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Siebente Drisdwatauflase
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Sur Nachricht.
Ban Mi femen ; Beten ne Mb bee vaſchietene X
veranflaltet worden, die zu folgenden Preifen ſowol durdy den Verleger a
alle andre Buchhandlungen des Ins und Auslandes bezogen werben koͤnnen
Rr. 1, auf weißem Drudpapier, Hranumerationepreis fuͤr das ganze
ABs Thix BET Mein: 223.73
Nr. 2, auf gutem Schreibpapier, 20 Thlr., ober 36 Fl. Rhein.
Ar. 3, auf ertrafeinem Velinpapier, 36 Thlr., oder 64 Fl. 48 Kr. R
Sammler, die ſich in portofteien Briefen an den Verleger wenden und d
trag ihrer Beftellung gleich beifügen, erhalten anf TEE Eremplare das
feei, oder können, wenn fie verfchiebene Ausgaben wählen, bei einem Betr
wenigſtens 105 Thalern Ein Siebentel davon als Rabatt in Abzug bringen
..
Allgemeine deutfche
teal-Encyflopädie
für
Die gebildeten Stände,
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(Converſations-Lexikon.)
In zwoͤlf Baͤnden.
Vierter Band.
ð bis G.
——
Siebente Srifinatauftage.
Mie fie ber Verfaſſer fchrieb,
Nicht wie fie der Diebftahl bruckte,
Deflen Muͤh' ift, daß er richte
er Mühe ſtets zu Grunde.
Galberon.
geipyig:
3. U. Brodbaus.
er N
Suchjinde Die vierte diatonijche Alangituſe Des Conſyſtems. (gl.
snace.)
hel, im meitern Sinne fo viel als Märchen, Erzählung einer ers
Besebenbeit, wird in der Poetif doppelt gebraucht, indem man eins
rien und dramatiſchen Gedichten das Gewebe der Begebenheiten
‘t., dann aber audy eine eigne Dihtungsart mit diefem Namen bes
Wenn man von der Fabel der epifhen und dramatifchen Gedichte
> gericht es im Gegenfaß ber Geſchichte. Des Dichters Darſtel⸗
nah Schönheit, fein bargeftelltes Ganze foll gefallen, er wird alfo
landen Begebenheiten fo ordnen und einrichten müffen, wie es
+ erheifcht. Nicht das Mirkliche fol er darftellen, fondern das
nicht wie es war, fondern wie ed wahrſcheinlich ift; nicht mit his
Treue, fondern mit poetiiher Nothivendigkeit. Der Dichter läßt
:, was nicht woefentlid) zum Ganzen gehört, ändert ab, damit ſich
ı 3wede füge, fett hinzu, wodurd) diefer beffer erreicht wird. Auch
ih gegebene Stoff wird dadurch Werd feiner Erfindung: er fchafft
ns :u8 dem Alten. Mag der Stoff von der Gefchichte geliehen,
runden fein, fo unterwirft ihn der Dichter dem Geſetze der poetis
m. Die Fabel,, die man als befondere Dichtungsart nad) Ihrem
x Erander, Die Afopifche Kabel oder auch Apolog nennt, zähle
Recht zu den didaktiſchen oder Lchrgebichten, und zwar iſt fie eine
ri Man Eimn fie erklären, qls Darftelung einer praßtifchen Mes
densklugheit oder Lebensweisheit -unter einem aus der phufifchen
srammenen Sinnbilde. Sie beſtehk aus zwei wefentlihen Theilen:
‚50 und der Anwendung, oder einer in derſelben liegenden Lehre,
r „uch die Moral der Faber genannt hat, die aber in dem Bilde
dertiich ausfprechen muß,. wenn: die Babel poetiſch fein fol. Wer
Zwecks, welcher aud) die Erfindung beflimmt, liegt die Fabel auf
>, Poefie und Proſa; felten ſſt fie cin poetiſch, und gefällt abs
a ihrem Zwecke. Das Mohlgefallen an ihr wird nicht bloß erregt -
Irranügen, welches der Wig an ber finnlichen Einkleidung findet,
sat tiefer, in ber anſchaulichen Erfenntnig, daß die Haushaltung
N
17
3%
2 | Faber
retiſche (den Verſtand bitdende); ein Factum der Matur, als Gefeg umt
MWeltorbnung aufgeftelt, übt den Verſtand. So z. B., wenn man mit vol
lem Munde nad) dem Bilde im MWaffer fchnappt; wenn man als Schaf mit
dem Wolfe ftreitet; als Hafe mit dem König Löwen jagt. 2) Sittliche, wel⸗
che Verhaltungsregeln aufftellen für den Willen. Nicht bloße reine Moral
follen voir von den Zhieren lernen, bie große Haushaltung der Natur aber
fehen wir, und erkennen, wie fie die Gluͤckſeligkeit aller Lebendigen an unver:
änberliche, ewige Gefege des Strebens geknüpft hat, 3. B. Gehe hin zus
Ameife, du Träger! 3. Schickſalsfabeln. Nicht immer kann im Naturgange
felbft anſchaulich gemacht werden, wie aus biefem ein Andres durch innere
Gonfequenz folge; da tritt nun bie Verkettung der Begebenheiten, die wit
bald Schickſal, bald Zufall nennen, ins Spiel, und zeigt, wie died und das,
wo nicht aus, fo body nad) einander folgt, durch eine höhere Anordnung.
Der räuberifche Adler trägt mit dem Raube einen Funken vom Altar in fein
Neſt, der es in Flammen fest, und feine unbeficderten Zungen dem zur Beute
gibt, dem er einft treulos die Jungen geraubt. Bei den fchönften Fabeln
diefee Art wird unfere Seele groß und weit, wie die Schöpfung, Nach dies
fer dreifachen Eintheilung des Inhalts und Ganges der Fabel richtet ſich auch
der Vortrag. Im Allgemeinen muß er einfac) fein, damit das Ganze leicht
durchſchauet werde, edel, weil der Gegenftand eine gewiffe Würde hat. Doch
fließt dies den Scherz nicht aus, weil gleihfam mit dem Wunbderbaren ein
Spiel getrichen wird, noch das Satyriſche, weil ein Theil der Fabeln auf
Ironie ruht; einige find rührend, und die Schidfalsfabrin ſtreifen an dag
Erhabene hin. Einfach, heiter und ernft in ihrer Darffellung waren die alten
Sabuliften (Fabeldichter); die diteften Fabeln glaubt man in dem Drient
zu finden. Hier find die indifchen Zabeln des Bidpai oder Bilpai, und
die Kabeln bes Arabers Lockman berühmt (f. diefe Art). Unter den Grie:
hen ift Äfop allbekannt, welchen Phaͤdrus unter den Roͤmern nachahmte.
Deutſche Fabeln aus der Zeit der Minnefinger gab Bodmer heraus. Boner,
der am Schluffe des 14. Jahrh. lebte, iſt al& treuherziger Kabeldichter durch
feinen Edelſtein bekannt. Der Verfaſſer des „Reineke der Fuchs“ lieferte eine
epifche Fabelnreihe. Burkard Waldis ift aus dem 16. Jahrh. anzuführen,
Am 17. zeichnete ſich der englifche Kabelbichter Sohn Gay aus, unter ben
Stanzofen Lafontaine. Diefer führte den Scherz ein, und ſprach im gefel
ligen Weltton. Leffing, Pfeffel u. A. befreundeten die Kabel mit der Satyrı
durch den Stachel des Sinngedichts. In jedem kann man zu viel thun, une
befonders hat ein gewiffes fcherzhaft fein follendes Geſchwaͤtz die Kabel nicht
nur breit, fondern wol gar verächtlid gemacht, das Haſchen nad, Wig fie aus
ihrer Sphäre geruͤckt. Manches Hiftöcchen, das wir unter den Fabeln fehen,
mag wigig, ſinnreich und anmuthig fein, nur eine Babel iſt es nicht. Die
Form der Zabel ift übrigens verjchieden; es gibt bloß erzählende und bialogis
fit. (©. Mythen, Mythologie.) dd.
Saber (Theod. v.), k. ruffifher Staatsrath, mehrer Orden Commans
deur und Ritter, geb. zu Riga 1768, hatte in der früheften Kindheit feine
Üttern verloren und ward von feinem Vormunde nad) Deutſchland geſchickt.
Er befuchte die Schulen in Magdeburg, wo Funk und Refewig als Paͤdago⸗
gen verdienftlic, wirkten. Er ging nad) Halle, ald Forſter und Water, Ebers
hardt, Niemeyer, Karften, Bahrdt, Semter dort blühten;s nach Jena, als
Eichhorn, Schü, Loder dort glänzten. Zu Gommilitonen hatte cr bier
Storch, nachmals Lehrer der ruſſiſchen Großfürften, den verſt. Schlichtegroll,
Mündy u. A. 1787 begab er ſich nad Strasburg; die war. die Epoche
der Notablen in Frankreich, dann der allgemeinen Stände. 1789 befand er
rettete ihn vom Untergange, ber ihm in Ungarn bevorſtand. Geine
fe war im der öfter. Gefangenfchaft, ſowie in der franz. Armee Ges
3 geblieben. Mad) Parid unter dem Directorium zuruͤckgekehrt, erhielt
ae Sntlaffung aus dem Militairdienſte. Er warb darauf bei ber
ldetwaltung des Moers Depart. in Aachen angeftellt, nachher mußte
Cemmiffair der vollziehenden Gewalt im Klevefchen, bei der erſten Or⸗
Era des Landes, mitwirken. Hier lernte cr das innere Östriche der
Staarsverwaltung praktiſch kennen. Nach Ruhe ſich fehnend, gelang
Rn, einen Ruf als Profeſſor der franz. Literatur und Sprache an der
Site su Köln zu erhalten, wo er Wallraf, Daniels, den Mathe
rt Kramp, ben nachher in Moskau verft. Profeflor Reinhard, Bruder
zrmtrigen franz. Gefandten am Bundestage, zu Gollegen hatte. "Miet
= anfangs in Verbindung, nachher allein, fchrieb er den Beobachter im
-Derart. Er hatte inzwifchen von Köln aus, nicht ohne Gefahr, feine
ntiısen mit feinem Vaterlande wieder angefnüpft. Gegen Ende 1805
zn sen Fürften Czartoriski, damals Gurator ber Univerfitit Wilna,
r ef en dieſelbe. Diefer literarifhe Muf war aber bloß ein Wors
; dur bei dem ruffifchen Sefandten zu Berlin fand der Berufene die
zz ver, fi nach Petersburg zu begeben, wo der Fuͤrſt, welcher damals
Perfezide des Minifteriums der auswaͤrt. Verhaltniffe hatte, ihn bei
ı Minifterium zu gebrauchen dachte. Anfangs hatte man den Plan,
ira einen Antis Moniteur fchreiben zu laffen, aber verſchicdene Umſtaͤnde
tun tie Ausführung. — Unabhängig von der Regierung und aus
Matelna, benutzte der Zuruͤckgekehrte feine freien Stunden, um feine
r über das Syſtem und den Mann, welche damals die Melt bes
wa, in einem Buche nicderzulegen: „Notices sur linterieur de la
e ecrites en 1806“ (Petersburg 1807). Der Friede von Tilſit
derre die Erfcheinung des 2. Theils. Die Verbreitung diefer Schrift
tin Buchhandel warb unmöglich gemacht. Sie ward in London, ohne
ı tes Verfaffers, unter d. Zitel: „Offrandes A Bonaparte‘, wieder
st. In Petersburg gab er 1807 heraus: „Observutions sur Par-
sauna bi Var Taste hal @ilninahraen ASNRN Ri Ram
4 Fabier Sabre d'Eglantine
weil andere Arbeiten ihn in Anſpruch nahmen. Waͤhrend des Befrelungs
krieges ſchrieb er: „Beitraͤge zur Charakteriſtik der franz. Staatsverfaſſung
und Staatsverwaltung“ (1. Th., Königsberg 1815). 1816 ward er der
ruffifchen Gefandtfchaft am deutfhen Bundestage beigeorbnet, bann auf dem
Congreß zu Aachen zum Staatsrath erhoben.
Fabier, ein berühmtes altes Geſchlecht der Roͤmer. Die ganze
ſtreitbare Mannſchaft deſſelben (306 an der Zahl) kaͤmpften einſt (477 v.
Chr.) vereint gegen die Vejenter am Fluͤßchen Cremera, und Alle ſtarben
den Heldentod fuͤrs Vaterland.
Sabius Maximus Quintus), mit dem Beinamen Cunctator,
der Zauderer, einer der größten Felbheren des alten Roms, rettete fein Va⸗
terland, al& es nach ber Niederlage am Zrafimen dem Untergange nahe fchien,
und Hannibal mit feinem fiegreichen Heere gegen die Hauptftadt im Anzuge
war. In jenem entfcheidenden Zeitpunfte trat Fabius als Dictator an die
Spitze der römifchen Legionen, und entwarf, da er fein Heer muthlos, das
feindliche aber furchtbar und zahlreich fand, um nicht das Schidfal der Re⸗
publik auf den Ausgang einer Schlacht zu feßen, den Plan, jedes Treffen.
zu vermeiden, und feinen mächtigen Zeind durch Maͤrſche und Zaubern zu.
ermüden und zu entkraͤften. Hannibal, ber feinen gefährlichen Gegne® wohl.
erfannte, lich ihm fügen, um Ihn zu einer Schlacht zu reizen: „Wenn Far”
bius ein fo großer Feldherr ift, ald er uns glauben machen will, fo ſteige
er herab in die Ebene, und nehme bie Schladht an, die ich ihm biete.
Fabins aber antwortete ihm kalt: „Wenn Hannibal ein fo großer Feldherr
iſt, als er glaubt, ſo zwing er mich, ſie anzunehmen.“ Unzufrieden mit ſei⸗
nen Zoͤgerungen, deren Grund fie falſch deuteten, tiefen die Römer ihn unter“
dem Vorwande zurüd, einem feierlichen Opfer beisumohnen, und uͤberttugen
unterdeß die Hälfte feiner Gewalt dem Minutius Felix, der ebenſo verwe⸗
gen, als Fabius vorfihtig war. Schon war biefer in einem Hinterhalt des
puniſchen Feldherrn gefallen und einer Niederlage nahe, als Fabius noch zei⸗
tig genug herbeieilte und ihn rettete. Bon Dankbarkeit durchdrungen, gab“
ihm Minutius feine Truppen zurüd, um von ihm ſchlagen und fiegen zu lernen. -
Als er, nach Beendigung bed Feldzuges, fein Amt niedergelegt hatte, wagte‘:
der neue Conſul, Zerentius Varro, ein aufgeblafener und unwiffender Dann, :
die Schlacht bei Cannd, in welcher bekanntlich das römifche Heer faſt gaͤnze
ih aufgerieben wird. Fabius unterhandelte nad) der Schlacht mit Hannis
bal über das Löfegeld der gefangenen Roͤmer, und als der Senat den Vers!
trag nicht halten wollte, verkaufte er alle feine Güter, um fein Wort zu Ib:
fen. Er ftarb in einem hohen Alter 202 vor Chr. J
abliers und Kabliaur, ſ. Franzoͤſiſche Literatur. *
abre d' Eglautine (Philippe Francois) ‚ geb. zu Carcaſſonne
1755, in einer bürgerlichen Familie, hatte ſich in feiner Jugend vielfachen Aute,
ſchweifungen überlaffen, ward Soldat und nachher Schaufpieler. Er
fplelte auf den Theatern zu Genf, Lyon und Brüffel, ohne großen Beifall
Beliebter war er als Geſellſchafter und durch fein Dichtertalent. Schon in
feinem 16. Jahre fchrieb er ein Gedicht: „L’etude de la nature‘‘, zur,
Preisbewerbung bei der franz. Akademie 1771. Als er fpäter bei den Blu⸗
menfplelen zu Toulouſe den Preis ber wilden Roſe (Eglantine) erhalten,
hatte, fügte er diefed Wort feinem Namen bei. Er fchrieb jegt mehre Thea⸗
, wovon jedoch nur „L’intrigue épistolairo““ und der „Phili
de Molitre‘‘ Gluͤck machten. Letzteres wird noch jegt zu den beſten Cha«.
rakterſtuͤcken der neuern franz. Bühne gerechnet. Won chrgeizigem Charakter,
nahm er bald an der Revolution Antheil, verband ſich mit Danton, Eaccoif,
y
Fabretti
am Camllla Desmoulins, ſchrieb mehre revoluffonatte Schriften, und wir
ia den Auftritten des 10. Aug. mit. Er wurde von Paris zum Abgeoı
netin bei der Mationalverfammlung ernannt, zeigte anfangs gemäßigte Grun
he, ſtimmte aber nachher für den Tod Ludwigs XVI. ohne Appellatio
ed wurde Mitglied des Wohlfahrtsausſchuſſes. Er zeugte gegen die Giro:
tilien und gegen Briffot, und war Berichterftatter Über die Einfhhrung v
reradũtaniſchen Calenders, wobei er viel Unmiffenheit in afttonomifchen Kenn
sites verrieth. Späterhin machte er ſich den Sacobinern verdächtig, man befchu
Bist ten des Royalismus, und er wurde am 5. Aprit 1794 zum Tode verurtheil
Fabretti (Rafael), einer der größten Alterthumsforfcher, geb. 161
zx Urdino im Kirchenſtaate, beftimmte fid) dem Stubium der Rechtswiſſer
Eken auf Der Schule zu Cagli, wofelbft ee im 18. Sahre den Doctorhı
at Hierauf ging er nah Rom, wo ein Älterer Bruder von ihm, St—
An, 08 angefchener Rechtsanwalt lebte. Auf diefem claffifchen, m
tr Merten des Alterthums bedediten Boden gewann er jene Wiſſenſcha
bid, in welcher er fidy durch gründliches Studium, Scharfiinn und Geift f
geien Ruhm erwarb. Die Gunft einiger Großen unterftügte ihn mädht!
er’ ter brsomenen Bahn. Durch den Gardinal Lorenzo Imperiall i
Ermte geſchaͤften nad) Spanien gefendet, warb er, nad) glüdlicher Beendi
gx5 terfeiben, von Alerander VII. zum Schagmeifter des heil. Stuhlet
ur br darauf zum Rechtsanwalt der päpftlihen Gefandtfchaft bei der
mtr Scfe ernannt. Die Muse, welche ihm diefer Poften dreizehn Jahr
kich sernährte, warb von ihm zur Vervollkommnung in den archaͤolo
Een Siſſenſchaften benutzt. Dann glüdte es ihm, die römifchen Alter
ums achmals an Orte und Stelle genau zu unterſuchen, als der Nun
as, Girio Bonelli, in Spanien zum Cardinal ernannt, ihn mit zuruͤck nad
Sn um. Auf der Reiſe durch Frankreich und Oberitalien unterfucht
gern ai ihm aufftoßende Denkmäler des Alterthums, und ſchloß mit bei
bereiten Gelehrten feines Faches, mit Menage, Mabillon, Hardouin un
orrsucon dauernde Verbindungen. Bei feinee Ankunft in Rom ward er
zam Ipsüstiendrath am capitolinifchen Gerichtshofe befördert: ein Amt, wei
ces ibm Finceihende Muße gewährte, feinen Lieblingsbefhäftigungen uner
ni sssulisgen. Bald wies ihm das Vertrauen des Cardinals Gefi ein
Setze Saurkahn an. Er mußte diefen Deren, der die Legatur von Urbine
encen hatte, als Mechtsbeiftand begleiten und erhielt dadurch Gelegenheit
ſecrem Bazerlande ſich vielfach nüslich zu erweifen. Rah 3 Jahren Eehrt:
er ash Rom zurüd, das er nun nicht mehr verließ, und fand daſelbſt ar
La Vicar von Innocenz XI., dem Cardinal Gasparo Carpegna, einen
mitten Beſchuͤtzetr. Von jetzt an überließ ſich Falcetti gaͤnzlich feinem
Erftt fur die Alterthumskunde. Die erſten Werke von ihm in dieſem Fa:
ee drei Differtationen Über die römifchen Aquaͤducte und f. „Syntagına
de columna Trajani‘*) erwarben ihm die; Anerkennung aller Männer vor
ks$, auſsgenommen des Holländer Gronovius, mit welchem er wegen Auß:
ung einiger Stellen im Zitus Livius in eine Schde gerieth, bie von bei-
ia nicht chne Verlegung ded guten Tons geführt wurde. Mit berfelben
Ge.ettſamtkeit unterſuchte Fabretti fpäter die dermalen in Mufeo Capitolino
Kaasicun und auf die Belagerung von Troja Bezug habenden Vasreliefs
dr ın:er dem Namen Table iliaque befannt find, fowie die vom Kaiſer
Eundıus angelegten unterirbifhen Candle zum Abflug der Gewaͤſſer bet
E::3 Fucinus, und fowol bier, als bei Erklärung der zahlreichen von ihm
resedten und gefammelten Ssnfchriften, zeigte ee die ganze Ziefe feiner arı
Siisgucden und archfographifchen Acnntniffe. Carpegna hatte ihm die Aufı
6 Fabricius (Cajus)
ſicht uͤbet das ſogenannte unterirdiſche Nom oder die Katakomben anvertraut;
die Schaͤtze, welche Fabretti hier zu Tage foͤrderte, und mit denen er zum
Theil ſein Haus zu Urbino und ſeinen Landſitz ausſchmuͤckte, wurden der
Gegenſtand feines legten Werkes. Gleichen Schuß, wie der Eardinal Cars
egna, ließ ihm auch Alexander VIII. (vorher Cardinal Ottoboni) angebeis
en. Er ernannte Fabretti zum Secretario de’memoriali, zum Kanonts
us an der Kirche St.: Marian Transtiberiana, und zulegt zum Kanonicus
bei St. Peter. Aleranderd Nachfolger, Innocens XII., madıte ihn zum
Dberauffcher des geheimen Archivs der Engelöburg, welchen Pla der Alters
thumsforfcher bis an fein Ende (1700) behielt. Mehre Abhandlungen Fa⸗
bretti’6 erfchienen erft nad) feinem Tode; feine Lebensbefchreibung, verfaßt
von feinem Nachfelger Im Amte als Auffeher des geheimen Archivs, dem
Cardinal Nivieri, befindet fi in Crescimbeni’d ,„Vite degli Arcadi illu-
atri““, ſowie eine andere von dem Abbe Macotti verfaßte, in Fabron''s
„ Vitae illustrium Italorum““. Fabretti's reihe Sammlung an In—
fchriften und Monumenten wurde vom Garbinal Stopani, welcher unter
Benebitt XIV. Urbino verwaltete, gekauft, und befindet ſich jeßt im herzogs
lichen Palaſt daſelbſt. Man erzählt, dag Kabretti’d Pferd, auf welchem er
feine Ereurfionen in die Umgegenden von Rom machte, nad) und nad) darffh ges
wöhnt, vor jedem Monımente ftchen zu bleiben, oft auch dann nicht weiter
gegangen ſei, wenn fein in Gedanken verlorener Reiter vielleicht eine am Wege
liegende, halbverſchuͤttete Snfchrift nicht bemerkte, wodurch es nicht felten
Peranlaffung zur Auffindung manches Denkmals gegeben habe. Unter dem
Namen Jaſithous (die gricchifche Überfegung von Fabretti's Vornamen
Mafael), und welcher Benennung er fih aud in feinen Streitfchriften mit
Gronovius bediente, war Fabretti in die Zahl der Arcadier aufgenommen worden,
Fabricius (Cajus), mit dem Beinamen Lufeinus, ein Mufter alte
roͤmiſcher Tugend, vorzüglich durch feine Furchtlofigkeit, Rechtſchaffenheit,
Enthaltfamfeit und Tapferkeit. Nachdem er die Samniter und Lucaner ges
ſchlagen, und fein Vaterland mit großer Beute bereichert hatte, von welcher
allein er nicht3 behielt, wurde er als Gefandter zu dem König von Epirus,
Pytrhus, geſchickt, um die gefangenen römifchen Soldaten auszulöfen.
Pyrrhus wollte den Kabricius, deffen Armuth ihm bekannt war, durch Ges
ſchenke für den Frieden gewinnen; allein Kabricius Iehnte fie ab; eben fo
wenig ließ cr fih von einem Elephanten fchreden, welchen Pyrrhus hinter
einer Tapetenwand hervortreten ließ. Mit Bewunderung entließ ihn Pyrrhus,
und erlaubte den Gefangenen, nach Rom zu den damals einfallenden Satur⸗
nalien zu achen, unter dem Verſprechen, nach der Feier in die Gefangen⸗
ſchaft zuruͤckzukehren, welches fie aud) hielten. Pyrrhus wurde bald fo fir
Fabricius eingenommen, daf er ihm die erfte Stelle in feinem Reiche anbot,
wenn er nad) gefchloffenem Frieden zu ihm kommen wollte, welches Anerbie⸗
ten aber Fabricius freimäthig ablehnte. Als Conful (279 v. Chr.) zwang
ee dem Pyrrhus von neuem Bewunderung ab, indem er ihm Nachricht gab,
daß ſich des Königs eigner Leibarzt erboten habe, ihn gegen eine Belohnung
zu vergiften. „Eher, fügte Pyrrhus, kann die Sonne von ihrem Laufe, als
diefer Römer von dem Wege der Rechtfchaffenheit abgelonet werden.” Aus
Dankbarkeit entlich er bie aefangenen Roͤmer ohne Loͤſegeld. In das J.
279 v. Chr. füllte auch die Schlacht bei Aſculum, in welcher Pyrrhus zwar
fiegte, aber den beften heit feine® Heeres verlor. 275 v. Chr. beffeidete
Fabricius mit dem Amilins Papus das Genforamt; Beide fliefen ben Cor⸗
nelius Rufinus aus dem Senat, weil derfelbe zehn Pfund Silber an Tiſch⸗
geräthen beſaß. Ein Dann, wie Kabricius, konnte nicht reich ſterben; er
Fabricius (Joh. Aber) Fabricius (Joh. Chriftian)
id fo arm, daß feine Tochter aus dem Öffentlichen Schatze verhekrache
zen mußte. Um ihn noch im Tobe zu ehren, wurde von dem Geſetz
der zuoͤlf Zafeln, welches die Begräbniffe in dee Stadt verbot, cine Aus
wi: gemacht. (S. Pyrrhus und Tarent.)
Fabricius (Joh. Albert), ein berühmter beutfcher Gelehrte, umfaßt
beinade ſaͤmmtliche Zweige des menfhlichen Wiſſens, befaß eine unglaublich
Bereſenheit, und einen unerfhöpflihen Schag, befonders philologifcher Kennt
gie, und verftand es, biefen Reihthum auf das vielfeitigfte zu verbreiten,
& mer su Leipzig 1668 geboren, mo er auch Philofophie, Arzneitunde und
Iesse ſtudirte, und lebte hernady In Hamburg als Profeffor ber Beredt⸗
mit and Moralphilofophie am bortigen Gymnaſium. 1719 trug ihm
de Eiztsraf von Heſſen-Darmſtadt die erfte theologifche Profeffur zu Sie
fe ar) die Superintendentur ber lutherifdyen Gemeinden in feinem Lande
2, alkin der Magiſtrat von Hamburg mußte ihn für bie gebotenen Mor
er zu entfchädigen, und er blieb in Hamburg zurüd, wo cr 1736 flach.
Er Meiter der Gruͤndlichkeit, Vielſeitigkeit und Fülle der Gelehrſamkeit if
. Trtelung der griechifchen Literatur: die von Harled fortgefegte „Bi-
küstheca graeca‘‘. Nicht minder brauchbar find feine „ Bibliotheca la-
m'% die „„Bibliotheca mediae ct infimae aetatis‘‘, „Bibliotheca
eckstisstica““ und „Bibliographia antiquaria“. überdies zeugen von
Kam eumtiichen und audgebreiteten Kenntniffen f. Ausg. ded Sertus Em
>223 and ſ. Anmerf, zum Dio Caſſius. S. Schroͤckh's Lebensbeſchreibun⸗
7,2. S. 34 fa.
Zabricius (Joh. Ehriffian), der berühmtefte Entomolog des 18,
Seh, sh. zu Zundern im Herzogthum Schleswig 1738. Nachdem er
a A Irdre feinen akademiſchen Curſus zu Kopenhagen vollendet hatte,
ru = m Leiden, Edinburg und Freiberg in Sachſen, dann in Upfala un
ir Eraser fine Studien fort. Menige Schüler des großen Mannes haben
va Umereiche deffeiben beffer benugt als Fabricius. Seine Werke über bie
ersanogie zeigen unverkennbar die Grundfäge, die Methode, ja fogar bie
dam des Ausdruds von Linne, angewandt auf die Entwidelung einer
im, neren, ylüdlihen und fruchtbaren Idee. Fabricius fuchte keines⸗
r2#9 32 derbergen, was er feinem Lehrer zu verdunten hatte. Auch bat cr
we Nacaroelt vielleicht das Bedeutendſte Hinterlaffen, was zur vollſtaͤndigen
Ge: ziopie des großen Maturforfchers gehört. Durch den Umgang mit dem⸗
em werte in ihm die erfte Idee feines Syſtems, die Inſekten nad) dem
Lrane des Mundes zu ordnen, rege, und er ſchlug Linne vor, davon in
‘ce zen Ausgabe feines ‚,Systema naturae ‘* Gebrauch zu machen, mel
34 Unne aber ablehnte. Fabricius erhielt bald darauf die Stelle eines
Lrters der Naturgeſchichte an der Univerfität zu Kiel; nun gab er fid) ganz
un Lieblingeſtudium bin. 1775 erfhien fein „Spftem der Entomologie‘,
"2 dieſe MWiffenichaft eine ganz neue Geſtalt befam. Zwei Jahre nadye
fe catrideite er in einem zweiten Werke die Charaktere der Claffen und
Im, und zeigte in den Prolegomenen die Vortheile feiner Methode. 1778
mt. cc f. „Philosophia entomulogica “, nad) dem Mufter der „Pld-
bscplua botanica“* von Linne bekannt. Won dieler Zeit bis zu feinem
te, cite fait 30 Jahre lang, war er unaufhörlich befchäftigt, fein Syoſtem
Su seiten, und es unter verſchiednen Kormen in Werfen von verfchiede
r.: Benennung darlegen. Er durchreifte faft jedes Jahr einen Theil
Exre:3, befuchte die Muſeen, Enüpfte Bekanntfchaften mit Gelchrten an,
5 beſchrieb mit unermuͤdeter Xihätigkeit die noch unbekannten Inſekten, die
e kenn lernte. Alkin in dem Mage, wie die Zahl ber Arten unter ſeiner
8 Fabrik Facciolato
fleißfigen Fedes wuchs, wurden auch bie Kennzeichen der Gattungen und feldf
die Claſſen ungewiſſer und willkuͤrlicher, ſodaß, aus dieſem Geſichtspunkt
betrachtet, feine neueſten Schriften den aͤltern faſt nachſtehen. Die Grundla
ge, die er angenommen hatte, war vortrefflich, allein fie Eonnte ihn nidy
tie er meinte, zu einem Syſteme der Natur, ſondern bloß zu einer natuͤr
lichen Methode führen. Er flarb d. 3. März 1808. ©. feine Autobiogt
in ben „Kielee Blättern” I, 1. (1819).
' Fabrik, die Werkſtatt oder Anftalt, wo Waaren im Ganzen verfe
tigt werden. Der Unternehmer ober Herr der Fabrik, heißt Fabricant
die Arbeiter Sabrikarbeiter oder Manufacturiften. Die Fabrik heißt auc
Manufactur, inpiefern dabei auf die Art von Arbeit gefehen wird. Fabr
deutet die Art diefer Arbeit an. Die fonfligen Unterfchiede, die man zw
ſchen Fabrik und Manufacturer angibt; find ungegruͤndet. Fabricat, ma
in der Fahrik verfertige worden ift. In der Malerei verfteht man unter Fi
briken alle von dem Mater in feinem Gemälde dargeftellten Gebäude, befor
ders wenn fie, wie bei Landfchaften und in Hintergründen hiftorifcher Con
pofitionen, nicht der Hauptgegenitand des Gemaͤldes find,
Fabroni (Angelo), ein berühmter italienifcher Biograph des 11
Jahrh., geb. zu Marradi im Toscaniſchen 1732. Er fludirte in Mom i
dem Gollegio Bandinellt Logik, Phyſik, Metaphyſik und. Geometrie ur
ſchrieb das Leben Clemens XII. Unterftüst und aufgemuntert in feine
Studien, faßte er den Gedanken, das Leben der ital. Gelehrten zu befchre
ben, welche im 17. und 18. Jahrh. geblüht Hatten, und verwandte auf bi
ſes Werk, wovon der erfte Band 1766 erfchien, feine angeftrengtefte Thaͤti—
keit. Seinem Gluͤcke ſtellten ſich viele Hinderniffe in den Weg, unter ai
dern auch die Feindfchaft der Sefuiten. Er begab ſich daher nad) Floren
wo er 1767 vom Großherzog Leopold die Stelle eines Priors erhielt, ur
nun feine Zeit zwiſchen ben geifttichen Geſchaͤften und literarifchen Arbeit
theilte. 1769 reiſte er nach Rom, wurde von Clemens XIV. mit groß
Sreundfchaft empfangen, und zu einem Prälaten der pipftlihen Kammer e
nannt; doch er Eehrte nach Florenz zuruͤck, und gab hier Briefe von Geleh
ten des 17. Jahrh. aus den Archiven der Medici heraus. 1773 warb
zum Erzicher der großiherzoglichen Prinzen ernannt; nun gewann er Ze
ſich wieder mit feinen Biographien zu befchäftigen. Er machte Reifen tı
Ausland, befuchte Wien, Dresden und Berlin. Sn feinen legten Lebenbja
ren befchäftigte er fi) mit theologifhen Arbeiten, und flarb 1803. D
eſte Ausgabe feiner „Vitae Italoram doctrina excellentiun qui saecu
VU. et XVIII. floruerunt“ ift zu Pifa 1778 — 99 in 18 Bd
erfchienen, Der 19. und 20. Bd. kamen nad) feinem Tode hinzu, wov
der eine fein eignes Leben enthält, von ihm feibft gefchrieben bis 1850
Diefes Werk, von 167 Lebensbeſchreibungen, gehört unter die vorzüglichft
feiner Art, und umſchließt einen Schatz von Gelchrfamteit.
Facade, die Aufenfeite oder äußere Anficht eines Gebäudes. W
mon an den meiften Gchäuden nur Eine Außenfeite zu fehen bekommt, |
nad der Straße chende, fo hat man diefe Aufenfeite mit dem Hauptei
gange auch vorzugsweiſe Fagade genannt. As Wert fchoner Baukur
muß fie ein Ganzes bilden, deſſen Theile ein fchönes Verhaͤltniß an fi
eine fommetrifche Stellung aegen einander ıumdb Harmonie im Ganzen habı
und in ihr muß ſich vorstialich der Charakter des Gebaͤudes ausfprecden.
Facciolato (Giacomo), cin ttalienifcher Philolog, geb. zu Torreg
unweit Padua 1682. Die Anlagen des Knaben veranlaften den Cardir
Darbarigo, ihn ins Seminar zu Padua aufzunchmen, Hier wurde er
aach dem Muſter des italienifhen Woͤrterbuchs della Crufca, ent ⸗
ke. Diefes ungeheure Unternehmen beſchaͤftigte beide faſt 40 Jah ⸗
iclato leitete es, und Forcellini führte es faſt ganz aus. Mit dem»
rälfen und einigen andern beforgte Facciolato auch neue Ausg.
triten des Schrevelius und dem „Lexicon Ciceronianum“ von
Er tieh viele Inteinifche Reden drucken, welche fid durch bie claffis
amı der Cicerenianifchen Style auszeichnen, aber von ihrem Vorbilde
icite Kürze unterſcheiden. Er feste die Geſchichte der Univerſitaͤt
weiche Pappadopoli bis 1740 gebracht hatte. Er farb 1769.
ichiager Waffer, ein Mineralmaffer, das in ziemlicher Stärke
Darf: Fachingen an ber Lahn, im Herzoath. Naffau, nicht fern
i, ratdringt. Es ward gegen die Mitte des vorigen Jahrh. ent⸗
is it ganz Bar, entwidelt viele Luftblaſen, ſchmeckt angenehm ſaͤuer⸗
3, ed falzig und erfrifchend. Badeanſtalten find nicht bier; das
za num verfendet, und hält ſich fo wohl, daf, nadybem man davon
a Verzebirge der guten Hoffnung verſchickt, und nach Jahren Fla—
mit mwder nach Holland gebracht, es body nichts von feinem (Bes
oↄrca. 1803 wurden dıber 300,000 Kruͤge veriendet. Außer dom
em Gebraudy dient died Waſſer noch zur Erquidung und Stär«
i fhreüter Sommerbige und nad) genoffenen hitzigen Getränten.
im und Zuder ſchnell vor dem Verbraufen gettunten, hebt es die
und Neroenkräfte, nach gehabten koͤrpetlichen Anftrengungen oder
ner Hise, fehr fhnell. ©. Thielenlus s Beſchreibung des Fachin⸗
cralwaſſers·· (Marburg 1799).
deitanz. Xanz und Mufit waren ſchon bei Griechen und Roͤ—
ai nethwendige Erfoderniffe zur Verherelihung eines Feſtes; vor
ten fie bei der Hochzeitfeier nicht fehlen, welche ſich damit enbigte,
Bertebte ihrem Bräutigam ins Haus geführt wurde, wobei ihr ein
‚ der den Hymen vorftellte, die brennende Hochzeitfackel vortrug,
men zur Werberrlihung dieſes Gottes gefungen wurden. Die Roͤ—
Se tiefe Gebräuche von den Griechen angenommen hatten, mifchten
main hinsin. Diek fcheint der Arfornma ha Karkeltanzen an fein.
.12 Fahneneid Fahrbuͤchſe
wo fein Vater gu jener Zelt als oͤſtr. Rittmelſter ſtand. Der urfpruͤn
Name ſeiner Familie war Mayer, den aber einer ſeiner Vorfahren, de
bei der Belagerung der Stadt Freiburg im Breisgau durch den franz.
ſchall von Villars um die Rettung der Stadt verdient gemacht hatte,
eines kaiſerl. Adelsbriefs in Fahnenberg verwandelte. Nach dem Tode
Vaters ging F. nach Wetzlar, wo ſein muͤtterlicher Großvater die Stelle
Reichskammergerichts-Aſſeſſors bekleidete. Der junge F. beſuchte dor
Gymnaſium und ſtudirte ſpaͤter in Wuͤrzburg und Heidelberg die Recht
ſenſchaften mit einem Erfolg, der ihn zu einem der gruͤndlichſten Red
lehrten machte. 1773 trat er als Secretair in oͤſtr. Dienſte, und e
den ſchmeichelhaften Auftrag, unter Aufſicht feines Oheims, des oͤſtr.
rectorialgefandten von Borie in Megensburg, ein Mepertorium übe
Urkunden des weſtfaͤliſchen Friedens zu verfaffen. Diefe Arbeit, welche
fo ausgebreitete hiſtoriſche als publiciſtiſche Kenntniffe erfoderte, wurde vor
binnen zwei Sahren zu Stande gebracht; dabei befchäftigte ihn nod
Meichötagsprarie. 1775 ward er zum vorderoͤſtr. Regierungsrathe in.
burg ernannt, und erhielt, ein Jahr fpäter, die burgundifche Prafentation
Kammergeriht. 1782 trat ee wirklich beim Reichskammergericht
nachdem er bis dahin feine Stelle in Freiburg mit jenem Eifer und
ſtrengen Redlichkeit verfehen hatte, die einen Hauptzug feines Charaktere
chen. Als Directorialgefandter in Regensburg benahm fit) Herr v
in einer verhängnißvollen Zeit ald Mann von Grundfägen, Energie und
nee, deutfcher Geſinnung. Die Auflöfung des germanifdyen Bundes v
laßte ihn, ins Privatleben zuruͤckzutreten, und wenn je von einem ruhı
Staatemanne das otium cıun dismitate gegolten, fo kann es von ihn
fagt werden. Er lebt jest in Mien ſich und den Wiffenfchaften. -
Kaifer hat ihm zum Zeichen feiner Zufriedenheit mit fo vielfady erpt
Treue, die ganze Directorialbefoldung gelaffen. F.'s biftorifche und pu
ftifhe Schriften, unter denen wir nur feiner Geſchichte des Reiche
mergerichtö unter den Reichsvicarien erwaͤhnen, find mit einer Gruͤndli—
abgefaßt, welche in ähnlihen Merken unferer Tage nicht immer gefu
werden. Won einigen noch ungebrudten wäre die Bekanntmachung
wuͤnſchen.
Fahneneid, der Soldateneid, weil die Soldaten auf die F
ſchwoͤren muͤſſen. — Fahnenlehen, ein kaiſerliches Lehen, weil es
mals mit Überreihung einer Fahne verliehen ward, welches in ber |
vermitteld eines Schwertes geſchah, beffen Kopf der auf dem Throne fil
Kaifer den Vaſallen nad) abyelegtem Lehneide Füffen ließ. — Fahrn
ſchmied, ein Feldſchmied bei einer Sahne der Reiterei. — Bahnenfd
die lederne Scheide, worein das Untertheil der Fahnenſtange geſteckt wird
Fahnenſchwung, die feierliche Ehrlichmachung eines durch ein Ve
chen oder eine Beſchimpfung unehrlich gewordenen Soldaten. — Fahn
wace, die Mache vor der erften Linie des Lagers.
Sahrbüchfe, diejenige Buͤchſe, in welche der Münzivarbein
Stuͤck von jeder geprägten Münze eimvarf, um fie nachher auf Krei
bationstagen nach dem Schmelz» und Tiegelregiſter gehörig untsrfuchen zu
fen. — Fahrende Habe oder Kahrnig, im deutfchen Rechte, be
liche Güter, ober altes dasjenige, mas von einem Orte zum andern geb
werden kann, und den liegenden Gründen entgegengefebt if. Desgle
aud) Hausgeraͤth, im Segenfag von Geld und Kleinodien. — Fahrre
foviel als Strandrecht (f. d.), auch das an deſſen Stelle eingefi
Bergegeld. — Fahrt beins Bergweſen, cine Leiter, wodurch man ir
L feine Lehrer umd Freunde wurden. 1720 kam er zuerft auf die
het Queckſilbers ſtatt des bis dahin üblichen Weingeiſtes, bei An⸗
der Thermometer, zu bedienen, ein Verfahren, wodurd dies Ins
wyemein an Genauigkeit gewann; er nahm babei für die Grenze
ca möglichen Kälte diejenige an, bie er im Winter 1709 zu Dans
Bert harte, und bie er immer wieber hervorbringen Eonnte, wenn
x und Sutmiak. zu gleichen Theilen mifchte; der Raum zwiſchen
ae, dis zu welchen das Quecfüber bei diefer kunſtlichen Kälte fiel,
arg, den es bei der Siedhitze des Waſſers erftieg, theilte er in
nie; wad hierdurch unterſcheidet fich feine Thermometerfcala von ber
witen (vgl. Thermometer). Er befchreib tdieſes Verfahren ſelbſt
‚Ads, transact.** f. 1724. — Serner befchäftigte ex ſich, waͤhtend ſei⸗
mibeish in Holland (mofelbft er 1740 flarb), mit Anfertigung eines
? am Austrodnen von den Überſchwemmungen ausgefegten Gegens
'weihe er auch ein Privilegium von der Regierung der Niederlande
da Same indeß nicht vollenden konnte, indem ihn ber Tod übers
Die Beinderungen, weldye Gravefande, dem er den Auftrag ertheilt
um Beim feiner Erben das Werk zu vollenden, fpäter baran ans
machten aber das Ganze bei dem erſten Verſuch fo unbrauchbar,
ı fritem bie weitere Ausführung unterlaffen hat. Ausführliche
über Fahtenheit s Thermometertheorie ertheilt Luz s „Anweif. There
ja verfertigen" (Nücnb. 1781).
Hr oder Smaffey iſt in Dftindien eine Art von ſchwaͤrmeriſchen
kie fi) von der Welt abfondern und ber Betrachtung widmen.
ben fi zum Theil durch graufame und Lächerliche Kaftelungen ihs
4 ſich Unterhalt und Ehrfurcht bei dem großen Haufen zu vers
Manche wälzen ſich im Koth, andere halten einen Arm fo lange
bin bie Höhe, biß er völlig erflarrt und lebenslang in dieſer Rich⸗
2%; ncdy andere halten bie Hände fo lange zuſammengedruͤckt, bis
in bie flade ‚Band hineinwachſen und auf der andern Seite
anstommen; wieder andere drehen das Geficht über die Schulter,
narn araen bie Mafenfoiken fo Ianar. bie fie in dieſer Richtuna
14 Falck
dentliche Abneigung gegen Karl I. Als ber Bürgerkrieg ausbrach, ern
ihn das Parlament zum General der Reiter. Er zeichnete ſich durdy
pferfeit, Klugheit und Thätigkeit fo aus, daß ihm das Parlament 1645
des Grafen Effer Stelle, den Heerbefehl übertrug. Zugleich ward ihm €
well mit dem Zitel eines Öenerallieutenants beigegeben. Er erhielt Volln
alle Generale unter feinem Befehle zu ernennen, und ging im April
Mindfor, wo er die neue Armee organifiren wollte. Allein Cromwell
einen ſolchen Einfluß auf ihn gewonnen, daß er alled bei ihm durch
konnte. Daher handelte auch diefer unter Fairfax's Namen. Der $
war von DOrford im Anzuge. Den 14. Juni kam es zur Schlacht, m
Karl verlor. Fairfax unterwarf ſich alles weſtlich von London gelegene $
3098 dann nach Süden, und bloficte Ereter. Überall fiegreich, ruͤckte er
li) vor Oxford, mo eine beträchtlihe Beſatzung ſtand. Der König em
verkleidet aus der Stadt, um fih den Schotten in bie Arme zu we
Drford capitulirte, und Karl I. hatte Bein Heer und keinen feften Piag ı
in England, As Fairfar in London angefommen war, dankte ihm das!
lament durd) eine Deputation, und trug ihm auf, die Summe von 400;
Pf. Sterl. zu begleiten, welche das Parlament der Armee von Schott
für die Auslieferung des Könige gab. Den 30. San. 1646 wurde Ka
den Commiffairen des Parlamentd Übergeben. Fairfar begegnete dem Me
dyen mit vieler Achtung. Das Parlament hatte ihn zum General der
mee emannt, welche man noch beibehalten wollte, nachdem ein Theil vw
ſchiedet, und der andre nad Irland geſchickt worden ſei. Allein die X
pen waren diefer Maßregel nicht geneigt, und Crommell benugte bie,
die Armee zur Empdrung gegen das Parlament zu verleiten, Falıfar w
feine Stelle niederlegen; die Führer des Heers mußten jeboch die Aut
rung dieſes Entfchluffes zu verhindern, und er gab ſich nun den Maße
bin, die man ergriff, um das Parlament zu flürzen. Gegen den 3
deffelben 309 er triumphirend in London ein, und erfuhr bier nicht fo |
daß der König mit Gewalt von Holdenby entführt worden fei, als er ı
denfelben bei Cambridge aufzufuchen. Gern hätte er ihn gerettet, co
Cromwell beberrfchte ihn und die Umſtaͤnde. Nach ded Königs Tode erna
man ihn zum Befehlshaber dee Truppen In England und Irland; a
bei der Erpedition, welche das Parlament 1650 gegen Schottland vorh
weil es fih für Karl II. erklärte, weigerte er fich zu dienen. So er
Grommell den Oberbefehl. Fairfax's fehnlichfter Wunſch war die Wiebe
fegung der koͤnigl. Familie; auch verfuchte er nach) Cromwell's Tode (16
fie thätig zu bewirken, und brachte zu dem Ende felbft ein Heer zufamı
machte fih zum Meiftee von York und erfchien noch einmal auf der Bi
der Welt. Die Graffhaft York wählte ihn zum Deputirten im Pı
ment, und 1660 mar er unter den Abgeordneten, bie nad) dem Haag
fandt wurden, um Karl II. zu veranlaffen, fo ſchnell als möglich die 7
übung feines koͤniglichen Amts zu Übernehmen. Nach Auflöfung diefes 5
laments begab er fid) auf feine Güter, und ſtarb 1671. Seine Lieb
ben Wiffenfchaften hat er durch mehre Schriften, worunter die Denkwuͤr
keiten feines Lebens find, bewaͤhrt.
Falck (Anton Reinhard), k. niederlaͤndiſcher Staatsminiſter, einer
aufgeklaͤrteſten Staatsmaͤnner der Niederlande, geb. 1776 zu Amſterdan
einer anſehnlichen Familie, ſtudirte auf dem amſterdamer Athenaͤum u
dem vortrefflichen Craß; dann beſuchte er deutſche Akademien und verm
laͤngere Zeit in Goͤttingen. In ſeinem Vaterlande eroͤffneten ſich demg
reichen und auf eine ſeltene Weiſe ausgebildeten, dabei von koͤrperlicher
a ccrihten. zaic UND eine tieine anzahi tugner 2usanner vemugs
bes nieberländifche Volk über die Gefahren, welche es bedrohten,
u aufgtären. Unter bem Könige Lubwig lehnte Falck, fo viele
men er auch erhielt, alle Anftellungen bei Hofe und in der neuen
[den Diplomatie ab. Dagegen wurde er Mitglied des neuerrichteten
4, and bald nachher Generalfecretait des Depart. der oflindifchen Ans
ritm. eine Stelle, die er aus Patriotismus nicht glaubte. ablehnen zu
US bie Begebenheiten im Herbſte 1813 eine für die Ftanzoſen
he Vendung nahmen, wendeten die Freunde der niederländifchen
vie Büde nach Deuiſchland; ein Verein unerfchrodener Männer
ib zit km vordringenben Heeren ber Alfücten in Verbindung, um im
Girkiyn Augenblick eine Bewegung zu Gunften des oranifhen Haufes
nm fine. Falck gehörte zu benfelben, und als Hauptmann ber
wur Ratisnalgarde wurde er die Seele ber zahlreichen Bürger, wel⸗
& afieepfeen bereit waren, ihrem unglüdlichen Vaterlande feine vers
Buekköngiteit wieder zu verſchaffen. Er entwidelte in diefen fritis
Batman ebenfo viel Muth als Klugheit, und kein Name tar
? Beit in den Niederlanden mehr gefeiert als der feinige. Profeffor
: Pam fagt in feinem „Dentmal ‘auf Hollande Wiederherſtellung“
kstak von Nederlands herstelling), einem Meifterftüct der Beredt⸗
in beländifcher Sprache, von Falk: „Es gibt wenige Menfchen,
1 große Eigenſchaften des Herzens und des Geiſtes zufammen vereis
W Falck; gebildet durch das Leſen ber Alten und die tieffinnigften
‚ melde ihm als Gelehrten einen Plag unter den erften niederländfe
ihren im Mationalinftitut verfhafft haben; auögeftattet mit Bie⸗
m einem geläuterten Geſchmacke; großer Menfchentenner, außerors
witerfahren umb weltgebilbet, ift er allenthalben an feiner Stelle, fos
Eirkel der Gelehrten, als in ber guten Gefellfhaft und in ben
m ber Staatsmaͤnner.“ Zuerft Generalfecretaie ber proviforifchen
is welche ſich bei der Entfernung ber Sranzofen im Haag gebilbet
zte 5. nach der Ankunft des Prinzen von Oranlen aus England
am derfelbe als Fuͤrſt der Niederlande proclamirt war, zum Staates
16 ° Falconet Falk
der holländifchen Civiliſation auf die Völker des nördlichen Europa;
ders der Dinen” (in den Memoiren bes nieberländifchen Inſtituts),
als ein Meifterftuß Hiftorifcher Forſchung betrachtet wird.
Balconer (Etienne Maurice), ein berühmter Bildhauer, geb. ;
is 1716 von wenig bemittelten Ältern, die von den Grenzen Piemon
ftammten. As Lehrling eines gemeinen Holzſchneiders, der Peruͤck
und dergl. Dinge verfertigte, hörte er von dem Bildhauer Lemoine
magte e8, 17 Sabre alt, ihm einige Arbeiten zu zeigen, bie er in
Mußeftunden verfertige hatte. Lemoine nahm ihn in feiner Werkſtaͤt
und unterftüste ihn. Nach ſechs Sahren hatte er ſolche Kortfchritte gı
daß feine Statue, den Milo von Krotona vorftellend, ihm die Aufnal
die Akademie (1745) verfchaffte. Man hält diefe Arbeit für eine ber
der neuern Skulptur. Auch lernte er die Iateinifche und italienifche
he, und madıte ſich mit den Werden der griehifchen Philofophen b
Zu feinen Kunfterzeugniffen aus jener Zeit gehören: ein Pygmalion
Badende, ein drohender Amor. Für die Kirdye von St.⸗Roch arbe
einen fterbenden Chriftus, und mehre andere Werke für Kirchen. 17
ihn Katharina IT. nad) Petersburg ein, um die Statue Peters bes |
zu verfertigen. Dies Denkmal, welches zu den ausgezeichnetften Werl
neuern Zeit gehört, und den großen Monarchen nebft dem Pferde, au
tall gegoffen, auf einem Felſen darftellt, die Schlange des Neides un
Süße tretend, befchäftigte Kualconet 12 Jahre. Katharina U. wurd
Kuͤnſtler perfönlicy geroogen, und unterhielt fiy oft und gern mit ihm
doch entzog fie ihm fpäter ihre Gunſt; auch erhielt er für feine Arbeit
weiter ale den bedungenen Preis. 1778 Eehrte er nach Paris zurüd
ſchickte ſich nad einigen Jahren an, eine Reife nad) Stalin zu ı
woran ihm aber eine Krankheit hindert. Er ftarb 1791. Er hat n
nige Schüler gezogen, allein mehre Schriften verfaßt, welche viel Zr
enchalten. Bemerkenswerth find f. „Refllexions sur la sculpture ‘
wie f. ‚ Observations sur la statue de Marc Aurele‘“.
Falieri (Marino), Doge von Venedig, in der Dlitte ded 14. -
war vorher Befehlshaber der Truppen der Republik bei ber Belagerun
Zara im Dalmatien, wo er einen glänzenden Sieg uͤber den König vi
garn erfocht, dann Gefandter der Republit in Genua und Rom.
Charakter ift hifkorifch treu gezeichnet in Byron's Zrauerfpiel „Falieri“
don 1821), wozu Folgendes aus Falieri's Leben den Stoff gegeben hat.
Datricier, Michael Steno, verliebte fi in ein Fräulein im Gefolge di
gareſſa. Getäufcht in feinen Abfichten, ſuchte er fid) durch einige Ze
eächen, welche für die Gemahlin des Doge Eränkend waren, und weßh
Doge, ein Mann von wilden, furchtbar aufbraufenden Zemperamente,
Beflrafung foderte. Da nun dem Patricier bloß kurze Gefängnißftr
erkannt wurde, fo befchloß Falieri, an ber gefammten ſtolzen Ariſtokra
er von ganzer Seele haßte, furchtbare Rache zu nehmen, und bilde
Verſchwoͤtung, um an einem beflimmten Tage alle Senatoren zu er
und die Macht des Senats zu vernichten. Allein wenig Augenblide,
der Plan ausgeführt werden follte, wurde er verrathen, und der De
den Verſchworenen verhaftet und hingerichtet. Dice geſchah 1355.
über dieſe legte Befeſtigung ded von dem Doge Gradenigo 129
geführten Erbariſtokratismus erzählt Daru in feiner „Hist. de Ve
Falk (Joh. Dan.), großherzogl. f. weimar. Legationsrath, ı
Danzig 1770. Seine früh erwachte Lernbegierde hatte mit großen €
rigkeiten zu kaͤmpfen. Sein Vater, ein armer Peruͤckenmacher, ha
‚ da ihm ffer fe voweigerten
che englifch verftand, fo mußte er wicder zuruͤckkehten. Endlich
von feinem Water die Erlaubnig zu ſtudiren, kam mit bem 16,
fdas Gnmnafium, und ſtudirte unter des gelehrten Trendelenburg
‚„kbed immer mit Mangel tämpfend, bie alten Dichter und Pro«
Rich fehsjährigem Beſuch des banziger Gymnaſiums ging er nad)
ws er ſich durch den Unterricht und Umgang eines Molf, Korfter,
% weiter ausbildete. 1793 verlieh er Halle, und begab ſich, die
ädit eines Privatgelchrten einer Anftellung vorzichend, nach Wel⸗
MS hatte er Gelegenheit, ſich beim Einmarſch der Franzoſen und
sarzunigvolfen Zeit nach der jenaer Schlacht wefentliche Verdienſte
St Weimar zw erwerben, welde ber Herzog dadurch belohnte,
4 Legationsrath ernannte und ihm einen Gehalt anwies.
die Verdienite, melde Falk ſich um bie teidende, huͤlfs⸗
heit er worben hat. 1813, als Sachſen von Freun⸗
3 Ficken verheert wurde, drang die Noth der verlaſſenen Kine
a Ya ge vor der zu erwartenden Verderbtheit derſelben an fein
Er fe$E hatte an bem herefchenden Typhus in einem Monat vier
Ext: Kinder verloren. Damals legte er ben Grundftein zu einem
Ichätig wirkenden Verein: „Gefellfhaft der Freunde in der
Iir after Zweck war: verlaffennen und verwißderten Kindern zur
a sea mütlichen Gewerben behülflich zu fein. Dieſer Verein dauerte
“F Bmuͤhungen auch unter veränderten Beitumftänden fort und
& tur außgebreitete Subferiptionen ein neuerbautes Schuigebaͤude.
cczeg unterftügte ihn geoßmäthig und ernannte Falk 1815 zum
# verjlingten Falkenotdens. F. hat bid 1824 Über 250 Lehrbur⸗
der Anitalt als Gefellen entiaffen; einige Zöglinge haben ftubirt j
d Schulicheer, Kauflsute, Künfker gerorben. Mehre Maͤdchen find
:gegngen. Falk's Anſtalt veranlafte die Gründung ähnlicher zu
Aiherdichen, Jena, Erfurt, Potsdam, Berlin und a. a. D. —
Aieher trat Falk zuerſt in ber Satore auf, und ward von Wie⸗
18 Falke
rus“, eine Zelitung artiſtiſch⸗literarlſchen Inhalts, beſtand nur kurze
Seitdem ließ der Dichter bis 1817 wenig von ſich hoͤren; uns iſt, a
dem 1. Bd. ſ. „Claſſiſchen Theaters der Engländer und Franzoſen“, nidtt
Eannt geroorden. In dem genannten Jahre aber feierte er das britte Re
mationsjubildum durch zwei fchöne Gedichte in Stangen: „Sohannes Fi
Liebe, Leben und Xeiden in Gott”, und 1818 ließ er f. „Außerlefenen Sd
ten” (größtentheil® bisher ungedrudte), in 3 Bon. erfcheinen (Liebesbuͤch
Oſterbuͤchlein, Narrenbüchlein.. Der Ertrag von ſ. Schrift: „Das Wi
unfer in Begleitung von Evangelien und uralten chriftlichen Choraͤlen“ u. ſ.
(Weimar 1822), ward von ihm zur Vollendung des Bet: und Schule
der Anſtalt beftimmt. 5. ftarb den 14. Febr. 1826. Die durch ihn
gründete Anftalt wird durch f. Sreund und Gehülfen, von der Regie
unterftüst, fortgefegt.
Falke, der, eine Art Maubvögel, bie zu ben Habichten gemd
wird, und ſich durch einen kuͤrzern Hals, einen Eurzen Schnabel vl
Wurzel an, und andre Kennzeichen von den Adlern und Geiern unterfi
det. Es gibt viele Arten, 3. B. Lerchenfalle, Zaubenfalle u. f. wm. M
derſelben, befonders der Edelfalke, Laffen fi zur Beize abrichten, daher |
enbeize, oder die Jagd mit Falken und andern dazu abgerichteten Raul
gen. Diefe Art zu jagen ift in Europa wie im Morgenlande fehr alt.
Mittelalter war fie die Hauptbelufligung der Fürften und des Adels, untl
auch die Frauen Theil baran nahmen, fo kam fie, befonders in Franke
fehr in Aufnahme. In einem von Gurne de Sainte: Palaye in f. U
über das Nitterwefen auszugsweife mitgetheilten, alten Gedichte des Kapel
Gaſſe de Ia Bigne von den Sagbbeluftigungen (Roman des deduits),
im 14. Jahrh. gefchrieben wurde, ward bei der Verhandlung über die ge
feitigen Vorzüge der Jugd mit Hunden und der Falfnerei, von diefer be
ders gerühmt, daß Königinnen, Herzoginnen und Gräfinnen, mit Einfl
mung ihrer Gemahle, den Sperber auf der Hand tragen Eönnen, ohne
Verunglimpfungen Anlaß zu geben, und alle Beluftigungen der Kalten
mitgenießen dürfen, wogegen ihnen bei der Jagd mit Hunden der MWohifl
hoͤchſtens geftattet, mit ihrem Gefolge in breiten Wegen über Waldbli
auf ihren Zeltern zu reiten, um die Hunde vorüberlaufen, oder die W
hunde jagen zu ſehen. Der feine Ritter beftrebte fi, zu zeigen, wie a
legen es ihm war, einer verehrten Frau durch Sorgfalt und Aufmerkfan
für feinen Falken zu gefallen. Man mußte ihn zu rechter Zeit loszula
wiffen, ihm fchnell folgen, ihn nie aus dem Geficht verlieren, duch Ziu
ihn ermuntern, bie gefaßte Beute fchleunig aus feinen Klauen loswid
ihn flreichein, die Haube ihm auflegen und dann geſchickt ihn auf die F
feiner Gebieterin ftellen. In Deutfchland fand die Falknerei fhon u
Kaiſer Sriedrih DI. in hohem Anfchen. Er war ein fo eifriger Kalkenjl
daß er felbft im Kriege feine Lieblingsbeluſtigung fi) nicht verfagte,
eine eine, von f. Sohn Manfred von Hobenftaufen, mit Anmerf, begle
Schrift über die Falknerkunſt, Reliqua librorun Fıid. DI. de arte
nandi cum avibus‘“ etc. (herausgeg. von J. G. Schneider, Leipz. 17
2 Bde, 4.) hinterließ. Auch im Lehnweſen flößt man auf Spuren der “
tung, worin einft die Falknerei in Deutfchland ftand, in den fogenan
Dabichtölchnen, wie denn ſchon im 14. Jahrh. Beifpiele ſich finden, daß
ein Nitterlehn der Vaſall jährlich) mit einem wohlabgerichteten Habicht, 4
unter man ehedem häufig Falten berftand, forwie man aud) zur Falkenl
oft abgerichtete Habichte gebrauchte, und einen zum Gebrauch ded Ste
gel® dienenden Hund, fi einftellen mußte. In Frankreich fiand die 3
mftände kam, und GU °Pferde für feine eigne Falkenjagd unters
te Die alte Eiferſucht zwiſchen Jaͤgern und Salnern zeigte ſich
a Gebrauche, daß am Feſte der Kreuzerfindung im Mai, wo bie
manfern, bie Jaͤger, alle grün gekleidet, mit Trompeten und
kamen, um bie Falkner aus dem Hofe zu jagen, und die Hirſch⸗
innen, wogegen bie Falkner im Winter, wo bie Hirſche nicht
Jagd taugten, wieder bie Jäger austrieben und die Hunde ein⸗
m. Die Falkenjagd biieb bis ins 17. Jahıh. im Anfehen, und
ch der Erfindung des Schrots in Verfall. In neuen Zeiten
a England, wo bie Falknerel gleichfalls fehr beliebt tar, wieder
1, fh mit der Beize zu beiufligen, doch ann fie hier, wegen ber
geführten Einfriedigung der Selber, noch weniger ald anderswo
me fommen. Unter den morgenländifchen Völkern verſtehen fich
die Perſer fehe gut auf die Abrichtung der Beizvoͤgel. Sie ges
t Selten, auf alle Arten von Voͤgel zu flogen, und haben fogar
: Jagd der Gemfen und Gazellen, welchen bie Stoßvoͤgel ſich auf
in, um den Hunden Zeit zu geben, bie flüchtigen Thiere einzus
Ne Samt, Falten und ähnliche Vögel zur Jagd abzurichten, wird
B ed Saltnerei (Fanconnerie) genannt. Der weiße ober
TE güt umter allen In Europa für den ſchoͤnſten und gefchidtes
Ai. Unter den Übrigen Arten werden ber Geierfalt, ber Sper⸗
kumfaft, der Schlechtfalk, der Taubenfalk, der Eleine Falk und
deutſche Falk, der, adgerichtet, Edelfalk heißt, zum Beizen ges
Ye Gallen werben jung aus bem Nefte genommen, und Monate
Fhem Fleiſch von Tauben und Walbvögeln aufgezogen, ehe man
sen auf der Hand getoöhnt, wozu fie durch Sigen auf Stangen
#ien vorbereitet twerben. Späterhin gewöhnt man fie durch lang⸗
hen, daß fie zahm und kirr machen muß, zum ragen der lex
te, und nachher auf Weidwerk. Iſt der Falk völlig gezaͤhmt,
, wie's in der Falknerſptache heißt, fo wird er ins Feld getras
em fi eine Beute zeigt, die Haube ihm abgenommen, worauf
die Höbe ziebt, feinen Raub faßt, und auf des Jaͤgers Lockuna
90 Fallgut, Falllehen
Die Kugel, auf der Hand getragen, druͤckt; frei gelaſſen, faͤllt fie ı
herab; auf eine ſchiefe Flaͤche getent, rollt fie herab, wobei fie zun!
Flaͤche mit einem Theile ihres Gewichts drückt. Nach welchen Geſetz
Vewegung gefchieht, daruͤber beflanden ehemals die irrigſten Vorſtel
Nach der Ariftotelifchen Phyſik verhält fid) die Geſchwindigkeit des
verfchiebener Körper zu einander, wie das Gewicht derfelben. Demnaı
ein zchnmal ſchwererer Körper auch zehnmal ſchneller fallen, als der I,
Diefen Irrthum befteitt Galilei ſchon zu der Zeit, als er noch in Pi
dire. Kaum war er Lehrer daſelbſt geworden, fo erklaͤrte er fich öf
gegen dieſen und andre Lehrfäge der prripatetiſchen Philoſophie. Er
die Kuppel des dortigen hohen Thurmes, und lich Körper von- ſehr
chem Gewicht berabfalfen, die, wenn ihre Matirien nur nicht zu f
Dichtigkeit verfchieden waren, den Boden füft zu gleicher Zeit erreichten,
fitel erwies in der Folge, als Lehrer in Padua, die Richtigkeit feines
auch durdy zwei Pendel von gleicher Länge und fehr ungleichem E
die, deffenimgeachtet, ihre Schwingungen mit gleicher Gefchwindigke
richteten. Zu eben fo irrigen Vorſtellungen hatte die Wahrnehmung
gegeben, daß die Schnelligkeit des Falls mit der Länge des Weges zun
Die Ariftoteliker fagten, alle Körper hätten ein inneres Beſtreben na
Mittelpuntte der Erde, und eilten bemfelben um fo ſchneller zu, je nd
ihm kämen. Andre erflärten die zunehmende Schnelligkeit des Falle
dem zunchmenden Drude der Luft, und die allgemeine Meinung war
die Gefchwinbigkeit in dem Verhaͤltniß des zurücdgelegten Raums zu
daß alfo ein Körper, wenn er fünf Klafter gefallen fei, fünfmal fo vi
ſchwindigkeit erlangt habe, ald er am Ende der erften Klafter Weges
eine Meinung, die bei ihrer großen Einfachheit und ſcheinbaren Natür
doc etwas ganz Unmoͤgliches enthält. Auch Galilei hatte Mühe, fi
ihr loszumachen. Endlich gelang es ihm, ihre Nichtigkeit zu beweiſen,
er darthat, daß fie bei der Anwendung auf den Fall der Körper m
ſelbſt fxeite, weil aus ihr folgen würde, daß der Körper durch fünf !
in eben der Zeit fülle, in welcher er durch eine Klafter füllt. Dageye
diefer Naturforfcher auf den richtigen Gedanken, dag die Geſchwir
beim Kalle im Verhaͤltniſſe der verfloffenen Zeit zunehmen müffe, und
daß, da die Körper von der Schwere nic verlaffen werden, fie aljo a
jedem Beittheile einen neuen Eindrud von derfelben erhalten, der ſichen
Wirkung der vorigen verbindet, Aus dieſem Geſetze folgt ferner, d
von freifallenden Körpern durchlaufenen Räume fi) wie die Qu
der Zeiten verhalten. Werfuche haben gelehrt, daß der Kal in der
Secunde etwas weniges über 15 parifer Fuß betrage. Um daher
gend einer andern Secundenzahl Sit zugehörige Falhöhe—h kennen ;
nen, muß man feßen 1:1?=15:h Iſttit z. B. —Z3, fo wird
135 erhalten, d. b. in 3 Secunden füllt ein Körper durch 135 parifeı
Zur bequemen Anftellung von Verſuchen über biefen Gegenftand ha
Engländer Atwood einen Apparat angegeben, welcher unter dem 9
der Atwood'ſchen Fallmaſchine befannt fl. Man findet eine ausfü
Beſchreibung in Gilbert's „Annalm”, 1803, St. 5, und in Reun
„Lehrb. der Phyſik“ (Wien 1818), Bd. 1, ©. 186 fe.
Fallgut, Falllehen. In Schwaben, tie in den angren,
Provinzen, bebiente man fich feit langer Zeit faſt ausfchliegend einer
pachtungewelfe der Feldguͤter, wobei der Pächter, indem er das Gut a
eine Art Abfindungsſumme zahlte, und dann auf feine Lebenszeit, oft
auf die Lebensdauer: feiner Gattin das Gut uͤberkam, ohne jedoch di
wi gen nme win yovo Oo
Alm. Es iſt ein Hauptgegenſtand aller delögefesgebungen, und
wih zihmen ſich das preuß. Landrecht und das franz. Geſetzbuch durch
fie Verfügungen, befonderd über die Kalliments der Kaufleute, fo
ib un6, als die gemeinen Nechte, deögleichen der füchf. Concursproceß,
üben Miftriuchen und Übeifländen Raum geben, melde, wenn fie
ki twrwidelten Goncurfen, als Lehnsconcurfen, Greditwefen zahlungsuns
dcordenet Geſchaͤftsleute, bei Buͤrgern und Bauern, welche über ih—
keatteit weder Buch noch Rechnung führen, und dergleichen, kurz bei
lariur m nicht ganz vermieden werden können, doch befto auffalender
* er bei Kaufleuten find. Der Zweck des Concursverfahtens
ang der activen und paffiven Mafle, und fodann deren gercchte
Er Daß Beides ſchnell geſchehe, erfodert die Natur der Sache,
eins taufmaͤnniſchen Creditweſens. Nach dem franz. Handelsrecht
“ kafmdmifde Fallit binnen drei Tagen, von Einfteltung feiner Zahs
@. fees beim Handelsgericht anzeigen, welches fofort, auch wenn
tu Atzcae unterbleibt, auf den Antrag der Gläubiger und felbft von
Sem mi der Werfiegelung und mit Ernennung eines Commiſſairs
Söriten) und einiger verpflichteten Agenten verführt, und den Falli⸗
tete ins Gefängniß, ober unter Wache ſetzt, woraus er jedoch nad
art Unterſuchung feined Wermögenftandes wieder ganz, ober gegen
entiaffen werden ann. Die Verfügungen werben öffentlich anges
amd in die Zeitungen eingeruͤkt. Der Commiffait und die Agenten
Ns Verfahren, und Legtere verwalten die Geſchaͤfte des Faliten,
tem binnen 24 Stunden von Antritt, ihres Amtes eine Bilanz
m muß. Die Agenten, deren -einfhweilige Geſchaͤftsfuͤhrung nicht
5 14 Zuge dauern darf, uͤbergeben bie Bilanz. fofort dem Com:
welcher binnen drei Tagen das Verzeichniß der Gläubiger aufſetzt,
verh Briefe und öffentliche Blätter zufammenberuft, Die Gttubis
mein ſich am beſtimmten Tage und Orte in Gegenwart des Com—
und Überreichen diefem eine Liſte, welche dreimal fo viel Namen
is ihrer Meinung nad; proviforifche Verwalter (Sy ndies_provisoi-
2 Ralemnt (m. franz. Recht)
Ser Neon ZaSte, den andern ein vom Gommiffeir h
on Audit chin Aue Wochen erhält der Commiſſair ei:
oe Nrtenlurtte des Groditwefene, und hat nad) Maßgabe
Mena No Notes zu ſorgen. Die Guratoren haben die Activa ein
Ned Ns Sepvcntueiuche su fihern, auch auf alle ihnen bear
Ne Nine Xs Kasten im Namen der Maffe Hypothek zu fud
Non Sa atuägi® sie Gläubiger durch Briefe oder öffentliche Blaäͤ
“Newest Ns fie Binnen 40 Tagen perfönlid) oder durch Ber
wei N ap einfinden, ihre Koberungen Elar machen, und bie ®
erahadıt wunuen oder bei dem Handelögerichte niederlegen follen. T
Kansdig Swadukemverfahren) gefchieht münblid) binnen 14 Xa-
tod Ah zum Protokoll des Commiſſairs, und jeder Gläubiger,
Se keltsungea eeoͤrtert und beſchworen find, kann den Erörterungen
N aasi Itvesznen deiwohnen, und dabei feine Einwendungen an die H
sd Ns geichedener Erörterung muß jeber Gläubiger binnen 8 Ta
Ne ale dee Eommiſſairs einen Eid ablegen, daß feine Koderung w
wg Did über flreitige Foderungen ein Beweisverfahren ftatt
Na snübeidet dad Dandelsgeriht. Nach Ablauf der für die Begi
Ni Ni Goderungen fellgefegten Friſten haben die Guratoren die aus
Naxıma Buitdiger aufzeichnen; dee Commiſſair berichtet and Handelögeri
god deres vedt eine neue Friſt für die Unterfuchung foft, weldye, ruͤchſie
wen Ne uriindifchen Gläubiger, nad) der Entfernung des Wohnorts des ni
wärme Glaͤubigers beſtimmt wird, ſodaß für drei Meilen ein Tag
went wad. Bei ausländifchen Gläubigern werden längere Friſten geftat
Wadg VWerlauf dieſer Friſt werden die Ausgebliebenen von Eimftiger Vertt
mug aininfchloffen. Binnen drei Zagen nach der Friſt der Eidesleiſtu
wide die für zuläffig erkannten Gläubiger zufammenberufen, und ihnen
EGenwart did Commiſſairs und des Gemeinfchulbners der Zufland des C
ditwelene vorgelegt. Hier tritt der Zeitpunkt ded Accords ein, welcher n
dann ſtattfindet, wenn die Mehrzahl der Gläubiger, deren Gefammtfoderu
wenigſtens 2 der liquidirenden Schulden ausmacht, dazu einmilligt; Hppot
rarier dad dabei keine Stimme. Im Falle ober bei Vorausfegung ei
Wayuraeed gilt Bein Accord, Kommt dee Accord zu Stande, fo muß
noch wihrend der Sigung unterzeichnet werden. Wer dagegen ift, hat b
men einer Mothfrift von acht Tagen feine Einwendungen anzuzeigen.
nerichtlich beflätigte Accord fegt den Falliten in ben vorigen Stand. Kom
fein Accord zu Stande, fo haben die verfammelten Glaͤubiger, nad) perf
tiber Stimmenmehrheit, definitive Guratoren (Syndics definitifs) und ei
Caſſirer zu emennen, welche die Maffe genau erörtern, den Verkauf
Grundſtuͤcke, Möbeln und Waaren des Falliten betreiben, und monat
dene Commiffaie eine UÜberfiht des Greditiwefend und des Gaffenbeftan
adergeben, der ſodann die DVertheilungen und die Dividende zu beftimm
dat. Mor der Testen Vertheilung werden die Gläubiger unter Vorſitz
Commiſſairs zuſammenberufen, und von den Curatoren die Schlußrechn
abgelegt. Das Unterpfandsrecht der Ehefrau, ruͤckſichtlich ihres Eingebrc
ten, betrifft bloß die unbeweglichen Güter des Gemeinſchuldners, weldye
zur Zeit der Verheirathung befaß, und das Separationsrecht bloß die Gru
ſtuͤcke, welche die Ehefrau, laut des Ehecontracts, von der Gütergemeinfd
ausnimmt, oder ererbt oder geſchenkt befommen hat, oder weldye auch «
dem Erloͤſe folcher ererbten oder gefchenkten Grundſtuͤcke erfauft work
Hingegen auf Meobilien darf die Frau Fein Separationsrecht ausüben, aus
nommen auf Schmud und Eoflbares Geſchirr, wenn fie beweilt, daß fie
dr Einfendre allein gut · hat. Der einfache Banquerottirer (d. h. wel⸗
m er dahrluſſigkeit überführt wich) hat Gefängnißftafe verwirkt, wel
ie unter einem Monat, und nicht uͤber zwei Jahre erkannt werden
Der betrhgerifche Banquerotticer wird auf beſtimmte Zeit zu öffentl»
kim (travaux. forces) verurtheilt.
Rh eagtift hen Rechten kann bloß ein Kaufmann (wozu aber alle
m, Be faufen und verkaufen, Fleiſcher, Bäder u, f. w.) zum Fall:
u girähen Sinne des Wortd gebracht werden, und es find gewiſſe
in frtgefegt, welche ben Gläubiger berechtigen, feinen Schuldner
Alustufihig anzugeben. Dabin gehören: die Flucht des Schuldners
, mem er das Haus hütet, und fi, wenn er gemahnt wird,
Saar lit; Arreſt wegen Schulden, ferner DBeräußerungen, um bie
Kr zu beträgen u. f. w. Ein Gläubiger, weldyer feinen Schuldner
8 bringen will, muß die Richtigkeit feiner Schuld, daß ber
aa en Handelsmann und folche Handlungen vorhanden find, bare
» au ie Gommiffion gegen den Schuldner beim Lord> Kanzler auszus
2 1 &dub muß wenigſtens 100 Pfund fein, wenn ein Gldubls
Pf, menn zwei, und 200 Pf., wenn mehre Gläubiger um Coms
tfucen. Der Lords Kanzler erkennt und ernennt fodann bie
en ach einer bazu aufgeſtellten Lifte von Männern, welche alle
Fan des Schuldners in Befchlag nimmt, und unterfucht, ob das Fallis
'afleen fei. Unmittelbar nach diefer Erklärung berufen die Coms
de Gläubiger auf das Stadt» oder Rathhaus, um zur Wahl der
"zu (reiten, welche aus den Gläubigen, jedoch nur aus folchen
daden, deren Koberung 10 Pf. und darliber beträgt. Die Curatos
m & Monate nach, und innerhalb 12 Monaten von der erkannten
m on, eine Vertheilung in der Zeitung ankündigen, und binnen 18
eine zweite Verteilung vornehmen, in welcher Zeit auch nod) ſich
Gtiubiger zugelaffen werden. Der Schuldner muß von der Zeit
zung feincs Faliiments an bis zu einer gewiſſen Zeit ſich den
im Überliefern, und dem firengften Verhör unterwerfen. Wird
be treu und ohne PBetrua erfunden. fo fann er nach dem leuten
24 Falliment (n. dän., ſchwed. Recht)
dels), halb aus Rechtsgelehrten, halb aus Kaufleuten, welche zwi
in der Woche fi verfummeln, um bie laufenden Banquerottfachen
zunchmen. Bel Ausprud) des Concurfes beftellt diefes Gericht zwei (
miffarien (einen Kaufmann und einen Nechtsgelehrten) zur Leitung
Ereditwefens, welche ſich, nebft einem Secretair, ſogleich zum Falliten
ben, verfiegeln, inventiren, die Buͤcher an fi nehmen u. f. wm. De
genden Tag berufen fie die inmwohnenden Gläubiger zufammen, und
darüber, und über nachfolgende Verfammfungen der Gläubiger einen B
anf. Nun werden zwei ober drei Gläubiger ernannt, ber Habſchaften
Zalliten ſich zu verſichern, folche zu verwalten, und zur Klarmachur
bringen. Von da an hat der Fallit einen Monat Zeit, feinen Gtäuf
einen Accord worzulegen, welcher von den Commiffarien durch öffent
Anfchlag den Ins und ausländifchen Gläubigen befannt gemacht wird.
ein Gläubiger dagegen etwas einzuwenden, fo muß er bies triftig anfl
Sol darauf Rüdfiht genommen werden, fo muß es entweder ein H
gläubiger fein, der 4 oder 4 zu fobern, oder wenigſtens zwei Gläu
welche „5 zufammen zu fobern haben. Kommt kein Accord zu ©:
fo wird der Sallit von den Gommiffarien für zahlungsunfähig erklärt,
Maſſe zur Curatel gebracht und die zeitherigen Befchlagnehmer werd
Guratoren verwandelt, die mit Hülfe eines Buchhalters zur Klarma
ſchreiten. Die Zahlungsunfähigkeit wird nun von der Befchlagnahn
gerechnet, und alle vier Wochen vorher gefchehene Abtretungen, Ded
ic. für null und nidytig angefehen. Die Guratoren berichtigen bie '
und vertheilen, jedoch muß die legte Vertheilung 18 Monate nad) erk
Curatel berichtige fein. Die Competenzwohlthat ift, nad) Maßgabe der $
3 bis 10 Procent.; doch darf fie nie über 10,000 Fl. ſteigen. Wird der
ſchuldlos erfunden, fo kann er ein Zeugniß erhalten, welches von dem
toren unb von ben Glaͤubigern, wenigftene von % ber Zahl und -
Schuld, oder von $ der Zahl und + der Schuld, unterzeichnet fein
und ihn nicht nur In den vorigen Stand fegt, ſondern auch von allen '
foberungen bisheriger Gläubiger frei macht.
Auch in Dänemark hat man em befonderes Zhellungdgericht (
teret), welches Guratoren ernennt, die das Verhaͤltniß mit den Glaͤul
unter Genehmigung des Gerichts einrichten. Kein Gläubiger darf unt
fen Eyratoren fein. — In Schweden muß der Schuldner, von ?
dee Zahlungsunfähigkeit an, fi) zu Haufe halten. Die Glaͤubiger des
und der Nachbarſchaft werben fofort berufen, der Fallit beſchwoͤrt feine
(haft, und die Maffe wird zu einftweiliger Verwaltung an zwei oder
gute Maͤnner übergeben, Saͤmmtliche Gläubiger werden num auf eine
monatliche Friſt öffentlih zur Klarmachung ihrer Foderungen vorg
Bor 12 Uhr mäffen die Gläubiger am beftimmten Zage erfcheinen, if
bringen wird vorgelefen und, wo möglid) an demfelben Tage, bie Fo
en beſchworen. Nun treten die guten Maͤnner ab, und zwei vo
laͤubhigern erwaͤhlte Vermoͤgensverwalter uͤbernehmen bie Maſſe. Dre
hen nach ber erſten Friſt geſchieht ber zweite, und 1% Tage nadıl
dritte Aufruf an die Gläubiger, und nun wird vertheilt. — Alle die
fetzgebungen find zweckmaͤßiger, als die gemeinrechtlichen Vorfchriften üt
Concurs, obſchon in deutfchen Handelsorten häufig durch befondere
abgeholfen ift. Die Verfchleifung und Koftbarkeit der deutfchen Goncı
fuͤndlich, und ſelbſt der redlichſte Nichter iſt oft nicht im Stande, die
einzelner Theilhaber zu binden. Die langweiligen oͤffentlichen Vorlad
die vielfachen Liquidationsverfahren, die Zulaffung der verzoͤgernden
meaym tanm. Sianchard machte 1/YD zuerſt einen giucuchen Ver⸗
mit in London. Auch Garnerin erfand eine eigne Art von Fallſchirm.
jalſch, im Allgemeinen das, was etwas ſcheint, das es nicht ifl,
u fenm Schein truͤgt. Wo jener Schein abſichtlich hervorgebracht
ale im Moratifchen, ba iſt Vetrug jederzeit ber Zweck. Falſchheit,
ref Sinne, ſteht der Aufrichtigkeit entgegen, und, if als Lafter
w Getiskiit gewordene Beſtreben, Andre buch feine Äußerungen zu
when Vorftellung von feinen Eigenfchaften, Gefinnungen, Hands
1, Cagütlen und Verhättniffen zu beffimmen. In allen diefen Fällen
Yet Ale dem Wahren entgegen, Öfter aber wird es auch nur, als
Sn end, für gleichbedeutend mit unrichtig gebraucht,
bin Üheifcen und Logſchen falfche Zeichnung, falfcher Dig, fals
Einf. m. Im der Mufit bedient man ſich des Ausdrude
': 1) wem ein Ton nicht rein angegeben wird, 2) wenn die Fortſchrei⸗
ter Jumallen fehtechaft iſt, und 3) als Prädicat. der kleinern ober
wen Buinte, d. i. derjenigen, bie um einen halben Ton Eleiner ift,
Ne ui, und ber großen oder übermäßigen Quarte. — Balfches
! {Fax jur), ein Kunſtausdruck der Malerei. Wenn ein Gemälde
ii iR, deß das Licht von einer andern Seite darauf fällt, als von
"0 meldher dee Maler die Beleuchtung ausgehen ließ, oder wenn vom
punkte des Betrachters aus ein blendender Glanz daruͤber erfcheint, der
keihe Unterſcheiden ber Gegenftände verhindert, fo fagt man, das Ges
Arte in ſalſchem Lichte,
eikaff (Sie John). Unter den origineliften dramatiſchen Perfonen,
Fpenee'S Meifterpinfel gezeichnet hat, gehört Sir John Falſtaff,
setze und Spaßmacher des ausſchweifenden Prinzen Heinrich von
rechaligen Könige Heinrichs V. von England (fl. 1421). Diefer
if ter Gipfel dee Eomifchen Erfindungskraft. unfers Dichters, wel⸗
in drei feiner Stuͤcke (dev 1. und 2. Abthl. „Heintichs IV.” und
Min Weiber von Windfor”, und zwar im ietztern auf ausdruͤckli⸗
Aıngen der Königin Eliſabeth, die diefen Charakter bewunderte) ans
but: ein wahrer Heros der Taugenichtfe, babri aber unterhaltend
28 Farbe Farbengebung
ketim, wegen der uͤberwiegenden Vortheile, welche dee Banquier hat,
welche Suf die Länge den Verluſt der Peinteurs allemal herbeiführen ml
ſorie uͤr verbaupt wegen ſeines verfuͤhreriſchen Charakters, verboten.
Farbe, eine Eigenſchaft des Lichtes, welche ſich durch keine Beſe
bung angeben, und deren Kenntniß ſich bloß durch den Sinn des Sf
erlangen laͤßt. Körperliche Karben, oder Pigmente, oft auch fh
bin Farben, heißen die farbigen Körper, deren man fidy bedient, um am
Körpern durch Überziehen oder durch Miſchung mit denfelben eine beſtin
Farbe zu geben. Weiß und Schwarz rechnet man zwar mit zu den Bi
im letztern Sinne, nicht aber, oder wenigftens nicht immer im erſtern
in welhem man einen weißen Körper bäufig farblos nennt. Schwe
Mangel an allem Lichte. Die Karben haben durch ihre verfchiedene
fung auf die Empfindung nicht nur an fich, fondern auch versint,
Harmonie oder Gontraft, verfchiedene Eigenfchaften, welche befonders =
ler richtig beurtheilen muß; was jedoch Sache der Empfindung, und
der Worte if. Scharlachroth ift 3. B. eine brennende, dem Ange w«
ende Farbe, daher mande Thiere bei ihrem Anblid in Zorn ger
Gruͤn ift mild und fchmeichelt dem Auge: Gelb ift unter allen fa °
Xichtern das heilfte, roth das heißefie, dunkelbraun und violett das farz
Auf diefen Verſchiedenheiten beruht auch die Symbolik der Farben.
Übergänge einer Farbe in die andre duch Miſchung hat man auf ven
dene Arten, zum Behuf der Maler, der Faͤrber, der Mineralogen, in X
in Pyramiden u, f. f. darzuſtellen verfucht; nur eigne Beſchaͤftie gung mi
Farben drüdt der Seele die Bilder derfelben tief genug ein, um dieſe f
Abſtufungen fogteih zu erkennen und fie richtig zu beurtheilm. (S. 2
benlehre.)
Farben der Pflanzen. Man nimmt adıt Grundfarben an,
bie man aud) reine, ungemifchte Farben nennt: weiß, grau, fhwarz , I
grün, gelb, roth, braun. Jede gibt ficben beflimmte Abaͤnderungen, die
hinſichtlich ihrer Abftufungen, faft durchaus gleich find, z. B. das N
gibt: Rein- oder Schneeweif, Weißlich oder Schmugigweiß, Milch⸗
Blaulichweiß, Amiant = oder Graulihweiß, Elfenbein = oder Gelbtich
Parzellanz oder Nöthlichweiß und Kreides ober Braͤunlichweiß. Der I
Crocus verwandelt fi ch oft in gelben, das blaue Veilchen oft in ein mi
dad blaue Akelei in ein rothes, die vothe Zulpe in cine gelbe und die
in eine weiße u. f. w. Ein Gleiches laͤßt fih an Früchten beobag
"inne hat von den Farben der Pflanzen auf ihre Eigenfchaften, befoi
auf ihren Geſchmack, geſchloſſen. Gelb verraͤth nach ihm einen bit
Roth einen ſauern, Gruͤn einen rohen alkaliſchen, Blaß einen faden, |
einen ſuͤßen und Schwarz einen ekelhaften, unangenehmen Geſchmack,
uͤberdies noch eine verderbliche, ja toͤdtende Eigenſchaft.
Farbengebung (Colorit), ein Hauptbeſtandtheil der Mal
(ſ. d.), naͤmlich der, welcher die Farben betrifft. Sie hat ihren techni
und aͤſthetiſchen Theil. Zu dem techniſchen gehoͤren die Handgriffe bed
lers fiir Bereitung und Mifchung der Farben, und für das ganze med
fche Verfahren, von dee Anlage bis zur Vollendung eines Gemaͤldes, w
in den verfchiebnen Arten der Malerei nah dem Material einer jeden
ſchieden find. Sie machen das eigentliche Handwerk des Muleed aus,
ches der Schuͤler von dem Meifter lernen mug. Ferner iſt hieher zu
nen, die Kenntniß der Geſetze des Lichts und der Karben, und was au
Beobachtung ibrer Wirkungen in der Natur für die Ausübung des M
als Regel aufgeſtelt werdea kann, z. B. über die Farbenbrechung (m
3 mit charakteriſtiſcher Wahrheit auszudruͤken. Sol
de Nachbildung gelingen, fo wird genaue Beobachtung der Locale
Tinten erfodert. Unter Kocaltönen verfteht man die natürliche Farbe
ruftandes, wie fie aus dem Standorte beffelben, oder in der Ents
om Zuſchauer erſcheint. In der Kunſt erſcheint aber die natuͤr⸗
x der Gegenſtaͤnde immer als Localton, weil Alles nur als von
afın Standpunkte aus betrachtet, und bem gemäß auch bie natuͤr⸗
ke nach dem jedssmaligen Abftand abgeftuft wird. Unter Tinten
win (in engerer Bedeutung) die Abflufungen des Hellen und Dun»
ne fit und Schatten auf der farbigen Oberfläche hervorbringen.
Li. mde ber Kunft finden ſich diefe Veränderungen und Ver.
um in größerer Zartheit und Mannigfaltigkeit, als an dem Nadten
dudn Kẽrpers, ber daher auch der fchwierigite Gegenftand des
% Die Zarbengebung, infofern fie fid) mit der Nachahmung der
® Keihafferheit des Fleiſches (des Nackten) befhäftigt, heist Car»
= Aemmt zu der genauern Übereinfiimmung ber natürlihen Fatbe,
Kire md Tinten eines Gemäldes mit deffen Gegenftand in der Nas
$ smoffener Auedtuck des eigenthuͤmlichen Charakters des Stoffes,
Ecanſtand beftcht, fo heißt die Sarbengebung wahr. Zur Wahr⸗
16 cter die Schönheit gefellen, welche durch harmonifche Vereinis
: Zöns des Gemäldes in Einen Hauptton erreicht wird. Das Cor
dom üithetifchen Zwecke der Darftellung gemaͤß fein, und diefen
2, bei aller Wahrheit ber Localfarbe und des Stoffes im Einzel
5 tie Harmonie der Farben und der Beleuchtung ein Eunfimäfiges
anze ausmachen. Die Wahl ber Beleuchtung, die Vertheilung der
km nicht allein auf bie Deutlichkeit der Darftelung, fondern zus
tie Bewitkung einer zweckmaͤßig wohlgefälligen, ernften oder eigens
m oder heiten Harmonie abzwecken, welche den Gefammteindrud
zerks unterſtuͤzt. Diefer Soderung zufolge gehoͤren auch Beleuch⸗
eng und Helldunkel mit in ben Begriff einer kunſtmihig ‚hören
ma. (Bol. Aecor
Bunte nn
an
au a.
Site Cap Cenfa
m ne fire Wiss, und wich formel f
u {a ui demıse riensflır sesiiderte Eita
Sum I munter Te S Kup bei, ai oıukt fie auf
> Yan in. > as 3 anunfermige Diäten, 3 Ze lang, in
Nude den Eden augelniet, Aus den Gelenkenk
we Me Ne Aens Siumm mit 4 sären Bactern fra
nn Audbrmiihiant rifende Bere von Thmarzer Zi
no. ZDzmism Do senden Wuren find dauernd, wa
. ige ai und daden ein gelbrethes Mir. Sie fh
ano N Dany ade Basen freſſen, rot.
use deite, Pigmente, ade zum Faͤrben, Malen oder Anſtreb
no. Name, Bare garen geben Indig, Wuid, Comp
nen weit Fochenige, Krıpp, Braſilienholz, Norbhetz, Exter;
en. DQuerzitrenierde, Scharte, Fuͤſetholz; ſchwarz faͤrben
Ecmack, Eampechebolz mit Eiſenvitriol. Die übrigen
soo Neben zuſammengeſetzt. (S. Malerfarben.)
Kun, wine. Via der Kochkunſt ein Gemiſch von gehe
wer mod Gewürz ꝛc., womit befenders das Geflügel gefuͤllt
Seo 2 sus dramatiſche Poſſe. Es herrſcht Darin das niedere
ad ine Natienen haben eigne ſtehende Charaktere dazu, die
wa ed, Gauegoe; die Stäliener den Arledyino, Scaramuz u
Nast den Hanswurſt, Kasperle u. ſ. w. (f. Komifch,. Der 1
«
x.
X
Ya Farce kommt von dem italieniſchen Farſa, dieſes aus dem
Zn sea arsunı (geſtopft), und bedeutet eigentlich ein Miſchmaſch
Kari Yeing will daher, man fell im Deutſchen Farſe ſchreiben.
in iuertt, daß in den mittlern Zeiten Farſe eine Art Gefinge gen
ig, aeche zwiſchen den Gebeten u. f. f. gefungen wurden. Demnad) Eönnte
wi de urpruͤngliche Bedeutung dieſes Worte, auf die Komoͤdie angeım.
was as Intermezzo, Ztwifchenfpiet fein. Nach ter Meinung des Prove
na Addate Paolo Bernardy wire 08 aber von einem provenzalifden
ver Farſum herzuleiten.
Faria y Souja ( Manoel), ein caftilianifcher Gefchichtfchreiber
yaincber Dichter, geb. 1590 zu Suto in Portugal, aus einer altın erla
w. Kun Schon im 9. Sabre fandte ihn fein Vater auf die Univer
va Way, wo er große Kortjchritte in Eprachen und in der Philofe
want Im 14. Jahre trat er als Geſellſchafter in die Dienfte des
unta von Oporto, und bildete ſich unter deffen Leitung weiter in den $
daft au. Die Liebe zu einer jungen Schoͤnbeit entfaltete hier
Kader Talent, er befüng fie unter dem Namen Albania, vermaͤhlte
win in El, und ging nach Madrid. Allein er Eonnte hier fein E
vl ſunden. amd kehrte nach Portugal zurüd. Gr befuchte audy Mom,
end Au Die Aufmerkfamkrit des Papſtes Urban VIII. und aller Ge
en die tun umgaben, durch feine ausgebreiteten Kenntniſſe. Nah Mi
unltuefetue. widmete er ſich einzig den Wiſſenſchaften, und arbeitete fo
fund. dan er fub im 99. Jahre feines Alters den Tod dadurch zr
Umer ſeluen Scriften zeichnen ſich aus: „Discursos morales 51
i Wadild 1623 — 26, 2 Bde.); „Caomentarios sobre la
stadarı Wöabdiid 1639, 2 Bde., Fol); „Epitome de las historias po
anmanı ‘' und dann „Pl Asia‘, „El Europa‘, „EI Africa“ und
Amenien poringuenn*‘, jedes ein befonderes Merk, wovon jedoch das
alt aediinfe werden. Auch cine Sammlung von Gedichten: „ Fuente
Aganipe, rimna varlan““ (1644, 46) (Aganippens Quelle) iſt von ihn
VI. ihn mit reihen Gefchenfen überhäufte. Diefeo Kaifer war
‚08 er Farineli gehört hatte, zu ihm fagte, daß er zwar durch
y and die Schönheit feiner Stimme Erflaunen ertege, daß es
von ihm abhänge, aud zu rühren und zu intereffiren, wenn er
nathrlichen Gefanges befleißigen wolle. Farinelli benutzte dieſen
d begauberte feitdem feine Hörer ebenfo fehr als er fie Überrafchte,
Porpera eine Theatergeſellſchaft nach London führte, berief er Fa⸗
ih, der durch die Schönheit feiner Stimme und den Zauber feines
über Gefanges das Publicum dergeftallt anzog, daß, wie Laborde
Nil, der an ber Spige einer andern Gefellfhaft ftand, vergebens
keirzl feined Genies aufbot, die Auflöfung berfelben zu verhindern,
‚a Farinelli waren beide zu derſelben Zeit in England, aber an
denen Theatern angeftellt, und da fie immer an gleichen Tagen
Yet fie nicht Gelegenheit fih zu hören. Der Zufall führte fie
wur Senefino hatte einen blutduͤrſtigen Tyrannen, Farinelli
Weliten, in Feſſeln ſchmachtenden Helden darzuftellen. Farinelli's
2 de erweicht das harte Herz des geaufamen Tyrannen fo fehr,
izs, dem Charakter feiner Rolle vergeffend, ihn entzüdt an feine
kt. 1737 ging Farinelll über Paris, der König ihn reichlich
‚ end nad) einem kurzen Aufenthalte in reich, nach Madrid.
ne hindurch fang er jeden Abend vör Philipp V. und ber Königin
US dieſer Fürft in eine tiefe Melancholie verſank, und alle Ges
nehläffigte, verfuchte bie Königin die Gewalt der Mufit, um ihn
Sie ließ ein Concert dicht neben dem Appartement de Könige
», und Farinelli fang plöglid eine feiner fchänften Arien. Dee
m anfang6 betroffen und balb heftig bewegt. Am Schluffe der
% rief er ben Virtuoſen zu ſich, uͤberhaͤufte ihn mit Liebkofungen,
ihn, welche Belohnung er verlange, indem er ihm Alles gewähren
ſewut. Zarinelli bat den König, fich rafiren zu laffen, und in
U zu gehen. Won dem Augenblide an wurde die Krankheit des
@ äsjtlihen Behandlung fähig, und Farinelli hatte die ganze Ehre
Hana. Dies war ber Grund feiner unbeſchraͤnkten Gunſt. Er
34 Farneſe (Familie)
Bier fammelte er die anſehnlichſte Bibliothek fuͤr Mufit, die man h
fehen hat, erwarb fich bad Verdienft, den P. Martini zur Abfaffung f
Geſchichte der Muſik zu veranlaffen, die biefer gelchrte Literator jedbch
vellenden Eonnte, und farb 1782, nachdem er in einem glüdlichen Alte
Huldigungen feiner Mitbürger und befuchender Fremden in reichem 3
genoſſen.
Farneſe, ein italleniſches Fuͤrſtenhaus, deſſen Genealogie fei
Mitte des 13. Jahrh. bekannt iſt. Es beſaß damals das Schloß Fe
bei Orvieto, und lieferte der Kirche und der Republik Florenz mehre €
zichnete Deerführer, namentlid Pietro Farneſe (fl. 1363), be
Klorentiner einen großen Sieg Über die Pifaner verdanken. Papft Pas:
ein Farneſe, betrieb die Erhöhung feiner Familie mit folhem Eifer, E
nidye nur Pietro Luigi (oder Alonfus), feinen natürlihen Sohn, fe
auch deffen fünf Söhne auf das herrlichfte verforgte; vor Allem aber 3
ſich die Beförderung Pietro Luigi's angelegen fein, eincd von allen E
gebrandmarkten Menfchen, der als folcher fchon den Leſern des Bene
Geuini bekannt iſt. Paul DIE fuchte für ihn von Karl V. das H.
thum Mailand zu erhalten, um welches der Kaifer und Frankreich be
ſtritten. Da er indeß die ungeheuerften Summen vergebens bot, fo ber
er, die Staaten von Parma und Pincenza, bie Julius DO. von den Ma
dern erobert hatte, in ein Herzogthum zu verwandeln, welches er im
1545 feinem Sohne übergab. Pietro Luigi ließ fih in Piacenza nieder
ce eine Gitabelle anlegte, und feine tyranniſche Regierung mit allerlei
ſchraͤnkungen und Mighandlungen des vorhin freien Adels begann. Als
Mag feiner Graufamkeiten immer höher flieg, erhoben fich, im Einverfl
niffe mit Ferdinand von Gonzaga, Statthalter zu Mailand, die Häupter
abeligen Familien. Sieben und breißig Verfchworene begaben ſich (10. €
1547) unter dem Vorwande, dem Herzoge aufzumwarten, In bie Citabelle
bemädhtigten fic) ber Zugänge. Giovanni Anguiffola drang in das Zin
des Derzogs, der, von den ſcheußlichſten Krankheiten entneror, keinen W
ftand zu leiffen vermochte, und unter dem Dolche feined Gegners fiel, wo
Gonzaga im Namen des Kaiſers Piacenza befegte, und Abftellung aller
ſchwerden verſprach. Ottavio Sarnefe, der Sohn und Nachfolger
tros, befand ſich gerade damals bei Paul II. in Peruglia. Zwar erf
ſich Parma für Dttavio, der fi aud mit einem paͤpſtlichen Heere do
begab, allein er mar zum Angriffe von Piacenza zu ſchwach, und mußte
Gonzaga einen Waffenſtillſtand fchließen, indeß er fih um den Schus Fr
reichs bewarb. Der Nachfolger feine® Großvater, Julius M., verfch
ihm, aus Anhänglichkeit an das Farneſe'ſche Haus, 1550 das Herzogt
Parma wieder, und ermählte ihn zum Gonfaloniere der Kirche; allein
Buͤndniß, welches er bald darauf mit Heinrich DI. von Frankreich fd
zog ihm den Unmillen des Kaiſers und Papſtes zu, und er gerieth aberr
in große Bedraͤngniß, aus welcher nad) zwei Jahren ein chrenvoller Verg
ihn erioͤſte. Mit dem Haufe Öftreich föhnten ihn die Verdienfte feiner
mahlin Margaretha und feines Sohnes Aleſſandro um die fpanifche $
narchie voicder aus. Margaretha, eine natürliche Tochtet Kaifer Karla
die als Statthalterin in den Niederlanden mit vieler Maͤßigkeit regierte, ı
1562 dem Herzog Alba hatte weichen müffen, befuchte ihren Gemahl,
dem fie nur wenig zufammen gelebt, in Parma, und zog fih bann r
Abruzzo zuruͤck. Ottavio fiarb 1586, nachdem er dreißig Jahre eines un
flörten Friedens genoffen und biefen benugt hatte, alle während ber vori
Megierungen eingeriffenen Unordnungen zu verbeffern, und das Gluͤck fe
IWWW —
Uffondeo warb nun Statthalter, gewann Maſtricht und andre Städte
mb Geh ſich mit ben Infurgenten in Unterhanblungen ein, wobel es ihm
be tathoiiſchen Untertanen mit Philipp II. zu verföhnen, indeß ſich die
wien durch bie utrechter Union unter einander verbanden, und im Here
i Aien, einem Bruder Heinrichs DIL von Frankreich, einen neuen Vers
tberbeiriefen. Diefer erfchien mit 25,000 Mann; bei allen Gelegenheiten
m Arfendeo Siege und Vortheile tiber ihn davon. Mitten unter diefen
Den ahielt er bie Nachricht vom Tode feines Waters. Um jegt die Res
ham Staaten anzutreten, verlangte er ben Abſchied aus ſpaniſchen Dien⸗
kt ihn aber nicht, und fah das Land, beffen Herzog er getworden war, nie
t De Gihe der Niederlande, die ſich ſchweruͤch Lange gegen einen fo taps
Kaneim und ebelmüthigen Feldherrn behauptet hätten, waren die fcans
m dicznttiege. Alsffandro rückte in Frankreich ein, und nöthigte Heine
F- Ve Belagerung von Paris aufzuheben. Während feiner Abroefenheit
Beig den Raſſan in ben Niederlanden viele Vortheile getvonnen; doch
@ u nur ihm, fondern auch Heinrich IV., mit obeneln unruhigen und
bin Truppen, fiegreich entgegen. Wei ber Ruͤckkehr von biefem Feld⸗
Wit 1592 vor Caudebec eine Wunde am Arme, deren Vernachlaͤſſigung
m 47. Lebensjahre den Tod zuzog. Als Herzog von Parma folgte
Sohn, Ranuzio L, ber feine von den glänzenden Tugenden
Batreö befaf, ſondern finfter, ſtrenge, habfüchtig und mißtrauifh war. Die
eacheit des Adels mit feiner Regierung veranlaßte ihn, den Häuptern der
men Familien eine Verſchwoͤrung anzudichten, ihnen heimlich den Proceß
fi himrichten (19. Mai 1612) und ihre Güter einziehen zu laffen. Dies
Inte Verfahren empörte viele italieniſche Sürften, und nur der Tod des
Meften, de Herzogs Vincenzo Gonzaga von Dantun, „hinderte den Aus ⸗
web Krirge. Seinen natlrlichen Sohn Dttavio, der die Liebe des Volks
Aha im Kerker unbarmherzig verfhmachten. Er felbft ftacb 1622. Uns ,
der Robeit feines Charakters zeigte er Geſchmack für Wiſſenſchaften und
andy wurde unter feiner Regierung das berühmte Theater zu Parma nach
Ber ber Alten von Joh. Bapt. Aleotti baut, Sein Sohn und Nadıs
Su. anne un nn nn one
17 Ya yulur O Farrill
re ana Difief Dar Suflte ermorden, den Farneſe nicht
20 ee Danny ep Papſt Imtecenz X. Caſtro ſchletfen,
2 oe none ZUINIE geiihäagen wurde, verlor end.
ed er die, Michi Gueter und Leben. Der dit.
meter via 0 Du, daß er erſtickte. Bon zwei noch &
er and Anteme, ioegce zuerſt Francesco 3. (geit. 1.
ern aaa Anis Hoffnung ju einem Nachfolger geſtattete.
pen ystatenis mdelfen Eiifabeth Farneſe, eine Zei
ante Bender D Richte did Herzogs Francesco. Da man bie K:
we Yipared Dyatsßtie, ſo Deidäteffen die erjten Mächte Europas, da
Nr db ud Ellſadetds, der nicht König von Spanien wurde, ı
wu Drlpaniitiet ads ſoute. Auf dieſe Weife fielen fie dem Daur: \
Ya akteitssen ., der ſich alle Diele Anordnungen gefallen laffen mu‘:
Mane s werden, foigte fein Bruder Antonio F., der achte Herzog
il bt Auch er dlied ſeines Alterd und feiner Beleibtheit wen:
0 ad dalte wahrend ſeiner Regierung unaufhörlid Schmach und T
ia deſteden. Mach feinem Tode wurden Parma und Pincenza von
waste Don Earles in Vefig genommen. (©. Parma.) F
Karquhar (Georg), ein engliiher Dramatiker, geb. 1673
ein Irignud, verlieh Dublin, wo er auf Schulen war, um fid mit
ut von Echauſpielern zu vereinigen. Da er aber auf der Bahn,
uubin, ya er nach London und trat ald Lieutenant in das Regiment
wurd Deine Neigung fürs Theater befriedigte er jegt durch Arbei
ſelbe. EYE gab man fein erfles Luftfpiel: „Amor in einer Flaſche“, ve
lm: „Die ftandhaften Liebenden“, und bald darauf: „Sir Harr:
„Dr Unbeſtaͤndige“ und „Der Officier auf Werbung”. Sein It:
scan größten Erfolg aufgeführtes Luftipiel find „Die Kriegsliften”. Cr
vu der Mitte feiner Laufbahn, und hatte ſich durch feine hoͤchſt ergoͤtzliche
tab ausgelaſſenen Theaterſtuͤcke Ruf erworben.
Farrill (Don Gonzalo, O'), k. fpanifcher Generallieuten«
avannah 1753, aus einer bafelbft angefiedelten irlaͤndiſchen Famil
undurzeichnete Krieger und Staatsmann warb in Frankreich in der Sid
war eriogen und trat 1766 in fpanifche Striegsdienfte. Er bewies Mi
at dei den Belayerungen von Mahon und Gibraltar. 1780 madıt
dir CEiurichtung der franz. Artilleries und Geniefchule bekannt; hierau
MD WMeglerung nach Berlin, mo er die Taktik Sriedrich® des Großen i
Henne des preuß, Fußvolks ſtudirte. Dann flellte man ihn an di
Waitangkademie zu JPuerto :des Santa: Maria bei Cadix, aus weldx
ſpaulſcben Taktiker und Officiere, wie Caftanos u, A., hervorgeg
reuund 1404 diente O'Farrill unter den Heerfuͤhrern Ventura Garı
Ari geuen Die Franzoſen in den weſtl. Pyrenaͤen, und leitete 1795 a
Vntlermeiſter den Feldzug des Heeres von Catalonien, welches den 7
Ninwin aunitdrängte und bis Perpignan vordrang. Nach dem bad
bertiug Adam Karl IV. die Grenzberichtigung in den Pyrenaͤen, und cı
LEN zum Generalinſpector des Fußvolks. In der Folge machte cı
HVeutibland, der Schweiz, Holland und England. 1808 ernannte
nand VAR, au Geueraldirector der Artillerie und zum Kriegsminiſter.
rien damale dem König, Napoleons Schug in Bayonne zu fuchen. A
her unter dem Inſanten D. Antonio niedergefegten oberften Negierum
haunpteten er und Azanza die Rechte ihres Souverains gegen Murat's 3
Ab eine er bei dem Aufflande zu Madrid am 2. Mai dem Blutvergich:
Ale Murat, nach der Abreiſe des Präfidenten der Junta, des Infanten
Safanen, Fafanerien Faſch 37
J Einmae in der Junta verlangte, widerſetzte ſich O'Farrill, nebſt den Miniſtern
Tann Gil, aufs nahbrüdlichfte, und nahm, als die Mehrzahl in der Junta
pad, feine Entlaffung. Unter Joſephs Megierung war O'Farrill wieder
‚Jäistemiter. Damals (Aug. 1808) faßte er gemeinfchaftlich mit Azanza und
In Riaitern Mazaredo und Cabarrus die kühne Denkfchrift an Napoleon ab,
4 wide den Zweck hatte, die fpanijche Nation vor allen nacktheiligen Folgen ihrer
"] Betadung mit den Sranzofen ficher zu ftellen. Nach der Ruͤckkehr Ferdinande
„Hof den fsuniichen Thron erklärte ſich O'Farrill in einem Schreiben an den König
Eher tie Bweggruͤnde feines Verhaltens auf eine ebenfo edle als befriedigende Art.
Wer etinınd VII. ließ den durch eine faft 5Ojährige Dienftzeit um den
Ern eihrhaft verdienten Dann als Sofefino, oder als Verraͤther an der Melis
am nem König, zum Tode verurteilen und feine Güter einzichen. O'Far⸗
Me ein Aſol in Frankreich. Er und Azanza haben in Paris eine Vertheidis
am ibreh politiichen Betragens herausgegeben, die ein wichtiger Beitrag zur Ge⸗
Mike der ipanifchen Revotution ift: „„Memoire de D. Miguel Azauza et deD.
Geh OFarrill, et expose des faits qui justifient leur-conduite politique
degais Mars 1808, jusqu’en Avril 1814°°*).
Faſanen, Fafanerien, Anlagen zur Hegung wilber Hühner in
Hate. In wilden Faſanerien ift der Faſan fich felbft überlaffen, und wird
mr a Binter gefüttert. Es bedarf keiner Gebaͤude, fondern nur einiger Kirs
man a Stände in dem Gebuͤſch, auf welchen man zu gewiffen Zeiten mit Has
Märsk, Kampher, Anis u. f. w. räuchert, um die Safanen zufanımenzuhalten,
Behesen Geruch ſehr lieben. Mehr Sorafalt und Koften erfobert eine zahme Fa=
‚Ra einem autgemählten Orte, von dem alle Raubthiere abzuhalten find,
werten An gaſenenhaus mit einem heisbaren Zimmer zur Beherbergung derfelben,
vor Venichen ein Zwinger, der mit dem Haufe durch Löcher zum Ein= und Aus»
Le a bindung fteht, ferner ein Brüthaus, ebenfalls mit einem Zwinger,
außerdem ein Haͤuschen für Trut⸗ und Haushühner, noch verfchiedene Meine
2 zit Iwingern, und eine Wohnung des Faſanenwaͤrters erfodert. In
EUR Jg frpt man einen Hahn mit neun bis zehn Hennen, melche man wohl
% u Abends und Morgens ein⸗ und austreibt. Zur Legzeit ſammelt man
Gesfäitig die Eier, und Läft fie entiweder durch die Fafanenhennen, oder durch Trut⸗
u Dazdhühne ausbruͤten. Da das Kleifc dieſes Wogels für etwas beſonders
Koflicheh gilt, ſo ift er in den meiften Ländern Eigenthum bes Landesherrn, bem
eb euch allen zulommt, Kafanerien anzulegen. Die prächtigften von allen Faſa⸗
Besargen fd der chinefiiche Goldfaſan und Silberfaſan; beide Gattungen kommen
us m rierm nördlichen Klima gut fort. ©. des Czernin ſchen Forſtbeamten
du ger „Anleit. zur Faſanenzucht“ (Prag 1822).
Badces, beiden alten Römern ein Buͤndel glatter Stäbe, in deren Mitte
6, zo Zeichen der Gewalt über Lehen und Tod, ein Beil befand. Diefe Fasces,
ben Aush! verſchieden beftimmt war, wurden den höheren Magiftrateperfonen
von den Licteren auf den Schultern vorgetragen. Bor dem Volke muften jedoch
ein, u Anerkennung bee Obergersalt deffelben, die Fasces ſenken; aud)
BEChER in der Hauptftadt die Beile aus denfelben weggelaffen.
Feaſch (Karl Friede. Chriftian), Eönigl. Kammermuſikus zu Berlin, geb.
Rat 1736, wo fein Water Capellmeifter war. Sein mufikalifches Talent
Bziltite ſich fruͤh. Sein Vater ſchickte ihm nad) Strelik, wo er Unterricht bei
‚dem Muikdirector Haͤrtel erhielt. 1756 kam er in die Capelle Friedrichs II. nad)
% Dre Kitter dAzanza, ehemal. Bicekönig von Merico und Minifter ge
TH. and Zofephe, ter 1814 Spanien verlief und feit 6 Jahren zu Bor⸗
kei? 2:2 der Unterfiügung feiner Freunde Ichte, erhielt 1825 vom K. Ferdi⸗
=: TI, cine Penfion Yon 5000 Fr. Auch durfte cr um die Wiedereinſetzung
°F: rarigen rden anbalten.
33 Faſchinen | Faſtnacht, Baftnachefpiele
Kerlin, und flach bafelbft 1800. In den Werken dieſes großen Muſikerd If
tice Kennmiß der mufifalifchen gelehrten Kunft mit dem verftändigften S
u: dem Innigiten Ausdrude verfnüpft. Im vielftimmigen Sage zeigt er
teitene Vollkommenheit. Man findet darin den Lünftlichften Contrapunkt vert
den mit der größten Einfachheit und mit der ausdruckvollſten Melodie in a
Etimmen. Belonderd zeichnet ſich in diefer Hinficht fein achtſtimmiges Diife
als ein vollendete Meifterftüd aus, Sein fechjehnftimmiges Kyrie und GI
wurde von Hiller als ein Merk angekündigt, das an Tiefe und Gefhmad «
übertreffe, was man früher in dieſer Gattung gehört habe; und dieſes großen 9]
ſters Urtheil haben die Kenner unterfchrieben. Ein wahrer Verluſt ift es,
Faſch, der in Allem nach höchfter Vollkommenheit ſtrebte, feine meiften Comj
tionen noch vor feinem Zode verbrennen ließ, fodaß wir der Zahl nach nur w
von ihm befisen, Sein größtes Verdienft ift die Stiftung der in ihrer Arte
gen berliner Singafademie, der nach ihm, fein Schuͤler Zelter (f. d.) der ,
feines großen Vorgängers Verdienſte in einer eignen Schrift (Berlin 1801)
würdigt hat, mit Ruhm vorfleht.
Faſchinen, Gebunde von Reifig, 6 — 16 Fuß lang und gewoͤh
1 Fuß ſtark. Um fie zu verfertigen, fehläge man 2 Fuß von einander entfi
Kreuzboͤcke (2 nad) Art der Saͤgeboͤcke ſich kreuzende Pfaͤhle) ein, deren Kreuzu
punkte genau in einer horizontalen Linie liegen müffen, wirft ein Bündel Ru
auf diefe fo gebildete Faſchinenbank, zieht fie mit einem Strid feft zufammen
legt alle 2 Fuß eine zufammengedrehte Wiede um die entſtehende Faſchine.
über der beſtimmten Linge hervorragenden Ruthen merden abgejügt oder ume
gen und mit eingebunden, "wo bann die Faſchine eine Kopffafchine heißt. 5
braucht die Safchinen bei Belngerungen, Wafferbauen u. dgl. Werben fie
Batterichau fehr lang und dünn gemacht, fo erhalten fie den Numen Batı
wuͤrſte. (S. Bekleidungsmaterialien.)
an dr | fe Faſtnacht und Carneval.
afti, marmorne Tafeln in Rom, worauf entweder die jährlichen i
und Triertage, oder die Namen der Confuln, Dictatoren ıc. eingehaum we
Jene, fasti minores genannt, waren nichts Anderes, al& der Kalender, wo
man wiffen fonnte, wann die Feſttage einfielen; dies mußte ehedem Niemand,
die Pontificed, welche dann die Sefte, freilich nad) ihren oder der Wornehı
Staatsabſichten, dem Volke anfagten. 204 vor Ch. brachte fie C. Flavius,
cher beim Pontifer Mar. Appius Claudius Schreiber geweien war, unter
Volk; von diefer Zeit an waren fie ein Gegenftand ber Öffentlichen Kunde,
Faſtnacht, Faſtnachtſpiele. Diefelben Anfichten, welch
Menſchen bewogen, den unſichtbaren hoͤhern Maͤchten durch Opfer, Gaben
Meinigungen zu gefallen, brachten fie auch zu Faſten, Enthaltungen und Buͤ
gen. Unter Faſten verftcht man eine Verfagung gewohnter Nahrungsmittel
man fid) auferlegt, um die Gottheit damit zu verföhnen. Mean findet kein b
tendes Volk ohne Gebräuche diefer Art: der Hiftorifche Urfprung liegt in dem !
gionscultus des Orients, wo Priefter anfaͤnglich auch die Arzte des Volks w
und die in diefen heißen Ländern nothiwendige Diät zugleich zur Sache der Mel
machten. Auch find die Faſten noch heutiges Tages im Drient gebräuchlich.
Meligionen der Perfer, der Hindus, des Lama, des Mohammed und die
faifche halten viel auf Faſten. In der Religion der nordifchen Worzeit finde
dagegen wenig Spuren davon. Die Älteften Chriften fafteten an den Vig ii
(f.d.). Buͤßend waren die Kaften an den jejuniis quatuor tempestatum, '
jedem Vierteljahre drei Tage dauerten, in ben vierzig Tagen (vor Oftern naͤr
oder vielmehr vor dem Charfteitage, Quadragesimae), welche ausſchließli
005 Sjpapieny guwun Jay wrun nujun au ven
‚ und hielten allen Muthwillen ſich erlaubt”. Dies if der Urfprung
ıGCarnevals oder Faſchings, wie er im ſuͤdlichen Deutfchland
d, welcher vom heil. Dreikoͤnigstage bis Aſchermittwoche dauert. Der
mal wird a. d. Latein. von came und vale (nad) Adelung, von ber
im Dittelalter: Carne levamen) abgeleitet, weil man gleich
eiſche Lebewohl fagte. Man wolite fid) vorher noch guͤtlich thun, und
im reichften Maße, vornehmlich während der drei legten Tage des Gar:
ige ift das Carneval felbft nichts Anderes, als die Saturnalien der
Römer, die ihre heibnifchen Feſte nicht vergeffen konnten; am wenigſten
wie die Satumalien waren, die dem Saturn und der goldenen Zeit
Seen Weltregierung zu Ehren, um das Andenken der Freiheit und
x Renſchen in ber erften Jugend der Weit lebendig zu erhalten, alljaͤhr⸗
uber mit allerlei Muthwillen, Scherz und Ausgelaffenheit gefeiert
m Rom brachte das Carneval die alten Saturnalien in eince neuen
t rieder vors Auge, und bei den neuen Gebräuchen ſchimmern die alten
im den letzten Tagen bes Carnevals, alfo Faſtnacht, und vornehm⸗
rt dem dieſer Nacht langer Faſten vorgehenden Tage, der Muthwille In
7, Echerzen, Poffen und Ausgelaffenheiten aller Art fid) drängte, fo
nacht beſonders als bie Zeit des privilegirten Muthwillens, und Faſt⸗
eich galt fuͤr gleichbedeutend mit muthwilliger Poſſe. Aus Itas
bie neuen Saturnalien in die andern chriftlichen Länder über, und
blieb mit Dummereien, Schmaufereien und luſtigen Poflen nicht zus
dcutſchland wurde dadurch bie bramatifche Pocfie entwwidelt, nachdem
u Wohlhabenheit gelangt waren. Im 13. Jahrh. zeigen ſich davon
arm. Die Dummereien des Carnevals führten von felbft auf den
ine angenommene Rolle bucchzuführen. Um dem Haufen zu gefallen,
ie Sitten bes gemeinen Lebens mit Übertreibung nach, um das Lachen
zu erregen. Was anfangs nur ein Faftnachtseinfall geweſen war,
er Ausbidung. „Um die Faftnadıtezeit”, fagt Floͤgel in feiner „Ge:
miſchen Literatur” (Bd. 4, ©. 292), „zogen zuweilen verkleidete Per⸗
um Haus ine andre, um ihren Freunden und Vetannten eine Luft
40 Fadtalismus Fatum
länder und den Farces der Franzoſen, und die geiſtlichen Faſtnachtsſpiele, veilg
Burledfen, mit den Mysteres und Moralites. Nach altes Sitte wurben I
Faſtnachtsſpiele durch einen Ausrufer oder Herold eröffnet und befchloffen.
ben neueften Zeiten hat man bie Faſten aus der Religion größtentheils in bie
kunde verwieſen. Die Katholifchen haben noch als Fafttage die Mittrooche,
tage und Sonnabende der Quatemberwoche, und die Tage vor den Feſttagen;
Abflinenztage, an welchen nur die Fleiſchſpeiſen verboten find, alle Freitage
Sonnabende. Luther nennt das Faſten eine feine leibliche Zucht, und wenn
noch jegt in den proteftantifchen Ländern Faſttage ausfchreibt, fo find dies ll
bieibfel der katholiſchen Liturgie. .
Fatalismus, der Glaube an ein Fatum. Fataliſt heißt ein
hänger jenes Glaubend, (S. Fatum und Determinismus.)
Fata Morgana (Mirage, Kimmung, Luftfpiegelung) heißen aM
Kuͤſte der ſicilianiſchen Meerenge die bei heiterm, warmen und ftillen Wetter
dem Meere auffteigenden Lufterfcheinungen, die ſich oft zu feltiamen Bildert
Schiffen, Thuͤrmen, Schöffen u. f. w. geftalten, und felbft den Naturkur
täufhen. Sie entfichen aus den von der Sonne emporgezogenen Dünftel
Meeres, und kommen auch in den großen Sandflichen Perfiens, der afiat
Tatarei, in Niederägppten, in Diericod Ebenen und. a. a. D. vor, woruͤbes
„Astron. phys.‘* (Paris 1810, 3 Bde.) im 1. Bde, viel Intereffantes mit⸗
Figuͤrlich nennt man fo wunderbare Traumgebilde.
Fatum, unvermeidliches Schidfal. Alles, was dem Menfchen beg
kann man ſich denken, entiveder ald unbedingt nothwendig, ohne Hinficht auf
lichen Rathfchluß, oder als bedingt nothwendig vom göttlichen Rathſchluß a:
gig, oder endlich als völlig zufällig. Sm Allgemeinen verftanden die alten $
fophen unter dem Fatum im engften Sinn eine gewiffe unvermeidliche Nothwe
keit der Ereigniffe und Begebenheiten in der Welt, wodurch fie freilich in die gr
Widerfprüche mit der Lehre von der menſchlichen Freiheit und der Natur ber €
heit verwidelt werden mußten. Es ift ſchwer zu beftimmen, ob alle Weltw
befonders die Stoifer, in der Bedeutung das Fatum behauptet, haben, in w
man fie beffelben beſchuldigt. Man unterfcheidet gewoͤhnlich folgende Arten be
tums: das vernünftige, puntheiftifche, aftrologifche, türkifche und ftoifche. Jer
vermeibliche Nothwendigkeit der Begebenheiten hängt naͤmlich entweder Davon a!
die Welt den Grund ihrer Wirklichkeit in fich felbft hat, und eine andre Urfache
fi) erkennt (da8 pantheiftifche Fatum), oder von einem Weſen, das nicht zur
gehört, und zwar entweder unmittelbarer Weife, ohne Hinficht auf geroiffe V
urfachen, bergeftalt, daB Dasjenige, was einmal befchloffen ift, gefchehen mı
mögen die Begebenheiten eine Urfache haben ober nicht (das türkifche), oder r
barer Weife, naͤmlich durch den Einfluß der Geftirne, welchem die freien $
nicht entgehen können (das aftrologifche Fatum der Chaldder) oder durch
Mittelurfachen, und zwar fo, daß diefe Mittelurfachen und ihre Subordi
von einem abfoluten Entſchluß, worauf das Betragen verftändiger Wefen au
mwegungsgründen gar feinen Einfluß hat, herrühren (das ftoifche), oder, d
Subordination der Urfachen von einem freien Entſchluß der Gottheit und in c
ver Hinficht von dem freien Betragen vernünftiger Wejen herkommt (dag veı
tige Fatum). Wir begnügen ung, von dem Letztern noch dies zur Erläuterun
zuzuſetzen. Der Menſch ift als ein Sinnenweien phyſiſchen Gejegen untern
Da er nicht Herr ber Natur ift, muß er fich ihren Einflüjfen auf feine La:
Umſtaͤnde unterwerfen. Wann, von tvem, und mo er geboren wurde, ſtan
in feiner Gewalt zu beſtimmen. Indem er nun fagt, das Verhaͤngniß oder ©ı
hat es fo gewollt, fo glaubt er Damit nicht an ein blindes Ungeführ, fondern
ruft fi) nur auf Urſachen, die über feinen Kräften und Einlichten find. (
gängigen Grund geſchehe. Es ift falſch zu fagen, das Zukuͤnftige
ben, man thue auch was man wolle; fondern es gefchieht, weil man
4 mwoburch es veranlaßt wird. Iſt im Buche des Verhängniffes das
tgriäprieben, fo ift auch zugleich bie Urfache bavon gefchrieben. Es gibt
refelute, fondern nur eine hypothetifche Nothwendigkeit.
ahesBorel (Louis), bekannt durch die von ihm mit großer Ges
tuab Beharclichkeit zum Vortheil des vertriebenen Königehaufes während
‚&ealution geleiteten Verhandlungen, ward 1762 zu Neufchatel gebas
Wear 8 der France = Comte ftammende Familie feit der Verfolgung der
hezimten ſich angefiebelt hatte. Beim Ausbruche der Revolution wid⸗
Ye Batöruderei, welcher er vorftand, der Sache der Ausgetoanderten.
Iqu. zogen ihm Verbannung zu. Nun diente er ganz der Partei, welche
wldanng in Frankreich entgegenmirkte. Won 1793 bis 1814 wird fein
hidden Verſuchen genannt, die man machte, um bie Bourbone wieder:
ka Eo ward er 1795 im Namen Ludwigs XVII. als Vermittler zwi⸗
Kirn dem Prien von Gonde gebraucht, um jenen fuͤr bie Sache des
wrtiuisshaufes zu gewinnen. Er bedung ſich auf den Fall des Gelin⸗
Auen Livres, den Michaelorden und die Stelle eines Oberaufſehers ber.
eiaus. Bei ungluͤcklichem Erfolg aber wollte er fich mit 1000
tEnſchrigung begnligen. Als Pichegru die ihm gemachten Antraͤge,
ir da Bedingung der Mitwirkung Oſtreichs, angenommen hatte, begab
bee Berel zum Prinzen Conde, der ihn nach Strasburg ſchickte, wo der
ak des frany. Heeres war. Um Verdacht zu entfernen, gab er vor, ein
Tilgung einer Druderei kaufen zu wollen. Als jedoch Argwohn ents
de er verhaftet, und Pichegru verlor den Dberbefehl. Fauche-Borel
d feine Freiheit, da man in feinen Papieren nichts fand, das den Vers
uͤnden konnte. Er knuͤpfte 1796 mit Pichegeu in Arbois neue Verſtaͤnd⸗
and die Folge der Unterhandlungen war, daß ſich der General, als er
der Spire des Raths der 500 ftand, in Entwürfe zu Gunften des bour⸗
Faufes einließ, die der 18. Fructidor zerftörte. FauchesBorel ftand au
Ahniffe der Geächteten, und da man feinen Briefwechſel mit Pichegru im
sin...
340
länder und den Farces der Franzoſen, u.
Burlesken, mit den Mysteres und ’
Faſtnachtsſpiele Dur einen Aus.ı
den neueften Zeiten bat man dir v.
Die Kathi”.
tage und Sonnabende der Dunn °
Abſtinenztage, an welchen nu:
Luther nenn
noch jetzt in den proteſtant'
kunde verwieſen.
Sonnabende.
bleibſel der katholiſchen Y
Satallsmus.
haͤnger jenes Glaub
3 ata M ore
Kuͤſte der ficitiani”*
dem Meere aufit.’
Schiffen, Thun:
täufchen. Ei.
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Tatarei, in
„Astron.
Figuͤrlich
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un iſt wahre Faulung, bier iſt aber auch in dem brai
ig verſchwunden,
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ewaͤhnen: „Die Naturgeſchichte Der Trapygeb
EN jeder nach feinste Eigenthuͤmlichkeit oder Natur,
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nd zuletzt eine mehr oder we
yerausgegange
Lanııle
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faͤulniß
xch England, dann
a er im Gefolge der!
ardenberg ach Xonden
Anſtalten, ich in Paris
‚te Bon Wien, wohin
»cgab er fich zu Ludwig AV
zeit in geheimen Unterhand
eines Verſtaͤndniſſes mit N
eſen wurde (ſ. Edjtein),
dꝛe ſich fir ihn verwendete. 9
3; ſpaͤter begab er ſich nach Engl
Er felbiigibe Nachricht vonfe
> de differentes missions dans
„mploys pour la cause de fa Mo
usgegeben, bier aber unterdrückt w
⸗208 8
⁊
Der Wahlſpruch auf dem Titel Poc
0 daß er ſich in feinen Erwartungent
keit fand ſeitdem cin andres Felo;«
Bereitung des Kothſtaubes, eines wirkſ
der thieriſchen Okonomie, zu erhalten.
Joend Barthelemp), Geelog und Nat!
> nen Reiſen durch faſt alle Lander Europa
I:ſmerkſamkeit beinahe einzig auf Gegenſtaͤn
„ehanifche Erzeugniſſe. Was er darübvrer
‚.. \nfeinen „Recherches sur les volcans e4
„»78) entwidelte er feine Anſichten über die E
der Verbindung des Waſſers mir dem unterird.
„ Naterfichungen machten ihn ber Anſicht derje
Trappgebirge für vulkaniſche Er.
oprung aller |
.. „Essais geologiques‘‘ darthat. Unter ſeinen
‚Die Befchreibung der Gebirge bei Maſtricht“
nFol.) und fo: „Meile durch England, Schot
Mine), die auch auf die Sittenverhaͤltniſſe jener
nme, and in Wirdemann's deutſcher Überf
sie Anmerkungen des Schotuaͤnders Macdonald
.iete Grad der Gährung, in welchem fich ſowol chi
[x }
nſaurer, ſtick- und wafferftoffhaltiaee Gas
ag von mehr oder weniger Schwefel und Phosph
doch mehr bei Faulung thieriſcher Ste
niger erdige, reine Ma
ene Faulung durch den Geruch zuweiler
Ein ſehr geminderter Grad oder gaͤnzliche Aufl
Luft, Warme und Feuchtigkeit, Anal
singen, unterhalten und vollenden fie, jedoch iſt der
1 vorbandenem, wenn auch ſehr verminderten Leber
eneigtheit zur Faͤulniß in den ſegenannten F.
zulniß angenonmien werten kann.
d nicht wahre Fauln
es iſt eine ortliche Faͤulniß zu neunen.
Fauna Fauſt (Joh.) 43
YAanzenftoffen geht langſam vor ſich, fie muͤſſen mit Waſſer anges
eſtank iſt nicht fehr durchdringend, der Ruͤckſtand fchwärzlich,
mit Koble verbunden ; thierifche Stoffe hingegen faulen ſchnel⸗
viel Durchdringender, es entwickelt ſich mehr Stidfoff, der, mit
:: Ammonium verbunden, größtentheils ſich verflüchtigt, fobald dies -
..t bat; es vermindert ſich die Maffe des faulenden Körpers beträchts
Its al& eine fette, ſchmierige, noch flinfende Erde bleibt zurüd, die
: fo austrocknet, daß fie wie Afche ausfieht. Boiſſieu hat den zur voll
Yerzyung erfoberlichen Zeitraum in vier Perioden getheilt. Faͤlſchlich
weng thierifcher Stoffe alkaliſche Gaͤhrung genannt, weil fie nicht allein
werials) bilder. Fehlen gewiffe Bedingungen, fo kann zwar auch eine
Ye Beſtandtheile gefchehen, die aber nicht Faͤulniß ift; fo z. B. verwans
n Innern der Erde die Vegetabilien in bitumindfe, verfteinerte Hölzer,
badbatze mancherlei Art. Nicht fo ift ed, unter gleichen Umftänden,
Er Stoffen der Fall; dieſe haben fchon viel Keuchtigkeit in ſich, werden
te für ſich warm, in der Erde felbft ift etwas Luft, fie faulen nur lang»
+8. fand man beim Ausgraben der Leichname auf dem Cimetière des
aPuris, daß mandye erſt nach einer Zeit von 7, 30 und mehren Jah⸗
ad manche früher ihre weichen Theile verloren hatten. Je mehr Leich⸗
km auf einem kleinen Raume liegen, defto fpäter faulen fie zu einer
Rai, fe bilden mehr eine feifenartige Maſſe. Da die Bedingniffe zur
biete find, fo kann man, wenn man fie entfernt hält, die Faͤulniß abs
waxh das Raͤuchern, Austrocdnen, Kalthalten, in Säure einlegen, Eins
wehae iſt; fo find in dem Ägpptifchen Sande Körper ohne weiteres Zus
wierttig ausgetrocknet worden. Auch wirkt man der Faͤulniß durch Ans
Idabrendigen Holzſaͤure entgegen. Die Faͤulniß wird benugt, um mans
verichiedener Subftanzen möglich zu machen, fo 4 B. beruht
Ns Rein der Flachspflanze, des Leine, die Papierbereitung ; durch fie
vr Bir die Gartens und Pflanzenerde, die Möglichkeit, das Leder
IL. m
au, der Inbegriff ber m einem Rande oder Erdtheile einheimifchen
m, auch ein Verzeichniß derfelben.
unen jind Waldgötter ber Römer, d. i. eine Art von Dämonen, wels
Cem und Hainen wohnten, und vorzuͤglich von Denen, die das Feld baus
ümucden. Sie werden meiftentheild ganz in menfchlicher Geftalt abges
r mit einem Heinen Ziegenfchwanz, fpigigen Ohren und hervorfeimenden
Ihre Kleidung ift ein Ziegenfell oder ein andres Thierfel. Man fieht
t Weinranken befränzt, weil fie, gleich den Satyın, zu dem Gefolge des
uheren. Zu ben berühmteften antiten Saunenbildern gehört der alte
au im florentinifchen Mufeum, der jugendliche Faun, als Floͤtenſpieler.
x fhildern fie uns als mißgeftaltete, grob ſinnliche Götter, und diefen
ertennen wir auch in ben auf uns gefommenen alten Statuen. Gie
Soͤhne des Faunus betrachtet. Diefer murbe ale einer ber diteften Koͤ⸗
iem, zugleich als voeiffagender Gott verehrt, und ift der Pan der Roͤmer,
ferne mit der Fatua oder Sauna erzeugten Söhne, gleich den griechifchen
d Schüger und Mehrer der Heerdens, Wald: und Seldgötter verehrt
Über den Unterfcyied von benfelben f. Voß „Mythologiſche Briefe’ (2.
52 fa.).
iſt Joh.) ober Fuſt, Goldarbeiter zu Mainz, einer der Exften, welche
mdertunft ausübten. (S. Buchdruckerkunſt.) — Verſchie⸗
iejſcm iſt der beruͤchtigte Schwarzkuͤnſtler D. Joh. Fa uſt, Im Anfang
st. Ob er aus Anittlingen im Oberamt Maulbronn in Schwaben,
44 Fauſt (Joh.)
oder aus Anhalt, oder aus der Mark Brandenburg gebuͤrtig geweſen fi
unentſchieden. Das Erfte ift am wuhrfcheinlichfien. Er war der Soße:
Bauern, der ihn nach Wittenberg endete, wo er fi den Wiſſenſchaften
mete. In feinem 16. Jahre ging er nad) Ingolſtadt, ftudirte Theologie, ı
drei Jahre nachher Mugifter, wendete ſich aber von ber Zheologie zu der
diein, Aſtrologie und Magie, worin er auch feinen Famulus, Joh. Wagner;
Predigers Sohn zu Wafferburg, unterrichtete. Nachdem er die reiche Erb
feines Oheims verſchwendet hatte, bediente er fich, der Sage nach, feiner erie
Kraft, die Geifter zu befehwören, befchwor den Teufel, und machte mit ihm
Bund auf24 Jahre. Ererhielt einen Geift, Mephiftopheles, zu feinem I
mit welchem er nun umberceifete, luſtig lebte und durch Wunder die Welth
ftaunen feste (z. B. auf einem Weinfaſſe aus Auerbach's Keller 1523 in Leg
vonritt, worauf ſich noch ein altes Bild in diefem Keller bezieht), bie il
Dorfe Rimlich, Nachts zwifchen 12 und 1 Uhr, der Teufel ihn —
brachte, wie ſolches von Georg Rudolf Wiedemann in den a ahehaftigen 3
rien von denen greulihen Sünden D. oh. Fauſtens“ (Hamb. 1599), 5
dem alten beliebten Volksbuche: „Des durch die ganze Welt verrufenen Ergſch
tünftlere und Zaubererd D. Fauſt mit dem Teufel aufgerichtetes a
teuerlicher Lebenswandel und fchredliched Ende” (gedr. zu Köln am
Nuͤrnberg), berichtet wird. Ob an dieſer Sage etwas wahr fei oder nicht
über ift mandyerlei Streit gemefen. Einige, welche diefen Kauft mit dem
vermechfelten, waren der Meinung, die Mönche, welche damals durch Abſch
der Bücher nicht wenig verdienten, und durch Erfindung der Buchdruderius
beeinträchtigt fahen, hätten, aufgebracht hierüber, die neue Erfindung ai
Teufels Merk verfchrieen, und dem Namen Kauft ein ewiges Brandmal du
Erfindung jener Geſchichten aufbrüden wollen. Diefe Meinung aber wit
ſich dadurch, daß jener Fauſt in das 15., diefer in das 16. Jahrh. gehört,
gegen 1560 verſchwand. Die, welche fein Dafein gaͤnzlich leugnen wollte,
ben die Zeugniffe Zritheim’ 8, Melanchthon’s u. A. gegen fich, die ihn ſelbſt ge
hatten. Demnach mürde und wol am Ende ein ungewöhnlicher Menfch ı
- bleiben, mit phofifalifchen Einfichten, die fein Zeitalter ald Wunderwerke,
mithin ald Werke des Teufels, anftaunte und fuͤrchtete. Vielleicht zog ex
umber, durch Taſchenſpielerkuͤnſte und natlrliche Magie die Augen der Men
bienden. Die Erzählung der Fauft’ ſchen Abenteuer hat die Entſtehung eine
dern Buchs veranlaßt: „Fauſt's Hoͤllenzwang oder ber fchwarze Rabe.
ſem Buche fchrich fonft der Aberglaube Wunderdinge zu. Es enthält ſchor
dem Zitel, dem zufolge cd 1404 zum erften Mal gedruckt iſt, eine Lüge, ur
mit lauter finnlofen Charakteren und Figuren, und ſchaͤndlich gemißbrauchter
belſpruͤchen angefüllt. — SSene Legende hat der Poeſie Stoff zu mehr alde
Meifterwerke geliefert. Nachdem diefer Stoff lange Zeit nur für Farcen und
rionettentheater war benußt worden (f. Goͤrres, „Über die deutfchen Volksbuͤc
verglichen mit dem Spittler'ſchen Zufäsen zu Moſer's „Würtemb. Bibliott
faßte Leſſing die Idee, ihn zu hoͤhern Zwecken zu benutzen, und entwarf zwei Ti
ſpiele von D. Kauft, wovon leider nur ein kurzes, aber meiſterhaftes Brud
übrig ift. Klinger, in „Fauſt's Leben, Thaten und Höllenfahrt", und Goͤth
feinem unübertroffenen „Sauft“, gehen Beide von derfelben Idee aus, nur
dem Unterichied, daß es bei Beiden nicht der Teufel ift, der Fauſt an ber fc
chen Seite der Wißbegierde faßt, um ihn zu verleiten, ſondern daß die Wifber
ſelbſt ihn dem Zeufel in die Arme führt, fodaß man mit dem Goͤthe ſchen M
ſtopheles ſagen möchte:
Und hatt’ er fih auch nicht tem Teufel übergeben,
Gr müßte dody zu Grunte geh.
Fauſt (Bh. Ep.) Fauſtina 45
si Beiden eine hypergeniale Natur, Fruͤh ſchon fand er die Grenzen
weit zu enge, und ſtieß mit wilder Kraft dagegen an, um fie Uber die
it Binüberzurücden. Er warf fich in die Wiffenfchaften. Kaum aber
en Zauber gekoſtet, als der heftigfte Durft nad) Wahrheit in feiner
ante. Mac) langem Herumtappen waren feine Ernte: Zweifel, Un⸗
bie Kursfichtigkeit der Menfchen, Mißmuth und Murren gegen den, der
fen, das Licht zu ahnen, ohne die dicke Finſterniß ducchbrechen zu Eonnen.
tm Ausführung weichen aber Beide fehr von einander ab, und es findet
bie Vergleichung zwifchen Klinger’8 Roman und Goͤthe's Drama weis
ya ift durchdrungen von philofophifchem, diefee von poetiſchem Geifte.
ar trifft Kauft das unvermeidlihe Schickſal, des Teufels Beute zu
Yırum iſt auch bei Klinger Alles greller und duͤſtrer, bei Göthe milder und
Kt. Bei Klinger vermifchen fidy die Sagen von beiden Fauſt,
kr det ſich bloß an die von Kauft dem Zauberer gehalten; Much Göthe
Br verdienen die Bearbeitungen diefed Stoffes von Schink, Schreiber
Mr Müller genannt zu werden; die Ießtere ift die roheſte, aber unter
tien die Ecäftigfte und genialfte. Über die tiefere Bedeutung der Gage
2. Aufklärung in der Schrift: „Uber Fauſt und den ewigen Juden“
\
im /Bh. Cp.), D. der Medicin und Hofrath zu Buͤckeburg, ale
Kt it 1780 bekannt, wurde 1755 zu Rotenburg in Heſſen geboren,
Min Peter Arzt war, 1794 fchrieb er Über die Perioden. des Lebens,
nah Gemeinnuͤtzigkeit ließ ihm nicht einzig bei gelehrten Gegenftäns
Dmär: er ergriff, obſchon bejahrt, gleich einem Juͤnglinge mit warmem
BR tr, um bie Mitwirkung Hoher und Nieberer für da gemeine Ges
Mach zu gewinnen und üble Gebräuche einzuftellen. Schon 1794 ftellte
u Batch auf üher die Pflicht ber Menfchen, jeden Blatternkranken von der
Bu de Geſunden abzufondern und dadurch die Ausrottung der Blatterns
bein. Obſchon man diefen beherzigungsmerthen Vorſchlag wenig bes
betto, Le fich Kauft nicht abhalten, denfelben fogar den zum Friedenscon⸗
Kae vetſammelten Minifteen 1798 nochmals vorzulegen. 1802 und
ds Jemner's Entdedung Fauſt's philanthropiſchem Plane zu Hülfe kam,
Bid für die Verbreitung der Kuhpocken; er fchrieb deßhalb einen Zuruf an
Ken, ſchlug auch Öffentliche Smpfanftalten vor. Mehre Gebrechen, die
stätımz der Geburtshuͤlfe eingermurzelt find, entgingen ihm nicht, und er
a viele gute und gutgemeinte Vorfchläge bekannt gemacht. Mit noch
Bern Worten ſprach Fauſt für Die menfchlichere Behandlung der Vers
auf dem Schlachtfelde, in allen periodifchen Blättern, auch mit Ph.
emcinſchaftlich über die Anwendung und den Nutzen des Ols und ber
fi Firurgifchen Operationen, welcher Schrift 3 Abhandl. angehängt find,
Heiligkeit der Felblagarethe”, „Beſchreibung einer Beinbruchmaſchine
Lebendigbegraben auf den Wahlplägen zu verhüten” (1806). Sein ge
ſtes Wert ift feine „Populaice Diätetik” ober fein „Geſundheitslatechis-
tina. 1) Die Gemahlin des Kaiſers Antoninus Pius, und 2) deſſen
wiche nachher an den Kaifer Marcus Aurelius Antoninus verheirathet
ie Gefhichtichreiber jener Zeit haben die fchönen Beſchreibungen, weiche
r stüclichen Zuftande des Reichs unter der Regierung diefer Antonine
ir aͤrgerlichen Anekdoten von ihren Gemahlinnen befledt. Aber zur
nscern Fauſtina, welche diefe Sieden am meiften treffen, darf man nicht
af ihre eigner Gemahl, Marcus Aurelius, der fich durch feinen’ treff-
ikrer und durch feine Neigung zur Philofophie den Beinamen des Phi:
AG Fauftreche
laſophen erwarb, Ihrer Zugend Gerechtigkeit widerfahren feß, und ib
serrachtungen über fich ſelbſt, das Lob einer mufterhaften Gattin beil
unfeen Lagen hat Wieland verfucht, fie gegen die Schmähungen ber plau
Geſchichtſchreiber der roͤmiſchen Kaifergefchichte zu rechtfertigen.
Kanftrecht (jus manuariam), Recht der Selbſthuͤlfe mit ge
Hand: ein Übel, welches alle Staaten in ihrer Kindheit treffen muß,
fie nicht eine wohlgeorbnete Gerichtöverfaffung und eine Eraftvolle Meg
ſiben. In Deutichland dauerte daffelbe bei weiter länger, als in Franl
(england, weil die Zerſtuͤckelung des Reichs und die Schwaͤche ber kaiferl
nierung wirkfameg, Maßregeln im Wege ſtand. Noch ziemlich lange .
ber Stiftung des Reichskammergerichts und bed ewigen Lanbfrieden®
waren, wie man u. A. aus dem Leben Gögen® von Berlichingen fieht,
ben Dingen im Gange, welche ber Landfriede hatte abftellen ſollen.
recht hatte vornehmlich zweierlei Gegenftänbe, Die Befehbungen und b
der Pfändungen, und beide arteten oft, fo wenig auch ihre urfprünglidy
mung darauf gegangen war, in ein wahres Raubgewerbe aus.
bungen arbeitete man ſeit den erften Zeiten ber Monarchie entgegen (fo
frieden), aber vergeblich; man ſuchte fie wenigſtens dadurch zu mini
nach den Altern Neichögefegen ein Verſuch vorhergehen ſollte, fein Ra
(Hüte oder richterliche Huͤlfe zu erlangen, fowie man fie durch das Verhei
rifche Angriffe am Freitag, Sonnabend und Sonntag vorzunehmen, zu
ſuchte. Allein Alles das wurde wenig beobachtet. Die Privatpfäindung
erlaubt, wenn man eine Elare verbriefte Foderung hatte, in Güte ı
feinem Schuldner nichts erhalten Eonnte. Man wandte ſich dann an el
ter, welcher gegen billige Vergütung es uͤbernahm, dem Schuldner auf
ihn felbft oder ihm gehörige Güter anzuhalten, und fowol feinen Schuͤt
ſich felbft bezahlt zu machen. Dabei kamen aber gar viele Unregelmäßigks
welche durch Gefege verboten, aber durch alte Gewohnheit dennoch aufred
ten wurden. Erſtlich follte bem Schulbner die Pfändung vier Wochen n
gekündigt twerden, was nicht auszuführen war, weil derfelbe dadurch nur ı
tworben wäre, feine Perfon und Sachen in Sicherheit zu bringen. Zweite
gleich nach der Pfändung der naͤchſte Richter aufgefucht werben. Dai
denn, wenn es ja geſchah, die Gerichte eines Burgheren, mit welchem!
abfand, ſodaß ed mit der Gerechtigkeit fo genau nicht genommen wurde.
wurden unter irgend einem Vorwand die Sachen wol wieder weiter gefchafl
der Gepfändete zuthun hatte, ehe er ausfindig machte, wohin fie ge
waren. Drittens, die Dauptfache aber war, baf man fid) nicht an den
ner allein, fondern an den erften beften feiner Mitbürger hielt, beffen man
werden Eonnte. Died war ein Überbleibfel der alten beutfchen Gefam
(haft der Gemeinden gegen einander (franciplegium, frankpledge), w
Geſetze laͤngſt gemißbillige hatten, aber nicht ausrotten Eonnten, dahe
Friedrich J. 1158 nur die Studenten dagegen in feinen Schug nahm,
nicht wegen angebliher Schulden ihrer Landsleute angegriffen werben
Diele Burgbefiger und Ritter lebten ganz von biefem Gewerbe, welches3
ven Stenfenräuberei ausartete, indem der Mangel fie trieb, reifende A
niederzumerfen, wenn auch Beine Schulb von ihnen beizutreiben war, ob
mehr abzunehmen, als die Schuld betrug. Damit waren noch viele ant
dereien verbunden, das Aufbringen von Geleite, dad Erheben von Abge
die Sicherheit der Straßen u. dgl., welches Alled von den Städten für U
tigkeit und Raͤuberei erflärt und an den Urhebern mit ſchimpflichen Hinric
beftrafe wurde. Die gänzlicye Abftelung diefer Dinge gelang erfl gegen €
16. Jahrh. 3
‘
Charles Sim.) Bavart (Marie Suftine Bene.) 47
rt (Charles Simon), der Schöpfer der feinern komiſchen Oprr uns
m, Sohn eines Paſtetenbaͤckers in Paris, 1710 geboren. Auf dem
UV. geitifteten Collegium vollendete Savart einen Theil feiner Stus
dir Porjie ergebend, trat er mit einem Gedicht: „„La France deli.ree
e d’Orleans** auf, welches ihm den Preis in den Jeux florau.. vers
na eigentlichen Dichterruhm errang er aber erfi durch feine zahlrei⸗
: für das italienische Singfpiel und die tomifche Oper. Da bie
mit welcher Favart aufs innigfte verbunden war, 1745, in Folge
ve Staliener, denen burch die franzäfifche Fomifche Oper großer Ab⸗
‚ einsehen mußte, fo fal fi) ber Dichter gezwungen, die Direction
den Truppe zu übernehmen, welche der Marſchall von Sachſen auf
ranacı Slandern mitnchm. So mußte Favart oft vor dem Beginn
teder fonjtigen entfcheidenden Begebenheit fein Zalent dazu anwen⸗
te muregen, wie dies z. B. den Abend vor ber Bataille von Rocour
‚we ber Dichter auf des Marſchalls Befehl in der Eile ein Couplet
rem einer beliebten Acirice in ben Zwifchenacten vorgetragen, und
ader devorſtehenden Schlacht der Sieg unzweifelhaft dargeftellt wurde,
zn auch hier im Ganzen Favart ging, fo hatte er doch den Schmerz,
km, wie feine Gattin (f. d. folg. Art.) dem Sieger von Fontenoy und
:iche gefiel. Endlich zurückgekehrt in die Hauptiladt, widmete fich
Gh ter dramatiſchen Porfie, und fchrieb in diefer Periode, vereint
Die Veiſenon, feinem Hausfreunde, eine Menge feiner beften Sthde,
ws wmeilen bie geiftvolle Mad. Favart Antheil hatte, ſodaß man bei
dertiben annchmen kann, daß Favart felbft den Plan, Styl, Chas
wDixieg gab, feine Frau die einzelnen Zuͤge von Naivetät und meibs
Bet einmiſchte; von dem Hausfreunde aber, der zu feiner Zeit in der
Ha ſehr uͤberſchaͤtzt wurde, die nicht immer glücklichen Wortfpiele und
berrührten, bie fich zumeilen in den Favart'ſchen Stüden
Kr dal dieſer Arbeiten ift ſehr groß, und mehre derfelben, wie 3.8.
Lot tie 3 Sultaninnen”, „‚Ninette & la cour‘‘ (wonach Weiße
in bekannte Operette: „Lottchen am Hofe”, dichtete), „„La cher-
peu“, „L’astrologue de village‘ u. a. find zum Theil noch auf
ien ter franz. Operbühnen, zum Theil aud) in Überfegungen und
n euf bie andern Nationen übergegangen. In ber legten Zeit feine®
murt, der 1792 in dem bedeutenden Alter von 80 Jahren ftarb, eine
&O Sr. von bem italienischen Theater. Frifchheit der Ideen, Grazie
beit im Ausdrud fanfter Empfindimgen, richtige Zeichnung feiner
m Charaftere, und eine reine und angenehme Diction, im Versbau
prache, gehören zu ben Hauptvorzuͤgen von Favart's Mufe. 1763
anmtausgabe feiner Werke in 8 Bdn. (denen 1772 2 Bde, nachge⸗
‚und 1809 eine Auswahl der beften Operetten in 3 Bbn. heraus. —
ihm, Charles Nicolaus Favart (geb. 1749, geft. 1806),
is Schauſpieler auf dem italienifchen Theater, bat gleichfalls mehre
die nicht ohne Beifall aufgenommen wurben.
s (Marie Juſtine VBenedicte, geb. Duronceray), geb. zu Avignon
zu Lumeville erzogen, wo ihr Vater in der Capelle ded Könige Sta⸗
reti angeftelle war. Durch Talent und Schönheit ausgezeichnet,
Duronceray 1744 nach Paris, wo fie im folgenden Fahre, unter
)emoiſelle Chantilly, auf dem Theater de POpéra comique debu-
ebenfo viel Beifall als Schaufpielerin, wie im Ballet als Tänzerin
rr allgemeine Beifall war aber aud) mit die Urfache, warum die an«
af die Unterdrüdung der ihnen fo vielen Schaden zuflgenden komi⸗
48 | Savler
ſchen Oper drangen. Dem. Chantilly, jegt aus den ihr fo fehr zufagenden Fü
des Geſanges und Zanzes herausgeriffen, mußte ſich auf die einfache Panten
beſchraͤnken. She Talent erwarb ihr indeß auch hier fortwährend die Bewr
rung des Publicums. Um diefe Zeit vermählte fie ſich mit Favart, dem fie,
derſelbe die Direction des ambulanten Theaters bei der flandrifchen Armee #
nahm, dahin folgte. Hier fand fie bald an dem Marfchall von Sadıyfen &
ebenjo glühenden als fein Ziel mit jedem Mittel verfolgenden Verehrer. 9
weigerte fih Mad. Savart, die Wünfche des Marſchalls zu erfüllen; da ber
aber endlich in feiner verliehten Heftigkeit fo weit ging, nicht allein ihren A
möglichft zu bedruͤcken, fondern auch fie felbft, mittelft feiner Verbindungen
ein Kloſter bringen lich, woſelbſt fie über Sabre und Tag ſchmachten mußt
fügte fie fich endlich den despotiſchen Wünfchen; worauf fie dann mit #
Manne wieder nad) Paris zuruͤckkehrte, wo fie ald Mitglied der italieniſchen
auftrat, und ſich fortdauernd des allgemeinften Beifalls erfreute. Sie ſtar
20. April 1772 in iheem 45. Sahre, und hinterließ den Ruhm, eine «
geiftreihe und ausgezeichnete Kuͤnſtlerin als liebenswürdige Frau geweſen 31
Sie war die Erfte, welche es wagte, Soubretten und Landmaͤdchen (ihr S
fach) in der diefen Ständen angemeffenen Tracht zu [pielen, denn bis dahirt
man, befangen in höfticher Steifheit, die Kammermädchen und Bäuerinne
den franz. Bühnen nie anderd als in dem gefuchten Pug der Hofdamen, wel
ſchmeide bedeckt, mit hoben Auffügen und weißen Handfchuhen auftreten: *
As fie das erſte Mal in dem natürlid) = idealificten Coftum einer Doͤrfnerk
der Savart’fchen Operette: „„Bastien et Bustienne‘‘) erfchien, machte die
eine ungemeine Senfation, bald fand man aber die Suche gut, und fah die lie
wuͤrdige Künftlerin fo nur noch lieber.
Favier, Publicift und Diplomat, geb. zu Toulouſe im Anfange be
Jahrh., folgte im 25. Sahre feinem Vater als Generalſecretair der Stänb«
Languedoc; allein die Ausfchweifungen feiner Jugend nöthigten ihn, diefe «E
ehrenvolle als einträgliche Stelle zu verlaufen. Gezwungen, fich mit den W
haften zu befchäftigen, ftudirte er befonderd Gefchichte und Politik, wobei
fein außerordentliches Gedächtniß fehr nüglich war. Nachdem er eine Bei
ale Sefandtfchaftsfecretair am turiner Hofe geflanden hatte, wurde er von
genfon zuruͤckberufen, für den er mit feltenem Talent mehre bideutende &
fhriften arbeitete. Auch der Minifter leiftete ihm wichtige Dienfte, und voll
trauen auf feinen Patriotismus, enthiillte er ihm das ganze alte Spſtem ber f
Politik gegen bie andern europäifchen Mächte. Nach diefer Mittheilung verfaß
das Memoire: „„Heflexions contre le traite de 1756‘ (zwifchen Franl
und Oſtreich). Diefe Schrift ift eine der beften über die Diplomatie jener
und noch jest für alle Stantsmänner fehr wichtig. Cr machte fid) aber dami
Feinde, und ald d’Argenfon das Minifterium verließ, Eonnte auch er feine €
nicht behalten. Doch erhielt er unter Choifeul verichiedene geheime Sendu
nach Spanien und Rußland. Der Graf Broglio, der damals auf Ludwigs.
Befehl mit den Gefandten Frankreichs im Auslande einen geheimen Briefw
führte, trug ihm die Abfaffung mehrer Denkfchriften auf, worin er feine t
Kenntniffe entfaltete. Favier gerieth dabei in geoße Gefahr, teil er dem MR:
chen felbft gegen die Minifter diente, und mußte aus Frankreich flichen.
Holland lernte er den Prinzen Heinrich von Preußen kennen, bem er wichtig
Öffnungen über feine biplomatifchen Miffionen machte. Allein die Ruͤckkehr
Frankreich Eonnte er nicht für ſich gewinnen; der Haß der Michte, gegen
gefchrieben hatte, verfolgte ihn aud) im Auslande. Er wurde foaar, unter
Vorwande einer Verſchwoͤrung, in Hamburg ergriffen, und als ein Stoͤre
Friedens von Europa, nad) Paris gebracht. Sein Briefmechfel mit dem Pi
Faxardo Februar 49
n Preußen wurde für ſtrafbar erklaͤrt, und er In die Baſtille geſetzt, wo
ihre ſaß. Auf Brogtlo's Verwenden erhielt er endlich feine Freiheit,
un ohne Anftellung, bloß von den Früchten feiner Talente. Er fchrieb
n über die Angelegenheiten der Zeit, und erft bei Ludwigs XVI.
gung erhielt er eine Penfion von 6000 Livres. Er ftarb zu Paris
isuc hat einen Theil f. Schriften gefammelt und heraußgegeben: „Po-
ons les cabinets de l’Europe‘‘ (3 Bde., 1802).
ardo (Diego de Saavedra), berühmt ald Staatdmann, und einer
bften fpanifchen Profaiften, geb. zu Ende bed 16. Jahrh., aus einem
e der Provinz Murcia, ftudirte zu Salamanca, und ward bafelbft D.
. As Secretair für die neapolitanifchen Gefchäfte ging er mit dem
Geſandten Borgia nah Rom, ward hierauf fpanifcher Agent am römis
i, begab ſich 1636 nach Regensburg, um der Wahl Ferdinande zum
Kenig beisumohnen, und wurde, nach andern diplomatifchen Geſchaͤf⸗
Mitsp IV. 1633 auf den Friedenscongreg nach Münfter gefickt. Von
bzutuͤkberufen, ſtarb er, als Mitglicd des hohen Raths von Indien, zu
6. Seine Schuften find: „Idea d’un principe politico Christiano
Mado en cien einpresas‘ (Monaco 1640, und mehrmals, ein Fürften«
a Bildern; auch ital., franz, latein. und deutfch), ferner: „Corona
‚Umtellana y Anustriaca, politicamente illustrada“. Er mollte von
ade diſtoriſchen Unterſuchungen unkritifchen und flüchtigen, aber claffijch
bene Berke drei Theile herausgeben es ift aber nur diefer erfte erfchienen,
—XR de Caſtro lieferte eine ſchlechte Fortſetzung. Endlic) „Republica
r* ine launige, oft beifiende Kritik Älterer und neuerer, vorzüglich ſpa⸗
Geriftſteller, deuticy mehrmals, z. B. Jena 1808) und „‚Lbcuras de
— posthumo“. Seine ſaͤmmtl. Werke erſchienen Antwerpen
'apence, Halkporzellan oder unechtes Porzellan, eine Art Geſchirr,
B2 Ser gemeinen Töpferarbeit durch Feinheit und feinere Glaſur, ges
ach durch ediere Formen und beffere Malerei unterfcheidet, Es hat
men ven der Stadt Faënza in Romagna, wo e8 1299 erfunden fein
an Derfertigte dort zu jener Zeit eine Art feiner irdener Gefäße, welche bie
gabriheinlich nach dem Erfinder, Majolica nannten. Einige Stüde
= ten damals lebenden großen Künftlern, einem Rafael, Gittlio Ro⸗
Kan u. A., mit Malereien geziert, und ftehen als Denkmäler alter
bebem Werth. Die höchfte Feinheit in der Majolica ward in der Zeit
bis 1560 erreicht. Der König von Würtemberg befigt eine Eoftbate
gbduvon. Die Erfindung der heutigen Sayence fcheint aber erft gegen
des 16. Jahrh. zu Faenza gemacht worden zu fein, und bekam den Na⸗
ce in Frankreich, als ein Mann aus Faenza, durch Auffindung einer
krde bei Mevers in Frankreich, die Kunft dahin verpflanzte. Gegen
es 17. Jahrh. zeichnete ſich die Stadt Deift in Holland ducch Fabrica⸗
wence aus, welche man auch deiftifches Porzellan nannte. Cs halt
are wenig Stand. Das eniglifche Steingut, welches aus geftoßenen
u bereitet wird, ift zwar der Sanence ähnlich, aber doch wefentlid) da⸗
ren.
ette (Mirauis be la), f. Lafayette.
ette (Marie Magdal., Graͤfin de la), f. Lafayette.
ronins, f. Honthbeim. |
rmar, von bet roͤmiſchen Göttin Febria ober Februa, die ben ges
tidniebenen Reinigungen (3. B. der Wöchnerinnen) vorſtand, und zus
dee Juno verwechfelt wird. Auch die Moſaiſche Religion ſchrieb ders
x. Sicbente Aufl. Wo. IV, N 4
50 Sebvre Feder
gleichen Reinigungen vor, und bei uns faͤllt noch jetzt das Feſt der Reinigur
ti& auf den 2. Februar. (S. Lihtmeffe) Der deutfhe Name t
bruars, Hornung, foll von hor (Koth) herftamnien, weil in. diefem Mo
Wege aufzuthauen und daher Eothig zu werden pflegen. Im Holländ. |
Sporkelmaend.
Febovre Grangçois Fofeph Le), f. Lefebvre (François Joſeph).
Fechter, Fechter ſtatuen. Einen beſondern Kreis der Darſte
in der Bildhauerkunſt machten die Darſtellungen der Fechter aus. Die
bei den Römern (mit den Athleten oder Ringern nicht zu verwechſeln) waren
ven, welche zum Vergnügen der Vornehmen und des Volkes mit und ohne‘
gegen einander kaͤmpften. Solche blutige Kämpfe, wo oft echter zu
Scharen auf einander losgelaffen wurden, fanden bei religiöfen Seften, fe
roßen Zrauerbegängniffen ftatt. Die Griechen hatten in diefem Sina
Eeechter. Die beruͤhmteſten Fechterftatuen find 1) der fogenannte Bo
fe’fche Fechter, welchen Windelmann für einen Discuswerfer oder Kriegı
fing für den Chabrias hielt; Nibby hält fie für eine Eckfigur in dem Gie
bes Apollotempeld in Delphi, welches die Niederlage der Gallier, die eim
fall in Griechenland gewagt hatten, darftellt, und zwar für einen Gallier,
ein Kämpfer, der einen Angriff nad) oben zu abwehrt, mit gefpannten 7
eine Statue erften Ranges von feinkoͤrnigem Marmor gearbeitet, und im!
aufgeftellt, audy 1815 aus Paris wieder dahin gebracht. 2) Der fog
fterbende echter, der aus ber Ludovifiichen Sammlung in dad Musew
tolinum getauft wurde; es ift ein ſterbender Kämpfer, nad) Zoega ein Bar
eine Wunde in bie Bruft empfangen und mit Ingrimm im Gefichte in
ift niederzufinden. Der Knebelbart, der Strid um den Hals iſt vielleid
des modernen Ergänzerd, Mich. Angelo.
Fechtkunſt, die Kunft des geſchickten perfönlichen Angreifens u
theidigens, befonders burd, Degen und Schwert. Sie kann nicht bloß
des wirklichen ernflichen Kampfes, fondern auch zur Stärkung und Gef
gung des Körpers durch regelmäßige Bewegungen, ja felbft zur höhern !
gung, als vollendete Darftellung eines wechfelfeitigen Kampfes angemwent
den, und nähert ſich hierdurch der fchönen Kunft, obgleid) die Bewegun
Körpers nicht frei, fondern durch den Zweck des Angriffs und der Verth
ſehr befchräntt find. Die Sranzofen haben es in diefer Kunft vorzüglich
bracht. Die Werkzeuge, deren man fich zur bloßen Übung bedient, find
Degen = oder Säbelklingen, an der Spise mit Knöpfen verfehen, und heiße
piere. S. Schmidt's „Lehrſchule der Fechtkunſt“; der befte Unterricht
hierin der praktiſche.
RA f. Herold.
eder. Die Federn, das charakteriftifche Eigenthum des Vogelgeſ
beftehen, ihrer Außern Bildung nad, aus dem Kiele und der Fahne. :
Kiele unterfcheidet man: bie Spule, eine runde, durchfichtige, hohle, ho
Roͤhre, gleichfam bie Wurzel der Feder; und den Schaft, welcher elaftifch
aus einem weißen, trodenen und fehr leichten Mar befteht. In der Spu
fih ein häutiges Gefaͤß (Seele der Feder), welches aus lauter in einande
benen Trichterchen oder Bläschen befteht, die mit einander Gemeinfchaft
Oben endigt es in einer Röhre, unten aber fteht es, mittelft einer Heinen |
des Kiels, mit der Haut des Vogels in Verbindung, und ift wahrfchein
Werkzeug, wodurch der Feder die Nahrung zugeführt wird. Der Scha
beiden Seiten mit gleichlaufenden, Dicht neben einander ſtehenden Safer
deren jede wieder einen kleinen Schaft mit ähnlichen Heinen Seitenfäfere
hätt. Diefe Bekleidung des Schaft nennt man die Sahne, und fie iſt
Federharz Feen, Feenmaͤrchen 51
ern an der einen Seite breiter als an der andern, bei den uͤbrigen aber an
eiten gleich. Die Faſern ſind mit Haͤrchen und Haͤutchen beſetzt, mit⸗
ꝛer fie ſich fo feſt an einander ſchließen, daß fie an einander zu kleben ſchei⸗
e jedech zufammen verwachfen zu fein. Das Gefieder der Vögel hut die
mlichkeit, daß es fich zu geroiffen Zeiten erneuert; wir nennen dies Maus
ei den meiſten einheimifchen Vögeln gefchieht es nur einmal im Jahre,
im Herbſt, bald früher, bald fpäter; nur wenige, wie die Machteln,
fih zweimal des Jahıs. Da die Federn die Eigenfchaft haben, daß fir,
Wachsthum vollendet ift, troden werden, und nur die Spule oder das
fhaltene Gefäß noch einige Feuchtigkeit oder Settigkeit einfaugt, fo waͤchſt
tahgefchnittener Theil der Geber nicht wieder, und ein Vogel, dem die
wihnitten find, bleibt bis zur naͤchſten Mauferumg in diefem Juftande,
a die Etumpfen ausfallen und ihm neue Schwungfedern wachen, man
ie itm denn früher allmälig ausziehen, wobei der Vogel nichts leidet, und
Aeder in einigen Wochen wieder erlangt. Die Bewohner des hohen Nors
&imen ſich der abyezogenen befiederten Häute mehrer Waffervögel zur Un⸗
un. Der Groͤnlaͤnder trägt den Federbalg der Eider mit der Kederfrite auf
Ihen Körper, und widerſteht darin der furchtbaren Kälte feines Himmels⸗
k Die alten Mexikaner verfertigten aus den prachtvollen Federn ihres Coli⸗
GenGmätde, nach Art der Moſaik, die aber höchft unvollkommen fein
fir Blank in Würzburg hat eine Federpflanzenmoſaik ähnlicher
Federhar z (inshefondere, Gummi elafticum), Der Baum, von wel⸗
ed merkwuͤrdige Naturproduct gewonnen wird, waͤchſt in mehren Gegens
Has, und wird von Gmelin unter dem Namen Caoutchova elastica
aufgeführt. Ritzt man den untern Theil feines Stammes mit einem
hamente, fo ergießt er einen milhähnlichen Saft, der ſich an der Luft
& DeGingebornen ziehen diefen Saft zur Zeit feiner Fluͤſſigkeit uͤber thoͤ⸗
damen, die fie nachher in Waffer auflöfen und herausfpülen ; daher ruͤhrt
rmige Seftalt, in welcher der Gummi nad) Europa kommt.
federich (Camillo). Wir befisen unter diefem Namen eine Luftfpiels
u von einigen 20 Stüden, die ſich vortheilhaft auszeichnen, deren Verf,
yübi. Er war aus Obermontferrat gebärtig, ftudirte zu Turin, ward
Rechte und Advocat. 1784 war er Richter zu Govon, einem Flecken der
I. Hier lernte ihn der König Victor Amadeus IT. Eennen, und ers
iin zum koͤnigl. Richter in Moncalieri, einem Städtchen unweit Turin.
tet er ſich allgemeine Liebe erwarb, gab er doch, aus unbelannten Urſa⸗
nm Poften auf, änderte feinen Namen und wibmete ſich dem Theater.
1504 zu Zurin. Seine Stüde find mit allgemeinem Beifall aufgenom⸗
ren; fie haben einen regelmäßigen Gang und anziehende Situationen,
waftere find treffend und ohne Übertadung gezeichnet. Der Dialog iſt
md rein, und bie Seinheit der Scherze verräth einen Mann, der feine
der vornehmern Welt verdankt. Sein Luftfpiel „La bugia vive poco‘‘,
m Titel: „Gleiches mit Sleichem”, von Vogel bearbeitet, wird auf der
ı Bühne noch immer gern gefehen.
derfraft, f. Elaftisitär.
en, Seenmärchen. Daß bie Feen weibliche Geifter feien, eine
Echickſalsgoͤttinnen, gute und böfe, weiß Jeder aus feiner Kinbheit. Ges
find jene die ſchoͤnſten Damen von der Welt, dieſe die haͤßlichſten Mißges
Dft finden fie fich bei der Wiege, oder in enticheibenden Augenblicken des
in, beſtimmen und wenden das Schickſal, geben und nehmen Sefchente,
iner Art von Allwiſſenheit ward ihnen hohe Macht, und ihr Stab thut
4°
52 Feen, Feenmaͤrchen
Wunder, wie ein Zauberſtab. Doch ſind beide, ihr Wiſſen und ihre Mach
unbeſchraͤnkt. Der Macht des Zauberers unterliegen fie oft ſelbſt, und man
ſpiele, daß Feen, die ſonſt durch eigne Macht die wunderbarſten Verwan!
der Weſen bewirkten, ſelbſt Verwandlungen unterliegen mußten. Beſ
wie ihre Macht, iſt auch ihre Willkuͤr; nur unter Bedingungen, die nicht
Macht gegeben find, koͤnnen fie wirken; denn mächtiger als Feen und Zaı
ift das im Dunkeln waltende Schidfal. Wer erkennt nicht in diefen po
Mefen und ihrer vermittelnden Wirkſamkeit einen Verſuch, das ewige !
der oft biß zum MWunderbaren verfchlungenen Begebenheiten des Lebens z
und die unſichtbaren Beweger der Natur bitdlidy darzuftellen.. Freilich e
desverfuch, der flatt der Vernunft durch Einbildungskraft gemacht wird,
die Stelle der natürlichen Urfachen ein poetifches Syftem von Mytholog
Das Wunder ift des Glaubens liebftes Kind, befonderd wenn e6 von der
gepflegt wird. — Das Vaterland diefer Mythologie der Feen ift Arabie
100 fie durch die Troubadours nady Europa verpflanzt ward. Der eurt
Name Fee kommt von fatum, Schidfal; bei den Italienern heißt See no
In den hiftorifchen Sagen der Italiener ſtoͤßt man Öfterd auf een, und
bier, wie bei den Arabern, Sagen, worin behauptet ward, daß eine Prov
Feen bewohnt fei. In Frankreich erhielten fie im 12. Jahrh. dutch Kancel
See ihre poetifche Beglaubigung. Die wunderbare Macht der Dame ve
verbreitete in Srankreich und dem Auslande den Geſchmack an der Feerel
Philipp, Graf von Flandern (1191), nicht wenig beitrug. Die Klügern
ten daran in den Romanen, das Volt fah Feen Überall, befonders aber in
lenden Schiöffern, oder folhen, die in Wäldern lagen. Im Schioffe vı
ſignan waltete die Fee Melufine; aber aud) um Quellen und Bäume web
Eine bedeutende Rolle fpielten fie fortan in den Rittercomanen und $abliau
gaben der romantifchen Poefie des hriftlichen Ritterthums einen eignen Rı
gehörten zur Mafchinerie derfelben, und die romantifc) = epiichen Gedicht:
Bojardo, Ariofto u. A. gemannen nicht wenig dadurch. In England füh
nicht etiva erft Chaucer und Spencer ein, fondern Erzählungen von ihnen
fo verbreitet und in den Glauben des Volks übergegangen, daß die Feen felb|
nicht feltfam und unnatürlicy ſchienen, ald Shakfpeare fie auf die Bühne b
Neben der chriftlichen Lehre von guten und böfen Geiftern Eonnten fie re
beftehen, und Zaffo machte in feinem „Befreiten Serufalem” einen Verſuch
geiftigen Mittelmefen des Chriſten⸗ und Heidenthums in eine poetifche Haı
zu bringen. Im legten Viertel des 17. Jahrh. wurden aber beſonders die
lichen Keenmärden Mode, und es fcheint, daß auch hier die Italien
angingen. „Der Pentamerone” von Bafllio, vermehrt von Aleffia Abb
brach 1667 die Bahn. Durch Urfachen, welche ihren Grund in der Pr
fhichte Ludwigs XIV. haben, kamen diefe Märchen, feit der Aufhebu
Edicts von Nantes, 1685, in Frankreich an die Tagesordnung, und e8 1
nachdem Perrault 1697 die „Coutes de ma mere I’Oye‘‘ herausgegeben
ihrer faft zu gleicher Zeit eine Menge von verſchiedenen Verfaffern und Vi
tinnen in Umlauf, 8 fcheint faft, daß der gelehrte Drientalift Antoine G
zur Überfegung der arabifchen Seenmächen: Taufend und eine 9
(f.d.), weiche 170% herauskam, erft durch die damals herrfchende Vorlie
Erzählungen dieſer Art veranlagt worben ſei. Vielleicht aber hatte Ballınd
fruͤhere Mittheilung in Privatcirkeln die Idee davon geweckt, die Erinnert
bie Feen in den alten Fabliaux und Ritterromanen kam hinzu, und man ver
ähnliche Erfindungen. Mit welcher Begierde diefe aufgenommen wurden
weiſt die Menge, welche feit der Zeit erſchien. Man bat die vorzuͤglichſt
fammelt in dem „‚„Cabinet des föen“‘ (Paris und Genf 1786, 37 Bde.)
Fegfeuer Fegfeuer (kathol.) 53
mBmb Nachrichten über die Verf. enthaͤlt. Die erſten Geſchmacksrichter
ter Schule Boileau's, die fo fehr den Verſtand der Einbildungskraft vorzos
1, hättelten gewaltig die Köpfe, allein der Modegeſchmack Echrte ſich nicht
un, bis die Uberflllung endlich Ekel erregte. Dann fah man freilich ein, daß
wären, der felbft fo vortreffliche Feenmaͤrchen fchrieb, echt gehabt haben
by, ſich darüber luflig zu machen. Indeß fagen wir mit Herder: „Daß nicht
Ik in derſtand⸗ und zweckloſe Erzählungen diefer Art Verftand und Zweck ges
nhtneren koͤnne, mer wollte daran zweifeln? die Blume der Arabeske fteht da ;
Kaftcigen aus ihr ſchoͤne Seftalten! Keine Dichtung vermag dem menſchlichen
zaie ine Dinge fo fein zu jagen als dee Roman, und vor allen Romanen
Yenichen. In ihm ift die ganze Welt und ihre innere Werkftätte, das
y al® eine Zauberwelt ganz unſer. Nur fei man felbft ein von ber
Imre Gluͤcklicher, um in dieſer Zuuberwelt ihre Gefchäfte zu verwalten,
BE meht als in ihre wird das Gemeine abgefhmadt, häßlich, unerträglich“,
stgfeuer, von fegen, reinigen, alfo Reinigungsfeuer, ift nach einer
am Karhotifchen Dogmatik der Übergang noch unvollendeter Gerechten zum
Ka Vveſie der himmlifchen Seligkeit. Das Concilium zu Trient beftätigt
JVa Ich des katholiſchen Glaubens, ale in der heiligen Schrift und auf
gegründet ; bie Proteftanten und bie griechiiche Kirche haben ihn
Kran. Die Bibelftellen, auf welche man ſich deßhalb bezieht, find:
Johannis 21, V. 27, fodann 2. Makkabaͤer 12, V. 38 fg.,
B, tucas 12, V. 58, 1. Korinther 3, V. 2. Bon den Kirchens
kim befonderd Origenes und Auguftin die Sdee des Fegfeuers aus⸗
Pr, ch die finftern katholiſchen Dogmatiker, mit Hülfe bes gruͤbelnden
u, haben dieſe Lehre in die Lächerlichften Hppothefen ausgeiponnen,
Ga ars allgemeine Fegfeuer neben oder rund um ben Höllenpfuhl; fie be»
—X a Funken des Fegfeuers ſei empfindlicher, denn aller koͤrperlicher
| ı Mricher Fromme werde darin gereinigt, und zmar an bem Gllede ges
ih Ram weni er gefündigt habe; durch Seelenmeffen ꝛc. werde der Aufenthalt
—RX erleichtert und verkuͤrzt; manche Seelen haͤtten ihre beſondern Feg⸗
zxriſſen Orten ber Erde, wohin fie gebannt würden, z. B. In Backoͤfen
BR! Nenders da, wo fie eine Hauptfünde begangen hätten ıc. Der hiſto⸗
—XRX des Fegfeuers iſt in der Platon'ſchen Philoſophie, und zwar in dee
Ser hernach fo verunftalteten Vorftellung von einem Reinigungszuftande
Rh tan Zobe, zu fuchen, welche die Kirchenväter, namentlich Giemens von
Yin fach 220 nach Chr.), in das chriftliche Religionsſyſtem auf diefe Art
rt haben. Papſt Gregor I. , der Grofie, war 68, welcher inſonderheit
a drhre ihre voͤllige Ausbildung gab, und aus ihr einen eintraͤglichen Erwerbs⸗
RR: für die Prisfterfchaft ableitete. Auf den Goncilien kam das Fegfeuer zuerſt
af dem zu Florenz zur Sprache, und die proteſtantiſchen Theologen haben
in dezmi moͤglichſt angegriffen, was ihnen bei deffen Entftellung durch das
echum fehr leichte werden mußte. Phitofophifch betrachtet iſt es, wie jede
Mu Srzethife über ben Zuftand der Seelen nach dem Tode, Suche des Giau⸗
Er übrigens in folgerechtem Zufammenhange mit andern Eatholifhen Glau⸗
en. Der Religion der Phantafie fügt diefe Feuerreinigung, ſowie bie
ira fcommer Fürbitten und Sühnopfer, fehr zu, und die Unvollfommens
Mi idiichen Menichen gibt fogar innere Gründe an bie Hand, einen allmaͤligen
Dean in die volkommene Seligkeit, eine Reinigung und Läuterung des ſinn⸗
Veſens anzunehmen. A.
Sregfeuer. Die Eatholifche Kicche nimmt einen Mittelzuftand für
Secicn an, die zwar nicht fo grundböfe find, daß fie das Loos der ewigen
ke:mmung verdienen, die aber auch noch nicht fo gereinigt find, daß fie dee
54 Fegfeuer (kathol.)
Anſchauung des Urreinen gleich nach dem Tode genießen koͤnnen. Manen
dieſen Zuſtand den der Reinigung, des Fegfeuers. — Bei den alten Voͤl
ſtand hiermit die Lehre von der Seelenwanderung in der innigſten Verbindi
anfangs war diefe bei den Agnptern. freilich nichte als eine fcharflinnig ausgedı
fombelifche Vorftellung von der Unfterblichkeit der Seele ; die nachfolgenden 9
fen bedienten ſich dieſer Vorftellungsart, um rohe Völker, auf die ohn
die Schidfale der Thiere, mit denen fie umgingen, lebhafter wirkten, von
Laftern zuruͤckzuhalten; nachher ward fie eine freilich ungluͤcklich geroählte Bar
fung der Reinigung der Seele und ihrer Vorbereitung zu dem Genuffe der &
ſeligkeit. Plato hut diefe philofophifche Lehre mehr, ald man gewoͤhnlich gla
ausgebildet. Iſt nun einmal ein folcher Mittelzuftand ſelbſt in der Vernunf
gruͤndet, weil es Menfchen gibt, die bei ihrem Tode für den Himmel nit
und für die Hölle nicht fdylecht genug find, fo dürfen mir nicht erwarten, ba
riftlihe Offenbarung ihn befkreiten werde; fie leitet und vielmehr felbft d
da ſie ung die Heiligkeit Gottes, den ohne Heiligkeit Niemand fehen, d. h. mi
in Bereinigung fommen kann (Hebr. 12), und die Reinigkeit vorftellt, ©
einem genauen Umynng mit ihm erfodert wird (Offenbarung 21, 27).
bie Juden hatten diefe Lehre. Judas der Makkabder ließ für dic in einer E
gefallenen Krieger beten und opfern, damit fie von der Sünde losgeſprochen
ben und die fehöne Belohnung erhalten, die den in Froͤmmigkeit Entſchlum—
verheigen ift (2. Matt. 12). Chriftus beftätigte diefe Lehre, indem er (F
12, 31, 32) von Sünden, die weder in biefer noch in der fünftigen Welt“
ben werden, fprach, und alio eine folche Vergebung im andern Leben doch ir:
gemeinen für möglich erflärte. Überhaupt war das Chriftenthum weit ens
eine folche Schroffheit der Lehre aufzuftellen, al8 nothwendig gefchieht, wen
mit den geringften Flecken noch behafteten Chriften gleich das Urtheif der er
Verdammniß gefprochen wird. Der Juͤnger der Liebe, der Apoftel Joh⸗
(1. Joh. 5, 16,17) fagt ausbrüdlich, daß zwar jedes Unrecht Sünde, aber
jedes Unrecht Todfünde fel. — Auf welche Weife übrigens die Läuterung ba
minderer Schuld beladenen Seele bewerkſtelligt werde, iſt ungewiß, und die J
hat die finnfichen Begriffe, die manche hierüber haben, nie gnerfannt. -- $
die Bruderliebe und gebietet, für da8 Beſte unferer Nebenmenfchen zu bitten
£ob. 5, 16), follte fie und nicht auch antreiben, für diejenigen unferer
unſere Wünfche zu Gott zu fenden, von denen wir nicht wiſſen, ob fie In
Faſſung diefes Leben verlaffen haben, welche fie zu dem Genuffe ihrer völligen
figfeie tüchtig gemacht habe? Würde es nicht hartherzig fein, ihnen eine %ı
Hülfe zu entziehen, von der es unmoͤglich iſt zu beweifen, daß fie ihnen unnä
Daß die juͤdiſche Kirche für die Verftorbenen betete, erhellt aus der oben angı
ten Stelle der Makkabaͤer. Und in den älteften Documenten des chriftlichen ‘
thums finden wir diefe Gebet als etwas Ungezweifeltes und Allgemeines.
bloß in Privatnadhrichten gefchieht davon die deutlichfte Meldung, fondern in
Liturgien, die den Glauben aller Kirchen enthalten, kommt das Gebet für V—
bene vor. Auch die Kirchenoäter find von jeher diefer Meinung geweſen.
liegt doch gewiß etwas Menfchlicyes in dem Gedanken, daß man feinen abgefi
nen Freunden noch nuͤtzen könne ; preßte ja doch dem Roͤmer dieſes edle Gefü
Wunſch aus: Sit bi terra levis! Überhaupt betrachtet der Katholik fü
liche Gläubige ald Einen Körper, fowol die bier ſtreitenden, als die in jenem
wallenden. Die Liebe vereinigt Alle, aus Liebe beten die Streitenden für di
unvollendeten Abgeftorbenen. — Daß man die vernünftige Anficht des :
gungsactes und des den Verftorbenen zu weihenden Gebets zu fchändliche
winnszwecken gemißbraucht habe, kann Keiner, der die Geſchichte des Ablaß
kennt, leugnen. Das Eoncilium von Trient hat ſich aber dagegen erklärt,
Fehde Fehrbellin 55
‚min ſeiner XXV. Sitzung abgefaßten Decret de purgatorio überhaupt
des iber Das Fegfeuer decretirte — nicht aber als Glaubensſatz vorſchrieb:
ir tatholiſche Kirche, vom heiligen Geiſte belehrt, aus der heiligen Schrift
er urelten Überlieferung der Kichenväter auf heiligen Concilien und zuletzt
nimwsttiger oͤkumeniſcher Synode gelchrt hat, daß ein Reinigungsort fei
ra dert aufbewahrten Seelen dürch die Fuͤrbitte der Gläubigen, vorzüglich
ar das angenehme Opfer des Altarſacraments geholfen werde: fo befiehlt
is Srnede den Blihöfen baflır zu forgen, daß die gefunde Lehre vom Met
Kecrte, wie fie von den heiligen Vätern und Concilien Überlicfert worden,
ve Chriſtglaͤubigen geglaubt und darob gehalten, und duß fie gelehrt und als
Kalkan gerredigt werde. Bei dem gemeinen Volke foll man jedoch die befchwers
hen feinern ragen, melde zur Erbauung nichts beitragen, und aus denen
Mecris der Froͤmmigkeit fein Zuwachs Eommt, von den Volkspredigten aus⸗
‚ gleich follen fie nicht erlauben, daß dasjenige, was ungewiß oder wahr⸗
flih ift, verbreitet und behamdelt werde, Das aber, mas auf eine ges
eecaccde oder Aberglauben binzielt, oder gar nad) einem ſchaͤndlichen Ge⸗
Exct, ſollen fie als Argerniß und als die Gläubigen beleidigende Gegen:
Kom verbieten”. v. e. K
Jibde? ſaida, diffidatio), ein offener Krieg einzelner Familien gegen
damte, teutfächlich als Blutrache, für einen erfchlagenen Verwandten. Schon
gi davon, wie man denn diefe Gewohnheit bei allen noch rohen Voͤl⸗
I werke. In den germanifchen Reichen maren fie allgemein, und nur
Bage arcketm, wenn der Beieidiger ſich weigerte, die gefeglidye Genugthuung zu
Bester das Suͤhnegeld (Composition) zu bezahlen. Noch die fpätern
Brkandfieden der ſchwaͤbiſchen Kaifer, und Kaiſer Rudolfs I., die gol-
ut i.m. ertennen das Recht der Fehde an, werm kein andtes Mittel
Bis afinm Rechte zu gelangen. Durch die Stiftung partieller Verbin⸗
IK Briniichen, des fchmeäbifchen Bundes u. a., zu deren Grundgefegen
— 6 bie Mitglieder ihre Streitigkeiten guͤtlich ober rechtlich (durch
eben oder Austraͤge) ausmachen, fidy aber nie befehden ſollten, wurden
Prrmindert, und vom Anfang des 16. Jahrh. an alles Mögliche ges
a au dan £antftieten aufrecht zu halten. (S. Fauſtrecht und Land:
re) .
Kiugeriht, f. Femgericht. |
ehrbellin, Staͤdtchen In der Mittelmark im ofthavelind. Kr. des Res
N Potsdam, am Rhin, mit 1200 Einw., merkwürdig durch ben Sieg
Gsken Kırfürften Friedrich Wilhelm von Brandenburg, 1675 am 18. Sun.
rich Wilhelm (j. d.) rettete durch den Sieg bei Fehrbellin fein Land
Rdn dedenklichſten Umftänden. Als Mitglied des deutfchen Reichs hatte er,
13 der Krieg des Meiche gegen Ludwig XIV. befchloffen wurde, 16,000
en feiner Truppen nach dem Elſaß geführt, fuͤr die er von Oftreich, Holland
Eyenien Subfidien bezog. Je mehr man am Hofe zu Paris das Gewicht
Ikihen Heerführer kannte, und je mehr man darüber erbittert war, daß der
&E nicht dloß ale Mitglied des Reiche, fondern in Folge der Subfidien feind⸗
eftrat, deſto mehr arbeitete man von dort aus, ihm Feinde iin Nüden zu er:
Rund die Schweden, von Frankreich aufgemuntert, fielen unter dem Ge
Veangel zu Ende 1674, von Pommern her in die Mark Brandenburg ein,
Sufürft, weidyer am Main in den MWinterquartieren ftand, verlangte von
6, von Helland, von Danover und den andern deutfchen Fürften die Hüffe,
D, der nur für Deutſchlands Schus in diefen Krieg verwicelt war, mit
schuhrte, Mehre Monate lang hoffte er vergeblich durch Unterhandlungen
ſeriangen, was ihm bie Gewalt der Waffen binnen 8 Tagen verfhaffte. Er
zu
56 Fehrbellin
brach Im Anfange des Sun. aus Franken unvermuthet auf, und marſchirte fo rc
daß, als er Magdeburg am 11. Sun. erreichte, die am rechten Ufer der Havel
genden Schweden nicht das Geringſte Davon erfahren hatten. Magdeburgs X
murden verichloffen gehalten und Keinem der Ausgang geflattet; am folgen
Tage Abends um 9 Uhr ging die ganze Neiterei über die Elbe, zehn leichte
fhüge begleiteten fie; 1000 Mann ausgefuchtes Fußvolk folgten auf 146 We
nach, von denen jeder einen Kahn geladen hatte, So wurde den ganzen ı
marfchirt, und am folgenden (14. Sun.) fland der Kurfürft Abends eine Str
vor Rathenau. 600 M. Fußvolk gingen fogleich in den mitgebrachten Küt
über die Havel. Die Reiterei hatte fich durch Liſt und Gewalt in den Beſit
Bruͤcke gefegt. Mit Tagesanbruch war die Stadt umringt, der Eingang erzn
gen, und Alles, was fich von Schweden vorfand, niedergehauen oder gefunger
nommen, Durch diefen liberfall war die fchwedifche Linie, die fich von Havel
bis Brandenburg ausdehnte, im Mittelpunfte durchbrochen. Die Schw
eilten rafch von Brandenburg nach Nauen zu, immer in den Slanfen und
Ruͤcken aufs lebhaftefte von den preuß. Dragonern gedrängt, und auf je
Schritte Gefangene, Gepäd verlierend. Der Kurfürft hatte bereits die Brü
die über das hinter Fehrbellin fließende Waffer führen, abwerfen laffen, unt
davon zuruͤckkehrenden Reiter trafen bereits auf die Schweden, die nun ſahen,
ohne Schlacht auf dem dieffeitigen Ufer der fernere Ruͤckzug nicht möglich fei.
machten daher bei Havelberg, eine Stunde vor Sehrbellin, Halt. Der Kur
fand bei feinen Unterbefehlshabern, als er den Angriffsplan mittheilte, die $
nungen verſchieden. Es fchien diefen zu gewagt, mit bloßer Reitere — denn
Fußvolk hatte nicht folgen können — die Feinde anzugreifen. Dagegen bem
der Fürft, wie der Feind beftürzt, und General Wrangel, der das ganze feint
Heer befehligte, mit den beften Truppen in Havelberg abgefchnitten fei; wie
entfchloffenheit alle Schritte der Schweden hier laͤhmen müffe ; und fo griff e
Morgen des 18. raſch an. Sein linker Flügel litt anfangs nicht wenig vom fi
lichen Geſchuͤtz. Endlich warf er die feindliche gegenüberftehende Reiterei. ;
ſchwediſche Fußvolk machte einen vafchen Angriff auf das brandenb. Geſchuͤtz, d
Die brandenb, Keibtrabanten und die anhaltifchen Krieger trieben fie zuruͤck; fo
bald nach 8 Uhr der Sieg entfchieden. Der Feind 309, jedoch in ziemlicher ;
nung, nad) Sebrbellin, und hinterließ 1500 Zodte, außer eben fo viel Verwr
ten. In der Nacht flellte er die Bruͤcken wieder her, und als früh Morgen
kurfuͤrſtl. Truppen einrüdten, nahm fie den größten Theil des Geſchuͤtzes
Gepaͤckes. Die Feinde eilten nun im vollen Marfche nad) Ruppin und Witt
daß der Kurfürft fie kaum erreichen konnte, Was der Gefangenſchaft ent
roendete fi zum größten Theil nah Hamburg und nahm hier andre Kı
dienfte. — Die Stärke des in den Staaten des Kurfürften flehenden fi
Deeres betrug überhaupt 20,000 M. Man kann alfo die Maffe der von X
denburg nad) Fehrbellin hin aufgejagten Feinde höchftens zu 10,000 M. aı
men, Allein der Kurfürft ſelbſt führte nur in Allem etwa 6000 M. heran, |
Meiter, duch den Marſch aus Franken erfchöpft, und gewann mit ihne
Schlacht, ſodaß der Keind auf diefer Seite nicht mehr Stand halten Eonnte,
auf der andern nicht mehr zu halten wagte, Er hatte mit einem Schlage di
cherheit feines Landes hergeftellt, und muchte fich zum Herrn vom größten &
Pommerns. Inſofern hatte das Treffen Folgen, wie fie munche große Sc
in neuerer Zeig nicht hatte. Kin Denkmal auf der Anhöhe bei Sehrbellin cri
an jenen Tag. Der Stallmeifter Sroben fol an diefem Tage dem Kurfürfte
Leben dadurch gerettet haben, daß er ihm fein Pferd gab, um die Aufinerkfe
per Feinde von bem Schimmel, den der Kurfürft ritt, zu leiten, Eine Kanone
ſtreckte den Eden zu Boden, Pufendorf in feiner „Geſchichte des gr. Kı
Feigen Feith 57
derdb.“ fagt nichts davon, fondern bemerkt nur, e8 habe den Staflmeifter eine
Sur! getsttet, als er zurücigeritten fei (retro equitantem). Da er in Berlin
BR (1694; diefe Worte fchrieb, fo dürfte alfo jene Aufopferung mol in Zweifel
ara werden. Ludwig XIV. batte feinen Zweck, den im Felde fo thätigen
Sarfirfin aus der Reihe feiner Feinde zu verdrängen, vollfommen erreicht; denn
Errtch Wilhelm war nun theild damit befchäftigt, Pommern zu erobern, theils
Das Eroirte zu beihligen, und daher nicht im Stande, am Kriege gegen Lud⸗
wi MV. Weil zu nehmen, mit dem er im Gegentheil einen Separatftieden zu
hie fabte.
Feigen, die getrodineten Fruͤchte des Feigenbaums, gedeihen vorzüglich
au ten Seien des griechischen Archipels und des mittelländ. Meeres, ſowie in den
Veh Marz digtenzenden Ländern. Der Keigenbaum, welcher bri und in Zöpfen
u — —
Exxx wit und tlein bleibt, erreicht in jenen Rändern die Höhe eines, Birnbaums.
Di Vinrt tar Feigen fist, von aufen unfichtbar, innerhalb der Frucht verfchlofs
a Dir Eunftliche Befruchtungsart der Feigen, welche in der Levante gebräuch»
58 if, Eim man die abgepfluͤckten männlichen Bluͤthen auf die Bäume bringt,
ra dicf weilihe Blüthen tragen, nennt man Caprification. Ein fo
kebeztcıte Baum kann 2 bis 3 Eentner Feigen liefern. Die geringe Öffnung
der Frizcablutte erſchwert ſehr das Eindringen des männlichen Blüthenflaubes
a Ve wistihm Blüchen durch den Mind. Gemeiniglich gefdjicht diefe Mit
Wotens dach bir Fliegenwespe, die ihre Eier in die innere Höhlung der Feige legt.
E58 Yrk Gi entfichen Larven, bie ausgebildet hervorkricchen, fich verpuppen
zub Bold ah sefligelte Inſekten die männlichen und die weiblichen Feigenblüthen
Darch den an ihren Flügeln hingen gebliebenen männlichen Bluͤthen⸗
Fand deſatim jene Inſekten die weiblichen Blüthen. Sm Handel find befondere
von Feigen, die fmyrnifchen, die genueſiſchen und die von Mars
et Der fogenannte Feigenkaͤfe, welcher aus Spanien und
2 und kommt, wird aus den erlefenften Feigen, mit gefchälten Mans
ker, Aafın, Pinien, Piftazien und fonftigen feinen Gewürzen und Kräutern
ram in eine Käfeform gepreßt und als Gonfect gebraucht. Aus dem Holze
1 Fi twerden zierliche und dauerhafte Sachen gemacht, 3. B. Tabacks⸗
Ken, Gnnehrihäfte ıc.
seith Rhynvis), einer der erften neueren Dichter Hollande und mit Bil⸗
irdet d.) Wiederherfteller der verfallenen hollaͤndiſchen Pocfie, geb. 1753
Ric m Ober⸗VYſſel, aus einem Gefchlechte ffammend, das fchon mehre in
ten oder der Literatur ausgezeichnete Männer, 5. B. den Verf. der
Deriiken Alterthuͤmer“, Eberhard Feith, hervorbrachte. Er zeigte früh die
Kon Anlagen zur Dichtlunft. Nachdem er in Keiden die Rechte ftudirt
ledte © 1770 in feiner Vaterſtadt feiner Licblingsbeichäftigung. Auch al®
armeifter und balb darauf Einnehmer beim Abmiralitätscollegium in Zwolle
er nicht auf, die Dichtkunſt auszuuͤben und die holländifche Kiteratur mit
Basis Merken zu bereichern. Mehre feiner Schriften wurden von ben ges
ber Geſellichaften Hollands mit Preifen gekrönt. Die poetifche Gefellfchaft
Riitn erkannte 1785 zwei von ihm eingefchickten Lobgedichten auf den Admiral
Er die beiden erften Preife zu; Feith, mit der Ehre zufrieden, wollte bie
emien nicht annehmen. Die Geſellſchaft ſchickte ihm dagegen Wachsab⸗
Wh der beiden Münzen in einer filbernen Kapſel, worauf das Bildniß des bes
Helden gegraben war, mit der Infchrift: „Unfterblich wie er’. Später
ti einer Ähnlichen Gelegenheit, ſchickte er eine ihm ffir fein Gedicht „Die
tung”, zuerkannte Denkmuͤnze derſelben Gefellfchaft zuruͤck, mit dem
Bert:, daß fie dem Dichter zugetheilt werden möchte, deſſen Werk des zweiten
—Xd würdig wäre. Er verſuchte ſich faſt in allen dichteriſchen Formen. In
98 Selbiger Feldaͤrzte
fruͤhern Zelten neigte er ſich ſehr zu dem, beſonders von Bellamy (ſ. d.)
ſtimmten empfindſamen Tone, der in ſeinem Roman „Ferdinand und Conſta
(17865) vorherrſcht, und durch fein Beiſpiel in Holland eine Zeitlang ſich ve
tete. Nach dem Wiederaufleben der Poefie Hollands fchrieb er daß erfte Le
dicht, „Das Grab”, Diefes hat bei einer guten Anlage, bei vielen treff
Stellen und bezaubernder Melodie, noch viel von jenem empfindfamen Tone
Fehler, wovon „Das Alter” (‚De Ouderdom‘‘, 1802) zwar frei ift, das aber f
beflimmten Plan hat. Unter f. Inrifchen Gedichten („Oden en Gedicht
Amft. 1798, 3 Bde.) find mehre Hymnen und Oden durch hohen Schwung
Gefühl ausgezeichnet; berühmt ift f. „Ode an Ruyter“. Diefen See
machte er auch zum Gegenftande eines epifchen Geſanges. Von f. Trauerfi
werden beſonders „Zhirza”, „Sohanne Gray” und am meiften „Ines de Ci
geſchaͤzt. In Verbindung mit Bilderdyk gab er Haren’8 berühmtem Ge
„De Genzen‘‘, deffen Gegenftand die Gruͤndung ber niederländ. Freibeit ift,
eblere Form. Seine poetifchen Briefe an Sophie Über die Kant'ſche Philo‘
(„Brieven aan Sophie over de Kantiaansche Wijsbegeerte‘, Amft. 2
find ein ſchwaches Werk des Alterd. Unter f. profaifchen Werken zeichnen
„Briefe über verichiedene Gegenftände der Literatur” (6 Bde., 1784 fg.), di
zur Verbreitung eines guten Geſchmackes beitrugen, durch gebildeten Stya
feine Bemerkungen, aus. F
Felbiger (Johann Ignaz von), ein um das katholiſche Schulweſch
dienter Mann. Er war am 6. San. 1724 in Großglogau geboren, fi
in Breslau, widmete fi) dem geiftlichen Stande, ging in ein Klofter zu &
und ward 1758 Praͤlat. Lange ſchon hatte ihn der Gedanke, wie nothw
dem Schulwefen eine Verbefferung fei, befhäftigt. Er reifte daher nach U
um die Einrichtungen der dafigen Eönigl. Realfchule näher Eennen zu lernen.
war die Hähn’fche Literalmethode eingeführt, deren Eigenthümliches darin be
baß man bloß mit den Anfangsbuchſtaben der Worte die Hauptgegenfländ-
Unterrichts an die Tafel fchreibt, und insbefondere die Folge der Hauptiden
ben Lehrgegenftänden tabellariſch auf diefe Weife vorftellt. Felbiger beganr“
ber Schulverbefferung feines Stifts, und, dehnte diefelbe, unter koͤnigl. U
ftüsung, auf alle Eathol. Schulen Schlefiene aus. Nach feinem Plane w
Schulfeminatien (fe Schullehrerfeminarien) angelegt, in meldes
jeber Prediger mit der neuen Lehrart bekannt machen mußte. Zu Sagan
Belbiger eine Vorbereitungsfchule geftiftet, und nad) diefem Mufter wurden «
ein Dauptfeminar aber in Breslau angelegt, deffen Directoren und Lehrer $
- ger felbft unterwies. 1774 beriefihn die Kaiferin Maria Thereſia zum Ger
Director des Schulweſens nad) Wien, wo er in den geſammten öftreichifchen €
len die Literalmethode einführte, und viele Methoden: und Schulbuͤcher heraml
unter welchen befonderd fein Katechismus haufig in Schulen gebraucht $
1782 entließ ihn Kaifer Joſeph der Oberdirection. Er ging nad) Prefburg,
ftarb bier als Propft des Gollegiatflifts, am 17. Mai 1788.
Feldärzte und Feldlazarethe kamen mahrfcheinlic aus
Orient zu uns. Schon die Argonauten und die Griechen aufihrer Unternehu
gegen Troja hatten Seldwundärzte bei fih. Kaifer Mauritius hatte im 6. Je
eine Eineihtung zum Transport der Verwundeten, und nannte ihre Pfleger
putatos. Sie hatten an der linfen Seite des Sattels zwei Steigbügel, un
Verwundeten aufzunehmen, und mußten zum Beiſtand der ohnmächtig gem
nen eine Flaſche Waſſer bei ſich führen. Der byzantinifhe Kaifer Leo VL
9. Jahrh., nennt diefe deputatos Ärzte und Krankenwärter. König Heintid
von England nahm 1415 auf ein Jahr den Nikolaus Golnet als Feldarzt an.
nig Guſtav Adolf von Schweben fol bei jedem Regimente 4 Wundaͤrzte 4
Feldgefchrei Feldmeſſen 59
Bei ben ſtreichern wurden 1718 die Compagniefeldſcherer abge⸗
id dafuͤr Regimentschirurgen mit 6 Geſellen angenommen. In der
16. Jahrh. hatte man in Deutſchland bereits, freilich ſehr unvollkom⸗
lazarethanſtalten. Sie wurden in neuern Zeiten zwar verbeſſert und
tanzoien fogar in ein Syſtem gebracht, welches fich ganz gut ausnahm.
fich nicht verfennen, daß man dieſem Gegenftande überall die moͤglichſle
u widmen fuchte; aber dennoch blieb er ſtets eine der dunkelſten Schat⸗
des Kriegs. Das liegt in der Natur der jegigen Kriegfüihrung, welche
zes den böhern Geſichtspunkten alles Andre aufopfert. Es kann nicht
$ bei der Aufftellung immer zahlreicherer Steeitmaffen und ber reifenden
kit, mit welcher die Ereigniffe fich drängen, die Verwundeten und Krans
mh auf einer Stelle, befonders auf den Kriegöftraßen häufen. Die Mits
in Vartung, Pflege, zu ihrem Unterhalt, ja felbft zu ihrem Unterkom⸗
Kam nie zu, werden ihnen nicht felten durch das thätige Deer entzogen ; fie
im Etrome der großen Begebenheiten hilflos untergehen. Es iſt noch nicht
buneimmit dem Vorſchlage durchzudringen, daß dem ganzen Keldhospitals
Beam dazugehörigen Perfonal und Fuhrweſen von Haus aus eine unvers
nRetraütit zugeftanden werden möchte. Man unterfcheibet inzwilchen
Ba ſichenden Hospitäler von den beiveglichen, fliegenden oder Ambulans
& & cn bedeutender Kehler, wenn die erftern nicht fo weit als möglich
N higserage ab und außer dem Bereiche der Operationen gelegt werden.
bin fehaum gehören fie nicht, wo ſich ohnehin Kranke von der Befagung
en Thierfeldhospitaͤler wuͤrden ebenfalls fehr zweckmaͤßig fein. Vor⸗
amihter find die ruſſiſchen und engliſchen Wagen zur Fortſchaffung
Deaaabetre, reichen aber nie zu. Le.
Velgeichrei, überhaupt das wilde Gefchrei, mit welchem ehrmals
m Schlacht begannen, um fid) Muth zu madyen und den Feind zu
de Ei bei den Türken und andern rohen Völkern noch Sitte. Im
WR und bei uns hat man Keldgefhrei, Parole und Loſung
Kihsben, waran fich Die Parteien im Felde, zumal in der Nacht, erkennen.
wet der Name eines Orts, bie Parole der Name einer Perfon und
ee Eache, oft auch eine Phrafe oder ein verabrebetes Zeichen, rin Ton
- €ie müffen augenblicklich verändert werden, wenn man fürchtet, daß fie
ide konnten verrathen worden fein.
tdmarfchall, Generalfeldmarſchall, der oberfte Bes
weine? ganzen Heeres, wenn kein Generaliffimus befleht. Bei dem öftr.-
herte ſteht der Feldmarſchall zwiichen dem Beneral en chef und dem Feld»
er. — Keldzeihen, alles das, was DOfficiere und Soldaten bei
hrüchen Unternehmen, um ſich gegenfeitig zu erkennen, tragen, 3. B. ein
ac um den linfen Arm, eine weiße Hutcocarde, fonft aud) Alles, was
mdirs alfüirte Armee, zum feften Kennzeichen anlegt, 3. B. bei den Oftreis
grüner Zweig auf dem Hut. — Keldzeugmeifter, ehemals der
aber der ganzen Artillerie,‘ jegt bei den. Öſtr. der Rang zwifchen dem Feld⸗
Gut. und dem Feldmarſchall.
Idmeffen, entweder die Xusmittelung bes Flaͤchenraums geriffer
der, Wälder, Wiefen, Wege, Gewaͤſſer und Gebäude ſich bildender Fi⸗
ber tie Entwerfung eines verjüngten, der Natur ganz ähnlichen Bildes
genftände im Grunbriß auf einer ebenen Fläche. Da die Feldmeßkunſt
} der angewandten Mathematik ift, fo fest fie gründliche Kenntniſſe der
ik und Geometrie voraus. Das Ausmeſſen felbft gefchieht mit mehr
äger zuſammengeſetzten Inſtrumenten. Linien werden mit Mepflangen,
m and Mefleinen im Maße gefunden. Zu Winkelmeffungen bient da6
60 Feldprediger Fellenberg
Aſtrolablum, das Scheibeninſtrument und ber Spiegelfertant, ſowie zur D
aufnahme der Meßtiſch, nach Meyer's Angabe, immer das vorzuͤglichſte Inſtru
bleibt. Ein guter Feldmeſſer muß mancherlei juriſtiſche, oͤbonomiſche und
ſchaͤftskenntniſſe beſitzen, ein fertiger Zeichner fein, und ein gutes Augenmaß h
Wir empfehlen Meyer's „Unterricht zur praktiſchen Geometrie” (1815); Be
berg's „Seodäfie” (1811); Lehmann's „Anmeifung zur richtigen Erkennung
genauen Abbildung der Erdoberfläche” (1812) und v. Schlieben, „Der fell
nende Feldmeſſer“ (1811).
Feldprediger. Die erſte Kirchenverfammlung zu Regensburg
3. 742 verorbnet, daß jeder Hrerführer ein Paar Bifchöfe nebft Prieftern
Kaplanen, und jeder Oberfter einen Beichtvater bei fich haben folle. Die!
zofen hatten neuerdings bie Seldprediger außer Gebrauch gebracht, dagegen
man im legten Befreiungskriege wieder größern Werth auf religiöfen Sinn &
verbuͤndeten Heeren.
Feld wacht, in der Kriegskunſt, ein vorgeſchobener Poſten, welch
Lager vor plöglichen Anfaͤllen ſchuͤtzt. Sie hat vor ſich noch Doppelpoſten us
detten, hinter ſich einen ſtaͤrkern Trupp zur Unterſtuͤtzung; im Lager ſelbſt
woͤhnlich eine Abtheilung, unter dem Namen Piket, beſtimmt, fie bei einen
lichen Angriffe zu unterftügen. Da das zeitige Erkennen und Aufhalten bei
bes ihr Zweck ift, fo richtet fich ihre Stärke und Aufftellung nad) den ug
der Örtlichkeit c. Doch wird man nie durch Feldwachten allein ficher fe
fortwährendes aufmerkſames Patrouilliven bleibt immer nöthig.
Felicitas, bei den Römern die Goͤttin der Glüdfeligkeit, vor
als weibliche Figur, die auf einem Fuͤllhorn ruht, bald einen Olzweig, ba
Lanze in der Hand. Spmbolifche Bezeichnungen derfelben find aud) über
ber gelegte Fuͤllhoͤrner, Korndhren zwifchen ihnen, in einem Scheffel flehende
ähren, ein Getreideſchiff u. f. w.
Sellenberg (Philipp Emanuel von), geb. 1771 zu Bern, ſchw
ſcher Landwirth und Erzieher zu Hofwyl. Sein Vater, welcher Mitglied de
gierung zu Bern geweſen und eine juriftifche Profeffur zu Bern, audy die 4
eines Landvogts zu Wildenſtein im Aargau bekleidet hat, wandte die größte 4
falt auf feine Erziehung, Mehr noch that diefes feine Mutter, eine Intel
berühmten Admiral Tromp. 1795 kam Fellenberg in das Inſtitut Pfeff
Kolmar. Nac) einigen Sahren Eehrte er in die Schweiz zuruͤck. Ununterf
ned Stubium hatte feine Gefundheit geſchwaͤcht; um fie zu ſtaͤrken, und 1
jeder Selbftverleugnung fich zu üben, that er freiwillig auf die feinern Speife
Getränke des väterlichen Tiſches Verzicht, begnügte ſich mit Waffer und
oder einfacher Haferfuppe, härtete feinen Körper ab, und verwendete fein E
tes zu mwohlthätigen Zweden. Am meiften war es ihm um Kenntniß des!
fhen in allen Ständen und Verhältniffen zu thun. Zur Vollendung feiner
jahre begann er daher ſchon fruͤh die Wanderjahre. Allein anftatt in g
Städten, lebte er in Dörfern mit dem Volke, deffen Gebräuche, Beduͤrfniſſ
Ideenkreiſe er ftudirte, nicht nur in allen Santonen feines Vaterlandes, fo
auch in Frankreich, Tirol, Schwaben und andern deutfchen Ländern. Eine
ges ſprach ihn zu Rigoldau ein junges Frauenzimmer an, er möchte ihren £
zu einem troftreichen Glauben befehren, da er, von religiöfer Schwärmerd !
tet, an feiner Seligkeit verzweifelte. Der Antrag reizte den achtzehnjäl
Menfdyenbildner um fo mehr, je abenteuerlicher e8 ihm vorkam, daß er eine
ig Fahre Altern Mann befehren folte. Der Oheim war taub. Zell
machte fid) ihm bald durch Geberden verftändiih. Der Mann gewann ib
und fie wurden einig, ein Jahr lang mit einander ganz allein am züricher €
leben, um zu verfuchen, ob Einer den Anbern zu feinem Olauben oder Ungl
Fellenberg 61
ante. Eo gelang Keinem von Beiden. Allein dieſer Vorfall und die
ft eines 28jährigen Genfers, der ihn bat, daß er ihm einige anges
öfe Gewohnheiten abgemöhnen möchte, beftimmten Sellenberg, der
ehr freigebig und mwohlthätig war, noch entfchicdener für Volksbildung
ungewejen. Auf biefen Kreuz= und Querzügen ſtudirte er griechifche
nd Kant'fche Phitofophie. Auch Peftalozzi fah er öfter, und ehrte den
Mitkürgern oft verfannten Dann fehr hoch. Inzwiſchen näherte fi
tt, in welchem Sellenberg feine Ideale in die Wirklichkeit rufen wollte,
kung der franz. Revolution und der Öffentlichen Angelegenheiten in ber
adrohte die Sicherheit jedes großen Unternehmens. Aus Furcht, ein
zund einzubüßen, bewog er feinen Vater, einen Theil des Vermögens
ntichen Sonde von Amerika anzulegen. Aber der Unterhändier, deffen
ii bedienten, war ein Betrüger, und Sellenberg erhielt Beine Zuruͤckzah⸗
ılmftand, der nicht ohne Einfluß auf feine Lage blieb. Weider 1798
Buterlande entftandenen Revolution verhielt er ſich leidend. Er übers
ir dad Amt eined Quartiercommanbanten der obern Diftricte .des Gans
m, und leiftete als folcher bei dem Bauernaufſtande des Oberlandes wich⸗
a Als man aber feine den Bauern gemadhten Zuficherungen nicht er⸗
men er feinen Abfchied, und beharrt feitdem in dem Entfchluffe, feine
Ma Eu mehr zu befleiden, und allein feinem Lieblingsfache, der Lands
Koh, a ieben. Vermaͤhlt mit einer liebenswürdigen Stau, die ihn zum
de Bar hoffnungsvoller Kinder machte, bauete er bereitd 1799 einen
Bakriaz unweit Bern. In demfelben Jahre hatte er, gemeinfchaftlich
wm Veter, das Gut von Hofwyl, 14 Stunde von Bern, um 225,000
Bed rlauft, und brachte es zwei Jahre fpäter, nad) feines Vaters Tode,
abe Von nun an ging er muthiger dem großen Ziele feines Lebens, ber
BE andbaus und der Menfchen, bie ihm gewidmet find, entgegen.
Mr & auf feinem Gute den beffern Anbau des Bodens begonnen, als er
alesgi, der eben die Grundzüge feiner Methode entworfen, in Verbindung
Dir Eule deffelben ward von Burgdorf nad) dem Schloffe Buchfee vers
bei nahe den Fellenberg'ſchen Adern und nur einen guten Büchfenfhuß
defenigebäuden liegt. Beide Männer wollten gemeinfam das Merk
fr dichaus entgegenfichenden Charaktere vermochten ſich aber nicht zu
Jeder hatte bald bittere Klage über den Andern zu führen; Kellenberg:
leisi ſich dee nöthigen Ordnung in Öfonomifchen Dingen nicht fügen
I Diefer: daß der Andre aus ihrer Verbindung nur Gewinn zu ziehen
herrichjuͤchtig ſei. Endlich trennten fie fi. Peſtalozzi begab ſich nach
llenherg hingegen fuhr mit verdoppeltem Eifer fort, durch neue Eins
nach dem Vorgang englifcher und deutfcher Agronomen, den Ertrag
$:u heben, und fowol auf die Dörfer der Umgegend durch fein Beifpiel
als durch Herausgabe landwirthfchaftlicher Blätter die Welt mit feinen
befannt zu machen. Schweizerifche Okonomen und Freunde der Agris
n zur Berathung und zu landwirthſchaftlichen Feften nad) Hofwyl, wo
st die beſten Arbeiter des Guts Preife vertheilt wurden. In gleicher
er aus, was Peſtalozzi nicht gelungen war, nämlidy die Anlage
ms für gaͤnzlich verlaffene Kinder, die er großentheild von der Land⸗
ffte und fo behandeln ließ, daß fie gefittet und brauchbar werden moͤch⸗
rn Wehrli, einem fchlichten gutherzigen, ſich ganz der Sache hinges
wann, fand er den paßlichften Führer diefer mit der Landwirthſchaft
ı und ducch fie beftehenden Anftalt. — Außerdem ward ein oͤkono⸗
inſtitut eröffnet, mozu man von der berner Regierung einftweilen das
ende Schloß Buchſee eingeräumt erhielt. Es fünden ſich junge
62 Sellenberg
Minner, ſowol erwachſene Söhne vornehmer Landbefiger, als auch foldye
bereinft in Verwaltung fremder Güter ihren Erwerb ſuchen wollten, umb
ältere Herren bei ihm ein. Noͤthige Lehrer und praktifche Übungen für bie
linge wurden beforgt und Fellenberg felbft übernahm die Vorlefungen übe
Landbau. iermit trat 1808 ber Gedanke einer durchgeführten Exzie
für Kinder höherer Stände in Verbindung; anfangs nur klein und an den $
bedarf ſich anfchließend, da Fellenberg für feine eignen und einige ihm anvert
Söhne einen Erzieher bedurfte, bald aber an Zahl der Zöglinge und Lehre
traͤchtlich wachſend. — Daß in jenen Jahren einigemal die Dorflehrer des
tons nad) Hofwyl geladen wurden, um ihnen dort beffern Unterricht zeigen
fogar ertheilen zu laffen, verdient gleichfalls der Erwähnung, wenn auch be
folg gering war und die Erneuerung ſolcher Verſammlungen gehemmt wurd
Auf diefe Art find die hofwyler Anftalten (ſ. Hofwyl) mit und nach ein
entftänden, und zwar fo, daß jede zur Körderung des Gedeihens der ander
trug, alle aber die größte Sorgfalt des gemeinfchaftlihen Hauptes erfob
Ungeachtet feiner vielen noch durch ausgebreiteten Briefmechfel vermehrten
fhäfte, fuhr der Stifter fort, auf Verbefferungen und neue Anlagen zu fi
Eine ihm zu Händen gekommene Überficht der verfchiedenen, freilich nur mer
liſchen aber großartig in einander greifenden Fabrifen des magdeburger Kaufm
Nathuſius (f.d.) erregte in ihm, wiewol er fein eignes Thun als Mefutt
herer Sdeen betrachten mußte, mancherlei Bedenken und Projecte. Einef
eation von Rübenzuder hatte er fhon früher in Plan gehabt, nun auch eine
braueret und Branntweinbrennerei. Allein die Ausführung diefer Projecte ı
blieb. So befchäftigte ihn einmal die Erwägung, ob eine Gasbeleuchtung
vielen Gebäude und Werkflätten nicht erfprießlich fein würde, Über Allee
ihm aber der Entwurf einer päbagogifchen Republik. Er gedachte nämlich
Hofwyl noch mehre Erziehungshäufer, felbft in andern Cantonen der &d
zu errichten, alle unter feiner Zeitung, und zwar fo, daß es einem Lehrer frei
etronigen Gollifionen ausweichend, das eine mit dem andern zu vertaufchen,
durch eine perfönliche Harmonie unter den Lehrern jeder Anſtalt möglich n
Diefen mweitausfehenden Plan zu verwirklichen, wünfchte er zundächft den ‘
des Schloffes zu Sferten im Canton Waadt, wo Peftalozzi’3 Inftitut ſchon
dem Sinfen nahe war. ine völlige Ausſoͤhnung mit Peftalozzi warb einge
Dem verehrten Greife follten feine legten Lebensjahre verfüßt werden, inden
Ienberg die dtonomifche Rettung und fernere Leitung bes Inſtituts auf fich
men, zugleich aber die Anlage einer Armenanftalt auf Peftalozzt’8 Gute N
im Canton Aargau fördern wolle, wozu ſich vielleicht Herr 3. Schmid koͤm
brauchen laſſen. Herrn Peitalozzi ftehe es dann frei, fich abwechfelnd in St
Hofwyl oder zu Neuhof als geliebter und gepflegter Vater aufzuhalten.
Plan fcheiterte. Auch rieth man Fellenberg, feine Kräfte durch zu weit
zweigte Unternehmungen nicht zu zerfplittern, und fie vielmehr auf die int
Vollendung des bereits Seflifteten zu richten. Bald fah er fich auch in ber
genden Jahre genöthigt, feine Iandwirthfchaftliche Lehranſtalt zu Buchfee ein
zu laffen, weil das andre Inftitut zur Erziehung der höhern Stände zu eine
deutenden Umfange herangewachfen und unter allen hofwpler Stiftungen die rı
geroorden war. — So tft Fellenberg nicht bloß Landwirth; er verdient
als Stifter eines großen Philanthropins und einer Armenfchule, wie keine
her gewefen, genannt zu werden. Fellenberg ift jegt über 50 Jahr alt.
Außeres verkündet den ernften vielfach befchäftigten Mann, der fich weder ver
läffigt noch irgend der Mode huldigt. Allen Schimmer und Schein für
Perfon und Familie verfhmähend, lebt er nur der Ausführung feiner philar
pifchen Plane und hat feit 20 Jahren als Privatmann mehr geroirkt, ale!
naßtifcy geleiftet hat. Iſt er daher Beinesweges Efar, fo befommt body,
übt, einen gewiſſen Nachbrud durch die innere Thätigkeit, die es er»
umpfängfic, für Pocfie und Phitofophie, teil beide eine Hingebung an
unıım Treiben liegende Welt und an rein theorctifche Ideen erfodern,
in Altes, was ſich in Beziehung auf feine Zwede betrachten Lift, in⸗
mährend nach Mitteln zu ihrer Erreichung finnt und, wenn auch oft die
1 feh obenteuerlid) ihn bejchäftigen, doch die rechten Flug zu wählen vers
en früh bis ſpaͤt und Tag für Tag befchäftigt, kennt er Eeine weitern
us; geſtattet er fie den Untergegebenen, fo gefchicht ed weniger aus
Aka des Gemuͤths ald aus der Reflerion, fie fein Andern ein Bes
ze aſo nicht wohl zu entziehen. Sein Herz wird ihm Eeinen Streich
Ffcht unter völliger Leitung des Kopfes, welchen Manche für ben Sig
tmiheften, ja faſt fogar ſeines Wohlwollens gehalten haben. Früher
Imgeraments, hat ihn die Einficht, daß Ausbruͤche beffelben mit der
ans Volkserziehers ſich nicht vertragen, zu dem edlen Entichluffe ges
'Blgeln, und feine Selbſtbeherrſchung, die nur in unbewachten Aus
Rb verliert, iſt ihm beinahe zur natlırlid) befonnenen Ruhe geworden.
aus man die Stärke und Beharrlichkeit feines Willens rühmen, der,
mXhum verbunden, ben eigentlichen Grund und Boden feines Ruhms
Mit Peftalozzi iſt er nur wenig in Parallele zu ſtellen. Haben gleich
ter ſich für Volksbildung bemüht, fo geſchah es doch auf fehr verfchies
Wenn der unfterhiiche Zürcher, vol des innigften Gefühle, dem Zuge
28 und einer oft taͤuſchenden Imagination folgend, häufig im Leben
feblte, dis er endlich im Alter auf einige Zeit eine blühende Anſtalt um
haften fah, fu hat der calculirende Berner, Schritt vor Schritt weiter
kurzer Zeit mehr und Glänzenderes erreicht. Irrig behauptete man
„Bir haben nicht die Mittel wie Fellenberg“. Im Gelde lagen nicht
Kein. Abgerechnet aber, was beide Männer praktifch mehr oder we⸗
Nähe errungen, gehören Peſtalozzi's Ideen ber vervolllommnenden
tan, was ſich von den Fellenberg ſchen weniger fagen läßt. Denn Fel⸗
'ein Reformator pädagogischer Principien; er hat nichts in ber eigents
vmaabımhe asfeiftet. mh fiohr nicht in har Titorarifchon Mole afoich Mon
64 Selonie Gemgerichte
Pictet von Genf, im Nov, und Dec, 1807, und Heren Pictet’8 Brief ebeı
Letzterer hat auch Fellenberg's „Blicke auf den Aderbau in der Schweiz, um
Mittel, ihn zu vervolllommnen”, ind Franzoͤſiſche uͤberſetzt. Ferner vol.
die Berichte über die Anftalten zu Hofiopl von dem Landammann der Sch
von einem Commiffair des Königs von Würtemberg, von Chavannes, ar
Agriculturgefellfchaft des Waadtlandes, vom Grafen Capo d’Iftria, und dem
Mengger, im Namen der, zur Unterfuchung der Armenfchule zu Hofwyl vor
Regierung niedergefegten Unterfuhungscommiffion (1815). ©. ferner
mann’d „Reife nach Hofwyl, in Auftrag der Fürftin von Schwarzburg = MR:
fladt, mit Bemerkungen vom Stantsrath Thaer“. Über diefe Schrift hat
Ienberg ebenfalls Bemerkungen befannt gemacht, in Thaer's „Annalen der X
wirthfchaft” und in den „Blättern von Hofwyl“, die feit 1808 heftweife erfchi
find. Über die Lehrmethoden in Hofwyl, welche auf Peſtalozzi's Grundfäger
ruhen, fehe man, außer den angeführten Schriften, insbefondere den Berich:
Herren Künzli und Vetſch, Mitglieder ber Regierung des Cantons Et.» Gr
welche im Auftrag derfelben ein ganzes Fahr den Unterricht in Hofwyl beoba
haben; ferner Julien’ „Précis sur les instituts d’education de M. de Fel
berg‘‘ (Paris 1817), und die „Landwirthſchaftl. Blätter von Hofwyl“ (A
1817, 59., m. 8.).
Selonie, 1) im Lehnrecht die Verlegung der Lehnstreue ſowol von 2
des Lehnsherrn gegen den Vaſallen, als von dieſem gegen jenen; 2) jedes
brechen, wodurch das Leben verwirft wird (fo befonders bei den Briten). Ob
Wort aus dem Lateinifchen (von fallere, betruͤgen), oder aus dem Deutfchen |
fehlen), oder aus dem Sränkifchen (von felons, Untreue) herſtamme, if
gewiß. Felonie des Lehnsherrn gegen den Belehnten oder Vaſallen wird begar
durch alle Handlungen gegen Xeben, Ehre, Gefundheit und Vermögen deffell
von Bafallen gegen den Lehnsheren, durch Vertorigerung des Lehnseides oder
Lehnädienfte, Verlaffung des Lehnsheren in Gefahren, Buͤndniß mit deffen F
den, Verrath, Anklage, Offenbarung der Geheimniffe deffelben und Verfuche
fein Leben, ferner durch grobe Beleidigung der Gattin und Familie des Lehnshe
auch unkeuſchen Umgang mit Gattin, Zochter oder Schwefter (cucurbitat
Die Strafe der Felonie ift Verluſt der Lehnsherrlichkeit und des Lehns. —
einer ſolchen Selonie entftand die Souverainetät der Eleinen Herrfchaft Yveto
Frankreich oder das fogenannte Königreich) Yvetot. dd.
Felsarten, ſ. Seognofie. |
Semgerichte waren im Mittelalter eine Griminalanftalt in Deut
land, welche die Stelle der damals ganz in Verfall gerathenen Rechtepfl
befonders in peinlihen Sachen erfegen follten. Sie hatten ihren Urfprung :
Hauptfig in Weftfalen, und ihre Verhandlungen wurden mit dem größten 4
deimuihe betrieben; daher nannte man fie weftfälifche, auch heimli
erihte. Das Wort Sem kommt wahrſcheinlich von dem altfafjifhen Wi
verfemen her, das fo viel ald verbannen, verfluchen bedeutet, Femgericht iſt «
ein Gericht, das den Verbrecher verbannen und für vogelfrei erklären kann. DI
Gerichtsſtuͤhle leiteten ihren Urfprung von Karl dem Großen her ; allein man fin
vor dem 13. Jahrh. Feine beftimmte Nachricht von ihnen. Sie haben fidy du
Gewohnheit und manderlei Zeitverhältniffe, vorzüglich nad) dem Falle Heinric
des Lömen (1182) ausgebildet und größeres Anfehen erhalten. Als das Herz
thum Sachſen aufgelöft wurde, erhielt der Erzbiſchof von Köln von Heinrichs Li
dern Engern und Weftfalen unter dem Namen eines Herzogthums. Dame
mögen, bei der in der Berichtöpflege eingeriffenen gänzlichen Unordnung, an |
Stelle der Gerichte, welche vorher die Biſchoͤfe oder die Eöniglichen Commiſſari
(Missi regii) hielten, diefe heimlichen, oder — wie fie fid) felbft nannten — Zrelg
Fenigerichte 65
ie, gtteten fein. Waͤhrend ber allgemeinen Verwirrung, die zu jenen Zeiten
alanihuınd herrichte, konnte c& ihnen leicht werden, fid) ein furchtbares An⸗
Wnuuricuffen, auch Eonnten fie bisweilen wohlthitige Wirkungen hervorbrin«
ga, nd die Kaiſer vergrößerten jenes Anſehen in der Folge dadurch, daß fie ſelbſt
4 Hignichte bisweilen zu Ihren Abfichten gebraudyten, um mächtige Große
wichreden. Aber fie arteten in der Folge aus, banden ſich nicht mehr an
Bin: um Verichriften, und das Geheimniß, in das fie ſich hüten, diente zulegt
Wim Eisennug und der Bosheit zum Dedimantel. Durch die große Menge
YarHiryjieder, die überall verbreitet waren, wurde es ihnen möglich, ihre Wirk:
Inden Are ganz Deutſchland zu erſtrecken. Wer in irgend einer deutfchen Pros
Wie Zeterung an einen Andern hatte, der ihm vor feinem ordentlicyen Richter
vit aVecht ſtehen wollte, wendete fidy an ein weſtfaͤliſches Gericht, und vers
Wahr fh von demfelben Ladungen und Urtheile. — Am furchtbarften waren
J E*uaioca Berichte im 14. und 15. Jahrh. Es war daher kein Wunder, daß
hie Zimmen ſich gegen fie erhoben, und daß 1461 verfchiedene Fuͤrſten und
Olten Drutichland, denen auch die ſchweizeriſchen Eidgenoffen beitraten, unter
IB Bera errichteten, um einen Jeden bei fid) Recht finden zu laffen, und um
I B wenden, dag Niemand foldye® bei dem heimlichen Gerichte ſuche. Auch
eueden von einzelnen Ständen des Reiche befondere Eaiferliche Schusbriefe gegen
va iamıteum der meftfälifchen Gerichte verlangt. Die Kaifer ſelbſt ließen es
Vor ei fnkiisien Verſuchen bemenden, Verbeſſerungen in der Berfaffung der
Vanmlchen richte einzuführen. Aber diefe waren kühn genug, ſich den Kaifern
1 Redagn. Ihre Wirkfamkeit hörte dann erſt völlig auf, als in Deutjchland
| bar gemeine Landfriede errichtet, eine verbefferte Gerichtsform und die peinliche
g eingeführt worden. Das lebte Femgericht wurde 1568 bei
F dele heiten, Außerhalb Weſtfalen gab es aud) in Niederfachfen und felbft in
: 7 eigen aden deutlichen Provinzen Kemgerichte ; doch hatten fie hier ein weit ge⸗
:, dien und ihre Gerichtsbarkeit war bloß auf einen gewiffen Bezirk ein⸗
Hk. -— Bei dem Geheimniffe, in welches diefe Gerichte ſich verbargen,
€ 2 der innern Einrichtung wenig hiftorifch bekannt. Der Stuhlherr, ges
Baia ein Jmuͤtſt oder Graf, hatte die oberfte Leitung des ganzen Gerichts, deffen
# tder Freigraſſchaft mehre Sreiftühle enthielt. Der Vorfiger des heim:
Gerichts bief der Freigraf (Örafen hießen in frühern Zeiten die, welche
abe derrinzen im Namen des Königs Recht fprachen) , feine Beifiger, bie bei
ke Aelin jtimmten und fie vollzogen, bießen Freifchöffen, ihre Sigungen
2%, und ber Ort, wo die Sigung gehalten wurde, der freie Stuhl. Der
ie Eoofftn, die von den Sreigrafen ernannt wurden, gab es in allen Provin⸗
ur Zritten Deutſchlands. Man behauptet, daß ihre Anzahl fich auf hun:
keine heiaufen habe. Sie erkannten einander an gewiffen Zeichen und Lo⸗
reiche den Nichteingeweihten unbekannt waren ; daher wurden fie auch
dVenden genannt. Sie band ein furchtbarer Eid, denn fie gelobten, „Die
zeme kalten zu helfen und zu verhehlen vor Weib und Kind, vor Vater und
ver Schwefter und Bruder, vor Feuer und Wind, vor Allem, was die
beſcheint, der Regen negt, vor Allem, was zwifchen Himmel und Erde
Sie erkannten den Kaifer als ihr Oberhaupt an, und madıten ihn deßhalb
yes bei feiner Krönung in Aachen zum Mitwiffenden. Die Aufnahme
‚nach ſtrenger Regel, nur auf rother, d. h. weſtfaͤliſcher Erde, geſchehen.
Sctzungen des Berichts waren öffentliche und heimliche ; jene wurden bei
‚ enter freiem Himmel, biefe des Nachts in einem Walde, oder in unterir=
derberaenen Orten gehalten. In beiden waren die zu beurtheilenden Ge:
ine ımb Der Gang des Proceffed verfchieden. Die Verbrechen, über welche
bemlichen Gerichte ſich das Urtheil anmaßten, waren: Keberei, Zauberei,
G:2:8. Sisbente Aufl. Bd. IV.
66 Feénélon
Nothzucht, Diebſtahl, Raub und Mord. Die Anklage geſchah durch ein:
ſchoͤffen, der, ohne weitern Beweis, durch Ablegung eines Eides verſicher
der, den er anklagte, wirklich das Verbrechen begangen habe. Der Anı
wurde nun dreimal vor das heimliche Gericht gefodert, indem man die $c
insgeheim an bie Thür feiner Wohnung oder in deren Nähe heftete; der A
blieb unbekannt. Wenn der Angeklagte auf die dritte Ladung nicht erfch
ward er in einer feierlichen Sitzung ded Gerichts, die man die heimlid
nannte, nody einmal vorgeladen, und wenn er aud) diesmal ausblieb, v
das hieß, den Freifchöffen preisgegeben. Der erfte Freiſchoͤffe nun, ber it
Enüpfte ihn an einem Baume, nicht an einem Galgen, auf, ‚zum Zeichen,
Sreifchöffe c8 gethun habe, Wehrte fich der Verurtheilte, fo hatten die Freif
das Recht, ihn niederzuftoßen. Sie legten dann ihr Meffer neben den !
ebenfülld um anzuzeigen, daß e8 fein Mord, fondern bie von einem Freif
vollzogene Strafe fr. — Wie viel unverantiwortliche Juſtizmorde auf di
aus Rache, Eigennug ober Bosheit begangen worden fein mögen, läßt fie
denken. Der Freifchöffe, der einem Verurtheilten einen geheimen Wink zt
Mettung gab, ward felbft mit dem Tode beſtraft. Wie leicht war es abı
möglich, daß mancher Furchtſame durch einen Wink auf diefe Art aus fein
“ math entfernt werden konnte, ohne wirklich angeklagt worden zu fein! —
vollem Rechte kann man dieſe geheimen Gerichte die abſcheulichſten Mißg
von Juſtizanſtalten nennen, die es bei einem gefitteten Volke jemals gegebi
Denn was fann entfeglicher gedacht werben als Richter, die die Gründe ihı
theile nie befanntmachen, nie von Ver Ausübung ihrer Gewalt Rechenfchafi
wollen, und die, ohne ben Angeklagten zu hören, ihre Urtheile auf meuchel
riſche Art vollziehen laſſen. Auch in Italien foll es ähnliche Gefellfchaften q
haben. (Stolberg's „Reifen nad) Italien”, III. ©. 445.) Pau A
(Stadt= und Landgerichtsaffeffor in Hörter) hat in f. Werk: „Das Fem
Weſtfalens“ (Hanau 1825) neues Licht über diefen Gegenftand verbreitet.
Fenelon (Frangois de Salignac de la Motte), einer der ehrwuͤrd
franz. Prälaten, der an einem verderbten Hofe als Mufter der Tugend lebte,
wurde 1652 auf dem Schloffe Fenelon in Perigord geboren, und ſtammt
einem alten, mit Staatsämtern und geiftlichen Würden gefhmüdten Geſch
Ein fanfter Charafter, verbunden mit einer großen Lebhaftigkeit des Geift
einem ſchwachen und zärtlichen Körperbau, zeichneten ihn fruͤh aus. Sein O
der Marquis von Fenelon, ließ ihn zu Cahors unter feinen Augen erziehen.
Juͤngling machte reißende Sortfchritte, die ſchwierigſten Studien waren ihr
ein Spiel. Schon in feinem 15. Jahre predigte er mit ungetheiltem B
Der Marquis, welcher fürchtete, daB die Kobederhebungen und Schmeich
der Menge ein fo gut geartete® Herz verderben möchten, bewog feinen Neffen
in der Stille und Einfamkeit fortzubilden. Er bergab ihn der Leitung des
Tronson, Superiors von St. Sulpice zu Paris. Im 24. Jahre trat F. i
geiftlichen Orden, und verrichtete Die befchtverlichften Dienftgefchäfte in dem S
gel von St.⸗Sulpice. Der Erzbifchof von Paris, Harlay, vertraute ihm
Fahre darauf die Auffiht über die zur katholifchen Kirche Üibergegangenen
teftanten. In diefem Poften verfuchte er zuerfk fein Talent, zu belehren uı
Überzeugen. Als ber König von dem guten Erfolge feiner Bemühungen 1
ernannte er ihn zum Vorſteher einer Miffion zur Bekehrung der Dugenotte
den Küften von Saintonge, wo feine einfache und tiefergreifende Beredtſan
verbunden mit den fanfteften Sitten, ganz die erwarteten Wirkungen be
brachte, 1681 trat Ihm fein Dheim das Priorat von Carenac ab. Bald de
ſchrieb er f. erſtes Werk: „Won der Erziehung der Toͤchter“, welches den G
zu feinem Ruhme legte. 1689 vertraute ihm Ludwig XIV. die Erziehung fi
ı die Wahrheit offen fügt. (,Leitre de Fendlon A Louis XIV,
mie‘, herausgeg. vom Buchhdir. Renouard, Paris 1825), Er
jet an in feinem Sprengel ald ein würbiger Erzbifchof und chriſtlichet
‚ Gine Bruftentzündung endigte fein Leben 1715. Phitofophifce,
e und belletriſtiſche Werke haben feinen Namen unfterblih gemacht.
mt in ihnen einen, burd) die beften ältern und neuern Schriften genaͤhr⸗
derh eine lebendige, anmuthige und blühende Phantafie befeelten Geiſt.
tät fließend, angenehm, rein und harmonifd). Sein votzuͤglichſtes
: „Les aventures de Telemaque“ , in welchem er als Erzieher des
ad Mufter einer fürfttichen Erziehung aufftellen wollte. Es fol ihm
aa Kammerdiener heimlich weggenommen und nachher zum Drud bes
aden fein. Seit Erſcheinung dieſes Buchs war Ludwigs Ungnabe gegen
enfhieden. Denn der König erblickte in dieſem hiftorifchen Romane
manf feine Regierung, unt: verbot bie Vollendung des ſchon begonnenen
Beiollende erkannten, woran Fenelon nicht gedacht hatte, In der
ie Frau von Montefpan, in der Eucharis das Fräulein Fontanges, in
se die Herzogin von Burgund, im Prötefilaus den Louvois, in dem
# den König Jakob, und im Sefoftris Ludwig XIV. Leute von Ges
wnue auf das Werk feibft fahen, bewünderten es als ein Meifterftüd,
teffriche Regentenmoral In dem gefälligften, wein auch modernen Ges
feägt. Zwei Jahre nach des Verf. Tode gaben ſeine Erben den Tele⸗
Undig in zwei Bon. heraus; er ik feitbem unzählige Mal gedruckt
se worden. 1819 wurde Fenelon, bucch öffentliche Unterzeichnung,
tion en Denkmal beftimmt, und am 7. Jan: 1826 feine vom Bid»
d vrfertigte Bildſaͤule zu Cambtay aufgerichtet. Fonslon's „Lebenss
ah Driginalpantferiften” gab Vauffet Heraus (beutfch von Feder,
Börzburg 1811) und Champollion » Figeae machte noch ungedrudte
ihm duch den Drud bekannt: „‚Oeuvres.choisien de Fenelon“‘,
koge“ von La Harpe, und eine Biogr. literar. Notiz von Villemain, ers
Paris 1825, in 6 Bon. ,
dor Jwanowitſch, großherzogfich babifcher Hofmaler. Diefer
w Känfkier wurde am 1765 in einet kahmlıdifchen Horde, an ber ruf:
68 Feodoſia Ferdinand I., II. (deutſche Kaifer)
von welcher er glaubt, fie möge wol feine Mutter gewefen fein, verſuch
Üußerfte zu feiner Rettung, doch ohne Erfolg. Der 5 bis Gjährige Knabe
nad) Petersburg gebracht und von der Kaiferin in Schuß genommen, mwora
muthmaßen läßt, daß er einem kalmüdifchen Fürftenftamme angehörte, wo
ein ruffifcher Officier beftätigte, der bei dem Überfalle zugegen war. In der
erhielt er den Namen Feodor Iwanowitſch. Die Kalferin Katharina fchen!
Knaben der damaligen Erbprinzeffin (jegigen Frau Markgröfin Mutter) ı
. von Baden. Diefe edle Fürftin forgte für feine Erziehung und Ausbildung
befuchte die Schule in Karlsruhe, und wurde hierauf in das Philanthropi
Marſchlins geſchickt. Seine Neigung entſchied ſich für Mulerei, und er
den erften Unterricht von dem Hofmaler Melling, deffen Sohne wir die ſ
Anfichten von Konftantinopel verdanken. Später genoß er der Leitung des
riedirectord Becker. Gehörig vorbereitet, ging er nad) Italien und blieb
Jahre in Rom, wo fein Kunfttalent ſich vielfeitig entroidelte. Don da g
mit Lord Elgin nach Griechenland und zeichnete die Bildwerke, deren Be
madhung wir dem Eifer des britifchen Neifenden verdanken. Er folgte f
dem Lord nad) London, um die Aufficht Über den Stich des Elgin’fchen Wei
führen. Nach einem dreijährigen Aufenthalte dafelbft Eehrte er nad) Kar
zurüd und wurde vom verſt. Großherzoge, Karl Friedrich, als Hofmaler,
fett. — Die Natur hatte diefen Künftler vielleicht mehr zum Bildhau
zum Maler beftimmt, denn in feinen Werken herrfcht durchaus das plaſtiſche
cip vor, wie er fie denn auch meift Grau in Grau ausfuͤhrte, wobei er ſich dei
lief mehr nähern Eonnte. Durch ein anhaltended Studium der Antike w
alten florentinifchen Meifter hat er ſich ihren beffimmten, firengen, große
Styl volllommen angeeignet, und wenn in feinen religiöfen Darftellung
Ruhe waltet, welche der feierliche Ernft des Gegenſtandes erheifcht, fo ift de
in feinen Bacchanalen Alles in lebenvoller Bewegung, und er vereinigt hie
dem Feuer des Giufio Romano die Kühnheit und Kraft von Buonarotti.
feinen Köpfen zeigt fich eine erftaunliche Mannigfaltigkeit und jene Individu
wie fie nur ein Künftler hervorbringen kann, der mit hellem, freiem Blid n
ben ſchaut. Nur Eines ift ihm fremd geblieben — weibliche Huld. Zwar f
° feinen Frauen nicht immer an Hoheit, doch ift häufig ein Zug unangenehmer
fualität beigemifcht ; mitunter find feine Geftalten auch zu gedrungen, und «
ed zu fehr, die Gewaͤnder in eine Menge Heiner Falten zu brechen. Meifl
hat er verfchiedene Blätter radirt, u. a. die Thüren von Ghieberti, eine -
abnahme nad) Volterra ıc. 76.
Feodoſia, f. Kaffe. -
Ferdinand, römifch: beutfche Kaifer. 1) Ferdinand J., Kaı
Bruder, dem cr als deutfcher Kaifer 1558 folgte, nachdem er ſchon 1531
roͤmiſchen König erwählt worden, und feit 1526 König von Ungarn und Be
war. 1559 hielt er einen Reichtstag zu Augsburg, auf welchem Deutfi
eine Münzordnung erhielt, und wo von ben Proteftanten mehre Neligio
ſchwerden vorgetragen wurden. Ferdinand war fehr duldſam, unb wirft
dem tridentinifchen Soncilium, das 1562 wieder eröffnet worden mar, feinen
terthanen mehre religiöfe Freiheiten aus. Auch erhielt unter ihm der Reich
rath feine beftimmte Ordnung. Doc) er beftieg fchon zu bejahrt den deut
Thron, um fo viel Gutes, ale er wol gekonnt, für Deutfchland auszufuͤhren.
ftacb 1564. — 2) Ferdinand II., dem fein Finderlofer Vetter Matt
welchem er als deutfcher Kaifer folgte, fchon 1617 bie Nachfolge in feinen gefa
ten Staaten zugefichert hatte, beftieg zu einer Zeit den Kaiferthron, wo der D
Bigjährige Krieg (f.d.) im Ausbruche und das öftr. Haus in grofer G
war. Er war ein finfterer, verſchloſſener Mann, von den Jefuiten zu Ingo!
Zerdinand III. (deutfcher Kaifer) 69
und in religiöfer Hinficht feinen Vorfahren Ferdinand I., Marimilian, ja
bolf und Matthias fehr unaͤhnlich. Gegen jede von dem tridentinifchen
fe abweichende Meinung erglühte fein Eifer, der hartnddig jener be⸗
und einfeitigen Religionsanficht folgte. Der Ruͤckzug der Böhmen, die
ee Thutn's Anführung vor Wien ftanden, gab ihm Zeit, feine Kaiſerwahl,
Rideriprüche der Union und der Böhmen (1619), durchzufegen. Die
ang der Ligue und des Kurf, von Sachſen, Johann Georg I., befeftigte
m Thron von Böhmen; defto härter und willkuͤrlicher verfuhr er nun in
mde gegen die Proteflanten; die proteftantifchen Lehrer wurden vertries
ke taufınd fleißige Böhmen wanderten ins Ausland; dagegen rief er die
zeruck, und zerfchnitt mit eigner Hand den Majeſtaͤtsbrief Rudolfs I.
Kirtiner.) Seine Gegner, vorzüglich Friedrich V., erklärte er in die
&, und die Kurwuͤrde der Pfalz übertrug er 1622, trog des Widerſpruchs
rishten, dem Herzog von Baiern, der ihm Beiſtand geleiftet. Durch
BRWılinitein befiegte er Chriftian IV., König von Dänemark, Chriftian
waihmeig und den Grafen von Mansfeld ; die beiden Herzoge von Med:
‚ weiche an dem dänifchen Kriege Theil genommen, that er in die Acht,
kAnte Ballenftein mit Medienburg ; auch wollte er ſich der Handelsherr⸗
wer Oſtſee bemächtigen, aber dieſes Project fcheiterte bei der Belagerung
kemd an der Unterflügung diefer Feftung durch die Hanſeſtaͤdte. Nun
ads Reftitutionsedict (1629), nad) welchem alle gegen den geiftlichen
Ka, Religionsfrieden) von den Proteflanten aufgehobene, un⸗
Bar Etifter wieder mit katholiſchen Bifchöfen und Prälaten befegt, bie
Beta som Religionsfrieden ausgefchloffen und die proteftantifchen Unter:
Ikteiicher Fuͤrſten zum Katholicismus zurückgeführt werden follten: ein
‚wehee mit Gewalt der Waffen zu Augsburg, Ulm, Kaufbeuren und Res
Mengen wurde. Aber die Entlaffung Wallenflein’6, welche die Reiche:
ramig verlangten, und die Gegenwirkung Richelieu's, der alle politifche
Wer ia Bewegung feßte, um Frankreich einen mächtigen Einfluß in Europa
Kefa und die faft überwiegende Macht des Haufes Oftreich zu befchräns
bh von Guſtav Adolfs Macht, von Frankreich unterftüst, und das ſpaͤ⸗
Eließen der Proteftanten an denfelben, feit fie fih durd) die Belagerung
us, wc das Meligiondedict vollſtreckt werden follte, in der Hoffnung
wgleichd getauscht fahen, hinderten Ferdinand an ber Ausführung feiner
Er hoffte jedoch nad) Guſtav Adolfs Tode, durch die von feinem Sohne,
herzog Ferdinand, Über Bernhard von Weimar bei Nördlingen gewonnene
‚ und durch den Particularfrieden mit Sachſen zu Prag 1635, bedeu:
stheile über die Proteftanten zu gewinnen. Aber die Behandlung des
a Trier, welcher framz. Schuß gefucht und franz. Zruppen in feine Se:
enommen hatte, und nun, auf Serdinands und Philippe IV. Befehl,
iſchen Truppen von Luremburg aus, nach Niedermegelung der franz.
‚ als Gefangener hinweggeführt wurde, gab Frankreich Vorwand zum
aren Kriege gegen Öſtreich und Spanien. Schroeden Eonnte nun Eräfti=
1; Banner ſchlug die Eaiferlich = fächfifchen Truppen bei Wittftod 1636,
? fie aus Heffen, und Ferdinand ftarb d. 15. Febr. 1637, ohne daß er
ht, die Vernichtung des Proteftantismus und ber politifchen Freiheit in
nd, erreicht hatte. — 3) Sein Sohn Ferdinand DI., der Sieger
ngen, folgte ihm als Kaifer. Er war geneigter zum Frieden ald fein
Banner und der Herzog Bernhard von Weimar hatten die Kaiferlichen
geſchlagen. Der Reichstag, den Ferdinand 1640 zu Regensburg ver:
‚ führte jedoch den Frieden nicht herbei. Obgleich Ferdinand fid nicht
von dem Intereſſe Spaniens und den Sefuiten leiten ließ, und auf dem
70 $erdinand V. (. Aragonien) Ferd. J. (K. beider Sicili
Reichstage viel Muth zeigte, konnte er bennoch weniger durchſetzen, al
wünfchte, wozu bie Schrift des fogenannten Hippolytus a lapide viel beit
deren Zweck war, die Stände gegen den Kaifer zu etbittern: ber erfte mäd
Einfluß, welchen der große Kurf. von Brandenburg damals äußerte. Doch
man die Unterhandlungen eifrig fort; auch bemwilligte des Kaifer mehren Re
ftänden, welche fchroedifche Partei genommen hatten, Amneſtie. Endlich fa
die hamburger Präliminarien (1641) zu Stande, nach weldyen ein allgemel
Friedenscongreß zu Münfter und Osnabruͤck gehälten wurde, Doch dauert
längere Zeit, bis diefer Congreß feinen Anfang nahm; auch währte der K
weil fein Waffenſtillſtand feftgefegt war, fort, mit abmechfelndem Güde,
1648, als die Schweden (die früher unter Torftenfon fogar Wien bedroht ha:
fid) eben, unter Wrangel, der Hauptft. Böhmer® bemädjtigen wollten, entf
ſich Ferdinand zur Unterzeichnung des Friedens. (S. Weſtfaͤliſcher Frie
Bald darauf bewirkte Ferdinand die roͤmiſche Koͤnigswahl feines Sohnes F
nand IV., der aber ein Jahr nachher ſtarb. Auf dem Reichstage von 166
54 wurden wichtige Veraͤnderungen in der Juſtizverfaſſung durchgeſetzt.
vor feinem Tode (1667) ſchloß Ferdinand noch ein Buͤndniß mit Polen g
Schweden. | | |
Ferdinand V., König von Aragonien, dem der Papft, wegen
treibung der Mauren aus Spanien, den Titel: der Katholifche belegte, rom
Sohn Könige Johann II, und 1453 geboren. Durch feine Vermaͤhlung
ber Königin Sfabelle von Caſtilien legte er den Grund zur Vereinigung aller ei
nen, ſpaniſchen Königreiche, roelche 42 Jahre fpäter völlig zu Stande kam.
dinand und Iſabelle lebten mit einander, bemerkt ein Geſchichtſchreiber, nich
zwei Gatten, deren gemeinfames Eigenthum unter den Befehlen des Mo
fteht, fondern wie zwei ihred gemeinfamen Intereſſes willen eng mit einanbeı
bundene Monarchen. Ifabelle verftattete ihrem Gemahl keinen weiten Ar
an der Regierung Caſtiliens, als feinen Namen in den Verordnungen zu u
zeichnen und fein Wappen dem ihrigen beizufügen, Beide vereint mit Zime
(f. d.). bildeten eine Mädht, wie fie Spanien zuvor noch nicht gefehen hatte.
unterwarfen ſich nach einem zehnjaͤhrigen blutigen Kampfe (1491) Granada,
einzige Reich, welches den Mauren in Spanien uͤbrig geblieben war; aber
hoͤchſten Glanz gewann ihre Regierung durch die Entdeckung Amerikas, |
Berbinand die Schiffe ausgeruͤſtet hatte, und die ihn zum Souverain einer r
Melt machte. (S. Colombo.) Zugleich legte diefer ſtaatskluge Fuͤrſ
Grund zu Spaniens übermacht in Europa, indem er ſich durch feinen Feldh
Gonſalvo von Cordova, des Königreich Neapel (1515) bemächtigte, und 1
Navarra eroberte; aber feine Politik war argliftig und despotiſch. Diefe Fl
verdunkeln feine großen Eigenfchaften, die ihn zum erften Monarchen feines \
hunderts machten. Jenes Streben nach Vergrößerung und Befeftigung |
Macht, und blinder Religionseifer verleiteten ihn zu großen Mifgriffen. U
Gewiſſen feiner Unterthanen zu beherrfchen, ſchuf er 1480 das Gericht der J
fition, ohne einzufehen, daß er dadurch der Geiſtlichkeit eine Gewalt einrdı
die fie bald über den Monarchen felbft ausüben wuͤrde. Ebenfo ungerecht
nachtheilig war 1492 die gewaltfame Vertreibung der Juden, und 150
Verjagung dee Mauren. Nach dem Tode feiner Gemahlin Ifabelle, 1504,
mählte ſich Ferdinand mit Germaine de Foix, und ftarb 1516 an der Waffer!
die durch einen Trank verurfacht worden fein foll, den ihm feine zweite Gem
eingab, um ihn der Zeugung fähig zu maden. Ihm folgte Karl J. (V.).
Ferdinand 1. (vorher IV.) von Bourbon, Infant.von Spanien,
nig beider Sicilien, geb. den 12. San. 1761, dritter Sohn Karte III. von |
nien, der ihm 1759 den Thron von Neapel überließ, als er felbft den fpan
Ferdinand L (König beider Gicilien) 71
. Ferdinand IV. uͤbernahm die Regierung, die bie dahin durch einen, von
Vater eingefegten Regentſchaftsrath, unter dem Vorſitze des berühmten
beie Tanucci, vormaligen Profeffor der Nechte zu Pifa, geführt war, am
in. 1767. Seine und feines Altern Bruders (Karls IV., K. von Spa⸗
Eriehung hatte der Prinz von Santo Nicandro geleitet, ein rechtſchaffener
2, aber von beichränkter Einficht, daher auch Ferdinand, obwol nicht ohne
ide Antigen, ſehr unmwiffend blieb, und fich fpäterhin vergnüigenden Zers
mern (Jagd, Fiſchfang u. ſ. 10.) ganz überließ. Als Kind Außerte Ferdia
del Liede fuͤr das Volt; auf feinen Spaziergängen verweilte er oft mitten
tKuben feines Alters, plauderte mit ihnen, gab ihnen Geld, und lud fie ein,
I vichen. An Feſttagen ergögten ihn die Spiele einiger Kinder der Lazza⸗
Lac ließ feine lieben Kameraden, wie er fie nannte, gut bewirthen. Cin
be aiie gewann fogar feine Sreundfchaft, und er forgte für deffen Gluͤck.
wor zaedinand der Liebling des Volks. 4768 vermaͤhlte er ſich mit Marie
Me, Techter der Kaiferin Marie Therefla (ft. zu Degendorf bei Wien 8,
L 1814). Diefe geiftvolle und liebenswuͤrdige Fuͤrſtin erlangte bald auf
ind nen entfchiedenen Einfluß. An der Spige der Verwaltung fland da⸗
Inch der erſte Miniſter Tanucci. Diefer fchaffte 1764 den Lehntribut des
m Iced, den der Papft bisher jährlich erhalten hatte, ab, verlor aber bie
ie Szis III. v. Spanien, und nahm 1777 feinen Abfchied. An feine Stelle
Ver Bercheie della Sumbuca. Seht widmete der König, von feiner Gemah⸗
un, feine Zeit öfter den Regierungsgeſchaͤften, doch that er nicht ohne
Bad der Königin. Sambuca fuchte daher den König durd) cine ſchoͤne Eng⸗
Be, Bein Neapel mit einem. Sranzofen (Goudar) verheirathet war, von feiner
Kin ahusichen; allein die Königin bemerkte dies, und Hr. und Mad. Gou⸗
Euer and Neapel verbannt. Seitdem flieg die Macht der Königin, und
Ka, Ye von ihr in einem aufgefangenen Briefe dem madrider Cabinet eine
u Sqilderung gemacht hatte, mußte fi) 1784 in feine Vaterſtadt Pa⸗
mülichen. Der Ritter Aceton (f. d. wurde fein Nachfolger. Diefer
9; dem Willen der Königin, und das Cabinet von Madrid verlor allen
lauf das von Meapel, welches ſich mehr an ſtreich und England an-
Ader bald zog die franz. Revolution Neapel in ihre Wirdel hinein. Ale
æf das Berlangen der franz. Regierung, alle Verbindung mit England
ben, der Def von Reapel ſchwankte, erfchien La Zouche mit einem franz,
der vor der Hauptfladt, und erzwang die Annahme der vorgeſchriebenen
nm. Allein nady Ludwigs AVI. Zode trat Feidinand zu der Conlition
anerih, und nahm von. 1793 — 96 an dem allgemeinen Kriege
Nach 2 Friedensjahren machte ihn Nelſon's Sieg bei Abukir abermals zu
inde Frankteichs, welches aber, nach den Niederlagen der Neapolitaner
ick, ſich Des ganzen Koͤnigreichs bemaͤchtigte (23. San. 1799), und die
wifche Republik proclamirte. Der Hof, nebft Acten, hatte fich bereite
Dec. 1798 von Neapel nach Parlermo geflüchtet. Doch ſchon din 21.
99 fiel die Hauptfindt wieder in die Gewalt: des Royaliſtenheers unter
.Ruffe (f.d.), und vice Anhänger der Republik wurden hingerichtet.
Jan. 1500 Echrte der Hof nach Neapel zuruͤck, und Spanien ſchloß mit
a Conful einen Vertrag, duch welchen die Integrität des Koͤnigreichs
cilien geſichert wurde. Deſſenungeachtet mußte Serdinand in dem Frie⸗
Kranereich (Florenz, 28. Maͤrz 1801) den Stato degli Prefidj u. ſ. w.
ind franz. Truppen in feinem Koͤnigreiche aufnehmen; auch in dem Neu-
erteage von 1805 verfprechen, den Zruppen der Ericgführenden Mächte
bung zu geſtatten. Als nun gleichwol im Nov. 1505 eine ruſſiſch⸗ eng»
tte vor Neapel erfhienen wir, und 12,000 M. Ruſſen gelandet hatte
72 | Ferdinand VII.
fo lieg Napoleon, der In diefem Schritte eine treulofe Theilnahme Neapels a
Seindfeligkeiten gegen Frankreich erblickte, das Land befegen, und die koͤnigl
milie flüchtete 1806 abermals nach Sicitien. Hier behauptete ſich Serdinan
Hülfe der Engländer, zog fich jedoͤch, da feine Gemahlin mit den Engländer:
zweit war, 1809 auf einige Zeit von allen Gefchäften zurüd, indem er einſti
feinem Sohne Franz die Regierung übergab. Die Königin Karoline aber ı
im Dec. 1811 Sicilien verlaffen, und ging über Konftantinopel nad) Wien.
auf bervogen die Engländer den König, die Regierung wieder zu Übernel
Endlich, hat der wiener Congreß Ferdinand IV. in allen feinen Rechten als.
beider Sicilien anerkannt (1814). (Bol. Murat.) Die konigl. Famil
am 17. Zun. 1815 in Neapel ein, und Ferdinand vereinigte, 12, Dec. :
feine fämmtlichen Staaten dieffeits und jenfeits der Meerenge in ein Köni
beider Sicitien, und nannte fi Ferdinand. Den 27.Nov. 1814 ver
er fi, nachdem feine erfte Gemahlin im Sept. beffelben 3. zu Wien gef
war, mit der verwitw, Prinzeffin von Partana, feit 1815 Herzogin
Floridia. 1801 ftiftete er den Ferdinand = Verdienftorden. Am 16. Febr.
ſchloß Ferdinand I. ein Concordat mit dem Papfte, wodurch bie langen Mig
keiten zwifchen Neapel und Rom endlich ausgeglichen wurben. Uber den F
lihen Charakter dieſes Königs urtheilen felbft parteiifche Schriftfteller, roie €
u. A., guͤnſtig. Das Wohl feines Volks lag ihm wahrhaft am Herzen.
Nachricht von dem Erdbeben zu Meffina und Galabrien, 1783, erfchütter
fo, daß er vor Schmerz faft wahnfinnig wurde, Mit dem größten Eifer
Anftalten, um den Ungluͤcklichen beizuftehen. Auch hat er mehre Wohl
keitsanſtalten geftiftet; dahin gehört die Colonte von St. » Leucio (1773),
Befchreibung er felbft befannt machte. Abbe Clemaron hat fie ins Franz. i
„Origine de la population de S. Leucio, et ses progr&s, avec les loi
sa bonne police, par Ferdinand IV.“ adj) dem Abzuge ber öftreid
Zruppen blieb der oͤſtr. General Nugent als Generalcapitain an der Spi
Armee; er hob die franz. Einrichtung derfelben auf, wodurch er ſich verhaßt n
Die Miniſter fuchten die innere Sicherheit herzuftellen, die Armen durch Öffe
Arbeit zu befchäftigten und den Staatscredit zu fihern. In dem Frieden n
gier, der unter Englands Vermittelung 1816 abgefchloffen wurde, bewillig
dinand die Fortdauer eines jährl. Gefchents von 25,000 Piaftern. Die
der Staatsverwaltung war der Ritter Medici (f.d.). Gleichwol mußte
nand 1820 die von Soldaten und Bürgern ihm aufgebrungene fpanifche Ce
tion beſchwoͤren. (S.Neapel, Revolutionvon, und Sicilien,
Durch ſtreichs Waffen in die vorige unbefchränkte Gewalt 1821 eingefet
terbrüdte er die Carbonaria (f. d.) und ftarb den 4. Januar 1825.
folgte f. Sohn Franz. Die Herzogin von Floridia ftarb den 25. Apr
zu Neapel.
Ferdinand VI, König von Spanien und beiden Indien, gı
Dct. 1784, Prinz von Afturien feit dem 13. Dec, 1788, nad) dem 11
1808 ſechs Wochen lang König von Spanien, darauf unter franz. Staats:
zu Balengay in Frankreich bis zu feiner Reftauration 1814. Sein Bater,
Kart IV., und feine Mutter, Marie Louife von Parma, ernannten den
von San Carlos zu feinem Erzieher, und in der Folge den Grafen von ?
einen außgezeichnet rechtfchaffenen Mann, zu feinem Oberhofmeifter, v
Domherrn D. Iuan Escolquiz zu feinem Lehrer. Der Prinz zeigte A
und machte Fortfchritte in der Mathematit. Da er gegen den Guͤnſtling
Herzog v. Alcudia (f. d.), eine große Abneigung verrieth, fo entfernt
von ihm den Grafen von Alvarez, den Kerdinand fehr lieb gemonnen hattı
dem Vorwande, daß er durch feine ſtrengen Grundfäge dem Charafter des '
I BUBUDE, UND ihm IHTEN «DAB gegen DIE tangoſen muiirue. KOM Num⸗
— über erlittene Kraͤnkungen, beſonders von Seiten der Königin,
1, Rarb bie Prinzeffin den 21. Mai 1806, 22 Jahr alt, ohne Kinder,
badıte jeht daran, den Prinzen mit einer Verwandten des franz. Kaiſers
Emilie Beauharnois zu vermählen ; allein Ferdinand widerfegte ſich einer
Bakintung; aud) gab er dem folgen Günftlinge noch bei andern Gelegens
fine Verachtung zu erfennen. Cinige Große fuchten daher das Vertrauen
390, mehr in der Abfiht, durch ihm ihren Haß gegen ben Friedensfürſten
u Nfriedigen, als eine beffere Ordnung der Dinge in Spanien herzuftellen.
Exgr diefer Partei ftand der Herzog von Infantabo. Um den Prinzen
edbfihten zu gewinnen, 309 er einen Feind des Friedensfuͤrſten, den Ka⸗
Ekeiquig, der mit Hülfe Englands auf Spaniens Wiedergeburt wirken
m glaubte, in den Verein. Man ftelite Ferdinand vor, daß Godoy nad)
iu Tode ihn mol gar vom Throne verbrängen koͤnne, da er ohne allen Eins
a ſeinem Vater verfannt und von der Königin gehaßt ſei. Schon 1806
mfrinz fo weit gewonnen, baß er dem Herzog von Infantado für den
WRaris IV. den Dberbefeht Über die Truppen in Neucaftilien übertrug.
rich er mit eigner Hand einen Auffag, worin des Friedensfuͤtſten Übers
d Habſucht mit den grelfften Farben geſchildert, und der König gebeten
rn Günftling zum Wohle des Throns und der Nation zu entfernen.
möichrife follte dem Könige überreicht werden.” Man ging noch weiter.
Fein franz. Heer, um Portugal zu befegen, in Spanien einclidte, näherte
rm feanz. Gefandten zu Madrid, Beauharnois, und auf den Rath defs
rieb Ferdinand (11. Oct. 1807) an Napoleon, und gab demfelben ben
u erkennen, fich mit einer franz. Prinzeffin (dev Ätteften Tochter Luclane)
im. Diefer Schritt blieb dem Friedensfuͤrſten nicht verborgen; er
b der Papiere des Prinzen zu bemächtigen, und mit ihnen lag der Plan
gg ihn Har vor Augen. Er eilte zur Königin, und Beide ſuchten den
: überzeugen, daß fein Sohn ihm nach Leben und Krone trachte. Ferdi⸗
feine Dienerfhaft wurden im Escurial verhaftet; das Verhoͤr deſſelben
ver Nacht vom 28, — 29. Oct. in den Zimmern des Königs, in Gegen
Minifter und der Präfidenten des Confeils, flatt. Eine vom Friedens⸗
7% Serbinand VII,
nten.) Der König entfagte am 19, feiner Krone, und Ferdinand VII. w
von dem Volke ald Netter des Vaterlands begrüßt. Der Herzog von Infan
ward Commandant der fpanifchen Garden und Präfident des Raths von Caſti
Allein der alte König fchrieb durch; Murat an Napoleon, und erklärte feine Th
entfagung für erzwungen. Kerbinand VII. hatte Napoleon feine Thronbefteis
bekannt gemacht, und um eine Prinzeffin angehalten ; zugleich aber durch die
kanntmachung ber Actenftüde über die Begebenheiten im Escurial ſich von
Beſchuldigung feines Vaters zu reinigen gefucht. Napoleon empfing die Z
fandten fehr Eat: „Kari IV. fei fein Bundesgenoffe und Kreund, er £inne E
Ferdinand VII. nicht anerkennen”. Doc) ließ er den Prinzen von Afturten
ben, baß er ſich auf der Reife nad) Spanien befinde, und [ud ihn ein, ihm en
gen zu fommen, um muͤndlich biefe Angelegenheiten zu ordnen, Nun reifte
dinand, in Begleitung des Herzogs von Infantado, des Staatsſecretairs Cevc
bes Kanonifus Escoiquiz und Andrer, am 10. April ab. In allen Staͤdter
feiner Reife umringte das Volk den Wagen, und bat ihn, das Reich nicht zum
laſſen. Nahe an der Grenze erhielt er ein Schreiben Napoleons aus Bay
vom 16, April, worin diefer ihm erklärte, daß er ihn nur dann als König
Spanien anerkennen werde, wenn feines Vaters Abdankung freiwillig fei.
Savary's Betheurung, daß der Kaifer Ihn beſtimmt ald König anerkennen w
ſetzte Ferdinand feine Reife fort, und kam am 20, April zu Bayonne an, wa
Mapoleon mit Auszeichnung empfing. Als aber der alte König bier feine
dankung für nichtig erklärt und des Prinzen Entfagung auf die Krone, w
Ferdinand nur in Madrid und vor den „verfammelten Gortes“ feinem Vate
südgeben wollte, am 1. Mai verworfen hatte, fo mußte der Prinz, nad)
Aufteitte am 5. Mai, wo ihn fein erzuͤrnter Vater umd die erbitterte Mutter
Gegenwart Napoleons, der Infanten, Godoy’s und des Minifters Cevallos,
einen Verbrecher mit den beftigften Vorwürfen uͤberſchuͤtteten und mit einen
zichtlichen Verurtheilung al& Thronraͤuber bedrohten, unbedingt der Krone S
niens entfagen. Doch hatte er vorher der von ihn in Madrid unter bee-'
fanten D. Antonig Borfig errichteten oberften Negierungsjunta, als er gel
daß der Großherzog von Berg des Infanten Stelle eingenommen, mit unei
ſchraͤnkter Vollmacht das Recht ertheilt, die Cortes zu berufen und Krieg
Frankreich zu führen. Ferdinand erhielt ald Apanage eine jaͤhrl. Rente
600,000 Fr. für fid) und feine Nachkommen aus dem Kroufchage von Frankr
ſowie die Palaͤſte und Parks von Navarra ald Eigenthum für fi) und feine Er
Er bejog hierauf mit feinem Bruder D. Carlos, feinem Oheim D. Antonio, I
Kanonikus Escoiquiz, dem Herzog von San Carlos und dem Secretair Maca
das Schloß Valençay (eine Beſitzung des Kürften Zalleyrand), wo er fo fe
bewacht wurde, daß der Plan des englifchen Minifteriums 1810, ihn von dor
entführen, fehlſchlug. Daſſelbe hatte einen gemiffen Baron Koly an ihn al
ſchickt, welcher aber. verhaftee wurde. Ein Spion mußte deſſen Rolle fpiel
doch der Prinz ging nicht in die Falle. Um fi) den Schrein zu geben, ale on
fcheue er das beabfichtigte Unternehmen, machte er (freilich zu einer Zeit, wo 2
ſchon entdeckt war) eine Anzeige davon, und drüdte zugleicd den Wunſch«
von Napoleon adoptirt zu werden. Erſt am Ende 1813 bot Napolcon, um fel
Rüden zu ſichern, Ferdinand die Wirderherftellung auf feinen Thron an, und di
willigte in den am 11. Dec. zu Valençay von dem Herzog von San Carlos
dem Grafen La Fordt unterzeichneten Vertrag, durch welchen Serdinand Span
Intereſſe von der Sache Europas trennte. Die Corted verweigerten daher
Beſtaͤtigung. Ferdinand verließ Valençgay am 3. Mirz 1814; den 19. far
in Perpignan an, und den 23. in Figuieras, wohin ihn der Marfchall Suche
gleitete. Ferdinand wurde mit den ruͤhrendſten Brzeugungen von Liebe und T
Ferdinand (Erzherzog von Deftreich) 75
m (dumm Unterthanen empfangen. In Gerona fchrieb er an bie Gortes: „Ge⸗
mel Copond hat mir dab Schreiben der Megentfchaft zugeftelt. Ich werde Euch
ia Zinn unterrichten. Unterdeſſen verfichere ich die Regentſchaft, daß ich nicht
fe wünfce, als ihr Beweiſe meiner Zufrtebenheit zu geben”. Allein geleitet
ſjm aun Partel des Hofadels, ber Geiſtlichkeit und einiger Generale, verwarf er
RER auf die Conſtitution der Cortes von 1812, und ftieß Diefe um, weil fie die
mmöiihe Gewalt zu ſehr befchränkte. Doch ertheilte er die Werficherung,
MR eine Conſtitutionsurkunde zu geben, wie bie Auftlärung von ganz Europa
u de amcinen Beduͤrfniſſe der [panifchen Unterthanen auf beiden Halbkugeln
JVVe fr nothwendig machten. General Egula war aber kaum mit einer Abe
Wlıng tr Barden, zwei Tage vor Ferdinand, in Madrid angekommen, fo ließ
wit Ratts die Mitglieder der Megentichaft, mehre Deputirte der Corte& und
% GHierauf hielt Ferdinand VOL. am 14. Mai 1814 feinen
App ialadrid, wo er Durch freundliche Herablaſſung den großen Haufen fehr
ah m. Bon dem Augenblide des Regierungsantritts des Königs erfolgten
19 Erika Handlungen, welche das Erflaunen von Europa erregten. Statt
sp DE arfpcenen Verfaffung, bildete fich ein furchtbares Verfolgungsſyſtem gegen
ı| Ak, Denn man liberale Ideen zutraute, und feine Schläge trafen viele von ben
vun Rinnem, deren patriotifhem Sinne Serdinand die Wiederherſtellung
ab Ans verdankte. Hinrichtungen, Gefängnißftrafen, Verbannungen
MRelniconfiscationen hatten in alen Gegenden bes Reiche flat. (S.
Eramfıdod und Farril.) Die Cenſur ward in ihrem ganzen Umfange
bpeieht; Vaffeive geſchah in Anfehung der Moͤnchsorden, ber Jeſuiten und ber
en, ſammt der Folter. Kurz, es zeigte ſich in ben meiften Acten der Res
Pau cu mit Heftigkeit durchgreifender und auf Unterdruͤckung der Geiſtesfrel⸗
bir Bnbrleder Charakter, Zuletzt wurde die Verwaltung ganz abhängig von
Von Ende einer talentiofen und leidenfchaftlich verbiendeten Camariila. (Vgl.
Eyarte) Weihe Verwirrung, welches Elmd und welche Unzufriedenheit hier⸗
a, wie die Berzweiflung kuͤhne Männer hinriß zu aufrlihrerifchen Uns
‚, kamen, wie der Aufſtand des nad) Amerika beftimmten Heeres im Ian,
| BD I König nöchigte, am 7. März d. J. die Conſtitution der Cortes von
BI? wiärcheesufiellen, wie endlich 1823 die bewaffnete Dazwifchenkunft Frank⸗
j We abſelute Gewalt in Spanien wieberherftellte, und wie ſeitdem Kerdinande
ven findfeligen Parteien umlagert, mit der Zeit und mit der Erfahrung
impft, wird in dem Art. Spanien feit 1808 erzählt werden. Fer⸗
Bat VIL vermähtte fich 18316 mit der zweiten Tochter bes Königs Johann VI.
Pecugal, Maria Sfabella Franziska; und als biefe den 26. Dec. 1818
1 zu Aug. 1819 zum dritten Date mit ber Prinzeffin Joſephe von Sachſen
A den 6. Dec. 1803, Tochter des Prinzen Maximilian). Seine Brüber:
Ba Gzrios, vermaͤhlt mit des Königs von Portugal dritter Tochter, und D.
ancisco de Paula, vermählt mit einer Tochter des Königs Franz von beis
Eicim, haben Söhne. Der König hat keine Kinder. Die „Memoires histo-
sar Ferdinand VII. et sur les evenemens de son rögne, par Don *****,
bel. 2 d. Span. ins Engl. von Mid. 3. Quin, und a. d. Engl. ins Franz.
A. G. H. mit Anm. (Paris 1524) ſchildern Ferdinands VIL Regierung von
Riese 1520. J
Ferdinand (Karl Anton Joſeph), Erzherzog von Oftreich, koͤnigl. Prinz
Münsim und Böhmen, Sohn des Kaifers Leopold II. und Oheim des Kaifers
l., mar arb. 1754, wurde Öeneralgouverneur in der Lombardei und vere
fih 1771 mit Marla Beatrir von Efte, wodurch er die Erbfolge erhielt.
2 fin Schwiegervater verlor 1796 fein Land, und erhielt 1802 als Entfchäs
; den Breisgau und die Ortenau, die er, zu einem Derzogthum erheben, feis
v
I
!
J
76 Ferdinand (Erzherzog von Deftreich)
nem Schwiegerſohne, dem Erzherz. Serdinand, überließ, welcher Legtere den
eined Herzogs von Modena = Breisgau annahm. Durch den preöburger Fr
mußten das Breisgau und bie Ortenau an Baden abgetreten werden, die
Erzherz. Ferdinand dafür zugeficherte Entfhädigung aber wurde nicht geli
Der Erzherzog ftarb den 24. Dec. 1806. Ihm folgte fein Sohn, Franz
welcher durch den wiener Congreß das Herzogtum Modena zurüderhielt. (S.
und Modena.) Seine Tochter, die edle, unvergeßliche Ludovike Beatrij
Eite, wurde 1808 die dritte Gemahlin des Kaifers Franz I. und flarb zu ®ı
1816. — Der zweite Sohn des Erzherz. Ferdinand ift der in der neuern Kı
gefchichte bekannte Ferdinand Karl Sofeph von Efte, geb. den 25.
. 1781, Erzherz. von Oftreich, Eönigl. Prinz von Ungarn und Böhmen, Prin
Modena, gegenwärtig k. k. General der Cavalerie und feit dem 22, Mai }
commandirender General in Ungarn, wo er zu Ofen lebt. In dem Kriege,
Öftreich 1805 gegen Frankreich führte, erhielt er den Oberbefehl des dritten H
von 80,000 M., das Baiern befegte und in Schwaben ſich aufftellte. AUnteı
feitete da8 Ganze, ald Chef des Generalftubes, der von England dazu empfo
Generalfeldzeugmeifter Mad. Diefer ließ fich in feiner Stellung an der !
zroifchen Ulm und Günzburg umgehen, und von der Verbindungslinie mit Bi
Oſtreich und Tirol abfchneiden. Darauf wurde der Erzherz. Ferdinand, w
fi) an der Spige bes linken Flügels der oͤſtr. Armee befand, am 9. Oct.
Marſchall Neu bei Günzburg gefchlagen, wo bie Sranzofen auf den Querb
der abgetragenen untern Donaubrüde, unter dem Flintenfeuer ber Öftreichen
das rechte Ufer übergingen. Vergebens drangen jetzt der Erzherz. Ferdinand, {
Schwarzenberg, General Kollowrath u. A. in den General Mad, daß er, un
aus feiner vermwidelten Lage bei Ulm zu ziehen, das linke Donauufer behar
und Nördlingen geroinnen follte. Als nun Ferdinand am 14. Det. das Sch
des in Ulm eingefchloffenen Deere vorausfah, erklärte er feinen Entſchluß,
mit 12 Schwadronen Reiterei durchzuſchlagen. Fürft Schwarzenberg führte
in derfelben Nacht den Zug gluͤcklich bis Geislingen, weil man ſich mit dem f
theile des Generals Werne zu vereinigen hoffte; allein diefer mußte bei Troc
fingen am 18. capituliren, während der Erzherzog feine Scharen mitten durd
feindlichen Troß nad) Ottingen führte, die Trümmer des Heertheild von He
zollern an ſich zog und Murat’8 Reiterhaufen durchbrach. Doch bei Gunzen
fen an der Altmühl wurde der Erzherzog, deffen ganze Schar nicht ber 3000
darunter etwa 1800 Reiter, zählte, von Murat's 6000 M. ſtarkem Reiterha
eingeholt ; indeß gelang es dem Fuͤrſten Schwarzenberg, durch eine Unterre
mit dem franz. General Klein fo viel Zeit zu gewinnen, daß ber Erzherzog
der Reiterei entlam, fodaß bloß das Fußvolk nebft dem fchmeren Gefchüge in;
des Hand fie. Darauf ward der Erzherzog nochmals bei Efchenau vom Fi
erreicht ; bier rettete ihn aber der heidenmüthige Widerftand der Nachhut
dem General Mecferey, weldyer tödtlich verwundet, vom Keinde gefangen w:
So entkam der Erzherzog mit noch nicht 1500 Mann, melde in acht Tagen,
der täglidyen Gefechte, über 50 deutfche Meilen geritten waren, am 22. Oct.
Eger. Er erhielt jegt den Oberbefehl über die k. k. Truppen in Böhmen, or:
firte den Landſturm und machte den Baiern in mehren glüdlichen Gefechten
Fußbreit Landes ſtreitig. Dadurch deckte er mit etwa 18,000 M. den re
Flügel dee großen verbünbeten Armee, bis diefe die ungluͤckliche Schlacht bei
fterlig lieferte. 1809 erhielt der Erzherz. Serdinand von Eſte den Oberl
über den 7. Heertheil, der 36,000 M. ftart, am 15. April Über die Pilica üı
Herzogthum Warfchau einrüdte, deſſen Völker der Erzherzog aber verg
durch Öffentlichen Anfchlag zum Aufftande gegen Napoleon und ben Herzog
Warfchau aufrief. Fuͤrſt Poniatowski Leiftete ihm mit 12,000 M. bei R
Ferdinand III. 7
ril tapfern Widerſtand; der Ort, welchen die Sachſen, unter General
ertheidigten, konnte nicht genommen werden, und nur die Nacht endigte
.Poniatowski übergab hierauf Warſchau am 22, mit Capitulation,
raga und das rechte Weichfelufer behauptete. So gelang es ihm, waͤh⸗
tzherzog gegen Kalifch zog und Thorn vergebens angriff, die Öftreicher
n, einzelne Abtheilungen derfelben zu fchlagen, und zu Lublin, im oͤſtr.
einen Volksaufftand anzuordnen. Hierauf eroberten die Polen Sen:
most und am 28. Mai Lemberg, die Hauptft. Galiziens; endlich noͤ⸗
abtowski durch feinen Übergang Über die Bzura die Öftreicher, am 2.
ſchau zu räumen. Nun eroberte zwar der Erzherzog Galizien wieder;
'elen vereinigten ſich mit dem heranruͤckenden ruffifchen Huͤlfsheere, uns
ürften Salligin, worauf Poniatowski die Oſtreicher aus Lemberg und
vertrieb, Galizien für Napoleon im Befig nahm und am 15. Jul.
*egte. Der Erzherzog z0g fich nad) Ungarn zurüd, und der Waffen:
u Znaym am 12. Jul. machte dem Kriege ein Ende. In bem Zeldzuge
mahm der Erzherzog ben Heerbefehl über die Öftreichifche Neferve, die
R. ftart war, und ging mit zwel Abtheilungen berfelben, am 26. Jun.
Kin, worauf General Colloredo ben feindlichen General Lecourbe
hnıd Belfort zu werfen, Kürft Hohenzollern gegen Strasburg und der
uch Luneville vorruͤckte. Damit endigte feine Theilnahme an diefem Feld»
ge zuruͤck, und erhielt 1816 das Generalcommando in Ungarn. 20.
rdinand IH. (Joſeph Johann Baptift), Großherzog von Toscana,
8 Laiſers Franz I., Erzherzog von Öftreich ıc., geb. d. 6. Mat 1769,
m Dater, dem Kaifer Leopold DI., als Großherzog von Toscana, den
7. Diefer Fürft, deffen Charakter zugleich mild und feft war, regierte
Bet Land im Geifte feines Vaters. Als ein Freund des Friedens und der
bestuchtete er eine frenge Neutralität in dem Kriege gegen Frankreich
bereite Souverain, ber die franz. Republik (den 16. San. 1792) aner=
B mit ihr in die diplomatifche Verbindung trat. Diefe Politik miffiel
von St.= Petersburg und von London, und bie englifche Regierung
m Sept. 1793, der Großherzog folle den Sefandten der Republik fort=
d alle Hanbelöverbindungen mit Frankreich aufheben. Da dies nicht
drohte der britifche Sefandte, Lorb Hervey, am 8. Oct., mit einem
Bent Livornos und einer Landung der Flotte, mit welcher Admiral Hood
Jafen fich zeigte, wenn der Großherzog nicht binnen zwölf Stunden feis
tät entfagte. So mußte Toscana zu der Coalition treten; indeß vers
ınd jede gehäffige Maßregel und geftattete 3. B. nicht, daß man in
te falſche Affignaten verfertigte. Als in der Folge die franz. Heere
esten, war Serdinand der erfte Souverain, welcher ſich von der Coa⸗
. Er fandte den Grafen Garletti nach Paris, der daſelbſt den Fries
br. 1795 abſchloß. Allein die Engländer verlegten die von Frank⸗
nte Neutralität Toscana, wehhalb Bonaparte im Sun. 1796 Li:
ı und das englifche Eigenthum wegnehmen ließ. Dagegen bemäch>
* englifche Slotte den 10. Zul, des Hafens Porto:Serrajo auf Elba.
Dirzctorium wollte hierauf Toscana mit Gisalpinien vereinigen; doc)
n Gropberzog, durch den im Febr. 1797 von Manftedini mit dem
aparte abgefchloffenen Zractat die Neutralität feines Landes wieder
worauf die Engländer Porto : $errajo und die Sranzofen Livorno
erdinand zahlte an die franz. Negierung eine Summe Geldes und
Meifterwerfe aus ber florentiner Galerie, unter andern die Medi:
‚ in das parifer Mufeum. Indeß nöthigten ihn revolutionaire Um:
Perfonen verhaften zu laffen und die fremden Aufmiegler zu verban-
78 Ferduſi
nen. Auch hier verſuhr er mit ber größten Maͤßlgung; doch bald noͤthigte
die politiſche Lage Italiens, ſich dem wiener Hofe zu naͤhern, wohin er den R
Manfredini ſandte. Das franz. Directorium verlangte nun von ihm, im
fange 1798, die beſtimmte Erklaͤrung, ob er mit oder gegen Frankreich ſich
binden wolle? Als hierauf Im Dec. die Truppen des Könige von Neapel Lit
befegten, fo gelang e8 bem Großherzog nur durch große Geldfummen, fie zum
zuge zu beivegen, worauf auch bie franz, Truppen unter Serrurier Toscana wi
raͤumten. Gleichwol erklärte Frankreich, da Oftreich den Frieden von Ca,
Formio aufhob, nicht bloß an Öfterich, fondern zugleich auch aus fheinbaren 9
wänden an Toscana im Maͤrz 1799 den Krieg, und ließ das Großherzogthum
fegen. Ferdinand begab fich jegt nad) Wiens Im Frieden zu Luneville U
mußte er auf Toscana Verzicht Leiften (f. Etrurien und Toscana) imb
hielt dafür, durch den Vertrag zu Paris am 26; Dec. 1802, Salzburg ale J
fürftenehum, nebft Berchtesgaden, drei Viertheile von Eichftäde und die H
von Paffau, deren Gefammteinfünfte aber nur die Hälfte derer von Toſcam
trugen. Allein ſchon im preburger Frieden 1805 mußte er feinen Kurftaa
Öftreih und Baiern abtreten; man gab ihm dafür Würzburg. Die dahin
übertragene Kurwuͤrde erlofch, nad) feinem Beitritt zu dem Rheinbunde (ans
Sept. 1807) und Ferdinand war jegt Großherzog von Würzburg. Napa
geichnete diefen Fuͤrſten bei mehren Gelegenheiten fehr aus. Er kuͤndigte ig
gar den Polen im Jun. 1812 als ihren künftigen König an. Allein der
Friede vom 30. Mat 1814 gab ihm fein Großherzogthum Toscana zurüd
Folge des Vertrags, den Joachim Murat's Commiffarien am 20; April mit ii
bes Erzherzogs abfchloffen, und der Congreß zu Wien fügte zu Toscana noch hi
den Stuto degli Prefidi, den Theil von Elba, welchen bisher der König von 9
pel befeffen hatte, die Landess und Lehnshoheit bes Fuͤrſtenthums Piombino,
einige Enclaven. Auch wurden nad) der zweiten Einnahme von Paris die b
bin entführten Meifterwerke von Antiken und Gemälden der florentiner Gal
zurücigegeben. Noch einmal mußte der Großherzog feine Reſidenz verlaffen,
Joachim Murat 1815 Italien unabhängig machen wollte und gegen Öftreid
Felde zog. Berdinand begab fich nach Pifa und Livorno, Fehrte aber, nach!
ber öfter. General Graf Nugent die Neapolitaner am 10. April bei Piftoja gefc
gen hatte, ſchon den 20. Aprit 1815 nad) Florenz zurüd. Nach dem pa
Tractate vom Juni 1817 wird tünftig, nach der Erzherzogin Marie Louife
Parma Tode, auch Lucca an Toscana fallen, der Erzherzog Großherzog aber
dann dem Herzoge von Reichftadt feine böhmifchen Herrfchaften überlaffen. |
dinand verlor feine erfte Gemahlin, eine neapolitanifche Prinzeffin, 1802,
maͤhlte fi) 1821 mit Marie von Sachfen, der Älteren Schwefter feiner Sch
gertochter, und ftarb d. 17. Sun. 1824. Ihm folgte fein einziger Sohn £
poldAl., geb. den 3. Oct. 1797, verm. mit Maria Anna, Tochter des Prüs
Maximilian von Sadjfen. 20.
Ferdufi (nad Andern Firdufee oder Firdouſee, Iſhak Ben Scheifffi
der größte epifche Dichter der Perfer, blühte um das J. Chr. 1020; Er ma
Thus geboren. Die alte Gefchichte Perfiend reizte feine Wißbegierde, und al
ſich mit ihr befannt gemacht hatte, hefchloß er, fie durch die Dichtkunſt zu verh
lichen. Einige Beſchwerden anzubringen, wanderte er nad) Gase, wo Sul
Mahmub feinen Hof hielt, welcher Dichter und Gelehrte um fich verſamm
Er trat in den Garten de Eaiferl. Palaftes, und fand in einer Laube den Die
bes Kaiſers, Anafari, mit zweien feiner Schliler, welche ſich eben mit Verſel
chen aus dem Stegreif unterhielten. Ferduſi näherte fich ihnen, und mifchte
in ihre Unterhaltung. Anafari erflaunte, einen Fremdling in Bauerntleiber
geifteeich ſich Außern zu hören, und ſetzte das Geſpraͤch mit ihm fort. Er erf
Sere Champenoife Ferney 79
den, in welcher Abficht er gekommen ſei, und erzaͤhlte ben Vorfall dem Kaiſer,
dem Ferduſi fpäter den Auftrag gab, die perfifche Bearbeitung des alten
eb oder Baftanameh” (mörtl. das alte Buch), welches die Gefchichte
enthielt, die Dakiki angefangen und ein Jahrh. fpäter Anßeri fortgefege
‚zu vellenden, und verhieß ihm für jeden Vers ein Goldſtuͤck. Ferduſi wid⸗
tierer Atbeit 10 Sabre feines fpätern Alters und brachte ein hiftorifchee Ges
den 60,000 Verfen, „Shanameh“ (Bud) der Könige) betitelt, zu Stande,
die Gefchichte Perſtens von Nufhirvan bis auf Jezdejerd umfaßt, und
aus einer Reihe Hiftorifcher Epopden beftcht. Die Thaten des Helden
des perfifchen Herkules, machen eine der ſchoͤnſten Epifoden darin ans.
ink Wirraab fein Gedicht dem Sultan, welcher, von Verleumbern gegen ihn
dmmtenıen, für jeden Vers ihm nur eine Silbermünze auszahlen lieh. Uns
Wie kr diefe Behandlung, verfchenfte 5. das Geld, flrich eine Menge von
Bade sm Lobe Mahmuds, die er in fein Gedicht vermebt hatte, weg, und
Ude fh durch eine bittere Satyre (melche in one's „„Poeseos asinticae com-
zunie. u finden iſt). Genoͤthigt, die Flucht zu nehmen, begab er fidy nach
Ehab, znd Iihte dort in der Verborgenheit. Inzwiſchen bereuete Mahmud feine
Ungmetsigkrit, und Lich, als er auf feine Muchforfchungen erfuhr, daß Ferduſi noch
Ye meh Mangel leide, zwoͤlf Kameele mit reichen Geſchenken fuͤr den Dichter bes
Mn. 5 fie vor das Thor von Thus kamen, begegnete ihnen ber Lelchenzug
air Das „Shanameh“ ift unter den Dichterwerken Afiens eines der
deren; die perfiiche Sprache hat kein Merk ihm an die Seite zu fegen.
Bir Brihichte iſt es von unſchaͤtzbarem Merthe, aber noch wenig benugt. Ein
Benbiik, betitelt „„Sohreb“‘, erfchien nebft einer engl. Überf. von Atfinfon in
1814. 1811 begann der Prof. Lumsden das Ganze herauszugeben,
S mi he. Fol. berechnet war; doc iſt bis jet nur ber 1. Bd. erfchienen.
1520 in 2 Bon. einen Auszug aus dem Ganzen. Cine engl. Überf.,
whr Elagion 1790 anfing, blieb unvollendet. Bruchſtuͤcke finden ſich überf.
2 Jans „Sommentarien“, in Wilken's „Perf. Chreftomathie”, ferner in
I .Emtopa”, im „Deutfchen Merkur”, inden „Zundgruben des Orients‘
WB in Dammer's ‚‚Gefchichte der ſchoͤnen Redekuͤnſte Perſiens“. &. auch
Mar Jehrbuͤcher der Literatur‘, 9. Bd.
Pr il Champenoife, f. Einnahme von Paris im 9,
Serien. Feriae waren bei den altın Römern gemwiffe zur Ruhe von aller
& md sum Gottesdienſt beftimmte Tage. Diefer Ausbrud ift in unfere
übergegangen, wo er, bei den Schulen, und auch bei den Gerichtshöfen,
wirzmöhnlichen, oder doch nur einmal im Jahre eintretenden Ruhe⸗ ober
bezcichnet.
Fermate, in der Muſik das Aushalten einer Note uͤber ihre eigentliche
5, wrelches durch das Zeichen 7“ angedeutet wird. Sie bringt einen Ruhe⸗
derrer, der aber weder der Muſik nothmendig ift, noch die mufikalifche Pe⸗
Mürse. Bisweilen werden Gadenzen dabei angebracht.
Ferney, ein duch Voltaire's langen Aufenthalt berühmt gewordenes
mit enſehnlichen Ländereien im franz. Depart. Ain, an der fchmeizerifchen
Re, eine deutiche Meile von Genf. Unter Ludwig XIII. und XIV. waren
Eehner, größtentheils Proteftanten, gezwungen auszuwandern, um ben
Mm Berfosgungen zu entgehen. Voltaire Eaufte ſich 1762 hier an, und
Ach durch Thaͤtigkeit und Unterftägung aller Art, die er den Anfiedlern
les, aus dem Dorfe eine Stadt zu bilden. Insbeſondere fuchte er den
% und vor Allem die Uhrenfabrication,, durch geſchickte Arbeiter, die er
Enf tahin zog, In Aufnahme zu bringen. Die Fremden, die aus allen
80 Fernow
Theilen der gebildeten Welt Ferney beſuchten, um Voltaire, den Dann deß
hunderts, zu feben, trugen ebenfalls zu der Belebung diefe® Orts bei. -
war die Bevölkerung auf 1200 Seelen angewachſen. Nach Voltairet,
ſank fie eben fo fchnell, und man zählt in Ferney jegt nur etwa 600 Seelen.
Schoß, welches Voltaire bewohnte, ift von feinen Erben in demfelben Zu.
erhalten, und wird von allen Sremden als Merkwuͤrdigkeit befucht. u
Fernow (Karl Ludwig), einer der gründlichfien und geſchma
Kunftkenner und Kritiker der Deutfchen, war d. 19. Nov. 1763 zu Blun
gen, einem Dörfchen nicht weit von der pommerfchen Grenze in der Uke
geboren, wo fein Vater ald Knecht auf dem Edelhofe diente. Die Gerich
{haft nahm ſich des Knaben an, bdeffen Anlagen ſich entwidelten. Zwoͤlf
alt kam er ald Schreiber zu einem Notar, und ward dann bei einem Apoth
die Lehre gegeben. Hier hatte er das Unglüd, einen Jaͤgerburſchen mit
eignem Gewehr unvorfüchtiger Weife zu erfchießen. Durch die Vermittels
gutmüthigen Apothefers entging zwar Sernom einer langwierigen Unterfut:
aber fpät erft Eonnte er fein Herz einigermaßen beruhigen. Nach beendigten ke
ren begab er fich, um ben Werbern zu entgehen, nad) Luͤbeck, wo er eine:
fand, die ihm Zeit übrig ließ, an feiner höhern Bildung zu arbeiten. €
früher hatte ihn feine Neigung zum Zeichnen und zur Dichtkunft ne
m
Bed)
—8
fuhr fort, in beiden feine Kräfte zu üben, machte die Bekanntſchaft von Cal.
(f. d.), und gemann, durch den beichrenden Umgang mit diefem, hoͤhdl
richtigere Anfichten der Kunft, Endlich entfagte er der Apothekerkunſt, 8°
ganz feiner Lieblingsneigung zu widmen. Bon nun an lebte er vom Port“
und Zeichnenunterricht, übte ſich nebenbei auch In der Dichtkunſt; aber ſeh
beiten, ſowol in diefer als in jener Kunft, bewieſen bei manchen ioͤblichen E
fhaften doch, daß fein Beruf nicht in der Ausübung derfelben fe. In Bub“
luſt lernte Fernow ein junges Frauenzimmer kennen, an welches ihn bald bier‘
Liebe knuͤpfte. Er folgte ihr nach Weimar, fand aber feine Hoffnungen geil
und ging nach Jena. Hier machte er die bekannte und lehrreiche Belammt '
des trefflichen Reinhold, in deffen Haufe er Baggefen Eennen lernte, der, ie
griff, nach der Schweiz und Italien zu reifen, Fernow den Antrag machte‘
dahin zu begleiten. Nichts konnte dem Lernbegierigen willfommener fein.
Meife ward fchnell befchloffen: Beide trafen in Bern zufammen, hatten abı
einen Eleinen Theil Staliend gefehen, als Baggefen durch Familienereigniff
rüdgerufen wurde. F. fand in dem Baron Herbert und dem Grafen Bur
zwei Gönner, die ihn in den Stand festen, ſich dennoch nach Rom zu bei
(1794) und ſich dort einige Zeit aufzuhalten. Entzuͤckt durch die Eunftreichen
gebungen der alten Weltgebieterin, geleitet durch feinen väterlichen Freund
ftens, den er in Rom traf, und mit bem er eine Wohnung bezog, begann ı
Theorie und Gefchichte der Kunft, fo wie die Sprache und die Dichter Italien
ftudiren. Seine Anfihten erweiterten und berichtigten ſich, und als die U
ſtuͤtzung feiner Gönner aufhörte, hielt er Vorlefungen. 1803 kehrte er, mit
Roͤmerin verheirathet, nach Deutfchland zuruͤck, und ward außerordentl. Pro
in Sena. Seine nicht günftige Lage dafelbft dauerte bis zum Frühjahr 1804
er die durch Jagemann's Tod erledigte Bibliothekarftelle bei der verwitw. Her
Amalie befam, und nad) Weimar zog. Diefed Amt gewährte zwar fein h
chendes Austommen, aber viel Muße, und würde Fernow in den Stand ;
haben, ungeftört den Schag feiner Kenntniffe zu verarbeiten, wenn er nid)
der Ruͤckreiſe über die Alpen eine Krankheit eingefogen hätte, die ihn, nachd
in Karlsbad und Bicherftein Genefung gefucht hatte, am 4. Dec. 1808 f
Freunden entriß. F. farb an einer Pulsadergeſchwulſt in einem Alter von kau
Jahren. Seine reichhaltigen „Roͤmiſchen Studien” (Züri) 1806 — 8, 31
Fernrohr 81
und geſchmackvolle Ausgabe ber italleniſchen Dichter (Jena 1807
e.) und’ feine „Stalienifhe Sprachlehre“ (zweite Aufl., Tübingen
.) werden feinen Namen erhalten. Auch verdanken wir ihm die geifts
tiz feines Freundes Garftens und den Anfang der Herausgabe der
hen Werke. Eine Freundin des Verftorbenen, Johanne Schops
uns Fernow's Biographie gegeben.
obr (auch Perfpectiv od. Sehrohr), Teleſkop und Tubus find
2, die man nicht verwechfeln darf. Unter Fernglas, welches
wiben oder nur auf einer Seite hohl gefhliffenift, wird eigentlid) nur
ur Verdeutlichung entfernter Gegenflände dienendes Glas verftanden,
we können, unter gewiffen Bedingungen alle Linfengiäfer
r Das Fernrohr hingegen ift ein aus einer oder mehren in ein«
men Möhren beftehendes Werkzeug, welches einige kunſtmaͤßig ges
im gehoͤriger Entfernung eingefeßte Gläfer enthält, und vermöge
te Gegenftände näher und vergrößert vord Auge gebracht werden.
ater [ehr gemöhnlidy nennt man ein kleineres Fernrohr Perfpectiv, ein
usweiſe Fernrohr oder Tubus. Ein für beide Augen zugleich dies
ites Sehrohr nennt man Binocularteleffop; man gebraucht folche
doch kaum mehr, meilman gefunden hat, daß fie mehr hinderlich als
— Teleſkop if, wie Tubus, eigentlich ein allgemeiner Name für
w oder vielmehr, nad) dem urfprünglihen Sprachgebrauch, für die
R Arten diefer optifchen Inſtrumente; daher bezeichnet man damit
die Art der Fernroͤhre, bei welchen, flatt des Objectivglafes, ein mes
Eegenſtaͤnde fehr vergrößernber Hohlfpiegel gebraucht wird (Spiegel
x die zu aftronomifchen Gebrauche dienlichen Sernröhre, Der Name
fir Spiegelteleſtop ift aus dem Engliſchen herübergenommen. Unter
ı1.d.) endlich verfieht man ein zu genauern miftometrifchen Mef:
richtttes Ferntohr. — Fernglaͤſer und Fernroͤhre waren den Alten
ent, und ungeachtet der Spuren, die fid) bei Baco u. X. von dem
Aetiffener Glaͤſer finden, koͤnnen body erft die 3. 1608 und 1609 als
# diefer Erfindung angefehen werden, welche von Holland ausging,
e den Urheber derfelben anzugeben wiffen. Unbeſtimmte Nachrichten
2 Brillenmacher in Midtelburg. Galilei, damals Profiffor der
wu Padua, hörte ven diefer Erfindung, und fein Scharfiinn errieth
Kammenfegung. Ein Verſuch, den er mit einem planconveren und
Glaſe anftelite, bie er in eine bleierne Nöhre fügte, entſprach feiner
Er verfertigte ungefäumt ein befferes Sehrohr, und rıntete Bewun⸗
echnung. Bei dem allen war Galilei's Fernrohr hoͤchſt unvollkom⸗
and dies hollaͤndiſche oder Öatitei’fche Fernrohr, nach feiner urfprüngs
rung, aus einem erhabenen Vorbers ober Objectivglafe, und einem
iz eder Dcularglafe. Beide find in die Enden eines Rohres in einer
mung eingefegt, daß ber Brennpunkt des Vorderglafes mit dem jen⸗
cuungspunkte des Oculars ungefähr zuſammenfaͤllt. Um nach den
ie Entfernung der Glaͤſer Ändern zu können, find die Röhre aus zwei
acht, die aus einander und in einander gefchoben werden Eönnen.
mı fich eine deutliche Vorftellung von der Wirkungsweiſe eines ſolchen
gu machen, die Patur der Linſenglaͤſer (f.d.) kennen. Beide
das erbabene als das Hehlglas, muͤſſen auf einerlei Achfe geſtellt
er eingebildete Brennpunkt des iegten mit den wahren Brennpunkte
ammentreffe. Die Entfernung der Gläfer ift alfo der Differenz ihrer
siih. Gegenftände, durch dieſes Fernrobr betrachtet, erfcheinen
n:er einom groͤßern Sehwinkel eigentlich fo viel Dial vergrößert, als
Siebente Aufl, Bd. IV.
2 Ferenia
die Bremmvelle des Augenglaſes in ber des Objectloglaſes enthalten iſt.
er+zhte man außer dieſem hollaͤndiſchen oder Galilei’fchen Fernrohr, das
Taſchenperipectiv gebraͤuchlich iſt, noch andre vollkommnere Einrichtun
entſtanden nach und nach das aſtronomiſche Fernrohr, das Erdfernrohr, Di
matiſche Fernrohr und das Spiegelteleſtop. Erſteres beſteht aus einem eı
Vorder⸗ und Augenglaſe, deren Brennpunkte in der Roͤhre, an deren €
eing:flst find, zufammenfallen. Kepler gab bie Idee dazu an, und Patı
ner führte fie aus. Das Sternrohr ftellt die Gegenſtaͤnde zwar verkehrt da
Bei den Himmelskörpern iſt diefer Umſtand gleichgültig. - Das Erdfernrol
von dem vorigen darin ab, daß ihm noch zwei, auch wol drei und vier Glaͤ
first find, theils um das Bild wieder umzukehren, theus um die Abweichur
der Farbenzerſtreuung zu vermindern und das Gefichtsfeld zu vergrößern.
die aus der Farbenzerftreuung nothwendig entfichende beträchtliche Unde:
war nicht ganz zu entfernen, bis es gelang, in dem Spiegelteleſtope und a
tifchen Fernrohre Inſtrumente aufzuftellen, bet welchen, wenn fie vollkom
gearbeitet find, gar keine Zerſtreuung der Karben ftattfindet, und ſich die
flände in ihrer ganzen Neinheit dem Auge darftellen. (©. Achrom
Dotlond und Spiegelteleflop.) Zur Theorie des Fernrohrs
folgende Saͤtze: 1) Jedes erhabene Glas vereinigt Strahlen, welche an
Punkte des Gegenftandes kommen, fo, ale ob fie aus einem in der Achſe!
ſes liegenden nähern Punkte ausgegangen wären. Diefer Vereinigun
beiftt fuͤr parallel auffallende Strahlen der Brennpunft, und fein Abſta
Stufe die Brenmweite. Die im Vereiniaungspuntte aufgefangenen €
neben das Bild umgekehrt. 2) Jedes hohle Glas zerſtreut die von einem
des Gegenftandes ausgehenden Strahlen fo, als ob fie aus einem in der 2
Glaſes liegenden nihern Punkt ausgegangen wiren. Für parallel auf
Steahlen heißt diefer Punkt auch ber Brennpunkt, und fein Abſtand die
weite des Laie, eigentlich der Zerſtreuungspunkt und die Zerfireuungemi
ſelben. 3) Strahlen, welche auf ein echabene® Glas aus feinem Brem
oder Brennraume kommen, oder auf ein Hohlglas fallen, als ob fie ſich in
Brennpunkte vereinigen wollten, werden von beiden fo gebrochen, daß fir
mit einander parallel laufen. 4) Wenn die Giifer nicht allzu did find, |
ohne Fehler annehmen, daß der Strahl, der anf ihre Mitte fällt, unge
durchgehe. Die Erfindung des Galilei'ſchen Fernrohrs, und die große Mi
damit gleich anfänglid) am Sternenhimmel gemachten Entdeckungen erzaͤ
lilei felbft im „,Nuntius sidereus“ (Florenz 1610, ©. 4— 11), a
licher Viviani in der „„Vita‘‘ vor den „Opp-“ (Fiorenz 1718, 3 Bde., 4.)
die erſten deutlichen Begriffe von der Theorie der Fernröhre entwickelte Kep
4, Dioptrice * (Augsburg 1611, 4.) (f. befonderd prop. 86, mo .d
nach von Schreiner ausgeführten aftronom. Fernrohrs und feiner Wirkun
den beflimmteften Ausdrüden erwähnt wird). Buſch's „Handbuch der
dungen” (Eifenacdy 1808) gibt in der 2. Abth., 4. Th., S.133 fg., eine bra
Zuſammenſtellung ber auf die Gefchichte der Kernröhre Bezug habenden R
Das Theoretifche in der jetzigen Ausbildung erlintern die Lehrbuͤcher ber $
wir enipfehlen u. a. Neumann's „Lehrbuch der Phyſik“ (Wien 1818, $. 7€
Auch val. Priefitey’6 „Geſch. und gegenw. Zuſt. d. Optik, aus dem Engl,
Klügel, mit Anmerk, und Zuſaͤtz.“ (Leipz. 1776, 4.). Über die neurften X
fonımnungen der Fernroͤhre ſ. Nefractor.
Feronia, eine der Alteften italienischen Söttinnen, weldye den W
und Obſtgaͤrten vorftand. Beruͤhmt ift der uralte Hain unweit Anrur (Xerri
der ihr geweiht war. In ihrem Tempel empfingen die Sreigelaffenen eine
zum Zeichen der Freiheit.
Mn...
Ferrand Ferrara 83
ran d (Antoine, Graf), Mitglied der franz. Akademie, und Verf, meh⸗
ten gefchichtlichen Werke, geb. 1752, zeichnete fich vor der Revolution ale
srach zu Paris durch Beredtſamkeit und Patriotismus aus. Cr wider:
n Anleihen, die dad Minifterlum verlangte, und foberte den König auf,
inbeit des Throns mit dem Parlamente ben öffentlichen Grebit zu befes
ke Gang, ben die Revolution bald nad) ihrem Ausbruche nahm, bes
a zur Auswanderung, 1801 Eehrte er nad) Frankreich zuruͤck, ohne
ffentlichen Geſchaͤften Theil zu nehmen. Jetzt erfchien fein berühmtes
"esprit de I’histoire‘‘ (4 Bde., 5. Ausg. 1816). Dann ſetzte Fer⸗
Rulhiere’6 Papieren die Geſchichte Polens fort. Nach dem Einzuge
deten in Paris war er Einer von Denen, welche fid) am Eräftigften fuͤr
berufung der Bourbons verwendeten. Er wurde daflıc von Lud⸗
1. 1814 ins Minifterium berufen. Bu der Comité ernannt, welche
Isnpucf der Verfaſſungsurkunde beaufttagt wurde, hatte er an biefee
aIntheil. Später trat er aus dem Minifterium in die Pairskammer.
um f. „, Theorie des revolutions“‘, in + Bbn. In den legten Jahren
"und litt an einer Lähmung der Füße, fand fich aber regelmäßig In den
der Pairskammer ein. Er flarb den 18. Januar 1825. Seine
ter franz. Akad. erhielt Caſimir Delavigne. M
ara, ehemaliged Herzogthum in Oberitafien. Daß alte aus Koscana
w und ſchon im 9. Jahrh. berühmte Haus Efte hatte über Kerrara dab
(S. Efte.) As 1597 der Mannsſtamm dieſes Haufes in der
kanzgeftorben war, folgte aus einer Nebenlinie Herzog Cäfar. Diefem
uns VIII. Serrara (1598), das er ald eröffnetes Lchn zum Kirchen»
is Die Herzoge von Modena haben ihre Anfprüche darauf vergebens
nzahen geſucht. Die Hauptſtadt Ferrara, in einer niedrigen und ums
bEmd, an einem Arm des Po, hat 3500 Häufer, 23,600 Einw,,
Dissen, eine Univerfität, ein Mufeumıc So bluͤhend fie unter der
win Herzoge von Efte war, ald 80,000 Menfchen ben alänzendften und
8 Def Italiens ummohnten, fo verfallen und armfelig ift fie jegt. Ihre
fd kreit und regelmäßig, aber oͤde; Ihre Paldfte groß und gut gebaut,
ig bewohnt. Das Schoß, vom pipftlichen Legaten bewohnt, enthält
Hesfel guter Srescomalereien von Doffi und Zizian. In den Kirchen
manches gute Bild, beſonders von dem hier einheimiſch geweſenen Garo⸗
= Schuͤler Rafael's. Der Dom, mit einer altgothifchen Vorberfeite,
mdiz in neuerm Style ausgebaut, if ein großes, doch eben nicht anfpres
ebäude. Defto anziehender iſt die Bibliothek, wo außer fehr ſchaͤtzbaren
Bzin alter Handfchriften, Antiken, Münzen u. dgl., ſich mehre Ans
ı die glorreiche Zeit der Stadt befinden. Man zeigt hier das Dintefaß
?tebl des Arioft, das Manufeript feiner Satyren, mehre Briefe, und
Denkmal, welches aus der Kirche S.⸗Benedetto, wo er begraben liegt,
race worten iſt. Kerner bewahrt man hier die Handfchrift bee „Pastor
Guatini und viele Überbteibfet des Taſſo auf, unter diefen ein Heft feinee
mit der Zueignung an Reonore von Eſte, ein Manufcript des „Befreiten
8" non fremder Hand, wo er Stellen am Runde verbeffert, mehre Briefe
Auf das wehmüthigfte wird man an den ungluͤcklichen Dichter Im St.s
xe stinnert, mo eine Marmortafel mit einer ſtolzen Inſchrift über dem
z* finitern Kerker prangt, In welchem ihn Herzog Alfons II. ficben
ned ten lieh. (Mo. Efte und Zaffo.) Erfreulicher find die Erins
m Aricht; ihm zu Ihren heißt ein Platz der Stadt Pinzza Ariofter, und
(bus, von Innen und Außen mit Infchriften geziert, wird wie ein Hei⸗
on Eingebornen und Fremden mit Andacht betreten, Die Feft
84 | Ferraris Ferreras
werke Ferraras ſind nicht unbetraͤchtlich. Öftreich hat hier nach der wien
greßacte dns Beſatzungsrecht. x!
Ferraris (Sofeph, Graf von), oͤſtr. Feldmarſchall, Vicepräfit
Hofkriegsraths, gehört zu einem aus Piemont ftammenden, feit bem 17.
in Lothringen angefiedelten, Gefchlechte, geb. 1726 zu Nancy. Er kam a
Enabe an den Hof der Witwe des Kaiſers Joſeph I., trat nad) Ausbruch I
Erbfolgekriegs in Kriegsdienfte, wo er bis zum aachener Frieden Hauptm
worden war. Im ficbenjährigen Kriege zeichnete er fich befonders in der Sch!
Hochkirchen aus, und flieg 1761 bis zum Generalmajor, Nachdem er 17
nerallieut. gewworden war, ward er 4 Jahre fpäter zum Oberauffeher ber 2
"in den Niederlanden ernannt, und befchäftigte fich bafelbft mit der ausgezel
Charte von Belgien, die unter f. Namen bekannt ift. Beim Ausbrudze dei
ſchen Erbfolgekrieges übergab Maria Therefia den jungen Erzherzog Mag
"Kranz, nachmaligen Kurfürften von Köln, feiner Leitung. Im franz. $
tionskriege focht er, beinahe 70 Jahre alt, tapfer bei Famars und vor Ba
ned. Er verließ 1793 die Armee, ward 1798 Vicepräfident des Hofkrieg
1801 Geheimerath und Feldmarſchall, und ftarb 1807 zu Wien,
Ferreira (Antonio), einer der claffifchen Dichter Portugals, geb.
fabon 1528. Er vervolltommnete die ſchon von Seide Miranda mit E
beiteten Sattungen der Elegie und Epiftel, und gab der portugiefifchen I0
dies das Epithalamium, dad Epigramm, die Ode und Tragödie. S
be Caſtro“ ift die zweite regelmäßige Tragödie nad) der Wiederherftellung d
fenfchaften in Europa; nur Zriffino ging ihm mit der „Sophonisbe” voran
wird noch jest, wegen des erhabenen Pathos und der VBolltommenheit des
von den Portugiefen als eins der fchönften Denkmäler ihrer Literatur bet
Übrigens find die Werke Ferreira's nicht zahlreich, da fein Richteramt ihm
Muße übrig ließ, under fhon 1569 flarb. Dias Gomes fagt von ihm: €
ture des Horaz, die Begierde, Miranda nachzuahmen, und die natürliche €
feines Geiſtes wurden ihm Veranlaffung, nach Kürze in der Schreibart zu fl
aber er geht darin fo weit, daß er den Wohlklang faft immer dem Gedankt
opfert. Sn allen feinen Werken find Verftand und Tiefe die charakteril
Kennzeihen. Seine Gemilde find ernft, aber ein wenig gerinfügig; fein Au
mehr Eräftig als fanft, ift fehr lebendig und voll jenes Feuers, das den Geil
und das Herz erwärmt, Cr verftand das utile dulci des rönifchen &
Seine „„Pocmas lusitanos“* erfchienen zuerft gefammelt Liffabon 1598, 4
„Todas as obras de Kerreira‘ Liffabon 1771, 2 Bbe..
Ferreras (Juan de), ein fpanifcher Gefchichtfchreiber, geb. zu 2a
1652 von edeln, aber armen Altern. in väterlicher Onkel uͤbernahm die
bung des jungen F., und fandte ihn ins Fefuitencollegium von Montfort def
Nachdem er hier Griechiſch und Lateiniſch gelernt hatte, ſtudirte er nach um
in drei Dominicanerktöftern Porfie, Beredtſamkeit, Philofophie und The
Überall zeichnete er fich durch Scharffinn und Fleiß aus; zugleich machte
durch feinen fanften Charakter ſowie durd, feine gute Aufführung bellebt
war zum geiftlidhen Stande beftimmt, und vollendete feine Studien aufbe
verfitit zu Salamanca. Nachher zeichnete er fich als Pfarrer durch feine gel
Deredtfamkeit aus. In dem Umgange ded Marquis de Mendoza, eines Ki
der Mufen und der Gelchrfamkeit, gewann er nicht nur an Kenntniffen, fe
lernte auch die ſchwere Kunſt des Geſchichtſchreibers. Spiterhin erwacht
Neigung zur Theologie von neuem, und er fchrieb einen vollftändigen Curſu
felben. Seine Name wurde immer bekannter. Er flieg von einer Ehre
zur andern, und wurde ſelbſt bei der Gongregafion der Inquifition angı
Andre Ehrenimter fchlug er aus. Die neue ſpaniſche Akademie epnanmt
Pd
Ferro Feſch 68
Mitgliedes; er war an dem 1739 erſchienenen ſpaniſchen Wörterbuche
Mitarbeiter. Zu gleicher Zeit ernannte ihn Philipp V. zu feinem
‚ Dier feßte er feine früher angefangene Geſchichte Spaniens fort.
mehre Jahre in diefem Amte geftanden hatte, flarb er 1735 im 83,
ters. Er hatte im Ganzen 38 Werke verfaßt, von denen jedoch nicht
n Drud bekannt gemacht roorden find. Die „Historia de Espona‘*
0—27, 16 Bde., 4.) ift fein wichtigftes Merl, Er bat fi) das
m die Berichtigung und Aufhellung der Geſchichte Spaniens verdient
Yefes Werk geht vom erften Urfprunge der fpanifchen Völkerfchaften
ad verdient meift unbedingtes Vertrauen. Der Styl iſt rein, männs
ängt, aber nicht immer elegant und belebt, In dieſer Hinficht übers
*
d, die weſtlichſte unter ben canariſchen, der Krone Spanien gehörigen
M., 32000 Einw. mit einem großen Lindenbaum, deffen Blätter
ee ihm ſtets ruhenden Wolke Zropfeln fammeln, bie eine Gifterne
emchrſten Geographen ziehen durch diefe Inſel (20° weſtl. von Paris)
tttagsfreis. _
en (Arel, Graf), aus einer alten Liefländifchen Familie, die feit der
Shriftinens, Karls X. und AL. Schweden viele wichtige Maͤnner ges
re. zu Stockholm gegen 1750, vollendete unter Leitung feines Vaters
win Schweden, und ging nad) Frankreich, mo er Oberfter des Res
yal Suedois wurde. Er diente nun in Amerika, und reiſte nad)
b Italien. Als die Revolution in Frankreich ausbrach, zeichnete ſich
burch feine Anhänglichkeit an bie Eönigliche Familie aus. Er trogte
ziflen, um diefer unglüdlichen Samilie, während ihres Aufenthalts
Zroft und Linderung ihres Elends zu gewähren, wie er früher auch
uch Varennes eingeleitet, und fie felbft, als Kutfcher verkleidet, aus
hatte. Als er Frankreich hatte verlaffen müffen, hielt er ſich in
Ben und Berlin auf, und Eehrte endlich nad) feinem Vaterlande zus
ha der König zum Großmeiſter feines Hauſes, Ritter feiner Orden
der Univerfität Upfala ernannte. Der Graf von Ferfen fiel in dem
her 1810, nad) dem Tode des Prinzen von Holftein = Auguftenburg,
e sum Kconprinzen ermählt worden war, in Stodiholm ausbrach, als
e Volkswuth, bei dem Leichenbegängniffe diefes Prinzen. Die Urs
rgrundlofe Verdacht, daß Ferſen an dem piöglichen Zode des Prinzen
anifche Verſe, von der Stadt Fefcennia In Etrurien, wo fie
lich waren, fo genannt, beflanden in Gefprächen zwifchen zwei
yie fi) einander in muthwilligen, oft fchlüpfrigen oder fchmusigen
bre Fehler und Gebrechen vormwarfen; alfo eine Art von dramatifchen
elleicht aus dem Stegreif. Die jungen Römer fangen fie vorzuͤglich
te ab, begleitet mit mimifchen Leibesbewegungen. Kaiſer Auguftus
ntliche Aufführung derfelben als unfittlich.
(Joſeph), Cardinal, Erzbifchof von Lyon, ein Onkel von Napoleon,
io den, 3. San. 1763. Sein Vater, Franz Feſch, kam von Bafel,
. im Schweizerregiment Boccard, nad Corfica. Seine Mutter
we Ramotini ( Mutter der Mad, Laͤtitia, verehl. Bonaparte, geb.
ye in zweiter Ehe ſich mit Franz Feſch verheirathet hatte. Bis zu
fabre warb er in Corfica, hierauf im Seminarium zu Air erzogen,
‚ch befand, als die Reichsſtaͤnde zuſammenberufen wurden. Waͤh—⸗
ceckensperiede begab er ſich nach Savoyen zur Armee des Generals
„wo er als Kriegscommiſſair angeſtellt wurde. Dieſelbe Function
‚wo ihn Pins VO. fehr fchäste. Feſch verweigerte mit eben dem ftandhaften
66 Feß Feßler
bekleldete er 1796 bei der von Bonaparte befehligten Armee In Itallen; sr tta
dann in den früher ergriffenen geiftlichen Skand zuruͤck, als fein großer Vern
ter die Zügel der Regierung von Frankreich übernahm. Nach dem Contorda
1801 rourde er Erzbifchof von Lyon, und 1803 Cardinal. Als franz. Geſa
in Rom, feit dem 1. Juli 1803, betrug er ſich mit Verfland und Zeinheit. 1
begleitete er den Papft nad) Paris zu dem Krönungsfefte. Im Tan. 180
nannte ihn Napoleon zu feinem Sroßalmofenier, und, mit dem großen Bant
Ehrenlegion gefhmückt, den 1. Febr. zum Senator, Im Jul. gab ihm dei
nig von Spanien den Orden des goldenen Vließes. 1806 beftimmte ihn der!
Erzkanzler, nachmals Fuͤrſt Primas, von Dalberg, zu feinem Coadjutot
Nachfolger; allein Napoleon genehmigte dies nicht, weil er ſich im Nationa
eifium 1810 feinen Abficyten und feinem Verfahren, in Betreff des Papftet,
Nachdruck ividerfegt hatte. Ferch ſchlug nun feiner Seit 1809 das Erzbill
von Paris aus, und lebte in einer Art von Ungnade auf feinem erzbif iR.
zu Lyon bis 1814. Won hier flüchtete er, bei bee Annäherung der
nad) Moanne, und begab ſich darauf mit Mad. Laͤtitia Bonaparte nach 8
Nach Napoleons Ruͤckkehr von Eiba ſtellte er ſich, nebſt andern Mitglieden
Familie, wieder in Paris ein, und wurde zum Pair ernannt, mußte aber m
Schlacht von Waterloo abermals Frankreich verlaffen. Seitdem Icht er I
mit welchem er fich früher der Willkuͤr Napoleons in der Periode von deffi
ſter Macht zu mwiderfegen wagte, das Anfinnen der Bourbons, fein Recht ad
Biſchofſtuhi von Lyon einem Andern abzutreten; bie jegige Regierung Frank
hat fich jedoch dadurch nicht abhalten laffen, gegen des Erzbiſchofs Willen, -
Abbe von Rohan, der kuͤrzlich Seminarift war, aber von altem Gefdyied
zum Generalvicar des Erzflifte® zu ernennen. Indeß hat auch ein päpftt. 9
1824 tem Card. Feſch die Ausübung feiner geiftlichen Gerichtsbarkeit in
Sprengel von Lyon unterfügt.
Feß oder Fez und Marokos. So heißt ein mohammed. Reid,
ches die Reiche Fez oder Feß, Marokos, Sus und Tafilet begreift. (S.
rocco.) Das Königreich Key, ein Küftenland im nordweſtl. Afrika, grenzt
an Algier, ift 4200 UM. groß, und hat gegen 5 Mitt. Einw. (Mauren,
bern, Chriften, Juden, Renegaten). Das Klima ift wegen der verfchie
Arme des Atlasgeblrges, die das Land durchflreichen, und wegen der Naͤt
Meeres gemäßigt. Der überaus fruchtbare Boden bringt Getreide im Übı
Mein, Baummolle und Suͤdfruͤchte hervor, und die Viehzucht, hauptſaͤchli
Pferdezucht, ift vorteefflich. Die Bergwerke find ergiebig an Gold, Silber,
und Kupfer, Die Manufacturen liefern vorzüglich Corduan, Saffian un
goldetes Leder. Mit diefen Artikeln und mit den natürlichen Producten dei
des wird ein bedeutender Handel geführt. Feb, die wichtigfte Handelsſta
Meiche, die fchönfte in der Berberei, an dem kleinen Fluffe Feb (oder Perlen
hat über 70,000 Einw., berühmte Schulen, eine für Afrika fehr bede
Bibliothek, 200 Moſcheen und wichtige Fabriken. Über den Zuftand ber
ſchen Literatur in Fez f. Ali Bey's (eines Spanier) „Neife in Marocco, 3
u. ſ. w. 1503 und 1807", od) liegen im Konigr. Fez die kaiſerl. Refi
Mekincs, die Hafenftädte Tetuan, Langer, Laraſch zc., und die [panifche
ſidios. (S. Ceuta.)
Feßler (Ignaz Aurelius), D. ber Theologie, berühmt durch feine
nlgfaltigen Schickſale und Schriften, und vorzuͤglich duch fein Wirken als
licher und Freimaurer, lebt jetzt als biſchoͤflich conſecrirter Superintendent de
gelifchen Gemeinden in den neuen ruſſiſchen Gouvernements an der Wolg
8 Conſiſtorialpraͤſident zu Saratow. Er wurde im Juli 1756 zu Czuren
wi SUR cehramt VELIDALIELE FF bid 17005 venu aD et 2707 [eu
„Sidnep” auf das Theater von Lemberg gebracht hatte, verwickeiten
ande in einen fiscalifchen Proceß, denuncirten das Sthd als gottlos
mifh, und nöthigten Feßler, der bei der eben ausgebrochenen Revolus
Mievrlanden keiner günftigen Entfcheidung feiner Sache entgegenſah,
lage als unſicher betrachtete, Im folgenden Jahre fein Amt niederzulegen
Schleſien zu flüchten. Hier fand er beidem Buchhaͤndler W. G.
kestau eine freundliche Aufnahme, und wurbe bald bei bem Erbprinzen
Mangefteit, der ihm, als er feinem Vater In der Regierung folgte, den
Kinee Söhne übertrug. 1791 trat F. zur lutheriſchen Religion über,
196 nad) Berlin, woſelbſt er anfänglich als Privatmann von dem Er
:iäniftitellerifchen Arbeiten Ichte, einige Vereine (Mittwochs: und Hu⸗
Hhaften genannt) fliftete, endlich aber von den Brüdern ber Loge
= in Berlin den Auftrag erhielt, mit Fichte die Statuten und das Ri⸗
Lere (deren Vorfiger er fpäter einige Zeit ward) zu reformiren: eine
aa dir Sreimaurerwelt viel Auffehen machte. Bald darauf erhielt er
My als Confulent für die kathoüſchen, neu erworbenen polniſchen Pro:
rkatte in Berlin geheirathet, und lebte auf einem kleinen erfauften
iAlinwall), ein paar Meilen von der Stadt, als die Folgen der jenaer
eh ihn trafen. Er verlor fein Amt, mußte fein Grundeigenthum mit
tufen, ließ ſich in Niederſchoͤnhauſen bei Berlin, und bald daraufin
m. Keinen andern Erwerb jegt vor fich, als der ihm aus feiner literas
it entiprang, gedrüdt von den harten Laſten des Krieges, umgeben
abrichen Familie, deren einziger Verforger er fein follte, gerieth er in
e&ige, und lebte oft nur von den Gaben, die ihm die Brüder verſchie⸗
jutommen ließen. Endlich wurbe er 1809 mit bem Charakter eines
Is Profeſſor der orientalifhen Sprachen und der Phitofophie bei der
abemie, mit einem Gehalt von 2500 Rubeln nad) Peters⸗
e bauerte jedoch dieſe gluͤcliche Lage auch nicht. Er verlor
xnabm feine Entlaffung, weil ein griedhifcher Priefter, Theophilakt,
Ne Philoſophie des Atheismus beſchuldigte. Dann wurde er zum
Sercpgebumgscommiffion mit 2500 Rubeln Gehalt ernannt, und er⸗
88 | Feſt⸗ und Feiertage Feſte (kathol.)
Herrnhutianismus, uͤberzupflanzen, blieb er bis 1820, wo es ihm beider:
Drganifation des evangel, Kirchenweſens und bei Errichtung von Provincke
fiftorien gelang, durch die In Petersburg erlangten und feinen: myſtiſch⸗ vellg
Anſichten zugethanen, einflußreichen Gönner, in einen bedeutenden Wirkung
als Superintendent und Confiftorialpräfident nad) Saratow zu kommen, I
den von dorther erfchollenen Nachrichten zu Folge, den in feinen zahlreichen S
ten ſich vorfindenden myſtiſch⸗ frömmelnden und hierarchiſchen Anfihten Au
dung zu verfchaffen fucht. “Über fein Wirken als Maurer und auf die Mat
(welchen Drden er 1802 verlich) findet man in dem erſten Bande von Lenn
„Encyklopaͤdie der Sreimaurerei” genuͤgende Auffchlüffe. Feßler hat viel gef
ben; befonderd machten feine hiftorifhen Romane: „Ariſtides und 2
ſtokles, „Matthias Corvinus”, „Marc: Autel“, „Attila“ ꝛc. eine Zeitlang
ſehen. Da indeß in allen ſeinen Werken eine gewiſſe Eintoͤnigkeit Hefe
. mehren derfelben aber, wie z. B. „Abaͤlard und Heloife”, der „Nachtwaͤchter⸗
dir”, „Alonſo“ u. ſ. f. eigenthuͤmlich myſtiſche Anſichten die Grundlage 4
fo hat ſich fein Ruf als Autor nicht dauernd in gleicher Höhe behauptet. Ge
deutendftes Merk ift die „Sefchichte der Ungarn und derer Landfaffen” (E
feit 1812), mit d. 10. Theile vollendet. Hoͤchſt intereffant ift feine Autobioges
„Feßler's Ruͤckblick auf feine 70jährige Pilgerſchaft ꝛc.“ (Breslau srl
haben er und der k. ruf. Staatsrat Pefarovius in befondern Schrift
auf die gegen Feßler erhobene öffentliche Anklage des abgefegten Predigers
ratow, Limmer, geantwortet.
Feſt- und Feiertage, dem gemeinfemen Gottesdienſte der
gewidmet, find F bewegliche (f.d.), theils unbeweglide, theil
fondere Feſte. Man iſt in Preußen, ſtreich u. a. Staaten bemuͤht gewefen
Zahl durch Abfchaffung oder durch Verlegung auf den nächften Sonntag fl
mindern. Dagegen fehlt e8 unferm Gotteedienfte an Sefttagen, welche m
die Religiofität der Menfchen anfprechenden Perioden der Natur in Berl
waͤren. Ein Eicchliches Fruͤhlingsfeſt, ein allgemeines Exrntes und Hed
eine allgemeine Zobtenfeier, und, feit der Befreiung Deutfchlands, erhebende
der Dunfbarkeit, Erinnerung und Stärkung der Nationalfraft, mit weil
Keften verhunden, waͤren treffliche Mittel, um, mit Beihätfe paffender Zei
keiten, den Aufieen Gottesdienft zu heben. Denn nur diefer ift wegen der a
migen Kirchengebräuche gefunfen, nicht aber die wahre Religion, welche
Altar 'n jedem denkenden und fühlenden Menſchenherzen findet, und ihren E
dienſt ohne Ruͤckſicht auf den Kalender haͤt. (S. Bewegliche Feſte.)
die Feſte der alten Chriſten ſ. Auguſti's „Denkwuͤrdigkeiten aus der alten hef
chaͤologie ꝛc.“ (Keipz. 1817 — 20, 3 Bde.) und Zyliegan, „Die ältern und
Tefte aller chriftlichen Gonfeflionen” (Danzig 1825),
Sefte. Alle Ieligionen haben Feſte, diefe Feſte erhalten und a
das religiöfe Leben. Mie die Religion ſich Uberhaupt den finnlichen Menft
finntichee Meife naͤhern muß, fo geſchieht das insbefondere bei den Feſte
gleichſam die Zeiten heilig werden. Zertullian fagt in feinem Buche von d
götterei: „Mir fürchten nicht fuͤr Heiden gehalten zu werden ; wenn man al
Sinnlichkeit ihre Rechte einrdumen muß, fo haben wir aud) dies ; ich mein
bloß deine (heiligen) Zuge, fondern noch eine größere Zahl, denn die Dei
jedes Feft nur einmal im Jahre, du aber jeden achten Zay (Sonntag); bi
die einzelnen Seierlichkeiten der Nationen, und du wirft finden, daß fie der I
Dfingfizeit nicht gleich kommen”. — Es gibt wol Erine Religion, weld
rein aus fih, ohne alle Einwirkung andrer ſchon bekannter Religionsſir inru
fi ausbildete; das vorhandene Ältere wirkt unwillfürlid ein, fei es nu
man es ſich aneignet oder es bekaͤmpft. So ſind die Spuren des Judiſe
Feſte (kathol.) 89
unverfermbar, fo iſt das Chriſtenthum aus dem Judenthum hervor⸗
ıd verkehrte mit dem Heidenthum, indem es daſſelbe bekaͤmpfte, und
was es den Voͤlkern bot, in erhabener Weiſe zu erſetzen ſuchte. Wen⸗
auf die Feſte an, ſo werden wir uns nicht wundern, daß fuͤr ſo viele
ke die Anklaͤnge in fremden Religionen ſich finden. Das erſte Feſt,
ten feierten, war der Auferſtehungstag des Herrn, er fiet mit dem
Suben zufammen; der Tag der Ausgießung des heiligen Geiſtes ers
iſchen Pfingften. Cine woͤchentlich wiederkehrende Auferftehungsfeier
mtag, zugleich ein Surrogat des jübifchen Sabbath. — Die Fefte
mannigfah ab: in Wochen: (Sonntag) und Jahres⸗ oder eigentliche
entliche oder außerordentliche, unbewegliche und bewegliche, große und
Dftern, Pfingften, Weihnachten), mittlere und Eleine, ganze und
and neue, allgemeine und befondere. — Ordentliche bewegliche Sefte
ANern, Pfingften u. ſ. w., unbewegliche: Weihnachten, Michaelis⸗,
3, Lichtmeß⸗, Johannis⸗, Marienfeſte u. ſ. w. Außerordentliche
jeiertage werden in beſondern Faͤllen von den Landesregierungen anges
93.3. in neuern Zeiten die Feier des 18. Oct., des 18, Fun. u. ſ. w.
im Jahrhunderten war die Zahl der kirchlichen Feſte noch fehr gering,
den druͤckenden Berhältniffen, womit das Chriftenthum anfangs zu
te, nicht ſchwer zu erklären iſt. In den älteften Zeiten finden wir,
(Sonntage, nur noch den ftillen Freitag, Oſtern, Pfingften und die
a beſtimmten Gedaͤchtnißtage einiger Märtyrer, roozu noch feit dem 4.
u Weihnachtsfeſt kam, als heilige Zeiten der Chriften angeführt. Ob⸗
Inder Beier diefer Feſte der jüdifche, zum Theil auch heidnifche Urfprung
ber iſt, fo ward doch fpäter durch befondere Kirchengefege verorbnet, daß
ucht in Gemeinſchaft mit Juden, Heiden, Haͤretikern gefeiert werden
Be Grundidee und Abficht diefer heiligen Zeiten und Feſte war, die Er⸗
Ba die Dauptwohlthaten des Chriftenthbums und die Perfon des Heis
ietig zu erhalten, zum Dank gegen bie göttliche Worfehung aufzufodern, -
erkung chriftlicher Tugenden zu ermuntern. Man fuchte ſich durch
fdie würdige Feier derfelben vorzubereiten, und betrachtete die Kefte feibft
tige, wo fich der Chrift, durdy feine profanen Gefchäfte geftört, nur
‚Betrachtung und Übung des Heiligen befchäftigen follten. Diefe Feſt⸗
ee follten fo wenig in Sinnenluſt ausarten und von den heidnifchen Ges
t fo ſehr ſich unterfcheiden, daß die chriftliche Kirche von dem Augens
wo fie im Staate zu berefchen anfing, keine ernftlichere Angplegenheit
die Staatsgewalt um die Beſchuͤtzung der heiligen Tage und Gebräuche
Ihor aller öffentlichen Luftbarkeiten, wodurch die Heiligkeit des Gottes⸗
Anträchtigt werden könnte, anzurufen. Auf diefe Weife vereinigten
ben Feſte das ernfte Sittliche der jüdifchen Zefte, und nahmen zugleich
Katen Heidenthum eine gewiffe Liberalität und Heiterkeit an. Obgleich
Tage Ferien, d. i. folche Zage waren, an welchen alle öffentliche und
Arbeiten, ſowie alle die Andacht ftörende Luſtbarkeiten unterbleiben
wurden doch alle fogenannte Noth = und Liebeswerke erlaubt, ja gebos
waen ward die Zheilnahme an dem Gottesdienfte jedem Chriſten zur bes
Richt gemacht, und nicht nur die gottesdienftlichen Orter, fondern auch
mgen der Chriften auf eine ungewöhnliche Art ausgefhmüdt, auch die
u einer anftändigen und feierlichen Kleidung ermahnt. Man enthielt
jaſtens, und hielt die Liebesmahle (Agapen), und nad) deren Abfhaffung
ten Reichen zur Pflicht gemacht, die Armen zu fpeifen oder Durch Almo⸗
wrflügen. — Sowie die Relinion als eine gewaltige Herrin das Leben
ergriff fie auch das Jahr und bie Zeit. Es bildete ſich ein voltändige,
96 Gefte (kathol)
Kirchenkalender auß, ber das Jahr nach den Feſten eintheilte, die Zeit h
Die Feſte theilten das Jahr in drei Hauptcyklen. Zwar nicht ber geſchich
Entſtehung nach, aber doch im Kirchenkalender der 1. Cyklus, iſt der Weihr
cyklus oder die Zeit des Andenkens an die Menſchwerdung, Geburt und dat
amt des Deilandes. Diefe heilige Zeit beginnt mit dem erften Advent ı
und dauert bie zum Epiphaniafefte. Wann das Weihnachts feſt (f.d
ftanden, und uͤber die Veranlaffung feiner Entftehung find die Meinungen
gebe und es genügt uns, die Anficht von Hammer's anzuführen, daß I
guptern das Geburtsfeft Harpokrates, bei den Perfern das des Mithrad
daffelbe auch bei den Römern am 25. Dec. gefeiert worden, daß alle Feftlid
der Chriſtmeßn acht und der darauf folgenden zwoͤlf Zage fich fchon in den vı
Agyptern, Intiern und Perfern um diefe Zeit begangenen Spielen und €
gungen finden, und daher die Kirche gerade diefen fchon heidnifch » feierlich
Der. zum Geburtöfefte des Heren gewählt habe. Es ift allerdings feine gas
werflidye Bermuthung, daß auf folche Weiſe eine heidnifche Zeit zu heiligen we
worden, Etnpaͤgt man, daß der Mithrasdienft mit dem Sonnencultus zı
menfaͤllt, und daß mehre alte Kicchenhymnen von Weihnachten unverfennbai
ziehungen und Anfpielungen auf das ehemalige Sonnenfeft enthalten, fo w
von Hammer'ſche Hypotheſe keineswegs ganz unwahrſcheinlich ſcheinen.
Weihnachten, ein Geburtsfeſt, folgen unmittelbar drei Todesfeiern, der (Gi
nißtag des Maͤrtyrers Stephanus — gegen das vierte bie fünfte Sahrh. bit
fanden — des Evangeliften Johannes und der unfchuldigen Kinder. Acht
nad) Weihnaditen wird das Feſt der Befchneidung und des Namens Jeſu ge
und. damit das Neujahrsfeft verbunden. Eins der merfwürbdiaften Feſte w
Epiphania am 6. Januar, mit der vor Entftehung des Weihnachtsfeſtes auı
Geburtefeft desHerrn verbunden war. Dieſes Feſt vereinigte in fich alles
würbigkeiten aus dem Leben Sefu, wodurch die göttliche Vorfehung feine O4
bigung als Schn und Gefundter Gottes, vom erften Augenblid feines ird
Dafeins bis zum Antritt feines Lehramtes, verherrlichte. Das ganze Fuge
ben Jeſu follte durch dieſes Feſt in einer hiſtoriſch⸗ pragmatifchen Überficht %
- flelle werden. Daher kann es nicht befremden, wenn fo verſchiedene Mo—
aus ber heiligen Gefchichte, wie die Geburt des Heilandes, fo lange dafuͤr
fein eignes Feft angeordnet war, die Erfcheinung der Magier, die Laufe €
- im Jordan und das von Jefus verrichtete erfte Wunder zu Kana in Galilaͤa a;
ander gereizt wurden. Merkwuͤrdig iſt es dod) audı, daß derfelbe.6. Jan
groͤßte Feſt ber Agypter war, an welchem die Epiphania des Oſiris gefeiert‘
ein Feſt der Freude des gefundenen Oſiris. — Der 2, Cyklus find die O1
(f. d.) oder die heiligen Zage zur Feier des Todes und der Auferftehung
Chrifti. Das Palmfeſt eröffnet diefe durch die 40tägigen Faſten vorbereitete $
feier. Die griehifdye Kirche hat diefes Feſt ſchon früh, die Inteinifche erſt
das 7. Sahrh. hin zu feicen angefangen. Am grünen Donnertage wird dat
de6 heiligen Abendmahls und des Fußwaſchens gefeiert. Schon im 4. J
finden fid) Spuren dieſes Feſtes in der afritanifhen Kirche, und in den folgı
Jahrhunderten in den übrigen Kirdyen. Über den Urfprung des Namens „g
Donnerstag“ (f.d.) find die Meinungen getheilt. Es folgt Charfreitag,
Feſt des Todes ChHrifti, zugleid, ein Zag des Schmerzes und der Zrauer.
Feier biefes Zages ift fo alt als die Ofters und Sonntagsfeier. Der h
Sabbath, oder der heilige Ofterabend, iſt unter allen juͤdiſchen Subbuthtage
einzige, ben die chriftliche Kirche beibehalten hat, das Hauptbogma biefes $
iſt das Hinabfteigen des Heilandes in die Unterwelt, und die Zaufe auf der
Jeſu. Endlich erfcheint das heilige Ofterfeft oder die Feier der Auferfichung
Ehrifti, das aͤlteſte hriftliche Heft, und das größte, indem alle Sonntage des
Feſte (kathol.) 9
von ihm find. tiber die Ableitung de Namens iſt man kelneswegs
rm Mein Tag der Freude; vorzüglich lebhaft find bie Ausdruͤcke diefer
den Griechen. Was Goͤthe's Fauſt am Oftermorgen gedacht über die
fg und gelind, die ihn fuchten im Staube, ihn, der fie Elingen hieß,
enſchen find, ihn, der fich fo fehnfüchtig der Jugendzeit, mo er diefes
na noch glauben und fühlen fonnte, erinnert — dies iſt den Gebitdeten
nik. — Der Ditercyklus theilt fich in zwei Wochen, in die Mode '
Me ſchwarze Woche, und die nach Oftern, bie meiße Woche, Der
t29 oder die Oſteroctave befchließt diefe Woche. — Der 3. Cyklus
ingften, oder die höhere Beglaubigung und Vergeiftigung des Chris
id Lehre und Anftalt. Das von der Kirche in den zwei erften Cyflen
e und geſchichtlich feierlich begangene Erdenleben Chriſti war nun bes
Mus wohnte nun beim Vater und hatte den Zröfter gefandt, der da ers
ſtaͤrket des Menſchen Herz. Der eigentliche erfte Kefttag im Pfingfts
3 Himmelfahrtsfeſt, und die Octave des Pfingftfeftes endet den Cyklus
t keinen Fall vor dem 9. Jahrh., und zwar in der Eatholifchen Kirche
n Trinitaͤtsfeſte, welches nun die kirchliche Zeitrechnung bie zum Ads
et Man Eann mit Sicherheit annehmen, dab ſowol das Feſt der
et Chriſti als auch das Pfingſtfeſt ſchon am Ende des 4, Jahrh. befons
gemein gefeiert worden. — Auf diefe Weife find die drei Cyklen abges
Diefe befaffen ſich aber nur mit den Feften des Heren. Die übrigen
durch dieſe Cyklen duch. Die Marin:Berehrung beginnt im
md von der Zeit an, wo der von Neſtorius angefochtene und von ber
fmmlung zu Ephefus (431) und Chalcedon (+51) fanctionirte Aus⸗
ixos eine befondere Wichtigkeit erhalten hatte; der Ausdrud ſelbſt war
Die Berantaffung der Marias Verehrung ift in Dunkel gehuͤllt. Es
krdinge denken, daß, ſowie die heidnifhe Verehrung der aus dem
men Göttin aufhörte, diefes in den Gemüthern entftandene vacuum
Bershrung der reinen Jungfrau und Gottesgebärerin erfegt ward; ſchon
2% zwiſchen dem finnlidyen Heidenthum, deſſen Gefchichten von der ky⸗
mus nicht zu den erbaulichen gehören, und dem ernften Chriftenthum,
re der Keuichheit fo hoch hielt, führte dazu, für diefe Keufchheit ein
zerbened Ideal hinzuftellen. Das Zurte, Gemuͤthanſprechende, was
us dir Uranifchen Venus lag, ward auf ſolche Weife erhalten, veredelt
rm Beiwerke der Enprifchen befreit. Es liegt in der menfchlichen Natur,
enge mit dem Zarten verbunden werde, und wenn Schlegel den Bund
mit Den Künften befungen hat, wo die Himmliſche die auf den Parnaß
Künfte tröftet und fie zu ihrem Dienfte in das Chriftenthum hereins
‚darf es hier nicht weiterer Erörterungen. Die Maria = Verehrung —
iu von Anbetung der Gottheit unterfchieden ward — hat dem Chriftene
geſchadet, fie hat es und feine Keufchheitsidee popularifict. Selbſt die
elafien ed an etymologiſchen Anfpielungen auf das Meer (Maria), auf
m Meere ſich erhebenden Abendftern (Ave ınaris stella, Stern der
t fehlen. Der Marienfejte find neun: 1) das Feſt der Verkündigung
‚Marian: Reinigung oder Lichtmeß, 3) Maria: Heimfuchung, 4) Ges
der Marin Magdalena, 6) Maria Empfaͤngniß, 6) Maria Geburt,
Saferung, 8) Maria Himmelfahrt (Krautweihe) und 9) mehre Kleinere
e. Die drei erften werden auch in der proteftantifchen Kirche gefeiert. —
edähtniftage der Märtyrer und Apoftel werden gefeiert,
‚ verfchiedene Heiligen», Engel: und Chriftusfefte. Am 1. Nov. ift da6
Heiligen. Schon im 4. Jahrh. feierten die Griechen in der Pfingſt⸗
eut su Tage Trinitätsfeft — ein allgemeines Feſt aller Märtgrer und
972 Feſte (Fathol.)
Helligen. (S. Allerheiligſtes.) Am 2. Nov, wird das Feſt aller Ser
gefeiert, ein allgemeiner Trauer⸗ und Erinnerungstag an die Verblichenen,
noch nicht zur Anfchauung bes Urmefens gelangt find. Odilo von Elugni ſch
es zuerft 998 in feinen Klöftern eingeführt zu haben, von wo es allmdlig ik
Kirche Eingang gefunden, Den zuverläffigften Beweis, daß es fein eigentlich
gemeines Feft der Kirche fei, gab das Meformationsproject des Cardinals C
pagni von 1524, morin er (cap. 20) in Beziehung auf die Öravamina ber d
ſchen Reichsſtaͤnde von 1523, die Abfchaffung diefes Feſtes fogleich bewilligte.
Am 29. Sept. wird das Feſt Michaelis als eim allgemeines Feſt der Enge
feiert, welches eines Theil als Felt des Sieges bed guten Princips uͤber das
und zum andern ald Kinderfeft (nad) Matth. 18, 1 — 11) zu betrachten. —
6. Aug. ift das Feſt der Verklärung Chrifti, melches vorzüglich bei den
hen ſehr feierlich begangen wird, — Die Verehrung des Kreuzes führt
zwei Seiten, das Feft der Kreuzeserfindung am 3. Mai, und das Feft der &
zeserhöhung am 1. Sep. — Das Fronleihnamefeft (f.d.)l, 1264
ftanden, wird am Donnerstage nach dem Trinitaͤtsfeſte gefeiert. Die Euchen
wird an diefem Tage in feierlicher Proceffion herumgetragen, und dieſes Fefl
dazu bei, ben Glauben an die Euchariftia, den edelften Theil der chriftlichen M
zu erhalten. Durch feine Seier beurkunden die Katholiken, daß fie noch p
Numen haben. Selbft Luther fagt in feinen Tiſchreden ©. 359: ‚Du
Fron⸗Leibs hat unter allen den größten und fchönften Schein. — As
deres und außerordentliches Feſt erwähnen wir nur noch Die Kirchenfefte (Festal
caeniorum), welche offenbar aus dem Judenthum ſtammen. — Wed 4
Wirkung die kirchlichen Fefte auf die Gemüther aͤußern, bebarf hier Feiner Aus
rung. Nur des Vortheils muß noch gedacht werben, daß fie zugleich der Un
richt in den Neligionswahrheiten für das Volk in einer Zeit waren, wo Drud
und Schulunterricht noch nicht Kenntniffe verbreiteten. Selbſt jegt noch I
Seftefeier ein die Semüther erhebendes und unterrichtendes Mittel. — . Im
Jahrh. find in der katholiſchen Kirche viele Fefttage abgefchafft oder auf die Go
tage verlegt worden, und die Juriften waren edeldenkend genug, aufdiefen a
festen Feiertagen keine Frohnen flattfinden zu laffen. In der fogenans
Auftlärungszeit erklaͤrte man ſich aber häufig ganz gegen die Seiertage und zwa
Theologen, weil fie die Dogmen, die die Feiertage verfinnbilden folften, nicht r
glaubten, die Kameraliften aber, weil fie engherzig genug waren, die Güten
duction als das Höchite im Leben zu betrachten, ohne zu bebenfen, daß der Me
und feine Behaglichkeit — bie offenbar durch Feſttage, in mäßiger Zahl verftehe
gewinnt — der höchfte Zweck aller ökonomifchen Productionen fein müffe, ba
Natur der nothwendigen Güter immer noch genug gebe, daß der durch Feſttag
der Production ſich ergebende Ausfall dadurch, dag Alle nicht arbeiten, fich wi
ausgleiche. Freilich, wenn man alle andre Staaten als Feſttage feiernde, unb
einen einzigen producirenden Staat als wicht feiernd dent, fo ift ein Nachtheil
bie übrigen vorhanden, ebenfo, ald wenn cin Staat fein Mercantilfpften, mw
verkaufen, nicht zu Eaufen durchſetzt. Nach folhen einfeitigen Anfichten B
man aber fo große Fragen nicht entfcheiden. — Diejenigen unter ung, welch
teligiöfen Feſte gern durch profane Feſte, 3. B. neue Natur:, Fruͤhlings⸗, He
uf. w.⸗Feſie, erfinen möchten — weil fie feinen Sinn haben für die hohe!
beutung der chrifilicyen Fefte, für das Symbolifche, Erhabene und Reinmen
lidye, was darin liege — werden doch immer nur einen ſchwachen Nachklang Di
geben koͤnnen, was die franz. Republik fchon laͤngſt welt geandiofer ausipe
Als nämlich der Nationalconvent 1793 auf Nobespierre'8 Antrag das Dafeik
hoͤchſten Weſens und die Unjterblicykeit der Scele deeritirte, und diefem W
auf den 20. Prairial ein Nationaifeft widmete, wurden zugleidy folgende au.
Feſton Feſtung 93
gen von ber Republik zu feiernde Fefttage angeorbnet: das Feſt 1) des
Befens und der Natur; 2) des Menfchengefchlechts ; 3) des franzöfifchen
H der Wohlthaͤter dee Menſchheit; 5) der Freiheit und Gleichheit; 6)
tree der Freiheit; 7) der Republik; 8) der Sreiheit der Melt; 9) der
deliebe; 10) des Haffes der Tyrarmen und Verraͤther; 11.) der Wahrs
) ber Gerechtigkeit ; 13) der Schamhaftigkeit; 14) des Ruhms und der
here; 15) der Freundfchaft; 16) der Mäßigkeit; 17) des Heldenmuths;
Freue; 19) der Uneigennützigkeit; 20) des Stoicismus; 21) der Liebe;
belihen Treue; 23) der kindlichen Liebe; 24) der Kindheit ; 25) der Fur
des maͤnnlichen Alters; 27) des Greifenalters; 28) des Ungluͤcks; 29)
baues; 30) der Induſtrie; 31) unfern Ahnen; 32) der Nachwelt und
feligkeit. V. e. K.
ſton (Fruchtſchnur, Gehaͤnge), eine lebendige oder kuͤnſtliche, und im
He entweder gemalte, ober von Stein (oder Stucco) erhaben gearbeitete,
wihe Verzierung aus zuſammengebundenen Zweigen, mit Blumen und
;wrmifcht. Bisweilen nimmt man auch, je nach der Beflimmung des
fett der Blumen und Früchte, Mufcheln ; mathematifche und mufifas
Kmente, Thiere u, f, w. ald Bilder der Sifcherei, der Jagd, der Muſik,
iten. Die Art, diefe Seftons aufzuhängen, ift verfchieden, denn ba
knur an einem Ende gerade herab, bald find fie an zwei Enden befeftigt
a dalbe Cirkelbogen, bald find beide Arten vermifcht. dd.
ung nennt man in der Kriegsfprache jeden Ort, ber durch Natur-
sk eine ſolche Beſchaffenheit erhalten hat, bag er den Angriff bedeutend
er erſchwert, die Vertheidigung aber bedeutend und für längere Zeit, ſelbſt
kübermadht, beguͤnſtigt. Unter einer Feſtung muß man einen Plag, ges
ben: Stadt, verftehen, deren Lage und Eigenthlimlichkeit nad) allen Res
ebacſtigungskunſt benugt und der fo eingerichtet worden ift, daß eine Bes
3 Schuß, und Gelegenheit findet, den Feind zu einer formlichen Belage⸗
nitbigen. Ein folcher Platz wird deßhalb mit allerhand Dinderniffen um»
Femgeben, welche der Feind nur mit der größten Anftrengung und einem
ihm Aufwand von Zeit, Mitteln und Kräften zu überwinden im
% Diefe Hinderniffe werden bei ihrer Anlage auf ewige Dauer berechnet
m Feſtungswerke zum Unterfchieb von leichteren Verſchanzungen, deren
rübzgehend ift, wie bei bloß befeftigten Lagern und andern Punkten. —
it die Werke einer Seftung in 1) Hauptwerke, 2) Außenmerfe, 3) befons
rungen und Hinderniffe. Die Hauptwerke, welche den Ort zunaͤchſt
mgeben, werben in ihrem Umriffe nach gewiffen Srundfägen und genau
ı eingehenden und ausfpringenden Winkeln durch gerade Linien verbuns
wt. Dadurch nur wird ed möglich, daß alle Theile der Feſtung einander
vertheidigen und auf den vorliegenden Boden ein ſich vielfac) kreuzendes
wen können, welches ein Haupterfoderniß der Vertbeidigung ift. Der
ĩ ſich nich der rtlichkeit richten, kann alfo felten regelmäßig, im Sinne
marhematiicher Figuren, fein, daher die ganz regulairen Feſtungen nur
ten getroffen werden. Das den Ort zunschft umgebende, aufgeführte
ax Wall; bisweilen läuft noch ein zweiter, niedriger Untermwall oder
ıye mit ihm parallel ober ift an ihn angehängt. Die vorfpringenden
Hauptwalls nennt man Bollwerke, Baftionen (f.d.) (daher
Feſtungen; Marchi, Pagan, Freitag, Vauban, Corhorn, Carmon⸗
J. befeſtigten auf dieſe Art), oder auch, wenn vorſpringende und einge⸗
kel mit einander ohne gerade Linien verbunden find, Zenaillen (das
te Feſtungen, wie Dillih, Landsberg, Montalembert vorſchlagen, die
yeilmeife ausgeführt wurden). Dem Wal folgt nad) dem Umtiffe des
94 Feſtung
Walles ber große, breite und tiefe Hauptgraben, in welchem, wo es bie Um
zulaffen, Waffer geleitet zu werben pflegt. Jenſeits des Grabens zieht fic
niedere Bruftwehr um die Seflung, der bededte Weg, und flacht fi
ine freie Feld ab, Glacis, bergeftalt, daß jeder Schuß vom Hauptwa
Glacis raficend beftreichen Fan. Theils im Graben, theild im bedediten Wege,
noch entfernter und abgefondert vor der Feſtung liegen die Außenwerke
detachirten Werke (f. d.) und bie befondern Verftärfungen ober Hindi
als: Minen, Thuͤrme, Verhaue, Blockhaͤuſer, Verpallifadirungen und de
Alle Werke eincr Keftung bilden ein Syftem. Man unterfcheidet das italier
fpanifche, franzöfifche, niederlaͤndiſche u. f. w. Jedes weicht von dem andı
der Anordnung der Theile, Berechnung ber Berthiidigungslinien, einfachern
Eünftlichern Zufammenfegung derfelben Bauart ab. (Vgl. Befeſtigur
Eunit.) — Bei der Anlage und Beurtheilung einer Feftung laffen fid vorn
lich drei Gefichtspunfte annehmen, der politifche, ber militairifche oder ſtrate
und kunſtgemaͤße. Wir berühren den erftern hier nur flüchtig, da er Bein bla
der, überhaupt ſchwankend und an fich der untergeordnete ift. Sicherung 9
Landesgrenzen, Schatzkaſten für den Staat, Gefaͤngniß, Drohort gegen une
Parteien find, recht betrachtet, nur Nebenzwecke bei einer Feſtung, man wirt
zu Tage deßhalb ſchwerlich neue bauen. Strategifc, wichtig kann eine Fefkum
‚gegen werben durd) ihre Lage, als Strebepfeiler, an welchem fid) die feiahl
Mogen in ihrer Strombahn nothwendig brechen müffen, als Riegel vor Yu
die nicht umgangen werben koͤnnen, als Stüge oder Grundlage verjchiedener
.rationen, als Lehne zu Stellungen, als Ruhepunkt für verfolgte, geſchl
Heere oder für ſolche, welche friſch Athem fchöpfen und fich zu fernen Unte
mungen fammeln, ſtaͤrken, rüften wollen, mithin als Waffenplatz, Vorrathe
u. dal. Es fpringt ins Auge, daß eine Feſtung, die außer dem Wege liegt,
hin leicht umgangen werden kann, die vieleicht noch obendrein Elein ift, alfes
Feinde nur leicht Beobachtet werden darf, nichts deckt, nur Wenigen eine Zug
geftattet, eher nachtheilig als vortheilhaft fein wird, wäre fie auch noch fof
denn ohne zu nügen, ſchließt fie eine nügliche Hreresabtheilung ald Beſatzun
Unthaͤtigkeit ein und koſtet viel. Beträchtliche Vortheile verfprach man ſich!
gen von einer Feſtungskette, deren Glieder fid) gegenfeitig unterftügen unk
zwiſchen ihnen durchdraͤngenden Feind jedesmal auch zwiſchen zwei Feuer bri
koͤnnten. Dazu gehören aber aͤußerſt bewegliche Keftungscommandunten, ıx
die Ausfoͤlle geſchickt zu leiten verfichen und unermüdliche Truppen, endlich
Feind, der unklug genug die Kette nicht irgendwo mit ganzer Kraft zerfpse
Die Erfahrung hat 1814 und 1815 gegen ben achofften Vortheil bewieſen,
deß Eönnten fie unter andern Umſtaͤnden auch dafür beweiſen, dies lehrten od
fiche Beiſpiele in einzelnen Fuͤllen. — Bon Seiten der Kunft betrachtet, ch
fich die Lage eines Orts vorzüglidy zu einer Feſtung, wenn fie die Anndperung
Keindes mit geringer Mühe verfperren und erſchweren läßt, eine zweckm
Einnftliche Brfeftigung nicht allzu weitlaͤufig, ſchwierig und Eoftfpielig macht, ı
genaue Überficht auf jeden im Bereich des Geſchuͤtzes und Feuergewehrs liegen
Punkt gewährt und von feinem Punkte in dieſem Bereiche beberefcht wird, 8
müßte ihn denn, wie bei Ehrenbreitenjtein, felbit vortheilhaft mit in das
der Befeftigung ziehen koͤnnen; endlich, wenn fie nicht ungefund und wo mög
nie ganz abzuichneiden ift, d. h. ducch Meer oder einen Strom nod) immer E
genheit und Möglichkeit geftattet, Zufuhr und Verbindung mit dem Heere zu el
ten. — Nicht die Größe einer Seftung nacht ihre Stärke aus; im Gegent
find weitläufige, volkreiche Orte ſchhwierig zu behaupten, erfodern eine zu fa
Befagung, zu viel Vertheidigungsmittel und Verpflegung, auch eine Überficht 1
Thaͤtigkeit des Commandanten, die nur zu leicht menſchliche Kräfte uͤberſte
Fetfa Fetiſchismus 95
R die Genanigkeit und Schaͤrſe der Berechnung vieler und kuͤnſtlicher Werke
m zur mebren Haltbarkeit beſonders bei, werben fogar oft verderblich. Nicht
gileiche Befagung verftärkt eine Feſtung; es gibt vielmehr ein Verhaͤltniß,
bed wicht Gberfchritten werben barf, wenn bie Vertheibiger einamder nicht im
w fin, den Unterhalt wegzehren und ber nüglichen Wirkſamkeit im Felde nicht
porn werden follen. Wol aber entfcheidet die Tapferkeit und Treue der Bes
m, Ne eiſerne Feſtigkeit des Commandanten, das Genie Deffen, der die Ver
eng leitet, der, wenn bie Truppen unermübet thätig den Feind abzuwehren
Krach Ausfälle zu verfcheuchen fuchen, unerſchoͤpflich im Auffinden neuer Hin⸗
Bmupung der Umftände und Zufille ift, den wahren Werth einer Fe⸗
Fig und ſchlecht vertheidigt, füllt die ſtaͤrkſte und befte ſchneil; hartnaͤckig
D vt vertheidigt, wird die fchlechtefte zum trefflichften Kriegsmittel, deſſen
ken feichte® Raifonnement der Erfahrung abftreiten kann. Man hat bie
it der Feſtungen überhaupt für einen Staat durd) Beifpiele und ſelbſt
ride nicht ganz glücklich zu erweiſen geſucht, man hat dabei nicht am
wir Kiſſolunghi gedacht, an welchen die Ältere Geſchichte wie die neuere nicht
in alfo einfeitige Behauptungen aufgeftellt, 9.
Fe f. Mufti.
tishismus, die Verehrung einzelner natürlicher oder kuͤnſtlicher
bhechter oder unbelebter Weſen als göttliher. Das Wort ift neu, die
Wer. De Broffes inf. Schrift: „Du culte des Dieux Fetiches‘“ (1760,
er Piterius, Stralfund 1785), hat den Ausdrud Ketifch, der entweder
im Iortugivjifchen von fetisso, ein Zauberklotz, oder nach Winterbottom
Bieeira, Zauberin, abſtammt, zuerft in Umlauf gebracht. Die Portus
mutm die Goͤtzen der Neger am Senegal und andrer wilden Nationen fo,
win erhielt das Wort eine umfaffendere Bedeutung. Man kanm zweierlei
Wewrisriden: 1) Theile und Werke der Natur, und 2) Werke von Mens
Me, Zu den erſtern gehören Elemente und Berge, welche die Bewohner
, die Perfer, Araber, alten Deutfchen, Mongolen, Peruaner, Nes
Beim; Fluͤſſe und Quellen, welche die Hindu, Parther, Kamtſchadalen;
ad Bäume, welche die Staven, Zicheremiffen und Jakuten; Steine,
Bir Sorer, Phrygier, Tunkineſen, Lappländer; Thiere, welche die Agnpter,
2 %. anbeteten oder noch anbeten; ferner Häute, Gerippe, Klauen,
Ferm u.a.m. Die zweite Claffe ift nicht minder zahlreich: Pfeile und
wehrten die Parias, Scythen, Taurier; andre hingegen Töpfe, Pfaͤhle,
ad. Wichtig ift die Stage, wie der Menfc darauf gekommen fei,
m verehrten ? Bei einigen dieſer Setifche iſts begreiflich; bei andern follte
Bern, die Menfchen hätten nur durchaus eine Gottheit haben wollen, und
Beite dazu gemacht. Woher Eam ihnen aber die Ahnung des Ööttlichen,
nekmendig haben mußten, ehe fie darauf verfallen konnten, irgend Etwas,
16 auch ſei, zum Gott zu erheben? Die Quelle alles Fetiſchismus ift die dem
Renicen eigenthümliche Anjicht von der Natur. Ihm unbewuft triigt er
Ehen hinüber in die Natur, und was dann außer ihm durch ihn lebendig ges
Im ik, das erfcheint ihm höher und mächtiger als cr ſelbſt ift, und im fremden
In findet cr das Cigne und Menfchliche goͤttlich. Dies ift der reinere und edlere
mus der Natur. Hierbei aber blieb es nicht. Sowie der Naturmenſch
Zorten auker fich fein Leben gegeben hatte, fo gab er dem Lebenden, der Thier⸗
nen Einn und fein inneres Leben. Der Inſtinkt des Thieres wurde ihm
kedkeit und Überlegung, und da ed durch Kunfttriebe, durch Fift, in der Art
R Feinde zu entgehen, feine Nahrung zu finden, menſchliches Nachdenken
kat, da ca ſogar das Ungefchehene wußte, durch Mitterung feiner Wahrung
wScıne, Borempfindung des Wetters, fo gab die Thieriwelt dom Menfchen
A
96 Fett Feuer
feinen eignen Sinn höher und uͤbermenſchlich zuruͤck (Thlerfetifchtemns). *
Thiere, fondern die beliebte Natur mit Sinnen und Geftalt der Thiere |
urſpruͤnglich diefer Ketifhismus an. Den niedrigften Fetiſchismus diefer A
zeugten die brennendften Klimate von Afrika, und die Eälteften bes Nordens,
äußerfte Ausartung des Fetifhiemus im Alterthum war unftreitig in Agy
von den Wilden der neuen Zeit iſt es bekannt, daß fie ihre Gögen, wenn fi
Wuͤnſche und Gebete nicht erhören, verkaufen und erfäufen, ihnen brobe
befchimpfen, prügeln und zerftören. Die feinfte Veredlung des. Fetiſchismus
ohne Widerrede Griechenland, wo durch die Saͤngerſchulen und die bildende 4
aus ihm ein ſchoͤnes geordnetes Göttergefchlecht hervorging. Der eblere Fetl
mus oder Polytheismus bildete das Leben in ber Natur zu Naturgeiftern, mit a
thuͤmlicher Perfönlichkeit in menſchlicher Geſtalt, mit menfhlihem Willem
Denken und ordnete diefelbe zu einem Ganzen (zu einem Sötterftande ober
Sätterfamitie) an. Die dritte Art des Fetifhismus gilt nur uneigentüch
foichen, denn wenn manche Wilde die Gottheit in Thierfellen, Pfählen z
anbeten, fo ift eine Anbetung unter folcher Geftalt nicht unmittelbar aus Bele
der Natur entfprungen, fondern nachdem diefe im Cultus untergegangen wan
Cultus felbft entftanden. Daß Fetiſchismus die erfte Art der Religion gem
wird von Vielen bezweifelt.
. Sett, ein Beſtandtheil thierifcher Körper, weich, beinahe flüffig, foM
es warm und im lebenden Körper enthalten; hart, feft, weiß und biätterig, g
es kalt iſt. Es befteht nach den neueften chemifchen Unterfuchungen größten"
aus MWafferftoff und Koblenftoff, mit einem geringen Antheil von Saues
Bon ber vorherrfchenden Neigung des Wafferfloffs und Kotenftoffs, fich uite
größern Antheil von Sauerftoffe zu verbinden, rührt die Verbrennlichkeit des F
ber. (S. Öle.) Der hemifchen Kunſt ift es gelungen, durch die Ve
bung von Kohlenftoff und Waflerfloff eine Maffe hervorzubringen, welche ſich
wie Fett verhält (ſ. „Handwoͤrterbuch der Chemie” von John, 1817 — 19) .
hat man gefunden, daß andre weiche thierifche Theile ſich in eine fettaͤhnliche
vertvandelten, wenn fie lange unter Waffer, welches ſich ftetd erneuerte, et>
feuchter Erde aufbewahrt wurden. Sin dem thierifchen Körper iſt die Ergerz
und Abfonderung des Fettes die Berrichtung desjenigen Theil des Haarge
ſtems, welcher ſich in Zellchen des Zellgewebes ſowol unter der Haut, ald um
fhiedene Eingeweide, beſonders aber in den Netzen des Unterleibes befindet, wi
alsdann das Fett anſammelt. (Vgl. Corpulenz) Blut und Lymphe
wahrfchrintich die einzigen Körper, welche fein Fett enthalten. Bei jungen?
ren ift das Fett weicher al8 bei Altern. Im Wefentlichen befigen bie fetten dig.
niffe der Pflanzen gleiche Eigenſchaften mit den thierifchen Fetten. Das ph
Fett iſt dasjenige über der Augenböhle der Hirſche. Schr verbiinnte Minerd
ven oxydixen das Fett und nähern es dem Wachſe. Alle Fette laffen fich in IX
in Zalg fcheiden; die Butter ift Winters talg=, und Sommers ölreicher. ..
Seudalreht, Seudaliyftem, f. Lehnrecht, Lehnſyſt
Feucr, f. Wärme. |
- Feuer (dad griechifche) ward im 7. Jahrh. erfunden. Als 668 J
Conſtantinopel belagerten, ging ber griechiſche Baumeiſter Kallinikus aus
polis von dem Khalifen zu den Griechen Über, und brachte eine Mifchung:
deren unerhörte Wirkungen den Seind in Schreden feßten und zur Flucht zwan
Bald wurde es mittelft flachsumwundener Pfeile und Wurfſpieße auf feind
Seftungswerke und Gebäude abgefchoffen, um fie in Brand zu ſtecken; bald
man durch daffelbe aus eifernen oder metallenen Roͤbren fteinerne Kugeln gegeb
Keinde. Der Gebrauch dleſes Feuers dauerte wenigſtens bis zu Ende dei.
Jahrh. fort; aber £ein einziger gleichzeitiger Schriftfteller hat ung die Beflanbd]
.P
Feuerbach 97
einer genauen Angabe aufbehalten. Nach den Wirkungen zu ſchlleßen,
Naphtha, Schwefel und Harz, fondern wahrſcheinlich Salpeter ein
ıdtheil deffelben. Übrigens folgt aus den Nachrichten ber Alten nicht,
re, fondern nur, daß es auf dem Waffer brannte; ein foldyes Feuer ers
aus auch. Much einer Angabe im „Magazin der Erfindungen” foll dee
n Aretin zu München in der dortigen Centralbibliothek, In einer lateinis
ſchrift and dem 13. Zahrh., eine Abhandlung Aber das griechifche Feuer
ıben, welche das verloren geglaubte Recept deffelben enthaͤlt.
erbach (Paul Sohann Anfelm von), feit 1821 8, batrifcher Wirkt.
, feit 1817 Praͤſident des Appellationsgerichts des Mezatkreifes, Com⸗
8 Ordens der bairiſchen Krone (womit die Erhebung in den Adelsſtand
fi,, des ruſſ. St. Annen> Ord., des großherz. fächf. Orb. vom weißen
litgl. der Gefegcommilfion zu St.⸗Petersb. ꝛc., ift geb. ben 14. Non,
y wurde in Frankf. a. M., wo fein Vater als Advocat lebte, erzogen.
Semnafium dafelbft ftudirte er die griechiſchen und römifchen Claſſiker;
11792 in Jena Philofophie und Rechtswiſſenſchaft. Reinhold's Vor⸗
afo fehr an, dag die Werke von Kant, Lode, Dume, Tetens, Lambert
Hauptſtudium wurden, was ihn auf die Ergründung der Principien der
Inichaft hinführte. Davon zeugten feine erften Abhandlungen in Niethe
} Journal” (1795), und zwei Schriften: „Die einzig möglichen Bes
ke gegen die Gültigkeit der natürlichen Rechte“, — und die „Kritik des
a Rechts/. So durch philofophifche Studien geiftig erſtarkt, wandte ſich
'adem pofitiven Rechte ; er fchrieb 1798 feinen „„Antis Hobbes”, und teat
ellnterfuchung über den Hochvercath und durch eine Abhandlung über
Eier Strafe, zuerft in die Reihe der Griminaliften ein; zugleich fand er
Im Jena als Lehrer der Rechtswiffenfchaft großen Beifall. Durch die
al Grundſaͤtze und Grundbegriffe des peinlichen Rechts” (2 Thle. 1799
Ih die von ihm, Grolman und von Almendingen herausgeg. „Bibl.
Ichtöreiflenfchaft”, leitete er eine neue Bearbeitung der Strafrechtswiſ⸗
ea, die er in f. „Lchrbuche des gemeinen in Deutfchland geltenden peinfle
rechtes" (Gießen 1801, 9. faſt ganz umgearb, Aufl. 1826) ſyſtematiſch
„ Er fielice ſich dadurch an die Spige der neuen Schule der Eriminas
ſogenannten Rigoriften, die bloß auf die Rechtöverfaffung Ruͤckſicht neh⸗
des richterliche Urtheil ganz dem Ausſpruche des Strafgeſetzes unteren
ahielt 1801 in Jena eine ordentl. Profeffur, folgte 1802 einem Rufe
mo er, von einem bairifhyen Gelehrten dazu aufgefodert, eine Kritik
bred’fchyen Entwurfs zu einem peinlichen Gefegbuche für die kurpfalz⸗
Etasin” (3 Thle., 1804) herausgab. 1804 wurde er, der erfte Pro⸗
d Auswaͤrtige auf einer bairiſchen Univerſitaͤt, nach Landshut berufen
tden Auftcag, den Entwurf zu einem bairiſchen Strafgefegbuche auszu⸗
werbalber auch nach Muͤnchen als Geh. Referendale In das Minifterinfe,
ad Polizeidepart. verfegt und 1808 zum Geh.⸗Rath ernannt wurde. Die
Imbildung der baitifhen Etrafgefeggebung begann 1806 mit der Abs
der Folter und mit der Vorfchrift des gegen leugnende Inquiſiten zu bes
Berfaberns, welche Verordnung 8. abfußte. Das von ihm entworfene
farfegbucdh für das Königreich Baiern erhielt, nach vorläufiger Prüfung
a Änderungen, am 16. Mai 1813 die königliche Genehmigung. Man
be im Weimar, Württemberg und andern Ländern bei der Bearbeitung
deagefegbücher zu Grunde gelegt; im Herzogth. Oldenburg ift e8 als Ges
ufjenemmen, dann auch ins Schwediſche überfegt worden. Zu gleicher
wer: 5. (1807 fg.) auf koͤnigl. Befchl den „Code Napoleon“ in ein alls
gest. Geſesbuch für das Könige. Baiern um, das aber ebenſo wenig, 3
»Lex. Sisbente Aufl. Br. IV. /
98 Feuerdieuſt, Feuerverehrung Feuerland
das 1812, vom Frelh. Adam von Aretin und dem Staatsrathe von 4
die Grundlage des „Codex Maxinnilianens“*, bearbeitete bürgerliche Gef
Wirkſamkeit getreten iſt. Unter den Schriften, die F. damals heraus
„Merkwuͤrdige Crimmalrechtéfaͤlle“ (2 Thle., 1808— 11), — „Ih
Beiträge zur Gefeggebung” (1812, darin u. A. der erfte Entwurf zu den
ligen Staatevertrage zwiſchen Baiern und Würteniberg Über die gegenfei
tichtöverhättniffe enthalten ift) — und „Betrachtungen itber das Gefch!
richt” (Land&hut 1312) zu bemerken. F. verwarf die franzoͤſiſche Zurn,
len Schriftenwechſel für und wider veranlaste; inf. Schrift „Über fl
und Mimtlickeit gerichtlicher Verhantlungen” (Gießen 1821) hat e
feiner Anſichten nody mehr entwickelt, und gezeigt, wie ein der
Cultur und den Bedürfniffen unſers Volks entſprechendes, öffentlich
liches Verfahren, in welchem das Mündliche mit dem Schriftiiche
verbunden fei, ſich herftellen laſſ. — Bel der MWirderherfiellung
ſchen Unabhängigkeit 1813 fg. bezeugte F. feinen Nationaffinn und
geift durch mehre Schriften; 3. B. „Über deutſche Freiheit und X
deutfcher Völker durch Landftinde” (Lripzig 1814). Um biefe Zeit em
der König zum zweiten Präfidenten des Appellationsgericht8 in Bamber
unternahm $. einige Reifen ins Ausland, und lebte zu Münden den W
ten, bis er im März 1817 zum erften Präfidenten des Appellationggerich
Rezatkreis zu Ansbach ernannt wurde. In feiner Muse befchäftigt ſich
ermüdete Geſchaͤftsmann und Gelehrte mit einer metrifcyen Üibericgung u
Commentar des indifchen Gedichts „Gita Sominda”. Im Frühjahr ın
"mer 1821 machte er mit Eönigl. Unterftäg. eine juribifche Beobachtungs
Paris, Brüffel und einige Rheinprovinzen, worauf er die Ichrreiche Schrif
die Gerichtsverfaffung und das gerichtl. Verfahren Frankreichs“ (Gieße
herausgab, worin er die Wahrheit bis auf die Heinften Zuͤge mit Treue ı
heit darftellt. Auch ift fein Name in ber Presbytcrialangelegenheit, wele
außerhalb Baiern gegruͤndeten Widerſpruch erregte, unter Denen genannt
welche In Ansbach (1822) gegen die Einführung der Presbyterien prot
ben. — Vetrachten wir das ganze Leben dieſes geifteäfräftigen Manne
hört fein Name nicht bloß den Annalın der Literatur, fondern auch der €
der Geſetzgebung an, und Feuerbach wird ſtets mit Achtung genannt wert
einem Beccarian, Hommel und von Sonnenfele. :
Feuerdlenſt, Feuerverehrung, eine Art des eblern Fet
muB (f.d.), oder reinem Naturdienſtes, welche vorzüglich bei den Perf
fchend und ausgebildet war. (5. Gebern.)
Feuerkugel, 1) in ber Naturlehre feurige Lufterfcheinungen I
geſtalt, die ſich in verſchiedenen Großen ſchnell oder langſam durch die Luft
oft auch feurige Schweife haben, in welchem Falle man fie feurige Drache
Beine Kugeln der Art werden auch Sternſchnuppen genannt. Es gibt I
Erfcheinung viclerlei Muthmaßungen. Chladni erklärt fie für dichte Waffe
ſich außer unferer Atmoſphaͤre im höhern Weltraume gebildet haben, un
mit den Aërolithen oder fogenzunten Mondfteinen in die nimliche Claſ
Meteorfteine) 2) In der Geſchuͤtzkunſt jede Kugel, welche angesin
den und brennen kann.
Seuerland (Tierra del fuego‘, eine 1520 DOM. große Maffe
großen und mehr’ als 20 Beinen Inſeln (zwiſchen 52° 30° bie 55° 45
und 67° bis 77° W. L.), an der füdlichen Spige von Amerika, die von Pa
durd) die Mangelharnlidye Straße, und von der Etnateninfel im DOften I
Strafe le Maire getrennt find. Der Entdecker Mangelhaens nınnte es
er zur Nachtzeit überall Feuer ſah, und glaubte, daß dieſes von Vulkanen h
Feuerpolizei Feuerſtein 99
h hatten die Eingeberenen dieſe Feuer angezuͤndet. Die ſuͤdlichſte
ermite, deren Suͤdſpitze Cap Hoen heißt. Das Klima iſt aufiere
ih; in mandyen Thaͤlern thaut im dortigen Sommer dus Eis nie auf.
a rauchender Bullan. Das Land hat eine ganz eigenthümliche Flora,
einige Gewuͤchſe mit Patagonien und den hohen Andes gemein, z. V.
se. Snfekten hat man kaum bemerkt, wenigftens feine laͤſtigen; auch
zgel, als einige Geier und Habichte. Das einzige vierfüßige Thier iſt
uch bier der treue Wegleiter des Menſchen. Dagegen wimmelt die See
ben, Sechunden und Serlöwen, von Schalenthieren aller Art, von
y, unter denen eine Ente genannt wird, die auf dem Wafler Läuft.
t man einer Möve, des Port: Camonts Huhno und fehr ſchmackhafter
. Die Eingeborenen (etwa 2000) find die befchränfteften und verlas
stichen ; von der Rauhigkeit ihres Klimas fo zu Boden gedrüdt, daß fie
gemeinſten Bequemlichkeiten des Lebens nicht zu verfchaffen wiffen,
licher, magerer, bartlofer Schlag Menfchen, mit langen ſchwarzen
d von einer Karbe, ald wenn Eifenroft mit DL vermiſcht eingericben
Heiden fich in das Fell eines Scehundes, felten eines Llamas, wie es
abgezogen worden, welches fie um die Schulter werfen, und beutelfoͤr⸗
Suse binden. Doch lieben fie den Putz; Arm⸗ und Fußbaͤnder tragen
a Mufcheln oder Knochenſtuͤckchen; um die Augen malen fie fich weiße
roch ausficht, arfilt ihnen ungemein. Sie verzehren Altes, Sees
wlih, roh cder halb verweſt. Kein andres Getraͤnk kennen fie als
kite Wohnplaͤtze haben fie nicht, fondern fie zichen von einem Ort zum
fe Borrätbe von Scethieren finden. Ihre Hütten beftehen aus einigen
formig zufammengeftellt; mit Zweigen uind etwas Gras bedeckt, und
2 unter dem Winte, die zugleich als Thuͤr und als Schornſtein dient.
hebt man darin. Cie führen nichts, als eine Taſche auf dem Nüden,
a dir Hand und cine Blafe, worin fir Waffer tragen. Wo fie Halt
Ben jie ein Feuer an; von dem beſtaͤndigen Rauch haben fie füft ale
. Aucy ihre Kähne zeugen von dem Mangel aller Künftfertigkeit ; fie
mmzinden mit Schnen zufamniengendht, und auswendig mit irgend
übersogen, Nur an ihren Waffen bemerkt man einige Kunſt. Die
Teile, die Wurfipiege und die Sifhangeln find nett gearbeitet, und fir
er zu gebtauchen. Man hört das Wort Peſcheraͤh (d. i. Freunde)
naven ihnen, und nenut fie daher ſelbſt ſo. Nach einigen Nachrichten
atiince, die aus beſſern Gegenden in dies unwirthbare Land verdrängt
an Stammverwandte von ihnen fanden die jeſuitiſchen Miſſionarien
ikuͤſte von Patagonlen.
spolizei, fe Polizeis und Rettungsanſtalten.
rprobe, f. Ordalien.
sihwamm mird gemminiglich von Birkenſchwamm verfertigt, in
ereriauge arfocht, im Backofen getrodnet, dann durch Klopfen unb
Feuecſchwanm zubereitet. Wenn man in deffen Oberfläche fein⸗
chie fpulver einreibt, fo zuͤndet er noch leichter, und heißt dann Pulver
Auch füngt der Schwamm fchnell Feuer, wenn man 2 Loth gereinig>
: in fo viel heißes Waſſer fchüttet, ald der Schwamm zür Sättigung
ihn dann trocknen läßt.
sepeiender Berg, 1. Vulkane.
rein, ein mi allen Farben, actwöhnlich gelblich und rauchgrau,
b, feiten kryſtalliſirt, vorkommendes Foſſil, das fich weit auf der Erbe
ıie:, Floͤh⸗ und aufgeſchwemmten Gebirgen (vorzüglich in Kreidege⸗
tn. Man bedient ſich beffelben, beſonders in Mpnes in Berry, in
|
100 Feuervergoldung Feuerzeug
Gallzien, zu Avio in Welſch-Tyrol, zur Verfertigung ber Flintenſteine,
eine Art waͤhlt, welche hinlaͤnglich ſcharfkantig und ſchalig zerſpringt.
maͤßige Form wird ihnen mit eignen Inſtrumenten gegeben. Das Ver
bei, welches fo ſchnell von ſtatten geht, daß der ungeuͤbteſte Arbeiter tı
Stud verfertigen kann, war lange ein Geheimniß, und iſt erſt durch Do
kannt geworden.
Seuervergoldung entſteht aus der Auftragung eines Amal
Gold und Queckſilber auf ein metallenes Gefaͤß. Wird dieſes auf Koh
ſo verraucht das Queckſilber, und das auf der Oberflaͤche des Metalls fi
bedarf dann bloß der Politur.
Fenerverſicherung oder Brandaffecuranz wird fo
die Staatöverwaltung als durch Privatcompagnien veranftaltet. Der G
berfelben find hauptſaͤchlich Gebäude; aber audy Mobilien und Waare
beſonders bei den Pridatcompagnien, affecurirt werden. Da wo die €
waltung die Brandaflecuranz für das Land regulirt, wird ald Grundfag
daß jeder Eigenthuͤmer von Gebäuden nad) gewiſſen Verhältniffen und 2
daran Theil nehmen müffe. Was nun in einem gewiffen Zeitraume duı
verloren geht, wird auf die Sefammtheit dee Eigenthlimer von Gebäuden
Der Berwaltungsgrimbfas iſt alfo bier gegenfeitige Garantie, die unft
großen Vortheile hat, Weil die Staatöverwaltung in der Regel fich
Verfiherung von Waaren und Mobilien eintäßt, fo haben ſich in dent
ften Handels⸗ und Bauptftädten Europas große Vereine gebildet, di
Feuersgefahr und für jeden Gegenftand (Pretiofen, Gold, Sitber und D
ausgenommen) Verficherung geben. Die großen Capitalien biefer &ı
die Schnelligkeit, womit fie ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen pflegen, die
fame Verwaltung, begründen die Vorliebe, welche das Publicum zu die
tuten hat. Als daB bedeutendfte gilt die beruͤhmte Phoͤnixgeſellſchaft ir
In Paris gibe es ähnliche Anflalten. In Deutſchland madıt feit mehre
bie leipziger Seuerverficherungsanftalt, die ebenfall® auf große Capitale
folide Verwaltung begründet ift, anfehnliche Geſchaͤfte. Auch in Socke
eine ähnliche Anſtalt auf den Grundfag der gegenfeitigen Garantie gebildet
Fenerwerkerkunſt, Pyrotechnie, die Kunft aus Sc
und andern Stoffen Eünftliche und dem Auge mwohlgefiillige brennende $
biden. Man theilt fie in Land» und MWafferfeueriwerkerkunft ein. 3
gehören Raketen, Landpatronen, Feuerräder, brennende Sonnen, Namen
zu legterer die Feuerkugel, Wafferteufel, Igel u. ſ. w. Verſchieden von d
feuerwerkerel ift die Ernſtfeuerwerkerei, bie fi) mit Geld
nen, Brandkugeln, Petarden befchäftigt.
Feuerzeug, eine Geräthfchaft zur oͤrtlichen Erzeugung des Feu
zur Erregung bed Verbrennungsproceſſes. So gemein das gewähntichfl
zeug, Stahl und Feuerftein, ift, fo wichtig ift diefe Erfindung, gleichfan
lisman aller Cultur, welcher dem Menfchen das mädhtigfte Element, die
der Natur dienftbar macht. Der Gebrauch des Stable und Feuerſteins, u
Bunder und Schwefel zu entzünden, beruht auf dem Erfahrungsfage, b
das Reiben zweier harten Körper an einander Wärme erzeugt wird, vorld
das Reiben ſtark genug ift, Im ſichtbares Feuer oder Entzuͤndung übergeht.
bedürfen rohe Völker, deren Individuen viel Eörperliche Stärke befigen, {
fondern Feuerzeuge, indem fie trodene Hölzer durch heftiges Meiben en
Unfer Feueranfchlagen iſt ebenfalls ein Reiben; der den Stein fchnell |
Stahl wird durch biefe Reibung theilweile an feiner Oberfläche elektrifch ey
bie entzuͤndeten Theile erfcheinen als Funken, und wenn man diefe aufein
ßen Papier auffängt, um fie, nad) dem Erkalten, mit einer Loupe (Vergodf
[4
A
ier ze ug, IM Norm eines Funten⸗ oder Piſtolenſchiones, Deijen aufs
it einem Flintenſtein verſchener Hahn (mie beim Schießgewehr) bie
&lägt und den darin befindlichen Lumpenzunder entglimmt.
ken beruht a) auf der leichten Betorglichkeit des Pfannendeckels (welche
Einöten, ober beffer durch Beſtreichen des Gewindes mit Knochenfett
muß), b) auf der Güte und Hirte des Stahle, woraus ber Pfannens
« 2) Das pneumatifcdhe Feuerzeug. Diefes befteht in einer
smpreffionspumpe, aͤhnlich der zu einer Windbuͤchſe gehörigen. Die
des Feuerſchwamms oder Zunders wird hier durch ſchnelles Zuſam⸗
ber Luft bewirkt. Gegen dieſes Feuerzeug laͤßt ſich einwenden, daß
tg ſicher iſt, die Koſten feiner Anſchaffung aber mit der geringen Bes
veiche es gewährt, zu wenig im Verhältniß ſtehen. 3) Das elek⸗
merzeug (Tachvpyrium, Gaſopyrium, Brennluftlampe ac.). Die
iR, bee Hauptſache nach, folgende: Won zwei über einander anges
ftibren engen Muͤndungen in einander übergehenden (geroöhnlich gld-
üim enthält das obere Maffer, das untere Waſſerſtoffgas (Brenniuft,
8). Durch einen Hahn wird die Gemeinſchaft zwiſchen beiden Ges
rmeifte Zeit aufgehoben, durch das Drehen dieſes Hahns wird fie wies
‚ und zugleidy ein Seitentohr geöffnet, durch welches aus einer un
Iefferfloffgad aus dem unten Gefäße entweicht, weil bei der Eroͤff⸗
ums Waſſer aus dem obern Gefäße in das untere hrrabfiel, und das
"hloffene Gas durch Verengerung des Raums gepreßt wurde, Durch
ung des Hahns wird zugleich die Trommel eines Heinen verborgenen
in Bewegung gefegt, welches dadurch elektrifc) wird, und feine Elek⸗
ı mefüngenen Saͤulchen (al Conductor) mittheilt, welches in der
itenecor® mit einer wagerechten Spige verfehen ift, welcher gegenüber
Trrnung eine Begenfpige angebracht ift. Wenn nun beim Drehen des
lettriſcher Bunte aus der Spige des Conductors in die Gegenfpige
he der Weg des Funkens gerade durd; den Gasſtrom, welcher dadurch
d, ſcdeß man ein Papier oder einen Wachsſtock daran anſtecken kann;
er wird fogleich wieder gefchloffen, um den Gasftrom zu hemmen.
e Getaͤtbſchaft eignet fich, wegen der nöthigen Aufficht zur Unterhals
102 Feyerabend (Familie)
zeuge. Des Phosphor wird zu diefem Behuf in einem Glaͤschen aufbewahrt
mit einem eingefcliffenen Glasſtoͤpſel verfehen ift, und man hat außerdem bie
‚einen Vorrath von Schwefelhölzchen zu forgen; denn mit einem folden m
man beim Gebrauch etwas Phosphor aus dem Glaͤschen auf, und reibt e
wenig am Rande des Ichtern oder an einem andern Körper, fo erfolgt ſoglei
Entzündung des Schwefeihölschend, um damit ein Licht anzufteden. Dei
braud) diejes Feuerzengs erfodert Vorficht, indem 3. B. das Zerbrechen dei t
chens mit augenblidlicdyer Entzündung feine Inhalts verbunden fein wuͤrde.
Vermeidung dieler Gefahr muß das Gläschen mit einer Blechkapſel verfehen
Da jedoch der Phosphorgeruch, zumal in Verbindung mit dem Schwefelg
für feine Riechnerven angreifend ift, fo eignet fid) diefe an ſich wohlfeile We
tung nicht zu Jedermanns Gebrauch. 5) Das chemiſche Feuerzer
Eupprion ( Schnell» oder Gutfeuerzeug). 6) Das galvanifheffe
zeug Wollaſton's. In einem an beiden Enden offenen, etwas plattgede
fübernen Schneiderfingerhut wird ein Zinkplaͤttchen ifolirt befeſtigt. Noms
.. und vom Siüber erheben ſich Drähte, welche durch ein Eursch, fehr duͤnnes @
chen Pintindraht mit ein.nder Gemelnſchaft haben. Taucht man num deu
gerhut in verduͤnnte Salpeterſaͤure, ſo wird der Platindraht glühend, ſode
Zunderſchwamm daran anzuͤnden kann. 7) As Geſchwindfeuerzeug finde
Zündfidibus braudbar: 4 bis 5 Zoll lange und etwa 1 Zoll b
ſtreifen, beren jebee an einem Ende mit einer Schwefelmaffe beftrichen WR
toelcher ein über das Papierende hervorragendes Streifchen eines [ehr entzünm
Feuerſchwamms feft vereinigt iſt. Der Schwamm wird, wie gemöhnfld
der Kante eines Feuerſteins (am beften eines Flintenfteins) angefdyingen, uzal
der Stahl gut md der Stein nicht allzu ftumpf ift, fo wird felten ein Schlag
gen. Der glimmende Schwamm entzündet die Schwefelmaffe, und
flanımt dann da Papier, um daran wieder ein Licht ꝛc. anzufteden,
Doͤbereiner neuerlich entdedit, daß, wenn ein anhaltender Strom
06 auf geglühetes, ſalzſaures, ammoniakaliſches Platin gerichtet wird, Dos
zum Gluͤhen kommt, und davon die Anwendung zu einer neuen Art von BR-
gen gemacht. ©. Gilbert's „Annalen“ (1824, St.1). "
Zeverabend, eine Familie zu Frankfurt a. M., berihmt N,
Jahrh. durch eine Menge von Kuͤnſtlern und Literatoren, welche aus ihe
gingen. Der ättefte, den manennt, Johann Seyerabend, ein Hol.
bat feine Werke mit den beiden Anfangsbuchftaben feinee Namens bezeichn
foU ein neues Teſtament in lateiniſcher Sprache mit feinen Holzfchnitten 1.
babn. — Hieronymus und Johann. waren ausgizeidinete Bu |
Chriftoph F. war Merf. einer dentichen Überf. der Commentarien vor
Caͤſar (Frankf. 1565, 1588 u. 1620, Fol.) — Sigismund,
Holzichneider und Buchdruder, beforgte trefflihe Ausg. alter Schriftft
unter ſich die des Livius (15683, Fol., mit faubern Kupferft. von Joſſe
auszeichnet. Papillon führt eine Summlung von Figuren aus der B
(1569, 4.), welche mehre Blätter, mit den Anfangsbuchftahen des E
5. bezeichnet, enthält. Auch fpricht er von „Icones novi testaımenti arll
dustrin singulari expressac‘® (1571, 4.), worin ſich Kupferft. vor.
