Tib. 3. Plin. n. h. XV 2. Flor. I zuruckberufen nach Piom den Auftrag erhielt, 

18, 29 falsch an, namlich Appius; Plin. a. 0. einen Dictator zu ernennen, denn er nahm dazu 

nennt C. ausserdem noch irrig Caeei nepos. Er war einen seiner Subalternbeamten, M. Claudius Gli- 

vielmehr Ap. f. C. n. (Fasti Cap.) und Sohn des Ap. cia . der sofort abgesetzt wurde (Liv. ep. XIX. 

Caecus Nr. 91 (Cic. div. I 29. Schol. Bob. p. 337. Suet. Tib. 2, vgl. Nr. 166). Auch dies ist nur 

Suet. Diod. XXIV 1, 5). Nach Schol. Bob. fuhrte ein Fortschreiten auf den Bahnen des Appius 

er zuerst den Beinamen Pulcher. Als curulischer Caecus , und zeigt C. als verwegenen radicalen 

Aedil wird er auf einer der altesten Inschriften, 20 Neuerer. Ihm selbst wurde der Process wegcn 

«inem Meilenstein der Via Appia, erwahnt (CIL Hochverrat gemacht. Polybios (I 52, 2f.) sagt 

X 6838 mit p. 1019 und Eph. epigr. VIII 676 nur: fisydkaig ii](it'ais xal mvdvvotg ngi&slg jisqis- 

p. 165). Er erhielt das Consulat ffir 505 = 249 msoev, andere erzahlen, dass eine erste Anklage 

(Fasti Cap. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. durch zwei Tribunen erfolglos blieb, weil ein Ge- 

Plin. Censorin. de die nat. 17, 10) und das Com- witter die Volksversammlung unterbrach (Val. 

mando auf Sicilien. Wenn er wirklich der Sohn Max. VIII 1 abs. 4. Schol. Bob. p. 337) , dass 

des Caecus war, muss er damals schon ein be- aber dann eine neue Klage anhangig gemacht 

jahrter Mann gewesen sein, und seine Kriegfiih- und C. zu einer Geldstrafe verurteilt wurde (Cic. 

rung, die Rom so schweren Schaden brachte, kann nat. deor. II 7; div. II 71. Schol. Bob. mit An- 

nicht aus jugendlichem Leichtsinn erklart werden. 30 gabe des Strafmasses). Eine ins J. 508 = 246 

Er fand als seine Aufgabe vor, die hochst wich- verlegte Anekdote (vgl. Nr. 382) hat seinen Tod 

tige Belagerung von Lilybaeum fortzusetzen; statt zur Voraussetzung; deshalb ist von Neueren ver- 

dessen entschloss er sich, mit seiner Flotte die mutet worden, dass er durch eigene Hand endigte. 

karthagische, die im Hafen von Drepana lag, zu Er wird noch in modernen Werken verschieden 

iiberfallen. Der feindliche Admiral Atarbas zog beurteilt, wie manche andere historische Persfin- 

schleunigst seine Schiffe aus dem Hafen heraus, lichkeit, die ein hohes Spiel mit einem kfihnen 

in den die ROmer schon einfuhren; daraufhin Wurf entscheiden wollte und es verlor. 

mussten auch diese wieder die hohe See zu ge- 305) P. Claudius Pulcher, zweiter Sohn von 

winnen suchen, kamen dabei in Verwirrung, wur- Nr. 293, war curulischer Aedil 565 = 189 (Liv. 

den nach der Kfiste hin gedrangt und mussten 40 XXXVIH 35 , 5 ; zn Plin. n. h. XXI 6 vgl. 

die Schlacht in der ungiinstigsten Stellung an- Nr. 302), Praetor ohne Zweifel 567 = 187 (vgl. 

nehmen. Dazu kam noch die tlberlegenheit der Nr. 294) und bewarb sich 569 = 185 um das 

Karthager im ManOvrieren zur See, und so war Consulat ffir das nachste Jahr. Dank der nach- 

die Entscheidung keinen Augenblick fraglich. Das drficklichen Unterstutzung durch seinen Bruder 

erkannte der Consul, gab das Zeichen zur Flucht Appius (Nr. 294) , der es damals inne hatte, 

und entkam mit 30 Schiffen, wahrend 93 dem wurde er wider Erwarten gewahlt (Elog. XXII 

Feinde in die Hande Men. Dies ist der Bericht CIL 12 p. 200 = VI 31586. Liv. XXXIX 32, 5. 

des Polybios I 49, 3—51, 12, an den man sich 10—13. 33, 1. 52, 4f. Cic. Brut. 60. Fasti Cap. 

zu halten hat; die fibrigen Darstellungen der Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod.). Er er- 

Schlacht sind ungenau (Diod. XXIV 1,5. Zonar. 50hielt zusarnmen mit seinem Collegen Ligurien als 

VIII 15. Liv. ep. XIX. Flor. I 18, 29. Eutrop. II Provinz; irgendwelche bemerkenswerten Erfolge 

26. 1. Oros. IV 10, 3. Frontin. strat. II 13, 9. erzielten sie nicht (Liv. XXXIX 38, 1. 44, 11. 

Schol. Bob. p. 337) und geben besonders auch die 45, 3). In einem unbekannten Jahre vor seinem 

Verluste fibertrieben an (vgl. Niebuhr R. G. Ill Consulat hatte C. die Colonie Cales durch neue 

714. Neuling De belli Punici primi scriptorum Colonisten verstarkt (Elog.); nach ihm fuhrte er 

fontibus [Gottingen 1875] 49f. Meltzer Gesch. 573 = 181 als Triumvir solche nach Graviscae 

d. Karthager II 581). Dass man in Rom den in Etrurien (Elog. Liv. XL 29, 2). Auf ihn kann 

Feldherrn verantwortlich machte ffir diese furcht- sich die durch eine alte Copie bekannte Nolaner 

bare Niederlage, die mit einem Schlage das Er- Inschrift CIL X 1250 beziehen: P. Claudio Pul- 

gebnis langer Anstrengung vemichtete, war be- 60 ero cos. patrono. [Mfinzer.] 

rechtigt und natfirlich. Diodor. XXIV 3 giebt 306) P. Claudius Pulcher (CIL VI 1282) s. 

eine Schilderung seines Hochmutes und seiner unter Clodius. 

Harte gegen Untergebene. Die verbreitete rOmische 307) Claudius Pyrrhicus, Trierach der libur- 

Darstellung misst aber weniger diesen Eigenschaf- nischen Schiffe in Corsica, im J. 69 n. Chr. auf 

ten , als seiner Gottlosigkeit die Schuld an dem Befehl des Procurators Pacarius Decumus getotet, 

Unglfick bei: als die heiligen Hfihner vor der Tac. hist. II 16. [Stein.] 

Schlacht nicht fressen wollten, habe C. mit den 308) Q. Claudius Quadrigarius, romischer Hi- 

Worten ut biberent quando esse nollent sie ins storiker, lebte nach Velleius II 9, 4 gleichzeitig mit 



2859 Claudius Claudius 2860 

Sisenna und Valerius Antias in der sullanischen schflnert (vgl. frg. 10. 12 mit Liv. VII 9. 25). 

Zeit. Den patricischen Claudiern gehort er ohne Der Versuch Ungers, die claudischen Elemente 

Zweifel nicht an, wie schon der Beiname Quadriga- aus Livius herauszuschalen , ist ganz hinfallig. 

rius lehrt, der ihm vielleicht erst spater zur Unter- S o 1 1 a u (Philol. N. P. VI 664f.) hat ihn mit 

scheidung beigelegt worden ist (M o m m s e n Rem. Recht bekampft, ist aber selbst ebensowenig zu 

Forsch. II 426). Die Zeitangabe des Velleius wird annehmbaren Resultaten gelangt. Die Benutzung 

bestatigt und zugleich naher begrenzt durch die des C. durch Dionys ist mehr als zweifelhaft; 

Reste seines Werkes; die letzten Biicher behan- spater nennt ihn Seneca einmal (de benef. Ill 

delten den sullanischen Biirgerkrieg, vielleicht auch 23, 2), vielleicht durch Vermittelung einer Anek- 
den Kampf gegen Sertorius (79 — 72 v. Chr.), folg- 10 dotensammlung. Liebhaber fand unser Schrift- 

lich hat er erst nach dieser Zeit sein Werk voll- steller erst in der hadrianischen Epoche ; dem 

endet und ragt noch in das ciceronische Zeitalter Gellius verdanken wir die meisten grOsseren Frag- 

hinein. mente, Fronto epist. I 1 (p. 114 Naber) lobt ihn, 

Sein Werk, rOmische Geschichte, wird meist und die Grammatiker haben seine Archaismen 

annates, aber auch historiae genannt und zahlte aufgezeichnet. Schade, dass sie uns nicht mehr 

mindestens 23 Blicher. Zum Unterschiede von geben; hatten wir ihn ganz oder in grOsseren 

andern Historikern begann er erst mit dem gal- Stiicken, so wlirde unser Urteil liber die rOmi- 

lischen Brande (390 v. Chr.), vermutlich weil er schen Annalen , besonders iiber Livius , sehr an 

erst seit dieser Zeit eine Darstellung der rOmischen Sicherheit gewinnen; denn er schrieb vor der Zeit, 
Geschichte fiir mSglich hielt, da die alteren Auf- 20 die der rOmischen Geschichtschreibung die schlimm- 

zeichnungen durch die Gallier vernichtet seien sten Falschungen eingebracht hat. 

(vgl. Liv. VI 1. Plut. Num. 1). Das 1. Buch Es ist noch zu erOrtern, in wie weit einige 

ging etwa bis zum Ende des grossen Samniter- Zeugnisse, in denen ein Historiker C. genannt 

krieges (304 v. Chr.), im 3. — 6. Buche wurde der wird, auf Claudius Quadrigarius zu beziehen seien 

pyrrhische und die beiden punischen, im 7. die oder nicht. Livius citiert zweimal (XXV 39, 12. 

makedonischen Kriege erzahlt, im 8. der achaeische, XXXV 14, 5) einen C, der die griechischen An- 

im 9. der numantinische, im 13. die Rflckkehr des nalen des Acilius (Bd. I S. 251) ins Lateinische 

Metellus (99 v. Chr.), im 18. und 19. etwa die iibersetzt habe. Nissen a. O. Mommsen (Rom. 

Ereignisse der J. 90— -80 v. Chr. Man sieht, das Forsch. II 426) und Teuffel-Schwabe nehmen 
Frtihere war kurz erzahlt, und je mehr der Schrift- 30 an, dass dieser C. kein anderer sei, als der sonst 

steller sich seiner Zeit naherte, desto ausfuhrlicher von Livius benutzte Annalist, also Quadrigarius. 

ward er. Dieser wurde also das acilische Werk vom galli- 

Die Darstellung war annalistisch (frg. 12. 28); schen Brande ab unter Weglassung des ersten 

im ubrigen entsprach sie dem Geschmack der Teiles iibersetzt oder bearbeitet und bis auf seine 

Zeit. Ohne Zweifel war Quadrigarius Rhetor, hat Zeit fortgesetzt haben. Dies ist mOglich; aber 

griechische Muster studiert und sich bemtiht, nach den Worten des Livius, der diesen C. offen- 

diesen Beispielen zu folgen. Daher hat er seinen bar von einem andern unterscheidet, ist es wahr- 

oft diirftigen Stoff durch allerlei Zuthaten zu be- scheinlicher, dass wir es hier mit einem andern 

leben gesucht. Wir finden Reden und Briefe ein- Werk und einem andern Verfasser zu thun haben 
gelegt (frg. 40. 89. 93), Heldenthaten , wie die 40 (H. Peter Bell. CCLXXXXVII). Von diesem 

beruhmten Zweikampfe des Manlius Torquatus und acilianischen C. vermutet Soltau (Quellen des 

Valerius Corvinus (frg. 10. 12; vgl. frg. 42), Anek- Liv. i. d. 3. Dekade und Philol. LVI [N. F. X] 

doten, wie die Geschichte vom Arzte des Pyrrhos, 418ff.) , dass Livius ihn in der Geschichte der 

der sich erbietet, seinen Herrn zu vergiften (frg. 40; spanischen Kriege stark benutzt habe. Von 

vgl. frg. 80), Ortsbeschreibungen, Antiquarisches einem andern gleichnamigen Schriftsteller Clo- 

u. dgl. (frg. 29. 31. 91). Dem gleichen Streben dius citiert Plutarch Num. 1 ein Werk slsy%og 

entspringen die gelegentlichen Ubertreibungen und %q6v<ov. Hier war auf die Unsicherheit der 

Zusatze (frg. 62. 63) , die seinem Rufe so sehr alteren rOmischen Uberlieferung hingewiesen und 

geschadet haben. Sein Stil war einfach und klar; u. a. die auch von Cicero de rep. II 28 wider- 
er liebte kurze parataktische Satze. 50 legte Meinung bekampft, dass Numa ein Schiller 

Er gehOrt nicht zu den angesehensten Schrift- des Pythagoras gewesen sei. Niebuhr und 

stellern der rOmischen Litteratur und ist bald Schwegler haben dies Werk mit den An- 

vergessen worden; in neuerer Zeit ist mehr von nalen des Claudius Quadrigarius zusammenge- 

ihm die Rede gewesen als bei den Alten. Cicero worfen, aber mit Unrecht; andere denken an Clo- 

streift ihn kurz (als Glodius de leg. I 6); dann dius Licinus als Verfasser. Wahrscheinlich handelt 

hat ihn Livius benutzt. Er nennt ihn nur Clau- es sich um eine besondere Schrift, die sich etwa 

dius ohne Beinamen, und deshalb bat Nissen mit der Widerlegung chronologischer Irrtumer be- 

(Krit. Unters. 39) mit Unrecht gemeint, der livia- fasste (Peter Rell. CCC). Endlich citiert Appian 

nische C. sei von Quadrigarius verschieden. Seit Kelt. 1 p. 14 Mendelss. einen Paulus Claudius ev 
dem 6. Buche und dann in den sog. annalistischen 60 xqovixoXs ovvzaS-eoiv iiber ein Ereignis der cim- 

Partien der Biicher 31—45 und weiter bei Orosius brischen Kriege. Dem Citate nach war dies eine 

finden wir seine deutlichen Spuren. Schon Nissen Chronographie, ein kurzer Abriss der Geschichte. 

hat iibrigens treffend bemerkt, dass in diesen Sie mit den Annalen des Claudius Quadrigarius 

Biichern eine Scheidung der claudischen Stiicke oder auch, wie von Peter geschieht, mit dem 

von dem aus andern, verwandten Schriftstellern k'Xeyx°s des Clodius zusammenzuwerfen , liegt 

Entlehnten unmOglich ist ; denn Livius hat ihn kein Grund vor. Schliesslich sei noch die Vermu- 

und die ubrigen Annalisten nicht wOrtlich aus- tung G. F. Ungers (a. O. 11) erwahnt, der zwar 

geschrieben, sondern bearbeitet, erweitert und ver- sowohl den k'Xeyxoe wie die tfbersetzung des Acilius 



2861 Claudius Claudius 2862 

als besondere Werke anerkennt , sie aber beide fiihrte. Er gehorte ohne Zweifel der Pamilie der 

dem Quadrigarius zuschreibt, der demnach drei Claudii Pompeiani an, wahrscheinlich als Nach- 

Werke, zuerst die tlbersetzung des Acilius, daim komme (Enkel?) des Claudius Pompeianus Quin- 

die eigenen Annalen, endlich als reifste Frucht tianus (Nr. 284), aus dessen Ehe mit der Tochter 

den £%eyx°s %q6vo>v hervorbrachte. Auch diese des Kaisers Verus und der Lucilla Augusta. So 

Meinung ist wenig begrlindet. Der Name Claudius zahlte er drei Kaiser (Pius, Marcus und Verus) 

war in Bom in alien Standen so ausserordentlich unter seine Ahnen (vgl. die Stammtafel zu Nr. 348). 

gemein, dass esin einem Zeitraum von 150 Jahren Auch seine Namen (L. Aurelius) weisen auf die 

sehr wohl drei, vier und auch mehr historische Abkunft von Verus hin (vgl. Borghesi Oeuvres 
Schriftsteller dieses Namens gegeben haben kann. 10 V 444). Der campanischen Inschrift CIL X 3850 

Es liegt durchaus kem Grund vor, sie alle unter = Dessau 1181 zufolge war er triumvir mone- 

einen Hut zu bringen. talis a(uro) a(rgento) a(ere) f(lando) fferiundo), 

Litteratur: Giesebrecht Q. Claudius Quadri- quaestor eandidfatusj, praet. (demnach Patricier, 

garius, Prenzlau 1831. Peter Vet. historic. Eom. vgl. Mommsen St.-E. 1 3 555), cos. (ord. im J. 235 

rell. CCLXXXVII. 205f. Nissen Krit. Untersuch. mit Cn. Claudius Severus, gleichfalls einem Nach- 

39f. 91f. Mommsen Bom. Forsch. II 426. linger kommen des Marcus [CIL VI 2001. 2009. Le Bas 

Philol. Supplem. Ill 2, 4ff. Teuffel-Schwabe III 2215 etc.]), pontifex. [Groag.] 

Geschichte d. rem. Litt. 5 256f. Schanz Bom. 311) Tib. Cl(audius) Quintilianus, Procurator 

Litt.-Gesch. I 157. [Niese.] des Kaisers Antoninus Pius in Dakien im J. 157, 

309) Ti. Claudius Ti. f. Pal(atina) Quar- 20 CIL III 836. Ein Mann gleichen Namens CIL 
Units, tribfunus) milfitumj leg(ionis) III Cyre- LTI 4790. 

naeicae , adlectus ab divo Traian(o) Parthieo 312) G. Cl[a]udius, Recti f(ilius), An(iensis) 

(98 — 117 n. Chr.) in splendidissim(um) ordi- Rectus, praef(eetus) fabr(um), procurator) mo- 

n(em), q(uaestor) ur[b]an(us), [curijo (? so diirfte netae, flamen provineiae Hispaniae citer(ioris), 

vielleicht eher zu erganzen sein als [VII vir CIL II 4206, Inschrift aus Tarraco. [Stein.] 
epul]o, wieEenier vorschlug), aed. pleb., prae- 313) Claudius Eestitutus, Senator, vir exer- 

tor, leg(atus) pro prfaetore) provine. Asiae, leg. citatus et vigilans et quamlibet subitis paratus, 

divi Traiani Parthic. et imp. Caes. Traiani sprach im Process des Caecilius Classicus (99 

Hadriani Aug. (117—138) [iuridijcfiis) prov. n. Chr.) fur die Angeklagten gegen den jiingeren 
Hispan. citerior. Tarra[con(ensis)] (in dieser 30 Plinius (Plin. epist. Ill 9, 16). Er ist wohl auch 

Stellung erliess er am 7. October 119 ein Schreiben der Eestitutus, an welehen Plinius den Brief VI 

an die Ilviri von Pompaelo, CIL II 2959), [prae- 17 richtete. Da er diesem Schreiben zufolge In- 

pfositus)?] iussu imp. Hadriani Aug. [leg. II teresse fur Litteratur hatte, wird man ihn viel- 

Traian.] fort(i) et III Oyre[naic] .... (vgl. leicht mit einem GOnner Martials identificieren 

Trommsdorff Quaest. duae ad hist. leg. Eo- diirfen, dem beredten (facundus) Eechtsanwalt 

manar. spect., Diss. Lpzg. 1896, 36ff. ; vielleicht Eestitutus, zu dessen Geburtstag (1. October 97 ?) 

commandierte C. diese beiden Legionen im J. 123, der Dichter das Epigramm X 87 schrieb. [Groag.] 
als ein Partherkrieg auszubrechen drohte, s. Bd. I 314) M. Claudius Q. f. Quir(ina) Restitutus, 

S. 505). Die bisher aufgezahlten Amter enthalt praef(ectus) coh(ortis) I Gaetulorum, tribfunus) 
eine unvollstandige Inschrift aus Lugudunum (CIL 40 legfionis) VII Oeminae, procurator) Augfusti) 

XIII 1802), die dem C. moglicherweise als Legaten ad putandas rationes Syriae civitatium , ludi 

der Lugudunensis gesetzt wurde (vgl. Eenier zu matutini, dioeeeseos regionis Hadrumetinae et 

Spon Eecherchea 1857, 106f.). Spiiter wurde Tkevestinae, CIL VIII 7039 (Cirta). [Stein.] 

C. Consul suffectus unter Hadrian, und zwarwahr- 315) C. Atilius us Iulianus CI. R[u- 

scheinlich im J. 130 (19. Marz) mit [Cajssius fijnus, s. Atilius (Bd. II S. 2083 Nr. 40). 
Agri[ppa?] (CIL VI 2083 Acta Arv.; allerdings 316) Claudius Eufus, gehorte zu den hoch- 

ist vom Namen nur Quarti . . . erhalten). Im gestellten Mannern, die von Kaiser Severus nach 

J. 134 (16. Oct.) war er Legat von Germania dem Siege fiber Clodius Albinus (197 n. Chr.) 

superior (CIL III Suppl. p. 1979 dipl. L). Ein getotet wurden (Hist. Aug. Sev. 13, 1). Inschrift- 
Eescript des Kaisers Hadrian an ihn wird citiert 50 lich bezeugt ist die Athletenfamilie der Claudii 

von Ulpian. Dig. XL VIII 18, 1, 2. Vielleicht ist Eufi aus Smyrna, von denen einer sysvero ysvovs 

er auch identisch mit dem Senator Quartinus, vjiauxwv (iGl 1107. 956. Dittenberger-Pur- 

der am 15. October 138 einer Senatssitzung bei- gold Inschr. v. Olympia nr. 54. 55). [Groag.] 
wohnte (S. C. de nundinis saltus Beguensis CIL 317) Ap. Claudius Eufus, altester Sohn des 

VIII 270 = Suppl. 11451. vgl. Hirschfeld zu Ap. Claudius Caecus Nr. 91 (Acta triumph. Veil. 

CIL XHI 1802). Ein Claudius Quartinus, kaum I 14, 7), war Consul im J. 486 = 268 (Chronogr. 

der Namliche, wird als Eponymos von Aizanoi in Russo; Idat. Rufo; Chron. pasch. 'Povcpov; Veil. 

Phrygien auf einer Munze dieser Stadt genannt, a. O. Ap. Claudius) , schlug einen Aufstand in 

die zwischen 139 und 161 gepragt ist (Mionnet Picenum nieder und triumphierte daher de Pei- 
IV 212 nr. 106). " ' ' 60 cetiftibus] (Acta triumph. Eutrop. II 16 , vgl. 

310) Ti. Claudius Quintianus, Consul des J. 235 Liv. ep. XV. Plor. I 14). [Miinzer.] 

n. Chr. Sein Name lautet L. Ti. Claudius Aure- 318) Ti. Cl(audius) Ruf[us?], procurator) 

litis Quirfina) Quintianus in der Inschrift CIL Au[g(usti)] von Pannonia superior, CIL III 4046 

X 3850; in den Datierungen nach seinem Con- (Poetovio). Wahrscheinlich identisch mit ihm ist 

sulat wird er Ti. Claudius Quintianus oder nur der Ti. Claudius Eufus, der im J. 153 n. Chr. 

Quintianus genannt, doch lasst die Angabe Ilofi- Praefect der ala II Fl(avia) (miliaria) p(ia) 

xrjtavds %ai Kwriavog in den Fasti Graeci XIII ffidelis) in Noricum war, CIL III Suppl. p. 1988, 

vermuten, dass er auch das Cognomen Pompeianus dipl. LXIV. Vgl. auch Nr. 319. 



2863 Claudius Claudius 2864 

319) [Ti. CJlaudius Ti. f. Pal(atinq) [Ru]fus angefuhrten Stellen bezeugte Consulat des C. flel 
Statins Macedo, CIL VI 31703. Er scheint nahe der trberfall des Capitols durch Appius Herdonius; 
verwandt zu sein mit Ti. Claudius Secundinus die jiingere Annalistik benutzte gem die Gelegen- 
L. Statius Macedo (Nr. 336) und ebenso mit den heit, den Consul in der gewohnten Weise als Ver- 
Caeserniern. Vgl. auch. Nr. 318. [Stein.] treter des starren Patriciats zu zeichnen. Bei 

320) Claudius Rutilius Namatianus s. Na- Livius kommt dieses Bestreben nicht so zur Gel- 
matianus. tung, weil er den C. hinter seinen volksfreund- 

321) Ap. Claudius Sabinus Inregillensis, nach lichen Amtsgenossen L. Valerius und nach dessen 
den Fasti Cap. zum J. 303 = 451 M. f. (vgl. Tode L. Cincinnatus zuriicktreten lasst (III 18, 5. 
Nr. 24); fiber seine Einwanderung, sein ursprfing- 10 19, 1. 20, 1. 21, 7), aber Dionys zeigt den C. von 
liches Praenomen (von alien andern Berichten der ersten Einffihrung als sfupvrov to jiqos rovg drj- 
ganz abweichend Tiros Klavdiog bei Dionys V uorixovg s'xorra /xiaog dm nQoyovcov (X 9) an durch 
40, 3) und Nomen und seine Cognomina s. o. sein ganzes Consulat hindurch und in den nach- 
S. 2663. Das Elogium dieses ersten Appius (CIL sten Jahren bei dem Antrag auf Vermehrung der 
12 p. 199 nr. XXXI = VI 1279) bezeichnet ihn Tribunenstellen (297 = 457) und bei der Beratung 
als q(uaestor) urb(anus) , weil es einen Cursus fiber die lex Icilia de Aventino publieando stets 
honorum geben wollte und weil damals nur die als erbittertsten Gegner der popularen Interessen 
Quaestur neben dem Consulat existierte. Dieses (X 12. 13. 15 — 17. 30. 32). Dagegen schien in 
letztere Amt bekleidete Appius 259 = 495 mit der Darstellung des Decemvirats die Personlich- 
P. Servilius Priscus (Elog. Chronogr. Idat. Chron. 20 keit des C. den spaten Annalisten wohl verwend- 
pasch. Liv. II 21, 5. Cassiod. Dionys. VI 23, 1). bar, um die Widersprtiche zu mildern, die sich 
In den Berichten des Livius (daraus Val. Max. hier in Betreff der Rolle der Claudier ausgebildet 
IX 3, 6) und Dionysios fiber dieses Jahr tragt hatten. In der Zeichnung des Decemvirs Appius 
er bereits alle die Zfige, die fur das typische waren die conventionellen Zfige des Hochmuts 
Bild des Claudiers charakteristisch sind. Die Ge- und des Hasses gegen die Plebs so dick aufge- 
schichte der ersten Secession gab willkommene tragen, dass ihm gegenfiber sein angeblicher Oheim 
Gelegenheit, dieses Bild im einzelnen auszumalen, C. als der reifere und sanftere Vermittler darge- 
und die Schatten wurden noch verst'arkt, indem stellt werden durfte , der vergeblich den Neffen 
man im Gegensatz zu Appius seinen Collegen als vom Pfade des BOsen zurfickzuffihren suchte und 
mild und der Plebs geneigt hinstellte. Was mit 30 schliesslich voll Kummer sich nach der alten 
diesen Erzahlungen zusamroenhangt, entbehrtjedes Heimat Eegillum zurfickzog (Liv. Ill 35,9. 40, 
geschichtlichen Wertes. z. B. die Nachricht, dass 2—5. 58, 1. Dionys. XI 7 — 14. 15. 22). Preilich 
Appius im J. 260 = 494 beinahe zum Dictator liess man ihn nicht nur nach Kom heimkehren, 
gewahlt worden ware (Liv. II 29, 9. 30, 2. Dio- um den gestfirzten und angeklagten Appius vor 
nys. VI 37, 2). Dieselbe Rolle des Volksfeindes Gericht zu verteidigen (Liv. Ill 58, 1—5. VI 20, 
spielt Appius namentlich bei Dionys zu wieder- 3) , sondern liess ihn auch seine ursprfingliche 
holtenmalen, schon vor seinem Consulat im J. 258 Rolle wieder aufhehmen, erst den Consuln Valerius 
= 496 (V 66, 1), dann nach der Secession 261 und Horatius gegenfiber (Liv. Ill 63, 9ff. Dionys. 
= 493 (VI 59, 1), bei der Hungersnot von 262 XI 49), dann im J. 309 = 445, als es sich um 
= 492 (VII 15, 3) und beim Processe Coriolans 40 die Zulassung der Plebeier zum Consulat handelte 
263 = 491 (VII 47, 2, daraus Plut. Coriol. 19, 3). (kurze Erwahnung bei Liv. IV 6, 7 und weit- 
Spater erscheint er dagegen als Vermittler zwi- schweifige Ausmalung bei Dionys. XI 55. 56. 60). 
schen den streitenden Parteien, bei Dionys (VIII [Mfinzer.] 
63, Iff. 75, 3) im J. 268 = 486 und bei Livius 323) Claudius Sacerdos s. Sacerdos. 

(II 44, 2ff.) im J. 274 = 480. Alle diese Nach- 324) Ti. Claudius Sacerdos Iulianus , Consul 

richten sind als reine Erflndungen zu verwerfen. suffectus am 29. December 100 n. Chr. mit L. 

tiber die Angabe des Plin. n. h. XXXV 12 s. Roscius Aelianus Maecius Celer (CIL VI 451, hier 

unter Nr. 296. nur Ti. Claudius Saeerdos), Magister der Fratres 

322) C. Claudius Sabinus Inregillensis, Ap. f. Arvales im J. 101 (CIL VI 2074 Acta Arv.). 
(Liv. Ill 15, 1), Consul 294 = 460. Weiter ist 50 Ein Claudius Sacerdos war lykischerBundespriester 
fiber ihn nichts mit Sicherheit bekannt. Er mag zu Anfang der Regierung Hadrians (vgl. He her- 
ein Sohn des altesten bekannten Appius Nr. 321 und d e y Opramoas 69). 

Bruder des Decemvirs Appius gewesen sein. Die 325) Ti. Claudius Saethida Caelianus , Sohn 

spaten und schlechten Berichte, die bei Livius und des Ti. CI. Frontinus (Nr. 155), X [vir] stlfiti- 

Dionys zu Grande liegen und den Decemvir zum bus) iudfieandis), trib(unus) mil(itum,) leg(ionis) 

jungen Manne und Sohne des Consuls von 283 III Gallicae, [q(uaestor)J provincfiaej [SieiJUae 

= 471 machen , mit dem er vielmehr identisch eandidatus imp[(eratorum) Anjtonini et Veri 

ist, geben C. als Oheim des Decemvirs ans; Dionys Augustforum] (161 — 169 n. Chr.), sodalis Ha- 

nennt ihn gar einmal in einer Rede (X 30) Sohn drianalis, [tribfunus/j plebfis), praetfor) fidfeij- 
des Consuls von 283 = 471, so dass immer nur 60 com[nt(issarius)] , legatus leg(ionis) XI Clfau- 

e i n Verwandtschaftsverhaltnis in unseren Quellen diae) , aug[ur] , Patron von Abellinum (CIL X 

richtig angegeben ist. Bei Diodor XI 85, 1 ffihrt 1123 = Dessau 1086 Abellinum; nach sodalis 

C. den Beinamen 'PrjydXog, was nur entstellt sein Hadrianalis ist le . . uberliefert: vermutlich falsch 

dfirfte aus 'Ptjydkavog , dem Beinamen des De- gelesen statt der beschadigten Anfangsbuchstaben 

cemvirs Appius bei Diod. XII 23, 1 ; beim Chro- von tribunus). In Hellas war C. agxisQsve 8ia 

nogr. heisst er Inregillensis , bei Dionys X 9, fiiov und 'EMaSaQxns (Inschrift einer Statue des 

Idat. und Chron. pasch. Sabinus (fiber diese Cog- damaligen Caesars Marcus, CIG I 1318 = Le 

nomina vgl. oben S. 2663). In das durch die Bas-Foucart 319 Messene). Gemeinsam mit 



2865 Claudius Claudius 2866 

seinemBruderTi. CI. Frontinus Niceratus (Nr. 156) nannten dieselbe Person (= Nr. 334) sind, ist 

setzte er im J. 164 dem Kaiser Verus die In- in hohem Grade wahrscheinlich , auch der Ver- 

sehrift CIL III 495 (Messene). selbigung mit nr. 1 stent nichts im Wege. 

326) Ti. Claudius Quir(ina) Saethida Cethe- 4) CIL III Suppl. 7474: Ti. Claudius Satur- 
gus Frontinus, Sohn des Ti. CI. Frontinus Nice- ninus Leg. Aug. pr. pr. Moeslae inferioris 
ratus (Nr. 156) und vermutlich der Cornelia Ce- (= Nr. 334, wohl derselbe wie nr. 1 [2. 3]). 
thegilla, Enkel des Ti. CI. Frontinus (Nr. 155), 5) Ulp. Dig. XVII 1, 6, 7: a Claudio Saturnino 
Patron von Abellinum (CIL X 1124= Dessau praetore fructus inferre iussus erat et advoca- 
1088 Abellinum). Seiner Amme Cornelia Quetula tionibus ei idem Saturninus inter dixer at. An 
setzte er die Grabschrift CIL VI 16440. 10 die Entscheidung des Praetors schliesst sich ein 

[Groag.] weiterer Process, in welchem dann ein Rescript 

327) Claudius Sagitta/Praefect der ala (Au- der dim, fratres ergeht. Dieser Claudius Satur- 
gusta Oallorum) Petriana (bis torquata miliaria ninus (= Nr. 332) ist der Amterfolge wegen 
civium Bomanorum), fluchtet im J. 70 n. Chr. sicher nicht derselbe wie nr. 1. 6) Tertullian. 
nach Africa zu (L. Calpurnius) Piso und rat ihm de cor. 7 (geschrieben 211; vgl. J. Schmidt 
zur Erhebung gegen Vespasian, Tac. hist. IV 49. Eh. Mus. XL VI 81ff.) nennt einen Claudius Sa- 

328) Claudius Sanctus, Fiihrer von Auxilien turninus als Verfasser einer Schrift iiber die Be- 
bei der Legio XVI in Germanien, im J. 70 n. Chr. ; deutung und Verwendung der Kranze , die er 
er verlor im Kampfe ein Auge, Tac. hist. IV 62. mehrfach benutzt (c. 10. 12. 13). 7) CIL IX 

[Stein.] 20 4127: ein Ilvir iure dicundo der Aequiculi. 

329) Claudius Sapilianus, Neffe des Cereius 8 — 14) Private dieses Namens: CIL II 4518. Ill 
Maecianus, Senator zur Zeit des Kaisers Tacitus 1413. VI 15251. 15252. 15253. 15254. IX 5906 
(275—276 n. Chr.), Hist. Aug. Tac. 19,3. (s. auch Nr. 335). Fur eine Verselbigung _ mit 

[Groag.] unserm Juristen lasst sich nur bei einer dieser 

330) C. Claudius G. ffilius) C. nfepos) Sar- PersOnlichkeiten etwas anfuhren; bier allerdings 
dus , praefectus elafssisj , unbestimmt welcher, ist sie recht wahrscheinlich. Tertullian a. a. O. 
CIL VI 3166. [Stein.] fuhrt den Schriftsteller liber die Kranze mit den 

331) Claudius Saturninus , legatus Belgicae Worten ein : plura quaerentibus omnia exhibebit 
unter Hadrian (Fragm. Vatic. 223), wahrschein- praestantissimus in hae quoque materia com- 
lich identisch mit Ti. CI. Saturninus Nr. 334. 30 mentator Claudius Saturninus. Mag es auch 

332) Claudius Saturninus, Praetor unter Mar- zweifelhaft sein, ob Tertullian der Urheber der in 
cus und Verus (Ulp. Dig. XVII 1, 6, 7), vermutlich den Digesten erhaltenen Fragmente eines Juristen 
Sohn des Ti. CI. Saturninus Nr. 334. [Groag.] dieses Namens ist , jedenfalls besass er eine be- 

333) Claudius Saturninus. In den Digesten deutende Bechtskenntnis (Euseb. hist. eccl. 112: 
Iustinians (XL VIII 19, 16) ist ein Fragment eines rovg 'Pa>fiaia>v vouovs ijxfpftioxora avdQa), und es 
Juristen dieses Namens aus einem liber singularis ist also wohl moglich, dass die anderen Schriften 
de poenis paganorum erhalten,.das iiber die ver- seines Gewahrsmannes, auf die er hindeutet. juri- 
schiedenen Umstande, welche auf die Strafbarkeit stische waren. Andrerseits ist in Betracht zu ziehen. 
einer Handlung von Einfluss sind, berichtet. Diese dass sich in dem kleinen Bruchstiick unseres Clau- 
Schrift wird nun aber im Index Florentinus dem be- 40 dius Saturninus ein Citat aus Demosthenes (XXI 
kannten Venuleius (Saturninus) zugewiesen. Denk- 72) und eins aus der Ilias (XXIII 85 — 88) finden, 
bar ware einmal, dass Claudius und Venuleius welche beweisen, dass der Verfasser sich auch 
Saturninus dieselbe Person waren (so Fitting, ausserhalb der Jurisprudenz umgethan hatte, und 
Karlowa, Landucci, Lenel Pal. II 1207, 1); dass ihm Studien antiquarischen Inhalts, wie sie 
ein TioAvwwuos hatte nichts bedenkliches, und mit in der Schrift de corona zu Tage treten , nicht 
den Zeitverhaltnissen des Venuleius (er lebte unter fern lagen. Uber den zweimal in den Digesten 
Pius und Marcus) liesse sich unser Fragment in (XII 2, 13, 5. XXXIV 2, 19, 7) erwahnten Q. Sa- 
Einklang bringen. Gegen die Verselbigung spricht turninus s. den Artikel. 

aber, dass das in den Digesten unmittelbar vor- NeuereLitteratur: ZimmernGesch. d. r.Priv.- 
hergehende Fragment (15) die Uberschrift tragt: 50 B. I 354. Eudorff R. R.-G. I 177; Abh. Akad. 

Venuleius Saturninus libro primo de officio Berl. 1865, 235. Borghesi Oeuvres III 121f. 

proconsulis, und dass die Compilatoren bei auf Teuffel R. Litt.-Gesch. § 360, 7. Fitting Alter 

einander folgenden Stellen derselben Verfasser d. Schrift. rom. Juristen 17ff. Karlowa R. R.-G. 

regelmassig nicht deren Namen wiederholen, son- I 729f. Krilger Quell, u. Litt. d. R. R. 180f. 

dern dafiir idem setzen. Andrerseits ist die Un- Kalb Roms Juristen n. ihrer Sprache darg. 93f. 

zuverlassigkeit des Index bekannt genug (Kriiger Landucci Storia d. dir. Rom. I 2 211. Proso- 

328), um ihm ein Zusammenwerfen beider Schrift- pogr. Imp. Rom. I 397. [Jers.] 

steller zutrauen zu diirfen. So miissen wir sie 334) Tib. Claudius Saturninus, leg(atus) Au- 

als zwei verschiedene Juristen ansehen. g(usti) pr(o) pr(aetore) von Moesia inferior zwi- 
Die PersOnlichkeit des Claudius Saturninus ist 60 schen 139 und 161 n. Chr. (vielleicht nicht nach 

schwer festzustellen , da der Name kein seltener 146, vgl. Bd. I S. 2284), CIL III Suppl. 7474 

ist. Er ist an folgenden Stellen naehweisbar : Durostorum. Dieselbe PersOnlichkeit ist wohl der 

1) Ulp. Vat. frg. 223: epistula dim Eadriani Claudius Saturninus, an den Kaiser Pius zwei 

quam scripsit Claudio Saturnino legato Belgicae Rescripte richtete (Marcian. Dig. XX 3, 1, 2. L 

(= Nr. 331). 2) Marc. Dig. XX 3, 1, 2: dims 7, 5). Vgl. auch Nr. 331—333. 

Pius Claudio Saturnino reseripsit. 3) Marc. Dig. 335) Ti. Claudius Saturninus , wird in fol- 

L 7, 5 pr.: dims Pius Claudio Saturnino et gender Inschrift unbekannter Herkunft genannt: 

Faustina reseripsit. Dass die unter 2 und 3 Ge- Dis Manibus Ti. Claudi Saturnini Ti. f. VII 



2867 Claudius Claudius 2868 

vir. epulon. (CIL VI 31704 mit Anm.). Die Echt- 345) CI. Severua, e(larissimus) v(ir), in der 

heit derselben wird mit Recht bezweifelt; es ist Inschrift eines Sclaven, CIL IX 947 Aecae. 

aber auch fraglich, ob sie auf ein antikes Vor- 346) Claudius Severus, Peripatetiker, Lehrer 

bild zuriickgeht. Der CIL VI 15252 genannte des spateren Kaisers Marcus (Hist. Aug. Marc. 

Claudius Saturninus war kaum Senator. Dagegen 3, 3). Er ist wohl auch der Severus , dessen 

gehOren die Clodii Saturnini (s. d.) trotz der ver- Marcus in seinen Selbstbetrachtungen gedenkt 

schiedenen Schreibung des Gentilnamens vielleicht (elg «roroVI14; iiberliefert ist daselbst naga iov 

doch hieher. [Groag.] adslcpov /iov Ssovtjqov, doch giebt der Ausdruck 

336) Ti. Claudius Ti. filfius) Palfatina) Se- adeXcpog keineswegs zu Bedenken Anlass, wie 
eundinus L. Statins Macedo, pfrimus) p(ilus) 10 Klebs Prosopogr. I 398 nr. 808 meint ; dass hier 
leg(ionis) IIII F(laviae) f(elieis), tribfunus) co- von C. die Rede ist, unterliegt kaum einem Zweifel, 
hfortis) primfae) vigfilum), trib. coh. XI urba- da er sonst der einzige von den Hist. Aug. Marc. 
n(ae),trib.coh. VIII pr(aetoriae), pfrimus) ptilus) 3, 1 — 3 genannten Lehrern des Marcus ware, den 
iterum, praef pectus) leg. II Tra(ianae) [ffortisj], dieser nicht erwahnt hatte; auffallend ist nur, 
procurator) XX her(editatium) , proc. provin- dass Marcus von dem Peripatetiker gelernt haben 
[efiae)] Lugdunensfis) et Aquitanficae), [proc] will yv&vai Ggaosav, 'EXfliSiov, Karwva, Aiwva, 
a rationibus Aug. (des Kaisers Antoninus Pius), Bqovtov n.s.w. [bis aQ%ofxivayv\; vielleicht ist jedoch 
praef. an[non(ae)] , CIL V 867 = Dessau 1339. dieser Satz an die unrechte Stelle geraten und 
CIL XIV 2008 a. Ober die Iterierung des Primi- bezieht sich auf den vorhergenannten Stoiker 
pilats vgl. Mommsens Bemerkungen zu CIL V20Cinna Catulus). Auch CI. Severus, dem Fronto 
867 , jedoch ist zu erwahnen , dass hiebei doch den Sulpicius Cornelianus (qui propediem causam 
bisweilen beidemal die Legion genannt ist , wie apud vos dicturus est) empfiehlt (Pronto ad amic. 
z. B. CIL X 1711 = Dessau 2695. Vielleicht I 1 p. 172 N.) und Cn. CI. Severus Arabianus 
sein Sohn ist Ti. Claudius Ti. f(ilius) Pal. Secun- (Nr. 350) durften dieselbe Person wie unser C. 
dinus, der als Knabe starb, und seine Gattin sein. Als dessen Sohn ist wohl Cn. CI. Severus 
Plavia Irene, CIL VI 1605. Vgl. Hirschfeld (Nr. 348) zu betrachten. 

Philol. XXIX (1870) 32 nr. 18. Friedlander 347) C.Claudius Severus, leg(atus) Aug(usti) 

Sittengesch. 16 173f. und oben Nr. 319. pr(o) pr(aetore) von Arabia unter Traian (Rev. 

[Stein.] bibl. V 1896, 607; vgl. Ztschr. d. deutsch. Pa- 

337) C. C[l?] Secundus (CIL IX 5428), s. 30 laestinavereins XVIII 1895, 130) im J. 110/111 
Secundus. [Groag.] n. Chr. (Rev. bibl. V 1896, 603. VI 1897, 295. 

338) Claudius Seleucus, Digest. XXXIV 9, 13. 584. Rev. archeol. XXIX 1896, 409 nr. 135), wohl 

339) Claudius Senecio, Sohn eines kaiserlichen der erste Statthalter dieser Provinz nach ihrer 
Freigelassenen , ungefahr gleichalterig mit dem Organisierung durch A. Cornelius Palma (105 — 
spateren Kaiser Otho (aduleseentuli decori werden 106 n. Chr., vgl. P. Meyer Herm. XXXII 488f.). 
beide genannt), vertrauter Freund Neros. der ihn Sein Sohn war vermutlich Cn. CI. Severus Ara- 
zum Mitwisser seiner Liebe zu (Claudia) Akte bianus (Nr. 350). 

macht, Tac. ann. XIII 12 (J. 55 n. Chr.). Er 348) Cn. Claudius Severus. a) Name. On. 

tritt spater in den Ritterstand und wird als Teil- Claudius Severus CIL IX 4970. Not. d. sc. 1889, 
nehmer an der pisonischen VerschwOrung im J. 65 40 9; Cn. CI. Se . . .. CIL VIII 18068; Claudius 

n. Chr. getotet, Tac. ann. XV 50. 56. 57. 70. Severus Dio LXXIX 5, 4. Galen. XIV 653 K. 

340) Cla(udius) Senillfiisf) , pr(aepositus) TV. KXavdiov SsfifJQov KaiafagaJ liest Doublet 
stfationis) (Boiodurensis) , CIL III 5121. Die in einer Inschrift aus Pompeiopolis in Paphla- 
von Hirschfeld Verw.-G. I 34, 3 gegebene Auf- gonien, die dem C. als Patron dieser Stadt ge- 
lOsung der Siglen hat mehr Wahrscheinlichkeit setzt ist (Bull. hell. XIII 1889, 305 nr. 13 = 
fur sich als die Mommsens procurator) rfatio- CIG III 4154); wohl irrtumlich statt 8k (vnarov), 
num) s(ummarum) T. Clafudius) Senillfus). wie die friiheren Herausgeber lasen (vgl Klebs 

[Stein.] Prosopogr. I 398 nr. 811; die Gleichsetzung 178 

341) Ti. Claudius Serenus c(larissimus) derAera von Pompeiopolis = 171 n. Chr. ist keines- 
v(ir). Inschrift einer BleirOhre Not. d. scavi 1897, 50 wegs ganz sicher, vgl. Bd. I S. 645). 

188 = CIL XV 7429. [Groag.] b) Leben. C. war vermutlich der Sohn des 

342) Ti. Claudius Servilius Geminus, Statt- CI. Severus (Nr. 346). Er heiratete eine Tochter 
halter von Sardinien unter Nerva, Militardiplom, des Kaisers Marcus (Bull. hell. a. a. O., vgl. Dio 
datiert vom 10. October 96 n. Chr., CIL III p. 861 LXXIX 5, 4), vielleicht (Aurelia?) Fadilla (so 
dipl. XVIII. Wie wir jetzt wissen (vgl. D. Vag- Klebs) oder Annia Galeria Aurelia Faustina (Bd. I 
lieri Not. degli scavi 1897, 280if.) , standen S. 2311 Nr. 119; letztere Annahme ware gesichert, 
friihestens seit Domitian wieder ritterliche Statt- wenn sich herausstellte , dass die unter Nr. 351 
halter an der Spitze von Sardinien C. war dem- erwahnte Annia Faustina thatsachlich die Tochter 
nach procurator Augusti praefeetus provinciae des C. war). Als seine Sohne aus dieser Ehe 
Sardiniae. Er ist vielleicht identisch mit Clau- 60 durften CI. Arabianus (Nr. 51) und Ti. CI. Severus 
dius Geminus (Nr. 164). Proculus(Nr.351)anzusehensein(vgl.auchNr.417). 

343) Clfaudius) Seterianus, praefeetus vehi- C. war Pontifex (Bull. hell. a. a. O.) und zweimal 
culorum im J. 214 n. Chr. , CIL VI 31338 a Consul, das erstemal als suffectus vor oder in dem 
(datiert vom 3. Juli 214). J. 163 (vjiatog &v sagt Galen. XIII 613, viel- 

344) Claudius Severus, Fuhrer der Helvetier leicht missbrauchlich statt vjiarixoe ; beziiglich 
im Kampfe gegen die Vitellianer unter (A.) Cae- der Zeitbestimmung vgl. Borghesi Oeuvres V 
cina (Alienus) im J. 69 n. Chr., Tac. hist. I 68. 431. Klebs Prosopogr. 1377), das zweitemal als 

[Stein.] ordinarius im J. 173 mit Ti. CI. Pompeianus 



2869 



Claudius 



Claudius 



2870 



(Nr. 282), gleichfalls einem Schwiegersohne des 
Marcus (s. die unter a angefiihrten Stellen). Gleich 
seinem Vater lag C. dem Studium der peripate- 
tischen Philosophie ob (Galen. XIV 61R). Er ge- 
hOrte zu den Gonnern Galens, der fur ihn und 
einige andere Vornehme (Sergius Paulus, Flavius 
Boethus, Ceionius Barbaras) anatomische Vor- 
lesungen hielt (Galen. XIV 613. 629. 647. 653 
— 656). Wahrscheinlich ist er auch der Severus 
uvrjQ vnaxos, der sich im J. 176 mit Kaiser Marcus 10 
in Athen befand (Philostr. vit. soph. II 10 p. 93 
Kayser). Mit grOsserem Bechte als auf L. Ca- 
tilius Severus (s. d.) kennte man vielleicht auf 
unseren C. die metrische Inschrift aus Ephesos 
(Anc. Greek inscr. in the Brit. Mus. Ill 188 nr. 539 
= Kaibel Epigr. gr. 888 a) beziehen, welche ein 
Hadrianos (wohl nicht, wie bisher angenommen 
wurde, der Kaiser Hadrian) dem , Severus', Con- 
sular, Pontifex und Patron von Ephesos , setzte. 
Die Worte vom ,k(Sniglichen Schlafgemach' (<5 20 
fiaoiXsiov 'Ao/tovi'r] $dla/j.ov otjIW he 1 svyafiln 
v. 12. 13) wurden dann in C.s Ehe mit einer 
Kaisertochter ihre Erklarung linden. Auch dass 
Severus als Schwiegervater (naxrjQ xrjdeorrjs) des 
Ummidius Quadratus bezeichnet wird, sprache fur 
die Identificierung mit C. (s. Nr. 351). Zur 
leichteren Orientierung diene die nebenstehende 
Stammtafel *), deren Ansatze allerdings zum Teil 
nur auf Vermutungen beruhen. 