Kuͤnſtler befinden ſollen. Sigism. F. war aud) Herausgeber folgender €
lungen: 1) „Annales seu Historia rerum belsicarım a diversis suted
haec usque nostra teinpora couseriptar et deductae“ (Frantf. 1580, 1
Fol.); 2) „Monunenta illustrinm eruditione et dactrina yiroram figw#
ficiosissimis expressa“ (ebendaf. 1585, Fol.). Er gab ferner auf ſein
das „„Gynaeccum‘“ , eine Sammlung von Sraurntsachten, heraus, —
Sigismund F. folste 1580 feinem Water in bemfelben Gewerbe:
mehr Kupferſtichſammlungen erfcheinen laſſen.
a Zeit. Hier machte er unter dem Namen der Wiſſenſchaftslehre ein
des Spftem bekannt, welches er früher auf dem: Kant'ſchen fortbaute,
m letztern er aber nachher ſich immer welter entfernte. Wegen eines,
vihns herausgeg., Phlioſophiſche Journal“ (B. 8, H.1) eingerüdten
‚über den Grund unfere Glaubens an eine göttliche Weltregierung”, fiel
Iedacht einer irreligiöfen Denkart, wodurd) eine Unterſuchung veranlaßt
the bei der aufgefjäcten, milden weimarifchen Regierung feine nach⸗
eigen für ihn gehabt haben würde, wenn er nicht mit Niederlegung feiner
pt hätte, bie feine ſtrenge Waprheitsliche ihm Sur Pflicht machte, wors
vEntlaſſung erhielt. Cr fand eine freundliche Aufnahme im preuß.
ke eine Zeitlang in Berlin, und ward im Sommer 1805 Profeflor dee
kin Erlangen, mit der Erlaubniß, den Winter in Berlin zuzubringen,
Web franz. = preuß. Krieges ging er nach Königsberg, wo er eine kurze Zeit
m bielt, kehrte aber nach hergeftelltem Frieden nach Berlin zurüd, und
I bei der neu errichteten Univerfitäe als Profeffor der Phitofophie anges
tz war ein Dann von großem Scharffinn und hoher Beredtſamkeit in
wage, In feinen weniger wiſſenſchaftlichen Werken ift ein Mufter
koia aufgeftellt. Beinen Einfluß auf die Beifterweit, den großen und
tie letzte Zeit der Selbftfucht fo wohithaͤtigen Anftoß, den er ihr gab,
wende, und ihn wird erft die Nachwelt ganz unpartrüifch beurtheilen.
a war immer auf das Ewige und Hoͤchſte gerichtet. Mit beifpiellofer
Staͤcke des Geiſtes durchdtang er die Tiefen des menſchlichen Wiſſens,
z ein neues Syſtem ber Philofophle, welchem er jedoch fpaͤter nicht ganz
ra iſt, indem fein religioͤſer Sinn Ihn in dem innerſten Gemuͤthe (Ich)
5. Das frühere Princip deſſelben follte der Sag fein: A—A
35 Das Ich ift das Abſolute, das ſich ſelbſt fegt, Dieſes Ich
18 cin reines Handeln gedacht werben, das aber, weil es in gewiſſe uns
Schranken elngeſchloſſen ift, ſich in feiner Thaͤtigtelt gehemmt ficht,
möge dieſes Anfloßes ein Nicht: Ich fest, und es ald eine objective
mt. Das Ich kann ſich daher nicht ſelbſt ſeben, ohne zugleich ſich
icht⸗ Ich entgegenzuſetzen / das aber eben darum ein blofes Erzeugniß
Das Fichte’ fche Einften ift fonach ein firenaer Idealigmus. indem
104 Fichtelberg Ficinus
meinen Umtlffe” (Berlin 1810) und die „Anwelſung zum ſeligen Leben“ (fi
1506). Den Geiſt zu erheben Uber Körper und Sinnlichkeit, nur des Geiftel
ben als wahres Leben, alled Andre als Scheinleben darzuftellen, und dadurch
Gemuͤth zu entflammen zu hächfter Reinheit, Tugend und Selbftverleugnung,
war fein taͤgliches Streben als Lehrer und Schriftſteller, und was ihm fo ber
gelang in ben jungen Gemuͤthern, nicht bloß duch bie ihm ganz eigne Kraft des
dankens und der Sprache, fondern mehr nod) durch die Gewalt ſeines ga
Seins, dadurch, das er es nicht bloß fagte, fondern war. Denn was bi
sußerordentlichen Geifte die Krone auffetzte, war ein Herz, wahr und rein,
empfänglich für alles Schöne und Gute, für Freundſchaft und Liebe, eine &
—8 Rechtſchaffenheit, die hoͤchſte Wahrheitsliebe und wahrer Heldem
in Vertheidigung berfelben, der bei der Feſtigkeit feiner Überzeugung und be
Abgeſchioſſenheit ſeines Charakters jedoch oft in Eigenfinn, Hartnaͤckigkeit
wiſſenſchaftliche Unduldſamkeit ausartete, was ihm nicht felten geoße Unanım
lichkeiten und Feindſchaft zuzog. Mit weichem Muthe trat er 1808, mitt
bem von Franzoſen befegten Verlin, als echter deutfcher Mann auf, hielt
„Reben an die deutſche Nation” (Berlin 1808), und verfündigte ſchon de
den Kampf des guten Principe mit dem Bölen, den wir hernach fo herrlich l
Wirtklichkeit uͤbergehen ſahen. Wie Fichte für das Gute lebte, fo flarb ah
Seine würbige Gattin, eine geborene Schweizerin, hatte fich, nicht bloß aus
Antrieb, fondern aud) auf feine Auffoderung, der Sorge fuͤr die Militaich
in Berlin gewidmet; fie ward vom Hospitalfieber befallen, von bem fie a
genas; ihn traf es, um ihn, im San. 1814, in feinem 51. Jahre der We
3 Er hinterließ einen Sohn, ber ſich ebenfalls der Philoſophie g
met Dat.
Kichtelberg. Zwel Berge führen diefen Namen. 1) Der Ficht
im Fürftenthum Baireuto (bairifhen Obermainkreis), aus dem mehre 1
reihen nad) allen Gegenden auslaufen. Er ift mit Fichten bewachſen, um
gegen fieben Meilen in der Länge und Liber vier in der Breite. Die Haupt
der beiden Bergruͤcken, aus denen dieſes Gebirge befteht, iſt Granit, die S
zweige aber, vorzuͤglich gegen die Regnitz hin, find Kalkſtein. Er ift te
Eifen, Bitriel, Schwefel, Kupfer, Blei, Marmor. Bei Wunficdel ſieht
auf einer Anhöhe dieſes Gehirges die Luxenburg, worauf das zerftörte Raub
Rudolfſtein geftanden. Die vornehmſten Epigen find ber Schneeberg, 368:
body, der Ochſenkopf, 3621 F., der Kichtelberg, 3521 F., der Zinnberg,
5. hoch. Auf dem Scylofberge iſt der Fichtelfee, ein garz mit Moos und |
bewachfenes Gewaͤſſer, 164 Schritte im Umkreiſe. Es entipringen auf |
Gebirge die Saale, Eger, Nabe und der Main. 2) Der kleine Fichtel
bei Wiefenthal, der hoͤchſte Berg (3731 par. F.) im fächfiichen Erzgebirge.
ihm entfpringen bie Zſchoppau, Mittweida u. f. w., bie fhöne Waſſerfaͤlle
S. Helfrecht's „Befchreib. des Fichtelgebirge” (2 Thle., 1799), und die „N
farit, Zeſchreb. des Fichtelgebirgs von Goldfuß und Biſchof“ (Nuͤrnb.
ẽ.
Fleinus (Marſilins), ein beruͤhmter Arzt zu Flotenz, welcher u
Studium der Platon'ſchen Philofophie in Stalien fi) großes Verdienſt er
bat. Sein Vater war Leibarzt des aͤltern Cosmus von Medicis, den die
fhäste. Ficinus war 1433 zu Florenz geboren ; da man ausgezeichnete 3
in ihm erblidte, fo ließ Cosmus ihn in den alten Sprachen unterrichten.
terhin trug er Ihm bie lÜberfegung des Mato und der Neuplatoniker ind Lat
auf und bediente fich feiner zur Stiftung einer Piaton’fchen Akademie (um
F. unternahm dieſes Gefchäft mit um fo größerer Liebe, weil er die Pla
Philoſophie als ein Vorbereitungs⸗ und Vefrftigungsmittel des chriſtlicher
Fictionen Fiebe 105
te. In der Darftellung biefer Philoſophie unterſchied er freilich nicht
ı Plato und die fpätere Neuplatoniſche Schule, wie auch aus feiner
Platonica‘® ober „„De immortalitate animorum ac aeterna felici-
jeht, in welcher er vornehmlich die Unfterblichkeit der Seele gegen die
feiner Zeit vertheidigt. Dazu gefellten fi) auch viele unklare und
x Anfichten, 3. B. aftrologifche Lehren, die er jedoch fpäterhin aufgab.
39, nachdem er durch Schriften und Vorträge eifrig für die Platon’s
bie gewirkt und viele wadere Schuͤler gebildet hatte. Seine lateiniſchen
rerſt gefammelt herausgeg. worben Baf. 1561, 2 Bde., Fol. T.
onen, in den Geſetzen angenoramene VBermuthungen, gegen welche
it dem Beweiſe des Gegentheils gehört wird. Je ftrenger ein Rechtes
ſelbſt fortgebilbet worden ift, durch confequente Entwidelung weniger
mdlagen, deſto öfter ift es nöthig, einzelnen Härten deffelben dadurch
daß in ſolchen Fällen entweder auf einen erweislich eingetretenen Um⸗
ne Ruͤckſicht genommen wird (3. B. wenn ein römifcher Bürger, nach⸗
Teſtament gemacht hatte, in feindliche Gefangenſchaft gerieth und darin
Rahm man vermöge eines Gefeges vom Dictator Sulla an, daß er vors
ı fei, und erhielt das Zeflament bei Kräften), oder man einen andern
denen Umſtand dennoch als vorhanden anfieht, wie z. B. in England
der Exchequer in gewöhnlichen Scyhuldfachen nur dadurch competent
er Kläger fingirt, er ſelbſt fei dem Könige ſchuldig und Eönne nicht bes
u ikm nicht gegen den Beklagten zu feinem Rechte verholfen werde,
x Recht ift reich an folchen Fietionen, aber das Engliſche noch vielmehr,
ar eine Unvollfommenheit des Rechtsſyſtems. 37.
go, ſ. Hidalgo.
icommiß (jur.), die Beſtimmung eines Erblaſſers, daß fein Erbe
Sache ( Singularfideicommiß, Legat) ober einen Theil, ober das
khfchaft (Univerfalfideicommiß) an einen Andern entweder fofort, ober
zeiffen Zeit, auch wol bei dem Eintritt gewiffer Bebinyungen heraußs
Der Erbe, welcher die Erbſchaft abzutreten hatte, hieß Gduciarius,
yr fideicommissarius. Unter Veſpaſian wurde verordnet, daß der
der Herausgabe den vierten Theil der Erbfchaft fuͤr ſich behalten dürfe
sultum Pegasionum; quaria Trebellianica).. Davon find die .
„mmifle ſehr verfchieden, indem diefes Stiftungen find, wodurch eine
saffe für unverdußerlich erfiärt, und die Ordnung vorgefchrieben ift,
die Mitglieder einer Familie oder andre dazu Berufene einander in dem
r Gütermaffe folgen follen. Dergleihen Fideicommiffe bedürfen
Hen Lundesgefegen, und vermöge allgemeiner Grundfäge immer einer
3 Staats, da fie, wenn fie fehr häufig werden, in alle Verhaͤltniſſe
1Weſens fehr tief eingreifen. Der Stant Eann daher aud) die beftes
:ommiffe fuͤr auflößlich erklaͤren und die Verwandlung in freies Erbe
a bergleihen Kamilienfideicommiffen (fideicommissis successivis )
bh die quarta Trebelliunica nicht abgezogen. In Frankreich rourden
Revolution alle Sideicommiffe aufgehoben und für die Zukunft vers
8 Geſctz beſteht noch; doch wurden 1326, zum Vortheil der Urenkel
jen, in dieſem Zuſammenhange alfo Fideicommiſſe, bis auf den zweiten
ſtammung geſetzlich erlaubt. 37.
er (ſebria), eine allgemeine Krankheit des Körpers, welche vom
keme ausgeht und von dieſem ſich uͤber mehre Organe des Körpers
Daher ift veränderter Pulsſchlag und veränderte Temperatur des Koͤr⸗
imttiche Erſcheinung beim Fieber, welcher fid) gewöhnlich noch Störm:
sunctionen im Koͤrper (Durft, Mangel an Eßluſt, Abgeſchlagenheit ıc.)
106 Sicher (gelbes).
binzugefellen. Fieber begleitst die meiften Krankheiten bes Koͤrpers und if
eine heilſame Beſtrebung ber Natur, die Krankheit gluͤcklich zu heben, the
Zeichen, daß die Krankheit den Körper überhaupt und das Gefaͤßſpſtem ini
dere in bebeutsende Mitleidenheit gezogen habe. So verlaufen die acuten Auı
ten (Katarrh, Bruſtentzuͤndung, Scharlach 2c.) in Begleitung von Sieh
werden von biefem zur Kriſis und gluͤcklichen Brendigung geführt; fo nehme
fiebertofe chronifche Krankheiten den Fiebercharakter an, wenn fie fo heftig n
daß fie das Leben des ganzen Körpers ergreifen, 3. B. bösartige Flechten, :
rungnac. Als felbftindige Krankheitsform erfcheint das Fieber yronifch a
tes oder Mechfelfieber, acut als reines Gefäße oder Nervenfieber. Dad
zeichnet ſich überhaupt durch einen regelmäßigen Verlauf und durch deutliche.
aus; der erfle zeigt fich in den fogenannten Stadien des Fiebers, deren ma
annehmen kann: das der Vorboten, der Zunahme, der Höhe, der Abnahn
der Miebergenefung; die Krifen treten in dem Zeitraume der Abnahme ein
wenn fie gehörig von flatten gehen, ift meiſtens der Ausgang ein gluͤcklicher.
theilen kann man die Sieber 1) nad ihrem Typus, in anhaltende (febres
nuae continentes), in nachlaſſende (febres continnae remittentces) und
fegende oder Wechfelfieber (febres intermittentes) ; bei den anhaltenden I
ift eine Kortdauer der Krankheit ohne Unterbrechung vorhanden ; bei den nady
den vermindert ſich zu gewiffen Zeiten die Zahl und Heftigkeit der Sp
Machlaß, Remiffion), und kehrt zu andern wieder in früherer Stärke zur
ſchlimmerung, Eracerbation) ; bei den ausſetzenden Fiebern verſchwinden fi
Beitlang bie wefentlihen Spmptome ganz (Intermiffion, Apprerie) und keh
Anfall, Paroxysmus wieder zuruͤck; diefe legtern ausfegenden oder Wechfi
theilt man wieder nad) der Länge der typifchen Periode ein, in eintägige (qua
nae), bei denen der Anfall täglich, breitägige (tertianae), bei welchen et
Tag um den andern, viertägige (quartanae), bei welchen er am vierten Tas
derkehrt. 2) Nach ihrer Dauer und ber Regelmaͤßigkeit ihres Verlaufe theil
die Fieber ein in acute und chroniſche. 3) Nach ihrem Charakter in Entzünl
fieber, Mervenficber, Faulfieber. 4) Nach den dabei vorfommenden dr
Krankheiten ober befondern Zufällen in Darmfieber, Gallenfieber, Schleiz
Schnupfenfleber, Ausfchlagsficher, Wundficher ıc. Die Behandlung der
kann, wie man aus dem Bisherigen erficht, weder eine allgemeine, für alle
paffende, noch auch eine leichte fein; ja in den meiften Fällen ift das Fiel
nicht Gegenftand der Arztlichen Kunft, indem es zur Deilung gewiſſer Eranl
Buftände mefentlich erfodert wird; es au vertreiben, mürde alfo ein zwar li
aber für den Kranken höchft verderbliche® Unternehmen fein. Unter Firbı
ſteht der gemeine Dann meiſtentheils nur das kalte Ficher, unter Fiebermitte
auch nur Mittel gegen diefe Fieberart. Im allgemeinern Sinn kann es
rationellen Medicin gar keine Fiebermittel geben. 168.
Fieber (gelbes), eine durch den Handel aus der neuen Welt nad) G
verpflanzte peftartige Krankheit, ift fehon laͤngſt in ben weftindifchen Coloni
in allen tropifchen Gegenden als ein heftiged, mit Gelbſucht und ſchwarzem!
chen verbundenes Ficber einheimifh. Es vernichtete Cromwell's Macht,
1635 Jamaica erobert hatte. Vorzüglich verheerend aͤußerte es fich feit !
damals ward es zuerft In Deutfchlund bekannt, und von den: Engländer £
befchrieben. 1793 zeigte es zum erſten Male außer den tropifchen Gegende
verheerenden Wirkungen. Weftindifhe Schiffe hatten es nach Philadelpl
bracht. 1798 wuͤthete es in den Ver. Staaten, und durch ein in Cadiz anı
menes ameritantfches Schiff brach diefe occidentalifche Peft in ber Nähe der
aus, und verbreitete fid) in ganz Andaluſien. Vorzuͤglich ſtark mar die Sti
Belt unter den jungen Perfonen männlichen Geſchlechts. In brittehatb M
Sielbing 107
n 100,00 M. Mit dem Eintritt der kuͤhlern Jahreszeit ließ fie hier
h, ergriff dagegen aber Malaga und andre Gegenden, die fie verwüftete,
ingerte Bevoͤlkerung ihr ein Biel feste. Sie war indeß nur auf kurze
m, und Echrte 1804 mit fo verwüjtender Gewalt wirder, daß fie in
enaten ein Drittel des Vrvölferung von Malaga tvegraffte, und fich
zen Küfte des Mittelmeers verbreitet, Man bemerkte damals, daß
ichiiche Perſonen minder einwirkte als auf ftarke, daß dem weiblichen
ine ungleich geringere Gefahr drohte, und alte Frauen gunz verfchont
h daB Niemand zum zweiten Dial davon angefalien ward. Seitdem ift
sit öfter in fpanifchen und portugiefifchen Häfen von Amerika aus vers
en; doch befaͤllt fie nicht leicht Bewohner höherer Stockwerke, und ift
sen in der Mühe fautender Sumpftuft. 1821 fam das gelbe Ficber bie
ihn Häfen von Gatalonien, in Nordamerifa bis Bofton, Es wird
ich weiter noͤrdlich verbreiten, anfer etwa In den heißen Monaten und in
Ne wegen fumpfiger Pläge In der Nähe eine an Stickluft ſchwere At⸗
sfieen. Schlechte, ungefunde Sciffsprovifionen, als Dauptnahrung
m, greifen bie Geſundheit dee Sceleute an, und fie find nach geſchwaͤch⸗
beit dem gelben Sieber ausgefehter ats fonft. ©. Bally's Schrift: „Du ty-
nérique ou la fiörre jaune‘* (Paris 1814) und die „Medicin. Geſch.
Fiebers in Gatalonien 1821, von Bally, Frangçois und Parifot; a. d.
ı &iman‘ (Berlin 1824).
Bing (Den), ein in ber Gattung bed Familienromand berühmter
Dichter, geb. am 22. April 1707 zu Sharpham » Park in der Grafichaft
ſtammte aus einem edlen, dem herzogl. Haufe Kingfton verwandten
„ und war dadurch auch mit der berühmten Marie Worthfey Montague
. Erin Vater, englifcher General, hatte eine zahlreiche Familie, und
nd, den diefe einem Manne Eoftete, dem uͤberdies leichtfinnige Sorglofig»
war, ſcheint die erſte Urfache geweſen zu fein, daß Sielding früh in jene
Lage geworfen ward, womit er faft wiihrend feines ganzen Lchens zu
ette. Er empfing ben erften Unterricht von einem Geiftlichen, Namens
eihen er in dem Pfarrer Trulliber, in feinem Romame „Joſeph Ans
fdhildert hat. Dann Fam er auf die Schule zu Eton, wo jene Neigung
we Gelehrſamkeit in ihm geweckt wurde, deren Spuren man in alien
hriften findet. Zum Rechtsgelehrten beftimmt, ging ci nad) Leiden,
ir Eifer feiner Wiſſenſchaft gewidmet haben foll. Die Unterftügung
eimath aber blieb bald aus, und Fiedling fah ſich in feinem 20. Jahre
nach London zuruͤckzukehren. Der lebensluftige Süngling, der bei einer
gen Geſtalt eine ungeroöhneich rüftige Körperkraft befaß, uͤberließ ſich
emnn allım Lodungen zu Ierftrenungen und Ausichweifungen, und fein
eriht im Stande, ihn hinreichend zu unterftügen. Fielding mußte die
el, die er kei feiner Lebensweiſe immer dringender brauchte, in feiner Fe⸗
Er hatte, wie er zu fügen pflegte, Eeine andre Wahl, als ein Lohne
ber cin Lohnkutſcher zu werden. Anfänglich ſchrieb er für die Bühne,
er Zeit, wo Congreve, Farquhar und Vanbrugh ihre Geiftesgaben ihr
in hohem Anſehen ſtand. Seine beiden erften Stüde, „love in se-
»ks““ und „The Temple Betu“, fünden eine Zeitlang Beifall. Luſt⸗
Poſſen singen nun raſch nad) einander Über die Vreter, und von 1727
wurden deren 18 aufgeführt; bod) ift von feinen dramatiſchen Arbeiten,
ı überhaupt 28 zähtt, heutiges Tages nur noch das burleske Trauerfpic:
un" („Thom Thumb‘) und die beiden Poffen: „Der falſche Arzt” („The
tor") und „Das rinkevolle Kammermädchen‘‘ („„The intrigaing cham-
*) bekannt. Alle biefe Schaufpiele warf er mit forglofer Eile zuſanimen,
108 Flelding
und es war nichts Ungewoͤhnliches, daß er an einem Vormittag eir
vollendete, und ganze Auftritte auf das Papier fchrieb,, worin fein
gervickelt war. Bel einzelnen Bligen feines Geiftes und manchen all
in der Charakterzeichnung, find fie doch nicht unverdient in Vergeſſe
fie leiden beſonders an einer Schwerfältigkeit, die fid) aus dem Umft«
bing fid) hier nicht in dem feinen Geifte zufagenden Felde befand,
möchte. Die ungewiſſen Hülfgmittel, welche die Bühne ihm gab,
durch zu fichern, daß er 1785 an die Spitze einer Geſellſchaft trat,
taffenen Schauſpielern fammelte, und die unter dem Namen ber
truppe bed Groß: Moguls feine Stuͤcke auf dem Eleinen Theater in H
führen follte; aber der Plan mißlang. Bald nachher verheirathi
einem fchönen und llebenswürdigen Mädchen, die ihm eine Mitg
Pfund bradyte, und da er um biefelbe Zeit durch den Tod feiner Mi
gut in der Grafſchaft Derby erbte, das jährlich 200 Pfund eintru—
ein Einfommen, wovon man zu jener Zeit anftändig leben Eonntc.
Land, nahm aber zum Unglüd feinen Leichtfinn mit, und in drei Ä
ohne Landgut, ohne Dbdad), ohne einen Schilling Einkünfte, und
ſcheinlich weiter nichts mit nach London als die Kenntniß des Landle
Annehmiichkeiten, die ihn fpäter in Stand fegten, den unvergleich
Meftern (im „Tom ones’) zu ſchildern. Ex widmett fich nun wire
wiffenfchaft, und nad) der gewöhnlichen Vorbereitung im Temple
Sachwaltergeſchaͤfte; die Ältern Itcchtögelehrten aber, die auf das Sc
juͤngern Berufsgenoffen einen förbernden oder hemmenden Einfluß :
Stande find, mochten einem Schöngeift und Lebemann nicht fo viel &
daß fie ihm Aufträge hätten geben mögen ; auch foll Fielding durch
diefes Mißtrauen gerechtfertigt haben. Als Gichtbeſchwerden, die
Folgen feiner Lebensweiſe, feine Kräfte untergruben, nahm er feine 3
sur Bühne, aber ohne Erfolg; politifche Streitfchriften, Flugblaͤtter
in Zeitichtiften gaben ihm zunächft die Mittel zum Unterhalte der Sei
lich führten ihn zufällige Umftände um 1741 dahin, ſich einem Fach
das cr aus dem Verfalle, worin er e8 fand, erheben und zu einem c
biete der englifchen Literatur umbilden follte. Unter allen Erzeugni
ſchen Genius find Fielding's Romane vielleicht am meiften volksthuͤn
nicht nur im eigentlichften Sinne des Wortes unüberfegbar, fonder
felbft von denjenigen Bewohnern Schottlands und Irlands, die mit
Sitten und Eigenheiten nicht ganz vertraut find, kaum völlig verfti
noffen werten koͤnnen. Diele Volksthuͤmlichkeit ſcheint darin ihren Or:
daß Fielding in verichiedenen Lebenszeiten einen genauen Berfehr mi
claffen in England hatte, aus welchen er, unnachahmlich in feiner \
(ebendiger Schilderung, feine Bildniffe aufgegriffen hatte. Der $
mela“, der 1740 erfchien, hatte Richardſon (f.d.) berühmt ger
ding war c6 vielleicht uͤberdruͤſſig, ein Buch uͤberſchaͤtzen zu hören, d
von der Kanzel empfahl, vielleicht mar ihm auch, als einem Scyifti
das tägliche Brot arbeitete, jeder Gegenftand willlommen, der aerat
befchäftigte, oder vielleicht Eennte er ſich nicht enthalten, die Göten
verfpotten; genug er wollte die Darftellung, die Grundfäge und C
viel gelefenen Buches in ihrer Eomifchen Seite zeigen, und fo entftand
des „Joſeph Andrews”. Die fo fein verfpottete „Pamela“ iſt faft v
„Joſeph Andrews“ wird immer gelefen wegen der trefflichen Sitteng,
uns liefert, und vor Allem wegen der unvergleichlihen Schilderung
Adams, die allein hinreichend fein wuͤrde, Fielding's Vorzüge in dir
begründen. De gekraͤnkte, für Lob und Schmeichelei fo empfänglic
Fielding 109
) beietbigt, und feine Erbitterung fo groß, daß er Fielding, ſelbſt nach
mit den unedelſten Schmaͤhungen verfolgte; dieſer hingegen ſcheint
tigen Angriffe nicht erwidert zu haben, und wenn er ungereijt bie erſte
; aufügte, fo ließ er auch zuerft vom Kampfe ab, und geftand feinem
t öffentlidy die Vorzüge zu, die ihm gebührten. Nach der Herausgabe
and wollte er fich wieder zur Bühne wenden, und ſchrieb ein Luſtſpiel,
zeittag““, das legte Stuͤck, das bei feinen Lebzeiten aufgeführt wurde,
ınzen wenig Beifall fand. Sin den nächften Jahren gab er, außer ver⸗
Augfchriften, einen Band vermifchter Auffäge heraus, worunter aud)
aus diefer in bie andre Melt’ war: eine Schrift, die viel von ber ihm
je enthält. Darauf folgte die „Geſchichte Jonathan Wild's des Gro⸗
n er einem berlichtigten Räuber eine Reihe erdichteter Abenteuer beilegte.
‚ die Anlage des Buches ungeſchickt und die Schilderung des vollendeten
üditogend ift, fo gibt ed doch in Fielding's berähmtern Werken wenig
ie mehr das Gepräge feines eigenthümlichen Geiſtes hätten, als die
hen dem Räuber und dem Öefängnifiprediger. In derfelben Zeit gab er
a: Schrift („The Jacobite - Journal‘) heraus, die gegen die Grund⸗
abänger ded Haufed Stuart gerichtet war. An ähnlichen Merken, bes
der Zeitfchrift „Ihe Champion‘, hatte er bedeutenden Antheil; aber
für die Grundfäge der Whigpartei blieb lange unbeachtet, während
von weit geringern Vorzuͤgen freigebig belohnt wurden. Endlich ers
19 ein kleines Jahrgeld, nebft dem Amt eines Friedensrichterd von Weſt⸗
bMiddlefer, das zu jener Zeit deßwegen verrufen war, weil diefer Bes
a die fonft gewöhnliche Einrichtung, für feine dem Gemeinweſen gelcis
ke Gebühren erhielt, und dadurch verleitet wurde, jeden unbedeutenden
vor feinen Richterſtuhl kam, anzufachen, und feinen Unterhalt von
Gaunern zu ziehen. Fielding, nie zart und ekel in der Wahl feines
murde es noch weniger in den Verhältniffen, worin fein Amt ihn
ch hat ihm Niemand vorgeworfen, daß er dabel je die Grundſaͤtze eines
Nannes verleugnet habe, oder feine eigne Angabe bezweifelt, daß er ein
men von 500 Pfund, in dem fehmusigften Gelde auf Erden, wie er
00 herabgebracht habe, wovon ein anfehnlicher Theil feinem Schreiber
ei. Während diefer Zeit fchrieb er einige, durch feine Berufsgefchäfte
(bhandlungen, unter Anderm eine Unterjuchung uͤber die Zunahme von
Miubern, die viele gute, zum Theil fpäterhin von der Regierung bis
e enthält, und ein Werk. über das engl. Recht, das er hundfchriftlich
Unter allen ben nachtheiligen Umſtaͤnden, worin ſich ein Schriftiteller
bad von unangenehmen Amtsarbeiten, bald von der Nothwendigkeit
ir, fih durch Flugſchriften das tünliche Beduͤrfniß zu verfchaffen, ent:
deiſterſtuͤck „Tom Jones“, das 1750 erfchien, und durch vorzuͤgliche
ind gluͤckliche Entwidelung der Gefhichte, durch wahre, Eräftige und
zarakterſchilderung die hohe Auszeichnung verdient, bie cs erhielt. Es
leuanen, wir finden auch in dieſem Werke zuweilen Anlaß zu glauben,
6 Begtiffe von Anftand und Achtbarkeit, durch feine unglücklichen Re:
iffe, und durch den Umgang, wozu diefe ihn verurtheilten, ein wenig
igt waren, dagegen aber muß für manche anftöfige Stellen die Sitte
die in gewiflen Fällen eine Eräftigere Sprache erlaubte als unfere
huldisung geben. Nach den Anfichten unferer Zeitgenoffen gibt es
‚darin, die das Zartgefühl zuruͤckſtoßen; nur daß fie eber ſpaßhaft roh,
nd zu nenmen find, und daß fie Durch den Geift und die Gruͤndlichkeit,
km Stellen die Sache der SittlidyEeit geführt und gefoͤrdert wird, ver:
. Er ſchildert das Leben, wie cd war, mit allen feinen Schatten, und
t10 Fiesco
mit mebr als allen Lichtern, die jene zuweilen heben. „Amalia“ (1751) 1
ding’s letztes Werk von Bedeutung, aber im Ganzen weniger anzichend,
ſeph Andrews“ und „Tom Jones“, wiewol e8 durch Charaktere gehoben ı
mit einer Kraft und Schärfe gezeichnet find, wie es nur Fielding vermod)te
feäherer ungluͤcklicher Verfuche, unternahm ex eine neue Zeitfchrift: „Das
von Coventgarden” ; aber ed war fein Schler, daß er Eein Unternehmen der
zu fchriftftellexifche Gewandtheit, Wit und Keuntniffe ihn ausgezeichnet
machten, fortführen Eonnte, ohne fid) in Parteigesink und unbedeutende ı
keiten einzulaffen, wie er denn auch bei diefer Örlegenbeit unter Auderm mit ı
Let (f.d.), der fonft unterallen Schriftitrileen am meijten fein Geiſtesverwan
in eine Fehde gerieth, die beiden Parteien keinen Ruhm brachte. Field
benskraft war indeß faſt eefhöpft, und bie Anfttengungen, womit er den !
damaligen Minifters, heimlichen Räubercien vorsubauen und die Polizet dei
ſtadt zu verbeſſern, unterflügte, untergrub vollends feine zerrüttete Gef
Auf den Rath feiner AÄArzte ging er 1754 nad) Portugal. Unterwegs fchrich e
zitternden Hand eines Eterbenden die unvoliendet gebliebene „Reife nach &i
ein auffallendes Beifpiel feiner natürlidyen Sertenflärke, welche, mit Niede
genheit und —— Reizbarkeit kaͤmpfend, hier noch immer einige X
alänzendften Witzes leuchten ließ. Drei Donate nach feiner Ankunft in!
ftarb er, 48 Jahre alt, in der Kraft feines gereiften Geiſtes. Seine U
oft, 3. B. mit feiner Lebensgeichidhte von Murphy (1754, in 10 Bi
feine Romane neuerlich im erften, audy unter befonderm Titel verkaͤuflicher
der in Edinburg erfchienenen „„Novelist’s library, mit einer trefflichen,
fem Art. benutzten biographifch s Eritifchen Einlesung von Walter : Scott,
gegeben worden. Bon „Tom ones” lieferte Bode cine Verdeutſchu
neuefte ift von Wilhelm von Lübemann (+ Bde., 1826).
Fiesco (Biovannt Luigi de’ Firschi), Graf von Lavagna, ein|
unternehmenber, ftolagefinnter Mann, eutſproſſen aus einem der edelſten G
ter Genuas, dem die Natur neben allen Eigenſchaften, welche die Liebe ı
wunderung der Menge zu feffeln vermögen, ein Herz vo Ehrſucht und Hı
gier gegeben, und ber, dem täufchenden Schimmer einer Krone einen gli
Privatſtand aufopfernd, faft am Ziele cines kuͤhnen Unternehmens von di
des Schickſals ereilt ward. Fiesco ward 1524 oder 1525 geboren; di
liche Erzichung bildete frine großen Anlagen, ımd der frühe Tod feines Bit
ihn in den Beſitz eines beträchtlichen Vermögens. Allein ſchon im 11. Jahre
ibn fein unruhiger Ehrgeiz in eine Unternehmung wider fein Vaterland, w
fonft verbienftvoller Genuefer aus Unzufriedenheit mit der Regierung aus:
ſuchte; nur F.s große Jugend rettete Ihn ven ber Strafe. 1544 nahı
einem andem Entwurfe, Genua mit franı. Truppen zu überfallen, Th
jedech unterblich, weil das dazu bejtinnmte Corps auf feinem Marfche vo
Corps ſtreicher geſchlagrn wurde. Zu F. s Ehrgeiz kam bald auch Eiferf
bas große Anſehen der Familie Doria, und ein darch erlittene Beleidigunger
aufgeregter Daß gegen Joh, Doria, den Neffen des Dogen. F. ſah fein
Mittel, den künftigen Negenten Genuas zu ftürzen, als den Umſturz der
Megierung ; da Frankreich und der Papſt ſchon längft mit Genua und Dor
überhaupt mit bee Macht bes Kalfers in Italien unzufrieden waren, fo we
fid) an Beide. Er ging felbft nad) Nom; die ihm vom Papſte vorgeſch
Vedingungen nahm er nicht ſogleich an, kaufte jedoch 4 Galeeren, die be
zu bemannen verfprochen hatte, umter dem Vorwande, fie unter feinem
Hieronymus gegen die Türken kreuzen zu laſſen; 2000 M. Hülfstruppen
ihm überbieß von dem Herzog von Parma verfprochen. Durch biefe Zufi
gen aufgemuntert, durch Johann Doria's wachfenden Übermuch noch mel
Fiesco 111
e ſchon in bie paͤpſtilchen Bedingungen gewilligt, als er ſich entſchloß,
rtrauteften Freunde, Vincenz Calcagno, Sohann Verina und Rafael
⁊ dieſen Plan um Rath zu fragen. Verina behauptete, daß Fiesco
msroÄrtige Huͤlfe gebletender Herr von Genua werden inne, und feine
rhielt bei dem Grafen Die Oberhand. Dean nahm nun nähere Maßre⸗
od der Dorla wurde befchloffen; die drei Freunde des Grafen follten,
ihr Vorhaben zu entdecken, fo viele Anhänger, als möglich, zu wer⸗
der Graf ſelbſt bewarb ſich mehr als jemals um die Liebe des Volks, die
mos, bewies dem alten Doria große Ehrfurcht, und uͤberhaͤufte den juugen
ihaftsverfichrrungen. Den Sommer brachte er auf feinen Guͤtern zu,
ine Vaſallen in den Waffen, unter dem Vorwande, daß er einen Angriff
ı von Parma befürchte, lleß auch eine feiner vier Galeeren nady Genua
mter dem Vorgeben, fie gegen die Türken auszuchften. Er meldete
strauen dem jungen Doria, und feste hinzu, daß er eine große Anzahl
Ken kommen laffe, um aus ihnen die beften Leute zue Bemannung feiner
u wählen. Es fiel dahes nicht auf, als man viele beivaffnete Leute bei
s ankommen fah. Verina hatte indeß auch einige. hundert Bürger auf
gebracht. Die Ausführung des Unternchmens warb auf einen Tag
welchem der Graf, bei Gelegenheit der Vermählung feines Schwas
er Echwefter des jungen Doria, ein Gaſtmahl gab. Allein da beide
tOheim wegen Krankheit, der Neffe wegen einer andern wichtigen An⸗
be Einladung ausſchlugen, fo ward die Nacht zwifchen dem 1, und 2.
dazu beftimmt. Am 1. San. meldete Ficsco bem jungen Doria, daß
Nicht feine Galeere auslaufen laffen wolle, und bat um die dazu nöthie
, mit der Bemerkung, es ſich nicht befremden zu laffen, wenn babei
aͤuſch entfichen ſollte. Diefer, dadurch gefchmeichelt, verfprad) dem
#, was er verlangte, und nahm e8 über ſich, bei feinem Ohe'ni die Ges
aussınrirfen. Verina batte indes 23 der varnehmſten Bürger bei
rFreunde gleichſam zufällig verfammelt; diefe lud der Graf zu einem
In feinem Palaſte ein, wo Jedermann hinein, aber Niemand herausge⸗
re. Sie erfchienen ; der Graf theilte ihnen feinen Plan, Genus von
ru befreien, mit, und foderte fie auf, den Ruhm diejer Unternehmung
theilen. ur zwei von ihnen fdylugen es aus, die indeß In ein Zimmer
eingeſchloſſen wurden. Jetzt erft, während die Verſchworenen eine
geit genoſſen, entdeckte der Graf fein Vorhaben auch feiner Gemahlin,
nwor, daffeike auſzugeben. Allein der Graf blieb gegen ihre und feines
anſa Vorſtellungen unbeweglich, und kehtte zu den Verfchworenen zus
na ließ auf der Galeere des Grafen, der Verabredung gemäß, eine
mern, der Graf bemaͤchtigte ſich der Galceren Doria’s, feine Bruͤder
There, und beide Doria follten nun im Palaſt ermordet werden,
efe Laͤrm wedte die Doria. Der Neffe, bie Urfache vermuthend,
), um Unordnungen vorzubeitgen, an das Thor bed Hafınd. Die
m öffneten e&, und in bemfelben Augenblick ward er niedergeſtoßen.
dreas Doria wurde Indeffen ducch feine Vedienten, zu Pferde, durch
3 Thor der Stadt auf ein entfemtes Schloß gebracht. Gleich zu An⸗
mults hatte ſich Fiesco nad) dem Hafen begeben, und gerufen: „Es
wie’ Der Ausruf wurde von den Galeerenſelaven wiederholt: allein
teen lebtern Ausſchweifungen befücchtete, wollte cr, um Befehle zu
iſt Die Galeeren befteign. Indem er aber den Fuß auf ein vom Ufer
on führendes Bret feste, ſchlug dieſes um, er ſtuͤrzte ins Waſſer, und
nn feinen ſchweren Waffen nicht losmachen konnte, Niemand bei ihm
ı Rufen bei dem großen Tumult nicht gehört oder nicht beachtet wurde,
112 Siefole
verſank er in den Schlamm, und mußte ohne Hülfe erſticken. Da man Ihn n
fand, ahnte man feinen Tod. Sein Bruder, undberlegt genug, den ihm
genfommenden Senatoren, die mit dem Grafen reden wollten, beffen Tod |
rathen, verlangte, daB man ihm den Palaſt der Republik (mo ſich der Sen
ſammelte und der regierende Doge wohnte) übergeben follte: allein da es ir
Tag und des Grafen Zod allgemein bekannt ward, verlor ſich das Volk, da
zu Liebe die Waffen ergriffen hatte, und ſelbſt die Verſchworenen zogen fich naı
nad) zuruͤck. Man tratin Unterhandlungen, die Verſchworenen mußten die
fen niederlegen, und erhielten dafür einen Generalpardon. Hieronymus |
begab ſich auf fein Schloß Montobio, und fein Bruder Ottoboni, Verina,
cagno und Sacco fegelten auf ded Grafen Galeere nad) Frankreich, wo ſie gl
anfamen. Des Grafen Körper wurde erft nach vier Tagen gefunden; allı
Senat, der vielleicht einen neuen Tumult befürchtete, verbot, denfelben au
Schlamme herauszuziehen. Erft nach zwei Monaten wurde er heimlich &
genommen und ind Meer getvorfen. Hieronymus hatte indeffen fein Sch
Vertheidigungsſtand gefegt, theils weil er der zugeftandenen Begnabigung
trauete, theild weil er an neuen Entwürfen arbeitete. Bald fanden fi) aus
tina, Calcagno und Sacco bei ihm ein; auch Dttoboni Fiesco kam nad I
zuruͤck. Unterdeffen wandte Andreas Doria, treſtlos Uber den Tod feine A
voll Rache Alles an, die Begnadigungsacte vom Senat vernichten zu laflen;
geſchah, intem man fie, theild ald erzwungen, theil® weil fie von Eeiner bin
lichen Anzahl Senatoren beftätigt fei, für nichtig erklärte. Fiesco's Famiũ
die vornehmſten Verſchworenen wurden nun auf ewig aus Genuas Staate
bannt, die Haͤuſer und Palaͤſte des Grafen dem Erdboden gleich gemacht, alla
Güter eingezogen, und alle Schloͤſſer, bis auf Montobio, in Beſchlag genom
Da ſich Hieronymus auf diefem aufbielt, und von hier aus Genua viel
gefchehen konnte, fo ließ der Senat ihm für ſolches 14,000 Zechinen anbieten
feiner Weigerung fchritt man zur Belagerung des Schloffes, das endlich, da
Brefche ſchoß, und die ſchlecht bezahlten Soldaten einen Aufſtand erregte,
einer 42tägigen Belagerung ſich auf Gnade oder Ungnade ergeben mußte
Soldaten wurden freigelaffen, ſaͤmmtliche Verſchworene aber entweder hinged
oder auf die Galceren gefchmicdet; das Schloß ward gefchleift. Dttoboni}
allein hatte fich zeitig genug wieder nach Frankreich begeben, und trat in
Dienfte. Aber ald er acht Fahre hernach in die Gefungenfchaft der Spankt
bewirkte Doria feine Auslieferung, ließ ihn in einen Sad nähen und int
werfen. Des Grafen Witwe war die einzige Perfon, die nicht mit in ben!
gang der Familie ihres Gemahls verwickelt wurde. Sie heirathete in ber)
den beriihmten General Chinppino Vitelli, der zulegt als fpanifcher Gener
merichall in den Kriegen wider die Niederländer diente, und 1575 ftarb.
verlor fie ned) in demielben Jahre, da ihres Gemahls Verſchwoͤrung erfolgte,
ihren Bruder auf dem Blutgeruͤſt, weil diefer, aus Haß gegen Doria und ben
fer, Fieeco’s Unternehmung erneuern und Genua in franz. Hände bringen ı
der Entwurf aber entdeckt wurde. — Wenn wir in Schiller's Zrauerfpiel „Zi
das Mislingen der Berfchwörung an einen andern Umftand geknuͤpft ſehen, al
Umſchlagen des Bretes, auf welchem Fiesco in Die Galceren ffeigen wollte, f
das nicht befremden, da e8 dem dramatiſchen Dichter nicht erlaubt ift, die.
ſtrophe auf eine Begebenheit zu gründen, die das Werk des blinden Zufalls we
Fieſole. Mit dieſem Namm des Kloſters, in welchem er eingel
murde, wird einer der beruͤhmteſten unter den MWicderberftelleen der Malerka
Italien bezeichnet. rin Familienname ſoli Sonti Toſini geweſen ſein, und
weiß, daß er 1387 in Mugello, einer Landſchaſt des florentiniſchen Gebiett,
ten wurde. 1407 trat er in ben Dominicanerorden, und erhielt den Namen
Fieſole 113
daher nennt man ihn Fra Giovanni ba Fiefole Den Beinamm
il beato (der Selige) hat er fid) durch fein frommeß Leben und bin
bilderungen erworben, in denen Andacht und Engelsfchönheit herr»
Ran nennt, ohne hinlänglichen Grund, den Gherardo Starnina als
ind führt an, daß cr fi) durch, das Studium der Bilder des Mus
mmnet babe. Letzteres ift nicht wahrfcheinlih, da Maſaccio 15
ils Kiefole war. F. hatte ſich früher mit der Malerkunſt zu heiligen
äftigt, und nebft feinem Altern Bruder, einem Miniaturmaler, vers
scher mit Keinen Bildern verziert. Diefe erſte Richtung feiner arti⸗
it iſt auch bei feinen nachherigen Werken in dem reichlichen Gebrauch
1 der Behandlung der Farben und der forgfältigen Ausführung Heis
fihtbar. In feinen Gemälden aber fah man mehr von der alten
ſters Giotto, als in denen der meiften damaligen Maler. Der Dos
beguͤnſtigte unter feinen Mitgliedern auch die Erwerbung und Aus:
er Wiffenfchaften und Fertigkeiten, und Johann widmete feine Kunft
ligiöfen Darftellungen. Er verzierte aber nicht nur die heiligen
m unternahm auch große Srescobilder zundchft fitr fein Klofter, Er
md der Erwerb feiner Werke wurde zu mildthätigen Guben verwandt,
t wurde bald anerkannt. Gosmus von Medicis, der den frommen
ich Eannte und liebte, ließ durch ihn das Klofter ©. = Marco und die
munzidta verzieren. In dem Klofter ©.: Marco hat er jede Zelle
eßen Krescobilde gefhmüdt, und unter mehren Gemälden an den
nct ſich noch jegt eine fehöne Verkündigung aus. Diefe Bilder ver:
feldien Ruhm, daß felbit Nicolaus V. ihn nach Nom berief, und
te Privatcapelle im Vatican, die Gapelle des heiligen Laurentius, mit
n Scenen aus diefe Heiligen Leben ſchmuͤcken lief. ine Beſchrei⸗
ıpelle befindet ſich in Hirt's „Stalien und Deutſchland“, 1. St., auch
iife von diefen Bildern 1810 zu Nom erfhienen („La pittara della
colo V. etc.) von Franc. Giangiacomo Romano, Bafari erzählt
n Züge von der Frömmigkeit, Demuth, Unfchuld und Sittenreins
riſters, welche zugleich beftütigen, mie er die Kunft als eine ernfte und
betrieben. Man erzählt, daß er nie an einer Lebens = und Leidens»
die tiefſte Nührung gearbeitet habe, und daß er in der Unfchuld feines
zur Veränderung eines feiner Gemälde zu beivegen getvefen, indem
nur ale Merkzeug einer höhern Eingebung betradytst habe, Er war
e Beobachter der Regeln feines Kiofters, daß der Papft, welcher bes
vie ſehr ihn fein frommes Faſten und fein großer Fleiß beim Arbeiten
Fleiſch zu eſſen befahl; worauf er in feiner Unſchuld erwidert Haben
Prior erlaubt mirs nicht!" Auch war er feinen Ordensobern fo erges
hne ihre Erlaubniß weder für fremde Kiöfter, noch flr Privatleute
yernahm, und jenen ben Preis derfelben überließ. Machte man ihm
über, fo fagte er: „Der wahre Reichthum befteht darin, wenig zu bes
ie ihm vom Papft angebotene Würde eines Erzbiſchofs von Florenz
ehig ab, aber auf feinen Borfchlag erhielt fie der Bruder Antonino,
ürdiger dazu erflärte. Ihm genügte feine Eleine Zelle, in welcher er
laͤſſigen Betrachtung des Himmlifchen und der Darfteilung heiliger.
sidmete, Er ftarb endlich 1454, 695. alt, In Rom, wo er auch
elle des heil. Sacraments im Batican gemalt hat, wurde in der Mi:
begraben, und von feiner Kirche felig gefprochen. Sein einziger uns
Schüler, von weichem man noch Werke hat, ift Benozzo Gozzoli,
che und wohlerhaltene Gemälde ſich im Campo santo in Pifa befin-
LW. v. Schiegel’6 Urtheil hat derfelbe die Karbenpracht, die Mannig⸗
» Siebente Aufl. Bd. IV, 8
114 Fieévée
faltigkeit in den Hintergruͤnden, bie Wahrheit in ben Geberden der Handı
von ſeinem Lehrer ererbt, aber in der Anmuth und zarten Gemuͤthlichkeit den
nicht ganz erreicht. Lanzi hat den Angelico, ſowol wegen der uͤberirdiſchen E
beit feiner Köpfe, und feiner Engel: und Heiligenfiguren, als auch wegı
Lieblichkeit feiner Surben, die er mit ungemeiner Kunft behandelte, den (
feines Zeitalterd genannt. In der Galerie von Florenz befinden ſich mehre €
leibilder diefes Meifters, deren Farbenglanz noch ganz unverändert ift.
welches die Geburt Johannes des Taufers darſtellt, zeichnet ſich durch die
Grazie aus, die bei den Künſtlern iener Zeit fo felten ift. Hierher gehört au
Tabernakel, auf welchem Madonna mit den vier Evangeliften über Leben:
ſteht. Eins feiner fchönften und größten Gemaͤlde aber, auf welchem ef
Maria mitten unter einer Menge von Engeln und Heiligen in den mannigfalı
Stellungen und Ausdrüden Frönt, im untern Rahmen aber die Geſchich
Maria und die Wunder des heil. Dominicus dargeftclt find, zierte ehema
Kirche diefes Heiligen zu Fieſole; jegt befindet es ſich in der Gulerie des Lou
Paris, und ift ung Eürzlich in 19 Bl., von Zernite trefflich gezeichnet, bekanm
worden (Paris 1817, ot., in der Gried).zlat. Buchhandlung). Dielen BU
bat A. L3. v. Schlegel eine Anficht vom Leben des Malers und eine Ecrkld
des Gemaͤldes beigsgeben, welcher Vaſari's Beſchreibung deſſelben voraudg
if. Schlegel, der die angeführte Huperung' Lanzi's ſehr untreffend findet.
über den Künftler folgendes Urtheil: „Johann von Fieſole theile im Ganz
Tugenden und Mängel feiner Zeitgenoffer. Im Verſtaͤndniß der malnt
Wirkung und in mannigfaltigen wiſſenſchaftlichen Theilen ift er, vielleicht
Anhänglichkeit an die ihm ehrwuͤrdige alte Weiſe, einigermaßen zuruͤckgebl
Seine eigenthuͤmlichen Vorzüge find Suͤßigkeit, Zurtbeit und Anmutb. €
Einbildungskraft nimmt nicht eben einen kühnen Schwung in das Sebi
Außerordentlichen und Wunderbaren, wie 3. B. die des Orgagna, aber ng
auch wird man Dürftigkeit oder Ohnmacht gewahrt. eine Kunſt ift eine
bige Quellader, die gleihmäßig, ohne Ungeſtuͤm und ohne Zwang, einem:
vollen, durch Andacht und Beſchaulichkeit gelaͤuterten Gemuͤthe entfließt.
ein. diefen Meifter: Quandt im „Kunftblatt” zum „Morgenbl.“, 1816,
17 — 20.
Bienee ( J. ), ein fchurflinniger und geiftreicher franzoͤſ. Schrift
vorzüglich über Gegenſtaͤnde der Politik und der boͤhern Staatsverwaltung.
Daris 1770 geboren, widmete er fid) zuerſt der Buchdruckerei. Beim Aut
der Revolution ging er in ihre Grundfäge ein; er verfuchte ſich als Mitarbek
SFournalen; dadurch kam er mit Millin und Condorcet in Befanntfchaft
welchen er fich 1791 und 1792 zu der Herausgabe der „Chronique de P
band. Die Schredengjeit wandelte feine Grundſaͤtze um, und nad) dem .
mider wurde er in den Sectionsverfammlungen und in den öffentlichen Bl
einer der heftigften Gegner des Convente, Am 18, Sructidor wurde auch
alle andre Redacteurs der fogen. royaliſtiſchen Journale zur Deportation
Gayenne beftimmt. Es gelang ihm, ſich durch die Flucht der Ausführung
Decrets zn entziehen und ſich einige Jahre lang auf dem Lande zu verbergen,
zwei Romane ſchrieb: „La dot de Suzette“* und „Frederic, die grogen #
hatten, und auch ind Deutiche überfegt wurden. Er trat jetzt mit don Von
in geheime Br rbindung und fuchte für fie zu wirken. Es wurde verrathen 8
mußte daflır mit einem Jahre Gefaͤngniß im Temple buͤßen. Als die Conf
gierung eintrat, wendete er ſich dieferzu. 1802 gab er, nachdem er Engle:
ſucht hatte, „Isettres sur l’ Angleterre‘* heraus, die Aufichen erregten. “
tar er in der Gunft Napoleons fo geftiegen, daß er Cigentbümer des „Joel
J’Empire‘* (ober de „Journal des debats‘‘) und kaiſerl. Genfor wurde, 1:
Figur 113
me geheime Sendung nach Hamburg und eine Praͤfectur anvertraut,
ewandtheit war es ihm nicht ſchwer, fich auch in die Grundfaͤte der
zu finden. Er ſchrieb die Gefchichte der merkwuͤrdigen Sigung der
‚15 und eine dem Grafen Blacas gewidmete fehr anzichende „„Corres-
olitique et administrative‘*. In neueſter Zeit ſchloß er fich als
den Grundſaͤtzen des linken Centrums in der Deputirtentammer an,
iengeiche Schrift; „De In guerre d’Espagne et des consdquences
ention arınde‘* (Apr. 1323, 4. Aufl., Par. 1824) darthut, in ber
den gegen alle bewaffnete Einmifdyung in die fpanifchen Angelegenheis
Alte Parteien in Frankreich Eommen überein, daß Kievee zu ben aufs
nd ticffinnigften franz. Publicifien zu zählen fei, und keiner: Partei
angehoͤre.
r, figürlich, figurirt, Figuranten u. ſ. w. De
igu re bedient man ſich del mehren Kuͤnſten, bei einigen in eigentlicher,
a uncigentlicher oder figurlicher Bedeutung, Die eigentliche Bebeu⸗
te Geſtait, welche entſteht durch jeden befchränkten und umfchriebenen
ch nun bei Flächen (Flaͤchenfiguren), oder bei Körpern (Eörperliche
Auf diefe Weiſe werden die mathematifchen Figuren, z. B. Cirkel,
widrat, nach Kinien oder Winkeln beftimmt. In der Tanzkunſt fins
fichen, in den bildenden Künften auch die Körperfiguren ; jedoch wird
Ex'sur bei den bildenden Künften meift in einem beſchraͤnkten Sinne
In der Tanzfunft verfteht man darunter den nad) gewiſſen Zinien be⸗
Bus, melden der Taͤnzer zu nehmen hat; bei der bildenden Kunſt
a dın Begriff Figur meift auf die Menfchenfigur ein, und bedient fid)
am Geſtalten Des Ausdrucks Form. Da jede Figur, als folche, dem
hört, fo ergibt fid) von felbft, daß nur in den Kuͤnſten des Raumes
a eizentlicker Bedeutung die Rede fein, und dag in den Künften der
Lediich nur uneiyentlich genommen werden könne. Dies ift der Fall
. Gewöhnlich ſpricht man zwar bloß von rhetorifchen, und nicht von
seren, unſtreitig aber nur darıım, weil die Rhetoriker früher darauf
zımmen bitten, als die Poetiker. Wir wollen die. Redefiguren
eanın, und fragen zuvoͤrderſt, wie man wol darauffam, der Rede Fis
reiben. Adelung vermuthet, der Name Figur fei von den flärkften
ſten Hülfsmitteln, dem Style Mannigfaltigkeit zu geben, entlehnt,-
ih etwas Vildliched enthalten, und nachher auch auf die übrigen außs
on; man kann aber im Allgemeinen fügen, diefe Figuren feien Beftres
Zarzhe, fich befonders zu geftalten, und dann erflärt fi) der Name
ia dem aber fei, fo ift gewiß, daß jene befondere Geſtaltung jedes⸗
reiöung von der Sprache dis gemeinen Lebens, und oft aus der Abs
den iſt, dadurch lebhafter auf die Einbildungeskraft zu wirken. Der
nn nicht mehr ein cigentlicyer (um den Gegenſtand für den Verftand
Te zu bezeichnen), fondern ein nneigentlicher oder figuͤrlicher, bildlicher,
itungstraft.e Bon einem Greife fagt man 3.8. der Abend feiner
edurch wird der trodene Begriff vom Ende bes Lebens in eine ſchoͤne
in;chüilt, wodurch das Unangenehme dieſes Begriffs auf eine beivuns
r Bleife gemildert wird. Man kann übrigens der Spradjfiguren
afdwiden: 1) foldhe, die ſich auf beflimmte Worte beziehen (Wortzu⸗
wen, CEpitbeta, Inverfion, Wiederholung, Apoftrophe, Ausruf) ;
fit auf die ganze Wendung des Gedankens bezichen (Beſchreibung,
„Gleichniß, Perfonification, Anrufung, Andeutung, Häufung, Anz
liederung, Steigerung, Hyperbel, Metapher, Allegorie); 3) ſolche,
a Klang bezichen, uſitaliſch⸗poetiſche (Wortipiel, Echo, Annowaͤ⸗
8*
: 116 Filangieri
nation, Alliteration, Aſſonanz, Reim). Die Tropen (f. d.) find n
beſondere Art von Figuren.
In der Muſik bedeutet Figur zwei ober mehre mit einande
ſchnell hinter einander folgende Töne, an beten Stelle man bei einf:
oder Gefang nur Einen Zon genommen haben würde. Den Namer
Töne daher, weil diefe Notenformen insgemein durch Striche verbun
allerhand Figuren bilden, und ehedem befondere Namen hatten, 3. B.
Rauſcher u. ſ. w. Figural⸗ oder figurirte Muſik oder Gefang ftcht
mit der einfachen Choralmuſik oder dem Choralgeſang, welche keine Fi
In manchen groͤßern Städten muͤſſen daher Standesperſonen bei it
noch Siguralgebühren (bie Gebühren ber vollftimmigen Muſik) entri:
meine Leute nur Choralgebühren (einfache) bezahlen dürfen. Figurit
wenn 3. B. während oder zwifchen dem Geſang einer einfachen K
andre Stimmen eine andre mit dem Choralton übereinftimmende figur
oft mit andern Tert fingen, was vorzüglich in Motetten gefchieht.
Figuranten find beim Ballettanz diejenigen Tänzer, die :
fonbern eife tanzen, und alfo nur zur Ausfüllung und gleichfe
tergrunde für die Solotänzer bimen; im Schaufpiel: Perfonch, '
fprehen haben, fondern bloß auftreten müffen, um ben leeren Raun
und die Handlung vollfländig zu machen; man nennt fie auch
ſtamme Perfonen. rt
Figurirte Zahlen find im Grunde eine arithmetiſche Spiel
man ſich zu Anfange bes 17. Jahrh. gern befchäftigte.. Selbſt Sat. X
ſonders aber Wallis in f. „Arith. infinit.“ und L'huilier in ſ. „Al
fie zum Gegenſtand ihrer Unterfuchungen gemacht. Sie werden q
die Glieder arithmetifcher Reihen aller Ordnungen, deren erſtes Ötiei
iſt, z. B.
1.1,2, 3, a, 5, 6, c.
UV. 1,3, 6,10,15,21, ꝛc.
M.1, 4, 9, 16, 25, 36, ꝛc.
IV.1,5,12,22,35,51, ꝛc.
und insbeſondere heißt die Reihe I, Triangularzahlen, ober dreieckige
ſich deren Einheiten in lauter gleichfeitige Dreiecke ordnen Laffen; die
Meihe IH, Quadratzahlen, vieredige Zahlen, oder auch Zetragona
Glieder der Reihe IV, fünfedige ober Pentagonalzahlen u. ſ. w., fo <
gonal s, Heptagonalzahlen ıc. (Polygonalzahlen). Werden die Glied:
gonalzahlen nad) der Ordnung wiederum fummirt, fo echält man Reit
a. 1,3, 6,10,15, 21,x
b. 1,4,10,20,35, 56, ı«
co 1%,5,14,30,55, 9,
d. 1,6,18,40,75,126, ı«.
und es bilben die Glieder derfelben Pyramidalzahlen, weil lauter Pyi
ftehen, wenn man die Polygonalzahlen nach der Ordnung, wie fie ſum
fo über einander legt, daß die Eleinern über die nächft größern der naͤn
tung zu liegen kommen. So bilden die Glieder der Reihe a dreieckig
b vieredige und der Reihe c fünfedige Pyramiden, Mehr darübe
in Kluͤgel's „Math. Woͤrterb.“ (. Bd., S. 245).
Stlangieri(Oaetano), einer der beruͤhmteſten Pubticiften des:
welcher am meiften zur Berbefferung der Gefeßgebung beigetragen ha
18. Aug. 1752 zu Neapel, war ein Sohn des Prinzen Caͤſar Aranie
Drasigge Dlontatte, T. des Herzogs von Fraguito, und feine Familie
‘
Filangieri 171
eligen Geſchlechtern des Koͤnigreichs, normanniſchen Urſprungs.
der dritte Sohn ſeines nicht ſehr bemittelten Vaters zum Militair⸗
it, begann denſelben in ſeinem vierzehnten Jahre, verließ ihn jedoch
mete ſich den Wiſſenſchaften mit ſolchem Eifer, daß er, trotz der
ſeiner Jugend, bereits im 24. Jahre Griechiſch, Lateiniſch, alte
Yichte, das Naturrecht und das bürgerliche Recht vollkommen inne
ei noch bedeutende Kenntniffe in der Mathematik beſaß. Jetzt fchon
lan zu zwei Werken, einen Über die Öffentliche und Privaterziehung,
er die Moral der Fürften, gegruͤndet auf Vernunft und die buͤrger⸗
Aud) widmete er fi, nad dem Wunfche feiner Samilie, den
Sachwalters. Seine Beredtfamkeit und Wiſſenſchaft verfchafften
fall, und als er die zeit= und verunftgemäßen Reformen, welche der
Minifter in Neapel (Tanucci) 1774 durchfegte, in einer Rede gegen
tindungen der Anhänger des alten, fchlechten Syſtems fiegreich ver⸗
Härte fid) Zanucci zu feinem Beſchuͤtzer. Filangieri erhielt bald
Um am Hofe, was ihn jedoch nicht verhinderte, aud) ferner feinen‘
ı treu zu bleiben. Er arbeitete an einem Werke, welches im Fache
Geſetzgebung mufterhaft werden follte, und da chen der berühmte
ailand fein Werk über Verbrechen und Strafen hatte erfcheinen laf-
1e Art von Epoche in der Eriminalgefeßgebung bildete, fo wollte
in dem feinigen die Gefeßgebung in allen ihren Zweigen und Bes
iſſen, und die allgemeinften Grundfäge berfelben aufftellen. Er bes
Fe Unternehmen mit Muth und Befonnenheit, und führte es zu
Wiffenfchaft Ehre mit Gruͤndlichkeit und tiefem Geifte aus. Er
t: „La scienza della legislazione‘,. in fieben Bücher, wovon
hes die allgemeinen Regeln der Geſetzgebung enthält, und das °-
3 die politifchen und oͤkonomiſchen Geſetze zum Gegenſtande hat,
l in 2Bbn. erfchienen. Nicht nur in Stalien, fondern in ganz
dies Werk außerordentlich Auffehen, und der Verf. fah ſich in
ıre unter den berühmteften Publiciflen genannt, Er fpricht mit
über viele Mißbraͤuche, allein ohne zu beleidigen, und obgleich
jes Vaterland traf, ertheilte ihm der König doch eine Commanderie
rdend. 1783 gab er die folgenden 2 Bände heraus, welche die
treffen. Diefe Materie ift hier in ihrem vollen Umfange behan-
Teimüthigften und unbefangenften Anſichten herrichen durch das
dieſe Freimuͤthigkeit und Offenheit erbitterten aber den für feine
:htenden hohen Adel und Klerus, und man trieb nidyt allein einen
oſerh Grippa) auf, welcher Filungieri widerlegen mußte, fondern
ch ein geiftliche® Deceet vom 6. Dec. 1784 das Bud), als aufruͤh⸗
ſes. Dem clenden Grippa antwortete Filangieri gar nicht, den
Eurialiften aber bloß in naͤchſten Fahre durch den 5., 6. und 7.
erkes, in denen von der Erziehung, den Sitten und dem öffentlichen
indelt wird. 1783 hatte ſich Fitangieri mit Karoline von Frendel,
& ungarifdyen Edelmanns und Erzieherin der zweiten Tochter des
apel, vermählt, und ſich bald darauf, mit Berwilligund des Monats
a, einer Heinen Stadt im Neapolitanifchen, zurüdgezogen, um
er Stille den legten Band ſeines großen Werkes, welcher die Reli⸗
mg auf derz Staat betreffen follte, auszuarbeiten. Allein feine
te ſchon ſeht gelitten, und er rückte nur langfam vor. Auch berief
V. (1787) in feinen hoͤchſten Finanzrath. Go mußte er nad)
ehren, und ſich faft ausfchliegend feinem neuen Berufe widmen.
ernſilich Frank, und farb am 21. Zul. 1788 in einem Alter von
118 | Filicajo
36 3. Vorher hatte er den 8. Theil feines Werks vollendet, worin von den
ligionen vor dem Ehriftenthume die Rede if. Man findet auch bier den fd
finni;fien $ericher und trefflihen Darfteller. Bon dem Schluffe des Werks
man nur die Abtheilung der Capitel in der Handfchrift gefunden. Dieſes
menſchlichen Beifte überhaupt zu hoher Ehre gereihende Werk, welches des G
ſoviel geftiftee bat, ift in alle lebende Sprachen überfegt worben. (Deutic 17€
Altboc; in der Schweiz, nit einer Vorrede von Siebenkees, eine andre von Ga
mann zu Wien in demſ. 3. Auch von Link befigen wir eine, Die franzö
1789 — 1791 in 7 Bon., Paris, ift von Gallois.) Aus Filangieri's Na
ſah man, daß er eine „Nuova scienza delle scienze‘‘, worin er alle menfe
Wiſſenſchaften auf ihre Grundprincipien zuruͤckzufuͤhren gedachte, und eine ,
ria civile universofe perpetua®* , in welcher aus der Geſchichte der Nati
die Gefchichte des Menichen in feiner geiftigen Entwidelung erklärt werden |
euszuarbeiten Die Abficht gehabt hat. Sein ſchneller Tod und fein offener K
ftand gegen die Anfchläge des berüchtigten Acton (f. d.), veranlaften den €
ben, al fei Sitangieri, ein Opfer der Mache diefes Menichen, an Gift geſtor
doch ht kein gegrüundeter Beweis diefe Muthmaßung betätigt.
Filicaja (Bincenz von), ein italienischer Dichter des 17. Jahrh.,
Ger fid) mit Erfolg dem hereinbrechenden Strome des Ungeſchmacks in der Ph
in feinem Vaterlande entgegenftellte, wurde 1642 zu Slorenz geboren, wo er
das Collegium ber Jeſuiten, und dann die Akademie von Piſa beſuchte.
erften poctiihen Veriuche waren einer Geliebten gewidmet; da ihn indeß ber
bie Verehrte bald entriß, fo nahm er fid) vor, nie wieder cine Keidenfchaft zu
fingen, deren Glüd, feiner Meinung nad), für ihn auf immer verſchwunden
und feine Leier von nun an bloß heiligen oder heroischen Gegenſtaͤnden zu wide
Bei feiner Ruͤcktehr nach Florenz ward cr zum Mitgliede ber Akademie della Or
ernannt, und bald darauf verheirathete er fich mit der Tochter eins Cena
Scipio Capponi, mit welcher er, nach dem Tode ſeines Waters, aufs Yand
und fic) hier ganz der Erziehung feiner Rinder und der ihn begeifternten Muße
gab. Eine Menge lat. und ital. Gedichte wurden bier gedichtets da ech
vermöge feiner großen Beſcheidenheit, ſelbſt mehr daran auszuſetzen ford, al
wenigen Freunde, denen er fie mittheilte, ſo gab er nichts davon heraus,
wide aud) wahrfcheinlich fo fortgefahren haben, fein herliches Talent zu vergt
bitten nicht feine Freunde am Ende das Geheimniß gebrochen. F. hattendi
die um dieſe Zeit ftnttfindende Befreiung des von den Türken belagerten Ü
durch Johann Sobieski von Polen und den Herzog von Lothringen, fowie die
darauf folgende Niederlage der Tuͤrken in fechs verſchiedenen Oden gefriert, 1
viel Bewunderung Janden, daß fie der Groäberjog von Florenz jenen Kürften
theilte. Sie wurden 1684 in Florenz gedrudt, und F.'s Ruf, als erſter d
liger Dichter Italiene, war gegruͤndet. Seine beſchraͤnkten buͤrgerlichen Ver
niſſe verbeſſerten ſich indeß durch dieſe Anerkennung keineswegs; erſt die Koͤ
Chriſtine von Schweden nahm ſich des bedraͤngten Dichters an, ernannte ihn
Mitgliede der von ihr in Rom errichteten Akademie ausgezeichneter Maͤnner,
ließ feine beiden Toͤchter auf ihre Keften erziehen, ſich dabei ausbedingend,
Niemand es erfuͤhre, weil fie ſich ſchaͤme, fo wenig für einen Mann wie er zu
Später wandte ſich auch der Blick des Großherzogs von Florenz auf ihn;
feiner Söhne, der jedech bald ftarh, ward von denifelben ale Page in Dienfl
nommen, und F. felbft zum Senator und Gouvernementsſecretair ber Negh
von Volterra, und ſpaͤter von der zu Pifa, ernannt. In diefen Amtern wel
8. die Liebe und Adıtung des Volkes und des Souveraing zu gewinnen, un
feiner vielen Gefchäfte noch immer Zeit zu finden, um auch hier feinem Lich,
fache zu leben. Sin vorgeruͤckten Alter und durch den Verluft mehrer feiner 4
Filigranarbeit Findlated 119
tt, wandte ſich ſein Geiſt immer mehr auf religioͤſe Gegenſtaͤnde. und ein
it und mit der Derandyabe einer gefellten Oefammtausgebe ſ. ſaͤmmtl.
beſchaͤftigt, uͤberraſchte ihn der Tod im 65. J. am 24. Sept. 1707 zu
Sein Scipio gab nun die beabſichtigte Geſammtausgabe u. d.
eesie di Vizenzo da Filicajat heraus, und widmete fie Cos⸗
. Eine andte Ausgabe, mit dem Leben des Dichters von Thomas Bona⸗
erſchien 1720, und eine bkitte in 2 Bdn. Venedig 1762, nad) welcher
zerhienenen geordnet find. Beſonderes Verdienft hatte F. in der Dichs
tier fogenannten Garzoni, und einiger feiner Eonette, wie 3. DB. das,
jh mit den Verſen:
»Itslia, Italia, o tu cui feo la sorte
Dono infelige di bellezza ** etc.
sen in Sinficht ihres lyriſchen Schwunges zu dem Bellen, was man
bat,
igra narbeit, die zu Laubwerk durch einander gezegenen Verzie⸗
8 Silber⸗ und Goldfaͤden (da, wo es die Form und Zeichnung erfodert,
am verſchmolzen), die man bei mancherlei Kunftfachen und Zierrathen
a. Sie mar chemals mehr in Anwendung als gegenwärtig.
iltriren, durchſeihen, das Verfahren, vermöge deſſen man mittelft
ed Oder Fuches oder Loͤſchpapiers gröbere Theile von einer FIüffi igkeit abs
‚ Zum Filteiren des Waſſers bedient man ſich aud) einer gewiffen Stein⸗
Igerum Korn, welche die darauf gegoffene Flüffigkeit leicht vinfaugt und
Ki unreinen Theile aber zuruͤckhaͤlt. Ein ſolcher Stein beißt Filtrir⸗
Irdem bat man ncch andre Vorkehrungen und Mafchinen erfunden,
ee ſich ſelbſt ſchleimiges, verdorbenes und ſtinkendes Waſſer Elar und '
Biken laͤßt. Filtrirungsmittel find Sand und Kohlen, welche die Un⸗
er Waſſers an ſich ziehen, und eben daher von Zeit zu Zeit rein aus⸗
m werden muͤſſen, um befto länger das Waſſer reinigen zu können,
Yeöäten Bütricanflalten befindet fih in Paris, gem das Seine = Waffer
8; ſie verdient von jedem Reiſenden befucht zu werden.
(3, überhaupt ein ducch einander gewirrtes, gefchlungenes und: feftes
Br zeugartige Maſſe. Gewoͤhnlich wird Filz von einem zu Huͤten vors
Werke der Hutmacher gebraucht, das aus kardaͤtſchter Wolle und Ears
praren durch verfchiedene Bearbeitung in einander geichlungen- und ges
nten iſt. Es werden auch andre Kleidungsbedürfniffe daraus verfertigt,
Iapirmachern witd Filz ein Stuͤck von wollenem Tuche genannt, welches
heben geichöpfte Papier ausbreiten.
ale, der Schlußſatz eines Tonſtuͤcks, z. B. eined Quartetts, einer
ir, eines Opernactes, Ballets u. ſ. w. Es beſteht aus Sägen von
m Charakter. Meiſtentheils hat in den Inſtrumentalſtuͤcken das Fi⸗
weafter der Munterkeit, und erfodert gefehwinde Bewegung und Iebhaf:
3. In der Oper beficht das Finale meift aus mehren an einander ge⸗
iebrſtimmigen Sägen von verſchiedenem Charakter und verfchiedener
d Bewegung. Dod fließt man einen Aft auch zumeilen mit einem
Terzett, Duett, ja auch mit einer Arie, z. B. Mozart den erften Akt
Es ift der Natur der Sache gemäß, daß das Finale des letzten Auf:
rzeſte und glänzendfte ſei; das des erften oder bei einer dreinktigen Oper,
Aktes aber das ausgeführtefte.
ınzwiffenfchaft, f. Staatsfinanzwiſſenſchaft.
‚Later (%ord; James Earl of Fiudlater and Seafield), ein um
einer Mitbürger in Schottland, Sachſen und Böhmen fehr verdienter
. 1739 auf f. väterlichen Stammſchloſſe zu Cullnous an der Grenze
120 | Findling
von Hochſchottland, ſtarb 62 Jahr alt zu Dresden im J. 1811. Er ſtan
aus dem alten, feit dem 10. Jahrh. bekannten ſchottiſchen Gefdylechte der Ogil
bie mit dem Haufe Bouilfon u. a. m. verwandt waren. Der Graf befaß in Sc
land an Allodial= und Lehngütern den Werth von + bis D Pf. St.
er fie aber ſehr gering verpachtete, fo bezog er an jährl. Ei aus Schot
nur 14 bis 17,000 Pf. St.; feine Pachter wurden daher wohlhabende &
Lord 3. hatte den größten Theil feiner Sugend auf dem feften Lande verlebt,
zuͤglich an den Höfen zu Paris, Wien, Berlin und Brüffel, wo die Erzhe
Chriftine und Herzog Albredyt von Sacıfen s Tefchen damals Hof hielten. 3
hielt er fich längere Zeit in England und Schottland auf, brachte aber die legtı
Jahre ſ. Lebens in Frankfurt, Hamburg, Altenburg und Dresden zu, jedoch:
Sommer audy in den böhmifchen Bädern zu Zeplig und Karlsbad. Er w
wiffenfchaftlich gebildeter Mann, der Geift, Geſchmack und viele Kenntniffe
- vorzüglich in ſchoͤnen Bauwerken und Gartenanlagen ; damit verband er dei
tigften Eifer für Landescultur und für Gemeinwohl überhaupt. Von feine‘
ſenſchaftl. Talenten hat er Beweife hinterlaffen in dem „Journal agronomi
und in dem Werke „Über die fchöne Baukunſt“, mit vielen Kupf. (bei Voß in
zig). Don feinen Anlagen find bekannt: die reizend gelegene Findlater’fche
ein Weinberg bei Dresden, jegt ein fehr befuchter öffentlicher Luſtort, ander
ner Straße und an der Elbe bis zu dem fogenannten Mortgrunde — eine
ſchlucht, deren Slugfandhügel Lord F. mit großen Koſten in einen anmuthigen!
unfhuf—, ferner die Verfchönerungen bei Teplig und vorzüglich Die Wege, €
fen und mehre Anlagen bei Karlsbad, wo er unter andern den Weg nad) dem!
hofe zuerſt fahrbar gemacht hat (f. Stoͤr's „Befchreitung von Karlsbad”).
Dankbarkeit der Karlsbader errichtete ihm dafür auf einer Höhe des Wahrk
ben fchönen Obelisk von Granit. Mit dem Grafen Clam gemeinfhaftlid |
dete er das Armenhaus in Teplig. Überhaupt war der grökte Theil feinet
fünfte, mandyed Zahr an 100,000 Thir., dem Ankauf und dem Anbau f
Plaͤtze bei Dresden gewibmet. Lord F. vereinigte mit dem einfachen Cha
eines Delille'ſchen Landmanns die feltenften Talente fir den geſellſchaftlichen Um
Er fland in einer nahen und durch einen ausgebreiteten Briefwechſel fortyt
Verbindung mit den bedeutendfien Männern feiner Zeit. Die franz. Emig
wurden von ihm großmüthig unterftügt, und mit dem Duc de Caſtries Iebi
freundfchaftlichen Verhäteniffen. Überhaupt fand man oft bei Lord F. eine
wählte Geſellſchaft von geiftvollen Männern und Frauen, ohne Unterſch
Ranges; er felbft war bei feiner vielfeitigen Welterfahrung, bei feiner 9
Kenntniß der meiften Höfe von Europa, und bei feinem von einem treu
daͤchtniſſe begleiteten Wise der unterhaltendfte Geſellſchafter, unerfchöpf
Anekdoten und Erinnerungen aus feinem reichen Leben. Mit ihm erlo
Name Findlater. Er wählte ſich fein Grab‘ wei der Kirche des Dorfes Ko
Durd) ein von ihm zu Gunften der Grant's in Schottland, die feine Vetti
ren, gemachtes Teftament famen diefe in den Befig feiner fämmtlichen E
Schottland, und der Ältefte der Familie der Barone von Grant führt jegt der
Earl of Seafield. Da jedoch fein Liebling und nichfter Erbe, der junge
in Indien geftorben war, fo vermachte er feine Grundſtuͤcke in und beit
nebſt anfehnlichen Legaten, der Kamille Fiſcher daſelbſt. Seine audg
Vibliothek hat Graf Thun in Tefchen gekauft. J
Findling, ein Kind, welches von feinen Altern an irgend einen
bracht, verlaffen, und von Andern gefunden wird, Obgleich bei den alten:
tie Vernichtung der Frucht nid;t beſtraft wurde, fo führte doch das natürl
fübt darauf, fie lieber auszufegen, und ihr Schickſal dem Zufall zu üb
Dean wählte gern be uchte Orter, damit eine größere Hoffnung der Nettw
L
ıdern die Zahl der Sindelfinder feit 40 Jahren fehr vermehrt, am meiften
ich. Ducdy die Findelhäufer wird nicht nur das Ausfegen der Kinder,
ah ber Kindermorb und das Abtreiben ber Frucht ſeht befchräntt, ferner
"Rinder oft phyſiſch und moraliſch beffer erzogen als bei ſchlechten Ältern
ktın Ziehemüttern. Der Einwand, daß durch die Findelhaͤuſer die Sit⸗
idet und verfchlechtert werden, ift nur fcheinbar, weil der Staat chen
de mglüdtichften Wefen vom Verderben rettet. Noch macht man ihrien
Errblichkeit, welche in den Findelhaͤuſern herefcht, zum Vorwurf. Sins
Nfelbe in den beſſern bereits ſeht vermindert worden; vorzüglid) dadurch,
"Ne Kinder zur Erziehung an auswaͤrtige, auf dem Lande Icbende, ſaͤu⸗
ter gibt, und dieſe in gehöriger Aufjicht behält. Won den Kindern,
iatperfonen fogenannten Ziehemttttern ohne Aufficht uͤberlaſſen, werden
mmchre auf unmenfchliche Weife vernachläffigt und getödtet, al im Fins
Gut eingerichtete Findelhaͤuſer find daher ein wichtiger Gegen⸗
redicinſchen Polizei.
agal (Fin Mac Cont oder Fionghal), der Vater des ſchottiſchen Barden
mr durch deſſen Gefänge fo berühmt geworden, wie Achill durch Homer,
Ark in Morven (Morbhein), einer Provinz des alten Caledoniens, in der
mb auch wol in ber erften Hälfte des 3. Jahrh. nach Chr., und fchon
fabeen ſcheinen lange über ten Stamm geherrfcht zu haben, an deſſen
fh als Held und Menſch außzeichnete. Der Umfang feines Reichs Lift
teſtimmen, weil wahrſcheinlich Jagd die Hauptbefchäftigung feines
war. Wahrſcheinlich find die Herrfcher der Hebriden, der nörblichen
iden Hochlaͤnder, von ihm zu Lehn gegangen, und er felbft mag feinen
rMähe von Glenco, zu Selma, aehabt haben. Wenn fid) in allen Theis
hländer große Gebäude, Gewölbe ıc. finden, bie feinen Namen tragen
tie Ehre Aniprud) madyen, daß er darin gehauft habe, fo kann dies Folge
er Jagd verbundenen unſtaͤten Aufinthalts fein. Seinen Eriegerifchen
ztarkte Fingat befenderg ben Kämpfen mit den das jesige England bes
122 ingalshöhle Finiguerra
Großmuth und Menſchenliebe bewegen ihn zum Mitleiden mit den beſi
Feinde; „kein Armer ging betruͤbt von Fingal weg!“ — „Oscar, bekaͤmp
Stärke in Waffen, aber fchone die ſchwache Hand!“ — „Mein Arm mu
Stüße ber Gekränften, der Schwadye ſtand binter meinem glänzenden Sti
Dies find einige der Zuͤge, die Offian ihm leiht, um das Herz für ihn zu ge
nen; Fingal’s Ruhm ift überall verbreitet; die Zapferften erkennen feine €
an; bei frihem Namen zittert der Feind. Wie in jener Zeit der Held oft ei
feierter Barde war, fo erfcheint aud) Fingal als folcher, und der Vater de:
ters Oſſian's fcheint auf diefen feine Harfe vererbt zu haben
Fin ralshöhle, (Melodichöhle, Uabhinn), eine auf Baſaltſaͤulen ru
Grotte auf ver hebridifchen Infel Staffa, die zu den fchonften Naturnerkwi
Zeiten gehört. Eie ift 300 Fuß lang, 150%. hoch und 505. breit, und
von einem See durchſchnitten, den man beidjiffen fann. Auf beiden Seiten :
theils ganze, theils abgebrochene, aber ſehr vegelmäfig von der Natur geb
Säulen von Baſalt enıpor, die mit ihren abgeftumpften Enden das Gewoͤlb
den und tragen. Die im Innern der Höhle von dem Felfen herabtrduf
Feuchtigkeit bildet fo harmoniſche Tone, daß fich Der Reiſende, der diefe Grott
fucht, durch eine Art von unfichtbarer, einem Zauber ähnlicher Muſik übern
findet, daher fie auch den Namen Melodichöhle befommen hat.
Fingerſetzung (Lpplicatur), die Art des Gebrauchs oder der Anſch
ber Finger bei ſolchen muſikaliſchen Inftrumenten, bei welchen die Verſchicden
des Tons hauptſaͤchlich durch den Griff oder Anfag der Finger hervorgebracht ®
Da bei den meiften Inſtrumenten diefer Art die reine Sntonation, die Deutlid
und der unvermijchte Vortrag ſchwerer Stellen hauptſaͤchlich davon abhängt
erhellt von felbjt, wie wichtig es fei, Die richtige Applicatur früb;eitig zu erler
um Fertigkeit auf einem Inſtrumente zu gewinnen. (Bol. Logier's Metho'
Siniguerra(Zommafo, durd) Verkürzung Mafo), ein berühmter X
bauer und Goldarbeiter, dem die Erfindung der Kupferflecherktunft zugefched
wird. Er. Ichte zu Florenz um die Mitte des 15. Jahrh. Seine Familie!
feit 1218 in diefer Stadt gebtüht. Das Jaht feiner Geburt und feines J
ift unbekannt. Er war ein Zögling von Lorenzo Giiberti, der die beruht
bronzenen Thuͤren des Baptifteriums St. = Sohannis des Taͤufers zu Florenj
fertigte; ja er fcheint fetbft an der zweiten, die 1425 angefangen und 1445
endet wurde, befchäftigt geweien zu fein. Er war ausgezeichnet in der Kun
nielliren, die man auch Niello nennt. Diefe Kunft, die erſt zu Leos X.8
aufgegeben wurde, bejtand in Verzierungen, die man in Metall eingrub, ſod
die Vertiefungen cine fchwärzliche, metallartige Maffe, lateinifch nigellum
nannt, eingrelaffen wurde, welhe man durch Gießung mit dem Stüde befrf
worauf fie ſich befand. Manche halten den deutichen Maler Martin Schͤ
den Erfinder des Abdruds von Kupfer- und andern Stichen, allein diefer ba
nad) 1460 diefe Kunft geuͤbt. Man bat den Frieden von Finiguerra niellirk
jegt in der Kirche St.» Johann zu Slorenz und die Krönung der Jungfrau,!
1452 verfertigte. Die correcte und wahre Zeichnung zeigt zugleich viel Adel.
führte auch eine große Menge Basreliefs in Silber aus, aufeinem Altar, di
aroßen Feſten noch jegt in der genannten Kirche ausgeftellt wird. Von feinen
beiten in Niello nur ſoll Finiguerra Abgüffe in Schwefel gemacht haben,
fand aber auch einen Abdrud von der Platte, weiche von jener Krönung in de
nannten Kirche aufbewahrt wird, im Cabinet national in Paris, und diest
Grund, ihm die Erfindung der Kupferflecherkunft beizulegen. In Hinficht da
findung Finiguerra's gibt das Merk des Abbate Zani: „„Materiali per se
alla storia dell’ origine e de’ progressi della incisione in rame ed in dog
(Parma 1802) Auskunft ; ebenfo Bartſch's „Peintre- graveur‘‘ (13. Bd.)
‚iq den Wropen mehtmais Auf DAS Geſayruche Jeuner Oteuung aufmeres
dt und den Unfall vorhergefagt; er erſcheint daher vor dem Urtheil der
wliig gerechtfertigt, wenn aud) das, nach dem Beieden auf des Könige
Ingefegte Kriegsgericht ihn nebft den Generalen v. Rebentiſch und Gergs
dig erkannte. Gr ſtarb als Oberbefehlshaber der daniſchen Armee.
nen. Diefer Hauptftamm der nordeuropaͤiſchen Volker (teffen Zahl
KUNG beträgt) iſt vom ſtandinaviſchen bis tief in dan aſiatiſchen Norden,
En die Wolga und das taspiſche Meet ausgebreitet, und von befonderer
Schon Tacitus kennt diefe Nation unter dom Nemen Sinnen,
ffenthait von jeher noͤrdliche Wälder und Moräfte wacen, daher fie
Moraftbewohner (Suamolainen in ihrer Sprache) nannten, und
ii zu ihren votzuͤgli chſten Gewerben erwaͤhiten. Übrigens iſt in
fengıwerth, wie aͤhnlich die zerftreuten finniſchen Völkerſchaften in
ä, Nationalchatakter, Sprache und Sitten ſich geblieben find, ſodaß
d8 verfennen fann. Kine eigne Geſchichte haben ſie nicht ; im eins ,
n Leben wurden fie die ſichere Beute der Norweger, Schweden
a Die Dormenee untsriwarfen zuerſt Finnmart, und ihre Zuͤge zu
n von Nowgored fir ich Permiens und dis dortigen Dandeis bes
und die Norweger durch die Einfälle der Mongolen beſchaͤftigt
e Kuflın begannen nun, fidy in den Landen der Fiunnen auszubreiten ;
nd ganz Permien kamen in ihre Gewalt, und im 14. Jahrh. fab man
rs weiten Meere durch Biſchof Stephan das Kreuz errichtet, und den
en Tempel des großen Gottes Jomala zerſtert. Genz Lappmark, und
le Fnnen in Oſten, an der Wolga und in on, wurden nun von
umerocht, welche felbft die Nocweger zur en, als dieſe ihr früher
Tributrecht in Lappmark geltend machen 1. Endlich fielen ned)
m über die übrigen an fie angrenzenden Finnen her; Erich der Heilige
der Mitte des 12. Jahrh. die Bewohner dis heutigen Finnlands, und
kre darnach eroberten die Schweden Tawaſtland und bezwangen die Has
Larren, foweit beide nicht ſchon Rußland angehörten. Hiermit war
ng der finniſchen Nation im Norden vollendet, von welcher zwoͤlf
124 Finnland
Finnen, im engern Verſtande, ſchon durch Wohlſtand und Cultur vı
bleibt der Charakter der Phyſiognomie derſelbe. Die Tſcheremiſſen u
ſchen haben in ihrer Koͤrperbildung mehr von den Tataren; die Mor
kommen darin den Nuffen,. und die Wogulen den Kalmüden näher.
find größtentheils Chriften, und bekennen ſich entweder zur lutheriſch
dyifchen Kicche; doc) findet man auch noch unter den Zfcheremiffen,
Wotjaͤken und Woyulen Heiden, oder cigentlidh Schamanen. Ein T
nen treibt ordentlichen Aderbau und hat eine gewiffe Eultur erlangt,
eigentlichen Finnen; ein andrer Theil lebt nomadifirend, fowol von ?
Jagd und Fiſcherei. Unreinlichkeit und Trägheit ift einem großen The
ſchen Völkerfchaften eigen. Die Sinnen, im engern Sinn, find ern|
mübdet, arbeitfam, zu allen Beſchwerlichkeiten abgehärtet, unerfchro
ftandhaft, aber auch fehr eigenfinnig und ftarrföpfig; dabei dienjtfer:
frei. Es fehlt ihnen nicht an Geiftesanlagen : eine ausgezeichnete Ne
fie zur Dichtkunſt und Muſik. ©. eine ÜÜberficht der finnifchen neu
in den „Wiener Jahrb.”, 9.Bd., ©. 19. Eine finnifhe Sprachl
Probſt Strahlmann gefchrieben.
Sinnland, ein ruſſiſches Großfürftentbum (6402 LM. ,
Einw.) mit 12 Kreifen. Es befteht 1) aus den fhon 1721 u, 17
und Nyftgdt, Frieden zu) von Schweden an Rußland abgetretenen
Großfuͤrſtenthums Finnland (welche feitdem ein befonderes ruſſiſches
ment mit der Haupftadt Wiburg bildeten) ; 2) aus. dem 1809 durch
zu Friedrichshamm von Schweden an Rußland gänzlich) abgetretenen €
thum Finnland und 3) aus den durch denfelben Frieden von Schweden ı
Theilen von Ofterbottn und Lappland. Aus diefen drei Beftandtheilz:
6. Aug. 1809 daß jegige Sroßfürftenthum F. errichtet, deffen Berwalt
der übrigen ruffifchen Provinzen ganz verfchieden if. in Gencrn
fteht an der Spige des finnlaͤnd. Negierungsconfeils, deffen 14 Mity
länder find. In St.: Petersburg werden die finnländifchen Angeleg
1826 von einem befondern Staatsſecretariat geleitet. Staatsfecreta
Iand iſt gegenwärtig Baron von Nehbinder, deffen Adjunct der wirkli
rath Haartmann if. — Die Hptfl. Delfinfors, wohin ben 1.
die höchfte Behörde (dee finnländ. Senat oder das Regierungsconſeil
(f. d.) verlegt mwurt«, hat 8000 Einw. und Sechandel. Unmeit dat
ſtarke Feſtung Sweaborg (f.d.). Der Boden des Landes ift theilt
felfig, indem er von Fortfegungen des ffandinavifchen Gebirge durch
theils flach, fandig, fumpfig und mit einer Menge größerer und Eleiner,
gefüllt, Unter den Slüffen ift der Kommenefluß der beträchtlichfte.
Felſen, Sümpfe, Scen, Saundftrihe und Waldungen (ein Hauptrei
Landes) einen großen Theil der Oberfläche einnehmen, fo fehlt es doc) n
genden, welche ergiebig an Getreide, Kartoffeln und Flache find, unt
Wieſewachs haben; daher die Viehzucht ziemlich anfehnlidy if. An
Woͤlfen ift das Land, fowie die Gewäffer an Fifchen, fehr reich, Say!
fang gewähren daher virlen Bemohndn Unterhalt. Die Einwohner fi
theils Sinnen (f. d.), die fid) meiſtens zur lutherifchen Kirche befer
Ruſſen, Schweden und Deutfche in geringer Zahl. Eigentliche Fabrif
nufacturen gibt ed, mit Ausnahme einiger der größern Städte, in Fin
Die ftärkfte Bevölkerung findet man an den Küften. Das Innere di
gen Landes iſt nody fehr menfchenleer, und der von Lappland und Oſter
gekommene Theil, feines eifigen Klimas halber, nur einer geringen $
fähig. Finnlands flarke Befefligungen machen es für Rußland fchr w
Sinfterniß | oo 125
en Schweden wurben 1821 zu Kornea (f. b.) und die gegen Norwe⸗
ſtbeſtimmt.
terniß. Unſere bisherige Phyſik erklärte die Finſterniß als bloße Ne⸗
reinung, Mangel) des Lichts, wie die Kälte als Negation oder Mangel
Dies ift aber einenichtsfagende Erklärung, da es überhaupt keine Ges
ben kann, toovon der eine die bloße VBerneinung des andern wäre ; denn da®
Mangel iftja kein Sag, eine Pofition, folglich auch fein Gegenfag, keine
on, fondern es wird vielmehr durch das Wort Mangel das Dafein einer
leugnet. Wäre z. B. die Kälte bloß Mangel an Wärme, fo koͤnnte
bt empfinden, denn nur was iſt und wirkt, kann empfunden werden,
das mangelt, alfo nicht ift und nicht wirkt. Iſt irgend ein Sag real
o muß es audy fein Gegenfag fein, und daher ift auch die Finfterniß
genſatz des Lichte. Die befannte Sage von der aͤgyptiſchen Finfterniß,
e mit Händen greifen fonnte, deutet wenigſtens darauf hin, daß die
er Realität der Finfterniß überzeugt waren. Die Sinfterniß iſt der Ge⸗
Lichts, und aus der rechten Erkenntniß des legtern (vgl. Licht) wird
sobre Anficht der erftern hervorgehen, wenn man bie wiffenfchaftliche
we Elemente (f.d.) zu Rathe zieht. Wenn das Licht die Exfcheis
Lechſelwirkung zwiſchen dee Sonne und den Planeten ift, welche mit
m die Oberherrfchaft ſtreiten, mit vorherefchender Sonnenthätigkeit, fo
die Finſterniß das Reſultat dee Wechſelwirkung entgegengefeßter Thaͤtig⸗
aber ein Refultat, welches den Gegenfag des Lichte darftellt. In dies
Aipiel oder Kampfe iff aber die Sonne nicht mit begriffen, denn die
des Planeten ift die von der Eonne abwärts gekehrte. Hier kann der
imerhalb bed Planetenreichs fallen, d. h. die Wechſelwirkung kann nur
en Elementen ftattfinden, in melche der Planet oder deffen Einheit,
kraͤftig erregenden Einfluß der Sonne, zerfallen iſt. Der größte Theil
Ken Materie hat fi) der Sonnenherrſchaft entzogen, ift undurchfichtig
worden: Erde, Erdelement (al fefter Kern des Planeten) ; ein andrer
beit hat fich dem Zepter der Sonne unterworfen, fich gleichfam ihrer
bingegeben, und ift daher folar (fonnenhaft), d. h. durchſichtig, leicht,
t: und Mirmeorgan, mit einem Worte ätherifch geworden: Luft.
zwiſchen dieſen beiden entgegengefegten Elementen haͤlt das neutrale
iches weder feft nod) gafig, fondern gleichfam Beides zugleich, oder ein
Beiden, d. h. fluͤſſig iſt, und auch in allen übrigen Eigenfchaften das
chen den genannten beiden Extremen des Planeten hält, baher beiden
eind entgegengefegt if. So ſtehen alfo Erde und Luft, oder Atmos
nder feindlich gegenüber, jedes mit dem Stechen, fid) in diefem Streit
mund auf Koſten des Andern zu erhalten. Das Streben ber Erde oder
ents geht auf Verfeſtung der Luft, um diefe gleichfam als Nahrungs⸗
4, aufzunehmen und in feine Subflan; zu verwandeln, was aber nur
lingt, und nicht ohne Mitwirkung (Bermittelung) des Waffere. Ein
ſtiſches Streben hat im Gegentheil audy die Luft, welche dag Feſte zu
flüchtigen und fo in ſich aufzunehmen, gafig zu machen ſucht. Dies
am mteiften bei Tageszeit, wo fie durd) die Mitwirkung der Sonne in
ilationsgeſchaͤft unterftugt wird. Dagegen hat zur Nachtzeit die Erde
feitenden, erſtarrenden Thätigkeit das Übergerigt und der Ausdrud
yens und Ankaͤmpfens gegen die Luft offenbart ſich als Finfterniß,
sie Finfterniß der Begenfag (nicht die Negation) des Lichtes ift, fo wird
Eennenlidhte, überhaupt dem kosmiſchen Lichte entgegengefetteg Licht
und wenn das kosmiſche Licht das Medium des Schens für das Kopfs
e ifi, fo wird die Finfterniß, als planetiſches Licht, das Medium des
126 Fioravanti Firmung (kathol.)
Sehens fuͤr ein andres, dem Tagauge entgegengeſetztes Auge, d. h. fuͤr ein Ne
auge ſein. Daß es ein ſolches Auge gibt, davon belehren uns die Erſcheinun
des Hellfehens im Somnambulismus (ſ. d.), indem es eine durch haͤu
Beobachtungen beftätigte Thatſache if, dag die Somnambulen, in der Regel,
ihrem chen fich nicht des Kopfauges bedienen (melches in dieſem Zuſtande anſch
ungslos jchläft), auch dazu nicht des gewöhnlichen Fichtes bedürfen. Da nun
Finſterniß in allee Hinfiht der Gegenfag des (kosmiſchen) Lichtes ift, fo muß at
die Verleiblichung der planetiſchen Zhätigkeit oder Wechfelmirkung, die man $
fterniß nennt, die entgegengefegte der Kichtverleiblichung fein, die fich im Ather b
ftellt. (S. Licht.) Die dem Ather entgegengefebte Materje it aber der fefte E
floff, welcher daher als der Leib der Finfterniß erſcheint, wenn diefe als verfeſte
Thätigkeit des Planeten betrachtet werden muß. Die Finfterniß trifft daher im
fern mit dem Erdmagnetismus (ſ. Magnetismus) zufammen, als dieſer d
Lichte ebenfo entgegengefegt ift als die Finſterniß. — Dieſe Anſicht von d
Mefen der Finfternig (movon das Verdienft einem Runge gebührt) ift noch =
und man muß die Ausbildung derfelsen zu einer Theorie von der Folgezeit erwart
wozu die nöthigen Erfahrungen hauptſaͤchlich die fernere Geſchichte des thirifd
Magnetismus liefern dürfte. — Fin fterniffe, fe Mond: und Sonne
finfterniß. j
Fioravanti (Valentin), ein florentinifcher Tonſetzer, in der komiſch
Dper vornehmlich ausgezeichnet durch natuͤrliche Laune, Leichtigkeit, Lchhaftigk
und Anmuth; feit dem Juli 1816 Capellmeiſter bei Et.= Peter in Mom. '
Neapel ftudirte er, in Zurin aber betrat er feine theatralifche Laufbahn. 17
fchrieb er namlich für das Eönigl, Theater zu Turin: „Il furbo contro il furbe
ihr folgte: „Il fabro Parigmo*. Darauf ſchrieb er mehre Opern für verfchiet
ital. Bühnen. 1807 kam er nad) Parie, mo man von ihm „‚I virtuosi am)
. anti‘ auffübrte; den Zert dieſer Oper abınte Picard nad) in f. „Comediens s
bulans“. Eie fanden nicht weniger Beifall als f. „Caprieciosa pentita“,
man in Paris 1805 gegeben hatte. In ſ. zu Neapel aufgeführten Oper: „
amori di Gomingio e d’Adelaide‘‘, ijt der Componift der echten Muſikgatu
treu geblieben. Am meiften belicht hat er fih, auch in Deutfchland, durch f.
mifche Oper: „„Ise cantatrici vilane* („Die Sängerinnen auf den Lande“)
macht, welche voll beiterer, lebhafter Laune und gefülliger Melodien tft, und
Styl der komiſchen Oper claſſiſch genannt werden kann. Übrigens bat er -
Menge reisender Lieder mit Begleitung des Pianoforte gefchrieben, von denen ei
zu London in Drud erſchienen find.
Rirenzuola, f. Nannini.
Sirmament, im gewöhnlicen Sprachgebrauch bet uns das fcheinl
Himmelsgewoͤlbe. Diefe Benennung, die wir fchon in den Religionsbuͤchern
Auden finden, bat in der alien rohen Völkern gemeinen Vorſtellung, daß der H
mel ein feſtes Gewoͤlbe ſei, ihren Urfprung. »
Sirman, 1) bei den Türken cin Befehl, den der Großvezier Im Ras
des Kaiſers ausfertigt; 2) in Oſtindien die fehriftliche Erlaubniß, Handel
treiben.
Firmelnoder firmen heift in der römifchen amd ariechifchen Kirche
Kind zu einer gewiſſen Zeit (gemeiniglich in feinem festen Jahre) mit Chrpf
falben, mit tem Kreuze bezeichnen und ihm einen Namen geben, gleichſam
Taufbeſtaͤtigung, Confirmation, daher auch der Name.
Firmung, die Hindeanflegung, ein Sacrament der Katholifen;
Zweck derfelben ift die Vollendung und Beſtaͤtigung der Setauften. Due
diefes Sacraments ergibt ſich am beften aus Apg. 8, 14— 21; 19, 1
Die Auflegung der Hände, welche der Zaufe folgte, ohne mit ihr Eins zu f
Firmung (fathol.) Ä 127
heifigen Geift, diefelhe Gnade des heil. Geiſtes, welche bie Apoftel am
its erhalten hatten und die in den erften Zeiten der Kirche zumeilen aud) auf
stbare Weiſe ſich aͤußerte, z. B. durch Sprechen fremder Sprachen,
nam. Nothwendig waren diefe beiden Wirkungen aber nicht (1. Kor. 12,
14). überhaupt aber ward die Gnade des Geiſtes ertheilt. Paulus
Hinteauflegung in die Reihe der allgemeinen unggewigen Lehren und Ans
s Chriftenthums (Hebr. 6, 1— 5). Die Na
nr der Apoſtel, und
Vorſteher der chriftlichen Kirche haben diefe Handenuflegung ſtrenge und
beobachtet, obgleich diefelbe nicht immer und ſpaͤterhin gar nicht mehr mit
ea Gaben verbunden war: ein offenbarer Beweis, daß man von jeher
ben batte, daß diefe Händeauflegung fie alle Zeiten angeordnet, und durch
brend der heilige Geift, das ift eine innere Gnade, mitgetheilt wird, wenn
on gar nichts mehr in der Erfcheinungswelt eintritt. — Die Eatholifche
t fidh bier an die uͤbereinſtimmende Überlieferung gehalten. Mit diefer
kteung ift auch die Salbung der Getauften an der Stirne mit geweihtern
ren, und für die ganze Handlung it im 5. Jahrh. der Ausdrud Confirs
Zirmimg, aufgefommen. Die $irmung ift das zweite der fieben Sacra⸗
Dis 2. Concilium von Lyon von 127% fagt: „Die heilige Kirche lehrt
ft darauf, daß firben Sacramente fein — das zweite ift dad Sacrament
ame, welches die Bifchöfe durch Auflegung der Hände verleihen, indem
Rrdergcborenen falben”. Das Goncilium. von Trient enthält folgende
wagen über die Sirmung: „Wenn Semand fagen möchte, die Firmung
sin lei eine muͤßige Ceremonie, und nicht vielmehr ein wahres und vigents
keament, oder fei chedem nichts Anderes geweſen als eine gewiffe Katechefe,
dem Juͤnglingsalter Nabe, vor der Kirche den Grund ihres Glaubens
a — anatlıema sit. (Sess. VII. de Confirm. cap. 1.) Wenn Jemand
iere, daß Die, welche dem heiligen Chrifam der Firmung einige Wirkung
ke, dert heiligen Geift beleidigen — anatheına sit (cap. 2). Wenn Ses
sen möchte, DaB der ordentliche Ausſpender der Firmung nicht der Biſchof
men jeder einfache Priefter fei — anathema sit (cap. 3). Wenn Ies
irz mochte, daß in den drei Sacramenten — der Kirmung nämlich —
Erarakter der Seele aufgedrückt werde, das ik ein geiftliche8 und unver⸗
Zeichen, weßhalb die gedachten Sacramente nicht wiederholt werden duͤr⸗
atherma sit‘. (Sess. VII. de Sacram. cap. 9. — Übrigens ijt die
ner cin nuͤtzliches, nicht aber ein nothienbige® Sacrament. Leibnitz fagt
ritem der Theologie", S. 213 — 215: „Sn Betreff des Sacraments,
a, welches einige (Proteftanten) in Zweifel zichen, baben wir, außer
die Zchrift von der Händeauflegung kurz andeutet, die apoftolifche Übers
Nr erſten Kirche, wovon Cornelius, Biſchof von Nom, bei Eufebius,
en der Mäctrrer, das Concil von Laodicea, Bafılius und Cyrillus von
: und andre Vaͤter mehr zeugen. Gelehrte Männer glauben, die Fir⸗
termals mit der Zaufe ausgeſpendet worden; es waren jedoch zwei von
aterſchiedene Sacramente. Denn die Kirche fand fuͤr gut zu entſcheiden
Jenug darüber geftritten worden), daß Kıber taufen und getauft werden
e Firmung aber von dem gefeglichen Ausfpender derfeiben ertheilt werden
uch fand fie für gut, die Taufe ſobald als möglidy den Kindern zu era
Win die Firmung kann nach ihrem Gutachten bis zu den Jahren ber
sriheben werden. Woraus erhellt, daß die Taufe, welche den Grund
netewendiger fet, die Firmung aber dem durch die Taufe begonnenen
Krene aufſetze; daher glauben einige der Alten, die auf den Namen des
eder die Salbung, Anfpielung madyen, das Derjenige, welcher nad)
geſalbt worden, erſt nad) empfangenen Gaben des Geiftes, den Namen
128 Fiemian (Karl Joſeph — Leopold Anton)
eines Chriſten vollkommen verdiene, well er, wie ber Apoſtel ſagt, da
König und Priefter geworben iſt“. v.
Firmian, HKarl Joſeph, Graf von, dieſer verdienſtvol
mann, geb. 1716 zu Deutſchmetz im Trientiſchen, erhielt feine erſte?
Erthal, Infprud und Salzburg, und beſuchte dann die Univerfität
Mon da begab er fich Frankreich und Stalien, wo er feinen Geſchm
Schönen Künfte ausbildete. Als Kranz I. den kaiferlichen Thron beftieg,
mian nad) Deutſchland zurüd, und widmete ſich den Stantsgefchäften
Thereſia fandte ihn als ihren bevollmächtigten Minifter nad) Neapel,
Folge in gleicher Eigenſchaft nach der oͤſtr. Lombardei. Hier eröffnete fi
weites Feld, alle Tugenden eines durch Religion, Philofophie und Wifl
geleiteten Staatsmannes im größten Glanze zu zeigen. Er war es, de
zu den Wiffenfchaften in jenen Gegenden wieder erweckte, geiftlichen De:
und Vorurtheile zu vertreiben anfing, Bibliotheken errichtete und die I
Pavia herzuftellen ſuchte. Das ehemalige Herzogthum und die Stabı
haben ihm feit 1759 vorzüglich ihre Bevölkerung, Gründung verſchieden
facturen, Ausbreitung des Handeld, Verbefferung der Landwirthichaft,
Geſinnungen in der Religion und Cultur der Künfte und Wiffenfchaften ,
Diefe Verdienfte erhöhte er durch die ungemeine Leutſeligkeit, mit welch
Kuͤnſtler und Gelehrten aufnahm und unterftügte, und durch die Einjidy
felbft in vielen Fächern der Kiteratur zeigte. Er befaß eine auserlefene |
von 40,000 Bbn. und koſtbare Kunſtſammlungen. Sein Tod erfolgte der
1782, 2) Leopold Anton, Erzbifhof von Salzburg, Bruder de
gehenden, ift bekannt durch ſeine Verfolgung der fogenannten Keger in di
Umfange des Erzbisthums, wodurch nad und nach über 30,000 flı
ruhige Menfchen auf eine hoͤchſt gewaltſame Weiſe (die erften mitten i
1734) aus dem Lande gejagt wurden. „Sein unmittelbarer Vorginger,
von Harrach,“ fagt Henke („Kirchengeſch.“, 5. Bd.), „hatte ihm gewirfen,
geiftlicher Fürft fi) mit Weisheit leidend bei einem Zuftande der Dinge
kann, wo ein guter Theil Unterthanen hartnddig auf Kehren hält, welch
ſchende Kirche für irrig und verdammlich erflärt hat. Aber der Graf von
hatte ‚keinen Sinn für deutfche Verfaffung, ließ ſich von italienifchen Gi
beherrfchen, und von feinem Kanzler, einem unmiffenden aber fchlaueı
in allen Dingen berathen. Er kannte Eeinen höhern Fürftenberuf, als
fein zu laſſen und feine unbegüterte Familie zu bereichern. Schon die 2
der, auf die er rechnete, wenn bie Seeger auswandern mußten, reisten ih
fi) aber einleiten, daß fie als Empoͤrer beftraft werben konnten, fo lacht
herrliche Exbfchaft entgegen”. Seine Verdienſte zu belohnen, veron
Dapft, daß ihm und feinen Nachfolgern kuͤnftig der Titel: „Hoheit“ (E
sua Celsitudo) auch von Cardinaͤlen gegeben werben folle. Er ftarb 174
Firniß, der Name eines jeden, glanzgebenden und gegen Fe
ſchuͤtzenden Anſtrichmittels. Nach diefer Erklaͤrung find die Lackfirniſſe
weiſe Firniſſe, und es gehoͤrt die Farbe, die man einem Firniß beimiſchen
mit zum Begriff deſſelben, weil ſie eben nur Beimiſchung, nichts Weſen
Malerfirniß iſt ein aus Leinoͤl bereiteter Firniß, deſſen man ſich ind
lerei bedient, um die Farben damit anzumachen (anzureiben) und aul
Die mit dieſem Firniß vermiſchten (eingeruͤhrten) Farben heißen Olfarbe
man ſowol hölzerne Geraͤthe anſtreicht, als auch Ölgemälde verfertigt, n
Dauer gegen die Feuchtigkeit der Luft, Motten u. dgl. dem Firniß (DR.
verdanken. Die Bereitung dieſes Firniſſes beruht darauf, daß man I
mit Bleioxyden ober Bleikalken (3.8. Bleiglätte, Bleiweiß, Mennige)
man auch etivag weißen (Zink⸗) Vitriol zuſetzt, vermifcht, wodurch dem
Firnißbaum Fiſchart 129
elle entzogen werben, indem ſie ſich in der Wärme mit den genann⸗
binden; denn der ſchleimige Beſtandtheil der fetten Die iſt eben
chmierig macht, d. h. das Trocknen derfelben verhindert. Daher
Malerfirniß auch trocknendes (entſchleimtes) Leinoͤl. Man erreicht
k, in gewiſſem Grade, auch ohne Zuſatz, durch bloßes Eindicken
uf welche Art der Druckerfirniß (Firniß der Buch⸗ und Kupfer⸗
t wird. Außer der Beftimmung des Malerfirniſſes zu Ölmalerei
eihen mit Ölfarben, bedient man fich deffelben auch zur Bereitung
firniſſe (Ollade), als Löfungemittel der Erbharze. (S. Lackiren.)
;jbaum waͤchſt in Nordamerika und Sapan. Der Gummi bdeffels
ff der feinften hinefifchen Firniffe, womit die Chinefen faft alle Mo⸗
n. Diefer Gummi entfchwigt diefem Baum bereit im 7. und 8. 9.
r Einfchnitt in die Rinde liefert zwar mehr Gummi, reift ihn aber
» fonft die Begetationgjahre auszubehnen pflegen, dem Abfterben.
Zaft muß, um nicht beim Kochen ale Gift dem Firnißverfertiger zu
orjichtig behandelt werden. 60 Stämme geben in einer Nacht 16
[, in den meiften deutfchen Staaten ein Beamter, welcher die Ges
das Intereſſe des Staats vor Gericht zu vertreten bat, alfo eigentlich
n Sranfreidy unter dem Mlinistöre publis, den Staatsanwalt,
d. Im ehemaligen deutfchen Reiche waren bei dem Reichskammer⸗
dem Reichshofrathe Reichsfiscale angeftellt, deren Obliegenheit war,
aufzutreten, wenn die Gerechtſame, Gefege und Verfaffung des
t wurden, 3. B. gegen Mißbriuche des Münzregals, gegen Stoͤ⸗
nefriedend u. dgl. | 37.
rt (Johann), genannt Menzer, und in verfchledenen Schrifs
Namen bezeichnet, war nad) Einigen, die feinen Beinamen daher
Mainz, nad) X. aus Strasburg, D. der Rechte und Reichskammer⸗
556 Amtmann zur Forbach bei Saarbruͤck, und flarb vor 1591.
feine Lebensumſtaͤnde find, fo dunkel iſt nod Manches in Hinficht
ften, die, meijt ſatyriſchen Inhalte, theils in Profa, theil® in Vers
beiden gemiſcht, und faft mit den fonderbarften Ziteln verfchen find.
iſt er unſtreitig der zuͤgelloſeſte feines und vielleicht aller Sahrhunderte,
in drolligen, launigen, wigigen, nicht felten zugleich zweideutigen
ı Eirfälten, aufdas genauefte befannt mit den Thorheiten f. Zeital⸗
mgersiß über den Ton, in welchem fie bald verlacht und ausgehöhnt,
eißelt werden müffen. Die deutſche Sprache behandelte er mit uns
ihrit, fchaffte fih Wörter und Wendungen, ohne die Analogie im
ruͤckſichtigen, zeigte aber auch in den willfürlichflen Sprachformen
nfeit und feinen Wis. Im ſtarkkomiſchen und burlesten Ausdruck
bar, und ſelbſt aus den fchulkhafteften Ergießungen feines fruchts
euchtet überall eine natürliche Heiterkeit und treuherzige Redlichkeit
befannteften Arbeiten find eine freie Bearbeitung des „Surgantun’
(zuerſt gedr. 1552) ; „Das gluͤckhaft Schiffvon Zurich” (1576, &.) ;
t Großmutter (1574); „Bienenkorb des heiligen römifchen Reichs
8" (1579); „Hultrich Elloposcleron Flohſchatz und Weiberſchatz“ o.
her Strasb. 1577) u.a. Wir finden bei ihm den erſten Verſuch in
metern, den er nach ſeiner Außerung gemacht hat: „dieweil daraus
it der deutſchen Sprache in allerhand Carmina beſcheint, und wie
nftellung des Hexametti oder ſechsmaͤßiger Sylbenſtimmung mit ſyl⸗
Secheichlag weder den Griechen noch Latinen (die das Mus allein eſſen
weiche“. Sie find zugleich ceimt und in ihrem Bau fehr willkuͤr⸗
Eictente Aufl. Bd. W. 9
130 Fiiſchbein Fiſche
lich. An Sprache, Bildern und finnlicher Fülle, ſagt J. Paul Fr. Nichte
teifft 3. den Rabelais weit, und erreicht ihn an Gelehrfamteit und Ariftopt
MWortfchöpfung. Er ift mehr deffen Wicdergebärer als Überfeger; fein goll
Strom verdiente die Goldwäfche der Sprache und Sittenforfher. Sein
Gapitel über Eheleute ift ein Meifterftuck finnlicher Defchreibung und Beob:
aber keuſch und frei wie die Bibel und unfere Vorältern,
Sifchbein, vorzüglich die Kiefern und Barten des Wallfiſches.
find dicke, oft 100 Pfund wiegende Hornlagen im Oberkiefer des Waufifc
man fpaltet, reinigt und zu Stäbrn und Stangen unter dem Namen fı
v Fiſchbein ſchneidet, und zu Stoͤcken, Schnürleibern, Regen: und Sonnen!
u, f. w. verbraucht. — Weißes Fifchbein nennt man die Bemme oder.
der Meerfpinne oder Seekatze, welches von den Gold: und Silberarbeitcın g
gebraucht wird,
Fische, Waſſerthiere mit rotbem, kalten Blut, mit Knorpeln und
flatt der Knochen, und mit Stoffen, ftatt der Gliedmaßen, welche die im
aufgelöfte Luft durch Kiemen, flatt der Lungen, einzichen und zerfegen.
dem Waſſer leben fie nur fiir eine Eurze Zeit, doch ficht man Aale oft auf den
nen und zwifchen Exbfenfeldern; ja, bei Zranquebar gibt e8 Barfche, die,
teift der Dornen an ihren Sloffen, auf Palmenbaͤume Eletten. Nachdem
ſche Knorpel oder Gräten haben, werden fie in zwei allgemeine Claffen ı
Die Knorpelfifche haben entweder Kiemendeden, oder nicht. Zu diefen geh
Lampreten, Rochen und Hayen, zu jenen die Stoͤre, Stachelbaͤuche, Meer
Aale und Schwertfifche. Die eigentlidyen Grätenfijche werden nach dem |
der Bauch⸗ und Bruftfloffen abgetheitt. Bei der Aalraupe, dem Der!
Schellfiſch figen die Bauchfloffen vor den Bruftfloffen ; bei den Seebrachfen
fchen, Zandern, Makrelen und Kaulköpfen finden fic die Bauchfloffen gerat
den Bruftfloffens hinter den legtern aber fichen die erftern bei den Lachſen, $
Häringen, Karpfen und Karaufchen. In dem Bau des FifchEörpers find d
fen, als die einzigen Bewegungswerkzeuge, ſehr bemerkenswerth. Sie beftel
binnen Gräten, von der Oberhaut bedeckt, an eignen Knorpeln oder Gräte
ftigt, die duch beſtimmte Muskeln bewegt werben. Der Schwanz mit feine
dient als Steuerruder, um den Bervegungen des Thiers die gehörige Nicht
geben. Auch der erfte Antrieb zum Schwimmen geht offenbar vom Schwan
doch müffen die übrigen Kloffen nicht allein die Lage des Fifches führen, |
auch die Richtung feiner Bewegungen befördern ; daher der Aal, der feine
floffen bat, ebenfo ſchwimmt wie die Wafferichlangen, indem er mit dem
Körper wellenförmige Bewegungen macht. Die Muskeln der Fifche find vı
Fleifchgewebe warmblütiger Thiere gaͤnzlich zu unterfcheiden. Sie beſtehen aus
oder bleihen Schichten dickerer Faſern als die Muskeln warmblütiger Thi
ben; zwifchen diefen Schichten befindet ſich Eiweißftoff, der fchr fchnell na
Tode in Faͤulniß uͤbergeht. Sehen wirauf die Sinnenwerkzeuge und das J
ſyſtem der Fifche, fo ift erfllich die außerordentliche Kleinheit des Gehirns ir
hältnig zum übrigen Körper merkwürdig. Wenn daffetbe bei dem Menſchen
zig bis dreißig Mat Eleirer ift als der übrige Körper, fo ift c8 beim Hai 250
beim Thunfiſch fogar 37,400 Mat Eleiner, ift dabei von geringerer Feſtigkeit
warmblütigen Thieren, und beficht geößtentheits aus Hügeln, den Nerven
ähnlich. Das kleine Gehirn ift nur eine Querpfatte, und e8 fehlt ihm voͤ
Bau, den man unter dem Namen des Lebensbaums bei den hoͤhern Thiergati
Eennt. Die Nerven der Fiſche find im Ganzen weicher, als die der hoͤhern?
und ſtellen bei einigen fo ſtarke Erreger der Eleftricität dar, daß die maͤch
Schläge gegeben werden, bie aber ſogleich aufhören, wenn man die Nerd
fchnitten hat. Der Zitterrochen, ber Zitteraal, der elektrifche Ufaͤls, der I
Fiſche 131
nz ımb der elektriſche Stachelbauch find die fuͤnf Fiſche, die man als les
ta'ſche Säulen betrachten kann; denn fie Gaben zwei muskuloſe Saͤu⸗
in neßformiges Gewebe von einander getrennt, die weniaſtens beim Bit
nter den krummen Sinorpeln der großen Seitenflojjen liegen und von eig⸗
ırsgiert werden. Was die Sinnorgane dir Fiſche betrifft, jo ſind die
Sehwerkzenge unftreitig am meiften ausgebildet. Auch riechen die Fl⸗
"Ser viel voeiter als fie ihn jenen, und der Hai ſcheint die Ausdunfiungen
Renten | in unglaublichen Entfernungen zu wittern. Zwac entbeirten
st großen Stien= und Kieferhöblen, welche bei hoͤhern Thieren gleichfalls
hHaut überzogen find; zwar fteht ihr Riechorgan in keinenn Zu ſammen⸗
sn Athemwerkzeugen, und das Waſſet leitet die Riechtheilchen wahr⸗
weniger ald die Luft; aber fie haben fehr große Riechnerven, deren
sweilen fire das wahre Gehirn genommen worden find. Was das Seh⸗
ateifft⸗ ſo haben ſie im Ganzen ſehr große Augen, in der Regel aber keine
iendern die Oberhaut geht gerade uͤber das Auge weg, und ſcheint bei
ic eqar nur eine geringe Durchſichtigkeit zu haben. Die Hornhaut
&; dicht hinter ihr liege gewöhnlich die Kryſtalllinſe, die fe'kt du, .d) das
sireeten kann, fo daß wenig Raum für die waͤſſerige Feuchtigkeit iſt. Die
vr der Fiſche iſt dagegen faft Eugelig, und dabei von einer viel geögern Dich⸗
dei den Landthieren; fie wird wahrſcheinlich von einem fücherförmigen Ors
% wildes von einem Sinoten des Scehnerven ausgeht und fidy an fie anlegt.
⁊degenbaut bat meift einen außerordentlichen Glanz, und eine jchöne rothe
farbe; der Glastorper iſt aber fehr Elein. Die Werkzeuge des Gehörs find
su:siider, obgleich dieſer Sinn fc) durchaus den Fiſchen nicht ableugnen läßt.
ar Schorgang kommt nur bei Knorpelfifchen mit innern Kiemen vor, wie
win und Rochen; die eigentlichen Graͤtenfiſche entbehren dagegen des aͤußern
5 Alle baben drei gekruͤmmte Röhren In ihrem Schädel, die ſich in
a, mit Nervenmark gefüllt, welcher deut fleinharte Knoͤchelchen enthält,
es ijt Das ganze Gehoͤrwerkzeug. Noch unvollkommner fcheint das Ges
kan zu fein. BR Zunge hat nicht einmal Nervenwärzschen, und die
aiciben find Zwelge derer, die die Kiemen verforgen. Das Athmen der
gibt durch Hilfe der Kiemen; dieſes find bekanntlich fehr gefüßreiche
Bier an jeder Seite, die an einem krummen, gelentigen Knorpel befeſtigt
tr bangt mit den Zungenknorpeln und mit dem Schaͤdel zuſammen. Bel
pefichun liegen die Kiemen innerhalb des Körpers, den Saͤcken gleich, und
astte Öffnungen in beffimmter Anzahl hinein; fo haben die Lampreten
gen fteben, die Rochen und Haien aber fuͤnf dergleichen Öffnungen.
haben mehre Fiſche einen eignen Kiemendedel, und oft aud) cine Kiemens
ih zufammenzichen und ausdehnen kann. Sie enthält eine befiimmte
m krummen Knörpeichen, welche man ihre Strahlen nennt. Dffenbar
bie Kiemen nuc die mit dem Waffer gemifchte Luft aufgenommen wer⸗
zzu kommt bei den meiften die fogenannte Schwimmblaſe durd). einen eigs
mal mit dem Magen oder dem Scylunde in Verbindung. Diefe fol
thalten; gewiß aber ft ed, daß fie das Auffteigen im Waffer befördert,
ee 5 wie der Peizker und der Bartgruͤndel, auch durch den After at
ꝛelkommen erwieſen. Ja, den Laͤngfiſch folt man in der Tiefe des Mee⸗
an den aufſteigenden Luftbiaſen erfennen. In der Regel haben die Fifche
mm; der Kuuchahn aber, der Peizker, die Forelle und einige andre ges
m man fie druͤckt, einen knurrenden Laut von fid), wobei fie die größten
anzu beweiſen und mit dein ganzen Leibe zitteın. Es ift fehr wahrſchein⸗
deſct Laut durch die aus der Schwimmklafe mit Gewalt hervorgepreßte
irtt wird. Natuͤrlich geht der Kreisiauf des Blutes bei den Kifchen auf
9*
..'-”
132 Sifcher Gotthel)
andee Art von flatten als bei hoͤhern Thieren. Das Herz beſteht nur aus
Vorhof und einer Kammer ; es nimmt das Blut aus dem Körper auf, und ſch
durch eine einzige Arterie geradezu in die Kiemen; bier wird es, durch die X
rung des Waſſers und der darin befindlichen Luft, mit Sauerftoff verfehen,
eine Dienge kleiner Gefäße wieder aufgenommen, welche in die Aorte zufammı
Ben, die nun dem ganzen Körper das Blut mittheilt. Die Bewegung des Hi
ift bei den Fiſchen viel unabhängiger vom Gehirn und Ruͤckenmark ale bei h
Thieren; daher jene Bewegung noch viele Stunden lang fortdbauert, nachden
Gehirn und Ruͤckenmark ſchon zerftört worden. Der Milchfaft, aus dem S
brei der Fiſche bereitet, wird von Saugadern aufgenommen, die fi) unmittelt
die Venen endigen, ohne durch Druͤſen zu gehen. Obgleich die meiften Fiſche
fegen, die außer Ihrem Körper befruchtet und ausgebrütet werden, gibt es
Knorpelfifche, die lebendige Zunge gebaͤren. Daß es auch Zwitter unter den Fi
gibt, ift neuerlich mit der größten Zuverläffigkeit erroiefen worden; denn be
ampreten fand Home ganz deutlich Milch und Moggen zugleih. Die Fruch
keit der Fifche ift größer als die irgend eines andern höhern Thiers. Bei der S
bat man 38,000, bei der Makrele 546,000, und beim Kabliau fogar 1,367
Eier in einem einzigen Roggen berechnet. — Noch iſt zu bemerfen, ba
zwoͤlfte Sternbild des Thierkreifed den Namen ber „Fiſche“ führt.
Fiſcher (Gotthelf), ausgezeichneter Naturforfcher, vuffifchee &
Staatsrath, Vicepräfident der medic. chirurg. Akademie und Profeffor der
verfität zu Moskau, geb. am 15. Oct. 1771 zu Waldheim in Sachſen. U
den erſten gelehrten Unterricht auf dem Gymnaſium zu Freiberg erhalten hatte
et fich die Freundfchaft des dort auf der Bergakademie ftudirenden Alex. von f
boldt erwarb, ging er nach Keipzig, um fich der Arzneiwiffenfchaft zu wib
Pflanzenkunde und Anatomie waren feine Lieblingsbefchäftigungen, und er m
ſich zuerft durch feinen „Verſuch Über die Schwimmblaſe der Fiſche“ (Leipz. 1
bekannt, bie er regen der Menge ber darin befindlichen Gefäße für Zufagorgan
Athemholens hielt. Spätere Unterfuchungen diefes Organs führten ihn zu der
dedung eined neuen Wurms in der Schwimmblafe ber Sorelle. Alex. von f
boldt und deſſen Bruder wählten ihn zu ihrem Begleiter auf ihrer Reife I
Deutfchland und Frankreich. In Paris befcyiftigte er fich unter Cuvier's Le
: vorzüglich mit der vergleichenden Anatomie, wozu die reiche Sammlung, bie m
fand, ihn reiste. Die naͤchſten Früchte diefer Befhäftigung waren ſ. S
„Über die verfcyiedene Form des SintermapillarStnochens” (Reipz. 1800), wor
neue Anfichten Liber diefen Gegenftand aufftclite; f. reichen ‚Beiträge zur N
gefchichte des Affen” (in f. „Naturhiftorifchen Fragmenten“, 1801) ;f. „Qeobad
gen tiber die abweichende Bildungsart der Zähne der Saͤugthiere und Fiſche“.
erhielt 1800 den Ruf als Lehrer der Naturgefchichte an der Gentralfchute in M
als er aber bei feiner Ankunft fand, daß die dortige Jury ihre Stimme bereits e
Andern gegeben hatte, trat er zurüd, und nahm die Stelle eines Bibliothekar
Diefer neue Wirkungskreis führte ihn zu Unterfuchungen im Gebiete der Bibli
phle und beſonders zu Forſchungen über die Geſchichte des Buͤcherdrucks und dx
teften Druckwerke. Er entdedte den damals dlteften Drud mit Jahrszahl,
ſchrleb eine Menge alter Drucke und bemühte fid vorzüglich, Guttenberg's An
an ber Erfindung der Buchdruckerkunſt genau zu beftimmen, in f. Schrift: „E
sur les monumens typographiques de Jean Guttenberg‘ (Mainz 1804). 2
Erläuterungen über diefen Gegenftand enthält f. in 6 Lief. (Nuͤrnb. 1801—6
fchienme ‚‚Befchteib. tnpograph. Seltenheiten und merkw. Handfchriften nebft X
zur Erfindungsgefchichte der Buchdruckerkunſt“, und f.: „Notice du premier
nument typographique en caractdres mobiles avec date‘ (Mainz 1804), 5
und Willin erkannten Fiſcher's Werdienft in diefem Gebiete aut an. Bereits
Fiſcher (Chriftian Yugufl) | 133
des Gemeinderaths von Mainz erwählt, ward er ſpaͤterhin zum Abgeord⸗
Paris ernannt, als die Gemeinde dem erſten Conſul das Geſuch vorlegte,
adelsſtadt umgefchaffen zu werden. Fiſcher erlangte bei diefer Gelegen⸗
aubniß, aus den verfchiedenen, zum Staatseigenthume gehörigen Buͤ⸗
en in Paris eine Bibliothek für Mainz auszumählen, die aus franz.
und andern wiſſenſchaftlichen Werken in 3000 Bbn. beftand. Während f.
sin der Dauptftadt machte er den Entwurf zu einer Schilderung des Nas
ums der Maturgefhichte, worin er befonders gefchichtlich darzuthun
nicht eigentlich die todten, obgleich reihen Sammlungen allein diefer
m Glanz verliehen, fondern daß der Zweck derfelben, ftetd aufden Uns
uwirken, und eine Reihe für diefelben ausgewählter Lehrer fie zu Ihrer
egehoben haben. In Mainz beförderte er die Entftehung einer Geſell⸗
Biffenfchaften, deren beflindiger Secretair er wurde. Die Naturges
» vergleichende Anatomie befchäftigten ihn jedoch fortdauernd, wie fein
imened Wert „Liber die Anatomie der Mai” bewies. In demf. J. vere
3, um die Stelle eines Profeffors und Directors des Muſeums zu Mos⸗
hmm. Diereiche Sammlung , der er vorftand, wurde dem Publicum |
d von ihm in einem Werte (‚Description du Museum d’histoire natu- °
loekau 1805) befchrieben, wozu er die Kupfer felbft radirte, da es an
em mangelte. Er ward in demfelben Jahre Stifter der Gefellfchaft der
ber zu Moskau, welche fpäter den Zitel der Eaiferlichen und die damit
aDorrechte erhielt. Fiſcher beobachtete alle Theile des meiten Gebiets
aſchichte; daher verdankt ihm auch die Kunde der foffiien Thierkoͤrper
oft von Cuvier anerkannte, Entdedungen. Für jeinen Beruf als öfe
eheer wirkte er durch f. „überſicht der Thierkunde” (, Tabulao synopti-
ssiae‘*, 3. Aufl. 1813), ein bequemes Huͤlfsmittel zur Beſtimmung des
rjedem Thiere in der foftematifchen Anordnung gebührt, und durch ſ.
ih auf Wernet's Spftem gegründete „Darftellung der Oryktognoſie“
ticon du syst&ine d’oryctognosie‘‘, Moskau 1811), das auch durch
Bellen der ruſſiſchen, deutfchen, franzöf. und latein. Namen nuͤtzlich iſt.
311) erfchien dieſes Merk in erweiterter Geftalt in ruffifcher Sprache.
rande von Moskau traf ihn das Ungluͤck, nicht nur das große Mujeum,
Ehätigkeit zu fo glänzender Höhe gehoben hatte, fondern aud) f. eignen
m, viele Präparate, die zur Fortſetzung der Anatomie der Mall gehörs
ins reihe Schädelfammlung , die fuͤr eine bereits angekündigte vergleis
tomie der Thierſchaͤdel war angelegt worden, von den Flammen vernichs
Nicht gebeugt von diefem empfindlichen Verlufte, fing er gleich nach
t de® Friedens an, das Mufeum der Univerfität herzuſtellen, welches
iedir zu einem fo fhönen Ganzen fich bildete, daß es fchon jetst eine der
immlımgen ift. Ex wurde 1817 zum Vicepräfidenten der Eaiferl. mes
mrgitchen Akademie ernannt, der er ſowol durch Verbefferung der innern
. als durdy Gründung eines Klinitums und cines durch Beiträge ent⸗
Rufeums große Dienfte geleiftet hat. Die neueſte Bereicherung, welche
efchichte ihm verdankt, ift f. „Befchreibung der Inſekten Rußlando“
raphie de la Russie et genres des insectes‘‘), 2 Bde. 26.
her (Chrijtian Auguft), Verf. mehrer eignen und giädlicher Bear
er Reifebefchreibungen, herz. meiningifcher Legationsrath und geweſe⸗
t der Culturgeſchichte und Literatur der ſchoͤnen Redekuͤnſte auf der Unte
Rürzkurg, geb. 1771 zu Leipzig, ſchrieb und überfegte Romane; dann
[. „Reife von Amfterdam über Madrid und Cadir nach Genua” (1799),
Een Theil von Spanien beruͤhrt, vortheilhaft bekannt. Er ließ dieſem
re noch andre uͤber Spanien folgen, die jedoch weniger Ausbeute eigner
134, Sifcherring Fiscus
Beobachtungen und Unterfuchungen, ald gewandte Benugung fremder Forſchum
wie dad „Gemälde von Madrid” (1802), das „Gemälde von Valencia‘ (15
oder nur gefüllige Verdeutſchungen ausländifcher Originale find, wie das ‚Gen
von Spanien 1803, nad) Laborde” (1809— 10). Auch feine vielen andern IR
befchreibungen, groͤßtentheils Nachbildungen, zeichnen fich durdy geiffreiche Zur
menſtellung und anzichende Darftellung aus. Zu den vorzüglichften gehör
„Bergreiſen“ (1804—5), „Reiſen ins füdliche Frankreich“ (1805), „Algen
unterhaltende Reiſebibliothek“ (1806—8), „&emälde von Brafilien” (18
Eine von ihm 1821 unter dem Pfeudonamen Selig von Froͤhlichsheim berc
Flugſchrift: „Kasenfprung von Frankfurt nad) München” (Leipz. bei Hartkr
veranlaßte gegen ihn fiscalifche Unterfuchungen, insbrfondere wegen der darin <
den £. bair. Finanzminiſter von Lerchenfeld enthaltenen beleidigenden Anführzez
In Folge diefer Unterfuchungen ward Fifcher 1821 zu mehrjübrigem Feſtungsc
, verurtheilt, aus welchem er den 22, Juni 1324 entlaſſen wurde; ſeit der Zeit
er in Bonn. Sm Gefüngniffe fcehrieb und ſammelte er: „Hyazinthentaſchenbuch
1825" (Irkf. a. M.). Dann gab er den „Curioſitaͤtenalmanach“ heraus (1. Jal
Mainz 1325). ©. „Cabinetsftüde eined Gefangenen” (Fıkf. a. M. 1825
Bdch.) find ebenfalls eine Frucht feiner unfreiwilligen Muße. Kerner gak
„Neue Kriegs: und Reifefahrten” (ref. a. M. 1825) und eine Samml. von We
Irving's und Cooper's Romanen, heraus. J
Fiſcherring (Aunulus piscatoris). Die Verfügungen der roͤmiſt
Curie werden bekanntlich nicht vom Papſi unterzeichnet, ſondern ihre Glaube
digkeit haͤngt vom Papier, Bindfaden und Siegel ab. Dieſe Verfuͤgungen the
ſich in Bullen und Breven. Bullen, von der apoſtoliſchen Cancellaria am
fertigt, ſind für wichtigere Gegenflände beftimmt und haben ſchwaͤrzliches, flat
rauhes Pergament und gothiſche Buchſtaben, fowie das bleierne Siegel, wei
auf der einen Seite die Bildniſſe der Apoſtel Petrus und Paulus, auf der au
Seite aber den Namen des regierenden Papſtes —8 In Ehe: und Recht
hen werden dieſe Bullen in der Form Dignum kusgefertigt, und das Blehf
hängt dann an einem haͤnfenen Bindfaden, in Gnadenſachen hängt das Sicgel
an einem roth und gelblichen feidenen Faden. — Breven werden in mindert
tigen Gegenſtaͤnden ausgefertigt und zwar von der apoftolifchen Secretarie. Ä
häben feines, weißes Perganıent und lateinijche Buchſtaben, und das Siegel if
Tifcherring,, in rothem Wachs abgedruckt. Diefes Siegel hat feine Benem
daher, weil das Bild Petrus des Fiſchers dadurd) dargeftellt wird. Der $
felbit oder einer feiner Vertrauten bewahrt dieſes Siegel und nad) feinem Xode $
es der Cardinalkaͤmmerer zu zerbrechen. Die Stadt Rom fchenkt jedem me
wähıten Papft einen folchen Siegelring. — Die Glaubwürdigkeit paͤpſtlicher
funden hängt von der genauen Beobachtung jener Foͤrmlichkeiten ab, und irgen
Mangel läßt auf eine Faͤlſchung fchließen. v. e.
Fiüscus, Im roͤmiſchen Recht die Privatkaſſe des Kaiſers, unterſchieder
ber Staatskaſſe, dem aerarium publicum ; wogegen dies im neuern Rechte g
umgekehrt ifi, die Staatskaſſe unter dem Namen des Fiscus verflanden und bie
desherruche Privatkaffe die Chatoulle genannt wird. Insbeſondere wird diefer‘
druck infofern von der Staatskaſſe gebraucht, als Strafen, herrenlofe Güter,
en, welche dem Verkehr entzogen werden, oder deren die Privatbefiger aus k
einem Rechtsgrunde verluftig werden (3. B. unerlaubte Gefchenfe, Kegate,
fich der Regatar unwuͤrdig macht u, f. w.), ihr zufallen, und ale von ihren befoi
Vorrechten die Rede iſt. Diefe Vorrechte find ſchon im römifchen Recht auf
dentlich ausgedehnt, ob fie gleich im Ganzen allerdings auf richtigen Gründen
ben. Es gehören dahin: das gefegliche Unterpfandsrecht, welches dem Fisc
die Guͤter ſeiner Berroalter und Derer, die mit ihnen contrahirt haben, zuko
ame überfchreitenden Töne der Menfchenftimme, welche durch eine gewiſſe
bes Kehlkopfs erztoungen werben. Ko pfftimme, im Gegenfag der Bruſt⸗
bi der Toͤne, bie im natürlichen Umfange der Stimme liegen. In der
uch die Fiſtel fingen, gebraucht man befonders von Perfonen, welche mit
Ztimmen bie Höhe der Altz und Discanttöne erzwingen. Ehedem nannte
vchten und tiefften Töne der Blasinftrumente, deren man fidy nur felten
omfalls Falfettöne. — Fiftel (Krankheit), ein Roͤhrgeſchwuͤr, Hohl⸗
mit einer oft ganz geringen Öffnung, welches in mehr oder weniger langen,
der gekrummten, tweitern ober engern, einfachen oder vieläftigen Caniiten
Haut, zwiſchen Muskeln, Knochen, Bändern, Häuten u. ſ. w. im Zels
tferttäuft, und bisweilen in eine innere Höhle, ſelbſt in die Subſtanz
mm Otgans führt. Aus der Fiftel fließt entweder bloße Gauche im verfchies *
me und Beſchaffenheit, oder zugleich die Feuchtigkeit, die ein damit in
na ſtehendes Organ gibt, auch andre daher kommende Dinge. Nach dem
san fie vorfommt, beſtimmt man ihren Namen: Thraͤnen⸗, Speichel⸗,
kuite, Bauch⸗, Zahnfiftel u. fe w.
h, cine bei englifhen Eigennamen nicht ungewoͤhnliche Vorſetzſylbe (Figs
5it-Clarence, Fitz⸗ James), welche infofeen mit dem ſchottiſchen Mac,
Kiben D’ und bem hebräifchen Ben verwandt iſt, daß fie, gleich jenen,
Sehn bedeutet, und in Verbindung mit dem Namen, welchem fie vorges
auf den Stammvater Derer, bie.fie tragen, hinweiſt; wobei jedoch der
Unterſchied nicht zu Überfehen ift, daß Fig immer die uncheliche Abkunft
So find die Fig-Glarence, Söhne des Eönigl. Herzogs Clarence und der
an Dis. Gordon. Cine folche Abkunft thut uͤbrigens in England der
Ehre fa wenig Abbruch, daß felbft unter dem hohen Adel viele Fitze ih⸗
ben Exzenger ungefcheut in ihren Stammbaum fegen.
me (St.:Beit am Flaum), mit 743 9. und 7600 Einw., Ha—
aften Ende des Golfs von Quarnaro am adriatifhen Meere, zugleich
bes ungerfchen Küftenlandes ober Litorale (6+[.), das zum Koͤ—
vation achärt & ift dor Sit doa Aiftonlänh. inherninma: hier hefins
136 Sirmillner Sirfterne
aufhoͤrlich vorſchwebt, ober durch die entfernteften Ähnlichkeiten geweckt wird,
in ſtrengem Sinne genommen, einen geiſteskranken Zuſtand bewirkt, indem ſit
Eeele unwillkuͤrlich beherrſcht. Mach einer etwas modificirten Bedeutung |
fir aud) fo viel wie feuerbeſtaͤndig, womit wir bezeichnen, daß fid) eine €
nicht durch Hige verflüchtigen oder in Dämpfe verwandeln laffe. So find €
Platina u. f. w. fire oder feuerbeftändige Metalle. — Fire Luft, f. €
arten.
Zirmillner (Placidus), DBenedictinee und Afttonom im obei
Stift Kremsmünfter, geb. d. 28. Mat 1721 in dem nahegelegenen D. Adhlı
machte f. erften Studien in diefem Klofter, deffen Abt fein Verwandter war,
vollendete fie in Salzburg, mit fleter Vorliebe zur Mathematit. 1745 ehr
für immer ins Klofter zuruͤck, deffen Noviz er fhon 1737 gerworden wur, S—
Heidete von nun an bei der um diefe Zeit in Kremsmuͤnſter errichteten adeligen!
terſchule 40 Jahre lang mit Ruhm die Profeffur des Kirchenrechts. Vorjuͤgl
MWerdienft erwarb er ſich ald Beobachter und Schriftfteller um die Sternku
nachdem der Abt, fein Oheim, 1747 einen mathematifc = phnfitalifchen Salem
Kiofter errichtet, und von 1748—58 eine Sternwarte zur Befchäftigung ſe
Gonventualen erbauet hatte. 1762 ward Firmillner wegen feiner mathematfl
Kenntniffe zum Aſtronomen des Klofters ernannt, ungeachtet er ſich zuvor alei
der ausuͤbenden Sternfunde abgegeben, und nicht einmal in der Literatur M
Miffenfhaft zu Haufe war. Lalande's Werke, und ein gemeiner Dorf
mann, der weder lefen noch fchreiben konnte, aber große mechaniſche Zulente h
wurden feine Hauptflügen. Letzterer bauete nach feiner Anleitung fehr gute Da
quadranten, Zenithfectoren, Paffageinftrumente und Pendeluhren. Den übt
Bedarf gab die Fremde, und fo warb die Sternmarte zu Kremsmünfter bald eim
befteingerichtetften und beruhmteften Deutſchlands durch Fixmillner's Tyitigkeh
ihre Sefchichte und feine Beobachtungen in eignen Werfen („„Decennium ast
a. 1765 ada.1775“ u. „Acta astr. Cremissamensia ab a. 1776 ad a. 17%
befannt machte, und in mehren gelehrten Sournalen und Denkfchriften als M
beiter auftrat. Nur durch feine vielen (damals noch fehr [hwierigen) Merkur
obachtungen, ward Lalande in den Stand gefegt, feine genauen Merkurstafe
fertigen. F. war einer der erſten Beobadyter und Berechner der Uranusbahn,
tigte auch Tafeln darlıber und war der Exfte, der Bode's Vermuthung, daß de
Flamſteed 1690 beobachtete, und dann verfchiwundene 34. Stern des Stiers
Dlanete geweſen, prüfte und theoretifc) erwies. Eigen war ihm, wie menig aı
Aſtronomen, bag er alle feine Beobachtungen auch felbft, und zwar Doppelt berech
Er ftarb d. 27. Aug. 1791, 72 Jahre alte Der Charakter dieſes Mufters
wahren Ordensmannes war fanft und liebenswuͤrdig.
Fixſterne, diejenigen Sterne, bie ſtets in einerlei Lage zu einande
ſtets in einerlei Entfernung von einander zu bleiben fdyeinen; es find mithi
Geſtirne am Sirmament, mit Ausnahme der Planeten (fammt ihren Monden
Kometen, unter diefem Namen begriffen. Außer den fcheinbaren Bewegung,
Firſterne aber, welche von dem täglichen Umſchwunge unferer Erde um ihre :
von dem Fortruͤcken der Aquinoctialpunkte (ſ Vorruͤcken der Nacht gleit
und von der Abirrung des Lichts (f. d.) verurſacht werben, hat man boc
eigne fehr langfame Bewegung an benfelben beobachtet, fodaß die Angabe, d
Firfterne in einer gleichen Lage zu einander bleiben, nicht freng richtig ift.
man gefunden, daß z. B. der Sirius feit Tycho de Brabe um 2 Minuten vo
Stille gerüdt fei u. ſ. w., wogegen indeß namentlich Herſchel („On the prope:
tion ofthe sım and solar syst.“ in den ‚Philos. trans.“ 30.73) mit überroieg
Gründen darthut, das jene fcheinbare Ortöveränderung vielmehr von einer wirt
Drtsvirirderung unſers Sonnenſyſtems im Weltenraume herruͤhre. Ferner ha
— —
Flaccus 137
nerkt, welche unvermuthet am Himmel erſchienen und wieder verſchwun⸗
ın andern bemerkt man, daß ihre ſcheinbare Größe abwechſelnd zu⸗ und
Ihre Entfernung von unferer Erde ift in der elgentlichften Bedeutung des
wermeklich ; die ftärkiten Teleſkope find nicht vermögend, an ihnen einen
Durchmeffer wahrzunehmen. Einen Begriff von der Größe derfelben
nſtand, daß, obgleich wir uns ihnen abmechfelnd um 40 Mitt. Meilen
uechmefler der Erdbahn) nähern, und um ebenfo viel von ihnen entfere
kein Unterfchied an ihnen wahrzunehmen iſt. Huygens bat, durd) Vers
ver Lichtftärke des Sirius und der Sonne, die Beftimmung feiner Entfers
der Erde verfucht, und fie, unter der Vorausſetzung, daß der Sirius nur
unferer Sonne habe, auf27,664 Mal größer, als die Entfernung der
rechnet. So ungleich dergleichen Angaben fein mögen, fo reichen fie doch
bin, uns zu überzeugen, daß der MWeltenraum einen, jede menfchliche
haft überfteigenden Umfang habe. Sin gleicher Unwiſſenheit befinden wir
We Natur und Befchaffenheit der Firfterne; doch können wir als höchft
ah annehmen, daß fie leuchtende Welten oder Sonnen find, um deren
leicht, wie um unfere Sonne, eigne Planeten in feften Bahnen drehen,
md Waͤrme von ihr empfangen. Die Firfterne werden nach der Verfchies
res Glanzes, die auch dem bloßen Auge fehr wahrnehmbar ift, in Sterne
witer, dritter Größe u. f. f. eingetheilt, Aber außer dieſen, als einzelne
Bette Kichtpunfte fich zeigenden, Sternen erblidt in hellen Winternächten
tech hier und da kleine weiße Woͤlkchen unter den Sternen zerftreut; dieſe
msieden, beren das bewaffnete Auge noch viel mehr entdeckt, find ganze
wrihliger Sterne, wie man deutlid) durch Teleſtepe wahrnimmt, und nur
ant:teit unſerer Werkzeuge iſt Urfache, daß wir dieſe Wahrnehmungen
Kurzdliche forticgen können. Kant, in der „Allgem. Naturgefchichte und
8 Himmels‘ (n. A. Königeb. 1798) und Lembert inf. „Kosmolog. Briefe
Eridıtung des Weltenbaues“ (Augsb. 1760, ein noch immer ſchaͤtzbares
zder Baron von Utenhoven 1801 zu Amſterdam ins Franz. uͤberſ. u. m.
megegeben hat), tragen uͤber dieſen Gegenſtand mit den tiefſten philoſo⸗
ad aſtronom. Einſichten Gedanken und Muthmaßungen vor, welche ſei⸗
mbeit angemeſſen find. Allgemeine Belehrung gewährt Bode's „Anlel⸗
antn. d. geftirnten Himmels” (9. A., Bert, 1823). Auch ift von Here
ihmten Abhandl.: „Über den Bau des Himmels“ 1791 zu Königsberg
w Überfeg. erfchienen. — Um die einzelnen Sirfterne leichter von einans
xiden zu Eönnen, hat man zum Theil ſchon im Alterthum den hervorftes
erſeiben Namen gegeben, und fie außerdem in gemwiffe Gruppen oder
eabzetheilt. Die Aftronomen haben von allen nad) ihren Stellungen
Sternen, mit Angabe ihrer Namen, Größen u. ſ. w. Verzeichniſſe an⸗
B. Caffini, Ealande, Zach, Piazzi; vorzügliche Empfehlung verdient
: „„Uranographbia, sive astrorum descriptio, XX tab. aeneis incisa,
sirnis ct absolutissimis astrorum observatt.“ (Berl. 1801). Den
in deutſch. u. franz. Sprache: „Allgemeine Nachweiſ. u. Befchreib. d.
ebſt Verzeichn. d. gerad. Auffteig. und Abweichung von 17,240 Ster⸗
zog. Fol. (gegenw. Preis von Charten und Tert 4 Frd'or.). Ein ause
‚ ätterer Sternverzeihn. von Sternkegeln, Hohl: und Himmeldkugeln,
„Anleit.“ ©.100 fo.
ccn$ (Caius Balerins), ein römifcher Dichter aus der legten Hälfte
b. nach Chr, der in Padua (Patavium) Ichte, und jung ſtarb. Er bes
genautenzug in einem epifhen Gedichte („Argonantica‘*‘), wovon ſich
ab ein Theil des 8. erhalten haben, Sein Vorbild war der Alerandrinee
Rhzodius. Iſt Flaccus auch nicht dem Birgil an die Seite zu fegen , (0
138 Flaͤche Flageolet
hat ſein Gedicht doch einzelne ſchoͤne und gelungene Stellen; om die hoͤchſte!
dung zu geben, wurde er durch feinen frühen Zod verhindert. Nah Nic. H
und Pet. Burmann lieferten neuere Ausgaben Harles (1781) und Wagner
mit Commentar. Verdeutſcht von Wunberlid).
Släche, in der Geometrie, cine Ausdehnung nach der Länge und
Es gibt gerade Flaͤchen (Ebenen), wo jeder Punkt eine auf ihr gezogene gerat
berührt, und gekruͤmmte. Unter den krummen Flaͤchen wird diejenige bem
werth, die nach ihrer Laͤnge und Breite in Cirkelform gebogen iſt, und eine
fläche heißt. — Die F laͤchenmeßkunſt iſt ein Hauptzweig der Geo
der in ſeiner Anwendung auf Stuͤcke unferer Erde Meßkunſt oder Geodi
nannt wird.
Flachs, ſ. Kein.
Flacius (Mathias), mit dem Beinamen Juyricus, ein beruͤt
Theolog, geb. zu Albona in Illyrien 1520, geſt. zu Frankfurt a. M. 1575
hieß eigentlich Flach, gab aber, nach damaliger Sitte, feinem Namen ein
nifche Endung. Er war ein Schtiler Luther's und Melandithon’s, nahm ı
kirchlichen Streitigkeiten feiner Zeitgenoffen Antheil, war aber dabei fo heft
ungezogen, daß nod) jegt in einigen Gegenden Deutſchlands mit einer, von
Namen abgeleiteten Benennung (Flaͤz) ein ungezogener und ungefchliffener 9
bezeichnet wird.
Flagellanten, Erijelbrüber, Geißler, auch Flegler und Bengla
eine Bruͤderſchaft im 13. Fahch: die ihre Buße nicht beſſer als durch Geißel
zu Eönnen glaubte. Der Einfiedler Rainer in Perugia wird als ihr Urheb
1260 genannt. Bald fand er faft an allen Orten Stalins Anhänger. A
Sung, Vornehm und Gering zog durd) die Stütte, geißelte fid) und vermahr
Buße. Die Anzahl vermehrte ſich bis zu 10,000, die umberzogen, vone
Prieftern geführt, die Fahnen und Kreuze vorantrugen. So ſchwaͤrmten
Tauſenden von Land zu Land, und ſammelten Almofen; 1261 brachen fie in
ren zahlreichen Scharen über die Alpen in Deutichland ein, zeigten fid) im
in Baiern, Böhmen und Polen, und fanden dafelbft viele Nachahmer.
zeigte fi in Strasburg noch ein Eleiner Haufen Geißler, die mit verhüllten €
tern ſich um die Stadt und zu allen Kirchen peitfchten. So fehr indeß bad
dieſer neuen Brüderfhaft anhing, fo wenig fand fie die Billigung der Fürfte
der höhern Geiftlichkeit. Die öffentliche fchamlofe Entbloͤßung beleidigte die
Sitten, das Umbherfchmärmen gab zu aufrührerifhen Beroegungen und f
Ausſchweifungen aller Art Anlaß, und das abgedrungene Almoſen ſetzte dien
Buͤrger in eine nicht unbetraͤchtliche Contribution. Daher ergingen auch in De
land und Italien von mehren Fuͤrſten nachdruͤckliche Verbote gegen dieſe At
der Geißler, die Könige von Polen und Böhmen verjagten fie mit Gewalt, u
Bifchöfe fetten fich ihnen ernftlich entgegen. Deffenungeachtet pflanzte fid
Unmefen in andter Geſtalt unter den Verbruͤderungen der Begharden in De
land und Frankreich, und nod) i im Anfange des 15. Jahrh. unter den in Thin
umberſchwaͤrmenden Kreugbrüdern (fo genannt, weil fie an ihren Kleider
Bruft und Ruͤcken Kreuze trugen), fort, deren 91 auf einmal 1414 zu Si
haufen verbrannt wurden; auch die Kirchenverfammlung zu Konftanz (14
18) ſah fid) noch zu entfcheibenden Maßregeln gegen die Geißler genöthigt.
diefer Zeit hat man von einer Bruͤderſchaft diefer Art nichts mehr gehört.
Geißelungen.)
Flageolet. 1) Der Name einer kleinen Flöte & bec, womit mc
Singvoͤgeln Melodien einlernt; 2) eine beſondere Art des Geigenſpiels, wi
der Ton einer ſolchen Floͤte nachgeahmt wird. Der Finger naͤmlich, welcher!
ntonitenden Ton greift, druͤckt die Saite nicht, wie gewöhnlich, auf das |
ein Gontreadmiral auf der Kreuzftange, und nur dann auf ber großen
senn er cin beſonderes Geſchwader befehligt. Die Abmirale führen uns
age noch eine Kleinere Fahne, einen Wimpel. Das Wappen und die
Blagge bezeichnen die Nution, den Stand der Officiere und die auferors
Gelegenheiten, bei welchen auf dem Hintertheile des Schiffs befondere
Elaggen gebraucht werden, beſonders die Hülfsflagge, durch welche andre
\ geruifin werden; die Zodtinflagge, wenn fic eine vornehme Leiche
Eehiffe befindet; die Friebensflagge, welche faft bei alten Nationen weiß
Etreichen oder Senken der Flagge ift die größte Ehrenbezeigung, die cin
wandern exzeigen kann; dag Halten der Flagge im Arme iſt eine gerin⸗
3 koͤnigl. Flagge, die ein Eönigt. Schiff führt, ftreiht vor Niemand. In
tr iſt das Streichen der Flagge das Zeichen, daß ſich das Schiff ergibt.
Kaggenfchiff, ein Schiff, auf welchem ein hoher Officer (Admiral,
sat; befindiich ift, der feine Flagge wehen lägt. — Flaggenofficiere
hernchmiten Seeofficiere, welche jeber ihre Flagge am Bord ihres Schif⸗
rien. Der Oberbefehlshaber auf einer Flotte beſetzt proviſotiſch alle
de Officierfichen. Am Kriegsrath einer Flotte nehmen nur die
Fürre und der erfte Hauptmann Theil. Wenn aber nicht wenigftene
c Fiette jind, fo beruft dis Admiral die Hauptleute, deren Meinung er
srl. Jeder Flaggenofficier, welcher ein Echiff beiteigt, wird mit
ing und der Wache im Gewehr empfangen. Vor dem oberften Be—
:wied Marſch gefhlagen. Die Zahl der Wirbel iſt nad) ihrem Nange
v
imändiſche oder flämifhe Schule, f. Nieder laͤndi—
dule.
imen, bei den Römern, ein Prieſter, deſſen Dienſt einer einzelnen
uwidmet war, und der von ihr feinen Namen erbielt, z. B. Flamen
s, Fomenalis u. f. w.; aud) von ben unter die Ödtter verfegten Kaifern,
nen Augufti.
mich hebeutet Klanbrifch. aua Rtandern herruͤhrend u. ſ. w. — Das
140 | Flamſteed Flanke
liegt auf dem Roſt und unter dieſem befindet ſich der Aſchenfall, m ben d
Verbrennung nothwendige atmoſphaͤriſche Luft treten kann. Feuer⸗ und .
raum ſind vermittelſt eines Gewoͤlbes mit einander verbunden. Das Brenn
rial beſteht aus Steinkohlen, oder Torf, oder Holz, wird durch das Schuͤrlt
den Ofen gebracht, das Erz etc. durch die Einſatzoͤfnung; die Flamme zieht dur:
Fuchs ab, der mit der Effe in Verbindung fteht. Zumeilen fehlt die Effe, u
Flamme zieht dann durch die Einfapöffnung ab. Die Eonftruction der Fle
Öfen if zu ihrer verfchiebenartigen Benusung fehr verfchieden; man gebranc
vorzüglich zum Nöften, zum Schmelzen verfchiedener Erze, zum Umfchmelze
Roheiſens, des Kanonenmetalls, zum Verfrifhen des Roheiſens, zum G
des Stabeiſens, Zaineiſens, Bleches und Drahtes, zum Saigern des Kuz
zum Abtreiben des Werkbleies u. ſ. w.
Flamſteed (Sohn), ein engliſcher Aſtronom, geb. 1646 zu £
In Derbufhire, Tieferte ſchon in f. 24. Sahre aftronomifhe Berechnungen fi
„Philosophical transactions‘‘, und gab f. „Diatribe de aequatione tem
etc.“ heraus. In der Folge ging er nach Kondon, wurde da mit Newton
Haller näher befannt, und 1670 Mitglied der koͤnigl. Societaͤt. Kari HI. ern
ihn zum koͤnigl. Afttonomen auf der neu errichteten Sternwarte (Flamsteedke
zu Greenwich. Hier feste er von 1671 an feine aftronomifchen Beobachtu
ununterbrochen fort bis an feinen Tod, 1720. Man wünfchte die Ergebniff
ner vieljährigen Beobachtungen befanntgemacht zu fehen, aber es war ein
derer Befehl der Königin Anna dazu nöthig, um ihn dazu zu bewegen, und ff
ſchien ſ.: ‚Historia coelestis britannica“ (Xond, 1712, 2 Thle.), welches
bis dahin angeftellten Beobachtungen und fein berühmtes Verzeichniß von?
Sternen enthielt. In vervollfommneter Geftalt kam «8 nad) f. Tode 173
‚Zondon in 3 Thin. heraus. Die erften beiden enthalten feine Beobachtungen
die Sterne; im dritten befinden fich eine Einleitung in die Gefchichte der Affı
mie, die fammtlichen vor feiner Zeit erfchienenen Sternverzeichniffe, und fein
nes, vollſtaͤndiger ald alle vorhergehenden, unter dem Namen „Der brittifche €
log” bekannt. Diefes Verzeichniß ift in neuern Zeiten durch Herſchel ber
und fehr vermehrt worden. Ein andres, zur Kenntniß der Geftirne brauchl
Werk Flamſteed's ift fein Eoflbarer „„Atlas coelestis‘* (Cond. 1729, Fol.), mi
großen Charten, auf welchen alle in England ſichtbare Conftellationen vorg
find, und wovon 1753 eine noch präcdhtigere Ausgabe mit 25 Chatten erfe
Einen abgekürzten Nachdruck deffeiben, der aber vor dem Driginal manche Vor
befigt, bat Fortin 1776 zu Paris beforgt.
Flanke, inder Feſtungsbaukunſt derjenige Theil eines Werks, welche
nem andern Seitenvertheidigung gibt. Bei der Baftion find die Klanfen biejen
Linien, welche an den Mittelwall anftopen. In Altern Zeiten pflegten fien
winkelig aufdem Mittelwalle zu ſtehen, jest fegt man fie beffer rechtwinkelig au
Verlängerung der Face des Nebenbollwerks (die Defenslinte). Ehemals fegte!
oft fünf Flanken hinter einander, jetzt höchfteng zwei. Die Beflimmung der]
£en ift, den Graben vor den Sacen des Nebenbollwerks und vor der Linie zu
theitigen, ein Zweck, den fie indeß nur felten erfüllen, indem das Geſchuͤtz au
nen früher, als bie der Feind dorthin Eommt, durch Ricochetfchüffe und Bom
wuͤrfe zerftört zu fein pflegt. — In der Taktik bedeutet Flanke das Äußere (
des Fluͤgels einer Armee, und es iſt eins der gewoͤhnlichſten Manoeuvres, den
beſonders in ſtrategiſchem Sinne, durch Umgehung gerade auf dieſem ſehr
pfindlichen Punkte anzugreifen. Er wird dann, wenn er nicht Maßregeln dag
teifft, feine Flanke zuruͤckziehen, alſo feine Fronte verändern muͤſſen und mell
flegt werden. Eine kuͤhne, aber ſelten anwendbare Idee ift es, diefem Any
duch Wiederumgehung des Feindes ubbiukomcnen. Flangueurs find
Prapjel hervototechenvet ZUNEE, DET mit eitier WEWYMELFTUNG in VER arm⸗
Aeitetift. Einen ganz ähnlichen Erfolg nimmt man wahr / wenn man die
hh dem Elektriſiren (ober Laden) von der Mafchine abnimmt, und dann
ge zugleich berührt. In dem Zuftande, wo bie leidner Flaſche den
ait Erichütterung gibt, heipt fie geladen, im entgegengefegten Falle entlae
id fie überladen, fo entladet fie ſich über dem unbelegten Raume von
» nicht ſelten wird fie dadurch zerfchmettert. Zu bemerken ift, daß die
gung ber geladenen leidner Flaſche allemal die entgegengefchte Elektri⸗
mern Belegung hat; fie hat negative, wenn jene pofitive hat, und ums
Ffotirt man eine leidner Flaſche, und fest ihre dufere Belegung mit dee
gung einer andern nicht iſolirten Flaſche in Verbindung, fo werben beide
glaten. Dies kann man mit mehren Flaſchen fortfegen. Je größer die
Juſchen ift, defto mehr elektriſche Materie nehmen fie in ſich auf, und um
vamd verflärkter ift die Wirkung bei der Entladung. Die auf diefe Art
m Fieſchen madyen eine elsetrifche Batterie, deren Wirkung ſich fo weit
tüft, dag man damit Eleine Thiere tödten, Metalldraht ſchmelzen kann
Den Namen der leidner Flaſche hat fie, weil Gundus, Allemand und
heek dieſe Verſuche zuerft in Leiden anſtellten; Andre nennen fie auch
der denfelben Verſuch ſchon ein Jahr früher machte,
ſchenzug, Polpipaft, ein mechaniſches Werkzeug zum Heben gros
Es ift aus zwei Kloben ober Flaſchen zufammengefegt, deren jede
m enthält. Die obere Flaſche ift befeftigt, an der untern aber hängt die
etucch ein um alle Rollen gehendes Seil zugleich mit der untern Flaſche
gcheben wird. Man kann hierbei annehmen, je mehr Rollen in jeder
rich find, deſto laͤuger muß das Seil zum Heben ber Laft fein, und
= Kraft bat man nötbig anzumenden; aber um fo Linger wird es auch
die Laſt einen gewiſſen Punkt dee Höhe erreicht. Die Erfindung wird
edes von Spracus zugeichrieben.
fan (Gaetan de Zagis de), amtlich angeſtellter Geſchichtſchreiber im
site der austwärtigen Angelegenheitin, ſtammt aus einer urfprünglic)
142 lan Slarman
auswärtigen Angelegenheiten angeftellt, nahm aber bald feine Entlaſſung.
Auswanderung verdächtig, follte er verhaftet werden; allein er rettete fich, if
er den Polizeicommiffaie und die beiden Soldaten in feinem Zimmer einfpe
Darauf verbarg er ih in Marſeille. Nach dem 18. Brumnire lebte er wied
Paris, wo cr fein großes Merk über die Geſchichte der franz. Diplomatie ausa
tete. Der erfte Conſul hatte gegen die Abgeordneten der hiſtoriſchen Glaffe
Nationalinſtituts geäußert, daß er ein ſolches Werk wuͤnſche. Flaſſan wurd
der Abfaſſung deffelben ducdy feine Verbindungen mit wichtigen Geidyaftsmän
und Öelchrten, z. B. Koch, fowie durch die Erlaubniß, die Archive zu bent
wefentlid) unterftügt. So erfchien zuerft in 6 Bon. 1808 feine „IIistoire gend
de la diplomatie frangaise jusqu’ä la fin du r&szne de Louis AVI, avec
tables chronologiques de tous les traites conchus par Ia France“ (n.X. 9
1811, 7 Bde.). Dieſes, aus den Verträgen, Manifeſten, Noten, Snfteg
nen und Berichten der Zeitgenoffen, die mithandelnde Perfonen waren, gefchl
jedoch nicht ganz unparteiiſche Werk, wobei die Quellen mit Eritifcher Wahl
nust, die Data mit Scharfjinn zufammengeftellt find, und das Ganze geif
zu einer beurtheilenden Geſchichte der diplomatiſchen Verhaͤltniſſe Frankreichs
Anfange der Monardyie bis zur Entthronung Ludwigs AVI. verarbeitet iR,
den Verfaſſer mit Recht berühmt gemacht. Außer der Entwidelung der vor
lichften Unterhandlungen und Verträge, der Mittheitung der bedeutindften Sta
f&hriften, wird man von der jedesmaligen Organifation des Departements der
waͤrtigen Angelegenbeiten unterrichtet, und hoͤchſt anziehend und belehrend iſt
gleich die Art, wie der Verfaſſer die Charaktere der Minijter und Geſandten1
net. In dem Berichte Über die des Preiſes wuͤrdigen Erzeugniffe der letzten
Jahre im Fache der Literatur und Kunſt hat die Jury den biftorifchen Werth %
Werks anerkannt, jedod) dabei beinerft: „Il n'est pas remarquable par V’art
composition, etl’on y desireroit plus d’elegance dans le style‘. Biel
war Flaſſan Profeffor der Geſchichte an der Kriegsjchule zu St.-Germain⸗en⸗
Er hat. A. auch nod) gejchrieben: „De la colonisation de St.- Doming
(1804) ; „De fa restauration politique de l’Europe et de la France“ (1
und „Des Bourbons de Naples“ (1811). Nad) Napolcons Sturze hat v.
fan auch eine Geſchichte der franz. Diplomatie von 1791 an bie zum parifer
den in 6 Bdn. angekündigt. Aus den Discuffionen über das Budget des 3. 1
ergab fih, daß Flaſſan eine Penfion von 12,000 2, erbalte, un ihn von der
ausgabe diefer Geſchichte der franz. Diplomatie während der Revolution abz
ten. Als Hiſtoriograceh des Departements der auswärtigen Angelegenbeitei
gleitete er die franz. Gefardtichaft 1814 zum wiener Kongreß, Seine „His
du congr&s de Vienne** (3 Bde.) ift noch nicht gedrudt.
Flau, im Niederſaͤchſiſchen: 1) lau, ſchal (auch als mercantilifcher |
druck); 2) ohnmaͤchtig, Eraftlod. Aus der niederlindiihen Schule haben bie‘
ler das Wort beibehalten, und es iſt felbft zu den Franzojen übergegangen (If
Dennod) iſt kein völlig beſtimmter Begriff damit verinüpft, und es ift am be
fich des Ausdrucks nicht zu bedienen, da er im Grunde doch kaum etwas Andere
zeichnen dürfte, als das Verblaſene, il sfunato. Es ſoll das fünfte oder Mm
Berfchmelzen der Farben damit angedeutet werden.
Flarman (John), neben Chantrey und Weftmacot der ausgezeich
Bildhauer Englands, Profeffor an der koͤnigl. Akademie zu Yondon, wurde in
topa vorzüglidy bekannt durch mehre Kunſtwerke, in denen er als ein geiftn
Manierift, die Antike ziemlich modern auffaffend, Homer's Werke, dann
(us, Hefiodus und Dante erläutert bat. („The Odyssee of IIom., engr. by
Piroli“, om 1793, 4. ; in Deutfchland zuerft nachgeftochen von Riepenhal
Göttingen 1803, dann von Schnorr u. X. ; „Ihe Iliad, engr. by Piroli“*, |
tanden aus den griech. Vichtern den Geſchmac antiker Wafengemälde
iefe nachzuahmen getcachtet, in den Darſtellungen aus Dante hingegen
iſte derfelben fo paffende Einfalt der alten florentinifhen Bilder benugt;
achtet iſt feibfk das Gelungenftediefer Stuͤcke immer bloß als ein leicht hine
Gedanke zu betrachten, und nur in folcher Hinficht ſchaͤbbar. Sie für
Prüfung ertragende Kunſiwerke erklären, heißt die wahre Kunft, die
*fodert, verkennen; diefe Manier nachahmen, iſt verderblich.“ Waͤh⸗
Aufenthalts in Rom beſchaͤftigte ſich Flarman viel mit dem belvedere⸗
t. Auch er, wie Tifchbein, dachte an eine Gruppe, wo Hebe bem von
ca des Lebens geprüften Sieger den Labebecher der ewigen Götterjugend
Außerdem bewunderte man fein Talent, charakteriflifde Gruppen aus
ken gleihfam im Fluge aufzufaffen, wofuͤr feine Stizzenbuͤcher Bes
» Bon feinen plaftifchen Werken war ſtets weniger die Rede. Mehre
finden ſich in England (wohin er 179% zuruͤckkehrte), und namentlich
lawar, der Slarman den Pouffin der Skulptur nennt, fein Basrelief
fen des Dichters Collin in der Kirche zu Chichefter. Bekannt find aus
Bentmäter des Lords Mansfield, Lord Howe's, Abercrombie's, die
ington’s und bie Statue Reynoid's. Flaxman's Geſchmack liebt bei
Monumenten das Koloffale. Statt des Haufes des Gouverneurs
&, das den Plag nicht gehörig ſchließt, hatte er eine Statue der Gier
uf Schiffsſchnaͤbeln ftchend, von 230 Fuß Höhe, vorgefhlagen. Zur
feiner Angabe findet man die Gründe in einer „Letter of the com-
aising the naval pillar or monument‘‘ (Lond. 1799, 4.). Auch Net
ter trug er an durch ein ähnliches Standbild zu ehren. Durch einen
Stern auf der Bruſt folte «8 den Schiffen zur Nachtzeit ald Richtpunkt
ein Urteil über den Werth der Elgin-:Marmor trug vorzüglich dazu
itauf dem Parlamente zu empfehlen.
sier (Esprit), ein ehrwuͤrdiget Geijlticher, dem feine ſalbungsvollen
en Schriften ebenſo ſeht die Achtung der Nachwelt erwocben haben,
sengalte und Mohtthätiakeit ihm die Riche feiner Reitaennffen nemann.
—M Flechſen Fleck
Vergnuͤgens beraubt zu werden, Sie zu hören.” Außer feinen geiftlichen 9
bat Slechier ſich audyin f. „Histoire de !’Einpereur Theodose le Grand“ ut
„Vie du Cardinal Ximends‘* als einen beredten hiſtoriſchen und biographi
Schriftfteller gezeigt. Er farb 1710 zu Montpellier.
Flechfen, die weißen, zähen, faferigen Adern der Muskeln, weld
enblic) in dem fogenannten Haarwachs vereinigen. (S.MusEeln.) Die Fl
enthalten materiell viel Leim, mit Spuren phosphorfauren Kalte, Durch K
geben fie daher Gallerte.
Flechten, eine hronifche Hautkrankheit (impetigo herpes), weld
meilen abhrilt und dem Anfcheine nad) ganz verfchwindet, aber bald von n
ausbriht. Man unterſcheidet mehre Arten derfelben, wovon immer eine befd
licher und hartnädiger ift als die andre. Bei der erſten ift die Hand fehr wenig
thet, und wie mit Mehl beſtreut, gewöhnlich fühlt man einiges Jucken; bier h
fie aud) gemeiniglih Schwinden. Bei einer andern Art find die röthern ©
mit einer gelben Borke bedeckt, unter welcher fich eine ſcharfe, nach Katzenurit
chende Feuchtigkeit abfondert. Sn einer dritten ift eine freie fchmwärende €
wahrzunehmen, die immer größer wird, ein frefiendes Gefhwür. — Kled
nennt man auch ein Eriechendes, wirrichted Moos, welches gewöhnlich an Ste
Bäumen, 5. B. der Birke, vorfommt. Etwas Andres ift eine Korb: ober!
genflechte. Auch wird der Name Flechte von einer weichen faftigen Ruthe
andern zum Verflechten tauglichen Sachen gebraucht, dann von großen gefld
nen Körben,
Fleck (Johann Friedrich Ferdinand), Schaufpieler, geb. in Breslau
12. San. 1757, ftudirte nad) dem Willen ſ. Vaters, eines Rathsherrn zu |
lau, feit 1776 in Halle Theologie. Allein er Eonnte nicht auf diefer Bahn «
günfliges Fortkommen glauben, nachdem er bemerken mußte, daß die kuͤhnen J
die in ihm lebten, bier in mancher Hinficht gebunden, zum Theil gar nicht am
bar waren. Als nun noch wihrend der Univerfitätsjahre, durch ben Tod fi
Vaters, alle Unterfiügung von Haufe aufhörte, befchloß er Schaufpieler zu we
Schon früher hatte er in Privateirkeln zuweilen Rollen fpielen müffen, unf
mentlich faft immer Mädchenrolfen, weil man dazu feine hübfchen Geſichtszuͤ
ihrer Jugendlichkeit fehr paffend fand. Er ging von Halle nach Dresden, lief
bei der dortigen Hofichnufpielergefellfchaft engagiren, und trat zuerft in Leipzig
kam aber bald nad) Hamburg, wo er, neben Schröder, feinen Ruf begründet
daß 1783, wo er, 26 Jahr alt, nad) Berlin Fam, fein erſtes Erſcheinen (am
Maid. 3.) ald Graf Horazio Capacelli, dann fein Spiel in einem Lingft ver
nen Schaufpicl „Natur und Kiebe im Streit” von d’Arien, ibm, wie in
folgenden Rolle, fo ausgezeichneten Beifall erwarb, daß man ihn nicht wieder
ließ. Er blicb nun bei der Döbbelin’fchen Sefelifchaft, bis 1786 (vom 1. Oct
der König Friedrich) Wilhelm II. die berliner Bühne zum Nationaltheater ci
und Fleck bei diefem angeftellt wurde. Bier Fahre darauf (1790) ernannte ibı
König zum Regiffeur, und fpäter, als der Profeffor Engel an fortwährender Ki
Vichkeit litt, wurden ihm auch mehre Directionggefchäfte Übertragen. Sein
als Schaufpieler war indeß fo hoch gefliegen, daß die Berliner feinen Namen
mit Enthuſiasmus nannten, und die allgemeine Stimme ihn zu den berühmt
Darftellern der Vorzeit und Gegenwart zählte. Als Kuͤnſtler bezeichnet ihn 5
(im „Phantafus” Bd. 3): „led war ſchlank, nicht groß, aber vom ſchoͤr
Ebenmaß, hatte braune Augen, deren euer durch Sanftheit gemildert war,
gezogene Brauen, edle Stirn und Nafe; fein Kopf hatte in der Jugend Ahn
keit mit dem Apollo. In den Rollen eines Effer, Tancred (nad) der alten
fegung) , Ethelwolf (nach Sleticher), war er bezaubernd, am meiften als Infant
dro, in „Ines de Gafiro”, der, wie das ganze Stüd, ſehr ſchwach und fl
Fleck 145
von ihm gefprochen klang aber jedes Wort mie bie Begeifterung des
rs. Sein Organ war von der Reinheit der Glocke, und fo reich an
Tönen, in der Tiefe wie in der Höhe, dag nur Derjenige mir glauben
jetannt hat; denn wahres Floͤtenſpiel fland ihm in der Zärtlichkeit,
gebung zu Gebot, und ohne je in den Enarrenden Baß zu fallen, der
‚angenehm ftört, war fein Zon in der Ziefe wie Metall Elingend,
altener Muth wie Donner rollen, und in loßgelaffener Leidenfchaft
n brüßfen. Der Zragiker, für den Shaffpeare dichtete, muß, nach
t, viel von Fleck's Vortrag und Darftellung gehabt haben, denn diefe
Übergänge, dieſe Interjectionen, biefes Anhalten, und dann der fürs
ser Rede, fowie jene zroifchengeworfenen naiven, ja an das Komifche
ıturlaute und Nebengedanten, gab er fo natuͤrlich wahr, daß wir ge⸗
iderbarkeit des Pathos zuerft verfianden. Sah man ihn in einer dies
htungen auftreten, fo umleuchtete ihn etwas Überirbifches, ein uns
un ging mitihm, und jeder Ton feines Lear, jeder Blick ging duch
in der Rolle des Lear zog ich ihn dem großen Schröder vor, denn ee
ifcher und dem Dichter angemeffener, indem er nicht fo fichtbar auf
des Wahnfinns hinarbeitete, obgleich ex diefen in feiner ganzen furcht⸗
abeit erfcheinen ließ. Wer damals feinen Othello ſah, hat auch et
tlebt. Im Macbeth mag ihn Schröder übertroffen haben, denn ben
‚er nicht bedeutend genug, und den zweiten ſchwach, felbft ungewiß;
ten war er unvergleichlid), und groß im fünften. Sein Shylock (obs
se ganz ſchlechten Bearbeitung) war grauenhaft und gefpenftifch, aber
ſendern durchaus edel. Viele der Schiller'ſchen Charaktere waren
wbichtet; aber der Triumph feiner Größe war, fo groß er auch in Vie⸗
te, ber Räuber Moor. Diefes titanenartige Geſchoͤpf einer jungen
magination erhielt durch ihn folche furchtbare Wahrheit, edle Erges
Lild heit war mit fo rührender Zartheit gemifcht, daß ohne Zweifel der
Yefem Anblick ſelbſt über feine Schöpfung bätte erſtaunen müffen.
er Kunftier alle feine Töne, alle Furien, alle Verzweiflung geltend
entſotzte fich der Zuhörer über dies ungeheure Gefühl, das im Zion und
Juͤnglings die ganze volle Kraft antraf, fo erflarrte er, wenn in der
ede an die Räuber, nach Erkennung feines Vaters, noch gewaltiger
ch raſet, ihn aber nun das Gefühl des Ungeheuerften nicderwirft, er
eiliert, ſchluchzt, in Lachen ausbricht über feine Schwäche, ſich Enirs
und nun noch Donnertöne ausſtoͤßt, wie fie vorher noch nie gehört
1028 Hamlet von der Gewalt fagt, die ein Schaufpieler, der jelbft
Er erlebt hätte, über die Gemuͤther haben müßte, alle jene dort ges
tungen traten in diefer Scene wertlid) ein. Auch die fogenannten
n in bürgerlichen Dramen gab er tüchtig, edel und brav, und miſchte
umor bei, der fie hoͤchſt liebenswuͤrdig machte. Der Oberforſter in
tar eine feiner launigſten und tiefſten Darſtellungen (Sfftand ſelbſt
in erreicht), und Kobebue Konnte ſich gluͤcklich ſchaͤtzen, daß ein ſolches
. Berlin zuerft befannt madıte”. Die Einwirkung eins Meifters,
andre Schauſpeler konnte nicht fehlen; Viele bildeten ſich nach ihm,
e hört nian von alten Scyaufpiclern oft die Worte: „So hat es Fleck
ie letzte Rolle, in welcher er mit feiner geifligen Kraft alle Herzen ers
Schiller's,Wallenſtein“, den nad) ihm auf der berliner Buͤhne noch
darſteLen koͤnnen, daß er auch nur genuͤgt hätte, Fleck jtarb zu Ber⸗
ec. 1801, im noch nicht vollendeten 45. Jahre. Iffland gab die erſte
inem Tode, und fügt darin: „Die innere Kraft, welche ihm bei⸗
s für ihn unnüchig genzadıt, fein Talent durch geringe Hülfsmittel,
EZichbinte Aufl, Bo. IV. 10 '
146 Fleiſch Flemming (Paul)
welche fie ſein mögen, geltend zu machen. Er war ber Vertraute
wanbelte in ihrem Geleit feine Kuͤnſtlerbahn mit fteter und ftilfe
Ton der Gutmüthigkeit, womit er fo innig rührte, war nidyt dag
er kam aus feiner redlichen Seele! Neidlos war fein Herz, fein €
und ein hohes, reges Ehrgefühl war die Richtſchnur feines Thuns.
den treu, bis zur gänzlichen Aufopferung, kann er Undankbare gem
mals aber hat er Ungluͤckliche gemacht”. — Zu erwähnen ift noch, d
tin (jege Madame Schrod) zur Schaufpielerin bildete, die noch als
die feinern jovialen Rollen. Auch eine feiner Toͤchter, Mad. Uı
Liebling des Publicams in Hamburg, und Fleck's zweite Tochter
Bühne, in naiven Schaufpiel: und Geſangsrollen, ſehr gern gefehe
Theater entzogen, indem fie fi) mit dem Profeffor Gubig in Ver.
Fleck's Bildniß ift mehrmals in Kupfer geftochen, und auf feinen J
fon) eine Medaille geprägt; auch den Ort, wo er ruht, bezeichnet ei
Fleifch. Derthierifche Körper beftcht auf feften und fli
die feſten ſind entweder harte feſte Theile, 3. B. Knochen, oder we
Zu dieſen gehört daß Fleifh. Sm engern Sinne verſtehen wir u
Muskeln dis thierifchen Körpers, die aus einem Gewebe füferiger
Dieſe Safern find der feſte Grundtheil des Fleiſches, und beftchen x:
tigen Theile des Bluts. Zwiſchen ihnen befinden fich aber noch
nämlich eine eiweißartige Fluͤſſigkeit, Gallert, fettes ÖL ein beſon
ftoff und ein falziger Stoff. Entbloͤßt man den Körper von feiner .
man gewiffe Abtheilungen im Fleiſche wahr, welche daher entftchen
der Kteifchfafern in dieſer, ein andrer Theil in einer andern Nichtum
ſolche Abtheitung beftcht aus-einem Bündel einzelner Faſern, unt
Die reine thieriſche Muskel erhiitt ihre Farbe nur durdy Blut, und
ungefähr 70 Procent Feuchtigkeit, aus Saferftoff und fehr wenig Ei
lert, phosphorfaurem Kalk und andern Salzen.
Fleiß, dirienige Eigenſchaft des menfchlichen Geiſtes, wod
iſt, mehr Nuͤtzliches zu thun, als Zwang und Nothwendigkeit ve
Dieſe Eigenſchaft iſt insbeſondere für den Nationalreichtbum an de
ſehr wichtig, da ſie dieſelben antreibt, die Producte uͤber das gegenn
niß aus innerem Triebe zu vermehren.
Flemming oder Flemmig (Paul), einer unſerer treffl
des 17. Jahrh., wurde den 17. Oct. 1609 zu Hartenſtein im Schoͤ
boren. Nachdem er zu Hauſe durch Privatunterricht einen guter
hatte, ging er auf die Fuͤrſtenſchule zu Meißen, und von da nad)
Medicin ſtudirte. Die Unruhen dee dreifigjührigen Krieges nöthigten
nad) Holftein zu wenden, wo Herzog Friedrich eben im Begriff war,
ſchaft an feinen Schwager, den Czar Michael Fedorowitſch, zu fd
ing, voll euer und Wißbegierde, bewarb ſich um eine Stelle im 6
fandten. Er erhielt jie, machte die Reife mit, und fam 1634 glüd
ftein zuruͤck. Gleich darauf beſchloß der Herzog, eine noch glänzendere
nad) Perfien zu fchiden, um feinem Lande dadurch Handelsvortheile
Fiemming war ſogleich ausch zu dieſer Reife entfchloffen, die der Erw
Kenntniffe fo viel verfprah. Die Gefandefchaft ging den 27. Det
Segel, zog den 3. Aug. 1637 in Ispahan ein, verweilte über 3 Mi
und kam, auf einem andern Wege zuruͤckkehrend, im San. 1639 in
daB fie im März wieder verließ. (S. Dlearius.) In Reval verlo
ming mit der Tochter eines angefebenen Kaufmanns, und danach dei
Vaterland fein Vorfag war, fi in Hamburg als praftifcher Arzt ı
reifte er 1640 nach Leiden, 100 er promovierte, Kaum aber war er wi
ıming (Naf. Heinr., Graf v.) Fleurieu 147
man, als ihn am 2. Aprit 1840 der Tod In der Bikthe ber Jahre
Sn feinen Liedern und Sonrtten („Geiftt. und weltjiche Poemata”,
fa.) ift eine liebliche Schwirmerei mit tiefer und feuriger Empfindung
ins Längen Gedichte befingen zum Theil die Abenteuer der Meile mit
Sftiger Begeifterung, zum Theil andre gelegenheitliche Ereigniſſe mit
ichkeit und Anmuth, und allen feinen Werken het er den Stempel ech:
it aufgedruͤckt. Eine Auswahl f. Gedichte ift in der Sammlung der
deutſcher Dichter des 17. Jahrh.“ von W. Miller, 3. Bd. (Keipz. 1822)
n. Eine frühere Auswahl von größerem Umfange hat Guſtav
erst (Stuttgart 1820).
:ming (Jakob Heinrich, Graf von), geb. 1667, trat früh in branden«
nd hernach in fächfifche Dienfte als Generaladjutant des Kurfürften
erz au Sachſen, und ward vom Kurfürften Friedrich Auguſt zum Feld⸗
seta. Als dieſer Fürft fi 1697 um die polnifche Krone bewarb,
ieinen Geſandten, Kearming nad Warſchau, deffen Bemühungen
—* ice fruchtioe biieben. Inden Kriege gegen Schweden (1699)
ech Kiemming dig Ferte Dimamiınde bei Kiga, umd nannte es Augu⸗
Bald aber mußten ſich die ſaͤchſiſchen Zruppen zuruͤckziehen. Der ſieg⸗
Xi. federte von Auguſt die Autlicferung Flemming's, weldyer ſich ges
‚nach Brandenburg zu flüchten. In der Folge durfte er jedoch nach
wudfchren, und es Ing nit an ihm, daß Kart AH. nicht bei feinem
mer dem Konig in Dresden machte, als Gefangener zuruͤckbehalten
#Rarls Gluͤck ſich gewendet hatte, bemuͤhte ſich Flemming vergebens,
Ken Kir fland zu verfchaffen, und den König von Preußen zu einer Kriegs⸗
rien Schweden au bewegen. Auch in Polen mufte er feine Plane, die
Kinigs zu erreeitern, aufgeben. Er ftarb zu Wien 1728. Flemming
an von unbegrenztem Ehrgeize; aber er verband damit die höchſte Tas
elle Faſſumgskraft und unermuͤdliche Thaͤtigkeit.
ſche, in der Befeſtigungskunſt, eine Beine, picitförmige Schange (halbe
Nez von zwei Saucen und hinten offen. .
{her (Schn), f. Beaumont und Fletcher.
irieu (Charles Pierre Claret, Graf von), Mitglied des franz. Inſti⸗
ſter der franz. Marine u. ſ. w., einer der gelehrteſten Hydroqraphen der
ged. 1738 zu Kon, trat 13 Fahre alt,.in den Seedienſt, und zeichnete
Iscmeinen Fleiß und muſterhafte Aufführung aus. Mad) Beendigung
w. Krieges, den er zum Theil mitmachte, widmete er fich von neuem
un Ztudien, und die von ihm und dem Uhrmacher Kerbinand Ber⸗
dene Seeuhr (bie erſte, welche in Frankreich aemacht wurde) warb
1769 von ihn felbft, auf der von ihm befehligten Fregatte Iſis, vers
e Erfolg übertraf alle Erwartung. Fleurieu gab darüber das gefchäßte
8: „‚Voyage fait par ordre du roi en 1768 et 1769, pour éprou-
lozes marines‘“ (Paris 1773, 4 Bde., mit Kupf.). 1776 erhielt er
a Poſten eines Directors der Häfen und der Arjenale, und von ihm
Yiefer Cigenfchaft alle Entwürfe in dem Seekriege von 1778 her, fowie
kon fürdie Entdeckungsreiſen La Peyrouſe's und Entrecafleaur’s, zu
end Ludwig AV. ſelbſt, als kundiger Geegtaph/ die Hauptideen an⸗
O wurde F. Marineminiſter, und einige Zeit nachher wurde ihm die Lets
zebung des Dauphins uͤbertragen. Der Sturm der Revolution zwang
ich von allen oͤffentlichen Arbeiten zuruͤckzuziehen. Er lebte nun ganz
michaft. Als die Zeiten ruhiger geworden waren, trat er in den Rath
1797\, dann in ben Staatsrath, und fpäter, unter der kaiſerl. Regie⸗
n Ecnat. Er ſtarb den 18. Aug. 1810, Dan hat von ihm no:
10*
148 Fleurus Fleury (André Hercule de)
„Decouvertes des Frangais dans le Sud-Est de la nouvelle Gninee‘
ferner Etienne Marchand's „Reiſe um die Welt in d. 3. 17
heraus. Die vortreffliche Einleitung dazu rührte ganz von Fleurieu he
eographifche und hydrographiſche Werke, wie f. „Atlas de la Balti
ttegat‘“ und f. „Neptune americo-septentrional‘“, deren Herausgab
gen war, find nicht von ihm vollendet worden. Auch hatte er eine allyı
ſchichte der Seereifen auszuarbeiten angefangen, die vollendet wol das voll
Werk diefer Art hätte werden koͤnnen, was wir befißen.
Fleurus, Stadt von 2160 Einw. in der niederl. Provinz Hei
der Sambre, bekannt durch die Schlachten 1622, 1690, 1794 und 18:
den Sieg, welchen hier die Franzoſen über die Oftreicher am 26. Sun. 17
ten, eroberten fie Belgien, und die feit einem Donate, nach dem Falle d
Landrecy, bedrohte Hauptſt. Frankreichs wurde dadurch völlig gefichert. I
ften der verbündeten Armee berührten fchon Peronne (etwa 18 Meilen ve
zwifchen diefem Orte und Paris war Feine Feftung mehr. Aber Pichegru
der Nordarmee ben rechten Flügel der Verbündeten umgangen, und ein
Stellung gegen Slandern genommen, Charbonnier mit der Ardennenarm
ten Fluͤgel zuruͤckgedruͤckt, und Jourdan mit der Mofelarmee fi von £
aus in Marſch geſetzt. Bei Dornid (Tournay) gewannen die Verbuͤndet
wieder eine fefte Stellung ; Pichegru wollte fie herauswerfen, ward aber
fer Franz felbft zurüchgefchlagen. Nun ging die Sambre: und Maasat
eint mit der Armee ber Ardennen, unter Fourdan, über die Sambre, q
leroi an, und eroberte es, 25. Jun. 1794. Diefer Verluft war den £
unbelannt geblieben. Der Prinz Koburg eilte von Nivelles herbei, um
zu Hülfe zu kommen, unb zugleid) einen großen Berfuch zur Micderbef
Niederlande zu wagen. Die führte zur Schlacht von Fleurus am 26. Sı
Mährend Koburg den General Devay mit einem nicht unbedeutenden |
Tournay eine Stellung nehmen ließ, griff er Jourdan an, und dir U
Treffens berechtigte zu den [chönften Erwartungen. Schon war der Ert
Dranien mit dem rechten Flügel fiegend bis Marchienne⸗au⸗Port vorg:
Thon hatte der linke Flügel unter Beaulieu beim Angriffe auf die Brüde ı
loy und die Rebouten von Fleurus 20 Kanonen erobert, als Beide gegen ?
Befehl zum Ruͤckzuge erhielten, benn während der Schlacht hatte der Pri
die Sapitulation von Eharleroi erfahren, und war von diefer Nachricht fe
worden, daß er den, in der That fchon faft errungenen Sieg aus den Haͤ
und jede Hoffnung aufgab, bie Niederlande zu retten. Noch ift es dur
eigentlich den oͤſtr. Feldherrn zu dieſem Ruͤckzuge beftimmte, denn wihrend
den Fluͤgel mehr ober weniger fiegreich waren, hatte das Centrum faft
nichtö gethan. 1815 fiel in der Gegend von Fleurus zwifchen den Pre
Franzoſen die Schlacht von Ligny vor. Auf dem Ruͤckzuge nad) der Si
Waterloo (18. Sun. 1815) wurde Sleurus von den Sranzofen verbrannt.
Zleury (Andre Hercule de), Cardinal und Premierminifter Ludw
geb. zu Kodeve in Langueboc 1653, ftudirte die Schulwiffenfchaften in de
tencollegium, und Philofophie in dem Collegium Harcourt zu Paris. Di
er Kanonicus von Montpellier und Doctor der Sorbonne. Am Hofe g
bald durch eine einnehmende Geſtalt und einen feinen Verſtand algemein
ward Almofenier der Königin und in der Folge des Könige. 1698 erth
Ludwig XIV. das Bisthum Frejus, und ernannte ihn kurz vor feinem T
Lehrer Ludwigs XV. In der ſchwankenden Zeit der Dtegentfchaft wußte er
Wohlwollen des Herzogs von Orleans zu erhalten, denn er foderte Eeine Gnal
sungen und hielt fid) von allen Ränfen fern. Der Herzog, der die Reigung
gen Könige für feinen Lehrer bemerkte, trug ihm das Erzbisthum Rheims,
Fleury (Claude) 149
eiſtlichen Stellen in Frankreich, an ; aber Fleury ſchlug ed aus, erfter Herzog
von Frankreich zu werden, um ſich nicht von feinem Zöglinge trennen zu
1726 ward er Cardinal, und bald darauf ftellte ihn der junge König Lud⸗
an die Spige des Minifteriums. Seitdem leitete ber bereits 73jährige
gegen fein neunzigftes Jahr die Angelegenheiten feine® Vaterlandes mit
lid. Den Krieg, ben er (1733) wegen der polnifchen Koͤnigswahl gegen
und das deutſche Reich begann, endigte er rühmlich; er brachte in dem '
m 1736 Lothringen an Frankreich. Dagegen war ber öfter. Erbfolgefrieg
keich ungluͤcklich. Fleury ftarb, vor dem Ausgange beffelben, den 29. San.
Ip bei Paris. Die Regel feiner Politit war Erhaltung des Friedens.
Heined Minifleriums vermittelte Frankreich den Frieden ziwifchen dem Kais
Eyonien, zwiſchen der Pforte, Oftreich und Rußland; auch war er mehrmals
England mit Spanien auszuföhnen. So wog und leitete Fl. mit weifer
m die Angelegenheiten Europas bis 1740. Der Krieg, der damals aus⸗
hier einzige Flecken ſeines Ruhms. Die beiden Brüder Belle⸗Isle miß⸗
» fein Hohes Alter und gem Einfluß, um ihn zu überreden, daß er mit
sm Macht die Größe ſtreichs zertruͤmmern Eönne: eine Hoffnung,
wc Iherefiend Heldenmuth vernichtet wurde. Als FI. an die Spige des
tat, befand fich Frankreich in der bedenklichften Rage. Die Finanzen was
kart, die Handlung verfallen, der Credit vernichtet, der Hof wenig geach⸗
Eiche in Verwirrung, das Eittenverderdniß allgemein, die Nation vers
Baitkräftet und von aͤußern Feinden bedroht. Fleury, minder ftolz als
x und minder ränfevoll als Mazarin, heilte diefe tiefen Wunden, und
meiger berühmt ift, fo gebührt ihm bei weitem mehr Achtung, weil er
kerjiesen und graufame Mittel Frankreichs Gluͤck im Innern, fowie fein
Bw Außen echöhte und befeftigte.
ty (Claude), Abbé, Erzicher mehrer koͤnigl. Prinzen von Frankreich,
Baer großen Kicchengefchichte, geb. 1640 zu Paris und gebildet in dem.
ecium zu Clermont, wurde von feinem Vater, einem Advocaten, zum
kkten keftimmt, und trat als folcher 1658 beim Gerichtöhofe des Parla⸗
Y; allein bald entfchied er ſich fuͤr den geiftlihen Stand, und uͤbernahm
kritung des jungen Prinzen von Conti, der mit dem Dauphin gemein:
gegen wurde. Hier lernte ihn Ludwig XIV. kennen, welcher ihm ſpaͤ⸗
zjehung des jungen Grafen von Vermandois übertrug, und, als dieſer
%, ihn nach Verlauf einiger Jahre zum zweiten Hofmeifter der Prinzen
zogne, Anjou und Berry, fowie zum Abt des Giftercienferflofters Loi⸗
ante. Er theilte ſich mit dem berühmten Senelon in die Sorge des Uns
x genannten Prinzen, und wandte feine Mußeftunden zur Ausarbeitung
htigen Werke an, die feinen Namen auf die Nachwelt brachten. Nach:
08 Feneélon's Gefchäft bei den Kindern der koͤnigl. Familie beendigt war,
ntı:dreig AIV. mit dem Priorat von Argenteuil. Ludwig AV. (Fleu⸗
⸗nẽlon's Zögling) ernamite ihn, feiner gemäßigten Gefinnungen in den
Streitigkeiten zwiſchen den Moliniften und Sanfeniften wegen, zu feinem
r, welche Stelle er ein Jahr vor feinem Tode, großer Altersſchwaͤche
derlegte. Er ftarb 1723, 83 J. alt. Fleury war ebenfo gelehrt al®
ebcuſo fanft und gutmüthig als einfach in feinen Sitten und rechtſchaf⸗
einen vielen gelehtten Arbeiten nennen wir nur ſ. „Kirchenrecht“ (1687,
. „Kirchengefchichte” in 20 Quartbon. (Paris 1691), aufderen Ausar⸗
50 Jahre verwandte, und die, von Fabre, Pater des Dratoriumb,
„fortacfegt, aus 36 Duartbänden befteht (mehre Ausgaben davon er»
Brüffel, Caen u. a. D.); ferner f. Reden „Über die Freiheiten der gal⸗
Kirdye‘, „Über dab öffentliche Necht in Frankreich“, f. „Geſchichte des
\
150 Sleury de Chabonlon Flibuſtier
franz. Rechts u. ſ. w.: ſaͤmmtlich Werke von blelbendem Werthe, fo verſt
den auch die Meinungen über die hin und wieder darin ausgeſprochenen Anfid
fein mögen, - .
Sleury de Chaboulon (P. A. Eduard, Baron), ehemal. Cabin
ſecretair Napoleons, war fehon im funfjehnten Fahre Anführer eines Batail
der Nationalgarde ; im fechzehnten zog er am 13. Vendemiaire (5. Oct. 1795)
den empörten Parifern gegen den Nationalconvent, ward gefangen und verdankte
Leben nur der Theilnahme, welche die Verwegenheit junger Leute immer erweckt. U
dem Minifter Fermont bei der Finanzverwaltung angeftellt, trug er durch feine $
lichkeit dazu bei, den öffentlichen Schag gegen mehre Beraubungen zu ſichern.
Staatsrathsauditeur arbeitete er in der Domainenvermwaltung,, und erhielt nal
bie wichtige Unterpräfectur zu Chateau⸗à⸗-Bois im Meurthedepart., wo €
Einführung der Schutzpocken auf eigne Koften beförderte. Napoleon bewilligte
bei diefer Gelegenheit (1804) eine der beiden für verdienftvolle Beamten geſch
nen Ehrenmünzen. Bei der Hungerönoth 1812 gelang es ihm, anfehnlichei
träge zur Unterftügung der Bedrängten zu famneln. Ebenfo unermübet tha
1813 in ſeinem Amtsbezirke den Kortfchritten der Kriegspeft Einhalt, wei
aus dem Seldzuge in Deutfchland zuruͤckgekehrten Fieberkranken verbreiteten.
dem Einfalle der Verbündeten in Frankreich mußte er mit feinen obrigke
ſchaͤften auch da8 Amt eines Kriegsanführers übernehmen. Er ward bl
dem Vorruͤcken der Feinde von feinem Poſten verdrängt und kam als Ardu
Napoleons Hauptquartier, der ihm einige Sendungen auftrug und fpäter dee
fectur von Rheims übergab, das Corbineau den Feinden entriffen hatte. F
ließ, auf erhaltenen Befehl, das Landvolk durch die Sturmglode zu den &
rufen. Der feindliche Anführer drohte jeden Beamten, der das Volk dene
für vogelfrei zu erklaͤren; der unerfchrodiene Präfect aber verbreitete Eraftooki
kanntmachungen in dem Augenblide, wo 25,000 Ruffen nach mehren abge
nen Auffoderungen Rheims mit Sturm nahmen. Den Nachforfeyungen det
entronnen, blieb Fleury in der Stadt. verborgen, bis Napoleon letzter
Freiheit und Reben rettete. Mac) der Rückkehr des Bourbonifchen H
fi Fl. nad) Stalien, kam aber nad Frankreich an demſelben Tage zurüd, &
chem Napolcon landete, der ihn zu feinem geheimen Secretair machte.
f. ſchaätzbaren „„Meimoires pour servir à l’histoire du retour et du règne d
poldon eu 1815°* erzählt, wurde er gleid) nach diefem Ereigniffe zu einer Sa
nad) Bafel gebraucht, deren Abſicht nad) feiner Erzählung fo gut gelang, da
poleon Unterhandlungen mit Oſtreich anfnüpfte, welche durch die Schlacht ver
terloo geftört wurden. Nach Napoleons Abdantung begab ſich Fleury,ed
koͤnigl. Verordnung vom 6. März 1815 geächtet hatte, nad) London, wel
genannte Merk herausgab, worin er über die Urfachen, die Napoleons Ri
berbeiführten, viel Richt verbreitet und der gefallenen Größe muthvoll die Hull
feiner Liche und Bewunderung darbringt. b
Fleury (Bernard), ſ. Franzoͤſiſche Schaufpieltunft iR
tifer Theater. |
Slibuftier, ein Verein englifcher und franzöfifcher Freibeuter in U
der zu den merkwuͤrdigen Ericheinungen in der Geſchichte des 17. Jahrh.
Nach der Ermordung Heinrich IV. in Frankreich (1610) fuchten verſchiedem
zofen einen freien Aufenthalt auf St.:Chriftoph, einer Infel der Antillen;
diefer Inſel 1630 vertrieben, flüchteten einige auf die weſtliche Küfte von S
mingo, andre aufdie benachbarte Heine Inſel Tortue. Mit den Letzters
fich viele Engländer, von gleichen Geſinnungen geleitet, vereinigt. Die
auf St.⸗Domingo beſchaͤftigten ſich vorzugsweiſe mit der Jagd der Stiert
großen Heerden wild umberliefn. Die Häute verkauften fie an bie Sä
Slibufticr 151
ber Kuͤſte landeten, und weil fie das Fleiſch nicht Eochten, ſondern, nad)
heit der amerikanifchen Wilden, bloß am Feuer röfteten, fo erhielten
diefe® Gehrauche, den Namen Boucaniers. Ohne Oberhaupt und
nd ohne Gemeinſchaft mit Weibern, lebten diefe Stierjäger in dem rohen
ade der Natur, je zwei und zwei zufammen, und in einer völligen Ges
der Güter, welche fie theils durch die Jagd, theild durch Raͤubereien ers
Die Spanier, die ihre Gegner nicht bezwingen Eonnten, fielen auf den
ſaͤmmtliche Stiere auf der Inſel auszurotten, und nöthigten fo die Bou⸗
ie dadurch ihren einzigen Unterhalt und Erwerb verloren, entiweder als
das Land zu bauen, ober fich mit den Flibuſtiern auf der Inſel la Tortue
en. Diefe tolltüihnen Abenteurer, die den Namen Flibuſtier wahrſchein⸗
ner Battung Heiner Fahrzeuge, beren fie fich bei ihren erften Streifereien
‚halten haben, griffen in geringer Anzahl und nur mit geringen Mit⸗
mit einer Kuͤhnheit, die jeder Gefahr und dem Tode ſelbſt trogte, nicht
ine Kauffabrer, fondern auch mehre zugleich, ja felbft bewaffnete Schiffe
t Huuptmanoeuvre beftand darin, daß fie das feindliche Schiff zu entern
Sie machten vorzüglicy auf die fpanifchen Schiffe Jagd, die, mit den
Ametikas beladen, nad) Europa fegelten. Die Spanier waren endlich
Kufigen Unglücefülle, welche fie von den Flibuftiern erlitten hatten, fo
gworden, daß fic felten ernftlichen Widerſtand leifteten. Einſt wurbe ein
rm Flibuftier von zwei fpanifchen Galeeren, deren jede 60 Kanonen unb
son an Bord hatte, überfallen. Es mar den Flibuftiern nidyt möglich zu
y aber fie dachten aud) cbenfo wenig daran, fic zu ergeben. Ihr Gapis
mt hielt eine Eurze Anrede an fie, ließ einen feiner Leute an die Pulvers
frten, mit dem Befehl, fie auf das erfte Zeichen, das er ihm geben würde,
wezuͤnden, und flellte nun fein Schiffsvolk auf beiden Seiten in Schlacht:
‚ „Mitten durch die feindlichen Schiffe müffen wir ſegeln“, rief er feinen
}und rechts und links auf fie ſchießen“. Dieſes Manoeuvre wurde mit
licher Echnelligkeit vollfuͤhrt. Das Feuer der Flibuſtier hatte auf beis
Im fo viele Leute getödtet, daß die Spanier einen weitern Angriff nicht
Der Befehlshaber der Galionen mußte mit feinem Kopfe für die Schande
(de der fpanifchen Nation dadurch erwachſen war. Die häufig erlittes
emachten, daß die Epanier ihre Schifffahrt in Amerika fehr einſchraͤnk⸗
jübuſtier unternahmen nun Landungen an den Küften, und plünbderten
en Städte. Ihre Art, den Raub zu theilen, war fonderbar,. Jeder,
13 mitgemacht batte, ſchwur mit aufgehobener Hand, daß er von der
8 für jich behalten habe. in falfcher Eid, der jedoch aͤußerſt felten vor:
mit der Verbannung in eine unbewohnte Inſel beftraft. Die Verwun⸗
cn zuerst ihren Antheil nach dem Verhältniffe der Wunde. Das
de nach den Köpfen in gleiche Antheile durch das Loos vertheilt. Der
hielt nur dann, wenn er ſich befonders ausgezeichnet hatte, mehr ale
. Auch die aufdem Zuge Gebliebenen wurden nicht vergeffen ; wer auf
de Antheil fiel ihren Verwandten oder Freunden, und In deren Ermans
Armen und den Kirchen ju. Denn bei allen ihren Laſtern hatten diefe ro:
von dech eine gewiſſe Religiofität, und fie fingen ihre wichtigern Unterneh:
mer mit Gebt an. Die erworbenen Reichthuͤmer wurden in Spiel
lactei verſchwendet, denn der Grundſatz diefer Abenteurer war, ben Aus
genießen, und nicht fir die Zukunft zu forgen. Klima und Lebensart
in nach und nach die Zahl der Flibuftier, und die nachdruͤcklichen Maßres
3L und fran;. Regierung fleuerten endlich dem Unwefen, das man fruͤ⸗
t nicht ohne Abſicht geduldet hatte. Aus diefem Seeräuberftaate gins
5. Niederlaffungen auf ber weſtlichen Hälfte von St.⸗Domingo hervor
152 liege Flinders
und mit dem Anfange des 18. Jahrh. hatten bie Raͤubereien der Flibuſtier
aufgehoͤrt. Eine Schilderung ihrer Lebensart und eine Menge kuͤhner Thaten
Hält Raynal's „Geſchichte beider Indien“, 10. Th. und der 2. Theil der „Dif
ſchen Schriften” von Archenholz. |
Fliege, eine Menge kleinerer und größerer Inſekten mit zwei Fluͤt
Die Naturgefchichte, welche diefen Begriff beſchraͤnkt, zählt dennody gegen :
verfchiedene Sliegengattungen. Die Fliegen nähren fid) von Säften, die fie :
teift eines Nüffels einfaugen. Sie entftehen aus Eiern, welche die Sonnenmwi
ausbrütet, und welche jede Gattung, ihrem Inſtinkt gemäß, auf ſolche Körper
die den Jungen fogleid) zur Nahrung dienen. Die Jungen werden gemöhnlid
erft Maden, d. h. Larven ohne Füße. Manche Fliegen brüten, beſonders 1
wiſſen Zeiten, Ihre Eier in ihrem eignen Leibe aus, und geben alfo ſchon wird
Maden von fi. Diefe Maden, bie mit allen Infektenlarven eine große Gef
Reit gemein haben, verpuppen fich, fobald fie ihr gewoͤhnliches Wachsthum ent
haben. Erſt aus diefer Puppe entwickelt fic) die Fliege. — Die fpanifhe fi
die vormals aus Spanien zu und gebracht wurde, woher aud ihre Benennung
flanden ift, gehört nicht unter das Fliegengefchleht. Sie ift ein + Zoll la
ſchmaler, glänzend grüner Käfer mit ſchwarzen Fühlhörnern, der wegen feiner
fenziehenden Eigenfchaft auch Blaſenkaͤfer genannt wird, und ſich auf den BLM
bes fpanifchen Hollunders, des Ligufters und beſonders der gemeinen Eſche auf]
Er zeigt fich bei uns nur In gewiſſen Fahren, in den Monaten Mai, Jum
Juli, und zuweilen in folcher Menge, daß alle Blätter von ihm abgefreffen wen
Der Geruch dieſes Inſekts ift ekelhaft ſuͤßlich und betäubend, der Geſchmack anf
uunmerflich, nachdem aber brennend und ägend. Es ijt allen Xhieren, bie au
Igel, ein tödtendes Gift. In den Apotheken werden die fpanifchen liegen“
dem Namen Kanthariden zu blafenziehenden Pflaftern gebrauht. Man:
melt fie bei regnichtem Wetter oder vor Sonnenaufgang, roo fie ganz til !
thut fie in eine gläferne Slafche, töbtet fie durch Effigdampf, oder in einem |
Dfen, und trodnet fie dann an der freien Luft. Zum Blafenziehen freut ns
pülverte fpanifche Fliegen aufirgend ein klebendes Pflafter und legt dies auf,
barf fie ohne Nachtheil nicht zu Lange ziehen laffen; ebenfo fehr muB man flc
dem innerlichen Gebrauch hüten, woraus Harnzwang, Blutharnen und ſelb
Tod entſtehen kann.
Flinder s (Matthias), bekannt durch feine Entdeckungsreiſe, widme
fruͤh dem Seedienſt. 1795 ſchiffte er ſich nad) Port⸗Jackſon in Neufüdwalll
Capitain Hunter ein. Er fand an dem Schiffschirurgus Baß einen ihm in 9
bung auf Erdkunde gleichgefinnten Mann, und Beide vereinigten ſich zur Au
rung ihrer Entdeckungsentwuͤrfe. Auf der Colonie fanden fie aber wenig Ü
flügung, und nur mit Mühe gelang es ihnen, fi) ein Eleines Yahrzeug, dal
einem einzigen Schifföjungen bedient wurde, zu verfchaffen. Indeſſen ware
beiden Freunde fo glüciich, Über mehre unbekannte wichtige Punkte der Küftı
über den Lauf des Georgfluffes gute Beobachtungen anzuftellen, welche die
merkſamkeit ded Gouverneurs erregten. Fl. echielt nun den Befehl über eine
dette, und Baß wurde ein mit ſechs Matroſen bemanntes Fahrzeug anvertrau
damit ihre Entdedungen fortzufegen. Das Refultat ihrer Reifen war die E
heit einer Durchfahrt zroifchen Bandiemensland und Neuholland. 1793 ert
51. und Bas den Befehl Über eine andre Corvette. Sie unterfuchten die I
von Vandiemendland, und Überzeugten fi von dem Dafein des Canals, dei
Inſel von Neuholland trennt. Fl. nannte Ihn, feinem Freunde zu Ehren,
ſtraße. 1800 kehrte Fl. nach London zuruͤck, gab hier eine Schrift über die
von Vandiemensland und eine Charte von der Baßſtraße heraus. Im fe
ging er, nachdem bie Regierung die von ihm vorgelegten Plane genehmigt
Flinte Flittergold 153
cſuchung der Kuͤſten von Neuholland wieder aus England ab, Er war
lid) mit allen Huͤlfsmitteln verſehen, die feinen Bemühungen einen guten
chem kemten. Zwei volle Fahre brachte er jest zu, um die füdlichen und
Küften von Neuholland, die Meerenge Zorres und den Meerbufen Cars
zu unterfuhen. Am 17. Aug. 1803 erlitt er zwifchen Neucalebonien und
and Schiffbruch. Später feste er die Unterfuchung der Nordküfte fort,
die Meerenge Torres und landete auf Zimor. Der ſchlechte Zuftand
iffs zwang ihn hier, feinen Kaufnad) Zle de France zu richten, da er
nete, daß zwifchen Frankreich und England aufs neue Krieg ausgebrochen
der gleich mit einem Paffe der franz. Negierung verfehen war, ſo fand fich
klähaber auf Isle de Krance, wegen verfchiedener Untegelmäßigkeiten in
kn, Doch veranlaßt, Flinders als Kriegsgefangenen zu behandeln und ihn
11 Jahre zuruͤckzuhalten. Die Entdedungen der franz. Reiſenden Baudin
weaftaur in jenen Gegenden, welche in diefer Zeit gemacht und befannt
y hatten die Kolge, daß Flinders's Verdienft nicht gehörig anerkannt wurde.
Kirlten mehre geographifche Punkte, denen er Namen gegeben, andre. Erſt
körte Flinders nach England zuruͤck, wo er fich fofort mit der Herausgabe
dicher und Reifen befchäftigte, die 1814 in 2 Quartbaͤnden, kurze Zeit vor
ken, and Licht traten. Noch verdient von ihm eine Schrift über den Ges
des Barometers, um die Nähe der Küften zu befiimmen, bemerkt zu
b
inte, ein Schießgewehr, welches von dem alten Worte Flins feinen
tl. Flins nämlich (englifch Slint, und daͤniſch Flinta) bezeichnet einen
ke Hornſtein, dergleichen man ſich bei diefer Gewehrgattung, welche an die
ie Nusketen trat, bediente. Ludwig XIV. war der Erfte, der 1671 ein
mit Flinten bewaffnen ließ, welches daher den Namen Füfelierregiment
A Unterſchied von den Musketierern. Man hat nachher diefeg Gewehr
kaanet, und mit dem Schloffe Veränderungen vorgenommen, theild um
Sderheit des Losſchießens zu bewirken, theild um e8 vor dem Roſten und
alosgchen zu bewahren. Anfangs wurden die Flinten oder Buͤchſen,
dr Feldſtuͤcke, mit Lunten aus freier Hand abgebrannt, nachher erduchte
Haen, in welchen die Lunte eingefchraubt wurde, um fie mit einem Drud
Zuͤndloche zu leiten. Dies war das Luntenſchloß. Dann [chraubte man
aftein in den Hahn, und brachte dabei ein flählerned Rad an, welches
d Feuer aus dem Kiefel ſchlug. Dies ift das alte zu Nürnberg 1517 er=
nutiche Echloß, dergleichen man noch an den Doppelhafen fieht. inige
r Meiſter und auch König Guſtav Adolf brachten Verbefferungen daran
ſicher auch dieſes Schloß ift, fo nimmt das jedesinalige Aufzieben beffels
m Schlüffel doch zu viel Zeit hinweg, als dag nicht die franzöfifche Erfin⸗
Schloſſes mit der Nuß und der Pfanne, an dem man den Hahn mit dem
zuruͤckzieht, und ihn gegen den Pfannendedel abdrüdt, wodurch diefer
Hlacen wird und Feuer gibt, den Vorzug hätte erhalten follen. (S.P ers
sflinten.)
nrglaß oder Kieſelglas, eine durch vorzüigliche Reinheit und Hels
aim übrigen ſich auezeichnende Glasart, welche in England (jest auch zu
euern in Baiern) verfertigt wird. Es verdanft diefe Eigenfchaft dem beis
Bleikalke. Dollond hat es in Verbindung mit dem Crownglas
Verfertigung feiner achromatiſchen Sernröhre angewand. (S. Dollond
ınhefer.)
ttergold, Slitterfilber, Flittern, Erzeugniffe der Lugs
re, werden vorzüglich in Nürnterg, Berlin und Wien aus zwiſchen Les
zeſchlagenem und cementistem Meſſing verfertigt, und zu allerlei Pug ans
154 Floͤgel Florentiner Lack
gewandt. Flittern hat man von echtem Golde und Silber. Sie haben in
Mitte eine runde Öffnung, vermittelft welcher fie mit Fäden auf dem Putz odı
ber Stiderei befeftigt werden. Flittergold und Flitterfilber wird in fogenam
Charten verhandelt. Bei dem erften liegen 15 Zafeln, bei dem legten 7 Ta
jufammen.
Floͤgel (Karl Friedrich), ein verbienter Kiterator, geb. 1729 zu Jau
Schleſien, erbielt auf der Schule feiner Baterftade und auf dem Gymnaſiun
Breslau feine erfle Bildung, und fludirte dann zu Halle Theologie. O
beſchaͤftigte er fi) zu Sauer mit dem Unterrichte junger Leute, und wurde 1
Lehrer bei dem Gymnaſium zu Breslau, bald darauf Prorector, und 1773 Re
der Schule zu Sauer. 1774 erhielt er den Ruf als Profeffor der Philoſophi
ber Ritterakademie zu Liegnitz, welche Stelle er bis zu feinem Tode (1788)
Ruhm und Nusen bekleidet hat. Seine Muße widmete er vorzüglic) der Lite
geſchichte und f. Schriften beweiſen feine ausgebreitete Belefenheit und fein ge
tertes Urtheil. Diefe find: „Gefchichte des menfchlihen Verſtandes“(
lau 1765, 3. Aufl. 1776); „Geſchichte des gegenwärtigen Zuftandes der f
ren Literatur in Deutfchland” (Sauer 1771); „Gejchichte der Eomifchen 2
tur” (Liegnig u. Leipz. 1784— 87, 4 Bde). Außer einer Abhandlung über:
Komifche und Lächerliche, und einer allgemeinen Geſchichte der Eomifchen Literc
enthält das legtgenannte Merk, das erfte in feiner Art,. die Geſchichte der Cat
eine Schilderung der vorzüglichften altern und neuern Satyriker, und zuicgt A
Geſchichte der Komödie im weiteften Sinne des Worte. inzelne Theile deb-
mifchen enthalten: „Geſchichte des Groteskkomiſchen“ (Poffenfpiele bei ch
lichen Feften, Eomifche Feſte, komiſche Gefeltichaften) (Ebend, 1788); ã
fhhichte der Hofnarren” (Ebend. 1789, 2. Th. des vorhergehenden Werks).
„Geſchichte des Burlesken“, melde nad) des Verfaſſers Tode (179%)
auskam.
Flor, Gaze, die feinſte und duͤnnſte aller Zeugarten, von Seide,
ſelgarn und auch von Wolle. Frankreich und Italien liefern die ſchoͤnſten W
— Blumenfloriftder Ölüthezuftand der Blumen. Auch nennt man bu
Botanik Flor alle die Pflanzen, die in einer gewiffen Gegend einheimiſch fine.
diefem Sinne nehmen die Botaniker für Europa, mit Ausihluß der europ&ä
Tuͤckei, fünf Floren an: die norbifche, die belvetifche, die oftreichifche, bie 4
naͤiſche und die apenninifche. > —
Flora, beiden Griechen Chloris, die Göttin der Blumen und Bit
des Getreides und Weinftodes. Sie war die Gattin des Zephyrus (Weſtwin
und wird als eine ſchoͤne weibliche Figur abgebildet, mit einem Blumen
dem Kopfe oder in der linfen Hand; in der rechten hält fie gewöhnlich ein
des Überfluffes. Ihr zu Ehren wurden in Nom die floralifchen Schaufpiele
ten, die aͤuserſt üppig und ausfchweifend waren. — Sin der Botanik heißt EE-
ein Pflanzenverzeichniß,
Florentiner Arbeit, eine Art muſiviſcher Kunft, mittelſt we:
man durch Zufammenfegung von Edelfteinen und Marmorftüden fowol die X
ſelbſt, als auch Gemälde in einem gewiffen Grade nahahmt. Sie hat von
renz den Namen, weil ſich die Slorentiner durch befonders gelungene Arbeitg .
diefer Gattung auszeichnen. Übrigens haben die Producte derfelben alle DE:
mit den Mofaikarbeiten gemein, und find mehr Künfteleien als Werke von op.
Kunſtwerth. J
Florentiner Lad, eine Malerfarbe, welche ein Franziskaner
renz erfand, als er die Tinctur der Cochenille mit dem Sal tartari wider das 4
fieber verfertigt hatte, und aus Verfehen eine aufgelöfte Säure hinzugoß :.
entftand ein Aufbraufen, aus dem fich ein hochrother Mieberfchlag bilbete,
hemurbe, daß es fein Haupt über alle Nachbarſtaaten erheben und diefe
ie Botmäigteit bringen konnte. Aus diefen Zeiten ſchreibt ſich auch die
beſtalt der Stadt her, deren Gebäude groͤßtentheils zu Schug und Trug
tind, wie es bie bamaligen Parteienkriege nothroendig machten ; aber wenn
Kerktur auch jene heitere Eleganz griechiſcher Formen abgeht, wie fie Palla:
Samza und Venedig hervorricf, fo befigt fie dafür alles Edle, Wahre und
ie eined männlichen Style. Won diefer Art find z. B. der Palaft Pitti
keötersog bewohnt, wo die herrliche Galerie) mit dem feiner Rage wegen
rn Garten Bobofi, die Paldfte Strozzi und Riccardi (ehemals Medici) -
salte unregelmägige Rathepataft am großen Stadtplatze (Piazza del Gran-
Die Ausenfeiten ber Kirchen find leider faft alle unvollendet, das Innere
5 in Ruͤckſicht der Bauart und Ausſchmuͤckung, größtentheil® würdig und
kt. Der Dom (la chetra politana), ein tiefenhaftes Gebäude aus dem
kb. von Ausen ganz mit ſchwarzem uud weißem Marmor bekleidet, prangt
wichen, von Brumelleschi erbauten Kuppel. Ihm zur Seite ficht der ziers
m Bictto’8 Zeichnung erbaute Glockenthurm, und gegenüber die uralte
wı (Battisterio), mit den in Erz gegoffenen Thliren von Shiberti(f.b.)
as Pifano. Der Dom mich in dem Buche beichrieben: „La metropo-
brentina illustrata‘ (Stor. 1820). Die Kirche St.:Lorengo enthält die mit
üerladene, aber unvollendete Fuͤrſtengruft, zugleich bie Monumente ber
Rtici mit den berühmten Statuen des Tages, der Nacht, Dämmerung
tgerröthe, in welchen ſich Mich. Angelo verewigt hat. Im dem Kiofter
Ach die ihrer Codices und Handfchriften wegen höchft Eoftbare Laurentiniſche
ct. Die Kirche St.Croce befigt, außer einem Schage von Dentmalen
neuer Kunſt, die herrlichen vaterländifchen Maufoleen, unter welchen
die eines Mic. Angelo, Machiavelll, Galilei und Alfieri nennen. Die
St.Marco, St.:Annunciata, in deren Kreuzganz fich Vieles von bel
idet, St.» Maria-Novella, wo die herrlichften Werke von Cimabue und
'm Slerentinen, St.⸗Spirito, St.:Zrinita find ebenfo wuͤrdige Tempel
ht als Mufeen der Kunft, und vorzüglich reich an den [häsbarften Fres⸗
sm alter Meifter, umter welchen die von Mafaccio in der Kirche del Cars
hhente den Rinftfern eine Duelle dea Studinuma finh. mis fie ⸗a einfk fr
156 Florenz
ferungen veranſtaltet.) Von antiken Statuen gehoͤren zu ihren Hauptzierder
Mediceiſche Venus, ferner die beiden Ringer, der Apollin, der tanzende Faun,
Schleifer, der Hermaphrodit, die Gruppe der Niobe, Amor und Pſyche u. f
Unter den Gemaͤlden behaupten den erften Rang die in der Tribune befindlichen
Rafael (da8 Bild der angeblichen Bederin, unter dem Namen der Fornarina
kannt, eine heilige Familie, Johannes in der Wüfte, Papft Julius II.); Tizk
Venus, Bilder von Mich, Angelo, Correggio, Ira Bartolomeo u. X. Sie v
befchrieben in dem Buche: „„Real galleria di Firenze incisa in cartonni“ ($
1821). inzig in ihrer Art ift die Sammlung von beinahe vierhundert Bildni
der berühmteften Mater, alle von den Meiftern felbft gemalt. Noch befinden
bier Die Sammlungen alter und neuer Bronzen, Münzen und der Eoftbarften
fchnittenen Steine, die, wie alle übrige, Jedermann mit uneigennuͤtziger Höfl
keit gezeigt werden und ber Benußung offen ftehen. Auch die Akademie der ſchoͤ
Künfte, die unter der Leitung Benvenuti's und Raf. Morghen’s rüchtige Schi
bildet, befigt eine fchöne Galerie meiftens alter florentinifcher,, aus aufgehobe
Kloͤſtern und Kirchen hierher verfegter Gemälde. Nicht minder berühmt find
wiffenfchaftlichen Anftalten, Florenz hat eine Univerfität, die Academia de
crusca, bie Akad. der Georgofili ꝛc. Außer der Laurentinifchen und vielen and
Privarbibliothefen, unter welchen die des Großherzogs die Eoftburften Werke |
neuern Literatur in allen Sprachen fammelt, find nod) die Marucelliana und A
gliabeckhiana berühmt, welche legtere fehr reich an Handichriften und den feltenf
gebrudten Buͤchern iſt. Das Muſeum der Naturgeichichte, welches in via
Bimmern bedeutende Sammlungen für Mineralogie, Botanif und Zoologie a
hält, verdient ſchon der meifterhaften anatomifchen Wachspraͤparate wegen, die
ter Fontana's Aufficht von Clemens Eufini verfertigt find, Bewunderung,
rechtfertigt die Auerufungen des begeiiterten Dupam. In den Spitälern €
Maria nuova und S.⸗Vonifacio findet eine Menge junger Leute Gelegenheit, um
ber Leitung geſchickter Lehrer fich theoretifcy und praktifch mit der Heilkunde sc
fhäftigen, deren Studium uͤberdies durch mebicinifche Bibliotheken, anatemi *
Theater, boranifche Gärten u. f. mw. fehr beguͤnſtigt wird. Won mehren Theca
find gewoͤhnlich zwei eröffnet ; die große Dper und das Ballet, beide mit Pracht
Geſchmack ausgeftattet, werden im Theater della Pergola, die komiſchen Opern
Theater bel Cocomero aufgeführt. Auferdem gibt es mehre Winkel: und Mai
nettentheater, und auf den Straßen treibt bei Tag und Nacht der hochfteraogik
witzige Pulcinello in einer wandernden Breterbude fein luſtiges Weſen. Der
befchreibliche Zauber, den Klorenz auf jeden empfänglichen Menfchen ausübt,
nicht nur in den Einflüffen einer reichen und heiteen Gegenwart, fondern a
den Erinnerungen an eine glorreiche Vorzeit, deren Denkmale bei jedem Sch
aufftoßen, zu ſuchen. Mehr als das Andenken an frine Friegerifche Größe, «
feine Helden im Mittelalter und an die große, auch politiſch merkwuͤrdige Kirdye
fonede von 1478, befchäftigt den Geift der Gedanke, das Künfte und Wiſſenſch
ten hier vor allen andern Orten geblübt,, und die edelften Früchte zur Erquickt
und Wiedergeburt Europas getragen haben. Die gefeiertiten Namen der Italia
[hen Literatur und Kunſt find florentiniſchen Urſprungs. Bildung, Kımflf
und Geſchmack, die, früh geweckt und genaͤhrt, das Zeitalter Lorenzos von Med
zu einem der glänzendften in der Seichichte machten, ſcheinen fo tiefe Wurzeln 1
fhlagen zu haben, daß fie auch heute nod) hervorftechend find. Die Sprad
felbft de8 gemeinen Mannes, ift ebenſo rein und zierlich als reich an feinen 8
witzigen Wendungen ; Überhaupt ifi das Volk heiter, gefällig, Iebensluffig, gott
fuͤrchtig und ſchauſpielſuͤchtig, wie alle Staliener, aber in Fleiß und Induſtrie kb
trifft e8 die meiften. Florenz befigt beruͤhmte Scidenmanufacturen und Karl
teien; feine Metallarbeiten, Kutſchen, Pianoferte, mathematiſche und phyfl
Florett Florian 157
umente, Druckereien, kurz alle Gegenſtaͤnde, bie dem Beduͤrfniſſe ober
ı Genuffe des Lebens zu ſtatten kommen, werden ausgezeichnet gut gear⸗
Handel ift beträchtlich. Die ganze Umgegend gleicht einem blühenden
nd ſcheint, von einer Anhöhe betrachtet, mit Villen und Dörfern übers
wie Arioft ruͤhmt, ein zwiefaches Mom abgeben würden, wenn man fie
rüden und mit einer Ringmauer umfchließen könnte. in Park mit
rei dicht an dee Stadt, die Cafcine genannt, wimmelt jeden Abend, bes
Feſttagen, von fehöner Welt; auch die großherzoglichen Luſtſchloͤſſer,
periale, Carreggi, Pratolino (mit der Bildfäule des Apennin), Poggio
von der Natur und Kunft reichlich geſchmuͤckt, geben reizende Punkte zu
ten Ausflügen ab. So führt Florenz den Beinamen la bella mit vollem
id genießt, faft mehr als Rom, die Huldigungen der entzuͤckten Wande⸗
e den herrlichen Aufenthalt ſtets ungern verlaffen. Kür den Reiſen⸗
he nüglich: „‚„Nuova guida per la cittä di Firenze‘ (m. Anſichten,
0), xx,
prett, das rauhe Gefpinnft, womit die Seidenwuͤrmer ihr Gehäufe an:
he fie ordentliche Fäden ziehen, und welches nicht mit abgehaßpelt werben
dern gefponnen werden muß. Die aus diefer Seide gewonnenen Bänder,
— rn. erhalten zugleich durch den Zuſatz Florett die Bezeichnung ihrer
ttung.
orian (Jean Pierre Clariß de), Mitgl. der franz. Akad., ein fruchtba=
fifleller voll Anmuch und Geift, geb. 1755 auf dem Schloffe Florian,
ne in den Nieder⸗Sevennen, verdankte feiner Mutter Gilette de Sal⸗
t geborenen Caſtilianerin, bie lebhafte Neigung für die fpanifche Literatur.
verbundene Hinneigung zum alten Ritterthum, welches aus den roman⸗
Khtungen der Spanier anfpricht, laſſer fich deutlich in feinen Werken er⸗
Ein Oheim Florian’ hatte eine Nichte Voltaire's geheirathet ; fein Vater
dieſem berühmten Schriftfteller geliebt und der Dichter der „Henriabe”
nügen darin, die angeborenen Talente des Sohnes feines Freundes zu ent⸗
er bald fein Liebling wurde. Florian teat ald Paye in die Dienfte des
mn Penthieore, und verlebte ben größten Theil des Jahres mit dem Her:
ris, wo d'Argental, ein Freund Voltaire's, der Gelehrte und Kuͤnſtler
ſammelte, ein Privattheater hatte erbauen laſſen. Hier trat Fl. zuerſt
theatraliſchen Arbeiten auf, in denen er die Rolle des Harlekin ſelbſt
und wevon „Die beiden Billets“ noch jetzt gern geſehen werden. Er
zugleich durch die gefrönten Preisgedichte: „‚Voltaire et le serf da
“, ferner duch f. Ekloge: „„Boas et Ruth‘, bekannt. Weniger
ielt feine Fobfchrift auf Ludwig AU. 1788 wurde er Mitglied der
emic. Beim Ausbruche der Revolution, und nach dem Tode des Her:
enthievre, hatte er fih, auf das Decret, das alle Adelige aus Paris
ach Seaur begeben, Hier warb er, während er fein Gedicht, Ephraim”
beihäftige war, auf Befehl des Sicherheitsausfchuffes verhaftet. Der
»espierre's rettete ihn vom Blutgeruͤſt, und erlaubte einem feiner
ir frine Befreiung zu urbeiten; leider war es ſchon zu ſpaͤt; die erfahrs
scrjüglich die peinliche Ungewißheit, in der cr lange das Schlimmſte
ffen, hätten feinen Geiſt niedergedrüdt. Einige Tage nad) feiner Bes
bet am 13. Sept. 1794 zu Seaux. Als Dichter hat fih St. in mehr
Atung mit Glück verſucht. Im Allgemeinen find Leichtigkeit, Anmuth,
nd eine bei den Franzoſen feltene Gemuͤthlichkeit die hervorftechenden
n feiner Werke; in den höhern Gattungen aber fehlt es ihm an Leben»
fe und Celorit. Cr fchildert die Sitten mit treffender Wahrheit. Bor
gen ibm Gemaͤlde aus der Schäferwelt, wie 3. B. in ſ. beliebten
|
160 Floͤße
ſteht durchgehends aus brei Haupttheilen, nämlich dem Steifſtuͤcke und zwei An
oder einmaſtigen Floͤßen, deren jeder wieder aus drei Theilen, dem Mittelſtuͤck⸗
zwei Anhängen, zuſammengeſetzt iſt. An den äußern Seiten der letztern find i
dies noch viele einzelne, oder zu zwei und vier der Breite nach mit einander ver
dene Zunnenftämme befeftigt. Die erften heißen Streiche, die andern Schorm
Das Steifſtuͤck ift der wefentlichfte und vornehmfte, aber auch der unbehülfl
Theil eines Hollaͤnderfloſſes. Zuweilen macht es auch mit feinen Anhängen
Ganze aus, und befteht, den Bcden mitgerechnet, aus vier, und an man
Stellen aus fünf Lagen Holzes über einander. Die Richtung in der Fahrt
ihm durch die Knie⸗ oder bewegliche Vorberflöe gegeben. Die Anhänge zu b
Seiten haben eine verichiebene Beflimmung. Während der Fahrt dienen fie,
erſten Stoß beim etwaigen Anlaufen des Floſſes an die Ufer abzuhalten, beim
ben dazu, daß das Floß zum Steben gebracht wird, und endlich bieten fie bei
gluͤcksfaͤlen das Holz zu neuen Böden dar. Am dußerften Ende des Fioffes &a
den fich eine Reihe Ruder (auch Niemen und Streiche genannt) , die fi) je zwi⸗
zwei und zwei hölzernen Zapfen bewegen. An dem einen Ende hat ed gewoͤn
20, und am entgegengelegten Ende 22 dergleichen Ruder, außer denen, die ſich
jedem Anhange beffelben befinden. An jedem Ruder find in der Megel ſieben M
zum Arbeiten angejtellt. Dir Steuermann, welcher das ganze Kahrzeng biral
gibt auf einem erhabenen Stuhle das Zeichen, ob rechts ober links gerudert mem
fol. Dem Floſſe acht eine Stunde weit ein Nachen voraus, um wegen ber GM
Mühlen und Brüden Warnung zu geben. Es wird von 16 bis 20 Nacen ai
mit 7 Mann), wegen der nöthigen Anker, Seile und Taue, begleitet. (im
chen mit Ankern, den man voraus an das Rand führt, um dem Floſſe in den
mungen die Richtung deſto ficherer zu geben, nennt man den Poftivagen. DE
flandtheile eines ſolchen großen Floffes find folgende: ine beinahe vollſt⸗
Mohnung für den Flößer, Küche, Baͤckerei, Kammer des Klidyenmeifters, ER
haus, Magazin für die Lebensmittel, Wohnung des Steuermanns, eine |
fir die Ankerknechte, 6 Hütten für die Ruderknechte, wovon jede 50 Manırz
nehmen kann, Viehftälle, ein Schlahthaus, eine Wohnung der Köche und
Hütte fir 7 Mann am fogenannten Kapjtinder. Das Floß hat rechts und E
Anhänge, um es flott zu halten, wenn es vor Anker liegt. Die fogenannten 5
des Floſſes dienen au deffen Leitung in den Kruͤmmungen des Stromes, und:
diefe haben ihre Anhänge. Die Bemannung eines Hollinderfloffes befteht
lich aus 500 Köpfen. Es hat 20 — 40 Anker bei fich, und bedarf für -
nad) Dordt in Holland 4I—50,000 Pfund Brot, 12—20,000 Pfb. Sk. -
10— 15,000 Pfd. Kaͤſe, 10--15 Centner Butter, S—-10 Centner gefalzenek...
60-80 Gentner trodenes Gemuͤſe, I— 600 Ohm Bier u, f. w.
Begriff von der Groͤße eines foldyen Floſſes madıt man fih, wenn man beige.”
dag die Rheinſchiffahrtsverwaltung an den Zollämeern für Mannfchaft, Previ
Anker und Geräthfchaften 6000 Gentner in Abzug bringen laͤßt, die nicht nes
werden. Solche große Holländerflöße, die man nach der Verſchicdenheit i
Baues gepadte oder ungepackte nennt, werden nicht auf einmal, fondern au‘
vom oberen Rhein, dem Neckar, den Main und der Mojel kommenden kleh
Flößen zufammengefegt. Die Hauptbaupläge bierzu find bei Manhrim, am dd:
fin Ende des Neckars, kurz vor feiner Mündung in den Rhein, zu Kaffel, BR,
gegenüber, beim Einfluß des Maine in den Rhein, oder unterhalb der Sta
dem fogenannten Gartenfelde, und zmifchen Andernach und Unkel an dem u
Für die kleinern Flöfe, die über den Main zum Bauplay bei Kaſſel gebracht} :
den, liefern die Waldungen bes Fichtelberges und die Provinzen Bamberg, N
burg und Baireuth das erfoderliche Holz. Der Schwarzwald in Wuͤrtemberg
Baden gibt hauptfüdylid) die Materialien zur Erbauung der Eleinen Floͤße, die.
Floͤße 161
Enz in den Neckar, und von der Kinzig oder Murg auf den Rhein
vorzüglich zu Manheim, weniger aber zu Mainz, in große Floͤße
1. Für die Stößchen der Enz und Nagold find Pforzheim und Sarts
ıpelpläge, wo gewoͤhnlich durch Aneinanderfügung dreier derfelben
nn gemacht werden, die man Thalflöße nennt, und den Nedar herab
ſchwimmen läßt, um da zur Erbauung der Holländerflöße zu dienen,
n zunächft der Mofel find die Holzmagazine für die Eleinen auf dies
mabtommenbden, aus Kiefern und Fichten zufammengefesten, ſoge⸗
ineflößchen, die auf dem Bauplatze zu Andernach in eigentliche
verwandelt werden. Die Flößerei auf den Eleinen Nebenftrömen,
ye und Lippe, ift im Verhältnig zum Ganzen nur unbedeutend. Die
T Regel die vom Oberrhein und bem Nedar. — Man verführt auf
ich Sägholz unter den Namen: Breter, Borden, Latten, Dielen
nkel, ſowie aud) Faß⸗, Daub: und andres Werkholz. Die Murg⸗
fferſchaft liefert allein auf den Rheinſtrom im Durdyichnitt jährlich
ck Borden zum Verkauf. Das gewöhnliche Rheinfloß⸗ und Marineholz
ih dadurch von einander, daß letzteres ſchaͤrfer behauen und beſchlagen
‚oder gar keine Schalkante hat. Die Holzkörper der Floͤße find ſehr
enn es gibt balkenartige, welche rechtwinkelige, von gleichen oder uns
m umgebene Grundflächen haben, wie z. B. die Eichenruthen; runde
18 Eichen, Kiefern und Tannen, die oben rund und fpigig zulaufen ;
? Holzkörper, deren beide Durchmeffer gleich) lang find, ihr Körper
id von verfchiedener Länge ift, auch runde abgekürzte ftumpfe oder
zu welchen legtern die meiften Maintannen und Kiefern gehören, bie
den pflegen. In den legten Jahren hat die Floͤßung des Eichenholzes
mommen. — Wie beträchtlidy der Holzhandel durch Floͤße auf dem
und befonbers die Ausfuhr nady Holland ift, laͤßt fich leicht nach der
8 an den rheiniſchen Zoftätten vorbeigeführten Holzes, ſowie des
ten Zollbetrags beftimmen. Man kann annehmen, dag im Durdys
‚ zwifchen 60— 70,000 Kubikmeter Eichen- und andern harten Hols
den 70— 80,000 Kubikmeter Zannen= und andern weichen Holzes
e des Rheins nad) Holland verführt werden. Die Stoßgebühren mas
‚den 54 der gefammten Einnahmen der Rheinzölle aus. 1818 bes
945 Francs 99 Centim. 1819 508,012 Fr. 58 Gent. und 1820
61 Gent. Um die Zollgebühren, welche von den Floͤßen bezahlt wers
u berechnen, werden diefe nach Laͤnge, Breite und Tiefe unter Waſſer
as Product aus diefen drei Vermeſſungen ftellt den rohen Kubikinhalt
ſſer gehenden Theiles des Körpers dar. Um fofort den reinen, für
gneten Inhalt zu erhalten, werben für den Laft, der nicht in Holz
die holzleeren Räume, bei großen Floͤßen 6000, bei andern 4000
ogen. Diefer reine Kubikinhalt des unter Waſſer gehenden Theiles
B der fpecififchen Schwere des Floßkoͤrpers zu der fpecififchen Schwere
welches bei Floͤßen mit Anhängen wie 5 zu 9, und ohne Anhänge wie
enommen ift) vermehrt, liefert den ganzen anfchlagbaren Inhalt eines
mperd. Das Floßrecht muß in jedem Stante bei dem Landesherrn
und kann nur von ihm bewilligt werden, da es unter die Regalien ges
uf einem Fluſſe Schifffahrtöfreiheit ftatt hat, kann die Negierung die
$£en nicht unterfagen ; es muͤſſen aber die Floßvorfchriften zu Verhinde⸗
aden genau beobachtet werben. Infofern die Floͤße nicht zum Verkauf
26 roeichen fie zufammengefeßt find, fondern vielmehr zur Verführung
een auf Fluͤſſen dienen, find fie uralten Urfprungs und haben viele Ähn⸗
merften Hahrzeugen der Alten. Die Araber bauten fie ſchon zu dem
2. Eicbente Aufl. Bd. IV. 1 1
162 Floͤte Fluͤe
Gebrauche auf dem Euphrat. In China gibt e8 ganze Dörfer, bie aus Floͤß
ftarfem Bambusried erbaut find, und auf den großen Fluͤſſen umherfchwimm
Stoß heißt auch in der Schiffbaufprache ein aus 3 bis 4 Maften mit Brete
legtes Serhft, um ficher darauf ſtehen zu Eönnen, wenn das Schiff Ealfatert
Flöte (Flauto), ein Blasinftrument von Holz, Horn, oder Eifenbei
gibt deren verfchiedene Arten: 1) Flüte à bec (Flüte douce, Plody oder
fiöte) ift veraltet, war mit einem Kern verfehen, hatte firben Zonlöcher für di
ger, ein Tonloch für den Daumen, und wurde wie die Hoboe gehalten. Dei
umfang erſtreckte ſich von dem eingeftrichenen f bis zum dreigeftricheneng. *
jegt gewoͤhnliche, und feit Friedrich dem Großen, beffen Licblingsinftrument fi
fehr beliebte Querflöte, Flauto traverso, aus dem Kopfftüd, zwei Mittelf
und dem Fuße beftchend. Sie wird durch ein Mundſtuͤck angeblafen und da
nen und Schließen der Zonlöcher bringt die verfchiedenen Töne hervor. Das
ſtuͤck enthält Mundloch und Pfropffchraube, mittelft deren ein in der Hoͤhlu
Inſtruments über dem Mundloch befindlicher Pfropf von Kork höher oder tie
ſchraubt werden kann, um bei bem Gebrauche verfchiedener Mittelſtuͤcke dis
Stimmung ber Octaven zu erhalten. Das obere Mittelftüd hat drei Tor
fuͤr die Finger der linken, das untere drei für die Finger der rechten Hand, u
dem Fuße befinden fich zwei Klappen für die Zöne es und dis. Man hat auf
noch verfchiedene Klappen angebracht, um einzelnen Tönen mehr Reinheit 1
ben; indeffen gewinnt das Inſtrument im Ganzen dadurch wenig. Der Us
der Flöte erſtreckt fid) von dem eingeftrichenen d (neue Flöten gehen noch tiefe
zum breigeftrichenen b. _ Ihr Charakter ift fanft; doch dringt fie in der Höhe
durch die Eräftigite Orchefterbefegung duch. Im Solo thut fie treffliche Wir
ganze Concerte aber follte man nicht für fie fehreiben und aufihr fpielen,
Spiel auf die Linge ermuͤdet und ihr Ton nicht genug Mannigfaltigkeit hat
ßerdem hat man Fläte d’Aımour, eine Eleine Terz tiefer, eine Terzfloͤte, eine
Terz höher, eine Quartflöte, eine Quart höher, Dctavflöte oder Flauto pi
eine ganze Octave höher als die gewoͤhnliche Flöte, fie ift für raufchende, 3.
Militairmuſik. Das befte Werk über Slötenfpiel war fonft Tromlitz's „Aust
cher und gruͤndlicher Unterricht, die Flöte zu ſpielen“. Neuerdings ift die |
ſchule des parifer Conſervatoriums und die von Frölich in Gebrauch.
Flott, inder Schifferfprache, auf dem Waffer ſchwimmend. Ein!
flott machen, heißt: ein feftfichenbes Schiff, das 3. B. auf eine Sandbant
ren ift, wieder in Gang bringen. Ein Schiff wird flott, indem der Anla
Flut daffelbe hebt, wenn es während der Ebbe trocken oder im Schlamme ia
Flotte, eine Anzahl Schiffe, die einen gemeinichaftlichen Anführer haben.
a Kriege: und Handels⸗ oder Kauffahrteiflotten. — $lottille, eine
lotte,
Br Floͤtzgebirge, f. Geologie und Geognofie
luͤchtigkeit, in der Chemie die Eigenfchaft eines Körpers, nad
cher er fich bei einem gemwiffen Grad der Hige in Dämpfe auftöft und verflüchtig
ſteht der Feuerbeftändigkeit entgegen. Wahrſcheinlich haben jedoch alle Koͤry
Eigenſchaft der Flüchtigkeit, nur, daß wir einige nicht zu verflüchtigen verm
weil uns die erfoderlichen Grade der Hige fehlen; eine abfolute Keuerbeftänt
findet mithin wahrfcheinlich gar nicht ftatt.
Sue (Nicolaus von der, Bruder Klaus), geb. 1417 im Dorfe &
Kantons Unterwalden ob dem Walde, bewirthfchaftete mit feinen Altern und
dern das viterliche Gut, und führte ein durchaus unbefcholtenes Leben. - A
verfchiedenen Kriegszuͤgen zeigte er ſich ebenfo menſchlich als tapfer. Als Lam
des Cantons bewies er eine eigne Geſchicklichkeit, die vorfommenden Angelege
fen zu einem guten Ende zu bringen, Die Würde eines Landammans ſchli
Slügel 163
es. Bon Jugend auf zum contemplativen Leben geneigt, dabei enthaltfam und
ſtreng gegen fich felbft, faßte er, nachdem er funfzig Jahre hindurch alle Pflichten
es Staatsbürger treu erfüllt hatte, und Vater von zehn lebenden Kindern gewor⸗
ben mar, mit Zuflimmung feines Weibes, den Entſchluß, ein Eihfiedler zu werden,
und mählte zu feinem Aufenthalt eine bloß durch einen Waſſerfall des Mitchfluffes
Weite Wildniß unweit Sureln. Hier brachte er feine Zeit in Gebet und frommen
Betsahtungen zu. Seinen Ruf vermehrte die Sage, daß er ohne alle Nahrung
Ue und ſich dloß durch das Abendmahl flärke, welches er alle Monate genoß. Zur
In, dem erfahrenen, hellſehenden Dann, vwoallfahstete von nahen und fernen Or⸗
‚m, wer Mach und Troſt bedurfte. Bald wurde er felbft der Retter des ganzen
Warınded. Unter den acht Cantonen, welche damals die Eidgenoſſenſchaft aus⸗
wien, war Fiferfucht und Miftrauen entftanden. Man argmohnte, daß die
Ban der vor kurzem bei Nancy erfchlagenen Burgunder nicht gleich yetheilt wor⸗
de; Die größern ariftokratifchen Städte hielten zufammen, und wollten $reiburg
ah Eotothun in ihren Bund aufnehmen, welhem Vorſchlag die Eleineen demo=
Silke Santone fich widerfegten. Auf einer (1381) zu Stanz (dem Hauptorte
bunten Unterwwalden) zur Berathung diber diefe Angelegenheiten gehaltenen
erhigte fich dev Parteigeift in fo hohem Grade, daß eine Trennung bes
und mit ihr der baldige Verlufl der Freiheit der Schweizer für unvermelds
Mpkitn wurde. Da erfchien plöglic, durch einen Freund dazu aufgefodert,
Eher Kious in der Berfammlung der Abgeordneten. Das grofe Anfehen des
Dane, feine hohe, edle Seftalt, in der man einen Boten des Himmels zu ers
V gaubte, feine herzliche, aber kraͤftige Rede, in welcher er die Gefahren der
Trennung ſchilderte, und zur Einigkeit ermahnte, ergriff die Ver⸗
fo ſehr, daß augenblicklich ein in der Schweizergeſchichte beruͤhmtes
* das Verkommniß zu Stanz (22. Dec. 1481) beſchloſſen und abge⸗
mw; alle bisherige Streitigkeiten wurden beigelegt, Freiburg und Solothurn
Brad aufgenommen, und die Freiheit der Schweizer war gerettet. Unter
Inbgangen feiner Mitbürger Eehrte Bruder Klaus, nach vollbrachtem Werk,
wEinismkeit zurück, wo er fortfuhr, Tugend und Weisheit zu lehren, bis er,
2413837, fiebzig Jahr alt, flarb. Ganz Unterwalden begleitete feine Leiche
tte, alle Eidgenoffen betrauerten ihn; fremde Fürften ehrten noch nad)
le fin Andenken; Papft Clemens X. verfegte ihn 1671 unter die Zahl der
Slägel,1)inder Baukunſt: a) die an beiden Enden bed Hauptgebaͤudes
ten Nebengebaͤude, auch wol, wenn das Gebaͤude felbft lang ift und nur
Hauptmaffe bildet, die beiden Seiten beffelben, die rechts und links von feiner
rabſtehen; im Seftungsbau die langen Seiten eined Horn⸗ und Kronenwerks,
sen dem Haupt⸗ ober Außenwerke beftrichen werden. b) Die beweglichen
Dh einer Thlır oder eines Fenſters, womit diefe Öffnungen gefchloffen werden.
jeder Waſſerbaukunſt heißt alle zum Schutze und zu Haltbarkeit außer den eis
Ehen Grenzen des Baues Aufgeführte, Flügel, z. B. die verlängerte hölzerne
acheidung an einem Stil. Mebengraben zur Abwaͤſſerung umdeichter Länder
m die feitwärts von den Dauptabwäfferungscanälen abgehen, werden Fluͤgel⸗
eeben, und die an einer fteinernen Schleufe mittelft einer Wand von Steinen vers
geten Bekleidungen, Fluͤgelmauern genannt. 2) Inder Mufik,ein Taſtin⸗
me in Geſtalt eines Vogelfluͤgels, deffen metallene Saiten von Federkielen, wel⸗
aa den Tangenten befindlich find, geriffen werben. Ehedem war das Glavecin das
ieige Clavierinſtrument in diefer Korm, und wurde deßhalb gemeiniglich Flügel
ent; feit Erfindung des Pianoforte verftcht man gemöhnlid, ein Pinnoforte in
basiform darunter, und jenes wird ſelbſt im Orcheſter bei Begleitung des Mecitar
wenig mehr gebraucht, 3) In der Arieg otun ſt find Flügel die beiden Außer
11*
164 . Flugſand | Flußſpath
ſten Enden ober Seiten eines Batalllons, Regiments ober ganzen
Beftinnmungen rechts ober links find von dem Geſichtspunkte der aufg
aus zu verftehen.
Iugfand findet ſich in ben Gegenden, mo ber Hauptbeftan!
dens dift, wenn bie cuftivirte Erde der Oberfläcye weggeſchwemr
unvorfichtige, zu. häufige Erdruͤhrung allmälig verſchwunden iſt. D
jedem Boden diefer Art Pflanzen, die, wenn fie auch nur ein Sahr ve:
die Saulung der Wurzeln das Erdreich fefter machen. Manche ſchi
Frühjahr Erdftig empor aus den Wurzeln, welche dee Winter nicht
Plaggt man aber einen ſolchen Boden ab, oder vernichtet die Wurzel
iſt die Oberfläche zu trocken, um fich gegen den duͤrren Wind halten zu
der Sand der Oberfläche wird immer weiter auf beffere Acker getrich
auch verfanden. Das Übel ift in der Richtung herrſchender Winde
und nur durch Sanbhafer, Anpflanzung von Stauden und Pflanze
dürren Boden allenfall® ertragen koͤnnen, endlich durch todte Zäune, t
des Windes brechen, und durch Aufhören aller Weide, bis fich die Erde
geſetzt hat, laͤßt ſich dies am Ereftrande und hier und da in Gemeinheit
Übel alimaͤlig austilgen..
Fluß oder Strom. Der Sprachgebrauch macht feinen Un
fchen beiden Benennungen; doc) ſcheint es, daß man diejenigen Slüffe
Ströme nennt, welche ſich bei anfehnlicyer Größe unmittelbar ind M
Faſt alle Stüffe entipringen auf Gebirgen aus Quellen, einige wenige,
fifippi, der Don u. A., entfliehen aus Seen. Merkwuͤrdig ift es, da
ſchwindigkeit der Fluͤſſe nicht nad) dem flärkern Abhange der Fläche
fließt Die Donau viel fchneller als der Rhein, obgleich das Bette die let
tem abhängiger if. Die Donau, der Tiger und der Indus find unteı
ten die ſchnellſten Fluͤſſ. Da in der Regel die Strömung eince F
Mitte am ftärkften ift, fo fteht auch hier fein Waffer beträchtlich höl
den Ufern zu; an der Mündung hingegen ift der Fluß in der Mitten
hohl, weil das Meerwaſſer, mit dem er fich hier vermijcht, an beiden
ftärkften auffleigt. Die Menge des Waſſers, welches die Fluͤſſe den
führen, ift ungeheuer. Stan hat 3. B. berechnet, dag die Wolga inc
über 1000 Mitt. Kubikfuß Waffer ins Easpifche Meer ergießt. — SI:
bei den Alten, die Schuggötter der Fluͤſſe oder die perionificirten $
Sie werben als Söhne des Dceanus, ein Ruder oder Füllhorn in der
Schilf gekrönt, und neben einer Urne, aus welcher der Strom flieft,
gebildet.
Fluß, inder Chemie, Probirkunft und Hüttenkunde, eine fal
fehung, durch reiche die Schmelzung der Erze befördert wird (Salpe
Weinſtein, Laugenſalz u. ſ. w.), auch Zufchlag genannt; dann aud) |
zung ſelbſt. — Glasfluß ift eine fehr harte Glasmaſſe, die zur Nachı
Edeifteine auf mancherlei Weife gefärbt und gefchliffen wird, Es weri
echten oder böhmischen Steine daraus gemadht.
Flußſpath, ein Mineral, welches in Oktaedern und Würfe
firt, derb und eingefprengt vorkommt. Es ift weiß, grau, blau, arlı
roth von Farbe, glasglänzend, durchfichtig, bis an den Kanten durdhich:
Bruch kryſtalliniſch blättrig und uneben. Als Pulver auf heißem Eifen!
phorescirend. Sehr verbreitet auf Gängen und Lagern, als Begleiter
ner wichtiger Metallgebitde. Man gebraucht den $. beim Schmelzen v
Kupfer: und Eiienerzen, beim Probiren der Eifenfteine als Flufmitte
Schlag; bei der Glas: und Porzellanfabrication ; zur Anfertigung von Ba
ren, Säulen, Bechern u. ſ. w. (befonders in der engl. Grafſchaft Der
Flußgebiet Fo 165
on Minerale eigenthuͤmliche Säure, die Flußſaͤure, wird zum Ätzen des Gla⸗
ws angewendet.
Flußgeblet, der Inbegriff aller Quellen, Bäche, Fluͤſſe, die ihre Ge:
ind Meer oder in einen größern Fluß ausftrömen. Daſſelbe beträgt bei gro⸗
Bea Slüffen oft mehre taufend Quadratmeilen. Zumeilen liegen die Quellen ver⸗
Werner Flußgebiete nahe bei einander, wie auf dem Fichtelberge die Quellen des
Nans, der Nab, der Eger und der Saale, wovon die erſte zum Rheingebiete,
be zeritz zum Donaugebiete, die legten zum Eibgebiete gehören.
Klülfigfeir GSluiditaͤt), beffer Zropfbarkeit, der zwifchen dem Zuſtande
Wwgrftigkeit und Luftfoͤrmigkeit in der Mitte liegende Zuftand eines Körpers, worin
War Theile zwar noch als ein einziger, ununterbrochen zufammenhängender Körper
Mkizen, ſich aber leicht trennen und wieder vereinigen laffen. An allen fluͤſſigen
Is bemerten wir, daß fich ihre Theile faft ohne merklichen Widerftand trennen
A daß fie die Geſtalt des Gefaͤßes annehmen, worin fie fich befinden, daß bie
Spam ihrer Theile nicht durch die Sinne wahrnehmen iſt, daß fie fich in Tropfen
aramder hängen, und daß fie im Stande der völligen Ruhe eine ebene und wag⸗
u Oberfläche annehmen. Auch den Körper felbft, der unter diefer Korm er:
Hear, nennt man Fluͤſſigkeit, richtiger Stuidum. Der Wärmeftoff ift eine
aller Fluͤſſigkeit der Körper.
Ist, f. Ebbe.
lonz, Flinz, ein Göge der alten Deutfchen, welcher nach Einigen den
aa Ändern die Zeit vorftellte, und bald als ein Greis, der in der rechten
eine Fackel oder einen brennenden Stab hält, und auf der Schulter einen ſte⸗
haben Lrzen trägt, bald als ein menſchliches Berippe in ein leichtes Gewand ges
V eat den nämlichen Attributen, bald als ein gekrönter, Eurzer, dicker Dann,
Walcırm Throne figt und eine Fackel hält, audy mit Eurzen Süßen, welche un
Kauen haben, abgebildet wird.
ze, Foe, Fohi, der Name des in China göttlich verehrten Stifter einer
Aeligion, welche im erften Jahrh. unferer Zeitrechnung dafelbft eingeführt
wu Die Veranlaſſung dazu wird auf folgende Weife erzaͤhlt. Der Kaifer
AXV., aus der Donaftie Han, erinnerte ſich des Ausipruche des Confu⸗
: „3 Abend findet man den wahren Heiligen‘, und fandte Daher zwei Große
u ri, den Zfay und Zfin-fing, nad) jenen Gegenden, mit dem Befehle, nicht
de geadiutehren, ald bis fie den Heiligen gefunden und fein Geſetz gelernt haͤt⸗
w Sie drachten aus Indien die Lehre des Ko mit. Diefer war, wie die Beken⸗
We fine dehre erzählen, um 1027 vor Chr. in Kaſchmir geboren. Sein Vater,
Rezuen In⸗fan⸗wang, war König diefes Landes, feine Mutter hieß Moye.
Er gha ihn durch die rechte Seite des Leibes, und ftarb nach der Geburt. Bei
wilden ſollen Die Sterne verfinftert und neun Drachen vom Himmel geftiegen fein.
Anfangs der Schwangerſchaft träumte feiner Mutter, fie habe einen weißen
‘ verſchluckt, woher fich die Berehrung diefer Thiere in Indien fchreiben
M Rh andern Berichten foll die Mutter des Fo von der Erfcheinung eines
empfingen haben. Im Augenblid, ald er auf die Welt gekommen mar,
aber ſogleich aufrecht auf den Füßen, dann that er fieben Schritte vorwärts,
Pie mit der einen Dand gen Himmel, und mit der andern auf die Erde, und ſprach
dentichen Worten alfo: „Es ift Niemand außer mir, weder im Himmel nod)
Erden, der Anbetung würdig”. Damals hieß er Schestin oder Schaka. Als
M Jeht alt war, heirathete er drei Weiber und zeugte einen Sohn; aber in ſei⸗
19.3. verließ ex die Seinigen, und zog mit vier Weifen in die Wuͤſte. In
Ze 30. 3. wurde er plöglich von der Gottheit erfüllt, und zu einem Fo oder goͤtt⸗
Beim gemacht. Durch Wunder beftätigte er feine Lehre; eine unglaubliche
Imakt von Schlerz berfammclte [ih um ihn und verbreitete fein Sefeß ducc den
166 Fo
Orient. Sie und die Prieſter dieſer Religion heißen in China Seng, in der Tat
rei Lamas, in Siam Talapoinen, und bei den Europaͤern Bonzen. Als der gro
Fo im 79. 5. feined Lebens fein Ende nahe fühlte, "erklärte er feinen Schülern
„daß er bisher nur in räthfelhaften und bildlichen Nedensarten zu ihnen gefproch
habe, daß er ihnen aber jest, ba er von ihnen fcheide, dad Geheimniß feiner Leh
entdecken wolle.” „Wiſſet“, fuhr er fort, „daß kein andres Grundweſen aller Din
ift, als das Leere und das Nichts, daß daraus alle Dinge hervorgebracht werd
dahin wieder zurückkehren und darin alle unfere Hoffnungen ſich endigen”. Die
legte Ausſpruch des Fo theilte feine Schüler in drei Secten. Einige ftifteten, bei
ſelben gemäß, eine atheiftifche Secte, die Meiften blieben den frühern Lehren tre
noch Andre endlich unterfchieden eine Öffentliche und geheime Lehre, und bemüht
ſich, beidein Harmonie zu bringen. Diefe öffentliche Zehre des Ko enthält I
Moral, Sie unterfcheidet dad Gute und Böfe; wer Gutes im Leben gethan h
wird nach dem Tode belohnt, wer aber Boͤſes gethan hat, wird beftraft; fuͤr beid
lei Seelen, heißt es, feien gewiſſe Piäge, und darin jeder nach ihren Verdienſt
eine Stelle beftimmt ; der Gott $o fei geboren, die Menfchen zu retten, und |
vom Wege der Seligkeit Berirrten dahin zuruͤckzufuͤhren; er habe ihre Sünden &
gebuͤßt und ihnen eine felige Wiedergeburt in der andern Welt erworben. Nur bi
fünf Gebote habe er ihnen gegeben: Erin lebendiges Geſchoͤpf zu töbten ; kein freu
des Gut an fich zu bringen; Unreinigkeit und Unkeufchheit zu vermeiden; nicht |
luͤgen und Eeinen Wein zu trinken. Insbeſondere dringen fie auf die Ausuͤbr
gevoiffer Werke der Barmherzigkeit, empfehlen die Sreigebigkeit gegen fie, die Pi
fir. Man fol ihnen Klöfter und Tempel bauen, damit fie durch ihre Gebete m
Bußuͤbungen Andıe von der Strafe befreien, der fie außerdem unterworfen fr
Sie erklaͤren, daß, wer ihre Gebote verabfäume, nad) dem Tode die grauſamf
Martern zu erwarten habe, und daß feine Seele in einer langen Wanderſchaft fe
in die Körper der geringften und unteinften Tiere fahren werde. Die Hauptgra
fäge der geheimen Lehre, in welche nur Wenige eingemeiht find, beftehen in folg
den. Der Grund und Zweck aller Dinge ift der leere Naum und das Nichte. ”
Nichts entftanden die Stammältern bed Menſchengeſchlechts, und in diefed Ni
find fie zuruͤckkgekehrt. Der leere Raum ift Dasjenige, was unfer Wefen ausma
Aus dem Nichts und aus der Vermifchung der Elemente iſt alled Vorhandene e
flanden, und Alles muß dahin zuruͤckkehren. Alle Wefen, beiebte und unbeld
find nur in Geſtalt und Eigenfchaften verfchieden ; fie machen fämmtlidy nur ı
Ganzes aus, und find von ihrem Grundweſen nicht unterfchleden. Dieſes Graz
weſen ift rein, von aller Veränderung frei, höchft zart und einfach, und um fels
Einfachheit willen die Vollkommenheit aller andern Weſen. Es iſt hoͤchſt volfke
men und dabei in einer beftändigen Ruhe, ohne Tugend, Macht, noch Verſtand
haben; ja mas noch mehr ift, fein Werfen befteht eben darin, daß es ohne Werflar
ohne Wirkfamkeit und ohne Verlangen oder Begierde if. Wer gluͤcklich leben m
muß unaufhörlich feine Gedanken und Überlegung anftrengen, fich felbft befiegen x
jenem Grundwefen gleich werden. Zudem Ende muß man fich gewöhnen, nie
zu thun, nicht zu wünfdyen, nichts zu empfinden und nichts zu denken. N
Klaproth war fein Grundfag: Strebe Dich felbit zu vernichten , denn ſowie bu o
börft, etwas für dich zu fein, fo wirft du mit Gott eins und kehrſt in feine Me
beit zuruͤck. Die öffentliche Ehre des Fo, welche Volksreligion wurde, heißt m
dien die bramaniſche. Sie ift durch Hindoftan, Tibet und die Tatarei verbrd
jedoch mit manchen Anderungen. Die übrigen Anhänger des Fo folgten der ©
vom Nichts und dem Leeren. Doch vereinigen fich alle in den Kehren von ber €
lenwanderung. Wenn, nach denfelben, eine Seele zum erften Mal auf Erben
fheint und den Körper eines Menfchen belebt, fo bewohnt fie den Körper eine R
manen. Mad) feinem Tode wandert fie, nad) Maßgabe feiner guten ober bi
Focus Foͤderativſyſtem 167
agen, in Menſchen oder Thiere, bis fie in bie Claſſe der Samanaͤer tritt,
gt in dem Leibe eines vollkommenen Samanders erſcheint. Kin ſolcher hat
br Fehler auszufühnen ; fie find in den vorherigen Wanderungen ſchon abs
ner braucht nicht mehr die Götter zu verehren, die nur Diener des hoͤchſten
3er Welt find, Frei von Leidenfchaften, und Eeiner Unreinigkeit mehr fühig,
nur, um wieder in die einige Gottheit zuruͤckzukehren, von ber feine Seele ein
ift. Diefes Höchfte Wefen, der Urftoff aller Dinge, ift von Ewigkeit her unfichte
igreiflich, allmichtig, gütig, gerecht, barmherzig, und hat feinen Urfprung von
1. Es kann durch eine Abbildung dargeftellt werden ; man kann es nicht anbes
es über alle Anbetung erhaben ift ; aber feine Eigenfchaften kann man abbils
ydiefe verchren und anbeten. Hier füngt der Bilderdienft der indifchen Völker
er die Menge der Schugyötter in China. Jedes Element, die Veränderung des
1, dir Lufterfcheinungen, felbft jeder Stand und jedes Gewerbe hat feinen eigs
kutsott, Alle Feuer⸗ Waſſer⸗, Soldatengötter u. f. w. der Chinefen find aber
mhme Beamte des höchften Gottes Sony Wang: Mau, der von feinem Sitze
edetſien Dimmelögegend in müßiger Ruhe auf das Treiben der Menfchheit
a. Jeder Chinefe bildet feinen Schugyott in Holz oder Stein, und verrich«
tiefem Bilde dreimal des Tages feine Verehrung. Der Samander aber,
indiger Betrachtung und Nachdenken über diefen großen Gott verloren, fucht
betöft zu vernichten, um wieder in den Schoß der Gottheit zuruͤckzukehren
beribe zu verlieren, die alle Dinge aus dem Nichts gezogen hat, und felbft
Leperliches iſt. Als diefer reine Geift die Materie erfchaffen wollte, nahm
Bene materielle Form an, und fonderte die in ihm vereinigten männlichen
Aicm Kräfte. Durch die MWicdervereinigung derfelben wurde die Schoͤ⸗
a Weltalls möglich. Derkingam(f. Indiſche Mythologie) ift
bel diefer erften Handlung der Gottheit. Durch fie wurden Brama,
mad Iswara hervorgebracht, welche nicht ſowol Götter, ald Eigenfchaften
Shure der Gottheit find.
sus, f. Brennpunkt im Art. Brennglas.
iderativſyſtem, Staatenbund, und Foͤderativſtaat, Bun⸗
‚find verſchiedene, oft nicht ſcharf genug beſtimmte Begriffe. Bet jenem
md das Mittel, durch welches ſich mehre Staaten frei und auf immer recht⸗
nigen, ſedaß fie in Anfehung des Bundeszwecks, einzeln genommen,
‚unabhingig zu fein; bei diefem ift der Staat, d. 1. die Sicherheit aller
6 Vereins unter einer höchften Gewalt, der Zweck, für welchen der
ten errichtet iſt. Hierin liegt ed, warum jenes Syſtem feiner Natur
freiheit oft unterdrücken muß, indem, was an fi Mittel für Alle fein foll,
on bloß als Mittel für fich berechnet wird; diefe Staatsform dahingegen
it Aller im Ganzen ſichert. In dem Foͤderativſyſtem namlid) ift es dem
a Mitglieds, darum, weil es [hen vor Errichtung bes Bundes volle Selb⸗
:befaß, unangenehm, in die Kategorie eines Mittels für Andre zu treten.
aber fsine unabhängige Stellung behaupten, und die ſchwaͤchern Mitglies
endes, ja den Bund felbft, als Mittel für feine Zwecke in die politifchen
agen feiner Verhaͤltniſſe hineinziehen. Hieraus entftcht nothiwendig eine
it, jede Ungleichheit aber ift der politifchen Freiheit nachtheilig. Indeß
ich auch Die ſchwaͤchern Mitglieder, ihr befonderes Intereffe dem allgemei⸗
uſchzen. Als Staaten für fid) wollen fie unabhängige, moralifhe Perſo⸗
Yen, und vergeffen, daß fie, indem fie ſich einem politifchen Bunde für
ſchloſſen, in Anſehung mehrer Rechte, die mit ihrer Eelbftändigfeit we:
ianmmenhaͤngen, einen höhern Willen über ſich gefert haben, entweder
sfammtheit, oder den der Mehrheit. Dieſe im Brariffe des Foͤderativſy⸗
ende politifche Beſchraͤnkung der jedem einzelnen Staate zutommenden
|
168 Foͤderativſyſtem
vollen Unabhaͤngigkelt iſt der Souverainetaͤt allemal laͤſtig, daher erfährt der Bu
deswille oft von Selten der unbebeutenden Bundesglieder Hemmung von mandyı
kei Art. Doch gibt e8 auch Foͤderativſyſteme, in welchen alle Staaten, einer mef
bee andre weniger, Einem aus ihrer Mitte — entroeder ausbridtich oder FÜ
ſchweigend — fi) unterworfen haben; In dem Foͤderativſtaate hingegen gehor-
jeder Theil, Einer wie der Andre, Allen, als Einheit gedacht. Hier alfo gehor
Jeder ſich felbft; dort folgt der Schwächere dem Zuge nad dem Mittelpunkte
Macht; ; hier befigt die Gefammtheit, dort erlangt gewöhnlich, der Michtigfte
Höchfte Bundesgewalt, zwar, der Korm nach, unter einfchränfenden Bedingung
bie aber zu wenig Feſtigkeit haben, als daß fie dem Einfluffe der Machtüberlegenil
ſteuern koͤnnten. Cine folcye füderative Beſchraͤnkung kam einem Stante a
bann nöthig und nüglich fein, wenn er feine innere Unabhängigkeit, d. h. die Se
fländigkeit in der Landespolizei, Gefeg und Finanzverwaltung, nicht anderds
fihern weiß als durch freiwillige Aufopferung feiner äußern, d. h. des felbftänbk
Rechts, über feine politifchen Verhältniffe zu andern Staaten aus.eigner Ma
volltommenheit zu verfügen. Gewöhnlich treten mehre Staaten in einen Ba
zuſammen, wenn das gegenfeitige Beduͤrfniß, Schwäche und die gefahrvolle E
der Einzelnen, die drohende Nachbarfchaft eines Mächtigen u. f. w. fie dazu ee;
Sind fie als einzelne Volksſtaͤmme in Urfprung, Sprache und Sitten einander
lich, fo haben Alte ein gleiches fortdauerndes Veduͤrfniß, ſich zu einem Fer
ftaate zu vereinigen. Ein Foͤderativſyſtem hingegen entftcht aus verfchiebenartigg
oft zufäiligen, oft wechfelnden Nüdfichten und Beduͤrfniſſen. Der Maͤchtige
fidy mit einer Reihe Mittelftanten zu umguͤrten; der Mindermächtige will
den Stärfern anlehnen, um durch denfelben noch etwas zu bedeuten oder zu gi
nen ; den Schwachen treibt Furcht oder Zwang in den bedenklichen Bund biz
Zwar kommt auch hier Alles auf die Bundesform an, wie namlich der Zweck dew
Bern Unabhängigkeit Aller mittelft des Bundes, unbeſchadet ber innern Seltfiäe
keit eines Jeden, erreicht werden fol. Allein e8 folgt ſchon aus der verfchiedens
gen Entftehung des Foͤderativſyſtems, daß die Form deffelben gewoͤhnlich w
flimmt und in wefentlichen Stuͤcken mangelhaft bleibt, dahingegen fie in denn
derativſtaate ein feſtes, auf dem Grunbfage der Gleichheit und Freiheit aller Sta
theile ruhendes Regierungsprincip hat. Wenn, wie bie Erfahrung lehrt, ein &
tenbund, dergleichen der Rheinbund fein folite, oft keinen Bundestag, noch wen
eine Bunbesgefeggebung und Bundesregierung hat, fo find in den Bunbesftaate
durch gemeinfchaftliche Übereinkunft feftgefegt. Dort entfcheidet in der Reg
Michtige, als der erfte Stifter des Bundes, und die Leitung des Geſammtzu
ſchwankt nach Zeit und Umſtaͤnden; die Vollziehung foll zwar von der Bundel
walt abhängen; oft ift aber diefe gar nicht vorhanden, oder beflcht nur in dem
fluffe des vorfichenden oder des mädhtigften Bundesgliedes. Hier Hingegen ı
fcheidet die Stimmenmehrheit, und ihr Beſchluß wird gefegmäßig im Namen I
vollzogen. Nach der Gefchichte begeben ſich die Heinern Staaten lieber in ein di
rativſyſtem als in einen Föderativftaat, weil dort jeder noch immer einen Staat
fi) vorzuftellen glaubt, was er hier nicht mehr if. Aber jene Souverainetät, wi
die Mitglieder eines Staatenbundes zu retten glauben, ift nichts als Selbfttäufcht
Denn, wie ſchon gefagt worden ift, die kleinern fouverainen Höfe bleiben dem
abhängig von der Politik eines Mächtigen. Im Bundesftaate dagegen ift fr
fein einzelnes Glied fouverain; aber jeder iſt frei und ftolz mit und in dem Gar
nach dem politischen Siunmorte der Holländer: Eintracht macht Macht.
Die ältere Geſchichte beſtaͤtigt dieſe Bemerkungen wie die neuere. Die,
chiſchen Voͤlkerſtaͤmme und Staaten bildeten zufammen einen Staatenbund,
diefem herrſchte der Midhtige, oft mit Härte die Schwaͤchern unterdrüdend.
entftond anfangs das Principst der Athender ; hierauf folgte die DHegemonk
Foͤderativſyſtem | 169
'; zuletzt ſtellte ſich der Macebonier Philipp an bie Spitze des griechifchen
mdes. Alte heilfehende Staatemänner Griechenlands erkannten in dem
often den Geift der Unterdrüdung. Späterhin wollte der achdifche Bund
innigere Verbindung der Einzelnen zu einem Ganzen das Vaterland ret⸗
ie einzelnen Staaten waren auf ihre volle Selbftändigkeit zu eiferfüchtig,
fih Einen gemeinfchaftlichen Strategen hätten gleichmäßig unterwerfen
[mehr ſtellte der Atolifche Bund dem achaͤiſchen ein Foͤderativſyſtem entges
traten die Römer zwiſchen Beide, vorgeblich als Beſchuͤtzer des Foͤdera⸗
und leiteten die Politik deffelben fo Lange, bis mit ihm alle Selbſtaͤndig⸗
enlands verfchwand, und Rom die einzige herrfchende Macht blieb. Dafs
über der Fall bei den Städten des lateinifchen Bundes gewefen. Ans
Rom in die Mitte des Foͤderativſyſtems, bald darauf an die Spige, end⸗
die Herrſcherin. Eben fo Carthago in Anfehung der Sreiftaaten Norbs
ne [hon vorher Tyrus das Haupt der phönizifchen Städte geworben war.
müches Schickſal hatte Deutfchland. Anfangs traten mehre Völker
Bündniffe zufammen, einem tapfern Heerführer zu großen Unterneh>
igend; aber fie vereinigten ſich in feinen Bundesſtaat; daher zerriffen ins
Ränge der Völkertvanderung der Suevens, der Franken⸗, der Markoman⸗
Ulemannenbund u.a, m. Hermann und Marbod, die im 1. Jahrh. an
weier großen Bölkerbünde ftanden, wurden die Opfer des germanifchen
fühle, weil ſolche Heerführer in einem Föderativfpftem allemal entweder
‚ ober gefährlich fein mußten. In der Folge, feit Ludwig des Deutfchen
de zwar Deutfchland eine eingefchränkte Monarchie; aber bald erwuchs
hnweſen dad Streben der Bafallen nach Selbftändigkeit. Diefe ward
Kb unter dem Namen Landeshoheit zu Theil. Hätten fie jegt nur um fo
Bundesftaateform gegründet! Allein unglädlicher Weife fegte der weſt⸗
ide Alles in eine Wortoeſtimmung, ohne Rüdficht auf das Weſen der
Eonft hätte er nicht, indem er die Kandeshoheit unter Kaifer und Reich
Inur das Ganze ul einen Staat anerkannte, den einzelnen Landesherren
das freie Recht gegeben, unter fi) und mit Auswärtigen zu ihrer Si
mtniffe zu fchließen ; alfo aud) das Recht des Kriegs und Friedens, mits
Selbſtaͤndigkeit, und zwar um ihrer Sicherheit willen! Diefe Eonnte fos
eich ihnen nicht geben. Aber eben darum Eonnte das Reich nicht ſchuͤtzen,
An jenes Recht der dußern Unabhängigkeit behaupteten, mwodurd das
dere, ein Bundesftaat zu fein. Der Zufag: „jedoch fo, daß nichts ges
id, womit Seder dem Kaifer und Reid) verpflichtet ift, gefchebr”, war
‚weil Kaijer und Reich ohnehin nichts galten, fobald der einzelne Reiche:
Buͤndniſſe mit Auswärtigen feine Sicherheit befeftigen durfte. Durch
erſpruch löfte ſich das Neid) deutfcher Nationen der That nad in ein Foͤ⸗
mauf, dad nur dem Namen nad) einen Föderativftaut vorftellte. Die
prachen daher im presburger Frieden von einer confederation germani-
dieſem Foͤderativſyſtem enrfchieden feit 1648 Oſtreich, Schweden und
bie Friedrich Wilhelm der Große Schweden, und Friedrich II. Frank⸗
ngte. Nun ftanden ſtreich und Preußen als die bewegenden Kräfte
m Staatenbundes da. Friedrich I. und Sofeph IE, begriffen daher
eine für eine eingefchräntte Monarchie entworfene Stantsform nicht
n Foͤderativſoſtem paffe. Darum wollte $riedrich II. die Fortdauer feis
chic Durch die Kortdauer bed deutfchen Foͤderativſyſtems fichern, fich ſelbſt
mluß auf das legtere durch cine paflendere Form für daffelbe, durch den
ürftenbund, bewahren. Joſeph II. Hingegen wollte durch Zaufchents
richs Übergewicht dauerhaft flügen. Unterdeffen neigte fid) Eure
Brichgewichtefpfiem, welches mebte Allianzen veranlaßte, zu cinem 9
168 Foͤderativſyſtem
vollen Unabhaͤngigkelt iſt der Souverainetaͤt allemal laͤſtig, daher erfährt der‘
deswille oft von Seiten der unbedeutenden Bundesglieder Hemmung von maı
kei Art. Doch gibt e8 auch Föderativfpfteme, in welchen alle Staaten, einer ı
der andre weniger, Einem aus ihrer Mitte — entroeder ausdruͤcklich ober
ſchweigend — ſich unterworfen haben; In dem Foͤderativſtaate hingegen gel
jeder Theil, Einer wie der Andre, Allen, als Einheit gedacht. Hier alfo gel
Jeder ſich felbft; dort folgt dee Schwaͤchere dem Zuge nach dem Mittelpunf
Macht; ; hier befigt die Gefammtheit, dort erlangt gewoͤhnlich der Mächtigf
hoͤchſte Bundesgewalt, zwar, der Form nach, unter einfchränkenden Bedingu
die aber zu wenig Feſtigkeit haben, als daß ſie dem Einfluſſe der Machtuͤberleg
ſteuern koͤnnten. ine ſolche foͤderative Beſchraͤnkung kann einem Staat
dann noͤthig ynd nuͤtzlich fein, wenn er feine innere Unabhängigkeit, d. h. die
ſtaͤndigkeit in der Landespolizei, Geſetz⸗ und Finanzverwaltung, nicht ande
fichern weiß als durch freiwillige Aufopferung feiner äußern, d. h. des felbftär
Rechts, über feine politifchen Verhättniffe zu andern Staaten aus eigner V
volltommenheit zu verfügen. Gewoͤhnlich treten mehre Staaten in einen !
zuſammen, wenn das gegenfeitige Bebürfniß, Schwäche und die gefahrvoll
der Einzelnen, die drohende Nachbarfchaft eines Mächtigen u. f. vo. fie dazu ni
Sind fie als einzelne Volksftämme in Urfprung, Sprache und Sitten einande
ich, fo haben Alte ein gleiches fortdauerndes Veduͤrfniß, ſich zu einem Foͤde
ſtaate zu vereinigen. Ein Foͤderativſyſtem hingegen entfteht aus verfdyiedenat
oft zufälligen, oft wechfelnden Nädfichten und Bedürfniffen. Der Mäcıtigı
fidy mit einer Reihe Mittelftanten zu umgürten; der Mindermächtige will fi
den Stärkern anlehnen, um durch denfelben noch etwas zu bedeuten oder zug
nen; den Schwachen treibt Furcht oder Zwang in den bedenklihen Bunb I
Zwar fommt auch hier Alles auf die Bundesform an, wie naͤmlich der Zwedi t
ern Unabhängigkeit Aller mittelft des Bundes, unbefchadet der innern Selbſt
keit eines Jeden, erreicht werben fol. Allein es folgt ſchon aus der verfchied
gen Entſtehung des Foͤderativſyſtems, daß die Form deffelben gewoͤhnlich
ftimmt und in wefentfichen Stuͤcken mangelhaft bleibt, dahingegen fie in de
derativftaate ein feftes, auf dem Grundſatze der Gleichheit und Freiheit aller ©
theile ruhendes Negierungsprincip hat. Wenn, wie die Erfahrung lehrt, ein
tembund, dergleichen der Rheinbund fein folite, oft Beinen Bundestag, noch v
eine Bundesgefeggebung und Bundesregierung hat, fo find in dem Bundesſtaal
durch gemeinfchaftliche Übereinkunft feftgefegt. Dort entfcheidet in der Re
Mächtige, als der erfte Stifter des Bundes, und die Leitung bed Gefamm!
fhwanft nad) Zeit und Umftänden ; die Vollziehung foll zwar von der Bun
malt abhängen; oft ift aber diefe gar nicht vorhanden, oder befteht nur in der
fluffe des vorfichenden oder des maͤchtigſten Bundesgliedes. Hier Hingeg:
ſcheidet die Stimmenmehrheit, und ihr Befchluß wird gefegmäßig im Namı
vollzogen. Mad) der Gefchichte begeben ſich die Eleinern Staaten lieber in ein
rativfpftem als in einen Foͤderativſtaat, weil dort jeder noch immer einen St
ſich vorzuftellen glaubt, was er hier nicht mehr ift. Aber jene Souverainetaͤt,
bie Mitglieder einesStantenbundes zu retten glauben, ift nichts als Selbfttäu
Denn, wie fchon gefagt worden ift, die Beinen fouverainen Höfe bleiben 1
abhängig von der Politik eines Mächtigen. Im Bundesftaate dagegen ift
fein einzelnes Glied fouverain; aber jeder IfE frei und ſtolz mit und in dem €
nach dem politifchen Siunworte der Holländer: Eintracht macht Macht.
Die ältere Geſchichte beftätigt diefe Bemerkungen wie die neuere. T
chiſchen Voͤlkerſtaͤmme und Staaten bildeten zufammen einen Staatenbun!
diefem herrfchte der Mächtige, oft mit Härte die Schwächern unterrüdent
entftand anfangs das Principst der Athenaͤer; hierauf folgte die Hegeme
Foͤderatlvſyſtem | 169
; zuletzt ſtellte fich der Macebonier Philipp an ble Spige bes griechifchen
ndes. Alte hellfehende Staatsmaͤnner Griechenlands erkannten in dem
ftem den Geift der Unterdrüdung. Späterhin wollte der acydifche Bund
nnigere Verbindung ber Einzelnen zu einem Ganzen das Vaterland ret⸗
ie einzelnen Staaten waren auf ihre volle Selbftänbigkeit zu eiferfüchtig,
ih Einem gemeinfchaftlichen Strategen hätten gleichmäßig unterwerfen
mehr ftellte der ätolifche Bund dem achaͤiſchen ein Foͤderativſyſtem entges
traten die Römer zwifchen Beide, vorgeblich als Beſchuͤtzer des Foͤdera⸗
und leiteten die Politi deffelben fo lange, bis mit ihm alle Selbftändigs
nlands verfchwanb, und Rom die einzige herrfchende Macht blieb. Dafs
uͤher der Fall bei den Städten des Iateinifchen Bundes geweſen. Ans
Rom in die Mitte des Foͤderativſyſtems, bald darauf an die Spige, end⸗
bie Derrfcherin. Eben fo Garthago in Anfehung der Freiſtaaten Norbs
ie fhon vorher Tyrus das Haupt der phönizifchen Städte geworben war,
aliches Schickſal hatte Deutfchland. Anfangs traten mehre Völker
Bimtniffe zufammen, einem tapfeın Heerführer zu großen Unternehs
amd; aber fie vereinigten fich in Beinen Bundesftaat; daher zerriffen ins
tänge der Volkerwanderung der Sueven⸗, der Franken⸗, der Markoman⸗
Memannenbund u.a.m. Hermann und Marbod, bie im 1. Jahrh. an
meler großen Bölkerbünde ftanden, wurden die Opfer des germanifchen
fühle, weil ſolche Heerführer in einem Foͤderativſyſtem allemal entweder
oder gefährlich fein mußten. In der Folge, feit Ludwig des Deutfchen
rzwar Deutfchland eine eingefchränfte Monarchie; aber bald erwuchs
haweſen das Streben der Bafallen nach Selbftändigkeit. Diefe warb
hunter dem Namen Landeshoheit zu Theil. Hätten fie jegt nur um fo
ndesftaatsform gegründet! Allein ungluͤcklicher Weife fegte der weit
de Alles in eine MWortoeflimmung, ohne Rüdfiht auf das MWefen der
Eonft hätte er nicht, indem er die Landeshoheit unter Kaifer und Reich
nur das Ganze als einen Staat anerkannte, den einzelnen Landesherren
das freie Recht gegeben, unter fi und mit Auswärtigen zu ihrer Si⸗
ndniffe zu fchließen ; alfo aud) das Recht des Kriegs und Friedens, mit-
Selbſtaͤndigkeit, und zwar um ihrer Sicherheit willen! Diefe Eonnte fos
sich ihnen nicht geben. Aber eben darum konnte das Reich nicht ſchuͤtzen,
Am jenes Recht der äußern Unabhängigkeit behaupteten, wodurch das
ste, ein Bundesſtaat zu fein. Der Zufag: „ieboch fo, daß nicht ges
d, womit Seder dem Kaifer und Heid) verpflichtet iſt, geſchehe“, war
weil Kaijer und Reich ohnehin nichts galten, fobald der einzelne Reiches
Bündniffe mit Auswärtigen feine Sicherheit befeftigen durfte. Durch
rſpruch Löfte ſich das Reich deutfcher Nationen der That nach in ein Foͤ⸗
nauf, das nur dem Namen nad) einen Foͤderativſtaat vorftellte. Die
pradyen daher im preöburger Sricden von einer confederation germani-
siefem Köderativfpftem enrfchieden feit 1648 Oftreich, Schweden und
bie Friedrich Wilhelm der Große Schweden, und Friedrich II. Frank⸗
ıgte. Nun landen Öftreidy und Preußen als die bewegenden Kräfte
m Stsatenbundes du. Friedrich II. und Sofeph II. begriffen daher
eine für eine eingefchräntte Monarchie entworfene Stantsform nicht
ı Soderatiofnftem paffe. Darum wollte Friedrich IL. die Fortdauer ſei⸗
hie durch die Fortdauer des deutfchen Föderativfpftems fichern, ſich felbft
muß auftas legtere durch cine paflendere Form für daffelbe, durch den
ürftenbund, bewahren. Sofeph II. hingegen wollte durch Tauſchent⸗
æichs Übergewicht dauerhaft ftügen. Unterdeſſen neigte fid) Europa
Hteichgewichtöfpftem, welches mehre Allianzen veranlaßte, zu cinem Gr:
170 | Foͤderativſyſtem
melnweſen hin, das aus Confoͤderationen beſtand. Jene Allianzen unterfi
ſich von einem Foͤderativſyſtem dadurch, daß fie zu einem beſtimmten Ze:
Politik eingegangen, durch die Erreichung oder Dauer diefes Zweckes bebine
unter gegenfeitigen Leiftungen, bei der vollkommenſten Gleichheit aller Theiln
ohne eine oberfte Leitungsmacht, gefchloffen, und oft einfeitig, felbft gegen d
flimmung des Vertrags wieder aufgehoben wurden. Der natürliche Gegenfe
fhen Großbritannien und Frankreich bildete diefe Allianzpolitit immer meh
Da aber Allianzen Eeinen feften Beftand haben, fo fiel die revolutionnaice $
Napoleons auf das Gontinentalfpftem, durch welches er das britifche Continen
ſtem vernichten wollte, Zu Elug, um eine Univerfalmonarchie für möglich zu I
wählte er das Foͤderativſyſtem als ein Erfagmittel, um Frankreic) zumiEentral;
der politifchen Kräfte des feften Landes, und dadurch über England zu erheben.
zeigten fich alle Erfcheinungen, welche aus der Natur eines Foͤderativſyſtemi
wir oben bargethan haben, nothmendig erfolgen müffen. Der franz. Kaifer td
jeden einzelnen Staat mit dem Worte Souverainetät, die er in die volle Inner
Staatsgemwalt deffelben feste, indem er deffen dußere: Krieg, Friede, Buͤnl
Handel, dem Staatszwecke Frankreichs unterordnnete. Aber auch jene innere!
ftändigkeit konnte nichts Andres als ein Blendwerk fein, da fic) das Hanbeid
Finanzſyſtem jeded Verbündeten zufegt doch, wenigſtens mittelbar, nad) Rapg
Kriegsſyſtem, oder nach feiner Staatskunft fügen mußte, und die franz. Va
tungsformen mehr oder weniger in den Staaten der Bundesgenoffen Eingang
den. Diefe felbft hingen unter fidy nicht zufammen; denn Napoleon Eettete‘
Staat aufverfchiedene Weife an fein Syſtem: die einen enger, rote die Fa
flaaten; die andern, dem Anfcheine nach, weniger enge, wie die Rhein
welche er mit dem Worte Bund bloß hinhielt, damit fie glauben follten, ſieh
an der Einheit nichts verloren, an Sicherheit aber nur gewonnen, indem fi
von Öitreich weg unter Frankreichs oberfte Leitung begaben. Noch andre be
er ganz militairifcy=politifch, rote die Schweiz, Warfchau und Danzig, oder m
fie unmittelbar von feiner Willkür abhängig, mie Syrien und die ionifchen J
Die übrigen Maͤchte hielt er als Bundesglieder unter dem Namen von AU
feft; fie mußten fein Gontinentalfpftem annehmen, und dadurd) fi an fein:
rativſyſtem anfchließen, oder fie hatten von ihm Krieg und Unterjocdyung zu |
ten. Vorgeblich war der natürliche Zweck jeder politifhen Verbindung aut
Zweck diefes Syſtems: Sicherheit und Schutz; aber nur Furcht oder Zi
dann auch die Hoffnung, an Macht zu gewinnen, fchloffen jenen Verein,
welchen zulegt Keiner gewann ald Frankreich. Übrigens hatte in Napoleon
derativſyſtem Fein Staat eine politifche Stimme; ber Rheinbund insbefondere
eine Bundesform, Eeine Vertreter und Eeine richterliche Behörde. Hatten Hi
fucht und Vergrößerungstrieb diefes Syſtem hervorgebracht, fo bildeten ba
gemeinfchaftlicher MWiderftand und Volkskraft den Bund der europäifchen H
möchte, in welchem die Formen einer durch Erreihung und Sicherftellun
Zwecks bedingten Allianz oder Coalition wieder auflebten, jedoch fo, daß die H
maͤchte die Leitung der Streitkräfte der hinzutretenden Mächte vom zweite
dritten Nange fich vorbehielten., (S. Chaumont, Vertrag von.) Als
hierauf die deutfchen Staaten durch ein Foderativfnftiem wieder vereinigte, fo!
man die Souverainetät der Einzelnen durd) eine Bundesform (in der Acte bei
ner Gongreffes, Art. 32 u. 43, die Köderativ:Conflitution De
lands genannt) ficher ftellen, in welcher der Grundfaß politifdyer Gleichheit nad
Muchtverhäftniffe obiwaltete. Der deutfche Bund ift daher kein Bundesſtaat,
dern ein Stuaten=, oder nach der Zufagacte vom 15. Mai 1820, ein Fürften
Dagegen waren die Vereinigten Niederlande ein Bundesſtaat (Union). S
Staaten, wo jedes Bundesglied im Innern feine Selbſtaͤndigkeit ausübt, im
Foe Folard 171
a Geſammtwillen bes Ganzen folgt, — dieſer werde nun monarchiſch
bucch Repraͤſentanten, mit oder ohne Directorialvorrechte Einzelner,
n und vollzogen, — gibt es gegenwärtig folgende: 1) die Vereinigten
Nordamerika; 2) die Union von Meriko ; 3) die Union von Mittels
die Union der Provinzen am Plata ; 5) die fünfhundertjährige Eids
tder Schweizer ; 6) Norwegen und Schweden unter einem Erbkoͤnige,
faffungen, unftreitig die freieften in Europa ; und in gewiſſer Hinficht
nd ſtreich, fowie 8) Polen und Rußland unter einem erblichen Me:
der de Foe (Daniel), ein fruchtbarer englifcher Schriftfteller, ber
Fleiſchers in London, geb. 1663, wurde in einer Schule der Diffenters,
tei Der Vater gehörte, mit Sorgfalt erzogen und bann zu einem Strumpfs
e Lehre gegeben. Jeden freien Yugenblid verwandte er auf die Kecture,
entlichee Blätter; der Parteigeift, den Jakobs II. unweiſe Regierung
regt haste, ergriff auch Foe, und in einem Alter von 21 Jahren trat
politifcher Echriftfteller auf. Später erregte feine Flugſchrift, „Der
nder”‘, in welcher er die Sache König Wilhelms IH. verfocht, fo viel
‚daß der König nach dem Verfaffer forfchte und ihn anſehnlich belohnte.
Het, in welchem er, unter der Regierung der Königin Anna, die biſchoͤf⸗
angeiff, und für deffen Verfafler er fich freimäthig bekannte, 309 ihm
des Parlaments die Strafe des Prangers, einer ſtarken Geldbuße und
ihrigen Gefängniffes zu. Während diefer Gefangenfchaft fchrieb er
i Verſen über allerlei Gegenſtaͤnde, vorzüglich fing er 1704 ein pes
Bert an, „Ihe review‘ an, welches er 1713 mit dem neun
endigte. Diefed Werk übertraf Alles, was bi dahin in diefer Art
ar, und foll Steele und Addiſon die Idee zum „„Spectator‘‘ gegeben
ıder Folge floffen aus Foe's fruchtbarer Feder fatyrifche Pamphlets,
wralifche Schriften, hiftorifche Werke, Romane u. dgl., die laͤngſt vers
Das Werk aber, das ihn auch außer feinem Vaterlande befannt ges
A: „Das Leben und die Begebenheiten Robinfon Erufoe’8”, die Liebs
der Sugend, deren fich auch wol das fpätere Alter noch mit Vergnuͤgen
Kor hatte ſich nicht ald Verfafler genannt, und daher murbe Steele eine
für gehalten. Als Foe 1719 feinen Robinfon vollendet hatte, fuchte
Leinen Verleger dazu ; endlich wagte ber Buchhändler W. Taylor die
ng, und gewann in Eurzer Zeit Damit taufend Pfund Sterling. Dies
tete Erfolg veranlaßte Foe, vier Monate fpäter, einen zweiten Theil des
erauſszugeben, der jedoch nicht fo viel Beifall fand. Ob er die Abens
Robinſon völlig erdichtet, oder die wahre Gefchichte eines englifchen
dabei zum Grunde gelegt, darlıber find die Urtheile verfchieden. (S.
n.) Foe ftarb zu London im April 1731.
Gaſton de), f. Safton.
ırd (Chevalier Charles de), Taktiker, geb. zu Avignon 1669, nahm
ihre Kriegsdienfte, und war Unterlieutenant im Regiment Berry, als
bed Feidzugs von 1688 in einem Freicorps auftrat. Dieſes Gefchäft
hr eine Schule des Krieges. Im Feldzuge von 1701 fand er neue Ges
sine Kenntniffe zu zeigen. Der Herzog von Vendome machte ihn zum
utanten, und überließ ihn nur ungern feinem Bruder, der in der Lom⸗
‚ligte. Folard entfprac, den von ihm gefaßten Erwartungen. In der
ın Saffeno, 1705, ward er geführlid) verwundet, aber mitten unter den
Zchmerzen, die drei Schußwunden ihm verurfachten, dachte er über die
z dieſer Schlacht nad), und bildete ſeitdem fein Colonnenſyſtem aus, dem
heil feines Rufs verdankt. Nachdem cc ſich bei mehren Belagerungen
172 Folie Fonds
In Itallen, beſonderd vor Modena, ausgezeichnet hatte, ging er nach Si
ward bei Malplaquet verwundet, und bald nachher gefangen. Eugen bemuͤl
vergebens, ihn durch die vortheilhafteflen Anerbietungen zu gewinnen. Er vers
ben Prinzen in ein nachtheiliges Manoeuvre, das Billard aus einer fehr ge
chen Lage 309. Nach der Ruͤckkehr in fein Vaterland ward er Commanbaı
Bourbourg. 1714 ging er nach Malta, welches die Türken belagerten und
dort neue Proben feines Talents. Der Wunfch, unter Karl AU. zu diene
ihn nady Schweden ; aber nad) des Königs Tode kehrte er nach Frankreich
1719 machte er unter dem Herzog von Berwick ald Meſtre⸗de⸗Camp feinen
Feldzug. Das Hauptwerk, worin er feine neuen Entdedungen nieberlegte
feine Commentare zum Polybius. Außerdem hat man von ihm: „Noc
decouvertes sur la guerre‘‘, einen „‚„Traite de la defense des places‘
einen „„Traite du ındtier de partisan““. Folard ftarb zu Avignon 1752,
Folie (Blatt), jedes duͤnne Blättchen von Metall, Papier u. dgl., ı
ducchfichtigen Stoffen, 3. B. Edetfleinen, zur Erhöhung ihres Glanzes und J
untergelegt wird, indem es die durch den durchfichtigen Körper fallenden Licht
fen zuruͤckwirft. Daher figuͤrlich alles Unechte, das einer Sache einen höhern |
Schein gibt, und ihr fo gleichfam zur Unterlage dient, um ihren Werth
zu erhöhen. Auch das Spiegelglas bedarf einer Folie von amalgamistem
wodurch es erft die Eigenfchaft, das Bild vollkommen zuruͤckzuwerfen,
Fol z (Hans), aus Worms, Barbier zu Nürnberg in der zweiten
15. und zu Anfang des 16. Jahrh., war ein zu feiner Zeit berühmter
ger. Einer ber erften, führte er die dDramatifche Gattung in die beutfche
ein, indem er den Faſtnachtsſpielen eine volllommnere Geftalt gab, Wir
von ihm noch vier folcher Saftnachtöfpiele, „Salomon und Marcolf”, „Ein
gericht”, „Eine gar bäurifche Bauernheirath”, „Der Arzt und der Kranke“.
zu Anfang des 16. Jahrh. wurden fie wiederholt gedrudt. Hanz Folz nahm
gens felbft fehr Ichhaften Antheil an der neuen Erfindung der Buchdruckerkuch
an der Reformation, der er zugethan war. |
Fonds (öffentliche) heißen in England die Zaren und andre öffentild
gaben, welche zur Bezahlung der Zinfen oder des Capitals der Nationalſchu
flimmt find. Als man nämlich den Ausweg ergriff, für den In eu
beträchtliche Summen zu erborgen, wies man den Darleihern den Ertrag.
eines Zweigs der Staatseinkuͤnfte an, den man ald ausreichend zur Beza
Binfen oder des Gapitald, oder beider, nach Maßgabe des Contracts, a
konnte. So hatte jede Anleihe ihren Fonds. Um aber die Unbequemiid
wegzuraͤumen, die daraus entſtanden, daß ein einzelner Fonds einmal nl
reichte, während ein andrer liberfhuß hatte, ſchlug man mehre Fonds zufer
‚und beftritt aus ihrem gemeinfchaftlichen Extrage die Zahlungen , für welche
flimmt waren. So entftanden die Gefammtfonds (Aggregate fund) 171
Suͤdſeefonds 1716, der allgemeine Sonde 17165 der Amortifationsfonde
king fund), in welchen die Überfcyüffe der fogenannten drei Sonde fließer
welcher urfprünglich zur Verminderung der Nationalſchuld beftimmt, in den
Jahren aber auch für die Staatsbedürfniffe verwendet wurde; endlidy der €
Dirte Fonds, unter welcher Benennung man 1786, indem man die gem
Sonde aufhob, die Geſammtheit der öffentlichen Einkünfte (mit Ausſchluß de
lichen Bewilligungen) vereinigte. Aus dieſem Fonds werden die Zinfen uml
gen Gapitale des ganzen Staatsſchuldweſens, die Zinfen der Schatzkammer
die Civilliſte, alle Penfionen, Gehalte und einige andre jährliche Ausgaben I
Der Überfhuß wird jährlich von dem Parlament für die Beduͤrfniſſe des la
Jahrs angeroiefen. Da nun jeder Staatsfhuldfchein für Zinfen oder Capi
einen griviffen Fonds angewieſen ift, fo hat man, indem man ihn ſelbſt ald
Font 173
Sonde anfah, auch diefe Benennung barauf übertragen, und der Aus⸗
) Pfund in den öffentlichen Sonde, bedeutet jest fo viel, als ein Capi⸗
I Pfund, das nad Maßgabe der urfprünglichen Bedingungen der Ans
jährliche, vom Staate zu bezahlende Zinfen trägt. Die Staatsfchuls
bis zur Abzahlung des Capital Zinfen tragen, werden in der Finanz⸗
\ährenbe oder einlößliche (perpetual or redecmable) Annuitdten
meinen Leben aber Sonde oder Stocks genannt; ein kleiner Theil der
Schulden befteht aus Annuitäten fire eime geroiffe Reihe von Jahren,
yerenn Ablauf erlifcht. Sie heißen unablößliche (irredeemable or de-
Knnuitäten, und zerfallen in lange (long annuities), die 90 oder 100
n (zu König Wilhelms Zeiten trugen fie 10, 12 und 14 Proc. ; die ges
merden alle mit dem 3. 1860 aufhören), und in kurze (short a.)
‚Den, bie an den einlöslichen Annuitäten eingebüßt hatten, auf 10,
#8 30 Jahre als Entſchaͤdigung bemillige wurden, Außerdem gibt es
nuuities „ die auf das Leben einer oder mehrer Perfonen fortbauern,
tem größern Theil machen die fortwaͤhrenden Annuititen aus, welche
fen verfchieden find, welche fie tragen. So oft aber die Regierung eine
emacht, fchlägt fie diefelbe zu dem Theil der Öffentlichen Schuld, der
mtraͤgt, die zur Bezahlung der Zinfen der neuen Anleihe angewieſenen
er zu dem Konds, der zur Bezahlung der Binfen des Altern Capitals
sr. E&o werden bie alten und neuen Schulden confolidirt und die >
m aus dem Gefammtertrag des Fonds bezahlt. Die Gefchiäfte, welche
en verfchiedenen Fonds, aber hauptfächlich in den confolidirten 3 Pros
iader bei weitem größte heil der Staatsichuld beftcht, gemacht wer⸗
ijerordentlich groß, und werben durch eine Art Handel noch vermehrt,
Baland stock-jobbing heißt, und darin befteht, daß zwei Theile nach
iktigen Stande der Stods einen Contract auf eine gewiffe Summe
ker nach einer beflimmten Zeit erfilit werden foll, wobei nicht das
zdern nur die Summe bezahlt und empfangen wird, um melde der
Btods am Berfülltage von dem Stande am Zage bes Abfchluffes vers
Obgleich die Gefege diefe Art Handel verbieten, und die Erfüllung ber
keit nur von der Ehre der Parteien abhängt, fo werben dennoch unges
öfte darin gemacht. (S. Staatspapiere.)
Peter Anton), Kaufmann zu Köln. Der Griminalproceß, welcher
gen biefen Mann wegen Ermordung des Kaufmanns Wilhelm Cönen .
anhängig war, und endlich am 9. Jun. 1822, nad) einer Sigung von
sit der Verurtheilung Fonk's zum Tode, beendigt wurde, gehört zu den
ten Erſcheinungen der neuern Zeit, weil felten ein Criminalfall eine fo
ete Theilnahme erregte. Er verdiente fie durch die Vermwidelung und .
ſiche der Thatfachen ; Überdies wurde er als ein Prüfitein betrachtet,
ſich entfcheiden müffe, ob das franz. Criminalverfahren mit öffentlicher,
Berfandlung und einem Ustheile der Schöffen über die Thatfachen nach
sürwahrhalten, oder ob das deutfche, mit geheimer Unterfuchung und
beſtimmten Rechtöregeln von rechtöfundigen Richtern zu füllenden Ur:
wmellsfuridifche Wahrheit den Vorzug verdiene. Und wenn auch ein
lſchwerlich dazu geeignet ift, in einer fo wichtigen Angelegenheit, als
ig biefer beiden Inſtitutionen gegen einander ijt, eine Enticheidung zu
fe verftattet body die große Zahl ber darüber erfchienenen Schriften eine
rafung jedes einzelnen Punktes, daß man fic) auch künftig oft aufihn
ımöffen. — Peter Anton Font, geb. um 1781, Sohn eines reichen
im Goch bei Kleve, aus einer angejehenen Familie, war zuerft in Not-
nie eines dortigen Danbelshaufes, wandte ſich aber 1809 nach Köin,
17%: | Fonk | ”
100 er fich mit der Tochter eines angefehenen Tabacksfabrlkanten, Hrr
beirathete. Eine Bleiweißfabrik, welche er zuerſt betrieb, gab er 1815 ,
dres Gefchäft, einen Handel mit Branntwein und Liqueurs, gemeinfd
Apotheker Schröder in Krefelb, zu betreiben. Schröder beforgte die Fu
ex die Seräthe mit Aufwand von 6000 Thlr. angefchafft hatte, Font
anfchaffen, den Verkauf (zum Theil durch Schleihhandel) und das
betreiben. Zwiſchen beiden brachen aber, ungeachtet ded großen C
kaum 18 Monaten.von Font auf 20,000 Thlr. angegeben, war) , t
keiten aus; Schröber fol mehr Geld, als ſich gehörte, zu feinem |
wande aus der gemeinfchaftlichen Caffe genommen, fcheint aber fein
Fonk den Verdacht gefaßt zu haben, daß er von ihm unredlich behan
kam dahin, daß Schröder, mit Fonk's Zuflimmung, einen jung
Wilhelm Coͤnen, mit dem Hanblungsgehülfen Eifes, einem fruͤhern
welchen er felbft nach Krefeld zu Schröder gefchidt hatte, mit dem
Koͤln abordnete, eine von Fonk ihm zugefandte Rechnung aus Font
unterfuchen. Elfes (welcher zuerft Schröder’8 Verdacht gegen Fon
haben mag) wurde, als er mit Cönen am 1. Nov. 1816 bei Fonk er|
ſem zuruͤckgewieſen, Cönen aber zur Unterfuhung der Rechnung
Er ging mit entſchiedenem Mißtrauen gegen Fond an diefe Arbeit, ı
dem Buchhalter Fonk's, J. J. Hahnenbein, darin beftärft, Außer
mehren Briefen an die Seinigen und Schröder auf das Veraͤchtlich
deflen Betragen es fehr ungleich, bald fehmeichelnd, bald Ealt und
dert. Er verglich zuerft die Geldeinnahme Fonk's, offenbar für Schr:
tigfte, mit der Prima Nota und den Belegen — und fand fie zu feiı
rung richtig. Dies Gefchäft hatte er am 6.Nov. beendigt; num a’
von Fonk die Vorlegung bes Hauptbuchs und des Journals, in weld
nenbein’d Verficherung, ein Betrug von 8000 Thlrn. ſtecken follte.
gerte Fonk mit Heftigkeit, brach das Gefchäft ab und reifte noch a
nad) Neuß, um durch ein Paar Freunde, ohne Einen, mit Schröder fı
gleich zu Stande zu bringen. Schröber ließ ſich, durch Cönen gewarnt,
tam aber am 8. Nov. felbft nach Köln, wohin audy Font am Sonn
zwifchen 11 und 12 Uhr) zuruͤckkam. Coͤnen überbrachte diefem bu
gleichsvorſchlaͤge, nach melden er dem Gewinne des Branntweingefi
von Font auf 20,000 Thlr. berechnet war, noch 8000 Thlr. zuſetzen
den Vortheil von mehren noch unverfauften Gegenitänden allein h
niges von den Vorräthen ihm gänzlich abgetreten werden follte, fo,
fagen Eonnte, ob Fonk durch diefen Vergleich ein wirkliches Opfer bra
gevoiffermaßen ein Geſtaͤndniß ablegte. Fonk und Schröder nun hi
nenbein und Cönen eine Gonferenz im Fonk'ſchen Haufe (auf dem U
Hahnenbein eine Annäherung zwifchen Fonk und Gönen bemerkt hat
fid) Son zu einem Zufat zum Gewinn von 8000 Thlr. verftand:
Earı jedoch nicht zum Abſchluß, weil Schröder fich noch über eini:
Coͤnen befprechen wollte. Man ging Abende, etwas nad) 8 Uhr,
eine zweite Gonferenz wurde ayf den folgenden Tag (Sonntag, 1C
9 Uhr verabredet; Coͤnen und Schröder gingen in ihr Gaſthaus zuri
fpäter auch Hahnenbein, welchen Gönen noch, ehe er von Fonk nad)
men war, in feiner Wohnung aufgefucht hatte; man blieb bie nad) !
men, und als Hahnenbein nach Haufe ging, nahm Gönen feinen H
gleiten — und einem gewaltfamen Zobe entgegen zu gehen. Er verli
in der Mitte des alten Markts, und wendete fic) wicder nach der M
welcher, nur etwa 30 Schritte entfernt, fein Gaſthaus liegt, fum .
in daſſelbe zurüd, Am 19. Dec. wurde fein Leichnam unterhalb K
Sonf 175
e war vollftändig bekleidet, die beiden oberften Sinöpfe feines Leibrocks,
‚öhnlic) ganz zugefnöpft hatte, waren ausgeriffen. ine Rodtafche
‚ in welcher er fein Taſchenbuch zu tragen pflegte, war leer; das Ta⸗
vie wieder zum Vorſchein gefommen. Dagegen wurde feine goldene
rtafche gefunden. Am Kopfe hatte er bedeutende Verlegungen, eine
unde über dem linken Auge, eine ftarfe Contufion am Hinterhaupte,
vermuthlich erft im Waſſer entftandene) Wunde auf dem Scheitel,
Funten gegen die Bruft, Spuren der Erwürgung. Die Obducenten
diefe Verlegungen dem Coͤnen im Leben zugefügt worden feien, und
vermeidlich bewirkt hätten; daß die Wunde an der Stirn wol von
: mit einem fcharflantigen Werkzeuge (etwa dem Nüden eines Band»
Hbinder) zugefügt fein koͤnne. in dagegen von einem berühmten
r. von Walther in Bonn) erhobener Zweifel, und die Behauptung,
lle diefe Berlegungen des Körpers erft im Waſſer entflanden feien, hat
genen irre gemacht, oder die volle Überzeugung von der gewaltfamen
en's durch vorfäglihen Mord im Geringften erfchüttert. Denn daß
sefäglich oder zufällig feinen Tod im Rhein gefunden habe, ift ſchon
yaB er, ohne ſich ein Thor Öffnen zu laffen, nicht zu demſelben kommen
t Nacht aber Niemand eine Öffnung des Thor verlangt hat. Schrös
U8 Verwandte und Freunde ftellten ſogleich eifrige Nachforfchungen
ste ſich keinen Grund feines Verfchwindens anzugeben, und es ent=
Berdacht, daß er abſichtlich auf die Seite gefchafft worden fein möge,
me der Einzige war, bei welchem man einen Beweggrund, ſich Cds
igen, voraußfegen konnte. Ein Beſuch dreier Erefelder Freunde Cds
.Nov., wobei Font ſich fonderbar benahm, verſtaͤrkte dieſen Verdacht;
un einen Brief vorgeleſen, welchen er über dieſen beſondern Fall ges
e babei gemeint, nnd fie auf die Thränen, die er vergieße, aufmerkfam
eihnen einen Zettel vorgetwiefen, mit den Worten: Sehen Sie hier
Hand! und — es war nicht Cönen’® Hand; hatte feinen Buchhalter
Dinge zu hören, welche fie in Erſtaunen fegen würden — und fie hat⸗
tommen. So lange indeffen Gönen’s Leichnam nicht aufgefunden
gerichtliche Maßregeln nicht gegen Fonk ergriffen werden ; die Polizei
tühe, eine Spur von ihm zu entdeden ; ein Bordell, in welchem Cds
il gewefen war und ſich mit. einem Mädchen aus Florenz abgegeben
unterfucht, aber keine Urfache zum Verdacht gefunden; Cönen follte
ide nicht da gemefen fein; alle Bewohner und Nachbarn bezeugten, in
ı 9. zum 10. Nov, kein Geraͤuſch gehört zu haben, was bei der Rage
effeiben nicht hätte unbemerkt bieiben können. Vergebens fegte man
4 von 3000 France aus. Font und Hahnenbein wurden polizeilich
y.e6 ift aus diefem Zeitabfchnitte noch zu bemerken, daß Fonk an dem»
48 ihm der Befuch jener drei Prefelder Männer geworden war, zum
Guiſez ging, um ihn um Rath wegen feines Benehmens in diefer
ge zu bitten, deſſen Rath, ſich der Juſtiz in die Arme zu werfen, aber
daß er dagegen nun Schröder zur Auseinanderfegung vor das Hans
ben ließ, und den vorher eifrig gefuchten Vergleich beharclid) ablehnte,
zrichterliches Urtheil vom 20. San. 1817 erhielt (wobei der Generals
: Sandt von Schröder zum Schiedsrichter gewählt worden war), wo⸗
rs Schuld an die Geſellſchaft auf 7791 Thlr., Fonk's Guthaben
16,732 Zhle. feftgeftelft wurde. Daß diefes Nefultat durch eine
der Fonk'ſchen Bücher herbeigeführt worden fei, iſt zwar von dem
m Sandt behauptet, jedoch in der Unterfuchung felbft zwar nicht als
er auch nicht einmal als wahrfcheinlich dargethan worden. Gleichwol
176 Fonk
konnte hierin allein, ſowie in Fonk's ganzer kaufmaͤnniſchen Lage für ihn ein €
liegen, Coͤnen's Entfernung zu wünfchen, und wie tief hätte derſelbe in bie b
liche Eriftenz deffelben eingreifen müffen, um ihn bie zu dem Entfchluffe
Mordes zu treiben, zu dem Entfchluffe einer That, welcher das natürliche 4
ſtaͤrker als alle Furcht vor Entdeckung und Strafe entgegenwirkt. Wenn abı
mal die öffentliche Meinung irgend eine Richtung genommen bat, fo ift fie
mehr durch ruhige Überlegung zu beherrfchen; fie ergreift Altes, fie zieht Na
aus Allem. Unbedeutende Dinge werden verdreht, Zeit und Ort verwirrt,
irgend eine Bedeutung befommen. So ging ed auch hier. Wie viele Ar
wurden gemacht und find wieder verfchwunden, ale eine genauere Nachfra
ten wurde. Die Auffindung des Leichnams gab diefer einmal erwedkten iR
‚einen beftimmten Stoff. Die Wunde an der Stirn wies auf ein Werkzer
welches Kon in feinem Comptoir hatte und täglich brauchte, auf einen Gel
welcher ihm täglich zur Hand und durch Intereſſe an ihm gekettet war, a:
Bandmeffer und den Kiefer, Chriftinn Hamacher. Schon wollte man &
haben, daß diefer Menfch, feit Cönen vermift wurde, einen größern Auf
MWeinhäufern und in feiner Haushaltung gemacht habe. Man trug fich mit &
welche er habe fallen laffen, daß Fonk dieſen Aufwand bezahlen müffe. Abel
diefe Umſtaͤnde find in dem Verfahren vor dem Afiifenhofe nicht mit einer’
Beftimmtheit hervorgetreten, als ein thätiger und geſchickter Inquirent fie
ins Licht gefegt haben. Auch gigen Fonk hatte man enticheidendere gerid
Maßtegeln nöthig gefunden. So wir am 22. Dec. die Nachricht in Köln €
dag man Coͤnen's Leiche im Rhein gefunden habe, wurde er in feinem Haze!
Gendarmen bewacht und eine Unterfuhung gegen ihn eröffnet. Chriftien 4
cher wurde in einem Weinhaufe zu einem Streit veranlaßt und unter dieſemn
wande am 31. San. 1817 in Verhaft gebracht. Man hatte ihm Coͤnen's E
dung geradezu vorgeworfen und ihm Außerungen zu entioden gefucht, weld
Megungen des böfen Gewiſſens gedeutet wurden. Im Gefängniffe behorchte
ihn; ein andeer Gefangener mußte fein Vertrauen zu erfchleichen fuchen, ah
zu gleicher Zeit fuchte auch Hamacher's Frau den Polizeiinfpector Schöning
einem Gefäß von Sitber zu beftechen, welches ein Geiftlicher ihrem Schwag
diefem Ende für 22 Kronthaler verkauft hatte. Hamacher wurde in einem but
und feuchten Kerker gehalten; er fing am 10. März 1817 an, dem Genera
rator von Sandt Geftändniffe abzulegen und bekannte ihm endlich, daß F
feiner Beihülfe den Wilhelm Coͤnen am 9. Nov. Abends in Fonk's Haufe wi
erfchlagen habe. Erſt am 16. April 1817 wurde diefes Geftändniß in gerichl
Korm niedergefchrichen (von Sandt fürchtete, daß es gleich nach dem gericht
Verhör bekannt werden und dies bie fernere Unterfuchung erfchweren werde);
es enthielt im MWefentlichen Folgendes: Fonk habe ihm (Hamacher) ſchon a
Noo. angelegen, den Cönen aus ber Melt zu fchaffen, wozu cr fich aber du
nicht verftanden habe. Am 9. Nov. aber habe Hamacher bei Fonk wieder ge
tet, fei von demfelben auf den Abend nad) 9 Uhr wieder beftellt worden; Fonk
ihn ins Comptoir gefiihrt, welches im Fonk'ſchen Haufe Parterre neben der f
thür liegt, ihm Wein vorgefegt, und ihn angewiefen, wenn Gönen fomme
etwas vergeffen habe, und die Klingel ziehe, ihm die Thür zu öffnen. Coͤn
nach 10}, vielleicht 411 gefommen, habe gefchellt, Hamacher die Thuͤr geöffnet,
babe nad) Font gefragt, ber auch gleich hinzugekommen; fie hätten ſich gegräßt
Coͤnen gefagt, er habe etwas vergeffen, worauf Fonk ermidert: Das dachteid
(Man hat es fehr unnatürlicy gefunden, daß Fonk im Voraus gewußt, Coͤnen
um etwas Vergeffenes zu holen, zu einer beſtimmten Stunde kommen; aber wen
Beftellung ftattgefunden hatte, fo war dieſe Art, ſie zu maskiren — denn Han
war wol in Fonk's, aber nicht in Coͤnen's Vertrauen — diejenige, welche ff
Bonf 177
aft ausſchließlich darbot.) Belde, Kon? und Coͤnen, ſelen ſodann in
t gegangen, mo fie gearbeitet hätten; als fie wieder herabgekommen,
von Schröder’8 Branntwein und in Vergleich damit von ganz altem
ibranntwein gefprochen, den er Cönen zum Koften angeboten. Coͤnen
ifangs gemweigert, aber Fonk ihm zugeredet: „Nun thun Sie mir ben
n einmal zu verfuchen, fo werden Sie echten franzöfifchen Branntwein
Zu Hamadyer habe er gefagt, ein Glas und eine Pumpe zu holen,
abe er das auf dem Zifche liegende Bandmeſſer genommen und unter ben
t. Sie fein fobann Alle in das Packhaus gegangen (einen Raum im
Haufe, gerade unter dem Sch fjimmer ber Mägbe), dort habe fich
t, als wolle er das Faß mit de :; Bandmeffer aufichlagen, ſich aber ges
unter den Worten: „Da, Kerl haftdu die Probe!" Göneneinen Schlag
of gegeben, daß dieſer gleidy gebluter habe und aufeinen Stoß, den ihm
e Bruft gegeben, ruͤckwaͤrts hingeftürzt fei, wobei er noch mit dem Kopfe
abe dabei ftehenden Gewichtſtein gefallen. Nun habe Font zu Hama
: „Haltet dem Kerl die Kehle zu’, daß er nicht fchreien kann, welches er
er nach einer Meile gefpürt habe, daß er nicht mehr fchreien koͤnne;
ikm die Brieftafche aus der Rocktaſche auf der Bruſt gezogen; worauf
den Leichnam in ein Faß geftedt, ihm den Kopf mit einem Sade ume
8 Faß mit Stroh ausgefüllt und zugemacht habe. Sie hätten dann mit
rabredet, das Faß durd) Hamacher's Bruder Adam aus der Stadt fchafe
25 Hamacher habe diefen Bruder am naͤchſten Zage egvartet, und ihn
ungen, am Montage früh mit feinem Karren bei Fonk's Haufe zu fein,
nacher fei ſchon Eonntags 10. Nov, in Köln geweſen, des Morgens um
Beide ans Font’fche Thor gefommen, Font habe die Thür geöffnet, der
In den Dofgefchoben, dag Faß aufgeladen und unweit Mühlheim an dert
bren worden. Bisdahin habe Adam Hamacher nicht gemußt, was in dem
d er aber das saß abgeladen hatte und fortfahren wollte, habe Chriſtian Ha⸗
in der Angſt gefagt: „Du mußt bei mir bleiben, in dem Faß ift ein Todter!“
Zedter ! weun ich das gewußt hätte, hätte ich dn® Faß nicht aufgeiaden“.
ke Chriftian ae das Faß aufgefchlagen, fie hätten den Leichnam
mmen, Chriftian Hamacher habe einen ſchweren Stein geſucht, folchen
Riemen an den Körper gebunden, und diefen in den Rhein verfenkt, Er,
JYamadyer, fei babei, um den Körper nach der Tiefe zu ſchieben, fo tief
getreten, baß ihm daſſelbe in die Stiefeln gegangen fei. Pfeif: und Hut
tte Fonk nach diefer Erzählung gleid) nad) der That im Comptoir genom⸗
damit zur Thür hinausgegangen, und nad) etwa 10 Minuten ohne fie
namen: Hamacher wußte alfo nicht, wohin Beide gefommen. (Bei Chs
e follte eine Pfeife, wie Coͤnen führte, am 19. Dec. 1816 gefunden
u fie kam aber erft 1822 ins Gericht, Eonnte nicht beflimmt anerkannt
id es iſt alfo hierauf kein Gewicht zu legen. Einen Hut zog der Nachbar
e Bilder Engels, zwiſchen Oftern und Pfingften aus dem gemeinfchafte
nnen.) Hamacher'n verfprady Font für feine Thellnahme und Verſchwie⸗
O Kronenthaler, hatte Ihm auch 30 fofort bezahlt. Dies Geftändniß
: Shriftian Hamacher noch am 9. Mat, fing aber bald darauf an zu
und widerrief zuerſt daB, was feinen Brüder betraf (Welcher, wie Fonk'b
eHahnenbein, der Kirfer Ulrich und deffen Sohn, und Hamacher's Eher
verhaftet worden war), zufegt die ganze Erzählung: Er behauptete
der Generalprocurator v. Sandt habe ihn zu dieſem falfchen Beftändniffe
abe bie ganze Erzählung zuſammengeſetzt und ihm eingelernt. Fonk's Ver⸗
aben hauptfächlich dieſe Behauptungen aufgegriffen ; fie haben den Gene⸗
tor von Sandt befchufdigt, daß er, um die Jllegalitaͤt feiner erſten Pros
ker. Gichente Aufl, BD. IV, 172
8 Fonf
sedusren zu dedien, Alles aufgchoten habe, Font zum Mörder zu machen. — D
richtliche Verhandlung der Sache nahm einen wunderlichen, zoͤgernden uud fd
Eenden Gang. Sie blieb bis zum 4. Det. 1317 in den Händen der Unterſuch
beamten zu Köln, wurde aber an dieſem Tage, weilman in Köln den Einflı
fehr angejebenen und ausgebreiteten Samilie Foveaux (Fonk's Gattin, cine gef
‚veaur) fuͤrchtete, an dad Kreisgericht zu Zrier gewiefen. Gerade hier aber füß
neue Unterfuchungsrichter die Suche in einem Geſichtspunkte auf, wobei nich
einer Schuld der vorigen Beamten als Fonk's und feiner Mitſchuldigen die
war. Ein Urtheil vom 23. Juni 1518 erkannte zwar die Anklage gegen Ham
entband aber Font und Hahnenbein von der Inſtanz. Er wurde aufneue
dachtgründe bMd darauf zum zweiten Mat eingezogen; durch ein Urtheil des 2
gefenats in Köln zum zweiten Mat in Freiheit geſetzt. Hamacher's Proceh ı
‚vor dem Affitengericht in Trier verhandelt und diefer dort anı 31. Dit. 15%
Gehuͤlfe bei Cönen’s Ermordung, jedoch okne Vorbedacht, zu 16jaͤhriger Zwan
beit verutetbeilt. Bone wurde am 3. Nov. 1820 zum dritten Malin Verhaft ge
.men, die Unterfuchung bi zum Juni 1821 fortgefegt, am 22. April 182
öffentlicye und feicrliche Verhandlung vor dem Aſſiſenhofe zu Trier eröffnet um
9, Sun. damit beendigt, daß die Geſchworenen mit 7 Stimmen gegen 5 den %
klagten eines in der Racht vom 9. und 10. Nov. 1816 an Wilhelm Coͤnen vera
vorſaͤtzlichen und vorbedachten Mords fuͤr ſchuldig erklaͤrten, der Aſſiſenhof
darauf die Todesſtrafe gegen ihn ausſprach. — Sein Geſuch um Caſſatione
Urtheils wurde von dem Reviſionsbofe zu Berlin zuruͤckgewieſen. Fonk's €
iſt ſeitdem, und [don während der Verhandlung vor den Aſſiſen in gedru
Schriften nit ebenſo großem Eifer und mit größerer Leidenfchaftlichkeit ald
dem Gericht felbft verhandelt worden, ob es gleich Denen, welche der Berhand
ſelbſt nicht beigewohnt haben, fo gut wie unmöglich ift, ein Urtheil daruͤber zu
fen. Es fehlt die unmittelbare Beobachtung des Angeklagten und der Zeugen,
Kenntniß ihrer Verhältniffe und der Glaubwürdigkeit, welche ſich aus ihrem dã
aus ihrer bürgerlichen Lage, aus ihrem perfönlichen Auftreten abmeffen laͤßt. De
ſoll ja aber die Vorzuͤglichkeit des oͤffentlich-muͤndlichen Verfahrens beftchen,
die Entfcheidung nicht durch den todten Buchftaben, bei welchen fich erft die
tafie ein trügeriiches Bild der Handiung zufammenfisen muß, und auf wildes
Überzeugung des Richters (oder gar deſſen abjichtliche Leitung) einen fo großen
fluß hat, fondern durch die Lebendige Anſchauung aller handelnden Perfonen, &
die gleichſam dramatiſche Wiederholung der ganzen Handlung beffimmt wird. 3
ber iſt e8 cbenfo voreilig, die Schöffen eines unbegründeten Urtheils anzulla
als ihre Vertheidigung zu Übernehmen, Aber freilid,, gerade der größte Menfd
Eenner wird am vorfichkigften fein, wenn es gilt, auf foldye Äußerliche Dinge, J
Haltung, Geſichtszuͤge und Mienenfpiel eines Menfchen, ein Urtheil über F
Leben und Ehre eines Angeklagten zu bauen. Wie viele Menfchen gibt es &
haupt, und wie ſelten muͤſſen fie alfo and) unter den Geſchworenen fein, deren
fo ſcharf und fo geuͤbt ift, um Heuchelei von Wahrheit, Furchtſamkeit und nat
liche Verlegenheit ven boͤſem Bewußtſein, Frechbeit von dem Trotz eines guten k
wiffens, in der zuſammenhaͤngenden Erzäkfung den geliebten Rügner von dem wi
haften Manne, und in der ſchwankenden den furcht amen Unſchuldigen von DE
‚welcher ein Verbrechen zu verbergen bat, mie voller Sicherheit zu unterſcheid
Und mer Eann ſich wol rühmen, Altes richtig aufzufaffen, treu zu Bewahren, ein
faßte Meinung weder durd) ſpaͤtere Eindrüde verwiſchen zu laſſen, noch Hr
beffere Gründe feft zu halten, wenn, wie in Fonk's Fall, die Verhandlungen
Wochen dauern und 247. Zeugen auftreten? Wird nicht zuletzt doch das Meiſte w
der Gewandtheit der Sachwalter und dem Vortrage des vorfigenden Richters &
hängen und jene Kunſt, die Wahrheit in ben Schatten zu ſteilen, die Gegner w
1 Dune wo jenysn win vie weuguysry vup Arurh lucht vort wiyrunug
Bemeggrund abgeben konnten, Cönen zu morden und als Chriftian Das
urhdgenommenes Geſtaͤndniß. Der Schluß wire ein gewagter, daß,
ine andre Veranlaffung yu Cönen’s Tod auffinden Eonnte (dev Raub⸗
durd) dad Vorfinden der goldenen Uhr bei der Leiche ausgeſchloſſen, an
sung im Schumadjer’fdyen Bordell wird Niemand im Ernſte glauben)
gone theils in feinen frühen Äußerungen gegen Cönen, theild in der
ung, daß Gönen einen gefährlichen Blick in feine kaufmaͤnniſchen Bere
abhan, die Möglichkeit eines Antriebes zum Mord angenommen werben
5 Fone auch wirklich der Mörder fel. Bedentlich if allerdings fein Bes
ad Cönen’& Verſchwinden, und das —— Urtheil iſt ebenſo
heidend für ihn ais das Urtheil der Kaufleute, das in dem Hauptbuche
g ſtecken Eonnte. Jenes wat auf Bücher gegrindet, deren Richtigkeit
f; dieſes iſt nur in dem Sinne richtig, daß das Hauptbuch bloß Neful«
%, nit die Angabm, aus weichen biefelben hervorgehen. Wie ‘aber,
Ein das Hauptbuch Dinge notirt hatte, bie dahin nicht gehören, die aber
1da® gefuchte Licht geben konnten ? Dann hatte Hahnenbein Recht von
ſprechen, der im Hauptbuche zu finden, obgleidy nicht in demfelben bes
‚ und $onPfeibft gibt an, da in feinem Hauptbuche frembartige Notizen
Rubrißen eingetragen gewefen wären. 0 kommt am Ende Alles auf
hamacher's Geftändniß ganz allein hinaus. Mit diefem ſindet man ſich
iner bebenktichen Wahl. Iſt fein Widerruf der Wahrheit gemäß, fo fuͤlt
Beamten, deſſen Leben bisher, unbeicholten geweſen zu fein ſcheint, der
fined Verbrcchens, welches an Abfcheulichkeit noch den Mord übertrifft,
her’ 6 Geſtaͤndniß aus eigner freier Bewegung abgelegt, fo ift Font der
drın’6. Nun hat man fid) große Mühe gegeben, eine innere Unwahr⸗
it oder gar Unmöglichkeit in Homacher's Erzählung darzuthun, welches
gelungen iſt. Daß fie wahr ſei, kann Niemand behaupten, daß fie aber
B in fönne, auch nicht. Fonk hat ſich auf das Zeugniß feiner Mägde
er an jenem Abend nicht von der Seite feiner Frau gekommen fei. Das
:diefe nicht einmal gefagt. Er war bis um 9 Uhr im Comptoir (mas mit
ð Angabe fünmt), hat mit feiner Familie zu Nacht gegeſſen, dann hat
180 Fonk
einem Weine oder Blerhauſe geweſen, fo wuͤrde bei der allgemeinen Auſmerkſam
auf diefen Vorfall, weiche fobald nach Coͤnen's lektem Lebenstage erregt wurde,
Beweis eines folchen Umftandes fehr Leicht geworden fein. Allee dies zujammer
nommen, fo wird gewiß frin befonnener und Ealt prüfender Richter e& wagen, |
die Verhandlungen, wie fie im Druck erſchienen find, eine Verurtheilung For
aussufpredyen, und felbjt die Schöffen, welche doch nur von einem individud
Fuͤrwahrhalten ausgehen, waren hierin fo wenig gewiß, dag nur die geringfte De
heit von 12, naͤmlich 7 gegen 5 Stimmen ſich für dad Schuldig erklärten.
iſt ungereimt, diefe Mehrheit deßhalb mit Vorwürfen zu belaften, weil fie nachd
Seifte der Verfaffung eben nur fagen follen, wie ihrem Geifte fi) die Sache b
ftellte. Aber eine Verfaffung kann allerdings dem gerechten Tadel nicht entgeh
welche auf fo ſchwankenden Grundlagen Ehre, bürgerliche und phyſiſche Erifl
ber Bürger dem Zufalle preisgibt. Oder will man ed keinen Zufall nennen, |
ein einziger Schoͤffe der Anficht der ſechs verurtheilenden und nidyt den fünf freifl
chenden beitrat, und fo Fonk's ganzes Schickſal von diefem einzigen Manne abi
Indeſſen glaube man nicht, daß die englifche Einrichtung, nad) welcher die Schd
nur einhellige Urtheile fällen können, bier größere Sicherheit darbiete. Dort ifl
Reichtfinn ſowol im Verurtheilen als Freifprechen auf den höchften Gipfel geſtien
und man wird erftaunen, wenn einmal ein aufmerkfamer Beobachter die ſchreien
Ungeredhtigkeiten und Mißgriffe der Schöffen ans Licht zieht, welche dort faf
jeder Gerichtsſitzung vorfallen. Won einzelnen Füllen ann man freilich noch ke
Schluß über das Ganze fällen, und es gibt keine Form des Griminalproceflet
welcher man ficher wäre, jeden Schuldigen zu ergreifen und feinen Unſchuldige
kraͤnken. Beſonders wiren im Fonk'ſchen Falle die Schwierigkeiten für dem
terfuchungsrichter auch nach dem deutfchen Criminalproceß fehr groß geweſen,
bucch das ſpaͤte Auffinden der Leiche allen Schuldigen zu lange Zeit gelaffen we
die Spuren des Verbrechen in jeder Hinſicht zu befeitigen. Allein doch wärde
folcher Richter dadurch, daß er den ganzen Lebenslauf der Verdächtigen und alle
Verhaͤltniſſe genau unterfudyen mußte, daß jedes Geſtaͤndniß im Augenblicke fed
Entſtehens wenisfieng zwei Beamten zu Zeugen batte, ſogleich feftgeftellt und
pruͤſt und weiter verfolge wurde, dem endlichen Urtheileine weit zuverläffigere &-
gegeben haben. Die Beſchuldigung gegen den Generalproc. von Sandt war a
dann kaum möglich ; Fonk's Lage als Kaufmann genau erörtert, führte zu wid
gen Schlüffen und Eonnte wenigftens den noch immer im Dunkel liegenden F
ſtand aufhellen, ob bei Fon ein fo großes SSntereffe des Bankerotts der Entlarut
als Betrlger u. dal. wirklich auf dem Spiele ftand, in welhem man vernunft
Weiſe hinreichend Grund zu einer defperaten That antreffen Eonnte. Um den 8
luſt einer Geldſumme, weiche noch verfchmerzt werden kann, wird ſich Eein Big
Gatte und Vater, wie Fonk ed war, zum Mord entfchließen, wol aber kam
wenn es Ehre und alle bürgerlichen Verhaͤltniſſe gilt, einer ſolchen Verſuchung
terliegen. Darin liegt aber der große Vorzug des deutfchen Griminalproceffeß, I
ex ſich nie auf den trügerifchen Schein äußerer Umftände und Anzeigen beſchek
fondern aus dem Innern des Menfchen heraus die That mit allen ihren nähern
entferntern Beranlaffungen zu entwickeln fucht. Während man in England jedes
ftändniß eines Angeklagten (plea of guilty) zurüdwelft, damit Niemand fein ı
ner Ankläger werde, geht man in Deutfdyland nur auf ein freied und volles (
fländnig aus, damit Niemand von einem andern Richter verurtheilt werde als!
feinem eignen Gewiffen. Dies ift gewiß viel tiefer aus der Natur des Menfä
geſchoͤpft als jenes Schaufpiel eines Volksgerichts, und außerdem viel mehr geeige
eine Sache in ihrem ganzen Zufammenhange aufzuklären. So würde audı'
ſchwierige Punkt, wie Cönen am 9. Nov. Abends noch einmal zu Fonk gelomm
fei, leicht mehr ins Licht zu fegen geivefen fein. Eine Stelle in einem der lech
eitung zu dem damals von Font eifrig betriebenen Vergleich gemacht
eifchen ihnen vorgegangen, fo mußte Gönen unbemerkt von Schröder
val zu Font zu kommen ſuchen; er hatte dazu feine andre Zeit als den
enn auf den andern Tag war Abſchluß und Abreife feftgefekt, und nach
bluß des Vergleiche hatte er Erin Mittel mehr, Fonk zu Erfüllung feiner
nungen zu nöthigen. Cr mußte einen Vorwand bei Schröder haben, fo
auszugehen, und dazu nahm er es, Hahnenbein beim Weggehen zu bes
Es ift zu bedauern, daß in ben legten Verhandlungen von diefem Briefe
macht die Rede getvefen iſt, wiewol nun, ba Hahnenbein und Schröder
2, auch diefe Spur nicht viel weiter hätte führen können. — So würden
fe Menge andrer Betrachtungen an dieſen mertwürdigen Criminalfall
nlaffen, deren letztes Refultat vielleicht der Wunſch fein könnte, daß die
heit und Befonnenheit des deutfchen Unterſuchungsverfahtens, beſonders
im auf das Gewiffen der Angefchuldigten mit einem öffentlichen Haupte
vor dem Urtheil verfnüpft, und fo die wahren und wefentlichen Vorzüge
verharten vereinigt werben möchten. Betanntlich find Font und Hamas
eine koͤnigl. Gabinetsorbre vom 10. Aug. 1823 nicht begnadigt, fondern
yatbeftand, die Ermordung Coͤnen's, nicht erwieſen fei, freigeſprochen,
m Koften durch das koͤnigi. Decret vom 9. Det, befreit worden. 37.
araine (Jeanla), f.Lafontaine (Sean).
atginebleau, Stadt von 7400 Einw. im Depart. ber Seine und
it einer Militairſchule. Das mit Waldungen umgebene Luftfchloß beſteht
Bebäuden, zu welchen Stanz I. den Grund legte, und welche Deintih IV.,
IV. und XV. ausbauten. Hier war e8, wo bie ſchwediſche Chriſtina
na Stallmeifter, den Grafen Monaldeschi, hinrichten ließ, und wo die
n und du Barry die Schäge des ſchoͤnſten und reichſten Landes in Europa
ten. Im dem Schloffe von Fontainebleau wurden am 5. Nov. 1762
wWpräfiminarien zwiſchen Frankreich, England, Spanien und Portugal
aet, und den 20. die Ratificationen ausgewechfelt. Hier hielt Napoleon
den Papft Pius VII. einige Fahre gefangen, und unterzeichnete am 11.
4 feine Thronentfagung. Über bie d Kunftwerke von Primaticcio
nenn hiesadimn In Dantnte. PAcKL Aimilhanıit Marie
182 Fontana (Felice)
endlich unterbrochen worden fein, wenn F. nicht die Koſten aus feinen eignen
teln hergegeben und ſo den Vau vollendet haͤtte. Montalto wußte es ihm
Dank, und als er bald nachher auf den paͤpſtlichen Stuhl kam, beſtaͤtigte er ih
feiner Stelle als Architekt, und ließ durch ihn einen andern Palaſt in der Nähı
Bäder des Diocletian bauen, Sirtus V. wollte den großen Obelisk, der nun
dem Plage vor der Peterskirche ſteht, damals aber noch zum Theil unter Te
mern verſteckt lag, auftichten laflen: ein Unternehmen, das ſchon mehre PL
befchloffen, aber, durch die Schwierigkeiten abgefchredit, unterlaffen hatten.
erhielt den Auftrag dazu und führte ihn (1586) glüdlich aus. In der Folge
tete F. noch drei andre Obelisken, die man zum Theil unter den Ruinen gef
hatte, an verfchiedenen freien Plägen auf. Unter den übrigen Gebäuden, bi
auf Befehl Sixtus's V. vollführte, und die den Kürften, der fie anordnete, ebenfi
ehren als den Baumeifter, der fie ausführte, zeichnen ſich die vaticanifhe Bi
thek und die Wafferleitung, Aqua felice, aus. Auch unter Clemens VII.
führte F. verſchiedene Baue und Veränderungen mit den antiken Dentmäi
Endlich befchudligte man ihn, daß er Gelder, die er zum öffentlihen D
erhalten hatte, unterfchlagen habe. Er verlor feine Stelle am päpftihen £
erhielt aber fogleich einen Nuf als Architekt und Ingenieur bes Königs beider S
lien, und begab ſich 1592 nach Neapel. Hier baute er verfchiebene Candie,
die UÜberſchwemmungen abzuleiten, eine Strafe längs dem Meerbufen und
koͤnigl. Palaft in der Hauptſtadt, der aber in der Folge fehr verändert wordes
Sein Plan, einen neuen Hafen bei Neapel anzulegen, wurde erft nach feinem 5
bucch einen andern Baumeifter ausgeflihrt. Kontana flarb zu Neapel 1607,
fein Sohn, Julius Caͤſar, folgte ihm ale koͤnigl. Architelt. Won Domenico i
tana ift ein Werk vorhanden (Rom 1540, mit 19 Kpf.), in welchem er die
thode angibt, deren er fich bediente, um den großen Obelisk zu transportiren.
iſt um fo mehr ale feine Erfindung anzufehen, da in den Schriften der ditern 2
meifter Eeine Anleitungen zu dem in folchen Sällen zu beobachtenden Verfal
ſich finden.
Fontana (Felice), Mathematiker und Phyſiker am großherzogi. Hofi
Florenz, geb. 1730 zu Pomarolo unweit Rovercdo im italienifhen Zirol, ftub
zuerſt aufden Schulen zu Moveredo und Verona, dann aufden Univerfitäten
Padua und Bologna, ging hierauf nad) Rom, und von da nach Florenz. 1
Großherzog Franz (nachmal. Kaifer) ernannte ihn zum Profeffor der Phyſik auf
Univerfität zu Pifa. Der Großherzog und nachmalige Kaifer Leopold II. berief
nad) Florenz als Mathematiker, mit Beibehnltung feiner Stelle in Pifa, undt
ihm auf, das Naturaliencabinet einzurichten, das noch jest eine von den vielen (
benswürbigkeiten in Florenz ift. Einen wichtigen Theil diefer Sammlung mac
die anatomifchen Präparate von gefärbtem Wachs aus, welche alle innere und
Bere Theile des menfchlichen Körpers in den Eleinften Einzelheiten und nad) a
denkbaren Abweichungen, mit der größten Sorgfalt gearbeitet, vorftellen, .T
Präparate wurden, unter Fontana's Aufficht und nad) feiner Anleitung, von verfd
denen Meiftern gefertigt. Kaifer SSofeph II. ließ durd) ihn eine ähnlidye Samml
für die hirurgifche Akademie in Wien veranftalten. Auf gleiche Art wurden ın
Fontana's Aufficht eine Menge Pflanzen, 'Schwämme und andre Gegenftände
Naturgeſchichte, die ihre eigenthuͤmlichen Karben mit der Zeit verlieren, in gefärb
Wachs nach der Natur abgebildet. $. ift Verfaffer mehrer Schriften über Sec
fände der Phyſik und Chemie, die zum Theil ins Deutfche und Kranz. über
worden find. Auch hat er Entdeckungen über die Anwendung der Gasarten |
der Kohlenſaͤure gemacht. Er zeigte ſich überall in feinen Schriften als ſcharfſü
gen und unermüdeten Beobachter. Seine politiſchen Grundfäge zogen ihm in
neueften Zeiten bei den Veränderungen, die feit 1799 im Zoscanifchen vorfie
miand“, von weld;em man die gropten Erwartungen hegte, find nur
ebefannt geworden. Als proſaiſcher Schriftfteller wurde Fontanes ebens
nden vorzüglichften feiner Zeit gerechnet. Er ftand mehren Journalen
xm „Mercure francais“. Zu feinen berebteften Schriften aus diefer Zeit
änen eine 1794 dem Convent zu Gunften der unglücklichen Lyoner Übers
fe und eine Lobrede auf Wafhington. Der 18. Fructidor ächtete auch
s flͤchtete fich nach Hamburg und von da nad) London, tvo er fid) mit
iand aufs engfte verband. Der 18. Brumaire gab ihn feinem Vaters
#2. Bald wurde er Mitglied und 1804 Präfident de6 gefeggehenden Körs
wurde aufs neue in das Inftitut ernannt, da er während der Dauer ſei⸗
Aptien darin war erfegt worden, und erhielt die wichtige Stelle eines
ee der fogenannten Univerfität (d. h. er wurde Vorſteher des geſammten
treſens in Frankreich). In diefen verſchiedenen Stellungen hielt er die
:Paradereden, und fand immer neue Gelegenheit, fein Talent als Redner
wandtheit bewundern zu laffen, mit welcher er ſtets den Kaifer lobte, ohne
Schmeichelcien herabzuſinken. Ec wußte nicht felten die freimüthigften
en, die Napoleon vielleicht nur Ihm verzeihen mochte, damit zu verbins
ter glänzenbften Reden diefer Art iſt die, welche er als Präfident des
en Körpers bei Gelegenheit der Kaiſerkroͤnung hielt. Die republitanifche
* Fentancs überhaupt fehr abhold mar, konnte ihm insbefondere nicht
daß unter Mapolcon und noch als Conful er zuerft die Franzoſem
Interthanen (sujets) qualificiet hatte. 1810 ward er in den Senat ers
ſeitdem ebenfalls bei feierlichen Gelegenheiten feine Rednergaben fehr in
nemmen wurden. So ſchwer es fhlen, daß Fontanes fid) bei der Res
vürde behaupten Eönnen, fo gelang dies dennoch durch die bewunderns⸗
twandtheit, mit der er jedes Verhältnig zu benutzen verftand. Lud⸗
. ernannte ihn zum Pair und zum Marquis. Fontanes farb am 17.
1. Seine Schriften find Mufter von Correctheit und Eleganz ; fie
ſtets einen ausgezeichneten Rang unter den Eiteratoren dieſes Zeitraums
Unter feinem Nachlaß follen fih auch anziehende Memoiren über die
=
184 Fontenay Fontenelle
Band wieder befeſtigen, deſſen Knoten Ihe auf die Stirne fielen; dieſe DRobe 1
breitcte fich unter ihrem Namen in ganz Europa. Der König erhob fie zus Hu
gin; allein fie genoß dieſes Ranges nicht lange, denn fie flarb, kaum 20 Jahreı
an den Kolgen einer Niederkunft 1681 in der Abtei Portroyal in Paris.
Fontenay, Dorfim ehemal. Bourgogne, Depart. Yonne, wo 841.
biutige Schlacht zwifchen den Söhnen Ludwigs des Frommen vorfiel, welche 8
den Theilungsvertrag zu Verdun zur Folge hatte, vermöge deffen das große fi
kiſche Reich fo getheilt wurde, daß Lothar I. Stalien und das nachmalige Loch
‚gen nebft dem Kaifertitel, Ludwig Deutfchland, und Karl der Kahle Franka
erhielt. — Fontenay, Dorf in der Grafſch. Hennegau, bekannt durch
Schlacht am 11. Mat 1745, welche die franzöf. Armee unter dem Marfchall ı
Sachſen gegen die Verbündeten unter dem Herzog von Cumberland gewann. ;
Sontenelle (Bernard le Bovier de), geb. 1657 zu Rouen, Sind
Advocaten und einer Schwefter des großen Corneille. Diefer Dann, ber
Lebensjahre hindurch eine feltene Thätigkeit, und eine bis an fein Ende (1757) 1
geſchwaͤchte Geſundheit des Körpers und der Seele beſaß, kam fo ſchwach auf
Melt, daß er an dem Tage feiner Geburt ſchon dem Tode nahe war. Als
begann er feine Studien zu Rouen bei den Sefuiten, und als er im 13.
die Schule der Rherorik hinaufgeruͤckt war, erhielt er für ein lat. Gedicht eingn N
der Akademie. Nachdem er den Curſus der Phnfit und der Rechtswi
vollendet hatte, ward er Advocat, führte einen Procek, verlor ihn, und ſcha
nie wieder einen Proceß zu führen. 1674 Eam er nad) Paris, und wurde
ruͤhmlich bekannt, ſowol durd) feine poetifchen Erzeugniffe als durch feine will
ſchaftlichen Werke, Mehrein den „Mercure galant“ eingeruͤckte Poefien |
digten einen überaus zarten und ebenſo zuͤchtigen Dichter an. Noch nicht gamg
J. alt, hatte er einen großen Theil der Opern „Pſyche“ und „Bellerophon’‘ wu
tigt, die unter dem Namen feines Oheims, Thomas Corneille , erfchienen. 1681
er fein Trauerſpiel „Aſpar“ aufführen; es mißfiel, und fein Sau erregte fo viel 9
fehen, das felbft Racine Epigramme auf ihn machte. Eifer für den Ruhm fe
Oheims und perfönlihe Empfindlichkeit brachten ihn dahin, eine Partei zu en
fen, die ganz den Anfichten Derer, die damals unumfchränft in der Literatur hen
ten, entgegen war. Sein fanfter Charakter aber und feine Liebe zur Ruhe, Di
immer jedem Genuffe der Eitelkeit vorzog, verhinderten ihn, irgend eine Mein
mit Leidenfchaft zu behaupten. In dem Streite über die Alten und Neuern n
er ſich auf die Seite der Gegner des Alterthums. In feiner Tugend war er mb
Philofophie des Gartefius befannt geworden; er blieb ihr zugethan, ohne fie
theidigen zu wollen. Er batte als Dichter Bein Zeuer, Eeine Einbildungskraft,
als Selchrter wenig Erfindungsgeifl. Er behandelte die [hönen Wiſſenſch
trocken und fteif, und gab den ſtrengen Wiffenfchaften einen zu leichten Anfl
1683 erfchienen f. ‚„„Dialogues des morts‘‘, weiche günftig aufgenommen |
den, wiewol fie durch die Sucht, ſtets geiſtreich, neu und ungewöhnlich zu
ermuͤdend und unnatüclid) werden. Seine „„Entretiens sur la pluralite des ı
des‘ (1686, deutfch, mit Anmerk. u. Kupf. v. Bode, Bert. 1798), find das
Buch, in welchem aſtronomiſche Segenftände mit Geſchmack und Anmuth v
tragen werden. Es hat freilich durch die Fortſchritte der MWiffenfchaften fe
feine Brauchbarfeit verloren. Als Secretair der Akademie der Wiſſenſch
machte fid) F. durch die feit ihm üblich gewordenen Eloges berühmt, Kein
lehrter hat wol einen bedeutendern Einfluß auf fein Zeitalter gehabt als er.
vekdiente ihn ebenfo fehr durch feine Lebensweisheit und durch die Lauterkeit
Sitten ald burdy die Liebenswuͤrdigkeit feiner Schriften, in denen Feinheil
Eleganz des Styls der höchfte Vorzug iſt. Eine vollſtaͤnd. Ausg. derfeiben er
mit feinem Leben in 10:Bdn, 1751. Mivernois harakterifirt ihn auf fol
der erhieit Diele Den Yramen Des Drdens von gontevraud. In Den Das
iheten Kloftergebäuben verfammelte Mobert bald mehre Taufende von
berbei Geſchlechts, demen er die gefchärfte Regel Benedicts auflegte
seigenthümlidye Verfaffung gab, bei der bie Nonnen bie Herrfcherins
+ Mönche der jevesmaligen Äbtiffin unterworfen wurden. Diefer Or⸗
ich nady Spanien, vorzuͤglich aber in Frankreich aus, wo die zahlreichen
ben bedeutende Schenkungen erhielten. Die Äbtiſſin von Fontevraud,
mebme Dame, regierte fie alle ald Generalfuperiorin, und war, von
ichen Gerichtsbarkeit frei, nur dem Papfte untergeben. Zu Gunften
echts wußte fie bie ſtrenge Regel ſpaͤterhin zu mildern, und im 14.
a aud) andre Unorbnungen in den Klöftern dieſes Ordens eingeriffen,
ieurfprünglichen Sagungen für eine ſcharfe Abfonderung beider Ger
orgt hatten. Er verlor dadurch an Anfehen, hatte aber doch vor der
mmer noch 57 Häufer oder Priorate in Frankreich. Seitdem ift ee
inallen, Feſte, welche die Römer den Nymphen der Brunnen
ten, und an welchen fie bie Brunnen befränzten und Blumen hineins
e (Samuel), ber engliſche Ariftophanes, geb. 1719 zu Truro in Corne
amte aus einer guten Familie. Die Rechtögelehrfamteit, bie er ans
e, erregte ihm bald Widerwillen. Er heicathöte ein vornehmes, junges
ver, allein Beider Neigungen flimmten wenig überein. Foote überließ
ißigung feinem Harfge zum Vergnügen, und ftürzte ſich dadurch in die
sgenbeiten, benen er nur entging, indem er feine Zuflucht zum Theater
vutirte mit der Rolle des Othello, in welcher er unmoͤglich gefallen konnte,
hderhaupt nie in fremden Stüden vorzüglich fpielte. Um 1747 eröffnete
Daymurket ( Heumarkt) eine Heine Bühne, und erſchien ald Verf. und
e zugleich in einer Gattung von Schaufpielen, die ein Mittelding zwi⸗
el und Poffe waren, und in welchen er Begebenheiten des Tages und
onen mit deſto arößerm Gluͤck aufs Theater brachte. ie mehr er das ſel⸗
186 Forbin Forcellini
1777 vom Tode ereilt. Er hinterließ einen natuͤrlichen Sohn als Erben ſe
Vermoͤgens. Foote war ein Mann von unerſchoͤpflichem Witz, ſowol auf
Theater als im Umgang; aber er verichonte Niemand, und keines feiner Bonn
ging verloren. Die Tugend indeß war ihm heilig, nur das Lafter und die Then
geißelte er ohne Nüdjiht und Schonung. Als eine Probe ſeines ſtets fert
Miges wird folgende Anekdote erzählt. Foote hatte den Grafen Sandwich I&
lich gemacht ; diefer erfuhr e8, und als er mit ihm zufammentam, fügte er: „
möchte doch wiſſen, Foote, ob Sie einmal an den Fr... oder an dem Galgen
ben werden”. „Mylord“, antwortete diefer foyleich, „dad wide nur davon
hängen, ob id) e8 mit Ihren Maitreffen oder mit Ihren Grundfägen hielte“. |
tomifche Anekdoten enthält: Cooke's Mem. of Sam. Foote‘ (Kond. 1806);
war fchon auf den erften Anblick eine lächerliche, drollige und burleste Figur, |
und unterfegt, mit vollen Baden und großen, muthwilligen, gefftvollen Aug
babei wußte er auf feinem hölzernen Beine ſich mit einer feltenen Gewandtheit
zubewegen. ©. fämmtlichen dramatifchen Werke, meift Farcen, find 1789
4 Bon. unter Colman’s Aufficht erſchienen. '
Forbin (Louis Nicolas Philipp Auguft, Graf von), Generalllenten
und Oberauffeher der Kunftfammlungen in Frankreich, geb. 1779 zu oque
Depart. der Nhonemündungen. Als Slüchtling in Lyon zut Zeit der Belagech
fah er feinen Oheim und feinen Vater vor feinen Augen umkommen, und fürd
Zuflucht in dem Haufe bed Zeichners Boiffieu, dem er die erfte Anleitung zux
verdankte. Als cr fpäterhin mit einem gegen Nizza und Toulon beftimmten
taillon ber Nationalgarde aussichen mußte, ſchloß er in Toulon mit dem M
Granet eine Freundſchaft kr das ganze Leben. Nach dem Ende des Feldzugbg
er nach Paris und arbeitete in David's Schule mit dem angeftrengteften Fleiße,
er das Alter der Kriegspflichtigkeit erreicht hatte. Er mußte zum zweiten Mal!
der Kunft Abfchied nehmen, und ale er einige Zeit hei der Neiterei, wo ihm ber!
neral Sebaftiani die Befchäftigungen mit der Kunſt erleichterte, gedient hatte,
hielt er feinen Abfchied und begab fi nad) Italien. Zur Zeit der Kaife
kam er nad) Paris zuruͤck und ward Kammerherr der Prinzeffin Pauline B
Er trat wieder in Kricgsdienfte und machte mehre Feldzüge in Deutfchland, Pe
gal und Spanien, nahm aber nach dem wiener Frieden, durd) einige Hofraͤnke
muthig gemacht, feinen Abfchicd, und ging wieder nad) Ron. Hier widmet
ſich der Kunft, bi er 1814, nach der Wiederherftellung des Koͤnigthums nach ®
ris zutüchkehrte, wo er feine Arbeiten fortfegte. Zum Mitglied der Akademiei
Dberauffeher der Eönigl. Kunftfammlung ernannt, ordnete er die Überrefte debt
den Verbündeten geleerten Mufeums. Er machte 1817 eine Reife nad) Gried
land, Syrien und Aynpten, die er befchricben und mit vielen ſchoͤnen Zeihnum
begleitet hat. 1821 ward ihm die Oberaufficht Uber die Künfte, Kunſtdenkn
und die Kunftfachen in den Departements aufgetragen. Die neue Einrichtung
Mufeums, das aus einer Galerie und 20 großen Saͤlen beftcht, ift fein W
Ihm verdankt man auch die Stiftung ded Nationalmufums (Arbeiten fi
Kuͤnſtler) im Palaft Luremburg und des Mujeums in Verſailles. Seine 3
nad) Sicilien gab feiner Sammlung von Handzeihnungen einen Zuwachs,
Oſterwald u. d. T.: „Erinnerungen aus Sicilien”, herausgegeben hat. Zu
nen gefchästefien Gemälden gehören: Ines de Caſtro, der Tod des Plint
Gonſalvo von Cordova, ein peſtkranker Araber. In f. Jugend ſchrieb er ei
Zheaterftüce, u. A. gemeinichaftli mit Revoil in Lyon ein artiges Wanden
„Sterne, oder die empfindjame Reife”, und einen Roman: „Karl Barrimore*
Forcellini (Eyidio), ein italienifcher Philolog, berühmt als Lerilogn
arb. 1688 in einem Dorfe unweit Zelte, im ehemaligen venetianifchen Gel
Die Armuth feiner Älteren hinderte ihn, eine Schule zus befuchen, und ee mar fü
Förderung Form 187
yfen, als er aufdem Seminario zu Padua anfing Lateiniſch zu lernen.
ı diefer Sprache, und bald fein Freund, war der Literator und Pros
to. F. machte ſchnelle Kortfchritte in den alten Sprachen, 'und Fac⸗
e fich feiner Hülfe bei der neuen, von ihm fehr verm. Ausg. von Cales
in fieben Sprachen”. Beide Freunde faßten darauf den Entfchluß, ein
rterbuch der fateinifchen Sprache herauszugeben. Die Ausführung
rde jedoch dadurch verzögert, daß F. nach Ceneda in der trevifaner
feffor der Nhetorit und Director ded Seminariums verfegt wurde,
31 nad Padua zur&dberufen worden war, und durd) die Gunft des
: Stadt, des Cardinals Rezzonico, hinlängliche Muße erhalten hatte,
inter Facciolato's Leitung feine Arbeit, u.d.%.: „„Aegidii Forcel-
nitatis Lexicon etc.“ (Padua 1771, 4 Foliobde.): ein ruͤhmlicher
genauen Kenntniß der Latinität, ausgebreiteten Belefenheit und rich⸗
tung. F. ſtatb 1768. (S. Facciolato.)
rung, f. Bergwerkskunde.
L (Kobann Nikolaus), Dr. der Muſik, der größte muſikallſche Fiteras
iket unferer Zeit, geb. 1749 zu Meeder, einem Flecken bei Koburg,
n erften Aufflug in der Kunft dem „Vollkommenen Gapellmeifter”,
ed großen hamburgifchen Muſikers Matthefon. Er ging zu Koburg
‚ kam bald nad) Lüneburg, von da, im fiebzehnten Jahre, dur .
» al& Präpofitus des Chors nad) Schwerin. Hier machte er durch
wie duch fein Harfenfpiel auch bei der herzogl. Familie Gluͤck.
m zu bereden, die Rechte zu fludiren, um ihn dereinft in Schwerin
&o wenig ihm diefe Ausficht wuͤnſchenswerth fchien, fo ging er doch,
m al® wiöbegierig war, nach Göttingen und widmete dort ziel
chten. Doch bald war fein Entfchluß gefaßt, der Tonkunſt feine
u weihen. In dieſer Zeit ſchrieb er feine „Muſikaliſch⸗kritiſche Bis
der gleich die erfle Mecenfion des göttinger Studenten über Gluck's
Auffehen erregte. Als die Stelle des Goncertmeifters, die biöher ein
aus der Benda’fhen Schule verfehen hatte, in Böttingen erledigt
tFotkel diefelbe mit dem Titel eines Muſikdirectors. Er bekleidete
Ende feined Lebens und fie gewährte ihm die nöthige Muße, die wich⸗
die wir von ihm befigen, auszuarbeiten. So haben wir von ihm
tder Muſik“, die erften 2 Bde, einer Gefchichte diefee Kunft, 'eine
und Charakteriſtik Sebaftian Bach's“ erhalten , weldye den Namen
8 unfterblih machen. Zugleich bildete F. theoretifch und praftifch
:, denn er war einer der Wenigen, welche Sebaftian Bach's Mes
wierfpield in ihrer Reinheit bewahrt hatten. Er ftarb zu Göttins
wird in der PhitofophiederMatertie(f.d.) entgegengefegt und
rt und Weiſe, wie eine Thaͤtigkeit wirkt, ferner die Art ber Verbin⸗
Ranniafaltigen zu einem Ganzen; aud) fo viel als Geftalt, Geſtal⸗
Formale dem Materialen entgegengefegt, deutet die Geftaltung, Be⸗
Jerbindung der Theile eine® Dinges an. — Formalis mus, Inder
‚ namentlid in der Philofophie, das bloße Beruͤckſichtigen und
der formellen Erfoderniffe, oder Berucdfihtigung der Art, wie
kit wirkte, mit Vernachlaͤſſigung ihres Gehalts, des Gegenitans
tigkeit (Materie), daher auch formelle Phitofophie; — Bor:
ſophie aber, welche von der Form bes philofophiihen Erkennens
In der Buchdruckerkunſt beißt Form die in ihre Columnen und
zetheilte und zum Abdruck geſetzte, in eiſerne Rahmen eingeſchloſſene
Bogens, welche auf eine Seite des Papierbogens kommt. Sie ent:
188 Bormalien Formey (Johann Samuel)
hält In Folio 2, in Quart 4, In Octav 8 Columnen u, f. w., welche auf:
abgedruckt werden. J
Formalien, Formalitäten (Armlichkeiten) find aͤußere, c
ſentliche Umſtaͤnde, womit eine Handlung begleitet wird, von denen aber, h
licher Hinficht, die Gültigkeit eines Geſchaͤfts durch die Gefege abhängig g
ift, infofern fie als Zeichen der Rechtsgültigkeit-angefehen werden können. -
Jemand mit allen Sormalien empfangen; ein Teſtament mit den gewoͤhnlich
malien eröffnen; daher formaliter, in gewöhnlicher Form und Art.
formalifiren, etwas übel nehmen, ſich durdy die Korm, durch die 3
Meife, mie etwas gefchieht, für beleidigt halten; fein Befremden oder DE
über etwas äußern, fich über etroa® aufhalten. — For mal iſt, Derimiggf
genau an die vorgefchriebenen Sormalien bindet, daher auch ein Geremenkd
Complimentenmacher. — Formeln, für befondere Fälle vorgefchriehek
durch den Gebraudy eingeführte Worte, Wendungen oder Redensarten.
Buchſtabenrechnung (Algebra) find es die Vorfchriften zur Auflöfung eins
gabe. — Formulare aber find ganze Auffäge, weldye als Mufter und;
weichung mündlid) oder fchriftlich gebraucht werden follen. F
ormerei und Gießerei, ſ. Eiſen. BR
8 ormey (Johann Samuel), Profeffor und immerwaͤhrender
Akad. der Wiffenfch. zu Berlin, geb. dafelbft 1711, aus einer Kamißk:
gies, die einft der Neligion wegen aus Frankreich auswanderten, und
ein Theil ſich in den preuß. Staaten niederließ. F. widmete fich der
ward noch vor feinem 20. Fahre von berifranz. reformirten Gemeinde zu
burg (an der Havel) zum Prediger erwählt, ſechs Wochen darauf aber
gerufen, und in gleicher Eigenfchaft bei der friedricheftädter Gemeinde
Seine Kränklichkeit zwang ihn jedoch bald, fein Antt mit einem Gehuͤlf
len, und von diefer Zeit an legte er ſich mehr auf Literatur. Außer
fegungen, gab er von 1733 an mit Beaufobre die „„Bibliothdäque ge
fpäter da8 „„Jonrnal litteraire de 1’ Allemagne‘“ und den „„Mercure et
ve‘* (gleichfalls ein periodifches Blatt), und von 1750 bis 1759 mit
„Nouvelle bibliotheque germanique“ heraus. Faſt zu gleicher Zeit
er aud) die Stelle eines Directord und erften Lehrers am franz. Gpmnefl
Berlin, welche ev 1739 mit der eines Profeffors der Philofophie an derſelbi
ftalt vertaufchte. Als Friedrich II. 1740 die Akademie umfhuf, ward F.
Maupertuis dem Könige zum Secretair und Hiftoriographen derfelben vorg
gen. Sein Geiſt und feine Thätigkeit gewannen ihm hier des großen König
trauen und Zuneigung, und als 1748, nad) Jariges's Tode, die nerfchiedend
cretariatsftellen diefes Snftituts in Eine zufammengefchmolzen wurden, ei
die Verwaltung derfelben, mit dem Titel eines immerwährenben Secretairt
den gelehrten Streitigkeiten, welche fi) bald nad) Voltaire's Aufenthalt in
zwifchen diefem und Maupertuis erhoben, und in denen der König felbft
lebhaft Partei nahm, wußte ſich $. mit fo viel Umficht zu benehmen, daß e
feinen Anfichten und feiner Würbe etwas zu vergeben, ſich doc) die Achtung u
mogenbeit aller Streitenden erhielt, und Sriedrid) II. nichts an ihm auszufege
als daß er in feinen philofophifchen Anfichten nicht mit feinemkiebling Voltake
einftimmte. Durd) fhriftftellerifchen Steiß und die Gewogenheit der Große
auch auf frine Familie uͤberging, hatte ſich F. nach und nad) ein beder
Bermögen gefammelt; 1778 erhielt er noch die Stelle eines Secreta
‚ der Prinzeffin Henriette Marie von Preußen ; 1788 wurde er Director?
loſophiſchen Claſſe an der Akademie. Außerdem bebleidete er wichtige Ämter |
franz. Depart. und war Mitgl. vieler auswaͤrt. gel. Akad, Friedrich II. erroüı
fo lange er lebte, die größte Achtung ; auch der Nachfolger diefes Könige
Formey (Sodann ludwig) 189
erdienten Mann. F. ſtarb d. 7. März 1797, beinahe 86 3. alt.
‚ift, daß diefer in Deutfchland geborene und nie über die beutfchen
ommene berliner Gelehrte, der noch dazu eine beutihe Mutter hatte,
m gelangte, das Deutfche geläufig und ganzrichtig zu [prechen, ob ihn
ifswalder Gefellfchaft zur Beförderung und Reinigung der deutichen
hrem Ditgliede ernannte, fondern ſtets Franzofe in Sprache und Eis
kit blieb. Seine fchriftftellerifchen Arbeiten find meift in Meufel’s
Deutfdhland” verzeichnet; ihr größter Theil iſt in franz., einiges auch in
verfaßt, die er fo gut wie das Franzöfifche fprady und fchrieb. Beinahe
adt war Formey im Griechiſchen und nicht minder mohlbewandert im
Seine akademiſchen Abhandlungen gehören meift in das Gebiet der
Phitofophie, oder find Dentfchriften auf verftorb. Akademiker, Neden
un Sigungen (durch welche er ſich, ſowie früher durch feine Kanzelvors
ı Beifall erwarb) u. ſ. m. Für den geiftlichen Stafld, aus welchem er
‚ Ernennung zum Sectetair der Akademie trat, behielt er, gegen die
hilofophen feiner Zeit, große Hochachtung, und feine Befcheidenheit
Im Auszeihnungen, die ihm wurden, ſtets gleich groß. In f. „Sou-
citoyen“* finden fich anzichende Nachrichten Über ihn.
mey (Johann Ludwig), Ein. preuß. Geh. Obermedicinalrath, geb. zu
6, Sohn des Vorigen, erhielt f. Bildung theils im väterlichen Haufe,
a franz. Somnafium f. Vaterſtadt. Als er ſich daſelbſt durch das Stu⸗
aatomie und der Naturwiſſenſchaft vorbereitet hatte, ging er 1784 nad)
ınıdy Göttingen, und 1788 zuruͤck nad) Halle, wo er die medicinifche
kerbielt und eine Differt. „De vasorum absorbentium indole‘“* hers
89 ging er über Strasburg, wo Spielmann, Lauth und Hermann ihm
den, nach Paris. Hier gaben Fourcroy, Vicq d’Agyr, Portal, Kacepede,
Madyy, Cabanis feiner Wißbegierde volle Nahrung, fowie die Aufnahme
Thiebault, Lagrange, Bailly (Maire von Paris), dem Abbe de Les
Goldoni ihm den Zutritt in die ausgemählteften Cirkel verfchafften. Die
m Borfälle zur Zeit der Revolution beftimmten ihn zur Abreife. An ber
fgehalten, wurde er nad) dem Rathhauſe gebracht, wo er feine Rettung
wuth Lediglich dem Maire Bailly verdankte. Nach 14 Tagen gelang es
zu verlaffen. Hierauf ging er nach Zürich, Genf ımd Bern, fodann über
» Regensburg nad) Wien, uͤberall die Snftitute und den Umgang mit
en Männern zu feiner Bildung benutzend. Nach feiner Rückkehr
Feldarzt angeftellt, und der Generalftabsmedicus Riemer übertrug ihm
m Sazaretheinrichtungen. 1791 wurde er zum Oberflabsmedicus ers
4 führte er gemeinfchaftlich mit dem Generalchirurgus Murfinna bie
8 Lazareths. Als Leibarzt 1796 von Friede. With. DI. nad) Potsdam
ber daſelbſt bis zum Tede des Monarchen. Auffeine Bitte erhielt er feine
und trat in f. Wirkungskreis bei dem Ober:Collegio medico , dem
io Sanitatis und der Dofapothefencommilfion wisder ein. Seitdem
in Berlin. Auch gab er eine „Medicinifche Topographie von Berlin”,
ve Ephemeriden”, und eine neue Bearbeitung von Züdert’8 „Anweiſ.
ig der Säuglinge” heraus. Er erhielt den Preis der kaiſ. oͤbonomiſchen
zu Petersburg über die Mittel zur Verbeſſerung ber Euft in ben Zim⸗
B wurde ihm die Profeffur der Kriegsarzneikunde, und fpüter die der
Heiltunbe bei dem Collegio medico-chirurgico übertragen. Der im
erfolgte Tod Selle's (feines Lehrers) vermehrte feinen praktifchen Wirs
wdeutend. 1801 wurde er zum Geh. Obermebicinatrath ernannt, 1803
der franz. Colonie von Berlin, und 1804, nad) Riemer's Tode, zum
Omebieus der Armes. Die legte Stelle legte er 1805 nieder, weil durch
192 Forſter (Johann Georg Adam)
teifte ohne die geringfle Belohnung im Aug. 1766 nach London, Hler a
fi) und feinen Sohn Georg theild durch Verkauf mehrer von feiner Reife
brachten Seltenheiten, theild ducch Überfegungen. Zwar wurden ihm meh
rikaniſche Predigerftellen angetragen ; allein er fchlug fie aus, inbeffen fein
Georg eine Stelle auf einem Comptoir annehmen mußte. Cr felbft ging ai
feffor der Naturgefchichte und der franz. und deutfchen Sprache nad Warı
in Lancafhire, wohin aud) feine Frau und Georg nachfolgten. Hier unter
ex, ſelbſt als er die Profefforftelle niederlegte, die Jugend, und lebte mehre
in nicht unangenehmen Verhältniffen. Endlich kam der Antrag an ihn, I
pitain Coof bei feiner zweiten Entdedungsreife ald Naturforfcher zu ba
Er nahm ihn gern an, und ging mit f. damals 17jährigen Sohne den 26,
1772 von London ab. Dieſe Reiſe, auf welcher fie volle drei Jahre zube
bat der Sohn, Georg Forfter, in dem berühmten Werke (Lond. 1777,28
und deutſch, Berlin 1778 und 1780) ausführlic) befchrieben, da dies dem!
welchem es zur Bedingung gemacht worden, nichts für ſich von diefer Reife
zu laffen, nicht erlaubt war. Der Vater gab nachher feine reichen Bemerh
über Gegenftände der phnfifchen Erdbefchreibung, Naturgefchichte und Phdef
bie er auf diefer Reife gefammelt hatte, zu London 1778 in 4. (nachher.veri
von feinem Sohne zu Berlin 1783) heraus. Die Weltkarte, welche dir
ten Weltumfegler aufihrer Reife mit hatten, befindet fich in der Galerie gu
Belohnungen wurden Übrigens Reinhold F. fo wenig zu Theil, bag er
nach und nad) bei feiner zahlreichen Samilie in feinen oͤkonomiſchen
zuruͤckgekommen war, bis er 1780 als Profeffor der Naturgefchichte
ging, wo er 18 Jahre, bie an feinen Zod, eine Zterde diefer Akademie *
aus
bier fchrieb er fleißig, und war mit Überfeßung der neueften Reifen
Sprachen, unter welche vorzüglich die von Cook's dritter Reife gehört,
Freilich blieb er auch in Halle nicht ohne Verdrießlidykeiten, welche ihm fein
tigkeit, feine Geradheit und fein offenes Herz zugogen ; auch fein Hang zum |
und die Begierde, frine Sammlungen um jeden Preis zu vermehren, feßten
in große Verlegenheit. Der Vertuft feines trefflihen Sohnes Georg vermi
Leiden noch. Exftarbd. 9. Dec. 1798. Scharfſinn und ſchnelle Kaff
waren bei diefem merkwuͤrdigen Manne zugleich mit dem bewundernsw
Gedaͤchtniß verbunden. Siebenzehn lebendige und todte Sprachen redete oder
er. Er befaß eine höchft feltene Kenntniß der Literatur in jedem Fache; In bu
fhichte, der Botanik und Zoologie wird er immer mit feinem Sohne als ch
erften Entdeder des verfloffenen Jahrhunderts glänzen. Obgleich von hei
aufbraufenden Temperamente, hatte er dennoch fo viel Gutmüthigkeit, daß e
leicht beleidigte. Er war ausnehmend gefällig und dienftfertig ; auch frembei
dienſten ließ er volle Gerechtigkeit widerfahren. Cine unerſchuͤtterlich frohe
gab feinem Umgange ein eignes Intereſſe. In ſ. zahlreichen Schriften, uu
nen ſ. oben —*8 „Beobachtungen auf einer Reife um die Welt“, f. „Gel
der Schifffahrten und Entdedungen im Norden”, fowie f. „Antiquarifcher X
über den Byſſus der Alten”, die erften Stellen einnehmen, war fein Styl zwa
tig und lebhaft, aber nicht gunz rein.
Forſt Er (Johann Georg Adam), Sohn bes Vorhergehenden , geb. |
Nov. 1754 zu Naffenhuben bei Danzig, folgte f. Vater, elf Jahre alt, nac
ratow, und fegte in Petersburg f. unter des Vaters Leitung begonnenen
fort. Als diefer fidy nach England begab, murde er bei einem Kaufmann In
in die Lehre gegeben; indeß nöthigt ihn feine ſchwache Geſundheit bald, der.
lung zuentfagen. Er kehrte zu f. Vater nady Warrington zuruͤck, ſetzte feine
dien fort, Überfegte mehre Werke ins Englifche, und gab in einer benadjl
Schule Unterricht Im Deutfhen und Sranzöfiihen. Dann machte en, m
Forſter (Georg) 193
1772—75 die Reiſe um die Welt unter Cook mit, begab ſich 1777
wo er fich niederzulaffen gedachte, ging aber bald nach Holland, und
Wegenad Berlin, als der Landgraf von Heffen ihm einen Kehrfbiht
ſchichte an der kaſſelet Ritterakademie anbot, ben er bis 1784 einnahm,
Sahre er einem Rufe als Lehrer der Naturgefhichte nah Wilna folite
: sum Dr, der Medicin promovirt. Die Kaijerin Katharina hatte bie
37 eine Reiſe um die Welt zu veranflalten, und Forſter zum Hiftorios
er Unternehmung ernannt, die jedoch wegen des Tuͤrkenkriegs unters
nicht müßig zu fein, Eehrte Forſter nah Deutſchland zuruͤck, wo er
ften über Naturgeſchichte und Literatur herausgab. " Der Kurfürft von
nnte ihn 1788 zu feinem erſten Bibliohekar. Forſter ftand diefem
luszeichnung vor, bis 1792 die Sranzofen nad) Mainz kamen. Er
undfüge der Revolution mit Feuer ergriffen, und wurde von den repubiis
mten Mainzern nad) Paris geſchickt, um ihre Vereinigung mit Frank⸗
onvent nachzuſuchen. Er befand ſich noch daſelbſt, als die Preußen
sr eroberten, Dies Ereigniß zog den Verluft feiner ganzen Habe, auch
er und Handfchriften, nad) ſich. Er fah feine ganze Lage erfchüttert,
von einer geliebten Gattin, die ſich unter feiner Zuftimmung mit f.
aber wieder verband, und faßte den Entſchluß, nady Indien zu gehen,
zu vem Enbe das Studium der morgenländifchen Sprachen, unterlag
aſtrengungen und Unfällen der legtern Jahre, und ſtarb zu Paris d. 12,
» 8. gehört zu unfern claſſiſchen Schriftftellern. In feiner Profa ver:
tanz. Leichtigkeit mit engliſchem Gewicht. Wir tbergehen feine zahlrei⸗
gungen, und führen hier von feinen Schriften nur an: die anziehende,
eichichte und Menfchenkenntniß fo wichtige Befchreibung der denkwuͤrdi⸗
m die Welt; ſ. „Kleinen Schriften, ein Beitrag zur Laͤnder⸗ und Voͤl⸗
Raturgefchichte und Philofophie des Lebens‘, 6 Thle.; und insbefondere
tigen „Anfichten vom Niederrhein, von Brabant, Flandern, Holland,
ıd Sranfreich im April, Mal und Juni 1790”, 3 Thle. Auch hat er
at, die koſtliche Krucht des indifchen literarifchen Himmels, die „Sakon⸗
dalidas, auf deutſchen Boden verpflanzt zu haben.
ker (Georg), ein durch die kuͤhne Meife, die er 1782 aus Indien, wo
Re der oftindifchen Compagnie ftand, durch Nordindien und Perfien nach
ichte, bekannter Brite. Er überwand Gefahren aller Art, und zahlloſe
n. Mit den Sprachen und Sitten der Länder, die er berühren mußte,
te er morgenländifche Kleidung an. Das Gebiet der Seiks vermeidend,
Kaſchemir, und den gewöhnlichen Karavanenweg über Kandahar. Bon
ke er nicht mehr allein, aber immer mußte er gegen die fcharfe Beobachs
Reiſegefahrten ſich fidern, und befonders mit der Sprache und den Eits
hmanderten Rinder fid) vertraut zeigen, um nicht als Fremdling erfunnt
Darum veriagte er fih manche Bedürfniffe, und begnügte fich mit
fchlecdhten Nahrung. Nach Verlauf eines Jahres hatte er nicht mehr als
den Wege gemacht und den füblichen Theil des kaspiſchen Meeres ers
ach zwei Jahren kam er nad) England zurüd, und gab 1755 ein Wert
ntheiogie und Sitten des Hinduſtammes heraus, worin er dad Ergeb⸗
achtungen geſchickt mittheilte; feine Darftellung würde nod) belehrender
ein, wenn er umfaffendere allgemeine Kenntniffe gehabt hätte. Der
eigentlichen Beichreibung |. Reife erfhien 1790 zu Calcutta, wohin er
zxt war. Ehe er den 2. Th. vollenden Eonnte, ſtarber 1792 in Nagpur,
tals Geſandter auf dem Wege zu dem Oberhaupt des Marattenſtaates
ieſer Theil erſchien 1798, ohne daß man erfahren hätte, durch men und
Schriften nach England gekommen waren. Meiners uͤberſ. (1796 und
Ler. Siebente Aufl. Bd. IN. 13
194 Forſtweſen |
41800) dieſes anziehende Werk, das auch über die zu jener Bett noch wenig b
tn Seiks (ſ. d.) und Rohillas fchägbare Nachrichten mittheilte. Man h
Überf. u.d. X. „Voy. du Bengale à St.- Petersbourg, à travers les p
ces sepientr. de l’Inde etc. par feu George Forster‘ (Paris 1802, 3
m. Charten).
Forſtweſen, der gemeinfchaftliche Begriff der Theorie und Aus
einer Wiffenfchaft, welche, zuerft in ber zweiten Hälfte des vorigen Jahrh.
bildet, die Lehre von der zweckmaͤßigen Behandlung der Waldungen zum €
ftande hat. Die Geſammtheit der hieraufabzielenden®rundfäge wird For ſt wi
haft, und der Inbegriff der Maßregeln, welche über die Anwendung diefer C
fäge auf ein gegebenesHolzland zu nehmen find, Forſt wirthſchaft, und?
wirthdaher Derjenige genannt, der fich mit der pfleglichen Erziehung und zii
figen Benugung des Holzes zu befchäftigen Berufund Beftimmung hat. Das
wefen pflegt man in das innere und äußere einzutheilen. Untex jenem werd
in dem Umfange der Wälder, und in Abficht auf ihre unmittelbare Benugun
Erhaltung abzielende Verrichtungen, und die Perfonen verftanden, denen bi
aufgetragen find, während mit dem Ausdruck aͤußeres Forſtweſen jene Geſe
verbindung bezeichnet wird, welche zwifchen dem innern Waldhaushalte um
Stastsbehörden ffattfindet, und deren Charakter ſich in höherer Anorbuum
Leitung, nicht aber in unmittelbarer Ausübung ausfpricht. Mit diefer Einthe
vereinigt ſich im Mefentlichen die neuere und ſtreng roiffenfchaftlichere Abth
der Korftwiffenfchaft, oder vielmehr der Forftwirthfchaft, welche in der zwid
Richtung thätig erfcheinet: die fchon vorhandenen Wälder zu erhalten, zu befd
zweckmaͤßig zu benugen, daher fir die unumterbrochene Kortdauer der Benu
in der techniichen Sprache, Nachhaltigkeit der Benugung, zu forgen, und da
die genugten Flächen mit Holz wieder zu beftellen; dann die Walderträgniffe
die Staatseinwohner im Verhaͤltniſſe des allfeitigen Bedarfs angemeffen zu v
len, den Holzanbau mit den übrigen Zweigen der Urproduction im entfpred
Verhaͤltniſſe zu halten, feinen Gang und feine operative MWirkfamteit der S
verfaffung anzupaffen, und die politifchen Intereſſen der Wälder zu bewachen,
der Verſchiedenheit diefer Zwecke des Waldhaushaltes zerfällt derfelbe
MWaldwirchfhaftundindie Staatsforftwiffenfhaft. Sene
zu den Ausflüffen des Eigenthumsrecht, und nad) der Verfchicdenheit der W
figer ergibt fich) der Begriff eines Domanial⸗, gemeinheitlichen, gutsherrlichen
vat⸗ ıc. Waldhaushaltes. Auf den unmittelbaren Walbbetrieb foll die St
gierung nur infofern wirken, als fie in der Behandlung ihrer Domainwald
eine Dufterwirthfchaft zur Nachahmung aufftellt, wogegen die Thätigkeit t
fondern Staatsforftregiminalbehörden fich darin äußern muß, zwedimäßige V
lung der Watdflächen zu erftreben, damit einerfeite die Gebiete der Land» und
wirthfchaft gehörig abgegrenzt, andrerſeits die allfeitigen und allortigen Beduͤ
zureichend befriedigt werden. Die Waldungen, fowie jedes andre Eigenthun
gen Angriffe und Beſchaͤdigungen zu ſchuͤtzen, liegt in den allgemeinen Pflicht
Sicherheitspolizei, und die Staatsforftbehörde wird in diefer Beziehung wı
willen nur in das Intereſſe der Sache befonders gezogen, meil genaue Wirt
und Beurtheilung der Korflvergehen, und dadurch Beſtimmung des zu leiſ
Schadenerſatzes und der zu erlegenden Strafe, durch technifche Kenntniffe in
theil ermeffen werden muß. Mit jenen Maßregeln, welche aus Zweck und
famteit des Staatsforſtweſens hervorgehen, hängt indeffen nicht felten die
Waldbehandlung fo innig zufammen, daß ohne auf diefelbe birect zu wirkte
Staatsbehoͤrden Gefahr laufen, ihre Zwecke zu verfehlen. Es kann daher FA
ben, too felbft die innere Behandlung der Waldungen vorgefchrieben werben
wenn bie Aufgabe der forftlichen Regierungskunſt erſchoͤpfend gelöft werben fol
Forſtweſen (Waldungen) 195
: präceptive Befchränkungen ber aus dem Eigenthumsredhte fließenden
tfuͤgbarkeit über Benugung der Holzgründe gerechtfertigt erſcheinen. Es
dy ebenfo verwerflich, den Waldhaushalt der Staatsbürger der befchrins
id anordnnenden landesherrlichen Oberaufficht ohne Neftriction und Bedin⸗
erzuordnen, als nidyt zu rechtfertigen, denfelben unbedingt frei zu geben,
Junptgrundfaß des Staatsforſtweſens fpricht fich, in Beziehung auf den
ushalt, darin aus, daß die Regierung dort imperativ einzufchreiten habe, wo
ichten des mit dem guten Zuftande der Waldungen eng verbundenen Ges
(8, von einem durch Zeitconjuncturen mächtiger wirkenden größern Schein⸗
e8 Augenblicks überwogen, und, die Pflicht für die Zukunft dem fhnöden
:der Gegenmart aufgeopfert zu fehen, Gefahr droht. Mit dem Privats
e tritt der gemeinheitliche nid;t in gleiche Kategorie, da e8 bei demfelben von
tausche der obervormundfchaftlichen Rechte und Pflichten des Staates abs
u beftimmen, auf welche Weife die innere Wirthfchaft unmittelbar oder
:zu modificicen fei. '
robjectiver Hinficht werden die Waldungen eingetheilt, und zwar In
ihrer Subftanz, in Raub: und Nadelholz, ihrer Behandlung, in Hoch⸗,
md Niederwald , und die aus ihrer Benutzung füllenden Erigniffe in
und Nebennugungen. Die Laubholzwaldungen beftchen aus jenen Holz»
eren Blätter eine größtentheild mehr breite als lange Form und waͤſſerige
ben, vd, bis aufwenige Gattungen, an den Bäumen nicht überwintern,
im Herbfte abfüllen. Die Nadelhölzer haben dagegen nadelförmige, meift
tende, und fid) in längern Zeiträumen, z. B. von 3 zu 3 Jahren, nicht
ig, fondern allmälig und unmerklich erneuernde Blätter (Nadeln), und hars
# Säfte. Die in Deutfchland herrfchenden eingeborenen, im Forftbetriebe
4 brauchbaren Raubholzgattungen find: die Eiche, die Rothbuche, die Birke,
kaum, die Eſche, Ulme, Linde, Erle, Aborn. Die Akazle, norbameris
Abkunft, murde in neuern Zeiten in Deutfchland einheimifch, nicht aber
von ihr geträumten Vortheilen, und e8 hat überhaupt bis jegt Eein fremder
im fotche Vorzüge erprobt, welche nicht an eingeborenen Hölzern nachgewies
en koͤnnten, fodaß diefelben durch erotifche Holzarten zu verdrängen, zu
gem wäre, ohne dadurch den Mugen beftreiten zu wollen, den einzelne
ige neben einheimifchen Hölzern gewähren. Die vorzuͤglichſten Nadelholz⸗
db: die Kiefer oder Köhre, die Kichte, die Weißtanne und die Lärche, letztere
kdtichen Deutfchland heimiſch, nun aber in ganz Deutfchland angezogen.
shwaltwirtbfchaft wird jene Waldbehandlung verflanden, wo man jede
he natürliches Alter erreichen läßt, und wo daher der Natur überlaffen
26 geſchlagene Holz durch Samen zu verjüngen. Für diefe Behandlung
h alle Holzarten, jedoch pflegt man im Hochwalde nur die beſonders hoch⸗
mu erziehen. Wenn dagegen der Benugung des Holzes ein engeres Ziel
pird als an der natürlichen Wachsthumsperiode deffelben, und wenn die
ung der Walbungen durch die Außerung der angeftammten Reproductiongs
ber durch den Ausfchlag der Stauden bezweckt wird, fo ergibt fich der Bes
Niederwalb. Für diefe Wirthfchaftsmethode eignen ſich nur die Laubhoͤl⸗
| das Nadelholz am Stode nicht ausſchlaͤgt. Schlagwaldungen nennt
Niederwaͤlder dann, wenn die Abficht des Forftwirthes dahin geht, Holz
znicht ganz unbebeutenden Stärke zu erziehen, und bei folchen Waldungen
Abholsung in wiederkehrenden Zeiträumen von 30 bis 40 Jahren vorges
„ in der Korftfprache, fie ftehen auf 30> bis 40jaͤhrigem Umtriebe. Buſch⸗
mut man jene Waldungen, welche in fehr kurzen Zeitraͤumen abgeholt
und Rinbenfchläge diejenigen, bei denen die directe Nutzungsabſicht auf
ung gerbftoffhaltiger Ninden geht. Daß bei ber Wahl diefer verſchiedenen
13”
196 Forſtweſen (Forftbenugung)
Rindenwaldwirthſchaftsmethoden bie Natur ber Holzarten, insbeſondere bahe
Größenverhäftniffe, ihre Lebensdauer und die Ausfchlagungsfähigkeit der €
weſentlich entfcheiden, liegt im Begriff der Sache. Wenn Örtliche Verhäl
gebieten, beide Wirthichaftsarten in Verbindung zu fegen, mo 3. B. der fd
Umfag des Waldcapitals nöthig, dabei aber die Erziehung ſtarken Bau⸗ und 9
holzes unentbehrlid) ift, entflcht der Mittelmald oder Gompofitionsbetrieb, di
fonders in der franz. Forſtſprache durdy die Benennung, futaie sur taillis
richtig bezeichnet wird, Eigentlich wird ale Niederwaldwirthſchaft zu einer Ar
Mittelwaldwirthſchaft, da die immer ausgehenden Stöde durch neue Holzpfle
aus dem Samen erfegt werden muͤſſen. Der Umtrieb der Hochwaldungen r
ſich nach) der phyſikaliſchen, dtonomifchen, oder mercantilen Haubarkeit, daher
ber Natur, nad) dem Holzbedarfe einer Gegend, und nach dem Gelbbedarf
Waldeigenthuͤmer. Die'natürliche Haubarkeit tritt bei einer und derfelben Hu
verfchieden ein, nach der Verfchiebenheit der Lage und des Klimas. Das mi
Klima befchleunigt, daß ſtrengere verzögert die Haubarkeitöperiode, welche zum
ducch den Grundſatz beftimmt wird, daß bei längerm Stehenbleiben (Überha
der Stämme der Verluft an Holz und Geldertrag durch die Vermehrung anf
maffe (Zuwachs) nicht ausgeglichen werde. In allen Laubholzhochwaͤldern wid
Verjuͤngung immer durch die Natur, und gewoͤhnlich durch Führung dreier H
des Befamungs- oder Dunkel⸗, des Licht- und des Abtriebs= oder Reinigungeſchl
bewirkt. In Nadelholzwaldungen findet auch der kahle Abtrieb und die Vich
ſtellung der Schlagfläche durch Handfaat ſtatt.
Alte jene Grundfüge, welche das Verfahren bei den MWaldnugungen
machen bie Lehre der Sorftbenugungaus, und befaffen fowol die Ha
die Nebennugungen, Unter jenen wird der Holzertrag der Wälder im engern
Hauptziel ihrer Bewirthfchaftung, unter diefen alles Dasjenige verftanden,
den Nebenbeftandtheilen des Holzes, > der Rinde zur Benugung ale ©
bem Holzfamen zur Gewinnung von DI, zur Schweinemaft ıc. eingeht ; dann,
Benusung und VBerwerthung im Walde nad) Erzeugtwerden der Gegenftände Mid
3. B. das Gras ald Viehfutter, duͤtres Laub, wo es, ohne die Verbefferung
Waldbodens zu beeinträchtigen, genommen werden fann, und Korftunfräuter
Streu, Steine und ähnliche Producte. Auch rechnete man den Jagdertrag zu
Forſtnebennutzungen, aber unrichtiger Weife, da die Jagd ein felbftändiger Ge
fland des Betriebes und Einkommens iff, und aud) nicht ausſchließlich in 8
dern ausgeübt wird. Ebenfo wenig find Waldbodenzinfe Forftnebennugungen
jeder in einen andern Cultur⸗ und Benugungsftand übergegangene Beſtandthell
Waldes aufgehört hat, Wald zu fein. Indem die Holzbedürfniffe eines Ma
fich in der Verwendung des Holzes zur Aufführung von Gebäuden, zu Gere
und zur Feuerung ausfprechen, fo muß die vorzügliche Ruͤckſicht in der Forſtb
gung dahin gehen, die verfchiebenen Holzarten zweckmaͤßig zu fördern, und j
Beflimmung jenes Holz zuzuweifen, was für diefelbe am beften ſich eignet,
was nur dazu, und nicht mit größerm DVortheile zu andern Verwendungen a
geben werden Eönnte. Daher muß eine genaue Ausfcheidung der Holzforten fl
finden, und der Forſtwirth die vorläufige Zurichtung des Holzes zu dem verjchl
nen Gebraudye auch um deswillen noch vorbereiten, um dadurch den Transpor'
erleichtern, und den Transportaufwand zu vermindern, fowie felbft die zweck
ßigſten Transportmaßregeln zum Bereiche des forftwirthfchaftlihen Wirkens gi
ven. Der Inbegriff alier hierauf abzielenden Grundfäge, mit Einſchluß der Ker
niffe der zur Holzgewinnung, Zurichtung und zum Zransport dienenden Werkze
und Anftalten begründet den Begriff der Forſttechnologie.