349) Cn. Claudius Severus, Consul ord. mit 30 
Ti. CI. Quintianus (Nr. 310) im J. 235 n. Chr. 

(On [Sejverus, CIL VI 2009; Claud[ius] 

Severus, Le Bas III 2215), vermutlich Sohn des 
Ti. CI. Severus Proculus (Nr. 351). 

350) Cn. Claudius Severus Arabianus, Consul 
ord. im J. 146 n. Chr. mit Sex. Erucius Clarus II 
(Cn. CI. Severus CIL VI 678. 1008. CIG III 
5898 = IGI 1084; Arabianus CIL XV 3863 = 
Ann. d. Inst. L 1878, 159), wohl Sohn des C. CI. 
Severus (Nr. 347). Sein zweites Cognomen mag 40 
davon herriihren, dass er wahrend der Statthalter- 
schaft seines Vaters in Arabia geboren war. Er 
wird mit CI. Severus (Nr. 346) identisch sein. 

351) Ti. Claudius Severus Proculus, Consul 
ord. im J. 200 n. Chr. mit C. Aufidius Victo- 
rinus (Ti. Claudius Severus CIL VI 1054. 2004. 
XIV 252; Tib. CI. Proculus III 8237), wohl 
Sohn des Cn. CI. Severus (Nr. 348) und Enkel 
des Kaisers Marcus. Ramsay (The cities and 
bishoprics of Phrygia I 1895, 286ff., vgl. Ster-50 
rett An epigraph, journey in Asia minor 1888 
nr. 46. 52 — 55) publiciert mehrere phrygische In- 
schriften, von denen eine (nr. 127; aus dem J. 182 
der Aera von Kibyra = 207/208 n. Chr.) vjcsq 
omrngtas 'Avvlag <PavOTelvr)s xai TifSeQiov Klav- 
diov, eine andere (nr. 129; um 215 n. Chr.) vjicq 
OforrjQias SsfJrjQov xal <PavoTslvi)g gesetzt ist. 
Ausserdem wird eine Annia Faustina in nr. 128 
und eine Anfnjia Aurelia Paust{r)ina in nr. 126 
(aus dem J. 217/218 n. Chr.) genannt. Mit Recht60 
identificiert Ramsay diesen Ti. Claudius Severus 
mit unserem, wahrend er die in nr. 127 und 128 
erwahnte Annia Faustina (die Erbin und nach 
seiner Vermutung Tochter der Faustina Ummidia 
Corniflcia, einer Nichte des Kaisers Marcus, vgl. 

a. a. O. nr. 124) fur dessen Gemahlin halt. Doch 
bleibt auch die Moglichkeit, dass Annia Faustina 
die altere Schwester des C. war, dass sie demnach 



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2871 Claudius Claudius 2872 

die Corniflcia nur als Verwandte, nicht als Tochter 360) Ti. CI. Sulpicius Iulianus s. unter Sul- 

beerbte (vielleicht war sie mit deren Bruder Ummi- p i ci u s. [Groag.] 

dins Quadratus cos. 167 vermahlt, vgl. Nr. 348). An- 861) M. Claudius Tacitus, romischer Kaiser 

nia Aurelia Faustina (nr. 126. 129) wird von Ram- von 275— 276 n. Chr. I. Quellen. a) Sowie 

say fur identisch erklart mit Annia Faustina die Geschichtsquellen fur die zweite Halfte des 

Augusta , der Gemahlin des Pomponius Bassus 3. Jhdts. n. Chr. iiberhaupt nahezu versiegt sind, 

und des Elagabal (Bd. I S. 2311 Nr. 115), wohl so gilt dies besonders von der Begierungsgeschichte 

der Tochter unseres C. Ein Sohn desselben diirfte des Kaisers Tacitus, die sowohl an sich, als durch 

Cn. CI. Severus (Nr. 349) sein. Vgl. die Stamm- das unmittelbar vorhergehende Interregnum eine 
tafel zu Nr. 348. Was Herodian. IV 6, 3 von 10 Merkwiirdigkeit in staatsrechtlicher Beziehung 

einer Schwester des Commodus erzahlt, bezieht bietet. Der Stand unserer Kenntnisse iiber diese 

sich nicht auf C.s Mutter, sondern auf Corniflcia Begierung ist am besten gekennzeichnet durch 

(vgl. Dio V p. 214 Dind.]. [Groag.] den Umstand, dass die Biographie in den Scrip- 

352) C[l(audiusJ Sollemnius ?] Marinus, e(la- tores Historiae Augustae (im folgenden citiert als 
rissimus) p(uer), Sohn des Folgenden, Inschrift Tac, die andern Vitae als Aur., Prob. u. s. w.) 
aus Bostra, CIL HI 94, vgl. Add. p. 969 = Le uns noch am meisten dariiber Aufschluss giebt. 
Bas-Waddington 1947f. Was sonst noch herangezogen werden muss, Eutrop, 

353) Cl(audius) Sollemnius Pac[atianus (?), Victor, Eusebios-Hieronymus, Orosius, das ist alles 
leg(atus)] Augfusti) pr(o) prfaetorej von Arabien, grossenteils aus denselben triiben Quellen ge- 
v(ir) eflarissimus) , Vater des Vorhergehenden, 20 schopft, nur befreit von den vielen verdachtigen 
Inschrift aus Bostra, CIL III 94, vgl. Add. p. 969 Zuthaten, von denen die Scriptores strotzen. Wenig 
= Le Bas-Waddington 1947f. Die Inschrift neues erfahren wir noch aus Zosimus und Zona- 
wird ihm und seinem Sohne gesetzt von einem ras, wahrend fur chronologische Fragen einige 
Fl(avius) Severus, optio legionis III C[y]r(e- feste Ansatze aus den spateren lateinischen, zum 
naieaej Severianae [Alexandrianae] , also unter Teil auch aus den griechischen Chronographen 
der Begierung des Kaisers Severus Alexander. Aus zu gewinnen sind. Eine ausfiihrliche Biographie 
seinem Cognomen und dem seines Sohnes, sowie des Kaisers soil Suetonius Optatianus geschrieben 
ausi der Zeitbestimmung lasst sich auf eine ver- haben (Tac. 11, 7); auch wenn diese Vita iiber- 
wandtschaftliche Beziehung zu dem Usurpator Ti. haupt jemals existiert hat, ist ihr Verlust — schon 
Claudius Marinus Pacatianus (Nr. 235) schliessen. 30 nach dem wenigen , was aus ihr citiert wird, zu 

[Stein.] schliessen — nicht zu beklagen. An der Echt- 

354) Tib. Claudius Sospis, athenischer Archon, heit der Urkunden in der Hist. Aug. wird jetzt 
vgl. Sospis. [v. Schoeffer.] allgemein und wohl mit Becht gezweifelt. Daraus 

355) Ti. Claudius Spiculus , decurio in der ergiebt sich, was von der Bede (Aur. 41, 4 — 14) 
Leibwache des Kaisers Nero (corporis custodes, und dem Brief des Kaisers Tacitus (Prob. 7, 3. 4) 
collegium Oermanorum) , CIL VI 8803. Sein zu halten ist. 

voller Name flndet sich auf Bleirohren aus Antium, b) Vollige Klarheit iiber Namen und Titel des 

CIL X 6690. Identisch mit diesem scheint der Kaisers, sowie einen wichtigen Beitrag zur LOsung 

Gladiator Spiculus zu sein, den Nero reich be- der chronologisch en Fragen gewahren die Inschrif- 
schenkte (Suet. Nero 30), durch dessen Hand der 40 ten, deren es bei der kurzen Regierungsdauer des 

fliehende Kaiser umkommen wollte (Suet. Nero Tacitus nicht gar viele giebt. Die meisten sind 

47), und der spater von dem erziirnten Volke ge- in Spanien und Africa gefunden worden, s. Index 

tetet wurde (Plut. Galb. 8). Vgl. Dessau Proso- zu CIL II und VIII, sowie zu Ephem. epigr. VII; 

pogr. imp. Rom. Ill 257 nr. 579. [Stein.] ferner CIL III 3204. 11328. 13313. 13328. 13717. 

356) Ti. CI. Stasithemis, 6 xq&zioxos owxlr,- IX 2328. XII 5563. 5676 b(?). Inscr. Helv. 337. 
Tixog, Sohn des Ti. CI. Telemachus (Nr. 364) und Mitt, der Central-Comm. zur Erforsch. hist. Denkm. 
der Ti. Claudia Arsasis (Nr. 404), wahrscheinlich XXI (1895) 98. Vgl. auch Dessau Inscriptiones 
Vater des Ti. CI. Aur. Telemachus (Nr. 80). Benn- Latinae selectae I 588 — 591. 

dorf Reisen im siidw. Kleinasien I 67 nr. 41. 42 c) Miinzen bei Eckhel VII 496— 498. Cohen 
Sidyma. 50 VI 2 219—239 (im folgenden nur nach den Num- 

357) CI. Stratonicus aus Aizanoi in Phrygien, mem citiert). Alexandrinische Miinzen bei Mi on- 
Consul (suffectus) etwa unter Kaiser Severus, CIG net VI 483f.; Suppl. IX 132f. Poole Catalogue 
III 3840 und Add. p. 1067 = Le Bas III 884 of the Greek coins in Alexandria, London 1892, 
mit Waddingtons Anmerkung. 312. Vgl. J. v. Kolb Numism. Ztschr. IX 123 

358) CI. Sulpicianus, unter den pueri patrimi —131. A. Missong ebd. XII 321—323. 

et matrimi senatorum filii genannt, die den Arval- II. Tacitus als Privatmann. a) Name. 

briidern im J. 183 n. Chr. ministrierten (CIL VI Vor seiner Thronbesteigung hiess er M. Claudius 

2099 Acta Arv.), vgl. den Folgenden. Tacitus, CIL VIII Suppl. 18844; ein Mann des 

359) Claudius Sulpicianus,. von Kaiser Severus gleichen Namens CIL III 10510. Sein voller 
nach dem Sieg iiber Clodius Albums (197 n. Chr.) 60 Name als Kaiser, wie er auf Inschriften und Miin- 
getotet (Hist. Aug. Sev. 13, 4). Da Dio LXXV zen erhalten ist, lautet Imp. Cues. M. Claudius 
8, 4 das Namliche von Flavins Sulpicianus (s. d.) Tacitus pius felix invietus Aug. Dazu erhielt 
berichtet, vermuteteMarini (Atti e monum. degli er spater den Siegerbeinamen Goihicus (s. u.). 
Arvali II 391) ansprechend, dass dieser die Namen Falschlich wird sein Name Aur. 41, 4 als Aure- 
Flavius Claudius Sulpicianus gefiihrt habe und litis Tacitus angegeben, ein Versehen, das, wie 
CI. Sulpicianus Nr. 358 als sein Sohn zu be- es scheint, entstanden ist durch den unmittelbar 
trachten sei, vgl. Dessau Prosopogr. II 75 vorher genannten Namen Aurelius Oordianus. 
nr. 245. Sonst wird der Kaiser bei den Autoren und 



2873 Claudius Claudius 2874 

in den Consularfasten ausnahmslos Tacitus ge- 4 — 6; Aur. 40; ein [gefalschter?] Brief der Truppe 

nannt. an den Senat Aur. 41, 1. 2). Nach dreimaligem 

b) Abstammung. C. stammte aus sehr reichem, Meinungsaustausch kam aber schliesslich der Senat 
aber kaum vornehmem Geschlecht. Jenes ergiebt den immer dringenderen Aufforderungen des Heeres 
sich daraus, dass die EinkQnfte aus seinen er- nach. Die Wahl der Senatoren flel auf C, den 
erbten Besitzungen, die er dann staatlichen Be- angesehensten aus ihrer Mitte (Tac. 3—7; Prob. 
diirfnissen zuwendete, 280 Millionen Sesterzen 7, 3. 11, 2; Aurel. 40, 1. 41, 4. 15. Vict. Caes. 
betrugen (Tac. 10, 1). Als sein Heimatsort wird 36, 1). Der genaue Bericht des Biographen iiber 
Interamna angegeben (Tac. 15, 1), doch hatte er diese Wahl ist in manchen Einzelheiten verdachtig, 
auch Besitzungen in Mauretanien, vielleicht auch 10 gar nicht zu reden von der Echtheit der Ein- 
in Numidien (Tac. 10, 5). Sein Nachfolger auf lagen, die durch die kindischen und aufdring- 
dem Kaiserthron, M. Annius Florianus, der sein lichen Versicherungen von der Authenticity der 
Bruder genannt wird (Tac. 9, 6. 14, 1; vgl. 5, Berichte (Tac. 8, 1. 2; vgl. Prob. 7, 1) nichts an 
2), ist, wie sein Name zeigt, und wie der Bio- Glaubwiirdigkeit gewinnen (vgl. auch H. Dessau 
graph zweifelnd berichtet (Tac. 17, 4), nicht der Herm. XXVII 569f. 577). Danach forderte in 
Sohn desselben Vaters, sondern nur derselben einer Senatssitzung , die angeblich am 25. Sep- 
Mutter. Auf jeden Pall ist es ausgeschlossen, tember in der curia Pompiliana stattfand, der 
dass er irgendwie von dem Geschichtschreiber Consul Velius Oorniflcius Gordianus zur Kaiser- 
Cornelius Tacitus abstamme, obwohl er selbst dies wahl auf, fur die nachtraglich die Zustimmung 
behauptete (Tac. 10, 3). 20 des Heeres eingeholt werden sollte (Tac. 3, 2—7). 

c) Laufbahn. C. gehOrte lange Zeit vor dem Gewahlt wurde durch Acclamation der Princeps 
Antritt seiner Herrschaft dem Senat an (vgl. Tac. senatus Tacitus (Tac. 4 — 6). 

7, 3 haetenus sententiis suis rem publicam, sc. Dieser hatte nach dem Tode Aurelians zufolge 



Der Ausdruck qui de aliis prineipibus einer vom Heere selbst ausgehenden Porderung 

iudieasti (Tac. 4, 4) weist darauf hin, dass er im (Aur. 41, 2) dessen Consecration beantragt; des- 

Senat schon zu einer Zeit sass , als iiber einen gleichen forderte auf seine Anregung hin der 

Kaiser die Damnatio memoriae ausgesprochen Senat das Heer zur Wahl eines neuen Kaisers auf 

wurde; der letzte Kaiser vor ihm, dem dieses (Aur. 41, 13—15). Als er aber merkte, dass die 

Schicksal zu teil wurde , war Gallienus , woraus Wahl ihn treffen wurde, verliess er Rom und be- 
zu schliessen ist, dass C. spatestens 268 Senator 30 gab sich nach Baiae. Er wurde aber veranlasst, 

war, vielleicht sogar damals schon Princeps se- zuruckzukehren und war in der Sitzung wieder 

natus (an die Consecration eines Kaisers ist bei anwesend, in der er zum Kaiser ausgerufen wurde 

diesem Ausdruck kaum zu denken; sonst musste (Tac. 7, 5 — 7; hier wird eine abweichende Ver- 

man freilich annehmen, dass sich diese Worte sion bekampft, die sich auch bei Zonar. XII 28 

auf den kurz vorher von Tacitus selbst gestellten findet). Auch dann noch wollte er anfanglich 

Antrag beziehen , Aurelian unter die Getter zu die Wahl nicht annehmen und wies auf sein holies 

erheben, s. u.). Alter und darauf hin, dass es tuchtigere und fur 

Im J. 275 war er zum erstenmal Consul or- den Thron geeignetere Manner gabe; unter an- 

dinariusmit Iulius Placidianus, MommsenChron. derem soil er Prob us als einen wurdigeren Kaiser 

min. I 60. 66. 229. 289. 442. 706. II 148. Ill 40 bezeichnet haben (Tac. 4, 5— 8 ; Prob. 7, 1). Aber 

395. De Rossi Inscr. Christ, urb. Rom. I 12. durch den Zuruf der Senatoren ermutigt und vor 

CIL VIII 18844; doch ist moglicherweise in diesen allem durch die Rede des Consulars Maecius Pal- 

beiden Inschriften der zweite Consulat gemeint. tonius Nicomachus (Tac. 6) liess er sich doch zur 

Als consularis wird er auch er.wahnt Tac. 4, 1. Annahme der Wahl bestimmen (Tac. 7, 1). Nach 

Vict. Caes. 36, 1; ebenso wird er auf Miinzen der Wahl stellte der Praefectus urbi Aelius Ce- 

aus seinem ersten (tribunicischen) Regierungsjahr settianus (der Chronogr. von 354 nennt nur Po- 

als cos. bezeichnet, Eckhel VII 497. Cohen stumius Suagrus als Praefectus urbi fur das J. 275 f 

84. Mis song a. a. O. Auch auf Inschriften des Mommsen Chron. min. I 66) auf dem Marsfeld 

Kaisers Tacitus aus dem zweiten tribunicischen den neuen Kaiser dem Volk und den Praetoria- 

Jahr findet sich die Angabe cos. (CIL II 4635f.); 50 nern vor (Tac. 7, 2 — 4; vgl. Mommsen St.-R. 

wenn hier nicht, was sehr wahrscheinlich ist, der II 3 874, 3. 1069). Sobald dann Tacitus bei den 

Zusatz II ausgelassen ist, dann wurde die Zeit Truppen angelangt war, verkiindete hier der Garde- 

dieser Inschriften zwischen dem 10. und 31. De- praefectMoesiusGallicanusdasErgebnis derWahl> 

cember 275 anzusetzen sein, da er zu Beginn des und der Kaiser zeigte sich auch dem Heere (Tac. 

J. 276 cos. II war (s. u.). Zur Zeit des Todes 8, 3 — 5; vgl. die Miinze mit dem Revers adlocutio- 

Aurelians war er Princeps senatus (Aur. 41, 4; Aug. , Cohen 1; dass die Rede des Kaisers an 

Tac. 4, 1. 3). die Truppen in ihrem Inhalt von der Erzahlung 

III. Thronbesteigung. Nach der Ermor- des Biographen abweicht, indem nach jener das 

dung Aurelians trat ein Interregnum ein , angeb- Heer zuerst die Wahl vorgenommen hatte, dann 

lich von sechsmonatlicher Dauer, das durch Zweifel 60 erst der Senat, kann nicht gar zu auffallend er- 

iiber das gegenseitige Competenzverhaltnis zwi- scheinen, vgl. Bernhardt 217, 1; diese Auf- 

schen Senat und Heer in Betreff der Kaiserwahl fassung wird durch alle andern Nachrichten be- 

veranlasst wurde. Keiner dieser Factoren wollte statigt; Brunner 80f. irrt wohl, wenn er das in 

sich das Recht der Kaiserernennung ohne den der Rede Enthaltene fur allein richtig halt). Uber 

andern zusprechen, eine Massigung, die von Seite die staatsrechtliche Bedeutung dieser Kaiserwahl 

der Soldaten geradezu unerhSrt war und deren vgl. Mommsen St.-R. II» 842. Ill 1267. 
Reue uber die Ermordung Aurelians entsprungen IV. Regierung. A. Consulat; Gothenkrieg ; 

sein soil (Vict. Caes. 35, 9—13. 36, 1. Tac. 2, Tod. a) Im J. 276 war C. Consul ordinarius mit 



2875 Claudius Claudius 2876 

Aemilianus (CIEh. 1130; die Consularfasten bei Aurelians beteiligt waren (Zosim. I 63, 2. 65, 1 

Mommsen Chron. min. a. a. 0.; als cos II ge- = Io. Ant. a. a. 0. Zonar. XII 29; bei Prob. 

nannt CIL XII 5563 = Dessau 591; unrichtig 13, 2. 3 scheint ein Missverstandnis vorzuliegen, 

ist die Angabe Prob. 7, 4 , dass er Probus zu wenn die Morder Aurelians von denen des Kaisers 

seinem Mitconsul bestimmt habe ; auf einer Miinze Tacitus unterschieden werden) , muss die Ver- 

aus seinem ersten tribunicischen Jahr wird er als mutung wachrufen , dass wohl auch die Pureht 

«os. des(ignatus) II bezeichnet, Cohen 85; ver- dieser Ubelthater mit ein Beweggrund zu Tacitus 

einzelt ist die Munze mit der Angabe cos. Ill, Tetung war, umsomehr als ja Tacitus diejenigen 

■Cohen 92, was sicher auf einem Versehen be- von den MOrdern Aurelians, deren er habhaft 

ruht). Den Vorschlag, seinen Bruder Florianus 10 werden konnte, tfiten liess und den andern das 

zum Consul suffectus in diesem Jahre zu wahlen, gleiche Schicksal drohte (s. u.). Jedenfalls aber 

lehnte der Senat ab, da schon fur alle Nundinien scheint dagegen die andere Nachricht, derzufolge 

die Consules suffecti designiert worden seien (Tac. er eines naturlichen Todes starb (Prob. 10, 1 ; 

9, 6). Dass Tacitus seinen zweiten Consulat nicht Carus 3, 7. Eutrop. IX 16 ; Tac. 13, 5 kennt beide 

in Rom antrat, geht daraus hervor, dass er nach Versionen), auf Irrtum zu beruhen, vgl. Herzog 

dem Zeugnis der Inschriften, auf denen er schon II 388, 3. Aus Vict. Caes. 36, 2 und Consular, 

zur Zeit der I. Tribunicia potestas proconsul ge- Const. Mommsen Chron. min. I 229 erfahren 

nannt wird (CIL II 4638. 4830. Mommsen Inscr. wir, dass er in Tyana ums Leben kam, wahrend 

Helv. 337), schon vorher zum Heere abgegangen Hieronymus und nach ihm Orosius und die Chro- 

war, und zwar, wie wir aus Tac. 8, 3 erfahren, 20 nographen ungenau angeben, im Pontus (Hiero- 

unmittelbar nach seiner Wahl. Seither ist er nym. chron. ad a. Abr. 2293 = Euseb. 2295 arm. 

nicht nach Rom zuruckgekehrt (CIL II 4636: 2294. Oros. VII 24, 1. Mommsen Chron. min. 

trib. pot. II, procos.; die Tac. 9,1 erwahnte I 148. 443. 642. II 148. 464. D7I 293. Synkell. 

oratio ist als Brief an den Senat aufzufassen, I 722. Nikephor. I 749). Die Notiz , die sich 

geradeso wie Prob. 11, 1; vgl. Herzog II 588, nur Epit. de Caes. 36, 1 findet, dass er in Tar- 

1); denn gleich darauf wurde er durch einen Ein- sus gestorben sei (angeblich am Pieber), ist augen- 

bruch der Gothen ins Reich nach dem Orient ge- scheinlich durch Verwechslung mit Plorianus ent- 

rufen, obwohl auch die Alamannen und Pranken standen, der, wie die Uberlieferung widerspruchs- 

schon nach Aurelians Tode plundernd liber den los angiebt, zu Tarsus von seinen Soldaten ge- 

Limes ins Rheingebiet eingefallen waren (Tac. 30 totet wurde (Tac. 14,2; Prob. 10,8. 13,4. Vict. 

3, 4). Caes. 37, 1. Zosim. I 64, 4. Hieron. a. a. 0. und 

b) Die Gothen waren unter dem Vorwand, von die Chronographen) ; vgl. auch S a d e e 50, 2, der 
Aurelian gegen die Perser zu Hiilfe gerufen wor- einer unverlasslichen Nachricht bei Malal. XII 
den zu sein, von den Gestaden des asowschen 301 und Mos. Choren. II 76 folgt, welche als 
Meeres aus langs der Ostkuste des schwarzen Todesort des Tacitus das sonst nicht bekannte 
Meeres gezogen und nach Kleinasien vorgedrungen. Szavnurj zrje TIovxov (Djanik dans le Pont, c'est 
Tacitus iibernahm die Fuhrung des Krieges ge- a dire la Ghaldie) angeben. 

meinsam mit seinem Bruder Plorianus, den er zu B. Verwaltung. Die Art , wie Tacitus zur 

seinem Praefectus praetorio erhoben hatte. Schon Herrschaft gelangt war. zeichnete ihm den Gang 

waren die Peinde bis nach Kilikien gelangt , da 40 seiner Politik mit Bestimmtheit vor. Seine Wahl 

wurden sie von C. besiegt (Tac. 13, 2. 3. Zosim. bedeutete den Sieg der Senatsidee, und in diesem 

I 63, 1. Zonar. XII 28. Malal. XII 301 ; wie Sinne wurde sie auch von den Zeitgenossen auf- 

weit die Angabe Mos. Choren. II 76 richtig ist, gefasst. Der Kaiser selbst that nichts, um diese 

wo Ardaschir als Anfiihrer genannt ist, ein Name, Auffassung zu widerlegen. Die Worte, die er 

■der sich sonst nur bei den Sassanidenfursten findet, gleich zu Beginn seiner Regierung an den Senat 

ist schwer zu ermessen). Dieser Erfolg verschaffte richtete (Tac. 9, 1), gewissermassen sein Regie- 

ihm den Siegerbeinamen Qothieus maximus (CIL rungsprogramm (vgl. Herzog II 587), beweisen, 

XII 5563 = Dessau 591; Munzen mit der Auf- dass er sich nur als ausiibendes Organ des Se- 

a<Amit victoria Qothica Eckh el VII 498. Cohen nates fiihlte. So stieg der Einfiuss des Senates 

157—164; Mars victor Cohen 55 — 58; die bei 50 auf alien Gebieten. Unter Tacitus erhielt der 

Eckhel a. a. 0. als victoria Pontiea gelesene Senat wieder (voriibergehend) das Recht der Mtinz- 

Umschrift heisst richtig victoria perpetua, J. pragung zuriick, das ihm Aurelian entzogen hatte 

v. Kolb Numism. Ztschr. IX 123—131. Cohen (C ohen 116. 120 Munzen mit S. C; vgl. Momm- 

165 — 168; victoria Aug. Cohen 150- — 1 56). sen Gesch. d. r8m. Mtinzwesens 747), und den 

c) Nach der raschen Beendigung des Krieges Senatoren wurde wieder die militarische Laufbahn 
wollte Tacitus nach Rom zuruckkehren, fand aber eroffnet , die ihnen seit Gallienus versagt war 
■durch seine eigenen Soldaten den Tod. Als Ver- (Vict. Caes. 37, 6). Es war wohl auch nur ein 
anlassung dazu wird angegeben, dass der Kaiser Zugestandnis an den Senat, wenn er im Sinne 
seinen Verwandten Maximinus zum Statthalter der Aufforderung eines Senators (Tac. 6, 8) ver- 
von Syrien eingesetzt hatte; da sich dieser bald 60 sprach, er werde zu seinem Nachfolger nicht einen 
missliebig machte, flel er einer SoldatenverschwO- seiner Sohne, sondern den Wiirdigsten empfehlen 
rung zum Opfer, deren Urheber, um der Strafe (Tac. 14, 1), sowie wenn er dem Stadtpraefecten 
zu entgehen, auch den Kaiser selbst umbrachten das Recht der obersten Appellation zuwies (Tac. 
(Zosim. I 63, 1 = Io. Antioch. PHG IV 599, 157. 18, 3. 5. 19, 2; vgl. Mommsen St.-R. 113 106, 1. 
Zonar. Malal. a. a 0. Kedren. I 463; nach diesem 987), und von demselben Gesichtspunkt ist dieAb- 
ware Plorianus der Anstifter des Mordes gewesen). lehnung zu beurteilen, die Tacitus erfuhr, als er 
Der Umstand, dass sich unter den Schuldigen seinen Bruder Florianus zum Consul vorschlug 
auch Leute fanden, die schon an der Ermordung (s. o.). 



2877 Claudius Claudius 2878 

Kein Wunder, dass man in den senatorischen V. Chronologie. Die Termini fur die Zeit, 

Kreisen Roms iiber den kaum mehr erhofften Um- in welche das Interregnum, sowie die Regierung 

schwung der politischen Machtverhaltnisse jubelte des Tacitus und die des Plorianus fallt, ergeben 

(Vict. Caes. 36, 1. Tac. 12,1. 2. 18f. ; vgl. 13,4; sich daraus, dass wir von Aurelianus alexandrinische 

senatsfreundliche Farbung der Ereignisse ist bei Miinzen mit der Angabe des 7. (Poole Catalogue 

diesen Autoren kaum zu verkennen). Das driickt of the Greek coins, Alexandria, London 1892, 305. 

sich auchin den Bezeichnungen aus, die dem Kaiser 308. v. Salle t Daten der alex. Kaisermiinzen 81f.) 

auf Inschriften und Miinzen gegeben werden. Er und von Probus solche mit der Angabe des 8. Re- 

wird da verae libertatis auotor (CIL XII 5563 gierungsjahres (Poole 315. v. Sallet 88) be- 

= Dessau 591), paeator orbis (CIL VIII 10072. 10 sitzen. Folglich wurde Aurelianus, wenn auch nicht 

Ephem. epigr. VII 619. 615. 590 = Dessau 589), notwendig nach dem 28. August 275, so doch 

pacatissimus imperator (Ephem. epigr. VII 612. nicht lange vorher getotet (vgl. Herzog II 585, 1. 

613 = CIL 10089 = Dessau 590), restitutor orbis Sadee 54. Klebs Prosopogr. I 401 ; die wenigen 

(Cohen I08t), resttiutor reipublieae (Cohen 107) Inschriften Aurelians mit der VII. trib. pot, wo- 

genannt, freilich alles Phrasen, die auch spater nach er bis Ende des J. 275 gelebt hatte, haben 

in der Kaisertitulatur reichlich verschwendet wor- bei der grossen Verwirrung, die in diesen Zahlen- 

den sind, vgl. Peter Die geschichtl. Litteratur angaben gerade auf den Inschriften Aurelians 

in der Kaiserzeit II (1897) 14. herrschen, wenig zu bedeuten), und gelangte Probus 

Trotzdem, dass Tacitus fast wahrend der ganzen noch vor dem 29. August 276 zur Herrschaft. 
Zeit seiner kurzen Eegierung von Rom abwesend 20 Daraus geht aber auch hervor, dass bei der ziem- 
war, stammen von ihm mehrere Reformen, die er lich gut und mit annahernder Ubereinstimmung 
gleich zu Beginn seiner Regierung durch das er- bezeugten Regierungsdauer des Tacitus und des 
wahnte Schreiben an den Senat beantragte : harte Plorianus das Interregnum nicht, wie mehrfach 
Strafbestimmungen gegen Munzverschlechterung, iiberliefert wird (Tac. 1, 1. 2, 1. 6 [mehr als 
ein Verbot der Zeugenschaft von Sclaven gegen 6 Monate]; Aur. 40, 4.- Vict. Caes. 36, 1; nach 
den eigenen Herrn (vgl. Tac. ann. II 30. Ill 67), Epit. 35, 9 wahrte das Interregnum gar 7 Mo- 
die Einrichtung eines gemeinsamen Cultes aller di- nate), sechs Monate gedauert hat. Gegen die An- 
vinisierten Kaiser (Tac. 9, 3— 5; vgl. Mommsen nahme eines so lange bestehenden Interregnums 
Rem. Miinzw. 794. 832). Auch erliess er Luxusver- spricht auch der Umstand, dass in dieser Zwischen- 
bote, wie er solche schon unter Aurelian im Zusam- 30 zeit keine Unruhen und Verwicklungen vorkamen 
menhang mit dessen Miinzpolitik beantragt hatte, (Aur. 40, 4), vgl. Herzog II 586. Wahrschein- 
indem er die Verwendung des Goldes zu Luxus- lich liegt hier eine Verwechslung mit Tacitus 
gegenstanden einschrankte, um es nicht der Miinz- Regierungsdauer vor, worauf auch der Ausdruck 
priigung zu entziehen (Tac. 11,6 vgl. mit Aurel. interreges fur Tacitus und Florianus (Tac. 14, 5) 
46, 1), und traf Massregeln polizeilicher Natur. hinweist (Sade"e 50f.). 

So liess er zur Aufrechthaltung der Ordnung die Auf keinen Pall aber haben wir Grand, die 

Thermen schon bei Einbruch der Dunkelheit schlies- Nachricht zu bezweifeln, dass Tacitus im Monat 

sen und verbot Freudenhauser innerhalb der Stadt, September, der auch der Monat seiner Geburt ist, 

eine Verfugung, die sich allerdings nicht halten zur Regierung gelangte (Tac. 13, 6); weniger 

konnte (10, 2. 4). Endlich verdankte man seiner 40 sicher ist das Datum des 25. September fur die 

Freigebigkeit zahlreiche Wohlfahrtseinrichtungen Senatssitzung, in der seine Wahl zum Kaiser er- 

und Acte der Wohlthatigkeit. Mit seinem bedeu- folgte (Tac. 3, 2); es ist durchaus mOglich, dass 

tenden PrivatvermOgen kam er den Staatsfinanzen der Biograph, dem vielleicht nur die erste Nach- 

zu Hilfe, unterstiitzte er Gemeinden und Private, richt bekannt war, die genauere Angabe des Tages 

Einen grossen Teil davon wendete er Offentlichen selbst erfunden hat (Klebs Prosopogr. s. v.). 

Bauten und Culten zu. Er gab das iibliche Dona- Ebensb gefalscht und auch sonst mit keinem 

tivum an das Heer und verlieh auch dem Volke Zeugnis vereinbar ist das Datum des 3. Februar 

ein Congiarium (Tac. 9, 1. 10, 1. 4 — 6. 16, 1 ; fur die Senatssitzung, in welcher der Tod Aurelians 

Miinzen mit der Umschrift annona Cohen 131). in Rom gemeldet wurde (Aur. 41, 3; verdachtig 

Er schenkte stadtischen Sclaven beiderlei Ge- 50 ist schon der Umstand, dass dieses Datum auch 

schlechts die Freiheit und zwar in Gemassheit fiir eine Sitzung unter Probus angegeben wird, 

der Lex (Fufia) Caninia nicht mehr als hundert Prob. 11, 5, wo es ebensowenigpasst; vgl. Herzog 

(Tac. 10, 7). Der Monat September, in welchen 11581,1. Sadee 57); von dieser Zeitbestimmung, 

der Tag seiner Geburt und seiner Wahl zum die sich auf irgend eine andere bestimmte Sitzung 

Kaiser fallt (s. u.), wurde Tacitus genannt (Tac. zu beziehen scheint (der Tag ist nach Philocalus 

13,6), was sich nach seinem Tode kaum erhalten und Polem. Silv., CIL I 2 p. 258f., ein senatus 

haben wird. Ebensowenig scheint die Verordnung legitimus), kann ganz abgesehen werden. 

zur Ausfiihrung gelangt zu.sein, dass man all- Die Regierungsdauer des Kaisers Tacitus lasst 

jahrlich zehnmal die Werke des Geschichtschrei- sich mit annahernder Sicherheit bestimmen. Sie 

bers Cornelius Tacitus abschrieb und diese Bucher, 60 wird im allgemeinen mit sechs Monaten (Tac. 

sowie die Statuen des Schriftstellers in alien 13, 5. 14. 5. 16, 1. Eutrop. IX 16 = Euseb. arm. 

Bibliotheken aufstellte (Tac. 10, 3). Sowie C. 2294. Hieron. chron. 2292 = Oros. VII 24, 1. 

unmittelbar nach Aurelians Tode dessen Consecra- Mommsen Chron. min. I 443. 642. II 148. 500. 

tion veranlasst hatte, so liess er auch als Kaiser III 414. 417. 421; ebd. II 464: ein Jahr; Io. An- 

seinem Vorganger eine Reihe von Ehren decre- tioch. a. a. O. Synkell. I 722. Nikephor. I 749. 

tieren (Tac. 9, 2. 5) und verfuhr mit unnach- Mommsen Chron. min. Ill 436 [Latere, imper. 

siehtlicher Grausamkeit gegen die Merder Aure- Malal.] und Malal. XII 301 : sieben Monate; Zonar. 

lians (Tac. 13, 1; Prob. 13, 2. Vict. Caes. 36, 2). XII 28: nicht ganz sieben Monate, aber nach einer 



2879 Claudius Claudius 2880 

andern Angabe [die sich auch bei Malal. XII 301. Schon aus dem wenigen, was wir iiber C.s 

Kedren. 1463. Glyk. Ill 456 flndet], nicht ganz Laufbahn wissen, ergiebt sich, dass er erst in 

2 Jahre), genauer mit 200 Tagen angegeben (Vict. hohem Alter zur Regierung gelangte, was in den 

Caes. 36, 2. Bpit. de Caes. 36, 1); die Angabe erhaltenen Berichten teils direct, teils mittelbar 

des Chronogr. vom J. 354(MommsenChron.min. I bestatigt wird. Wiederholt wird er als senex be- 

148), 8 Monate 12 Tage, bezeichnet wohl die Dauer zeichnet (Tac. 4. 5. 6. 8, 5. 11, 3. 8. 16, 3 ; Prob. 

der Regierung samt dem vorhergehenden Inter- 11, 8 wird erwahnt, class er alter als Probus 

regnum, wie Sade'e 50 — 54 mit Recht annimmt; war; dieser war aber zur Zeit der Regierung des- 

desgleichen ist dessen Annahme, dass mit den Tacitus erst 43 Jahre alt, vgl. Clinton Fast. 
zwei Regierungsjahren , von denen Zonaras undlORom. ad a. 282). Der genauen Angabe von 75 

die andern (s. o.) sprechen , die zwei Tribunen- Jahren (Zonar. XII 28. Malal. XII 301 ; dieser 

jahre gemeint seien , die wahrscheinlichste ; zu giebt auch das Alter des Florianus an, 65 Jahre, 

verwerfen ist aber die Meinung B runners wie es scheint, eine ganz freie Erfindung des- 

82, 1 , dass dem Schriftsteller eine Verwechs- liigenhaften Autors) ist nicht so unbedingt Glauben 

lung mit Kaiser Claudius untergelaufen sei. Hin- zu schenken. Die Annahme eines so hohen Alters 

gegen werden sich diese Fragen mit den vor- verliert einigerinassen an Glaubhaftigkeit durch 

handenen Hiilfsmitteln kaum, wie Sade'e thut, die Erwahnung des Umstandes, dass seine Sohne 

bis auf den Tag genau entscheiden lassen. Es zur Zeit seiner Thronbesteigung noch minder- 

lasst sich nach dem Gesagten nur so viel. be- jahrig waren (Tac. 6, 8). Vgl. zu diesen chro- 
haupten, dass Aurelian im Sommer, etwa im 20 nologischen Fragen auch H. F. Stobbe Philol. 

Juli, des J. 275 starb, dass im September nach XXXII 76 — 78. 

einem ungefahr zweimonatlichen Interregnum VI. Privatleben; Personlichkeit; An- 

(vielleicht ist in der Angabe von zwei Monaten, denken. a) C. war verheiratet (Tac. 11, 6); doch 

wahrend welcher sich nach dem Bericht des ist mis der Name seiner Gattin nicht erhalten. 

Biographen . Tac. 7, 6, Tacitus vor seiner Wahl Er hatte mehrere Sohne, die zur Zeit seiner Herr- 

in Baiae aufgehalten haben soil, die Dauer des schaft noch in jugendlichem Alter standen (Tac. 

Interegnums uberliefert) C. Kaiser wurde, und 6, 8. 16, 4; vgl. 11, 5). 

dass ihm nach einer fast siebenmonatlichen Herr- Unter seinen Gfinstlingen wird vor alien Probus 

schaft (also im April 276) sein Bruder Floria- genannt, an dessen Umsicht und thatkraftige 
nus folgte, der 88 Tage (Euseb. [arm. 2294 : 30 Unterstfitzung er bei Antritt seiner Regierung 

82 Tage]. Hieron. chron. 2293. Mo mm sen appellierte; das darauf beziigliche Schreiben, das 

Chron. min. 1 148. 443. II 148. 500. Ill 293. 414. Tac. 7, 2—5 im Wortlaut mitgeteilt wird, tragt 

Mos. Choren. II 76. Synkell. 1722; Chron. min. durchaus den Stempel nicht nur der Unechtheit, 

1 642 und II 464: 89 Tage; III 417: 3 Monate; sondern auch der Unrichtigkeit an sich; des Irr- 
Zonar. XII 29 : nicht ganz 3 Monate ; Oros. VII turns, dass Probus damals zum Consul designiert 
24, 1: im dritten Monat; aber dessen Angabe worden sei, ist schon fruher gedacht worden; 
VII 27, 12, dass von Aurelians bis zu Florianus fiber den hier erwahnten dueatus orientis vgl. 
Tod nur sechs Monate verflossen seien, ist un- Mommsen Herm. XXV 238. Auch bei Tacitus 
richtig ; Eutrop. IX 16. Jo. Ant. a. a. O. : fehlt es nicht an den herkcimmlichen Prodigien, 

2 Monate 20 Tage; Epit. de Caes. 36, 2. Chron. 40 die seine Herrschaft vorausverkfindet haben sollt en; 
min. Ill 421. 436. Malal. XII 301: 60 Tage; einige davon werden Tac. 17, 1—3 mitgeteilt; 
Tac. 14, 2. 5: kaum 2 Monate; Vict. Caes. 37, ebd. 4 — 5 Vorzeichen seines nahen Todes. 

1 : 1 oder 2 Monate), das ist von April bis Juli Einfache Erwahnungen seiner Regierung tyr. 

276 Kaiser war. Damit stimmt, dass Probus trig. 31,8; Aur. 41,15; Prob. 1,5; Firm. 1,4; 

Kampf gegen seinen Nebenbuhler Florianus zur Numerian. 15, 3. 

Zeit der Sommerhitze stattfand (Zosim. I 64, 2). b) Aus den erhaltenen Miinzbildern gewinnen 

Damit sind ferner in tlbereinstimmung die erhal- wir eine hinreichend deutliche Vorstellung von 

tenen Insohriften des Kaisers, welche bis zur zwei- seinem Aussern. Es fallt da vor allem der buschige, 

ten tribunieia potestas reichen (vgl. CIL II 4635f. dichte Vollbart auf, der stark in den Hals hinein 
XII 5563 = Dessau 591), sowie der Umstand, 50 wachst. Seine Gesichtszttge weisen bei schOner 

dass er im J. 276 Consul ordinarius war (s. o.). Regelmassigkeit einen angenehmen, edlen Aus- 

Entgegen steht diesem Ansatz nur eine alexan- druck auf. Dass er sich guter Gesundheit erfreut 

drinische Miinze des Tacitus mit der Angabe des habe, wird ausdrucklich berichtet (Tac. 11, 3). 

zweiten Regierungsjahres nach agyptischer Zah- Die Personalbeschreibung des Kaisers, die Malal. 

lung (Mionnet Suppl. IX 132f. nr. 619), die also XII 301 liefert, ist wertlos und zum Teil wider- 

beweisen wurde, dass Tacitus noch im August spruchsvoll in sich; vgl. J. J. Bernoulli II 

276 auf dem Thron war. Da aber die Echtheit 186f. C.s Eigenart tritt in den sparlichen und 

dieser Miinze schon an sich in Frage steht (v. S a 1 1 e t unbeholfenen Schilderungen wenig ausgepragt ent- 

Die Daten der alexandrinischen Kaisermfinzen 88), gegen. Die Angabe, dass er einerseits gravis 
so kann dieser Einwand nicht bestehen. Alle60(Tac. 4, 3), anderseits mitis (Vict. Caes. 36, 1) 

iibrigen uns bekannten alexandrinischen Mfinzen gewesen sei, ist wie aus dem Stegreif niederge- 

des Tacitus stammen aus dem erstenRegierungsjahr schrieben und passt im Grunde genommen auf 

(Eckhel VII 498. Mionnet VI 483f. nr. 3539 jeden alteren Herrscher. Dass er als litteratus 

—3545. Poole a. a. 0. 312 nr. 2402—2408). bezeichnet wird (Tac. 4, 4), geht wahrscheinlich 

Trotz der kurzen Dauer dieser Regierung giebt auf seine Verfiigung zuriick , die Werke seines 

es Munzen, welche vota deoemialia et vioennalia vermeintlichen Vorfahrs abschreiben zu lassen. 

ausdrficken, Eckhel VII 498 = Cohen 174; vgl. Als sicherer Charakterzug lasst sich hochstens 

den Revers aeternitas Aug., Cohen llf. seine Neigung zu einfacher, nuchterner Lebens- 



2881 Claudius Claudius 2882 

weise erkennen, die er auch von andern verlangte; modus, doch schliessen ihre Griinde auch Macriims, 

daranf gehen die friiher erwahnten Erlasse zu- Elagabal oder Alexander nicht aus; der Name 

ruck (Tac. 10, 1. 11. 14, 4). Das Gesamturteil des C. selbst scheint gleichfalls zuerst eradiert 

fasst Eutrop. IX 16 in die sehr allgemein ge- gewesen zu sein; vielleicht weist dies hin auf Ver- 

haltenen Worte, die zum Teil in Epit. 36, 1 wieder- bindungen desselben mit dem betreffenden Kaiser), 

kehren, vir egregie moratus et rei publieae ge- Als Lykiarch und gleichzeitig als Agonothet der 

rendae idoneus. von Ti. Claudius Caesianus Agrippa (vgl. Nr. 39) 

c) Ein Kenataph des Kaisers Tacitus befand gestifteten Kampfspiele wird C. in mehreren, zum 

sich in seiner Heimat Interamna, und hier wurde Teil noch nicht publicierten Inschriften aus Xan- 
ihm auch eine grosse Marmorstatue errichtet, die 10 thos genannt (CIG III 4274 und Add. p. 1124 

spater durch den Blitz zertrummert wurde, Tac. = Le Bas III 1257). Wahrscheinlich ist er iden- 
15, 1 ; daran kniipfte angeblich eine tolle Weis- • tisch mit dem Claudius Telemachus, dessen Iulius 

sagung, die der Biograph 15, 2 — 5 mitteilt. Auch Paulus in dem ersten Buche seiner deereta (ver- 

in Bom befand sich ein BiH von ihm, wo er auf fasst zwischen 198 und 211 n. Chr.) als eines 

einer Tafel ffinfmal in verschiedener Tracht dar- Zeitgenossen gedenkt (Dig. IV 4, 38). C. war 

gestellt war (Tac. 16, 2. 3). vermahlt mit Ti. Claudia Arsasis (Nr. 404), die 

So wie Tacitus die M6rder Aurelians, so strafte ihm den Ti. CI. Stasithemis (Nr. 356) und die 

Probus die, welche dem Tacitus den Tod bereitet Claudia Arsinoe (Nr. 405) gebar. Sein Enkel war 

hatten, und welche zugleich auch die MOrder Au- Ti. CI. Aur(elius) Telemachus Nr. 80 (Benndorf 
relians waren; hatte ja Probus selbst seine Stel- 20 a. a. O. 67 nr. 41. 42). Als sein Neffe wird in 

lung zum Teil dem Kaiser Tacitus verdankt (Prob. einer unpublicierten, von Kalinka gelesenen In- 

13, 3. Zosim. I 65, 1. Zonar. XII 29). schrift aus Xanthos Ti. CI. Attalus (Nr. 67), der 

VII. Litteratur. E. Herzog Geschichte Sohn des Ti. CI. Stasithemis, bezeichnet. Letzterer 

und System der rSmischen Staatsverfassung II war demnach vermutlich C.s Bruder (Tifl. KX. 

(Leipzig 1887)585-589. H. Schiller Geschichte "AxxaXov avvxXtjnxdv Tifl. KX. Sxaai-d'sfudog vlov 

der rOmischen Kaiserzeit 12 (Gotha 1883) 872 KX. TtjXsfiaxog o &siog ftovXijg xal drjfiov y)t]<pio- 

— 875. Th. Bernhardt Geschichte Roms von fj.au). Als Vorfahren des C. diirften Stasithemis 

Valerians bis zu Diocletians Tod I (Berlin 1867) aus Sifdyma] (M.-Ber. Akad. Berl. 1865, 612 Xan- 

214 — 222. J. Brunner in Biidingers Unters. thos) und Claudi[us Te]lemachus, Bundespriester 
z. rOm. Kaisergesch. II 77— 87. J. Burckhardt 30 von Lykien zur Zeit Traians (Loewy Beisen II 

Die Zeit Constantins des Grossed Leipzig 1880, 82 = 102. Heberdey Opramoas 7) zu betrachten 

28f. KlebsProsopogr.imp.Rom. I401f. E. Sadee sein. [Groag.] 