Nicht alle Waldungen find in einem guten Zuffande, fondern manche tf
weife holzteer. Diefe nicht beftandenen Waldtheile (Bloͤßen, Odungen) wieder
Forſtweſen (Forſtwiſſenſchaft) | 197
beftellen, muß daher ebenfalls Sorge des Korftwirthes fein, worüber er
Lehre der Holz zucht oder des Holzbaues Anleitung erhält. Solche
„ durch Saat oder Pflanzung gemachte Waldanlagen nennt man Cultus
Bloͤßen entftanden meiftene durch fehlerhafte Wirthfchaft, gewinnſuͤchtige
auf die Waldungen, Ungluͤcksfaͤlle, Verheerungen durch Thiere und aͤhn⸗
onlaffungen. Gegen folche nachtheilige Ereigniffe Waldungen zu fihern,
fand des Forſtſchutzes, womit die Staatsforftregierung jene Anords
n Verbindung fegen muß, welche darauf abzweden, den Horitfhug in der
19 zu unterftügen, durch zweckmaͤßige innere Anftalten zu erleichtern, auf
ung von Vergehen hinzumirken, und von ihrer Wiederhol ng durch Be⸗
der entdedten Vergehen abzufchreden. Diefen heil des Forſtweſens zu
nd zu regeln, übernimmt die Forftpolizei, deren Ausuͤbung zum Theil
Ibedienten, zum Xheil aber auch eignen Korfl: oder den allgemeinen Landes⸗
ad Polizeibehörden überlaffen if. ine eigne gefonderte Forftpolizeiges
teit Bleibt immer ein Mißſtand in einer guten Forftverfaffung und Quelle
Udels. Nur dann, wenn alle Räder in der Mafchine der Forſtverwaltung
mfammen und in einander greifen, wenn Einheit und Übereinftimmung in
haften diefelbe vereinfachen, wenn in der ganzen ob: und fubiectiven Forfts
a3 vom Höchften bis zum Niederſten Zufammenhang und Verbindung iſt,
wichtigen Zwecke des forftlichen Betriebes erreichbar, wozu befonders gehört,
: Zorftbediente die Pflichten und Befugniffe feines Amtes genau Ernne, Reis
inter den verfchiedenen Dienſtesclaſſen vermieden werden, jeder Forſtbediente
a Dienftgrad und den Umfang feines Wirkens die nöthige Bildung habe,
tfür zweckmaͤßige Bildung und Unterricht, zugleich aber auc dafür aus⸗
geforgt werde, daß die Befoldung dem Dienftgrade, ben bamit verbundenen
sund dem Bildungsaufwande der Korftbedienten gehörig entfpreche, und
us ſolchen Beftandtheilen zufammengefeßt fei, daß einerfeits der localen Bes
der Korftdiener begegnet, und anberfeitd das Intereſſe der Korftverwaltung
michende ausdehnende Beſoldung gefichert werde. Die Korftdirection
rn zweckmaͤßigete Korftgefege der Stuntögefeggebung vorfchlagen, für Zeits,
d ortsgemaͤße Inftructionen der Forftbedienten forgen, angemeffene Bes
tifeme und Etats entwerfen, und den forftlichen Schulunterricht und die
Ausbildung der angehenden Forftwirthe leiten. in Zweig der Forſtdi⸗
das Forſtmaterialrechnungsweſen, deffen Anordnung und Leitung von der
tien ausgeben muß. Den adminiftrirenden und ausuͤbenden Forſtwirthen
eng und Verrechnung aufzuitragen, ift, einzelne Fälle autgenommen, 3. B.
e Beſchraͤnkung der Waldungsbezirke, ein fehr verwerfliches Verfahren.
terhebt fich der Forftbetrieb zur möglichften Vollkommenheit, wenn nicht
genwärtige Benukung gehörig geleitet, ſondern zugleich für die Zukunft
zb. Die Lehren von der Forſthenutzung und dem Holzanbau zeigen wol,
ungen benußt und verjüngt werden follen ; allein fie geben nicht die Regeln
lchen Verhältniffen des Raumes ein gegebener Wald benugt werden foll,
zleichbleibende Nußungen immer zu liefern. . Dies ift Gegenftand der
ration und Forfleinridhtung, deren Grundlage die Korftvers
5, Aufnahme und Chartirung ift.
Forſtwiſſenſchaft entſtand, als einerfeits drohender Holsmangel den
gen die Wichtigkeit der Waldungen fühlbar machte, andrerfeits aber die
musung des Holzüberfluffes eine neue Quelle des Staatseinkommens
Reiche Summen fließen nicht aus der Verwerthung diefer Naturſchaͤtze,
3 den Waldungen des Oberrheins, des Speſſarts, des Fichtelgebirgrd
er andern für den Vortheil der hollaͤndiſchen Marine: und Landbauten in
ttaflen! Dentende Zorffwicthe fingen an, eigne und fremde Erfahrungen
198 Fortdauer der Seele
zuſammenzuſtellen, und in der Natur der Waͤlder das Syſtem der Wiſſenſchaf
zuſuchen. In Norddeutſchland wurde zuerſt der oft rohen Jagdherrſchaft uͤb
Waldungen der Stab gebrochen, und der Grund zu einer auf natuͤrliche Prin
geſtuͤtzten Forſtwiſſenſchaft gelegt. Sowol Lehrer auf Univerfitäten als im;
ſchen Dienſte ſtehende einſichtsvolle Männer wirkten für dieſen wichtigen Zwe
Eifer und Erfolg durch Schriften und Handlungen, und immer werden die N
eines Kramer, Gleditſch, Beckmann und Zanthier mit Achtung genannt w
Diefer Letztere war der Erſte, der den forſtwiſſenſchaftlichen Unterricht ſelbſtaͤnt
Ilſenburg im Stolberg Werningeroteichen ing Leben rief. Dann machte das
wefen in Preußen in Grundfag und Ausübung rafche Fortfchritte, und waͤ
Burgsdorf mit dem erften volftändigen Syſtem der Korftwiffenfchaft die de
Literatur bereicherte, forgte er zu Tegel bei Berlin für Unterricht und Bildung
tiger Foͤrſter. Auch im füblihen Deutfdyland war man in der Ausbildun
Forſtweſens nicht unthätig, obgleich andre Localverhälmiffe und Anfichten de
gierungen dem fchnellen Aufſchwunge diefes Faches nicht fo günftig waren, n
Norden unferes Vaterlandes; indeffen wurden Lehrftühle der Forſtwiſſenſche
Hochfchulen, oder auch befondere Forſtlehrinſtitute errichtet, wie im Kurfuͤrſten
Mainz, in Baiern, Würtemberg und im Breisgau; Mühlentamp, Dikt, ı
ter, Jaͤger und Trunk machten ſich mehr und weniger um die Korftroiffenfhaf
dient, Man fing nun auch an, einzelne Theile diefer Wiffenfchaft mit befed
Fleiße zu bearbeiten, Hennert z. B. fchrieb über Forſttaxation mit Scharfilm
Gruͤndlichkeit. Die hneliften und Eräftigften Kortfchritte machte die Forſtu
ſchaft vom legten Jahrzehnde des vorigen Jahrh. an; befonders that Hartl
zuͤglich viel für die Bildung der Forftleute, Er verfah lange Zeit hindurd) aus |
Lehranftalten zu Hundingen und Dillenburg einen großen Theil von Deutfi
mit Forſtwirthen. Auch durdy einfache und für die untern Claffen der Forſt
faßliche Lehrbücher erwarb ſich Hartig eine gewiſſe Beruͤhmtheit, die ihm I
bleiben wird, wenn auch ſchon in fpäterer Zeit die Wiffenfchaft logiſch ftrengı
gründlicher behandelt wurde, Insbeſondere zeichnete fich Hartig in Xheort
Praxis des Zarationsmwefens aus. Won nun an folgten ſich die Korftichran
ſchnell, unter denen aber einige nur voruͤbergehende Erſcheinungen waren; bi
ratur fing an, von Überfluß zu ftrogen, nicht immer durch Erweiterung des
meaens auch an Vergrößerung des Kerne gewinnend. Beſonders wurden die.
. wiffenfchaften der Forſtkunde mit regerem Eifer betrieben, und Bechſtein,
verdient um die Bildung junger Forftleute bucch die Gründung der Forſtlehr
zu Waltershauſen, gegenwärtig zu Dreißigader, wird immer unter den Naı
fchern Deutſchlands, welche ihre Thätigkeit vorzüglich gegen die Forſtwiſſe
„hin richteten, eine ber erften Stellen einnehmen. In neuerer Zeit hat zn
Zahl der beutfchen Sorftfchulen abgenommen, allein die der Schriftftell
ſich vermehrt. Unter denen des erften Ranges glänzen die Namen eines Wi
Gotta (f. d.) und Hundeshagenz durch fleißige Bearbeitung einzelner Th
Forſtwiſſenſchaft haben fi) Kaurop, Hoßfeld, Schleevogt, Heldenberg, $
Mebauer, Konig u. A. verdient, Einige jedoch, für die Wiſſenſchaft gewi
Viel⸗ und Breitfchreiberei ſchuldig gemacht, ſowie ſelbſt aus zu weit gett
Speculationd:, Reformations⸗ und Neuerungsfucht die gehaltvoliften Schri
fi) in die Räume unpraßtifcher Vorfchlige verirrten. Zu empfehlen fint
ta's Werke; insbeſondere St. Behlen's „Lehrbuch der Forfte und Jac
geſchichte“ (Leipz. 1826); Aberhaupt: Bechſtein's „Korft: u. Sagbwiffenfe
allen Ihren hellen” ıc., fortgef. von Laurop u, A. (1824, 8 Thle., m. Kupf
Fortdauer der Seele oder Unſterblichkeit bes Geifl
die Fortdauer unferer geiftigen Perfönlichkeit mit Bewußtſein und Willen,
ſchreibt man auch dem Körper eine Art von Unfterblichfeit, aber nur info|
Sertdaner der Seele ‚199
kperlidyen Stoffe, welche ihre bisherige Dafeinsform verlaffen, unter
rhältniffen in der Natur fortwirken und in andre Körper übergehen (f. d.
), nicht als ob derfelbe Körper bliche. Da nun der Leib unmittelbar nach
in Verweſung Übergeht, und bamit als beſtimmter organifcyer und mit
tigkeit begabter Körper zu fein aufhört, fo kann auch eine Auferftes
s Leibes nicht als eigentliche Fortdauer deffelben, fondern nur als eine _
‚pfung eines ähnlichen und zwar volllommnern Körpers gebacht werben,
auer nad) dem Tode oder die Unfterblichkeit der Seele hat man auf vers
Kst zu bemweifen gefucht ; befonders hat man fie in neuern Zeiten aus der
‚alität dee Seele gefolgert. Allein diefe Immaterialitaͤt laͤßt ſich feibft
gerweifen; unb wenn auch, fo würde daraus folgen, daß die Seele nicht
Leib durch Verweſung zerftdrt werden koͤnnte, nicht aber, daß fie auch
ı Berwußtfein ihrer felbft fortfahre zu fein und zu wirken. Denn es bliebe
glich, daß die Seele nad) dem Zube in einen bewußtlofen Zuftand übers
nlich bemjenigen, worin fie fich während eines tiefen Schlaf oder einer
Mmmadıt befindet. Dies wäre aber keine wahre Fortdauer, fondern nicht
als Vernichtung. Gleichwol ift der Gedanke, dag der Menfc nad) dem
sten ſoll, als ein vernünftiges und freies Weſen thätig zu fein, fo troftloß
a möchte fagen, empörend fuͤr die Menfchheit, dag ihn die Meifeften und
n jeher als einen unwahren Gedanken verworfen, und alle gebildete Voͤl⸗
Mfaung der Fortdauer nad) dem Tode als einen wefentlichen Beſtandtheil
töfen Überzeugung anerkannt haben. Die Hoffnung der Unfterblichfeit
18 religiöjer Glaube zu betrachten. Es ift nämlid) eine unabweisliche Fo⸗
Vernunft an den Menfchen, daß er nach einer ind Unendliche fortgehen⸗
Atommnung firebe. Diefe Soderung kann und darf der Menſch nicht
wenn er nicht auf feine ganze Würde als ein vernünftiges und freied We⸗
jeleiften will. Er barf daher auch mit Recht erwarten, daß eine ewige
feines beffern Selbſt, als die unumgaͤnglich nothiwendige Bedingung
dlichen Fortſchritts im Guten, flattfinden werde, wenn ihm auch die
teiner ſolchen Fortdauer ein eben fo unauflöstiched Nätbfel if. Der
‚die Unſterblichkeit hat daher einerfei Grund und Quelle mit dem Glau⸗
Gottheit, und Niemand kann mit fefter Zuverfiht an Gott glauben,
ch an feine Sreiheit und Unfterblichkeit zu glauben. Es befindet fich das
aube an Unſterblichkeit auch in den Neligionen der gebildetflen Voͤlker
nur wird die Idee der Kortdauer von den verfchiedenen Völkern mannigs
Act. Am meiften aber ift fie abhängig von der Anficht, welche man
ele und ihrem Verhältniffe zum Körper hat, Nur der roheſte Materias
ieſer Vorftellung unfähig. Sobald man aber anfängt, das eigenthüms
a der Seele wahrzunehmen, und feinen Blid von der finnlichen Gegen
wnden, fobald entſteht auch dee Gedanke an die Kortdauer, und wird
egungen ber Hoffnung und Furcht, forwie durch mannigfaltige noch un=
Frfcheinungen der Natur, ja felbft durch Täufchungen unterftügt. Fruͤ⸗
cd die Fortdauer al eine Fortdauer mit dem Körper, ohne Vorftellung
dieſem Leben verſchiedenen Zuftandes gedacht (vielleicht darum fuchte
die Körper der Todten unverweft zu erhalten), fpäter mit einem an⸗
liehenen Körper. Ober die Seele wird wie cin feinerer Körper vorgeftellt,
is Luftweſen (daher die Benennungen des Geiftes in den aͤltern Spra⸗
Hauch und Luft), oder ale ein Schatten, der gettennt vom Körper nad)
ebe. In dieſem Falle ift aud) das Leben nach dem Zode, wie nach der
Eder Griechen, nur ein Schatten von dem gegenwärtigen. Aber dice ift
se Borftellung und fegt eine Herrfchaft der Sinnlichkeit voraus. Indem
zas Leben der Secle verbunden mit dem vorigen oder einem neuen, wenn
202 Foſcolo
tuen ber zwoͤlf oben Goͤtter. Jetzt heißt dieſer ehemals mit den ſchoͤnſten Pal
‚ und Prachtgebäuden gezierte Piab Campo Vaccino (Dchfenplag), und ift faft u
aber mit unzähligen Ruinen feiner ehemaligen Herrlichkeit befdet. — Su
Gerichtsſprache heißt Forum Gerichtshof, die Gerichtöftelle, vor welcher fl
Rechtsſachen entfchieden werden; wie auch die richterliche Behörde, der Ger
ftand und die Gerichtsbarkeit; daher: forum competens, das befugte Ge
wohin die Rechtsfache eigentlich gehört ; forum incompetens hingegen ein und
tes Gericht. Forum contractus ift der Gerichtähof des Orts, wo ein Verten
fchloffen ward; forum delicti (commissi), der Gerichtshof des Orts, mu
Verbrechen begangen warb; forum domicilii und forum habitationis (f. Di
cilium); forım appreheusionis , wo der Verbrecher ergriffen warb; &
originis, der Heimath, des Gchurtsorts; forum rei sitae, der Gericht
Drts, wo die ftreitigen Gegenffände liegen; forum privilegiatum, ein
hof, unter weldyem Jemand feines Amts oder feiner Perfon wegen fteht. Se
3 B. Geiftliche ein forum privilegiatum, infofern fie nicht unter der allgem
Gerichtsbarkeit, fondern unter dem Gonfiftorium ftehen; desgleichen Stute
als unter dem alabemifchen Gerichte jtehend.
Foſcolo (Ugo), italienifcher Dichter und Schriftfteller, geb. aufderä
Zante gegen 1772. Er trat zu Venedig, ungefähr ein Jahr vor dem FulR
Republik, als dramatifcher Dichter mit feinem „Thyeſtes“ auf, bei dem Üyg
Einfachheit und Strenge Alfieri’8 und der Griechen zum Muſter gedient
Gegen den Beifall, den diefed Werk erhielt, trat cr ſelbſt mit einer firengen
ervor. Als Bonaparte die alte Verfaffung Vencdigs ſtuͤrzte, und eine
einführte, zeigte ſich Foſcolo als einen eifrigen Anhänger der neuen ©
feine Hoffnung aber, einen bedeutenden Platz in der neuen Republik einzum
wurde durch die Abtretung Venedigs an Öftreich vereitelt. Seinen Geiſt &
fchäftigen, fhrich er einen, durch glühende Leidenichaft ausgezeichneten Roma
ter dem Zitel: „„Ultime lettere di Jacopo Ortis“* (Mailand 1802). Mes
Eennt darin eine Nachahmung des „Werther; indeß jind es wol hauptſaͤchlich Di
Werke eingemwebten politifhen Beziehungen, und ein gereiffer trüber Patriot
wodurch es die Italiener fo allgemein anſprach. Dabei verdient es von Seite
Sprache großes Lob. F. begab ſich nad) Mailand, wo ein Freund, General %
ihm eine militairiſche Anftellung verfchaffte. Hier ſchrieb er 1803, in berf
eines Commenta.s über dag von Gatull Uberfegte Gedicht des Kallimachus aw
Daupthaar der Berenice, eine Satyre gegen verfchiedene Gelehrte. Alt «
franz. Zruppencorps nad) Frankreich zurüdkehrten, benugte F. diefe Gelege
Daris zu befuchen. Nach f. Rückkehr ließ er 1807 das kleine Gedicht „„De
polcri‘‘ drucken, worin er die Mailänder übel behandelt. Die Kritif dagege
deite mit Recht feine Verfe ald raub und ohne Wohlklang. Darüber erzürmt
ſchloß er, eine andre Bahn zu betreten.‘ Er unternahm bie Bearbeitung und
ausgabe der Werke Montecucuti’s, nach den Urhandfchriften, ein verdienfl
Unternehmen, das er aber nicht ganz zur Zufriedenheit der Kenner ausführte
ihm Mangel an gründlicher Kenntniß der Kriegskunft, und eine zu große Ke
im Ausfüllen der in den Handſchriften vorhandenen Luͤcken vorwarfen. Mit D
deffen Freund und Vertheidiger 5. geweſen, zerfiel er Dadurch, Daß er als jener
liberfegung der „Stia®" herauszugeben im Begriff war, ebenfall® mit einer
fegung der erften Gefänge des Gedichts hervortrat, und fie zugleidy mit Abhan
gen begleitete, bie offenbar gegen Monti gerichtet waren. Man glaubt, daß e
ſelbe Abficht mit f. beiden Tragoͤdien „„Ricciarda“ und „„Ajace‘* hatte. Di
Hierung aber, die hier noch andre Beziehungen finden wollte, befahl ihm, Ma
zu verlaffen, Um den Screin der Berbannung von ihm abzumenden, fanbt
fein Sreund Pino mit angeblichen Aufträgen nad) Mantua. Pier lebte er bi
Foſſile Knochen Fouchs 203 _
amg Napoleons. Mit großem Eifer ſprach er da mals für die Unabhäne
tafiens, und machte fich, als Murat feinen Kriegszug unternahm, den Oft:
fo verdiichtig, daß er es gerathen fand, Italien zu verlaſſen. Er ying nad)
zeiz, dann nad) Rußland‘, und lebte 1817 in London.
oſſile Knochen, f. Urwelt.
sffilien, 1) fpnon. mit Mineralien; mit Verſteinetungen
athergill (Sohn), englifcher Arzt, S. eines Brauers, geb. ar 8. März
Carrend bei Richmond in der Grafſch. York, und erzogen In einer Erziehungs»
ee Quaͤker zu Richmond, bekannte fich fein ganzes Leben hindurd) zu diefer
Er ftudirte Medicin zu Edinburg, ward an dem St.⸗Thomashoſpital in
sngeftellt, machte dann 1740 eine gelehrte Reife durch Holland, Deutfchs
Frankteich, und ließ fich in London nieder, wo er 30 3. hindurch, als der
ufte der damaligen Ärzte, eine ausgebreitete Praxis trieb. Seine Geſchick⸗
ud fein Fleiß, fowie feine Mohlthätigkeit gegen die Armen, denen er forts
baroge Summen austheilte, erwarben ihm allgemeine Achtung. Ale 1746
üge Bräune in London epidemifch wurde, befolate F. in der Behandlung
Reine nee Methode, gebrauchte Brechmittel und Mineralſaͤuren, und brachte
unten faſt alle gluͤcklich durch. 1748 gab er eine Schrift: „Über die Natur
Yandlung der Brandbräune” heraus, die in verfchlebene Sprachen uͤberſetzt
Roech beſchaͤftigte fich F. eifrig mit der Kräuterfunde. Er kaufte 1762
I em zroßes Stuͤck Selb, und legte da einen botanifchen Garten an. Durch
is Luͤnſtler in London ließ er die Pflanzen f. Gartens abzeichnen; nad) f.
kan 1200 foicher Zeichnungen in daß Eaif. Cabinet zu Petereburg. Sein
Wed und mineralogifches Cabinet gehörte zu den vorzüglichften in England;
Werte auf ſ. Koften eine große Ersiehungsanftalt fie arme Quäferkinder. Zu
entwuͤrfen gehörte die Abfchaffung des Negerhandels. Er farb am 16.
BO. Nach ſ. Tode gab Elliot eine-vollft. Sammlung ſ. medicin. und phis
Da mit ſ. Lebensbeichreibung (Lond. 1781) heraus (deutſch, Altenb.
de.).
öt a8 heißt der thierifche Keim (Embryo) dann, wenn eine der Gattung
vnde Geſtalt aus ihm fich entwidelt hat. Nach den verfchiedenen Thier⸗
m gefchicht dies zu verfchiedenen Zeiten, je nachdem die Geburt früher oder
ateitt. Bei Kaninchen 5. B. die alle vier Wochen Sunge zur Welt bringen
muß dies früher gefchehen al& bei den Katzen, Hundenu.f.w. Beim
a hebt es geroöhnlidy von der dritten und vierten Woche an, im fechöten und
: Monate heißt er Frucht, bis zum zehnten Kind. Mit ber Unterfcheis
fer Begriffe wird es jedoch nicht fo genau genommen; einmal ift der Bes
bye, ein andred Mal Kötus oder Frucht für alle, und Kind heißt der Foͤ⸗
terft, wenn er zur Welt gelommen ift. Frucht fcheint der paffendfte Name
yuche (Fofeph), Herzog von Dtranto. Wenn bie Gefchichte überhaupt
pürdigen Männer eines Zeitalterd nicht nad) einem frühern oder fpätern be⸗
und würdigen darf, fondern allein nach dem Charakter der Zeit, in ber fie
© gilt Died noch weit mehr von den Männern eines Zeitalters, deſſen Jahr:
och nicht gefchloffen find. Fouchs gehört ganz dem Zeitalter der franz. Res
an. Die innere Nothroendigkeit diefer großen Begebenheit und der Art
twidelung bat bie Geſchichtsforſchung infoweit wenigftens erklärt, daß man
ber Maßſtab dee Geſchichte für diefe Begebenheit darf nicht derfelbe fein,
Ihem fie ein Volk und Menfchen richtet, deren Leben in eine Zeit fällt, in
die moralifchspolitifche Entwidelung der geſellſchaftlichen Ordnung gefeglich
it. F. darf daber ſo wenig als das franz. Volk, deſſen boͤſet Geuws
204 | Soude |
andy fiber ihn walten mußte, nad) britifchen ober beutfchen Anfichten, no
tem Zujtande der Dinge im J. 1817 oder 1788, betrachtet werden; am «<
nioften darf man ihn verurtheilen auf das bloße Zeugniß diefer Revolution
eisne Ausfagen eben darum verdichtig find, weil fie felbft den wilden Chara
Leidenſchaft und der Verblendung, wie der Lüge und der Gemalt in fich tru
Charakter, der mit der moralifchpolitifchen Ordnung der Gefellfchaft zugle
Wahrheitsfinn der Öffentlichen Meinung zerftörte. Nur über einen Theil f.
lichen Lebens, den fpätern, feit 1799, wo Napoleon über Frankreich zu o
anfing, hat er fich zu rechtfertigen verfucht, und hier müffen felbft feine Feind
hen, daß er viel Böfes gehindert, und Napoleon bei mehr ald einem wichtigen
mit furchtlofer Seftigkeit fi) entgegengeftellt hat. Joſeph Fouché, geb. zu S
den 29. Mai 1763, vom 9. J. an dafelbft von den Vätern des Oratorium
gen, follte, wie fein Vater, Schiffscapitain werden. Allein er war für das
ben nicht ſtark genug, daher fegte er feine Studien in Paris fort. Hierauf f
Borlefungen Über Metaphyſik, Phyfit und Mathematik in der Akademie zu !
zu Arras und zu Vendome. Er war nie Priefter, heirathete noch vor der R
tion, und lebte dann zu Nantes als Advocat, Hier wählte ihn 1792 das D
der unteren Koire zum Mitgl. des Nationalconvents. Am 20. Sept. 1792 68
nachdem die Republik fchon errichtet war) trat F. zum erften Male im pariſer
binerelubb auf. Im Convent flimmte er für den Zod des Könige, ımbgeg
Appellation an das Voll, Er wirkte befondersim Ausſchuß des öffentlichen 1
richte, und ftand mit Gondorcet in enger Verbindung. Genöthigt, Send
nad) Nevers, und mit Collot d'Herbois nad) Lyon, 1793 anzunehmen, war
gezwungen, die Sprache der damaligen Zeit des Schreckensſyſtems zu führen:
erklaͤrte er fich mit Muth gegen allgemeine Denunciationen, gegen anarchiſche
für und Plünderung. Bei feiner Ruͤckkehr nad) Paris wurde er im Juni
zum Prifidenten des Jakobinerclubbs erwaͤhlt, bald aber von Robespierre,
deffen Tyrannei er ſich erklärt hatte, angeklagt, er unterdrüde die Patrioten
vergleiche fich mit den Ariftofraten. Man ftieß ihn daher aus dem Clubb.
Robespierre's Sturz fchien F. auf die Seite der Gemaͤßigten zu treten; allein
aefahrvollen Lage der Republik ſprach er aufder Rednerbuͤhne für die Maßrege
Schreckensſyſtems; daher verlangten Zallien und die Zhermidorianer am 2.
1795 feine Verhaftung. As nun auch heftige Flugfchriften, wie: „Die X
der Bretagner“; „Der Racheruf der Lvoner“; „Die Annahme des Terrorisr
„Der enthüllte Fouche“ u.a. m., ſowie die Einwohner von Gannat im Alliert
und die Behörden im Nievredepart. feine Beftrafung foderten, befchloß der
vent, auf den Antrag der Repräfentanten Lefage, Beiffy d'Anglas u. A.,
Aug. 5.8 Verhaftnehmung und Ausftoßung aus dem Gonvent als Zerrorift.
26. Dct. 1795 erhielt er, in Gemaͤßheit einer allgemein erklärten Amneftie,
Kreiheit wieder, und lebte dann 2 Jahre ald Privatmann. Nach dem 18.1
dor (4. Sept. 1797), wo Barras über die Partei der Gemäßigten firgte, en
ihn das Directorium im Sept. 1798 zum Botfchafter bei ber cisalpinifche
publik. Der Oberbefehlshaber der italienifhen Armee, Gen. Joubert, w
Freund; als fich aber $. mit ihm gegen die Partei von Reubel, Merlin u. ?
bunden hatte, rief ihn das Directorium von feinem Poften ab, Er kehtte ir
fang 1799 nad) Paris zuruͤck. Die Mitglieder des damaligen Directoriumt
den bald nachher durch Sienes, Ducos, Gohier und Mouling erfest, welche 8
zum Polizeiminifter der Republik ernannten. Als ſolcher entroidelte er felter
Inte, mit Kühnbeit, Feftigkeit und auferordentlicher Thätigfeit gepaart 9
der von ihm getroffenen Maßregeln zur Unterdruͤckung der Volksgeſellſchaften
er von dem Clubb du Manege und im Rathe der Fünfhundert heftig angeg
Allein er ging auf feiner Bahn entfchloffen fort, und hielt alle Parteien im;
Souche 205
parte's Ruͤckkehr aus Ägypten wirkte er mit zur Aufrichtung der Conſu⸗
‚am 18. Brumaire. Er ward deßwegen 'als Polizeiminiſter beſtaͤtigt.
Beauharnais und Joſephine, welche mit Lucian geſpannt war, ſchloß
in. Er entdeckte den Briefwechſel einiger koͤnigl. Agenten, und machte
. Er vereitelte die Verſchwoͤrung Arena's, Cerrachi's und Topine Les
zog die Urheber der Hoͤllenmaſchine vor Gericht/ Doch war er weniger
ernaltfamen Maßregeln, und bewirkte das Meifte durch Kundicyafter,
und Verführung. Indem er viele Royaliften vor Bonaparte’ Mache
en aber mit der Furcht vor Verſchwoͤrungen aͤngſtigte, ſuchte ex fich ſelbſt
en nothmendig zumachen. Wie er Über die Grundfäße feiner Amtes
hte, fieht man aus den Umjfchreiben, die er erließ. Allein Napoleon
nicht einverftanden, fondern errichtete eine befondere, geheime Polizei,
agnade, und wurde den 15. Sept. 1802 in den Senat verfegt. Er
Renate von Gefchäften entfernt. Damals vereinigte Napoleon, auf
d Joſephs Rath, die Polizei mit der Juſtiz, unter dem Großrichter Reg⸗
die Gährung, welche über die kaiſ. Polizeimaßregeln, befonder® zur
rocefled von Moreau, entftanden war, nöthigte den Kaifer, F. im Juli
et an die Spige des Polizeiminifteriums zu ſtellen. Savary blieb jedoch
Rapolcon befonderer Polizei; Kouche aber hatte die Gefängniffe des Tem⸗
feiner Verwaltung. Darum wurde ihm die angebliche Ermordung des
tains Wright(f.d.) Schuld gegeben; allein dieſes Geruͤcht ift hinlaͤng⸗
tt. Jener Staatsgefangene hatte fich felbft am 27. Oct. 1805 mit
irmeffer die Kehle abgefchnitten. Während Bonaparte durch feinen Er>
et im Auslande befpäftigt wurde, erhielt Fouche die Ruhe im Innern.
ſuchte er die Thaͤtigkeit des Kaifers auf die innere Verwaltung hinzulens
hn von dem Entwurfe gegen Spanien abzuhalten. Als Napoleon 1809
aau mit Oftreich Krieg führte, und die Engländer Walcheren befegt hats
suche, ber zugleich Minifter des Innern, und in demſ. J. zum Herzog
to ernannt war, allenthalben die Nationalgarden auf; allein die Worte
rufs: „Beweifen wir, daß Bonaparte’s Gegenwart nicht nothwendig ift,
Zeinde zuruͤckzuſchlagen“, bewirkten feine abermalige Ungnade. Doch
Juni 1810 zum Gouverneur von Rom ernannt, follte aber dem Kaifer
ichaften zuftellen. Da er dies flandhaft verweigerte, fo ward er in feine
Aix verwiefen. Doc) rief ihn Bonaparte bald zuruͤck; allein der Herzog
t mit den Anfichten des Kaifers uͤbereinſtimmen, und ging auf feine Guͤ⸗
vr Folge berief ihn Bonaparte nad) Dresden, und ernannte ihn im Suli
Etatthalter von Illyrien; der Krieg nöthigte ihn aber bald, nach Krank:
kzugchen; Napoleon fhicte ihn hierauf nady Neapel. Endlich kam
h Paris zuruͤck, als jener abgedankt hatte. Er ſchlug dem Erkaifer vor,
Fb, nach Amerika zu gehen. Ebenſo vernünftig waren die Vorfchläge,
Riniftern Ludwigs XVIII. mittheitte. Hätte man auf ihn gehört, fo
Aataſtrophe im März 1815 wahrſcheinlich nicht ftnttgefunden haben.
rzog fah, daß neue Leidenſchaften an die Stelle der alten getreten waren,
aufs Land. Unzufriedene fuchten vergebens, ihn in ihre Verbindung zu
in Brief, den er von feinem Schloffe Ferrieres bei Paris, den 25. Sept.
ein Mitglied des Congreſſes zu Wien ſchrieb, enthält gewiffermaßen fein
Giaubensbekenntniß. Bei der Landung Bonaparte’ foltte der Herzog
to, weil cr zu einem Prinzen bei der Prinzeffin von Vaudemont gefagt
il etait trop tard pour qu’il püt servir la cause du roi, verhaftet wer⸗
2. cr entkam durch einen geheimen Ausgang. Bonaparte berief ihn fofort
ch Zouche nahm von ihm nicht eher dag Polizeiminifterium an, al® auf
iherung, daß Öftreich und England die Ruͤckkehr Napoleons insgeheim
208 Fonquier⸗Tinville
leſener Krieger zufuͤhrte. Im Laufe des Krieges, wo er als Lieutenant, dan
Rittmeiſter bei den freiwilligen Jaͤgern des brandenburg. Cüraffierregimente f
und wo er mehre Kriegslieder aus freier Bruft fang, wohnte er den bedeuten
Schlachten bei, und ald er nad) der Schlacht bei Kulm in Böhmen krank ge
hatte, war er noch fo glüdlid, am Zuge des 18. Oct. den glorreichen Kampf
zukaͤmpfen; aber die Folgen Eörperlicher Anftrengungen nöthigten ihn, den Abl
zunehmen, und der König beiohnte feine Dienfte mit dem Majorscharakter
dem Johanniterkreuze. Als Dichter trat er früher unter dem Namen Pellegrin
uͤberſetzte Cervantes's „Numancia“, und bichtete Einiges im Geifte der [pand
Poeſie. Er bekennt, diefe Weihe von feinem Freunde A. W. Schlegel empfa
haben, dem er feine dramatifchen Spiele zugeeignet hat, in welchen man F
der Empfindung mit ſuͤdlichem Farbenſchmelz vereinigt findet. In diefelbe Zeit fa
der Roman „Alwin, 2Thle., die „Hiſtorie des edeln Ritters Galmy und einer
Herzonin aus Bretagne“ und einige Schaufpiele. Indeſſen [hien'ihn doch der Ph
nordifchen Sage und altdeutfchen Dichtung am meiften anzufprechen, welchen eg
bewundernswuͤrdiger Fruchtbarkeit in vielen Werken dargelegt bat. Diefen Eraftue
Geiſt athmet vor Allem das dramat. Gedicht: „Sigurd, der Schlangentödter” (f
1509, 4.), mit dem er zuerft unter f. wahren Namen auftrat. Kerner geh
hierher die vaterländifhen Schaufpiele: „Alboin, der Longobardenkinig*, .
„Eginhard und Emma”; vorzüglich aber „Der Zauberring“ (Nuͤrnb. 18
Thle.), in welchem das Südliche mit dem Nordifchen verfchmotzen ift. Cwä
verdient nocdy unter Fouqué's zum Xheil vortrefflihen Eleinen Erzählun
zarte, finnvolle Märchen „Undine“, vieleicht die ſchoͤnſte Gabe feiner reichen M
tafie. Viele Almanache und Zeitfchriften, befonders feine eignen, „Die Mufen®
„Die Jahreszeiten”, der „Almanadı der Sagen und Legenden” und dag „Frag
fhenbudy” enthalten von ihm Beiträge. Sein romantifches Heldengedicht
rona“ erſchien 1814, und das gefchichtliche Epos: „Bertrand du Guesclin“ t
Im Ganzen kann man behaupten, daß Religiofität, Nitterlichkeit und Gala
die Elemente dieſes Dichtergemüthe find. Nur ift zu bedauern, daß diefer reis
gabte Geift im ber letzten Zeit in eine manieritte Vielſchreiberei gerathen ift, ws
verbunden mit gewiffen politifchen Ideen von feudaliftifhem Ariftofratismull
große Zahl f. neueften Romane und Schauſpiele ſelbſt für feine Verchrer unge
bar macht. — Auch feine Gattin, Karoline, Baronin de la Motte Kougud
als fruchtbare Schriftftellerin bekannt. Mehre Romane von ihr, 3. B. „Roder
„Die Frau des Falkenflein”, „Fedore“, ihre Erzählungen, ihre Briefe
Zweck und Richtung weiblicher Bildung, fowie ihre eigenthuͤmliche Überficht
griechiſchen Mythologie, nad) den neueften Forſchungen, find mit Achtung fuͤn
Talent diefer ausgezeichneten Srau zu nennen. Ihre neueften Romane [heine
Malt. Scott zum Mufter geſetzt zu haben; aber fie theilen das Schickſal der let
Werke ihres Gemahls; die Gunft des Publicums hat fich von ihnen abgewendet
Fonquier-Tinville (Antoine Quentin), ein Ungeheuer, bat
franz. Revolut. erzeugte. F. geb. 1747 zu Herouelle bei St.:Quentin, war‘
cureur am Chatelet. Unmäßige Verſchwendung zwang ihn, feine Stelle zu vrı
fen und Bankerott zu machen. Als Geſchworner bei dem Revolutiongtel
nal (ſ. d.) erregte er ducch feine Begierde zum Verurtheilen die Aufmerkfar
Robespierre's, der ihm daher das Amt eines öffentlichen Anklaͤgers bei diefem
richte ertheilte. Nun häuften fid) die Opfer, und das Blutgeruͤſt empfing
Unterlaß Jeden, der einen ausgezeichneten Namen führte und Anſpruͤche at
allgemeine Achtung hatte. F. entwarf die ſchaͤndliche Anklageacte gegen die S
gin. Zahllos find die Schandthatn, die dieſer Elende verübte, deffen Durft
Blut immer heftiger wurde. Nachdem cr felbft aufdie Hinrichtung Robespie
und aller Mitgl, des Revolutionstribunals am 9. Thermidor 1794 angett
Fourcroy | 209
ın endch am 18. Thermibor (1. Aug. 1704) Abſezung und Vechafe
ıtheilt den 7. Mai 1795, ftarb er unter der Guillotine feig und nieder⸗
er gelebt hatte.
croy (Antoine François), einer ber der erſten neuen Chemiker, geb.
1755 zu Paris, wo fein Vater Apotheker war, befuchte vom 9. bie
hre das Collegium Harcourt. Muſik und Dichtkunſt zogen ihn an;
ür das Theater zu arbeiten, und war geneigt, felbft Schuufpieler zu
Kein die ungünftige Aufnahme, welche einer feiner Freunde auf dem
), fehredteihn ab. Endlich beftimmte ihn Vicq d’Azir, mit dem ex in
:eften Umgang lebte, Medicin zu ſtudiren. Der junge 5. wibmete ſich
rudium der Anatomie, Chemie, Botanik und Naturgeſchichte. 1777
Iberf. von Ramazsini’d Wert „„Surles maladies des artisaıs‘‘ mit
rt. heraus: 1780 ward er Dr. der Medicin und Präfes der Facultaͤt.
ı über Die Chemie vermehrten feinen Ruf. Eine glänzende Einbildungs«
ichter und ebenfo edler als angenehmer Vortrag zogen eine Menge Zus
Nach dem Tode Macquer’s, 1784, erhielt er in dem koͤnigl. Pflane
n Lehrfiuhl der Chemie, und das Jahr darauf trat er als Mitgl. der
Biftenfch. in die Section der Anatomie, aus der er nachher In die Section
überging. Als jegt die Chemie eine durchaus neue Geftalt gewann,
nz. Chemiker, deren Werk diefe Umgeftaltung war, zugleich aufeine
re Terminologie bedacht. Das Ergebniß ihrer Bemühungen legte
787 der Welt vor Augen, und gab mehre Schriften uͤber Medicin, Nas
eund Chemie heraus, unter denen wir f. faft in alle lebende europdifchen
Iriehte „Philosophie chimique“ (Paris 1792, 3. A. 1806, deutſch
Ausg., Leipz. 1796), und f. „Legons Element. d’histoire naturelle
ie“ (Maris 1798, 4. Aufl., 6 Bde, beutfch, nach der früihern Ausg. v.
1789) auszeidinen. Auch gab er mit Laroifier u. X. die „Annales de
8 Bde., 1789— 94) heraus. 1789 wurde er Mahlherr von Paris,
Mitglied des Nationalconvents. Er bewirkte, daß ein Gefegentwurf
hformigkeit des Maßes und Gerichts angenommen wurde. Bald dare
: bei den Jakobinern wegen feines Stillſchweigens im Convent angeges
ging der Achtung nur mit Mühe, So lange die Tiprannei Robes⸗
wrte, woar F. einzig in der Comité des öffentl. Unterrichts und in der
sarmes mit Arbeiten befchäftigt, die fich auf den Krieg und die Wiſ⸗
besogen. Nach dem 9. Thermidor wurde er in den neuen Wohlfahrts⸗
rufen, wo man ihm die Sorge für die Artillerie übertrug. Er organls
ttralfchule der Öffentlichen Arbeiten, aus welcher nachher die polytechnifche
fand; er gründete die drei Specialfchulen der Medicin, und wirkte bei
tung ber Normalſchulen mit. Nach dem 13. Vendemiaire trat er in
er Alten, in welchem er zwei Jahre blieb. Hierauf vermaltcte er aufs
{mt ats Profeffor, und fchrieb f. „Systeme des connaissances chimi-
wis 1801: 6 Bde. in 4, oder 11 Bde in 8., deutfch durch Vieth und
n, Braunſchw. 1801): das chönfte Denkmal der franz. Chemie. Nach)
zeumaire wurde er Staatsratb, und entwarf einen Plan für den öffent
richt, der mit einigen Veränderungen angenommen wurde, Sein Amt
director des öffentlichen Unterrichts legte ihm die Pflicht auf, 1802 und
n Theil der Depart. zu durchreiſen und die Organifation der Eyceen zu ber
Bei Errichtung der kaiſ. Univerfität wurde er zwar ebenfalls mit ſei⸗
kiägen gehört, erhielt aber doch nicht, wie er gehofft hatte, die Stelle eines
es an derfeiben: eine Zuruͤckſetzung, die ihn bitter Eränkte. Er ward ins
Staatstath, NReichögrafen und Mitglied des Nationalinflituts ernannt.
en 16. Dec. 1809. |
tr. Siebente Aufl. Bb. IV. 14
210 For (George) Fox (James)
Kor (Beorge), f. Quaͤker.
or (Charles James), diefer in den Annalen Großbritanniens un
Staatsmann, geb. d. 2%. San. 1748, der zweite Sohn des Lord Holland,
Bel des Sir Stephan For, welcher das Chelfeahofpitat gegründet hatte, ı
f. Vater vollig ziwanglos erzogen und babei gewöhnt, feine Meinungen übe
genftände der Unterhaltung zu fagen, was nicht nur zur Schärfung feiner
kraft, ſondern auch zur Ausbildung dee Rednertalents beitrug, durch meld
ber Folge glänzte. Gewoͤhnlich las der junge F. die Depefchen f. Waters
eine Zeitlang Staatsſecretair war, und foll oft treffende Bemerkimgen da
macht haben. Einft warfer den Auffag einer Staatsfchrift von f. Vater,
Morten, fie fei zu ſchwach, ind Feuer. Er befuchte die Schulen von We
und Eton, wo er, breizehn Jahr alt, mit den geübteften Schhlern in lat
Verſen wetteiferte. Er fchrieb das Griechiſche, und fprad) das Franzoͤſiſch
(äufiger als feine Mutterfprache. Doch zeigte er fchon in Eton Hang zur Ve
Biyi und beging, durch die Sreigebigkeit f. Waters noch mehr dazu veranl,
Ausſchweifungen. Auf der Univerfität Oxford erregten feine Kenntniffe um
Bewimderung, ald er feine ganze Zeit dem Spiele und andern Zerftrem
widmen fchien. Dumm unternahm er eine Reiſe durch die Hauptländer (
und obgleid) er fich allen Genuͤſſen bingab, zu denen die reigenden Gegenden |
dens die Briten im Taumel der Jugend locken, fo erwarb er fich doch em
fende Kenntniß der natürlichen Befchaffenheit, der Sitten, Künfte, Gef
Megierungdformen der verfchiedenen Länder, welhe er fah. Im 20.5.
den fein Vater als Tory erzogen hatte, und der jeht als ein vollendeter St
ruͤckgekommen war, ald Repräfentant des Fleckens Midhurſt in das Parlan
Anfangs war er aufder Seite der Regierung, die in ihm bald einen ihrer
fien Vertheidiger fand. Aber während er mit Kraft und Einficht in die oͤ
Angelegenheiten eingriff, unterhielt er eine genaue Verbindung mit rom
Seldjuden. So theiltediefer außerorbentlihe Mann fein Leben zwifchen
fteften Geſchaͤften und der wilbeiten Ausgelaffenheit. Er war zugleich Co
der Admiralität, und nachdem er diefe Stelle 1772 niedergelegt hatte, Coı
der Schatzkammer; als er fich aber 1774 der Regierung widerfegte und mit
pofition verband, erhielt er feine Entlaffung. Lord Holland war fchon fi
florben, und hatte f. Sohne, außer einem bedeutenden baaren Vermögen, ei
tiges Landgut, mit einem nad) dem Muſter von Cicero's Billa Formia
Haufe, hinterlaffen. Uberdieg war Kor Buchhalter der koͤnigl. Schagku
Irland. Alle diefe bedeutenden Mittel waren in Kurzem erſchoͤpft. Sta
durch die auf ihn einflürmenden Ungemächlichkeiten niedergebeugt zu merd«
wickelte ſich erft jegt die ganze Stärke feines Geiftes. Der eben beginnend:
mit den nordamerikaniſchen Colonien ergriff ihn fo mächtig, daß er plögfid
andree Menſch auftrat, Er gefellte fi zu Burke und andern trefflicher
nern, welche die Ungerechtigkeit, womit die Colonien behandelt wurden, K
fprahen, Bald fland F. zum Erftaunen Aller, die ihn vorher kaum bem
ten, gehoben durch die Kraft jeiner Talente und feiner Beredtfameeit, an de
der Oppoſition. Richts brachte cr aus der vorigen wilden Lebensperiode in
hinüber als die Anmuth des Umgangs, die Ofſenherzigkeit des Gemüthe,
kuͤhne Entſchloſſenheit des Deannee, der feiner Kraft fich bemußt ift. Veri
Burke, bekaͤmpfte er die Grundfäge North's; Beide widerfegten fich einem
den fie ungerecht und unpolitifc) nannten. Endlich mußten Lord North u
Freunde (1782) ihre Miniſteiſtellen aufgeben. Rockingham, Shelburne ı
wurden ihre Nachfolger. Als der Erſtere flarb, 309 Bor, der mit Shelbur
einverſtanden war, fich in das Privatleben zuruͤck. Doc hatte er währen
Furzen Staatdverwaltung mit den Amerikanern und Hollaͤndern Friede zu
For (James) 21
Shelburne ſchloß nun (1783) den Frieden zu Verfailles, mußte aber bald
it feinen Sreunden (Pitt u. X.) der unter dem Namen der Coalition ganz
t erfolgten Vereinigung der beiden ehemals fo heftigen Gegner, Korb
b For, weichen. Der Herzog von Portland wurd nunmehr erfter Lord der
nıner, und North und For die beiden Staats ſecretaire. Während diefer zwei⸗
aiſtration brachte For die ojtindifche Bill ind Unterhaus, welche Die Regie⸗
ſtindiſchenGeſellſchaft in Oftindien faſt ganz indie Hände des Miniſteriums
te. Die von der britifchen Regierung bisher unabhängigen Compagnies
den nämlich fo ſchlecht verwaltet, daß eine durchgängige Neform nöthig
er und North boten einander die Hände, und die Bill ging im Unterhaufe
Kilein die mächtigen Intereſſenten der oftindifchen Handelsgeſellſchaft wolls
!irection des britifchsorientalifchen Reiche nicht gern aufgeben, und vermits
Köder König durch den Grafen Temple erklärte, er wuͤrde den flır feinen
kn, der dafüc flimmte. So wurde die Bill verworfen; aber fie hatte
alter zugleich das Zutrauen feines Souveraind geraubt, und führte feinen
bei. Das ganze Minifterium wurde in den legten Tagen des J. 1783
det. Pitt trat wieder in die Verwaltung ein, und For beftritt nun unabs
am großen Gegner, unbeſtechlich durch Geldfummen, Zitel und Ehrenſtel⸗
ver Winifter für feine Zwecke vertheilte. Mehr ald einmal fühlte Pitt feis
pers Überlegenheit. Da er den Krieg gegen Rußland, wegen Oczakow,
zda er ein andres Mat den Frieden mit Spanien brechen wollte, war es
icher beide Kriege verhinderte. Endlich ermuͤdete Fox's Ausdauer in dem
ya Kampfe gegen den maͤchtigen Pitt. Begleitet von einer Miftrig Arms
kennachher als feine Semahlin erfannte, machte er eine Reife nad) Frank⸗
rEchweiz und Stalien. Die franz. Revolution brady aus. Pitt und For
a6 Beftreben eines Volks, die Feffeln des Despotiemus zu brechen. Als
Be in ein Chaos beifpiellofer Verbrechen ausartete, änderten Beibe ihre
w Auch trennte fid damals (12, Kebr. 1791) Burke von For. Pitt
kg; Kor rieth, die gahrende Nation ihrem Schickſale zu überlaffen. Als
Mürterlicher DVertheidiger der Rechte des Volks, mußte For es ſich gefallen
Is politifcher Fanatismus ihn einen Jakobiner fchalt, und der König ihn
Eifte der Geheimenraͤthe ausftrich,. Hatte er auch Kraft, diefe Kraͤnkungen
much zu ertragen, fo mard er es doch müde, die politiſchen Anfichten fets
ars ohne Erfolg zu bekaͤmpfen. Er hielt ſich feit 1797 häufiger auf dem
f. In dieſer Muße, die er den Wiffenfchaften wibmete und der Dicht⸗
elcher er ftetd mit jugendlichen Feuer zugethan blieb, entftand in ihm der
durch ein bedeutendes Werk feinen Charakter ald Staatsmann zu rechts
Dem Bertheidiger altbritifcher Freiheit Ing die vaterländifch: Geſchichte
km. Welchen Abfchnitt derfeiben hütte er aber zweckmaͤßiger wählen Eon:
jene Wendung der Dinge, durch welche die englifche Nationalfreiheit wahrs
rundet warb? jene Wendung, die nach den heillofen Zeiten der legten
den großen Dranter auf den britiihen Thron brachte. Doch muäte er,
Revolution darzuftellen, wie fie aus dem früheren Zuftande des Reichs here
Karls II. und Jakobs II. ſchmachvolltraurige Zeit wenigſtens im Allge⸗
ciſdern. Indeß haben ihn die Angelegenheiten des Vaterlandes und fein
ed verhindert, feinem Werke in Umfang und Darſtellung die Vollendung
‚ die er demfelben zu geben fähin war. So erſchien nur ein Bruchſtuͤck:
ery of ihe early part of ihe reign of James the second; with an in-
wy chapter* (£end. 1808, überf. von D. W. Eoltau, Hamb. 1510);
ſt groñ genug, um zu fühlen, wie viel wir an dem Übrigen verloren baden ı
hy da or die Parteilichkeit Hume's in dieſem Theile der Geſchichte aufdedtt.
dart bekummerte ſich For, bei feiner natürlichen Begeijterung , wenig Um
. A %
‚212 Ä Boy
einen forgfäftig gewaͤhlten Ausdrüd und um ſtrenge Logifcha Drdnung. |
den find, in 6 Bon. gefammelt,"in London erſchienen. — Pitt verli
nachdem er 18 3. die größte Macht gebt hatte, feinen hohen Poften.
ton nahm deffen Stelle ein, und, unterftügt von For, fchloß er mit Fra:
Sieden von Amiens (27. März 1802). „Dart if dieſer Friede!“ rief
zaͤhliges Blut, unzählige Summen wären erfpart, und der Friede ehrer
ſchloſſen worden vor ſechs Jahren; aber beginnt den Krieg, und ihr wert
einen noch viel herbern Frieden fchließen müffen”. Seine Warnung waı
Pitt übernahm wieder dad Ruder des Staats, und entriß bald nad) dem ‘
der Keindfeligkeiten den friedensbebürftigen Spaniern die Neutralität. 9
diefe Maßregel eine charakteriftifche Salichheit, und das Betragen der M
Gewebe von Ungerechtigkeit und Unktugheit. Doc Pitt fah den Ausg.
Werks nicht; er ftarb, und — For trat ald Staatsfecretair an feine Ste
ehrenvoller Friede mit Frankreich war fein Ziel, und obgleih Preußens S
feindfeligen Maßregeln gegen dieſes Reich nöthigte, fo hatte er doch die eı
leitungen zu einem allgemeinen $rieden getroffen. Allein mitten in fein
thätigen Wirken, nachdem er alle Dinderniffe zu heben gefucht hatte, ı
Verfchiedenheit der Religian der Vereinigung des englifchen und irlaͤndi
tereffe entgegenftellte, nachdem er das Parlament bewogen hatte, die Ab
bes Sklavenhandels zu erklaͤren, farb er an der Mafferfücht am 13. Sn
in den Armen des Lords Holland, ſ. Neffen, und im Palaſte des Herzogs
vonſhire, ſ. Freundes. Die Nation trauerte um den Mann, von den: eu
fagte: „Er war geboren, um geliebt zu werden”. Seine Freunde errichtete
Suni 1816 Fox's Bitdfaule aufdem Bloomsbury Square, in Bronze,
ſterſtuͤck von Meftmorcott. %or, in confularifcher Tracht, hält mit bh
ſtrecktem Arm die Magna Charta. 1818 ward ihm ein Denkmal in der $
fterabtei errichtet. Im 1, Bd. der „Zeitgenoffen” (1816) befindet ſich fü
graphie und Charakteriftik, von F. Ch. A. Haffe. -
Fo y (Marimilian Schaftian), Öenerallieut. und Deput. in der fraı
mer, einer der vorzuͤglichſten Redner der linken Seite, geb. zu Hamm den
1775 und gebildet in der Kriegsfchule la Fere, ſchloß fi) 1791 den Freiwi
- die an bie Örenzen eilten. Seit 1792 diente ex in der Artillerie bei der N
unter Dumouriez, hierauf unter Dampierre, Cuſtine, Houchard, our
Pichegru. Inder Schlacht von Jemappes erhielt er feine erfien Wunden
ließ ihn ber berüchtigte Sofeph Lebon, Commiſſair des Convents, verhaft:
er fich gegen ihn erklärt hatte; der 9. Thermidor rettete dem Capitain de
Er machte hierauf bei der Rhein⸗ und Mofelarmee die Feldzüge von 1795,
1797 mit, wo er ſich vorzüglich beim zweiten Rheinuͤbergange bei Diershei
auszeichnete und Moreau's perfönlicher Freund wurde, daher ihn Bonapı
Zeitlang beinahe feindfelig behandelte. Ende 1798 diente er in der Schw
dem General Schauenburg, und 1799 beider Donauarmee unter Maffen:
zu dem Ülbergange Über die Limmath viel beitrug. . 1800 ſtand er als Gene
tant bei dem Corps des General Moncey von der Rheinarmee, das!
Schweiz nad) Italien zog, und befehligte die VBorhut des Heeres von Stalier
Selbzuge 1801, wo er beim Einruden in Tirol den Feind bei Peri zuruͤ
Als, der Krieg mit England 1803 wieder audbrach, befehligte er die ſchwim
Batterien, welche die Küfte des Canal vertheidigten; hierauf die Artill
zweiten Armeecorp in dem Kriege mit Öftreich 1805. 1807 fandte ihn N
mit einem Hülfscorps von 1200 Artilleriften in die Türke, um dem Sultan
gegen die Ruſſen und Engländer beizuftehen; allein nad) der Nevolution,
Selim vom Thron ftürzte, kehrte jene Schar nad) Frankreich zurüd; ı
Obriſt Fop blieb daſelbſt, und half unter des franz. Botſchafters, General
Fracaſtoro 213
ung, bie Vertheibigung Conftantinopels und dee Darbanelien organifis
fo Eräftig war, daß der engl. Admiral Duckworth, der mit feiner Flotte
teerenge bis in die. Nähe der Hauptfladt vorgebrungen war, fic mit
ackziehen mußte. Hierauf commandirte er als General Abtheilungen
son Portugal von 1808 bis 1812. Am 21. Zul. 1812 übernahm er,
it's Stelle, den Oberbefeht des bei Salamanca an diefem Tage gefchlas
8, das er an den Duero zuruͤckfuͤhrte. Nachdem Wellington die Bela
toffes von Burgos (21. Oct. 1812) hatte aufheben müffen, ruͤckte er
ie des rechten Fluͤgels der Armee von Portugal wieder vor, und bewirkte
5 über den Duero bei Torbefillad den 29, Det. Nach Joſephs und
Niederlage bei Bittoria den 21. Juni 1813 fammelte er bei Bergara
und fchlug ben linken Stügel des fpanifchen Heeres zuruͤck, vertheidigte
ı Schritt Landes, ſodaß Graham nur nad) einem fehr mörderifchen
Steltung bei Zolofa einnehmen konnte. Hierauf verftärkte General Foy
g von St. Sebaſtian, und zog ſich ohne Verluſt über die Bidaffon zus
m Treffen bei Pampeluna und in dem bei Jeans PjehabesPort befehligte
Fluͤgel des Heeres; auch an allen übrigen Gefechten in den Pprenden
eil und verließ das Schlachtfelb erſt am 27. Febr. 1814, wegen einer
Munde. 1814 und 1815 war er Generalinfpecteur der Infanterie
te eine Divifion in dem Feldzuge 1815, two er, das funfzehnte Mat, in
: bei Waterloo verwundet wurde. 1819 ward er zum Generalinfpecteur
ie in der 2, und 16. Militairbivifion ernannt; auch wählte ihn das Des
ne zum Deputirten. Seitdem hat er ſtets auf der linken Seite ber «
conſtitutionell⸗liberalen Charakter behauptet und große Mednertaiente,
jemeine Kenntniffe in jedem Zweige ber politifhen Ökonomie, fowol :
gerliche ald was die Heerverwaltung betrifft, gezeigt. Insbeſondere
te Wahlgefeg, das Necrutirungsgefeg und jede andre Bürgfchaft dee '
heit mit Geift und Zeuer.vertheidigt, auch gegen den Krieg in Spanien
ſachkundiger Beredtſamkeit ſich erklärt, Wie diefer Mann, der als
chloſſenſten Krieger und Heerführer in den Schlachten von Hohenlins
1, Aufterlig, Jena und Friedland, in Portugal und Spanien, in dem
ı Feldzuge von 1814, und zulegt bei Ligny und Waterloo, mit Achtung
yen ift, über das von einer Partei in Srankreich begunftigte Syſtem der
Img alter Privilegien gedacht, und wie [harf und beflimmt, aud) uns
r ͤffentlich zu fprechen geroußt hat, erſieht man aus einer Antwort auf
es Ultra in der Deputirtenlammer im Febr. 1821: „‚Qu’est ce que
ristocratie ?°* — „Je vais vous le dire. L’aristocratie au dix-
&cle c’estlaligue, c'est la coalition de ceux, qui veulent con-
s produire, vivre sans travailler, tout savoir sans rien avoir ap-
ir tous les honneurs, sans les savoir merites, occuper toutes les
&tre en etat deles remplir‘. Dieſer als Menfch und Buͤrger gleich»
an ftarb zu Paris d. 28. Nov. 1825, an einer Herzpulsadergeſchwulſt.
tonaten flieg die zu einem Denkmale für ihn und zur Unterftügung feis
ſſenen veranftaltete Unterzeichnung auf mehr als 900,000 Franken.
aftoro (Geronimo), einer ber gelchrteften Männer f. Zeit, geb.
cona. Beine Mutter erſchlug, als fie ihn eben im Arme trug, der
aß er dabei im minbdeften vericht wurde. Von ſ. Vater einpfing er eine
iehung, und widmete ſich zu Padua den mathematifchen, philofophifchen
ſchen Studien. 193, alt, ward er Profeffor der Logik zu Padua.
der Krieg den Unterricht unterbrach, folgte er einem Ruf auf die neu⸗
inerfität zu Porbenone in Friaul, mo er durch die Herausgabe f. lat.
De Syphilitide‘‘, feinm Namen durch ganz Italien bekannt machte.
214 | Fracht
Bon da kehrte er in fein Vaterland zuruͤck und bezog ein Landhaus bei Ber
Den Kranken, die zu ihm ſtroͤmten, ertheilte er Rath und Hülfe; zugleich be
tigte er fich mit Abfaffung f. Werke. Paul III. ernannte ihn zum Archidiacen
zum erften Arzt beim tridentinifchen Concilium. Auf f. Rath, ward daffelbe:
Bologna verlegt, indem er die 1547 in Trient herefchende Krankheit für einey
ende erklärte. Er ftarb den 6. Aug. 1553. Seine Landsleute ehrten fein As
ten durch eine Marmorftatues fein Freund Ramufio ließ ihm eine Stat
Bronze zu Padua errichten. F. hat in der Philofophie, Aſtronomie, Medich
Poeſie geglänzt. Bon f. Schriften ift Die berühmtefte, das oben genannte
“ „Syphilitidis sive morbi gallici libri tres** (Verona 1530). Mehre
haben e8, hinfichtlid) des Reichthums der Verfification, des Adels der Geda
Eleganz ded Ausdrucks und der Lebhaftigkeit der Bilder, der Georgica des
an die Seite gefest. ©. ſaͤmmtl. Werke erichienen zuerft zu Venedig 1558
find mehrmals aufgelegt worden. Die Ausg. des 17. Jahrh. find die vollſti
ſten. Menken hat einen Commentar über F. s Leben und Werke geſche
Leipz. 1731.
Fracht, die Ladung, welche man einem Fuhrmann zu Lande, ober €
fer anvertrauet, um fie von einem Orte zum andern zu Uberbringen. Se nag
das Schiff oder der Frachtwagen ganz oder zum Theil belaftet ift, twird bie da
ganze oder halbe Fracht genannt. Nimmt der Frachtfahrer eine neue Ladung Mil
Ruͤckweg mit, fo bezeichnet man diefelbe mit dem Namen Ruͤckfracht. W
eigentlichen, aber fehr gewöhnlichen Sinne nennt man auch die Fracht den, enkı
durch Übereinkunft, oder durch obrigkeitliche- Verfügung feftgefegten Be
en
Schifferlohn, für richtigen Transport der Ladung. Der Frachtfahrer
der Einladung des ihm anvertraueten Gutes einen offenen Frachtbrief. Di
hält, der Regelnach, 1) den Drt, Zug, Monat und Jahr, wo und warn Wi
fer eingeladen wurden; 2) den Namen des Fuhrmanns, und woher er ift; |
Zahl der Güter, Paden, Kiften oder Faͤſſer, welche ihm für feinen Frachte
oder fein Schiff übergeben wurden, nebft deren Zeichen, Nummern, Gewich
Befchaffenheit; 4) den für die Fracht, nach dem Gewicht oder den einzelnen SR
bedungenen Lohn (falls nicht derfelbe durch eine obrigkeitliche Zare beſtimu
wie viel im Voraus darauf bezahlt wurde, und in welcher Geldforte er bezahl
den foll ; 5) die weitern befondern Bedingungen mit dem Schiffer oder Fuhım
z. B. in Anfehung der Zeit der Überlieferung u. ſ.w. Er wird von dem Verfendes,
Eigenthümer oder Spediteur der Ladung, mit feiner Namensunterfchrift ver
und auf der Außenfeite des Frachtbriefs die Auffchrift gefegt, an men bie
geliefert werben follen. — Der Schiffer bedarf auf denjenigen Stüffen, to ei
Schifffahrts⸗ und Zollordnung eingeführt ift, außer feinen Frachtbriefen aM
einzelnen Güter (die man in der Hanbelsfchifffahrtsfprache Stuͤckguͤter heiß,
eines Manifeftes, das aus den Srachtbriefen zufammengefest wird. Daffelbt
gewöhnlich enthalten: 1) Namen und Wohnort des Schiffseigenthuͤmers und
fen, der das Schiff führt ;2) Namen des Schiffes, deffen Zragbarkeit und F
3) Einladeort und Beflimmungsort der Wuaren ; 4) Nunımern der Frach
nach der Zahlenfolge ; 5) Namen der Verfender und Empfänger ; 6) Zeichn
Baht der Colli oder Gebinde; 7) Benennung der Waaren; 8) Gewicht derf
und 9) Unterfchrift des Schiffers, mit Verſicherung der Richtigkeit des In
Das Manifoft dient zur Leichtigkeit und Sicherheit der Gebührenerhebung +
Zoliftellen der Fluͤſſe, wobei aber doch dem Zollbeamten, bei obwaltendem Ved
ſtets die Befugniß bleibt, die Ladung felbft zu beficytigen und mit dem Manif
vergleichen. Haben die Schifffahrts⸗ oder Zollbeamten die Gattung und 9
der Waaren an dem Einladungsorte mit dem Manifefte übsreinftimmend gefi
fo atteftiren fie daſſelbe. Für deffen Inhalt bleibt aber der Schiffer im jeden
9 daß das Odhiff, und von wem gemiethet it; 6) die Weidheinigungee
; 6) die Befcheinigungen uͤber die baar oder durch Gantion berichtigten
d 7) das paraphirte Regifter Uber Alles, was feine Gefchäfte betrifft.
aufen in einen Hafen des Rande, dem das Schiff angehört, muß ber
kinnen einer beftimmten Friſt fein Geſchaͤftsregiſter vifiren faffen, und fee
bt atftatten, über Zeit und Det der Abreife, genommenen Weg, erlittene
wfden Schiffe etwa entftandene Unordnungen und alle Merkwuͤrdigkei⸗
fe. Laͤuft der Gapitain in einen fremden Hafen ein, fo hat cr diefelben
gegen den Gonful feiner Nation, der ihm die Zeit feiner Ankunft und Ab»
fi dem Zuftande und der Natur feiner Ladung beglaubigt. — Frach t
ibernehmen folgende Verbindlicykeiten gegen die Abfender der ihrem es
retraueten Ladungen. Sie müffen diefelben in dem Zuftande, in welchem
übergeben wurden, abliefern. Sie haben daher für jeden Schaden zu
er nicht durdy Zufaͤlle, unabtvendbare Gewalt, ober durch einen innern
den Gütern veranlaßt wurde. Cie find verpflichtet, den Zrangport ins
t feſtgeſetzten Zeit zu vollenden, es fei denn, daß eine unwiderſtehliche Ges
ifgehalten habe. Dagegen hat der Frachtfahrer, nach erfolgter unwider⸗
Annahme der Ladung von Seiten bes Empfängers, das Recht auf volle
Empfang des Frachtlohns und der Nebentoflen, in der bedungenen oder
b vorgefchriebenen Art; auch fteht ihm bis zur Befriedigung feiner oder
Riufchweigende Hypothek an der Ladung zu. Gegen den Staat ift er
;, alle in Hinficht der Bcachtfahreret beftehende Verordnungen genau zu
„ umb begründet ifE im Gegenfage fein Recht auf Güte und Sicherheit
auch Schabloshaltung im Fall erlittener Beſchaͤdigung und 'erlegten
Geleitsgeldes. Der Inbegriff von Gefegen, Herkommen und Rechts⸗
welche die bei Gelegenheit des Transportes einer Ladung vorfommenden
e entiheipen, heißt das Frachtfahrerrecht. Unter allen Geſetzbuͤchern
‚it enehält der „Code Napoleon‘ und das franz. Handelsgeſebbuch uͤber
htstheil die beftimmteften und zweckmaͤßigſten Verfügungen. Das neuefte
Berk über das Frachtfahrerrecht hat 1820 D. Münter zu Hanover hers
216 Frachtregulirung
eingeführt, daß die betreffenden obrigkeitlichen Behoͤrden gleichſam vermittelnd y
{chen den Foderungen der Schiffer und den Anträgen der Kaufleute einfchreiten, |
ift natuͤrlich, daß der Waarenverfender, er fei Eigenthuͤmer oder Spediteur, |
möglichfi niedrigen, der Schiffer aber den möglichft hohen Frachtlohn wuͤnſcht, 2
dag die Schifffahrtsbehoͤrde den Streitigkeiten bei diejen entgegengefegten Int
und den hieraus entftehenden Unterbrechungen in regelmäßigem Transport der
ter am beften vorbeugen kann, wenn fie durch Beftimmung eines Mittelpreifeb:
jeben ber beiden Theile eine unparteiifche Rüdficht nimmt. Am gründtichten iſt
Frage Über die Negulirung der Wafferfrachten von den Handels» und SE
fahrtsbehörden des Rheinſtroms erörtert worden; und, ſowie feit geraumer Zeit
Üheinfchifffahrtseinrichtungen Mufter für die Schifffahrtsanftalten nicht bloß
Seitenftröme, 3. B. des Maine, Nedars, der Mofel u. ſ. w., fondern auch fa
entfernter Dauptftröme waren, fo wurde auch das Spftem der Frachtenregulirung
dem Rheinftrom bald als Vorbild für die Handelsfchifffahrt andrer Staaten am
fehen. — Schon in frühern Jahrhunderten, wo überhaupt das Taxenſyſtem mg
als jegt unter die allgemeinen polizeilichen Maßregeln gehörte, war die Taxftacht
vegulisung in einem großen Theile der Rheinuferftaaten herkoͤmmlich. Geräte
wurden bierüber auch in den Zollconferenzen (Zolicapiteln, d. h. Zufammentänf
der Regenten der Rheinuferftaaten oder ihrer Bevollmächtigten) zu Bucharacd mr
Idufige Verabredungen gepflogen. Nach und nad) warb ed Herkommen, daß
Kurfürften von Mainz und Köln die Srachtpreife, jener für bie mitteicheinif
Stromftrede, diefer für die Strecke von Köln nad) Holland, regulitten. Dief
ländifche Regierung war dagegen im Befig, die Preife für die Fahrt aus ihren |
fen nad) Holland zu beftimmen. Da aber diefe Zarregulative nur für unbeflume
Zeit erlaffen und hoͤchſt unvoliftändig waren, fodaß bei vielen Artikeln noch befowß
Merabredungen zwifchen Verfender und Schiffer nothrvendig wurden, fo fonnten
dem Zwecke wenig entfprechen. Den Schiffen nüsten fie oft gar nichts, wek
ben beiden Stapeiftädten Mainz und Köln keine Rang: oder Neihefahrten eriflirn
jene Daher um geringere Preife als die Taxe fahren mußten, wenn fie Ladung
ben wollten, obwol die Taxftacht und ein geringere Gewicht der Güter auf
Srachtbriefen notirt wurden, welche widerrechtlicyen bedeutenden Vortheile fi
Commiffionairs und Spediteurs einzig zum Schaden der ohnehin gedruͤckten Sc
fer zyeigneten. Um daher das alte unzureichende Zarfrachtenfyftem in eine zw
mäßigere Ordnung zu bringen, ward in der Convention über die Rheinfchifffah:
octroi von 1804, Art. 13 verordnet: daß die Rheinſchifffahrtsverwaltung von el
frankfurter Meffe zur andern die Frachten beftimmen folle, welche in den bei
Stationsflädten (Mainz und Köln) von den Gütern bezahlt werden müffen, bie
ſelbſt für verfchiedene Orte eingeladen werden. . Sie hat über dieſes zu entwerfi
Reglement das Gutachten der Hanbelsfammern von Köln, Mainz und Strasbi
und der obrigkeitlichen Behörden von Düffeldorf, Frankfurt und Manheim et
holen, und wenn diefe nicht einftimmig find, foll fie einen Mittelpreis annehn
Die durch das Tarreglement beftimmten Frachtloͤhne dürfen nie überfchritten ı
ben. So befleht die Srachtenregulirung gegenwärtig noch aufdem Rheinſtro
und in ähnlicher Art gefchieht fie auf deffen Mebenftrömen. nur mit dem Ur
ſchiede, daß bei entgegengeſetzten Antraͤgen der Schiffer und Handelsleute, n
wie von der Rheinfhifffahrtsverroaltung, der Mittelpreid arithmetifch cafcu
fondern nad) billigem Ermeffen frei regulirt wird. Inzwiſchen haben ſich in
Verfahren bei der Nheinfrachtentapregulirung, das ſchon urfprünglidy mehr |
Vortheile der Häfen des linken, damals franzöfifchen,, als des rechten Rheinu
berechnet war, noch unter der ehemaligen Generaldirection ber Rheinſchifffahrt
Thiedene Mißbräuche eingefchlichen, welche die Willkür begunftigten, und der
fowie den Verabrebungen einzelner Handelskammern für ihr befonderes Inter
u 5 mug vn wusmps spe sur gujunge ven vun unyrine
mtralcommiffion von Preußen vorgelegten Entwurf6 eines Schifffahrtes "
im Antrag, die Fcachtpreife, wie felt dem März 1822 auf der Eibe
© feeiwitigen Übereinkunft der Schiffer und Verſender oder deren Goms
Müberlaffen. Ob biefes Freiheitsprincip, das auf ben Flüffen, deren
noch ungeregelt ift, twie z. B. der Donau, dem Inn, der Ifar u. fe w.,
iten befteht, für ben Tranſit und Commiſſionshandel, dem regelmäßige
nflatten unentbehrlich ift, gute Folgen haben wird, find aus ber bisherigen
jiemlich leicht zu beuttheilen. Bei ſtarker Concurtenz überbieten fie ſich
des mindeften Frachtpreiſes. Die Noth zwingt fie, den billigen Ans
toſienerſab, Arbeitslohn und Gewinn aufzugeben. Dies führt zu Uns‘
die Frachtfahter zu Waſſer weit leichter ausführen und fheinbar ents
oͤnnen, als Zuhrleute zu Kande, und es tritt noch überdies der Nachtheil
Mangel an pecuniairer Kraft des Schiffers, das theure Schiff und Ges
m Stande zu erhalten, mehr Ungtädsfälte zur Folge hat, die er entwe⸗
erſchen, ober leichter von ſich abzuwenden vermag. Die Marime der
deſtimmung zu Lande iſt in biefer und mandjer andern Hinſicht auf die
fahrt nidyt anwendbar. Es haben baher ſelbſt die unter der vormalis
bifffahttsgeneraldirection zum Gutachten aufgefoderten cheinifchen Hans
a darauf angetragen, daß die Tarfcachtenregulirung auch fernerhin beis
den möge, weil fie dem Schiffer feine zureichende Nahrung bei einem
Gewerbe, dem Kaufmann dagegen größere Sicherheit für feine Güters
2, durch gute Fahrzeuge, thſchaften und eines zureichenden Erwer ⸗
⁊ Arbeiter, gewaͤhre, ihn nicht zum Zeitverluſt mit Accorden uͤber die
derſchiedenattiger Artikel nöthige, vor dem Vorwurfe feiner Corteſpon⸗
ue, daß andre, gewinnſuͤchtige und weniger delicate Spediteurs beffere
manbieten, um die Spedition an ſich zu reißen u. ſ. w. Auf der We⸗
Saifffahrtöregulative nach den rheiniſchen ais die beſten anzuſehen fein
willigt der bremer und oberlaͤndiſche Handelsſtand den zu den Rangfahre
m Sciffern mit ihrer Einwilligung die Tarftachten nach drei Glaffen.
218 Sractur Franciscaner
Zeit, welche der Schiffer von einem Orte zum andern zubringt, als Grundlag
Frachtbeſtimmung dienen, ſondern die combinirte Ruͤckſicht, wie viel Thal⸗
Bergreiſen der Schiffer machen kann, auf den Anſchaffungs⸗ und Unterhaltr
werth feines Schiffes, den Abgang bei der Neife, die Neifekoften, den Arbeitı
und den Beitrag zur Unterhaltung der Familie des Schiffere.
Fractur, inder Buchdruckerkunſt, gebrochene, d. i. edige, bei
Schrift, zum Unterſchiede von der runden oder ſchwabacher Schrift. Au
größere, fogenannte Kanzleifchrift wird Fractur genannt, (S. Schriften.
rtagmente (wolfenbüttelfche), ſ. Leſſing.
Brei „Fraiſch, hohe Fraiß, fraißliche Obrigkeit, die
liche Gerichtöbarkeit,, oder die Gerichtöbarkeit über Reben und Tod, von dem
Worte Fraiß, Schreden, Furcht, Gefahr.
Franc, franz. Silbermuͤnze, deren fechs einen Laubthaler ausmaı
etwa 6 Gr. 4 Pf. Tonventionsgeld, alfo etwas mehr ald ein Livre. In dem m
franz. Muͤnzweſen theilte man die France in Zehntheile (Decimes) und in Hun
theile (Centimes);
Francia (Dr.), f. Paraguay.
Francia (Francesco), fo heißt der berühmte italienifche Hiſtorienn
Francesco Reibolini, geb. 1450 in Bologna. Er war früher zum E
ſchmied beftimmt ; hier befchäftigte ihn vornaͤmlich das Nielliren, worin er eb eb
weit brachte tie in dem Stempelfchneiden. Nach Vaſari verfertigte er die fd
ften Medaillen und erhielt die Aufficht über die Minze in Bologna. Us
übertraf er bald den Marco Zoppo, bei welchem er im Malen Unterricht: nahm
ftelite fich den größten Kuͤnſtlern gleich, die zu feiner Zeit blühten. Rafael
fein Urtheil und theilte ihm feine Arbeiten mit. Seine herlichfien Werke befi
fid) in feiner Baterftadt, befonders haben feine Madonnen einen Ausdrud vom
fachheit und überirdifcher Unfchuld, welchen felbft Rafael nicht erreicht hat. -
war fein heil. Sebaftian in der Kirche della Misericordia dafelbft fehr berd
ſtatt deffen man jegt nur eine Gopie fieht; er wurde von vielen Kuͤnſtlern al
Kanon gebraucht. Francia wird aud) ald das Haupt der bolognefer Schule ı
fehen. Zu feinen zahlreichen Schuͤlern gehörte aud) fein Sohn GSiacomofi
cia, der viele gute Bilder geliefert hat. .
rancisca (Gerzogin v. W.), . Hohenheim.
ranciscaner oder Minoriten, mindere Brüder (Fratres mine
wie ihr Patriarch fie zum Zeichen der Demuth nannte, heißen alle Glieder deög
Ordens, den ber heil. Franzvon Affifi(f.d.) 1208 durch Sammlung di
Schüler feiner Mönchstugenden bei der Kirche Porticella oder Portiuncula zu
in Neapel ſtiftete. Erniedrigung zur aͤußerſten Armuth, und Entbehrung aller fi
Sinnengenüffe foltte fein Ruhm, Fleiß in.der von den Weltgeiftlichen bamals
vernachläffigten Seelforge fein Verdienft um die Kirche, Gelehrſamkeit und Ge
bildung ihm aber fremd fein. Daher verbot Sranciscus feinen Minoriten, dobi
defte Eigne zu haben, und beflimmte fie, in den 1210 und 1223 vom Pal
flätigten Ordensregeln, zum Betteln und Predigen; der Papft aber erthelltel
neuen Gattung von Mönchen die ald Privilegien der Bettelorden (f. Orden)
kannten, für Staat und Kirche gleichbedenklichen, großen Vorrechte,
ren fie die Welt durch Betteleien aller Art in Contribution fegen, die Parochiah
als Prediger, Beichtvaͤter und Meßpriefter beeinträchtigen, päpftliche Ablaͤſſ
ihrer Stammkirche (daher Portiunculaablaß) reichlicher, al& irgend einem a
Orden gefchenkt wurden, verhandeln, und ihre in Alles ſich einmifchende Thaͤ
unmittelbar unter der Autorität ihrer Obern und des Papftes, jeder weltlichen
geiftlichen Obrigkeit zum Trotz, Über die Länder der Erde ausdehnen durften
Orden zählte bald Tauſende von Kiöftern, die, ohne Geld gegründet, dem «
x
Sranciscaner (Barfüßer) 219
und der Mildehärigkeit anſehnllche Reichthuͤmer verbankten. Die Noth⸗
eit, dem Drden Glanz und Anfehen zu geben, mußte nun Milberungen
el entſchuldigen; die Lebensart wurde uͤppiger, und gelehrte Bildung, ale
james Mittel der Herrſchaft über die Menfchen, zugelaffen ; geiſtreiche Mi⸗
wie Bonaventura, Alerander von Haled, Duns Scotus, Roger Bacon
„ techtfertigten durch ihre Verdienfte um die fcholaftifche Philofophie das
tzm ihrer Ordensbruͤder in die Lehrämter an den Univerfitäten. So erhiels
geftügt auf die Beweisgruͤnde ihres Lehrers Duns Scotus, ald Streiter für
fleckte Empfüngniß der Jungfrau Maria, eine gewichtvollere Stellung ges
Koten Dominicaner, und reichlichen Zundftoff in dem fangen Kampfe, den
ensneid zwifchen den Scotiften (Sranciscanern) und Zhomiften (Dominicas
achte und bie in die neuern Zeiten unterhielt. (Vgl. Dominicaner und
08 von Aquino) Mit dirfen, ihren natürlihen Nebenbuhlen,
ie als Geroiffensräthe, Regierungsgehuͤlfen und politifdye Agenten der Fürs
113. bis in das 16. Jahrh., ganz im Widerfpruch mit ihrem damaligen
m Namen: Nullbruͤder, die Herrfchaft über die chriftlichen Völker getheilt,
adlich von den Jeſuiten verdrängt, durch Eluge Verträglichkeit mit den lege
tr ald die Dominicaner, von ihrem alten Einfluffe zu behaupten gemußt.
xaner gelangten häufig zu den höchften Kirchenimtern ; die Päpfte Nicos
V. Alexander V., Sixtus IV. und V., und Siemens XIV. waren aus
iEden. Selen gelehrten und pölitifhen Glanz fahen jedoch die Eiferer
Beobachtung des Buchſtabens der alten Ordensregel ſtets als Folgen einer
Kimhaften Abweichung von demfelben An, und bildeten daher die befondern
rihaften der Cäfariner und Cöleftiner, oder Franciscanersremiten, noch im
ikh., der Spiritualen, Clareniner, Amabdeiften im 14. Jahrh., welche, obs
ef mit Gewalt unterbrüdt, den Geift der Widerfeglichkeit und innern Unels
im Drden durch ihre Reſte fortpflanzten, bis fie in der 1363 bei Foligni in
om heil. Paulus geftifteten, und durch Wiederherftellung der vom Stifter
briebenen volllommenen Armuth und Strenge in der Lebensart audgezeichnes
iderfhaft der Eoccolanti (Sandalenträger, Barfuͤßer) einen Vereinigungs⸗
mden. Diefe Brüderfchnft wurde erft vom Papfte, dann auch von dem
em iu Konftanz 1415, als ein befonderer Zweig des Franciscanerordens,
m Namen „Obfervanten, mindere Brüder von der Obfervanz‘ anerkannt
ielt bei der Ausgleichung, durch welche Leo X. 1517 die bisherigen Streis
I der verfchicdenen Parteien niederjchlug , die Oberhand. Seitdem ift der
mtengenecal Generalminifter (Minifter, Diener, nennen die Dinoriten aus
hihre Dbern) des ganzen Drdens, und der Superior der Gonventualen ober
ten der gemilderten Regel, welcher nur den Titel Generalmagifter führen
m untergeben. Unter den Obfervanten find im 16. und 17. Jahrh. neue
ı nm Punkte der Armuth und Kafteiung des Leibes entflanden, zufolge deren
nach den verfchiedenen Graben der Verſchaͤrfung ihrer Regel in regulicte,
und ſtrengſte eintheilen. Die regulirten wurden in Sranfreih Cordeliers
träger, wegen ihres Guͤrtelſtricks mit Knoten), anderwaͤrts Soccolanten,
antiner genannt, unter welchem Namen fie in Stalien, der Schweiz, der pyres
a Hafbinfel und Amerika noch beftchen. Zu den ſtrengen Obfervanten gehören
rfüßer in Spanien und Amerika, die Verbefferten (Riformati) in Stalien,
ebrmais in Frankreich blühenden Recollecten, d. h. Eingezogenen, weil fie bloß
im Nachdenken ergeben waren, und Durch ihre dienenden Brüder Almoſen
in ließen. Die ſtrengſten find die Alcantariner , nach der Reform Peters von
ata, mitiganz bloßen Fuͤßen; man findet fie noch haufig in Spanien und.
32, felten in Stalien. Saͤmmtliche Zweige der Obſervanten machen unter
gemeinfchaftlichen Generale zwei Familien aus : die cismontanifche, mit 66
220 | Sranciscaner (Capuzimer)
jetzt meiſt ſehr ſchwachen Provinzen in Italien, Oberdeutſchland, me
theils eingegangen, theils durch die Regierungen vom Generale getrı
find, in Ungarn, Polen, Palaͤſtina und Syrien; die ultramentanif:
Provinzen, in Spanien, Portugal und den fremden Welttheilen, dic
eingegangenen franz. und nordifchen Provinzen find von diefer Zahl «
die übrigen aber geößtentheils in Amerika, Afien, Afrita und den Inſel
wo nur diejenigen Beinen Gefellfchaften von Sranciscanerklöftern, 1
Miffionspläge unter den Heiden betrachtet werden, Präfecturen heißen
ſchwaͤchere Brüderfchaft der Befchuheten oder Conventuaten hatte ve
Mevolution in 30 Provinzen gegen 100 Kiöfter und 15,000 Mörche
man fie nur noch hier und da im füdlichen Deutfchland, der Schweiz ı
wo fie Lehrämter bei den Univerfitäten beleiden , denn fie befchäftigen
Wiſſenſchaften und unterlaffen da® Betteln. Die graue wollene Kutt
Strick um den Leib, an dem ein Enotiger Geißelftridd hängt, haben alle!
bes Francidcanerordens gemein, ihre Capuze iſt rynd und kurz. in
fpigige Capuze und ein langer Bart find die einzigen befondern Merkma
in der Regel und Lebensart den firengen Obfervanten ganz ähnlichen, ı
hern und ſchmutzigern Capuziner, welhe Matthäus von Baſſi 15
für ſich beſtehende Bruͤderſchaft der Minoriten ftiftete. Seit 1619 hab
eignen unabhängigen General, und ſowol in Europa als durch ihre I
Amerika und Afrika, ſolchen Zuwachs erhalten, daß fieim 18. Jahrh.
fter und 25,000 Glieder in 50 Provinzen zählten.
Nonnen feines Ordens fammelte’der heil. Franciscus felbft fchon :
nannte fie arme verfchloffene Frauen, auch Damianiftinnen, nad) ihre
kirche zu St.: Damian in Affifi; fpäter wurden fie nach der heit. Clara,
Priorin, Clariffinnen genannt, und theilten ſich, wie der erfle Orden
verfchiedenen Graden der Strenge ihrer Negel, in mehre Zweige. Dat
drei Gattungen Urbaniftinnen, die ihre Regel vom Papft Urban IV.
heil. Iſabelle (Tochter Ludwigs VIII. von Frankreich), welche 1260 für '
fter Longchamps bei Paris fliftete, als ihre Mutter verehren, und zum
betteln dürfen; die Gapuzinerinnen, die unter den Capuzinern ftchen, di
rinnen und Clariffinnen, oder Barfüßerinnen von der firengften Obferv:
jest am ſchwaͤchſten find, und die Annunciaden mit ihrer Unterabtheilu
genannten himml. Annunciaden. Diefe Nonnen heißen insgefamint au:
canerinnen, ftehen, mit Ausnahme der Annunciaden, die zum zweiten £
ren, theild unter der Aufficht des erften Ordens, theil® unter den Biſchoͤ
die Regel der Mönche, und zählten im 18. Jahrh. zufammen auf 28,0(
In 900 Ktöftern. Sonft erhielten fie Bettelbrot von den Mönchen, je:
von ben Befigungen ihrer Kiöfter,
Der heil. Franciscus fliftete 1221 auch einen dritten Orden für die
beiberlei Gefchlechte, die es bleiben wollten, und doch einige leichtere Beol
und den Guͤrtelſtrick von den eigentlichen Minoriten annahmen. Diefe
tier waren fchon im 13. Jahrh. fehr zahlreich. Menſchen von allen St
‚ten dazu. Aus ihnen gingen nicht nur ketzeriſche Verbruͤderungen, wie
cellen und Begharden, fondern auch 1287 die regulirte Bruͤderſchaft
Moͤnche des dritten Ordens der Dinoriten von ber Buße hervor, die in:
Picpuces genannt wurden, fich zu ben Obfervunten hielten, jegt aber ci
find. Die Gefammtzahl aller Franciscaner und Capuziner belief ſich im 1
auf 115,000 Möndye in 7000 Ktöftern, Jetzt dürfte fie kein Dritthei
da dieſer Orden in Frankreich und in den meiften Ländern Deutfchlands,
auch in Spanien, Portugal und Oberitalten aufgehört hat, in den äftr.
Leine Novizen mehe annehmen darf, und unter Murat auch in Neapel vi
Franciscus Francois de Neufchateau 221:
‚ Die Erhaltung der noch vorhandenen iſt Im neueften Goncordat mit Neapel
hefich bedacht. In den Colonien außer Europa blüht der Orden moch auf die
zeiſe; Amerika ift fein Paradies; in Jeruſalem bewacht er daß heil. Grab;
it zeigt er fich in der katholiſchen Schweiz, wo die Sranciscaner von beiden
ehteen fich zweckmaͤßig mit Unterricht und Erziehung der Jugend peihäf
franciscus (St), ſ. Franz von Affifi.
Franck (Johann Peter), k. ruff. wirkt. Staatsrath und Leibarzt, geb. im
den am 19. März 1745, hatte als Knabe auf der Schule zu Raſtadt eine ſehr
Etinmme, weßhalb die Markgräfin von Baden aus ihm in Italien einen kuͤnſt⸗
Eopranfänger machen laffen wollte. Nur mit Mühe bewog fein Gönner, der
al Dreger, die Fuͤrſtin, dieſen Plan aufzugeben. Es wurde Doctor zu Ponts
aſſon, prafticirte zu Pirmaſens, Bitſch und Bruchfal, erhielt eine mebdicinis
kofefjur zu Göttingen 1784, das Jahr darauf die Profefiur der Klinik zu
z. von wo er, 1795, als ka k. Hofrath und Director des. großen Hofpitale
Bimtam. Katharina II. beriefihn 1804 an die Univerfickt zu Wilna, und
hr darauf als Enif. Leibarzt nach Petersburg. 1808 verließ er Rußland mit
Perfion von 3000 Rub., und lebte ſeitdem als praßtifcher Arzt zu Wien, wo
124. April 1815 ſtarb. Boncparte wünfchte ihn in Paris anzuftellen ; allein
ia bie slänzenden Anträge aus, um feine Schriften zu vollenden. Unter dies
ſe ceſſiſch das „Syſtem der mebicinifhen Polizei”, wozu Dr. Voigt in
ad Ftanck's hinterlaff. Papieren 2 Supplem.⸗Bde. (Leipz. 1825) heraus⸗
kabat, und fein Werk: „„De curandis hominum morbis“. 1802 erſchien
bu zu Wien eine Selbftbiographie. — Sein Sohn, Joſeph Franck, geb.
Batt am 23. Dec. 1771, berühmt als Arzt und Schriftfteller, vorzuͤglich in
Khichte der Erregungstheorie (f. b.), folgte f. Vater in ber kliniſchen
er au Pavia, und ging als ruffifcher Hofrath nach Wine. Er wurde zum
Kkıch ernannt, und nahm 1824 ſ. Alter und des Vertuftes f. Geſichts wegen
Kbid, den er mit einem Gehalt von 2000 Rub. Sitber erhielt. Außer f.
a Echriften, iſt auch f. „Reife nad) Paris und Kondon” u, f. w., In Bezie⸗
ef Spitaͤler, Verforgungshäufer, mediciniſche Lehranſtalten und Gefängniffe,
(Wien 1804- 6, 2 Thle.).
rançois von Neufchateau (Micolas, Graf), Mitglied bes franz.
alinſtituts, geb. den 17. April 1750 in Lothringen, zeigte fruͤhzeitig Talent
Dichtkunſt; noch ehe er das 13. J. vollendet hatte, befaß man von ihm eine
2 Sammlung von Gedichten, die günftig aufgenommen und felbft von Vol⸗
meiheihaft beurtheilt wurde. Mehre franz. Akademien in den Provinzen
m ihn au ihrem Mitgliede, und man erwartete, einen Stern erſter Größe
tanz. Dichtkunſt in ihm aufgchen zu fehen. Diefe Hoffnung ift nicht in
13 gegangen, allein um jo mehr hat fidy François im Laufe der Revolution
riot, vortreffliher Adminifttator und Etaatsbürger auszuzeichnen Belegen
mden. Die Handfchrift f. überſ. des „Orlando furioso“ in Verfen, vers
einem Schiffbruche, als er von St.:Domingo zuruͤckkehrte, wo er feit 1782
rocuratot geweien war. In der Revolution Mitglied der erften Nationale
alung zeigte er ſich als Freund der Freiheit. Die Ernennung zum Mitgl.
tat.» Derfamml. lehnte er ab. Sein Drama „Pamela“, das 1793 auf
me kam, brachte ihn wegen ber darin herrichenden Mäßigung ins Gefaͤng⸗
srnelhem ihn der 9, Thermidor rettete. 1797 wurde er zum Minifter
um und nach dem 18. Fructidor an Carnot's Stelle ins Directorium ers
Seine gemäßigten Sefinnungen führten aber bald feine Entfernung aus
en herbei, und er erhielt den Auftrag, in Selz mit dem Grafen Cobenzl über
Bebemegungen, bie in Wien gegen Bernabotte flattgefunben, zu unterhame
222 Srancols de Paule | Franke (Auguft Herman)
dein. Hierauf (17. Juni 1798) ward er zum zweiten Mal zum Minifter de
nern ernannt. Von ihm ging jest die Idee der öffentlichen Ausftellung der E
niffe des Gewerbfleißes aus, die feit Diefer Zeit ale 4—5°%. in Frankreich fl.
ben, und die in vielen andern Ländern nachgenhmt worden. Schon vor dei
Brumaire verlor er diefen Poften. Napoleon ernannte ihn zum Senator
1804 zum Grafen. Cr 350g ſich aber ſeitdem von den öffentlichen Berhandt:
zuruͤck, um den Wiffenfchaften zu leben, und Memoiren über die franz. Revol
zu fchreiben, die nad) ſ. Tode erfcheinen follen.
Francois de Paule, f. Franz von Paula.
Franke (Auguſt Hermann), Stifter des hallifchen Waiſenhauſes un!
fee damit verbundenen Anftalten, einer der wirkfamften Minner f. Zeitaltere
durch falſches Lob und ungerechten Zadel mißkannt, aber mit jedem Fortfchrit
Zeit richtiger gewürdigt und nach ſeinem wahren Verdienft verehrt. F. ward
Mär; 1663 zu Kübel geboren, Sohn des dortigen Domfpndicuß, der aber
1666, von Ernſt dem Frommen berufen, als Juſtizrath nach Gotha ging, |
fein Sohn auf dem dortigen Gpmnafium feine erfte Bildung empfing. Cr;
fo feltene Fähigkeiten, daß er im 14. 3. reif zur Akademie erklärt wurde. Si
befuchte er die Univerfitäten Erfurt, Kiel und Leipzig, und trieb vorzüglich Zt
gie, doc) in fteter Verbindung mit alten und neuen Sprachen. 1681 prome
er, hielt zu Leipzig praßtiiche Vorlefungen über die Bibel, deren einfache Lehre
mehr werth war, ald alle dogmatifche Spigfindigkeiten, ward aber wegen dei
Ben Beifalls fo angefeindet, daß der berühmte Thomaſius, ber damals nod) in
zig, hernach in Halle lehrte, eine Vertheidigungsfchrift für Ihn aufiegte, F
aber, den Verfolgungen ausweichend, den Ruf nach Erfurt als Prediger am
Hier wurden feine Predigten, die ſich viel mehr durch Herzlichkeit und warmen
als durch homiletifche Kimftelei auszeichneten, felbft von den Katholiken fo zah
befucht, daß man in Manz Gefahr für die Religion fürchtete, und katholiſch
ferer wußten den Hof zu beflimmen, daß Franke Befehl erhielt, binnen 24 €
den die Stadt zu räumen, was auch, unter heißen Thraͤnen der Bürger und Ki
beten er ſich fo vÄterlich angenommen hatte, gefhah. Er erhielt bald mehre
ladungen, 30g aber den Ruf nach Halle, wo eben die neue Univerfität errichtet ı
allen andern vor. Zuerſt wurde ihm die Profeffyr der orientalifhen pri
fpäterhin der Theologie übertragen. Zugleich erhielt er das Paſtorat in der
ſtadt Glaucha, daher diefe. auch der Sig feiner Stiftungen geworden iſt. Di
wiſſenheit und Verwilderung der glauchaifchen Gemeinde auf der einen, bie:
Armuth vieler Einwohner auf der andern Seite, gaben feiner Thaͤtigkeit, pra
zu wirken, bie erfte Anregung. Dies geſchah befonder® feit 1694. Er unte
tete die ganz verfäumten Armen und Kinder auf feiner Hausflur, und gab |
dann Eleine Almofen. Bald nahm er auch ein paar Baterlofe auf, deren Jah
ſchnell vermehrte. Wohldenkende unterftügten ihn mit Eleinen Beiträgen. 9
man den Umfang feiner nacymaligen Stiftungen anfieht, muß man über ein
geringen Anfang erftaunen. Bon nun an wuchſen f. Anftalten für Erziehung
Unterricht mit jedem Jahr. Es wurden unter f. Reitung Schulen für alle St
» ıd eine Erziehungsanftalt für Vaterloſe, das eigentliche Waiſenhaus (da® j
ven Heinften Theil des Ganzen ausmacht) errichtet. 1698 ward der erfte Gi
ftein zu alten den Gebäuden, bie jegt zwei über SOO Fuß lange Straßen bilden
legt. Franke hatte jedoch anfangs keinen fo großen Plan entworfen. Nie hä
vorherfehen Eönnen, daß der Ruf feiner frommen Menſchenliebe fo viele Thei
mung erwecken, daß man von allen Selten her Summen zu 650, 100 und |
Thalern zufhiden, daß ihm ein fliller Freund der Chemie und Pharmacie, d
auf feinem Todbette befuchte, Recepte zu allerlei Arzneien übergeben würde,
hernach fo viel Auffehen gemacht, und deren Verkauf vormals einen jaͤhrl. Get
Franke's Stiftungen 223
- 40,000 Thlrn. abgemworfen hat, woraus fi allen die Möglichkeit ere |
ie alle Unterflügung der Regierung fo große Anftalten ausgeführt zu fehen.
: beflärkte dies alles in feinem uner[chütterlichen Vertrauen an die göttliche
9, zumal es fich oft traf, daß gerade in der Stunde, wo kein Grofchen
war, um die wartenden Arbeiter zu bezahlen, die .nöthige, und nicht fels
oßere Summe ald man beburfte, mit der Poft von bekannten und unbes
Yerionen einging. Er fah darin Gottes Wink, dag er ihn zum Werkzeug
habe, Vieles und Großes zu vollenden. Und fo hat man denn mie Recht
tungen ein Werk des Glaubens und der Liebe, und die in ihrer Art legte
heinung des religiöfen Geiſtes In Deutfchland genannt, und über einen
eingaͤnge die Inſchrift gefest:
‚gremtling, was du erblidft, hat Glaub’ und Liebe vollendet,
Ihre des Stiftenden Geiſt, glaubend und licbend, wie Er.“
babei Alle fehr erleichterte, moar der fo ganz unelgennügige Eifer feiner
arbeiter, die nur gerade ihre nothwendigen Bedürfniffe verlangten, und
t leiſteten, als an andern Orten reich befoldete Männer, denen jener Geift
» Der bei allen feinen Unternehmungen von Religion ausging, und
Froͤmmigkeit für die Hauptfache aller Erziehung und alles Unterrichts
von firengen Sitten und ein Gegner weltlicher Vergnügen war, ald ges
die Eittlichkeit, fo fuchte man diefe Denkungsart unter dem Namen
mus (Anbächtelei, Froͤmmelei) verächtlich zu machen. Ihn felbft kann
rwurf des leeren Scheins treffen. Daß e8 aber unter f. Schülern viele
Imehr in Worten und Geberden, als dem Geiſt nad) waren, daß die
übertrieben gehäuften Andachtsübungen, welche ehemals in den Franke'⸗
ilten herrfchten, Viele mehr mit Widerwillen, ald mit Liebe zur Gottfes
it haben mögen, läßt ſich nicht leugnen, und man ift davon fpäterhin zus
nen. Er felbft war von aller Froͤmmelei entfernt, ein heiterer, offener,
Mann, edel und unbefangen in feinen Sitten, als Erzieher der Jugend
I, feft und mild. Dabei war er im hohen Grade arbeitfam, puͤnktlich in
emiſchen Vorlefungen, wie in feinen Predigten, fowol in Glaucha ale
Seine Geſchaͤfte und befonders der Andrang der Correfpondenten nahmen
daß er oft nur erft nad) dem Abendeflen an fchriftftellerifche Arbeiten
mnte, deren Ertrag er immer wohlthätigen Zweden beftimmte. Die
tee Schriften find deutſch und aſcetiſchen Inhalts. Fruͤher hat er auch
niſche herausgegeben, wie er denn überhaupt in alten und neuen Spra⸗
übt war. 1727 erlag fein Körper den vieljährigen Anftrengungen. Er
‚Sunt, 6% 5. alt, und hinterließ f. Schwiegerfohn, Johann Anaftafius
jbaufen, und ſ. einzigen (ohne Nachkommen verft.) Sohn, Gottlieb
e Direction, unter denen nur noch einige Gebäude errichtet wurden.
nke's Stiftungen, wurden vormals unter dem Namen des hals
Baifenhaufes begriffen, weil Alles von einer Anftalt für vaterlofe
ging. Dies ift aber der Eleinfte Theil ded Ganzen, und es gibt im en:
viel geößere Waiſenhaͤuſer in Deutfchland, wiewol, wenn man Alles,
em halliſchen verbunden ift, dazu rechnet, das hallifche unfkreitig den
fang hat. Die vornehmiten Inftitute find: 1) Die eigentliche Waiſen⸗
In ihr find feit der Stiftung an 4500 Kinder ganz unentgeldlich erzogen,
obnlidy > männlichen, 4 weiblichen Geſchlechts waren. Erſtere gehen
18 zu Handwerken und Künften Über. Vorzuͤgliche Köpfe widmet man
m, und fie bleiben bis zur Univerfität in der Anftalt. Die hödhfte Zahl
ogener war 200. Die fehr verminderten Einnahmen haben fie jegt bis
rabgebradit. 2) Das königliche Paͤdago gium, bie Erziehungs: und
04
t für junge Leute aus ben mittleren und höhern Ständen, St
224 Franke's SAlftungen
Stiftung (1696) find darin 2790 gebildet. 8) Dielateinifhe Schnie,
fteht feit 1697 als eine gelehrte Bildungsanſtalt in 9—10 Glaffen für minder $
güterte. Sie hat Penftonnaire (ehemals oft an 4— 500) und Stabtfihüter, ı
bat immer den Ruf gründlichen Unterricht, beſonders in den alten Sprachen,
hauptet. Seit 1809 find mit ihr die beiden fehr herabgefommenen Stadtgym
fien, das lutheriſche und reformirte, unter dem Namen der hallifchen Hauptſch
im Waifenhaufe verbunden, welche fi) in eine lateinifche und eine Realſchule thı
4) Die deutfchen oder Buͤrgerſchulen. Urfprünglicd wurden eine Knaben: ı
eine Maͤdchenſchule geftiftet, welche im Bezirk des Waifenhaufes lagen, und.rei
jebe nach ind nad) zu 10—12 Glaffen anwuchs. In beiden Abtheilungen wurden
an 150 Kinder aus der Stadt und den Vorftddten unterrichtet. Hierzu kamen f
terhin zwei davon abhängende Nebenfchulen, in Glaucha, die Mittelmach’fche ı
MWeingärter’fche fuͤr die entfernt Wohnenden. Letztere find hernach in das Waifenb:
verlegt, und gegenwaͤrtig beſtehen die deutſchen Buͤrgerſchulen aus 4 Abtheilung
von denen zwei fuͤr Knaben und Maͤdchen, die einiges Schulgeld bezahlen, zwei
ganz Arme, als Freiſchulen, beſtimmt find. Im Unterricht wird dabei auf die?
dürfniffe der Mittelftände und der niedern Volksklaſſen Ruͤckſicht genomm
Saͤmmtliche Schulanftalten find zugleih Seminarien für angehende Lehrer,
ſich dabei üben, Methode lernen, und dadurch um fo fähiger werden, in and-
Kreifen ald Lehrer zu wirken. Als ein Anhang der Franke'ſchen Stiftung fin
5) die Canftein’fche Bibelanftalt zu betrachten. Sie ward von dem Baron C.
von Eanftein (f. d.), einem vertrauten Freunde Franke's geftiftet, umd nahm
ren Anfang 1712, Der Zweck war, durch ſtehende Kormen der ganzen Bibe
verfchiedenen Formaten, welche den jedesmaligen Sag bei neuen Ausgabm
fparen, ben Preis Außerft wohlfeil zu machen, und dadurch den Verkauf der h.
zu befördern. Bereits find über 2 Mill. ganze Bibeln und 1 Mill. Neue Teſt.
Zauft. Die Directoren der Sranke’fchen Stiftungen find zugleic) die Vorfteher
fer Anftolt, ohne daß jedoch das Waifenhaus Einkünfte davon hat, die viel
allein der Beftimmung der Anftalt gemäß verwendet werden. ” Zu den Befigun
bes Waiſenhauſes gehören noch eine große Bibliothek in einem eignen Gebäude, &
eine Naturaliens und Kunftlammer von geringerer Bedeutung. — Zu den Ext
tungsquellen diefer vielumfaffenden Stiftung gehören: 1) Bedeutende Güter
liegende Grunde. 2) Die Medicamente, zum Theil Arcana, welche aber im?
fage, durch die Verbote in vielen.Ländern und durch den veränderten Geiſt der 2
fehr gefitten haben. (S. Madai's „Befchreib. der Wirkungen und Anwendung
ber hallifhen Waifenhausarzneien” ; mit neuen Erfahrungen verm. vom Pr
Düffer, Halle 1803.) 3) Die Apotheke; weit mehr aber 4) die Buchhandim
welche von einem fehr geringen Anfang, den ein Candidat Ehlers mit dem Dr
einer Sranke’fchen Predigt machte, durch bie Tätigkeit und Einficht diefes Mam
zu einer ber anſehnlichſten Handlungen Deutfchlands herangewachfen iſt. Sie!
fist eine eigne Druderei, und hat vorzüglich wiffenfchaftliche, afcetifche und Sch
buͤcher, 3. B. faft alle claffifche Autoren, um fehr geringe Preife geliefert und f
mit dem ganzen In⸗ und Auslande in Verbindung gefegt. Der reine überſch
wird jährlich an die Dauptcaffe abgegeben und zur Erhaltung der VBaterlofen und!
Scyulen verwendet. 5) Das Schuls und Penfionsgrid. 6) Königliche Huͤlftg
der Der jegt regierende König von Preußen war der erfte, welcher den abnehm
den Einkünften durch einen jähel. Zufchuß zu Hülfe kam. Die vormalige Enk
weftfälifche Regierung hat diefe nicht nur fortgefegt, fondern aucdy vermehrt.
Milde Gaben. Diefe find ehedem bedeutend gewefen. Seitdem aber das Waiſe
haus in den, wiewol fehr übertriebenen, Ruf großer Reichthümer gekommen, hab
fie faft gänzlich aufgehört. Selten iſts, daß bankbare Zöglinge ihm Legate verm
chen, was früherhin öfter der Fall war. (S. d. Zeitfchrift: „Franke's Stiftungen
Franke (Sebaftian) Frankenberg . 225
—97, 3 Bde.) und die „Beſchreib. des hallifchen Waifenhaufes und der
yundenen Franke'ſchen Stiftungen, nebft der Gefchichte ihres erſten
1799, m. Kupf.). . LI.
inke (Sebaftian), der Verf. der Weltchronik, kann für den Erſten gels
er die Univerfalgefchichte in deutfcher Sprache behandelt hat. Er war
Geiſtlicher, ein unruhiger und flreitfüchtiger Kopf, welcher ein unftete®
te. Geb. um 1500 zu Donauwörth in Schwaben, ohne Amt und bes
Heſchaͤft batd in Strasburg, bald in Ulm, bald in Baſel, meift aber in
lebend, unternahm er mancherlei, ließ ſich zu vielen Schwärmereien und
tungen hinreißen, und ſtarb wahrfcheinlic zu Bafel 1545, ald Buchdrus
erleger. Bon f. zahlreichen Schriften nennen wir bie „Chronica, Zeyt⸗
Beihichtbibel von anbegyn bis auf das jar 1531" (Strasb. 1531, Fol.,
. Fortgeſ. bis 1551, 0. Ortsanzeige, 1551), f. „Sprichwörter Schöne
erliche Clugreden u. Hoffſpruͤch“ (Frankf. a. M. 1541, 4. u. öfter).
ke verdienen eine ehrenwerthe Auszeichrung in ber Kiterätur des 16.
xranke's Styl ift kräftig, witzig und faft lakoniſch, befonders in dem
ten. Die Chronik empfiehlt der kecke und freimüthige Sinn und die
erechtigkeit ihrer Weltanficht, von welcher nur das Papfithum einiger
eichloffen iſt.
‚nle, der in den Morgenlänbern allen chriftlichen Europäern beigelegte
muthlich weil ſich in den Kreuzzügen die aus ben ehemaligen Franken her«
am Franzoſen hervorthaten.
nen, eine deutfche Voͤlkerſchaft. Sie erfcheinen zuerft feit 233 nach
wohnten zwifchen dem Niederrhein und der Wefer, ftreiften auch biswei⸗
Weſer bis nach der Elbe zu. Schon im 4. Jahrh. machten fie Einfälle
und zu Anfange des 5. Jahrh. fingen fie an, in das belgifhe Gallien
n.(S. Frankreich.) Aus dem großen Lanbtheil, roelchen die Franken
a Alemannen am Rheine wegnahmen, entfland eine neue Provinz uns
amen des rheinifchen Franken (Francia rhenana), Das nachherige
d, fpäterhin der fränkifche Kreis, gehörte ben Franken Damals noch gar
mn war ein Theil von Thüringen (f. d.), von welchem es wahrſchein⸗
art dem Großen getrennt worben ift. Im 9. Jahrh. findet fich ein Her⸗
anken in der deutfchen Gefchichte, welches fpäterbin an die Kamilie der
en, die auch das Derzogthbum Schwaben befaß, kam, und mit dem Er»
yohenftaufiihen Hauſes einging.
alten, Fraͤnkiſcher Kreis, einer von den zehn Kreifen Deutfch-
ver 1506 erfolgten Auftöfung der deutfchen Reichsverfaſſung; er begriff
hönften Striche Deutichlande, vom Main von Oſten nach Weften
zwiſchen Schwahen, ben Rheinlanden, Sachfen, Böhmen und Baiern,
0 =:M. groß, mit 1,500,000 Einw. Sest befist der König von Baiern
Theil Frankens, gegen 430 7, M. mit 1,200,000 Einw.: das übrige
Intemberg, Baden, Heſſen⸗Darmſtadt, Preußen, Kurheffen und die
7. Däufer zu ungleichen Zheilen vertheilt.
ntenberg (Sylvius Friedrid, Ludwig, Freiherr von), biefer um
‚, Alunbury hochverdiente Staatöminifter, geb. 1728, flammte von
ge des altım Geſchlechts der Frankenberg ab, der fih im 11. Jahrh. in
iedesließ. Der Vater fland der Herrihaft Schmalkalden als landgraͤf⸗
er Dörraufieher vor, und der Sohn machte ſich ald Rath, dann Praͤſi⸗
aliftoriums in Danau, und als Geſandter in Kopenhagen und Wien um
int. Dann trater, vom Herz. Friedrich III. berufen, 1.765 in das
ihfensgothaifche Geheimerathscollegium. Seit 1788 fland er ale
sifter an der Spitze dieſer höchften Landesbehoͤrde, und leitete in den y
I. Gichente Aufl. Bd. IV. 15
26 Frankenweine Frankfurt am Mein
1789 fo ſchwierigen Zeiten bie politiſchen Verhaͤltniſſe mit ſolcher Umſicht unt
fen Mäsigung, daß die Länder feines Fuͤrſten unerfchüttert blieben, und ihre
des» und Regierungsverfaffung ungekränft erhielten. Als Chef des Steun
glums wußte er nicht nur, fo groß auch der Druck verderblicher Kriege und bie
ung des Erwerbs war, den Erebit des Landes aufrecht zu erhalten, fondern
noch fuͤr die Verbefferungen der öffentlichen Unterrichtsanftalten Mittel herl
fchaffen, und andre gemeinnügige, außerordentliche Ausgaben zu befteeiten. 9
dem er breien Fürften, den Herzogen Friedrich, Ernſt und Auguft, mit gie
Eifer, gleicher Treue und gleichen Erfolg gedient, und bis in fein fpätes Alte
gefchwächte Körpers und Geifteökraft erhalten, farb er bald nad) der Feier f
Minifterjubiläums, zu Anfange 1815.
Srantenweine, eine Gattung beutfcher Weine, die vorzügfid
bairiſchen Untermainkreife gebaut wird, und zu den angenehmſten und gefunt
Tiſchweinen gehört. Die vorziglichfte Sorte ift der Keiftenwein, der, wenn ı
gewiſſes Alter hat, durch feinen angenehmen Duft ober feine Firne und feine;
beit vielleicht alle deutfche Weine übertrifft. Feuriger noch als dieſer iſt der S
wein, aber es fehlt ihm das Bouquet (der würzige Duft) und die Lieblichkeli
Leiftenweine. Andre gute Gewaͤchſe find der MWerthheimer, der Dettelb
u. ſ. w. Bon Kizingen unweit Würzburg, von Bamberg, von Benthauſen
von Würzburg wird mit diefen Weinen ein großer Handel getrieben. BDiene
beften Jahrgänge find die von 1783, 91, 1811, 19 und 20,
Frankfurt am Main, als Sig der Bundesverfammlung bie
ber vier freien Städte bes deutfchen Bundes, ift Durch ihren Handel, Gewerb
Meichthum und ihre ſchoͤnen Umgebungen eine von den fehenswertheften Se
Deutſchlands. Sie liegt in einem weiten Thale des Maine, in einer rei
Gegend, welche lebhafte, mit Alleen befegte Kunſtſtraßen in allen Ri
durcchfchneiden, und prachtvolle Lands und Sartenhäufer, fchöne Luftgärten, @
Kornfluren und trefflihe Obft:, Gemuͤſe⸗ und Weingärten ſchmuͤcken.
gentliche Frankfurt breitet ſich am rechten Ufer des Maine aus, über
Schiffen bedeckten Fluß eine 330 Schritte lange, auf 14 Bogen ruhende fir:
Brüde führt, und es mit der auf der listen Mainfeite liegenden Vorſtadt en
haufen, verbindet. Sonſt hatte die Stadt Feſtungswerke und enge, finftere
jest find eiſerne Gatterthore angebracht, neben welchen [chöne Wacht⸗ und
ftehen, die Feſtungswerke find nicdergeriffen, die ausgetrockneten Graͤben
Baumpflanzungen verfehen, die Wälle geebnet, und theils mit ſchoͤnen Hi’
und Straßen befegt, theild zu Öartenanlagen im englifhen Gefchmade be.
Frankfurt enthält mit Sachſenhauſen über 200 Straßen, 14 Kirchen, |
wovon 470 in Sadjfenhaufen, und jest gegen 60,000 Einw., größtentheild 8
toner; doch find darunter 5800 Katholiten, 2000 Reformirte und gegen
Juden. Es gibt in Frankfurt viele enge, finftere Straßen, und eine Menge j
mit abgefehmadten Verzierungen bemalter Haufer; aber man findet auch dd
öffentlichen Pläken und in den Hauptftrafen, befonders an ber ſogenannten4
vue am Main, geſchmackvolle, palaftmäßige Gebäude; und es find feit 1018
neue Hiufer in einem guten Style aufgebaut worden. Die Straßen find weh.
pflaiiort und zum Theil fehr gut erleuchtet. Die Öffentlichen Gebäude find ng.
anfehniich, ald man «8 von einer fo reichen Stadt vermuthen ſollte. In der
liſchen Stiftskirche St.-Bartholomaͤi, gewoͤhnlich die Domlirche genannt,
die roͤmiſch⸗ deutſchen Kaiſer gekroͤnt. Sie wurde zur Zeit der erſten Bar
Kalſer geſtiftet, erhielt aber ihre jetzige Bauart in den J. 1415 bis 1609.
den vielen Denkmaͤlern in dieſer Kirche iſt das des Kaiſers Guͤnther das
digſte. Der Roͤmer, das Rathhaus der Stadt, iſt eine Miſchung von
Bauarten, die kein uͤbereinſtimmendes Ganze ausmacht. Die goldene
Europa ift, und 50,000 Stüd enthält. Unter den Wohlthaͤtigkeitsan ⸗
met ſich das Senkenberg’fche Stift aus, mit einem botanifchen Garten;
otheß, einem anatomifchen Theatersund dem trefflichen Buͤrgerhoſpitale.
arter Handwerker und Künftier liefern tuͤchtige Arbeiten; unter vielerlei
nd die Rauch⸗ und Schnupftabade: und die Kupferdruckſchwaͤrzefabriken
tem. Noch wichtiger ift der Handel, welchen Frankfurt theils mittelbar;
ittelbar in alle Gegenden Europas und felbft in andre Welttheile treibt:
fleht, außer dem nicht unbedeutenden Vertrieb von eignen Fabricaten
Rauch⸗ und Schnupftabad‘) und Landeserzeugniffen, Wein u. ſ. w., in
oßhandel mit franz., engl. , ſchweizeriſchen , fächfifchen und ſonſtigen
'abricaten, wovon man hier fehr große Lager antrifft; ferner in einem
5pebitionds, Sommiffions> und Zwiſchenhandel, und einem großen Wech⸗
Auch der Buchhandel und der Handel mit Staatspapieren aller Art ifE
ung. Der Handel wird fehr befördert durch die Main: und Rheinſchiff⸗
> zwei Meffen und durch die hier durchgehende Hauptſtraße. Zu den,
gehören: Oberrad, ausgezeichnet durch eine angenehme Ausficht auf
Mainthal und die Stadt felbft, Bornheim, Haufen, mit ber romanti⸗
cht auf das nahe Taunusgebirge, Bodenheim, Rödelheim, Offenbach;
16, wo fi) ein angenehmer Wald und eine geſchmackvelle engliihe Ans
n; der Sandhof und Nitderrad: Zu ben entfernten Vergnuͤgungsoͤr⸗
1. Hanau, das Wilhelmsbad, Homburg und Wisbaden. — Sehrlos
ind bie „Anfichten von Frankf. a: M. und der umlieg. Gegenden” v. A.
(Stanff. 1818). Frankfurt war feit 1254 eine kaiſ. freie Neichöftabt ;
hung ſchildert v. Fichard In einem befondern Werke. 1806 wurde fie dei
{maß zugethellt, und nach det Vernichtung der franz. Übermacht, 18155
ien Stadt des deutfchen Bundes und zum Sige ber deutfchen Bundess
ag ertlaͤrt. Sie gab ſich am 18. Juli 1816 eine demokratifche Verfaſ⸗
a man bie ehemalige reichsſtaͤdtiſche mit einiger Abänderung wieder ein
inter den vier freien Städten des beutfchen Bundes hat fie den Vorſih,
ndesverfammlung mit den übrigen zufammen die 17; Stelle, im Pie
igne Stimme, und befigt außer ber Stadt ein Gebiet von 4 1, M., mit
ne. Ibr Bumbescontinsent. 473 M.. ſtellt fie zum 8; Heerhaufen;
-
228 Franklin
Burg, (1306 H. und 16,000 E.), der Sig einer Reglerung und eines Oberlant
richts des Bezirks Frankfurt ; hat ein Gymnaſium, eine landwirthſchaftl. Geſe
eine Hebammeninftitut, eine jüdifhe Buchdruckerei, eine, zu des Herz. Leo}
Braunſchw. Andenken geftiftete Sreifchule, ein Gefundheitsbad, verfchieden
brifen und jaͤhrlich 3 Meffen ; auch allein die Schifffahrt auf der Oder nach
lau. Sehenswerth find das Denkmal des Dichters Klei ft, da8 Denkmal
polds von Braunfhmeig (f. beide Art.), und in der Nachbarfchaf
Schlachtfeld bei Kunersdorf. Die Univerfität ift 1810 nad) Breslau verlegt w
Franklin (Benjamin), geb. zu Bofton in Nordamerika, den 17.
1706 von unbemittelten Altern, mußte aus Mangel an den nöthigen Mitt:
theologifchen Studien aufgeben und f. Water beim Lichtziehen und Seifex
bülfteiche Hand leiſten. In den Stunden der Muße lad er die wenigen Buͤ
Waters, theologifche und afcetifche Schriften, Plutarch's Kebensbefchreibunge
be Foe's „Verſuch über die Projecte”. Aus den legtern fchöpfte F. Ideen, ı
wichtigen Einfluß auf fein Leben gehabt haben. Zwoͤlf J. alt, erlernte er bei |
England zuruͤckgekommenen Bruder, Jakob, die Buchbruderkunft. Die Frei
den, oft felbft einen Theil dee Nacht, widmete er dem Lefen, wozu ihn einn
wollender Kaufmann, Matthiew Adam, mit Büchern verſah. „Eine Schrift
Tryon, worin die vegetabilifche Koſt empfohlen wird, brachte ihn zu dem Entſch
diefe Diät zu verfuchen. Er verfertigte ſich, während die übrigen Arbeiter
Mittags mahlzeit die Druderei verlaffen hatten, feine frugale Mahlzeit ſelbſt,
fparte dadurch Geld und Zeit. Er las damals Lode’d Verſuch, Xenoph
Denkwürbigkeiten, und die Schriften von Shaftsbury und Collins. Schon
ber hatte er ſich ale Dichter verſucht. Zwei f. Balladen auf damalige Ereig
die er auch felbft zum Verkauf herumtrug, fanden Beifall, der ihn zu weitern
beiten diefer Art wärbe bewogen haben, wenn ihn nicht fein Water aufmer|
Darauf gemacht hätte, daß alle Verſemacher arm wären. Als aber 1720 obei
fein Bruder eine Zeitung unternahm, in welche auch unterhaltende Aufjäge d
ruͤckt wurden, ſchrieb er einen Auffag mit verftellter Hand, legte ihn vor die
der Druderei, und hatte die Freude, ihn aufgenommen zu fehen. Er fuhr d
fort, und gab fich endlich zu erfennen. Miißhelligkeiten, in die er mit ſ. Be
gerieth, bewogen ihn, Bofton zu verlaflen. In Philadelphia fand er Arbeit, nm
angenehme Bekanntfchaften, und fegte feine Studien fort. Der Gouvernem
Provinz, Willem Keith, der von dem jungen F. durch einen feiner Briefe die
theithaftefte Meinung gefaßt hatte, ermunterte ihn, eine eigne Druckerei anzult
und ſchoß ihm 100 Pfund vor, um das dazu Nöthige in England ſelbſt anzukas
Franklin zögerte nicht, dahin zu reifen, nachdem er ſich vorher mit Miß Read,
T. f. Wirthes, verlobt hatte, fand ſich aber in England in allen feinen Hoffnus
getaͤuſcht. Seine Berlegenheit wurde noch dadurch vermehrt, daß er einen jem
Menſchen, Namens Ralph, der ihn begleitet hatte, mit ernähren mußte. 8
ergaben ſich einem ziemlich unregelmäßigen Erben. F. arbeitete um diefe Zei
Wollaſton's Werk über bie natürliche Religion; eine Schrift, die er daruͤber
ausgab, brachte ihn mit einigen englifdyen Öelehrten in nähere Verbindung,
blieb 18 Monate in London, und kehrte 1726 nach Philadelphia zuruͤck. Un
wegs machte er die Bekanntſchaft des Kaufmanns Denham, und warb deffen
halter; als diefer aber bald darauf flarb, mußte er aufs neue zur Buch
feine Zuflucht nehmen. Dabei ftiftete er eine literarifche Gefellfchaft junger Bes
unter dem Namen Junta, die ſich wöchentlich verfammelte, und über Morat,..!
litik, Phyſik u. f. w. Unterfuchungen anftellte. Endlich errichtete er eine ef
Buchdruckerei, und fegte diefed Gefchäft, von einigen Freunden unterftägt, ad
fort. Damals trat er zuerft als politifcher Schriftfteller auf und fand den zu
theilteften Beifall. Seine ſchon erwähnte Braut, Miß Read, hatte ſich möge
Franklin | 229
ws Sufenthale in London, da fie fich fehr kalt von -ihm behandelt fah, des
%, lebte aber in einer ungluͤcküchen Ehe. Franklin eilte, fein Unrecht gut
en, bot der wieder Geſchiedenen feine. Hand an, und heicathete fie 1730.
sing fein Gefchäft, das er durch einen Papierhandel erweitert hatte, fehr
; dabei wuchs die Achtung für ihn. Man erkannte in f. penfylvanifchen
amd in f. jährlichen Almanach feltene Einfichten und trug ihm 1743 auf, -
x dee philofophifchen Geſellſchaft in Amerika genauer zu entwerfen. Um
fing ee an, fidy mit der Elektricitaͤt zu befchäftigen, und der gluͤcklichſte
inte feine Bemühungen. Die orforber Univerfität ernannte ihn 1762
er Rechte. Schon jest ſchieden fich die amerikaniſchen Patrioten und bie
des engliſchen Minifteriume in zwei entgegengefeßte Parteien, und beide
fi, einen Mann zu gewinnen, beffen Einfichten und Einfluß ihnen den
ortheil verfprachen. F. wurde nach f. Ruͤcktunft von einer Reife nach.
meralpoftmeifter aller engliſch⸗ amerikaniſchen Colonien; aber biefer mit
n Einkünften verbundene Poften beſtach ihn nicht zum Nachtheil der
es Vaterlandes. Denn als bei den zunehmenden Unruhen In ben Colo⸗
Daus der Gemeinen in London alle Agenten ber Provinzen vor feine
lud, um die Beſchwerden zu unterfuchen, erſchien (1767) auch Franklin
yanien, ſprach mit ebenfo viel Freimuͤthigleit als Einficht für die gerechte
d erließ an ſ. Landsleute Sendſchreiben, welche allenthalben Begeifterung
Der Hof entfegte ihn daher von feinem Poften, und Franklin, in Ges
et zu werden, Lehrte 1775 nach, Philadelphia zuruͤck, wo der Congreß
war. Bon jest an wirkte er thätig mit zu der Behauptung der Unabs
und ging inf. 71. Lebensjahre (1776) nad) Paris, wo er anfangs ins⸗
thandelte; als aber Ludwig XVI. 1778, nad) ber Schlacht bei Saras
rabhängigkeit der dreizehn Verein. Staaten von Nordamerika anerkannt
en ber ſchlichte, ebrfurchtgebietende Greis als bevollmächtigter Minifter
es an dem glänzenden Hofe von Verfailles, und wurde der Gegenſtand
Verehrung. Am 20. San. 1783 unterzeichnete er mit den englifchen
m zu Paris die Prältminarien des Friedens, der feinem Vaterlande die
keit zuficherte, und Lehrte hierauf nad) Philadelphia zuruͤck, wo Allee
ihm Berveife der Achtung und Dankbarkeit zu geben. Er befteibete
n Alter von 78 3. die Stelle eines Präfidenten der Verſammlung von
n, und flarb, bis an f. Tod für das Wohl f. Mitbürger durch heilfame
m ununterbrochen thätig, den 17. April 1790. — ‚Die Phyſik ver
e Erfindung des Bligableiterd und des efektrifchen Drachen (f. d.);
nerſt die Natur bes Nordlichts erklaͤrt. S. Theorie der Elektrici⸗
at erinf. „New exp. and obs. on electricity in several letters“*
1751, &., deutfch durch Wilke; „Zr. Briefe von d. Elektricit.“, Leipz.
ickelt. — F. erfand einen eignen Sparofen, und vervolltommnete bie
für deren Erfinder er fälfchlich gehalten rotrd. Die Nationalverfanms
reich legte, auf Mirabeau’s Antrag, eine dreitägige Trauer um Ihn
fin gehört in die Zahl der ausgezeichnetften Männer feines Jahrh. Mit
heit durchfchaute fein fcharffinniger Geift die Werhättniffe des Lebens
Die im Kleinen, ohne je von der Bahn der Wahrheit abzugleiten, und
exz umfaßte das Wohl der Menfchheit, Ohne in bie Irrgaͤnge einer
n Gruͤbelei einzugehen, hatte er ſich ein Syſtem ber Lebensweisheit ges
eine Anwendbarkeit ftetö bewähren wird. Unübertrefflich ift er in der
Ihren ber Moral zu entwideln, und fie auf die Pflichten ber Freunde
re allgemeinen Liebe, auf die Benugung der Zeit, auf das Süd der .
keit, auf die nothwendige Verbindung bes eignen Wohle mit dem allges
Fdie Fruͤchte der Arbeitfamteit, auf den fügen Genuß, ben bie gefelligen
‘ 2
230 Frankreich, alte Zeit bis 843
Tugenden un verſchaffen, anzuwenden. Man kann nichts Schoͤneres In D
Art leſen als die „Spruͤchwoͤrter des alten Heinrich”, ober die „Weisheit des gi
Richard”, die durch Einkleidung und Inhalt Mufter von Volksfchriften find. €
Sammlung f. Schriften und fein Briefwechſel ift nach ſ. Tode, auch ins Deut
überfegt, erfchienen (Lond. 1806, 3 Bde.). D’Alembert bewillfommte den
finder des Blitzableiters und den Befreier feines Vaterlandes, bei feiner Aufnal
in die franz. Akademie, mit dem eben fo fchönen ald wahren Hexameter:
Eripuit coelo fulmen, sceptrumque tyrannis.
Muthig entriß er dem Himmel den Blis, den Tyrannen das Seepter.
Folgende Srabfchrift hat fich F. ſelbſt gefegt: „Hier liegt der Leib Benjamin Fra
lin's, eines Buchdruckers (gleich dem Dedel eines alten Buchs, aus weldem
Inhalt herausgenommen, und der feiner Inſchrift und Vergoldung beraubt
eine Speife flr die Würmer ; doc) wird das Merk felbft nicht verloren fein, font
(wie er glaubt) dermaleinft erfcheinen In einer neuen ſchoͤnern Ausgabe, Bucchgefi
und verbeſſert von dem Verfaſſer“.
Frankreich. I. Geſchichte Frankreichs bis 1789. 1) Alt
Geſchichte. Ein Bund deutſcher Völker gab ſich den Namen „Franken“,
Freien, als ihnen die Beſiegung der Longobarden gelungen war. Dieſer Fran
bund hatte ſich von der Mündung der Lahn, Lings dem Rheine hinunter auögel
tet, und beftand aus den Chauzen, Sigambern, Attuariern, Bructerern, E
mavern und Chatten. Nach vielen Raubzugen durch Gallien bis über die P
nden, führten fie blutige Kriege mit den Legionen der römifchen Kaifer Gord
Marimian, Pofthbumius, Conftantius und Caͤſar Julian, in Gallien, in der
tavifchen Inſel und in Britannien, wo fie auch mit den Sachſen dem After
Garaufius beiftanden. Unter ihnen zeichneten fidy die Salier, die Bewohne
Landſtrichs an der Saale, aus, mit denen Zulian in harten Kampf gerieth, a
bis an die Schelde vorgedrungen waren. Sie wurden im 4. Jahrh. dem MW
des römifchen Reichs ebenfo furchtbar als die Gothen dem Often deffelgen vor
und hatten fich bereits im belgifhen Gallien und um die Somme feftgefeht
Chlodowig der Große, aus dem Gefchlecht der Merovinger, in ber Sc
bei Soiffons, die er 486 über den römifchen Feldherrn Syagrius gewann, bei
mifchen Herrfchaft in Gallien ein Ende machte. Diefer 2Ojährige Eroberer wm
warf feiner Herrfchaft die Alemannen nad) der Schlacht bei Zülpich (496), an ix
Ufern des Rheins, 507 die Briten in Armorica (Bretagne), und die Weſtgoth
Aquitanien (das Küftenland von ber Saronne bis an die Pyrenden). Auch
Bettern, die Fürften der verfchiedenen Voͤlkerſtaͤmme der Franken, räumte rt
Liſt und, Meuchelmord aus dem Wege. Zu Nheimß fegte er fi) (496) die L
der Franken auf, nachdem er fich vom Bifchof Remigius hatte taufen und mis
Wunderöte, das eine Taube brachte, falben laffen*). CEhlodowigs Nachf
bekamen deßwegen vom Papfte den Titel: Allecchriftlichfler König und erfige
ner Sohn der Kirche. Seine Dynaſtie (die Merovinger) befaß das Franken
in Gallien und Germanien bi8 752. Chlodowigs vier Söhne theilten ba64
in Auffrafien und Neuftrien, oder in die oͤſtliche und weſtliche Monarchie; bie
tere wicder in die Meiche Orleans, Soiffons und Paris. Sie eroberten Thi
gen und Burgund; allein die verfchiedenen Xheilungen des Reichs, — daher
tige Kamilienkriege und Berwandtenmord 1 — das Eraftlofe Regiment der Ki
und die Einfülle der Araber von Spanien her, zerrütteten das Reich. Doch
die Kraft der Majores: Domus (Haushofmeifter, Hausmair, daher fpäter Mi
du palais) das Ganze nod) einigermaßen zufammen. Aber eben dieſe wart
*) In ter Revolution fol ein Bürger zu Rheims die Scherben dieſer
poulle mit den darin befindlichen, Tropfen des Chrifam gerettet haben. ü
nahm diefe Tropfen in das. neue Olflaͤſchchen bet des Krönung Karle X,
Frankteich von 843 bis 987 231
Yemeropingifche Dynaſtie endlich vom Throne verbrängten. Unter Ihnas
n fih beſonders Pipin von Heriftall, Karl Martell, Karlmarm und Pipin
jeoder Kleine, große Namen in bet Geſchichte des Reiche. Heriſtall machte
m zinsbar; Martell vereitelte durch den Sieg bei Tours Über die Araber
Eroberungsentwürfe diefer Nation; er unterwarf die Frieſen gänzlid), noͤ⸗
Sachſen zum Zribut, und beförderte die Ausbreitung des Chriftenthume
heil. Bonifaz, den Apoftel der Deutfchen, der in Karlmann und Pipinnoch
Jefhüser erhielt. Endlich mußte der ſchwache Childerich III. den koͤnigli⸗
mud mit der Moͤnchskutte vertaufchen, und der Major: Domus Pipin
t des Papſtes Genehmigung 752 den Thron. Aus feinem Blute flamms
zolinger, die 235 J. lang die franz. Krone trugen. Sein Sohn, Karl
ße, war Beherrfcher der Länder vom Ebro bis an die Miederelbe, bie
d den Raab; von der Nordfee und der Eyder bis an den Garigliano in
Ihm, dem Herrn von Frankreich, Deutfchland und Stalten, gab Papft
u 3. 800 die römifche Kaiferkrone bes Occidents, und der Orient (Cons
{und Bagdad) kam ihm mit Verehrung und Freundſchaft entgegen, Als
unter ſ. Sohne und Nachfolger, Ludwig dem Frommen (814 — 40),
Monarchie. Ludwigs Söhne theilten, nad) biutigem Haber, bad Reich
Vertrag von Berdun (843), welcher die Trennung der deutſchen und
en von der fränkifchen zur Kolge hatte. Karl J. ber Kahle genannt, ers
keih. Von biefem Vertrage, von 843 an, beginnt die Gefchichte des
a —— Frankreich. Vgl. Sismondi's „Histoiro de France“
] e.).
fon Karldem Kahlenbis Hugo Capet (843— 987). Mit Karl
n begann der Verfall des Reichs, ſeitdem er 877 den Grafen und Herzogen
e hatte erblich übertragen muͤſſen. Auch erwarb unter ihm ber Adel das
nur dann zum Heerbann verpflichtet zu fein, wenn Feinde des gefammts
andes, tie Normänner und Araber, mit einem Einfalle drohten. Aber
Befahr von Seiten der Normänner veranlafte bie Baronen, welche nad
igkeit firebten, fefte Schlöffer zu bauen. Diefe wurben bald bie vornehmſte
= des Feudaladels und zugleich Zmingburgen gegen das unterdruͤckte
Ne koͤnigl. Macht ſank zu einer bloßen Suzerainete, d. i. Oberlehnöherre
zab. Auf kurze Zeit vereinigte Karl der Dicke die Länder Karte bes Gro⸗
& f. Abfegung (887) trennte ſich Burgund von Frankreich, und Ode,
Paris, feiner großen Eigenfchaften wegen von den franz. Ständen zum
monmen, mußte Karl dem Einfältigen, den eine Oegenpartrl begin»
h mehrjährigen Kriege, 897, die Krone Frankreichs laſſen.
zwar bie Karolinger in Frankreich noch bis 987; allein der hohe Abel
ber Mache des Throns; er theilte fich in die Domainen des Reiche, und
fallen (die bedeutendften waren: bie Herzoge von Franzien, Burgund,
‚ Normandie, Aquitanien [&ulenne], die Grafen von Slandern, Vers
Champagne, Isle de France und Touloufe) hatten endlich fo viele Pros
fich gerifien, daß nur Soiffons, Laon und einige eine Ländereien dem
slinger noch gehörten. Lothringen ward mit Deutfchland vereinigt. In
khdlichen Zuftande des Reichs ſank das Anfehen der herrfchenden Dyna⸗
e mehr, bis endlich, nach Ludwigs V., des Faulen, Tode (987), dem
Herzog von Isle de France, Grafen von Paris und Orleans, Hugo
ed gelang, fi) auf den Thron zu fehwingen, indem Ludwigs Oheim,
zzog von Niederlothringen, unter dem Vorwande, daß er als Vaſall bes
Raifers Otto nicht König von Frankreich fein inne, von der Nachfolge
fien wurde. So trat an die Stelle der Karolinger der Stamm ber Gar
s(f.d.). „Der Staat felbft war eine durch die Seubalariftotratie bes
232 | Sranfreih bis 1589
ſchraͤnkte, draftloſe Monarchie. Es waren naͤmlich aus den Erwerbern ber vert
ten Laͤnderbeute, die unter Karl dem Kahlen ſchon den erblichen Beſitz erlangt
ten, mitten unter einem zahlreichen Dienſt⸗ und Kriegsadel, vierzig maͤchtige
fallen entſtanden, und der Inhaber der Krone herrſchte nur als primus intem
res. Daher muften die Könige jedes Vorrecht der Krone den flolzen Baron
lange gleichſam abtämpfen, bis ſich endlich aus diefem formlofen Zuftand
Hiats generaux entwidelten. (Bol. Franzoͤſiſche Staatstunft.)
3) Die Befefligung der Monarchie unddie Ausbildung
Seudalftände (987-1328). Schon die Erb£önige der erften capetingi]
auptlinie befchränkten die Macht der Kronvafallen, indem fie ſich mit einze
roßen gegen die übrigen, und mit der Kirche gegen die weltlichen Vaſallen ü
haupt verbanden. Dadurch erwarben fie Kronländer und Regalien. Der ©
ſelbſt umfaßte in der Mitte des 12. Jahrh. nur ein Areal von 8 bis 9 der heuti
Departements, mit etwa 14 Mil, Einw. Er enthielt die Städte Amiens, %
Beauvais, Paris, Melun, Orleans, Neverd und Moulin. So weit herab!
das eigentliche Befisthum ber Krone durch die Anmaßungen der herrſchſuͤchti
Stoßen gefhmolzen. (Die jegige Bevoͤlkerung dieſes Bezirks beläuft ſich au
Mil.) Damals befagen naͤmlich: 1) Thierry dD’Alface, Graf von Flandern,
oberherrlicher Gewalt, 16 der heutigen Depart., die jegt 5,600,000 Einw. hab
2) Thibaut, Grafvon Champagne, 7 Depart. mit den Städten Meziered, G
lons, Troyes, Chaumont, Chartres und Blois, mit 1,800,000 Bewohnen;
ber Herzog von Burgund 6 Depart. (dad Herzogthum Burgumd und die Fran
Comté) mit 2 Mill. Einw. Der ganze mittägliche Theil von Frankreich geh
mehren fouverainen Großen, als den Grafen von Touloufe, Languedoc, &
Drovenceu. a.m. Doch der bedeutendfte Theil war der des Königs von Eng
(Heinrich) DI.), welcher 28 der heutigen Depart. befaß, die jest von 104
Menfchen bewohnt find. Dahin gehörten Nantes, Bretagne, Gueret, Linie
alle Provinzen von der Mündung der Garonne bis zu ihrem Urfprung, von |
caffonme bis Bayonne, und im Norben Boulogne. Alle biefe Länder mußten
und nad) von ben Königen ber Krone wieber erworben werden. Die Kreuj
beguͤnſtigten ihre Entwürfe, indem feit der kurzen Verwaltung bes Abts S
unter Ludwig VI. (ftarb 1137), das allmälige Verſchwinden der Leibeigenf
und da8 Emporkommen freier Städte das bürgerliche Dafein des Volks vorbe
ten. Unter Philipp II. Auguft (1180— 1223), dem Eroberer ,. wurde bie ,
ber Pares reghi auf ſechs geiftliche und 6 weltliche befchränft. Darauf gab
wig IX., der Heilige (1270), durch die Einführung einer neuen Rechtöpfleg:
koͤnigl. Würde. mehr Kraft. Ein neues Gegengewicht gegen den Gefchlechti
entftand unter Philipp III. (ft. 1285) durch die Ertheilung des Briefadels. $
wichtiger war unter Philipp IV., dem Schönen (ft. 1314), die Einführung
dritten Standes (Tiers-Etat), oder der Abgeordneten der Städte in die Reich!
ar der Geiftlichkejt und des Adels, feit 1301. (S. März und 9
eld.) Mit Hülfe diefer Feudalſtaͤnde widerftand fchon Philipp IV. dem
terbicte Bonifaz VIII., und der Priefterfchaft.e Derfelbe Philipp dehnte
Gerichtsbarkeit des parifer Parlaments über femmtliche Kronländer aus.
das Ganze beftand noch immer aus widerftrebenden Theilen, und die graufame !
tilgung der Xempler, 1314 (f. d.), ift nur Ein Zug aus der Geſchichte
Beitalters, in welchen nicht das Recht herifchte, fondern Gewalt und U
druckung.
4) Frankreichs Kriegsmacht und Eroberungspolitik.
tee den Valois, ber zweiten Linie des Mannsſtammes der Capetinger (132
1589), welche, mit Genehmigung der Stände, in der Perfon Philipps VI.
kels Philipps ITL) zur Thronfolge gelangte, warb der Feuerbrand bed Kriege
. jaruys wu un wenn armen won arnwe
IV, der Weife (ft. 1380), und fein Eonnetable, der tapl
tdnung wieber her. Denn es famen unter dem wahnfinnigen Karl VI.
sie Zeiten der Armagnacs Über Frankreich: ein Bürgerkrieg der Großen,
s md Burgund mit Meuchelmord geführt, in welchem Heinrich V. von
18 Gemahl der Toter Karl VI., und mit Zuchdfegung des Daus
ıberigen Könige Karis VII., die Erbfolge in Frankreich erlangte. Heins
b nody vor Karl VI, und fein minderjähriger Sohn, Heinrich VI.,
‚sößten Theile Frankreichs als König anerkannt, auch fogar, 1431, in
nt. Da begeifterte, mitten unter der Zügellofigkeit bed Kriege, des
3 und der Sitten, eine Jungfrau (f. Je anne d' Arc) die Franzoſen
ve des Dauphin 1429, und die Engländer verloren in Frankreich Alles,
Een, bis auf Galais. In diefer Zeit vermehrten die Könige den Läns
Krone, z. B. Philipp VI., 1349, durch den Erwerb der Dauphins;
ieg berechtigte fie, Steuern zu erheben, ohne die Einwilligung der
Hierauf gründete zuerft Karl VII, 1444, ein ſtehendes Heer. Seits
: bie Könige immer planmäßiger, durch Unterdrüdung der ftändifchen
h unumſchtaͤnkter Gewalt im Innern, und zugleich, um den Eriegeris
ver verroilderten Nation auf Beute hinzulenken, nach auswärtigen Er ⸗
Jenen Zweck erreichte durch Lift und Gewalt die defpotifche Stante«
98 XI. (1461—85), deffen Regel war: Dissimuler, c’est regner.
ntftand der 280 Jahre fortbauernde Zwiefpalt mit dem Haufe Habs⸗
eſes Die burgundiſche Erbſchaft nach Karla des Kuͤhnen Tode (1477)
5.Niederlanbe.) Dagegen erzwang fein Sohn und Nachfolger
(f. 1498) die Hand ber Erbin von Bretagne und die Vereinigung bies
jums mit Frankreich. Hierauf ſchloß er mit Öftteich den Frieden zu
8, und unternahm 1494 den Eroberungszug nach Neapel, als Erbe
be des Haufe Anjou. Damit begann die Eroberungspolitiß der franz.
n Statien, Deutſchland und die Niederlande, woraus zulegt bad neuere
rftem von Europa hervorging. Er war der legte Valois der Hauptlis
folgte ein Eeitenaft diefed Stammes, das Haus Orleans, 1498.
ante Zudwig XII. (f. d.) vermählt mit Anna, Erbin von Bretagne,
no Macchinnlliänerd Calnar Marfahran mh had Qach nachandea ihm
234 Sranfreih bis 1789
Karies V. und Philipps IL; allein vergebens fchloffen fie einen Bund mil
Dforte. Dagegen vereinigte Franz I. das Herzogthum Bretagne auf imme-
der Krone, und machte die Eönigl. Gewalt unumfchränkt, indem die mächtiger
fallen Hofbedienungen annahmen, und felbft das Parlament ſich allmälig dei
nigs Willen fügen lernte; Heinrich II. aber gelang ed, den Engländen C
(1558) zu entreißen, und im Bunde, den er für die deutſche Sreiheit mit £
von Sachſen gefchloffen hatte, die deutfchen Bistümer Meg, Toul und W
zuerobern. Unter Franz J. (ſ. d.) nahm mit Verbreitung der Reformatü
. Meligionsverfolgung auch in Srankreich ihren Anfang. Er und feine Nach
Heinrich U. (1547—59) und Franz II. (ft. 1560, f. d.), ließen die Ce
ſten verbrennen. So wenig milderte die unter Franz I. in Frankreich aufbl dl
Bildung des Geifted und der Sitten den graufamen Charakter. ded Fanatis
UÜbrigens wurde jegt der Anfang zu den Staatsfhulden gemacht, deren unge
Laft nad) 250 Jahren den Thron umftürzte, und ein Geiſt der Intrigue, mit
ſittlichkeit gepaart, verfchaffte den Srauen einen gefährlichen Einfluß auf Hof
Staatsangelegenheiten. Karls IX. Regierung (welche während feiner Mit
jährigkeit bie Königin-Mutter, Katharina von Medici, führte) zeichnete ſich d
die Blutftröme aus, welche in den Religionskriegen feit 1562 Frankreich befled
(S. Bluthochzeit.) Die Herrſchſucht der Guifen verbrängte die Prinzen
Gebluͤt, die Bourbons, weil fie Hugenotten waren, aus der Nähe des Ta
und trachtete endlich, dieſen felbft zu befteigen. Der Eraftlofe Heinrich III. Gef
Herzog von Guiſe meuchlinge, und deſſen Bruder, ben Cardinal, im
ermorden (1588). Dies war für die Eiguiften in Paris die Lofung zum Ka
mord (1589). (S.Heinrid II. und IV.)
5) Frankreich eine europäifhe Hauptmadht unter !
Bourbons bis 1789, Zweihundert Jahre vor der Mevolution beftieg
erfte Bourbon aus Capet's Stamme, Heinrich IV., der Große, König von
varra, den Thron von Frankeih. Er brachte wieder Ordnung in das Chaos,
kannte fich zur katholiſchen Religion, und ftellte feine alten Glaubensgenoffen ı
den Schuß des Edicts von Nantes (1598). Im Verein mit dem tweifen €
arbeitete Heinrich raſtlos fuͤr des Reiches Wohlfahrt, Die Franzoſen erhielte
erſte Ahnung pn der Wichtigkeit des Colonialweſens; Pondichery in Oſtin
Martinique, Guadeloupe, Domingo in Weftindien, und Quebed in Norb
rika wurden von ihnen befeßt. Nach Heinrichs IV. Ermordung, 1610, ſchw
das franz. Regierungsfuften unter Lubwig XIII., bis ihm der Premiermin
Cardinal Riche lie u (ſ. d.) eine fefte Nichtung gab. Der breißigjährige J
ward von ihm zur Schwächung ſtreichs und Spaniens benust, Im Inne
ſchuf er jene® Syftem von unbiegfamem Defpotismus, welches bie Autofreil
Frankreich vollendete, aber zulegt ben Thron untergrub. Die Reichsſtaͤnde m
1644 das legte Mal verfammelt worden. Richelieu's Plane brachte Mage
unter Lud wig XIV. (ſ. beide Art.) zur völligen Reife. Der meftfätifche U
(1648) verfchaffte Frankreich Elfaß, den Sundgau und die Beftätigung bes]
tzes der Bisthümer Mes, Zoul und Verdun: der pprendifche Vertrag (1660)
Spanien vereinigte einen Theil der Niederlande und die Grafſchaft Rouſſilles
Frankreich. Nach Mazarin’d Tode (1660) und dem Sturze des Oberauffl
der Finanzen, Fouquet (1661), erhob Colbert (ſ. d.) Frankreich auf enel
Stufe der Cultur und des Wohlftandes. Seine großen Ideen mußte or äh
mit einer immer fiegenden Thätigkeit zu verwirklichen. Meben ihm ordnete &
vois(f.d.) das Heerwefen; die Feldherren Zurenne, Xurembourg, Cell
Boufflers, Bendäme feffelten den Sieg an Srankreiche Fahnen, und Vauban
gürtete den Staat mit Feſtungen. So konnte Endwig in den großen
eine entfcheidende Stimme führen. Aber die Aufhebung des Edicts von $
Sranfreih bis 1789 235
87°), die Einmifchung in fremde Händel, und vor Allem ber fpanifche
tig (1701— 13), zernichteten Frankreichs Größe. Ludwigs Minifter
ren waren tobt, und fein Cabinet lenkten der Beichtvaterle X ellier.
Frau von Maintenon(f.d.). Als Ludwig, den die Sranzofen, gleich
IV., den Großen nennen, ftarb, 1715, betrug die Schuldenlaſt nicht
28 4500 Mill. Livres. Ihm folgte fein fünfjähriger Urentel, Ludwig XV.
entſchaft ded Herzogs von Orleans, Law's Actienſyſtem, die Verwaltung
ufenen Dubois, das dreijährige Minifterreich des Herzogs Ludwig von
‚ die mufterhafte Wirthfchaft und redliche Politik des ehrwürdigen Fleury,
heilige Einfluß der berüchtigten Marquife von Pompabour, und das thas
Leben ihres Guͤnſtlings, des Staatsminiſters Herzogs von Choifeul: dies
yauptpunfte in dem Gemälde jener Zeit, wo die Wohlfahrt des Reichs
Stud feiner Bewohner allen Leidenfchaften mehr als je zum Spiele bien»
Erwerbungen von Lothringen und Gorfica, die wechfelnde Ebbe und Flut
eichs Coloniafwefen, worauf befonders der aachener Friede (1748) und
aris (1763) bedeutenden Einfluß hatten, die Folgen der Kriege Über die
Rönigewahl, 1733, gegen ſtreichs Erbfolgegefeg, 1740, und für Öfts
1756—63, die Aufhebung des Jeſuitenordens, der Familienbund der
hen Häufer, der immer mehr zunehmende Defpotiömus, welcher vorzügs
jahliofen Lettres de cachet, dieſem Mittel höchfter Schwäche und fels
t, fid) ausſprach; Namen endlich, wie Montesquieu, Buffon, Voltaire,
ic.: dies find die Merkwürdigkeiten der Megierung Ludwigs XV., der
wendung aller Art, durch unfinnige Unternehmungen, durch fein Hins
Renfchen, die mit feinen Pflichten ein ſchreckliches Spiel trieben, dem
nieberdrüdende Abgabenlaft aufgebürbet und Schulden auf Schulen
tte. (Vgl. über ihr Zeitalter d. Act. Ludwig XIV. und XV.) Unter
» Nachfolger, Ludwig XVI. (1774—92, f. d.), geſchah manches
ber Alles, wa6 Maurepas und Vergenned , Turgot und Neder thaten,
ur Palliativ gegen ein unheilbares Übel. Durch feine Theiinahme an,
eitskampfe ber Americaner gegen England (1778—83) befchleunigte
ben eignen Untergang. Meder verließ den gefährlichen Poften eines Fi⸗
ers, und fein Nachfolger Calonne wußte mit unnachahmlicher Gewandt⸗
rlegenheit des öffentlichen Schatzes noch eine Zeitlang zu verhüllen. Auf
ſchlag Wurden endlich die (146) Notabeln des Reichs nach Verſailles bes
Febt. 1787); doch, fchon zu vertraut mit der Stimmung, des Volks,
bie Anträge des Dinifters, eine Lande und Stempeltare einzuführen,
fie die Zufammenberufung aller Reichsſtaͤnde als nothmendig erklärten.
hielt hierauf feinen Abfchied, und Brienne, Erzbifchof von Sens, wurde
ifter. Um den jährlichen Ausfall von 140 Mill. Livres zu decken, ſchlug
roße Erſparniſſe, neue Auflagen und Anleihen ver; die perfänlichen
Re wurden in Auflagen an Gelb verroanbelt, und die von Calonne vorges
Zaren wollte der König, nad) der Weigerung der Notabeln, durch das
rlament in einem Lit de Justice eintegiftriren laffen. Allein das Pars
serfegte fich fo ftanbhaft, daß ed nad) Troyes verwiefen wurde. Bald
Geberufen, gab es ebenfo' wenig nach. Selbſt eine Anleihe von 450
ed wurde verroorfen, und die Verhaftung des Herzogs von Orleans, ber
. f. Bas Seltene Werl a. d. Quellen von Rulhieres: „Eclaircissemens
les causes de Ja revocation de l’edit de Nantes et sur l’etat des Pro- -
France‘ etc. 1788. überhaupt verlor Frankreich turch die fieben gros
indirungen der franz. Proteftanten: 1666, 1681, 1685, 1688, 1715,
1744, Hunderttaufende fleißiges Bürger, große Reichthuͤmer und — feine
236 Stanfreid von 1789 bis 1792
an der Spitze der Palrs ſtand, und zmeier Parlamentsglieber, hatte Keine <
Folge, als daß das Parlament den Mißbrauch der Verhaftsbriefe rügte, we
der König die Abfchaffung aller Parlamente, und Einführung eines bloß von fe
Willen abhängigen Gerichtshofes (cour pleniere) decretirte. Diefes Werk
Brienne und Breteuil erregte cine allgemeine Unzufriedenheit. Der Adel von
nes erklärte fogar Jeden, der eine Stelle bei diefem Gerichtshofe annehmen w
fuͤr ehrlos. Man fah die ganze Reichsverfaſſung dadurch im Innerſten ve
und nie hatte man lebhafter und mit mehr Zheilnahme von Nordamerikas
freiung gefprochen als jest; Montedquieu, Voltaire, Diderot, d'Alembert
Rouſſeau wurben gelefen, zergliebert, und ihre oft kuͤhnen Gedanken verglet:
neben die Wirklichkeit geftelt, Dem Principalminifter Eonnte die wahre Lag
Dinge nicht verborgen fein; er gab daher ber Volksſtimme nad), und trug au
Verſammlung ber Reiheftände an; einftweilen follten alle Zahlungen theils ei
ſchraͤnkt, theils um ein ganzes Fahr aufgefhoben werden. Zugleich nahm er[
Entlaffung, denn des Könige Hoffnung war bloß auf den perfönlicyen Credit
berühmten Necker gebaut, der jegt ald Generaldirector der Finanzen und Sta
‚minifter zuruͤckberufen wurde. Er kam, und fand in der Staatscaffe Franke
— 419,000 Livres banres Geld! Seine erften Schritte waren, daß er die Ein]
lung der Zahlungen widerrief, den König zur Wiedereinfegung der alten Parlam⸗
bewog, und die Notabeln abermals verfammelte (5. Nov. 1788), um über
Organiſation der Neichsftände einen Befchluß zu fallen. Im Fortgange der 9
rathungen verlangte der Bürgerftand (Tiers-etat), mit den beiden privilegi
Ständen, dem Adel und der Geiftlichkeit, in gleich ſtarker Anzahl repraͤſentitl
werden, und dad Parlament bat den König um gleihförmige WVertheil
der Auflagen auf alle Stände, um Preßfreiheit und um Abfchaffung der A
haftsbriefe (Lettres de cache!), indem zugleich die Pairs und der Adel allen DH
rigen Vorrechten entfagten, und freiwillig ihre Befigungen für fteuerbar erklaͤr
Hierauf wurden die Reicheftände auf den 1. Mai 1789 befchieden: zum er
Male wieder feit 175 Jahren. Das Gefchäft der Deputirtenmwahlen fegte g
Frankreich in heftige Bewegung, und in Paris fprady man bereits laut von „Bo
freunden und Volksfeinden“. Der Reichstag ward am 5. Maiin Verfailles ı
Könige mit einer Rede vom Throne eröffnet. Die Stage, ob nad Köpfen ı
Ständen geſtimmt werben follte, führte zu heftigen Debatten ; der Bürgerftand
beffen Deputirten auh Mirabe au (f. d.) gehörte, gab ſich, d. 17. Juni, auf
Abbe Siepes Rath, den Namen Nationalverfammlung; ein Thell
Adels und der Geiſtlichkeit vereinigte ſich mit derfelben, und — die Revolution!
entſchieden.
II. Frankreich von 1789 bis 1814, oder die franzoͤſiſche!
volution bis zur Reftauration Im J. 1814. — Die franz. Revolu
macht eine Hauptepoche in der Gefchichte der bürgerlichen Geſellſchaft. Wee
als ein zufaͤllig entflandenes Ereigniß anfieht, hat weder in die Vergangenheit
blickt, noch kann er in die Zukunft fhauen. Aus Leidenfchaft und Vorurtheil!
er eine Begebenheit, die aus dem Schoße von Jahrhunderten hervorging, für
Werk der Menfchen des gegenwärtigen Augenblide, Er nimmt die Schaufgf
fire das Stud. So brurtheilte Krau von Stael in ihren „„Uonsiderations
les principaux evenemens de la revolution frangaise‘“ (womit Baillle
„izamen critique‘ diefed Werks zu verbinden ift) jene große Begebenheit. R
Zufälle von geftern haben die Baftille geftürzt, und Diaupeou’s Edict an die 9
lamente zerriffen ; nicht das Deficit, nicht die Berufung der Stände haben die]
dalmonarchie zerftört; auch ohne die Verdoppelung des dritten Standes würbe
evolution entftanden fein. Das Deficit war nicht die Urfache, es war eine Fo
biefelbe Regierungsweiſe, welche jenes Deficit hervorgebracht hatte, würde balb
uurihre Werkzeuge. Die wahren Urheber ber Revolution find geweſen ber
1 Richelleu und feine Tyrannei; Mazarin und feine Arglift: jener machte
mmverhaßt; diefer machte ihn verächtlich; dann Ludwig XIV. und feine
aberifche Pracht, feine unnügen Kriege und feine Dragonaden! Die wahs
der der Revolution find geweſen die unumfchränfte Gewalt der Regierung,
ke Minifter, ein übermüthiger Adel, habfücytige Guͤnſtlinge und das Räns
zMaitreffen. Aber Revolutionen, aus Haß erzeugt, von der Leidenſchaft
und von ber Selbſtſucht geleitet, geben nicht die Freiheit, fie geben nur
:und Elend; den Altar ber Freiheit kann allein das Gejeg ber Ordnung
a, fowie das Geſetz ber Ordnung nur aus ber Freiheit entfpringt. Darum,
=, fürchtet die Revolutionen; aber wehe ber Regierung, welche fie durch
and Ungerechtigkeit hervorruft! — Daß aber die fcanz. Revolution in ihs
icelung einen fo bösartigen Charakter, den des Despotismus ber Anars
man bie Politik der Jakobiner bezeichnen kann, und ben ber gröbften und
Ausſchweifung der Selbſtſucht und Grauſamkeit, bei gänzlicher Erſtarrung
hen Gefühls, annahm: wer trägt davon bie Schuld? Hatten nicht Pries
Bol erzogen, welches den Altar umftürzte? Hatten nicht Minifter
Staatdmänner im Carbinalspurpur, Prinzen, welche ſich roues (Lieders
nten, und Hoſdamen die Sitten der Hauptſtadt durch iht Beiſpiel feit den
:Regentichaft vergiftet, und das Volt verführt, daß es in Ruchloſigkeit
jrommelei und Woltuft, Üppigkeit und gefeglofe Willkuͤt verbreiteten ſich
Bofteben in die hoͤhern Stände, und verpefteten endlich den fittlichen Zus
Volks fo, daß es flatt der Freiheit die Frechheit umarmte, und für eine
eluͤſte Eeinen Zügel mehr Eannte*). — In dem Fortgange der franz.
a bemerft man drei verfchiedene Richtungen: die monarchifche, bie demo⸗
ınd die militairifhe. Dan kann daher folgende Abſchnitte machen;
Bon der conftituirenden Nationalverfammlung bis
tihtung ber Republik (17. Jun. 1759 — 21. Sept. 1792).
enalverfammlung beftand aus 600 Abgeordneten vom britten Stande,
Wat seh UNMN man har Moifilichkeit An ihrem chafo entmidetre fi
240 Seanfreich von 1792 bis 1808
zige und untheildbare Republik. Die diefens Zage begann andy elr
rechnung, die republilanifche, welche Napoleon mit dem 1. San.
der aufhob.
3) Die Geſchichte der Republik Frankreich bi
eihtung des Kaiferthbums (21. Sept. 1792 — 18. Mai :
gesnachrichten feierten die Geburt der Republik. Cuſtine hatte Main
Feinde hatten den Boden Frankreichs räumen müffen. Dumouriez t
mappe gefiegt, Sofort erklärte der Nationalconvent ſich bereit, „co
beisuftehen, die fich die Freiheit verfchaffen wollten”, indem cr den v
Truppen befegten Ländern die Aufhebung aller aus dem Feubalfpftem |
Laften verſprach. Zugleich erklärte er die Todesſtrafe gegen alle Ausw
verurtbeilte Ludwig AVL (ſ. d.). Die Mehrheit des Convents mw,
von der wilden Rotte, die in Paris den Kopf des Königs foderte, un
Übermuthe kündigte der Convent den Königen von England und Spar
Erbftatthalter (nidyt den Völkern) den Krieg an. (S. Briffot.)
auc Portugal, Neapel, Toscana und der Papft in den Bund gegen d
die nur von Venedig anerlannt ward. Zu dem dußern Kriege kam nod
die Vendee ftand auf, um den Zod des Königs zu rächen. Die Ne:
verloren. Da umgürtete fie fich mit dem Schwerte des Schredens ı
zweiflung. Die Partei ded Berges fchmetterte die Gemäßigten, die
ften (f.d.),zuBoben. Ein Revolutionstribunal ward errichtet, um
densmänner Danton, Robespierre und Marat(f. d.) regie
tion mit der Guillotine. Maria Antoinette, Königin von Frankreid
Tod ihres Gemahls (16. Oct. 1793) ; ihr folgten Orleans Egalité und
Elifabeth, die großherzige Schweſter Ludwigs XVL ; alle Kirchen zu $
gefchloffen, alle Kicchengeräthfchaften für Nationaleigenthum erklaͤrt,
ehemaligen Kathedrale feierte man am 10, Nov, ftatt des Gottesdienfi
der Vernunft! Auch den Golonien gab man Frankreiche demokrati
fung, und allen Negern die Freiheit: die Kofung zur Ermordung |
(S.Haiti.) Am wildeften verfolgte man die Eradeligen. Man jah i
den Drud der Vorrechte vieler Jahrhunderte, und übte jegt die Rache
vergeltung. Neun Monate dauerte das Schreckensſyſtem, während di
pierre Feſte der Natur, dem hoͤchſten Wefen, dem Stoicismus, d
u. f. w. zu feiern befahl, wobei das Blut in Etrömen von der Guillot
ter den Kartätjchen des ſchrecklichen Collot d'Herbois u. U. (befonder
Bordeaux, Nantes, Zoulon zc.) fi) ergoß. Mit Robespierre's Fall
1794, 9. Thermidor) hörte das Schredensfuftem auf. Sogar der S
kobinerclubbs ward eine Zeitlang geichloffen, und das Nevolutionstribu
bildet. Der Nationalconvent erkannte feine Volsgefellfcyaften mehr |
cretirte eine allgemeine Sreiheit aller Gottedverehrungen (21. Schr. 179
Boftete ed noch manchen Kampf mit ben gegen den Grift der Maͤßigung f
den Schredensmännern und Sakobinern (3. B. d. 20. Mai 1795).
(die dritte) Conſtitution ward nun als Grundgeſetz der franz. Nepu
Mergebens fuchten die Sectionen von Paris das Königthum mieder I
Der Sonvent befiegte fie durch Barrasund Bonaparte (f.d.)amb
Vendemiaire (5. Oct. 1795). Hierauf Iöfte er fi) am 26. Oct. aı
Directorialregierung nahm ihren Anfang. (S. A. C. Thibec
„Mein. sur la Convention et le Directoire‘‘, Paris 1824, 2 Bde.) D
bende Corps beftand jegt aus dem Rathe der Alten (250 Mitgliedern
Mathe der Süunfhundert. Das volljichende Directorium (Barras, Re
not, Rareveillöre:Lepaur und Letourneur) beruhigte die Vendée; allein
ſetzte es ftatt der Affignaten Mandate in Umlauf (11. März; 1796). Er
Sieg über die Hanoveraner, Engländer, Hollunder, Sftreichet und
Darauf ſchloß Toscand (am 9. Febr. 1795) Frieden mit der feditj. Res
das Giuͤck det fcanzı Waffen in den Niederlanden, und zum Theil noch
? Brgedenheiten beftimmten auch Preußen, einen Separatfrtedeh (5: Apr.
Bafelabzufchliegen. Spanien folgte am 22. Jul., unb Heſſenkaſſel
1 deſſ. Jahted. Darauf ficherte eine Demärcationsiinie dem noͤrblichen
1 die Neutralität unter preuß. Schuge. Die Niederländer vereinigtert
(16. Dlai) mit Frankreich duch ein Schug: und Trudbuͤndniß gegen
Oſtreich, England und Rußland aber hatten nach den bafeler Friedens
ich feft vereinigt (28: Sept. 1795), um das behinnende Übergewicht
sin feinen Fortſchritten moͤglichſt zu hemmen. &o gluͤcklich bie Neu⸗
fdem feſten Sande bisher gefochten hatten, fo ungluͤcküch waren fie im
England bot alle Kräfte auf, um feine Herrſchaft zur See und in bele
tz vergrößern. Doch war Pitt's unaisführbares Aushungefüngsfpe
idee Staaten nicht weniger nachtheilig als für Frankreich. Auch hatten
geverſuche der Engländer in Frankreich, zur Unterftägung ber Royalts
RR den ertbarteten Erfolg. Aber ein großer Thell der franz: Colds
b in englifche Gewalt, und die Angriffe ber Engländer auf die toulo⸗
ter Flotten ſchlugen ber republikaniſchen Seemacht unheltbare Wunden.
Preußen und Sardinien führten den Krieg größtenthell mit —
sefdern. Dagegen verſchaffte ſich das Directorium bee Republik durch
ı der Kriegebedärfniffe und durch Paplergeld bie Mittel, um bie auf dent
Somfeription gebildeten Deere Herzuftellen uind zu ethallen. Die teichftett,
em boten bie befegten feindlichen Länder bar; vorzüglich Holland /
ıd und Itallen. Endlich erlämpfte Bonaparte, ben Ftleben. Die Siege;
796 in Italien bei Moritenotte, Milleſinio, Lodi, Atcofe, Rivoll umd
mento in elf Monaten erfocht, führten ungeachtet der Siege des Erz⸗
rel in Deutſchland und des Ruͤckezugs von Möreau, zu den Unterhans'
Beoben (18. Apr. 1797), welchen endlich der Filebe von Campor
(f.d., 17. Det. 1797) imb der zum Abfchluffe bes‘ Friedens mit dent
Reiche eröffnete Congreß zu Raſtadt erfolgten: Unterdeffen Hatten ſich
wur Dnanien (10 Kite 1T7OR\ orin norhunten melimenen (nalanfı
243 Frankreich von 1792 bis 1804
werden. Als jedoch Frankreichs Flotte bei Abukir durch Nelfon vernichte
fein $eldherr in Syrien nicht gluͤcklich Eärhpfte, bildete ſich auf Englar
und durch deffen Subfidien die zweite Soalition. Die Pforte erkl
reich den Krieg; der Congreß zu Raſtadt Löfte ſich nach Ermordung zı
Gefandten auf; Öftreich und Rußland vereinigten ſich mit der Pforte, ı
übernahm die Rache bes Papſtes. Nun erdrüdte die Republik ihren Bi
fen, den König von Sardinien (Dec. 1798), um Oberitalien zu beha!
die republikaniſchen Deere zogen fiegenb nad) Neapel, wo die parthenopii
blik errichtet warb. Auch Zoscana wurde befegt. Aber ſchnell want
Gluͤck. Die Öftreicher und Ruffen fiegten in 6 Hauptfchlachten un
Italien 1799. Nur Holland und die Schweiz wurden, jenes von Br
von Maffena, behauptet. Da trat Bonaparte, von Sieyes und Lu—
parte aus Ägppten zuruͤckgerufen, an bie Spige der Republik,
Das Directorium ward aufgehoben, und ber 18. Brumair
1799) gab Frankreich eine confularifche Regierung und die viert:
tion. Dieſe näherte fich) wieder der monarchifchen Form. Drei, auf |
gewählte und wieber wählbare Confuln wurden an die Spige der Re
ftelt; der er ſte von ihnen aber, Napoleon Bonaparte, konnte alle
glieder bes Staatsrathö, die Minifter, die Gefandten und alle Officier
und Seemacht ernennen und abfegen ; audy in allen übrigen Regierung:
heiten entfchied er, indem die beiden andern Confuln (Cambacerds und £
eine berathichlagende Stimme hatten. Die gefeggebende Macht übt:
Fribunat von 100, und das gefeßgebenbe Corps von 300 Mitgliedern, '
zum fünften Theile erneuert wurden. Jenes debattirte über die von d
vorgefchlagenen Geſetze, dieſes entichied hierauf durch geheimes Stim
keines der beiden Corps durfte Gefete in Vorfchlag bringen. Confuln
ber und Zribunen wurden nicht vom Wolke, fondern von einem Erhul
(Senat conservateur) getwählt, ber aus 80, wenigſtens 40 Fahre alten 9
beftand, die nad) den Vorfchlägen des eriten Sonfuls, des Tribunats uı
feegebephen Corps ſich felbft wählten. Alle diefe Behörden waren keiner 2
tung unterworfen. Diefe Conftitution erhielt jedoch im Aug. 1802 einige 4
gen, ald Bonaparte lebenslänglicher Conful wurde ; nunmehr ernannte die
bie Präfidenten der Santonsverfammlungen und Wahlcollegien , und bet
ſul feinen Nachfolger und die Senatoren ꝛc. Den gefeßgebenden Koͤrr
vertagte, prorogirte die Regierung nach Gefallen. Kaum hatte Bor
Zügel der Regierung ergriffen, fo erhielt Alles eine lebenskraͤftige Geſtal
ſchuf ein neues Heer, mit dem er, nach fruchtlofen Friedensantraͤgen aı
und Öftreich, den großen Bernhard uͤberſtieg, die cisalpinifche Republil
und bei Marengo fiegte (14. Juni 1800), worauf Moreau bei Hohen
Dec. 1800) den Krieg mit Öftreich entfchied. Die Vendee wurde beri
mit Nordamerika ein Sreundfchaftövertrag gefchloffen. ÜÖftrei muß:
England trennen und im Namen bes deutfchen Reich den Frieden v
ville (9, Febr, 1801) unterzeichnen. Diefer gab ber Mepublif das lin
ufer, und der Thalweg des Rheins warb Frankreichs und Deutſchl
Grenze, Diefem Frieden folgten die mit Neapel, Rußland, mit der Pfor
zu Amiens mit England (27. Mai 1802), fowie das mit Pius VIL
fene Soncordat, daß die katholiſche Religion wieder zur herrfchenden in :
machte. Seitdem lenkte dreizehn Sabre lang die Diplomatie des Erol
Schickſal des feiten Landes von Europa. Das Königreid, von Etrur
errichtet und dem Herzog von Parma Überlaffen; dem deutfchen Reiche
große Entſchaͤdigungsplan von Frankreich vorgeſchrieben; Heivetien erhielt
biationsacte, unb mußte ſich auf bas engfle mit Frankreich verbinden ;
Sranfreih von 1804 bis 1814 243
chſam als ein Theil Frankreich benutzt und erhielt aus Paris eine Con⸗
Piemont, Parma und Piacenza wurden Stanfreich einverleibt, und der
u zum Präfidenten beritaftenifchen Republik ernannt. In Frankreich ſelbſt
mung, Sicherheit und Ruhe an die Stelle des revolutionairen Zuftandes,
ortirte erhielten die Erlaubniß zur Rückkehr, bie Härte der Emigrantentis
gemildert, die Freiheit des Gottesdienſtes warb wieder hergeftellt, und die
der Ehrenlegion (19. Mai 1802) verband die Nation und das Heer mit
vr Regierung. Als nun ber Krieg mit England (18. Mai 1808) aufs
rach, und Verfchwörungen im Innern Furcht verbreiteten, da wurde
für die Anficht empfänglih, daß Frankreichs Gluͤck von einer feftern
faffung, die zugleich dem Chef volle Sicherheit gewaͤhre, abhängig fei,
es, nach den vorhergegangenen Schteden der Anarchie, leicht, die Me:
akreich In ein Kaiferthum zu verwandeln,
Sefhihte des Kaiſerthums Frankreich bis zur Ne
on des Haufes Bourbon und ber Königsmürde (18,
— 3. Mai 1814), Am 18. Mai 1804 erſchien das organifche Se⸗
lt, weiches Napoleon zum Kaifer der Sranzofen, und die Faiferl. Würde
in feiner Samilie erklaͤrte. Durch dieſes Senatusconfult und durch das
kaiſerl. Statut vom 30. März 1806 wurden die Samiliengefeße des kaiſ.
ı Rüdficht der Erbfolge, der Titel und Appanagen der Mitglieder der
ie, und ihre befondern Derhältniffe zu der Perfon tes Kaifere, feſtge⸗
williſte blieb fo, wie fie durch die Sonftitution von 1791 feftgefegt wor⸗
wmlich 25 Mill. Livres jährlich. Zugleich wurden errichtet: die Groß⸗
jer (Grands-Dignitaires) oder Erzämter des Reich, die Grofofficiere
‚ zu welchen die Marfchälle und Hofämter gehörten, und der hohe kaiſerl.
f, der Über bie Vergehungen ber Mitglieder der kaiſ. Familie und der ers
sbeamten, Über Hochverrath und Über alle Verbrechen gegen den Staat
fer erfennen ſollte. Auch die Wahlcollegien erhielten eine beftimmte
3. Der Senat blieb ; aber die Wahl und die Zahl der Senatoren hins
aiſer ab; auch blieb das gefeßgebende Corps; aber das Zribunat, wels
nod) zu wibderfprechen wagte, wurde den 19. Aug. 1807 aufgehöben.
„ 1804 warb ber neue Kaifer mit feiner Gemahlin von Pius VII. in der
redame gefalbt und gekrönt. Drei Monate darauf (18. März 1805)
aifer ber Sranzofen auch König von Italien, und als folder (26;
Raitand feierlich gekrönt, und dee Orben der eifernen Krone errichtet.
er wurben Genua (ligurifche Republik) und das Fuͤrſtenthum Guaftalla
rich vereinigt ; Lucca und Piombino als ein Herzögthum einer Schwe⸗
iferd überlafien, Parma und Piacenza aber unter franz. Verwaltung
Der Erbkaifer von ſtreich und viele Fuͤrſten Deutſchlands erkann⸗
on als Kaiſer an; dagegen verließen ber ruſſiſche und ſchwediſche Ge:
ec Paris, und die franz. Geſandten gingen von Petersburg und Conſtan⸗
r Schweben ſchloß mit England einen Subfibieltvertrag, und Rußland
b (Aprüt 1805) mis England zur dritten Goalitiom wiber Frankreich. Die
hatten naͤmlich fchon am 5; Juni 1803 Hänover in Beſiz genommen;
visog die franz. Regierung, fo weit ihre Waffen keithten, das Verbot
ven Manufactuthandels mit größter Strenge, und bedrohte England mit
ung, Pitt zug baher auch Bftreich (Aug. 1805) in die Coalition. Nun
any Armee aus dem Lager bei Boulogne nach Deutſchland auf. Der
aber aur won kutzer Dauer. Die lÜibergabe eines oͤſtr. Heers unter Mad
17. Det) und die Schlacht bei Aufterlig (2: Dec) führten den Frieden
burg (26: Dec: 1805) herbei, weichem Oſtreich gegen 1000 DW:
Bi; Eimo, (unter biefeit bie getreuen Tiroler) opfern Dee Napoleon
244 Branfreih von 1804 bis 1814
gab in diefem Frieden feinen Verbündeten, Baiern und Würtemberg, $
nen und die volle Souverainetät, die auch Baden erhielt, und jedem
Staaten wichtigen Zuwachs an Land und Menſchen, während auch das.
Italien mit 500 OM. arrondirt wurde, und Frankreich das entfchiedene Ü
uͤber Deutfchlands Fuͤrſten erhielt. Doch der Briten Sieg bei Trafalgar
1805), über die vereinigte franz.sfpanifche Flotte vernichtete die Frucht fec
Ruͤſtungen: Frankreich verlor an diefem Zage 1654 Kanonen, 15,000
und 60 Mill. angewendeten Geldes. Nun änderte Napoleon fein Spfl
England. Durch wiederholte Erfahrungen belehrt, daß er durch Eeine Aı
gen den Briten zur See die Spitze bieten werde, wollte er England auf t
Lande befiegen. Dielen Plan, deffen Ausführbarkeit er vielleicht ſelbſt b
den er aber nichtsdeſtoweniger als ein geſchicktes Mittel, Europa Geſetze
mit aller Kraft verfolgte, glaubte er zu erreichen, wenn er die Mächte de
des zroänge, jede Verbindung mit England aufzuheben. In diefer Abfid
er Hanover an Preußen, welches dadurch mit England in Krieg gerieth.
naftie von Neapel wart, ald warnendes Beifpiel deffen, was Derie
in Frankreichs Anfichten nicht eingehen wollte, zu erwarten habe, der $
verluftig erklaͤrt; Sofeph Bonaparte ward König von Neapel und Sic
Mär; 1806), der zweite Bruder Napoleons , Ludwig, König von Hol
Stieffohn, Eugen (Beauharnois), als kaiſerl. Prinz adoptiert, Vicekoͤnig
lien und Schwiegerfohn des Königs von Baiern ; des Kaiſers Waffengefä
zander Berthier, ward Fürft von Neufchatel; Zalleyrand, Minifter der
tigen Angelegenheiten, Fuͤrſt von Benevent; Bernadotte, Fürft von Po
Joachim Murat, Großherzog von Kleve und Berg, und Stephanie Ben:
eine Nichte der franz. Kalferin, ward ald adoptirte Peinzeffin die Gemahli
maligen Erbprinzen von Baden. Alle, die der neuen Dynaſtie unmittelt
hörten, oder fonft mit ihr verbunden waren, follten, von einem Foͤdera
umfchlungen, an Frankreich gekettet werben. In diefem Sinne wurben t
Reichslehen errichtet, und das kaiſ. Samilienftatut am 30. März 1806
So ward das biöherige Gleichgewichtsſyſtem vernichtet. Baierns, Wür
und Badens Verband mit dem Föderativfpftem des „großen Reichs”, und
fuͤrſtenthums Hanover Einverleibung in den preuf, Staat hatten ben |
Staatskoͤrper zerriffens Napoleon bewirkte nun bie Errichtung des rheiı
Bundes, deffen Grundvertrag mit dem franz. Kaifer, als Protector d
des, am 12. Juli 1806 abgefchloffen wurde. Hierauf legte Franz II. am
die deutſche Kaiſerkrone nieder. Während deffen hatte die Mittheilung v«
- Anfchlage auf des Kaiſers Leben durch For an Talleyrand einen Funken dı
feitigen Vertrauens erwedt ; Rußland, mit dem in Prefburg nicht Friede
fen worden war, trat den Unterhandlungen bei; doch der Tod des englifche
ſters For und bie veränderte Lage der Dinge vernichteten den Erfolg. D,
von Rußland beftätigte die von Oubril angenommenen Präliminarien nid
der englifche Gefändte, Lauderdale, ward zuruͤckberufen, und noch im Hechf
fah man Preußen mit Rußland, Schweben und England vereint auf dem
plage gegen Frankreich. Das preuß. Cabinet war naͤmlich durch bie ihm;
mene Rachricht, daß Frankreich Hanovers Zuruͤckgabe an England bargebot
zu elner drohenden Ruͤſtung gegen Frankreich bewogen worden, umd hatte b
zu einen nordifchen Bunde, als Gegengewicht des rheiniſchen, entworfen
poleon nahm die Ausfoderung an, und bie Schlachten von Jena und Srieb
fteten Preußen fein halbes Reih. Drei beutfche Fürftenhdufer (Heſſ
Braunſchweig und Oranien) twurben aus der Reihe der Regierenden gelöfch
neue Könige (Sachſen und Weltfalen), ein Hetzog von Warfchau und bie 9
Danzig erhielten ihr Daſein; ber cheinifche Bund ward durch den Beitritt von
Frankreich von 1804 bis 1814 245
erweitert, und der Friede von Til fit (”/, Juli 1807) Hatte den Beltritt
und Preußens zum Gontinentalbunde gegen England ais Grundlage, ſt⸗
nich war neutral geblieben, indem es einen andern Zeitpunkt abwarten wollte, um feine
seaufgegebenen Entwuͤrfe gegen Frankreichs Ubermacht auszuführen. Kaum hatte
I Repoleon fich Im Dften und Norden geficyert, als der Zuftand der pyrendifchen
Selbinfel ion zu neuen Eroberungen reizte. Portugal trennte ſich nur fcheinbar von
Eugen ; ein franz. Heer durchzog daher Spanien und befegte Portugal ohne Widers
Fand ; Die reglecende Dynaftie floh nach Brafilien (Nov. 1807). Ein Familienzwiſt
J ammabrider Hofe verfchaffte zugleich Napoleon Gelegenheit, fi) unter der Maske
u qiedetichterlichen Freundes einzumifchen. Der ſchwache Kari IV. verzichtete in
Deronne zu Gunſten Napoleons auf die Krone Spanien® ; ein Gleiches wurbe
abe ſpmiſchen Prinzen erzwungen ; der König von Neapel, Sofeph, ward Koͤ⸗
Aawen Epanien, und der Großherzog von Berg beſtieg den Thron von Neapel,
Ae Vie Begebenheiten in Spanien berührten das Familienintereſſe des Haufes
und der muthige Widerftand der Völker der pyrendifchen Halbinfel ge>
ga Srankreich® Heere zeigte dem wiener Gabinet eine guͤnſtige Gelegenheit, die neue
Eerdnung in Deutfchland und Stalien zu zertruͤmmern. Ungeachtet der Zus
kasmeanft Napoleons mit dem Kaifer von Rußland in Erfurt (im Oct. 1808),
upohtet der von dort aus gepflogenen Verhandlungen mit Wien und London,
ert des feſtern Vereins zwiſchen Paris und Petersburg, und der Fortfchritte
Axwens in der pprendifchen Halbinſel, ergriff daher Sſtreich, im neuen Vers
kuemit Britannien, im April 1809 die Waffen; allein es erlag, und mußte fi
Meiner Sieden (14. Det. 1809) gefallen laffen , daß faft von allen feinen
Stuͤcke abgeriffen und den benachbarten Staaten zugetheilt wurden, baf
Star Etaat, die illyriſchen Provinzen, gebildet, ber Kirchenftaat mit Frank⸗
Merinigt, und ihm, durch den Verluft der abriatifchen Häfen, alle Verbindung
WM Ere entzogen wurde. Es verlor faft 2000 DM. mit mehr als 3 Mill,
Men. Frankreichs Herrfchaft uber ganz Stalien und Deutſchland fchien jegt
Mütterlic) feſt gegruͤndet; der Kaifer von Öftreich war eingefdyloffen in einen,
ach bedeutenden, aber von franz. Foͤderativſtaaten und ihnen befreundeten
völlig umgebenen Staat: der mächtige Kaifer des Nordens, durch perföns
Immdfchaft an den Souverain Frankreichs geknüpft, zwang Schweden, zum
alserein wider England zu treten, während die Pforte in ſchwankenden
ifien zwifchen Frankreich und England, durch die ruſſiſchen Angriffe abs
br wurde, etwas Großes zu unternehmen. In Frankreich felbft betrachtete
du Revolution als ganz beendigt, da der Kaifer, von feiner bisherigen Gemah⸗
Iefhieem, mit der Erzherzogin Marie Louife von Oftreih (1. April 1810) ſich
te. Schon früher hatte Napolcon, um feinen Thron mit dußerm Glanze
truen Anhängern zu umgeben, durch ein Decret (vom 1. März 1808) außer
bersogt. Würden, mit denen die Helden des Vaterlandes belohnt wurden, einen
Bier und die Majorate, durch das conftitutionswidrige Senatusconfult vom
—X 1806, hergeſtellt, jedoch ganz verſchieden von dem ehemaligen Feudal⸗
IM, indem der neue franz. Adel an ein gewiſſes Vermögen geknuͤpft wurde, ohne
Beredhte in Ruͤckſicht auf Abgaben, Gerichtsbarkeit, Confcription, Ämter ıc.
ſollten, auch aufhörte, fobald die Grundlage defjelben, jenes Vermögen,
Zu den beiden Orden der Ehrenlegion und der eifernen Krone fügte Napos
wie kinem Seldlager vor Wien (1809) noch den der drei goldenen Vließe hinzu.
Bomar für den Glanz des Thrones, für die Belohnung des Verdienſtes und die
Mdigunꝗ der Leidenſchaften zugleich mit umſichtiger Klugheit geſorgt. Indeß
Mag: Rapoleon auch allen uͤbrigen Zweigen der Staatsverwaltung feine thaͤtige
amkeit. Dem Juſtizweſen war ein feſter Gang durch neue Geſetzbuͤcher
Wapsichner, und die Vollziehung der Geſetze durch die Organiſation der Gerichts⸗
ya
a 3 5 Ri 98
246 Frankreich von 1804 bis 1814
höfe und aller niedern Inſtanzen feftgeftellt worden. Um den Wucher |
ward (17. März 1808) ein Decret erlaffen, das die Landleute vor den 2
gen der Juden ficherte, und es war einer der unausgeführten Liebling
Kaiſers, eine politifchmoralifche Wiedergeburt des judifchen Volks durd)
ropa zu bewirken, (S. Ju den.) Ebenfo thätig arbeitete er an der
bes Gewerbfleißes und des innern Handels ; daher die Anfttengung zur £
brauchbarer Surrogate für die verpönten Colonialmaaren ; daher die Aus!
großen Preifes auf die Erfindung der beften Flachsſpinnmaſchine; daher
‚ten in allen Zweigen des Bauweſens, z. B. Candle und Straßen. A
wurde erreicht, weil Alles nach Zwangsbefehlen und militairifchen Vorfc
fchehen follte, wo doch freie Thätigkeit die Seele des Gelingens war.
Unterrihtsanftalten im Reiche erhielten eine mitlitairifche Form, Am
1808 ward eine kaiſ. Univerfität geftiftet, unter welchem Namen alle U
anftalten im ganzen Umfange des Reichs in ein großes Ganze vereiniı
(S.Fontanes und Fourcroy.) Don den durchgreifendften Ein
auf alle Verhältniffe waren die Verfügungen, die Napoleon regen be
mit Colonialtwaaren traf, welche die politifche Richtung aller Staaten des
beftimmten, und in ihren Folgen fo verderblich für den Einzelnen wie für
gewirkt haben. (S. Continentalfyftem und Colonialwaarı
land hatte den Decreten von Berlin und Mailand feine Geheimerathever
entgegengeftellt, und trieb feinen Handel noch auf verfchiedenen Punkten
Landes, Napoleon ergriff dagegen gewaltfame Mafregeln, in denen auch
ruͤnde zu dem Kriege mit Rußland 1812 zu fuchen find. Schon im Bertra
Eeantreid und Holland, vom 16. März 1810, hatte Holland fein Bra:
Seeland, mit der Inſel Schoumen, den Theil von Geldern auf dem link
Waal an Frankreich abtreten müffen, wozu der Angriff der Engländer a
1809 den Vorwand gegeben hatte. Als darauf, 1. Juli 1810, der .
Holland zu Gunften feines Sohnes die Krone niederlegte, warb, durch |
von Rambouillet vom 9. Juli 1810, das Königreich Holland dem fra
einverleibt. Da aber England in der Feſthaltung feiner Cabinetsbefehle:
blieb, fo erflärte Napoleon, die ganze Küfte der Nordſee unter feine u
Auffiht fegen zu müflen; daher rourden die Mündungen der Ems,
Eibe, nebft den Hanfeftädten (etwa 600 IM. und über 1 Mill. Meı
einer unerhörten Willkür (10. Dec, 1810), mit Frankreich vereinigt, ı
(12, Nov. 1810) auch mit Wallis, um fid) ganz der Straße über den €
verfüchern, gefchehen war *). Hiermit ftand in Verbindung der Hande
Trianon, der, allen Foͤderativſtaaten aufgedrungen, eine Zollordnung '
lonialwaaren feftfegte, die den Verbrauch dieſer Artikel ganz vom Feſtla
nen follte, indem zugleich da8 Decret von Fontainebleau die Verbrennu
Frankreich und in den unter feinem Einfluffe ftehenden Staaten befindtli
[hen Manufactur: und Fabrikwaaren anordnete. In Frankreich felbft
Maßregel mit Strenge gehandhabt, während für gewiffe Hauptartikel, :
bad, Indigo, Mittel ergriffen werden follten, um das Erzeugniß de
Lande zu bifördern. Auch ward durch Kicenzen die Einfuhr zum Vorth)
*) Das franz. Reich (l’Empire) unter Napoleon beftand jest aus 1
Überhaupt betrug, feit jener Zeit, wo die Könige die mächtigen Kronv
unterworfen und ten Briten die franz. Provinzen entriffen hatten, b
polsons Zeit, durch deffen gewaltige Kraft Karls des Großen altes
ganz wieder hergeftelt worden war, die Zahl der eroberten Depatt.
nen dag deutſche Reich 39 bergegeben hatte, mit 12 Mill. Seelen;
den Hollaͤndern entriffen, 18 den Stalieneen und 1 den Spaniern. X
ten iu Konige von Kranfreih 38 erobert, 17 die franz. Waffen bie
27 der Katfır non Frankreich, "
Frankreich von 1804 bis 1814 247
m fang nlsubt. Aber bie Vereinigung Norbbeutfchlands mit dem großen Reiche
ja KÜR mehre Bundesfuͤrſten beeinträchtigt. Die ihnen verheißenen Entfchäs
Mäggn miberten das Gehäffige dieſes Gewaltſchritts keineswegs. Der bedeu⸗
Hab jener beraubten Fuͤrſten war der Herzog von Oldenburg, der nahe Verwandte
ta beeaflfihen Herrſcherfamilie, und man fuͤrchtete ſchon jest fuͤr die Erhaltung des
: 6. Ehe jedoch diefe Beforgniffe in Wirklichkeit übergingen, gab dem Kai⸗
hei Orburt des Könige von Rom (ſ. Reich ſtadt) neue Hoffnungen. Schon
V «16 Rapoleon den Kirchenflaat für eine franz. Provinz, und Rom zur kaiſ.
9 Bipölade erftärt hatte, ward beflimmt, baf ber jedesmalige franz. Kronprinz den
TEE: Linig von Rom, führen, auch jeder Kaifer von Frankreich in ben erften
iQ Ahren feiner Regierung ſich in Rom kroͤnen laſſen folle.
I *_ Die Angelegenheiten in Spanien, deſſen Bewohner den Franzoſen einen uns
tt hartnaͤckigen Widerſtand entgegenfegten, und die täglich fich ermeiternde
ht aufeinen bevorftehenden Kampf mit dem Norden, der nicht länger für
xeichs Zwecke wirken wollte, obgleich bie Freundſchaft mit St. Peterbburg
Muiqt förmlich abgebrochen, und des franz. Kaiſers naher Verwandter, ber
ER von Pontecoroo, zum Xhronfolger in Schweden ermählt worden war, ließen
Pad fine heitere Zukunft ahnen. Überbiet trieben die Engländer in Gothenburg
wi verfchiedenen Häfen der Dftfee einen bedeutenden Handel mit Colonial⸗
ma nadı Rußland, worüber von Paris aus in Stodiholm und Petersburg viel
geführt wurden. Als nun Rußlands Handelsverfügungen 1810
tl, und feine mißbilligenden Xußerungen uͤber das Schickſal, das den Her
ss Didenburg getroffen, Napoleons Mißtrauen erregt hatten, und er eines
von Seiten Nordamerikas, mit dem er ſich verfühnt hatte, gegen Eng⸗
Amiß war, glaubteer, gegen Rußland die Sprache bes beleidigten Vertrauens
a zu konnen. Die Folge bavon war der Ausbruch eines neuen Krieges, ber im
83812 begann, und in welchem, außer den Völkern des Rheinbundes und des
hams Warfchau, auch ſtreich und Preußen als Verbündete Frankreichs
Uber den Gang dieſes Krieges, und wie er von Moskaus Kreml, wo
fen unter den rauchenden Truͤmmern der Kaiferftadt fein Hauptquartier
Bin, Abre bie Leichenfelder bei Leipzig bie an den Montmartre zog, ſ. Ruffifch
Hatfher Kriegvon 1812—15. Haft ganz Europa erhob fid) gegen Franke
mad Rapoleon. Eine Heeresmaffe von 812,000 M., zu weldy er, nach dem
in Schlefin (12. Juil 1813) gehaltenen Kriegsrathe, Öftreich
2000, Rusland 249,000, Preußen 277,000, und Schweden 24,000 M.
en, zertruͤmmerte binnen 9 Monaten das franz. Kalferthum, und die Trophäen
Slege der Franzofen. So ging das große Wort von Pitt in Erfuͤllung:
Betre clen Regierungen ift militairifcher Defpotismus von ber kuͤrzeſten Dauer“.
31. März 1814 zogen die Verbündeten mit ihren Truppen zu Paris ein, und
Int erklaͤrte Alezander im Namen der verbuͤndeten Souverains, daß man nicht
be mit Mapoleon Bonaparte, noch mit einem feiner Familie unterhandeln merde,
ÜBmen Frankreich nur fo anerkenne, wie e8 unter den Königen geweſen, und daß
um mdlich Die Staatsform anerkennen und gewähren wolle, welche dig franz. Nas
Bug geben werde, weßhalb man den franz. Senat einlade, für die Verwaltung
u Btaats und die Abfoffung einer Gonftitution eine Zwifchentegierung zu ernen⸗
m Dem zufolge verfammelte fid) der Senat am 1. April unter Zalleyrand’s
fe, und übertrug Letterm, nebft vier andern feiner Mitglieder, die Zroifchenres
kung. Den Tag darauf erklärte er Napoleon und feine Familie des Thrones
m Srantreich verluftig. Dieſen Beſchluß beflätigte der gefeggebende Nash, und
e Zeiſchenregierung machte ihn, und bald darauf aud) Ludwig 6 XVIL. (f. d.)
kwufung auf den franz. Koͤnigsthron bekannt. Napoleon hatte indeflen zu Guns
m ſeines Sohnes der Krone entſagt. Ex that es unbebingt am 11. Apri zu Fon⸗
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248 Frankreich feit 1814 bis 1820
tainebleau, da bie Marſchaͤlle fi) tpeigerten, fortan für ihn gegen ihr Vaterland
ehten. Durch einen an demfelben Tage gefchloffenen Vertrag, ward ihm
nfel Elba ala Eigenthum überlaffen. Die Literat, über diefe Zeit findet man
d. A. Napoleonundſ. Zeit, Schriftenvonundüber ihn. Zuber:
Barriere und Berville herausgeg. Samnıl, von „Mém. sur la revolut. frı
gaise‘‘, gehört die fehr nöthige „Introduction (au tablean comparatif des m
dats et pouroirs dannes par les provinces à leurs deputes aux Etats-G4
raux de 1789) par F. Grille‘“ (Paris 1825, 2 Bde); Dulaure'& „Kay
ses histor. des priucip. evenem. de larev. frang.““ (Paris 1826, 34 Lief.)
ein antiehenbes Bilderbuch.
IT. Geſchichte Frankreichs feit der Reſtauration von 1f
bis 1820, Die alte Keudalmpnarchie war vernichtet; an ihre Stelle trat bi
gitime Monarchie, Damit fie in Beine Autokratie ausarte, ward Ludwig AV.
bie Grundlage einer Verfaſſung vorgelegt und von ihm angenommen. So erfo
bie Reſtauration der Bourbons auf den Thron von Frankreich, mit dem Ein
Ludwigs XVIN. in Paris, den 3. Mai 1814. Ein Staatdverfaffungsentn
war nämlich ſchon den &. April vom Senate und ben 6. vom gefeugebenden Re
angenommen worden. Ludwig XVIII. follte, bevor er den Thron befticg, |
Grundgeſet beftätigen;; allein er gab bloß zu St.Quen den 2, Mai eine Erkiän
als König von Frankreich und Navarra, in welcher er die Grundfäge der ne
Staatsform, wie fein Bruder, der Graf Artois, in der Eigenfchaft eines Ein
enerallieutenants ſchon früher gethan, Öffentlich) ausfpracd), die genauere Ab
fung ber Urkunde aber, da die ded Senats Spuren der Eile zeige, fich vorbeh
Diefe neue Verfaſſungsurkunde wurde am 4. Jun. vom Könige der Nation übe
ben. Sie enthält die Grundfäge einer freien, beſchraͤnkt monarchifchen Sta
form, als: Gleichheit Aller vor dem Geſetz; gleiche Verpflichtung zu den Sta,
laſten; gleiches Recht auf alle Amter; perfönliche, Religions: und Preffreif
Unverleglichkeit des Eigenthums; Vergeſſenheit bes Vergangenen ; Abſchaff
ber Conſcription; Unverletzlichkeit des Koͤnigs, der die ausuͤbende Gewalt hat,
ber Spiße der bewaffneten Macht fteht, Krieg erklärt, Verträge ſchließt, Amte
sheilt und die Geſetze vorfchlägt und kund macht; er übt die gefehgebende Gei
mit den beiben Kammern aus, doc) muß das Gefeg der Steuern und Auflagen
erft in die Kammer der Deputirten gebracht werben ; auch die Häufer koͤnnen Ge
vorfchlagen ; dem König bewilligt die Legislatur für die Dauer feiner Regierung:
Givistifte. Der König beruft die Kammern ; er ernennt alle Pairs, erblic) oder perl
lich, hebt die Berfammlungen und Löft das Unterhaus auf, muß aber binnen drei
naten ein neues berufen ; beide Häufer können nur zu gleicher Zrit Sigungen halt
das Haus der Deputirten wird aus den von den Wahlcollegien ernannten Deputü
zufammengefegt, und jedes Jahr um ein Fuͤnftel erneuert; jeder Deputirte muß
alt fein und 1000 Franken directe Steuern erlegen. Der König ernennt die$
fibenten der Wahlcollegien, und aus fünf von dem Haufe vorgefchlagenen Depu
ten den Präfidenten bed Unterhaufes. Der Kanzler ift Präfident des Oberhan
Die Grundfteuer gilt nur für ein Jahr u. ſ. w. Am 14, Mai errichtete di
wig XVII. das neue Staatsminifterium, und am 3. Aug. einen neuen Sta
rath. Eine zweite Einrichtung betraf den Hofſtaat. Hier trat der alte Adel inf
Vorrechte wieder ein. Die ehemaligen Eönigl. Orden (des heil. Geiftes, des Milit
verd., der Ludwigs: u. der Michaelsorden) wurden hergeftellt, dem Orden der Ehre
gion ward eine neue Decoration, das Bild Heinrichs IV., und eine neue Einridt
gegeben, und das Ehrenzeichen der fülbernen Lilie geftiftet. Der mit den Verb
deten zu Paris am 30, Mai 1814 gefchloffene Friede befchränfte Frankreich
feine alten Grenzen vom 1. San. 1792; doch behielt es die Vergrößerung fe
damAligen Gebiets im Innern, durch die Einverleibung von Avignon und Ber
Frankreich feit 1814 bis 1820 249
wol der Papſt dagegen proteſtirte (f. Dloureau’s „„Reflexions sur les pro-
ms du Pape Pie VII. relatives à Avignon et au C. de Venaissin‘‘,
‚ durch die von Moͤmpelgard und ähnlichen Einfchlußorten; von Savoyen
Annecy und Chambery ; dagegen behauptete Großbritannien den Befig von
‚ ad Frankreich trat an dafjelbe ab: die Antillen Zabayo und St.sLucte,
fie de France. Die übrigen Colonien wurden an Frankreich zurückgegeben ;
ieh diefe Macht im Befi ber geraubten Kunftfchäge. Zur Reorganifation des
efhienen eine Dienge Verordnungen. Die Bildung einer neuen Armee follte
Berbungen bewirkt werden. Es wurden Maßregeln ergriffen, um den zerrüts
Ranzen aufzubelfen, die ſchwierigen Umftände geftatteten aber Feine Erleichte⸗
zäbgaben ; die droits reunis und das Tabacksmonopol, fo verhaßt beide ber
waren, mußten beibehalten werden. Die Givillifte des Königs wurde wieber
Bil. Fr. beftimmt, und die 60 Mill. Schulden, welche der König mährend
Infenthaits im Auslande gemacht hatte, wurden auf den Öffentlihen Schag
fen. Die in der Eonftitution verheißene Sreiheit der Preffe aber ward durch
ednung einer Genfur befchränft, und mehr als eine Polizeiverordnung mißs
Sranzofen, welche, zumal in Paris, an die Ruͤckkehr alter Formen fich
wöhnen konnten. Auch bemerkte man nur zu bald, daß unter den Mitglie⸗
röönigl. Kamille felbft, und unter den Miniftern eine auffallende Verfchies
der Anfichten herrſchte. Man fah die ſich regende Herrfchfucht der Geiſt⸗
‚md wie felbft Bigotterie ihr Haupt erhob. Die großen Auszeichnungen,
"alte Adel und bie mit dem Hofe zuruͤckgekehrten Emigranten faft durchaus
& erregte ebenfalls viel Mißvergnügen. Den Nationalftolz verlegte des
Memtliche Erklaͤrung, er habe feine Krone dem Prinzregenten von England,
wem. Am allermeiften fühlte Die Armee, bei welcher das Andenken an den
anter deffen Leitung ihr fo viel Ruhm und Gewalt zu Theil geworden, noch
ſt war, fich gereizt, da fie ihre Maffen aufgelöfet, ihre Dotationen, ihren
Wihre Penfionen vermindert, ihr Anfehen und ihren Einfluß befchräntt
ſelbſt ihre Außern geliebten Abzeichen gegen andre, bie fie ehemals bekämpft
etaufchen mußte. Die Befiger ehemaliger Nationalgüter befürchteten den
verfelben. Das Volk war unwillig über die fortdauernde Laft der Abgaben,
leichterung ihm verheißen worden war. Bei diefer Stimmung der Gemüt
te für die koͤnigl. Regierung kein ungluͤcklicheres Ereigniß gefcheben ale das
Erſcheinen Napoleons auf der Küfte Frankreichs am 1. März 1815.
rt Stimmung läßt es fich aber auch erklären, wie, ohne daß rine eigentliche
keung zu Bunften Napoleon® exiſtirte, die gegen ihn ergriffenen Maßregeln
olg blieben, die Armee und ein großer Theil des Reichs ſich bald für ihn ers
und er nad) einem Marſche von 18 Tagen, ber mehr einem Zriumphzuge
ne einen Zcopfen Blut zu vergießen, den 20. März in Paris dinzog. Der
ıb die ihm treu verblieben waren, flohen aus dem Lande. Napoleon hob
ie meiften Anordnungen der Eönigl. Negierung und die beiden Kammern
ernannte ein neues Minifterium. Er verficherte, daß er fid) mit der durch
er Srieden beftiimmten Grenze von Frankreich begnügen und feine Megies
b liberalen Srundjägen einrichten werde. Aber auch er konnte die Erwar⸗
re verfchiebenen Parteien nicht befriedigen, noch weniger die Gefahr eines
rieges mit Europa von Frankreich abwenden. Denn, fobald die Nachricht
stone Entfernung von Ciba in Wien bekannt wurde, erklärten die zum
daſelbſt verfammelten Minifter faemmtlicyer verbündeten Mächte (am 13.
315) Napoleon für einen Seind und Störer des Weltfriedens, und daß die
feſt entſchloſſen wären, den pariler Vertrag mit Anwendung aller ihrer
ufrecht zu erhalten. Am 25. März fchloffen daher Oftreich, Rußland,
‚and Preußen einen neuen Allianztractat, in Beziehung auf den von Ca
252 Frankreich feit 1814 bis 1820
bediten weißen Verſchwoͤrung, durch welche bie Ultras bie Alliirten zum Un
der Charte in ihr Intereffe ziehen wollten, mehr auf die Seite der Liberalen
der Nationalpartei hinneigte. (S. Decazed.) Bei der fcheinbar befeft
Ruhe im Innern, gelang ed dem Minifkerio, die Occupationsarmee um ein
theil zu vermindern, weßhalb im Fruͤhjahr 1817 30,000 Mann zurüdimarfchn
bie.finanziellen Schwierigkeiten des J. 1817 aber wurden burch eine A
den Banquiers Baring in London und Hope in Amfterdam beſeitigt. Das
liche Vertrauen zu der geordneten Finanzverwaltung befefligte fich noch meht
die Regierung zu ihrer Anleihe 1818 audy franz. Handelshäufer zuließ, die |
mehr darboten als die Regierung verlangte, und das Gefchäft auf beffere Bedin
gen abfchloffen als die Ausländer. Dagegen wurde die neue Anleihe von 244
Menten, melde, um den gänzlichen Abzug des Occupationsheeres im Herbſt 3
zu bewirken, nothwendig twar, nad) dem Verlangen der betheiligten Mächte,
mit den Häufern Baring und Hope abgefchloffen, ungeachtet die franz. Bang
Zafitte, Cafim. Perrier u. A. die ganze Summe auf vortheilhaftere Bedinge
hatten übernehmen wollen: ein Umftand, der in Frankreich fo großes Mifven
gen erregte, daß die fremden Handelshaͤuſer endlich einen Theil jener Summe f
Hiufern überließen. Mit diefer Räumung des franz. Gebiets von den ren
Truppen, welche auf-der Monarchenverſammlung zu Aachen den 9. Oct. 181€
fdyloffen und noch im Laufe d. J. vollzogen ward, hing auch die Bezahlung
Kriegsbuße und die Tilgung der Privatfoberungen, vwoelche die Unterthanen
fremden Michte an die franz. Regierung und Nation machten, zufammen. 4
fiegte die franz. Diplomatik. Sie hielt nämlich die Erfüllung diefer darch.
Tractat vom 30. Mai 1814 von Frankreich übernommenen, und durch bie &
mer 1815, wie durch den Zractat vom 20. Nov. 1815 anerkannten Verpflichte
bei dem Liquidationsgefchäft, welches die ganze Summe jener Foderungen
1600 Miu. Sr. auf 1390 Mi. feitfegte, bis 1818 hin; und felbft dann
mußten, weil Rußland und Wellington dahin flimmten, die übrigen Commiſſ
es fich gefallen laſſen, für die liquide Koderung von 1390 Mitt. nur eine R
16 Mitt. und 40,000 Fr. an Zahlungsftatt anzunehmen, welche nach Dem
preife ungefähr einem Capital von 275 Mitt. Sr. entfprachen; fie mußten fok
mit einem Siebentheil der rechtmäßigen Foderung zufrieden fein! England &
für die Koderungen britifcher Unterthanen in einer befondern Convention eine F
von 3 Mill. bewilligt. Endlich ward in Aachen die noch ruͤckſtaͤndige franz. M
tributionsſumme von 280 Mill. auf 265 Mitt. Sr. herabgefegt. Nun trat
reich den 12.Nov. als fünfte Macht zu dem Feiedensbunde der europ.
mächte (ſ. Nuadrupleallianz), und unterzeichnete als foldye mit die N
ration des hriftlichen Völkerrechts, al& die neue Grundlage der europ. Staatth
zu Aachen, den 15. Nov, 1818.
Jetzt erhob fich in Frankreich der alte Geift des Royalismus, und beri
Minifter, Herzog von Rihelieu (f. d.), erklärte fich gegen die weitere Au
bung des conftitutionellen Syſtems, fowie gegen bie Beibehaltung der bishet
MWahlform. Darüber entitand im Minifterium eine Spaltung, bis in Dee #
ber Minifter Decazes, in Dinficht des Wahlgefeged und der liberalen Grunkf
einen vollftändigen Sieg Über die Ultrad davon trug. Ludwig AVII. ermm
dv. 28. Dec. ein neues Minifterium (das dritte feit 1815), in welchem an il
lieu's Stelle Mara. Deffolles (General und Pair) den Vorſitz führte, an Goran
Stelle, Bar. Louis die Finanzen, Marſchall St.:Cyr dad Kriegswefen, ul
Lainé's Stelle Graf Decazed das Innere (nach Aufhebung des Minifterku
allgem. Polizei), und der Siegelbewahrer Deferre das Juſtizweſen verreui
Allein in dem doppelten Kampfe mit ben Ultraropaliften ſowol ald mit denJ
penbenten oder Ultraliberalen, Eonnte fich dieſes Minifterium nur bie zum
Sranfreich feit 1814 bis 1820 253
)behaupten. Deffolles, St.⸗Cyr und Lob, welche für die freifinnige
der Charte ftimmten, traten aus demfelben; Pasquier, Latour Matte
Roy nahmen ihre Stellen ein, und Decazes wurde erfler Minifter:;
ſich, weil die ultaliberale Partei in ihren Foderungen feine Maͤßigung
ken, nebft Deferre und Portal, für die Anfichten der gemäßigten rech⸗
Elärt. Aber das neue Minifterium wurde, feines gemäßigten Royalis⸗
von den Ultraroyaliften in der Kammer (dev dußerften_rechten Seite)
g angegriffen, ale von den Ultraliberalen (ber Außerften linken Seite).
e nämlich die Regierung, bereits durd) das zweite Minifterium (Riche⸗
ne), um den Widerftand aller Parteien zu beflegen, mehre Ausnahmen:
fimmungen der Charte geltend zu machen gewußt; u. a. die firengen
n gegen indirecte Provocationen und die Genfur gegen Journale und
Schriften politiihen Inhalte. Hieraus entftand ein fortwaͤhrender
iberalen Sournale (der „„Minerve frangaise‘‘, der Bibliotheque hi-
des „„Censeur europeen‘‘ u. a.) mit den minifteriellen Blättern, unter
als das „„Journal des debats‘* das bedeutendfte mar, und mit den Blaͤt⸗
taropaliften, welche, wie die „Quotidienne‘‘ , der „„Lonservateur‘‘,
an blanc‘ u. a. die Charte ſelbſt anfeindeten. Geiſtvolle Schriftftels
zenj. Conſtant, Comteund Dunoyer, fchrieben im Sinne der
Ronald, Fievee und Chätcaubriand (f.d.) für die Ultras.
riftſteller oft die Geſetze anders verftehen als die Richter und der Krons
trafen nicht felten Verhaftungen und Geldbußen den freimüthigen
. Doch wurden am Schluffe der Kammern (1818) die Prevötalges
fgelöft, und die Vergehmgen, die bisher zu ihrer Beurtheilung gehörs
m die Affiien gewiefen. Aud) das Abzugs⸗ und Heimfallsrecht (droit
welches Napoleon bergeftellt hatte, ward 1819 abgefhafft. Allein
nen Reaction der Anhänger des alten Syſtems, unter denen die theos
tei, oder die Päres de la foi, aud) durch das Miffiones und Schulwes
itutionelle Syſtem umzuftoßen bemüht war, wünfchte die Mehrheit
in rein conftitutionell gefinntes Minifterium , das die Charte burch eine
Hefeggebung mit Nationaleinridhtungen umgäbe, und dadurch die Ums
ras vereitelte, welche das alte Feudalweſen: die drei Stände mit ihren
Parlamente und die Lettres de cachet, wiederherzuftellen verfuchten.
eſchichte des franz. Miniſteriums in den „Zeitgenoffen“, Heft AIX.)
fogar ein fogenannte® Gourernement occulte, dad Baron Vitrolled
r Ultras leitete. Regierungsbeamte mißbrauchten ihre Gewalt; die
iz litt an großen Gebrechen, und war durchaus nicht mit der Kreiheit
„welche die Charte anerkennt, zu vereinigen (vgl. Berton: „‚Obser-
r la procedure criminelle d’apr&s le code qui regit la France*‘ und
‚De la justice criminelle en France‘, Paris 1818); die Charte
rafe der Confiscation abgefchafft; aber die ſtarken Geldbußen, welche
m 9. Nov. beftimmte, glichen wahren Confiscationen ; eine Art Fols
ıge Haft, le secret, welche oft Fahre dauerte, ehe man bie Schuldlos
; inden Befängniffen mifchte man zuſammen Verbrecher und bloß
Berurtheilte und bloß mit Haft Beftrafte, den Abfchaum der Gefells
ännern, die man torgen politifcher Verierungen einfpertte. Ein ande
t Unzufriedenheit beſtand und befteht noch darin, daß bie Nation nicht
rigkeiten ernennt. Vom Flurmächter des Dorfs bie zum Municipal⸗
Maice werben alle Beamte von der Regierung ermählt, und die Des
ithe fprechen im Namen ihrer Departements bie-Wünfche der Nation
n ihr bevollmächtigt zu fein; daher ihre Stimme oft den Anfichten der
den Departements ganz entgegengefegt iſt. Hatten fid) doch ganze
254 Sranfreich feit 1820 bis 1826
Raͤthe für das Concorbat und gegen die Schupblattern erklaͤrt! Selbſt die N
nalgarde, welche nicht einen ihrer Officiere ernennen barf, war nicht überall
ben Eigenthuͤmern zum Schuge des Eigenthums zufammengefegt, fondern:
Gunſt und Willkuͤr oft aus Heimathlofen und Unbegüterten, fobaß fiein manı
Departement nur bie Rotte einer durch fie bervaffneten Partei war. Daher k
ten in mehren Gegenden Frankteichs fo viel Gewaltthaten gegen die Protefla
ſtraflos geſchehen! Lieft man, was ein Mitglied der franz. Akademie, Aly
„De l’etat des Protestans en France depuis le seizitme si&cle jungu'&
jours‘‘, 1818, darüber fagt, fo glaubt man fich in die Zeiten der Dragonade
ruͤckverſetzt. Die Regierung that endlich diefen Gräueln Einhalt ; aber die ME
wurden nicht beftraft*), Dem ariftokratifhen Geiſte der Privilegienfreunde
vorzuͤglich das St.⸗Cyr'ſche Necrutirungsgefeg verhaßt, welches die alte Gleid
des Kriegsdienſtes wieberherftellte. Der Adel beklagte fid) zwar Über Verfolg:
aber der Staatskalender bewies, daß er fieben Achtel der Präfecturen und diem
tigften Maireſtellen inne hatte. Er ftand an der Spige der Militairdiviſionen
Legionen, der Gendarmerie, der Tribunaͤle, der Gefandtichaften; feibft in de
nanzverwaltung fanb man ihn! Darum hörte man die Klage, daß keine bürge
Gleichheit in Frankreich vorhanden, und daß die volliichende Gewalt größten
in den Händen einer Kafte fei, die ihrer verlorenen Vorrechte mit Haß gegen
neue Verfaffungsgefeg gedenkt! Dazu kam, daß die polizeilichen Maßregeln ber
barter Stauten, namentlidy die in Frankfurt gefaßten Befchlüffe, die alten Zar
ſchaften der beiden Parteien Frankreichs in entgegengefester Richtung aufr
Proceſſe wegen Meuterei, Hochverrath, Unfug der Milfionaire und das X
fpiel bei den Deputietenwahlen erhisten die Gemüther. So gefchah «6, De
Stimmen fic) verwirrten, und daß der Wunſch der gebildeten und Eunfifle®
Mittelkiaffe, eine wahrhaft conftitutionelle Gefeggebung und Verwaltung iz
Kammern und in dem Minifterium zu erblicden, mit den heftigſten Xugerunge
Ultraliberalen verwechſelt und nicht beachtet wurde.
In der Geſchichte der innern Angelegenheiten Frankreichs ift baherbie 3
das conftitutionelle Syftem bald mehr, bald weniger bedingte Gefeßgebung undS
waltung der wichtigfte Gegenſtand. Mit diefem innern politifchen Leben fleht das
Bere, oder Frankreichs Stellung in dem neuen europäifchen Staatenſyſtem, in r
gegenfeitigen Wechſelwirkung. Sowie naͤmlich in Frankreich das ſtreng monardl
Princip auf alle Zweige der innern Staatsverwaltung an Einfluß und badurd
Macht gewann, fo ſchloß fid; das franz. Gabinet immer enger an das Continn
foftem der europäifchen Hauptmaͤchte an. Schon der Beitritt Frankreichs zu |
Bunde der Hauptmädhte auf dem Congreffe zu Aachen 1818 hatte die fram
gierung zu einer Politik verpflichtet, welche die Ausbildung der innern Verfoff
und Verwaltung Brankreiche immer mehr mit den monarchiſchen Grundfügen
Stabilitaͤtsſyſtems in Übereinftimmung zu bringen fuchte. Je ungeftumer |
bie linke Seite der Deputirtenfammer ihre zum Theil ultraliberalen Anfichten
focht und In dieſem Sinne das Minifterium zufanmengefegt zu fehen wünfchte,
befto eher neigte fich die DMegierung zu den Anfichten des Centrums ber Kam
bin, deffen Mitglieder ſich zu einem gemäßigten Royalismus befannten, woh
feibft ein großer Theil der ſtrengen Royaliſten von ber echten Seite im Sinne
2) Erſt als im März 1819 eine große Anzahl Sevennenbewohner id
Stadt Nismes begab und drohte: ‚‚Dreifigtaufend Männer find bereit, mit
Waffen der Verzwelflung von ihren Bergen herabzuſteigen, wenn ihrer Br
dei es cerfodert’’, ließ man die. Proteftanten in Ruhe. Auch die Methopdifte
ngland waren damals fehr thätig, um ten Proteftanten in Frankreich $
und Schutz zu Ir en. ber die Proteftanten, den Klerus, die Miffiönatre
das Soncordat in Frankreich nach dert Reftauration ſ. m. die Schrift i „„Die$
archie amd Ihre Bundesgenoſſen in Frankreich““, Aarau 1828,
Frankreich ſeit 1820 His 1826 255
mb zu flimmen fich bewogen fand. Das bisperige Wahlſoſtem begänftigte
I a fehe die liberalgefinnte Volkspartei, als daß nicht die Regierung
as Gen entatioe Syſtem mehr beſchraͤnkende Wahlform hätte denken fols
e ſuchte Daher durch ein neues Wahlgefe dem Ariſtokratismus der reichern
ier den überwiegenden Einfluß auf die Wahlen für die Deputirtenfams
schaffen, und zugleich bie bedenkliche Stimmung der Öffentlichen Meis
h Ausnahmegefege, welche bie perfönliche und bie nur eben erſt (9. Sun,
ſchlich beſtimmte Preßfreiheit betrafen, in Schranken zu halten.
chber entbrannte ber heftigfte Parteienkampf in der Sigung von 1819
‚Rov. 1819 bis zum 22. Zul. 1820). Der Einfluß des ſtrengen Roya⸗
eigte fich zuerſt in der Ausfchliegung bed Deputirten Gregoire; jedoch
e rechte Seite es nicht durchſetzen, daß feine Unwuͤrdigkeit als Beweggrund
schen wurde. Hierauf griffen ſich beide Parteien mit gegenſeitigen Bes
gen an, und der Miniſterpraͤſident Decazes bereitete ſchon einige Geſetz⸗
der, um die Gemaͤßigten von jeder Seite mit ſich enger zu verbinden, als
x That eines politifchen Fanatikers (am 13. Febr. 1820) die Ermordung
an von Berry (ſ. Louvel) die ganze Nation in Beſtuͤrzung ſetzte und
über rechten Seite zu der beftigften Erbitterung anreizte. Herr de Labours
erte die Kammer auf, alle Maßregeln zu befördern, wodurch die gefährs -
en, welche bem Throne und der ganzen Givilifation gleiche Gefahr bräch»
rückt werben könnten. Insbeſondere wandte ſich der Haß der rechten
we den Miniſter Decazes. Dieſer legte zwar noch der Kammer die Ents
kineen Wahlgeſetzes und zweier Ausnahmegefege vor, ald er aber fah,
Rchrheit verloren, dankte er ab den 18. Febt. An feine Stelle trat am
1820 als Präfident des Minifterrath6 ber Derzog von Rich elie u, und
iacen als Minifter bed Innern. (Das fünfte Minifterium.) Nun ent
z jene drei Gefegentwürfe der entfcheidende Kampf, welcher den Sieg des
Nonarchiſsmus Über die Partei der Kiberalen zur Endfolge hatte. Geſetz⸗
ad Verwaltung wurben ſeitdem immer mehr im Sinne des ariſtokratiſch⸗
(hen Syſtems geleitet, und bie Kraft wie der Einfluß der Regierung durch
€ 6 Beredtſamkeit und fpäterhin (feit 1822) duch Villèele's Talente,
& die Charte zu verlegen, immer mehr erhoben. Das erfte Ausnahmeges
ar la liberte individuelle) vom 26. März 1820 gab nämlic, den Minis
Bewalt, auf bloßen Verdacht des Hochverraths, durch einen von drei Dil -
terzeichneten Befehl, jeden Angefchuldigten verhaften zu laſſen, fobaß er
erſt im drei Monaten vor Gericht geftellt werden mußte; doch follte dieſes
ebis zum Schluffe der künftigen Sigung von Dauer fein. Vergebens
‚die erſten Redner der Oppoſition, welche das Geſetz als eine Anklage der
ation betrachtete, wodurch man ſie der Willkuͤr preisgaͤbe, zu zeigen be⸗
j ſchon bie vorhandenen Geſetze hinreichten, um aufruͤhreriſchen Entwuͤr⸗
x Mod) heftiger war der Kampf Über das zweite Ausnahmegefeg
Dir; 1820 (Loi sur la publication des journaux, Ecrits periodiques,
te.), wodurch bie Cenſur twwieberhergeftellt wurde, Jede Partei war das
ieden. Die linke Seite erinnerte das Minifterium an die noch fehlenden
ber die Localverwaltung, über die Nationalgarde, die Geſchwornen
Sie foberte dagegen die Regierung auf, ihr, die conflitutionelle Sreis
ie Grundſaͤte ber Sharte, welche die gegenfeitige Bürgfchaft des Throns
Nation enthalte, bedrohendes Syſtem zu Ändern und den Vulcan der
ube lieber auszulöfchen, flatt ihn zu vermauern. Es hatten fich felbft
: geachtete Mitglieder des Centrums, welche eine folgerechte Entwidelung
en Gefegentwurf über die Berantwortlichkeit ber Minifter vom 28. Zan-
en ir ſelbſt aufgegeben. 1
256 Frankrelch feit 1820 bis 1826
der Grundfäge der Charte mit Tügifcher Steenge verthädiäten, bie f
Doctriitaires, [hon vor dem Außtritte des Heren v. Detazes aus dem TI
von deimfelben getrennt, und ſich mehr oder weniger der linken Seite gen
halb man jegt das linke Centrum von der rechten Mitte, in welcher bie ı
geſinnten, gemäßigten Ropaliften faBen, zu unterfcheiden anfing: Alt
und Pasquier behaupteten dennoch die Stimmenmehrheit in den Kamn
deß machten die Minifter von der Gewalt, welche ihnen das Geſetz über
liche Freiheit extheilte, Eeinen willkuͤrlichen ober einfeitigen Gebrauch.
brachte das Journal⸗ oder Genfurgefeb, welches jedoͤch nur bis zu En
gung von 1820 gelten follte, eine gänzliche Veränderung im Journalwe
denn da die Genfur faft nur gegen die liberalen Blätter mit Strenge aut
de, fo verloren diefe einen großen Theil ihres Einfluffes, was beſonders
vorftehenden Wahlen der Regierung Vortheil brachte. Am entfcyeident
die Kolgen des neuen Wahlgefeges vom 29. Sun. 1820, deffen 3:
dem Minifter Simeon am 17: April vorgelegte, Entwurf nad) dem hef
derſtande der Doctrinairen und Liberalen In beiden Kammern, und nach
Auftritten in ber Hauptſtadt nur mit einigen Abaͤnderungen bürchgel
konnte. Die bißherige Zahl der Deputirten von 258 wurde dadurch!
vermehrt, von denen 258 von den Bezirkscollegien und 172 von bei
mentscollegien gewählt werden. Die letztern beflehen aus den am meifl
ten Wahlmännern, die den vierten Theil aller Wahlmänner des De
ausmachen, und bie demnach eine doppelte Wahlſtimme haben, eine in
zirks⸗ und eine in dem Departementscollegium. Die großen Güterbefig
ſeitdem einen uͤberwiegender Einfluß auf die Mehrheit ver Wahlen. T
die durch das neue Geſetz berufenen Wahlmänner und Waͤhlbare, wie
neaur behauptete, zufammen kaum den 40. Theil der öffentlichen Abg
Ien, fo find 39 Theile der Befteuerten von dem Wahlrechte ausgefchle
Zahl der Waͤhlbaren aber, die 40 Fahre alt fein und 1000 Franken u
an Steuern bezahlen müffen, belief fi damals in ganz Frankreich nur a
Die erfte Kolge der neuen Wahlform war, daß fchon 1820 unter 220 n
ten Deputirten nur einige und dreißig liberale fich befanden; auch 1821
von 87 neu gewählten Deputirten zwei Drittel die rechte Seite; die uͤbr
ten theils zum Gentrum, theil® zur linken Seite. — Es war natürlid
Bramte mit dem neuen Syſtem der Regierung nicht uͤbereinſtimmend dr
wol al& Deputirte und Schriftfteller demfelben ihre Meinungen und An
gegenfegten; daher fand jedes neue Minifterlum für nöthig, viele
laffungen zu verfügen, und geachtete Männer, mie Royer⸗Collard
Jordan, Here von Barante, Guizot u. %., wurden ſchon damald
Staatörathe nusgefchloffen. Noch willkürlicher ſtrich der Kriegsmi
waͤhrend Officiere, wenn ſie entweder zu liberal oder zu royaliſti
waren, ohne vorherigen Urtelsſpruch, aus den Liſten aus, worüber
Parteien in den Kammern mehrmals ſtark befchwerten. Die Negier
aber freilich um fo mehr fi auf alle Angeftellte verlaßen koͤnnen,
vielfache Spuren von geheimen Verſchwoͤrungen gegen die Sicherheit 1
zeigten. Das meifte Auffehen machte die Verſchwoͤrung vom 19. A
Eine Menge Dffichere und Unterofficiere wurden verhaftet, weil fie die :
Paris und andern Orten zum Abfall hatten verleiten wollen ; ber angebli
anftifter, Capitain Nantil, war entflohen. Da diefer Hochverrathef
Pairskammer, als dem hoͤchſten Gerichtshofe für folche Sachen, unterfi
ſollte, fo ſtellte fie bei diefer Gelegenheit den ftaatsrechtlichen Grundfai
dem ‚Dofe der Pairs das Necht zuftehe, zu beftimmen, ob ein Fall von
daß er vor die richterliche Unterfuchung dee Pairskammer gehöre, In
litglleder bes geheimen Ausſchuſſes zu nennen, und die Sache hatte eine
Ropatiften benutzten ihrerſeits jeden Vorfall, um das Minifterhum zu
ıgern Syſtem zu beivegen, und die bebeutendften Deputirten ber rechten
teten eifrig darauf hin, felbft in das Minifterlum’ zu kommen. Dies
gleich nach der Eröffnung dee Sigung von 1820 (vom 19. Dec.
jam 31. Zul. 1821). Denn ſchon am 21. Dec. wurden Laind, de Vils
bitte zu Miniſterſtaatsſecretairen, zwar ohne Verwaltungszweig, je⸗
en Stimmenrechte im Miniſterrathe, ernannt. Durch dieſe Wortfuͤh⸗
fih das damalige Miniſterium der Leitung der rechten Seite verſichern;
ield zeigte ſich unter den ſtrengen Ropaliften gegen die Miniſter eine Ops
rihe Graf Donnadieu, Delalot, Graf Vaublant u. Andre leiteten. Ja es
heine Zeitlang beide Parteien, ſowol diejenige, der das Minifterium bis⸗
ig verſchafft hatte, als diejenige, welche durch daffelde Minifterium vers
den war, mit gleicher Exbitterung zu Einem Zwede, zu dem Sturze des
me zu vereinigen. Die linke Seite griff vorzüglich den Einfluß der Res
die Wahlcollegien an. Indeß zeigte ſich bald, wie ſchwach fie war, ins
ıte Seite bei jeder Gelegenheit die Stimmenmehrheit behauptete. Die
uͤckte daher in ihrer Adreffe an den König den Wunſch aus, die Sitten
ſehen durch ein chriſtlich monarchiſches Erzichungsfpftem, was in Hinz
$ ganze Unterrichtöfpftem wichtige Folgen gehabt Hat. Übrigens wieder»
bte Seite unaufhoͤtlich die durch mehre Vorfälle zweideutiger Art verans,
uldigung, daß es in Frankreich eine fortdauernde Verſchwoͤrung gebe ;
edies ſogar der Oppofition ber linken Seite zum Vorwurf, worüber bie
Borttämpfe entftanden, die zu ben bitterften Außerung.n und Gegenbe⸗
em führten. Dagegen hatten die gemäfigten Liberalen, wie «6 Uns
erſchien, in der That kein anders Ziel vor Augen ald dasjenige, wel⸗
Senj. Conſtant am Schluffe feiner berühmten Rede Liber das Wahlgeſetz
ırten bezeichnet hatte: „Les Bourbons, rien que les Bourbous avec
ouie la charte sous les Bourbons!*“
vichtigften Verhandlungen betrafen die auswaͤttigen Verhältniffe und
er Deputicten, ihre Meinung frei herauszufagen. Royer⸗Collard ent
.258 Sranfreich feit 1820 bis 1826
1820 verlänge® Dagegen nadm das Minifterium feinen Entwurf eines von
linken Seite und dem Centrum wiederholt verlangten Geſetzes, die Organiſat
der Municipal: und Departementalverwaltung betreffend, zuruͤck, weil keine Pa
damit einverftanden war. Kurz vor dem Schluffe der Sigung von 1820 (am 31.2
1821) entzweiten ſich die Miniſter unter einander theils über die weitere Entwidel:
ihres Syſtems im Allgemeinen, theils über den Antheil, den die Minifter o
Geſchaͤftszweig (Portefeuille) an der Verwaltung künftig nehmen follten. Vil
und Gorbiere gaben daher ihre Entlaffung, was eine Spannung des Miniſterin
mit der rechten Seite zur Folge hatte. Deffenungeacdhtet glaubte das Miniſteri
o feft an feine Kortdauer, daß es die Sigung von 1821 früher eröffnen ließ, da
ber das Budget von 1822 noch vor dem Schluffe des Jahre abgeflimmt wer
konnte. Denn bei der bisher im Spätjahre erfolgten Eröffnung der Kammer m
ten gewöhnlich ſechs Monate des nächften Finanziahres, oder ein fogenanntes %
viforium von ſechs Zwölftheilen, in voraus ohne naͤhere Prüfung bewilligt wer
was jedes Mat zu fehr gegründeten Beſchwerden Anlaß gab. Zugleich hofften
Minifter duch die Befolgung eines gemäßigten Syſtems ihren Eihfluß auf
- Mehrheit in der Kammer zu behaupten, und die Genfur verfuhr jest aus demfei
Grunde mit mehr Strenge gegen die Journale der anticonftitutionell Gefinnten
Aber die neue Wahlform führte den Gegnern des Minifteriums , den ſtren
Ropaliften, eine beträchtliche Verftärfung zu, und ſchwaͤchte in demfelben 2
hättniffe die linke Seite und das Centrum. Als nundie Sigung von 18
am 5. Nov. d. J. eröffnet wurde, hatten ſich bereitd die Mitglieder der rechten ©
enger verbunden, um die Mehrheit zu erlangen. Sie wurden die Wortf
Berichterftatter der aus der Mitte der Kammer gewählten Ausfhüffe. Ubrim
waren beide Seiten, die rechte und die linke, mit der Politik der Regierung in
ſehung Neapeld und Piemonts auf dem Gongreffe zu Laibach (f. d.), obw
einem entgegengefegten Sinne, gleich unzufrieden; daher die auffallende Ste
der Adreffe der Deputirtentammer an den König vom 26. Nov.: „Nous nom
licitons, Sire, de vos relations constaınment amicales avec les pıuissem
dtrangeres, dans la juste confiance que la paix si preciense n’est point &
tde par des acrilices incompatibles avec l’honneur de la nation et la dig
de votre couronne““. Die Minifter bewogen nun ihrerfeitd den König, daf ei
die Adreffe nicht wie gewoͤhnlich durch eine große Deputation, fondern bloß von
Praͤſidenten und den beiden Secretairen der Kammer übergeben ließ, und baße
feiner Antwort jene Stelle mißbilligte. Der Großfiegelbervahrer Deferre legte fi
auf der Kammer zwei Gefegentwürfe vor, weldye die Verlängerung ber Cenſur
zu dem Ende der Sigung von 1826, und ftrengere Zufäge zu den beftehenden €
fegen tiber die Preßvergeben betrafen. Allein beide Seiten der Kammern nahe
fie mit entfchiedenem Widerwillen auf, und von der rechten Seite gab Delaltt!
Zeichen zum Angriffe, worauf fi) auch General Donnadieu, de la Bourdom
und Gaftelbajac gegen die Minifter erhoben ; von der linken Seite aber deutete $
v. Chauvelin auf eine Veränderung des Minifteriums hin. Da diefes weder!
gemeinfchaftlichen Angriffe der beiden Parteien einen Eräftigen Widerftand em
genfesen Eonnte, noch die Auflöfung der Kammern zu befchließen wagte, fo fü
endlich die Hofpartei, welche das Minifterium aus fttengern Royaliften zufamm
gefeßt zu fehen wünfchte. Es nahmen daher ſaͤmmtliche Minifter, ſelbſt Defe
deffen Royalismus über jeden Verdacht erhaben, und Roy, deſſen Verdienft um
Finanzverwaltung unbeftritten war, ihre Entlaffung am 17. Dec. 1821. 1
fehfte Minifterium befland jegt aus Herrn de Peyronnet für das Jul
partement, aus dem Vicomte de Montmorency für die auswärtigen Angelegem
ten, dem Marfchall, Herzog v. Belluno (Victor) für da Deerwefen, dem De
Gorbiäre für das Innere, dem Marquis de Clermonts:Tonnere für das Seewe
Frankreich felt 1820 bis 1826 259
Hm. v. Vlllele für daB Flnanzdepartement. Diefe Veränderung hatte
Inttaffung des Polizeidirectors Baron Mounier, des Polizeipräfecten von
zrafen Anglos, ımd des Unterftantsfeeretaire im Juſtizdepartement, Gras
lien. A. m. zur Folge; andie Stelle des nunmehrigen Herzogs Decazes
der Nicomte be Ghätcaubriand ald Botfchafter nach KYondon, Das Sys
ſtrengen Royalismus hatte num ganz die Oberhand; dierechte Seite ſchien
und die line bildete eine nur noch fehr Eraftlofe Oppofition.e Das neue
um nahm ſogleich den Vorfchlag einer Verlängerung der Cenſur zutüd,
hörte gefetslich auf mit dem 5. Febr. 1822. Dagegen wurde die Unterfus
a Brrgehimgen durch die Preffe den Gefchivornen entzogen, obgleich Des
dle Beibehaltung der Fury feine Stimme abgeben ließ. Die Rechtöges
n rechten Centrum, vorzuͤglich Bellart und Martignac, ſaͤmmtlich Gegner
wornengerichts, drangen mit ihrer Anficht duch. Unter diefen Umſtaͤn⸗
keine Zeit, das Budget von 1822 vorzulegen; bie Kammern bemilligten
ermals der Regierung ein Proviforium, jedoch nur von drei Monaten. —
w Regierungsſyſtem hatte auf den öffentlichen Credit feinen nachtheiligen
doc) äußerte fich in den Provinzen die Unzufriedenheit der demokratiſchen
Man entdeckte fogar am Ende 1321 in der Kriegsichule zu Saumur uns
Micieren und Sotdaten eine Verſchwoͤrung zu Gunften des jungen Napos
21822 mehre gleichzeitige Anichläge zum Aufftande der Garnifonen von
‚ Saumur, Neubreifach und Mes, wo die dreifarbige Kahne wehen follte;
Baıchen in Grenoble, Bordeaur, Rennes, Rochelle und Nantes, Die
ung des Generals Berton Fam wirklich zum Ausbruche, den 24. Febr.,
Bünternehmen auf Saumur mißlang; fo aud im Aug. der Aufruhr des
zinant Garon im Elſaß. In Paris veranlaßten die Mifjionarien unru⸗
kitte, und mehrmals wiederholte Studententumulte hatten die Aufhebung
inifchen Facultaͤt (die jedoch im März 1823, neu organifict, wieberherges
Kin Paris und das Verbot aller Vorlefungen Uber neuere Gefchichte,
beund Philofopbie zur Folge. Zu gleicher Zeit wurden einige Departes
sch viele Brandftiftungen beunruhigt. Alles dies reizte die Partei der ſo⸗
Fanatiker (wie man die überfpannten Royaliſten nannte, zum Unter»
ıden Politikern, oder den gemäßigten Ronaliften) zu heftigen Ausfaͤllen
thänger des liberalen Syſtems, welche oft mit Bitterkeit und ruͤckſichtslo⸗
haft die Reſultate der Revolution als wohlthitig für Frankreich darzu⸗
um. Doc) behauptete Lafitte nicht mit Unrecht, der Ackerbau verdanke
britte vorzüglich der Revolution, und die Induſtrie ihren Flor der kaiſer⸗
ierung. Da die linke Seite aber ſtets überftimmt und ihre Redner öfters
ung gerufen wurden, fo ergriff fie zulegt den Entfchluß, nicht mehr zu
Auch in der Pairskammer fiegte das ariftofratifche Princip. Sie fügte
rem den Beſchluß, daß kein Paic jemals wegen bürgerlicher Schulden in
mommen toerden könne, ungeachtet nach der Charte alle Franzofen vor
e gleich fein follten. Endlich wurde die ſtuͤrmiſche Sigung von 1821
# 1822 gefchloffen.
Wahlen der neuen Deputirten wurden jest von der Regierung beinahe
md geleitet; ber Kinanzminifter Bill&Le erließ fogar ein Umlaufſchrei⸗
ı allen wahlberechtigten Öffentlichen Beamten zur Pflicht gemacht wurde,
des Miniſteriums zu flimmen. Obgleich nun die Sandidaten det Oppos
en Wahlen in Paris ben Vorzug erhielten, fo betrug dennoch unter 80
Aten Deputirten die Zahl der antiminifteriell Gefinnten nur 31. Hierauf
re König im Saal des Louvre am 4. un. die Sigung der Kammern
>, welche bis zum 17. Aug. d. 3. dauerte, und ſchon am 11. Juni ers
Zinanzminifter Villoͤle, daß die feit 9 Jahren nothwendig geweſene Be⸗
1:
0 Sranfreich ſeit 1820 bie 1826
willigung eines Proviſoriums aufhöre, indem er den Entwinf des Bi
1323 vorlegte. Die Talente und die Maͤßigung diefes Miniſters erwarl
der Leitung der Öffentlichen Angelegenheiten ein ſolches Übergewicht, d
König am 4. Sept. zum Präfidenten des Minifterconfeild ernannte. Au
öffentliche Meinung wußte er durch das minifterielle Organ, das „Jour
bats‘“‘, mit Erfolg einzumirken. Allein die Ultra® der rechten Seite
Feiner Mäßigung fehr unzufrieden. „Wir haben ihn erhoben,” fagten
Salons, „und nun, da er oben fteht, wendet er der Leiter den Rüden’
Villole that naͤmlich nicht Alles, was fie verlangten, und was er that, gef
nicht rafch genug. Dagegen wurde bemerkt, daß auch Hr. v. Ville,
franz. Staatsmann, fobald er einmal auf den Gipfel der Verwaltung q
von wo man alle Verhältniffe überfchaue, und fobald er einmal diejenige
langt habe, welche den Höchften Ehrgeiz befriebige, einfehen gelernt habe, t
reich im reinsariftofratifchen, oder, in der Kanzleifprache zu reden, im rei
(chen Sinne nicht mehr regiert werden könne, und daß, würde es verfuc
als eine Kluft zwiſchen ben Intereſſen des Volks und dem Throne entfteh
in deren Abgrund der Dinifter, der jenes Syſtem verfuchte, Juerſt ftür
Villele's Anfichten flimmte der Minifter des Innern, Graf Corbiere, gaı
— Die wichtigften Verhandlungen in der Kammer von 1822 betrafer
Zollverordnungen, melde, dem Prohibitivſyſteme Englands und einiger
ralſtaaten angemeffen, die Handelsfreiheit noch mehr befchräntten. Auc
wärtige Politik in Anfehung Griechenlands und Spaniens gab zu lebhafl
ten Anlaß, wodurch die Erörterung des Finanzgefeged nur verlängert w
deffen Annahme die Sigung endigte. Waren die Gemüther durdy g
Vorwuͤrfe der Parteien fchon jet fehr gereizt, fo nahm die Spannun
durch die Solgen des Hochverrathsprocefied gegen Berton und andre Ve
die am 6. und 7. Dct. 1822 zu Poitierd und Thouars das Blutgerüft
: Der Öeneralprocurator von Poitierd, Mangin, hatte nämlich in feinen
chen Vortrage die Deputirten Lafitte, Keratry, Benj. Conftant und der
Foy, als mit in jene Verſchwoͤrung verflochten, dargeftellt, und wurde de
diefen als Verleumder in Anſpruch genommen. Allein feine Amtspflicht fı
‚ Procurator, und Ben. Conftant wurde fogar wegen feines beleidigenden €
- andenfelben zu einer ftarten Geldbuße verurtheilt. Jene Nede von Mangin
eine ähnliche von dem Generalprocureur Marchangy enthielten fo ftarke Aı
über ein in Europa angeblid) allgemein verbreiteteß revolutionaires Stri
man fie ald den Ausſpruch der jest an Einfluß uͤberwiegenden leidenſc
Partei anfehen und daraus beurtheilen Eonnte, wie Haß und blinder Argı
der einen Seite die Unzufriedenheit und den Widerftand von der andern (
aufhörlich gegen fich herausfoderten. Insbefondere hatte Hr. v. Marchang:
berühmten Klagefchrift die Behauptung von Berton und deffen Mitfchun
‚Ne ſich nicht gegen ben König, fondern gegen bie Ariſtokratie verſchwore
“ hervorgehoben und dadurd) ganz Europa gefagt, fir welches Intereſſe eiger
engverbundene, mächtige Partei jet ftreitet. Diefe Partei flürzte den
Decazes, weil er die Demokratie mit den Königthum zu verbinden fucht:
auch eine vernünftige Ariftokratie, weiche Graf Villdle mit dem Königtl
fhmelzen wollte, war nicht nach ihrem Sinne. Doc näherte fidy en
"Kampf feiner Entfcheidung durch die völlige Niederlage der liberalen Partei
große Frage erörtert wurde: Sol Frankreich das demokratiſche Princip in
mit den Waffen in dee Hand befimpfen ?
Dies geſchah inder Sigung von 1823 (gefchloffen den 9; Mai
wæetche der König am 28. Jan. mit einer Rede eröffnete, in welcher er den
von 100,000 Franzoſen gegen Spanien ankuͤndigte, um dieſes Koͤnigreich
\
"> punsjuys vesgiesung surys vracunıyen Lunueay mv vw griuut un wunsuje
trüden abgefaßte Ertlaͤrung vom Könige gebilligt worden war, fo gab
von Montmorency feine Entlaffung, worauf der Vicomte de Chätraus
eitung der austärtigen Angelegenheiten erhielt. In ben fpätern Ver⸗
mer Kammer wurde der Bericht des Finanzminifters über bie Gefegente
che das Budget von 1824, einen vorläufigen Grebit von 100 Mil. zw
möentlichen Ausgaben 1823, die Einberufung der Veteranen, und bie
der Pairs· und ber Deputirtenkammer betrafen, erörtert, und bis zum
V waren die dringendſten Vorſchlaͤge mit geringen Abänderungen anges
« Dabie Erklaͤrung des Kriegs ein Vorrecht der Krone ift, fo konnten bie
auur bei den Debatten Über den auferordentlichen Credit von 100 Mill.
Wuendigkeit und die Folgen eines Kriege mit Spanien prüfen. Die
wtei_in beiden Kammern hatte diesmal die glänzendften Talente und
ka Staatöminner, darunter auch Lains, und ausgezeichnete Generale
Eeite; allein in der Deputirtenfammer reiste Manuel, der Abgeordnete
&, der ſchon in der vorigen Sisung von dem Widerwillen (rdpugnance)
»gegen die Bourbons gefprochen hatte, durch eine doppelfinnige Kuße-
de den Einmarfch einer fremden Armee als gefahrbringend fuͤr die Eicher»
aands barftellte und aus der Geſchichte der franz. Revolution die traurigen
3 Goatitiondkrieged und ben Koͤnigsmord durch die Energie ber Nation zu
mfchien, die Wuth ber rechten Seite in einem fo heftigen Grade, daß fie
Mehrheit feine Ausichliegung von der gegenwärtigen Sigung, ohne ihr
und ohne auf die Vorfchriften des Reglements ſonderlich Kuͤckſicht zu
m 3. März ducchfegte. Da nun Manuel am 4. deffenungeachtet feinen
Kammer einnahm, fo wurde er, weil die Nationalgarde dies zu thun
te, von Gendarmen mit Gewalt aus dein Saale gefhafft. Die linke
ieß hierauf die Kammer, bis auf wenige Mitglieder, welche aber nebft
&mten Gentrums an keiner Abftimmung Theil nahmen. 62 Mitglieder
m Manuel’6 Ausſchließung eine förmliche Proteftation ein. Das Geſetz,
Credits von 100 Mit., und das wegen Einberufung der Veteranen mugs
200 eine at LSV bis 1826
Em rar up immer bei 900 Mill, Ausgaben betrug,
> r * 4 ra Suunitenzammer; Dieſe beträchtliche Summe
nic u ar In uhr der Geiſtlichkeit, die nun der Staat
öffent M . >. Jends für wohlthaͤtige Anftalten, die gegen
baten a much, ch jugeelgnet, — ein ungeheures Beam
. w.earmindern Eönne, erfchaffen, — die Colon
Ion a» Neil Fr. mehr koſteten als eintrügen, größtenth
al 200. Maschen Folgen des 20. Nov, 1815, die öffente
Bil „mungen 1813, und um 100 Mill, gegen 1788
nid us siftigiten fprach Labourdonnaye gegen die bal
fen: =. ee Müuere. Er verlangte Eräftigere Einrichtungen zur !
be num waste die Veräußerung der Emigrantengüter illegitim,
I Sun ii Kriegs und klagte über die Vernachläffigung der 2
Ten rd fein Erfolg (ſ. Spanien im 3. 1823) war
N ass Beurten: Das monarchiſche Princip wurde befefkigt ; der @
Tag mr Angouleme, erwarb durch Heldenmuth und Milde
Zn Kat Vertruuen und Die Treue des franz. Heeres. Won die
u sur ie koſtbare ſechsmonatliche Feldzug für die Befefligung
neunten Folgen. Gleich im Anfange deſſelben war Baren 2
"eat X Rriegeminifters, des Herzogs von Belluno, getreten. Ü
a ‚ne teiner aber gemaͤßigter Ariſtokratismus dad Soſtem der Rem
So, aut, in Folge des neuen Wahlgeſetzes, das entfchicdene Übe-
x Iuuertentammer. Als die Sigung von 1824, am 23. DM
Se war eröffnet wurde, betrug bie Zahl der Fiberalen, darunter —
men nur 17, während fie bei Eröffnung der Kammer von 1823
2" 7 gem Daher ward dem Grafen Villele ein Nachſchuß von 107
83 um Rindigung der außerordentlihen Ausgaben für 1823 bewilliut,
.A des Vꝛiniſteriums, die ſiebenjaͤhrige, gaͤnzliche Erneuerung der W
—8 yasend (f. S eptennalität), als Staatsgeſetz angenommen. F
ne ach Die Minifter im Beſitze der Stimmenmehrheit gefihert. Dee
ya, Kaas datte eine außerordentliche Ausgabe von 207,827,000 Fr. verurfei
r pa WE nur 33,877,700 Fr. davon zurüdzusablen verbunden. Dies
—*8 Winiſter, auf Erſparniſſe zu denken, und er ſchlug vor, an die Stilf«
u Arazte creirten fünfprocentigen Renten dreiprocentige zu feßen; aliein D
na NT Oeputirtenkammer angenommene Vorſchlag der Rentenreduct
ar wurd In der Pairskammer (3. Juni) verworfen. Unter den Gegnern
eurfe bemerkte man, außer dem Erzbiſchof von Paris, den vormaligen First
wanıter Grafen Roy, den Grafen Chabrol, und den chemal, Minifter Pas ı
Ghbateaubriand Die Vertbeidiaung des Rentenreductionsgeſetzes untere
ste, fo verlor er feine Stelle als Minifter der auswärtigen Angelegenheiten.
Adrige Vorſchlaͤge des Miniſteriums wurden in beiden Kammern mit einer grt
Mehrheit angenommen; dagegen verwarf der geheime Ausihuß der Wahlkam
den Beſervorſchlag des Deren von Labourdonnaye über die Entſchaͤdigung der
granter. Bald nad) dem Schluffe diefer Sisung, der am 4, Aug. erfolge !
erneuertidie Regierung am 15. Aug. die Genfur der Öffentlichen Blätter; 19°
ſcheinlich atte die Krankheit des Koͤnigs dieſen Beſchluß veranlaßt, den Graf Fr
ſinous, BRechof von Hermopolis und Großmeiſter der Univerſitaͤt, dem das net
richtete Miſerlum des Cultus übertragen worden war, vorzuͤglich unterſt
xudwig N M. ftarb am 16. Sept. und fein Bruder (f. Karl X.) beſtieg
Xpdron. DieMonarch erklärte ſogleich feine Abſicht, die Charte zu befeſtigen; €
naunute den Ehlepin (Derjog v. Angoulome) zum Mitgliede des Minifterrathe®s
Frankreich ſeit 1820 bis 1826 "263
am 29, Sept. die Eenfur der öffentlichen Blätter wieder auf. Dann trat ber
Clermont⸗Tonnoͤre ald Kriegsminiſter in dns Minifterium ein; der Herzog
auville wurde Minifter des königl. Hauſes, und Baron Damas erhielt dag
um der auswärtigen Angelegenheiten. Villèle befefligte feine Stellung
ertrauen ded Könige, ſowol durch die kluge Leitung des Staatshaushalte
urch Die Bewilligungen, welche er dem ariftoßratifchen und bem theokratis
Auffe bis zu einem gewiflen Punkte zugeftand. Unter feinen vielen Gegr
Chateaubriand, in feinem Organ, dem „‚Journal des debats‘‘, der bes
der Sitzung von 1825, welche fchon am 22. Dec. 1824 eröffnet und
fun. 1825 gefchloffen wurde, war Villole's Triumph vollftändig, Ihn
ein der Wahlkammer, in welcher freilich 320 alte Privilegirte ſaßen,
znac's (ſ. d.) Beredtſamkeit. Vergebens erhob Gen. $oy (f. d.) feine
gegen das Geſetz über die Entfchädigung der Emigranten, welche, für ihre
teil des Staates verkauften Güter 1000 Mil, Zr. in Renten erhalten
Auch das Rentenreductionsgeſetz (f.d.) ging jetzt durch; indeß
m Vollziehung viele Dinderniffe in dem Widerftande der Öffentlichen Del»
Um dem Eatholifchen Cultus mehr Achtung zu verfchaffen, ward das Bes
Iwelhem das Sacrilegium firenger beftraft wird, gegeben. Unmittelbar
mbme des Budgets für 1826 erfolgte (29, Mai) die glänzende Krönung
MRarl X. zu Rheims, nad) dem alten Herkommen; ebenfo neu als wichtig
Hr Schwur des Monarchen, nach der Charte zu regieren. Schon vorher
Sinig durch die Ordonnanz vom 17. April 1825 die Unabhängigkeit von
hd.) anerfannt; fpäterhin ward der Handelsverkehr mit den ſpaniſch⸗ame⸗
8 Republiken begünftigt, die ftilfchmweigende Anerkennung derfelben ers
q erſt in Folge eines Artikels im „Moniteur' vom 18, Oct. 1826, nach»
ke, mit Canning, der in Paris um diefe Zeit fich befand, über die Anger
ı Brafiliend, Portugals und Spaniens einverflanden, vergebens fich
1te, das fpanifche Gabinet zu demfelben Schritte zu bewegen. Damit
der Abſchluß eines vorläufigen Schifffahrtsvertrage mit Großbritannien,
3 Handels: und Freundfchaftsvertrags mit dem Kaiferreiche Braſilien
et. 1826) in Verbindung. |
m, das Intereſſe der Induſtrie und des Handels beruͤckſichtigenden Sp»
sierung konnte der Widerſpruch der Sontreoppofition in ber Sigung
mern von 1826 (eröffnet am 31. Yan. und gefchloffen den 6. Sul.
Beifall der Nation nicht entziehen ; überdies hatte ſich das Miniſterium
atammer durch die Ernennung von 31 neuen Pairs verſtaͤrkt. Gleich⸗
28 Geſetz über das Vorzugsrecht der Erſtgeborenen bei’Erbichaften und
sbftieutionen nur in Anfehung des legten Punktes angenommen. In
eburtörechte erblickte die Nation die Grundlage einer neuen Ariſtokratie
fhebung des Rechts der Gleichheit aller Kranzofen vor dem Geſetze; da>
die Pairskammer diefen Borfchlag am 8. Apr. 1826. Unter den übris
känden befcyäftigten die Öffentliche Aufmerkſamkeit am meiften der Pros
d’8 und des Grafen Moantlofier Denunsiation der Congregation, oder des
ch um fich greifenden Jeſuitismus, der die allmälige Unterdruͤckung ber
m Kirchenfreiheit und die Verfinſterung der Nation beabſichtigt. (Vgl.
ntanismus.) Das parifer Appellationsgericht erklärte ſich am 18.
iin Anfehung der Denunciation zwar für incompetent; alfein der Nbbe
is ward wegen feines Angriffs auf die Grundlage der gallicanifchen
die Declaration von 1632) von dem Gerichtshofe ſchuldig befunden
t. Der Proceß Ouvrard's betraf dig Armeelieferungsvertraͤge zu Bayonne
miſchen Feldzug, wobei der Öffentliche Schatz durch Irxthum, Nachlaͤſ⸗
XX
264 Frankreich vor ber evolution I. Allgem. Anfichten
ſigkeit und Übereitung der Kriegsverwaltungsbehoͤrden mehre Mill. Verluft gel
hatte. Weil hohe Stantsbeamten, felbft der geweſene Kriegsminifter, Herzog
Belluno, der Majorgeneral des Heeres, Guilleminot(f.d.) und der Om
Bordeſoult (Mitglieder der Pairskammer) in denfelben verwidelt wurden,
mußte er vor der Pairskammer, als dem oberften Gerichtshofe, geführt wer
Das Geheimniß diefer Sache, insbefondere der Umftand, wie viel Millione
Beftehung und Verführung derjenigen Spanier, welche die Vertheidigung der (
flitution aufgaben, verwandt worden find, ift im Dunkeln geblieben. Das C
urtbeil der Pairskammer aber fiel am 3. Aug. 1823 dahin aus, daß kein Gi
vorhanden ſei, gegen die Generale Guilleminot und Bourdeſoult gerichtlich zu
fahren, noch) gegen die Angefchuldigten, Oudrard, Zourton, Sicard u.f. w.
Verfahren fortzufeßen; jedoch wurden einige Lieferanten wegen ber ihnen Sc
gegebenen Verſuche der unausgeführt gebliebenen Beſtechungen vor den gehüt
ichter gewiefen. Außer diefen Verhandlungen ift die Nationaltheilnahme at
Sache der Griechen bemerfenswerth. Sie Eam auch in der Deputirtentamme:
Sprache und veranlaste den Präfidenten VBiltäle inn Sun. 1826 zu der Erklär
baß die weife Leitung der Diplomatif der Gabinette bald den Leiden ein Biel f
würde, uͤber welche man feufzt. Zuleßt erhob fich eine mächtige Partei in ber A
bes Hofes, um die Wiederherftellung der Cenſur zu bewirken ; die Nation fieht
her mit gefpannter Erwartung der Eröffnung der Kammern von 1827 entge
— Um den gegenwärtigen Zuftand Frankreichs zu beurtheilen, iſt es nöthig,-
felben vor der Revolution und dann inden Folgen derfelber
überfehen.
Stanfreih vor der Revolution. 1. Allgemeine Anf
ten. Unter allen politifchen Gegenftänden unferer Zeit hat feiner eine [og
praktiſche Wichtigkeit als ein richtiges Urtheil über die wahren Urfachen un
bleibenden Wirkungen der Revolution. Denn von der Anficyt über diefe b
Punkte hängt die Beantwortung der Fragen ab: 1) ob eine gewaltfame Erſch
rung des Öffentlichen Zuftandes zu beforgen, und 2) ducch welche Maßregeln
verhindern ift? Unrichtige Maßregeln find nicht nur eine Ungerechtigkeit, inde
den Völkern ein unverdientes Mißtrauen beweifen, und wenn fie, in Befchrän
ber natürlichen Freiheiten beftehen, ihm eine unverdiente Härte zuziehen, for
fie find auch gerade dasjenige, wodurch der gefürchtete Ausbruch am meifte
ſchleunigt und feine Gefährlichkeit vergrößert wird. Das Rechtliche iſt hierin
“ einer fehr untergeordneten Bedeutung. Durch die Meinung, daß ein Volk b
fei, feine Staatsverfaffung abzudndern, fobald ihm die Luft dazu anwandle,
ein wohlregierted Volk ebenfo wenig angereist werben, den Zuſtand rechtlicher
herheit und Ordnung mit den Gefahren und der Anarchie einer Staatsumwaͤ
zu vertaufchen, ald man ein fehlecht regiertes, welchem der jegige Zuftand unet
lich geworden ift, durch die Idee des Rechts abhalten wird, fich, wenn es die!
lichkeit des Gelingens vor fid) fieht, durch den Gebrauch feiner Kräfte von w
oder eingebildeten übeln zu befreien. Die entfcheidende Stage ift die rein füc
ob eine ſolche allgemeine Urfach der Unzufriedenheit im Volke vorhanden fei, di
eine hinreichend große Maffe antreiben kann, Habe und Leben durch einen Au
gegen die Regierung aufs Spiel zu fegen? Dazu gehört, wie man es nimmt,
viel und fehr wenig. 8 ift fehr leicht, einen bereits verfammelten Volkshau
eine leidenfchaftliche Bewegung zu verlegen, und daher kann in großen Städte
einem zahlreichen müßigen und rohen Pöbel durch Jemand, der ein allgemein
fungewort zu finden weiß, bald ein gefährlicher VBolkstumult erregt werben.
ed gehört fchr viel dazu, einen ſolchen Widerftand gegen die Öffentliche Mai
veranlaffen, bei welchem ein anhaltendes und kaltblütiged Handeln erfoderfi
Es iſt Dies nicht anders möglich, als wenn des Glaube in dom Wolle Wurzel
uommender zujauiger UMLAND ; usu) Eine JLuitg. Ycvpuganva wiro Tes
Gährungen andrer Länder zwar fördern, aber nicht erzeugen, und es
it immer auf jene erfle Sage hinaus, ob in irgend einem Staate foldhe
ad wichtige Landesbeſchwerden angetroffen werden, als fie in Franke
Revolution in allen Zeigen der Landesverwaltung vorhanden waren.
be ſtaatswiſſenſchaftliche Unterſuchung des vorigen Zuſtandes, und
mungen, welche durch die Nevolution bewirkt worden find, würde baher
m, dag eine gänzliche Reform der ganzen Staatöverfafjung in Scanke
adig war, und zweitens den Beweis liefern, daß mandje Reformen,
» Revolution zu Stande gekommen find, mit ihren Verirrungen und
naichts gemein haben, daßdarunter in der That viel Heilſames ift, und
sutionaire Gaͤhrung nicht durch eine Wieberherftellung ehemaliger Uns
mund Mißbraͤuche, fondern nur durch Beſchuͤtzung und Fortbildung
nan kann von Bielem fagen,ttog der Revolution gewonnenen Beſſern
mw. Es würde ſich aus einer folchen Vergleihung unwiderſprechlich er⸗
die Regierung jegt, ungeachtet aller couftitutionellee Beſchtaͤnkungen,
eift, als fie unter Ludtoig XV. und XVI. war, und dag ihre Staͤrke
fen conftitutionellm Befcränkungen ruht. ,
oltsverfaffung. Die gründlichften Forſcher der franz. Gefchichte
tig, daß es unter der erſten Dynaftie der fränkifchen Könige keinen erb⸗
ab, fondern auch hier das Princip der freien Gemeinbeverfaffung ſich In
m Kreiſen bis zur allgemeinen Staatögemeinde wiederholte. Aber
achfolgern Karls des Großen fing die Erblichkeit der Reichsaͤmter anz
Vorſteher wurde erblicher Eigenthlimer, und die gemeine Freiheit der
jin der Lehnbarkeit, dem einzigen Schutzmittel der Schwädern, zu
n Seder mußte einen Lehnsobern , ein jedes Grundftüc f. Lehneherrn
e terre sans seigneur). Die Staatsveränderung von 987, wos
te Dynaſtie den Thron beftieg, vollendete auf der einen Seite die allges
bung biefer Lehneherefchaft, auf der andern die Unabhängigkeit der
n Bafallen der Krone, von welchen bie mächtigften ald Fuͤrſten und
Reichs ihre Länder mit völlig ausgebildeter Hoheit, aber wiederum
ı duch ihre Magnaten und Landesherren tegierten. Gerade dieſe
266 Frankreich vor der Revolution II. Volksverfaſſung
entlich In der Mitte des 16. Jahrh. fing man an, die angefehenften aus den F
Iten des bisherigen niedern Adels zur Pair⸗ oder Herzogswuͤrde zu erheben,
baß fie jedoch hierdurch den alten Pairs des Neiches gleich geworden wiren.
Erfte davon war der Baron von Montmorency. 1789 beftand die weltliche $
ſchaft aus 44 Mitgliedern, von welchen die Herzoge von Uzes (Cruffot 1972;
älteften, die Derzoge von Choifeul und von Coigny (1787) die neueften w
Dagegen hatten ſich die ſechs geiitlichen Pairs, der Erzbifhof von Rheims ur
fünf Biſchoͤfe aus dem Familienherzogthum Hugo Capet's aus den erften Zeite
Pairie erhalten. Die weltlichen Pairs (unter welchen feit 1690 der Erzbifcho
Paris ald Herzog von St.:Cloud f. Pla hatte) machten nur die erſte Stuf
niedern Adels aus; doch befanden fich darunter ſechs Familien (die in Fran
landfäffigen Zweige der Häufer Lothringen und Savoyen, Grimaldi, R
Tremouille und Latour b’Auvergne), welchen man den Rang fouverainer
ftenhäufer zugeftand. Den erflen Stand des Reiches machte die Geiftlichkeit, X
durchgängig, wenn auch nicht den Rang, doch die perfönlichen Befreiunge
Adels (von Steuern und den meiften öffentlichen Eaften) genoß und aufden R
tagen die erfte Stimme führte. Man unterfchied die Geiſtlichkeit im alten F
teich, welche die eigentliche Staatscorporation bildete, und aus 16 Erzbifchöfen
100 Bifhöfen, Pfarren und Klöftern ihrer Sprengel beftand, und die außl
fche Geiftlichkeit in den feit Heinrich II. hinzugefommenen Provinzen (2 €
ſchoͤfe und 22 Biſchoͤfe); die Einkünfte diefer Geiftlichkeit wurden von Nedkı
Banzen zu 130 Mill., und das Verhältnis ihrer Güter zu dem der weit!
Grundbeſitzer wie 1 zu 5}, der Antheil der Pfarrer, des eigentlich thätigen um
achtetften Theils dee Geiftlichkeit, an diefen Einkünften wird auf 4046 9
angegeben. Die Adteien wurden, mit Ausnahme derjenigen, welche Haup
eines ganzen Ordens waren (wie die große Sarthaufe zu Grenoble, der Sig dei
ftercienferordens zu Citeaug bei Dijon, das Dauptlofter der Prämonftratenfe
Premontre bei Soiffons u. f. w.) von dem Könige vergeben, theil® als Com
den, theil als wirkliche Kioftervorfteher. Der erſten gab es 225 zum Xheil
fehr reichen Einkünften, da der Commendator ein Deitttheil ſaͤmmtl. Kloſte
kuͤnfte bezog, ohne zur Reſidenz verbunden zu fein, oder an der Kloſterdisci
weiche dem Prior oblag, einigen Theil zunehmen. Diefe Commenden waren
Denfionsanftatt für die jungern Söhne des Adels, nur die geringern kamen an
lehrte bürgerlichen Standes. Ihre Einkünfte (d. h. der Äbte, alfo 5 der Klı
einfünfte) gibt der „„Allimanac royal“ von 1789 nach der alten Zure des roͤml
Hofs auf beinahe 8 Mil. an. Der regulirten Abteien zählte man 368,
Moͤnchs⸗ und 253 Nonnenkloͤſter. Von diefen reichen Einkünften trug die €
lichkeit allerdings zu den Staatslaften etwas Anfehnliches bei. Außer einem
Stanz I. angelegten Zehnten (von dem erſten Schaͤtzungscommiſſair Pafchal
cime paschaline genannt), weldyer aber mit den wirklichen Cinfünften in ga
nem Verhaͤltniſſe ftand, verwilligte die Geiftlichkeit regelmäßig alle fünf Jahre
nannte dons vraduits ordinaires von 15— 18 Mill., und zuweilen dons gra
extraordiniires, welche als unverzinsliche Darlehen von der Regierung vedl
und in langen Zerminen zurüdgezahlt wurden. Sie pflegte diefe Verwillig:
ſummen felbit durch Antchen aufzubringen, und hatte 1789 eine Schuldenla
136 Mill, für deren Zinfen und ftüdweife Abtragung durd) eine auf alle In
von Kirchenpfrunden vertheilte Auflage geforgt war. Die fogenannte austän
Geiſtlichkeit war in einigen Provinzen den gewöhnlichen Staatdabgaben unte
fen, und den Gefammtbetrag der Abgaben, welchen die ganze Geiftlicykeit ja
aufsubrinaen hatte, gibt Meder (in der „„Adıninistration des finances“*, I,
Rauf 11 Miu. an, welche aber doch nicht jährlich in den Staatsſchatz floffen, fe
aur von der Geiſtlichkeit unter ficy echoben wurden, um ihre Schulden zu ven
Stantreich vor der Revolution LI. Volksverfaſſing 267:
\ılmdlig abzutragen, Außer Dem, was von ber ausländifchen Beiftfichkelt
micklichen Steuern gezahlt wurde, trug die Geiftlichkeit an jährl. Beiſteuern
Kuche als ungefähr 34 Mill. zur Staatscaffe bei. Schon vor dir Revolution
ginten untern Glaffen bed Wolkes die Neiyung zum geijllicyen Stande fehr abe
; Die Zahl dee Mönine, weldye 50 5. früher 80,000 gewefen war, hatte
* 20,000 vermindert; bie höhere Geiſtlichkeit war durch Verſchwen⸗
Bid Sittenloſigkeit dem größten Theile nad) in allgemeine Verachtung vers
Be — Dee Adelftand hatte eine fehr verichiedene Bedrutung, je nachdem
Diejmigen begriffen werden, welche nady den Gefegen auf die Vorrechte
Anſpruͤche machen Eonnten, ober dabei von wirklichem alten Geburtsadel
war. Denn da e6 ungefähr 4000 Stellen im Reiche gab, welche ihrem
bald durch Die bloße Erwerbung, bald nach einer 2Ojährigen Amtsfuͤhrung
des Adels von Rechtswegen gaben (aud) gewoͤhnlich den auf die Kinder
Adel), und koͤnigl. Adelöbriefe häufig waren: fo nahm die Zahl ber
uͤhrlich außerordentlich zu. Nicht nur die Stellen der Minifter, Staates
Im Räthe des parifer und einiger andern Parlamente, des Rechnungshofes,
ichts, der Oberamtleute, fondern aud) die Rathsherrnſtellen einiger
FÜ der Titel eines koͤnigl. Secretairs, fogar das Amt eines erften Thuͤrſtehers
atsboten) des parifer Parlaments waren mit dem Vorzuge verknuͤpft, den
weihen. Dan Eaufte dieſe Stellen und behielt fie fo lange, bis dieſes
zueben war. Dann verfaufte man fie wieder. Allein der alte Adel ex»
Kae de Neulinge nicht für ſ. Gleichen; die Noblesse de robe wurde in der
nit anerkannt; ungeachtet der Gefebe fagt Montlofier noch jest:
tee resta dans la roture. Wer einen zwei⸗ big dreihundertjührigen Adel erwel⸗
galt einigermaßen für etwas; vollkommen gut waren nur Die, denen man
es Anfang ihres Adels, oder doch nur einen legendenhaften, wieden premiers
de la chretiente, den Montmorency’g, nachweifen Eonnte. Nur Diejenis
miche alten Adel erweifen Eonnten, hatten vermöge ihrer Herkunft das Recht,
vergeitellt zu werden, und noch unter Ludwig XVI. erfchien eine koͤnigl.
| g, nach welcher Niemand zum Unterlieutenant vorgefchlagen werden
We, weidyer nicht eine abelige Herkunft von wenigſtens vier Generationen bewies
Piste. Für den vornehmern Adel führte man bei jedem Regimente die Stelle
WColonel en second ein, wodurch die militairiſche Lauf bahn eines folchen juns
‚HMmfdyen da anfing, wohin ein Andrer nur durch eine lange Reihe von Dienfis
u gelangte.r Auch wurde noch wenige Jahre vor der Nevolution der Sa
belt, daß alle geiftliche Präbenden, die eigentlichen Pfarreien allein ausges
wen, nur an die jüngern Söhne des Adels vergeben werden dürften. Die ver:s
henen Titel des Adels waren Herzoge, Grafen, Marquis, Vicomte, Baronı,
eheß die vier letztern, welche meift von Guͤtern geführt wurden, eigentlich eineız
ſchied des Ranges begründet hätten. Mur der Herzogstitrl gab einige Vor⸗
Wabei Hofe, beſonders für die Damen das Recht, bei der Königin auf einem Tas
meza fitzen. Man hatte dreierlei Derzoge, Ducs et Pairs, Ducs herellitai-
ha Pairs (15 im J. 1789) und Ducs à brevets et breveis d’honneur, wel⸗
Bram Zteil ohne den Zitel die Rechte der Herzogswuͤrde beigelegt waren, Aber
Nüger waren die Rechte, welche mit jeder Stufe des Adels, auch dem neuen und
De Amtsadel verknüpft waren. Sie biftanden in der Befreiung von den vors
Wehen Leiftungen für den Staat, befonderd von der allgemeinen Grundfteuer
ke), von der Mititairpflichtigkeit, Wegebauftohnen (corvees), von Soldatens
Naztirung und einer Menge anderer Abgaben. Der Gapitation, einer Claſſen⸗
Mena dem Vermögen, waren die Adeligen zwar unterworfen, aber diefe Abs
Ka nar im Verhaͤltniß zur Grundfteuer unbedeutend, und ſehr ungleich vertheilt,
de Übel befaf, mit der Beifftichkeit und einigen Orden (dem Matlteferorden, dem
2368 Frankreich vor der Revolution HI. Volksverfaſſung
Drben des heil. Lazarus u. a.), ben größten Theil bes Grundeigenthums in $r
reich, und übte Über f. Gutsangehörigen die gewoͤhnlichen grundherrlichen R
der Gerichtsbarkeit, Polizei, Kehnsherrlichkeit, Jagd u. f. m. aus, welche felb
geringfügigen Dingen, 3. B. in dem ausichließlichen Rechte des Zaubenhaltens
der Kaninchengehege, durch herkömmliche Übertreibung derfelben, zur großen:
druͤckung des Landmannes gereihten. In einigen Gegenden beftand noch %e
genfchaft, weldye 1779 auf allen Krondomainen aufgehoben wurde. Wie hod
die Einkünfte des Adels beliefen, ift fehr fchmwer anzugeben. Meder nimmt
Geſammteinkommen der Grundeigenthüumer mit Ausfchluß des Könige, des
teferordens und der Beiftlichkeit auf ungefähr 400 Mill. an, wozu der Zehnten
Geiftlichkeit noch hinzuzuredhnen ift.e. Daß ein bedeutender Theil davon dem 2
angehörte, Läßt fic) daraus abnehmen, daß in der Revolution, nachdem alle 3
ten und Lehnsgefaͤlle unentgeltlich gbgefchafft worden waren, vom Mai 17%
1801 für 2609 Mill. Nationalguͤter verkauft, in den altfranz. Landen noch
340 Mill. (in den eroberten Provinzen noch für 160 Mill.) und an Waldur
für 200 Mill. übrig waren, obgleich diefe Güter nur zu fehr geringen Preifen
ten verkauft werden Eönnen. Die Zahl des Adels verhielt fid), menn deu &
Angaben von Moheau zu glauben ift, zu der Zahl der übrigen Einw. etwa wie
250, jedod) war died Verhältniß in den verfchiedenen Provinzen außerorbezt
abweichend? Ungeachtet der Adel hiernach theild als unmittelbarer Ei
des Landes, theils durch den Beſitz der geiftlihen ımd Staatsämter den sei
Theil des Nationaleinfommeng für ſich zog, und dem Landvolke, ſowie den D
arbeitern der Städte, kaum die nothwendigſten Bedürfniffe des Lebens übrig.
fo verweigerte er doch nicht nur alle verhältnigmäßige Beiträge zu den Staark
‚gaben, und vereitelte dadurd) die Bemühungen ſowol des verhaßten Neder
auch eines dem Hofe und der Adelsariftofratie ganz ergebenen Galonne, ſondern
Verlegenheiten des Staats wurden hauptfächlich burd) nie endende Foderungm
Adels ebenfo fehr als durch Verſchwendung des Hofes unter Ludwig XV.:
burch Die Ungrdnungen der Verwaltung, welche aud) wieder aus dem ariftoße
ſchen Geiſte derfelben entfprangen, herbeigeführt. — Derdritte Stand bil
fi) aus dem, was nad) Abzug der GeifklichEeit und des Adels übrig blieb, alfo ı
etwas mehr ald 37 des Volkes, aus der eigentlichen Nation ; daher Sieyes,inf.1i
erſchienenen Schrift: „Qu’est ce que le tiers-Etat ?“ welche von einer gar nich
berechnenden Wirkung geweſen ift, wol mit Recht ſ. Fragen und Antworten fo fle
tonnte: 1) Qu’est ce que le tiers-d&tat? — Tout! 2) Qu’a-t-il eid jung
present dans l’ordre politique? — Rien! 3) Que demande-t-i1? — Al
quekqıe chose! und damit nicht nur das ganze Geheimniß der Revolution enthuͤ
fondern auch den wahren Gegenftand der jegigen Parteifämpfe in Frankreich
zeichnet hat. Denn jegt wie damals gilt es nicht den Mechten des Könige, n
ber Kraft der Stantsregierung, nicht der Krone, fondern lediglich der neuen V
ffigung derjenigen ariſtokratiſchen Vorrechte und Vortheile, welche 1789 den St
ind Verderben flürzten, und ihn jept in neue Verirrungen verwideln. Der de
Stand, wie er vor der Nevolution beftand, umfaßte die verfchiedenften Claſſen
bürgerlichen Geſellſchaft vom ärmften Landbewohner und den niebriäften Ham
beitern der Städte bis zum Millionair des Handelsftandes und zum ausgejzeich
ften Gelehrten. Mit ihm waren, was die Stellung in der Gefellfchaft bei
auch Alle die vereinigt, wweldye, obwol an den Vorrechten des Adels geſetzlich tt
nehmend, doch von demſelben als eingedrungene Neulinge verächtlich zuruͤckgen
fen wurden. Daraus mufte denn eine doppelte Befchwerbe der Nation entfleh
Auf die untern Stände fiel die ganze Laft der Öffentlichen Abgaben mit einer ſo
befchreiblichen Härte, vermehrt durch Übermuth und tyrannifhe Bebrädung
Grundherren und ihrer Beamten, durch alle erdenkliche Mipbräuche ſchlechter
eich vor der Mevolution m. Staatsverfaffung 269
t Suftlzverwaltung, ſowie von Selten des Staats durch ein ebenfo ver⸗
willtürliches Abgabes und Verwaltungsfyftem, bag gänzliche Verar⸗
ıllgemeines tiefes Elend davon die nothiwendige Folge war. Daraus ers
enn bie Bitterkeit und Muth, mit welcher fowol das Landvolk als der
Städte feine bisherigen Obern überfiel, als das Signal zum Widerftande
ben war. Die höhern Claſſen des Bürgerftandes hingegen waren durch
id Reichthum dem größten Theile des alten Adeld uͤberlegen, und dens
diefer fich in einer Ariftofratie zu behaupten, deren Grundlage gänzlich
en war. Vermögen und Beiftesbildung find von jeher die einzigen reellen
en einer ausgezeichneten Stellung in der bürgerlichen Geſellſchaft gewes
n dieſen beiden iſt die legte noch dazu die entſcheidende. Ihr eine Achtung
, welche die Vernunft für fie gebietet, dem Gebildeten, dem Faͤhigen
a öffentlicher Wirkfornkeit und Ehre verfchließen, ben Staat zu einem
htgute für einige bevorrechtete Kamilien machen, ift ebenfo ungerecht als
mer unmoͤglich. Man hielt Meder, als man ihm die Finanzverwaltung
für den Einzigen, welcher den Staat retten koͤnne, und doch verfagte
ange den Rang (Miniftertitel, Sig und Stimme im Gabineterath), wel⸗
he daB Anfehen f. Stelle unentbehrlich war, nur — wegen f. bürgerlichen
Die Regierung erkannte die Urfachen des Übeld nur zum Theil; der
fangen in allen Vourtheilen der Ariftoßratie, und die Macht des Könige
genug, auch da, wo man das Rechte gewählt hatte, e8 gegen den vereins
Band der Parlamente und des Hofadels durchzufegen.
Staatsverfaffung. In den legten Zeiten vor der Revolution wur⸗
Bände über die Frage gefchrieben, ob Frankreich eine Verfaffung habe,
: Herrfchertechte des Königs unbefchränft fein. Eins der wichtigften
x das franz. Staatsrecht: „„Maximes du droit public frangais‘‘ (Brüfs
2 Bde., 4.), von Aubry, Mey und Maultrot, ift im Grunde nur eine
eduction gegen die behauptete Unbefchränttheit der önigl. Gewalt und
cht der Parlamente, bie koͤnigl. Verordnungen nicht eher zu publiciren,
fich von der Rechtmäßigkeit derfelben überzeugt haben, und wenigftens
bication Vorftellungen dagegen zu machen. Die Verf. bemweifen dies
‚bei, den Kicchenvätern und den angefehenften Theologen der neuern Zeis
248 mehr fagen will, aud) aus den Staatöverhandlungen des Reichs.
taël widmete biefer Srage ein eignes Gapitel ihrer „Betrachtungen über
Revolution”, und wenn die Minifter (mie Galonne) die conftitutionellen
ungen der Eönigl. Gewalt leugneten, fo waren gerade die bevorrechteten
it den Parlamenten am eiftigftien bemüht, ihr Dafein zu beweifen.
, Kanzler des Grafen von Artois, widerlegte Calonne's Behauptungen
in einem zu London gedruckten „Rapport à Sa Maj. Louis XVII.“
ungleich fich nicht leugnen läßt, dag die Verfaffung Frankreichs in fruͤ⸗
ı gerads.auf denfelben Grundlagen eines freien Gemeindeweſens beruhte,
Eigenthuͤmliche aller germanifchen Volkseinrichtungen ausmachten; daß
u bem Lehnſyſtem davon einige ſchwache Spuren uͤbrig geblieben waren,
ıch unter Heinrich IV., wenigſtens da8 Steuerbewilligungsrecht der alls
Reicheftände von der Negierung anerkannt worden war, fo war doch auf
Seite fo viel gewiß, daß die conftitutionellen Einrichtungen Frankreichs
iſches Ganzes bildeten, fondern nur vereinzelte, fich felbft widerfprechende
ie verfchiedener Zeitalter waren, verborbene Truͤmmer der Vergangenheit
we Gegenwart vällig unbrauchbar. Denn allen Beſchraͤnkungen ber
elche in ber bamaligen Verfaffung Frankreichs anzutreffen, aber mehr in
e als in wirklicher Ubung vorhanden waren, fehlte fehon das erite Erfo⸗
e Dauer und Wirkfamkeis; fie waren nicht im allgemeinen Intereffe des
TO Frankreich vor der Revolution III. Staatsver
Volks, Fondern nur Im Intereſſe einzelner Stände, und zwar eines «
Beinen Theils der Nation gedacht ; daher war auch der Werth, meld
liche Meinung ihnen zumeilen beilegte, nur f&heinbar, nicht wir
ſchwand in den erſten Prüfungen der Revolution. Es ging ihnen a
tens Alles ab, was dem Öffentlichen Leben Kraft und Regelmaͤßigkei
Sie lähmten die Regierung, ohne fie vom Unrecht abzuhalten; viel!
fie, indem fie der Regierung auch in ihrem pflichtmäßigen Streben ur
Hinderniſſe entgegenfesten, mannigfaltige Yußerungen und Mißbr
walt unvermeidlih,. Alle Zweige der Staatsgewalt, Megierung,
und Nechtöpflege, waren fo durch einander geworfen, daß Keiner eineı
mäßigen Bang geben fonnte, und doch waren auch überall wieder fo
gige Punkte, daß dadurch alle Einheit in der Staatsverwaltung au!
das Beſtreben der wohlgefinnteften Minifter vereitelt wurde. A. Sı
fhen Einrihtung unterfchieden fich die befondern Landſtaͤnde,
einigen Provinzen erhalten hatten, von den allgemeinen Reichsſt
rührten noch aus den Zeiten her, wo die großen Lehnfuͤrſtenthuͤmer 5
ebenfo unabhängig als die Fürften des deutfchen Reichs waren, und
der Vereinigung diefer Länder mit der Krone in Artois, Bourgogne,
tagne und Languedoc erhalten. Diefe Landftände waren aus Geif
und Städten zufammengefest, hatten aber nichts zu thun ale das S
der Provinz zu repartiren, und die Art der Aufbringung zu beftimm
entftand eine Verfchiedenheit der Abgabeverfaffung in den Provinzen
nur die Verwaltungskoſten vermehrte, fondern auch fonft mit großcı
verknüpft war. Die Verfchiedenheiten in der Finanzverwaltung t
waren 3. B. die vornehmfte Urfache, wodurch die verderblichen inn
(Traites) und die Zrennung Frankreichs in dreierlei duch Douan
Laͤnder [1) die provinces des cing grosses fermes, 2) reputees &tr
3) traites comme etrangöres] ſich gegen alle Bemühungen Colbert's
folger erhielten. (Von der Salzſteuer, gabelle, werden wir weiter ur
Auch die übrigen Provinzen hatten in den frühern Zeiten ftändifche €
welche aber fehr bald außer Übung famen. Am meiften mag zu ihre:
den der Umſtand beigetragen haben, daß Karl V. (1373) in jeder bi
zwei ftändifche Deputirte wählen ließ, welchen die Repartition der St
Entfcheidung der dariiber entftehenden Streitigkeiten oblag. Nach ur
diefe Einrichtung weiter ausgedehnt und entwidelt; jene Deputicten,
den in förmliche Steuercolligien verwandelt, welche in jedem Obe
tvurden, und nad) welchen Frankreich, fo weit es feine Provinzialſta
- 181 Electionen eingetbeilt war. Dabei hatte aber bad Wahlrecht drı
gänzlich aufgehört, und die Dlitglieder der Electionen, von deren Au
die Oberfteuercollegien (Cours des aides) appellirt werden fonnte,
Könige ernannt. Im Übrigen lag die ganze Provinzialverwaltung i
Intendanten, deren Amt durch Richelieu (1637) feine vollftindige
erhalten hatte. Frankreich war in 32 Oberfleuereinnahmen, Gener
geheilt, und in jeder ſtand ein Intendant an der Spige der Geſchaͤfte.
einem einzigen Beamten anvertraute Gewalt, der Mangel aller Gi
ihre, die Schwierigkeit, gegen denfelben bei den Minifterien Recht zı
bunden mit der großen Unerfahrenheit Vieler unter ihnen und dem haͤu
ihrer Stellen gab zu großen Mißbraͤuchen, Willkuͤrlichkeiten und 2
Gebegenheit, und die Intendanten hatten die allgemeine Stimme auf
denste gegen fih. Es war daher eine der verdienftlichften Unternehmun
wihrend f. erften Finanzminifteriums (1775— 81), die Provinzialver
der zum Theil ſtaͤndiſchen Collegien zu übergeben. Er fchlug 1778
eich vor der" Revolution II. Staateverfaffung 271
adräthe oder Landeſdeputationen (Mssemblées provinciales) zu errich⸗
aus den drei Staͤnden des Volks genommen werden ſollten, ſodaß der
t 16 Männer in jeder Provinz (3 Geiſtliche, 5 Adelige, 8 bürgerliche
ıthümer) ernannte, von welchen bann die übrigen Mitglieder (32—36)
den follten. So allgemein diefer Plan auch von der Nation gebilligt
yon der Herzog v. Burgund, ald muthmaslicher Tihronfolger Lud⸗
„ und der Dauphin, Vater Ludwigs XVI., hatten ähnliche Abfichten),
derſelbe boch an dem Widerfpruche der Parlamente und der Vornehmen.
xrguienne und in Berry kamen fie zu Stande und leifleten vortreffliche
ie Necker („De l’administration des finances“, II. ch. 5) nadwrift..
+ Ausführung diefer Einrichtung, welche der Provinzialverwaltung eine
Berfaffung und eine ähnliche Geſtalt, als fie in England durch die Quar⸗
nder Friedensrichter und die Graud Jury der Affifen hat, gegeben haben
urde, duch Necker's Entlaffung (1781) unterbrochen. Bei Neder’s
Sintritt in das Minifterium (1788 wurde fie wieder vorgenommen, und
Imelution durch bie Departementscollegien (Gonseils generaux) zu
kbracht, deren Wirkſamkeit aber durch die Bonaparte'ſche Wiederherftellung
zenten unter dem Namen der Präfecten fehr gefehmälert worden ift. In⸗
kıhmnoch jegt in jedem Departement die acht Landrathscollegien (Gonseils
mund in jeder Unterpräfectur die Kreisräthe (Conzeils d’arrondissement)
kfder Repartition der Grundfteuer, der Regulirung der gemeinfchaftlichen
kaler Departements und Kreife, Ihre Mitglieder werden aber fämmtlich von
hang ernannt, und es fehlt ihnen daher noch fehr Vieles von dem Weſen
dem Gemeindeverfaſſung. — Die allgemeinen Reihsftände
&seranx) wurden zuerft von Philipp IV., dem Schönen (1285—1314),
diei Ständen zufammenberufen, und man kann f. Regierung als den
at annehmen, in welchem ſich die alte Lehnsverfaſſung zur Staatsverfaſ⸗
eſtaltete. Denn von diefer Zeit an war die Pairfchaft nichts als eine
de, und es blieb ihr von ihren alten Rechten nicht uͤbrig als ein Sig in
im Serichtöhofe, welchem Philipp einen bleibenden Sig in Paris anwies,
mer mit rechtöverftändigen Richtern befegte. Aber in den neu gebildeten
den erhielten die Pairs, welche Philipp an die Stelle der alten ausgeftors
höfürften ernannte, feinen eignen und felbftändigen Pag. Überhaupt
er diefen Ständen weder erbliche noch Amtsftimmen, fondern Alles bes
Bahten. Die Beiftlicykeit, der Adel und die Gemeinen verfammelten
reine Ständeverfammlung ausgefchrieben war, nad) den Oberämtern,
m dort, jeder Stand fuͤr ſich allein, eine beliebige oder vorgefchriebene Zahl
tirten, welche daher nie gleich geweſen iſt. Solcher Ständeverfammiuns
bechaupt von 1302— 1614 33 gehalten worden ; die legte beftand aus
lien, 132 vom Abel und 192 von den Gemeinen. ie ging ohne Ers
inander, weil die drei Kammern unter ſich nicht einig werden Eonnten,
nter Ludwig XVI. fuchten die Parlamente ihrem Widerſpruche gegen
ide Minifter dadurch mehr Gewicht zu geben, daß fie die Zuſtimmung der
nde zu Zinanzgefegen fuͤr nothwendig erklärten. Früher hatten fie immer
für eine Fortfegung des alten Reichsraths der Pairs, für Reichsſtaͤnde in
u Maßflabe ausgegeben, waren auch einmal (1528) als eigner Stand zu
ſammlung ber Notabeln berufen worden, und verlangten, vermöge dieſer
„ fogar, daß audy ein von dem König mit den Ständen gegebenes Geſetz
le Guͤltigkeit erft alddann erhalte, wenn es durch die Eintragung in ihre
Iprotofolle publicirt worden fei. Allein um diefe Behauptung ducchzufegen,
eſelbſt mehr im Geifte der Nation handeln, und nicht gar zu oft ein hoͤchſt
4 Erandesinterefle verrathen müflen. Daher hatte auch iht Widerſpruch
272 Sranfreih vor ber Revolution III. Staatsverfafu
gegen die Handlungen der Regierungen Beine rechte Haltung. Ludwig AT
terdrückte denfelben in der Entſtehung, als er, 17 $; alt, im Reitkleide fe
Parlamente erfchien, und feinen Befehlen Gehorfam verſchaffte. Zwar ba
Megierung nicht die Macht, die Parlamente ganz aufzuheben, wie zweimal
Ludivig XV. durch den Kanzler Meaupou (1771), und unter Ludwig XVI
den Minifter Brienne (Erzbifchof von Sens) 1788 verfucht wurde. A
Kraft des MWiderftandes ag nicht ſowol in dem allgemeinen Geifte der Verf
als vielmehr in der feften ariftofratifchen Verbindung der Parlamente mit dei
auf der einen, und mit dem Abvocatenftande auf der andern Seite. Beid
konnte es die Regierung nicht dahin bringen, daß die Advocaten in ben Öffer
Sitzungen des Meaupou’fchen Parlaments und der von Brienne eingerichteten
pleni2re erfchienen wären, und fah ſich genöthigt, die gethanen Schritte zu
nehmen. Indem fidy alfo das Parlament endlich, gegen f. fruͤhern Behaupt
für incompetent erklärte, neue Abgaben zu publiciren, und ſich auf die Reich
berief, hoffte e8 in den beiden obern Ständen eine folche Unterflügung gegen b
nifter zu erhalten, daß alle Bemühungen derfelben gegen die Mißbräuche der Ar
tie, gegen die Steuerfreiheit des Adels, gegen die Erblichkeit ber Staatdämter
nothwendig fcheitern mußten. Allein ebendeßwegen mußte die Regierung die £
menberufung der Reichsſtaͤnde felbft als das einzige Mittel ergreifen, ſich bus
Gemeinen gegen die Ariftofratie zu verftärken, wie ſchon Philipp IV. ſich de
gegen bie großen Vaſallen bedient hatte; fie mußte aber cbendefiwegen aud
dritten Stande durd) die Doppelte Zahl der Abgeordneten und die Vereinigun
drei Stände in Einer Kammer (mas auch nur eine Wieberherftellung der älter
richtung war ; Paillet'd „„Droit public frangais“‘, p. 98) dasjenige Übergemid
ſchaffen, welches ihm ald der einentlichen Nation gebührte, und, wenn er di
Hierung zu Huͤlfe kommen follte, nothreendig war. Freilich wurde der ganye
wieder Dadurch vereitelt, daß der König nicht wagte, ein König des Volkes, fü
ſich durch den Einfluß des Hofes verleiten ließ, ſelbſt der erfte Gegner f. Mint
fein. — B. Aus dem Bisherigen ergibt ſich ſchon ber große Fehler der Geri
‚ verfaffung, daß fie nicht rein ihrem eigentlichen Zwecke diente, fondern i
sierung und Gefeßgebung auf eine fehr nachtheilige Weife eingriff. Es Fame
noch andre Dinge hinzu, welche das Verhältniß zwifchen ben Gerichten und d
gierung zu einem fehr verworrenen machten. Gerade in den Punkten, mo
Gerichte unter Auffiht und Leitung der Megierung flehen muͤſſen, maren f
berfelben beinahe ganz unabhängig, und dagegen gefchahen von ben Minifte
dem Hofe in die Rechtspflege ſelbſt die unerträglichften Eingriffe. Es wur Di
Kolge der ganzen Drganifation des Juſtizweſens, welche noch in den wid)
Punkten unter den Trümmern des Lehnsweſens gleichfam verfchlittet war.
wollen nicht davon reden, daß die Gerichtsbarkeit auh in Frankreich) noch ein
Ausflug der Grundherrlichkeit war, und die Justices seigneuriaies alfo übe
unterfte Stufe bildeten. Strenge Auffid;t über die Gerichtsbeamten und eine ı
Stellung derfelben hätten die Nachtheile diefer Einrichtung verbeffern koͤnner
eben an diefer Aufficht fehlte e8 ganz, und bie Beamten waren in einer unbet
Abhängigkeit von ihren Gerichtsherren. Die Eintheilung der gutäherrliche
richtsbarkeit in hohe, mittlere und niedere, wovon die erfte eine unbeſchraͤnkt
minaljurisdiction in ſich ſchloß, wollen wir hier nicht weiter audeinanderfeke
gleich diefe in Frankreich abgefchaffte Einrichtung noch nachher unfern deutfcht
bliciften durch die Rheinbundsacte zu fchaffen gemacht hat. Won dem Sei
bas justicier gingen zuweilen Appellationen an den Seigneur haut justicier,
in der Regel an die Eönigl. Oberämter (Bailliages et Senechaussees). 3
waren nicht bloße Domainenaͤmter, fondern durch die Ausnahme gewiffer V
chen als cas royaux von den gutsherrlichen Gerichten war ihr Sprengel aud
ih vor der Revoliition HI. Stüatsverfaffung 273
ftee ausgedehnt worden. Die Untergeiie der koͤnigl. Domalnen
ns Vogteien, Pirevotes. Die Oberimter, waren mit einem Bailli
t der Rechte nicht kundig zu fein brauchte, die Juſtiz aber wurde als⸗
u durch einen rechtögelehrten Verwefer, Lieulenant de robe, Ders
Ober aͤmtern der größeren Städte hatte Heinrich IE 1551 eine colle:
ung unter dem Nanten Presidial gegeben, beſtehend aus einem Ptaͤ⸗
venigſtens ſechs Raͤthen, um aus dem Verkaufe dieſer Stellen eine
eidſumme zu gewinnen. Die oberfte Stufe ber Gerichtsbarkeit nah⸗
lamente ein, welche nach und nach von 1302 an in den verſchiede⸗
Krone vereinigten Lehnsfuͤrſtenthuͤmern errichtet worden waren. Das
ded Zeit ſ. Errichtung (1302) als der Größe ſ. Bezirkes und ſeines
&, war das Parlam ent von Paris (ſ. d.). Sein Sprengel ums
le die Hälfte von rrttech die Provinzen Fele de France, Picardie,
„Lron, Berry, Bar; Perche, Poitou, Anjou, Touraine u. ſ. wi,
ſchweide der Gerichtseingeſeſſenen, welche ſwveite Kaſen unternehnten
au ihrem Recht zu gelangen. Es hatte einen sıftın Präfidenten; 9
der Grand’ Clumbre, 8 Praͤſi denten der 4 uͤbrigen Senate oder Käm⸗
6 wirkliche Raͤthe, welche in 7 Senaten arbeiteten: Außerdem war
nien von Subalternen, Procuratoren und Advscaten angeſtellt. Die
m bed großen Eenat&trugen befondere runde Düsen, wovon-fir Pre
tier hießen. Im pariſer Parlament hatten die Prinzen des koͤnigl:
alte Pairs nach zuruͤckgelegtem 25. J. Sitz und Stinime, Das paris
nt behauptete, mit den fÄmmtlichen übrigen Parlamenten (zu Touloufe
ıohle 1453, Vordeaur 1462, Dijon 1476, Rouen 1499, Air 1501,
3; Par 1620, Metz 1632, Befanson 1674, Douay 1686 und
3) ein Ganzes auszumachen, welches nur in mehre Claſſen getheilt-fek,
gierung erkannte dies nicht an. Es iſt teicht einzuſehen, daß eine fü
von Geſchaͤften und Raͤthen (denn auch die übrigen Parlamente was
i5mißig gleich ſtark befaßt) der Mechtspflege nicht vortheilhaft fein
obgleich gewoͤhnlich fehr ausgezeichnete und wuͤrdige Männer unter ben
waren, fo fehlte es body auch weder an unwiſſenden, noch an beſtechli⸗
Hof hatte immer einige in ſ. Solde und ließ unter dieſe jaͤhrlich eine bes
unme vertheilen. Saͤmmtliche Parlamente nannten ſich, weil fie in
13 ſprachen, Cours souveraines, welchen Namen auch einige andre
htshöfe der Provinzen mit ihnen theilten. Sie behaupteten vermöge
erainetaͤt einige gar befondere Rechte. Das Miniſterium hatte auf
hrung ebenſo wenig Einfluß als auf die Ernennung der Mitglieder, ſon⸗
en hierin bloß ihrer eignen Collegialaufſicht unterworfen, nur daß die
e, der Arvocat ımd ber Proturenr général, verpflichtet waren, ab⸗
it den erften Prafidenten halbjährlich einmal einen Vortrag über die bes
net zu halten, und VBefchlüffe zu deren Abftellung in Antrag zu brins
geſchah zu Paris ant Mittwoch nad) den Ferien, davon der Name
fir eine Strofpredigt: Die ˖ Parlamente eigneten fich auch bie Macht
7 Buchftaben der Geſetze abzuweichen und nach Billigfeit zu entſcheiden,
Provinzen oft Vonftellungen machten und das Spruͤchwort entſtanden
n nous garde de l’equifd ‚du parlement“. Sie ſuchten ferner ein
arin, in ihren Straferkenntniffen nicht wie die untern Gerichte wenig⸗
&qenſtand der Anſchuldigung genau angeben zu muͤſſen, ſondern im All⸗
ine Strafe pour les cas resultans du procès ausſprechen zu dürfen.
N igteit der Parlamente und des Richterftandes uͤberhaupt wurde noch
das vollkommene Eigenthumsrecht an ihren Stellen. Diefe Kauf:
—E der meiſten Staatsaͤmter, wovon nur die Miniſterſtelen,
tr. Eicbente Aufl. AN. IV. 18
Na Frankreich vor der Revolution IIL Staatsverfaffu
Intendanturen und folche, bei melchen fie durchaus unmoͤglich war, ausgen
waren, ſchrieb ſich aus den Alteften Zeiten her, wo man Amter in Lehn und
gab, mar aber fchon von Ludwig ATI. und vornehmlich) von Franz I. recht fr
tifch als ein Mittel, ſich Geld zu verfchaffen, gebraudjt worden. Die €
drangen bei jeder Gelegenheit auf Abflellung eines fo fchreienden Mißbraud
langten ed auch wol, wie unter Heinrich III., aber theils bie Schwierigkeit,
legten Kauffummen zurüdzuzahlen, theil6 die Bequemlichkeit ‚. bedeutende
men auf eine fo leichte Weife zu erlangen, daß man neue Stellen creirte ur
kaufte, erhielt Die Sache biß zur Revolution. Bloß für die Gerichtöftelle
Einfluß der Secretairs, Notare, Procuratoren, hatte der Staat 450 M
ruͤckzuzahlen, wobei natürlich nur in Betracht kam, was an die Staatecaffer
aber, was an den Vorgänger im Amte als Verkäufer bezahle worben mar.
rich IV. machte die Einrichtung gefeglich und dehnte fie, auf den Vorſchla
gewiffen Paulet, noch) weiter aus, indem gegen eine gewiffe jährl. Abgabe (1
der Amtseinfünfte, Annuel oder Paulette genannt) ſogar den Erben bes Bi
das Recht gegeben wurbe, das Amt zu verkaufen. Da auch Diejenigen,
Verbrechens wegen ihrer Ämter entfegt wurden, doch das echt behielten, fo
verkaufen, fo läßt fich leicht denken, wie fehr die Unabhängigkeit des Beamte
bes hierdurch bis zur Untergrabung auch des verfaffungsmäßigen Gehorfams
gert werden mußte. Denn da alle Stellen erlauft werben mußten, ſo
auch die Rüdfiht auf Beförderung Keinen bewegen, ſich nachgiebis
beweifen. ine der naͤchſten Folgen biefer verkehrten Einrichtung wm
roße Vermehrung aller Ämter. Für die meiften waren zwei, Drei um
Beamte angeftellt, welche vierteljährlich, halbjährlih oder jährlich abn
ten. (So hatten aud) die meiften Staatscaffen zwei oder drei Einnehmen
welchen ein Jeder immer nur ein Jahr die Caſſe verwaltete und banı
Andern übertrug, wodurd in das ganze Sinanzmwefen eine ungemeine Ve
lung gebracht wurde) Sodann wurde der Zunfts und Kaftengeift, welcher
das Streben der Obergerichte nach politifhem Einfluß fo viel Nahrung ı
hierdurch außerordentlich begunftigt und keineswegs zum Vorthril des Volt
tet. Der ganze Richterftand betrachtete ſich, bei allen innern Zwiſtigkeite
fchen den Parlamenten unter ſich und mit den Präfidialgerichten, mit dem
catenftanbe u. f. w., als ein gefchloffenes Ganze, welches alle feine Mitglie
gen Regierung und Voll aud) bei auffallenden Ungerechtigkeiten vertrat. .
war e8 fo ſchwer, gegen die Mißgriffe und die Verfolgungsfucht der Richter
en Obern Hülfe zu erlangen, und mancher Unfchuldige wurde dem Eigenfinn
Stolze, der Hertſchſucht der höhern und niebern Gerichte geopfert. (&
barre.) Voltaire und Linguet kaͤmpften raſtlos gegen biefen richterlichen £
tismus, welcher durch eine unter Ludwig XIV. verfaßte Griminalorbnun
. Ordonuance criminelle von 1670) mit doppelter Tortur und großer Xı
nung der richterlihen Macht ſehr begünftigt wurde. Ein Zodesurtheit |
ohne Geſtaͤndniß des Angeklagten auf die geringfügigften Anzeigen, nach
vorgefaßten Meinung des Meferenten, gefällt werden, und einige tr
Faͤlle ungerechter Hinrichtungen (Lebrun, Ranglade, Calas, Montbailli, Le
Desrues, Lalli u. A.) hatten die Criminalrechtspflege Frankreich zum Gegen
eines allgemeinen Mißtrauend und Abſcheus gemacht. In der Civilrechti
mar der Gang langfam, mit Foͤrmlichkeiten überladen und übermäßig koſtbar
Befoldungen der Richter waren gering, allein fie bezogen Sportein, welche au
nen freiroilligen Geſchenken an Fruͤchten, Confituren, Spezereien (davon ber $
Epices) nad) und nad; in eine Schuldigkeit und in bedeutende Geldſummen
wandelt worden waren. Die Rechnung wurde nach Arbeitstagen ( Vacatiepı
macht, deren jeder einem Parlamentsrach mit 19% Liv. bezahlt wurde, und rl
eich vor der Revolution III. Staatsverfaffung 275
hnliches, ſich 2—300 und mehr Vacationen auszufeßrn. Der erfte
d duch eine rechtliche Fiction bei allen Arbeiten des Parlaments für
‚halten und bezog feine Vacationen. Dem vorlegten Parlaments⸗
Aligre, welcher überhaupt als habfüchtig verfchrien war, rechnete man
1768—83 f. Vacationen 400 Jahre ausgemacht hatten, Natuͤr⸗
mr den Arbeitfamen zu Gute, allein die Parlamentsſtellen waren
em Vorzügen, dem Adel, der Freiheit von vielen Abgaben und einent
n verknüpft, daß fie fehr gefucht und gewoͤhnlich mit 60,000 Liv. bes
Eine Präfidentenftelle in Paris eoftete 600,000 Liv. Außer ben
beftanden für die Abhoͤrung und Juſtification der Rechnungen von
affen, als gleichfalls fehr zahlreich befegte oberfte Gerichte, Chambre
zu Paris, Dijon, Grenoble, Air, Nantes, Montpellier, Bloid,
Dole und Mes, und für die Jurisdiction in Steuerfacdyen 13 Cours
von aber nur die zu Paris, Montpellier, Bordeaug, Clermont und
efondere Collegien ausmadıten, die 8 übrigen aber mit den Purlas
technungshöfen vereinigt waren. Alte diefe Gollegien erkannten gleiche
Inſtanz und flanden auf einer Linie mit den Parlamenten, Ihre
auch diefelben Vorrechte, und die Cours des aides zu Paris fland
ung, teil fie fich jederzeit des Volkes gegen die Bedruͤckungen ber Fi⸗
ind Paͤchter eifrig annahmen. Von der Chambre des coınptes hins
an dies nicht fagen. Die Stellen wurden gewoͤhnlich von reich ges
:gern für ihre Söhne gekauft, um ihnen ein bequemes Einfommen
yerfchhaffen, Übrigens ſtanden die Rechnungsräthe eben nicht im Vers
yrfamteit und des Geiſtes. „‚Eh! Messieurs, si j'avais eu de
ırait-on mis parıni vous ?°* foll einer der legten Candidaten geants
als ihm feine Unmwiffenheit zum Vorwurf gemacht wurde. Wie
Einrichtungen die Gerichtefim Ganzen viel zu unabhängig von dee
ren, und fie durch ihre Einrichtungen Gefeggebung und Politik ſelbſt
ımten, ohne das Unrecht hindern zu Lönnen, fo war auf der andern
der die Macht der Regierung in Juſtizſachen viel zu groß. Beſchwer⸗
ntergerichte Eonnten bei den Intendanten angebracht werden, und es
neine Klage, daß die Gerechtigkeit ſich fehr oft nach perfönlichen Ruͤck⸗
en müffe. Durch einzeine Befehle griff die Regierung in den Gang
indem fie durch die Lettres do caclıet fich eine unbeſchraͤnkte Ges
steiheit der Bürger-anmaßte, aber auch ebenfo oft die Schulbigen
en willkuͤrliche Verhaftungen dem Richterarm entriß. Sollte ein
beſonders eine wichtige Criminalfache, nad) befondern Anfichten ges
fo wurde eine fpecielle Commiſſion ernannt; wiewol dies in den leßs
ener getoorben war, Nichtigkeitögefuche gegen die Entfcheidungen
e tonnten bei dem Stuatsrathe, dem Conseil du Roi, angebracht
ıden meiftens eine willige Aufnahme. Das Conseil (die Abtheilung,
ıseil prive genannt wurde, und unter Vorſitz des Kanzlers oder Sie⸗
286 21 Staatsräthen, ben Maitres des requ&tes und ben Finanzin⸗
nd) caffirte die Ausfprüche der obern Berichte ſehr haͤufig, ſtand
Bründlichkeit und feine eignen Entjcheidungen (Arr&ts) betraf, in
nfehen, daß man zu fagen pflegte: „‚Il raisonne comme un arr&t
Den Vortrag im Conseil prive hatten die Maitres des requ£ten,
3 waren, twelche par quartier dienten. Aus diefem unaufhörlichen
en Gerichte und der Regierung entftanden die nachtheiligften Folgen
) eine ebenfo große Lähmung der öffentlichen Gewalt ald eine Ders
Infehens der Geſetze. Die Stimme des Volkes befchuldigte die Pars
n Verbäimiffen, wo ein Standesintereffe Im Spiele war, der Par⸗
18
‘276 Frankrelch 3. IV. Reglerungsberfaſſ. u: Staatsverr
teilichkeit. Einer der gruͤndlichſten Kenner der franz. Staatsverwaltung,
(deffen Aufſaͤtze unter dem Namen des Auſtraſiers eine Zierde der Schloͤz
„Staatsanzeigen“ waren), ſchrieb ihnen die Verbinderung aller Finanzre
und befonden® des Kataſters au, weil fie die reichften Grundeigenthiimer i
Mitte hattet, aber durd) das allgemeine Spyſtein von perſoͤmichen Mintficht
und ihre Anschörigen auch von den Steuern, welche fie geſetzlich zu emtricht
ten, frei zu machen wußten. Die Härte der framz. Lehnsverfaſſemg war ein
davon, daß alle höhern Berichte mur mit Maͤnnern befept waren, melche fi
dem Stande ber Gutsbeſitzer gehörten, ünd daß vermoͤge der. Kaͤuflichkeit der !
und nody mehr vermoͤge der Mittel, welche die Parlanrente anwandten, neu
milien den Eintritt in ibre Gorporstionen zu erſchweren, Wenigſtens immer Bi
wiegende Mehrheit zu jenem Standegehörte. Außerdem mifchten fidy dir
nıente in Alles Es nahm z. B. de Partei der Janſeniſten gegen -den- Gr
von Paris, Ghrifteph v. Beaumont (gef: 1784). Der Erzbifchof verl
Janſeniſtiſchen Prieftern, die Sacramente zu ertheilen ; das Parlament ver
Criminalbefehle gegen die Pfarrer, welche dem Erzbiſchof gehorchtert; der €
rath cajfirte die Beſchluͤſſe des Parlaments, welches um nächften Täge dirſeb
derholte. „Dieſe Anarchie”, ſchrieb Voltaire 1775 (. Histoire dur Parlem
Paris“), „konnte nicht dauern. Entweder mußte die Regierumg die woͤrbige
wieder an ſich nehmen, oder die Herrſchaft an die Parlamente uͤbergehen.“
Erſte gelang nicht und das Zweite führte zur Revolutidn, die in ihrem En
alfo ganz ein Merk ber höhern Stände war.
IV. MRegierungsverfaffäing und Staatbverwaltung.
ſehr auch die Macht der Regierung durch ds ariftokratifche, d. h. auf Mi
fchaft, oder vielmehr alleinige Herrſchaft gerichtete Streben der Parlament
"des Adels uͤberhaupt gelaͤhmt war, fo fehlte e8 doch gaͤnzlich an einem geickm
Organ der Volksſtimme (der Volksvcknunft), welches die oͤffentliche Ma
einem geſeblichen Gange zu erhalten fähig geweſen wäre. Daher war bie |
rungsverfaſſung allerdings gewiffermaßen deepotifch, fo fehr auch der Sinn ii
genten von einem despotiſchen Gebraudye derfelben entfernt fein modhte. :
zeigte ſich 1) in der Vernichtung aller felbftändigen Muricipalve
fung, welche in jeder Stantsverfaffung, auch der monarchiſchen; die erfte
der öffentlichen Gewalt bilden muß. Nachdem die Könige Frankreichs der!
Dynaſtie in der aufbluͤhenden ftädtifchen Freiheit den erften Stuͤtzpunkt geg
Vaſallenariſtoktatie gefunden hatten, entwidelte fih die Gemeindeverfaffu
Städte eine geraume Zeit in ungeflörter Freiheit und Kraft. Ste mählt
Borfteher feibft, meiſtens ſogar obne der koͤnigl. Betätigung zu bedürfen; |
warfen ihre Statuten; fie uͤbten das Recht der Selbffvertheibigung und nahı
der Reihe der Landherren eine bedeutende Stelle ein; fie waren den Königen
ihre Geldbeitraͤge und bewaffnete Mannſchaft wichtiger ale Adel und Geiſtli
fie waren von dem 14. Jahrh. an, als der dritte Stand, zu den allgen
Reichsverſammlungen gejogen worden. Unter Franz I. und Heinrich II. n
die erften Eingriffe in diefe ſtaͤdtiſche Freiheit gemacht, wie fich aus den gefef
Verordnungen zum Schuß derfelben ergibt. Ludwigs XIV. Negierung ma
für dieſe Verhaͤltniſſe zerftörend. Man erzichtete Eäufliche und erbliche Stellen
Städten (koͤnigl. Procuratoren, Stadtichreiber, Maires, Affefforen und Stadn
wodurd das Wahlrecht hinwegfiel; doch erhielten fich Mehre dadurch bei ihrer
Berfaffung, daß fie ſelbſt die Kaufgelder von diefen Amtern an den Koͤnig er
und ihre Beamten nach wie vor erwaͤhlten. Dahin gehörte Paris, too zwar der !
bie erften Beamten (ben Vorſter der Kaufmannichaft, Prevot des marchands)
big ernannte, die 4 Schoͤffen aber von den Notabeln der Stadt gewaͤhlt wurden
die 26 Magiſtrathsraͤtbhe und 16 Vierte!emeiſter ihre Stellen erblich harten.
jranfreiäy ac..IV. Regierungsverfafl. u. Eraateverw. 277
um war aber die Munieipalverfaſſung ehne Gewicht und Kraft. 2) Die Pros
Junzialvetwaltung war, wiebereitd erwähnt wurde, in den Händen der Inten⸗
A kan, weiche ziemlich mit der Gewalt eines Pafchae in ihrem Sprengel tegierten.
Di dinanzverwaitung war theils in den Händen Eönigl. Beamten, niit erblichen
ww larfüchen Stellen, theils verpachtet, ‚weiches legtere auch zu den fchreienditen
Brladvr alten Verfaſſung gehörte. Die bereits erwähnte Einrichtung, daß die
4 Bail. Caffen in der Regel zwei oder aud) wol drei verſchiedene Einnehmer hatten,
Fniäe jährlich wechfelten, machte auch den geibteften Sinanzminifter die Überfiche
weisih, weil immer erſt in + Juhren das Ganze beurtheilt werden kounte; ab:
4 gemtacen, daB das Heer von Veamten die Verwaltung aͤußerſt koſtbar madıte,
rt waren die Confumtionsftcusen, naͤmlich der Salzhandel, das Tabacks⸗
mare der Regierung, die Binnenzoͤlle, die Acciſe der Stadt Paris und die
IMitmer des platten Landes. Mebe die Einrichtung dieſer Steuern ſelbſt als
bẽduld der 44 Generalpaͤchter machte dieſe mit ihren Unterbeamten dem ganzen
de xrhaßt. „Den Generalpaͤchtern ſelbſt hatte man ihren Gewinn fo ſparſam
Axnclich zuzumeſſen geſucht, aber dennoch ergab der Augenſchein, daß ihnen im⸗
aa ſeht großes und leicht erworbenes Einkommen blieb, und wenn unter ihnen
a Gi Rinuer von Verdienſt, wie Helvetius, Lavoiſier, de la Borde, waren, wenn
:y amihren Reichthuͤmern einen dein Gebrauch machten, fo waren es gerade
Wei Bunzminner, welche durch ihre unfinnige Verſchwendung ihrer, doch
warf Koſten des Volls, erworbenen Reichthlimer der Achtung der Regierung
artatlic nacıtheilig waren, Man nannte fie die Blutegel des Staats; fie
Szmat ihrer Uppigkeit, ihrer Unwiffenheit, ihren toben Geldhochmuth, ihrer
rigkeit ein ſtehender Charakter auf den Theater. Diefe Sinanzpachtungen
I aber auch dag Urtheil der Verfländigen um fo mehr gegen ſich, als gerade
Ehen dorch fie verwalteten Etaatseinnahmen die Erhebungskoften am beträcht:
woren; fie betrugen nach Meder 164 Procent, während bei den directen
Rayender Stant nur 6; Proc. verlor. Allein fie ſtanden mit der eigentlichen
Bird Macht Frankreichs, dem del und ben Coterien des Hofes, in fo unger:
Bash Verbindung, indem für Alle, die einigen Cinfuß batten, bei ihnen of
har Caſſe war, daß kein Minifter es wagen durfte, fid an diefen Säulen des
22, mie man fie im Spott nannte, zu vergreifen. „ie werden fid) wundern”,
figtı aintt sin Here ven Hofe zum Hofbangquier de la Vorde, „daß ich, da id) nicht
lie Ette habe, Sie zu kennen, Sie um ein Anlehen von 100 Louisd'or erfuchı””.
And Zie, antwortete Jener, „werden ſich nody mehr wundern, daß ich, da id) die
habe, Sie zu kennen, 08 Ihnen gebe". Meder berechnete die Maffe der
tihen Beaniten bioß bei der Grund: und Vermögensfteuer und bei den Zöllen
wein Hier von 250,000 M., obwol die mieiften davon damit andre Beſchaͤfti⸗
um verbanden. 3) Die Centralregierung ruhte in Ben Händen des
kas, oder visanıchr der Minifier und des Hofes. Obgleich der Wille des Mo:
iaden in den litzten Zeiten die einzige Quelle der Geſetze war (si veut le roi, si
taulaloi), fo gchörte doch eine außerordentliche Charakterſtaͤrke dazu, dem verein:
einfuffe der Familienverhaͤltniſſe des Eönigl. Hauſes, und der übrigen Umges
des Monarchen zu widerſtehen. Daher durfte auch kein Minifter fi)
Merihein, in dem Monarchen ſelbſt die Unterffüsung zu finden, welche ihm
Rchzendig war, um den Kampf gegen Mifbräuche und Unordnungen fiegreich zu
wien. Gute und fchlecdhte Minifter, Zurgot und Meder mie Calonne und
a, konnten ohne Meformen ſich nicht behaupten, fcheiterten aber einer wie
br ander an dieſer Klippe. An der Epise der Geſchaͤfte ſtanden eigentlid) ber
“ven Frankreich, die + Staatsſecretaire der auswärtigen Angelegenheiten,
. Haufes, der Marine und des Kriegs, und der Generulcontroleur, oder
X der Finanzen. Jeder dieſer ſechs Departementschefs (welche
278 Frankreich ꝛc. IV. Regierungsverfaff. u. Staatsverw.
wicht immer den Rang eigentlicher Minifter und Zutritt im Conseil d’etat hi
war mit unumfchränfter Gewalt bekleidet. Seine Verfügungen ergingen in
men des Königs und mit deffen Unterfchrift, der König unterzeichnete jedoch
ſelbſt, fonbern der Miniſter hatte einen Stempel mit dem Ednigl. Namen, w
er mit feiner eignen Contrafignatur beglaubigte. Die Verhaftsbefehle indeſſt
börten ausſchließlich Dem Staatsfecretaie des Eönigl. Haufe. Der Miniſte
wurbe ohne fchriftliche Beftallung bloß dadurch ertheilt, daB der König Jem
zu den Sigungen des Conseil d’etat einladen ließ, und einmal gegeben, kon:
nur durch förmliche Verurtheilung wieder entzogen werden. Daher war ei
gewiffermaßen nothivendig, entlaffene Minifter an irgend einen Ort zu eriliren
ihnen wenigftens den Aufenthalt in einer gewiſſen Nähe von Paris zu vert
Im Conseil d’etat ließ ſich der König ſelbſt Vorträge von den Miniftern erft
bie uͤbrlgen Abtheilungen waren das Conseil des depeches, für die ausmä
Angelegenheiten ; das Conseil des finances, und der geheime Kriegsrath, ir
chen ſaͤmmtliche Minifter und Stantsfecretaire Sie und Stimme hätten.
Namen Conseil d’etat führte aber auch noch ein andres Collegium, befteber
ter dem Vorſitz des Kanzlers oder Siegelbewahrers, aus Staatsraͤthen und M
des requötes, und war eine gerichtliche Behörde, wohin die Nichtigkeitsbeft
ben, Recuſationsgeſuche gegen Obergerichte, Neffortftreitigkeiten zwiſchen
und dergleichen gehörten. Es wurde zum Unterfchied von dem vorermähnt
Conseil d’etat prive oder Conseil des parties genannt. (Ein andres O
bunal war das Grand conseil, beftehend aus 5 Präfidenten, 54 Raͤthen u.
beffen Geridytsbarkeit ſich in den ihm zugewieſenen Sachen, als Streitigkeiten
geifttiche Beneficien, Bankerotte, Wucher, einige Lehnsgefälle u. f. w. übe
ganze Neid) erſtreckte) Endlich in der Reichskanzlei (grande Chancellerie
ftehend aus dem Kanzler Stegelbewahrer, 2 Grands rapporteurs, 4 Gran«
dienciers u: ſ. w,, wurden alle Beftallungsbriefe, Adelsbriefe, Legitimat
Maturalifationen u, f, ro, ausgefertigt, oder, wenn ein Umſtand dabei gef
wurde, auch verworfen. Vergleicht man diefe Muffe von Stautsbehörden ız
Zahl ihrer Mitglieder mit der Einfachheit der englifchen Einrichtungen, fo wi
auch von diefer Seite die Überzeugung aufdringen, daß in der franz. Stac
waltung mehr bahin getrachtet wurde, daß es den höheren Ständen nicht aı
binreihenden Zahl yon Amtern fehle, als daß die Angelegenheiten des Staa
verwaltet würden. Diefes Princip, Frankreich als ein großes Lehngut des
zu betrachten, und die Nation als deffen leibeigenes Gefinde, wurde denn aı
wol in der Art, wie die Öffentlichen Abgaben berbeigefchafft wurden, als
Berwendung der Öffentlichen Gelder treulich beobachtet. 4) Das Ab,
fvftem Laftete ganz und gar auf dem Stande der Landbauern und Bürge
Geiſtlichkeit und der Adel trugen zu den Öffentlichen Laften fo gut mie nid)
Denn was die GeiftlichEeit bezahlte, fiel wieder hauptſaͤchlich auf die grofe
der geringern Beneficien, die Pfarreien, und ſchmaͤlerte den Überfluß der |
Geiftlichkeit fo gut wie gar nicht, Übrigens war die Art, wie die Einkünf
den unermeälichen Gütern der Kirche vermendet wurden, mit den eigentlicher
den der Kirche im greilften Widerſpruch. Sie waren, wie [chen bemerkt
noch eine Penfionsanitatt für die jiurgern Söhne des alten Adele, welche, ar
Weiſe ausgeftattet, an Üppigkeit und Sittenloſigkeit fi) von Einem andern €
übertreffen ließen. Zuerft waren alle bäuerliche Befigungen fehe ausgedehnt
mannigfaltigen Lehnsgefaͤllen, Srohnen und andern gutöherrlichen Rechten
worfen und der Hegel nad) zehentpflichtig, Aus dieien lehnsherrlichen G
und Rechten zog die Geiftlicykeit und der Adel den größten Theil f, Einkünf
wurden in der Nevolution, anfangs gegen eine fehr niedrige, dann ohne all
ſchaͤdigung aufgehoben, deffenungeachtet aber blieb nach Aufhebung dieſer
Frankreich se IV. Megierungsverfafl. u. Staatsverm. 279
& ine Maffe von unmittelbar geiftlichem und abeligem Eigenthum von einem
Ierche von mehr als 3000 Mitt. Fr. übrig, wozu noch die großen Befigungen des
Kir antgewanderten Adels hinzugerechnet werden müffen. Denn e6 wurden vom
B.Rai 1790 bis 1801 für 2609 Mit. Nationalgüter (geiftlihe und Emigrans
ugäter) verfauft, und übrig waren noch zu jener Zeit für 340 Mill. in den alten
damtements, welche nadı der Reflauration ihren alten Beſitzern zuruͤckgegeben
wie. Bringt man dieſe Gütermuffe von dem gefammten Grundeigentum
Saahrichs in Abzug, fo wird gewiß hoͤchſtens ein Drittheil für bäuerliche und
Uzaiche Grundſtuͤcke uͤbrig bleiben. Diefe nun waren allein ber Taille unters
welche als eine Combination von Grund: und Vermoͤgensſteuer anzufehen
wm zad jährlich 95 Mill. einbrachte. ine andre Art von Eintommenfteuer,
legitation (Kopfiteuer), traf zwar Adelige und Nichtadelige ohne Unterfchieb,
rer verhaͤltnißmaͤßig viel geringer als die vorige; denn ihr ganzer Betrag bes
Min auf 41 Mill. Eine dritte Vermögensfteuer war nach dem reinen Ein»
vornehmlich aus Grundſtuͤcken angelegt, und beſtand urfprünglich aus
Mei Etrags, davon fie Vingtiöme hieß. Sie war aber zuerft verdoppelt
(es deux vingti&ines), dann noch um „'s erhöht (4 sous ponr livre en
mis genier vingtiöme) und 1782 eine dritte Vingtidme angelegt worden,
Biene bis zum Frieden bezahlt werben follte. Bei diefer Vermögensfteuer
Penkine gefeplichen Befrelungen des Adels ftatt, allein durch f. Gonnerionen
Weich dennoch beinahe ganz frei. Die deux vingtiömes mit der Zulage von
4 Emitegen 56 Mill. ein, welches alfo das ganze reine Einkommen des Volks
a0 Mill. viel zu niedrig berechnet haben würde. Der oben angeführte
an, daß eine Anzahl vornehmer Grundkefiger ein reines Einkommen von
nur mit 44,000 Liv. verfteuert, alfo den Staat um Pr ihrer Schuldigkeit
Kitten (Schloͤzer's „Staatsanz.”, XII, 136), daher fiel auch diefe Abgabe
Wr hisahe ausſchließlich auf die bürgerlichen und bäuerlichen Befigungen, und
Wefeb würde hinreichen, den elenden Zuftand des Volkes zu erklären. Die
Brumdfteuern vor der Revolution betrugen 210 Mill. Livr. und bavon
Maßen Bürger und Bauern, ungeachtet fie vielleicht Kaum 4 oder gar nur } des
eigenthuͤmlich befaßen, zuverläffigmehr als 3 allein entrichten. Allein hierzu
an: 1) die Wegebaufrohnen (corvees), welche ausfchließlich von den
Bonn geleiftet werden mußten, und deren Werth Neder zu 20 Mil. jührlich ans
Nit dem Schroeiße der Unterthanen wurden jene prächtigen Landſtraßen
welche Frankreich in allen Richtungen durchfchnitten,, aber dennoch haupts
den Vornehmen zu Gute kamen, weil die Vicinalwege, die der gemeine Dann
0 Beim braucht, dabei vernachläffigt wurden. 2) Eine andre druͤckende Kaft war
! ttierung der Truppen, toelche auch ganz allein auf die arbeitenden Claſ⸗
afel, da der Abel gänzlich davon befreit war. Den Soldaten mußte aufer ber
Rang Feuer, Licht, Salz und Wäfche geliefert werden, auf dem Rande auch,
mie Cwalerie lag, die Fourage. Ebenfo waren 3) die Gemeinden ausfchlieklich
A uegedlenſt verbunden. Jaͤhrlich wurden 60,000 Mann für den Landdienſt
und zwar nad) dem Looſe. Der Dienft dauerte 6 Jahre. Man kann
N braten, zu wie vielen Bedrüdungen diefe Aushebungen Gelegenheit gegeben
wenden. Was aber durch Größe der Abgaben und noch mehr durd) ihre verz
Einrihtung das Volk in der That zur Verzweiflung treiben mußte, waren
Winditecten Auftagen. Der Binnenzölle zwiſchen den verfchiedenen Provin⸗
FA (traitcs) iſt fchon gedacht worden, fie waren mit unter den Gegenftinden des
eamgadıg. Die Trankfteuern, verbunden mit einigen andern Auflagen,
wem Staat abminiftrirt und trugen gegen 52 Mill. ein. Hingegen das Ta:
(der Regierung, die Zölle fowol im Innern als an den Grenzen, und
ve Celonialwaaren, vornehmlich aber die Salzfteuer wurden Durch eine Com»
280 Frankreich x. IV. Regierungsverfaff. u. Stastsverm
pagnie von 44 Generalpaͤchtern erhoben, welche dafuͤr zulest jährlich 186 Mill
den Staat zahlten. Davon kam ein volles Drittheil auf die Salzfteuer, und
auf einen Gegenftand, welchen aud) der Armite ungefähr in gleichem Verhaͤlt
als der Reichſte verbrauchte. Die 60 Mill. Eivr., weiche vom Salzhandel In
Staatscaffen offen, waren aber bei weitem nicht Alles, was das Volk dafürı
richtete. Denn es mußte außerdem noch den Gewinn der Generalpiächter, die!
foldungen ihrer Unferbeamten, Aufpaffer und der bewaffneten Macht, welche
Verhinderung des Schleichhändels unterhalten toerden mußte, entrichten, wel
zufammen auf 20 Mill, berechnet wurde. Der Centner Salz, welcher im fü
Danbel für 14 Livr. zu haben war, und In einigen Gegenden noch geringer h
fein Eönnen, wenn die Salsfabrication nicht beſchraͤnkt geweſen waͤre, wurde d'
die Salzftener (gakelle) m einigen Provinzen bis auf 62 Livr. gefteigert.
bedarf kaum der Bemerkung, wie fehr durch diefe kuͤnſtliche Vertheurung ein
unentbehrlichen Bedürfniffes der Landwirthſchaft gefchadet werden mußte, abeı
Schaͤdlichſte war doch die Wirkung, welche fie auf die Moralitit des Volkes,
auf das Verhältnig deffelben zur Regierung nothwendiger Weife hatte. Den
rade bei dieſer Abgabe hatten die alten Provinzialverfaffungen Frankreichs eĩ
zur Ungereimtheit verkehrtes Spftem hervorgehracht. Frankreich theilte fie
Anfehung des Salzhandels in 6 Claffen, welche einander auf das Manuigfal
durchkreuzten: 1) Provinces frauches, diejenigen Diftricte, in welchen der €
handel frei und das Satz alfo in f. natuͤrlichem Preife geblieben war. Dieb ra
meift diejenigen Provinzen, in welchen Seefalz gewonnen wurde, die Bret
ein Theil von Poltou, Navarre, in welchen der Bentner 14 — 2 Kiv. Eofkete >
ner die franz. Niederlande, wo e8 7--8 Liv. galt. 2) Die provinces rediz:
hatten ſich unter Heinrich IT. durch ein Capital von 1,700,000 Liv, von dem E
pacht losgekauft; fie bezogen ihr Sulz mit Entrichtung eines Zolles aus den *
falzwerfen von Saintonge und Poitou, wodurch e8 auf 6— 10 Liv, der Centia
ſtehen kam. Zu ihnen gehörte Guienne, Poitou, Auvergne und überhaupt
füdliche Srankreih. 3) Die Unter- Normandie gewann Seefalz, wovon fie fr
den vierten Theil an den Staat abgab, daher der Name pays de quart bonill
nachher war dies in eine Geldabgabe verwandelt worden, wodurch der Prrid
Salzes auf 13—15 Liv. kam. 4) Die Pays de salines, welche aus inländif
Salzwerken verfehen wurden, Elſaß, Sranche:Comte, Kothringen und die 32
thümer (Meg, Toul und Verdun) hatten das Salz zu 12, 15, 27 und 36'
5) Die Pays de pelites gabelles (einige Fleinere Nuancen übergehen mir) befl
den aus der Provence, Languedoc, Dauphine , Lyonnais, Eurz den füblic
Frankreich ; fie bekamen ihr Salz aus den Salinen am Meere zu 22 bie 401
Endlich 6) die Pays de grandes gabelles oder die mitticen Provinzen des nör
chen Frankreichs, Isle de Srante, Normandie, Picardie, Champagne, Drle
nais, Tourraine u. ſ. w., etwa 4 des Landes, entridhtete die ftärkften Abga
vom Salze, daher auch 3 des Salzpachtes (gegen 20 Mitt.) aus ihnen gezogen ft
ben. Der Preis ftand, nach Verfchiedenheit der Diftricte, zu 54—62 Liv. :
wichtigfte Folge diefer Einrichtung war, daß fi) das Volk in einem beftändi
Kriege gegen die Negierung befand, und der Schleihhandel mit Salz (faux !
nage) die allgemeine Zuflucht aller Verarmten, aller Inndflüchtigen Verbret
aller Müßingänger war. Durch den Transport eines Centners Salz Uber
Grenze von Bretagne nach Maine oder Anjou waren in einer Stunde 17 Thli
verdienen. Selbſt ein Paar Pfund in der Tafche gaben ſchon ein reichliches T
Ihn. Die Aufficht erfoderte ein Heer von Beamten und, da der Schleichha
bewaffnet betrieben wurde, von Soldaten. Die Regierung erzog ſich alfo f
recht muthwillig einen Stamm verzweifelter und vertvegener Menſchen, und
Gerichte waren flets mit Unterfuhungen gegen diefe Schleihhändier beſchaͤf
teich c. IV. Megierungsverfafl. u. Staatsverw. 281
bette man gegen 1800- Verbrecher biefer Art in den Befängniffen, und
für ein gluͤckliches Fahr, wenn nidyt mehr als 300 gu den Galeeren
vurden. Die Strafen .Eonnten, fo hart fie waren, nicht abfchreden,
erſuchung zu dem Werbredyen, worin man an ſich noch dazu nur die
gegen eine ungerechte Bedruͤckung bes Staats erkannte, war zu groß,
Seneralpichter jaͤhrlich vielen Hunderten aus dem Volke wegen rüdftäns
le ihre ganze geringe Habe verkaufen ließen, fo wurden fie durch Noth
ftung zu einem Erwerbsmittel getrieben, welches die Gefahr mit reich⸗
ag aufwog. Noch iſt eine der druͤckendſten Beſchwerden, die allgemeine
see, felbjt zwifchen den verfchiedenen Provinzen Frankreichs, zu erwähs
bert, der Urheber derjelben, glaubte durd) das Verbot der Ausfuhr wohl⸗
zu Bunften der Fabriken zu bewirken. Mas unter feiner Vertvaltung
athran im Spſtem war, wurde unter ſ. Nachfolgern und beſonders unter
V. eine Quelle neuer Bedrüdungen. Die Intendanten, ohne deren Er⸗
in Getreide aus der Generalität verkauft werden durfte, ertheilten diefelbe
1 Beftehungen; Gapitaliften trieben durch Ankaͤufe das Getreide in die
wbeider daraus entftehenden Theurung der Regierung, welche auf Kos
kuatskaſſen das Brot in einem gleichen Preife zu erhalten fuchte, ſolches
deurem Gewinn zu verkaufen. Es ift befaunt, dag Ludwig AV. feibft
afrivatkaffe an diefen abſcheulichen Speculationen einen großen Antheif.
Aderbau gerieth in den tiefften Verfall, und in mandyen Gegenden,
Haben großen Städten entftand großer Mangel, daher auch, als Zurgot
MNVI. dieſe Getreidefperre aufhob, es f. Gegnern fogar gelang, das
a ſenen wahren Vortheil zu Empörungen zu bewegen. Zwar erhielt ſich
Han der freie Getreidehandel, wenigſtens im Innern bes Reiches, aber die
ieh ec Regel nach verboten, und die einmal zu Boden gedrüdte Lande:
flennee ſich, eingeengt durch fo mannigfaltige andre Feſſeln, fo fchnell
veerheben. Die Verforgung der Hauptſtadt mit Brot blieb immer ein
Wuroger Sorgen, und es war leicht, die Einwohner derfelben mit künfts
m Mangel zu ſchrecken, wie dies denn auch wirklich das Mittel geweſen
fm Graͤuelſcenen zu erregen, und die Wuth des aufgereizten Poͤbels ges
nigl. Familie zu lenken. Es wird aber aus diefer Eurzen Darftellung der
faffung ſich leicht erkiären, bis zu welchem Grade die Acmuth und Noth
B Etinde Frankreichs vor der Revolution gefteigert war. Man pflegte
mbandel in den Colonien damit zu entfchuldigen, daß ja der Sklave ſich
zi noch weit beffer befinde, als der franz. Buuer, „Aus dem Elend“,
von Etael („Considerations sur la revolution“, I, ch. 6) „entfprang
ri, und die Unwiffenheit vermehrte wieder das Elend ; fingt man daher,
WVoik ſich in der Revolution fo graufam bewiefen hat, fo ift Eeine andre
nageben, als daß Armuth und Noth aud) ein moraliiches Verderben her⸗
‚bitten, welches um fo unausbleiblicher geſchehen mußte, als feit Lud⸗
ja von Franz I. an von oben her das Beiſpiel der UnfittlichEeit und Ver:
Ues Ehrwuͤrdigen bei hußerlicher Beobachtung religiöfer Gebräuche gege⸗
nm”. Man hat zwar hierauf geantwortet, daß ja jet Frankreich im
kiteritem mehr Steuern zahle als 1759. Allein diefer Einwand ift fehr uns
L Denn freilich kamen 1789 in die Staatskaſſe nur 585 Milt.; allein
Rau bie aufgchobenen Zchnten und Lehnszefaͤlle rechnet ; wenn man er⸗
de Steuerfteiheiten abgefchafft u. die jegigen Steuern auf alles Eintom:
Kaitfinb, fo LAßt ſich nicht ableugnen, daß die arbeitendenGlaffen jetzt bei wei⸗
Sr abgeben haben als vor der Revolution. — Zugleich aber ift aud) 5)
Nblsuderu ng ber öffentlihen Gelder, welche die Negierung,
Mei, durch die conſtitutionelle Verfaffung Frankreichs gehemmt worte.
252 Frankreich V. Die Revolution und ihre Folgen
Denn dab mußte die Gemüther des Volkes noch mehr erbittern, wenn «8 fa
welchen Zwecken die ſchwer errungenen Abgaben vergeudet wurden. Die I
Ludwigs ATV., f. Gebäude, f. Prachtliche empörten das gefunde Gefuͤhl bes
kes noch lange nicht fo fehr, als die uͤbermuͤthige Verſchwendung einer Pomp:
und Dubarry unter Ludwig XV. Unter ihm kam in dem Rechnungsweſe
Hauptſtaatskaſſe ein Gebrauch auf, welcher Quelle und Deckmantel der gro
Unordnungen war, bie fogenannten Acgnits à comptant, eigenhändige Qui
gen des Königs Über baar erhaltene Gelder, welche aber keineswegs von ihm
lid) erhoben worden, fondern nur ein Mittel waren, den Gegenſtand der Ver
dung nicht in den Rechnungen erfcheinen zu laſſen. Ludwig XVI. war kein
ſchwender und in Allem, was ihn felbft anging, ein forgfamer Hausvater für
Volt. Auch die unglüdliche Königin Marie Antoinette ift gegen den Vorwul
Vergeudung, womit fie von ber Öffentlichen Stimme ſchon lange vor dem Ausb
ber Revolution verfolgt worden war, neuerlid von einer fehr achtbaren 3
(Mad. Campan) mit Erfolg vertheidigt worden. Allein der Mißbrauch der
quits à comptant, (oder, wie fie nachher auch hießen, der Ordonnances au
teur) ift doch auch unter Ludwig XVI. fortgefegt worden, und die auf folche 2
aus dem Stantsfchage gezogenen Summen, deren Verwendung ſich nur zum &
aus dem geheimen Gaffenbuche des Königs (dem fogenannten Livre rouge) et
beliefen fidy) von 1779 — 87 auf 860 Mill., und außer den geheimen Ausg
ber auswärtigen Angelegenheiten ift diefe Summe hauptſaͤchlich nur an Penfl
und Sratificationen für den Hofadel verwendet worden. Mit vollen Haͤnden
den diefe Gnadenbezeigungen ertheilt, ſodaß man nicht fagen fonnte, wer nid
rechtigt gewefen waͤre, fie in Anfpruc zu nehmen, und Neder ( ,„„Adninistra
des finauces‘‘, III, 95) in einem eignen Gapitel von den Foberungen der Bet
men, und von der Pflicht eines Finanzminiſters gegen fie zu kaͤmpfen, fpricht.
keinen [cheinbaren Grund zu Gefchenten und Gnadengehalten anzugeben verm
bot dem Könige irgend eine Befisung oder ein Recht zum Kaufan, und erhiel
ter diefem Titel, was er wuͤnſchte. Für einen Prinzen des koͤnigl. Haufes wi
in zwei Jahren 16 Mill. Schulden bezahlt, aber auch andern, 3. B. dem unbr
baren Marineminifter Sartine, wurden bedeutende Summen zu gleichen In
bewilligt. Der berühmte und berüchtigte Beaumarchais erhielt für geheime D
auf einmal über eine Million. Auch hier lag der Fehler nicht an dem ſchw
Charakter des Königs allein, fondern hauptſaͤchlich an der Macht der Ariftol
welche zu brechen vieleicht ein Richrlieu oder Ludwig AIV. nicht mehr ftarf
gewefen wäre. Die koͤnigl. Familie ftand aber auch in dem Wahne, daß ders
nur das Vol, nicht die Ariftofratie der höheren Stände zu fürchten habe, ot
ſchon lange zuvor einer der kluͤgſten Stantemänner Frankreichs, der Staatsm
d’Argenfon (‚„‚Uonsiderations sur le gouvernement de la France‘‘, 1764,
fe Vorurtheil zu bekaͤmpfen fuchte. Freilich al8 die Revolution, zu welcher
Parlamente und die höhern Stände durch das Dringen auf die Reichsſtaͤn
bracht hatten, einmal entfeffelt war, da ſtuͤrzte fie mit den Biſchofsſitzen u
Lehnsherrlichkeit des Adels auch den Thron um.
V. Die Revolution und ihre Folgen. Einin diefen Verhätt
befindliches Volk, mit diefen allgemeinen tiefgefühlten Beſchwerden, bedurf
eines Eleinen Anftoßes, um mit Gewalt Dasjenige wieder zu nehmen, was iht
Seiten der Vornehmen durch eine viele Jahrhunderte lang fortgefegte Mur
entzogen worden war, dad Recht a Gemeindeverfaffung. KBorbereiti
ren dazu alle Theile der bürgerlichen Gefellfchaft, die Geringern durd) die Tot
ren Urfache ihnen in den öffentlichen Erpreffungen vor Augen lag, der bohere
gerſtand durch den Unwillen, welchen die Vornehmen durch uͤbermuͤthigen
brauch ihrer Macht bei ihm erregten. Die veraͤchtlichſten Ausdruͤcke des Ade
Frankreich V. Die Revolution und ihre Folgen 283
m Buͤrgerſtand follten einen Unterfchied noch fefthalten, welcher durch höhere
ang und Reichthun des legtern Längft alle Realität verloren hatte. Wenn aud)
ı großen Theile des Volks fchulgerechte Kenntniffe fehlten (der gemeine Franzoſe
te vielleicht zu den Unwiſſendſten in Europa), fo hatte eine praktiſche Ausbil⸗
des Verſtandes alle Stände durchdrungen, und dba man von oben herab fo laut
a ſprach, dag der Staat einer Regeneration bedürfe, fo war auch ohne Roufs
‚und Voltaire fehr natürlidy, daß der primitive oder ein nothtwendiger Zuftand
bürgerlichen Gefelifchaft ein Gegenftand des Nachdenkens für Alle wurde.
Begründung des Staats durch Vertrag, die Einfeßung der öffentlichen Ges
Rbuchh den Willen der Nation ift Eein von neuern Philofophen erfundener Ges
&; es iſt Die natuͤrlichſte wie die aͤlteſte Vorſtellungsweiſe, und war in Frank⸗
Wirfenbers durch Schriften gangbar geworden, welche wol mehr in das Volk
Iheangen find, als Rouffeau’s „‚Lontrat social“, durch die Schriften eines
Balen, eins Boffuet, eines Maſſillon. Boſſuet's „„Politique tiree de l’ecri-
Be szänte‘‘ ift voll folcher Stellen: enclon in f, „„Directions pour la con-
d’an roi‘“ fagt (Direct. 36, p. 65) mit bürten Worten: „C'est un con-
Wüsitavec les penples pour les rendre vos sujets; commencerez vous par
ir votre titre fondamental? Ils ne vous doivent l’obeissance que suivant
hesuirat etsi vous le violez vous ne meritez plus qu'ils l’observent‘‘, Mafs
Beuial Saftenpredigten („‚Petit car&ıne‘‘), diefem Handbuche des Volks, hält
un Meile vor, daß er nur der Wahl des Volks f. Gewalt verdanke, und ſchließt:
mot comme la premitre source de leur autorite vient de nous, les
usziadeivent faire usage que pour nous“. Kaum hatten es daher die Parlas
me az Berufung der Reichsſtaͤnde gebracht, als dieſe Ideen ſich überall mit prak⸗
Belgen entwickelten. Es bedurfte nur eines Vortrags von Mirabeau (im
11789) über die Errichtung ber Nationalgarden, und ganz Frankreich ftand
Beiden Waffen. Diele allgemeine Bewaffnung aller Gemeinden an einem und
when Zage Durch ein Überall ausgeſprengtes leeres Gerücht, daß die Ernte auf
in Brand geſteckt werben folle, und die unmittelbar darauf folgenden
der Bauern gegen ihre Gutsherren gehören zu den geheimnißvoliften
Blgereichften Ereigniffen der Revolution. Wie viele Schlöffer zerflört, wie
bärhive verbrannt worden, geben die Geſchichtſchreiber der Revolution nicht
ber es war ſchon damals fichtbar, daß die Gemeinden die Urkunden vernichten
Res, weiche ihre Gutsherren über ihre lehnsherrlichen Rechte beſaßen; es war
hectiſche Anticipation der Deccete, welche die Nationalverfammiung in der
Koom 4. Aug. 1789 und an den folgenden Tagen über die Abfchaffung der
helrechte faßte. Diefe Decrete find die eigentliche Grundlage, der Inhalt der
ka Revolution; denn fie ftellten die Sreiheit des Grundeigenthums wieder her,
he durch die Lehnsherrlichkeit unterbrüdt worden war, und fie bahnten den Weg
ar Gemeindeverfaffung, auf welcher das neuere Staatsrecht Frankreichs bes
k Zuerit wurden alle Rechte der Keibeigenfchaft, und mas an deren Stelle ges
mar, ohne Entſchaͤdigung aufgehoben, alle andre grundherrliche Gefälle, Zins
ad Renten aber für ablößlich erklärt. Die ausfchlichliche Befugnift der Gutes
Ra, Tauben zu halten und fie auch zur Saatzeit auf die Felder der Unterthanen
bYicter fliegen zu Iaffen, ein gering ſcheinendes, aber zur großen Beſchwerde
Mandyaues gereichendes Mecht, wurde abgefchafft. Dann kam die Reihe an
Hepgrrechtigkeit ; einem Jeden wurde das Recht eingeraͤumt, auf f. Grund und
Wen ae Wild und Gefligel zu töbten, wenn er nur die Polizeigefege dabei beob⸗
. Die Patrimonialgerichtöbarkeit wurde abgeſchafft, und die Einführung
neuen Gerichtöverfaflung befchloffen. Die von der Nationalverfammlung
Tahrte Berichtöverfaffung befteht im Wefentlichen noch, und wird von der
Rica für eine der größten Wohlthaten der neuen Ordnung der Dinge gehalten.
284 Frankreich V. Die Revolution. und: ihre Folge
Hierauf wurden alle Zehnten der Kirche und geiftlichen Orden aufgehoben,
der Staat die Unterhaltung aller tirchlichen Beamten und Gebaͤude, und ı
die Koften des Cultus übernahm. Die Zehnten, welche von Laien beie
den, follten ablöslich fein. Die Käuflichkeit und Erblichkeit aller tichterl
ſtaͤdtiſchen Umter, die Steuerfreihbeit des Adels und der Geiſtlichkeit, die‘
ßung der Bürgerlichen von Officierſtellen, Hofämtern und din höhern
Würden, die bejondern ſtaͤndiſchen Verfaffungen und Vorrechte mancher
zen, die Annaten des Papficd und andre Dißpräuche der firchlichen V
wurden abgefhafft. Hierdurch war eine neue Ordnung der Dinge begrü
Revolution vollendet. Daß man in ber Folge, als die Ablöfung der lehns
Gefälle allzu langſam von ſtatten ging, ſie ſaͤmmtlich ohne Entſchaͤdigun
war nur ein Vorgreifen in die natürliche Entwickelung der Dinge, aberk
änderung bed Syſtems der neuen Verfaſſung. Man hat. gegen die Bei
diefer Decrete große Bedenken erregt, über welche ſich viel ſtreiten lieſe. $
frühere Unterdruͤckung der gemeinen Freiheit, wovon die Gefchichte bericht:
war, fo war ed auch die Wiederherftellung derfelben ; denn Beide beru
einem und demfelben Grundfage, einer natürlichen Nothiwendigkeit. Das
nid des Schutzes in einem Zuſtande roher Gewalt ohne rechtliche Sicher
einft die Freien in die Unterwürfigkeit und Leibeigenſchaft; jept, wo die 6
Macht auf den Kräften und dem Gehorfam der Volksmaſſe beruht, finden
Schutz nicht mehr in der Abhaͤngigkeit, und Eönnen nur in bürgerlicher Frei
Staate volltommen Leiften, was er von ihnen verlangt. Frankreich bat d
Decrete aufeinmal ein Ziel erreicht, wonach alle Stanten ftreben ; woh
früher gelangt find, alle aber. dereinft gelangen müffen. Gleichwol ift die, c
Deereten beruhende, Ordnung der Dinge der eigentliche Gegenftand der €
keiten, von welchen das weftliche Europa beivegt wird, obyleid) fie jegt un
Namen des monarchiſchen Principe geführt werden. So gut die Eniferlic
zung in Frankreich mit jenen Wirkungen der evolution beftand, fo fejt wuͤ
Ludwigs XVI. Thron auf ihnen geftanden haben, wenn nicht eine unbe
BVerblendung ibn verhindert hätte, auch hierbei der Fuͤhrer feines Volke
Die Schranken ber Eönigl. Gewalt, welche die Parlamente, Geiftlichkeit ı
aufzuftellen fuchten, waren nicht um ein Haar geringer oder weiter al& die,
ſich die Nationalverfammlung begnügt haben würde, wenn fie nicht von di
fetbft genöthigt worden wäre, dem Könige fo wenig Macht ale moͤglich uͤbri
fen, weil aud) dies Menige gebraucht wurde, das oͤffentlich gut Geheißene
heim wieder zu vernichten. Noch jetzt geht die vorgeblich renaliftiihe Or
in den franz. Kammern von denfelben conftitutionellen Punkten aus, wei
Gegner von der linken Seite verlangen, und e8 if nicht die Frage, worin!
beftehen, fondern nur, welchen Händen ſowol die Macht ald die Gegentr,
vertraut werden follen. Unabhängigkeit der Gerichte, Theilnahme an der
aebung, Steuerbewilligung, öffentliche Rechenſchaft und Verantivortlid
Minifter, fogae die Preffreibeit haben die vorgeblichen Anhänger der rein
narchie ebenfo laut und dringend von den Miniftern gefodert, als die ent:
ſetzte Partei, nur daß fie noch hinzufügen: Ruͤckgabe oder Erſatz für die am
17859 verlorenen Vortheile und Vorrechte; ausſchließliches Stimmrecht ir
Kanımern, nur ebenfalls getheilt mit einigen ftüdtifchen Beamten ; ausſchl
Beſitz aller Stellen, weldye aud) den Eleinften Antheil an der öffentlichen
gewähren. Denn an die wirkiiche Wiederherjtellung der Ichnsherrlichen
der Krohnen, der Zehnten, der Patrimeninigerichtöbarkeit denten wol nur $
So unmittelbar Das anzutaften, was nun fchon einen wenigftens JOjähru
fig für fich hat, würde ohne heftige Erſchuͤtterung nicht möglid) fein und ü
rankreih: V. Die Revolution und ihre Solgn 285
gen die Sntereffen eined Volks wird dieſes zulegk inumer des ſtaͤrkere
nm diefe allgemeinen Wirkungen der Revolution für die Grundverhuͤlt⸗
anz. Staats betrifft, fü laſſen fich folgende ale die hauptſaͤchlichſten an=
, Eine allgemeitere Vertheilung des Grundeigenthbum®.
t Nemerkt worden, daß vom Mai 1790 bis zum Schluß 1800 für 2609
onalguͤter verkauft worden finds, Dies waren meiſtens Guͤter der Kirche
Ahcen Orden, da gegen den Kauf der Emigrantengüter ein ſebr gerech⸗
heit. ſtattfand. Alle diefe Büter wurden in der Regel zur fehr niedriger
ctauft, weil man theils bier und da diefen Befiß nicht für ficyer hielt,
die zahlungsfaͤhigen Kaͤufer fehlten. Zu Ende 1800 waren noch für
Nationalguͤter isrig (für 340 Mill. in den alten Provinzen, für 160
eroberten, für 200 Mi. Siaatswaldungen): Auch karunter warch
Kirchenzüter, weldje zum Theil zur Dotation der Ehrenlegion und der
n verwendet worden ſind. Nach eitieht aͤltern Werke (. Le cahinet da
führt von Linnaͤus,„Notitia regni Franciae, Strasburg 1654)
die Beligungen der Hische im alten Frankreich (mit Ausſchluß der foges
asiimdiichen Geiftlichkeit) in 180,000 Lehngütern, worunter 83,000
richten (Standesherrſchuften), in 249,000 Meeiereien und Vormerken,
BMorgen Weinberge (autier 200, 000) Morgen, wovon fie + oder ! Dre
kamen), 600,090 Morgen lediger Beldgüiter, 135,00 Weiber, 990,000
Sieſen, 245,000 gehendo Wafferrider in Mahl⸗ und Papiermuͤhlen,
ectken u. dal., 1, 800, 000) Morgen Maldungert, 1,200,000: Morgen
ber groäte Theil des Bodens war ihnen zehmtbar, und kein Grumdftaͤck
worauf fich nicht eine Hypothek, Renteoder Stiftung (eine jaͤhrl. Abs
‚10 -- 50 Sous fuͤr eine Meffe, brennende Lampe oder dgl.) hatten,
Eönigl. Domainen waren davon nicht ausgenommen. Diefe ganze Guͤ⸗
nun unter eine Menge größerer und Eleinerer Landeigenthuͤmer vertheilt,
h, verbunden 2) mit der Aufnebung der Keubaitschte und der gänzlichen
des Grundeigenthums, ein Stand freier Landwirthe gefchaffen
ıf welchem die wahre Stärke eines Staats ganz allein berubt. Wie
rtheilung des Grundeigenthums ſei, ergibt ſich daraus, daß unter der
von Eigenthuͤmern, welche Steuern zu entrichten haben, eine Zahl,
ihr 5 Mitt. beläuft, doch im J. 1820 nur 90,379 waren, welche eine
feuer von ZOO Sr. und drüber bezahlten, und deirinach an den Deputirs
Theil nehmen durften. Seitdem ilt durch Zheilungen und eine Herab⸗
Grundſteuer dieie Zahl noch bedeutend vermindert worden. (In den
rreifen von 1818 find uͤberhaupt 10,414,121 Steuerpflichtige aufges
nter find nur 40,773, welche über 500 Sr. jährlich zu entrichten haben
fammen zahten -! der Grundſteuer, während die petite propriete * ders
) Da nun von der ganzen Maffe des Örundeigenthums jegt nur 216
rundftenern besahlt werden (Budjet von 1322), während vor der Mes
en von dem kleinern Theile deſſelben 170) Mill, entrichtet rourden, fo ift
{8 Elar, wie viel leichter die Bürden find, welche jett auf dem Landbau
die vorigen. Die Vergleihung wird aber erft dann vollftindig, wenn
as Weagfallen des Zehnten, der Baufrohne, der Einquartirung und der
m Rechte in Anſchlag bringt. Diefe Vertheilung des Grundeigens
leine Looſe, welche ihrer Natur nach mit einer beffern Bearbeitung dee
runden ift, muß denn auch ale die Haupturfache der feit 30 Fahren um
a Bevölkerung Frankreichs betrachtet werden. Man ftritt 1789 ſehr
N Frarfreichs Volksmenge mehr ald 2O Miu. Menſchen betruͤqge; die
“en rasgten, nahmen te, gefiügt auf die. beiten Quellen und Bered)z
288 Frankreichs geogr. + flatiflifcher. Zuftand
ordnet iſt es jetzt (Meigebaur Darſtellung des· Verfahrens im Gaffensimd Rı
nungsweſen bei ber franz. Verwaltung”, Brestam 1820, gibt davon cine 9
liberficht) ; die Verwendung öffentlicher Gelbor: i® dutch die Giviltifte (f.!
durch die Öffentliche Rechenſchaft der Mintftet bei der jührlicgen Vorlegung
Budget geregelt,. wenn gleich die Verantwortlichkeit (ſ. d.) der Miniſte
den noch unausyefiliten Luͤcken der Verfaſſung gehört. Üborhaupt iſt gerade
Verfaſſungsrecht Frankreichs noch in einem jo ſchwankenden Zuſtande, daß erſt
Folge ein ſicheres Urrberil darüber geſtattet. In den oͤffentlichen Verhaͤltniſſen iſt
kein Punkt, welcher nit entweder noch ganz unbeſtimnit, oder, wenn ed geſetzlich
ſtimmt iſt, angefochtem waͤre. In dieſer Hinſicht iſpes charakteriſtiſch,. daß ſchon
Ruf: „Es lebe die Charte!“ für rebelliſch gilt. Es iſt dies ein Beweis; daR die, di
Looſungswort er iſt, ſich durch das Beſtehende und den Worten nach Anerkan
zu vertheidigen ſuchen, die Andern aber wenigſtens für jedt der auf Veraͤnder
gen ſinnende, der angrei fende Theil ſind. Bu den noch unbeſtimmten Punkten
hoͤtt vorzüglich die Mun icipalverfaſſumq, welche jegb faſt ganz ans einander gefa
iſt. Seit. 1814 hat mem die Gemeinderaͤthe nicht meht ordnungsmaͤßig beft
(©. „De Forganisation de la puissance civile dans Fintérêèt mouareliqu
-Darib,1820.) . Die alten Geſetze ſind ſtillſchürigend abgeſchafft, ein neues iſt —
gegeben. Es gehoͤrt zu den Dingen, weruͤber die Miniſter nicht einmal mit ih
Gagnern, geſchweige denn mit ihren Freunden ehilg werden konnten. (&;- Char
eonstitutionnehle,Gemeindeordbnungen.) Mit dem Gemeindew
hängt auch die Provinzialverfaffung ‚und: Verwallung aufdas genduefe zuſe
men (f. Präfecturen), und felbit dir Siudeverfammlungen werden ar d
tigften beurtheilt werden, wenn fie als die.große Staatsgemeindo betrachtet werd
208 welcher alles Geniinſchaftliche und Nationale feine definitive Erledigung
wartet. 0 u . 87
Zrantreih& geographiſch⸗ſtatiſtiſcher Zuftand. Frtanke
erftredte fich uitter Napoͤleon von 41° 14° bis 53° IHM. Br, und von 13°
26° der Länge. Es umfaßte gegen 14,000 . M. (13,824 UM. das eigent
Srankueid), und 119-7: M. die Lehnsfürftenehümer umd Jonien), wit 324 2
Menſchen, worunter die Bewohner der illyriſchen Provinzen (14 Milk) nicht
ariffen waren. Bon denfelben iprachen 23 Mill franzöfifdy, 64 Mill. Italien
44 Mill. hollaͤndiſch und flamaͤndiſch, 4 Miu. deutſch. In einer runden Sun
betrug Die Bevölkerung dee franz. Reiche und feiner Foͤderativſtanten 58 Diitien
Dieſes zufammen eroberte Reich begriff dest Laͤndermaſſen: A. Frankreich die
der Alpen, oder das eigentliche Frankreich, mit 104 Demtt.; D. Frankreich jew
ber Alpen, oder den transalpinijchen Theil. Diefes wurde in 4 Generalgon
nements eingetheilt, die aus den ercherten Provinzen Italiens zufammengefept!
ren, und 14 Depart. ausmachten. C. Frankreich jenfeit des Rheins, ober
trandrhenanifchen Theil, weicher any den Wergrößerungen Frankreichs durch
land und die deutfchen Nordferküften beftand. Er begriff das hollaͤndiſche und
deutſche Generatgeuvernement mit 7 Depart. Seit dem 20. Nov. 1815 ift Fr:
reich wieder auf feine Grenzen von 1790 befchräntt ; doch hat es Avignon und
naiſſin, Moͤmpelgard und Äähnlihe Einichluforte behalten, auf. feiner Öflk
Grenze aber vier Feftungen, das Herzogthum Bouillon ıc. absreten müffen.
ter den alten Colonien, die Srunkreich wieder erbielt, find die oitindiichen mb 4
anifchen nicht bedeutend. Zu jenen gebören: Pondicyern,. Karikal und DM
nebft einigen Handelslogen in Sumte u. and. Handılöplägen; zu dieſen bie Fi
Bourbon, einige Kactoreien auf Guinea, und die Inſeln Senegal und Gorce
Senegambien. Wichtiger find die weſtindiſchen Colonien. 1) Die Heinen J
St.:Pierre und Miyuelon bei Neufoundland, nebſt den Fiſchereiplaͤtzen, —
vortreffliche Gelegenheit, Mutrofin zu bilden; — 2).Cayenne, oder das fi
Frankreichs geogr. » ftatiftifiher Zuftand 289
3) Martinique; 4) Guadeloupe; 5) Defiderade ; 6) les Saintes; 7)
ante. Saͤmmtliche Golonien enthalten 850 DM. mit 350,000 Einw.
Koͤnigreich Frankreich (13? bis 25° L., und 42° bis 510 N. 3.) hat ges
; 10,086 IM. und 30,820,700 €. (ohne die Colonien), mit diefen:
KLOE. Mit Corfica, aber ohne die Colonien, wird es in 86 Depatt.
; Militairdivijionen (jede unter einem Marfchall, oder einem Generallieut.)
t. Dad am ftärkften bevoͤlkerte Depart, ift das des Mordend, mit
Einw. Die nachfolgenden find: Seine (Paris) mit 821,706; Nieders
it 655,304; Pas de Calais mit 626,584 Ein. Corſica hut bie Eleinfte
mlich 180,348 Einw. — Die franz. Nation wird repräfentirt durch die
amer und durch die firbenjährige Wahlkammer der Deputicten, deren Zahl
zeieh von 1820 auf 430 erhöht hat. In der Pairskammer faßen 1825:
tee von Frankreich, 2 Fils de France, 8 Prinzen vom Gebluͤte und 299
ẽrzbiſchoͤfe, Biſchoͤfe, Herzoge, Prinzen, Marquis, Grafen, Vicomtes und
— Ftankreichs durch Canaͤle erweitertes Flußinften verfnupft den Binnene
Seehandel. Der languedocſche Canal (Canal du anidi) verbindet das mit⸗
de Meer durch die Garonne bei Toulouſe mit dem atlantiſchen. Der Canal
rolais, oder du centre, verbindet die Loire mit der Saone, welche Bei Lyon
ben: fälle; und der Canal von Briare vereinigt die Loire mir der Seine,
in den Canal la Manche ergießt. Das Land ift größtentheilg eine, mit
tms der Heiden (Laudes) an der Weftkufte, und einen Theile der ehemali⸗
Mcagne (Champagne powilleuse), fowie des ſuͤdlichen Frankreichs,
ben Ebene; nur im ©. und O. ziehen ſich die Bergruͤcken von Lozoͤre, Au⸗
(mit dem Montd'or, Cantal und Puy de Dome), und die Sevennen (mit
& der) von ben Pyrenaͤen bis zu den Alpen. Seitenaͤſte der letztern find
taund die Vogeſen. Im nördlichen Frankreich zieht ſich ein Theil der Ar⸗
a das Land. Das Klima gehört zu den fchönften und feuchtbarften der
Haupterzeugniffe find Obſt, Oliven (Provenceröt) und Wein. Fünf Mil,
Veinberge geben einen jähtl. Ertrag von 16 bis 18 Miu. Muids, wovon
ijſchnitt jaͤhrlich für 120 Mill, Franken ausgeführt werden. Getreidebau
uct werden immer mehr vervolllommnet. So hat man 3. 3. frit der
ien über 50,LOO Morgen Morajiboden ausgetrodnet. Das Mineralteich
ke Eifen, Arſenik, Steinkohlen, Salpeter, Marmor, Slintenfteine u. f; w.
einnt man Ere= und Quellſalz. Den innern Verkehr befördern 18 große
er⸗ und Landſtraßen, H00 Stunden Wegs andre Straßen für Fuhrleute,
En und 30 Candle, vor denen 7 ganz beenvigt find, mit 300 Schleuſen.
ih has 24 Handelshaͤfen. — Die Finanzen waren, ungeachtet der unleugs
lerdienſte des Herzogs von Gaëta (Gaudin) um diefen Zweig der Stantee
inz unter Napoleon, zur Zeit der Reftauration fehr zerruͤttet. Die Enigl.
ng kat fie durch die einſichtsvolle Reitung derfelben, unter Louis, Roy, und
ind: wieder hergeftellt, fobaß den franz. Donatairen, welche ihre Dotatios
Kaslınde verloren hatten, forie den Witwen und Kindern der Verftorber
Eatſchaͤdigung, Penfionen von 250 bis 1000 Fr. aus dem öffentl. Schnee
8 Geis vom 26. Juli 1821 zuerkannt werden Eonnten. Das im Budget
615 vochandene Deficit von 130 Mil. wurde gedeckt, und die Staats⸗
817 tetrug fie 2340 Mill. Sr. Capital, mit 117 Mitt. jaͤhrl. Renten,
fm) ceniolidirt, oder auf beftimmte Einnahmen angewieſen. Sie war
arh Anleihen, durd) den Krieg mit Spanien 18253, und durch die Ente
g dir Emigranten fo geftiegen, daß die Zinfen für bie fundirte Schuld
anf 241 Mit. Sr. beliefen; doch waren darunter 4O Mill. Sr. für den
ſends beftimmt. Die Sefamnitausgabe von 1525 betrug 931,500,533
er. Siebente Aufl. Bd. IV. 19
290 Stanfreichs geogr. « ftariftifcher Zuſtand
It. Die Einnahmen waren 1824 bis auf 994,971,000 Fr. geftiegen
tonnten für 1826 18 Mill. Sr. an der Grundſteuer erlaffen werden, nad!
felbe fchon feit 1821 um 19 Mitt. Sr. vermindert worden war. — Nacht
csutirungsgefeg von 1818 und der Eönigl. Otdonnanz vom 28. Oct. 1820
Landheer eine neue Einrichtung erhalten und fol im Frieden bis auf 240,
gebracht werden, davon jedoch ſtets 60— 80,600 M. auf Urlaub find,
Befeftigung der noͤrdl. und oͤſtl. Grenzen hat eine Commiffton, unter dem
des Generale Marescot, einen Befeftigungsplan entworfen. Da naͤmlichd
ban’fche Linie durch die Abtretung von Landau, Marienburg und Philipper
Luͤcke erhalten, To follen bier neue Feſtungen angrlegt werden, Die treifüd
voelche franz. Flandern und Artois dedit, und die man für die undurchdru
in Europa bit, iſt geblieben. Frankreich hat 106 Feflungen, darunter
erften, 6 vom zweiten, 23 vom dritten ımd 72 vom vierten Range. — D
macht hat 1826 aus 42 Linienfchiffen, 34 Fregatten und 2U9 fleinern Kri
fen beftanden. Die meiften Schiffsbaumaterialien müffen aus dem Ausl
jogen werden. Nach den Haupthaͤfen iſt Srankreich in die Seepraͤfecture
Eichen, Davre, Breſt, l'Otient, Rochefort und Toulon getheit. Der
aller in Frankreich jaͤhrlich fabricirten Waaren berechnet man zu 2000 M
und die Zahl der dadurch befchäftigten Arbeiter auf 1,747,000. Der Xı
winn wird auf 700 Mitt. geſchaͤtzt. Vorzuͤglich find die Woll und Bau
die Seidens, Linnen⸗, Bijouterie und Quincailleriewaaren. Die unter
leon eingeführte Öffentliche Ausftellung der Erzeugniſſe der franz. Induſtr
alle 4 Fahre gehaiten, und den 25. Aug. 1819 erneuert. Überhaupt iſt d
ſchritt in Allem, was zur politifchen Dfonomie gehört, nicht zu verfennen
Verbefferung des Aderbaues wurde im San. 1819, bei dem Minifterium t
nern, ein Ackerbaurath errichtet, der in jedem Departiment mit einem
Butsbefiger in Verbindung trat. Auch gelang die Einführung der Kafda
in Frankreich, welche der reiche Kabricant Yernaurıf. d.) durch Zaubert
ftelligt hatte. Vorzüglich wurden Induftrie und Handel durch die Erı
eines allgemeinen Handeld: und Manufacturratbs (23. Aug. 1819) fehr &
indem bei der Snduftrieausftellung eine Gentraljurn die Zuerfennung von
und andern Ermunterungsmitteln beurthrilt. Außerdem ward noch im Nor
eine $reiichule für die techniſche Bildung mit dem Couservatoire des arts
tiers verbunden. Zugleich .entitanden in Paris und in den Departement
VBerfiherungsanftalten. In Anfehung des Landhandels wurden jedoch verfi
Befchränkungen der Ein: und Ausfuhr, 3. B. Verbote deutſcher Naturerze
angeordnet und 1521, durch das Geſetz vom 4, Jul., die Aus: und Einf
Getreides von dem Kornpreife abhaͤngig gemacht, ungeadytit die Anhänger
befchränkten Gewerb⸗ und Huandelöfreibeit in den Kammern den einfachen |
ſat: „‚Laissez entrer, laissez sortir, laissez passer“‘, mit allen Gruͤr
ſtaatswirthſchaftlichen Theorie vertheidigten. Vor dieien Verboten betru
die Einfuhr Frankreichs über 471, und die Ausfuhr 601 Mill. Sr, Ar
wurde das Monopol der Krone in Anfehung des Tabacks, das dem Tabacke
Elſaß nachtbeilig war, 1819 bis zum 1. Jan. 1826 verlängert, ſodaß der An
Tabacks bis dahin nur in acht Depart. erlaubt war. Der Colonialhandel wur!
de ſeit 1819 vorbereitete Erweiterung der Niederlaffungen und Pflanzu:
Gulana und am Senegal mehr ausgedehnt, indem man jetzt u. X. am Seneg
Inuter freie Neger Baummollen-, Indigo, Zuder: und Kaffeeplantagen
und bearbeiten läht. Der Sklavenhandel mußte jedoch, den Tractaten mit €
gemäß, ſtreng unterfagt und in vortommenden Faͤllen biftraft werden.
Hatte aber anf das Steigen des Nationalwohlſtandes einen wichtigern Einf
Branfteichs geogr. » ftatifkifcher Zuftand 291
Hısng des Grundeigenthums), das Gewerbepatentſyſtem, bie dadurch
Bevoͤlkerung, der ſchnelle Umlauf der Capitalien, die erleichterte Bin⸗
hrt und die Zollfreihelt im Innern. Dadurch geſchah es, daß der
dit ſelbſt, bei der geordneten Finanzverwaltung, ungeachtet die Nation
en, von 1815— 18, an Zaren die Summe von 3500 Mi. Fr. bezahlt
mer mebr fich befeftigte, obgleich manchmal der Sturz eines Miniftere
: legten Zeit, der fpanifche Krieg und die Kentenreduction den Cours nies
n. &o konnte Frankreich, indem die großen Gapitaliften Frankreichs
r Theil der Anleihen übernahmen, die Laſt feiner Schulden ertrügen.
Anfehung der Juſtiz and innern Verwaltung ift es, nach dem Staatsge⸗
- Sun. 1814, in der Hauptſache bei der frühen Einrichtung geblieben.
chtigkeit geht vom Könige aus. Et ernennt die Richter und Friedens⸗
ußerordentliche Commiſſionen -find dem Staatsgeſetze entgegen. An ber
r Rechtepflege ſteht der Kanzter von Frankreich. Jedes Departement hat
Spitze einen Prüfeeten, dem ein Praͤfectur⸗ und ein Departementörath
eite gefeht find. Als Verweſer des Praͤfecten hat jeder Bezitk (MArondiase-
en Unterpraͤfecten mit einem Bezirksrathe. Jede Stadt, Marktflecken
Fhat einen Maire ale Vorgeſetzten, und einen oder zwei Adjuncte, nebſt
mmiffair, nach Maßgabe der Bevoͤlkerung, und einen Municipalrath;
täbten von 100,000 Einw. ift noch ein Oberpolijefcommiffaie. Sebet
bet ein Kriedenegrricht; einen Gerichtshof jeder Bezirk; einen Criminal
wfiedes Departement; außerdem find auch Appellationsgerichte oder 27
Berihtähäfe in oberfter Inftanz vorhanden. Das Caſſationsgeticht
ı Paris ſpricht in letzter Inſtanz. Die Entfcheidung der Preßvergehen
rum, weil diefe angebiich oft nachfichtig gerichtet und fogar den Herr
2 wegen ſ. Schrift uͤber das Wahlgeſetz losgeſprochen hatte, entzogen:
pt hörten die Proceſſe wegen Preßvergehen nicht auf, und die Urtheile wa⸗
he ſtreng, trafen aber meiſtens die Liberalen. Dies hielt jedoch diefe Partei
fich ſehr freimuͤthig in Schriften zu äußern, und die wichtigerh Schriftei
ſadt, Keranın, Benj. Conftant, Fievee, Guizot und Bignon werden in
hichte dieſer Zeit nicht vergeffen werden. Won den häufig gerügten Mißs
tin ber Sriminaljuftiz wurde wenigitene der Zuſtand der Gefängniffe in Er⸗
gezogen. Man befchränkte die folterähnliche Strenge der engen Haft
asecret), und der König beflitigte den Verein zur Verbefferung des Zus
der Gefängniffe, deſſen Centrafrath unter dem Vorfise des Duc d'Angou⸗
nmebr. Dauphin) im Palafte des Erzbifhofs zu Paris feine Sitzungen
Die roͤmiſch⸗katholiſch⸗apoſtoliſche Religion fol nach der neuen Conftitütion
gien des Staats fein ; doch ift jeder Meligion gleiche Freiheit und berfelbe
pörftaıden. Ihdeſſen geftattet man den fogenannten Miſſionairen außer»
he kirchliche Übungen und Umgänge. 1822 waren nach dem „Almanae
de France‘‘ 35,286 Priefter in Dienftthätigkeit. Die Zahl der gelfts
dglinge in den Seminarien, Gollegien u. f. w. betrug nur 25,437. Es
hbiichöfe und 50 Bifchöfe. Der Gehalt der gefammten Geiftlichkeit bes
hauf 16 Mit. Kr. In Anfehung des Verhaͤltniſſes der gallicanifchen
um rimiſchen Stuhle gilt noch da® Goncordat von 1801, denn das von
aligen Dausminifter Ludwigs XVIII., dem Grafen Blacas mit dem rös
Stuble 1817 entworfene Concordat erhielt nicht ben Beifall der Nation.
tapoleon ſtand alles Kirchenweſen unter der Negierung. Der Kaifer eis
die Etzbiſchoͤfe; in fe Hand ſchwuren fie den Eid der Treue. Zwar ernanns
se bite man in Frankreich 30,465,291 Einm. , Me vom Grundbefiß
‚MONO Zr. Einfommen hatten, das Brundeigenthum felbfl war
0,100,000 Perfonen vertheilt.
19* “
292 Frankreichs geogr. « ftatiftifcher Zuftand
ten fie die Geifllichen ihres Sprengels, aber der Kaiſer mußte fie c
Die Reformirten (2,300,000) haben Pfarrkirchen, die zugleich Conf
find, und Synoden; auf 6011 Menjchen wird eine ſolche Conſiſtoria
net, deren 9 den Bezirk einer Synode bilden; bei jeder ift ein Gonfifiı
Kirchen der Eutheraner (1,1C0,00°0) haben auch ihre Cenfiftorien, die
nen eingetheilt find umd unter Generalconfiftorien ſtehen. Die Zu
haben ein Gonfiftorium zu Paris. — Bei der Aufmerkſamkeit der 9
‚das Intereſſe der katheriichen Micche, deren Einfluß aufdie Semüth
durch die Umzüge der Miſſionarien befördert werden follte, war cd
daß man Alles that, um auch die änfere Lage der katholiſchen Geiſtli
beffem. Doch hatten die Unterhandlungen, welche der franz. Geſand
Blacas, in Nom führte, nur den Erfolg, day der Papft 1819 die
Belegung der erledigten erzbiſchoͤflichen und biſchoͤfl. Sitze nach dem Ga
1501 genehmigte. Hierauf vermehrte der König die Zahl der Pferr:
noch 1821 gab es, wie der Minijter Graf Simeon verficherte, in Fra:
Vicarien, die vom Staate nicht mehr ald 230 Fr. jaͤhrl. erhielten; ein
zahl von Dörfern hatten Feine Pfürrer; eine Menge Kirchen waren
baufätlig, und 50 biſchoͤfl. und erzbiſchoͤfl. Sige ſchienen ihm für Fra—
ehemals 136 Kathedraten hatte, nicht hinrsichend zu fein. Es wurt
Gefeg vom 4. Sul. 1521 wegen ber geifttichen Penfionen gegeben, r
die an den Stant zuruͤckfallenden geiftlichen Gehalte und Jahrgelder 3
von 12 neuen bifchäfl. oder MRrtropolitanfigen und nach und nad) zur T
18 andern Sigen, fowie zur Erhöhung ded Gehalts der niedrig beſo
rien, zur Unftellung neuer Pfarrer, zur Verbeſſerung der Rage der no
‚nen Mönche und Nonnen, forie zu Baufonds fir die Kathedralen ui
chen Gebäude überhaupt verwandt werden follten. Auch behauptets be
Recht gegen die römifche Curie ; denn nachdem der aus Rom im Oct. 1
gekehrte koͤnigl. Botfchafter, Herzog von Blacas d'Aulps, die Verhaͤlt:
nigreichs zu dem roͤmi chen Stuhle daſelbſt feſtgeſtellt hatte, ließ Ludr
zwar die am 18. Oct. 1822 vom Papſte erlaſſene Bulle in Kraft tiv
migte jedoch die darin enthaltenen Glaufeln, Formeln und Ausdruͤcke nic
fie mit den Gefegen des Reichs und den Freiheiten der gallicaniichen K
derſpruch ftanden. Durch jene Bulle ift die neue Divcefeneinthritung
endlich fefibeftimmt worden, und Frankreich hat gegenwaͤrtig 14 Metr
erzbiſchoͤfl. Sitze; auch ernennt der König allein die Erzbiſchoͤfe und d
— Das Unterrichterefen ftebt feitder koͤnigl. Verordn. v. 8. Apr. 187-
Minifterium des Cultus, welches gegenwärtig der Groñmeiſter der Uni
waltet. Die königl. Univerfitdt ift die Oberbehoͤrde aller Rehranitait
find in 3 Bezirken unter 26 Akademien vertkeilt, davon jede aus Facı
den deutfchen Univerfitdten gleich kommen), koͤnigl. Gemeinbecolfe,
tutionen, Penfionaten und Privatichulen beftcht. 17 Städte haben ı
verfitäten nach der ehemaligen Einrichtung erhalten. Am dürftigften ift
unterricht beſtellt. Noch 1521 fagte ein Diinifter in der Kammer, daß
DOrtfchaften (alfo in mehr als der Hälfte, da ganz Frankreich 44,000
zählt) gar keine Schulen vorhanden find. Übrigens glaubt die Regie
die kirchlich-katholiſche Reitung dis öffentlichen Unterrichts den ungihlid
handenen revolutionairen Beift des Volks am ficherften zu erſtickn. &.
klagte der Graf Marcellus in der Deputirtinfammer das ganze Schul⸗
richtsweſen in Frankreich der Gottloſigkeit, Sittenlofigkeit und des revo
Geiſtes an. Vergebene vertkeidigte Cuvier den Geift des Lehrfnfteme, :
miſchte fich in den Streit zwiſchen der alten und neuen Methode, fogar |
maitſchulen, wo die fröres des ecoles chretiennes ſich weigerten, die !
Frankreichs geogr. » ftatiftifcher Zuſtand 233
hietfeitigen Unterrichte anzunehmen ; doch. unterwarfen fie fich endlich ber Com⸗
ſion des effentlichen Unterrichtd. Auch die fogenannten peres de la foi, die
nit vnd deren Freunde, gewannen immer mehr Einfluß auf den Geift der
Culen; daher nahm Moper-Gollard, welcher feit 1815 Prüfident der Unterrichtes
mmiſſion gewefen war, ins Sept. 1819 den Abfchied ; an f. Stelle trat der vorhin
Rahnte berühmte Cuvier, ein Reformirter. Da aber die Regierung unmittelbar eins
iuten wollte, umdem Unterrichte einen teligiöfen und monarchiſchen Geift zu geben,
die Studirenden, welche befonders in den Rechtsſchulen zu Paris und Greno⸗
We, ſowie in den mediciniichen Schulen viele Unordnungen begangen hatten, anf
ir Studien zu deſchraͤnken und einer ſtrengern Aufſicht zu unterwerfen: fo vers
Reite ſie den 1. Nov. 1820 die Commiſſion des Öffentlichen Unterrichts in einen
mia Rath, der an die Stelle der alten kaiſerl. Univerfität trat; Gorbiere wurde
van Prlfieneen deffeiben ernaunt, und die Bifchäfe erhielten, jeder über alle Schus
Winf. Sprengel, die nähere Aufficht. Endlich wurde, wie ſchon ertvähnt, 1824
ven Ume'micr Ludwigs XVIN., dem Abbe Srayffinous, Bifchof von Hermopo⸗
BR, Pair dis Reichs, jener Vorſitz gegeben, und zugleich die Würde eines Großmei⸗
Pad der Univerfität fie ihn wicder hergeſtellt. Dieſer Praͤlat erließ fofort ein Ums
an die Ersbifchöfe und Biſchoͤfe, welche er auffoderte, dem öffentlichen
Uuteriät rine mehr religiöfe Tendenz zu geben, da es viel wichtiger fei, die Sur
Yan den Mißbrauch der erlangten Wiffenfchaft zu waffnen, als ihren Geift
cqnbn und ihnen die Bahn dee menfchlichen Erkenntniſſe zu öffnen. Um
PR politiichen Theorien fich hinneigenden Geift der Studenten auf das Pos
anführen, wurden nicht nur eine Menge denkender Köpfe und geachte⸗
w Edel von den Lehrſtuͤhlen entfernt und mehre Schulen ganz neu organis
auch die 1519 mit den Rechtsſchulen verbundenen Lehrflühle des Nas
wi Bilterrehts und die große Normalſchule zu Paris 1822 wicder aufgeho«
B Degtzm hat die Regierung fir Mathematik und Phyſik viel gethan;
macht bie Reife des Capitains Frey einet (ſ. d.) um die Welt Epoche
ging Ludwigs XVIII. — An der Spitze der gelehrten Vereine flcht
Zum. Mi 1816 neu eingerichtete Bönigl. Inſtitut von Frankreich,
QM Ikederim begreift: die der Wiffenfchaften, die franzoͤſiſche Akademie, die
\ Ubenie der Geſchichte und Literatur und die Akademie der Maler:, Bildhauers
‚lat, — Was die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten
ef, Io fheint e8 nicht, als 0b, mit Ausnahme des vortheilhaften Handels: und
ctats mit den Verein. Staaten, vom 24. Jun. 1822, der ſtill⸗
ned fortdauert, die. auswärtige Politik des franz. Cabinets den Beifall
beiden Pirtrien erhalten hätte. Die Eiberalen wie die Royaliſten verlangten,
in mtgegengefeßten Sinne, daß Frankreich beider Verhandlung der europiis
Angelegenheiten eine einflußreichere Stellung behaupten follte. Die Mitglieder
Seite insbeſondere erklaͤrten fich gegen das von Frankreich in Stalien ge:
Neun Anfehung Spaniens ausgeuͤbte Interventionsrecht. Statt fi dem
pe ber drei Sontinentatmächte bloß anzufchließen, hätte Frankreich, wie Ge:
‚Bau don in der Deputictenfammer am 22. März 1821 bemerkte, von ſ. Stel:
spa) von f. Macht den rechten Gebrauch machen follen, um mit den bourboni>
Ma Aldim einen auf die repräfentative Regierung gegruͤndeten Familienbund
‚Werten. Auch die Sache der Griechen hätte nach ihrer Anficht in Frankreich
——— — finden, mit den ſpaniſch-amerikaniſchen Freiſtaaten aber haͤt⸗
aͤge ſchon laͤngſt abgefchleffen werden follen. Dagegen tadelte die
unbe Exit, daß Frankreich nicht die Molle der bewaffneten Dazwiſchenkunft in
u Piemont ſelbſt übernommen, und daß es nicht früher gegen die fpanifche
Ä artei zu den Waffen gegriffen hate. (©. Zroppau, Laibad,
derrac © panien 1823.) — Die KRitterorden find: 1) ter Orden
293 Franquemont
des heil. Geiſtes, dem Range nach der erite, geft. 1574 von Heinrich. NTIL. wet
Pfingſttage erft in Polen und dann in Frankreich König geworden war. D
der inländifchen Ritter ift auf 100 beitimmt. 2) Der Orden des heil, Mich:
kudwig AI. 1469 dem Erzengel Michael, als Schugpatron von Frank:
Ehren geftift:t, und ven Ludıria XIV. 1665 emeuert. Der König ift ©:
fler. Mach den von Ludwig XVIII. am 10. Nov. 1816 beftdtigten Statu
len nicht mehr als 100 Ritter fein. Alle die, welche den Drden des heil.
erhalten, werten vorher Ritter des Michaelsordens, und heigen daven Ni
Eönigl, Orden, werden aber zu jenie Zahl nicht mitgerechnet. Übrigens i
Orden befonder® zur Belobnung für Gelehrte, Kuͤnſtler und für nuͤtzliche
dungen beftimmt. 3), Der Orden des keil. Ludwigs, von Lubwig XIV
als militairiſcher Verdienſtorden für Land: und Sceofficiere, Eathofifcher R
geftifter. Der Ocden, deflen Grofmeifter der König ift, befteht aus 3 C
Großkreuzen, Commandeurs und Kitten. Er fellte anfangs den Drden |
zenlegion erfegen, wird aber jegt hiufig mit dem letztern zugleich getragen
den Mitgliedern find auch viele auslaͤndiſche Militains. Für franz. Officier
ſtant. Religion fliftete Ludwig AV. 1759 den Orden du merite militaire.
wig XVIII. erneucrte ibn den 25. Rov. 1814. Bisher haben ihn nur au
ſche, groͤßtentheils preuf., Dfficiere erhalten. 4) Das Stiftungsjahr d
alten Ordens vom beil. Lazarus ift ungewiß. Deinrid IV. vereinigte 16
bemfelben den von ihm geftifteten Orden Unferer Lieben rauen vom Ber
mel. Er wurde an Geiftlihe und Welkliche vertheil. Seit 1789 iſt
mehr vertheilt worden. 5) Der koͤnigl. Orden der Ehrenlegion( .t
Über den neurften Zuftand Frankreichs vgl. m. außer Kératry's and F
Schriften, das, Anunnire historiqne‘ von Leſur; Guizot's „Du gou
ment de la France depnis la restauration et du ministere actnel‘“
1821); Coſtaz' s „Memoires sur les moyens qui ont amene le gran«
loppement que l’industrie frangaise a pris depuis vingt ans; suivie d
gislation relative aux fabriques ete.“ — Auf den Mangel an einer Gara
die treue Befolgung der Geſetze bat Legraverend inf. Schrift: Des lacu
‚des besoins de notre legislation du matiere politigue et criminelle*
1821, 2 Bde.) hingeriefen. Die Mängel in der Rechtöpflege hat von Fer
Inf. Schrift: „Über die Gerichtöverfaffung und das gerichtl. Verfahren
reichs (Biegen 1825) aufgededt. Das politiſch⸗kirchliche Leben und Tre
Frankreich, befonders in Paris, hat der Vf. der „Nouvelles lettres provin
sur len alfaires du teınps, par l’auteur de la revue politigue de I’Eı
(d’Herbigny, Paris 1325) dargefteit. Als ein alphabet. Repertorium t
eltenden Gefege und Verordnungen über die franz. Departementalvermwalt
—** (Souschef im Miniſterium des Innern) „‚Dictionnaire de l’adıni
tion departementale‘‘ (Paris 1823, 4.), zu empfehlen. — Die neueften
ſten Eharten find: der von Paulmier und Eugene de Branville feit 1823 |
g°9. „Nouvel Atlas de France‘* (jede Depart. ein Blatt) ; ferner Au
Perrot: „‚Gartes de 86 depart. et des colonies frang. précédées de ca
la Gaule, de la France ancienne et de la France actaelle‘* (mit ftatift.
Tabellen, Paris 1824 26); und Mondorne's „Carte topograph., plı
et militnire, en 60 fenill. de la limite des royaumes de France et des
Bas‘ (Brüffet 1824).
Sranquemont Griedrich, Graf v.), wuͤrtemberg. General der ©
und Kriegsminifter, geb. zu Ludwigsburg 1770, erhielt f. erfte Bildun
herzogl. Karlsakademie zu Stuttgart, aus welcher er 1787 als Kieutenant
nach dem Vorgebirge ber guten Hoffnung beftimmten Infant. Reg. Wuͤr
verfegt wurde. Nach einem Zjährigen Aufenthalt in der Capſtadt führte ihr
Stanz von Ali Franz von Paula 295
wor Batavia, dann nad) Trinkonomale auf Ceylon. 1795 wurde et
a Enslindern aefangen nad) Madras und nady England geführt, 1800 aber
Bürtemberg entlaffen, wo er al® Hauptmann zu einem SInfanterieregiment
immde, In den folg. kriegeriſchen Jahren hoben ihn Muth und Beionnen»
sEtufezu Stufe. 1813 commandirte er als Generalliiutenant das wuͤrt.
und gab in einer Reihe von Schlachten und Gefechten in Rußland Beweiſe
Inführertatent, Ausdauer und periönlihem Muth. Mach diefem Feldzu
a General der Infanterie und in den Srafenftand erhoben. Inden *
Sadzugen 1814 und 1815, wo Graf Franquemont die wuͤrtemb. Truppen
ait anführte, gaben die Schlachten und Gefechte bei Epinal, Brienne, Seng,
ı Paris und Strasburg Gelegenheit, f. Feldhetrnruhm zu wrmehren und
ichnungen einzuernten. Gr ward 1816 Staatsminifter, geh. Muth und
bob Depart. des Kriegsweſens. Die jegt in Würtemberg beſtehende Militair⸗
Tony, inmaycher Hinſicht fo fehr ausgezeidynet, ift jein Wirt. 1819 er:
ihn der König zum lebenslaͤnglichen Mirglicd der Kammer der Stans
rm, und die Kummer erwählte ihn zum Mitglied bes ſtaͤndiſchen Aus
3, .
Ztanz von Affifi, geb. zu Affifi in Umbrien 1182, empfing bei
Iso den Namen Johann; Franz wurde er fpäter genannt, wegen feiner Fer⸗
Min gtanzoͤſiſchſprechen, deſſen bie Staliener zum Handel, wozu ihn f. Water
wuwkatte, bedurften. Er kam auf die Welt, fagt Bailtet, die Schulter mit
Wön; bezeichnet, und in einem Stalle, durch welchen Umſtand er dem Hei⸗
wkchwar. Ohne befonders laſterhafte Neigungen zu haben, unterließ
B bein angeborner Charakter janft, gefällig, höflich und freigebig war, doch
vB Freuden der Welt zu koſten; aber mitten unter diefen finnlichen Genüffen
ragen Traum, in welchem er eine Minge Waffen zu feben glaubte, die mit
Bär beyeichnet waren. Auf die Frage, für wen fie befiimmt waͤren, er»
ap Antwort: „für ihn und feine Streiter”. Ex diente hierauf in Apulien;
Mandter Traum belehrte ihn, daß feine Truppen Beiftliche fein follten. Er
Phirranf das vaͤterliche Haus, verkaufte das Wenige, was er hatte, Eleidete
tern Kloſtergewand, und gürtete ſich mit einem Strick. Sein Beifpiel fand
Isar, und er hatte ſchon eine große Anzahl von Schülern, als Papft Inno⸗
4, 1210, feine Regel beſtaͤtigte. Das Jahr darauf erhielt er von den Ber
Bm eine Ki- che unweit Aſſiſi; diefe wurde die Wiege des Sranciscaners
Kmeritnordene (ſ. d.). Darauf erhielt Sranciscus von dem Papft Hono⸗
L eine Bulle zu Gunſten f. Ordens. Mehre f. Schuͤler begehrten die Frei⸗
n, auch ohne Erlaubniß der Biſchoͤfe, predigen zu dürfen; allein
wertete ihnen: „Laßt und die Großen durch Demuth und Hochachtung, und
Ange durch Worte und Beifpiel gewinnen ; uͤbrigens fei es unfer eigenthuͤm⸗
Sorseht, gar keins zu haben”. Um diefe Zeit begab er ſich nach Patäftina, ,
fh, um den Sultan Mehledin zu bekehten, die Wahrheit des chriftlis
Ianeras dadurch zu beweiſen, daß er fich in einen Schriterhaufen ſtuͤrzte;
t Caltan verbat ſich dies Schaufpiel, und entließ ihn fehr ehrenvoll. Nach
lehe fügte er den beiden Glaffen f. Ordens, den Minoriten und Glariften,
de hinzu, welche die Buͤßenden briderlei Geſchlechts enthalten ſollte. Danu
ih auf einen Berg in den Apenninen zuruͤck. Dort hatte er (mic die Legende
ein Geficht, in weichen cr einen gefreusigten Seraph erblicdte, der f. Füße,
und rechte Seite durchbohrte. Die® wur die Urfadhe, daß der Orden den
rs feraphifchen erhielt. Franciscus ſtarb zwei J. nachher zu Aſſiſi den
tanz von Paula, Stifter des O. der Minimen, geb. in ber Stadt
ia Galabrien, 1416, fol aus einer edeln Familie entiproifen fein, welche
296 Franz I. (König von Frantreich)
ſpaͤter in Verfall gerathen war; Andre ſchreiben ihm eine niedere Herkunft zt
—* beſtimmte ihn fuͤr den geiftfichen Stand, weil er ihm fpät, auf ſeind
des Gebet, geboren worden war. So wurde er im 12. J. in das Kloſter de
citeaner von St.:Marcus gebracht. Hier mit der Ordendtracht befleibet,
‚ er dur. Leben und Lehre. Er entfagte dem Genuffe des Fleiſches und bi
brauche der Leinwand, und führte ein Leben voller Kafleiungen. Seine
wollten ihn wieder zu ſich nehmen, allein er wünfchte einige fromme Neifen
hen, befonders nad) Alfıfi, um den heil. Kranciscus anzurufen. Won hie
derte er nad) Rom zum Grabe der Apoflel; von da weiter. Als er nach Pe
ruͤckkam (damals 145. alt), entfagte et f. väterlichen Erbſchaft, und begat
einen einfamen Ort, darauf in eine Felfengrotte, wo er auf dem nadten
ſchlief und ſich mit den gröbften Nahrungsmitteln begnügte. Kaum 2C
ward er, f. gußerordentlichen Froͤmmigkeit wegen, von mehren Perfonen zu
lichen Führer gewählt. Seine geiftlichen Kinder bauten ſich neben der Gre
len und einen Heinen Betiuhl, wo ein Priefter aus der Nachbarſchaft if
Meſſe lad. Da ſich die Anzahl derfelben vergrößerte, erhielt Kranz von d
bifchofe zu Gofenza die Erlaubnig zum Bau eines Kloſters und einer Kirche.
allen Seiten unterftügt, kam diefer Bau 1436 zu Stande, ſodaß nun el
reiche Gemeinheit darin aufgenommen werden konnte. Won biefer Zeit arı
der neue Orden, zuerſt unter dem von Papſt Sirtus IV. 1473 beftätigten
‚ der „Eremiten des heil. Kranz“, welcher aber 1493, als Papft Alegander
Statuten des D. wiederholt beftätigt:, von bemfelben in den der „Minimer
minimus, der Kleinfte) umgewandelt wurde. Demuth war die Grundlage
und der Wahlſpruch: Wohithätigkeit. Den gewöhnlichen drei Gelübbe
Franz ein viertes hinzu, das des Dundragefimalleben® das ganze Jahr durch
ber Enthaltung von Fleiſch nicht nut, fondern auch von Eiern und aller Mil
außer in Krankheitsfüllen. Er felbft unterwarf ſich einer noch weit fErenge
gel. Deſſenungeachtet vermehrten ſich die Anftalten des Ordens. Dast
von den Wundercuren, welche der heil. Franz verrichtet haben follte, mad)
ihn der kranke König von Frankteich, Ludwig XI., zu ſich berief. Allein
Befehl dee Papſtes Sixtus IV. begab er ſich nach Frankreich, wo er mit Eöni
renbezeigungen empfangen wurde. Der Monard warf fidy ihm zu Füße
flehte ihn um Verlängerung f. Lebens an. Franz antıvortete ihm mit Wuͤr
ſchlug alle Geſchenke aus. Das keben des Monarchen konnte er freilich ni
laͤngern, half ihm jedoch ruhig flerben. Karl VIII. und Ludwig AL. hie
und f. Sriftlichen in Frankreich zuruͤck. Karl bediente ſich ſ. Raths in den ı
ſten Angelegenheiten; er ließ ihm ein Kloſter in dem Parke von Pleſſis les
bauen, ein andres zu Amboiſe, und uͤberhaͤufte ihn mit Ehrendezeigungen al
Auch andre Fuͤrſten gaben den Minimen Beweife der Verehrung. Der Koͤ
Spanien wünfchte ebenfalls, den Orden in f. Stanten zu haben. Hier fül
ben Namen der „Brüder des Sieges“, zum Andenken un die Eroberung M
von der Gewalt der Mauren, welche Franz von Paula vorbergefagt hatt
Paris nannte man fie die Bous-hommmes. Franz wurde bei f. ſtrengen Let
nung fehr alt; er ftarb in 92. J. zu Pieffis led Tours den 2. April 1907.
J. nach f. Tode wurde er heilig gefprochen, und die Kirche feiert fein Feſt
April, (S.Minimen.)
Franz 1., König von Frankreich, von |. Unterthanen ber Vater t
fenfchuften genannt, war zu Cognac 1494 geb. Sein Vater war Karl v
leans, ruf von Ungouleme, und f. Mutter Kouife von Savoyen. Er bei
Thron am 1. Jun, 1515, 21 5. alt, nad) dem Tode f. Schwiegervaters
fernten Verwandten, Ludwigs XI. Franz I. wollte bie Anſpruͤche ſ. Di
und ſ. eignen auf Mailand geltend machen, und das Herzogthum in Befig ı
Sranz I. (König von Frankreich) 297
Änneiger, die ben Herzog Marimilian Sforza in Mailand eingefest hatten,
Ne Hauptpaͤſſe befegt. Aber Kranz drang auf andern Wegen über die Alpen
im en. In den Ebenen von Marianano d. 13. Sept. 1515 von den
ümnangegriffen, behielt er in diefer zweitägigen Schlacht, der erſten, welche
weizer bis dahin verloren hatten, den Sieg, Die Schweizer liegen 10,000
rafden Schlachtfelde. Franz I. gab hier glänzende Proben f. Muthes und
eargemart. Der alte Marſchall Trivulzio, der 18 Schlachten mitges
hatte, erklärte, daß fie alle nur ein Kinderfpicl geweſen ivären gegen diefen
Hde geants! Marimilian Sforza ſchloß hierauf Friede mit Franz, übers
Mailand, und begab fid) nad) Frankreich, wo cr in der Stille lebte und
Die Genueſer erklaͤtten ſich für Franz; Leo X., erſchreckt durch fein Waf⸗
f, begab ſich zu ihm nach Bologna und ſchloß mit ihm Frieden und das bes
Concotdat. Ein Jahr nach der Eroberung von Mailand (1516) unterzeichs
kill. von Spanien, nachmaliger Kaiſer Karl V. und Franz den Vertrag
Iren, ia welchem eine Hauptbedingung die Nückgabe von Navarra war.
Kr Sriede dauerte nur wenige Jahre. Nach dem Tode Marimilians (1519)
sah Franz um die Kaijerfrone; allein ungeachtet der bedeutenden Summen,
sandte, fich die Stimmen der Deutichen zu erfaufen, fiel die Wahl auf
: Bon diefer Zeit an war Franz I. Karls V. erbitterter Nebenbuhler, und
at ihm faſt ununterbrochen Krieg; zuerft wegen Navarra, das Franz faft
Mi Zeit eroberte und verlor. Gluͤcklicher war er in der Picardie; er vertrieb
Wdeſelbſt eingedrungen war; fiel in Flandern ein, und eroberte Landrecy,
Maum.a.D. Aber anf der andern Seite verlor er das Mailändifche,
win empfindlicher für ihn war, der Connetable von Vourbon, den bie
Bir Mutter des Königs aus Frankreich verdrängten, trat auf die Seite des
% Diefer große Feldherr fchlug die Sranzofen in Stalien, trieb fie uͤber die
‚ nahm Zoulon und belagerte Marleille. Franz eilte der Provence
drang, nachdem er fie befreit hatte, ind Mailändifche vor und belugerte
1523). Aber während er diefe Belagerung mitten im Winter unternahm,
abe Unvorfichtigkeit, 16,000 Mann von f. Deere zur Eroberung Neapel
Wen, und fo erlitt er, zu ſchwach, den Kaiferlichen zu widerſtehen, am 24,
1625 bei Pavia eine völlige Niederlage. Er fribft gerieth, nachdem zwei
Bater ihm getödtet worden, mit ſ. vornehmſten Dfficieren in die Hände ſ.
Als er ſich umringt und ohne Rettung fah, weigerte er fich, f. Degen
ran;. Officier, dem einzigen, der dem Connetable gefolgt war, zu übergeben,
Boutbon folltenidyt das Zeichen feiner Demüthigung empfangen. Man
we den Vicedönig von Neapel, Herrn v. Lannoy, herbei, dem Stanz ſ.
ibergab. Damals fchrich er anf. Mutter: „Alles ift verloren, nur bie
hr. Kranz wurde nach Madrid geführt, und nur durch einen harten Ber:
tien 14. San, 1526 dafelbft unterzeichnet wurde, konnte er f, Sreiheit
tlangen. Er entſagte darin ſ. Anfprüchen aufMeapel, Mailand, Genua,
T Souwerainetät über Slandern und Artois, aud) verfprach er, das Herzog⸗
kurgogne abzutreten, und 2 Mill. Ihater zu zahlen. $ür die Erfüllung
kdingungen mußte er f. beiden jüngften Söhne als Geißeln ſtellen, gegen
tan der Örenze audgewechfelt wurde. Als aber Lannoy, der als Karls
mer tem Könige nach Paris aefolgt war, Burgund im Namen des Kai⸗
erte, führte ihn Franz in die Verſammlung der burgundifchen Deputirten,
m Könige erklirten, daß er nicht das Necht habe, eine Provinz von f. Mo⸗
abimeigen. Aı ßerdem hatte Lannoy die Kränkung, der Bekanntmachung
. Ligue beimohr:en zu müffen, welche in einem Buͤndniſſe zwiſchen der:
dem Könige vor: Frankreich, der Republik Venedig und allen Mächten Stu s
Kand, um den Kortfchritten des Kaifers Einhalt zu thun. Ftanz, der ti.
298 Sranz II. (König von Frankreich)
Seele dieſer Ligue war, ließ (1527) durch Lautrec einen Theil der Le
gen, und befreite dadurch den von den kaiſerl. Zruppen eingeſchloſſene
würde aud) Neapel erobert haben, wenn nicht anſteckende Krankhei
Armee ſammt ihrem General 1528 aufgerieben hätten. Dieſer Ver
nigte den Frieden zu Cambrai 1529. Der König von Frankreich brı
Theile f. Anſptuͤch⸗ >, und behielt das Herzogthum Bourgogne, mußt:
Söhne mit zwei Mill. Thalern loͤſen, und heirathete Eleonoren, di
Königs von Portugal und Schweſter des Kaiferd. Aber auch biefer F
kurzer Dauer. Mailand, dieſer beſt adige Gegenſtand der Kriege u
der Franzoſen, reizte unaufhoͤrlich Franzens Ehrgeiz. 1535 drang eı
Italien ein, und bemädhtigte ſich Savoyens. Allein der Kaifer fiel
vence (1536), und belagerte Marfeille. Unterdeffen hatte ſich Sraı
man IL verbunden. Das Eaif, Herr Eonnte ſich in der Provence nid
So wurde endlich in einer Zufammenfunft mit Karl V., welche der P
Nizza vermittelte, ein 10jaͤhr. Waffenſtiliſtand gefchloffen. Der Kaifı
Zeit nachher durd) Fcanfreich r.ifte, um die aufruͤhreriſchen Genter
verfprady dem Könige in einer per'önlichen Unterredung, einen f. Söt
land zu belehnen; aber faum hatte er Frankreich verlaffen, als er die;
rief. 1541 ließ der kaiſ. Statthalter, dei Guafto, die franzoͤſiſchen,
dig und Gonftantinopel beffimmten Abgeſandten auf dem Po ermoı
Krieg entzundete fih aufs neue. Franz ſchickte Deere nach Italien
und Luxemburg. Der Graf d' Enghien ſchlug die Kaiferlichen bei Cor
und machte fich zum Meifter von Montferrat. Schon verfprach ſich F
Verbindung mit.Algier und Schweden, gluͤckliche Erfolge, ald Karl \
eich VIII. von England, im Bunde gegen Franz I., alle ſ. Hoffnungen
gen. Sie drangen in die Picardie und Champagne ein. Der K
Soiffons, und der König ven England nahm Boulogne. Zum Gluͤ
binderte das Buͤndniß der proteftantifchen Fürften Deutfchlande d
Vortheile zu verfolgen, und machte ihn zum Frieden geneigt, der nı
Grespi zu Stande fam. Karl entiagte den Anfprücen auf Bur
Jahre fpäter machte audy England Frieden. Bald darauf flarb F
durch die Entdedung Amerikas nad) Europa verpflanzten, und dam
heilbaren Krankheit, den legten Mit, 1547. Er war von titterlicher
menden Seit. Bei ſ. Sreigebi gkeit, Guͤte und Kunſtliebe würde er, f
lich regieren wollen, Frankreich glüdlid, gemacht baben. Der Schut
förderung, die er den Künften angebeihen ließ, haben bei der Nachwel
Theil ſ. Fehler ausgelöfcht. Er lebte gerade zu der Zeit, wo die X
wieder erwachten, und verpflangte die Trümmer, die den Verheerung
lands entgangen waren, nach Frankreich. Seine Regierung ift die €}
Künite und Miffenfchaften einen heilfamen Einfluß auf den Geift un!
der Franzofen zu gewinnen anfingen. 1534 fandte er Jacques Cartie
Malo nach Amerika, un Entdedungen zu machen, und diefer entd«
Auch hat Franz das koͤnigl. Collegium geftiftet und den Grund zu der %
"Paris gelegt. Ungeachtet der vielen Kriege, die er führte, und des uͤb
Aufwandes, den er machte, hintirlich er feine Schulden, fondern ein:
ambedeutenden Schns. S. Herrmann’ „Sranz J.“, Leipz. 1824.
Franz; I, König von Frankreich, Sohn Heinrich 1. und K
Medici, geb. zu Fontainebleau den 9. San. 1514, beftieg den Thi
Tode f. Vaters, den 18. Juii 1559. Er hatte fi) das Jahr zuvo
Stuart, der einzigen Tochter Jakobs V. von Schottland, vermählt.
gierung, dienur 17 Monnte dauerte, freute er ben Samen zu viele
wvelche hernach Frankreich verwuͤſteten. Die Oheime ſ. Gemahlin, S
er guhtet Derjelden,. Ver prinz eonde, ais das Paupt der caloınijtt«
*, wurde zum Tode verurtheilt, und follte durch die Hand des Henkers
Bären IL, der immer ſchwaͤchtich und feit Langer Zeit frank gewefen, den
!560 In einem Alter von 18 3. farb, und das Neich, mit 43 Mill,
deſchwert, den Graͤueln des Bürgerkriegs zur Beute lief.
ın3 I. (Stephan), ältefier Sohn bed Herzogs Leopold von Lothringen,
ventfcper Kaifer, geb. 1708, kam 1723 nad) Wien, wurde dafelbft mit
fen Herzogthum Teſchen belehnt, und trat nach f. Vaters Tode 1729
ung bed Herzogthums Lothringen und Bar an, wurde aber bald darauf
keith auf immer barauß verdrängt. Denn als 1733 dee nach dem Tode
ft von Sachſen zum zroeiten Mal zum König von Polen erwaͤhlte
teichinoti diefed Reich wieder verlaffen mußte, benußte beffen Schwie⸗
Eeig XV., diefen Umftand, um von dem Kaifer, der ihm hauptfäche
agenefen war, eine Entſchaͤdigung für ihn zu fobern. Weilnun Frank⸗
Ilamge auf Rothringen Anſpruͤche gemacht, auch fchon zu verfchiebenen
in Befig genommen hatte, fo wurde in dem 1735 zu Wien gefchloffenen
sfrieden ausgemacht, daß der Herzog von Lothringen diefes Land fofort
iig Stanislaus, und nach deffen Zode auf immer an Frankreich abtreten,
in den Befit des Großherzogthums Toscana einruͤcken ſollte, fobald
ch den Tod des damal. Großherzogs Johann Gafto, des legten aus dem
m Haufe, erledigt ſein wuͤrde, welches 1737 erfolgte. 1736 vermähfte
nit Daria Therefin, T. Kalfer Karls VI. Er wurde zum Reichegenes
Gall und Generaliffimus der kaiſ. Heere ernannt, und befehligte 1738
der Karl das öfte. Heer in Ungarn gegen die Türken. Nach dem Tode
14740) wurde er von f. Gemahlin zum Mitregenten aller öftr. Erblande
böurfte er Beinen Antheil an der Staatsverwaltung nehmen. Nach
LZode wurde er 1745, ungeachtet verſchiedenet Widerfprüche, zum roͤ⸗
fer erwaͤhlt, und als folder am 4. Det. zu Frankfurt gekrönt. Über
tdigen heiten ſ. Mjdht. Regierung als Kaiſer (er ſtarb zu Inn⸗
8. Aug. 1765) ſ. Therefia (Maria). \
300 ° Sranz I. (Kaifer von Deftreich)
zu Florenz unter den Augen ſ. Vaters. Sein Oheim, der Kaifer Sofeph II.
nahm die VBollendimg f. Bildung. In f. 20, J. begleitete Stanz f. Ohein
die Türken, und übernahm im folg. J. felbft den Oberbefehl des Heers, wo X
ihm zur Seite ſtand. Nach dem Tode Joſephs (1790) nahm cr fid) der
rungsgeichäfte bis zur Ankunft ſ. Vaters an, und al aud) diefer, 1792, geſ
war, führte er, als Kaiſer, den gemeinfchaftlic) mit Preußen begonnenen Krie
Frankreich, welches ihm (20. April 1792) als König von Ungarn und Bohm
Krieg erklaͤrt hatte (ſ. Deutſchland), ſelbſt als Preußen einen Separat
. mit der Republik ſchloß, mit allem Nachdruck. 1794 ſtellte er fich in Perſon
Spige ſ, niederfandifchen Armee, Befenert durd) die Gegenwart des Mon
ſchlug fie die Sranzofen (26. Apr.) bei Catean und Landrecy, das fie eroßert:
gewann die blutige Schlacht bei Zournan (22. Juni). Doc) die brabanter €
verfogten ihm den gefoderten Landſturm und Geld, und faft im Vorgefuͤ
nachherigen Ungluͤcksfaͤlle verlieh er am 13. Suni d, $. Brüffel, um nach Wi
ruͤckzukehren. Der Friede von Campo-Formio (17. Det. 1794) verſcha
Maffen einige Zeit Ruhe; doch im neuen Buͤndniſſe mit England und Ri
fuhr san 1799 in der Befampfung der Republik fort, bi diefe Rußland un
reich 1801 zum Frieden zu Luneville nöthigte. 1805 brach der Krieg zu
ſtreich und Frankreic) von neuem aus. Aber nach der Schlacht von Aufter
Dec. 1805) verabredsten Franz I. und der damalige franz. Kaifer muͤndlich di
dingungen eines Waffenſtillſtandes, und die Grundlagen zum künftigen Fi
ber am 26, deſſ. Mon. zu Preſiburg unterzeichnet wurde, 1806 und 1807 br
tete Franz I. bei dom Kriege Frankreichs gegen Preußen und Ruſiland eine:
ſtoͤrte Neutralitaͤt; aud) boter fich, doch vergebens (am 3. Apr. 1807), zum
mittler zwiſchen den kaͤmpfenden Parteien an. Aber Franzens Proclamati
die Völker Öſtreichs vom 8, Apr. 1809, die in f. Namen erfchienenen Aufn
Die gefammte deus’che Nation, fo wie ſchon früber f. Declaration und Kriegt
rung gegen Fraukreich vom 27. März 1809, und durd) die Errichtung der
wehr bewiefen, daß er nie mehr zum Kriege fich geruftet hatte, ald nad) dim F
zu Tilſit, der Alexrander niit Napoleon vereinigte. Das J. 1809 koſtete ihm
fehr viel, doch ſchien dadurch der Grund zu einem dauschaften Frieden mit d
reichs maͤchtiger Nation gelegt zu fein. Der wiener Friede gab Öftreiche !
die Hauptſtadt f. Monarchie zuruͤck. Seine Einwilligung in die Vermaͤhl
älteften Zochter (ber zweiten aus f. zweiten She), Marie Louife, mit Ray
knuͤpfte zwiſchen beiden Haͤuſern cin feltes Band. Seine zweite Gemahlin w
Tochter des K. Ferdinand IV. von Sicitien, Marie Xherefie, welche ihm 19
ber gebar, wovon noch fieben leben, unter ihnen der Kronprinz Ferdinand
(geb. 1793). Aus f. erſten Ehe mit der würtemb. Prinzefjin Eliſabeth, unt
feiner.deitten niit Marie Louiſe Beatrix, jüngften T. ſ. Obeime, des verft. Er
Ferdinand von Oſtreich, Herzogs su Modena-Breisgau, 1808 gefchloffenen
hat er feine Kinder. Seine vierte Gemahlin ijt Charlotte, zweite 2. dei K.
rimilian Jofeph von Baiern (gefehirden von ihrem erften Gemahl, dem jegigen
nig von Würtemberg, im Ian. 1816, und vermählt mit dem Kaifer Fran!
Öftreih im Nov. 1816.) Das Familienband, weiches ſtreich und Fran
umſchlingen folite, Eonnte nicht de8 Schwiegerſohns Ehrgeiz befänftigen. F
Franz vereinigte ſich zwar mit f. Eidam bei der denkwuͤrdigen Unterredung zu I
den im Mai 1812, aber der unbiegfame Stolz der Willkür trennte dieſes Ver
niß. 1813 fan fich Franz 1. genöthigt, verbunden mit Rußland und Pre
diefe Übermacht zu demuüthigen. Er wohnte diefem Kampfe bis zum Ende in
fon bei, und ſah Hierauf acht Monate hindurdy (Det. 1813 bis Mai 1815
größten Theil der eurcpaͤſſchen Neaenten in f. Hauptftadt zum Congreß ver
met. Durch die pariſer Friedensſchiuſſe und durch den am 14. April 18!€
Sranz (Herzog von Deffau) 301
teen Vertrag ift Franz I. ee einer Monarchie geworben,
ſ. Vorfahren befejfen hat, (S. Dftreid).)
13 (Leopold Sriedrich), Herzog von Deffau, geb. 1740, Sohn des
peld Maximilian, Enkel des berühmten Schoͤpfers des preuß Fuß⸗
en Leopold von Anhalt: Deſſau, und der Anne Louiſe, geb. Jungfer
x din 29. Dee. 1701 in den Neihefürftenftand erheben wurde,
über dem preuß. SKriegsftande gewidmet. Er wohnte 1756 der
„der Sachſen am Lilienſteine, und 1757 der Schlacht und Belage⸗
rag und der Schlacht von Kollin, unter dem Vefehle f. Oheiris, des
tie von Deffau, bei; nahm aber, bewogen durch Kraͤnklichkeit und
DOheims und Vormundes Dietrich, der feit 1751 das Land regierte,
Hier, und trat, nach vom Kaiſer erhaltener Volljaͤhrigkeit, den 20.
die Regierung ſelbſt en. Da das deſſauiſche Land mit Kriegslaſten
te wurde, fo verkaufte der Fuͤrſt ſein Silbergeſchirr, gab fein ganzes
her, und bezahlte die aufgelegte Kriegsſteuer aus eignem Vermoͤgen.
telltem Frieden bereiſte er zu verſchiedenen Malen Italien, die Schweiz,
Holland, England, Schottland und Irland, ſuchte uͤberall die geſchaͤz⸗
Itten und Kuͤnſtler auf, und errichtete mit Vielen herzliche Freundſchaft.
mit dem groͤßten Eifer die ſchoͤnen Kuͤnſte, vornebmlich die Baukunſt,
fen und unterrichtete ſich von Allem genau. Trefflich gebildet, mit Er⸗
ad Menſchenkenntniß bereichert, kehrte er zuruͤck, und vermaͤhlte ſich
akouiſe Henr. Wilh. von Branmenburg⸗ Schwedt, einer durch ihre vor⸗
dſtesbildung, mie durch die Schönheit ihrer Geſtalt ausgezeichnete
fat wurde alles Erlernte angewendet zum Wohle und zur Verfchönerung
. In jedem Zweige der Verwaltung wurden Verbeſſerungen gemacht.
zeichnen ſich die Bemuͤhungen des Fuͤrſten fuͤr Bildungsanſtalten jeder
Um tie Idee dir Menſchenerziehung zu verwirklichen, wurde unter ſ.
d mit ſ. Theilnahme das Phitanthropin errichtet (1774). Es war nicht
ink manche Erwartungen unerfuͤlit blieben; dech war der Anſtoß zur
gder Erziehungsweiſe gegeben, und die Namen eines Salzmann,
elbe, Olivier, Dir aus den Philanthropin hervorgingen, find hochgeach⸗
heſchichte des Erziehungsweſens. Die Stadtſchulen in Deffau (1785)
kit (1803) wurden mit großen Koſten voͤllig neu eingerichtet. Das fo
hlaͤſſigte weibliche Geſchlecht erhielt ſchon 1786, fruͤher vielleicht ale ir-
D utſchland, eine Bildungsanſtalt in Deſſau, und ſpaͤter (1806) in
fir Aufklaͤrung und Erziehung des Landmanns wurde ſpaͤter durch ein
terfeminar Sorge getragen, eine Paſtoralgeſellſchaft, zur Fortbildung
aten Geiſtlichkeit, ſowie auch die Buchhandlung der Gelehrten (1781 —
st. Kuͤnſte und Miffenfchaften wurden befördert, auswärtige Kuͤmſtler
ad vorzüglich durch die ſchͤne Bau: und Gartenkunſt Werke und Anlas
gebrecht, die eine völlige Umwaͤlzung des Geſchmacks in diefer Hinſicht in
id, durch das Hinweiſen zur Antike und Natur bewirkten. MWörlis, das
der Luſtgarten, find bleibende Denkmäler der Gartenanlagen des Fürs
Gchäude find mit, den Werfen der Malerei, Kupferſtecher⸗ und Bild⸗
ĩvorzuͤglicher Meifter geſchmuͤckt. Für die Muſik wurde die Capelle, fuͤr
Apiitunft das Theater errichtet. Die Kupferſtechergeſellſchaft des Baron
kwurde in die chalkographiſche Geſellſchaft verwandelt (1796--1806).
ze das Land durch Kunſtſtraßen mit Baumreihen, geſchmackvollen Bruͤ⸗
mdern nuͤtzlichen Anlagen zugleich verſchoͤnert; neue Entdeckungen oder
kebefferungen des Landbaues benugt und before; ; der Verarmung ges
sh eine Brandcaffe und eine Witwencaffe, dazu mehre Armenhaͤuſer für
angelegt. Die Polizeiverordnungen find mufterhaft. Alles dieſes wurde
‘
3072 Sranzbrantewein Franzoͤſiſche Akademie
1798, nach Ererbung bes dritten Theils des Fuͤrſtenthums Zerbſt, auch ar
uͤbertragen. Dabei wurden alle Schulden bezahlt, die Abgaben verringe
das Fuͤrſtenthum zu einem Grade von Wohlſtand gebracht, den weni,
Länder in Deutſchland erreichten. Ein eigentlicher Hofftaat und Glan;
nicht für norhwendig gehalten. In diefer Lage traf das deffauifhe &
Krieg. Das männliche und fefte Benehmen des Kürften erzwangen ihm
leons befondere Achtung, und wendeten viele Erpreffungen von dem Lande a
damaligen Berhältniffen gemäß, trat der Kürft (von 1807— 13) dem Rhe
bei, nahm den herzogl. Titelan und flellte den gefoderten Truppenbeitra
Mann, überhaupt für Frankreich gänzlich erneuert (1807, 1809, 1811,
Sein 50jaͤhriges NRegierungsjubelfeft feierte er mit vielfach erhaltenen Bew:
innigften Dankbarkeit f. Unterthanen. Aller vermehrten Ausgaben un,
wurde erft 1811 eine neue Auflage gemacht. Der Krieg von 1813 ve
das Laͤndchen ſehr. Der Herzog ftarb 1817: ein trefflicher Fürft, zutrau
ein Bürger, einfach wie ein Privatmann, und bieder wie ein Deutfcher.
Sranzbrantewein, f.Örantemwein.
x. Sranzensbrunn bei Eger, ein neuangelegter Babeort, eine
von Eger in Böhmen, in einer kahlen, mit Sruchtfeldern überfäeten Eben:
Entfernung einiger Stunden von Gebirgen eingefchloffen. Der dafige Saı
nen, fonft Schladaer Saͤuerling, fpäter Egerbrunnen, jegt Franzensquell, er
in mehren Quellen aus einem Zorfmoor, mit welchem die ganze Gegend be
und foll ſchon im 10. Jahrh. befannt geweſen fein. Man fcheint fich hiera
1584 dieſes Brunnens als Heilmitteld bedient zu haben, worauf er im 17.
in großen Nuf.fam, dann aber wieder darin fant, Erft 1793 ließ Kaifer
nad) dem der Ort genannt ift, ein Brunnenhaus, einen Trink und Xanıf
einige andre Häufer errichten. Die Anbauer wurden beguͤnſtigt, und es fi
außer der Hauptftraße nody 3 Straßen angefangen; auch ift eine gefchn
Kirche in dem Wäldchen beim Orte gegründet. Der Quellen find vier, zwe
‚zum Trinken, die andern zu den Bädern verwendet. Die erften find: di
zens⸗ und die Sal;quelle; die legtern die Louiſenquelle und der kalte Sprud
Dfann , Die Diineralquellen zu Kaiferfranzensbad bei Eger” (Berl. 1822)
bar ift der Mangel an Spaziergängen in der Nähe des Orts.
Sranzöfifhe Afademie Zu Paris entftand 1629 ein
‚von Gelehrten und Dichtern. Der Card, Richelieu erklaͤrte fih-für ihren
ser; ein koͤnigl. Patent von 1635 erhob fie zur Academie frangaise und
Zahl der Mitglieder auf 40. Richelieu haßte Corneille; daher war einer t
Acte der literariſchen Autorität, welche diefe Akademie ausübte, die Eı
daß der „Eid“ eine ſchlechte Tragoͤdie ſe. Nach Richelieu's Tode nahm di
ler Seguier die Gefellfchaft in ſ. Schutz. In der Folge nahm Ludwig A
Titel eined Beſchiͤers der Akademie an, und verrilligte ihr einen Sual in
wo fie fortwährend ihre Sigungen hielt. Über die Abtheilungen und Leiſtu
felben f. Akademie. 1795 ward fie zu einem Institut de Frauce un
das „beauftragt fei, die Entdeckungen zu fammeln und Kunft und Wiffe
zu vervolllommnen”. 1804 theilte Napoleon das Nationalinftitut in 4
die erfte von 63 Mitgl. für die phufilal. und mathemat. Wiffenfch., die ar
20 für die franz. Sprache und Literatur; die dritte von 40 Mitglied, 8
Affocies und 60 Correfpondenten für alte Literatur und Gefchichte. 3
Gtaffe fir die ſchoͤnen Künfte hatte 20 Mitgl., 8 fremde Affocies und 3
fpondenten. — 1815 behielt man ben Namen Snftitut bei; man gab
4 Claſſen ihre alten Benennungen: Acad. dessciences, A. francaise,
Inscriptions et Belles-Letires, A. de Peinture et Sculpture. (Die
Witalmänge, au zug neh 9 ſowole als
Berfhüffe auf binlängtiche Sianet, leiht auf pfänder von Gold und
dernimmt die Einnahme von öffentlichen und Privatgefälfen, und laͤßt
strag der Eimmahme Zahlungsanweifungen auf ſich ausftellen, berwahrt
gelber, und nimmt die Baarſchaften öffentlicher Caſſen und Anftalten,
‚von Privatperionen in Verzinfung, discontirt Medyfel und alle Papiere,
ti bekannte und begüterte Perſonen Zahlung zu Liften haben. Zugleich
KR, daß die Dividende für 1804 acht Proc. nicht uͤberſchreiten bitefe,
&nod) übrigbleibende reine Gewinnſt aber in den öffentlichen Schyulbins
sagt, und als Refervefonds betrachtet werden folle. Unter dieien Ders
ibccann die franz. Bank ihre Oprrationen, und [hen am Schluffe des
keit betrug ihre reiner Gewinnft die Summe von 4,185,937 Fr., alfo
Prec. vom urſpruͤnglichen Bankcapitale: davon murden 8 Proc. unter die
abrr vertheitt, der Meft aber als Reſe vefonds aufgefpart; im darauf folg.
treine Gewinnſt fogar auf 4,652,398 Fr. gefticgen. Aber zu Ende 1805
Bant ploͤr lich in große Veriegenbeit wegen Metslimünzs, und diefe Vers
nadıte 1806 fo raſche Fortichritte, daß fie die baaren Zahlungen einzu⸗
itbigt war. Haupiſaͤchlich twaren daran Schuld, die bedeutenden Vor⸗
ade der Negierung von der Bank geleiſtet worden, zur Führung des
ubiikums Beſorgniſſe wegen Zablungsunfähigkeit der Want. Die No⸗
sgleich an im Cours zu fallen, und fonntın nur geaen Verluſt in Mis
umgercgt werden ; mehre bedeutende Bankerorte brachen aus und beſtaͤrk⸗
:n algemein berefchende Unruhe. Zum Glüd war diefe Verlegenhrit
Dauer; nach Abfchlifung des flr Frankreich fo günftigen preßburget
harten die ber Regierung geleiſteten Vorſchuͤſſe zuruͤckaezahlt, und mit
ig 1807 nahm die Baarzablung der Vank wieder ihren Anfang. In
richten ein kaiſ. Decret, wodurch die Verwaltung der Anftalt eine Abaͤn⸗
tt. An die Stelle des bisherigen Centtalausſchuſſes wurde von der Res
klamm OAubaban man AN Main te BAD Eu Mrerte mie
jteich, die Ausgebung einer uͤbetmaͤßig großen Anzahl von Noten, -
304 Srangöfifche Gefeggebung Franjoͤſiſche Literatur
in ihrem Befig befindlichen banren Münze und fonftigen Effecten ; es herrſcht
allgemeine Beftürzung, und man beforgte nicht ohne Grund, die Bank werd
durch fortgefegte Baarzahlung binnen Kurzem erſchoͤpfen. Da erfhien am
Yan. 1814 eine Verfügung, wodurch die Baarzahlungen zwar nicht gänzlid
geftellt, aber aufdie Summe von 500,000 Fr. für jeden Tag befchränft, uı
Niemand mehr ald 1000 Fr. ausgezahlt werden follten. Bereits im Schr.
aber die Bank ſolche Einrichtungen getroffen, daß fie wieder alle Zahlungen
Einfchräntung zu leiften vermochte, und ſowol während der Belagerung als
rend der feindlichen Befegung von Paris hat fie fortgefahren zu zahlen; el
find auch während der feindlichen Beſitznahme 1815 die baaren Zahlungeı
Bank keinen Tag unterbrochen worden. X]
Sranzöfifhe Geſetzgebung, ſ. Todecivile.
Sranzöfifbed Decimalſyſtem. Die Franzoſen führten ba
zur Zeit der Nevolution ein. Ale Maße und Gewichte find aufein einziges 3
das Laͤngenraaß, zuruͤckgebracht. Dieſes Grundmaß heißt mötre, und hf!
1Omilttonften Theil eines Vierteld des Erdmeridians, — 3 Fuß O Zoll 11,
Linien parifer Maß, oder 3 Fuß 2 39112 Linien Rheinl. Dieſes Map wird j
zeit, nad) der Decimalrechnung, entweder vergrößert oder verkleinert, und die.
zuflgung der griech. oder latein. Dicimalbenennung zu dem Gruntmaß gibt
Namen. Die latein. Namen verkleinern, die griechiſchen vergrögern. Jene |
Decem, 10; Centum, 100; Mille, 1000; diefe: Deka, 10 ; Hekaton, 1
Chihon, 1000; Myrias, 10,000. Demnach hat man gebildet 1) zur Ba
nerung (man muß immer Metre binzudenfen), Deci, Im; Centi, „ir; 3
arms 2) zur Vergrößerung Deka, zehn Mal; MHekto, hundert Mal; K
taufend Mat; Myria, zehntaufend Dial. (Man bemerke, daß alle Verkleinen
gen ſich auf i, alle Vergrößerungen fich auf a und o endigen.) Wie bei dem On
maß fo bei allen übrigen, weßhalb man nur das jedegmalige Maß im Verhäl
zum Grundiängenmaß zu kennen braucht, um Alles reduciren zu Ednnen. X
Maße find aber 1) das Flichenmaß, Are — NMetres; das Körpermaf, Stern
1 Kubitmetre; 3) Hohlmaß, Litre == 1 Kubikdecimetre; 4) Eden
Gewicht, Gramine — dem Gewichte von 1 Kubikcentimetre deftillirten Waſ
Hiernach find auch die Münzen beftimmt. Indeß hat man auch für manche
befondere Binennungen. Beidem Srundlängenmaße heift der Millimetre T
Etrih, der Centimetre Doigt, Finger, der Decimetre Palme, der Dekan
Perche, Ruthe. Bei dem Flaͤchenmaße heift der Hektare Arpent, Mor
bei dem Hohlmaße der Heftolitre Setier, Scheffel; der Kilolitre Muid, P
Tonne, Nach einer Verordnung Napoleons von 1812 waren für Maß und
wicht deutfche Namen eingeführt worden, Sceffel, Metze, Elle u. ſ. w.
dem Gelde ift der Franc der Mapftab (an Gewicht 5 Grammen, 44 an Si
+ an Kupfer enthaltend), den man in Decinies und Gentimes, den schnten
bunbertften Theil, eintbeilt. Auch bei dem Galender hatte man die Ichn zum I
ſtab angenommen. Jeder der 12 Monate war in 30 Tage, und diefe in 3 Moı
jede von 10 Tagen, Decade eingetheilt. Am Ende des Jahre folgten die 5,
im Schaltjahr 6 Ergaͤnzungstage.
Sranzöfifche Bildhauerkunſt, f. Bildner der neu
eit.
Kranzöfifche Fiteratur. Im franz. Sinne, naͤmlich die Fu
taͤtswiſſenſchaften: Theologie, Mebdicin und Surisprudenz, ausichließend.
bedeutend aud) Karls des Großen Verbirnfte um Geifteebiidung und Kiteratur
ren, fo war man doch um die Zeit, als Dante in Stalien den feiten Grund zu
claſſiſchen Nationalliteratur legte, in Frankreich noch weiter als zu gleicher Ze
Spanien und Portugal von einer ähnlichen Hohe der Geiftesbildung entfernt. .
Sranzöfifye Lit. Grammatik ‚305
ſuͤdliche Frankreich waren bis in das 16, Jahrh. in literäriſcher Hin
fondert. Die Normannen, welche bekanntlich nebft den Kreuzzuͤgen
ten haben, der Phantafie der europäifchen Nationen Überhaupt einem
ung zu geben, hatten entfchiedenen Einfluß auf das nördliche Frank⸗
achten die Riebe zum Wunderbaren ſchon aus ihrem alten Vaterlande
kantafie war mehr kuͤhn und ſinnreich erfindend als innig und gluͤhend.
yar mehr muthig als ſchwaͤrmeriſch. Sie liebten zu ihrer Beiftesunters
sifche, wunderbare und muthwillige Erzählungen, und fangen Lieder
ı in ganz anderm Styol und Spibenmaßen als die Suͤdfranzoſen. Diefe,
alien, blieben Sinnesverwandte der Stallener. Hier blühte die Kunſt
dours viel früher als die Poefie im nördlichen Gallien erwachte; dod) ale
Ronardhie in der Hauptſtadt Paris ihren Mittelpunkt fand, da firgte der
nd die Pocfie der Provenzalen gerieth in Vergefimbeit. Ihre Literatur
Geſchichte des Mittelalters. Derfelbe romantifche Geiſt, der damals
deſeelte, knuͤpfte auch im nördlichen Frankreich das Intereſſe der Poefie
men des geſelligen Lebens. Dieſelbe ritterliche Galanterie ergoß ſich in
der Seine, wie am Arno und am Tajo. Der Koͤnig Thibaut von Na⸗
orener Graf von Champagne, fang im Dienſt der Dame ſeines Herzens
renbadour. Doch liebten und erkannten die Sranzofen in der Porfie ftets
Runft der geiftreichen Unterhaltung als die Sprache der tiefften Gefühle.
xtohen Poeſie des eigentlichen Ritterromans gefiel fid) damals der Sinn
pin ganz; fobald aber das Ritterweſen in der Wirklichkeit aufhoͤrte, ver
uhdie Poefie deſſelben. Durch die leichten, muntern Fabliaux ging fie in
hatenden Anckdotenftyl über. Die fhon im 12. Jahrh. gegründete Unis
harn wurde der Sig der fchotaftifchen Philofophie und Theologie. Hier
„die ſcholaſti ſche Disputirkunſt aus, und Sinn und Sprache neigten ſich,
erzogen, nachher ſtets mehr zur Beredtſamkeit ald zur Dichtung. Nas
fiht pedantifche Profa zu Fchreiben, bemühten ſich die Franzoſen eher als
enmere Nation. Mach Klarheit, Beftimmthrit, Wohllaut, gutem Pers
und gefaͤlliger Leichtigkeit mußte hierbei beſonders geftrebt werden ; dieſe
indes, durch deren Vereinigung fic) die franz. Profa zur claſſiſchen Vor⸗
t, befonderd unter der Regierung Ludwigs XIV., ald dem gluͤcklichen
er franz. Biteratur, erhob. Weder ſchwaͤrmeriſche noch tieffinnige Phra⸗
Bin einen foldyen Styl Eingang finden, und Voltaire's merkwärdiger
: „Was nicht Mar ift, ift nicht franzoͤſiſch“, findet in der ganzen Ge⸗
fer Literatur, bis auf die Revolution, feit welcher die literarlfchen und
en Talente der franz. Nation nicht mehr fo fehr beſchraͤnkt durch die
Rritie werden, feine Anwendung. Um felbft einen Maren Überblid zu
tber das Merkwuͤrdigſte, was in diefer reichen Literatur geleiſtet wurde
urkwuͤrdig durch den Einfluß, den fie bei der Verbreitung der franz
Eitten und Geſchmacksweiſe auf das Übrige Europa hatte), wollen wir
: Hauptelaffen der befondern Bücher, einzeln betrachten. Mir folgen
ı &itfaden von Chenier’s „‚Tableau historique de la litterature fran«
desreeifen auf die reiche Materialienfammlung der von dın Benedicti⸗
engrrgation St.⸗Maur angefüngenen und von den Mitsliedern des In⸗
ıcad. des inscript. et belles-lettres) fortgef. „„Hist. litteraire de ia
woron der 16. Bd. (Paris 1824.) das 13. Jahrh. enthält.
Stanzöfifhe Profa, Grammatik, Kunft tes Denken.
abre, nachdem Bacon den Unterſchied der wirklichen von der philoſophi⸗
IimmatE erklärt hatte, ſchrieb Lancelot unter Arnand's Leitung die
de Port-Royal“‘, eine allgemeine Grammatik, mit welcher die wiſſen⸗
Literatur dee Franzoſen anfängt. Robert und Henci Etienne ſchrieben
tr. Eisbente Aufl. Bd. IV, 20
in f. „Legons d’un pere‘“ audı dieſes Fach. Wie viel durch das grı
des 17. Jahrh. zuerft erſchienene „„Dictionnaire de Il’academie‘*
wurde, ift bekannt. Butet erklärt in f. Lerikographie das Verhaͤlt:
zuc lateiniſchen Sprache. De Volney aibt in f. Werd über die orienta
chen die Idee an zu einem allgemeinen Alphabet für die Sprachen alle
2) Speculative Philofophie. Dan darf das, was
Philoſophie und Metaphyfit nennen, nicht für daffelbe halten, was m
Morten verfichen. Alles tief Gedachte und tief Empfundene wurde
jeher als einjicdlerifch und phantaflifch aus der Literatur wie aus der
fchaft verwielen. Gegen die Mitte des 17. Jahrh. bildete ſich in
Welt zu Paris eine Leichtfinnige Lebensphiloſophie im Gegenfag zu |
Moralitit, dienod) mit dem Altromantiſchen etwas zufammenhing.
ſteme wurden durch elegante Sefellichaftsvereine verbreitet, an deren €
ftanden ; die geifteeiche Ninon de lEnclos, mit ihrem philo ophire
St.:Evremond, war die glänzende Anführerin der erften, die feinfi
benswuͤrdige Marquife de Sevigne wurde die Stüge der zweiten Pe
Vereine gewannen literariſches Anfehen; die Sprache bildete fich in |
zur höchiten Feinheit, aber die Kiteratur befam den converfationemäß
ter, ohne wilche fie keine Literatur für Franzofen hätte werden Können
ſenſchaftliche Begriff der Philoſophie verlor fich in Frankreich gänzlich,
tes durch fein Syſtem, Arnaud, dem die „Art de penser‘* zugefd
Nicole, de la Forge, und der tiefdenkende Malebranche hatten we
lang Aufühen gemacht, doch fie wirkten nicht auf die herrſchende Vo
ihre Anfihten blieben von Dichtung und Leben getrennt, Da bie:
ſcheuten, dunklere Tiefen zu ergründen, fo blieb Das, was fie Philo
ten, meift nur eine gewöhnliche Moral, veredelt durch eine bewundern
Podologie. Die höhere Menſchenkenntniß, die nur durch philoiop
tung des Geiſtes auf das Ziel aller menſchlichen Beftrebungen erworbsı
ihnen fremd. Aber in der Weltkenntniß, die man durdy hellen und g
ira geiellinen Leben gewinnt, Übertrafen die Scanzofen bald alle andr,
Su der Mitte des 18. Jahrh. gewann Das, was man in Frankreich ı
Die geunde Pirilo’opbie nennt, allgemeinen Ruf. Diefe Philo’ophie :
der hoͤchſt verfeinerten Sinnlichkeit; fie wirft Alles, was ſich nicht au
begreifen laͤßt, in die Maſſe der Vorurtbeile. Die Richtung, durch ei
Pate der franz. Philoſophie beſiimmt wurde, ſtammt von dem berühmt:
Phitoſephen John Lode (geb. 1632, ft. 1704). Diefer faßte (1690)
ſinn'gen „Veriuch über den menſchlichen Verſtand“ den großen Plan
ſprung, Gebalt und die aäußerſten Grenzen der menſchlichen Erkenntniß
damit der Menſch endlich zur Gewißheit daruͤber gelange, was er wiſſen
betänzite darin die Lehren von den angeborenen Ideen, d. h. gewiſſe U
eder Fermen des Geiſtes, die ihm urſpruͤnglich beiwohnten, und die e
Franzoͤſiſche Lit.; Speculative Philoſophie 307 -
g von aller Erfahrung entwickelte, und ſuchte im Gegentheil zu zeigen, daß
rxe Erkenntniſſe und Beuriffe zuletzt aus der Erfahrung entfpringen. Die
es Kindes, lehrte er, iſt wie ein dunkles und leeres Gabinet. Anfangs lafs
Sinne Ideen d. t. Vorſtellungen ein, wodurch fie Stoffe erhäit, an denen
Kraft üben kann. Sie beobachtet nun, was außer ihr und in ihr vorgeht, '
a zu urtheilen und zu ſchließen, und nad) und nad) die Urtbeile und Schlüffe
veiter auszudehnen. Darin beftcht die Reflerion. Go find alle, ſelbſt die
ı Begriffe und die abftracteften (ganz allgemeinen) Wahrheiten entftarden,
Frankeich nabm Etienne Bonnot de Condillac (geb. 1715, ft. 1780) den
hen Empirismus auf und bildete ihn zu f. Senfualisnius aus, Er lehrte:
zaſis, das Princip aller Entwidelungen in unferm Geifte, ift das Empfins
mögen (la faculie de aeutir). Ale einzelne Ideen, Erkenntniffe, Vers
ſelbſt die Reflexion, Verrichtungen und Gewohnheiten find fucceffive Um⸗
ingen (transforınations) diefeß Principe. Die Empfindung dndert nur die
wie das Eis, wenn es in Waſſer aufgelöft wird und dann als Dumpf ents
”. Die Einfachheit der Methode, und die Klarheit der Darftellung erregten
ymeinfte Theilnahme. Er wurde das Haupt einer Schule, die noch jegt im
zeich die herrſchende ift. Die Encpklopädiften, welche ganz im Ge ’ftc deffels
Ariteten, trugen das Meifte zu ihrer Ausbreitung bei; vorzüglich Diderot,
wbntund Helvetius. Der Effect war der glänzendfle, die fchwerfte aller
Iehaften, welche die anhaltendſte Anftrengung der Denkkraft erfodert, murde
raft des großen Haufens nahe gebracht; Fiber Eonnte über Metaphy⸗
Man bemerkte aber nicht, daß man an die wichtigften Probleme
Wtpbacht, die böbern, einflußreichften Unteriuchungen abgefchnitten, und
ie erniedrigt hatte. Indem man nun das Empfindungsvermögen,
ikkigfte Stufe in der Entwidelung unſers Geiſtes, in welcher er am meiſten
wlcfenmwelt abhängig iſt, als das bildende Princip betrachtete, und in dem
In nichts Andres erblickte als ein etwas feiner organifirted, von finnlichen
e bewegtes Thier (wie Helvetius), fo mußte der Gedanke, daß eigentlich die
Me Weit das abfolute Wefen, der Geiſt nur eine Verbindung von Atomen,
mb feiner Dandiungen ber Egoismus, und das Ziel derfelben verfeinerter
muß, mithin der Glaube an Freiheit, an Tugend und Seelengröße, an
Berfehung und Unfterblichkeit,, nichts als Wahn und Einbitdung fei, kaum
ng für Würger und Bauer, des ſtaͤrkern Geiftes aber ganz unwuͤrdig —
laterialismus mußte eine nothwendige Kolge jenes Syſtems fein. Damit
teaber Alles, was dem menfchlichen Leben Reiz, Werth und Würde gibt.
ufiinnige Auge hätte ſchon damals prophezeien können, daß in einem
n welchem diefe Überzeugungen herrſchend werden, über kurz oder lang alle
er Geſellſchaft ſich auflöfen muͤſſen. Nicht mit Unrecht hat man hierin
zuͤgliche Urfache der Mevolution erblickt. Es war freilich fehr übereilt,
aige jene Philoſophen fr die alleinigen Urheber derfeiben hielten, denn
ageheure Ummoälzung konnte nur das Refultat einer Reihe vorangeganges
zuiffe und mannigfaltig verketteter Urfachen und Wirkungen fein, und jene
acden niemals [o um ſich gegriffen haben, wenn nicht das Sittenvrrderbs
ıda gemeien wäre und die höbern Stände nicht hen nach dieien Maximen
t baͤtten. Aber durch die Schriften der ſogenannten Philofophin, durch
3 hellen Berftand, unerſchoͤpflichen Wis, d'Alembert's geifteeihe Klarheit,
nz Epige der Encyklepaͤdiſten ſtand, erichisnen jene verderblihen Maximen
als Lchren dee Weiſen des Volks, fie murden Dadurch gew.ffeimafen
it, fie verbreiteten fich ſchneller Durch alle Claffen, die noch SEchwankenden
von tem allgemeinen Strome mit fortgeriſſen. Dadurch un: durch. die aus
wipringende Steigerung dee Egoismus und der Sittinverderbnig wirkten
Wu?
308 Franzoͤſiſche Lie. : Speculative Philoſophie
fie fo zerftörend. Rouſſeau's ſchwaͤrmeriſcher Ernſt ftcht einzig in der franz.
ratur. Aber f. Beredtſamkeit brachte eine Menge von Ideen in Umlauf, die
Ausbruche der Revolution tief in das Schickſal des erfchlitterten Staats ringri
Die empirifche Anſicht biieb im Ganzen aud) bis auf die neuefte Zeit die herrſche
Das Eigenthümliche der deutfchen Korfdyung, vie es fich feit langer Zeit und‘
dauernd in den beften Autoren offenbart hat, und das man auch ohne Muͤl
ihrer Kunft erkennt, befteht darin, daß fie Alles auf dic Ideale der Vernunft,
durch fie auf das Unendliche, Ewige bezicht, als auf das alleinige Princip aller
fheinungen. Diefem ordnet fie alles Andre unter, unbekuͤmmert um die
gen, lediglich, wie es fcheint, um ein ihr von der Natur eingeprägtes Verlange
befriedigen. So gewiß tiefes Beſtreben an ſich das Höchfte und die Krone ı
Forſchung ift, jo wenig läst ſich leugnen, daß hierbei eine große Einfeitigkeit an
Tag kommt, welche andre Nationen oft mit Mißtrauen erfuͤllt und von und a
floßen hat. Der Deutiche vertieft jich in die Fdeale, in die Vernunftſyſteme, c
darnach zu fragen, ob der Andre ihn verftcht, ob der Lefer ihm folgen kann, of
im Leben und wie fie angewendet werden Eonnen, ja cr wird über diefem Geſch
nicht felten gleichgliitig gegen das Wirfliche, er vernachläffigt feine irdifhen A
Iegenheiten, und fo fommt es denn, daß er, der die Ideale am beften kennt, m
ben oft hinter den Andern zuruͤckbleibt. Er vergift, daß die Speculation, w
fie mehr als die Träumerei eined müßigen Kopfes fein foll, doch zuletzt nieder im
Praxis ausfchhlagen muß, und daß dem Menfchen die Nichtung nad) dem Jhr
nur deßwegen verliehen ift, damit ſich durch fie fein Leben immer reiner, ebler
wirdiger geftalte. Das Entgegengefegte findet bei den Franzoſen ſtatt. —
geht die Sichtung von Innen unmittelbar auf das Aufere, Dafeiende. ade
nee Anjicht find alle Zwecke des Menfchen nur im Sinnlichen zu realſſiren,
Menſch ift an.das irdifcye Leben gewieſen, alle Erkenntniß der Augenmelt und
nenwelt barf zu nichts Anderm dienen, als um den Genuß deſſelben zu ah
und Alles fo bequem, angenehm, heiter al8 möglich zu arftalten. Daherm =
ſich alle Beſtrebungen einander unterftügen, und der Mittelpunkt, worin all
fammentaufen, ift dad Vaterland. Bei jeder Wiſſenſchaft find die erften Fre⸗
Was kommt dabei heraus? melde Anwendung laͤßt fich daraus machen in E
hung auf Genuß, Handel, Wohlftand, Anfehen, Einfluß auf Andre? Daf
von die Philfophie nicht ausgenommen fein werde, iſt leicht zu vermuthen.
Beränderungen auch noch den Anfichten der Franzoſen bevorftehen mögen, niet
werben fie fich, wenn nicht anders Ihr Grundchatakter im Laufe der Zeit wefer
verändert wird, fehr über den Empirismus erheben. Erfahrung, Auffaſſins
Thatſachen, Elare, gemeinfaßliche, angenehme Darftellung derfelben, und chyi
daraus für die Anwendung: — dieſes ift den Meiften unter ihnen das peu!
Wiſſenſchaft. Damit verfallen fie in eine noch größere Einfritigkeit wie die D
fchen. Wer fich zur überfinnlihen Welt echebt, Bann vielleicht den Schiäffel
finntichen entdedien, er kommt den Mächten auf die Spur, welche das Irdiſche
bereichen ; wer fidh dagegen an das Sinnliche hält, ſteht zwar fcheinbar auf et
feften Boden, allein er ift doc) dem Unbeftand und dem Wechjel der Erfchelmsn!
bingegeben, es fehlt der Wiffenfchaft und nody mehr dem Keben an leitenden P
cipien, und die Welt des Geiſtes tritt aus einauı im Gedraͤnge entgegengeſe
Meinungen. — Imar hat e8 auch in Frankreich niust an einzelnen Geiftern q
welche eine tiefer eindringende Anſicht in der Philofophie zu begruͤnden ſuchten >
konnten aber nie eine bleibende Wirkung hervorbringen. Erſt feit der Revolukf
welche die Franzoſen mit fo vielen fremden Völkern und deren Ideen, namerf
den Deutfchen, verfrauter gemacht, und dadurch, forvie durch die große Reihe
fchütteruder Ercigniffe, ihren Grundcharakter gar fehr modificirt hat, mb #
mehr in den legten Jahren, ſpricht fid) da6 Beduͤrfniß einer höhern, wuͤrdigern
Franzoͤſiſche kit.: Speculative Philoſophie 309
mzweideutig aus. Schon in den Schriften J. J. Rouſſeau's iſt es zu er⸗
noch mehr in den Werken des Bernardin Henri de St. Pierre, Chäteaus
ilaude St.» Martin und Marguis Bonald ; auch Prosper de Barente, in
hrift über die Literatur Frankreichs im 18. Jahrh., wurde von diefem Ges
leitet, und De Gerando, Villers und die Baronin de Stael-Holftein deu⸗
ꝛi aufdentfche Philofophie hin. — Solche Aufregungen konnten nicht ohne
tiben. Man bemerkt feit einigen Fahren eine größere Regfamkeit in ihrer
chen Literatur. Unter denen, welche beſonders bemüht find, derfelben
te Geſtalt zu geben, verdienen ausgezeichnet zu werden: 1) P. Laromis
Seine „Lecons de philosophie, ou essai sur les farultes de l’äme*“
., Paris 1820, 2 Bde.) find ein fehägbares Werl. Der Styl glänzt
ichtigkeit und Klarheit, forgfältig gewaͤhlte Beifpiele machen Alles anfchaus
ch ift die Darftellung von Weitſchweifigkeit, ſowie von einer dem Deut:
fallenden übertrieben Popularität nicht frei zu fprechen. Er fucht fid) von
ach zur Einheit zu erheben, und wendet gegen die Lehre Condillac’® bes
dies ein, daß fich Die Thaͤtigkeit der Seele nicht von der Empfindung, fons
z von einem innern Principe ableiten laſſe. Die Seele ift nad) f. Anficht
And activ und paſſiv. Es laͤßt ſich im menfchlichen Geifte Alles auf drei
terüdführen, die Empfindungen, die Einwirkung des Geiftes auf die Ems
Mr, und die Ideen oder Erkenntniſſe, als Reſultate diefer Operationen,
nen zu dieſen wieder neue Ideen, auf diefe wird wieder eingewirkt, und
Nawirder neue erzeugt. Und fo geht es fort ins Unendliche. Die Polemik
edilac ſcheint nicht ganz gelungen. Gewiß ift es fehr lobenswerth, daß
kalte die innere Kraft der Seele mehr hervorheht, und diefe auf dns Ems
mweänmicten laͤßt; allein die Art, wie er die Seele zerlegt, möchte ſich weni⸗
Mähren laſſen. Aus zu großem Veftreben nady Einfachheit iſt er in denſel⸗
es verfallen wie Condillac. Die Aufmerkfamteit fpielt in f. Syſtem dies
ie, wie die Empfindung in dem des Condillac. Er will Alles aus derfels
2m. Die Aufmerkfamteit hat aber nicht die erfoderlichen Eigenfchaften
ben Principe. Die erften Ideen, lehrt er weiter, entfpringen aus den
wirkung äußerer Objecte auf unſern Körper hervorgebrachten Gefühlen,
unmdlidy, wie die Zahl der Eindrüde. Die Seele hat eine Kruft, diefe
ungen zu beleben, beftig zu bewegen, zuruͤckzuhalten. Die tbätias Seele
We die leidende, bringt Bewegung in ihre Ruhe, Ordnung in ihre Verwir⸗
Min die Finſterniß. Kine gewiſſe von diefen verfchiedene Claſſe von
rauf fich das Gute und Boͤſe bezichen, entfpringen aus dem Gefühl ber
tder Wermögen der Seele, deren Urfache die Aufmerkſamkeit ift. Die
m Ideen insbeſondere entfpringen aus dem moralifchen Gefühle, und ihre
fach find die Vermögen des Verſtandes. Eine andre Claſſe bezieht
ie Berhättniffe, und entfpringt aus dem Zugleichfein mehrer Ideen, wo⸗
Seele ihre Ühntichkeiten und Unterſchiede entdeckt. Alle Ideen haben ih⸗
ung im Gefühl, und ihre Urſache in der Thaͤtigkeit der Vermoͤgen des
Das Vermögen zu handeln, zu empfinden und zu denken, ift angeboren.
aaber find alle erworben. So fteht Laromiguiere dem Lode naͤher ale
illac. Auch fcheint er Leibniz's Werke gefannt und benugt zu babın.
t Graf de Tracy behauptet unter den jeßigen philofophiihen Schriftſtel⸗
vergüglichen Rang. Inſonderheit ift f. „Ideologie“ berühmt gewors .
om die dritte Ausg. (Paris 1817) erichien. Auch er erhebt Rode und Con⸗
ralle Maßen: der Erite habe zuerft den menichlichen Verſtand beobachtet .
eben, wie ein Mineral oder eine Pflanze, dee Letzte aber fei der eigentliche -
der Ideologie, und feine Methode vortrefflih. Doc ſucht er felbft
dem Syſtem deffelben zu verbeſſern. Die Senfibitität, lehrt Deſtutt de
310 Franzoͤſiſche Lit. Speculative Philoſophi
Traey in f. „Ideologie“ iſt das Vermögen, durch welches wir vicle
erhalten, und das Bewußtfein davon haben. Dieſe Eindrüde fin!
dungen, und beziehen fich nicht bloß aufdie Objecte Außerer Sinne
aufdas Innere. Das Gedäaͤchtniß ift eine zmeite Art der Senſibil
wir von der Erinnerung an eine wirkliche Empfindung afficirt werde:
Vermögen, zu urtheilen, ſowie das Urtheit ſelbſt ift eine Art der Sei
eine nothwendige Folge derielben. Ebenſo ift der Mille eine Art de
ein Refultat unſerer Organifation. Die Anwendung unferer mechai
tellectuellen Kräfte hängt von unſerm Willen ab; ducch fie allein briı
tungen hervor und find eine Macht in der Welt, die auf Alles operir
eumgibt. Die Bafie des ganzen. Gebäudes der menſchlichen Erf
berzeugung von dem Daſein der Körper außer uns. Taͤuſchen wir
fen Punkt, ift die Eriftenz der Körper eine bloße Illuſion, fo lebe
von Phantomen, und unfere fammtlichen Erkenntniffe find nur Chi
ftärkite Beweis für die Realitaͤt der Körper außer uns liegt darin
Vermögen haben, uns zu bewegen, baß jede Bewegung der Glieder
nern Empfindung begleitet ijt, daß die Empfindung der Berwegung a
Bewegung, und Beides, wenn man auf einen Körper ftößt, auch
Millen, und deſſhalb der Grund nur in der Wirkung der Macht ein«
ſens liegen kann, das von ung verfchieden ift. Damit die Körper di
vermögen, müffen fie mit der Kraft des Widerſtandes begabt fein.
empfundene Thaͤtigkeit auf ber einen Seite, und Widerftand auf der
das Band zmiichen den empfindenden und empfundenen Wefen. 3
hierhes Ch. Vict. de Bonftetten mit demfelhen Rechte, mit dem m
Werke zur fcanz. Literatur rechnet. Seine „Etudes de ’homme“
2 Bde.) find ein in mehr als einem Betracht fehr ſchaͤtzbares Buch
vieljährigen Studiums, und im Geifte der höhern Pfychologie gefd
enthält einzelne tiefe Blicke in das menfchlicye Herz, und eine Reibe f
merfungen, doch mehr hingeworfen, fEizzirt als methodiſch durchge
und Leib fteben in Wechielwirtung mit einander, fodaß Alles, wa
vorgeht, irgend eine Wirkung in dem Organe hervorbringt, und un
aber ein befonderes Ganze ausmadıt, das fein bewegendes Princip in
Das Lebensorgan gibt nur die Bewegung, die Seele aber enticheidet
Gefuͤhl des Vorzugs, das aus der Vergleichung entfpringt. Es wäı
fe& dem Körper zusufchreiben, und die. Seele mit dem Automaten ;
weil beide auf einander wirken. Die Quelle der Ideen ift die Empf
Natur hat zwifchen uns und den Dingen drei große Verhättniffe feft:
ſchen den aͤußern Dbjecten und den Organen der Empfindungen, b
äußern Öbjecten und den Gefuͤhlen, und c) das moralifche des Menſc
(hen. In tem Chaos, Geſellſchaft genannt, wo alle Gefühle und
durchkreuzen, gibt es gewiſſe Durchichnittspunfte, wo die naͤmlid
ſich vereinigen. Verfolgt man diefe Punkte, fo bezeichnen fie bie erſt
allgemeinen Intereſſes, das öffentliche Wohl genannt. Dadurch q
der Einſicht, daß es Regeln gibt, die man nicht verlegen ann, ob
Drdnung zu vernichten, Die e Regeln, einmal anerkannt, bilden d
ſtrenger Pflichten. Dies ift der Punkt, wo Gefühl und Vernunft
Im. Das Gluͤck entipringt aus den harmonischen Verhältniffen zw
fühl und din Ideen. In dem Menichen gibt e6 ein Princip der En:
ganz aufdas Gluͤck der Geſellſchaft berechnet iſt. Dies ift das Herz
berauͤht fich beionders, die Gefühle gegen die Einfeitigkeiten der Log
bigen, die alle Wirkungen des Geiſtes aus den Ideen herleiten.
unter den Neuen ned) zunennen: Cabanis, Degerande, deffen „H:
Franzoͤſiſche Lit. Moral, Polieif und Gefeggebung 311
1. de la philosophie‘* (Paris 1804, 3 Bde.) kuͤrzlich in einer neuen Auflage
dienen ift, und Coufin. S. d. folg. Art.).
3) Moral, Palitik und Geſetzgebung. In dieſer Claffe bemer⸗
wit zuerſt die Easnis“ des geiſtreichen Montaigne, ber die Menſchen fchüiderte
keriie fand. Dieſer feine und ſelbſtaͤndige Kopf lebte von 1533 — 92. Sein
Bund Styl find eigenchlimlich, und durch die reizende Naivetit f. Zeitalters
känt. Er bildete fidy nach den Alten, ohne feine Nationalität zu verleugnen.
hen inf. „Truite de la sawesse* zeigte mehr Methode, aber weniger Eigene
Wanichteit. Wie fehr ſich unter Nichelicu die alte Naivetaͤt auch aus der didak⸗
Ken Proſa verlor, zeigte das politiſche Teſtament dieſes mertwürdigen Mannes
Wi. Gr fchrieb als echter Staatds und Weltmann. Mit Recht zaͤhit man
Yekalıu den vorzäglichfien Schriftſtellern des goldenen Zeitulter der franz. Lite⸗
we. Ein himmliſcher Wahrheitsſinn fpricht ſowol aus Pascal's moralifchen
Bu üsisfen Betrachtungen wie aus ſ. wiffenfchaftlichen Korfhungen. Die na⸗
ir Sqoͤnhelt ſ. Profa ift bis auf diefen Tag nicht veraltet. Durch f. „Pro-
rule, ou leitres Ecrites par L. de Montalte à un prorincial de ses amis“
wagz red, die cafuiftifche Moral der Jeſuiten entfchleiernd zu zerjtören ; fie wur⸗
Prilig gelejen ; in wenig Werken wird fi) der ſtrengſte Ernſt fo gluͤcklich mit
Ya gfüfigften Scherz zur Erreichung eines großen Zwecks vereinen. Große, fees
de Berl und Wahtheit fpricht aus f. „‚Pensees sur la religion‘. Zu gleis
ar 3, wo diefer fcomme Gelehrte in ſtiller Einfamteit wirkte, reifte in der gro⸗
Marder feine und kluge Beobachtungsgeift des Herzogs de la Nochefoucautd,
Beimen gehören zu den Muftern des claſſiſchen profaiichen Styls. Sie
ab ueber und berzioß, aber leider bei Weltmenfchen meift treffend. Man
babe ihn den fcharfen Ton liebgewinnen, und durch Eleganz die moralifche
Warren, die fich, nach ſ. Srundfägen, bei Betrachtungen nicht zeigen darf.
Uli Wert: „Les caracteres‘‘, wurde durdy ganz Europa beruͤhmt.
BR) Charafterfchilderungen find mit fefter Meifterhand gezeichnet, aber c&
‚Mäyerim Kormen; La Brupere wußte das Perjönliche zu treffen, ohne in
auömarten. Duclos firebte ihm nad. Zwei Werke erwarten ſich
hmfndiicen Ruhm: Zenelon’s „Telemach“ und 3. 3. Rouſſeau's „Emil“.
re mar beſtimmt, fürftlichen Sünglingen als Regentenſpiegel zu nuͤben; nie
auldie Belehrung ein anmuthigeres und ebleres Gewand erhalten als in biefem
Bieksilden Roman. üÜberdies zeichnen fid) Fen⸗lon's Unterſuchungen über
Dakin Gottes, und feine Abhandlung über die Erziehung der Töchter, durch
kemme Würde aus. Marmontel’s „‚Belisaire‘ und f. „Lecons d’un
Neises enfans‘“ fommen zwar jenen Werken nicht gleich, aber fie fir. ben ihnen
nad). Unter den didaktifchen Schriftfielleen müjfen wir den wigigen St.⸗
| ‚ einen der geiſtreichſten Epikurder, als einen von Voltaire's Vorarbei⸗
Mimerten. As Beilpiel der falſchen Beredtfamfeit, die eine Zeitlang Made
R, feht Fontenelle; er kokettirt mit f. Kenntniffen und redet mit fadem Scherz
sfte Dinge, um nur unterhaltend zu fein ; feine aſtronomiſchen Unterhaltun⸗
Mehr einft deßhalb. Später verdankt man der geiftvollen Witwe Condorcet's
Rirfliche Überfegung der Theorie moraliſcher Gefühle son Smith, der fie Brisfe
u Sompathle hinzufügte. Das Merk der Frau von Stsel uber ten Einfluß
Rkümfdyaften auf das Gluͤck ber Einzelnen und der kuͤrgerlichen Geſell chaft,
wie alle Schriften diefer geiftvollen Frau, geniale Anfichten, Neuheit der
—XR und ſeltene Geiſtesunabbaͤngigkeit dar. De Volnen's „Kat hieniie
Wfunzdj. Bürgers", und Saint⸗-Lambert's „Allgemeiner Katechismus“, oder
keipes des ınocurs chez toutes les nations** verdienen Beachtung. Neuer⸗
hu bat ſich Droz (. d.) durd) fein Werk über Moral ausgezeichnet. Die per
tigen Schriftſteller ſangen in Frankreich mit dem ehrwurdigen Kanzler de
312 Sranzöfifche :Sir.: Rhetorik, Kritit, wiffenfchaftl, Werft
PHofpital an, Obgleich unter Kari IX.-die Gefege am meiften übertreten wur
fo fing doc) die Verbefferung der Gefeßgebung damals an. Dumoulin, eine
größten Rechtsgelehrten, trugvicl dazu bei. Hubert Langret feprieb, unter !
angenommenen Namen Junius Brutus, eine merkwürdige Schrift über die re
mäßige Gewalt eines Fuͤrſten. La Boetie, Bodin (Fo. Bodinus), Boisyuilt
Lamoignon, d'Agueſſeau, St.⸗Pierre und Melon zeichneten ſich in dieſem $ı
aus; die „Economies royales“ von Sully dürfen hier nicht vergeffen werl
Bor Allem ragt aber Montesquieu durch fein großes Werk „De l’esprit des ko
hervor ; er Ichte 1669 — 1755. J. 3. Rouffenu entfchleierte in f. „Comtrat
cial“‘ Wahrheiten, die man zuvor faum ahnete. Mably wurde durch viele We
und befonders durch |. „Entretiens de Phacion‘“ bekannt und gefhägt. Ser
Dupaty, Korbonnais, Zurgot zeichneten fid) in dieſem Fache aus; aber befon’
verbreiteten Necker's Schriften Klarheit über Finanzweſen und Staatevermalte
Mirabeau’s kuͤhne und Eräftige Schriften werden immer berühmt bleiben. Kc
der Schrififteller dieſes Fachs hat fich aber während der Nevolution duch SE
finn und ausgebreitete Kenntniffe mehr ausgezeichnet ale Sieyes. Lebrun, Ba
Marbois, Roͤderer, Dupont de Nemours, Garnier, 3. B. Say, Ganilh
Merlin, Perreau, Bourguignon, Bexon, Pafloret und 2a Cretelle find ſehr
ſchaͤtzte Schriftfteller im Sach der Geſetzgebung und der Rechtsgelahrtheit.
4) Rhetorik, Kritit, wiffenfhaftlihde Werte Die W
in den erften beiden Fächern find zahlreich, doch verloren viele den frühern £
weil fie auf. beſchraͤnkte und einfeitige Anfichten gegründet find. Wer wird jegt n
die Regeln der Epopoͤe bei dem P. Le Boffu, oder die des Theaters bei dem A
d’Aubignac fludiren wollen? Wollin’s „„Traite des etudes‘‘ bleibt ein um fei
Klarheit willen gefchästes Elementarwert; Batteur’d „„Conrs des belles-kettr
Dubos's Werk über Poefie und Malerei, Diderot's Betrachtungen über das T
ma, Marmontel's Poetit und f.: „Ülemens de litterature‘*, Rapin's,
flexions sur l'usage de l’eloquence‘‘; Buffier’d „‚Traite philos. de I’
quence“, Feneton’s „„Dialogues sur l’eloquence‘* und „Reflexions sur la
torique‘‘, Sorneille'$ „„Discours sur la iragédie““, Voltaite's „„Coinmentz
sur Corneille‘, |. „‚Melanges‘‘, f. „Dictionnaire philosophique“, f. B
und der: „‚Essai sur les eloges“‘, von Thomas, find Werke diefes Kaches, w
Epoche machten. Kine der wichtigften und belehrendften Schriften iſt Garl
Maury’s „‚Traite sur les principes de F’eloquence de la chaire et du barre
In neuerer Zeit muͤſſen wir Suard's „‚Melanges de Iitterature* bemerken,
fi) durch ſinnige Beobachtungen, eleganten Styl und Kunfigefühl hervorbe
in diefee Sammlung zeichnen ſich auch die Aufläse des Abbe Arnaud aus,
„Melanges tirés de ınanuscrits des Madame Necker*‘ find anzichind ; die
teile darin find oft gemagt, der bisweilen gefuchte Styl ift jedoch immer geifl
Die „Etudes sur Moliere‘* von Cailyava ; die „Alemoires pour servir al
twire de la litterature frangaise‘‘, von Paliſſot. Chamfort's „‚Aleınor
und Gingurnes Aufſaͤtze find verdienftliche Werke; Legterer befchäftigte ſich z
mit einem großen Werke über die italicnifche Literatur, das durch f. Tod leider
vollendet geblichen. Das große Werk von La Darpe: „„Iuycee de littératu
verdient Auszeichnung, befondere Die erfte Hälfte, die legten Baͤnde find m
augenſcheinlicher Parteitichkeit geſchrieben. Durch Ihr an feinen Bemerku
reiches, wiewol aud) viele Unrichtigkeiten enthultendes Werk: „De ’Allemazı
hat Krau von Staël eine Verbindung der franz. Kritik mit der deutfchen Liter
eingeleitet, Seitdem ift von franz. Seite viel über Romantik gefprochen wo!
In wiffenfchaftlihen Werken aller Art ift die franz. Literatur ſehr reich.
larheit der Sprache und das Stubiun der alten Elaſſiker macht fie dazu befor
geeignet. Buffon war einer der Erfien, der mit ſeltener Genialität und G
ſche Sit.: Kanzelberedtſamkeit, Erziehungsſchr., Gefch. 313 |
aturwiſſenſchaft fchrieb ; Lacepede und Guvier folgten f. Vorbild; Las
Foureroy in der Chemie; Corvifart und Pupfegur in der Mebicin;
Agincourt, Landon in Archaͤologie und Kunftgefchichte ; 3. 3. Rouffeau,
Saftil Blaze, Julin und Despolin Über die Muſik; Percier, Fontaine,
er die Baukunſt; Langles, Spivefter de Sacy, Checy über die orientas
prahen ; Malte:Brun über Geographie, gehören zu ben ausgezeichneten
hriftftellern in dieſem Suche ; body if dies fo reich, daß es unmoͤglich iſt,
haft bedeutende Männer bier aufzuzäblen.
Kanzeiberedtfamkleit, Erziehungsſchriften. Zur Zeit
XI. zeicjnete ſich Lingendes zuerft duch f. Predigten und Leichenteden
Racaron näherte fih ihm. Voſſuet riß bin durch f. edlen Eifer für Wahr⸗
Froͤmmigkeit ſowol als durch f. glänzende Beredtſamkeit, die unverkenn⸗
Charakter des Zeitalters Ludwigs AIV. trägt. Seine berühmten „Orai-
atbres“‘ trugen ſehr viel zur Ausbildung der franz. Proſa bei. Bourdaloue
zte mit ihm, und wurde für den größten aller franz. Kanzelredner anerkannt ;
von 1632 bis 1704. Anfelme und Flechier waren beliebt. Maſſillon
iel von diefen großen Vorgängern, und wußte durch die rührendfte Sprache
ber Demuth die Herzen zu bewegen. Unter den proteftuntiichen Kanzelreds
Knete ſich Saurin aus. An Erziehungsfchriften ift die franz. Literatur ſehr
Dhae die berühmten Werke hier wiederholt zu nennen, deren wir ſchon fruͤ⸗
erwähnen wir nur aus neuerer Zeit der Werke von Mad. le Prince
want, von Mad. de Genlis, von Bouilly, Berquin, Ducray: Dumenil
La fehlic, Lieblich.und ganz für das zartere Alter gefchrieben. Die „Let-
Eike zur la mythologie‘“, von Demouftier, find feihtund unzweckmaͤßig.
IGeſchichte, Biographien. In der hiſtoriſchen Kiteratur müffen wie
den Dentmale franz. Berebtfamteit ſuchen. Aber Memoires find es, die
leſenders aus zeichnen; ben Franzoſen gefiel und gelang ſtets die feine Bes
ng ber Charaktere und Sitten, im öffentlichen wie im Privatleben, am bes
ſenders wo fie felbft thätigen Antbeil nahmen. Sie find voll Talent, das -
dem Einzelnen zu entdecken, aber felten ergeiffen von der Gewalt einer
Dee, felten bingeriffen vom Antheil an den Kortfchritten ganzer Völker.
wium der mannigfaltigen Memoiren ift jet fehr erleichtert durch die ſchaͤtz⸗
Collection universelle de Mémoires relatifs à I’'histoire de France‘*,
Mm12 Bände nur die vom 13. bie zu Ende des 15. Jahrh. enthalten.
Ace Uberfesung diefer Sammlung, von verfchiedenen Mitarbeitern, gab
heraus. An der Spise aller VBerfafler merfwürdiger Memoires fteht ber
van de Foinville, der den König Ludwig den Dell, auf dem Kreuzzuge nach
Ibrgleitete. Die treuherzige Naivetät dieſes Schriftftellerd hat eine wahr⸗
antiſbe Anmuth. Er wollte mit redlichem Eifer f. frommen Könige ein
#s Denkmal fliften. Cheiftine de Pifan, Tochter des Hofaſtrologen
„folgt ihm; ihr Styl iſt zierlicher, ohne Joinville's Eräftige, heitere Leich⸗
haben. Philippe de Comines ſchilderte treffend den finſtern und verſtell⸗
WAL; er war der geiſtreichſte, und in rhetoriſcher und pragmatiſcher
der erſte aller Verfaſſer franz. Memoiren v. 13. bis gegen das 17. Jahrh.
ſchtieb ein größeres hiſtoriſches Werk, was er fuchte durch den Reiz des
kam in die Nachbarfchaft epiicher Dichtung zu bringen. Inden Mes
berdas Leben des Ritters Bayard bemerkt man zum letzten Male die Nai⸗
täten Geſchichts⸗ und Chronikenfchreiber. ine Miſchung diefer Nai-
einer chniſchen Frechheit, die in der biftorifchen Literatur nicht ihres Glei⸗
jiichnet Die verrufenen Memoiren des Brantöme aus; fie ſchildern die
es IX. und Heintichs III., wo die empörendfte Sittenlofigkeit herrſchte.
nub anziehend und würdig über fein Zeitalter. Es ift Schade, daß ber
314 Srangöfifche &it.: Gefchichte, Biograpt
kenntnißreiche De Thou nur lateiniſch, und nicht franzöfifch fd
fchrieb mit Frelmuͤthigkeit die Gefchichte der franz. Mlonarchie. %
Lobredner als Hiftoriker, indem er die Eroberung von Franche Go
rillas füllte 15 Quartbände mit der Gefchichte des Zeitraums von
aufden Tod Heinrichs IH. ; er erzählte gern etwas romanhaft.
fidy nad) Ihm, aber feine Sprache war reiner. Daniel, Joſephi
te Thoyras und Aubert de Vertor zeichneten fi) damals als Hifi
ſuet's Darftellung der Weltgeſchichte ift einzig in ihrer Art. W
tie neuere Literatur gibt eine fo Eosmopolitifche Überficht aller grof
beiten in Beziehung auf das Raͤthſel der Beftimmung des Menfd
nal de Re verſtand es, die unterhaltendften Anekdoten auf eine ge
Weiſe in die Geichichte zu verweben. Bougeant ichrieb über den ı
den. Rollin's Werke find zur Belchrung der Jugend geſchrieb
genial noch tief und befricdigend, aber gut für Anfaͤnger und Ki
ſchließt ſich Creviers Geſchichte der Kaiſer, und Lebeau's „‚Histo
pire** (neu bearbeitet von Royou, Paris 1814, 4 Bde.) an. Die
* Abbe Claude Bleu, der von 1640 — 1723 Iebte, ift ausge
lich. Henaut gab eine chronologiſche Überficht der franz. Gefchid
fehrieb mit roͤmiſchem Geift über die Römer; Voltaire nimmt
Geſchichte Kacls XII., des Verſuchs über die Sitten der Völker,
zung des Zeitaltere Ludwigs XIV. einen glänzenden Rang unte
ein. Condillac zeichnete fich in diefom Sache weniger aus als V
quieu's Gefchichte Ludwigs AL. ging verloren ; dies bedauert m.
man bie von Duclos lieſt, deffen Geift mehr fein ale reif war; f.
crets‘‘ find vorzuͤglicher. Millor ift correct und vorurtbeilgftei,
ſchuͤchtern. Gaillard verdunkelt durch f. weitläufigen Styl andrı
nal's philofophifche Gefchichte des Handels der Europaͤer in beider
und erwarb ihm Ruhm. Rulhiere's Gefchichte der Revolution,
tharina II. auf den ruſſiſchen Thron kam, und ſ. Gefchichte de
Mahrbeit, Eleganz und Feuer gefchrieben. Michaud's „„Histoir
erhielt bei dem franz. Nationalinftitut über Heeren’& Bearbeitung
ftandes den Preis. Mirabeau's Gefchichte der preuß. Monarch
dem Einzigen ift überreich, aber der Mangel an Ordnung ift fühlt
rich der Große fetbft aber ift hier unter den erften franz. Geſchich
f. „Memoires de Brandebourg** und „„Histoire de mon temıs“
Elementarwerk von Thouret, uͤber die Revolutionen in der frar
höchft merkwürdig. Es iſt fehr beiehrend und tief durchdacht, ci
aber bündig, rein und treffend gefchrieben. Im Gefüngniß
Merk gefchrieben, und man fchleppte diefen Mann zum Tod und
Seind des Volke, indem er fein Werk vollendet hatte, wo jede 3:
vom Gefuͤhl des Volksrechts und von Freiheitsliebe. Anquetii
ſchrieben die Gefchichte Frankreichs. Aus früherer Zeit müffın rn
tcl’8 „Histoire de.Regence** und der Memoiren von Saint⸗S
von Chajfeuf, den Herzog von Aiyuillon und den Grafen von Mo
Hrn. von Ségur's politiſches Gemälde von Europa, inf. „Hi
paux evenemens du rözne de F. Guillaume Il., Roi de Prus
net; Caillard's treffliches Memoire über die 1787 erfolgte Revc
füllt beinahe den ganzen erften Theil jenes Werkes aus. Rabar
„Precis historique de In revolution frangaise‘‘, 2 Bde., fi
lendet von dem juͤngern Lacretelle, 5 Bde, wird fehr geſchaͤt
„Precis des evenemens militaires‘‘ von Matth. Dune.
„Considerations sur les principaux evenemens de la rérol
ein von der Kran von Stael nachgelaſſenes Werk, und Mignet's
Stanzöfifche Lit.: Mathematik des 19. Jahrh. 315
anc.‘C hier ruͤhmlichſt erwaͤhnt zu werden. Endlich iſt die franz. Literatur
ert durch teeffliche Überfegungen alter und netter Hiftorifer aller Völker,
Mathematikdes 19. Jahrh. In der Mathematik, fowolder reinen ale
andten, hat fich die franz. Nation in der neueften Zeit durch einen fo regen Eis
d fo glänzende Erfolge ausgezeichnet, daß ihr vielleicht Die Palme vor allen übris
tationen Europas zustfarint werdeg darf. Wir nennen, mehr die MWichtigs
Re ſtungen, als die natürliche Ordnung der Materien beachtend, und uns
ine Skizze befchränfend, von den franz. Matbematikern biefer lepten Periode,
Rkaptace(f.d.), der in ſ. „Mlecanigme celeste‘‘ (Paris 1823, 5 Bde., 4.)
Kalle Zeiten gültiges Gefegbuch ber feiniten und vermidelteften Himmelsbes .
Rasen gegeben, und folchergeftalt, mic Hülfe der Kunftgriffe einer höchft vers
hranmeten Analyſis, das Gebaͤude vollendet hat, zu welchem der Grund durdy
zun's „Plilosophiae naturalis principia matheinatica‘“ gelegt worden war,
iichzeitig, und nur die Mefultäte jener großen rechnenden Unterfuchungen ente
Önsd, erfhien deſſelben Verfaffers „Exposition du systäme du monde“ (4,
RL. Yari 1813, 2 Bde.), zu weicher Haffenfrap’8 „„Cours de physique celeste‘*
4 1803) einen befondern Sommentargeliefert hat. Als Einleitung in diefe
mmelltnechanie aber kann betrachtet iwerden Scancorur’s: Traite eleinentaire
umiasigae'‘ (4. Aufl, Paris, 1807), womit für die Abficht tieferer Forſchung
lagına 6 „„Mecanique analytique‘‘, Prony’s ,„Mecanique philosophique‘*
Kür „‚Priucipes de l’Equilibre et du mouvement‘‘ verbunden werben köns
ur Jh Aſtronomie felbft, als der nur in erroriternder Beziehung zur Himmels⸗
qct chenden naͤchſten Disciplin, hatte Lalande ſchon 1792 die 3. Aufl. f. „As-
ne‘ 3 Bde., 4. erfcheinen laſſen, als Delambre, nachdem jenes Wert fchnell
upfanır, [. „Astronomie tlıdorique et pratique‘* (Paris 1814, 3 Bde., 4.)
‚md Biot durch f. „, Traitd el&mentaire d’astronomie plysique‘“ (2. Aufl.
1811, 3 Bde.) Anfoderungen eines aftron. Publicums von weiterem Ums
afülte. Die mathematifche Phyſik verdankt demfelben Vrrfaffer ihr Haupt⸗
wre Zeitraums: „Traite de physique experimentale et mathematique‘*
ku, 1316, 4 Bde), woraus zugleich ein, auf den erperimentalen Theil bes
Netter, bereits in 3 Aufl. gedrudter: „Précis elementaire‘* vorhanden iſt.
Eile Beodefie und mathemat. Topographie hat Puiffant in f. ,‚Traite de géo-
w* (2, Auft., Paris 1819, 2 Bde. 4.,) und „Traitd de topographie, d’ar-
aseet de nivellement‘“ (2. Auft., Paris 1820, 4.) zwei claffiiche Werke ges
n. In der Hydraulik ferner ift Prony’s „„Architecture hydraulique‘‘ ebens
Ibendı den Charakter hoher Vollendung bezeichnet ; und von den neueften kriegs⸗
hfhafttidmathematifchen Werken verdient Gay de Vernon's ,‚Traitd d’art
kire et de fortification‘* (Paris 1805, 2 Bde. 4.) eine ausgezeichnete Er⸗
mn. — Die reine Mathematik hat fidh keiner geringen Bereicherungen
em gehabt. Lagrange’s „Theorie des fonctions analytiques** (2. Aufl,
1813, 4.), und die mit Commentar dazu gehörenden „Lecons du calcul
Ihpetioms‘* deſſelben Berfaffere werben mit Recht als ein uncntbehrliches Merk
Chffaung des Weges in das innerfte Geheimniß der hoͤhern Analyſis betrachtet,
Kr hiernachft in ihtem weiteften Umfange Lacroir in f. ,,Traite du calcul diffe-
“letda calcul integral‘ (Paris, 3 Bde., 4.) abhandelt, welches vielleicht
wufafiendfte und gründlichfte Arbeit über diefen Gegenftand ift. Unter den
Bantarwerken ift von jeher mit verdienter Achtung Bezout's „Cours de mathe-
Kqes, 5 Bde., genannt worden, davon in den beiten letzten Decennien wies
Seite neue Aufl. an das Licht getreten find; die anaiytiſche Geometrie aber hat
“igf. „Essai de geometrie analytique‘“ (5. Auft., Paris 1813); die Tri⸗
Unutrie Lacroir in ſ. „Traitd de trigonomeitrie rectiligne et spherique‘
Lf,, Paris 1813), und die entwerfende Geometrie Derfelbe inf. „„Elemens
316 Franzoͤſiſche Lit.: Romanliteratur
de géometrie descripuve“* (4, Auft., Paris 1812) bereichert. Die At
unzählige neue Bearbeitungen erfahren, unter welchen Lacroix in f. „Com
d’alg&bre‘* (3. Aufl., Paris 1804) genannt werden muß. Laplace's ar
und philoſophiſche Behandl. der Wahrjcheinlichkeitsrechnung, „Essai plı
sur les probabilites‘* (4. Auft., Paris 1819) und Lactoix's, Traito du ca
probabilites‘‘ (Paris 1816) mögen diefe gedrängte* überſicht der wichtig
fheinungen der mathematifchen Literatur eantreiche in diefem Sahrhur
ſchließen.
8) Romanliteratur. Wenn man mit dem Worte Roman e
tiſch erfundene und ausgeführte, aber in Profa gefchriebene Erzählung br
fo ift dies Höchft wahrſcheinlich eine portugiefiiche Erfindung, denn dem P
fen Lobeira laͤßt fich dee Ruhm nicht abfprechen, der wahre Verfaffer dee 9)
mans „Amadis“ zu fein. Cine andre Gattung find die fabelhaften Chro
Verſen. Auf foldhe Art verfaßte Philipp Mousque von Arras gegen das C
13. Jahrh. eine Geſchichte von Frankreich in Verfen. ine dritte Gattu
Ritterromane ift ganz verfchieden davon ; es find diejenigen, welche alleyorij
ſonen in ihre Erzählung verweben. Zu der erften Art gehören die frühefter
Momane von ben Rittern der Tafelrunde und Alerander d. Großen (von !
di Core, fortgefest von Aler. du Bernay.) Die Romane von der Tafeleı
greifen den heil. Graal, Zrifton de Leonnais, der Perceval und Lancelot,
lich aus dem 12. Jahrh. Diefe nordfrang. Romane waren urfprünglich I;
geſchrieben, dann wurden fie in franz. Profa überfegt und noch im 12. Fü
franz. Verfe gebracht, dann im 14. Jahrh. wieder in franz. Profa aufgeloͤſt
13. Jahrh. folgten die Romane der zwölf Pairs von Frankreich. Dod g
Auffehen machte ein Werk der dritten Gattung: der Roman von der R
zwei Jahrhunderte lang für den Triumph des Genies in Frankreich "galt.
durchaus verfificirt, freilich in fehr holprigen Knittelverfen.. Das Ganze b
didaktifchsallegorifches Gedicht, welches mandye Franzoſen fo vermeffen war
in bemfelben Jahr vollendeten Werke Dante's an die Seite zu fielen! 4
von Lorris ſchrieb ſchon in der erften Hälfte des 13. Jahrh. dies romantifi
bicht bis zum 4150, Vers ; 100 Jahre fpäter wurde es fortgefeßt und beer
Sean de Meun, mit dem Beinamen: Clopinel. Die Hauptidee diejes 9
iſt, daß er eine vollftändige Kunft zu lieben fein fol. Ein Heer von allcy
Derfonen erfcheint darin, alle Zugenden und Laſter find perfonifteirt, foda
die Segengunft als Bel Accuzil auftritt; Alles moralifirt, und ift doch zugl
den frivolften Anſpielungen durchwebt, die fih fogar am Schlus in roher X
tät endigen. Raiſonnirend zeigt fich der poetifche Geiſt der Franzoſen gleid
fem erften Werke ; e6 find artige Stellen darin, aber feine Spur von hoͤher
geifterung. Doch wurde ungeachtet feiner ſchluͤpfrigen Bilder und Scherz
Roman fo allgemein bewundert, daß man fogar fo weit ging, ſelbſt diefen :
einen religiöfen und moralifhen Sinn unterzufchieben. Aber der wahr
mar zu Bar ausgeſprochen, als daß fich nicht endlich hätte eine Partei daygen:
ken follen. Man fing an, von den Kanzeln gegen diefen Roman zu predig
fo fängt mit ihm auch die Geſchichte der Eritifchen Fehden in Frankreich an.
der Alteften gedruckten Ausg. davon kam 1521 in Paris in Folio heraus.
voiffer Jacques Gelee [hyrieb zu Ende des 13. Jahrh. eine allegorifchrum.
Dihtung: „Le roman du nouveau renard“‘. Wahrſcheinlich gab dire ı
zoͤſiiche Fabliau die Veranlaffung zu dem deutfchen Gedichte: „Reinede der |
und ein Geiftlicher, Deguilleville, ſchrieb 1330 drei große geijtliche Alcgori
nen die Idee ber Pilgerfchaft zum Grundetag. Merkwürdig find die hund
vellen der Königin Margaretha von Navarra, Schweſter Stanz I., „Ihe
rou ou l'histoire des amans fortunda de trös-illustre et trös-excellent
Franzoͤſiſche Lit: Romanliteratur 317
rguérite de Valois, Reine de Navarre‘“ (1559); fie ſind ganz in der
es Boccaccio, und e6 ift kaum begreiflich, vote eine Fuͤrſtin dem weiblichen
l fo ganz entfagen Eonnte. Doch erzählt fie mit alt-franzöfifcher Treus
Anftändiges und Unanftändiges durdy einander, woran Damals dort Mies
erniß nahm. Fruͤher ſchon, unter Karl VII, kamen die 100 Novellen
ndiſchen Hofes heraus, und die lieblidy naiven romantifchen Dichtungen:
de Nevers“ und „‚Le petit Jehan de Saintre‘*, welche Zreflan neuters
t bearbeitete. Bei den Kreuzzuͤgen lernten die franz. Ritter arabifche
on kennen; diefe veranlaßten die nachher ſehr beliebten Feenmaͤrchen.
din die Rittergefchichten zog ſich Alles zuruͤck, was noch von tomantifcher
necei in Frankreich übrig war. Die Märchen bes Blaubart, der fchönen
:, des Kalfer® Octavian, und überhaupt faft alle die alten Volksromane
aus Frankreich. Man nannte dieſe kleinen romant. Erzählungen: Fabliaux'
m’s,, Nouveau recueil.de fabliaux et contes inedits des po&tes francais“*
3.u. 14, Jahrh. — Paris 1823, 2 Bde). Die Ritterromane: „Duon
Deu”, „Ogier der Däne”, und andre ſolche Sagen von Karls bed Gros
adinen, wurden zu Anfang des 15. Jahrh. gefchrieben. Hierhin gehört
aiſcher Srauenfpiegel, von einem Ritter de la Tour gefchrieben, der bald
nfhe überjegt wurde. Der Chronifenftyl liegt der Sprache aller diefer
wem Grunde. Zu Anfange des 16. Jahrh. erwachte nod) einmal der Ges .
du dieſer Gattung in Srankreid), und e8 gab damals eine Menge Novellis
men wir nur Noch du Fall, de la Mothe Roulland, Defperierd, Belle⸗
Oapuid und Tabourot nennen ; der echte Rittercoman ging durch fie in den
zuer hiftoriichen über, und aus diefem entſtanden endlid) die vielen galans
Kkumgefdhichten und Hofanekdoten. ine neue Sattung: der ſatyriſche
&, wurde in der erften Häifte des 16. Jahrh. durch Rabelais eingeführt. Er
ſ. „Bargantua und Pantagruel” ein geniales, aber durchaus rohes Zerr⸗
« Brine burleſske Originalität und Unerfchöpflichkeit im Ungeheuren reißt zur
krung hin, aber ein Spiel des Wiges war ihm zu niedrig und poſſenhaft.
warm von Nachahmern folgte ihm. Später, ald Anna von Öftreich nach
defam, wurden die Schäferromane belicht, nad) dem Vorbild der ſpani⸗
Nach franzoͤſiſcher Art durften die Eomifchen dabei nicht fehlen. Ein ges’
icelas de Montreur hatte in f. „Bergeries de Juliette‘ einen Anfang das
bt. Der erſte Sranzofe, dem e8 gelang, im Beift und Styl einer ſolchen
mit den Spaniern zu wetteifern, war Donoree d'Urfé in f. „Aſtrée“, die
uſiasmus aufgenommen wurde. in Überreſt von provenzalifch = roman
innesart fcheint aus dieſem Werk zu fprechen, deſſen geiftreicher und
riſcher Verf. zu Marfeille geboren war; er webte f. eigne Lebensgeſchichte
Bde., der 1. 1610). Bier ift keine arkadiſche Hirtenwelt, fondern
galanteritterliche. Die comantifche Sentimentalität dieſes Werke ging
n der biftorifchen Romane über, die im Zeitulter Ludwigs XIV. beliebt
Galprenede erlaubte es fich, Begebenheiten aus der Gefchichte der Gries
Römer fo zu bearbeiten, daf nur die Namen griechifdy und römifch biles
hatte viel postifhe Phantafie, aber er gehörte zu der uͤberſpannten Par:
w Genie auf Koſten des Geſchmacks wollen triumphiren laffen, und eben
er Gegenpartei, die in die bloße Beobachtung der Geihmaderegeln ihr
i.gt, ben traurigen Sieg in die Hände fpielte. Galprenede fund eine
erin in dem Fräulein Madelaine de Scudery. ie fchrich fieben weit:
Romane, von denen der erfte: „Clelia”, allein zehn Octavbaͤnde ein:
Auferdem hat man noch sehn Binde: „‚Conversations et entretions‘*
Die Zartheit der Empfindungen verliert ſich bei ihr in pedantijche Suͤßig⸗
ı einen feichten Wortſtrom. Sie ftarb 1701, über 90 J. alt. Die
320 Franzoͤſiſche Sit.: Franz. Poefie, Inrifche Poefie
ben, wurde plöglich die neuefte literarifche Mode in Paris, und ſich darin als fe
Weltmann zu zeigen, fchmeidjelte mehr als Dichterruhm. Das Wort Bel es;
wurbe da erft gewöhnlich, und zwei diefer ſchoͤnen Geifter, die unter Richellen
die feinften am Hofe galten, metteiferten im Briefſtyl. Balzac machte fich ein:
gelegentliches Geſchaͤft daraus, ſchoͤn, prunklos und ernfihaft wie Cicero zu fdy
ben; man bewunderte ihn, aber man fand ihn troden. ' Vincent de Voiture mu
fein gefährlicher Nebenbuhler, da er anmuthiger zu tändeln verftand, Er war
geiſtreich, aber felten zwanglos natlirlich, feine Artigkeit war ſehr gefucht, in Ein
fiche Perioden ausgelponnen und in den gefuchteften Antithefen vorgetragen. 9
teachtete nun die Vorzüge diefer beiden Männer zu vereinen. Mit vieler Feind
Correctheit und Eleganz fchrieb Pierre Coftar; doch am meiften zeichneten ſich
feinfühlenden, geiftreichen Frauen m diefem Fache aus. Unter ihnen fteht die
benswiürdige Marquife von Sevigne (j.d.) oben an. Wir erwihnen noch
Briefe der Mile. de ’Efpinaffe und der Mad. du Deffand. Die Briefe der reiı
den Ninon de l'Enclos haben bezaubernde Anmuth, doch bezweifeln viele ihre Ei
beit. Ganz vorzuͤglich zeichnen ſich durch Feinheit der Empfindung und des &
drucks die ungemein naiven Briefe der Babet aus. Racine's Briefe haben hohen We
buch Natürlichkeit und Weltklugheit. Eine Sammlung von Muflerbriefen
Richelet heraus, die großen Beifall fand. Etugerhafte Eitelkeit zeigte Konten
inf, „Lettres galantes“*. Die Briefe ded Grafen Buffy-Rabutin find vol n
nirter Schöngeifterei, aber nicht unintereffant. Chaulieu gab ein anlockendes 1
fpiel, Briefe mit Verfen zu durchweben. Die Kunft, gute Briefe zu fchreil
wurde unter den Franzofen von Erziehung fo ald gewöhnlich vorausgefeht, |
man fogar in Voltaire's Briefen mehr den Beift als das befondere Talent zum Dr
ſtyl bewunderte. Die von Chaulieu eingeführte Art, in Epifteln zu ralfonnt
und zu fcherzen, wurde ganz im Geiſt der franz. Gefelligkeit vervollfonmmmet du
Greſſet, einen der feinften Köpfe f. Zeit, der auch durd) muntere Erzählumgen
derſelben Manier, beionders durdy f. „Vert- Vert‘* ſich fehr auszeichnete. 3
rat, Sedaine und de Pezay fchrichen anmuthige Spifteln diefer Art. Die des A
de Bernis find befonders reich an ſchoͤnen Beſchreibungen. Montesquieu's „Let
persannes‘‘ müffen wir als Mufter des eleganten Styls hier noch erroäbnen.
An trefflichen Neifebefchreitungen ift die franz. Literatur fehr reich: fie hier au
zählen, wäre überflüffig, da fie auf den eigentlichen Geift der Literatur doch kei
merklichen Einfluß haben Eönnen. Ein ausgezeichneted Werk ift die befannte „N
des jungen Anacharjis”, von dem verdienftvollen und geiftreihen Abbe Barthein
der 1716—95 lebte. Die „„Leettres sur l’Italie‘‘ von Dupaty find belicht. Vob
Denon, Delaborde und vor Allen Humboldt und Bonpland gehören zu den m
würdigften neuern Reiſebeſchreibern, ſowie in Hinſicht auf Alterthumekunde 4
lin's Reifebemerfungen hoͤchſt anzichend find. Eine gute Überficht gerwähren Ma
Brun’s „„Annales des voyager “. ’
10) Franzoͤſiſche Inrifhe und Leichte erzählende Poel
Die Älteften Gedichte in nordfranz. Sprache waren Lieder. Es laͤßt ſich nit
chronologiſcher Genauigkeit beſtimmen, wann das Volk an der Seine und Loire:
hörte, in der Manier des uralten Rolandsgeſanges und in verdorben.m Latelt
fingen. Gewiß ift es, dan im 13. Jahrh. die provenzalifche Poeſie fehr auf
norbfranz. wirkte. ine qute Anleitung zur Kenntniß der Älteften franz. Pe
gibt das Wert von Claude Kauchet: „De Porigine de la langue et poesie ff
caises““. Die Nomane und Fubliaug find in der nordfranz. Literatur weit &
als die Lieder. Bei den Provenzalen entfaltete ſich dagegen die eigentlicye Pe
weit früher, fie wurde bier die fröhliche Wiffenfchaft (gaya ciencia) genannt, 1
füdlichsromuntifcher Geift durchwebte fir. Unter der Regierung Philipp Auge
gegen das Ende des 12. Sahrh., waren vermuthlich die erften Troubadours
GRADE SIE: Beam, Poefe, thriſche Peeſi* SIE
das noͤrdilche Frankreich gekonnmen. IChrettin br be
x Zafelrunde In ndrdftanz Verſe uͤbertrug, foll ziterft Den proven⸗
in franz. Verſen nachgeahmt haben, Der Notmann
driner den Namen haben) iebte zwiſchen 1180 und 1223 am Hop
s, und dichtete und fang ba fein gereimttes Leben Alexanders des
legoriſcher Anfpielungen auf Philipps Thatn DER
era richtet?” an die Dame feined Herzens, die Königin Blanca dar
: im Stwl det einfachen provenzaliſchen Laid mit Abd bie
Canzone nähern. Saft alle f. Liebet, fd verſchiedenartig auch
fche Korm ift; Haben fünf Strophen, und nach der fünfte folgt ge⸗
‚ovenzallfche Anhan ſel ober Geleit (envoy), das die Itallener auch
ten beibehielten. Die Sprache darin weicht ebenſo ſehr von dent
ſch ab wie bie Sprache der ſchwaͤbiſchen Minnefänger von dem news
Die franz. Trouveres und die provenzalifchen Trdurbadours
116 Brüder in der Kunft. Die Lieder Koͤnig Thibaut's werden nach
ien mit der Harfe oder Violine begleitet: Vom Monſeigneur BE
noch an funfzig Lieber vorhanden ; er war Khi baut’ —5
burch fein romamiſches Schickſai der Schloßhauptmann( 55
keſſire Thierry de Soiſſons gehörte zu den ritterlichen Saͤngern, bi
vig dem Heiligen in das Mörgenlanb folgten, Aus biefet Zeit er
„Pocsies de Marie de France, po&te anglo-normanid du AUL
toquefort (Par; 1820, 2 Thle.) Die Liebe mehrer franz. Dich⸗
im 14. Jahrh. lebten, uͤberraſchen durch die Ähnlichkeit ihrer Syi⸗
m alten fpanifchen. Auch eine Dame wurbe um Diefe Zeit ale Dich⸗
fie hieß Doẽte de Troyes ; diefe fol ihre Lieber ſelbſt in — ge⸗
Tan verunſtaltete auch oft ble wahre Geſchichte durch eine groteolt
ffirung: fo ſchrieb Philipp Mousque von AÄrras eine m Bord vos
Berfen. Das Altegorifiren war fehe Beliebt. Sean Froiffare
hichtfchreiber bekannt, war noch mehr Dichter von Natur; durch
provengälifcysromantifche Schäferpoefte in die Tran; Literatut einge⸗
eiften f. Gedichte waren Pastourelles und Rondeaux; fle haben
mih und Lieblichkeit. Eine Menze Lals und Virelals von ihm find
*. Einen Theil ſ. Gedichte vereinte er in der Form eines Nomand
: Meliador bder der Sonnentitter⸗. Ein allegoriſches Gedicht
* aradies der Liebe”, und ein geiſtliches: Die drei Dirien®;
eifall aufgenommen. _ Die komiſchen Fabilaux in Verfen wurden Inf
Jahrh. feht beliebt; fie find oft über alle Beſchreibung unanſtaͤndig⸗
g, einen unterhaltenden verfifichtten Scherz für Poefle anzufehen;
J. Dertoden der franz. Litetatur fort, Es gab auch noch moraliſche
Fabliaug, ſotole elle Art Contes devots; zwä Moͤnche, Coinſi und
m fich in diefen auf. Das 15. Jaheh. wat die Zeit der hoͤchſten
vwenzaliſch⸗lyriſchen Poefie im nördlichen Frankrelch. Das Ttiolett /
der fogeitähnte Koͤnigsgeſang, wurden beſonders durch ben Refrain,
Befen gehörte, beilebt, denn in dieſem waren Spiele des Witzes and
an trieb alle Verskünfteleien ungemiein body; Im 15. Jahrh. zeich⸗
Herzog don Dileans, der in der Schlacht bei Azincourt in engliſch⸗
} gericht, durch bie Wahrheit und Elinftiofe Anmuth f; Lieber gang
Es gab damals, mährend de6 Krieges, der die franz: Monarchie
mehre ſolche fuͤrſtl. Dinnefänger: Johann und Philipp; Herzöge
Nenẽ von Anjou, Joh; von Lothtihgen und Mehre ftanideri in Vers
ı man findet ihre Lieder in dem alten handfchriftlichen Lieberbuche
bh boch — Genie ie barf man unter ihnen nicht Ir Jn ties
3272 Franhzoͤſiſche fie: Sranz. Poefie, Lyriſche Poefie
Zeitaltet gehört auch die Clotilde du Vallon:Chalys, von beren neuerlich
gewordenen Werken einige gewiß echt find. Alain Chartier wird oft geprief
fe Lebensanfichten find ebenſo unpoetifch als f. Tugendiehren trivial. Q
fang mit keckem Wis f. eignen Oaunerftreiche. Coguillart hat an burleske
fülle und unlautern Einfällen wenig f. Gleichen. Gretin oder Du Bois u:
digne müffen als komiſche Dichter hier erroähnt werden; des Letztern Gefd
vom Pierre Saifeu pflegt man dem deutichen Eulenfpigel an die Eeite zı
Michault, der „La danse aux aveugles‘* didytete, und Martial d’Auverg
vier de la Marche, Chaftellain, Michel d’Amboife und Mehre, gehören zı
riſchen Dichtern im Anfange des 16. Jahrh. Mit ihren Liebensklagen war ı
niemals Ernſt, und nur ihre komiſchen Einfälle haben einige poetifche Kraft
dem muthigen, oft unbefonnenen, aber immer edlen und lieben&würbigen $
glänzte die ritterliche Herrlichkeit zum legten Male heil ins Leben; er we
Dichter, mehr noch nüste aber fein glühender Eifer für Alles, was groß ui
lich war. Er führte das Studium der griechifchen und römifchen Claffiker e
wurde mit Recht le père des lettres genannt. Durdy Katharina von
verbreitete fich fchnell eine Vorliebe für die Sonette. Scan Marot und be
fein Sohn, Clement Marot, machen ald Dichter in biefem Zeitalter folche ı
daB man alle ihre Nachahmer Marotiften zu nennen pflegt. Beide ganz a.
lebend, waren wisige Wüftlinge, die um ihrer Talente willen mol von Vi
liebt, aber gewiß von Niemand geachtet wurden. Nur finnliche Anmutt
Marot's Gedichte, doch hatte er fein Gefuͤhl für Wuͤrde und Heiligkeit der
Man hat vom ihm Allegorien, Eklogen, komiſche Gedichte, Eiegien, E
Heroiden, Epigramme und Chanfons in großer Menge; er zeichnete fich oud
fe metrifchen Überfegungen aus dem Lateinifchen und Stalienifchen aus, E
ebenfo warme Freunde ale rüftige Gegner; zu den erften gehört Mellin⸗de⸗S
lals, ber mit ihm nad) claffifcher Gorrectheit in der eleganten Zändelei ſtrebt
Dolet, ber endlich als Keger 1946 verbrannt wurde, Margaretha von”
ſowie Maria Stuart, dichteten franz. Kieder. Mit dem Dichter Sodelle ff
Schule der franz. Sonettiften an; erund f. Sreunde bildeten das fogenann!
bengeſtirn (f. Nr. 13); fie lenkten zuerft die Richtung der Poefie auf etwa
fleres und Größeres. Nonfard war Vorfteher diefer Verbrüderung, und
noch im folgenden Jahrh. der Fürft der franz. Dichter genannt. Er riß fid I
bem abgenusten Allegorienmwefen und der wäfferigen Witzelei f. Vorgänger, ı
fehlte ihm die Innigkeit des Gefühle, und er verſank in endlofe Künftelei unt
Phraſenprunk. Unter den übrigen Bundesgliedern galten vorzüglich Bel
Baif. Doch es wurde bald wieder ein Reformator nöthig, um die latini
Deefie aus der Mode zu bringen; Bertrand und Desportes waren foldye U
ver des Geſchmacks, und Vorgänger des berühmten Malherbe. Dieſer?
den die Sranzofen als den eriten ihrer. claffifchen Lyriker verehren, entdeckt
das Eigenthümliche der franz. Verfification. Er hatte gar feine dichterifche
tafie und Beine kuͤhne Begeifterung, aber defte ſtrenger war er als Kritik
Morts und Spibentyrann. In feinen Oden und Stanzen zeigt fi) am meif
claffifche Würde der Sprache, die man ihm zu verdanken hat, Er ſtarb
Megnier zeichnete ſich als claffifcher Sutprendichter und Sittenmaler aus. Th
Viaud wetteiferte mit Malherbe, und befaß das feltene Talent des Improvi
Die Schäfergedichte ober Bergerien wurden beliebt; Racan und Mairet zeid
fi) darin aus. Als Epigrammntiften waren Gombaud und Brebeuf beri
Der Einfluß der Poetik des Ariftotele8 auf die franz. Poefie war im 16.9
ſchon entfchieden. Die Inrifchen Gedichte Racine's haben mehr Sprachelegai
yoetifchen Werth. Allgemein beliebt war Sean Lafontaine, geb. 1621, geſt.
Unnachahmlich ift in f. Kabeln und in f., großentheild dem Boccaccio nachgel
.
— —
wie. uva 69 Juiuup) Va gpuvuner snpjuyiss Ju vanı) [VIE
Heinigfeiten. Gegraie’s Eklogen waren beliebt; noch anmuthiger find
ad. Drshoulieres, bie von 1634 — 94 lebte, und mit fanfter Weibliche
iſcenen dichtete. Die zierlichen Idyllen ontenelie’6 find im Falten Hof -
eben. Duß Voltaire auch in diefem Fach glänzte, ift bekannt; der Aus⸗
ſes Mannes felbft: „daß unter allen cultivirten Nationen die franzöfifche
ſten poetifch fe" iſt merkwuͤrdig. Louis Racine, Sohn des Trauerfpiels
eidynete ſich durch den frommen Ernſt f. Gedichte aus. Die religiöfen
» Marquis Le Sranc de Pompignan, der von 1709 — 84 lebte,
nd gefühlvoll. Berquin, Leonard aus Guadeloupe und Mie. Rofe Les
Öneten fich in lieblichen Idyllen aus, und wurden Geßner's Nachahmer.
ı neueren Dichtern bemerken wir hier zuerft Lebrun, deſſen Oden einer hoͤ⸗
yoetifchern Zug haben als die meiften franz. Gedichte. Die Epitres
und be Fontanes find auegezeichnet. Legouve hat bie Eleganz des Styls
die des Versbaues meifteclich inf. Gewalt. Drei f. Dichtungen: „Les
, „La melancolie‘“ und „Le merite des femmes“‘, erhielten ents
Beifall. Florian's, Arnauits und Ginguens's Fabeln fireben Lafons
+, fowie Andrieup f. reizende Erzaͤhlungsweiſe in f. „Meunier Sans-
ht gut wieder zu treffen verſtand. Unter den zahlreichen franz. Dichtern,
£ befonderer Leichtigkeit Heine komiſche oder ernfthafte Begebenpeiten in
ged Gewand zu kieiden wiſſen, glänzen, außer bem bereit6 genannten Ras
noch fein naͤchſter Nachfolger, Vergier, und fpäterhin befonder6 Voltaire
ın. Raynouard's Gedicht „Socrate au teınple d’Aglaure* erhielt und
den erften Preis ber Akademie. Mehre Male wurde diefer auch einem
vollen jungen Dichter zu Theil, der leider fehr früh ſtarb; Millevoye,
‚mour maternel‘ und „Belzunce” viel reines und zartes Gefühl beweijen.
Zabre und Luce de Rancival wetteiferten mit ihm. De Boufflers und be
meifen, daß keine ernften Schickſale die Vorliebe der Nation für die leicht ⸗
ittung zu ändern vermögen. Boisjolin, Tiſſot und Mollevaut zeichnen
Iberjeger Pope s, Birgit’ und Dibull s aus. Unter den Dichterinmen
32° Granzöfifihe Sr. Didaktiſche Poefle
kelte alle übrige franz: Dichter. Sein Heldengedicht „„Cloris‘! hatte gr
verftändigen Plan, aber es ift reich an poetifcher Erfindung, und durch
dem Meiz des Wunderbaren. Desmarets entiehnte die Mafchinerie f.
sum Theil and dem chriftlichen Himmel, und zum Theil aus ber romantif
berwelt. Tief unter ihm blieb Sean Chapelain, der eine Epopoͤie Über die
- von Arc zu reimen unternahm, der an Ränge und Langıveiligkeit nur ı
eldengedicht „Alarich, oder das befreite Rom’ gleichkam. Kin vicı
——ã aus derſelben Zeit iſt „St. Louis, ou la sainte couron
quise‘, von dem Pater Pierre Le Moine, einem Sefuiten, der von 16
tebte. Seine Phantafie mar nicht fo reich und fühn wie die von Desma
auch nicht fo verwildert, und Le Moine waͤre gewiß einer der größten Dich
tion geworden, wenn er ebenfo viel Gefhmad als Enthuſiasmus geb,
Der wefentliche Sehler ſ. Gedichts ift eintönige Feierlichkeit. Limojon⸗de
dier wagte einen fünften Verſuch in der epifchen Poeſie durch eine neue Bi
der Gefchichte des Chlodwig; nur die 8 erften Öefänge find gedri
zeichnen ſich durch Feinheit und Eleganz aus, aber fie find unpoetiſch.
„Franciade“ darf bei biefen mißlungenen epifchen Verfuchen nicht vergeffe
In Frankreich nennt man den „Telemach“ von Senelon ale ein epifche
wert; aber fo fehr in diefem Werke auch die ebelfte und gefälligfte Sprach
nunft und bes moralifchen Gefühle herrfcht, fo ift es doch weit entfernt, ı
Epopdie zu fein. Voitaire's „Henriade“ ift unftreitig das vorzuglichfte |
dicht diefer Art; fie hat einen gut durchdachten Plan, anziehende Char
gelungene Befchreibungen; die Sprache ift rein und edel, aber die poetifi
vermißt man ganz. Beſonders ftören die allegorifchen Perfonen. Alt
Epopdie dichtete Voltaire f. „Pucelle‘“, und befledte durch dies verruf
dem man fonft den Rang bes vorzüglichften franz. Heldengedichts koml
tung nicht abfprechen kann, [. Ruhm. Xihomas hatte eine Epopoͤie über
Großen angefangen, aber er ſtarb, ehe diefe Petreide fertig war, Mab.
cage wagte es, eine „Lolombiade, ou la foi portee au nouveau monde“
ben, in der wenigftens einige Hübfche Befchreibungen vortommen. Ma
dicht „„Lies Helvetiens“ ift mebr hiſtoriſch als epifch. Chaͤteaubriand's „d
werden von einigen Kritikern, und vielleicht mit größerm Recht als der „2
ebenfall® den epifhen Gedichten beigesählt. In dem heroifch = Fomif
glänzt, außer Voltaire, Bolleau durch f. „Lutrin““, Ber ein claffifchee A
bielt, das ſich auf dert vorzüglichen Werth der Erfindung, Ausführung
Meidung dieſes Gedichtd gründet; und unter bein Neuern Parny ganz \
Seine Werke: „La guerre des Dienx“, „Les Rosecroix‘ und L
perdu‘‘, zeugen von großem Talent, fo fehr fie auch das reine Gefuͤhl
„Les amours Epiques“ find nur Epifoden, welche Parceval de Grandn
andern Dichtern nahm. „Achille à Scyros‘‘, von Luce de Lancival,
Stellen, wenn auch ber Plan fehr mangelhaft if. Baͤour-Lormian
„Poämes Gallimes‘ den Offian’fhen Styl nach. Greuze de Keffer’s
liers de la Table Ronde“‘ fanden 1811 großen und wohlverbienten Beif
der gluͤcklich, aber auch in der That minder anziehend, waren ber „A
Gaule‘ und die „„Pairs de Charlemagüe“* deſſelb. Verf., welche fpäter ı
und, nad) dem urfprünglichen Plane, mit Einfluß der „Table Ronde
fermaßen ein die Gefammtheit des romantifchen Ritterweſens umfaffen'
bilden, das in jeder Dinficht zu den vorzüglichen Erzeugniffen der frartz: f
teratur gehört.
12) Didaktiſche und befhreibende Poeſie. Brebeu
1618 — 61 lebte, zeichnete fich in dieſem Fache zuerft durch feine „„Entre
Iitaires‘‘ aus, Boileau's, Ari poctique‘t ift ſchon oben erwähnt, |
me mus je mann une wonsunepnn un pe
über bie Gartenkunft: „Les jardins““ und „‚L’homme des champs“*,
Rachfolger Virgils; f. Gedichte: „La malhear et la pitie‘® und „La
ion‘, erhielten getheilten Beifall; allgemein bewundert wurde aber fein
ht ° ‚L’imagination“, welches befonders reich an fchönen Einzelheiten
von iſt. Ein treffliches großes Gedicht von Lebrun iſt nur theilweife be⸗
es heißt „La nature‘, und ift in vier Gefänge abgetheilt: „La
»tre, „Laliberte‘, „Le genie“‘ und „L’amour“. Die Gedldte:
jation“*, von Esmenard, „L’astronomie‘*, von Guidin, „Le merite
es, von Leyoune, „Le genie de P’homme“, von Ehenedolls, „Les
, von Nour, find ausgezeichnet. Das legte große Werk Delille's
trois rögnes de la nature‘; es iſt reich an maieriſchen Schönheiten,
nbindungen und Übergängen und teigenden Schilderungen. Auch hier
artine.
md14) Dramatiſche Poeſie und Schauſpielkunſt. Die
des franz. Theaters iſt von zahlreihen Schriftftellern Frankreichs, welche
lanfenburg in f. literarifchen Zufägerr gu Sulzer's „Theorie der ſchoͤnen
zeichnet hat, behandelt worden. Das Hauptwerk iſt noch Immer die
du theätro frangais depuis son origine jusgwä- present“ (Paris
756, in 15 Bbn.), von den Gebruͤdern Fr. und El. Parfait, welche auch
‚nnaire des theäires de Paris, contenant toutes les pidces qui ont
mtdes jusqu’ä-present, des faits anecd. sur les auteurs, acteurs,
anseurs, danseuses, compositeurs de hallets ete.“ (Paris 1756
in 7 Bbn.) herausgeg. haben. Infofern der Gang der Schauſpielkunſt
t Schaufpieldichtung abhängig ift, gehören hiecher auch bie zahlreichen,
hichte der franz. bramatifchen Poefie beziehlichen Werke, vorzuglih die
elle, Suard (in ſ. „Melauges de litterature*‘), &a Harpe, Lemercier,
Schlegel's „Vorleſungen über die dramatifche Literatur und Kunſt“.
‚fen ſelbſt geffehen {ndeß en, daß eine fortlaufende, vollftänbige und zus
igende Geſchichte des franz. Theaterweſens fehe ſchwierig ſei. Der dis
Der
x
326 .Sranzöfifche Lit.: Dram. Poefie und Schauſpielkunſt
denn man findet dieſes Feſt noch zwei Jahrh. nach ihm in Frankreich. Au—
Troubadours, die Schoͤpfer der franz. Poeſie, fuͤhrten ſelbſt ihre eignen dialogi
Geſaͤnge auf, und erhielten deßhalb zuerſt den Namen les Comigues oder Kı
bianten. Unter ben dramatijitenden Zroubadouren wird Faydit genannt. Aber
diefe Daritellungen, eigentlich bloße Bänkelfängereien, waren noch fo ganz for
fer Art, daß man die eigentliche Bildung einer Bühne audy in Frankreich, wi
übrigen Europa; zuerft mit dem zu Ende des 14. und Anfang des 15. Jahrt
folgten Urfprung der fogenannten Myſterien annehmen fann, Wie im Altert
nämlich, fo entwidelte ſich auch unter den chriſtlichen Voͤlkern das Schaufpiel
ber Religion, Gegen das Ende der Regierung Karls V. gaben die Gefänge, w
bie von ihren Wallfahrten heimkehrenden Pilger öffentlich abzufingen pflegten,
erfte Idee zu einem dialogifirten geiftlihen Gedichte, das man Myſterie nan
Die darin fpielenden-Perfonen erhielten durch öffentliche Vriefe von Karl V. m
eines ſolchen Dramas, das von der Paffion unfers Herrn Jeſu Chriſti handı
ben frommen Titel: Bruͤder von der Paffion (confrerie de la passion) und u
den Regierungen von Karl VI. (bei deffen Einzug in Paris 1380 fie fic) unter
dortigen Feften beſonders auszeichneten), Kart VII. und Ludwig IX. gewar
diefe Schaufpiele, ungeachtet ber bürgerlichen Kriege, die Frankreich zerruͤtt
einen fehr glänzenden Fortgang. Anfaͤnglich wurden diefe Stücke, deren Stof
wöhnlich aus der Bibel und den heil. Legenden genommen war, mehr alt
Dandlung der Andacht denn als eine Ergöglichkeit betrachtet, und man befchlrum
fogar die Stunden des öffentlichen Sottesdienftes, um dem Volke Zeit für dieſe E
fralifhen Erbauungen zu laffen. Bald aber arteten fie zu wahren Mifgebe
pon Zraveftirungen des Deiligften aus, und in aufgeflärtsen Zeiten warb 6
Mäthfel, wie man früher ſolche Fragen (von denen gieichwol ſich noch bis ja unf
Beit, in den fogenannten Frohnleichnamsfeſten katholiſcher Kinder, Spurene
ten haben) als Schaufpiele der Froͤmmigkeit zu religiöfer Erhebung hatte betrad
Binnen. Anfänglich führte bie Paffionsbrüderichaft ihre Stuͤcke auf freier St
auf, dann erhielt fie im Dreieinigkeitshoſpitale ihr erſtes Theater, wo fie and
tagen fpielte, und fpäterhin ward ihr ein Theil des Hötel de Bourgogne, eingrrät
"In dem bier errichteten Theater befanden fich die Zufchauer, wie jegt, auffe
. hinter einander erhöhter Sige (Etablies), deren hoͤchſter ſchon damals das P
dies, die andern der Palaft- des Herodes u, f. w. genannt wurden. Gott der
tee ward in einem langen Zalar, von Engeln umgeben, auf einem Geruͤſt fi
bargeftellt. In der Mitte der Bühne befand fich die Hölle in Geftalt eines;
"hen, deſſen Rachen ſich aufthat, um die Zeufel, die im Stüde fpielten, ein»
auszulaffen ; der übrige Raum bedeutete die Welt. Auch war eine Niſche mit‘
hängen angebracht, wo, wie man annahm, Alles das vorging, was nicht de
Augen der Zufchauer gebracht werden Eonnte, al z. B. die Niederkunft der
Jungfrau, Beichneidungen u. dgl.m. Zu beiden Seiten der Bühne aber ſta
Bänke, auf die fi) allemal diejenigen Schaufpieler niederfegten, die ihre &
geendigt hatten; denn ein eigentlicher Abgang von ber Buͤhne fand nur nadı (
gung der ganzen Rolle ftatt, und die Zufchauer fahen daher gleich im Anfan
Derfonen, welche in dem Stuͤcke zu thun hatten, auf einmal. Übrigens waren
Mofterien nicht In Akte, fondern in Zage abgetheil. Kine Vorftellung daua
viele Tage, ale fie dergleichen Abtheilungen hatte, und eine ſolche Tagabthel
(Jaurnee), ſplelte meiften® fo lange, daß man das Schaufpiel auf einige Stu
imterbrechen mußte, damit die Schaufpieler nur Zeit zum Effen erhielten.
"ren im eigentlichften Sinne des Wortes hiftorifche Schaufpiele, lange und bi
bialogifiste Geſchichten, in denen man ganze Lebenslaͤufe dargeſtellt ſah. Aufge
liche hiftorifche Kenntniffe kam es hierbei keineswegs an; Herodes ward 3. B.
Heiden, und der römische Statthalter in Judaͤa zu einem Mohammedaner gem
eich darin von ihnen unterrichtet. wurden. Die Advocatenfchreiber oder
eten nachher eine Gilde, die auch ihr eigned Oberhaupt unter dem Titel
16 de la Bazoche hatte, und veranlaßt durch das Gluͤck, welches die My⸗
Paſſionsbruͤder gemacht hatten, erfanden fie eine neue Gattung von
en: die Moralitätenund Farcen, welche fie unter dem Namen
de la Bazoche, wetteifernd mit ihren Vorgängern, die im ausſchließli⸗
dee Myſterien waren, aufführten. Sie gaben ihre Vorftellungen ans
Privathäufern, bis ihnen fpäterhin im Schloffe felbft die Errichtung eis
geffattet wurde. Die Moralitäten unterfchieden fi von den Myſte⸗
mlich dadurch, daß fie allegorifchmoralifche Schaufpiele waren, In denen
ad Zugenden perfonificirt dargeftellt wurden. Sa, die Zuneigung für
ifchen Perfonenfpiele ging fo weit, daß man fogar perfonificirte Formen
orts erfcheinen ließ. Die Handlungen felbft waren zum Theil mit vies
ıd Humor erfunden, wie man aus mehren uns noch übrig gebliebenen
und Scenariefl folder Schaufpiele fieht. In einem berfelben z. B.,
theilung des Bankets“ betitelt, kommen Schmarogerei, Lederel, Sute
Ihre Sefundheit, Mich zu bedanken u. ſ. w. bei Deren Banker zu
rauſe zufammen. Schlagfluß, Gicht, Kolik und andre Krankheiten
n einem Fenfter des Speifefaals, die Schmaufenden zu belaufchen.
fie herein, und num entfteht zwifchen den neuen und alten Gäften ein
apf, wobei Leckerei, Schmarogerei, Ihre Gefundheit und Mich zu bes
auf dem Plage bleiben. Banket wird von den Übrigen hierauf bei ihs
der Erfahrung, verklagt, und von diefer wegen der 4 verübten Morde
gehangen zu werben, welcher Spruch durch die Diät, als Scharfrichs
nwird. Die Farcen oder Poffen, welche die Nachfpiele zu den Mo⸗
ichten, waren in verfchledene Gattungen ‚ als Hiftorifche, fabelhafte,
w., eingethellt, und beftanden in Heinen verfificirten Poffenfpielen, in
ktere aus bem wirklichen Leben voll fatprifchen Übermuthe und komi⸗
argeſtellt wurden, Die berühmtefte darunter ift die Karce vom Advocat
LA. L can Mat 26-5) Alan. alu -
328 Franzoͤſifche Lit.; Dram. Poefle u. Schauſpielkunſt
entſtand ein dritter Verein, ber fich den Namen ber Kinder ohne Sorgen, Enf
sans sauci, gab. Seine Mitglieber waren junge Reute von guten Samilien,
fich einen Vorftcher unter dem Titel des Narrenfürften, Prince des sots, waͤhl
forte fie ihre Schaufpiele Sottifen (soties) oder Narretheien nannten. Es me
eigentliche Dummbartsſpiele, fatyrifhe Stüde, die lediglich den Zweck hat
Marten und Thoren zu züchfigen, und nebenher einzelne Perfonen wie ganze 3
teilen aus der großen Welt ohne Schonung öffentlich zu verfpotten. Man waͤ
hierzu gleichfalls die Form der perfonificirenden Allegorie, und die Kinder der XI
beit und ihre Großmama Dummheit, welche fie bei der Welt in Dienfle bringt
f. w. traten ald handelnde Perfonen auf. Auch diefe Soties, welche auf befend
an öffentlichen Plaͤtzen, vornehmlich in der Halle, errichteten Gerüften bargef
wurden, erhielten einen außerorbentlihen Beifall, fodaß die Bazoche, gegen 9
thellung ihrer Moralitäten und Poſſen, von den Sorgenfreien die Etlau
taufchte, auch ihre Sottifen aufführen zu dürfen. Schon unter Karl VI. er
biefe muthwillige Gefelfchaft ein foͤrmliches Privilegium. Aber auch fie a
bald zu einer fo ausgelaſſenen Sreiheit aus, daß ihre Stüde unter Franz. der!
fur des Parlaments vor der Aufführung unterworfen wurden, und, al& fie |
biefen Schranken durch Masken und Auffchriften, woburd) fie Perfonen, die
Biel ihres Spottes waren, nunmehr Eenntlid machten, aus zuweichen wußten,
Parlamentsfchlüffe auch diefen neuen Mißbraͤuchen fleuern mußten. Shre ı
gene Zeit war unter Ludwig XIL, und kurz nachher tourde ber berühmte Die
lement Marot, ber Liebhaber ber großen Königin Margarethe von Valeis, |
ein Mitglied ihrer Geſellſchaft, welche endlich 1612 aufgehoben wurde. 4
beiden legten Gefellfchaften fpielten ganz unentgeltlich. Es waren eigentlich |
babertheater ; nicht fo aber die Paffionsbrhderfchaft, deren Koderungen das Pı
ment fogar befchränten mußte. Dagegen ward ihnen für eine jährliche Abgabı
1000 Livres an die Armen ein Privilegium für alle bezahlte Schaufpiele ert
weßhalb fie alle Schaufpieler, die fich von Zeit zu Zeit aus den Provinzen in 9
einfanden, verbrängten. Won folhen Privatunternehmungen ift die merkwuͤr
bie des Sean Pontalaie, der zugleich) Dichter und Schaufpieler, und ale eine
witzigſten Köpfe feiner Zeit berühmt mar. Er lebte unter Ludwig AU. u. Fra
umd führte feine Schaufpiele auf einer Beinen Bruͤcke unweit der Kirche des hei
Euſtachius zu Paris auf, Bon feinen Sthden hat fid) keins bis auf unfere
erhalten. — Inzwiſchen war. durdy die Erfindung der Buchdruckerkunſt bie
kanntſchaft mit der griechifchen und roͤmiſchen Literatur auch in Frankreich b
tend befördert worden. Mehre Tragoͤdien des Sophokles, und Euripides, fore
Komödien des Terenz, waren hereits in die franz. Sprache Überfegt erichienen,
fo bereitete fich unter der Regierung Franz I. für die franz. Bühne das im ©
vor, was ſich unter feinem Nachfolger Deintich UI. offenbarte. Denn jegt tra
Jodelle (geft. 1557), in der Schule der alten Claſſiker gebildet, mit Schaufl
auf, von denen man bis dahin Feine Ahnung gehabt hatte, welche die franz. R
aus Ihrem bisherigen Chaos riffen, und ber dDramatifchen Pöefie der Franzoſer
ganze nachmalige Richtung gaben. Jodelle faßte den Fühnen Gedanken, das
chiſche Theater zum Vorbilde bes franz. zu wählen, und ſowol bad Trauer: al
Quftfpiel nach den Regeln der Alten darzuftellen, wodurch er eine völlige R
der deamatifchen Poefie in Frankreich bewirkte. Die erſten Originalſtuͤcke
Art in der franz. dramatifchen Literatur waren fein in achtſylbigen Werfen get
tes Luftfpiel, „Eugene ou le rencontre‘‘, und feine Tragödie (in der er feld!
antiken Chor noch beibehielt): „Die gefangene Kfeopatra”, die Jodelle mit
Keuer der Jugend fihrieb, und darin zugleich felbit, 1992, mit einigen
Freunde, ald Remi Brlleau und Jean de In Beruce, als Schauipieler au
Diefe Darflellung, die den Fall der alten Theater in Paris entſchied, ward mi
3ch im feig. Jahrh. gepriefen wurde. Außer ihm und Jodelie gehörten“
lan, Antoine de Baif, Pontus de Thyard, Remi Belleau und Ican
Auch La Peproufe, Verf. der 1655 erfchienenen Meden, bes erften
aerſpiels in den noch jegt Üblichen gereimten Alerandrinen; Grevin als
bier; Maffin:de-St.:Gelais, Verf. des in Profa gefchrichenen Trauer»
obonisbe z. Jean de la Taille, Dichter ber rührenden Tragödie „La
Garnier, der durch fein tragifhes Meifterwert, „Hippolyte“, 1573
aͤnger on Eleganz des metrifchen Ausdruds verbunfelte, auch zuerft es
ve Nationen ald Griechen, Römer und Tuͤrken, darjuftellen, wie feine
und Bradamante‘ zeigen; und Pierre de la Nivey, der fich cin chenfo
dienſt um das Luftfpiel erwarb, ſchloſſen ſich mit dem gluͤcklichſten Ers
le an, und fo ward bie zweite Hälfte des 16. Jahrh. der Zeitpunkt, im
h der Styl der franz. bramatifchen Pocfie mit eigenthümlichen Grunde
Iten claſſiſchen Meiftern nachzubilden ſuchte. Das Vergangene gerieth
nheit, und man ftrebte einem neuen Zicle zu. Die nachfolgenden Dich⸗
F die Zeit Ludwigs XIII. der dramatifche Vielſchreibet Alter. Hardy,
800 Schaufpielen ſich 40 erhalten haben, Nepee, Theophile u. f. w. vers
ider Kraftlofigkeit ihrer Werke freilich nicht, dieſe Fortſchritte zu befchleus
Rairet, ber Verf. einer noch jest gefhägten Sophonisbe, Rotrou, deffen
3% noch zuweilen auf dem Theätre frangais erfcheint, Duryer, Baro u.
t gefundem Verſtande einen edlern Gefhmad und gebildetern Ausdruck
tamen aber dem Ziele fhon näher. Endlich erfdyien der gewaltige
tmeilte, der alle feine Vorgänger verdunkelte. Er hatte ein ſeltenes
aͤftige Charaktere die kuͤhne Sprache ber Leidenfchaften mit Würde reden
Er zeigte feiner Nation zuerft, was tragifche Kraft und Größe des Style
chmiegte er ſich ſelbſt Ängftlich unter das Joch fleifer Gefege und Vorurs
t iſt der einzige unter den Dichtern, den die Scanzofen ben Großen nennen,
wer fein erſtes Zrauerfpiel; den „Cid“, „Cinna“, „Polyeucte” und
1e" hält man für f. [hönften Werke. Kean Racine wurde in der Tra⸗
iebling feiner Nation. Sein erſtes Zrauerfpiel waren „Die feindtichen
als feine „Andromache“ 1667 erfchien, wurde fie mit ebenfo großem
Imna anfaenammen mis her ..Gihl! AN & friiher Marine murhs har
330 Franzoͤſiſche Lit.: Dream, Poeſie u. Schaufpielfunft.
der Revolutiongzeit reformirte Zalma, von David geleitet, biefen Mißbrauch
bem die Clairon, wie man in Marmontel's Memeiren fehr anzichend erzaͤl
det, dazu den erften Anſtoß gegeben. Der ältere Crébillon fchließt den Kr
franz. Tragiker dom erſten Range. Zur zweiten Ordnung gehören vorz
Thomas Gorneille, Kafoffe, Guimond⸗de⸗laTouche, Fefranc, Laharpe, Le
de Belloisc. Diderot führte durd) f. „Pere de famille“ und f. „Fils na
zuerft das bürgerliche fentimentale Zrauerfpiel ein, Unter den neuen Tragik
merken wir: Ducis, der mehre Trauerſpiele Shakſpeare's für die franz. !
einrichtete, und felbft in dem „Abufar” viel Originalität und Wärme zeigt
nault, deffen Zrauerjpiele: „Marius“, „Gincinnatus”, „Oskar“, „les
tiens* und „Germanicus“, durch Grdankenfülle, Kraft und ruͤhrende Scen
auszeichnen; Legouvé, deffen „Dlort Abel“ und „Epicha.is et Neron
viel Beifall erbielten,, und der überdies noch „„Et&ocie et Polynice* un!
mort d’lIcnri IV.“ fchrieb. Früher als diefe hatte fich Lemercier in feiner
Jugend als Trauerfpieldichter verfucht ; fein „Levite d’Eplırim‘ und fein
memnon’ wurden bewundert; feine fpätern Werke gefielen weniger. €
Auffehen madıten „Les Templiers‘‘, von Raynouard, der nur dies eine T
fpiel fchrieb, welches ihm unbefttittenen Nuhm erwarb. „Abdelaſis“, von
ville, „Joſeph“, von Baour-Lormian, und „Artarerres”, von Delrieu gı
doch machten fie weniger Auffchen, als das Zrauerfpiel „Manlius“, deffe
Talma's Licblingsrolle wurde. Lebrun's Bearbeitung von Schiller’ „|
Stuart” wurde in Paris mit rauſchendem Beifall aufgenommen. Sie gi
Jouy's „Sylla“, den „Vepres Siciliennes“ und dem „Paria‘“ von be la |
dem „Clovis von Viennet, für die wichtigfte Erwerbung des tragifchen franz. 3
tere, Mitihnen ftrebt die franz. Zragödie-über die engen Schrunten, weid
die Nachahmung der Claſſiker gefest, und über die declamatoriſche Beredtſa
welche bisher ihr Wefen ausmadıte, hinaus. — Was nun das franz. Luftipi
teifft, fo ift bereits erwaͤhnt worden, wie daffelbe mit den Farcen der Bazoch
mentlich der vom Advocat Patelin, und der Sottifen der Enfans sans souci
Anfang genommen. Jodelle bewirkte auch die Reform deg franz. Luſtſpiels.
erftes: „Der Abt Eugen”, in der Manier des Zerenz, wurde vom Dofe unl
dee Stadt bewundert; es war das erſte regelmäßige Nationalluſtſpiel mit zeite
fen Charafteren ohne allegoriſche Perfonen ; der Wis darin iſt roh und ungez
Bon 1562 an fchrieben die Brüder de la Taille Luftfpiele in Prof. Man |
auch die beliebte Schäferpoefie mit der dramatifchen zu vereinen, Aus den M
täten wurden Schäferfpiele, worin Chriſtus der Bräutigam, und die Kirch
Braut war. Die Cultur wahrer Luſtſpiele wurde von Pierre de la Rivey fi
febt; fie beruhten meift auf Intriguen und komiſchen Überraſchungen. 1552
pachteten die Paffionsbrüber ihr Privilegium an eine Schaufpiclergefellfchaft
unter dem Namen Troupe de lascoınedie frangaise bi3 jegt befteht. Sie fi
im Hötel de Bourgogne. Kurz darauf erfüllte Heinrich III. Sranfrei mit Pı
fplelern, die er aus Venedig kommen ließ. Sie nannten ſich i gelosi (Leut
zu gefallen ftreben). Als fie im Hötel de Bourgogne zu fpielen anfingen, fir
ihnen Alles zu. Farcen aller Art waren ungemein beliebt, ſelbſt Richelien
ſchmaͤhte nicht die Scherze des ſogenannten Gros Guillaume, des Casderl der
fer. Den italtenifchen Harlekin erfegten auf dem Farcentheater zu Parlı
Jabarin und Turlupin, die burleske Bedientenrollen fpielten, und im Zeit
Ludwigs XIV. ſehr beilebt waren. Corneille fühlte zuerft das Bedürfnip ı
wahren Charakterſtuͤcks; weniger Vorurtheile befchränften ihn bei dem Buftipiel
bet dem Trauerfpiele. Seine jugendlichen Verfuche im komiſchen Sache find fe
correcter und anftändiger ald Alles, was man zunor von Luftfpielen in Ftank
Annie, Er war erſt eben 183. alt, als er fein Luſtſpiel „Melite“ fchrick. €
u VE WIRT YES WIYWEYNPTEEBRE WU ⏑ SS WERL TER S —
pielkunft, S. Meifterwerke: der „Tartuffe“ und der „Mifanthrope”,
after des Dechfomiichen. In die zreite Glaffe f. Luſtſpiele gehören die
sirten großen Chirafterflüde, wo „„L’arare‘, „„Georse Dandin** und
eGis geutilbomme* am berübmteften find. Die ganze Manier ders
iksmaͤßiger, freier und roſſenhaftet. Den weiteſten Spielraum gennte
kecken Laune in den Luſtigen Unterkiltungsftüden, in die er oft Mufit
yen Tanz verwebte. Hierhin gchören: „Les fourberies de Scapin‘*,
- de Pourceaugnac“ und .„„.Le malade imaginaire** ; der komiſche
hier zu einer Höhe gefteigert, die man jeit dem "Untergange der altgries
noͤdie nicht kannte. Molière's Feftivitätsftüde zeigen nur die unges
andtheit f. Talente. Die franz. Luftjpieldichter erbielten fi) am freies
Einfeitigkeit. Sntriguenftüde waren weniger belicht als Charakters
e gab es ſowol edel als niedrig⸗ komiſche. Man fah gern Pieces à sce-
ces, nümlid) eine Reibe komiſcher Ecenen ohne Einheit der Handlung,
ichwoͤrter Parodien und Zwiſchenſpiele. Das italicniſche Theater
um din Nationalgeſchmack hierin frei von Einſeitigkeit zu erhalten,
ſpaͤtern Auftfpieldichter traf Moliere’s Ton mit foicher Seinheit und Eos
aft, als der geiftreiche Abenteurer Regnard (f. d.) (1647 bi8 1709).
ich in der Erfindung komiſcher Situationen war Dancourt. Nachlaͤſ⸗
tol, aber hoͤchſt jovial und burlesk war Le Grand; fein „Ami de tout
" wird noch gern geſehen. Divertiffements und Balletd machten feine
och unterhaltenter. Baron, ein berühmter Schaufpicler feiner Zeit,
yim Styl der edlen Charafterftüde Moliere’s zu nähern. Dufresny
ge Converfationsftüde. Montfleury rear der erfte, welcher, nach dem
r Spanier, Trauerſpiele ſchrieb, die bei jedem Akt durch Eomifche Zwi⸗
unterbrochen wurden. Der feine und gewandte Le Sage ahmte gleich⸗
n auch nicht auf gleiche Weiſe, die ſpaniſchen Dichter gern nach. Er
b viele beliebte komiſche Opern fuͤr das Jahrmarktstheatet. Destouches
der erſten die durch Grübeln über ‚den Zweck der dramati ſchen Kunſt an⸗
— — IPA...
332 Franzoͤſiſche Lit: Dram, Poefle u. Schaufpielfunft
Auszeichnung. Die komiſche Oper mar dadurch entſtanden, dag man 1707 |
(fo fehr beliebten) Jahrmarktskomoͤdianten verbot, auf ihrem Theater zu fpred
Sie gaben nun ihren Vaudevilles mehr Zuſammenhang, und. erfegten den Dia
durd) Pantomime; dies gefiel jo, daß man gern das harte Verbot bald wieder.
ruͤcknahm. d’Orneval, der viel für diefe Theater ſchrieb, behielt die italicnifd
Maskencharaktere noch ziemlich bei. La Chauſſée veredelte den Ton der rühren!
Schauſpiele, die er immer mehr einzufuͤhren ſtrebte, durch treffliche Verſe; ei
herte ſich mehr der wahren Poeſie aus Diderot, deſſen buͤrgerliche Dramen
ganz in Proſa verlieren. Marivaux's Luſtſpiele find geſucht und pretios. Bo
und St.⸗Foirx bereicherten die franz. Bühne mit ſehr witzigen Luſtſpielen. 8
Piron, dem unerſchoͤpflichen Witzbold, iſt doch nur ein einziges Luſtſpiel,
anetroinanie‘ auf dem Theater geblieben; er ftarb 1773. Auch Greſſet's „A
chant“ wird noch ſehr geſchaͤtzt. Sedaine's kleine Opern und Komödien gefiel
Beaumarchais, deffen rührende Schauſpiele fhon Beifall fanden, entzüdte bu
f. „Barbier de Scville‘‘, und durd die Fortſetzung deffelben,. „Le mariage
Figaro““. Letzteres Stüd hatte dus einzige Gluͤck bei feinem Erſcheinen, 17
73 Mat hinter einander aufgeführt zu werden: eine Auszeichnung, die man frel
mehr den dreiften Spottereien gegen das Leben der Großen, ald dem eigentiik
bichterifchen Werthe des Stuͤcks zufchreiben muf. Collé, Fagan, Moiffe ı
Fabre d' Eglantine glänzen im Anfang der neueften Periode, Von letzterm gefa
befonders „„L’intrigue Epistolaire‘* und „Les precepteurs‘“‘. Cailhava, |
jon, Laya, Srangvis de Neufchatenu gehören jeßt zu den betiebten Luſtſpieldichte
Colin d’Harleville wurde durd) einen frühen Ted wegserafft, ſ. „Vieux cchl
taire‘‘, f. Luſtſpiele „L’inconstant‘“, „„L’optimiste‘ und „Les chäteaux
Espagne“* find vol Wahrheit und reizender Details. Andrieux, deſſen Stik
„Les etourdis‘* und „„Le souper d'Autenil““, ausgezeichnet gefallen, ſche
ſehr geſchmackvoll; feine komiſche Muſe iſt zugleich Grazie. Außerſt fruchtba
das Talent Picard's, welcher vor ſ. 40. J. ſchon über 35 Luſtſpiele fchrieb, ı
Sröhlichkeit mit Moral zu vereinen weiß. Flins, Cheron, Roger, und befont
Monvel, Duval und Etienne haben allgemein belichte Luftfpiele gefchrieben. 4
Trauerſpieldichter Lemercier fchrieb auch zwei Luſtſpiele: „Pinto“ und „Plaug
welche durch feltene Eigenthuͤmlichkeit anziehen. Ribouté gefie'mit feinem er
Verſuche: „„L’ossemblie de famille‘, Unter den neuern rührenden Drar
müffen wir „AMcianie““, von Laharpe, „L’abbi de V’Epre‘, von Bouilly, ı
„La mort de Socrate‘‘, von Bernarbin de St.⸗Pierre ald ausgezeichnet nenn
Jouy, der Berfaffer der „Vestale‘‘, Etienne, Edmenard und Hoffmann find
vorzüglichften jetzigen Dichter ber ernften Oper, ſowie Monvel, Marjollier, Dun
Dieulafoi, Piis, Scribe und Barrc der komiſchen Oper und des Vaudevilles.
Blickt man nun nod) einmal auf den Gang der dramatifchen Literatur in Kranke
zuruͤck, fo zeigt ſich unverkennbar, wie ed hauptſaͤchlich Corneille, Racine, Mol
und Voltaire geweſen, welche die Geſtalt der franz. Buͤhne eigentlich, und wie
Icheint, unwiderruflich feftgefegt haben ; denn weder die Anregung der Aufmerkfa
Beit auf Shakſpeare, noch die von der Nationalanſicht mehr oder minder abweich
den Anfichten eines Diderot, Beaumarchais, Mercier u. U. haben im Wem
chen etwas zu andern vermodt. Mur im Luſtſpiele find die Franzoſen, ſeit
Nevolution, durch zahlreiche neuere Dichter, wie Andrieux, Collin d'Harledi
Duval, Picard u. f. w. von der Moliere’ fen Charakterfomödie mit großem Ci
zum Intri iguenſtuͤcke uͤbergegangen. In Ruͤckſicht der Tragoͤdie aber wird >
immer das durch jene Dichter entworfene Syſtem der dramatifchen Kunft alß "
einzigguͤltige praftifch befolgt, und jede Abweihung davon als eine Sünde v
den guten Geſchmack betrachtet.
Die Bühne ſelbſt, oder Alles, was die theatralifche Darfeltun
Franzoͤſiſche Hr: Dram. Porfie u. Schauſplelkunſt 333
ft betrifft, hielt, role überalt, fü auch in Frankreich, mit dem Fortgange ber
atiiſchen Dichtkunſt gleichen Schritt. Die Gefeufchaft, die fich mit Jodelle
uffuͤbrung ſ. Stüde verband, nahm zuerft den Namen der Comediens an.
der Reiz der Neuheit 309 die Menge zu ihnen. Die eiferfüchtigen Pafjionse
re aber bewahrten ihre Privilegien, und den Comediens ward in Paris zu fpies
echoten. Dagegen erhielten jene 1543 einen Dofbefehl, der ihnen die Moſte⸗
unterfagte, und nur anftändige weltliche Stüde aufjuführen gebot. Jetzt
bie glückliche Zeit der Paſſionsbruͤderſchaft voruͤber. Der öffentliche Geſchmack
durch Jodelle's Schaufpiele eine völlig andre Richtung genommen. ' Das
ten die Paffionsbrüder fic) felbft auf die Laͤnge nicht verbergen, und da fie eben«
deinfaben, daß fie den Kampf nicht fiegreich beftehen würden, fo traten fie end⸗
frricxillig zuruͤck, klug genug, jenen Hofbefehl zum Vorwande zu benugen.
m fie vorgaben, daß für Geiſtliche die Auffuͤhrung weltlicher Stüde ſich nicht
ze, verpachteten fie ihr Theater, mit dem Vorbehalt zweier Logen für fich, an
eur (Seſellſchaft ber Cornediens. Diefe fpielten num im Hötel de Bourgogne
fo mtitand hier das Theätre francais. Bald darauf aber eröffneten die Ges
im Hötel de Bourbon ihre Vorſtellungen, und ba fie ihren Namen entfprachen,
ke ihnen Alles zu. Andre Schaufpielgefellfcyaften, welche auch jetzt noch zu
ra aus den Provinzen nach Paris kamen, wurden ſtets von den Comediens im
de Bcurgogne verdringt, ausgenommen diejenigen, welche zu Jahrmarkts⸗
m, wo alle Privilegien aufgehoben waren, in den Vorftidten fpielten. Eben
wer foliten bald eine nicht gemeine Wichtigkeit erhalten. Denn aus einem
bea Jahrmarftäötheater (Thédire de la foire) entftand nicht nur ein zweites ſte⸗
be$ Theater, du Marais genannt (durch Übereinkunft mit den Paffionsbrüdern,
Ge aech immer im Beſitze Ihres Privilegiums und der Bühne im Hötel de
maegne waren), fondern es entwickelte fich auch aus diefen Jahrmarktsſtuͤcken
any neue Gattung von dramatifchen Darftellungen. Nachdem diefes Teätre
Marsis geraume Zeit mit denrder Comddiens gewetteifert, tert Moliäre, des
IL Befelifchaft bisher in der Provinz gefpielt hatte, anfänglic, zur Jahrmarkts⸗
‚ab in Paris auf, und fand bald jo vies Unterſtuͤtzung bei Hofe, daß ihm ein
Br Palais royal zu ſ. Vorftellungen eingeräumt ward. Nach Molisre’s
be (1673) wurden fie eine Zeitlang unterbrochen ; dann aber vereinigte fich dieſe
ft mit dem Thiätre du Marais. Unter Ludivig XII. machten ſich ende
ale Schaufpieler in Paris von der Paffionsbritderfchaft frei, und bie Geſell⸗
BR des Thcätre frangais Im Hötel de Botirgogne erhielt den Titel der koͤnigl.
Wexipieker (Tronpe royale). Inzwiſchen hatten die italtenifchen Schaufpieler
Betfeindes Gtüd. Die Gelofi hielten fid) auf die Dauer ebenfo wenig, als
MB zueite italieniſche Gefellfchaft, die feit 1662, jedoch ohne feften Ping, Vor⸗
Imsemin Paris gab. Einer dritten endlich giuͤckte es beſſer. Sie fpielte abs
Wind mit der franz. Truppe, und erhielt, als ſich 7 Jahre nach Moliere's Tode
Re franz. Geſellſchaften im Palais ropal zu dem Tliätre frangais vereinigten,
ſ Decter im Hötel de Bourgogne eingerfumt. Diefe Buͤhne ift das befannte
re italien, welches unter Ludwig XIV. wegen der Frau von Diaintenon ges
werden mußte. Der Prinz⸗Regent eröffnete e8 wieder, und die Mitglie⸗
en ſich ſeitdem Troupe italienne de S. A. le duc d’Orl&ans, Regent de
So hatten ſich alfo nunmehr zwei Daupttheater in Paris gebildet: daß eigents
Reniöfiiche und das italienifche. Auer diefen beftand feit 1678 noch ein drittes:
ater der fomijchen Oper, die aus dem Jahrmarktstheater, wo fie ſich aus den
iles entwickelte, entſprang. Mehre der feinften und vorzüglichften Köpfe unter
Mmicen Dichtern Frankreichs nahmen fich dieſes Schaufpield an, und fo erhob
des Thiötre de ’Opdra comique, das jebod) erft 1715 diefen Namen erhielt,
Ralidem Range mitden vorigen. Öleichzeitig mit ihm entftand endlich auch die
—
334 Sranzöfifche Literatur in der neueften Zeit
eenfte Oper, Indem ber Cardinal Mazarin 1646, bis wohin diefelbe bLoß
beftanden hatte, zuerſt eine Gefeltfchaft italieniſcher Operiften nach Pari
ließ, welche dort die italienifche Oper Orpheus und Eurpdice aufführten.
veranlagt, machte Perrin den erften Verſuch mit der franz. großen Open
1669 ein koͤnigl. Privilegium, und diefes Operntheater den Namen ei
Akademie der Muſik erhielt, welche bald mit glänzenden Pantomimen u
ausgefhmücdt ward, und an Quinault u. A. auch fehr vorzügliche Dichte
(S. Ballet, Sranzsfifhe Muſik, Noverre, Oper, Pan
n.f.w.) Alle diefe Theater zählen nun auch bis auf den heutigen Tag.
der beruͤhmteſten Schaufpieler unter ihren Mitgliedern. Wer Eennt
Theätre francais einen Baron, Lefain, Sleury, Zalma, ein
fin, Dumenil, Clairon, Raucourt, Dudhesnoy ud G
oder vom Theätre italien, einen Sarlin, Lelio, Riccobini u
(S. d.) Über den gegenwärtigen Zuftand der parifer Theater aber T
Theater. Ww
Sranzöfifche Literatur in der neueften Zei
die Literatur, in der engeren Begrenzung des franz. Sprachgebrauchs,
Nichtung aller Gemüther auf die hoͤchſten Staatsintereffen und dem
Darteitampfe nicht entnommen bleiben, der zwifchen die gefelligen Ve et
Frankreich ſich trennend gedraͤngt hat. Im Allgemeinen darf man von
riſchen Erſcheinungen der letzten Jahre behaupten, daß ſie um ſo groͤßeres
erregten, je mehr ſie die Politik der Zeit beruͤhrten, daß ſie aber ſicher wa
falten, wenn fie der Leidenſchaftlichkeit der Anſicht gewandt das Wort re
bei dem immer fortgefegten Kampfe der Herrſchſucht, der Unbefangenhei
faffung und des Urtheils ſich überall entgegenftellte. Selbſt die Überza
den legten —* erſchienenen Werke aus der Claſſe der econoinie politiq
für die vorherrſchende Theilnahme an den Fragen und Aufregungen bed Au
die von den Wortführern der politifchen Parteien zum Theil mit großen
als die Angelpunkte aller fittlidyen und gefelligen Beziehungen ausgegebe
Die Journale, deren Anzahl nicht " 3 Abnehmen tft, würden fid) nich
koͤnnen, ohne Berüdfichtigung diefer vorherrfchenden Tendenzen : doch aı
Lifche und religiöfe Schriften, Biographien und Trauerfpiele, Gefänge und
predigen Meinungen, deren politiiche Unterlage man deutlich durchſieht.
glänzende Rhetorik fich in ſolchem beredten Streite Gehör verihaffen Eanr
man ſich nicht wundern, daß die großen Mufter feanzöfifcher Wohlreden
neue Ausgaben, die der Parteigeift mit Aufopferungen vervielfältigte {
Zouquet’fchen Ausgaben von Voltaire's und Kouffeau’s W.rken) fortwill
nehmer und Liebhaber fanden. Die Ausgaben von Beaumarchais, Di
Andrieur, Gilbert (avec notes et variantes par Amar, 2 Bbde.), Fer
Bde.) (früher von Maffillon, die „„Oraisons funebres de Bossuet, Fle
par Dussault‘‘, 1820) von Neder (par M. le Baron de Stael) von der
Staei (17 Bde.), v. Rollin (in doppelter Ausg., v. Guizot u. Letronne), ı
Rouſſeau (ar. des notes de Musset Pathay),v. Gr. Seyur’s Werken, v.
v. Treffian (publ. par Campenon), v. Vauvenargues (zweimal; erft .,
completes“, dann „„Oeuvres choisis‘‘) forte DieSammlungen franz. Ger
(„„Ise barreau frangais ou collection des chefs d’oeuvre de l’elocmence j
en France‘‘, par Clairet Clapier, die „„Annales du barreau frangais“,
der „„Choix de plaidoyers et ın£ınoires deM. Dupin aine‘, und die „,
pleidoyers et memoires de Mr. Bonnet‘“ wuͤrdig anfchließen), fuchte ma
lich recht weit zu verbreiten, weil manchen Anfichten, an welche die Stre
gen wie an Palladien der Nationalität fich fefthalten, durdy den Geſchmac
Byron's düftern Gedichten („„Oeuvres coımplötes de Lord Byron“, 1:
Kranzöfifche Literatur in der neueften Zeit 335
lufl. 1824), durch den Beifall, den Walter Scott’8 Romane finden, den
ft deutſchen Werken zugefteht (außer Schiller und Goͤthe iſt auch Tieck's
Id" nunmehr durch Frau von Montolicu überfegt) und durch das lÜbers
ıen der fogenannten Romantik bedenkliche Erfehütterungen drohen. Will
Beforgniffe ausgeſprochen hören, fo.lefe man Desmarais's (Copr.) „„Con-
ns sur la litierature et sur la societe en France au 19me. siecle‘*
21). Selbft in dem Gebraudhe der franz. Sprache hatten ſich feit Fr.
208 fo erfolgreichem Vorgange, Neuerer gegen das Länyfthergebrachte erhos
durch die alten Autoritäten nicht immer in den alten Schranken erhalten
ountm. So griff Zavaur („Nouveau dictionn. de la langue frang.‘*)
Sprachſchatz der Schriftfteller des 17. und 18. Jahrh. den meit befchränts
z Woͤrterbuchs der franz. Akademie an, und wies einen Reichthum an For⸗
ı Bitdungen nach, der den Begründern jenes Works bucchaus fremd geblies
Unausführbar haben fich die Wuͤnſche und Plane des Sr. Volney ers
Sie würden Sprachverwirrungen herbeigeführt haben, ftatt Erweiteruns
m engem Raume ber franz. Sprache war dafür ein Gewinn des alterthuͤm⸗
hrten Shark. Pougens: „Tresor des origines de dictionnaire gramına-
isoune fraugais‘‘, &., der ziwar Beinen fo großen Kreis fand, als Mefanges
Dietionn.’ des proverbes fraugais‘‘ (1823 [yon bei der 3. A.) aber immer
Inrtarmung flieg. Don Sprachlehren erhielt fid) Lhomond’s „Gramm.
* Biondin’s6 „„‚Grammaire frang. demonstrative‘* (chen 1822 bei d. 8,
pisihrend in der Gunſt. — Was die Philofophie bei den Franzoſen leiftete,
Meder vor. Art. Aufſehen mußten die metaphufifchen Korfchungen Vict,
Keregen, der durch Verbreitung der Werke des Plato, des Proclus, des
ut („Oeuvres de Descartes publiees par V, Cousin‘ (8 Bde., 1824)
af cine ernftere Bedeutung der Worte vorbereitet hatte. Die größere Reg⸗
&, die in dieſem Fache durch De Serando, Raromiguiere, Deftutt de Tracy,
(„Systeine universel de philosophie‘, 8 Bde., 1824), Touffaint („„Es-
r la ınaniere dont les sensations se transforınent en idees“‘, 1824) hers
acht iſt, trägt aber docdy noch die Spuren der franz. Eigenthuͤmlichkeit.
njen hin geht ihre Richtung und bie Anwendung auf Redytsverhältniffe oder
igion war in ber Icgtern Zeit fehr hervortretend. Sowol das allgemeine
wo Lunjuinaie’s „„Sur la bastonnade et la tlagellition penales“‘, 1825,
Unterfuhungen auf die Bahn brachte) als das franzöfifche wurde gefchichts
y fpftematifch tiefer ergründet. Während das Entſchaͤdigungsgeſetz, der
sfhlag zu einer Begünftigung ber Exftgeborenen, der Proceß des „„Con-
ınel“‘, das „„Nemoire à consulter‘‘ des Gr. Montlofier die vielfaͤltigſte
mg ıntereffanter Rechtsfragen herbeiführten, wieſen Werke, wie Legrand
, HNecherehes sur l’adıninistration de la justice criminelle chez les
; avant l'institution des parlamens‘‘, 1823, und der „„Recueil gencral
iennes lois frang. depuis l’an 420 jusqu’ä la revolution de 1789 etc.
rusy, Isambert et Juurdan (bi6 1825, 10 Bde.) auf die geichichtliche
ang des jegigen Rechtszuſtandes und der jeßigen Anfichyten hin. Durch)
binationen der Geiſtlichkeit wandte fich die philofophifche Forſchung auch auf
iet der Religion und während Benj. Conftant in ſ. Werke: „De la reli-
onsiderce duns sa source, ses formes ct ses developpemens“‘ (2 Bde.,
mit gemohntem Scharfſinn f. Aufgabe angeiff, bewice der Abbe Mennais
beipcochenen „„Essai sur l’indifference en matiere de religion‘, 8 Bde.,
ufl. erlebten (1825) und in f. Schriften: „De la relizion cousiderde
srapports avec l’ordre politime et civil‘, wie fern man noch hier war,
gene Unterfuchung an die Stelle des Autoritätsgiaubens treten zu laffen,
an auch die „Ocuvres de Swedenborg traduits du latin par Moöt‘‘, na-
336 Franzoͤſiſche Literatur In der neueften Zeit
mmtlich bie“,‚Delices de la sagesse sur l’aniour donjugal etc. par J
borg, traduit du latin par J. P. Moet‘‘ 1824, zu den Zeichen der Ze
Frankreich gehören, Die größe Menge der Erziehungsfchriften bietet w
fidyten, daß ein Eimftiges Gefchledht vor dem doppelten Irrwege bewal
dort droht: bie Societe de la morale chretienne wirft zwar zunaͤck
Zweck hin, die Jugend fromm zu bilden, aber bei den Befchranfungen,
det, ift ihr Einfluß noch unbemerkbar und die Koft, die fonft geboten
Bouilly, den Damen Renneville, d'Hautpoult u. ſ. vo, ift zu leicht, als
derhaltig fein follte. Doc durch das Öffentliche Leben wird das frung:
mit erzogen; denn beider Dffentlidykeit, womit vorf. Gerichten die Frage
feglichteit und Ungejeglichkeit, auf der Zribune über Recht und Unrecht
nern wie Fon, Benj. Conſtant, Dumat, Dupin, Clauzel de Couferguieg,
und von den beredten Mitgliedern der Pairskammer Chateaubriand
Talleyrand, Laine ıc. auseinandergefegt werden, gewinnt SSeder, der nicht
lofer Beobachter bleibt, das, was Droz in einem eignen Werke (,,Aj
de la morale & la politique‘‘, 1825) al& letzten Gewinn des geſellig
und einer freien Berfaffung price. Häufig wurde die Sache der Menf
dem Kreife, der Paird und der Deputisten verhandelt, und durch die gli
redtſamkeit, welche der Suche der Neger und ber Sache der Griechen als
bürgerlichen das Wort redete, wurde die Gefchichte vor Allem gefördert,
fen Angaben bie Belege ſchafft. — Die Befchichte des fich verjüngende:
lands fand in Frankreich durch Raffenel’s: „IIist. des evenemens de
(Paris 1823 fg., 3 Bde.) durch Dufey's, durch Pougueville’s „„Hist. ı
nérat. de la Grece“ (n. Ausg. 1826) u. A. Bearbeitungen, wie ein a
gleidyzeitig fie gegeben hat; und das in einem Augenblid, wo Michaud's
des croisades“ (8. X. 1825) wo Lebeau’s „„Hist. du Bas-Empire‘,
revue et corrigee par Saint-Martin (20 Bde., noch nicht vollendet), wo
„Lascaris‘‘ die Ereignijfe einer nicht zu fernen Vergangenheit den 8.
genmärtig zu erhalten verflanden. In gleicher Art wie Pouqueville
Mollien's, Voyage danslarepubl. de Golombie* ausgezeichnet. Bei
beiten verfteht man nicht, wie man Werke, die Achtung gegen einen ge
men hätte zutuͤckhalten follen (Racepede’s „„Hist. generale physiqu:
de l’Europe‘‘, 1826) dem Publicum übergeben Eonnte; In Grin
Forſchung fließen ſich an die Meiſterwerke der frühern Periode, meld
Beit forgfam wieberholte („Art de verifier les dates, par S. Allais‘
„Art de verifier les dates depuis l'’annee 1770 jusqu’ä nos jours,
. eelles‘‘, 1821), vorzüglic) die Bearbeitungen der franz. Gefchichte im C
in ihren Theilen an. Neben den Sammlungen des Stoffs (‚Coll
chroniques nationales par Buchon“‘,; ‚Collect. des memoires relat
de France par Giuizot‘‘; „Coll. compl. des memoires relatifs à
France, par Pctitot‘‘; „Depöt des chartes et des lois, tout
qu’etrange£res, dirige par Constantin‘‘) fr die frühen Zeiten fhritten t
lungen für die neuere Geſchichte fort; (‚‚Collection des memoires r
revolation‘‘; „‚Mem. particuliers pour servir à l'hist. de la revo
geiftvolle Männer zeigten fich durch allbefannte Bearbeitungen Mleifter |
wältigenden Stoffes. Die Werke von Dufau und Delbare, von La
Simonde Sismondi, Über die Gefchichte Frankreichs und der Fra
Geſchichten der franz. Revolution von Miguet (1825, 3. A.), Thier
und Lacretelle haben ein europdifches Publicum gefunden. Neben diefer
dern Darflellungen fchlofien ſich an die früher beachteten Unterſuchunge
jeine Theile (die „Fastes civils de la France depnis l’ouverture de
jusqu’en 1821° an Jouffroi's „„Fastes de l’anarchie‘‘, Barginet's
Franzoͤſiſche Literatur in der neueften Zeit 337
nent föodal‘‘) immer nette an, die zu ben Bereicherungen ber Literatur
gehören. Für die ältere Gefchichte Frankreichs werden Barante's
s Ducs de Bourgngne de la maison de Valois‘‘; Beugnot's „Les
rcident on recherches sur l’etat civil, le commerce et la litter. des’
rance, en Italie et en Espagne pendant le moyen age“‘; Depping's
s expeditions maritimes des Normands et de leur etablissement en
Ame. siöcle*, die „Histoire de la S. Bartlıelemy d’apr&s les chro-
1826; die „Mein. et correspondance de Duplessis-Mornay pour ser-
it. de la reform.‘ etc. eben fo werig vergeffen werden dürfen, als die
Actenſtuͤcke und Darftellungen der Thaten Napoleons, die feit Segur
Safes ans Licht kamen und bier in einem eignen Art, zufammenges
m. Zunaͤchſt veranlaßt durch die Ermunterung des Dinift. des Innern,
Örtlichkeit, vieler durch Denkmäler oder Ereigniffe wichtigen Pläge ges
eicht, und wenn auch nicht alle Einzelichriften gleiches Sntereffe boten,
re'3 „„Hist. physique de Paris“ (3.%., 1824) u, eff. „„Ilist. des envi-
Aris‘*, wie die „Alonnmens de la France par Al. de Laborde‘* und die
ı&s de l’Alsace par Wolberry et Schweighäuser‘‘: fo fand man doch
ſſelbe Streben nad) Verbindung des Gegebenen mit dem Reize der Dars .
a8 nantentlich für die Denkfchriften in Frankreich fo allgemeine Theile
e hält. Diefe unerſchoͤpfliche Claffe, die man mit Recht als Wahrheit
ung bezeichnen Bann, weil die „Collection des memoires histor. des
anc.‘, die „Collect. des m&moires sur l'art dramatique‘*, bie gleiche
ben „„Memoires ou sonvenirs et anecdotes de NM. de Scgur‘‘, mit den
es inedits de Mine. de Genlis‘“‘, dem Journal anecdotique de Mmo,
und den „Mem. de Mme. du Hausset‘* erfchienen, nicht allzufern von
„Gil-Blas de la revolution‘® ftehen, oder von deffelben Verf. „Exalte‘*,
m eignen Art. reichlich) ausfüllen. — Mußte doch der Roman, wenn er zuſa⸗
das Kleid der Geſchichte anziehen, das Walter Scott's wettrifernd uͤberſetzte
gen, wenn er auf ein großes Publicum rechnen wollte (wie,Tristan levoya-
la France au ATV ıne. siècle, par Mr. de Marchangy‘‘), vorausgeſetzt,
ht wie Mortonval’s „,Tartuffe moderne‘ die Anſicht der Zeit, oder wie
ika*° under ‚„‚Edouard‘“ der Kürftin von Salm, wie Arlincourt’8 verduͤ⸗
nerien und der Gräfin von Souza „„Comtesse de Fangy** eine engliſche
des Gefühle anfprach, an der die Leſewelt fo mäßiger Schriftfteller leidet.
gleiche Zahl von Erfcheinungen bei gleihem Mangel bietet die dramatiſche
dar, wo die Namen Soumet und Viennet fih zum Ruhm ber alten
ı emporzuarbeiten ſuchen, während die muthmilligen Scribe, Delavigne,
ınd Edmond (die Anorbner von „„Jocko, drame A grand spectacle‘*t)
fsreifen der fonderbarften Antäffe, aus allen Theiten der Erde einer lautern
ung gewiß find. Ob durch Geoffroy's „Cours de literature draına-
en Mängeln, die man fühlt, abgeholfen werden könne, oder durch Lemer⸗
emarques sur les bonnes ct les ınauvaises innovations dramatiques“,
Zeit lehren. Der allbetrauerte Talma juchte in f. „„Reflexions sur Le-
sur l’art theätrale‘‘ wenigftens die Zraditionen feiner Kunft zu erhalten.
verkennen ift, daß durch die vielfältigen Beruͤhrungen, in welche Frankreich
Austande gefemmen ift, manche dort heimifche Anſicht fremden und ent:
‚sten hat weichen müffen, die man jest mit dem Bannworte des Romanti⸗
femt hat. Zwei Parteien die Claſſiſchen (fo zu fagen die Ronatiften, oder
Hauben die Legitimen in der Literatur) ftehen den Romantiſchen gegenüber,
teiberafen, bie mehr durch Ankaͤmpfen gegen alte Irrthuͤmer eine Art Ver—
ter fich haben, al& durch aͤußere und deutlich ausgefprochene Zeichen („I—
ve et le romantique par Baour - Lormiau“* und „„Lissai sur la litteratur:
‚ser. Gichente Aufl. Bd. IV. 22
33808 Froanzoͤſiſche Medicin und Chirurgie
romantique“*, 1825). Als Haupt der einen gilt jest Ramartine, ber Da
„Meditations poetiques“, der durch f. „Chaut du sacre‘* die Weihe der.
bigkeit erhalten hat; an ber Spige der andern ſteht Delavigne, ber Ver
. „Messenieunes“‘. Heitrer ald Beide und franzöfifcher in Form und Gedan
Beranger, der Verf. der „Chansons und der „Chansons nouvelles‘‘, die i
Berer Gunft bei dem Publicum als bei den Eöniglichen Anwalden ftehen. Wii
jedoch die franz. Mufen auch zu fprechen vermögen, erwies ſich bei dem To
Sen. Soy und bei Girodet's Tode, Die dort erfchollenen Klagen beftehen biı
gleichung mit den beften Werken der fogenannten claſſiſchen Zeit, die in unen!
Wiederholungen dem jegigen Geſchlechte wieder vorgelegt werden, oft mit Be
zungen duch biöher unbeadhtete Reliquien, bie eine redlichere Gewiſſenhaftigk
Öffentlichkeit entziehen müßte. Die Reihe der Ocuvres, welche die Bibliogr
de la France“ unter der Aufſchrift Polygraphes aufführt, zählte im I.
nicht weniger ald 63 Nummern. Aud) die Denkmaͤler einer noch fernen 3:
genheit bringt der gelehrte Fleiß franz. Literatoren jegt an das Licht, wie Mi
(des Heraudgebere des „Roman de la Rose‘‘) „Roman du renart, ı
d’aprös les ınanuscrits de la bibl. du roi“* und Guilfaume’s „‚Recherch«
les auteurs dans Icsquels Lafontaine a pu trouver les sujets de ses fa
beweiſen. Als eine Bereicherung der eigentlichen Literdrgefchichte kann Satfıs ;
kung von Singuene’s „„Hist. litteraire de l’Italie‘‘ gelten, die, wie die wied
gelcgte „„Hist. de le litterature grecque par Schoell“‘, wie Gaultier’6 „„Ess
la litter. persanne“ und die reichhaltigen Beiträge in dem ‚‚Journal asiati
und in den Schriften der gelehrten Vereine und den Zeitfchtiften (‚Revue ı
clop.“ -, ‚Bulletin universel, par Ferussac‘‘) vom europäifchen Publicums |
gekannt find. Barbier's „‚Dictionn. des ouvrages anonymes et pseud
‚ mes‘, 2, Ausg. ; Renouard's „„Annal. de l’imprimerie des Aldes“ (2.%
forie der „Catalogue des livres imprimes sur velin‘“ bewähren, dag Bibt
phie noch ſtets in Frankreich mit gewohnter Liebe von geiftvollen Männern bet
wird. Bei einem Buchhandel, der alle Welttheile umfaßt, und vor ben koſtbe
wie vor den ind Einzelne gehenden Unternehmungen nicht zuruͤckſchreckt, ifl
Liebhaberet dem Einzelnen ein unerläßlihhes Studium. Doc, hat in den
Fahren fich der franz. Unternehmungsgeift mehr in malerifchen Anfichten, toy
pꝓhiſchen Kupferwerken („Un mois à Venise, par Forbin et Dejuinne‘“‘ ;,,A
du Loiret‘‘; „„Albkum Bordelais‘‘; ‚‚Vues pittoresques de la Frau
„Vues inédites de France“, „„Excursion sur les cötes et dans les poı
Normandie‘; ‚‚Vues des cötes de France“ ; ‚Ports et cötes de Frar
„’Souvenirs pittoresques de la Touraine‘“; „„Collection des vues et n
meus de Nancy“ u. f. w.. alle von 1825) als in Prachtwerken gezeigt, die
dem Austande ale Schäge für immer erfchienen wären. Prachtwerke, wie bl
poleon’fche Zeit fo viele herbeiführte, weiß ein Berichterftatter Über die jegige
zu nennen. Selbſt die Literatur der Neifewerke bietet Beine Erfcheinungen , |
das minderbegunftigte Ausland nicht gleichwichtige entgegegenzuftellen hätte. .
fieht man in dem Musee de sculpture, par le Comte Clarac‘‘, in den Bel
machungen der Kunſtwerke der öffentlichen Sammlungen und der Ausftellung
ben Segen einer fehr verbreiteten Technik und eines durch Gefege gegen Berar
gen geficherten Buchhandels. Vgl. Boucharlat's „Cours de litierature, fa
suite au Lycée deLa Harpe‘“‘, 1826, 2 Bde. 1
Franzoͤſiſche Medicin und Chirurgie. Wie der neuefte 2
achter der franz. Arzneimiffenfhaft, Casper, in f. gründlichen und erfchöpft
Charakteriſtik derfeiben (Leipz. 1822) bemerkt, findet man jest auf dieſem
einen Ruhepuntt, von dem aus man einmal bequem prüfend hinter ſich ſch
kann. Die erften Decennien bed 19. Jahrh. find verfloffen. Das Rieſenn
Franjoͤſiſche Medicin und Chirurgie 339
er großen franz. mediciniſchen Encyklopaͤdie iſt beendet, und gewährt mit
blern, wie überhaupt doch einen Schag mediciniſchen Wiſſens, fo ganz
einen bezeichnenden Überblid® in die Culturgefchichte der franz. Medicin.
chritte der bisherigen pharmaceutifchen Chemie bemeift die unlaͤngſt erfchies
Landespharmalopor. ine neue Reform aller franz. Univerfitäten ift
irkt worden, zugleich mit ihr erſtand die alte franz. Academie de mé-
de chirurgie wieder. Und was unter diefen Verhältniffen das MWichtigfte
te, eine ganz neue medicinifche Lehre, iſt gleichfalls in der legten Zeit In
y, mit allem Öepränge, das neue mebicinifche Syſteme — wenn anders
ufſſais's Doctrin ein Syſtem nennen kann — zu begleiten pflegt, hervorges
ıd fo finden wir Hauptpunfte genug, um eine Charakteriſtik der medicini⸗
und Kunft bei unfern Nachbarn daran zu knuͤpfen. — Was die Hoffs
tabl, Boerhaave zu Ende des 17. Jahrh. flir die Arzneiroiffenfchaft thaten,
in f. Wirkungen auch nach Frankreich, befonders in die Schule von
ier, welche damals auf jener Höhe ftand, die fie faft zur erſten medicinis
wirät Europas erhob, Bordeu und Barthez, die berühmteften ihrer Leh⸗
nten ſich zu dem Etahlianiemus. In Paris aber gewann fchon damals mit
eitumg ber Haller’fchen Lehren und mit den Phyſikern und Chemikern, wie
Eavoifier, Fourcroy u. A., die Medicin ein mehr empirifches, auf Vers
Beobachtung reiner gegruͤndetes Anfehen, und der Condillac'ſche Senſua⸗
we bis auf den heutigen Tag herrichendes philofophifches Syſtem in
bift, drang mit Eräftiger Herrſchaft in das Reich der Arzneiwiſſenſchaft.
iloſophie, die fo innig mit dem Nationalcharakter verwebt ift, mußte bie
t allen höhern metaphufifchen Forſchungen abgeneigt machen, und auf
tiellere Wiffenfchaft fönnte ein ſolches Denkſyſtem, daß alle Hppothefe,
ulation, wenn nicht geradezu verwirft, doch wenigftens ungemein bes
und feine Refultate fehr in Zweifel zicht, auf welche MWiffenfchaft koͤnnte
z philofophifches Syſtem mehr Einfluß haben als gerade auf die Arznei⸗
ft? Deßhalb fehen wir bei den Sranzofen diejenigen Faͤcher vorzugsweiſe
‚ bie die finnlihstwahrnehmbare Erfcheinung begreifen. Die Anatomie
lichſt durch Bichat's Meiflerarbeiten einen neuen Zuwachs, die allgemeine
: oder Lehre von den Geweben, gewonnen, ja die Cultur diefer Wiffenfchaft
Zweige, der vergleichenden und pathologifchen Anatomie, ift ein charakte⸗
Zug in ber franz. Medicin. Mit Anerkennung haben andre Nationen die
der Portal, Senac, Corvifart, Recamier, Bayle, Laennec, Dupuys
lemand, Rodyour, Serres, Moulin, Cloquet, Chauffier, Brechet und
sufgnommen, ja das Stubium und die Cultur der pathologifchen Anatos
vorherrfchend im Charakter der jegigen franz. Medicin, daß viele Ärzte
nbar zu weit darin gehen, wenn fie, wie Casper beweift, „Überall das
ver Krankheit in die Krankheit zu vermanbeln ftreben, und wenn fie überall,
Iber nicht fo genau bekanntes Krankheitöproduct ihnen aufftößt, gleich eine
ntheit, aui generis, in das Fach der Nofologie einzubrängen ſich bemüs
wurd, möchten wir hinzufegen, ganz vorzüglich die Diagnoſtik gefchmätert
auch in der That, einige große Ausnahmen abgerechnet, bei den $ranzos
einer beſondern Höhe ſteht. Das, was wir Deutfchen die Disciplin der
um Pathologie nennen, findet fich bei unfern Nachbarn ale Syſtem ausges
kgae nicht, wie vortreffliche Bruchftüce dazu auch ihre Kiteratur liefern
Endiich ift gewiß jene Vorliebe ber franz. Ärzte für das Materielle der
warum fie ſchon früh die Chirurgie fo cultivirten. Schon feit dem 16.
haͤhlte Frankreich tüchtige, ja Epoche machende Wunbärzte (X. Pare), und
fange des 18. Jahrh. an, aus der Zeit, wo die Le Glere, Louis Petit,
‚ Anel, Sarengeot, St. Yves u, A. lebten, ringt — mit England
2* |
330 Franzoͤſiſche Medicin und Chirurgle
um den Preis in der Wundarzneikunſt: ein Kampf, zu welchem aud)
in den legten Jahrzehenden fo ehrenvoll feine Streitkräfte aufgeboten
DeutfheMedicin und Chirurgie) Gegen das Ende des
bereicherten die franz. Chirurgen Ledran, Louis, Daviel, Anton Pet
ihr Fach mit wichtigen Erfindungen, Entdedungen und Erfahrungen,
ders mit dem großen Default, dem Stolz der Franzoſen, beginnt- (17°
Ära für die franz. Wundarzneitunft, Seit jener Zeit hat die Chirur:
bares Übergewicht über die eigentliche Medicin in Frankreich befommen,
ſehen aus den von Casper mitgetheilten Stubienplanen für die aͤrztl
daß für die Folge fich dies Übergewicht dauernd erhalten bärfte. Wirkti
Paris — denn Montpellier hat, trog einem neuern, eingeborenen Geſch
diefer Schule (Deipcch’® „Chirurgie cliniqgue de Montpellier‘, %
4,.,2 Bde.), der mit emphatifchen Phrafen fie in die Wolken erhebt, in
Beiten feinen frühern Glanz verloren, ſodaß auch für die Medicin, wie
franz. Treiben, Paris jegt wieber Frankreich ift — jegt einen Reichth
ruͤhmten und ihren Ruhm verdienenden Wundaͤrzten, wie vielleicht
Stadt, ſelbſt London nicht ausgenommen. Wir erinnern nur an !
Boyer, Breſchet, ehauffier, Cullerier, Demours, Desgenettes, Dub:
tren, Itard, Lagneau, Larrey, Percy, Richerand, Roy u. A. S
„Parallele der deutſchen und franz. Chirurgie” (Leipz. 1823). A
das Mißverhaͤltniß zwiſchen diefer Ausbildung der Wundarzneitunft i;
nen, und ber eines ihrer Zweige, der Augenheilkunde, die fich neucrlichft
land umd in England fo felbfländig entwicelt Hat. Es ift. unbegreifii
den grofen Fortſchritten, deren fich die neuefte Chirurgie der Franzoſen
hatte, bie Ophthalmologie fo weit zuruͤckbleiben konnte, ſodaß Frankre
Hinficht ſich jegt durchaus nicht mit Deutfchland, oder auch nur mit €
fen kann. Die Ärzte diefer beiden Linder haben die Diagnoftit im Geb
genheilkunde zu einer faft fubtilen Genauigkeit bervolltommnet, zu der
fen in ihren Beobachtungen am Krankenbette nun einmal nicht geneigt {
iſt hier kein Einzelner in Frankreich mit einem anregenden Beifpiele vor.
denn Demour's großes Bilderwerk wird ung der Sachverftändige doch r
gengrund hinftellen wollen? Dagegen glänzt die franz. Chirurgie auf
wandten Felde, aufden der Gehörkrankheiten, und die Nachbarn hab.
säglichften Athandlungen von Monfalcon, Saiffp und Ftard, befondeı
ginalwerke des Legtern nichts entgegenzuftellen. erfolgen wir die fraı
fenfchaft noch ferner ind Einzelne, fo glauben wir, daß in der Culturg
franz. Medicin der neuern Zeit die Lehre von den Geiſteszerruͤttungen dei
ebrenvoliften Prag behauptet, Kein Volk hat fo viel für die Verbeſſ
Lehre gethan, keins feit dreißig Jahren folche Sorgfalt auf die Seren
wandt, als die Sranzofen. Man denfenur baran, daß ed Frankreich (
won dem aus ein menfchlichere8 und wirklich heilbringenderes Syſtem di
fung dee ungluͤcklichen Irren ausgegangen ift! In der That haben aber «
Länder fo reiche Gelegenheit gehabt, Erfahrungen auf dieſem Gebiete
als das feit dreißig Jahren durch die michtigften moralifchen und
Stürme erſchuͤtterte Frankreich, deren Einfluß fo wichtig in Bezug auf!
ift, dag Casper verfichert, wie man „noch heute in den parifee Irrena
traurigen, lebenden Beweifen faſt die ganze Gefchichte jener Stürme,
in den letzten Decennien, ftubiren koͤnne“. Wirklich zaͤhlt Paris nur allein
öffentlid:en Srrenanftalten (Bicktre, Salpetriere, Charinton) Fahr au
AWO Sıren, und außerdem gibt e8 dort noch etwa vier Privatverpflegun.
für fic, und wie viele Einzelne werden nicht im Schoße ihrer Familien veı
halten? Hier ift atfo ein beſonders hervorftechender Zug in der Charak
r
| Franzoſiſche Muſik 341
tebiche, und ein Zug, ber den Franzoſen gewiß Ehre macht, und ihnen Recht⸗
bhaftefte Anerkennung der ganzen gefitteten Menfchheit zufichert. Auch
t der Lehre von den Hautkrankheiten haben fich die Sranzofen ausgezeich⸗
Alibert's Erfahrungen, gehörig entkleidet von anhängendem Putz und
nerie, bleiben werthvoll und brauchbar, ſowie neuerdings Biett in dieſem
lverſpricht. Staatsarzneikunde und mebicinifche Polizei liegen dagegen,
die leßtere, noch fehr darnieder. Hinſichtlich auf die erftere wire freilich
ffiihe Zuftand, in welchem ſich alle öffentliche Krankens und Armenanftals
Yaris, vom ftatiftifh-öfonomifhen Standpunkte aus gefehen, befinden,
men. Bor der Revolution und noch 1789 gab es in Paris 48 Hogpitien
n fie invalide Greife und Krüppel) und Hospitaͤler, in denen taͤglich
Huͤlfsbeduͤrftige lebten; heute aber, wo die Kranken beffer und reinlicher
werden, fann Paris nur 15,000 Kranke und Arme zu gleicher Zeit und
t Hospitälern und Hospitien verpflegen. Wie wichtig aber diefe Anftalten
ſtſtehende Bevölkerung feien, lehrt ein Hinblick auf ihren Wirkungefreis.
San. 1804 bis 1. San. 1814, alfo in einem Zeitraum von 10 J., haben
veniger denn 392,915 Individuen , d. b. jährl. 35,000 Kranke aufge
! Und wenn wir die Bevölkerung von Paris auf 714,000 Seelen ans
fo wuͤrde jährlich mehr als der zwanzigſte Theil aller Einwohner (1: 20%)
wpitäler gefchafft, mo wir noch mehr als 5000 Individuen nicht rechnen,
ih in den Doßpitien aufgenommen werden! Welchen intereffanten Einblick
xiſer Leben und Weben geben diefe Refultate! Man begreift, daß der Bes
wanichnliche Geldſumme zu Gebote ftehen muf, um fo weit ausgebreite⸗
isfniffen entgegen zu fommen. Nach Casper's Berechnungen belaufen ſich
abmen der parifer Spitalvermaltung jährlich auf acht bis 9 Mill. Kran
er man hut diefe Summe auf eine Art aufzubringen gewußt, die zuyleid)
wie die humane Regierung bezeichnet: denn jeder Einzelne gibt in Paris
&b fein Scherflein für die armen Kranken, und er fühlt es nicht, da cr es
einmal weiß. Alle öffentliche Vergnuͤgungsoͤrter: Theater, Marionete
offentlihe Gärten ıc. müffen einen Zoll an die Hospitäler entrichten.
nnabme allein hat den Hospitälern oft jährlich eine halbe Million einge
Aufer diefer Summe fließt eine fehr bedeutende in den Hoepitalſchatz,
Octroi von den Hallen und Miürkten, und das große Leihhaus liefern;
befigen die Anftalten nod) liegende Gründe, und die Verwaltung ihrer Ca⸗
t muſterhaft. Weniger mufterhaft aber ift die mebicinifche Polizei orga⸗
nn Paris iſt nod) heut zu Tage immer die große Marktfchreierbude von
pa, und nach den neueſten Berichten drängen ſich noch heut wandernde
e, Olitaͤtenkraͤmer, Huͤhneraugenoperateurs, Eosmetifhe Quackſalber und
vornehmere Charlatans in Paris cifrig um din Beutel des leichtglaͤubigen
as, das die Regierung jenen Kuͤnſtlern nach Belieben zu brapdchaben
5
anzöfifhe Muſik. Nach dem, was Strabo, Diodor u. A. erzaͤh⸗
icht zu bezweifeln, daß ſchon die Gallier Kenntniß und Liebe der Tonkunſt
Auch gehoͤrten die Barden den Celten oder Galen an. Als die Roͤmer
echten, verließen Barden und Druiden ihr Vaterland, und die erſten Spu⸗
Rufık finden wir hier erft wieder unter den Franken, wo erzählt wird, daß
aramond an der Spige des Heeres, unter dem Klange Eriegerifcher Muſik,
nige aufgerufen habe. Die Laufe Könige Clovis in der Kirche von St.»
u Rheims wurde auch durch eine Muſik verherrlicht, die den König fo fehr
daß er nachher die Tonkunſt beſonders beſchuͤtzte. In einem Friedensſchluß
e er von Xheodorich, König der Oftgothen, ihm einen guten Mufiktehrer
ger zum Unterricht feiner Priefler und Eünger aus Italien zu fenden.
342 Froanzoͤſiſche Muſik
Der Sänger Acorädes kam da nach Frankreich, und führte dort einem ſanftern
lleblichern Styl der Muſik ein als man zuvor kannte; bie Tonkunſt wurde die $
gleiterin aller gotteßbienftlichen Gebraͤuche. Unter Pipin's Regierung wurde
Drgel in Frankreich eingeführt. Der morgenländifche Kaifer Conftantin ſchi
757 die erfte an Pipin, der fie der Kirche St.⸗Corneille in Compiegne ſchenkte.
Karl der Große das Ofterfeft in Rom feierte, entflanden Streitigkeiten zvotfe
den franz. und italienifchen Sängern,über den wahren Gefang. Der Kaifer ı
ſchied fie dadurch, daß er fagte, das befte Waſſer werde an der Quelle geſchoͤpſt.
wandte fi) daher auch an den Papft Adrian und ließ von ihm zwei fehr unterrich
roͤmiſche Sänger, Theodorus und Benedict, dazu erwählen, den echt Gregorian’fe
Kirchengeſang in Frankreich wieberherzuftellen ; der eine tuurbde in Metz, der andee
Soiſſons an die Spige einer Muſikſchule geftelit, Die-Wermählung des Königs 8
bert mit Conftance, der Tochter Wilhelms, Grafen von Provence, wird als 5
eines neuen Geſchmacks in der Muſik für Frankreich angefehen. Kurz darauf“
dete ſich in der Provence eine Gefellihaft Sänger und Muſiker, die man Zrem
dours, Chantiers nannte; fie dichteten Gefänge und fangen fie. Andre
ſich Jongleurs oder Menetrierd; diefe begleiteten ihren Gefang mit Inſtr
muſik. Robert, Sohn des Hugo Gapet, war felbft Dichter und Tonk
Eben fo Thibauld, König von Navarra. Unter Philipp dem Schönen baute &
(1313) Theater auf, wo man Zeereien mit Muſik aufführte. Kart V. Ich
Muſik fehr und pflegte feine Tafel mit Flötenconcerten zu befchließen. Zur Zeit |
heit. Ludwig befchränkte man die Kunft faft nur auf Kirchenmuſik. Später m
der Kicchengefang verziert und weltliche Fieber, beſonders verliebten Inhalte (Lak
verbreiteten ſich im Wolke, deren Melodien ſich erft allmälig vom geiftlicyen Geſar
entfernten. Die Harfe oder die unferer Violine ähnliche Viole begleitete |
Stanz J., ein Sreund aller Künfte, errichtete eine eigne Gapelle, deren
Mouton hieß, man nennt: Févim, Arcadet, Verbelot, Goudimel, als gefäl
Tonkuͤnſtler jener Zeit; der erfte berühmte Somponift war Ant. Bromel; Zeitgen
bes Niederländers Josquin de Prez, des größten Tonkuͤnſtlers f. Zeit, der um 14
geb. war, und Sapellmeifter Ludwigs XI. wurde. Franz I.nahm f. Kamm
mufil mit nad) Italien, und fie vereinigte fich in Bologna mit der Capelle Leob.
fo Lange beide Herefcher fich da aufhielten. Diefem Umftand, und den Mufik
welche der Katharine von Medici aus Stalten folgten, verdankte Frankreich a
neue einen beffern Gefchmad in der Muſik. Karl IX. liebte und übte Muſik
Poefie; damals errichtete Jean Antoine Baif in fe Haufe, in der Worftabt €
Marceau, eine Muſikakademie, bei welcher der König ſelbſt wöchentlich einmal s
ſpielte. Euftache du Lauroy, aus Beauvals, Capellmeijter Karte IX. und 9
richs IIN., war ein trefflicher Tonkuͤnſtler; die alten Noels, welche mar zum %
noch kennt, follen meift aus den Gavotten und Arien entlehnt fein, welche Lau
für Kart IX. fegte. Balletmufit wurde durch den Hof begünftigt. Bei der 1
mählung Karls von Lothringen mit der Stieffchwefter Heinrichs II., murbe
erfte glänzende Ballet aufgeführt, wozu die Mufitmelfter Beaulieu und Sals
die Muſik ſchrieben. Baif war Dichter und Componift und ging damit um,
Dper nach Paris zu verpflanzen. Heinrich IV. achtete die Muſik wenig, eine d
größere Freundin davon war Marla von Medici. Ludwig XIII. begünftigte 4
fpiele und Mufit, und componicte felbft mehre Lieder, Der Geſchmack und
Prachtliebe Ludwigs XIV. brachten auch die Muſik fehr in Aufnahme, 33
ließ ital. Virtuoſen kommen und Opern auffuͤhren, z. B. den Orpheus von
Cambert, der ſelbſt ein trefflicher Lauten: und Theorbenſpieler war, wurde Obe
tendant ber Muſik, und componirte die beiden erſten Opern Perrin's, welche 1
u, 1671 aufgeführt wurden, und für welche Verſuche fich der Nationalgeift der &
zoſen ſehr intereffirte. 1699 erhielt Perrin das Privitegium zur öffentlichen Auf
Franzoͤſiſche Muſik 343
Singſpiele, wozu er ſich mit Cambert verband. Die erſte Oper war Pomone
de mit großem Beifall geſehen. Doch war bis auf Lulli die Muſik der Fran⸗
hin ihrer Kindheit. Er war der Schöpfer des Nationalgeſchmacks; denn
1633 in Florenz geb., kam er doch im 14. J. nad) Frankreich und brachte
es Leben dafelbft zu. Er führte zuerft kuͤhnere Diffonanzen in der Muſik
componirte 19 Opern, die meiften von Quinault, und außerdem noch 20
verfchiedene Motetten und viele Sonaten und Concerte. Seine Chöre
ich groß. Im Recitativſtyl war er ein fo großer Meifter, daß ſich die mel⸗
päifchen Zonfeger danach bildeten. Lulli verftand den Gefang, er fühlte
te Gefühle ; f. Mufit war hoͤchſt einfach, aber voll Wahrheit, Natur und
k. Ergründete jodenchuthbmifhsdbeclamatorifhen Mufitfiyg,
tetö und bis auf unfere Zeit bei den Sranzofen geherrſcht hat. Er iſt
finder des Menuets; das erfte wurde 1663 von Ludwig XIV. und
ver Geliebten zu Werfailles getanzt. In das Orchefter führte er die Blas⸗
nteein. Nach Lulli's Tode gab es zwar viele geſchickte Tonkuͤnſtler in
ch, fie hatten aber nicht Genie genug, um die Kunſt weiter zu führen. Ras
1683 in Dijon geb., machte ſich zuerſt als gründlicher Drgelfpieler in Paris
‚ erwarb fich als Theoretiker großes Verdienſt, da cr zuerft ein Syſtem des
baſſes aufitellte, und verdunkelte als Gomponift alle ſ. Zeitgenoſſen. Er
J. alt, als ee 1733 ſ. erfte Oper: „Hlippolyte et Aricie““, aufführte, 22
smpofitionen diefer Art folgten Ihr, und verbreiteten f. Ruhm. Er ducche
wengen Kreis, den ſich die vorherigen Zonfeger vorgefchrieben hatten; er
Köcuer, viel Kenntnig der Harmonie und der Mittel, große Wirkungen
ringen; er ift der Erſte, der reichere Begleitungen fchrieb; doc) kann man
werfen, daß er den gefühlvollern Geſang nicht Bannte, daß ſ. Muſik oft übers
eſucht, geſchmacklos und barod if. 3.3. Rouſſeau, der alle Vorzuͤge der
milden Muſik fühlte und kannte, wurde fein entfchiedener Gegner, indem
fein mufilalifches Wörterbuch und mehre Schriften einen Damm gegen
begeſchmack ſ. Landeleute zu bilden fuchte. Er compopnitte felbft f. Oper:
rin du village‘‘, die großes Auflehen machte, und in |. „Pygınalion‘ ers
a6 Melodrama; außerdem fchrieb er eine Menge einfacher und tiefgefühlter
en und Arien. Sein Anfeinden der franz. Mufit und f. Vorliebe für die
he war ein Hauptgrund, warum man ihn verfolgte. So hatte ſchon das
franz. Muſik mit den Stalienern zu kaͤmpfen, welche Pergolefi’s, Jomel⸗
Leo's Werke aufführte, Die opera comique fonderte ſich damals ab;
und Monfigny arbeiteten flr diefelbe. Sie nahmen die Staliener zum
Aber mehr als irgend etwas hatte der Niefengeift des Ritters Gluck Eins
die franz. Muſik. Er fam inf. 60. 3. 1774 nach Paris, wo zuerft ſ. Iphi⸗
Aulis aufgeführt wurde. Sein eigenthümlicher Sinn, die Alles mit fich
we Beredtſamkeit f. Zonfprache, die Hoheit ſ. Styls, die ergreifende
it ſ. Ausdrucks, gaben der dramatifhen Muſik einen neuen Schwung.
Retodie nody Harmonie herrfcht bei ihm vor, das Ganze wird aber zu einer
ichtung, zu einer uͤberirrdiſchen Sprache. Sein Gegner war Piccint , deffen
& in den reizendſten und fieblichften Melodien zeigte. Die Streitigkeiten
diften und Picciniften machten allgemeines Aufſehen. Unterbeffen wirkten
a großen Fremdlinge nicht bleibend auf den Nationalgefchmad der Franzo⸗
Immer die eigenthümliche Nichtung bebielt. Die ganz einfache gefühls
wanze, das kleine muntere Volkslied (Vaudeville), die elegante reizende
ledie find ihnen eigen; der größere Geſangſtyl, die wahre Kirchenmuſik
am fremd. Sie ſprechen zu gern und zu wigig, um Freude an dem wahren
zu haben. Ihr Vortrag ift mehr Declamation ald Gefang, dem auch ihre
e entgegenwirkt und ihre Oper ift daher auch vorherrfchend declamatoriſch⸗
344 Franzoͤſiſche Mufif
charakteriſtiſch. Wahrheit des Ausdrucks fuchten ſelt Gluck die geößten £
in Frankreich; nur daß die Charakteriftil im Singfpiel meift auf zufällige
eht, und aus Mangel an Innigkeit ins Steife oder Übertriebene faͤllt.
berraſchungen und auffaliende Wirkungen, daher ihre oft unterbrochen
dien, ihre gewaltfamen Übergänge und ſtarken Gegenfäge von Forte uı
In der Inſtrumentalmuſik find fie ausgezeichnete Meifter und baben grof
fen. — Unter den neuern echt franz. Zonfegern müffen wir Grétry nenn
er 1768 auftrat. Sein Styl ift ungemein einfad) und edyt naiv: cr of
der Wahrheit des Ausdracks auf. Seine rührenden Melodien tönen üı
wieder. Beine komiſchen Opern erhielten ungetheilten Beifall. Im :
erreichte er ſ. Zweck nicht, in „Richard Loͤwenherz“ dagegen ſ. Gipfe
verwandt an Geiſt und Grefuͤhl iſt Dalayrac; er befigt vielleicht n
miſche Kraft, aber ebenſo viel ſanfte Grazie und Wahrheit des Gefühl:
bereicherte die komiſche Oper ſehr. Monſigny, älter als beide, wird beſe
der Waͤrme ſ. Ausdrucks willen geſchaͤtzt. Della Maria ſtudirte in It
fruͤhe Tod dieſes überaus lieblichen Componiſten wurde allgemein beklagt
dem find Gaveaux, Solié u. X. In der kleinen Oper belicebt. Mehul get
größten franz. Tonſetzern; Gluck felbft weihte ihn in den philofophifchen
Kunſt cin Kraft, Eigenthlimlichkeit der Ideen, Neuheit der Wentun:
und Schönheit des Ausdrucks charakteriſiren ibn; oft wirft man ihm e
zum Sonderbaren vor, und einen Mangel an Melodie; doch werden f.
Werke in- und außerhalb Frankreich ſtets gern gehört. Er componirte
und fomifche Opern, und die berühmteften neuen Mationalgefänge fin
Bopeldieu wurde zuerft durch f. lieblichen Nomanzen berühmt; Leich
Grazis find ihm eigen. Im „Sean de Paris” erreichts er f. Gipfe
Iſouard aus Malta bildete ſich in Stalien, wo virle f. Opern Beifall
neuerer Zeit ſchrieb er viel flr die parifer komiſche Oper, und f. Werke er
verdienten großen Beifall, 3. B. „Joconde“, „Cendrillon“. Berten iſt
Tonſetzer; f. zahlreichen Werke zeichnen fid) durch ſchoͤnen Geſang aus.
befonders burd) fein „Handbuch der Harmonie“ bekannt, worin ev eine n
aufftellt, indem er alle Accorde in zwei Dauptclaffen, die natürlichen um’
lichen, eintbeilt. Das Gonfervatorium hat feine Theorie angenommei
einige beliebte Opern und viel Inſtrumentalmuſik gefehrieben. Unter di
componiften Eonnnen wir aufer Gojfec, deffen dreiftimmiger Geſang: ,
ris hostia** mit Recht berühmt iſt, nur Le Sueur auszeichnen, der uni
zu den vorzüglichften franz. Tonfegern für da6 Theater und die Kirche g
ſchrieb nur ernfte große Opern; fein Styl ift einfach, rein und oft groß
aber auch aus dem Streben danach etwas Ealt und leer. Die Franzoſe
Mecht ſtolz auf ihn; er hatte viele wiffenfchaftliche Kenntniffe und jd
Werke über Theatermuſik. Noch müffen wir einen berühmten Italiener,
erwähnen, der in Paris ſich gebildet hat, und deffen Meiſterwerke unftri
bedeutendften Einfluß auf den dortigen Zuftand der Muſik haben; in felı
ift eine Glut der Phantaſie, deren Eein Franzoſe fid) rühmen kann. Au
Sud, dann Mozart und Haydn ein, wie denn überhaupt der Einfluf
ihnen folgenden Meifter auf die franz. Mufit unverkennbar iſt. Die
Anftrumentalcomponiften Onslow und Bochſa ebenfallg wahrzunehmen
Singſpiel hat jegt der etwas rofjinirende Auber vielen Beifall Zu der
ftalten für Beförderung der Tonkunſt in Frankreich gehört das trefflich
Couservatoire ; , es verdankt f. Stiftung der Nevolution, die alle früh
anftalten zerftört yatte. 1793 fing es an fich zu bilden die trefflichſi
wurden Profefioren in diefer Anftult und die ausgezeichnetften Virtuofer
ihre hervor. Nirgend in Europa konnte man Mozart's und Havdn’s €
» und Domnidy; für das Fagott: Dzi und Delcambre. Von den In⸗
n, die in Paris gebaut werden, find beſonders die Erard'ſchen Pianofortes
Iharfen berühmt. WiIi.
auzöſiſches Necht, ſ. Codes, les cing.
anzöfiiche Schule oder Malerkunft. In den Älteften Zeiten -
Ulien zuerſt durch die Homer Begriffe von Kunft. Unter der fränkifchen
e jtanden die Künfte auf einer fehr niedrigen Stufe, doc; wurden die vielen
ad Abteien, die man damals bauete, ſchon mit Gemälden auf Goldgrund
t. Mufivifche Malereien waren in dem Zeitalter der Sredegunde gebräud)s
e auch Damals fon die Glasmalerei eifrig getrieben wurde. Aus den
Kurolinger haben ſich faſt gar keine Kunſtwerke erhalten, da nur einige
idniſſe von Karl Martel, Pipin und Karl dem Großen damals verfertigt
Ludwig der Fromme liebte die Kuͤnſte; er berief wegen der Verehrung der
dilder 824 ein Concilium in Paris zufammen. Die bald darauf fülgens
rungen der Normänner verſcheuchten die Künfte wieder ganz. Die erften
yerfelben zeigen fich in mehren fehr faubern Miniaturmalereien, die man
unter den Echägen ber koͤnigl. Bibliothek findet. Wir bemerken hiervon
dichrift der vier Evangeliften mit dem Bilde des Kaifers Lothar, und bie
sid des Kahlen. Diefer Kürft liebte die Künfte und berief Künftter aus
and nach Krunfreih. Unter Wilhelm dem Eroberer wurden viele Fresco⸗
ausgefuͤhrt. Unter Ludwigs VII. Regierung fingen, befonders durch bie
ngen des Abts Suger, die Künfte an zu blühen, vorzuͤglich die Eoflbare
lerei. Er ließ die Senfter der Kirchen St.:Denis malen. Sebt gewannen
Emaillematereien höhere Vollkommenheit, und wurden unter dom Namen
de Limoges befannt. Unter Ludwig IX. füngt eine gluͤcklichere Periode
tünfte an; ſ. Schidfale und Züge in das heilige Rand boten den Kuͤnſtlern
Ztoff. Alle Darftellungen gewannen in diefem Zeitraum mehr Leben und
k. Religion und Phantafie müffen in das Leben uͤbergehen, wenn bie
wachen fol. Karl V. that alles Mögliche, um die Künfte zu befördern.
m nach nicdla MNauimnla ara Ninfar Matt in Fraäransmf$lNan vnmindean
346 .Franzoͤſiſche Schule
Hofmaler und Oberauffeher aller Verfchönerungen zu Fontainebleau, Dan
die Malereien gern mit Studaturarbeiten vereinigte, fo berief Franz J. zu biei
Behufe den Primaticcio, welchen er zu ſ. Kammerherrn machte. Dieſem folg
mehre italieniſche Kuͤnſtler, welche eine Künftlercolonie bildeten, wie einft die ©
henin Kom. (Man lee darüber das Leben Benevenuto Gellini’s.) Kupferfter
vervielfältigten bie Werke in Fontainebleau. Alle franz. Maler wurden nur bu
fie gebildet und erzogen. Francois Clouet, genannt Janet und Corneille von Ly
waren bie erften beſſern einheimilchen Portraitmaler. In ber Glas⸗, Emaille: u
Miniaturmalerel, fowie in der Tapetenmeberei, zeichneten fich die Sranzofen befc
ders and. Ihr Streben richtete fid) immer dahin, die Kunft mehr zum Schm
zu benugen, als in ihr das Hohe und Heilige zu fühlen, ihr Talent zeigte ſich me
im Zechnifchen und Akademiſchen ale im Poetifchen. Bramante, der vom Pk
Julius IL. den Auftrag erhielt, die Senfter des Vaticans durch Glasmalereim
teren , berief die franz. Künftler Claude und Guillaume de Marſeille dazu r-
om. Mit Senn Goufin, zu Soucy bei Sens geb., der noch 1589 lebte, fÖ
bie Neihe der berühmtern franz. Maler an. Er befag gründliche Kenntniſſe
ber Perſpective und Architektur. Seine Glasmalereien, befonders die Kiche
St.⸗Getvals in Paris, find berühmt. Sein Ölgemälde: das jüngfte Gerick
der Sacriftei der Minimen, bei Vincennes, war das erfte größere Hilteriengezr
Stanz I. foderte ihn und f. Zeitgenoffen auf, metteifernd edle Kunſtwerke her
bringen; er fammelte fie und vereinte viele herrliche Werke Leonardo's, Rz
und Mich. Angelo's damit; dies war der Grund des parifer Muſeums. Dem
wurde auhdie Manufactur der Gobelinstapeten eingerichtet. Mart. Frerr
geb. zu Paris 1967, bildete fid) befonderd nad) Mich, Angelo, und wurde =
Hofmaler unter Heinrich IV. Doc) kaum hattedie Kunft in Frankreich die æ
Stufen des Wahsthums erreicht, fo Eränkelte fie, wie eine Treibhauspflanze.
meiften trugen die ausſchweifenden Sitten an den Höfen Franz IL. und Karl
dazu bei. Die Kunft wurde entwuͤrdigt zu üppigen Darftellungen nad) den 3
des Aretino, und verlor dadurch Abel und Reinheit; die Zeihnung wear unrein =
Barbengebung Eraftlos und ohne Harmonie. An Simon Vouet (geb. zu
1582, geft. 1641) erhielt Frankreich einen ausgezeichneten Nationalkünftir,
eine Schule ftiftete und den Geſchmack wieder reinigte. Er hatte den Driente=
ben und bildete fi) in Venedig und Nom. Sein Stpl war edel und wirfungg ®
Er war überhäuft mit Arbeiten, und erhielt auch befonders die von Philipp
Champagne, angefangene Galerie berühmter Perfonen zu malen. Zulcgt verficl e”
das Manierirte. Aus f. Schule gingen Le Brun, Le Sueur, J. B. Mola, Mign«
du Fresnoy, Chaperon, Dorigny, und ſ. eignen Brüder Aubin u. Claude D. ber
Seine berühmteften Zeitgenoffen waren : Noel Souvenet, Allemand, Perrier, Qu-
tin Varin u. X. m. Derlestere war der Lehrer des’ großen Nic. Pouffin (f.d.), '
man den franz. Rafael nennt. Diefer war zu Andely 159% geb., und flammte
einer armen abeligen Familie; er bildete fic) ganz in Rom. Sein ideales Strcbers
tiefer Sinn und f. edle Einfachheit wurden an dem nur Ölanz und Geprünge
benden Hofe Ludwigs XIV. nicht verftanden. Pouffin war ein phitofophifcher L
fee; er mollte mehr für den Geiſt als für die Sinne malen, unb oft mes
fe Werke nur unter der Huͤlle des dichteriſchen Bildes ernftes Nachdenken weck
Er war der erfte Landſchaftsmaler im heroifhen Styl. Sein Schüler Dug‘
der nach ihm auch Gaſpard Pouffin genannt wird, zeichnete ſich beſonders als Las
fhaftsmaler aus. Die übrigen berühmtern franz. Maler diefer Zeit waren
Valentin, geb. zu Colomiers 1600, geft. 1632; er bildete fih nad Carqvag.
und hatte mehr fühne Kraft ats f. franz. Vorgänger ; Jacq. Blanchard, geb, 160
geft. 1638, erwarb ſich den Beinamen des franz. Tizian, u, war der volkomme”
Coloriſt unter ſ. Zeitgenoffen; Claude Gelee, genannt Claude Loreain, geb. IE
gen Kuͤnſtier war Euſtache Le Sueur, geb. 1617, geſt. 1655. Er bHs
ohne jemal® Paris zu verlaffen. Er ſtudirte eifrig Rafael's Werke, mit
ſter fich durch Kupferfliche vertraut machte. Sein Styl hat etwas ungen :
faches, Edles, Stilles; f. Zeichnung iſt rein, ſ. Colorit fanft harmoniſch,
mwadmatt. Beruͤhmt iſt die Folge von 22 Gemälden, worin er den Le⸗
des heil. Bruno darftellte. Er war zu ausgezeichnet, als daß Ihn nicht ber
Rittinger Hätte verfolgen ſollen. Selbſt nach fe Tode mußten ſ. Gemaͤlbe
Gorthäuferktofter mit Gittern umgeben werben, um fie gegen verſtuͤm⸗
hotheit zu ſchuͤtzen. S. Werke find außer Frankreich wenig bekannt, Bes
Charles Le Brun, geb. 1619, geft. 1690 (f.d.) Alle diefe Kuͤnſtler war
tgebildet, als Ludwig XIV. den Thron beftieg, deffen mehr auf dußern
kihteter Sinn der wahren Kunſt nicht fehr günflig war. Nur Le Brun
iter ihm ſ. glänzendfte Zeit, und gewann eine Alleinherrſchaft über Alles,
Mt betraf. Sein beruͤhmtes Meiſterwerk: Alerander, der die gefangene
es Darius befucht, malte er unter den Augen des Könige, der ihm ein
nf, Nähe in Fontaineblenu dazu einräumte. Seine Arbeiten find unges
lteich, überall fieht man Genie, Feuer und Keichtigkeit, aber auch echt
anier und ein Hinneigen zum Theatraliſchen. Da er auf den Minifter
oben Einfluß hatte, errichtete er durch ihn die franz. Akademien der Kunft
und in Paris, wovon die letztere fich befonderd dem Zunftzwunge der
demie des heil. Lucas in Paris entgegenftellte. Nach Le Brun’s Zeit vers
Franzoſen die gute Bahn und das Studium ber großen italienifchen Meis
Brun hatte viele ausgezeichnete junge Künftier beredet, Kupferftecher zu
m feine Werke dadurch vervielfacht zu fehen. Unter diefen zeichnen fich Gt»
an, 3. Mariette und Gabriel LeBrun befonderd aus. Die genannteften
ver folgenden Zeit find: Mola, die Brüder Courtoiß, genannt Bour⸗
große Schlachtenmaler, Noel Eoppel, und defien Sohn Antoine, deren
mtafie und Farbenzauber allgemeinen Beifall erwarb, die aber auch den
ſusdruck in theatralifche Übertreibung verwandelten. Die Familie der
war reich an ausarzeichneten Malern. Mipvien. Touvenet. (Sheron.
348 Franzoͤſiſche Schule j
mit ſ. Kunft nur der gemeinften Sinnlichkeit und Unſittlichkeit. Keln M
gend einer Zeit hat die Kunſt fo entweiht, wie er. Attiret, 1702 zu Dot
wurde von den Miffionnrien 1737 nach Ping berufen, wo f. Arbeiten den
ſiſchen Kaiſer und allen Großen des Reihe ungemein gefielen, ſodaß er di
Zeichenſchule errichtete und ſtets für den Kaifer beſchaͤftigt war, der ihn zum
darin erheben wollte. Er ſtarb dajeitft 1769. In Frankreich ift die erite f
liche Erfcheinung wieder der Landſchaftsmaler Joſ. Vernet (f.d.), geb.
geft. 1759. Die Natur muzte den Sinn für Kunſt wieder zurüdführen.
Darſtellungen der See, in alien Bewegungen derfelben, und fe Hafengemaͤl
einzig und unuͤbertrefflich. Tiefes Gefühl, reihe Phantafie und raſtloſes St
ber Natur bildeten ihn. Der Graf Caylus, 1692 geb., 1765 geft., that ı
tiger Alterthumsforſcher viel für die franz. Kunft, und fliftete Preife zur Au
terung der Kuͤnſtler. Greuze, den man oft den Grazienmaler nennt, trat je!
er war 1726 zu Touren geb., und ſtarb 1805. Man kann ibn den wahren |
maler der Sranzofen nınnen, denn f. ganz aus dem häuslichen Leben genem
Bilder zeichnen die eigenthümlichfien Züge der Deritz und Empfindungsn
Mitbürger. S. Gemaͤlde find einfach und lieblidy, an das Empfindfame grı
natürlich aber parifer Natur darftellend, die nie frei von Manier it. Er
die beliedte Suttung, die man Tableaux de genre nenut. Wien, geb. 17
Montpellier, wurde der erfie Verbeſſerer des Kunſtgeſcnnacks und der Vatt
Neſtor der neuen Schule. Kine edle Einfalt, richtige Leichnung und treue
al mung der Natur zeichnen fe Gemaͤlde aus. Aus f. Schule ging der ber
David (j. d.) hervor, der Stifter der jegigen Schule. Diefer führte zuerſt
das ſtrenge Studium der Antike und der Natur ein, und bereirkte fo mit Erdf
Einfluß einen reinen Styl und richtigere Zeichnung, ais fie noch je in Frar
geherrfcht hatten. Erine Verdienſte um den gelaͤuterten Kunftgefhmad f
tion, f. Seuereifer und raftlofer Fleiß, f. Liebe für alle fe Schüler und f. vaͤt
Sorge, Jeden für das ihm eigenthümlicye Fach zu bilden, find einzig im ihre
Er ift ein zu ausgezeichneter Künftler, als daß f. Werke nicht hätten ebenſo
Tadel als begeifterted Lob erfahren folen. Vincent, Regnault und Menage
gleichzeitige brave Künftler. Die Revolution brach aus, und 1791 hob die
nalverſammlung jede Kunftanftalt auf. Die herrlichfien Kunſtwerke gingen
bie rohen Ausbrüche der zerſtoͤrenden Sreiheitsmuth verloren; doch ein neuer
entflammte zugleid) die Gemuͤther und die Phantafie der Kuͤnſtler. Die Pat
traten unter dem Namen einer Volks⸗ und republifaniichen Kuͤnſtlergeſellſch
ſammen, zu welcher jeder Bürger freien Zutritt erhalten, und ihren Verfam:
gen im Louvre beiwohnen konnte. Die Hauptereigniffe der Revolution bifd
ten die Künfkler ; wurde der Ausdruck dadurch aud) an grelle Übertreibung gen
fo war doch die fate frühere Manier ſolcherweiſe plöglich vertilgt. Suvee, ei
geſchickter Kuͤnſtler, wurde Director der franz. Akademie in Nom, Unter Napı
Regierung wurde Alles aufgeboten, um die Künjte kräftig zu unterftügen, ur
außerordentliche Anzahl bedeutender Kuͤnſtler entfalteten ihre Talente ſchnel
glänzend. Die drei berühmteften Malerſchulen waren die von David, Rec
und Vincent. Aus David’ Schule bemerken wir den vortrefflichen Drouai'
fowie Harriet, in früher Jugend, 1788, in Rom ftarb; bei f. Eifer fir
was erhaben, gut und edel war, f. zarten Schönheitsjinn und f. nie mit fich:
denen Beſcheidenheit, wäre er wahrſcheinlich Frankreichs größter Künftler gem:
Gerard, der fid) durch fein großes hiſtoriſches, vom König gekauftes Gemaͤl
Einzugs Heintichs IV. in Paris berühmt gemacht hat, ſteht an der Spibe!
benden Schüler David’s; Gros, Ingred, Peyravin, Hennequin, DBerthon,
rangeli, Mad. Laville⸗Leroulx, Mad. Angeligus Monges, Mad. Barbier
bonne, van Bret und Richard (aus Xyon) gehören zu den ausgezeichnetſten f. €
| Sranzöfifche Sprade . 349
r führt romantiſche Scenen aus dem Mittelalter, in ganz kleinen Bil
iberaus zartem Pinfel und allem Zauber der gewählteften Beleuchtung
ft⸗ und Linienperfpective au. Regnault ift das Haupt einer zweiten
‚ etgnen Werke find correct und lieblih, wenn fchon noch etwas an die
eerinnernd. Sein berlihmtefter Schhiler ift Sucyin, Künftter vom er=
Unter f. zahlreichen Sc;hlern find: Landon (der die „Annales dn
eraußgab), Menjaud, Blondel, Moreau und befonders der vortreffliche
ler, Robert le Fevre, bemerkenswerth. Regnault hat ein elgnes Attes
nfllsrinnen, und bildete viele ausgezeichnete, wie: Mad. Auzon, Lenoir,
Mile. Lortmier, Brinoit, Davin⸗Mirvaux ıc. Vincent, La Grende,
Peyron, Monfiau, Le Thierd und Prudhon (der fich befonders nach
zu bilden ſtrebte) gehören zu den vorzüglichen Altern Kuͤnſtlern in Paris,
ft. 1825) als Hiftorienmaler, Iſabey und Auguftin als Miniaturma⸗
ng als Maler von Converſationsſtuͤcken, Nedoute als trefflicher Blumens
lenciennes als Randfchaftsmaler, Mad, Claudet, Gattin eines geſchick⸗
vers, ald Nachfolgerin von Grenze, Mad, Kugler, ald Cmaillemalerin,
yers nebit Berwick, als ausgezeichnet treffliche Kupferſtecher, find wahre
neuern Schule. Die Vereinigung der herrlichſten Kunſtwerke aller Na⸗
mehre Jahre lang Im Muſeum in Paris aufgehaͤuft waren, und ber rege
bes damal. Directors, Vivant Denon, der felbft trefflicher Skizzenzeichner
n jedes ſchlummernde Kunſttalent, und brachten alle glänzende Wirkungen
stigkeit hervor. Doc von dem eigentlichen flillen heiligen Geift der
wenige diefer zahlloſen neuern franz. Kuͤnſtler durchdrungen; ihre Dars
find oft mehr theatralifch al8 wahr, mehr empfindfam als gemuͤthlich.
rt auch ber entfchiebene Mangel an Empfünglichkelt der Franzoſen für
um und die Erfenntniß der altdeutfchen Malerei. Nur der Sinn für die
be ift enblic) unter ihnen durch David geweckt worden. Das Prattifche
ſt beherrfchen fie aber meifterhaft, mit Leichtigkeit und Sicherheit. Vor⸗
d fie gute Zeichner. Seit der König zuruͤckkehrte, iſd Graf Forbin, ſelbſt
kter Kuͤnſtler, Director der Muſen⸗ und Kunſtanſtalten. wı.
anmzoͤſiſche Sprache. In Gallien mar in den früheften Zelten
: Sprache uͤblich. Anklänge davon erhielten ſich am längften in Bretagne,
hat in Paris eine Academie celtique errichtet, um über Sprache und
ner ber Urbewohner Nachförfchungen anzuſtellen. Mit dem Eindringen
runter Julius Caͤſar wurde die roͤmiſche Sprache herrfchend; mit dem
es weſtroͤmiſchen Reichs artete auch fie aus. Kin verborbenes Latein ents
h die Ausſprache der germanifchen Organe, und durch eingemifchte fraͤnkl⸗
burgunbifche, oft: und mweftgothifche Wörter und Redensarten. Man
vie neue Volksſprache dag Romanzo, und fie theilte fih, von ihrer Entftes
‚ mzmei Hauptmundarten. Die Art, eine Bejahung auszudruͤcken, bes
ihren Unterfchicd. Die füdliche Sprache nannte man laugue d’Oc,
von Dec, oceitaniihe Sprache; die Eprache aber, die man nordwaͤrts von
tan redete; langne d’Oui cder d’Oil; aus diefer ift das Neufranzoͤſiſche
m. Im Anfange des 12, Jahrh. vereinigte Raimond von St.:Gilles,
Prevence, Suͤdfrankreich unter eine Herrſchaft, der er den gemeinfamen
Provence gab, und feitdem nannte man die beiden Sprachen: die provens
md die franzöfifche. Noch iſt jene, wiewol fehr verändert, die Landesſprache
rovence, in Languedoe, Gatalonien, Valencia, Majorca, Minorca und
m. Im 13. Jahrh. gewann die weit profaifchere nordfrang. Sprache das
ht. Die franz. Conteurs durchzogen nicht allein das Rand, fondern Pas
te auch der Sie der fcholaflifchen Philofepbie, wohin man fich drängte und
Pflanzſchulen für bie Jugend anlegte. Von dem urjprünglichen Charakteg
350 j Franjoͤſiſche Spyrache
der Oui-Sprache hing ein Theil der Bildung ab, den die franz. Ziterat
ſollte. Es fehlte ihr, von ihrer Entftehung an, ber vollftändige Sylben
lieniſchen und fpanifchen Sprache. Sie war mehr durd) Abkürzung, a
nore Umbildung der lat. Worte entftanden. Die Franken und Rormaı
fen den lat. Worten die charakteriftifchen Endſylben, und vermanbelter
dumpfen germanifchen Halbvocal, der in der Folge ſelbſt aus ber gewoͤhn
fprache weichen mußte, und nur für den Geſang und die Orthograp!
murde. Abgerechnet diefe Verfchiedenheiten, hatte fi) das franz. Roı
demfelben geammatifchen Typus, wie das italienifche, fpanifche und pı
gebildet. Damals beobachtete man noch in den vielſylbigen Worten ein
Accentuation der Sylben nad) einer profodifchen Quantität. Wahrſch
ber latı Rhythmus in der franz. Sprache nicht eher völlig ab, als bis rn
eine Eleganz im Verſchlucken des dumpfen Halbvocals zu fuchen. Es ift
wann diefer Gebraud) anfing beliebt zu werden; wahrfcheinlich ging er
aus, da in dem Patois der parifer Volksſprache alle bumpfen E verfchwi
Gewohnheit zerflörte den metrifchen Gehalt der Sprache. An die Stell
ven Rhythmus trat unvermerkt eine willkuͤrliche Schattirung der Höhe
Stärke und Schwäche der Töne. Dadurch gewoͤhnten fid) die Franzof
einen chetorifchen Numerus als an eine poetifche Anficht der grammat
men. Die Natur der Sprache felbft leitete mehr zur Beredtfamteit ale
bin; ſchon ihre eigenthuͤmliche Nafchheit kam der feinen Dialektik fehr
Franz I. errichtete 1539 eine Profeffur für die franz. Sprache in Paris
bannte die lateinifche aus ben Gerichtähöfen, wo fie bis dahin geherrſcht
aus den Urkunden. Der Cardinaj Ricyelieu brachte duch Stiftung de
der Bierziger (Academie frangaise oder Acad. de quarante) 1635 d
aufden Gipfel ihrer Vollendung. Die franz. Akademie wurde der Obe:
ber Sprache und Kiteratur. Ihre Verdienſte um erftere find bekannt.
dem fie die rohe Freiheit des Sprachgebraudy8 aufhob, und die Norm, n
nun an reines Franzoͤſiſch gefchrieben und gefprochen werden follte, im V
umveränberlich beftimmte, entzog fie auch dem Genie alle Mittel, durch
Kreiheit, nach mehr als conventionellen Bebürfniffen, die Herrfchaft t
über die Sprache zu erweitern. Nur was bei Hofe galt, wurde von de
gebilligt: nur Das, was diefe erlaubte, wurbe von dem Publicum anc
Elegant wurde nun die Sprache. Sie erhielt die gefälligfte Correcthe
bewundernswuͤrdige Beftimmtheit, durch welche fie ſich ſowol zur Sprad
ſenſchaften empfahl ale fie fi dem Staatsmanne zur genaueften Bezeid
tifcher Verhältniffe, und dem Weltmanne zum beftimmteften Ausdrud f
tungen, und leichter Artigkeiten, welche zu nichts verbinden follen, barbı
Gedanke kam fo nett, fo Elar, in fo fcharfen Umriffen zum Vorfchein, di
und der kalte Verſtand füch in jeder Phrafe fpiegeln konnten, die rein fran;
Aber vo Phantafie und inniges Gefühl einen Ausdruck verlangen , ber
Geiſt über alle hergebrachte Formen erhebt, da mußte bad Genie den Ge
Sprache erliegen, die [hon an ſich weder reich noch malerifch, nun noch |
und jede Wendung ausftieß, die bei Hofe und in der hofmäßigen Akademi
hört werden durften. Die Armuth der Sprache erfcheint unverkennb
ihren vielen Calembourg® und Zmeibeutigkeiten. Doch bleibt keine Spra
der für den feinen Weltton und für die Kunft, mit vielen ſchoͤnen R
nichts zu fagen, ſowie feine an ähnlichem Reichthum von eigenthuͤmlich
nenden und pikanten Ausdrüden für alle und die feinften Beziehungen
ſchaftlichen Lebens mit ihr fich meffen kann, woraus fid auch ihre Anı
Hoffprache fuͤr fo viele übrige europaͤiſche Ränder erklaͤrt. Aber jeder poı
danke wird durch fie erſchwert, obfchon bie beiden Mouffeau, Frau v. €
Franzoͤſiſche Staatskunſt 351
glaͤzenden Sieg über fie errungen. Unter Ludwig XIV. trugen die Vorzuͤge
tanz. Schriftſteller, die häufigen Reiſen nach Frankreich, die Refugies, die
ae franz. Erzieher In andern Ländern, ungemein viel dazu bei, diefe Sprache
Ugemeinen zus machen. Seit 1735 wurde fie auch die allgemeine Staates
he; bei den vochergebenden Friedensſchluͤſſen bediente man ſich noch häufig der
niihen. Die Revolution führte manche neue Worte und Wendungen ein,
aman ein eigned Wörterbuch von Snetlage hat; allein die meiften berfelben
den ſchnell wieder verbannt, und gingen nicht in die edlere Schriftfprache über,
ter den Wörterbüchern diefer Sprache ſteht das der Academie francaise oben
ı ed erfchien zuerft 1694, 2 Bde., Folio, und feitdem in erneuerten Aufl. Aus
dem verdienen noch Erwähnung bie Wörterbücher von Nichelet (neue Ausg. von
wit), Furetiere (neue Ausg. von Basnage Beauval und la Riviere), Trevour
d Boiſte. Fuͤr und Deutfche verdienen nody bemerkt zu werden, die von Schwan,
w deux nations und vom Abbe Mozin. Für die altfranz. Sprache ift bemera
Barth: „Recherches des autiquites de la langue frangaise, ou Dict. gau-
is par P. B.“ (Pierre Borelle, Paris 1667,4.) Zu den guten Spracdhlehren
Bf man die von Wailly, Reſtaut, de la Veaux und Mozin zählen. Girard's Sys
ugmmmörterbuch (neu von d’Dlivet, dann von Bauzee und zuletzt, bedeutend
mmusiezet, von Roubaud) ift ein vorzuͤgliches Werl. Als Sprachkritiker haben ſich
Baugelas, Bouhours, Boisregard, Degerando und Abbe de Bellegars
We Ya brauchbares Buch zum Studium diefer Sprache ift noch Mauvillon's
Wr „Sur les germanismes et gallicismes‘‘. Übrigens ift das treffliche Werk
ag Sehe „Über den Wortreichthum der deutfchen und franz. Sprache” nicht zu
Den außerorbentlihen Reichthum der legtern aber, an Wort⸗
Dumas für alle Beziehungen des gefelligen Verkehrs, lernt man am beften
a de ſchaͤzbaren und intereffanten „Dictionn. comique, satyrique, crr
Ian, berlesgne, libre et proverbial, par Philibert Joseph le Roux‘‘ (yon
kennen, das in Deutfchland minder ald es verdient befannt geworben iſt.
Reihthum, der es uns Deutfchen noch immer unmöglidy macht, in den ges
ichen Berhättniffen franz. Ausdruͤcke ganz zu entbehren, ift felbft die Vers
zu der feltfamen Erfcheinung gewefen, daß die Deutfchen franz. Elingende
gebildet haben, die kein Sranzofe Eennt, wie 3. B. Chatoulle, Tabelle,
etc. (Vor d. % Franzoͤſiſche Literatur der neueflen
Bil.) WI und S.
ı Sranzöfifche Staatskunft. Man verfteht unter diefem Ausdrud
Sinne, mit Ausfchluß des auf die innere Verwaltung fich beziehenden
öfoftems, das von dem franz. Gabinet in Anfehung feines innern und
igen Machtverhättmiffes beobachtete Verfahren. Im Sinnern firebte die
der Könige anfangs nady Unabhängigkeit, dann nad Unumfchränftheit,
feit der Wieberherftellung des Haufes Bourbon, nad) Selbftändigkeit ber
des legitimen Throne. Die Unabhängigkeit von den Feffeln der Feudal⸗
ie errangen ſchon bie erften Capetinger, durch die Seftftellung einer erblis
eenfolge. 200 3. lang, feit 997, von Hugo Capet's Tode an, folgte ſtets
Water der Sohn. Dies brachte Einheit in die, unter 40 großen Kronvafallen
jefanımenhaltenden Theile bed Reihe. Hierauf trug die Einführung der
imen in den Städten, feit 1103 unter Ludwig VI. dazu bei, das Ednigl.
gegen bie Feudalariftokratie zu unterftügen. Noch mehr wuchs die Macht
durch den Anfall von 23 großen Rehnsgraffchaften an die Krone unter
Anguft und deffen Nachfolgern (1180—1310). Zugleich erhielt der Koͤ⸗
sberrichterliche Gewalt über die Barone ; und die Eintheilung des Reiche in
Gerichtsprovinzen gab ſ. Macht Zufammenhang und Einheit. Nach dems
ats und Wergrößerungsplane erwarb die Krone unter den Valois
X
352 Stanzöfifhe Staatskunft
mehre Regallen, 3. B. das Muͤnz⸗ und Befteuerungsrecht. Mit gl
gründete [hon Philipp der Schöne (ft. 1314) die Unabhängigkeit di
walt von ber Dierarchie. Seitdem gelang es der franz. Staatskun
denen Concordaten mit den Päpften die Freiheiten der gallicanifchen
haupten ; doc) wurde fie erſt unter Ludwig XIV. 1682 durch die I
Saͤtze feftgeftellt, und bei allen fpätern Verhandlungen aufrecht erhal
ſtrebte die Politik der Könige auch im Innern nach unumſchraͤnkter
Nation verfammelte ſich feit 1302 in drei Reichsſtaͤnden. Gegen f
Staatsfunft der Valois mit abwechfelndem Erfolg, bis Lubwig Al.
den Grund zur unumfchränkten Gemalt feiner Nachfolger legte; t
Vergrößerung der koͤnigl. Domainen ihren Kortgang, und bie Ausbil
henden Heeres (feit 1444) gab dem Throne das Werkzeug der Untert
maͤlig erlangten auch, zum Nachtheil der ftändifchen Macht, die Pa
ſonders das parifer, die Rechte politifcher Körper. Als nun jene v
warfen die Könige aus dem Haufe Bourbon auch die legtern durch
(in den lits de justice) zu Boden. Doch erhob ſich dad Parlame:
neuem, bis die Revolution zum Theil aus diefem Kampfe mit hervor:
Ludwig AL. warb die franz. Staatskunſt offenbar argliftig und gew:
zugleich, um die Aufmerkſamkeit der Nation von der koͤnigl. Machte
Innern durch Ausfichten auf Beute und Ruhm abzusichen, eroberun.
Außen. Diele Richtung entjichied den Verfall der Volksrechte. D
delte fi) ang Karte VIII. und feiner Nachfolger Eroberungszügen
feit 1494, der Eriegerifchzehrgeizige Sinn der Nation. Der damit :
gende Kampf politifcher Eiferfucht mit Spanien und Öftreid) ftellte t
binet in den Mittelpunkt bed neuern politifchen Syftems von Europ:
taircapitulationen mit den Schweizern (Ludwig AI. fchloß die erſte
der franz. Staatskunſt den feften Punkt, von welchem aus fir D:
Italien erichlittern konnte. Hierauf fand fie in $eanz I. (ft. 1547
mit der Pforte und mit den Proteftanten bes Auslandes das Gehein
Europa mit ihren Neben zu umfpinnen. Ihr Hauptaugenmerk wa
hung ſtreichs und des deutſchen Reich durch Innere Theilung, ur
des Nordens durch Einmiſchung in da® Getriebe der ungarifchen, y
ſchwediſchen Keichefactionen. Doch folgte fie bisher mehr dem Eric
geize einzelner Könige, und den Lockungen der Umftände, ald daß fie
Anficht eines planmaͤßigen Strebens gelangt wäre. Zugleich gabe
und Religionskriege, welche das Haus Bourbon auf den Thron ſetzte
bes Hofes, wie dem Volke uͤberhaupt, einen höchft Leidenfcheftlicher
ſchen Charakter, der erft dann, als ihn Nichelieu den Berechnunger
Balten als uͤberlegenen Verftandes unterworfen hatte, der franz. St
Spann: und Schwungkraft lich, welche endlich das Gleichgewicht voı
feinen Angeln hob. NRichelieu (ft. 1642) vollendete mittelſt Entwafl
formirten, Bekaͤmpfung der Großen und Unterjochung der Parlın
Geiſtlichkeit die Unumſchraͤnktheit der Bönigl. Gewalt im Innern, un
Übergewicht Frankreichs in Europa, mittelft der ſchon von Heinrich I
Demüthigung des Hauſes Habsburg zu gründen. Seitdem erhielt I
gang der franz. Staatskunft jene fefte diplomatiſche Sorm, durch rec
mals die Verhandlungen über ausländifche Angelegenheiten, deren K
ften Feinheit ausgebildet, und mit einem wohlgerüfteten, ftet8 ſchlag
bewaffnet war, an die Spige aller Staatsgeſchaͤfte traten, ſodaß ſich
gen Politik auch die übrigen Verwaltungszweige unterordneten un
Aber derſelbe Richelieu, welcher mit aller Energie eines duch Bürger!
ten Kraftgefühls die Grundſaͤtze des Despotismus verband, hatte
Franzoͤſiſche Staatskunſt 353
uͤber Europa Furcht und Zwiſt verbreitenden Macchiavellismus ein⸗
yer ganz das Gegentheil war von der geraden Politik Heinrichs IV.,
mtovollen Miniſter Sully, Villeroi, Jeannin und d’Offet, die miehr
als Eroberung beabfichtigten. Denn Richelirüt hielt, die Ruhe bes
ytend, fich nur für ſicher mitten unter dem blutigen Huber der Völker,
m Fuͤrſten durch geheime Kundfchafter entzweite, und durch Gewalts
den Widerftand zu Boden warfen. Daher blieb feit dem meftfälifchen
Streben der franz. Politik flets auf Vergrößerung an Macht und Ans
ißen gerichtet, und die einennügige Herrſchſucht der Minifter verwickelte
ſichtlich in unaufhörliche Händel, um defto länger dem König unents
in. Franzoͤſiſche Unterhaͤndler, geheime und öffentliche, durchſpaͤhten
; fie drangen ſelbſt in Siebenbürgen, Polen und Rußland ein; fie
hweden die Parteien zufammen; und über Perfien dehnte die franz.
hr Gefpinnft bis nad) Indien und China aus. Richelieu hatte dei
sEunft den Charakter kuͤhner Entichloffenheit und Hinterlift gegeben ;
Ste Mazarin durch feine Perföntlichkeit die gefälligen Formen einer Balz
it mit ihr zu vereinigen. eine furchtfame Treuloſigkeit verbarg fich
veideutigen Sinne der Verträge, oder fuchte nur Zeit zu gewwinnen, um
rechnere Umwege das Ziel zu erreichen. Diefen deppelten Charakter
ınd der Lift zeigte die franz. Staatskunſt bis zur Meftauration 1814,
‚Zeit und Gelegenheit bald die eine, bald die andre Seite fichtbarer
ter Ludwig ATV. wirkte fie, bei dem Glanze bes Hofes, bei der Age
franz. Sprache und Sitte, und bei dem Waffeneuhme der Nation, um
d enticheidender, da fie fih mit dem Schimmer der Größe umgab, ja
bft die Miene des Edelmuths annahm. Nach dem Frieden von Nimwe⸗
entfchloffen despotiſch. Ludwigs Minifter deuteten die Verträge will⸗
ewalt, Kundfchaft, Beſtechung, geheime Aufmwiegelung und Betrug
gleichviel, wenn fie nur zum Biel gelangten. Zwar beftafte die thoͤ⸗
: Ludwigs AIV. am Ende ſich ſelbſt; aber ihr glänzendes Beiſpiel
rerifch fire die übrigen Staaten. Denn In allen Cabinetten fing jegt art
r Durft nad) Vergrößerung und die Leidenſchaft, ſich gegenfeltig zu bes
zu demüthigen: daher das Spiel ſtets wechſelnder Buͤndniſſe, welche®
nbates Gleichgewicht der ſich widerſtrebenden Kräfte hervorbrachte, wäh:
hland in vier Jahrh. vor der Revolution an Frankreich 7840 Quaͤdrat⸗
db mit 8,270,000 Einw. verlor. Was insbefondere die franz. Staates
ı Zeitalter Ludwigs XIV. auszeidynet, ift die Einführung des diplomas
ſtmittels, den Öfferitlichen Verträgen befondere, und, bald nach diefen,
e Artikel beizufügen. rüber hatte Richelieu fogae Scheinverträge ges
n darunter den wahren zu verbergen! Zwar umfafite jest die franz. Ero⸗
tik zugleich den Handeldvortheil und die See: und Colonialmacht; allein
inem umfichtigen und feftitebenden Plane, denn Vergrößerung an Land
ntinentalintereffe blieben ftets ihr Hauptzweck.
re den ausgezeichneten Staatsmaͤnnern in ber franz. diplomatlſchen
Richelieu müffen die Baffompierre, die beiden d'Avaur, Serien,
Sftrade, Couttin, Pomponne, Croiſſi, Torci, und die Cardinaͤle Jans
‚lignac genannt werden. Unter biefen pflegte der geiftvolle, edle und
(Eudwigs XIV. Minifter) zu fagen: „Que le meilleur moyen de
s cours, c’etait d’y parler toujuurs vrai !* Dagegen ward nad) Lud—
. Tode das franz. Cabinet durch den Cardinal Tubois im eigentlichen
het. Betrug und grobe Lüge, Verfaͤlſchung der Staatsovricfe, Anflels
orfener Menfchen, und ein nach allen Seiten bin verbreitetes Boftes
d Kundſchafterſyſtem bezeichnen die Verwaltung diefes kaͤuflichn Mini
3. Gichente Aufl. Bo. IV. 23 r
-%
352 Sranzsfifche Staatsfunft
mehre Regatlen, 3. B. das Münze ımd Beſteuerungsrecht. Mr 4
gründete fhon Philipp ber Schöne (ft. 1314) die Unabhängt- ., il
walt von der Hierarchie. Seitdem gelang e6 der franz. © Acandi
denen Goncordaten mit den Päpften die Freiheiten dee g” „hluß d
haupten; body wurde fie erfl unter Ludwig XIV. 16° zieden mit
Säge fefigeftellt, und bei allen fpätern Werhandlune ;mit und un!
ftrebte bie Politik der Könige auch im Innern na⸗ je und echt!
Nation verfammelte ſich feit 1302 in drei Mel’ ’shtung von Eu
Staatstkunſt der Valois mit abwechſelndem E der Vermittler d
Fi be zut —æE Gewalt ſ
jergrößerung der koͤnigl. Domainen ſich durch diplon
henden Hicree (feit 1444) gab dem ; FH —
matig erlangten auch, zum Nachthen unter Bernis und ant
fonders das parifer, die Nechte pol’ ſche und Mangel an T
warfen die Könige aus bem Haufe, ie entftand. Ludwig
(in den lits de justice) zu Bor sh elte ald er Dachte, faste
neuem, bis die Revolution BU ade, Th liches Cadinet zu errichteı
atmüthigen Greis
on * cr, fan Mi jetigen Angelegenheiten, d
gleich, um die Aufmerkf z diefem oft fogar entgegen:
Innern dur) Ausſichten A da biefem Of Kon race
fie 1743 , die auswärtigen U
id); er bildete in Polen aue
aante. Endlich gab der Vertrag
int, vom 1. Mai 1756, dieſer ac
Augen. Diefe Nichtur F
ckelte fih ans Karls V AA,
feit 1494, der friegr 4G
gende Kampf politi 4 Broglio vorftand, eine dem woblve
binet in den Mitt, gefeßte Richtung, auf weichen beſo
re > N Dabei gefchah e8 nicht felten, 3. !
der franz. Si geführten, höchft merkwürdigen Sta
Italien er] Aiben auswärtiger Gefchäftsführer, wer
mit ber P) der Pompadour abgefaßt waren, umar
Europa, fobaß jene glaubten, ſich undeutlich
hung Öff au fein. Endlich milchten ſich auch noc
des Nord Weiber des Königs in die Diplomatik; eine
fi ing eines durch Grit, Charakter und ©,
Hönkich uneigennüsigen, obgleich verſchwenden
‚u, Choifeul. Diefer allein wußte den Verl
Ungtüd der franz. Maffen den Staat ver
mit Sſtreich und Spanien, Enylande üb
per und bei der Pforte Rußlands Fortſchrit
hältniffen würde er der gröftte Staatemann
ge wurde die Schwäche und Unficherbeit, ſowie
fe immer fihtbarer, Daher konnte Polens The
H nurrpas gab lieber den Creigniffen nach, als daß e
f Der ernftere, Mürde und Feinbeit tbecall in der F
Bergennee aber ſehte bei aller Arbeitſamkeit, die er b
Hinhalten, und verſchanzte ſich hinter_diplomati
Frandreichs innsie und Autere Lage, ein größ
* eierdung der Nordamerikaner gegen England
elbat die Revolution herbst, Unter den dur
B Ve pi — feang. Dipiomauikern aus ber Ichte
er? Seit, Nivernois, Chavignm, Havrincourt, Baugur
und Rayneval genannt werden,
pie Revolution, welche Die alte Hofpolitik in Nichts auft
Sranzöfifhe Staatskunſt 399
“Anzliche Umfchaffurg. Alte bisher erfchlaffte Springe
I *, Kühnheit und Arglift, wurden aufs neue aufs
NS — heftigen Zuſammenwirken erhielten fie, vom
ET “von dem foharfen Blide kalter Berech⸗
EN RN Fenſturme beflügelt, eine diplomatifche
En SS . & ‚ts noch uͤberbot. Doc) änderte die res
8* ISIN, ‚ach dem. Charafter der verfchiedenen Epo⸗
Den SU Ie „vr erften, oder der conftituirenden Nutionals
NN LS 9 ‚ereiner Abjicht; allein ohne Erfahrung und uns
ES \\ * ‚dem fie nidyt gewachfen war. Durch die Errichs
SEE sichuffes drängte fie fich in die Geheimniffe des Cabi⸗
: a ü „önigs ein, deſſen in den Augen der Nation verachtliche
ne „hen in Holland 1788 verrathen hatten. Zwei Miniftee
R4 „ıegenheiten, Montmorin und Deleſſart, wurden die Opfer
x Dierauf erhielt Dumouriez die Leitung der Staatshandel 1792,
% „ant die neue, ſchwertumguͤrtete Form der revolutionairen Diplo⸗
’ ahrte in den Verhandlungen eine der Würde der Regierungen und der
„obachteten Schicklichkeit entgegengefegte Sprache ein, wodurch zuerft
Adinien ein Bruch erfolgte. Als man hierauf die für die geheimen Ausga⸗
‚Bewaltung beftinimte Summe von anderthalb Mill. bis auf fünftehalb
kEserd erhöht hatte, fuchte er durch befondere Verträge mit deutfchen Kürften
Ratzticät des Reichs zu gewinnen, das von der Nationalverſammlung durch
Man der beſtehenden Verträge beleidigt worden war. Darauf foderte er ſt⸗
pas Kriege heraus, Die Leitung der ausmäartigen Angelegenheiten wurde den
keades Königs entwunden, und fland ganz unter dem Einfluffe des Nationals
K weichen die Erklärung des preuß. Deerführers, des Herzogs von Brauris
u, vom 25. Juli 1792, zur wildeften Erbitterung aufgereizt hatte. Endlich
t&turz der franz. Monarchie das ganze Staategebäude von Europa aus feis
been, und der Friede zu Baſei 1795 war der erfte Triumph der revolutionats
sitiE der Volksherrſchaft über die Cabinetspolitif der Koalition. Als aber
uch Englands Handels⸗ und Colonialſtaatskunſt uͤberwaͤltigt, zu neuen Er⸗
sem aufdem feften Lande hingetrieben wurde, entreidelte fich auch aus ihr
mz. Gontinentalioftem. Das Directorium fuchte daffelde durch Republika⸗
‚ mit größerm Erfolge fuchte e6 Napoleon durdy Einverleibungen und Bun⸗
An zu gründen ımd zu erweitern. Beide entfagten ohne Scheu jeder Ruͤck⸗
FBölkerrehrund Treue. Durch Lodungen von Gebietsvermehrung und
eralen Ideen täufchend, oder mit Vernichtung drohend, zogen fie bald die
a von den Völkern ab, bald diefe von jenen. Endlich unterlagen die Kürften
Völker. Zu bekannt find die Ergebniffe diefer Politik der Argliſt auf der einen,
s Irrthums auf der andern Seite. So herifchte einft Rom Über die Städte
jenlands und die Könige In Afien ! Aber Napoleons ungeztigelter Wille zerftörte
mit eiferner Fauſt das Werk der Mevolution, den erblichen Kaiferthren. Vers
Bisarnte ber kluge Tallenrand, vergebens ber umfichtige Fouché! Pitt hatte
efnung der Cabinette, Spanien die Hoffnung der Völker aufrecht erhalten;
am der Brand von Moskan über Europa aufflanimte, und der Muth der Voͤl⸗
Onirblichen Deutfchlande ſich mit Begeifterung erhob: da brachen zufammen
Kern der militaicifchen Diplomatit. Aber nad) dem Siege dir Volker Behr:
RE Hoͤfe zu der gemohnten Staatskunſt zuruͤck. Talleyrand's Grundfag der
Imität richtete den Thron der Bourbons, und mit ihm die altfranz. Diploma⸗
ber auf. Dice entwand den Nationen dad Recht, bie Gonftitution fich und
Knige zu geben; Teitbem arbeitete eine geheime Partei ebenfo erbittert ald
Ming auf die Wiederherſtellung des vorigen Zuſtandes bir: Dagegen vernatzg
23*
vorzuͤglich Praslin, Nivernois, Chavigny, Havrincourt, Waugupon, Bech
354 Franzoſiſche Staatskunſt
ſters, deſſen Lieblingsſpruch, den er den Regenten ſchon bei der Erziehun:
prägt hatte, fo lautete; „„Que pour devenir un grand homme, il fallait
grand scelerat !‘** Dubois hat f. Namen in der Gefchichte gebrandmarkt,
gleich dipfomatifche Gewandtheit und Thätigkeit beim Abfchluß der Trip
Duadrupelallianz, welcher Frankreich einen 3Ojährigen Frieden mit Engla
dankte, nicht abgefprochen werden mag. Doch arbeitete mit und unter ihm
eigennüßige Pecquet. In der Folge gewann der friedliche und rechtliche Ch
. des Cardinals Fleury dem franz. Gabinet wieder die Achtung von Europa.
bedächtige, nur zu wenig entſchloſſene Miniſter war der Vermittler des Fried
1740, two die beiden ehrgeizigen Belle-Isle den gutmüthigen Greis in den d
Erbfolgekrieg hineinzogen. Außer ihn zeichneten ſich durch diplomatifche &
aus: Morville, Chavigny, Willeneuve, der Marquis d’Argenfon und der
ſchall Adrien de Noailles. Aber bald darauf, unter Bernie und andern Mür
verrieth dag franz. Cabinet eine gewiffe Schwäche und Mangel an Tact, der‘
zum Theil auch aus dom Mißgeſchick im Kriege entitand. Ludwig AV., ei
nig, der in der Regel ander ſprach und handelte ald er dachte, faßte daher de
derbaren Entfchluß, ein gebeimes biplomatifches Cabinet zu errichten, deſſen
famteit nicht nur ſ. Minifter der auswärtigen Angelegenheiten, dem Herz:
Choifeut, unbefannt war, fondern das biefem oft fogar entgegenarbeitete.
Prinz von Eonti leitete 12 3. lang, feit 1743, die auswirtigen Unterhandl
deffelben nicht ohne Erfolg gegen Öſtreich; er bildete in Polen aus, was n
Frankreich das nordifche Spftem nannte. Endlich gab der Vertrag des „Hofr
Berfailles mit dem wiener Cabinet, vom 1. Mai 1756, diefer geheimen X
matik, welcher nun der Graf von Broglio vorftand, eine dem mohlverflandenen
tereſſe Frankreichs ganz entgegengefegte Richtung, auf welchen befonders die?
quiſe v. Pompabour einwirkte. Dabei geſchah es nicht felten, 3. B. Indem
bie Aufhebung der Sefuiten geführten, hoͤchſt merkwuͤrdigen Staatshriefi
daß der Minifter die Schreiben auswärtiger Gefchäftsführer, wenn fie nid
Sinne des Staatsraths und der Pompadour abgefaßt waren, umarbeiter lief,
nach ſ. Abficht beantwortete, fobaß jene glaubten, ſich undeutlid) ausgedrüd
haben, oder nicht verftanden zu fein. Endlich mifchten ſich auch noch die Raͤnt
Höflinge und der Buhlweiber des Könige in die Diplomatik; eine Folge derfi
wan 1770 die Verbannung eines durch Geift, Charakter und Geſchaͤftsfuͤh
ausgezeichneten und perſoͤnlich uneigennügigen, obgleich verfchwenberifchen Sti
miniſters, des Herzogs v. Choifeul. Diefer allein wußte den Verlegenheiten
zuweichen, in welche das Unglüd ber franz. Waffen den Staat vermidelte. 1
Spftem war, in Bunde mit ſtreich und Spanien, Englands Übermacht &
zuziehen, in Polen aber und bei der Pforte Rußlands Fortfchritte aufzuha
Unter günftigern Verhältniffen würde er ber größte Staatsmann f. Zeit gem
fein. Nach f. Abgange wurde die Schwäche und Unficherheit, ſowie der Leid
des franz. Cabinetö immer fichtbarer. Daher Eonnte Polens Theilung erfil
Der Graf von Maurepas gab lieber den Ereigniffen nach, als daß er fie zu Id
verfucht hätte. Der ernftere, Würbe und Feinheit überall in der Form beridl
tigende Graf v. Vergennes aber fegte bei alfer Arbeitſamkeit, die er befaß, f. PM
vorzüglich in das Hinhalten, und verfchanzte fid) hinter diplomatifchen Fou
Dazu nöthigt ihn Frankreichs innere und Äußere Lage. Sein größter Schlaf
ber Beſchluß, die Freiwerdung der Nordamerikaner gegen England zu un
Dies führte unmittelbar die Revolution herbei, "Unter den durch mufl
Staatsfchriften ausgezeichneten franz. Diplomatikern aus der legten Zeit
Choiſeul⸗Gouffier und Rayneval genannt werden, «
Durch die Revolution, welche die alte Hofpolitik in Nichts auflöfte, eier
diplomatifchen Ausfchuffee drängte fie fi) in die Geheimniſſe des Labis
mentſchloſſenen Koͤnigs ein, deſſen in den Augen der Nation veraͤchtliche
on bie Unruhen in Holland 1788 verrathen hatten. Zwei Miniſter
tiger Angelegenheiten, Montmorin und Deleffart, wurden die Opfer
affes. Hierauf erhielt Dumouriez die Leitung der Staatshändet 1792,
m beginnt die neue, ſchwertumguͤrtete Form der revolutionairen Dipfos
r führte in den Verhandlungen eine der Würde der Negietungen und det
wobachteten Schicklichkeit entgegengefegte Sprache ein, wodurch zuerſt
nien ein Bruch erfolgte. Als man hierauf die fuͤr die heheimen Ausga⸗
ealtung beſtimmte Summe von anderthalb Mill. bis auf fuͤnftehalb
v erhoͤht hatte, ſuchte er durch beſondere Vertraͤge mit deutſchen Fuͤrſten
liraͤt des Reichs zu gewinnen, das von der Nationalverſammlung durch
der beftchenben Verttäge beleidigt worden war. Darauf foderte er Öfts
triege heraus, Die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten wurde ben
8 Königs entmunden, und fland ganz unter dem Einfluffe des Nationals
(chen die Erklaͤrung des preuß. Heerführers, des Herzogs von Braun⸗
m 25. Juli 1792, zur wildeſten Erbitterung aufgereist hatte. Endlich
irz ber franz. Monarchie das ganze Staatsgebaͤude von Europa aus feis
‚und der Stiede zu Bafei 1795 war der erfte Triumph der revolutionats
der Volksherrſchaft über die Cabinetspolitik der Coalition. Als aber
‚ Englands Handels: und Colonialſtaatskunſt uͤberwaͤltigt, zu neuen Er⸗
auf dem feſten Lande hingetrieben wurde, entwickelte ſich auch aus ihr
Continentalſoſtem. Das Directorium ſuchte daſſelbe durch Republika⸗
t groͤßerm Erfolge ſuchte es Napoleon durch Einverleibungen und Bun⸗
zu gruͤnden und zu erweitern. Beide entſagten ohne Scheu jeder Ruͤck⸗
Iölkerrecht und Treue. Durch Lockungen von Gebistövermehrung und
m Ideen täufchend, oder mit Vernichtung drohend, zogen fie bald die
n den Völkern ab, bald diefe von jenen. Endlich unterlagen die Fuͤrſten
ker. Zu bekannt find die Ergebniffe diefer Politik der Argliſt aufder einen,
rrthums auf der andern Seite. So herrfchte einft Rom über die Städte
mos und die Könige in Afien ! Aber Napoleons ungezuͤgelter Mille zerftörte
iferner Zauft das Werk der Revolution, den erblichen Kaiferthron. Ver⸗
356 Sranzmeine rauen
man bis vor Kurzem noch in beiden Kammern die kühne Sprache lib
und Ludwigs XVII, heller Verſtand ergriff, auf den Math von ;
‚Zeitlang mit fefter Hand ben Anker der VBerfaffungsurkunde, um fid) ı
enden Throne im Gedränge der Parteien zu erhalten. Set Eonnte n
Staatskunſt in Hinficht auf das Innere die conftitutionelle, in Hinſic
fern Verhältniffe aber die durch den NWertrag von Chaumont gebuni
Als aber der Congreß zu Aachen 1818 das franz. Gabinet mit den
Hauptmädhten zu Einem Syſtem, dem chriftlich:völferrecytlichen, we
Buchſtaben nach, vereinigt hatte, und die Ruhe im Innern befefti,
ſtrebte Die Regierung nad) größerer Unabhängigkeit von den Kammern
endlich den Sieg durch die Vernichtung ber bisherlgen Wahlform. €
fie fid) auch in der auswärtigen Politik, zu Laibach und Verona, mehr
ftem der drei großen Mächte des Feſtlandes an als an die Grundſaͤtze
englifhe Minifterium befolgt. Exft feit des fpagifchen Amerikas U
von Sroßbritannien anerkannt wurde, bat das franz. Minifterium ſich
gen Politik Canning's genähert, um nicht. ganz das eigne wahre Staat:
dem Auge zu verlieren. S. Flaſſan's „„Hist. generale et raiss
diplomatie frangaise‘* (bi8 1772, 2. Ausg., Paris 1811, 7 $
Frankreich feit 1814, Ludwig AVIL, und Frankreichté
geſchichte feit 1819 bis 1826 und Frankreich vor dei
tion. Ä
Sranzweine, im Allgemeinen alle aus Frankreich zugefü
Man kann fie in neun Sorten eintheilen : Burgunder, Champagner, &
DBienneweine, Guyenne⸗ oder Bourdeaurer- Weine, Cahors und Mon
Gewaͤchs, Charentegeroächs, die Weine von Orleans und Anjou, di
und endlich die Bayonner- Weine. Gewoͤhnlich verftehen wir unter Sr.
jenigen ordinairen, dunkelgelben Wein, welcher hauptfächlich im |
Frankreich, und felbft noch im nordöftlichen Spanien wädıft, und im
Europa als täglicher Tifchwein häufig getrunken wirb.
Frauen. Die Frauen (dev edlere Sprachgebraudy bezeichne
das ganze Gefchlecht) find die Nepräfentanten ber Liebe, wie die Männe
im allgemeinften Sinne. Liebe fpiegelt fid) in Form und Wefen der 3
Entweibung der Liebe ift ihre, wie Verlegung des Rechts der Männ
Wie Srauen lieben und fi) dem Manne bingeben, das beftimmt den
das Wohl der Einzelnen, wie des ganzen Standes, in der Familie un
und har dies beftimmt vom Anbeginn des Menſchengeſchlechts. Das of
biusliche Verhältniß des Frauenſtandes gab von je, und gibt noch bei
Maßſtab echter Bildung im Staate, inder Familie, in einzelnen Menf
noch hat das fchöne Geſchlecht das Loos erfahren, bald uͤbermaͤßig gep
mit dem größten Unverftande herabgerwürdigt zu werden. Man bat in
Merken die Frage umterjucht, ob fie wirklich zum Menfchengefchlechte gel
hat fie bald Engel, bald Zeufel genannt. Die Ichte Benennung habe
Diejenigen erlaubt, welche fie fonft wol vergöttert haben, z. B. Bo
„Triumph der Frauen”. Diefe Widerfprüche laffen ſich vieleicht erkl
man bedenkt, daß die Schduften unter ihnen wol manche Leiden über ih
verhängen. Zuvoͤrderſt müffen wir geſtehen, daß im Weſen der |
Haupttugend gegründet iſt, nämlich, daß Altes ſchicklich, Alles anftändi
ſei. Nicht ohne Urſache ſprechen wir von einem ſchoͤnen Gefchlecht
Kraft des Mannes wird durch die weibliche Anmuth gemildert, und alle
geht erſt aus der ruhigen Verbindung diefer entgegengefegten Naturen heı
Liebe.) Es iſt allerdings ehrwuͤrdig, wenn die Krauen ihrer erſten B
eingedenk find, wenn fie ſich zu Gattinnen, Muͤttern und Hausfrauen b
Frauen | 357
auch mit Recht die Foberung, baß fie, frei von bloßen Stonomifchen
ch zu einer freien Anſchauung des Lebens, zum innern Leben felbft erhes
Man findet aber freilic, oft Verbildung und Überbilbung , befondere
der Kunft und Wiffenfchaft, wo die Frauen, ihrer Natur gemäß, mehr
ils die fernen Güter ergreifen follen. Es ift zwar wahr, daß wir viele
gebildete Schriftftellerinnen unter den Frauen befigen; allein es ift
:, daß fie nicht gerade in ſtrengwiſſenſchaftlichen Gattungen zu Schrift:
berufen find, Es ſei ihre Pfliht, den Schatz der Gefühle, diefes heis
welches ihnen die Natur gefchenkt hat, nur in Farben, Zönen, in ber
Muſik, oder ip Umgange zu erhalten und zu vermehren. So werden
ch vortheilhaft auf die männliche Welt wirken.
at diefer ſchoͤnen und verfchönernden Natur der Frauen nicht immer Ges
nderfahren laflen. Sie fanden in der alten Welt auf einer weit niedris
der Achtung als in der neuern, und e6 wird nicht unintereffant fein, den
von ein wenig nachzuforfchen. Die weibliche Natur ift fi gewiß immer’
ben; aber in der Erziehung ſowol als in der Staateverfaffung der alten
die Beranlaffungen, welche den Weiz und die Macht jener weiblichen
ger hervortreten ließen. Wir finden zwar bei den Griechen ſchoͤne Bei⸗
tuder⸗ und Schwefterliebe, auch ber Gattenliebe; aber nichts iſt bei ih⸗
7 geiftigen romantiſchen Anficht des Weibes zu finden, wie fie im Mit⸗
chte, auch nicht einmal etwas von dem Geifte der Galanterie, welcher
eiten bezeichnet. Als freundliche Verfchönerin und Bildnerin des Les
muthige Sefellfchafterin des Mannes, gult die Frau wenig oder nichts.
ı die Männer an den Frauen nicht zu fehägen, oder fie wollten es nicht
8 war vielmehr das Geſchaͤft junger Sklavinnen, oder Öffentlicher Buh⸗
Homer ftellt f. Frauen einfältig, edel und würdig dar, Sophokles hat
he Geſtalten aufgeführt, und im Euripides finden wir einige Muſter
nfhuld und edelmüthiger Ergebung, aber nirgends jene Anbetung weib⸗
heit, hoͤchſtens Verehrung der Geſtalt, und die Liebe wird vielmehr bei
» verderblichfte Leidenſchaft dargeſtellt. (S. Ir. Schlegel „Uber die
der weiblichen Charaktere in den griech. Dichtern”, in f. Werken,
Ran darf deßwegen nicht behaupten, daß die Weiber bei den dlteften
) behandelt worden wiren ; fie wurden vielmehr bloß als Hausfrauen
en Sinne geehrt. Sie lebten im Kreife ihrer Sklavinnen, und arbeis
nit ihnen im obern Gefchoffe des Haufes, welches fie nur felten verlies
y unter die Männer zu mifchen. Auch waren fie von allen Öffentlichen
msgeſchloſſen, und fie hatten nur diefed Verhaͤltniß zum Staate, daß
yer gebaren und die Töchter für den engern Kreis ihrer Pflichten erzogen.
8 dem Manne erlaubt, auch außer dem Umgang mit der Gattin die ros
ıgen der Sinnlichkeit mit Sklavinnen zu befriedigen. Auch in den ſpaͤ⸗
Sriechenlande war es nicht gnderd, und nur die Spartanetinnen wur⸗
4 audgezeichnet, wiewol auch da fpäterhin große Zuͤgelloſigkeit eintiß.
Jorerinnen wurden die Sicponerinnen wegen ihrer Bildung ausgezeiche
tage der athenifchen Frauen war fehr befchränft; im entlegenften Theile
(Gynaikeion, Gynaikonitis) brachten fie mit weiblichen Arbeiten unter
ihre Zeit zu, im Theater durften fie gar nicht, oder nur bei tragifchen
m erfcheinen. Proceffionen der Frauen und Jungfrauen findet man
auch nahmen fie an religiöfen Feſten Antheil; aber ihre Augen mußten
8 dabei gefallen lafien. Den Mangel gebildeter Frauen erſetzten die
b. Öffentliche Buhlerinnen, welche befonderg die anmuthigen Talente in
det hatten. So ging der Ruhm der Aſpaſia, welche durch den Perikles
beberrfchte, und zu deren Schüler ſich felbft Sokrates bekannte, von je
356 Franzweine Frauen
man bis vor Kurzem noch in beiden Kammern die kuͤhne Sprache liber:
und Ludwigs XVII, heller Verſtand ergriff, auf den Rath von Di
‚Zeitlang mit fefter Hand den Anker der Verfaffungsurfunde, um ſich au!
enden Throne im Gedränge der Parteien zu erhalten. Jetzt konnte maı
Staatskunft in Hinficht auf das Innere die conftitutionelle, in Dinficht
fiern Verhältniffe aber die durdy den Vertrag von Chaumont gebunder
Als aber der Congreß zu Aachen 1818 das franz. Gabinet mit den ü
Hauptmaͤchten zu Einem Syftem, dem chriſtlich⸗voͤlkerrechtlichen, weni
Buchſtaben nach, vereinigt hatte, und die Ruhe im Innern befeftigt
ſtrebte die Regierung nach größerer Unabhingigkeit von den Kammern, ı
endlich den Sieg durch die Vernichtung ber bisherfgen Wahlform. Seit
fie fi) aud) in der auswärtigen Politik, zu Laibach und Verona, mehr aı
ftem der brei großen Mächte des Feſtlandes an als an die Grundſaͤtze,
englifche Miniflerium befolgt. Erſt feit des fpapifhen Amerikas Unal
von Großbritannien anerkannt wurde, bat das franz. Minifterium ſich d«
gen Politit Canning's genähert, um nicht. ganz das eigne wahre Staatein
dem Auge zu verlieren. ©. Flaffan’s „Hist. generale et raisson
diplomatie frangaise‘“ (bi 1772, 2. Ausg., Parie 1811, 7 Bd
Frankreich feit 1814, Ludwig AV, und Frankreichs
geſchichte feit 1819 bi8 1826 und Frankreich vor der
tion.
Franzweine, im Allgemeinen alle aus Frankreich zugeführ
Man kann fie in neun Sorten eintheilen : Burgunder, Champagner, ang
Dienneweine, Guyenne⸗ oder Bourdenurer- Meine, Cahors und Montaı
Gewaͤchs, Charentegewächs, die Weine von Orleans und Anjou, die '
und endlich die Bayonner- Weine. Gewöhnlich verftehen wir unter $ranı
jenigen ordinairen, dunkelgelben Wein, welcher hauptſaͤchlich im füt
Frankreich, und felbft noch im nordöftlichen Spanien waͤchſt, und im Nı
Europa als täglicher Tiſchwein häufig getrunken wird.
Erauen. Die Frauen (dev edlere Sprachgebraudy bezeichnet j
das ganze Gefchlecht) find die Nepräfentanten der Liebe, wie die Männer t
im allgemeinften Sinne. Liebe fpiegelt fi in Form und Weſen der Fra
Entweihung der Liebe ift ihre, wie Verlegung des Rechts der Männer
Wie Frauen lieben und fi) dem Manne bingeben, das beftimmt den U
das Wohl der Einzelnen, wie des ganzen Stundes, in der Samilie und :
und hat dies beftimmt vom Anbeginn des Menſchengeſchlechts. Das öffen
häusliche Verhältniß des Frauenſtandes gab von je, und gibt noch den ı
Maßſtab echter Bildung im Staate, in der Familie, in einzelnen Meniche
noch hat das fchöne Gefchlecht das Roos erfahren, bald uͤbermaͤßig geprie
mit dem größten Unverftande herabgemwürbdigt zu werden. Man bat in wc
Werken die Frage unterfucht, ob fie wirklich zum Menfchengefchlechte gehoͤr
hat fie bald Engel, bald Teufel genannt. Die legte Benennung haben
Diejenigen erlaubt, welche fie fonft wol vergättert haben, 3. B. Bocca
„Triumph der Frauen”. Diefe Widerfprüche laffen ſich vielleidye erkläre
man bedenkt, daß die Schönften unter ihnen wol manche Leiden über ihre
verhängen. Zuvoͤrderſt müffen wir gefteben, daß im Weſen der Fra
Haupttugend gegründet iſt, nämlich, daß Altes ſchicklich, Altes anftändig ı
ſei. Nicht ohne Urfache fprechen wir von einem fchönen Gefchlecht;
Kraft des Mannes wird durch die weibliche Anmuth gemiltert, und alle €
seht erſt aus der rubigen Verbindung diefer entgegengefegten Naturen heroc
Xiebe) Es iſt allerdings ehrwuͤrdig, wenn die Krauen ihrer erſten Befl
eingedenk find, wenn fie fid) zu Gattinnen, Muͤttern und Hausfrauen bild
Frauen 357.
n andy mit Recht die Koberung, daß fie, frei von bloßen Stonomifchen
fi) zu einer freien Anfchauung des Lebens, zum innern Leben felbft erhes
Man findet aber freilich oft Verbildung und Überbildung, befonders
? der Kunft und Wiffenfchaft, wo die Frauen, ihrer Natur gemäß, mehr
als die fernen Güter ergreifen follen. Es ift zwar wahr, daß wir viele
‚ gebilbete Schyiftflellerinnen unter den Frauen befigen; allein es ift
yr, daß fie nicht gerade in firengmwiffenfchaftlidyen Sattungen zu Schrift:
ı derufen find. Es feiihre Pflicht, den Schag der Gefühle, dieſes hei«
welches ihnen die Natur gefchenkt hat, nur in Farben, Zönen, in ber
»Muſik, oder im Umgange zu erhalten und zu vermehren. So werden
uch vortheilhaft auf die maͤnnliche Welt wirken.
hat diefer ſchoͤnen und verfchönernden Natur der Frauen nicht immer Ges
widerfahren laffen. Sie ftanden in ber alten Welt auf einer weit niedris
e der Achtung ale in der neuern, und es wird nicht unintereffant fein, den
avon ein wenig nachzuforſchen. Die weibliche Natur ift fi gewiß immer’
eben; aber in der Erziehung ſowol als in der Staateverfaffung der alten
ı die Veranlaffungen, welche den Reiz und die Macht jener weiblichen
tiger hervortreten ließen. Mir finden zwar bei den Griechen ſchoͤne Bei⸗
zruder⸗ und Schwefterliebe, auch der Sattenliebe; aber nichts ift bei ih⸗
ver geiftigen romantifchen Anſicht des Weibes zu finden, tie fie im Mit⸗
richte, auch nicht einmal etwas von dem Geifte der Galanterie, welcher
Zeiten bezeichnel. Als freundliche Verfchönerin und Bildnerin dee Les
mmutbige Gefefchafterin de6 Mannes, gult die Frau wenig oder nicht.
m die Männer an den Frauen nicht zu fchägen, oder fie wollten es nicht
es war vielmehr das Geſchaͤft junger Sklavinnen, ober öffentlicher Buh⸗
Homer ſtellt ſ. Frauen einfaͤltig, edel und wuͤrdig dar, Sophokles hat
ſche Geſtalten aufgefuͤhrt, und im Euripides finden wir einige Muſter
Unſchuld und edelmuͤthiger Ergebung, aber nirgends jene Anbetung weib⸗
nheit, hoͤchſtens Verehrung der Geſialt, und die Liebe wird vielmehr bei
ie verderblichſte Leidenſchaft dargeſtellt. (S. Fr. Schlegel „Über die
j der weiblichen Charaktere in den griech. Dichtern“, in ſ. Werken,
Man darf deßwegen nicht behaupten, daß die Weiber bei den aͤlteſten
h behandelt worden wiren ; fie wurden vielmehr bloß als Hausfrauen
ben Sinne geehrt. Sie lebten im Kreife ihrer Sklavinnen, und arbeis
mit ihnen im obern Gefchoffe des Haufes, welches fie nur felten verlies
h unter die Männer zu mifchen. Auch waren fie von allen Öffentlichen
ausgefchloffen, und fie hatten nur dieſes Verhälmiß zum Staate, daß
der gebaren und die Töchter für den engern Kreis ihrer Pflichten erzogen.
es dem Manne erlaubt, auch außer dem Umgang mit der Gattin die ro>
ngen der Sinnlichkeit mit Sklavinnen zu befriedigen. Auch in den ſpaͤ⸗
Griechenlands war e8 nicht gnderd, und nur die Spartanerinnen wur⸗
U ausgezeichnet, wiewol auch da fpäterhin große Zitgellofigkeit einriß.
Dorerinnen murden die Sicyonerinnen wegen ihrer Bildung ausgezeich⸗
Zuge der athenifchen Frauen war fehr befchränft; im entlegenften Theile
(Gpnaiketon, Gynaikonitis) brachten fie mit weiblichen Arbeiten unter
ihre Zeit zu, im Theater durften fie gar nicht, oder nur bei tragifchen
en erfcheinen. SProceffionen der Srauen und Jungfrauen findet man
auch nahmen fie an religiöfen Feſten Antheil; aber ihre Augen mußten
es Dabei gefallen laffen. Den Mangel gebildeter Sranen erfegten bie
. bh. öffentliche Buhlerinnen, welche befonders tie anmuthigen Talente in
fdet hatten. So ging der Ruhm der Aſpaſia, welche durch den Perikles
beherrſchte, und zu deren Schüler fidy felbft Sokrates bekannte, von je:
358 Frauen
. %
ner frühern Bildung aus, und Lais, Phryne und andre Hetären erhielt
ihre Reize manchen Steg über ausgezeichnete Männer, wenn auch nicht
öffentliche Meinung. (S. Böttiger’d „Geſch. d. weiblihen Geſchlechts v
der Detären zu Athen”, im „Attifchen Muſeum“, 2. und 3. Bd.) Died
nen fpielten allerdings eine bebeutendere Rolle. Sie waren bei den Sc),
und Gaſtmahlen gegenwärtig, und überhaupt weit mehr in der Geſellſchaf
noch lebten jie fehr eingezogen, bis fid) mit den Eroberungen Roms auch d
der römifchen Frauen vergrößerte. Indeſſen finden wir bei keinem Wolke
Mufter echter weiblicher Größe. Und wem find nicht Die Jungfrauen der |
kannt? Aud) die roͤmiſchen Matronen ftanden unter der oft firengen Ge
Mannes; fie hatten kein Eigenthum, und bei den Heitathen wurden die $
lein befragt. Überdied waren ihnen manche erlaubte Genüffe, 3. B. der dei
gänilich verfagt. — Nach der Sittengeſchichte der Völker ging mit dem
Ehriftianismus aud) den Frauen , die bis dahin nur Sklavinnen und Die
der Männer, Hetären oder verfchleierte Matronen gewefen waren, ein ſchoͤr
gen auf. Das Chriftenthbum war ed, welches der neuern Welt eine andre
gab. Won Gleichheit der Rechte zwifchen beiden Geſchlechtern, von frei,
rung weiblicher Reize und Kräfte war bei ben Alten keine Sdre, und wie
den veredelten Nationen, ben Griechen und Nömern, das Vaterland de
‚ Punkt ber Tugend war, fo in der Familie der Hausväter, Mit den Ch
muß begann die Religion der Liebe und zugleich des über den Patriotismu
phirenden Rechts. Man erkannte Menfchenrechte an, man fühlte Weltbuͤ
Auch die Frauen erhielten ihre Rechte wieder, und e8 ging mit dem Beifte b
ligion, welche die Sinnlichkeit im Menfchen ertöbtet und fid) ſtets auf dat
liche bezieht, eine höhere geiftige Würdigung auf diefelben über, Ja man
haupten, irdiſche Seligkeit finden die Srauen nur in hriftlichen Staaten, i
ven Samilien, an dem Herzen bed fittlichen Mannes. Es wirkten aber nc
Umſtaͤnde, um den im Chriftenthume [chlummernden Keim geiftiger Liebe
ebelter Anfchauung der Srauen zur Neife zu bringen, Zuerſt waren es bie
nen, welche den Zon zur Anerkennung der weiblidyen Wuͤrde angabe
Keufchheit, Enthaltfamkeit und cheliche Treue, verbunden mit einer gerecht
digung der Frauen, gaben unfern Vorfahren ſchon in Tacitus's Augen ein
bie diefer mit Hochachtung erkennt. Dieſer Charnkter der alten Deutic
nun im Beifte des damaligen Chriſtenthums eine mächtige Stuͤtze, wo di
ther ſich gern zu einer wunderbaren Schwärmerei begeiftern liegen. Dann
Nitterthum im Mittelalter, und trieb diefe geiftige Anficht der Grauen, t
in eine reisende Gaufelei ausartete, aufdas Hoͤchſte. Wir könnten dieſe
Blüthezeit der Krauen nennen. Wie der färkere Knabe das mit ihm aufr
ſchwaͤchere Mädchen behandelt, fo hatten ehemals die Völker es mit ihre
gehalten ; wie der Juͤngling feine Öeliebte vergöttert und ihrem- leifeften
das ſchwerſte Opfer bringt, fo hielt es der Rittergeift mit dem Frauenſtand
ollein Ritter, fondern auch Sänger huldigten der weiblichen Schönheit,
und Erde gingen gleichfam in ewige Liebe zufammen, und die Frauen wurt
bie Natur fie eigentlich beftimmt hat, HDalterinnen und Lenferinnen des
Maͤnnergeſchlechta. Schon früh wählten fich edle Sünglinge eine Gebiet:
Herzens, und verharrten lange in diefer lieblichen Dienftbarkeit. In diel
Mitterzeiten blühten auch die Cours d’amour, Minnegerichte, mo v
Streitfragen aus dem Buche der Liebe zart und finnreich entfchieden wurd:
die Pocfie der Provenzalen, welche fich in Stalien, Spanien, im füdlichen
fand, und durch die Normannen in England verbreitete, tıug das Ihrige
diefe religiöfe Verehrung der Krauen anzupreifen. Faſt zugleich mit der E
diefes ritterfichen Geiftes im 14. Jahrh. war das Licht der Wiſſenſchaftern
Stauen 359
ſonders machte die Platon'ſche Phitofophie ein ausgezeichnetes Gluͤck; fie
ol nicht fo phantaftifch al3 das Ritterthum, ber Liebe und Schönheit
Bedeutung. Beſouders Dante und Petrarca müffen hier genannt wers
ıtrice und Laura wurden von ihren unvergänglichen Gefängen zum Sims
m. Auch Abälarb und Heloife fühlten gleiche Liebe. Indeſſen verflog
1; die Voͤlker wurden älter und £älter und die Nationen fchieden ſich merks
nge ihres gefelligen Fortfchreitend. An die Stelle jenes ritterlichen Geis
ı Srankreich die Galanterie getreten. Man wollte gern den Schein ber
behaupten ; aber der Sittlichkeit und Wahrheit war er gewiß nicht fo
t als der aͤußern Erſcheinung. Es bildeten fich beflimmte Regeln für das
t; man lernte fogar nach dem Anftande lieben, geiftreihe Frauen hatten
yin literarifchen Cirdeln, und das ganze Leben wurde auf die Spiße ber
ıng getrieben. Diefer Geift ber Galanterie, welche fehr bald in Coquet⸗
tete, ging auch in andre Länder über, und felbft in Deutfchland unter
ı Ständen fpußte hier und da diefer frivole Geift, welcher das Heiligfte
nd mit den fchönften Gefühlen ein gemüthlofe® Spiel treibt. Die Nas
Ninon de !’Encloß, einer Sevigne, Maintenon, und fpäterhin einer du
einer Geoffrin, l'Espinaſſe find Allen bekannt, die in der Geſchichte der
kiteratur Frankreichs nur ein wenig bewandert find. Von ihren Girkeln
fferer und zugleich freierer Ton nicht allein auf die fchönen Geiſter, fons
auf andre Glaffen aus, wenn man aud) zugeben muß, baß man mit dem
mehr coquetticte, und daß mehr eine gebildete Oberfläche vormaltete, So
iß, daß die Herrſchaft des ſchoͤnen Geſchlechts fogar auf bie Literatur der
keinen unbedeutenden Einfluß hatte, Endlich wurde es aber in Frank⸗
, daß felbft die Feigenbiätter burchfichtig wurden, und die Hnperillumis
flanzte fi) hier und da in die Mefidenzen und Handelsſtaͤdte Deutſch⸗
die Revolution und die ihr anhängenden Kriege alle Vauxhalls der Höfe
nie in Verwirrung brachte, (M. lefe der Gräfin Remuſat geiftvollen
ie Erziehung des Weibes.) — Die franz. Galanterie ift zum Gluͤck nicht
ittelpunkt andrer Völker burchgebrungen. Wir wollen auch hier, wie
n, nur die vorzüglichften Nationen berühren. Denn fo wenig anzie⸗
von der despotifchen Behandlung orientalifcher Frauen, von ihrer geis
hyſiſchen Beſchraͤnkung, von bem Sklavendienſte der Liebe zu fprechen,
freulich würde es fein, bei allen mindergebildeten Nationen des neuern
verweilen. Bekanntlich verbinden die Engländerinnen mit den Übrigen
peiblichen, roiewol etwas ſtrengen Liebenswürdigkeit, die Tugend der
:; fie find vollkommen gute Mütter und Gattinnen, und fie tommen in
‚Eeit dem Ideale edler Hausfrauen wol am naͤchſten. Daher fommt e6
18 ihre Dichter und Romanfchreiber Herrliche Mufter weiblicher Strenge -
teit aufgeftellt haben. In England gedeiht der, doc, bisweilen etwas
Himmel der Weiber, Die deutfchen rauen haben mit ihnen viele
nichkeit, nur daß fie auch mehr in das aufiere Leben eingehen, und fo in
hitigen Wechfelverhältnig auf die männliche Welt wirken Eönnen, In
‚ begann mit dem Morgen der fhönen Literatur ein heiterer Tag der
an nur Dichter vollenden bie Bildung der Srauen, weil fie duch das
den Berftand wirken, und weil die Frauen ber claffifchen Studien ents
e itafienifchen Frauen glänzen durch Reig und bewegliche Anmutd ; aber
ıng der Staliener überhaupt mehr von der Phantafie ausgeht, und aud)
yerführerifcher auf die Sinnlichkeit wirkt, fo werben wir hier mol nicht
h der Sittlichkeit zu fuchen haben. Die gebildeten Polinnen des Adele
t nicht jehr zahlreichen Mittelftandes fcheinen fi) in der Form mehr
finnen zu nähern; doch findet man in ihrem Innern mehr Zreue
’
360 Sraueneis . Frauenvereine
und Wahrheit, dabei sine tiefere Leidenfchaftlichkeit, eine ſchoͤnere Glut der €
findung. hb. A.
Srauenels, f. Gyps.
Erauenlob (Heinrich), der Ehrenname eines Meifterfängers aus br
Ende des 13. und Anf. des 14, Jahrh., von deffen Lebensumftänden wir wei
nichts wiffen, ale daß er zu Mainz f. Kunſt geübt hat, und dafelbft 1317 geftort
iſt. Nach Einiger Meinung fol er D. der Theologie und Domherr zu Mainz
weſen fein. Er kommt fonft unter dem Namen Heinrich v. Mißen (Meißen) vı
In ſ. Geſaͤngen pries er vornehmlich die Tugenden des fchönen Gefchlechts. Dei
wurde er von den Weibern fo hoch gefchäst, daß, wie man fagt, Weiber ibn z
eignen Händen zu Grabe trugen, fein Grab mit Thraͤnen benegten, und fo t
Mein über baffelbe goffen, daß die Kirche uͤberfloß. Gedichte von ihm finden f
in der Maneffefyen Sammlung und einigen andern Handfchriften,
Srauenfommer, ober fliegenden Sommer, nennen wir
Fäden, welche im Herbſt die Luft durchziehen. Sie rühren von der fliegenden So
merfpinne her, welche die Größe eines Nadelkopfs, auf dem Länglichen Vorberke
acht graue, in einem Kreife liegende Augen, ein eirundes Hintertheil und einen gie
genden, ſchwarzbraunen, mit einzelnen Haaren befegten Körper hat. Zu Anfaı
bes Aug. erfcheint fie zuerft in Wäldern, Gärten und Wieſen, wo bie Eier un
ftört ausgebrütet werden können, und dann auf ben Feldern, die fie mit ihren G
ſpinnſt überzieht, um Inſekten zu fangen. Der Wind zwimt die feinen Faͤden
fammen und führt fie durch die Luft.
Frauenvereine. Die Geſchichte des fittlichen Lebens ver Menſchheit ft
wenig Blätter ; aber biefe gebühren vor allen den Frauen. Der Herd des haͤublich
Gluͤcks ift der Hort des Vaterlandes. Sein heiligeß Feuer bewahren die Herzen
Sungfrauen und Frauen. Sm jeder Zeit, die das Voͤlkerleben erfchätterte, =
der Helbenkraft der Männer voran die Begeifterung ber Liebe, und der Muth
Frauen. So unter den alten Völkern, in den Zeiten der Erniedrigung des wet
hen Geſchlechts, als man die Frauen gleich Keibeigenen ſchaͤtzte. Was Griec
nen und Römerinnen thaten, was die hifpanifchen, was die carthagifchen Frax
was unter den rohen Völkern bie Helbinnen der Schthen, der Teutonen, ber 2
ten, ber Normannen leifteten: das hat offenbart die Allgewalt jener aufopfern
Liebe , die von jeher das weibliche Gemuͤth zu ihrem Heiligthum erfor. Als Hi
auf das Chriftenthum die Feſſeln des Weibes zerbrochen hatte, da erhob ſich die
Geſchlecht mit eigenthämlicher Kraft auf die Höhen des fittlihen Lebens. D
fromme Wert chriftlicher Liebe ward ihr Beruf. Es quoli aus ihrem reinen, G
eweihten Herzen, und reifte durd) ben Heldenmuth der Geduld zur unfterbiid
Shat. So ftanden hoch im Mittelalter die Frauen. Ihnen huldigte das Ritt
tum. Und mo fie nur ihren heiligen Beruf, die Wicderherftellung der Nation
fitte durch Häusliche Tugend, erkannten und übten, dalebte auch die Nationale
wieder auf. So wirfte auch in unferer Zeit bei den Völkern, zu denen das Frei
am mwenigften eindrang, und von denen e8 am muthigften ausgefteßen wurde, I
Meifte im Verborgenen der vaterländifhe Sinn der Frauen. Dies geſchah
Spanien, in Rufland und in Deutſchland. Und damit er ſchneller und zweck
figer wurde, ſchloſſen fie unter fi) Vereine. Der wiener Frauenverein war d
der erſten. Anf. Spise ftand die 1816 verft. Caroline, Fürftin Lobkowitz,
Fuͤrſtin v. Schwarzenberg. Ge blieb viele Jahre ununterbrochen thätig.
bierauf das preuß. Volk in dem heiligen Kampfe gegen Unterbrüdung feinen !
tionalfinn kund that, gingen auch die preuß, Sungfrauen, Gattinnen und Mi
alle Eines Sinnes, den übrigen deutichen Frauen voran in Heldenmuth, Edelſi
Treue und Aufopferung. ine Eönial. Prinzeffin lieferte zuerft zur Beſtreit
der Kriegslaſten ihren ganzen Schmuck un Die Schatzkammer ab; und alle $ra
jEIIE Wiiheim VON "YTEUBEN (geo. Prinzeijin vd. Deilens.Hompurg) ; hier⸗
bliche Wohlthaͤtigkeitsverein, den 13. Juli 1814, und 1815 der patrio⸗
jenverein, unter dem Vorfig der Prinzeffiin Mariane v. Preußen, vorzügs
mt zur dauernden Verpflegung Hülflofer, die feit 1813 mitgetämpft
Ähnliche bildeten ſich in allen größern Städten der Monarchie. Daffelbe
andern ändern. Schon im Nov. 1813 erließen fünf wackere Jung⸗
Reipzig einen Aufruf an deutfche Mädchen zu einem Verein zur Unterftäe
fe die gerechte Sache Kämpfenden und Leidenden. Für die durch die
h verwaiſten Kinder im Königreich Sachfen forgte der Mutterfinn und die
hder rauen fo thätig, daß nach der erften Bekanntmachung des Huͤlfs⸗
din Dresden, 1814, an taufend Maifen dadurch gerettet wurden.
vereinigten fich für jeden Winter, zur Errichtung und Fortfegung
mford'ſchen Suppenanftalt durch milde Beiträge, unter dem Vor⸗
der edler Grauen, ber Frau v. Schönberg, geb. Gräfin v. Stolberg: Wer
und der Frau v. Ferber, mehre gebildete Frauen in Dresben, welche jene
ammelten und bie Anftalt perfönlich beforgten. Ähnliche Vereine ent⸗
14 in Hamburg, um für bie bringendften Bedürfniffe der zuruͤckkehren⸗
nden Glaffe zu forgen. In Düffeldorf bildete fi im Sept. 1814 eine
tdeutfcher Männer und Srauen, um den aus dem Vaterlandskriege zus
en Verftümmelten oder dienftunfähigen Kriegern ruhige und heitere
ter zu bereiten. Mit gleichem Semeingeifte waren, von ber erften Zeit
san, für die verwundeten Krieger milbthätig wirkſam die Einw. ber
nburg. Schnell verbreiteten fich ſeitdem über alle Länder deutfcher
Ithätige, von edlen Frauen geftiftete, Srauenverbindungen, die jeßt noch
fortwirten. Es iſt hier nicht der Ort, fie einzeln aufzuführen. Nur
m genannt werden. In Baiern gab e8 acht Hauptvereine der Frauen,
rg. Kempten und a. a.D. In Mürtemberg blühte der kanftatter
er fe Vorfteherin, der Herzogin Wilhelm. Die Srauenyereine in Wels
nad, Jena, Ilmenau, Ulrihshalben, Echwerftäbt, Magbala und
za, deren Wirkſamkeit insbefondere noch auf die Ausbildung der verlafs
ihen Jugend gerichtet ift, hatten bereits 1817, 436 Kinder in Unters
ten zu nüglicher Thaͤtigkeit erzogen. Ahnliche Vereine gibt es in Heſſen,
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\
— pr
362 Fraunhofer
demfeiben Chriftusfinne zu der edelſten Nächftentiebe berufen. Aus bem Kreife
häuslichen Friedens tritt, erleuchtet und aufgektärt, die himmlifche Caritas ar
Hand der Frauen in das hartbedrängte öffentliche Keben ein, um ben fich verwir
den, unſtaͤten Geift des Mannes dahin zuruͤckzulenken, wo allein das Herz Zr
und Beruhigung findet, zu dem ſtillen Berufe frommer Menfchlichkeit. K
Fraunhofer (Soferh von), D., k. bairifcher Akademiker und Profe|
Mitter des Civilverdienftordens der baitifchen Krone und des k. dänifchen De
brogordens, geb. zu Straubing in Baiern d. 6. März 1787, müßte früh das
ſchaͤft ſ. Vaters, eines Glaſers, treiben, wodurch der Schulbeſuch vernadläi
wurde. Als Se. in ſ. 11. 57T. Altern verloren hatte, beſtimmte ihn ein Vorm
zu dem Gewerbe eines Drechälers ; allein er war für diefe Arbeit nicht kraͤftig ger
Man brachte ihn daher 1799 als Rehrling nad) München zu einem Spiegelma
und Glasſchleifer. Da er Fein Lehrgeld bezahlen Eonnte, fo mußte gr 6 J. c
Kohn arbeiten. Während dieſer Zeit erlaubte ihm ſ. Lehrmeifter niemals,
Beiertagsfchule zu befuchen, fodaß Fr. des Schreibens und Rechnens faft gunz
kundig blieb. Zu ſ. Gluͤck ftürzte am 21. Jul. 1801 das Wohnbauß f. Lehrh
ein und er felbft warb im Scyutte begraben. Nach mehr als vierfkündiger Am
brachte man ihn ohne eine gefährliche Beſchaͤdigung ans Zagesliht. Der Pol
Director (jegige Baurath) Baumgartner machte fid) vorzüglich um f. Rettung
dient, Der König Marimilian Joſeph befahl für die Heilung des Knaben Sa
zu tragen, fragte ihn nad) ſ. Wiederherftellung tiber f. Empfindungen während
Verſchuͤttens, entließ ihn mit einem Geſchenk von 18 Dufaten und verfprad I
verwaiften Knaben Bater fein zu wollen, im Fall ihm etwas mangele. — Di:
Geld verwendete Fr., während der 3 Jahre, die er noch hei f. Lehrmeiſter zubrin
mußte, zum Theil darauf, um an Feiertagen optifche Glaͤſer zu fchleifen, und
bielt von einem Optiker die Erlaubniß, an diefen Zagen feine Maſchine benube”
dürfen. Dann ließ er ſich eine Glasſchneidemaſchine machen, die er aud) zum & -
ſchneiden benugte, ohne je vorher diefe Arbeit gefehen zu haben. Dies erfube
fchneider, der fich ebenfalls für den Knaben intereffirte, und da der junge Fr.
Unfunde der Theorie der Optik und Mathematik auf viele Hinberniffe ftir,
verfchaffte ihm Ugfchneider die zum Selbftunterrichte nöthigen Bäder, und
drang, ohne mündlichen Unterricht, in den Geift eines Käftner, Klügel, Prieſt
u. A. ein. Sein Lehrmeifter unterfagte ihm zwar das Etudium derfelben at
ſtrengſte, allein mit defto größerm Eifer ftudirte er an Feiertagen einige Stund
insgeheim außer dem Haufe. Go ward er bald mit der mathematifchen Optik!
kannt :ınd wendete ſ. Verdienft nebft dem Reſte f. Geldes dazu an, f. Lehrmeiſ
das letzte halbe Jahr der Lehrzeit abzukaufen und fi eine optifche Echleifmafdl
anzufchaffen. - Cine jemals graviren gefehen zu haben, fing er damals an,
freien Stunden Metall zu graviren, um Modelle zum Preffen erhabener Viſitt
karten zu verfertigen und ſich dadurch etwas Geld zu ſ. Verfuchen zu verdiene
Der cben ausgebrochene Krieg verhinderte jedoch den Abſatz der Vifitenkarten fl
gänzlich, und Sraunhofer Fam wieder in eine fehr dürftige Lage, Deffenungex
tet hatte er nicht den Muth, ſich den Könige zu nähern, fondern widmete fic) wi
der ganz dem Metier eines Spiegelmachers und Glaöfchleifere, verwendete jede
die Feiertage auf das Studium ber Mathematik. Da erhielt im Anfange dei:
1806 Profsffor Schiegg Kenntnig von Fr., und prüfte f. tbeoretifchen Kenntnif
Einige Zeit vorher hatte Georg v. Reichenbach f. Theilmafhine und andre Br
zeige zur Verfertigung der aſtronomiſchen und geodetifchen Winkelinſtrumente ve
endet, und fich für fein Etabliffenent mit v. Usfchneider und Liebherr verbunde
Weil in den Kriegsjahren die zu den aftronomifchen Inſtrumenten nöthigen P
fpectivgiäfer nicht aus England erhalten werden Eonnten, fo fing Reichenbach eb
an, eine optiſche Schleifmafchine von neuer Art zu bauen, und Schiegg, meld
rt hatte. Allein am 7. Febr. 1804 traten v. Ugfchneider, v. Reichen⸗
raunhofer in cine Geſellſchaft zuſammen und gründeten. das für alle
Inftrumente beftimmte Inſtitut in Brnetitbeuern. Fr. hatte fi inf.
n Arbeiten auch mit der Katoptrik befhäftigt, wie f. noch ungebrudte
ig (von 1807): „Uber die Abweichung außer der Are bei Teleſkopſpie—
eiſt. Indeſſen ward von der Gefellfchaft feftgefegt, daß von dem neugegruͤn⸗
hen Inſtitute die Katoptrik gänzlich ausgefchloffen bleben follte. — Eine
isften Aufgaben in der praftiihen Optik ift befanntlid, das der Theorie
gehende Poliren der fphärifchen Flaͤchen großer Objective, weil durch
n dieſe Flächen die Geſtalt zum Theil verlieren, welche fie im Schleifen
gr. erfand nun eine Polirmaſchine, mit welcher nit nur die Korm der
ichen nicht verborben wird, fondern auch noch die unvermeidlichen Fehler
fens in jeder Beziehung verbeifert werden Eönnen, und bei welcher die Ges
weniger von der Geſchicklichkeit des Arbeiters abhängt. Derſelbe Fall ift
avon ihm für andre optifche Zwecke erfundenen Schleifz und Polirma⸗
Zugleich untsrfuchte Sr. auf eine neue Art das Glas, deffen er ſich bes
Bezug aufdie Wellen und Streifen, bie es enthält, duch weiche das
jelmäßig gebrochen und zerſtreut wird. Er fand, daß oft in mehren Cents
lintglajes, welches von Ugfchneider in Benedictbeuern bereiten fie, nicht
allen und Streifen völlig freies Stud anzutreffen iſt; ebınfo fand er,
ihiedenen Stüde von einer und derfelben Schmelze im Brechungsvers
: voneinander virichieben find, welches Beides bei dem englifchen und bes
dem fran;. Slintglafe in einem noch höhern Grade der Fall ift. Da uns
Imfiänden die Abjicht, vollkommnere und gröfiere Objective zu erhalten,
en, deren man ſich bis dahin bediente, nidyt hätte erreicht werden koͤn⸗
ger 1811 ſelbſt an, Flintglas zu [hmelzen, und ließ, mit Einwilligung
aftägenoffen, nad) f. Angabe einen Schmelzofen bauen und andre hierzu
zerkzeuge und Mafchinen anfertigen. Die zweite Schmelze, welche er
ı machte, zeigteihm, daß man Slintglas erhalten koͤnne, wo felbft ein
ı Boden des 2 Gentner enthaltenden Schmelztopfes genau daffelbe Bre⸗
mögen hat, als eines von ber Oberfläche deffelben. Allein die folgenden
waren, obſchon genau auf dieſelbe Weiſe gemacht, ſowol in Hinficht des
wechungsvermögen® ald aud) in Hinficht der Wellen und Etreifen, uns
Erſt nach längerer Zeit erhielt er wieder einige völlig gelungene
1; aber auch jegt war ed noch zufällig, und erft nach vielen im Großen
mit 4 Gentnern) von ihm angeſtellten Verſuchen wurde er mit den vie
den befannt, welche dad Mißlingen veranlagten, und nur dann erft war
e gewiß. Hätte er nicht früher gelungene Schmelzen gemacht und f.
nicht im Großen angeftelit, fo wurde er bei den Schwierigkeiten, die itm
‚ es für unmöglidy gehalten haben, eine große, völlig homogene Muffe
s zu erhalten. Auch das englifche Crownglas, ſowie das deutfche Spies
Tafelglas, enthaͤlt, wie Fr. fand, Streifen oder Wellen, welche das Licht
364 Fraunhofer
unregelmaͤßig brechen. Da nun in einem groͤßern und dickern Glaſe mehr fı
Streifen enthalten fein muͤſſen, gleichwol aber das Gegentheil erfoderlich iſt, n
bei groͤßern Fernroͤhren die Wirkung zunehmen ſoll, fo wuͤrde dieſes Glas für g
Dbjective nicht brauchbar geroeren fein. Deßwegen fing Ir. an, fi) das Cro
glas feibft zu ſchmelzen. Allein auch bei diefen im Großen angeftellten Verſu
ftieß er auf Schwierigkeiten andrer Art. welche er erft nad einigen Fahren vı
befiegte. — Die Urſache, weßwegen das Brechungs⸗ und Farbenzerftreuungs
mögen der Muterien bisher nicht mit Genauigkeit beflimmt werden Eonnte, |
geößtenthell darin, daß das Karbenfpectrum Eeine [charfen Grenzen hat, und
auch der Übergang von einer Farbe in die andre nur allmälig gefchieht, daher
größern Spectren die Winkel der Brechung nur auf 10 oder 15 Minuten genau
meffen werden konnten. Diefem Hinderniß zu entgehen, machte Ir. eine R
von Verſuchen, um homogenes Licht Eünftlicy hervorzubringen, und da ihm di
Direct nicht gelang, fo erfand er einen Apparat, durch welchen e® mit Lampen
und Prismen hervorgebracht wurde. Im Verlaufe diefer Verſuche entdeckte e*
fire helle Linie, weiche im Drange des Spectrums ſich findet, wenn es durch
Lichtdes Feuers hervorgebracht wird. Diefe Linie hat ihm nachher zur Bef
mung des abfoluten Brechungsvermögens der Materien gedient. — Die Verfu
welche Sr. machte, um zu erfahren, ob das Farbenfpecttum vom Sonnenlichs
felbe helle Linie im Drange enthält, wie dad vom Lichte des Feuers, führte ihn
die Entdeckung der unzähligen dunkeln firen Linien in dem aus vollkommen bc
genen Farben beftehenden Spectrum vom Sonnenliht. Diefe Entdedung S
wichtige Folgen; durch fie allein wurde es möglich, den Weg des Lichts für
Sarbennunncen mit Winkelinftrumenten genau unb direct zu verfolgen. — Fr—
Diefe und andre hierauf Bezug habende Verſuche in einer Abhandl. beſchtie
welche ins Franz., ins Engl. und auszugsroeife auch ins Stat. uͤberſ. worden fü
6.3, der „Denkſchriften der k. bairifchen Akademie” und im 65. B. von Gil
„Annalen der Phyſik“). Die Akademie der Wiſſenſch. zu München erwählee«
bierauf 1817 zu ihrem Mitglicbe. — Die genannten Yefultate gaben $r. die $
anlaffung, außer der Refraction und Neflerion, auch noch über andre Sefege, 1
züglich Über die der Beugung des Lichts, eine Reihe von Verſuchen anzuftek
deren glücklicher Erfolg ihn aufdie Entdedung der außerordentlich mannigfaltie
Phänomene führte, welche durch gegenfeitige Einwirkung gebeugter Strahlen a
fliehen, und durch welche er 3.8. volltommen homogene Farbenfpectra ganz eh
Drismen hervorzubringen im Stande war. Da diefe Spectra, welche bloß du
Bitter aus fehr feinen, völlig gleichen und parallelen Fäden hervorgebracht werde
die dunkeln firen Linien enthalten, welche er früher in dem durch ein Prisma et
flandenen Spectrum entdedt hatte und folglidy bei Verfolgung des Megest
Lichts die Winkel mit außerordentlicher Präcifion zu beftimmen waren, fo font
die fonderbaren Geſetze diefer Modification des Lichts mit ungewoͤhnlicher Genau
keit aus den Verfuchen abgeleitet werden. Bol. Fr.'s Beſchreib. diefer Verf. |
8.8. der „Denkſchr. der k. bairifchen Akad.” (franz. im 2. 9. von Schumache
„Aftronom. Abhandlungen”). — Die bisher bekannten Gefege des Lichts waı
von der Art, daß man ihnen viele Hnpothefen tiber die Natur des Lichts anpaf
konnte. Fr. fuchte nun bie Theorie für die Darftellung der neuen, fcheinbarf
compficirten Gefege, und fand, daß fie aus den von Th. Young früher aufgeftell
Principien der Interferenz, d. i. nach der Hppothefe der Undulation, mit gewiſ
Movificationen, völlig genligend erklärt werden koͤnnen. Er entwidelte alsde
für die neuen Gelege des Lichts, nad) den genannten Principien, einen allgemel
onalytifchen Ausdruck, aus welchen hervorging,” daß, wenn er im Stande m
völlig volltommene, aus parallelen Linien beftehende Gitter zu machen, die fo
wären, daß ungefähr BO0O Linien auf einen parifer Zoll gingen, alsdann die bu
Frayſſinous 365
brachten Phänomene auf eine fcheinbar außerordentlich complicirte Art
würden. Er ftelite deßwegen neue Verfuche an und erfand eine Theil⸗
durch melche er die genannten Bitter mit der von der Theorie vorgefchries
nauigfeit verfertigen konnte. Die Refultate diefer Sorfchungen, welche
ie vollkommen beftätigen, hat Fr. im 74. Bde. von Gilbert’6 „Annalen
‚E" bekannt gemacht. Die weitere Verfolgung dieſes Gegenftandes bes
ihn bis an ſ. Tod. — Aus den früher bekannten Geſetzen des Lichte konn⸗
e atmofphärifche Lichtphänofnene, z. B. die Entftehung der Höfe und Nes
ı u, ſ. w., entweder gar nicht ober nicht genügend erklärt werden. Fr.
3, diefe fo mannigfaltigen Phänomene auf die gegenwärtig befannten Ges
Lichts zuruͤckzufuͤhren. Ein Auffag von ihm darüber ift in Schumacher's
m. Abhandlungen” erfchienen., Wir bemerken nur nody, daß er die zu f.
:optifhen Verſuchen von ihm erfundenen Sinftrumente und Mafchinen,
ch die wichtigern Kupferpiatten zu [. Abhandlungen ſelbſt ausgeführt hat. —
wihtigften, durch ihn erfundenen ger verbefferten optifchen Inftrumenten,
egenwärtig in ganz Europa verbreitet find, gehören folgende: das Heliomes
Ye Motiz darüber in des Bar. v. Lindenau „Zeitfchrift für Aſtronomie“,
6.97); das repetirende Lampenfilarmifrometer (f. Struve's Anzeige in
er Aſtronomiſchen Nachrichten‘ bes Ritters Schumacher) ; das zum Meſ⸗
bfolutem Maße beftimmte achromatifche Mikroſkop; das Ningmikromerer ;
npenkreis⸗ und Netzmikrometer (befchr. von Fr. in Nr. 43 der „Aftron.
fen" überf. im „Philosophical magazine‘, März 1824) ; der große fuͤr
ter Sternwarte verfert. parallaktiſche Nefractor (f. Struve's „Beſchreib.
dr Sternwarte zu Dorpat befindl. großen Refractors v. Fr.“, Dorpat,
doL, m. Kpfen.) u. a. m. — Fr. verfertigte zulegt, auf Beftellung des
von Baiern, einen größern parallaktifchen Refractor, von 12 parifer Zoll
des Objectivs und 18 Fuß Brennweite, deffen Mechanismus er noch mehr
mmnete. Das unter f. Leitung fo berühmt gewordene optifche Inftitut
319 von Beredictbeuern nach München verlegt, wo es gegenwärtig an 50
beſchaͤftigt. Bis 1814 hieß die Firma deffelben: „Usfchneider, Weis
und Fraunhofer“, feit diefem J. aber „Usichneider u. Fraunhofer“. Auch
och gegenwaͤrtig In dieſem Inſtitute die optifchen Theile für die aftronomis
> geodetifhen Winkelinftrumente verfertigt, welche aus dem Reichenbach'⸗
iier hervorgehen, deſſen Eigenthümer gegenwaͤrtig der Mechanikus Ertel
823 wurde Sr. zum Confervator des phyfifalifchen Cabinets der k. bairi⸗
demie ernannt, und 1824 erhob ihn der König zum Ritter des Civilvers
ns der baitifchen Krone. Mehre auswaͤrtige gelehrte Gefelifchaften ers
ihn zu ihrem Mitgliede. Körperliche Schwaͤche, eine Folge vielleicht des
3 des Hauſes, unter deffen Schutte er herausgegraben werden mußte, vers
cch die geiftigen Anftrengungen, mobei der Körper faft immer vernachlaͤſ⸗
‚ und durch die Dunft des Glasofens, führten den frühen Tod diefes bes
Diptikers herbei, der am 7. Suni 1826 erfolgte. Seine Srabftätte iſt
ar an der Seite des wenige Tage vor ihm verflorb. Georg von Reich en⸗
d.). Man weibte ihm die Snfchrift: „Approximavit sidera‘‘, er hat
ze uns näher gebracht. (S. den „Umriß f. Lebens‘, von Sof. v. Utz⸗
(Bal. Refractor und Utzſchneider.)
ayffinons (Denis de), Biſchof von Hermopolie, Hofprediger des
In Frankreich und Großmeifter der Univerfität zu Paris. Als nach der
ig des Concordats (1802), das den Prieſtern der römifchen Kirche die
zuruͤckgab, ihr Amt öffentlich zu verwalten, viele von ihnen aus ber
t traten und fih mit großem Eifer, wenn auch nidyt mit viel Geift, gegen
inte Philoſophie erklaͤrten, worin fie den Urſprung alles Unheils in Frank⸗
368 Sregatte Freiberg
er mit Lord Belmora eine Reife nach Nubien, und unterſuchte mit Belenld
zweite Pyramide von Chephrem. Hierauf bereifte er Paldftina, den Libanon, @
‚rien, die Gegenden am Euphrat und Palmyra. Anfangs 1819 kehrte er cah
Nil zuruͤck, durchzog auf dem Wege der Seraeliten Arabien, bierauf
Agypten mit Rüdfiht auf deffen alte Geographie und Alterthuͤmer, wo er
hiftorifche und archaͤologiſche Seltenheiten fammelte. Zulegt unternahm a
Reife nach Abyſſinien und Sennaar in das Innere von Afrika. S. Belchrel
Tempels bes Jupiter Ammon, deffen Ruinen er auf f. erften Reife unterfi
in italienifchen Zeitfchriften u. A. im „„Giornale enciclopedico di Napoli“,
Hitgetheilt worden. Gailliaud erzählt in f. Briefen an Jomard, aus S
Mov. 1821, daß Fred. in Nublen von einem epidemifchen Fieber befallen
fel, und im Paroxysmus alte feine Papiere, die Frucht 18monatlichen Fleißch,
brannt habe. Er fei darauf wahnfinnig geworben, ſodaß man an |. Aufloum
zweifelte.
Fregatte, ein Kriegsſchiff, welches im Range nach dem Linienſt
folgt, hat ein ober zwei Verdecke, und führt 20 bis 40 Kanonen. — Fregat
ein fpanifche® mittleres Fahrzeug, mit vieredigem Hintertheil, kann 4 |
Tonnen laden, und wird meiftentheils zum Überfegen der Kriegstruppen ober &
dung der Galeeren gebraucht. — In der Naturgefchichte heißt die Freg atte
Seevogel, von der Größe eines Huhns und mit fo großen Fluͤgeln, daß fie am
breitet von der einen Spiße zur andern 14 Fuß betragen (Pelecanus aquinus]
Freiberg, Kreis: und Bergftadt im erzgebirgifchen Kreife des Könige
Sachſen, am Münzbad), unweit der Öftlichen „Rulde, verdankt ihren Urfpremg
Entdedung der Silberbergwerke im 12. Jahrh., wo Bergleute vom Harz fich
1195, unter Otto dem Reichen, anbauten. Der reiche Bergfegen lodite km
mehr Anſiedler herbei; Freiberg erhob ſich fchnell, und hatte in der erften Hälfte
16. Sahrh. gegen 30,000 Einwohner. Der 3Ojährige Krieg zerftörte den WM
fland der Stadt. Sie hat jegt 1100 H. mit 9000 Einw. In der Domkirche,
ten „goldene Pforte” (von Blasmann gezeichnet undin Stein gedruckt) ein ſch
Denkmal byzantinifcher Kunft ift, befindet fich die fuͤrſtl. Begräbnißcapelle, wo d
Erbauer, Herzog Heinrich der Fromme, der in Freiberg 1541 flarb, mit ſ. R
kommen, bis aufden Kurfürften Sohantı Georg IV., der 1694 die Reihe der:
teftantifchen Fürften f. Hauſes fchloß, begraben liegen. Sehenswerth ift hie
Kurfürften Mori; (fe d.) Denkmal mit f. febensgroßen Bilde von Alabafter
deffen Nähe man die Rüftung fieht, die er in der Schlacht bei Sieversha
(1553) trug. In dem Chor der Kirche ruht auch der Mineralog Werner(f
Die Stadt hat ein gutes Gymnaſium, mit einer anfehnlichen Bücherfammik
die wichtigſte Lehranſtalt aber ift die 1765 geftift. Bergakademie, die vorzügl
Bergwerksſchule in Europa, von welcher bie twiffenfchaftliche Begründung ober?
bildung mehrer Zweige der Naturwiffenfhaften ausgegangen if. Seit We
(1775) ihren Ruhm verbreitete, wurde fie die Lehrerin von mehren hundert F
den aus allen europäifchen Rändern, felbft aus andern Welttheilen, und die Ra
der beruͤhmteſten Naturforfcher unferer Tage glänzen unter ihren Zöglingen.
befigt feit 1791 ein eignes Gebaͤude, das außer den Lehrſaͤlen und dem
Laboratorium, die Bibliothek, die Mineralienverkaufsanftalt und das reich 2
ner'ſche Mufeum enthält, oder die auf Oryktognoſie und Bergbau ſich beziehe
wiffenfchaftlichen und technifchen Sammlungen, die Werner theilß bei ſ. Lebye
theils in f. legten Willen der Akademie überließ. Die Lehranſtalt har gegen 10
rer für Bergbau: und Hüttenfunde und deren Hülfswiffenfchaften, Mehr
länder erhalten freien Unterricht, genießen ein Jahrgeld, und jedem biefer Zoͤg
iſt ein fögenanntes Freigedinge, d. i. eine Arbeit in irgend einer Grube, a
welche er in Freiſtunden, wie ein gemeiner Bergmann, jedoch gegen etwas bi
Freiberg, ſaͤchſ. Bergbau 369
ba, beſoegt. Eine Vorfchute für die Akademie iſt die Hauptbergfchule. — Die
tet hat Spinnerelen, Spitzenkloͤppeln, Uuchmanufacturen, eine Fabrik leoni⸗
ne Treſſen, eine Schrotgicherei (beide die einzigen in Sachfen), Blelweiß⸗ und
sigättefabriten. Die wichtigſten Erwerbsquclien find der Bergbau und die dar⸗
Foegchndete Sabrication.
Freibreg, binfichtlich der obern Verwaltung der Mittelpunkt des Fächfifchen
sgbuns, und der Sig der wichtigften Anftalten, war aud) bie Wiege beffelben,
wol einige Spuren anzudeuten fcheinen, daß fchon die Sorben vor dem 12.
ieh. Bergwerke im Meitnerlande bearbeiteten. Der Bergbau verbreitete fi
dren Freiberg Über andre Theile des Erzgebirge. Die blühendfte Zeit deffelben
Eins 15. Jahrh., wo bie Silbergruben bei Schneeberg und Annaberg, und bie
wbrzavocrke bei Altenberg entdedt wurden. Der Ertrag des Silbers mar ſehr
, obgleich die geeöhntichen Angaben von unermeflihem Gewinn Übertreibuns
ı find; ſchon im 16., und nod) mehr im 17. Jahrh. aber nahm derfelbe auffal«
bab, wogegen Eifen, Kobald, Schwefel und andre Mineralien defto reichern
np guten; fpäter flieg jedoch ber Silbergewinn wieder, befonders feit der Mitte
18. Jahrh., und fiel wieder in beifen letztem Jahrzehend. Seit 1788 mar der
2 Eibirertrag ſtets uͤber 50,000 Mark, ımd betrug in dem Zeitraume von
3 — 1815 über 30 Mill, Thaler. An dem in den neueften Zeiten gefallenen
unge des Bergbaus find theilß die verminderte Ausbeute vieler Gruben, theils
'wermchrten Stoften ber Bearbeitung, zumal bei dem Bau in großer Tiefe, und
Mil dir der Gewerbſamkeit überhaupt nadhtheiligen Zeitumftände Schuld gewe⸗
BR a den aͤlteſten Zeiten war der Bergbau meift Raubbau, d. h. man bearbeie
e Be Erzgruben, fo lange fie ohne viele Mühe und Koften Ausbeute gaben, und
br dann liegen. Schon früh aber, wie es fcheint, erhielt dad Bergweſen eine
nurte Verfaſſung, die jedoch erft im 16, Jahrh. beffer eingerichtet wurde.
Men ift durch die Einführung der General⸗Schmelzadminiſtration, durch die
Meung der Bergakademie, beſonders binfichtlidy der wiffenfchaftlichen Bearbeb⸗
ng, darch verbefferten Mafchinenbau, durch Anlegung von Gandien und durch
Wihrung der Amalgamation, für die Berbefferung des Berg« und Huͤttenweſens
sich gethan worden. Der Bergbau, obgleich Staatseigenthum, wurde ſchon
Wehbern Zeiten Privatperfonen frei gegeben, jedod) mit Vorbehalt des Obereigen⸗
Rand, das durch Belehnung ausgelibt wird, der obirften Leitung des Erzbaus und
WBerkaufsrechts des Silbers, und gewiſſer Abgaben. Wer einen Erzgang aufs
Menden zu haben glaubt, erhält die Erlaubniß zu ſchuͤrfen oder aufzufuchen, ſelbſt
Miremderm Grund und Boden, nur nicht auf befiteten Äckern und auf Feuerflätten,
der Verſuch fruchtlos, fo muß Alle in vorigen Stand gefegt werden, im entge⸗
ſetzten Kalle aber wird der Unternehmer mit dem Erzgange belichen. Die
find (mit Ausnahme ber einzigen landesherrlichen bei Sreiberg) entweder
ebnergechen, die der Beſitzer allein oder mit einigen Gehuͤlfen bearbeitet, oder
‚ die aus 128 Antheilen oder Kuren befichen, deren Inhaber die Ko⸗
des Baues gemeinfchaftlic, beftreiten. Die Geſellſchaft der Kurenbefiger hat
Bevollmaͤchtigten, Schicdytmeifter genannt, der die Zeche unter der Oberauf⸗
des Bergamts vermaltet, und jener jaͤhrlich Rechenſchaft ablegt. Hat eine
ft eine über ein Jahr unbearbeiter liegen laffen, fo verliert fie das Beſitz⸗
Rue, ober die Zeche fällt ind Srele, wie man es nennt. Der Ertrag der Silber
‚ weiche Ausbeute geben, wird ben Kurbefigern vierteljährlich in gemünztem
besablt. Der gefammte Bergſtaat fleht unter dem geheimen Sinanzcolfes
Ba der höchften Behörde, und theilt fich, hinfichtlich der Aufficht und Ge⸗
eit über die Gruben, in 6 koͤnigl. und 5 herrſchaftl. Bergiimter, in Anfes
Bang der Aufliche Über die Zehnten, odet der Abgabe für die Üherlaffung des Berg⸗
kand an Privatperfonen, In 2 Oberzehntenaͤmter zu Freiberg und Annaberg, Die
CcansLer. Eicbente Aufl. Bd: IV. 274
322 Freidank Freidenker
corps broken wolle. Man gibt ſolchen Detachements tuͤchtige Anfl
noͤthigen leichten Truppen und zieht fie, wenn fie ihren Auftrag vol
wieder an fi. (Vgl. Luͤtzo w.)
Freidank (Freygedank, Frydank), ein moralifches Gedicht |
reimten Werfen, welches in das 13. Jahrh., und mahrfcheinlidy noı
Hälfte deffelben gehört. Wahrſcheinlich ift Freydank bloß ein angenomn
des Verf., der auf die Sreimüthigkeit dev Gedanken: in diefem Gedicht:
bat. Won den Lebensumftänden ded Verf. if nichts befannt. Das
bört zu ben fchägbarften Denkmaͤlern der altdeutfchen Lehrpoeſie, und t
eine große Verbreitung. Es führt auch den Zitel: „Beſcheidenheit“,
in 4138 Verfen vorzüglich von der Tugend, im moralifchen Xhun un!
gehörige Maß zu halten. Die Lehren felbft hängen nicht zufammen,
fiehen meiſtens in Eurzen Sprüchen, Rebensregeln und Betrachtunge:
öfters lange von einem Hauptftüde handeln, aber unter ſich nicht ver
Mir befigen mehre Handfchriften und Drude des Freidanks, z. B. i
Sammlung. Sebaſt. Brantt u. A. haben es umgenrbeitet, erweitert
Freie Künfte, ſ. Kunſt.
Freidenker. Mit dieſen Namen hat man nicht einen Denken
der feine Überzeugungen von den Anfichten der Kirche unabhänig macht, fo
«nen folchen, ber den Dffenbarungsglauben oder allen Glauben überhau;
im erſten Fall iſt die Freidenkerei Deismus, im legten uͤberhaup
Der Name hat in dieſer Bedeutung ſ. Urſprung von den Englaͤndern u
18. Jahrh., wo mehre Feinde des Chriſtenthums auftraten. M
mit dieſem Namen mittelbat die Gläubigen als ſchwache Köpfe, und erl
Stolz über diefeiben als Denker; daher auch die franz. Freidenker ſich ge
Geiſter odes gar Phitofophen nannten. So artete das freie Denker
dung bed Glaubens, und da diefer fich vertheidigte, in Spott und Sein
gegen das Pofitive aus. Diejenigen, welche ſich dieſer Richtung hing
tere ſelbſt die Grenzen des Denkens nicht erkannt; fie foderten Bewe
Menfc nicht mehr beweifen kann, oder überließen fidh einem ungebunde
kein Peincip gezuͤgelten Denken, wodurch ihnen alles höhere Intereſſe
genftänben der Religion verſchwand. Zuerſt ging dieſes Beſtreben nur vo
fpottung einzelner Religionsmeinungen und kirchlicher Verhaͤltniſſe aus,
breitete es fich allmaͤlig weiter, gereizt durch den Beifall, welchen der V
brachtes In England fehen wir die Freidenkerei zuerft ald Andeutung
Denkens auftreten ; fie war dafelbft Durch einen ſchlechten Zuftand der Rı
Kirche bedingt, „gegen welchen die Schriftfteller unter Jakob IL. und Wi
zu Felde zogen. Dodwel, Steele, Ant. Collins, der durdy f. „„Discours
tbinking‘‘ (Lond. 1713) died Wort zuerft zu einem Parteinamen mad
fein Steund John Zolland. 1718 etſchien fogar eine Wochenfchrift „,
thinker, or essays of witl and humour‘‘ etc. Math. Zindal (ft. 17:
gar, Bernard Mandeville trugen Ihr zügeltofes Denken auch auf die Di
Am weiteften trieben biefe Freidenkerei in England Lord Bolingbrofe (
der Skeptiker Hume (f. d.). Doch fanden diefe Männer in England imr
tende Gegner und Verfechter des Chtiſtenthums und des Glaubens.
reich wurde die Freidenkerei beſonders durch den Geiſtesdruck, welchen bie A
übte, hervorgelockt, und trieb anfangs nur verſtohlen ihr Weſen, aber bi
fi) batd um fo tiefer der Geſellſchaft. Man griff die Religion ale ein 9
an, undBiele verloren fich im offenbaren Atheismus. Voltaire und die Encyk
d’Alembert, Diderot, Delvetius, der Verf. des „„Systöme de la nature
das Unkraut aus, das in der Revolution wucherte, und unter Friebrid
kurze Zeit in Deutfchland Wurzel faßte.
Freienwalder Geſundbrunnen Freie Stadte 473
zreien walder Geſundbrunnen, eine halbe Stunde von ber
Sceiemwatde In der Mittelmark Brandenburg, in einem von Bergen einge⸗
nen Thale. Der Brunnen ward 1683 entdeckt, aber erft 1736 zum Ges
eingerichtet und mit Anlagen verfchen. Unter vielen hier emporguellenden
en find die Kuͤchenquelle und der Königsbrunnen die Dauptbrunnen, und
us Das Waſſer gehört zu den allaliich:erdigen Stahlwaffern, ift kalt,
reis ſtark, und bat einen dintenähnlichen Geſchmack. S. John's „Umterfu⸗
der Mineralquellen zu Freienwalde“, (Berlin 1820, 12.) .“
kreie Städte. Die Städte Deutſchlands, größtentheils unter be
gen und den Kaifern aus dem fächjüichen Haufe entſtanden, biieben lange
Kg eft ſehr druͤkenden Abhaͤngigkeit von den geiftlichen und weltlichen Großen.
mublgen Zeiten unter Heinrich IV. gaben zuerft den Bürgern einiger Städte
mt und Köln) den Muth, fi zu bewaffnen; fie beten dem bedrängten Kad
ke Dienfte an, der dies Ancrbicten gern annahm. Durch Handel und Ges
Ki wuchs alimälig die Macht der Städte; fie unterftügten nicht felten bie
a gegen die uͤbermuͤthigen Großen, und erhielten bafür, oder für Ihr Gelb,
bin und Auszeichnungen mancher Art. So entflanden in der Mitte des
Yach.die Reihsfiädte. Doch gab es, wie Gemeiner in f. Werke: „lber
mung der Stadt Regensburg und aller alten Freiſtaͤdte, namentlich ber
Bıfel, Strasburg, Speier, Worms, Mainz und Köln“ (Mündyen
N utundlich dargethan hat, fchon von den dlteften Zeiten her freie Städte In
We, die, aus den Hömerzeiten herrührend, mit den ſpaͤtern freien Reichs⸗
Iamig gemein hatten, und erft im Anfange des 16. Jahrh. das Wefentliche
Ehkkern Vorrechte, und, durch Unkunde ihrer Beamten, felbft den Namen.
verloren. Die vorzüglichften jener verlorenen Rechte beftanden darin,
h wie beſonders von Regensburg gezeigt wird, in vollkommener Unabhaͤngig⸗
fribfß regierten, nie einem Kaiſer oder Könige Pflicht und Freue ſchwuten,
vn Kömerzug mitmachten, nod) ſich mit Gelde abkauften, nicht zum Reich
rm, oder des Reichs Bürden trugen, nicht dem Reiche angehörten, fich auch
nad den Reichsſtaͤdten zuzählten, und mit einem Worte, bie zu den obigen
a, im rechtlichen Sinne des Worts, unabhängige Freiftsaten bildeten. Die
diſchen Städte, durch Handel reich und maͤchtig, und durch ben Beifland-
Me kuͤhn gemacht, wagten es öfters, fich ihren Oberherten, den Kaifern,
cſehen, welche die Wideripänftigen nur mit Mühe zum Gehorſam brachten,
riſpiel der lombardiſchen hob aud) den Muth der deutfchen Städte. In der
6 13. Jahrh. entftanden zwei wichtige Verbindungen berfelben zu gemein»
a Zwecken, die Hania (1241) und der Bund der rheinifchen Städte
Faſt vier Jahrh. hindurch dauerte die mächtige Hanfa (f. d. und
sftade), bis mehre zugleich wirkende Urfachen ihre Auflöfung (1630) ver⸗
Der Reſt der Hanſa und des ehemal. ftädtifchen Collegiums auf dem
n Reichstage, die freien Städte Hamburg, Bremen und Luͤbeck, wurden
em franz. Kaiſerreiche einverliibt. Da indeß diefe Städte fpäterhin zur
rlangung der deutſchen Sreiheit thätig mitgewirkt hatten, fo erkannte der
Songreß fie, nebft Srankfurt, als freie Städte an. Sie traten, als folche,
Jun. 1815 dem deutichen Bunde bei, und erhielten das Stimmrecht bei dem
age. In Kolge des in bem 12. Art. der Bundesacte ihnen zugeflandenen
haben fie 1820 ein gemeinfames oberfte® Gericht als Appellationeinflang
k Die Stadt Frankfurt ward durch die Generalacte des wiener Eongreffes
em Gebiet, ſowie ed 1.03 war, für frei und für ein Mitglied des deutſchen
Beriärt. Ihre Verfaffung foll volllommene Steichheit aller bürgerlichen
ltifhen Rechte zwiſchen den verfchiedenen hriftlichen Religionsparteien bes
u Die Erörterungen über die Wahl der Verfaffung und ihre Aufrechthal⸗
37% Freigeding Frelgut
tung wurden an die Entſcheldung des Bundedtags verwieſen. Dieſe Angeleg
heit verurſachte eine große Spaltung der Meinungen in ber Stadt. (Vgl. Fra
furt.) Lübed, Bremen und Hamburg haben ihre Verfaſſungen,“
fie bie 1810 waren, wieberhergeftellt. Außer diefen vier freien Städten in Deut!
land wurde, durch die Generalacte des wiener Gongreffes, auch Krakau (f.!
unter dem Schuß von Rußland, Öftreih und Preußen, als freie Stadt erfk
ihr von biefen drei Mächten eine völlige Neutralität zugefichert, und die Gen
ihres Gebiets genau beſtimmt.
Sreigeding, Freigeriht, Freigraf,f. Femgericht.
Freigeiſt, auch Naturaliſt, wird gewoͤhnlich Derjenige genannt, der!
Lehren der geoffenbarten Religion verwirft, und bloß die der natuͤrlichen
Auch braucht man das Wort Deiſt dafür, weil ein ſolcher zwar an Gott gla
aber nicht an Dasjenige, was die Offenbarung von Gott lehrt, wenn nicht auf:
‚Mernunft daffelbe zeigt. Es ift jedoch jener Redegebrauch nicht zu verwechſelnn
dem Begriff eines freien Geiftes. Denn einen freien Geift zu haben, oder a
haupten, ift Pflicht jedes Menfchen, als eines vernünftigen Weſens. SEE
Gott ſelbſt der freiefte Geift, und Gott ähnlich zu werden, iſt ja, felbft nad
Lehre ter Offenbarung, das höchfte Ziel des menſchlichen Strebens. Ein Fr
Geiſt ift, der fich von den Banden des Irrthums und des Laſters, von welchee
meiften Menfchen umftridt find, möglichft loszumachen ſucht.
Sreigelaffene cliberti, libertini) bei den Römern die von ihren J
ren In Freiheit gefeßten Sklaven. in folcher Sreigelaffener trug zum Zeiche
Freiheit eine Muͤtze oder einen Hut, nahm den Namen feines Herrn an, und mil
von diefem mit einem weißen Kleide und einem Ringe befchentt. Auch befazz
mit der Feeiheit das Bürgerrecht, gehörte aber zu den Pfebejern, und konnte ni
einem Ehrenanıte nelangen. Zu feinem ehemaligen Derm blieb er ftet6 in cii
gewiſſen Verhaͤltniſſe der Pietaͤt. Sie waren fich gegenfeitige Huͤlfe und UM
ftüsung ſchuldig. Als in der fpäteın Zeit die Zahl der Freigelaffenen uͤ
zunabm, und fie ſich durch angemaßte Gewalt und Reichthümer ſelbſt [che
Kaifern furchtbar machten , erfchienen allerlei Verordnungen, fie zu bef
fo durften von 20,000 Sklaven im Teſtament nicht über 160 in Freiheit ge
werden. Außer diefer teſtamentariſchen Freilaffung gab es noch zwei Arten.
eine beſtand darin, daß der Herr feinen Sklaven in die Bürgerlifte des Genford
tragen ließ. Die andre war die feierlichfte. Der Herr führte ben Sklaven bei
Hand zum Prätor oder zum Conful, und fagte: „Ich roill, daß diefer Dann
ſei, nach Recht und Gemohnheit der Römer”. Cab jener feine Einwilligung
ſchlug er mit einem Stabe auf den Kopf des Sklaven, und fagte: „Ich erklaͤte
fen Mann für frei, nad) der Gewohnheit der Römer”. Darauf drehte der ®
oder der Herr den Sreizulaffenden in einem Kreife herum, gab ihm einert Bar
ſtreich und entließ ihn mit dem Bedeuten, daß er hingehen koͤnne, mohin er w
Die ganze Verhandlung ward in das Protokoll des Pritors eingetragen, uml
Sklave holte ſich den Hut, als das Zeichen der erlangten Freiheit, im Tempe
Goͤttin Feronia.
Freigut, Güter und Waaren, die von gewiſſen Abgaben frei ſind;
ein freies Landgut, auf welchen feine Kehnspflichten haften, Allodium, ein fi
elgnes Gut; dann auch ein Bauergut, welches nicht zu Frohnen und a, Dienf
keiten verpflichtet ift, fondern nur die gewöhnlichen Landfteuern oder einen Fre
bezahlt. In gewiffen Gegenden nennt man fie Sreimannshufen. In ma
Ländern verftcht man unter Freigut ein foldye®, torlches von Kriegs» unda. $
frei ift, und nur auf männliche Erben füllt; im ‚Dildesbeimifchen und Meftfän
aber das Gut eines Freimannes, dat, gegen Bezahlung eines gewiſſen Zinfet
enwelt im Ganzen unterſcheidet. Diele Freiheit hat der vernünftige
it dem vernunftlofer Thiere gemein. Sie wird alfo thierifche (ante
freiheit genannt. Sie ift jedoch offenbar ſehr befchränkt; denn wie fehr
‚a8 hier willkuͤrlich bewege, es ift doch an die Erde überhaupt gefeffelt.
dieſe Freiheit durch zufällige Umftände beſchraͤnkt, oder gar aufgehoben
Der kranke, eingekerkerte, gefeffelte Menſch befindet fich hier roieder in
alle mit jedem vernunftlofen Thiere, das erkrankt, eingefperrt oder anges
L €s gibt aber aud) eine Freiheit, die fid) der vernunftige Menfch vors
vor dem bloßen Thiere beilegt. Diefe heißt aljo die menſchlich e (bus
Zie ift eine innere, welche dem Menfchen an ıınd für ſich felbft betrachtet,
tußere, welche ihm, im Verhältniffe zu andern Menſchen betrachtet, zus
In Beziehung auf das Handeln heißt jene die ſittliche (moralifche),
cht lich e (juridiſche) Freiheit, von welcher die bürgerliche (politifche) nur
re Art iſt. Die ſittliche Freiheit (Freihcit des Willens) iſt nämlich das
ſich ſelbſt unabhaͤngig von den Foderungen des ſinnlichen Triebes, nach
Foderungen der Vernunft (den ſittlichen oder Willensgeſetzen) zu beſtim⸗
dem Menſchen ein ſolches Permoͤgen abſoluter Selbſtbeſtimmung zu⸗
r nicht, iſt von jeher ein ſchwieriger Streitpunkt geweſen. Wenn man
t, daß alle ſittliche Beurtheilung menſchlicher Handlungen, mithin auch
aung und Vergeltung derſelben wegfallen wuͤrde, wenn der Menſch nicht
daß ferner jedem unbefangenen Menſchen ſein innerſtes Gefuͤhl ſagt, er
Reizungen zum Boͤſen widerſtehen und feine Pflicht erfüllen, wenn er
h) wolle; daß endlich auch den aͤrgſten Boͤſewicht fein Gewiſſen von Zeit
: unerbittlicher Strenge wegen feiner boͤſen Handlungen, als ſolcher, die
iterlaſſen follen und Eönnen, zur Rechenſchaft zieht, fo duͤrften wol Dies
ht haben, welche behaupten, es fei praktifch nothwendig für den Men⸗
sine Freiheit zu glauben, wenn er auch die Möglichkeit eines fo erhabenen
z in einem Werfen, das zugleich der Naturnothwendigkeit unterworfen
infehen und begreifen könne. Die rechtliche Freiheit iſt Nie Befugniß,
Kräften einen von der Willfür Andrer unabhängigen Gebrauch im Ver⸗
nen zu mahen. Da der Menſch immerfort nach Erweiterung feines
'reife® ſtrebt, fo wird er ſich ſelbſt uͤberlaſſen, zwar fuͤr ſich biefe Freibeit
376 - Beeiheit (kirchliche) - Srelmaurer
von ber buͤrgerlichen dadurch, daß fie jene auf den ganzen Staat, wich
er theils unabhängig von andern Stanten ft, theild keinen erblichen Herrfcher ha
fondern als ein fogenannter Sreiftaat von erwaͤhlten Perfonen regiert wird; bie
* aber auf die einzelnen Bürger beziehen, wicfern deren gegenfeitige Verbaͤltniſſe de
eftalt beſtimmt find, daß e& unter ihnen keine geborene Herren und Diener gib
uf diefe lebte Art dei Freiheit bezicht fich auch der in neuern Zeiten durch bie fr
aöfifche Revolution fo berühmt und faft berlichtigt gewordene Ausdrud: Freihe
und Gleichheit. Man foderte nämlich, daß jeder im Staate Geborene aid €
Sreigeborener, und mit Andern in Anfehung des Rechts uͤberhaupt Gleichgac
betrachtet werden follte. Es war alfo, wie man jenen Autdrud oft mißveritunit
bat, nicht von einer Aufhebung aller bürgerlichen Unterorbnung und aller Ungiee
heit in Anfehung einzelner Rechte (des Beſitzes oder Vermoͤgens zuſtandes) Die Bd
fondern von Aufhebung aller Arten von Sklaverei, Leibvigenfchaft, Exbantntl
nigkeit und Derrfchaft des einen Bürger über den andern. Die alten Poltl
nannten biefe Sreiheit und Gleichheit der Bürger Iſonomie, Gleichheit vor ?
86 und betrachteten fie mit Recht als die Grundlage jedes wohleingeciän
ates.
reibeie im kirchlichen Sinne, ſ. Religionofreiheit.
reiheitsbaum, in der franz. Revolution ein Zeichen ber Freihetk
suerft die Jakobiner in Paris aufpflanzten, um bem Volke ein Schaufpiel zu 1
Mean ahmte m mehren Städten Frankreichs diefe Feierlichkeit nach, und bie fi
Heere thaten bei ihrem Einzuge in Städte des Auslandes ein Gleiches. Ami
lich hatte man Pappeln gepflanzt; weil aber der franzöfifhe Name diefed Bas
(peuplier) zu Spöttereien Antaß gab, fo wählte man nachher Eichen oder Tar⸗
- Breiheitsmäge In den älteften Zeiten war dad Recht, eine Kopf
dung, Hut oder Müse zu tragen, ein Zeichen der Freiheit; die Sklaven gki
ſtets mit entblößtem Haupte, und eine ber Feierlichkeiten bei ihrer Sreilaffung :
daß ihr bisheriger Herr ihnen eine Muͤtze auffegte. Auf diefe Weife warb bie M
oder der Hut) das Sinnbild der Freiheit, und hat faſt in allen Revolutionen
olle gefpielt. Dem Hute, welchen Geßler als Zeichen der Herrfchaft zu geil
‚befahl, verdanken die Schweizer gewiſſermaßen ihre Freiheit. Daher wird dab!
einigte Wappen fämmtlicher Schweizer Kantone, ſtatt des Helms oder der K
(weiche ja auch Kopfbedeckungen find), unter dem Schirm des runden Hutes!
geſtellt. Auch in England dient die Müge (blau mit weißem Rande und ber
denen Umfchrift: Liberty) ald Sinnbild der verfaffungemäßigen Volksfreiheit,
Britannia trägt fie zuweilen hoch auf der Spige ihres Speers (gewöhnlicher je
ben neptuniſchen Dreizack, ohne Müge) in der Linken, während fie mit der R
ten der Welt den Olkranz des Friedens beut. So erktärt fid, warum aud
Frankreich, beim Ausbruche der Revolution, die Müge, als eine der ſinnbildli
Zeichen der Freiheit figuricte, und nicht ſowol diefe® Zeichen felbft als vielmeht
feine rothe Karbe, ward der Kopfbedeckung ber befreiten, und in ganzen Da
nad) Paris gezogenen marfeiller Galeerenſtlaven nachgeahmt. Da die Mitgl
des Jakobinerclubbs zu Paris die rothe Müge zu einem ihrer Erkennungsze
machten, fo erhielt dieſe fpäterhin ben Spottnamen Jakobinermuͤtze.
reiberr.f. Baron.
reimaurer, Sreimaurerbräderfchaft (Freimau
orden, oftauh Maurerund Maurereigenannt), eine Über alle Erdt
fo weit nur europdifche Bildung reicht, ausgebreitete Geſellſchaft von Männer
verſchiedenen Ständen und Religionen, welche in abgefonderten Verſammlr
oder Logen unter dem Namen von Brhdern verbunden, eine geroiffe Kunfl, bi
Maurerei oder Freimaurerei, im Stillen ausüben. Die wefentlichen Beziehu
worin die Freimaurerbruͤderſchaft auf bie höhere Ausbildung dee Menſchheit
OU vi vr. vs.. y.,y’wv V— we
gro werwne ge ww
ngegründet iſt auch die Anficht, die Freimaurerbruͤderſchaft als zuſam⸗
"Kortfegung irgend eines dieſer Vereine zu betrachten. In Larorie's
er Sreimaurerei aus authentifchen Quellen“ (Edinburg 1804, uͤherſ.
d, Freiberg 1810) kann der Geſchichtsforſcher hierüber das Nähere
mfo ungegeündet erweifen fich bie Hypotheſen, daß die Freimaurerbruͤ⸗
Mittelalter aus dem Orden der Zempelherren, oder aus was Immer
dern Drben, oder fpäter aus dem SSefuiterorden, oder, nad) Nicolat,
I den Roſenkreuzern, oder, nach Leffing, aus einer bis ins 17. Jahrh.
Stillen beftandenen, von dem Baumeifter Chriſtoph Wren bei dem
ulskirche daſelbſt an die Baulogen und an die bei ihnen zu Witgliebern
on Nichtbauleute, zum Theil eroterifch gemachten Tempelherrenria⸗
den fein fol. Kin großer Theil dieſer Annahmen iſt durch die abficht»
ı eituellen Gebrauche erfonnenen Gelchichten de6 Ordens (lüstoriae
binter welche jedoch zum Theil, vermittelft einer Namens und Jahr⸗
yabre Geſchichte der fogenannten höheren Grade und Innern Driente vers
ift, — bei unkundigen Freimaurern veranlaßt worden. Auch bie Ans
ie Srelmaurerbrüberfchaft aus der Zunfts oder Handwerksmaurerel
iſt ungegruͤndet: denn die Srelmaurerbrüderfchaft entfprang nidıt auß
n bloßer eigentliher Maurer und Steinmegen, nod) aus zünftigen, in
aͤſſigen Maurergewerken insbeſondere, ſondern längft zuvor, ehe es m
| Theile von Europa Zünfte überhaupt, und anfäflige Zünite von
b andern zum Bauen erfoderlichen Gewerken gab, beftanden vizls und
reiche Baucorgorationen, welche alle jene Gewerke in Mannern aus
a Voͤlkern Eurorat, unter der Anführung und Regierung cines obes
meifter (Architekten) In ein Ganzes vereinigten. Durch Sreiheitslsicfe
ı und weltlichen Macht gefchäst, und in cine eigne Verfaffung zet jes
Baue vereinigt, errichteten diefe Geſellſchaften in allen Laͤnderr des
turopa® jene zahlreichen, zum Theil riefenhaften Werke des in jeinen
ſterſtuͤcken ureigenthumlichen, erhaben ſchoͤnen Kunftfiyles, welcher ges
gothiſche, richtiger der altdeutfche genannt wird. Diefe Baucorporas
wir im Mefentlichen völlig aͤhnlich, und auf gleiche Meife aus Archi⸗
Jauleuten Italiens, Deutſchlands, der Niederlande, Frankreichs, Enga
lands u. a, Länder, nicht felten auch aus griechifchen Künfliern ges
3. bei dem Bau des Kloſters Batalha in Portugal (um 1400), des
ad Thurmes zu Strasburg (1015 — 1439), und des zu Köln (950
- 1365), des Doms zu Meißen (im 10. Jahrh.), des Doms zu Mais
loſters auf dem Berge Safino, und bei allen merkwürdigen Bauten in
ı Infen. Daß nun aus diefen großen Vereinen von Künftiern und
die Freiczaurerbruͤderſchaft hervorgegangen, und durch welche Vermit⸗
d libergänge fie untiich ein Bund geworden fei, der fich nicht mehr mit
va Baukunſt befkänust, dies IE das Ergebniß bee neueſten kritiſchea
—
378 Freimaurer
Forſchungen In der Gefchichte der Freimaurerbräberfchaft, Die erften C
des Alterthums, mit welchen die Freimaurerbruͤderſchaft in ſtetigem gi
Zufanımenhange fteht, find die Baucorporationen, welche bei den Ro
der Benennung ber Collegia und Gorpora beftanden. Die erften Zünfi
leuten (collegia fabrorum) führte Numa, nebft mehren andern Zunf
gen (collegiis artificum), nad) dem Mufter der griehifchen Zunft= u
gefellfcyaften, in Mom ein, und verordnete ihnen angemeffene eigne Zun
lungen und gottesdienftliche Handlungen. Nach dem Geſetze der 12%
ten die Gollegia, uͤbereinſtimmend mit der Geſetzgebung des Soon, fid
gefellige Verfaffung geben und unter ſich Verträge fdyließen, wenn nun
von den öffentlichen Gefegen zuwider war. Sehr früh verbreiteten jid;
aller Art, beſonders aber alle zum Stadt⸗, Waffer- und Schiffbau erfod
werke, dırcd) Lie Landftädte und Provinzen des fi unaufhaltfam e
Mömerftnates, und wirkten mädjtig zur Verbreitung römifcher Eitte
fchaften und Kuͤnſte. In jenen Urzeiten geftiftet, wo Staat und ge|
gionsuͤbung ale ein ungetrenntes Ganze nach dem Borbilde der Fam
‚wurden, waren bie römifchen Gollenia, außer ihrer Kunftgemeinfck
bürgerliche Anſtalt und ein religiöfer Verein. Diefe für die Entfaltung |
heit fruchtbare Eigenthuͤmlichkeit erhielten die Collegia, befonders die de
Kimftler und Gewerke, bis an das Ende des römifchen Reiche, und z
dann auch in die Baucorporationen des im Mittelalter wiedergeboren
fort. Da die römifchen Collegia ihre Verſammlungen bei verfchloffer
bielten, fo wurben fie ebenfo eine Zuflucht politifcher Parteien als frei
Mofterien, geheimer Weihen und Lehren aller Art. Die römifchen Ka
ften Jahrh. beſchraͤnkten zwar bie Collegia möglichft; aber die fpätern 8 |
mußten fie dafür deſto ungemeffener ‚begünftigen. Sm Corpus juris
‚mehre Verzeichniſſe der im 3. und 4. Jahrh. gefegmäßigen, fleuerfreien .
Gewerke, worunter auch Architekten, Schiffsbauteute, Mafchinenverfta:
iftenmeder, Maler, Bildhauer, Marmorarbeiter, Maurer, Steinm
merleute u. A. m. vorfommen. Es war keine nur irgend bedeutende €
noch fo entlegene Provinz, mo nicht bie zum Untergange dee weftlichen u
Reichs mehre der jegt genannten Collegia mit rianen Verfaffungen un
fegen, und in feftbeftimmten VBerhättniffen zum Staate und zur Priefke
flanden hätten. Die Öaucorporationen mußten auf Befehl der Kaijer
bau großer Städte, Kirchen und Paldfte aus allen Theilen des Reichs
kommen; auch waren die nöthigen Baugewerfe bei jeder römifchen Legi
cher romifchen Baucorporationen gab ed nun auch viele in dem, waͤhren
„ mer Herrfchaft fehr civllificten, ja prachtvoll angebauten Britannien, foı
Deere, als in den Städten vertheilt. Ebenſo in Spanien, Frankreich,
und.an der Donau. Zwar gingen dieſe Goilegia in Britannien, währe
ten, Ecoten und Sachen das Land verwüfteten, nebft den meiften it
werke, unter, allein in Sranfreih, Epanien und Stallen, und in dem
Reiche erhielten fie fich blühend; und aus dieſen Ländern ließen dann die
ſaͤchſiſchen Könige, befonderd Alfred und Athelftan, eine große Men:
und Bauleute zum Aufbau ihrer Burgen, Kirchen und Klöfter nad) En.
men. Warn nun gleich diefe einwandernden Künftter, fowic die weni
noch auß der fruͤhern Zeit übrigen, jetzt ſaͤmmtlich Chriften, und hatten f
großen Theile Geiftliche als Architekten zu Vorftchern, fo konnten doch
nen beftehenden Gorporationen keine andre Berfaffung haben als tie
überlieferte, durch das ganze gebildete Europa verbreitete, ned) heut
Corpus juris Romani erfennbare Verfaffung ber Couegien überhau
Dauovliegien im weſtlichen und Öftlihen Roerrelche insbeſondere.
si...
Frelmaurer 379
var mithin ebendleſelbe, welche auch die roͤmiſchen Baucorporatlonen in
ien gehabt hatten, und welche die von denſelben noch uͤbrig gebliebenen
unter Alfred und Athelſtan ebenfalls anerkannten. Da die Mitglieder
rucorporationen bed 10. Jahrh. zu den verſchiedenſten Nationen, und das
r von einander abweichenden, zum Theil als Eegerifch verdammten kirch⸗
trteien, Öffentlich oder im Stillen gehörten, folglidy im Glauben, Sitte
nsart ſehr verfchieden waren, fo konnte man fie nur unter der Bedingung
‚ nad) England zu fommen und dafelbft zu bleiben, daß ihnen der Papft
König genuͤgende Freiheiten und Schußbriefe, vorzliglid aber eigne Ges
teit und eigne Beftimmung des Arbeitslohnes geftatteten. Dann vereinigs
h unter fchriftlichen Conftitutionen, bei denen die alte Verfaffung der gries
and roͤmiſchen Zünfte, und die Beftimmungen des römifchen Rechts zum
lagen. Die verfchiedenen Glaubensmeinungen diefer Bauleute, zum
wirklich reinen Einfichten der ihnen vorftehenden Architekten und Geifts
eranlaßten und begrlindeten die reine Sittenlehre, die religiöfe Duldung
mufterhaft fittlihen Wandel, wodurch fi) diefe Corporationen vor dem
Theile ihrer Zeitgenoffen auszeichneten, und wurden zugleich der Antrieb zu
unftfleiße, der fi in feinen bewundernswürdigen Bauwerken durch rein
he Kunftdarftellungen in Europa verfündet. Aus den Zeiten der Römer
ı bei ihnen die Lehre Über die Bildung und Würde des Baukuͤnſtlers erhal⸗
ne Vitruvius inf. Werke über die Baufunft (dem Handbuche der Kuͤnſt⸗
dittelalters) befchreibt; ein Syſtem religiöfer und fittlicher, in Symbole
t ehren und heiliger Handlungen, aus den Syſtemen der griechifchen,
h der ſtoiſchen Philofophen, und aus einigen Bruchftüden des ägyptifchen
hifchen Myſterienweſens, forvie aus ber Lehre und den Gebräuchen des ers
iſtenthums, befonders der gnoflifchen Parteien, gemifcht, bildete ihr inne⸗
ꝛimniß (efoterifches Myſtetion). Die Zyrannei ber päpjtlichen Kirche nd»
', biefes Geheimniß, nebft den eigentlichen Geheimniffen der Baukunſt
ihr heifenden Künften, beſonders der Scheidekunft, Metallbearbeitung und
zre, forgfültig zu verhehlen, und nur mit Umficht, nur theilmeife, auf Ums
nd in fremdartiger Einkleidung, nad) Außen zu verbreiten, wenn fie als
ler Duldung und Arbeit finden, und ald Menſchen dem fchredlichfien
gehen wollten, -
er bisher angebeutete gefchichtliche Zufammenhang der heutigen Freimau⸗
rſchaft mit den Baucorporationen ded Mittelalters, und diefer mit ben
ı der Hömer, erhellt unwiderleglich ſchon aus der Kenntniß des Alterthums,
Geſchichte von England und aus der Übereinſtimmung der Verfaffung,
le und Gebräuche der heutigen Freimaurerbruͤderſchaft. Es haben fid)
h überdies in der von den Baucorporationen des Mittelalters abflammens
maurerbrüberfchaft drei fchriftliche Denkmale als die diteften Kunfturkuns
elben erhalten, welche jenen gefchichtlichen Zufammenhang, ſowie die Lehre
Gebräuche jener Baucorporationen des Mittelalterd, in großer Vollſtaͤn⸗
arlegen, und dadurch für die Geſchichte des Aufkeimens des höhern reins
ihen Lebens im Mittelalter von unfchägbarem Werthe find. In der
: „Die drei älteften Kunfturfunden der Freimaurerbrüderfchaft” (2 Bde.,
n 1810 fg., 2. verm. Ausg., daf. 1819), find die Beweife diefer geichichts
zehauptung größtentheild aus den Quellen dargelegt. Noch muß in Bes
auf die Baucorporationen des 10. Jahrh. in England angeführt werden,
ein eigner Umſtand der Denkart, Berfaffung und Beſchaͤftigung derfelben
immte Richtung und ein eigenthuͤmliches Leben gab. Schon feit einigen
ver dem Einfalle der Sachſen (im J. 449) bluͤhte in Britannien eine chrifte
he, weiche zu den aͤlteſten allgemeinen Ricchenverfammlungen ehrwuͤrdige
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380 Srelmauırer
Biſchoͤſe ſandto. Sle ward zugield) mit des toͤmiſchen Bidung do
und Sachfen unterdruͤckt und vertrieben, und nur im ben Einoͤden vr
Schottland, in den Inſeln zwifchen Engiand, Schottland und Irlar
in Angleſey und Mona, und in dem damals felbfländigen Irland fan
ften und ihre Lehrer Zuflucht, und feßten bafelbft ihre reinapoftolifche,
lifchen Kirche verwandte Lehre, Gebräuche md Werfaffung fort. ;
und gelehrten Geiſtlichen diefer altbririfchen Kirche heißen Kuldeer, K
de, Colidei. Als Biſchoͤfe und Kirchenlehrer, als Einfiedler, oder i
fer zu Leben und ernfiem Stubium der Wiſſenſchaften und der alt
vereinigt, waren fie dem Wolke Beiſpiel zugleich und Lehrer in Religit
Künften und Zertigkeiten des geſelligen Lebens. Zwar ſtrebten fie,
und ihre rohen Könige dem Chriſtenthume und der Menſchlichkeit 3
allein nicht fähig, mit ähnlichen Mitteln und Waffen, als der vom
nebft 40 Moͤnchen nach Britannien geſendte Auguftin, und die ihmı
Biſchoͤfe, das Reich Gottes auszubreiten und zu vertheidigen, waren
fih mit dem flillen Einfluffe auf einige beffere Könige und Großed
Reiches zu begnuͤgen, und mußten die päpftliche Kirche überhand nehn
blutig verfolgt, und ihre großen Klöfter und Kiofterfchulen in Wales,
Mona zerftört, oder von paͤpſtlichen Mönchen bezogen fehen. Dem
weiſen Geiſte Jeſu getreu, verſchmaͤhten fie dann In ihrem fonftigen
auch die Ämter der Chorfiinger, Meßdiener und Thürfteher nicht. S
endlich in England faft gänzlich, obgleich fie, befondere in Sriand vor
zung durch die Engländer, und in Echottland fogar bis zu der Refo
ganz vernichtet worben find; es laͤßt fich ſogar beweifen, daß die erfte
toren in England Ihr Licht an dem Lichte berfelben entzündet haben
ſchichte dieſes ehrwuͤrdigen Theile der chriftlichen Gelftlichkeit, aus wı
Karl dem Großen und Alfred die größten Lehrer von ganz Europa ber
find, ift von den päpftlich gefinnten Geſchichtſchreibern abſichtlich unt
verfälfcht worden; nur erft wenige Schriftfteller haben angefangen, |
Zeit derſelben zu erfennen und die noch übrigen Nachrichten befanntzun
züglich Ufher, Ledwich und Groſe. Jenen Kuldeern gelang ed nun, |
Alfred und Athelftan Eingang zu verihaffen. Atheiftan ſtellte bei di
verwuͤſteter Städte und neuer Klöfter und Kicchen viele Bauleute an,
für nothwendig hielt, die durch fein ganzes Reich zerftreuten, aus Be
verfchiedenften Nationen gemifchten Sorporationen in ein gefelliges, von
ſchuͤtztes und dem Staate verantwortliches Ganze, unter zwar felbft ger
vom Staate beftätigter Berfaffung zu vereinigen. Die Kuldeer ben
die ihnen hierdurch Dargebotene Gelegenheit, in diefen Gefellfchaften, w
Glaubensgenoſſen hatten, und befonders in der unter Athelftan vollen
allgemeinen Einrichtung der ganzen Bruͤderſchaft, ihre alten, chriſtlich
ralifchen Zehren und Gebräuche Icbendig aufzubewahren, und fie mit de
ben römifchen und griechiſchen Gollegien überlieferten Kunftlehren,
und Zunftgefeßen, welche zum heil umgebildet und anders gedeutet
ein liturgifches Ganze zu vermeben. Die angeführte Schrift enthält da
weiſe aus den Quellen. Die ältefte jener Urkunden ift die 926 allen 2
tionen in England vom König Athelftan durch feinen Bruder Edwin zu
tigte Conftitution oder Verfaſſung, beren Urfchrift in angelfächfifcher €
jest in York aufbewahrt wird, und wovon eine gerichtlich beglaubigte
in obiger Schrift das erfte Mal gedruckt ficht. Schon der religiöfe Eir
Urkunde lehrt, daß hier altgläubige, mit der Alteften morgenländifchen .
einftimmenbe Chriften reden. Darauf folgt eine Geſchichte der Baukr
von ber bibliſch⸗ mythiſchen Geſchichte Adam's und der Familie deſſel
Breimaurer 381
t, mit Anführemg einiger rabbiniſchen Sagen, Aber den Babelthurm
alomoniſchen Tempel, mit ruhmvoller, jedoch auf die Nachrichten ber
nfter Erwähnung Hiram!s, von ba aber zu den Griechen und Roͤmern
obei vorzüglich Pyehagoras, Cuklides und Vitruvius gefeiert werden.
» die Geſch. der Baukunft in Britannien, und der Alteften Baucorporas
fehr richtig, ynd mit den bewährteften Geſchichtſchreibern einftimmig
nd u. A. erwähnt, dag St.⸗Albanus, ein würbiger römifcher Ritter, ums
Kunft angenommen, Einrichtungen und Greundgefege (Chargen) bei
a feſtgeſett, fie Gebräuche gelehrt, ihnen Arbeit, einen guten Kohn,
:eidrief vom Kaiſer Carauſius ausgewirkt habe, dem gemäß fie als eine
in Britannien unter Baumeiftern ftchen follten. Hierauf wirb die
des Landes und feiner Bauwerke durch die nördlichen Völker und durch
nd Sadıfen erzählt, und endlich, wie und auf weiche Weife der fromme
ftan, nad) zuruͤckgelehrtem Frieden und Belehrung der Heiden, bes
e, die alte löbliche Verfaffung der Baucorporationen wieder berzuftellen.
die ſechzehn aͤlteſten Geſetze ſelbſt, welche mit Allem, mas muͤhſame
‚in den Quellen der Romer, und das Corpus juris über die roͤmiſchen
tionen lehren, genau übereinilimmen, und durch die reine chriſtliche
Iterjcheinen. Diefe Conftitution nun behielten die Bausorporationen
und Schottland, dem Weſentlichen nach, bis dahin bei, wo fie vom
an nach und nad) in anfäffige ftädtifche Zünfte iͤbergingen. Es iſt aus
urtundlicher Nachrichten erwieſen, daß in England und Schottland
Sonftitutionen arbeitende Bauhütten, oder Logen, in ununterbrochenen
inden twaren, welche, außer den eigentlichen Kunftgenoffen, auch ge⸗
rinflußreic;e Nichtbaukuͤnſtler, als fogenannte angenommene Maurer
nasons) in ihre Geſellſchaft aufnahmen, unter denen fich oft mächtige
e, ja felbft mehre Könige von England befinden. Zu Zeiten buͤrgerü⸗
a und politifcher Parteiung waren die Logen feeiee und angenommene
ſitentheils Patrioten, welche der geſetzmaͤßigen Regierumg ergeben waren,
von der Gegenpartei mehrmals verfolgt wurden. In London ſelbſt
och nach dem großen Brande von 1666 viele Baulogen, welche ald ges
er unter dem allgemeinen Schutze des Königs nad) den alten gemein»
titutionen vereinte Geſellſchaften, die alte überlieferte Kunſtlehre, nebſt
len und Gebräuchen, mehr oder weniger rein fortpilanıten. Won bien.
en waren 1717 nody vier übrig. Die meiften Mitglieder berfelben
angenommene Maurer, welche alfo, außer der Gleichheit politifcher
u und Wünfche, nur der ceinmenfchliche und moralifche Gehalt ber
Geſetze, Lehren und Gebräuche „der alten und ehriwärdigen Brüder
ein und angenommenen Maurer” veranlaffen konnte, diefe gefellige
auch als Nichtbaukuͤnſtler fortzufegen, undfie dem damaligen Zeit
r der Lage gemäß, worin ſich die Bruͤderſchaft durch ihre bisherige
tin Anfehung des Staats und der Kicche befand, zweckmaͤßig umzu⸗
Bis hiecher reicht die erſte Periode der Freimaurerbruͤderſchaft, mo fie
ſellſchaft freier Baukuͤnſtler beftand, welche durch die Baukunſt zu dus
amkeit vereinigt, der reinmenſchlichen Vollendung in Öteligion, Tugend
jet nachſtrebten, und Einficht in diefelbe, ſowie Liebe ;u ihr mit kunſt⸗
riheit verbreiteten. Schon burd die Einwirkung der berühmten Bau«
go Jones und Chriſtopher Wren, twelche fich der Logen zunaͤchſt darum
m hatten, well fie geſchickter und mwohlgefitteter Baulcute bei ihren fo
Bauwerten bedurften, ſowie durch einige andre vorzügliche Mitglieder,
ruͤderſchaft zu einer Wiedergeburt im Geiſte der neuen Zeit vom
zugleich unbebingten Gehorfam gegen die gefepmäßige Regierung 3
Pflicht made. Durch Beibehaltung bes Namens, der Verfaffung ı
beäuche „ber uralten und ehrwuͤrdigen Bruͤderſchaft der freien und ang
Maurer” erhielten fich jene Logen die hergebrachte Duldung und die
derjährten Corporation von Seiten der Regierung, die fernere Thellnah
vereinten Mitglieder, und die Ruͤckkehr mehrer alten angenommenen 9
che größtentheils Lie unthätigen Logen verlaffen hatten. Ferner hielter
find ihre eignen Worte) 1717 für gut, „den Mittelpunkt der Vereinic
Harmonie unter einem Großmeiſter feft zu begründen, den diteften !
zugleich Meifter einer Loge war, aufden Stuhl (der Logenregierung) 3
zu einer großen Loge pro tempore zu conftituiren, die vierteljährigen
gungen ber Logenbeamten zu erneuen, die jährliche Verſammlung neb
zu halten, und einen Großmeifter aus ihrer Mitte zu wählen, bie fie |
langen würden, einen hochadeligen Bruder zu ihrem Oberhaupte zu &
fo gründeten fie durch alle diefe Maßregeln und Einrichtungen die zwe
- ber Sreimaurerbrüderfchaft, während der diefelbe ein reineres und frei
gewann, wo und inwiefern fie, ihrer urfprünglichen Beftimmung getr
zeinfittlichen Zwecken der Menfchentiebe, Duldung und Gefelligkeit, in
und Treue gewibmete, von den Baucorporationen, und überhaupt von
Verbindungen und Inftituten, völlig getrennte Geſellſchaft war und if
doch den Namen, die Grundgeſetze, die überlieferten Lehren und Gebr
ten Freimaurerbruͤderſchaft beibehäit, ihre Kunft als ein Geheimnig üı
auf freie Männer befchränkt. Jene Einrichtungen wurden zugleich
die umgeftaltete Brüderfchaft, oder die überlieferten dußern Formen de
verei felbft, über ganz Europa und alle europäifche Colonien zu verbrei
erhielt ihr Mitbruder James Anderfon von diefer neuen Großloge den ?
fehlervollen Eopien ber alten gothifchen Conftitutionen nad) einer neuen
Methode zu bearbeiten”, und daraus ein für die Zufunft bei allen von
loge geitifteten befondern Logen allgemein und ausfchlicßend gültiges Cor
buch zu bilden. Er brachte viele Handſchriften der alten Gonftitutic
Freimaurer 383
ut Yderfon nochmals die vorker Gonftitution. Mod) in ber 1756 von Entick
Kersten Ausgabe deffelben zeigen ſich ähnliche Spuren einer fortwährenden Be⸗
upens jmer Urkunde. Jede neue Ausgabe iſt in der Geſchichtserzaͤhlung erwei⸗
it, auch Hin und wieder abgekürzt, befonder& durch die Erzählung wichtiger Vor⸗
Die, md durch die Verordnungen ber Großloge felbft, vermehrt. Doch ferbft in
leucch Noorthhouck 1784 beforgten Ausgabe blickt der Plan, der Gang der Er⸗
und das Colorit der yorker Conftitution nody hervor. Ebenſo in dem neues
Genflitutionenbuche ber feit 1813 vereinten Großloge aller alten Maurer zu
‚ wovon der zweite heil zu London 1815 erfhien. Das Wichtigſte in
Bfan Gonftitutionenbusche ber neuenglifchen Großloge zu London find die ſechs als
Dichten (old charges) oder Grundgeſetze, welche Anderfon aus den erwähnten
Srundgefegen der yorker Conftitution ausgezogen, mit Benugung jünges
nömftveroednungen, und dem Plane des neuen Großmeiſterthums angepaßt,
bike Form gebracht hat, in melcher fie von dem neuenglilchen Großmeiſterthume,
an von allen großen und einzelnen Logen ber Erbe, als das Örundgefrg ber
Bruͤderſchaft aufgeitellt werden. In biefen alten Pflichten, welche das ins
fe Befentliche der Sreimaurerei felbft in feinen vornchmften Äußerungen bes
haben fich jene heiligen Vorfchriften reiner Sittlichkeit und beüderlicher
it in dem Gebiete des Reinmenſchlichen, bei aufrichtigem Gehorfam gegen
uhtmäßige Obrigkeit, vereint mit religiöfer Duldung und mit Achtung jedes
menſchlichen, gefelligen Verhaͤltniſſes, aus der yorker Eonftitution, gerel⸗
erweitert, in die Conftitution der bi 1813 am meiften blühenden nette
ale Großloge, und feit 1813 in die Gonftitution der vereinten Großloge zu
Intgepflanzt. Folgendes find die richtigften jener alten Pflichten, ſowle
bl Merſon, in der Ausgabe von 1784, und mit wenigen Abänderungen auch
Eenſtitutionenbuche von 1815 und, dem Mortfinne getreu, in allem eng»
ſchottlaͤndiſchen, irländifchen, franzöfifchen, hollaͤndiſchen, dänifchen, ſchwe⸗
a mad deutichen Gonftitutionenbüchern lauten: „Der Maurer ift als Maurer
en, dem Sittengefege zu gehorchen; und wenn er die Kunſt recht verfteht,
er weber ein ſtumpfſinniger Gottesleugner, noch irreligiöfer Wüftling fein.
nun die Maurer in alten Zeiten in jedem Lande verpflichtet wurden, von
Mrision dieſes Landes oder diefer Nation zu fein, welche e6 immer fein mochte:
26 doch jegt für dienlicher erachtet, fie allein zu der Religion zu verpflichten,
alle Menſchen übereinftimmen; ihre befondern Meinungen ihnen felbft zu
im, das ift (zu der Religion), gute und treue Männer zu fein, oder Maͤn⸗
Ehre und Rechtfchaffenheit, ducch was immer für Benennungen und Über⸗
Bangen fie verfchieden fein mögen. Hierdurch wirb die Maurerei der Mittels
der Vereinigung (ber Einigung, der Einheit), und das Mittel, treue Freund⸗
amter Derfonen zu fliften, welche außerdem in beitindiger Entfernung don
hätten bleiben müffen. Der Maurer ift ein friedfertiger Unterthan der
Jeüchen Gewalten, wo er aud) wohnt und arbeitet, und foll fich nie in Zufams
tur gen und Verſchwoͤrungen gegen den Frieden und die Wohlfahrt der Nas
sidein laſſen, noch ſich pflichtwidrig gegen die Unterobrigkeiten bezeigen,
a kein Privathaß, Beine Privatftreitigkeiten zur Thuͤr der Loge hereinge⸗
werden, vieltweniger irgend eine Streitigkeit über Neliyion, oder Nationen,
Otaatsverfaffung, da wir, als Maurer, bloß von der obeneriwähnten katholi⸗
(eäyemeinen) Religion find; auch find wir von allen Nationen, Mundarten
BerichEn, : und find ent[chieden gegen alle Staatshändel, ale weldye nimmer
æ Wohlfahrt der Loge beförderlich gemefen find, auch jemals fein werben”,
Kite jmeite der vorermähnten Kunſturkunden ift ein unter dem Könige Hein:
von England nicdergefchriebenes Fragſtuͤck, welches über dns Werfen des
einfimmig mit obigen Geſetzen, einen unbitdlichen Aufihluß gibt. Es
3b Freimaurer
findet ſich zuerſt abgedruckt im „‚Gentleman’s ungazine‘ (1763, G.
dann u, A. in allen feit 1756 erfchienenen Ausgaben des neuenglifchen ©:
nenbuchs, in Prefton’6 „Erläuterungen“, in Hutchinſon's „Geifte der I
und in Sebaß's „Magazine der Kreimaurer” (1. St., 1805). — Die I
Urkunden ift die alte Acte ber Aufnahme zum Maurer, ſowie fie noch heu
ältefte Ritual von allen Maurern altenglifhen Syſtems In allen Erbthei
änhert ausgeübt wird. Sie iſt in ihren Anfängen fo alt als die porfer Co
- enthält noch Gebräuche ber römifchen Baucorporationen und der diteften ı
Afceten und Mönche, und fpricht die Grundlehren und die Verfafjung de
(haft, übereinftimmig mit den alten Pflichten aus. Zugleich ift die daı
tene Liturgie das Vorbild, wornach das Ritual einer jeden Loge oder Gr:
Hinſicht feiner geſchichtlichen Echtheit und des reinen Geiftes der uͤberliefe
maurerei, beurtheilt werben kann. Don biefem dtteften Rituale ift jedo
neuenglifhen GroßmeiftertHums (welches in Bromwne’s „„Masterkey“'
1802, und in Krauſe's „Drei älteften Kunſturk.“ vollſtaͤndig enthalten ift
tigen Stüden verſchieden, obgleich e8 dem Geifte nad) damit einftimmt.
dem Gefagten erfcheint ber Sreimaurerbund als eine, nad) ihrem Urfpr
nad) ihrer weitern Entwidelung, in die höhere Ausbildung der Menfchhe
lid) verwebte Geſellſchaft, als der bie jegt einzige Bund, welcher f
Reinmenſchlichen ausſchließend widmet, umd, infofern er
fen der Freimaurerei ſelbſt treu ift, den Weg kuͤnftiger höherer, gefellige
bungen thütig bezeichnet. Ob nun auch insbefondere die Brüder Freim
fen in ihrem Bunde ſchlummernden Keim eines offenen, Inutern, und fein
nad) in Wahrheit allgemeinen Bundes für Menfchlichkeit und Menfchhelt
monie mit ben fich ſtufenweis veredeinden Staaten und Religionsgeſe!
mit befonnener, weifer Kunft entfalten werden? Dies ift eine von jenen
Sagen, deren bejahende Beantwortung, in Geift und Wahrheit das
dieſes und ber folgenden Gefchlechter, wol werth ift, daß gute Menſchen
Völkern urkräftig danach ringen. — Weitere Belehrung über Freimar
Freimaurerbruͤderſchaft (nächft Kraufe) enthalten: Lefjing’s „Ernft und F
fing leitet die Entftehung der Sreimaurer in der neuern Zeit von den M
d. 1. Sefellfchaften der Tempelherren her); Nicolai's „Verſuche üb. den
berrnorden” (Berlin 1782); „Die Eleufinien de 19. Jahrh.“; das Ce
nenbuch, und das Ältere und neue Journal der Loge Archimedes zu A
Feßler's „Saͤmmtliche Schriften über Sreimaurerei”, 3 Bde; Krauſe'
Logenvorträge ; Moßdorf's „Mittheilungen an denkende Freimaurer”, 1.
Silber’ „Vertraute Briefe‘, 1818; Heldmann's „Drei dltefte Dent
deutfchen Sreimaurerbrüderfchaft” (Aarau 1819); Wedekind’ „Pytha
Drden‘', 1820 ; Lindner’ „Machenac”, 3. Ausg. 1819; Gedike's „St
Ieriton”, 1818; „Sarſena, oder der vollkommene Baumeifter‘‘, 4. Aufl
maurerencyElopädie” von Lenning (Reipzig 1822 fg., 3 Bde.). Und von
Schriften: Preſton's „„Illustrations of masonry‘‘ (8. Ausg., Londo
Lawrie's „History of freemasoury‘‘ (Edinburg 1804, überfegt von 9
Steiberg 1810) ; Thory's „Histoire du Grand-Orient de France‘ (Pi
und in deffen „„Acta latomorum“ (2 Thle., Paris 1815) *).
2) Mach Echuderoff („iUber d, derntaligen JZuſtand der deutſchen
rerel“, Ronneburg 1824) fodert die Maurerei Hingebung ohne Mare
mitunter blinden Gehorſam gegen unbefannte Dbern. Gch. iſt der:
daß die Maurerei fih überlebt habe, durch innere Mißbraͤuche hinwelke,
geift widerfpreche, daß fie daher einer neuen Geſtaltung bedürfe und nur
ale der Humanität (außerhalb des Staats und der Kirche) fih v
MAN
Sreinsheim Fremde 385
Sreinsheim (Iohann), geb. 1608 zu Ulm, entwidelte früh glänzende
bigkeiten, und bezog ſchon im 15. Jahre die Akademie. Er fudirte die Rechte
Marburg, dann in Siegen, wo er ſich zugleich mit der Philofophie und den ſchoͤ⸗
ı Biffenihaften beichäftigte. Im der Folge wendete er ſich nad) Strasburg,
der deruͤhmte Match. Bernegger, ber alte Literatur und Gefchichte vortrug, ihn
Krb gewann, daß er ihn auf alle Weiſe unterftügte. Hierauf benugte er bie
Bistheten Frankreichs und lernte die Gelehrten diefes Landes Eennen. Der Mi⸗
Bee Michel Diarefcot ward fein Beſchuͤtzer, und auf die Empfehlung deffelben
keitete Freinsheim eine Zeitlang als koͤnigl. Secretair in den Archiven zu Meg,
aa bier kehrte er in das Haus f. Freundes Bernegger zur, der ihm die Hand
ner Zochter gab. ine lat. Lobrede auf Guftav Adolf machte ihn wegen ihrer
Ieinzenden Berebtfamteit und [hönen Schreibart rühmlich befannt, fodaß ihn
zſchwediſche Hof 1642 ald Profeflor der Staatswirthfchaft und Beredtſamkeit
hüpfala berief. Der Ruhm, den er ſich hier als Schriftfteller erwarb, bewog
Rimigin Ehriftine, ihn 1647 zum Bibliothelar und Hiftoriographen in Stock⸗
bau ernennen. Allein fo gemächlich feine Lage war, und fo großer Gunft er
keider Königin erfreute, fo fand er doch das Land feiner Gefundheit fo wenig
—F daß er ſich nach Deutſchland zuruͤckſehnte, und einen Ruf des Kurfuͤr⸗
au. d. Pfalz zum Profeſſor honorarius auf der Univerſitaͤt zu Heidelberg, mit
eines kurfuͤrſtl. Rathes, annahm. Er flarb dafelbft den 30. Aug. 1660.
pen großen Gelehrten, befondere in der alten Literatur und Gefchichte, hat er
we durcch verfchiebene Ausg. v. Claſſikern, inf. glüclichen Ergänzungen der
Büdyer und Stellen des Curtius und vornehmlich des Livius bewieſen.
deiſches epiſches Gedicht auf den Herzog Bernhard von Weimar, genannt: ,
von dem Stamm und Thaten des neuen Herculed”, ruht in verdienter
eit.
—5— der Befiger eines Freigutes (ſ. d.)
reütag, bei den Angelſachſen Frigedag, hat feine Benennung von Odins
oder Hriga.
i$remde. Die Geſetgebung eines Volks gegen Fremde ift ein Mafitab
Taltur. Alle rohe Völker behandeln den Ausländer als einen Feind, als rechte
Irdeß ergeben ſich Unterfchtede zwiſchen Fremden und Einbeimifchen auß alls
um Rechtögrundfägen, 3. B. daß ber Fremde gewiſſe Buͤrgſchaften Leiften
B wenn er gegen einen Staatsbürger ald Ankläger auftritt; daß er wegen
Ben, welche er im Lande gemacht hat, perfönlich angehalten werden kann;
Baatsbirrgerliche Rechte nicht ausüben darf; daß er nad) den Gefegen mans
Staaten nicht Vormund, nicht Feftamentszeuge fein fann; daß man ihm
LSadesſchutz auftuͤndigen und ihn aus dem Lande weifen kann, welches gegen
keatöbürger nicht erlaubt iſt. Auf befondere Vortheile, welche ein Staat
Bürgern außer der allgemeinen rechtlichen Sicherheit gewährt, 3.8. Erzie⸗
falten, Armenhäufer, bat der Fremde ebenfalls keinen rechtlichen Anfpruch.
dan unbilligee Daß oder eine Ungerechtigkeit gegen Fremde, ift vornehmlich in
iehungen fichtbar: in den Schwierigkeiten, welche man macht, auch dem
ktigen Fremden den Eintritt in das Land zu geflatten ; in der übertriebenen
ing ihrer Naturalifation, und in der Entziehung privatrechtlicher Sicher⸗
VWenn auch 1) die Befugniß eines Staat, jedem Fremden den Eintritt zu
en, und wie China und Japan fogar bei Todesſtrafe zu unterfagen, fich
Mengem Recht vertheibigen ließe, reiewol auch Dagegen noch zu bedenken iſt,
Etaat nicht eine zufällige Verbindung, fondern eine die ganze Menfchheit
mde Anſtalt für fittlich:rechtliche Ordnung fein foll, fo Läßt fid) dody die Aus»
Feiner ſolchen Befugniß aus dem Geſichtspunkte der Politik nur in fehr bes
em Maße rechtfertigen. Vielſeitigkeit der echten Cultur kann nur durch
9.0.5 Giebente Aufl. Bd. IV. 25
386 | Srembe
möglichfte Freiheit und Lebendigkeit des geiffigen Verkehrs unter den !
wahrer Wohlſtand durch Freiheit und Ausdehnung des Waarenausta
dert werden. Kin jeder Vortheil, welchen ein VolE erreicht, fei es in
natürlicher Stoffe, oder in der Kunſt ihrer Verarbeitung, oder in wiſſ
Aufklärung, kommt von felbft allen andern Staaten zu gute, fobalt
freien Umtauſch nicht hemmen. Obwol cultivirte Staaten den perfönti
der Sremden heutzutage nicht leicht erfchweren, fo ift doch der zweit:
Sreiheit des commerciellen Verkehrs, noch eine fehr ſchwache Seite.
fehung der Naturalifation haben verſchiedene Staaten befondere Ve
zu Vorſichtsmaßregeln gehabt, wenn etwa überhaupt der Einflug e
Macht Überroiegend wurde, oder eine ausländifche Dynaſtie den T
Dies ift in England der Grund ber ftrengen Geſetze über die Naturalij
unter Wilhelm III. (1700) gemadyt wurden. Nach denfelben fann n
den Ausiändern die Befugniß ertheilen, liegende Güter zu erwerben
nad) den Grundiägen des englifchen Lehnrechts nicht dürfen. Dadu
in einen Mittelftand zwifchen Ausländern und englifchen Staatsbürg:
nannte denizens); die volle Natucalifation kann nur das Parlamı
Selbſt bei diefer ift aber nod, die Fähigkeit ausgenommen, Mitgliet
ments, des Einige. Geheimenrathes zu werden, Ämter und Lehng
Krone zu erhalten und dergl. Soll das Parlament davon dispenficen
auswärtigen Prinzen und Prinzeffinnen, die in die koͤnigl. Kamilie du
lung eintreten, zu gefchehen pflegt, fo muß ein doppelter Act der Geſe
genommen werden. (©. Aubaine, Droit d'). Dagegen Ean
von ausländifchen Altern in England geborene Kind bie Rechte eines (
in Anſpruch nehmen, wenn es feine wefentlihe Wohnung in Englanı
den Unterthaneneid leiftet. In andern Staaten ift die Naturaliſirun
- Megierung, und ein Act der Geſetzgebung erfoderlih. So ift es ir
in Baiern (Edict über da8 Indigenat vom 26. Mat 1818) und in al
Staaten. In Frankreich gibt ein 10jähriger Wohnfig dem Fremden eir
auf alle ftaatsbürgerliche Rechte, feibft die Fähigkeit, Mitglied der
kammern zu werden (mie 3. B. Conſtant). In den Staaten des deu
des (olite vielleicht Fein Deutfcher als Fremder behandelt werben, vwoie t
preuß. Sefege Jeden, welcher feinen weſentlichen Wohnfig im Staate
vollen ſtaatsbuͤrgerlichen Rechte beilegen. 3) In Anfehung der prix
Verhäitniffe wird bie ungleiche Behandlung der fremden mehr und m
ben. Es war in der That hoͤchſt unrecht, einen fremden Gläubiger ı
diſchen im Concurs nachzufegen, oder das Recht eines Fremdeñ für vor
letzlich zu erklaͤren. Doch ift davon immer etwas noch in der Eroͤffnun
eularconcurfe übrig, wenn dabei über das im Lande befindliche Vermoͤ
ländifche Gläubiger zugelaffen werden. Sehr ungleich, find die Ge
über die Stage, ob ein Fremder unbewegliches Eigenthum befigen Enı
reich geftattet dies, wie die meiften deutfchen Staaten, unbedingt; ;
legten unter einander ift dies fogar eine grundgefegliche Beflimmung dı
Bundes. Durch das Geſetz vom 4. Juli 1819 (welches eine gänzliche
des droit d’Aubaine enthält) ift allen Sremden in Anjehung aller in 5
findlicyen Güter, bewegliche und unbewegliche, ein gleiches Erbrecht wi
gofen eingeräumt. Nur wenn Sranzofen mit auslaͤndiſchen Erben ein
ju theilen haben, und bei den auslindifchen Gütern die Franzoſen aus ii
Grunde nach den Gefegen des Orts einen geringern Theil bekommen, |
dem in Frankreich befindlichen Vermögen fo viel als zur Wicderher
Gleichheit erfoderlich if, zum voraus befommen. ine andre Ungleic
Fremdenbill Fréron (Elle Catherine) 387
liegt In ber Verfagung des rechtlichen Schutzes für auslaͤndiſches Verlags⸗
um. (Vol. Indigenat, Naturalifation.) 37.
:remdenbilt (Alienbill), eine von dem Staatsſetretair Lord Grenville
n Vorſchlag gebrachte und von dem Parlament genehmigte Bill, nad) wel⸗
er Auständer, fogleich bei feiner Ankunft in England, der genauteften Unters
g unterworfen, und mit einer Sicherheitöfarte von dem Staatöfetretair vers
yurde, welcher den Fremden auf jeben Argmohn fortzumeifen das Recht hatte,
ch die Oppofition, befonder® feit dem Frieden von 1814, bei den jedesmaligen
‚en der Minifter auf Verlängerung der Dauer diefer Bill, für die gänzliche
‚ung derfelben flimmte, fo fonnte fie Doch nichts meiter erlangen, als daß bie
kung und Fortſchickung verbächtiger Fremden gegenmärtig nur auf einen von
Mammten Geheimerath unterzeichneten Befehl ftattfindet. Die Bin iſt
ter Canning's Minifterium durch ein neues Geſetz aufgehoben worden, wel⸗
car die Fremden weit weniger der Willkuͤr Preis gibt, fie aber doch einigen
jenheiten auszufegen ſcheint.
Frerert (Nicolas), geb. zu Paris 1688, Sohn eines Procurators beim
ment, gab das Gefchäft als Advocat auf, um fid) dem Studium drr Ges
eund Chronologie zu widmen. Schon in f. 16. J. hatte er die vorzüglichften
evon Scaliger, Ufher, Petau und andern großen Chronologen gelefen und ex⸗
t. Er bildete ſich nach Rollin. Die Akademie der Snichriften nahm ihn
Alter von 25 3. als Mitglied auf. Für feine Eintrittsrede Sur l’ori-
des Francais“, die ebenfo gelehrt als Eedd war, und unziemliche Äußerungen
Be Angelegenheiten der Prinzen mit dem Regenten enthielt, mußte er 6 Mo⸗
in der Baftille büßen. Hier war Bayle faft der einzige Schriftfteller, ben
ihn geftattete, und er las ihn fo fleißig, daß er ihn faft auswendig mußte,
hr ex ſich die Grundſaͤtze deffelben zugeeignet, beweifen f. „‚Lettres de Tra-
le à Leucippe‘“ und f. nachgelaffene® „Examen des apologistes du Chris»
mei. Sin beiden gleich irreligisfen Werken erfcheint der Atheismus in ein
ches Syſtem gebracht. Nachdem er f. Freiheit wieber erlangt hatte, uͤber⸗
ba der Mearfchall von Noailles bie Erziehung feiner Kinder; aber er ſetzte da»
unterbrochen f. literarifchen Arbeiten fort. 1723 kehrte er in das vitterliche
zuruͤck, und fludirte nun bie Chronologie ber alten Völker, Er fand, daß
nprifche Geſchichte, die Ältefte unter allen, erft 2900 vor Chr. anfängt, und
echinefifche nicht Liber 2575 Über diefe Epoche hinausgeht. Seine Abhand⸗
wund GStreitichriften hierüber, u. a. gegen Newton, machen einen großen
der Denkichriften der Akademie jener Zeit aus. Ebenſo eifrig befchäftigte er
itder Geographie ; man fand unter f. Papieren 1357 geograph. Charten von
Hand. Überdies war er in keiner Wiffenfchaft fremd, und wußte die Feder
mführen. 1742 wurde er beftänd. Secret. der Acad. des inscript. Er
1739. Eine Ausgabe f. Werke erfchten zu Paris 1792 in 4 Bon.; eine 2.
mt. 1795 in 20 Bbn., eine vermehrte und geordnete Samml. („Oeurres
Ittes de Freret‘‘) mit Anmerk. u. Erläut. von Champollion-Figeac erfchien
wis feit 1825 in 20 Bdn. |
Ererom (Elie Catherine), geb. zu Quimper 1719, geno& den Unterricht
eluiten, und beſuchte einige Zeit das Collegium Ludwigs XIV. wo Brumoi
Beugcant feinen Geſchmack für die Literatur medten. 1746gab er ein Jour⸗
„Leitres de Madame la Comtesse‘‘, heraus. Die Gräfin ſollte die Mes
ıtantin der Vernunft und des guten Geſchmacks fein, und zeigte allerding® Int
Sorrefpondenz viel Geift und Wis. Einige Schriftſteller, die er in feinem
mit wenig Schonung behandelt hatte, bewirkten die Unterdrüdtung deſſel⸗
ıber 1749 erſchien es unter bem veränderten Zitel: „‚Lettres sur quelgues
252
388 Fréron (Stanislaus) Fresco
&crits de ce temps“, deren ſcharfe Kritiken Unterbrechungen zur Fo
aber immer zum Verdruß des Publicumd. Der König Stanislaus, de
faffer liebte, war bemüht, ein Werk nicht untergehen zu laffen, das er
gnügen las, und verhinderte, daß Sreron verhaftet wurde. Nachdem 5
feines Journals herausgegeben hatte, fegte er ed von 1754 an u. d. T.:
litteraire‘‘, regelmäßig bis zu f. Tode, 1776, fort. Verſtand und Ta
terkeit, ein richtiger Gefhmad, Anhaͤnglichkeit an alte Grundfäge, Eife:
Lehre der Afterphilofophen und Neologen, dies waren bie Eigenſchaf
furchtbaren Journaliften, der übrigens von den fanfteften Sitten und I
nehmften Umgange war. . Sein bitterfter Feind mar Voltaire, der ihn
feiner „Schottlänberin”, einem Stüde voll arger Anzüglichkeiten, auf
brachte. F. hatte flets in ſ. Blättern Voltaire als einen glänzenden Did
ſtellt, aber geringe al Corneille, Boileau, Racine; er hatte ihn für eiı
nehmen, aber unzuverläffigen Geſchichtſchreiber, und Überhaupt mehr
Tyrannen als fuͤr einen König ber Literatur erklaͤtt. Voltaire fchien
Pfeile nicht zu achten, die aufihn abgeſchoſſen wurden, aber F.'s beigeı
tiber fein -ufelpiet: „La femme qui a raison‘‘, brachte ihn dermaßen aı
feine ganze Entrüftung in einem 1760 an verfchicdene Journaliſten
Briefe ausdrücte. F. antwortete darauf mit ſcharfer kLauge. Das dur:
Stuͤck war ſchlecht, mithin wurde es ihm nicht ſchwer, das Publicum
Seite zu bringen. Voltaire felbft gab die Vertheidigung feines Werkes
er fuchte den Kritiker lächerlich und gehäffig barzuftellen. . Feder Mon:
eine Satyre gegen ihn mit. Auch gelang es ihm zum Theil, den Ber
„Annee litteraire‘“ als parteiifch und ungerecht verdachtig zu machen, u
Bıättern einen Theil ihres Abfages zu entziehen. Dazu kam, daß außer
auch la Harpe mit den Encpklopädiften und Paliffot gegen den Kritiker
zogen, und oft, in Ermangelung gehöriger Gründe, mit Beleidigungen |
foͤnlichkeiten gegen ihn kaͤmpften.
Fréron (Stanislaus), Sohn des Vorhergeh., arbeitete nach ben
Waterd lange an der „„Aunee litteraire‘“, deren Hauptherausg. nad)
Grozier und Geofftoy waren. 1789 fing er an, den „„Orateur du peu
auszugeben. Als Deputirter von Paris zur Nationalverfammlung mad
meinfchaftliche Sache mit Robespierre. Er wurde mit Aufträgen in bat
liche Frankreich abgeordnet, und man wirft ihm vor, daß er zu Zoulon uı
ſelile traurige Andenken zucüdkgelaffen habe. Nach f. Ruͤckkehr wurde e
pierre verbächtig, und er trug daher zu dem glüdlichen Ereigniß bei, welch
teich von feinem Henker befreite. Nach dem 9. Thermidor erklaͤrte fid
gegen die Zerroriften, feine alten Steunde. Von der Befhuldigung ber I
daß er Robespierre nur angegriffen habe, um ihm zu folgen, verfuchte er
ſich zu reinigen. Er nahm den „Orateur du peuple‘“ wieder vor; a
Journal wurde nur unter f. Namen von Duffauls, der damals noch fehr
doch ſchon durch fein Talent ausgezeichnet war, redigirt. Bis auf meniy
fen, welche die Zeitumftände geboten, ſchien biefer „Orateur‘“ ein Wid
erften; erentzweite Sreron faſt mit Allen, die feiner Meinung gewein
Bei der Erpedition von St.» Domingo 1802 wurde F. zum Unterpräfi
Suͤden ernannt, und reifte mit den General Reclerc ab, unterlag aber fd;
zwei Monaten den Einflüffen des Klima. Die Ausgelaffenheit feiner Gi
mußte Diejenigen in Erſtaunen fegen, welche die Sanftheit und Nachgiebi
nes Herzens kannten. Cr befaß viel Berftand, dagegen fehlte es ihm an
ter; er foll während der Revolution, des Gewinne willen, zu gleicher Zei
fuͤr die monarchiſchen und republifanifchen Journale geliefert haben,
Fres co, Malerei al fresco, auch Kalkmalerei, diejenige Art von S
s
Sreubenpferb Sreundfchaftliche Inſeln 389
it Waſſerfarben auf einer noch frifchen Unterlage von Kalk, mit Sand vers
t, ausgeführt wird. Bon biefer frifchen Unterlage kommt der italienifche und
anz. Name. Der Maler läßt jeden Tag nur fo viel Mauer mit jenem Teige
fen, als er an demfelben zu übermalen fähig iſt. Da er fchnell zu Werke
muß, weil fonft der Grund wieder troden werden würde, fo bedient er fich
der Cartons (f. d.) für die Umriffe der Figuren, und bei der Ausmalung,
nicht ſchon die Cartons die Farbe angeben, eines Eleinen Gemäldes, auf wels
vie Farbentoͤne angegeben find. Es gehört zu dieier Art von Malerei viel
nkenntniß und große Fertigkeit im Zeichnen; denn hier läßt fich nicht verbefs
was der Maler arbeitet, iſt zugleich beendigt. Die Farben werben fchon vor⸗
mifcht, und wie man fie braucht, aufgefegt; nur bei den dunkeln Partien
cine Kleine Nachhuͤlfe ftatt. Die Frescomalerei ift eine der dausrhafteften. Man
ch Epuren berfelben aus Conſtantins des Großen Zeit befigen. Im 16.
. blübte fie von neuem auf. Wie würdig fie des großen Kuͤnſtlers fei, zeigt
keifpiel von Michel Angelo und Rafael, Als die Sirtinifche Capelle gemalt
n follte, vieth der Bruder Schaftiano, ein venetianifdyer Mater, fie in Öl
zu laſſen, und die Mauer wurde wirklich dazu bereitet. Michel Angelo aber
. „Nichts da; die Ölmalerei taugt nur für Weiber und geiftfofe, auf Hands
kotze Männer, wie Bruder Sebaftiano”. Inder That, da die zarte Vers
ung der Zinten und Alles, was fonft das Auge beftechen Eann, hier wegfällt,
ir Künftler genüthigt, in Formen, Charakteren und Ausdrud ſich groß zu
u. Eine nahe Prüfung vertragen Gemaͤlde diefer Art nicht, da fie immer et⸗
Zuscenes und Raubes an ſich haben, weßhalb ein verwoͤhntes Auge fie grob
» Die Srescomalerei will aus der Berne gefehen fein. Wie fchwer es fet,
ſich außzuzeichnen, fieht man aus Vaſari's Ausfage: „Viele unferer Maler
en ſich in Ol⸗ und Waffergemälden aus, denen aber kein Frescogemaͤlde ges
weil die von allen die meifte Kraft, Sicherheit und Entfchloffenheit erfobert,
seine Änderung nicht leicht möglich iſt“. Indeß verblaffen die Wafferfarben
auf dem Gypsgrunde, ſowie der Grund felbft mit der Zeit abfällt. Die herrs
Schoͤpfungen im Batican und in der Sirtinifhen Capelle find bereits ihrem
Yange nahe.
Sreudenpferd, ein bei feierlichen Beerdigungen großer ‚Herren In
Proceffion geführtes, prächtig gefehmüdtes Pferd, neben dem gewöhnlichen
pferde, welches ganz ſchwarz behangen ift. Bisweilen figt auf dem Freu⸗
erde ein Ritter in koftbarer glänzender Ruͤſtung, dagegen das Zrauerpferd von
3 Ritter in ſchwarzer Ruͤſtung geritten wird.
Sreumdfchaftliche, eigentl. Zongainfeln, Gruppe von 188 In⸗
m flillen Ocean, bie zu Auftralien gehören, vom 200 bis 204° &, 19° 44 bi
328.3. (18 bis 23° füd. B., und vom 182 bie 186° oͤſtl. &. von Green»
. Der Holländer Tasman entdeckte 1643 einige diefer Inſeln. Cook find
ben auf feiner zweiten Reife 1773 wieder, befuchte fie 1777 zum zweiten Mat,
samnte fie, wegen der gaftfreundichaftlichen Aufnahme, die er bei den Einw.
den hatte, Die freundfchaftlichen Infeln, Die meiften find niedrig, und fcheinen
andre Grundlage, als Korallenfelfen zu haben ; andre fcheinen vulkaniſchen
angs zu fein. Die vielen Korallenriffe und die baburch verurfachten Brans
m machen die Schifffahrt zwifchen diefen Inſeln fehr geführlih. Das Klima
jerſt ſchoͤn und der Vegetation und Gefundheit fehr zuträglih. Keine biefer
nift ohne ſuͤßes Waffe. Die Producte des Pflanzenreichs find mannlgfals
Ne vorzuͤglichſten find Pifange, Brotfrucht, Vams, Zuderrohr in großem
uffe, Sagopalmen, Kokoepalmen, eine Pfefferart, woraus das Getränt
: bereitet roicd, Bambus, Flaſchenkuͤrbiſſe, Pompelnäffe, die theild in den
sungen, theils wild wachfen, und viele andre. Auch haben bie Miffionnire
390 Freya Frreycinet
mehre europdifche Gartengewaͤchſe mit Gluͤck angebaut. Aus dem Thierri
det man Schweine, Hunde, Papageien, Tauben, Huͤhner, wilde Enten,
voͤgel, Reiher, Fiſche, Schildkroͤten, Auſtern u. ſ. w. Die 200,000 Ei:
von mittler Groͤße und wohl proportionirt, kupferbraun, und zeichnen ſi
freundſchaftliche Geſinnungen, Freigebigkeit, Großmuth, Ehrlichkeit und
fleiß vor den andern Suͤdſeebewohnern aus. Doch larrſchte, auch bei il
Sitte der Menſchenopfer. Ihre Kleidung beſteht in Matten, vom Paxri
berrbaume verfertigt. Reinlichkeit des Koͤrpers lieben fie ganz beſonders, ui
ſich daher oft. Die Wohnungen find fenr kunſtlos. Starke Matten oder
tene Kokoszweige vertretin die Stelle der Wände. Das mit Blättern beded
ruht auf verbundinen Pfoften und Querbalken. Ihre Schtafftelle ift ein:
ihre Dede die Kleidung, welche fie den Tag Über tragen, ein hoͤlzernes X
ihr Kopftifien. Außer dieſen Dingen befteht ihr Hausrath nur in Schu.
Kawatrank, Flaſchenkuͤrbiſſen und Kokosſchalen. Die Weiber befchäft
mit Verfertigung der Matten, worin ſie ſehr geſchickt ſind, und die Tahit
treffen. Die Maͤnner treiben den Ackerbau und Fiſchfang, und verfert
Haͤuſer und Canots. Die ſchoͤn angebauten Ebenen, die Waͤldchen, vor
plaͤtzen durchſchnitten, und die Morais oder Begraͤbnißplaͤtze, die in angi
umzaͤunten Ebenen mit Hütten oder Dächern beſtehen, welche die Stellet
ber bezeichnen, geben diefen Landſchaften ein gefälliges Anfehen. Man fü
eine bürgerliche Berfaffung, eine Art von Lehnfyfiem. Die meiften Int
dem Könige von der Infel Tongatabu unterworfen, dem die Qutöbefiger ol
ften und Herten Abgaben entrichten und Gehorſam leiften. Die Einmehn
auch einige Religiondvorftellungen. Seit 1820 lehren hier englifche Bil
das Chriſtenthum. Hamoa beißt die größte Infel, und auf Zongataba ot
ſterdam refidirt der mächtige König diefes Archipels.
Bee fe Nordifhe Mythologie.
reyciner(Kouisde), Naturforfcher und Weltumfealer, franz. !
capitain u. f. w., geb. 1775, widmete fein Leben den MWiffenichaften un
Theil 1800 an der Expedition de® Capitains Baudin. Ihm verdankt die
von und Leſueur herausgeg. Befchreib. diefer Reife den fchönen Atlas, de
Meiſterwerk betrachtet volrd.- Auch fügte er einen Band nautifcher Beme
hinzu. (©. „Voy. de decouvertes aux terres australes, 1800, 4.
par Peron et continue par L. de Freycinet‘‘, 2. Aufl, mit Atl., 2 Bde.
1824.) In Verbindung mit H. Clement entdedte er ein neues Verfah
das Seewaſſer trinkbar zu machen, das fich fpäterhin volllommen bewaͤ
Auf Befehl Ludwigs XVII. unternahm er als Fregattencapitain 1817
Corvette Urania, die den 17. Sept. von Toulon abfegelte, eine Entdedi
im Südmeere, von welcher e am 13. Nov. 1820 in Havre wieder anka
blieb auf Teneriffa 6 Tage, in Rio⸗Janeiro 2 Monate, auf Isle: de sFr
Wochen, in der von ihm fchon früher mit Baudin befuchten Srehundbai 1
in Coupang, dem Hauptorte der hollaͤnd. Niederlaffungen auf Timor, 3 9
In Diely, dem Hauptorte des portug. Antheils von Zimor, 4 Wochen ; bei
fel Rawad in Neuguinea, unter dem Aquntor, 3 Wochen; bei den Mi
faft 3 Monate; bei den Sandwichinſeln 3 Wochen und in Port Jadfon (
wales) 3 Monate. Die Urania fegelte von hier den 25. Dec. 1819 bie 59
und nach dem Feuerlande, wo fie den 7. Febr. 1820 in der Bal du boı
landete, von einem Sturm aber in die hohe See arworfen wurde, un!