De imperatorum Komanorum HI p. Chr. saeculi 366) Ti Claudius Thrasyllus s. Thrasyllos. 

temporibus constituendis , Diss. Bonn. 1891, 48 366) Claudius Timarchus, einflussreicher Kre- 

— 57. J. J. Bernoulli KOmische Ikonographie tenser, der im J. 62 n. Chr. wegen seines tlber- 

II 3 (1894) 186f. [Stein.] mutes vor dem Senat angeklagt wird, Tac. ann. 

362) Ap. Claudius Tarronius Dexter s. D exter. XV 20. 

363) Claudius Tebens (diese Namensform 367) Ti. Cl(audius) Timodorus, al-ioXoywxaxog 
wahrscheinlicher nach Mommsen AsXx. &q%. Xoyioxrjg (= curator), Ehreninschrift aus Syedra, 
1889, 135, als Tevens = Tr/fSevg), athenischer 40 K. Graf Lanckoronski Stadte Pamphyliens und 
Archon, vgl. Tebens. [v. Schoeffer.] Pisidiens II 200 nr. 41. Derselbe Name findet 

364) Tib. Claudius Telemachus, Burger von sich nr. 7. 39f. 76. 131. 141. [Stein.] 
Xanthos und Sidyma , war einer Ehreninschrift 368) C. CI. Titianus, tribunus (militum), Xvir 
aus Sidyma (Benndorf Beisen im sudwestl. Klein- (stlitibus iudicandis), Quaestor von Achaia, Volks- 
asien 167 nr. 41. 42, vgl. dazu Mommsen ebd. tribun, Praetor, Proconsul von Kreta (und Kyrene), 
S. 157) zufolge Quaestor von Achaia, Legat des Pro- genannt in der Ehreninschrift seiner Nichte Me- 
consnls von A[s]ia (demnach vorher Praetor) und nandra , einer Enkelin des Atheners Claudius 
in dieser Stellung olxwxrjg Aao8i.xia>[v] ' leQcmoXet,- Demostratus (Nr. 128), der durch seine Peindschaft 
xwv — gewiss nicht zur Zeit des grossen Erd- mit Herodes Atticus bekannt ist (Bull. hell. VI 
bebens unter Antoninus Pius (141 n. Chr. , vgl. 50 1882, 436 = 'E<pt)fi. &qx- 1897, 63 Eleusis). In 
Heberdey Opramoas, "Wien 1897, 68f.) — , hier- derselben Inschrift wird noch ein anderer C. CI. 
auf Curator (Xoyioxrjg) von Callatis in Moesia in- Titianus genannt, der provinciale Amter (wohl in 
ferior. Seine nachstfolgenden Amter kennen wir Ephesos, s. u.) bekleidete, vielleicht der Vater 
nicht, da das Mittelstiick der Inschrift verloren unseres C. Name und Zeit sprechen dafiir, C. 
ist. Schliesslich gelangte er zum Consulat (als mit dem Senator Claudius Titianus zu identifi- 
suffectus in unbekanntem Jahre) und zum Pro- cieren, welcher der genealogischen Inschrift von 
consulat von Africa (ungedruckte, von Hula ge- Oinoanda (s. Nr. 39) zufolge Gemahl der Claudia 
lesene Inschrift aus Xanthos: [TifJigJiov KXav- Helena und. Vater der Claudia Titiana und der 
dtov TtjXefiaxofv] xbv aQioxr/g fivr/fir/g Xa/xxQ[6- Claudia Iulia Procula war; s. die Stammtafel zu 
xajxov V7ia[xix6]v , ysvo/iisvofv a.v$]vjtaxo[v xijg 60 Nr. 39. Vielleicht ist er auch eine Person mit 
'A]<pelxt]gTifSeQi[ogKXavdtog?/ ...ajx)]Xe[v&E(>a>fie- dem Titianus, an den Kaiser Pius ein Schreiben 
i>oj?u. s.w.). In seiner Heimat bekleidete ergleich- richtete (Modestin. Dig. L 4, 11) Der Pamilie 
falls Ehrenamter (Benndorf Beisen I 73 nr. 51 des C. wird Ti. CI. Titianus, Sohn des Demo- 
' Sidyma), namentlich das eines Lykiarchen, das stratos, Prytane von Ephesos, angehOren (CIG II 
er zur Zeit des Proconsuls C. Pomponius Bassus 2955). [Groag.] 
Terentianas inne hatte (Benndorf I 71 nr. 50 369) Claudius Tryphoninus, rOmischer Jurist, 
Sidyma; der Name des Kaisers ist in der Inschrift vielleichtgriechischerHerkunft(Kalb. Schultze), 
getilgt,BenndorfundMommsendenkenanCom- wird von Paulus (Deer. Ill: Dig. XLIX 14, 15) 

Pauly-Wissowa III 91 



2883 Claudius Claudius 2884 

als Beisitzer im Consilium des Severus erwahnt um den es sich handelt, im J. 213 als einen langst 
(ob auch das in den Dig. XXIII 3, 78, 4 a. E. feststehenden (Cod. lust. V 56, 1: olim placuit; 
erwahnte auditorium auf dieses Consilium zu be- vgl. auch die Citate bei Windscheid Pand. § 410, 
Ziehen ist, bleibt zweifelhaft; vgl. Bremer 21). 10. §439, 10). Dagegen ist es mOglich, wenn 
Wenn er (was wegen des seltenen Namens glaub- auch nicht sicher, dass unter dem in frg. 62, 2 
haft ist) der Adressat der von Caracalla im J. 213 erwahnten Rescript das uns im Cod. lust. VI 
an Claudius Tryphoninus gerichteten Constitution 21, 2 erhaltene des Caracalla aus dem J. 213 zu 
(Cod lust. I 19, 1) ist, so muss er sich damals verstehen ist, und ware damit fur das achtund- 
(vielleicht sogar in Beamtenstellung) in Antiochien zwanzigste Buch eine feste Zeitbestimmung ge- 
aufgehalten haben. Wenn Bremer (101) auslOwonnen; so Scialoja Bull. d. Ist. di dir. Bom. 
dieser Stelle schliessen will, dass er damals Bechts- I 228f. Lenel Pal. II 351, 2 (nur darf man nicht 
lehrer und Advocat — nur das letztere kOnnte mit Scialoja etiamnwic mit resoriptum est vet- 
in Betracht kommen — in Berytos gewesen sei, binden, es gehort zu milite). Das Werk war nach 
so steht diese Vermutung auf recht schwachen der Ordnung des Edicts angelegt (vgl. Kriiger. 
Fiissen und miisste jedenfalls erst eine Analogie Lenel 351, 1); seinem Charakter nach gehOrt es 
dafiir erbracht werden, dass kaiserliche Rescripte der Quaestionenlitteratur (vgl. Bd. I S. 573) an und 
an den Beistand der Partei statt an diese selbst zeigt deren Ursprung aus dem Rechtsunterricht 
gerichtet wurden. Auch das ferner dafiir ange- mit besonderer Deutlichkeit (naheres bei Bremer 
zogene Citat (Dig. XXXVI 1, 80, 9) einer Note 20ff.; vgl. auch Kriiger. Karlowa). MitCitateii 
zum Text Scaevolas Claudius: et alias de eodem 20 ist Tryphonin im ganzen sparsam; es begegnen 
facto eonsultus respondit trifft in keiner Weise Sabinus (13, 9. 16), Iulian (13, 2. 41, 4. 50, 1. 
zu, da der eonsultus nicht Tryphoninus, sondern 55 Abs. 2. 69 pr.), Marcellus (13, 2. 81, 1), Scae- 
Scaevola ist. Wohl aber ist diese Stelle geeignet, vola (27. 68 pr.), von kaiserlichen Constitutioneu 
die auch aus andern Griinden (vgl. Cervidius (ausser den schon erwahnten aus der Zeit des 
Nr. 1 o. S. 1993) wahrscheinliche Vermutung, dass Severus und seiner Sehne [13, 7. 16. 26. 40]) 
Tryphoninus ein Schiller des Scaevola gewesen sei, solche von Traian (7), Hadrian (56, 1. 67, 1. 68, 3. 
zu erharten; er erganzt hier (ebenso wie in Dig. 72, 1), Pius (58. 61), Marcus (5. 6 pr. 34, 3. 49 pr. 
XXVIII 2, 19) seinen Lehrer aus der Erinnerung 60); vgl. ferner die zum Teil oben besprochenen 
des Unterrichts. frg. 9. 52, 2. 68, 2. Wenn wir ferner einmal eine 
Wir kennen zwei litterarische Arbeiten von 30 Stelle aus Ciceros Rede pro Cluentio (32) ange- 
Tryphoninus: 1) Noten zu Scaevolas Digesten und fuhrt flnden (frg. 40), so zeigt das, dass Trypho- 
Responsen (s. die Citate im Art. Cervidius Nr. 1 ninus auch ausserhalb des Kreises seiner engeren 
S. 1993). Da diese Werke selbst, das erstere um Wissenschaft in den Classikern belesen war. 
180, das zweite unter Severus anzusetzen sind Neuere Litteratur: Zimmern Gesch. d. rOm. 
(s. d.), muss ihre Bearbeitung durch Tryphoninus Priv.-R. I 364f. Rudorff R. R.-Gesch. I 197. 
natiirlich spater fallen, so dass uns die Erwah- Teuffel R. Litt.-Gesch. § 372, 3. Fitting Alter 
nung des divus Marcus in Dig. XVIII 7, 10 d. Schrift. rOm. Juristen 32. Bremer Rechtslehrer 
nichts besonderes sagt. Wegen der Meinung Fit- und Rechtsschulen 20ff. 101. Karlowa R. R.-G. 
tings (32), dass diese Noten von Papinian citiert I 738. Kriiger Quellen u. Litt. d. R. R. 201. 
worden seien, vgl. Karlowa. Landucci 220, 9. 40 Kalb Roms Juristen n. ihrer Sprache darg. 121ff. 
2) Disputationes , nach der Angabe des Index (mit vielen phantasiereichen aber wenig begrtin- 
Florentinus aus 21 Buchern bestehend (s. dazu deten und darum oben nicht beriicksichtigten Ver- 
Krilger 201. Lenel Pal. II 351, 1), aus denen mutungen; vgl. dazu Schultze Ztschr. d. Sav.- 
allen uns betrachtliche Bruchstucke in Iustinians Stiftg. XII 129f.). Landucci Storia del dir. Rom. 
Digesten erhalten sind, s. Lenel a. a. 0. 351ff. 12 219f. [Jors.] 
Fur die Abfassungszeit kommen zunachst in Be- 370) CI. Varenus, Consul (suffectus in un- 
tracht die Citate in frg. 6 pr. (Buch II: impe- bekanntem Jahre), Vater der CI. Varenilla (Nr. 448), 
rator noster cum divo Severo patre suo reseripsit) CIL XIII 1129 (Limonum Pictonum). Hirschfeld 
und 13, 17 (Buch IV: constitutum est ab impera- weist die Inschrift dem Anfang des 2. Jhdts. 
tore nostro et divo Severo). Danach sind diese 50 n. Chr. zu. [Groag.] 
Bucher unter Caracallas Regierung nach Severus 371) Claudius Venacus, vorztiglicher Redner, 
Tode (4. Feb. 211) geschrieben. Wenn es nun im eonsiliarius des Kaisers Severus Alexander, Hist, 
zehnten Buch (frg. 40) heisst: ab optimis impera- Aug. Alex. 68, 1. [Stein.] 
toribus nostris reseriptum est, so hat Fitting 82 372) Claudius Venuleius Satuminus s. oben 
mit Recht geschlossen, dass wenigstens diese fruhe- Nr. 333. 

renBucherunterderGesamtherrschaftdesCaracalla 373) Ti. Cl(audius) Vibianus Tertullus , ab 

und Geta (gestorben Ende Februar oder Anfang epistulis Graeeis, a rationibus Augfustorum; 

Marz 212) entstanden sind. Das Citat in frg. 16 gemeint sind wahrscheinlich Septimius Severus 

(a principe nostro reseriptum est) aus dem ftinften und Caracalla, vgl. Hirschfeld Verw.-Gesch. I 

Buch gent demgemass auf einen dieser Kaiser, 60 147), praef(eetus) vigilum, bilingue Inschrift aus 

wahrscheinlich auf Caracalla. Dagegen ist frg. 26 Ephesus, CIL III 6574 = Suppl. 7126. [Stein.] 

aus Buch VIII {reseriptum est ab imperatore 374) L. Claudius Vibullius Regillus Herodes 

libellos agente Papiniano) natiirlich auf Severus (so lautet sein Name in der Inschrift aus Olympia; 

und zwar vor 205 bezw. 203 (vgl. Bd. I S. 572) in der delphischen heisst er L. V[ib]ullius Re- 

zu beziehen, und vielleicht ist hier der Name gillus Claudius Herodes), der jiingere Sohn des 

dieses Kaisers ausgefallen. Die divi principes Ti. CI. Atticus Herodes (Nr. 72) und der Appia 

in frg. 9 (Buch II) lassen sich nicht naher be- Annia Regilla Atilia Caucidia Tertulla (Ditten- 

stimmen; Caracalla bezeichnete den Rechtssatz, berger-Purgold Inschr. v. Olympia nr. 626 mit 



2885 Claudius Claudius 2886 

Anm.; vgl. Treu Bildwerke von Olympia 268. Sohn hatte, ist sie wohl zu alt, als dass ihr Vater 

272. Bull. hell. I 1877, 409 Delphi). Er starb der Consul von 542 = 212 (Nr. 293) sein konnte, 

vor der Mutter (vgl. Bd. I S. 2316) und wurde doch lasst sich dessen Fiirsprache fur dieCapuaner 

vom Vater ubermassig betrauert (Lucian. Demon. nach der Einnahme ihrer Stadt (Liv. XXVI 15, 

25, vgl. Dittenberger Herm. XIII 82f.). Iff.) zum Teil durch diese verwandtschaftlichen 

[Groag.] Beziehungen erklaren. 

375) Claudius Victor, Schwestersohn des Ci- 384) Claudia, Vestalin, Tochter des Ap. Clau- 
vilis, Piihrer batavischer Truppen, Tac. hist. IV 33. dius Pulcher, Consul 611 = 143, bekannt durch 

[Stein.] einen Beweis ihrer kindlichen Liebe zu ihm (vgl. 

376) Claudius Unimanus (der Beiname Gegen- 10 Nr. 295. Cic. Cael. 34. Val. Max. V 4, 6). Nur 
stuck zu Claudius Centemmanus? vgl. Nr. 91), durch eine Fliichtigkeit ist sie bei Suet. Tib. 2 
Statthalter einer der spanischen Provinzen etwa zur Schwester des Appius geworden. 

607 = 147, wurde von Viriathus vollstandig be- 385) Claudia, Tochter des Ap. Claudius Pul- 

siegt (Flor. I 33, 16. Oros. V 4, 3. Auct. de vir. cher, Consuls 611 = 143, und Gemahlin des Tib. 

ill. 71, 1; vgl. Wilsdorf Leipz. Stud. I 98f.). Gracchus (vgl. die Stellen bei Nr. 295). 

[Miinzer.] 386) Claudia. Da Ap. Claudius Pulcher Consul 

377) CI. Xenophon (in den Inschriften Xene- 675 = 79 (Nr. 296) nach Cic. de domo 84 avun- 
phon) , legatus Augusti pro praetore von Bri- cuius des L. Marcius Philippus, Censors 668 = 86 
tannia unter Severus Alexander (CIL VII 715. war, muss eine seiner Sehwestern, der Tochter des 
Ephem. epigr. VII 1115. 1021), wohl Sohn des 20 Ap. Claudius Pulcher Consuls 611 = 143, mit einem 
Folgenden. [Groag.] Q. Marcius Philippus verheiratet gewesen sein. 

378) T. Glfaudius) T. ffilius) Papiria Xeno- 387) Claudia. Einer Matrone dieses Namens 
phon, proe(urator) viarum urbis, proe. in Aegypto ist etwa in gracchischer Zeit (nach Biicheler) 
ad epistrategiam [sjeptem nomorum et Arsinoi- eine metrische Grabschrift gesetzt, die sich durch 
turn, proe. Daeiae Apulensis, proe. argentaria- ihre schlichte Anmut auszeichnet und mit den 
rum Pannoniarum et Dalmatiarum, proe. (veeti- fur romische Anschauung charakteristischen Wor- 
galium) Ulyrici per Moesiam inf(eriorem) et ten schliesst: Domum servavit, lanam fecit (CIL 
Dacias tres unter Commodus, subpraef(ectus) I 1007 = VI 15346. Biicheler Carm. Lat. 
annonae urbis, proe. [pr]ovine(iae) Asiae, [pro]e. epigr. I 53). 

AugfustiJ ad bona co[ge]nda in Africa, CIL III 30 388) Claudia, Tochter des Ap. Claudius Pul- 

6575 = Suppl. 7127 = Dessau 1421. CIL III cher, Consuls 700 = 54 (Nr. 297), ungefahr in 

Suppl. 8042. Wahrscheinlich Vater des Vorher- diesem Jahre mit Cn. Pompeius, dem altesten 

gehenden. Vgl. Jung Fasten der Pro vinz Daci en, Sohne des Triumvirn, vermahlt (Cic. ad fam. m 

Innsbruck 1894, 43f. [Stein.] 4, 2. 10, 10; vgl. Dio XXXIX 60, 3). 

379) Claudius Zelus s. Zelos. 389) Claudia, Schwester der Vorigen, unge- 

380) Ti. Claudius Zeno Vlpianus, v(ir) e(gre- fahr unter dem Consulat ihres Vaters 700 = 54 
gius). praef (ectus) co[h(ortis) I] Asturum (vgl. mit M. Brutus vermahlt (Cic. ad fam. Ill 4, 2; 
CIL III Suppl. 10507), tribfunus) eoh. I Fl(a- Brut. 267. 324) und 709 = 45 von ihm verstossen, 
viae) Brittonftim), praef. alae I Claudfiae) [mi- ohne dass sie ihm Grund zur Klage gegeben hatte 
liariae?], adiutfor) afdejensus, ex sacra iussione 40 (Cic. ad Att. XIII 9, 2, vgl. 10, 3). [Miinzer.] 
adhibitfus) in eonsilfiumj praef (eeti) praetorio 390) Claudia, erste Gemahlin Octavians, des 
item urb(i), profe(urator)] b(onorum) damna- spateren Kaisers Augustus. Sie war die Toch- 
torum, proe. silieum viar(umj saerae urbis, sub- ter von Oiceros Feinde P. Clodius Pulcher aus 
praef. vigil[i]b(us) , proe. (rationis) privatae dessen Ehe mit Fulvia (Suet. Aug. 62. Plut. 
regionis Ariminensium, patronus col(oniae) Pi- Ant. 20). Wohl aus diesem Grunde nennt sie 
saur(ensium), CIL XI 6337. Plutarch KlcoSla, obwohl bei ihr kein Anlass 

381) Tib. Cl(audius) Zoilus, 6 xQanoros [e]m- vorliegt, die von ihrem Vater gewahlte Form 
xQOTtos [z]ov 2sfl(aoxov) = vir egregius, procu- des Gentilnamens zu schreiben; auch der Name 
rator Augusti; Ehreninschrift aus Sardes, seiner ihres Bruders wird inschriftlich (CIL VI 1282) 
Vaterstadt, Athen. Mitt. VI (1881) 268 nr. 9. 50 P. Claudius Pulcher iiberliefert. Die richtige 

[Stein.] Namensform bei Sueton. Nach dem Abschluss 

382) Claudia, eine der Tochter des Ap. Claudius des zweiten Triumvirats, am 27. November 711 
Caecus Nr. 91, bekannt durch die folgende Anek- = 43 (CIL 12 64), verlangte das Heer, dass 
dote : Als sie im J. 508 = 246 bei der Heimkehr Octavianus den Bund mit Antonius durch Heirat 
von den Spielen durch das Gedrange des Volkes der Claudia besiegle, da diese durch Fulvias Ver- 
belastigt wurde, ausserte sie laut den Wunsch, ihr mahlung mit Antonius dessen Stieftochtor geworden 
Bruder Publius mochte von den Toten auferstehen, war (Suet. a. a. O. Plut. a. a. O. Veil. II 65, 2. 
um noch eine zweite Flotte (wie bei Drepana ; Dio XL VI 56, 3 = Zonar. X 16. Oros. VI 18, 8). 
vgl. Nr. 304) zu verlieren, damit sich die Masse Octavianus willigte in diese wahrscheinlich von An- . 
des Pobels in Rom vermindere. Die plebeischen 60 tonius ausgehende Forderung (Dio a. a. O.) ein. 
Aedilen belegten sie wegen dieser Bemerkung mit obwohl er mit der Tochter des P. Servilius Isau- 
einer Geldstrafe (Liv. ep. XIX. Val. Max. VIII ricus verlobt war (Suet. a. a. O. Dio a. a. O.). 
1 damn. 4. Ateius Capito bei Gell. X 6. Suet. Aber schon zwei Jahre spater loste er selbst die 
Tib. 2). Ehe mit Claudia, 713 = 41, da zwischen ihm und 

383) Claudia, Tochter eines Ap. Claudius, ver- seiner Schwiegermutter Fulvia Feindseligkeiten 
heiratet mit Pacuvius Calavius, der im J. 538 = entstanden, die zum Ausbruch des perusinischen 
216 der hechste Beamte in Capua war (Liv. XXIII Krieges fuhrten. Octavian beschwor durch einen 
2, 6). Da sie damals schon einen erwachsenen Eid, dass in dieser ganzen Zeit ihre Jungfriiulich- 



2887 Claudius Claudius 2888 

keit unversehrt geblieben sei (Suet. a. a. 0. Dio Constantius I. (Chloros) gewesen sein, Hist. Aug. 

XL VIII 5, 3 = Zonar. X 21). Hinsichtlich ihres Claud. 13, 2. 9. Das Ganze ist augenscheinlich 

Alters lasst sich aus Suetons Worten, sie sei zur nur eine Erflndung aus spaterer Zeit ; vgl. unter 

Zeit ihrer Heirat vixdum nubilis gewesen, der anderem H. Dessau Herm. XXIV (1889) 342f. 