Malvinen in der Baie frangaise den 13. Febr, Schiffbruch litt; dod) wa
gluͤcklich, Ales, was man an Bord hatte, zu retten. Die Erpebition ve:
Einoͤde den 27. April 1820 auf einem ameritanifchen Schiffe, welches d
bapin geführe hatte. Gap. 3. Taufte namlich viert Schill, dad er La Phy
. Freygang Freyre 391
rte, um ſ. Entdedungsreife fortzuſezen. Er verweilte hierauf im La⸗Plata-
ome einen, und zu Rio⸗Janeiro 3 Monate. Nach ſ. Ruͤckkehr wurde er, wie
er Gebrauch iſt, wegen erlittenen Schiffbruchs, vor ein Seekriegsgericht ges
‚ allein auf das ehrenvolifte losgeiprohen. Den Hauptzwed ſ. Reiſe, Beob⸗
angen anzuftellen, die geeignet wären, bie Geftalt der Erde und die Intenfitdt
naqnetiſchen Kraft in der [üblichen Hemiiphäre zu beftimmen, womit er hodro⸗
hiſche Aufnahmen, metscrologiihe Beobachtungen, Ortsbeſtimmungen und
shilteri'he Sammlungen verband, hat er auf eine Art erreicht, die ihm eine
sveolle Stille.in der Geichichte der Naturwiſſenſchaft zufichert. Der franz.
niter des Innern fügt in der amtlichen Bekanntmachung, Gapitain Freycinet
‚ während feines viermöchentlichen Aufenthalt am Gap, die Behauptung La
wa nicht beftätigt gefunden, daß nämlich die ſuͤdliche Halbkugel einen größern
en bilde ald die nördliche. Allein La Cnille, einer der größten und denkendſten
fe feiner Zeit, hielt fich am Cap beinahe ein halbes Fahr auf. Dagegen find
Kebachtungen des Gap. F. über den Magnetismus von gröserm Werthe. Sie
len, daß in der füdlichen Hemifphäre einer ber nördlichen Halbkugel diametral
Igenlaufende Bewegung flattfindet. Die tänlihen Schwankungen der Mag⸗
adel waren innerhalb der Wendekreife fehr Elein, und die Inclinationen ber
si, weiche F. gemeſſen hat, beftätigen vollfommen die eigenthümliche Kruͤm⸗
Mes magnetiſchen Aquators im Suͤdmeere, melche fhon aus Cook's Beob⸗
wagen hervorzugehen ſchien. Auch wurden mit 59 Flaſchen Meerwaſſer, bie
Rügseacht hatte, Veriuche angeftellt, um zu beflimmen, ob das Seewaſſer der
Ga Halbkugel an Sulz fpecifiich ſchwerer fei als das der nördlichen. Die
Möriftt. Nachrichten von der Neife des Eap. F., 31 Quartbde., find im Ges
wist der franzoͤſ. Akademie niedergelegt. Daraus entftand das Prachtwerf;
sy. antour du monde, fait p. o. du Roi sur les Corvettes de S. M. 1’Ura-
etc. pendaut les annees 1817 —- 20, par M. L. de Freycinet‘* (Paris
5f6.,8 Bde., 4., mit 4 Atl. von 348 Kpf.)
Freygang (Wilhelm von), k. ruffifch. Generalconſul zu Leipzig, Sohn des
Rußlands Anftalten für medicinifche Polizei hochverdienten verft. kaiſerl. Leibs
Mven Freygang, geb. 1783 zu Petersburg, ftudirte in Göttingen 2 3. lang
Staatswiſſenſchaften und Diplomatie unter Martens. Waͤhrend dieſes Aufents
bfachte er in ſcinen Ideen uͤber den Steinregen eine von ihm aufgeftellte Mei⸗
gäber diefe Naturerfchrinung zu begründen, und fchrieb außer einer Nachricht
die Univerſitaͤt Goͤttingen und einigen andern, faſt fämmtlid franz. abgefaßs
Schriften, auch zwei Heine Luftfpiele: „Doctor Gall auf der Reife” und „Ges
reiche (1805 u. 1806). Schon früher im diplomatifhen Sache in Rußland
Melt, trat er 1804 ins thätige Dienftleben, begleitete den Oberbefehlshaber
mflifdyen Heeres im Seldzuge gegen Perfien, und wurde 1805 nad) dir Mols
und Walachei geſchickt. Nach dem Frieden von Zilfit warb ec Geſandtſchafts⸗
tsie in Wien, und ftand in gleicher Figenfchaft auf durze Zeit in Parie. Er
1811 nach Georgien geſchickt, und 1812 nad Perfien, wo er zu Tauris bie
nhandlungen, die Grundlage zu dem bald nachher erfolgten Friedensſchluſſe,
Kb. Seine Gemahlin, geb. Friederike v. Koubrinffein, die wahrend ſeines
eigen Aufenthalts im Orient an f. Seite war, gab 1816 in franz. Sprache
feüber den Kaukaſus und Georgien heraus, welchen er felbft einen Bericht
ſ. Aufentbate in Perfien anhängte. (Deutſch zu Hamburg 1816.) Nach ſ.
ehr aus Perſien wurde Hr. v. F. bei der Gefandtchaft am nieteriändiichen
rangeftellt, wo er 6 Sabre blieb, bis er in feine gegenwärtigen Dienftverhäfte
m.
Freyre (D. Manuel), ach. um 1765 zu Oſuna in Andalufien, erprobte
hrenaͤenkrieg als junger Officier feinen Much. 1798 war er Mayır im ten.
397 Friedensgerichte
ſpan. Huſaren, und ber Unabhaͤngigkeitskrieg fand ihn 1808 als Obriſtlie
Im folg. 3. befehligte er fein Regiment als Obrift unter Abadia. Er mu
gadier und commandirte die Reiterel der Armee des Generals Blake. D
zofen auf allen Punkten unabläjfig nedend, verfolgte er die Divifion Gobi:
Gibraltar bis an die Thore von Sevilla, und fügte ihr fo vielfältigen Sch
daß der Befehlshaber, um Bonaparte's Zorn zu entgehen, ſich erſchoß.
Marfchall de Campo, übernahm 1811 das Commando über daß britte Ar
und verdrängte die Sranzofen aus dem Königreid) Granada. Muth und
heit zeigte er in&befondere in der Schlacht von Dcanne. Den 30. und !
1813 trug er durd) feine Manoeuvres viel zur Wegnahme von SansSeba
Er wurde Generallieutenant und erhielt 1813 das Großkreuz des Milit
vom heil. Ferdinand. Nach der Entlaffung des Generals Ballefteros wı
das Kriegsminifterium angeboten, allein er ſchlug e8 aus. Als bei dem ?
von 1820 der König einen zuverläffigen, und tapfern Feldherrn bedurft
Wahl auf ihn. Er erließ von Sesilla aus unterm 14. Jan. einen Aufru
Truppen. Aber ed war ſchwer, Truppen gegen Truppen zu führen, w
wenig Zagen noch die gleichen Ragerftellen getheilt hatten. Er fchien dur
handlungen gewinnen zu wollen, was er mit Gewalt erreichen zu Eönnen be
Seine Maßregeln hätte der erwünfchte Erfolg gekrönt, wenn nicht in Gal
a. D. Empörungen ausgebrochen wären. Nachdem er im Monat Kebrua
fel Xeon von der Landſeite eingefchloffen, und den General Riego in die Ge
Ronda hatte verfolgen laffen, erfchienen am 7. März Abgeordnete bei ihm
erto- Santa: Maria, die auf Andringen vieler See» und Xrtillerieofficiere i
die Verkuͤndigung der Conftitution begehrten. Am 9. kam 5. felber nac
und durch ben dortigen Stand der Dinge, wie burd) den Anzug des Gener
fen von Abisbal gedrängt, verſprach er, daß bed andern Tags die Conſtitu
clamirt werden follte. Er halte, fo fchrieb er anden König, diefe Neue
nöthig, um einem Bürgerkriege vorzubeugen, um fo mehr, ale Graf A
Anzuge fei, der auf die Befakung von Cadix großen Einfluß habe. Als eı
andern Zage nad) Cadir am, um ber Feierlichkeit beisumohnen, hatte jen
bab ftatt, Über deffen Beranlaffung noch ein Schleier lieg. Kaum mar
nung hergeftellt, fo kamen die Dfficiere der Befagung zu ihm, und verlai
Verhaftung der Artillerieofficiere, deren politifche Sefinnungen verdächti
Freyre erfüllte ihr Gefuch, weil er dies für das einzige Mittel hielt, bie
der Legtern in Sicherheit zu bringen. Auch ließ er die Bataillons, wel
Blutbab angerichtet, aus Cadix abziehen. Am 14. erhielt er endlich d
Decrete vom 7. März, worauf die Eonftitution in Cabir verfündigt und bi
wurde, Einige Zage fpäter ward ihm ber Oberbefehl genommen, und er !
haftet, weil man ihn für den Urheber des cadirer Blutbades erklärte. (V
fensio del General D. Manuel Freyre‘‘, Madrid 1820.)
riedensgerichte. I. Wie tief das Inftitut der Friedensrich
ganze Öffentliche Leben der Engländer eingreift, und wie wohlthätig baffel!
wol für die öffentliche Ordnung als für die gefegliche Freiheit des Volks w
der Art. England. Sein Hauptcharakter befteht, darin, daß eine große
Beamten durch das ganze Land vertheitt ift, welche zwar von dem Kör
vermöge ber befondern Verhaͤltniſſe auf eine ſolche Weife angeftellt werden
ner von ihnen in Verfuchung ift, die öffentliche Gewalt zu mißbrauchen
die verfaffungsmäßigen Schranken auszudehnen. Es ift ein durchaus fi
Dienft, teil es ein Ehrenpunkt ift, ſich in die allgemeine Friedenscommiſ
friedenseichterliche Patent, der Graffchaft aufnehmen zu laffen, zur
Üdernahme des Amtes aber Niemand verpflichtet ift, und daher nur X
welche einen Beruf dazu mit der nöthigen äußern Unabpängigkeit (denn
Rriedensgerichte 393
3efolbung) verbinden. Iſt man in einem Bezirk mit ben Friedensrichs
den, fo wird leicht ein andrer dazu vermocht, diefen Dienft gleichfalls
en, und die Bürger find alfo immer gegen bie Launen, die Nachläfs
Yerrfchfucht und andre Schwächen ber untern Beamten gefchüst, wel⸗
indern Einrichtung, wo für einen beſtimmten Bezirk nur ein Beamter
beftellt wird, ebenfo ſchwer zu vermeiden find, als den Unterthanen
den koͤnnen. S$n vierteljährlichen Berfammlungen bilden die Friedens⸗
Sraffchaft zu gletcher Zeit das Sriminalgericht der Graffchaft für die
traffälle, die obere Polizeibehörde und Appellationsinftanz bei Beſchwer⸗
zelne Friedensrichter (mobei die Mündlichkeit und Dffentlichleit der
zen die Entfcheidung nicht nur befchleunigt, fondern auch jede Beu⸗
ihrheit und des Rechts verhütet, kurz auch hier allen Beamtens umb
potidmus verhindert), das Gericht für Beſchwerden in Steuerfachen,
iniftrativbehörde der Grafichaftsgemeinde. So tragen bie Friedens
‚lich viel bei, in die Juſtiz⸗ und Polizeivermaltung Einfachheit, Kraft
hkeit zu bringen, und das Band zwifchen Regierung und Unterthanen,
Zeranlaffungen bes gegenfeitigen Mißtrauend entfernt werben, unges
zhalten. Unter allen Snftituten Englands verdient keine ſowie dieſes
nung empfohlen zu werden; ein Urtheil, welches längft von bewährten
nern (die meiftechafte Darftellung des koͤnigl. preuß. Oberpräfidenten
isgeſprochen worden ift, II. Die franzöfifchen Friedensgerichte
m englifchen Inſtitut kaum mehr als den Namen gemein, obwol bie
ſammlung bei ihrem berühmten Geſetz über die neue Gerichtöverfaffung
vom 24. Auguft 1790, welches int Wefentlichen nod) heute befteht,
genaueres Anfchließen an bie englifche Verfaflung beabfichtigte. Das
Frankreich bekanntlich in Departements, diefe wurden in Diftricte (nach⸗
ſements) und diefe in Cantons getheilt, um die ehemalige Sonderung
m, Ämter und Herrfchaften zu verwifchen. In jedem Canton follte,
gehobenen Patrimontalgerichte, von den ſaͤmmtlichen activen Bürgern
sichter, mit einigen Affefforen (als Zaratoren, prud’kommes) immer
hre geroählt werden. Sein Gefchäft follte in richterlicher Entſcheidung
Sachen bis zu 100 Livres (bis auf 50 Livres ohne Appellation) der
keiten, Verbalinjurien, in Vergleichsverhandlungen und Leitung ber
raft beftehen. Die Competenz der Friedensrichter wurde nachher auch
Polizeivergehen ausgedehnt. Die Wahl derfelben blieb bis zur Reſtau⸗
e in der Confularconftitution vom J. VIII. (Dec. 1799) warb die
ig der Friedensrichter auf drei Jahre, und 1802 auf zehn Jahre ausges
h der Charte constitutionnelle von 1814, werben audy die Sriedends
Könige auf Lebenszeit beftelt. Da die Mittelzahl der Volksmenge
ns 10,000 Seelen ift, fo ftehen die Sriedensrichter ziemlich den Amtleus
tigen deutfchen Ländern gleich, in welchen fie weder große Amtsbezirke,
eichliche Befoldungen haben. Alle einigermaßen verwidelte Proceffe
00 Fr. beträgt, ferner alle Streitigkeiten über die Echtheit der Urkun⸗
ptions en faux) find an die Kreiögerichte (tribunaux de premidre in-
siefen, von welchen die Appellationen an die Hofgerichte (cours d’appel)
isle Gefchäfte, welche unfere Amtleute zu beforgen haben, 3. B. das
wefen, Steuerfachen, Semeindeverwaltung u. f. w., gehen dem franz.
ter nichts an. So wird es möglich, daß er mit einer unbebeutenden
feine Geſchaͤfte ohne übermäßige Anſtrengung verfieht, und ohne tiefe
enntniffe feinem Amte wohl vorfteht. Durch die Aufhebung aller Erems
der Gerichtsbarkeit wirb fein Amtsanfehen dennoch hinreichend aufrecht
mb fo ift des franz. Sriedensrichter zwar lange nicht das, was ber eng⸗
394 Friedensſchluß
liſche iſt, aber dennoch hat auch dieſer gerichtliche Organismus ſeine ſeh
hafte Seite. ©. Biret's „„Kecueil général et raisonné de la juris
et des attributions des justices de paix de France‘ (2 Thle., Paris
Sriedensfchluß. Zwiſchen zwei kriegfuͤhrenden Mächten t
der eine der ftreitenden Parteien oder eine neutrale Macht den erfirn
Heritellung bes Friedens. So werden denn audı die Friedensunt
lungen entweder unmittelbar zwiſchen ben Eriegführenden Mächten, c'
bar durch einen dritten Stunt eröffnet, der wieder entweder nur feine gut
verwendet, oder ald Vermittler (Mediateur), oder als Schiedsrichter, bi
mit Einwilligung der Eriegenden Parteien, dabel auftritt. Verſamm
dieſem Behufe bevollmächtigte Gefandte, oder fommen die Kürften felb|
densunterhandlungen zufammen, fo entftebt ein Sriedenscongreß. (S.E c ı
Die Geſandten befchäftigen fich entweder erſt mit einem Präliminarf
trage, oder arbeiten fogleid) am Definitivfriedensſchluß. Jenen darf
verwechfeln mit den Sriedenspräliminarien, in welchen über den Ort dei
unterhanblung, über die Art, wie der Friede gefchloffen, wer dabei zuge
ausgeichloffen, wer bie Vermittlung oder Bürgichaft übernehmen, meld
ter Die Bevollmächtigten haben, weiches Geremoniel befolgt werden fell,
wird. Ebenfo wenig darf man die Praͤliminarconvention (vorläufige üb
damit verwechſeln, in welcher über einen Punkt verhandelt wird, ohne di
ſtehung fich ein Theil in gar keine Unterhandlungen einlaffen will. Dei
narfrieben®vertrag bat es dagegen mit den Hauptpunkten zu thun, und l
Hand minder wichtiae Nebenpunfte, Über die man fid) nachher noch zu
hofft, unerdrtert. Solche Friedensinftrumente haben bisweilen nur bie}
Dunctation, bisweilen aber die eines wirklichen Definitivvertrags, werden
gen® in beiden Faͤllen wie der Friede unterzeichnet und ratificirt, worauf
nicht nachher ein Andres ausdruͤcklich ausgemacht wird, vollig verbindl
baben. Der Definitivfriedensfchluß, d. i. der Alles zur Entſcheidung
beſeitigt nachher alle ftreitige Punkte. Die allgemeine Form eines ſolche
Nach Anrufung des göttlichen Namens kommt die Veranlaffung zu dem
Erwaͤhnung der Gefanbten und ihrer Vollmachten, dann die allgemein
als Miederherftellung des Friedens und der Sreundfchaft, Einftellung der‘
keiten, Berüdfichtigung der Gontributionen, Gefangenen, Amneftie u. |
erft folgen die befondern und eigentlichen Hauptartitel des Friedens, bei
meiniglich der Punkt des Beſitzſtandes der fchroierigfte roar, wenn nicht
der Feind in feiner Gewalt hatte, den Frieden vorzufchreiben. Zeit: ur
flimmungen der Auswechſelung der Ratificationen und Unterzeichnung:
den Beſchluß. Über diefe Unterzeichnung gab es ehedem viele Schw
indem kein Theil der hintenangefegte ſcheinen mochte. est hat man v
Wege, diefen Schwierigkeiten auszuweichen: 1) die Alternation, wo j
geichnende Macht die andre, an welche das Inſtrument ausgeftellt reiı
ſtellt, oder 2) Proteftationen von der einen, Meverfe von der andern Se
beide beabfichtigen, zu verhindern, daß in künftigen Fällen ber jetzige nic
«gel gelten folle. Unterzeichnung, Beſiegelung und Auswechſelung der Raı
geſchehen übrigens bald in der Stille, bald mit Feierlichkeit. Angebäng
Friedensſchluſſe bisweilen noch befondere Artikel, entweder öffentliche od:
Manche enthalten Hauptpuntte, die auf den Trieben und deffen Vollsic
Bezug haben; andre find cin bloßer Vorbehalt, wegen gebrauchter Titel
-u.fw. So hat man fonft 3. B., ſeitdem die franzöfifche Sprache (ſei
Friedensſchluͤſſen gebraucht wurde, in den Verträgen, an welchen Frai
theil nahm, fich verwahrt, daß hieraus für die Zukunft keine Schuldigke
werben folle. Iſt nun der Friedensſchluß unterzeichnet, von den Sou'
Frledensſchluͤſe Friedland (Schlacht bel) 395
ıdig unterzeichneten Urkunden ratificirt, d. i. genehmigt, und find bie Rati⸗
n ausgemechfelt worden, fo bleibt nur nody der leichte Punkt der Bekannt:
3 und der ſchwere der Vollziehung übrig. In dem letztern hat ſchon oft der
neuen Kriegen gelegm. Sammlungen von Friedensfchläffen (d. i. Fries
tagen) find eine Hauptquelle für die politifche Gefchichte der Staaten. S.
die Überficht diefer Sammlungen in v. Martene’s „„Discours sur les re-
e traites‘* vor dem „„Supplement au recueil des traites“‘, Vol. I.
riedensſchluͤſſe der neuern Zeit, f. die einzelnen Art.
riedland (Schlacht bei), von Napolcon am 14. Jun. 1807 gegen bie
unter Bennigfen gewonnen, Obgleich die ruffifche Armee die feindlichen
sngriffe in der befeftigten Stellung bei Heilsberg (10. Juli) mit Verluft
ſen hatte, mußte fie fih doch in den folg. Zagen, da der Feind ein ſtarkes
n ihre rechte Flanke und gegen Königsberg ſchickte, in.die Gegend von Fried⸗
aͤckziehen. Schon am 14. früh um 2 Uhr begann ein Gefecht der Vor⸗
‚mit einem Theile des Corps von Lannes, welcher, zwifchen Heinrichsdorf,
un und dem fortlader Walde aufgeftellt, die Straße nad) Königeberg deckte.
e währte ziemlich unentſchieden bie früh 5 Uhr, wo die erfien Abtheilungen
nichen Hauptheers anlangten und über die ſteinerne Bruͤcke in der Stadt, fos
nzwei obers und unterhalb derfelben gefchlagene Pontonsbruͤcken auf das
Ketder Aller ibergingen. Das ruſſiſche Heer, nad) Abzug aller Detaſchi⸗
u argcfübe 67,000 M. ſtark (7 Divifionen), ſtellte ich in zwei Treffen,
%, Beinen umcchenden Bogen geſtellt, die Aller im Rüden hatten; ber echte
Ikhate ſich beim domerauer Holze an diefen Fluß; er beſtand aus 4 Divifios
Diem größten Theile der Cavalerie; der von 2 Divifionen gebildete linke, durch
Hlenfiieß von jenem getrennt, hatte den fortlader Wald links vor fid) und
kafalls an bie Aller ; er hatte alle Jügerreg.nzenter gegen diefen Wald abges
‚eine Divifion endlich ftand in Bataillonsahtheilungen ald Ruͤckhalt auf dem
Urufer. Die Schlachtordnung des erften Treffens war fo, daß 2 Bar
jedes Regiments in Linie, mit dem dritten dahinter in Golonne ftanden, das
weite Treffen war in Bataillonscolonnen formirt. Von dem franz. Deere
ährend der Einleitung dee Gefechte, das Lannes'ſche Corps vollende, dann
Ihr früh Das von Mortier, um 9 Uhr Napoleon mit dem Ney'ſchen und der
ayalerie, das erſte Corps, unter Victor, nebft der Garbeinfanterie Nach⸗
3 Uhr auf dem MWahlplage ein; es erreichte dadurch zuleßt eine Stärke von
x 75,000 M. Bon 5 Uhr des Morgens an warb ohne entfcheidenden Ers
"dem linken Flügel in dem fortlader Walde gekämpft, in dem fid) beide
hielten (anne bildete den linken, Ney den rechten Slügel der franz. Armee),
schte Die Cavalerie dieſes, ſowie die des rechten Flügels (bei Heinrichedorf)
Nüdtiche Angriffe, und die ganze Kinierückte in die Richtung von Pofthenen
xx Stunden weit vor. Es waͤre jegt leicht gewefen, das Lannes'ſche Corps,
me durch die allmaͤlig ankommenden Truppen unterſtuͤtzt ward, zuruͤckzuwer⸗
des Waldes bei Poſthenen und der dadurch laufenden Straße zu bemaͤchti⸗
d fo das Entwideln des feindlichen Heers zu verhindern, es vielleicht einzeln zu
1. Aber unbegreiflicher Weiſe beynügte ſich Bennigfen mit den errungenen
lhtlichen Vorthrilen, ließ ſich durch eine Kanonabe und Zirailleurgefechte hins
und fab zu, wie ſich das feindliche Heer Immer mehr verflärkte. Diefes
ich der Ankunft des letzten Corps bald zum volllommenften Angriff über,
zu der Fronte vor, mährend Ney (Abende 6 Uhr) den fortlader Wald durd)
Truppen reinigen ließ, und am Rande deffeiben in ſtarken Maſſen in die
lanke der Ruſſen 309. Obgleich von diefen mehre Angriffe gemacht wurden,
x tech immer weiter, und fie waren bereits in ihre frühere Etellung zuruͤck⸗
a, als er auf der Höhe links von Friedland eine Batterie von 40 Kom
394 Stiedensfchlug
liſche ift, aber dennoch hat auch diefer gerichtliche Organismus feine
bafte Seite. S. Biret's „„Recueil general et raisonne de la j
et des attributions des justices de paix de France“ (2 Thle., Da
Sriedensfchluß. Zwiſchen zwei kriegfuͤhrenden Mächt
ber eine der ftrritenden Parteien oder eine neutrale Macht den erji
Herftellung des Friedens. So werden denn auch die Friedensi
lungen entweder unmittelbar zwiſchen den Eriegführenden Mächten
bar durch einen dritten Staat eröffnet, der wieder entweder nur feine
verwendet, oder als Vermittler (Mediateur), oder als Schiedsrichter,
mit Einwilligung der Eriegenden Parteien, dabei auftritt. Werfa
biefem Behufe bevollmächtigte Gefandte, oder Eommen die Kürften {
dendunterhandlungen sufammen, fo entfteht ein Friedenscongreß. (S.C
Die Gefandten befchäftigen ſich entweder erſt mit einem Praͤlimin
trage, oder arbeiten fogleidy am Definitivfriedensſchluß. Jenen de
verwechfeln mit den Friedenspraͤliminarien, in weichen über den Ort
unterhandlung, über die Art, wie der Friede geſchloſſen, wer dabei 3
ausgejchloffen, wer die Vermittlung oder Bürgfchaft übernehmen, wı
ter Die Bevollmächtigten haben, welches Geremoniel befolgt roerden fi
wird. Ebenſo wenig darf man die Pritliminarconvenrion (vorläufige
damit verwechſeln, in welcher über einen Punkt verhandelt wird, ohn
ſtehung fid) ein Zheil in gar keine Unterhandlungen einlaffen will.
narfriedensvertrag hat ed dagegen mit den Hauptpunkten zu thun, ın
Hand minder wichtige Nebenpunfte, über die man fid) nachher noch
hofft, unerörtert. Solche Friedensinftrumente haben bisweilen nur I
Dunctation, bisweilen aber die eines wirklichen Definitiovertrags, wer
gens in beiden Faͤllen wie der Friede unterzeichnet und ratificiet, wor,
nicht nachher ein Andres ausdruͤcklich ausgemacht wird, vollig verb
haben. Der Definitivfriedensfchluß, d. i. der Alles zur Entfcheidu
befeitigt nachher alle ftreitige Punkte. Die allgemeine Form eines ſo
Nach Anrufung des göttlichen Namens kommt die Veranlaffung zu !
Erwähnung der Gefandten und ihrer Vollmachten, dann die allgem
als Wiederherftellung des Friedens und der Freundſchaft, Einftellung
keiten, Berhdfichtigung der Gontributionen, Gefangenen, Amneftie
erft folgen die befondern und eigentlichen Hauptartikel des Friedens,
meiniglich der Punkt des Beſitzſtandes der jchmwierigfte war, wenn nic
der Feind in feiner Gewalt hutte, den Frieden vorzufchreiben. Zeit -
flimmungen der Ausmwechfelung der Ratificationen und Unterzeichni
den Beſchluß. Liber diefe Unterzeichnung gab es ehedem viele S
indem kein Hell der hintenangefegte ſcheinen mochte. Jetzt hat ma
Wiege, diefen Schwierigkeiten auszumweichen: 1) die Alternation, n
zeichnende Macht die andre, an welche das Inſtrument ausgeftelit
fteüt, oder 2) Proteftationen von der einen, Meverfe von ber andern
beide beabfichtigen, zu verhindern, daß in künftigen Fällen der jebige
gel gelten folle. Unterzeichnung, Befiegelung und Auswechfelung der
gefchehen übrigens balb in der Stille, bald mit Feierlichkeit. Angeh
Friedensſchluſſe bisweilen noch befondere Artikel, entweder öffentliche
Mandye enthalten Hauptpunfte, die auf den Frieden und deffen Wo
Bezug haben; andre find rin bloßer Vorbehalt, wegen gebrauchter £
u. ſ. w. So hat man fonft 3. B., feitdem die franzöfifche Sprache
Friedensſchluͤſſen gebraucht wurde, in den Verträgen, an melden $
theil nahm, ſich verwahrt, daß hieraus für die Zukunft Feine Schuit
werden ſolle. Iſt nun der Friedensſchluß unterzeichnet, von den €
Frledensſchluͤſſe Friedland (Schlacht bel) 395
unterzeichneten Urkunden ratificirt, d. i. genehmigt, und find die Rati⸗
usgewechſelt worden, fo bleibt nur noch der leichte Punkt der Bekannt⸗
nd der ſchwere der Vollziehung übrig. In dem letztern hat ſchon oft der
uen Kriegen gelegen. Sammlungen von Friedensſchluͤſſen (d. i. Fries
ven find eine Hanptquelle für die politifche Sefchichte der Etnaten. S.
Überficht diefer Sammlungen in v. Martens's „„Discours sur les re-
raites*® vor dem „„Supplement au recueil des traites“‘, Vol. I.
edensſchluͤſſe derneuern Zeit, ſ. die einzeinen Art.
edland (Schlacht bei), von Napolcon am 14. Jun. 1807 gegen bie
ter Bennigfen gewonnen. Obgleich die ruffifche Armee bie feindlichen
rriffe in der befefligten Stellung bei Heildberg (10. Juli) mit Vertuft
hatte, mußte fie fih dody in den folg. Tagen, da der Feind ein ſtarkes
ıre rechte Flanke und gegen Königsberg ſchickte, in. die Gegend von Fried⸗
siehen. Schon am 14. früh um 2 Uhr begann ein Gefecht der Vor⸗
it einem Theile des Corps von Lannes, weldyer, zwifchen Heinrichedorf,
und dem fortlader Walde aufgeftellt, die Straße nad) Königeberg dedite,
ährte ziemlich unentſchieden bis früh 5 Uhr, wo die erften Abtheilungen
en Hauptheerd anlangten und Über die fteinerne Brüde in der Stadt, fos
cei obers und unterhalb derjelben geſchlagene Pontonsbruͤcken auf das
ser Aller übergingen. Das xuffiiche Heer, nad) Abzug aller Detafchte
agefähr 67,000 M. ſtark (7 Divifionen), flellte fi in zwei Treffen,
einen umcehenden Bogen grftelit, die Alter im Rüden hatten ; ber echte
te jich beim domerauer Holze an diefen Fluß; er beitand aus 4 Divifios
m groͤßten Theile dee Cavalerie; der von 2 Divifionen gebildete linke, durch
files von jenem getrennt, hatte den fortlader Wald linke vor ſich und
Us an die Aller; er hatte alle Jägerreg.nienter gegen diefen Wald abges
e Divifien endlicy ftand in Bataillonsabtheilungen als Ruͤckhalt auf dem
zufer. Die Schlahhtorbnung des erſten Treffens war fo, dag 2 Bas
6 Regiments in Kinie, mit dem britten dahinter in Golonne ftanden, das
e Treffen war in Batalllonscolonnen formirt. Bor dem franz. Deere
md der Einleitung des Gefechte, das Lannes'ſche Corps vollends, dann
rTuͤh das von Mortier, um 9 Uhr Napoleon mit dem Men’fchen und der
lerie, das erite Corps, unter Victor, nebft der Gardeinfanterie Nach⸗
Uhr auf dem Wahlplage ein; es erreichte dadurch zulegt eine Stärke von
5000 M. Bon 5 Uhr des Morgens an warb ohne entfcheidenden Er⸗
m linken Stügel in dem fortlader Walde gekämpft, in dem ſich beide
ten (Lannes bildete ben linken, Ney den rechten Slügel ber franz. Armee),
se die Cavalerie dieſes, forie die des rechten Fluͤgels (bei Heinrich&dorf)
Briche Angriffe, und die ganze Linie ruͤckte in die Richtung von Pofthenen
Stunden weit vor. Es wäre jegt leicht gewefen, das Rannes’fche Corps,
educch die allmälig ankommenden Truppen unterftügt warb, zuruͤckzuwer⸗
6 Waldes bei Pofthenen und der dadurch laufenden Straße zu bemädhtis
3 das Entwideln des feindlichen Heers zu verhindern, es vieleicht einzeln zu
Aber unbegreiflicher Weiſe begnügte ſich Bennigſen mit den errungenen
tichen Vortheilen, ließ fich durch eine Kanonabe und Zirailleurgefechte hins
nd ſah zu, voie ſich das feindliche Heer immer mehr verftärkte. Diefes
der Ankunft des letzten Corps bald zum vollfommenften Angriff über,
ec Kronte vor, während Ney (Abende 6 Uhr) den fortlader Wald durch
uppen reinigen ließ, und am Mande beffelben in ſtarken Maſſen in die
te der Ruffen zog. Obgleich von diefen mehre Angriffe gemacht wurden,
sach immer weiter, und fie waren bereits in ihre frühere Stellung zur&de
als er aufder Höhe links von Friedland eine Batterie von 40 Kanonva
396 Friedland (Stade) Sriebländer (David)
errichtete, welche die Entfcheibung fehr bald hecbeiführte; denn ihr Seuer ri
den dichten Maffen fo ſchreckliche Verwuͤſtung an, daß fich der ruffifche link:
nicht Lange darauf nach Friedland zuruͤckwarf; er paffirte hier die Aller und
zur Dedung des Ruͤckzuges die Vorftadt ab. Die Vortheile, die indeß de
Flügel über Lannes erhalten hatte, mußten unter diefen Umftänden aufgegeb
den; der allgemeine Ruͤckzug durd) Friedland ward befohlen. Hier hatten |
ſchon Abtheilungen ded Ney'ſchen Corps feftgefegt ; die Ruſſen, in der Flan
fam mit Kartätfchen beſchoſſen, ftürzten fid in Die brennende Vorftadt, ur
ten fich, im engften Sinne des MWorts, bucchfchlagen; ein mörderifches |
daß vielleicht fo viel Opfer als die Schlacht felbft Eoftete, mit Scenen, die d
müth des verfuchteften Kriegers erſchuͤtterten. Eine Abtheilung, welche der
zug gedeckt hatte, fand die Bruͤcken ſchon zerſtoͤrt, und rettete ſich nur dadu
der Gefangenſchaft, daß es eine zwiſchen der Ziegelei und Kroſchenen bef
Furth, freilich mit Verluſt, zum Übergang über den Fluß brauchte; eim
Abtheilung, unter General Lambert, mit 29 Kanonen, Eonnte ihn nicht n
reichen ; fie war fo gluͤcklich, während der Nacht nad) Altenburg zu entkomme
wo auß fie wieder zur Armee ftieß. Die Ruſſen zogen fi über Wehlau u
linke Ufer der Memel zuruͤck (am 21. ward der Waffenſtillſtand gefchloffen, 1
Friede von Tilſit folgte) ; fie hatten 2 todte, 4 verwundete Generale, und uͤ
ungefähr 7000 Zodte und 12,000 Verwundete; das franz. Deer zählte 5 d
dete Generale ; fein übriger Verluſt läßt fich nicht genau angeben, und wenn
den im Bulletin genannten Überfteigt, fo erreicht er doch bei weitem nicht den
lichen; es hatte außerdem 16 Kanonen erobert.
Friedland, Stadt und Herrſchaft in Boͤhmen, im bunzlaner Kerl
der Grenze der Oberlaufig und Schlefiens, mit einem Scloffe gl. N. 8
ftein kaufte 1622 diefe Herrfchaft, und wurde noch in demſ. J. vom Kail
Derzog von Sriedland erhoben. Nach f. Tode fiel die Herrſchaft dem Ka
der einen Grafen Gallas damit belehnte, deffen Nachkommen, die Grafen
Gallas, fie noch befigen. Das weitläufige, durch feinen Bau und durch m
lei deutfche Alterthuͤmer merkwürdige Schloß hat eine hobe freie Lage, und
ehemals für feft gehalten; auch behaupteten die Schweden im breißigiähr.
ſich Lange Zeit in demfelben. Unter den Denkmälern, die e8 aufbewahrt, z
fi) ein treues Driginalgemälde Wallenftein’s in Lebensgroͤße aus. Nad
über dieſes Schloß und feine berühmten Beſitzer findet man in der Schrift vı
metſy: „Das Schloß Friedland ıc., nebft Urkunden und eigenhändigen Brie
Herzogs Waldſtein“ (Prag 1818, mit Kpfrn.).
Sriedländer (David), Etadtrath in Berlin, ein mit dem leben
Sinne für das Gute, Wahre und Schöne begabter Israelit, Mendelsſohn's
lee und Sreund, der noch am Abend feines patriarchalifchen Lebens aus dem ı
Duell der Sottesfurdht und Weisheit, aus den heiligen Urkunden des Mor
des, Kraft und Liebe zu edler Wirkfamkeit ſchoͤpft, wuͤrde ſchon als Menſch
Achtung feines Volks und in dem Andenken feiner Freunde fortieben, aud) e
nicht durch belehrende Schriften auf die Bildung feiner Glaubensbruͤder woh
eingewirkt hätte. Sein Vater arlindete 1739 zu Königsberg in Oſtpreußer
Manufacturhandel, den er mit Fleiß, Kenntnig und Glüd betrieb. Sein
lichkeit in Gefchäften war fo anerkannt, daß er bi zu feinem Tode das vol
trauen feiner Mitbürger genoß. In Freiſtunden befchäftigte er ſich mit de
mud, las aber auch deutfche Bücher, vorzüglich Leſſing's und Herder's &d
Seinen Kindern, ſechs Söhnen und einer Tochter, gab er eine fehr qute Erz
David, der vierte Sohn, geb. 6. Dec. 1760, lernte früh jene Schriften kenn
welchen er ſ. Vater vorlas, und fuͤhlte ſich, wie viele ſ. Glaubensgenoſſen, von
laͤuterten Srundfägen, dem Scharfſinne der Gedanken und der Kraft des Au
Friedlaͤnder (Michel) 397
ich angezogen. Auf feine weitere Bildung hatte fein Freund, der ſcharf⸗
zelehrte Marcus Derz, nachmals Profeffor u. Hofrath in Berlin, großen
ine regelmäßiges Studium erwarb fi Sr. nur durd) aufmerkfames Lefen
j der hebräifchen, franz. und deutfchen Sprache und, Literatur. Seine
ahm das Gewerbe eines Kaufmanns und ſpaͤter, als er den Hanbel aufs
gen und Pflichten bed Hausvaters und Bürgers in Anſpruch. Das
rx Durch fange ununterbrochene, innige Freundſchaft mit Mendeldfohn
Beften feiner Zeit fo vertraut, daß man nody jest in dem Gefpräche
Stimmen aus jener ſchoͤnen Zeit zu vernehmen glaubt. Die audges
Männer Berlins wuͤrdigten ihn ihrer Freundſchaft, Karunter Spalding,
erotto und Engel. Der legtere widmete ihm die Ausgabe feiner ſaͤmmt⸗
ften. — In feinem Haufe lebte D. Sriebländer in gluͤcklichen Verhälts
ine 1814 verft. Sattin, geb. Itzig, gab ihm zwei Söhne, Friedlaͤn⸗
cdiges Alter ſchmuͤckt aber auch das Verdienſt der thätigften Liebe für
der. Sowie er felbft der Religion feiner Väter treu geblieben ift, fo
uch, daß die altuäterlichen Zugenden in feinem Volke nicht ausfterben
Lange ber vernünftige Israelit feine Pflichterfenntmiß hauptſaͤchlich aus
ı der heiligen Urkunden und nicht allein aus Menſchenſatzungen ſchoͤpft.
e mehrmals fowol zur Vertheidigung als zur Belehrung feiner Mitbrüs
cergriffen und Alles, was zu ihrer religioͤſen und fittlichen Bildung beis
, mit ebenfo viel Einficht ale Wärme befördert. Die Gefchichte feiner
gen Erweckung hat erin f. „Sendichreiben an Zeller" (Berlin 1799)
w Schrift, die damals eine Menge Gegenfchriften veranlafte. Auch
des Eönigl. Manufactur⸗ und Commerjcollegiums hat D. Friedlaͤnder
Schriften manches Gute gewirkt. Durch bie Wahl feiner Mitbürger
tabtrath in Berlin. Früher war er eneraldeputirter ſaͤmmtlicher Zus
in den preuß. Staaten, und die „Actenſtuͤcke, die Reform der juͤdiſchen
‚den preufi. Staaten betreffend” (Berlin 1793) find ganz aus feiner Fe⸗
u As Älteſter der Sudenfchaft zu Berlin, 1806— 12, wirkte er für fie
recht aus. Damald machte er feine Gedanken über die durch die neue
m der Judenſchaften in den preuß. Staaten nothwendig gewordene Ums
#Gottesdienftes in den Synagogen, ihrer Unterrichtsanftalten und des
mftände und ihres Erziehungsweſens überhaupt (Berlin 1812) durch
jefannt. Auch gab er „Reden, der Erbauung gebildeter Israeliten ges
315 und 1817 heraus. Seine Schrift: „Uber die Verbefferung ber
im Königreich Polen” (Berlin 1819) enthält fehr zweckmaͤßige Vor⸗
ater f. frühern Schriften ift feine Überf. des Predigerd Salomo zu bes
er, nebſt einer Abhandlung über den beften Gebrauch der heil. Schrift
ſcher Hinfiht, zu Berlin 1788 herausgab. Mehre Auffäge von ihm
r Zeitfchrift „Jedidja‘“; man ſchaͤtzt f. „Proben einer Üüberſetz. einzels
tte aus dem Jeſaias und Hiob“ (Berlin 1821). Zur Vertheidigung
ımgenoffen gegen leichtſinnig hingeworfene Behauptungen erichien fein
r Gefchichte der Verfolgung der Suden im 19. Jahrh. durch Schrifts
z Form eines Sendfchreibene an die Srau Elifa von der Recke, geb.
Medem (Berlin 1820). Seine neuefte, vom Prof. Krug (Leipz. 1823)
Schrift: „An die Verehrer, Freunde und Schüler Jeruſalem's, Spal⸗
er's, Herder's und Loͤffler's“, wurde durch die in Berlin entflandene
e zur Beförderung bes Chriftenthums unter den Juden“ veranlaft. Sie
Blicke in das Wefen der religiöfen Überzeugung und treffliche Bemer⸗
die wahre Ausbildung feiner Glaubensgenoffen. C. Bardua hat fein
Stein gezeichnet, Berl. 1822.
ander (Michel, Arzt, geb. zu Königäberg 1769, gab in f. Ju⸗
398 Friedrich) J., der Rothbart
gend Veranlaffung zu dem erften hebräifchen Sournale: „Dee Sammler”.
ftudirte in f. Vaterftadt unter Kant, Kraufe, Schulz, Hagen ıc., feit 178
Berlin, Göttingen und Halle, wo er 1791 die Doctormwürde befam. Er m
dann drei J. lang eine Reiſe durch Holland, England, Deutfchland, Italien
die Schweiz, um die Hospitiler zu fehen. In der „Berliner Monatsfchrift”
a. Journalen theilte er wiffenfchaftliche Nachrichten mit. 1799 war er eine
Erften, der Schutzpockenimpfſtoff nad) Berlin verpflanzte. Seit 1800 lebte
Daris, wo er mit dem Prof. Pfaff: „Sranzöfifche Annalen für die allgemeine
turgefchichte , Phyſik, Chemie” (Hamb. u. Reipz. 1803), herausgab. Diefes 9
nal machte auf Frankreichs Schäge aufmerffam und enthielt wichtige Briefe,
hiftorifche Skizze der öffentlichen Erziehung und einen Entwurf der Armen: un
fonder® der parifer Armenanftalten, woraus Frank u. a. Nachfolger Manches
pfen Eonnten. Die parifer medicinifchen Zeitichriften befamen durch ihn &
Auszuͤge und Nachrichten von den vorzüglichften Männern und Werken Der
lands, fowie er für Hufeland's und a. medicin. Zournale das Wichtigite
Frankreich fammelte. Er lieferte auch Beitriige zu dem „‚„Journal de l’educı
par Guizot‘“ und gab 1815 fein Werf „„De l’education physique de ’home
heraus (überf., Zeipz. 1819). Das „„Dictionnaire des sciences medical
enthält mehre Artikel von ihm, unter andern Mortalite, Ivresse, Statistique:
dicale, bie er mit befonderer Sorgfalt ausgearbeitet hat. Er ftarb zu Part
Ende des J. 1824 und hinterließ eine Gefchichte der Armenanftalten und der
fängniffe in Deutfchland.
Sriedrich I, der Rothbart, Sohn Herzog Friedrichs ven Cd
ben, und feit 1147 Herzog von Schwaben, geb. 1121, erhielt nad dem A
Kaifer Konrads III., f. Oheims, 1152 die kaiferl, Krone. Er war der mu
deutfche Kaifer aus dem Haufe ber Hohenftaufen, und einer der maͤchtigſten
einfichtsvollften Herrfcher Deutfchlande. Er befriegte mit Gtüd den polnli
König Boleslav 1157, und erhob Böhmen zu einem Königreice. Gein Da
augenmerk war auf Italien gerichtet, um feine Macht bafelbft zu erweitern ug
befeftigen.. Er mußte dahin ſechs Züge unternehmen, um die aufrührerl|
Städte der Lombardei, bie durch Handel und Kunftfleig reich und mächtig,
auch angeblich übermüthig geworden waren, zu zuͤchtigen. Die Stade Mal
befonders hatte feinen Befchien fich widerfegt, und ſich verſchiedene Erädte w
worfen. Der Kaifer zwang fie nach einer hartnädigen Gegenwehr (1158
Übergabe. Als fie zum zweiten Male ſich gegen ihn empörte, wurbe fie (1!
wieder erobert, und, mit Ausnahme einiger Kirchen und Klöfter, auch einiger!
flädte und eines, dem Kaifer Dtto zu Ehren erbauten Thors, gänzlich zer
Brescia und Piacenza mußten ihre feften Mauern nieberreißen, die übrigen St
bie an den Unruhen Theil genommen hatten, verloren ihre Rechte und Freihe
Aber Papft Aterander III., ber ſich nad) Frankreich hatte flüchten müffen,
1168 den Bann wider den Kaiſer aus. Die Städte der Lombardei traten
neues Bündniß; die Mailänder bauten ihre Stadt wieder auf, und erfochten
bei Gremona einen Sieg über das Eaiferl. Heer, der den Frieden herbeiführte,
cher zu Venedig zrifchen dem Kaifer, dem Papft Alexander IM. und den Io
ſchen Städten (1177) gefchloffen ward. Die Ergebniffe des faft zwanzigj
Kriegs waren für den Kaifer nicht beſonders guͤnſtig. Inzwiſchen hatte
Luͤbeck und Regensburg zu Neihsftädten (vgl. d.) erfiärt, und dab
Grund zu einem Mittelftande zwiſchen dem Kaiſer und den deutſchen Fuͤrſten
wodurch die kaiſerl. Macht vergrökert und der Bürgerftand gehoben werden
Durch die Trennung der Herzogehümer Batern und Suchfen (1180), welche
rich der Loͤwe zufammen beſeſſen, wurde Fr. zwar ebenfalls mächtiger; alle
beiden ſchon unter fe Vorgänger entflandenen Parteien der Welfen und ur F
P gleich ftandhafter Fürft, und diefe großen Eigenfchaften bedediten den
Jie Herrfchfucht, die Allerdings die Haupttriebfedern feiner Handlungen
e hatte ein bemunderungdmwürbiges Gedaͤchtniß, und befaß für fein Zeit»
oͤhnliche Kenntniffe. Er fchäßte die Gelehrten, beſonders die Geſchicht⸗
us deren Werken er die hohe Idee von einem Kaifer fchöpfte, die er durch
ung zu verwirdlichen ftrebte. Seinen eignen Better, den Bifhof Otto
n, ernannte er zu feinem Sefchichtfchreiber, und feine Liebe zur Baus
jen noch jeßt Lie merkwuͤrdigen Ruinen des von ihm erbauten Reichspa⸗
Inbauien in der Wetterau. (,„Kaifer Friedrih8 I. Barbaroffa, Palaſt
zu Selnhaufen, von Bernd. Hundshagen”, Mainz 1819, Fol.) Er
im und majeſtaͤtiſchem Anfehen, und, trog feiner Streitigkeiten mit ben
n aufrichtigerer Anhänger ber Religion als Diejenigen, die ſich ihrer nue
ing andrer Abfichten zu bedienen ſuchten. Nach des Kaiſers Tode konnte
186 Kreuzzug nicht mehr erreicht werden; fein heidenmüthiger Sohn,
drich von Schwaben, der den Oberbefehl übernommen hatte und den
rden fliftete, warb von einer peftartigen Krankheit ebenfalls bingerafft,
von dem mächtigen Deere, das Friedrich aus Deutfchland geführt hatte,
venige Trümmer zuruͤck.
drich IL, der Hohenftaufe, Enkel des Vorigen, geb. zu Jeſi
Ancona, 26. Dec. 1194, Sohn des Kaiferd Heinridy VI., und dee
en Gonftantia (Erbtodhter von Sicilien dieffeits und jenfeits des Faro).
m Mittelalter etwa Karl den Gr. ausgenommen, but biefe univerfals
Bichtigkeit, als Friedrich I.; Wenigen wurde eine fo ausgezeichnete
aͤt, eine foldye Kette der merkwuͤrdigſten Schickſale und eine fo eigens
tellung nad) Drt und Zeit zu Theil. Die merkwuͤrdigſte Zeit des Mit⸗
pft fich an feinen Namen, und an f. lange Regiecung von 1209— 50.
Zeit, wo durch einen Gregor VII. und Innocenz III. das Syſtem der
uf einen faft für unmöglich gehaltenen Grad gefteigert worden war: mo
tehen der Ritterorden (zum Kampf gegen die Unglaͤubigen und zur Ter⸗
terung des paͤpſtlichen Machtgebietes) fo gut wie in der Stiftung der
0 Friedrich II., der Hohenſtaufe
recht, dem zufolge das Recht der Stärke das ſtaͤrkfte Recht war, zuerf
friede in deutſcher Sprache geboten, und in ſeinen fruͤheſten, kaum merk
faͤngen das geheime Gericht der Feme zu arbeiten begann; wo die erſten
ten den Geiſt der Pruͤfung und Forſchung anregten; wo der Provenzal
ſchon eine Heimath in Deutſchland und Italien, und bei Kaiſern und Koͤ
und UÜbung gefunden hatte: in dieſer Zeit erwuchs und handelte der grof
von Hobenitaufen! Ohne Lörperlich groß zu fein, war Friedrich wohlgeb
mit fhöner Stirn und faft antik gebildeter Nafe, Auge und? Mund
freundlich, ein Eräftiger, ſchnell für fich einnehmender Mann. Der Eı
ften Eigenfchaften von Allen feines großen Geſchlechts, Eühn, tapfer,
mit den trefflichften Anlagen, voller Kenntniffe, verftand er ſaͤmmtliche
feiner Unterthanen: Griechiſch, Lateinifch, Italieniſch, Deutſch, Fran
Arabiſch; dabei war er ftreng, felbft leidenfchaftlich rafch, mild und frei
die Zeit es mit fich brachte, vergnügt, uͤppig und lebensfreudig, wie die €
es vergonnte. Und wie fein Körper duch Fertigkeit in aller ritterlic
vollendete Gewandtheit fid) zugeeignet, fo war feinem, in der Erziehung '
figten, nur durch ſich felbft gebildeten Geifte, durch eine frühe Schule
eine Biegfamteit des Charakter geworden, welche die im Purpur Gel
felten Eennen, und eine Schwungftaft, die ihn eben dann wieder erfcl
Aufrichtete, wo ein Anbrer, von Schmerz und Jammer erdruͤckt, ſich fe
ten haben würde. So mußte aber auch ber Körper wie der Beift eine
befchaffen fein, der in dem fchon damals zerfplitterten Deutfchlandb eine
tige Ariftofratie, im obern Italien eine übermächtige Demokratie, im mil
lien eine übermächtige Hierarchie befämpfen, und in feinem ſuͤdlichſten
die feindlichen Elemente von ſechs Völkern zu Einem Ganzen unte
föhnen und durch innere Bande vereinigen follte; der von weltlichen
lichen Waffen, von Gegenkönigen wie von Bann und Interdict
- fiegreich und befiegt, 40 Jahre ausdauern, die Empoͤrung eines Se
Verraͤtherei und Giftmifcherei des wertheften Freundes, den Verluſt fe
Iingstindes Üüberftehen, und nur im legten Augenblid feines Lebens, nid
bittere Überzeugung, einen ſchweren Kampf umfonft getämpft zu haben,
gefaßten Zügel und daß. feſte Scepter nicderlegen follte. — Friedrich ftand
100 er die Regierung des untern Italiens und Siciliens felbft übernahm,
Bormundfchaft des Papſtes Innocenz III. Aber fchon die Belehnung n
und Sicilien, und die Krönung bes 4jährigen Knaben hatte die Kaiferin (
mit Aufopferung der wichtigften Kirchenrechte dem Papfte ablaufen müffı
notenparteien, dem Kirchenoberhaupte willtommen, theilten da® Land,
ten es noch, als Friedrich 1209, 15jaͤhrig, ohne Rath und Leitung, elı
nahm, dem er weder burd) Geld, noch durch ein Kriegsheer oder einen €
Anfehen verfchaffen konnte. Die von beutfchen Fürften dem dreijährigen
gefagte beutiche Königskrone hatte nach Heinrichs VI. Tode, deffen Bru
309 Philipp v. Schwaben, feinem Neffen nicht retten koͤnnen ober wolle
auch im Kampfe mit Otto IV., einem welfiſchen Gegenkoͤnig, zwecklos
"bis er 1208 auf der Altenburg, der Eönigl. Pfalz ven Bamberg, einer
hand erlag. Als aber der nun allein anerkannte Otto dem Papfte mißfaͤl
ber, wie in weltlichen Dingen uͤberhaupt, fo auc im (feit 1137 dauern!
fen und Shibellinenftreite das Schiedsrichteramt für ſich begehrte, und
ber Hohenftaufen Derrfchaft in Neapel, in der Lombardei ein Bolln
Deutichland gefchaffen hatte, rief Innocenz felbft den jungen Hohenftaufi
deutfchen Thron. Nicht an dem Namen, fondern an der Sache hing feiı
Mie durch ein Wunder kam 1212 Friedrich, troß allen Nachſtellungen
ſchen Partei, in Deutſchland an, und wurde von der hobenftauftfchen n
mn er auch eben feiner Unternehmung nicht unterlag, 10 haͤtte er dach
enalter leben müffen, um fie zum Ziel zu führen. Groß, wie der Plan
ud) feine Befonnenheit, ibn nur langfam vorzubereiten, Er ließ dems
eimen Älteften Sohn Heinrich) zum römifchen König mählen, und begüs
iber aufgebrachten netten Papft Honor IH. (feit 1216) mit der Ents
daß diefe Maßregel zum bevorftehenden Kreuzzug uncrlaͤßlich gemefen
le er Sicilien nie mit dem Reiche vereinigen: Hierauf ging et, unbes
ı die von den Mailaͤndern verweigerte eiferne Krone, nach Rom, erhielt
taiferfrönung, und eilte feinen Erblanden als glorreich gefrönter Kaifer
tals Flüchtling verlaffen hatte. Dort galt e8, ben Kreuzzug zuzuruͤſten,
ie innern Verwirrungen des Landes auszugleichen. Allein das Übel lag
ganzen Verfaſſung, hing felbft zu fehr mit den päpftlichen Vorrechten
ammen, als daß nicht Honorius gleich fehe darüber wie über den verzoͤ⸗
zug, hätte murren folen. Doc) ging Friedrich aud) gern in des edel
nsmeifter Hermann v. Salza Vorſchlag ein, ſich mit Solanta, Tochtet
dnig® von Serufalem, Joh. v. Brienne, zu vermählen, und ſeines
ıter® Titel anzunehmen. Selbft der Papſt geftand nun Auffchub zu,
z Erblanden hertliche Krüchte brachte. So unduldfam diefet gegen Ketzet
in mußte, fo ſchwere Edicte er gegen fie vechängte, deren Kinder, wenn
‚ihre Altern anzeigten, ee fogar bis ins zweite Geſchlecht allet Amtek
ar unfähig erklärte, fo ſchonend verfegte er, mit freier Glaubensuͤbung,
von Sicilien nad) Unteritalien, und ſchuf fie zu feinen nuͤtzlichſten unb
terthanen um. Seinneues Geſetzbuch, beftimmt, nicht bloß Kirche
uszugleichen, nicht bloß Adel, Geiftlicykeit, Bürger und Bauet zu vers
e fuͤr fo verfchiedene Voͤlkerſtaͤmme, wie Römer, Griechen, Deutfche,
:mannen, Juden und Stanzofen, paflen, und doch das Beftchende ſo
ich fchonen. In diefem Sinne arbeitete fein Petrus de Vineis, det
dent zu Bologna gebettelt hatte, bis 1231 den neuen Coder aus, eifi
‚ wenn man bie Schwierigkeit der Aufgabe erwägt. Doch was vermag
feßgebung, wenn nicht der Unterthan zu ihr heraufgebildet wird ?
102 | Friedrich IL., der Hohenftaufe
Bunb mit 15 Städten, und ließen weder König Heinrich noch feine De:
Reichstag durch. . Dafür traf fie die Reichsacht ; allein Honorius entf
ren Gunften. Doc) hatte er noch immer den Schein des Friedens gerı
anders dachte fein Nachfolger Ugolino, Graf von Segna, ale Gregor
Leidenfchaften des neuen Hierarchen Fannten nur Ein Ziel: vollendeten
Despotismus. Er drang ſogleich auf den verfprochenen Kreuz;ug.
Haufe Wallbrüber hatte fi) in Italien eingefunden; aber ſchon mütl
dende Seuchen. Selbſt erkrankt, beftieg der Kaifer ein Schiff, mit it
lige Ludwig, Landgraf von Thüringen, Aber nach 3 Tagen mußte man
wieder landen, weil Friedrich Eränker wurde, und Ludwig fogar farb.
kehrte vor Morea um, und der Kreuzzug war vereitelt. Nun fchleud:
den Bann gegen den unfchuldigen, umfonft ſich rechtfertigenbden Kaifer,
deffen Länder mit dem Interdict. Friedrich trat 1228 einen neuen K
Dafür gebot Gregor dem Patriarchen von Jeuſalem und den drei Ritte
dem Kaifer in Aller zu widerfegen, und ließ Friedrichs Erblande durch fı
felfoldaten und Joh. v. Brienne erobern und verwülten. Trotz den
Friedrich, mas Keinem wieder nad) dem edeln Herzog Gottfried (109!
war, durch einen Vergleich mit Sultan Kamel von Agppten, einen
Waffenftiliftand und Jeruſalem, die heiligen Orte, das ganze Land zwil
Bethlehem, Nazareth und Acre, und die wichtigen Seeftäbte Tyrus
für ſich zu erhalten. Das Volk jauchzte ; aber der Neid des Patriard
Ritter knirſchte. Jeruſalem, wo Friedrich fid) am 18. März ſelbſt die
feste, da kein Priefter auch nur Meſſe lefen wollte, wurde mit dem J
legt, und Friebrich felbft an den Sultan verrathen, wovon ber biebere €
Kalfer feibft die erfle Kunde gab. Schnell ging nun ber Kaifer und Koͤr
teritalien zuruͤck, eroberte, nach fruchtiofen Verhandlungen mit Grego
Aand wieder, und vereitelte alle Raͤnke des Papftes, der ihn 1230 ı
Banne löfen mußte. Nur die Lombarden wollten nichts vom Frieden
legten feinem Sohne den Weg zum Reichstag von Ravenna, und ließ
Gregors Ermahnungen zum Frieden wenig täufchen, ja, während Frie
den Papft mit feinen Römern ausföhnte, fuchte diefer den König Heli
beim gegen feinen Vater zur Rebellion zu bewegen, mobei er ihm offene
bei den Lombarden verhieß. Schon war Heinrich Anhang audy in;
groß genug, aber plöglich ftand Friedrich da, und der betäubte Heinrich !
um Gnade. Als aber ber verblendete Juͤngling (man fagt durch Gifi
Attentat auf feinen Vater machte, wurde er mit Weib und Kind nad)
in Apulien zu ewiger Haft gefhidt. Im grellen Lichte fteht es freit
Friedrich faft um diefelbe Zeit, mit Prunk und Gerdufch, die dritte $
Iſabelle von England feiert, wo er den Sohn der erften Gemahlin in
ſchickt und auf dem großen Reichſstage zu Mainz 1235 förmlicy abfegen
wurde auch für Landfrieden und Gerechtigkeitöpflege, flr Handel (deffen
wenige Fuͤrſten, ſowie Friedrich, Damals einfahen) und Aderbau heilfam g
endlich glaubte ſich Friedrich den Lombarden gewachſen, und rüftete fich z
1236. Ezzelinos da Romano (ded Gewaltherrn von Verona) Freundf
den ghibellinifch gefinnten Städten Oberitaliens, follten fein kleines H
pen. Doch unterbrach noch ein ſchnell beendeter Kampf gegen den in
acht erklärten legten Babenberger Friedrich, Herzog von Öftreich, den fi
nenen Krieg, und Konrads, feines zweiten Sohnes, Wahl zum römij
(1237). Ein herrlicher Sieg bei Corte⸗-Nuova am Dglio (26. und
1237) brady, nad) Wiederaufnahme des Kriegs gegen die welfifchegefint
Oberitaliens, die Macht der Lombarden, felbft der Caroccio von Maitar
loren; außer diefer Stadt, Bologna, Placenz und Brescia, unterwarf
Sriedrich II., der Hohenftaufe 403
aber Gregors Grimm wuchs, zumal da noch der Kaiſet feinen natuͤrlichen
13i0 (Entio) zum König von Sardinien ernannte, und ſich zur Unterwers
Reſts der Lombardei rüftete. Am Patmfenntag 1239 fprach er den
n neuem gegen Friedrich aus. Doch führte diefer feinen Krieg fort, litt
h geheime Verrätherei Ezzelinos, die er, argroohnftei, nicht ahnete, mans
btbeil. Um den Krieg von Grund aus zu beenden, wendete er fih nun
‚egen den Papit feihft (1240), drang durch Spoleto in ben Kirchenſtaat,
Ravenna und lich den Papſt in feiner Hauptſtadt zittern; Rom würde
te Beute geworden fein, hätte er den legten Reſt von Aderglauben in feis
? defiegen koͤnnen. Hier und in den Edicten gegen die Kebei fah man die
die den fo großen Friedrich noch an feine Zeit gefeffelt hielten. Auch
Gregor nicht, wenn er ihn zum Frieden zwingen zu önnen meinte. Er
ne Sache ohne den legten Schwertftreich liebet auf einer Verfammlung
henbatern vermittelt fehen, fand aber bald, daß nur feirie entfchiedenften
zzu eingeladen wurden, und mähnte nun alle Prälater von dee Reife nad
‚ ja, erließ endlich, da alle Warnung nichts fruchtete, feineit Sohn Enzio
ſiſche Slotte angreifen und vernichten, und über 100 auf derfelben nach
geſchiffte Prälaten nady Neapel als Gefangene bringen. Diefer Schlag
adlich den unbezwinglichen Gregor (21, Aug. 1241) aufs Zodtenbett ; aber
ſelbſt noch dutch feinen Tod dem Kaiſer den faft gemiffen Sieg. Über
ernehmungen hatte freilich Friedrich die nach Deutfchland vordringenden
a nicht felbft bekaͤmpfen können, doch Eehrten fie ohnehin nad) ihrem Siege
Banıftadt (1241) wieder um. Nach der ephemeren Erſcheinung Coͤle⸗
. und langem Interregnum erzwang Friebridy endlich eine Wahl; aber
»Fiesco, als Cardinal fein Freund, wurde als Innotenz IV: der furcht-
ner Gegner. Die Kirche war fein eignes Selbft geworden, und die kaͤl⸗
fdytoffenheit leitete ihn. Er beftätigte Gregord Bann, und entfloh ploͤtz⸗
Italien, wo ihm des Kaiſers Naͤhe zu geführlicy ſchien, nach Lvon (1244),
batte jest nür die Wahl, entweder ald Verbrecher vor dem Richterſtuhl
jeſters zu erfcheinen, ober den ungeheuren Kampf mit dem Abetglauben bes
derts zu beginnen. Der Papft erneuerte den Bann, und berief ein allges
joncilium nad) Lyon. Bor diefem führte Thaddaͤus v. Sueffa, ded Kals
ser, deffen Sache mit fchlagender Beredtiamkeit und Wahrheit, und wis
ne boshafteften wie die abgeichmadteften Beſchuidigungen. Umfonft ließ
rich, der Ketzerei befchuldigt, von einigen Geiſtlichen im Glauben prüfen
3 und rein ihn auch diefe fanden, er war fchuldig , weil er es fein ſollte.
ge Bater ſprach den ſchrecklichſten Fluch, die Priefter ſchwiegen, loͤſchten
m und warfen fie zu Boden, Doch nicht bloß durch die aufgeſetzte Krone
edrich, daß er noch Kaifer ſei; fürftlich rechtfertigte er fi) vor Europas
und während Innocenz an des Landgrafen Heinrich von Thüringen Wahl
ſchen König arbeitete; focht er fiegreich gegen die Lombarden, vereitelte
chwoͤrung an feinem Hofe, und verlor felbft den Muth nicht, als fett
onrab von jenem Gegenkönig Heinrich gefchlagen wurde. Bald fiegte
pieder und Heinrich ftarb 1247. Die tiefſte Wunde ſchlug Petrus de Vis
Menſchen Friedrich: Petrus hatte längft in feiner Treue gewankt, jegt
e fich entdedt, und ſuchte Friedrich zu vergiften: Friedrich, tiefgebeugt;
Menden und ins Gefängniß werfen. Dort töbtete fi der Ungluͤckliche
Friebrich wurde fortan mißtrauifch gegen feine Sreunde, verlor Parma
sprung; und in einer davor angelegten Lagerftadt, Vittoria, eine ents
e Schlacht, rhit ihr fein Heer, feinen Schatz und feinen Freund Thaddaͤus
ffa, bekam in Deutfdyland an dem eiteln Wilhelm von Holland einen Ges
ſah feinen Sohn Enzie in bie Hände ber erbitterteri Boldgneſer fallen,
26 *
404 Friedrich III., der Schoͤne
und Ezzelino ſich zu ſeinen Feinden ſchlagen. Seine eigne Geſundheit wa
wollte im Frieden ſterben. Aber Innocenz verwarf die annehmlichſten Bi
gen der Verſoͤhnung. Noch einmal ermannte ſich Friedrich, ſiegte in der!
dei, und wuͤrde vielleicht über den in der allgemeinen Achtung immer mehi
den, fowie in feiner politifchen Stellung immer unſicherern Innocenz bald gr
ben, wenn ihn nicht felbjt, am 13. Dec. 1250, zu Fiorentino der Tod
Armen feines natürlihen Sohnes Manfred überrafcht hätte. Er folite
den hellen Zag der Vernunft noch nicht heraufführen, welchen e8 fe
ſchon ertragen hätte; aber fein Kampf für das Licht bleibt immer weith
und wenn auch noch ein Jahrhundert politiücher und geiſtiger Barbarei erft
welchem das edle Geſchlecht der Hohenftaufen blutig unterging, fo zeigte |
fhon an dem ihm dhnlichen Ludwig dem Baier, daß Friedrichs Beiſpiel kei
renes war, und daß cine große Idee, wenn fie einmal ınd Leben getreteı
leicht dem Leben nicht wieder entzogen werden kann. ©. ded Gen. von Fu
ſchichte Kaifer Friedrich II.“ (Zuͤllichau 1791), und 5. v. Raumer 8 „G
Hohenſtaufen“, Bd. 3 u. 4
Friedrich IL, de e Schöne, Erzherzog von Öftreich und Ge,
Ludwig des Baiern, geb. 1286, Sohn der Elifabeth, Erbtochter Meinha
von Kaͤrnthen und des Herzogs (feit 1298 deutfcher König) Albrecht I. 9
fein Älterer Bruder, Rudolf der Sanftmuͤthige, 1307 geſtorben, und fü
“am 1. März 1308 von Johann von Schwaben ermordet worden war, üb
er, als ber ältefte nody lebende Sohn, die Regierung dee Herzogthums für
feine juͤngern Brüder, Wie or dort die Raͤuber ausgerottet, wie er mit
Vetter, Herzog Ludwig von Baiern, gleichfalls einem Enkel des großen Rub
Habsburg, nur mütterlicher Seite, wegen der vom Landesadel ihm übert:
Vormund ſchaft über die niederbairiſchen Herzoge gerechtet, aber 1313 bei €
dorf geſchlagen worden, tritt in den Dintergrund der Geſchichte, ald er nat
Vaters und Großvaters Kaiferkrone zu jtreben begann. Die ſchon bei feir
tere Tode, 1308, auf die Krone gemadite Rechnung zerriß die Wahl Heintic
von Luxemburg. Als dieſer aber plößlid) zu Buonconvento in Stalien ver
machte er ernftlichere Anftalten. Schnell föhnte er fich zu Ranshoven und €
mit Ludwig aus, entfagte der Wormundfchaft iiber Miederbaiern, und gewi
Herz des werthen Jugendfreundes zuruͤck. Wie einft in den Zagen ha
Kindheit zu Wien, machten und fchliefen fie zufamımen. Hier verſprach ir
her Stunde Ludwig, die deutfche Krone auf keinen Ball anzunehmen, je
Steunde allen Vorſchub dabei zu leiften. So wies er wirklich eine Boticha|
Frankfurt verfammelten Sürften, die ihm die Krone boten, an feinen Friedt
erfi nach langer Unterhandlung erklaͤrte er fich zuc Anmahme bereit. Son!
Meife waren damals, aufer den drei geiftlichen, alle weltliche Kurftin
theilt, indem Ludwigs eignet Bruder, Rudolf, für Friedrich ffimmte, vont
ſaͤchſiſchen Linien die wittenberger für Friedrich, und die lauenburger für
ſprach. So mafte ſich auch, dem Boͤhmenkoͤnig Johann gegenüber, der
Böhmen zitterte, und darum auf ſtreichs Koften Ludwig erhoben toünfchte
rich von Kaͤrnthen die boͤbmiſche Krone und Stimme an, und ſprach fuͤr Si
Nur die brandenburger Stimme, zwiſchen din Brüdern Waldemar und $
getheilt, war für Ludwig einig, der auch Mainz und Trier zu feinen 7
zählte, während Friedrich nur von Köln beguͤnſtigt war. Am 19. Oct. 13
fen beide Parteien zahlreich bei Frankfurt, die oftreichifche in Sachſenbau'
baitifche oder Iugemburgiiche auf dem alten Wahlfelde jenfeite‘ des Mai
Keine ſchloß fid) an die andre an, jede wählte ihren Candidaten. Aber nur
den Baier ließ Frankfurt ein, und auf dem hohen Altar der Kirche St.⸗B.
mus wurde der Neugewählte feinem Unhange und dem Volke gezeigt. 1
Friedrich III., der Schöne 405
rte Sriebrich die Stadt. Auch mit der Krönung zu Aachen kam Ludwig ihm
während Friedrich zu Bonn auf einer Tonne im freien Felde die Koͤnigskrone
Hands aufgeicst befam. Deutichland war von neuem zerriffen, wie in den
des vierten Heinrichs, Philipps und des Schwaben Friedrich. Nur das
ert Eonnte jegt enticheiden. Da ſchien Friedrich, durch feinen Priegerifchen
t, Leopold, den Glorreichen, die Blume der Nitterfchaft genannt, das groͤ⸗
ewicht zu haben, während Ludwig feinen eignen Bruder Rudolf erft bezwin⸗
ufte Beide Gegner machten den Papft (der fich in der Folge zu dem oberften
tfer des erledigten Reichs erfiärte) mit ihrer Wahl bekannt, beide fuchten
ırtei zu verflärken ; allein wenn audy Herzog Xeopold bei Speier und Auges
nit feines Bruders Gegner hart genug zufammentraf, wenn bei Eßlingen
den Fluten des Neckars hartnaͤckig gekämpft wurde, fo führte es keine Ente
mg herbei. Friedrichs Kriegsmacht, durch druͤckende Kriegsfteuer in ſtreich
alten, durch den Zug gegen den Grafen v. Trentſchin getheilt, durch feines
ers ungluͤckliche Schlacht gegen die Schweizer bei Morgarten (15. Nov,
geſchwaͤcht, konnte ſich faft nur, forvie die Ludwigs, auf den kleinen Krieg
im. Friedrichs glänzendes Beilager zu Baſel, mit Elifabeth,von Aragonien,
ie Reize dor Schoͤnheit, Dichtung und Liebe verherrlichten, gab ihm nur eine
brtin für feine Leiden, die ihr zahllofe Thränen, und dadurch das Licht der Aus
em, und fie wenige Monate ſpaͤter dom Gemahle in die Gruft nachfolgen
% Auch ein in diefe Zeit falender Bund der boͤhmiſchen Herren, die Kipa an
Ey 1317, mit Friedrich, um einen feiner Brüder an König Johanns Stelle
dr und feine Verbindungen, in Italien angenüpft, vermochten ihm ein
a6 Ubergewicht nod) keineswegs zu fichern, fo lange nicht eine Hauptſchlacht
un beiden Gegnern günftig für ihn ausfiel. Zwar wurde Baiern 1320 von
ich und Leopold ſchrecklich vermüftet, und Ludwig, auf feine feften Orte bes
kt, durch dieſe Noth und durch den fonderbaren Unfall bei Mühldorf auf den
‚1319, mit dem Gedanken felbft nad) und nad) vertraut, dem Reiche gaͤnzlich
zgen. Allein fein Anbang richtete feinen alten Muth durch neuezahlreichere Un⸗
mg wicder auf, und mit diefer ging er feinem von Salzburg heranjiehenden
entgegen. So kam es, faft in derfelben Gegend, wo 4783. fpäter die Schlacht
enlinden vorfiel, zwiſchen Mühldorfund Ampfing zur Schlacht. Ludwigs Hrer
: geringere, und Friedrich erwartete noch feinen mit Zruppen aus Schwaben
enden Bruder Leopold, und fandte Eilboten ihm entgegen, die aber von den
elder Moͤnchen aufgehalten wurden. Ludwig zoͤgerte, gleichfalls noch auf
tung boffend. Friedrich, ohne Kunde von Keopold, befchloß, gegen den
t Sterndeuter und der Kriegekundigen, den Angriff (28. Sept. 1322). In
ter Ruͤſtung, Fönigl. geſchmuͤckt, fand er in des Heeres Mitte, mo Diet
Niidstorf das Banner Öftreihs hielt. Ihm rechts fand fein Bruder
. Ludmig hatte dem unanicknlichen, aber kriegerfahrenſten Nitter feiner
;eiftied Schweppermann, aus der CO herpfalz, den Oberbefehl anvertraut,
ihm focht Joh. von Böhmen und Heinrich von Nicderbaiern. Burggraf
von Mürnberg blich jenfeits des Iſen, den Ludwig überfchritt, mit feinen
im Hinterhalt, Zehn Stunden wurde mit Heldenkraft geftritten, (don
ig Johann unter Pilichdorfer's Noffe, und feine Böhmen waren von den
hart bedrängt, ſchon ſchwankte Ludwigs Heer, als Schweppermonn den
if mit ſeinen Scharen vorbrechen ließ. Seine oͤſtreichiſchen Farben taͤuſchten
der ihn für Leopold hielt; fein ungeſtuͤmer Angriff enttaͤuſchte fie ſchreck⸗
entſchied fuͤr Ludwig. Schon war die Flucht der Oſtreicher allgemein,
Banner mit Erzherzog Heinrich ſelbſt in der Feinde Haͤnden, ale immer
drich tapfer kaͤmpfte. Albrecht Rindsmaul, Schwager Schweppermann's,
on Neuſtadt, ſetzte ihm hart zu; des Königs Roß ſtuͤrzte: bir ergab ſich
406 Friedrich III. (vömifcher Kaifer)
Friedrich dem Burggrafen von Nuͤrnberg; die Schlacht war verloren. Den he
Gefangenen nahm fofort das feſte Schloß Trausnig auf, bei Nabburg, im X
an der Pfreimt. Herzog Leopold, fehon auf dem Wege zu feinem Bruder,
[Amel nad Schwaben zurüdigegangen, doch muthig auf feined Bruders Rett
dacht. Faſt drei Jahre brachte Friedrich auf der Trausnig in enger, aber anf
diger Haft zu, und ſolche Rage druͤckte ſchwer feinen fonft fo lebensfteubigen €
darnieder. Er ließ Bart und Haupthaar wachfen, ſchnitzte Pfeile, die er nidy
gen feine Feinde brauchen Eonnte, deren einige noch heute übrig find. Die
Königin that umfonft Waltfahrten, faftete umd Eafteiete ſich, und meinte fich
ihre Augen. Leopold aber, dem ein Verſuch, die Trausnig zu erfteigen und F
rich zu entführen, mißlungen war, fuchte Ludwig in Johann XXII. und im H
Luremburg und Böhmen maͤchtige Gegner zu erregen, und wirklich fucht
Papſt den Könige Karl von Frankreich Deutfchlande Krone zuzuwenden. D
dachte, ſelbſt geängftigt, Ludwig feines Gefangenen, und hörte williger, wenn
der fromme Abt der Carthauſe Maurbach, Friedrichs Beichtvater, von Bei
nung mit feinem Herren ſprach. Ludwig eilte endlih (März 1325) nah Zr
nig, und kündigte dem Gegenfönig Sreiheit an, nachdem diefer allem Anſprach
das Reich entfagt, die Wahlurkunden und die beſetzten Länder herauszugeben,
mit feinen Bruder ihm gegen den Papft beizuftchen fich verpflichtet hatte. 1
gelobte Friedrich mit einem Eide, fich wieder einzuftellen, wenn die Bedinge
nicht zu erfüllen wären. Aber weder Leopold, noch Papft Johann erkannten:
Bedingungen an, Kriedrich wurde fogar von feinem Eide entbunden, und —
groß zum angerathenen Wortbruh — ftrlite er fi) zu München wieder bei kin
ale Gefangenen ein. Solche deutfcye Treue rübrte tief den Kaifer Ludwig;
nahm ihn nur ale Freund bei jich auf, af und fchlief mit ihm, und vertraute 1
da er zu feinem Sohne nach Brandenburg eilen mußte, gegen Leopold die Ver!
digung der bairifchen Erblande an. Das Eonnte freilich der erſtaunte Papſt
feiner Politik nicht reimen. Endlich fol (die Baiern leugnen es) Luowig fe
Freunde felbft die Mitregierung des Reiches angeboten haben (Sept. 1325), w
auch Leopold zufrieden war; aber die Kurfürften und der Papft vermarfen
Auskunft. Überbiee ftarb auch Herzog Leopold, den Ludwig am meiften fürd
und mit ihm Friedrichs Stüge; daher Fam ein zweiter Vertrag (menn bie Urk
wirklich echt ift), daß Ludwig Stalien und die römifche Krone nehmen, Friebrid
tömifcher König in Deutfchland herrſchen follte, nicht in Erfüllung. Noch ch
ſah (1327) Ludwig feinen Sreund zu Innſpruck, wo diefer Hof hielt, aber
merfte bald, daß die alte Kreundfchaft lau geworden war; darum griffauh F
eich nicht, nad) Ludwigs Willen, zu dem Schwert, ale fein e'gner Bruder,
der Fröhliche von Öftreich, gegen ihn fich rüftete ; er zog es vor, ſich mit ihm fi
auszuſoͤhnen. Es drängte ihn, der Welt zu entfagen. Auf dem einfamen |
tenftein an der Pieſting lebte er frommen Betrahtungen und ftarb am 13. Ji
1330. In der Garthaufe zu Maurbach, feiner Stiftung, wurbe er begr
nad) deren Aufhebung, 1783, feine Gebeine in dem Mänfter von Et.:Öte
beigelegt wurden. Er hatte von feiner einnehmenten Geftalt den Beiname
Schönen erhalten. In frinen Sitten, feiner Geſinnung, feiner Art war nn
was mit diefer Benennung im Widerfpruch geftanten hätte. Er war ein lie
wuͤrdiger und ritterlicher Mann, aber keineswegs ausgezeichnet durch große &
ſchaften im Felde oder im Rathe. Aber der reichere Geift und die ungerftöcl
Kraft war bei feinem glüdlichern und doch fo wenig glüdlihen Gegner. |
Griedrich, als roͤmiſcher Kaifer III., als deutfcher König IV., ald
herzog von Öftreih V., Sohn Herzog Ernſts des Eifernen und der mafen
Comburgis, mit der forterbenden croßen Lippe, geb. zu Innſpruck (21. 4
1415), wurde das Haupt der über Steiermark, Kärntben und Krain hercſch
Friedrich III. (roͤmiſcher Kaiſer) 407
rend In Tirol und Niederoͤſtreich zwei andre, endlich auch an Ihn (1458,
496) und ſeinen Sohn mit ihren Laͤndern fallende Linlen (die albertiniſche
diniſche) regierten. Kaum muͤndig geworden, holte er, nach Fuͤrſten⸗
Zeit, im gelobten Lande den heil. Grabes⸗ und den Cyperorden. Er
1485 mit ſeinem unruhigen Bruder Albrecht, dem Verſchwender, die
ſeiner Lande, die freilich wenig mehr als 16,000 Mark eintrugen, und
mund fuͤr ſeine Vettern Sigmund von Tirol und Ladislav Poſthumus
:öftreihh, Ungarn und Böhmen. Friedfertig und Ruhe liebend, keuſch
‚ der Aftrologie, Alchemie und Botanik befonders hold, nicht ohne Ver⸗
zuten Willen, aber ohne Kraft, Beharrlichkeit und Strenge, völlig ohne
tifchen Blick, hatte eben ihn das Schickſal auserfehen, in einer Zelt
welche an politifchen und religiöfen Gährungen, an ben folgereichften
und Entwidelungen fo fruchtbar war ; wo ſich in einer Menge Anzeigen
ar eine neue Ordnung der Dinge ankündigte, welche zu begreifen und
ſich aufzunehmen, bei welcher Eräftig mitzuwirken, Ehre und Pflicht
ice. Kiel doch in die Zeit feiner 58jährigen Regierung über Öftreidy und
yerrfcheriahre als deutfcher König die Eroberung Conſtantinopels durch
1; das durch griechifche Flüchtlinge und vermehrte Univerfititen in
d und Italien höher angeregte Wiederaufleben der Wiffenfchaften ; die
der Buchdruckerei; das fihtbare Ausbilden der wefteuropdifchen Staa»
n Staatenfuftem, das fich im Kampfe über Italien praktiſch beurkun⸗
wehingnigvolle Ende des Herzogthume Burgund, der Anlaß 200jähris
‚die durch die konſtanzer und bafeler Kicchenichlüffe erfchütterte paͤpſtliche
ie großen Secentdedungen von ber prrendifchen Halbinfel aus; in
d, das unter 1500 Herren ſich theilte, ſelbſt der letzte Kampf des Fauſt⸗
em tiefgeßihlten Beduͤrfniß einer gefegmäßig innern Geftaltung! —
D von den deutſchen Fürften einſtimmig auf den deutfchen Thron berufen
nach dreimonatlihem Bedenken ihrem Wunfche nachgab, und fich dann
n lieh (womit bis 1740 die ununterbrocdhene Reihe deuticher Kaifer au
sm Mannsftamme beginnt), lag barin mehr als Eine Auffoderung, in
Sntereffen feiner Zeit kräftig einzugreifen; aber die Geſchichte hat faſt
ählen, was unter ihm, als was durch ihn geſchah. Unheimlich war
mas ibn aus feiner engen Sphäre riß, und es fehlte ihm vor Allem an
en Gefinnung für Deutfchland. Freilich ift in Deutfchlande und feis
tage manche Entihuldigung für ihn bereit. Anfangs bei kleiner und
ter Hausmacht, mit feinem eignen Bruder und übermäctigen Nach⸗
Böhmen und Ungam, in offenem Streite, gab die Kaiferrärde allein
te, mo faft 1500 Reicheftände die Kaiſersmacht, von faft gar keinen
mebr unterftügt, zum Schattenbilde herabgewuͤrdigt, durch Zroietracht
Histeit allen Reichsbeſchluͤſſen getrost, und alle Rrichötage durdy Zau⸗
eri&bieben unnüß, oder nur darin fruchtbar gemacht hatten, daß immer
dern nöthig machte. „Wiewol“, fagte damals Aneas Spivius (Piusll.,
I, Ibr den Kaifer für Euern Herrn und König anerkennt, fo ift fein
zen Eiffhaftes; Ihr gehorcht ihm nur, wenn «8 Euch gefällt, und es
Yfeum. Ihr mollt unabhängig fein, und weder Fuͤrſten noch Stände
Kozier, was des Kaiſers ift. Cr hat keinen Schatz, fein Einkommen.
Harinst Denn, daß Ihr immer in endlofe Kriege verwidelt und allen
gebeisten Macht ausgeſetzt feid”. Gleich im Anfang feiner Regierung
ie = emem Krieg mit feinem Bruder Albrecht, der in Vorderoͤſtreich res
'm Erfebe, fein ganzes Erbland zu verlieren. Fuͤr 70,000 Kronen ers
e Rsmzınz ſciner Laͤnder. Als ſein Muͤndel Ladislav, zu deſſen Zu⸗
ce Vaterthanem in Niederoͤſtreich, Boͤhmen und Ungarn er von Ul⸗
208 Friedrich III. (eömifher Kaiſer)
rich Eyzinger (1452) mit mit 16,000 Mann durch die Belagerung vor
riſch-Neuſtadt gezwungen wurde, nachdem eine frühere Belagerung (144
Joh. Corvin zu gleichem Zweck nichts ausgerichtet hatte, kinderlos gefto
(1457), kam Niederöftreich an Kriedrich, Oberoͤſtreich an Albrecht, und
von Kaͤrnthen an Sigmund von Tirol, Wien aber blich allen gemein
Bei diefem Todesfall erlebte Friedrich Die Demüthigung, daß troß feiner ‘
auf Böhmen und Ungarn, in erfterm Lande ihm Georg Podiebrad, ü
Matthias Corvinus vorgezogen wurde. Kaum war dies verfchmerzt, ale
der Albrecht (1462) die Hauptftadt Wien gegen Friedrich infurgirte, und t
belagert, nur von feinem Gegner Podiebrad gerettet werden konnte. |
Noth hatte er fich endlich einmal entfchloffen gezeigt und erklärt, eber folle
fein Gottesacker werben, ehe er meuterifchen Unterthanen ſich ergebe.
Albrechts Tode (1463) bekam er von diefer Seite Ruhe. Was auf feine
tagen gefchah, befchränkte ſich aufeinige wenig beachtete Gefege über I
feieden (ja das Fauftrecht wurde gleihfam fanctionirt, weil die Fehde,
zuvor angekündigt, und nicht von Donnerftag bis Sonntag geführ:
wurde) ; auf ein unwichtiges Edict zur Verbefferung der Münzen im Rei
rend er felbft mit feinem Bruder Schinderlinge fehlug) ; auf eine Beſchraͤt
Femgerichts aufrother Erde, das ihn ſelbſt einmal vorzulaben ſich erbte
einen Plan zur Aushebung der Reichsehuͤlfe, die in die große und die
eilende getheilt wurde, aber bei der Koftenvertheilung auf die einzelnen €
übergroße Schwierigkeiten fand ; aufeinen Plan zur Errichtung eines R
mergerichte, welches erft unter feinem Sohn zu Stande am (1495). Auı
ſchwaͤbiſche Bund (1488), fo heilfam er fich gegen die ungeflüme Ariſt
wie, mehr ein Werk der allgemeinen Noth ale feiner Politi, Was m
unter dem Namen der Reformation dieſes Kaiſers (1441) rühmt, war
mehr, als ein entwedervon den Städten, oder von einem Mann aus
Umgebungen ausgegangener Entwurf zu einer Magna Charta Deutfd))
bie weltlichen wie für die geiftlichen Stände ; und wenn auch treffliche St
zu einem allgemeinen Nationalgefegbudy Deutfchlande, zur Entfernung
ſchen Rechtes und des geiftlichen Standes von Berathung weltlicyer €
Gleichfoͤrmigkeit der Münzen, Mage und Gewichte, zur Geftaltung be:
und Gewerbes, ſowie der Streitkräfte der Nation u. ſ. w., barin nieder
ren, fo war da8 Ganze wahrfcheinlich bloß Privatarbeit, und gewiß ı
fentlihen Sanction gelommen. Sa, feine Schlaffhelt gab fogar dei
Aneas Spivius, der des Papftes nicht weniger als Friedrichs geheimer
war, ben leichten Sieg, in den traurigen wiener Concordaten (ebr. 14
colaus V. Alles wieder aufzuopfern, und alle Rechte hinzugeben, die I
lium zu Bafel, ben Päpften gegenüber, rfteitten hatte. Auch die Kaiſ
er mit der lombarbdifchen zugleich 1452 zu Nom ſich holte, gab ihm mi
moralifche Kraft, noch vermehrte politifche Selbſtaͤndigkeit. Selbſt dir
rührung feiner portugtefifchen Gemahlin, Eteonore, ließ er von aftreloı
flimmungen abhangen. Nur im Aufftand zu Viterbo zeigte er den j
Muth, in die Rebellen mit dem Stode einzuhauen. Daflır kaufte e
ten Räubern Stieden ab; erneuerte feinem Daufe den erzherzoglichen
pflegte feine Pflanzen, während die Türkennoth immer größer wurde
wenig wagte or etwas gegen Mailand, als dort, nach Erldfchen des DV
mes der Visconti, der Ufurpater Sforza fi) behauptete. Wie ungl
ſchwankend er in feiner Politit nach Außen war, bezeugen feine Verb,
Ungarn und mit Böhmen, und die Art, wie er fih, um die dem Haı
entriffenen Krongliter wieder zu erlangen, in die Angelegenheiten bei
Schweizercantone mifchte, und wie er, felbft zu ſchwach, vom Reich ve
Friedrich der Gebiffene 409
egsvolk aus Frankreich unter deſſen Dauphin herbeiricf, ba® bei St.»
der Birs, von der Schweizer Tapferkeit eines andern beichrt, feine Waf⸗
heil gegen Deutihland und ſtreich felbft wendete. Noch größere Ge⸗
te ihm in Deutfchland felbft. In der pfätzifchen Erbfolgeſache (1449)?
er ſich mit Friedrich dem Siegreicyen (Bruder des verft. Ludwigs), der
Neffen Philipp die Kur für fich verlangte, und als Friedrich widerſprach,
tier und eine Anzahl deutſcher Fuͤrſten auf feine Seite bradyte, und felbft
sen Georg Podiebrad Ausficht zur Kaiferfrone machte. Mehrmals vers
ſich die mißvergnügten Prinzen und erließen an den Kaifer (1461) Briefe
tterften Vorwürfe, und mit feiner Abfegung drohend, fhrieben fie feiner
und Regierungsunfiihigkeit alled Elend Deutfchlands zu. Wenig wuͤr⸗
ichs Unterhandlungen, bei der allgemeinen Unzufriedenheit mit ihm, ges
‚ben, wenn nicht dem fchlauen Pius II., der Srieden ftiftete, mit einem
ijer mehr als mit einem geheimen Galistiner und einem Podichrad dazu,
veſen wäre. Faſt ohne Widerftand ließ Friedrich die Osınanen 1469
und 1475 faft bie Salzburg vordringen ; ruhig fah er die Fürften Sachs
Iruderfriege fich befehden. Seiner ſchwankenden Politik, der zufolge er
von Böhmen und Ungarn unter ſich verfeindete, hatte er es zugufchreis
ndlicd) beide gegen ihn die Waffen Echrten, und befonders Matthias ihn
enge trieb, daß Friedrich auch nicht einer Stadt in feinen Erklanden mehr
ar. Auch Karl den Kühnen, deffen reiche Erbtochter er für feinen Sohn
täufchte er bei den Unterhandlungen zu Trier (1473) uͤber die Erhöhung
zu cinem Königreich, die er durch fchleuniges Wegeilen abbrach, und
uͤr mit Herzog Karl felbft in einen Krieg, dem er perſoͤnlich beimohnte,
B auszurichten, da er einen Bund mit Frankreich, Schweiz und Lothrin⸗
200,000 Kronen ſich von Karin abtaufen lieg. Als endlich fein 1486
hen König erwählter Sohn, Marimilian, nach Karls Tode (1477) die
Maria, und mit ihr die reichen Niederlande davon getragen hatte, wurbe
Frankreich, und Über die Vormundſchaft für feine Kinder mit den eignen
ern in Krieg verwidelt, und 1458 felbft gefangen genommen. Dies
n alten Friedrich aus feiner Untkätigfeit, und er zog diesmal in Perfon
ezu Hilfe. Marimilian verichaffte dann feinem Vater Öftreich wieder;
ch Matthias Zod, 1490, erledigte ungarifche Krone mußte er Ladislav
en laffen. Endlich, nad) fo vielen vereitelten Planen, die ihn indeß we⸗
subigten, al& der Gedanke, wegen eines ihm abgenommenen Beine, nad)
€ der einbeinige Kaifer genannt zu werden, ftarb Friedrich IV. an zu reiche
nur von Melonen d. 19. Aug. 1493, und uͤberließ es feinem groͤßern
is von Friedrich auf feine Vuͤcher und Patäfte geſetzte Anagramm A. E.
Austriae Est Iınperare Orbi Lniverso ?) zu verwirklichen. Br.
edrich der Gebiffene, odermitdergebiffenen Wange,
zu Meißen und Landgraf in Thüringen. Sein Vater, Albert, Landgraf
ger, mit dem Beinamen der Unartige, hatte Kaifer Friedrichs II. T.,
2, zur Gemahlin, mit welcher er Friedrich und Diesmann zeugte. Allein
zu einem Hoffraͤulein, Kunigunde v. Eifenberg, verleitete ikn zu dem
ne Gemahlin heimlid) ermorden au laſſen, der nur durch Margarethens
Sucht vereitelt wurde. Die troftlofe Mutter überhäufte bei ihrem Abs
zuͤglich Friedrich mit Küffen, und biß ihn, im heftigften Ausbruche ihres
m Schmerzes, in den Baden, ſodaß Friedrich für immer cine Heine
elt. Albert, erbittert über das Miglingen feines ſchaͤndlichen Vorhabens,
zaß gegen fie auf feine beiden Söhne Über, mollte fie von der Tihronfolge
zen ausichliegen, und folche auf Apig, den mit Kunigunden erzeugten
ringen. Mehre feiner Nitter und Vaſallen aber traten auf die Seite
108 Sriebeich TIL. (omiſcher Kaiſer)
rich Eyzinger (1452) mit mit 16,000 Dann durch die Belagerung ve
riſch⸗ Neuſtadt gezwungen wurde, nachdem eine frühere Belagerung (14
oh. Corvin zu gleichem Zweck nichts ausgerichtet hatte, kinderlos geft
(1457), kam Niederöftreic an Kriedrich, Oberoͤſtreich an Albrecht, unt
“ von Kärnthen m Sigmund von Tirol, Wien aber blieb allen gemei
Bei diefem Todesfall erlebte Friedrich die Demütbigung, daß troß feiner
auf Böhmen und Ungarn, in erflerm Lande ihm Georg Podiebrad,
Matthias Corvinus vorgezogen wurde. Kaum mar dies verfchmerzt, alt
der Albrecht (1462) die Hauptſtadt Wien gegen Friedrich infurgirte, und
belagert, nur von feinem Gegner Podiebrad gerettet werden Eonnte.
Noth hatte er fich endlich einmal entichloffen gezeigt und erklärt, eher foll
fein Gottesacker werden, ehe er meuterifchen Unterthanen fich ergebe.
Albrechts Tode (1463) bekam er von diefer Seite Ruhe. Was auf feir
tagen geſchah, befchräntte fich aufeinige wenig beachtete Geſetze über
frieden (ja das Kauftreht wurde gleichſam fanctionirt, weil die Fehde
juvor angekündigt, und nicht von Donnerftag bis Sonntag gefüh
wurde); auf ein unwichtiges Edict zur Verbefferung der Münzen im Rı
rend er felbft mit feinem Bruder Schinderlinge ſchlug); auf eine Beſchr
Femgerichts aufrother Erde, das ihn felbft einmal vorzulaben fidy erd
einen Plan zur Aushebung der Reichshuͤlfe, die in bie große und die
eilende getheilt wurde, aber bei der Koftenvertheilung auf die einzelnen |
uͤbergroße Schwierigkeiten fand ; aufeinen Plan zur Errichtung eines!
mergerichts, welches erſt unter feinem Sohn zu Stande kam (1495). Aı
ſchwaͤbiſche Bund (1488), fo heilfam er fich gegen die ungeſtuͤme Aril
wies, mehr ein Werk ber allgemeinen Noth als feiner Politil, Was
unter dem Namen der Reformation diefes Kaiſers (1441) ruͤhmt, war
mehr, als ein entweder von den Städten, ober von einem Mann aut
Umgebungen ausgegangener Entwurf zu einer Magna Charta Deutfc
bie weltlichen wie für die geiftlichen Stände ; und wenn auch treffliche {
zu einem allgemeinen Nationalgefegbuc, Deutfchlands, zur Entfernun:
ſchen Rechtes und des geiftlichen Standes von Berathung weltlidyer (
Steichförmigkeit der Münzen, . Maße und Gewichte, zur Geftaltung d
und Gewerbes, ſowie der Streitkräfte der Nation u. ſ. w., barin nicd
ren, fo war da8 Ganze wahrſcheinlich bloß Privatarbeit, und gewiß
fentlichen Sanction gekommen. Sa, feine Schlaffheit gab fogar d
Aneas Splvius, der des Papftes nicht weniger als Friedrichs geheim:
war, ben leichten Sieg, in den traurigen wiener Concordaten (Febr. 1:
colaus V. Alles wieder aufzuopfern, und alle Rechte hinzugeben, die
tum zu Bafel, den Päpften gegenüber, erftritten hatte. Auch bie Kai
ee mit der lombardifchen zugleich 1452 zu Rom ſich holte, gab ihm n
moralifche Kraft, noch vermehrte politifche Selbſtaͤndigkeit. Selbft d
rührung feiner portugtefifchen Gemahlin, Eleonore, ließ er von affrolı
flimmungen abhangen. Nur im Aufftand zu Viterbo zeigte er den
Muth, in die Rebellen mit dem Stode einzubauen. Dafür kaufte
ten Räubern Frieden ab; erneuerte feinem Haufe den erzherzoglichen
pflegte feine Pflanzen, während die Türkennoth immer größer wur
wenig wagte er etwas gegen Mailand, als dort, nad) Erlöfchen des !
mes der Visconti, der Ufurpater Sforza ſich behauptete. Wie un;
ſchwankend er in feiner Politik nach Außen war, bezeugen feine Ber!
Ungarn und mit Böhmen, und die Art, wie er fih, um die dem He
entriffenen Kronguͤter wieder zu erlangen, in die Angelegenheiten d
Schweizercantone mifchte, und wie er, felbft zu ſchwach, vom Reid) t
Friedrich der Gebiffene 409
riegsvolk aus Frankreich unter deffen Dauphin herbeirief, das bei St.»
der Bir, von der Schweizer Tapferkeit eines andern beichtt, feine Wafs
Theil gegen Deutſchland und ſtreich felbft wendete. Noch größere Ges
ete ihm in Deutfchland felbft. In der pfätzifchen Erbfolgeſache (1449) /
rer fich mit Sriedrich dem Siegreichen (Bruder des verft. Ludwigs), der
z Neffen Philipp die Kur für ſich verlangte, und als Friedrid) widerfprach,
Erier und eine Anzahl deutfcher Fürften auf feine Seite brachte, und felbft
nen Georg Podiebrad Ausficht zur Kaiferfrone machte. Mehrmals ver:
ı fich die mißvergnügten Prinzen und erließen an den Kaifer (1461) Briefe
itterften Vorwuͤrfe, und mit feiner Abfegung drohend, fchrieben fie feiner
: und Regierungsunfihigkeit alles Elend Deutfchlands zu. Wenig wärs
ichs Unterhandlungen, bei der allgemeinen Unzufriedenheit mit ihm, ges
aben, wenn nicht dem fhlauen Pius II., der Frieden fliftete, mit einem
tier mehr als mit einem geheimen Galirtiner und einem Podiebrad dazu,
wefen wäre. Faſt ohne MWiderftand ließ Friedrich die Osmanen 1469
‚ und 1475 faft bis Salzburg vordringen ; ruhig fah er die Fürften Sach⸗
Bruberkriege ſich befehden. Seiner ſchwankenden Politik, der zufolge er
e von Böhmen und Ungarn unter ſich verfeindete, hatte er es zuzuſchrei⸗
endlich beide gegen ihn die Waffen kehrten, und befonderd Matthias ihn
Enge trieb, daß Friedrich auch nicht einer Stadt in feinen Erklanden mehr
rar. Auch Karlden Kuͤhnen, deſſen reiche Erbtochter er für feinen Sohn
‚täufchte er bei den Unterhandlungen zu Zrier (1473) Über die Erhöhung
d zu einem Königreiche, die er durch fchleuniges Wegeilen abbrach, und
für mit Herzog Karl felbft in einen Krieg, dem er perfönlid) beimohnte,
is auszurichten, da er einen Bund mit Frankreich, Schweiz und Lothrins
ı 200,000 Kronen ſich von Karin abkaufen ließ. Als endlich fein 1486
ſchen König erwählter Sohn, Marimilian, nad) Karls Tode (1477) die
Maria, und mit ihr bie reichen Niederlande davon getragen hatte, wurde
Frankreich, und Über die Vormundſchaft für feine Kinder mit den eignen
dern in Krieg verwidelt, und 1458 felbft gefangen genommen, Dies
n alten Friedrich aus feiner Untkätigkeit, und er zog diesmal in Perfon
te zu Huͤlfe. Marimilian verichaffte dann feinem Vater Öftreich wieder;
irch Matthias Zod, 1490, erledigte ungarifche Krone mußte er Ladislav
ın laffen. Endlich, nad) fo vielen vereitelten Planen, die ihn indeß wes
ruhigten, al& der Gedanke, wegen eines ihm abgenommenin Beines, nad)
’e der einbeinige Kaifer genannt zu werden, ſtarb Friedrich TV. an zu reiche
nug von Melonen d. 19. Aug. 1493, und Überließ es feinem größern
36 von Friedrich auffeine Bitcher und Patäfte geſetzte Anagramm A. E.
Austriae Est Iinperare Orbi Universo ?) zu verwirklichen. Br.
edrich der Gebiffene, odermitdergebiffenen Wange,
zu Meißen und Landgraf in Thüringen. Sein Vater, Albert, Landgraf
tgen, mit dem Beinamen der Unurtige, hatte Kaiſer Friedrichs II. T.,
be, zut Gemahlin, mit welcher er Friedrich und Diesmann zeugte. Allein
zu einem Hoffräulein, Kunigunde v. Eifenberg, verleitete ikn zu dem
me Gemahlin heimlich ermorden zu laffen, der nur durch Margarethens
Flucht vereitelt wurde. Die teoftlofe Mutter überhäufte bei ihrem Abs
czuͤglich Friedrich mit Küffen, und biß ihn, im beftigften Ausbruche ihres
en Schmerzes, in ben Baden, fobaß Friedrich für immer eine kleine
delt. Albert, erbittert über das Mißlingen feines ſchaͤndlichen Vorhabens,
Daß gegen fie auf feine beiden Söhne Uber, wollte fie von der Thronfolge
gen ausichliegen, und foldhe auf Apis, den mit Kunigunden erzeugten
bringen. Mehre feiner Ritter und Bafallen aber testen auf die Seite
PO
410 Friedrich VI. (König v. Dänemarf)
feiner beiden rechtmäßig erzeugten Söhne, und es brach zwifchen diefen und
Vater 1281 ein Krieg aus, In diefem ward Friedrich von feinem Vater gef
genommen, und mußte ein ganzes Jahr auf der Wartburg zubringen, bis ihn ei
feiner treuen Unterthanen mit Gewalt befteiten. Als er und fein Bruder, :
dem Abfterben des Vater: Bruders (der beide Brüder nad) Margarethens Fluch
zogen hatte), Dietrid) des Meifen, Markarafen zu Meißen und Laufig (12:
und feines Sohnes (gefl. 1291), deffen Länder erhielten, und ihr Vater dies ı
juftieden war, kam es von neuem zum Kriege, in welchem Albert gefangen,
nur auf Kaifer Rudolf Vermittelung loßgelaffen wurde. Aus Rache fuchte
Albert verfchicdene Kürften gegen feine Söhne zum Kriege zu reizen, und verka
da dies nicht gelang, viele Güter, ja endlich, feiner Söhne und der Landftände '
derfprud) ungeachtet, ganz Thüringen an Kaifer Rudolf Nacdıfolger, Adolf
Naſſau, für 12,000 Mark Sitber. Diefer rüdte 1294 in Thüringen ein
bemächtigte ſich einiger Städte und Schlöffer; allein da ihm Friedrich und X
mann entgegenruͤckten, 309 er fich, nachdem er Thuͤringen verwuͤſtet hatte,
Mangel an Lebensmitteln nach Mühlhaufen, fegte aber nachher feine Verwuͤſi
gen in Meißen fort, bis er endlich 1298 von dem an feiner Stelle zum Kaiſer
wählten Albrecht am 2. Zuli in einer Schlacht in der Gegend von Worms getoͤ
wurde. Kaifer Albrecht, nicht gefonnen, feines Vorgaͤngers Anſpruch auf X
ringen aufzugeben, nahm Eifenady und einige andre Städte in Beſitz; allein
Heer wurde am 31. Mai 1307 bei Luca im Fürftenthum Altenburg von Fried
und Diezmann völlig gefchlagen. Da Albrecht, ald Vormund f. Neffen, Joh
Schwaben, diefed HerzogthHum verwaltet hatte, in der Folge aber ganz an fid
bringen fuchte, fo beftanden feine Truppen größtentheils aus Schwaben. Da
das Sprichwort, durdy welches man Semanden den ungluͤcklichen Ausgang fei
Vorhabens anzudeuten pflegte: es wird dir glüden (gehen) wie den Schwaben
Lüden (Lucka). Albrecht (f.d.) machte neue Zurüflungen zu einem Felb;
nad Thüringen, als ihn der Aufltand der Schweizer an ben Rhein rief, we
von feinem Neffen ermordet wurde. Nun unterwarf ſich die bisher dem Ka
Albrecht anhänglich gebliebene Stadt Eiſenach Friedrich von neuem, und Dr i
durch feines Bruders Diezmann Ermordung, in der Thomaskirche zu Leipzig, a
deſſen Landesantheil zugefallen mar, fo wurde er nicht nur alleiniger Markgraf‘
Meißen, Laufis, und Landgrafin Thüringen, fondern er vereinigte auch die Reic
ftädte Altenburg, Chemnig und Zwickau mit feinem Rande, und ließ im folg. I.
demfelben einen allgemeinen Frieden anbefehlen, zu beffin Haltung Adel und B
ger fich eidlich verbindlich machten. 1312 hatte er das Unglüd, ven Kurf
Waldemar von Brandenburg, mit dem er in Krieg gerieth, gefangen genommen
werden, und erhielt feine Freiheit nur gegen Bezahlung von 32,000 Mark Zi
und Abtretung der Niederlaufig. Nach fo vielen Kämpfen ſtellte Friedrich in fei
Erblanden die Ordnung ber, zerftörte 1321 einige Raubſchloͤſſer, fiel aber 1J
in eine Gemuͤthskrankheit, die ein geiftliched Drama (der fünf klugen und der f
thörichten Sunyfrauen) auf ihn gemacht hatte, und ſtarb zu Eifenady d. 17.N
1324. Ihm folgte fe Sohn, Friedrich der Ernſthafte.
Friedrich VI., König von Dänemark, Sohn Chriftians VILf
und der Königin Karoline Mathilde, geb. Prinzeffin von England, d. 28.5
1768 geb., vermählt den 31. Juli 1790 mit Sophie (Sriederike), X. des La
grafen Karl von Heffen:Kaffel (geb. den 28. Oct. 1767), die ihm zwei Töchter
boren hat. Er wurde am 14, April 1784 für majorenn und zum Mitregenten
nes gemuͤtbskranken Vaters erklaͤrt, und juccedirte demfelben am 13. März 18
Als Minifter ftanden ihm die hochverdienten Grafen v. Bernflorff zur Seite,
dee Vater, und nach deffen Tode der Sohn. Der Charakter der bänifchen Re
rung zeichnete fich durch eine weife Verwaltung und gegen andre Staaten burdh ı
Friedrich Auguſt I. 411
‚heit und Offenheit aus, welche Achtung einflößte und bis zur legten Kata»
e die äußere Ruhe erhielt. Insbeſondre wird Friedrichs VI. Regentſchaft
degierung mit hoher Achtung in der Gefchichte genannt, weil durch ihn die
ffung der feiheignen Bauern erfolgte, weil er früher ald andre Nationen (16.
1792) den Sklavenhandel, vom 3. 1803 an gänzlich, abfchaffte und jede
nahme an demfelben verbot, weil er Friedens⸗ oder Vergleichsbehoͤrden zur
widung von Proceſſen errichtete, weil er endlich Schulen des gegenfeitigen Un»
ts und ähnliche Mittel der Volksbildung befürderte. Als die franz. Revo⸗
ı Europa erfchütterte, verband ſich Dänemark mit Schweten, zur Behaup⸗
der Neutralität, 1794 — 99 durch eine gemeinfchaftlich aufgerüftete Kriegs⸗
Dies bewog England zur Nachgiebigkeit, und die Bedruͤckungen des daͤni⸗
Handels minderten fich, indem ein im mittelländifhen Meere durd Die daͤnlk⸗
Topferkeit erfämpfter Vortheil 1797 einen für die Schifffahrt in jenen Gemäß
yunfiigen Vergleich bewirkte. So gelang es dem Prinzen, bis 1800 den
m zu erhalten. AUein feit dem Beitritt zu Pauls I. nordifcher Neutralitaͤt,
Dänemark (f. d.) in die europäifchen Händel verwidelte. Es verlor feinen
del, feine Marine und Norwegen. (©. Kieler Friede; Hamburg;
till.) Bei dem Congreffe zu Wien war Sriedrich VI. perfönlidy zugegen. Gr
fin Gontingent von 5000 Mann 1815 zur Dccupationsarmee in Frankreich
a, und bezog feinen Anthell an den franz. Sontributionggeldern. Nach feis
müdfunft von Wien ließ er fi und feine Gemahlin den 31. Juli 1815 zu
icdecborg Eränen. In der Folge trat er beim heiligen Bunde bei. Seitdem
a bmüht, den Grebit des Papiergeldes wiederherzuſtellen, und dem gefunfenen
mel des Landes emporzuhelfen. S. Tochter, die Kronprinzeſſin Karoline
6.28, ct. 1793) ift nicht vermaͤhlt. .
Ariedrih Augnft I., König von Sachſen, der aͤlteſte Sohn des Kurf.
rich Ghriftian, geb. zu Dresden am 23. Dec. 1750, folgte f. Vater 17. Dec,
63. Sein oaͤlteſter Oheim, Prinz Xaver, führte als Adminiftrator die Vor⸗
urihafe, bis F.A.am 15. Sept. 1768 ſelbſt die Regierung antrat. Er verm. ſich d.
Im. 1769 mit der Prinzeſſin Maria Amalia von Zweibruͤcken, die ihm (21. Jan.
82) die Prinzeſſin Maria Auquſte gebar. Dre nachmal. Miniſter, Freih. von
hmid, war fein Lehrer in den Staatswiſſenſchaften, die viel!vicht nie in einem
tern Geifte angewendet worden find, ald von Friedrich Auguftl. Dem feften
wihlufe, fein Volt nach Möglichkeit zu begluͤcken, blieb er in alten Verhäftniffen
m alien Zeiten fo treu, dag man mit Mahrheit fagen kann, diefer Fürft hat
Br feiner Pflicht gelebt. In feiner ganzen Negierung ift kein Machtſpruch, kein
Brit in frembe Rechte geicheben. Abhold jeder Üübrreilten Neuerung unternahm
rnit für ben Glanz oder aus Nachahmungsſucht, fondern nur dann entftand
Mur, wenn er aus Überzeugung e6 ald das Gute erkannt hatte, das lieber
Mom, aber deſto ficherer gedeihen follte. Der MWohiftand, tiv Biüthe feines
res umter feiner Regierung zeugen, wie fiher es in der That gedieh. Er tilgte
wennach die Steuerfchulden des Landes, und die ſtrenge Mechtiichkeit der Ver⸗
King bewirkte, daß ungeachtet der geringen Binfen, die ſaͤchſiſchen Staatspa⸗
was bis daher ohne Beifpiel war, um einige Procente den Nennwerth Übers
Öfter wendete Friedrich Auguft durch eigne Aufopferungen Schulden vom
ab, fuchte Auflagen licher au vermindern als zu erhöhen, und erklärte: man
*in und feiner Kammer Intereffe nie dem Interoffe der Unterthauen entgegens
Von feiner landesvaͤterlichen Kürforge zeugen die ſchrecklichen Jabre der
Beenung 1772, 1804, 1805, und dir furchtbaren Überſchwemmungen von
114, 1799, 1804, wobei er nicht nur durch unmittelbare Wohlthaten, fondern
cao duch die Arbeit, die er nahrungslofen Unterthanen verſchaffte, fich huͤlfreich
mu. Die Magazine wurden fo eingerichtet, daß ähnlidyer Gefahr fünftig vors
412 | Friedrich Auguft I.
gebaut war, Der Anbau des Landes, bie Verbefferung ber Viehzucht Cbeon!
die Verediung der Schhfereien) machten bedeutende Fortfchritte, und murben bı
Belohnungen unterftügt; der Bergbau, die Salzwerke, das Forſtweſen wur
durch forgfältige Aufficht, weile Gefege und nachdruͤckliche Unterſtuͤtzung gehot
Manufacturiften und Fabrikanten (vorzüslih Spinnmaſchinen ıc.) aller Art dı
Gehalte, Geſchenke und Vorſchuͤſſe unterftügtz; der Handel, der durch den fiel
jährigen Krieg und durch die während der Vormundfchaft auf die auslaͤndiſt
Waaren gelegten Abgaben einen nicht geringen Stoß erlitten hatte, hob fich zu e
vorher nie erreichten Bluͤthe. Wer gedenkt nicht hierbei der Verbefferung alter:
Anlegung neuer Kunfiftraßen, ſowie der Schiffbarmachung der Unftrut und Sa
welche Fluͤſſe durch Candle über Leipzig, Eilenburg und Torgau mit der Eiki
Verbindung gebracht werden follten? Das Heer ward auf einen beffern Fuß ge!
die Bildung künftiger Officiere mufterhaft begründet, und ein Militair: Stra
fegbuch gegeben. Bedeutende Unterftügungen erhielten die Univerfitäten Wit
berg und Leipzig; die Fürftenichulen Pforta, Meißen und Grimma wurden
eingerichtet, erhielten neue Gebäude und mehre Kehrer; die Seminarien zu Di
den und Weißenfels, das Soldatenfnabeninjtitut zu Annaburg, die niedern Bi
ſchulen im Erzgebirge, die verbefferte Einrichtung der Bergakademie zu Freib
die Gehaltserhoͤhung der Landfchullehrer u. a. m. zeugen von dem Eifer dieſes
fenfchaftlich gebildeten Regenten für die geiftige Gultur feines Volkes. In der (
ſetzgebung zeigt ſich Friedrich Auguſts Negierung von der achtungswuͤrdigſten Se
. 1770 ward die Zortur abgefchafft, die Reinigungseide wurden vermindert, die
beöftafen befchräntt und menfchliher. 1791 ward: eine beftäntige Gefrgco
miffion errichtet, welche mit dem Entwurf zu einer neuen Gerichtsordnung bea
tragt, 1520 aber aufgehoben ward; 1810 erhielten einige ausgezeichnete Rech
kundige den Auftrag zur Ausarbeitung eines neuen peinlichen Geſetzbuchs. W
tige Beränderungen wurden in Anfehung einzelner Lanbeebehörden vorgenomm
der Juſtizpacht in den Amtern aufgeboben und die Rechtspflege von dem Rent
fen getrennt, heilſame Polizeigefege und eine allgemeine Vormundſchaftsordm
egeben; es wurden Waifenhäufer, Arbeits » Heilz, und Strafanſtalten gegrän
berhaupt maltete der Geiſt der Nechtlichkeit, Ordnung, Maͤßigkeit und Treu
allgemein, daß Sachſen auch von Seiten feiner SittlicyEeit ſich auszeichnete. W
Friedrich Auguft nicht ein immer erhöhtes Gluͤck feinen Unterthanen verfchaffte,
war Died der Zeitumſtaͤnde Schuld; denn wie fehr er auch den Srieden lichte,
ward er doch mehr als einmal genöthigt, an dem Kriege anderer Mächte Thai
nehmen. 1778 führte cr, wegen der Anſpruͤche feiner Mutter auf die Verlaf
haft ihred Bruders, des Kurfürften von Baicen, gemeinſchaftlich mit Fried
dem Großen, den baitifchen Erbfolgekrieg gegen Öſtreich. (S. Tefche:
Friede.) Das Wohl feines Landes und deffen geographifche Lage erfoderten,
an Prrußen anzuſchließen; daher trat er auch dem deutfchen Kürftenkunde
Sehr richtig urtheilte Johannes Müller hierüber, „daß diefe Mafregel der vi
lichen Sorgfalt gemäß war, mit welcher Friedrich Auguſt die Wunden des Va
landes immer glüdlicher beilte, und gleich gemäß dem Sntereffe des Hauſes, di
Schild wider grundlofe Anſpruͤche in Tractaten ift, und feines Volks, deffen t
vermögende Stände in ihren zum gemeinen Beften geuͤbten Vorrechten ein Klei
befigen, deſſen Verluft beim Untsrgange der Gefege gewiß und unerſetzlich min
Dieſelbe Weisheit bewog ihn auch, eine Koͤnigskrone ausjufchlagen. Die Pk
fandten 1791 den Sürften Adam Gzartorisky nach Dresden, um Friedrich Aut:
zur Thronfolge Polens für ſich und feine erblichen Nachkommen zu berufen. 8
es ehrenvoll für ihn, um feiner Zugenden willen von einem fremden Volke als
nig berufen zu fein, fo war es groß und edel, dem Rufe nicht zu folgen, und iu
dem Gluͤcke des Eleinern Vaterlandes zu leben. Leider fland es bald nicht meh
Friedrich Auguft 1. 413:
dacht, die Ruhe dieſes Vaterlandes zu ſichern. In Pilmg fand im Aug.
ie Zuſammenkunft zwiſchen dem Kaifer Leopold und Friedrich Wilhelm H.
usen ftatt, worin Maßregein gegen die franz. Revolution ergriffen wurden,
a8 berliner Bündnig vom 7. Febr. 1792 zur Koige hatten. Allein die
t des Kurfürften Ichnte feinen Beitritt zu dieſem Buͤndniſſe, als Macht,
nach erklaͤrtem Reichskriege, 1793, ftellre cr jein Gontingent zu demfelben
hsſtand. Vier Jahre fang nahm er auf folhe Weife an einem Kriege
u weichen die Pflicht ihn nötbigte, bis er dom Waffenſtillſtands⸗ und Neus
vertrage des obertächfiichen Kreiſes mit den Franzoſen (von 13. Aug. 1796)
und die Demarcationglinie an den füdlichen Grenzen ſeines Landes beſetzen
Zei dem raſtadter Congreß fuchte er die Selbſtaͤndigkeit des deutfchen Rei⸗
dehaupten, und bei dem Ent'chaͤdigungsgeſchaͤft zu Regensburg (1802 u,
wezu er nebſt ſieben andern Reichsſtaͤnden erwaͤhlt war, hatte er kein an⸗
zenmerk als ſtrenge Gerechtigkeit bei Vertheilung der Entſchaͤdigungsmaſſe.
m neuen Kriege zwiſchen Frankreich und Oſtreich 1505 nahm er keinen
doch verſtattete er, bei feiner Verbindung mit Preußen, den Deerestheilen
tat den Durchzug durch fein Land. Als aber am 6. Aug. 1806 die Auf
des deutſchen Reichs erfoigt war, fah er ſich genöthigt, 22,000 Mann
Preußen gegen Frankreich flogen zu laſſen. Nach der Schlacht bei Jena
ride (14, Det.) war Suchfen zuerft dem eindringenden Feinde preiss
‚ und das Loes des Landes wäre gewiß auf andre Weiſe entjchieden
‚ hätten nicht Friedrich Auguſts perfönlidde und Megententugenden dem
Achtung eingeflöft. Der Sieger legte, außer mehren Requiſitionen,
ide eine Kriegsſteuer von 25 Mill. Tr. auf, und richtete eine proviforifche
tung der in Befdylag yenomnienen landesherrl. Einkünfte ein, geftand aber
s dem Lande Neutralität zu. Friedrich Auguft unterftügte feine bedraͤng⸗
erthanen dutch Geldvorfchüffe und durch die Lieferungen feiner Kammerguͤ⸗
wirkſamſten jedoch durch den Abſchluß des Friedens mit Napoleon zu Pos
. Dec. 1506). Dir Kurfuͤrſt ven Sachſen wurde zum König erhoben,
ielcher dem Hiheinbunde bei, und ftellte ein Gontingent von 20,000 M.
Niederlauſitz wurde ihm der Eottbuffer Kreis zugefichert, und er trat dage⸗
den Konig des neu errichteten Reichs Weftfalen das Amt Sommern, die
ift Sarbp, Zreffurt und einen Theil der Grafſchaft Mansfeld ab. Auch
te der 9. Urt. d. Sr. die Gleichſtellung der Katholiten mit den Lutheranern
firchlichen, bürgerlichen und politiſchen Rechten. Durd) den Frieden von
07 erhielt Sr. Aug. in Polen das Herzogthum Warſchau. Als König von
und Hering von Warſchau batte er aber Doppelte Verbindlichkeit, Theil an
ces Stiegen zu nehmen. Indeß fandte er Erine Zruppen nad) Spanien.
Kriege, der 1809 gegen ſtreich gefuͤhrt ward, ſtellte er bloß ſein Contin⸗
sh mußte er ſelbſt, als Streifcorps Sachſen durchzogen, über Naumburg
mifurt aM. ſich begeben. (Bol. Wiener Friede.) In dem fran⸗
uſiſchen Kriege von 1812 wurden feine Staaten der unmittelbare Schauplatz
ges. Friedrich Auguſt hatte fich, als die Verbündeten in Sachſen einrüd:
h Plauen, dann nach Regensburg, endlid) nach Prag begeben. Nach der
lacht kehrte er auf Napoleon drohendes Vegehren nad) Dresden zurüd.
Zach ſen.) Er befand ſich in Dresden, ale die Verbuͤndeten diefe Stadt
auf Bes Waffenſtillſtandes angriffen. Später folgte er Napoleon nach
Als diefe Stadt am 19, Oct. erftürmt worden war, ließ ihm der Kaifer
er erklaͤren, daß er ihn als feinen Gefangenen betrachte. Erfolglos blieb des
Erklärung an die Kaifer von Rußland und Öftreich, der gemeinſchaftlichen
xizutreten. Er mußte fein Land (23. Det) verlaffen, und lebte anfangs
in, dann auf bem Luftichloffe Friedrichsfelde, wo er gegen die Vereinigung
8 mit Preußen eine Verwahrung feiner Rechte auf Sachfen erließ, Hier:
414 Friedrich Wilhelm (Kurfürft von Brandenburg)
auf ward ihm geftattet, ſich nach Preßburg zu begeben. Daſelbſt nahm er
Verhandlungen bed wiener Gongrefles Theil. Endlich kehrte er am 7. !
Folge des am 18. Mai unterzeichneten Vertrags mit Preußen (vgl. Sa |
feine Hauptftabt zuruͤck. In Eurzer Zeit flelite er den zerrlitteten Staatscre
der her, befolgte in jeder Hinficht gemäßigte und weiſe Grundfäge, fliftete
vilderdienflorden und ordnete mehre Zweige ber Staatsverwaltung nach dei
Verhaͤltniſſen des Landes. — Im Sept, 1818 feierte er fein Regierungs :
San. 1819 fein Ehejubilaͤum. DM. f. die hifter. Schriften über Sachſe
Weiße und von Poͤlitz.
Eriedrich Wilhelm (der große Kurfürft von Brandenburg)
1620, war 20 3. alt, als er nad) dem Tode f. Vaters, Georg Wilhelm (1
1640), die Regierung antrat. Er änderte ſogleich das bisherige Suftem, ı
nahm ſich in dem noch fortdauernden dreißigjährigen Kriege, da er von beide
teien gleich viel zu fuͤrchten hatte, mit folcher Kiugheit, daß er fich Achtung ı
nen Ländern Erleichterung verfchaffte, obgleich ein Theil derfelben noch lan
fremden Truppen befegt blieb. 1641 ſchloß er, der Öftreichifchen Gegenvorf
ungeachtet, mit Schweden einen Neutralitaͤtsvertrag, uͤberließ aber feine Ga
dem Kaiſer, dem fie den Eid der Treue geleiftet hatte. Durch den Waffenſti
mit Heſſen⸗Kaſſel (1644) erhielt er die von Heffen befegten Örter in Kleve
der Graffchaft Mark zurücd. 1647 vermählte er fih mit der oranifchen Pri
Louiſe Henriette. Obgleich nady Abfterben der Herzoge von Pommern (
diefes Land an Brandenburg hätte fallen follen, fo war ed doch von den Sch
befegt worden, und Friedrich Wilhelm war genöthigt, im weftfätifchen 8
1648) Vorpommern, die Infel Rügen und einen Theil von Hinterpomma
Schweden zu überlaffen, wogegen er, nebſt dem Reft von Pommern und der
(haft Hohenftein, die Bisthuͤmer Halberftade, Minden und Kamin als mı
Fuͤrſtenthuͤmer befam, und das Erjftift Magdeburg ihm, nach dem Toded
maligen Adminiftrators, des Prinzen Auguſt von Sachſen, als Derzogthun
fprodyen ward. Friedrich Wilhelm fing nun an, feine Kriegsmacht auf ein
fern Fuß zu fegen. Inden Krieg, weldyen bald nachher (1655) Schweden m
len führte, warb auch er, wegen des Herzogtums Preußen, verwidelt. Ar
war er auf der Seite des Königs von Schweden, Karl Guftav, half diefem di
tägige Schlacht bei Warfchau (18. — 20, Jul. 1656) gewinnen, und erhicl
von ihm verſchiedene Vortheile ; als aber Rußland und Öftreicy ſich für Po
Härten, änderte auch er fein Syſtem, und ſchloß (19. Sept. 1657), unte
reiche Vermittelung, zu Welau einen Vertrag mit Polen, das ihm die völlige
verainetät einraͤumte, auch ihm die, nad) dem Abfterben der Herzoge von Pon
als polnifche Lehen eingegogenen Herrſchaften Lauenburg und Vuͤtow, jed
Lehen, Überließ, wogegen er das ihm von Schweden eingeräumte Ermeland
ten mußte. Die preuß. Stände waren mit diefer, ohne ftändifche Genehn
getroffenen Veränderung unzufrieden, und verweigerten damals dem Kurfürft
Huldigungseid, weßhalb er zu Königsberg die Feſtung Friedrichsburg anlege
* Karl Guſtavs plöglicher Tod befreiete ihn von einem Gegner, der mahrfchein
Bedingungen ed welnuer Vertrags nicht ungeahndet gelaffen haben wuͤrde;
wurde im Srieden zu Dliva (1660) jener Vertrag beftätigt, und feſtgeſetzt,!
gemachten Eroberungen gegenfeitig herausgegeben werden follten. Der Ki
wandte nun feine ganze Sorgfalt auf die Begründung des Wohlſtandes u
Handels in feinem Staate; dabei fandte er dem Kaifer 2000 Dann gegen di
fen zu Hülfe. 1672 trat er mit der Republik der Niederlande in ein Bü
als diefe von Ludwig XIV. bedroht wurde; auch trug er dazu bei, daß |
Braunſchweig der Kaifer, Dänemark, Heflen s Kaffel und andre deutfche 9
mie Ihm zur Vertheibigung des Niederlande gegen Ftankreich en, £
Friedeih Wilhelm (Kurfürft von Brandenburg) 415
die Franzoſen groͤßentheils, nad) dem Vorbringen des Kurfürften in Weſtfa⸗
ie Republik verliefen, fo ward doch der Feldzug ber Deutfchen durch die Lange
t der öfter. Feldherren und durch ihre Eiferfucht auf den Kurfürften vereitelt.
turfuͤrſt mußte aus Mangel an Lebensmitteln ſich zuruͤckziehen, und feine weſt⸗
en Länder den Verheerungen der Feinde Überlaffen. Als nun aud) die Oft»
: vom ihm ſich trennten, und die bolländifchen Hülfsgelder ausblieben, fah er
ı dem Bertrage von Voſſem (Dorf bei Löwen, 6. Juni 1673) genöthigt, nad)
em Frankreich Weftfalen zu räumen und dem Kurflrften 800,000 Livres zu
ıverfprach, der Kurfürft dagegen dem Bündniffe mit Holland entjagte, und
kreichs Feinden weder mittelbar noch unmittelbar beizuftehen verfprach, ſich
vorbehielt, im Falle eines Angriffes, dem deutſchen Reiche Hülfe zu leiften,
it Fall trat ſchon 1674 ein, wo ber Reichskrieg gegen Frankreich beichlofjen
. Bereits vorher hatte fid) der Kurfürft mit Oftreih, Holland und Spanien
x verbunden. Die beiden legtern verfprachen ihm für ein Corps von 16,000
am Huͤlfsgelder. Mit diefem Corps ging er im Aug. 1674 in den Elſaß, und
and ſich mit der Reichsarmee. Der kaiſerl. Feldherr Bournonville vermieb aber
Schlacht, fo fehr fie der Kurfuͤrſt wuͤnſchte, morauf der verjtärkte Turenne das
he Heer bei Muͤhlhauſen im Sundgau befiegte, und es nöthigte, den Elſaß
dmen. Während’ nun der Kurfürft in Franken in Winterquartieren ftand,
niſtete (Dec. 1674), von Frankreich angeregt, ein ſchwediſches Heer von
MM., unter Wrangel, Pommern und die Marl, Der Kurfürft ging ihm
t 600 Mann entgegen, flug (18. Suni 1675) bei Fehrbellin (f. d.)
MM Schweden, und befreite dadurch den Kurſtaat. Obgleich nun der Kaiſer,
ya dieſes Einbruchs, gegen Schweden bie Acht und einen Reichskrieg erklärte,
vor er doch eiferflichtig dıber des Kurfürften Vordringen in Pommern. Der
fürft war deßhalb geneigt, fowie Spanien und Holland, zu Nimwegen (1678)
ı Erparatftieden mit Srankreich zu ſchließen. Da aber Frankreich von ihm
agte, Schweden alle Eroberungen zurüdzugeben, und daffelbe für die Kriegs⸗
u zu entſchaͤdigen, fo trat er mit Dinemark und Münfter zu einem neuen
briffe zuſammen, und vollendete durch die Einnahme von Greifswald und
Hand (1678) die Eroberung von ganz Pommern. Ebenfo warf er (Ban.
h die unter Horn in Preußen eingefallenen Schweden zurüd, Noch ftand er
Dänemark allein im Felde gegen Schweden. Da verlangte Ludwig XIV,
emit Schweden Frieden [liegen und alle Eroberungen herausgeben folle; als
urfürft Dies verweigerte, ward er durch 30,000 Sranzofen, welche in Kleve
ion, zum trieben von St.:Germain (29. Juni 1679) genöthigt, in welchem
e Eroberungen von Schweden herausaab, dagegen aber die wenigen Örter und
erhielt, welche Schweden feit dem weftfäliichen Srieden in Hinterpommern
‚„ und von Frankreich 300,000 Kronenthir. als Entfhädigung. Als in der
Ludwiig XIV. (f.d) durch feine Reunions&ammern mehre Bezirke im Elſaß
kothringen an ſich riß, bewirkte der Kurfürft (1684) den Waffenftilftand auf
h, welcher zrifchen Deutfchland und Frankreich abgefchloffen roard. Doc)
a zwiſchen ihm und Frankreich neue Mißhelligkeiten ein, als er fein Buͤndniß
5) mit Dolland erneuerte, und die reformirten Slüchtlinge aus Frankreich (etwa
00) in feine Staaten aufnahm, melche zu dem Wohlftande derfelben bedeutend
tragen haben. Jene Mißverftändniffe veranlaßten ihn, fich Öftreich, obg’eich
a demſelben bisher wenig unterftügt worden war, wieber zu nähern; noch
aber beftimmte ihn dazu die Hoffnung, für die drei fchlefifchen Fuͤrſtenthuͤmer,
ig, Brieg und Wolau, deren Kürft 1675 ohne Erben geftorben war, und
e, in Folge einer alten Erbverbrüderung, an Brandenburg hätten fallen follen,
von Oſtreich eingezogen worden waren, entfchädigt, und in den Beſitz des Kürs
ums Jaͤgerndorf gefegt zu werben, das der Kaifer, nachdem er den Kürten
u
416 Friedrich I. (König von Preußen)
Johann Georg, aus dem Haufe Brandenburg, 1623 in die Acht erklaͤrt, ebenf
an fich gezogen hatte. Für alle diefe Anfprüche erhielt Friedrich Wilhelm (16
den fchwiebufer Kreis, machte ſich jedoch fchriftlich zur fünftigen Ruͤckgabe deffe
verbindlich, die auch unter feinem Nachfolger (f. Friedrich III.) eintrat.
Unterftügung des Kaifers im Tuͤrkenkriege fandte darauf (1686) der Kurfürft &
Mann unter dem General v. Schöning, melche fich bei der Belagerung und &
mung drr Stadt Dfen auszeidineten. Im Innern des Landes hatte der Kuıf
befonders Aderbau, Viehzucht und Gartenbau befördert; er verpachtete die l
mainengüter, welche bis dahin gewöhnlich durch Amtsſchreiber bereirtbichnftet n
den waren; die franz. Flüchtlinge unterflügte er Eräftig, und gewann in ih
20,000 arbeitfame Staatsbürger, welche Fabriken und Manufacturen anles
und wüfte Flecke urbar machten. Wenn aud) der Erfolg des (1683) auf der a
kaniſchen Küfte von dem Major von der Gröben ungelegten Korte Friedrichsb
den Erwartungen der von dem Kurfürften geftifteten afrikaniſchen Handelsge!
ſchaft nicht entſprach, fo war doch die Thätigkrit des Kurfürften, den Handel
Staats zu beleben und meiter zu verbreiten, dabei unverkennbar. Berlin wu
durch mehre Anlagen und Gebäude unter ihm verſchoͤnert; er gründete die Bibt
thek dafelbft, und (1655) die Univerfittt zu Duisburg. Er ftarb am 29. %
1683 zu Potstam im 69. Lebensjahre, und hinterließ feinem Sohne ein bedeute
vergrößertes und gut angebnutes Land, einen Echag von 650,000 Thir., und«
gelibtes Heer von 28,000M. Nach dem Zode feiner erften Gemahlin (166
vermählte er ſich (1668) mit der Prinzeffin Dorothea von Holſtein⸗Gluͤcksbun
Witwe des Herzogs Chrijtian Ludwig von Braunfchweig: Celle, bie ihm meh
Söhne gebar, aber mit ihrem Stieffohne, dem Kurprinzen Friedrich, in ſchlechte
Vernehmen ftand. Dle ſchoͤne Etatue des großen Kurfürfien in Berlin hat Job
Jacobi 1700 gegoffen. ’
Sriedrich IH. (Kurfürft von Brandenburg und fouvsrainer Herzog ve
Preußen, feit 1685; erſter König in Preußen, feit 1701), geb. 1657 zu Königl
berg, erhielt nach f. Altern Bruders Tode die Ausficht zur Erbfolge. Nach be
Tode f. erften Gemahlin, Flifabeth Henriette von Heffen » Kaflel, vermähle (
fit) (1684) mit Sophie Charlotte von Hanover, Schweſter des nachherigen $
von England, Georg J., einer Fürftin, höchft ausgezeichnet durch geiftige und
perliche Bildung. Ihr verdankte der Hof Friedrich6 I. den Glanz der Wiſſenſche
ten und Künfte, und die Grazien des gefelligen Lebens. Sie gebar (1685) Fe
rich Wilhelm J., und veranlafte, nebſt Leibnig, ihrem Lehrer und Freunde, d
Stiftung der Akademie der Wiffenfchaften zu Berlin. Sie ftarb 1705. Friedriqh
dritte Gemahlin, eine Prinzeifin von Medtenburg, verfiel in Wahnſinn, fodaß
genöthigt war, ſich von ihr zutrennen. Beiden Mißverftändniffen mit f. Stie
mutter wurde er aud) von f. Vater verfannt, der ihn völlig enterben wollte, ſi
aber doch durch feine Minifter bewegen ließ, da® Teſtament dahin abzuändern, M
der Kurprinz in der Kurwuͤrde und den Kurländern, und feine Übrigen Sohn
den andern Befigungen folgen ſollten. Diefes Teſtament erflärte Friedrich m
der fchon als Kurprinz mit Öfterih in gutem Vernehmen geftanden, und von N
fem die Zuſage der Unterfiügung dabei erhalten hatte, für ungültig; nahm m
den gefammten Rindern f. Vaters Befig, und gab ſ. Stivfbrübern Amter und Ay
nagen. Den Prinzen Wilhelm von Dranien unterfiüste cr bei deſſen Zuge Mi
England (1688) mit 6000 M. Zur Reichsarmee gegen Frankreich, welches
Rheinpfalz verwuͤſtete (1689), ſandte cr 20,000 M. 1691 flog er ſich de
großen Bunde des Kaiſers, Spaniens, Englands und Hollands gegen (rar
veih an, und fandte 15,000 M. in die Niederlande, über welche der Rs
Wilhelm von England den Oberbefehl führte. Ebenfo unterſtuͤtzte er den Kai
gegen die Türken, für ein Hülfsgeld von 150,000 Thlr., mit 6000 M., wei
Friedrich I. (König von Preußen) 417
37) in den Schlachten bei Salankemen, bei Belgrad und Zentha
Sm ryßwicker Frieden (1697) wurden für Brandenburg die Bes
veftfälifchen und des Friedens von St.⸗Germain beftätigt. Den
gab er (1695) an Djtreid) zuruͤck; doch behielt er fich die Anfprüche
uf die vier fchlefifchen Fuͤrſtenthuͤmer vor. Oſtreich gab ihm für
us verwandten Summen 250,000 Thlr., und zur Schadloshals
ſchaft auf Oſtfriesland und auf die Grafichaft Limburg in Franken;
aften gingen fpäter in Erfüllung. Von dem Kurf. von Sachfen,
t I., der den poinifchen Thron (1697) beftieg, erkaufte er die Erb⸗
er das Stift Quedlinburg, die Reichſsvoigtei zu Nordhaufen, und
zberg bei Halle. Mit den Häufern Hohenzollern⸗Hechingen und
ylos er einen ErbverbrüderungssPBertrag (fıb.) Die
weiche bereitd dem großen Kurfürften fir 400,000 Thlr. verpfäns
aber fo wenig wie jene Summe sübergeben worden war, ließ er
4. nehmen. Nach der Erhebung des Kurfürften von Sachfen auf
and des Draniers Wilhelm III. aufden engliſchen Thron, wänfchte
die Eönigl. Würde von Preußen, als dem einzigen, ihm damals ges
ingigen Staate. Die Einwilligung des Kaifers (16. Nov. 1700)
uf die Bedingungen, den cheftändigen oͤſtr. Huͤlfsgeldern zu entſa⸗
chenden fpanijchen Erbfolgekriege 10,000 M. auf feine Koften zu
allen Reichsangelegenheiten der Eaiferl. Stimme beizutreten, bei
Kaiſerwahl feine Stimme einem öfter. Prinzen zu geben, und feine
slande den Verbindlichkeiten gegen das Neid) nicht zu entziehen. Am
L feste er fi und f. Gemahlin zu Königsberg die Krone auf, nach⸗
oxher den ſchwarzen Adlerorden geftiftet hatte. Mit Ausnahme des
reiche, Polens und des deutfchen Ordens ward der Kurfürft ale
eich I. von den europlifchen Mächten anerkannt. An dem nordls
ihm er Beinen Antheil; als Öftreiche Bundesgenoffe fandte er aber
hen Erbfolgekriege 20,000 M. an den Rhein, und 6000 M. nach
fochten unter dem Fürften Leopold von Deffau am Obers und Nie⸗
Yöchftidt, bei Turin und in Belgien. Friedrich I. erlebte das Ende
3 und den Frieden von Utrecht nit. Nach Wilhelms UI. Tode
Enkel des oranifchen Prinzen Friedrich Heinrich, die Srafichaften.
nyen an fein Haus. As Herzog von Kleve nahm er Geldern, nach
des habsburgiſchen Mannsſtammes in Spunien, in Beſitz, weil
6. Jahrh. den Herzog Wilhelm von Kleve, der von den Ständen
Megenten gewählt worden war, genöthigt hatte, diefes ihm zu übers
den Ständen der Fuͤrſtenthuͤmer Neufchatel und Valengin ward er,
ſchen des Hauſes Longueville, zum Regenten (1707) ermählt. Von
. Eolm3:Braunfels erkaufte er (1707) die Grafſchaft Tecklenburg in
300,000 Thlr., und verband fie mit der Srafichaft Lingen. Srieds
694) die Univerfität Halte, (1699) die Bildhauer⸗ und Malerakas
in. Er ließ Berlin durch die unter ihm angelegte Friedrichsſtadt ers
zu Ehren f. zweiten Öemahlin Charlottenburg, und gründete (1706)
fationsgericht. Er ftarb am 25. Febr. 1713, im 56. Lebensjahre.
Sr. tadelt feine übertriebene Prachtliebe, die verſchwenderiſche Kreis
welcher er feine Guͤnſtlinge uͤberhaͤufte, und daß er die Koͤniggwuͤrde
brdigen Bedingungen erfauft habe ; jedoch fügt er hinzu: „Die Koͤ⸗
reite das Haus Brandenburg von dem Joche, in welchen ſtreich das
fchen Fürften hielt; uͤberdem hinterließ er damit feinen Nachfolgern
zum Ruhm; er hatte ihnen einen Namen gewonnen, deffen fie ſich
m mußten; er legte den Grund zu einem Gebäude, deſſen Größe zu
Siebente Aufl. Bd. IV. 27
48 Friedrich Wilpelm I. (König von Preußen)
vollenden ihnen Überlaffen blieb”. — „Bel vielen Schlern und Schwachh
bührt indeß dem Könige Friedrich J. das Lob, daß er von Natur gutherzig w
daß er feinen Staaten in bedenklicher Zeit den Frieden zu erhalten wußte“.
Friedrich Wilhelm I., König in Preußen, Sohn Friedriche
1688, wurd von einer Franzoͤſin, dee geiftreichen Srau dv. Rocoulle, fpät
berühmt als Marthe du Val, erzogen, die jedoch keinen Einfluß aufihn g
Eonnte (größeren Einfluß hatte fie als Erzieherin Friedrichs des Gr) D
rafter des Prinzen bildete ſich am Hofe f. Grofvaters, des Kurfürften zu £
eines Ealtblütig gerechten und fireng haushälterifchen Fürften, beffen ı
swangloje Dofhaltung dem jungen Prinzen mehr zufagte als die fleife Pr
väterlichen Hofe zu Berlin. — Die erften Hreerführer feines Vaters, dei
graf Philipp und der Fuͤrſt von Anhalt, entwidelten des Prinzen zweite
fchende Neigung, die zum Soldatenfpiel und- zu riefenhaften Grenadiere
ihn auch zum Feldheren zu bilden. Als Kronprinz vermählte er fi) (1706)
banov. Prinzeffin Sophr Dorothea. Sogleich nad) f. Regierungsanttitt
1713) beichräntte er ben Luxus, weldyer bisher am Hofe ſ. Vaters geherrſch
Er beſchraͤnkte die Zahl der Angeftellten, verminderte die Befoldung der
und fuchte die Finanzen neu zu organificen. Im Frieden zu Utrecht (17:
kannten Frankreich und Epanien die preußifche Koͤnigswuͤrde und die Sour
tät über Neufchatel und Valengin an; auch ward ihm für das abgetretene r
fche Fuͤrſtenthum Drange der Beſitz von Geldern beftätigt. In demf. I. n
W. Befig von der Grafſchaft Limburg, auf welche fein Vater vom Kaifer!
wartichaft erhalten hatte. Im Laufe des norbifchen Krieges, an welchem
drich I. durchaus keinen Antheil nahm, wollten die Ruffen und Sadyfen, m
Gapitulation des ſchwediſchen Generals Steenbock in Tönningen, Schw
Pommern befepen. Dies zu verbindern, fchloffen der Adminiſtrator von Hi
Sottorp und der ſchwediſche Generalzouverneur in Pommern, Graf Welling
1713), mit F. W. I. einen Sequeſtrationsvertrag über Stettin und Wi
Dir König batte Lie Abficht, den Norden durd) feine Bermittelung zu berw
allein der aus der Tuͤrkei nach Stralſund zuruͤckgekehrte Karl XII. verwarf
Vertrag, und verlangte Stettin von Preußen zuruͤck, wobei er die Wieder
lung der 400, 0030 Thlr. verweigerte, weiche der König an die Ruffen und S
zur Vergütung der Kriegekojten bezablt hatte. Dadurch ward F. W. I. zum!
gegen Schweden und zum Bündniffe mit Rußland, Sachſen und Dänematt (I
beftimmt. In Verbindung mit denielben eroberte Leopold v. Deffau, an dert
der Preufien, Ruͤgen und Stralfund, Nach Karls XII. Tode behielt Preuf
Sieden von Stodholm (21. Sun. 1720) Vorpommern bie an die Peene, S
und die Infeln Ufedom und Wollin, indem es an Schroeden 2 Mill, Thir. bei
Von dem Bündniffe, welches zwiſchen England, Holland und Preußen zu f
ver abgefchloffen worden war, wußte, nad) Georgs II. Thronbefteigung in’
land, der öfter. Gefandte, Graf von Seckendorf, den König abzuziehen, m
diefer, in dem Vertrage zu Wufterhaufen (12. Oct. 1726), dem Kaifer verff
die pragmatifche Sanction anzuerkennen, und ihn auf den Fall eines Angrifi
19,000 M. zu unterſtuͤtzen. Obgleich nun bei dem Ausbruche des polnijchen
folgekrieges (1733) der König den aus Polen geflüchteten König Stanislaus
ezinsti, den Gegner Auguſts II, in Königsberg ehrenvoll aufnehmen ließ, un
durch die Unzufriedenheit der mit Sachſen verbundenen Höfe von Wien und Pc
burg erregte, fo ſtellte er doch, als Frankreich Oſtreich den Krieg erklärte, 10
M. Hülfstruppen für Oftreidh, welche fich mit dem Deere dieſer Macht am R
vereinigten. Der König und der Kronprinz befanden ſich ſelbſt einige Zeit be
em Corps. Das Alter und die Vorſicht des öftr. Feldheren, des Prinzen Euge1
wirkten aber, daß es am Rheine zu: feinen bedeutenden kriegerifchen Vorfaͤllen
Friedrich II. (König von Preußen) 419
be zu Wien (1735) diefen Krieg beendigte. F. W. mar ein großer
h; er begründete eine neue Einrichtung des Finanz» und Juſtizweſens;
achte er auf 70,000 M.; Magdeburg, Stettin, Wefel und Memel
ter ihm befeftigt; er baute viel und mit Aufwand für Land und Leute,
mit größter Sparſamkeit für fic) und fe Hof; er ftiftete das Collegium
nrurgicum, die Charite und dad Kindelhaus zu Berlin, das berliner
nd das potsdamer Waiſenhaus; bie falzburger Ausgewanderten und die
geflüchteten Diffidenten fanden in f. Staate gute Aufnahme; dagegen
jie berliner Akademie und die Univerfitäten nur mit Mühe ihrer Aufbes
eine Semahlin und f. Kinder waren nicht felten den heftigen Ausbrüchen
nd f. Despotismus ausgeſetzt, befonders der Kronprinz Friedrich, deffen
Richtung dem Vater gaͤnzlich zuwider war, Auch öffentlich ſuchte Je⸗
ch dem Anblicke des jähzornigen Königs zu entziehen. Seine Vorliebe
fifitale, befonders für fehr große Leute, wurde oft zu weit getrieben.
tebungen, die nicht immer die beften Sefinnungen hatten, und mit denen
Öhnlich in feinen abendlichen Tabagien vergnügte, an welchen auch dee
undling Theil nahm, vermochten fehr viel über ihn. Mach e. 28jähr.
ftarb er, 52 J. alt, d. 31. Mai 1740, Er hinterließ ſ. Nachfolger,
J., gegen I Mi. Thaler in der Schatzkammer, und ein gut abgerichtes
ertige8 Heer. Sr. WE. I. Söhne waren: Auguft Wilh., der Vater
dr. With. II. (geb. 1722, geft. 1758); Heinrich (geb. 1726, geft,
d Ferdinand (geb. 1730, geft. 1813). Friedrich Wilhelm I. begriff den
n des alten Sprichworts: „Ordnung hilft Haushalten”. König zu
ser des Reichs im wahren Sinne des Wort, durch Förderung und Ver⸗
r geiftigen Anlagen und Kräfte f. Volks, entſprach f. Fähigkeiten nicht.
ſcheinen, wie fein Vater, durch eitle Pracht, unter der Leitung allmaͤch⸗
tee, widerfpracd, feinem Charakter, Er fühlte den Berufin fi, Lan⸗
ı fein, wie Huusvater. Der große Kurfürft hatte die Unabhängigkeit f.
riedrich I. den äußern Glanz deffelben begründet, F. W. ftellte die innere
d Stärke deffelben feſt. Won ihm ging der Geift des Fleißes, bes nuͤch⸗
ushalts, des ſtrengen Hausregiments auf fein Volt über, Seine Pos
eine Liche zur Gerechtigkeit. Diplomatiſiren war ihm ein Graͤuel. In
achen war er ftrengorthodor, ohne Meinung und Urtheil, gläubig ohne
; in Rechtsſachen unbeugfam, Überall von gefunder Vernunft und Eins
kuͤnſtlichen Procefficen durchaus abhold. Wiffenfhaften und Künften
geneigt, wenn fie ſich nicht augenfcheinlich und auf der Stelle alle nugend
Dem Ritter- und Lehenwefen, infofern es dem Adel nicht mehr Vers
m und Dienfte auferlegte, fondern nur Vorrechte und Genuß gewährte,
ein Ende. Freiheit und Gerechtigkeit war ihm der höchfte Grundfag,
r aber unbedingten Gehorfam aufimpfte. Im Innerften feines Herzens
ter Republikaner, und er hat mehr als Einmal die Abſicht gehabt, fein
freier Privatmann in der Nepublit Holland zu befchließen. „Wenn es
‚ fagt Friedrich d. Gr. von ihm, „daß man den Schatten der Eiche der
: Eichel verdankt, aus welcher fie erwuchs, fo wird alle Welt eingeftehen,
in dem arbeitamen Leben dieſes Kürften und in feinen weifen Anords .
ie Quelle des Gluͤcks fuchen muß, deffen das Koͤnigshaus ſich ur jegt
iedrich II., König v. Preußen, der größte Negent des 18. Jahrh.,
Jan. 1712, Sohn des Varigen; f. Mutter war die haneͤverſche Prinzeffin
Dorothea. Unter dein Drude einer harten, blo$ auf militairifche übun⸗
neten Erzichung verflos feine erfte Jugend. Ger General Graf v. Fin:
war fein Gouverneur; der Major v. Kalkſtein fein Unterhofmeiſter. Nik
27°
%
420 Friedrich II. (König von Preußen) .
bes Vaters Willen zunaͤchſt zum Ererciten und Eleinen Mititairdier
entwidelte ſich doch frühzeitig in ihm der Sinn für Dichtkunft und '
ders durd) den Einfluß, welchen feine erfte Pflegerin, die geiſtreich
coulfe, und fein fruͤheſter Lehrer Duhan, auf ihn gewannen, indem |
nigin insgeheim eine Oppoſition bildeten wider die vaͤterlichen Erziehu
Der Prinz gab ſich aus Neigung ganz der koͤnigl. Mutter hin, und ſ
immer mehr fteigende Spannung zwiſchen Bater und Sohn, welch
des erflern rege mad)te, die Thronfolge bereinft auf den jüngern Pr
Wilhelm, uͤbergehen zu laffen. Der Minifter von Grumbkow und der
von Anhalt Deffau nährten diefe Spannung, um gerwiffe Plane zu
terhin auch der oͤſtr. Sefandte v. Seckendorf, diefer jedoch aus andrer
voillig über den väterlichen Drud und Haß, beſchloß Friedrich, zu |
Oheime,' Georg II., nad) England zu flüchten. Nur Friedrichs ihm
Schweſter, Friederike, und f. Freunde, die Lieutenants Katt und S
um dad Geheimniß feiner Slucht, welche von Weſel aus gefchehen fo
f. Vater, den König, begleitet hatte. Doch Katt's unvorfichtige Au:
ten die Abficht des Prinzen verrathen. Der Prinz ward eingeholt, ı
richtlich behandelt, und mußte feinem Sreunde, SKatt, den Kopf ab!
Keith entfloh ans Wefel, und Ichte in Holland, Enyland und Po
‚nach Friedrichs Thronbeſteigung nad) Berlin zurückkehrte (1741), un!
lieutenant, Stallmeifter und Curator der Akademie der Wiſſenſche
- wurde, Mährend der Prinz in Kuͤſtrin, in engfter Haft, die Bert
beitand, ließ ihm der König den Antrag machen, der Thronfolge zu ı
für ihm Freiheit der Studien, Reifen u. ſ. w. gewaͤhrt werden folle. ,
fagte der Prinz, „den Vorfchlag an, wenn mein Vater erklärt, daf
teibliher Sohn ſei!“ Auf diefe Antwort entfagte der König, welchem <
Religionspflicht war, dergleichen Anfinnen auf immer. Daß der $
war, feinem Söhne dus Leben abſprechen zu laſſen, iſt gewiß. N
Reinbeck und Seckendorf, welcher fruͤher wider den Prinzen diplom
retteten ihn, indem beſonders letzterer die kaiſerl. Verwendung gelter
wußte. Der Prinz, der, nad) feiner Entlaſſung aus dem engern Verf
riu, auf des Vaters Befehl bei der Domainenkammer als juͤngſter K
"arbeitet hatte, ward erſt bei der Vermaͤhlung der Prinzeſſin Friederike ı
prinzen Friedrich von Baireuth an den Ednigk Hof zuruͤckgefuͤhrt, u
(1733), nad) des Vaters Willen, mit der Prinzeffin Eliſabeth
(. d.), T. bes Herzogs Ferdinand Albrecht von Braunfchmweig = Bevern,
Friedrich Wilhelm gab ihr das Schloß Schönhaufen, dem Prinzen d
Ruppin und (1734) die Stadt Rheinsberg, wo diefer bis zu f. Thronb
Wiſſenſchaften lebte. In ſ. naͤchſten Umgebung befanden ſich Gelehr
Chazot, Suhm, Fouquet, Knobelsdorf, Kaiſerling, Jordan), Tonkuͤnſ
Benda) und Maler (Pesne). Mit auswärtigen Gelehrten, beſonde
von Ihm bewunderten Voltaire, ſtand er in Briefwechſel. Mehre ©:
mentlich fein „Antimacchiavell‘ erhielten in der Ländlichen Ruhe Rh:
Dafein. Der Tod f. Vaters führte ihn am 31. Mai 1740 auf den ‘
fand beim Antritt f. Regierung nur eine Volksmenge von 2, 240, 000
bei f. Abſterben hinterließ er 6,000,000 Untsrthanen. Zu diefer G
während f. Abiaͤhr. Regierung, den preuß. Staat durch feine großen Ri
Seldherrntalente, im Felde und im Cabinet durch viele ausgezeichnete ° D
terſtuͤzt. Ein Heer von 70,000 M. ‚hatte fein Vater, in der Erwa
Kriege wegen ber juͤlichſchen Erbfolge, immer fchlagfertig gehalten.
ber ſchon große Erwartungen von fic) erregt hatte, behielt größtentheils
tungen und Staatsgeundiäge ſeines Vaters bei, gab aber ben letztern
Friedrich II. (König von Preußen) 421
zunbfeben. Der Tod Kaifer Karls VI. war ein günftiger Augenblick, den
HAI. benugte, um die Redyte des Hauſes Brandenburg auf die ſchleſiſchen Fuͤr⸗
ner Jaͤgerndorf, Liegnitz, Brieg und Wolau, deren Belehnung ſeine Vorfahren
tten erlangen koͤnnen, nur in fo weit geltend zu machen, daß er von der Königin
Thereſia bloß die Herzogthümer Glogau und Sagan verlangte, mogegen er
erſtuͤtzung gegen alle ihre Feinde, Ihrem Gemahl feine Stimme zur Kaifer:
nd 2 Mill. Thaler verfprach, Als er aber f. Antraͤge verworfen fah, fo beſetzte
. 1740) Niederfchlefien, und ſchlug die Oftreicher unter Neipperg (10, April‘
ei Mollwitz. Diefer Sieg, der Schleſiens Schickſal faft gänzlich entfchied,
ſtreich mehre Feinde; Frankreich und Baiern verbanden fid) mit Preu⸗
d der öfter, Erbfolgekrieg begann. Der einzige Bundesgenoffe der Königin
garn und Böhmen, Georg IT. von England, rieth ihe zum Frieden mit
i, weil Sriedrich IT. ihr thätigfter und furchtbarfter Gegner war. Nach Fried⸗
Siege bei Chotufig (Czaslau) (17. Mai 1742), endigten den erften ſchleſi⸗
ieg die Präliminarien, welche unter englifcher Vermittelung (11. Juni) zu
, und der Friede, welcher (28. Juli 1742) zu Berlin unterzeichnet wurde. .
) erhielt mit voller Souverainetaͤt Nieder: und Oberſchleſien, nebſt der
aft Ging mit Ausnahme von Troppau, Zigerndorf und Teſchen. Dages
agte Friedrich allen Anfprüchen auf die übrigen öftr. Länder, uͤbernahm eine
Isfien haftende Schuld von 1,700,000 Thlrn., und verfprach, die Rechte
yoliken in Schlefien ungekraͤnkt zu erhalten. Sachſen trat dieſem Frieden
England und Rußland verbürgten den’elben. Friedrich TI. benuste ihn
um fein eroberted Land gut einzurichten, und fein Heer furchtbarer zu mas
1743 nahm er, nach dem Tode des letzten Grafen von Oſtfriesland, Beſitz
em Lande, auf welches fein Haus 1644 eine kaiſerl. Anmwartfchaft erhalten
Als bei der Fortfegung des öftr. Erbfolgekrieges der Kaiſer Karl VII. aus f.
n Erblanden hatte flüchten müffen, und die öftr. Waffen überall fegeeich
efuͤcchtete Friedrich, daß auch ihm Schlefien wieder entriffen werden möchte.
and fich daher insgeheim mit Frankreich (April 1744) und mit dem Kaifer,
I; und Heſſen-Kaſſel (22. Mai 1744) zu Frankfurt, wobei er dev Sache
ns duch einen Einfall in Böhmen aufzuhelfen verſprach, fidy aber den Eds
e Kreis von Böhmen ausbedang. Uneriwartet rüdte er, 10. Aug. 1744,
ren ein, und eroberte Prag, mußte aber, von den Oſtreichern, unter dem
Karl von Lothringen, und den mit ihnen verbundenen Sachfen gedrängt,
nech vor dem Ende des Jahrs verlaffen. Der Tod des Kaiſers (18. Ian.
md die Niederlage der Vaiern bei Pfaffenhofen bewirkten, daß der junge
: Marimilinn Sofeph von Baiern im Krieden zu Füßen mit Maria The:
ausſoͤhnte, amd daß die Frankfurter Union fich auflöfte, nachdem ſich Hefe
el für neutral erklärt hatte. Dagegen warın ſtreich, England, die Nies
und Sadıfen zu Warſchau (8. Sun. 1745) zu einem genauen Bündniffe
engetreten, und Sachſen hatte noch einen befondern Vertrag (18. Maut
nit Oſtreich gegen Preußen abgefchtoffen. Allein Friedrich befiegte bie Oſt⸗
and Sachſen (4. Juni 1745) bei Hohenfriedberg (Striegau) in Schlefien,
aufnac Böhmen, und fiegte noch einmal in einem fehr hartnaͤckigen Kampfe
t (30. Sept. 1745). Der Sieg der Preußen unter dem Fürften Leopold
Mau ber die Sachſen bei Keffelsdorf (15. Dec. 1745) führte den Frieden von
n (25. Dec.) herbei, welcher auf die Grundlage des berliner Friedens abge:
mad, ſodaß Friedrich Schleſien behielt, den Gemahl der Maria Thereſia,
hy 8 Kaiſer anerkannte, und Sachfen eine Mill. Thlr. an Preußen zu zah⸗
mh. Durch diefen Krieden wurde der zweite ſchleſiſche Krieg geendigt.
M der folgenden elf friedlichen Sahre widmete Friedrid) II. ſich ganz der thaͤ⸗
Regicrung des Innern und dee Heers, dabei aber den Muſen (er (eb in
4,22 Friedrich II. (König von Preußen)
dieſer Zeit die „Me&moires de Braudenbonrg“, das Gedicht: „Die Kriegskun
und andre poetiſche und profaifche Auffäge), beſtrebte ſich, Ackerbau, Künfte, |
briten und Manufacturen bluͤhend zu machen, den Handel zu beleben, die Gefeh
bung zu verböffern, die Staatdeinkänfte zu vermehren, fein Heer, das bie ı
160,000 M. angewachſen war, immer mehr auszubilden, und fo ben Staat ı
eine höhere Stufe der Volldommenheit zu bringen. Geheime Nachrichten &
eine Verbindung zwifchen Oftreidy, Rußland und Sachſen, die er befonders bu
den Verrath des ſaͤchſiſchen Kanzliften Menzel erbielt, erregten in ihm die Beſo
niß eines Angriffs, und des Verluftes von Schleſien. Durch einen Einbrud)
Sachſen (24. Aug. 1756), mit weldem der Sicbenjährige (f. d.) oder
ſchleſiſche Krieg begann, eilte er, feinen Keinden zuvorzulommen. Der Stiel
zu Hubertsburg (19. Schr. 1763), bei welchem der breslauer (1742) und der dre
nee (1745) Friede zum Grunde gelegt wurden, endinte diefen Krieg ohne fren
Vermittelung, nad) dem Grundſabe, daß Alles auf dem alten Fuße blieb. Fri
rich teat mit einem Ölanze aus diefem fiebenjahrigen Kampfe heraus, der ihm
bie Zukunft einen entſcheidenden Einfius auf die deutſchen und europaͤiſchen An
legenheiten zuficherte. Seine naͤchſte Sorge galt ber Unterſtuͤtzung f. durch!
Krieg ausgefogenen und erfchöpften Rinder. Cr öffnete feine Magazine, um fetı
Untertbanen Getreide zur Nahrung und Samen zur Veſtellung der Felder zu v
fhaffen. Den Landteuten ließ er Aderpferde auetheilen; die eingeäfcherten Hi
fer erbaute er von feinem Gelde, errichtete Colonien, Fabriken und Manufgetur
und legte verfchiebene Canaͤle an. Schleſien erhielt auf 6 Monte, die Neum
und Pommern auf 2 Fahre Befreiung von allen Abgaben. Kür den Adel in Sch
fin, Pommern und den Marken wurde ein Creditſyſtem errichtet, durch meld
der Preis der Güter erhöht, und der Zinsfuß erniedrigt wurde, 176% begruͤnd
Friedrich Die berliner Bank, und gab ihr 8 Mill. zum erften Fonds. Die Maßreg
daß er (1766) die Accife ganz auf franz. Fuß organificte, fand vielen Zabel, Mi
gute Anſtalten erhielten in diefer Zeit des Kriedens von ihm ihr Dafein;z das m
Geſetzbuch ward aber erſt unter f. Nachfolger beendigt und eingeführt. Miet
land ward (31. März 1764) ein Buͤndniß gefchloffen, in deffen Folge Friedrich
Mahl des neuen Königs von Polen, Stanislaus Poniatowski, und die Sache
gedrüdten Dilfidenten in Polen unterjtuste. Un Preußen mit Pommern und
Mark zu verbinden, und uͤberhaupt feinen Staat zu runden, genchmigte Fried
bie erfte Theilung Polens, die zu Petersburg verabredet und am 5. Aug. 1772
fhloffen wurde. Friedrich erhielt in demſelben ganz Polnifcy Preußen (das 14
vom deutfchen Orden an Polen hberlaffen worden war), nebſt dem Theile von Gi
polen bis an den Negfluf, doch mit Ausnahme von Danzig und Thorn.
diefer Zeit ward das Königreich Preußen in Oft: und Weſtpreußen eingetheilt. i
König ließ zu Graudenz eine Feſtung anlegen, und errichtete zu Marienwerder
Kriege» und Domainentammer, Bel feinem wachſamen Blicke auf die Abfıd
und Plane des thätigen Kaiſers Joſeph II., der ihn 1769 in Schleſien befudht,
dem er 1770 in Mähren f. Gegenbeſuch aemadıt hatte, erklärte er fich 1778 91
die Belegung eines großen Theils von Baiern durch die Oftreicher, nachdem
Kurfürft von Baiern, Mar. Joſeph, Einderlos geftorben, und diefes Land an
Kurfürften Karl Theodor von der Pfalz, als nächften Erben, gefallen war. D
obgleich der legtere in eine Abtretung gewilligt hatte, fo widerfprad) body, im
trauen auf Friedrichs Schug, der muthmaßliche Erbe von Pfalzbaicen, der Hi
von Zweibrücken, diefer Abtretung, ſowie der Kurfurft ven Sachſen, der gete
Anſpruͤche auf tie bairiſche Allodialerbſchaft hatte. Da ſtrelch durch Beine Un
handlungen von feinem Plane zuruͤckgebracht werden konnte, fo verband ſich ©
fen mit Preußen, und Friedrich ruͤckte (Juli 1778) mit zwei Deeren in Boͤh
ein. Kalſer Joſeph ſtand in einem feſt verfchanzten Laaer kinter der Elbe bei
*
BEUHUCURLYLLUJEL ZJUYERL JEUIU, BED VEIKUD IE UV „Ze UUIESLTLIJEEILE TUOTS
Noch am Abend feines thatenreichen Lebens ſchloß Friedrich (23. Full
Verbindung mit Sachſen und Hanover, den deutfchen Fuͤrſten bund
ine unheilbare Waſſerſucht beförderte den Tod des großen Könige. Er,
ins-Souci am 17. Aug. 17856 im 79. Lebens⸗ und im 47. Regierungs⸗
hinterließ feinem Neffen, Friedrich Wilhelm II, ein um 1325 COM.
Meich, einen Schag von mehr als 70. Mill., ein Heer von 200,000 M.,
n Credit bei allen europdiihen Mächten, und einen durch Bevoͤlkerung,
3, MWohlftand und wiſſenſchaftliche Bildung Eräftig emporgehobenen
sriedrich® thatınvolled Leben hatte feine Zeitgenoffen mit fo hoher Ach⸗
, daß fie den Beinamen des Großen zu gering fire ihn hielten; fie nann⸗
ı Einzigen. Geläutert durch manche bittere Erfahrung, nod) ehe er den-
ieg, gekraͤftigt durch das Vorbild des Vaters, unterftügt von einem fels -
ande, der fich in ber einfamen Periode feines Lebens zu RRinsberg ents
e, ergriff Kricdrich das Steuerruder feines Reichs, und erfchütterte zus
yanze Staatenfoftem Europas, als er das Schwert jog, um feine reichs⸗
Rechte und die Anfprücye feines Haufes zu retten vor den Anmaßungen
Irude des Eaiferl. Scepters, ald er den Fuͤrſtenbund, dies Meifterwert
ik, nach den Bedürfniffen jener Zeit, ausdachte und errichtite. ine
n Berdienfte um fein Lund ift, daß er aud) in den bedenflichiten Umſtaͤn⸗
Staatsichulden muchte, wol aber, obſchon er einen bedeutenden Theil
fte in verichiedenen Wegen wieder unter feine Unterthyanen zurüdfliefen
Zchatz fammelte, größer, als je ein Regent in Europa dergleichen befeffen
einen Fehlern rechnet man die Geringſchaͤtzung der priefterlichen Inſtitu⸗
che von feinen Zeitgenoffen ald Geringſchaͤhung der Religion ſelbſt bes
irde. Daß aber Friedrichs Herz und Geift dem hoͤchſten Gebanfen in
mmigfeit immer offen war, Das bemeifen fein Leben und feine Schrif⸗
unter feiner Regierung der Prieſter-NRimbus faft ganz erlofch, und Viele
geifter gefirten, war ein geringeres Keiden der Zeit, als die verfüchte Ketzer⸗
feinem Nachfolger. Was man Friedrichs Freigeiſterei nennt, war weis
>
’
x 75 Seel „m. tm 8
S
423 Friedrich Wilhelm II. (König von Preußen)
deric Il, ato. (Berl. 1788, 15 Bde.); „„Supplöment aux oenvres-pc
mes de Frederic le grand‘* (Berlin, 5 Bde.) und „Oenvres de Froder
publiees du vivant de l’auteur‘‘ (Berl, 1789, 4 Bde.) ; Eritifcher iſt die A
Amfterdam 1789 und 1790. Sein „Antimacchiarel‘ (zuerft Daag :
zeigt, wie er fich zum Regenten vorbereitet habe. in Löftlicher Fuͤrſtenſpie
fein Verſuch über Regierungsformen und über die Pflichten der Regenten, w
er nach einer Mjaͤhr. Regierung ſchrieb. Dippold entwirft in f. „Skizzen t
gem. Geſch.“ ein treffendes Bild von Kriedrih. "Aber Friedrichs Regierun
eine Seibfkregierung, und die Folgen derfelben zeigten ſich am nachtheiligften
Civiladminiſtration, die immer mehr zur Maſchine ward. Sich ſelbſt
kannte Kriebrich keinen Staatsrath, was in einer erblihen Selbſtherrſchaft
meidlich dahin führen kann, daß der Geift eines Herrſchers fich felbit uͤberlebt
Staͤrke des Staats, die in der Nation und in der Verwaltung liegt, ſah Fr
bloß in feiner Armee, in feinem Schatze. Nirgends konnte daher die Scheid
zroifchen dem Civil⸗ und Militairſtande fo ſtark werden, als in der preuß. V
hie, was nicht zur Stärke des Staatsgebaͤudes beitragen Eonnte. Indeß mı
gefcagt werden: ob es nicht eher ein Gluͤck für deutfche Kunft und Gelehrſ
war, baß Friedrich fich ihrer nicht befondere annahm, fondern fie vielmehr ih
und dem Volke überließ! Ein Selbftherrfeher toird einer Sprache immer ſch
Dienft erweiſen, wenn er ſich mehr gegen fie erlaubt, als nur ben freien San.
Ausbildung zu ſchuͤtzen. Friedrich Bannte den Geift der Sprache feines Volks
und fo mag es ihm zu großem Lobe gereichen, daß er fich weder für befugt, nı
berufen hielt, ſich ihr als Herrſcher aufzubringen, um in dieſer grogen Ang:
beit Partei und Richter zugleich zu fein. Um fo mehr aber ift anzuerkennen
Friedrich im Kelſten Sinne populaic, daß er der Mann des Volkes war. €
ganz eigentlich in Mitten feines Volks ; Jeder feines Volks rühmte ſich €
und tratihn an, denn er fand nirgends Schranken zwiichen dem Vater u
» Söhnen des Vaterlandes. Und mas allen Tadel, allen Fehl und Mangel d
gen Mannes uͤberſtrahlt: er betrachtete fich, den König, nur als den erften.
bed Staats, und der große Gedanke feines Lebens war: „Als König dent
ben, flerben”. M. vgl. W. v. Dohm's „Denkwuͤrdigkeiten“ ıc, (
1814 fgg., 5 Bde.).
Sriedrich Wilhelm I, König von Preußen, geb. 1744, B
fohn und Nachfolger Friedrichs II. Sein Vater, Auguft Wilhelm, 2.
Friedrich Wilhelms I., befehligte 1767 ein preuß. Armeecorps in Böhmen
Lauſitz, aber nicht mit Gluͤck, und ftarb 1758. Nach f. Tode wurde d
Wilhelm von f. Oheim, Friedrich II., zum Kronprinzen von Preußen erklaͤ
junge Prinz überließ fid) bald einer Lebensweife, welche ber Oheim mipbillig
welche beide eine lange Reihe von Jahren hindurch von einander entfernte,
äußerte Friedrich IT. feine Zufriedenheit mit dem Kronprinzen, als er im b:
Erbfolgekriege (1778) bei Neuſtaͤdtel in Schleficn einen Beweis perfontich
ferkeit gegeben hatte, Friedrich Wilhelms erfte Gemahlin war Elifaberh C
Ulrike, Prinzeſſin von Braunfchweig, die noch in Stettin lebt. Nach der Ti
biefer Ehe (1769) vermählte er fich mit der Prinzeffin Louiſe von Heffen Du
Mutter bes jegt regierenden Königs. Sein Regierungsantritt begann unter g
Umftänden (17. Aug. 1788). Preußen war in Beinen Kampf mit äußern
verwickelt, und Friedrichs II. Politik hatte ihm in der legten Zeitfeines Leb
Art von fchiedsrichterlihem Einfluffe auf die Angelegenheiten Europas ve
Doch bald ging durch mehre politifche Mißgriffe der Credit in den auswärtig:
netten verloren ; Durch unnuͤtze Kriege und durch den Aufwand bir kichlinge w
geerbte Schag verfchleudert, ſodaß bei des Königs Tede 18 Mill. Schulden
den waren, J. W.'s II. erſte Theilnahme an quswaͤrtigen Angelegenheiten
ag Der Dinge wurde DAIO Hergejreut, auch (10. Apr. 1400) eine Echutz⸗
im Haag zwifchen Preußen, England und Holland gefchloffen. In
zwiſchen Schweden und Rußland (1788) hinderte F. W. in Verbins
ngland, den fernern Angriff Dänemarks auf Schweden. Eiferfüchtig
ırtfchritte Rußlands und ſtreichs im Tuͤrkenkriege, verbürgte er der
mem Bündniffe, 1790, alle ihre Befigungen, und reiste dadurch Oſt⸗
bereits ein preuß. Heer in Schlefien an der böhmifchen Grenze, und ein
hmen fid) zufammenzog. Doch Leopold IL. wunſchte Eeinen Krieg mit
ınd verſprach (27. Zul. 1790) in der reichenbacher Convention, welche,
nittlung Englands und Hollande, zwiſchen Dftreich und Preußen abges
urde, den Türken alle Eroberungen, bis auf den Bezirk von Aluta, zus
i, auf weiche Bedingungen auch der Ftiede von Sziſtowe zwiſchen Öfts
er Pforte abgefchloffen wurde. Die Mißverftändniffe über diefe Cons
hen Leopold II. und Friedrich Wilhelm IL. bei ihrer Zufammentunft in
19. 1791) aus, mo fiezu einer nähern Verbindung in Hinficht der franz.
‚eiten aufammentraten. Ein Theil der Polen, an ihrer Spise der König
3 Auguft, beabfichtigte eine neue Verfaſſung des Reichs und eine erbliche
‚ welche dem ſaͤchſiſchen Haufe beftimmt war. Um einer auswärtigen
ſich zu verfichern, ward das Buͤndniß zwiſchen Polen und Preußen ges
n weichem Preußen die Untheilbarkeit des polfiſchen Staats anerkannte,
ben einen Beiftand von 30,000 M. und 4000 M. Gavalerie zuficherte,
ine fremde Macht in beffen innere Angelegenheiten mifchen würde. Bald
Katharina II., nachdem fie mit der Pforte Frieden geſchloſſen, und,
Antheil an dem Kampfe gegen Frankreich zu nehmen, Preußens und
Inftrengungen in diefom Kriege berechnet hatte, Friedrich Wilhelm dahin
‚ entreeder, ald Kolge des Bündniffes mit Polen, diefen Staat gegen
a vertheidigen, oder ihn in Verbindung mit Nupland zum zweiten Mat
Preußen ließ (San. 1793) Truppen unter Möllendorf8 Anführung
len einruͤcken, und einen Landſtrich befegen, der 1100 DM. groß, und
luß von Danzig und Thorn, 1,200,000 Einw. faffend, unter dem Nas
teußen mit Weftpreußen verbunden, und nad) preuß. Verfaffung einge⸗
te. Dbgleich nun der Reichstag von Grodno diefe Abtretung und den
en Yinderverluft an Rußland genehmigen mußte, fo brach doch (Apr.
tee Kosciuszko und Madalinski ein Aufftand der Polen zur Wiederherſtel⸗
Selbſtaͤndigkeit aus, in welchem anfangs die Ruffen und aud) die Preu⸗
aals befiegt wurden, bis endlich Kosciuszko von dem ruffifchen General
). Det.) gefangen, und Praga (4. Nov.) von Suwaroff erflürmt wurbe.
ard in ber dritten Zheilung Polens (1795), zwifchen Rußland, Oftreich
Ben, der Meft des polniſchen Staats aufgelöft, Preußen erhielt dabei
bedeutenden Laͤnderzuwachs. Den Antheil Preußens an dem Kampfe gegen
b begründete, als Folge der pillniger Convention, das Buͤndniß mit Öftreich
. Bebr. 1792), in welchem fich beide zur Erhaltung der deutfchen Reiches
5, zur Bekämpfung der franz. Mevolution und zur Errichtung einer freien
Kon in Polen vereinigt hatten. Obgleich man nun in Frankreich nicht
t, daß Preußen wirklich am Kampfe Thell nehmen würde, fo ließ doch
‚Wilhelm (Juni 1792) ein Heer von 50,000 M. nach dem Rheine auf:
und felgte demſelben mit den Prinzen. (S. Braunſchweig, K. W. F.
— af
426 Friedrich Wilhelm III. (König von Preußen)
Herzog von, und Möllendorf.) Am 5. Apr. 1795 fühnte fi) Preufen
Frieden zu Baſel (ſ. d.) mit der Republik aus, und ließ feine jenfeit des Khel
gelegenen Länder in den Händen ber Sranzofen. Für die Neutralität des mb
Deutſchlands ward eine Demarcationslinie(f. d.) verabredet, Noch wer
während 5. Ws. II. Regierung von dem legten Fürften des brandenburgifcefrk
kiſchen Mannsſtammes, dem Markgrafen Chriſtian Friedrich Karl Alerander, I
beiden fraͤnk. Fuͤrſtenthuͤmer Anſpach u. Baireuth (2. Dec. 1791) gegen eine jüe
Leibrente von 500,000 Gulden der Kurlinie völlig überlaffen, und von dem Kim
bei diefer Gelgenheit der rothe Adlerorden erneuert worden. In Hinficht der Inne
Verwaltung war zwar die von Sriedric) II. eingeführte franz. Regie abgefchafft, u
manche zmedimäßige Einrichtung begtuͤndet, fowie ein neues allgemeines Geſetzbe
eingeführt worden; allein die von Friedrich II. geförderte Aufklaͤrung und Tolera
ward durch Wolfner und antre Maͤnner in des Königs Umgebung dermitteift d
Meligionsedicts (1785) unt andre Maßregeln fehr beſchtaͤnkt. Frisdrich DR
beim II. ftarb am 16. Nov. 1797, im 54. Lebens: und 12. Regierungsjahe
(Vol Preußen, Haugwitz, Herzberg. )
Friedriſch Wilhelm III., jest regierender König von Preußen,
fter Sohn Friedrich Wilhelms II. und der 1805 zu Berlin als Witwe verſt.
gin Louiſe, Prinzeſſin von Heſſen-Darmſtadt, geb. am 3. Aug. 1770. Unter
obern Leitung f. Groſoheims, Friedrichs II., ſtand vorzuͤglich ſ. Mutter ſ.
hung vor. Seine nachmaligen Erzieher waren der Graf Karl Adolf v. Brühl,
"erfter Gouverneur. Der junge Prinz zeigte viel geiffige Anlagen, ein tv
Gemüth, und befonders jene Kraft des Charakters, die er in der Folge, beſ
im Unglüd, behauptet hat. Man kennt nod) jene Prophezriung Fricdriche die
ihn, zu weicher ein jugendliches Spiel die Veranlaffung gab, Die Erziehung
jungen Prinzen und feiner Brüder war nicht blo} militairiſch R fondern zugleich
pulair; fie lernten frühzeitig fich andern Ständen nähern! Im Aug. 1791
tete 3. W. UL, als Kronprinz, feinen Vater nach Dresden, und legte hier W
Grund zu der Bekanntſchaft mit dem jegigen Kaifer von Öftreich. Als nicht lag
nachher Preusen, in Verbindung mit ſtreich, den Krieg gegen Frankreich
und Sriedrih Wilhelm IL. im Sun. 1792 fidy zu f., unter dem Befehl des Her
von Braunfchweig ftchenden, Deere an den Rhein begab, begleitete ihn ber
prinz, nebft den übrigen Prinzen des königl. Haufes, und zeigte bei verfchie
Gelegenheiten die Unerfchrodenheit, die den preuß. Prinzen eigenthuͤmlich zu
ſcheint. Diefer Seldzug wurde die Veranlafjung, daß der Prinz feine na
Gemahlin, die Königin Rouife, fennen lernte. Dieſe Prinzeffin, T. des
Karl von Medienburg:-Strelig, der fi in Darmftadt aufhielt, hatte, beim:
bruche ded Kriege, mit ihrer jüngern Schweſter Darmftadt verlaffen, und
einige Zeit in Hildburahaufen, bei einer aͤltern Schweſter, der regierenden Herztg
aufgehalten. Nachdem Frankfurt a. M. (Dec. 1792) den Franzofen ent
worden war, nahın König Friedr. Wil, I. den Winter hindurch fein Hau
tier in diefer Stadt. Die beiden Prinzeffinnen nahmen (März 1793) ihren
weg nach Darmſtadt über Frankfurt, und wurden von dem Koͤnige zur Tafel
den. Die Prinzefjin Louife erregte gleich beim eriten Anblick die Aufmerkjam
did Kronprinzen. Nicht Staatsgruͤnde oder Zamilienverbältniffe, ſondern
Harmonie der Geſinnungen und der Einklang der Herzen ſchloſſen ven gluͤckli
Vund; der Kronprinz verlobte ſich mit der Prinzefiin Kouife in Darmſtadt,
24. April 1793, und am 24. Dec. fand zu Berlin die Wermählung
5 W. IN. folgte ſ. Vater, geft. d . 16. 9tov. 1767, in der Regierung, und%
fuchte, im Fruͤhjahr 1798, in Begleitin: at, Gemabhlin, die vornehmſten Sta
Reichs, um die Huidigung zu empfangen. Sn den legten Jahren F. Wie. I.
ten Sünftlinge beiterlei Geſchlechts ſich der nt- vfien Gewalt beunichtigt, und
=
Friedrich Wilhelm III. (König von Preußen) 427
zu niebrigen Zwecken. Verſchiedene heilfame Einrichtungen Frieb⸗
en vernichtet worden. Die Beſſery im Volke richteten ihre Augen
— Kronprinzen, der im Geiſte ſeines Großoheims zu handeln
Er erfuͤllte gleich nach dem Antritte ſeiner Regierung die von ihm ge⸗
ng, fo viel er konnte. Das verhaßte Religionsedict, Woͤllner's Aus⸗
das Cenſurreglement wurden, ſowie der laͤſtige Tabackspacht, aufgeho⸗
und Preßfreiheit wiederhergeſtellt; eine vernuͤnftige Cenſur wurde an⸗
r Lauf der Juſtiz durfte nicht mehr durch willkuͤrliche Cabinetsbefehle
werden. Der junge Koͤnig entfernte mehre Perſonen, die unter der
erung den gerechten Unwillen der Nation gegen ſich erregt hatten, und
Spige der Geſchaͤfte Männer von anerkannter Einſicht und Redlichkeit.
heit des Könige zeigte fich auch in feinen Cabinetsbefehlen; fie liefers
dahin ungewöhnliches Beiſpiel, dag der Regent den Negierten die
es Verfahrens einzeln darlegte. Eine weiſe Sparſamkeit, welche die
inanzen und eine Staatsſchuldenlaſt von 22 Mit. Thlen. nothwendig
irde eingeführt. Der König felbft gab das Beifpiel an feinem Hofe,
achheit, verbunden mit Ordnung und Pünftlicdykeit, herrſchte. Das
war das ſchoͤnſte Muſter eines glüdtichen, häuslichen Lebens und der
ı fo fettenen Gattenliebe. (Bol. Louife) — Bei dem erneuerten
ruropaͤiſchen Maͤchte gegen Frankreich behauptete Preußen die feit dem
:age vom 17. Mai 1795 angenommene Neutratität, und F. W. IH.
Zeit des Friedens, um bie alten und neuen Provinzen feines Reichs zus
höhern Stufe der Bildung zu erheben, und beſonders in letztern den
lſtand dauerhaft zu gründen. Durch den bafeler Frieden war feftgefetst
die franz. Truppen die auf dem linken Rheinufer liegenden preuß, Pros
dern, Meurs und einen Theil von Kleve, fortwährend in Befig behal⸗
bie definitive Enticheidung wegen diefer Provinzen war bi6 zum allges
en zwiſchen Frankreich und dem deutſchen Reiche ausgefegt geblieben.
fer Friede am 9. Febr. 1801 zu Luneville zu Stande gefommen, und
ıde Rheinufer an Frankreich überlaffen worden war, erhielt Preußen
nachher durch den Reichsdeputationsſchluß den öftlichften Theil des
iſter, die Fuͤrſtenthuͤmer Hildesheim, Paderborn, Eichsfeld, Erfurt
Gebiet, Untergleihen, Zreffurt, Dorla, die freien Städte Goslar,
n und NMordhaufen, die Stifter Quedlinburg, Effen, Werden, Eliten,
reford und die Propftei Kappenberg. Preußen gewann durch diefe Ent»
wegen 180 OM., mit mehr denn 400,000 Einw., größtentheil treffe,
Staate mohlgelegene Linder, mit einem Überfchuffe an Einkünften von
Mill. Gulden. Durch einen Tauſch mit Baiern wurden die fränfifchen
nee fehr zweckmaͤßig, und mit einem Gewinn von ungefiht 8 GM. ge
. W. war jetzt Beherrfcher einer Nation, deren Volksmenge gegen 10
3. Bei dem, durch die dritte Goalition zwifchen England, Rußland
h gegen Frankreich 1805 ausgebrochenen Kriege blieb F. W. III. feinem
gſyſtem getreu. Bewequngen, welde von Rußland gegen Preußen ge⸗
en, veranlaßten den Koͤnig, auch feine Truppen in Schleſien und an
l zuſammenzuziehen. Aber ber unerwartete Durchmarſch einc® franzoͤ⸗
ben Heeres durch das neutrale anfpachische Gebiet, und die perfönlihe '
des Kaiſers Alerandır in Berlin aͤnderten Die Lage der Dinge, Der
indgcheim (3. Nov. 1505) der Coalition gegen Frankreich unter gewiſſen
en kei, ſuchte noch den Frieden zwiſchen den kriegfuͤbrerden Maͤchten zu
und ſchickte ein Heer nach Franken. Nach der Schlacht von Aufterlig
jede zwiſchen Öftreich und Frankreich zu Stande. Ma nige Tage vorber
war zu Dien, durch den Grafen Haugwin, cine vorläufige übereinkunft
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428 Friedrich Wilhelm III. (Koͤnig von Preußen)
zwiſchen Preußen und Frankreich abgeſchloſſen worden. Durch dieſe w
Verbindung der beiden Mächte erneuert, und die gegenſeitige Garantie der a
neuerworbenen Länder feftgefegt ; Preußen trat Anfpach zu Gunften Balerr
und Neufchatel zur freien Verfügung an Frankreich, und dieſes dagegen dei
kurhanoͤverſchen Staat an Preußen ab. Diefe ungluͤckliche Erwerbung vo
ver, wovon Preußen am 1. April 1806 wirktid) Befig nahm, veranlaßte z
Manifeft (20. April), und dann eine förmliche Kriegserflärung Englan'
Preußen (11. Juni). Auch mit Schweden, deffen König in Folge eincs n
Yand gefchloffenen Subfidienvertrags das Herzogthum Lauenburg deder
brachen Feindfeligkeiten aus; die Preußen vertricben die fchwedifchen Zu
dem Fauenburgifchen. Doch erfolgte bald (Aug. 1806) eine Art von Aus
zwifchen beiden Mächten. Neue Sriedensunterhanblungen Frankreichs n
land und Rußland, durdy welche Preußen fich geführbet glaubte, und di
tung des Rheinbundes, veranlaßten auch zwiſchen Preußen und Frankre
-Unterhandlungen. Preußen hatte die Idee, im Norden von Deutfchlani
Napoleon im Süden und Werften e6 gethan hatte, einen nordiſch-deutſcher
zu fliften, welcher alle im Grundvertrage des rheinifchen Bundes nicht g
Staaten enthalten follte. Um den Soderungen, daß Frankreich diefer bea
ten Verbindung Eein Hinderniß entgegenftellen, feine Truppen aus Deutſch
ruͤckziehen, und verſchiedene widerrechtlich befegte Orte raͤumen follte, meh
druck zu geben, ruͤſtete Preußen fich, bloß in Verbindung mit Sachſen, zun
gegen Frankreich, deffen Deere fich ebenfalls nady Deutfchland in Berwegun
Am 9. Oct. begannen die Seindfeligkeiten an der Saale; am folgenden Tag
der Vortrab des preuß. Heeres bei Saalfeld zuruͤckgedraͤngt, wo der tapfere
Louis von Preußen den Tod fand, und am 14. Det. entſchied die Doppel
bei Jena und Auerftädt über das Schickſal des preuß. Heeres und aller zwiſt
Mefer und Eibe gelegenen preuß. Länder, Unbegreiflich ſchnell ergaben
michtiaften Feftungen den Feinden, und fchon am 27, Oct. hielt der Siege
Einzug in die wehrlofe Hauptftadt der preuß. Monarchle. F. W. I. wih
mel zu feinem einftweiligen Aufenthalte, ſammelte fein Heer aufs neue, und
mit gerechter Strenge die Pflichtvergeffenheit, die Viele fich hatten zu S
£ommen laffen (Publiaandum v. 1. Dec. 1806). Sn Gemeinfchaft mit f.
Verbündeten, dem Kaiſer von Rufland, ſtellte er fid) den In Oſtpreußen
genden Feinden entgegen. : Die Schlachten bei Eilau und Friedland führten
ben Frieden zu Titfit (f.d.) am 9. Juli 1807 herbei. Schmerztiche Opfer
Friedrich Wilhelm in dlefem Frieden bringen, und Provinzen abtreten,
Jahrhunderten feinem Haufe treu ergeben geweſen waren. Die Hälfte
Reichs ging verloren, und darunter Provinzen, die In Ruͤckſicht des Ackerbau
werbfleißes und Handels die vorzuglichften waren. Was den Schmerz des
ſtes noch) vermehren mußte, mar, daß auch die ihm verbleibenden Länder t
franz. Truppen befegt gehalten wurden. Selbſt die Hauptſtadt Berlin wu
im Dec. 1808 von ihnen geräumt, und der von feinen Unterthanen zur&dy
König Eonnte erft Ende 1809 in feine Refidenz einziehen. Mit unabtäffiger
und feſtem Willen arbeitete nun F. W., die Wunden, welche der Krieg
Staaten verurfacht hatte, zu heilen, und eine völlig neue Einrichtung ber
Staatsform zu geben. Die Armee wurbe auf 42,000 M. gefegt und neu g
Eine neue Givilverfaffung wurde hergeftellt, und der Gang der Öffentlichen
genau beftimmt. Früher fhon (9. Det. 1807) war das mohlthätige Edict
nen, welches die Erbunterthänigkeit aufhob, und fpäter (28. Juli 1808) &
dert wurde. Unter dem Namen der Städteordnung wurde am 19. Nor.
eine gefegliche Vorfchrift über die Vertretung der Stadtgemeinden in Rudf
ftädtifchen Gemeinweſens durch Stadtverorbnete ertheilt. Ebenſo wicht
A. -
Sriedrich Wilhelm III. (König von Preußen) 429
then Staat heilfam war die am 6. Nov. 1809 befchloffene Berdußerung der
ul Domainen, die Verwandlung der Kiöfter und ber übrigen geiſtlichen Güter
Büter des Staats (30, Oct. 1810), und die felbft unter fehr druͤckenden Zeitvers'
zifien hoͤchſt freigebige Pflege und Ausftattung des Erzichungswefene, wozu bes
vrs die Stiftung der neuen Univerfitiit zu Berlin (LSOI) gehört, fowie die Vers
sung der Univerfität zu Sranffurt a, d. O. nad) Breslau, mo fie eine neue,
mäßigere Form erhielt. Im Dec. 1808 reifte F. W. in Begleitung f. Ges
in, nach Peteröburg, um das Freundſchaftsbuͤndniß mit dem Kaifer Alexander
kftor zu Enüpfen. Nach einen Aufenthalte von einigen Wochen Echrte das
L Paar nach Königsberg zuruͤck, und hielt am 23. Dec. 1809 feinen feierlis
kinzug in Berlin. Die Freude des Königs und des Landes wurde bald aufs
adlichſte geftört durch der: unerwarteten Tod der allverehrten Konigin Louiſe
J. Juli 1810. Aus diefer koͤnigl., wahrhaft stüdlidyen Ehe find noch &
m und 3 Prinzefjinnen am Leben, — 5. W. IM. fuhr unermübdet fort, den
ı Zuftand feines Yandes su vervolllommnen; dahin gehören verfchiedene Vers
mgen in der Civil: und Juſtizverwaltung, im Münzmwefen und im Anbau des
6. An die Stelle der durch das Edict vom 30, Oct. 1310 und durch die Urs
vom ?3. Sun. 1511 aufgelöften Ballei Brandenburg, des Johanniterordene,
wermeifterthumsg und der Commenden berfelben, deren fümmtliche Güter als
Bohrer eingezogen worden waren, errichtete der König (23, Mai 1812) einen _
ı Erden, unter der Benennung: koͤnigl. preußifher St.-Johanniterorden,
ärte fich ſelbſt als Protector deſſelben. Mit Frankreich ſchloß er (24, Febr,
HaParis ein Schutzbuͤndniß gegen alle europäifche Mächte, mit welchen der
Werder andre Theil in Krieg verwickelt wäre oder vermidelt werden Eönnte,
mw uni 1812 der Krieg zwiſchen Rußland und Frankreich ausbrad), ließ der
gm dem Deere des legtern ein Hülfscorps von 30,000 M. ftofien, welches.
em 1Vu. franz. Armeecorps unter dem Marfchal Macdonald den linken Flügel
„end zu der Belagerung von Riga beftimmt wurde. Bei dem fchnellen und
kichen Ruͤckzuge der Sranzofen aus Nufland mußte auch das preuß. Hilfs
ih zuruͤckzichen. Aber ber commandirende General (York) rettete es durch
m 30. Dec. 1512 mit dem ruffifchen General Diebitfd) abgefchloffene Übers
ut, vermöge welcher das preuß. Corps fuͤr neutral erklärt mourde, und ſich von
teni. Heere abfonderte. Diefe Handlung des Generals York mufte anfangs
Milige werden. Als aber der König am 22. Jan. 1813 feine Nefidenz nach
au verlegt hatte, ließ er von da aus in einem Parolebefehl vom 11. März dem
Merk volle Gerechtigkeit reiderfahren, und übergab feinem Oberbefehl noch ein
Arrppencorps. Echen fühlten fidy die Herzen aller Preußen durch die Hoffnung
m, das son dem fremden Drud fo tief gebrugte Vaterland wiederberftellen zu
u 08 der König fein Volk (3.,9. Febr. u. 17. März) zuden Waffen rief. Sept
Gb die Begrilterung einer heldenmuͤthigen Nation in der lebendigſten Volkes
Rice bloß junge Leute aus allın Ständen ergriffen die Waffen, auch Minner,
un Beitritt man nicht rechnen Eonnte, ſtellten ich unter dag Panier des Vater:
& A: Cꝛaſſen wetteiferten, mittelbarloder unmittelbar zur Nettung des Staats
die größten Aufopferungen beizutragen. Durch diefen Volkseifer und durch
str Regierung bisher mit weifer Vorſicht im Stillen geleiteten Borbireitungen
Bmöglich, daß Preußen 1813 fo bewundernswuͤrdig ſchnell ein geuͤbtes und
Me Heer ind Feld ſtellen konnte. — Die Franzoſen hatten Berlin erſt in der
vorn 3. zum +. März geräumt, worauf die Ruſſen dafelbft einsogen. Am
Rötz; kam der Kaiſer Alerander nady Breslau, wo der König ſich noch aufs
Ein zu Kalifh am 28, Febr. geſchloſſenes Trutz⸗ und Schutzbuͤnd⸗
len Unterzeichnung, jedoch ohne nähere Kenntniß des Inhalts, am 20,
pas Öffentlichen Kunde gebracht wurde, vereinigte beide Monarchen aufs ins
430 Friedrich Wilhelm III. (König von Preußen)
nigfte mit einander, Am 27. März übergab General Krufemark in Parks
preuß. Kriegserflärung. Zwei preuß. Armeen, bie eine In Schleften gebilbet m
Bluͤcher, die andre unter York, welche in Berlin zu dem ruffifchen Heere u
Wittgenftein flieg, rüdten nun zugleidy mit den Ruffen nah Sachſen. F.
kam am 24, wieder nad) Berlin, wo er für die Verwaltung ded Staats
‘und Civilgouverneure ernannte, das Gontinentalfpftem aufhob, und eine mx
diefen Krieg beftehende Auszeichnung bes Verdienſtes um das Baterland fü
das eiferne Kreuz, von zwei Glaffen und einem Großkreuz. Außer ben reg
gen Heeren warb auf daß fchleunigfte eine allgemeine Landwehr und ein Lan
errichtet, deren treffliche Einrichtung ſich fpäterhin, als der Feind fchon in
fien und gegen Brandenburg vordrang, entwidelte. Die perfönliche Gegens
des Könige, der alle Gefahren und Beſchwerden mit feinen Truppen theilte,
feuerte diefe aufs hoͤchſte; ihrem Heldenmuthe mußte felbft der Feind nad
widerfahren laffen. Hier Eönnen aus dem Feldzuge 1813 und 1814 nur dk
ten bei Lügen, Baugen, Haynau, Kulm, Großbeeren, Dennewig, an det
bach, bei Wartenburg und, nach der Schlacht bei Mödern (16. Oct. 1813),
Erſtuͤrmung Leipzigs, der Übergang über den Nhein (1. San. 1814), die
bei Laon (9. März) und Montmartre (30. März) flüchtig erwähnt werden. ;
ſchleſiſche Armee“, ſagt Bluͤcher am Schluffe feines Berichts aus Paris
Aprit 1814, „hat nach einer Campagne von 74 Monat, in welcher fie 6
Schlachten lieferte, 8 Actionen und unzählige Gefechte hatte, uͤber 48,000
gene gemacht, und 432 Kanonen erobert”. 5. W. IH. gab nicht nur often
fpiele perfönlicher Tapferkeit (bei Kulm, Fere:C hampenoife, d. 25. Ri)
dern trug auch) durch feine Einfiht und Feftigkeit in den Tagen der Gefahe,
den ungluͤcklichen Gefechten bei Montmirail (14. Fehr.) und bei Monterean
Sebr.), viel zur Entfchridung der guten Sache bei. Schon war nach jenen
ten eine rücyangige Bewegung nad) Chaument, die bie über den Rhein z
führt und Napoleons Herrfchaft aufs neue befeftigt haben würde, befchloffen. }
Friedrich Wilhelm bewirkte durd) feine Feſtigkeit und fein Vertrauen in di
Sache, daß der Ruͤckzug nicht weiter fortgefegt wurde, und daß die Heere
Paris vorrüdten, welches fi) auch bald nachher (am 30, März) den Verbin
ergab. Königlich belohnte jept F. W. die Männer, die feine Abfichten audge
und feine Rechte verfochten hatten. Den einfichtövoilen, ftandhaften Hart
des in verhängnifivollen Sahren als Staatskanzler mit geübter, fefter Hai
Ruder des preuß. Staats führte, und den tapfern, unermübdlidyen Wlücher, |
er in den Fuͤrſtenſtand. Die Echreiben, worin er Beiden (am 3. Juni 181%
Erhebung ankuͤndigte, find fprediende Beweife von den Gefühlen des König
von feiner richtigen Würdigung des Verdienftes. Durch Ehrenzeichen und X
derungen wurden die bewicfene Tapferkeit im Kriege, und die erprobte Anhaͤt
Leit an König und Vaterland in allen Ständen belohnt. Spüterhin wur
das Andenken ber im Kampfe für Freiheit und Vaterland gefullenen Tapfern
öffentliche Denkmaͤler und aufa. A. geehrt. Nachdem der König bie sum Abi
des Friedens (30. Mai 1814) in Paris verweilt batte, reiſte er (im Junf) m
Kaifer Alexander nach London, hiele bei feiner Ruͤckkunft (7. Aug.) einen feiet
Einzug in feine Hauptitadt, und brgab fid) dann nad Wien, wo er bie zur®
digung des Gongreffe blieb. Durch die allgemeinen Gengref verhandlunge
durch einige beſondere Verträge erſetzte er ſeiner Monarchie größtentheile den
Luft, den fie im Frieden zu Tilſit erlitten hatte. (E. Preußen.) As im?
1815 Napoleon von Elba ber Srankreich wieder in Beſitz nahm, verband fi *
am 25. Mi rz zu Wien mit Sfireich, Rußland und England, gegen ibn md
Anhänge. Schon am IS. Juni erfochten die prouf. Heere niit ihren Verduͤn
den Altes untfcheidenden Sieg über Napoleon bei Belle-Alliance. (S. Water
Friedrich I. (König von Wuͤrtemberg) 438
maus biefem Feldzuge erft am 19. Oct. wieber in feine Reſidenz zuruͤck; hier
ım 22, Dct. das vierhundertjährige Negierungsiubildum feines Stamm⸗
ohenzollern. 1818 befuchte er den Kaifer Alerander und 1823 machte er eine
h Italien. Bei feinem Aufinthalte in Paris hatte $. W. IH. die bes
jemäldefammlung des Prinzen Giuſtiniani fuͤr 500,000 Sr. erfauft und
ve Hauptftabt bereichert, für deren Verfchönerung er fortwährend forgt.
t iſt durch ihn und unter ihm Vieles fuͤr beffere Aufnahme des Gewerbfleis
es Inländifchen Handels gefchehen. Die Univerfität zu Berlin hat Stas
id ihre wiſſenſchaftlichen Sammlungen haber WVermehrungen erhalten.
niverfität Koͤnigsberg find neue Anftalten errichtet, einige Ältere erweitert
begabt worden. Mehre Schulen und Erziehungsanftalten zu Berlin und
evinziatftädten erhielten Beweife der Sreigebigkeit und Sorgfalt des Koͤ⸗
ie wohlthätigen Folgen der weifen Staatswirthſchaft zeigen ſich dadurch,
jen im Stande war, auf zwei in vorigen Jahren gemachte Anleihen felt
re Millionen Thaler zuruͤckzuzahlen, und daß die Staatspapiere fliegen,
'. hatte feinem Volke eine Gonftitution zugefichert , die dem Geifte des Zeit⸗
emeſſen fei, und defhalb am 30. Mai 1817 einen Staatsrath errich«
Ichem, außer ben majorennen Prinzen des koͤnigl. Huufes, die vornehm⸗
tebeamten im Civil und Militair, und andre Etantsdiener, die der König
trauens wuͤrdigt, gezogen worden find. Der verfammelte Staatsrath iſt
(btheilungen die hoͤchſte berathende Behoͤrde, die jedoch an der Verwal⸗
n Antheil hat. Aus der Mitte deffelben hat der König die Glieder dee
m ernannt, bie fich, in Folge der Verordnung vom 22, Maui 1815 wer
bildenden Repräfentation des Volks, in Berlin unter dem Vorſitze des
tzlers mit der Organifation der Provinzialitimde, und der Ausarbeitung
aſſungsurkunde, befchäftigten. Seitdem hat der König in allen Provins
ovinzialſtaͤnde theils hergeftellt, theil® neu ind Leben gerufen und ihnen
ende Stimme, auch die Mitwirkung bei der Vertheilung der Steuern
n. Beider Einführung der neuen berliner Hofficchenagende, die fein
fchonte er die anders Denkenden mit weifer Milde. Auf dem Congreß
ftiftete der König den 18. Oct. 1818 die Univerfität Bonn, und in Ber⸗
in Muſeum der Alterthuͤmer; überhaupt ift die Beförderung des Schul⸗
d wiſſenſchaftlicher Anftalten, forie die öffentliche Erklärung feiner Übers
m der Wahrheit des evangelifchen Glaubens (f. Köthen) ein unver
Kranz in der Regierung diefed Monardyen. Am 11.Nov. 1824 ſchloß
. eine morganatifche Ehe mit der Gräfin Augufte von Harrach (geb. 30,
(1), Die den Titel führt: Gräfin von Hohenzollern, Fuͤrſtin von Liegnig,
ie 1826 zur evangelifchen Kirche bekennt,
edrich I. (Wilhelm Karl), der 15. regier. Herzog von Wiürtemberg,
3. Dec. 1797, hierauf 1803 Kurfürft, endlich feit drm 1. San. 1806
oͤnig von Wuͤrtemberg, geft. den 30. Oct. 1816, geb. zu Treptow in
mern, 1754, verm. 1780 mit Augufte Karoline Friederike Louife,
von Braunfhrrig: Wolfenbüttel, die inm zwei Soͤhne (f. Nachfolger,
.., deſſen Bruder, Herzog Paul) und die Prinzeſſin Katharina, ver.
von Mentfort, gebar. Sie ftarb 1787. Hierauf vermäklte er ſich
endon mit der Kronprinzefiim von England, Charl. Aug. Math., der
weten Königin. Da fein Vater, Herzog Friedr. Eugen von Wuͤrtem⸗
ebenjühr. Kriege unter den Helden Friedrichs des Grofen mitfocht, leis
jtebung des Prinzen mit unendlicher Sorgfalt und Treue f. Mutter, So:
thea, T. des Markar. von Brandenburg Schwedt, eine am Hofe ihres
rims zu Berlin durch Kunſtſinn und wiffenfchuftlichen Geift auggebitdete
Erſt nady dem Frieden, 1763, konnte der Vater die Erziehung ſ. Soh⸗
432 Friedrich J. (König von Würtemberg)
nes regelmäßiger ordnen, wobei er ihn vorzuͤglich zum frengften Geh
ten ließ. Der Prinz befaß außerordentliche Faͤhigkeiten. Seine
Menſch war großentheils franzöfifcher Art, und wurde ed noch mehr w
vierjährigen Aufenthalts in Lauſanne. Er ſchrieb und ſprach Franzoͤ
endeter Fertigkeit. Indeß achtete er die vaterlandiiche Literatur, wı
im Deutfchen nicht weniger zierlich und regelfeft aus ald im Franzoͤſiſc
angeborene Beredtſumkeit ward durch das reichſte Orts⸗ und Sachged.
ſtuͤtzt, denn er hatte nicht bloß in der Mathematik, Naturkunde, E
Erdbeſchreibung vorzuͤgliche Kenntniffe fich erworben, fondern auch,
feiner Reife in Stalien 1782, feinen Kunftgefhmad ausgebildet. T
in der Folge, ald er Kunſtwerke aufftellen ließ, auch durch die Wuͤrdig
difcher Künfkter, 3. B. gegen Danneder. Allein zu lebhaft für das be
fen, faßte er ſchnell eine oft falſche Anfiht auf, und beflimmte dadur
fein Urtheil. Daher fo mancher Mifgriff feines fpätern Lebens!
Große war in Vielem fein Muſterbild. Er trat, wie feine firben Br
ßiſche Kriegedienfte, und flieg im bairifchen Erbfolgefriege bis zum €
Nach f. Ruͤckkehr aus Italien, wobin er feine Schweiter und deren
Großfuͤrſten Paul von Rußland, begleitet hatte, ftellte ihn Katharina
lieutenant und Generalgouvsrneur von Nuffifdy: Finnland an. Ubi
Verhaͤltniß Löfte er 1787 auf, und lebte zu Monrepos unweit Lauſa
Bodenheim bei Mainz. Won hier reifte er nach Holland und Frankre
failles war er Zeuge der erſten Verhandlungen der Nationalverfant
Febr. 1790 nahm er ſ. Wohnſitz in Ludwigsburg. Nach dem unbie
zweier Brüder gelangte fein Vater 1795 zur Negierung von Wirt
nunmehriger Erbprinz flellte ex fih) 1796 dem Eindringen der Franze
mußte aber der Gewalt weichen, und lebte eine Zeitlang in Anſpach,!
und in London, von wo er mit. feiner zweiten Gemahlin im Juni 179'
gart zuruͤckkehrte. Bald darauf ftarb fein Vater. Er trat jegt die !
fchon damals im franz. Kriege bart mitgenommenen Herzogthums
einem Flaͤchenraum von 193 IM. etwas über 600,000 Einw. zaͤh
Kriege 1799 — 1801 litt das Land noch mehr, Herzog Friedrich, de
als Reichsſtand redlich erfüllte, und für britiſche Huͤlfsgelder ncı
mußte, regierte daffelbe von Erlangen aus. In dieſer verhaͤngnißv
wicelte er große Negentengaben. Insbeſondere wußte er durch f. :
mit den Höfen zu Wien und Petersburg, außer der Kurwuͤrde, ein
Entſchaͤdigungsloos für den Lünderverluft am linken Rheinufer im:
tionsjchiuffe vom 25. Febr. 1803 zu erlangen. Seine aus ihm alı
hende Staatskunſt war mit Kraft und Klugheit gepaart, und zundd
haltung, dann auf die Vergrößerung feines Staats gerichtet. So err
liq durch feſtes Anfchliegen, feit dem 2. Oct, 1805, an Napolcone üt
Syſtem, in und feit dein prefburger Srieden, binnen 13 5. den Bei
haͤngigen Königreiche von I68 ı M. mit 1,400,000 Einw. Die
ihn, feine ganze Kraft auf die auswärtigen Verhältniffe feines Stante
und wie er hier duch) ungebundene Machtvolltommenbeit viel erreich
daſſeibe Streben auf die innen Verhältniffe über, welche er in Neu
voͤllig unabhaͤngiq nad) eigenem Ermeifen feitftelte, dann aber aud) (
Wuͤrtemberg, durch Aufbebung der Stände und der von ihm beim 9
tritt beichworenen Verfaffung, feinem Willen unterorbnete. Im
ihm eigenthümlichen Kraft, wollte er fi) mit den Monarchen Eure
mehr in eine Linie ftellen. Dunn befleidete er feinen Thron mit dem
der Maieſtaͤt; darum erhob er fein Heer zu einer die Kräfte des Lande
den Stärke; darum verwidelte er fi), beſonders feit dem Tode feh
Sriedrih I. (König von Würtemberg) 433
Freundes, bes Grafen v. Zeppelin, in kuͤhne Entwuͤrfe, bie er leiden⸗
nd gewaltfam verfolgte, und durch die ex Alles neu geſtaltete. Cinreißen
wen wechfelten unter feiner Negierung Schlag auf Schlag. Sein
F, mit dem er die Folgen der franz. Revolution uͤberſah, beftimmte feine
zweiſe. Denn, wo nicht allemal an Geift und Kraft, doch immer an
Uensthätigkeit und ſtolzer Haltung feiner Umgebungen, die oft nur In
n beftanden, Überlegen, wollte er, wie der große Friedrich, fpäterhin wol
tapoleon, Selbftregent fein, und Volk und Staat durchgreifend maſchi⸗
ındhaben, wie der Feldherr fein Heer. Die fittliche Natur des Staats
bei feiner franz. Weltbildung und bei der Art feiner Menfchentunde und
den, nie klar geworden. Es kam ihm auch nicht ein leifer Zweifel ein,
möchte virlleicht nicht auf feiner Seite ſtehen. Vielmehr ging er überall
ſeligen Idee Friedrichs aus, daß keinem Menfchen zu trauen ſei. Daher
: er ohne Schonung den einft reichöfteien Adel; daher verfehte er nach
e Beamten von einer Stelle in die andre; daher frafte er hart oft Bleine
daher belaftete er fein entwaffnetes, von Abgaben erfchöpftes Volk mit
iption; daher erlangten Guͤnſtlinge, wie Dillen, foihen Einfluß auf
diemand ihm die Augen zu öffnen wagte. In feiner Glanzſucht verlor
en Ge hmad für die Kunft, welchen man in den Anlagen von Stutt⸗
risskurg und Freudenthal nicht verkennt. Für Wiſſenſchaften that er
chre das Edle der wiſſenſchaftlichen Bildung ganz zu würdigen. Das
e er durch Leidenſchaftlichkeit und Ungeftüm oft felbft das Nüsliche, was
fire. Mitdem Willen, gerecht zu fein, entichied er bisweilen im Zorn,
s das Geẽct, ober ganz nad dem, was er gerade ald recht und billig ers
Des erinazte er feinem Volke mandyes Übel durch tie Entſchloſſenheit,
insr Te ter franz. Regierung in bie innere Verwaltung feines Staates
2 die angefennene Cirführung di6 franz. Geſetzbuches. Auch das Rell⸗
=: 13. Oct. 19:6, welches allen drei chriſtlichen Kirchen gleiche Rechte
w2r un in Me. Dom Rteinbunde muöte er ſich anfdhließen;
Ser rzin Erfat, top kein Wuͤrtemberger Spaniens Boden als Krieger
RB: ia Geis dis Centinintel'Tiiems lies er bie enziiichen Waaren
g, erizrıze aber den Eizenthümern den vosen Wirth unter der Bedins
Emz’zn; su reridaism. Ubrigens bit er fo fait an tem Syſtem
B, Zar on ie Reife feines Bandes aufict, um iba 'n grigerer Zahl, als
„mr Et, sem Prauien 1506, gegen Zitrih 19099 und ge
= 1512 150 Mam, uuführn. Ecſt nach der Sticcht bei
Ya a ht tea Drlinien De Miniſter, den er an fie aberdnete,
gar chen End gm! 4 Beicknunz für Tinen Üterttitt cuſsmit-
rn. = Uezmite, Bar or item Sech den Wertezz von Suita /6. Neo.
Sg nz Berl Vene immiiten Seizen uns tie Ancttinaung3 feine
een. Teareelmiteonstie Dina, bin im Herzen
wa Bear orte Rechte Die Perzeesitrat Batte, ichte ach auf
ee: ui Sin: Hirt tan Menzel Et mern Be
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436 Frieſel
Deutſchen durch die Juden” (1816). Außerdem gab er in die von Daub und (
zer herausg. Studien zwei Abhandl.: „Über Atomiftit und Dynamik“, 18
„Tradition, Myſticismus und gefunde Logik oder über die Gefchichte der Phi
phie” 1810, Auch redigirte er einige Sabre den pbilofoph., mathemat. unk
turwiſſenſchaftl. Theil der „Heidelberger Jahrb. der Literatur‘, in welchen fidy
Anzeigen von feiner Hand finden. 1816 ging er als großherzogl. fähf. Ho
ind ordentl. Prof, der theoret. Philoſophie wieder nad) Sena, und befchräntte
ſ. Vorleſungen auf Phitofophie, die er in einem jährigen Curfus vollſtaͤndig ab
delte. Von mehren hier feit 1816 herausg. Schriften nennen wir: „Handb.
praßt. Phitofophie”, 1. Bd.; „Allgemeine Ethik und philofophifche Tugendleh
(1819); Rechtfertigung gegen die Anklagen, weldye wegen ſ. Zheilnahme
MWartburgfefte wider ihn erheben worden find (1818); „Handbuch der pindifd
Anthropologie, 2 Bde. (1820— 21), und „Julius und Evagoras, code
Schönheit der; Seele”, ein philofoph. Roman (2 Bde, 2. Aufl., Heidelb.). Frie
eigenthümlichfte metaphufifche Kehren find die, von der unmittelbaren Gültig
bes Glaubens und der Ahnung ewiger Wahrheit durch das Gefühl, welden
über die wiffenfchaftliche Gewißheit erhaben iſt. Daher ergibt ſich die ihm et
Vereinigung von Ethik, Religionsphiloſophie und Aſthetik in der philoſorbiſh
Zwecklehre, forwie die Begründung der ſittlichen Ideen und der dfthetifchen M
durd) die Ideen von der Schönheit der Seele, Seine Glaubenslchre ift der Ja
bi’fchen verwandt; dies befreundete ihn mit F. H. Sacobi und veranlafte, daß?
cobi ſich in feinen fpätern Schriften feinen Anfichten mefentlich näherte, Eineeng
und ducchgreifendere Vereinigung fowol mit dem Lehrer als mit deffen
wurde dadurch verhindert, daß Fries einen hohen Werth auf die ſyſtematiſche Dam
bildung der Wiffenfchaft legt, den Sacobi und deffen Schule nicht anzuerlenn
ſcheint. Fries's Glaubenslehte Eonnte vorzüuglid) die Theologen anfprecen, dal
auch einige, befonders de Wette fie ihren theologifch-dogmatifd;en Werken
Grunde legten. Am meiſten haben frit dem Feſt auf der Wartburg feine ange
chen politiſchen Meinungen die öffentliche Aufmerkfamkeit erregt. Wenn es fl
feinen Birficherungen nach, dabei auch nur um wohlgemeinte Bemuͤhungen bi
delte, fich der gefellichaftlichen Verhättniffe der Studirenden unter ſich anzunchs
den unter einer großen Zahl derfelben erwachten Geift der Gefeglichkeit, Einig
und Batsrlandsliebe zu begünftigen, Nüdjchritten zu geſetzwidrigen geheimen 8
bindungen zu wehren, und die Mohheit früherer Zeit durch beffere und edlere S
zu verdrängen; fo feheint er doc) in feinem Eifer für feine guten Zwecke nicht dh
nigen Mittel gewählt zu haben, welche in unferer eben fo bewegten als mißtrauifd
Zeit zu dieſem Ziele würden geführt haben. Cr wurde von der großherzogt. #
marifchen Regierung von feinem Lehrumte fuspendirt, jedoch im Genuß feines1
len Gehalts gelaffen. 1824 wurde er des Amtes eines Prof. der Logik und
phyſik gaͤnzlich entbunden; dagegen erhielt er die Profeffur der Phyſik und
matik, jedoch vor der Hand nur widerruflich und ohne Theilnahme an den
ten des Senats und des Conciliums. Er benugte die ihm dadurch gemorbene
zu wichtigen wifjenfchaftlichen Korfchungen. -
Sriefel, eine Hautkrankheit, welche in Eleinen, auf der Haut hervor
chenden, meiftens Tpigigen Bläschen von der Größe der Hirfenkörner bie ie
Umfange der Hanfkörner, und aumeilen noch darüber, beftehen. Diefe B
find meiftens mit einer duͤnnen Feuchtigkeit angefüllt. Man unterfcheibet
lich rothes und weißes Frieſel. Bei dem rothen ftehen die Bläschen auf einen
then Boden, find ganz Elein, felbft rörhlich, oder die Nöthe der Haut Fchiniuil
durch; hei dem weißen ift die Haut entweder gar nicht roth, oder die Blaͤschen Mi
größer und mit eiterähnlicher Fiüffigkeit angefuͤllt. Cine Unterart beftcht aud ge
Bern, geronnenen, Schrerißtropfen ähnlichen Bläschen, die mit kryſtallheller GE
—— -.
Stiefen 437
agefuͤlt find, und wird auch Perifitefel und Gtasfriefel genannt. Das
tigt fi zuweilen nur an einigen Stellen dee Körpers, beſonders auf der
vm Rüden, an dem Halſe, in der Herzgrube, oder es ift über den ganzen
erbreitet. Bei Kindern kommt es öfter vor, befonders geben Störungen
Yrdauung, Erzeugung von Säure im Magen Veranlaffung dazu. An
eine leichte Krankheit; ift es jedoch Folge eines heftigen Fiebers oder innes
mbung, fo deutet es auf Gefahr, (Vgl. Scharladhfieber) H.
iefen, ein altes deutiches, zum Stamme der Sftävonen und Ingaͤvo⸗
iged Volk, das feinen Wohnfig zwifchen dem Mittelcheinarme, der Nord⸗
ms und auf den Inſeln hatte, welche die Mündungen des Rheins und die
in eins zufammengefloffene Zuyderfee bildeten. Der eigentliche Rhein
von den Batavern, die Ems aber von den Chaucern. Suͤdlich grenzten
Öructerer und Marſer; nach der Vertreibung der legtern aber an die Ans
nd Chamaver. Wahrſcheinlich wohnten fie früher auf der Bataverinfel,
aber fchon vor Caͤſar's Zeiten von dem mächtigen Volke der Bataver vers
den. Drufus und Sermanicus, welhe Roms Waffen nach Deutfchz
n, wurden von ihnen unterflügt gegen die Cherusfer, deren Seinde fie
retteten die roͤmiſche Flotte vom Untergange, der ihr an der Mündung
rohte. Aber diefe Sreundfchaft hörte in dem Augenblid auf, als bie
v8 cinfallen ließen, fie als Untertyanen zu behandeln. Sie wurden, bei
eitsliebe, Noms erklärte Feinde, und zerftürten die angelegten Seftungen ;
tielben belagerten fie vergebens. Unter Niro bemädhtigten fie ſich einis
vier Kinder dieffeit der Zupderfee, doc) mußten fie diefelben wieder räus
ar der Zeit an ſchweigt die Geſchichte von ihnen, und fig erfcheinen erſt
k. und 9. Jahrh. in dem großen Bunde der Sachſen. Damals wohns
ber Scheide bis an die Eibe und Eider längs der Sceküfte, und es ift
ich, daR ihre Name einen Bund von mehren Völkern umfaßte. Man
ch in Britannien unter den fähfifchen Völkern. Unter dem Kaifer Sus
en fie die Bataverinfel und behaupteten fie ſeitdem; der fränfifche Ma⸗
Yipin demüthigte fie hier zuerft, indem er ihren König Radbod fchlug,
3 weſtliche Land bis an die Rheinmuͤndungen entriß. Radbod's Nach⸗
po, ſuchte das Verlorene wieder zu gewinnen, wurde aber von Karl
üdgefhlagen. Karl dee Gr, eroberte hierauf das öftliche Reid) der
D ließ es durch eigne Herzoge regieren, an deren Stelle in der Folge
entitanden. Mad) langer Fehde diefer Dauptlinge vereinigte Graf Eds
and, und erhielt das Land als deutfches Reichslehn. Später wurden
Fuͤrſten; aber ihre Stände blieben immer maͤchtig, bis der legte Fuͤrſt
arb, und Preußen, Eraft der Eaif, Erbbelehnung von 1690, den Staat
hm, jedoch der Stände Rechte ehrte. Der tilfiter Friede raubte das
auſe Preußen, und 1314 trat dieſes ſolches an Hanover ab, Einen
Theil des Landes, welches die Weſtfrieſen bewohnten, mucht die jvgt
eiche der Niederlande gehörende Provinz Wefifriesland aus. In Anz
'ebansart, in der die alten Frieſen den übrigen Deutſchen glichen, ſchil⸗
> fie als ein aͤußerſt aͤrmliches Vol, das den Roͤmern feinen Tribut nur
ken abzahlen konnte. Cie fianden unter zwei Fürften, die eine koͤnigl.
den beiden Römern gewöhnlichen Einfchränfungen ausuͤbten. Trotz
b aber mußten fie, wie angeführt wird, bei ihrer Gefandtfchaft nad) Rom
ganzen deutihen Nation Ehre mit vieler Wuͤrde zu behaupten. Noch
Abkoͤmmlinge der alten Sriefen, die fich auch fo nennen und Zracht und
beibehalten, aufden Heinen Infeln an der MWeftküfte des Herzogthums
Durd) Hügel gegen die Meerſlut muͤhſam geſchuͤtzt, fuchen fie als
he Brot in Holland u. anderwaͤrts, Echren aber ſtets mit dem Erwerb in
438 Frigga | Friſchlin
die Heimath zuruͤck. S. Wiarda's „Oſtfrieſ. Geſch.“ 10 Th. bis 1816, Auie
1792—1816.
Frigga, ſ. Rordifhe Mythologie.
Frimont (Johann, Baron von), Fürft von Antrodocco, k. k. Omas
der Cavalerie, aus einer adeligen Familie Lothringens, wanderte 1791 aus zu
diente in dem Deere des Prinzen Gonde, nad) deffen Auflöfung er als Oberfter bi
Bußy'ſchen Jaͤger, mit diefer Truppe zugleich in Oſtreichs Dienfte trat. Hier für
er bis zum Feldmarſchalllieutenant. Als Fürft Schwarzenberg, in dem Kdeı
Napoleons gegen Rußland 1812 von dem oͤſtr. Hülfsheere in Polen hintere}
lica Abfchied nahm, übertrug er dem Baron Frimont die Führung deſſelben. 3
den Feldzuͤgen 1813 und 1814, gegen Napoleon, commanbirte General 5. die
Theil der Cavalerie mit großer Auszeichnung. 1815 erhielt er den Oberbefehl il
die oͤſte. Truppen in Oberitalien. Hier leitete er den Feldzug gegen Murat, I
maligen König von Neapel, im März und April 1815, fo zweckmaͤßig ein, uf
F.⸗M.⸗L. Bianchi, welcher Ende Aprits das Commando der Armee von Nept-
bielt, den Krieg in 6 Wochen beendigte. General F. felbft blieb am Po ftehen, 1
er ein Heer von 60,000 M. (die Corps der Generale Radevojewicz, Bubna d
Meerpille und 12,000 Piemontefer unter dem General Dfasca) bei Cafal I
gipre vereinigte. Diefe Macht theilte er in zwei Heermaffen. Die ftärkere, ul
Mabevojewicz, zog über den Simplon ins wallifer Land, die andre, unter Zus
über den Cenis durch Savoyen nach der Rhone. So bemädhtigte fich Frimert
Paͤſſe von St.⸗Moritz, ehe noch Suchet, wie ihm Napoleon befohlen, Mont
lan befegen Eonnte. Die Franzoſen mußten Savoyen verlaffen ; die Öftwiher -
ſtuͤrmten das Kort L'Ecluſe und gingen über die Rhone, da, wo ſich dieſer duß
ber Erde verliert. Am 9. Juli ergab ſich Grenoble, am 10. wurde der Brida
kopf von Macon genommen, und Frimont befegte am 11. Lyon, welches Sub
ungeachtet ein verfchanztes Lager beider Stadt errichtet war, nicht zu vertheidi
wagte, da ihm die Ereigniffe von Paris bekannt waren. Hierauf entfandte
mont einen Theil ſ. Heeres über Chalons und Salind nad) Belancon, zude:
mee des Oberrheing, während der piemontef. General Ofasca am 9. Sul. mit!
Marfchall Brune einen Waffenftilftand zu Nizza abſchloß. Nach dem Yertı
von Paris machte das oͤſtr. Heer unter Frimont, deſſen Hauptquartier Dion ı
einen Theil des Befagungsheered von Frankreich aus. 1821 erhielt Frimont
Oberbefehl über das oͤſtr. Heer, welches mit den Beſchluͤſſen des laibacher Congre
52,000 M. ftark, gegen Neapel marfchirte, um die dafelbft errichtete neue Va
fung und den Carbonarismus zu vernichten. Frimont führte das Heer am 6.
7. Febr. über den Po, und zog am 24. in Neapel ein; General Walmoden br
Sicilien. Hierauf ließ er das Rand durch bewegliche Colonnen in Ordnung ha
Weil aber der Polizeiminifter, Sürft von Ganofa, feine Gewalt mißbraudtı
machte General $rimont deßhalb dem Könige Vorftellungen, und das wiener (
net rieth demfelben, Dinner van gemäßigtern Grundfägen in fein Minifterim
bertifen. Überhaupt thaten Frimont und die öftr. Generale Alles, was fie kom
um das Drüdende einer militairifchen Beſatzung des Königreiche zu erfeih!
Das oͤſtr. Mititair beobachtete die befte Mannszucht, und viele von dem Haſſe
leidenfchaftlichen Partei verfolgte Ein. wurden von ihm in Schuß genommen.
gelang e8 dem commandirenden General, in beiden Königreichen die Ordnung
derherzuftellen. König Serdinand belohnte ihn daher (30. Nov. 1821) mit
Zitel eines Fürften von Antrodocco, mit einer Summe von 220,000 Ducati (
939,000 Fr.) und mit dem Orden des heil. Sanuarius. Sein Menard ernal
ihn zum Großkreuz des D. der eifernen Krone. 1825 erhielt er, nach Bub!
Zode, das Generalcommando der Lombardei in Mailand.
Hrifchlin (Nikodemus), Gelehrter und lat. Dichter des 16. Jahrh., M
Friſt | 439
ruͤctig wegen ſ. Schriften und f. unglüdlichen Schickſals, geb. 1547 zu Balingen
m Bürtembergifchen. Griechiſche und römifche Kiteratur waren fein Hauptſiu⸗
im. Im Stifte zu Tübingen zeichnete er fich fo aus, daß er im 21. 3, ein öfs
melihes Lchramt an diefem Inſtitut erhielt. Seine neue gefhmadvollere Erklaͤ⸗
ungbazt der claffifchen Schriftfteller, befonders der Dichter, fein lebhafter Vortrag
ud feine hinreißende Beredtſamkeit verfchafften ihm eine große Anzahl Zuhörer,
Maus den vornehmften Ständen; dies erregte die Eiferſucht feiner Gollegen, bes
wind (‚ehemaligen Lehrers im Stifte, Cruſius. Friſchlin vertheidigte fich mit
mBflen des Witzes, aber nicht mit der gehörigen Klugheit. Dadurch erbitterte
rfiine Gegner noch mehr, und vergrößerte ihre Menge. Indeß erhielt er von
wem Orten ber einen Ruf zu Lehrftellen. Als er 1975 auf dem Reichſstage zu Mes
mung ſ. Komoͤdie „Rebekka“ dem Kaifer Marimilian II. vorlas, ertheilte ihm
iſer den poetifchen Lorberkranz nebſt einem adeligen Wappen, und ernannte ihn
zum Pfalzgrafen, zur Belohnung für ein Lobgedicht auf die Kaifer aus dem
Haufe. Diefe Auszeichnungen erhöhten noch den Neid feiner Gollegen. Man
igte ihn der Meuerungsfucht, des Übermuths und der Voͤllerei. Der Streit
fh immer mehr. ine Rede, das Lob des Landlebens, die er drucken ließ,
Inmelcher er die Sitten des damaligen Adels fehr ungürftig gefchilbert hatte,
auch den Haß diefer Kafte gegen ihn. Won allen Seiten gedrängt, nahm
) einen Ruf als Rector der Schule zu Laibach in Krain an. Nach zwei
aber gab cr diefe Stelle, in der er fi neuen Ruhm erroorben hatte, wieder
Und kehrte nach Tükingen zuruͤck. Hier brachten es feine Gegner endlich bei
Iaufärften fo roeit, daß ihm auferlegt wurde, entweder fich zu einem ewigen Stille
zu verbinden, oder fir immer das Vaterland zu verlaffen. Er wählte
Wächtere, verließ (1586) Tübingen, und irrte einige Jahre In den Rheingegen⸗
Ruin Sachſen umher, ohne Anſtellung, immer befchäftigt mit literarifchen
kit und mit Beantwortung der Schriften f. Hauptgegners, Grufius in The
gm. Er wurde zwar (1588) als Rector zu Braunfchweig angeftellt, verließ
rauch dieſe Stelle nad) 19 Monaten wieder, und ging in die Nheingege..sen.
Meiserung, ihm das rechtmaͤßige Erbtheil feiner Frau verabfolgen zu laffen, er⸗
nte ibn gegen die würtemb. Regierung, bie ihn, als einen Pasquillanten, durch
s Beamten in einem Gaſthauſe zu Mainz aufheben, und, weil er fid) wegen ſ.
kiung an ben Kaifer und andre deuitiche Großen wandte, auf die Feſtung Ho⸗
wach in engen Gewahrſam bringen ließ. Hier verfertigte er aus feiner Waͤſche
al, um fich an demſelben in der Nacht vom 29. zum 30, Nov. 1590 herab»
Mm. Getaͤuſcht durch den Schimmer des Mondes, hatte er die geführlichfte
le gewaͤhlt, das Seil riß, und er fiel zerfchmettert zwifchen den Selfenwänden
b. Sn Conz's „Kleinen profaifchen Schriften” findet man einen Auffag Über
L. Bd., 1821). — 3. mar ein vielumfaffender Geift. Seine Elegien und f.
Rabe” (die Gefchichte der jüdifchen Könige) in 12 Buͤch., die er noch im
re au Hohenurach dichtete, geben ihm einen Pla& unter den beffern neuern lat.
em. Tragoͤdien find ihm nicht gelungen, Seine fieben Komöbdien enthalten
Ane hervorſtechende Züge bes Witzes. Seine meiften Schriften tragen freilich
Gepraͤge der Eile; andre Fehler derfelben find auf Rechnung des Zeitalters zu
rim. Das Meifte hat er für die Grammatik geleiftet; f. Anmerkungen über
Satyren des Perfius und die Bucolica und Georgica Virgil's, forie ſ. lat.
af. des Kallimachus und Ariftophanes find nicht ohne Werth. '
Friſt (terminus), eine entweder durch das Geſetz oder eine richterliche Be⸗
ummg gefeßte Zeit, binnen melcher eine Handlung vorgenommen werden foll
a darf; Sriftverlängerung, Frifterfiredung (dilatio), eine vons
jout ertheilte Erweiterung dieſes Zeitraums. Die Sriften find präclufiv , wenn
u unfenugten Ablauf derfeiben das Recht zu der Handlung felbft verlorem
40° Stoben Froblſher
geht, welches bei denen durch das Geſetz beſtimmten Friſten (Fatalien, Ordmt
feiften, Nothfriſten) durch den bloßen Ablauf derſelben geſchieht; beiden vom
ter beflimmten, aber nad) gemeinem deutfchen Proceßrecht oder einen Antrag dei
—5 — (Ungehorſamsbeſchuldigung, accusatio contumaciae) und ridter
ecret vorausfegt. Die befanntefte gefegliche Friſt ift die von zehn Zagen (X.
decendü), binnen welchen ein richterliches Urtheil durch Rechtsmittel (Appellc
Zeuterung, Revifion u. few.) von der Rechtskraft abgehalten werben kann,
welche von der Stunde der Publication zu laufen anfängt, ſodaß fie mit derfi
Stunde am elften Tage zu Ende geht. Auf diefer Kraft der Friſten, deren |
ftreichen einem Verzichte gleich if, beruht nicht allein der Betrieb der Proceffe, |
dern auch die Sicherheit der Rechte, und Ruhe der Bürger gegen veraltete und
irgend eine Weiſe getitgte oder aufgegebene Anfprüche. (S. Verjährung.) f
ſaͤchſiſche Srift befteht in ſechs Wochen und drei Tagen, und hat ihren Urſprun
der alten deutfchen Gerichtsverfaffung, nad) welcher jede Kabung vor Gericht
Nächte in fich faffen mußte (alfo immer auf den 15. Tag gerichtet war) und
Verurtheilung erft nach dreimaliger Vorladung (alſo am 45. Tage) wie
konnte. 37.
Froben (Johann), ein gelehrter Buchdrucker, geb. zu Dammeltun
Franken 1460, ging nad) Vollendung feiner Studien nach Baſel, wo er Cor
in Amerbach's Officin war, bis ce 1491 eine eigne Officin errichtete, deren €
Drud eine lat. Bibel war. Seine Drude, weldye ſich durch große Cortectheit
pfehlen, waren meift theologifchen, vorzüglich patriftifchen Inhalts, doch verd
man ihm auch mehre vorzügliche Ausg. alter roͤmiſcher Claſſiker. Seine griehhi
Type iſt nicht ſchoͤn, feine lateiniſche rund und deutlich, ohne gefällig zu fein i
er ift einer der Exften, welcher Iateinifche Lettern in feinen Druden gekraud
Seine Titelblätter find gewoͤhnlich etwas uͤberladen, doch find die Nandeinfahlr
hei vielen derfelben nad) Zeichnungen von Holbein und nicht ohne Verbienft. |
Bermt man von ihm einen Pergamentdrud (die 2. Ausg. de3 Erasmiſchen N.!
von 1519). Er mar ein vertrauter Freund des Erasmus von Rotterdam, de
Daudgenoffe war und alle f. Schriften von ihm drucken ließ, Er ſtarb an den
gen eines unglücklichen Falles 1527. Seine Officin wurde von f. Söhnen 3
nymus und Johann, und fpäter von ſ. Enkeln Ambrofius und Aurelius m
Eingerm Gluͤcke forigefegt.
Frobiſher (Sir Martin, Frobiſer, auch Forbiſher), Seefahrer, g
Doncafter in Vorkihire, faßte den Plan, eine nordweſtliche Durchfahrt nad
aufzufuchen. Nach 15jähr. Bemühungen gelang es ihm, auf Verwenden
ley's, Grafen v. Warwick, eine Gefellfhaft zufammenzubringen, welche
Geld herfchoß, daß er zwei Eleine Schiffe und eine Pinaffe ausrüften, und
am 8. Suni 1576 von Deptfort abfegeln konnte. Am 11. Zul, erblicte er
610 N. B. ein Land, das er für das Friestand Zeno’s hielt. Das Eis hi
ihn zulanden. Er fuhr ſuͤdweſtlich, dann nördlich, und glaubte ani 28. die
von Labrador zu fehen; am 31. fah er rin drittes Land, und am 11. Aug.
er fich in einer Meerenge, die er 50 Stunden hinauffuhr und nad) fi ben
Die Beroohner glichen den Tataren. Er bemächtigte ſich eines derfelben und
ihn mit fih, Am 2, Oct. kam er nad) Harwich zuruͤck, nachbem er von de
bedten Lande Befig genommen. Einer feiner Matrofen hatte einen fe
Stein von dort mitgebracht, welcher der Steinkohle glich und von Gewid
ſchwer war. Man hielt ihn fir goldhaltig. Die Sefrufchaft unternahm
eine zroeite Ausruͤſtung, mit welcher Frohiſher am 26. Mai 1577 abging
kam wieder in die Meerenge, die er mit Eis bedeckt fand, befuchte das Lan
nahm auf einer Infel eine Ladung von jenem ſchwarzen Stein ein. Die K—
Eliſabeth war mit dem Erfolge fehr zufrieden. Man beſchloß, in dem neun
Frohnen | Frohnleichnam 41
ein Fort zu erbauen, und eine Beſatzung nebſt Arbeitern dort zuruͤckzu⸗
Ju dem Ende ging F. den 31. Mai 1578 mit 3 Schiffen von Harwich ab,
andre folgten. Den 20. Juni entdeckte er Weftfriesland, das er Weſteng⸗
nnte und für f. Königin in Befig nahm. In die Meerenge konnte er
Eiſes nicht einlaufen; einige Schiffe ſcheiterten, andre wurden beſchaͤ⸗
e Sahreszeit war zu Gruͤndung einer Colonie zu weit vorgerücdt. Man
ih daher, 500 Zonnen des vermeintlichen Goldſteins einzunehmen, und
ick. Da ſich indeß zeigte, daß jener Etein den errearteten Werth nicht
dman von mweitern Unternehmungen ab. 1553 befehligte Frobiſher ein
Slotte, weldye unter Drake nach Weflindien ging, und 1988 ein großes
fgegen die fpanifche Armada, gegen weldye er mit großem Ruhme focht.
rich IV. mit 10 Schiffen zu Hülfe gefchickt, ward er bei einem Angriff
üfte von Bretagne d. 7. Nov. verwundet, und ftarb bald darauf zu
, Man ift nicht ganz einig, welche Länder eigentlich Frobiſher ents
bien (correes), Dienfte, welche die Einwohner eines Bezirke, ſowol
rrlichen ale des Staatsgebietes dom Herrn (oder dem Ganzen) entiveder
tgeltlich, oder gegen Verguͤtung zu leiſten ſchuldig find. Daß diefe Icgte
ger it, als der Lohn für freie gebungene Arseit, iſt nur zufällig, und es
ch vor, daß die Fröhner dir Leiſtung jener Dienfie und den Bezug der Ver⸗
mal beidem Schneiden und Dreidyen um die zehnte Garbe oder das
n). als ein Recht betrachten, welches ihnen nicht entzogen werden darf,
on haben ihren Urfprung theils in der ſtaatsrechtlichen Verpflichtung der
ur allgemeine Nothwendigkeiten Dienfte zu leiften, wohin die Unterhafs
Bege und Bruͤcken, der Landesbefeftigung, Unterhaltung der landesherr⸗
Aeͤſſer, Kriegefuhren, Jagdfrohnen u. ſ. w. geboren Landesfrehnen,
liche Frohnen), theils in der Gemeindeverfaſſung (Gemcindefrohnen,
Unterhaltung der Gemeindewege und Gebaͤude, aus welchem Geſichts⸗
h die Dienſte für die Kirchengemeinde, Unterhaltung der Kirchen und
bier und da Bearbeitung der Pfarraͤcker u. X. zu betrachten find), theils
jenen privatrechtlichen Verträgen eines Grundherrn mit feinen Zinsleuten
nen, welche fih ohne Verleihung von Grund und Boden nur unter
huge in feinem Gerichtsbezirke aufhalten, theils endlich aus der mit dies
ſmaͤßigen Verhaͤltniſſen nahe verwandten Leibeigenſchaft. Diefe Froh⸗
cils in Qualitaͤt und Quantitaͤt beſtimmt (gemeſſen), theils vom Beduͤr⸗
c Willkuͤr des Frohnberechtigten abhaͤngig (ungemeſſen). Landesfrohnen
zte ihrer Natur nach, allein dabei wohl zu beachten, daß Frohnen, welche
cherrn wegen feiner Kammerguͤter geleiſtet werden, nur gutsherrliche
randesfrohnen find, und daß in dem landſtaͤndiſchen Steuerbewilligungs⸗
die Befugniß liegt, Zweck und Größe der auszuſchreibenden Landesfroh—
egen. Butsherrliche Frohnen follten ſtets gemeffene fein, und die Staats⸗
if berechtigt, darauf zuͤ dringen, daß alle ungemeffene Frohnen in gemefs
nbelt werben. Sie jind Realfrohnen, wenn fie wegen eines frohn⸗
Grundfiuds geleiftet werden; Perfonalfrohbnen, wenn ihr Grund
n Aufenthalte im Gerichtebezirke liegt. Zu den legten find daher auch
Einmiethlinge verbunden. Spannfrohnen werden mit Zugvieh,
ohnen bloß duch perfönliche Arbeit, Botengehen, Spinnen, Striden,
der Jagdnetze und andre Handarbeit geleiftet. .
ohnleichnam, von dem altdeutihen Krohn (Herr) und Leichnam
t Leib des Herrn, in der Kicchenfprache corpus Domini Jesu Christ,
‚bie zum heil. Abendmahl geweihte Hoftie (Odlate), die nach dem Lrhrbes
katholiſchen Kirche durch die Einfegnung in den Leib Jeſu verwandelt if.
—
444 Frondsberg
wigs XIV. dem Hofe u. dem Cardinal Mazarin widerſetzte, den nach Ludwigs X
Tode (1633) die Negentin Mutter zum erſten Minifter erklaͤrt hatte. Richeüe
Despotismus ſchien unter der Derwaltung dieſes Auskinders unter andern Fein
fortzudauern. Die Scyagungen, die man dem Volke auflegte, waren ungeheuer, &
da ſich das Parlament weigerte, fie einzuzeichnen, fo wurden mehre Male eine
Glieder deffelben verhaftet. Dies reiste nicht nur das Voit, fondern auch die Pr
zen vom Geblüte und viele Große wider Mazarin auf, der ſich unmuͤßig bericht
Un der Spite der Fronde ſtand der Eondjutor von Retz (j.d.) Die Keine
und die Selbſtſucht der übrigen Häuptlinge, welche fogar ſpaniſche Truppen ind
Land zogen, verhinderten, daß die Sonde ctras zur Wehlfahrt des Ganzın a
richtete. Vielmehr diente der Ausgang dieſer Handel bloß dazu, die Eöniyl. Ma
noch mehr zu befeftigen. Die Zeit der Fronde dauerte von LE4S— 54. NWobi
wird ein Zadler oder Krittler der Regierung Fronde ur genannt. (Wal
haumont.)
Frondsberg (Georg von, Frundsberg, Freundsberg, Fronepergh, H
zu Muindeldeim, kaiſ. Feldhauptmann, geb. 1475, ſtarb zu Mindelbeim 104
Sein Vater, Ulrich, war, wo nicht Urheber, doch erſter Hauptmann dee ihm
ſchen Bundes; ſein Bruder Kaspar zeichnete ſich dich tapfere Thaten als ji
im Bundesirieyeaus. Georg nahm an dem Zuge des ſchwaͤbiideen Bundes
den Herzeg Albert von Baiern Theil, birdite aber fein groſes Talent für die Kia
kunſt in den Kriegen Die Kaiſers Maximilian J. gruen die Schweizer aus, ©
15U4 galt or fur einen der tapferſten Ritter im bein Keere. Sert 1512 ſieud
ander Spitze der baiſ. Truüppen in Italien. Er diente mit gleichem Rubme
Feldherr Yrarimitin: i. und ars V.:; vieſcin beanf er Lion, dr Sciacht de
Pavea Lewinnen. Morr als einmal fürrte er irm Kriegsreiler aus Dertcla
zu. 18.6 Butt ce VG Deut che cuf eiane Kolonie. td ıpfandeng 1. G
ter ander orben, durd weiche cc Harls ven Liornben Hrer fo verſtarrte, dab De
vor Yiom zieben und cd mit Stumm bmen Lennten. In der Folge furrte ert ceg
Ulrich von Wuͤrtemberg das Fußvolt des ſchrabiſchen Vundes an, und im Kri
wider Frankreich diente er in den Niderlanden unter Philibert von Oranan.
bat das Kriegsweſen verbeſſert. Eine Zusppengstrung zu Fuß, weiche von ih
Waffen, den Lanzen, Lanzknechte genannt und in Regimenter getbeilt wuide,
den Schweizern an kriegeriſcher Haltung und Tapfeckeit nigets nach. „Fren
berg war”, wie eine alte Dandidnift ſagt, „ein greſßer ſchwerer Mann, und
Gliedern alſo ſtark, wenn er den Mittelfinger der rechten Hand ausſtreckte, daR
damit den ſtaͤrkſten Mann, fo ſich ſteif ſtellte, vom Platz ſtoßen konnte. Wenn:
Pferd daher gelaufen kam, konnte er es beim Zaum ergreifen, und eilend ſich
Die großen Buͤchſen und Mauerbrecher konnte er allein mit ſeinen ſiarken Em
von einem Orte an den andern führen, und wenn er vom Roſſe ſtieg und gi
tonnte man ihm nicht wohl folgen”. Als er bei Ferrara die wegen vuditind
Föhnung tobenden Truppen nicht in Rube bringen konnte, ward er, wie er gl
vom Schlage gerührt, und von dort aufein Schloß gebracht. „Da fichit tum
wie ich bin”, ſagte er zu feinem Freunde Schwalinger, „das find die Sructe-l
Kriegs! Drei Dinge follten einen Jeden vom Kriege abichredin: die Werderbe
und Unterdrüdung der arnıen unichuldigen Leute; das unordentliche und fra
Leben der Kriegsleute, und die Undankbarkeit der Fuͤrſten, bei denen die Ungetrei
hoch Eommen und reich werden, und die Wohloverdienten unbelohnt bleiben“, 2
dem Reichstag zu Worms (1921, wo Luther ver Karl V. ſich verantworten fol
machte der ruhige Blick des angefeindeten Mannes einen ſolchen Eindrud auf b
alten Frondsberg, daß er Luthein freundlich aufdie Echultern Elopfte: „Mu
lein, Munchlein“, fagte er zu ihm, „du achft jest einen Gang, dergleichen ich u
mancher Oberfler aud) in der aller ernftlidyften Schlachtordnung nicht gethan habt
Fronte Fronton 445
Bit ku aber auf rechter Meinung und deiner Sache gewiß, fo fahre In Gottes Na⸗
wafort, und fei nur getroſt: Gott wird did) nicht verlaffen”. Als 3. ſtarb, fand
4, daß er ſ. Güter an Kaufleute verpfündet hatte, Schulden halber, und daß
mdir jürften, die das von ihm angeworbene Militair brauchten, ſchlecht befohnt
Km.
Sronte, Vorder⸗ oder Gefichtöfeite, 3. B. eines Gebäudes. In ber
ingsiprache: die bem Seinde, oder der Stelle, wo man fich den Feind denkt, ents
wagetehrte Seite der Stellung. Fronte aufetwas machen, heißt, gegen etwas
ihrer fein. — Frontiſpice, Vorderſeite eines Gebäudes; insbefondere der
Biere Voriprung derfelben, oder die Giebelſeite. Überhaupt die vordere, in bie
gm ipeingende Seite eines Gegenſtandes; auch das Titelblatt oder Titelkupfer.
Frontignac, ein füher Muscatellerwein, der bei Srontignan in Nieders
gudoe wächft, und über Gette und Montpellier ausgeführt wird. Es gibt rothe
beige Sorten. Seinfchmeder genießen ihn zu einigen Fiſcharten.
Srontinus (Sertus Julius), ein Romer von patriciihem Geſchlechte
üder 2, Hälfte des 1. Sahrh. n. Ch., mar dreimal Conful und unter Vespaſian
BRuhm Feldherr in Britannien. Don Nerva erhielt er die Aufſicht über die
bfiertsitungen, über roelche er auch fehrieb. 3. ftarb um 106 n. Chr. Auch
Rechtsgelehrter ftand er bei ſ. Zeitgenoffen im hoͤchſten Anſehen. Bekannt find
ir Bücher „„De strategematibus‘“ (Keiden 1731; Leipzig 1773 und zuletzt
BRissemann, Göttingen 1798) und fein Wirk „„De ayuacductibus urbis Ro-
ne (Padua 1722—32 und Altona 1795).
Front o (Marcus Cornelius), Redner und Lehrer der Beredtſamkeit zw
be, aus Kreta gebüctig und in Cirta, einer roͤmiſchen Colonie in Numidien, ges
Bet, tehts unter den Kaiſern Marcus Aurelins und Lucius Verus, die er beide in
FRedefunft, erſtern auch in der philofophifchen Moral, unterrichtete. Aus
tatackeit lieh ihm Marc Aurel eine Ehrenſaͤule errichten; aud) ruͤhmt dieſer
Kkr in feinen Selbfttetrachtungen mit chrenvoller Anerkennung den von Fronto
mimgenen Unterricht. Von den Schriften dieſes Medners, den man mit Cicero
Kt, und deffen Schüler und Nachahmer mit dem Namen Stontenianer außs
Britz, beſañen wir bieher nur Fragmente aus grammatiſchen Echriften, die ſich
dar’ Sammlung befinden. Alles Übrige ſchien verloren, bis 1815 Angelo
mx, Bibitothekar der Ambroſianiſchen Vibliotbek zu Mailand, mehre Werke
rim auffand und zuerſt bekannt machte, naͤmlich ein Buch lateiniſcher Briefe
den Keiſer Antoninus Ding, zwei Vuͤcher Briefe an ben Kaiſer L. Verus, Briefe
Fteunde, zwei Bücher Anweiſung zur Beredtſamleit, gerichtet an Marcus An⸗
krut, einige Bruchſtuͤcke von Reden, ein langes Troſtſchreiben an Mare Aurel
Rdie Niederlage defielben im parthiſchen Kricge, ein paar ſcherzbafte Echrife
we Der erſten 1815 zu Mailand erſchienenen Ausgabe dieſer Schriften, die
Wins wenig befriedigt, iſt, außer einem Nachdruck Frantf. 18161, 1816 eine
Br Auka. von Kisteit, mt innert. von Butimaun und Heindorf, arfolgt.
kKlerin bier Fronto 218 Sricfiliner, wenicer ald Medner beren, abır din ges
Keı Erwartungen entiprickt er nicit. Zwiichen inm und Cicero ijt ein su maͤch⸗
R Atſtand, um ihn romanae eloquentiae non secundamn, sed olerum decus
wann, vie Majo thut. Ebenſo wenig aber dürfte er die Hirsinkung vers
wer, weiche ihm Niebuhr widerfahren Lit. Die richtizſte Int et lt wel, daß
mtewmd Ermmacıs fo gut als Eicero und Prinius dir seiten Medner ihrer
kosten; naturlich aber ſteht jeder Spätere m Fruͤbern fo wert nach, als der
emack und die Bildung des Zeitalters, in welchem er lebt. S. Friedr. Roth's
. Leer bie Schriften des Fronto und über dag Zeitalter ter Antonine“
Ka. 1817).
zronton, f. Giebel
|
438 Fruͤhling Fruͤhlingsnachtgleiche
diſche Colonie, In der er ben Namen Comante Eginetico erhielt 3 allein
erreichte fein Genius, angefeuert durch die Größe der ihn umgebenden €
und durch das Beifpiel guter Dichter, die er hier verfammelt fand, fein
widelung. Er fchloß ſich befonders an Rolli und Metaftafio an. Seit
terrichtete er zu Genua, dann zu Bologna die jungen Geiſtlichen ſ. Dı
Modena bekam er die Blattern, und beendigte waͤhrend f. Geneſung die
des Rhadamiſt von Crebillon. An dem Hofe zu Parma fand er durch de
Bentivoglio Verwendung eine ehrenvolle Zuflucht; allein feine Mufe n
Gelegenheitsgedichten für Feſte und vergl. Vorfälle bequemen. Zu be
lung des Herzogs Antonio Farnefe verfertigte $. eine ganze Sammt. ı
ten. Bu gleicher Zeit fchrieb er die Denkwuͤrdigkeiten des Haufes Far
erfchienen 1729, und der Titel eines koͤnigl. Gefchichtfchreibere war fi
nung. Der Herzog Antonio ſtarb. Man hielt feine Gemahlin 8 D
für [hmwanger. F. feierte fchon die Erfüllung aller Wuͤnſche durch einı
25 ſehr ſchoͤnen Sonetten, allein feine Vorherfagung traf nicht ein.
Hofe konnte er eine Gunft gewinnen, darum kehrte er nach Genua zuı
fing fein Kloftergelübde an, ihm läflig zu werden, und nad) vielen B
wurde er deffen durch Benedict XIV. entbunden. Seine große Can;
Eroberung von Oran durch die fpanifchen Truppen, unter dem Befehle
Montemar u. a. Gedichte, welche er zu derfelben Zeit dem König Phil
der Könjgin von Spanien überreichen ließ, machten Gluͤck. Er wurde
den Hof von Parma gerufen. Der Krieg, welcher in Italien zwiſche
und Öſtreich ausbrach, ‚begeifterte ihn zwar zu manchem trefflichen ©:
feßte ihn aber auch oft in drüdende Äußere Verhiltniffe. Er nahm nun,
iente feine Zuflucht, daß er für die burleske und fatyrifche Poefie beſaß.
tigte eine Menge Gedichte diefer Art, u. a. den originellen Geſang dee :
dic)ts „„Bertoldo Bertoldino e la casenno“, woran 20 Dichter arbeit:
dem aachner Krieden kam F. von neuem an den Hof zu Parma. Nun
fid) freier feiner Neigung zur Dichtkunft ; er bereicherte daß ital. Theaten
mehrer franz. Opern, hatte aber auch mit herben Ausfällen der Kritik ı
So lebte er unter mandyerlel Guͤckswechſel bis 1768. Wenig ital. Di
waͤhrend ihres Lebens fo viel Aufichen gemacht, und find nad) ihrem :
feiert worden, ald Srugoni. ©. Werke find 1779 zu Parma in 9, und
zu Lucca in 15 Bon. erfchienen; eine Auswahl in 6 Bdn. zu Brescia |
det man auch in Frugoni's Gedichten zuweilen Schwulſt und Bombaſt,
bie meiften reich an trefffichen Gedanken und mahrfchaft Ihönen Bilder:
Frühling. Diefe Fahreszeit fängt von dem Zage an, an ı
Sonne beim Auffteigen in den Aquator tritt, und endigt mitdem Ta
chem fie zu Mittag ihren Höchften Stand im Jahre erlangt. Bei un
der Eintritt der Sonne in den Widder ihren Anfang, und ihr Eintritt in
das Ende des aftronomiichen Frühlings. Jener gefchicht um den 22. I
um den ?1. Juni. Auf der füdlichen Halbkugel fängt ber aftronomife
um den 23. Sept. an, und endet um den 21. Dec., füllt alfo in die 3
Herbſt haben. Unter dem Aquator und überhaupt in der heißen Zone Ic
Sabre. Seiten nicht fo abtheilen, wie in den gemäßigten. Man unterſche
die trockene und naffe Zeit. Auch bei und bezieht ſich im gemeinen ke
nennung ber vier Jahreszeiten mehr auf Temperatur und Witterung (
Stand der Sonne, und wie haben faft allemal Urfadhe, den Anfang des
fhen Frühlings von dem Anfang unfers Frühlings, d. i. der angen
milden Witterung, zu untetfchelden, da Ichtere in der Hegel ſpaͤter eint
Frühlingsnachtgteiche (Aequinoctium veraum )
Zeit, zu welcher die Sonne in ihrem Auffteigen dein Aquator’erveid
Fry Fualdes 449
Erde Tag und Nacht völlig gleich macht und bei uns ben Anfang des
iſchen Fruͤhlings beſtimmt. Die Sonne fleht um diefe Zeit in einem
vb Kauators ſeibſt, beſchreibt ihn als ihren Tagkreis, und iſt daher, weil
Horizont zu gleichen Theilen fchneidet, überall aufder Erde 12 Stunden
und 12 Stunden unfidhtbar. Jener Punkt, welcher zugleich einen der
nittspunkte des Aquators mit der Ekliptik abgibt, heißt aus dem anges
Srunde Fruͤhlingspunkt. Ehemals fand an diefer Stelle das
d des Widders; daher man den naͤchſten 30 Graden der Ekliptik von dies
kan, gegen Morgen hin, den Namen des Widders beilegte. Hieraus
h die Benennung Widderpunkt, erfter Punkt des Widders, für den Fruͤh⸗
, welcher beibehalten worden, obgleich der Punkt ſelbſt ſchon laͤngſt die
es Widders verlaffen hat, und jetzt unter den Sternen der Fiſche ſteht.
orrüden der Nachtgleichen.)
y, Madame, Stifterin der Newsgate's Committee für Frauen, eine
en Sinn für MWohichätigkeit ausgezeichnete Britin, von der Gefells-
Freunde (Quaͤcker), ift normännifcher Herkunft. Noch nicht verheitas
ete fie, mit Erlaubniß ihres Waters, in deffen Haufe eine Schule für
me Rinder. 1800 heirathete fie Heren Sry, der ihren Eifer wohlzuthun
großmüthig unterftügte. Der elende Zuftand des Gefängniffes für
ıNerogate bewog fie, daffelbe zu beſuchen. Unerfchroden trat fie in den
0 160 Weiber und Kinder in der wildeften Unordnung fle umringten.
edle Haltung und ihre frommer Blick nöthigten diefen Unholden unmwills
yefuccht ab. Sie botihnen Beiftand an, ſprach Worte des Friedens, der
„ des Troſtes; kein Wort von Schuld und Verbrechen. Alte hörten
unen; folche Theilnahme hatten fie nie gefunden. Mad. Sry wieders
a Beſuch und brachte unter den Ungluͤcklichen einen ganzen Tag zu. „Ich
cht ohne Auftrag ; dieſes Buch — fie zeigte ihnen die Bibel — führt mich
Ich will Alles thun für Euch, was ich kann; aber Ihr müßt mir beis
Darauf las fie ihnen da8 20. Cap, aus dem Evang. Matth. vor. Viele '
icklichen hörten jet zum erften Male von Chriftus fprechen. Nun erriche
Fry im Sefängniffe ſelbſt eine Schute für die eingefperrten Kinder ; ſchon
lang es ihr, das Gefühl der mütterlichen Liebe bei den roheften Frauen
erweden. Zugleich bildete fie einen Verein von 24 Srauen aus der Ges
der Sreunde, unter deren Aufficht eine von den Gefangenen, die man Mas
nte, die Leitung der Gefangenen beforgte. Dann las fie, in Gegenwart
Mayor und eines Alderman, eine von ihr entworfene Lebensorbnung vor,
te bei jedem Artikel, cd fie denfelben als Vorfchrift annehmen wollten.
hah einmüthig. So gelang ed Mad. Sry durdy Fahre lang fortgefegte
ng, das Gefängniß zu Newgate aus einer Jammerhoͤhle des Laftere in
TA der Reue und In eine Schule des Fieißes umzumandeln. Seitdem
m, Kerkergitter u. ſ. w. verſchwunden; alle Thliren im Innern öffnen
das Ganze gleicht mehr einer Manufacturanſtalt, als einem Gefaͤngniſſe.
.Adele Duthon's, Hiat. de la Secte des amis“*.
14 Ides (dev Mord des). Dieſer im Anfange 1817 zu Rhodez (einer
abrikſtadt im Depart. Aveyron im ſuͤdl. Frankreich) ſich zugetragene Mord
ıden verwickeltſten Criminalfaͤllen neuerer Zeit, und erweckte dieſerhalb
Frankreich als im Auslande ein ungemeines Intereſſe, welches noch geſtei⸗
de, als das erſte Verfahren (der Aſſiſe zu Rhodez) wegen Fehler gegen die
ffirt und ein zweites vor den Aſſiſen zu Alby angeordnet, dann aber, nach⸗
vornehmften Mitſchuldigen hier verurtheilt und hingerichtet worden waren,
deittes Verfahren gegen andre Mitfchuldige in Zouloufe eingeleitet wurde,
Reftzitate mit den Urtheilen der Affife zu Alby nicht ganz Übereinzuftinnmen
ter. Gichente Aufl. Bd. IV. 29 Pr
10, Fualdes
ſchien. Das Detail der Unterſuchung (die hoͤchſt merkwuͤrdig und nicht im
von allen Einwirkungen fremdartiger Dinge war) erzählten zu jener Zei
Pamphlets, und öffentliche Blätter („Journal des debats*‘, „„Uonstitut
etc.), enthielten die durd) Stenographen nachgefchriebenen gerichtlichen Verh
gen, Zeugenverhöre u.f. fe — Fualdes, ein Mann von mittlern Jahren,
ftant, zu der Partei der Kiberalen, oder auch Bonapartiſten, gehörig, b
unter der Eaif. Regierung den Poften eines Procurators beim Sriminalhofe ;
dez, und ftand ſowol hierdurch ald durch fein Vermögen mit den angefı
Männern des Ortes In Verbindung. Seit der Neftauration hatte er fi
gezogen, und lebte ald Privatmann, unter der Hand Geldgefchäfte treibent
und VBerwandtfchaft in einem ziemlich weitläufigen Grade, brachte ihn fd
Fahren befonders mit ein Paar Honoratioren des Ortes, dem Maͤkler Jauſi
dem Kaufmann Baftide-Grammont (die Beide Schwäger waren), auf ei
vertrauten Fuß, daß diefe als feine Hausfreunde angefehen wurden. Piögli
fpann ſich unter diefen drei Menfchen ein Zwieſpalt, deffen erfte Veranlaſſu
von Fualdes gefaßte Entfchluß war, Rhodez mit einem andern Wohnorte jur
ſchen. Was ihn hierzu eigentlich bewog, ift dunkel, doch follen die feit der d
ration im füdlichen Srankreid) begonnenen Proteftantenverfolgungen, fowie
andre, damitin jenen Gegenden zugleidy auftauchende Parteiumtriebe, di
unmahrfcheinlichen Urfachen geweſen fein. Genug, er verkaufte feine lie
Gründe, und begann, Allen, am mehrften aber Jauſion und Baſtide unen
‚bie außgelicherien Capitalien einzuziehen. Jauſion hatte durch die von Fual
baltenen Vorfchüffe fein Geſchaͤft in einen bedeutenden Schwung gebracht, wa
dem Darlehner noch fehr verpflichtet; derfelbe Kal fand mit Baſtide ftatt, ı
Fualdes 10,000 Sr. ſchuldete. Beide Eonnten für den Augenblid diefe Fond
den größten Nachtheil nicht entbehren, und da deffenungeadtet ihr Glaͤubi—
Abmachung drang, fo gerictben fie, und namentlidy Baftide, der einen heftig
finftern Charakter hatte, mit ihm degwegen am Morgen des 19. März 1!
einen lebhaften Wortwechfel, deffen Ende darauf hinauslief, dag man ein
Zuſammenkunft aufden Abend deſſelben Tages verabredete. Am andern
um 6 Uhr fünd man den Leichnam des mit Mefferflichen ermordeten Fualdet
packt, wie einen Bullen Kaufmannswaaren, außerhalb des Ortes in dem Ar
Waͤhrend die Behörden die zur Entdeckung der Thaͤter noͤthigen Schritte ı
erſchienen ſchon um 7 Uhr (eine Stunde nad) Auffindung des Leichnams) 3
mit f. Frau und Schwaͤgerin, der Gattin des Bajtide, in der Wohnung di
mordeten, und begannen, unter lauten Beilcidebezeugungen, die Papiere d
glüdlichen zu durchſuchen, wobei fie nicht allein fein Pult erbrachen und meh
piere, Rechnungsbuͤcher u. dgl., fondern aud) einen Beutel mit Geld und a.
ten fortfchleppten. Der Sohn des Ermordeten war aufeiner Reiſe begeiffer
fonft Niemand im Haufe, der fich ihnen, den Verwandten, fuͤglich hätte hier
derfegen können. Um 10 Uhr fand fid) auch Vaſtide ein, noch einmal bie J
durchwuͤhlend. Mehre Zage, während welcher der junge Fualdes zurüdi
war, vergingen, ohne daß man eine Spur der Mörder zu entdedien verm
endlich gab ein Kind die Veranlaffung dazu. In der Straße Hebdomadiers,
der Iebhafteften der Stadt, befand ſich ein Haus, deffen Befiger, Bancal, S
wirthſchaft trieb, und das, theils der Säfte aus den geringern Etänden ı
theil8 aber, weil es ein Gelegenheitsort zu verliebten Rendezvous mar, nidth
beften Rufe fand. Diefer Wirth hatte eine 10jaͤhrige Tochter, Madelarine, !
fid) im Geſpraͤch die Andeutung entfchlüpfen ließ, fie wiffe wo und von wem;
des ermordet worden fei. Auf weiteres Befragen enthüllte fi) nun, daß der |
im Bancal’fchen Hauir ſelbſt begangen, und daß dabei nicht allein eine Menge
fonen gegenwärtig, ſondern auch das Kind felbft, welches man ſchlafend geg
Fnaldes | 451
nee Nebenkammer Zeuge davon geivefen war. Sogletch wurden Bars
je $cau (ein ziemlich bejahrte6 Weib), ferner ein ehemaliger Trainſoldat,
‚lärd, deffen Geliebte, Anne Benoit, fowie noch drei Andre, mit Ramen
fonier und Bousquier, und 25 Tage nach dem Morde, auf Anfuchen
Fualdes, Baſtide und Jauſion feftgenommen, und dad Verfahren uns
ngeheuern Andrang von Zuhörern von nah und fern, begonnen. Kaum
yamit, wiewol nicht Ohne Schwierigkeiten den Anfang gemadht, indem die
voller Gaͤhrung des Meinungstampfes einander auch in Rhodez und dem
n Departement gegenüber fichenden Parteien ber Katholiken und Prote⸗
id wicder der fogenannten Royaliſten und Bonapartiften, die Sache auß
duellen Geſichtspunkten anzufehen begannen, und befonder6 die zahle
reiche Familie der beiden Hauptbefchuldigten, Jauſion und Baſtide (die
chon als eifrige Anhänger der Reſtauration und des alten Glauben bei
314 im ſuͤdl. Frankreich vorfallenden, oft mit großen, leider aber unbe
benen, Verbrechen begleiteten Reactionen gegen die Proteftanten und
re kaiſ. Regierung, gezeigt hatten) Alle® anmwendete, um, durch uk
el ihre Angehörigen zu retten: als neue Entdedungen zu neuen Verha
rten. Es lebte nämlich in Rhodez, getrennt von ihrem Gatten, einem
Dfficier, Marie Srangoife Glariffe Manfon, Tochter des dafigen Pre
spräfidenten Enialran, die allgemein, troß ihrer ſchwaͤrmeriſchen Reiz⸗
mancher, durch fchlecht gewählte Romanenlecture genährten Überfpans
ine liebenswuͤrdige Frau anerkannt wurde. Von diefer erfuhr man nun
Dfficier, Namens Clemandot, der den Verehrer der Dame machte, von
icht begünftigt wurde, daß fie im Eifer des Geſpraͤchs fo genaue Um⸗
der That erwähnt habe, als fei fie dabel gewefen; und da nun Mad.
ßhalb zur Rede geftellt wurde: ſo erklärte fie endlich, fomot vor dem
ıl8 ihrem Vater: daß fie fi) (warum? wollte fie nicht enthüllen, da ihr
Zartgefühl dadurd) compromittirt werde) am Abend des 19. März, in
Kleidung in der Straße Hebdomadiers befunden, und, erfchtedt durch den
yon der Überfall eines Menfcher: auf der Straße verurfacht, in das erfte ofe
zefluͤchtet habe, welches das Bancal'ſche gewefen fei. Hier habe man fie ſo⸗
Eintritt im Dunkeln ergriffen, und in ein Cabinet gefchöben, wo fie vor
der verübten That in Ohnmacht gefallen, dadurch aber den Mördern der
den fei, von benen nun Einer auf fie zugeftürzt wäre, um auch fie zu er⸗
urch die Dazwiſchenkunft eines Andern fei diefer aber in feinem Vorhaben
den, und fie habe nun aufden Körper des ermordeten Fualdes einen furcht⸗
iblegen muͤſſen, nichts zu verrathen, und fei darauf von einer dritten,
im Mord impficirten Perfon in Sicherheit gebracht worden, Mehr
‚us ihr herauszubringen, indem fie ſich bei allen Fragen aufden Eid, den
ften müffen, und auf die von mehren Seiten her ihr gewordene Drohung
mon fie und ihr einziges Kind durch Gift oder Dolch hinopfern werde,
em der Mörder nenne. Aus der vorläufig von dem Gerichtshof in Rho⸗
teten Unterfuchung, die indeß gleid) im Anfange dadurch noch ſchwieriger
urde, daß ſich der, bei der That mit implicirte Bancal im Befängniffe
), ergab fich folgende Darftellung ded ganzen Hergangs. Ale Zualdes,
wfion und Baitide-Örammont getroffenen Verabredung gemaͤß, In den
den am 19. März frine Wohnung verließ, um ſich zu der beſprochenen
adunft zu begeben, ward er in der Straße Hebdomadiers, unfern des
incal trug ſtark mit Nägeln beſetzte Holzſchuhe fSahnts\, Aus dem eis
Me Nägel, urinirte in den andern, und warf die Nägel dahtnein,
fo fange Lehen lafiend, bis ſich der Roft tes Eiſens in dem Urin aufloͤſte,
die Jauche verfchludte, und jo, nach heftigen Krämpfen, verfebier.
2) *
452 | Fualdes
Bancaffchen Hauſes, von mehren poſtenweis vertheiften Männern, bie fi
Dfiffe Signale gaben, überfallen, ihm der Mund verftopft, und er fo in die |
fiube des genannten Haufes gefchleppt, deren Senfter nur durch ſchlecht anti
Laden verwahrt waren und auf die,_ um diefe Zeit nichts weniger als todte €
gingen. Hier zwangen die Anmefenden, eine Motte von zehn bis elf Per
worunter einige Weiber, den Unglädtichen, eine Menge Wechſel (Indoffen
zu unterjchreiben, und nachdem dies gefchehen, ward er, entlleidet und ar
Gliedern gebunden, auf eine Bank nahe am Fenfter lang ausgeflredt, un
gleich einem Thiere, gefchlachtet, der Leichnam aber darauf eingepadt und vı
nigen aus der Mörberfchar, in ber Nacht zur Stadt hinaus und in den Ar
getragen. — Bedenkt man, daß die That der Feftnehmung des Fualdes ſowo
feine Ermordung in einem Haufe und zu einer Zeit vorging, wo Menfchen faf
ablaͤſſig noch hin: und hergingen, daß ferner die Stube, in welcher dies Verbr
begangen wurde, im Erdgeſchoß war, mithin durch die nur undichten Laden
leicht ein Voruͤbergehender, angelodt durch das nothwendig dabei ftattfindende
raͤuſch, einen Blid in das Zimmer werfen konnte; daß Überdieß nicht aller
Kinder des Bancal’fchen Ehepaare in einem dicht neben dem Schauplag befi
hen Gabinette fchliefen, in einem andern Seitencabinette aber, wie ſich ſpaͤt
Hab, außer der Mad. Manfon, noch ein verfchleiertes fremdes Frauenzimmer
befand : fo muß man in der That über die Kühnheit diefer Mordbande erftau
dienur durch frühere ungeftraft gebliebene Verbrechen, oder durch die Hoffn
Schutz in der, durch Parteigeift furchtbar veruneinigten Zeit zu finden, zu fs
Deeiftigkeit im Freveln gelangt fein fonnte. Das Verfahren war zu
dem Aififengericht, den 18. Aug. (1817) eröffnet worden. Am 22. deff:
wurde Mad. Manfon, zum erften Male Öffentlih und im Beiſein einer u
heuern Volksmenge, als Zeugin verhört. Drohungen, die ihr früher
allen Seiten gefommen waren, und deren fuͤr fie leicht zu errathende Urheber,
Theil fich gegenwärtig befanden, hatten die zartorganifirte, ohnedieß reizbare
ſchon vorher eingefchüchtert ; als man fie nun den Mördern, und befonders Be
gegenüber ftellte, ſank fie in Ohnmacht, und nahm darauf, wieder zu ſich ge
men, ihr früher vor ihrem Vater und dem Präfecten abgelegtes Geſtaͤndniß zu
hartnaͤckig leugnend, dag fie am bewußten Tage im Bancal'ſchen Haufe geweſe
Als man ihr hierauf Alles vorhielt, was fie theild gegen benannte beide Perf
theils auch, nach Ausfage des Clemandot, gegen Andre, in Geſellſchaften, über ein
Thatſachen bei dem ganzen Hergange erzählt hatte, da rief fie in ihrer Angſt aus
koͤnne die Wahrheit nicht fagen, und fie habe jene Umſtaͤnde nur einem andern Fra
zimmer nacherzählt, das gegenwärtig geweſen fei. Auf die weitere Frage, wer
Derfon fei, ſuchte fie aber neuerdings Ausflüchte, und gab nur zu verftchen, 8 ı
wol Dem. Rofe Pierret (ein junges und fchönes, aus guter Familie ftammende#]
chen) gewefen fein. Als man jeboch mit diefen ſchwankenden Angaben ſich nicht be
gen wollte, und immer weiter mit ragen in fie Drang, da rief fie endlich, in derl
Sitzung der Affife, am 5. Sept., ſchmerzlich aus: „Ach, noch find nicht alle Si
dige in Seffeln, aber über meine Lippen darfdie Wahrheit nicht!” Am 12. Sept. |
chen die Geſchworenen ihr faft einftimmiges Urtheil aus. Nach demfelben wart
Wittwe Bancal, dem Baftide, Saufion,: Bar und Collard, der Tod; dem M
nier und der Anne Benoit zeitlebens die Galeere, dem Bousquier ein Jahr Ze
haus zuerkannt, Mad. Manſon aber, auf Antrag des Generalprocurators, w
falſchen Zeugniffes in Verhaft genommen. Die Familien des Baftide und Jau
fegten Altes in Berwegung, um, wo möglich, die Genannten zu retten; und di
gleicher Zeit die WVerurtheilten bei dem Caffationshofe mit Appellation einfan
wirklich auch im Verfahren nicht immer nad) allen vorgefchrichenen Regeln geb
delt worden war, fo entſchied diefer am 10, Oct.: dag das Urtheit der Aſſij
——
Sualdes | 453
gen nicht beachteter Sörmlichkeiten bes Geſetzes, nichtig, und bie ganze
inem andern Gerichtähofe neuerdings zu unterfuchen fei. Dies geſchah
e zu Albd. Ete hier noch das Verfahren eröffnet werden konnte,
‚Manfon im Gefüngniffe zu Rhodez, getrieben von Angft vor den
jener Menſchen, bie an dem Gefchid der Mörder fo vielen Antheil
)gemartert zugleich durch das Gefühl, ihre weibliche Ehre durch die ganze
npromittirt zu fehen, ihre Memoiren, deren erſte, 3000 Er. ftarfe
12. San. 1818 in Paris erfhien und nod) denfelben Tag vergriffen
hs andre Auflagen folgten im Laufe des Jahrs. Nicht allein wider⸗
em Buche ihre frühere mehrmalige Ausjage, daß fie am 19, März
e Hebdomadiers verkleidet geweſen, fondern leugnete auch, daß ihr
gend einer Seite Drohungen gefommen feien, um ihre Ausfage zu
and fagte endlich: wie dagegen ihre frübern Geftändniffe vor dem
: abgedrungen worden wären. Daß das Ganze indeß weiter nichts
nein liftiges und fcharfjinniges Gewebe von Unwahrheiten war, die
der Angft ihres Herzens, auf jedem Wege von der Baftide’fchen Fa⸗
en Anhange bearbeitet, aufftelite, ergab ſich fpäter zur Genuͤge, fowie
B nicht allein Famlienintereſſe, fondern auch das Intereffe politifcher
: Meinungen bei diefer ganzen Sache, und namentlic) bei den Beſtre⸗
Mörder ihrer Strafe zu entziehen, Inn Spiele war. Defto mehr Ehre
rt der Regierung, daß fie hierbei eine Unparteilichkeit und einen Rechts⸗
der alle die geheimen Muchinationen ber Feinde der Proteftanten und
nen Gegenden fcheitern ließ. Den 25. März 1818 begann die Afs
re Sigungen. An 300 Zeugen wurden nach und nach verhört; uns
ich Roſe Pierret, von der die Manfon geäußert hatte, fie fei das vers
scnzimmer im Bancal’fdyen Haufe gewefen. Dies beftätigte fich jedoch
ned ergab fich, daß es eine Andre, Namens Charl. Artaboffe, war.
rugniß eines Fifcher® aus der Gegend von Rhodez kam nun auch here
er den mehren Perfonen, die am 19. März Nachts 11 Uhr den Bals
em der Leichnam des Fualdes lag, nad) dem Avenron gefchleppt hats
iſion, Baſtide, Bancal und Bar befanden, und obſchon Baſtide am
erſprach, fo vermochte er doch fein genuͤgendes Alibi zu ftellen. End»
, Mad. Manfon in ihren neuerdingd gegebenen Ausfagen an, zu
nd Died um fo mehr, je mehr die Witwe Bancal fi nad) und nady
niß entſchloß, und zuletzt feierlich zugeftand (mas fie bisher geleugnet
er Mord in ihrem Haufe und In ihrer Gegenwart gefcheben ſei. Mad.
num zu, baßfie doch während der That in Maͤnnertracht verborgen
hen Haufe gewefen fei; wer fie aber von da wieder aus den Händen
enden Mörder fortgefchafft, dies wollte fie noch immer nicht geftehen,
yaufinwiffenheit. So ftanden die Sachen, als ploͤtzlich eine uner⸗
irung von Seiten der Mad. Manfon den Schleier, welcher noch LE...
te der Angelegenheit hing, zerriß, und das Intereſſe ded ganzen
fden hoͤchſten Grad fteigerte. Bei einer Gonfrontation derfelben mit
gten, während der Gerichtsſaal mit Menſchen überfüllt war, und
n bereit ftanden, jedes Wort der Ausfage ſchnell zu Papier zu brins
fih auf einmal Baftide, welcher bisher allen gegen ihn gerichs
und Inzichten einen falten, höhnifchen Spott entgeaengefekt hatte,
'eftigkeit, und foderte, fusend auf feine Kenntniß des Charakters der
der Angft, welche fie vor den Drohungen feiner Anhänger hatte, fie
hrheit zu fagen. Der tede Boͤſewicht hatte fich indeß diesmal in feis
a geirtt. Mad. Manfon, zermürbt gleichſam durch die Ränge des
und gebeugt in ihrem Innern durch den Verluft ihres einzigen gelieb⸗
454 Jualdes
ten Kindes, welches ihr, in Folge der waͤhrend ihrer Gefangenſchaft von
Manne gemachten Reclamationen, genommen worden war, hatte nicht mehr
dee Wahrheit zu widerffehen, und ermahnte durch den Ton, mit welchem {|
Baſtide's Anrede antwortete, denfelben, von ihr abzuftchen, Wie verbinde
tete diefer aber nicht darauf, und mit Kühnheit von neuem In fie dringend,
aus: „Nichte da, keine Spibenftecherei mehr, Stehen Sie Rede, Mad
Wie ergriffen von Begeifterung, erhob fid) nun auch Madame Manfon, T
fi) durd) die Gendarmen bis.dicht vor den Auffoderer, fah ihn felt an und |
„Baſtide, feben Sie mich an, Eennen Sie mich? „Nein! erwiderte diefe
wie immer; und empört über diefes freche Mort, rief fie nun mit lauter S
und mit dem Suße ftampfend: „Elender, Du fennft mid) nicht, und wollte,
erwuͤrgen!“ Erſchoͤpft ſank fie hierauf bewußtlos nieder; nachdem fie aber
zu ſich gefommen, erflärte fie: fie habe in Rhodez gelogen, In Atby wolle
Wahrheit fügen. Nun erfolgte dag offene Geftändnif von ihr, daß fie am.
des 19. März, eines geheimen Liebeshandels wegen, ſich in Mannskleidern a
Straße Hebdomadiers aufgehalten habe, daß der durch den Überfall des du
entftehende Laͤrm fie in das offene Haus Bancal's getrieben, daß fie dort int
Geitengabinette Zeugin des Mordes gewefen, daß, als ein Geraͤuſch fie ver
Baſtide auf fie eingedrungen ſei, um fie zu erwuͤrgen, daß aber Jauſion fte at
nen Händen befreit, und, nachdem fie eidlich Verſchwiegenheit auf den keit
des Fualdes gelobt, fie fortgefchafft Habe, und daß endfich ihre im Gefängnifl
faßten Memoiren nur darum von ihr wären nicdergefchrieben worden, um ff
ihr Kind gegen die ihr von Unbekannten angebrohten Nachſtellungen zuf
(weiche Furcht fie denn auch bewogen gehabt hätte, der Madame Pons, einer‘
Vermandtin des Baftide, und ihrer Freundin, zu verfprechen, ihre in Rhe
machten Geftändniffe zu widerrufen), endlich aber auch, um ihren Traum
tetten, Gleich nach diefer wichtigen Erklaͤrung geftanden auch die bisher no
mer leugnenden Gollard und Bar die That ein. rfterer, der das Banı
Schenkhaus fleißig zu befuchen pflegte, war durch den Wirth deffelben zu det
beredet und gedungen worden. Aus Beider Auslagen ging hervor, daß X
Jauſion, Bancal (Mann und Frau), Collard, Bar, ein gewiffer Beſſiere⸗
und Vence-d’Iftournet, ferner Baſtide's Bruder, Louis Baſtide, noch ein‘
Namens Rene, und außer der Bancal auch noch zwei Srauenzimmer , von
die eine Collard's Geliebte, Anne Benoit, war, beim Morde befchäftigt 9ı
Die Indoſſements, welche Fualdes hatte unterfchreiben mürffen, hatte Jar
fi) genommen, Baflide-Grammont aber darauf dem Ungluͤcklichen erklaͤrt,
ſterben muͤſſe. Fualdes hatte ſich nun zur Wehre geſetzt; Baſtide aber w
Ihn hergefallen und hatte ihn zu Boden geworfen, Jetzt flehte Fualdes nur
paaxr Minuten, um beten zu koͤnnen. Vaſtide's Antwort war: „Wohl ur
mit dem Teufel zu verföhnen”. Das Ringen ging nun von neuem los;
und Baflide machten den Ungluͤcklichen feit, und fchnitten ihm darauf, nad
auf bie Bank gelegt worden, die Gurgel ab. Die Bancat fing da herabſtr
Blut in einem Gefäß auf, und gab es dann, es hinaus in den Hofttrgn
Saͤuen zu feeffen, Während dem hörte man ein Geraͤuſch in der einen K
neben an; als man hineindrang, fand man darin ein verkleibetes Frauen
(die Manfon). Baſtide wollte fie erwuͤrgen; Saufion und Bar hielten ibr
zuruͤck und ſchafften die Perfon, nachdem fie gefchworen, fort. Alte Beſch
glanden nach und nach mit mehr und minderer Ausführlid;keit die That clı
aftide-Grammont und Jauſion verharrten beim Leugnen. — Den 4.
(1818) ſchioß der Gerichtshof feine Sigungen. Das einftimmige Urtheil
ſchworenen marı BaftiderGrammont und Zaufien find Beide des vorbe
Mordes, zugleich aber auch des Diebſtahls mit Einbruch fhutldig” (wegen!
Fualdes 455
don Fualdess Pult am Morgen nad) der That, und Wegnehmung der
nd des Geldes) ; die Bancal ift mitfchuldig am Morde aus Vorbedacht ;
ad Bar fchuldig der Theilnahme am Morde; Anna Benoit [huldig ohne
; Miffonier, Bousquier u. d. X. ſchuldig als Xheilnehmer an dem
m der Leiche. Dieſemnach wurden die Bancal, Baſtide-Grammont,
Eollard und Bar zum Tode, Anna Benoit zum Brandmal und lebens:
menarbeit, die Andern aber, nadı Maßgabe ihrer größern oder geringern
nit, zu eins und zweijähriger Gefaͤngnißſtrafe, Geldbußen zc. verurtheilt;
ı, mehrer bei ihm eintretenden milbernden Rüdfichtem wegen, der Gnade
empfohlen, Die Manfon ward, als unfchuldig bei der That, ſogleich
gefeßt, indem das bereits erbutdete Gefängniß ihr als Strafe fin ihr fruͤ⸗
chweigen angerechnet wurde. Diefe Sentenz ward, da der Caſſations⸗
is fie beftätigte, in ihrer ganzen Ausbehnung vollzogen, und nur dag tiber
bene Zodesurtheil vom Monarchen in 2Ojährige Zwangsarbeit verwans
3, Juni 1818 wurden Baſtide-Grammont, Jauſion und Collard zu
richtet; die Hinrichtung der Bancal aber noch durch einen eingegans
hl des Königs erft aufgefchoben , und dann deren Strafe, in Betracht
8, inlebenslange Gefangenſchaft verändert. Won den Delinquenten
Sollard reumüthig und feines Verbrechens eingeftändig; Baftide und
harten bis auf den legten Athemzug ihres Lebens beim Leugnen.
Mitleid erregte und verdiente gewiffermaßen durd) ihre treue Liebe die
it. Ihre eigne empfindliche Strafe war ihr nichts. Sie fühlte nur
zum den Tod ihres, durch Bancal's Einflüfterungen verführten Ges
tard), und flehte in den rührendften Ausdrüden die Richter an, ihr Blut
Beliebten zunehmen, und ihn zu ſchonen. An 100,000 Fr. hatte
ofrdige Proceß gekoftet ; 60,000 Fr. waren dem jungen Fualdes aus
ienscafle der Verurtheilten als Schabenerfaß zugefprochen worden ; doch
Maſſe kaum zur Dedung der genannten Koften hin, und fo ward aud)
iher Wohlſtand durdy ein Ereigniß ruinirt, das an fchauderhafter Vers
um feines Gleichen in der neuern Criminalgeſchichte hat. Um Mad.
fehen, ftrömten Neugierige weit und breit herbei, und da fig durch die
taniffe fowol als durch die Trauer um ihr Kind erfchüttert, auf einmal
y vom Irdiſchen weg und dem Himmel zuzumenden: fo geſchah es, daß
Rifiionaire bearbeitete Land» und Stadtvolk jener Gegenden anfing, in
von Mäctprerin zu fehen, und nicht genug Ruͤhmens von der „heiligen '
n Aveyron“ (wie man fie bereitd zu nennen begann) machen fonnte.
Procek, die Art, wie fie in denfelben verflodhten war, ihre Memoiren
m in der Hauptftadt Frankreichs die Neugier, in Betreff ihrer, aufs
pannt. Altes wünfchte fie zu feben, und Einer aus der Menge jener
n, deren es in Paris fo virle gibt, faßte den Entſchluß, ihr 120,000
n, wenn fie zu ihm in die Hauptfladt fommen und ſich in Zivoli für
laffen wolle. Mad. Manfon ſchlug dies feltfame Anerbieten jedoch ab,
tber bald darauf von neuem nach Alby begeben, weil, in Folge einer
ageacte vom 27. Det. 1518, eingereicht bei dem obeiſten Gerichtshof zu
ucch den Eönigl. Generalprocurator Gary, der faum beendete Proceß
Laufgenommen, und dadurch fowol einige bis dahin völig unbezüchtigt
Perfonen (als der ehemalige Polizeicommiffair Conſtans) und Andre, die
zen Entfcheidung theils freigefprochen, theils nur ald wenig gravirt vers
tden waren (wie die Notare Yence-d'Iſtournet, Beſſiere-Veynac und
Andre), ber bedeutendften Zheilnahme am Morde, ja felbft einer grös
aſtide Grammont, Faufion und aud) Collard, bezüchtigt wurden, was
ntlich in Hinficht auf Jauſion die Vermuthung erregte, es fei durch das
456 | Fuchſe Fuentes
erſte Verfahren ein Juſtizmord begangen worden, Ein gewiſſes Reſult
doch dieſe erneute Untrefuchung bierüber nicht gegeben; auch gelang es
aufs neue Angefchuldigten zu überführen, und die Meinung, daß bei dief
Unterfuchung es wol einer geroiffen Partei beffer, wie bei der erften, mögı
fein, ihre im diefe Sache verwidelten Anhänger zu fchügen, ifl, wenn ı
bewiefen, doch in Frankreich, und namentlich bei Denen fehr allgemein,
die feit 1814 veränderten Zeitumftände ſchon mandyen Drud, befonde
füdlichen Provinzen des Reiches, erfahren mußten. Bemerken wollen wi
noch, baß den Bruder des bingerichteten Baſtide⸗Grammont, Louis Ba
nach der Erecution ber Verurtheilten ein unheilbarer Wahnfinn befie
Manfon flarb 1825 zu Verfailles.
Fuͤchſe, in der Studentenfprache, die neuen Ankoͤmmlinge auf
täten. Im 16. Jahrh. unterfchieden fidy ſtreng alte und nene Burf
neuen mußten den alten in jeder Rüdficht dienen, beſonders ſich dazı
durch polizeiwidrige Streiche die fogenannten Philiſter Michtſtudenten
Rechten zu kraͤnken. Weil ſie nun den armen Buͤrgern und Baue
großen Schaden zufuͤgten als die Fuͤchſe, die im Buche der Richter erwaͤh
auf den Feldern der Philiſter anrichteten: ſo ſoll man ſie, die man wegen
gen Federn (pennas), womit ſie die Collegien beſuchten, Pennaͤle hieß, a
(vulpes) genannt haben. (Vgl. Pennalismus.)
Zuchsinfeln, der öftliche Theil des aleutiſchen Inſelſtrichs,
Zahl, zwifchen Kamtſchatka und dem’ feften Lande von Amerika, foger
ben vielen hier befindlichen grauen, rothen und braunen Fuͤchſen. Sie |
als die fibirifchen, aber ihr Haar ift gröber. Die größte diefer Infeln, U
bat zwei Vulkane, Aus dem einen quilit ein flarker heißer Sprubel;
heißt der brüllende Berg, fpeit kein Feuer, raucht aber beftändig. Der!
Inſel ift Selfengrund, mit Lehm und Thon in den Thälen. Der Gras
nur grobe Graͤſer, und die Infel fait kein Holz. An Vögeln gibt es Adle
bühner, Enten, Seeraben und Seepapagein. Die Einwohner fin
Statur, von brauner Haut, und haben ſchwarze Hände. Sie tragen
den mit langen Ärmeln von Vogelbaͤuchen; bei ſchlechter Witterung hi
in Streifen von Gedaͤrmen ber Seethiere. Auf dem Kopfe haben fie ei
nenhut ohne Boden, mit Entenfedern und Glaskorallen gefhmädt.
mittlern Naſenknorpel ftechen fie ein Loch, worin ein vierzollige® knoͤcher
chen getragen wird ; auch in ber Unterlefje machen fie auf jeder Seite ein
In welche ein Stift oder Zahn eingefegt roerden kann. In den Ohren
Glaskorallen oder Bernftein. Das Haupthaar fchneiden fie fi Uber \
tein ab, verzehren das Ungeziefer an ihrem Körper und verfchluden !
ſchleim. Ihre Hände wafchen fie erft mit Urin, dann mit Waffer, unt
teres ab. Ihre meifte Nahrung find Fiſche und Wallfiſchfett; fie liebe
nießen felten Zwiebeln und Wurzeln, Sie wohnen wie die Kamtſcha
bie meiften haben 3 bis 4 Weiber, Die ruſſiſch⸗ amerikan. Handelögef:
bier Niederlaffungen.
Zuente6 (Don Pedro Henriquez d'Azevedo, Graf v.), Seneral
mann, geb. zu Valladolid 1560, machte f. erften Feldzug 1580 in Po
der Herzog dv. Alba dieſes Reich für Philipp II. eroberte. Der Mu
Klugheit, weiche J. bewies, erwarben ihm die Gunft dee Feldherrn, d
Compagnie Lanzenknechte anvertraute. Ebenfo zeichnete er ſich in den ı
Pr Feldzuͤgen unter dem großen Alcrander Karnefe, und fpäter unter
efe Spinofa, befonder® n der Erober :g von Oſtende (1604) aus.
nachher zu wichtigen Sendungen an ver; Hiedene Höfe gebraudht. Als
ſoͤhnlicher Feind der Franzoſen, gegen die er im Kriege (1598) mit Gluͤ
Zuge 457
er ihnen auf jede Art Abbruch zu thun, und es iſt nicht unmahrfcheinfich,
et Verſchwoͤrung des Marſch. Biron gegen Heinrich IV. Antheil genoms
tet Philipp III. war er Statthalter von Mailand, und machte ſich den
n Sürften und Republiken, die er die fpanifhe Übermacht fühlen lieg,
Er legte (1603) auf einem Felfen beim Einfluffe der Adda in den Cos .
iden Grenzen des Veltlins, eine Feftung an, bie nad) feinem Namen
untes genannt, und von den Graubuͤndnern fehr ungern gefchen wurde,
ie Spanien unglücklichen Kriege, der 1635 mit Frankreich ausbrach, trat
auf den Schauplag. Spanien wollte den Tod Ludwigs XIII. und die
hrigkeit f. Nachfolger benugen, und ſchickte (1643) ben 82jähr, F. mit
ee In die Champagne. Er belagerte Rocroy; aber der junge muthige
Enghien (nachmals d. große Condé) griff (19. Mai 1645) mit einem weit
n Deere die Belagerer an, drang mit feiner Reiterei in bie. feit Karls V.
berühmte und bis dahin für unuͤberwindlich gehaltene [panifche Infanterie
tichtete fie faſt gänzlich zu Grunde, Fuentes, von Gichtſchmerzen geplagt,
in einem Seſſel in das Schlachtgetuͤmmel tragen laffen, und fand hier
‚ge, ein mehrflimmiges Tonſtuͤck, in welchem ein melobifcher Sag herr⸗
‚ welcher abwechfelnd von einer Stimme nad) der andern auf mancherlek
, durch Umkehrung) und in verfchiedenen Intervallen wiederholt wird,
tichem die melodifchen Säge fo in einander harmoniſch verflochten find,
gentlicher Ruhepunkt erft mit dem Schluffe eintritt. Die Anzahl ber
gen Stimmen (die aber nicht nad) verboppelter Belegung oder nad
itmden Inftrumenten beurtheilt werben darf)iſt willkuͤrlich, und hiers
teine Zuge zwei⸗, breis, vier⸗ oder mehrflimmig. Bei der Fuge kommen
ic in Betracht: 1) der Hauptſatz ober das Thema, Subject, auch ber
‚ dux genannt; 2) der Gefaͤhrte, comes, aud) die Antwort, d. h. die
Biederholung des Themas In einer andern Stimme und auf einer andern
'Zonleiter ; 3) die Gegenharmonie, das Gontrafubject, eine Melodie, die
it, wenn diefe oder jene Stimme den Hauptfag vorträgt, In einer andern
hören läßt ; 4) der Wiederfchlag, repercussio, die Ordnung, in welcher
nd Gefährte ſich in den, verfchiedenen Stimmen abwechſelnd hören
die Regel der Zuge erfodert, daß fie beide in verfchiedenen Zonarten wies
ten); 5) die Imifchenharmonie, d. i. furze Saͤtze, welche vorkommen,
we Hauptſatz ſchweigt. Kommt in einer Fuge nur ein einziger Hauptfag
ist fie einfache Fuge; gibt e® aber in ihr mehre, fo heißt fie Doppels
is, vierfache Fuge. Streng ift die Fuge, oder obligat (fuga ricercata),
nur ein Hauptfag nebft einer Gegenharmonie in allen möglichen Geſtal⸗
umt. Cine $uge aber, in welche Zwifchenfäge verwebt find, deren No⸗
iht aus dem Thema entlehnt ift, heißt eine freie Fuge (fuga libera),
Duverture aus Mozart's „Zauberflöte”. Der Zuge liegen die Regeln
as und doppelten Contrapunkts zum Grunde. Ein anziehender mufilas
danke, der eine ganze Menge ergreifen kann, als Thema, Anordnung ber
ezu demfelben auf eine Art, daß es bei allen möglichen Nachahmungen,
ungen, Umkehrungen und kanoniſchen Behandlungen inımer fangbar
dahl des entfprechenden Gegenfages, ſodaß diefer auf der einen Seite nicht
Ime Behandlung fei, auf der andern aber auch dem Thema nicht vorgreife,
Eintritt der Stimmen, gehöriges Verhaͤltniß derfelben bei ihren Verwech⸗
gegen das Thema, eine Begleitung, bei der immer die Hauptſtimme ges
vorfteche: diefe und andre nur durch Geſchmack und Übung zu erlangenden
aftm müfen, außer den allgemeinen Erfoderniffen ber Harmonie, eine
eben, wenn fie nicht ein Eünftliches muſikaliſches Nechenerempel, fondern
458 | Fuͤger
ein aͤſthetiſches Erzeugniß fein ſoll. Rouſſeau's Ausſpruch: „Eine ſchoͤne F
das undankbare Meiſterſtuͤck eines guten Harmoniſten“, gilt uͤbrigens nur dem
flaͤchlichen Kunſtliebhaber, nicht dem geift: und gemuͤthvollen Kenner. J
Zuge aͤußern ſich die Gefühle einer Mehrzahl uͤbereinſtimmend, doch mit vo
mener Selbſtaͤndigkeit der Einzelnen. Über das Technifche der Fuge belehrt
purg’6 „Abhanblung von der Fuge“ (Berlin 1753).
Füger (Friedrich Heinrich), Director der k. k. Gemaͤldegalerie in Bei
bei Wien, Dofmater, Profeflor und k. k. Rath der Akademie der bildenden $
geb. zu Heilbronn 1751, eines Predigerd Sohn, zeichnete fchon in der €
Alles nad), und malte in feinem elften 3. ohne Anleitung Beine 3:
in Minintur. Der Anblid von Audran’s Schlachten Aleranderd, nadı X
das Leben großer Kuͤnſtler und fein Hang zur Hiftorifchen Lecture beftimmten i
Geſchichtsmalerei. (Ein angefehener Verwandter in Stuttgart brachte ihn
dortige Schule von Buibal, we er, aller Aufmunterung ſeines vortrefflihen
fler6 ungeachtet, bald allen Muth verloren hätte, in der Kunft etwas Gro
Jeiften.. Wirklich ging er nad) Halle, um dort die Rechte zu fludiren, ro
Klotz ihn aufs neue anfeuerte, feinem erften Lebensplane getreu zu bleiben.
nach ſetzte er feine Zeichenftunden zu Dresden fort, begab fih 1774 nad
und ward, auf die Empfehlung des Hofraths von Birkenſtock, von der Ka
Maria Therefia als Penſionnair nad) Nom gefhidt. Nach einem 7jähr. ı
Ldffigen Stubium bdafelbft (1775 — 81) ging er 1792 nach Neapel, wo der fa
Gefandte, Graf y. Lamberg, ihn zwei 3. lang in fein Haus nahm, währmb
her Zeit er Anlaß hatte, durch drei große Frescogemaͤlde in dem deutfchen Bi
thekſaale der Königin zu Caſerta (ohne vorher in dieſem Kunftzweige einige Ü
erlangt zu haben), und durch ein fehr gelungenes Bildniß diefer Monardin,
vorzüglichen Talente zuerft Öffentlich an den Tag zu legen. 1783 erhielt et
Einladung, in ruſſiſche Dienfte zu treten, zog aber aus Dankbarkeit eine a
des wiener Hofs vor, wohin er als Vicedirector der Malers und Bildhauer!
1784 berufen wurde. Anfänglich mußte er fich daſelbſt faft einzig mit Mini
gemaͤlden befchäftigen, die er aber ebenfalls in einer kuͤhnen, eines Hiftorienn
wirrdigen Manier behartdelte, Allein in der Zwiſchenzeit bildete er ſich nicht
der in der Ölmalerei mit dem beften Erfolge aus, wovon 5. B. fein treffliches
nl; Joſephs II. und fein Tod des Germanicus, in dem Verſammlungsſaa
wiener Akademie zeugen. Unter den Kunftwerken, die er geliefert hat, zei
fi) aus: die Portraits Joſephs II., der Erzherzogin Eliſabeth, Laudon's uı
Frau de Witt; unter den hiftorifhen Gemälden: Prometheus, der das h
liſche Feuer entivendet, fiir den Grafen von Zinzendorf, im Schloſſe zu Ernitt:
Orpheus, der von Pluto die Ruͤckgabe der Eurydice <rbittet; Dido aufden €
terhaufen, letzteres für das fuͤrſtlich Kaunitz'ſche Cabinet; die erften Alte
Abel's Leiche, für feinen $reund, den Herrn von Naith; das Urtheil des J
Brutus uͤber feine Soͤhne, und als Seitenftüd der Tod der Roͤmerin Vir
beide in der Kunftfammlung des Grafen v. Fries; Sentlramie, melde an
Putztiſche Die Empörung der Babylonier wider fie erfährt; und endlih So
vor feinen Richtern. Won feinen Miniaturbitdniffen, welche ſich durch ihre d
teriftifche Ähntichkeit, durch das Graziöfe ihre Wendungen und durch maprı
Eräftige Färbung fehr auszeichnen, erwähnen wir bier nur das vom Kaiſt
ſeph TI. (des einzigen wahrhaft ähnlichen diefes Monarchen, von John geflo
u. ein andres der Gräfin Rzewuska, in ihrem Cabinct von ihren Kindern uns
Nicht minder merkwürdig find 20 Handzeichn., welche diefer Kuͤnſtler während
lang angebaltenen Unpaͤßlichkeit, nad) Klopſtock's Meſſias, auf blaues Papie
Kreide und Tuch, weiß aufgehöht, verfertigt hat. Einige derfeiben find 5
Fugger (Gefchleche) | 289
Prachtausgabe dieſes Gedichts, ebenfalls von John, in punktirter Mas
worden. Größer hat fie Leybold ausgeführt in Srauenholz’s Verlage.
a haben folgende wiener Künftler nach ihm gearbeitet: Bartich, Beckens
„Jacobe, Kininger, Pfeifer, Rhein und Wrenk. Bon Füger felbft
ine erwähnte Semiramis, eine Wergötterung des Hercules und eine
'die Malerei, Eine feiner legten und fchönften Arbeiten ift der 1804
1. Hofcapelle gemalte Johannes in der Wüfte, welches Stud mit 1000
ahlt wurde. Fuͤger ftarb zu Wien den 5. Nov. 1818,
jer (dad Geſchlecht der). Der Ahnherr diefer Familie war J ohan⸗
kchermeiftefim Dorfe Graben oder Goͤggingen, unweit Augsburg, im
fl. Gebiete. Sein Ältefter Sohn, Johannes, ebenfalld Webers
firathete (1370) mit Klara Midolph das Bürgerrecht zu Augsburg,
ben der Weberei einen Leinwandhandel in dieſer Damals fo berühmten
t. Nach f. eriten Gattin Tode ehelichte er Eliſabeth Gfattermann,
herrn Tochter (1382). Zwei Söhne und vier Töchter entfproffen die
joh. $. ward in der Weberzunft einer dee Zwölfer, die mit im Rathe
Steifchöffe der weſtfaͤliſchen Fem. Er hatte fih 3600 Gulden, ein gros
für jene Zeit, ermorden, als cr 1409 ſtarb. Sein Ältefter Sohn, An⸗
iherte mit ſ. Antheile fo, daß er bad vorzugsweife der reiche Fugger
ſ. Gemahlin, Barbara, aus dem alten Geſchlechte der Stammler vom
er die adelige Linie der Bugger vom Reh, fo genannt von dem Wappen,
jtiedrich III. den Söhnen gab, die aber 1583 ganz ausſtarb. Gluͤck⸗
ſ. Nachkommenſchaft Sohannes zweiter Sohn, Jakob, der zuerft
igger in Augsburg ein Haus befaß, zwar ebenfall& noch Meber war,
ine auögebreitete Handlung trieb. Drei Söhne Jakobs, unter elf
lrich, Georg und Jakob, erweiterten durch Fleiß, Geſchicklichkeit
keit ihre Handlungsgeſchaͤſte außerordentlich, und legten den Grund zu
Flor der Familie; ſie verheiratheten ſich mit Frauen aus den edelſten
a, und wurden vom Kaiſer Maximilian in den Adelſtand erhoben.
dienten mit Rath und That, und durch die Mittel, die ihr großer
hnen gab, dem Hauſe öſtreich mehr, als viele andre Geſchlechter, und
‚ der oft Geld bedurfte, fand immer Huͤlfe bei ihnen. Fuͤr 70,000
verpfändete er ihnen die Grafſchaft Kirchberg und die Derrfchaft Weis
zehn J., und nur adyt Wochen wuren ihnen nöthig, um die 170,000
alfsgelder zu zahlen, womit Papft Julius II., im Vereine mit den Koͤ⸗
Spanien umd Frankreich, den Kaifer Mar zum Kriege mit Venedig
itügte. Jakobs Söhne begründeten des Gefchlechtes Ruhm, jeder .
Beife ; doch handelten fie gemeinfam in Sällen, wie mir eben gedach⸗
, allein widmete ſich dem Handel, den er mit Öſtreich eröffnete. Bel
enkunft Kaiſer Friedrichs III. mit Karl dem Kühnen, Herzog von Burs
tier (1473), uͤbernahm Ulrid) die Lieferungen für den Eniferlichen Hof;
bftube hieß die goldene, und war weit und breit berühmt. Es gab kei⸗
sgegenftand, den Ulrich nicht beruͤckſichtigt hätte; felbft Alb. Dürer’d
gingen durch feine Hand nach Italien. Jakob batte fid) dem Vergwe⸗
et; er pachtete die Bergwerke zu Schwaz in Zirol, und gemann das
ordentlichen Reichthum, von dem die Erzherzoge von Öftreich 150,000
Darlehn erhielten, und das prächtige Schloß Fuggerau in Tirol ents
kob ftarb zu Hall in Tirol (1503); Kaifer Max begleitete in Perfon
Unter dem Scywibbogen vor der Pfarrkirche zu Hall rar dieſes ſonſt
abſchrift zu leſen, doch der Sturm, der 1809 Hau und Schwaz vers
ıt auch dies Denkmab zerſtoͤrt. Die Fugger ſetzten dieſen Bergbau und
im Ungarn, Krain und Kaͤrnthen fort, und gewannen dadurch pn,
40m Fugger (Geſchlecht) |
größern Reichthum. Mach allen Gegenden gingen ihre Waaren, und '
Straße, jedes Meer trug Sugger’fche Laſtwagen und Schiffe. Den hödfte
ercang das Gefchlecht unter Kaifer Karl V. Ulrich Fugger's Söhne war
Erben geftorben. Jakob hatte keine Kinder hinterlaffen, und fo beruhte der |
- und Ölanz des Geſchlechts auf Georg, der mit der. edeln Regina Imhof zwei
Raimund und Anton, zeugte. Als Kaifer Karl (1530) den denkn
Reichstag zu Augsburg hielt, wohnte er Jahr und Tag in Anton Fugger“
tigem Haufe am Weinmarkte. Anton hatte freien Zutritt zu dem flolzen €
denn die Fugger kamen dem Baiferlichen Sedel oft zu Hülfe, und auf ihre
flügung rechnete der Kaifer viel, wie in der Folge zu ſeinen Seezuge nadı
(1535). Der Kaifer erhob feinen Hausmwirth, und Raimund, deffen Brı
den Grafen» und Pannerftand (14, Nov. 1530), und gab das noch ver
Kirchberg und Weißenhorn ihnen erb⸗ und eigenthämlich, nahm fie auf dei
bifchen Grafenbank unter die Reiheftände auf, und begabte fie mit einem
briefe, der ihnen fürftliche Gerechtfame verlieh. „Noch niemalen habe ich
hen verliehen, und bin auch nicht gefonnen, jemalen dergleidyen wieder zu
ſprach Karl; — aber nod) waren feit jenen Worten nicht fünf Jahre verfloff
er ihnen das Vorrecht gab, goldene und filberne Münzen zu fchlagen, das !
nen fünf Mal ausgeuͤbt worden (1621, 22,23, 24 und 1694). Auch jah
ton und 12 feiner Nachkommen in dem geheimen Rathe, der an die St
zünftigen Regiments der Reichsſtadt trat. Diefer Anton hinterließ 6 Mil.
kronen baar, Koftbarkeiten, Juwelen und Güter in allen heilen Europe
beider Indien, und von ihm foll Kaifer Karl, als er den koͤnigl. Scha zu
befehen, gefagt haben: „Zu Augsburg ift ein Leinweber, der kann das Alles ı
nem Golde bezahlen”. — Kaifer Ferdinand IL. erhöhte noch der Fugger
Stanz, indem er bei der Beſtaͤtigung des von Karl ertheilten Gnadenbrie
Grafen Hans und Hieronymus F. die große Comitiv mit allm Rech
die beiden Ätteften der Familie ertheilte, wodurch fie berechtigt wurden, Bei
in ihren Herrfchaften anzulegen, Sreiungen, Jahr⸗ und Wochenmärfte au
ten, Lehn⸗ und Afterlehn zu reichen, Unterthanen zu beerben, oder deren ı
gene Güter zunehmen, zu jagen, zu fiſchen, Mühlen und Schentftätte an;
‚und Umgeld, Aufgeld, Eins und Abzug zu fodern. So nahmen die Fugg
Geld und Ehre; doc) auch des Himmels Segen rubte auf ihnen ſichtbarlic
ver Nachkommenſchaft. „In fünf Hauptäften (fagt der „Spiegel der (
zweigte der edle Stamm fo um fich, daß er 1619 bei 47 Grafen und Gr:
und an jungen und alten Nachkommen beiderlei Geſchlechts fo viel, als du
Tage zählte‘. Auch als Strafen festen fie die Handlung fort, und erwa
viel, daß fie binnen 94 3. an liegenden Gütern 941,000 Fl. zufammen
und 1762 noch zwei ganze Grafſchaften, ſechs Herrichaften und 57 and
fchaften befaßen, ohne die Häufer und Grundftüde in und um Augsburg
eriten und vornehmften Stellen im Reiche waren mit Fugger befegt, unt
reichsfuͤrſtliche Häufer rühmten fich der Verwandtſchaft mit dem Fugaer’ft
fchlechte. Bei ihnen fanden fi) Sammlungen aller damaligen Kunſtſche
feltener Schriften; Maler und Muſiker wurden von ihnen unterhalten,
und Wiffenfchaften mit Sreigebigkeit unterftügt. Ihre Wohnungen und
waren Meifterftüde der Baukunft und des damaligen Geſchmacks, und fo
fie wol mit Anftand des Kaifers Majeftät bei fich beherbergen ; auch verlier:
Diefen Umftänden, die Erzählung das Unglaubliche, daß, als Karl V. nad;
Zuge gegen Tunis bei Graf Anton eingefehrt, diefer im Kamine ein ge
Zimmtholz angezündet und, zu Ehren ded Beſuchs, die große Schuldverfd
des Kalſers in das Feuer geworfen habe. — Doc wenn wir der Kugger |
fleiß, Kiugheit, Ehre und Einfluß rühmen, fo dürfen wir nicht der Milde vi
Fuͤhlhoͤrner | | 461
ge für Beduͤrftige, des Eifer, der fie befeelte, mit Worten und Thaten
fiften, und jeglichem beizufpringen in Stunden der Noth und Verlegen»
n den edeln Fuggern“, fagt der „Spiegel der Ehren’, „ward erfüllet des.
Zufage: „„Gebet, fo wird Euch gegeben”, "Ulrich, Georg und Jakob,
aͤtigen Jakobs Söhne, kauften in der Jakober Vorſtadt zu Augsburg
eßen fie nieberreißen, und bauten 106 Meinere, die fie armen Bürgern
agen Zins uͤberließen; fo entftand die Fug gerei, die unter diefem Nas
eignen Mauern und Thoren verfehen, jegt noch befteht. Jakob fliftete
nannte Holzhaus für 32 an den damals fehr wäthenden Blattern leis
nde; Hieronymus $. vermachte den Armen 2000 Fl., und ein Legat zu
Ipital für 500 Fugger’fche Unterthanen zu Waltenhaufen ; Anton ftiftete
le, ein Stipendium für Studirende, ein Legat zur jährl. Ausfteuer dreier’
Idchen, das Schneidhaus aufdem Roßmarkte; feine Söhne errichteten
aus am Gänfebühel fr venerifche Kranke, Als treue Söhne der Kirche
uf dem Altar des Deren große Opfer nieder, und als die Reformation die
en ihrer Kirche erfchütterte, da wirften die Fugger mit allen Kräften für die
es Glaubens. Sie waren e8, bie zuerft die Jeſuiten nad) Augsburg
d mit Gebäuden für Collegium, Kirche und Schule, und mit reichlichem
henkten ; auch viele andre geiftlihe Orden und Brüberfchaften wurden
mit Gut und Geld unterftügt. — Nach den beiden Brüdern, Raimund
1, hat fi) das Geſchlecht in die Raimundifhe und Antoniuslinie, jede
als fich wieder in mehre Afte getheilt, aber alle fchreiben ſich: Grafen
a Kirchberg und Weißenhorn. Die Raimundifche Hauptlinie verbreitete
aimunds zwei Söhnen wieder in zwei Afte: Joh. Jakob der Altere ſtif⸗
rtifhen, und Georg den Eicchbergsweißenhornifchen Aſt. Rom erftern
dh der Kranz Bennoifche Zweig zu Göttersborf vorhanden; zwei andre
en. Der kirchberg⸗ weißenhorniſche Aft blüht ebenfalls noch ; ihm geh»
ffchaft Kirchberg und noch vier Derrfchaften, mit überhaupt 14,000
» 80,000 St. Einkünfte. Die Antoniuslinie hatte drei Nebenlinien, die
ind und Jakobſche. Die erftere if feit 1676 im Mannsftamme erlo⸗
‚der Dans: Fugger’fhen Linie gibt es noch vier Afte, nämlich F.⸗Gloͤtt,
vim:Brandenburg, F.⸗Kirchheim und F. Nordendorf. Die legte jener
„ die Jakob⸗Fugger'ſche, blüht jest nur noch in dem babenhaufifchen
ichdem der möllenburgifche erlofchen ift, und nad) dem Abfterben ber
Rebentinie ſaͤmmtliche Befigungen an jenen Zweig gekommen find. —
elm Maria 5. v. Babenhaufen wurde vom römifchedeutfchen Kaifer
m 1. Aug. 1803, nebft f. männlidhen Nachkommenſchaft, nach dem
Erftgeburt, in den Reichsfuͤrſtenſtand erhoben, und die Reicheherrſchaf⸗
haufen, Boos und Rettershaufen, unter der Hauptbenennung Baben⸗
einem Reichsfuͤrſtenthum erhoben. (Er farb den 22. Nov. 1821.)
enthum Babenhaufen, deffen Hauptort ber Markefl. Babenhaufen an
ſt, enthält 7 OM., 11,000 Einw., und teägt 80,000 Fl. Einkünfte.
Errichtung des Rheinbundes (1806) kam ſowol diefes Fürftenthum ale
Fugger'ſchen Befigungen unter bie Souverainetät des Königs von Bai⸗
find ihren Befigern viele Vortechte von Seiten der Krone, durch befonbre.
ingen, zugeftanden worden. Den Flaͤcheninhalt der gefammten fürfts
raͤflich⸗ Fugger'ſchen Befigungen, die zum Theil zerſtreut liegen, fchägt
LOM., mit 40,000 Seelen.
hlhörner oder Fühlſpitzen, bie an dem Kopfe ber Infekten, z. B.
tterlinge, befindlichen gelenkigen Werkzeuge, welche bald fadens, bald
find, und von Manchen für Werkzeuge des Gefühle gehalten werben.
\
462 Fihloflanze Fulda (Großherzogthum)
Sühls oder Sinnpflanze (Mimosa pudica), faltet ihre Blätte
fammen, wenn fie berührt wird, allein ohne Berührung faltet fie diefeiben den
Über nicht. Hierher gehört auch die Fliegenklappe (ſ. Dionda), bei welde
eine ähnliche Erfcheinung zeigt.
Fuhrhandel, Frachthandel, befteht darin, daf bie Kaufleute:
Landes fremde Waaren aus fremden Ländern holen und fie andern Nationen zu
ten und verkaufen. Dergleihen Waaren berühren felten das Land jener Kaufl
und dieſer Handel nugt daher auch nur den Kaufleuten, welche ihn betreiben,
befchäftigt Die Rhedereien, welche die Schiffer zu diefem Handel verfertigen. Ei
terhält aber das Gewerbe der Länder, deren Waaren er verführt, und verſchaff
nen Senüffe, welchen er fie zuführt, und deren Producte er wieder als Gegenn
abnimmt. Er paßt vorzüglich für Nationen, die fo viel überfläffige Capitals
ben, daß fie in Inlande nicht genug gewinnvolle Beſchaͤftigung mehr finden for
Er macht e8 andern aͤrmern Ländern möglich, daß fie alle ihre Eapitale im 2
behalten, und damit innere Gewerbe unterhalten können, die fonft offener
mindert werden müßten, wenn fie den Handel, welche fremde Nationen für fi
treiben, mit eignem Capital führen müßten. Es ift daher ein Irrthum, wer
Megierung diefe Art Handel ihrem eignen Volke dadurch zu verfchaffen ſuchen,
fie ihn den übrigen Nationen erſchweren oder ihnen denfelben ganz unterfagen,
fie ſchwaͤchen dadurch die inländifchen Gewerbe, weil fie die Capitale von I
wegleiten, indem fie foldhe in den ausländifhen Handel oder gar in den BI
Fuhrhandel treiben.
Fulda, kurheſſiſches Großherzogthum, macht etwa 3 des ehemal.
thums Fulda aus, das nad) der Secularifation bes Reichsdeputationsſchluſſe
Dranien-Naffau, dann an den Grofiherzog von Frankfurt gelangte. Der ku
fifche Theit (das Großherzogthum, welches nun Hanau mit Niederheffen verhk
begreift jcgt in 4 Kreifen (darunter Schmalfalden) und 11 Ämtern 42 OM:
116,100 Einw. Diefes Land hat eine hohe Lage, und wird an der Oſtſeite
dem Nhöngebirge, und an der Weſtſeite vom Vogelsberge begrenzt, von wel
auch ein Theil hierher gehhr. Überhaupt ift das ganze Land eine Miſchung
vielen einzelnen, egelförmigen Bergen, welche vulkaniſchen Urfprungs find,
dazwifchen liegenden Wiefengründen und Thaͤlern. Einige von diefen Bergen
der Dammersfeld, die Milzeburg (ihrer grotesken Form wegen das Heufude
nannt), der Bibraftein, erheben fich bis zu einer Höhe von 2 — 3000
Viele Gewäffer, darunter die Fulda, gewähren dem Lande eine reichliche Ben
rung. Der Boden ift von Natur menig begünftigt, bergig, fteinig und mag
vielen Gegenden, aber durch den Fleiß der Einw. wohl angebaut, daher man
treide, Obſt, fetbft guten Wein (in dem füdlichen, zu Baiern gehörigen Th
Gartengewaͤchſe und befonders vielen Flachs baut. Die Berge find mit Wal
gen, vorzüglic, von Buchen, bedeckt; auch hat man Nadelholz angepflanz«
Waldungen nehmen einen großen Theil der Oberfläche bes Landes ein. Die I
lichen Wiefengründe geben reichlidye Fütterung, daher die beträchtliche Rind
und Schafzuht. An Mineralien find die Berge nicht reich; Metalle gibt rd
nicht. Zu Salzſchlirf ift ein Salzwerk. Die Einm., gröftentheils Katholiken
ſchaͤftigen ſich fehr mit der Spinnerei des Flachſes und der Wolle, und der Web
Eine Menge Leinwand, feine Damafte, Tiſchzeuge aller Art, Handtücher, 8
zwillich werden von den Einwohnern verfertigt, und theild nad) Bremen und Ft
furt a. M. verfendet, theils durch Haufirer in einem großen Theile von Deu
land herumgrtragen. Auch gehen jährlich viele Landleute in die füblichen N
gegenden, wo die Ernte früher beginnt, und fuchen mit Exrntearbeiten etwel
verdienen. — Die Hauptftadt Fulda, der Sig der für dieſes Großherzogtt
1817 errichteten Megierung und des Oberlandesgerichts, ſowie des katholſ
Fulda (Sriedrih Karl) , Fulton 463
je Kurheſſen, liegt in einem weiten Thale an der Fulda, ber welche eine
Brüde führt. Sie hat mit den Vorftädten 990 H. und 8300 Einw.
fragen find breit und mit anfehnlichen Häufern befegt ; die übrigen aber _
Dee ſchoͤnſte Platz ift der Domplatz, welcher mit zwei Obelisken geziert
cden Gebäuden zeichnen fid) aus: die herrliche von Duaderfteinen ers
jticche, mit einer ſchoͤnen Kuppel and dem Grabe des heiligen Bonifaciuß,
mal. bifchöfl. Schloß mit einem Luſtgarten; Lyceum, Forſtlehranſtalt.
tgegen Süden fleigt eine niedrige, aber weit ausgedehnte Anhöhe fanft
elche die Faſanerie, ein vormaliges biſchoͤfl. Luſtſchloß liegt.
da (Friedrich Karl), deutſcher Sprach- und Geſchichtforſcher, geb.
er ehemal. Reichſsſtadt Wimpfen in Schwaben, ftudirte zu Stuttgart,
und Göttingen, und ſtarb als Pfarrer zu Enzingen im Würtembergis
3. Seine Sprachforfchungen fing er um 1760 an, und gab den erften
ı Beweis derfelben durch die Abhandlung: „Über die zween Hauptdias
utihen Sprache”, welche 1771 von der koͤnigl. Societät der Wiffenfch.
in den Preis erhielt (Leipzig 1773); dann durch fein größeres Merk:
ng und Abſtammung germanifcher Wurzelwörter nad) der Reihe menſch⸗
iffe” (Halle 1776, 4.), auf welches er die „Grundregeln der deutfchen
(Stuttgart 1778) folgen ließ. Später erfchien ſ. „Verſuch einer allges
tichen Spiotifenfammlung” (Berlin 1788). Kinzelne Abhandlungen
her die deustfche Sprache find in dem „Deutſchen Sprachforfcher” enthals
‘gemeinfchaftlicd mit Naft in Stuttgart herausgab, In allen diefen
eigte $. philofophifchen Scharfiinn, ausgebreitete Kenntniß der Spras
r Befchichte, und den mühfamften Fleiß im Forfchen. Seine Schreibs
eft gedrungen und kurz, und grenzt oft felbft an das Raͤthſelhafte. Die
ıden, die fich in der Reihe feiner Gedanken finden, erfchweren das Lefen
iften, und haben felbft verurfadyt, daß man verfchiedene feiner Säge als
ind unerwiefen anſah. Audy befchäftigte fi) Fulda mit Unterfuchuns
her und antiquarifcher Gegenftände ; einzelne Abhandlungen darüber,
ee Gothen Herkunft, von den Bottheiten der Germanen u. f. w., find
ı verfchiedene Sammlungen eingefendet worden. Seine hiftorifchen
ınd feinen Überblid der Gefchichte bewährte er durch ein Werk, das die
3 20jähr. Fleißes war: Geſchichtskarte, in 12 großen illum. Blättern“
2) und „überblick der Weltgefchichte, zur Erläuterung der Geſchichts⸗
sburg 1783). Seinen Commentar über den Ulphilas, nebft der lat.
verfion, einem baraus gezogenen Gloffar und einer möfogothifchen
, hat Zahn in f. Ausg. des Ulphilas 1805 bekannt gemacht, und zu⸗
sichten über Fulda und f. hinterlaffenen Handfchriften mitgetheilt. $.
18 cin aͤußerſt thatiger und in feinem ganzen Wefen eigenthämlicher
Jie Lehrbücher, deren er fi beim Unterricht feiner Kinder bediente,
bft. Dabei befchäftigte er ſich viel mit mechanifchen Arbeiten.
zurit, f. Blidröbren.
horn (Cornu copiae), das Horn des Überfluffes. (S. Ache lous
thea.)
:on (Robert), Mechaniker in Nordamerika, Erfinder der Dampfböte,
Zrafſchaft Lancafter in Penſylvanien 1767, geft. 1815, wurde, da fein
nittelt war, nad) Philadelphia bei einem Goldſchmied in die Lehre ges
zeigte bier Talent und Sefhmad im Zeichnen. Durch einen feiner
vurden ihm die Mittel, ſich nach London zu begeben, um dafelbft unter
ten Weft, einem gebornen Amerikaner, die Malerei zu fEudiren. Nach⸗
einige Sabre fleifig ſtudirt hatte, war er felbft mit feinen Fortfchritten
wenig zufrieden, gab alle Hoffnung auf, je ein berühmter Maler zu
46% Bulvia Fundirungsmethode
werben, und beſchloß, ſeine Talente auf andre Gegenſtaͤnde zu wenden.
in Verbindung mit feinem Landsmann, Ramſey, einem geſchickten Dei
- der mad) London gelommen war, um die Dampfmafchinen und andre nuͤtz
findungen tennen zu lernen, und fie in fein Vaterland, Wirginien, zu verr
Fulton warf jegt den Pinfel weg, und widmete fidh ganz dem Studium der
nik Während er fid) damit befchäftigte, bewog ihn fein gandemann $
nachmal. Gefandter der nordamerit, Staaten in Frankreich, nad) Paris
men, und da an einem Panorama zu arbeiten. Die Arbeit verfchaffte i
fehen und Verdienft ; er konnte ſich nun ‚länger in Paris den mechanifche
bien widmen. Barlow, ber ihm fein Gedicht, die, Colombiade“ zueignete,
ihn in Verbindung mit einigen Dlitgliedern des Nationalinftituts und mi
Ingenieurs; der Umgang mit diefen Männern und ihre Schriften erweite
Kreis feiner Ideen, und aus diefer Zeit rühren bie Erfindungen her, die cı
Folge bekannt machte. Es find folgende: 1) Eine Mühle, um Marmor;
und zu politen. 2) Ein Spftem, die Candle [hiffbar zu machen: „Übert
befferung der Canatfchifffahrt” (London 1796, 4., mit 17 Kupf.). 3) Ci
fine, um Seite und Taue zu machen ; der einfache Mechanismus diefer D
kann duch Waffer in Bewegung gefegt werden, erfodert wenig Raum u
einen Arbeiter. 4) Ein Kahn, um unter bem Waffer zu ſchwimmen.
Torpedo, eine Mafchine, um feindliche Schiffe im Waſſer in die Luft zu fp
6) Das Dampfboot, eine Erfindung, die feinen Namen unfterblid) ı
wird (f.d.). Zu Parie machte er auf der Seine den erften Verſuch damit
vielleicht lag es in der Befchaffenheit des Fluſſes, daß felbft ausgezeichnete f
Mechaniker keinen großen Erfolg von diefer Erfindung erwarteten. Ebenſt
fand er in England Eingang. Er wendete fid) nun mit feinen Erfindungen
Vaterland. Das erſte Dampfboot wurde unter feiner Leitung zu Neuye
Brown 1807 erbaut. Seitdem find bie Dampfböte auf allen großen Fluͤ
Nordamerika eingeführt worden. Fulton hatte das Schickſal vieler andern
der. Zwoͤlf Fahre hindurdy hatte er fic) in Europa und Amerika bemuͤht, d
braud) der Dämpfe bei der Schifffahrt einzuführen; aber ex fand faft
Schwierigkeiten. Endlich überzeugte er die Regierung feined Vaterlandes.
Congreß ertheilte ihm ein Patent, auf den größern Fluͤſſen Amerikas die 2
ſchifffahrt allein voährend der für die Dauer ber Patente gefeglich beflimmt
betreiben zu dürfen. Aber Fulton, arm wie Colombo, war durch Geldv—
heit gezwungen, fein Privilegium für die mehrften amerikaniſchen Fluͤſſe
einge Preife zu verkaufen. Nur für zwei Flüffe hatte er es noch, als a
Mahrungsforgen und in dem Unmuth farb, feiner Familie eine Schufbent:
mehr als 100,000 Dollars hinterlaffen zu müffen. $ulton hatte 1810 vi
Congreß eine Summe von 5000 Dollars erhalten, um feine Verſuche, die
rungemaſchine, Torpedo, zu vervollkommnen, fortfegen zu innen. Was n
leifter habe, iſt nicht Öffentlich befannt geworden. In den legten Jahren
ebene beſchaͤftigte ihn hauptfächlich der Gedanke, ein Kriegefchiff mit einer £
mafchine zu erbauen. Die Ausführung entſprach feiner dee vollkomme
Congreß unterftüßte ihn, und befahl, daß nach feiner Angabe zu Neupork «
folches Kriegsfchiff (Dampffregatte, steam-fregate), 145 Fuß Icng und 5
breit, erbaut werben follte. Fulton ftarb wenige Tage vor der gänzlichen 9
dung diefes ſeines legten Werts. S. v. Montgerp „Notice sur la vie et l
vaux de Robert Fulton“ (Paris 1825).
Eulvia, die herrlüchtige Sattin des Marcus Antonius (f.d.)
Sundamentalbaß, f. Srundbaß.
undirte Schuld, f. Staatspapiere (englifche).
undirungsmethode, die Art, wie die Regierungen in ben 1
Funk | 465
Sffentlichen Anleihen Sicherheit verfchaffen und dadurch ihren Credit
. Sie ift zuerft in England gegründet und in der Folge von allen
zt worden, welche auf Eonjolidirung ihres Credits Bedacht genommen
beftcht darin, daß man bei Aufnahnie einer jeden Öffentlichen Anleihe
Kond ausfindig machte und durch ein Geſetz ficherte, aus welchem erſt⸗
n oder Renten bes aufgenommenen Gapitals, fd lange daffelbe vom
zurüdgezahlt wird, prompt bezahlt, und zweitens auch das Capital
loͤſt oder zucüdigezahlt werden konnte. Die allmälige Abloͤſung
nennt man amortifiren und ben dazu beftimmten Sonde den
ionds oder Xilgungsfonde (S. d.,fowieauh Anleihen
3fhulden.)
(Gottfried Benebict), geb. zu Hartenftein in der Grafſch. Schoͤnbutg
zum 13. J. erzogen und unterrichtet im Haufe f. Vater, der Diaco⸗
yar, verdankte er f. moralifche Bildung vorzuglich f. Mutter. Mache
fdie Schule zu Freiberg, um ſich für das theologifche Stubium vors
ber mancherlei Bedenklichkeiten wegen der einft bei Übernahme eines
8 einzugehenden Berpflihtungen machten ihn unſchluͤſſig. 3. 4.
nals Hofprediger in Quedlinburg, dem er feine Gemüthsunrube
fnete, rieth ihm zum Studium der Rechte, und 5. begann dieſes zu
Aber fhon im folg. 3. berief ihn Cramer, nunmehr. Hofpr. In
zu fich, als Lehrer und Erzieher in feiner Familie, wobei er ihm zus
nleitung zum Stubium der Theologie zu geben verfprach. In diefer
‚ge blieb F. über 13 Jahre, im Umgange mit Klopſtock, der ihn zur.
derdichtung anfeuerte, und ſich feine eignen Lieder, ſowie er fie vollen»
an Kun zum Glaviere fingen ließ, Münter, Baſedow, Refewig u. A.
lich 1769 das ihm zum zweiten Vaterland gewordene Dänemark, und
getragene Lehrerftelle an der Domfchule in Magdeburg an, unter
e bes verdienſtvollen Goldhagen, deffen Nachfolgerer 1772 ward. Über
Itete er die® Amt. eine tiefen und viclfeitigen Kenntniffe und ges
rungen, verbunden mit einer muſterhaften Berufstreue und echter
mit einem frommen Sinne, wohlmwollendem Herzen und teittem Les
hn aufeine Höhe, die nicht leicht ein Schulmann erreicht hat, und ers
eine ebenfo feltene als fruchtbare Einwirkung auf die Geiſtes⸗ und Her⸗
einer zahlreichen Schller. Dieſe hohen Verdienfte um die Schulen
Erziehungs » und Unterrichtöwefen überhaupt, anfangs durch Heine
achher mehr noch durch Lehre und Beiſpiel, wurden aud) von der preuß.
785 durch die Ernennung zum Confiftorielrath anerfannt, Doch konnte
e Annahmebdiefer Würde erft nicht entichließen. Er fürchtete am meiften,
Amt ihn kindern möchte, f. Schule und ſ. Zöglingen Fünftig ganz das zu
yiöher geweſen war. Endlich erhielt er ohne Weiteres die von Friedrich uns
enennung, worauf dann kein Weigern mehr galt. Auch girtgen f. Befuͤrch⸗
is nur in geringem Grade, theils gar nicht in Erfuͤllung; und feine hohen
an und moralifchen Vorzuͤge zeigten ſich auf dieſer Stelle in einem deſto
m Lichte. Daher auch die fo allgemeine Achtung gegen feine Verdienfte,
all noch bei feinem Leben ausfprach, und nach f. Tode (18. Sunt 1814)
Tag legte. Ein Berein feiner Schhler fliftete ihm mittelft bloßer Pris
von Schülern und Sreunden ein Denkmal, welches, wie die beftätis
. Grbinetsordre treffend fagt, „ihm, und Denen, welche das Anerkennt⸗
Berbienfte® mit der in feinem Sinne fortivirfenden Stiftung zu vereini⸗
haben, zu gleicher Ehre gereicht”. Bei der Schule namlich, deren Vor:
ne über 40 J. hindurch geweſen, ward zur Unterftügung beduͤrftiger
ſowol in der Schulzeit ſelbſt als auch beim Abdgange. zur "Univers
es. Eiebente Aufl. Bd. IV. 30
466 Burca Fürft
fität, eine Stiftung gegrlindet, die ſeinen Namen führt, und deren Ver
genwaͤrtig bereits über 6000 Thlr. beträgt. In ber Domkirche ward
auf Koften des nämlichen Vereins Funk's Büfte, von Rauch aus cararifd
mor verfertigt, aufgeftellt, mit der Infchrift: Scholae, ecclesiae, patri
Funk's gefammelte Schriften find in 2 Thin. im Verlage des Vereins ı
welche zugleich f. Biographie und Auszuͤge aus f. Correfpondenz enthalten
Surca ober ®abelberg, ein 13,171 Fuß hoher Berg im Wal
bdeßhalb fogenannt, weil das Land, von ihm herabgefehen, einer Gabel ı
die Berge fi) auf beiden Seiten hinziehen, wie die Zinten einer Gabel. !
dern hat er diefen Namen von feinen zwei hoͤchſten Spigen. Er liegt auf
öftlichen Seite des Walliferlandes und macht den Hauptmittelpunkt der hoh
Furcht, lebhafte Beforgniß der Gefahr, oder jedes, oft nur ein
UÜbels dem wir unfere Kraft zum Widerftande nicht gewachſen fühlen. |
Furcht erregt oder leicht erregen Bann, ift furdtbar, im hoͤhern Grab
terlich. Die Grade der Furcht find Bangigkeit, Anoft, Exfchreden,
und Entfegen. Wer fi) leicht fürchtet, der ift furchtfam; wer ſich leicht
Gefahr mit Überlegung zu beftehen, mithig; wer nicht leicht in Furcht gi
den kann, unerfchreden. Wem der Muth mangelt, der ift fig; wem Uner
beit mangelt, ſchuͤchtern, d. h. er kann durch Furcht erregende Vorftellu:
fremde Begegnungen leicht verſcheucht werden. Dieſe Schuͤchternheit if
bender Zuſtand, das Erſchrecken hingegen iſt voruͤbergehend; auch der I
kann erſchrecken. Es iſt daher ein Unterſchied zwiſchen Furcht und Furch
Jene gehört zu den Affecten, wo fie der Hoffnung entgegenſteht, und wirl
willkuͤrlich, aber auch nur vorübergehend; dieſe ift Geneigtheit zur Furch
ſich fürchtet, thut es beim Anblick der Gefahr; der Furchtfame ift in weite
nung von ihr, denn fie könnte ja näher kommen. Furchtſamkeit iſt eine F
ſiſcher Eindrüde auf unfer Empfindungsvermögen, durch Eörperliche Befd
und Erziehung verftärkt und befeftigt. Eine ängftliche Behutfamteit hat
das ganze Betragen des Furchtſamen, herefcht in feinen Reden, feinem Ge
nen Bewegungen und feinem Sefichte. Seine Stimme ift verzagt, leit
ich, ebenfo fein Gang. Im Umgange ift er mehr Eriechend als höflich,
glaubt, fich nicht genug vorfehen zu koͤnnen, damit er Andre nicht reige. &
chen nennen Phobos (die Furcht) den Sohn des Ares.
urien, f. Eumeniden.
gı riofo bezeichnet in der Muſik nicht fowol eine Art von Bewe
vielmehr eine Art dee Ausdruds, und wird Daher auch als Beiwort gebraud
Allegro furioso. . Das Wilde und Raſende, worauf diefer Ausdrud h
wird nicht durch übermäßige Geſchwindigkeit, wie Manche glauben, befärt
toilder und rauher Accent im Vortrag entfcheibet hier mehr als Bewegung,
fer wird von Seiten des Tonſetzers, in Abficht auf Ausführung, befonderi
fligt durch fremde harte Ausweichungen, aushaltende Diffonanzen, Sforza
erwartete und ploͤtzlich eintretende Fortes, hromatifche Fortfchreitungen im €
end Ähnliche Hülfsmittel mehr.
Fuͤrſt. Das Wort ift abgeleitet von ber Partikel Fuͤr, Infofern
etwas Vorderes, Fruͤheres, in einer Reihe Woranftehendes bezeichnet toirl
der Steigerung (dem Comparativ) hatte die altdeutſche Sprache Furica, d. 1.
ber, eher. In der hoͤchſten Steigerung (Superlativ) Sucht, und zuſam
sogen: Kürft, das Allerfruͤheſte, Erſte in der Reihe, Hoͤchſte. (Beiden E
dern noch First, das Erſte; bei den Holländern de Voorst.) So kommt
firftetes Dad) vor, ein fehr hohes Dad, das hoͤchſte Dach ; die Firſte, der
bes Hauſes. Firſt felbft, als Subftantivum, hat die des 9
Gipfels. In der Sprache ber Franken kommt «6 als Bezeichnung einer Pr
Fuͤrſt 467
ye, und bedeutet den, der Im Srfegsheer voranfteht, den Heerführer,
9); wodurch er zugleich ein fo hohes Anfehen gewann, daß er auch
; der Erfle galt. Mas er im Kriege geweſen, blieb er im Frieden,
Regent. Als die Franken unter den germanifchen Stämme ber
wurden, erhielt dieſes Wort eine allgemeine Gültigkeit, und man bes
jedes Staatsoberhaupt. Mer fieht nicht, daß in derrichtig verftans-
nung dieſes Wortes die Geſchichte der Entftehung der Fuͤrſtenwuͤrde
n& bei und Germanen! Mit nur geringen Änderungen aber auch bei
1. Zufall und Umftände ſtellten in jedem größern und Heinern Mens
en an bie Spige, der ſich durch Körper » und Geiſteskraft auszeich⸗
ch Reichthum ein Übergewicht erhielt. Die Würde des Fürften ver⸗
loß eine flaatsrechtliche, fondern auch eine hiſtoriſche Unterſuchung,
eſchraͤnken wir ung hier. Wir fehen, daß Fürft ein Allgemeinbegriff
t Fürften von verfchiedenem Grad und Rang: Kaifer, König, Kurs
0g, Großherzog, Herzog, fouveraine und nicht fouveraine Fuͤrſten.
t dieſer Unterfchied In der alten Gefchichte kennt man bloß eine Art
en, die Könige, und bei den Römern, als auf den Trümmern der
Kürftenthum errichtet wurde, die Cäfaren, nach dem erften, der die
eranlaßt hatte (Sul. CAfar), benannt: nur ein andrer Titel flatt bes
m die Römer haften. Der Unterfchied ift alfo bloß in der neuern
cuͤndet, und hier zwar durch die mädıtige Nation der Germanen, beren
talien, Frankreich, Spanien und Britannien herrfchten. Wenn wir
ı Königen und Kürften ber Germanen reden hören, fo müffen wir une
Begriffe damit zu verbinden, als jegt gewoͤhnlich find. Ein ſolcher
den Kaziken der Amerikaner zu vergleichen, In Kriegözeiten, wo
ze gemeine Sache machten, folgten fie einem gemeinfchaftlichen Heers
Herzog, der auch Fürft hieß, als der Vorderſte. Mit dem Kriege
'chl auf; im Frieden war jeder Stamm wieder für fih. Hier wählte
einde in volles Verſammlung ſich einen Häuptling (Hovetling noch
es 15. Sahrh.), rex und princeps genannt. Die Erbftätte des Ges
er Hof (Richthof, Haupthof), an welchem bie öffentlichen Verſamm⸗
m wurden. Dan follte meinen, daß man zu Däuptlingen vornehm⸗
yon Fahren und Erfahrung gewählt haben werde ; auch hat es nicht
feblt, die behaupteten, Männer in Gefchäften grau geworden, habe
yählt, und fie deghalb Grau, Grave genannt (graviones), woraus
Bert Graf erwachſen. Doch fcheint es, koͤnne man das nur mit einis
sung annehmen. Ausdrüdlich fagt Tacitus („Germ.“ 7): „Die
tlinge) nehmen fie ihres Adeld, die Herzöge ihrer Tapferkeit wegen”.
un, was Tacitus unter dem Abel meint (c. 25), fo fieht man Leicht
g aus Reihthum und Landeigenthum hervorgehen. Wahrſcheinlich
e fich das Anfehen da, mo König und Herzog, ber adelige Reiche und
erführer, fich in einer ‘Perfon vereinigten. Indem nun Ein Stamm,
de, die mit andern in Fehde waren, diefe übermältigte, verſchmolzen
‚ und es entftanden größere Gebiete. Daraus erklärt fih, was Tas
&rtö fagt (c. 12): aufden Volksverfammlungen babe man auch die
bit, die in Gauen und Flecken Recht geſprochen. Diefe ſcheinen dems
n Kürften geftanden zu haben, und wenigſtens die Folgezeit [pricht das
e Unterrichter Grafen gemefen. (©. Graf.) . Allmaͤlig fieht man
(einen Rationen, bie Tacitus anführt, verſchwinden, und wenige groͤ⸗
af, welchen wahrfcheinlid) die überwältigten, ober was fehr häufig der
ie ganzen Gemeinden Hinzutretenden einverleibt find. Am meiften
m unter Gordian (237 — 244) in Gallien Rreifenten Franken hervor,
0 %
A468 J | Fuͤrſt
deren Ruhm die uͤbrigen deutſchen Voͤlker verdunkelte. Immer mehr verg
die Fuͤrſten ihr Gefolge, und bildeten dadurch gleichſam ein ſtehendes H«
Seinde in oder außer der Nation. Wir finden in ben Kormeln des Marki
mehren Stellen bei Gregorius von Zours, daß bei den Franken ber Eid d
eingeführt wurde, welchen nicht bloß das Gefolge, fondern aud) das Vol fei
jeboch immer nod) die geſetzgebende Gewalt hatte, dem Fürften ablegte. £
änderte ſich bald Manches in der Verfaſſung, und als eine Hauptveränbern
man es anfehen, daß die Derzoge und Grafen nicht mehr von dem Volke.
fondern von den Fürften, die jegt ſchon mit groͤßerm Rechte Könige hießen
fegt wurden. Die fränkifchen Könige fegten Herzoge in die aus mehren G
ftehenden Provinzen, das Kriegsweſen darin zu beforgen, und die Einwo
Kriegszeit in das Feld zu führen. Grafen wurden über die Gauen als Ri
fett, und fprachen das Recht, nicht in eignem, fondern in des Königs '
486 vernichtete der fraͤnkiſche König Chlobmwig den Reft der roͤmiſchen Her
Sallien, und tyurde Stifter der fränkifchen Monarchie. Unter f. Nach
bemächtigte fi) der Major Domus der Staatdgewalt, und einer derfelben
der Kleine, 752 des Throne der Franken. Unter Pipin’s Sohne, Karl d
flieg das Reich der Franken zu dem Gipfel feiner Hoheit und Macht.
berrfchte als roͤmiſcher Kaifer das Reich der Franken, Stalien, einen T
Spanien, Deutfhland, Böhmen und einen Theil von Ungarn. Da a
dag die Macht der Herzoge ihm, dem Alleinherrfcyer, gefährlich werden koͤr
er diefe nad) und nad) eingehen, und ficherte daburd) den Thron. Allen
vereinigt hatte, vermochten feine Nachfolger nicht zufammenzuhalten. Na
bes Dicken Abfegung, 887, ging die fraͤnkiſche Kaiſerwuͤrde auf Deutfchla
Während der Zeit hatten die Einbrüche fremder Völker in dieſes Land die
rung der Herzoge, wenigſtens in den Grenzprovinzen, wieder nöthig c
Schon 847 war von Ludwig dem Deutſchen ein Herzog in Thüringen,
ſchuͤtzung biefer Grenze gegen die Sorben = Wenden, und ein eigner Herzog i
fen eingefegt; um 907 erhielten Baiern und das rheiniſche Kranken -Derzog
diefe Herzoge und Grafen an Macht jegt immer wuchſen, fo fingen beide
mter erblich zu machen, fich der Gewalt der Kaifer zu entziehen, und!
verliehene Macht nicht als Eaiferliche Beamte, fondern als ein eigenthuͤmlich
auszuüben. Bald maßten ſich die ehemaligen Vaſallen und unabhängigen
ten des Kaiſers auch an, die. Nation vorzuftellen. Es mußte ihnen von den
zugeftanden werden, fie in ihren Rechten und Würden zu ſchuͤtzen, ihren
ſchaftlichen Rath in Stantsangelegenheiten zu gebrauchen, und fie als mal
gehülfen in Reidyegefdräften anzufehen. Der koblenzer Vertrag von 86
deßhalb als eins der erften Reihögrundgefege, zu Begründung der, durd
ftände eingefchränften, deutſchen Reicheverfaffung angefehen. in üb—
mehr erhielt diefer Herrenſtand noch, al& nach bem Tode Ludwigs des Ki
Anfang des 10. Jahrh., Deutſchland aufhörte, ein Erbreich zu fein, und |
rad I. Regierung (912) ein Wahlreich wurde. Schon unter den fächfifcher
(919 — 1024) zeigten ſich die Folgen davon; denn wir finden, daß die
ihre Lande zwar noch als des Kaiſers Vafallen, aber doch erblich befiken,
ihre Stimmen auf den Reicheverfammlungen, bisher bloß berathend, foı
fheidend werben. Unter den fränkifchen Kaifern (1024 — 1125) verfam
fi) zwar noch am Hoflager, um als Vafallen dem Reichsoberhaupt ihre D
erweifen, entziehen ſich denfelben aber immer mehr, bis fie unter Hein:
(1056 — 1106) ſaſt die ſchuldige Achtung verlegen. Unter diefem Kaifı
die Herzoge und Grafen an, Landeshoheit auszuüben, womit es bald fo
bieh, daß fie unter Lothar UI. von Sachen (1125 — 37) als wirkliche Laı
ten ihrer Provinzen erſchienen. Die Vorrechte nun, welche die Fuͤrſten u
Sürftenberg 469
m Kafern ertrogt und erftcitten hatten, fanben fie Gelegenheit, unter ben
nden ſchwaͤbiſchen Kaifern beftätigt und für rechtmäßig erfannt zu erhalten.
lichen Reichsſtaͤnde gingen voran, die weltlichen folgten, und 1232 ließ
iedrich II. eine Urkunde ausfertigen, nach welcher jeder Fuͤrſt alle Freihei⸗
Gerichtsbarkeiten nach der Gewohnheit ſeines Landes ruhig haben ſollte, er
mit belehnt ſein, oder es als Eigenthum beſitzen. Jeder Fuͤrſt, Graf und
it in feinem Lehn⸗ oder Allodiallande, jeder Abt und Biſchof in dem zu ſei⸗
fte gehörigen Gebiete wahrer Regent. Auf diefe Weife wurde Deutfchs
Inbegriff einiger Hundert befonderer Staaten, an Größe, Namen und
ng verfchieden. Diefe Menge von Staaten mit unvollkommenen Sous
tsrechten, durch ein gemeinfchaftliches Oberhaupt unter einander verbuns
chten einen Staatskoͤrper aus, das deutfche Reich genannt. Da es ein
ch war, fo erhielten die Stände diefes Reichs natürlich das Wahlrecht, das
dem ganzen Volke zugeftanden hatte. Bald kam aber diefed Gefchäft
er Geftalt einer Vorberathſchlagung, in die Hände einiger wenigen
‚ die hernach nur die Zuflimmung der Übrigen erwarteten. Dies was
Fuͤrſten und Biſchoͤfe, weldye Erzämter (ſ. Erz) bekleibeten, die ſich feit
(946) im ſtillen Gange der Zeit gebildet hatten, ſodaß die geiftlihen Fürs
8 Kanzler, Staatsbedienungen, die weltlichen hingegen Hofbedienungen
imter hatten. Hierdurch traten die drei Erzbifchöfe von Mainz, Zrier und
nd mebre weltliche Fürften in eine größere politiſche Wichtigkeit. Bei der
jriedrichs I. (1152) wird ausdrüdlich erwähnt, daß fie von ſechs bis acht
zbenmten gefcheben fei. Bei jeder Kaiſerwahl wurde der Antheil ber uͤbri⸗
ten geringer; in der Mitte des 13. Jahrh. wurden fie felbit von der Vor⸗
Boefchloffen, und die fiebin Stimmführer verfammelten fid) allein zue Wahl
, wovon fie Kurfürften biegen. Durch den Kurverein 1338 und die gols
le Karls IV. von 1356 wurde das Kurcollegium vollends ausgebildet. Der
elcher den Glanz feiner Fuͤrſtenwuͤrde durch Annahme des Titel Erzhers
erhöhen fuchte, war (im J. 959) em Erzbiſchof von Köln, Bruno. Kai⸗
wich III. legte 1453 diefen Titel dem Haufe Öftreicy ausſchließlich bei.
et Großherzog führten ehemals die Könige von Polen, wegen Litthauen,
kürften von Zoscana ausfchlieflich, welchen legtern er von Marimilian II.
war. in neuern Zeiten ift diefer Titel zucrft von Napoleon, und nachher
n dem wiener Gongreß verfchiedenen deutfchen Fuͤrſten beigelegt worden.
breiten hießen, bis auf Peter den Großen, der den Kaifertitel annahm,
tefcher Rußlands, und jener erſte Titel wird nur noch den Rindern und Ge-
n der Kaifer beigelegt. Außerdem ward von der Kaiferin Maria Thereſia
ſtenthum Siebenbürgen 1765 zu einem Großfürftenthum erhoben, ohne
h dadurch eine Änderung in den übrigen Verhältniffen des Landes, welches
e vor dem Haufe Oftreic unmittelbar unterworfen blieb, hervorgegangen
Auf ſolche Weiſe entftanden die verſchiedenen Fürftentitel. Mur die Kurs
waren Deutſchland ausſchließlich eigen ; die übrigen Titel findet man au -.
a Ländern, weil alle große Staaten erſt in der Folge der Zeit aus Elcinern
mfloffen.
beftenberg, ein deutiches mediatiſirtes Kürftenthum (374 CM. mit
katholiſchen Einw., in 15 Städten, 4 Mfl., 195 D. und Höfen), liegt
amenhängend in dem füdlichen Theile Schwabens. Seit der Aufyebung
Reihsverfaffung ftehen die fürftenbergifchen Lande unter der Landeshoheit
| Sonverainen, naͤmlich die Herefchaften Trochtelfingen und Sungnau, und
Unken Donauufer gelegene Theil ber Herrſchaft Moͤßkirch (6600 Seelen)
Yehenzoffern- Sigmaringen ; die Grafſchaft Gundelfingen oder Neufra (2200
) unter Würtemberg ; und alled Übrige unter Baden. Der Name komnıt
*70 Fuͤrſtenberg (Friedrich Wilhelm Franz Srht. v.)
von dem Schloſſe und Städtchen Fuͤrſtenberg, daR ein Nachkomme ber alten &
fen von Freiburg und Urach baute, Graf Heinrich I., der Stammvater bes Hau
Sürftenberg, der davon in ber Mitte des 13. Jahrh. feinen Geſchlechtsnamen ı
nahm. Das Haus theilt fich in verfchiedene Rinien, wovon jegt nur noch zwei u
banden find, nämlich die Fuͤrſtenberg⸗ Pürgliger, welche bloß in Böhmen Befike
gen hatte, aber 1804 durch Erloͤſchung der Reichslinie zum Beſitz des ganym Fl
ſtenthums Fürftenberg gelangt ift, dabei noch in Böhmen die Fidelcommiß> Pr
[haften Pürglig, Kruſchowitz, Niſchburg, Dobrawitz, Lautfchin, Lahna und A
waldftein befigt; — und die Fürftenberg-Weitraifche Iandgräfliche Subſidialle
deren Befigungen (1. St., 1 Mfl., 3 Scht., 50 D.) Weitra, Reinpeiz, 8
fen ıc. in Mähren und Niederöftreich liegen. In der Stadt Donauefdingen
— das fuͤrſtenbergiſche Reſidenzſchloß nebſt den Juſtiz⸗ und Domau
zleien. |
Fuͤrſtenber (Friedrich Wilhelm Franz, Freih. v.), Domherr zu N
ſter, aus einem der aͤlteſten Geſchlechter des weſtfaͤliſchen Adels, geb. 1728,
verdienſtvoller Staatsmann, deſſen fuͤr das Hochſtift Muͤnſter uͤberaus wo
Wirkſamkeit Dohm in ſ. „Denkwuͤrdigkeiten“ (I, VII) geſchildert hat. Erb
vortreffliche, ducch Studien und Reifen, beſonders in Italien, ausgebildete A
gen, die er ald Mitglied der Ritterfchaft und des Domcapitel® zu Münfter m
wichtigften Geichäften, vorzüglich während des fiebenjährigen Krieges, wo dad!
von den Preußen feindlich behandelt ward, auf eine rühmliche Art entwid
Nach dem Frieden übertrug der, nad) Clemens Auguits von Baiern Tode in.
und Münfter gewählte, Kurfürft und Fuͤrſt-Biſchof, Mar. Friedrich, geb
Graf v. Koͤnigseck-Rothenfels, dem zu feinem Minifter ernannten Freih. v.
ſtenberg die Negierung des gänzlich erfchöpften und mit Schulden belafteten ı
fterfchen Landes. In kurzer Zeit ſtellte Fürftenberg den Credit wieder her; zu
ermunterte er Ackerbau und Gewerbe, beionders den Reinwandhandel; er li
Seftungswerke von Muͤnſter abtragen, und beförderte die Verichönerung
Stadt; Moräfte wurden entwäffert und urbar gemacht. Die Juſtiz wurt
parteiifc) und fchnell verwaltet ; eine gute Polizei ſicherte und verfchönerte die:
fchaftliche Ordnung, ohne die Ruhe durch entehrendes Mißtrauen zu flören.
von Hofmann zu Münfter unter Fürftenberg’8 Leitung entworfene Medicin
nung war die erfte und vorzüglichfte ihrer Art in Deutfchland. Dabei ehrti
ftenberg die alte Verfaffung. Während feiner 17jaͤhrigen Thätigkeit als Mi
wobei er ebenfo folgerecht als beharrlich verfuhr, wandte er fein gewaltfamed
tel an. Mol aber wußte er alle Stände zu edlem Wetteifer fuͤr die Sache
meinen Wohles zu beieben; insbefondere munterte er die Geiftlichkeit zu 5
Geiſtesbildung auf. Unter allen atholifhen Staaten Deutfchlands gab
Hochſtift Münfter das erfte Beifpiel verbefferter Schulen. Der Volksunt
wurde vom Aberglauben gereinigt, und für das Leben nuͤtzlich erweitert. D
bern Schulen wurden die alte Literatur und mathematifche Studien, weld
ftenberg vorzüglich liebte, anempfohlen. Talentvolle Sünglinge wurben unte
um ſich zu Lehrern auszubilden ; ja Fürftenbera felbft ward Lehrer der Lehret
Landsleute und künftiger Gefhäftemänner. So blühte in Kurzem das Lan
der auf; Wohlſtand und gegenfeitiges Zutrauen nahmen fo zu, daß in fein
nachbarten Rande ein fo niedriger Zinsfuß war ale in dieſem. Um den Vol
zu kraͤftigen, lich er bas junge Landvolk in den Waffen üben. Mit ausgezeic
Kricgern, wie mit dem General Lloyd und dem Grafen Wilhelm v. Schaur
Lippe, fand er in vertrauter Verbindung, und bildete durch Ideentauſch fe
here Anficht von Kriegsweſen und Politik. Überhaupt war ihm Beſchaͤftigu
den Wiffen'haften Erholung, und die Freundichaft mit geiſtvollen Maͤnne
nem Herzen Beduͤrfniß. Allgemein verehrt, wie Kürftinberg war, wuͤnſcht
Fuͤrſtenbund (deutfcher) 41
ke, ber Mitterfchaft und dem Demenpitil, als 1780 dem Kurfuͤrſten,
ı eine® Erzherzog, ein Coadjutor gegeben werden follte, daß nicht ein
fondern Fuͤrſtenberg zum Eünftigen Regenten von Münfter erwäplt
r Öſtreichs Einfluß fiegte. Der Erzherzog Marimilian ward ges
m Fürftenberg, der durch Preußens Unterftügung, die er nachgefucht,
Bigere Wahl nicht hatte bewirken innen, nebft feinen Freunden bes
zewonnenen Mehrheit des Domcapitels beigetreten war. Er legte
Minifterftelle nieder, doch behielt er die Aufficyt über die Echulen bei, -
des Domcapiteld und der Ritterfchaft war fein Einfluß fortwährend
e brauchte ihn nur, um die Regierung bei jedem guten Unternehmen
. Darum bewies ihm ber Erzherzog und Kurfürft Maximilian ſtets
und Vertrauen. Kürftenberg überlebte die Auflöfung des Hochſtifts
ftarb 1811, 82 3, alt, der Nachwelt ein unvergeßlicher Mann.
enbund (deutfcher). Die erfte Weranlaffung des beutfchen Fuͤr⸗
b das Erlöfchen des kurbairiſchen Mannsſtammes, mit dem Kurfüre
an Joſeph (30. Dec. 1777). Nach dem Tode deffelben fielen fine
n nächften Seitenverwandten, den Kurfürften Kari Theodor von der
er Einderlofe Fuͤrſt hatte aber den Anträgen des Hauſes Öftreich nach⸗
bes ihn, zur Berzichtleiftung auf die Erbſchaft durch die wiener Con⸗
ın. 1778) vermodht hatte. Diefer Convention widerſprach der muth⸗
der Pfalz, Herzog v. Zweibrüden, und der Erbe der bairiſchen Allos
Schwefterfohn des verftorb. Kurfuͤrſten von Baiern, der Kurfürft
Beide fuchten die Verwendung Friedrichs II. von Preußen, der,
Unterhandblungen über diefe Angelegenheit mit Oſtreich fruchtlos blie⸗
en ergeiffe Im tefchner Frieden (13. Mai 1779), der diefen kurzen
folgekrieg beendigte, wurde die wiener Convention aufgehoben, ſt⸗
on Baiern bloß das Innvisrtel mit Braunau, und Karl Theodor ges
efige der uͤbrigen Ränder, Frankreich und Rußland, die Bundesges
veußen, Übernahmen die Garantie diefed Friedens. Einige Jahre
Kaifer Joſeph II. den Gedanken von neuem auf, durch den bairifchen
.Monarchie zu runden und zu verftärken, und von ber ruffifchen Kai⸗
er Vorſchlag einer Austaufchung der öfter. Niederlande gegen Baier
+ Kurfürft Karl Theodor follte die öfter. Niederlande, mit Ausnahme
9 und Namur, unter dem Titel eines Koͤnigreichs von Burgund,
r Kurfürft ward von dem oͤſtr. Gefandten, Freih. v. Lehrbach, der
yeibrüden, al muthmaßlicher Erbe, von dem zuflifchen Gefandten,
manzoff, für dieſen Zweck bearbeitet, und beiden, außer jener Abtres
: Summe von drei Mill. Gulden von Öftreich verfprochen. Zugleich
dem Derzoge, daß man der Einvoilligung des Kurflrften verfichert
iß die Sache auch ohne ihn zu Stande kommen würde, Der Herzog
‚ ec werbe nie In bie Vertaufchung ber Länder feiner Vorfahren eins
wandte ſich von neuem an Friedrich II. Diefer unterftüste ſogleich
Derzoge an bie Kaiſerin Katharina von Rußland erlaffene Schreiben
ıhdrude, und erhielt die Erklaͤrung, daß die Kaiferin diefen Tauſch
ır beide Theile betrachtet habe, daß aber derfelbe von dem freien Willen
sbhängen muͤſſe. Obgleich nun aud) Ludwig XVI., der ale Mitga⸗
ner Friedens den vorgefchlagenen Taufch nicht billigte, dem König von
chern ließ, dag Joſeph IT., fein Verbündeter, diefen Plan, wegen des
3 des Herzogs v. Zweibrücken, aufgegeben habe, fo weigerte ſich doch
yof, darüber eine befriedigende Erklärung zu geben. Friedrich II. lud
Maͤrz 1785 bie beiden Kurfürften von Sachſen und Hanover zu einem
und aller Begenbemühungen Oſtreichs und Rußlands ungeachtet, wurde
472 Fuͤrſtenrecht Fuͤrſten⸗ ober Landesſchulen
zu Berlin am 23. Juli 1785 dieſer Fuͤrſtenbund von Brandenburg, Sadla ı
Hanover, zur Aufrechthaltung und Vertheidigung ber deutichen Neicheverfofft
dem weſtfaͤliſchen Frieden und den folgenden guͤltigen Sriedensfchlüffen, der kai
Wahlcapitulation und den übrigen Reichsgeſetzen gemäß, unterzeichnet. DieD
regeln gegen die Wertaufchung Baierns waren in einem geheimen Artikel enthal
Binnen einigen Monaten fchloffen ſich dieſem Bunde an: der Kurfürft von MR
und fein Coadjutor, Dalberg, der Kurfürft von Trier, der Landgraf von He
Kaffel, die Markgrafen von Anfpach und von Baden, und die Herzoge v.3
bruͤcken, von Braunfchreig, von Medienburg, von Weimar und Gotha, fi
der Fürft v. Anhalt: Deffau. ſtreichs Adficht war durch diefe legte öffent
Handlung des Königs von Preußen vereitelt, und Rußland und Öftreich gaben
die Sache ganz auf. S. v. Dohm „Über den deutfchen Fürftenbund” (B
1785), Joh. Müller „Darftellung des Fürftenbundes‘ (Keipzig 1787) und Re
„Deutfche Staatskanzlei”, Th. 13, S. 195 fa.
Fuͤrſtenrecht (jur.), I. Ein Gericht über einen Fuͤrſten. Da ein?
vermöge ber alten deutſchen Rechtsgrundſaͤtze nur von feinen Genoffen gerichtet
den konnte, fo konnte auch über einen Kürften nur von Fuͤrſten unter Vorſi
Könige (Kaiferd) gerichtet werden. So wurden Herzog Thaffilo von Baiern!
Karl d. Gr., Graf Adelbert v. Bamberg (906), Erchanger und Berthold
Schreaben (917) u. X. durch ein Fürftenreht zum Tode verurtheilt. H
Heinrich d. Loͤwe von Sachſen verlor 1180 durch einen Spruch eines Fuͤrſtem
feine Neichöherzogthiimer. Kaifer Friedrich II. nahm das Gericht über einen
ften von dem Geſchaͤftskreiſe feines 1235 eingeſetzten Kammerrichters aus. Ke
ließ Fuͤrſten, vor allen ben gefangenen Kurfürften Johann Friedrich v. Sc
ohne Fürftengericht von feinen italienifchen Raͤthen zum Tode verurtheilen,
einen fehr nachtheiligen Eindbrud im ganzen Reiche machte. Won da an ſorgt
durch die Grundgefege, vornehmlich die Faiferliche Wahlcapitulation, Art.
6.1 — 11, dafuͤr, daß kein Kürft oder andrer Stand des Reichs anders ale
ein Urtheil des Meichstages feiner Regierung entfegt oder perfönlich verurtheil
den folle. Die Reichsgerichte follten die Sache In einem foldyen Kalle inftr
die Acten dann an den Reichstag geſchickt, hier von einer unparteiifchen und b
ten Sommiffion geprüft, und aufihr Gutachten endlich vom ganzen Reichsta
Urtheil gefprochen roerden. Died war das noch zulegt geltende Recht. J
Inbegriff derjenigen Rechtönormen, nad) welchen die perfönlichen Rechtsv
niffe eines regierenden Fürften zu beurtheilen find. Es macht, indem at
Thronfolge und andre öffentliche Verhältniffe davon abhangen, einen Th
Staatsrechts aus. Seine Quellen find das allgemeine Stantsrecht, Landes:
geſetze, Kamilienverträge, auch noch einige In das Landesſtaatsrecht uͤbergeg
Beſtimmungen der beutichen Reichsgeſetze.
“ Kürften= oder Landesfhulen. Diefe wichtigen Lehr: und
bungsanftalten Sachſens wurden 1543 von dem Kurfürften Mortz geftiftet
eher die Gebaͤude aufgehobener Kiöfter zu Pforte, Meißen und anfänglich zu
burg, nachher zu Grimma, für Schulen beftimmte, die er mit den Klofteraüi
freigebig ausftattete, Laß mehre hundert Knaben, größtentheil® ganz unent«
"zum Theil für ein fehe mäßiges Koftgeld, darin unterhalten und unterricht
den konnten. Die Fürftenfchulen zeichneten ſich ſtets durch Ihr feftes Strebe
gründliche und gelehrter Bildung aus; dieſer Charakter ift ihnen auch jest
ben, wiewol die Jortfchritte der Zeit bedeutende Veränderungen in Ihren.urf
lihen Einrichtungen nöthig gemacht hab. Dabet gewähren fie die wi
Vortheile, daß die Zöglinge, die mit den Lehrern gleichfam Eine große Fam
den, ımter einer forgfältigen Aufficht gehalten, und den ganzen Tag über:
befhäftigt werden Binnen, ohne darum viele Stunden hinter einander im D
Fuͤrſten⸗ ober Sandesfchulen 473
wuhmofih zubringen zu muͤſſen. Die größte und berühmtefte ber drei Fuͤrſten⸗
ſtelen it Schulpforte, ehemals ein Ciftercienferktofter, eine Stunde von
‚Rramburg an der Saale, im jegigen preuß. Herzogthum Sachſen, ganz abgefons
dert a einer anmuthigen Gegend gelegen. Der Einmweihungstag war der 1. Nov.
389. Anfänglich war die Zahl der Zöglinge auf 100 beftimmt; aber ſchon Kurs
Me Anzuſt, Moritzens Nachfolger, fügte noch 50 hinzu, und ließ das Schulges
We vergroͤſern. Dabei war die Einrichtung getroffen, daß jede der fürfächfifchen
ihte eine beftimmte Anzahl Freiſtellen zu beiegen hatte, bie fie auch, in Ermans
Ye Einheimifcher, an Fremde vergeben konnte. Daffelbe Borredyt erhielten eis
adelige Famillen. Eine Art von Uniform (der ſogenannte Spanier, eine runde
Pe von ſchwarzem Zeug mit bunten Bändern, und der Schulrock, ein Eurzer
ee Mantel, der kaum den Rücken bedeckte) machte die Zöglinge als Fuͤrſten⸗
Merkenntlich, und wurde erſt in den neueften Zeiten abgefchafft. Die alte Schul⸗
Mehenng liefert Bertuch’6 „„Chronicon Portense‘“. Grft 1780 nahmen unter
Bon Bertorat des verdienftvollen Geile» wichtige Verbrfferungen ihren Anfang.
antlihe Zöglinge wohnen jest in zwölf geraͤumigen Stuben, welche an die
der frühern engen Klofterzellen getreten find; zwiſchen zweien derfelben bes
jedesmal ein Gollaborator ein eignes kleines Zimmer, und führt die Aufficht
hiſelben. Die Bewohner zweier Stuben fchlafen auf ‘einem eignen Saal,
We Collaborator bei ihnen, in einem abgefonderten Gabinet. ine faft ebenfo
derte Geſtalt erhielt der öffentliche Unterricht; aber erft 1808 wurde die neue
nung, und zugleich der neue Fehrplan befannt gemacht und in Wirkſam⸗
my Die aus ungefähr 4600 Bdn. beft-hende Bibliothek ift den Schülern
Mal woͤchentlich geöffnet; auch koͤnnen fie aus derſelben Bücher auf längere
mm Gebrauch erhalten, Die Schulzeit ift auf ſechs Fahre beſtimmt; um
ebgehen zu Eönnen, bedarf es der Eönigl. Erlaubniß. Außer dem Nettor
noch ſieben Profefforen, ein Lehrer der Tanzkunſt, ein Muſiklehrer und ein
der Schreib s und Zeichenkunſt angeftelt. Die Einkünfte verwaltet der
iffer, der zualeich den Haushalt führt. Won 1543 — 1814 haben in
te mehr als S500 Zoͤglinge Aufnahme und Unterricht erhalten ; unter dieſen
ar wie Graͤvius, Erneſti, Klopſtock, Fichte, Schneider und unter den nody
Ba, Zacharid in Breslau, Mitfcyerlih, Sartorius, Schulze in Göttine
Eihftäde, Boͤttiger, Krug, Heubner, Döring, Spohn u. A. Die Fürften-
ya Meißen, ein ehemals der heil. Afra geweihtes Klofter (daher Aftanum
a), wurde den 3. Juli 1543 eröffnet, und hat 118 Stellen. Die Schuͤ⸗
zehnten in zwei fogenannte SchlafhAufer vertheilt, je vier und vier beifammen
ten, und fchliefen in befondern, gegenüber liegenden Kammern. Bei den
jern Einkünften wurde es erft 1812 möglich, die Zellen in Stuben umzuwan⸗
md einige Gollaboratoren anzuftellen. Auch hier ift eine aus mehren Zaufend
pen beftchende Bibliothel vorhanden. Den Unterricht beforgen fieben Profefs
und ein Schreib:, ein Sprach⸗-, und ein Zanzmeifter. Won den Zöglingen
aSenle nennen wir Lefiing, Gellert, Nabener, Kto, und unter den jegt Les
a Nibſch, Zacharid in Heidelberg u. A. Die dritte Kürftenfchule endlich, die
MR nach ihre altkloͤſterliche Form behalten hat, iftzu Grimma, in einer ans
Pr Gegend an der Mulde. Hierher, in ein ehemaliges Auguftiner-Eremis
a, wurde von Merſeburg, wo fie nicht gedeihen mollte, die dritte, auch
E tichtete Fuͤrſtenſchule 1550 verlegt und den 14. Sept. eingeweiht. Die
elefſteht aus 85 theils Freie, theils Koſtſtellen. Saͤmmtliche Schüler find in vier
geheilt, und werden von fünf Profefforen und einigen andern Lehrern ums
et. In den Bellen wohnen drei und drei beifammen. Auch hier find wich⸗
gen vorgenommen worden, und die alte Korm hat ſich im Xußern
Wen halten, weil bie Schule keins anfehnlichen Fonds hat, ſodaß fie bieher.
474 Fuͤrth Fuß
wie daB Afranum, von Pforte einen Zuſchuß erhalten mußte. Die Blbllothe
4000 Bde. ſtark. Hier ftudirten Samuel und Eſaias v. Pufendorf, v. Eraı
(Kanzler in Kiel), Hederich, Tittmann (in Dresden) und andre berühmte und ı
diente Männer. Noch iſt zu bemerken, daß die Zahl der Schüler auf den Kürfl
ſchulen ſich nicht auf die Zahl der Stellen beſchraͤnkt, fondern dag mit koͤnigl.
laubniß auch Ertraneer an dem Unterrichte Theil nehmen Eönnen. Die Klof
ſchule zu Roßleben, fieben Stunden von Pforte, hat eine den Fuͤrſtenſchr
ähnliche Einrichtung, und enthält 30 Kreis und 30 Koftftelm. Diefe, ſo
die von Ernft Georg 1577 geftiftete hennebergifche Land» und Fürftenfchule
Schleußingen haben ebenfalls ausgezeichnete Schüler gezogen.
Hürth, ein gewerbfleißiger Marktfl., im Rezatkreiſe des Königrei
Baiern, an dem Zufammenfluffe der Pegnig mit der Rebnig, auf einer fandig
aber durch) Anbau fruchtbar gemachten Ebene, in der Nähe von Nürnberg, |
1224 9., 16,700 Einw., darunter 7000 Juden, die hier eine hohe Schule z
200 Studenten, 2 Buchdrudereien, 4 Synagogen, 3 Schulen, Hospital,
geiftliche® und weltliches Öericht 2c. haben. Fuͤrth ift nicht regelmäßig gebaut, @
bält aber anſehnliche Häufer, und iſt in neuern Zeiten ungemein verfchönert work
Man zählt hier 1000 Gewerkmeifter, ats: 130 Drechsler, 200 Sol s und E
berarbeiter und UÜhrgehäufemacher, 40 Groß: und Kleinuhrmacher, 50 Guͤrt
40 Blei» und Nothfliftmacher, 150 Tiſchler und Ebeniften, 120 Schuhmad
80 Strumpfs und Muͤtzenwirker, 50 Baummollenweber, eine Menge Bildhar
Goldſchlaͤger (jährl. 19,000 Bud, Goldpapier), Vergolder, Spiegelfhleif
Schnallenmacher, Doſenmacher, Siegelladbereiter, Papierfärber, Maler |
Man findet ferner hier bedeutende Spiegelfabriten, Schleif » und Polirwer
Branntweinbrennereien und Rofogliofabriten. Diefe Waaren werden theils dan
die Sabricanten, theil® durch nuͤrnberger Kaufleute nad) allen Gegenden verfanl
Auch treibt Fuͤrth einen beträchtlichen Speditions⸗, Wechſel⸗ und Sunelenhaml
Bedeutend ift der Bau und die Verarbeitung des Tabacks, ſowie der Handel duml
Jaͤhrlich hält Fürth einen großen Markt, die Kirchweih genannt, auf dem anfehl
liche Sefchäfte gemacht werden.
Fuß, in der Verskunſt, ein Versglied, welches auf ber Zuſammen
wiehrer nad) Kürze und Länge abgemeffener Spiben beruht. (S. Rhyt hue
Fuß (auch Fuß ton), beiden Orgeln ein Längenmaß der Drgelpfeifen,
ches ihrer Höhe oder Tiefe entipricht. Eine Orgel, deren Stimmung nad
Höhe und Tiefe der menſchlichen Stimme eingerichtet ift, oder der gewoͤh
Stimmung der Inftrumente gleich kommt, heißt achtfuͤßig, weil dann die
des großen C acht Fuß lang iſt. Verdoppelt man dieſes Maß, und gibt mithin
Octaven bie Hälfte dieſes Maßes, dann heißt fie ſechzehnfuͤfig. Beim
tigen Orgelbau bindet man ſich nicht mehr an dies Laͤngenmaß, fondern kürzt
ner Einrichtung die Länge ber Pfeifen ab, und erſetzt diefen Abgang
die Weite.
Fuß oder Schuh, Werkſchuh, iſt ein Längenmaß (f. Maß),
feinen Namen wahrſcheinlich von dem Fuße eines erwachſenen Menfchen
hat, deſſen Länge es ungefähr ausmadıt. Das Zeichen des Fußes ift in
(), 3. B. die Scheuer ift 44° breit. Man unterfcheidet Überhaupt den g
fen ober mathematifhen Fuß, und den gemeinen Werkſchuh. Erſteren
man gewoͤhnlich in 10 Zoll u. f. w. oder auch in 12 Zoll (Decimal : und D
malmaß) ; letztern gemöhnlich in 12 Zoll; aber auch in einigen Ländern und
enthält berfelbe bald mehr, bald weniger al8 12 Zoll. Die große Verſch
der Maße in allen Ländern muß bei vorfommenden Fußmaßen fehr beruͤckſichtigt ME
den. Die brei vorzliglichften Fußmaße find der englifche, franzoͤſiſche und rhei
difche Fuß. Den engl. Fuß, welcher in Großbritannien und den dazu gehörlgrt
A
Fuß Fuͤßli 473
Mb Inſeln geſetzlich iſt, haben die Mitglleder der koͤnigl. Geſellſchaft der
m gegen ben pariſer oder franz. Fuß verglichen, und ihn zu 136,16
ı Länge beftimmt. Er wird in 4 Span, 3 Hand, + Palm, 12 In⸗
u 96 Parts, 120 Linien, 1200 Theile getheilt. Jeder Zoll hat 10
jede Linie 10 Theile. Es vergleichen ſich hiernach 35 engl.: mit 3%
und 49 engl. mit 46 franz. Fuß. Legt man jedoch dasjenige engl.
n Grunde, welches die engi. Commiſſionaire fonft beim Holzhandel in
anwendeten, fo zeigt fich jederzeit, daß daffelbe nur 11 Zoll 3 Linien,
anz. Linien lang iſt. Nach diefem Verhaͤltniſſe vergleichen ſich 844
it 845 gemeinen, 34 gemeine Fuß mit 33 chein., und 16 gemeine mit
uß. Noch genauer beftimmt ift der alte franz. oder parifer Fuß, ſonſt
lu roi genannt; diefer hat 12 Zoll, 144 Linien und, zu 10 gerechnet,
? aber, 1728 Theile der Kinien, ſodaß ſich 37 franz. mit 39 rhein. Fuß
affen, und von 1440 Linientheilen gehen 1355 auf ben engl., und
den rheint.; oder 15 franz. geben 16 engl., und 27 franz. geben 28
e in Deutfchland endlich allgemeinfte und befanntefte Fuß ift der rhein⸗
elher 12 300, 144 Linien, 1440 Linientheile enthält. Von diefem
12 auf eine cheint. Ruthe. Der Flaͤchenfuß ift zweierlei, naͤmlich
fuß 1 Fuß lang und 1 breit; und der Riemenfuß, von 1 Fuß Länge
Breite. Der koͤrperliche Fuß endlich if dreierlei: der Kubitfuß,
lang, breit und body ; der Schadhtfug, d. 1. 1 Fuß lang und breis, aber
hoch, und der Balkenfuß: 1 Fuß lang, aber nur 1 Zoll breit und hoch.
weine Veraleihung der meiften Fußmaße befindet ſich im 1. Thl. des
3" von Münchhaufen.
„ in der Baukunſt, der unterfle Theil jedes acchitetonifchen Werkes
Grunde; vorzuͤglich der unterfte Theil der Säulen und Pilafter, ber
chaftgefims oder die Bafe, und wenn er ganz einfach) und platt ift, eine
annt if. Im Münzmwefen, die Einrichtung des inneren Gehalts
ı, Muͤnzfuß. Bei der Särberel, die erfte Farbe, die man einem
ehe er mit einem andern gefärbt wird, 5. B. blau, ehe die ſchwarze
f gefegt wird. Die Färber find daher verbunden, am Rande eines Zeu⸗
Karben s oder Fußroſen zu laffen, ald er Füße hat, bamit man beucchels
fie ihm die gehörigen Farben gegeben haben.
kuß, eine bemüthige Verehrung, welche dem Papfte von den roͤmiſch⸗
Ehriften erwiefen wird. Schon Gregor VII. verlangte den Fußkuß
irften. Der Kuß trifft, nad) dem Geremonialgebrauch, das Kreuz auf
ein des Papftes. Die Pantoffeln ber Leiche des Papftes auf dem Pas
pfangen ebenfalls den Fußkuß.
waſchen war im Morgenlande eine Pflicht der Gaſtfreundſchaft,
Birth den bei ihm ankommenden Reifenden entweder perfönlich, ober
Diener leiftete. So wuſch Jeſus CHriftus feinen Juͤngern, am Abende
Todestage, die Füße, um ihnen durch diefe ſymboliſche Handlung Des
een. Daher rührt noch bie in der Batholifchen Kicche herrfchende Sitte,
den, z. B. der Kaifer v. Öftreich, der König v. Frankreich u. A., am
rötage zwölf Armen die Süße zu wafchen pflegen. Auch bei den Diem
d diefer Gebrauch gefimben.
li, ein Name, den verfchiebene ſchweizeriſche Künftler geführt haben.
ichften find: Johann Kaspar Fuͤßli, geb. zu Zürich 1706, geft.
te die Malerei bei feinem Vater, der ein mittelmäßiger Künftler war,
aber nachher auf feinen Reifen, befonders in Wien. Seine Portraits
n Beifall, und find von Haid, Preißler u. A. radirt worden. Er ftand
ken deutſchen Kuͤnſtlern und Kunftlennern in freundfchaftlichen Verbin
’
476 Suflage Sur ,
dungen, und war Schriftfteller im Sache ber Kunſt. Won ihm ift: G
und Abbildung der beften Künftler in der Schweiz” (4 Thle., 1755 — 74)
fonnirendes Verzeichniß ker vornehmften Kupferflecher und ihrer Werke”
1771); „Sammlung von Windelmann’s Briefen an beffen Freund
Schweiz" (1778). Auch gab er Mengs's „Gedanken über die Schönheit
Geſchmack in der Malerei”, welche diefer ihm in der Handfchrift zugefchii
mit einer Vorrede 1762 heraus. Sein edler moralifcher Charakter, und fei
jungen Künfttern fortzuhelfen, werben mit rühmlichem Lobe erwähnt. Se
Kinder hatten das Kunſttalent ihres Vaters geerbt. Der zweite feiner Soͤh
hannHeinrich, ein berühmter Maler, Prof., zulegt Director der €, M
demie zu London (mo man ihn Fuſeli fchrieb), geb. zu Zürich 1738, fü
Berlin unter Sulzer. Klopſtock, Kleift und Wieland begeifterten frin
1761 madıte er mit Lavater eine Reife, und ging nad) England, wo 9
feinen Kunftfinn für die Malerei ermunterte. Hierauf ftudirte er in R
1772 — 78, wo vorzüglid Michel Angelo fein großes Vorbild war. Se
lebte er in England, wo er, nad) dem berühmten Welt, für den vorzuͤglichſt
ler galt. Er flarb den 16. April 1825 in London, 83 5. alt, und wurl
Paulskirche an der Seite feines Freundes Joshua Reynolds begraben.
1801 erfchienenen „Vorleſungen Über die Malerei” (deutſch von Eid;
Brdunſchw. 1803) wurden, in Dinficht des Styls und wegen ber abfpre
Urtheile, die fih dev Verf, über anerkannte Kunftwerke erlaubt hat, fehr 4
Seine Einbildungskraft ſchweifte oft über die Grenze des Kunftfchönen hina
gefiel fich in abenteuerlichen Geflaltungen. Unter feinen Gemälden werden gı
das Gefpenft des Dion, nach Plutarch; Lady Macbeth; der Kampf des £
mit den Pferden des Diomebes, und feine Miltone:Galerie, 60 Gemaͤlde;
ton’s Gedicht, die er 1790 in London ausſtellte. An feinem Perfeus mit der
ber Medufe (1817) tadelte man die gezwungene, zu Eühne Stellung des J
Fuͤßli's ſaͤmmtl. Werke, nebft einem Verſuche f. Biogr. erfchienen 1808
Zürich, 2 Thl., Bol Außerdem fchrieb er „Bemerkungen über Mala
Skulptur bei den Griechen” und gab das „Malerlerikon” von Pilkington,
A4., verb. und verm. heraus. Seine Gemälde nach Shakfpeare, Milton und
x
haben englifhe Kuͤnſtler in Kupfer geflochen. — Sohann Rudotf, geb. zu
1709, geft. 1793, ftudirte zuerft die Kunſt bei Melchior $., und dann beit
bourg dem ältern in Parie die Miniatur, in der er ſehr vollkommen war; a
er gute Zeichnungen in ſchwarzer Kreide nad) Rafael und andern großen VD
geliefert. In der, Folge befchäftigte er ſich mehr mit der Literatur der Kun
gab das „Allgemeine Künftlerleriton“ 1763 zuerft in 4. heraus, wozu er
J. hindurch gefammelt hatte. Die dritte Ausg. in Fol. erfchien 1779, und
fe Sohne, dem Altrathehern, Hans Heinrich, der ſich ſelbſt einen
‚ Kunftdilettanten nennt, von 1806 an bis 1821, in 12 Abfchn. (mehr al
S. Fol.) fortgef. worden. Derfelbe begann, 80 J. alt, „Neue Zufäge ı
allgem. Künftterlerit. und den Supplem. deſſelben“ herauszug., twovon das 1
Zürich, 1824, Fol., das A. enthält.
Kuftage, die Einfaffung von Waaren, ober das Gefäß, worin I
enthalten find, oder verfandt werden. — Fuſti ift in der Kaufmannefpre
- Abgang der. Waare, der für Beſchmutzung oder Beſchaͤdigung gerechnet m
Kuftirehnung, die Abgangsrechnung ober die Rechnung über das Zerbr
Berdorbene oder Mangelhafte der eingehandelten Waaren, wofür auch bie
leute die Wörter Refactiund Gerbelur gebrauchen.
Eur (Sobann Jofeph), ein großer Sontrapunttift, Kirchen: und Theat
poniſt unter den Kaifern Leopold I., Joſeph I. und Kari VI., geb. in Stetermar
1660, wurde k. Obercapelimeifter in Wien, und bekteidete dieſen Poften gegen
Ss Gabalis 47
et VI. ehrte ihn fo, daß er den alten podagrifchen Mann 1723 In einer Sänfte
Wien nach Prag zur Aufführung einer Oper beim Krönunggfefte tragen, und
ı berühmten „„Gradus ad Parnassum s. manuductio ad compositionem mu-
ae regulareın etc.‘‘, ein Lehrbuch der Compofition in lat. Sprache, das Sur
& außer Deutfchland berühmt gemacht hat, auf feine Koften (Wien 1725, Fol.)
w ſchoͤn druden ließ: Auch hatte Fur auf den mufikalifchen Geſchmack feiner
# durch feine Compofitionen viel Einfluß. Seine Kirchencompofitionen haben
weht Werth, befondere eine missa canonica, welche in Leipzig geflocheh erfchies
mil.
Spt (Johann), hollaͤndiſcher Maler, geboren zu Antiverpen um 16526.
Bein Sterbejahr iſt unbekannt; man findet noch Gemälde von 1652 von feiner
Seine Gegenftände waren meift Sagden, milde und zahme vierfüßige
ie, Vögel, Früchte, Blumen, Basrelifs. Er malte Vieles mit Rubens, mit
Jordaens, und Th. MWillebort gemeinfchaftlich, und fein Pinfel war fo frucht⸗
das faft jede bedeutende Gemaͤldeſammlung etwas von ihm aufzumeifen hat.
Zeichnung ift hoͤchſt naturgetreu und doc) gewaͤhlt; fein Colorit glühend und
; die Farben beſonders im Lichte ſtark impaftirt. In allen diefen Eigen⸗
wetteiferte cr mit de Woes und Snyders. Auch in der Atzkunſt war er aus⸗
Pa Er gab 1642 zwei Suiten Thierftüde heraus. Dav. Koning war
tr.
G.
‚der 7. Buchſtabe des Abc, ein Gaumenbuchſtabe, welcher etwas härter als j,
etwas gelinder als k ausgeſprochen wird, bezeichnet in dem modernen Ton⸗
die 5. dintonifchg Klangſtufe. Bon diefem Zone hat der @s oder Violin«
(HB) ſ. Namen, weil durch Aufiegung deffelben auf die zweite Linie unfes
BR Rorenioftems beftimmt wird, daß auf dieſer Stelle die Note, welche das einge⸗
kldyene g bezeichnet, ihren Platz hat. (S. Ton und Zonart.)
Gan, die Erde als kosmologiſche Gottheit der Alten. Nach dem Chaod,
we. Defiod,
Ward die gebreitete Erd’ ein tauernder Sitz der gefammten
Gwigen, welche bewohnen die Höhn des befchneiten Olympos.
Res aus ihr, nach ihr und auf ihr fich bildet, warb von ihr erzeugt. Ohne bes
wuhtende Liebe gebar fie den flernichten Himmel (Uranos), die hohen Gebirge und
ma Pontos (das Meer); Uranos erzeugte mit ihrdie Titanen (f.d.), die Theia,
Bein, Dinemofpne, Themis, Phöbe, Tethys, die Cyklopen und Helatondheiren
Smtimanın). Da Uranos jedes biefer Kinder gleich nad) der Geburt einkerkerte,
Kun Gaͤa auf Mache, erfand die demantene Hippe, und beredete die Söhne, damit
u Vater zu entmannen. Kronos verübte die That, Gaͤa empfing die ber Wunde
Riskefeinden Blutstropfen und gebar, baburd) befruchtet, die Erinnyen, Giganten
mp melifhhen Nymphen. Dit ihrem Sohn Pontos zeugte fie nachher Nereus,
6, Phorkys, Keto und Eurpbia. Unzufrieden auch mit Kronos verhieß
\ ihrer Tochter Rheia, den neugeborenen Zeus aufzuziehen, und trug ihn nach
Als er erwachſen war, half fie ihm aufden Thron, indem fie ihm rieth,
le eingekerkerten Helatoncheiten und Cyklopen zu befrvien.
©abalis, „Comte de Gnbalis, ou entretiens sur les sciences secrè-
u, ein Roman aus dem legten Viertel bes 17, Jahrh., deffen Verf, der Abbe de
478 Gabel Gabler
Billare, ein Verwandter des Acchäologen Montfaucon, 1640 geb., 1675 vom
nem f. Verwandten auf einer Reife erfchoffen ward. Bei allen Aniprüchen des &
lents gelang es ihm doch nicht, als Geiſtlicher fein Gtüd zu machen. Er iye
naͤmlich in jenem Roman die Kabbala laͤcherlich gemacht; die Freunde derſelbern
ſcheildigten ihn, Heilige Wahrheiten angegriffen zu haben, und fo wurde ihum
Kanzel verboten. Dem Roman liegt der Chiare del Gabinetto von Borrp ä
Grunde. Ein berühmter Adept, der Graf v. Gabalis, meint, in dem Bnf. ı
tücliche Fähigkeiten für die Geheimniffe der Kabbala gefunden zu haben, un eg
wickelt ihm daher diefe.geheime Wiffenfchaft in fünf Unterhaltungen. Wakrfı
lich würden diefe nur Denen noch befannt fein, welche fidy mit der Geſchicht⸗
mpflifchen Phitofophie dee Kabbatiften, Gnoſtiker und Neuplatoniker, jenen Ai
ſammenfluß orientalifcher Poefie, griechiſcher Philoſophie und chriſtlicher
beſchaͤftigen, wenn nicht neuere Dichter aus ber hier vorgetragenen Daͤmon
manche ihrer Fictionen gefchöpft hätten. „Diefer unermeßliche Raum zwiſchen l
Erde und den Himmein“, fagt der Graf, „hat viel eblere Bewohner als Vögel
Inſelten; diefed fo weit ausgedehnte Meer noch ganz andre Gäfte als
und Seehunde; die Ziefe der Erde iſt nicht allein für die Maulwuͤrfe de,
Element des Feuers, weit edler als die drei andern, iſt nicht gemacht, um
und Leer zu bleiben”. Nach diefem Eingang wird das Syftem von den vin
mentargeiftern vorgetragen, welche find: die Sylphen (Luftgeifter), die
(Waffsrgeifter), die Gnomen (Erdgeifter), und die Salamander (Feuerge
Wie willlommen ein ſolches Syſtem der Geiſterlehre den Dichten fein mufte,
durch die hriftliche Religion eine ſehr wirkſame Mafchinerie verloren, und ia!
Seen ud Zauberern noch Eeinen hinlänglicyen Erfag gefunden hatten, und wie
die romantifche Poefie dadurch gewonnen habe, bedarf nicht erft eines
Mur muß man nicht wie Manche glauben, diefe Daͤmonologie fei hier zuef
getragen worden, und die einzige Quelle der ſpaͤtern Dichter geweſen.
Gabel. Der Babeln wird zuerft in einem fürftt. Snventario über
wert 1379 gedacht. Vorher kannte man bloß das Meffer beim Zerlegen
Speiſen. Aus Italien kam der Gebrauch berfelben zu uns; man bielt es ſo
für Tafelluxus, ſich derielben zu bedienen, dag manche Kloſterordnungen den
figiofen dern Gebrauch der Gabel unterſagten.
Gabler (Johann Philipp), erſter Prof. d. Theologie zu Jena,
Conſiſtorial⸗ und Kirchenrath, Ritter des großherz. ſaͤchſ. weißen Kalkene
geb. d. 4. Juni 1753 zu Frankfurt a. M., wo ſein Vater Actuarius war,
nachdem er ſich mit den alten Sprachen, der claſſiſchen Literatur, und ſelbſt mit
Wolf ſchen Philoſophie und Baumgarten'ſchen Theologie beſchaͤftigt hatte,
die Univerſitaͤt Jena. Dem feurigen, uͤberall ſelbſt forſchenden Juͤnglinge
ſeit ihm in Jena nicht allein in der Philoſophie, ſondern auch in der bibliſchen
meneutik urid Kritik ein neues Kicht aufgegangen war, das Studium der Xt
in der damals üblichen Form nicht gefallen. Faſt entfchloffen es aufzugeben,
ten ihn Griesbach's Vortefungen, der 1775 in Jena auftrat und kurz zuvet
Neues Teft. herausgegeben hatte, wieder mit der Theologie aus, und er
nicht, ſich bei Eichhorn und Danovius weiter auszubilden. 1778 ward er
fter, und erhielt 1780 eine theologifche Repctentenftelle in Goͤttingen, nebſt der
laubniß, Borlefungen zu halten, 1783 wurde er Prof. der Philoſophie am
naftum zu Dortmund, und zwei 3. fpäter erhielt er eine Profeffur in Autderf,
der das Diaconat an der Stadtkirche verbunden war. Keine dort gehaltenm
gelvorträge gab er (Nürnb. und Altdorf 1789) heraus. Nachdem er 1787 D.
Theologie geworden, und 1793 in die zweite theologifche Yehrftelle und in daB
chidiaconat eingerüdt war, wurde er 1804, an Paulus's Stelle als Prof. der
logie nad) Jena berufen, wo ex 1812, nad) Griesbach's Tode, in die erſte
Gabriel Gaeta 9
Adlle aufelidte und den 17. Bebr. 1826 flach. — Inf. Schriften, bie
fächlich mit der Kritik und Eregefe des N. T. befchäftigen, zeigt er ſich als
iger Denker und grünblicher Gelehrter, frei von vorgefaßter Meinung,
berzeugung folgend. So ſchon in |. Entwurf einer Hermeneutik des
ludorf 1788) und einer „Hiſtor. krit. Einleitung” in daſſeibe (ebendaſ.
Seine Herausg. von Eichhorn's „Urgefchichte” hat, wenn ihr auch mehr
heit des Styls zu wuͤnſchen wäre, doch durch bie Einleitung und die hin⸗
men Anmerk. bleibenden Werth. Ein Nachtrag dazu iſt f. „Neuer Vers
die Moſaiſche Schöpfungsgefchichte” (Altdorf 1795). Auch das „Theo
surnal”, daß er anfaͤnglich mit Hänlein, Ammon und Paulus, fpätes
mögab, enthält von 1796 — 1811 eine Reihe ſchaͤtzbarer Auffäge der ges,
Schriftfteller im theolog. Fache. Seine Programme und Differtationen
ſtens in frühere Zeit. 1824 fg. gab er „J. J. Griesbachii Opusc. aca-
taus.
briel (Held Gottes), nach ber juͤdiſchen Mythologie einer der 7 Erzen⸗
em Propheten Daniel ſeinen Traum auslegte. Er kommt auch in der
von Tobias vor. Nach der bibliſchen Erzaͤhlung verkuͤndigte er dem Za⸗
e Geburt des Johannes und ber Maria die Geburt des Heilande. Nach
inen ift er der Todesengel für die Seraeliten, und alle israelitiſche Seelen
m den Unterfeeleneinnehmern (dies find Engel, welche bloß zum Abholen
mmten Seele gefchaffen worden und nach deren Ablieferung von der Welt
an ihn abgeliefert. Nach dem Talmud ift Gabriel ein Fuͤrſt des Keuers
ven Donner und das Reifen der Srüchte gefegt. Er brannte auf Jehova's
n Tempel mit an, ehe Nebukadnezar's Krieger ihn anzuͤndeten, und ber
immte über ſich felbft ein Klaglied an. Einſt wird er Jagd aufden Fiſch
machen und ihn mit Gottes Huͤlfe uͤberwaͤltigen. Nach der mohammes
Mythologie ift er einer der vier von Bott befonders begnadigten Engel, mit
mg ber göttlichen Rathſchluͤſſe beſchaͤftigt, und Engel der Offenbarung,
z erdem Mohammed den ganzen Koran eingab. Einſt verzüdte er den
ed in den Äther und führte ihn fo ſchnell durch alle 7 Himmel, daß der
en bei dee Hinfahrt umgeftopenen Nachttopf bei der Wiederkehr noch vom
Mfturz abhalten konnte. A.
brielli (Katharina), eine ber berühmteftenSängerinnen des 18. Jahrh.,
om 1730, die T. eines Kochs, genoß den Unterricht Garcias's (lo Spa-
und Porpora’6. 1747 fang fie auf dem Theater von Lucca mit allges
nounberung. Kaifer Stanz I. berief fie nad) Wien. Der Unterricht,
n Metaftafio empfing, vollendete ihre-Bildung. Ihr Talent war mit
jenfinn gepaart, worliber viele Anekdoten in Umlauf find. 1765 berief
n Katharina fie nad) Peterburg. 1775 ging fie nach London und 1777
en zurüd. Gegen 1780 begab fie ſich nad) Mailand, wo fie mit Mars
iferte. Die Sänger überhaupt ſcheuten ſich, mit ihr aufzutreten. Pac⸗
ielt ſich für verloren, als er das erſte Mat mit ihr auf der Bühne erfchien.
ine ihrer Stimme volllommen angemeffene Bravourarie, und entwidelte
zanzes Talent in foldyem Umfang, daß der arme Pacdhierorti mit lauten
hinter die Gouliffen floh, und nur mit Mühe beroogen werden konnte,
vorzukommen. Noch im 50. Jahre feßte ihr Gefang Altes in Erſtau⸗
ie farb 1796, nachdem fie ſich feit 1780 vom Theater zuruͤckgezogen
M
ta, neapolitanifche Feſtung, am Golf gl. N., hat 10,300 Einw.,
of, liegt 26 Stunden von Rom und 15 von Neapel, auf einer ſchroffen
welche nach Virgil („„Aen.“ 7, 1.) ihren Namen von Gajeta, des Änras
. Sie wurde vor Rom gegründet, hatte nach dem Untergange des
480 | Gaẽta (Herzog von) Gaͤhrung
roͤmiſchen Reichs eine Zeitlang eine republikaniſche Verfaſſung, und wur
von Herzogen regiert, die ben Papſt als Lehnherrn anerkannten. Gie iſt
ftärkiten Seftungen Europas, indem ihre Lage nur von der ſchmalen Land
den Angriff erlaubt. Ihre Umgebungen find höchft reizend, und die viel
chen Landhaͤuſer der Vorftadt — fchon die Römer hatten deren an dieſer
baren Küfte eine große Menge — machen das Ganze äußerft romantifch.
im Mittelalter mehrmals, namentlid, 1435 von König Alfons von Arag
Jagert ; in der neuern Zeit hat es drei denkwuͤrdige Belagerungen erfahrer
nahmen die Öftreicher, unter General Daun, G. nad) drei Monaten mit
1734 ergab ſich die Befagung, nachdem fie fi vom Anfang April bie zun
vertheidigt hatte, den vereinigten Waffen Frankreichs, Spaniens und ©:
duf ehrenvolle Bedingungen. Seitdem noch mehr befeftigt, wurde ©. 1
den Franzoſen belagert. Der Commandant derfelben, der heldenmuͤthi
Ludwig v. Heflens Philippsthal, verweigerte nämlich, als die neapolit. R
dem franz. Heere im Schr. d. 3. den Befig von ©, zugefichert hatte, bie I
und nöthigte den Feind zu einer förmlichen Belagerung. Der Prinz hiel!
zum Juli, als eine faft toͤdtliche Verwundung durch eine Bombe ihn nöth
nach Sicilien uͤbecſchiffen zu laſſen, worauf die Feſtung am 18. Juli capit
Gaeta, Herzog von, . Gaudin.
Gährung, die von felbft erfolgende Mifchungsverinderung, wı
organiſche Körper, nachdem die Vegetationds oder Lebinsverrichtungen ı
haben, unterworfen find. Die hemifchen Affinitätegefege, roelcye von be
kraft beherefcht wurden, werben nach dem Tode einzig wirkſam und es e
frelwillige Entmifyung. Zur Gährung find nothwendig: ein gewiſſer
Wärme, ein beftimmtes Maß von Seuchtigkeit, und der freie Zutritt der a
rifchen Luft. Die Körper verändern durch die Gährung ihre ganze Na
gehen in andre Subſtanzen über, welche nad) dem Grade und der Dauer
rung verfchleden find. Man unterfcheidet nämlich drei Grade oder Arten
ung: die Weingährung, die faure Gaͤhrung und die faule Gährung, n
tere auch Faͤulniß heißt. Wenn fchleimichte Fihfjigkeiten aus dem Pflan
zu deren Beftandtheilen auch der Zuderfloff gehört, z.B. der Moſt von X
ben und andern Beeren, desgleichen Obftiäfte u. f. w., einer Zemperatu
gefähr 70° Fahrenheit auegefegt werden, fo nimmt man bald eine Veraͤnd
Miſchung ihrer Beſtandtheile wahr. Der Moſt leidet eine innere B
wird truͤbe, in einen groͤßern Umfang ausgedehnt, brauſt und entwickelt c
faures Gas, welches duch Verbindung eines Theile des Sauerſtoffs rn
Theile Kohlenftoff entfteht und die Urfache des Brauſens ifl. Auf der £
der Fluͤſſigkeit fondert ſich eine fchleimartige Maffe ob, welche man E
Gaͤſcht (Hefen) nennt. Im Fortgange der Gährung verbindet ſich e
Theil des Sauerftoffs mit dem Wafferfkoffe und einem Theile des Kol
welches ein Alkohol (möglichft gereinigten Weingeift) gibt. Das Alkobo
Eohlengefäuerte Gas find alfo die Erzeugniffe des erften Grades der Gaͤh
Weingaͤhtung. Die Flüffigkeit, die vorher Moft hieß und Zuckerſtoff
bat nun keinen Zuder mehr, weil ſich diefer in feine Beſtandtheile, Waffe
Kohlenſtoff, aufgelöft hat und beide ganz andre Verbindungen eingegan
Der durch diefen erfien Grad der Gaͤhrung entſtandene Wein verändert
fyungsverhäftniß aufs neue, fobald Waͤrme und Luft fortdauernd auf ik
und es erfolgt die faure Gährung, wodurd der Wein, indem der Sau
atmofphärifchen Luft fidy mit ihm, oder genauer, mit dem Waſſer⸗ ode
ftoffe verbindet, in Eſſig verwandelt wird. Bei dem Übergange bes Wein
bemerkt man folgende VBrränderungen. Die Fluͤſſigkeit truͤbt ſich aufs
fegt fich eine fadenaͤhnliche Materie auf der Oberfläche an, und zugleich fü
Gagern 481
efadenartige Maſſe ab. Der gelſtige Geruch und Geſchmack, ſowie bie berau⸗
ende Kraft, welche beim Weine vom Alkohol herruͤhrten, find nicht mehr vor»
um; das Alkohol iſt zerfegt und die Fluͤſſigkeit ſchmeckt nun ſauer. Um indeß
Bein in Gaͤhrung zu bringen, iſt erfoderlich, daß er noch nicht ganz von feinen
mihten Beftandtheilen befreit, der freien Luft und einer Wärme von 75 —85°
eit ausgefekt fel. Die dritte Art der Gaͤhrung, die Faͤul niß (ſ. d.) ers
nenn man den Effig ferner der Luft und Wärme ausfept. Es geht dabei der
offin Gasgeftalt, und der Sauerftoff, in Verbintung mit dem Rohlene
und Würmeftoffe, ale kohlenfaures Gas fort. Der Geruch ift nunmehr
ckelhaft und faulicht; der Geſchmack nicht mehr fauer, fondern faul, Die
Gaͤhrung bietet nach Befchaffenheit der Umſtaͤnde fehr verfchisdene Erſchei⸗
dar. he find alle Körper der beiten organifirten Naturreiche unterwor⸗
Doch ift zu merken, daß keineswegs alle Körper nad) und nach dir Weingaͤh⸗
die Effiggährung und die Faͤulniß in einer nothwendigen Stufenfolge durch⸗
Thieriſche Körper gehen ohne dieie unmitt:Ibar in Faͤulniß uͤber, weil fie
Zuderfloff enthalten. Andre Körper gerathen in die Effiggährung und aus
in Fäufniä, ohne dag die Weingährung vorausgegangen. Fourcroy nimmt
Deine Zucker: und eine Teiggährung an, und begreift unter der erften die Bils
ddes Zuckerſtoffs in verfchiedenen Pflanzentörpern, befonder® in Früchten, bie
Bebgenommen, nachher erft reifen und zuckerſuͤß werden; unter der letztern aber
g des Mehlteiged, die nach ihm der Anfang einer von felbft erfolgenden
kung it, die mit Faͤulniß endigen würde, wenn man fie nicht durch das Bas
Wrhinderte. Die Gaͤhrung ift überhaupt als diejenige Wirkung der Natur
Beachten, durch welche fie Die organiſchen Körper wieder in ihre Grundbeftands
reuflöft, um diefe alsdann zur Bildung neuer organifhen Weſen anwenden
Gagern (Hans Chriftoph Ernſt, Freiherr v.), geboren 1766, politifcher
Etfteller, Redner u. Staatsmann, k. niederl. Staatsrath, geweſ. außerordents
Geſandter und bevollmaͤchtigter Minifter des Könige der Niederlande, als
herzogs von Puremburg, bei dem beutfchen Buntestage, und bei der freien
tFrankfurt. In fehr jungen Jahren wurde ihm die Leitung der naſſau⸗weil⸗
Ken Geſchaͤfte als Präfident aller Tribunale anvertraut. Das Gewicht dies '
se im fürftl. Haufe legte die Leitung der politiſchen Angelegenheiten, fo weit
atſchland betraf, in feine Hände; daher ging er nach dem Frieden zu Lune⸗
ach Paris, mo er unter die von Talleyrand am meiften ausgezeichneten Unter⸗
er gehörte, und nicht nur eine reiche Entfchädigung in den 3. 1802 und 3 bes
, fondern auch den dltern Namen des fuͤrſtlichen Haufes in der Krijis 1806
ı und demfelben bei der Mediatiſirung den bedeutendflen Zuwachs erwarb.
Mast durch diefen Erfolg, wendeten ſich hernach fo manche deutfche Fuͤrſten
kerdens an ihn, um den Zweck der Schaltung und des Beitritt6 vermöge des
tiſchen Praͤſidialamtes ber Fuͤrſtenbank zu erreichen, und viele folcher Beitritts⸗
um befinden fich in den Staatsacten von ihm unterzeichnet. Er ſcheint nachs
ſNapolron Mißtrauen gefegt zu haben, verließ den Dienft, und ging deßwe⸗
Wer aus andern Sründen, nach Wien. Um diefe Zeit fchrich er das durch
ſichr Kenntniffe, Beift und Darftellung gleich ausgezeichnete Werk, welches ohne
ram erfchien: „Die Refuttate der Sittengefchichte‘. I. Die Fuͤrſten. I.
Beraetmen. II. Demokratie. IV. Der Staaten Verfaffungen. V. und
Ferundſchaft und Liebe. VII. Der Einfichter. Zu Wien erfchten 1812 in
I. Bd. der „Nationalgeſchichte der Deutichen”: ein Merk, das Auffehen
8. Die 2. verb. Aufl. in 8. Srankfurta. M. 18235 der 2. Bd. (bie zum
Brmeich) 1826. Er ftand damals mit Hormayr und dem Erzherzog Johann
Bauer Verbindung, hatte Theil an einem Entwurfe zu einem neuen Aufftande
av.⸗ Lex. Siebente Aufl. Bd. IV. 31
482 Gahr Soll
In Tirol 1812 — 19, der an der Aufhebung eines engl. Couriers In Brüm fi
terte, wurde nun aus Öftreich entfernt und ging in das ruffifch-preusfi. Haupta
tier, dann nad) England. Allenthalben wirkte er für die Befreiung Europas
die Ehre Deutfchlande. 1814 verwaltete er als dirigirender Staatsminiſte
oranifchen Fuͤrſtenthuͤmer. 1815 nahm er als Gefandter des Könige der Nic
lande Theil an den Gefchäften des Eongreffes zu Wien, und unterzeichnete den:
April die Zutrittsncte des Königs der Niederlande zum wiener Bunde ber af
ſchen Hauptmächte gegen Napoleon ; aud) flimmte er in dem Ausfchuffe fie;
Erlaffung einer neuen Erklärung des Congreſſes gegen den Ufurpator, weiche d
Maid. 3. von ihm mit unterzeichnet wurde. Den 31. Mai unterzeichneten
Vertrag des Könige der Nicderlande mit Preußen, England, Oſtreich und
fand, durd) weichen die Verein. Niederlande und die beigifchen Provinzen ai
Königreich anerkannt, Ruremburg ald Grofherzogthum und deutfcher Bundeii
nebft der Bundesfeftung Luremburg, dem König der Niederlande ftatt feiner |
ſtenthuͤmer Neu:Diltenburg, Siegen und Hadamar, erb⸗ und eigenthämfich
laffen, und die Grenzen des Königreich& und Großherzogthums beflimmt, DI
burg, Dies, Siegen und Hadamar aber an Preußen abgetreten wurden. 8
Juni unterzeichnete ex, ald Bevollmädjtigter ded Königs der Niederlande; fir
beutfchen Staaten die deut[che Bundesacte. Bon da ging er nady Paris zum
geh, bewirkte die Erweiterung bes neuen nieberländifchen Königreiche, beftank
geblich auf der Ruͤckgabe des Elſaſſes an Deutfchland, trug aber dazu bei,
Kunſtwerke an ihre rechten Eigenthümer zuruͤckkamen, wie aus Martend’s;,
cneil‘‘ hervorgeht. Dann erfchien er bis 1818 am Bundestage, mo feine
viel Scharffinn und Genialität, Einficht, Freimuth und Patriotismus x
In ſ. Staatöfchriften und Reden am Bundestage hat Deutfchlund ben helm!
und die Eräftige Sprache dieſes für die politifche Würde, die Nationalehee u
innern Rechtszuſtand des deutfchen Bundes eifrig bemühten Staatsmen
Achtung anerkannt. In ſ. Briefwechſel mit dem Fürften v. Metternich, we
oͤffnung des Bundestages, drang er ſtets auf die Ausführung folcher Maße
welche die politifche Einkeit der deutfchen Nation feftftellen Einnten. Er |
A. die Wichtigkeit, den Namen Reich, und das Symbol der Einheit bes den
Bundes in der Kaiſerkrone beizubehalten. Auch war er es, der ein nachdruch
Wort ſprach fr die Erörterung der landftändifchen Verfaffung in den b
Bundesftaaten, und darauf antrug, daß der Bundestag dem Großherzß
Sachen: Weimar feinen Dank bezeugte, für da am 2. Dec. 1816 dem B
tage zur Gemwährleiftung vorgelegte fadyfen » weimarifche Verfaffungsgefet.
arbeitete er mit dem Ausfchuffe, der Maßregeln wegen ber Seeräubereien be
baresken in Hinſicht auf Deutſchland vorfchlagen follte. Noch gab er die „ER
relatives au dernier traité des puissances allieces arec la France‘ (9
1816) u. a. kl. Schriften heraus. Über f. dem Bundestage mitgethrilte A
ſchrift, die Auswanderung betreffend (Frankf. a. M. 1817, 4.), f. Ausmai
rung. 1820 wurde er zum Mitglied der heffen » darmſtaͤdtiſchen Landfläub
wählt und privatifict jegt auf einem f. Landgüter, nachdem er 1821 vom nie
diſchen Hofe penfionirt worden.
®ahr nennt man alle Körper, die durch Zubereitung vermittelft bed]
des Waſſers, der Salze, Laugen u. f. mw. in den Zuftand gekommen find,
fie verfegt werden follen. 3.38. lohgahres Leder, Gahrkupfer u. f. w.
Gail (Sean Baptifte), Hellcnift, geb. zu Paris 1755, erhielt 17%
Profeffur der griech. Sprache am College royal. Damals erſchien die erſt
gabe [. Stollen des Theokrit (griech., franz. u. lat., Paris 1792). 1809
er in die dritte Staffe des Nationalinftituts aufgenommen. Ludivig X VRR
thelte ihm 181% das Kreuz ber Ehrenlegion, und ernannte ihn im Nov. b.
Gaillarde Galba 483
ıffeher über die griech. und lat. Handſchriften der €. Bibliothek. Mehre Jahre
zdurch las er Öffentlich über griech. Sprache und Literatur. Wegen kuͤhner und.
haltbarer Behauptungen (vorzüglidy in f. „Recherches historiques et militaf»
ssur la geographie comparee par é poque““, worin er zwei Städte des Alters
ums, Delphi und Olympia, aus den harten ausftreichen und ganz neue Anſich⸗
avon den Schlachten bei Mantinea, Platka und Marathon aufftellen mollte)
hehe ex von feinen Collegen lauten Widerſpruch. Es find drei Sammlungen von
eis Ausg. griech. Schriftfteller erfchienen, mit lat. und franz. Überf. Darunter
finden fich Thucydides, Zenophon, die drei Idyllendichter, mehre Werke ber attis
ſen Reber, des Lucian, einige Gefpräche des Plato, Anakreonıc. Kon feiner
D. polemifchen Zeitfchtift: „Le philologue, ou recherches hist., geograph.,
BB. etc.‘‘ erfchien Paris 1824 der 15. u. 16. Bd. K.
Gatllarde, ital. Gagliarda, ein veralteter ital. Tanz von froͤhlichem
herakter und lebhafter Bewegung, deſſen Melodie in 2 Takt geſetzt wird. Man
Rate ihn auch Romaneske, weil er urſpruͤnglich aus Rom ſtammen ſollte.
Galaktit, Milchſtein, ein grauer Stein von ſchoͤnem Anfehen, ber ges
Buert im Waſſer einen Milchſaft gibt.
Galaktometer, Mitchmeffer, erfunden von Cabet de Baur. Grab
b zeigt die ganz reine Milch; Grab zwei, Mitch mit einem Viertel Waffer ;
wddrei, Milch mit einem Drittel Waffer; Grad vier, Milch mit der Hälfte
affer. Indeß ift bekanntlich jede letzte Milch fetter als die erſte bei der Melkung,
ner die Milch einer fchiwerträchtigen Kuh fetter als diejenige einer frifchmilchene
1; auch bt die Nahrung und die Jahreszeit, ja die Megenzeit, einen Einfluß auf
I Butterreichthum der Milch. Der Gebrauch fcheint daher unficher zu fein.
Balanterie, ein artiges und feines Berragen gegen das weibliche, Bes
he, jedoch mit dem Mebenbegriffe bes leeren Scheine, oder hervorſtechender
malichkeit und loderer Sitten. So beſtimmt Montesquieu die Galanterie als
tbelicate, leichte, ewige Lüge der Liebe”. Die in Frankreich urfpränglich eine
niſoe Salanterie war ber Schein der ehemaligen Chevalerie, und zugleich bie
keztung derſelben. ’
Balatea, T. des Nereus und der Doris. Der Cyklope Polnphem vers
be die reizende Nymphe mit feiner Liebe, ohne für feine Seufzer mehr ale Spott
meinnen. Gluͤcklicher war der ſchoͤne Schäfer Acis in Sicitien, welcher ſich ihe
Begenliebe erfreute, und den Tod für fie litt. Denn als beide einft von Poly⸗
w in zaͤrtiicher Umarmung Überrafcht wurden, fchleuderte derfelbe in eiferfüchtis
uch ein Felsſtuͤck auf fie, welches den Acis zerfchmetterte, während Galatea
Meer fluͤchtete. Acis in einen Bach verwandelt, eilte nun dem fichern Aufent«
tf, Beliebten zu. M.
Salatien, ein Theil Großphrygiens, bewohnt von ben Balatern, einem
Bid von Griechen und Galliern (Kelten) ; baber audy der Name Gallogräc,
aus ſpaͤter Galataͤ wurde.
SGalblba (Sergius, oder Servius Sulpicius), Nachfolger des Nero, geb. &
Che. aus dem alten, berühmten Sulpiciſchen Gefchlechte, wurde vor bem geſet⸗
m Alter Prätor, dann Statthalter von Aquitanien, und ein Jahr darauf Gonful,
zala ernannte ihn zum Feldherrn in Deutſchland. Bald trieb er die Deutſchen,
de in Ballien eingefallen waren, zurüd und ftelite die alte Kriegszucht wieder
‚ Mad) Galigula's Tode ließ er ſ. Völker dem Claudius ſchwoͤren, der ihn das
in die Zahl f. vertrauteften Freunde aufnahm, und ihn ald Proconful nad) Aftis
Kite, wo Unruhen ausgebrochen waren. alba führte in 2 Jahren bie Ord⸗
Bjurüd, empfing die Zriumphinfignien und rı « ye unter die Priefter des Aus
Bas aufgenommen. Seitdem lebte er bis in die Mitte der Regierung des Nero
Beimgejogen, um keinen Verdacht zu erzegen. Nero . ifn aus eigner
434 | Galeme -. Galen Chriſtepd Bernhard von)
Bervegung zum Statthalter von Hifpania Tarraconenſis, ward jedoch balb fo
Ihn erbittert, daß er Befehl gab, ihn heimlich hinzurichten. Da empörte ſich E
fand aber große Schroierigkeiten, als die Nachricht von Nero’8 Tode (68 n.
kam, und daß er felbft von den prätorianifchen Cohorten in Rom zum Kaifer
gerufen worden ſei. Gefandte vom Serat machten ihm feine Erhebung bek
Sr begab ſich nach Rom, und lisß verfchiedene Aufrührer hintichten. Hier
aber, ſowie durch die Nachficht f. Freunde, die er unumſchtaͤnkt walten lieh,
durch Üübertriebenen Geiz erregte er bald allgemeine Unzufriedenheit. Kaum.
er fein zweites Conſulat angetreten, als ſich die Legionen in Oberdeutfchland c
ihn empoͤrten. Dies bewog ihn, fich unter dem Namen eines adoptirten Go
einen Mitregenten zu wählen. Statt des Otho, den die Soldaten liebten
nannte er dazu den Pifo Licinianus, der wegen f. ſtrengen Tugend verhaft ı
Dtho, durch dlefe Zuruͤckſetzung beleidigt, faßte den Entfchluß, ſich der Herrid
mit Gewalt zu bemächtigen. Die prätorianifchen Cohorten erklärten ſich zuerf
ihn, und Salbe, umſonſt bemüht, die Ordnung herzuftellen, wurde, ald er
eharnifcht nach dem-Prätorium tragen ließ, überfallen und niedergehauen (69
hr.). Er mar 728, alt und hatte 3 Monate regiert. _ K
Galeere, eine Art langer, ſchmaler Schiffe mit niedrigem Ber, ı
welchem man ſowol Segel als Ruder gebraucht. Die gewöhnlicdye. Länge iR.
Klaftern. Nebſt zivei Kanonen von mittelmäßiger Größe und zwei Heinen fh
fie auf dem Vordertheil noch einen Vierundzwanzigpfünder, welcher Corfiero, (6
fler, heißt. Auf jeder Seite find 25 — 30 Ruderbaͤnke, und an jeder Bankb
6 Ruderknechte. Außer dem mittelländifchen Meere, wo die Galeeren am
ebraucht werben, haben dergleichen Frankreich auf dem Ocean, und Ruplndı
pweden auf der Oftfee. Die Türken und Barbaresken gebrauchen zur Ad
aufden Galeeren, welche befonders im Rudern befteht, hauptſaͤchlich Chriftf
ven 5 In den enropdifchen Staaten müffen dazu verurtheilte Verbrecher biefe [di
Arbeit verrichten.
Galen, berühmter u. d. N. Kelten,. ein in der alten Welt rocitoerhreit
Bolt von ungewiffer Abkunft. Ihren Namen leitet man ab von Wallm,
Wallia, Wandalen, Wallonen, wegen der alten Wanderumgen derfelben in I
und Stalien. (Liv.,I,33,38,16; Flor.,2,11.) Bon Gallien aus dras
Schwaͤrme von ihnen nach Britannien und den bazu gehörigen Inſeln. Diea
Caledonier, Picten und Scoten find mit ihnen einerlei Stammes, auch die Wall
wie fhon der Name Wales zeigt. Außerdem war Oberitalien, der untere 2
von Deutſchland Länge der Donau bis Pannonien und Illyricum, ſowie Helv
mit Colonien von ihnen befeßt. Zu der Zeit, wo die Gefchishte zuerft ausfüubrk
von ihnen fpricht, erfcheinen fie nicht ganz ohne Bildung. Wir finden bei ih
. die merkwürdige Druidenreligion, Gefänge der Barden, und cine Art Staats⸗!
Kelegsrinrichtung, die zulegt, bei der Uneinigkeit ihrer Sürften, den Roͤmern um
lag. Ein Zug von ihnen drang bis Griechenland, Thracien, Kleinafien vor, I
wurde unter dem Namen der Galater (Paus. Att., 3) mehr als einmal furchth
In Frankreich diirfte indeß von den alten Galen wenig mehr übrig fein. F
aufder einen Seite von den Belgen und Kymren, auf der andern von den Röm
verdrängt, tourden fie am Ende von teutonifhen Nationen überwunden, dl
Galen und galliſche Sprache nur nod) an den aͤußerſten Enden ihrer Beſttzthuͤn
in Irland, den Hebriden und tem jchottifhen Hochland gefunden murben. (
Baltlier) - dd
Galen (Chriftoph Bernhard v.), der Eriegerifche Biſchof von Min
aus einem alten Sefchlechte U x tfalens, trug anfangs die Waffen, legte fie d
nieder, um ein Kanonikat von Münfter anzutreten. Zum Biſchof ven
1000 erwähnte, mußte er Dünfter, das ſich ihm widerſetzte, belagern. (Er abbe
Galenus Galeote 485
1661, und ſieß eine Citadelle erbauen. 1664 wurde er zu einem der Fuͤhrer
KReichtheers gegen die Türken in Ungarn ernannt. Im folg. J. legte er den
ariſch fer England gegen die Holländer an, und trug mehre Vortheile über fie
nen. Der Friede wurde 1666 auf Lubwige XIV. Bermittelung geſchloſſen.
Kl brach der Krieg um eine Herrfchaft, weiche Holland ihm vorenthielt, von
wem aus. Im Bunde mit Frankreich entriß er den Verein. Staaten mehre
Waidte und feſte Plaͤtze. Nachdem der Kaifer ihn genöthigt hatte, Frieden zu
, verband er ſich mit Dänemark gegen Schweden, und machte neue Erobes
1674 verband er ſich mit Spanien und lieferte den Holländern Zruppen.
war ein Mann von feltenem Unterncehmungsgeift, einer ber größten Heerführer
Yt, ein gervandter Diplomat in der Schule Ferdinands von Baiern, und würde,
a fo viel Macht als Muth befeffen hätte, ein ziwelter Alerander gervorden fein.
Bach den 19. Sept. 1678 in f. 73. 5.
Balenus (Claudius), ein griechifcher Arzt, geb. 113 n. Chr. zu Perga⸗
ia Kleinafien. Sein Vater, Nikon, ein geſchickter Baumeifter und Mathe
ließ ihm eine forgfältige Erziehung geben, und widmete ihn der Arzneikunſt.
G. den Unterricht mehrer berühmten Arzte genoffen, befuchte er Lycien,
ina und Alerandria, welches aud) damals noch der Mittelpunkt der gelehrten
Memwar. Cr befleißigte ſich befonders der Anatomie, und kehrte, 24 J. alt, in
VBaterland Pergamus zuruͤck, wo er eine Öffentliche Anſtellung erhielt. Ein
bewog ihn in f. 30. 3. nach Rom zu geben, wo er durch gluͤckliche Euren,
durd) feine Geſchicklichkeit in der Prognoftif großen Ruhm gemann, und
EReid der andern Ärzte in ſolchem Grabe auf ſich 309; daß er f. öffentlichen
iſchen Borlefungen, ihrer Anfeindungen twegen, aufgeben, und endlidy nad)
dechenland gehen mußte, gerade als in Rom eine anftedende Krankheit auge
Kra war. Er durchrelfte verfchiedene Kinder, um merkwürdige Naturerzeugniffe
Irneimittel an Ort und Stelle zu unterfuchen, und wurde nach einem Jahre
aden Kaifern Marc Aurel und Lucius Verus nad) Aquileja berufen. Hiet bee
er den Theriak. Galen hat als Arzt und Philofoph große Verdienfle, befon«
duch, daß er die empirifche Pathologie vervollkommnete und zu einer richti⸗
eorie der Empfindungen und der eigentlich thierifchen Verrichtungen bed
yerd den Grund legte. Seine Schriften zeugen von einer gründlichen, durch⸗
ker, nicht bloß hiftorifchen Kenntniß der älteren griechifchen Syſtemeder Philos
bie umd verbreiten ſich Über alle Theile der Mebicin. So zahlreich fie auch find,
efiten wir doch nur einen Theil derfelben, denn viele verbrannten, als frin Haus
Rem von den Flammen verzehrt wurde. Nach Fabricius haben wir von Galen
este Schriften, 18, welche offenbar untergeſchoben find, Brucftüde aus 19
ern gegangenen, und Commentare lıber 18 Schriften des Dippokrated. Bon
mieten gegangenen Schriften werden in Fabricius's Bibliothef 50 medicinifche
118 meift phitofophifche angeführt. Die Attefte, volftänd. aber bloß griech.
Be. {ft die Aldine 1525, Fol., worauf die bafeler, ebenfalls bloß griechifche 1538,
\, and Lie gricch.siateinifche von Ren. Chartier in 13 Kol. Bdn., mit dem Dips
zugleich (Paris 1679) folgte. Seit 1819 hat Prof.D. Kuhn in Leipzig
Enme griechiſch⸗lateiniſche Ausg. unternommen. Deutfche Überf. einzelner
hriſten haben wir von Sprengel und Nöldede.
Galeniſten, f. Taufgefinnte.
Galeone oder Gallione bieken fonft bei den Spaniern und Portugies
ı Rriegöfchiffe von eigner Bauart, die 3 — 4 Verdede über einander hatten, jegt
ſe sicht mehr gebräuchlich find. Gegenwärtig verfteht man unter den Galeonen
Be, auf weichen die Spanier die Schaͤtze aus Peru und Terra⸗Firma abholten.
l debei Interefficten Kaufleute befamen davon den Namen Galioniften.
Saleote (Galiote), eine Art kleiner Galeeren, die zum geſchwinden Lauf
486° GaleriſeGaaliani
geſchickt find, und auf der Selte 16 — 20 Ruderbaͤnke haben, deren jebe nur
einem Ruderknecht verfehen iſt. Die Ruderknechte find zugleich Soldaten, w
die Muskete führen. Bombardiergaliote, ein ſolches Fahrzeug, das
Bombardement von Sreplägen gebraucht wird.
Galerie (Gallerie), in der Baukunſt ein langes, ſchmales Zimmer,
fen Breite wenigſtens drei Mat in der Länge enthalten ift, durch welches Berk
niß fie fid) vom Saale unterfcheidet. Bisweilen nennt man in großen Gebdul
tool auch die langen ſchmalen Gaͤnge, die zur Verbindung der Zimmer diene, &
. fonft Corridors heißen, Galerien. Der eigentlichen Galerien bedient man fh
Spiel, Tanz, Muſik, und fie find deßhalb gemeiniglich mit Gemälden, Binks
arbeit u. a. Kunſtwerken verziert. Daher nennt man auch Sammlungen von
mälden u. a. Werken der bildenden Kuͤnſte Galerien, wenn fie auch nicht in rat
fondern in mehren an einander ftoßenden Zimmern ſich befinden. Das erfte ©
ſpiel der Antegung einer Galerie aus dem Alterthum iſt das von Verret, Im
kannten Plünderer Siciliens. In dem neuern Europa hat die florentinifät «
Slorenz) von Cosmus II. angelegt, lange Zeit als die berühmtefte und w
gegolten. Jetzt macht die Galerie de Louvre zu Paris jeder andern den
flreitig, und fteht, ungeachtet der Sichtung vom J. 1815, ſelbſt vor der
niſchen und der des Palaftes Pitti zu Rom. In Deutſchland find die berki
zu Dresden, Wien, München, Berlin. (Bl. Mufeen und Kunftfa
lungen.) Enthalten diefe Galerien Werke großer Meifter aus allen
und Perioben, fo geben fie dem Kuͤnſtler Gelegenheit zu Vergleichungen, um
Gute jeder Schule, jedes Meiſters kennen zu lernen, und uͤber Werden,
und Sinken der Kunft, über Styl, Manler und Behandlung der verf
Kuͤnſtler Betrachtungen anzuftellen. — In unfern Theatern nennt man Gald
die oberften, der Dede naͤchſten, Piäge für die Zufchauer, welche, da fie bie
feilften find, von dem Theile des Publicums eingenommen werden, der bie
ſten Piäge fuchen muß.
Galiani (Zernando), Staatsmann, Denker, geiſtreicher Schrift
und witiger Gefellfchafter, der Sohn eines k. neapolit. Auditeurs, kam jung I
Neapel, wo ihn fein Oheim, Geleftino Galiani, Erzbiſchof von Tarent und E
kaplan des Königs, der 1740 nach Rom ging, von ben Coͤleſtinern in der M
matik und Phitofophie unterrichten ließ. Als der Erzbifchof zuruͤckgekehrt
nahm er ihn wieder zu fih, um ihn die Rechte ftudiren zu laffen. In einem?
von 20 J. las G. in einer akademiſchen Sefelifchaft eine Abhandlung über de
fland des Geldes zur Zeit des trojanifchen Krieges. Der ihm gewordene B
feuerte ihn an, diefen Gegenftand in einem großen Werke über das Gerd abzel
bein, welches er, ohne ſich zu nennen, in dem folg. 3. herausgab. Er hatte
Vergnuͤgen, feine Srundfäge von der Regierung angenommen zu fehen. Un!
Beit widmete ex ſich dem geiftlichen Stande, und ging, wohl außgeftattet mi 9
den, nad) Rom, wo er vom Papft (Lambertint) Benedict AIV. freundlich a
nommen wurde. Er befuchte Padua, Turin und die übrigm Hauptſtaͤde
liens. In ber Folge ward er als Geſandtſchaftsſecretair nach Paris zu bem 1
fen Caeillana, neapolitaniſchem Geſandten dafelbft, geſchickt, und verwaitl
Geſchaͤfte allein, als der Gefandte Urlaub erhielt. 1766 hatte er mit
Erlaubniß Paris verlaffen, und wollte eben dahin zuruͤckkehren, als ihm fehl
eine wichtige Sendung Ubertrug, durch welche er Mitglied des Commer
ward. Er zog jedoch die Stelle eines Lrgationsfecretaire vor. Won Part:
er nad) England und in der Kolge nad) Holland, um die fo verſchledenen
tionen beider Länder zu ſtudiren. 1768 kehrte er nach Neapel zuruͤck, wm
Plag im Commerzcollegium einzunehmen, Er fand fortwährend im
mit Diderot, d’Alembest, Voltaire, Batteug, Amaud, WBartheimep, 1
Galilaͤa Galilei 487
A., deren Briefe an ihn mehr als 20 Bde. ausmachen. Mi ſeinen ſel
ten diente er dem Staate in ben wichtigſten Angelegenheiten dis an f.
Det. 1786, während er in mehren Sichern der Wiffenichaften uner⸗
beitete. Die ungemeine Schnellkraft feines Geiſtes machte ihm Leicht,
ſchwer fällt. Vieles, was er nie ftudirt hatte, ergründete er fo ſchnell,
fflich daruͤber fprechen und fchreiben konnte, er fchrieb aber am liebſten
nig bearbeitete Segenftände und folche, bie den Nutzen und Ruhm fels
des zum Zwecke hatten. In einem Briefe vom 13. Dec, 1770 an
van fagte er über fi) und f. Schriften: „Wenn Jemand Über mein
teben etwas fagen will, fo wiſſe er, baß ich 1728 den 2, Dec. (zu Chiett
boren bin, daß ich 1748 durch einen poetifchen Scherz und eine Lob
unfern ehemaligen Henkersknecht Dominico Sannoccone, ruhmwuͤrdl⸗
as, bekannt wurde, daß ich 1749 mein Bud) über das Geld und 1754
Ache über das Getreide herausgegeben, 1755 aber meine Abhandlung
urgefchichte des Veſuvs geſchrieben hate. Sie ift nebſt einer Samm-
her Steine dem Papfte Benedict XIV. uͤberſchickt und nie gedruckt
ner fol man wiffen, daß ich 1755 zum Mitglied der Akademie von
ernannt wurde, und daß ich viel an dem 1. Vde. der Kupfer gearbeitet
) fogar eine große Abhandlung über die Malerei der Alten geſchrieben;
‚die Leichenrede auf Papſt Benedict ATV. (welche mir von meinen
seften gefällt) Herausgegeben habe; daß ich in der Folge Politiker yes
n Frankreich nur Buͤcher gemacht habe, welche das Tageslicht nicht
w. Die Schreibart der oberrsähnten „Dialognes sur Je commerce
yereundert ſelbſt Voltaire; fie bekämpfen mit treffendem Witze die da
nd gewefene Partri der Ökonomiften, und find, obgleich nur Bruch:
tig das außgezeichnetfte der bie jegt befannt gewordenen Werke ihres
u6 deſſen anfehnlichem literarifhen Nachlaffe 1818 zu Paris eine
lance inediteavec M. d’Epinay, leB. de Holbach, Ic B.de Grimm
sonnages celebres da 18. sitcle etc.“ in 2 Bbn. erfchimen if. M.
Iäa, zu den Zeiten Jeſu, die nörblichfte Provinz von Patdfling,
Morgen von dem Jordan, gegen Dlittag von Samaria, gegen Abend
elländifchen Meere und Phönicien und gegen Mittenadht von Syrien
irge Libanon begrenzt, meift von armen Fifchern bewohnt war. Als
3 Chriftenthums hat dies Eleine Land allgemeines Intereſſe. Hier lag
‚dem Jeſus aufwuchs; hier floß der Jordan, an beffen Ufern er fein
ınn und feine Sünger ſammelte; Rana, wo er fein erſtes Wunder vers
ernaum, am See Tiberias, das ihn oft in feinen Mauern fah, Nain,
uͤngling vom Tode erweckte, waren galiläifche Städte; hier lag ber
em er feine Bergprebigt hielt (jetzt der Berg Chrifti genannt), hier der
wo ihn die Juͤnger in feiner Verklärung faben. Die Bewohner dies
urden wegen ihrer geringen Bildung und einfachen Sitte von den Ju⸗
et, und daher auch die Chriften anfangs, weil ihre Meligion vorzüglich
tftanden mar, fpottweife Galitder genannt. Sept ſchmachtet Galllaͤa
ten Provinzen Paldftinas als ein Theil der Statthatterfchaft Damast
er Soriſtan unter dem Drucke der türkifchen Oberherrfchaft, Beduinen
orden ſchwaͤrmen in verödeten Thälern umher, und nur jene heiligen
ı noch von wenigen hart bedrängten Chriften bewacht. E.
Lei (Balileo), um die Naturlchre durch Entdedlungen unſterblich ver
1564 zu Pifa geboren. Sein Bater, Vicenzo G. ein florentinifcher
ieß ihn in den alten Sprachen, im Zeichnen und In der Mufit unter
ei sr fchon früh eine Ichhafte Neigung zu mechanifchen Arbeiten zeigte.
te G. die Univerſitaͤt Pifa, um die Arzneiwiſſenſchaft und die Ariftotes
488 Galilei
fifche Philoſophie zu hören. Letztere, durch den Wuft der Scholaſtik entſte
regte [hen damals in ihm den Widerwillen, der ihn fpäter zu ihrem erkidrtefti
derfacher machte, Früh entwidelte er jenen feltenen Beobachtungsgeiſt,
auszeichnete; kaum 19 3, alt, leiteten ihn die Schwingungen einer im D
Pifa vom Gewölbe Herabhängenden Lampe auf die Geſetze des Pendels, die er
beftimmte und zur Abmeffung der Zeit benugte, wiewol die Idee von der A
dung des Pendels von ihm nur unvollkommen gefaßt, und erft fpäter von ſ.
Vicenzo und befonders von Huygens vervolllommnet wurde, welchen legten
als den wahren Erfinder der Pendeluhren anzufchen hat. Hierauf fludirte cı
Oſtilio Ricci die Mathematik, erfhöpfte bald den Euklides und Acdyimede
wurde durch legtern 15856 auf die Erfindung der hydroſtatiſchen Wage gi
Mathematik und Naturwiffenfchaft befehäftigten ihn jetzt ausſchließlich, um
1689 ward er Prof. der Mathematik zu Piſa. Unabläffig war er bemüht, die
te ber Natur gegen eine verkehrte Philoſophie geltend zu machen, , wofür er jel
Vater der neuein Phyſik gepriefen wird, damals aber die härteften Verfolgung
dulden mußte. Bor vielen Zuſchauern zeigte er durch Verſuche, die er auf
Thurme der Domtirche anftelite, daß das Gewicht auf die Geſchwindigkeit fall
Körper keinen Einfluß habe. Dadurch reiste er die Ariſioteliker gegen fid I
ſtalt, Daß er jein Lehramt nach 2 Jahren niederlegen mußte. Cr begab ſich 5
lippo Salviati, wo ihn Franceſco Sagredo, ein wuͤrdiger Venetianer, kennt
auf deſſen Empfehlung ihn der Senat von Venedig 1592 als Lehrer der Matt
tie nach Padua berief. Hier lager rait auperordentlihem Beifall; aus den
fernteften Gegenden Europas firömten ihm Schüler zu, Er bielt feine Ba
In ital, Sprache, die er zuerft für die Philoſophie bildete. 1597 erfand er den
portionalcirkel. Michtiger find die mathematiſchen Wahrheiten, die er feit
entdeckte, 3. B. daß die Raͤume, durch weiche ſich ein fallender Körper in gl
Beittheilen beivegt, wie die ungeraden Zahlen 1,3,8, 7. . wachen, d. 5. d
fallende Körper, nachdem er in der erften Secunde 15 parifer Fuß durchlauf
in der zweisen 45, in der dritten 75 u. f. w. zurudlegt. Ob ihm bie Etrfi
bed Thermometers gehöre, ift ſchwer zu beftimmen ; vielleicht hat er denſelbt
zweckmaͤßiger eingerichtet. Auch über den Magneten machte er intereffante
achtungen. Das Fernrohr(ſ. d.), das in Holland nicht bloß unvolikei
fondern auch unfruchtbar blieb, wandte G. gen Himmel und machte damit in
Beit eine Reihe Ber wichtigften Entdedlungen. Er fand, dag der Mond, wie di
eine unebene Floͤche babe, und Ichtte vie Höben feiner Berge aus ihrem S
meflen. Den neblichten Fleck, welcher die Krippe heißt, loͤſte er in feine eu
Sterne auf, und aknete, daß ſich die ganze Milchſtraße mit ſchaͤrfern Zerr
ebenio werde aufldien laffen. Am merfwürdigflen war die Entdedung der
terötrabanten, am 7. San. 1610. Auch das Dafein des Gaturntings bi
er, ohne jedoch von demfelben eine richtige Vorftellung zu faffen. Die ©
flecken fah er etwas fpäter, und fchloß, aus ihrer gemeinfchaftlichen Forte
von D. gegen AB. auf eine Rotation des Sonnenkörpers und auf die Neigun
Are gegen die Ebene der Erdbahn. Doc) haben Schriner zu Ingolftadt un
Fabricius, Prediger zu Oſtell in Oftfriestand, allerdings den Ruhm, biel
deckung zuerſt durch den Drud bekannt gemacht zu haben*). G.'s Name ma!
fen fo berühmt geworden, daß ihn der Großherzog Sosmo IR. 1610 als groß
*) Um den Deutfchen die Ehre dieſer Entdedung vor dem Stall
fihern, bedarf es nur einer Vergleichung des Jahres ihrer. diesfallſigen Ed
Fabricius's „„Narrutio de maculis in sole observatis‘‘ erfchien fchon 1611 5
tenberg; Scheiner's „Tres epistolae de maculis solaribus‘‘ 1612 zu Aug!
Galilei's „‚Istoria e dimonstrationi intorno alle machie solari‘‘ erft 1613 ji
Die Gefchichte Des, wegen tiefer Priorität geführten Streites erzaͤhlt Lale
fe „Astronomie“, I1l., p. 386 fg. 2. Aufl. '
en
Galilei 469
e und Philoſophen, und erſten Lehrer der Mathematik zu Piſa (mo er
men nicht verpflichtet war) zu ſich berief. Er hielt fich theils zu Flo⸗
uf dem Luftfchloffe Alle selve f. Freundes Salviati auf. Hier vers
10 durch die Entdeckung der abwechſelnden Lichtgeſtalten (Phaſen) bes
Benus und des Mars bem Kopernikanifchen Soſtem den voliftändigen
ch diefelbe Die Bervegung diefer Planeten um die Sonne und ihre Er
rd) diefelbe außer Zweifel gefegt wurde. Darauf: fchrieb er über das
und Unterfinten der feften Körper im Wafler .ein Werk, in welchem
en f. übrigen Schriften, den Samen vielee neuen Lehren ausftrente,
ich fo bemühte, die Grenzen der Naturichre zu erweitern, zog ſich ein
ber ihn zufammen. G. batte ſich in f. Werke uͤbzr die Sonnenfledien
nifanifche Weltordnung erklärt, und wurde deßhalb von f. Keinden, die
der Bibel dadurch für gefährdet anfahen, verkegert. „Die. Moͤnche
erihn, und er ging nad) Rom, wo e8 ihm gelang, durch bie Erklaͤrung,
Snftem weder muͤndlich noch fchriftlich weiter behaupten wolle, feine
chwichtigen; er fuchte bei diefer Gelegenheit eine größere Freiheit. im
Schreiben zu bewirken, waͤre aber den Mißhandlungen des Inquiſi⸗
[chwerlich entgangen, wenn nicht der Großherzog, die Gefahr ahnend,
ufen hätte. 1618 gab ihm die Erfcheinung dreier Kometen Veranlafs
ınden allgemeine Betrachtungen über biefe Körper mitzutheilen. Sein
ario Guiducck, bildete daraus eine Schrift, werin ee den Sefuiten
beurtheilte. Diefer, weldyer Galilei fuͤr den Verfaffer hielt, griff den:
Balilei antwortete in f. „„Saggiatore‘‘, einem Meifierftüde von Bes
welches nach Algarotti die ſchoͤnſte Streitfchrift ft, die Italien aufzus
ind ungeachtet der darin enthaltenen Irrthuͤmer noch immer gelefen zu
nt. Er zog dadurch die Feindſchaft der Sefuiten auf ſich. Um diefe
er fein beruͤhmtes Werk aus, worin er, ohne eine Entfcheibung aus⸗
drei Perfonen redend einführt, Davon eine das Kopernikaniiche, die
tolemaͤiſche Syſtem vertheidigt, die britte aber Beider Gruͤnde derge:
daß die Sache dem Anjcheine nach problematiſch bleibt, fo wenig auch
icht der für Kopernicus aufgeftellten Beweiſe zu !verfennen if. Mit
cblichen Werke, in welchem die größte Eleganz und Schärfe des Stols
agſten und zugleich faßlichſten Vortrage gepaart find, begab fih G.
Rom, und c6 gelang ihm, das Imprimatur zu erlangen. Nachdem
ve Erlaubniß in Florenz ausgewirkt hatte, gab er es dafelbit 16.42
li Galileo Galilei, dove ne’ congressi di quattro giornste si dis-
ec massiıni sistemi, Tolemaico et Copernicano*‘) heraus. Kaum
erfchienen, als e8 von den Ariftotelitern, am heftigften aber von Sci:
monti, Lehrer der Phitofophie zu Pifa, angegriffen wurde, Urs
der als Privarınann des Galilei Freund und Verehrer geweien, murde
iſter Verfolger, da ihn die Moͤnche zu überreden wußten; ©. babe in
"8 Simplicio feiner Einfalt ſpotten wolfen, weil er den Druck eines fo-
Zuchs erlaubt habe. So Eonnte e8 feinen Widerfachern nicht ſchwer
ben fchimpflichfien Mißhandlungen Preis zu geben, zumal; da fein
:smo 1l., geftorben, und die Regierung zu Florenz in den ſchwachen
jungen Sernando IL rear. Eine Gongregation von Gardindien, Möus
tathenuatitern, ale geichworene Feinde G.'s, unterfuchten fein Merk,
es als hoͤchſt gefährlich, und foderten ihn vor das Inquiſitionsgericht.
nufte fih im Minter 1633 nach Kom begeben, ſchmachtete einige Mo⸗
Gefaͤngniſſen der Inquifition, und wurde verdammt, die großen Wahr⸗
r behauptet hatte, dem Urſprunge aller Wahrbeit, auf den Knieen lie⸗
‚and aufs Evangelium aeſtuͤtzt, vor unmifjenden Mönchen ebpbkien,
490 Galicien
Cordo siucoro et ide non ficta abjuro, ınuledico et detestor supradictos
res ethaereses, war die Sormel, die er ausſprechen mußte. In dem Augen!
da er wieder aufitand, foll er, beſchaͤmt, f. Überzeugung zum Trotz geſchwor
baben, mit dem Fuße geftampft und mit verbiffener Wuth gefagt Haben: „E
si. muore !** (Und doch bewegt fie fi!) Dies gefchah d. 23. Juni 1633. :
auf ward er auf unbeftimmte Zeit zum Kerker der Inquifition und drei Fahre
durch wöchentlich einmal die fieben Bußpfalmen Davids zu beten, verurtheil
„Dialogo“ aber verboten und ſ. Syſtem, als der Bibel zurider, verdammt. |
warfo anddig, die Kerkerſtrafe In eine Verweiſung in den bifchöft. Pataft zu S
und:bald nachher in das Kirchſpiel Arceti unmeit Florenz zu verwandeln.
verliebte ou ſ. letzten Jahre hauptfächlic; mit dem Studium der Mechanik und X
fie. Fruͤchte davon waren zwei wichtige Werke über die Geſetze ber Beweg
melche des Grund der jetzigen Phyſik und Aftronomie find. Zugleich bemüh
fidh, die Jupiterstrabanten zu LÄngenbeflimmungen zu benugen; und wiewe
damit nicht gu Stande kam, fo war er doch der Erſte, der ſyſtematiſch über ein
yes Mittel zur Beflimmung der geographifchen Länge nachdachte. Seine An
wurden vom Staar befallen. Schon war das eine völlig blind und das anhre|
unbrauchbar, als er noch 1637 die Lihration (da6 Wanken, f. d.) des Mm
entdeckte. Blindheit, Taubheit, ES chlaflofigkeit und Gtliederfchmerzen vereinig
fidy, dem großen Manne f. legten Lebensjahre zu verbitten. Er brachte fie je
nicht müßig zu. „In wieiner Finſterniß“, fchreibt er 1638, „gruͤble ich balbb
fen, bald jenem Gegenftande der Natur nach, und kann meinen rafllofen K
nicht zur Ruhe bringen, fo fehr ich es auch wuͤnſche. Diefe immerwährendet
fhäftigung meines Beiftes benimmt mir faft gänzlich den Schlaf“. Er farb 16
(dem Geburtsjahre Neroten’s) d. 8. San. im 78, J. ſ. Alters, an einem langh
zehrenden Kieber in den Armen f. jünuften und dankbarſten Schülers, Wincenjo 1
viani. Sein Körper wurde in der Kirche St.:Croce zu Florenz beigefegt, wol
1737 neben Michel Angelo ein prächtige® Denkmal errichtet worden. ©.
klein von Geſtalt, fein Körper aber gefund und feſt; f. Gefichtsbildung fand a
einnehmend, f. Umgang munter. Er liebte Muſik, Zeichenkunft und Poefie. R
Arioſt Eonnte er auswendig, und zeigte in einer erft 1793 gedruckten Sch
(„Considerazioni al Tasso“*), die er in Mußeftunden hinwarf, feine Vorzuͤge
Zaffo, den er oft mit Bitterkeit tadelt. Er befaß wenig Bücher. Das befte Vi
fagte er, fei die Natur. Sein Styl ift bündig, natürlich und fließend. Died
fländige Ausg. ſ. ſaͤmmtl. Werke erfchten in 13 Bon. Mailand 1803, Grin
ben hat Sagemann („Geſch. Salitel’6, Weim. 1783) befchrieben. Genauer le
man ihn kennen aus Nelii’$ „Vita e commiercio litterario di G.“ (29
Florenz 1821.)
Galicien, Provinz im nordweſtl. Spanien mit dem Titel eines 8
reichs (748 GM. 1,142,630 €.), hat meifteng ein rauhes, feuchtes Klima, iſtt
gicht und in der Mitte unfruchtbars; gegen die See zu gibt es fchöne Weiten!
guten Weinbau. Bedentend find die Häfen Coruna und Ferro. Der Obefl
dalhaſo fehildert in f. „Maroccanifchen Briefen” die Einw. alfo: „Sie find ſt
und arbeitfam, ziehen in ganz Spanien herum, und fuchen durch bie beſchwerl
- flen Arbeiten etwas Geld zu verdienen, das fie alddann mit nach Haufe neh
Als Soldaten halten fie vorteffliche Mannszucht, und find durch Strapagen od
härtet. Geduldig ertragen fie Hunger und Durft und paffen ganz vorzügid $
Dienft der Infanterie. Mehre Spanier und Franzofen nennen die Einw. di
Provinz die Gascogner Spaniens, und wirklich ift die Ahntichkeit, ſowol in
fiht auf Laͤcherlichkeiten als Talent und Geift, zwifchen beiden Voͤlkern auff
Sie treiben hauptſaͤchlich Kifcherei und Schifffahrt ; in neuern Zeiten entflande®
wandfabriten. Indem Dom ber Hauptftade San Jago de Compoftella (25,000
Galizien 491
&, ter Sage nach, der Körper des Apofteis Jakob (des Jüngeren) bes Schutzya⸗
sven Spanien, der hier zuerft den chriftlichen Glauben gepredigt haben foll,
ſewahtt, daher ift es ein beruͤhmter Wallfahrtsort. Noch find die Städte Vigo,
senfe, Lugo zu nennen.
Galizien und Lodomerien, ein Königreich des oͤſtreich. Monarchie,
mut gegen W. an das oͤſtr. Schleſien, gegen N. und O. an Polen, und gegen
Balingen. Beide Länder waren Herzogthümer, die aufangs a einer gemwiffen
Beinizkeit von Ungarn ftanden, dann an Polen kamen, bis fie bei der Theilung
m Bein 1772 an Dfkreid fielen, und mit Einſchluß andrer Stuͤcke, Die fonft zu
Binpeim gehörten, zu einem Königreiche erhoben wurben. 1786 kam die Buto⸗
Due kinu, weiche fchon feit 1777 öftreichifch war. In Folge deg wiener Friedens
1809 trat Öftreich ab und uͤberließ an den König von Suchen, um mit dem
um Warſchau vereinigt zu werden, ganz Weſt⸗ oder Neuyalisien, einen
at um die Stadt Krakau, auf dem vechten Ufer ber Weichfel, und den zamos⸗
Kreis in Oſtgalizien (957 CM. mit 1,470,024 Einw.); und an Rußland
Augalijien 164 SM. mit 400,000 Einw. Der parifer Friede führte den fruͤ⸗
Auftand groͤßtentheils wieder zurlick. Die Größe des Landes betrigt jetzt 1525
‚mit 4,075,000 E. Die Hauprft. ift Lemberg. Das Land hat einen größs
Bathiis fehe fruchtbaren Boden, und liefert zur Ausfuhr Wintergetreide, unges -
Marder Feldbau noch nicht zweckmaͤß?g genug betrieben wird. Der Obſtbau fängterft
nſq zu heben. Milde und gepflegte Bienen geben Honig und Wachs als Gegen»
des Handels. Mindvieh wird in Menge gezegen und in andre Gegenden
mendeit, und die zahlreichen Pferde zeichnen ſich durch ihre Leichtigkeit und Abs
beta aus; vorzuͤglich ſchoͤne Pferde gibt die Bukcwina. Won wilden Thieren
Bet man Auerochſen, Wölfe, Bären und Wildpret aller Art, vorzuͤglich viele
beim; der Viber lebt hier in geringer Anzahl nomadifc in Böhlen, deren Ause
bay fidh in einem Waffer endigen, in der Gegend von Gruded und am Bugfluſſe.
Ir Art Schittläufe liefert die polniſche, zum Scharlachfaͤrben benutzte Cochenille.
Bar den Mineralien iſt das Salz von großer Wichtigkeit; es verbreitet ſich durch
le dergichte Theile des Landes und wird als Steinſalz gegraben, oder auch aus
ohne Gradichäufer verfotten. Eiſen findet ſich in den meiften Gebirgen,
Er; ift aber nicht fehr ergiebig. Gold waͤſcht man aus der Biſtriza; Klintens
ehe brechen vorzüglich im bochnianer und ſtanislawower Kreife häufig und von
Beäsicher Site. Die vielen Alaunfchiefer werden wenig benugt. Cinigs mis
ralifhe und Sauerquellen werden zu Babeanftalten benugt, Das Königreich
u in 19 Kreife getheilt; die Negierung wird von der galizifchen Hofkanzlei ges
Hit; zu Lemberg aber ift der Sig des Landesguberniums, welches alle Randesans
Wegmheiten beforgt. Die Juſtiz verwaltet das ebenfalls zu Lemberg errichtete
Bationsgericht. Seit 1775 hat Galizien Landſtaͤnde, aus dem Herren s und
and und den mwichtigften Städten; die Geiſtlichkeit macht feinen eignm
Era, Bifchöfe und Äbte find unter bem Herrenftand begriffen. Sie haben das
über die Herbeifhaffung, Vertheilung u. f. w. der vom Hofe gemachten $os
ju verordnen, auch, wenn ed nöthig iſt, Vorftellungen an das Landesgus
zu machen. Füuͤr den höhern Adel hat man 17 Erzämter errichtet, fie find
Gericht erblich. Die Kunfterzeugniffe ded Landes find nicht erheblidy; doch gibt
A lıdad:, Leinwand: und Harrastuchmanufacturen, auch viele Glashuͤtten; zur
g des Handels, weldyer größtentheils in den Händen der Juden ift, find
BR Etagen angelegt. Die herrſchende Neligion des Landes ift die katholiſche;
ea Cyeiſchof hat zu Lemberg feinen Sig, Es gibt aber vlele unicte und nicht unirte
ihm und Armenier, welche unter eignen Bifchöfen ftehen, ſowie zahlreiche Kur
I, di ihre Spnagogen und einen Oberrabbi haben. Die Angelegenheiten der Bus
tur, hier noch aus dem polnifchen Zeitalter Diſſidenten genannt, beforgt der
Copreintendent von Lemberg. Zur gelehrten Bildung wirken die Univerfitäe -
d
un
492 Sal Gallapfel
—— das Lyceum zu Zamosk und 6 Gymnaſien in den wichtigſt· n €
ndes.
Gall Gohann Jofeph), geb. 1758 ir Tiefenbrunn im Königı
— wo fein Vater ein Krämer war. Er ſtudirte die Arzneiwiſſenſ
lebte zu Wien al Arzt, wo er ſich darch ſ. „Philoſophiſch⸗mediciniſchen Un
gen Über Natur und Kunſt im kranken und gefunden Zuſtande des Mi
—* Wien 1791) vortheilhaft bekannt machte. Dunn erregte er dur«
tomifch = phufiologifchen Unterfuchungen über das Gehirn und die Nerve
mehrer neuen Entdedlungen und pfychologifchen Bemerkungen auch unter
aͤrzten Aufmerkſamkeit. Diefe Entdeckungen wurden bald u. d. N. der
oder Gehirnſchaͤdellehre allgemeiner verbreitet. G. hatte naͤmlich fh
Schule bemerkt, daß-einige Knaben, die ihn trog f. Aufmerkfamkeit im A
kerrien übertrafen, fich durch große Augen auszeichneten. Diefelbe (
wurde er in ber Folge auch bei großen Schaufpielern gewahr. Hieraus
dag die Anlage (das Organ) des Gedaͤchtniſſes fich wol an diefer Stelle
befinden müffe. Zwar ging er nachher von biefer Idee ab, kam abert
darauf zuruͤck: daß es bei einzelnen Anlagen wirklich aufden Bau rinzelr
bed Kopfs ankomme. Seitdem fing er an, Schädel zu jammeln, vergl
tig, welche Erhabenheiten fie mit einander gemein und nicht gemein hatte
auch die Schädel der Zhiere, fudirte das Leben der Thiere und Menfchen
ihres Koͤrpers und Gehirns, und entdeckte fo nach und nach die Antagı
zwanzig Organe, oder eben fo viel verfchiedene Sitze der hervorragendit,
vertichtungen. (S. Schädellehre) ©. feste biöher feine Lehr
Schriften aueeinander, fondern in mündlichen Vorträgen, auf Reiten int
Städten und Univerfitäten Deutfchlands, arbeitete ſodann einige Jahre
(haft ſ. Freundes, des D. Spurzheim, zu Paris, wo er mit abwechſelnd
ſ. Vorleſungen gehalten hat, und noch gegenwaͤrtig als praktiſcher Arzt |
an einem großen Werk in franz. Sprache, m. Kpf. ., Fol., das den Gall
deckungen ihren beſtimmten Werth ſichert, der vorzuͤglich in anatomiſchen
gen, die Bildung des Gehirns betreffend, beſteht. U. A. hat er bewieſen,
vorber nur vermuthete, daß das Gehirn in ber marfigen Muffe des Ruͤd
fange, fid) von hier aus neßartig entfalte, und in das große und das fir
ſich theile. Mit Spurzheim gab Gall zu Paris 1810 in 4. und Kpyf. i
aus: „Anatomie et physiologie du systöine nerveux en general, ı
du cerveau en parliculier‘‘. Gegen mehre ıhm gemachte Vorwuͤrfe,
„von pariſer Gelehrten, vertheidigt er ſich inf. Schrift: „Des dispositi
de l’ame et de l’esprit, ou du matcrialisme etc.“ (Paris 1812.)
bat ſich fpäterhin von Gall getrennt, und in England und ‚Schottlar
Uber des Letztern Syſtem gehalten. Auch hat Spurzheim in London cin
f. und Gall's Entdedungen herausgegeben, das aber ftrengen Kritiken b
mirflen. Auch erfchien hier 1817 ein Spottgedicht in zwei Geſ., die Er
Spurzheim bel Licht. Seitdem erfchien von G.'$ „Orzanologie, on
des instincts, des penrhans etc. et du siège de leurs organes‘“ zu‘)
— 25, eine neue Ausg. in 6 Bon.
Gallapfel, ein Auswuchs auf ben Blättern mehrer Eiche
welcher von dem Stich der Eichenblattweſpe herruͤhrt. Dieſe iſt etwa
die gemeine Stubenfliege, und auf der Bruſt ſchwarz und orangengelbe
kugliche Hinterleib hat eine kaſtanienbraune Farbe. Die Gallweſpen
men im Fruͤhjahre die Gipfel der Eichen und begatten ſich, worauf de
mit ihrem hinten befindlichen Stachel ein Loch in die untere Fläche €
blatts bohrt und Ihr Meines Ei hineinlegt. Diefe Säfte ziehen fich nad)
beten Stelle, häufen ſich daſelbſt an, treten hervor und erharten an der
Galle Galletti | 493
wach und nach um da Ei herum einen runden Auswuchs bilden, ber grün oder roͤth⸗
Ich grfürht iſt. Das darin befindliche Ei waͤchſt mit dem Gallapfel. Hat es feine
Reife erlangt, fo fchläpft eine Made auf, welche fi von dem waͤßrichtſchwammi⸗
gen Gewebe des Gallauswuchſes nuhrt, bald in den Nymphenftand übergeht, und
E dieſem ald ein vollkommenes Inſekt erfcheint, welches die Galle durchfrißt. Die
— Gallaͤpfel find viel vorzuͤglicher als die europaͤiſchen. Sie find kleiner,
der feſter und ſchwerer. Ihre aͤußere Flaͤche iſt nicht glatt, ſondern hoͤckerig; bie
weh haben eine ſchwarze, bald ins Grüne, bald ins Blaue ſpielende Farbe. Die
Erpernzu und fommen, fehen erbfengrau und mweißgrau ans. Die levantifchen
Mairfel find ein bedeutender Handelszweig, und werden von Smyrna, Tripoll,
und infonderheit von Aleppo nach Europa gebracht. Sie befigen den allen
der Eiche eignen sufammenzichenden Gewaͤchsſtoff in einem weit höhern
als unfere einbeimifchen Gullipfel, und find deßhalb in der Faͤrberei von dus
Bor Wichtigkeit, wie fie denn auch bekanntlich einen der Hauptbeftanttheile uns
gewoͤhnlichen ſchwarzen Dinte ausmachen. In der Medicin werden fie häufig
t.
k Galle, eine zähe gelblichgruͤne Fluͤſſigkeit von bitterm Geſchmack. Der
—RX und viele Thiete haben an einer eignen Ausſchweifung der untern Leberflaͤche
beſondere Blaſe, worin die durch die Leber aus dem Blute abgeſonderte Galle
rt wird (Gallenblaſe). Dieſe Fluͤſſigkeit iſt theils ein Auswurfſtoff aus
Binte, theils iſt ſeine Beſtimmung die Befoͤrderung der Verdauung (ſ. d.).
Beſtandtheile der Galle ſind 1) Waſſer, welches den anſehnlichſten Theil
and die übrigen Beſtandtheile aufgeloſt enthaͤlt; 2) ein gelblichtes, ſehr bitte⸗
J hmiljberes Harz, welches groͤßtentheils die Urſache des Geſchmacks der Galle
% 8) ein geringer Antkeil Natrum; +) etwas mineral: altaliihe Salze; 5) etz
Eiienored ; 6) eine geringe Menge einer gelven Subftanz, welche nur zum
in dem Natrum aufgelöft iſt; 7) eine nicht unbedeutende Menge Eiroeißftoff.
t Die Gallenfteine, gewiſſe Verbaͤrtungen, welche ſich nicht felten in der
Mirsbiafe des Menſchen und mehree Ibiere finden, find von bräunlicher, ſchwaͤrz⸗
FeFarde, und deſtehen aus einer dem Wallrathe oder Wachſe aͤhnlichen Maſſe,
geronnener Eiweisſtoff beigemiſcht iſt.
Ballert (franzoͤſ. gelée), cine weifgelbe, durchſichtige, etwas elaſtiſche
we, welche durch ſtarkes Kochen mit Waſſer, beſonders in verſchloſſenen Gefas
b aus verſchiedenen thieriſchen Theilen, z. B. aus den Muskeln, Sehnen, die
ut, und beſonders aus den Hirſchgeweihen erhalten wird. Sie iſt cin wahrer
m, und von dem Tiſchlerleim nur durch größere Reinlichkeit bei dev Bereitung
I einen größern Antheil von Waſſer verichieden. Man gebraucht fie mit Wein
Waſſer Sermiicht ale ein nihrendes Mittel für Geneſende. Sonſt nennt man
43 wegen der aͤhnlichen Durchſichtigkeit und des zitternden Beſtandes, mit Zu—
tngebichte Fruͤchte Gallerte. Die thieriſche Galleite kommt mit dem Pflan:
ſhleime, einem Hauptbeſtandtheile der Gewaͤchſe, im Äußern uͤberein. Sie
Ach im Waſſer gänzlich und klar auf, und hat wenig Geruch und Geſchmack
B dem Pilanzenichleime unterſcheidet fie ſich weſentlich dadurch, daß fie bei de:
bännung mit Waffer zwar zuerft in die faure, bald darauf aber ſchnell in di:
eGaͤkrung übergeht.
Galletti (Johann Georg Auquſt), ach. zu Altenburg d. 19. Aug. 1750,
ke von 1765 — 72 in Ööttingen Rechtswiſſenſchaft und Gefchichte ; vorzuͤg⸗
benupte er Puͤtter's und Schloͤzer's Unzerricht. Dann wurde er Hofmeiſter des
mal. bers. gothaifchen Geh. Raths und Aammerpräfidenten von Schlotheinr,
ben er kleine Lehrbuͤcher fchrich, weiche unter die Preffe einer Handdrucker ei ka⸗
‚was Zeitvertreib und lehrrsiche Berchäftigung gewährte. 1772 abirt G.
Gegakoratorftelle am Gymnaſium zu Gotha und 1783 eine Profeffur. Wah—⸗
494 Gallicaniſche Kirche
rend ber Verwaltung berfelben verfaßte er mehre hiftorifche und geographiſche Eck
bücher, die auch auf andern Schulen eingeführt wurden und zum Theil viele Aufl
erlebten. Zu ben Zöglingen des gothaiſchen Gymnaſiums aus diefer Zeit gehen
verfchiedene, um Geſchichte und Erdkunde verdiente Lehrer und Schriftfteller, .8
Wachler, Ferd. Schulze, v. Hoff, Böttiger der Süngere u. A. Außerdem mad
ſich der fleißige Galletti bekannt durch f. „Geſchichte des Herzogthums Gethe
durch die „Geſchichte Thüringens”, die „Sefchichte Deutfchlande” und dung |
„Weltgeſchichte“. 1806 ward er vom Herzog von Gotha zum Hofrath, Kiel
graphen und Geographen ernannt, und 1819 verflattete man ihm, feine
ſtelle, mit Beibehaltung f. Gehalts, niederzulegen. '
Gallicaniſche Kirſche ift der lat. Name, mit welchen bie katheſiſt
Kirche des franz. Reich® bezeichnet wird. Das Unterfcheidende diefer Kirche briau
von jeher darin, daß fie eine größere Unabhängigkeit von dem paͤpſtl. Stuhle beheri
tete. Der erfte Grund ihrer mehren Freiheit ward durch die 1438 gefctefi
pragmatifche Sanction gelegt. Die in biefem zwiſchen dem Papfte und vm&
nige gefchloffenen Vergleiche feftgefegten Beftimmungen wurden durch bie _
propositiones Cleri Gallicani von 1682 beftätigt und erweitert. Es entfland all
Lich zwifchen Ludwig XIV. und Innocenz XI. ein Streit über das bisher von
Königen ausgeübte Recht, während der Erledigung eines Bisthums bie
geiſtlichen Stellen in demfelben zu befegen, la Regale genannt. Dieſer
hatte die Folge, daß der König 1681 die franz. Geiſtlichkeit zu Parts verfi
welche die erwähnten vier Grundſaͤtze abfaßte, in denen gefagt wird, baß zwar
Statthalter Chrifti in geiftlichen, nicht aber in weltlichen Dingen, Macht mb
walt von Gott verliehen fei, daß aber auch dieſe Gewalt durch die Kirchengefehe
durch allgemeine Kirchenverfammlungen befchränkt und gemäßigt werde, und
das Urtheil des Papftes nicht für unverbeſſerlich (irreformabile) erklaͤrt ed
koͤnne, wenn nicht die Übereinflimmung der Kirche hinzukomme. Mehr ald
mul hat ſich Napoleon in feinen Streitigkeiten mit dem päpftlichen Stuhle auf
Srundfäge berufen. In der Lehre und in den Gebräuchen unterfcheibet Rd
gene die gallicanifche Kirche nicht von denen, welche im ganzen Umfange der
fifchen Kirche eingeführt find. Bis auf die Zeiten der Revolution war fie durch
Gelehrte, auch Berühmte Kanzeltedner, als Boffuet, Bourdaloue, Maſſilen,
nedlon und Flechier ausgezeichnet. Die Revolution ftürzte die kirchliche Verfi
Frankreichs um, raubte den Beiftlichen ihre Güter und Einkünfte, und zerftörte
Schulen und Seminarien. Bonaparte ftelte, als erfter Sonful der franz.
bil, durch das mit dem Papfte Pius VL gefchloffene Concordat (db)
kirchliche Verfaffung wieder her. Auch find feitdem Bildungsanſtalten für
Geiſtlichkeit errichtet worden. Den alten Ruhm der Gelehrſamkeit und B
it aber hat diefelbe noch nicht wieder erlangen Eönnen, obgleich Männer, wie
goire und der Cardinal Maury, welcher für einen der vorzüglichften Ka
galt und 1810 eine leſenswerthe Schrift über die Kanzelberebtfamteit
die theologifche Literatur bereichert haben. Seit der Rüdkehr der Bourbomm
1821 in Gemäßheit der päpftl. Bulle vom 10. Oct. d. J. die Zahl der Di
und die Befoldung der niedern Pfarrftellen vermehrt worden. Indeß hat bi
gierung bis jest den Umtrieben einer mächtigen Partei, welche durch Jeſui
Mifftonnairs die Sreiheit der gallicanifchen Kirche vernichten will, gluͤcklich
ftonden. Es muͤſſen naͤmlich feit 1824 die Obern und Profefforen der biſchoſl
minarien der Erklärung des gallic. Kierus von 1682 förmlich beitreten, und
gegen vom Erzbifchof v. Zouloufe, Grafen Clermont:Tonmdre, im ul
Geifte verfaßtes Sendfchreiben ward von der Regierung gemißbilligt. Auch
mehre Bifchöfe 1826 feierlich, daß fie an den Befchlüffen von 1682 feft hielten.
Saflicismus Gallien 495
SGallicismus, eine Eigenheit der franz. Sprache in dem Ausdruck ober
Vortſtellung in einer andern Sprache angewandt.
Gallien, Gallia, Landder Gallier erſtreckte fich zu der Römer Zei⸗
ı von ben Pprenden bis an den Rhein, gegen Italien aber über die Alpen bis aus
riatifche Meer. Dan theiltees einin Gallien dieffeite der Alpen (nimlicd) von Ita⸗
aber, Gallia cisalpina) und ©. jenfeit# der Alpen (Gr. transalpina). I. Gals
en bieffeits der Alpen erſtreckte fid) von den Alpen bis ans abdriatifche
ker, umfaßte alfo alle Länder Oberitaliens bis an den Rubicon und die Macra.
Stalien am meiften in Berührung, nahm es römifche Sitten und Gebräuche
‚ hielt von Caͤſar das römifche Bürgerrecht, und heißt von Annahme der roͤmi⸗
ea Toga auch G. togata. Es wurde eingetheilt 1) in Ligurien, das Gebiet von
mas und Lucca und ein Theil von Piemont, 2) Gallia transpadana und 3) Gals
ciſpadana, d. h. Gallien jenſeits und dieffeitö des Po (Pabus). Ligurien war
ı den Liguriern, ©. transpabana vorzüglich von den Taurinern, Infubrern und
senanen, G. cispabana von den Bojern, Senonen und Lingonen, Völkern gals
ber Abkunft, bewohnt. Die Städte, größtentheil® roͤmiſche Colonien, haben
taftm Namen meift noch behalten; in ©. transpadana : Tergefta (Trieſt), Aqui⸗
I, Padavium (Padua), Vincentia (Vicenza), Verona, Mantua, Cremona,
Zia (Brefcia), Mediolanum (Mailand), Ticinum (Pavia), Augufta Zaurinos
u (Zurin); in ©. cispadana: Ravenna, Bononia (Bologna), Mutina (Mo⸗
0), Parma, Placentia (Piacenza). DH. Gallien jenfeits der Alpen,
Gegenſatz der G. togata aud) comata genannt, weil die dortigen Völker ihr Haar
ma) wachſen ließen, aud) G. braccata, weil die Cinw., befonders bes füdlichen
A, Beinkteider (braccae) trugen, die den Römern fremd waren, war im W.
ıden Pprenden, im D. von dem Rheine, und durch rine Linie von deffen Quel⸗
bis zum Heinen Fluß Varus (Var), nebft diefem Fluß, im N. vom atlantifchen
im S. vom mittelländifchen Meere begrenzt, umfante alfo das eigentliche Frank⸗
h die Niederlande, Helvetien, das linke Rheinufer und Holland. Fabius hatte
Iheil Galliens jenfeit der Alpen erobert, welcher zunaͤchſt an Oberitalien, ſuͤd⸗
am mittelländifchen Meere nad) den Pyrenaͤen hin liegt. Da er zuerft römifche
winz wurde, fo erhielt er vorzugsroeife den Namen Provincia (woraus fpäter
vence geworben ift). Die Landgrenzen machten die Alpen, Cevennen und ber
j Rhone. Als hierauf Caͤſar das transalpinifche G. einnahm, fimd er es, mit
nahme der Provinz, in 3 Theile eingetheilt: 1) Aquitanien, von den Pprenden
an die Saronne, meift von iberifchen Völkern befegt, 2) Gallia celtica, von da
an die Seine und Marne, 3) ©. belgica, im Norden des Kandes bie an den
m. Auguftus ließ durch Agrippa die Verhältniffe des Landes neu ordnen. Nun
das Land folgendermaßen’eingetheilt: 1) Aquitanien ward bie zu der Loire vers
ert, um diefem heile ein befferes Verhältmiß zu den Übrigen zu geben; Haupts
Burdegale (Bordeaux). 2) Belgica, zwifhen den Flüffen Seine, Saone
ne, dem Rheine und dem nördlichen Dccan. Hauptörter: Veſontio (Befans
„Treveri (tier) u.a. Es begriff diefer Strich alfo auch die Rheinlaͤnder und
etien mit, weldye man aber nachher unter dem Namen Germania prima oder
fie, und Germania fecunda oder inferior, davon trennte; bier länge des
ias Colonia Agcippina (Köln), Moguntiacum (Mainz), Argenteratum (Straßs
3) ©. Lugbunenfis oder Geltica, umfaßte den noch übrigen Theil des Gel
ndes, Alles was zwilchen der Seine, Saone und der Loire liegt, bis ſuͤdlich an
fevennen und die Rhone. Hauptörter: Lugdunum (Lron), Aleffa (Alife),
acte, fpäter Auguftodunum (Autun), Lutetin Parifiorum (Paris) auf die
winiel zu Caͤſars Zeiten noch befchränkt und unbsdeutend, wurde bald durch
Lage widhtig. 4) ©. Marbonenfis, die vormalige Provincia Romana; bier
Srätte Narbo Martius (Narbonne), eine alte Colonie der Römer, Toloſa
A
496 Galller
(Toulouſe), Nemauſus (Nimes), Viemna (Vienne), Maſſilla (Marſeille);
war eine uralte griech. Colonie. S. Serpette de Marincourt's,Hist. de la 6
(Paris 1822, 3 Bde.). |
- Gallier, der Hauptzweig bed großen Urvolks ber Celten. Sie ne
fi) Gaël, oder Gail, daher vermuthlich der Name Gallier, Gallien. Die
fheinen im Ganzen eine große innere Gleichfoͤrmigkeit gehabt, und, tie viele
Völkerfchaften fie auch enthielten, Baum in- wenige merklich verfchiedene Stäm:
theilt gewefen zu fein. Wahrſcheinlich nahmen fie, vom Kaukaſus herabfom
ihren Weg füdlich der Donau, den zahlreichen Stamm der Thrazier hinter ff.
die Germunier zur Seite; aber wann dies gefchehen, darliber Läßt ſich in fo ı
Zeit nicht einmal eine Vermuthung wagen. Unter verfchiedenen Namen b
dieſes Volk bei feinem erſten Einbringen viele Länder, fo als Umbrer und Au
zum Theil Stalien, als Taurisker (nachmals Rhaͤtier), Vindelicier, Noriker,
vetier, die Alpenlaͤnder. Von den Rhaͤtiern ging wahrſcheinlich ein neuer Schw
etwa 2000 vor Chr., unter dem Namen Raſena durch das Tridentiniſche
Stalien, wo fie von den benachbarten Voͤlkern den Namen Tusker, Etruöft
hielten, und 300 Städte dee vorher dort herrfchenden Umbrer erobernd, ſich
einen großen Theil Italiens ausbreiteten. Diefer Etrusker frühe Bildung
Mythologie, Eumftvolle Calendereinrichtung (die mit jener der Azteden in R
manches Ahnliche hat), fowie einige andre Spuren, möchten uns (mad man
von dem Einfluß der Griechen fagen mag) nöthigen, an eine uralte, vielleicht u
gegangene oder Loch vermifchte Bildung diefes Volksſtammes zu glauben. N
Stämme der Gelten blieben am adriatifchen Meere, Kings der Donau und im
den von Deutfchland figen, aber der Hauptſtamm ließ ſich zwifchen den Pr
und den Alpen, dem Oceane und Rheine, indem Rande, das von ihnen feinen
men erhielt, nieder, von wo aus fie auch Albion und Jerne (Großbritannie
Irland) beſetzten. lberfüllung des Landes (eine gewöhnliche Erfcheinung be
rohen und zum Theil nomadiſchen Voͤlkern), heftiged Andrängen germaniſch
thracifcher Völker erregten um 397 vor Chr. eine große Bewegung unter den
liern. Colonien vieler Voͤlkerſchaften zogen theils weſtlich über die Alpen nadı
lien, theils öftlich längs der Donau herauf. Diefer Zug der celtifchen Gallie
die Aipen (gewöhnlich um 200 J. früher angefest) führte die Volk gleichſam
die Gefchichte ein. Wir finden es in viele Voͤlkerſchaften getheilt, doch fo, de
berfelben (damals die Bituriger) den Vorrang, der an Oberherrfchaft.grenite,
übte, Mißbrauch dieſes Vorrangs erregte Spaltungen, viele ſchloſſen ſich
andern Staat an; ſo wechſelten die vorherrſchenden Staaten, das Syſtem
Dieſe Clientelarverfaſſung ging durch das ganze Volk. Freie waren eigentli
der Adel (vorzugsweiſe die Krieger genannt) und die Prieſter, Druiden; die C
nen lebten in demüthiger Abhängigkeit, und ſchuͤtzten fi gegen Mißbandl
nicht durch die Sefege, fondern indem fie ſich Mächtigern anfchloffen. Untı
Adel waren wieder die zahlreichen fürftl. Gefchlechter die erften ; bei großen:
fheint man einen Oberbefehlshaber gewählt zu haben. (Bol. Brennus.)
Druiden und Druidinnen beſaßen eigenthümliche Kenntniffe, die fie im Dunkt
ter Haine und verborgener Grotten gehrimnißvoll fortpflanzten; Aftronomir
turfunde und Poeſie waren ihnen nicht fremd, aber ihre Religion war voll Pı
greuel und fehredlichen Aberglaubens (häufig Menfchenopfer). Zweikaͤmp
wilde Völlerei waren bei ihnen gemein, Städte felten, zahlreich ihre Dörfer,
felig und dürftig ihr Hausrath. Sie trieben wenig Aderbau, und Ichten v
lich von den Erzeugniffen ihrer Heerden. Eine Art Bier und Meth waren il
traͤnk, Weinbau ihnen fremd. Geld gaben den Vornehmern der Sand ber
und einige Bergwerke. Der angefehene Gallier erfchien in der Schlacht mit
bunten gewürfelten und ſchimmernden Mantel (wie nod) jegt die Bergſch
Gallier 497
nackt, aber mit dicken goldenen Ketten um Hals und Arm. Ihre lange
x wildes Antlitz und ſtruppiges gelbes Haar machten ihren Anblick furcht⸗
wilder, blinder Muth, ihre unermeßliche Zahl, der betäubende Lärm einer
a Menge Hörner und Trompeten, die gräßlichen Verwuͤſtungen, welche
m folgten (bie Gefangenen wurben oft geopfert, die Schädel der Erſchla⸗
ten als Triumphzeichen, oft auch al Becher), machten fie zu dem furchts
Ake der alten Weftwelt. Aber es fehlte ihnen an Einheit, an Ausdauer
ten Waffen; denn ihre Schilder waren leicht und fchlecht, und ihre unges
fernen Schlachtfchmwerter bogen ſich nach jedem Diebe auf Eifen zufams
mußten nad) jedem Streiche erft wieder gerade gezogen werben. Daher
lich nur ihr erfter Anprall fürchterlich. Dieſes Volk — fei es, daß der Ges
Beine, oder ein Etrusker, den die Verführung feines Weibes von einem
Landes zum Zom gereizt hatte, fie nach dem fruchtbaren Stalien lockte —
gegen fie weichlichen Etrusker, welche auf der andern Seite mit den Roͤ⸗
impfen hatten. Denn an bemfelben Tage def. 3. (396), als Gamillus
hm, follen die Gallier Melpum, eine anfehnliche etruskiſche Stadt Ober:
tirmend genommen haben. Aber der Sturm dieſer Völkerwanderung
h bald gegen Rom felbft, das, in dem Verderben ber vorliegenden etrus⸗
aͤdte fein eignes Schickſal vorahnend, durch Verhandlungen die Waffen
: aufzuhalten verſuchte. Bei diefen Unterhandlungen beleidigten die cds
efandten das Völkerrecht; die erbitterten Gallier, denen man Genugthus
zt, zogen gegen Rom, und vertilgten am Fluͤßchen Allia, 389 vor Chr.,
der tömifchen Jugend, plünderten und verbrannten die Stadt, und bela⸗
I Capitol, das im Begriff ift, ſich mit Gold zu Löfen, as Camillus
end erfchien. Von dem Zuge der öftlihen Gallier an ber Obertonau has
ur fpärliche Nachrichten, doch auch aus diefen erfehen wir, daß er Aus⸗
zen ganzer Völker verurſachte; ſchon damals, fcheint es, vermifchte fich
| ein germanifcher Stamm, die Cimter oder Cimbern, mit den Gelten.
ach der Verbrennung Roms brachen biefe öftlichen Gallier in drei Mal
m Zuͤgen, 280 — 278 v. Chr., in das durch viele Kriege an Männern
cebonien und Griechenland verwüftend ein. Der macedonifche König
8 Seraunus und der Feldherr Softhene® blieben, und Griechenland zits
& fie aber hier den reichen und heiligen Zempel Apollo's zu Delphi (durch
liche Rage feft) plündern wollten, kamen die Schredniffe der Religion und
e (Stürme und Dageltvetter) über fie; gefchlagen, vollendete Mangel,
das Schwert der Griechen ihre Niederlage. Einige Stämme von ihnen
ch Kleinaſien, wo fie unter dem Namen der Galater nody lange ihre Ei-
leiten und bis in die fpäteften Kaiferzeiten ihre Sprache beibehielten.
wirtımgen diefer Wanderungen auf das eigentliche Gallien ſcheinen bedeus
{em zu fein. Die Gallier Länge der Donau und im Süden von Deutſch⸗
hwinden ſeitdem; germanifche Stämme befegen das ganze Land bie an
ı und zum Theil auch die jenfeitigen Ufer dieſes Fluſſes; jener von Galliern
{hen gemifchte Stamm der Cimbern, oder wie die Sallier ihn nannten,
n, befeßte den ganzen nördlichen Theil Galliens von der Seine und Marne
Sanal und Rheine, ging auch von dba nad) England über, wo er die früher
yerten Gallier nad) Nordbritannien (Schottland) hindrängte, und wo fie
8 Galedonier (Berggalen), ſpaͤter als Picten und Scoten in der Gefchichte
. Dieſe Belgen in Gallien, oder Gimbern, find die eigentlichen alten
Die Gelten in Gallien fchritten indeffen, obwol in ihren Dauptzügen ihre
edeuteten Eigenthümlichkeiten in Verfaffung und Sitten beibehaltend, zu
zildung fort; der Umgang mit den Griechen in Maſſilia (Marſeille), mit
chſtaben fie ihre Sprache ſchrieben, ſowie mit den Karthagern, in deren
er. Sicbente Aufl. Bd. IV, 32
498 Gallier
Heeren ſie haͤufig als Miethvoͤlker vorkommen, mochte dazu viel mitwirken.
vermochten ſie auch jetzt kaum mehr, den Germanen jenſeits des Rheins zu
ſtehen; wilder und tapferer als fie waren ihre Halbbruͤder, die Belgen und Gin
ſowie die Briten, welche ſich zu bemalen pflegten, von Streitwagen herabfl
und bei denen Vielmaͤnnerei und Vielweiberei eingefuͤhrt war. Voͤllig roh ur
bariſch waren die Hochgalen (Caledonier) in Schottland, und die Bewohn
lands, die ſich nicht nur bemalten, ſondern auch kuͤnſtlich tattowirten, und
Menſchenfleiſch, ſelbſt in ſpaͤtern Zeiten, ein koͤſtlicher Biſſen war, die abe
ihre Freiheit kraͤftig zu vertheidigen wußten. Ihre uͤberalpiſchen Bruͤder in
(die dieſſeitigen Gallter, wie die Römer fie nannten) hatten ſich, nachdem
Etrusker zum Theil füdlich in das heutige Zoscana, zum Theil nörblich in di
tifchen Alpen zuruͤckgedraͤngt, in den fruchtbaren Ebenen Oberitalien® niebergel
Von hier machten fie fi) den Roͤmern, oft in eignen Kriegen; oft als Soldin
andrer Völker, noch lange Zeit furchtbar, aber nachdem dieſe den erften pani
Krieg gluͤcklich durchgekaͤmpft hatten, fchlug 172 Jahre nach der Eindfc
Roms für fie die Stunde der Rache. Vergebens riefen fie kriegerifche Wölke
ihren Brüdern Über die Alpen; nad) einem Gjährigen Vernichtungskriege m
fi) die Reſte dieſes Volks den Römern unterwerfen (220 v. Chr.). Zmar ve
ten fie, als Hannibal das Schreden feiner Waffen bie vor die Thore Roms
das Joch wieder abzufchütteln, aber die Römer, endlich auch in diefem Kı
Sieger, nöthigten fie, fi) von Neuem zu unterwerfen. 31 3. fpäter (189 v.
traf daſſelbe Schickſal ihre Halbbruͤder in Afien, die Salater, auch dicfe wuch
fiegt und ihre Fürften (Tetrarchen) zinsbar; Dejotarus, für welchen Gice
treffliche Vertheidigungsrede hielt, die wir noch befigen, war einer dieſer Fünf
fpätern Zeiten. Bald überflieg der Ehrgeiz der Römer auch die Alpen; fiel
fi) Spanien unterworfen, und es mußte ihnen viel daran liegen, einen 9
Lande zu haben, um ihre Truppen bequem dorthin fchaffen zu innen. Du
Beſiegung der Allobrogen und Arverner, welche legtere damals das herif
Bolt in Gallien waren, unterwarfen ſich die Römer in den 3. 128 — N
füdlichen Theil Galliens von den Alpen bis zu den Pyrenden längs der See.
der Pracht der Könige der Urverner wird ung feine geringe Befchreibung gem
fie hielten Dichter an ihrem Hofe, und ein großes Hoflager. Auch wirba
daß fie Hunde ſowol zur Jagd als zum Kriege {wie die Spanier in Weſtindü
halten hätten. Bald darauf bewegte der Zug der Zeutonen und Cimbern,
nifcher Völker, Europa vom ſchwarzen Meere bis Spanien. Viele,
galliſche Völker, von Alters her mit den Cimbern verwandt und gemiſcht,
fih an, 4 confufarifche Heere wurden von ihnen nad) einander vertilgt.
beherefchende Rom zitterte vor einem Einbruche der Barbaren in Italien,
Cajus Marius (f. d.) die römifche Republik; in 2 mörberifchen
Air 102, und Vercelli 101 v. Chr., vernichtete er diefe Nationen; ihre
nachdem fie vergebens gebeten hatten, fie den veflalifhen Jungfrauen und
Keufchheit zu weihen, gaben ſich und ihren Kindern den Tod. Nur bie;
fer Völker, die, den Ausgang erwartend, in Gallien zuruͤckgeblieben
tannen dem allgemeinen Verderben. 43 3. nad) diefer Begebenheit erhi
Julius Caͤſar die Statthalterwürde (das Proconfulat) über die Gallien
ten Landfchaften. Er befchlog, fi) ganz Gallien zu unterwerfen, und
innerhalb 9 Jahren, 58 — 50 v. Chr., durch 8 fehr blutige Felbzüge
far fand Gallien in viele Parteien zerriffen; durch die Anfälle der Ge
denen ſich ein Haufen unter ihrem Könige Arioviſt (Ehrfeft) jenſeits bed
niedergelaffen hatte, geſchwaͤcht; viele Völker, befonders die Äduer, alte
genoffen Rome, ihm geneigt. Anfangs trat er ald Retter und WBefreler ber
auf, indem er die auswandernden Helvetier in ihr Land zuruͤckzukchren
Gallimahies - Gallizin 499
Ariovifk nach Deutſchland zuruͤckwarf. Später beswang er bie wilden
ıb trieb einige einwandernde beutfche Völker zuruͤckk. Noch aber war der
Minn der Galler keineswegs erlofchen, und hatten fie audy nicht mehr den
sth ihrer Vorfahren, fo waren fie deſto gefchichter, in Kriegsfachen Vieles
wen. Ihr Sreiheitsfinn wurde empört, als fie fortdauernd römifche Trup⸗
ern Lande ſahen. Mehr als einmal erlitten die Römer empfindliche Vers
der leßtern ausgebildete Kriegskunſt und Caͤſar's Genie und Gluͤck trugen
ıch Aufopferung einer Mill. Sallier) den Sieg davon. Der legte allges
ührer der Gallier, ber tapfere Vercingetorix, mußte fi 52 v. Chr.,
e in der Stadt Alefia (jegt Altfe, Fl. nicht weit von Dijon) eine der merk⸗
. Belagerungen bes Alterthums ausgehalten hatte, an die Römer erges
tige fpätere Aufftände waren fruchtlos. Caͤſar vollendete die Unterjos
liens, mit deffen Geld und Truppen er fi) nachher das ganze römifche
erwarf. Durch Colonien, und indem nad) und nad) mehre gallifche
as römifche Bürgerrecht erhielten, wurde die Herrfchaft der Römer in dies
befeftigt. Tiberius und Claudius unterdrücten die Religion der Drui⸗
ch mehr und mehr nad) Britannien z0g, wo diefe Priefter befonders auf
ı Infeln an der englifchen Küfte ihr geheimnißvolles Weſen trieben, von
ch wunderbare und ſchreckende Sagen im Alterthum verbreiteten. Doch
bald die Britannier das Schidfal, von den Römern befiegt zu werden.
Ausſterben ber Familie der Caͤſarn verfuchten die Ballier noch einmal,
ber Deutfchen, ihre Freiheit wieder zu erlangen, aber vergebene. Sie
rauf nach und nad) alle römifche Bürger und völlig romanifirt, ſodaß
ilte Sprache, die celtifche, durch eine verborbene lateiniſche Mundart vers
sde, doch fo, daß viele celtiſche Wörter, beſonders als Wurzeln, uͤbrig
oraus nachher, vermifcht mit fränkifchdeutfchen Worten, bie jegige frans
yache entftanden ijt; denn um 486 bemädhtigten fich die Franken des
weils von Gallien und machten ber römifchen Herrſchaft in diefem Lande
Ende. Die alte celtifche Sprache lebt noch am reinften, wiewol mannig⸗
rt, in dem Gallic der Bergfchotten, ober ber erfifchen Sprache in Irland,
:germanifche Sprache (der Belger oder Cimbern) im heutigen Wales, in
und in Nieberbretagne. ee.
llimathias, Wortgewirr, Unfinn, Kauderwelſch. Der Ausdruck
om franz. Bauer, Namens Mathias, herkommen, der uͤber einen Hahn,
, einen Mechtöhanbel hatte. Bein Abvocat, der vor Gericht nach das
itte lateiniſch fprady, ließ babei oft die Worte: Gallus Mathiae, der
Mathias, hören, verſptach ſich aber einigemal, und fagte Galli Mathias,
16 des Hahns. Weil dies nun keinen vernünftigen Sinn gab, fo nannte
er jeden finnlofen Vortrag einen Gallimathias.
Iizin (Amalie, Fuͤrſtin). Diefe durch ihre Griftesbilbung, ihre Vers
mit Gelehrten und Dichtern ihrer Zeit, vor Allem aber durch ihren gros
sum Pietismus bekannte Frau, T. des ehemal. preuß. Generals, Gras
mettass, verliebte einen Theil ihrer Jugend an dem Hofe der Prinzeffin
Gemahlin des Prinzen Ferdinand v. Preußen, Bruders Friedrichs II. Auf
nad Aachen, wohin die Gräfin Schmettau ihrer Gebieterin folgte, lernte
ĩſchen Gefandten im Haag, den Fuͤrſten Gallizin, kennen, ber, angezos
n Lörperlichen und geiftigen Reizen der jungen Dame, ihr bald darauf
reichte. Da ihr Gemahl häufig auf Reifen war, fo erfor fich die Fürs
e zu Ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsorte, wo ſich denn bald ein Kreis
ter Menſchen um fie fammelte, zugleich aber neben dem geiftigen
: wechfelfeitiger Austaufhung von Ideen über Wiffenfchaft und Kunft,
aren Frau fich auch jene froͤmmelnden Tendenen und jene zulegt auf
500 Gallo
Proſelytenjagd hinauslaufende religioͤſe Gefuͤhlsempfindelei, einfand,
ſ. bekannten Schrift: „Wie ward Fritz Stolberg ein Unfreier?“ fo ſch
nicht -unverbient, beurtheilt hat. Denn, daß fie und der Einfluß ihrer
gebung vorzüglich zu dem Abfalle Stolberg's und deffen Familie bei
unleugbar und ebenfo, daß ihr Beiſpiel, als das einer durch Geift, Ra
muth gleich ausgezeichneten Perfon, auch weiterhin in biefer Hinſicht
ſchaͤdlich wirkte und jene Schwelgerei in religiöfen Gefühlen und Anbaı
mit hervorrufen half, die ſeitdem hier und ba Überhand genommen !
rechnet dieſes, gehörte die Kürftin Gallizin zu den vershrungswertheft:
ihres Standes und ihres Geſchlechtes. Kür den echten Gehalt ihres |
ihrer fonftigen Bildung zeugt allein ſchon, daß Männer wie Hamanı
huis, Jacobi, Göthe, Fuͤrſtenberg u. A. ihre Freunde und, bald auf IL
auf kuͤrzere Zeit, ihre Gefelifchafter waren. Beſonders gehörten Hi
Hemfterhuts zu ihren treuften Freunden und da der Erſtere in ihrem Haı
fand er quch f. legte Ruheftätte In ihrem Garten zu Muͤnſter. Wie t
in der legten Periode ihres Lebens der Hang bei ihr wurzelte, ihre Be
dem Wege zum Heil zu führen, den fie ging, beweift die Außerung Gi
2, Abth. des 5. Bd8. f. Biographie (‚Aus meinen Leben”), nad) weldy
ten, fie es nicht ungern gefehen haben würde, wenn er ein zweiter Stoll
ligionsabfal geworden wäre. Neben diefer Schwärmerei in Religions
die Fuͤrſtin Gallizin im Punkte der Erziehung fehr dem Rouſſeau'ſchen Na
fofteme an, und erzog zufolge deffelben ihre beiden Kinder auf eine ebe
als törperlich abhärtende Art. (Man f. Niemeyer, im 3. Bde. f. „Bi
Neifen”, S. 271fg.) Die Fürftin ift die Diotima, an welche Hemſt
N.: Dioklas, f. In Briefen verfaßte Schrift: „Über den Atheismu
Sie ftarb 1806 zu Angelmodbe, bei Münfter, wofelbft fie in der legte
Lebens die Sommermonate zuzubringen pflegte. Ihr einziger Sohn Ie
fionnair in Amerika. |
Gallo (Marzio Maſtrizzi, Marquis v.), ehemals Botſchafter
dinand IV. von beiden Sicitin in Wien u. a. a. D., dann Staatı
Neapel unter Jof. Bonaparte und Murat. Ferdinand IV. gebrauchte
ſchwierigſten Unterhandlungen während bes Mevolutionskrieges. 179.
zum Premierminifter an Acton's Stelle ernannt, lehnte aber diefen Antra
der Köniz von Neapel 1797 feine Vermittelung zwifchen ſtreich und
anbot, wohnte Gallo den Conferenzen zu Ubine bei und unterzeichnete |
zu Gampo Formio den zwifchen Ungarn und Böhmen und ber franz. R
gefchloffenen Frieden. Sein Monarch benugte abermals f. Dienfte 17
und 1800 in wichtigen Verhandlungen mit Frankreich. In der Zwiſch
er einen Kampf mit Acton zu beftehen, deffen Syſtem der Strenge er ſich
Als Vicekönig von Sicilien erhielt er den Befehl, dafelbft nur in Überei
mit Acton zu handeln. Gegen Ende 1802 ging er als Botfdyafter de
Sicitien zur italienifchen Republik und von da nad) Frankreich. Beide
Napoleons zum König von Stalien war er im Mai 1805 in Mailand gı
und d. 21. Sept. d. J. unterzeichnete er einen Vertrag mit Frankreich ro
mung des Neapolitanifchen von den franz. Zruppen, welcher aber in dı
blicke der Unterzeichnung ſchon gebrochen wurde, Nach der Landung I
und Engländer in Neapel nahm er f. Abfchied, mußte aber im Jan. 18
nad) der Ruͤckkehr des Kaifers, Paris verlaffen. Als Iof. Bonaparte
von Neapel beftieg, ward er von demſelben zum Minifter der auswärtige:
ernannt. Cr begleitete ihn nach Bayonne, im Mai 1808, und ward (
tar des Ordens beider Sicilien. Auch unter Murat blieb ee Minifter der
Angeleg. Als folcher unterzeichnete er d. 11. San. 1814 das Buͤndni
Galmei Galuppi 501
vorauf bie Feindſeligkeiten zwiſchen England und Murat aufhoͤrten. Hier⸗
mpicnete er d. 3. Febr. zu Neapel einen Vertrag mit Lord Bentink. Auch
verwidelten Lage, in welche Murat durch f. boppelten Abfall, erſt von Nas
dann von, Oſireich fich gebracht hatte, blieb er dem König treu, und diente
Eifer. Den 18. April 1815 begab er fich nach Ancona, wohin bald nach⸗
rat ſ. Ruͤckzug nahm, dem er auf ber Klucht folgte. Nach der Revolution
ı Neapel beflimmte ihn die neapolitanifche Regierung zum Miniſter der,
‚Angeleg. und fpäter nad) Wien, um dem dortigen Hofe über die Revolu⸗
wels und deren Kolgen Auffidrung zu geben. Allein in Klagenfurt fund er
adung des Fuͤrſten Metternich vom 2. Sept. 1820, nicht weiter zu reifen,
alfer ihm Beine Aubienz ertheilen könne, weil die neapolitanifche Revolution
In Zuftand der jetzigen Civilifation umgeftürzt habe, weil folche alle Thro⸗
alten Drganifationen der Verfaffungen und die Ruhe der übrigen Völker
Der Marquis mußte deßhalb nad) Bologna zurückkehren. Mit Schwies
ielt er fpäter Erlaubniß, dem Könige nach Laibadı zu folgen, konnte aber
nderung bet über Menpel gefaßten Befchlüffe des Congreſſes bewirken.
urz ber Revolution in Neapel führte den Marquis ins Privatleben zuruͤck.
Imei, zwei verſchiedene Mineralſpecies, beides Zinkerze; der Zinkipath
afaure Zink, und der eigentliche Galmei oder kiefelhaltige Zink. Erſte⸗
firt in Rhomboedern, erfcheint auch röhren » und nierförmig, tropffteins
derb. Er ift weiß, gelb, grau, braun, grün von Farbe; glass und
glänzend ; durchſcheinend bis undurchſichtig; auseinanderlaufend faferig
‚ uneben grobkoͤrnig im Bruch. Wird durch Reibung negativ etektrifch ;
Zinkoxyd, Kohlenfäure und Waſſer. Iſt in Altern und neuern Gebir-
eslagerftätten zu Haufe, befonders in der Gegend von Aachen, in Schle⸗
ınd und Sibirien. — Die 2, Species, der eigentliche Galmei erfcheint
hen Prismen und hat übrigens gleiche Außere Kennzeichen mit dem voris
ift meift immer im elettrifchen Zuftande und befteht aus Zinkoryd, Kies
iſſetr. Er wird in der Nähe von Heidelberg, zu Brilon und J'erlohn in
in Zirol, Kaͤrnthen, Polen, Sibirien u, f. w. auf Gaͤngen im Thon,
nden. — Beide Species dienen nicht allein zur Darftellung bed meiften
Zinks, welcher in den Handel kommt, fondern auch unmittelbar nebſt
: zur Fabrication des Meffings(f.d.).
uppi (Baldeffaro), Tonkuͤnſtler, auch Buranello genannt-, von
mer Inſel bei Venedig, wo er 1703 geb. wurde. Er lernte die Elemente
4 f. Vater, nachher in dem Confervatorio degli Incurabili. Der bes
ti war fein erfter Lehrer im Gontrapunft. Sehr iung ward er ein fertis
pieler und gab Proben f. Genies für die Sompofition. Noch nicht 20
; er zu Venedig f. erfle Oper: „Gli amici rivali‘‘, aufführen. Die
Aufnahme bewog ihn, bie ihm vorgervorfenen Sehter für die Kolge zu
Er machte fo reißende Fortſchritte, daß er fih in Kurzem faſt aller
aliens bemächtigte. Er wurde Capellmeifter von St.⸗Marcus, Orga⸗
Kirchen und Lehrer am Eonfervatorio degli Incurabili. In einem Als
3. ward er als erſter Sapellmeifter mit einem Jahrgehalt von 4000 Rus
noch freie Wohnung und Equipage kam, nad) Peter&burg berufen. Die
die er dort von f. Compofition gab, war „„Didone abbandonata‘‘.
phigenia in Zauris. 1768 kehrte er nad) Venedig in den Schoß f. Fa⸗
„zugleich um f. bortigen Amter wieder zu verwalten. Mit ungefchrodchs
ie fegte er f. Arbeiten bis an f. Tod fort, im Ian. 1785. Man bes
Eder Seift, Geſchmack und Ideenſchwung, welche er in f. legtern Opern
nmufiten entfaltet, Alles, was er früher herausgegeben, übertreffe.
tängel in Anfehung ber Reinheit der Compofition werden durch bie
502. Galvani Galvanismus
Eigenthuͤmlichkeit der Ideen und bie Schönheit ſ. Melodien aufgewogen.
Dpern, deren Zahl ſich beinahe auf 50 beläuft, gehören faft alle zur komiſche
tung, die er beſonders liebte, und in der er unerſchoͤpflich an Wendungen un
fällen war. Aber auch f. heroifchen Opern und ſ. Kirchencompofltionen en
Arien und Chöre voll euer und Ausdruck.
Galvani (Xleifio), geb. zü Bologna d. 9. Sept. 1737, fludirte d
bicin, und trat mit Auszeichnung in diefe Laufbahn, indem er: 1762 eine
über die Natur und Bildung der Knochen vertheidigte. Mit. Worliebe wib
fi) der Anatomie und Phyfiologie. Bald bekam er den Auftrag, bie Anatı
dem berühmten Inſtitut ſ. Vaterlandes zu lehren, umd gab eine anziehende A
lung über die Uringefäße der Vögel heraus. Der Belfall, den diefe Schrift:
führte ihn zu dem Entfchluß, die voltftändige Phyſiologie ber Voͤgel zu bearbait
lein er beſchraͤnkte ſich aufeine Unterfuchung ber Gehoͤrwerkzeuge. Der Zufall
ihn hierauf zu der Entdedung mehrer Erfcheinungen, die einen neuem In
medicinifchen Phyſik bilden und nad; ihrem Erfinder Galvanismus (
nannt worden find. Auf einer Reife, die er nach Sinigaglia und Riminiı
war er auch fo glücklich, der Urfache der bei dem Krampffiſche fich zeigenden
hen Erfcheinungen auf die Spur zu kommen, und ſchrieb eine gelehrte Abha
darüber. Einfach in f. Sitten und Wänfchen und mit einem natuͤrliche
zur Melancholie, mied er zahlreiche Sefellfchaften. Der Verluft ſ. geliebte
tin 1790 machte ihn troſtlos. Die Revolution nahm ihm, weil er aus Ga
zweifel ben Beamteneid nicht leiften wollte, f. Amt. Er zog ſich aufs Land
Fr ftarb d. 4. Dec, 1798, In Rom wurbe ein: Medaille mit ſ. Bild
lagen.
Galvanismus. In dem Hörfale Galvani's zu Bologna ft
Elektriſirmaſchine, aus welcher einer f. Zuhörer zufülliger Welfe Funken tod
rend ein andrer einen Froſch präparirte und die Schenkelnerven beffelben
hatte. Bei jedem Funken gerieth der Srofchfchenkel in Zudungen. |
glaubte in diefer damals ganz neuen Erfcheinung einen Fingerzeig zu fehen,
Elektricität das Mittel ſei, welches die Muskelbewegung hervorbringe.
folgte diefe Verſuche mit präparirten Froͤſchen eifrig, verfuchte auch, atmof)
Elektricität auf fie einwirken zu laffen, wiederholte die Verfuche, welche
mit präparirten Muskeln andrer, zum Theil lebender Thiere, und zog au
Allen den Schluß: jeder Muskel des thierifchen Körpers fei eine elektriſche
Im Kleinen, und jebe Mustelfafer ftelle eine Kleiſt'ſche Slafche vor, deren:
die Nervenfäden Elektricitaͤt zuführen. Diefe Elektricitaͤt werde während b
den Zuftandes ununterbrochen in dem Gehirne erzeugt, firöme von dort
Merven dem Innern der Muskeln zu, und lade fie, welche Ladung fie a
Tödtung des Thieres eine Zeitlang behalten follen. Werden die aͤußern |
Muskels und der Nerve durch einen oder mehre die Elektricitaͤt leitende $
Verbindung gefest, fo entiade fich diefe thierifche Elektricitaͤt; und ſowie
ferne Verſtaͤrkungsflaſche beim Entladen erſchuͤttert werde und töne, fo kon
. der Muskel durd) das Entladen zum Zuden. Galvani nannte baher das U
mittel in diefen ſ. Verfuchen thierifche Elektricität, und machte fie 1791 in
über die Muskelbewegung bekannt. Der berühmte Phyſiker Volta av
Prof. der Phyſik zu Pavia im Mailändifchen, zeigte indeß bald durch ent
Verſuche, dag Galvani, durch unvoliftändige Verfuche verführt, eine u
Lehre aufgeftellt habe, und daB es keine thierifche Elektricität gebe, wie er
dacht habe, Sind Nerv und Muskel des präparirten Froſches ganz rein
leer, und fegt man fie durch einen Metallbogen, der durchgängig gleichart
einander in Berührung, fo erfolgt keine Zudung, obgleich auch in dieſer
thieriſche Elektrieitaͤt des Muskels entladen werden müßte Wenn mi
Oalvanismus. 503
lm des entblößten Nerven mit verfchiebenartigen Metallen berührt, z. B.
ber und mit Eifen, fo erfolgt im Augenblicke, in welchem man diefe in Be⸗
ſeht, heftige Muskelbewegung, indeß fie nach Balvani’6 Theorie in diefem
ht erfolgen follte, da man bloß zwei Stellen des Leiters, der zum innern
Muskeln führt, in leitende Verbindung gefeßt hat. Ebenſo erfolgen
a, wenn ber entblößte Muskel mit dem einen, und eine Stelle des Ner⸗
em andern der beiden verfchiedenartigen, einander berührenden Metalle bes
den. Dem zufolge fchien diefe Wirkung aus ben verfchiedenartigen Dies
mtipringen, und Einige nannten fie deßhalb Metallteiz. Es gelang indeß
ta darzuthun: 1) daß, wenn man durch den Nerven eines frifc) präpas
ſchſchenkels eine fo geringe Maſſe von Elektricität durchſtroͤmen läßt, welche
ndlichſte Eleftrometer noch nicht in Bewegung zu feßen vermag, doch der
durch fie in heftige Zudungen verfegt wird; und 2) daß, fo oft zwei vers
ige Metalle mit einander in Berührung gebracht werden, durch diefe Bes
he elektrifches Gleichgewicht aufgehoben, und das eine pofitiv, das andre
$trifh wird. Daraus fchloß er mit Recht, Die durch zwei verfchiebenars
ührende Metalle erregte Elektricität fei es, welche bei ihrem Durchſtroͤ⸗
ben entblößten Schenkelnerven des Froſches (welcher dabei als bloßer Ins
ec Materie erfcheine) diefen in Zuckungen bringe, fo lange bie Reizbarkeit
wüparatd nad) dem Tode noch nicht ganz erlofchen iſt. Galvani's vors
srifche Elektricität, oder was Andre Galvanismus genannt hatten, fei
Andres als Elektricität auf eine neue, bis dahin ganz unbekannte Art,
der Berührung zweier verfchiebenartigen Metalle, oder überhaupt zweier
t. Galvaniſche Elektricität fcheint daher, wenn man nicht der am Schiuß
hlten Benennung den Vorzug geben will, auch ber ſchicklichſte Name für
aͤltnißmaͤßig die ftärkfte Elektricität erregen in ihrer Beruͤhrung Zink und
her man diefe Metalle, oder in Ermangelung des Silbers Zink und Ku⸗
tegern bei den galvanifchen Verſuchen zu nehmen pflegt. Die Wirkuns
: zwei folche Erreger hervorbringen, machen den einfachen Galvanismus
Entdecker bes verftärkten Galvanismus ift Volta. Nimmt man mehre
yer Erreger, 3. B. Zink: und Kupferplatten von gleicher Größe, wo in
zink nad) einerlei Seite, 3. B. unten, das Kupfer oben liegt, und baut
eine Säule auf, . indem man jedes Plattenpaar mit dem nächftfolgenden
ı pordien, in Salzwafler oder in fehr verbünnter Säure getränkten Körs
Platten von Pappe oder Tuch) verbindet, fo zeigt eine ſolche Säule an
a in bem Grabe, in welchem der Plattenpaare mehre find, ftärkere elek⸗
annungen, als ein einzelned Plattenpaar; z. B. eine Säule von 100
ten an bem Zinkende eine 100 Mat ftärkere pofitive, und an dem Sit
e 100 Mat ſtaͤrkere negative Elektricitaͤt, als ein einziges Plattenpaar.
t eine ſolche Säule die elektrifche, oder zur Ehre ihres Erfinders die Vol⸗
ile. Dem Apparate laffen fic) noch andre Geſtalten geben; dahin gehoͤ⸗
herapparat, der galvanifche Zrogapparat, der Zellenapparat u. dgl. m.
ie in außerordentlihen Größen ausgeführt, 3. B. von 2000 Piattenpaas
nd Kupfer, auch von fehr großen Flaͤchen. Volta nennt alle diefe Appa⸗
motore; Andre haben fie galvanifche Batterien genannt. Sie geben
: überrafchender Erfcheinungen elcktrifcher, chemifcher und phufiologifcher
ich welche unfere Kenntniffe auferordentlicd) erweitert worden find. (©.
Grundriß der Naturlehre”, Leipzig 1813.) Hier önnen nur einige der
en diefer Erfcheinungen angedeutet werden, Beruͤhrt Jemand die beis-
der Säule mit ganz trodenen Händen, fo empfindet er nichts, indem
ꝛitende Oberhäutchen der Haut, wenn es troden ift, die Einwirkung ver:
Jat er bie Zeigefinger der beiden Hände genaͤßt und berührt mit dem einen
504 | Gama (Vasco be)
das Zinfende, mit dem andern das Kupferende ber Saͤule, fo erhält er eine
der bis Über die Handwurzel hinausgeht. Hat er beide Hände mit Salz
hörig genäft, faßt mit ihnen große Metallſtaͤbe und berührt mit diefen
Enden der Säule, fo gehen die Schläge bis in die Schultern und er iſt und
die Arme ſtill zu halten. Bringt man das eine Ende der Säule mit ein:
des Kopfes in Berührung, während man mit naffer Hand das andre
Säule berührt, fo fieht man Blige vor den Augen und fühlt auf ber Zi
Geſchmack. Fuͤhrt man von den beiden Enden der Säule Gold⸗ ober PI
in ein Gefäß mit Waffer, fo wird das Waffen fogleich in bie beiden ge
Körper zerfegt, aus denen es beſteht. Haben die Platten große Oberfli
iſt ihre Anzahl nicht unbedeutend, fo entfteht in dem Augenblide, In we
die beiden Enddrähte mit einander in Berührung bringt, eine fo große
Eeine Metallmaffen, z. B. Gold : und Sitberplätehhen, Eiſen⸗ oder P
dadurch nicht bloß gefchmolzen, fondern felbft mit dem hellften, zum Th
Lichte verbrannt werden. Kohlenſtreifen laſſen ſich auf dieſe Art unter W
gluͤhend machen. Durch die Kraft maͤchtiger galvaniſcher Apparate ſind
in London zuerſt die Alkalien und Erden zerſetzt, und die Metalle, aus
Körper beſtehen, dargeſtellt worden u. dgl. m. Es verdient noch beme
den, daß die neuern franz. Naturforſcher dem Galvanismus den Namen
cito developpe par le contact“ ( Beruͤhrungselektricitaͤt) beilegen, we
nung, da fie zugleich den erſten Grund der Erſcheinung (die durch nichts a
Berührung heterogener Körper bedingt wird) angibt, wol unter allen
verdienen möchte. (Vgl. Örfted und Magnetismus.) S. Amper:
binet's: „Darſtell. d. neueften Entdeck. über d. Etektricität”, a. d. St
1822). Das Allgemeinfte der galvanifchen Theorie erlaͤutert vortreff
f. „Lehrb. d. Erperim.-Phpfil”, 3. Auft., deutjch durch Fechner (Epzg.
15. Cap. 4. Buches: „Won der Eiektricitätderregung durch Berühr
Roͤsling's Werk: „Der Galvanismus“ (2 Thle., Ulm 1824).
Gama (Vasco de), geb. zu Sines, einer kleinen Seeſt. In Pi
einem edlen Geſchlechte, machte die für den Bang des Handel® und |
Bildung und die Staatenverhältniffe Europas hochwichtige Entdedung
ges nach Dflindien, wodurd) er den Grund zu Portugals Dandeldmud
bifchen Deere Icgte. Als der Zögling Heinrichs des Seefahrere, C
Gluͤckliche den Thron beftiegen hatte, uͤbernahm er die von f. Vorfahren,
eifrig vorbereitete Ausführung des Entwurfs, um das Worgebirge bet
nung, das Barth. Diaz 1486 entbedt hatte, nach Indien zu fegeln.
mit 160 Eotdaten und Seeleuten bemannte Schiffe aus, zu deren Be
den Sama ernannte. Emanuel übergab ihm feierlich die Fahne, bie e
follte; es mar das Kreuz des Chriftordens, deffen Großmeifter Hein
fahrer geweſen, darauf geftidt. Am 9. Juli 1497 beftieg ©. das
das den Namen des heil. Gabriel führte. Sein Bruber Paul hatte di
über das zweite, und Nikolaus Coelho Uber das dritte Kriegsſchiff.
eine Barke mit Lebensmitteln, führte Gonzalo Nunez. Am 20.Rı
Gama das Vorgebirge der guten Hoffnung, Anfang 1498 fam er a
von Afrika, und am 1. März lief er in den Hafen von Mozambig!
Mannſchaft in große Gefahr gerieth, als verlautete, daß die angekomr
tinge Chriften waͤren. Sein Gefchüg rettete ihn. In Mombaza ı
feindlic, behandelt ; deſto freundlicher nahm ihn der König von Meli
gab dem Admiral einen, der Schifffahrt kundigen Mohammebaner
und einen erfahrenen Piloten. Gerade auf die Küfte von Malabar
Gama im Mai, zu Anfang des Winters in diefer Weltgegend, in C
von Hindus kemohnten Stadt, an, wo ber Beherrfcher ded Landes,
morin , d. i. Oberkönig oder Kaifer, nannte, feinen Six hatte. Ga
Gama (Vasco de) | 505
anfangs fehr freundlich aufgenommen. Alten die mohammebanifchen
weiche Calcutta häufig befuchten, toußten aus kaufmaͤnniſcher Scheel⸗
gute Vernehmen zu ftören. Gama ſtellte es jedoch durch fein entfchloffer
uged Benehmen wieder her. Der Zamorin fandte hierauf dem Admiral
fan den 8. Emanuel. Gama nahm einige Indianer mit, um biefen
m feine Heimath zu zeigen. Auf der Ruͤckkehr befuchte er wieder den Koͤ⸗
Relinde. Nikolaus Coelho fegelte ben übrigen Schiffen voran, und ers
tim Hafen von Liffabon, mo bald nachher auch ©. eintief, als er f. Bru⸗
der an einer Krankheit geftorben war, auf ber Inſel Tercera begraben
vei Jahre und zwei Monate hatte er auf ſ. Reife zugebracht; von 160
&ehrten nur 66 mit ihm zuruͤck. Nach f. Ankunft in der Hauptftadt
sine Woche mit Andachtsuͤbungen in dem Klofter zu, welches der Infant
rbaut hatte. Der König Iteß Ihn durch einige der erſten Männer von f.
‚Ben, und als Vasco darauff. feftlichen Einzug in die Stadt hielt, wur⸗
Ehren öffentliche Luftbarkeiten angeftellt. Emanuel ertheitte allen Gefährs
nenSeefahrer Belohnungen ; Vaseo felbft erhielt für fich und ſ. Nachkom⸗
hrentitel Dom, die Winde eined Admirals der öftlichen Meere und 3000
ink. ; ein Theil des Reichswappens ward In fein Geſchlechtswappen ger
m erlaubt, bei jeder Reife nach Indien 200,000 Grufabos auf eignen
zulegen. Einige Zeit nachher verlieh er ihm noch die Würde eines rag
digueira. Der Erfolg dieſes Unternehmens verfpradh fo glänzende Vor⸗
alle Gegner der Entdeckungsreiſen umgeftimmt wurben. Bald nach G.'s
andte der König Emanuel ein Geſchwader von 13 Segeln ımter Pedro
bral nad) Indien. Es wurden Buͤndniſſe und Handelsvertraͤge mit ins
Kürten abgefchloffen, und Cabral's Geſchwader kam, ſowie ein kleineres
ı Coelho, mit reichen Waarenladungen nad) Portugal zuruͤck. Nun ers
er allen Ständen der regfte Eifer, bei dem Handel nady Indien zu gewin⸗
ver Hafen von Liffabon füllte ſich mit fremden Schiffen, welche die Waa⸗
xgenlandes abhotten. 1502 ging auch ©. ale Befehlshaber eines neuen,
‚onig ausgerhfteten Geſchwaders von 20 großen Schiffen zum zweiten
Indien. Als er auf diefer Fahrt den feindlich gefinnten König von Qui⸗
gemacht hatte, fleuerte er gegen die indifche Küfte, wo er die durch Gas
ffene Verbindung mit den Königen von Kananor und Kochim, welche
zamorin aufgebracht waren, noch mehr befefligte. Letzterer hatte feit G.'6
‚die Europäer feindfelig behandelt, und es waren während Cabral's Anwe⸗
Imbien 40 Portugiefen in Calcutta getödtet worden, indem das Volk, durch
er Mohammedaner aufgereist, das Factoreihaus der Fremdlinge ſtuͤrmte.
inun, den Zamorin zu züchtigen. Er erichien an der Küfte von Galcutta,
friedlichen Worfchläge des beflürzten Könige nicht achtend, griff er die
„ welche im Hafen lagen, und ließ die Stadt befchiefen. Die Kugeln
huͤtzes verbreiteten Schredien und Verwuͤſtung in der Stabt. Zugleich
gefangene Araber an die Segelftangen aufhängen, und ſchickte darauf die
mm Köpfe, Hände und Füße derfelben dem Könige. Darauf befuchte
Beſchwader den verbuͤndeten König von Kochim, wo er Abgeordnete von
Nachbarſchaft wohnenden Anhängern des chriftlichen Glaubens, den fos
Thomaschriſten, erhielt, welche ihn um Schuß gegen die Heiden baten.
ien bier vor ihm ein angefehener Bramine, von zwei Verwandten begleis
errteth den Wunfch, mit ihm nad) Portugal zu reifen, um ſich im chrifts
aben unterrichten zu laffen. Einige Zage nachher mußte derfelbe ihn zu
daß durch |. Vermittelung die Streitigkeiten der Portugiefen mit dem
mögeglichen werden könnten. G. ließ fich deſto leichter täufchen, da
. Eohn und f. Neffen ihm als Unterpfänder f. Aufrichtigkeit ⸗
206: Gamdbe . Banges
Er übertrug ben Oberbefehl des Geſchwaders einem erprobten Anführer, und fi
mit dem größten ſ. Schiffe und einer Karavelle nach Galcutta, in der Hoffnung
unterwegs mit Vincent Sodre, ber die Abgeordneten ber inhifchen Chriften in
Heimath zurüdgebracht hatte, zu vereinigen. Es zeigte ſich aber bald,. daß ib:
Bramine hintergangen hatte. Doc) auch diesmal rettete ihn feine Entfchioffe
vom Untergange. Ex raͤchte bie Bosheit, Lehrte nad) Kochim zuruͤck, richtete
eine Factorei ein, und fegelte mit 10 Schiffen nach Kananor. Da griff ihr
Geſchwader des Königs von Salcutta, aus 29 Schiffen beftehend, an. G.
aber bald die feindlichen Schiffe in bie Flucht. Unter der reichen Beute, weid
Portugiefen auf ben eroberten Fahrzeugen machten, war auch ein Eoftbares GL
bitd von Bold, mehr als 30 Pfund ſchwer, von abenteuerlicher Geftalt. G.
barauf die Rüdreife nad) Liffabon an, wo en mit reichbeladenen Schiffen antı
Bei f. feierlichen Einzuge ward in einem filbernen Beden der Tribut des Bet
ſchers von Quiloa vor Ihm ..hergetragen, woraus K. Emanuel eine Eofibare Mi
ſtranz machen ‚ließ, welche er dem Kloſter zu Belem (Bethiehem) ſchenkte, das
flatt ber von Heinrich dem Seefahrer - errichteten kleinen Capelle, erbaute, um}
Andenken des großen Uchebers der neuem Laͤnderentdeckungen zu vererigen. Fü
be Almeida und der große Albuquerque hatten Portugals Macht in Indien glow
befeftigt, ald G. von Emanuel Nachfolger, Sohann III., noch einmal auf !
gorupiat feiner ruhmvollen Thaten gefandt ward. Er follte als Dicekonig,
erwaltung ber Anfiebelungen übernehmen, welche [yon vom perfifchen Dec
fen bis zu den moluckiſchen Infeln reichten. Mit 14 Fahrzeugen fegelte er fä
ab. Gleich nad) f. Ankunft beſuchte er einige Eleine Anfiebelungen, und tufh
tige Vorkehrungen zum Schuße derfelben und zur Erhaltung des Anſehens der
tug. Waffen unter den Eingeborenen ; aber mitten unter den Siegen, welche ſ.
ſchwader erfochten, als er kaum drei Monate fein Amt verwaltet hatte, erlag!
Schwächen des Alters, und flarb am 24, Dec, 1524 zu Goa.
Gambe (ital, Viola di Gamba, franz. Basse de Viole) Kniegeige, B
eige, ein veraltete® Saiteninftrument, deffen Bauart, Ton und Behandlung
hnlichkeit mit dem Violoncell hat, nur daß e8 5 — 6, wol auch 7 Saiten bat;
Stimmung von der Höhe nad) der Ziefe zu ift D, G, c, e, a, d. Esiltp
in England aufgefommen, nachher aber in Italien, Srankreih und Deutſch
eingeführt worden, und hat beſonders bei den Franzoſen viel Liebhaber und Vir
fen gefunden. Bei Goncerten diente diefed Inſtrument ehedem fehr zur X
ſtaͤrkung des Baſſes; allein feitdem man dem Violoncell mehr Bolltonmenk
gegeben hat, ift jenes ziemlich außer Gebrauch gefegt worden. Einer der beruͤ
teften deutichen Sambiften war Ernft Chriſtian Heſſe. Man hat übrigms ı
ein Orgelregiſter, welches biefen Namen führt, aud) gibt es eine befondere At
Glavier unter dem Namen Gambenwerk oder Geigenclavicpmbel, gegen 1600
Dans Hayden, einem Tonkünftler zu Nürnberg (geft. 1613), erfunden.
Ganerben (von dem alten Wort Gan, gemein, und Erben, Ha
hießen in dem mittlern Zeitalter, befonders in den Zeiten des Fauſtrechts, diej
gen Familien, welche fid) zur gemeinſchaftlichen Vertheidigung ibrer Guͤter in ei
gemeinfhaftlihen Echloffe (Ganerbenſchloß oder Haus) vereinigten, wobei fü
gleich unter einander über don Mitbefiß jener Güter übereintamen und ihre
zen beflimmten, welche Verträge der Burgfriede genannt wurden. In der $
ale nad) und nady das Fauſtrecht aufhörte, erlofchen auch allmälig die Ganerbj
ten, und nur in einigen Gegenden bezeichnet der Name Banerbe einen Mit
oder Mitbefiger, der mit andern an einem Gute Antheil hat, Die anfehn
Ganerbſchaft war noch in ber letzten Zeit die Burg Friedberg.
ang, f. Geognoſie.
Ganganelli, f. Clemens XIN.
Ganges, der heit. Fluß ber Hindus, fe Afien und Hindofan.
. Gauglienſyſtem Bu 6507
w Lagen iſt es ſtrenge Pflicht, fich im Ganges ober wenigſtens in feinem
inigen, unb Almoſen auszutheilen. Die Indier glauben, er ent.[pringe
raus den Süßen des Brama, und habe vermöge ſeines heiligen Urfprungs
derkraͤfte. Wer an ſeinem Geſtade flirbt und vor dem Tode nd) von
sen Waſſer trinkt, brnucht nicht wieder indie Welt zurüczutummen,
es Leben anzufangen.- Sobald daher ein Kranker von den Arzten aufs
eiten die Verwandten, ihn an das Ufer bes Ganges zu bringen, ıım ihm
heit. Waffer einzuflößen ober ihn in daffelbe zu tauchen. Die, welche
ihm entfernt wohnen, bewahren beſtaͤndig etwas von dieſem ko ſtbaren
elches daher in Indien einen bedeutenden Handelsartikel abgibt, als ein
igthum, in kupfernen Flaſchen, damit es ihmen in der Todesſturde gem
m koͤnne. Auch hebt man von den Todten, wenn fie verbrannt find,
bliebenen Knochen und die Aſche forgfältig auf, bis ſich eine Gelegenheit
nden Ganges werfen zu laflen. . M.
ıglienfyftem: begreift ſaͤmmtliche Nerven im thieriſchen Koͤrper,
Vereinigungspunkte in den Nervengeflechten und Nervenknoten (Gang⸗
aterleibes haben, ‚und von da ſich mit den. Blutgefaͤßen in alle Organe
ung, der Abſonderung und Ernaͤhrung begeben, ſich folglich durch den
per in die Regionen verbreiten, welche der Erhaltung (der Reproduction)
find. Man kann es deßhalb auch das reproductive Nervenſyſtem nen⸗
phyſiſche bildende Kraft des Organismus hat ihren Sißz im Gangliens
Nervenktaft beffelben tft daher als Beherrfcherim aller zur Bildung und
des lebenden Körpers gehörigen Functionen anzunehmen. Die vorzuͤg⸗
zane diefer Functionen haben deßhalb auch ein zu Ihnen gehörige vigne®
tervenknoten, bie durch divergirende Nervenfäden mit einander zuaſam⸗
1 Das bedeutendſte, gleichſam alle Übrige beherrfchende barunı:er ift
Gegend der Herzgrube zunaͤchſt unter dem Zwerchmuskel hinter dem
findliche, welches man defhalb auch daB Gehirn des Unterleibes, das
aͤrbige Anotenneg oder das Sonnengeflecht nennt. Außer diefem haben
ber, dee Magen, die Milz, die Nieren, bie Gedärme, die Eingeweibe
6, die Lungen und das Herz befondere Nervengeflechte, die jeboch mit
; Verbindung ftehen. Diefe Verbindung unter einander ſowol, als mit
nmarf und dem Gehirn (dem Vertebrals und Cerebralſyſtem) wird durch
ſympathiſchen Nerven vermittelt, welcher auf beiden Seiten der Wirbel⸗
em obern Theile bes Halfes durch die Bruſt und den Unterleib bis In das
abgeht, und mit Nervenfäben aus dem Gehirn und aus dem Ruͤcken⸗
d mit den genannten Geflechten zufammenhängt, Die Nerven bes
yſtems weichen von benen des Gerebrals und Vertebralſyſtems in Anſe⸗
tganifchen Maffe und Bildung bedeutend ab, fie find weich, gallertartig,
nd roͤthlich, nicht in regelmäßiger Symmetrie verbreitet, fondern regellos
ut, die Kortfegung deffelben bilden Nege und Geflechte um die Arterien,
gen ſich mit deren Vertheilung und begleiten fie bis in ihre feiniten Ver⸗
nin die Haargefäßbildung. Durch die Nerven des Ganglienſyſtems er
ieele eine dunkle Wahrnehmung von ihrem Körper. (S. Gemein ge⸗
ervenund Senfibilitidt.) H.
ngrana, ber heiße Brand, wo in den abfterbenden Gliedern noch Em⸗
Bewegung und Wärme if. (S. Brand.)
nt oder VBergantung (vom lat. quanti, wietheuer), im füblichen
nd, der Öffentliche Verkauf, welchen die Obrigkeit mit den Gütern eines
ten Unterthanen vornimmt; aud) der Concurs des Schuldners felbft, —
ın8, ein Berfleigerungshaus. — Gantmann, der Concursſchuld⸗
zantmeiſter, der Verfleigerer, Auctionator, — Gantproteß, dr
508 Ganymebes Garcilaſo be la Mega .
Concu röproceh. — Gant recht, bad Recht, nach welchem ber Concur
wird. - — Santregifter, das Verzeichniß derjenigen Sachen, die öffe
fteigert : werben folln ; Iher Auctionskatalog. |
(Banymedes, ein Sohn des Tros und Urenkel des Darbanıs,
Stifte rs von Troja, und der Kallirrhoe, ber Tochter des Stamandros. (
— der Schönfte der fterblichen Erbbewöhner;
Shn auch rafften die Götter empor, Zeus Becher zu füllen,
Wegen der fhönen Geſtalt den Unfterblichen zugefellet.
Jupit er entführte ihn unver der Geflalt eines Adlers vom Berge Ida, unt
‚zum $ Rohnfige der Götter enspor. Hier lebte er in der Geſeliſchaft ber |
chen, undfein Gefhäft war, an der Tafel der Götter den Nektar einzi
Ha Hi :be fich dieſes Amtes verluftig gemacht hatte. Dichtern und Bil
tiefer Mythus reichen Stoff zur Behandlung gegeben, Wir haben in ©
Eta tuen, Cameen und Intaglios noch Meifterftücke übrig, welche dieſen
etien aus dem Knabenalter getretenen Süngling in reizender Anmuth d
Dan erkennt die Abbildungen bes Ganymedes an der phrpgifchen Muͤtze un
bet ih. befindlichen Adler, ber entweder neben ihn fleht ober ihn ergriffen
ihn zum Olymp zu führen.
Garat. I Dominique Joſeph, Graf, geb. 1760; hattı
ꝓriva tiſirender Gelehrter durch eine Eloge von (Hospital vortheilhaft bei
mad ıt, Us er Mitglied ber conflituirenden Verſammlung wurde, nach dere
fang der Strudel der Revolution auch ihn mit ſich fortzog. Ex trat in b
nigfa chſt en Verhaͤltniſſen in derfelben auf. 1792 erhielt ex als Juſtizmir
Auft rag, Ludwig XVI. feine Verurtheilung anzukündigen. Unter 9
mwurtsyeer Senator. Ludwig XVII. hat ihn nicht angeftellt und ihn aust
£lono Iinftitut, deffen Mitglied er war, bei ber neuen Einrichtung beffel
feent.. Von ihm erſchienen ‚1820 „Mem. sur la vie de M. Suard ı
3{V1 TIsitcle“. II. Pierre Sean, des vorigen Neffe, einer der beruͤ
€ 5änı ger und ausaezeichnetften Lehrer beim muſikaliſchen Confervatorium in
ein ge db. Gascogner. Die Stimme Garat’s ift an Klany und Umfang bir
derns wuͤrdigſte, welche je die Natur gebildet hat, und feine Fertigkeit auf
lidy. In den Bravourarien mtwidelte er alle Hülfsmittel f. Talents und.
allı: B3undergaben der Natur und Kunft, aber aud) für das Gantabile, für
manzı:, für die gefühlvolle Arie wußte er die Reinheit und die Einfachheit d
drucks anzuwenden, toelche diefe verlangen. Vorzuͤglich wurde er im $
Gluck 's geſchaͤtzt. Er trat zuerft in Paris 1795 auf, reiſte fpäter durch Sı
und E Spanien und trat 1802 auch in ruffifche Dienfte. Er flach d. 2, Mäı
(Barcilafo de la Vega (eigentlich Garcias Lafo de Ia Be
nemnt der Fuͤrſt der [panifchen Dichter, war 1503 zu Toledo geb. Si
war E ommandabor Mayor von Leon des Ordens von Santiago, Staats
Kımigı I Ferdinand des Stacholifchen und Gefandter deffelben bei Leo X., f.
weir Zironna Sancha (5uzman. Beide Familien find ſehr alt; nady ein
richt in der „Historia da las guerras civiles‘“ erhielten die Garcilaſo ihr
mim von den Kämpfen, nelche fie in bem großen Thal von Granada, Vega
mit mcarifchen Helden beflanden. Mit allen Eigenfchaften ausgeftattet
zu einem Dichter gehären, fand ©. bald feine Beftlimmung. Das Lefen d
vorzüglich der Römer, entwidelte feinen Geiſt. Boscan hatte angefar
Vers arten und Spibenmaße der Jtaliener In die fpanifche Poeſie zu ver
©. mar fein Nachfolger, vernichtete feine frühern Verfuche, und fing an,
SFtaliimer zu copiren. Dieb gelang ihm fo gut, daß er noch jegt zu den bel
ſchen. Dichten gezaͤhl wird. Seine Schidfale kann man zum Theil aı
eigner: Werten feuncm lernen. Er hielt fid) Längere Zeit in Stalien
Oarnerin Garafalo «309
an ia ben Dienſten Karls V. einen Theil von Deutichland. -1 52H
m Seldzuge gegen Soluaan und 1535 dem gugen Zunis bei. In
wurde er am Arme verwundet, und lebte hierauf eine Zeitlang in FReas
befehligte er 30 Compagnien Fußvolk und z0g mit dem Kaifer zegen
Auf dem Ruͤckzuge hielt ein mit Mauren beſetzter Thurm das Dee .
gt, ed fei der Thurm Muy bei Frejus gewelen. Der Kaifer geib ben
u nehmen. G. unter einem Dagel von Steinen, brang mit der 2Pike in
r; kaum aber hatte er den: Fuß auf die Leiter geſetzt, als er gefährlich am
abet zu Boden ſank. Dan brachte ipn nach Nizza, und bier flarb er
Alters. Sein Leichnam wurde 1538 nach Toledo gebracht und in
ab fe Familie beigefegt. Bedenkt man Garcilaſo's kurze Lebensdauer
ıftäten und mühevolien Leben, fo muß man doppelt über die Volll'oms
er Gedichte erflaunen. Die fpanifche Poeſie hat ihm unenblic viel zu
n ohne ihn würde Boscan, als Ausländer, mit f. Neuerungen um fo
hgebrungen fein, da er an Chriffoval be Caſtillejo einen furchtbaren
» Boscan war dafür fo dankbar, die Werke ſ. Freundes mit ber größe
tzu fammeln. Sie beftehen aus Eklogen, Epifteln, Oben, Liebern,
n welchen er Petrarca nachahmte) und einigen kleinern Gedichten. Eine
erke ift zu Madrid 1765 mit Anmerkungen erfchienen, fowie Herreia's
(Sevilla 1580) mit Anmerk. von Azara (Madrid 1765, 4.). —
alt ihm nicht verwechfeln ben Inca Sarcilaffo de In Vega aus
nerita (geb. 1540, geft. 1620), Verf. ber „„Hist. de las antiguedades
ı del Perh‘‘ (Liffabon 1609, Fol. u. Madrid 1722, 2 Bde, Sol.) und
a* (Liffabon 1605, 4. und Mabrid 1723, ol; deutſch im Auszug
c. Nordh. 1786, 2 Bde.). M.
nerin (die Brüder). Der aͤltere, Sean Baptiſte Olivier, (Phy⸗
vor der Revolution im Pachtbureau angeftellt, dann in den Bureaur
ıconvent® und trat als Zeuge im Proceß der Königin gegen diefelbe auf,
vard er „Ilumimateur‘‘ im Haufe der Erkönigin Hortenfia und Sof.
3. Im Sept. 1815 leitete er nebft dem Phyſiker Robertfon Die Verſuche
Uſchirm. Seine Tochter Elifa, damals 24 J. alt, ließ fich den 21.
Begenwart bed Könige von Preußen, aus einer Hoͤhe von 1800 Kiften.
Ifchlem herab ; ein zweited Mai den 24. März 1816 und ſeitdem öfter.
ifferin nennt ſich Adroniste. Sein jüngerer Bruder, Andre Yucs
ft Blanchard der gefchicktefte Luftſchiffer. Er erfand das Herabfteien
m, und machte Damit zu Paris im Juni 1799 den erften Verſuch; dann
m Hofe zu Petersburg. Er nannte fidy jest le premier Aöronaute
Auch Lenormand u. a. Phyſiker haben mit dem Fallſchirm Verſuche ges
en Anſpruch ſ. Bruders auf den Ruhm diefer Erfindung beftritt er im
in einer eignen Druckſchrift.
ofalo (Benvenuto ; eigentlich BenvenutoTiſi daGarofalo), Hiſtorien⸗
zu Ferrara 1481. Hier und in Cremona erhielt er ſeine erſte Maler⸗
Im meiſten wirkten Roms Meiſterwerke auf ihn ein. 1505 ſoll ex nach
gekehrt ſein und ſich ganz an Rafael angeſchloſſen haben, der ihn oft bei
nehmungen gebrauchte. Darauf beſchaͤftigte ihn Alfons I. in ſ. Va⸗
ze ftarb G. 1569, nachdem er einige Jahre blind geweſen. Geine
then die Einwirkung aller Schulen, befonder& der lombarbifchen, und
er Schule bed Rafael, den er im Colorit übertraf. Von diefem nahm
Schlegel bemerkt, eine geroiffe liebliche Klarheit an, ein Gefühl von
b’ einen Typus von Schönheit, die ihn nebft dem, was ihm felbft eigen
enewuͤrdig machten. Einige ſ. Madonnen und Engelögeftalten find
512 Gartenkunſt
thumsforſcher gedacht Haben, weßhalb man um fo mehr bedauern muß, DB
ger ſ. Racemationen zur Gartenkunſt der Alten nicht fortgefegt hat (f. „N. beat
. Merl." 1800, St. 2,3). Die gepriefenen Gärten des Alkinoos („Ddpffer' V
“412 — 132) waren doch nichts Andres als gut angelegte, angenehme Obf: ı
Weinpflanzungen, nicht ohne Blumen. BRomantifcher iſt allerdings die Ge
der Kalypſo („Dbyffee”, V, 63 — 73), doch aber wol nur Nature, nicht Sun
anlage. Die gewöhnlichen Gärten, welche die Griechen an ihren Meierrim a
Landguͤtern hatten, glichen mehr ober weniger benen des Alkinoos; fuͤr das R
liche und Angenehme, Küchen» und Gartengewächfe, Obft, Blumen, ſhatt
Bäume und Beräfferungen war vor Allem und allein geforgt. Hohe ſchau
Plantagen, kuͤhlendes Quellwaſſer, einige Statuen waren bie einzigen Schinkel
in den Gärten der Philofophen zu Athen. Selbſt die Befchreibungen der ke
in den ſpaͤtern griechifchen Romanfchreibern verrathen noch nichts von fehöner ©
tentunft, und es wäre ba wol noch zu unterfuchen, ob nicht eben bie Urſachen, wei
bei den Alten bie Landſchaftsmalerei verhinderten, auch auf Entftehung einer fe
nen Sartenkunft hindernd eingewirkt haben. Sie ftanden zur Natur in einem ı
dern Verhältniß ald mir. Selbſt bie Grotten (Nymphaͤen) verdanken ihm I
fprung nur dem Bebürfniß der Kühlung. Naturgrotten gaben die Veranlafft
zu kuͤnſtlichen Srottenzimmern, bergleihen man in Nom auch in den Stadrpaiäf
anlegte, und worin man die Natur, wie Plinius fagt, nachkuͤnſtelte. Cine am
legte Grotte ift aber noch Bein ſchoͤner Garten, und daß es den Römern daran mu
gelte, beweiſen mehre Stellen ihrer Schriftfteller, und die Nachrichten, die =
von ihren Gärten felbft übrig find. Wahr ift es, man findet in des Pliniui 9
ſchreibung von ſ. tusciſchen Billa alle Bequemlichkeit, Sicherheit, Schirm ger
gebe üble Witterung, angenehme Miſchung von Kühle und Wärme; alles Leben
werthe bezieht fich aber lediglich auf die Gebäude, nicht auf den Garten, ber 8
feinen &rgionen von Buchsfiguren unb in ber ganzen Behandlung möglicft
ſchmacklos war. Won dem Garten Lucull's fagt Varro: daß er nicht durch ©
men und Früchte, fondern durdy Gemälde der Billa ſich ausgezeichnet habe. R
ungegründet dürfte Hirſchfeld's Vermuthung fein: man habe geglaubt, ſich:
der Fruchtbarkeit des Bodens, und bem Reiz der Ausfichten, den befonderd
Villen auf den Anhöhen und an ben Meeresufern hatten, begnuͤgen zu Bönnen, #
der Verſchoͤnerung der Ödrten weniger Sorge ſchuldig zu fein. Als nachher
Menge der Villen den Boden zu verengen anfing, mußte e8 wenigftens in vie
Gegenden an Raum zu ausgedehnten Gärten mangeln. Nachdem aber das 1
roͤmiſche Reich durch Barbarenſchwaͤrme umgeſtuͤrzt war, und ganz Europa e
neue Beftalt erhielt, wobei Künfte und Wiffenfdyaften in Verfall geriethen, u
keine Zeit, der Gartenkunſt einen Plag in der Reihe der ſchoͤnen Kuͤnſte zu verſch
fen. Erſt Karl der Große richtete feine Aufmerkfamteit wieder auf den Gartrak
feinenordnungen erftrediten ſich aber nicht Über einen Nuggarten hinaus.
Anton's „Geſch. der deutfch. Landwirthſchaft.) Die Troubadours im Mittel
ter fprechen von ſymmetriſchen Gärten. In Stalien fing man, zur Zeit der ©
derherftellung der Künfte und Wiffenfchaften, auch wieder an, Luftgärten any
gen, deren einige fo beruͤhmt wurden, daß man fie in Abbildungen dargeftelit h
Sie mögen angenehm genug geweſen fein, doch fehlt viel, daß fie fchöne Bär
geroefen wären. Später bildete fid) in Frankreich ein neuer Geſchmack in Gart
anlagen. Die Symmetrie aufs äußerte getrieben, wurde nebft den graben
fchnittenen Hedengängen und Baumpflanzungen nach der Schnur Mode, felbfl
der Anlegung der Ölumenbeete herrſchte das Beftreben, der Natur Gemalt an
thun. Lenotre wurde der Schöpfer der franz. Gartenkunſt, welche freilich fi
Nachfolger noch mehr verungierten. Grandios ift in diefer Gartenkunft jedoch
Anlage in Springbrunnen, die aus künfllichen Felſen u. f. m. entſtehen.
FIERLALLTAEN, eigentiich cineſijchen, Gartentunſt derannt worden war
Uber die orientaliſche Gartenkunft”, uͤberſ. von Ewald, Gotha 1776),
reibung nicht aus, und eine wilde Unnatur trat an die Stelle der allzu
franzoͤſiſchen. Wer kennt nicht den Wuſt von Gebaͤuden, die man in
eengliſche Anlagen ftopfen zu muͤſſen glaubt! Nicht bloß Urnen und
r, auch hinefifche, tuͤrkiſche und neuſeelaͤndiſche Tempel, Haͤuſer und
Burgen, Kloͤſter, Einſiedeleien, Ruinen mußten da fein, und um bie
t getreu zu haben, abgeftorbene Bäume und Steinhaufen ; eine Hundes
x zum Palafte, ein Stall zum Tempel, Hängebrüden, auf denen man
ubrechen fürchtet, dumpfe Grotten, feuchte Gänge, ſtinkende Moräfte, wels
yorftellen follten, alles das und weit mehr nody wurde öfters in einen engen
uſammengepreßt, daß es ſchien, als habe man eine Mufterkarte des Son»
iller Nationen zur Scyau ſtellen wollen. Und ein ſolches Machwerk
an ſich nicht, einen Naturgarten zunennen. Man würde freilich Uns
‚ wenn man alle englifhen Anlagen für fo geſchmacklos halten wollte ;
haben doch gefehen, wozu fie führen konnten. Und an diefem Punkte
jest. Dürfen wir nun wol fagen, fhöne Gartenkunſt fei der Entfte
‚die zweite [höne Kunft? Scheint es doch faſt, als wäre fie jegt noch
anden. Wenigſtens darf man e8 manchen Aſthetikern fo gar übel nicht
wenn fie die Gartenfunft lieber in die Reihe der angenehmen, als der
Unfte fegen, find doch felbft mehre ſolcher Afthetiker, welche die Gartens
er Reihe der ſchoͤnen Künfte aufführen, in Verlegenheit, zu entfcheiden,
: von Gartenkunſt denn nun eigentlich die [hyöne genannt zu werden vers
Zewoͤhnlich entfcheiden fie fich für die, welche im Großen darſtellt, welche
ten ſchafft. So Eönnte denn ein Eleinerer Garten nicht auch ein [chäner
erben? Iſt deun nur das Heldengedicht ein ſchoͤnes Gedicht, nicht aud)
Idyll, das kurze Lied? Hier bereichen, auf welche Seite wir und auch
ımögen, Vorurtheile der verfchiedenften Art. Hätte man nicht bisweis
t, man müßte eben eine Landichaft anlegen, fo würde man nicht darauf
ein, fie inden Raum von einigen Morgen Land einzufchließen, wodurd)
‚ ftatt der beabfichtigten Natur, nur um fo greller in die Augen fprang.
‚fagt Aikin, „entfernt fi) mehr von der Natur, als wenn man ihre gros
ale PMainan narchkhilhst NII- Vintcdhsına Kirk im arltsın Wunsnhiid auf
51% | Gaͤrtner
ſchen Einheit, welche die Einbildungskraft leicht auffaßt. Dieſe Ein!
weder Einheit der Anſicht des auf einmal Anſchaulichen für der
den Sinn felbft, aus einem beflimmten Geſichtspunkte, oder Einheit d
des nah und nad Aufgefaßten für die Einbildungskraft des
Betrachters. Wenn nun die Natur in ihren Landfchaften dem Garten
Urbild darftellt, folgt dann hieraus nicht nothwendig, daß er auf zwei
feinen Zweck erreichen Eönne, entweder indem er eine auf einmal anſche
beit für den auffaffenden Sinn, oder eine allmälig:wahrnehmbare für
dungskraft darftelt? Demnach brauchte e8 eben nicht eine Landſchaft ſ
in welcher die Gartenkunſt ſich als ſchoͤne Kunft bewährt, fondern fd
landfchaftlichen Partie kann fie ed, womit denn auch Fleinere Gärten v
nen Gaͤrten nicht außgefchloffen bleiben. Wir ertiären mithin die Gar
diejenige ſchoͤne Kunft, welche mehre Naturerzeugniffe im Raume zuſc
damit der Beobachter fie entweder auf einmal, oder durdy feine Bew
und nad), in der Zeit, als ein Ganzes von einem beſtimmten Afthetiiche
in der Einbildungskraft auffaffe. Die von der Natur entichnten Mate
fen alfo den Betrachter ebeniomwgl, wenn er in Ruhe einen beftimmti
punkt wählt, als wenn er im Umherwandeln den Geſichtspunkt fortw
ändert, als ſchoͤnes Ganze gefallen, und er muß dadurch entweder in ein
äfthetifche® Gefüht verfegt werden, oder wenn mehre ſolche in ihm abwe
fen fich diefe Doch am Ende in eine Harmonie auflöfen. Mag nun al
trachter einen Geſichtspunkt wwäklen, oder wandelnd diefen verändern,
Gartenkuͤnſtler für ihn ſtets Landſchaftsmaler fein, und wie diefer nur
genftände vereinigen, deren Dafein neben einander, durch Form, Grupp
monie der Farben, Perfpektive u. f. w. ein beftimmtes aͤſthetiſches Gef
gen fähig ift. Erhalten dann unfere Ideen auch Eeine fo beffiimmte 9
in der Poefie und der Plaſtik, fo erhalten fie doch eine aͤſthetiſche Stim
lich der, welche die Muſik erregt. (Vgl. Malerei.) BDirichfeld
der Gartenkunſt“ (Reipzig 1779, 5 Bde., 4., m. Kpf.) ift im Ganzen
noch unübertroffenes Werk. Vieles Belehrende findet man auch in Ch.
„Gartenlogik“ und Dietrich's „Handbuch der ſchoͤnen Gartenkunſt“ (Gi
Das reichhaltigſte beſchreibende Werk iſt La Borde's „Descript. des
jardins de la France etc.“ (Paris 1808 — 14). Wer über die Gaͤrt
unterhalten fein will, der wird in den didaktiichen Gedidyten, welche
Gegenſtand Watelet, Mafon, Marnezia und Delille geliefert haben, r
gen Genuß finden. Über das Nüstiche in der Gartenkunſt, 3.3. übe
bung der Gewaͤchſe in Küchen, Obft: und Blumengaͤrten in Verbindur
Zimmer » und Senftergarten, f. m. Wredow's „Lehrreichen Gartenf
Aufl. Berlin 1825. (Bol. Zierpflanzen.) Die Gartenbaugr
- Srauendorf in Baiern gibt feit 1823 in Paffau eine „Allgemeine Gar
heraus. ©. überh. Loudon's „Encyclop. der Gartenkunſt“ (Xondon 1!
Weimar 1824, mit Abbild.). |
Gartner (Karl Chriſtian), braunfchtweigifcher Hofrath, get
Freiberg im Erzgebirge, wo fein Vater Poftmeifter und Kaufmann war
meißner Sürftenichule ſchloß er den Bund der Sreundfchaft mit Gellert
ner. Auch in Reipzig waren alle drei von einer gemeinfchaftlichen Liebe
nen Wiffenfchaften beſeelt. Gottſched ftand damals an ber Spitze der
toren des beutichen Geſchmacks, und fein Freund Schwabe gab die „Bel
bes Verftandes und Witzes“ heraus, die, ungeachtet ihrer Mittelmäßi
bei dem damaligen Zuftande der deutfchen Literatur manches Gute wirkt
legte auch ©. bie Erftlinge feiner Mufe nieder, und f. Gedichte gehoͤt
beſten diejer Sammlung. Unter Gottſched's Aufficht arbeitete er an de
Garve | 515
ſchen Woͤrterbuchs und verdeutfchte einige Bände von Rollin's Geſchichte.
cFolge ſammelte er einen Kreis junger ſelbſtaͤndig aufſtrebender Geiſter
denen die Armſeligkeit der Gottſched'ſchen Schule bald in ihrem rechten
im. Sin dem Gefühl, etwas Beſſeres leiten zu Binnen, vereinigte fi)
it Sramer, Schlegel und Rabener zur Herausgabe der „Neuen Beiträge
nuͤgen des Verftandes und Witzes““, welche bald, allgemeines Aufichen ers
zu ihnen gefellten ſich nach und nach Ebert, Giſeke, Zacharid, Gellert,
mid, Klopſtock u. A. Wenn Gaͤrtner von den meiſten in der Folge an
riſchem Ruhm übertroffen ward, fo hatte er in jener Bildungsperiode das
kenft, durch Urtheil und Ruth fie geleitet und ermuntert zu haben. 1735
Peipzig und ging al® Führer zweier jungen Grafen nach Braunſchweig.
zes Schickſal führte mehre ſ. gelehrten Freunde an die Lehranſtalt des
arolini mit Gärtner zufammen, der hier Prof. der Beredtſamkeit und
e wurde, und auch Vorlefungen über Virgit und Horaz hielt. In diefem
rb er fich bleibende und fortwirkende Verbienfte, und Eonnte, unabläffig
Amtsarbeiten befchäftigt, zumal bei feiner Strenge gegen fich felbft, Bein
Schriftftellee werden. Zufrieden mit. Schickſal, erreichte er ein hohes
ftarb den 14, Febr. 1791. Er hinterließ „Reden" (Braunſchw. 1761),
unbedeutende Thenterftüde,
ve (Ehriftian), einer der würdigften Denker und Schriftfteller des vers
ahrh., geb. zu Breslau 1742, verlor ſ. Vater, einen Faͤrber, frühzeitig 5
liche Mutter erfüllte ihre Pflichten als Erzieherin gewiſſenhaft. Garve
heologen beftimmt ;, allein f. Ebrperlichen Umftände nöthigten ihn, diefen
geben. Im 21.5. ging er nad) Frankfurt a, d. D., um Baumgarten’s
e zu ſtudiren; da diefer aber bald farb, ging er nach einem Sahre nad)
eigigte fich hier der Mathematik, und fudirte dann noch eme getaume
zig, wo Sellert, Weiße u. %. feine Sreunde wurden. 1767 verließ er
tät, und kehrte geiftig und fittlicdy gebildet zu f. Mutter zucüd, wo er fo
leißig arbeitete, daß er ſich hypochondriſche Zufaͤlle zujog. Nach Gel⸗
(1769) warb Garve außetordentl. Prof, der Philoſophie zu Leipzig, und
jabre Gollegia über reine Mathematik, Logik u. ſ. 10:5 allein ſ. ſchwaͤch⸗
dheit bewog ihn, nach einigen Jahren dieſes Amt niederzulegen. So
1772 wiederin f. Baterftadt Breslau. Bon 1770 — 80 ward er
feine mit Anmerk. bereicherten Überf. bes Burke „Über das Erhnbene
e", der „Moralphilofophie” von Ferguſon u. ſ. w., theils durch f. eig»
gefammelten „Abhandlungen”, in der philofophifchen Welt immer bes
s er durch Sriedrich II. (der ihn zu ſich kommen ließ, und.fich mit ihm
zu einer liberfeg. des Cicero „Bon den Pflichten” aufgefodert wurde, die
Charlottenburg begann, aber durch Kränklichkeit abgehalten, erſt 1783
ıffen konnte. Diefes Merk wurde von 1783 — 92 vier Mal aufgelegt.
en J. ſ. Lebens drängten fich die alten Übel, Hypochondrie, Nerven⸗
ſ. w., um fo ſtaͤrker herzu, da er nun auch f. wuͤrdige Mutter (1792)
ſ. geliebteften Freunde durch den Zod verloren hatte. Sein Zod, 1. Dec.
d durch eine ebenfo fehmerzhafte als widrige Krankheit (den Gefichtes
eunigt, Garve war ein Mann von fehr liebensmwürbigem Charafter,
t den Genuß der Freundſchaft und Gefelligkeit. An f. Bildung hatte f.
ewerthe Mutter vielen Antheil, welches er auch mit dankbarer Liebe ans
Als Phitofoph hat er ſich nicht durch ticfjinnige Unterſuchungen und
fungen oder Umgeftaltungen, wol aber durch f. Bemerkungen und wohl»
rftelungen außgezeichnet. Seine Philofophie war mehr Lebens: oder
lofophie, aber im edlern Sinne des Worts, indem er nicht bloß bei der
tehen blieb, fondern nad) einer gründlihen und zufammenhängenden
33 *
516 Gas Gasarten
Erkenntniß der Dinge ſtrebte. Unter feinen Schriften find ſ. Abhandlungen oͤ
den Charakter der Bauern, über die Verbindung der Moral mit der Politik, &
verfchiedene Gegenftände aus der Moral, der Literatur und dem gefellfchaftid
Leben, Über die aligemeinften Grundſaͤtze der Sitteniehre, desgleichen über Gele
und über Zollikofer's Charakter, die merkwuͤrdigſten; verdienſtvoll find f. üh
aus dem Griech.: Ariftoteles’8 Ethik und Politik; aus dem Lat.: Cicero's Vic
von den Pflichten, mit treffl. Anmerk. und Abhandl., und beſonders aus d. x
außer den obengenannten, Gerard's „Verſuch über das Genie”, Payley’s „Grm
fäge der Moral und Potitit” u. ſ. w. Seine Schreibart ift richtig, Bar, dal
und edel, ſodaß er mit Recht zu den claffifchen Schriftftellern unfers Volks gl
wird. einen fchriftftellerifchen Charakter hat Manfo in einem Programm, !
Garve's Namen an der Stirne trägt, und auch in den „Schleſiſchen Previmg
blättern‘ von 1799 abgedruckt ift, gut gewürdigt. .
Gas nennt man alle bleibend: elaftifche Fihffigkeiten, d. h. jede Sg
weldye, unter einen größern Druck verſetzt, ſich in einen Heinern Raum zuſann
zieht, ohne Dadurch tropfbar flüffig zu werden, und beim Vermindern diefed DE
fid) wieber in einen größern Raum ausdehnt, und welche durch Beinen befam
Grad von Kälte in tropfbare Geſtalt gebracht werden kann: alfo luftfoͤrmige
per, welche unter jedem Drud und in jeder Kälte Iuftförmig bieiben, tworwrd
ſich von den gleichfalls elaftifchefläffigen Daͤmpfen (Vgl. Dampf und Dän!
unterfcheiden. Alle Luft, glaubte man ehemals, fei von einerlei Art und Ru
Erft feit der Mitte des vorigen Jahrh. fing man an, ſich zu überzeugen, baf
ter den luftförmigen Fluͤſſigkeiten ebenfo Mſentlich verfchiedene gibt, als une
tropfbaren Fluͤſſigkeiten, von denen z. B. Niemand Waffer, Öle, Quechſilbe
dgl. m. für dieſelbe Ktüffigkeit nehmen wird. Gemöhnt, unter Luft das U
zu verftehen, welches das Luftmeer ausmacht, auf deffen Boden wir (eb,
viele Seethiere auf dem Boden des Meeres, wollte man die neuen kuͤnſtlichen
arten anfangs nicht für eigentliche Luft erkennen, und nannte fie Gas, ein A
der von dem deutfchen Worte Gieſch herſtammt (Gieſch des Biers u. ſ. f.), um
ſchon Joh. Bapt. v. Helmont gebraucht hatte, um feinen fogenannten spi
sylvestris zu bezeidftien. Jedes Gas befteht aus einem mägbaren Körper, w
buch Wärme ausgedehnt ift, und die elaftifche Fluͤſſigkeit erhalten hat. Die«
thümlichen Figenfchaften deffelben hängen von dem erſtern Körper, die jedem
gemeinfchaftlichen Eigenfchaften von dem Wärmeftoffe ab. Jedes Gas hi
ihm eigned Gewicht, und fle find darin bedeutend verfchieden, wenngleich fi
mehre hundert Mal leichter find als Waſſer. Alle Arten von Gas find durdfi
bie mehrften auch farblos, und daher nicht anders fichtbar, als wenn fir in Bl
. geftalt Durch tropfbare Fluͤſſigkeiten entweihen. Die Dichtigkeit jedes Gaf
dem Drude, unter welchem e8 fteht, bei übrigens gleichen Umftänden, angem
und jedes Bas wird bei einerlei Erwärmung, unter Übrigens gleichen Umfl&
um:gleiche Theile f. anfänglichen Raums ausgedehnt, und zwar bei Erwaͤr
von dem Froſtpunkte bis zum Siedpunkte des Wafferd um 0,375 dedie
Raum, den e8 bei der Temperatur des Sroftpunfts einnahm. Jedem Gas
Tein wägbarer Beftandtheil durch chemifche Verwandtſchaft anderer Körper zu
felben entzogen, und es dadurch firirt werden, indem es mit einigen diefer A
Verbindungen von fefter Geftalt, fo gut als mit andern von flüffiger Geftal
bilden vermag. Und dabei wird der Wärmeftoff des Gafes mehr ober weniger
ſchneller oder langfamer in Freiheit geſetzt. Sehr viele Arten von Gas werden
ic om Waſſer verfchludt, und durch Waſſer in die tropfbar flüffige ©
gebracht.
Gasarten. Don den luftfoͤrmigen Körpern zeichnen ſich mehre
wundervolle chemiſche Eigenſchaften aus, und es geben ſich uns in der Gas
| Oasarten 517
reinſten einige dev merkwuͤrdigſten chemifchseinfachen Körper ; bie verfchledenen
karten fpielen baber in dem chemifchen Theile der Phyſik eine Hauptrolle. Am
keeflen verdienen folgende gekannt zu werden. 1) Dieatmofphärifche Luft
ia Gemeng aus mehren Gasarten und aus Wafferdampf, und nicht, wie man
mals glaubte, ein einfaches Element. Wird in ihre Phoephor in einer Glocke
brennt, weiche in einer Schale mit Qucdfilber ftcht, fo kann man es felbft durch
hecheltes Anſtecken des Phosphors doch nur hoͤchſtens fo weit bringen, daß von
Bet Mas Luft 21 Maß verſchwinden, 79 bleiben zurüd, und in diefem Ruͤck⸗
ie vermag weder irgend ein brennender Körper fortzubrennen, noch ein hier zu
m Jene 21 Maß beftehen aus einer Sasart, die man erſt 1771 und 1774
nm gelernt hat, und die man anfangs, weil fie eine unerlägliche Bedingung zur
techaltung des Feuers und des thierifchen Lebens ift, Feuerluft oder Lebensluft
nie, jeht aber allgemein mit dem Namen Sauerfloffga® (gas oxygöne) bejeich⸗
k Der Rüdftand befteht größtentheils aus einer wefentlich verfchiedenen Gase
im Stickgas (gas azöte). Verbrennliche Körper Finnen nur, wenn fie mit
unfoffgas in Berührung find, verbrennen, und alles Verbrennen beruht auf
Biber Verwandtſchaft des verkrennlichen Körpers zum wägbaren Theile des
nereffgafes ; indem diefer ſich mit dem brennenden Körper vereinigt, wird ber
m as gebunden enthaltene Wärmeftoff frei, und erfcheint als Licht und freie
ka. In der atmofphärifchen Luft find die brennbaren Körper mit mehr Stick⸗
Bauerftoffgas in Berührung; im reinen Sauerftoffgas verbrennen fie daher
einer weit geößern Lebhaftigkeit, und fcheiden in gleicher Zeit weit mehr Kicht
‚Wärme ab, als in der atmotphärifchen Luft. in glimmender Holz'pan oder
Ammendes Wachslicht in Sauerſtoffgas getaucht, entflammen ſich ſogleich;
ander untern Spitze gluͤhende Stahlfeder verbrennt darin mit Funkenwerfen
hellem Lichte, und brennender Phosphor verbreitet darin ein Licht, welches in
ndunteln Zimmer gleich dem Sonnenlichte blendet. Thiere Eönnen nicht Isben,
Kan Sauerſtoffgas fehlt, befinden fidy aber keineswegs im reinen Saurrftoffe
leſſer als in der atmofphärifchen Luft, fondern erkranken endlich darin, weil der
uproceß übermäßig befchleunigt wird. Die verbrennlichen Körper verwandeln
kim Verbrennen häufig in Säuren, fo der Schwefel, der Phosphor, die Kohle
.Deßhalb hat man den brennbaren Grundtheil diefed Gaſes Sauerftoff
ine) genannt, und daher rührt der Name diefer Gasart, welche in der Mas
me fo große Molle fpielt, daß man die ganze Chemie für eine Gefchichte der Eis
haft des Sauerftoffes und des Sauerſtoffgaſes ausgeben könnte. Um biefe
ist rein zu erhalten, erhitzt man in einer Weißglühhige ertragenden Metorte ges
sten ſchwarzen Braunftein (Manganoryd), oder rothes Quedfilber s Präcipitat
8 Quedfilberoryd), oder Salpeter, oder Alaun, oder Knallſalz (oxygenirt⸗
ured Kall). Das Ende des Halfes der Metorte ober einer darüber paffenden
wmuß unter dem Trichter der mit Waſſer gefüllten, zu Entbindungen von
sten beftimmten Wanne, der fogenannten pneumatifhen Wanne, liegen, und
dem runden Roche des Bretes, an welchem der Trichter mit feiner engen, aufs
g gerichteten Röhre befeftigt ift, muß ein umgekehrtes Gefäß vol Maffer ſte⸗
werin Die ſich entbindenden Gasblaſen auffteigen und zurüdgehalten werden.
einem Pfunde Braunftein laffen fich viele berliner Quart Sauerſtoffgas erhal»
2) Das reine Stickgas hat keine Eigenfchaften, welche auf eine fo ausgezeich⸗
Art in die Augen fallen. Es Eann ſich mit dem Sauerftoffe verbinden, und je
ve dieſes in verfchiedenen Verhiltniffen gefchieht, entſtehen dadurch Salpeter⸗
, Salpetergas oder fogenannte Monneluft (oxpdirtes Stickgas). Das Sal
ja6 hat die auffalienden Eigenfchaften, Sauerſtoffgas, mit welchem es in Bes
ng kommt, augenblidlicdy zu verſchlingen und ſich damit in falpetrigfauern
pf zu verwandeln. Beim fortgefegten Achmen der Wonneluft foll eine wuns
518 Gasarten
derbare, nie empfundene Wonne entſtehen, eine Wonne, welche man unbe) wi
mit Unrecht mit der zufammengeftelft hat, welche bei ben Erhängten dem Erfide
vorhergehen fol. 3) Laͤßt man Mafferbämpfe über Eifendraht oder Eiſendeh
fpäne in einer weißglühenden Röhre fortfteigen, und fängt die aus der Röhre hama
tommende Luft auf, fo erhält man ein brennbares Gas, das die Exfcheinungen de
Verbrennens auf eine ausgezeichnete Art zeigt und im gemeinen Leben brennbanbaf
heist. Es verbrennt nur, wenn es in Berührung mit Sauerftoffga® angeftakt ds
erhitzt wird, und zwar nur in der Berührungsfläche mit dem Sauerſtoffzuce
der atmofphärijchen Luft, mit einer weißen Slamme. Im Innern beffelbre 9
mag kein brennender Körper fortzubrennen, fondern erlifcht fogleich, Das Preu
bed Verbrennen ift Miaffer, weßhalb man dieſes brennbare Gas Wafferfteffg
(gas hydrogäne) genannt hat. Es verzehren beim Verbrennen zwei Mas V
ferftoffyas ein Mag Sauerſtoffgas, und bilden bamit Waſſer. Sind beie Gat
ten nad) diefem Verhaͤltniſſe gemifcht, und man entzündet fie, fo entſteht ein fur
barer Knall, wobei felbft fehr fefte Gefüge zerfprengt werden Eönnen, daher u
biefed Gas chemiſch Knallgas genannt hat. In den fogenannten elektriſchen Feat
jeugen (f. d.) wird ein Strahl Waſſerſtoffgas in dem Augenblicke, in welch
man ihn aus einem Gefüge in die atmoiphäriiche Luft durch Drehen eines Hal
entweichen Iäßt, von einem elektrifchen Funken oder einem Stahlfunten entjün
und brennt falange fort, bi8 man den Hahn wieder zudreht, Ganz rein ifteb
Mat telchter als die atmoſphaͤriſche Luft. Wan füllt daher damit die Luftbaͤlle, wel
wenn fie groß genug find, mehre Menfchen zu bedeutender Höhe mit hinaufk
Tonnen. Der Wafferjtoff nimmt die Gasgeftalt an, nicht bloß wenn er rein:
für fi) vorhanden, fondern auch wenn er mit Koblenftoff, mit Schwefel,
Phosphor oder mit einigen Metallen verbunden ift. In diefem Hall entftehen [di
brennbare Gasarten, die ebenfo ſchwer, oder etwa nur halb fo ſchwer ale die at
fphärifche Luft find ; Kohlenwaſſerſtoffgas, reines oder Sauerftoff haltendes, Od
felwafferftoffgas, Phosphorwafferftoffygas u, dgl. m, Mehre diefer leptern C
arten haben fehe merkwürdige Eigenichaften. 4) Wenn Kohle im reinen Sa
ftoffgas verbrannt wird, fo ändert diefes zwar feinen Raum nicht, zeigt aber ı
den Verbrennen ganz andre Eiyenfchaften als zuvor. Brennende Körper veridft
Thiere erſticken darin fogleich (daher die Gefahr, brennende Kohlbecken in verſchl
- nm Kammern zu haben), Waſſer fehlürft das Gas ein, und erhält dadurch e
fauern pikanten Geſchmack, und reines, völlig ducchfichtiges Kalkwaſſer trüb
fogteich, und wird milchicht, wenn es mit biefem Gas, welches alle Eigenſche
einer Säure hat, in Berührung kommt. Es entſteht nicht bloß beim Verben
von Körpern, die Kohlenftoff in ihrer Miſchung haben, fondern auch beim Achı
und ift in fehr geringer Menge (von einem oder einigen Zaufendtbeilen) in der
moſphaͤre vorhanden, daher man es chemals Luftfäure, fpäter aber kohlenſtof
ses Gas, oder fohlenfaured Gas nannte, Kreide, Marmor, Kalkfpath, r
ner Kalkſtein, Aufterfchalen u. dal. m. find allefammt Eohlenfaurer Kalt.
Erhitzen in einer Retorte, oder durch Daraufgiefen einer michtigern Säure, |
man die Kohleniäure vom Kalk austreiben, und dann entiveicht fie gasfoͤrmig,
letztern Falle unter heftigem Aufbraufen. Dieſes ift Die gewoͤhnliche Art, wie!
fie ſich verſchafft. Sie ift die erfte Gavart, welche man Eennen gelernt hat, un
mals (1755) nannte man fie fire Luft. Cie ift um die Hälfte ſchwerer ale dh
mofphärifche Luft, verbreitet ficd) daher in diefer nur langſam, und kann in fi
eingefchlojfenen Stellen (in Kelleen, Brunnen, Höhlen, Glaͤſern) geraume
bleiben, ehe fie fich in der Atmoſphaͤre verbreitet. Auch läft fie fich aus einem
ben Sefüß in ein andres, faft wie tropfbare Flüffigkeiten, ausgießen. Sie iſ
tödtliche Werfen in den Hundshoͤhlen bei Neapel, zu Pyrmont und in den Mof
am Veſuv. Gie findet fih In allen Säuerlingen oder ſaͤuerlich und pikant fd
— um. u. wo 0, —— gqgyuyrssowıs on ..n wyy’. 1 IYDV mwawg we, ou.
we Gas kann zum Agen in Glas gebraucht werden. Noch gibt es eine
ge andrer Sasarten,, ihre Zahl fleigt auf wenigftend 24 weſentlich ver»
Die Kenntniß derfeiben ift aber für Den, der fich nicht mit chemifcher
häftigt, ohne Nusen. S. IThenard’s „Lehrb. d. Chemie”, deutſch
ver (Xp;g. 1825), Bd. 1., 5.231 fg. Klaproth’s und Wolff's „Chem.
‚ Berlin bi8 1816, II. Suppt., ©. 174.
beleuchtung nennt man die Art, Straßen und Gebäude mittelfl
toffgafe® zu beleuchten. Schon feit einigen Sahrzehnten machten bie
arauf aufmerkjam, daß es vortheilhaft fein müffe, das bei der Verkoh⸗
eennmaterialien verloren gehende gekohlte Waſſerſtoffgas noch weiter zu
kampadius entwickelte hierüber die erften Ideen in dem 1. Bde. f. „Hüte
Göttingen 1801). Ihm folgte Lebon in Frankreich, der Erfinder der
pr. S. Binger’d „Belchreibung der Thermolampe“ (Dresden
ebon entwidelte das Gas für die Tihermolampe aus Holz. Da aber,
wiſſe Zeit Licht zu haben, eine große Maffe Holz nöthig ift, fo kam das
Berfahren zu keiner Anwendung. 1810 und 1811 fingen die Englaͤn⸗
der Steinkohlen zu diefer Gasentwickelung zu bedienen und brachten die
ren⸗ und Strafenbeleuchtung mittelft deffelben ſchon zu Stande, waͤh⸗
dius 1811 vier Wochen lang einen Theil der Fifchergaffe in Freiberg ver⸗
etleuchtete. Der große Fortichritt der Engländer in Bergleihung mit
ungsart des Lampadius und Lebon beftand darin, daß fie das entwickelte
s verbrannt wurde, zuerft in eignen großen Behältern, Gaſometer ges
melten, und e8 von diefen aus allmälig ableiteten, ftatt daß die Letztern
ſowie es allmälig entroidelt wurde, fogleich zu verbrauchen empfahlen.
urde dieſes Verfahren allgemein da anwendbar, wo man gute Steinkoh⸗
hen Preifen haben kann. Schon 1815 war ein großer Theil der Stras
erzüglichften Gebäude Londons, ſowie andrer engl. Städte mit dem
ıga’e erleuchtet. 1816 führte Lampadius dirfe neue Beleuchtungsart
igt. Amalgamirwerke bei Freiberg ein, ebenfo folgte 1817 das polytech⸗
tut in Mien. und 1R1R hat man untoer dor Loitung den Diroetar« hiefer
wefender Freunde und Geliebten, und dann fo viele Becher, als
Raben enthielt, ja man ſtellte förmliche Trinkkämpfe mit ausgefi
Matuͤtlich machte es einen Unterſchied, mer ſich bei dem Gaſtmahi
GSpmpofion von jungen Leuten und eins von Philofophen oder
. hatte freilich verfchiedene Unterhaltung. Außer der Unterhaltung
die oft, wie wir aus Plato’s und Plutarch's Sympoſien fehen, fi
loſophlſch war, öfters aber im Scherz und Wig ſich umhertrieb, ı
und Gryphen (f. Gryphi) eine große Rolle fpielen, hatte mann
fang, und das Skollon (f. Skolien) ſtimmte bald zu heiterer Fr
habenem Emmfi. Nach beendigtem Mahl erfchienen zur Beluftigur
tenfpieler, Sängerinnen, Tänzerinnen und Poffenteißer aller Arı
trieben felbft allerhand Spiele, unter benen der Kottabos berühmt
Uchen und prächtigen Gaftmahlen theilte der Wirth zulegt noch E
Säfte aus, welche Apophoreta hießen. ÜÖfters wurden diefe zu
gung durch eine Lotterie verlooft.
Gafton de Folx, Herjog von Nemours, Sohn Jean
fen d’Eftampes, geb. 1488 von Marie von Orleans, der Schweſte
war der Liebling f. koͤnigl. Oheims, der mit Wohlgefallen zu fage
Fon ift mein Werk, ich habe ihn auferzogen und ihn zu ben Zuger
. man ſchon in iym bewundert”. In einem Alter von 23 J. machte er f.
Ud) in bem Kriege, den Ludwig in Italien führte. Er ſchlug ein €
ruͤck, ging In reißender Schnelle Über vier Fluͤſſe, verjagte den Pay
gewann am 11. April, am Oftertage 1512, die berühmte Schlac
und endigte hier fein kurzes, aber glorreiche® Leben, als er einen |
der ſich zuruͤckzog, einſchließen wollte.
Gaftrifch (a. d. Griech.), das auf die Verdauung Bezug
ſttiſches Syſtem begreift alle Theile des Körpers, die die Be
madıen, gafteifhe Krankheiten find folche, in denen vorzü
ung geftört it. Da die Vorfchriften ber Geſundheitslehre in Rü
und Trinkena fo häufia fıbertreten werben. bie Velchaffenheit der
Gaſtromanie Gau (Karl Franz) 525
xgreifen barunter die Anwendung Erbrechen oder Durchfall ercegendex Arznneien,
eine ſtrenge Diät. f.
Gaftromanie, Schwelgerei im Eſſen und Trinken, und Gaſtrono⸗
‚ die Keuntniß von Allem, was dacauf Bezug hat. Die Römer hatten dieſe
welgerei auf die gröbfte und uͤppigſte, die Sranzofen haben fie auf die feinfle,
Geſundheit und gefelligem Frohſinn übereinftimmendfte Weife, ausgebildet.
irn Parifer „Almanac des gaurmands‘‘ (der neue feit 1825, enthält frohe
inge von Beranger u. A.).
Galtromantie, (von yaorıe, Bauch), eine befondere Art der Wahrfa-
beiden Griechen. Man ftellte gewiffe weitbauchige Glaͤſer, mit klarem Wafs
fällt, auf einen Plag, und brennende Fackeln rings umher. Dann betete man
kifer Stimme zu einem Dämon und legte ihm die Frage vor, deren Aufiöfung
begehrte. Nun mußte ein keufcher und unbefledter Anabe oder eine ſchwan⸗
Frau mit Sorgfalt alle in den Glaͤſern ſich ereignenden Veränderungen bemer»
wo zugleich von dem Dämon eine Antwort wuͤnſchen, erbitten und auch fobern.
ir gab fie endlich durch gewiffe in den Glaͤſern fich zeigende Bilder, welche die
aft verfündigen follten.
Garterer (Johann Chriftoph), Hofrath, geb. zu Lichtenau im Nürnbers
# 1727, ftudirte zu Nürnberg und Altdorf hauptſaͤchlich Hiftorifche Wiſſen⸗
tm, erhielt eine Stelle an dem Gymnaſium in Nürnberg, kam 1758 als or
‚Prof. der Geſchichte nach Göttingen, und ſtarb daſelbſt 1799. Er beherefchte
anze Gebiet der Gefchichte und ihrer Hülfsriffenfchaften, der Geographie,
dlogie, Heraldik, Diplomatil, Numismatik und Chronologie, hellte theils das
1 theils einzelne Theile derſelben durch wichtige Werke und Abhandlungen
ind führte in das Studium der allgemeinen Weltgefchichte und in die akademi⸗
Vortraͤge derfelben die beſſere Methode ein, welche die Erzählung nad) der
ge mit Synchronismus verbindet. Vor Allem hatte fich die alte Gefchichte
chtigſten Aufklaͤrungen durch f. Steiß, f. gründliche Gelehrſamkeit und ſ. his
un Forſchungsgeiſt zu erfreuen. Zu beklagen iſt es, daß viele f. Werke uns
et geblieben find. Über Diplomatik, Chronologie, Genealogie, Erdbeſchrei⸗
md Heraldik hat er höchft ſchaͤtbbare Handbücher herausgegeben. Die k.
ät ber Wiflenfchaften in Göttingen hatte an ihm eineß ihres thätigften Mits
; ec ſelbſt fliftete 1764 das Hiftorifche Inſtitut, deffen Director e 1767
Gatterer's Tochter, Magdal. Philipp., verwitw. Engelhard, geb. 1756,
h als lyriſche Dichterin bekannt gemacht. Heyne hatin einem Elogium auf
er die Verdienſte beffelben gebührend gewürdigt; in den „Zeitgenoffen“,
«, befindet fich ebenfall® eine gut gefchriebene Blograppie und Charakteriſtik
ers von Malchus.
Bau (pasus). Sn den Älteften Zeiten war Deutfchland in Gaue, d. h. in
e von etlihen Quudratmeilen, nach gewiffen Grenzen von Gebirgen,
au. f. w. eingetheilt. Mehre Gemeinden lebten darin in einer gewifjen Vers
19. Über die Gaue waren Grafen oder Richter gefegt; daher Saugrafichafs
(8. Graf.) Dit der Veränderung der Grafen veränderte ſich auch dieſes.
das 12, Fahrh. kamen die Gaue als politifche Fintheilung in Deutſchland
b und. nur in den Namen mehrer Gegenden (Breisgau, Sundgau u. f. w.)
t Erinnerung an fie geblieben; doch gibt es noch hier und da, wenigſtens in
fachfen, kleine Verwaltungsbezirke, welhe Gohgrafſchaften genannt
u und deren Borfteher eine den Amtern untergeordnete Behörde bilden, wie
elbſt auf den groͤßern Pachtämtern jener Gegend den Auffehern der Acker⸗
'1c. zumellen der Zitel Gohgrafen beigelegt wird.
Bau (Karl Franz), aus Köln, Architekt der franzöt. Regierung (feit 1816),
kt f. Bildung der Kunftalademie zu Paris. Während |. Aufenthalte in
%
526 Bau (Karl Franz)
- Rom (1817 und 1818), faßte er den Bühnen Entſchluß burch eine Reli
bien, die ihm feinen geftörten Srieben wiedergeben föllte, eine Fortſetzu
Ben Prachtwerks Über Ägypten zu liefern und die Arbeiten des aͤgyptiſche
allein zu vervollſtaͤndigen. Als er, von ;tiebuhr berathen, und vorbı
ein genaues Studium der Hülfsmittel, feinen Plan auszuführen im 2
fehlen das Zufammentreffen mit einem reichen Reijenden, der Gau fid
ben wänfchte, fein Wagniß zu begünftigen. Aber fchon bei der Ankun
ten mußte et ſich von dieſem Reifegefährten, auf den fein Unternehmen zu
rechnet war, trennen. Obgleich auf feine wenigen eignen Mittel von
ſchraͤnkt, blieb Gau body unerfchütterlich In feinem Vorhaben. Allein,
ner und Führer, felbft ohne Gepaͤck, folgte er von Alerandria aus zu
Heinen Karavane mitten durch bie Wüfte. Ohne die Landesfprache zu
mit Mundvorrath verforgt zu fein, würde ihm die Fortfegung der Rei
möglich geweſen fein, hätten nicht die gaftfreien Araber ihn jeden Abend
das Nachteffen im Lager mit ihnen zu theilen. Nach den ſchrecklichſten
gen und Anftrengungen erblidte Gau die Pyramiden. Kleinliche Eifer
fegte ſich in Kairo der Kortfegung feiner Reife. Der englifhe Gonful
die Ausfertigung des Firmans zu hintertreiben, der ihm weiter zu geh
durch den Zeitverluft ging bed Reifenden kleine Baarfchaft aus; auch
wid) dem Andrange fo vieler Widerwärtigkeiten. Da nahm fid) Drove
malige franz. Generalconful, des Reifenden wohlmollend an, forgte für !
und eilte ihm nach Theben voraus, wo Bau nach einer Nitfchifffahrt vo
eintraf. Dort wählte Drovetti Araber, denen er durch Verſprechung,
und die Sicherheit des jungen Neifenden empfahl, forgte für die Ba’
Bwiebad, Reif und trodenem Gemüfe befanden und von einer Matte
Karavane aufnahm, zu der vier Matrofen, ein Kootfe und ein franz. M
als Dolmetfcher dienen follte, hinzufamen. Nach 14 Tagen kam Gau r
zu ben Trümmern des alten Syene, an Ermenti, Edfu, Com Ombo
vorbeieilend. Man hatte ihm geftattet, die Nilfälle zu uberfchreiten und
fonftige Sitte, die von Theben mitgebrachten Matroſen zu behalten ; n
bifchen Rootfer nahm er in Effuan mit ſich und einen Dolmetfcher für d
einheimifche Barabara-Sprache. Auf dieſelbe Weife, wie zu Herodot'
fahren wurde, kam Gau tıber die erften Nitfälle hinweg. Den Win
der feiner Stromauffahrt bis zu den zweiten Nitfällen guͤnſtig war, b
ſich nur flüchtig die Stellen, die er bei der Ruͤckkehr genauer unterfuchen
erreichte gluͤcklich den Zielpunft feines Streben. Herr feiner Fahrt, h
von ihm ab, anzuhalten, wo er wollte und in Muße zu zeichnen und
Er fand 21 Denkmäler, zwiſchen der zweiten Katarakte und Phild, die
ungekannt ober noch nicht in Zeichnungen gefeben waren; und ſowol feir
feine Darftellung hat überall die gerechtefte Anerkennung erhalten. Di
Wahrheit feiner Zeichnungen, bie auch ini Stiche nicht verloren geganc
bie Scnauigkeit feiner Maße und andern Angaben hat Gau's „Neuentd:
mälern Nubiens" (Stuttg., Cotta, gedruckt in Paris, 12 Hfte., jedes
Kpfın., gr. Fol.), das einftimmige Zeugniß der franz. Beurtheiler ver
es ſich durchaus als nothwendige Kortfegung an „Das Werk des Si:
Genies”, an die prächtige Befchreibung von Ägypten anfchliefe, die bek
Nilland nur bie Phitä umfaßt. Der Text wird groͤßtentheils von Nick
werden, in deffen Händen Gau die zahlreichen Snfchriften zuruͤckließ, di
bien gefammelt hatte. Als eine Probe hat Niebuhr einige gegeben, bi
langen nach den andern vermehren (‚„‚Inscriptiones nubienses“, Rom
Nach der Ruͤckkehr von f. Reife hielt ſich Gau einige Zeit in Nom aı
wurbe er in Frankreich naturalifirt, und erhielt 1825 das Kreuz der Chr
Gaudin Gauß —B6V
idin (Martin Michel Charles), Herzog von Sata, geb. 1766 zu Pa
eines Adoocaten, war felbft Advocat und wurde 22 J. alt, Bureauchef
uidirectors des Depart. des impositions. Als die Kinanzverwaltung
ine Nationalſchatzkammer umgewanbelt wurbe, ernannte man Gaudin
. der mit ihrer Leitung beauftragten Commiffion, In der Schreckens⸗
es ihm, durch Cambon's Vermittelung die 43 alten Finanzeinnehmer zu
che der Convent aus Unwiffenheit in das Decret mit inbegriffen hatte,
ge die GO Seneralpächter als Opfer bes Revolutionsgerichts fielen. Dann
dem beruͤhmten D’Espremesnil, ehemal. Parlamentsrath das Leben.
er ſich von allen Geſchaͤften zuruͤck; der Director Sieyes trug ihm wieder
an, und nach dem 18 Brumaire ernannte ihn Bonaparte zum Finanz⸗
3 der Folge zum Herz. von Gaëta. Er behielt das Finanzminifterium
tauration, ſaß dann 1815 — 18 in der Deputirtenfammer, wurbe 1820
e der franz. Bank, verlor biefe Stelle wieber, blieb indeſſen fortwährend
m J. 1826 dei derfelben thätig. G. hielt ſich ſtets von allen Parteien
ad ward von allen geſucht. Er zuerft hat Ordnung und Feſtigkeit in das
ızwefen gebracht. Die „„Memoires, souvenirs, opinions et &crits ‘de
„Duc de Gaete‘‘ (Paris 1826, 2 Bde.) find für die Gefchichte des
nzweſens von 1800 — 20 fehr wichtig.
IB (Karl Friedrich), Hofrath und Ritter, Mitgl. ber k. franz. Akademie
ch., einer der größten Mathematiker, geb. d. 23. April 1777 in Brauns
t 1807 Prof. der Mathematit und Aftronomie in Göttingen, gab
ee Schule fo deutliche Beweiſe großer Talente, daß er die Aufmerkfams
3098 Kar With. Ferdinand auf ſich zog, der f. fernere wiffenfchaftliche
auf alle Weiſe unterftügte. . Bereits in f. Doctordifputation (1799)
oben f. Schasffinne ab, dadurch, daß er die frühern Bemühungen, den
er Algebra zu beweifen, Eritifirte und felbft einen neuen, firengen Bes
. Aber fchon 1801 entwidelte er f. Kräfte glängender, indem er f.
iomes arithmeticae‘‘ (&pjg. 1801) bekannt machte, ein Werk voll der
thematifchen Speculation, durch welches die Höhere Arithmetik mit den
itdeckungen bereichert worden if. Als G., von dem ganz eigenthiyns
‚ welchen dieſe Speculationen gewähren, getrieben, f. ganze Kraft dars
yenden anfing, war das, mas Andre bereite geleiftet hatten, ihm größs
kannt; diefem Umftande verdanken wir die neuen Beweife der meiften
ı Strenge und Eleganz an die alten Geometer erinnert. Als, am Ans
Jahrh. die neuen Planeten entdedit wurden, fuchte und fand Gauß neue
sw Berechnung ihrer Bahnen ; er wandte diefe Methoden felbft an, vers
dadurch eine fchnelle und genaue Kenntniß jener neuen Planeten und
h die Methoden felbft in der, Theoria motus Corporum coel.“ (Hamb.
mit, einem Werke, weiches viel beigetragen hat, dem, um dieſe Zeit ers
Sinne für genauere und folgerichtigere Benugung der aſtronomiſchen
zen, bie rechte Richtung zu geben. Später hat G. dem Probleme von
zen ber Himmelskoͤrper eine neue Anficht abgewonnen, deren Ausfuͤh⸗
awendung auf die Palla® wie nody erwarten. Auch f. „Iheoria com-
‚bservationum erroribus minimis obnoxiae‘‘ (Götting. 1823, 4.)
enfchaft bereichert. Seit der Vollendung ber neuen göttinger Stern«
re auch den aftronomifchen Beobachtungen feine Zeit gewidmet jetzt ift
rxtſetzung der daͤniſchen Gradmeſſung im Königreiche Hanover, beſchaͤf⸗
her Gelegenheit er die fchöne Erfindung gemacht hat, die entfernteften
ucch veflectirte® Sonnenlicht fichtbar zu machen. Der göttinger So⸗
von Zeit zu Zeit Abhandlungen vorgelefen, welche eine Zierde der Com⸗
id. Alte wiſſenſchaftliche Leiftungen dieſes originalen Geiſtes aufzus
328 Gavotte Gay
zählen, würde hier am unrechten Orte fein; aber erwähnen muͤſſen wir, hf
Arbeiten von Gauß eine Vollendung befigen, welche nichts zu wuͤnſchen uk
läßt; er ift nie zufrieden mit der Entdeckung einer neuen Wahrheit oder Neha
vollendet erfcheint fie vor dem Publicum und felbft in dev Sprache zeigt ſich die
fättigfte Seite. Über das von G. erfundene Inftrument Heliotrop, f. m.
„Alteonom. Jahrb.“ für 1825.
| Guavotte, ein, vorzüglicd zum Tanz angemandtes Tonftud von ame
Charakter, Es befteht aus zwei Reprifen, fängt im Auftakt an und ſteht m ie
brevetalt. Jede Meprife befteht aus 8 Takten. Der Grundrythmus dieſci?
ftüds iſt ap: FOOT Da die Bewegung wegen dieſes Mil
Falles an und für ſich etwas lebhaft ausfällt, und der Charakter der Gavott
munter, aber dabei auch zärtlich ift, fo find Achtel die gefchroindeften Note, |
darin vortommen. Die Gavotten waren ehemals audy in Sonaten, Gulız
f. w. eingeführt, da man ſich nicht gemau an diejenige äußere Form band, M
als Zanzftüde hatten. Neuerdings ift diefer Tanz wieder hervorgeſucht und be
geworben.
Gay (Sohn), englifcher Lieder» und Fabeldichter, geb. 1688 zu Bar
in Devonfhire, erhielt von Lud, Schultehrer an diefem Drte und Dichter, ri
ziehung, die zur Entwidelung feines Talents für Poefie nicht wenig beitrug.
ging in die Plane feines undegüterten Vater, der ihn zu einem Krämer befil
batte, nicht ein, fondern verließ die Lehre und trat 1712 als Secretair in die Die
Herzogin v. Monmouth. Dier blieb ihm Muße genug, die Dichtkunſt zu üben
machte f. „Rural sports‘, ein Ländliche® Gedicht in 2 Gef., bekannt, wfl
mete fie dem berühmten Pope, welches die erfte Weranlaffung zu der ı
Sreundfchaft zwiſchen beiden Dichtern gab. 1713 lieg er f. Komödie: „They
of Bath‘ druden, die aufder Bühne kein Gtüd gemacht hat, und gab um Di
Zeit „„I'he slıepherd’s week“ heraus, eine aus 6 Eklogen beftehende, aus!
meinen Wirklichkeit gefhöpfte Schitverung des engl. Landmanns, welche den
ſchmacke f. Landsleute fehr zufagte. Da er aber dieſes Werf dem Korb Boltmgig
zugeeignet hatte, fo mußten ihm bie darauf gegruͤndeten Hoffnungen zur DR
rung bei der neuen Negierung fehlfchlagen, obgleich er, als Secretair dei G
Giarendon, engl. Geſandten am bandv. Hofe, im legten Regierungsjahre!
nigin Anna, zu glänzenden Erwartungen berechtigt war. Nach f. Ruͤckkchr
mit der Tragifomöbdie „VVhat-d’yecall-it“‘, und 1717 mit der unter Pepe
Arbuthnot's Beihuͤlfe gefchriebenen Komödie „Three hours after marizg
konnte aber nur für die erftere einigen Beifall gewinnen. Er begab fidy biecasiie
Aachen und lebte einige Zeit auf dern Landfige des Lord Harcourt. Hier ver
tete er die Herausgabe f. Gedichte auf Subfeription, die ihm 1000 Punk
beachte. 1724 erfdyienen „‚The captives‘‘, ein gut aufgenommenes
und 1726 der 1. Bd. f., zum Unterricht de® Herzogs v. Cumberland gefchcil
Fabeln, durch welche er fich bei den Englandern den Namen eines claſſiſchen F
ters erwarb. Einen beifpiellojen Beifall erhielt feit 1727 f. „Beggars
(Bettlstoper), welche ein Nationalſtuͤck der Engländer gemorben ifl. Diefe
liegt eine wahre Anekdote aus dem Leben des berüchtigten Jonathan WR
Grunde. Ein zweiter Zheil, unter dem Titel „„Polly“‘, wurde nicht auf die M
gebracht. Die „Beggars opera‘ gersann ihm das Wohlwollen vieler €
befonders des Herzogs und der Herzogin v. Queensberry, in deren Geſellſch
den leuten Theil f. Lebens zubrachte, nachdem er vergeblich auf eine Anftellx
Georg OH. und f. Gemahlin gehofft, die ihn vor ihrer Thronbeſteigung perfün
(häst hatten. Er ftarb am Ende 1732 und wurde in der Weftminfterabtei be
ben. Der zweite Theil f. Sabeln, meift politifchen Inhalte, erfchien, durch
Herzog v. Queensberry beforgt, erſt nach ſ. Tode. Gay war, nach Pop!
Gay-tuffac Gebaͤrde 529
ein gerader anſpruchsloſer Mann, ber fo redete, wie ee dachte, und immer zu“
aim fuͤrchtete. Johnſon fpricht ihm mit Recht jene ınens divinior ab, die
Figenthum großer Dichter ift, Läßt ihm aber als einem Sänger einer niedern
üre, befonders in ‚der Darftellung des wirklichen Lebens, volles Mecht wieder⸗
n. Er preift ihn ald den Erfinder der Eiederoper, welche die italienifche lange
verdrängte und über ein halbes Jahrh. ſich mit Beifall auf der Bühne erhielt.
Gay⸗Luſſac, Mitglied der Akad. der Wiffenfch. und feit 1816 Prof. an
olytechniſchen Schule zu Paris, Chemiker und Phyſiker, machte ſich zuerft
eine Luftfahrt in Paris bekannt, indem er fich, vereint mit Biot, in f. Bal⸗
u der bis dahin noch uncrreichten Höhe von 3600 Zoifen erhob. Diefe Lufts
zub ihm Gelegenheit zu einer Menge merkwuͤrdiger Entdeckungen im Reiche der
ie, die fich, wie z. B. f. Wahrnehmungen über das Steigen und Sinken des
kfilbers und mehrer andern flüffigen und elaſtiſchen Körper in den höhern Luft⸗
ten ſowie unter den verfchiedenen Wärmegraden, durdy wiederholte Verfuche
a8 richtig beroahrt haben, und unter Andern bie erfte Veranlafjung zu des
änderd Dalton [harfjinnigen Unterfudyungen und Beweiſen über bie ungemeine,
ur Verdoppelung ftrigende Ausdehnung ded Volumens der Slüffigkeiten (nas
ich dee Waſſers) bei dem Durchgang durch alle Grade der Temparatur vom
ers bis zum Siedepunkt gaben. Später verband ſich Gay⸗Luſſac mit Aler.
imboldt zu einem Verſuch der genauen Beftimmung der Abweichung des mag⸗
ben Aquators von dem Erdaͤquator, wobri beide Gelehrte fich auf die von Las
ufe in diefer Beziehung gemachten Wahrnehmungen ſtuͤtzten. Man hat von
Buffac intereffante Auffäge in den „Annales de chimie** und dem „‚Bulletin
Societe philomatluique‘‘; mit f. jegigen Collegen Thenard gab er „„Recher-
pbysico-chiiniques, faites sur la pile galvanique, et les preparations du
sium‘‘ (Paris 1811, 2 Bde.) heraus,
Gaza (Theodorus), ein Nachfolger des Emanuel Chrofoloras als Lehrer
ieh. Sprache und Literatur im Abendlande. Er Fam als Fluͤchtling nad der
sang von Stonftantinopel durch die Türken nad) Stalien und erwarb fich dort
| eine genaue und fertige Kenntniß der Landesfprache, 1440 wurde er Öffents
kehrer zu Ferrara und 1351 zog ihn Papft Nicolaus V. mit a. Gelehrten nach
wo der Carbinal Beffarion ihn’ in fein Gefolge aufnahm. Nach Nicolaus
berief ihn König Alfons nad) Neapel, und als der Zod ihm aud) diefen Göns
raubt hatte, Echrte er wieder nach Kom zurüd, wo er aber Durch eine geringe
nung des Papftes Eirtus IV. für eine Dedication fo gekraͤnkt wurde, daß er
bh Kerrara und von ba nad) Calabrien zuruͤckzog, wo er 1478 farb, ©. hat
Kofi als Lehrer durch das Wort, fondern auch durch f. Schriften, und naments
sch Lat. Überſetz. griech. Claffifer zur Verbreitung des Studiums der griech.
turgewiskt. Seine Hauptarbeit ifteine Überf. der naturgefchichtlichen Schrif⸗
6 Ariftotelee.
Gebalk werben bald die fämmtlichen Balken eines Gebäudes, bald bloß ber
e Theil oder das Hauptgefims einer Saͤulenſtellung genannt, welches auf den
ra ruht, und nus drei Theilen beftcht, dem Unterbalten oder Archi⸗
Dem Fries und dem Kranze. (S. Säule) Die fchidlichfte Höhe des Ges
bei jeder Art von Säulen ift der vierte Theil der Saͤulenhoͤhe ſelbſt, iſt es höher,
eint es das Gebäude zu erdrüden, und niedriger gibt e8 dem Ganzen ein aͤrm⸗
Anſehen. Bei jeder Säulenordnung findet man hierin übrigens Verſchieden⸗
(S. Säulenordnung.)
Bebärpde, vondem veralteten Gebabrn, gebabren, als Haupt: und Zeits
auf: fich gebahren, fich betragen. Unter Gebaͤrde in der beftimmten Bes
ng verftebt man eine Art des phufiognomiichen Ausdrucks des Innern im Koͤr⸗
es iſt aber nicht ganz leicht, diefe Art genau zu beflimmen. Bon ber Di
w.= 2er. Eiebente Aufl. Bd. IV. 34 L
die Gebaͤrde wäre demnach das Allgemeine, die Miene das Befondere. Beim
. gen und Stellungen bed Körpers die Action, und von den Tönen die Der
540 Gebaͤrde
ſcheint fie ſich in folgenden Punkten zu unterſcheiden: 1) die Miene iſt bloß eine
Voruͤbergehendes; die Gebaͤrde obſchon fie ſich auch in Bewegungen aͤußert; tas
Beharrliches; 2) die Miene erſtreckt ſich bloß auf die Bewegungen des Geñchti
die Gebaͤrde auch auf den übrigen Koͤrper; 3) die Miene iſt dloß Seelenauden
im Geficht vernünftig finnlicher Wefen, Gebärden zeigen ſich auch bei bloß finnich
begehrenden Weſen; 4) die Miene ift daher Ausdrud der Gefinnung, des fie
Charakters, Gebaͤrde druͤckt Die eben jegt herrſchende Leidenfchaft, den vorlibergeiet
den Affect aus. So bemerkbar diefe Unterfcheidungen bin und wieder fi, fi
ſchwankt doch im Ganzen der Spradygebraudy. Übrigens ift auch bei dieſen Um
fyeidungen nicht zu verkennen, daß Gebärde bald in einem weitern, bald in dal
engern Sinne genommen ift. Im weitern Sinne befaßt man darunter jeden ME
fiognemifchen Ausdruck des Innern im Körper, und dann find die Mimn m
darunter begriffen. Jene ftumme Sprache mit ihren malenden, ausdruͤckenden
deutenden Zeichen, welche man die Gebärbenfprache nennt, würd
auch die Mienenſprache unter fic) befaffen, fodaß die Gebärdenfprache eben il
das Geſicht ald die übrigen Glieder des Körpers zu Darſtellungsmitteln hat,
wurf einer Theorie der Eörperlichen Beredtſamkeit wird es dienlich fein, dieſen
feftgefegten Unterfchied anzunehmen, und zur Mienenfprache auch Das
nen, was das Beficht nach der obigen Beſtimmung von Gebaͤrden in
Bewegung ausdrudt. Körperliche Beredtſamkeit ift aber die Kunſt, einem
feine Gedanken mittelft des Körpers und gewiſſer Modificationen beffelben fo
theilen, daß fie den verlangten Eindrud auf ihn madyen. Diefe Modificatienen
Körpers find entweder Bewegungen und Stellungen deffelben, oder Töne.
ſieht, daß die ganze Schaufpiellunft ſich darauf gründet, indem von den B
abhängt. Die Action ift nun eigentlich nichts Andres, als die Gebärdenkunfl fl
in jenem allgemeinen Sinne. Jene Bewegungen und Stellungen bes Körpenl
namlich Veränderungen deffelben oder feiner Theile, in Anfehung ihrer Lage
Figur, mit gewiffen Veränderungen der Seele übereinftimment. Die Summe
Bewegungen ift Gefticulation; aus der Stellung gehendie Attituden
hervor, Tragen und Haltung des ganzen Körpers im Stehen, Sitzen und
während einer gewiffen Situation. Hier ift immer etwas Unberveglichet,
Attituden macht der ganze Körper; Gefticulation können nur die beweglichen
deffelben machen, Kopf, Arme, Haͤnde, Füfe, entweder alle zuſammen, odrt
für ſich, weßhalb e8 auch eine Kopf, Arm, Hände: und Füßefprache gibt,
freilich die meiften Schaufpieler nichts verftehen. Won diefen ftummen
allen unterfcheidet man nun noch befonders die Ge jidytefprache, und zwar
ohne Grund. Das Seficht iſt Fein fo beweglicher Theil als Kopf, Arm, Huw
Fuß, theild aber Durch die eigentbümliche Bildung u. die bleibende Form feiner
theils durch das veränderliche Spiel feiner beweglichen Theile, theils durch
welche Durch Gewohnheit in den beweglichen Theilen feſt und bleibend geworben
tritt hier das Innere in dem Außern in den bedeutendften, unzweideutigſte
unverfennbarften Kennzeichen hervor. Hier ift alfo eine Beweglichkeit ganz
Art, und von einer fo großen Wichtigkeit, bag man wol Urſache hätte, ihr ein
zügliche Aufmerkſamkeit zu widmen, zumal dir es auch bier twieder faſt fo viele
Sprachen gibt, als Theile des Geſichts. Wer eine Stirn:, Augen-, Naſem,
pen= und Wangenfprache laͤcherlich finden wollte, bewiefe damit nur, daß er die
tur bier niemals genugfam beobachtet hat. Diefe Gefichtöfprache nennt man
Mimit(f.d.), ein Begriff, der freilich an fi mehr umfaßt. Wenn Engel
Mimik in die etbifche od. phufiognomifche einthritt, weiche Die Eigenchll
lichkeit eines Charakters, und in die patbounomifdye, welche die vo uͤbergebe
den Verwandlungen durch Affecten und eioenfchaften in beſtimmten Giruati®
Gebern Gebet 331
eüt, ſo liegt dleſer Eintheilung ber Unterſchled zwiſchen Miene und Gebaͤrde im
m Sinne zum Grunde. Es iſt auch hier am rathſamſten, das Mienenfpiel
ie Geſichtsſprache einzufchränten, das Gebärbenfpiel aber auf die ganze körper
Veredtſamkeit auszudehnen. Gebärdenfpielmärde demnach fein die vor⸗
lehende Modification des ganzen Körpers, feiner unbeweglichen Theile, in Stel
und Bewegung, zum Ausdrud des Innern und Außern während einer gewif
Situation. Die Bezeichnung durch Spiel ſcheint une bloß von dem Worüber
den in dieſer Thaͤtigkeit herzukommen, und nicht etwa von ber Leichtigkeit, wo⸗
e ondgeibt rwird, Weit eher koͤnnte man noch an Unwillkuͤrlichkeit denken
ei dem Splel der Muskeln), womit die aͤußern Werkzeuge der Thätigkeit ber
ig einer naturgemäßen Äußerung folgen. Wer durch Kunſt die Körperliche
amksit uͤben will, und die naturgemäßen Außerungeit Nicht trifft, der vers
nSrimaffe. Die Natur, wie fie für jeden Ausprud der Leidenfchaft, für
Stimmung der Secle ihren eignen Ton und eigne Bewegung In der Stimme
at auch ihre elgnen Bewegungen und Stellungen in dem Körper dafür. Wehe
Bhauipieler und bildenden Künftler, dem dafuͤr der feine Sinn mangelt. (Vgl
itund Pantomime.) | dd.
Gebern, in Indien Parfis, in Perfien aber Gebern, Buebern,
een, d. i. Ungläubige oder Feueranbeter, genannt. te ſelbſt nennen fidy
Die ober Anhänger des wahren Glaubens, und haben ihre vorzäglichften
fie in ben Wüften von Karamanie gegen den perfifchen Meerbufen, vörzägs
er in den Provinzen Yerd Keram. Dies wenig bekannte, in ber Unmiffens
kötihe Volk ift arbeitfam, mäßig und treibt fleißig Ackerbau. Die Sitten
ebern find fanft; fie trinfen Wein, effen alles Fleiſch, heirathen ntır eine
und leben ſtreng und mäßig. Chefcheidung und Vilelweiberei find ihnen
ie Religion verboten; bleibt aber die Frau in den erften neun Jahren tms
ar, fo darf der Mann neben derfelben noch eine zweite nehmen. Sie verehs
a einiges hoͤchſtes Mefen, das fie den ewigen Geift oder Yerd nennen,
‚, Mond und Planeten glauben fie durch verftändige Weſen belebt, erkennen
he als Grundurſache des Guten, die Finſterniß als die des Böfen, und betm
. wie man fagt, das Seuer an, wovon fie auch den Namen erhalten haben.
bſt aber fagen, daß fie es nicht anbeten, fondern darin nur ein Gegenbild des
Aftichen Gottes hegen, weßwegen fie auch allemal ihre Gebete beim Feuer
a und an heiligen Orten ein immer brennendes euer unterhalten, welches
ꝓhet Zoroafter (f. d.) ſchon vor 4000 J. entzuͤndet haben fol. Ihr heiz
Jauch heißt Zend: Avefta (f.d.). Eine eigenthämliche Gewohnheit dee
ri es, bie Todlen, flatt fie zu begraben, auf den Thürmen ihrer Kirchhöfe
gen preiszugeben, wobei fie genau achtgeben, welchen Theil dieſe Thiere zus
ehren, und daraus auf das Schickſal des Verftorbenen fchließen.
eber, im weiten inne, jebe mit frommen Gefühlen verkundene Rich⸗
18 Gemuͤths auf Bott, im engem Sinne der mündliche Ausdrud frommer
le und Geſinnungen gegen Bott. Das Gebet kann Bitte fein, Fürbitte,
md Lob Gottes. In den aberaläubifchen Religionen des Alterthums wur⸗
Gebete als Formeln von magiſcher Kraft betrachtet, dern Wirkſamkeit da⸗
hänge, daß fie mit der größten Genauigkeit hergefagt und durch keinen Uns
&eutenden Umftand unterbrochen wuͤrden. Würbigete Begriffe über das
und den Zweck des Gebets hat das Chriftenthum verbreitet. Nach den
fügen det katholiſchen Kirche kann der Menſch nicht bloß an Gott, ſondern
ı bie Heiligen und an bie Engel Gebete richten ; bie proteftantifche Kirche bas
sttäet Bott für den einzig würdigen Gegenftand der Anbetung. Die religiös
mfcyen aller Zeiten haben in dem Gebete ein wirkſames Mittel der Geifteser-
‚ des Troſtes und ber Befeftigung in guten Defanungen gefunden, As
532 Gebirge Gebirgsfrieg
leichter der Menſch unter den Zerſtreuungen und Sorgen bes Lebens fein
Beftimmung vergißt, defto mehr ift ihm die Geiſtesſammlung, welche di
geroährt, Beduͤrfniß, und es ift eine heilfame Gewohnheit, mit dem from
denken an Gott den Tag zu beginnen und zu befchließen. Um das Gemuͤl
Stimmung zu verfegen, in weldyer ed geneigt und fähig wird, fich zu Got
ben, muß man fich der heil. Schrift, heiliger Öefänge (unter den neuer
Biefer Art find befonders bie von Witſchel: „Morgen: und Abendopfer, €
zuerft 1804; die Gefänge von Juliane Veillodter und die Schrift von Zie
„Die-Rrligion in Liedern, gefammelt aus den beften Dichtern”, zu empfeh
ter Predigten und dgl. Erbauungsbücher bedienen. Da die Richtungen, w
jugendliche Gemuͤth nimmt, die bleibendflen zu fein pflegen, fo ift es noͤt
man aud) das Kind beten lehrte, und die Erzieher, welche meinten, daß die
zur Religiofität einem reifern Alter vorzubehalten fei, verriethen Mangel a
niß des menſchlichen Herzens. Auch das Kind kann den Gedanken an eir
von welchem alles Gute Eomme, faffen, und ift frommer Gefühle fähig.
Gebirge, f. Berge
Gebirgsarten, f. Seognofie,
Gebirgshöhe. Um eine allgemeine Baſis bei der Beftimmung
eines Gebirge zu haben, bezieht man diefelben jederzeit auf die Meeresflaͤd
die mehr oder minder hohe oder flache Umgebung eines Berges keinen Fü
feine eigentliche Höhe haben kann. Daher kommt es, dag mancher Ba
Ver Broden, der ringe in einer bergigen Umgebung liegt, viel höher iſt, als
da feine ganze Hoͤhe, d. b. alfo Erhebung Über der Meeresflaͤche, dem A
ſichtbar iſt. (S. Hoͤhenmeſſung.) Folgende Formel zeigt die verf
Stufen der Gebirgshoͤhe:
Pyrenaͤen. Alpen. Anden. Himalih
Gipfel — 1,0 1,4 1,8 2,4
Mit — 1 14 2 24
Gebirgskrieg, heißt ber Krieg in Ländern, in welchen Hochgeb
tief eingefchnittenen engen Thälern die Hauptphyſiognomie bilden, als
Schweiz, Tirol, Salzburg, ein großer Theil der pyrenaͤiſchen Halbinfel :
weil er nur in diefen einen eigenthümlichen Charakter hat. Solche Binde
wenn der Krieg nicht ausſchließlich gegen fie gerichtet ift, weniger der Schau
fheidender Operationen fein, voeil fie ihrer Natur nach die Eriegerifche Wi
hemmen u. die Verpflegung [hwierig machen. Sie dienen daher in den jetzi—
gen mehr ald Stuͤtzpunkte größerer Operationen. Ihre Wichtigkeit ift dei
achtet fehr groß, wenn auch nur untergeordnet. Sie eignen fidy ganz befon!
Vertheidigungstriege, ba fie fo viele Stellungen bieten, in welchen Eleine
ganze Heere aufhalten können ; umgelehrt, wird ber Angreifende gehindert fein
gehörig zu entwideln und mus jeden Augenblid‘, wenn er in ſchmalen, gel
Colonnen in einem Thale vorrüdt, befürchten, daß der Keind neben ihm
Thaͤlern in feine Flanken operirt, ihn überrafcht, feine Zufuhren und Unta
gen abfchneidet u. dgl. Indeß hat der Gebirgskrieg jetzt bei der größern Be
keit der Truppen, und weil man einfehen lernte, daB es wol kaum noch ei
lung. gibt, die nicht, bei achöriger Ortskenntniß und Entfchloffenhrit ua
werden koͤnnte, endlich bei der größern Gultur in ehemald unmegfamen und E
baren Gegenden nidyt mehr die Schwierigkeiten wie fonft. Der Gebirgskoͤ
dert cine genaue Localkenntniß, ift weniger regelmaͤßig, als der Krieg In ein
nen Lande; er fodert von ben Anführern mehr Kuͤhnheit, eine größere Bere
auf unerwartete Ereigniffe und von den Truppen einen höheren Grad von Di
Ausdauer. Der General Matthieu Dumas nennt ihn die poetifche S
Kriegskunft. As cin Meifter im Gebirgskriege verdient unter andern da
General Lecourbe genannt zu werden; in Dumas’s „‚Preciz des drenems
Gebläfe Gebrochen 333
findet man bie Operationen Lecourbe's In Graublindten und in der
„798 und 1800) und mehre von ihm verfaßte Memoiren über Dlefen
»Läfe, diejenigen Berrichtungen, in benen atmofphärifche Luft aufges
fammelt, zufammengebrädt und durch längere oder kürzere Roͤhrenlel⸗
re Form der Schmelsöfen, Herde ıc. geführt wird. Die Röhre, In wel⸗
Wimndleitung endige und durch welche der Wind In die Form und durch
Schmeilzraum geleitet wird, heißt die Dil le. Häufig werben mehre
teinander verbunden, indem der Wind zuvoͤrderſt in einen Windkaften
eſem erft in den Schmelzraum geführt wird. Bei allen Gebläfen liegt,
idnmus zum Grunde, die in einem Behäitniffe aufgefangene Luft auszus
es gleich voieder mit atmoſphaͤriſchet Luft zu fülien. Jedes Geblaͤſe
wei Öffnungen (Ventile) haben ; eine um die atmofphärifche Luft einzu
Ine zweite, um bie zufammengeprefte Luft abzuleiten ; beide Ventile müfe
r rocch'elöweife öffnen und ſchließen. Man unterfcheidet: 1) Gebläfe
m Wänden; die überall bekannten ledernen Balgen oder Bälge. 2)
n Balgen oder Baͤlge, bei denen fich der pyramsidale Oberlaften um dem
n Unterkaſten aufs und niederbewegt, und dadurch einen Raum von
r Größe abgränzt, welcher beider höchften Erhebung des Oberkaſtens
aͤriſcher Luft angefülft wird, die beim Niederdruͤcken deffelben ausgepreßt
ne Abänderung der Baͤlge kann das, nach f. Erfinder, einem Schweden,
üthelmögebläfe angeſehen werden; bei demfelben liegt ber keilfbrmige
ad ein Boten ift in demfelben beweglich. 3) Die Kaſten⸗ und Cylin⸗
eſtehen erftere in parallelepipediihen, letztere in cylinderförmigen, ent⸗
T oder an beiden Eeiten verfchloffenen Raͤumen, in welchen ſich eis
me niederbewegt. Die Kaftengebläfe find entweder von Holz, felten
vr Stein, die Erlindergebiäie gewöhnlich von Gußeiſen, felten von
agreiife). Die nur an einer Eeite verfchleffenen oder einfachblaſenden
Srfmbergebtäre baben nur ein Einlaßs und ein Auslafventit, die auf
ver ſchloſſenen eder bespeltblafenden dagegen jedes zwei Einiafs und
ratile; bie Griindergebiäie find die wirtiamften und vellkemmenſten
m. 4) Die Braterichen ‘von Baater in München erfundenen,, oder
Ve derten Gedraͤſe beſteben in sum Theil mit Waſſer angrfüliten Ges
ten fich ein zweites dergeſtalt aufs und niederbewegt, daß zwiſchen dem
zetren und der Oberflaͤche des Waſſers ein beqraͤnzter Raum bleibt,
ft angefi It iſt, die kein: Nicdergehen des Gefaͤßes ntwridt. 5)
ch ven im furtrüikm Oberderginſpector Henſchel erfendenen
befteben in srfeiiemen, unten noch der Krtteniimie oebegram Konen,
nem Bft iten bincen und oben cm ind. Durch dieſe Röhren
eten uber Riter kind, mine des Druds des darauf falmten
rm weisrtir stme’shäriike Infe mit fort: uud in den unten bes
mrartsere "en. Es ũnd biele Detiile von fehr arur Butung.
zezmezii belcken in wrikichimen, hen eine Vrirhäte ges
Harn K:ürn er Ichnen, weiße mit länger eirz Baryra Ächs
Tr: Gıber, tzıh wide Bien berasbfäßr, weiten in tn Mobs
Est in Bu Kita ze, es denen fie u die Kim ar Dr ge
&res. 1. Ind Met bet in act Lich ra chen,
ur Bet. si srritt, ef inme!, Herren in en in Erte
wBez Feize>?, ie Msn ietı Zum: ia sc
2. IE Perzesisie: Screen Bit im, sr Eat m
Beuhaten. ar eiretr frr wuNg:ct De ma ma "ES De
536 Geburtsadel Geburtshuͤlfe
über eine ſolche verzögerte Geburt, und geben als Gruͤnde an, bie Natur binde ff
an den beftimmten Zeitraum der Schwangerfchaft ; Sram, Krankheit ud.
koͤnnen das Wachsthum der Frucht nicht verhindern u. ſ. w. Andre bebaupten a
gegen, die Natur binde fid) an feine Regeln; mancherlel Urfachen können bei
Wachsthum der Frucht verzögern ıc. Fehlgeburt, Mißfall, Abottus, wem
eine Frucht ſich fo früh abloͤſt, dag fie nicht leben fan, vom Anfang der Od
gerſchaft bis zum fiebenten, am öfterften aber im dritten Dionat. Berantaflug
dazu geben, zumal bei reizbaren oder vollblütigen Schwangern, hinzukonmc
heftige Erregungen, z. B. Stoßen, Kallen, Xanzen, Krämpfe, Leidenfhef
% ® m.
Geburtsadel, f. Erbadel,
Geburts huͤl fe iſt die Kunſt, durch beftimmte mechantfche und dyn
ſche, auf phyſiologiſche und pathologiſche Kenntniſſe gegründete Verrichtungen
Geburt zu erleichtern, und ſowol kurz vor als waͤhrend und nach ber Geburt für
Erhaltung der Gefundheit und des Lebens der Schwangern, Gebaͤrenden und #
entbundenen zu forgen ; daher ift die Entbindungskunſt nur ein Theil der eur
huͤlfe. Hebammenkunſt ift nur derjenige Theil der Geburtshütfe, welcher die mg
türliche Huͤlfe für die Mutter und das Kind bei der felbft natürlichm und le
Geburt Seiftet. Geburtshülfe im weiten Sinne hat wol von jeher, felbft ba
roheſten Völkern flatt gefunden, obgleich fie fehr mangelhaft gewefen it, und w
leicht nur in den unentbehrlichften Handgriffen und Huͤlfsleiſtungen beftanden
Selbſt bei den gebildetern Völkern der Vorzeit ftand diefe Kunft noch auf einer
bern Stufe. Die Iſraelitinnen hatten ſchon Hebammen. Die erften Nadal
tem von kuͤnſtlicher und männlicher Geburtshuͤlfe finden wir bei den Griechen,
dem Zeitalter des Hippofrates (ft. 357 v. Chr.). Aus den Schriften jener dat
fehen wir, daß die Entbindungskunſt bei don Griechen aufeiner höhern Gut
befand, als im vorigen Jahth. noch an den meiften Orten in Europe. Defien
geachtet wurde auch bei ihnen vieles Schätlidye und Unzweckmaͤßige vorgenorm
und nur wenig von Dem, was nothivendig gewefen waͤre, gethan. Oft beg
fie fi damit, die Eifeithyia, die Göttin der Geburt, anzurufen. Beiden R
befchränfte fich die Geburtshuͤlfe auf wenige Huͤlfsleiſtungen und auf Opfer für
Zucina und andre der Geburt vorftchende Gottheiten. Erſt fpäter hatten die
merinnen gewöhnlich Hebammen, bei ſchweren Geburten aber wurden bie
zum Beiftand gerufen. Diefe waren entweder rischen, welche unter ber
ſchaft der römifchen Kaifer in Rom lebten, oder ihre Kenntnijfewaren groͤßt
aus den griechifchen Schriftftellern geſchoͤpft. In diefen Zeitraum gehören
lich Soranus (100 I. n. Chr.) und Moichion, welcher das uns bekannte erſte
buch der Hebammenkunft verfaßt hat. Im Mittelalter wurde die kuͤnſtliche
burtshuͤlfe fehr vernachlaͤſſigt; fie ſchien fi) auf das Ausfchneiden der Frudt
dem Leibe verft. Mütter zu beſchraͤnken. Dadurch, daß die Pipfte den M
dle Ausübung der Heilkunft und die Lehrerftellen an den neugeftifteten
übergaben, hingegen die Ausühung der Chirurgie und Anatomie den Arzten
Laien aufs ſtrengſte verboten (1215), wurde auch die Entbindungskunſt mıcht 1
Innere und abergläubige Mittel befchränkt, und zwar nach und nach ganz den
bern, Mönchen, Hieten und dergl. Perionen uͤderlaſſen. Waren dieſe mit iM
Kunſt zu Ende, fo wurden die Helligen angerufen, Bilder.und Neliquien den S
fenden angehängt u. f. w. So blich der Zuftand der Geburtshuͤlfe bis in dab |
Jabhrh. Jetzt wurde durch die groͤßere Verbreitung der Buchdrucker⸗ und P
ſchneidekunſt auch für die Enthindungsfunft allmälig eins beſſere Zube berkeigef
indern die noch übrigen Schriften der alten Griechen, Römer und Araber versi
tigt werden onnten, der Geiftesverkehr unter den Menfchen allgemeiner, ber
ſchungsgeiſt erweckt und neu belebt wurde, und mehr Nahrung fand als bi
fa Ey a
Zunbärzte befchäftigten fid) nody immer bloß mit dem Theoretiſchen der
zkunſt; doc) gingen die legtern allmälig dadurch zur Ausübung derfeiben
daß fie das nicht nuc erlaubte, fondern ſchon früher geſetzlich befohlene
ı der Frucht aus verftorbenen Schwangern, ſowle auch allmälig andre
zern und Gebärenden vorfallende chirurgiſche Operationen verrichteten.
et, ein Wundarzt in Paris, ftellte in einer Schrift (1581) zuerft mehre
‚der Ms zlichkeit eines glüdlichen Erfolgs des Gebärmutterfchnitte an
f, dem er den Namen Enfantement Cesarien, caͤſariſche Kindergeburt,
3 in der Folge der Name Kaiferfhnitt entftand. Nach Verbreitung
t wurde diefe Operation auch an Lebenden in und außer Frankreich oft,
m ohne daß fie unumgaͤnglich nöthig war, gemadyt. Pineau, Wund⸗
8, gab (1539) zuerft nähere Veranlaſſung zum Schoßknorpelſchnitt,
das Austehnen der Schofbeine zur Erleichterung ber, wegen zu engen
weren Geburten aufmerffam machte. In Deutfchland blieb die Ges
och lange in unvolllommenem Zuftande, die Hebammen waren größtens
end, und die Männer kamen Äuferft felten zur Geburtshuͤlfe, während
: und Frankreich ſchon gebräuchlich war, Arzte und Wundaͤrzte zu Huͤlfe
Fin in der Geburtshuͤlfe zu feiner Zeit berühmter Chirurgus in Paris,
{cher der la Valiere, der Grliebten Ludwigs XIV., bei ihrer Entbins
d, erhielt zuerft als Ehrentitel den Namen eines Accoucheurs, der den
fo wohl gefiel, daß fie nach und nad) ſich alle fo nennen ließen. Hein⸗
ıter war der erfte, welcher (1701) die Entbindungskunſt roiffenfchaftlich
; veriuchte. Im Frankreich, wo übrrhaupt die Entbindungskunſt höher
- al8 in andern Yändern, mard in dem Hötel-Dien auch eine Unters
für ‚Hebammen eingerichtet (1745). Die Gefchichte des Urſprungs
dung die Zunge, dieſes fo aͤußerſt wichtigen Inſtruments für die Ges
ifE in einiges Dunkel gebüllt. Zwiſchen 1660 — 70 wollte Chambers
darse in London, ein Inſtrument erfunden haben, mit dem er im
die fchwerfte Geburt mit dem Kopfe voran für Mutter und Kind gluͤck⸗
m. aber er behielt diefe Entdedung ale Geheimniß für fidh. und aina
540 Geile Gefäll
Gedike (Zriedrich), geb. 1754 zu Boberow, einem Dorl
der Mark Brandenburg, war, als f. Vater, Prediger dafelbft,
und befand fich in der hülfebebürftigften Lage. Man brachte ihn ı
100 er die öffentliche Schule befuchte, und von da in das Maifen
hau. Hier wurde er durch Steinbart's Sorgfalt 7 3. frei verpfli
ohne daß er fich weder Außerlich, noch durch beſondere Fähigkeiten
empfohlen hätte. 1766 errichtete Steinbart ein eignes Pädagogi
ling auch Gedike wurde, und hier begann, befonders durch Stein
Unterricht geweckt, fein Geift zuerft fich zu regen. Ihn befeelte p
tigkeit, die fchne U feine glücklichen Anlagen entroidelte und ihn reij
machen ließ. 1771 bezog er die Univerfität Frankfurt, um Theo!
Hier trat ee mit Zöllner und andern Stubirenden in eine literarif
Beſonders fand ır an Zöllner einen würdigen Lehrer und mohlmoll:
feines Fortkomm ens. Toͤllner ftarb, und Steinbart, ber deſſen
wurde aufö neue G.'s Lehrer und Wohlthaͤter. 1775 berief ihn
Hauslehrer ſ. beityen Söhneund 1776 wurde er als Subrector t
der’fchen Gymnaſ ĩums In Berlin angeftell. 1778 wurde er Pror
Director deffelben. Bier fing er an, fich als einen der größte
Deutfchlande zu zeigen. Unerfchöpflich an neuen Lehrmethoden,
tig in Einführung, zweckmaͤßiger Verbefferungen, hob er die gefur
einer vorher nie erreichten Höhe empor, belebte die Gemüther der
nenden und hauch te Allen eine ungewöhnliche Thätigkeit ein. 17°C
director, 1795, nad Büfching’s Tode, Director des berlinifch:
und der beiden davon abhängenden Schulen, 1790 Mitglied der b
der Wiffenfchaften: und bald darauf auch der Akademie der Künfte
theilte ihm die Univerfität Halle die theologifche Doctorwuͤrde.
eine Reife nad) It alien. So lebte G. gluͤcklich im Kreiſe einer zaf
geliebt und hochgeitchtet von f. Freunden und allen Redlichen, ruf
vielfachen Wirkungskreifen, und durfte bei einem feften und Eräf
beneidenswerthes Alter zu erreichen hoffen, als ihn eine ſchmerzha
fiel, die f. nüglichen Leben 1803 ein Ende madıte. Seine nidht y
der griech. Sprache hat er durch f. Ausg. des Philoktet von Sepho
fpräche des Plato und f. Überf. der Pindar’fhen Siegshomnen ke
ſ. $reunde Biefter gab er die Ältere berliniſche Monatsfchrift von 1°
Bde, heraus. Seine pädagogifhen Schriften enthalten eine '
Ideen und Vorfchhäge, und feine Leſebuͤcher und Chreftomathien fi
beflerer Art. Ä
Gedritter Schein, f. Afpecte.
Gefällt. 1)Die Höhe, um wie viel ein fluͤſſiger Koͤrpe
faͤllt, d. h. um mie viel er der Mecresfläche an einem Orte näher
dern, von dem er herflicht. Man fagt, der Fluß hat auf 100 Ri
faͤll, die Mafferfläche deſſelben ift unterhalb diefer Strecke 1 Fuß
Meeresfläche erhaben, als oberhalb derfelben. Das Gefällt finder
flimmen, ift bei Raſſerbauen, als Schleußen, Canaͤlen ıc., von |
keit. Beiden Mühlen verſteht man barunter die Höhe des Wu
Mahlgerinne. Bi niedrigem Gefaͤlle werden untecfchlächtige, bi
hem oberfchlächtige Mäder angewendet, Im Hüttenbaue bed
obern Theil des Planherdes. In weiterer Bedeutung wird in di
Unterfäyied, um wie viel ein gegebener Ort tiefer liegt, als ein an!
mit der Waſſerwage geſucht wird, das Gefäll genannt. 2) Die (
jenige, was von einem Grundſtuͤcke fällt, was daffelbe einträgt, u
deutung Dasjenige, was dem Grundherrn oder der Obrigkeit dave
Gefängniffe Gefolg 541
efaͤn ga (fe, Zwangswohnungen, theile zur Strafe, theils zur ſtren⸗
ſſicht. gl. Zuchthaͤuſer.) Allgemein iſt die Noch wendigkeit, dieſe
—— z. B. nach dem Vorgange der Vereinigtien Staaten, eins
„ anerkannt. Dies wird ſeit 1820 im Seinedepart. durch eine Geſell⸗
ter dem Schuge ded Dauphins aufe Thaͤtigſte betrieben. S. Appert's
l des prisons“* (frei bearb. v. D. Hartleben in deſſen „Allg. krit. Annas
Zerhaft⸗, Straf⸗ und Beſſerungsanſtalten“ Baſel 1826). Die franz.
19 errichtet ein Muſtergefaͤngniß fuͤr 200 Weiber nach der gekt. Preis⸗
n Hippolyt Lebas. M. ſ. Vaſſelot „Des inaisous cen trales de deten-
3*0* ete.; Ginouvier's,, Tableau de l’interieur des priaona“ (Paris
„über Gefangene und deren Aufbewahrung” hat G. B. Klappenbach
3b. 1825) eine für Beamte und Auffeher Iehrreihe Schrift herauss
efäße, töhrenförmige Bildungen in belebten Körpern, um die zur Er⸗
derfeiben dienenden Fluͤſſi gkeiten den einzelnen Theilen zuzuführen, oder
m abzuleiten ; im gemeinen Leben heift ber größte Theil derſelben Adern.
Körper des Menſchen und der meilten Ihiere fennen wir viereclei Arten
hefaͤße: Arterien, Haargefaße, Denen und Lpmphgefäße
wozu in den Pflanzen Epiralgefüße kommen.
efehr, f. Schlacht.
jefiedert. 1) Eigentlih was mit Federn verfehen, 2) uneigentlid im
it Moosſtengel, bi: an zweĩ gegen einander uͤberſte henden Seiten einfache,
Flaͤche Liegente Afte haben iin der botaniſchen Kunftip::acdhe pinnstus,;
dert (bi-pinnatus),, wenn tie Alte deſſelben ebenſo regelmäs:, sis ber
el getheilt find; dreifah schetert (tmplicato pmuatus,, winn tie Aſt⸗
Büfte wieder gefiebert find. Es gitt ber Beſtimmungen ub er dat Giet ert⸗
Bätter und Aſte in der Pflanzenlehte rc virie, worüber Lie Leirkücen
find.
Jefolg, eine merkreürkise Auf: t, tie Ei’tr fitm G:öam ’„De
“1, 22, 01, 15... Zarltue beiten Deueiten fant Gern.” 13.
kervor aus dem —S erıd uch Ja: st; iiceen, bush
sicht befchaftigten, mi: Erieseritdem Fire efliem Zeihs. Zu kriu⸗
UnterneE mungen fie Tın i& antın zcchten um! an; ker Sera
von kriegsluſtigen Jürzingen ir Mirssen zz um: tm m: Sa
Sitte und Weilsziuuie iilizte Drei riun, Ei Em chem fie
ww Beute; ckre em Site urldintomen, war er: 2de
Dafür muſte Ya Kütıez 2in 22 92 tm Sneekait bs Gr os fe
mes ihm hierzu fein Bin:ir®3 on vn Soma iz MWınlı nd: ;c,
eute und Braiisun zn :ım fm 22 mein Brunn 4 ms
Der Reiche batte en, = . rn m ka Zinn m7us
Ahnlid.es Ee:.: 2:2: 22:2 2m lem. us: a-ünm, an
h von einem src3e= Rutneiiemlie, omimgtın msi
wenn Rr nat m.:-._-: Dorfen ug Berr.. 2 nırkiie
bildete fich im sum Ind ie ne Bmusmn.. aeg
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“Alsmenfchen Gefuͤhlsvermoͤgen 543
d {ft der Zuſtand uns unangenehm, gewaͤhrt und
Es trifft ſich aber auch, daß das Gemuͤth
"uftänden hin und her ſchwankt, weil die
= angenehm, in einer andern aber uns
. wir in dem Zuftande verharren
x «gegengefegten Richtungen gezogen,
‚en Zuftand über. Man nennt Ges
gen des Gemuͤths bei diefen wechſeln ⸗
„von Schmerz zu Luft Rührungen. Alle
ahle der Luft, oder der Untuft, ober aus beis
‚ie höhern menſchlichen Gefühle find a) das ſitt ⸗
„elches nichts Andres iſt als das eigenthuͤmüche
oelches wir bei der Vorſteliung des Guten oder Bde
ahl heißt füttlich, weil es fich auf das durch das Site
.) Gute oder (verbotene) Boͤſe bezieht: Won andrer Art
> uͤhi, welches in dem eigenthümlichen Wohlgefallen am
u ‚en, ober Mipfallen am Haͤßlichen und Niebrigen befteht.
IS ‚wein eigenthümliches Wohlgefallen am Wahren, und Mifs
& woraus c) da6 Mahrheitsgefühl entfpringt, das man auch ein
* nennen koͤnnte. Ale dieſe Gefühle find in dem Menſchen von
‚ven, koͤnnen aber durch Entwickelung und Ausbildung der natürlichen
„es verftäckt und verfeinert werden, forwie im Gegentheit fie auch durch
Kafterbaftigkeit u. dat. dergeftatt geſchwaͤcht und unterdruͤckt werden, daß
machen Menfchen ganz erftorben zu fein ſcheinen. D.
Befübtsmenfchen, dieienigen, welche in ihren Überzeugungen und
ungen mehr durch Gefühle als durch Begriffe beftimmt werden, wogegen dies
kei welchen daß legte der Fall ift, Verftandesmenfchen genannt werden , weil
waben der Begriffe und Grundfäge eine Tätigkeit des Verftandes iſt. Es
en diefer Gegenſat ſehr unbeitimmt. Denn unter den Gefühlen, welche den
hen In feinen Überzeugungen und Handlungen beitimmen, verbergen ſich oft
Imbfäge, wenn fie nicht mit Deutlichkeit und Beftimmtheit gedacht werden.
xcum iſt es gefährlich, fich bloß uach Gefühlen zu richten, weil ſich dann
Eqe (theoretiſche oder ptattiſche) Brundiiue einfchleichen, und die Maske
ra edier Gefühle annehmen koͤnnen. Da es aber ſehr ſchwer iſt, Grunds
tich und beſtimmt zu denken, und noch ſchweret, nach fo gedachten Brunds
xrtheilen und zu handeln, fo uͤberlaſſen ſich die meiſten Menſchen lieber
Mühlen, und ſchwelgen in denſelben mit ſchwaͤtmender Einbildungskraft,
Be wel gar mit einer gewiſſen Verachtung auf Diejenigen herabſehen, welche
Men nur inſofern ıhutdigen wollen, als dieſelben auch vor dem Richter⸗
ed Berftandes und der Vernunft ſich rechtfertigen Laffen. .
Befühlsnermögen. Seit bie Eritifche Philoſophie eine tiefere Erfors
‚er geiftigen Natur des Menſchen und eine ſchaͤrfere Zerglieberung der That ⸗
des Bewußtſeins vermittelte, wurden auch in Hinſicht der verſchiedenen
men des geiſtigen Subjects drei Vermoͤgen nach ihrer urſpruͤnglichen Be⸗
mg und Geſebmaͤßigkeit von einander unterfhieben: das Vorſtellungsver⸗
‚des Grfühlsvermögen, und das Begehrungsvermoͤgen. Diefe drei Vermögen
ch ihrer Ankündigung Im Beroufitfein , einander gleich geordnet, nicht aber
mebmet, weil fie weder Durch einander beftehen, nodı von und aus einander abs
wreden koͤnnen ı fie fteben aber auch gegen einander in Wechſelwirkung, meil
lungen ebenfo in Gefühle, wie Gefühle in Vorſtellungen undBorftellungen und
rim Beftcebungen, fowie Beſtrebungen in Gefühle und Vorftellungen uͤber⸗
Imnen; es findet fich endlich zwiſchen diefen drei Vermögen ein harmoniſcher
NEE von AUDDIN IQULETTI FINE ANDETUNg notpig. Wenn oa ven J
der Titel als Vor zug blieb, fo mußten fie, ihre Anſchen zu behaup!
bedacht ſein, die amabhängigen Güterbefiger in abhängige Vaſal
dein. Dies wur de VBeranlaffung zur eigentlichen Lchnsvrrfaffung.
wefen.)
Gefrieren, die Umwandlung der in mittlerer Temperatı
per In fefte Maffın durch den Verluſt ihres Wärmeftoffs. Bon Ki
der mittlern Tem peratur feft find, und durch kuͤnſtliche Wärme
Buftand verfege n 'erden, fagt man, daß fie geftehen oder erſtar
durdy Entroeichun 1g des Wärmeftoffs ihren urfprünglichen Zuftand
Der Gefrierpiimkt eines Körpers iſt derjenige Wärmegrad, be
den feften, und der Schmelzpunft, bei weichem er in den fl
überzugehen anfdı gt. Das Wort gerinnen enblid wird nur fr
die Bildung breis rtiger Maffen gebraucht. (gl. Eis.) B
Gefüht if, koͤrperlich betcachtet, entweder das Über den
verbreitete Empfindungsvermögen (da6 Gemeingefühl) oder das
Finger: und Zehs nfpigen eigenthümliche Sinnesvermögen (dad Get
taflungefinn), dı:ffen Sig die durch den ganzen Körper bis an f. Au
jungen verbreitet en Nerven find. Die Lörperliche Empfindung fe
inneres ober geiſt iges Empfindungsvermögen voraus, durch welch
auf die Nerven gefchehenen Eindrüde und der dadurch in ihnen err
tungen beroußt nıerden. Gefühl wird Häufig mit Empfindung ve
find aber keinesn · egs einerlei. Empfindung ift Bewußtſein eines em
druds (Einfindu ng, e6 findet ſich ein Außeres in unfer Bewußtſei
zieht ſich eigentlich jederzeit auf einen Gegenftanb außerhalb un!
Ichs. Beziehen ı wie num aber die Empfindung auf ung fetbft, fo ı
des Zuſtandes be wußt, in den wir durch die gehabte Empfindung
find: mir fühlen. Man ann daher fagen: Ich empfinde einen G
mie; man muß aber fagen: Ic) fühle mich. Gefühl ift demnach
Buftandes, in ro elchen ich durch eine Empfindung verfegt worden b
Gefuͤhlsmenſchen Gefuͤhlsvermoͤgen 543
ntfernen, zu fliehen, fo iſt der Zuſtand uns unangenehm, gewaͤhrt ums
gnügen, Unluſt, Schmerz. Es trifft ſich aber auch, daß das Gemuͤth
ı diefen beiden entgegengeſetzten Zuſtaͤnden hin und her ſchwankt, weil die
dungseindruͤcke in einer Beziehung zwar angenehm, in einer andern aber uns
wa find. Daher jenes Schwanken, ob wir in dem Zuflande verharren
oder nicht. Das Gemuͤth, nad) entgegengefesten Richtungen gezogen,
chſelsweiſe bald in diefen, bald in jenen Zuftand über. Man nennt Ges
efer Art ribrende, und die Bewegungen ded Gemuͤths bei diefen wechſeln⸗
waͤngen von Luft zu Schmerz und von Schmerz zu Luft Rührungen. Alle
rfind nun dieſem zu Folge Gefühle der Luft, oder der Unluſt, ober auß beis
üfchte, ruͤhrende Gefühle. Die höhern menſchlichen Gefühle find a) das ſitt⸗
ee moralifche Gefühl, welches nichts Andres ift als das eigenthümliche
fallen oder Miffallen, welches wir bei der Vorftellung des Guten ober Boͤ⸗
finden, und dies Gefühl heißt fittlich, weil es fich auf das durch das Sits
beſtimmte (gebotene) Gute oder (verbotene) Böfe bezieht: Bon andrer Art
ad äftherifche Gefühl, welches in dem eigenthümlichen Wohlgefallen am
a und Es:abenen, ober Mißfallen am Häßlidyen und Niedrigen beftebt.
mpfinden wir ein eigenthuͤmliches Mohlgefallen am Wahren, und Mifs
u Balfchen, woraus c) das Wahrheitögefühl entfpringt, dad man auch ein
Gefühl nennen Eönnte. Alle diefe Gefühle find in dem Menſchen von
wrhanden, können aber durch Entwidelung und Ausbildung der natürlichen
iſcht verftärft und verfeinert werden, fowie im Gegentheil fie auch durch
- Rafterhaftigkeit u. dgl. dergeftalt gefchrodcht und unterdruͤckt werden, daß
men Menſchen ganz erftorben zu fein fcheinen. D.
efühlsmenſchen, diejenigen, welche in ihren Überzeugungen und
igen mehr durch Gefühle als durch Begriffe beftimmt werden, wogegen bies
bei welchen daß lebte der Fall ift, Verftandesmenfchen genannt werden , weil
ten ber Begriffe und Srundfäge eine Zhätigkeit des Verſtandes iſt. Es
m dieſer Gegenſatz fehr unbeitimmt. Denn unter den Gefuͤhlen, welche dem
n in feinen Überzeugungen und Handlungen beſtimmen, verbergen fich oft
ıbfäge, wenn fie nicht mit Deutlichkeit und Beftimmtheit gedacht werben.
ram ift es gefährlich, fich bloß nach Gefühlen zu richten, weil fich dann
Ihe (theoretifche oder praftifche) Grundſaͤtze einfchleihen, und die Maske
der edier Gefühle annehmen koͤnnen. Da es aber fehr ſchwer ift, Grund»
ich und beſtimmt zu denken, und noch fchiwerer, nad) fo gedachten Grund⸗
urtheilen und zu handeln, fo überlaffen fich die meiften Menfchen lieber
fühlen, und ſchwelgen in denfelben mit fchmärmender Einbildungstraft,
wol gar mit einer geroiffen Verachtung auf Diejenigen herabfehen, welche
ihlen nur infofern ıhuldigen wollen, als dirfelben auch vor dem Richter⸗
& Verftandes und der Vernunft ſich rechtfertigen laffen. D.
efühlsvermögen. Seit die Exitifche Philofophie eine tiefere Erfor⸗
re geiftigen Natur des Menfchen und eine fchärfere Zergliederung der That:
es Bewußtſeins vermittelte, wurden auch in Hinſicht der verfchichinen
gen des griftigen Subjects drei Vermögen nad) ihrer urfprünglichen Bes
g und Gefegmäßigkeit von einander unterfchieden: das Vorſtellungsver⸗
as Sefühlsvermögen, und das Begehrungsvermoͤgen. Diefe drei Vermögen
bihrer Ankündigung im Bewußtſein, einander gleich georbnet, nicht aber
dnet, weil fie weder durch einander beftehen, noch von und auß einander ab»
erden können s fie fteben aber auch gegen einander in Wechſelwirkung, meil
agen ebenfo in Gefühle, wie Gefühle in Vorſtellungen undBorftellungen und
n Befttebungen, ſowie Beftrebungen in Gefühle und Vorftellungen über:
am; es findet fich endlich zwiſchen diefen drei Vermögen ein harmonifcher
fin! dh
Daſeins überhaupt, unfers jededmaligen individuellen Zuſtand
‚und unferer Perfonlichkeit, als Wejen, in melden ein deppeli
Kräften zu einem barmonifchen Ganzen verbunden ift, und die, ı
bindung, ebenforwol der Naturwelt ais dem Reiche der Freiheit ar
nennen diefe unmittelbare Ankündigung Gefühl, und unterfcheiten
lic) von unfern Vorftellungen und von unfern Beftrebungen. Den
Begriff des Daſeins in ung fid) bilden kann, verbürgt ung das Gef
und bevor ſich noch die Begriffe von Individualität und Perföntic
fühlen wir ung ſchon ald Individuen, nad) der innigften Vereini,
hen und geiftigen Anlagen zu dem Ganzen einer Prrfon. Bevor r
Freiheit und Nothwendigkeit, zwiſchen Tugend und Lafter im Be
den önnen, fühlen wir und als freie Weſen, und die Stimme dei
ſcheidet im Gefühle über den Werth ober Unmerth unferer Handlui
fuͤhl ift alfo, nach feiner urfprünglichen gefegmäßigen Ankündigung
meber Vorftelung noch Veftrebung, und an ſich betrachtet, weder I
die Folge einer Vorftellung, fondern ein ebenfo unabhängiger Act
ubjects im Bewußtfein, wie die Vorftellung, und jeiner Einheit
ein Mannigfaltiges getroffen wird, feiner Zerglicderung, fondern bi
baren Bewußtwerdens fühig. Das Gefühl, inwiefeen es aus der Se
geiftigen Subjects hervorgeht, ift, feiner Anfündigung und Richtung
lid) und in einem gewiffen Sinne uncrmeßlich; nie wirb es in feinem ı
befeiedigt, nie kann der legte Punkt deffeiben erreicht werden. Nu
es fich erklären zu Laffen, wie der Menſch vermittelft des Gefühle gi
von ber Realität alles Deffen, was das Gefühl urſpruͤnglich und ı
bürgt (vom Dafein, Individualität und Perföntichkeit), theils vı
und Schranken der Endlichkeit überzeugt werben kann, unter welchen
liche Dafein und die menfchliche Freiheit anfündigt. In diefem St
die Sprache in der That zu arm, die Unermeßlichkeit des fubjectiven
drüden, obgleich die Darftellung des Gefühle ein Grundcharakt
Sprache if. Nach feiner natürlichen Beſchaffenheit und Beftimr
Geflihlanermänen ein normittelnher Mormänen iwiſchen dem N
\ | Gegenbewegung Gegenwirkung 545
ih angenehmen Gefühle, mit den Gefühlen des Wahren, Schönen und Gu⸗
n Harmonie gebracht werden. .
Gegenbewegung nennt man in der Mufik einen folhen Gang mehrer
amen, bei welchem die eine fteigt, indeffen die andre fällt, oder deren Taktfol⸗
meiner nad) ber Höhe, in der andern nach der Tiefe, oder fo auch umgekehrt,
der Höhe und Tiefe gegen die Mitte zu gerichtet find. Durch fic kann man
den fehlerhaften Fortfchreitungen und unharmoniſchen Gängen entgehen. (S.
Begung.)
Gegenbeweis, die Handlung einer Proceßpartei, wodurch dieſelbe din
id, welchen der Öegentheil geführt hat, zu ent£räftigen fucht. Die Frift des
enbeweiſes geht von der Infinuation des Beweiſes an und in gleicher Korm wie.
heweisfriſt. Hat der Beklagte den Gegenbeweis zu führen, fo ift, nächft der
häftung des Über die Klagen geführten Berveifeg, die Bewahrheitung der Eins
afin Zweck. Hat der Kläger den Gegenbeweis zu führen, fo ift nächft der
kiftung des Beweiſes die Bewahrhritung der Repliken fein Zmed. Der Ges
Weris wird nie vom Richter auferligt, fondern vorbehalten. In den Acten
aber Öegenbeweisführer den Namen Reproducent, bie andre Procefpartei
Immnung Reproduct an. Die Gegenbeweisführung gewaͤhrt den Vortheil,
nan erft die Kraft und Richtung der Beweisführung abfehen, und darnach den
abeweiß einrichten kann. (Vgl. Proceß.) A.
Gegenfüßler (Antipoden) nennen wir in Beziehung auf einander
igen Bewohner ber Erde, welche einander dem Durchmeffer nad) entgegenftes
weil fie die Füße einander entgegenkchren. Der Scheitelpunft der einen ift
Bipunft der andırn. Die Gegenfühler wohnen in gleichen, aber entgegenges
geogt. Breiten der Erde, und die geogr. Längen ihrer Standpunfte find um
Br. verfchieten ; ihre Tageszeit weicht daher nuc um 12 Stunden von einans
und ihre Jahreszeiten find einander entgegengefeht. Die Kugelgeſtalt der
führt von felbit aufdie Vorſtellung der Antipoden, deren man fchon vor Cicero
te. Allein die Kicchenväter fanden darin einen MWiderfpruch mit der Bibel,
n8. Jahrh. wurde der Erzbifchof zu Salzburg, Virgilius, ihretwegen in den
gethan. Erſt als Erdumiegler die Sache außer Zweifel feßten, hörte der
ſpruch gegen die Lehre von der Kugelgeftalt der Erde und von den Antipoden
Nicht zu verwechſeln find mit den Gegenfüßlern die Gegenwohner, welche
I einerlei Mittagskreis und gleiche, aber entgegengefegte Breite huben. Die
mwehnere haben mit une, ihren Gegenmwohnern, einerlei Mittagszeit, alfo
i Tagesſtunden, aber entgegengefegte Jahreszeiten.
Begenfaß, f. Antithefe und Contraft.
Begenfchein,f. Afpecte.
Begenwirtung (Reaction) entfteht, wenn ein in Bewegung bes
we Körper auf einen andern, bewegten oder nicht bewegten, Körper wirkt,
durch eine Veränderung in feiner Bewegung erleidet. Ein in Bewegung
Iner Körper A kann einen andern B, der ſich ihm entgegenftellt, wieder bes
‚ oder beffen Bewegung abändern, d. h. er kann ihm eine Bewegung mit>
» A erleidet dadurch, daß ihm ein Theil feiner Kraft entzogen wird, felbft
eränberung. Die Urfache davon liegt in der Gegenwirkung von B; A wird
ſo viel Kraft verlieren, al& ihm B Widerftand entgegenfegt. Die Atomis
ten ſich vor, daß die Zrägheit besjenigen Körpers, auf welchen die Einwir⸗
efdyieht, dem einwirkenden Körper einen Theil feiner Bewegung oder feine
Bewegung aleichſam entziehe, bis beide eine gleiche Geſchwindigkeit nad) eis
Richtung erhalten hätten; allein da Traͤgheit nichts Andres ift als bloßes Uns
yen, fich von felbft zu bewegen, fo kann fie einem bewegten Körper nichts von
„ster. Giedente Aufl. Bd. IV. 35
Künfte und Kenntniffe, womit bie Menge beherefcht wird, fin!
eines geheimen Priejterorbens; felbft die politiſchen Einrichtu
erben fchon im grauen Alterthum Gegenftand für das Wirken w
heimet Verbrüderungen. Wir brauchen wol kaum an die gehı
Wiſſenſchaft der indifchen und aͤgyptiſchen Priefter, an die Mofte
an ben großen Bund der Ppthagorder zu erinnern, weldyer, wahr
Pythagoras, ebenſowol der willkuͤrſichen Alleinherrſchaft als d
Volkes, eine Ariſtokratie der Unterrichteten und ſittlich Gebildeten
lern entgegen zu ſetzen ſuchte, und wirklich lange Zeit ſeinen groß
hen ſchien. Es liegt aber in der Natur der Dinge, eines Theil
ternehmungen auf die Dauer nicht gelingen koͤnnen, weil bie vol
dern ihnen zu ftark ift, und fie ſelbſt ſich in ihrer Reinheit nicht b
andern Theils aber, daß fie dennoch von Zeit zu Zeit ſich in weni:
flalt erneuern. Denn die Aufgabe tiegt dem menfchlihen Gemüt
dem Geiftigen und der fittlichen Kraft die ihnen gebührende Hei
Theil werde, als daß nicht gerade in dem Verhaͤltniſſe, wie bie D
ſem Ziele entfernt wird, die Nothwendigkeit deſſelben allgemeiner
Denen, welche fie erkennen, auch der Drang geweckt werden follt:
vereinzelten Streben nicht gelingen Bann, durch vereintes und pla
zu fördern. Was bie Jefuiten (f.d.)vom Anfange de 17.
18. Jahr. wirklich erreicht hatten, was die Jlluminaten (1
ziemlich nahe waren, ift, fo verfchieben auch ber Geiſt beider In
immer Daffelbe geweſen: Herrfchaft eines Ordens durch Höher:
fine Kräfte. Aber gerade je näher Ber Orden, welcher, wenn
öffentlich anerfannt, feine Statuten nicht verborgen find, dennoc
bung immer ein geheimer fein muß, jenem Ziele kommt, defto ı
meiblicher ift auch feine Ausartung. Das individuelle Intereffe
über feine allgemeinen Zwecke; ber Orden, welcher nur Mittel f
fein feitte, ſtellt ſich felbft, feinen Glanz, feine Macht, über Alte
feben in ihm nur ein Mittel. ihre eianen Leidenſchaften aller A
Geheime Geſellſchaften 547
zener Kenntniffe, Beifterfehen, Goldmachen und andret wunderbarer Kräfte.
817. Jahrh. iſt reich an dergleichen Thorheiten (fe. Rofenfreuzer und Ans
e&), aber dennoch fdyienen fie erſt im 18. eine faft allgemeine Herrſchaft zu ers
chen. Unalauben und der finfterfte Aberglauben haben in jener Zelt Ihre nahe
erwandtſchaft recht augenfcheinlidy bewiefen ; denn wihrend es unerlaͤßliche Be⸗
agung vornehmet Bildung ſchien, Uber Alles, was dem Menfchen heilig fein
aß, über Tugend und Religion zu fpotten, ließen fi) von einem fo gemeinen
Mtlatan, wie Caglioftro, auch die Aufgekiäcteften betrügen. Nachdem von Eng
an aus feit dom Anfange des vorigen Jahrh. die Srelmaurerei fid) nach dem uͤbri⸗
ya Europa verbreitet hatte, diente fir jener Geheimnißkraͤmerei, dem Hange nad)
verrergenen Künften, der Eitelkeit, roelcye mit Rang und Ordenszeichen fpielte,
tem Betruge, welcher jene Schwaͤchen benußte, theild zum Werkzeuge, theils
gu Vorblide. Unleunbar Eleideten ſich Adepten aud) in dieſes Gewand, und führs
mihre leichtglaͤubigen Anhänger durch eine Menge von Graden und Vorbereituns
U welche nicht ohne Bezahlung ertheilt wurden, und den Vortheil gewährten,
ddas vorgefpiegelte eigentliche Geheimniß immer im Hintergrümde gebulten ter»
bmtennte. (E86 braucht ebenfo wenig geleugnet zu werden, Laß aud) eine nicht ges
Une Zahl andrer Beftrebungen von der entgegengefeßteften Art, Proſclytenmache⸗
mi md Jlluminatismus ſich der maurerifchen Verbindungen ınıd Formen bedlen⸗
WR, um fie zu ganz fremdartigen Zwecken zu benugen. Aber der echten Freimau⸗
Beteimird man nie den Vorwurf machen Eönnen, daß fie auf Störung der beſtehen⸗
ben hürgelichen Ordnung finne, oder etwas Andres fein wolle als cin Bund, wels
Ber mit brüderlicher Liebe die ganze Menfchheit umfaßt, in deffen Innern der
Berafdy nur gelten will, was er ald Menſch werth ift, und alle Spalttingen der
Reimung, alle tußere zufällige Unterfchiede, ohne fie je als politifche Einrichtungen
Runtaften, verihminden, Statt alfo die Sreimaurerei anzuflagen und zu verfols
en, folite man froh fein, in ihr einen Tempel der Verföhnung und des rein ſittll⸗
ben Strebens zu befitsen, deffen wohlthaͤtiges Wirken nie nothwendiget ift, als
ad) den großen politifchen Entziweiungen unferer Tage, und man follte nur bie
Brrunftaltungen von ihr trennen, welche fich ihrer zu fremden Zwecken bemädhtigt
uben. Dies waͤre aber um fo leichter, als die echte Maurerei ihre Pforten nur gegen
m großen Haufen fchließt, gegen die Regierungen aber nirgends geheim fein will.
Kst nur in, ſondern auch neben der Freimaurerei bildeten ſich im vorigen Jahrh.
fin allen Laͤndern Europas eine Menge ähnlicher geheimer Gefellfchaften und
Aden, zum Theil von fehr unreiner auf die roheſte Sinnlichkeit abzmedender Art.
M wäre zu wuͤnſchen, daß die vorhandenen Materialien einer Geſchichte biefer
Berbindungen, von welchen die Orden unter den Studirenden einen befonbern
deig ausmachen, gefammelt und Öffentlich bekannt gemacht würden, um mandye
wige Anftcht uͤber Geift und Zweck derfelben zu tiderlegen. In der neuern Zeit
allerdings die politiſche Richtung vorherrfhend geworben, obtwol an die Mär:
eines Robiſon, Barruel, Fabricius u. X. Eein befonnener Menfch mehr glaubt,
IRB ſelbſt die Erzählungen von einer revolutienairen Propaganda in Frankreich,
beihe von da aus allenthalben das Beftehende umzuſtuͤrzen fuchte, und von welcher
We Unruhen in andern Ländern angefliftet würden, nad) und nad) ihr Anfehen
Intern. Denn überall, wo dergleichen Unrtihen ausgebrochen find, Laflen ſich
Igentbimliche locale Vetanlaſſungen berfelben nachtoelfen ; wo diefe (mie in Eng»
und bie Noth der Fabrikarbeiter, welche die Bewegungen der Radicalen hervor⸗
kadhte) gehoben werden konnten, ift auch fofort die Ruhe von ſelbſt zuruͤckgekehrt,
Iwie diefelbe, wo dergleichen locale Urfachen der Unruhen nicht vorhanden waren,
jar nicht geftört worden iſt. Bei einer Gefchichte dieſet nenern geheimen Werbins
ungen zu politifhen Zwecken würde man übrigens auch bie ayusung gewin⸗
3 8
meines pe g Gefellfehaft
gar nicht fällen. In Zeiten allgemeinen Elends — denn weiches
ein Volk aröfer fein, als wern Wahrheit und Gerechtigkeit von dei
zu werden ſcheinen — find fie allein oft flille Bewahrer des Heiligen
balterinnen einer reinen Religion, und ber ervigen Wahrheiten des !
Setbft die hriftliche Religion hat ſich geraume Zeit nur in ber Huͤll
Bruͤderſchaft den Werfolgungen eines Nero und andrer Ungeheu
entziehen koͤnnen. Allein ebenfo oft ift auch das Geheimniß nur f
der Zinfterniß in Anfprudy genommen worden, unb fehr unheilige
ketzerungsſucht, Fanatismus, Rache, Hertſchbegierde, haben nod
bie heilige Feme in. Deutichland und die faft gleichzeitige Santa H«
lige Brüderfchaft) in Spanien den Namen des Heiligen dabei gemi
walt ift felten gegen diefe Verbrüderungen fehr wickjam geweſen;
Verfolgung ift, deſto mehr Kuͤnſte erfindet man,. um ihr auszumeic
ige, aber auch entfcheidende Mittel gegen fie ift, fie unnöthig zu m
fer der Spielraum if, toelcher dem Menſchen zu einem felbftger
Öffentlich verftattet wird, deſto weniger Anlaß bleibt ihm zum geh
als ob die Menfchen im Ganzen ein gewiſſes Maß von Kräften ve
ten, welches fich am meiften nach klimatiſchen Verhättniffen zu richt:
gemäfigten Zonen bedürfen davon das Meifte, laͤßt man fie dies
ffentlihen Mirken, im Gemeindewefen, und in öffentlicher Verbi
erlaubten Zweck ungeftört verbrauchen, fo wendet ſich diefer Triel
fogteich dem Geheimen zu. Der Staat verliert aber dabei nicht
Vortheil, welchen er von dem Gemeinfinn der Bürger ziehen ann,
das Wirken für das Allgemeine möglichft frei gibt; ſondern er ſtoͤri
Vertrauen und gewöhnt die Bürger zum Ungehorfam. Auch der
der Menfchen laͤgt ſich Wahrheiten, welche er einmal gefunden ba
nehmen, und zieht fih, wenn die Lehrfreiheit Öffentlich genommen n
Vorborgenheit damit zurüch, wo fie ebenfo gewaltig fortwirken, un
mw nach maiter nachrolten nach tiafan mie hom [Momtstha han Mant-
©eheimerarhsverorbnungen Geheimſchrift 544
Geheimerathsverordnunngen oder Ordres of Council, Verfuͤ⸗
ngen, bie über Staatsverwaltungsgegenftände aus dem Geheimenrath des (un
antwortlichen) Könige von Großbritannien und im Namen deffelben, nad) vor»
agiger Berathichlagung und Abflimmung der (verantwortlichen) Gehrimenräthe,
db zwar dee Stimmenmehrheit gemäß, erlaffen werden. Die liberfegung Gabi
töordre ift nicht paffend, weil wir unter leßterer gewöhnlich einen von der reinen
dilkuͤr eines unumfchränkt regierenden Fürften ausgehenden Befehl verftchen.
Bal. Gontinentalfyftem.)
Geheimſchrift (Kryptographie). Die Kunft, Briefe und Schriften
Bit geheimen Nachrichten fo einzurichten, daß fie nur von Denen gelefen werden
Kann, für weiche fie beflimmt find, kannte fchon das Alterthum. Man fchor
B. einem Sclaven das Haupthaar, ſchrieb auf die Haut mit unverloͤſchlichen
und ſandte ihn, nachdem das Haar wieder gewachſen war, an feine Des
9. Diefes ift jedoch Beine eigentliche Geheimfchrift, fondern nur ein Vers
Weg der Schrift. Die Geheimfchrift befteht in dem Schreiben mit Zeichen,
wehe nur Demjenigen lesbar find, für welchen die Schrift beftimmt ift, oder wel⸗
dem die Erklärung der Zeichen, der Schlüffel, mitgetheitt if. Die einfachfte Art -
Exklbmift, für-einen jeden Buchſtaben des Alphabets irgend ein andres Zeichen
Ber mer einm andern Buchftaben zu wählen. Allein diefe Art von Geheimſchrift
) iſt auch, ohne daß man den Schlüffel befigt, leicht zu entziffern. Daher.
reset man manche Taͤuſchungen an; man fcheidet die Worte nicht von einander,
"Re ſchiebt nichtöbedeutende Zeichen zroifchen die Geltenden ein; man wechſelt
Mb gnnifien verabredeten Regeln mit verfchiedenen Schlüff.in, Hierdurch wird
Sr die Entzifferung der Schrift für den uneingeweihten Dritten ſebr ſchwierig,
auch für die Gortefpondirenden felbft außerordentlih mühfam, und ein kleines
ehem macht auch ihnen die Entzifferung zuweilen unmöglih. Andre Arten,
®, ſich Äber ein gedruckte Buch zu vereinigen, und die Worte aus demfelben zu
, bat auch das Muͤhſame bes Chiffrirend und Dechiffrirens gegen ſich.
Me Art, die eigentlich geheimen Worte in einem groͤßern Briefe oder Aufſatze gang
Inhalte zu verbergen, fo daß folche hervortreten, wenn ein Blatt mit aus—
ttenen Stellen darüber gelegt wird, hat zwar den Vortheil, daß dis Daſein
R geheimen Schrift felbft verborgen wird, ift aber nicht zu groͤßern Mittheilungen
wignet, und der Schiüffel (das durchbrochene Blatt) leicht zu entwendin. Das
khreiben mit fogenannter fompathetifcher Dinte ift gar zu leicht zu entdecken,
& die Reagentien, wodurch die verborgene Schrift hervortritt, bekannt find.
eher ift die fogenannte Chiffre quarre oder Chiffre indechiffruble ſehr beliebt
werden, welche wenigſtens die Leichtigkeit des Gebrauche, die Schwierigkeit, den
chluͤfſel zu finden, und die Möglichkeit, denfelben im bloßen Gedaͤchtniſſe zu bes
thren, aud) fchnell zu wechſeln, mit einander verbindet. Sie befteht in einem
Keichen, worin die 25 Buchftaben bes Alphabets unter einander gefegt find
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Gehler Gehoͤr 551
bene bis achtmal größer als das Darunter und dahinter liegende Beine Ger
ebellum). Es ruht auf den Augenhöhlen, dem Grunde des Schädels
Zelte, und ragt nach hinten zu über das kleine Gehien hervor. Auf der
ußenfeite de® großen Gehirns befinden ſich Furchen und jedesmal zwifchen
tfelben rundliche, darmähnliche Windungen. Sie entftehen, indem ſich
haut ind Gehirn einfenkt, um daffelbe tiefer mit Blut zu verforgen. Die
thlihe Subftanz des Gehirns ift weicher und gefäßreicher als die innere
elche das Mark des Gehirns heißt. Das Mark befteht aus Zafern, die
einzelnen Gegenden fehr verfchieden find. Das Eleine Gehirn liegt unter
m in einer eignen Kammer der Hirnfchale. Auf der Grundfläche fieht man
rechte und linke Hälfte durd) das dazwiſchen liegende Ruͤckenmark getheilt,
‚und hinten aber zufammenhängen.. Es ift ebenfo wie das große Gehirn
Gefaͤßhaut umzogen, von Außen röthlichgrau, inwendig aber größtentheil®
Nach Verhältnig wird es viel tiefer und dichter von den Fortſetzungen ber
t durchzogen, als das große Gehirn. Schneidet man es in horizontaler
ein, ſo ſieht man graue Ringe mit markigen einigermaßen concentriſch ab⸗
Zwiſchen der roͤthlichgrauen und markigen Subſtanz findet ſich allent⸗
‚Heinen Gehirn eine dritte gelbliche Mittelſubſtanz. Alles Mark des klei⸗
ms kommt in der Mitte gleichſam in einen kurzen Stamm zufammen.
hrung lehrt, daß in dem Bau des Gehirns viel feltener Abweichungen ges
den, ale bei den andern Zheilen des menſchlichen Körper. Auch vers
Spmmetrie bed Gehirns wohl bemerkt zu werden, vermöge welcher Alles
yeltift. Selbſt die Theile, welche in der Mitte liegen, und darum einfach
vie z. B. das Ruͤckenmark, beftchen eigentlich aus zwei fummetrifchen
Das Gericht des gefammten Gehirns beträgt beim Menichen 2 — 3
&ift um fo größer und ſchwerer, je jünger der Menſch ift, mit dem Alter
:cififch leichter. In Krankheiten, die mit Geifteszerruttung verbunden
ed zumeilen fefter, zumeilen auch loderer und weicher. Das Gehirn iſt
iche Werkzeug der Empfindung und hierdurch das materielle Subftract
forwie das hoͤchſte Organ des Körperd. S. Serred’6 „Anatomie com-
‚erveau dans les 4 classes des animaux vertebres etc.““, Paris 1824,
‚ (erhielt von dem k. franz. Inſtitut den Preis).
ler (Johann Samuel Traugott), geb. zu Görlig den 1. Nov. 1751,
iter Bürgermeifter war, bildete fid) auf dem bafigen Gymnafium, und
Beipzig anfangs Naturroiffenfchaften und Mathematik, fpüter die Rechte.
er Kührer dreier in Leipzig ftudirenden Ruffen, 1774 hielt er mathemas
atvorlefungen, 1777 erhielt er die juriftifche Doctorwürde, von 1783
Rathsherr zu Leipzig und 1786 Beifiger bed Oberhofgerichts. Er ftarb
ct. 1795. Unter mehren gelehrten Abhandlungen von ihm, nennt man
feine „Dissert. historiae logarithm. naturalium primordia‘“ (Leipzig
Sehler’8 Namen erhält das in feiner Art mufterhafte „Phyſikaliſche Woͤr⸗
: alphabet. Ordnung (1787 — 95, 5 Bde.). Außerdem hat ©. engl.
Werke uͤber Phyſik insbefondere über Elektrismus überfegt, von Deluc,
Fond, Gregory, Adams, Fourcroy ıc. Bon Gehler's „Phyſik. Wörs
‚ben jegt Brandes, Gmelin, Pfaff, Horner und Munde (unter des Leg:
ig) eine ben gegenwärtigen Standpunkte der Wiffenfchaft gemäß neu bes
usg. heraus, von welcher der 1., die Buchſtaben A und B. enthaltende
ſbth. Leipzig 1825, mit Kpfen., erſchienen ift.
yör ift der Sinn, durd) welchen die lebendigen MWelen Wahrnehmung
tigen Schwingungen und Bewegungen der Luft befommen, welche wir
e Klang nennen, und daher zugleicy der Sinn, welcher der unmittelbaren
Nittheilung biens und beim Menfchen zu Ton und Spradjfinn erhoben
552 Gehorſam Gehoͤrwerkzeuge
wird. Das Werkzeug des Gehoͤrs iſt das Ohr, ein in ſeinem Baue ſehr zuſammen⸗
geſetzter, kuͤnſtlicher Theil des thieriſchen Koͤrpers. Man theilt es in das aͤußen,
mittlere und innere Ohr. Die beiden erſtern Theile find vornehmlich dazu beftimmt,
den Schall aufsufaffen und fortzuleiten, indeß die eigentliche Anklingung ber Tine
und ihre weitere Fortpflanzung in dem Innern bewerkſtelligt zu werden fcheint. Zum
aͤußern Gehör gehört die Mufchel und der Enorplige Gehörgang. Dieſer ſchlieft ſich
der Gehoͤrgangsroͤhre an, welche durch das Trommelfell begrenzt wird. Das Tram
melfell iſt ein nach innen converes, fehr elaftifche® Häutchen und bedeckt die Tue
melhöhle od. fogen. Pauke. In diefer find die Gehoͤrknoͤchelchen, ihrer Geftalt meys
Dammer, Amboß und Steigbligel genannt, befindlih. Das äußere Ohr ift dunde
aus zweckmaͤßig gebildet, um bie wellenförmigen Erfchütterungen ber Luft aufge
fangen, und fie in die Mufchelund von da in den Gehörgang zu leiten. Da We
Kiäche dieſes Iegtern, 3. B. beim menſchlichen Ohr, 50 Mat kleiner ift, als WR
Flaͤche des äußern Ohrs, fo muß hier der Schall um 50 Mat ftärfer fein, ald mei
er ohne das Äußere Ohr in den Grhörgang gekommen wäre. In der Trommel
bilden fich die Töne, und pflanzen fich weiter fort durch die Äberfpannte Hau Di
Trommelfells und mittelft der Gehoͤrknoͤchelchen. Die innerfte Höhle des Dial
nennt man das Labyrinth. Sie liegt Über der Trommelhoͤhle etwas nach hintns I
der fefteften Muffe des Schläfefnochene, und befteht aus dem Vorhof, drei halb
krelsfoͤrmigen Röhren, und der Schnede, einem fpiralförmigen Canal, der fih wi
eine Spindel windet, Sn diefen ünftlichen Theilen, die man das ——
thum des Gehoͤrorgans nennen koͤnnte, werden die durch das Trommelfell und
Gehoͤrknoͤchelchen ferner fortgepflanzten Toͤne zur Aufnahme noch beſonders auf
bildet, und erreichen endlich die eigentlichen Gehoͤrnerven, denen fie ihre Ein
mittheilen, um fie zu dem Gehirn felbft zu leiten, wo fie zur Empfindung hi
werden. Die Entftehung diefer Empfindung hat man auf mancherlei Weile zu er
klaͤren verfucht, allein die Natur wirkt hier hinter einem Schleiet, den der Geiſt de
Menſchen zu durchdringen vergeblich bemüht ift. Eine Reihe der anzichentfr
phnfiotogifchen Beobachtungen über das Gehör und deffen Merkzeuge bei den w
ſchiedenen Ciaffen der Thiere findet man in Chladni's „Akuſtik“. Über die Ausl
dung und Veredlung des muſikaliſchen Gchörs fiehe Weber's Abhandlung ind
„Leipziger muſik. Zeit.”, 1801.
Gehorfam, f. Kloftergelübbe,
Gehörwerktzeuge (künftliche), Hoͤrmaſchinen, Hoͤrroͤbhren, nennt m
gewiſſe Suftrumente, welche angewendet werben, um bei Schwerhörigfeit die €
pfindung des Schalls zuverftärken. Die Formen derfelben find fehr verſchied
doch gehen alle darauf aus, entweder, wo das Äußere Ohr ganz fehlt, dieſen M
gel zu erfegen, oder wo das Äußere Ohr zwar vorhanden ift, die Innern Gehoͤrne
zeuge aber erfchlafft find, oder auf irgend eine andre Weiſe leiden, die Wirkung!
aͤußern Ohrs zu verftärken. Es hat aber das dußere Ohr der Menfchen und |
Thiere hauptſaͤchlich den Nuten, daß durch feine trichterförmige Geſtalt die Sche
ſtrahlen gleichfam vereinigt, zufammengedrängt und zu den innern Gehörwerty
gen, dem Sit der eigentlichen Empfindung des Gehör, geleitet werden. 3
Dörmafchinen nun, welche, tele gefagt, die Wirkung des dußern Ohrs erfegen d
verftärken follen, abmen mehr ober weniger beffen Form nah. Die älteın Be
zeuge dieſer Art gleichen einem Nachtwächterhorn oder einer Trompete, fie find
ſtens ziemlich groß und gewoͤhnlich mit Handgriffen verfehen, um fie, wenn m
etwas deutlicher zu hören wuͤnſcht, an das Ohr zu halten, und zwar fo, da
engere Windung in den Gehörgang geftedt, die Äußere weitere aber gegen hm £
gerichtet tourde, von mo man den Schall erwartete. Diefe Inftrumente wur
aber, durch ihre Größe, ſowie dadurch, daß fie beftändig an das Ohr gehalten w
den mußten, bald unbequem ; auc) verſteckten fie den Fehlar, gegen melden für!
Gehrung Geißelungen 553
en, nicht genugfam, vertrugen fich alfo nicht mit ber Eitelkeit ber Menſchen,
ıden bald vertoorfen. inige neuere Hörmafchinen leiden nicht an diefen
in. Die eine ſtellt einen Beinen fülbernen Zrichter dar, auf deffen Innerer
ih eine ſchneckenfoͤrmig vielfach geroundene Leifte befindet, wodurch ein eben
Bang gebildet wird, deffen inneres Ende auf den Anfang des Gehoͤrgangs
An dem breiten umgebogenen Rande befinden ſich einige Köcher, wos
Bänder gezogen werben, um die Mafchine an das dußere Ohr zu bes
. Eine zweite befteht aus einer vielfady gewunderten Roͤhre von [as
Blech, deren inneres enges Ende in ben Gehörgang gebracht, das dus
äitere aber am aͤußern Ohre befeſtigt wird. Auch Eönnen zwei ſolche
mente durch einen elaſtiſchen Buͤgel vereinigt und auf dieſe Weiſe in jedem
ins angebracht werden. Ein drittes Inſtrument beſteht aus einem hohlen
ım Bügel, an welchem In der Mitte auf der vordern Flaͤche eine weite Öffs
findlich ijt, und deffen Schenkel in zwei ſich einwärts biegende Röhren aus⸗
. Diefer Bügel wird fo auf dem Kopfe unter den Haaren befeftigt, daß die
ung in feiner Mitte gleich Über dem obern Rand der Stirne zu liegen kommt,
hen an den Seiten werden in den rechten und linken Gehoͤrgang geftedkt.
lgtere Inſtrument hat den Vortheil, daß es fehr gut die geraden, von vorn
nden Echallftrahlen auffängt.
zehrung, bei den Holzarbeitern die fehräge, nach der Winkellinie eines
akligen Vierecks gehente Richtung und eine in folcher Richtung laufende
Daher Gehrhobel, rin Hobel, mit dem eine Gehrung gemadıt wird;
maß, ein Richtfcheit mit einem Anfchlage oder Querbretchen am Ende, das
em Winfel von 45 Graben abgefchrägt iſt. Man bedient fich deffelben, die
g vorzuzeichnen.
eiler (Johann, von Kaiſersberg), ein berühmter Prediger, geboren zu
wfen 1445 und zu Kaifersberg im Elfaß erzogen, fubirte zu Freiburg Phis
und Theologie und lehrte dajelbft eine Zeitlang, worauf er in Bafel die theos
Doctorwirde empfing. Dann wurde er in Sreiburg Profeffor der Theolo⸗
folgte 1478 einem Rufe nach Strasburg. Hier predigte er im Münfter
prächtigen, ihm au Ehren erbauten Kanzel mit großem Beifall, und ftarb,
er auf eine kurze Zeit nach Augsburg gegangen war, geehrt und geliebt von
Ritbürgern in Straskurg 1510. ©. gehört zu den gelebrteften und origi⸗
Krpfen feiner Zeit. Seine Predigten, gewöhnlich lateinifch niedergefchrieben
e Drucke derſelben überſetzungen aus dem Latein. find), aber deutfch gehalten, -
2 eiftiacd und redliches Sterben nach Eindringlichkeit und verſchmaͤhen Witz,
nd Schimpf nicht, um ihre Wirkung zu erreihen. Lebendige Bilder aus
m, warme Särbung, Erde Umriffe charakteriſiren feine Darftellung; und
r treibt ihn oft zu einer Derbheit der Satyre, welche unfern Anfichten von
de der Kanzel widerfpricht. Seine Sprache ift dem Geiſte diefer Beredt⸗
ingemeffen, Erdftig bis zum Groben, frei und lebendig, Eed und bunt. In
Hinſicht Fann er für einen Vorläufer des Abraham a Suncta Clara gelten,
nen von feinen Predigtfammlungen : „142 Predigten ib. Sebaft. Brand's
chiff (Strasburg 1520, Fol.); „Schiffdes Heils, dev Neue und der Poͤni⸗
Steasburg 1512, $ol.); „Predigten Über die Evangelien (Strasburg
Sol. u, öfter. ).
eige, f. Violine.
eißelungen haben zur Züctigung von Verbrechern zu allen Zeiten
nden. Der Umftand aber, daß auch Chriftus und die Apoftel gegeißekt
gab der Andächtelei finfterer Zeiten Anlaß zu willfürlichen Selbfpeiniguns
Schon feit den erften Jahrh. n. Chr. hatten einzelne Schwärmer durch freis
Rartern de Leibe die für die begangene Sünden verwirkte göttlihe Strafe
.
554 Geiſt
abzubuͤßen und den gerechten Vergelter gleichſam zum Mitleid und zur Verzei
zu reizen gefucht. Um an den Leiden Chrifti Theil zu nehmen und ſich der Enı
digung durch ihn defto gewiſſer zu machen, erwählten viele, wie der Abt Regin
Prüm im 10. Jahrh., dazu die Geißelung; doc) wurde dieſe Art von Buͤßun—
vom 11. Jahrh. an allgemeiner, da Petrus Daminni von Ravenna, Abt dis
nedictinerkloſters Sunta:Croce d'Avellano bei Gubbio in Stalien, fpäter Cardi
bifhof von Oſtia, der Chriſtenheit und insbefondere den Möndyen die Geißelung
Buße für ihre Sünden auf das dringendfte empfahl. Sein Beifpisl und dir 5
feiner Heiligkeit verichaffte feiner Ermahnung Eingang : Geiftliche und Rain, M
ner und Weiber fingen an mit Ruthen, Riemen und Ketten gegen ihren Körpn
wüthen; man feßte Zeiten feft, um diefe Schlägezucht (isciplina) an ſich ju v
richten. Fuͤrſten ließen fich entkleidet von ihren Beichtvätern geißeln. Lubwigl.
von Frankreich trug zu diefem Behufe eine elfinbeinerne Büchfe mit fünf kir
eifernen Ketten beftändig bei fi) und ermunterte feinen Beichtvater, derb zuzuſh
gen, auch theilte er dergl. Kettenbüchfen an die Prinzen und Prinzeffinnen für
Hauſes und andre gute Freunde als befondere Gnadengeſchenke zu gleichem ©
brauche aus. Der Wahn, ſich durch diefe Geißelungen von Enden zu ing
wurde in der legten Hälfte des 13. Jahrh. zu einer Raſerei, Die ganze Länder ng
„Am diefe Zeit’, ſchreibt der paduaniſche Mönch in feiner Chronik beim J. 1%
„da ganz Stalien von Laſtern befledit war, gaben ſich plöglich einem unerhörten U
ternehmen erft die Perugianer, dann die Römer und endlich alle Völker Stalins hi
Die Furcht ChHrifti kam fo ſtark über fie, daß Edelleute und Unadelige, Alten
Junge nadend ohne Scham durch die Straßen der Städte umherzogen ;-jeder it
eine Geißel von Riemen, womit er fi) unter Seufjen und Weinen, unter AM
gung von Bußpfalmen und Anrufung der Barmherzigkeit Gottes bis aufs Ü
peitfchte. Nicht nur bei Zage, aud) des Nachts liefen fie fo im haͤrteſten Win
zu Hunderten und Zaufenden mit brennenden Wachslichtern durch Sitte u
Kirchen, durch Dörfer und Fleden. Da ſchwiegen alle mufitalifche Inftrume
und fein Lied der Liebe ertönte mehr; man hörte nur den Eläglichen Gejang!
Buͤßenden. Die Augen der Härteften konnten ſich der Thränen nicht enthaften, Und
ge föhnten ſich mit einander aus, Wucherer und Räuber cilten, das ungerechte
wiederzugeben, noch unentdeckte Miffethäter befannten ihre Verbrechen u. f.1
Aber diefe Buße artete bald in ein tumultuariſches Schwärmen, ja in ein Gewe
aus. Die Büßenden vereinigten ſich zu Brüderfchaften, Flagellatori in Stalien, Jl
gellanten (f.d.) in Frankreich, Geißler, Geißelbrüder, Flegler und Bengler
Deutfcland genannt. Mac) der Eonftanzer Kicchenverfammiung (1414 — |
wurden Geiftliche und Laien ded Geißelns nach und nach uͤberdruͤſſig; die Su
kanermoͤnche in Frankreich (Cordeliers) haben es noch am Längften getrieben.
ein fo wiberfinniger Gebrauch fi fo lange erhalten Eonnte, wird bei den au
dentlihen Wirkungen, die man fich davon veriprach, nicht beftemden, Das
ßeln vertrat nad) den Begriffen des Mittelalters jede Art der Buße, welche bie Bei
wäter wegen begangener Eünden auflegten. 3000 Hiebe unter Abfingung von
Pſalmen galten ein Fahr, 30,000 Diebe zehn Fahr Buße u. f.w. Eine
Wittwe im 11. Jahrh. rühmte ſich, durch Seibftgeißelung für 100 J. Buße
than zu haben, wozu nicht weniger als 300,000 Streiche gehörten, ÄLberdied
die Meinung, daß man durch die Selbftpeinigung auch bei der größten €
ſchuld der Hölle entfliehen und fi den Ruf befonderer Heiligkeit erwerben
bem Geißeln in den Augen der Schuldbewußten und Ehrgeizigen einen Reiz, ter]
Eörperlihen Schmerzen fo lange uͤberwog, bis die Einbildungen der Andächteldi v
dem Lichte einer beffern Erkenntniß verſchwanden.
Geiſt. Im Gegenfag des Körpers wird der Geift als ein Weſen geded
das mit Bewußtfain thütig ift, defien Xhätigkeit daher im Vorſtellen und Stech
Geift (der heilige) 955
Ar, aufeiner höhern Stufe gedacht, im Denken und Wollen beſteht. Wird ein
loldes Weſen in Verbindung mit einem Körper, durch welchen es mit einer äußern
Britin Wechſelwirkung flcht, gedacht, fo heißt es Seele und jener Körper fein
bed. Ob es reine, d. h. koͤrperloſe Geifter gebe, ift nie ausgemacht worden. In⸗
Iafım hatte man auf dieſe Vorausſetzung die Geiſterlehre oder Pneumatologie ers
bat. Diefe angebliche Wiffenichaft hat von jeher viele Verebrer gefunden, befons
Ismtrden Schwärmern, die bei ihrer uͤberſpannten Einbildungskraft die Geis
wolger in Eörperlicher Geftalt zu [hauen und mit ihnen in übernatürlicher Vers
zu fichen wähnten. Solche Geiſterſeher unterfchieden dann aud), vermöge
en Selanntichaft mit dem Geifterreiche, verfchiedene Ordnungen von Geiftern,
Wgnte und böfe Geifter, nach ihrem Charakter und Einfluß auf den Menfchen;
Wigrftee, Erdgeiſter u. ſ. w, nad) ihren Wohnungen. (S. Dämon ologie,
age, Teufel, Gabalis.) Auch gaben dergleichen Perſonen oft vor, daß
rdi geheime Kunſt beſaͤßen, die Geifter ſich unterwuͤrfig zu machen, fie erfcheinen
Pla u. ſ. w., wozu man fich gewiſſer Formeln oder Zauberwoͤrter bediente,
ße mtſtanden Geiſterbeſchwoͤrer oder Geiftercitirer, die oft nur verfchmigte Bes
Kormaren, welche die Reichtgiäubigkeit dee Menſchen durch angebliche Entdeckung
Schaͤtze u. dal. zu ihrem Vortheile benusten. Obgleich nun das Grunds
eder Beifterlehre und das Truͤgliche der Geiftertunft (Magie) theils durch Schrifs
(og, Kant's Träume eines Beifterfehers, erläut. durd) Träume der Metaphy⸗
theils durch Nachahmung ber fogen. Geiftererfcheinungen mittelft der optifchen
wungen, welche die natürliche Magie lehrt, oft genug dargethan worden ift,
Mt doch der Aberglaube fich noch immer nicht davon loßteißen können, wie der
Kl beweift, den Jung's Schriften über die Gelfterwelt in unfern Zeiten, felbft
t den höhern Ständen, gefunden haben, — Man nimmt aber das Wort Geift
uch in andern Bedeutungen, ſodaß man darunter nicht ein befondered, mit
nıötfein thaͤtiges Weſen verfteht, fontern die innern, durch Sinne nicht wahre
nbaren Beſtimmungen gewiſſer Dinge. Herner bezeichnet Geiſt eine höhere
famfeit der Geiftesthätigkeit, befonders aber der Erfenntnißthätigkeiten und im
mſat des Gemuͤths oder bed Herzens. So fagt man von einem Menfchen, er
Geiſt, wenn feine Denkkraft in einem vorzüglich hohen Grade wirkfam ift;
wiefeen fich dies auch aͤußerlich im Antlig oder Auge des Menſchen abfpiegelt,
man auch wol biefen Theilen des Menſchen Geift bei. Daher fagt man ein-
wicher oder geiftvoller Menſch, Schriftteller, Künftler, desgl. eine geiftreiche
Rognomie, ein geiftvolles Auge u. ſ. w. Ja man trägt die letzten Ausdruͤcke
auf menſchliche Erzeugniffe ber, wiefern ſich in ihnen die innere Kraft des Mens
‚ der fie hervorbrachte, ankündigt, und fagt baher: ein geiſtreiches Buch, ein
würd Kunſtwerk, Gedicht, Gemälde u. f.w. Bel geiftreihen Kunftwerken
ut e8 aber weniger auf die Stärke der Denkkraft, ale vielmehr der Einbildungss
an, wiewol diefe allein noch kein wahres Kunſtwerk zu fhaffen im Stande ift,
rain Verbindung mit dem Verſtande bei ihren Hervorbringungen wirkſam
amf. Endlich träge man das Wort Grift felbft auf Getraͤnke über, wiefern fie
waft haben, zu beraufchen und dadurch die Einbildungskraft zuerregen. Deßs
Kennt man fie geiftige Getraͤnke. Dasjenige Element derfelben, welches man
m Grund jener belebenden Kraft betrachtet, nennt man ihren Beift 3.8. Weins
(. Alkohol), und bezeichnet die tbrigen Beftundthriie mit dem Morte
gma. Sn einer andern Bedeutung fest man in Bezichung auf die menfchlidye
dem Geifte, d. h. dem inneren oder höhern Sinne derſelben, den Buchftaben,
den bloßen Wortfinn der Mede, entgegen. Im Stanz. heißt Geiſt (esprit)
chts anders als Witz oder Laune, deögleichen die Gabe, ein unterhaltendes
aͤch su führen. .
Geiſt (dev heilige), ift nad) dem Einne des N. Teſt. dic Gottheit felbft, in
556 Geift (der Heilige)
fofern fie als die hoͤchſte Vernunft auf geiftige und moralifche Zwecke
insbefondere auf die Erhaltung und Ausbreitung des Chriftenth
Wenn Jeſus feinen Füngern den Geift der Wahrheit, den Parakle
verheißt und von ihm fagt, er folle aufalle ausgegoffen werden, die
thum annehmen würben, fo verfteht er darunter diefe göttliche Ei:
möge deren bie Kraft der Wahrheit feiner Religion das menſchliche E
tet, überzeugt, zu großen Thaten begeiftert und durch ihre himmliſd
über jedes Leid der Erde erhebt. Sie ruͤſtete die Apoftel Jeſu zuihre
wie ihr Blick nad) dem Umgange mit dem Auferftandenen und beim
weltumfaflenden Unternehmens freier, ihre eigne Erfahrung von der
allfeitigen Anwendbarkeit der Religion Jeſu reifer und lebendiger n
göttliche Kraft des Geiſtes fie über alle die Winke und Lehren ihres
die ihnen in Ihrer fonftigen Befangenheit dunkel geblieben waren, un
und den Evangeliften beim Niederfchreiben der Bücher der NR. Teſt.
ren Beiftand, der ſchon die Verf. de6 A. Teſt. geleitet hatte und alle
heil. Schrift die Untrüglichkeit einer göttlichen Offenbarung gibt;
Reden die lichtvolle Klarheit, das eindringliche Seuer, bie hinreißend«
Seit mit, durch die fie nun fähig find, zu Menfchen von allen Natioı
gemein verftändlichen und überzeugenden Sprache ded Herzens zu
ihre Hörer mit dem Glauben zu erfüllen, beffen fie felbft lebens fie
reich gegen ihre Widerfacher und ftandhaft unter den Streichen ihrer
ftärkt und erquickt ihr Herz unter den fchredlichften Qualen, und zei
Stunde des Todes ein Reich ewiger Scligkeit, in dem ihr Herr fie cı
find die Gaben des heiligen Geiſtes, durch welche die Apoftel, ſowied
Fremmen u. Kräftigen unter den Chriften aller Zeiten Werke ausrich
erkaͤmpften, die für Menfchen, denen es felbft an Aufſchwung dee
Staͤrke und Innigkeit der Überzeugung, an Muth und Thatkraft fel
begreiflid) als unmöglich find. Daß aber diefer einfache, dem wahr
Sottes zu den Menfchen und der Entwidelungsweife des menſchli
ganz angemeffene Begriff von dem Weſen und Wirken Deffen, was üı
‚liger Seft genannt wird, in der Solgezeit mannigfaltig verkünftelt ı
gemacht wurde, kann Den nicht befremden, der es weiß, wie die Me
giofen Wahrheiten uͤberhaupt umzugehen pflegen. Xertullian und :
vielgeltende Kirchenlehrer des 3. Jahrh., nannten den heil. Geift ein
Gkriftum hervorgebrachtes, obwol das allervortrefflichfte Gefchöpf ; |
der Mitte dis 4. Jahrh. Biſchof von Konftantinopel, ſprach ihm
dee W.fens und der Würde mit Gott dem Vater ab. Die Snno
drien, 362, erftärte ibn und feine Anhänger — Pneumatomach
feinde — für Strlebrer, und die allgemeine Kirchenverfammiung zu .
381, feste für die ganze chriftliche Kirche ausdruͤcklich feft, ber heit. |
die vom Vater ausgchende dritte Perfon in der Gottheit mit dem 2
Sohne zugleich angebrtet und göttlich verebrt werben. Auguſtinus
heit. Geift gehe vom Vater und vom Sohne aus, und die Synode v
dammte 389 alle Andersalaͤubige. Dieſe Eleine Abweichung von dı
begriffe veranlaßte einen von 8, bis ins 11. Jahrh. währenden Stre
abendländifchen oder lateiniſchen, und der morgenlänbifchen oder grie
cher endlich eine ganze Trennung zur Bolge hatte. Die dem Pap
Abendländer und mit ihnen die Proteftanten behaupten, dag der h
Vater und vom Schne ausgehe, die Morgenländer nehmen nur das
Vater an“ Die Verehrung des heit. Geiſtes, als der dritten Perſon
ift übrigens beiden Kirchen und audı den Proteftanten ale ein weſentl
Glaubens an die göttliche Dreieinigkeit gemein. Bon der MWirkfa
Geiſt der Zeit Öeiftererfcheinung 557 |
heifted in bee chriftlichen Kirche hat auf der einen Seite die Politik des Prieflerregi=
ent, aufder andern der Myſticismus einiger Secten ſchwaͤrmeriſche Vorftelluns
minlmlauf gebradht (fe Gnade, Hierarchie, Snfpiration), und um
ine Gegenwart zu verfinnlichen, bat man ihn, zufolge eines mißverflandenen Ge
Ib des Taufers Johannes bei der Taufe Jeſu, fogar in Geftalt einer Taube abs
widen gewagt. Übrigens kehrt gegenwärtig die Theologie zu den urſpruͤnglichen
Bilden Beftimmungen von dem Begriffe, den Gaben und dem Beiſlande des heil.
Kißet zuruͤck, und unfere Vorftellung von diefer göttlichen Kraft kommt der Idee
Be gefunden Religionephilofophie von dem Zufammenhange bes Geiftigen im
mit. Gott immer näher. Denn daß Gottes Geift aus ber von ihm einges
— — Schrift, in den Reden und Thaten frommer, fuͤr das Gute begei⸗
Menſchen, wie in unſerm Gewiſſen ſpreche, und eine gefliſſentliche Wider⸗
Wihleit gegen die anerkannte Wahrheit und innere Überzeugung — die Sünde ges
Wien beil. Geift — unverzeihlich fei; daß man die ducch Lehren, Beifpiele und
uns Bewiffensdrang erweckten Vorfäge und geleiteten Fortſchritte unferer fittlis
wBrfferuing als ein Werk dieſes Geiſtes, Weisheit, Scharfblid in die Zukunft, .
erung für das Gute und religiöfe Beredtfamkeit ald Gaben von ihm, das
Preiche Amt aber als einen Auftrag Gottes betrachten müffe, der nicht ohne
wirkung, nicht ohne Empfänglichkeit für die Zufprache feines Geiſtes würdig er-
and nugbar werden Eönne: alles Diefes fteht mit der menfchlihen Vernunft
uwegs im Widerſpruche. Vielmehr untericheidet diefe genau von Dem, was
vn Menſchen Geiſt genannt wird, den Geift Gottes, und die Erfahrung zeigt,
ein geiſtvoller Menſch fehr unheilig denken und handeln, der heilige Geiſt
mit feinen Guben und Kräften nur in reinen, unfchuldigen Seelen wohs
kann.
Geiſt der Zeit iſt die in einem Zeitalter herrſchende Denkart und Hand⸗
kaeife. Es iſt alſo nicht die Zeit, der man einen Geiſt beilegt, ſondern die in
et, (d. i. in cinem Zeitalter) Icbenden Menfhen. Wenn man alio fügt: der
der Zeit ift egoiftifch oder revolutionsfücdhtig, fo heißt dies nichts Andres, als
Mige Stimmung der in einer geroiffen Zeit lebenden Menſchen ift fo befchaffen,
ke Meiſten unter ihnen nur für ihr perſoͤnliches Wohlbefinden forgen, ober einen
a Dang zu politifchen Ummwälzungen haben. Danun die Natur in den Mens
einen gewiffen Nachahmungstrieb gelegt hat, vermöge deſſen das Beiipiel Anz
In äußerer Reiz für ihn wird, daſſelbe zu thun, fo ift hieraus begreiflich, daß
Einzelne, je nachdem fein Nachahmungstrieb ftärker oder ſchwaͤcher ift, und er
er oder mehr Selbftändigkeit hat, auch dem Einfluffe des Zeitgeifted auf fels
harakter und fein Verhalten mehr oder weniger unterworfen if. Daher wirb
eitgeifte eine gewiſſe Herrſchaft beigelegt, die aber doch nicht fo allmaͤchtig iſt,
van fich nicht Durch eigne Geiſteskraft darüber erheben könnte. Die Urfachen,
rin einem gewiſſen Zeitalter einen eigenthuͤmlichen Geiſt hervorbringen, koͤn⸗
hr verfchieden fein, werden aber doch faſt immer entweder aus fo Eräftigen Geis
weiche in religiöfen, politifchen, philofophifchen und dfthetifchen Anfichten
sdeutende Änderung bewirkten, oder aus fo ausgezeichneten Regenten, been
us ſich weit erſtreckt, vereint mit der friedlichen oder kriegeriſchen, gluͤcklichen
mgluͤcklichen Lage der Nationen hervorgehn.
Geliftererfheinung. Man verfteht darunter in den meiften Fällen
Achtbarwerden eines abgefchiedenen Geiſtes in der Geſtalt feines vorigen Koͤr⸗
eines Schemen; bie Nachahmung dieſes Phänomens durch die natuͤrliche
e, wird in diefee Beziehung Phantasmagorie (f.d.) genannt. Wie
den auch die Philofophie wider die Möglichkeit derfeiben fich erfiärt, und alle
ung auf Erfahrungen mit der Mahnung an die Möglichkeit eines (vielleicht
m) Betrugs und einer Selbſttaͤuſchung überreizter Einbildungstraft abgew gy⸗
398 Geiſteskrankheiten Gäſtik |
fen hat; immer bleibt im Gemüth des Volks eine geheime Nelgung zu dem Glate '
ben an diefe Möglichkeit, und darum ift auf der Bühne die Erfcheinung eines Ber .
ſtes oder Schemen einer der ftärkften tragifchen Hebel, eined der wirkſamſten Nike
tel zu Eunftzweclmäßiger Bewegung des Gemuͤths. Die griechifchen Zragiker ha⸗
ben fich deffen fomwol bedient als Shakſpeare, Calderon u. a, neuere Dichter; daw
noch ift der Geſchmack der Franzofen im Ganzen dagegen, wegen feines Anpruchs
auf Naturmäßigkeit aller theatralifchen Ereigniffe; und fie haben felbft Hamiet
ohne Geiſt auf ihre Bühne gebracht. Das iſt eine von den Folgen des Inthan,
daß Alles, was auf der tragiichen Bühne als ein Wahres auf die Handelndea B-
wirken fcheint, auch die Zufchauer täufchen, und ihnen als Wahrheit vorkemmeit
müffe. Gefchähe dus bei der Erfcheinung des erfchlagenen Banquo in „Macdebf -
z. B., fo würde eben dadurch die Kunftwirfung vernichtet werden, und on WW
Stelle eine rein peinliche natürliche treten: der Zuſchauer würde nidyt Theinec⸗
an einem fremden Schrecken, fondern ein eignes Entjegen empfindsn. Jene
nahme, auf welche hier Alles anfommt, hingt kemeswegs vom wirklichen A
ben des Zufchauers, fondern von dem fdyeinbaren ded Spieler6 ab, und wir |
Banquo’s Geift nur darum aufdem Theater fehen, weil roir fonft über die
- von des Königs Schrecken zweifelhaft bleiben würden. Inzwiſchen beruht de
tige Gebrauch diefeg tragifchen Erregungsmitteld auf mandherler Bedingungm,
che häufig verlegt werden, und der neueſte Verſuch, der in dem Xraueripide
Ahnfrau“, gemacht worden ift, die Erſcheinung und Mithandlung einer Vee
benen als Hauptfache zu behandeln, und das ganze Stud bindurd) die Zuſchc
mit einer Art von kuͤnſtleriſchem Gefpenfterfchauder zu unterhalten, ſcheint and A
Verwechſelung der Begriffe von Mittel und Zweck hervorgegangen zu fein. A- Mi
Geiftestranfheiten find diejenigen Arten von Störungen be
Bewußtſeins, in welchen der Menfch fortdauernd entweder keiner lebhaften un
flimmten Vorftellungen fähig ift, oder verkehrte, d. h. dem geſunden Verſtande
derfprechende Borftellungen bei fich unterhält, ohne ſich von ihrer Verkehrtheit
zeugen zu koͤnnen. Im 1. Falle iſt Blodfinn vorhanden, welcher, wenn @
als allgemeine Abftumpfung der geiftigen Empfänglichkeit und Setbitthätigkeit .
Dummpeit, wenn er aber als Eindifches Unvermögen, Vorftellungen zu
Begriffen zu verbinden, erfcheint, Albernheit genannt wird. Im 2.
führen die mancherlei krankhaften Erfcheinungen ber geiftigen Thätigkeit den
meinen Namen der Verruͤcktheit, weil bier gleichfam der Geift aus feinen
gen gerückt ift. Sehr häufig find diefe verjchiedenen Krankheiten des Verf
und der Phantafie, oder mit einem Worte, des Beiftes, mit einander verb
oder haben wenigſtens, auch wo fie einzeln erftheinen, das Gemeinfame, d
ſaͤmmtlich den Krankheiten des Gemuͤths (f. d.) und Willens entgegenftche
ter denen fich befonders die Melancholie unddieXollheit auszeichnen. J
befte allgemeine Name für fie alle iſt: Seelentrankheiten, von denen die E
krankheiten dann nur einen befondern Zweig ausmachen, indem fie die Erſche
gen des Erankhaften Vorftellungsvermögens ausdrüden, aus deffen Mifbre
3. B. durch überfpanntes Nachdenken, fie zum Theil entfpringen. So werde
chaniſche Künftler über die Bernühungen, das Perpetuum ınobile, Mathen
die Quadratur des Cirkels zu finden, Theologen, Über die Erklärung der Apel
verrüdt. Der Melancholie, dem Wahnfinn, der Tollhelt gehen heftige &
ſchaften und überhaupt Störungen in den Gefühlen und Trieben voraus, alt
Erzeugniffe jene Krankheiten zu betrachten find, zu melchen fidy die Verrudu
2. ſ. w. nur nebenbei gefellen. a
Gerftif, (griech. von Sea, die Erde), derjenige Theil der phnftfchen
graphie, welcher die Stunde von den feften Landmaſſen vorträgt. Man untre
det folgende Abtheilungen derfelben: 1) nefologifche oder Infelgeographie, von®
Geiſtlich Geiſtlichkit 559
ſein und Halbinſeln, deren Ausdehnung, Lage und Entſtehung durch Jene
t Waſſerwirkungen, Trennungen vom feſten Lande, Korallenklippen; 2) ores
ide oder Berggeographie, von den Gebirgen auf dem feften Lande und dem
egtund, Verfchiedenheit derfelben (Eis⸗ und Schneeberge, Gletſcher, Kerner,
Kane, Alpen, Höhlengebirge), Ausdehnung, Zufammenhang berfelben: 3)
elogiiche, weiche Die Gebirgsarten nad) Bildung, Alter und Beftandtheilen bes
tt; 4) planologijche, von den Ebenen und Slächen, Thälern, Abdachungen;
hetiſche Geographie, von dem Innern der Exdrinde, Spalten, Klüften, Baͤn⸗
Gängen, Zagerungen u. ſ. w. dd. -
Geiſtlich, wurde oft mit geiftig verwechfelt und zur Bezeichnung vieler,
wige Wohlfahrt des menfchlichen Geiftes betreffenden Dinge gebraucht, die der
ahgebrauch unferer Zeit geiftig nennt. Mit dem erft fpäter aufgekommenen
tterelig i oͤs wird geiftlich zum Unterfchiede von weltlich, um eine befonbere
ang auf Bott und die Religion anzuzeigen, noch jetzt oft gleichbedeutend ges
&, z. B. geiftliches Buch, Geſpraͤch, —* Der gebildete Sprachgebrauch
taber nur ſolche Perſonen und Sachen geiſtlich, die mit der Öffentlichen Rell⸗
bung und der kirchlichen Verfaſſung in einer beſtimmten, oͤffentlich anerkann⸗
zʒeziehung ſteben, und deßhalb durch einen eigenthuͤmlichen kirchlichen Charakter
Um andern Dingen ausgezeichnet find. Dies iſt jedoch bloß eine aͤußere, Ges
„Beſtimmung und Verhältniß andeutende Beziehung, bei der, was geiftfiche
men betrifft, eine innere, nähere Gemeinfchaft mit dem, deffen Verehrung bei
eligionsuͤbung und kirchlichen Verfaffung bezweckt wird, zwar zu fobern, aber
wegs nothwendig vorauszufegen ift. Der geiftlichen Tracht, d. 1. der Amts⸗
ng der Priefter und Prediger, den geiftlichen Gütern, d. i. Befikungen ber
n, kann dies Beimort ſchon an und für ſich nur ihres Gebrauchs wegen zu⸗
m. Geiftliche Beamte aber, tie die den geiftlichen Stand bitbenden Priefter
rediger felbft, geiftliche Raͤthe, Beiſitzer der geiftlichen Gerichte oder Conſi⸗
‚ welche diefem Stande allemal angehören und fein Intereſſe vertreten; geiſt⸗
Stifter, welche wie bie Kiöfter aus einer Koͤrperſchaft von Perfonen dieſes
eö beftehen, follten allerdings durchgehends auch die innere Weihe der Rell⸗
tund geifligen Semeinfchaft mit Gott haben; die überhaupt da6 Merkmal
: Chriften ift, und das geiftliche Recht (f. Kano niſches Rechty hätte ſich
mauere Beftimmungen und Vorfchriften erfparen Eönnen, wenn Allee, was
beißt, auch mit diefer Weihe geheiligt wäre. Denn alle Chriften find im
ve geiftliche Brüder und Schweftern, fie nennen ihre Lehrer und Seelſorger
echt geiſtliche Väter, und werden von diefen geiftliche Söhne und Töchter ges
Die Eatholifche Kirche wendet diefe Beziehung auch zur Beſchraͤnkung der
heluſtigen auf den befondern Fall an, wo fie von einer geiftlichen Ver⸗
Er fpricht, die zroifchen Zaufjeugen, ihren Pathen und Gewattern an
Seiftliher Vorbehalt, f. Vorbehalt.
zeiſtliches Gericht, eine entweder bloß aus Beiftlichen, oder aus
hen und Rechtsgelehrten beftehende Behörde, welche über die Geiftlichen (im
ı Ländern auch über die Schuldiener) und uͤber geiftliche Sachen (causae ec-
ticae) Kirchenaͤmter, Ehefachen, in England auch Über Teſtamente u. bel.
richtsbarkeit ausübt. In proteftantifchen Rändern werben die geiftlichen Ges
reiſt Sonftftorien (f. d.) genannt.
zeiſt liches Lied, f. Kirhenmufit, Lied und Hymne i
zeiſtlichkeit ift derjenige Stand, welchem das Gefchäft, den öffentlie
ottesdienſt zu verwalten, bie heiligen Gebräuche auszuüben und die Gemein⸗
Ghriftenchum zu unterrichten, übertragen it, wozu bie Mitglieder deſſelben
ne feierliche Handlung (Ordination) eingeweiht werden. Einige ſchwarme⸗
560 Geiſtlichkeit
riſche Secten, z. B. die Quaͤker, behaupten, daß die chriſtliche Kirche eines beſor
dern geiſtlichen Standes gar nicht beduͤrfe, und geſtatten allen ihren Mitgliedern du
Recht, in den Verfammlungen zu reden. Die Erfahrung hat aber die Mängel ein
foichen Einrichtung gezeigt, und es ift begreiflich, daß Perfonen ohne wiſſenſchaf
liche Bildung nicht im Stande find, Predigten, welche auch den Gebildetm genl
gen können, zu halten und einen zweckmaͤßigen Religionsunterricht zu ertheile
Selbſt Die Quaͤker haben ſich in neuern Zeiten genöthigt gefehen, Diener (fo nenn
fie Diejenigen, welche gewöhnlich in den Verſammlungen fprechen) anzuftelm
nachdem diefes Längft ſchon von den Mennoniten, welche zu der Zeit ihrer Entf
bung ebenfalls die Entbehrlichkeit eines befondern Lehrſtandes behaupteten, geld)
hen iſt. Se vielfeitiger der Kanzelrtbner gebildet fein muß, und je mehr Zief d
Ausübung fodert, je mehr gelehrte Kenntniffe die wiffenfchaftliche Kenntnif d
Chriftenthums, welche den Öffentlichen Religionsunterricht leiten muß, voraus
und je nüglicher fich der Prediger als Lehrer und als teöftender und rathender zu
der Gemeinde madyen Eann, deſto weniger LÄßt fich die Unentbehrlichkeit eines hie:
dern Standes bezweifelg, welcher dem Lehrgeſchaͤfte und ber zu demjelben nöthig
Vorbereitung feine ganze Zeit und Kraft widme. Zwar hatten die von den Apofe
beftellten Atteften und Bifchöfe nicht das ausſchliefende Mecht, zu lehren md d
heiligen Gebräuche zu verwalten, vielmehr fand e8 damals audy andern Chrifh
frei, in den Verſammlungen zu fprechen ıc. Als aber die Gemeinden zahlr
wurden, und Männer von Bildung und Kenntniß zu ihnen übertraten, mufteß
bald ein befonderer Stand zu diefen Gefchäften bilden. Seitdem 2, Jahrh. me
den bie Ideen des jüdifchen Prieſterthums auf die chriftliche Lehre uͤbergetragen,!
geiftliche Stand ward ſcharf von ben Übrigen Gemeindegliedern getrennt; und
entftand ber Unterfchied zwiſchen dem Klerus (ein griech. Wort, melches Erdthe
Eigenthum, Erbtheil und Eigenthum Gottes im beiondern Sinne bedeutet) undb
Laien. Als das Chriftentbum feit Konflantin die herrfchende Religion im romild
Meiche ward, erlangte die Geiftlichkeit wichtige Vorrechte und große Neichtküm
Im Mittelalter wuch® ihr Anſehen und ihr Reichthum noch mehr, der Umfi
ihrer Rechte erweiterte fi, und unter dem Schutze des Papftthums ward fie ims
unabhängiger von der Staatsgewalt. Bei allen abendländiichen Völkern ward
Geiſtlichkeit Landesſtand, und viele Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe, befonders in Dert
land, wurden meltliche Herren. Es war dies die Folge theild des hierardiid
Syſtems, theils der Überlegenbeit, welche der geiftliche Stand, der im ausſchlich
den Befig der wiffen'chaftlichen Kenntniffe war, uͤber andre Stände behaupt
theils der Politik der Fuͤrſten, welche die Beiftlicykeit hoben, um den Adel zu
fhränten. So gewiß es ift, daß die Nadıtheile, welche hieraus entfprangen, I
den Feinden des geiftlichen Standes in übertreibenden Schilderungen dargeftelitw
den find, fo kann body nicht geleugnet werden, daß die weltliche Herrfchaft und
Xheilnahme an den politifchen Angelegenheiten viele Geiſtliche von ihrer eigentlid
Beftimmung entfernte, und daß der Reichthum cin großes Sittenverderbniß um
dem Klerus verurfachte. Daher war es wohlthätia, daß die Reformation !
geiftlichen Stand zu feiner wahren Beitimmung zur&dführte. Verſchieden von
Anficht des Katbolicismus (f. d.) von dem geiftlichen Stande, ift die des P
teſtantismus. Nach ihm ift der Geiſtliche nicht Priefter, nicht Vermittler zwiſt
Gott und dem Menfchen, fondern nur Lehrer und Freund der Gemeinde ; nicht da
höhere auf übernatürliche Weife mitgerbeilte Gaben, nur durch eine tiefere Krk
niß des Chriſtenthums und der Wiffenfchaften, und durch die Fähigkeit, durch
Kraft der Rede die Menſchen zu belehren und zu erbauen, unterfcheidet er ſich!
andern Gemeindegliedern, und wenn von ihm ftrengere Sitten gefodert werden,
Hegt der Grund davon nicht in einer befondern Heiligkeit feinee Perfon und fe
Verhältniffes, fondern Lediglich darin, daß er, wie durch die Lehren, fo aud) de
Geiz Gelbſucht 561
a Vandel die Gemeinde erbauen ſoll, und dag manche Beſchaͤftigungen und Vers
kaungen mit der Wuͤrde eines öffentlichen Lehrers zu ftreiten ſcheinen. Im vori⸗
u Saheh. traten erft in Frankreich, dann auch in Deutfchland viele Feinde des
Hihen Standes auf, welche die großen Verdienfte, die er fich Durch Beförderung
Vollabildung erworben hat, verfannten, ihn mit bem ungerechteften Zabel Übers
Kftm und ihm alle feine Rechte entzogen wiffen wollten. Auch ift der geiftliche
nad in den neuuern Zeiten von mehren Negierungen fehr ungeredyt behandelt wor⸗
h Jubeß hat fich die öffentliche Meinung ſchon wieder zu feinem Vortheile ges
dert, man erkennt feine Nutzbarkeit an, läßt ausgezeichneten Geiſtlichen Gerech⸗
kit widerfahten, und darf daher erwarten, daß die Regierungen die Mechte der
Micen nicht noch mehr, als bereits gefchehen ift, befcyränken werben, damit
Verdienſt auch in dieſem Stande Anerkennung finde, und ber Geiftliche den dus '
adnftand behaupten könne, den fein Verhältniß fobert. N.
Geiz beruht auf einer Ausartung des Selbfterhaltungdtriebes, vermöge
aman das Mittel zur Befriedigung dieſes Zriches mit dem Zwecke verwechfelt,
Yaher am bloßen Befige äußerer Mittel ein fo großes Vergnügen findet, daß
snkcht nur Andern, fondern auch fich felbit den davon zu machenden Gebrauch
Genuß verfagt. Geiz in weiterer Bedeutung umfaßt auch die Habfucht. Im
ra Sinne geht er aber auf die Erhaltung des Befeffenen, dagegen Habſucht auf
wenn auch nur augenblidlichen Befig, oder das fich Anelgnen ſelbſt gerichtet
Der Geizige ſtrebt vorzuͤglich nach Geld, da es das vornehmfte Mittel zur Be⸗
Igung unſerer Bebürfniffe iſt. Doch wird das Wort Geiz auch auf andre Ars
ed übermäßigen Etrebens bezogen, beſonders auf das nach Ehre; daher Ehr=
Wird aber das Wort Geiz fchlechtiweg gebraucht, fo verſteht man darunter
Yulich die übermäßige Begierde nach Außern Mitteln oder Vermögen. In bies
kebrutung wird auch der Geiz eine Wurzel alles Übels genannt ; denn er macht
VNenſchen ungerecht und lieblos, ſowol gegen Andre als gegen ſich ſelbſt. We⸗
er theils niedrigen, theils ungereimten Mittel, die der Geizige zur Befriedi⸗
ſeiner Leidenſchaft braucht, wird er in den Augen Andrer veraͤchtlich und laͤ⸗
ch. Die trefflichſte Schilderung dieſer haͤßlichen Leidenſchaft hat Moliere in f.
A„L'avare““ gegeben. — Geiz iſt auch eine Benennung verſchiedener
Menauswüchfe, ſproſſender Keime und Seitenſproſſen, z. B. an den Tabacks⸗
hen. Geizen, den Geiz an den Pflanzen und Gewaͤchſen, z. B. am Weine
Zaback abbrechen, D.
Gekuppelte Säulen nennt man biejenigen, deren Capitäle un
ftgefimfe ſich berühren. Bei den Griechen kommen fie nicht vor, Erſt unter
Antoninus Pius wurde die gekuppelte Saͤulenſtellung eingeführt, um dadurdy _
Gebäude das Anfehen eines größern Reichthums zu geben, Es kann Fälle
wo dleſe nahe Säutenftellung burdy die Nothwendigkeit gerechtfertigt wird;
ındmtich die Laft für eine Säule zu groß fein wuͤrde und die Verhältniffe «6
erlauben, ihr eine dazu hinreichende Dide zu geben. Ein geſchickter Baus
er weiß indeß dieſe Kalle zu vermeiden.
Selbes Fieber, f. Sieber (gelbeß).
Gelbſucht, eine Krankheit, deren hervorſtechendes Zeichen ift, daR bie
des damit Befallenen am ganzen Körper gelb wird. Der Sit der Krankheit
In Verdauungswerkzeugen, und zwar in der Leber felbit, oder der Gallen:
‚ dem Ausführungscanal der Galle rc. Die erften Äußerungen der Krank:
Ind ein unbehagliches Gefühl in der Herzarube und nach der rechten Seite zu;
Mangel an Eßluſt, Druͤcken nady dem Effen u. A. m. Allmälig färbt ſich
aut gelb, und zwar zuerft an ihrem burchfichtigften Theile, im Auge, daher
Beiße in demfeiben gelb erfcheint. Won da pflanzt fich diefe Färbung 4
u Körper fort, fodaß diefer, wenn die Krankheit im hohen Stade ſta
w.s@er. Gichente Aufl. Bb. IV, 36
562 . Geld
ſchmutzig gelb⸗/erſcheint. Zugleich ſtellt ſich gewoͤhnlich ein heftiges Zucken i
uͤber den ganzen Koͤrper ein. Dauert die Krankheit lange, ſo faͤllt die Farb
immer mehr ins Dunkle u. die Krankheit wird alsdann die Schwarzgelbſud
Die nächfte Urfache der Gelbſucht ift eine gehinderte Thätigkeit des Keberf
dem die abgefonderte Galle, anftatt aus der Leber und Ballenblafe durch!
ſchaftlichen Gallengang in den Zmwölffingerdarm ſich zu ergießen, um ihı
- mung gemäß zur Verdauung zu bienen, durch die einfaugenden Gefäße u
fefaftröhre und von da ind Blut übergeht. Hieraus laffen fidy die :
Mangel an Galle und den davon abhängenden Bejchwerden der Verdau
das Dafein des fremdartigen Gallftoffes in Blute, und die bavon entfte
fheinungen in ber Haut leicht erklaͤren. Die entfernten Urſachen diefe
find fehr mannigfättig, 3. B. krankhafte Erhöhung der einfaugenden Gel
ber und Gallenblafe, zu häufige Abfonderung der Galle, Verftopfung
ginge oder des gemeinfchäftlichen Gallenganges durch Gallenſteine u. f.
die vorzuͤglichſten Gelegenheitsurfadyen gehört heftiger Arger und Zorn,
fonders auf die Leber wirken. Bei den neugeberenen Kindern ift die Ge
ziemlich gewöhnliche Krankheit, welche jedoch meiftens bald verſchwinde
ſonderer Arzneimittel zu bedürfen.
Geld. Kin Tauſchmittel, mas allgemein gilt, weil es Bed
Überfluß beſtimmt ausgleicht. ein Werth ift naͤmlich befannt, in!
häufigften mit dom Werthe andrer Dinge verglichen wird. Das Geld
aus einer Maffe beftehen, welche 1) felbft einen Werth hat; 2) welche :
gern für feinen Überfluß annimmt ; 3) deren Werthbeſtimmung bequen
bekannt ift, welche regelmäßig Zaufchgefchäfte treiben. Gibt man di
eine ſolche Kornı u. ein ſolches Merthzeichen, daß fie bloß nur allein zum
ber verfchiedenen Beduͤrfnißmittel gebraucht wird, fo erhält fie deu Nan
und diefer Begriff wird fodann dem Begriff der Waaren oder folcher
gegengefegt, welche eingetaufcht werben. Der Stoff, aus weldyem de
macht ift, gehört felbft zu den Waaren, ſowie auch die verfchiedenen E
Waaren werden, werm man fie für Geld kauft. Verſchiedene Voͤlk
den frühern Perioden ihrer Cultur verfchiedene Dinge, welche mehr ol
die eben erwähnten Eigenfchaften hatten, zum Gelde erwählt ; alle gebil
nen aber haben den Metallen, insbefondere den edeln, den Vorzug
Denn 1) haben fie einen Beduͤrfnißwerth, da die Begierde nach Schmu
rer Bedarf Gold und Silber allenthalben verlangen; 2) iſt nicht zu fü
fie je confumirt werden, und daher ihren Werth plöglich ändern möckten
Tall bei nothwendigen Lebensbeduͤrfniſſen leicht eintreten kann, Sie
zum Wohlleben, und dieſes kann bei eintretender Verminderung ber 9
leicht eingefchränft werden ; 3) find fie theilbar faft ins Unentiihe; 4)
derben weniger ausgeſetzt; 5) leicht transportable, da ihr Werth durch
des Transports ſich wenig verändert; 6) laͤßt fich ihre Quuntisät durd
gelmäßig vermehrn. Der Vortheil, die ebein Metalle als allgemeir
mittel anzuwenden, wurde noch größer, als es nicht mehr jedem P
überlaffen blieb, die Metallſtuͤcke zu theilen, zu wägen und deren Sein
men, fondern als man dies gefesßlich und mit öffentlidher A
und Treue vornahm, den einzelnen Stuͤcken, die als Geld circuliren ſoll
pel aufdruͤckte, wodurch Gewicht und Feine jedes Stuͤckes ehrlich
und dieſes endlich mit Bild und Überfchrift der Autoritaͤt verſehen wu
diefe® Gelb ausgab. Dergleichen geſtuͤckeltes Geld nennt man
(ſ. d.). Statt des Geldes nimmt der Verkaͤufer oft auch eine ſichere An
auf Geld. Dergleichen Stellvertreter des Geldes nennt man zum TI
uneigentlich, auch Geld. Es iſt klar, daß dergleichen Anweiſungen n
Geldern - Geldmangel 963
ntfichen Gelbe gleiche Kräfte haben können, als die Gewißheit vorhan«
wahre Geld, auf welches fie lauten, fobald man roill, zu erlangen, und
Werth in demfelben Grade verlieren müffen, als die Überzeugung von
yeit abnimmt. Bon folcher Art ift alles Papiergeld (f. d.), fomie
jeld, das zu einem hoͤhern Werthe einlaufen fol, als es wirklich in Mes
alle Wechfelbriefe oder Schulbpapiere , die man als Stellvertreter des
eldes gebrauchen will. E86 ift eine fehlerhafte Vorftellung, wenn man
ein Zeichen des Werths vorftellt; denn Gelb ift wahrer Werth, der
n Umtaufch der Waaren beftimmt iſt. Ebenfo gibt es einen fchiefen
venn man das Geld als ein Pfand vorfickt. Das Weſen eines
eht darin, daß mit ihm eine Verbindlichkeit verbunden ift, daffelbe auf:
und felbige® Dem, der e8 eingefegt hat, wieder außzuliefern, fobald er
dafür empfangen hat, erſetzt. Das Geld aber legt, vermittelft feines
iemandem eine Verbindlichkeit auf, es aufzubewahren, der Beſitzer ift
huͤmer deſſelben und kann bamit machen mas er ill. ,
ne Öeldart gelten, d. h. für den innern Werth, den fie hat, oder den
angenommen und der Tauſch regelmäßig damit betrieben werden koͤn⸗
deren Werth da, wo fie gelten fol, allgemein anerkannt werden. Infos
eidet man 1) DrtsgeLd, welches nur an einem beflimmten Orte, Dans
x in einem Eleinen Kreife angenommen wird, wie das Geld, was etwa
t oder eine Ortsobrigkeit in Zeiten der Noth ausgibt, Vie Nothmüns
othzeichen (tokens) u. f. w. 2) Landesgeld, welches die
nes Reiche in Münzen oder in Anweiſungen auf dergleichen Münzen,
) Weltgeld, deffen innern Werth die ganze Welt anerkennt und
llenthalben angenommen wird, 3. B. die Gold⸗ und Sitberbarren,
tem Gewicht und beftinmter Seine, bie holtändifchen Dukaten und
3 Piafter. (Dot, Idealgeld, Realgeld.)
ern, Herzogthum, die vierte k. niederländifche Provinz, mit 4 Dis
nhem, Nimwegen (eine wichtige Seftung), Zütphen und Thiel. Die
t auf 93 OM. 249,000 Einw. und fendet 6 Deputirte zu den Gene⸗
Sie hat einen ebenen Sands und Torfmoorboden, der gut angebaut
jabrik⸗ und Zraniitohandel. Die jegt unbefeftigte Kreisftadt © els
m preuß. Regierungsbezirke Kleve, an der Fossa Eugeniana, hat
„‚ ein bedeutendes Fabrikgewerbe und Kornhandel.
Imamngel kann nur entfiehen 1) wenn es an Stoffen fehlt, aus wel⸗
[d gemacht wird, oder 2) wenn Diejenigen, die Mangel an Gelde lei⸗
Vaaren haben, welche die Geldbefiger begehren. Im letztern Halle fin
rer Geldmangel flatt; denn es gibt ja, nach der Vorausſetzung, Viele,
befigen, es fehlt nur an begehrter Waare, und nur Diejenigen, welche
Geld in ihre Hand bringen koͤnnen, leiden Gelbmangel. Der Geld»
aber nicht abfolut, fondern faft immer nurrelativ, d. b. es haben
er, Orte oder Perfonen nicht hinlängliche® Geld, um diejenige Waare
affen, welche fie bedürfen. Jeder Handwerker, Kuͤnſtler und Fabri⸗
ed Geldes, um fich die rohen Stoffe, die er verarbeiten will, anzus
die Arbeiter, welche er befchäftigt, zu bezahlen. Die Kaufleute beblire
8, um ben Producenten und Fabritanten ihre Waare abzunehmen,
ı zu teansportiren, wo fie gefucht werben ; die Confumenten bedürfen
um den Detailliften das ablaufen, was fie verzehren wollen. Fehlt
inen oder der andern diefer Glaffen an dem ihnen zu diefen Zwecken nd»
re, fo iſt für diefe Claſſen Geldmangel vorhanden. Hingegen kann
niemals daher rühren, daß es an Gold und Silber oder an dem
: Moterten zu Gelde fehlte. Denn es gibt in der a onäihe
564 Geldmangel
von dieſen Metallen, und fie koͤnnen noch täglich vermehrt werben. €
entfteht alfo, wie fhon gefagt, nur dann, wenn entweder eine ,Glaffe
gar keine Induſtrie, alfo aud) feine Mittel befigt, das vorhandene Gel
ziehen, oder wenn ihre Induſtrie Feine folchen Producte hervorbringt,
Geldbefiger gern bezahlen. Wenn 08 z. B. in getreidereichen Ländern «
von rohen Producten fehlt: fo rührt dies daher, daß nicht genug Conft
Lande vorhanden find, welche das überflüffige Getreide begehren und t
Producte zur Bezahlung deflelben hervorbringen. So lange diefes nid
kann nur vom Auslande der Verkauf deflelben erwartet werden. Wi
Ausland anderswoher damit verfehen, fo bleibt das Getreide unverk
nicht eben, weil kein Geld im Lande ift, fondern weil die Geldbefiger k
haben, Getreide dafuͤr zu kaufen. In Orten, wo ein ſtarker Handel ge
erfodert derfelbe eine gewiffe Quantität Geld, um Waarenvorraͤthe an
Die dazu nöthige Summe firirt fi) häufig nach einem beftimmten D
und es wird im Orte fein Mangel an Gelde verfpürt, wenn diefe Sum:
den iſt. Wenn ſich aber der Handel durch verfchiedene Ereigniffe vern
der Ort viel mehr Waare anfhafft als gewoͤhnlich, fo entiteht leicht C
für die Handel treibenden Perſonen. Wenn nun diefe gefuchte Waare
dit befigen, fo bieten fie beide auf und ſuchen dafuͤr das ihnen benöthigte
andern Gegenden berbeisuzichen, welches dadurch gefchieht, daß fie bie ;
Eoften deſſelben bezahlen oder den Geldbefigern mehr für die Benugung ib
bezahlen, als fie anderswo dafür erhalten können. Es wird daher das G
Drte, wo ed gefucht wird, theurer als da, wo es nicht fo aͤmſig gefudht n
darum verläßt aber auch das Geld die Örter, wo e8 moblfeiler zu haben ifl
melt ſich da, wo mehr dafür geboten wird; dadurch hört der Geldmange
auf. Das Gelb wird einem Lande insbeſondere durch feine Circulat
nüglid. Der Umlauf madıt naͤmlich das Gelb zu einer fidy immer w
den Urfache neuer Güter; daher kann eine Eleine Summe Geldes, die
und vielfach umläuft, ebenfo viel und noch mehr Nugen in einem Lande £
gem, als eine viel größere, die fich nicht auf diefe Art aus einer Hand in
bervegt. Auch hilft der Überfluß an Gelde einem Lande nichts, wenn da
fo viel nügliche Dinge im Lande findet, daß die einft:ömende Geldfumm
sahlung derfelben nöthig ift, Denn wenn mehr Gelb ins Land kommt,
zahlung der im Lande vorhandenen Waaren nöthig ift, fo wird dadurd
nur wohlfeiler und Vie Waare im Lande theurer werden. Diefes Umſtan
wird die Waare lieber aus fremden Ländern, wo fie wohlfeiler ift, zu |
und das Geld wird daher, ſowie es ins Land Eommt, wieder hinausgehen
feile Waaren hereinholen. Dadurch aber wird die innere Induſtrie des 2
terdruͤckt werden, und das einftrömende Geld nur Denen nügen, welch
Ausländern dafür Producte kaufen. Die übrigen Bewohner werben dah
mer Geldmangel empfinden, weil fie das ins Land kommende durch Indi
an fich zu ziehen vermögen. So ging alles Gold und Silber, welches di
und Portugiefen aus Amerika zogen, durch die Hände der Bergwerksbeſi
ins Ausland, um fremde Producte und Manufacturwaaren ins Land
Das Mittel alfo, den Geldmangel in einem Lande auf eine dauerhafte A
fhaffen, ift die Vermehrung der innern Induſtrie. Ganz irrig ift aber
nung Derer, welche glauben, es ließe ſich die Induſtrie durch bloße Verme
Geldes im Lande erwecken, denn das Geld erzeugt nicht die Maaren, ſi
ſucht ſie. Wo es alfo keine Waare im Lande findet, da bleibt e8 auch n
dern es ftcömt dahin, wo es die Waaren findet, welche e8 fucht. Das ſ
Mittel, dem Geldmangel abzuhelfen, ift die Vermehrung des metaphorif
bes, der Geldzeichen ober ber Stellvertreter bes Geldes. Denn dergleich
Geldpreis che 565
nur fo viel werth als man wahres Geld dafür beliebig haben kann. Fehlt
Metali im Lande, um die, welche ihre Gelbzeichen dagegen ausiwechfeln
befriedigen ; fo finkt der Werth diefer Geldzeichen herab, und eine Mil⸗
Zeichenthaler ift oft nicht mehr werth als der zehnte Theil wirklicher Sil⸗
Es Hilft auch nichts, wenn man dergleichen Geld auf eine andre Waare
te als auf Gold und Silber. Denn wenn diefes eine Maſſe ift, die man
he abfegen kann ale Gold und Sitber, wie 3. E. Getreide; fo find ders
weiſungen auf Getreide nicht mehr werth als das Getreide, worauf fie
Benn daher der Werth ded Getreides ſchwankt und finft, fo nehmen die
el nothivendig alle Schwankungen des Getreldewerthes felbft an ; ift num
enicht als Zahlmittel anzubringen, fo find e8 auch die Anweilungen
tz diefe koͤnnen fchon um ihres unfichern Werthes willen nie die Stelle
Geldes allgemein vertleten. Sie müffen vielmehr nody viel tiefer fin
Getreide feibft, da, wenn man fie als Mittel gebraucht, um das Ges
erner zu vermehren, dieſes noch mehr im Tauſchwerthe fallen, folglich
darauf immer weniger werth werden muß. "
preis: 1) derjenige Preis, für weichen das Geld als Waare betradye
yeit oder Waaren zu kaufen ift; 2) derjenige Preis, für welchen die
n Beldforten gegen Landesgeld zu kaufen find; 3) der Preis von Zinfen,
Benugung von Geldcapitalien zu haben iſt; 4) der Preis, den man,
gerechnet, für Arbeit oder Waaren bezahlen muß, um fie beliebig zu ers
das der Geldpreis im erften Verftande fei, wird durch eine genaue Anas
hen erforſcht, wodurch da6 Geld erzeugt wird, ſowie des Werths dies
ſelbſt. Der Geldpreis im zweiten Sinne wird durch die Maffe der vers
Jeldforten in Vergleichung mit ber Landesmuͤnze und die Concurrenz be=
)er Geldpreis im dritten Sinne hängt ganz von dem Grade ded Nutzens,
talien gewähren, und von der Concurrenz Derer, die fie anbieten und
Der Geldpreis Im vierten und gewoͤhnlichſten Sinne wird durch bie
idſtuͤcke und ihres innern Gehaltes, welche für eine Waare oder für eine
it werden muß, beftimmt. Ob derfelbe hoc, oder niedrig ‚ei, kann
:ch eine genaue Unterfuchung des Geldpreifes im erftern Sinne erforfcht
mn daher der Geldpreis des gemeinen Arbeitslohnes in der einen Stadt
in der andern 1 Thaler wäre; der Tagloͤhner aber konnte da, wo er
nit dieſem Gelde diefelben Nothwendigkeiten und Bequemlichkeiten bes
erſchaffen, als der andre für einen Thaler an dem Orte, wo der Tag⸗
er iſt; fo wuͤrde der Lohn an beiden Orten der Sache nad) für Beide
gleich fein, während der Geldpreis im erften Sinne verfchieden wäre.
kaͤme der Tagloͤhner für diefelde Quantität und Qualität in Lebens:
Ar., wofuͤr er dort nur 8 Gr. erhielt.
umlauf, f. Eirculation. Bol. Buſch's „Abhandl. über den
*,2. Aufl. 1800.
At, inder Malerei, ein Fehler, der durch uͤbertriebenen Fleiß in ber
g entfpringt, und durch den die dargeftellten Gegenftände aller Friſch⸗
I freien Lebens, mithin ihrer ganzen Wirkung beraubt werden.
ef. Sallert.
e, (Claude), bekannter u. d. Namen Claude Korra in (der Lothrin⸗
ıftsmafer, geb. 1600 in dem lothringifcyen Schloß Champagne, von
Eumft, verlor früh f. Altern und wurde inf. Erziehung vernadhläffigt.
am er nad) Freiburg zu f. Bruder, einem Holsfchneider, von welchem
gründe der Zeichentunft lernte. Daraufnahm ihn ein Verwandter
m, wo er, ohne Geld und Schutz, f. Schickſal überlaffen, von dem
saler Agoftino Taſſi als Sarbenreiber und Küchenjunge angenommen
er NEUHTE DER meiſten WISEtTn legte, IE |. ADDLDUNG einer Zuauupene
bama. Elemens XI. machte ſich anheiſchig, es ganz mit Goldſtuͤd
der Künftier aber wollte es durchaus nicht geben, da er ed, nach bet
als Studium brauchte. Bei einem umgemeinen Reichthum der C
deſſen er in den Segenftänden einen beftändigen Wechſel anzubring«
ex ein ernſtes tiefes Studium. In der Wahrheit, womit er die Wirt
zu ben verſchiedenen Stunden des Tages, und die fünften Lühlenden !
die Wipfei hinſpielen und in dad Gemurmel eines unter dem Scyatte
geinden Baches flüfternd einftimmen, taͤuſchend auszubrücen wußtı
Kaspar Dughet zur Seite. Alte feine Nebenbuhler aber Üibertraf ı
einigen dunkel beſchatteten Stellen eine thauige Feuchtigkeit zu le
ganz unnachahmlich ift. Unvollfommen waren dagegen f. Figuren
dles ſelbſt fo gut, daß er zu fagen pflegte, er verkaufe die Landfcyaftı
Figuren zu. Bei einem großen Theil ſ. Bilder find fie aber von Le
eedco Allegrini. Am öfterften wählte er angenehme, grenzenloſe Aı
ven täufchende Ferne das Auge fich verliert. Ex flattet fie gern mit
Gitektur aus und macht f. Landſchaften zur Scene eines mpthifchen ı
Segenftandes. Die Sammlungen der von ihm zu f. Gemälden ve
nungen nannte et Libri di veritä, ine folhe Sammlung von 2!
befigt der Herz. v. Devonfhire; eine andre von 130 Zeichn. Lord H
Gelehrfamkeit, oder Gelahrtheit, wieman fon
fich urfpränglid) auf Alles, was gelehrt, und- folglid auch gelern
Man nennt aber eigentlich nur Denjenigen gelehrt, der einen bedeut
menſchlichen Erkenntniß oder irgend ein Hauptfach des menfchlich:
durch ein methodiſches Studium zu eigen gemadyt hat. Gründlic
keit, Ordnung und Zufammenhang find daher die charakteriſtiſchen
he die gelehrte Erkenntniß von der gemeinen unterfcheiden. Die Ge
wird entiveder fubjectiv, als die Eigenfchaft eines Gelehrten, ober
Inbegriff aller der Kenntniffe gedacht, bie man von Demjenigen fob
Hauptfache des menfchlichen Wiſſens als Lehrer auftreten will. 5
fonderheit die Kenntniß der griechiſchen und der Inteinifchen Sprad
neuern Gelehiten einen großen Theil ihrer Kenntniffe den Grieche
worhanfon. fa mirh nan einem hontinen sfohrten mit Mocht aofah
Geleit Gellert | 967
den. Daher nennt man bie Ungelehrten auch jetzt noch zumellen Lalen.
raber durch die Griechen, bei denen ſich der Gelehrtenftand gänzlich vom
thum trennte, die Öelchrfamteit ein Gemeingut der Denfchheit geworden,
‚das Studium der Wiffenichaften einen humanern und liberalen Charakter
men. Durch die Buchdruderkunft find die Quellen der Gelchrfamteit dere
nvielfältigt und verbreitet worden, daß es möglich ift, auch ohne mündlichen
wdurch bloße Lerture gelehrte Kenntniffe zu erwerben, obgleich Bein Menſch
ndlihen Unterrichts ermangelt. Zulegt unterſcheidet man auch Gelehr⸗
itim engern Sinne von eigentliher Wiffenfhaft, indemman erfire auf
y Kenntniſſe oder das hiſtoriſch Gegebene bezieht, was ſich mehr gedaͤcht⸗
auffaſſen läßt, leztere aber in das Denken und Erkennen der Gründe ſetzt,
philoſophiſche Einficht beſteht. (S. Autodidakten.) ıD.
eleit. In den Zeiten der innern Befehdungen Deutfchlands ließ ſich der
‚ befonders der Kaufmann, um nicht von den Kaubrittern niedergeworfen
dert zu werben, von Bemwaffneten begleiten, weiche dafür, daß er ihrem ‚Deren
tögeld entrichtete, ihn bie zu dem beflimmten Orte gegen jeden Angriff vers
mußten. Ein ſolches Geteit ift zwar in unfern Tagen nicht mehr nöthig,
aſſen fid) manche Landesherren das Geleitsgeld oder Geleite fortbezahlen
uf andre Weiſe fuͤr die Sicherheit der Straßen ſorgen. In einigen Thei⸗
Jrients, namentlich in Arabien, iſt dieſe Vorſicht der dort ſtreifenden Raͤu⸗
noch gebräudjlih. Zumeilen (3. B. in Sicilien) übernehmen die Räuber
Geleit oder den Schuß gegen ihre eignen Raubgenoffen oder andre Banden.
‚eitsbriefift die fchriftliche Vergünfligung, an feiner Perfon ungekraͤnkt
Gebiet zu reifen, an einem Orte zu erfcheinen, ober auf der See unter dem
der Escorte zu fichen. — Sicheres Geleit, f. Salvus Com
eIlert (Chriftian Fuͤrchtegott), geb. 1715 zu Haynichen, einem Staͤdt⸗
Freiberg im Erzgebirge, wo feln Vater Prediger war, mußte, bei den unzus
ı Einkünften f. Vaters, der 13 Kinder zu ernähren hatte, fchon in f. 11.
cch Abfchreiben ſich einigen Erwerb verfchaffen. Sein erfter Verſuch in
£unft, den er in f. 13. J. machte, war ein Geburtötagsgedicht fuͤr ſ. Va⸗
wes gelobt wurbe, folgten bald mehre. 1729 kam ©. auf die Fuͤrſten⸗
Meißen, wo er zwar mit dem Buchftaben der griech. und rim. Schrift⸗
ver nicht, mit ihrem Geifte befannt gemacht wurde. Gluͤcklicher Weife
mit Gärtner und Rabener eine Sreundfchaft, die fie zum Wetteifer in den
haften und der Ausbildung ihres Geſchmacks ermunterte. Seit 1734 ftus
zu Leipzig Theologie. Nach 4 Fahren wagte er ſich zu Haynichen auf die
Gewiß würde er unter den geiftlihen Rednern Deutſchlands fich durch
it und Popularität ausgezeichnet haben, hätte er weniger Ängftlichkeit, eine
jefundheit, eine ſtaͤrkere Bruſt und ein getreueres Gedaͤchtniß gehabt. 1739
n er die Erziehung zweier jungen Edelleute nicht weit von Dresden. Nach»
te erden Sohn f. Schwefter auf bie Univerfi tät vor, und begleitete ihn .
ch Leipzig. Auch hier befchäftigte er fich mit dem Unterricht junger Leute
der Erweiterung f. eignen Kenntniffe. Gottſched, deffen Vorlefungen er
nd an deſſen Überfegung des Bayle'ſchen Wörterbuch er mitgearbeitet
ink bald in feiner Meinung. Als J. I. Schwabe 1742 die „Belufliguns
Berftandes und Witzes herauszugeben anfing, lieferte ev Kabeln, Erzähluns
rgedichte und ein Schäferfpiel, wie auch verfchiebene profaifche Abhandlun⸗
Nachher zog er fid) davon zuruͤck und gab mit ſ. Freunden die „Bremi⸗
iträge” heraus. Der leichte, natürliche Ton des jungen Dichters gefiel,
‚bein und Erzählungen wurden immer begieriger gelefen. ©. wibmete fid)
fer Dichtungsart vor allen andern, und weil er zu-anhultenden Berufsar⸗
568 Gellert
beiten keine zuverlaͤſſige Geſundheit zu Haben glaubte, faßte er den Ent
ders Unterricht der alademifchen Jugend zu wibmen, ward 1744 Me
vertheidigte 1745 feine Abhandlung De poesi apologorum eoramgqu«
hun‘; Die Saplichkeit und Anwendbarkeit f. Unterrichts erwarben ihm
teten Beifall. Batteur's „Einleitung in die ſchoͤnen Wiffenfchaften‘
Khetorikv, Stockhauſen's —* für Liebhaber der Philoſophie u
Wiſſenſchaften“, in der Folge f. eigne „Abhandlung über den guten ©.
Briefen” waren die Grundlagen ſ. Vorlefungen, in denen er auch oft A
ſ. Zuhörer beurtheilte. Außerdem dichtete er Fabeln und Erzählungen u
ni Verbefferung des Theaters ſ. Luft: und Schäferfpiele. Um dem R
de und Nüglichkelt zu geben, ee er f. „Schwedliche Sri
Be nr — ⏑ ⏑ Gdeeiter ab er eine Sammı
nebſt ber fchon erwähnten Abhandlung vom mg —— in Brie
Darauf lleß ee ſ. Lehrgedichte, geiftliche Oden Lieder, und eine (
vorm. Schriften in Verfen und Profa folgen. en litt Inzwifchen ſehr aı
chondrie. Zwölf Jahre hatte er mit Beifall in — gelehrt, ohne ſich
fentliches Amt beworben zu haben. Der Hof aber, aufmerkfan auf ſ.
— daß er um eine außerordentliche Profeſſur der Philoſophie anha
G. folgte darin dem Rathe ſ. Freunde, und erhielt dieſes Amt 1761.
fentug uͤber Dichtkunſt und Beredtſamkeit. Seine Vortraͤge wurden
beſucht, daß er fie in den oͤffentlichen Hoͤrſaͤlen der Unlverſitaͤt halten m
begrenzt war bie Achtung, in der er flanb, und ber Wunfch, feine Zum
zu verliexen, bielt mandyen Gtudirenden von Ausſchweifungen zurüd
bene Perfonen beeiferten ſich, durch ihre Steigebigkeit fein Leben forgen
hen. Aber während er bie Augen ber ganzen beutfchen Leſewelt auf fid
feine Hppochondrie immer höher. Er entfagte der Dichtkunft, und eı
dagegen, befonbere Worlefungen über die Moral auszuarbeiten. Di
Mittelweg, den er zwiſchen Spftem und Declamation zu treffen wußt
ruͤhrer der Vortrag erwarben diefen Worlefungen den ungetheilteften Beil
rend des fiebenjähr. Kriege warb G. von unzähligen Fremden befucht, wo:
eiferten, dem Manne ihre Hochachtung zu beweifen, der der Liebling f. 9
- Die preuß. Prinzen Karl und Heinrich unterredeten ſich öfters mit ihm,
machte ihm durch den General Kaldreuth das Pferd zum Gefchent, ba
Schlacht bei Kreiberg geritten hatte, und worauf ®. feit der Zeit alle 2
seiten pflegte. 1760 ließ ihn Friedrich II. zu fich rufen, und mar mit t
dung G.'s fo wohl zufrieden, daß er ihn le plus raisonnable de tous
allemands nannte. ine ordentliche Profeffur, die ihm mehre Mal
wurde, ſchlug der befcheidene und genuͤgſame G. jedes Mal aus. Er!
nig, und vertraute der goͤttlichen Vorſehung, die ſein Vertrauen auch be
ner ſ. geliebteſten Schuͤler, der treffllche Graf Moritz v. Bruͤhl, gab ihr
eine jaͤhrliche Penſion von 160 Thalern, ohne daß G. ſeinen Wohlthaͤt
konnte. Häufige Geſchenke wurden ihm von Schuͤlern und Fremden
als Beroeife ber Liebe und Dankbarkeit. Nach des —— —
Tode erhielt G. ein Gnadengehalt von 460 Thlen. Der Kurfuͤrſt
ſtian ehrte ihn nicht allein durch die hoͤchſte Achtung, ſondern auch
Geſchenke. Bein Sohn und Nachfolger äußerte gegen ihn ebenfo w
Geſinnungen. So hätte G. bei einem weniger leivenden Koͤrer [ehr g
Können ; allein das geheime libel, das ihn täglich verfolgte, wich feinen 5
keinen Arzueien. Seine Geſundheit wurde immer ſchwaͤcher, und er v
Bitte f. Freunde — — ſ. Moral durch eine ſorgfaͤltige —— —
vorzubereiten, als ibm im Dre. 1769 eine hartnaͤckige Verſtopfunge
auch die geſchickteſten Ärzte. nicht. zu bflsgen ermodhte, & farb mi
Gellius Gelnhauſen 569
d. 13. Dec. 1769, in f. 65. Lebensjahre. ©. war (mie Goͤthe ihn
f. Lebens befchreibt) nicht groß von Geftalt, zierlich, aber nicht hager.
er traurige Augen, eine fehr ſchoͤne Stirn, eine nicht übertriebene Has
ein feiner Mund, ein gefälliges Oval des Geſichts: Alles machte feine
angenehm. Sein moralifcher Charakter war durchaus ohne Sieden.
m wahrer Gottfeligkeit befeelten ihn ; er hatte ein liebreiches, menfchens
, dienſtbegieriges Derz gegen alle Dienfhen. Die größte irdiſche Gluͤck⸗
ebene war die Kreundfchaft. Er liebte das Lob ded Kenners und des
men, aber mit jener jungfräulichen Schambaftigkeit, die vor einem jeden,
n Lobe der Schönheit erröthet ; dabei war Niemand williger, die Gaben
nfte Andrer zu erkennen, Niemand geneigter, Andern den Vorzug vor
tzugeſtehen. Als Schrtiftſteller zeg ©. die Neigung f. Nation in einem
fich, den nur fehr wenige erreicht haben. Seine Fabeln, welche in der
ler literarifchen Zeiten Deutſchlands erfchlenen, gewannen durch freund»
uͤthigkeit, leicht verftändliche Moral, treuherzige Schalkhaftigkeit und
ip die Liebe des Volks, und waͤhrend es diefeiben liebte, ward es auch
bildet: eine gewiffe Breite, Schwatzhaftigkeit und Verwaͤſſerung derſel⸗
her um fo eher entfchuldigt werden. Seine geiftlichen Gedichte bemaͤch⸗
ve6 Derzend der Nation, und es gelang ihm, einige Abnungen von Relis
ft bei dem großen Haufen zu retten. Er erreichte zwar nicht die Tiefe
ming und Öerhard, aber Innigkeit und Hingebung zeichnen f. geiftlichen
16. Democh fcheint ed, als habe er das meifte Talent für die Gattung
fröhlichen Erzählungen gehabt, wobei es ihm zu ſtatten kommt, daß
gewiffe Schwatzhaftigkeit eben nicht zu den Fehlern gehört, und daß die
ie felbft oft, ihrer Natur nad), wißig if. Sein fpaßhafter Weiberhaß
ifche Scheu vor der Ehe nahmen fid) ftet& fo zierlid und gutmuͤthig auß,
nie eine Frau im Ernſt erzürnt hat. Kür den Roman hatte ©. kein Ta⸗
n bat ex in f. „Schroedifchen Gräfin” den Harften Beweis gegeben. Ers
wiewol auch mißlungen, find f. Schaufpiele. Sie mögen in ihrer ziers
tfchweifigkeit und ehrbaren Langweiligkeit als ein merkwuͤrdiger Beitrag
gefchichte der Deutfchen heſtehen. Auch ſ. Briefe find für die Zeit, in
hrieben wurden, alles Lobes und Beifalls würdig, wenn fie auch von den
ner Zeit nicht ganz frei find. — Die neucfte Ausg. ſaͤmmtlicher Werke ers
zig 1784 in 10 Bdn. „Gellert's Briefwechſel mit Demoif. Lucius in
‚ von 1760 — 69, nebft andern noch ungedrudten Auffägen von G.,
Ebert, Leipzig 1823 heraus. M.
Litas (Aulus), ein roͤmiſcher Schriftſteller, welcher unter Hadrian und
ıinen febte, die Redekunſt zu Rom, und dann zu Athen Philofophie ſtu⸗
‚in der Folge die Würde eines Centumvir erhielt. Er hinterließ „At⸗
chte”' („„Noctes Atticae‘‘), welche fehr anziehenbe, befonders für den
efcher und Kritiker wichtige, zerftreuete Bemerkungen, die er während f.
66 zu Athen, aus den beiten griech. und lat. Schriftftellern, in den Wins
ı, gefammelt, enthalten. Bon den Ausg. nennen wir folgende: Paris,
m Henricus Stephanus; Paris 1681, 4., in usum Delphini; Amfters
1, 12., bei Elzevir; Leiden 1666, cum notis var,; Leiden 1706, 4.,
00; Leipzig 1762, 2 Bde., von Conradi ıc.
Inbaufen (ur Grafſchaft Hanau des Kurfuͤrſtenthums Heſſen gehoͤ⸗
DE.), aufder Strafe von Fulda nach Frankfurt, einft eine nicht unbe⸗
Neichsſtadt, wie die große wohl erhaltene Dreifaltigkeitskicche, ein Werk
neifter6 Hein. Zingerhut, im 13. Jahrh., und die fchönen Überbteibfet
Peters Muͤnſter noch jet beweifen, verdankte f. ehemalige Wichtigkeit f.
Lage am Fuße der Gebirgskette, welche das Rhoͤngebirge in Franken mit
570 | ©elon
dem Bogelögebirge in der Wetterau verbindet, an der einft fchiffbaren Kinzig, m
ten im ehemaligen deutfchen Reiche. Diefe begünftigte Lage, die Wildpret, Fi
und Geflügel darbot, Überfluß für Jagd und Genuß, beftimmte Friedrich J. V
baroffa (1152 — 90) am Fuße der Stadt ſich eine Burg auf einer Inſel der I
zu erbauen, deren Truͤmmer noch jegt ein Zeuaniß für bie Pracht jener Zeit geh
Einen ganzen Felſen des naͤchſten Sandfteingebirges® muß man zu biefem hl
verarbeitst haben, fo groß find ncch feine Überbleibfel. Doch reichen diefe Bew
aus großen behauenen Werkſtuͤcken nach Außen aufgeführt, nach Innen mit Dun
fleinen gefuͤllt, keineswegs bin, ſich ganz zuverläffig in dem nachgebliebenen Rum
zu orientiren. In melden Jahren die. Burg erbaut wurde, ift ebenfo weniz
uns gefommen, al& durch wen. Jetzt iſt von dem Lieblingsfige Friedrichs J.
geräumige Halle noch übrig, zu der ein Thor (dad Meßthor) führt, nur!
einem der beiden Thuͤrme die früher hier flanden, begleitet; dann das Reichtſau
bäude, das fich in den großen Thronfaal, des Kaifers Zimmer und den Raum the
wo die Treppen nady dem Exdgefchoffe niedergingen, ſowie empor nad) dem oh
Stockwerke und der Capelle, die bis 1811 in Ehren gehalten ward. Der Unfi
der Ringmauer, bie ein unregelmäß:ge® Siebeneck umſchloſſen hat, betrug 7108
Rhein. Aufder Ringmauer ruhte diensrdliche Seitenwand ded Reichefaakel
des, und noch flehen auf ihr die Schrenverzierungen des Verfammlungsfaald I
die Senfter des Eaiferl. Gemaches. Noch kurz vor feinem Kreuzzuge verweilte Fi
rich I. in dem geliebten Gelnhaufen, und nad) ihm hielten länger oder kuͤrze
meiften Kaifer, bis auf Kart.IV. in diefer Burg ihren Hof, durch Urkunden
Bürger der benachbarten Stadt begnadigend. Burg und Güter verpfän
Kart IV. 1349; von da an geriet Selnhaufen in Verfall, den roiederholte kei
Befehle (namentlich) Sigiemunds v. 1417) nicht aufbielten. Ein Einfall derf
fiten 1430 bewirkte wahrſcheinlich die legten Veränderungen. Bis in die neu
Tage dauerte feitdem die Zerſtoͤrung diefer ehrwuͤrdigen Truͤmmern, deren &
als Baumaterial angefehen wurden, das Jeder fi) zueignen könne — Sti⸗
„Bon altdeutfcher Baukunſt“ behauptet, der neugriechifche Styl fei In der Au
des Ganzen nicht zu verfennen, doch fei das Arabifche in den Verzierungen ſich
Buͤſching („Wiener Jahrb.“ Nr. X.) glaubt diefe Bauart die altfächiifche na
zu müffen. &. Bernhard Hundeshagen: „Kaifer Sriedrich& I. Barbaroffa P
in der Burg au Gelnhauſen““. Eine Urkunde vom Adel der von Hohenftaufen
der Kunftbifdung ihrer Zeit, hiftor. und artift. datgeſtellt“ (2. Aufl. mit 132
1819, Fol.), womit die Beurtheilung von Büfching im angef. Bde. der „ZU
Jahrb.“ zu vergleichen ift. 4
Gelon, Sohn des Dinomenes, Tyrann (Selbftherrfcher) von Em
bemädhtigte fich der Oberherrſchaft um 491 oder HCO vor Chr. Er vergroͤßen
Etadt und vermehrte die Zahl ihrer Einwohner, Als Griechenland von F
Krieg bedroht wurde, ſchickten Athen und Lacedaͤmon Geſandte an ihn,
Buͤndniß mit ihm gegen den Perſerkoͤnig zu ſchließen. Gelon erbot ſich 206 I
leeren, 20,000 Echwerbewaffnete, 4000 Reiter, 2000 Schügen und ebenfel
Schleuderer zu ftellen und mit Mundvorrath während des Kriege® zu verfeben, Mi
man ihm den Oberbefehl zu Waffer und zu Lande überlaffen wolle. Diefe
gungen verwarfen die fpartanifchen Gefandten, und felbft die Hälfte des
fehle wollten ihm die Athener nicht zugeftehen. ©. verfagte daher die gebetrme
und ſchickte dagegen einen gemiffen Kadmus nach Delphi, mit dem Befehl,
Ausgang abzuwarten, und wenn die Griechen überwunden würden, dem
ſ. Namen zu huldigen und Eofibare Geſchenke zu Überreihen. Damals
noch nicht, daß Kerred die Garthager veranlaft hatte, während er die G
ihrem Vaterlande angriffe, diefelben auch in Sicilien und Stalien an
Hamilkar landete zu dem Ende mit einer Floͤtte von 2000 Krieges und:
⁊
Geltung Geluͤbde 971
anf fich 300,000 DM. Landtruppen befanden, bei Panormus und bes
vera. Diefer Macht z0g Gelon mit 50,000 Mann zu Zug und. 5000
gegen. Ein aufgefangener Brief beiehrte ihn, daß am folgenden Tage
in feierliche® Opfer bringen und zugleich Huͤlfsvoͤlker ins Lager einlaffen
gelang G., flatt derfelben einen Theil f. Meiterei ins feindliche Lager
fien, welche ven Hamilkar während des Opfers überfiel, ihn feibft tödtete
iffe in Brand ſteckte. Zu gleicher Zeit griff ©. die Karthager an, welche,
od ihres Feldherrn und den Verluſt ihrer Schiffe muthias gemacht, eine
iederlage erlitten. Diefe merkwürdige Schlacht geſchah an demfelben
jie Griechen bei Marathon fiegten und ift von Pindar verherrlicht wor⸗
nachte unermeßliche Beute und gefland den Karthagern nur unter der
den Frieden zu, daß fie 2000 Talente Sitber zahlen, zwei Tempel zur
ung der Friedensbedingungen erbauen und die Menfchenopfer abfchaffen
tun wünfchte G. den koͤnigl. Zitel zu erhalten. Er berief zu dem Ende
ammlung, der er unbewaffnet beimohnte und erklärte, daß er die Ober»
iedberlegen wolle. Alles gerieth in Erſtaunen und Bewunderung; ein
Zuruf nannte ihn den Erretter von Syrafus. Einſtimmig trug man
nigstitel an, und ließ nicht eher ab, bis er ihn annahm. Kine Statue,
zuͤrgerkleidung darftellte, verewigte biefe® Ereigniß. G. verwaltete bie
mit Sanftmuth und Güte. Stets bemüht, fein Volk zu beglüden,
7. Sabre feiner Regierung. Ihm folgte fein Bruder Diero, M.
tung beißt in der Muſik die Dauer der durch Noten bezeichneten Töne
Verhaͤltniſſe der für die Zonftüdde angenommenen Bewegung. Jede
ußer ihrem Plage in dem Notenſyſtem, welcher den Ton felbft bezeichnet,
ewiſſe beftimmte Figur nöthig, wodurch ihre Geltung oder Dauer anges
Statt der ehemaligen Geltung der Noten und ihrer Einthellung in
longa, brevis u. f. w. find für das heutige Syſtem eingeführt: ganze,
äge (oder Taktnoten), Viertel, Achtel u. ſ. w. Die Paufen haben mit
in Beziehung auf Dauer der Zeit einerlei Geltung,
:übde, eine Zufage, durch welche man ſich zu einem willkuͤrlichen, von
gefoderten, Verhalten in der Erwartung verbindlich macht, daß daffelbe
nrehm ſei. Manche Geluͤbde beziehen ſich auf einen einzelnen Fall, wie
‚ein Fuͤrſt im Mittelalter einen Kreuzzug gezen die Unglaͤubigen zu uns
gelobte, andre auf eine dad ganze Leber: hindurch zu wiederhofende Hands
wenn Manche 5. B. fid) verbindlich machten, an einem beftimmten Tage
zu faften, oder an einem beflimmten Tage im Jahre Geld unter die Ars
theilen. Die meiften Gelübde find unter der Bedingung, daß man aus
hr gerettet werbe, oder eine Wohlthat von Bott empfange, geleitet wor⸗
ꝛilen aber waren fie auch die Wirkung frommer Dankbarkeit und Liebe.
uf der einen Seite unvolllommene Religionsbegriffe hegt, indem er Gott
nfchenähnliches Weſen ſich vorftellt, welches er durch angenehme Dienfte
ad zu der Erfuͤllung ſeiner Wuͤnſche bewegen koͤnne, auf der andern Seite
ommer Geſinnung und lebendigem Glauben an Gottes Regierung durch⸗
t, wird Geluͤbde leiſten. Dem aufgeklaͤrten Gottesverebrer aber wird
den Sinn kommen, ein Geluͤbde zu thun, weil er weiß, daß er zu Allem,
ch gut iſt, auch ohne ein beſonderes Geluͤbde verbunden ſei, und daß Gott
willkuͤrliche Dienſte, ſondern durch einen tugendhaften Lebenswandel ver⸗
und weil er einſieht, daß es thoͤricht ſei, bei der Wichtigkeit und Menge
nlichen Obliegenheiten, ſich neue und unendliche Laſten aufzubuͤrden.
iſtus und die Apoſtel haben die Geluͤbde weder durch Lehre, noch durch ihr
npfohlen. Bei den unwuͤrdigen Vorſtellungen, welche die heidniſchen
den Goͤttern hegten, kann es nicht befremden, daß man den Goͤttern ſo⸗
gang gaT, iſi NIIT DEIJET LH ELIDAB ATIOTEH, JA UDETHRUPT IT einmui
Und wenn Jeſus die an die Menfchheit gerichtete geſetzliche Koderung |
Ausdruck fast: „Seid volllommen wie euer himmlifcher Vater‘, fo
gezweifelt alles Gute und Vollkommene in jedem möglichen Grabe n
in augenfcheinliche Verbindung. Es muß alfo bei jedem Werke der Ü
Beziehung auf das fittliche Gefeg vorhanden fein, fonft iſt es nicht
fhroeige etwas Beſſeres. Aber es foll doc) auch zugleic) Beinen Zuſan
ber gefeglichen Foderung haben, fonft ift e8 Pflicht, und das Entgege
alfo kein Werk der Übergebühr, defien Gegentheil doc audy gut — <
Befferes übertrefibar — fein foll. Diefe® laͤßt ſich nur fo vereinigen
fid) eine Handlung dent, die in einer Hinficht mit der Pflicht zuſam
einer andern nicht, das iſt eine folche, welche dem freien Willen in de
geftellt wird, daß er mit Hinſicht auf feine individuelle Lage erft eine N}
felben auf das Gefeg für ſich mache, und alfo diefelbe frei zur Pflicht
ſolche Vorftellung heißt ein moralifcher Rath. Alſo nur eine Hand
Gegenftand eines guten Rathes ift, ift auch der Gegenftand eines G
nur eine folche hat bie zum Begriffe eines Werkes der Übergebuͤhr get
male. Cine anräthige Handlung ift einerfeits nicht pflichtmäßig und.
aber doch andrer Seits mit der Pflicht untrennbar zufammen. Si
ſich von der Pflicht, denn bei der Pflicht wird die Handlung [yon in
Beziehung aufdas Gefeg dem Willen zur Befolgung vorgelegt, bei de
es demfelben überlaffen, erſt eine wirkliche Beziehung für fi zu m«
Pflicht kommt e8 ferner eben nicht immer auf Individuelle Umftände
Mathe aber iſt die Hinficht auf die Individualität weſentlich und nott
anräthige Handlung hängt aber doc) in zwei Ruͤckſichten mit dee Pfli
erftens in Nückficht der Prüfung. Wer einen guten Rath erhält, |
benfelben auf fich zu beziehen und zu erforfchen, ob, und inwiefern eı
fam fei; ficher wuͤrde Derjenige nicht moralifdy gut handeln, der es ſic
machte, jeden ihm gegebenen Rath ungeprüft abzuweifen. Der Ra
auch zweitens mit der Pflicht zufammen in Anfehung des Verhaltene
ter Prüfung ; denn wer einen ihm gegebenen Rath nad) gewiſſenhafte
für fein Heil erfprießlich gefunden hat, ift im Gewiſſen und vor ©
nonfelhen zıı orarsıfon. Inmıs sr narnflirhtot Hit. Beinen Gohrauch bavı
Gemälde Gemein 573
de zu halten. Schon im alten Teſtamente ift dies außgefprochen. Die Ges
be werben in feierliche — die Öffentlid) vor der Kicche abgelegt werben — und ein:
e abgetheilt. — Es gibt indeffen auch Faͤlle, wo die Verbindlichkeit der Geluͤbde
t einteitt oder erlifcht: 1) durch irritatio, „kraft welcher Der, welcher das Recht
‚ die Handlungen des Selobenden zu beſtimmen — wie der geiftliche Obere, der
usvater, der Ehemann — das auf Gegenftände feines Herrfchaftsrechts einwir⸗
de Geluͤbde des Untergebenen vernichtet; 2) wegen Mangels der Materie, wenn
yon veränderter Uinftände die gelobte Handlung phyſiſch oder moraliſch unmöglidy
%; 3) wenn die Endurfache des Geluͤbdes aufhört, wenn der Gelobenbe ſich
zeugt, daß das Gegentheil der angelobten Handlung pflichtmaͤßig werde, folgs
das Gelühde mit gutem Gewiſſen nicht mehr gehalten werben könne. Damit
er der Menſch, der fich einmal durdy ein Geluͤbde eine befondere Verbindlichkeit
fyrlegt hat, ſich in f. Überzeugung von dem Aufhören der Endurfache des Gelüͤb⸗
Snicht täufche, iſt die Eicchliche Beftätigung einer ſolchen Überzeugung erfoderlich,
wie man Dispenfation nennt. Es bedarf derfelben nicht, wo der Gelobende -
Bu aagelobte Werk in ein offenbar beffereö verwandelt, wol aber, wenn er e8 in ein
Bid gut ſcheinendes oder geringeres ummanbeln will. Die Dispenfation gefchieht
aden Kircchenobern, fünf Geluͤbde find aber dem Papfte zur Dispenfation vorents
km: 1) das Geluͤbde der ewigen Keuſchheit; 2) das Geluͤbde, in einen geifffis
Drden zu treten; 3) der Wallfahrt nach Rom ; 4) der Wallfahrt nad) Com⸗
; 5) des Kreuzzuges (mas man votum ultraınarinum nennt). — Es find ges
Sabre des Alters zur Gültigkeit der Kloftergelübde von der Kirche fowol, alß
in vom Stante feftgeftellt worden, Auch hat in mehren Ländern der Staat
Ablegung der Kloſtergeluͤbde gaͤnzlich verboten. V. e. Kath.
Gemälde, ein Werk der Malerei, d. h. der Kunſt, welche ſichtbare Gegen⸗
mit ihren eigenthuͤmlichen Formen und Farben auf einer Flaͤche darſtellt.
Rundung, Beleuchtung, Schatten und Licht, Haltung, Helldunkel muͤſſen
Darſtellungen angewendet werden, ſind aber der Malerei nicht ausſchließ⸗
gen, weil auch die bloße Zeichenkunſt ſich derſelben bedient. Die Zeichnung
die Grundlage der Malerei; werben aber alle jene Öegenftände durd) Far⸗
ruͤckt, ſo wird die Zeichnung zum Gemälde. Die Farbengebung (das
) ift demnad) ganz eigentlich das, was ein Gemälde zum Gemälde macht,
daſſelbe durch fie allein nicht zum Werke fhöner Kunft wird. Die Malerei
als ſchoͤne bildende Kunft Ausdruck Afthetifcher Ideen durch Bilder, und
bat man bei der Schägung eines Gemaͤldes auf Compofition, Zeichnung und
nicht weniger als auf bie Sarbengebung zu achten. Nur durch Beobadıs
aller diefer Punkte wird das Gemälde zum Bilde, welches ſtets zweierlei Eigen⸗
haben muß, artiftifche und Afthetifche., Durch die artiftifchen werden die
itsfoderungen für den dußern Sinn, durch die äfthetifchen wird der Schön»
befriedigt. Jene find erfüllt, wenn die Darftellung anfchaulich, rein obs
alfo wahr, in ihrem Wefentlichen treu und in ihren Verhaͤltniſſen richtig ift:
ifche Kuͤnſtler foll aber über diefes Alles uns eine Gefammtanfchauung vers
und und daher durdy feine Darftellung ein gefchloffenes Ganzes liefern, wels
Ins Sinne faßlich und angenehm ift, und das Gemuͤth durch Bedeutſamkeit
t. Bu den Bedingungen der Wahrheit gehört Richtigkeit ber Perfpective,
Bedingungen der Schönheit das Gruppiren und der Contraft, in Figuren,
und Colorit, aber freilich nur ein folcher Contraft, der Einfoͤrmigkeit und
Heiheit verhlitet, ohne der Harmonie des Ganzen Eintrag zu thun. Über das
ere f. Malerei und Sarbengebung. dd.
Bemarte, f. Barmen.
Gemein, wird in Leben, Wiſſenſchaft und Kunft dem Außgezeichneten und
effanten, dem Edlen, oder dem, was feinere Sitten zeigt, entgegengefeßt.
574 | Gemeindeordnungen
Das Gemeine hat kein andres Intereſſe, als Befriedigung der Sinnll
Naturbeduͤrfniſſe; in dem Edlen ſind dieſe dem Sittlichen aufgeopfert,
auf eine Weiſe, die dem Gemuͤth des Beobachters wol thut, weil dieſe A
gen anſpruchles und beſcheiden geſchehen, ohne auf Wiedervergeltung,
Ruhm zu rechnen. Inder ſchoͤnen Kunſt kann man das Edle und dat
auf zweierlei Weife zeigen, entweder fchon durch den Stoff oder durch bi
lung. Künftler, die gemeine Dinge zu Gegenftänben ihrer Darftellur
kann man den Malern vergleichen, die fchon von ben Alten Rhyparograpl
maler, genannt wurden, meil fie Gegenftände darftellten, bie einer d
Wuͤrde unfähig find, Wem faͤllt nicht hierbei all das Freſſen, Saufen
Dimenfchänden, Fluchen und Scimpfen der vormaligen Ritterroman
man für Ausbruͤche Eräftiger Natur hielt! Eben diefe Erzeugniffe des £
Troſſes zeigen aber auch, daß mancher edle Stoff nur durd) die Behandiv
ward. „Ein gemeiner Kopf”, fagt Schiller mit Recht, „wird den edel
durch eine gemeine Behandlung entehren, ein großer Kopf und ein edler
gegen wird felbft das Gemeine zu adeln wiſſen“. in großer Kopf uı
Geiſt! Nicht ohne Grund hat Schiller. Beides mit einander verbunden
großer Kopf, wenn er nicht zugleich auch ein edler Geift ift, kann ebenfall
zum Gemeinen herabziehen. Wir dürfen ja nur an die „Pucelle” von 2
innern. Durd) fie wird ein Unterfchied, den-man unter dem, Gemein
muß, befonders auffallend. Man pflegt nämlich bisweilen in einer poeti
nerifchen, hiſtoriſchen, philoſophiſchen Darftellung Das gemein zu ne
nicht zu dem Geifte fpricht, weil es geiftieer ift, und nichts Andres fag
auch der Ungebildetfte fagen Bönnte, und dies fo, wie es dieſer auch fa:
kurz das Alttägliche, das Flache, das Platte. Dieſes Gemeine kann fiı
edelſten und erhabenften Gegenftände verbreiten, und es entehrt weder d
ftand, noch den Darfteller. Dagegen kann der Darfteller feinen Gege
ehren, wenn er felbft fi) von Seiten bes Geiſtes auch nod) fo fehr auszei
fern wir dabei einen Mangel des feinern fittlihen Gefühl wahrnehmeı
fehen, daß aller Aufwand des Geiftes nur gemacht fei, um die Sinnlich
zen. Diefes ift das wahre Gemeine. In Hinſicht auf den Geiſt ſteht
dings Höher als jenes; auch laffen fich Fälle denken, wo e8 nicht als ver
fcheint, z. B. in gewiffen Arten des Komiſchen. Wahrhaft verächtlich
Niedrige, das immer etwas Grobes und Pöbelhaftes bezeichnet, Rohhi
fühte, ſchlechte Sitten, verächtliche Befinnung. Das Gemeine ift bloß
das Nirdrige dem Edlen und Anftändigen zugleich entgeaengefeßt. Jede
Trieb befriedigen, ift gemein, ihn ohne Wohlftand, Sittlicykeit und
friedigen, niebrig. |
Gemeindeordnungen. In keinem Punkte treffen die bei
parteien, in weldye fi) bie politiſchen Theoretiker der neuern Zeit trennen
fammen als in dem Urtheil über die der Semeindeverfaffung. Denn fo
gen, welche dem Staate zur Pflicht machen, allen Angehörigen eine glei
zu gewähren, als auch die, welche die Zwecke des Ganzen in einer ung!
theilung bürgerlicher Nechte beffer zu erreichen glauben, kommen darin ü
die Gemeinde nächft der Familie den zweiten Ring der großen Kette bil
Staat und Kirche um die Menfchen ſchlingen. Freilich weichen fie in if
ten über die Einrichtung der Gemeinde felbft und über ihr Verhaͤltniß,
Ganzen, als zu ihren einzelnen Mitgliebeen, wieder ebenfo fehr von eina:
überhaupt in ihren Grundfägen vom Staat und den Anfprüchen ber Bü
Hiftorifeh ift die Entwidelung der Gemeindeverfaffung einer der größten
des menfchlichen Geſchlechts geweſen, und hat ſich in verfchiedenen 3
Keim und Wiege echter Freiheit bewiefen. Durch fie ift in den ältefte
AB. !
emeindeordnungen 975
tammwerfaſſung gefprengt worden, welche ſich aus der natürlichen Verbindung der
milie entwidelt, aber zu unnatütlicher Befchränttheit u. Einfeitigkeit geführt hatte,
under Famille bleibt das individuelle Intereſſe vorherrfchend; felbft wenn fie fich
a Stamm erweitert hat, wird immer nod) Alles aufihre befondern Zwede und
Iertheile bezogen. Das Haupt des Stammes, der Patriarch, erhebt fich zu einer
nbefhränkten Herrſchaft; im fernen Verlaufe werden alle Belchäftigungen erblich
mie die Zweige des Stammes vertheilt; es entitehen ſtarre Kafteneinrihtungen,
wei Grab aller echten menſchlichen Ausbildung, weil dadurch jedes individuelle Aufs
wem vernichtet, und Feder mit allen feinen Neigungen und Anlagen in einen ens
mafrfgefchloffenen Kreis gebannt wird, Daß der urfprünglich ältefle und regie⸗
Zweig des Stammes, die Priefterkafte, von tiefem Plage meiftentheil® durch
epseite Ordnung, die Kafte ber Krieger, verdrangt mich, ift eine fo natürliche
daß fie faft ahne Ausnahme überall eingetreten ift, ro die Stammesverfafs
die Grundlage des Volkslebens geblieben ift, und fie läßt ſich daher nicht nur im
a Ighpten und unter den Hindus, ſondern auch auf allen Inſeln des indifchen
6, in Fapan, und jelbft in Griechenland und den Älteften Zeiten Noms, wie
den Völkern gälifcher Abkunft mit großer Deutlichkeit wahrnehmen. Auch in
Stellung der germanifchen Priefter zu den Kriegern und Häuptlingen glauben
Bei, 5. B. Eichhorn, eine Spur jenes erblidyen, urfprünglidy mit dem erften
se und der Derrfchaft bekleideten Prieſterſtandes zu entdeden, und wahrſchein⸗
zit vollem Rechte. Diefe Stammesverfaffung mit der damit verwandten pas
chaliſchen Regierung und erblichen Priefterherrfchaft, und feiter Kaſteneinrich⸗
gift das Erbtheil der aͤlteſten Völker, gleichſam des erften Sefchiebes von Staas
, weiches fich Über die Erde ergoffen hat. Mit ihr iſt gewoͤhnlich ein gemeins
iches Eigenthum ded Stammes an Grund und Boden verknüpft, welches
meiftens auf das Haupt ded Stammes, urfprünglicy als Repräfentanten des
en und zur billigen Vertheilung unter die Angehörigen, fpäter aber als alleints
wahren Grundeigenthümer übertragen toorden ift. So auf den indifchen In⸗
and unter den Bewohnern der ſchottiſchen Hochlande, unter welchen fich übers
tin Europa die alte gälifche Stammverfaſſung (in ihren Clans) bis auf die neus
B Beiten erhalten hat. Es iſt leicht zu erklären, bag eine folhe Stammortfafs
B für unternehmende Beifter etwas fehr Drückendes haben mußte, und daher haus
Bumanderungen veranlaffen konnte. Indem fich ein Haufen fühner Abentens
allen Kaften an den Kührer anſchloß, konnte hier die alte Abfonderung berfels
ehenfo wenig beibehalten werden, als fie bei denjenigen Völkern ferner beftchen
2, über welche die einmwandernden Sremdlinge durch Waffengewalt oder höhere
ee einen bedeutenden Einfluß gewannen. Die innere Geſchichte der griechifchen
und Roms zeigt einen lange fortgefegten Kampf zwifchen ber alten Fami⸗
rfaffung umd dem Herrſchaftsanſpruche derfelben auf der einen, und der Ges
jerfaffung mit gleichen Rechte aller feibftändigen Hausvaͤter auf der andere
ſe, weicher ſich erſt nach mandyem ſchwererrungenen Siege (zuerſt dem faſt gleich⸗
en in Athen und Rom, welcher die Eintheilung der Bürger nah Stämmen
ine Eintheilung nach Vermögensclaffen erfegte) mit einer gänzlichen Vernich⸗
Bder erſten endigte. Voͤllige Freiheit des Srundeigenthuns von aller Befchräns
Bau Gunſten der Samilien, und gleiches Erbrecht der Frauen war in Rom eine
ichtigern Folgen diefer Weränberung ; allein der Sieg der Gemeinde Über ‘die
&ıme führte aud) beinahe unmittelbar den elgnen Untergang der erften in Anfes
a des Öffentlichen Rechts herbei. Sie entriß Senen nur die Herrſchaft, um folche
Nietatoren, Triumvirn und endlidy an bie Imperatoren für immer zu verlieren.
regen hat ſich unter den germanifchen Völkern die Gemeindeverfaffung, wie fle
Nnfang an bie Brundlage ihrer neuen Staatenbilbung geweſen ift, aud) dem
m nad) bis in die neuelten Zeiten erhalten. Das Gefolge, welches ſich freiwil⸗
.-
Pa
THEUUNGEN EINES ATIEHETHAUFENE VOTILEULEN, da NUT Hiet die Zayien
hundert ſtreng gehalten werden tonnten, aber audy nachher, ale n
erworben worden war, die Örundlage der geographifc) = politifchen |
Zehntſchaften, Hundertſchaften und Grafſchaften wurden oder bliebe
Männer dieſer Landgemeinden ſtanden unter einander in einer fo enge
bag Einer für den Andern baften mußte; fie hielten unter einander
wählten ihre Vorſteher ſelbſt. Nirgends hat fich diefe Gemeindeve
halten wie in England, obgleich fie audy in den andern germanifchen
gende ganz untergegangen ift. Die freien Männer der Graficyaft t
Grafichaftsgemeinde, deren Vorſteher der Alteſte (Caldorman, Come
ernannt, der zweite Beamte aber, der Einnehmer der koͤnigl. Gefäl
(Shire-gerefa, Graͤve, Graf, jegt Sheriff, buchſtaͤblich der oberdeutfi
exactor) früher von der Gemeinde erwählt wurde. Die in den G
freuten koͤnigl. Burgen waren mit einer Burgmannfchaft befegt, m
den Zehntfchaften verfchiedene Burggemeinde ausmachte, die ebenfi
Männern (Adelige) beftand, und fowie die Grafſchaftsgemeinde die t
beſchickte. Anfänglich fcheint auch bier dasjenige Grundeigenthum,
dem Könige zufiel, ober den Angefehenen feined Gefolges zugetheilt w
Deeigenthum gewefen zu fein, deflen Looſe nur den waffenfähigen '
Theil werden konnten: das Gemeingut, Allode, Folkland, Recsel:
ſachſen, Salland der Franken; wogegen das Derrengut, Thanelc
der Angelfachlen, nur an die Leute des Königs oder der Kandesherren
bindlichkeit beſondern perfönlichen Schorfams verliehen wurde. D
bindung des Königs und der Großen mit ihren Vaſallen drohte aller
freie Gemeindeverfaffung wieder zu zerftören, da fich bald außer ihr k
gegen Gewalt und Unterdruͤckung mehr fand; allein dennoch find vo:
an die Gemeinden auf mehr als einem Wege wieder empor gekomm
durch den aufblühenden Wohlftand des Handels und der fädtifchen |
Theil aber durch die ritterlichen Burggemeinden, welche ihre Freiheit
ten, und um welche fich fehr oft gewerbtreibende Bürger fammelten,
terhin ihre frühern Beſchuͤtzer häufig verdrängt haben, hier und ba
ihnen verfhmolzen worden find. Beſonders In England find noch b
Nialan Fehharn VorhAltnilfs ansmtroffen inham anf ihnen his norfchishe
Gemeinbeorbnungen 577
erworben, welche bie urſpruͤnglichen alleinigen Beſitzer ber ftädtifchen Cor⸗
Irechte waren. Das Stimmrecht haftet daher in den Cities meiftens an den
ihäufern und Bürgeriehen, und in ihnen ift eine beträchtliche Zahl von uns
‚en Stimmberechtigten vorhanden ; in den Boroughs hingegen ift es bald
neines Recht aller Einw. der alten Burgfreiheit getvorden, bald an gewiſſen
m haften geblieben. Da biefe Burgen zur Vertheidigung des Landes und
l. Anfehens angelegt wurden, fo erlärt fich aud) daraus, warum in den
ovinzen, befonders in Cornwall, ungleich mehr berfelben vorhanden find als
a Theilen des Landes. Auch in andern europäifchen Ländern hat die ſtaats⸗
Ausbildung der fädtifchen Gemeinden im Ganzen einen ähnlichen Gang
mn, wenn audy die von Eichhorn gegebene geſchichtliche Darftellung biefe®
nicht von allgemeiner Gültigkeit ift. Die Burgwardeien, welche man im
ch. in Meißen und Brandenburg antrifft, find den englifchen Borough® zus
nabe verwandt, ſowie die von ber Nömerzeit noch übrigen großen Städte
ntftehenden in Abſicht auf Verfaffung und ftädtifche Freiheiten (libertas
) ein großes Vorbild waren. Überall haben biefe ftädtifchen Gemeinden
entenden Antheil an der landſtaͤndiſchen Repräfentation genommen, wozu
von alter Zeit her noch übrigen Begriffe von dem Weſen und den Beftands
iner Landgemeinde ebenfo großen ober größern Antheil gehabt haben als bie
rlich erfundene, fo gänzlidy unrichtige Anficht von einer Repräfentation des
genthums. Nur in England aber find die Burgmannfchaften mit ben
utöbefigern des Landes (der Ritterſchaft) in einer Kammer vereinigt geblies
L fie von Anfang an zu ihr gehörten, während ſich in andern Ländern bie
aft mit den größern Vaſallen verfchmolzen und von ben Städten getrennt
ber faft überati hat die ſtaͤdtiſche Hepräfentation des Landes ihre urfprüngs
wutung verloren, wozu fehr verfchiebenartige Urſachen zufammen gewirkt
Die wichtigfte darunter ift der elgne Innere Verfall der ftädtifchen Gemeins
ung. Hierzu rechnen wir nicht den Sieg, welchen das bürgerliche Ges
de Zünfte und Innungen nach und nad) Über die ritterlichen Gefchlechter
all erfochten haben; denn in ihm hat ſich erſt der wahre bürgerlichsftädtifche
z ausgebildet und der auf Arbeitſamkeit und ſtrenge Ordnung gegründete
nd dee &:ädte befeſtigt. Wol aber hat die Werfaffung meiftentheils eine
ehrte Richtung darin genommen, daß ein Magiftrat eingefegt wurde, wel⸗
: Stellen auf Lebenszeit behielt, und feine abgehenden Mitglieder durch eigne
erſetzte, die denn natürlich gewöhnlich auf Verwandte und Befreundete
Henn in großen Städten ber großartige Charakter des bürgerlichen Ver⸗
d das Republikaniſche, welches ſich dabei häufig erhielt (tie in den deutfchen
fpten und den geößern Städten der übrigen Länder) jenen Mißbrauch bins
er feine Kolgen minderte, fo arteten fie dagegen in den Heinern Orten in
chraͤnktheit und Engherzigkeit aus, welche fid) den Namen des Kieinftädtis
yorben bat. Darunter ging aller wahre Gemeinfinn verloren; die Mißs
d Die Unredlichkeit der ftädtifchen Verwaltung vernichteten den MWohlftand
n Bürgerfinn, und man wird nur fehr wenige Städte in Deutfchland fin
nicht über Verfchleuderungen eines ehemaligen bedeutenden Stadtvermoͤ⸗
agt werben könnte. Diefe Gebrechen der Verwaltung und die häufigen
der Bürgergemeinde und ihrem Magiſtrat entfichenden Etreitigkeiten zogen
erkſamkeit der Regierungen um fo mehr auf ſich, als aud) ein andrer Zweig
eindeweſens, die Nechtspflege, fich von feinem früheren Charakter gaͤnzllich
satte. Sie war ben Händen der Bürger durch die zunehmende Künftlichs
dechts entnommen worden, und an Beamte übergegangen, welche ihr fels
ıng und Vertrauen zu gewinnen verftanden. Die ſtaͤdtiſchen Beamten
er Kegel nad) ſchon nicht mehr al echte Vorſteher einer Gemeinde betrach⸗
sEex. Glebente Aufl. Bd. IV. 37
Wereinigungepunft 34 geben, Innen eine thätige Einwirkung auf
des Gemeinweſens beizulegen und durch diefe Theilnahme Gemeiı
und zu War auf dieſen Zwed ift fie in allen ihren Theilen «
berechnet. überhaupt der Staat, ohne ſich einer Immer verb
hertſchaft zu later doc) auch dem Beringften das Gefühl geb
als Menſch und Bürger geachtet, und fein Recht ebenſo heilig un!
als das Recht des Vornehmften: fo iſt das Grundgefeg der neuen
daß ein Jeder, welcher einen bleibenden Wohnfig in einer Gemein!
entweder als Schugverwanbter ober als wirklicher Bürger weſen
muͤſſe. Grundeigenthum in dem Stadtbezirke und der Betrich ſtaͤl
tönnen ohne Erwerbung des Buͤrgerrechts nicht erlangt werden, unt
‚gern wird in ihrem Werhältniffe zur Gemeinde weder durch Stand ı
mögen irgend ein rechtlicher Unterfchieb begründet. Auch die Borı
den Buͤrgereid teiften, müffen in den Bezirksverſammlungen der B
müffen ftäbtifhe Ämter und Aufträge übernehmen, zu den ftäbti
. beitragen unb bie perfönlichen Dienfte felbft oder durch „Stellurrtre
dena Stimmrecht bei den Wahlen, in der Fähigkeit zu flädtifchen A
Vermögen gar feinen Unterſchied, nur die unangefeffenen Bürger
dem Amte eines Stabtverorbneten fähig zu fein, eine gewiſſe reine
Capitalvermoͤgen befigen. So find im Bürgerthum alle Giaffen ı
Staats mit einander vereint und einander gleich, der Geringe fühlt
erhoben, ohne daß ber Höhere heradgefegt würbe. Im der Verw
feggebung und Vollzlehung auf eine hoͤchſt zweckmaͤßige Weife geori
ſteht dem Collegium der Stadtverorbneten zu, welches von und au
Buͤrgerſchaft erwaͤhlt wird, und deffen Perfonenzapl nach Verhättr
nerzahl von 9 bis zu 100 verſchieden iſt. Die Stabtverorbneten |
im Amte, ſodaß jährlich der dritte Theil erneuert wird. Sie beftı
feat, und ſtellen überhaupt in jeder Beziehung bie Gemeinde vor, w
ihre Handlungen (Befchlüffe, Anleihen, u. ſ. w.) verpflichtet wird.
welcher immer einen befoldeten Buͤrgermeiſter an ber Spitze hat, un
nigftens aus einem befolbeten Kämmerer (in gröfern Stäbten auch
ftändigen befoldeten Stadträthen und vier bis funfzehn unbeſolde
KAlLe has hin namen, ——]
Gemeindeordnung in Balern u, a. Provinen 579
ne Beifklichkeit zugezogen werden. Unter dem Magiſtrat ſtehen die Bezirks⸗
eeher, unbefoldete Beamte, welche von ben Stabtverordneten auf 6 Jahre ers
Itwerden, um in ben Stabtbezirken die Eleinern Angelegenheiten unb die Con⸗
Ke der Pollzeianordnungen zu beforgen. Die Staatsregierung bat fi nur Be⸗
kigung der angefehenen Beamten, und bie oberfte Aufficht über bie Rädtifche Ver⸗
Kung, befonders die Prüfung und Abflelung der Befchwerden über das Gemein⸗
wien vorbehalten, und auf biefe Weiſe allerdings das größte Hinderniß eines
spdtigen Gemeinſinns entfernt. Denn biefer kann ſich nur ba erheben, wo ihm
iſtelet Wirken fire gemeinnüsige Zwecke geftattet if. Die Menfchen können zu -
um Verke wahre Liebe faflen, was fie nicht als ihr eignes betrachten können;
biacch freiwillige Leiftungen fuͤr das Allgemeine muß ſchon darum mehr ausge⸗
het nerden, weil fie nicht nad einem Maßſtabe ausgefchrieben werden, welcher
(de Minimum bes Bedürfens, ſowie der Beitragsfähigkeit berechnet werden muß.
Was von den ftädtifchen Gemeinden gilt, ift auch auf Dörfer und Landger
laden anwendbar, und auch hier iſt e6 fehr wünfchenewerth, daß fie ein Vers
Immgöpundt für alle Glaffen der Stantsunterthanen werden mögen, im welhem .
Id fonft unvermeidlichen Spaltungen auflöfen. Die Verhältniffe des Lands
uns find einer Veredlung ebenfo fähig als beduͤrftig, fie kann aber wie alle3 wahre
\deuerhafte Gute nur aus dem Innern der Menfchen durch Anregung eines freis
Btrebens entwidelt, nicht von Außen durch Gebot und Zwang bineingetragen
kn, Auch hier wird num eine wohlgeorbnete Gemeindeverfaſſung, welcher die
ntsregierung manchen Segenftand ihres biöherigen Waltens, wie in der preuß.
derordnung gefchehen, zuruͤckgibt, das vechte Mittel werben, jenen Gemeinfinn
eden und zu erhalten. Aber gleichzeitig gehört dazu als innere Bedingung eines
den Eräftigen Volkslebens die Sorge für bie Erziehung und den Unterricht bes
durch verbefferte Dorffchulen, und ale äußere Bedingung eine firenge, durch
Anfchen der Perfon gehemmte Rechtspflege, Fuͤr die Verfaffung der Lands
inben, vornehmlich aber für die Verbindung derfelben in größere Kreisgemein⸗
den engliſchen Graffchaftsgemeinden in gewiffer Art ähnlich, ift durch das k.
Edict vom 30, Juli 1812 der erſte Schritt gefchehen. Die innere Einrich⸗
Idee Dorfgemeinden, ſowie ber Städte ift darin zwar die biöherige geblieben,
eine neue, bis jetzt noch nicht erfchienene Communalorbnung verheißen worden.
Reife find bei weitem Heiner als bie englifchen Grafichaften, die ganze Monars
Hupe deren 338, im Durchſchnitt kommen alfo auf einen jeden nicht volle
00 Einw. Die größern Städte bilden Kreife, wie in England Graffchaften
4. An der Spige der Kreisverwaltung fleht der von der Staatsregierung ers
Rreisdirector oder Landrath, und an deſſen Seite, ober unter ihm, 6 Depus
6 Kreiſes, weiche durd) Wahlherren ernannt werben, die von den Städten,
herrſchaften und Dorfgemeinden in gleicher Anzahl erwählt find. Jeder diefer
de hat 2 Deputicte. Die Gefchäfte und Befugniffe der Kreisdeputationen
m woch nicht definitiv geordnet zu fein. Kür die Gemeindeverfaffung ber
yinzen iſt ein Anfang in dem neuen k. preuß. Ebict über die Iandftändifche
ung der Monarchie vom 5. Juni 1823 gemacht worden, da den Provinzials
w auch die Gommumalangelegenheiten der Provinz Überlaffen werben follen.
dies zur vollen Ausführung kommt, fo wird das ganze Verwaltungsſyſtem
mb verändert werben, ba die Regierungen einen großen Theil ihrer biöherigen
Ifte an diefe Provinzialftände werben abzugeben haben.
Die preuß. Städteorbnung ift in mehren andern beutfchen Staaten zum Mus
somsmen worden. Vorzuͤglich in dem bairiſchen Edict über die Verfaffung
mwaltung ber Gemeinden vom 17. Mai 1818 (Döllinger’3 „Repertorium der
Suerwaltung des Königreichs Baiern”, 2. Suppt., 1819), welches ſich auf
erftedt. Auch in biefem Edicte ift bie bei Verwaltung
7 ®
Landesdeputirten erfobert werde, mag in der Orbnung fein, aber
Niemand fähig fei, ein ftäbtifches Amt zu bekleiden, wenn er nicht
fien begliterten Thelle (dem hoͤchſt beſteuerten 4, 4 ober 5, der (mm
deglieder) gehört, ift eine Beſtimmung, welche, fo häufig fie auc
Zeiten gefunden wird, doch weder auß allgemeinen Grunbfägen no
fahrung gerechtfertigt werden kann. Was Cicero fagte: „Es gib:
here Staatsverfaffung als die, in welcher bie Reichften für die X
noch heute ebenfo wahr als vor 2000 J., und ein Erfahrungsfag,
ſte Autorität, den Ausſpruch Chriſti felbft, fuͤr fich hat. Mit trel
bat Peſtalozzi inf. „Lienhard und Gertrud" eine Dorfgemeinde gı
von ben Reichen beherrſcht und gemißbraucht wurde, bis ein edler ın
here auch bie Armen und Redllchen in ihr natuͤtliches Recht einfegte
derung gilt nur mit veränderten Formen auch von einer jeden geöf
Gefellfchaft, in welcher Verſtand und Rechtſchaffenheit geringere U
gut oder ſchiecht erworbenes Vermögen. (6 ift aud) nicpteinmal ı
thum eine Buͤrgſchaft für wahre Anhänglichkeit an die beftehenbe €
ſel. Auerdingẽ finden eingewurzelte Mißbraͤuche meiftens die waͤt
ger bei Denen, welche bie meiſten Vortheile von ihnen ziehen, und
fidy die Reichen gern um die Inhaber der öffentlichen Macht, ganz
find Leicht zu irgend einer Störung der öffentlichen Ordnung zu verl
wahre Bübung, Kraft und Bluͤthe eined Volks liegt in ber Mitte.
teiftande eines Volkes, hat von jeher alles Edlere, alle echte Aufti
ſchaft, Kunft, Maͤßigkeit und Gerechtigkeit, kutz Alles, was dem
ſchen einen höhern Werth und Reiz gibt, feinen Sig gehabt. We
biefe Wahrheit auch den Sinn verfcpließt, und nur fragt, wer am
Staat thut, fo find es abermals nicht die Reichen und nicht Die ganz
der Stand der Heinen Orundbefiger und die gemerbtreibenden Bl
felien die ‚Deere, fie geben die Steuern fo gut wie allein, und auf it
Zapferkeit allein ſiehen die Staaten feſt.
Gemeingefuͤhl iſt die Empfindung des innern Zuftant
Semeingeift Gemeinpeit 581
er außgebreitet find, ihren Urfprung aber nicht, wie bie Sinneönerven,
fondern in den Nervengeflechten bes Unterleibe, ober dem fogenannten
tem haben. Die Belchaffenheit diefer Nerven bringt es mit ſich, daß
e des Gemeingefühle nur dunkel, unbeflimmt find. Eben von diefer
8 Eindrucks rührt auch ber Name des Gemeingefühls her, um es fo
on Some des Gefühle zu unterſcheiden. (Wal. Gefuͤh und
ſyſtem)
eingeiſt. Die thaͤtige Theilnahme der Bürger an dem Ganzen der
ſchaft heißt der Gemeingeiſt. Er iſt nur da vollkommen vorhanden,
einde ſelbſt bie Angelegenheiten ber Gemeinde beſorgt, und praktiſch
tegieren und Verwalten legt. Nur dadurch, daß der Bürger Hand
yaltung legt, lernt er fie kennen, und indem er das Gemeinweſen
lernt er es lieben. In einer Monarchie, in der die Geſetzgebung oͤf⸗
das Minifterium genöthigt ift, fletö nad, Geſetzen zu regieren, iſt ber
die belebenbe und erhaltende Kraft des Staats. (S. Staats ver⸗
einheit, Gemeinde (Commun), bezeichnet balb eine geſell⸗
ereinigung mehrer Perfonen zu einem gemeinfchaftlichen, fortbauern⸗
Staate gebilligten Endzwecke, bald das einer foldyen Gemeinheit eis
zuftehende Vermögen und die Gemeinheitögüter, Es gibt verfchiebene
emeinheiten, 3. DB. Geiſtliche, Innungen u. f. w., und alfo auch
Arten ihres Vermögens. Dier ift nur von Lands oder Dorfgemein-
7 Vermögen die Rede. Als Geſellſchaft Haben fie alle Rechte und Bes
aus der Natur und dem Zwecke ihrer Verbindung herfließen. Der
Mechte find theils die Geſeze und Verleihungen bes Lanbesheren, theils
Erwerbungstitel. Als moralifche Perfon hat bie Gemeinde diefelben
yaffiven Nechte, welche einzeinen Bürgern und Menfchen im Staate
infofen fie nur möglicher Weife von ihr ausgelibt werden koͤnmen, und
inen Unterfchied zroifchen einer moralifchen Perfon und einzelnen Mens
t haben. Die Gemeindeglieder als moralifhe Perfon, geniefen bie
Rinderjährigen oder Unmündigen (Pupillen), fie innen zu Erben eiw
1, Verträge fchließen, daraus Elagen und verklagt werden; ferner has
‚echt, ein gemeinfchaftliches Vermögen zu befigen, zu erwerben, unb
mg Ihrer Erhaltungskoſten eine Gemeindecaſſe zu führen, Dorfſtatu⸗
meindeorbnungen (Bauernfprachen, Bauernköhren) zu machen und
r zu beftrafen u. ſ. w. Allein der Begriff eines wirklichen Gemeinde
Ruͤckſicht auf den Genuß und die Befchwerden, bie Gemeinheitöuon
ften, ift nicht in allen Orten glelch. In der Regel find in den Doͤr⸗
migen wahre Gemeimbdeglieber, welche zum Betriebe bes Ackerbaues
zucht einen Bauernhof, er fei groß oder klein, befiken und bearbeiten.
bme an den Semeindevortheilen und Beſchwerden richtet ſich alsdann
h der Größe und dem Umfange des Gute, oder nady dem Herkommen.
aher bie abelig freien Gutöbefiger, die Prebiger, Schullehrer, Forſt⸗
e bloßen Brinkbefiger, Anbauer, Häusler, Häuslinge und Miethbe⸗
als wirktiche Mitglieder der Gemeinde in obiger Ruͤckſicht anfehen,
ver Mitgenuß an den Gemeindegütern und Wortheilen, vermöge eines
:stitels, 3. B. Vertrag, Geſetz, rechtliches Herkommen, Verjährung
yt beſonders eingeräumt, oder von ihnen erworben worden iſt. Aus
n Verbande mit der Gemeinde pflegen indeß die adeligen Gutsbeſitzer,
nn ihre Güter urfprünglich aus pflichtigen Höfen zufammengefebt find,
und Schullehrer an den Gemeinheitsvortheilen mit den wahren Ges
m einen verhättnißmäßigen Antheil zu genießen, die Übrigen genannten
wur meiftens an der Gemeindeweide einen eingeſchraͤnkten Mitgenu$ au
O
—
582 Gemeinheitstheilung
haben. Hierbei aber beruht faſt Alles auf ber Verfaſſung einer jeben einze
meinde. Das Vermögen oder Gemeinheitsgut einer Gemeinde iſt [ehr ven
und das Eigenthum daran gehört der ganzen Gemeinde als einer meoralifı
fon oder juriftifchen Einheit. Die Güter derfelben find in Ruͤckſicht ihrer
mung ober ihres Gebrauchs und des von den Semeindegliebern daraus zu
Nutens zweifacher Art: a) Grundſtuͤcke, Holztheile, Obſtpflanzungen,
lien, Pachtgelder, Zinfen und a. dal. Einkünfte, welche das
meinde derfelben ausmachen, woraus alle Bedürfniffe ber Gemeinde, als
talifchen Perfon beftritten werden, 3. B. Kriegöfteuern u. ſ. w. b) Gem
und ‚ oder Anger und Lehden, Zehnten, Haiden, Moore,
gemeine Bolzungen, Maftungen, Wege, Stege, Bruͤcken, Brummen
| Teiche, Baͤche, Fiſcherei, Jagd, Mühlen, Schmieden, Bad: und Br
Bier: und Branntweinſchank, Gottesäder oder Kichhöfe, Kirchen,
u. ſ. w., weiche insgeſammt gemeines Gut ober öffentliche Sachen einer
heit im engern Sinne genannt werden. Die Verwaltung der Gemein!
gefchieht nach den daruͤber vorhandenen geſetzlichen Vorſchriften ober dem
men jeder einzelnen Gemeinde, und es muß darüber jährlich eine Gem
nung abgelegt werben. Da ſaͤmmtliche Gemeinheitögüter die Rechte t
von Unmünbdigen genießen, fo tft auch bie Staatsregierung Obervormunt
felben, und es muß baber dem Staate daran liegen, daß diefe Güter zu
der Gemeinheit auf die volllommenfte Weife benugt und erhalten werd
Bemeinheit kann deßwegen ohne obrigkeitliche- Beftimmung ihre Güter ı
Händen noch veräußern, und ſeibſt die Mehrheit ber Stimmen der Gen
der iſt hier nicht rechtsguͤltig.