Schluss ziehen, dass sie zwischen 54 und 52 ge- H. Peter Die Scriptores Historiae Augustae, 

boren wurde, da nach romischem Begriff das hei- Leipz. 1892, lOff. 

ratsfahige Alter bei Madchen 12 Jahre betragt 399) Claudia Akte, kaiserliche Preigelassene, 

(vgl. Marquardt-Mau Privatleben der Romer die aus Asien als Sclavin verkauft worden war 

12 29. 127f.) und anderseits ihr Vater zu Beginn (Dio ep. LXI 7, 1), Geliebte Neros. Schon fruh- 
des J. 52 urns Leben gekommen war. Ihr spa- 10 zeitig war Nero in heisser Liebe zu ihr entbrannt 

teres Schicksal ist unbekannt. und gab sich ihrem Einfluss vollstandig hin, da 

391) Claudia, willkurlich gewahlter Name fur er seiner Gemahlin Octavia iiberdrussig war. Aber 
ein riesenhaftes Weib, Mart. VIII 60. [Stein.] das UngewOhnliche eines solchen Verhaltnisses 

392) Claudia, das zweitgeborene Kind des spa- des Kaisers zu einer Freigelassenen musste ihm 
teren Kaisers Ti. Claudius Nero Germanicus (Nr. die Geheimhaltung dieser Liebschaft aufnetigen. 
256) und der Plautia Urgulanilla. Claudiam Hiebei waren ihm ausser M. (Salvius) Otho, dem 
ex liberto suo Botere eonceptam, quamvis ante spateren Kaiser, und Claudius Senecio nament- 
quintum mensem divortii natam alique eoeptam, lich Seneca und Burrus behfilflich, und ersterer 
exponi tamen ad matris ianuam et nudam iussit bewog sogar seinen vertrauten Preund Annaeus 
abiei (Suet. Claud. 27). [Groag.] 20 Serenus dazu, das unziemliche und aller Sitte 

393) Claudia Augusta, Tochterlein Neros und Hohn sprechende Verhaltnis durch seine Person 
der Poppaea Sabina, im Januar des Jahres 63 zu zu decken (Tac. ann. XIII 12). Nero ging so 
Antium geboren (CIL VI 2043. Suet. Nero 35. weit, ihre Zugehorigkeit zum koniglichen Ge- 
Tac. ann. XV 23). Gleich nach ihrer Geburt schlecht der Attaliden, wohl mit Rilcksicht auf 
wurde ihr der Titel Augusta verliehen. Aber ihre Heimat, feststellen zu lassen (Dio a. a. 0. 
schon nach vier Monaten starb das Kind in Rom, Suet. Nero 28 ; die darauf bezugliche Bemerkung 
wohin Nero kurz vorher mit seiner Pamilie ge- Mommsens zu CIL X 7980 trifft allerdings nicht 
kommen war (CIL VI 2043 ob advfentum Ne- zu; vgl. Friedlander Sittengesch. 16 122, 1). 
ronis Claudi] Caesaris Augusti [Oermaniei et Die Leiter des kaiserlichen Junglings begiinstigten 
Poppaeae] Augustae et Claud[iae Augustae]). 30 seine Liebe zu C, um dem Einfluss Agrippinas 
Trotz der kurzen Lebensdauer dieser Prinzessin ein entsprechendes Gegengewicht zu schaffen, viel- 
wurden ihr durch den Senat die Ehren der Con- leicht auch, um argere sinnliche Aussehweifungen 
secration zu teil und ein Heiligtum mit einer Prie- zu verhuten (Tac. a. a. 0.). Agrippina geriet 
sterin fur sie bestimmt (Tac. a. 0.). Sie wird natiirlich, als sie sich in ihrer Macht so empfind- 
daher nach ihrem Tode Diva Claudia genannt lich bedroht sah, in Wut iiber die niedriggeborene 
(so auf einer Miinze bei Eckhel VI 287. Cohen Rivalin, aber alle ihre Bemiihungen, den friiheren 
I 2 315 diva Claudia Neronis f. mit dem Bild Einfluss auf ihren Sohn zuriickzugewinnen, waren 
des geweihten Tempels, von dem Tacitus spricht ; vergeblich (Tac. ann. XIII 13). Nero war sogar 
die Bleimunze S. 316 kann sich, auch wenn sie nahe daran, C. zu ehelichen (Suet. Nero 28). Gleich 
echt sein sollte, nicht auf sie beziehen); in den 40 Agrippina war auch C.s Nebenbuhlerin Poppaea 
Arvalacten des Jahres 66 wird sie als diva Claudia Sabina iiber dieses Verhaltnis hochst aufgebracht 
virgo erwahnt (CIL VI 2044). [Stein.] (Tac. ann. XIII 46). Spater verhinderte Akte 

394) Claudia (Tac. ann. VI 20. 45) s. Iunia auf Betreiben Senecas die Blutschande Agrippinas 
Claudilla. [Groag.] und Neros durch ihr rechtzeitiges Dazwischen- 

395) Claudia Geliebte des Toranius (?), Mart. treten (Tac. ann. XIV 2). In den folgenden Jahren 
V 78, 31f. Vgl. Friedlander z. St. scheint sie allmahlich doch durch Poppaea Sabina 

396) Claudia , eine Remerin , Gemahlin des zuriickgedrangt worden zu sein. Aber sie bewies 
Dichters P. Papinius Statius, der an sie das Ge- ihre Treue zu Nero noch nach seinem Tode, indem 
dicht silv. Ill 5 richtet, in welchem er sie zu be- sie seinen Leichnam bestatten half (Suet. Nero 
wegen sucht, Rom zu verlassen und nach seiner 50 50). C. scheint ausgedehnte Besitzungen in Ita- 
Heimat Neapel zu Ziehen ; vgl. Ill praef. Sie lien und Sardinien zu eigen gehabt zu haben, wie 
war, als sie Statius heiratete , bereits Witwe ; ihr dies die Punde von Inschriften (CIL X 7640 und 
erster Gemahl scheint Sanger oder Kitharoede 7980), Wasserleitungsrohren (CIL X 1903 und 
gewesen zu sein (III 5, 51—53). Aus dieser Ehe 6589 add.), Ziegelsteinen (CIL X 8046, 9) und 
brachte sie eine Tochter mit, die selbst verwitwet einer Amphora (CIL XV 4833), die ihren Namen 
war (v. 54ff.). Die Ehe mit Statius blieb kinderlos enthalten , bezeugen. In besonders grosser Zahl 
(V 5, 79f.) ; der Knabe, dessen Tod der Dichter haben sich Inschriften ihrer Sclaven und Freige- 
in dem Epicedion V 5 so leidenschaftlich beklagt, lassenen gefunden, CIL VI 8693. 8760. 8767 a. b. 
war nur sein Pflegekind (v. lOff.). 8791. 8801. 8847. 8890 (derselbe Eutychus mit 

397) Claudia, angebliche Schwester des Kaisers 60 vollem Namen Not. d. scavi 1892, 105). 9002 b. 
Probus, der von ihr bestattet worden sein soil, 9030. 13959. 14942. 14987 a. b. 15137. 15176. 
Hist. Aug. Prob. 3, 2-4. Der Autor hat dies 15366. 15410. 17898. X 7984. Inschriften der 
aus sehr triiber Quelle geschopft, um einen schwa- C. selbst CIL VI 10549. XI 1414; ihre Grab- 
chen Beleg fur die Vermutung beizubringen , dass schrift zu Velitrae CIL X 6599 (vgl. 6589). Uber 
Probus mit Kaiser Claudius Gothicus verwandt sei. das angebliche Christentum der C. , das man 

398) Claudia, Tochter des Crispus, des Bruders namentlich nach den Steinen einiger Freigelas- 
des Kaisers Claudius Gothicus , soil die Gemahlin senen (besonders CIL VI 15176; auch 10549) 
des Eutropius und Mutter des spateren Kaisers vermutet hat, vgl. u. a. B. Aube Histoire des 



2889 Claudius Claudius 2890 

persecutions 12 421, 1. Vgl. im iibrigen auch 410) CI. Balbina, tj ex xgoyoroov (Saolhooa 

H. Schiller Gesch d. rom. Kaiserreiches unter xi ngdnn trig snaQxlag, Gattin des CI. Arrianus 

Nero, Berlin 1872, 97. 529. Friedlander Sitten- (Nr. 55), M Tt l8 T V? iinxQ07i61ea>g. Inschrift aus 

gesch. 16 121f. [Stein.] Ankyra, Arch.-epigr. Mitt. IX 1885, 127 nr. 92. 

400) Marcia Claudia Alcia Athenais Gavidia 411) Tib. Claudia Camilia Alfldia Celonis, 
Latiaris, jiingere Tochter des Ti. CI. Atticus He- c(larissima) f(emina), wahrscheinlich Gattin des 
rodes (Nr. 72) und der Appia Annia Eegilla Atilia L. Insteius Flaccianus, Senators in nachhadriani- 
Caucidia Tertulla (Dittenberger-Purgold In- scher Zeit, und Mutter der Claudia Papia Netonia 
schr. v. Olympia nr. 625; CIA III Add. 894 a: Insteia Praenestina (Nr. 430). CIL VI 1429 = 
Marcia Athenais; 'Eqnj/t. &ex- 1894, 207: Claudia 10 31652. 

Alcia; vgl. Klebs Prosopogr. I 354). Sie starb 412) Claudia Canin[i]a Severa, fj xQariotn 

vor der Mutter (s. Bd. I S. 2316). Der Toten vnazixrj (d. h. Gemahlin eines Consularen), Tante 

erwiesen die Athener ihrem Vater zuliebe ausser- des Ti. CI. Artemidorus Nr. 58 (Bull. hell. 1 1877, 

ordentliche Ehren (Philostrat. vit. soph. II 1 p. 293 nr. 82 Ephesos), Verwandte, vielleicht Tochter, 

65 Kayser, wo sie falschlich llarafinratg genannt des M. CI. Caninius Severus (Nr. 99). 
wird). In der Exedra des Herodes zu Olympia 413) CI. Cethegilla, anscheinend Tochter des 

fand sich eine Statue der C. (Abbildung des Ti. CI. Frontinus Niceratus (Nr. 156) und der 

Kopfes: Olympia Tafelbd. Ill Taf. LXIX 7, vgl. Cornelia Cethegilla, setzte ihrem Erzieher L. Cor- 

Treu Bildwerke von Olympia [1897] 268. 275). nelius Pausanias die Grabschrift CIL VI 16273. 

401) Claudia Ammiana Dryantilla, Tochter 20 [Groag.] 
des Ti. CI. Agrippinus (Nr. 39) und der Aelia 414) Cl(atidia), Indnt[i fil(ia)] Clementi[ana] , 
Platonis, Gemahlin des Senators Sulpicius Pollio, Mutter des Cl(audius) Patemus Clementianus (Nr. 
Mutter des Sulpicius Iustus, des Sulpicius Pollio 262), der ihr die Grabschrift setzt, CIL III 5777. 
(wohl des in den Arvalacten der Jahre 213, 214 [Stein.] 
und 218 genannten) und der Sulpicia Agrippina, 415) Claudia Dryantilla Platonis, vjtanxtj, 
der Gattin des Consulars Sosius Falco (vermut- Tochter des Ti. CI. Dryantianus Antoninus (Nr. 
lich des cos. ord. im J. 193). Genealogische 141, vgl. Nr. 39). Ohne Zweifel dieselbe ist C[L] 
Inschrift von Oinoanda, s. Nr. 39. Die auf pan- Dryantilla Platofnis], die in den Acta lud. saecul. 
nonischen Miinzen genannte Sulpicia Dryantilla des J. 204 n. Chr. erwahnt wird (Ephem. epigr. 
Augusta (Eckhel VII 463 und sonst) diirfte als30 VIII p. 288 = CIL VI 32329). Vielleicht darf 
ihre Enkelin anzusehen sein. sie auch identiflciert werden mit der in Inschriften 

402) (Claudia) Antonia, Tochter des Kaisers aus Pinara (CIG HI 4255. 4258 = Beisen im 
Claudius, s. Bd. I S. 2641 Nr. 115. Nachzutragen siidwestl. Kleinasien 1 56 nr. 28) genannten Claudia 
waren die Inschriften CIL VI 15517 und XIV 2794. Platonis (nicht zu verwechseln mit (MaQxla) Ilia- 

403) Claudia Antonia Tatiana, fj xgauorn rcovlg fj xal "Agoaoig, Le Bas III 1298. 1299 
aveyid der Senatoren Claudius Diogenes (Nr. 131) Aperlai). 

und L. Claudius Attalus (Nr. 66). CIG II 2819 b 416) Tib. Claudia Eupatoris Mandane Atti- 

Add. p. 1115 = Le Bas III 1597 (Aphrodisias cilia, vnarix[&]v eyyovn xal nQoeyyovn (Inschrift 

in Karien). Claudii Tatiani erscheinen ofters in aus Tralles, Bull. hell. XVIII 1894, 7 nr. 3). 
karischen Inschriften (CIG II 2832 Add. p. 1115f. 40 Vielleicht gehOrte sie zur Nachkommenschaft des 

= Le Bas III 1636 Aphrodisias; Athen. Mitt. Ti. CI. Atticus Herodes (Nr. 72). 
XXII 1897, 485 Tralles und sonst). 417) Claudia Ti. f. Fadilla aus Allifae, eflaris- 

404) Ti[b.] CI. Arsasis, Btirgerin von Xanthos sima) f(emina), saeerdos divarum Augustarum 
und Pinara, f/ xQaxlotn vjtanxrj, Gemahlin des (CIL 1X2347). Ihrem parens G. Fadius Auct[us] 
Ti. CI. Telemachus (Nr. 364, s. d.), Mutter des setzte sie die Inschrift IX 2390. Ramsay irrt, 
Ti. CI. Stasithemis (Nr. 356) und der Claudia wenn er sie fur die Tochter des Cn. CI. Severus 
Arsinoe (Nr. 405). Benndorf Keisen im siid- (Nr. 348) und der Fadilla (?) ansieht (Cities and 
westlichen Kleinasien I 67 nr. 41. 42 Sidyma. bishoprics of Phrygia I 292). [Groag.] 

405) CI. Arsinoe, fj xQaxloxn, Tochter des Ti. 418) Claudia P. f(ilia) Quir(ina) Gallitta, 
CI. Telemachus (Nr. 364) und der Tib. Claudia 50 Schwester des Consulars Ti. Claudius Claudianus 
Arsasis (Nr. 404). Benndorf Beisen im siid- (Nr. 109) und Gattin des romischen Bitters Q. 
westl. Kleinasien I 67 nr. 42 Sidyma. Austurnius Lappianus (s. d.), der ihr die Grab- 

406) CI. Artemidora, e(larissima) f(emina), schrift CIL VIII 7978 = Dessau 1147 (Busi- 
Gemahlin des Senators L. Marius Vegetinus Mar- cade) setzt. Aus der Zeit des Septimius Severus. 
cianus Minicianus Myrtilianus, Mutter des L. Ma- [Stein.] 
rius Vegetinus Lucanus Tiberenus (CIL VI 1458, 419) Claudia Helena, Gemahlin des CI. Ti- 
vgl. 1455. 1456) und wohl auch der Maria Bufina tianus (Nr. 368, s. d.). Vgl. die Stammtafel zu 
(VI 1457). Vgl. Nr. 58. Nr. 39. [Groag.] 

407) Clau[d]ia Athenais, von den Athenern 420) (Claudia) Iulia Livia, Tochter des alteren 
neben Ti. CI. Atticus Herodes (Nr. 71) geehrt 60 Drusus, s. Iulia Livia. [Stein.] 
(CIA III 664), wahrscheinlich die altere Schwester 421) Claudia Iulia Proc(u)la, Tochter des CI. 
des letzteren (vgl. Klebs Prosopogr. 1406 nr. 854). Titianus (Nr. 368, s. d.), Gemahlin des C. CI. 

[Groag.] Clemens Licinianus (Nr. 113); vgl. die Stamm- 

408) CI. Bacehidi cflarissimae) ffeminae) tafel zu Nr. 39. 

Sex(tiusJ Lateranus cos. (154 oder 197 n. Chr.?) 422) (Claudia) Marcella maior. Octavia, die 

et Aquilius Orfitus heredes. CIL VI 1378. Schwester des Augustus, gebar dem C. Claudius 

409) CI. Baebia Baebiana, Tochter des CI. Marcellus (Nr. 216) einen Sohn M. Claudius Mar- 
Demetrius (Nr. 124, s. d.). cellus (Nr. 230) und zwei Tochter, die beide den 



2891 



Claudius 



Claudius 



2892 



Namen Claudia Marcella fuhrten (Plut. Ant. 87. 
Suet. Aug. 63). Als die altere derselben (Mar- 
cella maior OIL VI 4655) durfte, nicht allein der 
Zeitverhaltnisse wegen (s. Mommsen CIL VI 
p. 909f.), vermutlieh die Marcella zu betrachten 
sein, die sich urn das J. 28 v. Chr. mit M. Agrippa 
vermahlte (Dio LIII 1. Suet. Aug. 63. Plut, Ant. 
87; falsch Zonar. X 32; vgl. Gardthausen 
Augustus I 747). Obwohl aus dieser Ehe auch 
Kinder hervorgegangen waren (vgl. Gardthausen 10 
II 416, 52), schied sich Agrippa im J. 73S = 
21 v. Chr. auf Augustus Wunsch von seiner Ge- 
mahlin, um Iulia, die Tochter des Kaisers, zu 
heiraten (Dio LIV 6. Suet. Plut. a. a. 0. Zonar. 
X 34). Marcella vermahlte sich nun in zweiter 
Ehe mit Iullus Antonius, dem Sohne des Trium- 
virn (Plut. a. a. 0. Veil. II 100), dem sie den L. 
Antonius (Tac. ami. IV 44) und wohl auch den 
Iullus Antonius gebar (s. Bd. I S. 2584 Nr. 22. 
Klebs Prosopogr. 192 nr. 637). Bedeutungslos 20 
ist die Anekdote, die der heilige Hieronymus (nach 
Seneca ?) von ihr erzahlt : Marcella maior rogata 
a matre sua, gander etne se nupsisse, respondit 
,ita valde, ut amplius nolint (adv. Iovinian. I 
46 , vol. II p. 313 ed. Vallarsi = Sen. frg. 76). 
Vgl. Klebs a. a. 0. 406 nr. 865. 

423) (Claudia) Marcella minor, Schwester der 
Vorigen (s. d.), vermutlieh im J. 714/5 = 40/39 
v. Chr. geboren (rtjv 'Oxraoviav . . yvvaixa tcx> 
'Avxcovicp, ijieidrj 6 avrjQ avrfjs hsTsXevTrjxei, xal 30 
xvovaav ji(>o!xvi]odfievoi Dio XLVIII 31, 3 zum 
J. 714). In dem Grabmal ihres Gesindes bei 
Eom (CIL VI 4418-4880, vgl. 4421: G Clau- 
dius Mareellae minoris I. Phasis decurio monu- 
mentum dedicavit; 4637: Phylades Mareellae 
minoris; hieher gehCrt 8755: Zethus Mareellae 
minoris eocus) waren auch Preigelassene und 
Sclaven eines (Paullus) Aemilius bestattet (VI 
4457. 4510. 4695. 4509 = 4696). Demnach wird 
sie identisch sein mit der CIL VI 9000 und X40 
5981 genannten Marcella Paulli (sc. uxor). Als 
ihr Gemahl wird gewohnlich der allerdings be- 
deutend altere Paullus Aemilius Lepidus cos. 720 
= 34 angesehen, der wohl in zweiter Ehe mit 
Cornelia (gestorben 738 = 16) vermahlt war (s. 
Bd. I S. 565 Nr. 82: die Ehe des Paullus und 
der Marcella wird demnach geschieden worden 
sein). Noch zahlreicher als die Aemilii sind in 
dem Monumentum familiae der Marcella die Va- 
lerii (oder Sclaven von Valeriern) vertreten , als 50 
deren Patron meist ein (M. Valerius) Messalla er- 
scheint (VI 4446. 4475. 4480. 4493. 4501. 4635. 
4699. 4703. 4707). Da iiberdies Sueton (Claud. 
26) von Kaiser Claudius berichtet Valeriam Mes- 
salinam Barbati Messalae consobrini sui filiam 
in matrimonium aceepit, liegt es nahe, anzu- 
nehmen, dass Marcella, die Tante des Kaisers 
Claudius, in zweiter Ehe vermahlt war mit dem 
Vater dieses Barbatus Messalla, dem cos. 742 
= 12 M. Valerius Messalla Barbatus Appianus, 60 
der in seinem Consulatsjahre starb. Borghesi 
halt diesen fur den Sohn des Ap. CI. Pulcher 
cos. 716 = 38 (Nr. 298), der von M. Valerius 
Messalla cos 701 adoptiert worden sei. Aus der 
Ehe des Barbatus und der Marcella ging viel- 
leicht Claudia Pulchra (Nr. 434) hervor. Vgl. 
Borghesi Oeuvres I 415. Mommsen CIL VI 
p. 909f. Klebs Prosopogr. 1407 nr. 866. Dessau 



Pros. Ill 362 nr. 89. Zur Erlauterung der Ver- 
wandtschaftsverhaltnisse diene die Stammtafel. *i 



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2893 Claudius Claudius 2894 

424) Claudia Ti. f. Marcellina, Gemahlin des schriften; Guerin Description des lies de Pat- 
[Ti. Claudius] Alpinus (Nr. 41), der spater durch mos et de Samos 215 und CIL VI (s. sub II). 
Adoption den Namen Bellicius Sollers empfing 3. Miinzen: Eckhel VI 2851 Cohen 12 312ff. 
(CIL V 3356. 3337. 3338 Verona), genannt auf unci Mionnet (fast samtlich bei Cohen publi- 
Ziegeln aus den J. 123, 125 und 126 n. Chr. (CIL ciert). Neuere Litteratur: Lehmann Claudius 
XV 934—936), Schwester oder Tochter des CI. und Nero, Gotha 1858. Schiller Das rom. Kaiser- 
Marcellinus (Nr. 213). reich unter Nero, Berlin 1872; Geschichte der 

425) CI. Marciola (in derlnschrift Magxtottr)), rem. Kaiserzeit I 356AL Ranke Analecta a. a. 0. 
vnaxixri, Gemahlin des Ti. CI. Paulinus (Nr. 264), Klebs Prosopogr. imp. Kom I 409f. 

Mutter des Ti. CI. Flavianus (Nr. 153), CIG III 10 II. Name. Sie wird einfach Octavia genannt 

4380 b2 Add. p. 1168 = Le Ba s III 1216 Kibyra. in der Litteratur, in den Inschriften CIL VI 5539, 

426) Claudia Maria Maxima Martia Secunda, 8. 9. 9037 (vor 53 n. Chr.). 8943. 9015 (nach 54) 
clarissima femina, Gemahlin des P. Attius Pu- und in den Arvalacten CIL VI 2040 — 2042 (58 
dens Euflnus Celsianus (CIL VI 1379). [Groag.] — 60 n. Chr.), auf den Munzen (Cohen I 312 

427) Claudia Nerviana, Gattin des T. Lici- nr. 1. 3. 313 nr. 1. 2. 5. 6. 7. Mionnet III 
nius Hierocles, wahrend dessen Statthalterschaft 262 nr. 1499. VI 72 nr. 244); KXavbla 'Oxraovia 
in Mauretania Caesariensis im J. 227 n. Chr. Guerin a. a. O. 215 (nach 54 n. Chr.); CIL 
(ygl. CIL VIII 9354; das Praenomen L. ist un- VI 921c (vor 53 n. Chr.) ist v. 5—7 .... Oc- 
richtig, Eph. epigr. V 968) ihm und der C, so- tavia [.] Claudi Caesaris Aug. p. p. feiliai er- 
wie ihrem Sohne Licinius Hierocles und den Tech- 20 halten. In v. 1. 2 ist die Wiederherstellung un 
tern llieroclia, Paulina und Axia eine Ehren- sicher. Nach Mommsen ist zu erganzen [Clau- 
inschrift in Caesarea gesetzt wurde, Comptes ren- diai Au]g. [nur]u[s oder der Name der Gens, 
dus de l'acad. des inscr. 1889, 202 = Dessau in welche Octavia durch datio in adoptionem kam 
Inscr. lat. sel. 1356. [Stein.] Der vollstandige Name ist nirgends erhalten. Ob 

428) Claudia Octavia. I. Quellen. 1. Littera- sie den Gentilnamen Claudia officiell geflihrt 
rische. a) Tac. ann. XI — XIV. Nach C la son, habe, lasst sich nicht mit Sicherheit feststellen; 
Tacitus und Sueton 51 ware fiir die Regierungs- die bei Guerin mitgeteilte Inschrift ist fur sich 
zeit des Kaisers Claudius Aufldius Bassus als allein nicht beweisend. Sollte Octavia als Gentil- 
Quelle anzunehmen, fur die Neros Cluvius Rufus, namen aufzufassen sein, so ware damit gegeben, 
Fabius Rusticus und Plinius der Altere (ebd. 15). 30 dass die datio in adoptionem, welche Dio LX 
Hiemit stimmt fiir Nero Fabia Les sources de 33 und Zonar. XI 10 berichten, in die Gens der 
Tacite 452 uberein, welcher aber fiir Claudius Octavier erfolgte. Andernfalls (und dieser An- 
Servilius Nonianus und Cluvius Rui'us annimmt. sicht sind Mommsen zu CIL VI 921c und Klebs 

b) Cassius Dio. Hier kommen in Betracht LX a. a. 0.) ware festgestellt, dass Octavia auch das 
und LXI im Auszuge des Xiphilinos. Dio geht Nomen der Gens, in welche sie durch Adoption 
in der fruheren Kaiserzeit vielfach auf dieselben kam, nicht geflihrt hat, welche Annahme durch 
Primarquellen wie Tacitus zurtick (vgl. Wachs- Dio a. a. 0. unterstiitzt wird, wonach die Adop- 
muth Einleitung in die alte Geschichte 600). tion sig heoov tj ysvog erfolgte, und darnach ware 

c) Zonaras X aus Dio geschOpft. Den hervorragen- Octavia wie ein Cognomen gebraucht. 

den historischen Wert dieser Quelle betont Ranke 40 III. Abstammung und Familie. Octavia 

Analecta [Weltgesch. Ill 2] 251ff. d) Sueton, Clau- ist die Tochter des Claudius (Tac. ann. XI 32. 

dins und Nero. C la son nimmt fur Claudius Ser- XII 3. 58. XIV 63. Dio LX 31. Suet. Claud. 27. 

vilius Nonianus (a. a. 0.51), fiir Nero hingegen Fa- Zonar. XI 10. 12. Joseph, ant. Iud. XX 149. CIL 

bius Rusticus (ebd. 27) als Quelle an. e) Die unter VI 5539. 9037) aus seiner dritten Ehe mit Mes- 

Senecas Namen erhaltene TragOdie Octavia. Sicher sallina (Tac. ann. XI 34. Suet. 27. Joseph, ant. 

ist, dass sie von Seneca nicht verfasst ist, da in Iud. XX 149), Schwester des auf Anstiften Neros 

ihr bereits Neros Tod bekannt ist; sie ist aber in ihrer Gegenwart geteteten Britannicus (Tac. 

bald nach dessen Tode (nach Ranke Werke LI ann. XI 32. 34. XII 68. XIII 16. XIV 63. Suet. 