— Gemeinheitstheilung ober Aufhebung ber Gem
Da ber gemeinfchaftlicdhe Gebrauch von Gemeindeguͤtern immer nur ei
trage mäßige Benutzung erlaubt, fo iſt man in mehren Staaten zu ihrer 2
ober Theilung gefchritten. Die Aufhebung und Theilung der Gemeint:
iſt aber von zweifacher Art. Die eine befchäftigt ſich allein mit der Th
Auselnanderfegung der von mehren Gemeinden bisher gemeinfchaftlich
und benupten Raͤume oder Bezirke umter die babei Ortſcha
man nennt fie daher die allgemeine Gemeinheitsaufhebung ober die ©
tung. Bei der andern hingegen wirb ber einer jeden Gemeinde bei der G
kung zugefallene Antheil, und bie Ihr ſchon ausfchlieglich bisher zugehört
beit unter die eingefeffenen Gemeindeglieder nach ihren verfchiedenen Th
fugniffen einzeln vertheilt. Diefe heißt Die Specialtheilung ober befonden
heitsauſhebung; und infofern mit berfelben die Theilung der Feld⸗ und
meinheit verbunden, und der Ader in Schläge oder Koppeln, wie in M
Holſtein u. ſ. w. gelegt wird, fo entſteht daraus diejenige Wirthſchaftse
welche man die Verkoppelung nennt. Die Generaltheilung muß ber €
lung allemal vorangeben, und man kann beide nidyt zugleich mit einanl
men, weil die Srundfäge, nad) welchen jebe gefchehen muß, verfchieben
iſt zwar dabei ein unabänderlicher Rechtsſatz, daß ein Jeder in quali
(Büte und Menge) Dasjenige, was er bis zur Thellung gehabt bat, wi
ten muß ; aber felten ift es möglich, daß ein jeder gerade biejenigen &
welche er bisher eigenthuͤmlich oder nad) Colonatrechte befeffen hat, ı
pfängt. Im lestern Fall kann der Landesherr, vermöge feines Lande
Oberaufſichtsrechts und bes allgemeinen Wohls, die biäherigen Beſitze
andre Grunbfläde anzunehmen, wenn fie dadurch völlig entſchaͤdigt we
mithin weder in quali noch quanto in Hinſicht ihres vorigen Beſitzes
men. Entſtehen baher vor, während und nach der Aufhebung und Tı
Bemeinheiten Fragen und Streitigkeiten unter den Theilnehmern übe
——— — B "
Gemenge Gemſe 583
Recht, ſo gehoͤrt die Beurtheilung und Entſcheidung nach der Regel
omie⸗ oder Theilungsbehoͤrde, ſondern es muß jede ſolche Angelegen⸗
ichen Rechtsgange verhandelt und vom befugten Richter als wahre
fchieden werden. Iſt hieruͤber Alles berichtigt, dann erſt fchreitet die
d Theilungsbehörde zur Theilung felbft, zu der biefelbe das zu thei-
uͤck geometrifch vermeffen, eine Charte machen, die Vermeſſungs⸗
igsregiſter ausarbeiten, den Xheilungsplan vorlegen und ein Theis
oder einen förmlichen Theilungsreceß entwerfen läßt. Mach volls
ng wird deren Beftätigung vom Landesherrn nachgeſucht. Wie ein
yaft ausgeführt werden foll, erfieht man aus Jacobi's „Befchäftiguns
inheitstheilungsmaterien’ (Banover 1803); f. auch „Die Gemein-
verorbnumg für das Fuͤrſtenthum Lüneburg, mit einer Vorrede von
Ganover 1803) ; „Über die Gemeinheitstheilung und zwar von den
vonad) zu theilen” u. ſ. w, von dem Commiſſair Joh. Fr. Meyer,
e 1801, 4.) und Klebe's „Grundſaͤtze der Gemeinheitstpeitung“
).
nge nennt man auf Blaufarbenwerken die Beſchickung zur Dar⸗
uen Farbe ;- aud) nennt man wol auf den Huͤttenwerken die Beſchi⸗
meinen fo.
en überhaupt Eoftbare Edelfteine, dann insbefondere folche Steine,
liche Siguren eingefchnitten find. Die Griechen und Römer waren
Meifter und ihre Gemmen werden am meiften gefchägt. Die Steine,
aͤufigſten dazu wählten, waren Bergkryſtall, Jaspis, Calcedon, Cars
zlutſtein; dagegen verftanden fie noch nicht, den Diamant, Smas
s zu bearbeiten. Dan f. das Gefchichtliche im Art. Steinfhneis
vorzuͤglichſten Gemmenſammlungen f. m. unter Daktoliothek.
ingen (Dtto Heinrich, Freiherr v.), kurpfaͤlz. Kämmerer, Hoflams
tgl. der kurpfaͤlz. deutſchen Geſellſchaft zu Manheim, privatifirte feit
und feit 1797 zu Würzburg. Er hat ſich befonders durch f. Diderot's
ille nachgebild.Deutſchen Hausvater” (1, Ausg. Münden 1780)
hmliche Stelle unter den deutſchen dramatifchen Dichtern erworben.
» Gemmingen madıten zu Anfang der achtziger Jahre die erſten bes
uche ſceniſcher Darftellungen aus dem Kreife des häuslichen Lebens,
n eine um fo dankbarere Aufnahme, jemehr fchon damals der Ges
ı Wilden und Ausfchweifenden ſich verloren hatte, und die Gattung,
hr Gluͤck entfchied, um die nämliche Zeit in Iffland einen Dichter
chſam für fie geboren zu fein fhien. Weniger bedeutend find G.'s
n.
die einzige in Deutſchland einheimiſche Antilopengattung. Sie
hen Alpen und beſchneiten Felſenklippen in Tirol, Steiermark, Kaͤrn⸗
ſchweiz, im ehemaligen Dauphine, die Apenninen in Italien, die
w. ie liebt die dünne, reine Bergiuft und gewoͤhnlich halten ſich
Iſchaften zufammen. Die Atpenkräuter find ihre Weide. Won den
nancher berfelben bilden fid) indem Magen der Gemfe ſchwarzbraune,
tugeln von bittrem Geſchmack, die man Gemskugeln oder europdis
(fe d.) nennt. Die Jagd der Gemſe ift aͤußerſt befhwerlich, Indem
> ab und uͤber Felfenfpalten hinweg mit unglaublicher Behendigkeit
rohende Gefahr mit ihren großen hellen Augen gewöhnlich frühzeitig
nerkt eine der gefellfchaftlicy weidenden Gemfen etwas Gefährtiches,
‚ einen durchdringend pfeifenden Ton ein Warnungszeichen, flampft
und im Nu ift die ganze Geſellſchaft auf der Flucht. Die Gemſen⸗
: einer Zlinte und einem Waidfad auf dem Rüden, einen eifenbes
Zacyriettern FIOINOJEN chrogen geijentuppen jein Wan. In om
Wallis findet man viele ſoiche Waghaͤlſe, die mit den tiroliſchen u
Bernfenjägern immer im Kriege leben. Ein Gemfenfel twird mit 6
verkauft, und außerdem erhält man nody etwa 10 — 12 Pfund T
ſtarken Thlere. Dies und ber beliebte Braten iſt der ganze Gem
große Gefahr.
Gemuͤth iſt die Stimmung und Richtung des Willens ber (
Sefliht ober bie Seele als Princip ber Gefühle und Neigungen. 4
Semüth auch fuͤr Seele überhaupt genommen; tie wenn man von
Semuͤths, ober Gemuͤthskraͤften redet. — Wie das Eörperliche Geft
fühl und Sinnesanfhauung) dem Menfchen die Wahrnehmung von
als feinem eignen gibt, fo befommt bie Seele durch das innere Gefü
gung ihrer Individualität, die Selbſtanſchauung ihres innerften Sei
Diefes Sein und Leben der Seele ift aber hoͤchſt individuell und bei je
ganz eigenthuͤmlich, iſt dutch äußere Einwirkungen ſowol als durch in
bes Geiſtes ſelbſt beſtimmbat, und wird durch beide fortwaͤhrend beſti
find aber im Allgemeinen ziel Verſchiedenheiten in dem Zuſtande ber
bar, indem er entweber angenehm ober unangenehm ift; daß erfte, v
Hang mit ihren Zwecken, das andre, wenn er in Zwieſpalt mit t
Die Zwecke der Seele find aber entweder die Höhen, d. h. die ihrem“
eigenthuͤmlichen, ober bie niebern, d. h. die Zwecke des phyfiſchen Org
der Sinnlichkeit, bie ihr von demfelben aufgebrungen, ober von ihr
nommen werden. Der hoͤchſte Zweck der Seele ift Vereinigung mi
Gut, ober ewiges Sein in Gott, d. h. Seligkeit. Alles was zu de
hinführt, find die hoͤhern Zwecke der Seele, das wahre Gute, deſſe
das pfychiſche Wohlfein gründet. Die phpfifchen Zwecke, die der S
Erhaltung des Organismus, Befriedigung ber Foberungen beffelben
der finnlihen Sunctionen, zeitliche Sein und Vereinigung mit den
Allee was zur Erlangung beffelben hinführt, bildet die niedern Zwec
das phyſiſche ober finnliche Wohlſeln. Die Seele kann die Höhern ı
Zwecke verfolgen. Die niedern gibt ihr die Sinnlichkeit, bie höhern
welche die Ideen (bie hoͤhern und reinften Begriffe), alfo auch bie vor
msn Ihnen Miele Falhld amembdete Ohamahu hammach Kia Mernmmi
Gemürhsbewegungen Gemüthsfranfheien 585
ver Kacheit des Gefühle der pfuchifchen Indlvidualitaͤt ab. Das Gemäth
ch, werm das Gefühl bes Innern Seins und Lebens der Seele nur dunkel
worren if, ſtark, wenn diefes Gefühl zu einem höhern Lichte emporfteigt.
elbar mit der Stärke des Gemuͤths hängt defim Kraft zufammen, welche fich
Beſtimmung bes Willens zur That dußert. Kin Eräftige® Gemüth beftimmt
Zuftand ſelbſt, und fpricht fich in beftimmten Handlungen aus; ein unkraͤf⸗
Bemüch läßt ſich durch äußere Einwirkungen beftimmen, vermag feine Zwecke
Richtung bed Willens zum Handeln nicht zu verfolgen. Die
8 Gemuͤthes wird durch die Entwidelungsftufen der Vernunft, alfo dadurch
mt, ob die Seele die Erlangung des pfuchifchen oder des phyſiſchen Wohlfeine
Imd ihrer Danblungen macht. in reines Gemüth erwählt und erhält fich
ie höhern Zwecke zum Ziele feines Strebens ; ein unreine® hat die Zwecke ber
Sinnlichkeit zu den feinigen gemacht. Ein unfchuldige® Gemüth kennt nue
khlfein von der Erlangung bes wahren Guten ; ein [chulbvolles wird von dem
Kfein beunruhigt, die Höhen Zwecke den niedern aufgeopfert zu haben, Ein
Semüth findet Befriedigung feines Verlangens nach Wohlfein ſchon In der
schmung und Beförderung des pſychiſchen Wohlfeins andrer Menſchen; em
folgt die niedern Zwecke, auch wenn das Wohlfein anderer Menſchen bas
eſtoͤrt wird. — Semüthlich nennt man einen Menfchen, der, ohne die
dazu zu haben oder zu verrathen, bloß durch feine eigne Gemuͤthsaͤußerung
müth eines andern Menfchen in einen angenehmen und behaglichen Zuſtand
‚ Aber auch Gegenftände, befonder® Kunftwerke, weiche das Gemäth in
mgliche Stimmung verfegen, werben gemüthlid, genannt.
jemüthöbewegungen, f. Affecten. Die Koberung ber Moral,
n feine Gemuͤthsbewegungen beherrfchen foll, infofern die Vernunft dadurch
errichaft beraubt wird, gilt Hauptfächlich von denen, die leicht ins Unmeralis
arten, 3. B. Zorn, Rache u. a. In aͤſthet iſcher Hinficht fuͤhren die, weiche
iſt und Stärke zeugen, wenigſtens einen Schein von Erhabenheit bei ſich,
kann dann wol auch einen eblen Zorn, eine eble Mache geben, die von
che geugenden hingegen gehören mehr in die Sphäre des Anmuthigen 3. B.
enannte ſchmelzende Affeten, wie Wehmuth, Mitleid, Schmerz, der fi
a Troſt verfagt u. A. m. dd.
zemüthskrankheiten find Seelenkrankheiten foldyer Art, bet weis
s ®emäth (f. d.) urfprünglic) leidet und Urfache von beſtimmten Krank⸗
heinumgen iſt. E86 fragt ſich, ob nicht fchon heftige Leidenſchaften aller Art,
ie Ruhe und den Frieden des Herzens flören, und dadurch die Seele in Ver⸗
z bringen, wahre Gemuͤthskrankheiten felen, 3. B. heftige Liebe, Eiferfucht
s. Gewiß aber ift es, daß aus den Leidenfchaften nicht felten Zuftände ent
n, denen man den Namen der Gemuͤthskrankheiten nicht abfprechen darf.
amen bier nur die zwei vorzüglichften, die, wiewol in ein Gebiet gehörig, den⸗
m ganz entgegengefegter Art find, Wahnfinn und Melancholie (Xrübftım).
be macht wahnfinnig und melandholifch, nach dem Charakter und der fonftis
fchaffenheit der Perfon und der Umftände. Auch Stolz und Ehrgeiz Binnen
inn, anhaltender Kummer, Gram über fchrveren Verluſt und gefcheiterte
mgen koͤnnen Melancholie erzeugen. Der Wahnfinn als Gemuͤthskrankheit
erfpannung, ruͤckt das Gemuͤth gleichfam aus ſich felbft heraus, in eine fremde,
Traumwelt, wo nur die Gegenftände feines Begehrens dem wahnfinnigen
h vorſchweben, und Sinn, Verftand und Phantafie, in ben Dienften des
Gemuͤths, aus ihrer Bahn weichen. Die Wahnfinnige aus Liebe fieht ſich
in Geſellſchaft ihres Geliebten, alle ihre Umgebungen ſtehen in Bezug auf
Ganz anders die Melancholie. Der Melancyolifche if roie abgefchnitten von
{t und lebt nur in feinem hohlen, leeren Ich, das durch Drud und Kummer
586 Ä Gendarmen Genealogie
eingeengt, nichts mehr wuͤnſcht und ſucht als den Tod. Tiefe Nadıt ı
ſeinen Geiſt, er fuͤhlt ſich ungluͤcklich, und ſeine Willenskraft iſt erſtorb
dieſer ganzen innern Zerruͤttung Quelle iſt das kranke Gemuͤth. Melan
Wahnſinn ſind alſo in der geſchilderten Beziehung Gemuͤthskrankheiten,
der Geiſt oder das Vorſtellungsvermoͤgen nur mittelbarer Weiſe angeı
(Bol. Geiſteskrankheiten.)
Gendarmen (gens d’armes). So nannte man anfänglid ini
die Maffe des bewaffneten Volks (gens arınata), hernach aber, nady Ei
ber ftehenden Soldtruppen, ein Corps ſchwerer Reiterei, das die Haupt!
Heeres ausmachte und mit Helmen, Kuͤraſſen, Piſtolen, gepanzerten. P
verfehen war. Seit Ludwigs XIV. Zeit behielten fie bLoß Piftolen, Helm
gen bei. Theils verfahen fie den Dienft beim Könige, theild machten fie
Corps der franz. Reiterei aus. Diefes Jeftand aus lauter Edelleuten un
zu den Eönigl. Daustruppen. Die Revolution hob dies Corps auf.
nannte man Gendarmerie ein Corps, das an die Stelle der vormaligen Ma
see, zur Sicherheit der Straßen dienend, eintreten follte. Sie dient zu {
zu Pferde, gehört zwar zum Militair, fteht aber in Dienftgeichäften zur X
der Verwaltungsbehörden. In Preußen hieß vor der neuen Drganifation b
ein Sarderegiment Gendarmes. est werden auch in vielen beutfchen St
ſonders die berittenen Polizeidiener Gendarmen genannt.
Genealogie, die wiſſenſchaftliche Darftellung von dem Urſyr
Kortpflanzung und der Verwandtſchaft ber Geſchlechter, ift eine hiſtoriſche
ſenſchaft. Die genealogifchen Kenmtniffe find in perfönlicher oder rechtlich
bung wichtig, fobald geroiffe aus der Verwandtſchaft abzuleitende Anfprüd
gemacht werden follen; fie erhalten aber auch zugleich hiſtoriſches Intere
nach den Verwandtfchaftsverhäftniffen hiſtoriſch merkwuͤrdiger Perfonei
wird, obgleich der Begriff merkwürdig in biefer Hinficht immer beziehung:
nehmen ift, theil® weil manche an ſich unbebeutende Familie nur bisweil
einer einzigen. Perfon auß ihrer Dunkelheit gezogen werden muß, theils ı
merkwürdige Perfonen oft nur für einzelne Bezirke, Provinzen und Ränder
riſches Intereffe haben. Die roiffenfhaftliche Darftellung der Genealog
in den theoretifchen Theil, welcher die Lehre von den genealogifchen Örundfi
Haupt enthält, und in den praktiſchen, welcher die hiſtoriſch merkwuͤrdigen
ter darſtellt. Gewoͤhnlich wird der legtere nur auf bie fürftl. Familien eing
Der theoretifche Theil der Genealogie geht von dem Begriffe eines Geſchlec
Kamilie aus. Perfonen, die von einem gemeinfhaftlichen Vater abflam
den ein Geſchlecht. Durch den Begriff des Grades bezeichnet man bie 9
Entfernung der VBerwanbtfchaft, worin eine Perfon zu einer andern ftet
Reihe mehrer, von einem gemeinfchaftlichen Ahnherrn abftammender Perf
eine Linie. Die Linie ift entweder die gerade (linea recta), oder Seitenli
obliqna oder collateralis).. Die gerade Linie wird eingetheilt in die au
und abfteigende. Bis zum fiebenten Gliede werben die Vorfahren (pat
proavus, abavus, atavus, tritavus, protritavus) und die Nachkomm
nepos, pronepos, abnepos, atnepos, trinepos, protrinepos), mit
Namen belegt ; die übrigen Afcendenten heißen im Allgemeinen majores
een, Ahnen), und die fpätern Defcendenten im Allgemeinen posteri (Nach
Die Seitenlinie umfchließt die Seitenverwanbten (Collateralen), welche
einander, fondern nur von einem gemeinfchaftlidhen Stammvater abftamn
iſt entweder gleich (aequalis), oder ungleich (inaequalis), fobald auf der eiı
mehr Glieder ald auf der andern gezählt werden. Von väterlicher Seite |
Seitenverwandten agnati, von mütterlicher Seite cognati. Die Gefchn
entweder leibliche ober Stiefgefchwifter, je nachdem fie entiweder theild v
Genealogie Ä 987
von einem Indiv duum der AÄltern abflammen, ober nur buch neuge⸗
rit einander vervandt worden find. Zur Berfinnlidyung der Abſtam⸗
ewanbdtfchaft werden genealogifche Tafeln entworfen, deren Einrich⸗
vorgefeßten Zwecke abhängt. In den eigentlichen &efchlechtes ober
hebt man gewöhnlich vom Älteften Stammvater an, und ftellt alle
onen männlichen und weiblichen Geſchlechts auß einer Familie in abs
e und nach deren Seitenlinien dar. Beiden Abnentafeln beabfichtigt
nnlihung der Abftammung einer einzelnen Perfon in auffleigender
von väterlicher als mütterlicher Seite. Auf dieſe Weife werben 4,8,
n (ſ. d.) nachgewiefen. Die Regierungsfucceffionstafeln enthalten
mmung der Perfonen, welche nach einander zur Megierung gelangt
wüche auf diefelbe haben. Mitihnen fiehen die Exbfolgeftreitstafeln
j, welche mehre Linien einer Samilie, oder mehre Bamilien neben eins
um aus den Graden ber Berwandtichaft das Erbfolgerecht abzuleiten,
flifchen Tafeln werden aus neben einander geſtellten Stammtafeln
jen gebildet, um Verwandtfchaften, Heirathen, Erbverbruͤderungen x.
gegenwärtigen, Die hiftorifchen Stammtafeln unterfcheiden ſich von
n Stammtafeln dadurch, dag fie nebſt der Abſtammung audy noch
ver Stammpglieber beifügen, ſowie beiden Ländervereinigunges oder
ein neben der Fortpflanzung der Stämme auch die Abs und Bunahme
andes oder des Familienvermögens verzeichnet wird. Die gewöhnliche
alogiſchen Tabellen ift, daß der Stammvater obenan gelegt. und hei je⸗
kommen die Abftammung durch Striche angegeben wird 3 doch hat
be Tabellen in der Geftalt eines Baumes, nach dem Vorbilde des ka⸗.
hts (arbor consanguinitatis), two der Stammpvater, gleichſam als
n gefegt wird: eine Form, in welcher ſich beſonders die ältern Genea⸗
Die Kenntniß der Genealogie warb im ausgehenden Mittelalter
der Abel ſich von den uͤbrigen Ständen abfonderte, fich gewilfe Ämter,
iftern u. ſ. w. außfchließend vorbehielt, und Jeder, der dazu gelangen
eſtgeſetzte Anzahl von Ahnen nachweiſen mußte. Damals entfland
t, die Stifter der europdifchen Regentenhäufer im fernften Alterthume,
igſtens in den römifchen Samilien nachzuweiſen. In der beutfchen
amen vor der Mitte des 11. Jahrh. keine Samiliennamen vor,
pur derfelben, nad) Gatterer, ift von 1062, wo in Schanmar’s „„Bu-
i ein Henricus de Sinna vorkommt. Erſt im 12. und 13. Jahrh.
miliennamen nad) und nad) gewöhnlicher. Die wiſſenſchaftliche Be⸗
Genealogie gewann, nad) der zwedimäßigern Behandlung der Ges
mpt, vorzuͤglich durch Deutſche. Im 17. Jahrh. war Andreas Du⸗
40) ein Hauptverbeſſeter der genealogiſchen Methode, und Rittershu⸗
r Rechte zu Altdorf, ſt. 1670), bemühte ſich, Unfinn in der Genealogie
; Ihn ergänzte Imhof (1683). Mehr geſchah im 18. Jahrh. Geb⸗
Altern Lohmeler’fchen Stammtafeln (1730) verbeffert heraus. Durch
hevolle „Genealogiſche Tabellen” (4 Bde., Fol. 1725 — 33, neue
— 66; vorteefflich find die „Supplementtafein zu Huͤbner's genenlog.
nhagen 1822 — 24, 6 Liefer., verfaßt von der regierenden Königin
rt, Sophia), und Sam. Lenz's Erläuterungen dazu (1756, 4.) machte
aft bebeutende Kortfchrittes doch führten fie erft Gatterer („Abriß der
Göttingen 1788), Pütter („Tabb. geneal.“, Goͤtt. 1768, 4.),
bung, und Voigtel (1810) zu einer hoͤhern Vollkommenheit. Über
: Adel insbef. ift das „Adelslexikon“ von Joh. Chriftian v. Hellbach,
eal., Diplomat. und heraldiſcher Hinficht (Itmenau 1825, 2 Bde.) zu
588 Oeneral Generalbaß
Gene ral bezeichnet im Allgemeinen die hoͤchſte militairiſche F
moͤge nun dieſer Titel fuͤr ſich allein beſtehen, oder noch mit andern verbu
daher Generalfeldmarſchall, Generalfeldzeugmeiſter, G
lieutenant, Generalmajor u. ſ. w. Bisweilen bezeichnet der:
insbeſondere den Wirkungskreis, wie Generaliſſimus, General
Diviſions⸗ und Brigadegeneral, Generalquartiermeiſt
neraladjutant u. ſ. w. In allen Heeren beſtehen hierüber verfchi«
ſtimmungen. Jetzt ſteht der Marechal de camp in Frankreich den Bri
ealen oder Generalmajors in andern Dienften, der Feldmarſchalllieutenan
reich den Generallieutenants oder Divifionsgeneralen a. a. O. gleich,
Feidzeugmeiſter (f.d.) in Öftreich if! Generat der Artillerie. (X
Feldmarſchall.) — Generalftab, Etatmajor, im weiten Sim
aus den verfchiebenen bei einem Deere befindlichen Generalen jedes Ranget,
sen Abjutanten, aus dem Generalquartiermeifter, dem Generalauditeu
kriegsrichter), dem Generalzeugmelfter, dem Dberwagenmeifter, dem Gi
waltigen und dem Obercommiffaie mit ihren Unterbebienten ; überhaupt
man unter Generalftab fänmtliche zum Hauptquartiere gehörige Office
engern Sinne verfteht man unter Gmeralftab das Perfonal, welches dem $
zur Seite, die Hemesführung insbefondere wiſſenſchaftlich ober nad) den Rı
Kunft Ieltet, daher auch in verfchiedene Abtheilungen zerfällt. Die gewoͤ
Drganifation dieſes Generalſtabs, ehedem bei den beutichen Herren Ge
aquartiermeifterftab genannt, ift folgende: An der Spige fleht ein (
Doften von der hoͤchſten Wichtigkeit und vielumfaffender Wirkfamkeit. ©
die Kriegsplaͤne aus und fein Blick muß fich bei deren Ausführung bis auf |
zelheiten erftxedden, er muß Alles erfahren, Alles roiffen. Unter ihm arb
Dfficiere des Generalſtabs, die Marfchs und Bewegungsentiwürfe, die Ar
gen ber elgentlichen Heerführung aus und leiten fie; ferner die geographift
Feſtungsingenieurs; die Dfficiere, welche die große Correfponbenz beforg
hen das Vernehmen der Gefangenen, die Leitung des Spionenwefens u. d
teagen iſt. Das Recognosciren Ift ebenfalls ein Dauptgefchäft der Genere
ficiere. Es liegt auch in der Natur ihrer Beflimmung, daß einige befond
resabthellungen beigegeben werben, um die großen Gefchäfte ſtets im Zul
bange und im Sinne des Hauptplan® leiten zu helfen. Allerdings können
Grenzlinlen für die Wirkſamkeit des Generalſtabs nicht jederzeit ſcharf gezo
ben und fie verfchmilzt Häufig mit dem Geſchaͤftskreiſe der Adjutantur, for
mit jenem. — Seneralat, dad Amt und die Wuͤrde eines Generals;
Abtheilung einer Armee ; begleichen ein Landesbezirk, deffen Verfaſſung mi
if. — General heißt auch der Oberfte eines religlöfen Ordens, Domi
Jeſuiten⸗ 1c. General, Ferner kommt das Wort General in vielen Zufa:
kungen vor, um einen höhern Rang oder Allgemeinheit auszubrüden, 5. V
talbevollmächtigter, Generalaccife. |
Generalbaß, der Vortrag der Grundſtimme eines Tonſtuͤcks, vi
mit der Intonation aller einzelnen Accorbe, deren Grundlage fie bildet. €
lich fpielt man ihn auf einem Claviaturinſtrument, theils zue Verftärkung |
monie, theil® zur Erfegung der Intervallen mandyes Accord, bie in ben wi
migen Sägen noch fehlen, und zur Auefüllung der harmoniſchen Lücken, b
zwiſchen den Stimmen vorfommen. Wer demnad) den Generalbaß fpie
muß die Kertigkeit befigen, mit der Grundftimme eines Tonſtuͤcks zugleich
gen aller Accorde, moraus die Harmonie beffelben befteht, vorzutragen.
Accorde und die in ihnen enthaltenen Hauptintervallen über den Noten bu
len und Zeichen, die Signaturen genannt, angedeutet find, fo muß er mit de
niß ber Dgemonie aud) eine genaue Kenntniß diefer Bezifferung verbinden,
Generalpachter In Frankreich 589
darburg, Albrechtöberger, Bach, Tuͤrk und Muͤller findet. Erfinder dieſer
erung war Viadana, zu Anfang des 17. Jahrh. Capellmeiſter an der Dom⸗
zu Mantua. Defßhalb nennt man auch dieſe Bezifferung oͤfters die italieni⸗
abulatur. dd.
Generalpachter in Frankreich, eine Geſellſchaft von Unterneh⸗
welche gewiſſe Gefaͤlle, beſonders das Salz und Tabacksmonopol, die Bin⸗
fe ( Traites), die Eingangszoͤlle von Paris, den Golds und Silberſtempel u.
‚für eigene Rechnung erhoben und dem Staate ein jaͤhrliches Quantum zahl⸗
Unter Franz I. wurde zuerft 1546 die Salzſteuer mittelft Verpachtung des
bließlichen Salzhandels in jeder Stadt erhoben. In der Folge nöthigte Sully
Idie Generalpachter, ihre Contracte mit den Unterpachtern vorzulegen, wodurch
zuerſt erfuhr, welchen Gewinn fie bisher eigentlich gehabt hatten. Er vers
te fodann das Salzmonopol an die Meiftbietenden, wodurd) der Ertrag beis
mfbas Doppelte flieg, und zog nun alle Gefälle wieder dazu, welche die Gro⸗
eb Reichs und bie Guͤnſtlinge der vorigen Regenten, theild pacht⸗ ober pfand⸗
theils durch Kauf» oder Schenkung an ſich gebracht hatten, wodurch cr bie
L Einkünfte um 600,000 Thle. jährlich erhöhte. 1728 vereinigte die Regie⸗
mehre einzelne Pachtungen in die ferme generale, welche alle 6 Fahre durch
liche Verſteigerung mit einer Gefellfhaft von 60 Mitgliedern erneuert wurde.
waren 44 Generalpachter, deren Pacht 186 Mill betrug. Sie bildeten eine
m Sinanzcollegium, welches die verfchiedenen Gegenftände ihres Pachts, die
Iung der Beanıten, das Rechnimgswefen, die Herbeifchaffung des Salzes und
Es, bie Beitreibung ber Gefälle, die gerichtlichen Angelegenheiten, in 11 vers
nen Deputationen verwaltete, und ein Heer von Unterbeamten hatte. Diefe
e Verwaltung war nicht die vortheilhaftefte, und Eoftete dem Unterthan weis
als fie dem Könige einbrachte. Man hatte daher den Gewinn ber General
e ſchon von Heinrich IV. an zu befchränten gefucht, und Neder gibt folchen,
agenſcheinlich zu niedrig, auf 2 DRIN, jährlich an. Dieb wäre fehr mäßig ges
Misßbraͤuche der ditern Werwalzung gewefen, von weldyer Sully fagt, daß,
: die Finanzen übernommen, das Bolt 150 Mill. bezahlt habe, wenn ber
‚30 Mil. habe erhalten ollen. Es wäre auch, indem auf jeden einzelnen
atpachter jährlich nur ein überſchuß von 45,000 Livr. gekommen wäre, nicht
hend geweſen, den Daß zu erllären, mit welchem bie Generalpachter beladen
» Doc) muß ein fehr großer Theil dieſes Nationalgefuͤhls, weldyes zu den
üschen der Revolution fo Vieles beitrug, der Befchaffenheit der Abgaben zuges
en werden, welche auf diefe Weife erhoben wurden, wie ſchon im Art. Frank⸗
auseinander gefeßt worben if. Wenn alled Zollmefen wegen der Damit vers
em Unbequemlichkeiten für das Verkehr, wegen der Strafen und der den Zoll⸗
en einzuraͤumenden Gewalt den Völkern verhaßt ift, fo war es in Frankreich
safleuer und das Tabacksmonopol boppelt, wegen ihrer Ungleichheit und ihrer
Schon Neder bemerkte, in dem Gapitel über ba Reichwerden ber Finanz
re („„De l’administration des finances“, III, ch. 12), daß hier ein richtiges
iſches Gefühl zum Grunde liege, obgleid) er fi ch mit großer Schonung und
bt darüber ausſpricht. Das Volk fah nämlich fehr wohl, dag die Reichthüs
x Finantiers (wozu außer den Generaleinnehmern, die Directoren der von ber
ung felbft verwalteten Einkünfte, die Treforiers und Hofbangquiers, vornehms
Generalpachter gehörten) ohne alles Werbienft, ja ohne befondere Thaͤtigkeit
en wurden, fobaß bie meiften nicht einmal verftanden, biefelben mit erteäglis
Würde zu genießen, fondern fie in gefchmadtofer und beleidigender Lippigkeit
endeten. Menſchen ohne alles Talent, unwiffend und dumm, erlangten
rd die Gunft irgend eines Großen oder einer einflußreichen rau einen Pla
mzweſen, um in einen Überfluß verfegt zu werden, welchen man nur dann
590 Oeneralfiaaten Genefung
‚sone Neid gewahr wird, wenn er fich auf Verdienſt ober alten Famillenb
— Dem bloßen ——— — welcher ohne vorzuͤglichen *
unbedeutende Kunft des Geldmaͤklers Im Großen Ben und dadurch erworben
die Staaten ed bequem finden, ihre GSeldangelegenheiten gewiffermaßen 3
ten, kann die Welt nie wahre Achtung zollen, ſowie der Einfluß, welchen
Politit gewinnt, immer hoͤchſt einfeltig, engherzig und —ã blei
Hierzu kam dann bei den franzoͤſiſchen Generalpachtern noch die Härte unl
mit welcher fie die Gefälle von den untern Glaffen bes Volks ohne die gerin
nung und gewoͤhnlich zur unbequemften Zeit für den Landmann durch Auı
gen und Subhaftationen beitreiben ließen. Es war dies nichts Zufälliged
Spitem. Denn durdy die Furcht vor den unausbleiblichen Zwangsmit
durch das Schredden, welches die Natur derfelben erregte, wollte man das
Entrichten der Gefälle bewirken. Diefe ſchonungsloſen Auspfaͤndungen,
reichen militairiſchen Beſetzungen, dieſe widerwaͤrtigen Executionen zei
Volke taͤglich das Bild eines von ſeindlichen Kriegern gepluͤnderten Lande
waren wol reellere Urſachen der allgemeinen Unzufriedenheit und der Revo
die vorgeblichen Aufwiegelungen der philoſophiſchen Schriftſteller.
Generalſtaaten, ſ. Niederlande.
Generation, Geſchlechtsalter, Menſchenalter. In ber alten
logie beſtimmt man nach dem Alter der Menſchen im Durchſchnitt die Zeite
bot rechnet auf drei Menſchengeſchlechter 100 J., andre Schriftſteller rei
ein Menfchengefchlecht 30, 28, 22, Dionys von Halikarnaß 275. ©
rechnet man 30 3.
Geneſis (griech:: Zeugung, Geburt, Entſtehung) warb von bi
drinifchen Dolmetfcyern darum das erfte Buch Moſis genannt, weil in |
von der Entftehung der Dinge die Rede ift.
Genefung, der Übergang von Krankheit zur Gefundheit. Die
Thaͤtigkeit eines einzelnen Organs oder Syſtems im Körper hat ihr Biel
die unterdrückt gewefenen heben ſich wieder. Die Disharmonie der ver
Verrichtungen des Körpers loͤſt ſich allmaͤlig wieder in bie vorige Harmoni
überfpannten Thätigkeiten laffen, durch Erſchoͤpfung ihrer Kraft oder dur
mittel befchränkt, allmälig nach, die fchabhaften, dem organifchen Körp
artig gewordenen Stoffe werben ausgeſchieden und fortgeſchafft; Rube ı
monie der Verrichtungen des Organismus mit dem Zwecke beffelben kehr
zuruͤck. Diefer Zuftand fängt folglich fogleidy nach der heilfamen Krif
der Krankheit an, und endigt ba, wo völlige Geſundheit wieber eingetreter
Krankheit verſchwindet nur allmälig aus dem Körper. So wie im In
Drganismus gewiffe Veränderungen vorgingen, mittelft welcher bie Kra
Stufe zu Stufe bis zu ihrer Höhe flieg, ebenfo ift ihr Gang auch flufenn
der ruͤckwaͤrts oft durch die nämlichen Innern Vorgänge, daher bie Krankhe
nur eins nad) dem andern abnehmen, und zwar in umgekehrter Ordnung i
treten®, fodaß die zuletzt erfchienenen zuerft verſchwinden. Dieſer Rüdı
dem kranken Zuflande zum gefunden gefchieht bald in langfamern, bafd in
Schritten, je nachdem die Krankheit ſchwer, oder nur leicht, ihre Verlauf
oder fchnell, die Lebenskraft des Kranken ſtark oder ſchwach war, bie |
Kunft weniger oder mehr unpaffend oder zmedimäßig angewenbet wurd
Der Senefüngszuftand felbft iſt auch verſchieden nach dem Charakter und |
ber Krankheit. So ift er z. B. anders nach einem Entzündunge, anl
einem Faul⸗ oder Nervenfieber, anders nad) einem Katarch, anders nad € e
genentzuͤndung u. ſ. w. Es erhellt aus allem Dieſen, daß Geneſung
Geſundheit ſeibſt iſt; es iſt ein eigner zur Geſundheit hinfuͤhrender Buß
jedoch ebenfo leicht theils zur vorigen, theil6 zu einer andern Krankheit wie
Genethlicon Genf 591
mann. In die vorige Krankheit kann er zuruͤckfallen (Recidiv), wenn bie
ktet zu bald ausgefegt werden, weldye die Krankheit befchränkten, oder wenn
tfehler begangen wurden, welche den vorigen Krankheitszuftand begünftigten.
ine andre Krankheit kann er uͤbergehen, wenn die Mittel, welche ben der Krank⸗
tentgegengeſetzten Zuftand hervorrufen follen, zu lange fortgefegt werden. Hier⸗
ih tann der Kranke gerade in bie entgegengefegte Krankheit verfallen, der von
m entzuͤndlichen Fieber Genefene kann 3. B. durch Übermaß von Blutentziehung
eſchwaͤchenden Arzneimitteln in ein fogenannte® Faulfieber oder in ein hektiſches
We verfallen u. f. w. Ferner kann durch Mangel an gehörigem bidtetifchen
Rhalten, tibermaß in Speifen und Getränken, Erkältung, Störung der Eritifchen
Bkerrungen u. A. m., ber Übergang in eine anbre Krankheit befördert werden. H.
r Benetbliacon, ein Geburtötagsgediht. — Genethliacus, Einer,
Bih damit befchäftigt, bei der Geburt eines Kindes das kuͤnftige Schickſal deffels
ms dem Stande ber Geſtirne vorher zu fagen, ein Natlvitaͤtſteller. (S.
logie.)
Gene tiſch Heißt die Erzeugung betreffend, 3. B. genetifche Kraft, bie Zeus -
Mölrft. Genetifche Erkärung ift eine folche, die nicht bloß die Merkmale einer
be angibt, Sondern zugleich ihre Entftehung darthut; genetifche Methode, welche
Scenſtand entſtehen laͤßt oder in die Entſtehung deſſelben Einſicht ge⸗
Genf (Génèvre), reformirter Canton der Eidgenoſſenſchaft (4 DM.,
00 E.). Die Stadt Genf, am See gl. N. das helvetiſche Athen, iſt gut ges
Wwohlhabend durch Fabriken u. Handel, befeftigt u. hat 24,600 E. in 900 H.
Rhone, welche ben See durchſtroͤmt, tritt bei Genf aus demfelben, und ſon⸗
die Stadt in drei ungleiche, durdy Brüden zufammenhängende Theile. In
Kähendften Periode des Handels zählte Genf 700 Uhrmachermeifter und gegen
Dirbeiter. Jetzt verfertigen nur noch 2300 Arbeiter jährlih 70,000 Uhren
Darunter die Hälfie goldene für 2,150,000 fchweizer Franken. Die übrigen
arbeiter liefern die zur Uhrmacherkunft erfoderlichen und andre mathematifche
birurgifche Inſtrumente. Bedeutend find die Kunftwerke der Gold, Silbers
Btjouteriencheiter. Außerdem werden Zige, Woltentücher, Muſſeline, Gold⸗
n, feidene Zeuche, audy Porzellan verfertigt. Die vortheilhafte Lage am Gen⸗
beguͤnſtigt den Zranfitos, die Nähe der franz. Grenze aber den Schleihhandel,
"erwarb auf diefe Weife fo anfehnlidye Reichthuͤmer, dag es 120 Mill. Livres
in den franz. Fonds ftehen hatte, die bei der franz. Revolution zum Theil vers
eingen. Im Mittelalter war Genf einem Bifchofe und einem Grafen unters
a, welche fich gegenfeitig ihre Rechte ftreitig machten. Das Recht der Gras
ım endlich an bie Derzoge von Savoyen, welche bald die Bifchöfe auf ihre Seite
chen wußten. Aber auch bie Bürger hatten von den Kaifern viele Freiheiten.
wech entitanden Streitigkeiten, welche die von den Sranzofen gebrängten Ders
nicht mit Nachdruck gegen bie audy von den Schweizern begunftigten Genfer
mtonnten. 1524 entledigte fich die Stadt des herzogl. Vicedome, und 9 $,
£ and) des Biſchofs, indem fie öffentlich zur reformirten Lehre übertrat. Mehre
glich gefinnte Familien wurden verbannt. Daflchatte fie lange gegen die Ans
be der Dede zu kaͤmpfen, welche 1602 den legten Verſuch machten, die
Durch eine Überrumpelung in ihre Gewalt zuruͤckzubringen. Das Unternebs
mißlang, und jährlich wurde ſeitdem zum Andenken daran am 12. Dec. das
ladefeſt gefeiert. 1603 endlich Fam unter Vörmittelung von Bern, Zuͤrich
Heinrich IV. von Frankreich ein Vergleich zu Stande, Eraft deffen Savoyen
Anfprüchen entfagte, und jene drei Vermittler Genfs freie Berfaffung verbürgs
Diele Verfaffung war ein Gemiſch von Demokratie und Ariftokratie. Die
ger bildeten das Conseil general oder souverain, welches die gefeßgebende
592 Genf
Macht haben und über bie wichtigſten Staatsangelegenheiten entf&
Aus diefen Bürgern war ein Großer Rath, von 200, fpäter von 251
und aus diefem wieder ein Kleiner Rath von 25 Perfonm unter dem
Syndicus gezogen. Diefe hatten die vollziehende Macht, die Ver
Öffentlichen Caffe, und die Beforgung der täglichen Geſchaͤfte. Echo
feitgefegt worden, daß eine Sache, um an den Großen Rath zu konın
Kleinen Rath genehmigt, und um an die Buͤrgerſchaft zu Eommen, zuv
nen und Großen Rath gebilligt fein müffe. So befland die Regierur
Bufriedenheit der Bürger, bis fie allmdlig in Oligarchie ausartete; eiı
tin bemächtigten fich der wichtigften Ämter ausſchließlich und behanbelı
ger als Gebieter. Die dadurch erzeugte Unzufriedenheit äußerte fidy ir
18. Jahrh., häufig in thätlidyen Ausbrüchen, und in dem Wunfche na
rechten Verfaſſung. Man nannte die Klagenden Representans, die A
Rathsfamillen aber Negatifs. Das Übel mehrte ſich noch durch die alte
Genfs, vermöge welcher die Einwohner in drei Elaffen getheilt waren,
Citoyens, ober ſolche Bürger, die von ihren Vorditern her Bürger wa
alten Ämtern gelangen Eonnten, in Bourgeois, die von neuen, aus bei
kommenen Bürgern, deren Nachkommen man erft bie vollen Bürgerre«
abflammten, und zwar in der allgemeinen Berfammlung erfcyeinen, ab
den Rath kommen, noch Würden befleiden tonnten, endlich in Ha
fhusverwandte Einwohner, die Bein Bürgerrecht hatten; die Nachkom
tern “cken Natifs, Eingeborene. Alte diefe Claſſen hatten Urfache zur 1
beit, und eben dadurch gelang es dem Kleinen Kath, ſich Lange in feinen
zu erhalten. Endlich kam es 1781 zu einem heftigen Ausbruche. :
der Streit von ben vermittelnden Mächten, vorzüglidy von dem franz. M
gennes mit gewaffneter Hand zum Vortheil der Dligarchie entſchiede
Folge davon war, daß viele Familien nad) Konflanz, Neufchatel, E
Amerika auswanderten und ihren Kunftfleiß dahin brachten. Eine fpät
tion, 1789, ſtellte zwar die Bürgerrechte mit mehr Beſtimmtheit atı
Fall geweſen wieder her, und mehre Ausgewanderte und Verwieſene keh
aber fchon zeigten fich die nachtheiligen Wirkungen der franz. Revolution
end der Schreddenszeit (1792) wußte ber Refident Sonlavie, von f. Re
terſtuͤtzt, die abfcheulihen Scenen, welche damals in Frankreich wuͤt
hier hervorzubringen. Viele Bürger verloren ohne Proceß Heimath,
und Leben. Nachdem auf diefen Sturm eine Ruhe von wenigen Jal
war, befegten 1798 franz. Truppen bie Stadt, welche nunmehr der Repr
reich einverleibt ward. Genf ward bie Hauptſtadt des Departements Leı
30. Dec. 1813 ging Genf mit Capitulation an die Verbündeten über.
bildet e8 in der helvetifchen Eidgenoffenfchaft den 22. Canton ; f. Ber
ariſtokratiſch⸗ demokratiſch; ein Staatsrath von 4 diesjährigen und 4 al
dis und 21 Staatsräthen (nobles seigneurs) hut bie vollziehende, ber 9
tionsrath von 276 Mitgl. die gefeggebende Gewalt. Die Einwohner 3
ebenfo fehr durch wiffenfchaftlichen al8 durch Gemeingeift aus, und es
wunderung, zu fehen, wie viel fie, bei befchräntten öffentlichen Mitteln,
fenfchaft und gefellfehaftliche Bildung gethan habe.ı, und noch thun. D
laͤndiſche Sinn erſtreckt fich felbft auf bie gemeinere Claffe der Arbeiter, d
1815, wo ein botanifcher Garten von Decandolle angelegt ward, ein |
daraus machten, bie Treibhäufer u. f. w. umfonft zu erbauen, das erfobeı
2c. ohne Bezahlung zu liefern ıc. Die 1368 geftiftete Univerfität wurbe 1
Galvin und Beza erneuert. Zu ihr gehören bie Öffentliche Bibliothek, ei
warte feit 1770, ein akademiſches Mufeum der Naturgefchichte feit 181:
Sig! Mineralienfammlung, von Haller's Herbarium, Pictet's ph
Serie 593
uhält. Die Künftierin Rath hat 80,000 Fr. zur Errichtung eines .
ved beigetragen, worin bie Kunft» und Naturalienfammlungen aufges '
follen. Auch wurde {825 ein neues Strafurbeitss und Befferungs-
m Mufter des zu Neuyork gebaut. Seit 1820 befteht im Canton
Hofwyler ähnliche Landbauarmenſchule zu Carra, Unter den Se⸗
iten In und um Genf zeichnen wir aus: das Haus, in welchem Roufs
worden; Calvin's Grabmal, ohne Infchrift und Monument; Eys
;; die Eifendraptbrüde; das bei Frankreich gebliebene Serney, anderts
n von-Genf, welches allmälig verfällt, deſſen untere Zimmer aber noch
o find, mie fie Voltaire bewohnte; die Gletſcher von Chamouny, eine
Genf u. ſ. w. Der wegen feiner malerifhen Umgebungen berühmte
‚een Dichten, wie von Matthiffon und Lord Byron (in „„Childe Ha-
gen, deffen Länge 9 Meilen und deſſen größte Breite 7500 Klafter, der
154 Meile beträgt, hieß beiden Römern Lacus Lemanus. Er ift
ifchreich, und friert nie zu, obgleich er 1126 Fuß über dem Meera liegt.
ltopograph. et statist. de la ville et da Canton de Generve‘‘ von
ıf 1823.)
e ift etwas fo Geheimnißvolle® in der menſchlichen Natur, daß fich nur
gkeit eine beftimmte Erklärung davon geben läßt. Seinen Namen
t. Worte Genius, indem man glaubte, daß gewiffen, mit vorzüglicher
virtenden Menfchen ein höhere Weſen oder ein Genius beimohne, der
Das Genie verbindet die entgegengefeten geiftigen Eigenfchaften,
ıdften Tiefſinn mit der lebhafteften Einbildungskraft, die größte Leb-
dem raftlofeften Fleiß und der ausdauerndften Beharrlichkeit, die hoͤch⸗
mit der klarſten Befonnenheit, und äußert ſich dadurch, daß es in ir⸗
t menſchlicher Thätigkeit etwas Ungemeines leiftet, das Alte neu geftals
we6 erfindet, und überhaupt in feinen Hervorbringungen Original iſt.
iglnalität eine nothwendige Folge der Genialität, und e6 iſt ein Pleo⸗
ın man fich des Ausdruds Driginalgenie bedient. Die Genialität
daß der Menſch, in weichem fie angetroffen wird, mit einer höhern
als andre Weſen feiner Gattung außsgeftattet worden ift, Eraft welcher
en betritt. Sie gehört demnach nicht zu den allgemeinen Beſtimmungen
Ratur, fondern zu den befondern Mobdificationen der Kräfte, wodurch
[hen in ihrer Wirkſamkeit andre übertreffen. Mit einem Worte, die
hört zu der Individualität, und da diefe unbegreiflich ift, fo ift auch die
vas Unbegreifliches, und muß als etwas Angeborene® betrachtet wers
ftelle fie nocy über das Zalent (f. d.) in der gewöhnlichen Be⸗
> Anlage, die in Hinficht der Kähigkeit zu originellen Hervorbrin⸗
des Umfangs und der Energie unter dem Genie ſteht. Ein.
fi) aber nicht in allen Arten menſchlicher Wirkfamkeit ald Ges
niale Dichter 3. B. ift darum nicht auch ein genialer Philofoph, und
taatsmann darum nicht auch ein genialer Kriegemann. Man unters
verfchiedene Arten der Genialität, als: Künftlergenie, wiſſenſchaft⸗
hes, militairifche® Genie u. ſ. w.; und ſelbſt diefe Arten laffen füch
erarten zerfaͤllen, ſodaß z. B. Mozart ein mufitalifches, Göthe ein dich»
fael ein maleriſches, Newton ein mathematifcyes, Kant ein philofophis
few. heist. Kin Univerfalgenie im ftrengften Einne hat es nie ges
ird ed auch nie geben, wenn man barunter ein ſolches verfteht, das fih
jen menſchlicher Wiffenfchaft und Kunſt hervorthue, denn das iſt bei
igen, denen bie Äußerung jeder Thätigkeit des Menſchen unterliegt,
Befchränkt man bingegen die Bedeutung diefes Ausdrucks auf die Faͤ⸗
en Künften und Wiffenfchaften mit Erfolg zu wirken, fo müflen wie
Gtebeute Aufl. Bd. IV. 38
594 Genien
dieſe jedem Genie, vermoͤge der harmoniſchen Ausbildung aller ſeiner Kraͤfte,
ſprechen, und annehmen, daß es in jedem Felde mit gleichem Erfolg ſich gezeigt
ben würde, wenn es feine Thaͤtigkeit dahin hätte richten wollen. Zwar haben g
Künftler felten etwas Ausgezeichnete® auf dem Gebiete der Wiffenfchaften gelei
doch hat es auch Männer gegeben, welche in mehren Zweigen der Kunft oder
Wiffenfchaft zugleich mit Genialität arbeiteten. So war Michel Angelo ein ce
genialer Bildhauer als Maler, und Leibnig ein ebenfo großer Mathematik ı
Philoſoph. Am gewöhnlichften wird das Wort Genie von Künftlern gebrum
und mit Recht, denn die Kimfte find der eigentliche Wirkungskreis des Genie,
fen von einer regen Einbildungskraft bewegte Kräfte gleihfam das Beduͤrfniß ha
fih in neuen Schöpfungen zu äußern. — Genial uennt man, was dem
angehoͤrt, was das Genie ankuͤndigt; oft aber nennt man auch einen genialen 3
fhen und Kuͤnſtler den, der fid) dem Genie nur annähert, aber deſſen Energie
Ausbildung nod) nicht befißt, die fich in epochemachenden Werken aͤußert.
Genien. Was bei den Griehen die Dämonen (f. d.), waren bil
Roͤmern die Genien. Nach einem Glauben der Römer, fagt Wieland, der I
faft mit allen Völkern des Erdbodens gemein war, hatte jeder Menſch feine
nen Genius, d. i. einen Naturgeift, der ihn ins Leben einführte, ihm im Lak
felben immer zur Seite war, und ihn wieder aus demfelben hinausgeleitett.
Genien der Weiber heißen Sunonen; die Knechte ſchwuren bei dem Genin
Herren, die Maͤgde bei der Juno ihrer Frauen, und das ganze roͤmiſche Reich
Genius Augufts umd feiner Nachfolger. Wie die Religion. der Griechen uub
mer Überhaupt an Eeinen feften Lehrbegriff gebunden, fondern in ihrem €
Alles unbeftimmt, ſchwankend und willfürlich war, fo war auch über biefen &
nichts feftgefegt; und wer Luft hatte, glaubte entweder zwei Genien, einem
und guten, dem er alles Gluͤckliche, und einen böfen, ſchwarzen, dem er alt
berwärtige, was ihm begegnete, zufchrieb; oder nur Einen, ber, wie Doraz (il
H, 2) fagt, weiß und ſchwarz zugleich, und, je nachdem fich der Menſch auff
ihm hold oder unhold fei. Daher die Redensarten: einen erzümten Genius
feinen Genius befänftigen, feinem Genius gütlidy thun u. dgl. Je nachdei
Genius eines Menfchen ftärker, mächtiger, verftändiger, wachfamer, tur, ji
fommener er f. eignen Natur nad), und je gewogener er dem Menſchen waz
unter feinem Schuge und Einfluffe lebte, je beffer ftand e6 um biefen Mei
und je größer waren ſ. Vorzüge vor Andern. Go warnte z. B. ein Ägnptifche
fterfeher den Antonius vor f. Collegen und Schwager Dctavianus. Dein Gg
fagte er, fürchtet ben feinign. Zwar ift er von Natur groß und hohen R
aber fo wie er fi dem Genius dieſes jungen Menfchen nähert, fchrumpft erz
men, wird Elein und feig. Der Glaube ber Alten an bie Benien (demn u
jeder Menſch, fondern jedes andre natäcliche Weſen hatte ben feinigen) was
Zweifel eine Koige ihrer Vorſtellungsart von dem allgemeinen, ſich durch Dieg
Körperwelt ergießenden göttlichen Geiſt. Das, was jebem Dinge Beftunl
innere Regung, Vegetation, Leben, Gefühl und Seele gab, war ein Thel
gemeinfhaftlihen Naturgeiſtes; daher nennt Horaz ben Genius den E
menfchlichen Natur. Er ift nicht der Menſch felbft, aber er ift das, was einen
zum individuellen Menfchen macht. Selne Perföntichkeit ift an das Leber
Menſchen geheftet; und forwie diefer flirbt, verliert fich fein Genius wieder if
Allgemeinen Dcean ber Geifter, aus welchem er, bei deſſen Geburt, ausgf
war, um ber Portion von Materie, woraus diefer Menſch werben folite, fe
dividuelle Form zu geben, um diefed neue Gebilbe zu beleben und zu befeelen.
ber nennt ihn Horaz mortalem in unumquodque caput. Da die Gelecht
unfichtbare Dinge und alle abgezogene Begriffe mit ſchoͤnen menfcenähnlicem
Halten zu bekleiden gewohnt waren, fo erhielt audy der Genius der menſchliche
Genlis 595
die ſeinige. Er wurde als ein Knabe, ober In dem Alter zwiſchen Knaben und.
tgling mit einem geſtirnten Gewande leicht bekleidet, und mit Blumen oder ei⸗
ı Zweige von Masholder umkraͤnzt, oder auch nackt und gefluͤgelt abgebildet,
ver Genius in der Villa Borghefe, von deſſen Schönheit Windelmann fo ents
war. N
Genlis (Stephanie Felicits Ducreft de St.» Aubin, Marguife von
Bay, Graͤfin v.). Dieſe beliebte und fruchtbare Schriftftellerin, geb. in
P Segend von Autumn 1746, war als Madem. de St.-Aubin, ihrer Schöne
Rund ihres mufikalifchen Talents wegen, in großen Häufern gern geſehen,
Pc ihr Beobachtungsgeift und Ihre Weltkenntniß ausbildete. Graf Gentis,
fie nie gefehen, aber von ungefähr einen Brief von ihr lad, ward durch den Styl
fo entzückt, daß er dem armen Fräulein f. Hand anbot. Die nunmehrige
Ni erhielt als Nichte der Frau v. Monteſſon Zutritt in dem Haufe Orleans,
Buurde 1782 Souvernante der Kinder des Herzogs. Als ſolche fchrieb fie das
Aetre d’education‘‘ (1779), „Adele et Theodore‘‘ (1782), die „‚Veillden
chätean‘‘ (1784) und die „Annalen de la vertu‘‘ (1783) ; Exziehungsfchrife
für die ſchon der Ruf und die Stelle der Verfafferin die allgemeine Aufmerks
fie gewannen. Sie ſelbſt leitete dad ganze Erziehungsgefchäft und nahm auch
ubern Verhättniffen bes Haufes Orleans Theil. Man fieht aus ihren Schrifs
daß fie die Revolution liebte, daß fie Petion und Barrdre bei fich gefehen und
Sakobinerfigungen beigetvohnt habe. Doc verließ fie Frankreich ſchon 1791.
exzaͤhlt felbft in ihrem „‚Precis de ına conduite‘‘, daß Petion fie nad) London
het habe, damit fie auf der Reife kein Hinderniß fände. Um die Zeit der Seps
ermorde (1792) rief fie der Herzog v. Orleans nad) Paris zuruͤck. Allein ale
wein Der jungen Herzogin von Orleans und ald angebliche Bertraute bes Vaters
Re verdächtig geworden. Sie ging daher mit ber Prinzeffin nad) Tournay, wo fie
böne Pamela, ihre Adoptivtochter, mit Lord Fitzgerald vermählte. Hier ſah fie
Beneral Dumouriez, auch folgte fie ihm nach St.» Amand, Da fie den Plan
Generals, bei dem ſich die Söhne bes Herzogs von Orleans befanden, gegen
B gu marfchiren, um bie Republik zu ſtuͤrzen, nicht billigte, begab fie ſich im
11793 mit der Prinzeffin In die Schweiz, unb lebte in einem Klofter zu Breme
n, einige Meiten von Züri. Als fi aber nachher die Tochter des Herzogs
zleand zu ihrer Tante, der Prinzeffin v. Conde, nach Freiburg begab, ging
ft ihrer noch einzig Übrigen Pflegetochter, Henriette Sercey, 1794 nad) Als
wo fie in Eöfterlicher Einfamkeit der Literatur lebte. Auf einem Landgute
yotfteinifchen fchrieb fie die „Chevaliers du Gygne‘ (Hamb. 1795), einen
an, der viel republikaniſche Außerungenund fehr freie Schilderungen enthält. .
fehlen 1805 zu Paris in fehr veränderter Geſtalt. 1795 gab fie den „„Precis
ı conduite de Mad. de Genlis‘‘ heraus. Am Schluffe befindet fidy ein Brief
we ätteften Zögling, worin fie ihn ermahnt, die Krone, wenn fie ihm anges
u würde, nicht anzunehmen, weil die franz. Republik auf moralifchen und ges
wm Brundlagen zu ruhen ſchiene. Als Bonaparte an die Spige der Regierung
Eehyrte fie nach Frankreich zuruͤck, und erhielt von ihm eine Wohnung und
b eine Denfion von 6000 Sr. Er felbft bekuͤmmerte ſich nicht um fie und als
ie ihre Penſion doch etwas thun wollte, fagte er: „Nun gut, fie mag ale Mo⸗
an mich ſchreiben“. Hierauf ſchrieb fie ihm über literariſche Gegenſtaͤnde.
yielen Werke (an 90 Bde.), unter welchen das Tlieätre d’education“, „Mile.
8ermont“‘ und „Mad. de la Valliere‘® wol die vorzuͤglichſten fein möchten,
ner füch durch eine gefillige Schreibart und edle Brundiäge aus. Die meiften
u find auch ins Deutiche Überfekt, Paliſſot hat in f. „Al«moires litteraires‘‘
kau v. Genlis mit andern berühmten Schriftftellerinnen verglichen. Unſtrei
we fie der Frau v. Staël nicht gleich, was Kraft, Erhabenheit und wi
38
596 Genoveva
Wiſſen anlangt. In der Erfindung, in der Zeichnung ber Charaktere uı
Darftellen der Leidenfchaften wird fie von Madam Cottin übertroffen.
feibft aber auch der Frau v. Flahault⸗Souza nach, was die natürlich (eben!
ftellung im Einzelnen, betrifft. Insbeſondere hat Frau v. Genlis die Ga
biftorifchen Romans bearbeitet. ine vortheilhafte Charafteriftit von
Lady Morgan in ihrem Buche über Frankreich. Sie felbft hat ſich üt
ausgeſprochen in den „Memoires inedits deM. la comt. de Genlis, sur
sitcle et la revolution frangoise depuis 1756 jusqu’& nos jours‘‘ (Par
8 Bbde., auc) ind Deutſche überf.)
Genoveva J. (Ste. - Genevidve), geb. zu Nanterre, zwei Stu
Maris, 423, um die Zeit Pharamund’s, des erften Könige von Srankreid
Sermain, der Biſchof von Aurerre, bemerkte frühzeitig an ihr einen befon!
ruf zur Heiligkeit, und rieth ihr, das Gelübde ewiger Jungfraͤulichkeit
weldyes fie auch dem Bifchof von Paris ablegte. Nach ihrer Altern Tol
fie fi) nady Paris, Jedermann wollte hier flüchten, als Attila mit feinen
in Frankreich einbrah; G. trat auf mit der Verkündigung völliger Si
wofern man fie nur durch eifriges Gebet erflehe. Attila 309 aus der Ch
nach Orleans, ging von da nach Champagne zurüd, ohne Paris zu berüht
wurde 451 geichlagen; dies gründete der G. Ruf für immer. Bei eine
Hungersnot fuhr fie auf der Seine von Stadt zu Stadt, und brachte bald!
Schiffe vol Korn zuräd, das fie unentgeltlih unter die Nothleidenden u
dies befeftigte ihr Anfehen, und fie wurde von Merovdus und Chilperic) |
gehalten. Zum Rufe ihrer Heiligkeit trug Übrigens nicht wenig bei, dai
ihrem 15. bis zum 50. 3. nichts als Gerftenbrot, und nur alle zwei bie d
hen einmal Bohnen; nad) ihrem 50. 3. aber erſt etwas Fiſch und Mit
460 erbaute fie Über die Gräber des heil. Dionyfius Rufticus und Eleuth
dem Dorfe Chaftevit eine Kirche, und Dagobert fliftete nachher hier die At
Denys. 499 oder 501 ftarb fie, und wurde in der unterirdifchen Gapelle t
welche St.» Denys den Apofteln Paulus und Petrus geweiht hatte.
batte auf ihre Bitte eine Kirche daruͤber erbaut, welche nachher, ſowie bie!
ftiftete Abtei, nad) ihr benannt wurde. Eineandre Kirche diefer Deiligen wur
Kirche Notre: Dame angebaut. Ihre Reliquien werden in ber erften verwahrt...
che feiertihr zu Ehren d.3. Jan. als ihren Sterbetag. — Mitdiefer Heiligen?
nicht verwechfeln I. die Heil. Pfalzgräfin Genoveva, geb. Herzt
Brabant, welche von ihrem Gemahl Siegfried, angefchuldigten Ehebruchs hal
Tode verurtheilt, aber durch den Schug des Himmels gerettet ward, teoraul
lang in einer Höhle von bloßen Kräutern lebte, bisihr Gemahl ſie wieder fü
beimführte. Bon ihr erzählt unfer Volksbuch: „Eine ſchoͤne anmuthige und Lef
dige Hiftorie von der unfchuldig betvengten heit. Pfalggräfin Genoveva, wie
Abweſenheit ihres herzlieben Ehegemahls ergangen” (Köln und Nürnberg).
allen Bücher diefer Gattung”, fagt Goͤrres, „ift die Genoveva durchaus
ſchloſſenſte und am meiften ausgenunbete, ftellenmweife ganz vollendet und:
ſpruchsloſen Natürlichkeit unübertreffli ausgeführt, im Ganzen in ein
rend unſchuldigen Tone gehalten, kindlich, ungeſchmuͤckt und in fid) ſelbſt
tet und erdunkelnd in heiligem Gefühl. Und fo war es denn werth, zweit
Dichter zu begeiftern: Ziel, der uns in f. Gedichte, — die ganze rom
Liebe in einem zarten Luft = und Gluth-Farbengewebe aus einer lichtklaren 9
roͤthe kunſtreich zuc Geftalt gebildet zeigt, und den Maler Müller, in f. Fra
der die Heilige als eine Hünenjungfrau vom Riefengebirge malt". Das Ve
ift gearbeitet nach der Schrift des Pater Ceriziers: „„L’innocence reconnue
in einem pretioͤſen, gefchraubten Tone die Begebenheiten erzählt, und fich d
bes Putecnus „„S. Genovevae Iconisinus‘‘, Rader „Bavaria pia“ und
Genferich Gentz 597
Mire'6 „Chronicon belgicum a Jul. Caesare ad annum 1636‘, als ſ. Ges
Ährömänner beruft. Der deutfche Bearbeiter, indem er das Buch zum Grunde
Kuno eine verftändige Auswahl und zugleich mit ihr ben Ton getroffen, der einer
ift diefer Art zukommt. dd.
Genferihh, KönigderBandalen (f.d.).
Gent (Gand), Hauptft. der niederländifchen Grafſch. Oftflandern vormals
Ranzen Grafſchaft Flandern, ſowie nachher des oͤſtr. Antheild an diefer Grafs
hf, eine wohlgebaute Stadt am Einfluß der Lys, Lievre und More in die Schelbe
& 10,000 H. und 60,800 E., welche viele Manufacturen und Fabriken in wol⸗
und baunmeolicnen Zeuchen, Leinwand, Tuch, Hüten, Leder u. a. unterhals
Slüffe und Candle theilen fie in 26 Inſeln mit 85 Brüden. Der
iſt weitlaͤufig; fie konnte zu den Zeiten Philipps von Valois und
ai VI. 50,000 Mann ins Seid ftellen. Sie verlor ihren Glanz unter Hals
—1X V., deſſen Geburtsort fie war. Übermaͤßige Abgaben brachten 1539
Einw. zu dem Entfchluffe, fi in König Franz I. von Frankreich ‚Arme
Seen. Allein Franz gab Karl hiervon Nachricht, worauf dieſer 30 der vor⸗
wften Bürger hinrichten fieß, viele in die Acht erklärte, die öffentlichen Gebäude
08, alle Privilegien zuruͤcknahm, eine Strafe von 1,200,000 Thlr. außfchrieb,
' eine Citabelle anlegte. Merkwuͤrdig find die Domkirche, 65 andre Kirchen,
Stadthaus, die Citadelle, das Grafencaſtell, der Prinzenhof, die Börfe u. a.
England fchloß hier mie den Verein. Staaten den Frieden vom 21. Der,
4. Gent bat wichtige Lehr » und Bildungsanftalten, wiſſenſchaftl. Kunſt⸗ u,
lereine, auch eine jährliche Kunſtausſtellung.
Gentleman heift in England jeder Dann von guter Erziehung, anftän»
ı Sitten, und einem Betragen, das adıtbare Gefinnungen ankündigt, ohne
zerade die glänzenden Eigenfchaften des anziehenden Gefellfchafter® nothwen⸗
arin eingefchloffen wären; es bezeichnet daher nicht fowol einen auf Herkunft
Rang gegründeten Vorzug, als vielmehr die auf Würdigkeit beruhende Gel
des Menſchen in der Gefellfchaft, und fteht der, in Sitte und Betragen fich
wen Semeinheit und Rohheit des Gemuͤths entgegen. Nach den Begriffen
aglaͤnders erfcheint der Gentleman überall würdig, und feine Bildung ſtellt
Rann von dunkler Herkunft dem Ahnenreichften gleich, da auch die Anficht,
26 gelungene Bemühen, ſich die äußern Worzlige bes gebildeten Mannes eis
ı madyen, alle bürgerliche Ungleichheiten aufhebe, durchaus Volksdenkart iſt.
fen wird dad Wort andern Benennungen vorgefegt, um Anſpruch auf Auss
mg anzubeuten, wie 3. B. Gentleman-Commoner auf den engl. Univerfitds
ı Student heißt, der von eignem Vermögen fi) erhält. In der Mehrzahl
men (meine Derren) gebraucht man das Wort in der Anrede an Mehre, als
für die dem Worte Sir (Herr) mangelnde Mehrzahl.
Hentry bezeichnet den nicdern Adelin England (f.b.).
Bent (Friedrich v.), Publicift und politiſcher Schriftfteller, geb. zu Breslau
iſt k. ©. Hofrath (bei der geh. Staatskanzlei) zu Wien und Ritter vieler Or⸗
Sein Vater war zulegt Generaldirector der Münze in Berlin; f. Mutter
). Ancillon. In Breslau und in Berlin erzogen, ftudirte ©. in Königsberg.
wurde er in Berlin bei dem Generaldirectorium als Secretair angeftellt, er»
mm den Titel Kriegerath, und heicathete die T. des Oberbauraths Gilly.
786 machte er fid) durch philofoph. und hiſtoriſche Auffäge in Sournalen bes
f. Überf. von Burke’s „Betracht. ib. die franz. Revolution“ (2 Thie., 1793,
nerk. und Abhandl., 3 Aufl.) gründete f. Ruf. Noch überf. er Schriften
aller du Pan 1794, von Ivernois 1796 fg., und von Mounier („Entwidel,
ıchen, welche Frankreich gehindert haben, zur Freiheit zu gelangen”, 4 Thle.,
Über die erſchlichenen Güterfchenkungen in dem neuerworbenen Sübpreus
598 Genuq
Sen und Aber andre Mißbraͤuche in der dortigen Verwaltung, erflirte
müthig in einigen Denkſchriften. In gleihem Sinne verfaßte er das noc
vergeffene „Schreiben an den K. Friedr. Wilh. III., bei deſſen Thron
16. Nov. 1797”, 1799 und 1800 gab er das „Hiſtoriſche Journal“ hi
faft ganz von ihm verfaßt if. Die wichtigſten Auffäge deffelben wurd
franz. Überf. u. d. T.: „‚Essai actuel de l’administration des finances
Bretagne“ (1801) in England bekannt, und erhielten den Beifall von
brit. Staatsmännern. Auch f. Schrift von dem polit. Zuftande Europ
nad) der franz. Revolut. (1801) ward ins Engl. über. In ſ. „Betrad
d. Urſprung und Charakter des Kriege gegen die franz. Revolut.“ (1801.
fich gegen den Frieden mit Frankt. Das Entfhädigungsgefchäft in Z
ſtimmte eben fo wenig mit f. politifchen Anfichten überein. Er ging!
nad) Wien, wo der Minifter der ausw, Angel., Graf v. Stadion, ſ. Bt
ſchaͤtzte. Vorher begleitete er ben brit. Miniſter am dresdner Hof, Den. €
England. Als die Sranzoien 1805 von Ulm gegen Wien vordranger
nad) Dresden, wo er im Mai 1806 f. „Sragm. a. d. Geſch. des poli
wichts von Europa” (St.⸗Petersb. 1806) herausgab. Auch erfchien 18
thent. Darftell, des Verhaͤltniſſes zwiſchen Spanien und England". Sı
waren f. leztes Bud, Seitdem verfaßte er Staatsfchriften und Aufl
k. k. Cabinet, gegen Frankreich und fpäter gegen die Meinung ſ. Zeitgen
dem „Oſtreich. Beobachter” find viele Auffäge von ihm, an der ihm eigen
potitifchen Dialektik und Darftellungsgabe erfennbar. Bei dem toier
und bei den Dinifterconferenzen zu Paris 1815 führte er ald erfter S
Protokoll, fo auch bei allen fpätern Congreſſen, zulegt In Verona.
der nach ſ. Rathe begründeten „Wiener Jahrb. der Literatur”, 1818,
G. mit e. (feitdem nicht fortgeführten) Kritik über die Preffceiheit in E
üb. den Verf. von Junius's Briefen, auf. In einigen Beurtheilungen
ten von de Prabt, Guizot u. X. glaubt man ebenfalls die Feder dieſes
lers zu erkennen, deſſen Talent für bie politifche Mhetorit H. v. Woltm
digt hat. Die Nachwelt wird über den Charakter f. Einfluffes auf d
Zeit ihre Endurtheil fällen.
Genua (ital, Genova, franz. Gönes), farbinifches Herzogthum
am mittelländ. Deere, das bier den Meerbufen von Genua bildet; di
76,000 &., 15,000 H., und eine Stunde im Ducchmeffer. Auf d
iit fie mit doppelten Befefligungen umgeben, von weldyen bie äußern oͤ
hoͤhen, welche der Stadt fchaden könnten, geführt worden find. Der
befeftigte und durch zwei Daͤmme eingefchloffene Hafen, den die Sral
kreis umgibt, ift feit 1751 ein Freihafen. Nur in dem innern Beinen $
fena genannt) finden die Galeeren Sicherheit bei jedem Winde. Gen
Beinamen die Praͤchtige, Stolze (la superba), theild wegen ihrer ſcho
theatrallichen Lage am Meer und dem Abhange bes Gebirges, theild
prächtigen Gebäude, welche der reiche Adel aufführte. Von ber Seeſe
Stadt eine herrliche Anficht, aber troß ihrer vielen Paldfte kann man f
eigentlich fchön nennen. Wegen des engen Raums, ben fie einnimn
gen der abhängigen Lage find die meiften Straßen enge, ſchmutzig und
man in wenigen fahren oder reiten fann. Daher macht man die Befud
ten, welche man bei gutem Wetter fich nachtragen läßt. Doch gibt et
breite gerade Straßen, befonders die Straße Balbi und bie prächtige ı
mit vielen, von Außen mit Marmor beleibeten Paläften, Unter bei
zeichnen fich aus, bie Domtirche, der Palaſt des ehemaligen Doge,
Dora und Balbi, das 1817 vwiederhergeftellte Jefuitencollegkum.
bat eine Wafferleitung, welche durch Springbrunnen fie wie Wafl
Genua 399 |
dſchine Spaziergänge. Ein beträchtlicher Handel wird mit gutem ODlivenoͤl
dedlen Baumfrüchten getrieben; auch gibt e8 anfehnliche Fabriken von Seidens
een, beſonders in ſchwarzen Zeuchen, Sammet, Damafl und Struͤmpfen, die
a 1600 Stühle unterhalten, in Tuch, in baummollenen Strümpfen, Huͤten,
dein (Macaroni), candirten Früchten, Chocolade, Bleiweiß u. A. Die Seide
d theild im Lande felbft gewonnen, theild aus bem übrigen Stalien, beſonders
Calabrien, aus Sicitien, foroie aus Syrien und der Inſel Enpern gezogen,
ma iſt jezt der Sitz eines Erzbiſchofs, eines Senats, Ober: und Handelsge⸗
3, einer Univerfität, dreier gelehrten Vereine, einer 1816 beftätigten Handels⸗
Haft, der St.sGeorgenbant und einer Marinefchule. Der ehemalige Frei⸗
„jet Derzogthum Genua (110 OM., 590,300 Einw.) grenzt gegen Abend
Bitternacht an Savoyen, Piemont und die Lombardei, gegen Morgen an
a und Toscana, gegen Mittag and Meer. Das Land ward in den öftlichen
wefichen Theil (Riviera di Levante und Riviera di Ponente) abgetheilt. In
u liegen Genua, Seſtri di Levante ; in diefem Bintimiglie, San Nemo, Sa⸗
Finale. Länge der Nordfeite ziehen fich die Apenninen, und erftreden ſich in
been Nebenäften bis zur Kuͤſte. Diefer Landſtrich ift, ungeachtet feines gebirs
(Bodens, fehr fruchtbar. Der Adel zeichnet fich durch Kenntniffe und feine
m, das Volk durch Arbeitfamkeit und Muth aus, Die dlteften Bewohner bes
6 waren die Ligurier, welche zwifchen dem erften und zroeiten punifchen Kriege
om Römern befiegt wurden. Nach dem Untergange bed weltrömifchen Reis
gehörten fie zu dem Longobardenreiche, und kamen mit diefem unter fraͤnkiſche
Haft. Nach dem Verfalle des Reiche Karls d. Gr. ſetzte Genua ſich in Frei⸗
md theilte bis ind 11. Jahrh. das Schickſal der lombardifchen Städte. Die
ver Stadt begünfligte das Gedeihen des Handels, und früher noch ald Venedig
fie Levantehandel, Ermwerbungen auf dem feften Kande gaben ſchon im Ans
des 12. Jahrh. Anlaß zu blutigen Kriegen mit den gewerbfleißigen und han»
Rigen Bewohnern von Pifa, weiche ihre Grenznachbaren wurden, nachdem
a des Solfo de la Spezzia ſich bemächtigt hatte. 1174 befaß die mächtige
ſchon Montferrat, Monaco, Nizza, Marfeille, faft die ganze Küfte der Pro⸗
und die Inſel Corſica. Der Kampf mit den Pifanern dauerte über 200
‚ und nicht eher wurde Friebe gefchloffen, bis die Genuefer die Inſel Elba ers
und den Hafen von Pifa zerftört hatten. Nicht minder heftig wuren die Feh⸗
gen Denedig, bie erſt 1282 durch den Frieden zu Zurin geendigt wurden,
e die Herrſchaft über den weſtl. Theil des mittellaͤndiſchen Meeres der Gegen»
des Kampfes mit Pila war, fo ward in dem Kriege gegen Venedig nur um
eſitz des Öftt. Theile, nad) welchem beide Freiſtaaten ftrebten, getämpft. Die
efer fchloffen daher Handelsbuͤndniſſe mit den Morgentändern. Am hoͤchſten
3re Handelsmacht zur Zeit der Erneuerung des griechifchbyzantinifchen Neich®
ber Mitte d. 13. Jahrh. Schon lange harte die Unthätigfeit der reihen Ber
m von Konftantinopel den Genuefern großen Antheil an dem Handel der
„ Staaten verſchafft. Dadurch aber, daß fich die Genuefer der Stadt Kaffe
) (jegt Feobofia) auf der krimiſchen Halbinfel bemächtigten, erhielten fie auch
errſchaft über das ſchwarze Meer, und bezogen aufdem Handelswege uͤber das
[che Meer die koͤſtlichen Waaren Indiens. Hitte Genua ein weiſes Colonial⸗
s eingeführt, und feine Niederlaffungen zu einem Ganzen zu verbinden und
m den Mutterflaat zu knuͤpfen gewußt, fo würde c8 am Ende des Mittel:
) die erfte Holle als Handelsmacht geipielt haben. Nach dem Kalle Kenſtan⸗
eis duch Mohammed II., 1453, buͤßten die Genuefer bald für den unflugen
and, welchen fie den Türken geleiftet hatten. Mohammed nahm ihnen (1475)
Riederlaffung am fchmarzen Meere. Sie trieben zwar, auch nach dem Ver⸗
der Herrſchaft über dieſes Meer, noch geraume Zeit einen gereinnreichen Hans -
600 Genua
dei mit den Anwohnern deffelben, aber endlich wurbe ihnen von ben Tuͤrken ber due
gang zu biefem Handelswege ganz verfchloffen. Selbſt die Handelsverbindn
welche die krimiſchen Tataren noch eine Zeit lang durch ihre eignen Schiffe mit Gem
unterhielten, ward bald von der eiferfüchtigen Beforgniß der Türken für immır ap
gehoben. Während Genus Macht und Handelörang durch Rändererrrbun
und regſamen Gewerbfleiß ſich fo hod) erhoben, ward das Innere des Statt
Unruhen und Parteimuth geftört. Demokraten und Ariftofraten, umd unterm
Ariſtokraten ſelbſt verfchiebene Parteien, unterhielten fortbauernd unruhige Bang:
gungen. 1339 ward ein lebenslänglicher höchfter Staatsbeamter, der Doge, va
dem Volke erwählt. Aber er hatte nicht Macht genug, die Parteien zu verfohes
Es wurden ihm endlidy Näthe zur Seite gefegt, und doch ward bei allen Verſu
eine fefte Staateorbnung einzuführen, kein Friede im Innern, ja man unter
ſich fogar, um aus der unglüdlichen Anarchie, die der ftete Parteikampf herbeifüe
ſich zu retten, einige Male fremder Herrſchaft. Mitten unter diefen Unruhen:
(1307) die Georgsbant᷑ (Compera di S. Georgio) geftiftet, welche ihre Entſi⸗
den Anleihen, die der Staat zu f. Bedürfniffen von reichen Bürgern machte,
danken hatte, und von den abwechfelnd herrſchenden Parteien gewiffenhaft anfı
erhalten wurde. 1528 erhielt endlich der gährende Staat Ruhe und einel
Drbnung, welche bis zu Ende d. 18. Jahrh. fortdauerte. Die Regierungiie
war ſtreng ariftofratifh. Das Oberhaupt des Staats war der gemählte d
Er mußte 50 3. alt fein, und wohnte im Palafte der Republik (Palazzo dei
Signoria), wo auch der Senat fidy verfammelte. Der Doge hatte ben Wortzag
Senate, der fi) in demfelben Palafte verfammelte. Ohne f. Einwilligung fen
kein Rathsſchluß gefaßt werden, und die Staatöverordnungen wurden in f. Re
gegeben. Er blieb nicht länger als 2 3. im Amte, dann ward er roieder Sram
und Procurator, und nach 5 J. Eonnte er wieder zum Doge erwaͤhlt werben. J
zur Seite ftanden 12 Governatori und 8 Procuratori, nicht gerechnet diejenk
welche Dogen geweſen waren. Jede dieſer Würden hatte eine Dauer von 2 3
ven. Sie bildeten ben geheimen Rath, der mit dem Doge alle Stantsfacef
forgte. Die Procuratori waren die Auffeher des öffentlichen Schages und
Staatseinfünfte. Die fouveraine Gewalt befaß erftend der aus 300 Glieden U
fiehende große Rath, zu welchem alle genuefilche Edelleute, die 22 3. alt waren,
börten ; zweitens der Eleine Rath von 100 Gliedern. KBelbe hatten das Recht,
den Governatori und Procuratori über Gefege, Zölle, Auflagen und Steum|
beratbfchlagen, und in diefen Källen ward durch Stimmenmehrheit entſchi
Über Krieg, Frieden und Bündniffe ward nur im Beinen Rathe verhandelt,
wenigftens vier Fünftheile der Glieder mußten einftimmig fein, wenn ein
abgefaßt werben follte.e Der Adel ward in den alten und neuen abgethrilt.
dem alten gehörten außer den Gefchlechtern Grimaldi, Fieschi, Doria,
noch 24 andre, die an Alter, Reichthum und Anfehen jenen am naͤchſten *
zu dem neuen Adel aber 437 Geſchlechter. Der Doge konnte aus dem alten W
aus dem neuen Adel genommen werden. Mach und nach hatte Genua alle feine en
wärtigen Befigungen verloren; Corfica, die legte von allen, empörte fich 1730,00
warb endlich, 1768, am Frankreidy abgetreten. Als die Franzoſen 1797 die
nachbarten Länder ſich unterworfen hatten, Eonnte die Parteilofigkeit, welchel
Republik firenge beobachtet hatte, das ſchwankende Staatögebäude nicht vor
Untergange ſchuͤtzen. Bonaparte gab ihr eine neue Verfaſſung, welche auf!
Srundfäge des franz. Repräfentativfpftems gebaut war. _ Zei Jahre fpdtei
ein Theil des genuefifchen Gebiets wieder in die Gewalt der Öftreicher, aber der &
von Marengo entfchied auch Genus Schickſal. Es erhielt eine proviſoriſche #
gierung, und 1802 eine neue Verfaflung als ligurifche Republit. Dem Doge ia
den zur Seite 29 Senatoren und als Volksrepräfentation eine Gonfulta von
Mitgl., welche ſich jährlich verfammelte, Staatsrechnungen unterfuchte und die
Geocentriſch Geoffrin 601
nehmigte, weiche ihr von dem Senate vorgelegt wurden. Die Mitglieder
aſuita wurden von 3 Collegien, naͤmlich von 300 Gutsbeſitzern, 200 Kaufs
und 100 Gelehrten gewählt. Die Republik erhielt zugleich einigen Länder
‚6, und hatte (1804) eine Volksmenge von mehr als 600,000 Bew. Ihre
ttelalter fo furchtbare Seemacht befland nur nur noch aus 4 — 6 Galeeren
nigen bewaffneten Barken; ihre Landmacht aus 2 deutfchen Garderegimen⸗
ic das Oberhaupt der Regierung, 3000 M. Nationaltruppen und 2000 M.
its. Die Handelsfchifffahrt war im Suni 1805, wo die Mepublit dem
Reich einverleibt wurde, nur ein Schatten von dem, was fie einft gewefen,
die Genuefer mit ihren 40 größern und vielen Beinern Fahrzeugen nicht wels
gen, als nad) Italien, nach Frankreichs [üblichen Küften, nach Spanien und
gal. Sie verfahen vor dem legten Kriege einen großen Theil Italiens mit oſtindi⸗
Gerolirzen, welche ihnen von den Holländern gebracht wurden, fowie mit Zus
» Gaffee, die theils von Liffabon, theils von Marfeille famen, und mit Fiſch⸗
w und Salzen. Schiffe aus Hamburg brachten fächfifche Leinwand und Tuͤ⸗
Der Speditionshandel war bedeutend, am wichtigften aber der Handel mit
n Gelde und das Wechfelgefhäft. Mehrere Staaten Europas, beſonders
ien, waren Schuldner der Bank zu Öenua und einzelner reichen Staatsbuͤr⸗
Die Bank war zum Theil eine Leihbank, zum Theil eine ‚Depofitene und
bank. Sie befaß anfehnliche liegende Gründe und über 10 Mil. franz.
Eine. Die Verwaltung derfelben wurde von 8 Protectoren beforgt, und die
hatte eigne Richtergewalt Über die zu ihr gehörigen Beamten. Se häufiger
we Staat bei dringenden Veduͤrfniſſen f. Zuflucht zu der Bank nahm, deſto
verlor fie allmälig an Vertrauen. Die Republik hatte, um die Zinfen fuͤr bie
er Bank genommenen Capitalien zu bezahlen, verſchiedene Auflagen angewies
ie immer erhöht wurden, wenn fie zur Bezahlung ber Zinfen nicht hinreichend
. Bei der Bereinigung der Republik mit dem franz. Reiche ward die Bank
aufgehoben, und die Renten von 3,400,000 genueſ. Lire, welche fie ihren
ngern zu jahlen hatte, wurden auf das Schuldbuch von Frankreich) Übertragen,
mn Umſturze der franz. Welthercichaft befegten Briten die Stadt, und bie Ge⸗
hofften nun um fo mehr die Wiederherflelung ihres alten Freiftaats, als ber
je Befehlshaber, Bentink, ihnen diefe Verficherung bei der Befignahme ber
; gegeben hatte. Allein der wiener Congreß theilte 1815 Genua mit f. Ges
xm Daufe Sardinien zu, doch unter der Bedingung, daß daſſelbe eine Art
mehfentativer Verfaſſung behalten ſollte. So hat denn Genua f. Senat und
winzialräthe, die bei ber Befteurung gefragt werden müffen ; das Obergericht
nua hat mit denen zu Turin, Nizza u. f. w. gleiche Befugniß; die Univerfitdt
beibehalten, die St. Georgenbank bergeftellt u. f. w. Die Regierung wird
eine eigne Commiffion verwaltet, die in 3 Abtheilungen abgetheilt ift: für das
m, die Sinanzen, das Militair und die Marine,
Weocentrifch, was fid) aufden Mittelpunkt der Erde bezieht, ober von
Bkitteipunfte der Erde aus betrachtet wird. (S. Heliocentrifd.)
Seocykliſche Maſchine, eine Mafchine, um ſinnlich anſchaulich
chen, wie die Abwechſelung dee Jahreszeiten, Zu⸗ und Abnahme der Tage
w. auf der Erde in Folge davon ftattfinde, daß die Erdare unter einem Winkel
Bö+ Grad gegen die Ebene der Ekliptik geneigt ift und während ihres Umlauft
ie Sonne, fich felbft in allen Punkten ihrer Bahn parallel bleibend, diefe Stels
amveränbert behauptet.
Seod aͤſie, die praktiſche Geometrie, f. Feldmeſſen.
Seoffrin (Marie Thereſe Rodet, Madame), geb. 1699, eine mit allen geſelli⸗
begabte, durch Geiſt und. Herz gleich ausgezeichnete Frau, welche 50 Jahre
wech die feinften und gebildetſten Geſellſchaftskreiſe von Paris zierte, war ſchon in
602. Geoffroy
der Wiege verwaiſt. Ihre Großmutter erzog fie, und gewoͤhnte früh ihren Geift, d
tig zu denken und zu urtheilen. Darauf warb fie die Gattin eines Dranned, u
dem Nichts zu fagen iſt, als daß fein Tod fie in den Beſitz eines bedeutenden A
mögens feßte, welches fie theils bazu benutzte, Huͤlfobeduͤrftige zu unterküge
theild einen auserlefenen Kreis ausgezeichneter Perfonen um fich zu verfamme
Die Wohithätigkeit, die ihrem Herzen Bedürfnig war, iſt nie auf eine (div
zartere Weife geübt worben. Ein befonnenes, durd) Vernunft und Gerrhighl
erleuchtetes Studium der Menſchen hatte Mad. G. gelehrt, daß dieſelben nf
ſchwach und eitel als böfe find, daB man ihrer Schwaͤche nachſehen und ihre Oi
feit ertragen müffe, damit fie wieder die unfern ertragen. Ihr Wahlfpeuh
daher: Geben und Vergeben. Das VBebürfniß zu geben, war mit ihr
Schon als Kind, wenn fie einen Bettler aus ihrem Zenfter fah, warf fie Hinch
fie eben zur Hand hatte, ihr Brot, ihre Wäfche, felbft ihre Kleider, unb
Scheltworte noch Strafen änderten fie. Sie wuͤnſchte ihre Wehlthaͤtigken
die Hände Ihrer Freunde fortzufegen. Man wird fie fegnen, fagte fie, und eng
den mein Andenken fegnen. So feßte fie einem Freunde, der unbegütert mer,
lebenslängliche Rente von 1200 Liore® aus. „Wenn Sie reicher werben“, MR
fie, „fo fpenden Sie das Geld mir zur Liebe, wenn ich es nicht mehr kann“. 2
Dante wich biefe feltene Frau auf das forgfältigfte aus, ja fie pflegte den Urke
ten wol.eine ſcherzbare Lobrede zu halten, Ihr Haus war der Sig ber bez
riſer Geſellſchaſt; alle Künfte, alle Talente, alle Stände, gebilbete Geiſter
Arten fanden beiihr Zutritt. Niemand konnte bier vorherrſchen; ſelbſt Die £
vom Haufe ſtrebte nach keiner Art von Übergewicht, fie war nur liebenewuͤch
ben Cirkel belebend. Der Abbe de St.⸗Pierre fagte ihr als fie ihn eines
nach einem langen Gefpräcye mit den Worten enttieß: Vous avez ds6 chat
aujourd’hui‘‘, die befannte und verdiente Balanterie: „Jene suis qu’un
ment, Madame, dont vous avez bien joue‘‘. „Man fragt ofr”, fährt 2a |
fort, „ob diefe Frau, die mit fo geiſtreichen Perfonen umgeht, felbft fo ar
lich geiſtreich iſt; das eben nicht, aber fie hat einen gefunden Werftand, =
weife Mäßigung liegt in ihrem Charakter. Sie bat jene gefällige Artigkig
man nur im Umgange erwirbt, und Niemand hat einen richtigern Takt Fk
Schickliche“. Unter den vielen Fremden, bie fich in Paris an fie auſchloſſen
der äusgezeichnetfie, Graf Poniatowoki, nachmaliger König von Pol. Er
Ihr feine Thronbeſteigung mit den Worten befannt: „Maman, votre fils est
unb Iud fie zu fih nad) Warfchau ein. Als fie 1768 auf ihrer Reife dabk
Wien kam, fand fie bei dem Kaifer und ber Kalferin den Tchmeichelbaftefl
pfang. Die Kaiferin, die ihr einft zu Wugen mit Ihren Kindern begegnet
ogleich halten und ſtellte ihr diefelben vor. : Bei ihrer Ankunft ie Warſche
fie daſelbſt ein Zimmer, dem volltommen ähnlich, welches fie in Paris zu be
pflegte. Mit den ausgezeichnetften Ehren überhäuft, kam fie nach Part
und ſtarb daſelbſt 1777. Drei ihrer Freunde, Thomas, Moreliet und
bert, haben ihrem Andenken Schriften gewibmet, die vor kurzem, nebſt
nen Abhandlung der Mad. Geoffrin, Sur la conversation‘‘, wieder gebrufl‘
den find. (Bol. Ludwigs AV. Zeitalter.)
Geoffroy (Julien Louis), einer der berühmteften kritifchen Sche
Kranbreiche, geb. 1743 zu Rennes. Er machte in den Schulen der Jeſui
Studien und befand fi), als dieſer Orden aufgehoben ward, im einer bed
Rage. Er wurbe darauf Erzieher in dem Haufe eines relchen Privanmanıık
da er hier oft Gelegenheit fand, das Schaufpiel zu befuchen, fo entwichk
feine Neigung für daffelbe. Diefe veranlafte ihn, die Schaufpiettunft, We
gen, den Werth der Schaufpiele, den Geift der Dichter und Die Talente der ©
fpieler zu erforfchen und zu ſtuciren. Um zu einer tiefem Einficht des
Geofiroy 603
n Kunſt zu aelangen, ſchrieb er ſelbſt eine Tragödie, „Bato’s Ted“, im
er nur zur Übung. Er überreichte dad Stud der Theaterdirectjon, es
nommen, und ©. erhielt freien Eintritt; dies war es, was er wünfchte;
rung bes Stuͤckes felbft hat er nie betrieben, vielmehr es gänzlich au® dem
; verloren. Um ihn zu neden, ließ man in ber. fpÄtern Zeit fogar ein
jato's Tob”, unter f. Namen druden, als defien Verf. Gubiäreö Palmer
nnt wird. Bisher hatte G. vom Unterrichte gelebt, jegt fuchte ex hei der
: angeftellt zu werben. Er bewarb ſich, von 1773, drei J. hinter ein⸗
den alljährlicy außgefegten Preis ber lat. Beredtfamteit, und erhielt ihn
ſodaß man ſich genöthigt fand, das Beleg zu machen, baß ein und der»
drei Mal diefen Preis gewinnen könne. Bei der Bewerbung um den
die franz. Akademie für die befte Lobrede auf Karl V. ausgefebt und den
gewonnen hatte, wurde f. Arbeit ehrenvoll gedacht. Jetzt betrat G. bie
f der er großen Ruhm fich erwarb. Die Erben der „„Aunde litteraire“*
en Mann, der Freron’s Stelle würdig auszufüllen und den Gredit dieſes
Eritifchen Blattes aufrecht zu erhalten im Stande wäre, und wählten
ver feit kurzem Profeffor der Beredtſamkeit an dem Collegium Mazarin
var, und für den gefchicteften Profeffor der Rhetorik galt. Er uͤbernahm
hrift 1776, und erhielt fie bie zwei J. nach dem Ausbruche ber Revolu⸗
‚ diefen 15 Jahren bereicherte ex fie mit geiftxeichen, gehaltvollen und au»
Artikeln über Philofophie, Moral und Literatur. Sein Styl if rei,
jebrungen, und was er fhrieb, zeigt von Geſchmack, Kenntnig ber claſſi⸗
atur, und dem Beltreben, die Leſer mehr zu belehren als zu zerfizeum.
Iution, deren anarchiſche Grundſaͤtze G. befämpfte, machte diefen fried⸗
chaͤftigungen ein Ende; er unternahm mit dem Abbe Royou eine anbre
: „L’ami du Roi‘, allein bald wurden das Journal und bie Derausges
et. G. flüchtete fi aufs Land, und lebte da als Lehrer der Bauern⸗
horgen bis 1799, wo er wieder nach Paris zurückkehrte. 1800 üben
vie Beuctheilung der Schaufpiele im „Journal de l’Einpire‘‘, welches
Journal des debats“‘ hieß, und betrat fo unter ben günftigften Werhälte
e neue Laufbahn, die ihn wahrhaft berühmt machte. Er bezog dafür
1. Gehalt von 24,000 Sr. Seit mehr als zehn I. hatten falfche Anſich⸗
Ppitofophie wie in der Moral, in der Politik wie In der Literatur eine uns
wirrung hervorgebracht ; alle Grundfäge waren vergeffen, fie erfchienen
intdedung ba, 100 fie wieder aufgeftellt wurden. Es war ein großer Vor⸗
die Kritik, wieder unterfuhen zu dürfen, was fchon hundert: Mal unter
den, von alter und neuer Riteratur zu [prechen, als wenn fie noch nicht da
baͤre. G. unterfuchte mir Scharfiinn, und ſchonte die Grundfäge ber
icht ; dieſe beleidigten, verfegerten ihn; aber jeden Morgen erfchien er mit
sftelungen und neuem Spott. Nicht immer blieb er in den Schranken
igung; fein Wis war oft zu bitter, fein Scherz zu unzart. Einmal tas
ine Schaufpielerin, welche nicht aufgetreten war, wegen ihres Spiels in .
zetündigten Theaterſtuͤcke. Aber ins Allgemeinen kann man fagen, daß
gerecht zu fein wußte, wenn er es wollte, und er wollte es faft immer. Er
Zeinde viele, denn er hatte es mit der Eitelkeit der dramatiſchen Dichter und
ufpieler zu thun; aber er hatte auch Freunde, bie f. Scharffinn, f. Kennt⸗
d Zalenten Gerechtigkeit wiberfahren ließen unb ſ. Sruchtbarkeit bewunder⸗
n einer fo befchräntten Gattung immer neue Hülfequellen zu finden mußte.
an auch zuweilen nicht mit ſ. Grundſaͤtzen einverflanden war, fo langweilte
doc) nie, und das „Journal de l’Einpire‘‘ war, fo lange &. den Feuille⸗
lben fchrieb, das gelefenfte aller franz. Tageblaͤtter. Ungeachtet diefer Be
ag, fand es body nody Zeit, 1808 einen Commentar zu Racine in 7 Bbn.
604 Geogeni Geognoſie
bekannt zu machen. Wenn darin die Poeſie des großen Dichters auch
—— iſt, ſo hat das Werk doch Verdienſte, inobefondete durch t
chen Überſetzungen von mehren Bruchſtuͤcken, ja von zwei volljtändigen X
der Alten. G. beſaß ein ausgezeichnete® Talent zum ÜÜberfegen, und es
dauern, daß er nicht mehr als den 1801 erfchienenen Theokrit uͤberſetzt &
ſtatb zu Paris, 71 3. alt, d. 26, Febr. 1814. S. „Cours de litterature
tique, ou Recueil, par ordre des matieres, des feuilletons de Geoffr
cede d’une notice historique sur sa vie et ses ourrages‘‘, sec. ed., 1
(Paris 1825).
Gesogenie, bie Lehre von ber Entftchung unferer Erbe.
Geognofieund Geologie. Die®eognofie belehrt und
verfchiedenartigen Mineralmaſſen, Felsarten oder Gebirgsgeſteine, aus
die Exrdrinde zufammengefegt ift, über den Bau der Erde und gibt und Au
über die Werhältniffe, die Lagerftätten und das Alter der Mineralien. Di
Logie darf mit ber Geognofie nicht verwechſelt werden, wiewol fie mit!
genau verbunden iſt; fie gilt al® die verfuchte wiſſenſchaftliche Darlegung
Entſtehung unfers Erdkörpers und von ben Umwandlungen, welche er in
Beit erfahren hat, oder deren er noch gegenwärtig ausgeſest iſt. Die Geol
lehnt Ihre Lehren aus den vereinigten Sorfchungen der Geognoſten, Php!
Chemiker. Dan kann Deutſchland als ihr Vaterland anfehen, und als
ber ber Seognofie gilt mit Recht Werner (f. d.), wiewol es auch in ant:
bern Diänner gab und gibt, die fich weentliche Verdienſte um diefe Wif
ten erwarben; die Namen Suuffure, Pallas, Dolomieu, U. v. Humboll
Buch, Cuvier, Al. Brongniart, Beudant, Boue, Buckland, v. Hoff. u
befannt. — Über die allgemeinen Verhättniffe des Erdkoͤrpers und üb:
Senfläche verweiſen wir auf die A. Erde, Berge, Meer, Luft, F
Seen, Gletſcher, Atmofphäre, Vulkane, Erbbeben ı
betrachten wir zuvoͤrderſt die Beſtandtheile der Erdrinde. Die
aus Gebirgs⸗ oder Kelsarten, welche mehr oder weniger anfehnliche Räur
lien. Dan theilt die Fels art en in gleichartige, ſcheinbar gleichartige, un
gleichartige, in Truͤmmergeſteine, lofe Gebirgearten und Kohlen. Die gleit
Geſteine (3. B. Quarzfels, Kalt, Gyps) gehören oryktognoſtiſch einfachen '
lien oder'igentlichen Mineralfpecie an; in den fcheinbar gleichartigen C
find mehre Species in fo Heinen Theilen und fo innig mit einander verbunl
man fie mittelft des Auges nicht mehr unterfcheiden kann (3. B. Bafalt).
ungleichärtigen Geſteinen hingegen laffen ſich Die Semengtheile nach ihrer
ge, ihrer Geſtalt 2c. mehr oder weniger deutlich erkennen (3. B. Felsſpath,
und Glimmer im Granit), Die Zrummergefteine, Songlomerate, Breccier
ben aus weniger oder mehr ftumpfartigen Bruchſtuͤcken und aus Geſchie
ſchiedener Gebirgsarten, aus Koͤrnern und Blättchen, welche durch einen ei
oder gemengten Kitt zufammengehalten werden. Die Bruchſtuͤcke und der.
geroöhnlich verfchieden. Aus der mechanifchen Zertruͤmmerung der, bis je
führten Gefteine, theils auch durch ihre mehr mechanifche Zerfegung vermil
Einwirkens der Atmofphäre, durch dauerndes Abnugen und Fortſchwem
Gußregen und Strömen, entftehen die loſen Geſteine (Geroͤlle, Gruß,
Lehm ıc.). Eine befondere Stelle in der Reihe der Felsarten gebührt den, ı
Pflanzenreiche abftammenden, Kohlen. — Der Structur oder dem Geft
gibt es Erpftallinifch = koͤrnige, fchiefeige und dichte Gefteine, Porphyre un
delſteine. Die kryſt.⸗koͤrn. ©. beftehen aus Ernftallinifchen Theilen, ober au
kantigen Körnern, durch bloße Ernftallinifche Zufammenhäufung in und n
ber verwachſen. Bei Gefteinen von fchiefriger Structure erfcheint die M
binnen Lagen oder Schichten, aus übereinander gefügten Blaͤttchen zufai
Geognoſie 605
Dicht ſind die Felsarten, wenn den Theilen der Maſſe keine beſondere Geſtalt
bt, und wenn alle genau zu einem Ganzen verbunden find. Porphyrſtruc⸗
ſt da, wo die, ein nicht Unterbrochenes bildende dichte, oder eine dem Körnigen
t oder weniger ſich nähernde, Hauptmaffe Kryſtalle, Heine Eroftallinifche Theile,
ser und Blättchen umfchließt. Gewiſſe Sefteine haben eine Hauptmaffe, wels
undliche Räume umſchließt, plattgedruͤckte Höhlungen, die leer, auch theilmweife
ganz erfüllt find mit von der Hauptmaffe verfhiedenen Mineralien; dies iſt
Mandelfteinftructur, Diele Selsarten nehmen außer ihren Haupt: auch noch
Wige Gemengtheile und Verfteinerungen aufs es gehen verſchiedene inein⸗
rüber; es findet ein Wechfel in der Natur ihrer bildenden Xheile ſtatt; end⸗
werden auch die Selsarten durch Einwirkung von Luft, Wafler, durch Tempe⸗
zwwechfel u. f. w. verroittert und zerfegt. — Schihtung und Abfondes
tg der Felsarten. Im Gegenfag des nicht Unterbrochenen ber Felsmaſſen,
as Getheiltſein derfelben zu beachten, ihre Zrennung durch Spalten, welche Er⸗
zungen mit Schichtung, Abfonderung oder Zerktüftung bezeichnet wird. Bei
Bqichtung erſcheinen Gebirgsmaſſen auf große Weiten durch parallele Spals
ua ( Schichtungskluͤfte) getheilt in Lagen (Schichten). Die Schichten find mehe
weniger beutlich erfennbar, gerabe oder gebogen, gewunden oder wellenförmig.
? Stellung ift felten wagerecht, meift mehr oder weniger geneigt. Manche Fels⸗
r find fehr, manche weniger deutlich und manche gar nicht gefchichtet. Eine
icht 4 ruht auf einer andern « und wird von einer Schicht y uͤberdeckt; « heißt
„in Beziehung zu 8, das Liegende und 7 das Hangende. Die Mächtigkeit der
ten, d. h. die fenkrechte Entfernung zwifchen Hangendem und Liegendem, ift
ungleich. Die Ausdehnung der Schichten in die Ränge nad) einer beftimmten
gegend heift ihr Streichen, welches durch den Compaß ermittelt wird. Die
ung einer Schicht gegen eine waſſergleiche Ebene nennt man Fallen, und bes
nt ſolches durch den Gradbogen und nach den Weltgegenden. Ausgehenbes
Schichten ift das fichtbare Ende derfelben. Zu den fehr beachtungswerthen Er⸗
mngen ber Schichten gehören, zumal im Ältern Steinkohlen⸗ und im Kupfer»
rgebirge, die fogenannten Rüden, oder Wechfel, das find Sprünge, Verwer⸗
m, ober Berrüdungen, wodurch die Schichten, auf mehr oder weniger bedeu⸗
Strecken, oft um viele Fuß, niedergedruͤckt oder emporgehoben werden, Die
onderung ift Trennung der Gebirgsgeſteine und der, aus ihnen gebildeten
saffen in mehr und weniger regelrecht geftaltete Stuͤcke, bie auf mannigfache
e geordnet find. Dan unterfcheidet ſaͤulen⸗ und plattenförmige, Eugelige und
ge A. Die Zerkluͤftung trennt die Felsmaſſen durch Riffe und Spalten,
e ben vielartigften Richtungen folgen. — Unter Lagerung einer Felsart ver»
man die Stelle, welche fie in der Reihe der Gebirgsgefteine beim Zufammens
netfein derfelben in der Erdrinde einnimmt. Dan unterfcheidet gleichförs
‚ungleichförmige und übergreifende Lagerung. Gleichfoͤrmige Lagerung hat
wenn die Schichten eines über einer andern Felsart gelagerten Gefteine, nach
chen und Fallen, bie nämlichen Verhaͤltniſſe zeigen, wie jene der Unterlage.
er ungleichförmigen oder abweichenden Lagerung find die Schichten des obern,
mgern Geſteins denen des Altern, tiefer liegenden, nicht parallel, d. h. fie zei⸗
ich verfchleden nad) Fallen und Streichen. Die Lagerung iſt übergreifend,
die aufgelagerte Felsart die Ausgehenden der Schichten des Altern Gefteins
L Wechfellagerung iſt die Erfcheinung, wenn Felsarten zu mehren Malen,
uf der andern ruhend, folglich eine gleicdyzeitige Entftehung andeutend, eine
iefelbe Formation ausmachen. SParallelformationen find Felsarten, die eins
wechſelsweiſe vertreten; es find geognoftifcye Aquivalentee — Die bes
ern Lagerftätten der Mineralien, die Gaͤnge und Lager find der
ıftand bergmännifcher Gewinnung und daher von großer Wichtigkeit. G dns
608 | Geognoſie
ben wurde, bie nachher die neue Oberflaͤche des Planeten bildeten, ließ u
Überreſte zuruͤck, die als Zeugen ber Größe und Form der organiſchen i
ſtehen, und in denen wir, wenn man ſie mit denjenigen vergleicht, welche ſich
der Erde finden, mit wenigen Ausnahmen entſprechende und gleiche Bildun
miſſen. Dieſe Überreſte erzählen uns von einer vergangenen Zeit, da fie
lebten und die Oberfläche der Erde bewohnten; fie fagen und aber nichts:
Ereigniß, welches fie fo tief unter biefelbe begrub. Sie gleichen in dieſer
den großen Überreften der Baukunſt aus dem Altertfum, welche man in A
Amerika gefunden hat, und die von einem Zeitalter herſtammen, deffen A
verfchwunden war, ehe unfere Gefchichte begann, und wo gerade die Unmoͤ
etwas von ihrer Entftehung zu erfahren, die Forſchungsbegierde bei Jedem
mit ihrer Unterfuchung befchäftigt, erhöht. Daſſelbe ift bei der Geologie |
Die zulegt zerftörten Organifationen liegen in der oberften Schicht der Erd
ben, die ditern im Verhaͤltniß ihre® Alter untereinander, und jede in ih
ſchicht hat eigenthümliche Charaftere, Dig erften und diteften, d. h. dien
maren ganz verfchieden von denen, welche jeßt leben, und zeigen, daß dieS
niffe, welche damals flattfanden, ganz von den jegigen.verfchieben find. '
auch ferner daruͤber einig, daß vor dem erften, in Vergleich mit dem jegigen
£ommenen und ımausgebildeten Organiſationstypus unfer Planet oͤden
mar, und daß die jegigen Urberge eine flüffige Maffe conftituirten, welche
erſtarrte. Die fphäroidifche, gegen die Pole abgeplattete Geftalt der Er
entfcheidender Beweis dafür, und wir dürfen nur das bloßgelegte Inne
Berge mit einiger Aufmerkſamkeit betrachten, um zu fehen, daß die Ma
welcher fie beftehen, in Bewegung war, während fie anfing zu erſtarren, un
erhärtete, bevor ihre Theile fich wieder in eine neue Ordnung legen konnte
der Stage über den flüffigen Zuftand der Erde theilen ſich die Meinungen.
Geologen glauben, daß bie Urberge von Waſſer durchdrungen, und in d
aufgelöft gewefen feien ; an ber Spige diefer ftand Werner (f. d.), wel
Meinung zuerft aufftellte. Andre glaubten, daß die Erde durch eine hör
peratur gefehmolzen, d. h. in einem glühenben Fluß gemwefen ſei. Man pi
beiden Hypotheſen die neptuniftifche und bie vulkanifche zu nennen. D
hatte zu allen Zeiten die meiften Anhänger. Buffon’s Behauptung,
Erde durch einen Kometen aus der glühenden Maffe der Sonne ausgeſtoßen
ſei, und welches eine mathematifche Unmöglichkeit in ſich fchließt, befam a
Anhänger. De la Place duferte die Idee, daß die Sonne ehemals
höhere Temperatur al jest hatte, daß die gasförmigen Beftandtheile derf
über die Bahn aller Planeten ded Sonnenſyſtems hinaus erftrediten, und d
als diefe ficy bei abnehmender Temperatur verbichteten, die feſtgeworden
dieſer Atmofphäre in Eugelförmige Körper auf verfchiedenen Entfernungen
Mittelpuntte der Sonne fi) fammelten, und die Planeten fich biideten
nachher erftarrten und ſich ablühlten. Nach diefer Hypotheſe waren die‘
theile der Erde einmal fo fehr erhist, daß fie Gasform hatten. Dutton,
beſonders es verfuchte, die vulfanifche Hypotheſe außzuarbeiten, ftellte fich
das innere der Erde durch Feuer flüffig fei, und daß dieſes unterirdifche
Verbindung mit dem Waffer der Atmofphäre an den vorgegangenen Reve
Theil genommen habe, und unaufhörlid) neue vorbereite, welche mithin i
Zwiſchenraͤumen immer aufeinander folgen muͤſſen, fobaß bad, was jetzt
einft Meeresgrund werden muß, mo dann der Meeresgrund aufgehoben we
Berge und Erhöhungen bilden müßte. Aber in allen ben Theilen der Wif
wo die Einbildungskraft einen freien Lauf hat, ohne von der Erfahrung
werden zu Eönnen, wird jedes Individuum ein eignes Syſtem fidy bilden.
ner führte gegen die vulkaniſche Hypotheſe an, daß unfere Urberge oft Ve
Geognoſie 609
thalten, welche beim Gluͤhen veraͤndert werden, und welche mithin bei dieſer
eratur nicht Beſtand haben koͤnnen, ohne zerſtoͤrt zu werden, und von welchen
daſſer einen weſentlichen Beſtandtheil ausmacht. Dieſe Verbindungen koͤn⸗
cht aus einer geſchmolzenen Maſſe gebildet werden, welche allmaͤlig erſtarrte.
n hat von ſeiner Seite dieſen Einwurf durch Verſuche zu widerlegen geſucht,
zeigen, daß fluͤchtige Koͤrper, welche bei dem gewoͤhnlichen Druck durch Gluͤ⸗
18 ihrer Verbindung ausgetrieben werben, ſich bei einem ſtaͤrkern Druck und
ſchloſſenen Raum beim Schmelzen in berfelben erhalten koͤnnen, welches bes
& bei der Koblenfäure in dem Eohlenfauren Kalle flattfindet. Es iſt hier
et Ort, die Schwierigkeiten darzulegen, welche jede diefer beiden Hypotheſen
folge hat; beide führen Umftände an, die wir weder erklären, noch mit uns
wöhnlichen wiffenfchaftlihen Begriffen vereinigen können. Die Anhänger
rd lächeln oft über die von Hutton; denn diefe Überrefte von organifchen
1, mit welchen die jüngern Schichten der Erde überfültt find, fprechen fo Deuts
reine Revolution ohne Feuer und beweifen, daß rin Theil der jüngern Berge
Einfluß des Waſſers gebildet wurde; aber die Werneriancr laſſen dabei außer
daß dieſes nichts für den urfprünglich flöffigen Zuftand der Maffe des Erd⸗
eweift, bevor chende Geſchoͤpf ſich auf demſelben befanden, und bevor
Imftürzungen der Erdoberfläche fich ereigneten. Es ift uns ganz und gar
unt, wie die Beftandtheile des Granits in dem Waſſer hätten aufgelöft fein
‚6 fteht fogar mit aller Erfahrung Im Widerſpruch, die wir bisher von bem
Soermögen des Waſſers hatten. Dem Waffer dabei ein andres Vermögen
brtaufenden als es jegt hat zufchreiben wollen, ift eine Ungereimtheit, denn
efen der Körper befteht in ihren Eigenfchaften ; biefes wäre fo viel, als wenn
gte, das Waſſer fei damals nicht Waffer gewefen, oder die Beftandtheite der
feien nicht das gewefen, was fie jegt find; mit einem Worte es hieße eine
mg erdichten, flatt fie zu fuchen. Aufder andern Seite, win wir ung die
ıte bes Erdballs als gegeben und zufammengeführt, aber noch nicht als vers
denen, fo follte ihre Verbindung flattfinden, und ber gewöhnliche Veglei⸗
eiben, das Feuer, follte in feiner intenfeften Form fi) zeigen. Das Refuls
Verbindung follte eine fphärifche, flüffige Maffe werden, ein Tropfen von
arem Durchmeſſer, und von einer unendlich hohen Temperatur, welcher fich
durch Rabiation, aber aͤußerſt langfam abkühlt, und den gefchmolzenen
bungen Gelegenheit gibt, ſich zu trennen und mehr oder weniger volllommen _
epftallifationstendenz zu gehorchen. Wer darf Meinungen über den Uran
x Materie aufftellen? Der menfchliche Verftand muß feine Grenzen Eennen,
r Innerhalb diefer fein Vermögen üben; wir önnen aber, ohne diefe Gren⸗
iberfcyreiten, uns die Elemente auf unferem Planeten als einft in andern -
tniffen verbunden denken, Die Veränderung diefer und der Übergang zu
batte unvermeidlich eine außerordentlich erhöhete Temperatur im Gefolge.
nikane finb hiervon ein [prechender Beweis im Kleinen; umd wenn wir mits
rehmen dürfen, daß die Grundmaſſe ber Erde nicht in einem Augenblid das
as fie jebt tft, fondern dag ihre Elemente erſt nachher von Zeit zu Zeit fich zu
rbanben, was fie jest find, fo folgt daraus unwiderſprechlich, daß der Erdball
uf einen unenblid) hohen Grad erhigt werden mußte, in glühenben Fluß ges
wobei feine jegigen Seen und Meere feine Atmofphäre bildeten. Wergleicht
un auf der einen Seite die wiffenfchaftliche Nothwendigkeit, welche in diefer
tzus llegen fcheint, mit dem ben Lehren der Wiffenfchaft geradezu Widerfpres
ı, was in ber Werner’fchen liegt, fo erhalt die vulkaniſche Hypotheſe eine grös
ahrſcheinlichkeit als die neptuniftifche, ohne daß man fie jedoch ſchon ale bes
anfehen und deßwegen manche der Näthfel loͤſen könnte, welche fich zeigen,
pir das Detail der dlteften Grundmaſſe der Erde fludiren, (Vol. Breis⸗
7.38c. Siebente Aufl. Bi. IV. 30
610 Geographie
lak'ſches Syſtem.) — Eins der wichtigſten Werke über Geogn
Humboldt’6 „Essai géognoatiqus sur le gisement des roch
deux Hemispleres“‘ (deutfdy von E. v. Keonhard, Strasburg 1823
hören hierher die Transactions der geologifchen Geſellſchaft, die in ?
errichtet wurde und 1821 d. 5. Bd. ihrer Abhandlungen in 4; m. !
gab, und v. Leonhard's „Charakteriſtik der Felsarten‘ (Heidelberg 18
Geographie (gried.), Erdkunde, Erbbefchreibung, die Da
Buftandes und ber Befchaffenheit unfere Weltkörperd; im engern Si
Darftellung von dem Zuflande und der Befchaffenheit eines Theils
3. B. Geographie von Europa, Rußland, Preußen, Sachſen u. ſ. w.
Erde betrachtet werben kann, entweder als ein Weltförper im Berhätti
Weltkoͤrpern, ober als ein Körper von eigenthuͤmlichen Beftandtheilen,
iten und Erftheinungen, ber zugleid) ein Wohnplag von Wefen verf
ft, ober als ein Wohnplatz freict Vernunftweſen, die ſich in feine Oberf
aben, und durch deren Kraftwirfung er mannigfaltige Beränderun
h geht daraus eine dreifache Eintheilung der Geographie hervor: die r
tifche, phyſikaliſche und politiſche. Die beiden erften zufa
man auch die allgemeine Geographie. Die mathematiſche
phie (f. d.) iſt fein Theil der angewandten Mathematik. Die phyſi
graphie befaßt unter fich 1) die Geiſtik (ſ. d.); 2) die Hybroiftif
pᷣhie, welche handelt a) von den Meeren (Ziefe, Farbe, Temperatur, 2
Boden, Dünen, Klippen, Untiefen, Sundbänte, Barren), und b) vo
geroäffer, den Quellen (Ausflug, Schalt, Temperatur), Strömen, |
fprung, Richtung, Wafferfälie, Muͤndungen u. ſ. w.), Zandfeen; 3)
logifche Geographie, a) vom Luft: und Äthermeere, b) von den
Atmofphäre, c) von der Lufttemperatur, (Abweichungen der Schnei
verfchiedenen Klimaten), d) von den Luftbewegungen, Winden, Paf
winden, e) von den Lufterfhemurigen; 4) Producten:Geograp
logiſche, b) botanifche, c) mineralogifhe; H)anthropologifche
In der politifchen Geographie betrachtet man die Erde als einen Si
MWohnplägen vernünftiger Wefen, nach den verfchiedenen Verhättnii
dingungen ihrer Ausbreitung über den Erdboden und ihres Neben
auf demfelben, in einzelnen groͤßern oder kleinern gefellfchaftlichen U
So gründlich nun auch beſonders feit Buͤſching diefe politifche Geogr
delt worden war, fo hatte fie doc, zu Vieles in ihre Mitte gezogen, w
end der Stetiſtik angehört, die fteilich erſt in der zweiten Haͤlfte d. 18
einer felbftändigen wiſſenſchaftlichen Form ausgearbeitet wurde. ;
Statiſtik als Wiffenfchaft, weldye die gegenwärtige innere und aͤuße
Staaten nad) ihrem nothwendigen Zufammenhange barftellt, genau v
graphie, welche ihr vorantritt, unterfchieden werden muß, fo war es alle
tig, die Grenzlinie zwifchen ber pölitifchen Geographie und der Statij
ziehen, und aus der Geographie Alled zu entfernen, was bloß der St
oͤrt. Denn wenn die Statiftit den einzelnen Staat ale ein in ſich
ängenbes Ganzes mit fleter Hinficht auf Staatsrecht, Staatswiſſenſch
litik ſchildert, weil nur nach dem Maßftabe diefer Wiffenfchaften die
die Verwaltung und das politifche Verhältnig des einen Staats zu
Staaten mit Sicherheit entwidelt werden kann, fo hängt die Geograph
end am Örtlihen. Sie ftellt das Einzelne dar, wo fie es finder; fi
Die einzelnen Departemente, Kreife und Provinzen der Staaten und |
charakteriſitt die natuͤrlichen Verhältniffe des Bodens, die Berge, die
Städte, die wichtigften (oder fAmmtliche) Dorfichaften, die verfchie
runges und Erwerbszweige, und die einzelnen Merkwürdigkeiten, dı
©eographie Ä 611
ur Örtlichlelt. Bisher entiehnte man aus den eigentliche: ſtatiſtiſchen No⸗
ür Ne Geographie wahrfcheinlich nur deßhalb fo viel, um diefe für den >«
nterricht anziehender, ober bie Handbücher derfelben für die Beduͤrfniſſe der
nd verfchiedenen Ständen und Volksclaſſen reichhaltiger zu machen. Bief
ißverhaͤttniß in den geographifhen Band» und Lehrbuͤchern, und die fort»
nden Veränderungen in dem politifchen Zuftande der europdifchen Staaten
teiche, welchen ſelbſt die in kurzet Zeit einander verdraͤngenden Lehrbücher der
aphie, und bie wiederholten Auflagen derfelben nicht immer ſchneil genug fols
nd den jedesmaligen neueften Zuftand der politifchen Geographie beftimmt
Ken tonnten, veranlaßte mehre denkende Männer, nach Gatterer's früherer
tung, eine fogenannte reine Geographie vorzufchlagen und auszuführen, in
x man die natuͤrliche Befchaffenheit des Erbbodens, nad) feinen Meeren,
letten und Zlüffen, als Grundlage der Geographie behandelte, fie als Behuf
mtheilung der Oberfläche fefthielt, und die Wiffenfchaft felbft nach dieſem
tabe vollftändig durchfuͤhrte. Obgleich nun dieſe Behandlung der Geogra⸗
durch Die Einfachheit ihres Grundſatzes, und durch ihre genaue Sonderung
er Statiftik ſich empfiehlt, fo dürfte fie doch, beſonders wenn fie beim Jugend»
tichte bie einzig gültige werben follte, die Rüden nicht erfegen, welche nothwen⸗
der gänzlichen Verdrängung ber wohlverftandenen politifchen Geographie
vn müßten. Auch find die in diefer Hinficht gemachten Verfuche im Gans
vor nicht mißlungen, aber nody nicht hinreichend begründet und erfchöpfend
führt. Diepolitifche Geographie kann ſich natürlicher Welſe nicht in
3eitaltern gleich fein; man theilt fie daher hiſtoriſch im die alte, mittlere,
nd neuefte ein. Im weitern Sinne umfchließt die alte Geographie nicht als
e Darftellung des Zuftandes ber hiftorifch bekannten Erde und ihrer Bewohs
t der erften beglaubigten hiftorifchen Kunde bis zum Umſturze des roͤmiſchen
eichs, fondern auch die einzelnen Spuren der bahin gehörenden Nachrichten
mythiſchen Zeitaltern. In ihren Umfang gehören alle Völker des Alter
. Ein Theil derfelben, die biblifche Geographie, eine Huͤlfswiſſen⸗
yer gelehrten Bibelaustegung, ift vorzüglich von Bochart, Michartie, Ro⸗
ler, 3. Schultheß u. A. angebaut worden. Rich. Palmer’s „Bible Atlas,
‚ed gengraplıy delineated“, in 26 Kärtchen, Lond. 1823, verdient e. kri⸗
Bearbeitung. Die mittlere Geographie, welche mit dem Umfturze des roͤ⸗
n Weſtreichs anhebt, reicht herab bi6 zur Entdeckung des vierten Erdtheils,
fa (von 476 — 1492). Die neuere Geographie umfaßt die Periode von
tdeckung Amerikas bis aufd. 3.1789, und die neuefte die Zeit von 1789
t. Q.
In der Geſchichte der Geographie, ale MWiffenfhaft, kann man
de Perichen annehmen: 1) Mythiſche von der Alteften Zeit der Sage bis
rodot. Quellen find hier Mofes, Homer und Hefiod. Das meifte ift dun⸗
» anficher, der Nachrichten nur wenige, und mehr horographifd, als geogras
2) Periode des einzelnen Sammelns von Herobot bis Eras
ws, 270 J. vor Chr. Hanno, Skylax, Pytheas, Ariſtoteles, Dikaͤarchus lies
on einzelnen Ländern anziehbende Befchreibungen., 3) Syftematifche
ode von Eratofthenes bis Claudius Ptolemaͤus, 161 3. nad) Chr. Polps
Dippardyus, Artemiborus, Pofidonius, Strabo, Dionyfins Periegeta, Pom⸗
I Meta, Plinius gehören hierher. 4) Seometrifche Periode von
ndus bis Nik. Kopernicus, 1520 J. nach Chr, Ränge umd Breite der rs
den beftimmt. Man kann hier unterfcheiden a) die Zeit vor den Arabern
anias, Marcianus, Agathemerus, Peutingerifche Tafel, Kosmas) ; b) Zeit
n Arabern, von 800 n. Chr. (Al:Marun, Abu Iſchak, Scherif Edriſi, Naſſir⸗
‚ Abuifeda, Ulugh⸗Begh; der einzige chriftliche Geograph ift Guido von Ras
3y*
mr — een wenn
leitung gu der altem und mittlern Geographie”, mit 37 Charten in
1730. Das „Handbuc) ber alten Geographie”, von d'Anville, i
feine Höhere Brauchbarkeit in der neuen Ausg., welche von mehre
iehrten, trefflich bearbeitet und reichlich ausgeftattet wurde (Ni
Der 1. und 2. Th. enthält Europa von Heeten, der 3. Ih. Aſi
der 4. Afrika von Bruns und Paulus, und der 5, die mittlere G
diefem (hägbaren Werke gehört ein ſeht brauchbarer Atlas von 121
Mit forgfältigem Fleiß und Quellenftudium hat Konrad Mannı
phie ber Griechen und Römer, aus ihren Schriften dargeſtellt“, bir
6. in 3 ſtatken Bon. und die erſten 2 Th. haben eine ganz umgea
halten) 1788—1820. Brauchbare Unterſuchungen über Gegen
Geographie enthalten Heeren’$ „Ideen über die Politik, den Verkel
det ber vornehmften Völker der alten Welt“, (4. Aufl. in deffen |
10.—14. Th., Gött. 1824). An:vendbar beim Zugendunterridyt
1a6 der alten Welt, 12 Charten mit erklaͤrenden Tabellen (Mei
ſowie der Schultatlas für die alte Erbbefchreibung, 15 BL, von £
four (Braunfchweig, Querfol.) ; vorzüglicher ift Reiharb's „„Orbis
quun“ (Nürnd. 1819.f9.) und für Schulen: Kärcher’ „Orbis ter
et Europa medi aevi‘, 23. Bl. Querfol., Karlsruhe 1824 (ir
„Atlas minor‘, in 9 Bl.) Die Geſchichte der Geographie, b
1800, umfaßt in einer faßlichen Überficht Maltebrun’s Geſchicht
aus dem Franz., herausg. mit Zufigen von E. X. W. v. Zimmern
(Leipzig 1812). Doch iſt durch dieſes Wert Sprengel's „Gefchi
ften geographifchen Entdedungen bis zut Ankunft der Portug
(2. Aufl, Halle 1792) nicht entbehrlich gemacht worden. Noch |
mit Kritik und-umfchliegender Gelehrfamkeit gefchriebenen Wert ı
Geographie; benn Chriſtoph Junker's „Anleitung zur Geograpl
Beiten" (Jena 1712, 4.) macht jenes Bebürfniß erſt recht füßiba
gleichende Geographie haben die Schriften von Goſſelin und Ment
none Aonnrankis. fa nnnalllammen at ihre Masrhoituna mh fa
Geographie 613
dinſicht des Plans und der Folge nicht geordnet genug. Von der angekuͤndigten
wuen Bearbeitung dieſes Werks iſt nur die Geographie von Portugal von Ebe⸗
ing, und die von Schweden von Ruͤhs, ſowie Amerifa (aber noch unvollendet) in
Th. von Ebeling, Afrika von Hartmann, und die Fortfegung von Aſien von
Sprengel und Wahl erſchienen. In Verbindung mit ber Gefchichte der barges
Alten Länder urid Provinzen behandelte die Geographie, doch auch mit zu viel ſta⸗
Rifchen Einmifhungen, Normann in f. „Geographifchen und Hiftorifchen Hands
uche der Laͤnder⸗, Völker: und Staatenkunde”, von welchem aber feit 1785 bloß
)utſchland in 5 Abtheit. und die Schweiz in 4 Abtheil. erfchienen find. Ein voll
aͤndiges „Handbuch ber neueften Erbbefchreibung” begann Gafpari 1797, mel
xs in der 1. Abtheil. dee 1. Bds. die mathematifche, phnfifche und politifche Gen»
aphie überhaupt, in ber 2. Abtheil. den oͤſtreichiſchen, batrifchen, ſchwaͤbiſchen
nd fränkifchen Kreis, in den beiden Abtheil. des 2. Bds. größtentheils das Übrige
Iutichland, und in der 1. Abtheil. des 4. Bd8. Portugal, Spanien und Frankreich
wa Ehrmann bearbeitet) enthält, aber unvollendet geblieben ift. Won dem „Ber:
uch einer ſyſtematiſchen Exrdbefchreibung ber entfernteften Welttheile”, von Bruns,
nd nur die 6 erften Th. (Nuͤrnb. 179199) erfchienen, welche Afrika enthalten.
Bach einem nicht fo ausführlichen Plane, aber zweckmaͤßig angelegt, und nur nicht
sendigt, wur Friedr. Gottlieb Canzler's „Abriß der Erdkunde nad) ihrem ganzen
sufange zum Sebrauche bei Vorleſungen“, in 3 Th. (Göttingen 1791 fg.). In
rmpendiarifcher Sorm lieferte Batterer die erften geographifchen Werke mit kriti⸗
dem Geifte in f. „Abriſſe der Geographie” (Göttingen 1772) und in einem „Kur:
ua Begriffe der Geographie” (Göttingen 1789, neue Auft., 1793). Tür ben
kortrag der Geographie auf Akatemien und Gymnaſien forgte Fabri in ſ. „Handb.
rw nrueften Geographie”, In2 Th., und für niedere Schulen in f. „Abriffe ber
Besgraphie”. Seine große mit vielem Fleiß eröffnete: „Geographie für alle Stän»
hat bloß die allgemeine Erdkunde und den größten Theil Deutfchlande, nach
x ehemaligen Kreiseintheilung in 5 ſtarken Bdn. (Leipzig 1786—1808) barges
Me In der Folge forgte Gaſpari durch zwei Lehrb. der Geographie, für ben
„2. 2, Curſus dieſer Wiffenfchaft beim Sugendunterricht (Weimar fat 1792)
Die beffere Methode in der Behandlung derfelben, beſonders da mit jedem Curs
WB ein befonderer, auf die Fähigkeiten der Zöglinge berechneter, Schulatlas außges
Wen ward. (1. Gurfus 15. A. 1826; 2. Curfus 11. A. 1826). Mit Rüde
De aber auf die neueften Veränderungen und Umbildungen bearbeitete Prof.
Mein in Berlin f. „Handbuch der Geographie nach den neueften Anſichten“, wel⸗
es für Vorträge auf Schulen und Akademien in zwei Th. 1808 (Leipzig), und
‚einer 5. Aufl. Leipz. 1825, 3 TH. (doch mit dem feit d. 2. Aufl. verinderten
kei: Handbuch der Geographie und Statiſtik“ erfchien. Bon dem Auszuge
WM diefem Werke für den Sugendunterricht ift 1825 die 14. Aufl. erfchienen. Ein
Webarıe Lehrbuch lieferte Gannabich, wovon die 11. Aufl. 1827 (zu Ilmen⸗
erſchien. Das durch Gafpari, Haffel, Cannabih, Gutsmuths und Udert
eitete und feit 1819 zu Weimar erihienene „Vollſtaͤndige Handbuch der neues
Erpbefchreibung” beftcht aus 23 Bon., wovon dir 20, noch nicht erfchienen
Es vereinigt Geographie und Statiftit, ift forgfältig bearbeitet und hat bie
mung, an Buͤſching's Stelle zu treten. Kein andres Volk befigt bie jegt
ähnticye6 Werk vor. folcher Vollfiindigkeit. In den meiften Handbuͤchern
Compendien der Geographie ward in der Einleitung die mathematifche und
liſche Erdbefchreibung in ciner Überficht vorausgefchidt. (Die befondern
iften über mathemat. Geogr. ſ. in d. A.) S. J. T. Mayer's, Lehrb.
ker phrſiſche Aſtronomie, Theorie der Erde und Meteorolegie“ (Goͤtting. 1806)
d vorzuͤglich Hochſtetter's „Allgem. math. und phyſik. Erdbeſchreib.“ (Stuttgart
320,2 Thle.). Die phyſikaliſche Erdbeſchreibung haben einzeln behandelt F. W.
614 Geographifche Kupferftecherkunft Geometrie
Otto in dem „Syſteme einer phyſiſchen Erdbeſchreib. nach den neueſten Entd
gen” (Berl. 1800), von J. E. Fabri in f. „Abriffe der natuͤrlichen Erdk
(Nuͤrnb. 1800), und Kant in f. „Phyſiſchen Geograpbie”, herausgeg. von
236. (Königsberg 1802). Zu der reinen Geographie hatte Gatterer in
„Kurzen Begriffe der Geographie” bie erfien Grundlinien gezogen. In ber
flen Zeit werfolgten diefe Anſicht: Zeune, in der „Gea“ (Berlin 1808), melde
in einer 2. Aufl. mit der veränderten Schreibart: „Goͤa, Verſuch einer n
ſchaftl. Erdbefchreibung” erſchien; Kalſer, in dem „Lehrbuche der Länder
Staatenkunde, auf eine einfachere Methode gebaut" (München 1810); St
f. „Seographie für Real» und Buͤrgerſchulen nad) Naturgrenzen” (2. Aufl.
zig 1808); Hommeyer, in der „Keinen Geograpbie von Europa” (Konie
1812), und Kunz, in dem „Lehrb. der reinen Geographie (Tübingen I
Eine neue wiffenfchaftl. Bearbeitung der Geographie begann K. Ritter in. !
hen Werke: „Die Erdkunde, im Berhältniffe zur Natur und zur Geſchich
Menfchen, oder allgemeine vergleichende Geographie” (Berlin 1817 fa.)
Sammlung für das Studium der Erdkunde find die „Neuen Allg. geogr. &
riden“, bis 1827,21 Bde., die „Länder- und Völkerkunde” Weimar, in 2
gefchloffen), bie „Bibliothek der neueften Reifebefchreibungen‘‘, bis 1826 &
und das von Werneur in Paris herausgegeb. „Journal des voyages, decou
etnavigations modernes“ (wovon 1824 das 66. Heft erfchlen) und d
Samnilungen (3. B. der „Globus“ von Streit und Sannabidy 7 Hefte) in
dere die „Dertha” (von Berghaus und Hoffmann) bei Cotta, feit 1825, zu
nen. — Bon den neueften geographifch-ftatiftifchen Wörterbüchern find di
baren Werke von Winkopp und Ehrmann (fortgef. von Schordy) nidt !
worden. Der alte Hübner erfchien 1804 in einer neuen Aufl.: „Neues €
Zeitungs» und Converfationsleriton”, und umgearbeitet von Ruͤder, 1824.
das Jaͤgerſche „Seographifch = Hiftorifch : ftatiftifche Zeitungsleriton” wu
Mannert (3 Th. und Nachteäge zum 1. und 2. Bde.) neu bearbeitet; es
baltig, betrifft aber nur die Zeit bis 1813. Für die gegenwärtigen Ber
dient als ausreichend: Haſſel's „Allgemeines geograpbifchsftatiftifches Leri
2 3b. (Weimar 1817), und Steins „Zeitungs:, Poll: und Comptoirlexil
4 Bdn., und Nachtraͤge dazu (Leipzig 1818 fy.). Unter den auslänbifche
grapbifchen Werfen ift ausgezeichnet: „The edinburgh Gazeteer, or
phical dictionary“, das 1817 fg. in 6 Bdon. nebft Atlas von Arrowſmith
Ferner das „‚Dictionn. geograph. universel“, von Beudant, Billard,
Dubrena, Eyries, A. v. Humboldt ıc. (Paris 1824 fg.) und das „„Dictior
siqus et universel de geographie ınoderne, m. einem Atlas der alten, un
der neuen Länderkunde, von Hyaz, Langlois (Paris-feit 1823). Auch if
Meelen's „Allgem. Atlas für die phyf. und mineralog. Geogr. alter E
(Brüffel 1826 fg., bie jest 7. Lieferungen) zu empfehlen. . Unter den Handb.
fende find das franz. und beutfche Werk von Reichard (,‚Guidö des voya;
Europe“ und der „Paffagier auf der Reife in Deutfchland, in der Schwel,
vis und Petersburg”), welche viele Ausg. erlebt haben, die vorzüglichften ;
auch für Deutfchland insbeſondere und die angrenzenden Länder Engelman
ſchenbuch“ (Frankf. 1821) brauchbar, und für Italien Veigebaur's Dan!
Meifende In Stalin” (Leipz. 1826).
u Geoaraphiiche Kupferfieherktunft, f. Kupferfe
Geologie, fe Beognofie.
Geomantie, die vorgebliche Kunft, aus geriffen, in Sand <
Punkten zu wahrfagen: eine Art der fogenannten Punttirkunft,
Geomerrie, Erd⸗ oder Feldmeßkunſt, der zweite Haupttheil t
Mathematik (ſ. d.), befhäftige fich mit der Ausdehnung bee Größen in
Geometriſche Reihe Georg I. ‚615
jeund den Verhältniffen ihrer Theile, alſo mit ihrer Form, während
Jaupttheil der Mathematik, die Arithmetik, e8 ausſchließlich mit der
er Dinge zu tbun bat. Wo die Arithmetäk (ſ. d.) nur abs oder zus
„icchnet, und fi) babei willkürlich angenommener Zeichen bedient (Zif⸗
zuchſtaben), conftruirt bie Geometrie, Bilder, Figuren, der Größen
mißt die Größen nad) ihren Verhättniffen zu einander, Die Form
der Koͤrperwelt erfcheint in ihrer Ausdehung dreifach: nach Länge, Breite
der Tiefe, Diefe Köcperform wird ung erkennbar, wo fie aufhört, d. h.
Benfläcye (Oberfläche). Diefe ift aber ſelbſt nichts Koͤrperliches mehr,
‚Größe oder Figur von zweifacher Ausdehnung: nad) Länge und Breite,
Inge und Höhe, oder nach Länge und Tiefe. Was nun die Flaͤchen⸗
oder beſtimmt ober begrenzt, iſt an ſich felbft nur eine Länge, die Linien⸗
ch diefer dreifachen Form der Ausdehnung pflegt man die Geometrie ge⸗
zuhandeln ; daher die drei Hauptabfchnitte derſelben, Laͤngen⸗, Slächen-,
unft oder Longimetrie, Planimetrie und Stereometrie. Zwei Linien
hihre Lage gegen einander einen Winkel bilden. Hieraus haben Geo⸗
Reihe von Sägen entwickelt, welche das Verhaͤltniß und die Vergleichung
n zu einander und ihre Bezichung zu den von ihnen gebildeten Winkeln
Dies ift die befpndere Lehre der Soniometrie (Winkelmeſſung).
aßt die Cyklometrie oder Bogenmmeffung Alles, was zu ben Bezies
joifchen den Linien der Winkel befchriebenen Kreisbogenftüden zu dieſen
Winkeln felbft gehört. Auch die Dreiedimeffung (f. Trigonomes
ie Vielecksmeſſung (Polygonometrie) machen befondere Ziveige der Geo⸗
Mau unterjcheidet eineniedereundeine höhere Geometrie und
renzen beider ſich nicht mit Schärfe ziehen laffen, rechnet man doch zur
chre von den krummen Linien, Flächen und Körpern, nämlich die Lehre
[&hnitten(f. d.) und den hieraus abzufeitenden Curven, wie ferner die
er Rad: (Eykloide), Mufchel: (Condoide), Schneden: (Spiraie), Ket⸗
Ichrone oder Tautochrone, Epicykloide und Hypocykloide, Lorobromifchen
wo daan insbeſondere die Analyſis endlicher Größen und die Infiniteſit⸗
‚in Anwendung kommen. — Unteranalytifher®eometrie vers
‚erhaupt die Anwendung der Analyfis auf die Geometrie, mo alsdann die
n audy wie Zahlen behandelt und durch Rechnung entwidelt werben.
chichte und Kiteratur der Geometrie fe Mathematit, — Prakti-⸗
netrie, fe Seldmeffen. E | 5.
metriſche Reihe, ſ. Progreſſion.
rg (der heilige Ritter St.=), der chriſtliche Perſeus, nach der Legende
ifcher Prinz. Seine beruͤhmteſte Heldenthat war die Beſiegung eines
und die dadurd) bewirkte Befreiung einer Koͤnigstochter. Das Herzs
ſerl. ruſſiſchen Wappens ſtellt den heil. Georg dar, wie er den Lindwurm
Yiefer Nitter wird gewöhnlich zu Pferde in Ruͤſtung abgebildet. Unter
indwurm oder Drache (Krokodil), den er erſticht. Diefe Darftellung
auf folgende Sage: ein Drache begegnete einft einer Königetochter, Aja
id wollte fie verfchlingen. In diefer Noth traf fie der Mitte. Wahr⸗
mmt die Legende aus dem Orient und gelangte aus folhem in der Per
euzzuͤge zu und, Die alten hriftlihen Kalfer führten diefen Nitter bes
n Standarten, und man Iegte diefem Panier eine Wundermacht bei,
teuzfahrer unter dieſem Panier gewiß zu ſiegen glaubte. Der Dras
f ſolchem das Bild des Heiden oder Muſelmanns, der bekämpft wer⸗
rg L (Ludwig), König von Großbritannien, geb. zu Hanover 1660,
Vater, Ernſt Auguſt, dem erſten Kurfürften von Braunſchweig⸗Luͤne⸗
616 Georg IL. Seorg IL
‚ burg, 1698 diefes Land, und von |. Gemahlin, Sophie Dorothen, Tod
legten Herzogs von Celle (Wilhelm), die Lüneburgifchen und celfifchen Lande.
Fuͤrſtin, Mutter George II., farb gefchieden, als Gefangene zu Ahle,
©, „Stedegunde, oder Denkwuͤrdigkeiten zur geh. Gefchichte bes handı. .
Berlin 1825.) Wenige Sahre nad) dem Tode f. Vaters (1701) empfing |
ter, die faft 73jähr. Kurfuͤrſtin Sophia (eine Enkelin Koͤnig Jakobs von E
bie Acte, welche ihr und iheem Haufe die Nachfolge auf dem englifchen Thı
lieh. Doch erlebte fieihre Thronbeſteigung nicht, denn fie flarb 9 Woche
als Anna, die legte Königin aus dem Haufe Stuart. So ward num Kurfi
org Ludwig (8. Juni 1714) u. d. N. Georg I., König von Großbritann
Irland. Kraftvoll wußte er fein neuerworbenes Recht gegen die Angriffe b
tendenten (Jakob III.) und deffen Anhänger zu behaupten, wie denn üt
Kraft, weife Politit und hohes Intereffe für die Nation, die fi ihm an
batte, jeden feiner Schritte bezeichnen, wiewol die Engländer ihn nie liebt
fein Wefen nicht volksthuͤmlich war. Seine Verbindung gegen Karl X
Schweden erwarb ihm zu ſ. hanoͤver. Landen die Herzogth Bremen u
den. In dem Frieden, der den, in Verein mit Frankreich gegen Spanien
arg I. geführten, Krieg beendigte (1720), ward hauptſaͤchlich von ihm dir
fung des fpanifchen Miniftere Alberont zur Bedingung gemacht, nachden
ſchlauverſtrickte Gewebe diefes herrfchfüchtigen Mannes zerriffen hatte. ;
Marine, beſonders feit der Vernichtung der fpanifchen Flotte im mittell
Meere hob er zuerft den Einfluß des engl. Cabinets auf die Entfchliegungen
en Europa. 1727 unternahm er eine Reife in ſ. Erbländer; da ereilte ihr
ider Zod in Osnabruͤck. Sein Nachfolger
Georg. (Auguft), geb. als Kurprinz von Hanover, 1683, bei
Vater 171% nad) England, wo er zum Prinzen von Wales und Grafen ı
fer ernannt wurde. Er erwarb ſich in den Derzen der Engländer ein Ver
eine Achtung, bie noch jegt von ihm rühmt, daß er ber ebelfte Mann im go
nigreiche gewefen fe. Seine Gemahlin, Caroline, des Markgrafen Joh.
zu Anſpach Tochter, farb 1737. Georg entwickelte früh einen Eriegerifd
von dem, fowie von ſ. Tapferkeit, er zuerft In dem Kriege gegen die Ni
(1708) glänzende Proben ablegte. Die erften ruhigen Jahre f. Regier
mete er den VBefchäftigungen des Friedens; die Univerfität Göttingen,
- Georgia Augufta genannt, ward in jener Zeit von ihm geftiftet. Aber f.
ben Waffen rief ihn im ausgebrochenen öftreich. Erbfolgekriege zu Thater
Schlachtfelde. Der Sieg bei Dettingen, am 27. Juni 1743, ſchmuͤckt
mit einem Lorberkranze, und ohne f. Beiftand hätte vielleicht Maria her
zahlreichen Feinden unterliegen müffen. Der aachner Friebe gab ihm mie!
zu der Fürforge für die Innere Wohlfahrt ſ. Reiches. Der über die ameri
Angelegenheiten entzundete Krieg zwiſchen Großbritannien und Frankreich e
zwar aufeine Zeitlang Minorca, allein die Kraft, welche England im 8,
großen Begebenheiten, unter denen der fiebenjährige Krieg und George A
bemfelben, im Bunbe mit Friedrich IL. am wichtigften find, immer fidhtl
widelte, führte dies Reich zu defto größerm Glanze. Da entriß ber Tod
ſ. Unterthanen, am 25. Oct. 1760. Ihm folgte f. Enkel
Georg MM. (Wilhelm Friedrich), König von Großbritannien unl
und bis 1815 Kurfürft, ſeitdem König von Hanover, geb. 1738, Sohn
9 J. vor Georg D. verftorb., Friedrich Ludwig, Prinzen von Wales, unt
T. Herzogs Friedrich II. von Sachfen-Gotha, folgte ſ. Großvater, Georg
25. Dct. 1760, u. vermähltefih, 8. Sept. 1761, mit Sophie Charloı
Herzogs Karl zu Mecklenburg Etrelig, geb. 1744. Er fegte den ſiebenj
Georg III. 617
dachdruck fort, und der Friede von 1763 ficherte England ben Befig von Ca⸗
ufm. In f. lange Regierung fallen der Verluſt der nordamerikanifdyen
ien, die Eroberung vom größten Theile Oſtindiens und mehrer Inſeln, die
Bereinigung Irlands mit Großbritannien, und der franz. Revolutionskrieg.
ihm erhob fich der Ruhm der britifchen Seemacht höher als je, durch Howe,
6, Nelfon u. A., auch das Landheer erlangte wieder ben alten Ruf der Tapfer⸗
ad Kriegezucht, in Indien und unter Wellinaton in Spanien und den Nieder
& Zahlreiche Erwerbungen haben das Seereic) der Briten ebenfo fehr erwei⸗
Kihren Handel. Schon 1788 hatte der König den erſten Anfall von Geiftess
fung, ward aber von dem Doctor Willis bald hergeftelt. Allein 1792 war
oſchnelle Heilung nicht möglich, und es wurde die Frage wegen einer Megents
indem Parlament zur Sprache gebracht. Die Oppofitionspartei wollte den
m von Wales zum Megenten erklaͤrt wiffen, allein die Minifterialen unter
'Anführung, welche durch den Prinzen geſtuͤrzt zu werben fürchteten, behaups -
daß die Regentſchaft kein mit der Perfon verbundenes Recht fei, fondern
ich von dem Parlament ertheilt werden inne. Die Bill, welche Pitt in
Sinne vorfchlug und das Unterhaus annahm, blieb indeß ohne Wirkung, da
nig genas. Man behauptet, daß die wefentlichen Dienfte, welche Pitt bei
Belegenbeit dem Könige erwiefen, hauptſaͤchlich ihm die unwandelbare Gunft
agefichert hätten. Der König ward von f. Volke fehr geliebt; gleichwol
an mehr al& einmal Angriffe auf fein Leben gewagt; namentlich bei dem von
s angeflifteten Aufruhr 1780, dann 1794, wo auf einer Spazierfahrt eine
ufihn abgedruͤckt ward, und 1800 im Theater, wo ein gewiſſer Hatfield,
hher für wahnfinnig erklärt wurde, eine Piſtole gegen die koͤnigl. Loge abſchoß,
och Jemand zu verwunden. Die königl. Gewalt hat ſich unter der Regie⸗
eorgs HI. befonders durch die Fremdenbill und die Suspenfion der Has
Corpusacte(( . d.) anfehnlich erweitert. Ihr Einfluß im Parlament
ößer als je, theils durch Die Spaltungen der Oppofitionspartei, theild durch
mebrung der Mitglieder im Oberhaufe, deren Anzahl 1760 nur 181, im J.
iber gegen 500 betrug. Als Georg in ſ. 22. 3. den Thron beftieg, befaß
wre, fein ehemaliger Erzieher, fein unumfchränktes Vertrauen, das nachher
zmaßen auf den von diefem empfohlenen Lord Kiverpool überging. Der Koͤ⸗
ehmigte leicht die Plane, die f. Grundfägen entfprachen, und verfolgte fie
Gter Beharrlichkeit; aber ebenfo unbeugfam war er auch in f. Abneigung ;
auverain verabfcheute fo fehr als er die Grundſaͤtze ber franz. Revolution, felbft
berrfchende Partei der conftituirenden Verſammlung die britifche Verfaffung
ob. Ebenſo beharrlich hat er fic) geweigert, den irländifchen Katholiken die
ung ber Teſt zuzugeftehen, welche ihnen Pitt verfprechen hatte. Künfte
Mienichaften hat er mehr befchligt als |. Vorgänger aus dem Haufe Braun:
3 doch nicht in dem Grabe, wie von einem fo großen Monarchen hätte erwar⸗
ben können. Faſt alle ſ. Schenkungen und Penfionen hatten mehr einen pos
ı Zweck. Übrigens mar f. Charakter ſtets fanft und leutfelig; fein Geficht
a6 Bepräge ber Butmüthigkeit und des Wohlwollens. Als Gatte und Bas
Rerhaft, lebte er ſtets wie ein einfacher Privatmann in dem Schore f. zahl
Samilie, vornehmlich zu Windjor. Als er 1804 einen abermaligen Anfall
seheit hatte, beichäftigte man ſich aufs neue mit den Maßregeln zu Einfegung
degentſchaft; auch diesmal genas er wieder. Seitdem litt er befonder® an
des Gefichts, wodurch er verhindert warb, das Parlament perfönlid)
nen. 1810 kehrte feine Geiſteskrankheit heftiger als je zuruͤck, und es vers
dalle Hoffnung zur Wiederherfiellung. Die Regentfhaft wurde daher in
nbe des Prinzen v. Wales, Georg Sriedrich Auguft gelegt. In diefem Zus
ſtarb ber blinde König den 29, Jan. 1820, in einem Alter v. 813.7 Mon.
620 Georg IV.
die Seite der Regierung und vereinigten fih, um jenen unruhigen Verſam
entgegen zu wirken. Gleichwol wurde von MWeftminfter eine ſtarke Adı
Prinzregenten übergeben, worin die Petitionaire wünfchten, daß ihr Mona:
durch das Vertrauen f. Volks als durch Eoldaten regiere. Indeß Eon
einem 23jährigen Kriege, welcher der Nation (ohne die gewoͤhnlichen jaͤhr
von 464 Mil. Pf.) an auferordentlihen Ausgaben über 1000 Mitt. Pf,
koſtet hatte, da8 Elend der Armen nur nad) und nach Erleichterung finden,
Dartei ber Unzufriedenen mußte, zumal in Irland, wo der blutigſte Aufru
male ausbrach, durch Strenge in Ordnung gehalten werden. Di
das Parlament 1819 zum Bellen armer Auswanderer und Unternehmer nı
derlaffungen in den Colonien eine bewaffnete Mititaircolonie an den Gr
Kaffern aufdem Vorgebirge der guten Hoffnung an. Übrigens wuchs d
nad Außen (vgl. Großbritannien und Engliſches Reich in
dien) an Umfang und Handelsgröße. Der Macht des Reiche entipradh t
des Hofes des Negenten, vorzuͤglich in f. Kieblingsaufenthalte, dem herrii
ſchmuͤckten Brighton, und die Pracht f. Krönung. Georg IV., der f. 2
König den 29. San. 1820 gefolgt war, ließ fich in dee Meftminfter-Abtei
Juli 1821 mit genauer Beobachtung der alterthuͤmlichen Gebräuche kr
welcher Feierlichkeit bie europdifchen Mächte außerordentliche Botfchafter r
don geſchickt hatten *). Allein die Ruhe f. Regierung drohte der Proceß
zu werden, ben Georg IV. gegen f. Gemahlin, die Königin Caroline, vor di
haufe durch f. Minifter führen ließ, um ihre den Titel und die Rechte einer
von England ihres Betragens wegen zu entziehen (Degradationsbill). (€
Line, Königin v. England.) Bald naher, als ber König f. laͤngſt bea
Meife nad) Irland wirklich angetreten hatte, ftarb die Königin am 7. Au,
Georg IV. erhielt außerhalb England viel Beweife von der Liebe feiner Unt
Bei f. Ankunft in Dublin am 12. Aug. trank er auf die Gefunbheit der
ein Glas irländifchen Whisky, Dies und feine die Herzen gewinnende Er
als er bei dem feierlichen Einzuge am 18. aufdem ganzen Wege von ber €
ins Schloß unbededt im Wagen fand, entzuͤckte das Voll, Aber die £
mit den Katholiten auszufähnen gelang bem leutfeligen Könige nicht. N
Meihe von Seften verließ Georg Dublin den 3. Sept. und kehrte in das
London zuruͤck, wo ihm das Volk feine alte Liebe nad) und nach wieder ;
Denn Handel und Wohlftand waren im Zunehmen; Napoleons Tod er!
britifchen Regierung einen jährl. Aufwand von beinahe 2 MI. Thlr. und
ſter fuchten durch verschiedene Einfchränfungen die Öffentlichen Laſten zu ve
In demſ. Jahre (am 24. Sept.) unternahm der König eine Reiſe in feine
Staaten, nachdem er für die Zeit ſ. Abwefenheit eine Regierungscommilf
dem Borfige f. Bruder, des Herzogs v. York, ernannt hatte. In Hai
er am 10, Oct. ſ. feierlichen Einzug hielt, empfingen den Monardyen fein
ber Generalgouverneur des Königreich®, Herzog v. Cambridge, und der F
Cumberland, ſowie die Liebe u. die Huldigung von Seiten f. deutfdyen Unı
Am 8. Nov, traf er in Carlton⸗Houſe wieder ein. Diefelbe Staatstunfl
nifter, welche bem Stönige die Reifen nad) Irland und Hanover angerat!
veranlafte ihn 1822 auch Schottland zu beſuchen. Nachdem er ten Uı
fecretair Sir Rob. Peel an Lord Sidmouth's (Addington's) Stelle zum
des Innern ernannt und den zum Congreſſe nad) Verona beftimmten
Marquis von Kondonderry, noch ge'prochen hatte, ſchiffte er fi zu Gret
*) Der Wappenkönig Georg Naylor hat die Gefhichte diefer Aroı
ftändig (400 ©., mit 70 Kupf., Fol.) herausgegeben (Preis 25 Guin
erfte amtliche Befihreibung feit dem Berichte, welchen Eandford 168:
kobs 11. Kroͤnung hatte drucken laſſen.
Georges Cadoudal 61
ieg am 15. Aug, zu Leith and Land. Deram 12. Auguft erfolgte Tod des
wis v. Londonderry(f. d.) riefihn nach London zurüd, wo cr am 1. Sept.
f. Er fandte jegt den Herzog v. Wellington zum Congreß nad) Verona, und
ug auf Lord Liverpool’& dringende Empfehlung des ſchon von der öffentlichen
me als Londonderry's Nachfolger bezeichneten Grorge Canning dieſem
tsmanne, ob ihm bderfelbe gleich, wegen f. Mißbilligung des Proceſſes gegen
znigin, perfönlich unangenehm war, die Leitung der auswärtigen Angelegens
. Dies hatte eine Anderung des bisher befolgten politifchen Syſtems und die
salität Englands im franzöfifch = fpanifchen Kriege 1823 zur Folge. (S.
Fbritannien.) Bald darauf trat auch Nobinfon als Kanzler der Schaßs
er, an Vanſittart's Stelle, ins Minifterium, und fpäterhin (Nov. 1823)
Hustiffon in daffelbe aufgenommen. — In Hinfiht der Regierung George
Inig von Hanover ift zu bemerken, daß er, außer der 1820 neu beftimmten
ändifchen Berfaffung mit zwei Kammern, diefem Stante auch am 15. Mat
‚eine neue Verwaltungsform gab, nach welcher eine Domainenkammer für
anze in 6 Landdrofteien getheilte und von 6 Landbroften regierte Königreich bes
Die von ihn im Herzogthume Braunfdyweig = Wolfenbüttel geführte vors
ſchaftliche Regierung legte er im Det. 1523 nieder, als der jet regierende Her⸗
al am 30. Oct. volljährig genmorden war, — Noch ift zu erwähnen, daß Ges
V. 1820 die Royal society of literature geftiftet, und die Bibliothek f. Va⸗
ee Nation geſchenkt hat. Diefe enthält ohne die Eleinen Schriften, Charten
Mane, 65,250 Bde. und wird im Nationaimufeum aufgeftellt. Das Bilds
leorgs IV., gemalt von Th. Lawrence, Präfident der Eönigl. Maleratademie
Fir das befte Werk dieſes Kuͤnſtlers gehalten. Da des Königs Bruder, der
Ev. Nork (ſ. d.) ohne Kinder zu hinterlaffen, 1827 geftorben ift, und der
Bruder des Könige, der Herzog v. Clarence, ebenfall® keine Kinder hat, fo
H1820 verft. Herzogs v. Kent, dritten Bruders des Königs, einziges Kind,
meine, geb. 1819, die muthmaßliche Thronerbin Englands, Diefe Prinzefs
jegt nad) dem Willen des Vaters, unter den Augen ihrer Mutter Victorie, .
8 Franz von Sachſen⸗Koburg Zochter und des Fuͤrſten Emid) v. Leinin⸗
e, erjogen. |
eorged Cadondal, Chefber Chouans, der Sohn eines Dorfmüllers
Auray in Morbihan, nahm bei dem Aufftande in Bretagne als Reiter Dien⸗
inigte ſich nebft einigen Bretagnern mit den Vendeern, als fie über die Loire
waren, und wurde bei der Belagerung von Grenville zum Dfficier ernannt,
te ſich durch Körperkraft und Muth aus. Nach den Verluften bei Mans
vany flüchtete er fich in fein Geburtsland, wo er Bauern und müßige Das
warb, an deren Spiße er fich ftellte. Eine republitanifche Colonne übers
ihn, und brachte ihn nebſt f. Vater in Verhaft nad) Breſt. Mach einer lan«
angenfchaft entkam er in Matroſenkleidung, und übernahm wieder den Obers
Gantons. Die Adeligen fuchte er fortwährend vom Commando zu entfers
wurde feit 1795 felbft als Haupt einer Plebejerpartei betrachtet. 1796
er die Divifion von Morbihan. Als er 1799 die Waffen aufs neue ers
rer einer ber Chef, welche die gröäte Macht um fich verfammelten, und
Berichten der Republikaner genog er das ganze Zutrauen f. Truppen; es
r die Mede davon, ihn zum Generaliffimus zu ernennen. Um diefe Zeit
er wieder Nicder:Bretagne, und war der einzige nichtabelige Obergeneral.
ivifion war diejenige, welche ben Republikanern die meiften Zreffen lieferte,
den Ufern der Bilaine einen anfehnlihen Zransport von Slinten und Kano⸗
Empfang nahın, melden die Englaͤnder dafelbft ausfhifften. Lange ſchlug
ieden aus, weichen die Confuln damals anboten; doch in Folge mehrer
namentlich bei Grandchamp und Eiven (25. und 26. Jan. 1800), und da
622 Ä Georgien
et ſah, daß alle Chefs, Frotte allein ausgenormmen, ſich den Gefetzen de
unterworfen hatten, dachte auch er daran, den Frieden abzufchließen.
Febr., mo er wußte, daß der General Brune recognoscirte, ging er ih
Dorfe Xheir entgegen, nur von zwei Chouans begleitet, ließ durch eine
dem General melden, daß er ihn zu fprechen wünfche, und hielt unter ft
„ mel eine Unterredung mit ihm. In einer Stunde waren fie einig. Geor
ſich anheifchig, f. Zruppen zu entlaffen und ſ. Artillerie und Gewehre aı
Nachdem ber Friede von den Sonfuln genehmigt worden, fam er nad)
ihm Dienfle in der republitanifchen Armee angeboten wurden. Nach ei
dern reifte er-plöglich nach London ab, und fand bei den Prinzen und engl.
eine günftige Aufnahme. Die Idee der Hoͤllenmaſchine foll er angege!
Im Aug. 1803 landete er mit Pichegru u. A. auf der franz. Küfte, um!
gegen das Leben des erften Confuls, den er im Sinne hatte, auszufüh
zum März 1804 hielt er ſich in der Hauptfladt verborgen. Um diefe Ze
Polizei von dieſer Verſchwoͤrung Winke erhalten, und lleß ihm nachſpuͤ
f. Sefangennehmung in ber Nähe des Palaftes Luxemburg vertheidigte
zwei Piftolenfhüffen, die zwei Diener der Polizei zu Boden ftrediten, fp
Cabriolet und fuchte zu entkommen; allein dad Volk umringte ihn ur
feft; man führte ihn auf bie Präfectur und von da in den Temple. 2
nalgericht machte ihm und einer großen Anzahl f. Mitverfchworenen den 9
erfannte ihm, al& eines Morbanfchlags gegen das Leben bes erften Co:
tiefen, d. 11. Mai 1804 den Tod zu, welches Urtheil am 24. Sun
wurde. Er mar 36 J. alt, zeigte während ſ. Proceffes die äußerfte Kal
huͤtete ſich ftandhaft, f. Parteigänger in f. Antworten zu belaften, un
. laut f. Anhänglichkeit an die Sache ber Bourbons.
Georgien, perfifh Gurgiſtan, ruſſich Gruſien, Grufinien, be
geborenen Iberien, eine Landfchaft in Afien, welche von Circafften, :
Shirwan, Armenien und dem ſchwarzen Meere eingefchloffen und tur
In den weftlichen und oͤſtlichen Theil getrennt wird. Ruſſiſch-Ge
die Provinz Tiflis hat 832 OM., 390,000 E. Tuͤrkiſch⸗Geor
Semo Karthli, gehört zum Paſchalik Tſchaldir (238 (0M., 200,001
der Hpeft. Akalzite. Getrennt von Ruffifch:Georgien iſt bie ruff. Prov
tete (645 OM., 270,000 E.), welche die einzelnen Abtheilungen: 3
Vaterland der Fafanen, mit der Hptſt. Kotatis; Mingrelien, Guriel,
an der Mündung des Faſch (Phafis), und die Awchaſa, den füdmeftt. 2
Kaukafus, begreift. Mingrelien und Guriel ſtehen noch jegt unter griech.
ten, die Rußland zinsbar find. Der ehemal. Ezar von Georgien (Kachetin
linien) Heraklius Teimuraſowitſch erkannte 1783 für ſich und f. Nachk
Oberherrſchaft Rußlands an. 1784 folgte der Czar von Imirete diefen
1801 erfiätte Kaifer Paul fi, auf Bitte des Czars Georgius Jraklier
den unmittelbaren Befiger von Georgien, und Kaifer Alerander verbant
Manifeſt vom +3 Sept. 1801 Georgien förmlidy mitf. Reiche. Die no
benen Prinzen find penfionirt, und Tiflis (f. d.) wurde der Gig der $
In der Awchaſa halten die Ruffen mehre Seftungen (3. A. Anapa) am
Meere befegt. Die Awchaſen felbft (Mohammedaner) find unabhaͤngi
Ien teinen Tribut. Das Chriſtenthum fam um 370 aus Armenien in
fchen Länder, die einzigen auf dem Kaukaſus, wo es ſich vollſtaͤndig erl
Die georgiſche Czarin Tamar fuchte die chriftliche Religion unter die GA
zu: verbreiten, in ber ziveiten Hälfte d. 12. Jahrh. Die herrſchende Re
griechifche, wird flreng, neben einer Menge altnationaler abergläubigen |
beobachtst. Gegen fremde Religionen find die Georgier fehr duldiam. '
Eparihen von Srufien fichen 12 Erzbiſchoͤfe und Biſchoͤfe und 13 Ardir
Georgien Gerando 623
ankapfel der Perſer und Tuͤrken ward das Land Jahrhunderte lang von beiden
pluͤndert, und ſ. Bewohner wurden als Sklaven fortgefuͤhrt. Man haͤlt die
ſier nach den Circaſſiern fuͤr den ſchoͤnſten Menſchenſtamm, und die georgiſchen
er ſind eine Hauptzierde der tuͤrkiſchen und perſiſchen Harems. Obgleich der
ikter des Volks durch die anhaltenden ſchweren Bedruͤckungen gelitten hat, ſo
fidy doc) Tapferkeit und Edelmuth noch immer bei ihm erhalten. Das Land
irgig, da es im Norden vom Kaukaſus begrenzt wird, aber reich an Holz, Ges
Vieh, Seide, Obſt und Gartenfruͤchten; der Wein ift fchlecht unter dem
3 Himmel mancher Thäler und bei ungeſchickter Behandlung ber Landleute.
Iüidenftäde’s „Reife nady Georgien und Imirethi“, m. Anmerk. v. Klaproth
n 1815). Gen.⸗Maj. Chatow hat eine neue Generalkarte von Georgien
en angrenzenden Theilen Perfiens, 10 Bl. Fol., im peter&burg. topogr. Bus
es kaiſ. Generalftabes herausgeg. Gamda's Reife (Paris 1826) verbreitete
cht über diefe Länder. |
Beorgien, f. Vereinigte Staaten von Nordamerika,
Berade, in den deutſchen Rechten, der Inbegriff gewiffer durd) Geſet
jertommen beflimmter beweglicher Sadyen, welche in dem Eigenthum und
zewahrſam eines Srauenzimmers fich befinden, und nad) ihrem Tode nur auf
naimmer vererbt werden Binnen; dahin gehören die Kleider, der Schmud,
mr Hausrath u. ſ. w., jedoch pflegt man ſich meiftentheile in Beflimmung
Defien, was zur Gerade gehört, nad) jedes Orts Gebrauch zu richten. Sie
n Witwen s und Niftelgerade eingetheilt: jene wenn nach bes Mannes Tode
itwe die zur Gerade gehörigen Stuͤcke von der übrigen Verlaffenfchaft abfon=
ıd ale ihr Eigenthum hinwegnimmt; diefe, wenn nad) dem Tode einer Weibs⸗
; deren naͤchſte weibliche Verwandte (Miftel) die Gerade erbt. (Eine andre
lung in adelige und bürgerliche Gerabe beruht auf einem Irrthum und kommt
icht in Betracht.) Obgleich nun nur Frauenzimmer die Gerade erben koͤn⸗
6 gibt es doch Ausnahmen, wo theild nach hefondern Statuten auch der Ehe⸗
‚ entweder ganz ober zum Theil gerade:erbfähig iſt, theils auch nach gemeinen
Gen Rechten gewiffe Perfonen, 3.8. die Geiſtlichen, die Gerade erben Eins
Da nämlich Söhne, welche fich dem geiftlichen Stande wibmeten, keine
m führen durften, folglich auch Feine Erbfchaft im Heergeräthe bei ihnen ſtatt⸗
konnte, fo gab man ihnen das Recht, mic den Weibern die Gerade zu erben,
Berando (Joſeph Mariede, Baron v. Ramzhaufer), Staatsrath, Mitgl.
led. d. SSnfchriften und philofophifcher Schriftftelter, geb. zu Lyon um 1770,
eines Baumeiſters, Sugendfreund des Camille Jordan, mit dem er 1797
Paris ging. Als fein Sreund, der im Rathe der 500 faß, nach dem 18,
Ddot geächtet rourde, folgte er ihm nad) Deutfchland, wo er ſich mit der deuts
Eteratur vertraut machte. Hier fchrich er ein „Memoire sur l’art de pen-
‚Bas vom nflitut den Preis erhielt. Bonaparte lernte ihn kennen, und de
wurde Generalfectetalr unter dem Minifter des Innern, hierauf Mitglied
beierungscommiffion in Rom, Staatsrath im Febr. 1811; 1812 wır er Ins
Be zu Barcelona. Im Aprii 1814 erkärte er fich für die Bourbons, und
Jull auch von dem König in den Staatsrath berufen. Bonaparte ie“
in biefer Stelle, und fandte ihn als außerordentl. Generalcommiffait In
Depart. Hier betrug er fich mit Klugheit und Maͤßlgung. Nach der
Ruͤckkehr des Königs trat er in die Section des Innern im Staatsrathe
in. Er bemühte ſich, mit Laborde und Lafteyrie die Lancaſter'ſche Lehrme⸗
Frankreich einzuführen. Das Syſtem diefes Philofophen ift die Erfah⸗
opbie. Ex fchrieb: „Des signes et de l’art de penser considerds
rs rapports mutnels““ (1800, 4 Bbe.); „Vie du general Caffarelli-
3; „Eloge de Dumarsais“‘ u, A. m. Sein Hauptwert ift: „Hise
624 Öerard ©erberei
compar&e des syst&mes de philosophie relativement aux principes
noissances humaines* (1803, 3 Bde., 2. verb. Aufl., 4 Bde. Paris 1
4. Bd. endigt die Geſch. ber Scholaſtik). Es iſt dies das beſte Werk der
in der Gefchichte der Philofophie und von Zennemann uͤberſetzt. Sein Auffı
Kant'ſche Philofophie ift von dem Nationalinflitute gekrönt worden. De
hat mit dem trefflichen Viller viel beigetragen, feine Landsleute mit der wi
lichen Forſchung in Deutfchland bekanntzumachen, da er befondere aud) In
chenden Gefchichte der philofophifchen Lehrgebäude eine liberficht der Leber
Fichte's, Schelling’8 u. a. deutſchen Denker gibt. Seinem neueften We
perfectionnementmoral ou de l’education de soi-m&me**‘ (Paris 1826
liegt die Selbfterfenntniß zum Grunde, die er mit pfycholog. Feinheit bit i
fen des Bewußtſeins verfolgt, und daraus die Selbſtbeherrſchung (l’empi
entwidelt.
- Gerard (Francesco), Maler der neuern franzöfifchen Schule, 9
in Rom (ſein Vater war Franzoſe, ſ. Mutter Italienerin), wuͤrde der
Schuͤler David's heißen, wenn er nicht ſelbſt als Meiſter neben dieſe
Seine Gemaͤlde zeichnen ſich durch reine Anmuth und wahre Grazie aus.
tig ſ. Zeichnung iſt, fo uͤberaus lieblich, bluͤhend und dennoch wahr iſt fei
Sein erſter Lehter, der Bildhauer Pajou, wollte ihn bloß zum Zeichnen
Gerard aber verſchaffte ſich verſtohlener Weiſe Farben, und malte im
Bild, welches eine Peſt vorſtellt. Dieſes Gemälde athmet einen edlen
Geiſt, und Sinn für antike Schönheit; es befindet: fid) in ber kleinen E
bes Herrn Chenard, Sängers der tomifchen Oper, Unter Davib’s Leitu
G. raſche Fortſchritte. Auch er war anfangs eifriger Revolutionair und !
dem Tribunal, das über Leben und Tod entfchied; doch fellte er ſich
nicht Antheil an dem Proceß gegen die Königin zunehmen. Beiden P
©. fehr ungleich; manche behandelt er mit Begeifterung, und flattet f
feelenvoliften Reiz aus, während er andre nur als Gelegenheitsſtuͤcke
Sein Wunſch reich zu werden, auch oft und lange müßig zu fein, iſt Ur
man von ihm nur wenige hiftorifche Gemälde hat, und daß er fidy fait au
der Portraitmalerei widmet. In diefem Fach ift er aber unuͤbertrefflic
Rob. Lefebre wetteifert mit ihm. Fuͤr ein Bruſtbild einer Privatperſor
gewoͤhnlich 1500 — 2400 Fr., für jedes lebensgroße Portrait eines €
Familie Bonaparte erhielt er 30,000 Fr. Bon Gr's hiſtoriſchen Gemaͤl
ber Belifar Epoche in der neuern Kunft. Es wurde 1795 ausgeftellt,
pofition iſt Höchit einfach. Nicht minder trefflich find’fein Offian, fein
Pſyche, die vier Lebensalter, und das neuefle von 1825: Daphnis ı
Die Schlacht von Aufterlig malte er mit Widerwillen und nur auf Napı
heiß. In neuerer Zeit hat G. den König Ludwig XVIII., den Kaifer
ben König von Preußen, den König von Sachſen, den Herzog von D
viele der in Paris verfammelten fremden Fürften gemalt. Seine neuern |
Gemälde find: ein Homer und der Einzug Heinrichs IV. in Pari
Bid vom J. 1817, ift 30 Fuß breit und 19 5. hoch, und das erſte
weiches Ludwig XVIII. feit ſ. Ruͤckkehr beftellte; es ift im großen Saale
haufes aufgeftellt und von Zoschi 1826 geftochen worden. Man ben
Anordnung und das Colorit deffelben ebenfo fehr als die Ähnlichkeit un!
druck der Seflalten. Dies Werk erwarb G. den Titel des erſten Male
nigs; auch iſt er Ritter des St.⸗Michaelordens und der Ehrenlegion, um
der parifer, wiener und florentiner Akademien.
Gerberei ift das Gewerbe, die thierifchen Häute, Selle und |
Gebrauche dergeftalt zuzurichten, dag fie nicht in Faͤulniß übergehen.
wird das Fell, die Haut ıc. von Blut, Fleifchtheilen und Schmutz gere
Gerbert Gerichte, Gerichtsbarfeit, Gerichtsverfaſſung ꝛc. 625
Gangen in leßendes Wafler schangen, nachher aber auf der Waſch⸗ und Schabe⸗
me bearbiitet. Hierauf ſucht man die Haare oder die Wolle wegzuſchaffen, wobei
Behandlung: nach den verfchiebenen Zwecken verfchieden ift. Drittens wird das
8 x. aufgerieben, wodurch defien Zwiſchentaͤume erweitert werden, damit das
tt und der Schleim, welche bie Faͤulniß unterhalten, herausdringen. Viertens
he man dem Leder durch zuſammenziehende Mittel Didytigkeit und Dauer zu ver»
efen. Endlich erthellt der Gerber dem Leder noch eine gewiſſe Zurichtung, bie
wald von ber Beſtimmung des Leders abhängt, Werden zufammenzichende
kanynfäfte zur Ledergerberei angewendet, fo heißt fie Roth > oder Kohgerberei ;
Füm Alaun ohne Fflangenfäfte gebraucht, Weifigerberei; nimmt man weder Lohe
h Alaun, fondern bloß Fett und wallt die Felle, Sämifchgerberei; bearbeitet
m endlich die Zelle mit Kalk, Pergamentgerberei.. Gerberei bezeichnet ind
Dubere noch die Gebaͤude, worin die Leber gegerbt werden. Die Lohgerberei ers
Pt wegen der Loh⸗ und Zreibegruben, des Trocknens ıc. den meiften Raum;
ug die Weißgerberei ıc., weil das meifte in hölzernen Gefäßen verrichtet wird,
mRochfali auch in einer Stube, Kammer oder Keller fiehen koͤnnen. Allein
wer muß die Gerberel nicht weit von einem Fluſſe liegen, damit die Selle ıc. erfo⸗
Bü ausgewaͤſſert werden können. X,
Gerbert, ſ. Sylveſter D.
Gerechtigkeit, diejenige Tugend, welche das Recht eines Jeden achtet,
zwie man auch zu fagen pflegt, Jedem das Seine gibt. Sie iſt die Grund⸗
ı dee Öffentlichen Wohlfahrt, und daher bie erſte Pflicht de6 Staats gegen f. Un»
henen und des Stantsbeamten gegen feine Mitbürger. Vorzugsweiſe wird
von Richter gefodert, weil biefer über das Recht nad) ben Geſetzen des Staats
dem fol. Doch muß ihr die Billigkeit zur Seite ftehen, welche vom Recht in
en Fällen nachlaͤßt, wo bie firenge Handhabung beffelben das Gefuͤhl der
uſchlichkeit gegen ſich aufregen würte. Daher pflegt man zu fagen: das hoͤchſte
be iſt oft das höchfte Unrecht. Die fogenannte poetifche Gerechtigkeit,
be in Erzählungen und Dramen vorkommt, ift meift eine unpoetifche, inſofern
It aus der Natur der Sache hervorgeht, und dem gemeinen Lefer nur eine Äußere
Beigung verfchafft durch die Belohnung bes Zugendhaften und Beſtrafung des
xc.
Serechtigkeitsritter, ſ. Ahnen.
Gerhard (Paul.). Dieſer geiſtliche Liederdichter geb. zu Graͤfenhainichen
Badhfen, 1506 oder 7, wurde 1651 Propſt zu Mittenwalde in der Mark, und
7 als Diaconus an die Nikolaikirche in Berlin berufen. Beiden, unter dem
km Kurfürften, zwiſchen den Lutheranern und Reformirtm im Bzandenburgis
n ausgebrochenen Streitigkeiten zeigte er fich fo unwandelbar in Sejinnung und
Isung, daß er deßhalb 1666 jene Stelle verlor. Voll Gottvertrauens roanderte
B, und bichtete in dieſer bedenklichen Rage das Lied voll Troſtes: „Befiehl dus
Wege. Sein Vertrauen täufchte ihn nicht. Der Herzog Chriſtian von Merſe⸗
gab ihm eine Zeitlang Penfion und berief ihn, als Befiger ber Niederlaufig,
una Diaconat nad) Lübben, wo er nachher Oberpaftor wurde und 1676 ftarb.
6 120 geiftl. Liedern gibt e6 viele Abdrüde von 1666 — 1821, wo in Wit
die neuefte Aufl. veranftaltet worden ift, und fat In allen proteftantifchen
find die meiften, leider oft in fehr entftellter Überarbeitung aufges
Sie gehören zu ben vorteefflichften geiftlichen Liedern des Deutfchen und
wunderbar erbauender Kraft und Wärme, dd.
Gerichte, Gerichtsbarkeit, Gerichtsverfaſſung, Ge—
tögemwalt. I. Die Stellung der Gerichte in einem Staate, Ihre Unab⸗
ihre Einrichtung find eins der weſentlichſten Stüde einer guten Vers
und ein untruͤglicher Maßſtab der yolitifhen Gultur. Denn die bloße Rechts:
.sEez. Gicbente Aufl. Bd. IV. 40
fol. Rut durch das Wefühl, Dap einem Jeden eın joicher Krei
grattet fei, wird das Bemuptfein perfönlicher Würde in einem
eringften erweckt, welches bie Quelle aller bürgerlichen Tugen
wirkſamſten Mittel für die Bluͤthe und Stärke der Staaten iſt.
Bewegung in Alem, was den Staat nicht berührt, muß aber nic
geiffe Eingeiner gefichert fein, fondern auch gegen den Hang ber I
vielmehr ihrer Beamten, mit ihrem unmittelbaren Wirken ſoweit
Xeben des Volkes einzugreifen, geſchuͤtzt werden, und dieſes ift all
Schwierlgkeit. Es muß zwiſchen ber Öffentlichen Macht und der
heit eine Bermittelung geftiftet werden, welche jene in ihrem pflich
nicht hemmt, aber body diefer zu Hülfe lommt. Eine ſolche Be
gend anders zu finden al6 in ber Michtergetwalt, welche ſchon aus d
der Regierung unabhängig fein muß; fie Ift aber noch weſentlich
Ährer Thaͤtigkeit von den beiden andern Functionen ber Stantegem
fesgebung (f. d.) und Regierung umterfchieden. Denn Inden
darin befteht, aus dem Innern des menſchiüchen Geiſtes und ben
Begriffen die Geſetze des Rechte, ſowol die unbedingt und unver
als die für das Volk in einem gegebenen Zuftande braudybaren,
Bewußtſein, zur äußern Anerkennung zu bringen; während bie BR.
ten des Voiks, nicht wie er in irgend einem Augenblide buccy V
denſchaſten verbiendet, gerade iſt, fondern tie er nach Einficht dei
darſtellt, fo befteht da6 Weſen der Gerichtögetwalt in dem Unteror
vorkommenden Säle unter das bereit6 vorhandene Gefeg. Diefi
ruͤhmten Gewalten, in deren Trennung von einander ältere und
lehrte das Heil der Völker, das Palladium der Geſetzesherrſcha
Aber wie die Trennung zu bewirken fei, damit fie einander gehörig
genfeitig beſchtraͤnken, ohne die Harmonie des Ganzen zu zerreißen
Beit zu hemmen, daß iſt die große Aufgabe, deren Löfung man fo
ſucht Hat. Sie wird auch nur gelöft werden, wenn man immer
tem feſthaͤlt, daß nicht verſchledene von einander völlig unabhängig
walt aufgeftellt werben dürfen, welche fid in ihrem Wirken fei
daß man auch nicht fuͤr jede einen beſtimmten Kreis von Gegen|
an han mathe Malann hun Cat. nt Ahle Fand
Gerichte, Gerichtsbarkeit, Gerichtsverfaſſung sc. 627
ı he möüffen auch Gefekgebung und Gerichte in Thätigkeit gefeßt werben.
folgt für jene nicht nur die Snitiative der Gefege, fondern auch ein unbes
es Veto, für die Gerichte aber das Recht der Anordnung und Beftellung der
, und das Recht der Aufficht über fie. Allein die richtige Trennung der
m befteht darin, daß die Regierung für ſich allein feine Gefege geben, fons
nur theils in Borfchlag bringen, theils bewilligen Bann, in bie Handlungen
lichen Gewalt aber, wenn ſolche einmal georbnet ift, nicht eingreife. Das
Ten für beide Zweige der Staatsgewalt Organe beftellt werden, welche zwar
ne den Willen der Regierung in Thätigkeit treten koͤnnen, aber doch alsdann
bftändigen Handelns fähig find. So richtig und allgemein daher für mos
e Staaten der Sag ift: Toute justice &mane du Roi, d. h. es kann Nies
ne Gerichtsgewalt ausüben als vermöge eines Auftrags der Regierung: fo
urch doch nichts weniger als ein eignes Einmifchen der Regierung, oder des
n in die Juſtizverwaltung für zulaͤſſig erklaͤr. (S. Cabinetsjuſtiz.)
x iſt alle Befugniß der Regierung den Gerichten gegenüber eine bloß for⸗
elche nur dafuͤr ſorgen ſoll, daß jedes ſtreitige Rechtsverhaͤltniß durch rich⸗
Intfcheldung geloͤſt werde, nicht aber ſich über das Rechtſprechen ſelbſt eines
es anmaßen darf. Vergeblich beruft man ſich gegen dieſe Säge zuweilen auf
ſpiel aͤlterer Zeiten, wo die Koͤnige und Fuͤrſten ſelbſt zu Gericht ſaßen.
wuͤrden ſolche Beiſpiele nichts erweiſen als was ohnehin klar genug iſt, daß
kern ebenſo wenig als einzelnen Menſchen die Weisheit angeboren werde,
fie erſt durch Erziehung zu richtigen Einſichten gelangen, zweitens aber if
e nicht gegründet. Das Rechtſprechen war eine Sache der Volksgemeinde,
Zürft oder fein Beamter hatte dabei nichts zu thun ald was wirklich in den
8 Regierens gehört, weil es in einem Befehlen befteht, naͤmlich das Gericht
ten, den Gerichtöfrieden zu handhaben, und bie Urtheile zu vollſtrecken.
chtſprechen feibft, das Finden oder Schöpfen der Urtheile, das Weifen des
and den Mitgliedern der Gemeinde zu, und von diefer Verfaffung haben fich
bie neueften Zeiten einige ſchwache Spuren erhalten, obgleich in Deutſch⸗
> Beankreich die Annahme des römifchen Rechts die unkundigen Schöffen
t und die Ordnungshalter des Gerichts, die fürftfichen und gutsherrlichen
1 zu wirklichen Richtern gemacht hat. Mur in England ift die Gemeinde
im Beſitz des Urtheitfindens geblieben. (S. Geſchworne.) Wo aber
hen Volksgerichte mehr vorhanden find, folgt aus diefem Grundverhaͤltnifſe
erlichen zur regierenden Gewalt, daß ftatt jener ein Nichterftand angeorbnet
nuß, welcher auch in feiner Äußern Lage von der Regierung nichts zu fuͤrch⸗
. Es ergibt ſich daraus die Nothwendigkeit, daß kein Richter willkürlich
werben Eönne, oder die Snamovibilität des Richterftandes. (Ob man bie
wie nach der franz. Conftitution von 1791 vom Volke wählen laſſen folle,
andre Frage, auf welche fich wol eine allgemeine Antwort nicht geben laͤßt.)
3 Richter, welcher eine Entlaffung zu fürchten hat, wenn feine Urtheile dem
der Minifter oder der Gutsherrn entgegen find, muß zu den feltenften .
n gehören, wenn diefer Gedanke auf die Verwaltung feines Amtes ohne
fluß bleiben foll. In den meiften Staaten ift auch diefe fefte Stellung der
anerkannt, in England doch erft feit 1701, in Srankreich fchon unter der
tfaffung vermoͤge der feit Franz I. eingerichteten Käuflichkeit und Erblichkeit
len, welche aber doch gegen Gewaltſtreiche, Aufhebung der ganzen Stelle,
wngen und leitres de cachet nicht ſchuͤtzte; dann wieder unter Napoleon
durch bie „„Charte constitutionelle‘‘ v. 1814, Art. 98. In Deutſch⸗
ten die Meichögerichte daruͤber, daß kein Beamter ohne Urtheil und Recht
teile entfegt werben dürfe; in mehren einzelnen Staaten, z. B. Preußen
wine Sanbr,“, II, XVII, 6.99), war es gefeglich aufgefprocen, Über
628 Gerichte, Gerichtsbarkeit, Gerichtsverfaſſung
haupt hat wol kein Staat auf dem feften Lande von Europa fo frühe |
geordnete und unabhängige Rechtspflege Sorge getragen als Preuße
großen Kurfürften an. In den neuern deutichen Conſtitutionen ift di,
lität der Richter meift ausdrädlich anerkannt. Allein dies ift erſt die «
nothwendigen richtsrliden Unabhängigkeit. Die andre und ſchwie
darin, daß der Einzelne gegen Eingriffe in fein Recht, auch wenn ſolch
gierung und ihren Beamten herrühren, richterlichen Schup finden kön
ſind wieder zwei fehr verfchiedene Verhaͤltniſſe zu unterfcheiden, denn!
können entweber mit einer an ſich rechtmäßigen und nothwendigen Reg
(ung verknüpft (3. B. wenn Jemand ein Grundftüd zu einer Öffentliche
treten muß), fie koͤnnen aber auch Folge einer Überfchreitung der Am
Beiten eines Beamten fein. Im erſten Falle fan man unmöglidy I
die Befugniß einräumen, barüber zu urtheilen, ob die Regierungt
Recht beftändig fei, wol aber muß Demjenigen, welchem dadurch etw:
Mechte entzogen fein Einnte, eine Klage gegen den Staatsſchatz auf vo
gung unbedingt frei fliehen, und die Gerichte müffen befugt fein, in
Falle ebenfo ſchleunige und wirkfame Gerechtigkeit zu handhaben, als ı
ringften in Volke. Nur wenn der in Frage ſtehende Regierungsbefel
gerichtlichen Functionen hinübergriffe, würde aud) das Urtheil über dei
dige Befolgung den Gerichten zuftchen müffen. So wie aber hieri
praxis fich von der richtigen Theorie nicht felten entfernt, indem fie bie
den Staatsſchatz hier und da manchen Einfchränkungen unterwicft, fo i
niger bei dem zweiten Punkte, den Klagen gegen die Staatsbeamter
ſchreitung oder Mißbrauchs ihrer Amtsgewalt, tadellos. Dies hä
fteht, genau mit dem ganzen Syſtem der Verantwortlichkeit der St:
fammen, welches nur in England zur Reife gediehen if, in den m
Staaten aber feine voliftändigere Ausbildung erft noc) erwartet. In
ein Gefeg darüber in der Charte felbft (Art. 56) verfprochen, aber
Stande gebracht worden, und man ift von ben richtigen Anfichten I
ſchon darin bedeutend abgewichen, daf man nur die Minifter verantwı
will, alle untergeordnete Regierungsbeamten aber bavon entbindet,
auf höhere Befehle berufen können. Eine an ſich gefegwidrige Han
teen Beamten kann durch Beinen Befehl eines Vorgeſetzten gedeckt werd
erſchwert nur die Verfolgung des Rechts, wenn man folche gegen den 9
zulaffen will, Diefe ganze Materie von der Gerichtsbarkeit in Reg
fteht in genauer Verknüpfung mit ber fchon im Altern Staatsrechte fo
nen Lehre von der Scheibungslinie zwifchen Rechts» und Regierun;
ift auf einem höhern Standpunkte wieder mit ber ebenfo zweifelhaften
den juribas singulorum, und dem Rechte des Staats in Anfehung ih
1I. Das Wefen der gerichtlichen Gewalt befleht, wie oben ber
wurde, fchlechterdings nur in dem Finden eines Rechtsurtheils nach de
handenen Gefege und nad) dem im Gerichte erwiefenen thatfächtiche
bes zu enticheibenden Falles. Es ift darnach Elar, daß der Richter |
id, an die im Staate beftehenden Gefege ‚halten muß, fie mögen mit
berzeugungen Übereinflimmen oder nicht. Jede Abweichung von den
Überfchreitung feiner eignen und ein Eingriff in die gefepgebende Gen
kann auch eine jede foldye Abweichung von dem beftehenden Geſetz ats ı
Dandlung betrachtet werden, worauf ſich in Frankreich das Rechtsmi
tion, in England die bei dem Oberhaufe des Parlaments anzubringende
lage (writ of error) gründet. Indeſſen iſt unleugbar. daß bie ort
jeden Rechtsſyſtems mit bei weitem beflerm Erfolg durch bie hoͤhern
durch auẽdruͤckliche Geſetzgebung zu bewirken fei, und bad vollendetfte
Gerichte, Gerichtsbarkeit, Gerichtsverfaffung sc» 624
Ime, das römifche, verdankt gerade dem Umſtande feine Vortrefflichleit, daß
ne weitere Ausbildung, mit Ausnahme feltenen Eingreifen® der geſetzgebenden
ot, den Prätoren als Oberrichtern faft ganz überlaffen blieb. So but ſich auch
engliſche gemeine Recht (Common law) nur durch die Gerichte entwickelt, meil
€ fogar gefeglich angewieſen find, einmal wie das andre zu fprechen, und ihre eig:
Eckenntniſſe ald wahre Geſetze zu befolgen. Nur dunn dürfen fie davon abges _
wenn fie gewahr werden, daß fie einem noch frühern Erkenntniſſe entgegen fans
. Die ehemaligen franz. Obergerichte (Parlemente und andre Cours souve-
nes) übten eine ähnliche Gewalt aus, indem fie fleeitige Rechtspunkte durch ge⸗
ze Beſcheide (arr&ts regl&mentaires) audy für Bünftige Faͤlle entfchieden. Bei
nenen Organifation der Gerichte 1790 aber wurde ihnen nicht nur dieſes unters
(„Code Napol.‘‘ a. 5), fondern man wollte ihnen nicht einmal erlauben, eins
w Fälle, worüber kein beftimmtes Geſetz vorhanden zu fein ſchiene, nach allges
um Nechtögrundfägen zu entfcheiden. Sie follten vielmehr alsdann bei der
Imalverfammlung anfragen. Der Anfragen kamen aber bald fo viele, daß
den Gerichten jene Entfcheidung nad) allgemeinen Gründen und Analogien zu>
kab, und fie ſogar mit Strafen bedrohte, wenn fie fich unter dem Vorwande
Dunfelbeit ber Geſetze, Recht zu Tprechen weigerten („‚„Code napol.“ a. 4). In
m iſt es ungefähr ebenfo gegangen. Und allerdings kann den Gerichten nie
Pflicht abgenommen werden, bei der Anwendung und Auslegung der Geſetze
übern Wahrheiten des Rechte, welche für alle Zeiten und Völker diefelben find,
eitende Grundſaͤtze zu brauchen, nicht als conftitutive, wol aber als regulative
äpien. (Bol. Geſetzgebung.) — Daraus, daß aller eigentliche Befehl
erium) an fich von der richterlichen Gewalt (jurisdictio) getrennt ift, erklären
nanche Eigenthuͤmlichkeiten älterer und neuerer Verfaffungen. Wir find in
ſchland daran gewöhnt, unſere Gerichte jetzt mit befehlender Gewalt bekleidet
un; allein dies war auch bei uns nicht immer fo, noch ift e8 in andern Ländern
all. In England wird die erfte Verfiigung auch in Eivilproceffen der Regel -
aus der Reichskanzlei erlaflen (the original writ), und nur in geringen Sa⸗
unter 40 Schilfing koͤnnen die gerichtlichen Verhandlungen durch eine ſchrift⸗
Borftellung des Klägers an den Richter eingeleitet werden. Jene Kanzleibes
gehen an den Sheriff, und enthalten entweber ben Aufteng, den Beklagten zu
was der Kläger verlangt, anzuhalten, wenn ber Beklagte nicht feine Einwen⸗
q gerichtlich ausführen will (ein Praecipe, nach unferer Art zu reden ein Man-
n cum clausula), oder fie laſſen dem Beklagten eine folhe Wahl nicht, fons
vefehten, ihn ſchlechterdings vor Gericht zu ftellen, fobald nur der Kläger wegen
etung der Klage Gewähr leiftet (ein Pone, oder Si te fecerit securum). Die
Hebenen Befehle werden nach ben Iateinifchen Anfangsworten benannt, da bie
» alle gerichtiiche Verhandlungen noch lateinifch gepflegen wurden. Etwas
iches tritt in Frankreich ein, wo die Gerichtöboten (huissiers) gleichfalls als
numgöbeamte die erften Vorladungen vornehmen, ohne daß die Gerichte ihnen
Auftrag ertheiln. Die Griminaterfenntniffe werben in Frankreich lediglich
ı den Kronanmalt, nicht durch die Richter zur Vollziehung gebracht, in Eng»
durch die Sheriff der Grafſchaften. Man ann daher die gerichtliche Gewalt
einer unvoliftändigen Organifation befchuldigen, wenn auch die Gerichte nicht
Radıt haben, ihre Erkenntniffe zu vollftreden. Freilich muß die Verfaffung
Nngs daflır forgen, daß die Urtheite nicht ohne Wirkung bleiben ; allein ftreng
mmen bat die richterliche Gewalt ihre Gefchäft vollendet, wenn fie ausgefprochen
was Recht ifl. Gegen regierende fouveraine Fuͤrſten kann iiberhaupt eine per=
che Execution gar nicht flattfinden, und felbft in Anfehung unbeweglicher Güter
Ve Sache ihre Schwierigkeiten. Wie ſich die Engländer helfen, ift in d. Art.
land angegeben. Sin Deutfchland waren ehedem auch gegen Reichsfuͤrſten
HU] VIE VUTIGUJIZE unung gewiſſer RIETTUELTUNE (de 0. VED OERHBUn
behalt künftiger eigentlich richterlicher Entſcheidung ankommt. Zi
genheiten haben England und Frankreich ihre Friedensrichter, weldye,
von einander fehr verſchieden (ſ. Frankreich und England),
einander übereinlommen, daß fie nur wenig eigentlich richterliche G
Außer Beinen Schuldſachen hab fie vornehmlich poffefforifhe St
enticheiden, Arreſte anzulegm u. dgl. Man rechnet fie daher audy
bern nicht zur gerichtlichen Beamtenorbnung. Schuldenbekenntnif
her Beglaubigung und einem Vollziehungsbefehl im Namen der R
ben (was guaranda oder guarentigia genannt wurbe, wie franz. N
den), und überhaupt alle unftreitige Anſpruͤche zu volifiteden, ı
Deutſchland feliher nicht zu den richterlihen Handlungen im eigentli
gerechnet, daher auch zu ihnen ber Regierungsbeamte keine Urtheil
Gemeinde (Schöffen) zuzuziehen brauchte. Dies ift die eine Quelle
tivproceſſes, wovon eine andre in den Statuten der Italienifchen
Zweitens find auch die Verhältniffe der Höhern Regierungsbehärben !
flerien auf diefe Unterfcheidung gegründet. Nichte, was zum eige
fprechen gehört, kann einem Juſtizminiſter zugefchrieben werben, fon
kungskreis iſt darauf befchränkt, dafür zu forgen, baß bie Gerichte
find, und daß fie ihr Amt verwalten. Daber kann er wol befeble
. richte das Recht handhaben (mandata de promovenda justitia),
Regierung gehören Beſchwerden über Verzögerungen oder gänzliche V
Gerichte, aber er kann keinen von den Gerichten im Entfcheiden fei
Fehler verbeffern (k. preuß. Cabinetsordre v. 6. Sept. 1815); dazu f
Prüfungen der richterlichen Entfcheidungen nothwendig, durch da:
böhere Inſtanzen, beren Einrichtung ein großer Kortfchritt der DVerf
Das germanifche Mittelalter kannte fie nicht; jedes Gericht fprach ei
in letzter Inſtanz, nur daß wichtigere Sachen zumeilen an ein größer:
neres Gericht (Oberhöfe, Schöppenftühle) gewiefen werden konnten
die grundherrliche Gerichtsbarkeit mehr außgebilbet batte, eine Verfar
Gerichte, Gerichtsbarkeit, Gerichtsverfaffung ic. 63
arde in Gang, welche nur zu bereitwillig ergriffen wurden. Über die Gefchichte
06 Verhaͤltniſſes zwoifchen der Strgierung (dem Staatsrath, Couseil prive) und
richterlichen Gewalt in Krankreid) ift ein vortreffliche® Werk: Henrion de Pan»
, „De l'autorite judiciaire en France‘‘ (Paris 1818, 4.). In Frankreich ift
fe Vermiſchung der regierenden und richterlichen Gewalt, welche ſich durch grobe
ifbtaͤuche (Eingriffe in die Gerichtebarkeit durch Commiſſionen, durch Gaffatios
s erchtößesftiger Urtheile, durch Leitres de cachet) ſeht verhaßt gemacht hatte,
schrie Errichtung des Caſſationsgerichts (f. d,) gehoben, wodurch es auch
glich geworden iſt, die gerichtlichen Inſtanzen auf zwei, die Zahl ber Kreisgerichte
räbenaux de première instance) "nd Hofgerichte (Cours d’appel) zu vermin«
a, während man in Deutſchland, und wie wir glauben mit größer Vortheil,
at hergebrachten drei Inſtanzen (hervorgegangen aus der grundberrlichen oder
veifchen, fürftlichen und koͤnigl. Gerichtsbarkeit) beibehalten bat, (S. Appel⸗
Mensgerichte.) Eine augemeine Gefchichte der Gerichtsverfaffung haben
E einem berühmten niederländifchen Rechtsgelehrten mofaifcher Religion zu dans
129. D. Meyer: „Esprit, origine et progres des institutions judiciaires
b principaux pays d’Europe‘ (1819 — 1822, 6 Bde.), welche aber dennoch
Weiten die Sache nicht erfchöpft. In Deutfchland flehen als eine in ihrer Art
ge Erfcyeinung die heimlichen Gerichte Weſtfalens da, weiche, fo viel ſich auch
mbliche Gelehrte, wie Kopp, Eichhorn, Wigand, damit befchäftigt haben, noch
wudlig aufgehellt find. Es wäre leicht möglich, daß ihre befondere Einrichtung,
the erſt im 13. Jahrh. recht hervorteitt, mit der auch um jene Zeit geftifteten In⸗
Risen im Zufammenhang ſtaͤnde.
IV. So wichtig die richtige Beſtimmung der Grenzen der richterlichen Ges
I gegen Regierung und Geſetzgebung ift, ebenſo wichtig find die völkerrechtlichen
nen der Gerichtsbarkeit; aber auch hier herrſcht fowol in ber Theorie als in der
ps noch eine große Verwirrung, welche durch Staateverträge zu loͤſen fehr noth⸗
We wäre, ba fie nicht nur das Verkehr zwiſchen den benachbarten Staaten ers
rt, fondern auch durch auffallende Inconfeguenzen das Vertrauen ber Unter:
ma auf die Gerechtigkeit des Staats untergräbt. Einige der wichtigften hiecher
Igen Punkte find folgende: 1) Frankreich ift, fo viel wir wiffen, der einzige
it, weicher feine Gerichtsbarkeit fogar über alle andre Länder ausbehnt, und
8 Bürgern das Recht gibt, Ausländer, wenn fie ſich auch nicht in Frankreich
ten und nichts dafelbfk befigen, vor franzöfifche Gerichte vorzuladen. Dage⸗
Güst den Fremden nicht einmal die Litiependenz, wenn ihn auch ber Sranzofe
‚im feiner Deimat verklagt haben follte („Code civil“, a. 14). Diefe Verorbs
kann Ausländern um fo gefährlicher werden, je leichter es gefchehen kann, daß
egeladen und verurtheilt wird, ohne etwas davon zu erfahren, meil die Vorlas
nur dem Staatsprocurator zugeftellt wird, um fie an den Minifter der außs
gen Angelegenheiten einzufenden, welcher fie auf diplomatifhem Wege an den
agten gelangen läßt. Wenn fie auf diefem Wege liegen bleibt, oder, wie un
piele bekannt find, einen falſchen Weg nimmt, fo ſoll dies den Berbandlungen
dem Urtheil dennody an ihrer Gültigkeit nichts entziehen. Kommt ein foldyer
wer ſelbſt nach Frankreich, oder werben ihm zugehörige Effecten bafelbft ange:
a: fo hat eine folche frühere Verurtheilung ihre volle Wirkung ; ber Fremde ift
tder Verhaftung unterworfen, was der Sranzofe nicht ift (Gef. v. 10. Sept.
N. Diefes Soſtem ift auch darum doppelt unbillig, weil es gegen Sranzofen
mgelebrten Kalle keine Gerichtsbarkeit des Auslands anerkennt, wenn auch
bei auswärtigen Geridyten nad) allgemeinen Rechtsregeln begründet wäre,
aͤre Daher hoͤchſt wünfchenswerth, daß alle andre Regierungen ihre Unterthunen
ſtrenge Aufrechthaltung der Regel, dag ein jeder nur bei feinem ordentlichen
er belangt werben kann, zu [üben fuchten. Nur mit der Schweiz hat Frank⸗
636 Germanien
Germanten. Nicht allein das unwirthliche, mit Wälen,
unb DMoräften bebedkte Land, begrenzt von der Donau, dem Rhein, der
Ocean und ber Weichfel, nannten die Römer Germanien, fonbern fie fc
Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Liefland und Preußen!
nennung ein, ba alle dieſe Länder, welche ein Drittheil von Europa
von Volksftäramen bewohnt wurden, deren Geſtalt, Sitten und Spra
meinfanıen Urfprung antündigten. Die Bewohner des ſchoͤnen Stalie
rauheres Land je kennen gelernt hatten, konnten nicht glauben, daß irge
feine Wohnpläge habe verlaffen Binnen, um in Sermaniens Wuͤſten zu
ein ſtrenger Winter den größten Theil des Jahres berrfchte, und wo ur
liche Walbungen auch im Sommer dem erwaͤrmenden Strahle der €
fprachen. Die Germanen (Hrers, d. i. Kriegsmannen, f. über dieſen
Deutfchen, Hammer in den „Wiener Jahrbüchern‘‘, Nr. IX, und 2
„Vorgeſchichte Deutfcylande”), oder wie fie fi) nad) Ihrem Nations
(auch Thuiskon) nannten, die Zeutonen, mußten nad) ihrer Meinung
ginn dort gelebt haben. Sie nannten fie daher Indigenae, bert Entft
geben uns von ihrer Lebensweife Nachrichten, aus denen wir Folgendes
Rein von fremder Vermiſchung, wie die elgentbümliche Nationalbild
Lebt in den Ländern jenfeit des Rheins ein Volk mit teogigen blauen 2
gelben Haar, von flartem Körperbau und riefenhaftem Wuchs, abgı
Kälte und Hunger, nicht gegen Durft und Hige, von kriegeriſchem G
treu, freundlich und arglos gegen den Freund, gegen den Feind liflig t
das, jedem Zwange trogend, die Unabhängigkeit ale fein edelſtes Guı
und eher da6 Leben als feine Freiheit aufzugeben bereit ifl. Unbekannt ı
Leben verſchoͤnernden Künften, unbetannt mit dem Aderbau, dem C
Metalle und der Buchſtabenſchrift, nährt fich ber Germane in ſeinen
Wälder und Weiden armfelig von Jagd und Viehzucht, und theilt fein
ſchen träger Ruhe, finnlihen Genäffen und harten Beſchwerden.
Friedens find Schlaf und Unthätigkeit Tag und Nacht das einzige Lat
verdroſſenen Krieger, indeß fein Semüth nur des Augenblicks hartt, w
Gefahr ikn zu männlichen Werken aufrufen. Bis dahln gibt er mi
Leidenfchaftlichkeit f. ungezäbmten Derzen® fid) dem Becher und dem
Ein mit geringer Kunft aus Weizen und Gerfte bereitetes Getränk er
von der Natur verfagten Traubenfaft, und beraufcht ihn bei feinen laͤrm
Weit entfernt, die Trunkenheit ſich zum Vorwurf zu machen, fühlt er vi
den Rauſch f. Sinne gefchärft und erleuchtet; er rathſchlagt alddann
und der im Raufche gefaßte Beſchluß wird ala eine höhere Eingebung u
ausszeführt. Seine Perfon und Freiheit find ihm nicht zu koſtbar,
auf Spiel zu fegen, und, treu feinem Worte, laͤßt er fi) ohne Weiger
gluͤcklichen Gewinner feffein und in entfernte Sklaverei verkaufen. Die
forın ift in dem größten Theile Gemaniens demokratiſch. Man gehorch
geur-inen und pofitiven Gefegen, als dem zufälligen Ubergewicht ber
Zapferkeit, der Beredtſamkeit oder des Aberglaubene. Nur an den U
tifchen Meeres erkennen einige Stämme das Anfehen von Königen, ol
dem Wanne geblihrenden Rechte aufzugeben. Da gegenfeitige Werth
Band ift, welches die Germanen zufammenhält, fo hat man früh die‘
keit gefuͤhlt, daß der Einzelne f. Meinung von der Mehrzahl f. Verbunl
gig machen müffe, und diefe wenigen rohen Grundzüge einer politifcher
genügen einem Volke, dem jeder höhere Ehrgeiz fremd ift. Der von |
geborene und zur Mannbarkeit gereifte Juͤngling wird eingeführt in bi
lung f. Lantshute, mit Schitd und Lanze ausgeſtattet und z
| wuͤrdigen Diit;liede ihres Eriegerifchen Freiſtaats angenomr
Fa .
Germanien 637
ſammlungen ber wehrbaren Maͤnner eines Stammes werben theils zu beſtimm⸗
Ziten, theils bei plögsichen Ereigniffen zuſammenberufen. über oͤffentliche Bes
sungen, die Wahl der Obrigkeiten, über Krieg und Frieden entſcheidet in den⸗
mie freie Stimme. Denn wenn aud) den Vorftehern eine vorläufige Erwaͤ⸗
g der Suche verftattet ift, ſo kann doch nur das Volk hefchließen und ausführen,
Zogerung feind und, ohne Ruͤckſicht auf Gerechtigkeit und Politik, der augen»
Kicen Leidenſchaft gehorchend, faffen die Germanen rafche Beſchluͤſſe, und das
ammenſchlagen der Waffen oder bumpfes Gemurmel kündigen ihren Beifall oder
Abneigung an. Zur Zeit der Gefahr wicd ein Anführer gewählt, dem fich in
henden Faͤllen, wo vereinte Kraft vonnöthen ift, wol mehre Stamme unterwers
ı Dee Tapferſte wird erkoren, daß er mehr durch Beifpiel als Befehl f. Landes
führe. Iſt die Gefahr vorüber, fo endigt feine dem frei gefinnten Germanen
najte Gewalt; deun zur Zeit des Friedens kennt man kein andres Oberhaupt,
die in den Verſammlungen erwählten Gürften, die in ihren Bezirken Recht fpres
ınnd Streitigkeiten ſchlichten. Zugeorbnet find dem Fürften eine Wade und
Rath von 100 Perfonen. — Obwol die Römer einigen germaniichen Sürften
ı&migetitel beilegten, fo hatten diefe nicht einmal das echt, mit dem Tode,
Gefuͤngniß oder Schiägen einen freien Mann zu befirafen. (Vgl. Fuͤrſt.)
I Bel, das allem Iwange fo abgeneigt war und Beine Oberherrfchaft anerfannte,
te nur die Verpflichtungen, die es ſich felbft auferlegt batte. Kreimillig weih-
Nie edelſten Fünglinge einem bewährten Anführer ihre Waffen und Dienfte, und
Defe unter einander twetteiferten, die tapferften Genoffen um ſich zu verfammeln,
nttelferten jene um die Gunſt ihres Anführer. Ihm war e8 Pflicht, in der
mde der Gefahr der Erſte zu fein an Muth und Kühnheit, aber ſ. Gefährten
8 Pflicht, nicht hinter ihm zuruͤckzubleiben. Seinen Fall überleben, war unaus⸗
Nicher Schimpf, denn die heiligſte Pflicht gebot, ſ. Perfon zu [hhgen und f. Ruhm
die Trophäen eigner Thaten zu verherrlichen. Der Führer fämpfte für den Sieg,
Befibeten für ben Fuͤhrer. Tapferkeit war die Zierde des Mannes, Keufchheit
Zugend des Weibes. Die germaniſchen Urvoͤlker verehrten etwas Goͤttliches in
‚weiblichen Geſchlecht. Wielweiberel war nur den Kürften verflattet, um das
Hihre Verwandtſchaften zu vervielfachen; Scheidungen verbot mehr die Sitte
8 Geſetz. Ehebruch war ein durch Nichts abzubuͤßendes, aber auch hoͤchſt feltene®
beechen, und Verführung durch Nichts zu rechtfertigen. Die religiöfen Be⸗
Kdiefer Nation konnten nur cob und unvolfommen fein. Die Sonne und dee
od, das Feuer und die Erde waren ihnen Gottheiten, bie fle zugleid, mit gewiſ⸗
rngebildeten Weſen verehrten, denen fie die Keitung der wichtigften Geſchaͤfte
Lebens zufchrieben, und deren Willen die Priefler durch geheime Künfte erfor⸗
au Binnen vorgaben. Ihre Tempel waren Selfengrotten, geheiligt durch bie
zbrung vieler Geſchlechter. Die Gottesurtheile, fo beruͤchtigt im Mittelalter,
m fchon ihnen als untrüglicye Entfcheidungen in allen zweifelhaften Faͤllen.
m Muth zu entflammen, lieh die Religion die wirkſamſten Mitte. Die heills
im Dunkel gottgeweihter Höhlen aufbewahrten Fahnen wurden auf dem
lachtfeld aufgepflanzt, und das feindliche Heer mit ſchrecklichen Verwuͤnſchun⸗
den Göttern des Kriegs und des Donner zum Opfer geweiht. Nur bem Tas
a ward bie Gunſt der Götter, ein Eriegerifche® Leben und der Tod in der Schlacht
m die ſicherſten Bittel, um zu den Freuden der andern Welt zu gelangen, wo
Ergäbtung ihrer Thaten beim frohen Schmaufe fie ergögte, während fie koſtliches
r aus maͤchtigen Hoͤrnern oder den Schädeln ihrer Feinde ſchluͤrften. EBgl.
sdifhe Mythologie.) Aber was die Priefter nach dem Tode verfprachen,
liche, ehrenvolle Fortdauer, das verliehen die Barden fchon auf Erden. In der
lacht und an Öiegeöfeften priefen fie den Ruhm der Helden vergangener Tage.
«
638 Germanlen
bie Vorfahren ber Tapfern, die ihren kunſtloſen, aber feurigen Strophe
und ſich zur Todesverachtung und zu Thaten dadurch begeiftert fühlten.
So war das Volk, das frei und unbefiegt einft Deutfchlande Bode
Zorfchen wir nach f. Urfprunge, fo werden wir auf Afien, die allgemein:
Menſchengeſchlechts, zurücgeführt, wiewol wir aur dunkle Spuren ihrer
rung aus dieſem Welttheile beiden altenGefchichtfchreibern finden. Joſeph
nennt fie (a. a. O.) ein baktriſch⸗ mediſches Stammvolk aus dem paradiefi
lande Arieme, und Mirchond, der perfifche Dichter, fagt: „Chamaresn
von Chamilah) ift der Name jenes Diſtriets und Landes, weldyes der S
der Gelehrten und Weifen, der Männer des Schwerts und der Jeder wa
vor Alters Dſchermania nannte”. Che die Scythen oder Scotelen von
geten an dem Pontus Eurinus verbrängt wurden, wohnten die Cimmer
den Deutfchen verwandtes Volk, in ber heutigen Krim und europdifch
und vereinigten fich, von den Scythen an die Weichfel zuruͤckgedraͤngt, n
wohnenden teutonifhen Stämmen, über welche uns hiftorifcdye Anga
Bon hier aus ward Skandinavien und Deutſchland bevoͤlkert, daher fich
Bewohnern diefer Gegenden die Nachricht erhalten hatte, daß ihre Mu
den Ufern der Weichfel gemohnt habe. Es werben ung drei Hauptftämn
manen genannt: die Iſtaͤvonen, Ingaͤvonen und Hermionen. Die J
zwifchen ber Elbe und Weichfel wohnend, waren das Stammvolk und t
Teutonen und Semnonen ; von ihnen waren die Iſtaͤvonen nach Werften,
vonen nad) Norden ausgewandert. Diefe drei Hauptſtaͤmme waren we
einanber verfchieden, und wenn es ſich erweifen läßt, daß von den Sing
Weſtfalen, Niederfachlen, Dünen und Schweden, von den Sftävonen
länder, Franken und Heffen, und von den Hermionen die Baiern und
abftammen, fo beitehen diefe Verſchiedenheiten wenigftens in Anfehung d
noch jest. Sftävonifche Voͤlkerſtaͤmme waren die Chamavi, Tubantes, U
barit und Bructeri, zwiſchen der Wefer und dem Rhein; die Spgambri
von der Lippe bis Koͤln, doch nicht gleichgeitigz die Dulgumnier, Chafoı
teri und Ingriones auf der Weftfeite der Wefer bis In den Harz ; ferner !
vom Urfprung der Wefer längs des thüringer Waldes bis an den Ma
fraͤnkiſche Saale, und die mit Ihnen verbundenen Nerrereanes, Danduı
Maroingi und Mattiaci, legtere um Miesbaden und Marburg, erftere in
thum Waldeck bis Hanau ſich verbreitend ; endlich die Cherusch, die Ber
Harzes u. der umliegenden Gegenden, und bie mit ihnen vereinigten Kofi
fchweigifchen, fowie die bereit6 genannten Marfen, Chafuarier, Tuban
gumier, Anfibarier u. A., die aber fpäter fidh von dem Bund ber Cheru:
tn. Diefe gefammten iſtaͤvoniſchen Völker erfchienen in drei großen Voͤ
vereinigt, dem Bunde ber Spgambrer, Cherusker und Katten, woraus
Beit die beiden mächtigen Bünbniffe ber Franken unt Alemannen heroorgii
Ingaͤvonen wohnten von ben Mündungen bes Rheins bis an bie weſtlich
Oſtſee, vom Zuyderfee bis an bie Trave in Holftein, und breiteten ſich uͤb
brifche Halbinfel und das große Skandinavien aus. Zu ihnen gehörten !
Schelde bis zur Eider wohnenden mächtigen Sriefen mit den Stiefabonen,
und Narfaciern ; die Chancen in Oſtfriesland, Oldenburg und Bremen
grivarier in Verden, Llineburg und Kalenberg ; ferner die Saren im heut
ftein, mit ihren drei Stämmen, den Oſtfalen, Weſtfalen und Angariern
zu ihnen gehörigen Bewohnern der Hatbinfel, den Nordalbingern, die, ir
dung mit den Saren, Normannen und fpäterhin Dänen genannt wurden.
Ingävonen gehörten auch die Völker Skandinaviens und Preußens ; biefe
ten die Oftider, die Venedi und Schrei, jenes die Hellevionen, im heutigen
oder wie fie Tacitus orbnet: bie Suionen und Sitonen (bie heutigen €
Germanien | 639
ani (Finnen), die Äfthi (Efihen), die Venedi (Menden). Nach Ptolemaͤus
mten bie Weſtſeite Standinaviens die Chadeni, die Oftfeite die Phavones und
fi, die Süpfeite die Gord und Daucion:s, das Mittelland die Levoni. Die
me der Dermionen, die in herumfchweifenden Parteien auch Sueven hießen,
die Varini zwifchen den Muͤndungen der Zrave und Marne, die Sidoni,
er Marne bis zur Oder, die Teutanoardi und Viruni im Lauenburgifchen und
emburgifchen, die Augier, Zurcilingier und Schrei in Pommern und an dee
edie Heruler, Nachbarn der Sothonen, und diefe felbft mit ihren Mebenzweis
Polen; ferner die Bandalen mit den Silingi im Niefengebirge und der Lau⸗
de Burgundiones und die Eygier, die nebit den Buriern u. X. hinter den Vans
In Schlefien und Polen ihre Wohnfige hatten. Als einzelne Stämme der
sionen, weiche fich unter den Ingaͤvonen und Sftävonen nicderließen, werden
mgobarben und Angeln genannt. Jene wohnten an der Eibe und nachher in
kande der Cherusker, diefe vereinigten ſich von der Oftfeite der Elbe her mit ben
m Im Süden von Deutfchland finden wir nur Auswanderer, die erft ſpaͤ⸗
ins mehren Muttervoͤlkern zufammengefchmolzen, zum Theil große Reiche ftifs
‚ Dergleichen füdlicye Coloniften waren die Quaden, die Markomannen, die
mfelben abflammenden Bojarier, die Hermunduren und bie aus ihnen ent
Sueven.
men .
Die Römer lernten zuerft im J. der Stabt 640 die Germanen Eennen, als ein
Voͤlkerſchwarm, der fich Cimbern nannte, neue Woynpläge ſuchend, an den
erſchien, den Conſul Papirius Carbo flug, und ſich von da, im Verein mit
Igurinern, gegen die Allobrogen wandte. Nachdem fie auch hier die Römer
Ngroßen Schlachten gefchlagen, fielen fie vereint mit den Teutonen und Am⸗
im das transalpinifche Gallien, fchlugen Die Römer nochmals am Rhodanus,
teten fich dann nad) Weſten, kehrten ſich aber, ducch die Tapferkeit der Ibe⸗
d Beigier in ihren Fortfchritten gehemmt, nach Italien, in welches die Zeus
und Ambronen über die weftlichen, die Cimbrer und Tiguriner uͤber die noͤrd⸗
Alpen einzubringen fuchten. Marius ward Roms Metter; er bejiegte bie
a bei Air im J. Roms 651 und 101 vor Chr. auch die Cimbern. Die Übers
eſtreuten ſich theild in Gallien, theils kehrten fie an die Donau zurüd. Nach⸗
dſar Gallien unterworfen und feine fiegreichen Waffen bis an den Rhein ges
batte, lernte er hier zuerft ein Volk konnen, das man ihm Germanen nannte.
fl, der daffelbe führte, und früher auf der Shofeite der Donau gewohnt
wolite fid) in Gallien nieberlaffen, mußte aber, von Caͤſar gefchlagen, wieder
m Rhein flüchten. Nur die Bricocci und Nemetes, die zu jenen Heerhaufen
hatten, blieben auf der Weftfeite des Rheins; aus den über den Rhein zus
ommenen liberreiten fcheint fidy der Schwarm der Markomannen gebildet zu
Caͤſar ging zwei Dal Über den Rhein, doa nicht um in dem wüften Lande
ungen zu machen, fondern nur um Gallien vor ben verheerenden Einfällen
nbaren zu [hirmen, Er nahm fogar Deutfche in Sold, zuerft gegen bie
ı, dann gegen Pompejus. Kennen lernte er nur bie zunaͤchſt wohnenben
Sygambrer, Ufipeter und Zeucterer. Das übrige Deutfchland werbe, fagte
m, von den Sueven in 100 Gauen bewohnt, deren jeder 1000 Mann auf
sterei ausfchicke, welche jährlidy abgelöft würden. Sie lebten mehr von agb
iehzucht als vom Aderbau, befaßen die Felder gemeinfchaftlich, und hielten
mde Völker durch Verwuͤſtung der Grenzen von ſich ab. Diefe Nachrichten
ihr, wenn wir fie auf die Deutfchen überhaupt ausdehnen, und unter den 100
bie einzelnen Volksſtaͤmme derfelben verſtehen. Noms VBürgerkiiege zogen
Aufmerkſamkeit von den Deutfchen ab. Der Bund der Sygambrer fiel uns
in Gallien ein, und bie von ihnen hart bebrängten Ubier verfegte Agrippa an
Bfeite des Rheins. Als aber bie Sygambrer Augufts Legaten, Lollius, im
630 Germanien
J. der Stadt 739 geſchlagen hatten, eilte er ſelbſt herbei, erbaute, um
widerſtehen zu koͤnnen, Feſtungen am Rhein, und gab ſ. Stiefſohn Dru
den Oberbefehl gegen fie. Dieſer tapfere Feldherr war in mehren Zen
teich, und drang bis am die Eibe vor. Er ſtarb im J. Roms 745.
führte zwei Jahre lang Tiberius den Oberbefchl um Rhein, und übte mı
Gewalt gegen die Germanen. Er bewog fie zu Kriegsdicnften im roͤmi
Auguftus Leibwache ward aus Deutſchen gebitdet, und der Cheruster 4
{f. d.) ſchwang ſich bis zur Mürde eines Ritters empor. Won den 3.7
befehligten verſchiedene roͤmiſche Feldherren in diefen Gegenden. Als
Ziberius aufs neue den Oberbefehl bekommen hatte, drang er bi an di
und damals waͤte es vielleicht gelungen, Deutſchland zur römiichen Pro
hen, wenn nicht die Unbeionnenheit |. Nachfolger, des Quinctilius $
errungene Vortheile vernichtet hätte. Seine gewaltſamen Maßregein,
und Verfaffumgen der Deutfchen umzuaͤndern, bewirkten eine allgemein
vung, an beren Spige der in Rom erzogene Cherusker Hermann ftand.
aus drei Legionen beflehenden Deere in den teutoburger Wald gelodt, w
von den erbitterten Deutichen angefallen und aufgerieben. Wenige Fluͤ
tete der bei Koͤln mit drei Regionen ftehende Legat. Aſprenas. Diefer 9
von den Deutfchen erfochtene Sieg führte den Verluſt aller roͤmiſchen
fenfeit des Rheins herbei; die von Drufus erbaute Feſte Alifo wurde zer‘
traten die Cherusker ald dad Hauptvolk in Deutichland auf. Erſt 4 ©
ber zogen die Römer unter Germanicus (ſ. d.) wieder gegen die De
Feld, und wie tapfer und kriegserfahren diefer jugendliche Held auch f.
mungen leitete, fo gelang es ihm doch nicht, die Derrfchaft der Römer zı
Vielmehr gaben nach ihm bie Roͤmer die Unterjohung der Deutfchen
Streifzüge auf ihr Gebiet fie Leicht verhinderten, und vor deren ernſtliche
fie fi) durch die Innern Streitigkeiten derfelben gefichert fahen. Eine n
gebenheit in Deutfchland hatte dazu Anlaß gegeben. Maroboduus, eh
Augufts erzogener Markomanne, vereinigte durch Guͤte und Gewalt mel
Stämme in einen Bund, welcher u. d. N. des Bundes ber Markoman
iſt. An der Spige diefes mächtigen Voͤlkervereins überfiel er das im füt
u. heutigen Frankenlande gegründete große Reich der Bojer, eroberte d
fliftete hier einen furchtbaren Staat, welcher fich über die Markomanner
duren, Quaden, Longobarden und Semnonen ausbehnte, und ein .Deer ı
Streitern aufbieten konnte. Auguſt hatte dem Tiberius befohlen, mit !
den Maroboduus anzugreifen, und feine Macht zu brechen, aber ein
Aufftand der dalmatiſchen Völkerfchaften nörhigte ihn, einen Frieden ;
der ihm keine Vortheile gewährte. Die darauf folgendem Unfälle dei
MWeitdeutfchland hinderten jeden Verſuch gegen die Markomannen, mei
Streifereien in Suͤddeutſchland wagten. So gab es jegt zwei maͤch
ſchaften in Deutfchland, die Markomannen und die Cherusker, weiche fi
unter einander entzweiten, ald einerfeits die Longobarden und Sen
Bedruͤckungen des Maroboduus müde, den Bund deffelben verließen :
Cheruskern übertraten, und andrerfeitd Hermanns Oheim, Ingulo
Eiferfucht gegen f. Neffen, zum Maroboduus Üüberging. Nachdem drı
ſchen beiden Nebenbuhlern nach allen Regeln der Kriegskunſt, weldye O⸗
Maroboduus in Roms Schule erlernt hatten, geführt worden war, bli
endlich den Cheruskern. XTiberind, flatt dem ihn um Beiſtand bittendei
duus zu helfen, ließ ihn vielmehr zwei Jahre darauf von dem Gothe
überfallen, der ihn zwang, fein Land zu verlaffen und bei den Römern ;
fuchen. Bald aber erfuhr Gatualda das gleiche Schickſal durch die ‚Hei
weiche jetzt ald Hauptvolk unter den Markomannen auftraten. Die Ch
Oermanien 641
ı 21 nad) Chr. mit Ihrem großen Feldherrn Hermann (f. d.) ebenfalls ihr
hen ; durch Zwieſpalt unter fich gelhwädht, nahmen fie endlich von Nom einen
ig, Italicus mit Namen, an, ben legten Sprößling Hermanns. Unter dies
zerfielen fie mit ihren. Bunbesgenoffen, den Longobarden, und fanken zu einem
deutenben Volke, die Sübfeite des Harzes bermohnend, herab, Dagegen erhos
ſich im Weſten Deutſchlands die Katten. Während einer Seite die Frieſen fich
m des ihnen auferlegten Tributs gegen die Römer empdrten, und nur mit Ans
igung zuruͤckgeſchlagen wurden, griffen am Oberrhein die Hatten die ihnen gegene
: gelegenen römijchen Seftungen an. Galba aber demüthigte fie, und bewog fie,
Land zwiſchen der Lahn, dem Main und Rhein zu verlaffen, welches darauf die
mer verdienten Kriegen zutheilten. 18 Jahre darauf (58 nad) Chr.) geriethen
Hermunduren und Katten in Streit über die Salzquellen der fräntifchen Saale.
5 Maroboduus und Catualda zahlreiche Begleiter hatten ſich indeß jenfeit der
mau zwifchen den Slüffen Gran und Morava angeficbelt, und dort unter Van⸗
8, ben ihnen die Römer zum König gegeben, ein neues Reich begründet, das den
uchbarten Völkern durch Bedruͤckungen laͤſtig zu werden anfing. Obgleich Van⸗
a ſich mit den ſarmatiſchen Jazygen verbunden hatte, erlag er doch der vereinten
acht der Dermunduren, Engier und weſtlichen Quaden (50 nad) Chr.), und mußte
zu den Römern flüchten. An der Spitze bes Reichs aber fand fein Schweſtet⸗
a Sido, der, ein Sreund der Römer, dem Veſpaſian wichtige Dienfte leiſtete.
ı Welten erfchütterten die Bataver durch einen hartnddigen Krieg die Macht bet -
mer, welche nur mit Außerfter Anſtrengung ſich behaupteten. Jetzt aber entzuͤn⸗
ſich ein Krieg, der erft mit dem Untergange Roms endigte. Die Sueven, von
Eogiern angefallen, baten den Domitian um Beiftand, welcher ihnen 100 Reis
hidte. Eine fo armfelige Macht beleidigte die Sueven. Sie verbanden ſich
den Jazygen in Dacien, und bedrohten Pannonien. Domitian ward gefchlagen,
va jügelte fie und Trajan fchlug fie aufs Haupt; allein feit Antoninus Philofos
8 loderte der Krieg in diefen Gegenden auf. Auf zwei Seiten beunrithigten die
‚baren unaufhörlidy das römifche Reich; von der einen Seite die durch die Go⸗
ı verdrängten Beinen Stämme, welche gezwungen in Dacien einficlen, nette
bnfise ſuchend. Man befriebigte fie, ald man Ihnen die füdlihen Gegenden ans
. Aber wichtiger war der Krieg, welchen von ber andern Seite die Markoman⸗
ı Hermunduren und Quaden vereint mit aller Kraft gegen Rom führten, und
her gewöhnlich der marlomannifche genannt wird. Mare Aurel Eimpfte fein
v6 Leben gegen fie, und Commodus erfaufte (180 nad) Chr.) den Srieden. In⸗
verwüfteten bie Katten Gallien und Rhaͤtien, die Cherusker drängten die Lons
xden an die Elbe zuruͤck, und traten jebt unter dem Itamen Franken auf. Neue
baren erfchienen 220 nad) Chr. in Dacien, die Vifigothen, Gepiden und Heru⸗
und befämpften die Römer. Zu eben der Zeit, unter Caracalla, trat ein neues
kin Shbdeutfchland hervor, die Alemanen, ein Gemiſch iftävonifcher Stämme,
m fie erbaute Nom das berühmte Vallum Romanorum (tömifche Landivehr),
n liberrefte von Sarthaufen bis Öhringen fichtbar find. Aber die Macht der
ter fan immer mehr, theild durch unaufhärlihen Kampf mit den Barbaren,
durch innere Unruhen verzehrt. Als die Roͤmer durch bürgerliche Kriege uns
m häufigen Militairtevolutionen während der Regierung der Kaljer geſchwaͤcht
m waren, drangen die Franken bis Spanien vor, und unter Kaifer Probus ers
m fie auch die Bataverinfel. So waren jett Franken und Alemanen die maͤch⸗
a deutichen Völker. Erſtere verloren unter Julian die Bataverinfel an die
n, und letztere wurden von Noms Heeren gebemüthigt. Aber bas mar Rome
Sieg. Mit dem Anfange des 5. Jahrh. Kürmten Barbaren von allen Sei⸗
ıf Das römifche Kaiferthum an. Die Vandalen, Sucven und Alanen bemaͤch⸗
fich Galliens und Spaniens; ihnen folgten die Burgundier nach Gallien, die
np. s Leg. Gicbente Aufl. Bd. IV. 41
Kurz darauf zum Oberften und koͤnigl. Senerafabjutanten ernannt, be
Chef des Generalſtabs das fächfifche Corps, und erhielt vom Kaijer fü
vom Prinzen von Pontecorvo, General des Armeecorps, zu weldyem
Armee gehörte, aufdem Schlachtfelde von Linz zugeficyerte Kreuz der
Der zweitägigen Schlacht bei Wagram thätig beiwohnend, konnte er
an den General Gerard und Marjchall Gourgaud gerichteten und in Z
und deutſch herausgeg. Briefen, ein leidenfchaftliche® Urtheil bericht
der Kaifer, laut der von Montholon und Gourgaud in den „Notes ct
gegebenen Nachrichten über das Benehmen der ſaͤchſ. Truppen an jen
tage, gefprochen hatte. Dem Scharfblid des Kaiſers war die feltene
Mannes nicht ntgangen, ber alle Eigenfchaften des Geiſtes und der :
Koͤrperkraft in ſich vereinte, um die ihm vom König von Sachſen übr
gemaͤße Organifation der fächf. Armee autzuarbeiten und als Chef des
ralftabes vom 1. März 1810 an in Ausführung zu bringen. In den
1813 war der unterdeffen zum Generallieutenant ernannte Gen.⸗Adj
der aufmerkſamſten Beobachter in den engfien Umgebungen des Kaife:
in Dresden refidirte und ſtets um die Perfon des Könige, dem er nach :
wo ber 19. Oct. über das Schickſal des Könige, fowie Über das fein
Mehrer Stürme und fremder Adminiftrationen wegen, die nun Sc
lebte er über 3 Fahre zuruͤckgezogen auf f. Gute und hatte die ihm früh
Mufe, alle ſ. Rechnungen abzufchließen. Der König, der in ihm ſtet
treuften und einſichtsvollſten Diener erkannt hatte, berief ihn zu neue
indem er ihn 1817 zum Generalinfpecteur der damals befchloffmeh
ernannte; body al biefe 1820 ſich auflöfte, befchränkte ſich f. Thaͤtig
Generaladiutantur und auf mehre Specialaufträge. Während biefer
1819 Sroßofficier der Ehrenlegion. Ein neuer, f. vielumfaffenden
und Erfahrungen, fowie f. Eifer für bie Bildung des jungen Geſchle
chender Wirkungskreis ward ihm im Sept. 1822 durch die Ernennun:
manbanten des Cabettencorpe. In dieſer Stelle hält er felbft über |
her @risnamiffsntchaften ımh @rionanstchichte ronsimäßins Marlsfunnor
Geruch 645
fen bis zun Rittmeiſter, trat aber, als er nach Friedrichs V. Tobde, 1766, die Aus⸗
fidyten auf dieſer Laufbahn verlor, in den Civilſtand zuruͤck. Der Staatsminiſter,
Braf Hartwig v. Bernflorff, nahm ihn 1768 als Mitglied der wöchentlichen Range
leifeffionen in die deutfche Kanzlei. G. ducchwanderte verfchiedene Givildepartes
mente, wurde 1775 al Mefident bei der freien Reichsſtadt Luͤbeck angeftellt, begab
Kb 1783 nad) Eutin zu f. Sreunde Voß, und lebte feit 1785 als Mitdirector des
kottojuſtizweſens in Altona. Diefe Stelle legte er 1812, Alters halber nieder und
wibmete ſich num ganz den Wiffenfchaften. Er ftarb den 1. Nov. 1823, 87%
nit, zu Altona. Seine erfte Arbeit war „Turnus“, ein Trauerſpiel, welchem er
Vie Sreundfchaft mit Weiße verdankte. ©. befchäftigte ſich inzwiſchen fchon mit
den, Taͤndeleien“ und legte den „Zurnus” bei Seite, ohne ihn jemals druden zu
laſſen; bie Zändeleien hingegen beförderte Weiße zum Drud. Diefe lieblichen
Scherze fanden allgemeinen Beifall, und gewannen felbft Leſſing eine günftige Kris
Wab. Dierauferfchienen f. ſchon früher verfertigten profalidhen Gedichte, woraus
— ſ. Dithyramben entſtanden. Als Militair ſchrieb er die Kriegslieder eines
iſchen Grenadiers. Als er nach dem Kriege nach Kopenhagen kam, lernte er da⸗
Mh J. A. Cramer, Reſewitz, H. Schlegel, Klopſtock, Sturz, Baſedow u. X.
Im vertrauten Umgang mit ſolchen Maͤnnern, reich an Jugend und Liebe,
ung ©. f. „Atiadne auf Naxos", ſ. „Gedicht eines Skalden” und mehre kleine Lie⸗
der. Zugleich gab er den „Hypochondriſten“, ein beliebtes holfteinifches Wochen⸗
Matt, und in ben 3. 1766 u. 1767 „Briefe ber Merkwürdigkeiten der Literatur”
heraus. In dieſelbe Zeit fällt auch f. Trauerſpiel: „Die Braut“, nach Beaumont
ab Fletcher, und f. berühmter „Uaolino”, der ſelbſt auf der Bühne Gluͤck machte.
Beiner Mufe in Eutin verdanken wir f. Melodram „Minona”, f. jüngfte dramatis
BeArbeit, und 1795 erfchien noch f. „Xheorie der Kategorien”. 1816 find feine
** Schriften von ihm ſelbſt geſammelt und verbeſſert zu Altona erfchies
de.).
Geruch (olfactus) nennen wir denjenigen Sinn, mittelft deffen wir bie fei⸗
wr Ausflüffe dev Körper (Düfte) empfinden. Die zarte [chleimabfondernde Haut,
Wk Schneider’fche H. genannt), welche das Innere der Naſe bekleidet, und in welche
G der aus dem Gehirn herabfteigende Geruchsnerve verbreitet, iſt das eigentll
g dieſes Sinnes. Mit der Luft, die durch die Nafe eingezogen wird, ſtroͤ⸗
en zugleich die Ausflüffe oder riechbaren Theile der Körper herbei, berühren im Ins
ir ber Nafe die Nerven, und diefe pflanzen die empfangenen Eindrüde zu dem
ehirn fort, wodurch fie von ber Seele empfunden werben. Bedingung des Ge⸗
H6 iſt die Feuchtigkeit der genannten Haut, welche unter gewiffen Verhältniffen
) verringert oder aufhört. Mit dem Athmen und dem ganzen animalifchen Leben
de diefer Sinn in der innigften Verbindung und ift unter ben übrigen Sinnen mit
u Geſchmackſinn am meiften verwandt, mit dem er auch die meiften Gegenftände
kein hat. Das Wort Gerud) bezeichnet aber auch jene riechbaren feinen Außs
Fe der Körper ſelbſt (odores), welche von unglaublicher Seinheit find. Parfus
ete man 3. B. — was ung die tägliche Erfahrung als möglidy zeigt — mit ben
Bflüffen einer Kubiklinie Lavendeloͤl ein Zimmer von 18 Fuß Länge, ebenfo viel
wite u. 10 5. Höhe, alfo von 3240 Kubikfuß, d.i. von 466,560 Kubillinien In»
&, und nähme dabei an, daß in einer Kubiklinie Raum nur vier riechbare Theil⸗
u ſchwebten, fo würde fich eine Kubiklinie des Öls in 1,866,240 riechbare Theil⸗
n trennen. Lift man ein Stuͤck Ambra, weldyes 100 Gran wiegt, auf einer
age, die der Beinfte Theil eines Grans merklich bewegt, in einem Zimmer frei
zen, fo wird daflelbe, ungeachtet beftändig frifche Luft von Außen zuftcömt, mit
triechbaren Ausflüffen angefülit, und dennoch bemerkt man nad) 54 Tagen noch
bt den mindeften Berluft an dem Ambra, woraus man auf die Seinheit feiner
vfluͤſſe ſchließen kann.
‚Berandre, Sejanorſwaftsrecht. Ein Weſandter
Tide Perfon, von einem Staat mit Vollmacht und Vorfchrift ver
Staats Angelegenheiten bei einer auswaͤrtigen Macht zu betreiben,
bloß wegen Defentangeltgenpeitm eines Fuͤrſien oder ſ. Unterthanen ı
heißen gewöhnlich Agenten, und führen biwellen den Zitel der Mei
tionsräthe u. a., haben aber mit den Geſandten nicht Alles gemein.
ſelbſt ift jedoch ein nicht geringer Unterfchied ; e6 gibt Gefandte ber
und dritten Claſſe. Die Gefandten der erften Claſſe repräfenticen ih
nicht nur in den ihnen aufgetragenen Geſchaͤften, fondern auch in ſei
daß fie auf einige der Vorzüge Anfprucdy machen Binnen, die er bei ei
heit genießen würde. In diefe Claſſe gehören die Großbotfchafter oder
und ehebem bie Gardindle, wenn fie al legati a latere abgefendet
die paͤpſtlichen Nuntien, Die Gefandten des zweiten Ranges ra
Staatsoberhaupt nur in den Gefhäften. Sie haben gewöhnlich den
tel: Auferorbentlicher Gefandtsr und bevollmaͤchtigter Minifter (Em
dinaire et ministre plenipotentiaire), indem die bloße Benennt
(Envoy6) als wirklicher Titel, oder die eined Envoye ordinaire, ni
iſt. dieſe zweite Claſſe gehörten ehemals auch bie Eaiferlichen
Internuntien. Zu den Gefandten’des dritten Ranges, welche nur ve
des abzufendenden Staates, bei dem Miniſter bes empfangenben, beg
börenbieMinifter, Ministres residens, Nefidenten, u.Ministres cha
Die bloßen Gefcyäftsträger, charges d’effaires, haben nicht den Che
niſter. Nach dem Range des Gefandten ift auch f. Gefolge verſchieden
fandten des erften Ranges gehören zum Gefolge: mehre Gefand
und Edelknaben, mehre Geſandtſchaftsſecretaire (Secretaires d’am
elliſten, Schreiber, Dolmetfcher, (Sggretaireinterpräte, beider Pfo
regoman), Gefandtfchaftsprediger (Aumönier), Hausofficianter
u. ſ. w. Bei Gefandten des zweiten Ranges find felten Geſand
ober mehr als ein Legationsſecretait (Secrdtaire de legation), un
zahlteich ift das Gefolge bei einem Geſandten des dritten Ranges.
Geſandte 647
fanbten foͤrmliche Beſuche abſtattet, um von Ihnen als Geſandter anes⸗
erden. Von dem Augenblick an, wo ein Geſandter das Landesgebiet des
6, an den er geſendet iſt, betritt, wird ſ. Perſon für heilig und unverletz⸗
n, und er genießt in dem Staate, worin er ſich aufhält, bedeutende Mops
a diefen gehört vor allen andern die Erterritorialität, d. h. er wird nicht
änber betrachtet, fondern ſ. Perfon, f. Gefolge, ſ. Hotel, f. Wagen
eurtheilt, als ob er den Staat, “der ihn gefendet, nicht verlaflen habe,
alb des Gebiets lebe, worin er refidirt. Daraus folgt denn eine perfün«
ung ded Sefandten von der Civil und Criminalgerichtsbarkeit, eine glels
Gefolge, und Befreiung der Güter, die ihm als Gefandten zuftehen,
jollabgaben. In fein Hotel dürfen demnach gemeine Polizei, Zolle
Staatsbedienten nicht eindeingen, und bier Durchſuchungen anftellen,
ıfe eines Privatmanns. Ob er aber fein Hotel zum Zufluchtdorte für
machen, unb der Obrigkeit des Staats die Auslieferung berfelben vers
fe, ift ein ebenfo bedenklicher als zweifelhafter Kal. Die fi te
iheit der Gefandten, kraft deren fie an einigen Orten das ganze rtier
worin ſich ihr Hotel befand, durch Aufhängung der Wappen ihres Sou⸗
ber Gerichtsbarkeit des Landes ausnehmen wollten, ift als Mißbrauch
Zu den Befreiungen eines Geſandten und feines Gefolgs gehören Zoll⸗
heit für alle gefandtfchaftliche Güter, wobei jedoch wegen erfolgten Miß⸗
nche Beſchraͤnkungen flattgefunden haben. Won Wegegeldern, Bruͤcken⸗
siefporto find fie nicht frei. Als ein befonderes Vorrecht ber Geſandten
och ihren Hausgottesdienſt betrachten, in Ländern, wo Ihre Religion
wird... In Verhandlungen treten fie bisweilen unmittelbar mit dem
felbft, und machen ihm muͤndlich in Privataudienzen, oder ſchriftlich
ichung von Denffchriften, Vortrag, gewoͤhnlich aber unterhandeln fie -
nifter der auswärtigen Angelegenheiten. Alles dies Dauert bis. zur Been⸗
heſandtſchaft, weiche auf verſchiedene Weife herbeigeführt werben Tann,
bung der Creditive, durch Zuruͤckberufung (rappel), durch freiwillige
gene Abreife, und durd) den Bod bes Geſandten. Die Zuruͤckberufung
ın entweder der Zweck der Sendung erreicht oder vereitelt ift, ober wegen
Mitverftändniffe, bisweilen auch aus Privaturfachen. Freiwillig ver⸗
in Geſandter einen Hof ohne Zuruͤckberufung, wenn er Beſchwerde über
pidrige Verlegung f. Perſon führen zu koͤnnen glaubt; e6 gibt aber auch
n Gefandter gezwungen wird, einen Staat zu verlaffen, was man Aus⸗
fſelben nennt. Sonſt wird die Gefandefchaft von bem Augenblide an
angefehen, "wo der Geſandte entweder fein Zuridberufungsfchreiben
oder Paͤſſe zu f. Abreife erhatten hat. Sind ihm biefe ausgefertigt, fo
Staat verlaffen, f. Perfon aber bleibt, felbft im Sale des Kriegs, uns
ıd er kann ungehindert bis Über die Grenze reifen. Nur bie ottomanis
tlaubte fich hierin Ausnahmen, indem fie Gefandte won Staaten, malt
Mißhelligkeiten gerathen ift, in das Gefängniß der fieben Thuͤrme warf,
m legten Frieden mit Rußland vom 3.1813 verfprochen, dies fich Fünfs
ſſiſche Geſandte nicht mehr zu erlauben. Gleicher Unverleglichkeit er»
n den übrigen europaͤiſchen Staaten, jedoch nur in Friedenszeiten, die
r Eitboten, wie auch ſolche Perſonen, die, ohne einen eigentlichen ges
hen Charakter, bieweilen als Bertraute zu Betreibung geheimer, wichti⸗
Geſchaͤfte abgefendet werben. Nur fällt bei folchen das gefandefchaftliche
weg, und in Beziehung auf andre Staatsbürger werden fie als bloße
ıen betrachtet. Alle dieſe Verhältniffe unter den europäifhen Mächten
stüiclich erft ausgebildet, ſeitdem es ſtehende Geſandtſchaften gibt, d. h.
be6 weſtfaͤliſchen Friedens. Fuͤr Politik, Völkerrecht und Bidungsgee
in
648 ©efang Geſangbuͤcher
ſchichte wuͤrde eine Geſchichte des Geſandtſchaftweſens ſeit dieſer Zeit ein fi
tiges Werk fein, an dem es bis jetzt noch mangelt. Flaſſan liefert
Beitraͤge. Ein nuͤtzliches Werk, das uͤber alle geſandtſchaftliche
Geſchaͤfte Belehrung gibt und Muſter aufſtellt, iſt das, Manuel diplomat
precis dcs droits et des fonctions des agens diplomatiques, suivi
cueil d’actes et d’offices, pour servir de guide aux personnes, qui ı
nent à la carrigre politique‘‘, von Karl von Martens (Reipzig 1822).
ropaifche Geſandtſchaftsrecht hat insbefondere Franz v. Moshamm |
(Landshut 1806).
Geſang ift Vortrag poetifcher Worte in abgemeffenen, und ih
nad beflimmten Tönen unferer Stimme, oder Anwendung der Stimme zu
liſchem Zwed. Warum jene Töne abgemeffen und ihrer Höhe nach beftim
wird der Artikel Muſik zeigen. Kragen wir bier bloß: Wie kam be
darauf, ſich f. Stimme auf diefe befondere Weife zu bedienen? Da er ı
wöhnlichen Leben, im alltäglichen Verkehr nicht thut, fo laͤßt fich daraus au
fondere Stimmung ſchließen, die fo etwas veranlaßt. Und foiftes. I
Menſch fingt, fo will er muſikaliſch den Ausdrud eines innern Gefühle d
Geſang ift alfo mufitalifche Sprache des Gefuͤhls. Bei diefer hat man zwe
wohl zu unterfcheiden, den Inhalt und den Vortrag. SIener bezieht ſich ar
mittelbare Darftellung innerer Zuftände, diefer auf die Stimme. Der
vereinigt demnach inf. Vollkommenheit aufs innigfte die lyriſche Poefie und
fit. Diefelbe Urfache alfo, welche zur Iyrifchen Poefie und zur mufilaliichen
Jung begeiftert, wird auch veranlaflen, daß fi) die Stimme des Menfchen in
ergießt, und nady Melodie und Harmonie ftrebt. Man unterfcheibet abe
tuͤrlichen und kuͤnſtlichen Geſang. Jener bezeichnet einen mufikalifchen €
vortrag ohne Kunſtuͤbung: diefee iſt ausgebildet durch die Kunft, der S
ihn nad) Anleitung der Tonſchrift (Noten). Zum künftlichen Gefange t
dert: 1) eine fchöne und biegfame Stimme von anfehnlidyem Umfang; :
keit, die Tonſchrift richtig zu lefen und die Toͤne nach derfelben rein zu tr
anzugeben (Intoniven); 3) deutliche Ausfprache der Sylben und Woͤr
4) Angemeffenheit des Vortrags zum Inhalt, der Punkt, wobei der Si
ſchmack und fein Gefühl allein bewaͤhren kann. Nur mo diefe Angemeff
nbet, fagt der Deutfche, der Sänger habe mit Gefühl, mit Ausdrud
ber den Gefang find zu empfehlen: „Nataliens Briefe über den Ge
Aufl., Leipzig 1825); und „Die Kunft des Gefanges theoretifch und praft
AB. Marrx (Berlin 1826, 4.), ein wiſſenſchaftlicher Grundriß der Ge
Gefangbächer, feit drei Jahrh. eins der wichtigften Dkittel ;
, derung der fittlich = religiöfen Bildung des Volle. Bekanntlich heißen S
gen von religioͤſen Liedern oder von Kirchengefängen, öffentliche Gefangbü:
von denfelben in einer oder mehren Kirchen Gebrauch gemacht wird; im
gefegten Falle Privatgefangbücher oder zur häuslichen Andacht beftimm
beutfche Kirchengefang (f. Kirchen geſang) warb vorzüglich durch die
tion zu einem der wirkfamften Mittel ber Volkserziehung erhoben. S
hatte unter den Böhmifchen Brüdern (f.d.)den Kirchengefang
ſcher Sprache eingeführt. Es entitand daher eine Sammlung böhmifd
cher Lieder, welche Mich. Weiß, Pfarrer zu Landskrone in Böhmen,
Deutfche überf. herausgab. Zwei von diefen 400 Gefängen nahm man
Sefangbücher auf, und von dem einen iſt noch der erfte Vers unter den N
tern beim Abgehen von ber Nachtwache hier und ba in Gebraudy geblieb:
Tag vertreibt die finftere Nacht” ıc. Außer diefer Sammlung foll es (na
horn's „Ergöglichkeiten", B. 1, $. 55) fchon vor der Reformation ein deu
fangbud) gegeben haben, Peter von Dresden (Petrus Dresdens.) did)
©efangbücher u 649
bdeutſche und halblateinifche Lieder, wie: „In dulci jubilo‘ sc Luther gab
aerſtes beutiches Geſangbuch 1524 heraus, welches aus 8, vorher auf einzelne
Iätter gedruckten, Liedern beftand; bie 2. Ausg. (1525) mar mit 8 Liedern vers
thit; die 3. enthielt 40 und eine fpätere 63 Gefänge, welche theil® von Luther
RE neugebichtet, oder verbeſſert, ober überfegt, theils von Luther's Freunden vers
Met waren. Dieſes Luther’fcyen Geſangbuchs bediente man fid) fange Zeit in
mevangelifchslutherifchen Kirchen. S. Rambach's „Anthologie hriftt. Gejänge
8 der teften und mittl. Zeit” (Altona 1816). Luther's Beifpiel, religiöfe Lies
ein deutfcher Sprache zu dichten, fand Nachahmer noch im 16. Jahrh., u. A.
: Doliander (f. Stammmelodien); Nikol. Decius, Pred. in Stettin, (dem
wf.von: „Allein Gott in der. Höh’ fei Ehr’" ıc.); Albert IV., Markgr. zu Brans
mburg (ft. 1557); Vf. von: „Was mein Gott mwillzc.; Nik. Selneccer, Sup.
Meipzig (ft. 1592), Bf. von: „Laß mic) dein fein und bleiben‘ 2c.; Mart. Schals
Pred. in Nürnberg (fl. 1608), Vf. des von Gellert fo geſchaͤtzten: „Herzlich
hab’ ich dich, o Herr” ꝛc.; Phil. Nicolai, Preb. in Hamburg (fl. 1608), Vf.
Kerte und Melodien von: „Wachet auf, ruft uns die Stimme’ ıc. und: „Wie
leuchtet uns der Morgenftern” ; im 17. Jahrh. an Martin Rindart, Vf. der
Ben erften Strophen des gefeierten: „Nun danket alle Gott” (die 3. Strophe ift
Wefpäterer Hand hinzugefügt); Paul Flemming (f.d.), Vf. von: „In allen
Thaten“ ıc.; Chriftian Kaimann, Rector zu Zittau (fi. 1662), Vf. von:
Jeſum Laß ich nicht” 2c., zu welchem Liede der Kurfürft von Sachſen, Joh.
I., weicher diefe Worte vor f. Tode oft ſprach, Veranlaſſung gab; Louiſe
iette, Kurf. von Brandenburg und Gemahlin Friedrich Wilhelms des Gr.
1667), Bf. von: „Jeſus, meine Zuverſicht“ ꝛc.; Joh. Herrmann, Pred. zu
(f. 1647); Joh. Rift, Paul Gerhard (ſ. d.), Vf. von 120 Liedern;
Dad) und Heinr. Albert, Iegter auch als Componift; Mart. Geyer, Obers
iger zu Dresden (ft. 1680), Bf. von: „Herr, auf dich will ich feft hoffen” ıc. ;
sg Neumark(f.d.),Df. von: „Wer nur den lieben Gott [äßt walten” ıc.;
Rodigaſt, Rect. zu Berlin (ft. 1708), Of. von: „Was Gott thut, das iſt
an’ 2c.; im 18. Jahrh. Beni. Schmolke, Paſt. prim. zu Schweibniz (fl.
Erdm. Neumeiſter. Paft. zu Hamb. (ft. 1756); Val. Ernft Löfcher,
in Dresben (fl. 1749). Die Lieder diefer und vieler andern Dichter erfchies
seößtentheil® unter eignen Titeln gedrudt. In den meiften luther. Kirchen
man fich lange Zeit bloß an die Luther’fchen Rieder, welche der größere Theil
dig konnte, und fie Daher in ben Kirchen ohne Buch fang. Cantoren und
irectoren größerer Städte, wie Joh. Hermann Schein in Leipzig und ſpaͤ⸗
pelins, Organiſt an der Nicolaikirche dafelbft, nahmen in ihre Choralbücher
kieder von a. Vf., als von Luther auf. Man erlaubte ſich, nad) Luther's Vors
, ber auch in den von ihm aufgenommenen Kiedern, wie in dem Ambrefianis
Lobgefang, dem Glauben und andern, bedeutende Veränderungen vorgenoms
hatte, Abänderungen und Weglaffungen anftößiger Strophen oder veraltster
de. Bon Seiten der geiftlihen Behörden einzelner Provinzen und Ges
fing man gegen Ende des 17. und zu Anfange des 18. Jahrh. an, neue Ges
ücher zu veranftalten. So gab 1696 Trogilius Arnkiel ein holfteinfches Ge⸗
buch heraus; 1703 erſchien ein haltefches; 1707 ein hohenſtaufiſches 1711
berliner, an beffen Stelte aber fchon 1713 der Propft und Inſpect. Porft ein
Les herausgab, toeilin jenem zu viele ſchwaͤrmeriſche Rieder vorfamen. Indeſ⸗
fehlte es auch in dem Porften’ichen Geſangbuche nicht an ſolchen. Denn bie
ere Bahn, welche Opitz (ſ. d.) in der Dichtkunſt gebrochen hatte, verließ man
Pre bald wieder. Durch Philipp von Zefen und Harsdärfer (f. Pegnigorden)
D ein fpiclender Geſchmack Mode. Lohenftein (ft. 1683) und Hoffmannswals
: (ft, 1679), beide Scyiefier, gaben ben ſchwuͤlſtigen Ton an, welcher vielen Weis .
a
650 ©efangfchulen Geſchaͤftsſtyl
fall fand; daher in ihrem Geſchmacke auch mehre der vorhin ft
Liederdichter dichteten, deren myſtiſche Lieder in das hallefche, nordhauſiſch
magdeburger und andre Geſangbuͤcher aufgenommen wurden. Neum
Kluge in Wittenberg ſchrieben nachdruͤcklich Dagegen und verwarfen insbeſ
unverftändigen und fpielenden Redensarten: in Bott einkehren, ſich in
verfenken, in Jeſu Wunden verbergen, in Gott einfließen und anbre alt
Ein Sreund der Hymnologie, ber dänifche Etatsrath Mofer, befaß im
ſchon eine Sammlung von 250 Geſangbuͤchern und ein Regifter über 50
ber. Die Veränderungen, welche Herausgeber ber Geſangbuͤcher mit:
dern vornahmen, haben Serpilius, Diearius und Schamelius gefammelt.
- ber durch Gottſched herbeigeführte Geſchmack war der geiftlichen Dicht
ganz erfprießlih. Erſt feit der Mitte d. 18. Jahrh. mit Gellert, welche
„Beiftlichen Oben und Lieder” herausgab, begann eine günftigere Periode.
neue Dichter auf, deren Lieder die ihrer Vorgänger in mehr als einer Rüd:
trafen, als: Kiopftod (1758), 3. A. Schlegel (1766), Joh. Andr. Cran
—64), Chftp. Chſti. Sturm (1767), Chriftoph Friedt. Neander (1772
Miünter (1773), Kasp. Lavater (1774— 80), Hein. Chr. Heeren (17
(Vgl. uͤber die meiften die bef. Art.) 1765 vereinigte ſich Daher der Pı
reformirten Gemeinde zu Leipzig, Zollikofer(f. d.), mitdem Kreisftei
mer Weiße (f..d.) zur Herausgabe eines neuen Geſangbuchs für dieſe €
(In der reformirten Kirche bediente man ſich noch der, durch den preuß.
Ambrofius Lobwaſſer (ft. 1585), nach Marot's und Beza's franz. Üb
deutfche Reime gebrachten Überfeg. des Pfalter Davids.) — Das Zoll
Geſangbuch, welches 1766 unter manchen Hinderniffen und Anfechtunge
brach gewiffermaßen die Bahn zur Verfertigung und Einführung neuer
bücher. Indeß folgten diefem Beifpiele die reformirten Gemeinden in
und Lüneburg 1767; im 3. 1773 auch die evangelifch- Iutherifche Gemei
Kurpfalz; 1778 die bremer Domgemeinde; 1776 Braunichweig ; 178
wig:Holftein; Berlin; 1782 Kopenhagen, Anſpach u. a., fobaß jegt, fe
nung des Zollikofer’fchen Geſangbuchs, über 100 öffentliche proteftanı
Geſangbuͤcher vorhanden find. 1819 kam auch eine für die deutiche :
und reformirte Gemeinde in Nordamerika, zu Baltimore heraus. Manche
den haben in diefim Zeitraume ſchon ein zweite® neues Geſangbuch eingel
Die proteftantifchen Gemeinden in Wien, Riga, Bremen u.a.; andre bi
noch, denn man war in dem Beftreben der aufflärenden Reinigung häuf
gegangen, daß man das Kräftige mit dem Matten, das Poetifche und Ehri
der nüchternen Profa einer populairen Moral vertaufcht hatte. Won Eve
fangbuch zum Schul: und häuslichen Gebrauche für die Fugend“ erfchien (.
1823) eine 2. Aufl. Die Namen der Dichter, deren Lieder man In dief
Geſangbuͤchern mit und ohne Veränderung aufgenommen findet, koͤnnen
alfe angegeben werden. Außer den genannten mögen bier noch ſtehen:
Diterich, Efchenburg, Funk, Bunte, Gleim, Graß, Grot, J. A. Dermei
Loffius, Mahlmann, Meifter, Mohn, Niemener, Pfranger, Reche, Eliſer
de, Spalding, Starke, Sonntag, Sucro, W. Abr. Teller, Uz, Juliane $
Wagner. Auch in vielen roͤmiſch-kathol. Kirchen bedient man ſich neueı
Gefänge. — Selbft für den veredelten juͤdiſchen Cultus find deutſche C
cher erfchienen, als von Sohlfon (1819) und von Kiey (1821). Das er|
nur hier und da abgeänderte Lieder chriftlicher Liederdichter nach den in cd
Kirchen gewöhnlichen Melodien; das andre aber größtentheils neugedicht
nen und Lieder.
Gefangfhulen, f. Singſchulen.
Geſchaͤfts ſtyl. Unter Gefcyäften verſtehen tele Diejenigen
Seſchaͤftstraͤger Seſchichte 651
ner Thaͤtigkeit, die aus umfern Werhättniffen hervorgehen, inwlefern wir
des. Scaates und Mitglieder eines gewiſſen Standes in bemfelben find.
ef find aber fo verfchiedenartig, als die Verhaͤltniſſe bes bürgerlichen Les
Der Geſchaͤftsſtyl umfchließt daher diejenigen ſtyliſtiſchen Sormen, welche
feitigen Verhältnifien und norslehungen bes bürgerlichen Lebens angemeſ⸗
und f, Untergattungen müflen den ganzen Kreis biefer Verhättniffe und
sgen erfchöpfen. Im Altgemeinen zerfällt der Geſchaͤftoſtyl in den Styl
Fentlichen Geſchaͤfte (der höhere Geſchaͤftsſtyl) und in den Styl für bie
ſchaͤfte (der niedere Geſchaͤftsſtyl). Den hoͤhern Geſchaͤftsſtyl nennt man
Curial⸗ ober Kanzleiſtyl. (S. Kanzlei.) Der niedere Geſchaͤftsſtyl ober
fuͤr die Privatgeſchaͤfte enthaͤlt den Ausdruck aller derjenigen rechtlichen
ufſe des buͤrgerlichen Lebens, welche, ohne Mitwirkung und Dazwiſchen⸗
Obrigkeit, zwiſchen den Staatsbürgern, als folchen, felbft verhandelt wer⸗
en. Dahin gehören Ausftellungen von Schuldverſchreibungen (Obligas
Duittungen, Zeugniffen, Vollmachten, Abſchieden, Diethverträgen, An⸗
igen u. f. w., ſowie der Geſchaͤftsbrief. Unbeſchadet des Eigentöhmlichen
kann doc) die veraltete Form deſſelben größtentheil® verjuͤngt, und
keiheit und Schwerfälligkeit in demſelben vermieden werben, mas denn auch
ı Zeiten ſchon häufig geſchehen ift. Die neuefte Anleitung über den Ges
Lift von A. Schre
— ſ. Geſandte.
eſchenkte Haudwerke find ſolche, deren Geſellen auf der Wan⸗
von ihren Zunftgenoſſen, dem Herkommen gemaͤß, ein Geſchenk erhalten.
eſch ich te (Hiſtoria). Die Geſchichte enthaͤlt bie wiſſenſchaftliche Dar⸗
6 ganzen Kreiſes der aͤußern Erfahrung, welcher die Gegenwart und Ver⸗
it, d. i. ale Erſcheinungen neben einander im Raume und alle Veraͤnde⸗
sach einander in der Zeit umſchließt. Die Darſtellung der Gegenwart
chreibung, die Darftellung der Vergangenheit Erzählung. Die Beſchrei⸗
it die Erſcheinungen und Veränderungen im Raume, die Erzählung bie
yeiten ber Vergangenheit nad) der Zeitfolge dar. Mach diefer allgemeinen
ung enthält dee befchreibende hiſtoriſche Styl in fid) die Natucbefchreibung
sturgefchichte) und die Geographie; der erzählende hiftorifche Styl aber
egefchichte und die Menfchengefhichte. Zur Naturgefdyichte gehören;
Ichte des Feſtlandes, des Meeres, der Thier⸗ und der Menfchenarten, nach
chiedenheiten und Veränderungen des phyſiſchen Baues; die Menfchens
hingegen begreift alle Veränderungen und Thatſachen in ſich, welche eine
are Wirkung der Freiheit find. Sie iſt in dieſer Hinficht entweder Ges
mzelner Menſchen, oder Specialgeſchichte (einzelner Geſchlechter, Geſell⸗
Bolker, Reiche und Staaten), ober Univerſalgeſchichta (Geſchichte der Ges
t des menfchlichen Geſchlechts). Verſucht man die Gefchichte nach Zeite
a einzuthellen, fo ergeben fich vier Hauptabfchnitte berfelben: bie alte, bie
bie neue und bie neuefte Geſchichte. Die alte beginnt mit der Entftehung
hlichen Geſchlechts auf dem Erdboden, oder, wenn von der durch Kritik
nben beglaubigten Geſchichte ausgegangen werben foll, mit ber Bildung
Meiche und Staaten, und reicht his zum Untergange des römifchen Weſt⸗
'6 nad) Ehr.). Die mittlere geht von da an bis zur Ertbedung von
(476— 1492 nad) Chr.), Die neuere Gefchichte umſchließt die drei letz⸗
ch. bis zur franz. Revolution (1492-1789), und die neuefte den Zelte
Umbildung Europas feit der franz. Revolution bis auf unfere Tage. Will
: die einzelnen biftorifchen Wiſſenſchaften fuftematifch ordnen, und ihre ges
8 Verhaͤltniß beftimmen, fo muß man dieſelben in hiſtoriſche Grunbwiße
n, in vorbereitende, in abgeleitete und in Huͤlfewiſſenſchaften —X
bilden, ohne welche jene nicht zu einer wiſſenſchaftlichen Form ı
nern nothwendlgen Zufammenhange bargeftellt werben koͤnneꝛ
und Kritik der Quellen würde daher bie erfte, alte, mittlere und
bie zweite, und Chronologie die dritte hiſtoriſche Worbereitun. unge
dem Kreiſe der abgeleiteten hiſtoriſchen Miffenfchaften geh,
gen, welche als einzelne Theile in ben beiden Hauptwiſſenſchaften
aber durch bie Zufammenftellung des Gleichattigen und in fid) Zu
zu einer felbftändigen voiffenfchaftlichen Form erhoben werden. Mı
ielteten hiftorifchen Wiſſenſchaften nad) vier Rubriken vertheilen:
Goͤtkergeſchichte, Darftellung des Eigenthümlichen in der Entw
bildung der einzelnen Völker der Erde, in Angemeffenheit zu it
geiftigen Individualität, abgefehen von dem, was bie Voͤlker m
der pofitiven Formen, monarchiſcher oder republifanifcher Verfaſſ
den Einflüffen pofitiver Religionen, ſowie unter den Einfläffen
und Gebräuche wurden; zugleich Darftellung aller derjenigen er‘
vorhandenen Völker, welche nicht in das gefellſchaftliche Band d
bens übergegangen find); b) Staatengefchichte und Specialflatifi
und der beftehenden, ber Beinen und großen Staaten); c) Cul
allen Verzweigungen ber Cultur, in Hinficht auf öffentliches unt
Wiffenfhaft und Kunft — alfo: Archäologie, allgemeine und b
ſchichte / Geſchichte der einzelnen Wiffenfchaften, der einzelnen Kir
Stände und Körperfchaften, Geſchichte der Menfchheit u. f. 1.) ;
cialissima , zu welcher die Biographien, Charakteriftiten, überha:
Darftellungen des Lebens der Einzelnen nach allen feinen Abdfi
Die hiftorifchen Huͤlfswiſſenſchaften endlich find diejenigen, durch
und zunaͤchſt da6 Studium ber beiden hiftorifchen Hauptwiſſenſ
insbeſondere auch das Studium der übrigen hiſtoriſchen Wiſſen
und unterftügt wird. Sie find für die Univerfal und Specialg
thologie (die Altefte Religionsgeſchichte im mothifhen Zeitalte
Staaten des Erdbodens); 2) Genealogie (die Wiffenfchaft von d
Fortpflanzung und der Verwandtſchaft merkwuͤrdiger Gefchlechte
3) Heratdit (Wappenkunde); 4) Numismatit (Münzenkunde)
Geſchichte 653
onaloͤkonomie, bie Polizeis und Finanzwiſſenſchaft wegen der Staatsverwal⸗
m; die Politik überhaupt für die Entwickelung der Bedingung des innern und
m Lebens der Staaten); 3) da8 pofitive oder praktifche europdifche Völkerrecht
ya unter den einzelnen Staaten beftehende Herlommen, für die Vertrige,. auf
ven ibre gegenfeitigen Verhältniffe beruhen u. f. w.); und 4) die Diplomatie,
Aiffenfchaftliche Vorbereitung zu dem hoͤhern Staatödienfte in den innern und
m Angelegenheiten, weſentlich verfchieden von der Diplomatik, und gegründet
ne zu einem organifchen Ganzen geftalteten Ergebniffe der Politik, der Gefchichs
er Statiftit und des pofitiven europsifchen Voͤlkerrechts, wodurch der höhere
atödiener das gegenwärtige innere und aͤußere Leben der europdifchen Reiche
Staaten in einem vollitandigen Bilde und nad) feinen nothwendigen Bedins
yon kennen und umfchließen lernt. Da allen einzelnen hiftorifchen Wiſſenſchaf⸗
a dieſem Werke bef. Art. beftimmt find, fo ann hier nur noch der Begriff und
erichiedenartige Darftellung ber Weltgefchichte näher beftimmt werden.
ift die Darftellung der beglaubigten und merkwürdigen Begebenheiten, welche
geiellichaftlichen Zuftand des menſchlichen Geſchlechts, nad) ihrem noths
Nigen Bufammenhange gebilbet und verändert haben, In der Weltgefchichte
uber nur dev Menfch der einzig wuͤrdige Gegenftand der Darftellung, inwiefern
priheit befigt, und durch diefe Freiheit feinen aͤußern gefelfchaftlichen Zuftand
und verändert. Aus der unermeßlichen Reihe der Begebenheiten aber, welche
mten Einzelweſen und Voͤlker des Erdbodens verlebt haben, hebt die Unis
dichte nur diejenigen aus, welche in Hinfidyt des aͤußern gefellfchaftlichen
des menſchlichen Geſchlechts beglaubigt und merkwürdig find. Beglau⸗
diejenigen Begebenheiten, weldye In reinen und jihern Quellen aufbewahrt
; merkwürdig aber ift jede Begebenbeit, welche einen wefentlichen Einfluß
Birdung und Veränderung des Außern gefellfchaftlichen Zuſtandes des
ichen Geſchlechts bewirkt hat. Soll nun bie Weltgefchichte diefe beglaus
und merkwürdigen Begebenheiten nach ihrem nothiwendigen Zuſammen⸗
darſtellen, fo muß die Darftellung die innere nothwendige Folge der Begebens
wie eine aus der andern hervorging und die Grundlage neuerer Ereigniffe
‚lebhaft verfinnlichen, und zugleich muß, vermittelft dee Darſtellung, fowol
einzelnen zufammenhängenden Theilen der Gefchichte, als von dem Gange
‚ein vollfländiges Bild für die Anſchauung bewirkt werden. Der Hifkoris
int daher als Sefhihtforfher und als Geſchichtſchreiber
Obgleich nun die Thatſachen der Gefchichte bei jeder Behandlung derſel⸗
e diefelben bleiben, fo ift es doch nicht gleichgliltig, wie fie dargeftellt were
Die hiſtoriſche Methode entfcheidet daher Über die Art und Weife der Anords
Stellung, Vergleichung und Verbindung ber dargeftellten Begebenheiten.
: a) Geographiſch, wenn man entweder von der vormaligen alten, oder von
enmärtigen politiidyen Eintheilung der Erde in Reiche und Staaten ausgeht,
ran die Darftellung der Thatſachen anknüpft, Durch welche der Zuftand ders
in früheren Zeitabfchnitten gebildet wurde. Diefer Unterricht mu; für die
and mittlere Geſchichte durch zweckmaͤßige Charten verfinnlicht werten. (d’Ans
fe, Kruſe). b) Chronologifch oder annaliſtiſch, wenn die unmittelbare Kolge
Dee und Jahrhunderte, nach einer vermittelft der hiftorifchen Kritik feftgefegs
&erechnung, als leitender Grundfag für die Darftellung der Begebenheiten der
tern Voͤlker und Meiche angenommen wird (Büfch, Bredow, Hegewiſch).
mographifch, wenn man, nad) Feſtſetzung der allgemeinen Perioden für die
KBiung der Univerfalgefchichte, in den einzelnen Merioden, jedes Volk ſelbſtaͤn⸗
kd nach dem Gange feiner befondern Geſchichte während diefer Periode, dar⸗
ſodaß nad) diefer Methode in der Darftelung ein Volt auf das andre folgt
iger, Bed, Schioffer, Wachler, Pölig, Dreſch ıc.). d) Spnchroniftifch, wenn
65 Gefhicheforfher Geſchichtſcheeibe
man das Bleichzeitige, ſowol in den einzelnen Perloden in ber Gefchid
überhaupt in der ganzen Geſchichte des menſchlichen Geſchlechts chro
ordnet, zufammenftelit, um dadurch die Überficht Uber das zu bewirken,
zeitig in allen Theilen der Erde und bei allen befannten Voͤlkern unt
(hab. Fuͤr dieſe Darftellung find fonchroniftiiche Tabellen unentbet
Bredow, Krufe). e) Pragmatifd, wenn man ben inneren und nothn
fammenhang der Begebenheiten, nach welchen fie ſich gegenfeitig wie
Wirkung verhalten, aufſucht, und nach diefem Örundfage bie Solge |
beiten fo anorbnet, daß auch durch die Form der Darftellung das Bicd
menhängenden Ganzen vermittelt wird (Schlözer, Spittier, Heeren).
mes" I, 268 fg.
- Gefhichtforfcher nennt man Den, ber ſich, um eine wah
bigte Gefchichte der Welt und Menfchen moͤglich zu machen, bem ſchi
muͤhſamen Geſchaͤft des Sammelns der Thatſachen unterzieht, unt
Sammlerfleiße die hiſtoriſche Kritik, d. i. die Pruͤfung der Angaber
Wahrheit und Beſchaffenheit verbindet. Der
Geſchicht ſchreiber (Hiſtoriograph) dagegen hat zum Ga
gentliche Darſtellung der Geſchichte, d. i. Anordnung des Einzelnen iı
auf den Haupt⸗ oder Mittelpunkt des Darzuſtellenden (worauf vorzuͤg
riſche Kunſt beruht). Oft findet man, vorzuͤglich in neuerer Zeit, de
und Kritiker von dieſen nothwendigen Eigenſchaften des Geſchichtdarſtell
denn allerdings gehört die Verbindung ber verſchiedenartigſten Seelenki
reichung einer gleichen Groͤße und Vollkommenheit in der Geſchichtfe
Geſchichtſchreibung. Beſonders ſcheinen die alte Geſchichte (bis 476 ı
die neuere und neueſte ſelten von einem und demſelben Manne voͤllig
umſchloſſen zu werden, weil die erſtere die tiefſten philologiſchen und acc
Studien, die letztere die erfchöpfendften und weiteſten potitifchen und ſte
tionaloͤkonomiſchen Kenntniſſe verlangt, welche nur bei Wenigen in gle
angetroffen werden. Immer wird fich der eine mehr aus inneren Dran
bes Alterthums, ber andre mehr zur neuern Gefchichte hinneigen. €
ſchichte als Wiffenfchaft und Kunſt zu einer hoͤhern Vollendung gelang
fen Geſchichtforſchung und Gefhichtfchreibung in Einem Sndividuum
treffen. Daß aber die Gefchichte fo fpät zu einer freien Form der i
umd die Forſchung in berfelben folangfam zu einem felbftändigen Charı
bob, davon lag die Urfache in den verfchledenen Schulen, welche die G
ben Zeiten der Kirchenverbefferung bei den Deutfchen anbaueten. D
Händen der Theologen und der Philologen, welche fie bis ungefähr vor
ausfchließend auf deutſchem Boden bearbeiteten, blieb fie abhängig vi
Schulintereſſe. Während die Erſten die Geſchichte des Volkes Got
Kirchengefchichte des Neuen Teſtaments als die wichtigften Gegenſtaͤnd
meinen Gefchichte behandelten, und mit wohlgefälliger Breite alle epegeti
fuchungen über Schöpfung, Sündenfall, Paradies, Suͤndflut, ba
Thurmbau, Land Gofen, arabifhe MWüfte, Feuers und Wolkenſaͤule
Stiftshuͤtte, Leviten u. |. w. Wierteljahre hindurch im mändlichen Wo
Katheder, und Alphabete ſtark in fchriftlicher Darſtellung der Geſchich
ten, — befchränkten bie Zweiten die allgemeine Gefchichte zunaͤchſt auf ı
wiffenfchaft der claffifchen Philologie, betrachteten die Griechen und Roͤr
einzigen Beer des Alterthums, welche eine ausführliche Schilderung
arwaͤhnten die unermeßliche Welt des indifchen, chineſiſchen, ägpptifchen ı
eifchen Aiterthums nur beiläufig in kurzen Andeutungen, und glanbteı
meine Gefchichte nicht herrlicher ausſchmuͤcken zu koͤnnen, als wenn fiei
alte Ausgaben alter Schiftfteller ausführlich erklärten, und bie Geſchich
" Geſchichtſchreiber | 655
e Überficht Aber bie claffifche Literatur ber Griechen und Roͤmer vertvanbelten.
Sammeln und Aufdewahren einer Maffe von Thatfachen und Angaben, wel⸗
me Prüfung und lebendige Anordnung tobt und merthloß ift, welches man
ens auch oft, befonder® unter den Deutfchen, zur Hauptſache machte, hat dem
atitel des Hiſtorikers die üble Nebenbedeutung eines Gedächtnißgelehrten zus
m, weil allerdings ohne den politifchen Blick auf die Bedingungen des innern
mern Lebens der Völker und Staaten die Geſchichte unfruchtbar bleibt, und
e Höhe der pragmatifchen Darftellung erreicht. Die ältefte Geſchichte aller
x liegt in dem Dunkel von Sagen und Mythen. Früher als die beglaubigte
jichte beginnt bei den Völkern die DichtEunft ; felbft die älteften Religiondbes
find in poetifchen Schilberungen auf uns gelommen. Mag über das Alter
difchen, chinefifchen, perfifchen und hebräifchen heiligen Bücher, der Gefänge
rs und Orpheus's und über die Art und Weife der Erhaltung und Zufams
eUung derfelben der Streit der Kritiker noch lange nicht beendigt werben: fo
bentichieden, die Grundlage derfelben reicht hinaus über die erſte Morgenröthe
glaubigten Geſchichte. Diefe beginnt für die hebräifche Nation und fuͤr Vor⸗
en mit Mofeß; für die Griechen mit Herodot aus Halifarnaß. Die neuere
nchtforfhung hat diefen Vater der Geſchichte nad) feinem hohen Werthe ges
igt, und die Gelehrten, welche Bonaparte nad) Agypten begleiteten, haben Des
"8 Angaben über diefed Wunderland des Alterthume genauer und zuverläffiger
den, als die des ungleich jüngern Strabo. Ernſtvoll, mit Ziefe des Gemuͤths
nit dem vollen Golorit der pragmatifch = Afthetifhen Schilderung befchrieb nad)
Thucydides aus Athen die eriten 21 J. des peloponnefiichen Krieges. Diefem _
eder vieljeitige, geiftvolle und gemwandte Xenophon, ein Mann, beffen hiftorifche
Kerungen das Gepraͤge Sokratifcher Weisheit und eines jugendlichen beredten
Stragen. So ſchaͤtzbar diefe Begründer der hiftorifhen Darftellung find; fo
ten fie doch nur, wie auch die römifchen Hiftoriter Caͤſar, Livius, Salluft, Ta⸗
a. A., Specials und Particulargefchichte. Univerfeller war ſchon der vieljeis
Wildete Polybius, der inf. Darftellung des Zeitraumes vom zweiten punifchen
pe biß zur Auflöfung des macedonifchen Reiches zuerft den Pragmutismus und
hetoriſch⸗ kraftvolle Sprache auf die Behandlung hiftorifcher Stoffe übertrug.
alter Auguſts folgte Diobor feiner Bahn. Er begann f. Erzählung einige
nach der großen UÜberſchwemmung und führte fie fort bis auf f. Zeit: doch
fi) von f. 40 Büchern nur 15 ganz und 5 in Bruchftüden erhalten. Spaͤ⸗
228 n. Chr.) gab der Bifhof Eufebius zu Caͤſarea, in ſ. Umarbeitung des
Sprier Julius Afrikanus hinterlaffenen Ehronikon, der Gefchichte eine fes
nelogifche Grundlage. Es haben fidy aber von der griech. Urfchrift deffelben
chſtuͤcke erhalten, die Hieronymus in einer freien und bie 378 fortgeführten
f. verarbeitete. Waͤhrend des Mittelalters fehlte völlig die hiftorifche
; doch find bie Chroniken diefe® Zeitraums wichtig für die gleichzeitige Ges
fo gering auch ihr ftytiftifcher Werth angefchlagen werden muß. Im Zeits
ke Meformatoren ward endlich das Studium der Univerfalgefchichte auf Unis
dn belebt. Wie fehr aber der Charakter in der Behandlung derfelben noch
Rindhneit zuruͤckblieb, beſtaͤtigt Garion’s „Chronikon“, welches nad) den foges
a vier Monarchien bearbeitet war, und welches Melanchthon als Compens
er Geſchichte neu herausgab. Länger als ein Fahrhundert blieb die Des
je Geſchichte, nad) einer mißverftandenen Stelle im Propheten Daniel, nach
Monarchien des affprifchen, perfifchen, griechifchen und römifd) = deutfchen
vorzutragen und zu bearbeiten, die herrfchende, und verhinderte jeden freien
des hiſtoriſchen Seifles. Zwar war es Männern aus Erneſti's gründs
lologiſcher Schule gelungen, ihre Vorgänger mit dem feit Carion’s und
6 Zeiten vielbeliebten Monarchienfofteme allmälig um die Herrſchaft zu
— 2
fidy zu überzeugen, wie wenig In vollen zwei Jahth. in Deutſo
meine Geſchichte, nad) Stoff und Form, gefchehen war. Erſt n
bau der Specialgefchichte, nach Möfer’s Vorgange mit der 01
Muͤller's Darftellung der ſchweizeriſchen Geſchichte, mit der Ver
ferung und felbftändigen Fortfegung ber- beiden großen britifc
Univerfalgefchichte, giaupeächiich aber mit dem ernften Studiur
Geſchichtſchreiber, Robertfon, Hume und Gibbon, deren poli
reife Frucht der freien Verfaffung Großbritanniens war, began
land der Sinn für die politifche und pragmatifche Behandlung de
war es nicht Gatterer, der dieſer Behandlung Vorfhub that.
ihm Gruͤndilchkeit der Eritifchen Forſchung, Sichtung und geo
dee geprüften Maſſen, umfchließende Verbreitung feines Fleiße
einzelnen Zweige ber gefchichtlichen Wiffenfchaften, und Trenn
von den herfömmlichen theologifchen Anfichten nicht abfprecher
der bie Maſſen beleben und durchdringen follte, ging bei ihm unteı
mus, welcher bie Voͤlkerſtaͤmme und Begebenheiten rubrikenar
gleichfam mit dem anatomifchen Meffer behandelte, weit ihm bie
bung und ber politifche Blick abging, die nicht durch phifologil
durch bienenartige® Bufammentragen "einzelner Notizen erfel
Vergebens fragt man bei ihm nach der Darſtellung der größten
Völker und der gefammten Menfchheit, nad) Religion, Berfe
Cultur und Volksthuͤmlichkeit, aus welchen zunächft die Urfacher
bes Sinkens ber Völker und der Staaten befriedigend erklärt r
Diefer höhere Geiſt waltete und- wirkte aber In Schloͤzer's Schr
Tehr ausgebreiteten Gelehrſamkeit, die felbft fein auf ihn eiferfüc
teter nicht verkennen konnte, zugleich die vielfeitigften politifchen,
en und flatiftifchen Kenntniffe befaß, umd mit einer Sreimü
‚großen und kleinen Sultanismus ein Schreden war, die Vorg
neuen Geſchichte prüfte, fichtete, und einem geiftvollm — bieı
fen — Urtheile unterwarf. Seit feiner Zelt legte ſich allmaͤlig
Bewunderung des Alterthums, die man fortan den Rectoren u
Lye⸗en au heliebiaom Gehrauche fıberließ: man fühlte. dafı bie
Gefchichtfchreiber | | 657
1, bie gefammte Behandlung der Gefchichte durch ausgezeichnete Männer
(det ward. Nun galt ed nicht mehr bloß einer trodenen Nomenclatur von
en und Sahrszahlen; man fragte nady dem Charakter ber Öefeßgebungen,
igionen, der Berfaffungen, der Regierungsformen und nach der Ankündis
ed Volksgeiſtes in den einzelnen Zeiträumen und bei den verfchiedenften
n; man forfchte nach der Urfache des Bluͤhens, Steigens, Culminirens,
ms und Sinkens der Völker und Reiche, und vergegenwaͤrtigte ſich deßhalb
uͤndigung des innern und aͤußern Lebens der Völker und Staaten, fowie
fammenhang und die Wechſelwirkung beider auf einander. In diefem
dachten und ſchrieben Schlözer, Spittler, Heeren, Schiller, Woltmann, Jo⸗
Mütter, Wachler, Pölig, Luden, Rotteck, Dreſch, Saalfeld, Buchholz,
ler u. A. Entſchied gleich die Individualität diefer Männer zunaͤchſt über
itifche Gepräge ihrer gefchichtlichen Werke, fo ward doc) durch fie die politis
rftellung der Gefchichte, ſowol der allgemeinen als ber fpeciellen, begründet,
Aufnahme ihrer Werke in den gebildeten Kreifen des Publicums hut es bes
daß diefe politifdye Darftellung der Geſchichte den Beduͤrfniſſen des Zeital⸗
fprach, und man nicht mehr bloß Namen und Zahlen, fondern Geift und
in der Geſchichte verlangte. — Gedenken wir nun des Anbaus der Ges
in&befondere, fo ift die allgemeine Welthiftorie, zu welcher fid) zu Anfang d.
hrh. in England Swinton, Sale, Bower u. A. vereinigten und welche feit
anfangs unter Baumgarten's, dann unter Semler's Leitung ins Deutfche
t wurde, ſchon als eine beffere Behandlung der Univerfalgefchichte zu betrach⸗
Doch bald fühlte man in Deutſchland die Unvollfommenheiten des britifchen
Schon in den früher erfchienenen Zheilen hatte man daffelbe, wegen des
18 an hiſtoriſcher Kritik, beftändig verbeſſern müffen; vom 31. Theile an
ſich die Deutfchen gar nicht mehr an daffelbe. Schloͤzer, der eine allgemeine
yt des Nordens gab, Meufel, der Frankreich, le Bret, der Italien, Sprengel,
gland, Galletti, der Deutfchland, Ruͤhs, der Schweden bearbeitete, folgten
eignen Plane. Freilich ift das bereitd auf 78 Quartbaͤnde angewachfene
noch nicht beendigt; auch iſt es zunächft in den neuen Theilen Specialges
der europäifchen Reiche und Staaten; es enthält aber eine große Mates
ammlung für die Gefchichte, und einzelne Theile find mit tiefem hiftorifchen
bearbeitet und eine wahre Bereicherung des großen hiftorifchen Gebiets,
weckmaͤßiger ward gleich vom Anfange an die Überfegung der von Guthrie
cap eröffneten allgemeinen Weltgefhichte, von ber Schöpfung an bis auf
yartige Zeit, geleitet. Sie erfchien feit 1765 zu Leipzig; die Herausgabe
m Theile geſchah durch Heyne. Die Fehler der engl. Urfchrift wurden forgs
erbeſſert. In der Folge verließen, auch bei der Bearbeitung dieſes Werks,
tichen Hiſtoriker die Grundlage ihrer britifchen Vorgänger. Heyne fchrieb
m Werke bie alte afiatifche, griechiſche und roͤmiſche Gefchichte, und die Ges
» der Araber, der Mongolen und Türken; Ritter bearbeitete die Zeit der roͤ⸗
ı und byzantinifchen Imperatoren, und der erften durch Germanen geftifteten
; Schroͤckh gab Italien, Frankreich, England und die Niederlande, Heinrich
ſchichte der Deutfchen und bes deutſchen Reichs; Dieze fchrieb die Gefchiche
Spanien und Portugal; Wagner fchilderte Polen und uͤberhaupt den Nor⸗
ropas, Gebhardi Ungarn und die bamit verbundenen und angrenzenden Reiche
tauten, und Joh. v. Müller begann die Gefchichte der fchweizerifchen Eidges
chaft für dieſes Werk, welche von Glutz-Blotzheim bie 1516 fortgefegt ward.
annigfaltiger Ertrag Hiftorifcher Forſchung ift in diefer Weitgefchichte nieder»
doch auch von ihr gilt, ma® bei dem vorhergehenden Werk erinnert wurde,
zunaͤchſt Specialgefchichte in den einzelnen Theilen, und feine zu einem ges
men üÜberblick verbundene Univerfalgefchichte enthält. Mit gemäfigterm
v.5 Ler. Bichente Aufl. Bd. IV. 42 _
658 | Geſchichtſchreiber
Geiſte als Schloͤzer und zwar mit Vorliebe fuͤr die aͤltern, beſonders
Anſichten, aber nicht ohne Ruͤckſicht auf die Verbeſſerungen des hiſte
diums zu feiner Zeit, ging Schroͤckh den Weg feiner Vorgaͤnger in ſ.
des Hilmar Curas, inf. (ethnographiſchen) „Weltgefchichte für Kinde
neuen Bearbeitung und Ergänzung des am Faden der Jahrhunderte
(tat. gefchriebenen) Compendiums der Weltgefchichte von Offerhaus.
mar Curas erfchien 1816 in der 6. Aufl. verb. und ergänzt von Poͤlit
feibe auch Schroͤckh's „Weltgefchichte für Kinder” in der neuen Ausg
und von 1789 bis 1816 in 2. Bdn. ergänzte, welche zugleich u. d. be
nen: „Die europaͤiſchen Völker und Staaten am Ende d. 18. und an
19. Jahrh.“ (Leipz. 1813 u. 1816). Faſt ganz in demfelben Geiften
doch heller in den Anfichten ber Altern Zeiträume und durchgehende mi
mifhung von literarifchen, archaͤologiſchen und -geographifchen Na:
fchrieb Remer in Hetmftädt f. univerſalhiſtoriſchen Handbücher und (
Sie find treu, forgfältig und fleißig zufammengeftellt; es fehlt ihnen a!
bes höhern Lebende. (Remer's „Handb. der ältern Geſchichte von der
der Welt bis auf die große Völkerwanderung”, 4. Aufl. Braunſchi
„Handbuch der mittiern Geſchichte“; „Darftellung der Geftalt der
Meltin jedem Zeitraume”, Berlin 1794; „Lehrbuch der allgemeinen
Halle, 1800.) Nach einem eigenthämlichen Plane behandelte Bed d
in ſ. „Anleitung zur Kenntniß der allgemeinen Welt: und Völkergefchid
dirende”, welche aber in den feit 1797 herausgekommenen vier Th. (von
erfte Abth. des 1. Th. 1813 in einer neuen, mit Literatur fehr reich au
Ausg. erfhien), noch nicht beendigt iſt. Streng nach der annaliftifch,
mit Wahrheitsliebe und Gründlichkeit, doch nicht ohne eine gewiffe Tro
mit zu weniger Beruͤckſichtigung ber Foderungen an einen guten Styli
Buͤſch f. „Srunbriß einer Geſchichte der merkwuͤrdigſten Welthändel ı
feit dem 3.1440”, Die 4. Aufl. ergänzte (1810) von 1796 an, nı
Tode, der geiftvolle Bredom, und Hegewiſch fchrieb, um Buͤſch's Werk
zu machen, auch die Gefchichte des Alterthums und des Mittelalters, in
zuͤgen der Weltgeſchichte in der Manier des fel. Prof. Büfch” (1804).
che Überfiche uͤber die große Maſſe von Perfonen und Thatfachen, die ;
Ereife der Univerfalgefchichte gehören, mit weiſer Auswahl des Wichtige
cherm politifchen Takte und in einer lebensvollen, Eräftigen Sprache, f
hom eine „„Meltgefchichte” in 2 Bdn., die er feit der 2. Aufl., 1804, au
rifcher Hinficht reichlich ausſtattete. Ausführlicher und beredter gab
die „Geſchichte der drei legten Jahrh.“, von welcher die 3. verb. Auf
fhienen ift. Doch näher kam dem Ideale einer politifchen Behanbiı
ſchichte, das Schloͤzer aufgeftellt hatte, Keiner als Heeren in f. „Dandbu
ſchichte der Staaten des Alterthums“ (4. A. 1821) und in f. „Handb.
bes europaͤiſchen Staatenſyſtems und f. Colonien von der Entdeckung bei
bis zur Errichtung des franz. Kaiferthrons” (4. A. 1822). Bon fl „.
Werken" waren (1821—26) 14 B. erfchienen. Gefeiert wegen f. ©
Schweiz wird Joh. v. Müller nicht bloß im Munde der Gegenwart leben
welt wird ihn hoch unter Denen ftellen, welche die Specialgefchichte bei
fchen mit ſicherm Takte behandelten ; ein unparteiifche® Urtheil wird abe
undzwanzig Bücher allgemeiner Gefchichte, befonders der europäifchen M
hinter jene Geſchichte der Schweiz ftellen, obgleich auch in diefer Beha:
Univerfalgefchichte (bis 1783) f. geiftvolfe Eigenthümlichkeit, beſonders ir
lungenen einzelnen Partien, hervorleuchtet. Könnte eine angenehme
Darftellung das nur zu oft vermißte Quellenftubium und die zu häufiger
ber Erzählung erfegen, und das Urtheil der Nachwelt mit den abfichtlich ei
Geſchichtſchreiber 659
auf eine augenblickliche Modephilofophie und auf die Weltgeſchichte nur
bertragenen Lehre eines blinden Schickſals verföhnen: fo wärben Dips
ven der allgemeinen Gefchichte” (Berlin 1812, 2 Thle.) in diefer Reihe
verdienen. Worzüglicher find, in Hinficht auf politifchen Blick und Les
r Darftellung, und wegen ber gleihmäßigen Durchführung ſaͤmmtli⸗
ebenheiten bis auf unfere Tage: Dreſch's „Überficht der allgemeinen
zeſchichte“ (3 Thle., Weimar 1814, n. Aufl. 1822 fg.), Poͤlitz's
hte für gebildete Lefer und Studirende”, in 4 Thln. (weiche 1825 in
h verb. u, bis 1825 fortgef. Aufl. erfchien), und Schneller’6 „Weltge⸗
Ehle., Gräg 1808 — 13). Von Rotteck's „Allgemeine Weltgefchichte‘
‚nur etwas zu ausführlich gefchriel:n, und mit d. 9. Bd. bie 1816
Sehr ungleichartig iſt Becker's „Weltgeſchichte in 10 Thln. behandelt,
, MWoltmann in den neuen Aufl. der einzelnen Thle. verb. u. berichtigt.
zerl. 1824 fg.) beforgte Loͤbell. An diefes Werk fließt ſich Die „Neuefte
von K. A. Menzel, in 2 Thin. als 11. und 12 Thl. an. Galletti’s
Werk ift nicht dazu geeignet, das Studium ber Gefchichte nach den Bes
nferer Zeit zu befördern. Ungleich tiefer dringt Schloffer in f. „Welts
Sranff. 1815 fg.) in das Werfen der Gefchichte ein (der erfte Bd. ift 1826
arbeit. v. 2 Abtheil., vom 3. Bd. ift die erfte Hälfte des 2. This. 1824
‚Univerfalhiftor. Überficht der Geſch. der alten Welt und ihrer Cultur“
b. des 1. The. 1826 erfchienen). Zunaͤchſt für Die Belehrung der mitt
und mit echter Popularität fchrieb Dolz f. „Abriß der allgem. Welt⸗
efchichte” (3 Thle., Leipz. 1813 und 1821 folgte ein Nachtr.) Die
mifchen Gompendien der Univerfalgefchichte find: nad) der gebrängten
nad) der weifen Auswahl des Wichtigften, und nad) der ebenmäßigen
der alten, mittleen und neuern Geſchichte, Wachler's „Lehrbuch der
Breslau, 4. Aufl. 1826), und nady ber einfichtSvollen Gliederung einer
Raffe bei größter Wortkürze, Wachsmuth's „Grundr. d. allgem. Geſch.
nd Staaten” (Rp. 1826), forie für Gymnaſien und Lyceen fih
ꝛhrbuch der allgem. Geſchichte“ (München 1817) und Poͤlitz's „Kleine
te" (5. Aufl., Leipz. 1825) befonder® eignen. — Kür den Schul = und
erfchien zu Weimar (1820 in Kol.) ein „Hiſtoriſcher Schulatlas in 14,
n. Beniden entworf. Charten und Zafeln, welchem ein ‚„Diftor. Hands
emf. Herausgeber in 4 Lief. (1821 — 23) folgte. — Bon Krufe’s
‚Atlas und den dazu gehörenden Zabellen erfchien 1822 eine neue Aufl.,
deſage's (Lad Cafes) „„ Atlas historique‘ im J. 1823.
nan nach den Männern, welche in neuerer Zeit die [pecielle Staa⸗
ch te im Beifte echter Hiftorifcher Forſchung und nady dem Charakter und
zen einerreinen, blühend kraͤftigen Schreibart dargeftellt haben, fo treten
er zuerft entgegen. Mufter der biftorifchen Darſtellungskunſt gaben
Zeit Mackhiavelli in f. 8 Buͤch. der „„Istorie Fiorentine“‘, Gutcelardini
ia d’Italia“‘, weichen die fpätern Paolo, Sarpi („Istoria del concilio
), Davila („Storia delle guerre civili di Francia‘‘) und Bentivoglio
erra di Fiandra‘‘) zwar nicht gleich, dod) mehr oder minder nahe kom⸗
hſt den Italienern zeichneten fich die Briten aus; Robertſon mit f. Ges
Zeitalterd Karls V. und mit f. Gefchichte von Amerika und Schottland,
f. Sefchichte Großbritanniens, Gibbon mit f. Meiſterwerke über den
> römifchen Weltreichs. Won deutfchen Männern begann bereits Pus
. „Geſchichte der Thaten der Schweden”, in f. Schilderung des großen
von Brandenburg, und in f. „Einleit. in die Hiftorie der vornehmften
Staaten”, eine beffere Methode und einen frifchern Geift auf die Spes
überzutragen. Unter Achenmwall’8 Händen fing y zuonäifäe Stans
)
xuden (Sena 1014) 1. augemeine eſchichte der Xsolter und ©
+1822 erfchienene 3 Bbe. die Gefchichte der Wölker und Staaten
des Mittelalters ſchildern. Reich an Hypotheſen wie an neı
Hüllmann’s „Staatöredht des Alterthurge" (Köln 1820), un!
europäifcher Voͤlkerge ſchichten· (Bert. 1820). Beide übertriff
der Ideen, ſowie an Lebendigkeit der Darftellung von Raumer
über die alte Gefchichte”" (2 Thle., Leipz. 1821), in melden j
ſchichte der Griechen und die Geſchichte Roms ungern vermi
an wichtigen Ergebniffen ift Zittmann’s „Darftellung der gricı
gen’ (Leipz. 1822); doch kann damit Kortüm, „Zur Geſchichte
verfaffungen, hauptſaͤchlich während des peloponnef. Krieges‘
werben. Gegen die Hypoiheſen in Niebuhr's unvollendeter „R
(umgearb. 1. Thl. 1827) war Wachsmuth's „Ältere Geſchichte
tes" (Halle 1819) gerichtet. Dit eigenthuͤmlichen und geiftvol
nen nur mit Vorficht anzurendenden, Anfichten flattete Bud
fen Unterfuchungen über die Römer“ (3 Thle. Berl. 1819
nere politiſche Leben Athens ift von Wichtigkeit: Boͤckh's „St
Athener“ (2 Thle., Berl. 1817) und Wachsmuth's „Helleniſch
(1 Thl. 1826). Das wichtige Zeitalter Konftantins, in wı
Chriſtenthums über das Heidenthum entfchieden ward, wuͤrdig
ſcharfſinnige Manfo, in f. „Leben Konftantins des Großen” (R
Zeit der Wiedergeburt Europens zeichnete Haſſe in |. „Geſt
dem Ende des Mittelalter6" (Leipz. 1818) mit ſicherm politiſch
müthigkeit und in einem edlen, Eräftigen Style. Pälig ftelit
europäifchen Staatenſyſtems aus dem Standpunkte der Politi
und die neuefte Zeit feit 1783, in f. Werk: „Die Staatenfi
Amerikas" (3 Thle. Epz. 1826). Auch für die Darftellung
ten beyann allmälig eine beſſere Zeit. Xreu, ruhig und nuͤch
eine Geſchichte von Frankreich (3 Thle., Keipz. 1802), ber f. |
land [63 Bde., Leipz. 1806 — 8) bei mangelhafter Quelenforfe
Geſchichtſchreiber 661
ruͤndlichkeit, Gebraͤngtheit und Unparteilichkeit. Die Epifobe des Rheinbundes
t mit diplomat. Blicke und mit Sachkenntniß, im Einzelnen aber nicht mit der ſtren⸗
⁊ Unparteilichleit des Hiſtorikers, der Marcheſe dv. Luccheſini in ſ. „Hiſtor. Ent»
Bet. der Urſachen und Wirkungen des Rheinbundes” (a. d. StaL, Lpz. 3 Thle.
21 fg.) dargeflellt. — Den langen zweideutigen Kampf der Niederländer um
w Freiheit fchilderte in einem feelenvollen Gemälde Schiller in f. „Geſchichte des
Walls ber vereinigten Niederlande von der fpanifchen Regierung” (von Curths in
e Fortſ. nicht erreicht), während f. deutſchgeſinnter Geift den dreifigjähr. .
it Worliebe für das Vaterland bis zum weſtfaͤl. Frieden durchfuͤhrte, welchen,
chiller's Tode, Woltmann inf. „Gefchichte des weſtfaͤliſchen Sricdene” mit Geiß
® Daltung darſtellte. Woltmann’s „Geſchichte Frankceichs und Sroßbritans
eu8” fireben beide nach dem Kranze hiftorifcher Kunft. Noch fehlt es der deut⸗
ben Ration an einer Darftellung ihrer Geſchichte, In welcher bie Nation ſelbſt den
Ritteipunft des Ganzen bildete, und die in ſtyliſtiſcher Hinficht den Koderungen des
Geſchmacks entſpraͤche. Denn in beiden Beziehungen läßt Schmidt's „Bes
der Deutfchen”, und Pütter’s „Hiſtoriſche Entwidelung der
äffung des deutfchen Reich8” noch manchen Wunſch unbefriedigt. Gal⸗
tödtet das Leben der Geſchichte durch die Breite f. Darftellung, und Hein
in f. „Deutfchen Reichsgeſchichte (Leipz. 9 Thle.) nur redlich und geordnet
eben, was er durch Fleiß und Gründlichkeit ſich angeeignet hatte. Ein höhes
t Beift waltet in Poſſelt's, von Pölig (keipz. 1819) mit dem 4. Bde. vollend.
fchichte der Deutichen für alle Stände”. rüber ftellte bereits Pölig in ſ.
buche: „Das deutiche Volk und Reich” (Leipz. 1816), beide, Volk und
„ als zroei gleiche Größen auf, welche in der gefchichtlichen Darftellung gleiche
Wig behandelt werden müßten. Ambt gab tief begründete „Anfichten und Aus⸗
Keen der deutichen Gefchichte” (Beipz. 1814), Steffens fchilderte (2 Thle., 1817)
t gegenvoärtige Zeit in Beziehung auf Deutfchland mit glühenden Farben. Men⸗
% feit 1815 erfchienene „Sefchichte der Deutfchen”, ift etwas ausführlich, aber
t Sachkenntniß, tebendiger Darftellung und Freimüthigkeit des Urtheils gefchries
5 Un fie fchließe fich deſſ. Verf. „Neuere Geichichte der Deutfchen von der Res
on bis zur Bundesacte” (Brest., 1. Thl. 1826) an. Luden's „Geſchichte
deutſchen Volks“ (Gotha 1826 fg.) iſt aus Quellenftubium hervorgegangen,
tGeiſt und Kraft gefchrieben; muß aber nach d. Anlage baͤndereich werben.
ichhaltig und gedrängt iſt P. v. Kobbe's „Handb. ber deutſchen Gefchichte” (Ep.
23). Trocken, aber gründlich, behandelte Barth, „Deutſchlands Urgefchichte
kaiseuth 1818, 2 Bde). Die populaire Schrift von Koblraufch über die Ge⸗
üchte der Deutfchen ift Über ihren Werth gefchägt worden. C. W. Böttiger’$ "
Deutfche Geſchichte/ (Erlang. 1823) ift ein brauchbares Schulbuch. Hein⸗
be „Dandbudy der Reichsgeſchichte etſchien 1819 in einer 2. Aufl. v. Pill ber _
ht. verm. unb bis 1819 fortgefegt. Des juͤngern Eichhorn's aus der Quelle
ſchoͤpfte „Deutiche Staats» und Rechtsgeſchichte“ erichien bereits (1821) in der
‚Aufl. und warb mit dem 4. Thl. beendigt. Ein ähnliches gründliche Werk:
Ieniguy’s „Beichichte des roͤmiſchen Rechte im Mittelalter” (1826) im 4. Thl.
Die wichtige Periode der „Geſch. dee Hohenftaufen” hat Sr. v. Raumer
6 Bon. dargeftellt (kpz. 1323 — 25, m. Kupf.) — Daß auch deutfche Spe
Hgsfhichte mit Geiſt aufgefaßt und gefchildert werden konnte, beftätigten Buchner,
, Bammnert und Iſchokke in ihrer „Sefchichte von Baiern” (Aarau 1813, »
.Aufl. 1823), Spittler in f. „Geſchichte Würtembergs unter der Regierung
w Grafen und Herzoge“ (Goͤtting. 1783), in f- „Geſchichte des Fuͤrſtenth. Ha⸗
wer feit der Reformation” (2 Thle. n. Aufl. Danover 1789), und Pölg inf.
Weich. des Rönigreiche Sachfen" („Hiflorifches Taſchenbuch auf das J. 1817",
mb in der „Diftor. Zafchenbiblioth.” (Dresb. 1826, fg.), fowie in f. „Danbbudy
!
662 Geſchichtſchreiber
der Geſchichte der ſouverainen Staaten des deutſchen Bundes’ und deſſen,
der Geſch. des preuß. Staats für Lehrvorte.”, Halle 1821; (Manfo’s) „«
bes preuß. Staats vom Frieden zu Hubertöburg b. z. 2. parifer Abk.” (3.
Self. a. M.1819 und 1820), F. Foͤrſter's „Handb. der Gefch., Geogr. und
tift. des preuß. Reichs“ (3 Thle., Berl. 1320 — 22, 4.) und Voigr’s „
Preußens“ (1. Thl. 1827). — Den Sftreichifchen Kaiferftant hat Core (a. d.
v. Dippold, Lpz. 2. Thle.) mit treuen und friichen Farben geſchildert. A
des Ritter Schels's Geſch. diefer Monarchie zu bemerken. Einen kurzen Abi
badifchen Sefchichte gab (Karlsruhe 1817) Aloys Schreiber, und J. Ecnſt
Schmidt begann in 2 Thin. die Gefchichte des Großherzogthums Deffen (€
1818), fo wie Rommel die Geſchichte von Heffen überhaupt (Mar. 18
Mur Gruͤndlichkeit, Fleiß und Gelehrſamkeit, nicht aber die lebensvolle Kor
Darftelung, berüdfichtigten Schöpftin, Wend und Weiße in ihren Werken
die Gefchichte von Baden, Heffen und Sachen. Während Sismonde di
monbi eine Gefchichte der Scanzofen ziemlich ausführlich fchrieb (feit 1821 6
bie ins 14. Jahrh. fortgeführt), wovon Luden den 1. Thl. mit Anmerk. auf
fchen Boden verpflanzte (Jena 1822), und Buizot f. neue Ausg. von Mably's,
servat. sur l’hist. de France‘‘ mit von ihm verfaßten trefflichen „„Essais aur |
de France‘ (beide zufammen 4 Bde., Paris 1823) begleitete, erfchien Llor
„Geſchichte der Inquifition‘ (4 Thle.), wodurd) diefes kirchlich⸗politiſche Unge
nad f. ganzen Schauderhaftigkeit ermefien werden konnte. Bigland’s „«
Spaniens” überfegte a. d. Engl. Math. Dumas ins Franz., und feßte fie bid
fort; eine „„Hist. d’Espagne** hat jet Raoul⸗Rochette begonnen. Allein die
ſten politifchen Vorgänge diefe Landes erwarten noch, felbft nad) Torreno, v
gel, Venturini, Schepeler, eine unbefangene und pragmatifche Darftellung.
bie italiſchen Staaten ift in den legten Fahren nur Ein Werk von Bedeutu
ſchienen: Gregor Orloff's „Königreich Neapel in hifter., polit. und literar.
fiht" (aus d. Franz., Lpz. 1821). Die Geſchichte Großbritanniens erhielt
ſchaͤtzbaren Zuwachs in Moore's „Geſch. der brit. Revolution vom J. 1688" (t
Lpz. 1822). Des kathol. Geiftlichen Lingard's einfeit. geſchrieb.„Geſch. Ort
überf. H. v. Salis. Won Geyer's laͤngſt erwart. Geſchichte Schwedens erfchien
der 1. Thl. (ind Deutſche uͤberſ. 1827); fo auch von v. Hammer’6 Geſch. di
manen” d. 1. Thl. Peſth 1827. Die Gefchichte des Riefenreiches Rupla
wann durch Ewer's „‚Kritifche Vorarbeiten zur Gefchichte der Muffen” (2
Dorpat 1814) und durch deſſen „Geſchichte der Rufen” (Dorpat 1816); dur
ramſin's „Gefchichte des ruſſiſchen Reiches“; Blutow gibt den von Karamfii
beendigten 12.80. d. Werks, bis 1613 heraus (nad) der 2. Originalausgabe
von v. Hauenfhild und von Örtel, franz. von St.⸗Thomas), fowie durch I
ret's Merk: „Das Merkwürbigfte aus der ruffifchen Geſchichte“ (a. d. Frar
Eiſenbach, 2 Thle., Tuͤb. 1820), Für Kafan und die Umgegend dürfe
mann’6 „Beiträge zur Kenntniß des Innern von Rußland“ (1822 fg.) nid)
ſehen werben. Die Ftugfchriften über die politifdhen Bewegungen in Itali
Griechenland (f. d.) haben keinen Anſpruch auf bleibenden Gehalt. Als
mäßige, wenngleich nicht pragmatiſch erfchöpfende, Überſicht einer der ſchrec
Erfcheinungen der legten drei Jahrh. muß Hüne’s „Darftellung aller Berin
gen des MegerfElnvenhandels” (2 Thle., Goͤtt. 1820) genommen werben,
Die Menfchheit feibft, nach ihrer Entwickelung und Ausbildung h
gerlichen Leben, und nad) ihren Kortfchritten und Verirrungen in ber (
in Wiffenfhaft und Kunft zu fhildern: dies konnte erft dann gefchehen, ı
Licht der Philcfophie feine Strahlen auch über die einzelnen heile des une
hen Gebietes der Geſchichte ausgegoffen hatte. Schon Goguet, Fergufon,
felbft der unkritifhe Voltaire, fapten einzelne Seiten aus dieferm lebensvoll
Geſchichtſchreiber 663
öde unſers Geſchlechts auf; und Iſelin („Über die Geſchichte ber Menfchheit‘‘)
m bereits dem Ziele näher. Da gab Adelung einen geiftvollen und fachEundigen,
mmngleich nicht erſchoͤpfenden Überblick über das ganze unermeßliche Gebiet der ur
rgeichichte in f. Verſuch einer Sefchichte der Cultur des menfchlichen Geſchlechts
eipz. 1782), Mit mehr Philofophie als Adelung, und mit ſcharfer Auffaffung
re Charaktere der verfchiedenen einzelnen Völker, doch nicht ohne Lieblingshypothe⸗
a in Dinficht des phyſiſchen Menfchen, f. Anlagen, ſ. Berhättniffe zur ganzen ihn
kigebenden Natur, begann Herder f. „Ideen zur Philofophie der Geſchichte ber
Renfchheit“‘, entfchieden das Hauptbuch feines ganzen Lebens, das er aber mit dem
Thle. unbeendigt ließ (ins granz. überf. 1827). Faſt gleichzeitig mit ihm hatte
lant in einer Abhandlung, welche die Idee zu einer allgemeinen Gefchichte in welt
Üzgerlicher Abſicht enthielt, den Gedanken hingeworfen, ob es möglich fei, die Ges
Mihte im. Großen aus dem Geſichtspunkt eine® grenzenlofen Fortfchrittes des
nſchlichen Geſchlechts aufzuftellen ? Werfchiebenartig ward biefe Idee von Domi⸗
des („Über Weltgefchichte und ihr Princip“), von Woltmann (‚Plan fuͤr hiſto⸗
Be Vorlefungen") und von Stapfer („Die fruchtbarfte Entwickelungsmethode der
Ilagen des Menſchen, zufolge eines Exitifch = phitofophifchen Entwurfs der Cul⸗
Beefchichte unfers Gefchlechts”) geformt und geflaltet, von Woltmann in f.
driß der Altern und neuern Menichengefchichte”, und von Pälig (in den
blinien zur pragmatifchen Weltgefchichte”, forvie in der „Sefchichte der Cul⸗
: der Menſchheit“) durch die einzelnen Zeiträume der Weltgefchichte hindurchge⸗
rt. Doch nahm der Legtere ſpaͤterhin das von ihm aufgeftellte Princip, ale uns
Bar in Dinficht des Ganzen der Univerfalgefchichte, zuruͤck, und feste an deſſen
eile die Idee ber individuellen und politifchen Freiheit, deren Wirkungen im Fort
eiten der Individuen und der ganzen Gattung ebenfo wie bie Veritrungen und
ckſchritte der Individuen und der Gattung unfers Gefchlechts, in der Gefchichte
erkennbar vorlicgen. Mit weniger philofophifchem Geifte, aber bekannt mit
wirklichen Begebenheiten und in einer lebensvollen Korm, gab von Eggert f.
Basen und Stagmente einer Gefchichte der Menfchheit” (n. A. Kopenh., 1803,
hie.), und Poffelt verpflanzte in einer Eräftigen Überfegung Condorcet's „Ent
F eines hiſtor. Gemaͤldes der Fortfchritte des menfchl. Geiftes” (Tuͤbing. 1796)
beutfchen Boden. Beachtung verdient der im Einzelnen zu einfeitige und ges
e „‚Univerfalbiftorifche liberblic® der Entwidelung des Menſchengeſchlechts ale
B fich fortbildenden Ganzen”, v. Jeniſch (Berl. 1801, 3 Bde.). Unvollendet (ieß
born f. geiftvoll begonnene „Allgemeine Geſchichte der Cultur und Kiteratur bes
wen Europa”. Kür das befchränktere Gebiet der einzelnen Zweige menſchlicher
mung erhielten die Deutfchen einige brauchbare Werke in Meiners's (unvollende⸗
„Geſchichte bes Urfprungs, Fortgangs und Verfalls der Wiffenfchaften in Gries
land und Rom” (Lemgo 1782), Heeren’s (noch unvollendeter) „Gefchichte des
Ddiums der claffiichen Literatur feit dem Miederaufleben der Wiflenfchaften”
Ehle., Sötting. 1797), in Bouterwet’s, mit dem 12. Thle. (1819) gefchloffes
Selchichte der Poeſie und Beredtſamkeit“, in Fiorillo's „Geſchichte der zeich⸗
ten Kuͤnſte“, und in Eichhorn's, Wachler's und Meuſel's Schriften über Lite⸗
eſchichte. Die Geſchichte der Gefchichte felbft begann Wachler in f. gründlichen
geiſtvollen „Geſchichte der hiſtoriſchen Korfhung und Kunſt“ (Götting. 1812
Der Kirchengeſchichte widmete Schroͤckh faft ein ganzes Menfchenteben ; doch
ann fie duch ihn mehr an Gruͤndlichkeit als an wiffenfchaftlicher Form und in⸗
n Leben (45 Thle.). Dieb legtere fuchten Henke und Schmidt über fie zu ver-
m. Des erſtern, durch f. frühzeitigen Tod unterbrochene „Allgemeine Ges
bee der chriſtlichen Kirche” Hat Water 1820, mit der 2. Abth. des 8. Bds. treff⸗
vollendet. Don Auguft Neander's „Allg. Geſch. der chriftl. Relig. und Kirche‘
mb. 1825), erſchien 1827 d.3. Thl. — Für die alten Religionen des Orients
|
Ient feit dreißig Fahren viel gethan im Felde der Gefchichte, kaum |
Überficht. nur bie wichtigften Erfcheinungen in diefem großen Gebietı
fie mit Burgen Zügen charakteriſiten konnte; noch immer aber ift
welche hier heranreift, und noch immer iſt das Studium ber Geſch
tion ſelbſt nicht bis in Mark und Blut gebrungen,
Gefchiebe, Gefchübe (Bergbau), 1) Wände oder €
zu Tage ausſtreichenden Gängen, Etzen oder Geftein, die duch d
andre Urfachen fortgeführt worden find und ihre Ecken durch vieles
Ben haben. . 2) Die ſich in die Länge und Breite ausſtrecken
Schichten.
Geſchlecht, in weiterm Sinne jede groͤßere Abtheilung
welche irgend ein Merkmal mit einander gemein haben. Es wir
Gattung, Ordnung, gebraucht; ferner bedient man ſich deſſen vor
Menfchen, welche zu Einer Familie ober zu Einem Stamme gel
Geſchlecht derer von Dalberg; ebenfo auch von einer großen A
welche zu einer und berfelben Zeit lebten oder leben, oder von folı
meinſchaftlich eine gewiſſe Eigenfchaft beigelegt wird. Im engerr
&inne gebraucht man es, um die beiden Abtheilungen aller organ
männliche und weibliche, zu begeichnen. Da es nämlich allgemein:
daß alle organifche Körper von ihres Gleichen hervorgebracht werbeı
ihres Gleichen hervorbringen follen, alfo jede Gattung ber orgaı
ſich durch fich felbft erhalten und fortpflanzen foll, fo find zu dem
haltung ber Gattung auch befondere Organe beſtimmt, weiche abe
fchieden von denjenigen Organen ober Theilen des organifchen Kr
Erhaltung der Individuen beftimmt find, und welche ben Gefchlec
gründen. 8 gehört nämlich zur Hervorbringung eines neuen or
derſelben Gattung erſtens die Idee der Möglichkeit, daß ein ſolch
und beſtimmt zu ebendemfelben ausgebildet werben koͤnne, als
einfachfte Anlage zur künftigen Frucht in fich enthalte; zweitens
wirklichung jener Möglichkeit, der erfte Anſtoß, welcher das ſchl
Im Keime weckt, worauf erft derfelbe in ber Bildung zum organife
ben Gattung fortfchreitet. Hieraus entſteht die Entzweiung bei
Geſchlecht 665
zegengeſetzten Kräften wahrnehmen, koͤnnen wir auch den Geſchlechtscharakter
ttennen, gleichviel, ob dieſe Kräfte in ber Geſtalt der uns bekannten Organis⸗
ı erfcheinen oder nicht, wenn fich nur der eine Theil als beſtimmendes, gebendes
incip, der andre als beſtimmtes, empfangendes verhält. Um es mit einem
xte auszuſprechen, fo ift überall Gefchlecht, wo Zeugung iſt. Zeugung aber ift
der ganzen Natur : oder vielmehr diefe felbft ift nichts als ein unendlic) mannig⸗
iger Zeugungsact, der fogar unter bem Scheine von Zerflörung vor ſich geht.
‚find alſo Sonnen und Planeten, der Waffertropfen und das Staubkorn ebenfo
Geſchlechtsweſen als die Thiere und die Pflanzen, weil fie ebenſowol als diefe
gungswefen find. Denn wird nicht 3. B. der Schoß unferer Erde durch den
ahtenden Strahl der Sonne, und allein durch ihn, aufgefchloffen und zu den
migfaltigften Erzeugniſſen geweckt? Entfteht nicht aus dem verwitterten Steine,
uns tobter Staub fcheint, und aus den Waſſertropfen, die er in fid) aufnimmt,
junge, neue Öeftaltung, der Erſtling der Pflanzenwelt? Fa, gehen nicht in bem
wen der Erde felbft unaufhörlicy neue Zeugungen vor, indem entgegengefeßte
fte fidy mit einander vermählen? Woher die Verkaltungen, die Kryſtalle, die
ichsartigen Seftaltungen der Mineralien? Überall finden wir ein Einwirken, ein
Anfchliegen fremdir Stoffe (Kräfte) an etwas Heimifches, Mütterliches, und
al Berwandlungen dieſes Mütterlichen zu neuen Geftalten; überall, wo nicht
ickeltes, doch keimendes Geſchlecht. Das männliche Geſchlecht nun iſt dem⸗
uͤberall das Zeugende, den Keim zum kuͤnftigen Individuum Befruchtende,
welchem der erſte Antrieb zu deſſen Fortbildung ausgeht; das weibliche Ges
hr ift das den Keim des Fünftigen Individuums in fi Zragende und Aufbes
rende, den zeugenden und belebenden Stoff Aufnehmende, Dasjenige, welches
Reim ernährt, bis zu der Periode, wo feine Individualität zu dem Punkte aus⸗
det ift, daß es fich losreißen kann, fein eignes felbftändiges Leben beginnend.
ſchlechtslos werden Thiere oder Menfchen genannt, bei denen durch eine
nng des Bildungstriebes ein Geſchlechtsorgan ſich beſtimmt ausgebildet hat,
zan folglich weder zu dem maͤnnlichen noch zu dem weiblichen Geſchlechte rech⸗
kann. Gecſchlechtsverhaͤltniſſe find die Verhältniffe, in welchen ein Gefchlecht
m andern, und gegen da® andre ſich verhält. In ber Pflanzenwelt find beide
Hechter in den meiften Glaffen in einer Bluͤthe vereinigt, in manchen Claſſen
» auch getrennt, fodaß beiderlei Gefchlechtstheile entweder auf einer Pflanze,
3 befondern Bluͤthen, oder fogar auf verfchiedenen Pflanzen vertheilt find. Bel
Ebhieren, wenigftens den volllommener ausgebildeten, d. h. auf einer höhern
e des Thierlebens ftehenden, ift die Trennung ber Öefchlechter herefchend. Hier
demnach die Sefchlechtsverhältniffe am beftimmteften hervor, und offenbaren
ach der Stufenreihe der Zhierclaffen in mannigfaltigen Anderungen gegen eins
„ bis zu dem die höchfte Stufe in ber fihtbaren Schöpfung einnehmenden
hen. So ift im Allgemeinen das männliche im Verhältniffe zu dem weiblis
das ftärkere, jenes ſich unterwerfende, das aus fich hinaus auf das weibliche
virkende, das belebende, begeiftigende. Das weibliche, im Verhältniß zu dem
lichen, ift das zartere, jenem fi unterwerfende, das aufnehmende, fortbils
ı, ermährende und endlid) gebärende. Diefe Grundcharaktere beider Geſchlech⸗
bie aus ihrem Begriff und ihrer Beflimmung nothwendig hervorgehen, ſchim⸗
ı mehr oder weniger deutlid) bei allen Gattungen lebender Wefen durch, bi8 fie
Nenſchen auf eine der menſchlichen Würde angemeſſene Weife am höchften ges
ert und in den feinften Schattirungen, fowol im Körperlichen als auch bis zum
Hgen überfchreitend, ſich am Earften offenbaren. Daher erfcheint der Mann
im Phyſiſchen als der Stärkere, fein Knochenbau ift anfehnlicyer und hat
e Maffe, fein Muskelſyſtem ift fefter und Eräftiger, die Bruſt weiter, die Lun⸗
find größer und vobufter, die Umriffe ſ. Körpers ſich ſchaͤrfer, eckiger, das Ganze
666 | Geſchmack
deſſelben iſt größer und ſtaͤrker. Dagegen iſt das Weib das Zartere, |
ſind dünne, zur Weichheit geneigter, die Muskeln weicher und ſchwaͤcher,
hoͤhle enger, die Lungen kleiner, das Herz und das Arterienſyſtem fch!
gegen das Venen s und Inmphatifche Syſtem vorherrfchend, die Zwiſche
ter der Haut und zwiſchen den einzelnen Xheilen find fettreicher, daher
mehr abgerundet, der Wellenlinie näher, das Maß des Körpers im Ga
und zarter. Daher offenbart ſich in der Form des Mannes mehr Die Idee d
der Form des Weibes mehr die Idee der Anmuth und ſchon in diefer Bezieh
dem weiblichen Geſchlechte der Name des ſchoͤnen oder reizenden mit Recht,
des Mannes ift mehrfchaffend, aus fich heraus in das Weite hinwirfend, '
gungen, zur Verarbeitung abftracter Gegenftände, zu weitaußfehenden Pk:
ter. Unter den Leidenfchaften gehören die rafchen, ausbrechenden dem Dan:
famen, heimlich in fich felbft gefehrten dem Weibe an. Aus dem Manne fun
Begierde ;in dem Weibe ſiedelt ſich die flille Sehnfucht an. Das Weib ift aı
nen Kreis beſchraͤnkt, den e8 aber Elarer überfchaut ; es hat mehr Geduld un
in Eleinen Arbeiten. (SG. Frauen.) Der Mann muß erwerben, das
zu erhalten; der Mann mit Gewalt, dad Meib mit Güte oder — Lift.
hört dem geräufchvollen, öffentlichen Leben, dieſes dem flillen haͤusli
Der Dann arbeitet im Schweiße ſeines Angefichts, und bebarf erfchör
Muhe ; das Weib ift gefchäftig immerdar, in nimmer ruhender Betriebſa
Mann flemmt fi dem Schickſal felbft entgegen, und trogt, fchon zı
gend, noch der Gewalt; willig beugt dad Meib fein Haupt, und fint:
Hülfe noch in feinen Thränen. Über die Gleichheit beider Geſchlecht
ſchengeſchlecht hat Hufeland (Berlin 1820) eine Abhandlung geichrieben
Gefhmad, in phyfiologifher Bedeutung ift der Sinn
wir gewiffe von den in der Feuchtigkeit der Zunge aufgelöften Körpertbe
rende Eindrüde wahrnehmen ; auch nennen wir fo die Geſchmacksempfin
Die an dem obern Theil und auf dem Seitenranbe der Zunge befindlich
waͤrzchen find es, welche die Empfindung des Geſchmacks hervorbringen.
chen der Zunge fehmelzen die Salze, weiche dann aufgelöft in bie Nerr
eindringen, und jene Empfindung verurfachen. Durch drei Nerven,
Seite in die Zunge laufen, und mit dem Gehirn und Ruͤckenmark in !
ftehen, wird der erregte Eindruck weiter geleitet. Und diefem Eintr
ſchreiben mir den Gegenſtaͤnden gewiſſe Eigenfchaften und Befchaffenheite
Säure, Salzigkeit, Süßigkeit) zu. Der Geſchmacksſinn (gustus) hä
Ernährung und dadurch mit dem ganzen animalifchen Leben zufammen.
ruch und Sinn) — Inaͤſthetiſcher Bedeutung verfteht man
ſchmack das Vermögen, das Schöne und Zweckmaͤßige an den Gegenftd
urtheilen und ven dem Häßlichen, Zweckwidrigen zu unterfcheiden. D
keit zwiſchen jenem phyfiotogifcyen und diefem dfthetifchen Geſchmack ergib
Es ift hier und dort etwas für und Angenehmes oder Unanggnehmes, n
terfcheiden, und dort wie hier unterfcheiden wir Beides nur fehr unbeflimmt,
bie Unterfcheidung mehr auf unfer Gefühl ald auf den Gegenftand felt
Daher fagt man auch, daß fich über den Gefchmad nicht ftreiten laffe. J
läßt fich nıtr über Das ftreiten, wofuͤr man Gründe vorbringen kann, di
ner zur Annahme einer Meinung beflimmen können; welche Gründe <
man wol für die Behauptung anführen, daß Zuder ein angenehmes Ge
außer dem, daß es der eignen Empfindung fo vortommt ? Dies wird ung!
nicht ableugnen; er fagt uns aber, daß es bet ihm der entgegengefehte Salt fei
Behauptung hat fürihn denfelben Werth, wie dieunferige für und. Diefi
bat nicht wenig Verwirrung in der aͤſthetiſchen Geſchmackslehre verurſacht.
Schöne uns auch angenehmilft, hielt man das Schöne und Angenehme füre
Geſchnittene Steine Geſchuͤtz 667
ſchwankende Ausdruck aͤſthetiſch (urſpruͤnglich: was durch Empfindung wahrge⸗
men werden kann) wirkte dabei mit. Eine Erfahrung aber, die man haͤufig zu
hen Gelegenheit findet, haͤtte allein ſchon hingereicht, bedenklich zu machen. Es
och wol eine auffallende Erſcheinung, daß die Menſchen in ihren Urtheilen über
Schoͤne zwar vielleicht weniger einig ſind als in ihren Urtheilen uͤber das Ange⸗
ne, daß ſie aber dennoch bei jenen weit mehr Anſpruch auf Andrer Beiſtimmung
hen als bei dieſen. In Anſehung des Schoͤnen macht faſt Jedermann Anſpruͤche
Allgemeinguͤltigkeit feiner Urtheile, in Anſehung des Angenehmen Niemand,
mus alſo Etwas in uns fein, welches verhindert, beide Faͤlle für gleich zu neh⸗
» Die Urtheite über dad Angenehme haben bloß individuelle Gültigkeit, die
: das Schöne find zwar auch nur individuelle Urtheile, machen aber Anfprüche
allgemeine Gültigkeit. Beide Urtheile, kann man nun zwar infofern dfthetifche
sen, als beide fih auf Empfindung beziehen, und der Beflimmungsgrund der⸗
m nicht in dem Gegenſtande, fondern in ung liegt, wodurch fie fich von den lo⸗
un oder objectiven Urtheilen unterfcheiden ; beide aber unterfcheiden fich dadurch,
it dem einen die Beflimmung des Urtheild von dem bloßen Sinneneindrud ab⸗
pt, bei dem andern hingegen die Mitwirkung des Geiftes eintritt, und daher cben
‚bloße individuelle, hier allgemeine Gültigkeit, und eben defhalb auch Mittheils
it. Sind nun aber diefe Urtheile mittheilbar, haben fie allgemeine Gültigkeit,
Med ſich auch Über den Afthetifchen Geſchmack ftreiten und etwas uͤber ihn ausmas
Klaflen. Wie könnte es auch fonft eine Geſchmackslehre geben, d. h. Aufftellung
6 Grundſatzes zur Beurtheilung des Schönen und Erhabenen? Nur erwarte
j von dem Geſchmacke nicht, daß er leifte, was er feiner Natur nach nicht leiften
". Dex Geſchmack ift die Urtheilskraft, wiefern fie fich in einer befondernSphäre,
in der bed Schönen, auf eine eigenthümliche Weife äußert. Der Geſchmack
ine Urtheile in der unmittelbaren Betrachtung des fchönen oder nicht [hönen
andes, durch Refl:rion über das Verhaͤltniß deffelben zum Gemüthe des Bes
(alfo zum Subjecte) und durdy Vergleihung ähnlicher Gegenftände mit
emwärtigen. Sein Grundfag iſt daher nicht eine objective, fondern eine
we Idee; er kann nicht gefebgebend, fondern bloß Eritifch oder unterfuchend
n; feine Regeln find keine Begriffe, fondern Anſchauungen in den beften
des Geſchmacks, an denen ber Kunftfinn ſich puaktifch bilden muß. (Die
ng f. unter Urtheil.) Durch diefe Bildung unterfcheidet fich der Gefhmad .
ich von dem Schönheitögefühl. Dieſes acht bloß auf eine Naturanlage, der
nach beruht auf Ausbildung; bei jenem bleibt oft der bloße Kunftfreund ſte⸗
Liefer kommt dem Kenner zu; der Künftler muß beide vereinigen. Wer ein
I Schönheitsgefühl von Natur hat, der ift ein aͤſthetiſcher Menfdy; wer diefe
Le durch prüfende Betrachtung fo ausgebildet hat, das Ihm ſtets nur das echte
me genügt, ift ein Dann von Geſchmack. Man kann aber ein Mann von
mnack, und darum doc) noch kein Kunjtkenner fein. Wir haben nämlich in
Bönen Kunft zwei Elemente zu untericheiden, das djlhetifche und das technifche.
erfte wicd beurtheilt im Gefühl, das andre durch den Verfland nad) Begriffen.
iſt alfo ein äfthetifches, hier ein logiſches Urtheil. Es ergibt ſich daraus, daß
Mumfturtheil weder cin bloß Afthetifches, noch ein bloß logiſches, ſondern ein aus
m gemifchtes ift, da es ſowol das Techniſche als das Schöne eines Kunſtwerks
ke. Die Geſchmackskritik bat ed daher Lediglich mit den Verhältniffen
Werkes zu den Bedingungen im Gemüthe zu thun, unter denen wir einen Ges
ale fchön beurtheiten; die Kunſtkritik fchließt auch Das mit ein, was an
Uung bloß techniich und praktiſch ift. dd.
I\Wefchnittcne Steine, f. Semmen.
WBeſchuüͤtz, bie allgemeine Benennung für Kanonen, Mörfer, Haus
x u. bol. (fd. und Artillerie). Sobald man die Befefligungskunft auss
die Stelle unfers heutigen Geſchuͤtes, nur reichten fie 300 bis hoͤd
weit. — Mit der Erfindung des Schießpulvers war freilich eine
und ein wirkſameres Zerftörungsmittel gegeben, deflen Natur ı
führung der jegigen Schießröhre zur Folge hatte. Es läßt ſich erwı
Geſch. der Kriegstunft‘‘), daß die Mauren den erften Gebrauch I
bei ber Vertheidigung von Alicante 1331 und von Algeziras 134
nier machten, ſeitdem kamen die Kriegsmaſchinen der Alten burd
fen, Bombarden, Böller, durch die Familien der Karthaunen :
und dol. in Verfall und gegen Ende d. 15. Jahrh. führte man
jefchüg bei den Truppen, und brachte diefe Maffe zu dem mög
jollkommenheit. — Wielleicht, daß durch Anwendung einer ı
der Dämpfe auch unferem Gefchlig eine Veränderung bevorfteht, n
Perkins (f. d.) bereits die Andeutung geſchehen. — Wasr
und ſchweren Belagerungs«, Feld», Wurfgefhüg u. ſ. w. zu ve
ſchon aus der Benennung hervor; wir führen nur noch an, daß t
Kammergefhäg insbefondere folhe Röhre meint, an beri
ober Bodenſtuͤcke ſich ein Eonifch=, ſphaͤriſch, cylindriſch⸗ ode
hoͤhltes Behättnig zur Aufnahme der Pulverlabung befindet. —
nannte man in aͤltern Zeiten eine Partie Heinerer Schießroͤhre,
ruͤſte vereinigt, neben und über einander lagen und gemeinfdhaftlid
den Kartaͤtſchen ähnliche Wirkung hervorbringen follten, wege
Ladens aber unzweckmaͤßig, gleichwol, fo lange man nichts Andr
braͤuchlich waren,
Gefchwindfchreibetunft, [.Stenographie
Gefhwornengeriht, .Iury .
Geſechſster Schein, f. Afpecte
Geſeliſchaft (Societät), eine Bereinigung von D
einem gemeinfamen Zwecke. Es gibt daher fo viele Arten von-&
Zwecke gibt, zu welchen ſich Menfchen vereinigen koͤnnen. Die
‚genannten Geſellſchaften haben bloß den unbeflimmten Zweck
Geſellſchaftsrechuung Geſellſchaftsvertrag 669
eſellſchaften. Wiefern die Menſchengattung uͤberhaupt ein auf der Oberflaͤche der
rde zuſammenwohnendes und wirkendes Ganzes vernünftiger Weſen ausmacht,
unt man jene Gattung auch die menſchliche Geſellſchaft. Von den vernunftloſen
bieren braucht man das Wort Geſellſchaft eigentlich nicht, obgleich fie durch dem
aturtrieb auch in gewiffe Haufen oder Heerden zufammengeführt werden. Denn
haben kein Bewußtſein von beſtimmten Zwecken, um fich zur Erreichung derfelben
z6) gemeinfchaftliche Thaͤtigkeit nach einer beftimmten Regel zu vereinigen, Über
e Geſellſchaft, Gefelligkeit und Umgang haben wir ein Werk von 8. F. Podele
Ianover 1813 — 21.) Philoſophiſch⸗-hiſtoriſch hat diefen Gegenft. behandelt
um. Deuglat: „Über die Fortfchritte der Geſellſch.“ (a. d. Engt., Stuttg. 1826.)
Gefellfchaftsrechnung iſt ein Rechnungsverfahren, wo eine Zahl
einem gegebenen Verhältniffe eingetheilt wird. 3. B. es follen 500 Thlr.
drei Perfonen vertheilt werden, dergeflalt, daß fich die Theile von A und B
4 zu 5, und von B zu C wie 5 zu 6 verhalten. Wenn mehre Perfonen Capi⸗
von verfchichener Höhe zu einem Gefchäfte zufammengefchoffen haben, und nun
inn oder Verluſt nad) Maßgabe der Einlagen getheilt, wenn Abgaben oder Las
nach Verhaͤltniß de8 Vermögens ober nad; Größe und Werth der Güter aufgebracht
vertheilt werben follen, und in ähnlichen Faͤllen findet dies Rechnungsverfah⸗
ſtatt, welches der Verhaͤltnißrechnung überhaupt angehört.
Gefellichaftsvertrag, auch Societät oder Geſellſchaft ift ein Vers
durch welchen zwei oder mehre Perfonen Geld, Suchen oder Dienftleiftungen
grmeinen Vortheils wegen iu einem erlaubten Zweck beitragen. Ungültig ifl
eonifche Vertrag (f.d.); auch müffen alle Theilnehmer nothivendig Et⸗
beitragen, weil fonft in Hinficht auf Den, der Nichts beiträgt, eine Schens
keine Sccietät vorhanden fein würde. Alle Compagnichandlungen, gemeins
e Fabriken u. f. w. beruhen auf ſolchen Gefellfchaftsverträgen, welche uͤbri⸗
wie alle Gütergemeinfchaft, ſtets auflötlich find, ſodaß die gemeinen Nechte
Gompagnon erlauben, aus der Eocietät zu treten, wenn er auch die Societät
ausdruͤcklichen Bedingung, nie herauszutreten, geſchloſſen hätte; doch muß
austritt ohne Gefährde und nicht zur Unzeit gefchchen. Die allgemeine (Ges
ft begreift alles gegenwärtige Vermögen ber Theilnehmer, von dem künftigen
in der Megel bloß den Genuß, nicht den ausfchliefenden Befig. Es kann eine
Geſellſchaft, die entweder allgemeine Öüter oder allgemeine Erwerbsgeſellſchaft
Rue zroifchen folchen Perfonen ftattfinden, welche gegenfeitig die Fähigkeit haben,
kewas zu ſchenken und gefchenkt zu erhalten, und weldyen es nicht verboten ift, fich
Nachtheil einer dritten Perfon Bortheil zu verfchaffen, meil fonft das gefegliche
vor unter dem Schein einer Societät würde umgangen werden. Befondere
ufchaft ift diejenige, welche ſich nur auf einzelne beſtimmte Gegenftände, ober
Deren Gebrauch und davon zu hoffende Nugungen bezieht. Auch der Vertrag
me hierher, woburd ſich mehre Perfonen entweder zu einer beflimmten Unter»
kung, ober zur DBetreibung eines Gewerbes vereinigen. in jeder Theilneh⸗
Ber Seſellſchaft ift vom Augenblid des gefchloffenen Vertrages an verbunden:
Bes Dasjenige, was er in Diefelbe einzulegen verfprochen hat, zu entrichten; 2)
ber Geſeliſchaft zukommende Vermögen auf keine Weife in Anſpruch zu nehmen
beeinträchtigen, fonbern das Wohl der Geſellſchaft jederzeit vorzuziehen;
Men ihr durch feine Schuld zugezogenen Schaden zu erfegen, ohne dagegen
Eawa verfchafften Vortheile in Anrechnung zu bringen; 4) den Verluſt der
Achaft nad) Verhältniß des Beitrages zum Gefellfchaftsfonde und dadurch
den Gewinnes tragen zu helfen. ine Geſellſchaftsſchuld kann in
d. h wenn die Societät feine Handlungsgefeltfchaft ift, nur aus einer
aller einzelnen Mitglieder entftehen. in einzelnes Mitglied kann
ierädt nicht ander® verbindlich machen, als wenn es entweber dazu bevolls
ige ift, ober bie eingegangene Berbindlichkeit zum Vortheil der ganzen Gelels
670 | Sefenius
Schaft gereicht hat. Die einzelnen Mitglieder übernehmen bie Gefeltfchaf
der Regel zu gleichen Theilen, es mußte denn ausdruͤcklich verabredet fe
bloß nad) dem Verhältniß ihres Antheils verbindlich fein follten. Was
dern Seite die Rechte der Sefelfchaften betrifft, fo hat ein jedes Mitgl
Recht, den auf ihn fallenden Antheil am Gewinne zu fodern. Iſt dar
ausdruͤcklich beſtimmt, fo richtet fid) der Gewinn nach dem zur Geſellſche
benen Beitrag, und. Derjenige, welcher bloß feine Dienftleiftungen bi
kommt fo viel, ald Derienige, welcher am mwenigften Sachen oder Geld
das Recht, fich wegen der zum Beſten der Geſellſchaft gemachten Auslag
wegen der im Namen der Gefellfchaft geführten Gefdzäfte und wegen dei
bar für ihn entſtehenden Verluftes, an die Geſellſchaft zu halten. D
wird aufgehoben: 1) durch den Ablauf der Zeit, auf welche fie gefchlof
ift ; 2) durch den Untergang des Gegenstandes derfelben, oder die Vollbt
Geſchaͤfts; 3) durch den natürlichen Tod eines der Gefellfchafter; 4) dur
gerlichen Tod, die Interbiction, oder den gänzlichen Verfall des Wermi
derfelben ;. 5) durch den von einem ober von allen Mitgliedern erklaͤrt
nicht mehr in der Geſellſchaft zu bleiben. Die Theilung dee Vermögens d
ten Societät gefchieht nach denfelben Örundfägen, die von der Erbſcha
eiten.
— Geſenius (Wilhelm), D. der Theol., Prof. an der Univ. zu
1827 Mitgl. der Roy. asiat. society in London, bibliſcher Interpri
und Orientaliſt, der Begründer einer wahrhaft linguiſtiſch⸗kritiſchen Auı
Alten Teft., ift am 3. Febr. 1786 zu Nordhaufen geb., wo f. Vater, ei
bedeutender mebicinifcher Schriftfteller, praktifcher Arzt war. Er bilt
dem Gymnafium f. Vaterfladt und auf den Univerfitäten Helmftädt und
auf welcher erftern befonders Denke und Bredow auf ihn Einfluß hatten.
ſchließlich wandte er. aber ſ. Privatfleiß auf das Studium der orientaiift
chen, und das bald gefühlte Beduͤrfniß einer beffern grammatifchen und I
Behandlung der hebr. Sprache veranlaßte ihn, fich diefer und dem X.
zu. widmen. Diefes geſchah während eines dreijähr. Aufenthalts in Go
Magister legens und theolog. Repetent von 1806 — 9, wo er fhon V
gen zu ſ. hebr. Woͤrterbuche traf. 1809 ernannte ihn die weſtfaͤliſche
auf den Vorfchlag des berühmten Joh. v. Müller zum Prof. der alten 2
dem Eathol.:proteft. Gymnaſium im Heiligenftabt, hierauf 1810 zum auj
1811 zum ordentl. Prof. der Zheologie in Halle. Hier ift es ihm gelr
Studium des A. Teft. zu einem bedeutenden Flor zu erheben, und Schuͤlen
welche die altteftamentlihe Sprache und Literatur auf andern Univerf
Schulen mit Glüd vortragen. Schon war er zu einer Profeffur in Goͤ
ftimmt, als die Auftöfung des weltfälifchen Staats erfolgte. G. blie
bei der Wiederherftellung der Lmiverfität 1814 D. der Theol., und fchrieb
mentatio de Pentateuchi Samaritani origine, indole et auctoritate‘‘,
Unterſuchungen diefer Art immer ein Mufler bleiben wird. Den Som
beachte er auf einer wiffenfchaftlichen Neife in Paris und Oxford zu, w
ders für Terikalifche Zwecke in den femitifhen Sprachen fammelte, u. A
Abſchrift des Athiopifchen Buches Henoch zu künftiger Herausgabe nahm
literariſche Thaͤtigkeit erftredkte fich bisher, wenn auch nicht ausſchließ
hauptſaͤchlich auf das Lerikalifche und Grammatifche der hebr. Sprache.
fhien 1810 und 1812 ſ. „Hebraͤiſch- deutfches Handwoͤrterbuch“ Leipz.,
und 1815 cin Auszug deſſelben. Die hauptſaͤchlichſten Eigenſchaften, n
beiden, für die Körderung des hebr. Sprachftudiums, außerordentlich erf
Werke charaktcrifiren, find eine richtige Schägung und prüfende Sid
Quellen der Leritographie, eine richtige Auffaffung des Verhättniffes zwi
Gefeg | 671
diſchen und ben verwandten Dialekten, eine vollſtaͤndige Angabe und Erlaͤute⸗
der Conſtructionen und Phraſen, welche von einem Worte gebildet werden,
je Scheidung Deſſen, mas in das Gebiet des Woͤrterbuchs, oder in die Gram⸗
', ober in egegetifche Commentarien gehört und Aufmerkſamkeit auf die ver
me Art der Diction. Treffliche Bemerkungen, welche zur Verbreitung rich
Anfichten über diefen Gegenftand nicht wenig beigetragen haben, find in den
den zu den Wörterbüchern niedergelegt; eine befondere Auszeichnung verdient
ie der 2. Ausg. des Auszuges (18323) beigegebene Abhandlung, über die Quels
: hebt. Wortforfchung nebft Regeln und Beobachtungen Über ihren Gebrauch.
„Thesaurus linguae Hebraicae‘‘, deffen Druck ſchon begonnen, dürfen wir
erk erwarten, welches ein bleibendes Denkmal wahrer, deutfcher Gelehrfams
in wird. Diefen lerikalifchen Arbeiten gehen die grammatifchen zur Seite;
auptvorzüge beftehen in einer volfftändigen und Eritifchen Beobachtung und
Iung der grammatifchen Erfcheinungen, und in einer richtigen und analos
klaͤrung derfelben. Die Reſultate wurben zuerft in einer kleinern Gramma⸗
alle 1813) vorgetragen, dann aber in dem „Örammatifch s kritifchen Lehrge⸗
Der hebr. Sprache” (Leipz. 1817) volftändig ausgeführt. Als Einleitung .
die „ Sefchichte der hebr. Sprache und Schrift” (Reipz. 1315) zu betrachten,
auch für altteftamentliche Kritik viele, hoͤchſt wichtige Forſchungen enthält.
em wirkte Gefeniuß fehr vortheilhaft auf den hebr. Sprachunterricht in Schus
ch eine zweckmaͤßig eingerichtete, mit Anmerf. und einem guten Gloffar vers
„Hebr. Chreftomathie” (Halle 1822, 3. Aufl). Die vielfachen Vorzüge
smatifchen und lerikatifchen Lehrbücher wurden auch im Auslande anerkannt,
e Werf. hat die Freude, fie felbft in Amerika benugt und überfegt zu ſehen.
e überſ. des Jeſaias und dem philologifch = kritifchen und hiftoriichen Com⸗
e über denfelben (Keipz. 1820 — 21) hat er f. Verdienften um Verbreitung
ten Bibelſtudiums die Krone aufgefegt ; denn man darf dreift behaupten,
e tsber Bein biblifches Buch etwas Ahnliches aufzumeifen haben. Das Orl⸗
at er in Rüdficht auf Form und Materie in der Überfeg. möglichft treu wie⸗
bern, und im Sommentare befriedigt er alle An'prüche, welche man an den
z eined Buches irgend machen kann ; mit befonderer Vorliebe hat er fich aus
a philologiſchen des hiftorifchen und antiquarifchen Theiles der Erläuterung
„ um das Studium der Bibel mit dem der Claſſiker und morgenländifchen
ſchriftſteller immer mehr in Einklang zu bringen. Mebre wichtige Gegen»
bes hebräifchen und übrigen morgenländifhen Alterthums hat er in der „Alls
Incnktop.” von Erſch und Gruber gruͤndlich erläutert, und die biblifche Geo⸗
: insbefonder: in den Noten zu der deutfchen Über. von Burkhard's „Reifen
Sprien und Patdftina” (Weimar 1823, 2 Bde.) vielfach bereichert. Seine
mgen, welche durch einen hoͤchſt belebten Vortrag ebenfowol, als durch
lichkeit die Zuhörer feſſeln und außerordentlich anregen, betreffen Eregefe des
kb, Einleitung in daffelbe, biblifche Antiquitäten und Kirchengeſchichte; aus
‚feitet er in f. scholis über die femitifchen Dialekte und femitifche Palaͤogra⸗
t einem tiefen und vergleichenden Studium der morgenländifhen Sprachen
ud bildet in feiner eregetifchen Geſellſchaft talentvolle Juͤnglinge zu gemandten
Ihtigen Eregeten.
Befetz, überhaupt, eine allgemeine Negel, wodurch die Wirkfamkeit ges
Reäfte beftimmt iſt. Sind dies bloße Naturkräfte, fo heißt das Geſetz ein
befen ; find es aber die Kräfte vernünftiger und freier Wefen, fo heißt das Ges
Freiheitsgeſetz. Die Freiheitsgeſetze werden aber felbft wieder in natürliche
(oder in millkürliche) eingetheilt, je nachdem fie aus der bloßen Vernunft
Natur eines vernünftigen Weſens), oder aus der Willkür (der Macht
Sefepgebers) hervorgehen. Es gibt daher in Beziehung auf freie We⸗
672 Geſetzgebung, Gefegbücher, Gefeggebende Gewalt
fen, wie der Menfch, eine doppelte Geſetzgebung, eine innere und eine aͤußer
Ruͤckſicht auf die erfte ift der Menſch fein eigner Gefepgeber, in Rüdfict ı
zroeite ift dev Menſch der Macht eines fremden Gefrggeber6 unterworfen. De
tere findet nur in beſtimmten gefelligen Verhältniffen, beſonders dem bürge
(im Staate) ftatt. Hier ift das Geſetz nichts Andres als der Ausdrud dei
meinen Willens, wiefern diefer für jeden einzelnen Willen der höchfte ifl, um
ſolcher verbindliche Kraft hat; der Geſetzgeber aber iſt nichts Andres als der Et
treter des allgemeinen Willens, oder das Organ, durch welches fid) diefer vn
bart. Da aber ein unvernünftiger Wille nie ald ein allgemeiner und hoͤchſter
von vernuͤnftigen Wefen betrachtet werden Eönnte, fo verfteht es ſich von ſelbſt
die äußere (oder pofitive) Geſetzgebung die innere (oder natürliche) zu ihrer 9
ſchnut nehmen, und diefe bloß den befondern Verhättniffen des Staats und
Bürger anpaffen muß. Die Theorie der Gefeggebung haben Plato, Cicero,
tesquieu, Silangieri, Zachariaͤ u. X. bearbeitet,
Geſetzgebung, Geſetzbuͤcher, gefehgebende Gew
1. Die Seele eined Volkes find feine Gefege, aber nicht bloß diejenigen, melı
in den Buchftaben feiner Verordnungen und Gefegbücher befigt, fondern noch
mehr diejenigen, welche es im Leben wirklich für ſolche anerkennt, weil es fir a
nen Sitten, feiner Religion, feiner Gefchichte mit unabweislicher Güttigki
pfängt. Es iſt ein großes und unbeſtreitbares Verdienſt einiger neuen Rd
Iehrten, zuerft Joh. G. Schloſſer's (inf. „Briefen über die preuß. Geſetzgeb
und ſodann Hugo's, darauf aufmerkſam gemacht zu haben, wie wenig die m
liche Willkür in der Geſetzgebung über jene ſtill aber unwiderſtehlich wirkenden J
des Volkslebens vermag, und ſelbſt die Verf. des „Code Napoleon“ haben etı
ſchoͤn als wahr ausgefprochen, daß kein Gefeggeber jener unfichtbaren Kraft, j
ſtillen Einverfiändniffe der Völker entgehen koͤnne, wodurch Mißgriffe der wi
lichen Sefeggebung berichtigt, die Dienfchheit gegen das Geſetz, der Geſetzgeber
ſich ſelbſt vertheidigt werden kann. Die Erfahrung ift fehr oft gemacht werte
Geſetze, wenn auch ihre Abficht noch fo wohlgemeint war, und wenn fie für ı
Völker ſich noch fo nüglich bewährt hatten, body denen nicht aufgebrungen w
Eonnten, deren Sitten und religiöfe Anfichten fie verlegen, und daß ein 6
fein Volk ebenfo wenig durch Gefege auf eine höhere Stufe der Bildung mit
fpringung der Mittelftufen verfegen, als daffelbe teieder auf einen Zuftand J
werfen kann, melchen es im naturgemäßen Fortfchreiten einmal mit einem
vertaufcht hat, Daher war Friedrich IL. von Preußen in feinen Reformen
cher ats Sofeph IT., und Schloffer hatte in f. „Bemerkungen über Gef
und Geſetzgeben“ im Allgemeinen ebenfo Recht als in der Anwendung auf das
Landrecht vollkommen Unrecht: denn aud) in Preußen ging man damals im
zen keineswegs darauf aus, dem Volke ein neücs Necht zu geben, ale vielmr
auf, das bereits vorhandene zu fanztioniren, den Buchftaben veralteter Geſe
dem Rechte, welches in dem Geiſte des Volkes herrfchend gerworden war, anf
chen und vor Allem die Ungewißheiten zu Iöfen, welche der Gebrauch einer az
fhen Gefeggebung und der Mangel einer confequenten Fortbildung in einer e
ten Praxis nothwendig herbeigeführt hatte. Denn allerdings befteht das Ci
bes wahren Gefeggebers nicht im Schaffen des Rechts, fondern nur im Fu
felben, im Auffuchen Deffen, was fhon vor der ausdrüdtichen Anerkennung
iſt, und dann hauptfächlic, im verftändigen Hinzufügen derjenigen quanti
tein pofitiven Beftimmungen, welche aus allgemeinen Grumbfägen nicht fi
werden Eönnen, wie die Zeitbeflimmungen der Minberjährigkeit, der Verjt
friften, das Maß der Strafen u. ſ. w., durch welche aber das Recht erſt az
wird. Auc, gehören in diefen Kreis des pofitiven Gefeggeber& alle jene 5
an welche die äußere Erweislichkeit rechtlicher Verhättniffe geknuͤpft werde
J
Gefehorbung, Gefegbücher, Geſetzgebende Gewalt 673
ichkeiten der Werträge, des gerichtlichen Werfahrens, die Bedingungen des.
hen Fuͤrwahrhaltens), bei welchen allen man ſich aber immer daran zu erins
rfache hat, daß dieſe pofitiven Beflimmungen nicht das wahre Recht feibft,
sein aͤußerlicher Mechanismus zum Gebrauch deffelben find, und daß fie im⸗
e ale Mittel betrachtet werden müffen, welche einem höhern Zwecke unterges
ind. Dieſes, die Anfiche über die Entftehungsgründe der Gefege, iſt der
In weldyem ſich nicht nur die Schulen unferer Rechtsgelehrten von einander
‚, fondern in welchem auch bie wichtigften Grundſaͤtze des allgemeinen Staates
ufammentreffen. AL Die Schulen der neuern Mechtögelehrten laſſen ſich
auptcharakteren nach auf vier zuruͤckfuͤhren, wiewol fie unter ſich auf mans
Reife mobificirt find, audy vielfältig ineinander übergehen. In dem vers
m Jahrh. war, mit feltenen Ausnahmen, die Schule der Praktiker vors
nd, welche aufder einen Seite bie Autorität der Gerichtshoͤfe und einzelner
ebrer höher achtete als das Geſetz, auf der andern Seite nicht ohne bedeuten⸗
fluß der Phitofophie, zumal der Leibnitz-⸗Wolf ſchen geblieben war. Man
ntirte meiften® mit großer logifchen Präcifion aus einer (aber oft etwas will⸗
orausgeſtellten) Natur der Sache, und hielt fich für berechtigt, vom Buchs
es Geſetzes abzumeichen, fobald derfelbe entweder fuͤt die gegenwärtige Zeit
ehr paffend erfchien, oder man fich dabei auf Ausfprüche der Gerichte umb der
enſtuͤhle berufen konnte. Durch diefe Schule wurden eine Menge neuer
ıgen, vermeintlicher Billigkeiten, milberer Strafen in das Leben eingeführt,
n fieht wol, daß in ihren Srundanfichten nicht Alles irrig iſt. Auch fie
ı dem richtigen Gedanken aus, daß das Recht eines Volkes ein Ergebniß fels
ften Lebens fein und ſich mit demſelben umbilden müffe, fie fuchte alfo dem
ben der aͤltern Gefege durch das Hinweiſen auf die Natur der Sachen fortzus
und durch das Befolgen früherer gerichtlicher Entfcheidungen diejenige Übers
aung in der Mechtöpflege zu erreichen, welche ihr allein da® Vertrauen der
ichern kam. Diefe Schule hat beſonders durch Nettelblabt und Daries
Einfluß auf die Sefebgebung des 18, Jahrh. gehabt, und namentlich das
Ugemeine Landrecht kann als ihr Werk betrachtet werben. Es fehlteihrnur
äußern Einrichtungen der Gerichtsverfaffung, welche nothwendig geweſen
um das unbeſtimmte Hins und Herſchwanken der Praris zu verhüten, ih
ı alle Gewißheit des Rechts fo ganz verloren ging, daß man kaum in der eins
Sache die endlicye Entſcheidung vorher wiffen konnte. Neben ihre beftartd
es Däufchen fogenannter eleganter Juriften, welche, ohne in der Anwen⸗
h von jenen zu trennen, ſich In hiftorifchsantiquatifdyphilolegifchen Forſchun⸗
rien, deren Refultaten fie jedoch felbft felten eine praktiſche Guͤltigkeit zufchries
vielmehr nur als ergögliche Seltenheiten (Aunoenitates juris) betrachtend,
trennte ſich auch die praßtifche Schule wieder in zwei Parteien, welche nur
nig waren, daß die Mechtögelrhrten oder Rechtsübenden ſich wol über das
zheben dürften, übrigens aber darin einanber gegenäberftanden, daß die einen
anerkennen wollten als die Autorität einiger beliebten Eafuiften und den Ges
(den Schlendrian) der Berichte, die andern aber das natürliche Recht und
Binigkeit nannten, al6 Quelle ihrer Entſcheidungen betrachteten, Jene bes
in dem Leben feibft faft immer den Sieg, denn bie Lepten widerſetzten ſich
nur fo lange, bis auch fie mit ben Irtgaͤngen des Schlendrians durdy bie
bekannt, routinirt, ober, nach Lichtenberg’& Überfegung, eingefahren waren,
nun darin bequem zu Haufe fanden. Aber mit dem legten Jahrzehend des
Jahrh. eröffnete ſich den ph ilofophifchen Juriften eine neue Ausficht,
et nur eine reichere und lebendigere Philofophle die Grundlagen aller menſchli⸗
iffenfchaften von neuem unterfuchte und manches Gebaͤude erfchütterte, wel⸗
) dahin nur noch durch die Kraft der Zrägheit, den Schein bes Beſtehens ber
ns Ber. Siebente Aufl. Bd. IV. 43
674 Geſetzgebung, Gefegbücher, Geſetzgebende Gewalt
hauptet hatte, ſondern auch zu gleicher Zeit die Weltgeſchichte ſelbſt einen ra
Lauf annahm, in welchem ſich auf einmal Alles nur nach den hoͤchſten oral
geftalten fchien. Alle bisherige Hinderniffe der Gefekreform fdyienen bei S
treten; im Frankreich gründete ſich eine Republik nach dem Syſteme der Voll
verainetät und des bürgerlichen Vertrags, die Lehren des Naturrechts wurden !
Leben eingeführt. Doch haben fich die Dinge bald aufs neue geändert; m
philofophifche Rechtswiſſenſchaft hat auch in diefem Zeitraume nur unbern
Sortfchritte gemacht. Sie iſt meiftens bei dem Naturrechte flehen geblichen,
großes Anfehen in den Gerichtshoͤfen zu erlangen. Es find zwar philoſophiſch
arbeitungen einzelner Theile des Rechts (3. B. des Criminalrechts, fogar rine
taphyſik des Civilproceffes, vornehmlich aber philofophifche Betrachtungen
Staats: und Kirchenrecht) zum Vorfchein gekommen, da aber bie Gcmia
darin liegt, daß auch diefe nur durch eine genaue und gründliche Behandian
Hofitiven Stoffes wahren Werth bekommen, fo find alle diefe Verſuche ziemi
folglos vorübergegangen. Nur in einem Punkte ift die Meinungsverſchin
von praktifcher Wichtigkeit gewefen, als naͤmlich die Rede bavon war, au
Deutſchland nette Gefegbücher zu entwerfen, ober ſich an die neue franz. Or
bung, welcher man im öffentlichen Recht fo viel nachgeben mußte, auch im bi
lichen Recht, im Strafrecht, im Proceß anzufchließen. Dabei kam allerdingl
daß man ein Geſetzbuch aus rein phildfophifchen Grundfägen entwerfen könn,
ches für den Menfchen überhaupt, fir alle Zeiten und Völker gültig, die um
derliche Grundlage, den Kern eineß jeben Gefeßbuches ausmachen müffe. 2a
Grundlage würden denn theil6 die Berichtigungen ſich nach und nach ange]
ben, durch welche eine fortfchreitenbe Entwidelung der Rechtswiſſenſchaft nu
Folgerungen aus den oberften Principien des Vernunftrechte zu entfernm y
hätte, theils Hätten ſich daran die Eigenthümlichkeiten der befondern Gefeny
eines jeden Volkes anfegen mögen. Denn aud Dem, welcher von einer fi
unveränderlichen und ewigen Grunblage aller pofitiven Geſetzgebung überzeugt
konnte doch nicht entgehen, daß die oben bereits erwähnten quantitativen um
mellen Ergänzungen des Vernunftrechts aus empitifchen Vorderſaͤtzen gene
"werden müffen, welche weder für alle Völker gültig, noch in einem gegebenen
unmandelbar find, fodag ſelbſt ein folcher auß der Natur gefchöpfter Beruf
ber pofitiven Gefeggebung noch ein großes Geld uͤbrig läßt. Insbeſondere m
man dieſen Maßſtab auf den innern Werth der franz. Geſetzbuͤcher an, dem
nahme in Deutfchland angerathen wurde. Man fragte, ob denn vorzägli
bürgerliche Geſetzbuch des Kaifers Napoleon bie große Aufgabe gelöft hate, et
hen allgemein gültigen Vernunftcoder aufzuftellen, wie es fein mußte,
für die Voͤlker an der Weichſel, wie an der Seine, an der Elbe, wie an
und der Tiber von einer immer gleichen Brauchbarkeit fein ſollte. Daß de
Napoleon diefes Ideal nicht erreiche, daruͤber war nicht lange zu ffreiten;
kam bei diefer Gelegenheit der ftreitige Punkt zwifchen der philofophifcyen
biftorifhen Jurisprudenz zur Sprache, welcher auch nachmals befonderd vn
vigny („Vom Berufunferer Zeit 3. Gefeßgebung”, L815) wieder aufgegriffen
Denn dadurch unterfcheidet fid) diefe dritte Hauptfchufe der neuem
ten, die hiftorifche, daß fie von allgemein und unbedingt gültigen R
heiten gar nichts wiffen will, fondern das Recht ale ein bloßes Mefultat
Volksverhaͤltniſſe betrachtet, welches daher auch mit ihnen und aus ihnen
und wechfelt. Alles kann, nad) den Lehren dieſer Schule, Hecht fein,
und vieles Andre, was bie philoſophiſche Schule für eine Verlegung
menfchlicher Rechte, für abfolut ungerecht erklaͤrt. Der pofitiven Gef
welche das Recht auf den Willen eines Geſetzgebers gründet, raͤumt auch die
Schule einen gar engen Wirkungskreis ein, und erweitert Dagegen das Feld
Gefeggebung, Geſetzbuͤcher, Gefeßgebende Gewalt 675
mheitrechts, welches ſich durch das Volksleben und in den Gerichten von felbft
ugen und fortbilden fol. Ihr Ideal ift das römifche Recht, wie es fic in den
wiften der Rechtögelehrten vor Juſtinian darftelit, alles Eingreifen und Refor-
m von Regierungsmwegen hält fie für gewagt, und beſonders neue Gefegbücher,
he jene ſtille Entwidelung des Rechts unterbrechen, find ihr gänzlich zumider.
ofern ftimmt diefe Schule mit der Anficht der Praktiker zufammen, aus welcher
ı der That hervorgegangen ift, jedoch mit vorherrfchender Richtung auf Das,
man früher elegante Surisprudenz nannte, fie weicht aber darin weſentlich von
ib, daß fie nicht nur alle von einer vermeintlichen Natur der Sache (oder gar auß
ophifchen Rechtebegriffen) hergenommene Gründe ganz verwirft, und das ges
därtig geltende Recht nicht aus den Urtheilsfprüchen der Gerichte und Spruche
zien, in welchen fie gar viele grobe Zrrthümer entdedt, fondern aus den origi⸗
a Quellen der alten Gefege und Rechtsbuͤcher fchöpfen will. Nicht mas die
ze Zeit ald Recht erfannt und befolgt hat, fondern was fie dafür bätte halten
n, wenn fie die Altern Rechtsquellen recht verftanden hätte, ift ihr das wahrhafte
x, und daher hält fie eine Verbefferung des jegigen Zuſtandes nur für, möglich
y ein möglichft vollſtaͤndiges Erforſchen des hiſtoriſchen Ganges. Obgleich hierin
3 eine fehr große Inconſequenz verhehlt werden kann, daß, wenn einmal das
w eines Volkes fich in fich feibft fortbildet, ja die neuefte Geftaltung immer die
t richtige und gültige fein muß, folglich die Gegenwart niemals auß einer fern
aden Vergangenheit zurecht gewiefen werben kann, fo hat fidy doch diefe Anſicht
dadurch große Gunft erworben, daß fie alles Beſtehende durch die bloße That⸗
des Dafeins für rechtlich begründet erklärt, und in der Gefchichte, worin ohne⸗
ft Alles behauptet oder nad) Belieben beftritten werden kann, cin Mittel fine
jcdes Verlangen einer Reform zur Ruhe zu weifen, befonders aber, daß fie
Streben nady einem höhern Ziele ald Thocheit und Srevel verdammt. Indeſ⸗
ae auch diefe Anficht wahrſcheinlich [on ihren Culminationspunkt erreicht.
yat ſich das große Verdienft erworben, den einzig richtigen Weg zum Verſtehen
zeſetze an der Hand der Gefchichte gezeigt und gebahnt zu haben, der Jrrthum
aus Dem was ift, u. der Darftellung wie es wurde, auch Das was fein fol, fine
u wollen, ann fid) nicht lange erhalten. Demn wenn wir uns auf unjerm Wiege
wecch die Geſchichte zucechtfinden, fo kann nur die Philofophie uns über das
veffeiben belehren. Beide ergänzen ſich wechfelfeitig, jede führt für ſich allein
Hinfeitigkeit ; nur vereint lehren fie die wahre Rechtswiſſenſchaft und gefebges
Weisheit. Meben ihnen hat fich in der neuern Zeit noch eine vierte Anficht
ven, welche wir dielegiftifchenennenmöchten. Mit Recht unzufrieden über
Bewalt, welche ſich die Schule der Praktiker über die Gefege anmaßte und mit
wech diefe ſchwankende Praxis herbeigeführten Ungewißheit des Mechts, unges
ig fiber das weite Aushohlen der hiſtoriſchen Jurisprudenz und einfehend, daß
Moſophiſche nur dem Geſetzgeber, nicht aber dem Richter Materialien liefern
m, verließ ein anfehnlicyer Theil der Mechtögelehrten die bieherigen Autoritäten
is, und kehrte zu den Gefegen zuruͤck, aber weniger zum Geifte als zu dem
en derſelben. Anſtatt nur den Mißbrauch fuͤr die Zukunft zu umterlaffen,
gen aber, welche bereits eine gewiffe Eonfiftenz durch lange Anerkennung
hatten und vollendet waren, wieder umzuwerfen, und Nechtefäge, nach des
Gerichte eines Landes feit Menſchenaltern gefprochen hatten, wieder ſtreitig
‚ ging man haͤufig zu buchftäblicyer Anwendung folder Geſetze zuruͤck, des
fein kaum im Wolke noch geahnt wurde. Man hat fo oft von dem Scha⸗
en, welchen eine plöglicye Veränderung der Rechte durch neue Geſetzbuͤ⸗
Voͤlkern brächte ; aber wenn ein neues Gefegbuch von dem Zwecke ausgehen
die im Volke bereit herrfchend gewordenen Rechte: egriffe zu fanctioniren, fo
Be6 Lange Leine fo große und nachtheilige Veränderung mit na bringen, als bie
3*
676 Gefeßgebung, Gefegbücher, Geſetzgebende Gewalt
war, welche das Hervorcufen veralteter Geſetze aus der Vergeſſenheit, rim
Kormen und Subtilitäten, blutiger Strafgeſetze des 16. Jahrh., nie ins An
tretener Landesgefege nothwendig mit füch führte. Dazu kommt, dag man ki
buchſtaͤblichen Anwenden der Gefege weder Zeit noch eigenthuͤmlichen Charaftr
Einzelnen unterfheiden kann, fondern, zumal bei der Unvollſtaͤndigkeit und
Mangel technifcher Vollendung der Altern Geſetzgebung genoͤthigt ift, Meicege
alte und neue Landeögefege, papftliche Verordnungen, roͤmiſche Conftitutionen
Scriftftellerfragmente in der bunteften Verwirrung zufammenzufügen, un
Mofait herauszubringen, welches zwar den dußern Schein eines organiſchen
zen bat, dem aber doc) die innere Lebenskraft gunzlich mangelt. Denn baria
die hiſtoriſche Jurisprudenz Recht, daß ein jedes Rechtsinſtitut als ein felbftän
Gebilde angefehen werden muß, welches nur in feiner gefchichtlichen Entwide
richtig begriffen werden kann, den Fehler aber theilt fie mit der legiſtiſchen Anl
daß beide die Luͤcken, welche in einer jeden pofitiven Snftitution immer angetn
werden, nicht aus dem Urquell alles Rechts ergänzen wollen, fonbern ſich entn
durch Hiftorifche Hypotheſen helfen, welche die früheften Zeiten der Völker mit
kuͤnſtlichſten Syftemen befchentt haben, oder daß fie jene Luͤcken mit hetero
Stuͤcken aus einer ganz andern Regislation befegten. Beſonders die hifie
Schule vergißt hierbei ganz, daß ihre eignen Heiligen, die juriftifchen GtaffiterR
ihre Größe einem fleten Zurüdgehen auf die Wahrheiten des natürlidyen R
(ihre aequitas) und der Sicherheit verdanken, mit weldyer fie audy pofitive Ba
unter jene hoͤhern Grundfäge zu ordnen wiſſen. Auch die cömifchen Juriſten e
nen ein allgemeines Recht an, welches vor aller pofitiven Geſetzgebung, umd
fie, aber auch In und neben ihr befteht, und überall zur Anıvendung fommt, u
die Guͤltigkeit ber pofitiven Geſetze nicht reiht. Es ift ein großer Unterfchid
irgend eine Maxime des Rechts durch das pofitive Geſetz gefchaffen, oder von
nur anerkannt worden ift, denn in dem erften Falle kann fie über ihren pofi
Zweck nicht hinausgehen, im zweiten aber ift fie von Eeiner allgemeinen Braucks
Vorzüglich aber ift jener Unterfchied für die Säle von Wichtigkeit, wenn Verhoͤl
und Handlungen außerhalb des Stautsgebietes, 3. B. auswärts begangen: Ve
chen, zu beurtheilen find, auf welche das pofitiveRed;t nur mit großen Einid
ungen anzuwenden ift. So befchränft aber auch die zulcht befchrichene legi
Anficht des Rechts ift, fo hat fie doch wiederum darin ein großes Verdienſt, da
bie Unvollkommenheit, ja in vielen Hinſichten die gänzliche Unbrauchbarkeit de
handenen pofitiven Stoffes recht Ins Licht teilt, und dadurch die Neformen k
dern hilft, welche in vielen deutfchen Ländern fo dringend find. Wenn aber
IT. die Srage entfteht, von welchem Organ des Öffentlichen Lebens die Korthil
des Rechts ausgehen müffe, fo zeigt ſich abermals ein fehr wichtiger praktiſche
terfchied der verfchiebenen juriſtiſchen Theorien. Doch find menigftens die b
Dauptparteien, die hiſtoriſche und philofophifche, darin vollkommen einverflai
daß die bloße menfchliche Mit;kr, welche in den Geſetzen nur Mittel zu belicbig
waͤhlten zufälfigen Zwecken erblickt, möglichft ausgeſchloſſen werden müffe, mb
einer andern Seite her wird man leicht darüber einig, daß das Gefepgeben ein |
ſchaͤft ift, welches weder mit dem Rechtſprechen, noch mit dem Megieren verkzt
fein kann, wenn nicht eis unter dem andern leiden fol. Gegen den willkaͤrli
Gebrauch der Macht kann die Menfchheit nur durdy jene berühmte Sondern
der Gewalten, der regierenden, geſetzgebenden und rechtſprechenden geil
werben, als durch welche allein eine jede der drei Gewalten in ihren natımgemd
Grenzen erhalten werden kann. Hauptſaͤchlich aber ift es die große Verſchiede
fowol in dem innerften Wefen der gefeggebenden, vollziehenden und richtete
Thaͤtigkeit, als auch in der rechtlichen Natur ihrer Reſultate, melche eine Aufl
lung getrennter Organe für eine jede von ihnen nothmwendig macht. Das Regie
%
Geſehgebung Gefegbücher, Gefeßgebende Gewalt 677
eigentliche Handeln des Staats, die Regierung iſt ber Wille des Volkes,
(dem Allee, was flr die Geſammtheit gefchieht, ausgehen, alle Thaͤtigkeit
‚Ganze ihren erften Antrieb empfangen muß. Der Charakter der Regierungss
ng beteht demnach im Befehl, und Alles, was ein Befehlen (imperium) ent⸗
nuß als Regierungsact betrachtet werden. Diefer muß, wenn er in verfafs
aaͤßiger Form gegeben ift, fo lange er beftcht, unwiderſtehlich fein, weil fonft bie
ng nicht mehr das Organ des oberften Willens im Volke wäre. Er ift aber
widerruflich, fondern er kann in jedem Augenblide zuruͤckgenommen werden ;
nicht formelles unabaͤnderliches Recht (rechtskraͤftig), es koͤnnen Vorftelluns
egen gemacht, es kann, wenn er in erworbene Rechte eingreift, ſelbſt bei den
en Huͤlfe geſucht werden. Das Geſetz hingegen beſteht, und in dieſem
ſind hiſtoriſche und philoſophiſche Jurisprudenz vollkommen einig, nicht in
ſet des Willens, ſondern in dem Auffinden eines ſchon vorhandenen, eines
raus der innern Geſetzgebung der menſchlichen Vernunft ober aus der ges
hen Entwidelung bed Volkes zu [höpfenden Rechte. Das Geſetz iſt zwar
ht unwiderruflich, und kann felbft durch Beine Sanction dazu gemacht wers
re es ift, fo lange es beftcht, unwiderſprechlich, und von allgemeiner Guͤltig⸗
Endlich, ber Recht 8ſpruch ift nur für Diejenigen verbindlicy, welche den:
scch gerichtliche Verhandlungen herbeigeführt haben, für diefe wird er aber
n unabänderlichen (formellen) Rechte, ſodaß keine Gewalt ihn wieder umzus
mag. Dieſe verfchiedene Natur der öffentlichen Acte mug nicht nur in
ßern Sormen erkennbar fein, damit ein Jeder wiflen könne, was er dabei zu
, fondern fie fodert auch eine fo ganz verſchiedene Vorbereitung, daß fchen
m Grunde Regierung, Gefeggebung und Gerichte eine von einander ges
Reihe von Staatsbehörden und Beamten nothivendig machen. Darin aber
roßer Fehler der neuern (conſtitutionellen) Politik, dag fie die Sonderung
Hewalten fo verftand, als müffe fie alle Verbindung, alles Ineinandergreifen
aufheben. Daher die Wahl der Richter durd) das Voll und eine Geſetz⸗
welche von der Regierung weder angeregt noch aufgehalten werden lonnte.
n oder nur ein beſchraͤnktes Veto.) Hieraus entfland nothwendiger Welfe
fpalt im Staatsleben, weldyer nur mit dem Untergange endigen kannte,
ber die Regierung ift, was fie fein muß, fo kann ohne ihren Befehl nichts im
jefchehen, und ſowol Geſetzgebung als Gerichte muͤſſen den Antrieb ihrer
it von ihr empfangen. Zufammenberufung der gefehgebenden Stellen,
g der Geſetze, gebühren nur ihr, und ohne ihre Zuftimmung kann fein Ges
Folk zum Handeln verpflihten. Der Vollziehuingsbefehl, die Promulga⸗
ichieden von ber Sanction, als dem bloßen Anerkennen eines Rechtsſatzes
3efeh), kann nur von der Regierung ausgehen, und iſt nothwendig mit einem
inkten Veto verbunden. Dagegen foll der Einfluß der Regierung auf bie
yung nur ein negativer, und auf die Mechtepflege nur ein formeller fein, d.
ie kann kein Gefeg zu Stande fommen, und die Richter muͤſſen ihre Amts⸗
on der Megierung empfangen, und von ihr angehalten werden, ihr Amt
u verrichten, aber wie fie fprechen follen, kann ihnen durchaus nicht vorge
werben. (Vgl. Gerichte.) Rur fo kann die unentbehrliche Einheit und
ie im Öffentlichen Leben aufrecht gehalten, und doch auch jeder Zweig der
mtlichen Gewalt durdy die andre ergänzt und in der gefeßtichen Bahn erhal⸗
m. Das gänzliche Auseinanderreißen jener drei Gewalten ift eine Thorheit,
desmal, fo oft fie in Ältern und neuern Zeisen begangen wurde, ebeirfo ſchwere
yer die Völker gebracht hat, ale wenn fie fich einer willkuͤrlichen und unbes
n Derrfchaft hingegeben haben. Es führt uns aber IV. die hiſtoriſch⸗phi⸗
e Anficht von den Quellen der Gefege auch zu Reſultaten über die Drganls
feßgebender Behoͤrden, welche leider auch in den neuern Zeiten haufig nur
678 Geſetzgebung, Geſetzbuͤcher, Geſehgebende Gewalt
zu ſehr verkannt worden find. Die unrichtige Meinung, daß das Geſehgeben da
Act des Willens fei, hat die Folge gehabt, daß man einen allgemeinen Wille ie,
Völker dann zu finden glaubte, wenn man fo viel als möglich aus allen in dem Sal
anzutreffenden Intereffen ein Ganzes bildete, oder da dies in der That ummdeil ı
- ift, zuletzt nur das wichtigfte Intereſſe des Landbaues und ber ftädtifchen Gzeit
im Ganzen in ſtaͤndiſche Verſammlungen berief. Wenn von Wermaltungkugke
genheiten u. Beichlüffen darüber die Rede iſt, von ber verftändigen Auswahl der An
tel zu den höhern Zwecken des Staats, fo mag die allenfalls der Sache anger
fein. Wenn aber von Gefegen im erhabenern Sinne gehandelt wird, fo gibt«d
die Fähigkeit, daruͤber zu urtheifen, gar keinen andern Maßſtab als den der Ci
fit. Eine Volkövertretung zu dieſem Zwecke muß nicht den wandelbaren, lauag
haften, von Vorurtheil, Leidenfchaft und Eigennug getriebenen Volkswillen
ſtellen, fondern fie muß ein Spiegel der gefammten geiftigen Bildung der Rat
alfo vorzugsweiſe aus Denjenigen genommen fein, welche für die kenntnißerich
aufgeklaͤrteſten, erfahrenften des Volkes gehalten werden müffen, welche am md
Gelegenheit haben, die Beduͤrfniſſe des Volkes und die Mängel des Legislatien!
nen zu lernen. Daß auf diefe Eigenfchaften nicht von dem Beſitz einer Schoß 1
geſchloſſen werben Bann, ift ebenfo Elar, als daß man in einem gewiffen rt
befangen ift, wenn man in dieſem Befige eine Buͤrgſchaft flr die Gefinnumgen ſ
ben will. Uneigennuͤtzigkeit ift feine Folge des NReichthums, fondern der Ka
entbehren, und diefe lernt Derjenige viel eher, welcher fie von Jugend auf %
bat als Derienige, voelcher den Mangel vielleicht nie gefannt hat. Die Ort
genthümer für die eigentlichen Staatöhlirger auszugeben, die übrigen nur für gi
dete Miethöleute der Stantsgemeinde, ift eine Ungereimtheit, welche darum
aufhört e8 zu fein, daß fie audy von ein Paar Gelehrten verfochten wird.
eigenthum iſt erft ein Erzeugnig des Staats, nicht umgekehrt, und der Staat!
nicht den Boden fo vertheilen, daß ed von dem Belieben ber Befiger abhängen bie
Andern diefe Bedingung ber natärlichen Eriftenz zu entziehen. Je mehr nund
natuͤrliches Intereffe bie Grundeigenthuͤmer, und zwar in diefem Sinne die ba
wirtbe ven den übrigen trennt, defto mehr follten die Staatseinrichtumgen bau
berechnet werben, nicht einer Seite allein ein entfchiedene® und dauerhaftes Uhl
wicht gewinnen zu laffen: fie haben aber jegt fehr häufig gerade die entgegengil
Tendenz, was auch bereit8 auf Steuereinrichtungen hier und da einen fehr beas
baren Einfluß gehabt hat. Die zweite Folgerung, welche ſich aus der hier ad
ſtellten Anficht der Gefeßgebung ergibt, ift die, daß die 3a hl der ftänbifchen Da
titten nieht in irgend einem Verhättniffe mit der Volksmenge fieht. Um die gi
Bildung eines Volkes zu repräfenticen, bedarf es in einem größern Staat: d
einer größern Zahl von Abgeordneten, und der Heinere Staat müßte, wenn mM
Zweck ins Auge fat, eigentlich ebenfo viel Männer in feine Ständeverfammiung
rufen als der größere. Denn es follten in derfelben fo verfchiedenartige Kran
und Einfichten anzutreffen fein, daß kein Gegenftand vorfommen kann, übe u
chen nicht die Stände ein ſachkundiges Urtheil in ihrer Mitte finden, und daj il
all den Befchlüffen eine gewiſſe mittlere Richtung gegeben wird, welche zwar Ai
verhaßten Halbheit führen mag, aber doch nicht nothwendig mit ihr verknuͤyft
Dies ift Die größte Schwierigkeit für Eleinere Staaten, welcher fie nur dabırd #
weichen koͤnnen, daß fie fich mit der eigentlichen Gefeggebung an die Nachbarfas
anfchließen. Wermwaltungsangelegenheiten der Gemeinden, von der Ds
bis zur Staategemeinde, find noch keine Gefeßgebung ; fie mag auch der fiel
Staat eigenthümlich ordnen. Aber wenn er ein eignes Syſtem des b
Rechts, des Proceffes, der Griminalgefege u. ſ. w. aufſtellen will, fo wird @
gar von den Vorzuͤgen eines folchen eigenthümlichen Rechts weniger Nutzen a!
den Hemmungen des bürgerlichen Verkehrs, welche eine Folge ſolcher Abwtich
in
Geſicht Geſims 579
find, Schaden haben. Daher wärs allerdings zu wuͤnſchen, daß unter Staaten,
be nur Unterabtheilungen eines Volkes mit gemeinfchaftlichen Sitten, Religion
Gultur find, die Verwaltungsangelegenheiten von der Gefeggebung im engern
ne getrennt, und über die legte in fo großer Ausdehnung als eben zu erreichen
' wur gemeinfcyaftliche Einrichtungen getroffen würden. Alsdann würben fie
usch ben Wortheil großer Staaten verfchaffen können, bergleichen Geſetze durch
Butachten ſachkundiger Collegien (wie der franz. Staatsrath) ober Geſetzcom⸗
on im Zufammenhange mit allen andern Einrichtungen vorbereiten zu laſſen.
Staͤndeverſammlungen aber würde die Verlegenheit erfpart werden, uͤber
je berathen und befchließen zu follen, von welchen vielleicht nur Wenige, viele
Niemand in ihrer Mitte einige Kenntniffe befigt. Indeſſen ift dies nicht in
leinen Staaten allein zu bemerten. Gebr große leiden zumellen noch mehr an
m Übel, weil wenn auf der einen Seite, die Maffe der Kenntniffe, welche fie in
Mitte vereinen, größer ift, daflır auch auf der andern Seite wieder mehr une
ge Stimmen die Sache verderben, und indem gar zu Viele an dem Geſetzma⸗
Theil nehmen, das Intereſſe daran für die Einzelnen verſchwindet. Mit weis
Leichtſinn 3. B. dies wichtige Gefchäft bis jegt in England betrieben wurbe,
Rilfer „An inquiry into the present state of the statute and criminal law
ıgland‘* (London 1822) auseinander geſetzt; man fängt daher in England,
u Parabdiefe des Gewohnheitsrechts, endlich an, die dringende Nothiwenbigkeit
Yen, daß das Chaos einzelner Verordnungen in allgemeine Gefegbücher redigirt
» Mannennt dies die Gonfolidation der Geſetze; einzelne Gelehrte haben
che gemacht, foldye Eonfolidationdentwürfe einftweilen als Privatarbeit zu ges
» B. Ant. Stammond über die Criminalgefege.
Beficht heißt ſowol das menſchliche Antlig als auch ber Gefichtöftnn, durch
it die Gegenſtaͤnde vermittelft des Lichts wahrnehmen. Durch ihn erhält une
eele die mehrfien Vorftellungen, durch ihn ftellen wir die wichtigften Erfah⸗
ı über phyſikaliſche Gegenftände an, durch ihn genießen wir die ſchoͤnſten Freue
e Natur. Das Werkzeug diejed edlen Sinnes ifi das Auge (f. d.)
Befichtdpunkınenne man den Punkt, von welchem aus ein Gegenſtand
ı wird. Daß, je nachdem dieſer Punkt verändert wird, der Gegenftand ſich
eden darftelit, lehrt die tägliche Erfahrung. Jede Kunft, welche Gegenftände
ume neben einander oder hinter einander barftellt, hat baher den Geſichts⸗
mohl zu beobachten, weil fonft die Wahrheit, und unter mehren möglichen
oͤnſten zu wählen, weilfonft die Schönheit leiden würde. In den meiften
Den liegt er in der Mitte, weil hier die Hauptfiguren am meiften heroorragen.
Derfpective.) dd.
YHefims, die aus verfdiedenen Gliedern beftehende Bekrönung einer Wand
Infaffung einer Öffnung, eines Fenfters, einer Thür. Es ift eine wefente
erzierung, und dient zuc Begrenzung der Theile, damit fie vollendet erſchei⸗
d ein Ganzes werden. Jedes Geſims muß ununterbrochen fortlaufen, ohne
em Fenſter oder fonftigen Verzierungen ducchfchnittenzufein. Die einzelnen
x deſſelben muͤſſen ſich ungezwungen zu einem fchönen Ganzen vereinigen.
ınterfchridet, nach den Orten, wo fie angebracht find, mehre Arten von Ges
. Das Daupts oder Dachgeſims Erönt das Gebäude zu oberft, und ift nicht
m Gebaͤlt zu verwechfeln, beffen oberften Theil oder Kranz ed ausmacht.
Höhe muß mit der Höhe des ganzen Gebäudes in einem richtigen Verhaͤltniß
und nad) Befchaffenheit den 8. bis 20. Theil der legtern betragen. Zu der
afung der lieber oder dem Vorfprunge des Simfes nimmt man die ganze
ed Geſimſes, wenn diefer nur aus einem Kranze befteht; denn wenn es auch
tet iſt, etwas weniger zu nehmen, fo muß man fid) body ja vor dem zu wenig
680 Geſinde Gesner (Johann Matthias)
hüten, wodurch der Sims ein mageres, duͤrftiges Anſehen befommt. ade
ein Gebaͤlk (bei Säulen und Pilaftern), oder hat er die Eintheilung eines Gl,
fo bekommt er, was die Ausladung betrifft, die ihm als Gebaͤlk gehörigen Dahn
niffe. Die Zufammenfegung des Hauptgefimfes richtet fich, in Anfehung ad
Meichthums, nad) dem Charakter des Gebäudes. Das Gurte ober Weiten
iſt das zwifchen zwei Stockwerken befindliche. Es befteht nur aus wenigen Cua
und kann 12 — 18 Zoll Höhe haben. Seine Auslaufung muß wenigen ak
Theil feiner Hoͤhe betragen. Die Gefimfe an ben Wänden ber Zimmer we
wenn die Wände mit Säulen oder Pilaſtern geziert find, nad) den Gehäilen
Säulen gebildet. Iſt diefes nicht, fo bekommen fie nur einige Glieder, oder wg
den bei großen und hohen Zimmern oder Sälen dem Kranze eines Güulenge
ähnlich gemacht und Eönnen den 16.— 18. Thell der Höhe der Wand zu ie f
baben. Die Auslaufung kann ein bis zwei Drittel ihrer Höhe betragen.
Sims muß noch eine Hohlkehle über fidy haben. Zußgefimfe faffen eine &
über dem Sußboben ein, und beftehen gemeiniglicdy aus einem Sockel, voorauf
Glieder folgen. Überhaupt führt diefen Namen jede mit Gliedern verzierte U
Tage eines Zußgeftelle® oder Gebäudes. in Bruftgefims ift die obere aus dal
Gtiedern beftehende Bedeckung eines Geländers. Alle Öffnungen, ale Senfter,
sen, Kamine, bedürfen eines Geſimſes, um al& vollendet zu erfcheinm. As
obern Theil diefer Gegenftände wird oft, noch Über der Einfaffung, ein befadig
Sims oder Kranz angebracht. Die Kamine erhalten alsdann allezeit nur einen
einer geraden Linie gemachten Krang. Die Fenfter, Thuͤren und Nifcyen
zu ihrer obern Bedeckung entweder einen geruden Kranz oder einen Eleinen Ok
halten. Diefe Bebedung heißt die Verdachung.
Gefinde, Dienſtboten folhe Perfonen, welche fid) vermig‘
Dienftvertrags auf eine beftimmte oder unbeſtimmte Zeit anheiſchig gemacht!
gegen Koft und Lohn, oder andre Vergütungen, häusliche Dienfte und Gefhäit
verrichten, Die wechfelfeitigen Rechte und Verbinblichkeiten, weldye, wenn ft
feitig bloß das Gefinde angehen, das Gefinderecht heißen, werben zwiſche
Herrſchaft und dem Gefinde durch den Dienftvertrag begrünbet, welcher bloß
bie gegenfeitige Einwilligung feine verbindliche Kraft erhält, wenn nicht etwa
befondere Gefege oder Gewohnheitsrechte die Vollkommenheit des Dienfivnt
von der Gebung und Annahme des Miethgelbes abhängig gemacht if. AU
der Beftimmung der rechtlichen Verhältniffe zwifchen Herrſchaft und Geſinde!
es zunachft darauf an, was unter ihnen befonder& verabredet worben ift; dam
bat man auf die Gefindeordnungen und örtlichen Gewohnheiten Ruͤckſicht pe
men. In mehren deutfhen Städten find befondere Behörden, weiche fen
zwiſchen der Dienftherefchaft und dem Gefinde entſtandenen Streitigkeiten ſchuch
als auch über das Betragen der Dienftbosen Aufficht führen, und bei jeber
thung vorläufige Meldung verlangen. In einigen Städten beforgt ein
Dienftbotenamt ausfchließend das Vermiethen des Gefindes; anderwaͤrts
verpflichtete Gefindemäfler.
Gesner (Kohann Matthias), Diefer Humaniſt, welcher f. Gef
dem großen Konrad Gesner herleitete, jedoch ohne gehörigen Beweis, geb. zu
im Ansbadhifchen 1691, flarb 1761 zu Sättingen. Nachdem erf.
Jena vollendet hatte, wurde er 1715 Eontector und Bibliothelar zu Weimar,
Rector des Gymnaſiums zu Ansbach, 1730 Rector der Ihomasfchule zu Sg
und 1734 Prof. der Beredtſamkeit und in der Kolge auch Bibliothekar an bdert
errichteten Univerfität zu Göttingen. Die Verbefferung des gelehrten
und das Stubium ber alten Sprachen betrieb er mit ebenfo viel Einficht au
und wies die Juͤnglinge ſchriftlich und muͤndlich an, bie Alten nicht bloß em
Sprache, ſondern auch um bes Inhaltes und der Darftellung willen zu leſen. DA
Gesner (Konrad) Öefpenfter | 681
lutg. der alten Schriftſteller über ben Landbau, bes Quintilian, Plinius b. J.,
udian, Horaz und Orpheus veranlaßte ex eine fruchtbare Erklaͤrungsmethode der
nn Gtaffiter, und durch f. „„Primae lineae Isagoges in eruditionem univer-
a* bereitete er ein encyklopädifches Stublum der Wiffenfcyaften vor. Seine
monlanifche und Pinianifche Chreftomathie find nüsliche Schulbücher. Gin
Dienſt um das Studium der römifchen Sprache und Literatur erwarb er ſich
9 f. Ausg. des Faber ſchen Theſaurus, noch mehr aber burch f. „‚Novus linguae
zuditionis romanae thesaurus‘‘ (Leipzig 1749, 4 Bde., Fol.), worin er den
pen Sprachſchatz der Römer zufammendrängte.