59ff. noch bei Lebzeiten des Kaisers) entstanden. a. a. 0. Joseph, ant. a. a. 0.) , durch die Ver- 
Die altere Ansicht, welche noch Braun (Die Tra- 50mahmng des Claudius mit Agrippina Stieftochter 

gOdie Octavia und die Zeit ihrer Entstehung, 1863) der letzteren und Stiefschwester Neros, durch 

vertritt , dass der Dichter die Kenntnis der ge- Neros Adoption in das Haus der Claudier dessen 

schichtlichen Thatsachen Tacitus verdanke , hat Adoptivschwester (s. u.). Gattin Neros (CIL VI 

Ladek im ersten Teil seiner Dissertation ,De 8943. 2040—2042. Guerin a. a. 0.; vgl. die 

Octavia praetexta' widerlegt. Nach Ladek a. Munzen oben sub II. Tac. ann. XII 58. XIII 12. 

a. 0. kennt der Verfasser die Zeit aus eigener XIV 1. 59. 60. Zonar. XI 11. 12. Suet. Claud. 27; 

Anschauung und ist an Sueton oder einen andern Nero 7. 35. 46. Joseph, ant. XX 1 53. Epit. de 

Historiker als Quelle nicht zu denken. Diese letz- Caes. V 5. Eutrop. VII 14. Schol. Iuven. VIII 

tere Ansicht bekampft neuerdingsGercke Seneca- 215. Oct. 219, wo sie als soror coniimxque 
studien (Jahrb. f. Philol. Suppl. XXII 195—199), 60 Augusti altera Iuno genannt wird) , damit also 

welcher die Beniitzung des Plinius zu erweisen Schwiegertochter des Claudius und der Agrippina 

sucht. Uber die Tragfidie vgl. noch Rib beck (s. u.). 

Geschichte der rOmischen Dichtung III 84—88. IV. Jugend. Das Datum der Geburt lasst 

Ranke Werke LI 59ff. Peter Geschichtliche sich nicht mit Sicherheit feststellen. Nach Tac. 

Litteratur der rOmischen Kaiserzeit I 183 und ann. XIV 64 stand Octavia zur Zeit ihrer Ver- 

die dort angegebenen Schriften. f) Vereinzelte bannung nach Pandataria (Juni oder Juli 62) im 

Erwahnungen bei Tac. hist. Joseph, ant. Iud. 20. Lebensjahre und musste sonach im J. 42 

Epit. de Caes. Eutrop. und Schol. Iuven. 2. In- (zweite Halfte) oder 43 (erste Halfte) geboren sein. 



2895 Claudius Claudius 2896 

Nach Dio LX 5 fallt aber ihre Verlobung mit Durch die Adoption Neros in das Haus der 

Silanus in das J. 41. Keineswegs bietet, wie Claudier, die nach Tae. ann. XII 25 (vgl. Suet. 

Klebs a. a. 0. irrigerweise annimmt, der Um- Claud. 27; Nero 6) im J. 50 durch eine lex verfugt 

stand eine Entscheidung, dass es in Suet. Claud. 27 wurde, nach Josephus (ant. XX 150) und dem mit 

heisst : liberos tulit [Claudius] . . ex Messallina ihm so ziemlich ubereinstimmenden Zonaras (XI 

Oetaviam et Britannieum; denn aus der Nach- 10) der Verlobung vorausging oder gleichzeitig 

stellung des Britannicus an dieser Stelle kann mit ihr stattfand, wurde zwischen ihm und Octavia 

nicht geschlossen werden , dass Octavia vor Bri- das Ehehindernis der Adoptivverwandtschaft be- 

tannicus auf die Welt kam (vgl. nur Joseph, ant. griindet. Um dieses zu beseitigen, wurde Octavia 

XX 149 . MsooaXtvav If fj g 10 in eine andere Gens (excqov xi ysvog Dio LX 33. 

avxcg xal mxidsg iysyorsaar Bgexavvixog re xal Zonar. XI 10), vielleicht in die Gens Octavia, in 

'Oxxaovia). Nipperdey (zu Tac. ann. XIV 64) Adoption gegeben. Die Vermahlung erfolgte im 

und mit ihm Schiller (a. a. O. 92) nehmen an, J. 53 und wurde durch grossartige Spiele ver- 

dass Tacitus // et vicesimo aetatis anno ge- herrlicht, die Nero anlasslich der Genesung des 

schrieben habe. Es ist jedoch auch moglich, dass Claudius gelobt hatte (Zonar. XI 11. Suet. Nero 7). 

Tacitus das Alter der Octavia nur summarisch Die Ehe Octavias mit Nero war von allem 

angegeben hat, wie er ann. XII 58 Nero an- Anfang an eine ungliickliche (Tac. ann. XIV 63). 

fangs 53 als sedeeim annos natus bezeichnet, Nach aussen hin genoss CI. zwar alle Kechte der 

obwohl er damals erst im 16. Lebensjahre stand. Kaiserin; sie fiihrte den Titel Augusta (Sspaoxrj), 
Dass Dios chronologische Angaben andererseits 20 wie aus den Munzen hervorgeht, und in den Arval- 

nicht unbedingt verlasslich seien, beweisen Fehler acten werden in den J. 58—60 auch Gebete fur 

wie die unrichtige Bestimmung des Geburtsjahres sie erwahnt (ob sie noch im J. 61 und 62 er- 

des Britannicus und der Verlobung der Octavia mit folgten, ist zweifelhaft); sie musste sich aber, wie 

Nero (irrig in das J. 50 versetzt). Wenn man Nero geaussert haben soil, mit den uxoria orna- 

sich aber fflr den Vorzug der taciteischen An- menta begniigen (Suet. Nero 35). Den Umgang 

gabe entschliesst , so muss man annehmen , dass mit Octavia mied Nero vollig und wandte zuerst 

Octavia noch vor erreichter Miindigkeit geheiratet (55 n. Chr.) seine Sympathien der Freigelassenen 

habe; indes wird die Aufschiebung der Hochzeit (Claudia) Acte zu (Tac. ann. XIII 12ff. Suet. 

— die Verlobung fand schon im J-. 49 statt — Nero 28; s. oben Nr. 399), spater (58 n. Chr.) 
wohl mit der Unmundigkeit der Octavia zu er- 30 der Poppaea Sabina, welche er nach Beseitigung 

klaren sein. Wie man sich bei Hofe damals uber der Mutter (die sowohl die Hingabe an jene als 

das Ehehindernis der Adoptivverwandtschaft nicht auch eine Verbindung mit Poppaea hOchst ungern 

hinwegsetzte , vielmehr aller gesetzlichen Mittel sah, Tac. ann. XIII 12. XIV 1) und Gattin 

zur Beseitigung desselben bediente , so scheint heiratete (s. u.). Bis zur Entfernung der Octavia 

auch das der impubertas der Octavia beriicksich- hatte er sie bei Otho, wie Tac. hist. I 13 be- 

tigt worden zu sein. richtet, ,untergebracht'. 

Bald nach ihrer Geburt verlobte sie Claudius Nach Ermordung des Rubellius Plautus be- 

mit L. Silanus (Tac. ann. XII 3. Dio LX 5 [wo- schloss Nero (62 n. Chr.) Octavia, welche ihm 

selbst die Zeitbestimmung kr xq> exei xovxq> a. i. durch den Namen ihres Vaters und durch ihre 
41 n. Chr.]. 31. Zonar. XI 10. Suet. Claud. 27), 40 Popularitat gefahrlich schien, zu verstossen und 

um diesen ausgezeichneten Jungling aus vornehmer die so lange aufgeschobene Hochzeit mit Poppaea 

Familie (Tac. a. a. O. iuvenem . . . clarum. Dio zu feiern (Tac. ann. XIV 59. Octav. act. I und II). 

a. a. O. avrjq ayaftog) zu ehren (Dio LX 31. Zonar. Sie wurde zunachst ohne formliche Scheidung 

XI 10). unter dem Vorwande der Sterilitat (Tac. ann. XIV 

V. Ehe mit Nero. Sobald Agrippina ihrer 60. Suet. Nero 35) aus dem kaiserlichen Palaste 

Ehe mit Claudius sicher war, strebte sie die Ver- entfernt. Gleichzeitig wurde von Poppaea die Be- 

mahlung ihres Sohnes mit der Kaisertochter schuldigung des Ehebruches mit dem alesandri- 

Octavia an (Tac. ann. XII 3). Auch Dio LX 32 nischen Flotenspieler Eucaerus gegen sie erhoben 

berichtet, dass Agrippina schon im J. 48 Nero (Tac. a. a. 0. Oct. 107, hiezu Ladek a. a. 0. 21); 
als Schwiegersohn des Claudius designiert habe 50 bei der Dntersuchung, welche Ofonius (vgl. Fab ia 

(xov fi'ev Ao/nhtov xoxs fisv yafifeov xcp K>Mv8i<i> Revue de phil. 1897, 160 — 66) Tigellinus leitete, 

aitedei^s); damit stimmt Zonar. XI 10 iiberein, verharrten nach Tacitus mehrere Sclavinnen, nach 

nach welchem Agrippina de&oyfievov ydy xov yd- Dios Darlegung (LXI 13) nur eine in Treue zu 

jxov (namlich ihrer Ehe mit Claudius) die Action ihrer Herrin; nach Sueton (Nero 35) hatten so- 

einleitete. Mit Hiilfe des Vitellius setzte sie es gar samtliche als Zeugen einvernommene Per- 

durch, dass das Verlobnis mit Silanus, dem nach sonen die Unschuld Octavias vertreten. Tacitus 

Tac. ann. XII 4 Incest, nach Zonar. XI 10 Um- und Dio berichten ubereinstimmend , dass eine 

sturzbestrebungen zur Last gelegt wurden, gelflst der Sclavinnen dem inquirierenden Tigellinus so- 

wurde (Tac. a. a. 0.). Aus dem Umstande, dass gar ins Gesicht gesagt habe, die Schamteile der 
Silanus durch Selbstmord endete (Tac. ann. XII 8), 60 Octavia seien reiner als sein Mund. Dass diese 

erklart sich vielleicht die irrige Angabe Epit. de Sclavin nicht identisch ist mit der in der TragOdie 

Caes. V 5, Nero habe die Octavia geheiratet, nach- Octavia auftretenden matrix der Kaiserin, somit 

dem er ihren Mann getotet. Nach der Vermah- der Dichter nicht Tacitus als Grundlage beniitzt 

lung des Claudius mit Agrippina im J. 49 hielt hat, wird, was Ladek ttbersehen hat, unanfecht- 

Memmius Pollio eine Kede im Senat, in welcher bar durch CIL VI 8943 dargethan, wo die Amme 

der Kaiser gebeten wurde, Octavia dem Nero zur der Octavia Valeria Hilara genannt wird, wahrend 

Frau zu geben (Tac. ann. XII 9). Die Verlobung jene Sclavin nach Dio Pytlieas hiess. Der form- 

erfolgte noch im selben Jahre, nach Dio im J. 50. losen Verweisung vom kaiserlichen Hofe folgte 



2897 Claudius Claudius 2898 

die formliche Scheidung mit gleichzeitiger Uber- Wohl berichtet Tac. ann. XI 34, dass er beim 

lassungderGuterdesPlautusundAfraniusBurrus. Tode der Messallina sich ganz gleichgiiltig ver- 

Octavia wurde sodann nach Campanien verbannt hielt und ihn auch der maeror filiorum_ (womit 

und ihr eine militarische Bewachung beigegeben Britannicus und Octavia gemeint sind) nicht aus 

(Tac. ann. XIV 61). Infolge eines zu ihren Gunsten seiner Ruhe brachte ; dem stent aber gegeniiber, 

unternommenen Volksaufstandes (Tac. a. a. 0. dass Messallina die Octavia und den Britannicus 

Suet. Nero 35. Oct. 783ff.) beschloss Nero sie dem von Ostia heimkehrenden Claudius entgegen- 

zurtickzuberufen. Dariiber herrschte allgemeiner schickte, um ihn filr sich giinstiger zu stimmen, 

Jubel im Volke, welcher sich in lebhaften Sym- dass sie bei seinem Anblick ausrief : audiret Bri- 
pathiekundgebungen fur Octavia und Nero ausserte. 10 tanniei et Oetaviae rnatrem, und Narcissus zur 

Die Statuen der Kaiserin wurden auf den Schul- Verhiitung eines Umschwunges in der Gesinnung 

tern herumgetragen und mit Blumen bestreut, des Kaisers die Kinder entfernen liess (Tac. ann. 

die Poppaeas umgestiirzt. Schon war die Menge XI 32). Dass Claudius bei der Wahl einer neuen 

auf dem Capitol, als eine Abteilung von Soldaten Gattin sich auch von Blicksichten fur seine Kinder 

herbeieilte und das Volk zerstreute. Die Statuen leiten liess, geht daraus hervor, dass Narcissus, 

Poppaeas wurden nan wieder aufgerichtet (Tac. welcher Paetina protegiert, zu ihren Gunsten an- 

ann. XIV 61, womit Oct. 823ft. zu vergleichen). fuhrt: haudquuqimm noverealibus . odiis visum 

Diese stellte dem Kaiser die Gefahr, die sich Britannieum et Oetaviam prootinia suis pignora 

aus einer solchen ,von Sclaven und Freigelassenen (Tac. ann. XII 2) , und Vitellius in seiner Bede 
der Octavia inscenierten Bewegung' fur seinen 20 im Senat die Agrippina als eine Frau bezeichnet, 

Thron ergabe, lebhaft dar und riet zu sofortiger der er getrost seine kleinen Kinder iibergeben 

Beseitigung Octavias (Tac. a. a. 0.). Poppaeas kOnne (Tac. ann. XII 5). Bei Sueton (Claud. 32) 

Worte verfehlten ihren Eindruck auf Nero nicht. findet sich noch erwahnt, dass Claudius jede Mahl- 

Anicetus wurde durch Versprechungen und Dro- zeit gemeinsam mit seinen Kindern eingenommen 

hungen gewonnen, sich selbst des straflichen Um- habe. MitRucksichtauf dieMachinationenderAgrip- 

ganges mit der Kaiserin zu beschuldigen (Tac. pina (Tac. ann. XII 42) insbesondere beim Tode des 

ann. XIV 62); nach Suet. a. a. 0. gesteht Anice- Claudius, wo sie wahrend der Vorbereitungen zur Er- 

tus dolo stupratam a se [Oetaviam] esse). Durch hebung Neros die Zugange zu den Gemachern Octa- 

die Stellung des Anicetus als Plottencommandant viasundihresBrudersmitMilitarbesetzteundbeide 
von Misenum sollte die Beschuldigung einen po- 30 am Verlassen derselben hinderte (Tac. ann. XII 

litischen Anstrich erhalten. Diesmal nahm die 58), konnte das Verhaltnis zu dieser zunachst wohl 

Untersuchung, welche der Kaiser selbst fuhrte, kein freundliches sein. Eine Anderung trat mit 

den von ihm gewiinschten Erfolg. Er erliess ein der Ermordung des Britannicus ein , Agrippina 

Edict, in welchem er anfiihrte, Octavia habe Ani- schloss sich seither enger an Octavia an (Tac. 

cetus bestochen, die Plotte ihr zuzufiihren; im ann. XIII 18), und mit ihrem Tode verlor Octavia 

Widerspruch mit dem frfiheren Vorwurf der Ste- auch ihre letzte Stiitze. "Welche Verehrung Oc- 

rilitat wurde sie der Abtreibung der Leibesfrucht tavia im Volke genoss , geht daraus hervor, dass 

(Tac. a. a. 0. Zonar XI 12 fioix^as xai yorjts(ag) sie auf den Mfinzen (Eckhel VI 285. Mionnet 

schuldig bezeichnet und mit Relegation nach Pan- IV 123 nr. 697 ; Suppl. VII 471) &ea 'OxxafiLo. 
dataria bestraft (Tac. a. a. 0. Zonar. a. a. 0. 40 genannt wird und ihr in Bom (Tac. ann. XIV 61) 

Octavia 823ff.). und ausserhalb Boms (vgl. Guerin a. a. 0.) Ehren- 

VI. Tod. Einige Tage nach ihrer Ankunft statuen gesetzt wurden. Die grosse Popularitat, 
in Pandataria wurde sie auf Geheiss Neros ge- deren sie sich erfreute, und die, wie oben erwahnt, 
tstet (Tac. ann. XIV 64. Zonar. XI 12. Suet. in Nero den Entschluss, sie zu beseitigen, her- 
Nero 35. Joseph, ant. XX 153. Eutrop. VII 14. vorrief (vgl. noch Oct. 880ff.), erklart es, dass ihr 
Schol. Iuven. VIII 215). Ihre letzten Lebens- Ende bald nach Neros Tod zum Gegenstand einer 
tage und die Todesart schildert Tacitus in er- Tragoedie gemacht wurde und dass sie in Er- 
schutternden Worten. Nach seinem Berichte wur- zahlungen des Volkes (Suet. Nero 46) und oato- 
den der Octavia die Adern geOffhet, und da in <p$&yixaxa (Ausspriiche des Burrus und der Pytheas 
Folge der Aufregung das Blut nicht ausfloss, sie 50 Dio LXI 13) fortlebte. [Brassloff.] 
durch den Dampf eines heissen Bades getotet. 429) C[la]udia 0[res]tia Agrippina, Tochter 
Nach Suet. Nero 57 starb Octavia an demselben des Ti. CI. Dryantianus Antoninus (Nr. 141), s. 
Tage, an welchem spater Nero endete, am 7. Juli den Stammbaum zu Nr. 39. 

62 n. Chr. Ihr Haupt wurde der Poppaea gebracht, 430) Claudia Papia Netonia Insteia Praene- 

den Gottern wurden Dankfeste beschlossen (Tac. sima., c(larissimq) p(nella),CXL VI 2429 = 31652. 
a. a. 0.). Vgl. Nr. 411. [Groag.] 

VII. Charakter und Verhaltnis zu den 431) C[laudia] Paula, f\ nQafriartj] avvnltj- 
Verwandten. Octavia wird als Frau von er- xixrj, erwahnt in einer Ehreninschrift ihres Bru- 
probter Tugend (Tac. ann. XIII 12) und Sitten- ders, dessen Name selbst nicht erhalten ist, CIG 
reinheit (vgl. das anoy&ssyiMi. bei Dio LXI 13 = 60 III 4157 Sinope. 

Tac. XIV 60) geschildert, die alle Unbilden ruhig 432) Baebia Fulvia Claudia Paulina Grattia 

fiber sich ergehen liess (Tac. ann. XIX 59 quamvis Maximilla, s. Bd. II S. 2734 Nr. 48. [Groag.] 
modeste ageref) und infolge der vielen Schicksals- 433) Claudia Peregrina, anlaeslich deren Hoch- 

schlage, die sie schon in ihrer Jugend heimge- zeitmitdemCenturioundspateren(seit89n.Chr.?) 
sucht, es gelernt hatte, alle Eegungen des Ge- Primipilus A. Pudens Martial das Gedicht IV 13 
mutes zu verbergen (omnis affectus abscondere verfasst. Vgl. Friedlander zu Mart. I 31. 
didicerat Tac. ann. XIV 16). " [Stein.] 

Claudius war seinen Kindern ein guter Vater. 434) Claudia Pulchra , sobrina der alteren 



2899 Claudius Claudius 2900 

Agrippina, Mutter des im 3. 27 n. Chr. ange- 436) Claudia Regilla, Gattin des M. Antonius 

klagten Quinctilius Varus (Tac. aim. IV 66), dem- Antius Lupus (s. Bd. I S. 2614 Nr. 37), Mutter 

nach Gemahlin des P. Quinctilius Varus, der im der Antia Marcellina (CIL VI 1348 = IGI 1398). 

Teutoburger Walde fiel. Nach Borghesis nicht Moglicherweise war sie die Tochter des Ti. CI. 

ganz einwandfreier Vermutung (Oeuvres I 417) Bradua Atticus (Nr. 87). [Groag.] 

war sie die Tochter des M. Valerius Messalla Bar- 437) Claudia Rufina, schone Frau, von Martial 

batus Appianus (eines geborenen Claudiers?) und als Muster einer braven Gattin und Mutter ge- 

der Claurtia Marcella (Nr. 423, s. d.). Ihr Sohn riihmt, Mart. XI 53. Die Grabschrift einer Claudia 

wird von Tacitus (a. a. 0.) als Verwandter des Bufina CIL III Suppl. 8177. [Stein.] 

Kaisers Tiberius bezeichnet. Im J. 26 n. Chr. 10 438) Claudia Sabinilla, Tochter des (Appius) 

klagte sie Domitius Afer der Unzucht und Maje- Claudius (Nr. 16, s. d.). Das Cognomen Sabinilla 

statsverletzung an und erwirkte ihre Verurteilung gab dieser seiner Tochter offenbar deshalb , um 

(Tac. ann. IV 52). [Groag.] dadurch ihre (angebliche) Abstammung von den 

435) Claudia Quinta, nach Cic. Cael. 34 pro- alten Claudiern zu bekunden. [Groag.] 

genies, also wahrscheinlich Enkelin des Ap. Clau- 439) Claudia Sacrata, eine Frau aus dem Volk 

dius Caecus, etwa Tochter von Nr. 304. Von der der Ubier, Tac. hist. V 22. 

Ankunft des heiligen Steins der idaeischen Gotter- 440) Claudia Salvia, Gemahlin des Procurators 

mutter in Rom im J. 550 = 204 sagt Livius von Numidien L. Titinius Clodianus, aus der Zeit 

XXIX 14, 12: Matronae primores eivitatis, inter Caracallas, CIL VIII 8329 (Cuicul). [Stein.] 

quas imius Claudiae Quintae insigne est nomen, 20 441) Claudia Sestia Goeeeia Sev[e]riana, Ge- 

accepere; cui dubia, ut traditur , antea farna mahlin des Q. Lollianus Plautius Avitus, Mutter 

elariorem ad posteros tarn religioso ministerio der Lolliana Plautia Sestia Servilla (stadtrOmische 

pudieitiam fecit. Dieselbe allgemeineAnschauung Inschrift Bull. com. XI 1883, 216 nr. 614 = Des- 

und Kenntnis von CI. Quinta flndet sich bei Cic. sau 1155). 

Cael. 34;har.resp.27. Plin.n.h. VII 120. Macrob. 442) (Claudia) Sosipatra, Tochter des Ti. CI. 

sat. n 5, 4, sowie bei Diodor XXXIV 33, 2, der Hermias (Nr. 174), s. d. [Groag.] 

nur aus Versehen oder Pliichtigkeit eine Valeria 443) Claudia Ti. filfiaj Taurilla, Gattin des 

statt der Claudia nennt. Dagegen ist diese ein- Q. Marcius Victor, Mutter des praetorischen Le- 

fache Notiz bei anderen Autoren zu der folgenden gaten Q. Marcius Faustinianus , CIL XIV 2931 

Erzahlung ausgestaltet worden: das Schiff mit 30 (Praeneste). [Stein.] 

dem Symbol der Gottermutter sei im Tiber auf 444) (Claudia) Theonis, Tochter des Ti. CI. 

eine Untiefe geraten und unbeweglich stecken ge- Hermias (Nr. 174, s. d.). 

blieben; da sei CI. Quinta hervorgetreten, habe zu 445) . . . ia Asinia [Cla]udia Tiberia atia 

der Gottin gebetet, sie moge ihr folgen, wenn sie sie Statilia Paulina Iuliana Philippa, s. unter Asi- 

als keusch und rein erkenne, und habe dann miihe- nius (Bd. II S. 1604 Nr. 41). 

los das Schiff vorwarts gezogen (Ovid. fast. IV 446) Claudia Titia[n]a, Tochter des CI. Ti- 

305—344; ex Ponto I 2, 141. Propert. V 11, 51f. tianus (Nr. 368), s. den Stammbaum zu Nr. 39. 

Seneca de matrim. frg. 80 Haase. Sil. Ital. XVII 447) Claudia Tlepolemis, Enkelin des CI. Ore- 

23—45. Stat. silv. I 2, 245f. Suet. Tib. 2. Solin. stes (Nr. 257), Tochter des CI. Iulianus (Nr. 191), 

I 126. Lactant. div. inst. II 7, 12. Appian. Hann. 40 Schwester des CI. Orestes (vgl. Nr. 257), Gemahlin 

56. Iulian. or. V p. 160). Der Auct. de vir. ill. 46, des Senators Aurelius Polemo, Mutter des Sena- 

lf. spricht von einer Weissagung der sibyllinischen tors Antonius Iulianus, avetpia des Asiarchen Ti. 

Biicher (Sil. Ital. von einer solchen des Priesters CI. Polemo, dessen Nachkommenschaft gleichfalls 

der Gottin, Appian. allgemein von Weissagungen), dem Senatorenstande angehOrte. Griechische In- 

dass die keuscheste Frau allein das Schiff bewegen schrift aus der Kibyratis, Denkschr. Akad. Wien 

kOnne, und macht C. zur Vestalin ; ebenso erscheint XLV 1897, 4 nr. 11, vgl. nr. 8 — 10. 12. Bull, 

sie bei Herodian. I 11, 10—13 als eine Vestalin, hell. 1878, 594. 1891, 554. 

aber ohne Namen. Nach Ovid. fast. IV 326 ist 448) CI. Varenilla, Tochter des CI. Varenus 

die Sage dramatisiert worden; Iulian. or. V p. 161 B (Nr. 370), Gattin des M. Censorius Paullus, starb 

erwahnt ihre haufige Darstellung bei Historikern 50 wahrend der Statthalterschaft ihres Gemahls in 

und auf Bildwerken. Eine Statue der CI. stand Aquitanien (CIL XIII 1129 Limonum Pictonum). 

in der Vorhalle des Tempels der Gottermutter und 449) Claudia Vera , c(larissimq) f(emina), 

blieb bei den zwei Branden dieses Heiligtums unver- Lanciani Silloge aquaria 221 nr. 65 = CIL XV 

sehrt (Val. Max. I 8, 11. Tac. ann. IV 64). CI., 7434. " [Groag.] 

das Schiff ziehend, ist dargestellt auf dem Relief 450) Claudia Vifliima'?], befand sich unter 

einer Basis des capitolinischen Museums (Helhig den 110 Matronen, die an den Saecularspielen 

Ffihrer I 334 nr. 433), das nach der Inschrift des J. 204 n. Chr. teilnahmen, Acta ludorum 

(CIL VI 492) Matri deum et navi Salviae ge- saecularium , CIL VI 32328. Zu ihrem Namen 

setzt ist. Zwei andere Steine (CIL VI 493. 494) vgl. Nr. 256. [Stein.] 

tragen dieselbe Weihinschrift , auf Grund deren 60 451) Clau(dia) Vilia Proc(u)la, genannt in der 

irrig Navisalvia als Beiname der vergottlichten Inschrift CIG III 4248 Tlos (wohl Grabschrift 

CI. Quinta aufgefasst worden ist(Preller-Jordan ihrer Sclaven). Sie wird zu identificieren sein 

Rom. Myth. 3 II 58, 1), wahrend vielmehr Salvia mit Vilia Procula, der Tochter des Ti. CI. Fla- 

der Name des Schiffes ist (Mommsen z. d. Inschr. vianus (Nr. 154, s. d.). [Groag.] 
Bloch Philol. LII 581f.). [Munzer.] 



Nachtrage und Berichtigungen 

zum dritten Bande. 

Um eine Verzettelung der unvermeidlichen Nachtrage und Berichtigungen zu vermeiden, werden sie 

in besonderen Supplementheften vereinigt werden ; an dieser Stelle erscheinen nur die, deren baldige 

VerOffentlichung den Verfassern oder der Redaction wiinschenswert schien. 



S. 18, 53ff. (Baris Nr. 9) ist so zu lesen: S. 184, 59 (Beellefarus) fuge hinzu: 

Name eines agyptischen, aus Brettern jiXiv- Vgl. auch die wichtige Anmerkung zu CIL 

&rj86v (Herod. II 96) zusammengefugten und in- VI 30934 und die Inschrift CIL VI 31168. 
wendig tnit Papyrus gedichteten, sehwerfalligen [Cumont.] 

Nilfahrzeugs. Die bisher ubliche Erklarung des 

Wortes nhv&ndov, nach welcher die B. klinker- „ «__ » , D ,, , „.. , . 
weise, d. h. mit dachziegelartig ubereinander S - 257 ' 2 (Bellona) fuge hmzu: 
greifenden Planken gebaut war (Graser Seewesen CIL VIII 5521. 5708 {sacerdos B.). 7111. 7957 

d. alt. Agypt. 12. BreusingNautikd. Hellen.35) 1ft (templum B.). 7958. 10623. Ephem. epigr. V 1177. 
widerlegtE. Assmann Henn. XXXI 180ff. Dem- iu [Aust.] 

nach bestanden die Wande der B. (abweichend 

von der Bauart der Griechen) nicht aus langen, S. 279, 39 ist einzuschieben : 
auf Spanten genagelten Planken, sondern waren _ . ,_ j. . „ , ., . , , 

vielmehr (ahnlich dem Aufbau einer Ziegelstein- . . Bereiaros (&W»e<x), Castell in der byzan- 
mauer) aus kurzen Brettern reihenweise neben- und tunschen Eparchie Thrake von Iustiman I. an- 
libereinander mittels Zapfen zusammengefugt, wo- S^^' Pr0C0 P- de aedlf - IV n r P- 8 ° 5 Bonn " 
bei Kante auf Kante stiess (also .karviel') und LUbernumiuer.j 

eine glatte Aussenwand des Schiffsrumpfes ent- 

stand. Bau und Pahrt der B. beschreibt Herod. 2Q S. 523, 57 (Bithynia) fuge hinzu: 
a. a. 0., vgl. 41. 60. [E. Assmann.] " J Baumcultus in Bithynien und ein Pest des 

Kalathos der Artemis (Bendis) am Bhebas, zu 
S. 55, 59 ist einzuschieben: dessen Zeit man 50 Tage lang keine Reise unter- 

BactXetva h Phyle auf Amorgos, Bull. hell. ?^ men darf 4 r Wei , st Us«ner Rh. Mus. L 1895, 
VIII 446 (Zeit des Augustus). [W. Cronert.] ^ioT'nacn flM Me e'r f *" 

S. 99, 26 ist einzuschieben: 

Basilios, Monatsname des kretischen Kalen- s - 596 > 17 ist einzufugen: 
dariums, nachmals 31tagig = 23. August bis 30 Boerebista s. Burbista (u. S. 2903f.). 
22. September, bezeugt durch das Plorentiner 
Hemerologium. [Kubitschek.] 

S. 833, 17—19 (Briana) ist zu lesen: 
S. 140, 22 (Batis) ist einzuschieben: Die Ruinen sind aufgefunden von A nder- 

2) Baris, Sch wester des Epikureers Metrodoros, son, 13/ 4 (engl.) Meilen nordwestlich von Burgas, 
Gattin des Idomeneus; an sie schrieb Metrodoros neben der Strasse nach Tatarkei (Athenaeum 1897 
philosophische Briefe, s. A. Korte Jahrb. f. Philol. nr. 3652, 566); dadurch erledigen sich die anderen 
Suppl. XVII 556. [W. Cronert.] Ansatze von Ramsay Journ. Hell. Stud. IV 407 



S. 145, 66 ist. einzuschieben: 



und Phrygia II 576ff. [Ruge.] 



Batromios (Paton-Hicks Inscr. of Cos S. 880f. (Britomartis) hatten die Ausfiihrungen 

nr. 27, 1. 8. 12. 38, 12), Nebenform des Monats- von K. Wernicke 0. Bd. II S. 1370ff. 1382 be- 

namens Badromios; s. 0. S. 595, 50ff. riicksichtigt werden mfissen, auf die wenigstens 

[Kubitschek.] hier verwiesen werden soil. 



2903 Nachtrage und Berichtigungen zum dritten Bande. 2904 

S. 1060, 36 ist einzufiigen: keltischen Boier und Taurisker, welche fiber die 

Donau bis an die Theiss vorgedrungen waren, 

Burbista, Name eines dakischen Konigs. Bei dehnte wieder das dakische Gebiet bis an die 

Strabon begegnet dieser Name viermal, aber die Donau im Westen aus und machte Plfinderungs- 

Hss. schwanken in seiner Wiedergabe. VII 298 zfige zu den am Schwarzen Meere angesiedelten 

haben sie Bveejtloxas, doch ein Parisinus (nr. 1393 Griechenst&dten und selbst bis nach Makedonien 

= C bei Kramer) liest Bvoptorag, also ohne e und Illyrien hinein. Diese steigende Macht des 

zwischen den beiden ersten Silben ; XVI 762 ist B. und seine immer weiter sich ausdehnenden 

ohne Variante BvQs^tara iiberliefert ; VII 303 und rOmische Provinzen, wie die mit den Bomern 
und 304 dagegen haben alle BoiQefSioxas, nur der 10 verbundeten und bei ihnen Schutz und Hfilfe 

beste Parisinus (nr. 1397 = A bei Kramer, vgl. suchenden Griechen am Pontos Euxeinos bedrohen- 

Gutschmids Comm. critic, in prologos Trogi den und schadigenden Eaub- und Beuteziige ver- 

Pompei in Buhls Ausg. des Iustin LIX) hat am anlassten Caesar, einen Krieg gegen die Daker 

Bande beigeschrieben : Beiosfivoxas. Bei Iordanes zu planen. Aber bevor dieser Plan ausgeffihrt 

de origine actibusque Getarum 11 § 67 haben die wurde, starb Caesar, und kurz vor oder nach ihm 

besten Hss. Buruista, was gleich Burvista ist; auch B. Nach seinem Tode zerfiel wieder sein 

bei dem hauflgen Wechsel von v und b in den Beich, und an die Stelle einer geeinigten und da- 

Hss. steht ferner Burvista fur Burbista, so dass durch starken Nation traten wieder die vielen 

also die Pormen des Namens bei Strabon und lor- Teilherrschaften. 
danes bis auf die verschiedene Wiedergabe der 20 

ersten Silbe sich vollig entsprechen. Dass wirk- Ich glaube in meinem Artikel D a c i a gezeigt 

lich das zweite Element dieses Namens mit b zu haben, dass die Kelten in der Theissebene 

{-bista) nicht mit v {-vista) anlautete, schliesse ich Eindringlinge waren, dass also B. gegen sie zog, 

aus dem Vorkommen desselben Elementes in ran altdakisches Gebiet wieder zuriickzuerobern. 

anderen Eigennamen; auf einer moesischen In- Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet ist die 

schrift (CIL III Suppl. 7437 n 19) findet sich der Vernichtung der Kelten durch B. wohl ein Act 

leider verstfimmelte Name Val...obusta und im der Notwehr, jedenfalls nicht ein Act reinster 

32. Prolog des Trogus Pompeius haben die besten Willkfir und ausgepragter Lust am Bauben und 

Hss. einen KOnigsnamen Bubobosten. Zwar corri- Morden gewesen. Preilich weiss ich keinen Grund, 
giert Gutschmid (a. a. O.) Bubobosten in Bu- 30 seine gegen die griechischen Colonien und jen- 

robusten und versteht darunter denselben Mann, seits der Donau bis in das rOmische Provinzial- 

welchen Strabon Boirebista, Iordanes Burvista gebiet unternommenen Pltinderungszfige zu ent- 

nennen. Diese letztere Annahme ist aber falsch ; schuldigen ; hier mag Beutelust mitgespielt, hier 

es miissen notwendig zwei Manner sein (s. Art. mag die ungebandigte Lust an Abenteuern und 

Dacia). Mag man nun mit Gutschmid Bu- der durch die glttcklichen Unternehmungen gegen 

robusten lesen oder das hsl. Bubobosten beibe- die Kelten im Westen und gegen die Bastarner 

halten, der Anlaut des zweiten Elementes stimmt im Osten — denn niemals konnte er die griechi- 

genauzujenem ... obusta der moesischen Inschrift. sche Stadt Olbia bekriegen und zerstOren, wenn 

Und dies -busta wird von jenem -bista nicht ver- er nicht vorher im Lande zwischen Karpathen 
schieden sein. W&hrend bei Iordanes das erste 40 und Schwarzem Meer die tlbermacht der Bastarner, 

Element Bur- lautet, schwanken Strabos Hss. welche sie hier noch kurz vor B.s Begierung ge- 

in der Wiedergabe gerade dieses Lautes (Sot- habt hatten, gebrochen hatte — genahrte und 

Qsflioxas — Bvgepioxas — BsiosfSvaxas) ; man be- gehobene Stolz den KOnig getrieben haben. Hier 

findet sich offenbar in tlbereinstimmung mit un- steht der K6nig noch unter der Macht der bar- 

serer fjberlieferung, wenn man fur das erste Ele- barischen und durch keine hehere Cultur gemil- 

ment Bur-, fur das zweite -bista und fur den derten Gewohnheiten. Dieser Zug in seinem 

ganzen Namen Burbista festhalt. Eine Ety- Wesen verdient hervorgehoben zu werden, da 

mologie dieses Namens versucht Tomaschek gerade ihm eine religiose und sittliche Erhebung 

Die alten Thraker II (S. -Ber. Akad. Wien seines Volkes zugeschrieben wird; er gewohnte 
CXXXI) 16. 50 sein verwildertes und heruntergekommenes Volk 

B. soil nach Iordanes a. a. O. schon regiert wieder an Gehorsam, iibte es in Zucht und machte 

haben, als Sulla in Bom sich der Dictatur bemach- es wieder massig. Sollen die Daker doch, durch 

tigte. Cber diesen Ansatz vergleiche man, was B. dazu bewogen, den Weinstock ausgerottet und 

daruber hier unter Dacia gesagt ist. Besser be- fortan ohne diese kostliche Himmelsgabe gelebt 

glaubigt ist Strabons (a. a. 0.) Aussage, dass der haben. Sein Genosse in diesem Beformwerk war 

Konig in einem Aufstand ums Leben kam urn ein Priester Namens Dekaineos. Aber von diesen 

dieselbe Zeit, als in Bom Caesar getOtet wurde. Beformen bis zur Ausrottung der den barbari- 

Hiermit stimmt, dass wir in der unmittelbar auf schen Volkern tief innewohnenden Eaub- und Boute- 

die Ermordung Caesars folgenden Zeit auf daki- gier ist ein weiter Weg und erfordert wohl auch 
schem Gebiete mehrere Pursten und mehrere Herr- 60 mehr Zeit als B. dazu beschieden war. Schade 

schaften flnden. B. hatte — und das ist sein bleibt es, dass unsere Quellen so wenig fiber diesen 

grOsstes Verdienst — die vielen Stamme Dakiens KOnig melden ; es ware interessant, mehr Details 

geeint und hatte durch diese Einigung zu Macht fiber ihn und seine Beformen zu wissen. Das 

und Ansehen gebracht, was frfiher durch seine Beste fiber ihn bietet Strabon (VII 303f.); was 

Zersplitterung vielfach zur Beute seiner umwoh- Iordanes hat (C. 11), besitzt wenig Wert. Cber 

nenden Peinde geworden war. An der Spitze Dakien und dakische Verhaltnisse zu seiner Zeit, 

eines wohlgeubten Heeres, welches 200 000 Streiter muss ich auf meinen Artikel Dacia verweisen. 
in sich begriffen haben soil, vernichtete er die [Brandis.] 



2905 Nachtrage unci Berichtigungen zum dritten Bande. 2906 

S. 1166, 55 (Cacus) ist hinzuzufugen : noch mit Benutzung der Constantinopolitanischen 

Chronik bis 418 und spater von Zeitgenossen der 

Mit dieser Darstellung des Cn. Gellius bringen erzahlten Ereignisse (die Regenten wetden 455-49S 

G. Kerte (Etrusk. Spiegel V S. 166—172) und mit dfominus) n(oster) bezeichnet) fortgesetzt, 

zuriickhaltender auch F. Mtinzer (Eh. Mus. LIII wahrscheinlich seitdem die Residenz nach Ravenna 

1898, 598ff.) folgende Darstellung eines aus Bol- verlegt worden war, in Ravenna; diese Fort- 

sena stammenden etruskischen Spiegels (Kerte setzungen sind in Bezug auf die orientalischen 

a. a. 0. V Taf. 127) zusammen: in der Mitte Consuln unvollstandig und berichten nur Dinge, 

sitzt ein leierspielender Jiingling, Cam, davor welche fur Italien von Interesse sind. Holder- 

etwas tiefer ein kleinerer Jungling mit einer 10 Egger N. Archiv I 344 will mehrere Redactionen 

Schreibtafel auf den Knien, Artile, hinter den unterscheiden : eine, welche vor das J. 455fallt; 

beiden sind zwei geriistete Krieger sichtbar, be- eine zweite, die mit 493, eine dritte, die mit 

reit, aus dem Hinterhalte hervorzustiirzen, Caile 493, eine vierte, die mit 526 schloss, und eine 

Vipinas und Avle Vipinas ; verwandte Darstel- weitere Portsetzung etwa bis zum J. 572. Es 

lungen, aber ohne den Jungling mit der Schreib- ist Grand zu der Annahme vorhanden, dass nach 

tafel und durch mehrere andere Figuren erwei- Wiederherstellung der byzantinischen Herrschaft 

tert, flnden sich auf drei etruskischen Aschen- oder wenigstens nach der Einnahme von Ravenna 

kisten (KOrte Urne etrusche II 2 Taf. 119 p. 254 durch Belisar Maximian, Bischof von Ravenna 

— 258). DenweitgehendenCombinationenKOrtes 546 — 556 oder 557 (s. d.), eine Portsetzung ge- 

vermag ich nicht zu folgen, aber auch Miinzer20 schrieben und den alteren Teil iiberarbeitet hat. 

scheint mir , wenn er trotz mancher Skepsis an Excerpte oder Benutzung der italischen Chro- 

der Deutung auf den Untergang des ,Sangers niken sind nach Mommsen a. a. 0. in den fol- 

und Sehers' Cacus festhalt, zuviel Vertrauen auf genden uns erhaltenen Schriften nachzuweisen : 

ein Stuck einer Denkmalergattung zu setzen, an 1. Anonymus Valesianus, s. d. — 2. 3. Fasti 

der er die ,erstaunliche Kraft der Phantasie' und Vindobonenses priores und posteriores , friiher 

die ,noch grenzenlosere Willktir in der Hinzu- als Anonymus Cuspiniani (der sie in seinen De 

fiigung der Namen' selbst hervorhebt. consulibus Romanis commentarii, 1553, zuerst 

[Wissowa.] beniitzte) bezeichnet; sie sind erhalten in dem 

Wiener Codex 3416; die priores, welche die bessere 

S. 1277, 54 (Caelus) ist hinzuzufugen: 30 Tradition darstellen, reichen bis zum J. 403 und 

t> „ «„, ,•-. „ •„,, „„• . ««•„•«. •wttt nach einer Lucke von 455—493; die posteriores 

K. v. Schneider Arch.-epigr. Mitt. Xvlll . , ... T .. , ,. ' T „<£, j j. 

1 aaK i aKf rw =,<„•, „ i reichen mit einer Lucke bis zum J. 387 und ent- 

iaao, i«ot. [Wissowa.j halten dann noch die Jahre 438 _ 455 und 495 

7™ a iaoo q /Po^+i,o» n „„„«■> u m „u /i„. bis 539; hierher gehoren auch die zuerst von de 
in a. Lbzi, 6 (oartnago nova) bemerkt cler „ . ' IT , ,, ,, ?. , , , . , , on\ i. 
Herr Verfasser- Rossi (Bullett. di archeol. chnst. 1867) heraus- 

gegebenen Exeerpta Sangallensia, welche in dem 
Die Berufung auf die Karte von P. Coello, Cod. Sangall. 878 die Oberschrift exeerpta ex 
Madrid 1876, beruht, wie ich erst jetzt feststellen chronica Horosii haben, aber von einem Schreiber 
kann, anf einer Verwechslung. Coellos Karte der Mitte des 9. Jhdts. aus dem Archetypus der 
des Konigreichs Murcia mit dem Plane von Car- 40 fasti Vindobonenses, und zwar aus den priores, 
tagena ist noch nicht erschienen; meine Angabe zusammengestelltwurden; diese Ausziige erstrecken 
bezieht sich auf eine Karte der Stadt und ihrer sich auf die Zeit von 390 — 573. — 4. Das Pa- 
Umgebungen vom J. 1876, die ich im J. 1881 schale Campanum des Cod. Vat. reg. 2077 (Mon. 
in Cartagena selbst einsah. [Hiibner.] Germ. a. a. 0. 745) enthalt, ausser den Consu- 

laten einige wenige Notizen, die aus den italischen 

S. 1780, 43 (Castus Nr. 4) fuge hinzu: Chroniken geschflpft sind ; s. d. -5. Der con- 

' ° ttnaatw Prospen Havmensts aus dem Cod. 454 

Hieron. contra Iovin. II 5 = Migne 23, 291 der koniglichen Bibliothek in Kopenhagen (zuerst 
de ciborum sibi placent abstinentia, quasi non herausgegeben von Hille Berlin. Dissert. 1866), 
et superstitio gentilium eastum Matris Deum 50 geht auf eine am das J. 625 oder im J. 641 
observet et Isidis; vgl. epist. 107, 10 = Migne in Italien zusammengestellte Compilation des 
22, 876 faciunt hoc cultores Isidis et Oybeles, qui Hieronymus und Prosper und Isidorus zuriick, 
gulosa abstinentia phasides aves ac fumantes welche ausserdem seit 388 auch die italischen 
turtures vorant , ne scilicet Cerealia dona con- Chroniken beniitzte , die seit 455 die Grund- 
taminent. [Wissowa.] lage bilden. Die Kopenhagener Hs. bietet diese 

Compilation in verkiirzter Form ; die Notizen aus 
S. 2460, 62 ist einzuschieben : ^ Chroniken sind teils in den Text aufgenommen, 

teils am Rande hinzugefugt. — 6. Der sog. Bar- 

Chronica Italica, auch mit einer zu engen barus Scaligeri, zuerst von Scaliger im J. 1606 
Bezeichnung Ravennatische Chroniken genannt ; 60 ediert, aus dem Cod. Paris, lat. 4884, eine Riick- 
was uns aus ihnen erhalten ist, ist zusammen- iibersetzung aus einer nach 387 geschriebenen 
gestellt und ediert von Mommsen in den Chro- Alexandriner Chronik, welche die italischen Chro- 
nica minora I, Mon. Germ. Auct. ant. IX 249ff. niken bis 387 beniitzte. Der Codex hat eine 
Sie sind hervorgegangen aus einer systematischen Lucke von 101—295 n. Chr. — 7. Agnellus, der 
tberarbeitung der nach Constantinopel ubertra- in der ersten Halfte des 9. Jhdts. in Ravenna 
genen Consularfasten, die, wie es scheint, urspriing- den Liber pontiflcalis ecclesiae Ravennatis schrieb, 
lich mit dem J. 387 endete und wahrscheinlich hat die italischen Chroniken vielfach bis in die 
in Rom selbst entstanden ist. Sie wurde zuerst ersten Jahre der Langobardenzeit hinein beniitzt 



2907 NacMrage und Berichtigungen zum dritten Bande. 2908 

(Mon. Germ. Script. rer. Langob. 275ff.). — 8. Pro- Vgl. jetzt hauptsachlich Mommsens Edition 

sper Tiro, s. d. — 9. Ein um einige Notizen be- im ersten Bande der Chronica minora saec. IV. 

reicherterAuszug des Tiro im Cod. Vat. reg. 2077. — V. VI. VII (Mon. Germ. Auct. ant. IX) mit den 

10. Marc ellinus comes in seiner Chronik ; s. d. — Einleitungen und von frfiheren Arbeiten Waitz 

11. Cassiodor in seiner Chronik ; s. d. — 12. lor- Nachr. d. GOtt. Ges. d. Wiss. 1865, 8 Iff. und 
danes in den Getica durch Vermittlung der Gothen- Holder-Egger Neues Archiv I 215ff. (mit dem 
geschichte Cassiodors; s. d. — 13. Marius von Versuche einer Reconstruction 347ff.), woselbst 
Aventicum in den Notizen seiner Chronik, die auch die altere Litteratur berucksichtigt ist. 
sich auf Italien beziehen ; s. d. — 14. Paulus [Hartmann.] 
Diaconus, sowohl in der romischen als auch in 10 

der langobardischen Geschichte ; Droysen in der „ „, lrn ,. XT , ori > . , ,. „.. 

praef. seiner Ausgabe, Mon. Germ. Auct. ant. II S " 2718 > 8 (Claudius Nr. 139) ist hmzuzufugen: 
p. LVII und Mommsen N. Archiv V 77ff. — Wir besitzen auch noch Inschriften von Frei- 

15. Theophanes in seiner 812 erschienenen Chro- gelassenen des Drusus, die, wahrscheinlich nach 

nographie. — 16. Einige den Ostercyklen des seinem Tode, in den Besitz anderer Mitglieder 

Dionysius Exiguus in einigen Hss. beigefugte No- des kaiserliehen Hauses iibergegangen sind und 

tizen, zusammengestellt von Mommsen Mon. nach ihrem urspriinglichen Herrn das Cognomen 

Germ. Auct. ant. IX 751ff. Drusianus angenommen haben, Hiilsen Bom. 

Ferner schliesst man aus der tlbereinstimmung Mitt. Ill 224. Ob die aqua Drusia (inventa 
von einigen Stellen der Chronik des Isidorus und 20 perduetaque est a Druso Polem. Silv. Mommsen 

<ies bis zum J. 624 reichenden Auctarium mit Chr. min. 1 546) von dem alteren oder dem jiingeren 

Stellen aus der Langobardengeschichte des Paulus Drusus stammt, ist nicht bekannt, ebensowenig 

Diaconus , mit den spateren Teilen des Conti- wo sich diese stadtrSmische Wasserleitung befand ; 

nuator Prosperi Hamiensis, mit Beda, dass auch vgl. Jordan Topogr. II 229. [Stein.] 

noch zur Langobardenzeit eine ostromisch-italische 
Chronik fortgesetzt worden ist.