Ge &ner (Konrad), ein Polyhiſtor, Deutſchlands Plinius genannt, geb. zu
ich 1516 von armen Altern, ſtudirte hier, zu Strasburg, Bourges und Paris,
erhielt in f. Vaterſtadt ein Schulamt. Um ſich aus f. duͤrftigen Lage zu zie⸗
‚ging er nach Bafel und ftudirte vorzüglich Medicin. Er wurde hierauf Pros
% der griech. Sprache zu Laufanne, und nad) einem £urzen Aufenthalt zu Mont»
er Prof. der Philofophie und ausübender Arzt zu Zürich, wo er 1565 an der
E farb. Arzneikunde, Philologie, Literargefchichte waren f. Fächer; in dem
m brach er durch f. Bibliotheca universalis, s. catalogus omnium scripto-
ı loenpletissimus in tribus linguis, graeca, latina et hebraica extantium‘*
(Zürich 154555, 4 Bde., Fol.) die Bahn. Ein Wunderwerk menfchlis
Gelehrſamkeit und Thätigkeit! Die Naturgefchichte erweckte er gleichfam wies
nachdem fie feit Jahrhund. gefchlummert hatte. Überall ſchoͤpfte er entweder
elgnen Beobachtungen oder aus den Schriften der Alten. Seine Gefchichte
Xhiere („Hiat. animalium““, zuerft Zürich 1550— 87, Fol., 4 Bde.) muß als
Brundlage ber neuern Zoologie angefehen werben. Auch machte er ſich um fie
& eine volift. Überf. des Alian verdient. Als Botaniker übertraf er alle Vor⸗
Mittebende, durchſtrich faſt alle Gegenden Europas, um zu fehen und zu fams
m, richtete, ungeachtet f. beſchraͤnkten Gluͤcksumſtaͤnde, einen botanifchen Gars
voll feltener Pflanzen ein, unterhielt einen Zeichner und Maler, und legte das
»Raturaliencabinet an. Er ift der Erfinder der botanifchen Methode, indem
as Dflanzenreich, nad) dem Charakter des Samens und der Blume, in Ges
echter, Arten und Claffen ordnete. Die Arzneikräfte der Pflanzen vernachläfs
ger nicht, fondern machte Verfuche an fi, und dann an Andern. Außerdem
leb er ber bie Deilquellen, über die Arzneimittel, über die Natur und Verwandt⸗
ft der Sprachen (Mithribates), und ebirte und commentirte mehre alte Schrifte
ee Bei f. großen Berdienften, wegen deren er ein Jahr vor f. Tode in den
fand erhoben wurde, war er cin befcheidener Mann, und ebenfo dienftfertig als
ierig. S. Hanhart’ „Biogr. Konr. Gesner's“ (Winterth. 1924),
eſpanſchaften heißen die Provinzen Ungarns. Eine Gefpanfchaft
Be ſich in zwei oder mehre Diſtricte. Jede hat ihren Obergefpan (oberften Gras
& einen Untergefpan (Steuereinnehmer, Rentmeiſter oder Perceptor genannt),
war, vier obere und vier untere Stuhlrichter. Alle diefe Beamten müffen von
el und in der Grafſchaft angefeffen fein. In 12 Sefpanfchaften ift die Würde
58 Obergeſpans erblich, in den übrigen entweder mit einem ber hohen Reichſaͤm⸗
ader mit der bifchöfl. Würde verbunden, oder der Dof ernennt wen er will aus
w Adel zum Obergefpan. Die andern Beamten der Gefpanfchaft ernennt ber
Il aus breien, weiche ber Dbergefpan In Vorfchlag bringt. Das Land der Uns
In in Siebenbuͤrgen, Stavonien und Croatien haben, mit Ausnahme der Mili⸗
Ingeenge, ebenfalls die Eintheilung in Gefpanfchaften.
r Gefpenfterfind, nad) dem Volksglauben, Seelen der Verftorbenen, bie
Ipellen wie ſchattenartige Luftgebilde in der Geſtalt ihrer ehemaligen Leiber, ober
ber andern Korm, den Lebenden erfcheinen. Doch follen audy böfe Geiſter zus
Men die Geſtalt Verftorbener annehmen, um die Dinterlaflenen als Gefpenfter zu
682 Geſpilderecht Geßner
quaͤlen. Der Geſpenſterglaube hat zu allen Zelten Anhänger gefunden, un
mit dem Glauben an Unfterblichkeit in etwas zuſammen. Man dadyte
Verftorbenen als ein fchattenartiges Gebilde, und nannte daher das Todten
Schattenreich. Man meinte ferner, daß die Seele nicht eher Nuhe babe, ı
Schattenreich übergehe, als bis der Leichnam des Verft. zur Erde beſtattet
ſchehe diefes nicht, fo ſchwaͤrme biefe Geste unftät in der Oberwelt herum,
fcheine in der Seftalt des Verſt. um die Lebenden an ihre Pflicht zus erinnem
Aberglaube fuchte diefe Meinung durch allerhand Erzählungen zu beſtaͤtie
welchen bald unwillkuͤrliche Taͤuſchung der Einbildungskraft, bald abfichtlid
ſchungen liftigee Betrüger zum runde lagen. In neuen Zeiten hat di
aus diefen Erzählungen Gefpenftermährchen gebildet.
Gefpildereht, ſ. Retractrecht.
Geßner (Salomon), geb. 1730 zu Zürich, wo ſein Vater Buchhaͤnl
Mitglied des großen Raths war, wurde, nachdem der frühere Unterricht ſ. ©ı
geweckt hatte, einem Landprediger übergeben. Hier erholte fich fein durch beſchaͤ
Tadel bisher erſtickter Geiſt; er machte in der lat. Sprache Kortfchritte, und!
gang mit dem Sohne ſ. Lehrers, der die beften deutfchen Schriftftelfer las, ſ
ſchoͤne Gegend entfaltete f. natürliche Anlage zur Poefie. Nach zwei Jahre
er zu den Seinigen zuruͤck. Der Umgang mit Zuͤrichs vorzüglichften Gelehrten
tigte und erweiterte f. Kenntniffe, und erhob f. dunklen Gefühle zu deutlic
griffen. Seine Gedichte, meift erotifchen Inhalte, gewannen mehr Krafl
nen feften Ton. G.'s Vater wuͤnſchte, daß f. Sohn die Buchhandlung, |
zugehörte, fortfegen möchte, und ſchickte ihn 1749 nach Berlin, um fid) da
dieſem Zwecke zu bilden. Er faßte aber einen fo entfchiedenen Widermwille
dies Geſchaͤft, daß er f. Lehrheren verlieh. Da fein Vater ihn durch Vorent
des nöthigen Geldes zur Ruͤckkehr zu zwingen fuchte, verfertigte er, um fic
terhalt felbft zu verfchaffen, eine Menge Landfchaften, die Beifall fanden. ?
ſchlug Ramler's unerbittlidy ſtrenges Urtheil f. Muth in Verfen zu fchrei
lange Zeit nieder , und er wählte dagegen eine harmonifche Proſa. Bei ein
nad Hamburg ſchloß er mit Hageborn eine innige Freundſchaft. Das „Ki
Schweizers an fein bemaffnetes Mädchen‘, weiches 1751 und f. Gemaͤll
Nacht‘, weldyes 1753 erfchien, kuͤndigten ihn wieder ale Dichteran. €
ßeres Gedicht „Daphnis”, wozu Amiot's Überfeg. des Longus die Idee in
weckt hatte, erichien 1754, wie bie vorigen, ohne f. Namen. 1756 abe
„Inkle und Yarico‘', eine Kortfeg. der Bodmer’fchen Erzählung, und im n!
J. ein Bändchen Idyllen heraus. In der Folge erfchien der „Tod Abels
die Shmächfte von allen f. Dichtungen. 1762 gab er f. Gedichte in 4%
aus, welche außer den genannten, den „Erſten Schiffer”, einige neue SIoy)
Lieder, und die beiden Echaufpiele „Evander” und „Eraft” enthielten.
ſchwieg G. mehre Jahre; f. Liebhaberei für die zeichnenden Künfte ſchim
fhließlich zu befchäftigen. Erſt 1772 gab er ein 2, Bdchn. Idyllen r
„Briefen über Die Landfchaftsmalerei” heraus. Seine angenehmen Natur
gen wurden zwar in Deutichland mit Beifall, in Frankreich aber, wo fie bu
ber's lÜberfeg. bekannt wurden, mit Enthuſiasmus aufgenommen. Hie
für einen clafiifhen Dichter vom erften Range, und er ift ber einzige
Schriftfteller, welchen bie franz. Dichter mehrmal überfegten, nachbildeten
nugten, Won Frankreich aus verbreitete fich fein Ruhm über ganz Eure]
hatte fich indeß verheirathet. Um ſ. Altern nicht LAftig zu werben, deſchlo
Kunft, die er bisher als Liebhaberei getrieben hatte, zum ernften Geſchaͤft zu
Seine Zortfchritte darin waren ſchnell und glänzend. S. Stüde wurde
berahlt, denn fie bezauberten, wie f. Gedichte, durch die anmuthigſte Nach
der Natur. Inf. Vaterlande wurde G., als er kaum das gefegunäfig br
Geſtalt der Erde Sefundfet 683
: erreicht hatte, in ben täglichen Math aufgenommten. Still und fanft floß
m fein Leben dahin, bis ein apoplektiſcher Zufall am 2. März 1787 demfelben
ade machte. Man bemundert in G.’s Schriften eine unnachahmliche Zarts
nd eine melodifche Sprache ; Tiefe und Kraft gehen ihnen ab. In der Lands
'Smalerei hat er fich Verdienſte erworben, bie feine Zeit ſchmaͤlern wird. Beine
made iſt leicht und räftig, ſ. Profpecte find ausgefucht, wild und romantifch,
ders ſchoͤn aber f. Bäume. Unter f. beften Werke rechnet man zwölf radirte
haften, die er 1770 herausgab. Alle, die G. gekannt haben, befchreiben ihn
nen fanften und befcheidenen, edeldenkenden und patriotifhen Mann, der in
tten ebenfo einfach, natürlich und wahr geweſen fei, als erin f. Werken er⸗
t. Bon f. Schriften ſchaͤtzt man die Ausg. Zürich 1777— 78,2 Bde., 4,5
Ye Eleine faubere Ausg. Zuͤrich 17650 — 74, 5 Bde.; ebend. 1800, 3 Bde,
Mitbürger errichteten ihm auf einer Promenade an der Limmat ein Denk⸗
©. älterer Sohn Konrad Geßner, ber fih früher in dem Fache der
ve und Schluchtenmalerei, fpäter durch ſ. Landſchaften auszeichnete, hatte in
ven und Rom (1784—88, vgl. d. Briefivechf. der Ältern mit ihm) ſtudirt.
1796 bis 1804 lebte er in England, dann in f. Vaterſt. Zürich, wo er 62 3.
8. Mai 1826 geft. ift.
Geftalt der Erde, f. Erde, Abplattung und Gradmeſ⸗
jen.
Seſtaͤndniß, im Clvilproceſſe Erklärung einer Procefipartel, wodurch fie
lahrheit einer eignen Thathandlung, die ihre Rechte und Werbindlichkeiten bes
einrdumt; im Criminalproceffe Einraͤumung getwiffer Umftände des anges
Igten Verbrechens. Gerichtliche® Geftänbnig im Civilproceß beweift voll,
tjergerichtliches nur halb und läßt den Gegenbeweis zu. Im Griminalproceß
as Geſtaͤndniß, wenn es entfcheiden foll, gerichtlich, und daneben der Thatbes
des Verbrechens bewieſen fein; auf bloßes Geſtaͤndniß kann kein Verbrecher
⁊ gefeglichen Strafe belegt werben.
Befticulation, ſ. Gebaͤrde.
Seſtirn, f. Sternbilder. |
Geſundbrunnen, dieienigen Quellen, deren Waffer mannigfaftige
aliſche Beſtandtheile, gewoͤhnlich auch Iuftförmige Stoffe in fich enthalten,
einen, von dem Geſchmack des reinen Waſſers abweichenden Geſchmack und
4 haben und ald Arzneimittel angewendet werden. Die Verfchledenheit ihrer
ſamkeit wird bedingt: 1) durch die Verfchiedenheit ihrer Miſchung, denn e6
zitterwaſſer, eifenhaltiges, Lohlenfaures, laugenſalziges, muriatifches, ſchwefel⸗
es, feifenartige® ; 2) durch die Verfchiedenheit der Zemperatur der Waſſer;
€ warme und kalte; 3) durch bie Verfchtebenheit der Anwendung, indem fie
ich, als Bäder oder Inmerlich als Getränke angewendet werden. (S. Bäder
Brunnen und Badereifen.) Vgl. des Medicinalraths Wetzler in
b Wert „Üb. Gefundbr. und Heilbäder” (Mainz 1325, 3 Thle.).
Befundheit, der ungeftörte und richtige Gang aller zum Leben eines
Mehen Weſens gehörigen Verrichtungen. Jedes Gefchöpf ift beftimmt, ſ. eis
Amlichen Kreis des Lebens zu durchlaufen, während beffelben ſich ſelbſt zu er»
4, und f. Gattung fortzupflanzen. Zu biefen Zwecken waren verfchiebene
erganiemen nothwendig, welche zwar für fich ein gefchloffene® Ganzes ausmas
aber auch wieder in der genaueften Verbindung mit dem übrigen Organismus
rund Syſteme, Organe oder Theilganze genannt werden. An diefe einzelnen
we und Softeme find beſtimmte Verrichtungen gebunden, die jenen Zwecken
rechen. Se höher die Stufe bes Lebens ift, auf welcher ein organifches Weſen
deſto volikommener muß aud) f. Organilation fein. Die Pflanze fteht auf
wiedrigen Stufe, ihre Organifation iſt daher einfacher. Auf einer höhern
Wyt zutvuuut uroen Dei My snegey leuht unv unpeyuvrır vun jew
dienende Organe in Ihrer Form und Kraft unverlegt, fo heißt der
Man ann die Gefundheit in abfolute und relative eintheilen.
beit muß bem gegebenen Begriffe durchaus in allen Stüden entfj
fer Geſundheit koͤnnte die Verfchiedenheit der geiftigen und ko
nicht beftehen ; bie dem Menfchen zutommende Gefundheit ift 1
tive, die ftatt der Schärfe der abfoluten, eine gewiffe Breite hat,
fid) die verfchiedenften Anlagen entwideln koͤnnen. Da bei de
Drganifation und der Ungeftörtheit ber Verrichtungen das Geme
hen gleich einem ungetrübten Spiegel erfcheint, fo kann die At
angenehmen Gefühle bei vollem Gebrauche f. Kräfte und ſ. Be
Innere Zeichen ber Gefundheit bed Menſchen gelten. Das duf
ben ift die Form der Organe und der ungeftörte Gang aller beı
tungen des Körpers. Ein gefunder Menſch befigt die 1. Alter iu
‚meffene regelmäßige Form, der Koͤrper iſt ohne auffallende Fehler
befielben ift gegen das Gefeg der Drganifation des Lebensalter
Maſſe oder Kraft, ſodaß er Die Werrichtung eines andern jtörte, €
auch an ber ihm zukommenden Maffe und Kraftäußerung: ber !
fett, noch zu hager, die Farbe des Geſichts weder zu roth, nod
fondern ein zart gemiſchtes fleifchfarbenes Roth, mit etwas hoͤ
hoch gefärbten Wangen und Lippen. (In Rüdficht der Hautf
befanntlic) viel auf Klima und Erdſtrich an, wo der Menſch wo
von dem Europäer, und zwar mehr dem nördlichen als füblicyen
Augen find heli und lebhaft. Der gefunde Menſch hat gute Epi
gel nur mäßigen Durſt, fühlt nad) dem Effen kein Drüden in de
‚gene, keine Verbroffenheit, eine Hige, verbaut gut, hat eine leich
gel unmerktiche, nur bei hinlänglihen Veranlaffungen als S
Hautausbünftung, einen gleichmäßigen, nicht zu ſchneüen Pulsfa
gehörig tiefen und ruhigen Athem, der bei Eörperlidter Bewegu
f&hleunigter ift, aber dody immer tief genug, bis zu dem erquich
völlig genügenden Einathmung gezogen werben kann; aud) fan
Yänglich ausdehnen, und den Athem ohne Beſchwerde eine gerar
Kasunt File Indie auch mich mies se Edhmall ehe man Ehrnaeli
Geſundheit 685
der Ledenfchaften umb Begierden bedroht wird, da ferner f. Thätigkeit niche
oͤrperlich, fondern auch geiftig ift, und endlich |. Confumtion um Vieles fchnele
efich geht als beiden Thieren. Allein in der Ratur des Menfchen felbft
aud) mehre Schugs und Huͤlfsmittel, welche f. Befundheit zu ſtatten kom⸗
eine körperliche Organifation und Structur ift zugleich zart, weich und
lebig; die Mannigfaltigkeit derfelben und der Berührungspuntte mit ber Aus
it bietet aud) den heilfamen Einwirkungen mehr Seiten dar, welche den nach⸗
ven das Gleichgewicht halten. Der Organismus kann niemals von allen
n zugleich angegriffen werden, fondern da f. Theilganzen oder Organe mit eins
im Gegenſatze und dadurch im Gleichgewicht ftehen, fo ift dasjenige, maß die
unction herabfeßt, für bie andre ein Erregungsmittel, wodurch foyleich beide
eitlang im Gleichgewicht gegen einander bleiben, bis, nady den im Organis⸗
wrefchenden (Sefege der Gewoͤhnung, der nachtheilige Eindrud durd) Gewohns
ſchwaͤcht wird, ober die Einwirkung von Außen nachlaͤßt, und demnach bie
ionen beiderfeitd auf ihren Normalgrad zurückkehren. So fehen wir z. B.
: fhlimmften und ſchnell veränderten Witterung dennoch viele Menfchen ihre
dheit behaupten, denn die Einwirkung der Atmofphäre, welche vielleicht bie
inftung der Haut vermindert, vermehrt die Abfonderung des Urins u. f. w.
ch macht ihn das Geiflige felbft vieler angenehmen erzegenden Einwirkungen
Vernunft und Verftand lehren ihn, feine Leidenſchaften und Begierden mis
äußere widrige Eindrücke abwenden, oder unſchaͤdlich machen, und überhaupt
unbheit [hügen. Wenn deffenungeachtet die Erfahrung lehrt, daß die Ges
sit der meiſten, menigftens der im Qulturzuflante lebenden Menfchen fo oft
twird, und fo wenige derſelben das ihnen von ber Natur beftimmte Kebensziel
en, fo ift dies eine natürliche Folge der Vernachläffigung oder Vereitelung der
nten Schugmittel ihrer Gefundheit, oft fogar der noch erhöhten Einwirkung
Beranlaffungen zu Störungen derfelben. Beide Fälle werden durch falfche
t, durch Luxus, Sucht nad) Vergnüyungen, Mangel an Herrſchaft der Vers
oft auch durch unvermeibliche Schidfale u. f. w. herbeigeführt. Je mehr
enfchen die ihrer Sefundheit drohenden Gefahren einfahen, deſto mehr fuchten
e Ecyugmittel ausfündig zu machen. Hieraus entftand die Geſund⸗
zkunde, weiche fid) jedesmal nach der berrichenten Mode in ber Medicin
t hat. Manche glaubten, die Kunſt, die Gefuntheit zu erhalten, beſtehe im
uch) von Lebenseliriren oder von gereiffen Vorkehrungsmitteln, 3. B. Aderlafs
rechen, Lariren u. dgl.; Andre wollten burd) Abhärtungen des Körpers, Ans
ch Wein und andre Reizmittel, Andre wieder durch andre Mittel diefen Ends
greihen. Während deffen verfiumte man die in der menſchlichen Natur
iegenben Hülfsmittel, die Gefundheit zu erhalten. Erſt in der neuern Zeit
ehre gelungene Verfuche, diefeKunft auf naturgemaͤße Grundſaͤtze zuruͤckzufuͤh⸗
macht worden, unter benen das Hufeland’fche Merk („Die Kunft, das menfd)s
ıben zu verlängern”) ſich vorzuͤglich Durch Nichtigkeit f. Grundfäge, leicht faß⸗
ınziehenden Vortrug, und durch zweckmaͤßiges Hervorheben des mohlthitigs
influffes der Moralität auf die Erhaltung der Gefundheit auszeichnet. Die
wahre Art, die Geſundheit unverſehrt zu erhalten, beſteht in einer vernünftis
jenen Kigentbümlichkeiten der menfhlihen Natur gemaͤßen Lebensweiſe,
am auf folgende Punkte zuruͤckgebracht werden: die Lrbensthätigkeit auf dem
zu erhalten, daß die Verzehrung ber organifchen Maſſe und der Kräfte nicht
üpig befördert werbe; den Wiedererſatz bes Verlorenen zu bifördern ; die Or⸗
tien in sehörigem Stand zu erhalten, die zum Wiedererſatz gehörigen Stoffe
gen aufzunehmen, zu verarbeiten, ſich anzueignen, alle Functionen gehörig
r gehörigen Zeit zu verrichten, den äufiern fhyädlichen Einwirkungen zu wider⸗
Altes, was hierzu foͤrderlich ift, gehört zu den Freunden ber Gefundpeit,
eigen, in Franken dem Spelz oder Dinkel, In Nordamerika dem
bie verfchiedenen Getreidearten irgendwo aufdem Erdboden wild wad
gewiß, 3. B. der Hafer und die Gerſte in Deutfchland zc., aber fie ba
wilden Zuftande nicht die Vollkommenheit unferer angebauten. Gi
urfprünglich und in den waͤrmeren Klimaten in Afien, Afcita und ?
jührig zu fein, und e& find nur einige ducch den Anbau an Ducchwinter:
weil die Sommerzeit bei uns zur Reifung nicht zureichte. Mit den
fern haben fie die Beflaudung und Beſtockung aus ihren untern Wu
mein, indem fie daraus neue Sproffen und Halme treiben. Ihre fa
zein verbreiten fie größtentheils in der Oberfläche des Bodens, und ver
fen gleichſam durch das dichte Gewebe berfelben, inbeffen der wenige
beträchtlich in die Tiefe geht, wem er Loderheit und Nahrungeftoff d
Alle Getreidearten haben gleichartige nährende Beſtandtheile, bie |
Menge und gewiffermaßen aud) in ihrer Verbindung bei den verfch:
verfchieden find. Diefe Beftandtheile beftehen in a) Kleber oder GI
das Eräftigfte Nahrungsmittel für den thierifchen Körper ausmacht
mehl, das zwar dem Kleber nachſteht, aber doch noch fehr nährend ift,
daulichkeit des Klebers zu befoͤrdern ſcheint; e) eine ſuͤße ſ chleimige M
ringer Menge, aber fie kommt dem Staͤrkemehl an Nahrungskraft be
das Getreide zur wein⸗ und effigartigen Gährung fähiger; d) die H
aus Faſerſtoff beſtehen und etwas verbauliche aromatifche Materie entt
Feuchtigkeit, welche auch in dem trodenften Getreide vorhanden ift, v
das Gewicht der Maffe, vermindert aber das fpecififche Gewicht, gibt Er
befördert bei dem aufbewahrten Getreide das Verderben, wenn es n
trocken gehalten wird, und dient bloß nad) der Einfaat die erfte Ent
Keims zu reizen. Altes, gut aufbewahrt geweſenes Getreide ift fin
und zur Saat beffer als das neue ober friſche. Ob Getreide als allge
ſtab des Werthes der Dinge gebraucht, ob es dem Gelde zur Bafıs t
ſ.Werthmeſſer und Papiergeld,
Getreidehandel, ſ. Kornhandel.
Getreidemagazine, ſ.Kornmagazine.
Bistreinemanael. ſ.Kornmanaoel.
Gepvlertſchein Gewand [
item ben Wittenden mit Verachtung; und ald bie Prinzefjin waͤhren
my einige Verlegenheit zeigte, flüfterte ihr der Graf v. Barlaiment, Präf
inanzrathe, gu: fie dürfe fich vor dieſem Haufen Bettler (tan de gueux) ;
hen, Diefes hatten einige ber Verbündeten gehört; bei einem, am Abent
n Tages: gehaltenen Bundesmahle ward darüber gefptochen, man tran!
efunbbeit des Geuſen, und befchloß, dieſen Namen ald Bundeszeichen anzu
Ebenio nannte die Verachtung der Spanier jene Ausgewanderten, dis
das Meer geflüchtet, und Kaperſchiffe gegen die Spanier ausgerüftet ha
affergeufen.
Geviertfhein, [.Afpecte
Gemwährleiftung iſt die den Verkäufer einer Sache treffende Verl
Herit, denn Käufer gegen alte rechtliche Anfprüche zu [hügen und ſchadlos zu da
mähradminiftration ift ein befonberer Verwaltungsvertrag, ver
en ber Werralter eines Amtes oder Kammergutes die vorher in Anſchiag geb:
Ibelichen Einkünfte deſſelben gewiß liefern und das etwa Fehlende auß fi
m ergänzen muß, bei höherer Nugung aber einen gemwiffen Antheil bavoı
&ewanbd nennt man in der bildenden Kunft alle Bekleidung, Draperiı
Mölichen Figuren. 6 gehört zu den ſchwerſten Aufgaben der Kunft, ein &
Tchönes Gewand anzuordnen. Piaftit und Malerei Haben indeß jede eh
bünfniß, und fo muß auch die Behandlung der Gewaͤnder in beiden ver
In der Plaſtik find die fogenannten naffen Gewaͤnder, welche fich |
formen ds Röcpere anichließen, daß fie Diefe und die Bewegung des Rade
fheinen laffen, von großem Nugen. Diefen find die weiten, faltigen und
Bervänber entgegengefegt. Zu den Zeiten, da bie griechiſchen und roͤmi
tler von der urfprünglichen Einfalt abgewichen waren, wurden duͤnne uml
che Gewänbder bie beliebteften. Weldye Art nun aber ein Künfkter auch w
Altes To angeorbnet werden, wie Natur, Bedeutung und Geſchmack ı
Die Falten dürfen keine fpigigen Lichte und Schattenwintel ma
ſcharfen Durchſchnitte das Auge beleidigen, den fleifhigen Formen
benehmen, und übel zufammenftimmende Theile bilden. Sind fid
alle gleich, fo entftcht Steifheit. An den ebelften Statuen und Basıı
fehönen Zeit der Griechen fieht man beide Arten von Gewand auf mar
DBeife zur böchften Schönheit ausgebildet. Wie die Maler verführen,
nicht genau. Beiden Äitern Malern der neuen Zeit findet man for
eine gute und richtige Grundlage dazu; aber erft Michei Angelo und R
Sewaͤnder zu der Größe und Schönheit ausgebildet, die ber Fdealfty
erfodert. Beſonders haben diefeiden durch Rafael die Grazie erha
welche fie gleichſam an dem Leben der Geſtalt, an der Anmuth ihrer B
Antbeil nehmen und wodurch fie fähig werben, die verhuͤllten Schoͤnh
und durch eigenthümliche Reize die Luft der Betrachtung zu echd
Burf des Gewandes muß in der Anlage ſchon durch die Idee des Künf
pt fein; aber die Wahrheit der Bruͤche und Falten 145t ſich nur dee M
mrähalb der Kuͤnſtler bei der Ausführung f. Gewaͤnder häufig fich de €
bedient. An ftürmifchen Tagen kann er das Fliegen, Flattern und 2
Geroänder beobachten. Hat der Künfkler den Wurf des Gemwander
‚und Schönheit gemäß angeordnet, fo bleibt ihm noch eine befondere I
das Golorit übrig. Viele Falten bringen ficher eine üble Wirkung her
Künftler nicht, die Regel von den Maffen beobachtend, in den beleucht
ber Gewänder alle Heinere Falten, mit wenig merklicher Abweichung
ber Localfarbe, heller und dunkler gleich ſam nur andeutet, fodal
jicht unterbrochen werden kann. Durch Mannigfaltigkeit der {
688 Gewehre Gewerbſteuer, Induſtrieſteuer, Arbeitsfteuer
tiefungen, Brüche und Wiberfcheine werben die Dunkeln Maſſen belebt, und i
cher Hinficht gewähren dergleichen duͤnne, faltenreiche Gewaͤnder unleugbare
theile. Manche der vorzuͤglichſten neuern Meifter drapirten, um ungeflöcte |
maflen zu erhalten, mit flarken Zeugen, weil fie ſich in Nachahmung berfelben
an die Wirklichkeit Halten konnten, ohne Gefahr, jene Regel zu verlegen, alle
den Schattenpartien war ed dann nicht zu vermeiden, daß biefelben twenig unten
chene, todte, unerfreulihe Maffen bideten. d
Gewehr, f. Degen, Flinte und Waffen.
Gewehrfabrik, eine Anftalt, worin Gewehre aus Eifen aufdie V
verfertigt werden, daß immer eine Glaffe der Arbeiter der andern in die Hände «i
tet, das Eifen aber durch Hämmer, welche vom Waffer getrieben werben, gef
det wird. In einigen werden nur ſchneidende und ftoßenbe, in andern nur Ju
gewehre, in wenigen beide Arten zugleich verfertigt. Die befannteften find die;
Suhl in der Sraffchaft Henneberg, zu Sohlingen in ber Graffchaft Mark, m!
ſtricht, zu Luͤttich u. f. Außerdem hat faſt jeder Landesherr, der ein beträdil
Heer unterhält, feine eigne Gewehrfabrik, 3. B. der König von Preußen bei S
bau, wo nicht allein Klingen, Bajonnette und Ladeſtoͤcke, fondern auch Küraflı
Feuergewehre verfertigt werden. Bei Verfertigung der Klingen und Bajonzete
beiten die Klingenfchmiebe den Härtern, welche die gefchmiedeten Klingen he
und diefe den Schleifern in die Hände, welche fie auf der großen, vom Waße
triebenen Schleifmühle fchleifen und poliren. Zu ben Feuergewehren und 8
fen wird das Eifen auf einem eignen Hammerwerk unter dem Prellhammer pp
tem gefchlagen, die Platten verwandelt der Rohrſchmied in Röhre, welche f
auf der Bohrmühle ausgebohrt und auf der Schleifmühle polirt werden. DER
zu Commißgewehren erhält nun der Rohrfeiler, der fie mit der Schlichtfeite
die Schwanzfchraube verfertigt, Haften und Richtkorn auffegt. Der Schioft
bearbeitet die Theile bes Schloſſes bis zum Härten und Poliren, der Mefling
Beugfeiler verfertigt den Beſchlag, der Schäfter den Schaft, der Stecher a
den Namen des Landesheren auf den Lauf, und der Equipeur fegt alle dieſe 2
zuſammen. Die Kücaffe werden unter dem Prellhammer ſchon aus dem &
gearbeitet, hierauf dem Kuͤraßſchmied übergeben, der fie weiter ausbildet, u
Schleifer und Polirer die legte Hand daran legen.
Gewerbefreiheit, f. Zunftwefen.
Gewerbfteuer, Snduftriefteuer, Urbeitsfteuer, #
Abgabe, welche vom Arbeitslohne entrichtet wird; unter Arbeitslohn aber iR
bloß das Einkommen zu verfichen, was die Betreibung der eigentlichen Gewerbe
fchafft, fondern auch Dasienige, was auf irgend eine andre Weiſe durch Anwen
geiftiger ober Eörperlicher Kraft erworben wird, alfo auch die Befoldung der &
beamten, der Verdienſt der Arzte, Sachwalter ic. Mur derjenige Theil des Ad
lohns, welcher den zum nothwendigen Bedarf des Arbeiters erfoderlichen X
uͤberſteigt, follte einer Beſteurung unterworfen werben ; diefer Bedarf aber BE
den einzelnen Arbeitern nach ihrem Stand und Verhaͤltniſſen Höchft verfchichen, 1
was für den einen Arbeiter Luxus fein würde, ift flr den andern nothwenbigel!
duͤrfniß. Auch rührt das größere Einfommen, das mit mandyen Gewerbes
bunden iſt, nicht fo fehr von dem höhern Arbeitslohne, als vielmehr von dem
winnſte her, welchen die im Gewerbe angelegten Capitale verfchaffen. Die €
fteuer muß daher, fol fie nicht dem Gewerbfleiße nachtheilig werden, fo mg
fein, daß fie 1) das nothdürftigfte Austommen gar nicht antaftet; 2) von 2
die nicht viel Über dies nothdürftigfte Auskommen verdienen, nur einen fehr ©
Antheil nimmt ; 3) in Eleinen Xheilen und gerade zu der Zeit, wann der Arktiter
Überſchuß über f. Bedarf hat, erhoben wird; 4) nad) dem Maßftabe der Gi
und zwar fo vertheilt ift, daß fie eher nady einem zu niedrigen, als nach ei
Gewicht Gewiſſen 689
on Fuß des wahrſcheinlichen Verdienſtes berechnet wird; 6) nicht bie beſondern
des Fleißes, ſondern nur den ganz gewoͤhnlichen Verdienſt beſteuert.
den wenigſten Ländern finden wir Beiſpiele von reinen Gewerbſteuern; gewoͤhn⸗
‚treffen die unter diefer Benennung vorkommenden Abgaben neben dem Arbeits⸗
ne zugleich die Capitalrente, bin und wieder aud) die Grundrente; eine ſolche ges
ſchte Steuer ift die Patentfteuer. KM.
Gewicht, f. Maß und Gewicht.
Gewiß und Gewißheit find von Wiffen benannt, indem bamit ber
n Wiffen eigenthuͤmliche Grad der Überzeugung angedeutet werden fol. Wer
mlich etwas zu wiffen behauptet, legt fidh dadurch eine Erkenntniß bei, an beren
abrheit weder er ſelbſt ziweifelt, nod) Andre zweifeln follen. Daher werden auch
Ausdrüde wahr und gewiß, Wahrheit und Gewißheit, oft mit einander verbuns
- Sm Fall man aber einer Erkenntniß diefen Anſpruch auf allgemeine Gültig»
nicht zutzaut, ohne fie doch ſchlechthin als falſch und ungültig zu verwerfen, ers
2 man fie bloß für wahrſcheinlich, mithin auch für ungewiß. Denn da bie bloße
De das Bewußtſein der Möglichkeit des Gegentheild nicht ausſchließt,
für Den, der etwas nur für wahrfcheinlich Hält, immer ungewiß, ob die Sache
fü verhalte, wie er ſich diefelbe vorftellt. Daher behaupten Diejenigen, welche
GBerißheit der menfchlichen Erkenntniß überhaupt bezweifeln (die Skeptiker), daß
u feinen Beifall zuruͤckhalten müffe, mithin entweder gar nicht urtheilen, ober
Mens feine Urtheite nur für wahrfcheinliche Meinungen ausgeben dürfe. Denn
| unterfcheibet fich eben dadurch vom Wiffen, daß jenes fich nur fuͤr wahr⸗
‚ mithin auch für ungewiß, dieſes hingegen für wahr, mithin auch für ges
Iausgibt. Was nun die Frage anlangt, ob die menfchliche Erkenntniß übers
Ipt ber Gewißheit fähig fei ober nicht, fo iſt fo viel einleuchtenb, baß der gefunde
und das unverdorbene fittliche Gefühl gewiffe Erkenntniſſe als uns
weifefbare, mithin völlig geroiffe Wahrheit anerkennt. So wird kein Vernuͤnf⸗
gbaran zweifeln, baß zwei Mal zwei vier if, ba bie Sonne bie Erde erleuchtet,
Morden, Rauben, Lügen u. ſ. w. unerlaubte Handlungen find, und daß der
Em Te höhere Beftimmung hat, als bloß hier auf der Erde gleich Pflanzen und
ſich zu ernähren und fortzupflangen. Wir bemerken noch den Unterfchieb
der unmittelbaren und mittelbaren Gewißheit. Diefe entfteht ducch Be⸗
fe, in welchen ein Sag die Gültigkeit des andern vermittelt. Jene hingegen ruht
und in fich felbft, und ift daher auch die Grundlage der mittelbaren Gewißheit.
ma wenn es gar nichts unmittelbar Gewiſſes gäbe, fo würden alle Beweiſe ine
mbliche fortlaufen oder keinen Anfangepuntt haben, mithin gleihfam haltungs⸗
ie der Luft ſchweben. (S. Erkenntniß.) D.
_ &ewiffen ift das Vermögen des Menfchen, über das Verhättniß f. Hand⸗
und f. fittlichen Zuſtandes zu dem Sittengefege (welches der religioͤſe Menſch
Gefe betrachtet) zu urtheilm. Vor dem Handeln dußert es ſich durch
und Ermunterung, nad dem Handeln durch Beifall und Zabel, und
gründet ſich die Unterfcheidung zwiſchen bem vorhergehenden und dem nach⸗
Gewiſſen. Auch unterfcheibet man ein ſchlafendes, erwachendes und er
Gewiſſen, je nachdem die Beurtheilung der Handlungen, nad) ihrem Ver⸗
zu dem Geſetz, entweder ganz unterlaffen wird, oder anfängt, ober ſtets
fortbauert. Dem, ber feine Danblungen mit möglichfter Sorg⸗
Ihrem Verhaͤltniſſe zu dem Geſetze beurtheilt, und daher ſtreng gegen ſich
iR, wird ein enges Gewiſſen oder Gewiffenhaftigkeit, Dem hingegen, der es
Beurtheilung nicht genau nimmt, und Manches, was das Geſetz verbies
id leichtfinnig erlaubt, wird ein weites Geroiffen zugefchrieben. Oft braucht
das Wort Gewiffen auch von dem den Menfchen begleitenden Bewußtſein ers
oder verlester Pflicht ; in biefem Sinne redet man von einem quten und einem
.⸗Lex. Gichente Aufl. Bd. IV. 44
H
692 | Gemürzinfeln
chen und den Schleichhandel mit Getwürzen zu verhuͤten, bereite jaͤl
verneur von Amboina mit einem Geſchwader von 20 — 50 Schiffe
nement. Aber ungeachtet diefer Vorſichtsmaßregeln wuchſen die
das eigenthümliche Erzeugniß diefer Eilande, überall, wohin die Gen
der nicht dringen konnte, und die Engländer trieben einen betraͤchtl
handel mit den gedrüdten Inſelbewohnern. Übrigens find die Mı
Natur kaͤrglich begabt, es fehlt ihnen zum Theil an Waffer, und fi
und andre Lebensbedürfnifle von Gelebes holen. Die Nachtheile di
geld erleichtert zum Theil der häufig wachſende Kokosbaum, def:
reichlich naͤhrende Feuchtigkeit enthalten. Unter den elf Amboinainfi
na die wichtigfte. Sie hat 20 DM., 45,000 Einw. und war de
hollaͤndiſchen Niederlaffungen auf ben Moluden. Die Inſel wir
und kleinere Halbinfel abgetheilt. Auf der erſten, Ditou, haben die
Forts; auf der füdlichen Eleinen, Leitimor genannt, liegt das Fort
ches der Sig ded Gouverneurs war. Die Befasung war 600 M. |
Landenge, welche die Halbinfel verbindet, liegt bie Feſtung Middelbi
ſel ift gebirgig mit fruchtbaren Thälern, hat aber ungefunde Luft. D
Erzeugniß, der Gewuͤrznelkenbaum, wirb bier und auf einigen ber
feln in 400 Särten gezogen, von welchen jeder 125 Bäume enthaͤlt.
ſche Handelsgeſellſchaft hatte umftänbliche Vorfchriften über den «
Martung der Gewärzneltenbäume gegeben, wovon bei harter Strafi
hen werden burfte. In neuern Zeiten bat man auch den Muskate
angepflanzt, ber guf gedeiht. Noch liefern Amboina und die Nachb
Zucker, Reis, Kokosnuͤſſe, Mandeln, Zabad und fchöne Holzarten. 1
gen zu dieſer Gruppe gehörigen Inſeln find Hanimoa, mit dem For
Laut fehr neltenreich ; Ceram liefert ſchoͤnes Ebenholz. Von den B
den ſuͤdlichſten Molucken (mehr als 40 Eilande), find nur 6 bewol
ben einen fandigen, zum Theil felfigen und unfruchtbaren Boden.
zeugniß ift der Muskatbaum. Auch liefern fie Sandelholz, Mandel
nüffe ; aber fie haben weder Getreidebau noch Viehzucht. Unter dei
find 1700 Sklaven in 57 Pflanzungen. Der holländifhhe Befehl
auf der Infel Banda oder Poulas (Infel) Neira, die eine gute Rhede!
die beiden Forts Naffau und Belgica gedeckt wird. Die nur durd
Straße von jener getrennte Infel Landoir⸗Banda ift die größte der ge
und erzeugt bie meiften Muskatnuͤſſe, in 34 Gärten. Die übrigen 3
ner. Auf Poula⸗Ai, wo gar kein Trinkwaſſer iſt, wachfen die bi
nuͤſſe. Gomongs Api (im Malayifchen Feuerberg) (1940 Fuß über t
che) hat einen furchtbaren Vulkan, deſſen häufige Ausbrüche die ben.
fein mit Afche bedecken. Die unfruchtbare Inſel Rofingin oder Re
Aufenthaltsort von Miffethätern, welche Holz bauen und Kalt und :
möffen. Die Caftelle auf den Banbainfeln waren gut befeftigt, unt
näherung feindlicher Schiffe zu verhüten, lag ringe um die Küfte ei
einer Schiffe, das jebes fremde Fahrzeug unterſuchte. Das Loos I
war bei dem Mangel an Lebensmitteln fehr elend. Die Eingeborener
der Schilderung der Holländer, fo graufame, treulofe Menfchen, daß
Geſellſchaft um ihrer Sicherheit willen fich genoͤthigt fah, fie auszuro
Golonie nach Banda zu fenden. Die Coloniften aber beftanden aus bi
fen Menfchen, die fonft nirgends fortkommen tonnten, und froh w
leben. Die Holländer in Batavia nannten daher Landoir-Banda gı
Buchthausinfe. Die Gärten, worin die Muskatnußbaͤume gezogen
Ben Perlen, und die Eigenthuͤmer berfelben Perkeniers. Diefe mußten
Gewuͤrznelken Geyer | 693
ewuͤrz gegen einen geringen Preis an die hollänbifchzoftindifche Geſellſchaft abge⸗
a, weiche ihnen dafuͤr ihr LKebensbebürfnig, den Meis, theuer verkaufte. Die
Me Sorte von Muskatnüffen wird nach Europa gefandt, eine fchlechtere, ober die
orte, in Indien verkauft, und aus der geringften das koͤſtliche Muskatoͤl ges
ei Man rechnet, daß von 500,000 Nelkenbäumen auf den Molucken jährlich
Durchſchnitt 600,000 Pf. Nelken geronnen wurden ; davon kamen 350,000
fe nach Europa, 150,000 Pf. wurden in Indien verfauft und der überreſt ward
* Mißjahre aufbewahrt. An Muskatnüffen wurden jährlich 600,000 Pf. und
0,000 Pfund Bluͤthe geerntet, wovon nad) Europa 230,000 Pfund Nüffe und
D,.000 Pf. Blüthe kamen. Das Übrige ward für den Nothfall aufbewahrt,
wand, wenn reichliche Ernten die Vorräthe zu fehr häuften, vernichtet. Seit
heen Fahren aber wurde, fowol wegen ber Nachläffigkeit, womit man das Eins
mmeln betrieb, / als wegen der Verwuͤſtungen, die ein heftiger Orkan 1778 ans
tete, weniger gewonnen, u. 1796 wurden aufden Bandainfeln nur 163,236 Pf.
kffe und 47,770 Pf. Muskatblüthe geerntet. R.
Gewürznelten, ober Gewürznäglein, find die noch ungeöffneten Bluͤ⸗
u oder Blüthenknospen eines Baums, der auf einem 4 — 6 Fuß hohen Stamm
eſchoͤne pyramidalifche Krone treibt. Die Blätter ſtehen einander gegenüber,
langgeſtielt, eiförmig und den Lorberblättern aͤhnlich. Im Maimonat fproffen
eoͤthlichen Blüthen büfchelmeife an den Enden der Zweige hervor. Ihre Blumens
ne hat vier Blätter, der Keich ift vier Mal getheilt und offen; die vielen Staubgefäße
in vier Daufen gefondert ; die Srucht iſt eine Beere, unten zweifächerig u. eins bi®
Afamig. Zur Zeit der Reife hat fie die Geftatt und Größe der Dlive, nad)
unberg aber wird fie fo groß wie ein Hühnerei, von Farbe ſchwarzroth, und bes
t aus einer bünnen Bedeckung, welche einen der Ringe nach zweitheiligen Kern
Khließt. Die Fruͤchte dienen zur Kortpflanzung des Baums, haben einen ſchwa⸗
u, den Gewuͤrznelken ähnlichen Geruch und einen gleichen, aber lieblichern Ges
mach, der etwas zufammenziehend iſt. Man nennt fie Mutterneltn. Die uns
enen werden darum in diefem Zuſtand abgenommen, weit fie, wie dies
d mit andern Blüthen der Fall ift, dann die meifte Kraft haben. Wenn fie ges
bet find, trocknet man fie im Rauche, wodurch fie braunroth werben, und bringt
hann an die Sonne. Friſch ift ihr Geſchmack unleidlich brennend. Sie nthals
4 bis + ihres Gerichts waflerhelles Atherifches DI, welches im Waffer größtens
ES unterfinkt, und einen heftigen Geruch und brennenden Gefchmad hat. Der
würzneltenbaum wird in feuchtem Boden auf Amboina, Oma, Honimon und
Malauta gezogen, two er urfprünglid) einheimifch ift. Er foll aber auch auf Ter⸗
e, Marigeron, Zidor und Neuguinea wild zu finden fein. Die Holländer rots
u die wilbwachlenden Gewuͤrznelkenbaͤume aus und pflanzten fie nurauf den oben
iannten Inſeln an. (S. Semwürzinfeln.) Sie wollten fid) dadurch den
unhandel dieſes Gewuͤrzes verfchaffen ; allein die Franzoſen wußten einige Baͤu⸗
‚sder Samen zu erlangen, und legten davon Pflanzungen auf Isle⸗de⸗France,
nebon und Sayenne an.
Geyer (Erit Suftav), D., Prof. der Geſchichte zu Upfala und k. ſchwed.
Bend: Hiftoriograph, feit 1824 Mitglied der ſchwediſchen Akademie zu Stockholm.
Iefer als Dichter, Redner, Geſchichtſchreiber, philofophifcher Denker und Lehrer,
M als Zonfeger ausgezeichnete Mann, ift 1783 in der Provinz Wärmeland geb,
hier Sohn eines Eifenwerkorfigere. Er erhielt f. erfte Bildung auf dem Gym⸗
ſium zu Karlſtadt, und ftudirte feit 1799 auf der Univerjität zu Upfala, wo ihm
ſchwediſche Akademie den boppelt großen Preis fuͤr ſ. Kobrebe auf den Reichsver⸗
ſer Sten Sture zuertannte. 1806 machte er eine zweijährige Reife nach Eng»
d. Nach f. Ruͤckkehr zum Lehrer der allgem. Weltgefchichte in Upfala ernannt,
er in Kolge der Ereigniſſe von 1809, und der dadurch vermehrten Drudfrei-
696 Gblberti
in ſ. unſterbl. Gedichte „La divina commedia“, in ber Abtheilung „L'ı
erwaͤhnt. Roger, ober Rugieri Ubaldini, ließ naͤmlich die Unglüdtice
Thurm von Gualandi, feitdem torre di fame gmamt, bringen, und.
Biel fegend, warf er nad) einigen Monaten die Schtüffel zu demfelben in
und weihte die Eingefperrten dem Hungertobe. Dichter und barflellend«
baben feitdem das ſchreckliche Ende U.s und der Seinen oft zum Begn
wählt, und die Nachwelt hat über der entfeglichen Strafe die Verbrechen
deren U, im Leben‘ ſich [huldig machte. Da mehre von U.'s Söhnen, E
übrigen Verwandten fich waͤhrend diefer ſchrecklichen Entwidelung theils niı
befanden, theild durch die Flucht entlamen, fo gelang e6 der Familie Gh
bald wieder zu Glanz und Anfehen ſowol in ihrer Vaterſtadt als anderwaͤrt
“ men, unb wir finden tchon 1320 einen Rieri Donavatico Gh. an der
Verwaltung in Pifa wieder. Ein natürlicher Sohn diefes Rieri war 2
&h., der als Feldherr der Pifaner Cagliari mit ſchwacher Macht gegen ?
von Aragonien verteidigte, und am 28. Febr. 1324 bei LucosGifterna dı
pferkeit ihm den Sieg ftreitig machte. Auch gelang es den Aragoniern
Cagliari einzunehmen, bis Manfred, ſchwer verwundet bei einem Ausf
ruͤhmlichen Tod fand. — Ein andrer Gh., mit Namen Bonifa
1329 zum Gapitain von Pifa ernannt, als diefe Stadt das Joch des
Gaftruccio Caſtracani und Kaifer Ludwigs des Baiern abwarf. Seine!
fenheit und Einſicht erwarben ihm die Liebe der Mitbürger und die Stab
ihm den vortheilhaften Frieden, den fie bald nad) diefer Zeit mit ihren
den, den Guelfen, ſchloß. Ebenſo unterdrüdte er fiegreich eine Werjch!
Adeligen gegen die Freiheit der Bürger (1335) und zwang die Ehrſuͤ
Stadt zu verlaffen. 1340 flarb diefer wadere Dann an der Peft, und
ven Pifaner ernannten feinen 11jaͤhr. Sohn, Reiner, zu f. Nachfol
Amte eines Capitains. 1348 flarb Reiner gleichfalls an der Peſt, unt
milie Gh. dadurch viele ihrer Glieder verlor, fo zogen ſich die Übrig
Stammbefigungen in den Maremmen zurüd und nahmen nur nody fel
an ben politifchen Begebenheiten von Pife. — In. neuerer Zeit zeich
Philipp Gh., aus Piftoja geb. (1730) in der Muſik als Compofiteur :
fortefpieler aus, ung kam er zu dem berühmten P. Martini nach Be
fen befter Schüler er binnen Kurzem wurde. Sein berühmteftes, bis je
nicht durch den Drud allgemein bekannt geworbenes Werk ift das Requi
er 1803 auf den Tod ber Königs von Etrurien fchrieb. Ex flach 18
beinahe 80 J. alt.
Ghiberti (Lorenzo), Bildhauer, geb. 1378 zu Florenz Se
ren hatten ſich beſonders mit der Goldſchmiedekunſt, in welcher bie Fle
rühmt waren, beſchaͤftigt. Er lernte früh von f. Stiefvater Bartolr
geſchickten Goldſchmied, das Zeichnen, Mobelliren, und die Kunſt, Iı
gießen. Nachher genoß er wahrſcheinlich Zeichenunteridht von Sta
batte zu Enbe d. 14. Jahrh. der Peſt wegen Florenz verlaffen, und mal
Frescogemaͤlde zu Rimini in dem Palaft des Zürften Pandolfo Malat
Prioren der Handelsfchaft zu Florenz alle Kuͤnſtler auffoderten, in der '
eines der bronzenen Thore, die noch heut die Taufcapelle des b. Johanne
zu wetteifern. Es kam nicht nur darauf an, Andreas von Pife, der d
nen drei Pforten 1339 und 1340 vollendet hatte, fondern auch alle Iel
ler, unter denen fehr geſchickte Meifter waren, zu übertreffen. D
Iſaaks in vergoldeter Bronze war als Probearbeit aufgegeben worben.
Bewerbern erklärten die Richter für die vorzüglichften Brunellefchi, D
Gh., aber die beiden erftern traten freiwillig zurüd, indem fie Sb. den
raͤumten. Mac) 21jähr. Arbeit brachte hierauf Gh. das eine, und auf
Ghirlandajo Gianni 697
rioren, nach faſt ebenfo langer Arbeit, noch ein zweites Thor zu Stande, von
en Michel Angelo fagte, daß fie den Eingang des Paradiefes zu ſchmuͤcken werth
2. Während diefer 40 Jahre vollendete Gh. noch einen Johannes den Täufer
Die Kicche Or Sun- Michele, zwei Basreliefs für die Zaufcapelle des Doms von
a, eine Statue des Matthäus und des heil. Stephanus, ebenfalls für die
che Dr San Michele, und für die Kirche Santa s Maria dei Fiore den bronzenen
kauienkaften des heil. Zenobius, Bifchofs von Florenz, von deffen trefflichen
Bretiefs fich drei Nachbildungen im Antitencabinet zu Dresden befinden. Alle
e Werke find noch vorhanden, und laflen Gh.'s Fortſchritte wahrnehmen. Klebt
wften Arbeiten nody eine gewiffe Trodenhrit aus Giotto's Schule an, fo erſchei⸗
. die fpätern nad) dem Vorbilde der Griechen, von immer markigerm und fefterm
DL und der Meliquienkaften des Zenobius, ſowie die zweite Pforte gehören noch
Le zu den fchönften Kunſterzeugniſſen des neuern Italiens. Auch in der Glas⸗
lerei bat Gh. treffliche Arbeiten geliefert, namentlich für die oben angeführten
chen Dr San⸗Michele und Sunta-Maria dei Fiore. Überdies ift von ihm ein
erk Liber die Bildhauerkunft vorhanden, von dem uns Cicognara ein Bruchftäd
t hat. Er ftarb um 1455. Der Kalmuk Feodor Iwanowitſch hat Gh.'6
in 12 ſchoͤnen Umriſſen geägt 1798 herausgegeben.
Bhirlandajo (Domenico), einer der Altern florentinifchen Maler von
Ber Erfindung und daher aud) von Spätern fehr benutzt. Er war geb. zu F
u 1449 und zeichnete ſich aud) durch genauere Perfpective vor f. Vorgaͤng
B, wiewol er ſich in dem Gebrauch des Goldes befonders bei der Verzierung der
wänbder von f. Gewohnheit noch nicht losmachen konnte. Mehre f. groͤßern
me, befonders Geſchichten aus dem Leben des heil. Franciscus, findet man in der
pelle Saffetti und in der Dreieinigkeitskirche zu Florenz. Dier hat er felbft Wuns
der Kraft, Wahrheit und Unfchutd 'geliefert. In der Giuſtiniani'ſchen
ammlung (f. d.) befindet fid) das allegorifche Bild der Wahrheit. Sehr wich
ward Gh. auch als Lehrer des Michel Angelo. Seine Brüder David und
euebict kamen ihm als Maler nicht gleich. Ein ſpaͤtere Ridolfodi&pies
Bd ajo war ein Freund des Rafael und Fra Bartolomeo’s Schüler.
» Bianmi (Francekco), Dichter und Improviſatore, geb. im Kirchenſtaate
50, lernte das Schneiderhandwerk, wo er auf f. Arbeitsbant Taffo, Ariofto und
bee Dichter a6. Bei einem vortrefflichen Gedaͤchtniß und einer lebhaften Eins
dengskraft bildete ihn die Natur zum Improviſatore. Als folcher verfuchte er
b zuerfi in Genua. Hierauf begab er ſich voll Begeiſterung für die Freiheit,
She Italien von Bonaparte, dem Gründer der cisalpinifchen Republik, erwartete,
W6 nach Mailand, und wurde Mitglied des gefeßgebenden Raths. In diefer
Due erwarb er, der ſchon als Dichter bezauberte, ſich ſolchen Beifall, daß man fein
WB in Kupfer ftechen ließ. Das Spartanifche in ſ. Gefihtsbildung entiprach
f. glähenden Republitaniemus, Die Ruffen fperrten ihn in Gattaro ein. Nach
9 (1800) ging er nach Paris, wo ihn Bonaparte mit einer Penfion von
Fr. zum kaiſerl. Smprovifatore ernannte, In den Gefelfchaften, die der
t6rath Gorvetto jedesmal bei der Nachricht von einem Siege des Heiden Frank⸗
bei ſich verfammelte, improvifirte G. mit dem glänzendften Beifall über das
befte Bulletin, das man ihm vorlegte. Mehre diefer Gefinge wurden mit der
liberfeg. gedruckt. 1811 begleitete er Madame Brignole nach Genua. Die
Mbigungen, durch die er f. Beſchuͤtzerin feierte, find ebenſowol Beweiſe f. Dank⸗
weteit alsf. Talente. Man findet fie, nebft einigen improvifirten Liebesgefängen,
2 6@.’5 „‚Saluti del mattino e della sera‘‘ (ind Stanz. überf., Paris 1813).
Bad) Bonaparte's Fall behielt G. f. Penfion. Seit dem Tode der Frau v. Brig⸗
bele, die bei der Erzherzogin Marie Louife im San. 1815 ſtarb, hat er nur Sonette
en Inhalts gedichtet. Der auf jeden dichteriſchen Ruf fo eiferfüchtige Momr‘
Hayes wennuye zeugen verwgenn jung amnyya were wir gan een
Kaiſerthums von ihm fortgefegt wurde. Da ihm ber Aufenth
zu Eoftfpielig wurde, verließ er dieſelbe, und begab ſich zu f.
nach Zaufanme. Hier vollendete er im Juni 1787 ben 6. und |
ſchichte, und reifte darauf nad, England, um die legten Bde.
übergeben. Sie führt den Titel: „History of the decline ar
empire‘‘ (6 Bde. 4., uͤberſ. v. Went 2. Aufl., Leipg. 1820).
Geiehrſamkeit, eine ebenfo genaue als geiſtreiche Kritik, ein h
nicht felten tiefe, oft große und faft immer richtige Anfichten,
tungen, die Kunft, an die Thatſachen große Ideen zu Inüpf
zum Nachdenken reizen, diefe Eigenſchaften ſichern G. d Wi
Werth. Dagegen ift es nicht tadellos. ©. war von lebhafteı
tem Charakter; er bewunderte Leicht die materielle Größe, hatt
für die moraliſche. Daher bewunbert er bie Greueithaten Tar
taren, während er bie heidenmüthige Selbftaufopferung der ı
herabwuͤrdigt. eine Grundfäge in der Moral, Politik, Sı
w. waren nicht feſt genug, um bei f. Werk ein einziges Biel
Auge zu behalten; daher fehlen ihm jene Eingebungen und Wa
die eine allgemeine und unmanbelbare Gültigkeit haben. Na
ehrte ©. nach f. geliebten Aufenthalt bei Laufanne zurlidl, wo er
fophifcher Ruhe lebte. Als aber die franz. Revolution ihren
Schweiz erſtreckte, machte er 1793 eine Reife nad) England, ur
1794, zu London. Außer ein paar Heinen Schriften beſitzen
Seibftbiographie in 2 Bon. Matthiffen gibt in f. Briefen |
von ®.: „Ex iſt groß und von ftartem Gliederbau, dabei etn
Bewegungen. Gein Geſicht ift eine der fogenannten phyſiogn
en, wegen bes unrichtigen Verhaͤltniſſes ber einzelnen Theile
find fo Kein, daß fie mit der hohen und prächtig getwöll
ſten Eontraft machen. Die etwas flumpfe Nafe verſchwindet |
bervorfpringenden Baden, und die weit herabhängende Unterke
ſchon fehr länglicye Dval des Geſichts noch frappanter. Ungı
maͤßigkeit hat G. e Phyfiognomie einen außerorbentlichen Ausdı
Whnhiar heim orften Mich han tiefen unk Icharfinninen Fon!
Gibellinen Gibraltar 701
ge Geſchlchte zu erzählen, nicht ein einziges Dat zum Lächeln. Im ſ. Haufe
ertſcht die firengfte Pünktlichkeit und Ordnung”.
Bibellinen, ſ. Welfen.
Gibraltar, ein felſiges 1400 Fuß über der Meeresflaͤche erhabenes Vor⸗
pirge an der ſuͤdlichſten Spitze des ſpaniſchen Koͤnigr. Andaluſien (36° 7 N. B.)
von Mitternacht nach Mittag 7 — 8 engl. Meilen lang, an der breiteſten Stelle
Yht eine halbe engl. Meite breit, überall fteil, hin und wieder ſenkrecht fteit, durch
Batur und Kunft eine unuͤberwindliche Feſtung der Engländer. Der Name mts
land aus den arab. Wörtern Bibel al Tarif (Tarife Gipfel oder Zellen), da Tarif
„Feldherr bes Khalifen Walid, zur Zeit bes Einbruchs der Araber in Spas
ken 711 fg. bei diefem den Völkern des Alterthums u. d. N. Calpe betannten Fels
wm zuerft landete, und bie an f. Buße gelegene Stadt Heraklea eroberte, welche ihren
amen unftreitig der Sage von ben Säulen des Hercules verdankt, die diefer Deros
w altm Welt auf diefem und dem gegenüber liegenden afritanifchen Worgebirge
uuıta ald Denkmal ſ. an jener Meerenge beendigten Abenteuer aufgeftellt haben foll.
wm dem Berge und der Feſtung Gibraltar ift die weſtlich neben jenem gelegene
Wabt und Bat, ſowie die Afrika von Europa [cheidende Meerenge oder Straße (7&
Belle lang, 14 M. breit) benannt worden. Die Stadt hut 12,000 Einw., denen
m Dafen wichtige Handel&vortheile gewährt. Die Unterhaltung der Feſtung koſtet
30,000 Pf. St. Die Feſtung hat eine zahlreiche Befagung. Serdinand Il.,
von Gaftilien, entriß 1302 Gibraltar den Arabern. 1333 eroberten biefe
. wieber und verloren es wieder 1462 an Heinti IV. Von dem Caſtell an der
webfeite des Berges das nach maurifcher Bauart mit dreifacher Mauer umgeben
ng, iſt noch die oberfte Mauer fliehen geblieben, zum Schug der Stadt gegen das
meogerungsgeſchuͤtz von der Landfeite her. Die Stelle der unterften Mauer erfällt
Bgroße Batterie, zum Schup des nad) Norden gerichteten Landthores. Den Plat
u seiten Dauer haben Privatwaarenhäufer eingenommen. Der deutfche Inges
Bu Speckel aus Strasburg änderte unter dem Könige Karl die altmaurifchen Fe⸗
ber europaͤiſchen Befefligungsart gemäß ab. Im fpanifchen Erbfolge⸗
mmften die Spanier diefe Feſtung, 4. Aug. 1704, dem britifchen Admiral
umb dem Prinzen Georg von Darmitadt, kaiferl. Feldmarſchalllieut. und Vice⸗
von Gatalenien, übergeben, weiche unerwartet, im Mai deſſ. 3., vor Gibraltar
König Philipp von Anjou ließ vom 12. Oct. 1704 an G. mit 10,000
von der Landſeite angreifen, wo die Feſtung durch einen ſchmalen fandigen Erd⸗
mit dem Feſtlande zufammenhängt, der aber von den Engländern fo mit Bat-
beſetzt worben war, daß die Spanier diefen Theil berfelben porta de fuego
) benannten. Während deſſen fchloß der Admiral Poyes G. mit 24
von ber Seefelteein. Schon auf das Kußerfle gebracht, erhielt es noch zel⸗
Huͤlfe durch die engliſch⸗ holländifche Flotte unter Admiral Leake. Die Ein
von ber Lanbfeite dauerte ohne Erfolg bie zur Beſtaͤtigung des utrechter
1716 fort. Seitdem unterließ England Nichts, um Gibraltar, das
f. mittelländ. Handels, unüberrbindlich zu machen. Da aber mit der
rkeit des Platzes das Intereſſe Spaniens, denfelben toieder zu bekommen,
, fo wurde ben 7. März 1727 eine Belagerung begonnen, welche die
fe des Admirals Zrager mit 11 Kriegefchiffen vereitelte. Spanien bot nun
Bin. Pf. St. für die Wiedereinraͤumung des Plages, allein umfonft, es mußte
Im Bertrage von Sevilla 1729 aller Anfprüche begeben. Doch unterließ es
alle Einfuhr in die Feſtung ſtreng zu verbieten, auch diefelbe durch die Immer
verftärkten Linien von St.⸗Roch und Algezica gänzlich von dem feften Lande abe
| Um fo leichter war es aber, Einw. und Gamifon von der Seefeite
} ya verforgen, als in bem Felſen felbft ein füßer Brunnen quilit, und in den fels
Grotten der Regen fid) zu dem reinften Trinkwaſſer Iäutert und fammelt.
4
rend, 1. XSorgeden nach, mit Wort, und ım 10. J. hatte er Häufige
erſchien ihm einmal der Weltgeift in Geſtalt eines großen, vielfarb
nur f. natüclihe Zaghaftigkeit hielt ihn, tie er felbft berichtet,
diefen feinen Stern hinelnzuftürgen. Da er ſich fpäter dem Sti
widmete und durch Fieiß und Pünktlichkeit Zutrauen und Wohl
ſchlenen ſich f. myſtiſchen Träumereien etwas zu verlieren; aber
batd verftärkt zutuͤck und riffen ihn aus einer ebenfo ehrenvolien
Bahn. ine unpaffende Ehe, und daraus hervorgehendes Fa
brachten ihn zu dem Entſchluß, dem weltlichen Gütern, mit denen
net tar, zur Ehre Gottes und zum Heil [. Seele, zu entfagen,
ängfttichen Gemuͤthe noch nicht genug ſchien, endlich auf den Geda
rika zugehen, um dort in Därftigkeit und Demuth den Heiden das
lehren. Ex begab fich nad) Zoll in Holland, wo damais der ihm ı
mer, Brelling, fein Wefen trieb, um unter diefem ſich zu f. Beru
auszubilden; doch Eehrte er bald nad) Regensburg zuruͤck, um fid
Weiß zu vereinigen, ber gleichfalls vom Schwindel einer eraltirtı
fallen war. Da aber ©. anfing, mit ungeftümem Eifer das ga
reformiren zu tollen und dadurch viele aͤrgerliche Auftritte vera:
verhaftet, fein Vermoͤgen eingezogen und er felbft durch die Buͤtte
gebracht. Er ging nun nad) Wien, wo er noch auf die Träumen
verfiel, und, als es auch hier nicht mit ihm fortwollte, wieder n
Freunde Brekling. Das gute Einverftändniß mit diefem dauert:
lange; eingebildet wie fie Beide waren, veruneinigten fie ſich, un!
anfing, das Volk mit [. Mebeleien zu vertoircen, fo ward er einige I
endlich ganz aus Zwoll und Oberyffel verbannt (1668). Er bei
Amfterdam, damals dem Zufammenfluffe ſchwaͤrmeriſcher Thoren
in großer Duͤrftigkeit, einzig von den Wohlthaten f. anfänglich ſeh
bänger, die er durch Predigten wider bie Suͤndlichkelt des Eheſtand
Prophezelungen von göttlichen Strafgerihten u. ſ. w. erbaute.
hier abermals Viſionen. Bald entftand jedoch Zwieſpalt unter den
ten und viele f. enthufiaftifchen Verehrer wurden f. erbitterten Feint
digten Ihn, nicht ohne Unrecht, er verbreite Arbeltſcheu und Fein!
Giebel | Giebichenftein 703
t dies fuͤr Adlerkiauen und glaubte feſt, es fel ein Zeichen, daß der Gelft nun
3 bei ihm zum Duchbrud, kommen werde. ©. hat Mehres gefchrieben, was
16 von ihm, theild von f. Sreunden und Schülern herausgegeben wurde, und
B in neuefter Zeit, wo myſtiſche Schwaͤrmerei wieder viele Anhänger fand, aus
ı Staube der Vergeffenheit theilweife hervorgesogen ward. Reinbeck (Berlin
32), fein Schüler Rautenberg u. A. haben G.'s Leben beſchrieben. Einer
ifrigften Anhänger, der Kaufmann Joh. With. Ueberfeld aus Frankfurt a. M.,
te ſich nach G.s6 Tode an die Spitze des ſchwaͤrmenden Häufchens, deſſen Glie⸗
ſich unter einander Engelsbruͤder nennen, noch hier und da exiſtiren und in der
haltung vom zweiten Geſchlecht und in Muͤßiggang das Heil der Seele ſetzen.
Gie bel oder Fronton iſt einer derjenigen Theile des Gebäudes, welche dem⸗
en zur Verzierung gegeben werden, und eine uͤber die Vorlagen eines Gebaͤudes
—2* Richtung hinausgehende Mauer, die an allen drei Seiten Einfaſſungen
Geſimſen bekommt. Das Hauptgeſims iſt die Grundlinie deſſelben; die Sels
bekommen die Glieder des Kranzes zur Verzierung. Giebel uͤber Fenſtern und
ren find ein Auswuchs des ſchon geſunkenen Geſchmacks in der Baukunſt. Sie
Rn, zumal dicht neben einander, dem Gebäude ein krauſes, eckiges, uͤberladenes
unangenehmes Anfehen. Die natürlichfte Korm des Giebels ift die dreieckige;
ve Dächer laffen auch eine runde Form zu, aber ausgefchmeifte und in ihrer
m unterbrochene Giebel find burchauß zu verwerfen. Die Giebel der Alten find
niedrig; Vitruv gibt zur Höhe des Giebelfeldes den neunten Theil der Breite
Iben an. Die Höhe des Kreuzes dazu gerechnet, beträgt die Höhe des ganzen
beiß etwa den fünften Theil feiner Breite. Es finden ſich aber Veifpiele, daß
eträchtlich niedriger waren. Die Griechen und Römer verzierten nur Tempel
Giebeln. Das erfte Wohngebäude mit einem Giebel erbaute Julius Caͤſar.
edas Biebelfeld groß, fo füllten e& die Alten mit einem Basrelief aus; Inſchrif⸗
oder wol gar Senfter, wie die Neuern in ben Giebeln anbringen, finden ſich
wa Alten nie.
Biebichenftein, Dorf an der Saale, eine halbe Stunde noͤrdl. von Halle,
92 Feuerftätten und 650 Einw. im Regierungsbezirke Merfeburg. Hier iſt
mainenamt, das 4 Städte und 58 Dörfer unter f. Gerichtsbarkeit hat, und
Thir. jaͤhrl. Pacht entrichtet. Die Lage des Orts ift ſchoͤn, und die Rul-
alten Burg erinnern an die dunkeln Zeiten des Mittelalters. Nach einer als
ſollen roͤmiſche Münzen aus den erften Jahrh. unferer Zeitrechnung in der
bes alten Schloſſes ausgegraben worden fein, weßhalb einige Schriftfteller, die
g der alten Seftedem Drufus Germanicus zufchreiben ! Die Thüringer muß»
6. Jahrh. den Franken ihr Land, weſtlich von der Saale, abtreten, worauf die
die oͤſtlichen Länder gegen Zins den Sorben, als neuen Antömmilingen aus
überließen. Bon diefen rühren die meiften Alterthuͤmer her, die in der Ges
ven G. gefunben werben, und von benen der Amtsrath Bartels eine fehende
Sammlung befist. Karl d. Gr. eroberte das Land, und ließ es, ſowie die
Kaifer f. Stammes, durch Gaugrafen regieren. Unter diefen verwalteten
v. Wettin die Gegend um Halle. Einer derfelben mag die Burg ©. ans
haben; genannt wird der Drt zuerft unter Heinrich dem Vogler, der, nach⸗
den Staat der Sorben zerftört, eine Menge Burgen gegen die oͤſtlichen
anlegen lich, und auf denfelben Gaftellane und Thurmmächter beftelite. Sein
Drto I. fchenkte der Kirche zu Magdeburg 964 den Zehnten zu G. und 965
zen Bezirk (Megliser Sau), mit ausdrüdlicher Benennung von Giebichen⸗
» Die Burg diente im Mittelalter, wegen ihrer feften Lage, als Stantöges
U, in welchem u, A. Kaiſer Heinrich IV. zu Ende d. 11. Jahrh. den Lands
a Lırpwig von Zhüringen zwei Sabre lang verwahren ließ. Da biefer entkom⸗
Bar, fo warb ausgebreitet, er habe durch einen Sprung In die Saale ſich ges
704 Gieſeke Gießen
rettet. Das Senfter wird in den Ruinen noch gezeigt. Zwar fließt die €
mehr unmittelbar an dem Schloſſe, wol aber nahe an einem Gemaͤuer,
‚einft ein Theil der Burg war, und es kann fich leicht nach und vor der:
der Burg das Bette ber Saale mehr norbwärts gedrängt haben. Ind⸗
Höhe des angeblichen Fenſters über bem Spiegel der Saale 120 Zuf.
bifchöfe von Magdeburg hatten dort Burggrafen, unter denen ein Gefchled
vortommt. Im 15. Jahrh. verlegten die Erzbifchöfe ihren Hof von Gir
auf die neu erbaute Morigburg bei Halle. Ihre Burggrafen nannte
Burghauptieute. Als Kaifer Karl V. 1547 auf der Reſidenz in Halle fid
gefiel ihm die Gegend um ©. fo fehr, daB er auf dem der Burg gegenüber
Tannenberge große Mittagstafel gab. Die alte Burg ward von den Schi
tee Banner im dreißigiähr. Kriege 1636 zerftört.
Giefete (Nikolaus Dietrich), geb. 1724 zu Guͤnz in Nieberungs
f. Vater, Paul G. (eigentlich, Köszeghi), bald nach f. Geburt und wart
bürg erzogen, wo er ſich die Gunft von Brodes und Hagedorn erwarb. 1
er nad) Leipzig, wo er ſich mit Eifer den theologifchen MWiffenfchaften, f. N
den aber der Dichtlunft widmete. Die Verf. der „Bremifchen Beiträge
ſ. Freunde, Nachdem er, von 1748 an, in Hanover und Braunſchwe
ziehung einiger Juͤnglinge beforgt hatte, ward er Prediger zu Zrautenfteii
ſtenthum Blankenburg, erhielt nad) I. A. Cramer’s Tode die Oberhofpri
in Quedlinburg, und ward 1760 von dem Fuͤrſten von Schwarzburg:&o
fen zum Superintendenten ernannt. ier flarb er 1765. KBebentt ı
8.6 Bildung in die Zeit des erſt aufblühenden deutſchen Geſchmacks fie
man jene poetifchen Arbeiten (f. „Poetiſche Werke, nebft bes Dichters Leb
ausgeg. v. Gärtner, 1767), deren reine und fließende Verfification ſich
empfiehlt, alles Lobes werth finden. Diefer anmuthige Dichter bat in ber
den und dibaktifchen Gattung am gluͤcklichſten gearbeitet. Ein fanfter Flu
banken und Worte, gefällige Moral, edle Einfalt und Eunftiofe Leichtigkeit
druck find das eigenthuͤmliche Gepräge f. Lehrgedichte, in denen ein from
redet, und fich in Gefühle der Religion, der Freundſchaft und reinften Liet
Bon Begrifterung ift felten, von Wig und Laune nie eine Spur zu finden
ſtock hat ihm im zweiten Liebe [. Wingolf ein Denkmal gefest, auch eine O
tet.
Gießen, Haupiſt. des großen. heſſiſchen Fuͤrſtenth. Oberheffn
Lahn, mit 5500 E., hat ein Paͤdagogium, e. Landſchullehrerſeminar un!
verſitaͤt, welche der Landgraf Ludwig d. 7. Oct. 1607 geſtiftet hat. M
Zuſammenhang ber Theile des heſſen⸗darmſtaͤdtiſchen Landes, die Nähe de
ſitaͤt Marburg und vorzuͤglich die fruͤher beſchraͤnkten Einkuͤnfte der Un
welche die Berufung beruͤhmter Gelehrten ſelten geſtatteten, moͤgen die
fein, warum ſich die Zahl der Studirenden nie über 500 ausdehnte. Girk
Schule hat gegenwärtig mit Einfchluß der ihr auf dem erften Landtage des €
zogthums Heffen 1821 bewilligten 10,000 Fl. eine jährl. Einnahme von
BL. theils aus eigenthuͤmlichen Gütern (von welchen fie indeſſen einen
Theil an den Staat abgetreten hat), theils aus Staatscaffen und zum Theil ı
dem vormals bedeutenden Sonde der ehemal. Univerfität Mainz. Die lin
G. befigt eine Bibliothek, von mehr als 20,000 Bdn., nebft ber ihr ver
7000 Bde. ftarken von Senkenberg'ſchen Bibliothek; ein kliniſches, gegenwa
vergrößertes Inftitut, mit einem ſchoͤn gebauten und trefflich eingerichteten
haus in Verbindung mit e. Hebammenſchule; ein anatomifches Theater;
ſchmackvoll erbautes und ſchoͤn eingerichtete® Gewächshaus nebft einem med
botanifchen Garten; forftbotanifchyen Garten; ein chemifches Kaborateriv
neralogifche, hemifche und phufitalifche Cabinette, fowie eine Sternwarte.
Gift 705
ailetifchephftotogifche Seminar verthellt jährlich Prämien unter bie Seminariſten.
z ambemittelte Studenten gibt e8 60 Tiſch⸗ und beträchtliche Geldftipendien. —
e vier Kacultäten zählten 1823 22 ordentl., 5 auferordentl Prof. und 11
tvatdocenten. Schmidt und Kuͤhnoͤl in der theologifchen, v. Loͤhr in ber juridis
en, Wildrand, Ritgen und Vogt in der mediciniſchen, Crome, Walther, Snell,
Haidt und Hillebrand in der philofophifchen Facultaͤt find ruͤhmlich bekannt. Vor⸗
lich hat fich der jetzige Senior der Univerfität, Geh. Rath Erome, durch eine
Idhrige literarifche Thätigkeit befonders im Sache der Statiftit, ausgezeichnet, .
e Annalen der juridifchen Facultaͤt zählen feit 50%. berühmte Namen, wie Koch,
&ert, v. Grolman, u. ſ. w. Der jebt regier. Großherzog von Heffen hat, nach
wohlbegruͤndeten Überzeugung, daß Miniſter nicht aus der Claſſe des Hofadels
x aus dem Militair, fondern vielmehr aus dem gelehrten Stande hervorgehen
ſen, ſ. zwei verdienteften Staatsminifter, v. Gatzert und v. Srolman (f.d.)
B der juridifchen Facultaͤt ſ. hohen Schule mit dem beften Erfolge gewählt: eine
ur, deren fich noch wenige deutſche Univerfitäten zu erfreuen hatten. — Durch
wohleingerichtetes Disciplinargericht, unter dem Vorfige des Mectors der Unis
Meät, iſt audy in der juͤngſten bewegten Zeit der Geiſt der Ordnung und Sitte
Beit unter den Studenten erhalten worden. Verſchiedene von außen veranlafte
kerſuchungen haben nicht die mindeften Refultate in politiſcher Beziehung gelies
:; amd die Entfernung der Gamifon von Gießen war vor einigen Jahren bie
Euche Folge blutiger Händel. Die Stadt Gießen ift durd) die Abtragung der
te und des Stadtgrabens größer und ſchoͤner geworden, hat freundliche Umges
Igen und die Dauptbebürfniffe find wohlfeiler, ald auf den meiften deutſchen Hoch⸗
len. Je
Gift, jeder Stoff, der in geringer Menge Zufälle in dem Körper der Thiere
vol als der Menſchen heroorbringen kann, welche der Geſundheit und dem Leben
Gefahr bringen. Überhaupt nennt man Altes, was ſehr ſchaͤdlich auf ors
Wche Körper wirkt, ein Gift für diefelben. Die Einwirkung der Gifte auf den
ker Hefchieht theils durch Aufnahme in das Innere deffelben durch den Mund in
Berbauungsiege, in den Mugen und Darmcanal, oder vermittelft des Athems
uns in die Lungen, wohin 5.8. die giftigen Luftarten und Dämpfe gelangen,
WS durch die Einfaugung ber Haut. Manche Gifte wirken mehr chemifch, die
yanifcye Safer zerftörend, Abend, die Form und den Zufammenhang der Theile
Jetzend, heftig reizend, ſchnell Entzündung und den Brand erregend. Hierher
die meiften Sifte aus dem Mineralreihe: 1) mehre Metallkalke und deren
gen mit Säuren, 3.3. der Arſenik, eines der zerftörenditen Gifte, wo⸗
ſchon wenige Gran tödtliche Zufälte hervorbringen. Auch von dem Kupfer find
Bubereitungen giftig, 3. B. der Gruͤnſpan, mehre Karben davon, auch die
en Gefäßen gekochten fauern ober fehr gefalgenen Fluͤſſigkelten, Speifen
Mehre Präparate von Quedfilber, als ber aͤtzende Sublimat, der
und rothe Präcipitat u. a. m., auch einige vom Spießglanz gebräuchliche Zus
gen find hierher zu rechnen. 2) Starke Minerals und Pflanzenſaͤuren
fie unverduͤnnt in den Körper kommen, 5. B. die concentrirte Schmwefelfäure,
Bas fogenannte Vitrioloͤl, die Salpeterfäure, oder das fogenannte Scheidewaſ⸗
Die Salzfäure, die Sauerkleeſaͤure ıc. 3) Einige Pflanzen, welche einen fehe
und aͤtzenden Stoff bei ſich haben, z. B. von den bei uns einheimifchen die
(dh (Euphorbium Esula), der Kellerhals (Daphne Mezercum) u. X. m.
dem Thierreiche die Kanthariden oder fogenannten fpanifchen Fliegen. (S.
ege) Die Wirkung alter diefer Gifte äußert ſich ſchnell; wenn fie in den Ma⸗
grlommen find, entſteht heftige Übelkeit, unaufhörliches Wuͤrgen und Brechen
den quätendften Schmerzen im Magen und in den Gediirmen, als wenn viele
darin herumfchnitten ; bald kommt Entzündung, und, wenn richt ſchnelle
Gowy. s Ber. Giebente Aufl. Bd. IV. 45
706 Gift
Huͤlfe gelelftet wird, der Brand hin. Andre Gifte wirken mehr durch
übergchende Reizung der Empfindungs s und Bewegungskraft des Or
und bald darauf folgende gänzliche Vernichtung derſelben. Dies find bie
ten betäubenden Gifte, worunter bie meiften aus dem Pflanzenreiche f
äußern ihre Wirkung durch Übelkeit, heftige Kopfichmerzen, Schreinde
heit oder Flimmern vor den Augen, gewaltfame und unwillkuͤrliche Bewe
Glieder und des ganzen Körpers, Verzerren der Gefichtömusteln, Ang‘
des Bewußtſeins u. ſ. w., endlich kommt Schlagfluß noch dazu. Hierher
Dpium, der Schierling (Conium maculatum), das Bilſenkraut (Hyo:
die Belladonna (Atropa Belladonna). Audy in den bitten Manbdelt
ein aͤhnliches, ſchnell das Leben vernichtendes Gift (Blaufäure), das fein
äußert, wen fie in Menge genoflen werben, oder wenn das concentrir!
DI in den Magen kommt ; baffelbe Gift ſteckt auch in den Blättern des
bers, und unter den Erzeugniflen des Thierreichs wird es in dem Berli
funden. Unter den Pflanzen gibt es mehre, welche beide Wirkungen
und mittelft eines eignen ſcharfen Stoffes reizend und, vermöge des ih
menden narkotifchen Stoffes, betäubend wirken. Hierher gehören z. X
Singerhut (Dizitalis purpuren), das Eifenhütchen (Aconitum Napellus
Andre Gifte wirken dadurch, daß fie die zum Leben nöthigen Verrichtung«
Drgane plöglid) oder allmälig unterdrüden. Hierher gehören alle die
Lufts und Gasarten, welche nicht zum Athemholen taugen, erſtickend
3. B. Kehlenſtoffgas (die fire Luft) in Kellern, worin gährendes Bier lieg
feldämpfe, Kohlendämpfe, durch da8 Athmen und die Ausbünftung vieler
in einem verfchloffenen Raume verdorbene Luft, große Menge ftarker $
rüche in verfchloffenen Zimmern, u. A.m. Verſchiedene Präparate von
Bleizuder, Bleiweiß, Mennig, Wein mit Bleigiätte oder Bleizucker
dgl. m. find in diefe Elaffe zu rechnen, indem fie allmälig die Lebensthi
einfaugenden Gefäße in den Darmcanal unterdrüden, fie zuſammenzieh
fhmerzen erregen, und endlich die Einfaugung des Nahrungsftoffes t
wodurch Auszehrung entfteht. — Mit dem furchtbarſten Gifte, acqnett
fol, nach e. in Italien allgemein verbreiteten Meinung, Papft Clemens:
giftet worden fein. — Die fogenannten Krankheitsgifte oder Anfteddungefl
tagien, gehören nicht hierher und werden nur fehr uneigentlich Gifte genar
Wuthgift. (S. Anftedung) — Gegengift heißt jede auf den o
Koͤrper angebrachte Wirkung oder Subſtanz, welche die ſchaͤdliche Wirk
Giftes vernichten ſoll, insbeſondere aber jedes einem beſtimmten Gift ent
kende Heilmittel. Die Gegengifte find ebenſo verſchieden als es im All
die Gifte ſind. Sie ſollen theils den Koͤrper gegen die Einwirkung des G
gen, theils das letztere fo umaͤndern, daß es ſ. ſchaͤdliche Wirkung vetrli
die ſchon geaͤußerten nachtheiligen Wirkungen wieder aufheben. So we
uͤberhaupt gegen die aͤtzenden und ſcharfen Gifte ſchleimige und fette Mit
B. DI, fette Milch u. dgl., um die Wände des Magens und der Gedaͤt
die zerftörende Wirkung des Giftes zu ſchuͤtzen. Gegen bie metallifchen |
nen nod) außerdem Seifen= und Schwefelleberauflöfung, um durch die Be
mit dem Raugenfalze und dem Schwefel die Ägende Schärfe jener Metall
binden. Gegen die concentrirten Mineralfäuren dienen beſonders auch
genfalze und Seife. Gegen Kanthariden dienen fchleimige, Ölige Mitteln
pher. Gegen die betäubenden Gifte wirken vorzüglich die ſchwaͤchern veget:
Säuren, Effig, faure Weine, Caffee. Die Wirkung des Gifts der Blaufi
nichtet das Laugenfalz, auch eine Eifenauflöfung. Gegen Opium wirkt b
ber Gaffee, auch der Wein und der Kampher u.f.w. Chemals glaubte mi
Schwitzen alle ſchaͤdliche Stoffe aus dem Körper heraußtreiben zu koͤnner
Giganten Gigli 707
ſich eine Zuſammenſetzung von vielerlei Schwitzmitteln als das allgemeinſte
igift dachte. Hiervon rühren die Alexipharmaca der Alten, der ſonſt fo bes
te Mithridat, Theriak u. A. ber, welche aber nichts weiter bewirkten, als was
möge ihrer fonderbaren Mifchung konnten, nämlich erhöhte Thaͤtigkeit der Sy⸗
der Nerven und Adern, und daher erfolgenden Schweiß, wodurch fie oft mehr
ven aĩs Mugen ftifteten. Über die metallifchen Gifte belehren Gmelin's „Verſ.
le Wirkung des Baryts, Strontians u, f. w. auf den thierifchen Organis⸗
(Tübing. 1824), H.
Giganten, drachenfuͤßige Rieſen, welche Gaͤa, im Zorn uͤber die Ein»
ung der Titanen in den Tartarus, aus dem Blute des entmannten Uranus ge⸗
nd zum Kampfe gegen den Jupiter aufregte. Auf den phlegraͤiſchen Feldern
m fic aus der Erde hervor und begannen den Kampf gegen die himmlifchen Goͤt⸗
ie ıhärmten die Gebirge Oſſa, Pelion, Öta, Rhodope und Andre auf ein«
. mb beftürmten von diefer Höhe mit Felfenftüden und $euerbränden ben
Pe Wenn erftere Ind Meer fielen, bildeten fie Inſeln; fielen fie aufs Laub,
. Aber die Götter errangm den Sieg. Hercules — denn ohne den Bel⸗
eines Sterblichen konnten die Goͤtter nicht ſiegen — töbtete und verwundete
‚ unter diefen den Alkyoneus. Mercur erlegte den Hippolytus, Vulcan und
e den Klitias, Minerva den Pallas, Jupiter felbft erfchiug mehre mit ſ. Wii
Neptun ftürzte einen Theil der Inſel Kos aufden Polybatus, Minerva bie
Sicillen auf den Encelabus. Nach Einigen wurden auf alle Giganten Inſeln
Serge geftürzt, aus denen fie Zeuer fplen, nad) X. wurben fie in den Tartarus
offen und dafelbft mit dem Uranus bewacht. Nach fpätern Erzählungen ſoll
efchrei des Eſels Sims, nad) A. das Blafen bes Triton auff. Seemuſchel
Ne Flucht geiagt haben.
Bigantifch, f. Kolof.
ig Li (Bieronymus), Literator, geb. zu Siena d. 14. Oct. 1660, hieß
id) SR enci. Ein reicher Verwandter, Hieron. Gigli, nahm ihn an Kindes⸗
m, und ber junge Nenci führte den Namen ſ. Wohlthaͤters, dem er auch eine
Battin und ein anfehnliches Vermögen verdankte. G.'s Iprifche und drama⸗
Diqhtungen fanden überall den größten Beifall. Allein fein unbezaͤhmbarer
zur Satyre und fein beißender Witz, befonders gegen Altes, was Heuchelei
erregten ihm gefährliche Feinde. Eine von ihm u.d. X. Don Plione, veran«
e Überf. von Motiöre’6,‚ITartuffe” zog ihm den Haß der Geifttichkeit zu, die er
dp noch mehr aufbrachte, bag ex dies Stud mit einigen Freunden auf dem
we in Siena aufführte, wobei mehre dort bekannte Perfonen in Kleidung und
ſenen aufs treueſte Dargeftellt wurden. Aber auch gegen fich felbft und ſ. Angehoͤ⸗
tichtete ſich G.s Wis, und in einem andern Drama, „La sorella di Don Pi-
s perfiflicte er nicht nur fid) mit allen ſ. Schwächen und Eigenheiten, fondern
£ Sattin, wegen ihrer oft in Geiz ausartenden Sparfamteit, ſ. Verwandten
Dausgenoffen. Als er endlich, bei ber Herausg. ber Werke der heil. Katha⸗
in einem angehängten „„Vocabolario delle opere di Sta. Catharina e della
m sanese“‘, die Ausfprüche der Accademia della Crusca, deren Mitglied er
angegriffen hatte, brach der Sturm gegen ihn 106, und G., verleumdet und
Rast von allen Seiten, unterlag ber Überzahl f. Gegner, unter benen ſich bie
auszeichneten. Sein Name wurde aus der Lifte ber Profefforen von Birma,
der Akad. der Erudca u. a. gelehrten Gefellfch. auegeftrichen, und er
8 ſ. Vaterſtadt gewieſen. Da nun überdies noch ſ. Vermoͤgensumſtaͤnde
Berf dung und Unachtfamteit fehr zerrüttet waren, fo fah er ſich gezwun⸗
a Kom alles Das zu rolderrufen, was er Verwundendes für bie Crusca und
upt durch ſ. Schriften Betroffenen gefchrieben hatte. Dadurch erlangte
zwar die Erlaubniß, nad) Siena zuruͤckkehren zu bucſer de Lage ward ne
708 . Gilbert Gilde
nicht beſſer. Kraͤnklichkeit und häuslicher Verdruß bewogen ihn, wich
zu gehen, um in Ruhe ſ. Tage zu beſchließen. Hier ſah er faſt Niem
f. Beichtvater, und ſtarb d. 4. Jun. 1722, 61 J. alt, fo arm, daß die K
graͤbniſſes von einigen frommen Bruͤderſchaften beſtritten werden muj
vor ſ. Ende verbrannte ©. mehre ſ. kleinen Schriften, Erguͤſſe ſ. bittern
Die von ihm nachgelaſſenen Werke find zahlreich und zum Theil hoͤchſt
witzig. Beſonders ift dies mit einigen erbichteten gefchichtlichen und bi
Auffägen der Fall, durch weiche er feibft einen Apoftolo Zeno mpftificirt
fer fie lange Zeit für echt hielt, und im „„Giornale de’ letterate d'l
ernfthaft davon ſprach. Won Charakter war G. offen und brav, voll m
migkeit und ein Seind aller Verftellung und Heuchelei. As Mitgii
bier In Rom trug er den Namen Amaranto sciatidico.
Gilbert, zwei franz. Dichter: J. Gabriel ©. lebte im 17.
ein Zeitgenoffe Racine's und Corneille's, denen er mit f. dramatifchen ?
ausging, welche aber durch die ihrigen die feinigen verdunkelten, obglei
nachweiſen innen, daß beide große Dichter es nicht verſchmaͤht haben,
Ken; er war Secretair der Derzogin v. Rohan, dann bei der Königin (
Schweden, die voller Bewunderung über G. (den fie „ımon beau genie
pflegte), ihn zum ſchwediſchen Refidenten beim franz. Hofe ernannte ı
ſchenken überhäufte. Nach dem Tode Chriftinens, und da auch f. St:
bileum nicht mehr anzogen, verfiel er in Armuth und Vergeffenheit.
großen Anzahl poetifcher Arbeiten hat man von ihm 15 Theaterſtuͤ
Trauerſpiele „Telephont“ ließ der Cardinal Richelieu einige von f. ei,
einruͤcken, eine Gefälligkeit, die ben Dichter von dem großen Staatsma
nur ein ſchlechter Reimer war, hoch angerechnet wurde. Auch hat
zu lieben, dem Ovid nachgebildet. TI. Nicolas Joſeph ©. geb.
duch Schickſal, Gemüthefiimmung und Talent zur Satyre bingeführt
franz. Kunftrichter, die ihn ihren Zuvenal nennen. Er warf fich unte
welche der der fogenannten Philofophen entgegenftand, mit einer foldye
daß man von ihm fagte, er habe die Sturmglocke gegen fie gezogen. €
ven: „Das 18. Jahrhundert”, die er 1775 an Freron adreffirte, und „
logie”, 1778, haben ſolche Eraftvolle und treffende Stellen, daß man bai
römifchen Dichter erinnert wird. Es gibt eine Sammlung f. Poefic
Er ftarb faft wahnfinnig 1780,
Gilde, gleihbebeutend mie Guͤlde, Gilte, Zunft, Etı
nung, Saffelamt, Saffel, Amt, Zeche, Bruderſchaf
gilde, bedeutet öffentlich beftätigte Gefellfchaften von Handwerksgen
mit einer Ordnung und Lade verfehen, und mit Ausfchliegung Andrer
Handwerk zu treiben berechtigt find. Auch Handwerker von ganz veric
önnen zufammen eine Gilde ausmachen, wie dies 3. B. mit den Feuera
derarbeitern 2c, der Fall iſt. Aus dem Begriffe Gilde oder Zunft fol
felbft, daß derfelden Überhaupt alle diejenigen Rechte zuftehen mürffen,
jede erlaubte Gefeufchaft im Staate genießt. Auf diefem Grundfage
Recht der Zünfte: 1) gemwiffe Gildes ober Zunftartifel, oder Handwerk
zum Beften der Gilde verabreden zu dürfen und daruͤber Gildebricfe zu
eine ſchriftliche Beftätigung ober ein Privilegium der Landesobrigkeit wo
die Rechte des Handwerks, deſſen Steiheiten und Schranken enthalten
dem, was deffen Meifter eigentlich verfertigen und treiben Binnen. 2)
Mitgliedern zur Erhaltung einer guten Ordnung die Auflicht über beſti
dens ober Innungegefchäfte zu Übertragen und bei Proceffen, welche bi
treffen, einen Spndieus zu beitellen. 3). Zuſammenkuͤnfte (oder Dorgı
weil fie ehedem des Morgens mit Aufgang ber Sonne Statt fanden)
Gilray Ginguens 709
zun es das Beſte der Gilde erfodert. Endlich 4) ein gemeinſchaftliches Vermoͤ⸗
B zu befigen und zur Beſtreitung der Koſten, welche die Erhaltung und das Beſte
Innung erfovern, Abgaben zu beftimmen, welche die Gilde: oder Zunftgenoffen
richten müffen, und bie nebft andern Gildefachen in einer gemeinfchaftlichen Lade,
KBelade, aufbewahrt zu werden pflegen. An einigen Orten macht man einen Uns
chied zwiſchen Gilde und Zunft, 3.8. in der Mark Brandenburg fcheint der
Strud Gilde anfländiger zu fein, als Zunft, Innung, Gewerk, und eine geehrtere
raung oder Geſellſchaft zu bedeuten. An andern Orten hält man die Benennung
[de für gering, ertheilt fie den gemeinen Handwerkern, und belegt die übrigen mit
u Namen Amt oder Ämter. über den Vortheil oder Nachtheil, den bie Gilden
gemeinen Wohlfahrt bringen follen, (. Zunftwefen.
Gilray, f. Caricatur.
Gimle, ſ.Nordiſche Mythologie
Binguene (Pierre Louis), Literator, geb. zu Rennes in der Bretagne
18, ſtammte aus einer alten, aber verarmten Famille. Früh eignete er ſich aͤl⸗
und lebende Sprachen mit großer Leichtigkeit an, und zeigte lebhaften Sinn jür
erei, befonders für Dichtunft und Muſik. Zu Paris mußte er f. Zeit zwi⸗
n Arbeiten in einem der Bureaus des Coutröle general und f. Studien theilen.
aktlichkeit und Gewandtheit in der Gefchäftsführung und eine ebenfo geläufige,
jierjiche Dandfchrift einpfahlen ihn f. Vorgeſetzten ebenfo fehr, als ein von ihm
„Almanar des Muses‘ anonym eingerhdites Gedicht: „„Confession de Zul-
*, Aufſehen erregte. Deſſenungeachtet warf er fi) gegen alle Erwartung in
I fremdartige Studien. Erergründete die Tiefen der franz. Sprache in ihren
unmatikern und ditern Dichtern, vorzüglich im Rabelais und Malherbe. Beide
riftſteller — vorzüglich der legtere, den er in metrifcher Dinficht, und als Saͤn⸗
zroßer Männer und Thaten noch über Sean Baptiſte Rouffeau erhob — wur⸗
fe Lieblinge, und ed mar ihm ein vorzüglich angenehmes Geichäft, die verbliche⸗
oder doch vergeffenen Schönheiten beider Dichter in allem Reiz ihrer Jugend
ver vorsuführen. Bald darauf begannen die Kämpfe zwifchen Gluck's und Pics
6 Anhaͤngern. G. entichied ſich bald fir Piccini und die ital. Muſik, und trat
deſto größerer Softigkeit in den Kampf, da er Piccini’6 perfönlicher Freund ges
den war. Auf ihm allein beruhten die ganzen Hoffnungen f. Partei, während
ee Spike der andern zwei, nicht nur durch muſikaliſche Bildung, fondern auch
Dentir und Schriftjteller ausgezeichnete Männer, Arnaud und Suard, ſtanden.
siner Heinen Schrift („„Alelophile A l’homme de lettres, chargé de la redac-
‚ des articles de l!’Opera dans le Mercure de France‘, Pur. 1782) bes
zete er dem Angriffe der Gegner, und noch lange nachher fdyrieb er eine nicht uns
wtende „‚„Nutice sur la vie et les ouvrages de Nic. Piccini““ (Par. 1800),
seicher er, bei aller Vorliebe für diefen Componiften, doch auch Gluck als ein
mn von Geſchmack und Einficht beurtheilte, wenn er ihm auch nicht immer volle
rechtigkeit widerfahren ließ. in Gedicht auf den Tod des Prinzen Leopold
Braunſchweig, und eine Denkfchrift auf Ludwig XII., beide durch Preisaufe
un der franz. Akademie veranlaßt, fanden bloß ehrenvolle Erwähnung. Grös
s Aufmerkfamkeit ercegte ſ. Beurtheilung der Belenntniffe Rouffeau’s („Let-
s sur les conf. de J. J. Rousseau‘, Par. 1791, engl. überf. Lond. 1792,
. Durch die firenge Unparteilichkeit, mit roelcher er deffen Leben durchmuſterte,
Wer mehr zu ſ. Vertheidigung bei, ald es der entfchiedenfte Kobredner würde ges
ühaben. Die Revolution, an welcher er ald Freund der Freiheit thaͤrigen Ans
Inahım, führte ihn in größere Kreife des literarifchen und amtlichen Wirkens.
Re f. Studien untieu zu werden, deren ununterbrochene Pfiege f. literarifchen
träge zum „Doniteur‘* und „Mercure de France‘ (1790— 92), bie Bears
2ng des zur „‚Encyclopedie methodique“ gehörigen „„Dictionnaire de musi-
jEE Siue un geot. 11UO) MID NOFIBNULET DIE SAEPUOUE GER POLE 5
F Behdtehe wurde er Mitglied des Tribunats. Da er es aber für
. ‚inlgem abraten —— fo war er einer
nen, die ber Senat eg Iegt unternahm er das verbi
welchem er den größten Theil ſ. Ruhms verdankt „Histoire Hittdı
wovon Th. 1—6 zu Paris 1811—13, Th. 7—9 aber nach ſ. Tol
nen. Wenn Tirabofchi bei ſ. Forſchungen mehr das Einzelne als
im Auge hatte, fo fuchte ©. im Gegentheil barzuftellen, weichen Ga
Überhaupt von dem Zeitalter gonſtantins an bis auf das 18. Jahr!
33
fen Eigungen er unausgefegt beſuchte, "frrieb B.nodh f. meift |
nachgebildeten Fobeln Par. 1810 und 1814), überfegte Gatul’ı
Thetis und des Peleus“ in franz. Berfe (Par. 1812), mb nahm a
‚phie universelle‘ u. am 13. u. 14. Theil der lite
thätigen Anteil. Eine glüdliche Unabi pängigket, angene angenehme Hi
sn und die —— I Beſten ſ. Nation erheiterten den I
Er flach zu Paris am 16. Nov. 1816. Außer den erwähnten &d
gen Heinern Brodyhren, hat er Chamfort's (Paris 1795, 4 Bde
(Par. 1811, 4 Bde.) Werke herausgegeben, und den Tert zur 14
Tableaux de la revolution frang. verfertigt. Der Katalog f. bi
bllothek hat wegen ber überreichen Sammlungen für die ital, Litı
benben Werth. Diefe Bibliothek iſt an das beitifhe Mufeum in $
sen verkauft worben.
Sioja ( Slavio) von Einigen auch Gira und Girigenan
ver aus Pafitano, einem Dorfe in ber Nähe. von Amalfi, Iebte zu |
Anfange d. 14. Jahıh. Ex ward lange für Demjnigen gehalten
Eigenſchaft des Magnete zur Qeftimmung b dus Deges auf dem
ums famit Grfinher has (SamnstTad mÄne 1 Megen aufbem
Giordano Giorgione 711
wankungen war. Er war ber Erſte, der bie Vorrichtung erfand, bie Nas
en zu befeftigen, daß fie in jeder Lage unverrüdt nach Norden zeigt, Ind
reich diefe Entdeckung war, geht ſchon daraus hervor, daß gleich darauf
dautik einen andern Charakter annchmen, und der bis dahin fich nur felten
zeſichtskreis der Küften entfernende Schiffer nun dreift und kuͤhn ſich auf
n Meere wagen konnte. Daß Bioja daher im eigentlichen Sinn ber
neuen Schifffahrt ift, und bie Nachwelt ihm den Gewinn zu banken hat,
: feitdem aus der Vervolllommnung berfelben zog, ift ar. Später if
dung vielfach verbeflert worden. (Bol. Com paßu. Magnetnadel.)
rdano (Luca), Maler, geb. zu Neapel 1632, ein Schuler Eſpagno⸗
um die größten Meifter Staliens Eennen zu lernen, nach Rom und verels
mit Peter von Sortona, dem er als Schüler bei f. großen Arbeiten half.
te Paolo Veronefe großen Einfluß aufihn. Deſſenungeachtet ahmte er
teften Maler mit einer folhen Volllommenheit nad), daß felbft Kenner
dufcht wurden. Man hatte ihm den Namen Luca fa presto gegeben,
unglaublichen Schnelligkeit, mit welcher er malte, oder eigentlich, weil
der ihn aus Eigennug zur Eile antrieb, "Ihm diefe Worte oft zugerufen
Sein Geiſt war an Erfindung reich, ſ. Colorit fanft und harmoniſch und
ei und fell; mit der Perfpective war er gründlich vertraut. In Neapel
ſ. Ruͤckkehr viel beſchaͤftigt. 1679 berief ihn Kart II. von Spanien
das Escurial zu zieren. ©. war von heiterm Temperament und beiu«
yof mit ſ. Einfällen. Die Königin Außerte einmal gegen ihn den Wunſch,
'ennen. Der Maler verfertigte auf der Stelle ein Bild von ihr und
Fürftin, weiche darlıber fo entzuͤckt war, baß fie ihr Perienhalsband abe
es ihm zum Geſchenk für f. Frau übergab. Der König zeigte ihm ein
m Baffano, und äußerte fein Mißvergnuͤgen, das Gegenſtuͤck nicht auch
Menige Tage darauf zeigte G. dem Könige ein Gemälde, das diefer
k Baffano’s anfah, und fo lange dafuͤr hielt, bis jener darthat, daß er es
igt habe. - Außer diefem Gemälde malte er, um die Weiſe dieſes Ma⸗
hmen, noch zwei andre, die man in der Karthaufe St. Martin zu Nea⸗
auch fieht man in derfelben Kirche ein Gemälde, worin er dem Cheva⸗
o Stanzioni nachgeahmt hat, Nach dem Tode Karls II. ging er in
nd zurüd und farb dafelbft 1704. Seine vorzüglichften Stüde find
mälde im Escurlal, in Madrid, Florenz und Rom. Auch befinden
Dresdner Galerie einige T. ſchoͤnſten Bilder. Die Zahl f. Werke ift zu
iß Ihm zu einem forgfältigen Studium Zeit geblieben wäre; nur wenige
delloß.
:gione di Caſtelfranco, eigentlich Giorgio Barbarelii, geb.
ftelfcanco Im Venetianifchen, einer der berlihmteften Maler ber venetias
ıle. Bein Lehrer war Giovanni Bellin, der ihn aus Neid von fich ent⸗
Venedig ſchmuͤckte er mehre große Gebäude, wie ed Gebrauch war, mit
ten Wandgemälden 5. B. die Fagade des Waarenlagers der Deutfchen,
ıeliten leider zu Grunde gegangen find, und fand darin an Tizian einen
Mebenbuhler. Seine Portraits gehören zu den fchönften ber italieni⸗
. Auch foll er, um den Streit über den Vorzug der einzelnen bilden⸗
von einander praktiſch zu ntfcheiben, nach Wafari’6 Bericht einen Nack⸗
aben, der von der Kuͤckſeite gefehen ward und ſich mit ber Worberfeite
m Waſſerquelle abfplegelte. Auf dem abgelegten, hell polixten Kuͤraß
ein linkes Profit ab, während am Spiegel auf der andern Seite das
plegelte, womit er zeigen wollte, baß die Malerei darum den Worzug
Lfle in einer einzigen Anficht mehr von einem Körper, als die Skulptur
Seine Werke find ſelten. In Mailand, in den Galerien von Wien
712 Giotto Giro
und Dresden, bewundert man einige fe Bilder, auch iſt in dem herzogl. Pille
Braunſchweig und in der Galerie in Pommersfelven ein Gemälde von ihm weis
den. Er flach ſchon 1511 an den Folgen einer zu großen Neigung für bat jüim
Geſchlecht. Seine Schule zeichnet ſich in der Wahrheit des Colorits aus,
Giotto. Diefer berühmte Maler und Petrarca's Freund, hieß eigratid
Ambrogiotto Burdone. As der Sohn eines Bauern in dem floccutin⸗
ſchen Dorfe Vefpignano (geb. 1276 nad) Vaſari, 1265 nad) Baldinucc), wre
beftimmt, das Vieh zu hüten. Da Cimabue ihn einft beobachtet hatte, wien
- von ſ. Schafen mit einem fpigen Stein auf ein Städ Schiefer zeichnete, kan
Mater, ihm den Sohn zu überlaffen, und nahm ihn mit nad) Florenz, wo erihni
der Malerei unterrichtete. Seine gluͤcklichen Anlagen, befonders die ihm ey
thuͤmliche Grazie, entwidelten fich fo fchnell, daß er in Kurzem ſ. Meifter mb
mitlebende Mater übertraf. Ex faßte in f. Bildern die menfchlidyen Dinge
haft und gemüthlich auf, zeichnete fich vor f. Zeitgenoffen durch edlere Formen,
lige Vertheilung der Figuren, Beobachtung der Proportionen und natüuͤtliche
handlung der Gewaͤnder aus. eine Figuren haben mehr Leben und freie
gung als die f. Vorgängers Cimabue, fowie er überhaupt den fteifen Styl
Zu f. vorzuͤglichſten Werben gehört die berühmte Navicella (Schifflein) in
(die Darftellung des Apoftels Petrus, der aufdem Waſſer geht, in meufiokfhe ii
beit), in Florenz einige Frescogemaͤlde (die Krönung der heil. Maria in der Ki
Santa Eroce und die von Michel Angelo und Menge fo berounderte Grabiegum N
Sungfrau); ferner die Gefchichte des heil. Franciscus in Sacro convento a U
fi und mehre Miniaturen. Diefer außerordentliche Wann trieb mit gleichen G
die Bildhauer: und Baukunſt. Er ftarb 1336 und hinterließ eine Menge Shit
Birardon (Francois), Bildhauer und Architekt, geb. 1628 zu Troyeb
Champagne, hatte Laurent Maziere zum Lehrer. Nachdem er ſich unter grand
Anguter vervolltommmet hatte, erlangte er einen ſolchen Ruf, daß Ludwig AIV.|
mit einer jährl. Unterftüsung nach Rom fchicte, um die Meiſterwerke altırı
neuer -Zeit zu fiudiren. Nach f. Ruͤckkehr ſchmuͤckte er die koͤnigl. Schiöffer mi
Arbeiten in Marmor und Bronze. Nach Lebrun’s Tode erhielt er das Amt
Oberaufſehers aller Bildhauerwerke. Mur der berühmte Pujet war mit di
Mahl unzufrieden, und ging, um nicht von ihm abhängig zu fein, nach Mark
Beide Nebenbuhler waren einander würdig. Pujet gab ſ. Figuren mehr Aust
G. mehr Anmuth. Aud) zeichnen ſich f. Werke durch Reinheit dir Zeichnung:
Schönheit in der Anordnung aus. Die vorztiglichften find: das prächtige ©
mal des Cardinals Richelieu, fonft in der Kirche der Sorbonne, nachher in dem
wieder aufjehobenen Mufeum des Petits-Augustins ; die Reiterſtatue Lude
XIV., welche ſ. Meifterftüd war, und am 12. Aug. 1792 umgeworfen w8
endlich in den Gaͤrten von Verſailles die Entführung der Proferpina von Pinto
die herrlichen Gruppen, welche die Boskette der Apollobaͤder ıc. zieren. Da 6
ſehr befchäftigt war, um f. Marmor felbft bearbeiten zu fönnen, überließ er
wefentlichen Theil der Bildhauerei Künftiern, die zwar geſchickt, aber doch nicht
den Zalenten ihres Meifters waren. Er ftarb zu Paris 1715. Seine Ga
Katharina du Chemin, war Blumenmalerin.
Giro (Kreis, Kreislauf), eine mehrmals gefchehene Indefſt
(Übertragung) eine® Mechfelbriefs, daher ein von einem Inhaber auf einen m
Indoffiter Wechfel ein girirter Wechfeibrief, die Dandtung der übe
gung aber giriren heißt. Der, welcher einen girirten Wechfelbrief an einen a
indoffirt hat, wird der Girant, Derjenige aber, an welchen ein foldyed Jah
ment gerichtet ift, dee Girat genannt. Ein ausgefüllte Giro wird
wirkt, daß der Girat in dem Giro mit Veifuͤgung bed Datumg benannt ifl, wi
Traſſat (dev Bezogene) mit der Bezahlung an ihn oder deſſen Orbre amgem
Girobank Girondiſten 713
Ein Giro in blanco, ober ein unausgefüllte® Giro Ift ein folches, wo
em Namen des Siranten ein leerer Raum gelaffen ift, damit der Girat das
ſelbſt ausfüllen fann. Der Girat hat dabei den Vortheil, daß er nicht mit
Reihe der Giranten tritt, und mithin von der den Giranten ſtillſchweigend ob⸗
en Verbürgung des Wechſels befreit bleibt. Da indeß auch mancher Unters
Buch Giri der Art möglich gemacht wird, fo find fie in vielen Wechfelorbnuns
:boten.
Sirobank, diejenige Gattung von Depofitobanken (f. b.), bei wels
les Metall in Stangen oder gemünzt hinterlegt, und über die dargebrachte
ne dem Dinterleger ein Credit auf die Bücher der Bank eröffnet wird. Diefe
nflalten fegen keine Noten in Umlauf, voie die Zettelbanten thun, fondern es
inem Jeden, der barin edles Metall niedergelegt bat, im Hauptbuche ber
jie eingelegte Summe, nad) Bankgeld berechnet, auf ein eignes Blatt (Fo⸗
mgezeichnet; hat er dann an einen Dritten Zahlungen zu leiften, fo braucht
ine Anweiſung zu geben, bie zu zahlende Summe von f. Blatt abs, und auf
latte des Empfängers zuzufchreiben. Es verfteht fi) von felbft, daß bie
ür die empfangenen Summen keine Zinfen zahlen kann, denn der Eigenthuͤ⸗
ın ja darliber zu jeder Zeit ebenfo verfügen, als ob er die Summen felbft vers
; die Bank leiftet demſelben dadurch einen wichtigen Dienft, daß fie f. Münze
fiyer verwahrt und ihn der Mühe überhebt, f. Zahlungen ſelbſt zu machen.
ank diefer Art kann aber nur ben Handelsleuten ihred Orts dienen, da nur
indliche Anmweifungen Summen überfchrieben werden können, indem die
he zu große Gefahr des Betrugs veranlaffen würde. Die bedeutendften
m Diefer Art befinden fich in Hamburg und Amfterdam. K.M.
ſirodet, geb. 1767 zu Montargis, der eigenthuͤmlichſte, vielfeitigfte
ffenfchaftlichfte der neuern franzoͤſiſchen Maler, war Regnault's Schuͤ⸗
sein Vater (Domainendirector des Herz. von Orleans) beftimmte ihn für
litair, gab aber endlich deffen Neigung fir die Malerei nah. In frühes
end ſtudirte G. in Rom. In David’ Schule gewann er, 22 5%, alt, den
Preis. Man erkennt in G.'s Werken eine entichiedene Neigung zu plaftis
llendung und antikem Styl, doch waltet dabei Leben und Natur mit ſchoͤner
Gmlichteit in allen ſ. Gemälden. Seine Zeichnung ift höchft richtig und
ager Beſtimmtheit, fein Colorit reich und durchfcheinend, doch harmoniſch,
Buntheit. G. arbeitet mit ebenfo firenger Sorgſamkeit als Genialitaͤt;
die Lichteffecte, aber ſie gehen bei ihm aus dem Geiſt des Bildes hervor.
on ſ. ſchoͤnſten Gemaͤlden iſt ſ. Endymion, den er noch in Italien malte.
ippofrätes (geſtochen v. Maſſard) hat eine wunderſam ſchoͤne Beleuchtung;
h, der ſich ſ. Brüdern zu erkennen gibt, iſt ein idyiliſches, liebliches Merk;
n bat Schönheiten der Zeichnung, iſt aber in der Erfindung verfehlt. Be⸗
iſt die große Sundflutsfcene dieſes Meifters; ein Hauch von Buonarotti's
eiſt weht darin. Ein rührendes Bild it ferner G.'s Atala nad) der bes
‚Erzählung Chateaubriand’d. Er malte Napoleon, wie er die Schlüffel der
Bien empfängt. Mit Feuer und Geiſt erfunden und Durchgeführt war bie
ang zu Kairo. Geine Portraits find voll Kraft und Wahrheit. So malte
kin ganzer Figur die Heerführer der Bendee, Bonchamp und Cathelineau ;
ch einem Miniaturbilde, diefen aus den Zügen f. ihm ähnlichen Sohnes.
gees, ſehr geoßed Gemaͤlde ftellt den heil. Ludwig in Agypten dar. 1817
B. Ritter ded St. Michaelordene, Er ftarb zu Paris d, 9. Dec. 1824,
chkeit, Beſcheidenheit, Strenge gegen fih und Milde gegen Andre, tiefer
zu und warmes Gefühl waren die Dauptzüge feines Charakter. WI.
Bironmdiften (les Girondins), die Partei der Republikaner edlerer Ges
z in ber zweiten franz. (gefeßgebenden) Nationalverſammlung (1791—93),
716 Giunti
vermehren ihre Officinen durch ſehr beachtenswerthe Drucke die Huͤlfsn
ropaͤiſchen Bildung. Die aͤlteſte dieſer Druckereien ſcheint die venetian
geſtiftet durch Lucas Anton G., der aus Florenz ſich nach Venedig ur
wandt hatte. Anfangs, von 1482—98, betrieb er nur Buchhaͤndlerqg
bem er anderwärts drucken ließ („Catharina da Siena dialogo de la di
dentia“‘, Ven. Mihi. da Codeca, 1482, 4.). Seit 1499 aber befaß ı
Dfficin, deren erſtes Product „J. Mar. Politiani constitut. ord. Carn
(4.) find. Seine legten Drude find vom J. 1537, dem Sabre f. Tot
ber Firma: Haeredes L. A. de Giunta ging die Druderei nad) f. Tol
naͤchſt unter der Leitung f. Sohnes, Thomas G., deſſen Druderei 1557
bergeftellt, dauerte fie unter wechſelnder Oberaufjicht noch bis ins folg.
1644 fommen die Heredi di Toımmaso Giunta als Compagnons des
hauſes Fr. Baba vor; diefe Verbindung Läßt fi no 1648 nadımı
legte uns befannt gewordene Drud der venetianifchen Officin ift von 16
Ochi libri III. de febribus‘‘, Ven. ap. Juntas, 1657,4.) Ihre D
ſcheiden ſich durch nichts von den damaligen Dfficinen Venedigs, wie fie
maren, und ftehen tief unter den beffern der Manucci, bes Biolito u, X.
den Erwerb berechnet, ohne daß fie höhere wiflenfchaftliche Zwecke verf
zeichnen fich die Siuntinen aus Venedig weder durch Typen, noch d
aus, Pergamentdrucke ſcheinen die venetianifchen Giunti gar nicht geo
ben; griechifche Drude wenig. Die Ausg. des Cicero von 1534 durd
ift faſt der einzige bedeutende Drud, Nicht ohne Werth find die Miſſall
ſ. Vaterſtadt Florenz begründete da8 nachmals fo blühende Gewerbe, 5
der Sohn eines gleichnamigen Vaters, Lukas, Antons Bruder. Wi
genoß Philipp den Unterricht des Chriftoph Landinus. In Florenz bi
Druderei, aus der als erfler Verfuch der Zenobius von 1497 bervorgi
dem Tode Philipps (am 16. Sept. 1517) erhielten ſ. Erben die Offici
wechſelnder Zeitung fort. Der legte Druck der florenzer Officin ſcheint
rime (1623, 4.) zufein Die Typen diefer Officin an ſich dürfen übrig«
gleichung mit denen der Manucei nicht [cheuen ; nur an Mannigfaltigt
fie diefen etwa nachſtehen. Die Curfiv möchte ſogar den Vorzug verdien
beffee ift bei den Aldus das Papier, befler die Schwärze und das Er
Drucks. Außerdem hat die florenzer Officin Großpapiere und mehreg
Pergamentdrude geliefert. Wahrſcheinlich ift, daß fie felbft eine Schrif
faßen, aus der fich gleichzeitige florenzer Druder verforgten. Zur Ehre ı
bern Sammlung find die Biuntinen nody nicht gelangt, obgleich fie die
ſehr zu verdienen ſcheinen ale dic Aldinen; denn viel zu voreilig behaupte:
Giunti hätten nur Wiederholungen Aldiniſcher Zerte geliefert. Gemi
nere Werth ihrer Drude bedeutender ald man gewöhnlich glaubt. Du
derbares Geſchick find diefe weniger befanflt ; doch haben die genauer u
ital. Schriftfteller ihrer Officin erwiefen, welche weſentliche Ausſtattung
die Gelehrten gewannen, mit denen fich die Giunti ebenfo wie die Man
geben verftanden. Weniger gilt diefes Lob den Leiftungen der Inoner &
ſtiftet durch Jakob de Giunta, aus Florenz, Srancedco G.'s Sohn, der
zu Venedig vortommt, feit 1520 aber zu Lyon erſcheint, anfänglich blof
ger, feit 1527 aber auch als Drucker. Nach ſ. Tode 1548 fepten f. E
bas Gewerbe fort, von dem noch 1592 ſich Spuren finden. Nicht fo
wirren ift das Verhaͤltniß, welches zwiſchen den ital. und den fpanifche
und unter diefen legtern felbft ftattfand. Zu Burgos drudte Juan Ja
28 und 631. Philipp 3., vielleicht Eine Perfon mit dem flovenzer P
Süngern, von 1582— 93 ; zu Salamanca drudt 1334 - 62 ein Jua
alles Anfcheine nad) eine und bdiefelbe Perfon mit bem Juan S. von:
Siuftinianifhe Gemäldefammlung 717
‚1582 Lukas J. Zu Madrid Giulio Giunts 1595, der am 27. San. 1618
4; dann Thomas Sunta oder Junti 1594—1624, der feit 1621 als koͤnigl.
höruder auftritt. Ein Verzeichniß der Giuntiniſchen Drude bis 1550 gibt
ert's „Bibl. Lexikon“.
Ginſtinianiſche Gemaͤldeſammlung. Dieſe treffliche Samm⸗
u kaufte der König von Preußen 1815 in Paris. Er laͤßt fie jetzt, mit einer
wahl der vorzüglichften Kunftfchäge, die fich in den koͤnigl. Schloͤſſern befinden,
finigt, in einem befonder& dazu eingerichteten Gebäude, dem Muſeum in Berlin,
Bellen. Das fürftt. Haus Siuftiniani in Rom ftammt von einem alten und
ühmten Haufein Genun ab. Der Sammler diefer Kunftwerke führte den Ti⸗
eines Marcheſe, und lebte am Ende d. 16. und im Anfange d. 17. Jahrh. Zwei
Ib. lang war die Galerie die Zierde eines der größten Palaͤſte Rome, den ders
» Sammler auf einem Theil der Ruinen von den berühmten Thermen des Nero
nurte. Der größte Theil der Gemälde ift von Meiftern, Die zur Zeit des Samm»
Biebten, und von denen viele, die fid) dieſem Haus verpflichtet fühlten, ihre beften
inße gleich für die Familie Giuftiniani beſtimmten, wodurch die Galerie auch bes
merkwürdig für bie Geſchichte der Kunſt wird, denn in jener Zeit flammte
alte Kunſtfleiß zum leuten Male Eräftig auf, obgleich auf andre Weife, wie früher,
—* noch in ein ganzes Jahrh. hinein, aus deſſen Lauf wir auch bedeutende
Afwerke hier finden. Dan zähltauf 170 Gemaͤlde; 1807, wo die Sammlung
b Paris am, war fie noch vollftändiger, aber manches herrliche Gemälde derfels
wurde einzeln verkauft, ehe fie der Prinz, mehre Fahre fpäter, an Bonnemaifon
zen verkaufte. Aus der früheften Periode bemerken wir ein Gemälde des
mico Corradi Shirlandajo, die Wahrheit vorftellend, als eine nur mit zartem
bekleidete Geſtalt, mit einem fpiegelblanfen Schild und einem Palmzweig in
Bänden. Den Dintergrund bildet sine Landſchaft, worin mit Beinen Figuren
ies und Hölle angedeutet ift, und die Hauptfigur auf einem Wagen, von vier
m Einhörnern gezogen wirt. Das Ganze hat das phantaſtiſch Bedeutunges
das mehren Werken jener frühern Zeit eigen if. Der Pinfel ift etwas tros
aber die Behandlung des Nadten ſchoͤn, der Blick Elar und rührend. Kerner
aus diefer Eindlich frommen Kunftepoche bemerkenswerth: drei Madonnen
ancesco Francia, eine Judith von Mantegna, der beweinte Chriftus von Luca
xelli, einjugendlicher Chriftuskopf, der faͤlſchlich für einen Leonardo da Vinci
eben wird, da er mol aus Perugino's Schule ift, und ziwei Madonnen des In⸗
sie von $mola, in denen noch die Anfpruchlofigkeit und füße Einfalt der alten
herrſcht, obgleich der Meifter ſchon einer fpätern angehört. Won den vier
ſchulen find bemerkenswerth. Aus ber florentinifchen: der Raub des Gas
se von Michel Angelo Buonarotti, groß gedacht und erfunden, obfdyon im vers
a Mosftab; der Ganymed hat alle die kühnen Verkürzungen und die kraft⸗
gung, die diefen Meifter bezeichnen, welcher allem Großen verwandt war,
gazie aber fremd blieb. Das Gemälde iſt fo zart und forgfältig ausgeführt,
behaupten, e6 fei nur nach der Zeichnung des Meiſters von Marcellio Ve⸗
gemalt. Eine heil. Familie von Fra Bartolomeo bella Porta, ein tiefgedachs
wre vollendetes Bild. Mehre Eöftliche Gemälde von Andrea del Sarto. Ve⸗
Amor von Daniel di Volterra. Aus ber roͤmiſch⸗rafaeliſchen Schufe if
liches Gemaͤlde von Rafael's fpäterer Zeit hier; Manche behaupten, es fei
Mafael’6 Zeichnung von Francesco Penni gemalt, doch die hohe Schönheit In
ind Ausdrud verräth den Meifter ſelbſt. Es iſt Johannes ber Evangelift,
m Thron von Wolken figend ; in hoher Begeiſterung will er chen die goͤttli⸗
Imbarung auf eine Tafel [chreiben, die er mit der Linken hält, der Adler ruht
—* Seine blaue Tunica und ſein weitflatterndes violettes Gewand ſind
welßen Lichtern erhöht, daß fie in den Farben der Morgenroͤthe zu ſchillern
718 Giuſtinlaniſche Gemaͤldeſammlung
ſcheinen. Es liegt etwas namenlos Großes in dieſer feſten freien Sckene
ernſten dunkeln Auge, dieſem ſanft wohlwollenden Mund. Kerner if au
Schule eine Vermaͤhlung der heil. Katharina von Giullo Romano, ein au
net ſchoͤnes Bild, worin die ſchwarzen Toͤne nicht fo vorherrfchen, wie oft be
Meifter, das Colorit ift heiter und harmoniſch, die Köpfe find von ber |
Vollendung. So iſt auch von diefem Meiſter die herrliche Copie bes Port
lius IE. nach Mafael, auf welcher bekanntlich Giulio Romano die Ring:
malen mußte als auf dem Original, um fie unterfcheiben zu können. Aus
bardifchen Schule bemerken wir einen Chriftustopf von Correggio, zwei
maͤlde f. Schüler Rondani, eine Magdalena und eine Ruhe ber heil. Fam
find flüchtig, aber fehr lieblic) gemalt; das zweite Ift eine freie Nachahm
Gorreggio’6 Zingarella. Die Arbeiten diefes Meifters, der Correggio’6 G
Helldunkel mit Parmegianino’6 Eleganz vereint, find aͤußerſt felten. Ein (
von Engelöföpfen von Parmegianino, zwei heil. Familien von Camillo P
ein Befuch der heil, Elifabeth bei der Jungfrau, von Pellegrini Tibaldi,
Hieronymus von Doffo Doffi, verdienen befondere Aufmerkfamteit. A
netianifchen Schule nennen wir vorzüglich die Herodias von Giorgione, e
haltenes Bild, welches fi durch Ausdrud, Harmonie und ein herrliches €
Licht und Schatten auszeichnet, und eine Sibylle. Die Ehebrecherin vo
von Sebaftiano dei Piombo, oder wie Einige behaupten, von Porbenone;
voll Anmuth, Wahrheit und Leben, von der hoͤchſten Schönheit des Colorit
Ausführung, eine der größten Zierden der Sammlung. Der Kopfdes €
rein menſchlich fhön, voll Sanftmuth und Milde, ber Gegenſatz berfelb
Heuchelei und Verftodtheit der Pharifäer und der Zerknirſchung ber ſchoͤne
Verbrecherin iſt mit feltener Kraft dargeftellt. Zugleich findet man in di
maͤlde die Portraits der vorzüglichften venetianifchen Künftier; der istaeliti
ter ift Sebaftiano dei Piombo, der Kopf mit dem ſchwarzen Bart Palı
und der Krieger über dem Kopf der Frau iſt Giorgiopge. ine Venus unt
dende von Tizian, eine heil. Agnes von Paul Veroneſe (für Albano au
mehre ſchoͤne Bildniffe von Zintoretto, eine Carita von Turchi und eine 9
nahme von Paolo Veronefe, beweifen nebft andern [häsbaren Gemälden,
diefe Sammlung an venetianifchen Meiftern iſt. Die feltenflen Schäge !
lerie treffen wir nun unter den Werken der Eklektiker und der Naturaliften
bemerken wir von Rod. Garracci die Speifung der fünftaufend Dann mit |
ten und zwei Fifchen. Der Künftler wählte den Augenblid, wo das Ve
das Wunder erwartet; Jeſus, flehend unter der Menge, wendet fich zu f.
wovon einer die Brote hält, und fegnet die Fifche, welche ihm ein Knabe rri
find zehn Hauptfiguren, ihr Charakter iſt groß, das Ganze hat Hoheit unl
durch die finnige Vertheilung und Verbindung der Hauptfiguren bewirk
Abſtufung der Flächen der weiten Landfchaft, die mit einer zahlloſen Den
bededt ift. Der Meifter, deffen Hauptvorzug Klarheit und Würde ift, m
Bild, als er aus Zintoretto’6 Schule am, und vereinte darin venetianiſch
glut mit den großen und richtigen Formen ber Slorentiner. Zwei kleinere
deffelben Meifters, eine Madonna und eine Venus mit dem Amor, bewe
fehr er auch Correggio's Styl ſtudirte. Von dem kühnen, Eräftigen Agof
racci ift ein Chriftus mit dem Zinsgrofchen hier, und ein tobter Chriftus
zwei Engeln; bie Verkürzung biefer Geſtalt, der Ausdrud und die Farbe
find im größten Styl. Won Annibal Carracdi eine Skizze, Jeſus am!
an Charakterkraft, Wiffenfhaftlichkeit und Anmuch zu den feltenften Dr
Een gehört. Unter a. Werken dieſes Meiſters bemerken wir eine große &
aus der Gegend von Neapel bei Sonnenuntergang; bie Friſche ber Fer
Großheit der Compofition und die geiſtvolle Behandlung machen fie zu ein
Glacis Gladiatoren 719
m Bert. Sle gehoͤrte aber nicht zu diefer Sammlung. So auch von Domi⸗
mo eine fehöne waldige Gebirgsgegend; diefe Landſchaften großer ital. Gefchicht«
re find um fo merkwürdiger, da viele Galerien fie ganz entbehren, und da ihr
Aſo groß, ihre Behandlung fo Eräftig und Leicht, ihr Zon in f. dunkeln Blaͤue
caſt, romantiſch und eigenthuͤmlich ift, daß fie wahre Vorbilder für alle Zeiten
ben. Beſonders merkwürdig ift noch aus diefer Schule ein Gemälde des Guido
u, eins ſ. größten Meiſterwerke. Es ftellt die Zufammenkunft der beiden Ere⸗
en, des heil. Paulus und des heil. Antonius in der thebaifchen Wuͤſte vor. Die
or Greiſe tragen das Gepräge ihrer ftrengen Lebensart. Ein kahler Zelfen bile
den Dintergrund, aber von oben füllt der Glanz einer himmliſchen Glorie herein,
em Mitte man die Madonna mit dem Jeſuskind, von Engeln bekleidet, fieht.
Banze ift im größten Styl gedacht und ausgeführt; einfach und edel, wahr
kräftig find die beiden Anachoreten, hoͤchſt lieblich iſt die obere Glorie, Alle leicht
genial behandelt. Won Albani finden wir merkwürdige Gemälde aus der
‚so er eben die Schule der Carracci verließ, und daher noch deren größern Styl
K nathrlichen Zartgefühl und Lieblichen Pinfel verband, auch noch in Lebende
emalte. So ift hier ein Abendmahl nad) einer Zeichnung von Carracci, und
Felgereihe trefflicher Gemälde, alles halbe Figuren, Chriftus, Maria, Johans
Ver Täufer, und die Apoftel Petrus, Andreas, Bartholomäus, Simon und Ju⸗
Ehabdeus. Sin derfelben Größe und Art malte Dominichino, gleichfalls nach
mungen bes Annibal Carracci, den Johannes, Thomas und Jacobus. Bon
bal Sarracci felbft find die Apoftel Ppilippus, Matthäus, Jacobus der Kleinere
Paulus. Doc, keine Galerie befigt fchönere Werke von dem erſten Deifter
s den Naturaliften, von Michel Angelo Amerigi da Caravaggio. Zuerſt bes
dert man f. Altarblatt, die Ungläubigkeit des heil. Thomas; die kuͤhne Kraft,
lche Farbengebung und tief durchdachte Gegeneinanberftellung von Licht und
‚die dem Garavaggio eigen find, bemerken wir hier ſowol als in f. hier bes
ii heil. Matthäus und f. Chriftus am Ölberge. In ihrer voliften Eigens
hlichEeit zeigt fich f. Flammenkraft in zwei fühn und groß gedachten allegorifchen
den. Auf dem einen ift die finnliche Liebe unter dem Bilde eines 15 jährigen
Angs dargeftellt; er iſt ganz unbekleidet, boshafte Schadenfteube bligt aus f.
treulos ift fein Lächeln, er hat Seierflügel und hält Bogen nnd Pfeile; nes
farm Rubebett hat er Panzer, Bücher, Lorberzweige, mufitalifche und mathe
ae Suftrumente unter die Füße geworfen, ſowie einen Sternenglobus, Krone
Bcepter. Der wilden Leidenfchaft ift nichts heilig. Das Seitenftüd ſtellt
Aeg ber himmlischen Liebe über die irdiſche vor. Ein gefundheitblühender
ing, mit einem Panzer bedeckt, mit großen Flügeln und flammendem Schwert,
I innliche Liebe zu Boden geroorfen, und ihre vergifteten Pfeile zerbrochen.
Schönheit ift hier auf das Herrlichſte mit Eräftiger Behandlung vereint.
m gehört noch ein weibliches Bruftbild von dieſem Meiſter hierher, fowie
Bemätde bed Buercino und Lanfranco, und ein treffliches Stud des Gherar⸗
Motte, die Befreiung Petrus aus dem Gefaͤngniß. An Meiftern andrer
Rift die Sammlung nicht rei; wir bemerken nur fünf recht fchöne Ges
ten Pouffin, eine große Landſchaft von Claude Lorrain, eine Fußwaſchung
Bi v. Manter, eine Carita von Lambiafi (einem genuefer Kuͤnſtler, ber in
Ba ftarb) und eine treffliche Landfchaft von Swanevelt.
lacis, bei Seftungen, die flache Abdachung der äußerften Bruftwehr an
deckten Wege, welche ſich in das Feld verliert und den Graben von Außen her
Die Kugeln aus der Feſtung muͤſſen jeden Punkt auf dem Glacis raſi⸗
Biadiatoren, Fechter, welche zu Rom in ben Kampfſpielen mit einan⸗
m Vergnuͤgen des Volks, auf Leben und Tod kaͤmpfen mußten. Anfaͤnglich
720 Olas
waren ed Gefangene, Sklaven oder verurthellte Verbrecher; in der Folge che foh
ten auch freigeborene Männer auf dem Kampfpiag, entweder um Lchn ode a
Neigung. Die eigentlichen Gladiatoren wurden in eignen Schulen unterricht
Die Vorfteher diefer Schulen kauften die Gladiatoren und unterhielten fi, Ve
ihnen miethete fie Derjenige, der dem Volke ein Gtadiatorfpiel geben wollte. &
Vorfpiel, in welchem fie mit hölzernen Waffen fochten, eröffnete daſſelbe, bisf
auf ein gegebenes Zeichen Ihre ordentlichen Waffen nahmen, und paarweis int
gentlichen Kampf begannen. Blieb der Beſiegte nicht aufder Stelle tobt, fom
fchied das Volk Über fein Schickſal. Wollte es f. Tod, fo hob es den Dauum
die Höhe, die entgegengefegte Bewegung zeigte an, daß er gerettet werben fell
Gewoͤhnlich litten fie den Tod mit bewundernswuͤrdiger Standhaftigket; ofeh
ſich der Überwundene freiwillig dem legten Stoß dar. Wollte er aber an das
appelliten, fo hob er zum Zeichen die Hand in die Höhe. Wenn ein Stabi
war, fe fihleppten ihn dazu beftellte Knechte mit eilernen Haken aus dem
durch die Zodtenpforte In die Todtenkammer. Der Sieger bekam eine
auch wol eine Palmenkrone. Mehrmalige Sieger wurden vom Fechten ferigrfg
hen, und bekamen zum Zeichen biefer Freiheit einen Stab ober ein big
Schwert.
Glas, ein Kunfterzeugniß, welches durch das Schmelzen in ber Guͤ
von Kiefelerde, Laugenfalz und Metallorpden erhalten wird. Der Name Wi
deutſch, und hängt mit gleißen, dem engl. glisten, £lesum, dem Bernftrie
Äftier, und felbft mit glacies und Glanz zufammen. Nach Plinius folien
ziſche Kaufleute, die mit Salpeter handelten, da fie nach einer Landung nichts
ten, worauf fie ihre Keffel fleliten, dazu ſich großer Studien Salpeter bedient
Durch die Gewalt des Feuers ſchmolz diefer mit dem Sande des Bodens zufar
und fo entfland das erfte Glas. Gefaͤrbtes Glas müffen bie Ägppter ya
zu bereiten gewußt haben, wie wir nod an den Mumien fehen, dern Zi
then von diefer Maffe find. Über die Kabrication farbiger Glaſe ift die H
ftelle bei Strabo, XVI. Schillernde Farbe In Gewändern und Metaak
wurde bei den Alten fehr geſchaͤtzt. Da die Alten die Mineralfäurm
kannten, welche wir jegt zur Bearbeitung metallifcher Orpbe anwenden; fa
ſchwer, ſich ſowol von diefem aͤgyptiſchen Glaſe al auch von dem, welchet
mufivifchen Arbeit verwandt wurde, eine deutliche Vorftelung zu machen. |
voth hat etwas von dem grünen Glaſe in der alten Moſaik unterfucht, und
Kiefel vorzüglich Kupfers und Bleioxyde nebft Alaun und Kalk, auch orpekt
fen darin gefunden. Die Römer hatten eigne Glask.itten: fie machten @
und mandherlei Geräthe aus Glas, und in Herculanum findet man felbf!
von Glas, von denen man, jedoch irrig, geglaubt hat, daß fie zu Kenftrfl
gedient hätten. Gegenwärtig iſt beſonders in England die Glasmacherk
einen hohen Grad ber Vollendung gefommen. Die engl. Glashaͤtten fiab
niglich große Kegel von 60 — 100 Fuß Höhe und 50 — 80 F. im Durt
Der Ofen iftin der Mitte Über einem großen Gewölbe aufgeführt, weiches
Öffnung mit ihm in Verbindung fteht. Die Öffnung ift mit einem eifernen
bedeckt, auf welchem das Feler angemadht, und durch ben Luftzug aus ii
woͤlbe unterhalten wird. Die Hauptſache kommt in einer Glashütte auf dir S
tiegel an. Man nimmt dazu eine eigne Art von Thon aus Staurbridge, de
fein malen, durchfieben, dann anfeuchten, und zu einem dicken Teig veraf
iaßt. Auch nimmt man bisweilen alte Schmelztiegel, die man zu einem V-
zermalmen, und mit rohem Thon wieber vermifhen laͤßt. Auch elgne DE
Fllaſchen und zum $lintglafe macht man von 40 Zoll Durchmeffer und Tiefe W__
haben eine Dicke von 2 — 4 Zoll, und werden zum Flintglaſe bededt. WE
den Dfen gebracht werden, müffen fie mehre Tage lang in der Weißgluͤhhte il —
—
Glasfenſter Glasgow 721
iz Faſchen nimmt man die groͤbſten Stoffe: Flußſand, unreines Natrum und
af, ald Abgang der Seife und Aſche. Das berühmte engl. Kronglas fobert zu
Dereitung einen Reverberirofen, worin die Stoffe verkalkt. werden, einen andern,
Dein fie verglaft werden, und einen dritten, worin das Glas fo erhigt wird, daß es bjeg⸗
kaund fähig wird, verfchiedene Beftalten anzunehmen. Zum Kronglas (f. d.)
kamt man zwei Theile Kelp⸗ oder Zangafche und einen Zheil feinen weißen Sand.
aglintglas machte man fonft aus verkalkten, Eleingemahtenen Slintenfleinen; denen
mn noch Perlafche, oder ein beſonderes Alkali mit etwas Arſenik beimifchte. Ge⸗
wkrtig nimmt man ganz feinen weißen Sand, deffen einzelne Körner möglichft
whfchtig fein muͤſſen. Wichtig find die phyfifhen Eigenſchaften des Glaſes.
me derfelben ift, daß es auch in bedeutender Dige f. Durchfichtigkeit behält und
wenig ausgedehnt wird; daher paßt es befonders zu Ubrpendeln. Auch f. große
Essfanskelı in bedeutender Hitze jſt merkwuͤrdig. Es laͤßt fic dann leicht in alfe
wuun bringen und zu feinen Faͤden fpinnen. Gefchnitten wird es mit Diaman⸗
u auc) mit einem heißen Eifen, doch iſt die legtere Manier etwas unficher.
» Blasfenjter. Man verftand lange die Bereitung des Ölafes, ohne dars
n@tasfenfter zu haben. Die Häufer der Morgenländer hatten gewoͤhnlich auf
xBorderſeite keine Fenſter, auf der. Seite des Hofes waren diefelben entweder mit
ober mit einem beweglichen Gitterwerk verfehen; im Winter überzog
wa fie mit geöltem Papier. Die Chinefen bebienten ſich zu ihren Fenſtern fehr
ber, mit einem glänzenden Lad überzogener Stoffe, in der Folge aber der geſchlif⸗
Auſterſchalen. Auch verfichen fie die Hörner der Thiere zu großen und duͤn⸗
latten zu verarbeiten, womit fie ihre Senfter verfehen.. Weiden Römern. vers
ber lapis specularis die Stelle des Glaſes, welcher nach der Befchreibung nichts
Dres als das blätterige Marien» oder Srauenglas war. - Indeß ließen vornehme
zu Rom die Öffnungen ihrer Babftuben auch mit dünn gefchliffenen Agas
der Marmor verfehen. Daraus, daß man in der Billa von Pompeji, welcher
a Titus’s Zeiten verfant, Bruchſtuͤcke von Glastafeln gefunden, hat man auf
ihn damals eingeführten Gebrauch des Glaſes zu Senfterfcheiben ſchließen wol⸗
fichere Nachrichten aber finden wir erft bei Gregor von Tours, woraus erhellt,
im 4. Jahrh. nad) Chr. die Kirchen Fenſter von gefärbtem Glas erhielten, na⸗
ich zu Konftantin des Großen Zeit in der Kirche S.-Paolo fuori le mura. In
eich bediente man fich anfangs fatt des Glaſes des Marienglafes, des weiße
teren Doms, in Öl getränkter Papiere und duͤnn geſchabter Leder. Die aͤlte⸗
noch vorhandenen Glasfenſter bafelbft find aus dem 12. Zahrh., und befinden
ie der Kirche zu St.» Denis; fie fcheinen noch von dem vorigen Gebäude des
18 aufbewahrt zu fein, welches der Abt Suger, ein Bünftling Ludwigs des
vor 1140 aufführen ließ. Suger ließ fogar viele Sapphire zu Pulver ſto⸗
d unter dad Glas mifchen, um ihnen die Lafurfarbe zu geben. Um 1458
te es ÄAneas Sylvius zur größten Pracht, die er in Wien fand, daß die meiften
x Glasfenſter hatten. Felibien fagt, daß man zu f. Zeit, d. 1. ſeit 1600, in
runde Glasſcheiben in die Fenſter einzufegen gewohnt geweſen ſei. Dage⸗
tter in Frankreich im 16. Jahrh. zwar alle Kirchen, aber noch wenig Wohn⸗
Glasfenſter.
zlasgalle, eine, auf der fluͤſſigen Glasmaſſe wie ein Fett oder Schaum
Be de Materie Arungia oder sal vitri, von den Franzoſen siel oder suif de
genannt ; ift meiften® alkaliſch, daher fie auch an der Luft feucht wird, oder
5 fliege. Sie wird befonders zum Silberlöthen gebraucht, denn fie nimmt
Karten Grad von Feuer an, bringt ſchwerfluͤſſige Stoffe leicht in Fluß, under
fie Lange in diefem Zuftande. Die-Töpfer bedienen fich ihrer aud) zur Glaſur.
WB Lasaomw, Hauptft. und Univerfität in Suͤdſchottland, am Clydefluß
FIN. DB. und 40 15W. .) 13,000 H. und 147,000 E. Schon 560
m 8
Vorp.s er. Gicbente Aufl. Bd. IV, 46 pP
u)
722 - Olasınalerei
ſoll hier ein Bisthum errichtet worden fein, Jetzt hat ©. zum Theil fet
gelmäßige Straßen, und iſt eine der fchönften Städte von ganz Eny
. prächtige Hauptkirche, vielleicht der einzige noch unverfehrte Überreft got!
&unft in Schottland, iſt 1123 gebaut. Die Univerfität wurde 1451
Jakob II. und dem Biſchof Zurnbull geftiftet, und ift mit Ebinbur:
Hochſchule in Großbritannien, deren Einrichtung ben deutſchen Univer
lich iſt. In neuern Zeiten iſt fie durch die Vermächtniffe von John A
Will: Hunter fehr erweitert worden, Anderſon's VBermächtniß bezog fich a:
- flligung von 31 bebürftigen Sünglingen, bie nicht allein auf feine Kofteı
ten, fondern auch zu Kaufleuten, Landwirthen und Künftlern gebildet
ten. W. Hunter, nicht-weit von ©, geb. und auf diefer Univerfitäte
"machte derfelben fein Mufeum, das nichtullein‘alle Arten von Natura
mifche Präparate und Münzen aller Art, fondern auch f. ganze Bücher :
ſchriftenſammlung und eine Menge Originalgemaͤlde der erſten Meifter er
Ganze wird auf 150,000 Pf. St. geſchaͤzt, und ift in einem prächtie
ſchmackvollen Gebäude, welches zu dem Ende errichtet worden, aufgeſte
wuͤrdig ift die 1796 von Anderfon, Prof: der Naturwiſſ., gegründete
Anftalt, weicher der Stifter ſ. Bücherfammlung, f. Mufeum und ſ.
mögen vermachte. Hier werden für Diejenigen, die ſich nicht zu Gele
wollen, fowie für Krauen, Borlefungen-über Naturwiſſenſchaften gehal
einer: befondern Claſſe auch Handwerker in jenen Wiffenfchaften unter
Einrichtung, die für eine Manufacturftadt wie ©. fich fehr vortheilhaft
Kenntmiffe der Chemie und Mechanik find vielleicht in keiner Stadt Euroy
mein verbreitet als bier; : Außerdem ift noch in ©. ein Seminar,
junge Leute unterrolefen: werben. Ein önigl. Krankenhaus hat in dei
1267 Kranke aufgenommen und toftete jährlich über 3000 Pf. St. Ei
Irrenhaus ward 1810 von einem gewiffen Stark erbaut. Auch die $
das Theater, die Sternwarte, die Reitſchule, da6 Magdalenenfpital unt
liche Sefängniß find prachtvolle Gebäude, alle von demfelben Baum:
nad) großen Muftern der Antike aufgeführt. U, a. ift das Gefaͤngn
Saͤulenhalle verziert, die role das Parthenon in Athen gebaut iſt. M
G. eine marmorne Bildfäule von Pitt, eine von Bronze, die John Me
Goruna in Spanien fiel und ein Glasgower von Geburt war, errichtet wo
Nelſon's Andenken ehrten bie Einw. von G. durch Errichtung eines
142 Fuß Höhe. Die Stadt hat eine, dem Handel aͤußerſt guͤnſtige
der Nähe der reihen Steinkohlengruben fteht e8 durch den Cinde mit dem
Meere, und mit der Nordſee durch den Clydecanal und den Fluß Forth
dung. In der Mitte d. 18. Jahrh. war G. der vorzüglichfte Stapely
amerifanifchen Taback, der von hier durch ganz Europa verfahren wurde
waͤrtig befinden ſich in der Stadt und in ihren nächften Umgebungen allein
mollenmühlen, die zufammen ein Capital von einer Mill. Pf. St. geki
Hierzu kommen große Spinnereien und 18 Manufacturen flır Baummı
mit 2500 Weberftühlen, 18 Calicodruckereien und 39 Gtättmafchinen
Dämpfe in Bewegung gefegt werden. Noch hat &. 9 Eifengiehereien, ı
andrer Manufacturen und einen bedeutenden Zmwifchenhandel. S. Sam
„Statiftit von Schottland insbef. von Glasgow“ (Glasgow 1823),
Glasmalerei. Diefe, wie Morifoli aus einer Stelle des €
Vopiecus Firmius zu erweifen ſucht, und mie ein aufgefundenes Bro
Art, welches in Buonarotti’8 „Osservazioni sopra alcuni frammenti ı
tichi di vetro etc.‘ beurtheilt wird, vielleicht wirklich beweiſt, ſchon der
kanntgeweſene Kunft wurde chedem angewandt, um die Stasfcheiben ı
oder andern Öffentlichen Gebäuden mit Malereien zu verzieren, welches i
Glasſchleifen Glastropfen 723
mit dem ganzen Style ber gothifchen Kirchen ein heiliges Halbdunkel über fie
eitete. Speth unterfcheibet bie eigentliche Glasmalerei oder Glasſchmelzma⸗
yon zwei andern geringern Arten, ber einen auf ober beffer hinter Glas, weiche
oder weniger durchſichtig iſt, und der andern, die zwar durchſichtig iſt, aber
:olorirter Firniſſe z. B. des Lade, Gruͤnſpans u. f. w. fich bedient, welche
Feuchtigkeit und Hige nicht aushalten. Die eigentliche Glasmalerei verbankt
Urfprung zunaͤchſt den alten Vorbildern der Mufivarbeit im 3. Jahrh. Die
se Verbreitung der Kenntniß ſowol als ded Gebrauchs von gefärbten Glaſe ift
frankreich nach England gegangen, von da im 8. Jahrh. durch die Miffionaire
Deutfchland und Flandern und im 9. Jahrh. nad) dem Norden gebracht wors
Obgleich die Italiener ſich des gefärbten Glaſes zur Moſaik bedienten, fo
en fie es doch nicht vor d. 8. Jahrh. zu Kirchenfenflern verwendet zu haben. In
n finden fidy davon gegen Ende d. 10. Jahrh. unbezweifelte Spuren. In Tegerns
i Mündyen gab es eine Ölashütte. Die Gewohnheit, Kirchenfenfter aus ges
m Glaſe zu verfertigen, dauerte nur bis zum 11. Jahrh., wo man anfing nach
ı Vorbildern der Mufivgemälde die Malerei auf Glas zu treiben. Diefe
erhielt große Vortheile zu Ende d. 14. Jahrh. durch bie wichtige Erfindung
chmelzmalerei, oder der zu Glas werdenden Metallfarben. Die Blüthe der
aaleret war das 15. und 16. Jahrh. Frankreich, England und die Niebers
hatten große Künftler in diefem Felde aufzumweifen; 3. B. die Dentiet, Mo⸗
ın Blois, Abrah. von Diepenbede. In Deutfchland erwarb ſich Dürer
nfte um diefelbe. Der Verfall diefer Kunft ging im 17. Jahrh. an und im
ahrh. hörte fie, verdrängt von der Mode, faft auf. Nur in England wurde
nn auch groͤßtentheils von ausländifchen Kuͤnſtlern, fortgetrieben. Unter Ja⸗
»urbe von einem Niederländer, Namens Bernh. v. Linge, den man af6den
yer neuern Glasmalerei anfehen kann, eine Schule geftiftet, die ſich noch bis auf
stigen Tag erhalten hat. Auch gab es im 17. und 18, Jahrh. Minner, bie
t Gluͤck dieſer Malerei wibmeten, 3. B. Eginton zu Birmingham, Wolfgang
gärtner aus Kufftein in Tirol (geft. 1761) und der gleichzeitige Souffroy,
einer Capelle in London eine Auferitehung Chrifli malte. Die Kenntnik des
rens ging nicht verloren, aber die Praxis wurde geringer. Dieb zeigen auch
Anleitungen, welche aus diefer Zeit bekannt find, 3. B. Viel's „Kunſt in
u malen”. In Deutfchland wenigftens ift die Glasmalerei erft im 19. Jahrh.
erftandn. Mich. Siegm. Frank aus Nürnberg fing zuerſt an, die Slas⸗
‚malerei wieder emporzubringen. Er ift gegenwärtig in München bei der
Porzellanmanufactur als Glasmaler angeſtellt. Das koͤnigl. Münzcabinet bes
n ihm eine Geburt Chrifti und die reiche Capelle bafelbft ein Abendmahl, das bie
Daffionsgefchichte von Dürer zur Einfaffung hat. (S. Speth's Auffag im
tblatt’‘, 1820, Nr. 27.) Die berliner und wiener Arbeiten laffen ſich nicht
nr feinigen vergleichen. In dem wieberhergeftellten Marienburg in Preußen
lungene Glasmalereien der neueften Zeit, den alten vergleichbar, vorzüglid)
ottlob Mohn und von Höder in Breslau, S. Schmithals „Die Glasmalerei
en” (Lemgo 1826).
Blasfchleifen, das, geſchieht, durch Hülfe gewiſſer, nad) verfchiedes
dodellen wohlgerundeten, melfingenen oder Eupfernen Schüfleln und vermit⸗
6 Sandes, Tripels und fein geriebenen Schmirgels, den man auf die Schärfe
an einer Spille befeftigten kupfernen Raͤdchens flreicht, indem man allerhand
m, Wappen, Schriften u. dgl. ins Glas fchneidet, und was durchſcheinen
nzen fol, mit einem bleiernen Rabe polirt. Man vermuthet, daß das Glas⸗
m im 11. oder 13. Jahrh. aufgefommen fei, als man anfıng, Brillen zu ma⸗
zu denen gefchliffene Glaͤſer nötbig waren.
lastropfen, die in kaltes Waſſer fallen, ne die Geſtalt ur
6
724 MAaiafur Glaube⸗
sovalrunden Koͤrpers an, der ſich in nen langen duͤnnen Schwanz endigt.
feſten Zuſtande heißt dieſe Glasthraͤne. Der ovalrunde Theil laͤßt ſich m
Hammer ſchlagen und abſchleifen, ohne zu zerbrechen, wogegen beim Abbrech
dünnen Schwelfs, der ganze Tropfen augenblicklich in feinen Staub zerfpring
Glaſur iſt jeder glasartige Überzug irdener Gefäße, um ihnen dadurch
Glanz zu geben, und zu verhindern, daß-fie von den hineingegoffenen Fluͤſſig
büchdrungen werden. Han kann dazu alle leichtfluͤſſige Mineralien nehm:n, ı
m Feuer verglafen, als Thon, Bolus, Schladen, Glas, Glaͤtte, Saflor,
politaniſchgelb, Zinnaſche, Spießglas, Bleiglas, Dchererbe, Kupferocher, (
ſafran, mit Kupferaſche wird fie grün, mit Mennige gelb, mit Schmalt
Bräunftein violenblau gefärbt. Alles Diefes wird fein unter einander geriebei
Glaſe gefhmolzen, in Kuchen gegoffen und dann zum Glafuren verbraudt. '
ans einer Mifchung von feinem Sande, Blelaſche, Holzaſche und Kuͤchenſalz
ches man Alles in einem Keffel zergehen läßt, kann man eine gute Glaſur bere
Die Glaſur aus Bleiglaͤtte kann unter gewiffen Umftänden fehr ſchaͤdlich mr
“und ijt um fo mehr zu vermeiden, da man in neuern Zeiten Zuſammenſthu
voͤllig bleifreier Glaſuren erfunden hat. Ungebrannte Waaren werden mit A)
waſſer befeuchtet, und dann nur mit dem Glaſurpulver beftreut, welches ma
trockene Glaſur nennt; gebrannte Waaren aber werden mit naffer Glaſur ük
‘seh, indem man das Gefäß entweder in die Glaſurmaſſe eintaucht, oder dis &
mit einem Pinfel anfprigt.
BGlaͤtte oder Bleiglätte iſt das Bleiorydul, welches fich be
Dreibarbeit, d. h. bei der Scheidung bes Silbers von dem Werkbleie, erzeugt.
reine enthält 92 Proc. Blei, man nennt fie Probirglaͤtte. Diejenige, weih
det Treibarbeit zuerſt erfolgt, ift die Srifchglätte, welche durch ein Schmelia
Kohlen in Schachtöfen, ober durch das Frifchen, wieder zu Blei reducirt mit.
nun folgende ift die Kaufglätte, welche zur Töpferglafur, in der Medicin üuf
‚pam Abheilen und Kühlen und leider auch zum Verfälfchen der Weine ange
‚wich, Gegen das Ende der Xreibarbeit wird bie Glaͤtte filberhaltiger umb dieſe
dann als Zufchlag beim Blei» und Sitberfchnelzproceß angewendet; man nem
Schetdeglätte. Der Unterfchied zwifchen Gold⸗ und Sitlberglätte liege in ber d
ken und hellern Farbe,
Glatteils entficht, wenn nach heftigem Srofte Thauwetter mit einn
finden Regen eintritt, Die atmofphärifche Luft nimmt, wenn das Thaumetn
tritt, die duch Winde herbeigeführte Wärme zuerft an, dag Steinpflafter un
bartgefrorene Erdboden dagegen ſpaͤter. Während alfo die Luft ſchon Uber da
frierpunkt erwärmt ift und den Regen in Tropfen herabfallen läßt, ift der Ertl
noch fo Ealt, dag das Waffer, welches mit ihm in Beruͤhrung kommt, feinen!
meftoff an ihm verliert und zu Eis wird.
Glaube ift nad) Kant ein ſolches Fuͤrwahrhalten, welches auf ſubiech
teichenden, d. h. auf ſolchen Gründen beruht, die nicht unmittelbar in ber Kal
des Objects gegeben find. Liegen diefe in einem Beduͤrfniſſe ber menfchlihe!
nunft, das den Menfchen nöthigt, auch das Überfinnliche, auch Das, mas
der Erfahrung erſcheint, für wahr zu halten, fo ift dieſes Vernunftglaube. {
haupt nennt man die lebendige Überzeugung von einem entweder unerroiefen®
unbeweisbaren Gegenftand Glaube; dahin gehört auch der Glaube des HU
weil dieſes eben über alle Beweiſe erhaben if. Wefentlich ift ber Glaube ven!
Meinen vie vondem Wiffen verfchieden; denn das Deinen ift ein Gürm
halten ohne zureichende Gründe, das Wiffen aber ift ein Fuͤrwahrhalten aus Hi
zureichenden Gruͤnden. Ich meine, daß der Komet ber Verkündiger des
oder des Krieges fei, ic) weiß, daß es eine Stadt Namens Paris gibt, un
glaube, daß Bott bie Weit vegiert und daß die menfchliche Seele unfterblic if. ;
Glaubenseid Glaubenseid (kathol.) 725
uͤrfniſſe der Vernunft aber, das Beduͤrfniß, einen Erflärungegrund von dem
ein und der weiſen Einrichtung der Welt zu finden, und das Beduͤrfniß der zu⸗
ichtlichen Erwartung bed Sieges des Guten und eines vollkommenern Zuſtan⸗
der Dinge, noͤthigen den Menſchen, den religioͤſen Ideen Wirklichkeit zuzuſchrei⸗
noͤthigen ihn, Gott, Vorſehung und Unſterblichkeit im Glauben zu umfaſſen.
rum wird bie religiöfe Überzeugung vorzugsweiſe Glaube genannt und ihm des
laube,, d. h. die Denk» und Sinnesart Deffen entgegengefegt, der nur Das,
ſich auf das Zeugniß der Sinne gründet, für wahr hält und bie überfinnlichen
en ber Gottheit, der Vorfehung und der Unfterblichkeit als Wahn und Selbſt⸗
Ihung betrachtet. Zumeilen wird das Wort Glaube objectiv von Dem, was
aubt wird, gebraucht; in diefem Sinne redet man von dem chriftlihen Glau⸗
oder von dem Glauben diefer oder jener kirchlichen Geſellſchaft. N.
Glaubensetd, das Bekenntniß, welches alle Geiſtliche in der kathol.
he bei der Übernahme ihrer Ämter, sind auch weltliche Perfonen, welche von ans
Religionsparteien zu diefer Kirche übergehen, feierlich ablegen und eidlich bes
igen müffen. Die Formel diefes Eides ift in den Rändern, welche die Lehrfäge
ridentinifchen Kirchenverſammlung ohne Einfchräntung angenommen haben,
dieſelbe, wie fie Papft Pius IV. nad) den Beſchluͤſſen dieſes Conciliums abge⸗
und vorgefchrieben hat, und weil fie befonders zur Anerkennung der Hoheitte
e des Papſtes und zur Unterwuͤrfigkeit gegen ihn verpflichtet, ſeitdem ein vor⸗
ches Mittel gervefen, das in der Folge der Reformation durch eine freiere Poli⸗
r Fuͤrſten geſunkene Anfehen des Papftes aufrecht zu erhalten. Die befondern
eiten der gallicanifchen Kirche verhinderten in Frankreich gleich anfangs die An⸗
te diefer Grundfäge des tridentinifchen Conciliums, daher auch der Glaubens⸗
ir die franz. Priefter eigenthuͤmliche Anderungen erhielt. Mit dem bei der Re⸗
ion von ber franz. Geiftlichkeit gefoderten Conſtitutions⸗ oder Bürgereide vera
er ſich aber durchaus nicht, und während die conflitutionellen Priefter ihm un⸗
ı wurden, entzogen ſich andre ſtrenger denkende diefem Gewiſſensſtreite durch
anderung oder Niederlegung ihrer geiftlihen Amter. Die beigifchen und luͤt⸗
Geiftlichen halfen fi) auf Beſcheid des jegigen Papftes Pius VII. dadurch,
? den Bürgereid zwar zuruͤcknahmen, aber ſchwuren, nichts zu thun, was gegen
anz. Gonftitution wäre, und das Concordat vom 15. Juli 1801 traf auch in
ı Punkte einen Mittelweg, bei dem die neufranz. Priefter mit ihrem Gewiſſen
en zu können glaubten. Mit dieſem Glaubendeide iſt der Feudalitaͤts⸗
den bie Biſchoͤfe beim Antritt ihres Amtes dem Papfte zu leiften haben, nicht
npechfeln. Er fteht im Pontificale romanum (Benedict ATV.) und iſt abe
dt „Allg. Zeit.”, 1827, Beil. 116. Erenthält u. a. die Worte: „„Haere-
et schismaticos pro posse persequar‘*.
Glaubenseid (kathol.) Man muß diefen von Pius IV. in Folge ber
tüffe bes. Conciliums zu Trient feftgefegten Eid ſelbſt lefen, um die Märchen
as von Convertiten zu Beſchwoͤrende zu würdigen, Märchen, bie noch in der
en Zeit Ölaubende gefunden haben, die Uber den Eid urtheilten, ohne ihn in
usgaben des Conc. Trid. zu lefen. Auch In der proteftantifchen Kirche muͤſ⸗
e Ktechendiener den Religionseib leiften. Der Widerfpruch, der zwifchen dies
ride auf die fombolifchen Bücher und der Forſchungsfreiheit der Evangelifhen
t, Hat ſchon manchen evangel. Kirchendiener in Berlegenheit gebracht, beſon⸗
jur Zeit des preuß. Religionsedicts. — Kaft das Umgefehrte des Glaubens⸗
find die in neuern Zeiten aufgetommenen Eonftitutionseide der Geiſtlichkeit.
wämlich die franz. Nationalverfammlung bei der Ausführung der von Rouſſeau
Contrat social‘ aufgeftellten Ideen an das 8. Gap. de6 3. Buche (De la re-
ı cirile) kam, verfaßte fie die fo berüchtigt gemordene Constitution civile du
6, wodurch die franz. Geiſtlichkeit in bee Wirklichkeit vom ceutrum unitalıs
726. Glauber Glaz
der Kirche abgezogen ward, und legte dieſe am 12. Jun. 1790 dem König zur Be⸗
ftätigung vor. Der König weigerte ſich anfangs, diefe fogenannte bürgerliche Bars
faflung der Geiftlichkeit zu betätigen, weil er dadurch fein Gewiſſen verliebt ſah.
Denn die Nationalverfammiung erklärte jeden Beiftlichen, der fich weigern würde,
Treue der Nation, dem Gefege und dem Könige und Anhänglichkeit der neuen Bar
faffung zu geloben, f. Amtes verluſtig. Nur durch die Vorftellung, daß eine dns
gere Weigerung von f. Seite aufrührerifche Bewegungen des Volks gegen die Prise
ſter und Adeligen zur Kolge haben würbe, ward endlich ber König bewogen, bau
Beſchluſſe über die bürgerliche Verfaffung der Geifttichkeit am 26. Dec. 1790 [. dw
flimmung zu geben. Die Spaltung wuchs, als im Anfange des folg. 3. die Ror
tionalverfammlung ihre geiftlichen. Mitgiieder zwingen wollte, öffentlich auf den
Rednerſtuhle den gefoderten Eid zu leiften ober zu verweigern. Beinahe alle ve.
weigerten ihn, und fo entftanden zwei Parteien, die der beeidigten und unbeeidigten >
Priefter. Wasimmer Reines und Edles unter der franz. Geiſtlichkeit war,
zu den unbeeidigten. Pius VI. erklärte in einer Bulle vom 13. April 1791
neue Priefterwahlen fr ungültig, und alle Geiftliche, welche den Bürgereib
ſchworen, ihrer Amter für verluſtig. Dagegen erhoben fich ſchreckliche V
gen gegen bie unbeeidigten Priefter. Allerdings ift der Priefter als Bürger dem;
Staate und f. conftituirten Behörden Gehorſam [huldig, aber als Geifkticher Build
er keineswegs unter den Staatögefegen, und kann nimmer angehalten wer
gegenwärtige oder zukünftige Verfaſſungen und Gefege zu befchwören, bie be
Grundfägen der Religion und Kirche zu nahe treten. in ſolcher unbebingter Ei
auf zukünftige Staatsgeſetze gleicht ja einer Ergebung auf Didcretion und vernicht
das Wefen der Kirche als abgefonderter Geſellſchaft. Wenn bie Staateregieuumge
ihr wahres Intereſſe bedächten, würden fie nicht auf einem folchen unbebingten CS
beftehen, der nur das Werkzeug — wozu man ben Beiftlihen dadurch machen wil
ſchlecht und verächtlih macht, die Edlen aber von folhen Stellen he en
.e
Glauber (Johann Rubolf), ein deutfcher Arzt in Amſterdam, wel,
1668 in hohem Alter ftarb, bat fich, f. Grillen von Metallverwandlung ungeadi
um die Chemie fehr verdient gemadt. Ihm verdankt man bie beffere Eincihiugl
der Öfen, die Abkürzung mehrer hemifchen Arbeiten, die Bereitung des vaudyenig
Salpetergeiſtes durch Vitrioloͤl, und das nach f. Namen genannte S lauberf
(eigentiihh Sodavitriolſalz), das er zufällig fand, als er Kochſalz vermittelft der J
trlolfäure zerfegte, um die rauchende Salzfäure zu deſtilliten. Verwundett 0”
dem Ruͤckbleibſel diefer Deftillation ein kryſtalliſirtes Salz mit arzneilichen Wil
gen zu erhalten, nannte er ed sal mirabile, Wunderfalz. Es wird ale Abführug
mittel gebraucht ; hier und da in der Natur gefunden, größtentheils aber buch
Kunſt verfertigt, und ift ein Mittelfalz, dat aus 56 Theilen Waffen, 19 2"
Schwefelſaͤure und 25 Thl. Natron befteht, in großen plattgedruͤckten, fechelräg
Säulen anſchießt und einen bittern Eältenden Geſchmack hat. An trodn?
zerfaͤlt es zu einem mehlweifen Pulver mit 56 von 100 Verluft am Gericht,
mit Beibehaltung f. Kraft, die vielmehr um die Hälfte verftärkt ift. |
Glaucus, ein Fiſcher aus Anthedon in Boͤotien, der nicht lange vordt
lus unter die Volfsgötter aufgenommen, und dem als Meergott audy die Gabe
Prophezeiung beigelegt wurde; daher Apollonius ihn ſchon den Argonauten
mpfifchen Geftade mweiffagen läßt. Ovid befchreibt ihn folgendermaßen:
Jetzo erſchien mir zuerft fein Bart von dunfeler Grüne,
Und Lies hangende Haar, das lang die Welle ruehf et,
Auch die bläulichen Arme, zugleich die gewaltigen Auitern
Und die Schenkel, gekruͤmmt zum floffigen Schweife des Fifchet.
Glaz, Sraffhaft und Kreis (17 OM., 61,400 E.) im preuf, Bl
-
14411 7
Gleditſch m
ehrt Bretlan, von hohen Gebirgen eingeſchloſſen, 8 Meilen lang und 5
it, ſehr fruchtbar mit reiner Luft und mehren Heilquellen zu Cudowa, Nee:
id Reinerz. 2000 Fuß hoch liegen bie fogen. Seefelder, bie beftändig unter.
ſtehen, das niemals friert unb niemals zu oder abnimmt. Im Wolfögrunde
Waſſerfall, im Gebirge find die Höhlen merkwuͤrdig. Die Hauptſt. gl. N.
200 €.).ift eine wichtige Seftung und erlitt Belagerungen in d. 3. 1742,
und 1807. Zu ber ehemal. Grafſch. Glaz gehörte auch der jetzige Habels
rdter Kreis (14 0M., 39,000 E.), mit Landeck, das warme Bäder und
tangenau, das e. Sauerbrunnen hat.
Bledirfch (Sohann Theophilus), Prof. der Naturwiſſ. und Botanik,
‚ ber Akad. der Wiflenfch. in Berlin, geb. zu Leipzig d. 5. Febr. 1714, hatte
t ſtudirt, und erhielt nach des Prof. Hebenſtreit's Abgang, ber eine wiſſen⸗
iche Reife nach Afrika unternahm, die Aufficht fowol über den botanifchen als
en, damals durch ſ. Anlagen und feltenen Gewaͤchſe berühmten Groß Bofen’s
Barten. Botaniſche Ercurfionen durch Sachſen, nach dem Harz und dem
ger Wald, welche G. machte, ſowie f. Aufenthalt zu Annaberg, wo D. Häs
a befannter Naturforfcher) f. Lehrer wurde, dann zu Berlin, wo er der Schuͤ⸗
a Buddaͤus, Schanrfchmidt, Senff und Neumann ward, erweiterten f.
uiffe und festen ihn in den Stand, ſowol die Flora Berolinensis, als die
ipgig zu bereichern. In Berlin warb ©. durch den König Friedrich Wilhelms I.
kn. v. Ziethen, einem Freunde der Pflanzenktunde, empfohlen, was zur Folge
daß der junge Raturforfcher 1736 eine ſyſtemat. Befchreib, der feltenen Ge⸗
In Drud gab, die in Ziethen’6 Garten zu Trebnitz gezogen wurden. G.
) hierauf als Arzt zu Lebus nieder; dann zu Frankf. a. d. O., wo er D. warb
6 Lehrer ber Phpfiologie, der Botanik und Materia medica auftrat. Zum
. Mitgliede der eben errichteten Akad. der Wiſſenſch. in Berlin und zum Dis
es botanifchen Gartens ernannt, erhielt er auch die Stelle eines zweiten Prof.
ıtomie. Auf Verlangen Friedrichs II. hielt er öffentliche Vortefungen über
ſtwiſſenſchaft, und war ber Exfte, welcher ein geordnetes Syſtem über diefen
Seine zahlreichen Schriften und bie tuͤchtigen Schüler, welche
verfkifen die Kenntniffe und die verdienftvolle Thaͤtigkeit dieſes Gelehrten, ber
1786 flach. Zu beklagen ift, daß mehre treffliche Lehren und Erfahtun⸗
G. in den verfchiebenen Zweigen der abminifttativen Öfonomie nicht immer
era fo beherzigt worden find, wie fie e6 verdienten. Übrigens war ©. ein
von ebenfo großer Befcheidenheit als Gelehrſamkeit. Mehre ſ. noch jezt in
jehaltenen Werke wurden erſt nach ſ. Tode von ſ. S hne, dem Geh.
ach Gerhard in Berlin, herausgegeben. Zu ben vorzuͤglichſten gehören ſ.
opicriseos Siegesbekianae in Linnäi Systema plantarum etec.“, f. „Lau-
uncula de fuco subgloboso sessili et molli in Marchia reperiundo‘‘ ( wo-
se deutſche überſ. im 3. Bde, f. Differtationen über Botanik fich findet); f.
mat. Einleit. zum Studium der Korftwiflenfchaft“ 3 f. Theoretiſch⸗praktiſche
hte der Medichnaipflanzen“ ; f. „Naturgefchichte der nüglichften einheimiſchen
bfe” 3 ſ. Botanica medica“ (von F. W. %. Luͤders, einem der ausgezeich⸗
Schuͤler von G. herausgegeben); und ſ. „Bemerkungen in Bezug auf Bo⸗
mb Medicin“. Seine Differtationen find zum Theil in den Memoiren der
e der Naturwiſſenſchaft in Berlin, zum Theil In den Annalen ber berliner
nie, zum Theil auch in den Mannigfaltigkeiten von D. Martini, abgedruckt,
mebre die Pflanzenkunde betreffende ſyſtematiſche Kataloge ; auch beforgte er
Kusg. der Linne’ichen „„Philosophia botaniea‘‘. Seine Lebensbeſchreibung
Willdenem und Ufterl, kam 1790 in Zürich heraus. Der Naturforfcher
u hat ein exotiſches bohnenartiges Gewaͤchs Gleditsia benannt. P_
78 Gteihen Gleichgewiche der Staaten
Gleichen (Emft, nad A. Ludwig, Graf v.), au® einem berkhm
erlovſchenen deutſchen Befchlechte, folgte dem heil. Kreuze nach Patäfting,
der die Türken und fiel in Gefangenfchaft. Eines Tages, fo erzählt die €
biickte ihn, als der Ungluͤckliche am Wege arbeitete, die Tochter bes Bulk
von Mitleid und Liebe gerührt, verfprach fie, ihn zu befreien, wenn er
Weibe nehmen und mit ihr entfliehen wolle. Vergebens wenbet er ihr ei
daheim Weib und Kinder habe. Die an bie Sitte ihres Volks gewöhnt
findet darin kein Hinderniß. Sie entfliehen, und erreichen zu Schiffe
Dier vernimmt der Graf, daß ſ. Semahlin und f. Kinder leben, und mit €
feiner harren; er eilt nad) Mom und erhält vom Papft, nachdem bie R
Taufe empfangen, die Erlaubniß, beide Gemahlinnen behalten zu duͤrfen
nen ex fortan in gluͤcklicher Eintracht lebte; denn auch f. frühere Gatti
ein, das Herz ihres Gemahls mit Derjenigen zu theilen, ohne deren Häffi
verloren geroefen wäre. S. Galletti's „Thuͤringiſche Befchichte” und ı
Schrift des gelehrten Prälaten Placidus Muth. Das Grabmal des Gi
welchen ex mit beiden Gemahlinnen abgebildet ift, befand ſich in dere
Benedictinerkicche auf dem Petersberge zu Erfurt und iſt jezt in Gotha,
Gleicher, f. Äquator. nn
Gleichgewicht, ver Ruheſtand, welcher erfolgt, wann zwei ı
Kräfte ſich dergeftalt entgegenwirken, daß jede Bewegung dadurch aufgehi
(S. Mechanik und Statik.)
Gleichgewicht der Staaten, politifhes Gleichgewid
Wee der höhern Staatskunſt; daß die nach Außen firebende Macht «
Staates von den Übrigen fo gemäßigt werde, daß keine Bedruͤckung ober
tung irgend eines Andern daraus erfolge, Es beſteht alfo in der Verbinl
rer Mächte zur Abwendung folcher Gefahren, bie ihnen von der Vergroͤßen
einzelner Nachbaren bereitet werben könnten. Sie widerfegen ſich daher j
fihgreifen eines andern Staats, das die Unabhängigkeit und Sicherhei
Volks bedroht, dadurch aber die der Übrigen gefährdet. Die Staaten
nathrliches Mecht, die Idee eines foihen Gleichgewichts unaufhoͤrlich
machen; denn nichts kann unbeftrittener fein als bie Verbindlichkeit der 2
fih von Außen Sicherheit zu verfchaffen, weil ohne biefe kein politiſch
Bein Staatenieben überhaupt denkbar if. Man fieht leicht ein, daß bie.
politifhen Gleichgewichts, ohne einen wirflichen Staatenverein, der bi
des rechtmäßigen Beſitzſtandes Alter nach völkerrechtlichen Grundſaͤtzen ü
nicht ausgeführt werben kann. Die Despoten, welche in Aſien und 2
ſchen, koͤnnen durch einem folcyen Verein weder geſchuͤtzt, noch in benfel
nommen werben, weil fie überhaupt kein Geſetz anerkennen, fondern G
Willen über alles Recht erheben. Sie regieren nicht über Voͤlker, fie fint
treiber, Mäuberhäuptlinge und Kriegsbefehlshaber. Sieg fein
keinem Vertrage, fondern allein der phyſiſchen Nothwendigkeit. Es waͤ
wirkliche Verlegung des Gleichgewichts, wenn man es fo weit ausdeh!
daß keinem Staate von bem andern geftattet würde, fich auf redhtmäßige
nerhalb f. natürlichen Kraftgebiets, zu verftärken, durch Handel und €
Völker glücklicher und reicher zu machen, und fo auf alle Weiſe f. geiftige
fifchen Kräfte durch feinen Innern Haushalt zu entwickeln. Das Gleich
Staaten ift vielmehr eine fittliche Idee. Es foll Jeder fo ſtark und kraͤft
und gluͤcklich fein, als er es in f. Lage werben kann; aber baffelbe Macht |
ſ. Nachbarn, und bie fichtbaren Grenzen aller unter ſich beſtimmt alkeiı
Verträge geordnete Beſitzſtand eines Jeden. Der biplomatifche Verkehr
tem unter einander darf alfo nur Innerhalb dieſer Rechtsſphaͤre bie Macht
Jeden beobachten und bewachen. Die Idee des politiſchen Gleichgeni
Gleichgewicht der Staaten. 729
iehen, ſobald mehre Staaten ſich felbft ala moralifche Perfonen erkannten, und
einander in techtliche Merhältniffe traten. Beides fegt aber voraus, daß bie
Ufstion bedeutende Fortfchritte gemacht habe. Es ift daher falfch, wenn man
ist bat, dag das politifche Gleichgewicht eine Entdeckung fei, bie die italienifchen
iſtaaten erft im 15. Jahrh. gemacht hätten, um ſich den Eroberungsangeiffen
# VIIL von Frankreich zu entziehen. Woher anders entſtand der peloponnes
stieg, als weil die übrigen Staaten Griechenlands bie druͤckende Obergewalt
ns nicht Länger dulden wollten? Ebenfo wußte Athen felbft es ſehr wohl, daß
uta und Theben nie zu mächtig werben bürften, wenn feine eigne Sicherheit.
x gefährdet werben follte. Demoſthenes entwidelte in f. Reden, befonders. für
alopoliß, fo feine Gedanken über diefen Gegenftand, wie fie nur ber größte Pos
ve neuerer Zeiten vortragen könnte; und Polybius, der im Fache der Staates
mihaft ebenfo groß ift als in der Gefchichtfeyreibung, lobt ausdruͤcklich das Be⸗
wen ded Königs Diero von Syrakus, da er den Karthagern in dem Kriege der
Meodtker Beiftand leiftete, „Dan muß”, fegt er hinzu, „nie die geringen Anfänge
Bergrößerung der Nachbaren gering achten, und nimmer zugeben, daß die Macht
Staates fo fehr wachfe, daß man einft einen gerechten Krieg nicht mit: gleichen
führen koͤnnte. Unter den Nachfolgern Aleranders war es jedoch mehr
Kampf gegenfeitiger Eiferfucht, welcher ein gleiches Machtverhältniß ordnete,
Die Idee eines politifchen Gleichgewichts. Als fpäter die Herrſchaft der Römer
d unterjochte, ald im Anfang des Mittelalters bie nordifhen Völker mit dem roͤ⸗
den Reiche auch den geſellſchaftlichen Verein zerftörten, da ging diefe Idee völlig
x. Auch Karls d. Sr. Eroberungsplane und die Abfonderung der Stacıten uns
ih, forwie die Kreuzzüge, ließen diefelbe im fpiitern Mittelalter nicht wieder aufs
wen. Mur im Kleinen findet man diefe Idee in den Kriegen befolgt, bie bie
Uchen Könige der pyrendifchen Halbinfel theils unter ſich, theild mit dem maus
mHofe zu Corbova führten. Aber lebhafter, obaleich nicht mit angemeflener.
ber Größe, erwachte der Gedanke an das politifche Gleichgewicht in bien Sreis
u Staliend. Die Kämpfe zwifchen Genua und Venedig, von denen jenes ſich
en byzantinifchen Kaiſern verband, dieſes ſich fogar den erobernden Osmanen
loß, hatten urfprünglich keinen andern Zweck, als dem Übergewicht ber einen
bee andern Macht entgegenzuarbeiten ; aber weit fie größtentheild nur biefe
r Staaten befchäftigten, und bloß aus gegenfeitiger Eiferfucht wegen Macht»
dandelsvortheil hervorgingen, fo endigten fie mit der Schwaͤchung der Republik
Benua. Als hierauf Karl VIII. von Frankreich Italien angriff, um f. Ans
ye auf Neapel geltend zu machen, da regte ſich in allen Staaten das lebhafte
bi der Nothwendigkeit, diefer Übermadht entgegen zu arbeiten. Robertſon rech«
Im diefer Zeit an die Ausbildung der Idee des politifchen Gleichgewichts, und in
bat kann man fo viel zugeben, daß, da damals erft die Staaten in engere Bes
ing mit einander famen, die Mächte von Deutfchland und Spanien gegen die
ſende Macht Frankreichs auf ihrer Hut zu fein anfingen. Noch mehr war dies
all, als die Reformation mit der Staatskunft zugleich auch die Anfichten vom
errechte aufllärte; in den Kriegen Stanz I. und Karl V. bemerkt man bloß die
ht eines Jeden, auf Koften bes Andern felbft mächtiger zu werden. Es war
dee des politifchen Gleichgewichts, welche im 17. Jahrh. die Fuͤrſten Europas
nens allgemeinen Kampf gegen die Anmafungen bes Hauſes Öſtreich bewaffnete,
en unfterbiihen Guſtav Adolf für die Rechte der reinern Religion fowol als zum
a der bebrängten deutfchen Fürften auf den Boden Deutfchlande rief. Weil
die deutfchen Fuͤrſten ſelbſt unter fich weder einig waren, noch einen großen
un aus ihrer Mitte an ihre Spige fellen konnten, fo übernahmen frembe
Ste die Mühe, ben politifhen Zuftand von Deutfchland nad ihrem Beduͤrfniſſe
eduen. Dadurch wurde für Deutfchland feibft fein Gleichgewicht, ſondern eine
die durch das Zeichen — (d. h. iſt gleich) getrennt werben; z. B.
5, ded—1—5—3. Bie durch die Zeichen + oder — v
Ben, woraus jedes Glied befteht, heißen Säge der Gleichung. €
Gleichung neben befannten Größen auch unbefannte oder unbeftimu
3 B. In der Gleihung mx --ny = a— b find mnab bekann
x und y aber unbefannte Größen. Die Wurzel der Gleichung hı
unbekannten Größe. Hinſichtlich der hoͤhern oder niedern Pote
bie unbelannte Größe in einer Gleichung ſteigt, theilt man bie GI
fache (aud) vom 1. Grade), quadratifche (vom 2. Gr.), Eubifche :
(vom 3. oder 4. Gr.). Man betrachtet die Gleichungen entweder
gebniß, worduf man bei der Löfung einer Aufgabe tommt, ober c
einer enblichen Löfung. Gleichungen der erſten Art haben nur ein
mehren gegebenen ober befannten vermifchte Größe, bie zweite Ar
bene unbetannte Größen, die mit einander verglichen und verbundı
bis man zu einer neuen Öleihung gelangt, die nur eine unbekann
kannten enthält. Um den Werth biefer unbekannten Größe zu
Gleichung auf verſchiedene Art umgewandelt, wodurch fie endlich «
Ausdrud gebracht wird. Liber Gleichung in ber Afttonomie vgl. ;
und Sonnenzeit,
Gleim (Johann Wilhelm Ludwig), geb. zu Ermsleben,
im Fuͤrſtenthum Halberftabt, am 2. Aprit 1719, geſt. zu Halberf
1803, als Secretait de6 Domſtifts bafelbft und Kanonlcus des €
Seinen Vater, ben Oberfteuereinnehmer des ermölebenfchen Kreife
ba er aufder Schule zu Wernigerode war, Ein gebrudtes Traı
Tod f. Vaters beurkundet fein früh gelibted Talent zur Poefie. 9
lien erhielten den armen verwaiften Knaben auf der Schule bis
Hochſchule zu Halle bezog, und in den bürftigften Umftänben heite
lag. Seine Lehrer waren der Kanzler Ludwig, Heineccius, der
und befonders Alex. Baumgarten ; zulegt aud) der Freih. Chriftia:
Freunde wurden Us, Rudnick und Nie. Gög, welche gleichzeitig ı
und zu denen ihn gleiche Liebe zur Poeſie hinzog. Die Mufter
Mämer waren anch bie ihriaen. 1740 verlieh lem hie Uninert;
Gleim 733
ched ſche Partei allen möglichen Vorſchub leiſteten. Die freiere und geiſt⸗
ve Ausbildung der deutſchen Sprache, Art und Kunſt ward hierdurch nicht we⸗
fördert. Der zweite fchlefifche Krieg trennte 1744 bie vereinten Sreunde, und
eG. f. wohlwollenden Prinzen, welcher vor Prag fiel. 1745 ward ©. Se
des „alten Deffauers”, von welchem ihm jedoch deffen rauher Charakter bald
nte. ©. lebte nun einige Jahre zu Berlin unter mand)erlei gefcheiterten Plaͤ⸗
t anbermweltiger VBerforgung, bis er 1747 als Domfecretair nad) Halberſtadt
a wurde, wo er fehr angenehm lebte. Schon 174% war. von..ihm- der mit
n Enthufiasmus in Deutfchland aufgenommene Verſuch in ſcherzhaften Kies
tfchlenen.. ‚Nicht minderes Auffehen erregten f. gleichzeitigen dramatiſchen
tyriſchen Verſuche. Von ſ. frühern Freunden getrennt, lebte er'die erfte Zeit
Andigem Briefwechſel mit ihnen ; Lange; Leſſing, Geßner, Zachariaͤ, Ebert,
er, Wileland u. A. vergrößerten zunaͤchſt den Kreis f. poetifchen und wiſſen⸗
Ichess Umgangs, ber die Freude f. Lebens war. 1749 erfcjienen die beiban
anımlungen, welche er zu Halberftadt drucken ließ, mit den angeblichen Druds
Imſterdam und Zurich. 1750 lernte er Klopſtock, Schmidt, Geftert, Rabener,
mer und Schlegel Beinen, welche er von Zeit zu Zeit nach Halberflabt zuu ver⸗
pußte, des Lebens u. Dichtens mit ihnen froh zu fein. Mit allenjenen Maͤn⸗
mbanb er ſich auf das innigſte, denn Sreundfchaft war fein Lebenselement. . Er
a8 feltene und begluͤckende Talent, in Jedem das Treffliche aufzufinden, an⸗
men, und ſich defien wie des’ eignen Guts zu erfceuen. Die vetſchiedenſten
Itexe fanden fich durch ſ. lebendige, ſtarke Freundſchaft vereint und begluͤckt;
andte fid) in allen Lagen des Lebens, guten und böfen, an ihn, ber thaͤtigſten
und lebhafteften Theilnahme gewiß. in der Liebe war G. weniger glüͤcklich.
ſich nie verheitathet; fein Hausweſen beforgte f. geiftreiche Nichte, Sophie
hea G., welche u. d. N. Gleminde häufig befungen ward. 1756 gab G. das
uch f. Kabeln und ſ. Romanzen in Drud, welche f. Ruhm nicht wenig vers
n, ber indeß erft in den fieben Kriegsjahren des großen Friedrichs IL ſ. höchfte
zreichte durch die Kriegälieber, roelche er u. d. N. und im Charakter eines
chen Grenadiers fang. G. mußte fich fo fehr unter diefem Namen zu verbers
abſt vor f. vertrauteften Freunden, dag man fpäterhin öfter behauptet hat, er
leſe Lieber wirklich nicht gefungen, fondern nur befannt gemadjt. Sie find
u Schwung, Kraft und Icbendiger Anordnung bis jegt unerreichte Mufter
en und haben ihrem Verfaffer einen hohen Rang unter den vaterländifchen
ur gegeben. Nach den Kriegsliedern verfuchte fi) G. bald mehr, bald mins
keftich in Oden nach dem Horaz, in Petracchifchen Gedichten, Gedichten nad)
kinneſingern und Sinngedihten. G. lebte mebr im Genießen als im Stre⸗
md in beiden arglos und unbefangen; ob ein poetiſcher Wurf gelang, ob nicht,
te ihn angenehm beſchaͤftigt. Juͤngere Freunde rrihten ſich in diefer Zeit den
an: die Karfchin, Georg Jacobi, Ben. Michaelis, Wilhelm Heinfe, Job.
2, Goͤckingk, Klamer Schmidt, und noch etwas fpäter Ziedge u. A. Die
n von ihnen wußte G. in Halberſtadt anzufiedeln; fein Eifer für ihr bürgerlis
VDehl wie für ihren literarifhen Ruhm kannte eine Grenzen. Der Verein fo
geiftreichen jungen Diänner gab ihm den Plan ein, in Dalberflabt eine vorbes
ve Akademie zu ftiften, welche er fpäter in ſ. legten Willen ale eine Schule der
mitaͤt bezeichnete, ein Plan, der aber ohne zureichende Grundlage wenig aus⸗
ar ſchien. ©. hatte ein ſeltenes Talent, mit den Menſchen aller Stände auf
freulichſte umzugehen ; f. Lieder fürd Vol zeugen davon. Er war ein Mens
keund im edelften Sinne des Worts ; als folder fang er „Halladat oder das
Buch”, im Sinne eines vweifen Derwifches aus dem Morgenland. Dem
bat folgte eine Eleine Sammlung Epifteln, welche In ihrer Art gleich originell
nefflich find. Mach Friedrich IL. Tode ward &.’6 Enthufiasmus für den gro⸗
den Hauptgebitgoketten Curopas eine bebeutenbe Rolle und iſt fehr
verfchiebener Art, die ihm theils beigemengt find, theils auf Gänge
ihm vorlommen. Der dännfcieftige wirb zum Dachdecken, ber
Bauftein, als Geftelftein in Hohöfen u, f. w. angetvendet.
Globus, jeder dichte runde Körper; in der Geographie ı
eine kuͤnſtliche Kugel, welche an zwei Polen innerhalb eines Eitkels
dian oder Mittagskreis vorſtellt) ſich bewegt, und auf deren Flaͤche
Srter der Erde (Erdglobu) ober die Sterne (Himmelsglol
find. Außerdem find auf beiden bie vornehmſten Kreife, welche ı
Erbe und am Himmel gezogen denkt, angedeutet. Anarimandı
Schüler von Thales, der um die 50. Olympiade (680 vor Chr.
Erdgiobus erfunden haben. Daß Ptolemäus ſchon eine tünftli
dem univerfalen Meridian hatte, fehen wir aus feinem Almageft. '
die Alten ‚Himmelskugeln. Unter ben Neuern haben ſich Mehre d
tigung kuͤnſtlicher Globen ausgezeichnet. Der Venetianer Corı
brachte mit Hülfe des Claudius Molinet und andrer parifer Ki
wig XIV. 1683 eine Erdkugel zu Stande, welche zwölf parifer €
meffer hat. Derfelbe Künftler verfertigte auch eine Himmeiskug
Größe. Funk in Leipzig gab 1780 Mobelle der Himmel in
niglobia) heraus, die bei einem.gehörigen Gebrauch mit den Glober
Dienfte hun und ungleich wohlfeiler find. Im Deutſchland eröff
dred zu Nürnberg die erſte Officin von Himmels · und Exbkugeln j
fen; welchem Enderſch zu Eibingen und bie Homanm’fche Officin ı
ter den neuern machen bie von Bode beforgten Himmelskugeln, wel
feit 1790 verfertigt werden, und beim Kunfthändier Scanz bafelbft
an Genauigkeit, Vouftändigkeit und Schönheit des Stiche allen &
zug flreitig. Die vom Kriegsrath Sogmann gezeichneten Erdkugelu
ſten Entdeckungen. Jetzt werden auch braudybare Bloben von ver
in Dresden (vom Prof. Hahn), in Leipzig und Weimar gefertigt. !
und zweifüßige Globen liefern ferner Adam und Cary in London.
bemerken, daß ber Preis bei der Größe von 2 Fuß und darüber febe
has dorum Für Nie arho feihft mefontlich nemannen mühe
Stodenfpiel Ologau 737
& lange vor feiner Zeit Glocken gegeben. Man nennte fle Untinnabula und
on berichtet ung, daß Auguft eine ſolche vor dem Tempel des Jupiter aufhins
kef. In der chriſtl. Kirche hingegen bediente man ſich der Glocken, die Gemein⸗
a verfammeln, weiche man früher durch Laufer hatte zuſammenrufen Laffen.
Br ſchiug man Breter zufammen, um das Volt zum Gottesdienfte ein
en, daher man bdiefe Breter die heiligen Breter nannte. Paulinus, Wis
zu Nola in Campanlen, fol im 4. Jahrh. zuerft den Gebrauch der Kirchen⸗
m eingeführt haben, und daher follen ſich audy die Tat. Namen der Glocke
sana und nola fchreiben. Im 6. Jahrh. bediente man fidy der Glocken ſchon
u Ktöftern; fie hingen auf dem Kirchdach in einem Geftelle. Gegen das Ende
Jahrh. hatten mehre Stadtgemeinden Glocken aufihren Kirchen. Um 550
rihe Gebrauch in Frankreich eingeführt. Papſt Sabinian (ſt. 605) verordne⸗
rſt, daß alle Stunden durch Glockenſchlaͤge angezeigt würden, um die horas
ticas, d. 1. die Sing: und Betſtunden beffer abwarten zu fönnen. 610 bela«
Elotars Herr Sms, ald Lupus, Biſchof v. Orleans, die Glocken von St.⸗Ste⸗
zu laͤuten befahl, worüber Clotar fo erfchrat, daß er die Belagerung aufhob.
Infange des 8. Jahrh. fing man an, die Kirchengloden zu taufen, und ihnen
Namen zugeben. In England gab man das Zeichen zum Gottesdienft mit
em. Im Morgenland wurde ihr Gebrauch im 9. Jahrh. eingeführt, in der
eiz 1020; wann in Deutſchland, iſt ungewiß. Im 11. Jahrh. bekam der
ju Augsburg zwei Glockenthuͤrme. Es fcheint, man habe eine Ehre darein
‚ große Glocken zu haben. In Moskau fah und mag W. Gore 1787 eine
e, die er auf 4320 CEtnr. ſchaͤtzte. Kine andre Glocke in Moskau wiegt 356
und die 1819 neu gegoffene Glode wiegt 1600 Gtnr., die Zunge allein 13
Auf den parifer Dom kam 1680 eine Glocke, die 25 Schub im Umfange
und 340 Etnr. wog. In Wien wurde 1711 eıne Glocke gegoffen, die 354
und deren gehnthalb Fuß langer Kloͤppel 8 Etnr. wog. Aber die größte Glocke
ı öfter. Staaten iſt zu OUmuͤt in Mähren in dem mittlern Domtburme; fie
3658 Gen. Die erfurter große Glode, die J. v. Campen gof und D. J. v.
na mit dem Namen Sufanne taufte, wiegt 275 Ctnr., bat uͤber 24 franz.
m Umfang, und einen 4 Fuß langen Klöppel, der 11 Eintr. wiegt.
Glockenſpiel, eine Erfindung des Mittelalters. Man findet fie häufig
Drärnsen mit der Schlaguhr in Verbindung. Das erfte fol 1487 zu Aloſt in
diederlanden verfertigt worden fein, Einige Glodenfpiele haben Walzen, die
Bett zu Zeit gemechfelt werden, und laffen fi nicht nur Tag und Nacht mit
iben Stuͤcke hören, fondern bezeichnen auch die halben und Viertelitunden
p Eizegere Strophen, ja felbft die halben Viertelſtunden durch einen einzelnen
ng. Andre haben eine Art Tangenten, welche die Glocken berühren und nach
une Glaviers gefpistt werden koͤnnen, jedoch nicht mit den Fingern, fondern
wer Fauſt, welche, um den Schlag auf die Zafte mit der gehörigen Kraft thun
binnen, mit einem ledernen Überzuge verfehen wird. So ſchwierig auch die Bes
uung ift, fo gibt es doch Glockenſpieler, weiche dreiftimmige Säge ausführen,
BR Lanfer, Triller und Arpeggios herausbringen. Burney erzählt, der Glos
Bieter Scheppen zu Löwen habe mit einem fertigen Violinſpieler gewettet, daß
m fee ſchweres Violonfolo auf den Glocken ausführen werde und die Wette ges
Keen. Pottheff, Organift und Glockenſpleler auf dem Rathhausthurm in Am⸗
nam, erbiindete in ſ. 7. Lebensjahre, erhielt im 31, die ermähnte Stelle und
Bis, obgleich jede Taſte ein Gewicht von 2 Pfund erfoderte, fein Glockenſpiel fo
R wie einen Fluͤgel. Er ließ fi 1772 vor Burney mit einigen Fugen
Blogau, preuß. Hauptfeftung in Schleſien, im Regierungsbezirk von Lieg⸗
„ unweit der Oder, hat 11,200 E., darunter 1230 Juden, ift der Sitz des
Konn.s 8er. Eiebeute Aufl. Bd. IV. 47
738 Gloſſe Glover
Oderlandedgerichts und hat ein luth. und ein kath. Gymnaſtum, eine He
ſchule. Aufdem Schloſſe reſidirten die Herzoge von Glogau aus dem |
fchlechte der Piaften; fie ftarben 1476 aus, worauf das Fuͤrſtenthum an |
Böhmen fiel. Der kaiſerl. oͤſtr. Commandant in Glogau führte zugleid
tairifchen Oberbefehl in Schlefien. Friedrich IL. eroberte ©. 1741 und li
ftärker befeftigen. Nach ber Schlacht von Jena wurde ©. von den wi
Truppen unter Bandamme und Sedendorf bevennt, und von dem preuf. |
danten v. Reinhard nach geringem Widerftande übergeben. Jedt blieb
15. April 1814 in franz. Händen, an welchem Tage es in Folge des mit
fen Artois nad) der erften Reſtauration der Bourbons abgefchloffenen %
ftandes an Preußen wieder übergeben wurde. Die Stadt hat Fabriken un
Verkehr. Der Dichter Gryphius iſt hier geboren.
Sloſſe, die Erklaͤrung eines unbelannten oder dunkeln, befen
veralteten Worte, daher Gloſſator, der Erklaͤrer folcher Wörter, u
farium, eine Sammlung ſolcher Erkiärungen. Über diefen wichtiger
älteften Denkmäler unferer Zeit, ſ. A. H. Hoffmann’s „Althochbeutfdy
(1. Samml. Bredlau 1826, 4.) und C. ©. Graff's „Diutiska” (
8.1, H. 1). Inder Dichtkunſt nennt man eine eigne Gattung ven
Stoffen, die aus der fpanifchen und portugiefifhen Poefie auch in d
übergegangen iſt. Das Gedicht fängt mit einem Thema in zwei, drei
mehr Verfen an, welche in ebenfo viel Strophen weiter außgeführt w
von denen am Schluß jeber folgenden Strophe der Reihe nach einer im
erſcheint. A. W. und Zr. Schlegel, welche diefe zierliche und Eunfkreid
bei ung zuerft verfucht haben, nennen fie auch Variationen.
Glover (Richard), Dichter, geb. 1712 zu London und in Sur
widmete fich dem Bande. Deffenungcachtet verließ ihn feine frühe N
Dichtkunſt nicht. 1737 gab er das Heldengebicht „‚Zeoniba®” heraut
chem uns Ebert eine Überfegung und Beurtheilung geliefert hat, dem w
einen fehr mittelmäßigen poetifchen Werth beilegen können. In Englaı
einen außerorbentlichen Beifall, wozu bie Umſtaͤnde viel beitrugen. 3
barauf erſchien f. Gedicht: „London or the progress of comınerce‘‘,
ſ. Ballade: „„Adıniral Hosier’s ghost“‘, Einfluß auf die Handeläbe
ber damaligen Zeit hatte, indem barin der Nation das Unrecht fühl
wurde, weldyes Spanien dem engliſchen Handel zufügte. 1753 erfchien
erfpiel „Boadicea”, welches einigemal mit Beifall aufgeführt wurde, ı
gab er f. „Medea“ heraus, ein nach Art der griech. Dramen mit Choͤren
Zrauerfpiel, auf das er ſpaͤter noch eine Kortfegung folgen lie. Nach d
sungsantritt George III. wurde er zum Parlamentögliede für die Stabt 9
gewählt ; im diefer Eigenfchaft zeichnete er ſich bei mehr als einer Gelegen
feine kraftvolle und uͤberzeugende Beredtſamkeit aus. 1770 vollendete cı
beitung des „Leonidas“. Er wurde jegt häufig in Gefchäften der lonbı
mannſchaft gebraucht, die ein unbedingtes Zutrauen zu ſ. Redlichkeit he
ben legten Jahren f. Lebens arbeitete er an einem neuen epifchen Gebicht,
niad‘‘, das auch als Fortfegung bes „Reonida®” angelchen werden kann,
die legte Vollendung erhalten hat, und 1788 von f. Tochter, Mb. Halfe
gegeben worden ift. Er ftarb 1785. Noch erfchienen nach f. Tode, ak
aus f. Tagebuche: „„Memoirs of a celebrated literary and political ch
(London 1814), worin er mit großer Wahrheitsliebe, aber nicht ohne Ste
Vitterkeit, von ben Ereigniffen und manchen Perfonen f. Zeit fpricht,
Fa man bag beweifen wollen, daß er ber WVerfaffer ber Suniui
.d.) fei.
Sud 739
lud (Chriftoph, Bitter v.). Dieſer Tondichter, dem die Iyeifche Seen⸗
Blanz und ihre dramatifche Wervolllommnung verdankt, flanımte vom eines
henen Bamilie in der Oberpfalz, wo er aufdem Dorfe Weißenwangen an der
iſchen Grenze 1714 geb. wurde. Sein Vater war Sägermeifter beim Kürften
ig. Ex mwibmete fich von früher Jugend an der Muſik und zeigte bebeutenbe
sen; allein erſt feit ſ. 40 I. ließ er ſ. unſterblichen Meiſterwerke ans Licht txer
In Prag fludirte ©. die Anfangegründe der Mufik, und fang ins Chor mit,
ffielte ex trefflich mehre Inſtrumente. 1788 bereifte er. Italien, und fludirte
: San Martini die Sompofition. Geine in Malland gefchriebrne erfte Oper:
operped”, wurde daſelbſt, ſowie eine andre: „Demetrlus, in Venedig gege⸗
1742). Eine dritte: „Der Sturz der Giganten‘, componirte ex für die ital,
in London, wohin er fi) 1745 begeben hatte. Bier hatte der Umgang des
(me und deſſen Stau, einer trefflichen D,pernfängerin, großen Einfluß auf bie
ichheit ſ. Probuctionen. Die biöher berührte Periode war in Hinſicht bee
ze ſ. Productlonen die fruchtbarfte. . An 45 Opern wurden von ihm in dem
vum von 18 5. gefchrieben, in allen aber zeigte ſich noch nicht die Größe und
‚Die der Dichter der Toͤne in ſ. fpätern Werken entwideln follte, G. war biöe
m damals berefchenden Styl und Gefchmad ber italienifhen Oper gefolgt
ihite recht wohl, was eigentlich fehlte und wie wenig das Gange ſ. Muſik auf
1. dramat. Werth Anſpruch machen konnte. Gin Daupthinderniß zur Errel⸗
eines wahrhaft Dramatifchen Ganzen für den Componiſten mar aber immer
gebrachte Seichtigkeit und Innere Zufammenbangsiofigkeit ber lyriſchen Dich»
2, welche er zur Unterlage f. Tongemaͤlde erhielt. Erſt als ihn das Geſchick
nem Daun befannt machte, der den Muth unb die Kraft hatte, trotz ber
einem andern Weg hierin einzufchlagen, vermochte er auch ſeinerſeits, bafe
wthun. Diefer Dann war der Florentiner Ranieri bi Calzabigi, den ©. in
kennen lernte, und der bem Gomponiften eine Reihe Texto lieferte, bie durch
nagperbundenen Inhalt und durch dig richtige Motivirung der einzelnen Si⸗
nen unter einander, gar ſehr gegen jene. leicht zufammengewürfelten Arien,
2, Dialoge u. ſ. w. abflachen, bei benen an einen dramatiſchen Zufammen -
richt gedacht, fondern im Gegentheil Alles dem momentanen Effect ober ber
eit eines Sängers oder einer Sängerin geopfert wird, die nur, mit Hintan⸗
5 bes Ganten in einer einzelnen Situation oder Arie gern glänzen wollen,
Dem „Alcefte‘, „Orpheus“ und „Delena und Pers“, welche Gluck von
— 69 In Wien ſchrieb, und die auch bafelbft gebrudt wurden, machten In
zesßartigen Neuheit ungeheure Auffehen und gründeten mit ben fpäter folgen⸗
er „Armiba” amd den belden Ipbigenten) den unſterblichen Ruhm ihres Com⸗
en. Selbſt in dem buch loſe Speiſe verwöhnten Italien fand bie ernfle, ev»
ae Muſe des deutſchen Kuͤnſtlers würdige Anerkennung, und die Theater vom
, Parma, Neapel, Mailand und Wenebig beeilten fih, G.s „Delma” und
beus” aufzuführen. An „Alcefte” wagte man fich jedoch, wie ©. felbft fagt,
Schwierigkeit der Aufführung damals in Itaflen nach nicht. Der Beiſall,
leſe Opern fanden, war [o groß, daß die Bühne in Bologna allein in einem
tee mit ſ. Drpheus“ an 900,000 Lire einnahm. Noch höher flieg der Triumph
lomponiften durch f. bereits erwähnten fpätern Werke. Der Bailli von Rollet,
Ahrend f. Aufenthalts in Wien mit ©. befannt geworben war, unternahm e®,
ne’ 6 „Sphigenia” in eine Dper umzuwandeln und bot f. Freunde den Text zur
pofitien an, worauf G. um fo lieber einging, da ihn bie Idee ergriffen hatte,
any. Sprache eigne fich beffer zum Ausdruck tiefer, Eräftiger und männlicher
hie feibft in der Muſik als die italiemifche; eine Auficht, weicher Rouſſeau im
eff des Geſanges geradezu widerſprach, und die auch bucch die Zeit, trot der
ige, welche 8.6 Muſe auf den franz. Bühnen machte, .. beftätigt. worben
ass vupayungs · Ireope my yuerez mv vom ade apın wur
Gene Oper pum erfien BRal gegeben. Das Khrater war übe!
‚aus allen Gläffen, und der Eindruck, den das Gange hervorbtach
die Ouwerture mußte — was unerhört in den Annalen. der
war — wiederholt werden und mit jedem einzelnen Muſitſtuͤck
mus des Publicums. Sie wurde in den erſten zwei Jahren
Bam darauf ward auch die Oper „„Drpheus”, deren Tert ine |
In die Scene gefeßt, und mit gleichem Entzüden aufgmommı
Opern: „L’atbre enchante‘* und „La Cythöre asziegec“*,
‚gar Aufführung kamen, machten weniger Gluͤck befto mehr ab
‘uAlcefte", In weicher, wie In den Furlenchoͤren im „Drpheus*
Zartasıs den Hörer zu umſchweben fcheinen. Noch mehr fpra
an, die man früher mit Lullys weichliher Muſik ungern geh
nache inander wurbe dieſe große Oper gegeben, und dee Ruhm
Componiften brachte, nur noch von dem übertroffen, der ſ. ich
werke, der „Iphigenia in Tautis“ 1779 u. „Ed und Nartiſſu
andıe Opern: „Roland’, uhd „Die Danalden", wurden n
Brouillon der erſtern warf ©. ins Feuer, als er vernahm, ds
Gegner Piccini (ſ. d.) daffelbe Sujet zu componiten vorhattı
endung der andern hinderte ihn der Tod. (le wurde filtdem r
Salieri vollendet.) 1787 Behrte der Ritter ©. mit einem feh
mögen nad) Deutfäyland guruck, wofeibft er zu Wien noch in
Nov., ftard. Mertwürdig ift der Streit, ber auf Veranlaſſung
B. durch f. im größten Styl gefihriebenen Eompofitionen in de
teich beroickte, dafelbft zwiſchen f. Verehrern u. den Anhängern d
und franz. Exhule, an deren Spite gewiſſermaßen ber allecbing
ini ftand, ausbrach. Ganz Paris nahm Partei, man firtte a
und lange Zeit hindurch feindeten ſich die Glu diften und Piı
felben Bitterkeit an, mit welcher ſich früher Janfentfienund Jeſt
fen und Jakobiner anfeindeten. ©. und Picchai ſelbſt, zu ihte
iheilten das Gefühl nur kurze Zeit und hatten fich, da Einer dei
weichendet Meinungen und Anfichten, ſchaͤten mußte, laͤngſt a;
. blinden Bewunderer noch immer aramneinander au Kelbe i0orn.
Gluͤhen Oluͤhwutm 741
Tonſeters km Foyer des Operntheaters aufgeſtellt. In Betreff einer eche dea⸗
atiſchen Durchführung der Müſik ſteht G. unerreicht in ſ. Kunſt da, und bie Tiefe
25 Wahrheit des Ausdrucks, welchen er ſowol in bie erſchuͤtterndſten als in bie ſanf⸗
ſten Scenm, ohne alle vulgaire Verzierungen von Gadenzen, Trillern, Laͤufern und
MH» au legen wußte, laͤßt ſich nicht mit Worten darlegen. G. band ſich ganz gegen
e Sitte der mehrſten andern Tondichter ſtreng an den Genius der Spracht, und
ie ſieht man ihn zu Gunſten irgend einer Paffage die Worte ungebuͤhrlich dehnen
ver Blrzen. Das Dedicationsfchreiben mit weichem, er f. „Alcefte” dem Großherz.
epold von Toscana übergab, fpricht f. trefflidyen Anfichten über die dram. Muſik
aus. Die Trompete ward durch Ihn zuerfl in die franz. Orcheftes eingeführt,
BR ihr ſparſamer und zweckmaͤßiger Gebrauch erhöhte damals ebenfo bie Wirkung
Mufiten, wie jegt ihr laͤcherlicher Mißbrauch bei manchen Compojitionen
Ih beabfichtigten Effect imponitender Größe zeritört. '
F &Glüpen bezeichnet den Zuftand getwiffer Körper, in welchem fie vermittelft
Kor ſtarken Exhisung leuchten. Es laſſen ſich zwei Arten glühender Körper unters
nämlich folche, die durch das Gluͤhen förmlich zerfeut werden, wie Holz⸗
Wen, Schramm u. f. w. und folche, die ihre vorige Befchaffenheit beibehalten,
03. B. das Elfen. Die erfte Art If ein förmliches Verbrennen, wobel jedoch
Ras in Flammengeſtalt aus dem Körper auffteigt, bie zweite hingegen iſt eine
De Erhihung. Won den Metallen gelangen viele eher mım Schmeizen ale zum
Ken, z. B. Blei, Zinn; hingegen das Eiſen glüht lange, bevor es fchmilgt.
Saffen fidy ſehr deutlich drei Perioden des Gluͤhens unterfcheiden. Eifen wird
wfähr beim 770. Grad der Hige nad) Kahrenheit braunroth, welches der Anfang
Sluͤhens ift, bei veritärktem euer wird es cothglühend oder feuerfarbig, und
Rungefähr 1000 Gr. Kahrenheit weißgtühend, wobei es ein heile, faft weißes
R verbreitet. Beim allmäligen Erkalten geht das Gluͤhen in derſelben Stufen
e rüdhwärtt. Man nimmt bei diefen ftufenweifen Übergängen alle Lichtfarben
e, Die Donamiften fchließen hieraus, daß die Wärmematerie beim Gluͤhen
Röcper wirklich angreife, und nicht bloß ihre Poren durchdringe, wie die Atomi⸗
Kehren. — Gluͤhe heißt der Derd in einer Schmelzbütte,
Glähwurm. In Deutfchland ift nur ein Infekt, da6 Fohannieiwärme
> Lampyris noctiluca, regen tes pho@phorifcyen Kichte® bekannt, das es im
Mein verbreitet; im Ganzen aber kennt man acht Arten Inſekten, welche diefe
wfchaft Haben. Bon den Johanniswuͤrmchen fehen die Weibdyen den Maͤnn⸗
fo wenig gleich, daß man nur burdh die Begattung erfannt hat, wie fie zu cöner
Bären. Iſt der Gluͤhwurm volllommen ausgewachſen, fo hat er eine Länge
mngefähr 4 Zoll; oben ift er dunkelbraun, und unten gelblich weiß. Ruht das
ne, ſo iſt der Feine ſchwarze Kopf unter dem Bruftlaften verborgen. Die Glie⸗
E fadenförmig und beftehen aus elf Gliedern. Das Männdyen fieht man fels
das Weibchen oft genug, vornehmlich an fchattigen, feuchten unb gra@reichen
nu. Mas fchöne, bläuliche Licht kommt aus den drei legten Ringen des Bauchs.
frbent es aus einer geiblihen Subſtanz hervor, welche in zroei Heinen Saͤcken
wden Mingen eingeſchloſſen iſt. Man will auch bemerkt haben, daß eine merk⸗
der Waͤrme mit dem Leuchten verbunden iſt; denn das Thermo⸗
x, an dieſe leuchtenden Punkte gehalten, ſtieg um 6 — 8 Grad Fahr. Beingt
Sackchen unter Waffer, fo leuchten fie wol 48 Stunden lang ununterbro«
Gert. Mur zur Zeit der Begattung findet man diefe Erfcheinung, die ſowol
MNeſer Zeit als auch mit dem Bode fogleicdy aufhört. In Südamerika gibt es
m Käfer, Klater noctilucun, der fo ſtark im Finſtern leuchtet, daß die Karaiben
Wuffeibens ſtatt der Laternen bedienen. Das Licht kommt auch hier aus einer
Retigen Daffe, Die im zwei Saͤckchen unter dem Bruſtſchilde enthalten ift. Noch
a2 Gliyptie Glyptothel
berlihmnter haben ſich bie Laternenttaͤger gemacht, von denen bie ſurinamſ
Fulgosa en eine große ra ber Stimm trägt, die eine
Schein im Finſtern vecbreitet. Auch bie Feueraſſel, Scolopendra electr
hört hiecher, bie zwar vorzüglich in feuchten Erdreich lebt, aber auch hi
Blumen kriecht, und vielleicht bie Urſache des binuen Lichtes iſt, welches
Einflern bei manchen Blumen bemerkt. oo.
Glyptik, die Kunſt in Metall oder Stein zu graben, zu ſtechen.
uasandıa die Belchreibung der gefchuittenen Steine. (S. Stein
efun
Glyptothek heißt das in Münden zur Aufnahme ber alten p
enkmaͤler beſtimmte Gebäude. Dex jetzige König von Balern hatte In
eine Auswahl der trefflichfin Marmorarbeiten erworben, und ertheilte bie
Hofbauintendanten und Oberbaurathe Leo Kienze, ben Auftrag, ein Geb
ihre Eünftige Aufſtelung aufzuführen, das durch f. bedeutfame Einricht
von Außen ſchon ankuͤndige, daß es ein Tempel fei, in ben Götter einziehen
„ Wet der großen Begünftigung, die dadurch dem Baukuͤnſtler zugeſtanden wi
eine Bermählung der Architeftuc und Plaſtik flattfinden, wie fie in der
Kunſtſpei die wir Muſeen nennen, nur zu ſehr vermißt wird. Die
. möglich, das Äußere mit dem Innern zu einem Ganzen zu machen und fel
einzelnen Saͤlen, dem Bauſtyle ber Zeit, weicher bie barin aufgeſtellten
gehören, in fo weit zu folgen, als es das architektoniſche Ganze zulich.
prächtige Ganze bildet ein Quadrat, weiches einen Hof einſchließt. Die
aufzunehmenden Kunftwerke bedingte die Eintheilung in zehn Säle, bie?
faktiſch darflellen, wie bie griech. Kunft aus Agpptifdher Wurzel aufwuch
fih echob, veredelte, In Rom erhielt, verfank und fpäter wieber aufrichtel
dem wurden brei andre Säle zur Unterhaltung an Eunflfeftlichen Tagen
Durch diefe gefchichtliche Anordnung der Kunftwerke wiſſen Kunſtfreunde
aus, daß fie durch den Saal ber dgyptifchen. Denkmäler in den des alte
Styls, dann in den der Ägineten und fo ferner eintreten. Unter mehren
ten, zum Theil wenig gefannten Kunſtwerken fieht man hier die A ginet
den ſchlafenden Kaun, die koloffale Mufe, Rero und die Gruppe der Iſis
Haufe Barbarini; die Pallas, die Leukoihea, den fauno colla machia ur
loffalen Antinous aus dem Hauſe Albaniz die Muſe Mondanini, die
.. Diana von Braſihi, die Pallas und Roma von Feſch u. ſ. w. Die n
web gerichtete Seite des Quadrat bildet die Hauptftonte des Gebäul
tonifche Ordnung bedingte Ihre Verhaͤltniſſe. In der Mitte ein hoher Po
zwoͤlf Säulen getragen, an den zwei niedrigere Flügel ſich anlehnen, ruh
Fronte auf drei hohen Sodeln. ine reiche plaftifche Darftellung, den
Bildnerel verfinnlichend, erfüllt das Giebelfeld. Die Kiguren dieſer G
rund aus falzburger Marmor gearbeitet, aus dem bie ganze Fronte erbaut
Verzierungen und Ornamente fehr reich, wie fie dieſes Material mögl
Sechs Niſchen unterbrechen die beiden Seitentheile der Sronte, neben dem
in welchen bie koloſſalen Statuen von Hephäftus und P ‚Ds
Phidias, Perikles und Hadrian ihren Platz finden follen. che R
an den beiden rückwärts laufenden Seitenfluͤgeln des Quadrats angebrad
fen dem Beduͤrfniſſe des Auges ab, das die nach dem Hofe zu angebrach
vermiffen möchte. An der Fronte nach Nordoſt befindet fidy die Auffa
einen auf vier Säulen ruhenden Vorfprung gebilbet, und dort liegen bie Ge
fäle, bie durch Corneliuss Frescogemaͤlde ein neue® Intereſſe darbie
Beleuchtung der Aufftellungsfäte gefchieht durch hochliegenbe, halbrum
wie fie bei den römifchen Thermen zu gleichem Zwecke gebräuchlich wor
neue hat fich hier biefe Form in den hohen gewoͤlbten Saͤlen, deren Deden
Gmelin (Johann Georg — Wilhelm Friedrich) 743
r ziert, bewährt erwleſen. Im Maͤrz 4827 wurde bie Decoration und
ng des bacchiſchen Saales vollendet. — Den vierediten Platz follm ein
ve in doriſchem Bauſtyle, eine Kirche in korinthiſchem, nebft palaftartigen
baͤuden, die in Harmonie mit dem bisher vollendeten flehen, einfaflen, zu
Hunde vler Brunnen beflimmt find, 19.
nelin, 1) Johann Georg, Prof. der Botanik und Chemie in Tuͤ⸗
vo ex 1709 geboren war umd bis 1727 ſtudirte, reifte hierauf mit ſ. Leh⸗
inger und Duvernol nach Petersburg. Nachdem er berdortigen Akademi⸗
nſchaften eine geraume Zeit Dienfte geleiftet hatte, wurbe ee 1731 ordent⸗
feſſor der Chemie und Naturgefchichte. Auf Laiferl. Befehl und Koſten
733 nah Sibtrien, um das Land zu unterfuchen, und kam erft 1743 von
hwerlichen, aber den Wiſſenſchaften hoͤchſt nuͤtzlichen Reiſe zurüd. Auf
Erlaubniß reifte ev 1747 in fein Vaterland zuruͤck, verlangte dann f. Ent⸗
zat 1749 in Tübingen bie oben genannte Profeſſur an, und flach daſelbſt
Mit der Chemie, wozu er bei f. Water, einem geſchickten Apotheker, die
'genheit hatte, und der Naturgefchichte war er früh bekannt, und durch
'$ «Stublum erwarb er fich den Ruhm eines der größten Kräuterkenner f.
eine „Flora Sibirica“ und f. Neifebefchreibung find f. Hauptwerke. —
ipp Friedrich, Bruder des Vorigen, geb. zu Tübingen 1721, flubirte
e Mebichn, befuchte mehre deutfche, hollaͤndiſche und englifche Akademien,
744 in Tübingen Privatvorlefungen und ward zugleich Stadtphyſikus.
) war er außerordentlicher Prof. der Medlein, nach f. Bruders Tobe 1755
rof. der Botanit und Chemie, und farb 1768. In der Chemie und
efaß er ausgegeichnete Kenntniffe, wie in der Naturgeſchichte überhaupt,
ehre botaniſche und mebicinifhe Merle gefchrieben. — 3) Samuel
b, ein Neffe der Worigen, war 1744 zu Tübingen geb., wo er Medicin
81763 D. wurde, Er reiſte darauf nach Holland und Frankreich, und
7 einen Ruf als Profeffor an die Akademie zu Petersburg. Das folg.
auf kalſerlichen Befehl, mit Dallas, Guͤldenſtedt und Lepechin eine na⸗
be Reife durch Rußland an. Vorzuͤglich bereifte ex 1769 die weflliche
Don, und brachte den Winter in Aſtrachan zu, unterfuchte 1770 und
erfifchen Provinzen an ber füblichen und ſuͤdweſtllchen Seite des kaspiſchen
am 1772 wieder in Aſtrachan an, bereifte hierauf die Gegenden an bes
» 1773 die gefährliche Dftfeite des Easpifchen Meeres, wurde aber auf
fe 177% von dem Khan der Chaitaken in Verhaft genonmen, wo er am
m der Ruhr flard. Beine Witwe erhielt von der ruffifchen Katferin
el. Seine wichtigften Schriften find f. „Historia fucoram‘‘, und f.
ech Rußland zu Unterfuchung der drei Naturreiche“. — 4) Wilhelm
h, ausgezeichneter Kupferftecher, geb. zu Badenweiler im Breisgau 1746,
m 1821. Seine Altern ſchickten ihn nach Baſel, wo Chriftian von
nals eine fogenannte Künfkierfchule hielt. Allein Mechel war nicht nur
nittelmäßiger Zeichner und Stecher, er betrachtete auch außerdem bie
g aus dem Geſichtspunkte des Erwerbs, und f. Inftitut war im Grunde
von gangbaren Artikeln. Doc) fahen die jungen Künftler in Mechel's
manche gute Gemälde und treffliche Kupferftiche, und hauptfächlich dem
ı firengen Meifter vecheimlihten — Studium berfelben verbankten es
+ ang, Dunker u. A., daß fie fidy aus der Schranke des un-
dwerks In das freie Gebiet der Kunſt hinüber zu retten vermochtn. ©.
gend ſ. Lehrjahre in Baſel Alles durcheinander flechen, Portraits, Archi⸗
bſchaften ıc., indeſſen findet man in einigen ſ. Biätter aus diefer Periode,
m Rheinanſichten nad) Schach und Comte, bereits den reinen feſten
‚ bee [. ſpaͤtern Werke auszeichnet. 1788 ging ©. nach om. Mon f
744 Onade ”
bier rief Ihn Phillpp Hackert nach Neapel. ©. hatte für ihn bereit® ziel
geftochen, als Georg Dadert an f. Stelle trat. G. kehrte daher, zu Eu
nach Rom zuruͤck, wo er nun fleifig nach der Natur, meiſt in Gepia,
Ex verlor ſich dabei nicht in ein kleinliches Detail, fondern wußte das Di
und Eigenthuͤmliche jeder Anficht aufzufaffen, und f. Styl zeigte tiefes Su
Natur. Inden legten Jahren machte er auch Verſuche im Coloriren; al
faß mehr Sinn für Formen als fir Karben, was auch in f. Landichaften m
Lorrain bemerklich iſt. Außer f. fchönen Gepiageichnungen, befcyenkt
Fige Kuͤnſtler das Publicum noch mit vielen großen und forgfültigen Kuj
Sie gehören zu dem Gediegendften, was der Grabſtichel hervorgebracht
man bemerkt bloß in einigen fpätern Productionen harte und zu ſtarke
einzelner Stellen. ©. ſchnitt f. Platten fehr tief, wahrſcheinlich um viel
zu geteinnen, und legte zu wenig Werth auf den malerifchen Reiz der Ro
wurden, role f. Zeichnungen, von Kunſtfreunden gefucht, und der arbeitſc
ler ſah fich durch ein bedeutendes Vermögen belohnt, G. befaß auch wiſſe
Bildung und ein großes Talent für Mechanik. Er hat einige Mafchine
u. a. eine für Kupferſtecher, die ſ. Sombinationsgabe Ehre machen. «
er ein geſchickter Drechsler. Sein Sohn, meldyer die Laufbahn ſ. Bau
will, befindet ſich in Karlsruhe bei f. Ohelm, dem Naturforicher.
Buade, nad) dem allgemein gültigen Begriff, das unverdient
len des Höhern gegen den Niedern, ift im theologiſchen Syſtem die Geſi
der Gott uns ſ. Wohlthaten zukommen laͤßt, und zwar im engern Si
neigtheit und Wirkſamkeit zur Beſſerung und Beſeligung der Menſchen
6. Sahrb. hatte man ſich wenig mit der chriſtlichen Lehre von ber Gnal
Wirkungen befchäftigt, fie war von den griechifchen Kicchenvdtern mu
angedeutet worden. Auf Veranlaſſung einer freien Äußerung des Brit
welche dem Beiſtande der göttlichen Gnade bei der Beflerung des menſ
zens zu wenig, den eignen Kräften des Menſchen zum Guten zu viel 2
säumen fehlen, übernahm Auguftinus die genauere Eroͤrterung biel
einem Eifer, der in Leidenſchaftlichkeit ausartete, und ihn zu harten B
verleitete. Er fagt, der Menfch, von Natur verderbt und zu allen G
tig, koͤnne durchaus nichts für f. Beſſerung thum, er fei für ſich nicht faͤh
zu wollen, Alles müffe durch eine innerliche Einwirkung ber Grade ar
gefcheben. Dabei kam er, um folgerecht zu fein, auf den empörendı
Gott habe nach f. Willkuͤr einige Menſchen zur Befferung und Gel
ebenfo unwiderruflich zum emigen Verderben vorber heflimmt, und |
Rathſchluſſes wären die ungetauft geftorbenen Kinder überhaupt umd
mal nicht zur Seligkeit erwäblten unter den vor ihrem Tode getaufter
fie noch feine wirkliche Sünde begangen hätten, ohne Rettung verdam
Erden wiſſe man weder, welche unter den Chriften bie Ermwählten, nı
Verworfenen wären, und folle fich dem unerforſchlichen Gerichte Gott
taffen. Aus diefer Behauptung Auguftin’s und dem Mißverſtande
(hen Stellen entftand der Eicchliche Lehrfap von der Gnadenwahl ode
tion, der feit dem 5. Sahrh. bie über die Zeiten der Reformation hinaı
ftand angeftrengter Unterfuchungen und hisiger Streitigieiten der ch
henlehrer war. Die Mehrzahl Derer, die ſich Rechtgläubige oder Katl
ten, traten dem Auguftinus bei, und verkegerten mit ihm bie Pelagia
nauer zu prüfen, inwiefern [. Meinung Grund in der Bibel hatte, die
einmal in der Urfprache zu lefen verftand. Aber auch Gelehrte fpäter
ihn hierin überfahen, wurden durch f. phitofophifhen Scharfiinn, durd
beit, Alles zum Vortheil [. Meinung auszulegen, durch f. binreigendi
Reit und ſtrenge Conſequenz geblendet, ſodaß man ihn mit Recht dem
—XXX |
One . :,7, 0 >
ı abenblänbifcher Theologen. nennen kann, die als ſtrenge Präbeftina-
bartnädiges Beharren bei dez Auguſtiniſchen Lehre von einer unbebin
vahl, ebenfo viel Verwirrung in die Mocal als Unfrieden in die Kirk
m. Manche, befonders gallifche Theologen, fanden inbef, daß Augu⸗
it biefer Lehre zu weit gegangen fel, und fchlugen nach dem Vorgange
ffianus zu Marſeille, der ſchon in einem, um 420 gefchriebenen Buche
en ber Gnade und des freien Willens zur Beſſerung bes Menſchen auf
und fchriftmäßigere Weife zu vereinigen gefucht hatte, einen Mittelmeg
ie die Vorherbeſtimmung Gottes Über bie Beflerung und Seligkeit der
ne dutch die Empfänglichleit und das eigne Verhalten der Menfchen
'e nannten. ie zogen ſich hierdurch den Namen Semipelagianer —
aner — zu, obne jedoch von der fatholifchen Kirche geradezu für Ketzer
eden, da diefe den Streit über bie Präbeftination der Hauptfache nach
nausgemacht ließ. Daher kam es auch, daß fich in ber en
Schaufpiel einer allmäligen Verwandlung ber Rollen barbot,
ehr zunehmenden Unwifjenheit der Geiftlichen gerieth ber Auguftinifche
‚on der unbedingten nnd particulaicen Gnadenwahl, ungeachtet der gro⸗
yt vor diefem Heiligen, in Vergeſſenheit, und babei war es der fcholafli«
gie des Mittelalters leicht, ihn fo zu verlehren, daß er mit dem Pelagia-
aͤglich erſchien. Schon 848 wurde Gottſchalk, ein aus Fulda flüchtig
Möndy, wegen f. Anhaͤnglichkeit an den Auguflinifchen Lehrſatz, von ber
Mainz verkegert und zum lebenslänglichen Gefängniß verdammt. Mod)
aber war diefe Weränderung bei ber Dieputation, die der ſtrengkatho⸗
’ mit Luther's Freund, Karlſtadt, 1519 zu Leipzig hielt. Letzterer ver⸗
Auguftinifche Meinung von ber göttlihen Gnade, während Ed ihm die
6 heil. Thomas von Aquinum entgegenftellte, Die aufs mildefle ſemipe⸗
ı nennen waren. Indeß blieben die Lutheraner ben Katholiken in dies
mniß andrer zur Staubensiehre der veformirten Kircye machten. Die
Lutheriſchen hingegen nahmen in ihrer Eintrachtsformel an, baf Gott
m zur Geligkeit beftimmt babe, aber vorher wiſſe, welche unter ihnen
a unmürbig machen würben, daß baher die Gnadenwahl nur die wirklich
hen angebe und die Urfacye ihrer Seligkeit ſei. In der kathol. Kirche
ben immer noch nichts Feſtes Über dieſen Lehrſatz ausgemacht. Dies
i den Haͤndeln der Dominicaner und Jeſuiten, von denen leßtere,. wegen
n Begriffe von der Gnadenwahl und der Kraft des freien Willens, von
yes Pelagianiemus befchulbigt wurden. Diefes Schickſal traf vorzuͤg⸗
m Sefuiten Ludw. Molina, von dem daher die Moliniftiichen Streitig⸗
3 Niederlanden ihren Namen haben. Im 17. Jahrh. entflanden eben⸗
Miederlanden, wegen Uneinigkeit über die Lehre von der Prädeftination,
Yarteien, nämlich unter den Proteftanten die Arminianer oder Remon⸗
e eine allgemeine und bedingte göttliche Vorherbeſtimmung der Menfchen
it gegen die ſtreng⸗calviniſtiſchen Reformirten behaupteten, und ſich 1610
a ihnen trennten; unter den Kathalilen bingegen die Ianfeniften, die
vom Bifchof Janſen (ft. 1638) erneuerten Auguftinifchen Eehrbegriffe,
wuch mit der damals unter dem Einfluffe der gemäßigter dentenden fer
aden kathol. Kirche, eine zwiefache und abfolute Vorherbeſtimmung Got⸗
e Seligkeit und Verdammniß der Menſchen annahmen. Seit biefer
a über. dieſen Gegenſtand zwar immer verſchleden in ber chriſtlichen Kir⸗
i feis ber Mitte d. vorigen Jahrh bemerkbar senefen ra u
744 a
bier rief ihn Philipp Hadert nach Neo Me
geſtochen, ale Georg Dadert nr. € ne ——
nach Rom zuruͤck, wo er nun fleit —⸗ — abſolut
Er verlor ſich dabei nicht in ein k 0 bike Mur aufte ü
und Cigenthümliche jeder Anfid —⸗ — J
Natur. In den letzten Jahr⸗ bleiem
ſaß mehr Sinn fuͤr Formen⸗ * ©, 1
Porrain bemertlidh if. " Li
ige Kuͤnſtler das Public
Sie gehören zu dem E amer, du
nett Sioß in⸗ eſten Gebitgsfotma.
en. oſchiefrigen und die Gemmatt..
—— unt „sagen wechſelnd erfcheinen mit Lagen, Wii
ler ſah fich bar . Er führt viel beigemengte Mineralien, gt
Bildung unt „zonfchiefer, Weißſtein, Spenit u. f. ve. über, tn
u. a. eine fe hrend (Erzgebirge Sadjfens), fehr meit verbreitet un‘
er ein gefr ‚de Gebirge ohne Steilheit und ohne groteske Felsparin.
will, be; agein trefflicher Bauftein Häufig benutzt.
' geilen a u (Neidhard, Graf v.), feit d. 18. Juni 1825, k. preuf,
len _„garihall, geb. 1760 In Schitba (das Städtchen Schildau zw. Xerz
der * ederdas D. Schilda Im luckauer Kreife der Nied.:Lauf.?) bei der
nr 2 gutter, einer Officiersfrau, ward nach dem frühen Tode f. Aiter
imutter in Würzburg erzogen. Wißbegierig erlernte G. das für ſ. Beſti
irnige; vernachläffigte aber die andern Wiffenfhaften, befondere Ph;
Ätenomie, keineswegs. 1782 ging er als Lieutenant, mit 400 M. Ergänzun
von Anſpach nach Amerika. Kaum in Halifar angelangt, wurden fic, ı
loffenem Frieden, wieder eingefchifft und kamen 1783 nad) Anſpach zurüd
nige Jahre darauf nahm G. f. Abſchied, und trat, als Lieutenant bei der fehl
Shfeierbrigade, in preuß. Dienfte. Die Mufe des Garniſondienſtes wa
um Studiren der Militairwiſſenſchaften an, wobei ihm die Bibliothek ı
Kenntniffe eines fchlefifchen Edelmannes trefflich zu ftatten kamen. Erg.
für den gelehrteften Officier beim Regiment, ein Ruhm, den er jedoch felk|
bie ſcherzhafte Äußerung einigermaßen gefehmälert hat, daß er der Einzigeg
waͤre, der den Pythagoraͤiſchen Lehrſatz habe beweifen koͤnnen. Im Zeidzw
wurden ſ. Talente bemerkt; f. Monarch fandte ihn als Oberfllieutenant in
1807, von Königsberg aus, dem bedrängten Kolberg zu Huͤlfe. Cr übe
dort an der Stelle des alten, unfähigen Generals Lucadou den Poften als Gon
dant, beugte den Folgen der fehlerhaften Maßregeln f. Vorgängers durch ein
ges und kluges Benehmen vor, ſchlug durch zweckmaͤßige Anftaiten alle Angril
Feindes zuruͤck, und hielt, troß eines fürchterlichen Bombardemente, die Kai
ftung, welche viele ſchwache Punkte hat, bis zum tilfiter Frieden, Er war ws
der Belagerung Obrift geworden, nad) derfeiben erhielt er fcheinbar f. Abſchl
ſchien migvergnügt nady England zu gehen, während er in ber That als geb
Geſandter f. Hofes dort war. 1810 kam er zuruͤck, und arbeitete eine Zeitkı
Minifterium. 1813 ward er Generalmajor und Generalquartiermeifter, za
tete in dieſer Eigenfchaft den ausgezeichneten Ruͤckzug von Lügen bie Brfl
meifterhaft, daß der verfolgende Feind in verfchiedenen Gefechten 40 Kanenc
lor, ohne den Verbündeten eine einzige abgenommen zu haben. Mähren
Waffenſtillſtandes befchäftigte ihn die Ausbildung der Landwehr. Er wurde!
rend deſſelben an der Stelle des verftorb. Schaenhorft Chef des Genrraift
Mad) denn MWaffenftiuftande mar er beftändig bei dem Feldmarſchall Bluͤche
Vernichtung des Macbonald’fchen Corps am ber Katzbach, der libergang beil
—
.. un” 79
bel ‘ Goit gab dem Menſchen die
. dem ver
be, anbbeegthätih "\e-MBernunft mit der Cimlihke.
x größtentheil6 Wer dit SFaden-Gott, find mıe
vanben Siegen ! NE Menfcyen immer ſchlechter
lichen Anthei L zu zerflöcen und die
ingen nad ött den erhabenften aßer
. mm 5 ühterf: Shhien, Mer
” far "Süpeh;" zu Antiochien In
“ Fand Denhabir maren
„nd deru 4 ! er Fund
2geſchlagenen fın. 2 ung der Menfchen
„m Gefähichte machte; m, ten Sul here
a als Minifter an dem dortigen ði. AR Rdenzigung
er nady England. Hierauf ward iy. Artin zus
ibertragen. Im Schhjahr 1816 fühlte er yı., K
twegen politiſcher rlınde bewogen, [. Abfchleh zu is bus
te ihm bie —S ae fd Friedens mir vn nm
im leben zu können, behielt vor, ihn im Ballerina, Aiker
1. ©. begab ſich Hierauf in die böfmsifchen EN <a
:dmannsborf, zwiſchen Hirſchberg und Schmiedeberg) in gun ses
ð Tode (1818) ernannte ihn der König zum — urn, 3
Stelle that G. fpäter ſelbſt Werzicht und lebte auf ſ. Gütern, [1
i$ Deffen, was dem Heerführer nöthig iſt, verbindet DB. einen ie
sen militateifchen Blick, eine vafche Überfidht, und einen bundyrin,
an. Schnell weiß er ſich, auch in der Lage, zu fafien,
eſten Entfchläffe tragen das ——* Insostheit, e
[3 Nie hat man ihn auf dem verlegen gefehen. . Di
m Eigmfdyaften, die den großen Feldherrn beurfunden, vereinigt er
gfte Beſcheidenheit, und f. Tugenden als Hausvater, ſ. Zalente el,
ſchafters zwingen denen, die ihn als Feldherrn verehren, Adytung
Shen ab. ©. f. Blog. In den 10. H. der „Beitgnoffen”.. Pr.
3 (Knidos,) Stadt In der Eleinaflatifcyen Sandfehafe Karien, ein
Venus, welche bavon den Beinamen der Enidifchen Göttin erhalten
dafeidſt drei Tempel. Der eine, den ihr wahrfcyeimtich Die Lncedds
ex erbaut hatten, hieß der Tempel der Wenus Doris; ein zweiter
m Namen der Venus Akraͤa geheiligt; der dritte, der Xempel ber
6, oder wie die Einw. Ihn nannten, der Venus Eupida (der fchiffens
eins ber größten Meifterftüce der Kunft, die marmorne Bitbfdule
Prapiteled. Sie ward fpätechin mad) Konflantinopel geſchaffi, wo
tobrunſt, 1461, mit unterging,
Diefn Namen hat bie neuere Diythologie den Geiſtern beigelegt,
Fe der Exde bei den Schaͤtzen ber Tiefe wohnen und fie bewachen,
zgeiſtet, Bergmaͤnnchen. ie können bie mannigfaltigften Geftals
and bald fehön, bald haͤßlich fein. Doch iſt die Ichte Geſtalt die ih⸗
Ihe; nur Ihre Weiber, die Gnomiben, find urfprünglic) ſchoͤn.
nter ihnen allen buch) Mufius’s Volkomaͤrchen die größte Berühmte
Die gemeine Sprache begreift bie Erd⸗, Luft, Walde und Waffers
m alten gemeinen Namen Kobolde (vgl.d.). Das Vaterland
en Wefen ift der Orient und das geheime Reich der kabbauiſtiſchen
Nach den Erzählungen des Talmud war ein ſolcher Erdgeiſt, in der
Burms von ber Größe eines Gerftenkorns, dem Gatomo bei Er⸗
tigen Tempels vorgliglich dadurch behaͤlflich, daß ex ihen bie grehen
juge vrLyununıs Ju Urpeyenve Dessous vr wnejeu warn
wechfelt vom Bein» bis zum Grobſchlefrigen und I
ic) meift fo geordnet, daß Glimmerlagen twechfeind erſchei
fpat und Quarz beftehen. Er führt viel beigemengt
Granit, Glimmer: und Thonfchiefer, Weißftein, Syenit u.
geſchichtet, ſeht erzfährend (Exsgebirge Sachyfene), ſeht w
ſich ſanft echebende Gebirge ohne Steilheit und ohne grotei
Gneis wird als ein refflicher Bauſtein Häufig benupt.
Gneifenau (Neibhard, Graf v.), feit d. 18. Juni
ralfelbmarfchall, geb. 1760 in Schilda (das Staͤdtchen Sc
Leipzig, ober das D. Schllda Im luckauer Kreife der Nied.⸗
relfe f. Mutter, einer Officieröfcau, ward nach dem früher
Großmutter in Würzburg erzogen. Wißbegterig erlernte &. |
Möthige; vernachläffigte aber die andern Wiſſenſchaften
Deonondte, keineswegs. 1782 ging er als Lieutenant, mit 40
‚pen von Anſpach nad; Amerika. Kaum in Haltfar angelanı
jchloſſenem Srieden, wieder eingefchifft und kamen 1783 nad)
nige Fahre darauf nahm ©. f. Abſchied, und trat, als Lieute
Füfelierbrigade, in preuß. Dienfte. Die Mufe des Gaml
zum Gtudicen ber Milltairwiſſenſchaften an, wobei Ihm t
Kenneniffe eines ſchleſiſchen Edelmannes trefflich zu ſtatten
für den gelchrteften Officier beim Regiment, ein Ruhm, dei
die ſcherzhafte Äußerung einigermaßen geſchmaͤlert hat, daß
waͤre/ der den Ppthagoräifchen Lehrſatz habe bemeifen können
wurden f. Talente bemerkt; f. Monarch fandte ihn als Obe
1807, von Königsberg aus, dem bedrängten Kolberg zu |
dort an der Ihe alten, PH — Sun den
dant, beugte ben Folgen der fehlerhaften regeln ſ. Worgkı
ges und kiuges Benehmen vor, ſchiug durch zweckmaͤßige Anft
Feindes zurck, und hielt, troß eine® fuͤchterlichen Bomdard
ftung, welche viele ſchwache Punkte hat, bis zum tilſiter Friede
der Belagerung Obriſt getworben, nach derſeiben erhielt er ſch
Par tun ens unch ntauh sn nahm wlhnuch au dh
ur de Gnidus rigen . 8 247
e dit Eibe, und der glückliche Erfelg —— bet Moöckern (2eipsig)
„waren größtentheil Werte ſ. Rathſchlaͤge. warb Generalllente⸗
k nahm er an den Siegen bei Wrienneund — fowie ander Schlacht
rail —— Ka. Memung gab in dem Kriegsſrath, wo man
oͤrliche Vordringen tiach der Hauptſtade berathſchlagte, ben Ausichläg.
ariſer Frieden ernaunnte ihn ſ. dankbarer König zum General der In⸗
‚ob ihm — und geſtattete ihm, ſich eine Demtklne von
aler jaͤhrl. Einf. auszuwählen. 1815 war er «6, ——n
we preuß. Heer nach wenigen Stunden wieder in ben Stand fehte, eine
fern zu können, und der durch die raſch angeordnete Verfolgung des bei
ice (Waterleo) geſchlagenen franz. Heers dieſen Erg pu einem bar gläns
der neueren Geſchichte machte; er folgte dem Feinde auf dem Fuße bis
nahm als Minifter an dem dortigen —— Theil. Auch be⸗
Bluͤcher nach England. Hierauf warb ihm das Gouvernement der
nzen übertragen. Im Fruͤhjahr 1816 fühlte er ſich theils wegen [. Ge⸗
eils wegen politifcher Gruͤnde bewogen, ſ. Abſchied zu fodern. Sein
waͤhrte ihm die Erlaubniß, während des Friedens mit ganzem Gehalt
en Willm leben zu können, behielt fich aber vor, ihn im Falle eines Kriege
fellen, ©. begab I hierauf in die böhmifchen Bäder, und fodann auf
wiſchen Hirſchberg und Schmiedeberg) in Schleſien.
** 6 Tode (1818) ernannte ihn der König zum Gonvernet von Ber»
Hefe Stelle that G. fpäter ſelbſt —— und lebte auf ſ. Gütern. Mit
untniß Deflen, was dem Deerführer nöthig iſt, verbindet G. einen bes
uͤrdigen milktalrifchen Blick, eine taſche Überficht, und einen durchdrin⸗
arfſinn. Schnell weiß er fich, auch in der bedrängteften Lage, zu faflen,
raſcheſten Entfchlüffe tragen das Gepraͤge der Beflimmtheit, Zweckmaͤ⸗
Hude. Nie hat man ihn auf dem Pipe verlegen 7 Mit
eriſchen Eigenſchaften, die den großen Feldherrn beurkunden, vereinigt er
uͤrdigſte Beſcheidenheit, und ſ. Tugenden als Hausvater, ſ. Talente eis
Befellſchafters zwingen denen, bie ihn als Feldherrn verehren, Achtung
Menſchen ab. ©. f. Blogr. In den 10. H. der „Zeitgenoffen”.. P—r.
dus (Knidos,) Stadt in der Eleinaflatifchen Lanbfehafe Karen, ein
t der Venus, weiche bavon den Beinamen der Enidifchen Göttin erhalten
hatte bafelbft drei Tempel. Der eine, den ihr —— bi die laced⸗
Dorier erbaut hatten, hieß ber Tempel der Venus Doris; ein —
ter dem Namen der Venus Akraͤa geheiligt; ber dritte, der Tempel bee
Benus, oder wie die Einw. ihn nannten, der Venus Euploͤa (dev ſchiffen⸗
ihrte eins der größten Meiſterſtuͤcke der Kunft, die marmorne Bitdfäe
von Praxiteles. Sie ward fpäterhin nach Konflantinopel gefchafft, wo
Feuesbrunft, 1461, mit unterging.
m. -Diefen Mamen. bat die neuere Dipthologie den Beiftern beigelegt,
Schoße der Erde bei ben Schägen ber Tiefe wohnen und fie bewachen,
Berggeifter, Bergmaͤnnchen. Sie innen die mannigfaltigften Geſtal⸗
sen, und balb ſchoͤn, bald haͤßlich fein. Doch iſt die lehte Geſtalt bie ih⸗
yamliche; nur Ihre Weiber, die Snomiden, find urfprünglich ſchoͤn.
‚at unter ihnen allen durch Muſaͤus's Bolkämärden die größte Beruͤhmt⸗
t. Die gemeine Sprache begreift die Erd⸗, Luft⸗, Walde und Waſſer⸗
ee dem alten gemeinen Namen Kobolde (vgl. d.). Das Vaterland
wifchen Weſen ift der Orient und das geheime Reich ber kabbaliſtiſchen
% Rad) den Erzählungen des Talmud war ein folder Erdgeiſt, in der
nes Wurms von ber Größe eines Gerftenkorns, dem Salome beb Er⸗
prächtigen Tempels vorzuͤglich dadurch behuͤlflich, daß ex ihen bie großen
wuauy yepanuuuuy vuyun noune van ger wurgrpnwugen wor
Evangelien, beſonders die Bergpredigt bei
gebnifle f. erſten Erfahrungen, aorsbachkungen und. Eutbedun
fehen Weit in folche finnvole, abgerundete Giprüche nieder. 2
die Saͤmundiſche Edda treffliche Sprüche biefer Art aufbewahn
haben Theognis und Phocplides u. X. m. als Snomiler (&
zuwelſen. ©. Brunt's „Guomici poetae graeci‘“, auch yon
Die Römer hatten von dem ditern Gato viele Onomen. . Die,
waren, wie vlele unferer veterlaͤndiſchen, In Reime gefaßt; bie I
fi) durch ihren Paraleliemus angenehm. Die beutfden €
Priamaeln gehören hieher und zeichnen fidy durch Kraft und A
In allen Sprachen iſt kraͤftige ober —ã Kürge Ihr Erſord
- Gaomon, in der Arithmetit, eine foldhe Zapl, weiche
binzugefegt wieder eine Quadratjahl gibt; von dieſer Art find o
len, weil fie, abbirt zu ben Quadratzahlen, immer wieder Quadı
143=2°; 4+5=3°; 947 =4’uf.m Man h
auch den Namen Wimkelmaße gegeben, weil jebe ungerade Zahl
Quadrat, mit welchem fie zuſammen das naͤchſte Quadeat gibt, |
angelegten Winkelmaß umfcyließt. Ferner bezeichnet man mit d
einen Gonmengeiger (f. Sonnenuhr), und ein aſtronomiſche
weldyem man bie Höhe der Geſtirne mißt.
Snofis (gried.), Kenntniß, höhere Einfiht, vorgugere
Beeiigionsphilofophie, welche bie Phantafien und Abentruerlichkı
ſchen Religionsfofleme mit den Ideen griechifcher Phitofopben |
einen Einfluß auf das Chriſtenthum anmaßte, ber die praktifc
Iheorien beſtimmte. Unftreitig gab es ſchon zu den Zeiten der ]
Weife, die fid einer hoͤhern Einficht von dem Urfprumge ber Wei
der Belt rühmten, als der menſchliche Verftand, fo lange er
Meibt, ftatthaft oder überhaupt nur möglich finden dann. Gi
deffen kukas in der Apoftelgefchichte erwähnt, war ber Erſte unt
in f. Echriägen entdeckt man Spuren ber Ideen, welche allım Lehr
ber Gnoſis gemein waren, und das unverfennbare Gepraͤge ihres
fanberheit nerfifchen unb chaibäifchen Urferunas an fidh traarn
ynofis 80
; daher das Boͤſe im Menſchen. Bott gab dem Menfchen bie ver
fe, daher der beftändige Kampf der Vernunft mit der Sinnlichkeit.
ten Goͤtter der Menſchen, wie 1. B. Jehova, der Juden Gott, find nur
od. Weltſchoͤpfer, unter deren Herrſchaft die Menſchen immer ſchlechter
her wurden. Um das Reich der Weltſchoͤpfer zu zerſtoͤren und bie
ı der Macht ber Materie zu befreien, fandte Gott den erhabenften aller
nerſt Simon, und nad) ihm der beruͤhmteſte umter ſ. Schuͤlern, Mes
jamariter, welcher gegen das Ende d. erſten Jahrh. zu Antiochien in
Igne Secte ftiftete, ſich ſelbſt ausgab. Simon und Menandit waren
xxiſtenthums; der Jude Gerinthuß, den der Evangelift Johannes noch
ben fcheint, vermengte diefe Phantaſien mit den Lehren des Chriſten⸗
ehauptete, jener echabenfte Kon, den Gott zur Reitung der Menfchen
fei Chriſtus, der fi) in Geſtalt einer Taube auf den Juden Jeſus her
ech ihn die chriftliche Lehre verfündigt, jedoch noch vor bet Kreusigung
on ihm getrennt: habe, und erft- bei der Auferflehung ber Todten zur
res taufendjährigen Reichs der vollkommenſten irdifchen Gluͤckſeligkeit
Jeſu veretiigen werde. Diefe Grundideen des Gnofticlomus wur⸗
hrh. unter der Regierung Hadrians und der beiden Antonine von den
eitgionsphilofophen, die vorzugsweiſe unter dem Namen Gnoſtiker
nody mehr geläutert, erweitert und ausgefuͤhrt. Saturninus, ein
von einem unbelannten hoͤchſten Gott, der viele Engel und Kräfte er»
ieben diefer Honen wären die Weltſchoͤpfer geivefen, und bald von Gott
mer derfelben, der Judengott, habe die Menſchen zum Böfen ver
dee Unterfchied zwifchen guten und böfen Menſchen entftanden fel.
inus nennt Chriſtum den von Gott gefandten Retter und den Sohn
thuͤmlich iſt ihm aber die Behauptung, daß Chriſtus nicht wirklich ges
fei, auch keinen wahrhaften, menfchlichen, fondern nur einen Scheins
gehabt habe, weßhalb [. Anhänger und andre fpätere gnoſtiſche Pars
n mit ihm übereinftimmten, Doketen und Phantafiaften genannt wur⸗
ns leugnete Saturninus ganz folgerichtig die Auferftehung der Keiber,
ir eine Ruͤckkehr der Seelen guter Menſchen in das Weſen der Gott⸗
ine Secte zeichnete fich durch Strenge der Sitten aus, vermarf das
nd den Eheſtand. Sein Zeltgmoffe, Baſilides, ein Alerandris
det fich von ihm durch eine den Agpptifchen Prieftern nachgebildete noch
ere Sprache. Mach ihm find die Zeugungen der verfchiedenen (Him⸗
von je 7 Äonen, aus denen f. Kichtreich befteht, Emanationen, zufolge
vere Familie oder Dronung dieſes Reichs ein Nachbilb der hoͤhern wird.
armonie der unterften Ordnung des Lichtreichs wurde dadurch geſtoͤrt,
der Finſterniß Lichtſtrahlen aus derſelben wahrnahm und nun nach
mit ihr ſtrebte. So wurden reine Naturen aus jenem Reiche in die
hinabgezogen, und im laͤuternden Kampfe mit derſelben ſelbſtaͤndig.
:and die ſichtbare Welt, deren Zweck die endliche Sonderung des Gu⸗
tichtreich Verwandten von den materiellen Schlacken iſt. Die Sees
enen Lichtnaturen wandern zu ihrer Läuterung in diefer Welt durch
oͤrper und Zuſtaͤnde, was B. aus den verſchiedenen Stufen des Gluͤcks
ing der Menſchen beweiſen will. Das hoͤchſte Ziel dieſer Laͤuterung
ir aber dem oberſten Aon der unterſten Ordnung, den B. als Welt⸗
Htet, unbekannt. Darum verband ſich der Erſtgeborene des hoͤchſten
yer Taufe im Jordan mit dem Menſchen Jeſus, um die Seelen zu er»
er jenen Weltlauf zu erheben und zur hoͤchſten Ordnung des Lichts
n. eine Leiden waren nur die eines unſchuldigen Kindes, das das
ſchlichkeit theilt, aber ohne Bedeutung für fein Werk, Dieſes wird
——— —— rungen wor ww gejsynn ymanız ya |
habe. Die peifttichen Kirchenlehrer Giemen6 von Alerandrien,
und Epiphanius, aus denen überhaupt alle Nachrichten über die
find, fagen ben moraliſchen Brundfägen des Karpokzates nach,
jchled guter und böfer Handlungen aufgehoben und eine uneinge l
der Befriedigung finnlicher Triebe gelehrt habe. Und allerdingı
die abſchoulichſten Laſter aus, und waren an den empöremi
Schuld, welche den Chriften dieſes Jahrh. von den heibnifdye
Augemeinen, gufgebürbet wurden, . Dr& Karyokrates berähn
Prodikus, ber jedoch faͤlſchlich als Urheber der Adamitifchen S.
(Wet. Adamianer.) Die Secte der Karpokratianer fand in X
befonder& aber auf den Infeln, viel Beifall, verlor ſich indeß ſche
Jahrh. Das volftändigfte und ſinnreichſte aller gnoſtiſchen
tinus, ein gelehtter und beredter Alegandriner, ebenfalls im 2. I
das Licht, oder die Fuͤlle, welche alle Gnoftiker zur Wohnung 1
machen, fegt er 15 mannliche und ebenfo viel weibliche Konen, b
lungen mit einander nach und nad) ergeugen läßt. Der
rene, der Urvater, den er auch bie Tiefe nennt, iſt der erſte biefer i
Stiilſchweigen fein Weib, der Verſtand und die Wahrheit fin!
erzeugten mit einander das Wort und das Leben (im Griechiſche
dem Menfchen und die Gemeinde. Diefe achte made bie cı
Üonen aus. Die zweite Glaffe von fünf Paaren, an deren En
und der heilige Geift, welche die übrigen Konen in ihren Pflichts
Sefus, den alle Aonen des Lichtraums gemeinfchaftlich erzeugt
Diymp die Pandora mit ihren Gaben hertlich ausgeflattet habeı
tiche Äon beitter Claſſe, Die Weisheit, beneidete ben Verſtand un
ten, und gebar in dev Hite Ihrer ungebändigten Leldenſchaft eim
faiteten Ion, Achamoth oder Enthymefis (Beherzigung, }
Kinfternii ber Materie fiel und von Ehrifto aus Mitleid aefta
Gnoſis 35
die Seele). Aus ber letztern geſtaltete ſich dee Demiurg oder Weltſchoͤpfer,
er, wie beim Baſilides, die Himmel mit ihren Engeln aus ber ſeelenartigen
Ranz baute und den oberflen diefer Himmel zu feinem Sitze wählte. Aus der
siellen Subſtanz wurden unter Einfluß von Achamoth's Furcht die Thiere, uns
influß ihrer Traurigkeit die böfen Geifter, deren Fuͤrſt der Weltbehertſcher Ift,
imter Einfluß ihrer Angft die mit Feuer vermifchten Elemente ber Welt. Der
(dh iſt aus allen drei Subftanzen gebaut. Der Retter der Denfchen, Chris
hatte, als er auf Erben erfchlen, einen fihtbaren Körper aus feinem Stoffe
var nur auß ber geifligen und feelenartigen Subflanz zufammengefegt, Bel
ufe vereinigte fich der Aon Jeſus mit ihm und belehrte die Menſchen. Seine
ale und Wohichaten befchreibt Walentinus ebenfo wie Saturninus, das
r aber hat er, daß, wenn zulegt alles Geiſtige von der Materie befreit fein wuͤr⸗
hamoth ſich Im göttlichen Lichtraum mit Jeſu vereinigen, und die guten See⸗
ı fich ziehen, ber Himmel des Demiurgs bie ſittlicheren aufnchmen und die
Im Feuer untergehen werbe. Die Partei des Walentinus, welche ſich gegen
Iitte d. 2. Jahrh. zu Rom, und befonder® auf Cypern erhob, zeichnete ſich
ſtrenge Sitten aus, wurde die zahlreichſte unter allen gnoftifchen Secten und
te bis in d. 4. Jahrh. forte Warcion von Sinope und Gerdo, ein Syrer, bils
mit Dinmeglaffung vieles Abenteuerlichen der frühern gnoſtiſchen Syſteme
shigeordnete® Lehrgebäube, deffen Hauptmerkmal die Verwerfung des Alten
und bie Einmifchung jübifcher Ideen in das Chriftenthum iſt. Narcion uns
ridet zwei hoͤchſte Grundweſen, den wahren Gott und den Teufel: der wahre
hat auch nach ihm viele Geiſter erzeugt, unter ihnen ben Weltfchöpfer, den ges
ı Gott und Geſetzgeber der Juden. Diefer hat Chriftum duch die Prophe⸗
rheißen Laffen ; der Jeſus aber, der wirklich erfchienen und der wahre Erloͤſer
ir der Sohn des wahren guten Gottes, und nicht jener jübifche Meſſias. Dies
enthuͤmliche Lehrfag Marcion's veranlaßte feine Trennung von ber alt⸗katho⸗
ı Kicche, in der Zertullian beſonders bie Würde des Alten Teſt. gluͤcklich gegen
cfocht. Die Partei der Marcioniten wurde indeß ſehr anfehniich, fir hatte
na Anfange d. 5. Jahrh. in Stallen, Syrien, Arabien und Xgppten zahlreiche
Inden und eigne Bifchöfe, aud) behauptete fie den Ruhm unflräflicher Sitten,
‚ fie nach der Vorfcheift ihres Stiſters das Fieifcheffen, das Weintrinken und
heſtond vermied, um mit der, Materie fo wenig als moͤglich gemein zus haben.
eihaft iſt es aber, daß Marcion und Cerdo auch die Stifter der Secte geweſen
dien, bie gegen das Ende d. 2. Jahrh. u. d. N. Ophiten (ſ. d.) ober Schlan⸗
kder entſiand und wegen der Ähnilichkeit ihrer Theogonie mit der Valentini⸗
unter die Gnoſtiker gerechnet wurde. In derfsiben Periode trat auch ber
ſ. Harmonie der vier Evangelien und f. Rede gegen bie Griechen oder Heiden
vorher berühmte Tatianus aus Affprien pam Gnoſticiſsmus über, und fliftete
Secte, deren Anhänger nach einem ſ. Schuler Severinner, wegen ihrer harten
Entratiten (Enthaltfame), Hydroparaſtaten (Waffertrinker), und weil fie dem
e ührer Guͤter entfagten, Apotaktiten genannt wurden. Auch Bardeſanes,
geer, und ber Afrikaner Hermogenes, welche unter ber Regierung des Kaiſers
nedus vom Lehrbegriff des Chriſtenthums abwichen und Secten flifteten,
u wegen ihrer Hypotheſen uͤber bie Urſachen des Boͤſen in ber Welt an den
icismus an. Überhaupt war es bei dem phitofophifchen Streben jenes Zeit»
‚ bei der Sucht nad) dem Wunderbaren, welche bie bamals in hohem Grade
Khlichten Voͤlker des cömifchen Reiche ergriffen aa und bei der Mode, ſich
e Einfichten in die Geheimmiffe der Natur und Gottheit zu rühmen, nicht zu
nbern, daß eine Religionspbllofophie, welche ſich die glaͤnzendſten Partien der
slfhen aneignete, und der Einbildungskraft ebenfo fehr als dem Duͤnkel ges
: Weisheit Nahrung gab, einen fo ausgebreiteten Beifall fand. Auch Gut-
VERYR jiuv WIE Kur un cu SeIEID, VRR DIE Vetjuche ver
des, die Schöpfung und das Entftehen unvoltommener W
menften zu erfläten, Immer auf ähnliche Ergebniſſe hinai
und vbelehrenden Schriften Über diefen Gegenftand find von
befonders des Letztern: „Genetiſche Entwidelung der vorne
fieme" (Bert. 1818).
Goa, portugiefifches Gouvernement, Infel und &
von Dekan in Vorderinbien, da, wo die weſtl. Befigungen
Briten am noͤrdl. Ende von Kanara an einander grenzen. :
fuarl, twar von einem arabifchen Volksſtamme bewohnt, ale
Stadt mit den Halbinfeln Bardes und Salfette unterwarf.
unter den Indiern faft fo hoch geehrt als der Ganges, ſcheid
Lande, und zwei Meerarme umfaffen fie auf ben andern €
der geräumigften Häfen Indiens, und ift feit 1559 der Sig
der portug. Vefigungen in dem indiſchen Meere und des E
von Indien. Während der Regenzeit vem Juni dis gegen I
die Landfluten din Hafen, ſodaß die Schifffahrt gehindert w
her nur den Portugiefen offen ftcht, ift durch Khlrme und '
denfelben grenzt der Hafen Murmugon, welcher durch einen
wich, der Boa und die Halbinſel Salſette fheldet ; er nimm
menden Schiffe auf, wenn ber erfte verfhlämmt iſt. Die
Tügem Waffer, da6 vom feften Lande hingebeacht wird. 3
Zu der Zeit, ais die Portugiefen in Indien herefchten, konn
Gegenden mit Goa verglichen werden, und wenige in Eurı
beffer gebaut, Die nod vorhandenen öffentlichen Gebaͤud
ihrer verſchwundenen Herrlichkeit. Außer dem Bicekönige,
Altes ftand, was bie Portugiefen vom Vorgebirge der guten
in China befaßen, hatten bier die Verwaltungöbehoͤrden ih
des Glaubensgerichts In Goa erſtreckte ſich ehedern Aber alle
and die eingeborenen Chriſten, ausgenommen den Vicekoͤn
deſſen Bicar. In neuern Zeiten ward bie Gemalt der Ingı
1815 erfolgte ihre gaͤnzliche Aufhebung und die öffentliche 9
nie Via hor aräbto Theit dor nartınnief Refitımsen In Kia
Gobelin Goez 753
ten von Indien und nach China iſt bedeutend. Seit 1812 bringen 24 große
iffe jährlich die Waaren, welche die Portugiefen aus ihren übrigen Niederlaffuns
und durch die nach Canton fohrenden Schiffe erhalten, nad) Europa. Die
‚ne hat den ausfchließenden Handel mit Zuder, Schnupftabad, Pfeffer, Salpe⸗
Perien und Sandelholz. Der Gewinn aber, den die Niederlaffung brachte,
d von den Koften aufgezehrt, welche die Verwaltung, die Unterhaltung der Fe⸗
gsewerke und dir Befagung nothiwendig machten. Goa fiel 1807 in die Ges
Eder Engländer, ward aber nach dem allgemeinen Frieden den Portugiefen zus
eben. .
gi obelim (Gilles), ein Färber zu Paris unter der Regterung Franz. Cr
‚nte in der Vorſtadt St. Marceau, wo f. Haus und der Heine Fluß, welcher vors
Ueßt, noch heute ſ. Namen führen, und erfand, wie man fagt, das Geheimuiß,
ſchoͤne Scharlach zu fürben, welches nach ihm Gobelinſcharlach heißt,
aihm haben auch die Gobelintapeten ihren Namen. Dieſe Manufactur,
Se Colbert 1667 anicgte und dem Maler Lebrun zur Leitung übertrug, ift noch
2er eine der merfwürdigften in Paris; fie übertrifft in ihren Leiftungen Altes,
B in gleicher Art in Europa verfirtigt wird. Es merben vorzuͤglich Gemälde
der alten italtenifchen, franz. und fpanifdyen Schule auf die Eunftreichfte Act in
Teppiche Übertragen; der Glanz der Farben und die Zartheit der Ausführung
bewundernswuͤrdig und man begreift kaum, wie es moͤglich iſt, mit den, der
steliffearbeit eigentbömlichen Mitteln ben Wirkungen der Ölmaterei fo nahe zu
men. Die Anftalt wird auf Kennung der Regierung betrieben, und die gefers
a Zapeten werden meiſt zu Geſchenken verwendet.
God save the King! (Gott erhalte den König!) ber Refrain und die
Shntiche Benennung eines beruͤhmten engliſchen Volksliedes. Über den Verf.
den Urheber der Melodie ſind die Meinungen nicht einig. Wahrſcheinlich iſt es,
Heinrich Carey, der um die Mitte des 18. Jahrh. lebte, beides war; er ſoll je⸗
9, bei aller Anlage zur Muſik, der Regeln des Setzens fo unkundig geweſen fein,
ex, nad) Einigen, ſich an D. Harrington in Bath, nah A. aber an Chriſtoph
zieh, Haͤndel's Schreiber, wandte, um feinen rohen Entwurf verbefiern und den
J hinzufügen zu laffen. Vermuthlich iſt aus dieſer legten Angabe die Sage ent
Wen, daß die Weiſe des Volksliedes von Handel herruͤhre. Es ward, wie es
Int, zum erften Dal in „Gentleman’s magazine‘, 1745, als bei der drohen»
Landung des jungen Stuart die Anhänglichkeit an den herrſchenden Könige
mm zeitgemäß war, mit der Melodie bekannt gemad)t, und murbe, als es D.
we (der Gomponift des andern Volksliedes: „Rule Britannia‘) auf die Bühne
ubte, bald ein belichtes Volkslied. Die Weife bildeten feitdem verſchiedene Künfts
Bus ; aber obgleich die Harmonie des Geſangs feit Bach und Kotzwara unftreitig
Beffert wurde, fo ift doch der Rhythmus noch der urfprüngliche. Nach einer
bricht im , jew ımonthly magazine“ (Bd. IV., &. 389) gibt es einen, ohne
Bangabe von Riley und Williams herausgegeb. Abdruck des Liedes, worin Anton
Drganift zu London, als Verfaffer der Melodie genannt wird. Noch
die Angabe erwähnt, daß diefes Volkslied, wie aud) Burney, der Verf. der
dichte der Mufik”, einmal behauptet haben foll, urfprünglidy nicht auf einen
Georg gemacht worden fei, fondern in der aͤlteſten Lesart gelautet habe:
save great James our King“ (Öott fegne unfern großen König Jakob), und
fegte hinzu, e6 fei urfprünglich fuͤr Jakobs II. kathol. Capelle gebichtet und
den.
wor
Soez (Joſeph Franz, Freiherr v.). Diefer ausgezeichnete Maler, aus einer
lich luͤneburgiſchen gräfl. Familie, geb. den 28. Febr. 1754 zu Hermanns
Mein Siebenbürgen, wo f. Vater als Obrifklicutenant in Garniſon ſtand, ward
wm Hoftriegerathe in Wien, und fpäter beim Juſtizdepart. angeftelit ; doch ſ. Muße
Mond. ser. Siebente Aufl. Bd. IV,
8
754 Goͤckingk
gehörte der Kunſt, die er unter Brand's, Fuͤger's und Schumuger’6 A
dirte. Auch befuchte er das anntomifche Theater. Bald war er im €
ruf ale Maler durch einige gelungene Arbeiten, wie z. B. die nad) der
worfenen Abbildungen des Feldmarſchalls Hatdid und deſſen Familie,
fegen. Durch den Tod f. Vaters in den Befig eined Beinen Verm
verließ er den Staatsdienſt, um ganz f. Kunft zu Ichen. In diefer I
er ſich nach München, wohin ihn die Galerie 309. Hier gab er 1784
Cyklus von Abbildungen der Leidenfchaften, für Kunft und Schaufpiel
der von ihm zu einem Melodrama umgewandelten Bürger’fdyen Balla
und Blandine”, in 160 radirten Blättern heraus. Auch malte er dat
Kurfuͤrſten von Baiern, Karl Theodor, wofür ihm die muͤnchner A
goldene Preismedaille zuerkannte, und den berühmten Schaufpieler 1
Hamlet. Zu gleicher Zeit erfhicnen |, „„Exercices d’imagination «
caracteres et formes humaines““, eine Rrihe von Blättern, welche m
und charakteriſtiſche Scenen darftellen, die ©. fo meifterhaft aufzufafl
daß Nicolai in Berlin in Ihm einen beutfchen Hogarth prophezeite.
ee Pius VI., als biefer kurze Zeit in Augsburg verweilte ; das mit Beifa
mene Bilbniß äzte er nachher in Kupfer. 1787 erhielt G. von der Rail
tina II. die Auffoderung, Sorfter als Zeichner auf einer Reife um die 9
gleiten. Da jedoch dies Unternehmen wegen des Krieges mit den Tür
Stande kam, fo blieb er in Münden, mußte aber im San. 1791, at
dacht, als ftehe er mit dem Slluminatenorden im Verbande, bie Haupt
fen. ©. war Freimaurer, und hatte bloß mit einigen Gliedern dei
tenordens Belanntfchaft. Er begab fid) nach Regensburg, wo er f.
einer Heinen Schrift darthat. Bald nachher erhielt er von München, !
Ungeund jener Befchuldigung, die auf einer Namensverwechſelung ber:
fehen hatte, eine Einladung zur Ruͤckkehr, die er jedoch ablehnte. Erb
in Regensburg, wo er am 16. Sept. 1815 geftorben If. Die Art
Künftiers, ſowol die in Ol als die in Gouache (in welcher Manier er
leiftete) haben einen allgemein anerkannten Werth. Seine reiche Hinte
von Zeichnungen und Skizzen iſt zum Theil ind Ausland gelommen.
Goͤckinugk (Eeopold Friedrich Günther v.), geb. 1748 zu Gri
Harberftädtifchen, befuchte um 1760 das koͤnigl. Paͤdagogium zu Halle
mit f. $reunde und Landsmann, ©. A. Bürger, gemeinfchaftlidy in der
verfuchte, und ftudirte auf der dortigen Univerfitdt die Bechte. Dam
Meferendar bei der Kriege und Domainentammer in Halberftadt, Kaı
zu Ellrich im Hohenfteinifchen, 1786 Kriegs: und Domainenrath bei de
zu Magdeburg, 1788 koͤrigl. Commiffair und Land» und Steuerrath zu
rode, 1793 Geb. Finanzrath im ſuͤdpreuß. Depart. des Generaldirec
Berlin, darauf Geheimerrath des Fürften von Oranien⸗Fulda zu Fulda.
Wilhelm U. hatte ihn 1789 in den Adelftand erhoben, und feit der Zeit
fi) von Goͤckingk auf Daldorf und Guͤnthersdorf. Auch ift er herzogl. ku
Legationsrath. Seit mehren Jahren ſcheint er dem Geſchaͤftsleben entf:
ben. Wir haben von ihm vorzüigliche Arbeiten in ben meiften Gattungen
z. B. in Liedern, Sinngedichten und der Epiftel, twelche letztern befonden
meine Beifall grörönt hat. Dan bemerkt faft überall einen vielfeitig refi
Geift, der indeffen bei aller Welterfahrenheit der Empfindung, Naivetät
heit keinesweas abhold geworden. Außer mandyen andern tieferapfunben
gervandter Sprüche abgefaßten Gedichten erwarben ihm doch wol f. „Ei
Liebenden” (zuerft 1777, dann 1779), den meiften Ruhm, fodaß ſelbſt!
tichtende Wieland die poetifche Briefftellerin, die hier unter dem Namen '
erfcheint, die deutiche Sappho nannte. Seine Gedichte find zu Gran
Gold 755
— 82 in 8 Bon., eine neue verm. Ausg. in 4 Bon. (ſatyr. Verſuche), 1818,
yendaf. 1784 der 1. Bd. ſ. proſaiſchen Schriften erfchienen.
Gold. Dies edeifte unter den Metallen hat eine eigenthümliche hellgelbe
‚und einen flarten Stanz. Auf dem Vruche zeigt es kein beſtimmt zadiges,
n ein dichtes fadiges Gefüge. Das ſpecifiſche Gewicht ift von 19,3 bis 19, 65,
es durch Schlagen u. Preffen eine etwas größere Dichtigkeit erhält. Die Härte
inen Goldes ift nicht viel größer als die des Bleies, weßhalb e& der Abnusung
interworfen iſt und zur Verhinderung derfelben mit andern Metallen verſetzt
egirt wird. An Biegſamkeit fteht es dem Silber nady, dagegen Übertrifft es
ekannte Metalle an Dehnbarkeit und Sefchmeidigkeit. (S. Goldſchlaͤger.)
r Luft erleidet das Gold gar Feine Veränderung und behält auch an der feuch⸗
sft feinen Glanz. Meines Gold kommt etwas früher als Kupfer in Fluß; auf
berflaͤche zeigt daB gefchmolzene Gold eine lichtgrüne Farbe, «6 verändert fich
nicht und Erpftallifirt beim Erkalten zu kurzen vierfeitigen Pyramiden, Nächft
AMatin gehört es zu den feuerbeftändigften und unzerſtoͤrbarſten Metallen, auch
& durch flüchtige Körper kaum verflüchtigt, woburd es einen großen Vorzug
am Süber beſitzt. In der beftigften, durch Brennglaͤſer und Brennſpiegel
gebrachten Hite, vor der Flamme des mit Sauerſtoffgas genährten Lothrohrs
ı dem beftigften euer einer Volta'ſchen Batterie verfluͤchtigt ſich das Gold
h und verbrennt zum Theil zu einem purpurrothen Kalt, Die Goldkalke
och wenig befannt ; es foll zwei Arten derfelben geben. In den Alkallen und
amonlat᷑ iſt das reine Gold unaufloͤslich, der Goldkalk loͤſt fidy abet in dem
ı fehr ba auf. Obgleich das Gold von ber Schwefelleber beim Schmelzen
kommen aufgelöft wird, daß es mit dem Waſſer eine ganz klare Auflöfung
fo laͤßt es ſich mit dem Schwefel im Fluſſe nicht vereinigen. Selbſt die Nies
läge des in Säuren aufgelöften Goldes durch Schwefelwafferftoffgas find nur
nge von regulinifhem Gold und von Schwefel, Unter allen Säuten ift das
aur im Koͤnigswaſſer auflößbar und das Ammoniak gibt durdy Miederfchläg
nallgold. (S. Knall.) Eine Auflöfung des Zinnes in dem Königewafe .
bt, zu der Goldaufloͤſung gegoffen, einen ſchoͤnen dunkel purpurfarbenen Nie:
lag, ben ſogenannten mineralifchen Purpur ober den Goldpurpur des Caſſius.
mdern Metallen verbindet fid) das Gold fehr leicht, alle vermindern aber feine
barkeit, ſodaß nur zwei Metalle, das Silber und das Kupfer, zur Legirung an⸗
Det werden, um ihm mehr Härte zu geben. Beiden Muͤnzen fest man lies
upfer zu, zu manchen andern Arbeiten Lieber Sitber, zumeilen auch beibe® zu
m Zeit; daraus entfptingen bie rothe, die weiße und die gemifchte Karatirung,
muß daher beim Probiren des Goldes auf einem Probirfteine eigentlicdy Pros
hetn von drelerlei verfchiedener Zufammenfekting, aus Gold und Silber, aus
Kupfer und aus Gold, Silber und Kupfer haben. Um das Gold von
„ mit dem es in allen Verhältniffen verbinden vorkommt, zu fcheiden,
machte fehr verfchiedene Werfahrungsarten ; gewöhnlich bedient man fidy der
nicht zu fehr verdünnten Satpeterfäure, indem diefe das Gold unaufloͤslich
Es muß jedoch die Miſchung aus wenigſtens 3 Theilen Silber und
beftehen, wenn alles Silber aufgetöft werden foll, weßhalb auch bie
Smethode Quartation (das Quartiren oder Die Scheidung durch bie
genannt wird. Das zurücbleibende Gold wird abgewaſchen und mit
zufammengelhmolzen, das aufgelöfte Silber aber gewoͤhnlich durch Ku⸗
. chlagen und nach dem Ausfüßen zufammetigefchmolzen. — Das Bold
—* nur gediegen, entweder im reinen Zuftande, od. in Verbindung mit andern
oe und in Bereinigung mit gefchrorfelten Metallen gefunden worden. — Die '
ung des Goldes kommt mit der des Silbers faft gaͤnzlich uͤberein, indem
Retalie faſt immer gleichzeitig ausgebracht werden. Det faft 13 Mas größere
Ay ®
796 GOoldmacherkunſt Goldoni
Werth des Goldes macht es indeſſen möglich, noch weit aͤrmere Golder;
erze in die Arbeit zunehmen. Derbes Gold, Waſchgold u. f. f. ſchme
mittelbar in Tiegeln, mit ober ohne Zuſatz von Borar und ſetzt alsda
ober auch Sublimat zu, wenn das Gold nur eine Spur von unedlen 9
halten follte. Sonſt wird der Regulus auf dem Zreibherde, oder auf '
Blei abgetrieben. Goldfchlieche werben entweder verquidkt, ober mit £
in die Roharbeit (fe Sitber) gegeben. Guͤldiſche Kupferkiefe werde:
goldet, daß der erhaltene Rohftein mit Bleiglanzen auf einem Flammen
geſetzt, eingeſchmolzen und ducd) einen Zuſatz von reguliniſchem Eifen :
gem wird. Die goldhaltigen Arfenikerze werben wie die goldhaltigen«
behandelt, — Der Werth des jaͤhrlich gewonnenen Goldes beträgt ungef
Thaler und es liefern davon: Eurapa ungefähr 1,300,000 Thaler
540,000 Thir. und Amerika 17,200,000 Thlr.
| Goldmacherkunſt, f. Alhymie
Goldenes Vließ, ſ. Jaſon und Irgonauten. £
goldenen Vließes, und der drei goldenen Vließe, f. !
goldene). ’
oldene Zahl, f. Calender.
Goldgulden, f. Gulden.
Gold doni (Carlo), der beruͤhmteſte italien. Luftfpieldichter des
wurde 1707 in Venedig geb., mo f. Großvater, ein Mobenefer, eine Aı
ralpachter der ſaͤmmtlichen/ im venetianifhen Gebiet liegenden Güter
von Maffa und Carrara war. Der Zod dieſes in f. Art genialen Man
nur den Aufwand zu fehr liebte, verfegte die Familie in öfonomifche |
Julius G., der Vater unfers Dichter, verließ daher Venedig und beg
Mom, Seine Gattin, eine geb. Salvioni, eine geiftreicye, lebhafte
mit ihren Kindern, ein paar Knaben, zuruͤck, und widmete ſich aus‘
Erziehung ihres aͤlteſten S., deſſen früh ſich ausfprechender Geiſt ihn zi
ling machte. Der lebhafte Carlo zeigte früh Geſchmack an theatral. V
Er las Alles, was er in diefer Hinficht Habhaft werden konnte, befonber:
des beliebten Komoͤdiendichters Ciecognini, und kaum 8 J. alt, fin
Komoͤdie zu fchaffen, die da6 Erſtaunen der Verwandten erregte. Man
Abfchrift an den Vater, der unterdeffen ſich in einen Mediciner umgewa
Derugia niedergelaffen hatte. Entzuͤckt über den Geift feines Alteften €
langte er ihn bei fich zu haben; die Mutter mußte einwilligen. Water
errichteten nun ein Eleines gefellfchaftliches Theater. Bekanntlich bu
jener Zeit in den päpfllichen Staaten kein Srauenzimmer auf der Bühn
beftwegen übertrug man dem jungen G. meift die Maͤdchenrollen, die er
huͤbſchen und zierlichen Außern recht gut ausführte, und z. B. in Gigl
ter „Sorellina di Don Pilone‘‘ (f. Sig Li) mit großem Beifall auftrat.
dabei den Unterricht der Jeſuiten; fpäter machte er in Rimini bei den Di
ſ. humaniſtiſchen Curſus. Die Steifheit f. eigenſinnigen Lehrers verleit
den Aufenthalt; eine herummandernde Schaufpielertruppe zog ihn deſt!
Er ſah Srauenzimmer auf dem Theater und ward hingeriffen. Die K
gewannen ihn gleichfalls lieb; und er entfchloß ſich, ihnen heimlich nach
folgen, wo damals f. wieder zufammenlebenden Altern wohnten. S
dem Süngling den leichtfinnigen Streich; der Vater beſtimmte nun f.
Medicin und nahm ihn fleißig bei f. Krankenbefuchen mit. Dies gefi
noch weniger ; er erhlelt endlich die Einwilligung der Ältern, ſich im nah
der Rechtskunde widmen zu dürfen, Bald darauf verfchaffte ihm jedod
wandter eine Sreiftelle im päpftlichen Collegtum auf der Univerfität zu P
warb Goldoni abermals in eine neue Welt verfegt. Seine Commilitonen
Goldoni 757
uns waren meift junge und zlemlich lockere Abbés; ©. folgte ihrem Beiſpiel. Die
risprudenz wurde als Mebenfache betrieben, befto eifriger da6 Tanzen, Reiten,
tem, bie Mufit und das Spiel. Dow verfäumte der wißbegierige Juͤngling das
nicht, ſ. Geiſt mit nüglichen Dingen zu bereichern; und f. fid) immer mehr ent
Beinden dichterifchen u. rednerifchen Anlagen erwarben ihm manche Freunde, aber
ip Feinde, denn der Wis, welcher ihm zu Gebote ftand, traf oft fehr fcharf. Einft
xieb er auf Antrieb einiger jungen Leute, die ihn nachher vertiethen, eine fatyris
e Attellane, worin er mehre Individuen aus angefehenen Familien in Pavia dem
efpött preißgab. Die Folge war, daß er aus bem Collegium und felbft aus ber
tadt verwiefen wurde. Er teifte nad) Chiozza, um die Altern um Berzeihung zu
ten. Bein Bater nahm ihn nun mit nach Udine (im Friaul), wo ©, ernfter ale
Pavia, fich den Wiffenfchaften widmete, jedoch nebenher noch manchen leichtfin«
un Steeid) trieb und deßwegen verſchiedentlich den Aufenthalt ändern mußte, bis
iu dem Vicekanzler ded Criminalgerichts in Chiozza als Secretair kam und biers
f dieſem Beamten nad) Feltre folgte, wo er, 22 3. alt, gleichfalls eine Anftellung
lelt und ſich ſ. Amte mit großem Eifer widmete. Die Bühne war in diefer Zeit
inzige Erholung ; eine leibliche Truppe fpielte in Feltre; ein Liebhabertheater im
Saft des Gouverneurs, bei welchem er mit auftrat, feffelte ihn aber noch mehr.
lb ernannte man ihn zum Dicector beffelben und er richtete nun nicht allein ein
te Opern von Metaflafio zum Behuf der Aufführung ohne Muſik ein, fondern
teb auch zwei Luflfpiele („Der gute Vater’ und „Die Sängerin‘), die ebenfo
m Beifall fanden wie fein Spiel. Sein Vater wurde indeß als Arzt zu Bagna⸗
allo in der Legation Ravenna angeftellt, und verlangte, fein Sohn folle bei ihm
m. G. gehorchte; aber kaum dafelbfl angekommen, flarb der Vater und hinter
die Familie in mißlichen Umftänden. Jetzt befchloß der junge Mann, fich ernſt⸗
‚der Jurisprudenz zu widmen. Cr disputirte in Padua, und ging darauf nady
medig, um zu abvociren. Die Clienten fanden fid) jedoch nur fparfam ein, und
Iab fich genöthigt, fid) nad) anderm Erwerb umzuthun. Er fchrieb Heine Alma»
, von denen einige Beifall fanden, begann eine Oper (Amalafunte) und dgl.
gluͤckliche Ausgang eines Proceſſes, in welchem der erfte Advocat Venedigs fein
ee war, erwarb ihm Ruf, und es hätte vielleicht Alles gut gehen mögen, wären
ducch einen unglüdlichen Liebeshandel neue Verwickelungen erfolgt. Ein übers
ebenes Eheverfprechen ftürzte ihn in endlofe oͤonomiſche Sorgen. Er ver
edig und ging nach Mailand, f. Oper „Amalafunte” als einzige Dabe mit
Behmend. Seine Hoffnungen, durch diefelbe hier f. Gluͤck zu machen, ſchel⸗
Der berühmte Sänger Caffarelli empfing ihn mit jenem bäuerifchen Stolz,
Befeierten Hiftrionen fo leicht eigen voird, und einer der Directoren der Oper ließ
freundlich bemerken, daß das Stud nicht in Muſik geſetzt werden könne. Trau⸗
derbrannte G. das Danufcript, nicht wiffend, maß er beginnen follte; ber Re⸗
IE der Republik Venedig nimmt ſich indeffen feiner an, und der Dichter arbeitete
Fein mufitalifcyes Intermezzo: „Der venetianifche Sondoline”, aus, das Bei⸗
Kand and das erſte Stud war, welches ©. bekannt macht. Die Kriegsereigniffe in
Ken, 1733, wirkten auch fiörend auf des Dichter Arbeiten, der bald in Cre⸗
x, bald in Pizzighetone, bald in Parma lebte, von Marodeuren geplündert ward,
Erona zu einer Komöbiantentruppe ftieß, mit diefer wieder nady Venedig kam,
Hier durch Aufführung f. während diefer Zeit gefchriebenen Trauerfpiel® „Bes
“a Mufund Namen erwarb. ine zweite Tragödie, „Rofamunde”, mißfiel
men und der Verfaſſer, jegt wieder in leidlichen Verhaͤltniſſen, ging nun mit einer
wen Truppe, die faft nichts als Stuͤcke von ihm aufführte, nad Padua. Go
Derte er bis 1736 unftät mit den Unftäten herum in einem ewigen Taumel von
Biguen und Zerftreuungen Icbend, bis er fih in Genua mit der X, eines Notare
Rlichte und nach Venedig 309, wo er nun erſt begann, das Fach bramatifcher
Vcimmi, 100 er Tür Die Dortigen Scauſpielergeſeuſchaften arbeitete
befand, bis ihn oͤſtr. Huſaren auf dem Wege nach Pefaro rein au
ſchurkiſcher Poftidon ließ ihn und f. Gattin unterwegs auf frelem
fuhr daven. Auff. Rüden trug ©. f. Gattin durch einige aueget
endlicy troß aller Hinderniffe Im Hauptquartiere der Öffreicher anlı
Dichter fein ihm geraubtes Eigenthum zurüd. In Rimini Über
Direction des Theaters und lebte einige Zeit in Wohlhabenbeit u
Dann ging er nad) Flotenz u. Siena, wo er gute Aufnahme fandı
Artadiern, deren Sigung er beiwohnte, bewogen wurde, zu ben |
kehren. Zahlreiche Kundſchaft ward dem wiedergeborenen Advor
Sacchi dieſe Veränderung und beſchwor ihn um neue Stuͤcke.
nun des Nachts für die Bühne, während er am Tage Rechtehaͤnd
mehr Stücke er dern Director nady Venedig fendete, deſto meht br
meiften® auch die Gegenftände dazu gab. In derſelben Zeit ernaı
kadier u. d. N. Poliffeno Fegeio zu ihrem Mitgliede. Eine Zurä
In Pifa widerfuhr, bewog ihn, bie Rechtsgelehrſamkeit noch einmı
einer Schauſpieiergeſellſchaft, die ihn als Theaterdichter annimn
zu folgen. Won hier kam er nach bjaͤhriger Abweſenheit wieder naı
begann er, für das Theater San: Angelo arbeitend, den Kleſenka
gewurzelten Gefhmad an Arlequinaden und improvifirten Stuͤd
und f. ungemeinen fcrififtelerifchen Fruchtbarkeit gelang es endli
in der Kunſt Heraufzuführen. Doch Sorgen und Ärger warfen i
lager ; der Directeur ward durch f. Fleiß veich, er blieb arın, un!
Vergütung ſ. angeſtrengten Arbeiten foberte, erhielt er nichts als d
nis, alle Jahre einen Band f. Werke herausgeben zu dürfen. D
„ Vebindlickeiten treu, folgte ber Geſellſchaft nach Turin und gin
f. Sontsactzelt zum Theater St. Luca über, zugleich eine neue Au
Subfeription beforgend, wodurch ſich ſ. Umftände verbefferten, zı
Gegner, die Verfechter der alten Commedia dell’ arte, neuen Sti
ger: finden. 1758 nad) Parma an den Hof Don Philipps beru
nige Opern, die von Duni und Piccini in Muſik gefegt wurben.
die ital, Schauſpieler nadı Paris, co mehre f. Stüde ungemeine
Mrd At. anal anltarn atn MEalt. ab Dnnannt nk Brenn
Goldſchlaͤger 759
led den Tag darauf im beinahe vollendeten 36. J. Seine Witwe erhielt dem
Andigen Gehalt und eine Penfion. G.'s Verdienſte um das ital. Theater jind
zu verfennen. Viele ſ. zahlreichen Stüde erhalten ſich noch auf den Bühnen
terlandes, und in Überfegungen aud) auf denen des Auslandes, wie z. B. „Der
er zweier Herren“, „Der Schreäger”, „Der Lügner u, a. Unter den vielen
aben f. Werke ift die 1809 in Yucca in 26 Bdn. herausgek. die voliftändigfte.
eßungen und Bearbeitungen einzelner Stüde von ihm gibt es im Franzoͤſiſchen,
tichen und Englifchen. Neuere Luftfpieldicyter fchöpfen noch oft ihre Stoffe
der zeichen Sundgrube f. Laune und f. Weltbeobachtung, weldye Icgtere ihn bes
ers in den Stand ſetzte, fich in den verfchiedenartigften Genres, und meift mit
ck zu verfuchen. Doc) fagte f. Talente das Charakter: und Intriguenftüd am
eften zu, und man muß bier fowol bie Reichhaftigkeit |. Erfindungsyabe in
veff der Anlage, die immer, trotz f. vielen Schreiben, neu war, als die große
urgemäßheit und Treue der Zeichnung f. Charaktere in jeder Situation hewun⸗
. Die von ihm verfaßten Memoiren zur Sefchichte f. Lebens und bee Theaters
it, find ind Engliſche und ins Deutſche überf., auch in der zu Paris herausgek.
ilection des meioires surl’art drainatique‘‘, etwas verkürzt, aufgenommen
vn. ©. ſchrieb fie in franz. Sprache, in der er felbft ein paar Luftfpiele dich⸗
wovon das Eine (‚‚Lee bourru bienfaisant‘‘) 1771 in Fontainebleau und Pas
sit großem Beifall gegeben ward, und fih auf dem Repertoire erhalten hat.
B.'8 heftigften Gegnern in Italien gehörte Goz zi (vgl. d.), der, reich mit Wit
bt, nicht allein den Verdränger der Masken auf der Scene mit Epigrammen
Impromptus überfchüttete, fondern auch in f. Eifer für die Commedia dell’
die ganze Akademie der Granelleſchi in Venedig gegen ibn aufwiegelte: ein Ver⸗
n, welches ©. edelmüthig in ſ. Memoiren mit Stillſchweigen übergeht.
BGoldfchläger, ein Künfkter, der das Bold in möglihft duͤnne Blaͤtt⸗
zum Behuf des Vergoldene u. ſ. w. verwandelt. Das Gold muß rein fein;-
bedient man fid) gemeiniglich des Dufatengoldes, welches mit Borar in einem
I geſchmolzen, und dann in den Zahneinguß oder ein ſtarkes vierediges Eifen
goffen wird. Die num entflandenen Goldzähne ober vierfantigen Prismen
auf die Ziehmafchine oder das Ziehwerk gebracht, durch ſtarke eiferne Wal⸗
nechgepreßt und bergeftalt in immer duͤnnere Blätter verwandelt. Es muß
das Gold jedesmal vorher geglüht werden. Die Blätter oder die Bänder, die
olche Weife entftanden find, werden auf dem Amboß noch ebener gefhlagen
ann mit ber Schere in Eleinere Platten aefchnitten, die gewoͤhnlich einen Zoll
zevierte halten und 64 Gran wiegen. Damit diefe noch weiter ausgedehnt
m, fo legt man fie in die Quetichform, welche ein Buch ift von drei Quabrats
mb 150 Blättern alten Pergaments. In diefe Buch eingelegt bringt man
leibplatten auf einen marmorenen Amboß, worauf fie mit dem Werkhammer
1ge gefchlagen werden, bis fie zwei Quabdrotzoll ausgedehnt worden. Dann
die Blätter ungefähr fo did wie Papiers; fie werden nun in einer eifernen
uhtel wieder geglüht, und in eine zweite größere Quetfchform gebracht, wo fie
af 44 Zoll ausgedehnt werden. Jetzt zerfchneidet man die Goldblaͤtter in zwei
e Theile, ſodaß aus 150 Blaͤttern 300 entftehen. Sie müffen nun alle ges
ebgeroogen werden, ehe fie in die dritte oder Dinnguetiche kommen, wo fie von
m auf drei Zoll ausgedehnt werden. Dann theilt der Goldſchlaͤger jedes Blast
weiſe und erhält hierdurch von jebem vier Heine Blätter, deren jedes 14 Qua
08 groß ift. Überhaupt hat er nun 1200 Gomblättchen erhalten. Diefe
t er in die Hautform. Dies find Bücher, die aus Rindsdärmen beſtehen.
zieht naͤmlich die äußere Haut der Gedaͤrme ab und legt fie, wihrend fie noch
;find, mit ihren weichen Seiten auf einander, die nun bald zuſammenkleben.
ı werden fie in einer Form geſtreckt, das Fett und die Unceinlichkeiten abgeſchabt,
760 Goldſmith
zwiſchen weichem Papier geſchlagen, damit alles Fett ſich In das Papier ziehe
Aufguͤſſen von ſtarken Gewürzen durchnaͤßt, endlich getrocknet und gepreft,
dem Gebrauch werden fie mit Gypspulver abgerieben, damit das Gold ſich niı
bie Häute hänge, Zwiſchen diefen Häuten ſchlaͤgt man dann die Golbdblaͤt
fange, bi8 fie Die nöthige Dünne haben. Sie werden hierauf mit der Werl
in vier Theile zerriffen und von neuem fo fange gefchlagen, bis fie, gegen dab
gehalten, grün durchſchimmern. Endlich werben diefe Blaͤttchen durch bie €
zange befefligt und mit der Werkzange ein Blatt nad) dem andern abgezogen m
ein Kiffen gelegt, worauf fie Dann mit dem Karren ober zwei fcharfen ſtaͤh
Klingen, die durch Schrauben zufammengehalten find, zerfchnitten und zum
auf zroifchen Blätter rothes Papier gelegt werden. Aus dem feinften Gel
macht und etwas über 24 Zoll im Quadrat, beträgt die Dicke eines folchen
chens den 24,000, Theil einer Linie und es wiegt den 21,000, Theil eines kai
Goldſmith (Dfiver), war 1728 zu Pallas in der irlaͤnd. Grafſchafi
ford geb. Sein Vater, ein armer Landgeiſtlicher von der bifchöfl. Kirche, bef
ihn für die Handlung. Schon in f. 7. 3. aber zeigte ſich f. vorherrfchende I
zur Poeſie. Dadurch zog er bie Aufmerkſamkeit f. Oheims auf fich, der it
Unterrichte dee Schulhalters zu Elphim übergab. Hier entſchied ein wigigı
fall ſ. Gluͤck. Er tanzte einft, und ward von dem dazu auffpielenden jungeı
ſchen wegen f. Haͤßlichkeit mit Äfop verglichen ; Alles lachte Über den Einf
ploͤtzlich Oliver innehielt, und mit zwei aus dem Stegreif gemachten Werfen
O höret an, was dort. mein ‚Herold fingt :
Der Affe fplelet, und Aſopus ſpringt!
den Spott auf den Urheber zuruͤckwarf. Einige anweſende Verwandte, an
Geiſtliche, beſchloſſen, ihn auf gemeinſchaftliche Koſten auf die Univerſitaͤt
den. Nachdem er die Schule zu Athlone und Edgeworthtown beſucht hat
er 1744 nach Dublin, wo ihn die Strenge f. Lehrers bewog, in der Fremde
zu verfuchen. Er ging mit Einem Schilling in der Tafche zum Thor hinar
der Hunger ließ ihn bald f. Vorfag aufgeben, f. ältefter Bruder föhnte ihn ı
Lehrer aus. 1749 ward er Baͤchelor. Sein Verwandten bemühten fid
bens, ihm in der bifchöflichen Kirche eine Anftellung zu verfchaffen ; f. Juger
hatten ihn in ein nachtheiliges Licht geftellt; auch hegte er ſelbſt ganz entgeg
Neigungen. Nachdem er ein Jahr lang Hofmeifter gervefen, wollte er nach
gehen, aber auch diefer Plan fcheiterte, und nad) ſechs Wochen Eehrte er, vr
entblößt, zu feiner Mutter zurüd, Nun ward er, ſ. Wunfche gemäs, ti
Edinburg geſchickt, um Medicin zu ftudiren, An regelmäßigen Steig konn
auch hier nicht gewöhnen; er litt oft an Kränklichkeit, öfter an Geldmangel.
aufging er nach Leiden, und fiudirte dafelbft ein Jahr lang, befonders
Allein er gerieth in ©efellfchaften, wo er fich dem Spiel ergab. Als er e
große gemonnene Summe verloren hatte, entfchloß er ſich, Holland zu
Ein Freund fchoß ihm das nöthige Geld vor, das G. thörichter Weiſe anmı
Onkel Blumenzwiebeln zu Baufen. Nichtsdeſtoweniger machte ex ſich auf,
zu Fuß zu durchwandern. Man fagt, dag er theils in den Klöftern durch
Leit im Disputiren, theild durch f. Flötenfpiel in den Dörfern ſich Unterhal
ſchaffen gewußt habe. So durchpilgerte er Flandern, einen Theil von 5
und Deutfchland, und betrat die Schweiz, wo die Schönheiten der Natur
the f. dichterifchen Anlagen aufjchloffen, und er einen Theil f. „MWanderer®
Zu Genf ward er der Führer eines jungen Englaͤnders, ber mit einem gro
mögen ſich auf Reifen bilden wollte, Aber des ſchmutzigen Geizes f. Zöglk
müde, verließ er ihn, und ging nad) Padua, wo er fech® Monate blieb, un
Arzneitunde ward. Der Tod f. Onkels rief ihn in f. Vaterland zuräd. €
zu Dover 1751, und fah ſich bald in der druͤckendſten Dürftigkeit, Unter
Golgacha Golkonda rar
a gelang es lhm bei einer Meinen Schule angeſtellt zu werden: Dielen
je bald uͤberdruͤſſig, verfuchte er als Apothefergehülfe fortzukemmen.
hm ihn ein Chemiker in fein Laboratorium auf, und fand.an ihm einen
aplichen Gehuͤlfen. Er ernährte fidy jetzt eheils als Arzt, theils als
ex, und lebte kaͤrglich, aber unabhängig ımb fröhlich, als ihm ein Breanb,
(ag machte, die Aufficht über eine Schule, ber ſ. Vater vorfland,- *8
Krankheit zu uͤbernehmen, wogegen derſelbe ſich verbindlich machte, Ihe
ſchen Directoren zu empfehlen, und ihm eine Stelle als Arzt bei der fin
ompagnie zu verfhaffen. G. nahm den Antrag an, und erhielt 1768
ung als Arzt bei einer oflinbifchen Factorei. Aber dieſes —— hd,
‚m kaum dargeboten, als er ed aus Abfchen vor einem geregelten Amts⸗
r aufgab. Damals lernte er Griffich, den Herausgeber des —
kennen, und ward von demſelben eingeladen, Mitarbeiter zu
Zohnung, Tiſch und einen guten Gehalt haben ſollte. Ir ——
ste G. acht Monate, worauf er ſich von Griſfith treunte, und ſ. „Eu-
ie present state of taste and literature in Europe‘, 1769, herausgab.
te damals in der Außerfien Därftigkelt ein armfeliges Stäbchen F drit⸗
yerke, bezog aber bald eine anſtaͤndigere Wohnung und ſcheieb .
Heide, Während drfeibe Bei (hc er, um täglichen A er
n, bie „Lettres om english history‘ und den „Citizen ef the world“,
8 in einer Reibe-von Briefen in dem Charakter eines — — —*
n „Lodger‘‘ erſchien. con fruͤher hatte er ein „„Lady’s magazine‘
ochenblatt ;,The beo* geſchrieben. Die beften jener zerſtreuten Sid
unter dem Titel „„Easayn‘* zufammen erfchienen. Dee Beifall, womlt
hen Werke aufgenommen wurden, reizte ihm an, auch für das Theater zu
er [chrieb „The good-natured man'*, und. machte mit diefem und ame
ken bedeutendes Gtüd. 1769 erichien f. Gedicht „The deserted yil,
$n diefeibe Zeit fällt f. „History of England‘ u. f. „Roman history
. Aufl., Würzburg 1820). Auf Verwendung f. Freumde ward er zum
ılten Geſchichte bei der engl. Malerakademie ernannt. 1770 machte es
nach Paris, fchrieb darauf f, „History of the earth and aniınated na-
74), nädfidem ſ. ſcherzhaften Gedichte „The haunch af venison!“ und
ion‘, und war mit dem Plane zu einem allgem. Wörterbucye der Kuͤnſte
nfcaften befchäftigt, als er 1774 am Nervenfieber ſtarb. G. beſaß bei.
eitand eine ebenfo lebhaft auffaffende als fchöpferifche Phantafie ; ein zer
Gefühl; daher bei wiffenfchaftlichen Begenftänden mehr eine heile Anficht
efe fe Sinfian, mehr ein Auffaffen ber intereffanteften Seiten als ie *
‚örigen, aber ein helles, leichtes, ſchoͤnes Darſtellen des heil, Lei
eſchauten und Aufgefaßten; — in der Dichtkunft Lebendigkeit, 33
and Laune; — im Weltleben einen edlen, auf geiſtige Vorzuͤge begruͤnde⸗
iz, naͤchſtdem bie liebenswuͤrdigſten Züge eines thätigen Wohlwollens und
lichen Sehnſucht nach Vaterland und Freundſchaft; dabel war aber ein
Mangel an praktiſchen Grunbfägen ſichtbar, daher kein feſtes, beftimmtes
keine Weltklugheit, daher fo mandye Verlegenheit, fo manche Bergehung,
a früher Tod. Seine Freunde errichteten ihm ein Denkmal in der MWefte
tel, in dem fogenannten Poets-Corner mit einer von Johnſon verfaßten
1 atha, ſ. Salvarienberg.
ol konda, auf der Halbinſel diesſeits des Ganges, zwiſchen den Fiäffen
nd Kiſtna, britifcher Vaſallenſtaat des Nizam (Könige) von Dekan (4500
LO MIN. Einw.) in deffen Provinz Hyderabad, mis bes Hauptſtadt und
—
762 Golownin Gonfaloniere
—— d. N. auch das Fort Golkonda llegt. Es iſt berühmt durch feine Die
tengruben.
Golownin (W. M.), kaiſerl. ruſſ. Commodore, befammt durch.
fangenſchaft in und durch ſ. Nachrichten über Japan, war als k. ruſſ.
capitain, mit der Kriegsſloop Diane 1811 aus dem Hafen von Kamtſchatka
gelt, um bie Lage der füdlichen Eurtlifchen Sinfeln, welche die Japaner beber]
zu beflimmen. In der Mitte des uni Fam er an die nordweſtl. Küfte von Ent
nahm hier einen ruffiichen Kurilen als Dolmetfcher mit, und landete ben 9.
auf der Inſel Kunaſchier, der 20. in der Eurilifchen Kette. Hier wurde er feiıl
empfangen, dann aber, durch ein freundfchaftliches. Betragen ficyer geſtellt,
fe 7 Begleitern (2 Dfficteren, 4 Matroſen und dem Dolmetfcher) verhaftet md
der Hauptftadt Matsmai geflihrt, jedoch gut behandelt. Dies geſchah, wrü
v. Refanoff ziel ruſſiſchen Schiffscapltainen, die zur ruff, ameritan. Gompags
hörten, den Aufttag gegeben hatte, die japaniichen Küften zu verheeren, zu
bern, die Tempel zu berauben und die Dörfer anzuzuͤnden, um ſich für den:
bideten Schimpf zu rächen, den er durch die Kälte, mit welcher ihn bie japa
Megierung als ruff. Geſandten abgerviefen hatte, erlitten zu haben glaubte. D
ungeachtet erhielten G. und f. Mitgefangenen von Wolke Beweiſe der gutmi
ſten Theilnahme; die Regierung aber hörte nicht auf, fie mit argwoͤhniſchen
hören zu quälen. Doch geftattete man Ihnen zulegt die Freiheit auszugehen.
Japaner waren höflid, und wißbegierig; felbft ein Mitglied der dortigen Ale
der Wiffenfchaften ließ ſich von den ruſſ. Officieren in der europ. Mathematil
Phyſik unterrichten. Ein japanifcher Philolog bemühte fidy ein japaniſch
ſches Wörterbud) abzufaffen. Endlich bewirkten die von drei japanifchen Ge
neurs für die Gefangenen erftatteten günftigen Berichte nach zwei SJahım
Kreilaffung. Auch Cap. Rikord, der unterdeffen die Diane commanbirt um
eines vornehmen Japaneſen bemädhtigt hatte, den er zuruͤckbrachte und in Fi
feste, trug dazu bei. Die Sefangenen erhielten jegt alles Eigenthum wire
man entließ fie (Nov, 1813) befchenkt an Bord der Diane, bie im Dafen von ?
ſcha ankerte. Mehre Japaneſen erließen an fie Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben um
Oberprieſter ordnete fuͤnftaͤgige öffentliche Gebete um eine gluͤckliche Reife an.
„Narrative of ıny captivity in Japan, during the years 1811 — 1813“;
im Anhange „Au account of voyages to Japan to procufe the release «
sathor and his companions“‘, von Cap. Rikord (London 1817, 2 Bde; a
Ruſſ. v, Schulz, 2 Thle., Leipzig 1817) berorifen, daß G. ein guter Beob
iſt; indeffen konnten f. ftatiftifdyen Nachrichten über Japan meber fo voif
noch fo genau fein, als de6 (1812 zu Paris verft.) Titſingh Werk über Japan, |
welches Kämpfer und Thunberg ergänzt werten. (Es erſchien Franz. wi
Engl. uͤberſ. von Schober m. Kupf. u. d. T.: „‚Illustrationa of Japan“‘, %
1822.) — Noch hat G. eine Geſchichte der Schiffbruͤche in ruſſiſcher Sprade
anbargeben. Sept ift diefer Seefihrer Mitglied des Reichsadmiralitaͤtscollegu
auch arbeitet er mit an der ncuen Seekarte, welche das Eismeer, die Berieg
mit der Küfte von Nordeftafien und Nordweſtamerika darftelt. Ihm zu 1
baben ruffifche Seefahrer einen von ihm, an der Nordweſtkuͤſte von Amerika
beiten Sund Solomninsfund genannt. ‚ 2
Somarus, GSomariften, f. Reformirte Kirche
Gonfaloniere, das Oberhaupt der ehemaligen Republik Lucca;
deutſch foviel ald Bannerherr. Er ward aus dem Adel gewählt, und wer
fein Amt nicht länger ala zwei Monate, ohne andre Vortheile davon zu habn
Die Ehre und freie Tafel. Erſt nach ſechs Fahren konnte diefelbe Perfon m
gewaͤhlt werden. — Sonfaloniere bes paͤpſtlichen Stuhls we
Titel der Derzoge von Parma. -
Gonſalvo Gonzaga (Famille) 763
Bonfalvo (Hrmandez y Aaullar) von Cordova, mit dem Beinamen der
e Feſdherr (el gran Capitan), aeb. zu Montilla bei Gorbova 1443, focht ale
he. Juͤngling unter ſ. Vater Don Diego gegen die Mauren von Granada.
ig Heinrich IV. von Caftilien vertraute ihm zum Lohn für f. Tapferkeit eine
ıpagnie Bewaffnete, mit welcher er bis vor die Thore Malagas Schrecken vers
ete und 1460 den Sieg bei Las Yeguas entſchied. Auf dem Schlachtfelde
> er von dem Könige ſelbſt mit dem Ritterſchwert umgfirtet. Won 1458 — 67
te er mit Auszeichnung gegen die Mauren, bei der Einnahme von Gibraltar und
Rriege von Catalonien. Als nad) Heinrich® Tode Ferdinand und Iſabelle 1474
Thron befliegen hatten, ber König von Portugal ihnen aber denfelben fireitig
der half G. den Sieg bei Toro 1476 ertämpfen. In dem blutigen Kriege mit
mada nahm er mit Sturm mehre Plaͤtze, und befiegte die kuͤhnſten Mauren, die
Ka zum Zweikampf darftellten. Als endlid, Granada ſich auf Bebingungen,
er abgefchloffen harte, ergab, trug er beim Einzuge der Sieger die Fahne Caſti⸗
kb Darauf fandte Ihn Ferdinand mit 6600 M. |. Vetter Friedrich, König von
wel, gegen die Scanzofen zu Hülfe. Nachdem er jenen Thron gefichert hatte,
I ee nach Spanien zurüd, wo er gegen die Mauren in den Alpurarras focht,
Babapig XII. von Srankreid) den Krieg um Neapel aufs neue begann. ©. ging
OD abermals mit einem Corps von 4300 M. dahin ab, anſcheinend zum Bei⸗
d der Venetlaner gegen die Kürten. Auch befreite er Zante und Cephalonien
den Ungläubigen, und gab fie den Wenetianern zurüd. Dann aber landete er
Bicitien und erklärte dem König von Neapel, dag er gekommen fei, denjenigen
I des Königreich6 zu befegen, der vermöge des mit Ludwig XII. gefchloffenen
kkag6 an Spanien kommen folle. König Friedrich, der fich fo plöglic, von zwei
Den bedrängt fah, fand endlih Schub in Srankreih. Die Franzoſen unter
Herzoge v. Nemours zogen In Neapel ein, während G. Calabrien befegte, und
rdem Vertrage auch Baſilicata und Cupitanata verlangte. Die Franzofen,
be Diefe Landfchaften zu ihrem Antheil (Abruzzo) rechneten, weigerten fi, und
Ins es zum Kriege zroifchen den Franzoſen und Spaniern, der mit abwechſeindem
— — bis G. durch den Sieg bei Semiana 1602, beide Calabrien ges
Einen noch groͤßern Sieg erfocht er 1503 bei Gerignola, in deſſen Foige
Abruzzo und Apulien unterwarfen und G. in die Hauptſtadt Neapel einzog.
nuf richte cz vor Gaeta. Da diefe Belagerung langwierig war, uͤbergab er
Defehl an Don Piedro Navarro und z0g felbft dem Feinde entgegen. Er flug
Marquis v. Mantua, und erfocht am Garigliano mit 8000 M. über 30,000
einen vollkommenen Sieg, der den Fall von Baeta zur Folge hatte. Jetzt
„ber Beſitz Neapels gefichert. Ferdinand verlieh dem Sieger das Herzogthum
I, und ernannte ihn zum Vicefönig mit unbefchränkter Gewalt. Seine Leut⸗
Gerechtigkeit und edelmuͤthige Geſinnung erwarben Ihm bald die Liebe des
Aber durch fein Gluͤck Hatte er ſich auch mächtige Feinde zugezogen, die e@
inand dahin brachten, daß er anfangs in f. Macht beſchraͤnkt, zuletzt aber
Poſten abgerufen wurde. Ferdinand kam ſelbſt nach Neapel und nahm ihn
nad) Spanien zurüd, wo er ihn zum Großmeiſter des Ordens dee heil. Ja⸗
. &,, mißvergnügt, ſ. Einfluß verloren zu haben, verband fich mit dem
" I von Caſtilien gegen den König, der jedoch dem Ausbruch eines Aufftanz
Vurcch Eluge Maßregeln zuvorlam. G. begab fid) auf ſ. Güter in Granada,
mit dem Könige, der die größte Schonung gegen ben alten Helden zeigte,
eine Zeitlang fort. Endlich verföhnten ſich Beide und G. war im Begriff,
an die Spitze des Heeres zu treten, als er 1515 zu Granaba ftarb.
R Bonzaga. Bei dem Verfall der kaiſerl. Macht in Stalien im 11. Jahrh.
wahhtigten ſich in Mantua die erften Familien der Regierung, unter denen das
uns Bonacoffi feit 20 J. das mädhtigfte war, bis ſich das Haus ©. erhob.
764 Sonsaga (Familie)
Den Schwanken f. Vaterlandes zwiſchen mehren mächtigen Famillen made (14
Aug. 1328) Lodovico ©. ein Ende, nachdem ſich f. Söhne, beſonders ber lähe
Filippino, durch Privatrache gereizt, Mantuas mit 800 Fußgängern un 50036
tern bemächtigt, das Oberhaupt der Stadt, Pafferino de Bonacoſſi im Suupip
tödtet und defien Anhänger vertrieben hatten. Kaifer Ludwig der —*2
den nunmehrigen Capitano von Mantua, Ludwig I. von Gonzaga, zum kill, B
car. Er ſtarb 1360 im 93. Jahre. Unter deſſen Nachkommen erhielt Joh. Fun
G. 1432 die Stadt mit ihrem Gebiete u. d. T. eines Marquiſats (Mackgraſſheh
vom Kaifer Sigiemund zu Lehn. Darauf theilte ſich das Haus Gonzaga berg
drei Söhne Ludwigs IIi.; Friedrich, Joh. Franz und Rudolf, md
Linien. Bon Friedrich, ſtammten die Markgrafen von Mantua ab, die 150 WE
ter Friedrich II. und Karl V. zu Herzogen erhoben wurben, und 1726
von Joh. Franz und Rudolf ſtammten die Herzoge von Sabioneta und von
lione, deren Fürftenthumer der Kaifer 1692 einzog. Eine neue Linie bes
©. bildete ſich, als Friedrich, Bruder Friedrich II., Guaſtalla zu feinen Anthel
kam ; diefe Linie erlofd) 1746. Die merkwuͤrdigſten Glieder dieſer Familie, die
land zwei Kaiferinnen und Polen eine Königin gab, und von ber nodh 1
Abkoͤmmlinge aus einer Seitenlinie (Wescovati) zu Mantua im Privatftande
find: Ludwigs I. Sohn, Filtppino, ein ausgezeichneter Held, ber 1358
Echen farb. Sein 2. Bruder Guido oder Guy wurde 1360 der zweite
von Mantua, ber jüngfte Bruder, Petrino oder Feldrine, war der S
ber Grafen von Novellara, welche Linie mit Camillo G. 1728 erloſch.
batte zwei Söhne, Ugolino und Ludwig. Von letzterm flammt Fran; S,
britte Capitano von Mantua, ein wackrer Kriegsheld. Gleich berühmt
Kriegethaten wurde ſ. Sohn Job. Franz, der f. Vater 1407 als Eapitane
Er madıte fih um Kaifer Sigismund fehr verdient, weßhalb ihn diefer zum WR
grafen von Mantua ernannte, in welcher Würde ihm ſ. ditefter Echn &
wig III., genannt der Tuͤrke (geb. 1414, ft. 1478), folgte, welcher ben &
noch an Kriegsruhm übertraf, fodann f. Enkel Friedrich I. (ft. 1482) und
Sohn Franz 1. (ft. 1919). Friedrich U., Sohn von Franz II., murg
Kart V. am 25. März 1530 zum Herzog von Mantua erhoben und mit der?
grafſchaft Montferrat belehnt. Die Würbe erbte auf f. Nachkommen fort.
folgte 1540 f. Sohn. Franz III. ; diefem, der 1550 ohne Nachkommen fs
Bruder Wilhelm (geb. 1536, ft. 1587), deffen Sohn und Nachfolger, Vince
in den ungariſchen Kriegen gegen bie Türken ſich fehr außzeichnete. Er kint
1612 drei Söhne, Franz IV. (ft. 1612), Ferdinand IV., den Cardinal (f. 1
und Vincent II. (ft. 1627), die einander fchnell in der Megierung folgt
fämmtlich ohne maͤnnliche Nachkommen farben. Mit ihnen erloſch die vrgi
Linie. Der nächte Erbe waͤre der Herzog v. Nevers, Karl I., von G.g
aber im Hinterhalt ftand auch der Herzog von Guaſtalla, Serbinand II, m
ſpruͤchen auf die ganze Erbfchaft, und der Herzog Karl Emanuel von Supe
Anfprüchen auf Montferrat, Die Nechte des Haufes von Nevers waren ji
Elar, denn der Herzog Ludwig v. Nevers, Vater von Karl I. war ein Gr
Bruder von Herzog Franz Il, und hatte, als er nach Frankreich ging, auft
folge nicht Verzicht gethan. Frankreich, Venedig und der Papft unterfiügte
denn alle drei wünfchten, endlich ein Ende der ſpaniſch⸗oͤſtr. Übermadht zu fehen
biefer Fall Eonnte entfcheiden. Spanien und Oflreid unterftügten hinzeg
grundlofen Anſpruch des Herzogs von Savoyen, woraus fic) der mantuaniiik
folgekrieg entfpann, der endlich nad) Richelieu's Wunfche beendigt wurde, M
Kaifer mußte den Herzog Karl v. Nevers mit Mantua und Montferet
nen, 1631 gelangte er zum ruhigen Beftge, und ihm folgte 1637 f. Entel &
(Kart II. war 1631 bereits bei Kebzeiten ſ. Water geftorben), während deſſe
.
‚»
‚ &orani Gordius 765
ag daß Fürftenthum f. völlige Unabhängigkelt erhielt (fl. 1665). Allein f.
8 and Nachfolger, Karl IV., nahm in Mantua franz. Sarnifon ein, und trat
yanifhen Erbfolgekrieg auf Frankreichs Seite. Deßhalb erklärte Kaiſer Jo⸗
I. ihn in die Reichsacht, in welcher er 1708 zu Padua ſtarb. Oſtreich blich
Sefige ſ. Landes, und Montferrat wurde an Savopen uͤberlaſſen. Viele aus
e berühmten Dynaftie haben fich als Helden ausgezeichnet, andre durch Liebe
Künfte, Wiffenfchaften und Alterthuͤmer. Ludwig ©. fchidte Pietro Crema
Briefen und Gold überhäuft an Petrarca nad) Frankreich, um ihn zu bewegen,
we zu kommen. Ein andrer Ludwig G., der um 1549 flarb, war Dichter;
me errichtete 1565 die Akademie degl’ invaghiti, und mehre legten Galerien
Gemaͤlden und Antiken an. Giulio Romano eröffnete unter ihnen eine aus
ritcte Malerſchule, und viele berühmte Künftler fanden Unterftügung und Ehre.
bärauen aus diefer Familie haben fich in gleicher Hinficht ausgezeichnet. Barba
beredete ihren Gemahl, Herzog Eberhard von Wiürtemberg, zur Stiftung der
verfitäe Tübingen. Iſabelle G., Gemahlin des Herzogs von Urbino, nannte
sfevino die Mutter der Wiffenichaften; von Lucretia ©., der ungluͤcklichen
nahlin von Paolo Manfrone, hat man eine Sammlung Briefe (1552, die jes
Haym dem Hortenfio Landi zufchreibt). Unter Denen, die ſich durch Einfluß
die Staatsbegebenheiten einen Namen gemacht, zeichnet fi) aus Louiſe Mas
„T. Herzogs Karl, vermaͤhlt an die Könige von Polen Wladislaus und Kafıs
ſt. 1667. Ihre Schwefter Anna, Gemahlin des pfätzifhen Prinzen
ard, fpicite eine Zeitlang am franz. Dofe eine bebsutende Rolle. Sie flarb zu
i6 1684, 685. alt, und aus ihrem Nachlaß erfchienen die anziehenden „„Me-
res d’ Anne de Gonzagues“‘ (Condon und Paris 1786).
Sorani (Sofeph Graf v.), ein politiiher Schriftftellee, geb. 1740 zu
Hand, aus einer alten Samilie, von der die Straße, in welcher fie wohnte, den
nen führte. Diefer wiffenfchaftlic gebildete Mann gehörte zu einem literarifchen
bb, das Coffeehaus genannt, der mit Voltaire, Diderot, d'Alembert und dem
on Belbady in Briefiwechfel ftand. Er gab u. d. T. „Le cafe‘, eine Zeit
ft über Gegenftände der bürgerlichen Verwaltung heraus. Der Clubb vers
melte fich gewöhnlich beidem Grafen Berri, dem Verf. der „Römifchen Nächte”.
‚glieder deffelben waren Lambertenghi, der Abbe Paul Friſi, und der Graf Sec»
3, der bier f. beruͤhmtes Merk „Über Verbrechen und Strafen” entwarf. Sof.
erti beſttitt jene Zeitfchrift in einer periodifhen Schrift: „‚Frusta letteraria‘
Geißel). Der Clubb vertheidigte fpäterhin die Sache der franz. Revolution ;
ms beftigften. In den Werken f. reifeen Alters über Philoſophie, Staatswirth⸗
fe und öffentliche Erziehune atmet ein demokratiſcher Geift. Diefer Art find
)f. geheimen Memoiren itber Stalien („‚Memoires secrets et critiques sur les
rs d’Italie“‘, 3 Bde., Paris 1793); vorzüglich über Neapel, eine Abhand⸗
} über den Despotismus, und f. Unterfuchung über die Wiſſenſchaft der Regie⸗
$ Seine Grundfäge über Freiheit und Gleichheit, über die Rechte des Wolke
ı über die Aufhebung der Geburtsunterfcheibungen veranlaßten, daß er aus der
» des mailändifchen Adels geftrichen und f. Vermögen eingezogen wurde, woge⸗
Am die Nationalverſammlung den Titel eines franz. Bürger ertheilte. G. bes
ch 1792 nad) Frankreich, von hier 1794 nad) Genf, wo er 1822 noch lebte,
Gordifher Knoten, f. Alerander und Gordius.
Gordius, ein Landmann, wurde auf den Thron von Phryglen erhoben.
I aämlid, eine Empörung ausgebrochen war, und die Bewohner das Orakel wes
ı eines neuen Könige befragten, beflimmte daffelbe Denjenigen, der auf dem
Eweg ihnen auf einem Wagen begegnen würde, um den Tempel bes Supiter
ſeſuchen. Dies war G., welcher aus Dankbarkeit f. Wagen dem Jupiter weihte,
an der Deichfel beffelben einen fo Eünftlichen Knoten befefligte, daß das Orakel
768 Goͤrz (Georg Heinrich, Freiherr v.)
erblicken glaubte, hatten eine große Gaͤhrung in den Gemuͤthern hewetge
©. glaubte dabei kein unthätiger Zuſchauer fein zu dürfen, und fo entſiand
die Schrift: „Deutſchland und die Revolution”, die faft gleichzeitig von Sch
Paris ind Franz. uͤberſ. wurde. Sie erregte in Berlin ein ſolches Mißfall
der Befehl ertheilt wurde, den Verf. auf eine Feftung zu bringen. Klein |
nach Stankreih, wo ee Schuß fand, infofern er ſich, gab man ihm zu wı
ruhig verhalten würde, Die Artikel, welche bei ſ. Ankunft in Frankreich ü
Umfang und die Grenzen diefes Schutzes zwiſchen G. und den parifer Ze
nach ihren verfchiedenen politifchen Karben gewechfelt wurden, hatten fe
wiffenfchaftliches Intereſſe. G. verweilte, nachdem er fid) vergebene erbote
in f. Heimath zuruͤckzukehren, infofern man ihn vor f. natürlidyen Richter (
lenzer Affife mit ipren Geſchworenen) flellen wolle, in Strasburg, biß der‘
Herzogs dv. Berry den franz. Miniftern Gewalt gab, verdächtige Perfon
MWiuthr einfperren zu innen: eine Gewalt, die, der franz. Verfaſſung zuwi
fo aufregte, daß er nad) der Schweiz ging, wo bie Bibliotheken von Et.:
Schafhauſen und Zuͤrich ihm Hilfsmittel für ſ. Hiftorifchen Forſchungen d
1821 erfhienen von ihm, bei Metzler in Stuttgart, „Europa und bie Rev
und „In Sachen der Rheinprovinzen und in eigner Angelegenheit”: Schril
ihre Bewunderer wie ihre Feinde fanden. Man verbot ſolche hin und ı
Deutfchland: eine Mühe, bie man ſich vielleicht hätte erfparen können, du
flifche Sprache, welche in allen Scheiften v. ©. herrfcht, die meiften Lefer a!
fie bis an das Ende zu lefen. Wer nicht alle Bücher des tiefſten menfchlid
ſens durdhgearkeitet hat, und in der Mopthengefchichte ber alten und neuen
bekannt ift ale der Verf., wird in G.'s Schriften, f. an Bildern uͤberſch
reichen Sprache wegen, viele völlig unverftändiich und im Ganzen ohne 3
finden, wenn er auch Seiten in ihnen follte bewundern müffen. Von u
tanen Anfichten befangen, erfühnte fi) G., die „Kirchenverbefferung ein:
Sündenfall” zu nennen! Über f. neuefte Schrift: „Die heilige Allianz und
ter auf dem Congreß zu Verona”, müffen wir daſſelbe Urtheit fällen.
- 4827 in Stantf. a. M.
Görz (Georg Heinrich, Freih. v.), aus der alten Familie derer v
genannt v. G., Geh.⸗Rath und Hofmarſchall des Herzogs Chriftian Au
Holſtein, kam nad) Stralfund zu Karl XII., als diefer aus der Türkei;
ehrt war. Der unternehmende, Eenntnißreihe Mann gefiel bem König
dag Karl ihn in feine Staatedienfte nahm, und bald an die Spitze der (
ftelte. Se verzweifelten die Lage Schwedens fchien, defto umfaffender wa
Plane, es zu retten, und defto raftlofer ſ. Thaͤtigket. (S. KariXN.)
Streben war, alle denkbare Hülfsquellen zu öffnen, und durch thätige Fe
des Krieges einen erträglichen Frieden zu erhalten. "Wer Eonnte es in der
gen Lage tadeln, wenn flatt ber Münze Münzzeichen gemacht wurden, bie e
der eingelöft werden follten? Friede war G.'s Plan, dies zeigen auch fein
bandlungen mit Rußland, die einem glüdlichen Ende nahe waren, ale Raı
neue Hoffnungen ermuthigt, in Norwegen einbrach. Kaum aber war |
Friedrichshall (11. Dec. 1718) gefallen, als der Haß des Ritterftanbee
Thronfolgerin an dem ausländifhen Miniſter Rache nahm. Man werha
und Elagte ihn an, er habe dem König Karl den Senat und alle Collegien
gemacht, ihn zu verderblichen Unternehmungen verleitet, beſonders zu dem:
lichen Zuge nad) Norwegen, er habe ſchlechte Münze eingeführt und bie ihr
trauten Summen übel verwaltet. Ohne auff. Entgegnungen zu achten,
verurtheilt, und am 28. Febr. 1719 enthauptet. ©. verfertigte ſich ſelbſt
ſchrift: Mors regis, fides in regem, est ınors mea (ded Königs Tod, A
gen ben Stönig, ift mein Tod), und flach mit der Standhaftigkeit eines Heil
Goͤrz (Johann Euſtach, Graf v.) Goslar 769
dry (Johann Euſtach, Graf v.). Dieſer Staatsmann, geb. 1737 in.
chen, vormals reichsritterſchaftlichen Herrſchaft Schlitz, hatte mit ſ. 13.
Sarolinum zu Braunſchweig beſucht und ſpaͤter ſich zu Leiden und Strass
er war Schoͤpflin ſ. Lehrer in der Staatengeſchichte, dem Staatsrechte u.
bildet. Er wurde in Weimar angeftelit, trat aber 1766 al3 Kammerjuns
Regierungsrath in gothaifche Dienfte. 1761 folgte er der Einladung der
ı Amalia von Weimar, die Erziehung ihrer Söhne, bes jegigen Großhers
et Auguft und Konftantine, zu übernehmen. Nicht ohne Miftrauen inf.
at der 24jührige Süngling diefes ſchwierige Geſchaͤft an, das er 14 J. lang
gluͤcklichſten Erfolg fortführte. Er begleitete ſ. Zöulinge nad) Jena, nach
ye und nach Partie. Hierauf ward er 1775, drei Monate vor dem Regie⸗
tritt Karl Augufts, ehrenvoll mit einer Iebenslänglichen Penfion entlaffen.
indeg in Weimar, begleitete den Herzog zu f. Vermaͤhlung nad) Karlsruhe,
f kurze Zeit Oberhofmeifter der jungen Herzogin und lebte ohne Amt, ale
1778 eine höhere Laufbahn öffnete. Friedrich II., der ihn kennen gelernt
ählte ihn zu f. geheimen Gefchäftsträger in München und Zweibräden,
des Kurfürsten von Baiern, Mar. Joſephs, Tode 1777, zu verhindern,
Nachfolger und deffen Agnaten in die Theilung Baierns einmilligten. Da
ürft von der Pfalz bereits eingewilligt hatte, wandte ſich ©. ſogleich an
og von Zweibruͤcken und hinderte dadurch beffen Beitritt zu dem Vertrage mit
Stiedrich erhob ihn hierauf zum wirklichen Staateminifter und Grand-
e la garderobe. Kaum war G. nad) Berlin zuruͤckgekehrt, als der König
. Geſandten am peteröburger Hofe ernannte. In diefer Eigenfchaft ver.
J. In Petersburg und nur mit Mübe erlangte er 1785 ſ. Abberufung. Fried»
arb. Um diefelbe Zeit brachen die Unruhen der Patriotenpartei in Holland
3; ward von Friedrich Wilhelm II. zur Veilegung derfelben dahin gefandt,
jedoch in diefer Angelegenheit, wie er vorausgefehen hatte, theils an den
wirkenden Raͤnken des verfailler Hofes, theild an dem übermuth der Patrio⸗
ı eine kräftige Sprache entgegenzufegen ihm ausdruͤcklich unterfagt war.
nun ein Jahr ohne Anftelung. Aber im Aug. 1788 ward er zum Reichs⸗
ndten in Regensburg ernannt. Dieſen Poften bekleidete er mit Auszeich⸗
1806. Er hatte indiefer Zeitdem raſtadter Kriedenscongreffe und der zur
ang des Iuneviller Friedens in Regensburg zufammengetretenen außeror⸗
n Reichsdeputation beigemohnt, und fidy dabei um ſ. Monarchen und eins
stfche Fürften verdient gemacht. Nach dem tilfiter Frieden nahm cr f. Abs .
nd begab ſich nad) Regensburg, two er den 7. Aug. 1821 ſtarb. Schaͤtz⸗
fe „Mémoires historig. de la negociation en 1778 (if. a. M. und
812); und f. „em. et actes authentig. relatifs aux ne&gociations qui
cöd& le partage de la Pologne‘“ (Weimar 1810), fowie f. „Me. ou
istorig. sur la neutralit€ arınde‘* (Bafel 1801).
o8lar, Stadt im Könige. Hanover (Randdroftei Hildesheim), am noͤcdl.
8 Harzes, mit 1280 9. und 5700 €., hat 4 Pfarrlichhen, enye Gaſſen,
aliche Haͤuſer. Sie war (bi 1803) die Ältefte und einft mächtigfte freie
adt. e Reſte von dem ehemal. Kaiſerhauſe ſind ein Magazin. Das
choeſtift Simonis und Judaͤ, für Auguſtiner⸗Kanonici, 1040 von Hein⸗
geſtiftet, ohne architektoniſchen Werth, iſt kuͤrzlich abgeriſſen. Haupt⸗
ezweige find: Brauerei, Fruchthandel und der Bergbau im nahen Ram⸗
erge(f.d.), det zu + Hanover und zu + Braunfchweig gehört, deſſen Com:
bergamıt ebenfalls in G. f. Sig hat, und beffen Erze aufder Marienhütte
, aufder Sophien » und Juliushütte bei Langeldheim (in ber Nähe von G.)
den beiden Vitriolhuͤtten in der Stade felbft, zu Gute gemacht voerden.
m geben bie großen Schieferbrüche in der Naͤhe der Stadt, welche ſchon feit
ser. Siebente Aufl. Br. IV, 49
768 Goͤrz (Georg Heintich, Freiherr v.)
erblicken glaubte, hatten eine große Gaͤhrung in den Grmüt m,
©. glaubte dabei kein unthätiger Zuſchauer fein zu dürfen,
die Schrift: „Deutſchland und die Revolution“, die faftgv” grich D. |
Paris ind Franz. uͤberſ. wurde. Gie erregte in Berlin Et hattein⸗
der Befehl ertheilt wurde, den Verf. auf eine Feſtuns after, Gleich
nad) Frankreich, wo er Schuß fand, infofern er fir, micht habe befud
ruhig verhalten würde. Die Artikel, welche bei j des Derende in Pop
Umfang und die Grenzen dieſes Schuhes zwilb in derfelben Eigmidaft
nad) ihren verſchiedenen politiſchen Farben g ‚pecn componiete, 1770
wiſfenſchaftliches Intereſſe. ©. verweilte, m ,73 übernahm er dab Con
in fe Heimath zuruͤckzukehren, infofeen mar Huc, dis es ihm 1777 wıdı
ienzer Aſſiſe mit ihren Geſchworenen) flellr ‚cher der Geſangſchule, wer"
Herzogs v. Very den franz. Miniſterr ,; per Revolution murde er Bui
Willkür einſperten zu koͤnnen: eine Ger zufrung des Gonverfatoriume, nl
fo aufcegte, daß er nach der Schmel ¶ fut und Prof. der Compofition.
Scafhaufen und Zürich ihm Hit, Zeit als Prof. der Harmonie angel
1821 exfchienen von ihm, bei DM: 9 tinden bie Hymne der Vernunft ur
und „In Sachen ber Mfeinpron, A yafe Voltatee’8 und die Todtenfeiet A
ihre Vewunderet wie ihre 87, * Kreuz der Ehrenlegiom. Fuͤr di
Deurfhland: eine Mühe, FA zu Werk it Sabinus, 1773. Im
füfhe Sprache, welche in A gran fchät noch ſ Todtenmefle 1760 x
fie bis an bas Ende zu iheb 1804 die „Methode de chant du
ſens durdhgearbeitet bay, BP, Döeichnet zu Catels „Principes eldme
befannt ift ala ber 7, Ass (1800), ein Werk, an dem auch Cheri
zeichen Cprache weg A paben, Au) im Hohen Alter zeigte eı
—— wenn er J eh i
tanen Anſi chten etzogthum auf ber Nordſeite des thuͤtin
Sündenfallt zu, a er und Jim durdyfteömt. Der Ir
ter auf dem F ften Berge. Die Befigungen des Herzogt
1827 in grar Pr, Fe dem Herzogehum Gotha und dem größten Ihr
(2277 hetrugen 55 OM. mit 193,000 €., woven
genannt ‚G, tamen, Die Einkünfte betrugen 1,500,000, |
Soifein, Die Ein, verdankten unter einer väterlichen Regi
kehtt war [ vem Ackerbau, ber Viehzucht und den Holznusun
dag Kar Fe: Im Kurfinft Joh. Beier aus der Eensftwitt
fielte, f ‚iblberg vom Kaifer Karl V. gefangen, der Kurwü
Diane) BER, dem inie gugtheitt worden, erhe Diefer Sür
Str ME nitulation von 1547 und bed Vertrags zu Naumburg
bes Bereits und Städte, gröftentheils im füdlihen Thlri
gen 7 * diet Söhne, von benen der mittlere, ebenfaus
der Dei, ee exfte war, der f. Sipin G. nahm. Hier aufdı
har —* er, verleitet duch With. v. Grum dach (vgl
ne a iedererlangung der Kurwuͤrde gerichteten Plane, weid
8 Pr ‚Nidpepecution gegen ben Herzog und beffen lebenslaͤngliche
E ie: Staaten zur Solge hatten. Diefe umglüdlichen Sürf
' am So). Ernft, bekamen zu ihrem Laͤnderantheile Koburg,
und Gotha, die uͤbtigen Lande firten an f. Bruder Jeh
j eh in Gemeinfepaft mit [. Brüdern durch Erbverbrüteru
henne bergiſchen Lande eröffnet batte und beffen Soͤhne
m Johann, die Lin Itenburg und Weimar ſtifteten. Jo
he non Koburg flarben kinderlos und ihre Linder fielen 1638 an
en Hierauf theilten 1640 die drei, von bee zahlreichen Ni
—
Goͤthe zn
H &y, Ser melmarifchen Linie noch Übrigen Prinzen, Wul⸗
VU «hen Länder, und Errft erhielt denjenigen
ab welchen er 1672 nad) dem Ausfters
x jungen Herzog6 Friedrich) Wil⸗
snäcyter Agnat nahm er ſaͤmmtliche
gte bie weimarifche Linie, welche gleiche
‚+ Abtertungen zu einem Vergleich. So
8 aen der From me, Stifter des gothaiſchen
ir chnet, daß f. Lande nicht getheilt, fondern ges
Pi ne giert werden follten; allein nach f. 1675 erfolge
w * ‚a8 Sand, und fo entftanden 7 Zweige bes gothale
BL Koburg, Meiningen, Roͤmhild / Eifenberg, Hilde
EL) ‚on denm aber Koburg, Eifenberg und Mömpiid in
— RE
— Arben. Bei dieſer Theilung erhielt Herzogs Ernſt Ältes
*⸗ a8 Fuͤrſtenth. Gotha und den größten Theil von Alten⸗
(e Weife der Stifter des Haufes ©., und führte das Recht
% „ Nachkommen ein. Nach f. Tode (1691) regierte ſ. Sohn
c .132 und nad) biefem deffen Sohn Friedrich IL dis 1772, der
‚cangfalen des fiebenjährigen Krieges den Wobiftand f. Landes zu
Ihm folgte ber weiſe, gerechte und menſchenfteundliche Herzog
d.), bis 180%. Nach biefem ſ. Sohn, Herzog (Emil Leopoib) Aus
‚ geb. 1772, geft. 1822. Dem Herzog Auguſt folgte f. Bruder Her⸗
b IV., geb. 1774, mit welchem am 11. Sebr. 1825 die Specialtinie G.
n Itallen hatte er fich bei einem feühern Aufenthalt zur kathol. Religion
ab aber gleich nach dem Antritt f. Regierung f. Unterthanen eine Verſi⸗
© Das Herzogthum ©. gehört zu ben wenigen deutfchen Ländern, in
der alten vor 1306 beftandenen Verfaffung nichts geändert worden iſt.
Thellungsvertrage vom 15. Nov. 1826 ift das Herzogth. ©. (ohne das
chfeld und ohne den bisher gothaifchen Antheil an Römpild) an ben Ders
.S.⸗Koburg, und das Fuͤrſtenth. Altenburg (ohne das Amt Kamburg
Parzellen) an ben Herzog Friedrich v. &.» Hildburghaufen, nunmehr
BAltenburg, gelommen. Das Herzogth. ©. hat gegenwärtig 27,
‚83,000 &, — Gotha, Haupiſt. des Herzogthums & liegt an einer
der Leine, In einer ſchoͤnen Gegend, und zählt in 1340 H. 13,000 €.
m Gipfel bes Berges gelegene Reſidenzſchloß Friedenſtein hat angenehme
ıgen. Das 1824 eröffnete Muſeum enthält die 150,000 Bde. ſtarke
anuferipten reiche Bibliothef, das Muͤnztabinet, eins der vollſtaͤndigſten
nebft einer ſchoͤnen numismatifchen Bibliothek, das orientalifche Mus
Bergen und Anthing), die Kunft» und Naturalientammer, und eine Ges
ie (reich an Cranach ð u. a. Bildern der altdeutſchen Schule). Br. v. Schlot⸗
beraufſeher. ©. hat ferner ein Gymnaſium. Das Schulmeiſterſeml⸗
das ältefte in Deutfchland. Auch iſt hier e. Sonntageſchule für Geſellen
ıge ; uͤberdem viel Fabricatur und Handel. Bel ©. Liegt die von Herzog
tbaute Sternwarte (dev Seeberg), für weiche dieſer Fuͤrſt ein Capital
O Thin. ausſetzte. Dies Inſtitut gehörte unter des Dberſten v. Bach
de6 Hrn. v. Lindenau Aufſicht zu den vorzüglichften in Deutſchland. Der
eſtehende Gewerbverein für das Herzogth. G. veranflaltete 1824 die erfte
9 Intändifcer Gemwerbserzeugniffe.
the (Fohann Wolfgang v.), geb. d.28. Aug. 1749 zu Frankfurt a. M.
er, D. der Rechte und faiferl. Rath, In angefehenen Verhaͤltniſſen, und
ne Amt, in nicht ungänftigen Gluͤcktumſtaͤnden lebte. Wenn e6 wahr iſt,
eutſchen oft undankbar gegen unfere großen — Kim fo gehört ©.
770 ©offec Gotha
vielen Jahrh. ganz Norddeutſchland mit Dachſchiefer verſorgt hi
Rollenbleigießereien, der Stadt Nahrung.
Goſſec (François Joſeph), Componiſt, geb. 1733 zu Verg
gau, war 8 J. lang Chorknabe an der Domkirche zu Antwerpen. Er
Lehrer gehabt als die Natur und die Partituren großer Meiſter.
beklagte ex, daß er Italien und die Schulen dieſes Landes nicht h
nen. 1751 kam er nad) Paris, wo er das Drchefter des Herrn
unter dem großen Rameau leitete. Nachher trat er in derfelben |
Orcheſter bes Prinzen Condé, für den er mehre Opern componiri
er ein berühmt gewordenes Liebhaberconcert. 1773 übernahm er
rituel gemeinſchaftlich mit Savinies und Le Duc, bie e8 ihm 17’
trigue entzogen ward. 1784 wurde er Vorfteher der Gefangfchuli
ron v. Breteuil errichtet hatte. Zur Zeit der Nevolution wurdı
der Nationalgarde, und 1795 bei der Stiftung des Converfatoriun
und Cherubini, Oberauffeher diefer Anſtalt und Prof. der Compoſ
vorzuͤglichſter Schüler, ward zu gleicher Zeit al8 Prof. dee Harmon
bat unter mehren patriotifhen Gegenftänden die Hymne der Bern
Feft des Höchften Wefens, die Apotheofe Voltaire's und die Todten
componirt, Bonaparte gab ihm das Kreuz der Ehrenlegion. |
G. Vieles componirt. Sein beftes Werk ijt Sabinus, 1773,
bat er vorzüglich viel geleifte. Man ſchaͤtzt noch f. Todtenmeſſe 1
torium de la nativite. Er ſchrieb 180% die „„Metlode de cha
toire‘*; und Beiträge mit D bezeichnet zu Catel’8 „Principes «
musique, suivis de solfeges‘‘ (1800), ein Werk, an dem auch
hul, Langlé und Lefueur Theil haben, Auch im hohen Alter zeig
liche Liebe für die Kunſt.
Got ha, ein ſaͤchſiſches Herzogthum auf der Nordfeite des ti
von der Sera, Neffa, Werra, Unftrut und Ilm durchſtroͤmt. D
Schneekopf find f. bedeutendften Berge. Die Befisungen des He
fen » Gotha beftanden in dem Herzogthum Gotha und dem größter
ftenth. Altenburg und betrugen 55 DOM. mit 193,000: €., wı
29 IM. mit 34,000 E. kamen. Die Einkünfte betrugen 1,500,0
ſchuld 3 Mitt. Gib. Die Einw. verdankten unter einer väterlichen
Wohlſtand beſonders dem Aderbau, der Viehzucht und den Holzu
tinger Walde. Nachdem Kurfürft Joh. Friedrich aus der Erneſt
der Schlacht bei Mühlberg vom Kaifer Karl V. gefangen, der Ru
und felbige der Albertinifchen Linie zugetheilt worden, erhielt diefer
der wittenberger Capitulation von 1547 und des Vertrags zu Naum
mehre Amter, Schlöffer und Städte, größtentheils im füblichen 2
Erbtheil. Er hinterließ drei Söhne, von denen ber mittlere, ebenf:
rich mit Namen, ber erfte war, der f. Sitz in G. nahm. Hier aı
Stimmenftein entwarf er, verleitet duch Wil. v. Grumbach
nächft auf die Wiedererlangung der Kurwuͤrde gerichteten Piane, ı
ziehung ber Reichserecution gegen ben Herzog und deffen lebensläng
fchaft in den öfter. Staaten zur Folge hatten. Diefes ungluͤcklichen
Joh. Kaſimir und Joh. Ernſt, befamen zu ihrem Länderantheile Kobı
haufen, Eifenady und Gotha, bie übrigen Lande fielen an ſ. Bruder:
welcher f. Haufe in Gemeinſchaft mit f. Brüdern durch Erbverbrüt
folge in bie gräfl. hennebergifchen Lande eröffnet hatte und deffen &i
Wilhelm und Johann, die Linier Altenburg und Weimar flifteten.
und Ernft von Koburg flarben kinderlos und ihre Länder fielen 1638
und Weimar. Hletauf theilten 1640 die drei, von der zahlreichen
Goͤche 711
herzogs Johann von der welmariſchen Linie noch übrigen Prinzen, Wil
et und Ernſt, ihre fämmtlichen Länder, und Erırft erhielt denjenigen
selhem ©. der Hauptort war, und welchen er 1672 nach dem Ausſter⸗
enburgifchen Linie in der Perfon des jungen Herzogs Friedrih Wil⸗
oc) beträchtlich vermehrte; denn ale naͤch der Agnat nahm er ſaͤmmtliche
he Lande in Anſpruch und nöthigte die weimarifche Linie, welche gleiche
haben behauptete, gegen einige Abtertungen zu einem Vergleich. Go
g Ernſt I., mit dem Beinamen dr Sromme, Gtifter des gothaifchen
ruſes. Zwar hatte er verorbnet, daß f. Lande nicht getheilt, fondern ges
ch von f. 7 Söhnen regiert werden follten; allein nad f. 1675 erfolge
eilten diefe dennoch das Land, und fo entitanden 7 Zweige des gothais
nmthaufes: Gotha, Koburg, Meiningen, Roͤmhild, Eifenberg, Hilde
und Saalfeld, von denen aber Koburg, Eifenberg und Römhild In
ren wieder ausſtarben. Bei dieſer Theilung erhielt Herzogs Ernſt aͤlte⸗
Friedrich J., das Fuͤrſtenth. Gotha und den groͤßten Theil von Alten⸗
war auf dieſe Weiſe der Stifter des Hauſes G., und fuͤhrte das Recht
urt unter ſ. Nachkommen ein. Nach ſ. Tode (1691) regierte ſ. Sohn
., bis 1732 und nach dieſem deſſen Sohn Friedrich III. bis 1772, der
den Drangſalen des ſiebenjaͤhrigen Krieges den Wohlſtand ſ. Landes zu
ste. Ihm folgte der weiſe, gerechte und menſchenfreundliche Herzog
(f. d.), 6561804. Nach diefem f. Sohn, Herzog (Emil Leopold) Aus
) geb. 1772, gef. 1822. Dem Herzog Auguſt folgte f. Bruder Hers
b IV., geb. 1774, mit welhem am 11. Febr. 1825 die Speciallinie ©.
'n Italien hatte er fich bei einem frühen Aufenthalt zur kathol. Religion
ab aber gleich nad) dem Antritt f. Regierung f. Unterthanen eine Verſi⸗
* Das Herzogthum ©. gehört zu ben wenigen beutfchen Ländern, in
der alten vor 1806 beftandenen Verfaffung nicht6 geändert worben iſt.
Theilungsvertrage vom 15. Nov. 1826 ift das Herzogth. ©. (ohne das
chfeld und ohne den bisher gothaiſchen Antheil an Roͤmhild) an den Ders
.S.Koburg, und das Fürftenth. Altenburg (ohne das Amt Kamburg
Parzellen) an den Herzog Friedrih v. ©.» Hildburghaufen, nunmehr
3.Altenburg, gelommen. Das Herzogth. ©. hat gegenwärtig 274
83,000 E. — Gotha, Hauptſt. des Herzogthums G., liegt an einer
der keine, in einer ſchoͤnen Gegend, und zählt in 1340 H. 13,000 €.
m Gipfel des Berges gelegene Reſidenzſchloß Sriebenftein hat angenehme
ıgen. Das 1824 eröffnete Mufeum enthält die 150,000 Bde. flarke
anuferipten reiche Bibliothek, das Münzcabinet, eine der vollſtaͤndigſten
nebft einer ſchoͤnen numismatifchen Bibliothek, das orientalifche Mus.
Seezen und Anthing), die Kunft » und Naturalientammer, und eine Ge⸗
ie (teich an Kranach's u. a. Bildern der altdeutſchen Schule). Hr. v. Schlot⸗
berauffeher. ©. bat ferner ein Gymnaſium. Das Schulmeifterfemis
das Altefte in Deutfchland. Auch ift hier e. Sonntagefchule für Geſellen
ige; uͤberdem viel Kabricatur und Handel, Bei ©, liegt die von Herzog
ebaute Sternwarte (dev Seeberg), für welche dieſer Fürft ein Capital
O Thlm. ausſetzte. Dies Inſtitut gehörte unter des Oberſten v. Zach
bes Hrn. v. Lindenau Aufſicht zu den vorzäglichften in Deutfchland. Der
yeftehende Bewerbverein für das Herzogth. G. veranftaltete 1824 die erfte
g inlaͤndiſcher Gemerbserzeugniffe.
ehe (Johann Wolfgang v.), geb. 6.28. Aug. 1749 zu Frankfurt a. M.,
er, D. der Rechte und kaiſerl. Rath, in angefehenen Verhaͤltniſſen, und
ne Amt, in nicht ungünftigen Gluͤcksumſtaͤnden lebte. Wenn 6 wahr iſt,
xutſchen oft undankbar gegen unfere großen Manne ei ſo gehoͤrt ©.
772 Ä Goͤthe
zu Denen, die ſich am wenigſten über dieſen Undank zu beſchweren f
meriſche Verehrung empfing ihn, als ſ. erſtes Werk erfchien, und j
J., iſt fie kaum lauer geworben. Geliebt von Bielm, berounder:
göttert von Einigen, ward er freilich) von Einzelnen auch angefeiı
damit nur das Loos der ausgezeichneten Menfchen aller Zeiten uı
fich ein richtiges Urtheil über ihn zu bilden, muß man fich zuvoͤrderſt
was fein Genius ſeit dem achten Jahrzehend des vorigen Jahrh. gefi
riſche Gedichte der verſchiedenſten Art, naive, empfindſame und ı
kernde Epigramme; Lieder ber leichtern fröhlichen Gattung ; andr
voll Gefühl entfproffen ; noch andre, die den finnigen Ernſt unter le
bergen ; Elegien im Sinne der Alten und Neuen; Open, die ma
erhabenften zuzäblen muß; Romanzen und Balladen, Bald liebl
ſchaurig, bald furchtbar, außerdem eine Dienge Iprifcher Gedichte,
die gangbaren Titel der Poetik würden zu bringen fein; Idyllen v
Innigkeit des Gefühle; drei Romane, jeden von andrem Ton, €
den fentimentalsigriihen „Werther, den naivsepifchen „Wilhel
tdyllifchsbreiten „Wahlverwandtfchaften” mit ihrer tiefen mocalifchen
ihrer tragiſchen Kataſtrophe; Tragoͤdien, in deren jeder ein andrer €
deren jede von der andern fo verſchieden ift, daß man kaum denfelt
muthen follte; „Goͤtz von Berlichingen‘ voll treuherziger altdeutſche
auch altbeutfcher Kraft und Kernhaftigkeit, eine Shakfpeare’fcye Som
wild, aber nicht ohne Einheit; „Egmont“, bei aller Wahrheit u
ſelbſt ind Phantaflifche überfpielend; „Clavigo“ in f. bürgerliche
franzöfifche tragifhe Theater erinnernd; „Iphigenia”, vol grüi
„Zaffo” voll ital. Milde und Wärme, beide voll Zartheit und Anı
nicht ohne Kraft und Würde; „Eugenie“ mit ihrer Politur, „Der
diefe pſochologiſche Entfaltung, und „Kauft“, gegen ben eine Nat
ches ftellen kann: — wie verriethen dieſe wol durch fich einen und
fter? Nicht minder verfchleden find die Luftfpiele und Dramen: „3
gen", „Die Laune des Verliebten”, der franz, kemiſchen Bühne get
mit ihrer füblichen Glut, „Die Geſchwiſter“ mit ihrer deytfchen J
tin und Eimire” mit ihrer romantifhen Schwärmerel, „DR Jahrm
deröweilern”, „Der Triumph der Empfindfamkeit” mit ihrer baroı
doch wunderbaren Kraft der Wahrheit, im Komifchen, was im Tragi
wer fände auch hier mol eine Samilimähntichkeit aus? Vergeſſe mo
Singfpiele und Dramolets: die phantaſtiſche „Lila“, die feltiame
Billa Bella”, die idylliſche, Jery und Bätely‘, „Kuͤnſtlers Erdenw
theoſe“, fo anſpruchlos und doch fo gehaltvoll und tief, „Palaͤophron
„Was wir bringen” u.a.m. Des Dramatiſchen iſt, wie man fiel
gegeben, und dennoch findet man G. als Epiker nicht unbedeutender,
ſ. ſchon genannten drei Romane, oder ſ. Homeriſch⸗idylliſches Epos,
Dorothea” oder das Bruchſtuͤck der „Achilleis“, oder ſ. in Homeriſch
gebildeten „Reinecke Fuchs“, oder ſ. Bruchſtuͤck eines romantifche
Weiſſagungen“, oder ſ. kleinern poetiſchen Erzählungen und Schil
„Hans Sachſens Sendung”, fo ganz im Geiſt und in der Manier des
ſterſaͤngers, betrachten. Damit aber kein Feld der Poefie von ihm
biiebe, ſtellt er als didaktiſcher Dichter fich durch ſ. Epifteln dem Horaz
So viel und fo vielerlei gab G. als Dichter; was hat er aber nicht au
freund und Kunſtkenner, früher in zerſtreuten Auffägen (imter de
deutfche Baukunſt in Herder's „Fliegenden Blättern über deutfche Arı
Auszeichnung verdient), fpäterhin in den „Proppläen“, in Drogramn
naifchen Literatutzeitung“, in Recenſionen für dieſelbe (4. B. der Gedid
Goͤthe 73
ibel, Hebel, des Wunderhorns u. a.), In dem Anhang zur Überſed. der Blogra-
Benvenuto Cellini's, „Rameau’s Neffen”, von Diderot, in „Winckelmann
fein Jahrhundert”, in f. „Briefen aus Stalten”, und in Gemeinfchaft mit
yer, 8. d. M. der meimarifchen Kunftfreunde (W. 8. &.) geliefert! Aber auch
en beterogen ſcheinenden Sebieten treffen wir ihn. Ex fchrieb ein treffliches
2 über die Metamorphofe der Pflanzen, und zwei über Optik und Karbenichre.
i er über einen jurldifchen Segenftand fchrieb, wird von dem D. der Rechte nicht
mden, wol befremden aber Eonnten f. Briefe über die Offenbarung und a. theos
che Segenftände, die man ungenannt laffen koͤnnte, wenn nicht in der letzteren
auch G.'s religiöfe Aniichten wären in Anſpruch genommen, und der Hang
: neuern äfthetifchen Schule zum Katholicitmus als von ihm ausgehend waͤre
achtet worden. Es drängt ſich hier überhaupt die Betrachtung auf, daß G. faft
Allem, was er leiftete, und nicht felten aud) mit Dem, was er war, einen gro⸗
Einfluß auf die Literatur und Gultur f. Zeitalter6 gewann, und fo gewiſſerma⸗
als der Mittelpunkt zu betrachten ift, von welchen auß feit vier Jahrzehenden
verfchiedene Seftaltung des äfthetifchen und fittlicdyen Weſens der Deutfchen ihre
Kung genommen bat. Seine früheften, die herkömmlichen Regeln damals
nder Kunfttheorien umflürzenden Erzeugniffe, führten eine Genieperiode herbei,
nan nach einem Schaufpiele des gleichzeitigen Klinger die Sturm : und Drang⸗
de genannt hat, und wol mit Recht als einen Sturm auf den damaligen beuts
ı Parnaß und f. franz. Verzaͤunung betrachten mag. „Werther“ führte bie
Andfame Periode, „Goͤtz“ den Zumult der Ritterfhaufpiele und Romane hers
und flellte Shakfpeare als Mufter für unfre dramatifchen Dichter hin. Die
etik wurde in jener Zeit durchaus revolutionair, und man frage nicht, ob es die
en nicht audy wurden, denn man denke nur an Die, denen „Werther“ die Pis
In die Hand gab, woran freilich der Dichter fehr unfchuldig war, an die Seuche
Impfindelel, an die Derbheit des Tons und bie Freiheit der Sitten, nachdem
urdy Laune, Satyre und komiſchen Wig f. frähern Einflüffe ſelbſt weggeſcherzt
gefpottet hatte. Wie durch einen Zauberfchlag verwandelt, erfchien er auf eins
im neunten Jahrzehend, denn f. „Sphigenia”, f. „Taſſo“ treten einher in der
en Glorie griech. Idealitaͤt, die ſelbſt in f., obfhon dem Shaffpeare nähern,
mont” nicht zu verkennen if. Im Kauft”, der Alles in fich vereinigt, was
Genie Großes und Herrliche® vermag, batte er den Gipfel f. Vollendung ers
b Es darf nicht verwundern, von diefen Werken Feine ſchnelle Wirkung zu
15 aber fie blieb nicht aus, und wurzelte tief, denn in Afthetil und Sitten fing
nachher an, auf Fdealität zu dringen. Wie „Wilhelm Meifter” im legten
tehend des verfloffenen Jahrh. wirkte, ift uns Auen noch im Gebaͤchtniß.
t bloß Künftierromane folgten in großer Anzahl, fondern das Kuͤnſtlerleben ers
ı nun aud) in höherer Bedeutung, und eine Äſthetik entftand, wie fie tie Vor⸗
mar geahnet, nie aber noch ausgebildet hatte. Die Äſthetik erfchien als Voll⸗
im bes Lebens und der Philoſophie. Die Moral erhielt eine untergeordnete
e, bie Religion aber, eine Zeitlang der Moral nur dienftbar, erhob fich über
ndem fie mit der Kunft Eins ward. Mit der Afthetik ergriff man demnach aud)
Religion, ja man konnte nicht religiös fein, ohne aͤſthetiſch zu fein, und eine
e Seele fidy nur in diefer äfthetifch-reltgisfen Innerlichkeit bewähren. So hat
mier und gewirkt. Es iſt keine Frage: ein Geiſt, der ſolche Wirkungen hers
ringen fähig war, muß ein ungewoͤhnlich ausgezeichneter Geift fein. Biss
n wol mag es gelingen, dag durch Gunſt der Zeit ein nur mäßig begabter Mann
die Häupter der Andern emporragt; die Zeit aber ändert ſich und er erſcheint
, was erift. Nicht alfo bei &., der nicht bloß von der Zeit empfing, fondern
uch reichlich gab. Zu Hunderten liegen die Nachahmungen Goͤthe'ſcher Werke
Beabe der Vergeſſenheit beifammen, bie Muſter G.'s aber Eennt, left, bewun⸗
776 Goͤthe
wurde G. zur Kunſtgeſchichte angeleltet. D'Argenville, Caylus, Chri
beſonders aber Winckelmann, wurden aͤmſig ſtudirt, und die Samm
Huber, Kreuchauf, Winkler und Richter uͤbten das Verſtaͤndniß im
welches nachher in Dresden, wohin G. deßhalb reiſte, auf eine noch vo
Weiſe geſchah. Übrigens verſuchte er ſich auch im Kupferſtechen, ze
durch das Einathmen der Duͤnſte dabei, und manche diaͤtetiſche Unbeſonn
Krankheit zu, von welcher er kaum genefen war, als er 1768 Leipzig ve
zwar f. Studium der Rechte verfäumt, fich aber in dem begründet hatt
in der Folge fo fehr ſich auszeichnen follte. eine geftörte Gefundheit,
aͤlterlichen Hauſe nicht fogleich hergeftelit wurde, follte nicht ohne bedeut
bleiben, welche vornehmlich durch ein Fraͤulein v. Klettenberg herbeigefit
diefelbe, aus deren Unterhaltungen und Briefen die „Befenntniffe
Seele” entftanden find, die man in „Wilhelm Meiſter“ eingefchaitet fir
teligiöfe Verhättniß zu diefer frommen, zarten Seele führte ©. zunaͤt
Studium der moftifch = hemifd) » alchemifchen Werke von Welling, X
Paracelfus, Baſilius Valentinus, zuletzt aber auch der Werke von Borı
zu eignen chemifchen Verſuchen. Das Intereffe, welches ihm bie üt
Dinge eingeflößt hatten, zeigte ſich auf eine noch wichtigere Weife, indı
fung von Arnold's „Kirchen⸗ und Kegerhiftorie” auf die Idee gerieth, ſ
eigne Religion zu bilden. Der Neus Platoniemus lag zum Grunde;
tiſche, Myſtiſche und Kabbaliſtiſche gab auch feinen Beitrag her, und
fid) eine Welt, die feltfam genug ausfah. Nach diefem allen ift es gar
wundern, wenn er in Strasburg, wohin er, um f. juriflifchen Studi
gen und zu promoviren, gegangen tar, der Jurisprudenz nicht fehr
fondern Chemie und Anatomie ftudirte, und ſelbſt das Klinicum befv
fah er bei der Ankunft der neuvermählten Königin Marie Antoinette die
Zapeten, und die Wundererfcheinung des Münfters wirkte mächtig
Noch folgenreicher war für ihn die Verbindung mit Herder (f.d.) |
anfing, in den höhern Sinn der ital. Schule einzubringen, und mit
einem ganz andern Sinne bekannt ward ald vorher, und zwar in einem
ihm mehr zufagte. Außerdem ift eine merkwuͤrdige Wirkung von G.
in Strasburg diefe, daß er eben hier an der Grenze von Frankreich alle
fens bar und ledig wurde. Dagegen hatte ihn fchon feit langer Zeit €
höhern, freiern und ebenſo wahren als dichterifchen Weltanfichten nı
nüffen vorbereitet, und immer gewaltiger beherrfcht. Nach f. Promi
hielt er fich kurze Zeit im Elſaß auf, und fam, nachdem er aus dem A
Manheim noch Eindrüde mitgenommen, die in der Folge fehr wirkſam
fund und froh ins Vaterhaus zurüd. Dann ging er nad) Weslar, r
von Brdeutung begeancte, wenn man die Antäffe zu „Werther“ abre
hier in f. eignen Liebe zu einer Verlobten und dem Schickſal des jung,
fand. Nach ſ. Ruͤckkunft gab er ungenannt einige Stugfchriften heraus, u
dichte in Almanachen und Sournalen. Erft fe „68“ (1773) und
(177%) lenkten auf ihn die Aufmerkfamteit von ganz Deutfchland.
von Weimar machte auf einer Reife durch den Herrn v. Knebel f. pı
kanntſchaft, und lud ihn, als er die Regierung angetreten hatte, anf. .
309 d. 7. Nov. 1775 in Welmar ein, ward 1776 weimarifcher Geh.:'
mit Sig und Stimme im Gcheimerathecollegium, und 1779 wirkl.
Sm felb. J. machte er in Sefellfchaft ſ. Fürften eine zweite Reife nad)
1782 wurde er Kammerpräfident und geabelt. 1786 machte er ei
Italien, wo er zwei Jahre blieb, auch Sicilien befuchte, am länaften
vermweilte, Er flieg bis zum Minifter, erhielt 1807 von Alerander d
Newsky-Orden, von Napoleon das Großkreuz der Ehrenlegion, uni
Goͤthe 77
heitern Alter von den Geſchaͤſten zuruͤckgezogen, ben Studlen der Natur und
rarlſchen Arbeiten.
diefe Perioden f. Außen Lebens hängen mit den Perioden f. Dichterlebens
nnigfte zuſammen. In dem legten unterfcheidet man deren fuͤglich drei, Die
ie fentimentale Kraftperiode, die ideale, und die elegante nennen kann.
“und „Werther waren es, welche in der erften Periode theild allgemeines
vn, theils allgemeine Bewunderung erregten. In beiden hatte ©. ſ. lietiten
ngen befriedigen können, f. mit ihm aufgewachſene Neigung zur deuufchen
eit und zu Darftellungen Deflen, was als allgemein Menſchliches f. Bruſt in
ers und Freude bewegte. Unleugbar hatte der Dichter bei „Werther“ und
"wie fpäter bei vielen andern Werken, etwas vor fi, woran er ſich hielt,
as Schickſal des jungen Serufalem, hier die Selbftbiographie des minnlichen
von welcher wir ganze Stellen in dem Drama wiederfinden. Man hat deß⸗
h Erfindungsgabe verdächtig machen wollen. Als ob nicht audy der gefundene
noch immer der poetiſchen Erfindung bedürfe! Diefe aber zeigt ſich ſchon im
ther und „Goͤtz“ auf eine merkwuͤrdige Weife. Dan kann ebenfo wenig eine,
ı die feinften Nebenzüge treffende, aͤſthetiſche Charakteriſtik der Perfonen vers
1 als eine felbft das Einzelne beachtende Entfaltung der Begebenheiten, und
dche Anordnung derfelben, daß es [cheint, Alles fei aus unmittelbarer Anſchau⸗
der Empfindung in Einem Guffe hingeftrömt, mehr ein Naturgewaͤchs ale
Bert dee Kunſt. Das Eingehen in ein Fremdes bie zur hoͤchſten Selbſtver⸗
ing erfcheint bei Goͤthe begleitet von einer ungemeinen Leichtigkeit, auch fremde
elungsarten fich anzurignen. Wer traf den Zon des Volksliedes, wie Er?
raf Hans Sachs's Manier fo gut? Und kann man im „Goͤtz“ und in etlichen
ielen den Shakſpeare, in den „Vögeln“ den Ariftophanes, in der „Iphigenia“
ech. Tragiker, in „Hermann und Dorothea” den Homer, in den „Römifchen
n’ den Properz und in den „Epigrammen von Venedig” den Martial verfen«
Beine Aneignung ift nicht die ſtlaviſche des Nachahmers, fondern die ſelbſtthaͤ⸗
nee fehr erregbaren Phantafie; und bei f. Nachbildung opfert er nie ſ. Seibs
zkeit auf, Solch einen poetiichen Proteus kündigten nun [yon „Goͤtz und
ther’’ an, und das Naͤchſtfolgende beftätigte ihn, wenngleidy er darin an bie
mmenbeit der frühbern Werke nicht reichte. G.'s Talent, ſich leicht in die
nde Andrer zu finden und ihr Dafein mitzufühlen, ließ ihn naͤmlich manchen
eiff ehun. So 3. DB. im „Elavigo“ und fpäterhin in dem „Großkophtha“, ber
ms, wenn nicht an Wahrheit der Charaktere, dech an Kraft und Friſche,
igkeit der Bewegung, wirkſamen Situationen, Sintereffe der Handlung, Tiefe
fühle und Verwickelung, bem „Clavigo“ weit nachfteht. Indeß das eigents
keinigende und manche cannibalifche Außerung des Beaumarchais abyeredynet,
er doch wuͤrdiger neben „Goͤtz“ und „Werther“ ale die empfindfamen Nach⸗
edes lestern, „Stella und „Erwin und Elmire“, nad) der erſten Mittheilung
ih in der Iris. Daß ©. bier in Gefahr ftand, vielleicht vom Beifall beraufcht,
erirt und nadhläffig zu werden, ift unverkennbar. Doch erhält ſchon jene Mit⸗
mg von „Erwin und Elmire“ etwas Köftliches, daB Liedchen: „Ein Veilchen
ver Wiefe ftand‘‘, deffen man nicht gedenken kann, ohne an G.'s Lieder über»
t erinnert zu werden, diefe fo klaren und doch fo tiefen, fo zartgefühlten und fo
hingehauchten Atherifchen Weſen, deren füße Zaubergemwalt wol Jeder empfuns
kt. In &.’8 Liedern und Romanzen herrfchte zuerft wieder der verfiungene
Won, weldyer von ber Zeit an ber ganzen deutfchen Lyrik einen neuen, frifchen
Modern einhauchte. Betrachtet man aber Alles von ©. in diefer Periode Ges
te genauer, fo fieht man, es ift volksmaͤßiger, es ift voll Deutfchheit, für welche
ig bereits männlich gekaͤmpft hatte, und welche G. glücklicher erreichte als die
ene Zeiten aufiebenden neuen Barden. Diefes Volksmaͤßige konnte aber nur
780 Goͤthe
alle drei Style ber griech. Plaſtik zeigen, in der erſten Perlode der große
in der zweiten der ſchoͤne, in der dritten der zierliche. Das fchönite G
©. une in neuefter Zeit gemadht hat, iſt ſ. Biographie. Er zeigt daris
fenheit, Wahrheit, Redlichkeit.
Viel hat G. auch fuͤr die bildenden Kuͤnſte, fuͤr Schauſpielkunſt,
beobachtung geleiſtet. In Hinſicht auf bildende Kuͤnſte und Schaufpi
bloß als Schriftfieller, fondern auch ermunternd, befördernd. Wich
dieſer Hinſicht die meimarifchen Kunftausftellungen und das weimari
unter G.'s Leitung; Pflanzfchulen der Kunft, wie fie nur bei G.s
liberaler Gefinnung gedeihen Eonnten. Und follte man nicht aud)
foltigen architeftonifchen und Gartenanlagen in und um Weimar, nicht
lich gedenken, was durch Welmar von Jena ausging? Vielfach bat €
Altes, bald felbft ausführend, bald anregend, durch Lehre und Beifpiel
tion gewirkt. Daß er nicht überall das Höchfte erreicht und Mancher
ben kann, iſt ſehr natürlich, und kann ihm nicht zum Vorwurf —
Indem G. aber fortgefahren, mannigfach die vatetlaͤndiſche Kur
ſenſchaft zu berühren, haben die neuern Schoͤpfungen in Beziehung «
Geiſt, deffen Auffaffung und Verſtaͤndniß noch bei weitem nidyt voll
uns um fo mehr befähigt, manchen tiefern Blick zu wagen, um nad)!
ganzen Dann zu ergründen, da wir in feinen Arbeiten mehr als nur di
legten ſechs oder fieben Fahre erhalten haben, wenn auch biefelben erſt
zur Reife gefommen find. Das Zögern des Verf. mit ihrer Herausg
bie Berechtigung, das Licht zu benugen, welches fie auf die frühern Ar
fen ſ. Seiftes zuruͤkwerfen. Der Dichtung und Darſtellung gehöre
neuern Arbeiten an der „Weftöftliche Divan“, und der erfte Bd. des Ro
heim Meiftere Wanderjahre“. Schon biefe zwei Bücher enthalten
rein belehrend zu nennen ift. Noch mehr findet fidy deſſen in den bei
welche des Dichter® Lebenserinnerungen fortfegen, bemnächft auch ine
dichten, welche als heitere Unterbrechungen bes ernſtern Vortrags bi
fhaftlihen Werke zieren. Der Zweck diefer letztern Werke ift Kunft
Maturftudium. Jenem iſt die in kleinern Lieferungen erfcheinende
„Kunft und Altertum‘ gewidmet, die einer frühen, „Rhein und Ma
folgte.” Mit der Raturbetrachtung befchäftigen ſich die Beiträge „Zur!
[haft überhaupt, insbefondere zur Morphologie”, deren erfter Band g
— Nach den vorliegenden Nefultaten, hat während der legten Jahre
ſchaftliche Thaͤtigkeit über die ſchaffende und darfteliende dag Übergemwid
Die jegt hervorragenden wiflenfchaftlihen Werke G.'s jind reich an
uͤber Gegenſtaͤnde des objectiven Wiſſens und enthalten zugleich Aufti,
die tiefe Natur ihres Verfs. Bemühungen für Optik und Farbeniehre, f
zung der Erfcheinungen des Fichte, für Diineralogie, Geognofie und S
Anatomie, Phpfiologie und Aftrologie, für Wetterkunde und für m:
nannten ſich anſchließende Gegenftände kündigten allen diefen Wiffen
neue hoffnungsvolle Bahn an. In allen ſ. letztern Werken, den kuͤnſi
den wiſſenſchaftlichen, zeigt ſich G. in wachſender übereinſtimmung m
und mit den Gegenſtaͤnden des Wiſſens. Die Lehrjahre erſcheinen als
telungsverſuch mit dem Leben in ſ. Ganzheit, aber nicht als eig undedi
ner Verſuch. Wieder Dichter noch zweifelt, um fo mehr, je-näher mi
ten der Bildung ruͤckt, fo zweifelt auch f. Werk, und das Schönfte, ı
den Situationen und Anfichten erwarten, wird oft von einer unbewin
hrechenden Ironie verfchüttet. Eine Bildung, die Nichts zu.bifben fin
Unterlage eines tüchtigen, bilbungsfählgen Stoffs entbloͤßt, gegkättete
heit wird, eine Entwicelung, die das zur Entwidelung zu bringende 2
Goͤthe 781
maß in der Richtung verflüchtigt und vernichtet; beiden gegenüber aber ein ger
mißvoll verfchloffener, doc) in der Entwidelung zertretener Keim, der zu hoͤhern
sungen berechtigte: dieſe zwei Gegenfäge bringen Meiſter's Lehrjahre in fortiaus
> Abwedyslung zur Erſcheinung. Der Schluß endlich) gibt ein tragifche® Aus⸗
Hen des durch uͤbertriebene Bildung oder Verbildung unterbrüdten Lebens. Ein
i Geruͤſt, ein conventionelled Wefen, eine [haubühnenartige Kebensverbinbung
ein Lehrbrief verdrängen die Fülle der fruͤhern Erwartungen. Sie find das
„miß, welches die mannigfachen Bemühungen kroͤnt. Mag aud) vielleicht der
Bier, als er anfing zu fchreiben, gehofft haben, einen befriedigendern Erfolg
zeilen zu dürfen als den, welcher ſ. Werk [chließen mußte, dem Werke felbft ers
M daraus kein. Tadel. Romane werden vielleicht gerade dann erft recht bebeus
» wenn der Dichter, fatt fie plangemäß zu fchreiben, in f. Lebensyange einen
808 beſitzt, der ihm den Gang der Begebenheiten und die Hauptwendungen vors
ir. ©. ſcheint an ſich, fcheint an äußern Umgebungen, ja ſcheint an gewiffen
meinen Erfolgen der bekannten lediglich auf Bildung und Kunftfinn gerichteten
uhhungen die Erfahrung gemad;t zu haben, daß fie am Ende nicht leiften, was
wefprachen. Diefe Betrachtung gibt einen erklaͤrenden Leitfaden, welcher um
Bitter führt, wenn unvergeffen bleibt, daß Vieles für „Wilhelm Meiſter's Lehrs
W*.bereitd vorgearheitet fein modhte, bevor ©. den Feldzug in ber Champagne
Bssihte, welchen der 5. Bd. ſ. Dentwürdigkeiten fo ungemein anmuthig befchreibt.
Durch alle Lieder des, Divan“ recht das ungetrübte Gefühl einer unerwartet eins
Beinen Befriedigung mit dem Leben und eirier heitern Zufriedenheit mit jedem Zus
h des Dafeins. Der Zeittaum, um welchen diefe Sammlung Iprifcher Ges
be entftanden ift, kuͤndigt fich deutlich „urch basjenige Lied an, welches fie eröffs
Es iſt die Periode, wo Alles zerfplitterte, Throne einflürzten und Reiche zits
Sept, wo Alles trauern und verzweifeln mußte, hatte G. den Kampf mit
kand der Außenwelt ausgefämpft, und er vermochte wohlgemuth in des Urs
6 Ziefe zu bringen, wo die Menſchen „noch von Gott empfingen Himmels⸗
Erdenſprachen, und ſich nicht den Kopf zerbrachen“. Der mit fidy und der
t einig gewordene Menſch widerfteht den aͤußern Drangfalen und wird eis
durch fie entmuthigt. Iſt e8 aber wol möglich, vollkommener und reiner
thes zu fein, wie der Dichter des „Divan”? Nur fcheint diefe Sammlung
t das richtige Verftändnig gefunden zu haben, deffen fie bedarf. Denn
Sinne, welcher fie vom Anfang bie zum Ende erfüllt, liegt doch etwas
nniges zum Grunde, und dies ift ganz aus der Zeit gegriffen. Man
nicht eingefehen zu haben, wie fich in jenem Often, den G. aufſucht und
deit, eigentlich das Schickſal des Welten abgefpiegelt hat. Denn abge
von der Perföntichleit des Dichters, und die objective Seite jener Liederfamms
achtet, gibt fie ein Bild von Dem, was der Menſch im abgefchloffenen
mus aus f. Leben madıt. Bier ſteht er einzeln, und iſolirt da mit allem
‚ Denken und Empfinden. Died, mas anfangs ©. fo bitter gefchmerzt,
ihn die Herbigkeit verloren. Er felbft ift zum Nachbilde eines jener gluͤck⸗
Weilen geworden, welche wir fo oft im Morgenlande antreffen, deren unge⸗
Seelenklarheit nichts Zeitliche® zu ftören vermag, die überall ein Vaterland
, weit im eignen Bufen Ruhe und Heiterkeit wohnt, — Die Schrift „Für
und Kunſt“ bemüht ſich den Standbpuntt näher zu rlıden, aus welchem
ebringung des Menſchengeiſtes betrachtet werden muß, bevor deren rich⸗
igung gelingen kann. In diefem Sinne betrachtet fie frühere Werke der
und Das, was die Zeit leiftet, indem bald das Verftändniß deffelben beförs
‚Sa das Gelungene, und wenn es auch nur zum Außenwerk gehört, angezeigt
Doch erſcheint hier G. mehr belehrend als lernend. Denn auch Das hat ex
vdaß am herrlichſten und am tiefſten er da zu belehren pflegt, wo er ſelbſt me
784 Gothenburg Gott
den, und einen Öffentlichen Baumeiſter erwaͤhlte, dem die Erhaltung d
bäude aufgetragen war. Nicht nur ließ er zu Rom verſchiedene öffent!
wieder erncuern, fondern aud) andre Städte mit neuen verzieren.
thifhe Baukunſt ſ. Baukunfl. ©. Manfo’s „Geſchichte des
Reichs in Italien” (Breslau 1824).
Gorhenburg (Görheborg), eine 1607 von Karl IX. am
ho!'ändifcher Art gebaute Sees und Handelsftadt in Weftgothland, an
dee Gothelbe in die Nordfee, nad) Stodholm die beträchtlichfte und w
Stadt in ganz Schweden. Sie zählt in 1100 H. über 21,000 Einw
ben ihren Sig ein Landeshauptmann und Obercommandant, eine Adn
Kortificationdbrigade, ein Manufacturs und Hallgericht und ein Biſcho
fen Aufficht da6 Gymnaſium nebft f. mwohleingerichteten Bibliothek |
Manufacturen von Segeltud, Tauwerk, Leder, fowie die Zuckerraffi
von Bedeutung; außerdem fabricirt man feidene Zeuche, Strümpfe, %
tun, Seife und Zabad. Die Schleufe von Trolhätta erleichtert durd
auf der Gothelbe nad) dem Wenerſee den Berkehr mit dem Innern Rande.
denszeiten befuchen jährlich ͤber 1200 ſchwed. u. a. Fahrzeuge den Haf
und ficher, aber nur für kleinere Fahrzeuge brauchbar ift; größere Landen
Entfernung. Die feit 1732 geftiftete oftindifche Compagnie befchräntt |
auf den Handel mit China. in wichtiger Zweig des Handels ift die H
rei. Seit Aufhören ber Continentalfperre hat der Handel in G. abgenc
die meiften englifchen und deutichen Handelshäufer haben fidy von da hin
Übrigens hat die Stadt mehrmals (zulegt 1802 und 1804) durch gr
brünfte fehr gelitten.
Gott und Götter. Unter Gott denkt fich die gereifte Verm
einzige, nothwendige von der Welt verfchicdene Weſen, deffen unendlich
und heiliger Mille der Grund von dem Dafein der Welt ımd ihrer Einri
von dem Wirklichwerden ded hoͤchſten Gutes iſt, defim Erwartung d
nicht aufgeben kann, ohne mit ſich felbft in Wiberftreit zu gerathen.
Gott gedacht werden, wenn ber Glaube an ihn die Bedürfniffe der V
friedigen fol. Als ein nothwendiges, d. h. als ein ſolches Wefen, ı
Grund f. Dafeins in ſich ſelbſt trägt, muß er gedacht werden, weil nur
Werfen das Dafein der Welt erklärbar macht; unendlichen Verftand mı
beitegen, weil nur durch biefen die alle menfchliche Einficht und Faſſung
fteigende Welteinrichtung begreiflich wird, und heiligen Willen muß ma;
fchreiben, weil nur unter diefer Worausfegung von ihm erwartet werden
er die vernünftigen Naturen zu höherer fittlicher Reife führen, und G
und Leiden nach Maßgabe der Schuld und des Verbienftes austheilen w
Idee Gottes, des Schöpfers der Welt, des Geſetzgebers ber vernimfti
und des Regierers der menfchlichen Dinge, ift das Hoͤchſte, was die Ver
chen kann, der Grund aller über das Irdiſche fich erhebenden Hoffnung uı
famfte Triebfeder zur Pflihterfüllung. Das Spftem, welches die Re
Idee anerkennt, heißt Theis mus oder Deismus, das entgegenfehte Ach
und die Lehre Derer, welche, wie Spinoza und einige Philofophen aus d
Schule, Gott und Welt für Daffelbe halten, damit aber im Grunde die bi
niß der Vernunft befriedigende Idee Gottes aufheben, wird Panthei:
nannt. Die ahtungewertheften Philofophen der neuen Zeit, Descarta
Wolf, Reimarus und Kant, obgleich Keterer die vor ihm gewöhnlichen
fifchen Beweiſe für das Dafein Gottes in ihrer Unzulaͤnglichkeit darſtellte,
fiir den Theismus entfchieben, und da durch bie Schelling'ſche oder Ident
fophie bie Idee eines von der Welt verfchiedenen, die Welt mit Weisheit
regierenden Gottes gefährdet zu fein fchien, fo hat zulegt Jacobi in f. B
em eigen Def jean rt
3 —— der
‚ber moraliſche. een
und volltonmeneb *
baren Wirklichkeit
Hift, hat den Grund f. Daſeins micht in
bhangig· D
u i
Weſens, ds — in MBefensg cehe Im A ı
den Geumb Dafeine in fich felbfb erägt, und al8
gen, als der Punkt, von n
u betrachten iſt. "Reibnig;.Claste; u Waif, —5— h
—
Per rn beſinden müffen, ie
mpnten nah Degungen gu Eipıte mitpalan, und ge
Elcbente Kufl. Ed. IV,
RE Gast
tig ſei, da, wo man in einem befanmten Theil Ordnung und Zweckmaͤ
deckte, auch in dem unbelannten weife Abfichten verauszufegen. Soll a
turbetrachtung ben Menſchen zu Gott führen, fo muß in f. Gemuͤthe ſchi
l ihn zu finden, erwacht ſein, denn eine apodiktiſche Gewißheit,
ſolche RZewißheit, bei welcher das Gegentheil der angenommenen Überze
denkbar wird, gewähren dieſe Beweiſe nicht. Dieſes Verlangen iſt int
Natur des Menſchen gegründet, und darum ſetzt ein inniger und lebendi
an Gottes Daſein und Regierung voraus, daß die ſittlichen Anlagen des
ſich entwickelt haben, und er ſ. hoͤhern Beduͤrfniſſe ſich bewußt geworden
Darftellung des Zuſammenhanges des Glaubens an Gott mit dieſen B
des menſchüchen Gemuͤths wird der moralifche Beweis für das Daf
genannt, weichen beſonders Kant und deſſen Schüler hervorgehoben und
wickelt haben. Es beruht aber diefer Beweis auf Folgendem: Der Mi
fittliche® Wefen, und aus f. fittlichen Natur geht die Idee bes hoͤchſten C
die Idee einer ins Unendlicye fortfchreitenden fittlichen Vervolllommnung
genauen Übereinfiimmung zwiſchen Zugend und Gluͤckſeligkeit hervor.
diefe Idee nicht für Wahn und Taͤuſchung erklären, ohne ben Glauben aı
Natur und Beflimmung aufzugeben, und muß, um einig zu fein mit fid
Wirklichwerden des Höchften Gutes erwarten. Alles um ihn her erliegt
tung, und die Natur theilt Freude und Gtüdfeligkeit nicht nad dem M
Würbigkeit.der Empfänger aus. Um daher das Wirklichwerden des hoͤ
tes erwarten zu können, iſt er genöthigt, das Dafeln einer von der Natur
benen Urſache der gefammten Natur anzunehmen, weldye ben Grund ber
ſ. Wefens und eine dereinftige Übereinftimmung zwifchen Tugend und ©
enthalte. Dieſe oberfte Urfache der Natur muß eine der moralifchen €
gemäße Cauſalitaͤt (Urfächlicykeit) Haben, muß das Sittengeſetz fid) vorf
telligeng, vernünftiges Wefen fein) und der Vorftellung dieſes Geſetzes
Een (muß Willen befigen). Es muß alfo die oberfte Urfache der Natur
fein, welches durch Verſtand und Willen die Urfache der Natur ift, und
Mefen wird Bott genannt, Zu der bier entwidelten Idee der Gottheit
nur bie gereifte Vernunft ſich erheben, umd ohne die Dazwiſchenkunft dr
rung würde fie vielleicht nie allgemein Glaube geworben fein. — Ehe der
der dee Gottes fich erhebt, glaubt er an Götter, von deren Weſen uni
Reit die, Völker hoͤchſt verfchiedene Worftellungen gehegt haben. Die unv:
ften Sätter find die Fetiſche, d. h. lebloſe Körper ober Thiere, denen d
weil erfie als Urſache ſ. Wohles und Wehes betrachtet, Verehrung ern
einer höhera Stufe ber Bildung ftanden die Völker, melde der Sonne u
ſtirnen Einfluß auf die menſchlichen Schickſale zufchrieben und diefe Hin
verehrten, welche Art des Gottesdienſtes Sabdismus (f. d.) gen
Noch weiter waren bie Völker vorgefchritten, weiche ihre Helden und
Erfinder nuͤtzlicher Kuͤnſte und merkwuͤrdige Herom als fortlebend nad)
fid) dachten und ihnen uͤbermenſchliche Kraft und Einfluß auf ihre St
fchrieben, ober ſich Kräfte der Natur als wirkliche Wefen, als Perfonen
ſtand und Willen begabt, vorftellten, auf welche Weife die Meligion di
und Römer entfianden war. Der Glaube an mehre, die Schickſale der‘
einzelner Menſchen regierende Wefen, welche zwar eine uͤbermenſchliche
ſitzen, doch aber menſchlich fühlen und begehren, und nicht frei find von u
Beſchraͤnkung, beißt Polptheismus. Diefer iſt nichts Andres a
terung der Natur, ba hingegen ber Theismus über die Natur ſich erhebt
ihr das östliche findet. Auch Die gebilbetften Völker der alten Weit, di
und die Römer, waren Polptheiften, und nur wenige Weiſe der vorchriſt
wie Anaragoras, Sokrates, Piato, hatten ſich zu wuͤrdigern Worftell
Gotter 7387
: und ſ. Regierung erhoben. Indem aber ber Polytheismus in der ganzen als
Zelt berifchte, warb bei einem für unbedeutend gehaltenen, von ben gebilbeten
onen des Alterthums wenig gelannten Volle die allgemeine Verbreitung bes
unftzemäßen Glaubens an Gott und f. Regierung verbreitet. Zwar bachten
ie Juden, ebenfo wie andre Völker der vordhrifilichen Zeit, Jehova nur als ein
Inftigfinnliches Wefen von großer Macht und Hoheit, da fie aber nur einen
E verehrten, fo fonnten bier die religiöfen Worftellungen weit leichter verebelt
endlich bis zu der, den Bebürfniffen ber gereiften Vernunft genügenden, Idee
te® ausgebildet werden, ımd darum war der Monotheismus ber Juden, ihr
ube an einen Bott, von fo großer Wichtigkeit, daß es hoͤchſt glaublich ift, daß
e ſelbſt für die Erhaltung diefe® Glaubens geforgt habe. Mach einer allmaͤli⸗
durch mehre Jahrh. fortlaufenden Vorbereitung gelang es dem großen Stifter
Shriftenthums, aufden Monotheismus f. Volkes ben völlig vernunftgemäßen,
Bedürfniffe des Verftandes und des Herzens befriedigenden Glauben an Gott
fe Regierung zu gründen, welcher durch bie Ausbreitung der Kirche auf einen
en Theil des Menfchengefchlechts überging. Aus dem Juden» und Chriftens
ne ſchoͤpfte Mohammed f., wenn auch nicht volllommen reinen, doch weit über
Borftellungen der polptheiftifchen Völker erhabenen religioͤſen Begriffe, und fo
baudy durch den Islamismus (f. Mohammed) der Glaube an einen Gott
R einem großen Theile ber Menfchheit verbreitet. N.
Got ter (Friedrich Wilhelm), geb. 1746 zu Gotha, empfing die forgfältigs
Bildung durch Privatichrer. Der fähige Knabe verfuchte ſich zuerft in kleinen
natiſchen Stuͤcken in franzoͤſiſcher Sprache, die einen befondern Reiz für ihn
e. 1763 fa. ftudirte er zu Göttingen die Nechte. Hier machte er Bekannt:
mie dem Schauſpieler Eckhof, und errichtete nach dem Weggange der Aders
m’fchen Geſellſchaft ein Geſellſchaftstheater. 1766 trat er zu Gotha als zwei⸗
Icchivar in herzogl, Dienfte. 1767 ging er als Legationsfecretair nad) Wetzlar,
te aber im nächiten Jahre der Einladung, zwei junge Edelleute auf die Univer⸗
Göttingen zu führen. Damals unternahm er mit Boje die Herausgabe de®
kting. Muſenalmanachs“, und empfahl fich durch verfchiedene Iprifche Stuͤcke.
D£chrte er nad) Gotha und 1770 auf feinen Poften nach Wetzlar zuruͤck, wo er
$%. blieb, nad) weichen er in Gotha bei der geheimen Kanzlei angeftellt wurde,
Vetzlar fand er nicht nur die Ackermann'ſche Gefellfchaft wieder, fondern auch
Kreis junger Männer, bie mit ihm an Bildung und Talent wetteiferten; ums
Men waren Goͤthe und der junge Serufalem. 1774 madıte G. eine Gefunds
eife nach Lyon. Hier lernte er das franz. Theater, für das er von jeher eine
Morliebe gehegt hatte, näher kennen. In den nädftn 12%. nach f. Rüds
ntftanden f. vorzüylichften Dramatifchen Arbeiten. Leffing’s, Weiße's u. A.
mg, deren Bemühen die deutſche Schaubühne ummanbelte, und die treffliche
ufpielcrgefellfchaft, welche Sotha vor alln Städten Deutſchlands damals bes
yefeuerten ſ. Liebe für die dDramatifche Kunft. Schon vor Errichtung des Hofs
76 in Gotha hatte er auch hier auf einer Privatbühne f. treffliches Spiel ges
Außerdem befaßer das Talent des Improvifitene in einem feltenen Grade,
prach bisweilen mit einer unbefchreiblihen Leichtigkeit in Verſen, die zum
vortrefflich und volllommen gerundet aus f. Wunde kamen. 1780 verheiras
ſich ©. und lebte feitbem, Meine Reifen abgerechnet, beftändig in f. Vaterſtadt,
:1797 im 63. 3. ſ. Lebens ftarb. Obgleich ©. die fchöne Literatur der Frans
, Engländer und Italiener kannte, fo fagten f. vielleicht etwas uͤberverfeiner⸗
katur doch am meiften die Werke der erftern zu. Sie waren es, deren gegläte
Uerlichkeit er ſich bis auf das Mechanifche der Poefie zu eigen machte. Die
Fe f. Poeſien fammelte er auf fremdem Boden, behandelte fie aber in der Aus⸗
ng mit freier Willkür, Er verfuchte fich In jeder Garn der dramatifchen
0°
788 Goͤtterlehre Gottesdienſt
Kunſt, im Trauerſpiel, Luſtſpiel, Singſpiel und in der Poſſe. Seu
Poeſien, im Fache der Epiſtel, des Liedes, der Erzaͤhlung und Elegie, ze
durch den reinen gebildeten Ausdruck zarter und edler Gefuͤhle, ſchalkhe
und eine gefaͤllige Lebensphiloſophie aus. In allen ſ. Werken jeigt fich €
einen Meiſter in der Verskunſt. Er ſelbſt hat herausgegeben: „Gedichte
1787 und 1788); „Singſpiele“, 1. Bdchn. (1778); „Schauſpiele“
und einzelne theatraliſche Acbeiten, meiſt Uberſetzungen. Nach ſeinem To
1802 ein dritter Bd. Gedichte, auch u. d. T.: „Literariſcher Nachlaß
mit des Verf. Biographie von Schlichtegroll.
Goͤtterlehre, fe Mythen, Mythologie.
Goötterſpeiſe, Ambrosia, in der Mythologie ber Griechen un
ein ſuͤßer und balfamifcher Saft, der in der feligen Sinfel des Oceanus 0
den Göttern zur Erhaltung der Unfterblichkeit, gewöhnlich als Speife, abe
‚Tran, der jedoch mit dem Nektar (f. d.) nicht zu verwechfeln iſt, und
diente. Menſchen, denen davon mitgetheilt wurde, erhielten dadurch €
Stärke, Behendigkeit, kurz etwas von Goͤttlichkeit.
Gottesdienſt, richtiger Sottesverehrung genannt, un
die Handlungen, welche unmittelbar entweder religisfe Gefühle ausdrüc
die Dervorbringung derfelben bezweden. Solche Religionshandlungen ab
entweder durch die Vorfchrift eines Religionsſtifters, oder durch die S
ducch die Übereinkunft einer kirchlichen Gefeltfchaft eingeführt worden find ı
mäßig wicderholt zu merden pflegen, werden gottesdienftliche oder
Gebraͤuche genannt. Der Oottesdienft kann entweder Privatgottesdi
ein Öffentlicher fein, und da die Menfchen nur zu leicht das Göttliche ver,
Mereinigung Vieler zu Einem Zwecke das Gemuͤth ftärker ergreift, und v
gionshandiungen nur da ftattfinden Eönnen, -wo Viele ſich verfammeln, ſi
zweckmaͤßig eingerichteter Öffentlicher Gottesdienft, wo die Rede des Pred:
der Geſang der Gemeinde daß religiöfe Gefühl auf eine wärdige Weife <
und anregt, auch Muſik und bildende Künfte das Göttliche darftellen, eir
Werth. Die Berfchiedenheit der Gottesbienfte, mit denen. uns die Re
ſchichte bekannt macht, hat ihren Grund in der Verfchiedenheit der religio
ftelungen, obgleich auch die Verfchiedenheit in ben Charakteren der Völker
Verfaffungen, in den Erzeugniffen ihrer Länder und ihres Kunftfleis
manche andre Umftände beigetragen haben, dem Eultus jedes Volks ein ci,
liches Gepräge zu geben. Der unvolltommenfte, des Namens kaum wer
te&dienft ift der, welcher ſich auf äußere Gegenftände, die als Urſachen de
und des Wehes betrachtet werden, bezieht, und es drüdt dieſer Fetifchen!
Begehren und Verabfcheuen, Furcht und Hoffnung aus, und kann auf |
lichkeit gar feinen Einfluß dusern. Eine volltommnere Art des GBottesbi
die, welche auf ınenfchenähnliche Wefen bezogen wird, und ba biefen Gi
unvollkommen man fie ſich auch vorftellen mag, doch moralifche Eigenſcha
fchrieben werden, fo Eann er nicht ohne allen Einfluß aufdie Sitten der B:
ben. Es beſteht dieſe Art des Gottesdienſtes hauptſaͤchlich in Opfern, Rei
Geluͤbden und Buͤßungen, und ba man ſich die Götter meiſt als unfichtbai
Een pflegt, fo wird er zundchft auf die Spmbole der Götter bezogen, und
mit Bilderbienft verbunden. Der würbigfte Gottesdienſt aber ift der, we
aufden Stauben an einen allmächtigen und heiligen, über alle menſchliche 2
kung erhabenen Weltregierer gründet, auf den Ölauben an- Bott und ſ. R
weldyen das Chriftenthun in der Welt ausgebreitet hat. Unverkennbar
Gottesdienſt der Ehriften im apoftolifchen Zeitalter eine fittlichereligiöfe
ganz daranf berechnet, durch Ermahnung, durch Gebet, den unmittelbar
druck des zu Gott erhobenen Gefühle in Worten, durch das Vocleſen der
Gottesdienſt Gottes friede 789
cher, durch gemeinſchaftlichen Geſang und durch das bei bruͤderlichen Mahlen
»rdnete Andenken an Jeſum Chriſtum den Glauben zu ſtaͤrken und fromme Ges
le zu naͤhren. Und ward auch der chriſtliche Rellgionscultus in der Folgezeit auf
nnigfaltige Weiſe, und namentlich durch die Einmiſchung von Gebraͤuchen, wel⸗
die zum Chriſtenthum bekehrten heidniſchen Voͤlker in die Kirche hinuͤber brach⸗
entſtellt, fo blieb er doch immer unendlich edler und wuͤrdiger als ber Cultus der
riftlichen Welt, und hörte nie auf, mohlthätig auf die Sitten der Völker zu
ten. Durch die Reformation wurden die meilten diefer Mißbräuche verdrängt,
Predigt und der Geſang die Dauptfache bei dem Gottesdienſte der Proteftanten,
d unleugbar ift ein ſolcher Cultus die trefflichfte Schule der Volksbildung. Daß
'proteftantifche Gottesdienſt durch manche Gebräuche bereichert, und mehr noch,
Jan den meiften Orten der Fall ift, durch die Kunſt verfchönert werden koͤnnte,
Rfich nicht bezweifeln. Doc) darf man diefen Mangel an Ceremonien, und die
ftenheit von Kunſtwerken in den proteftantifchen Kirchen keineswegs fo hoch ans
lagen, al& von Denen zu gefcheben pflegt, welche in unfern Zagen den Katholi⸗
mus auf Koften des Proteſtantismus erheben ; das Wort bleibt immer die Haupts
e, und wenn nur bafür gelorgt wird, daß es der proteftantifchen Kirche nicht an
gezeichneten Kanzelrebnern fehle, und liberal gute Gefänge gebraucht werden,
Krd ihr Cultus f. Zweck erreichen. J. 3. Blunt's „Urfprung religiöf. Ceremo⸗
und Gebr. der röm.stath. Kirche, bei. in Stalin und Sicilien“ (a. d. Engl.,
ig 1826) zeigt den Zufammenhang, in welchem bie religiöfen Gebräuche bes
3 beidnifchen Noms und des neuen Eatholifchen mit einander ſtehen.
Gottesdienſt, der Eatholifche, ftellt vorzüglich die allgemeine Myſtik
Rirche dar. Des Gottesdienſtes Mittelpunkt ift das Opfer des neuen Bundes,
Abendmahl. An diefes Opfer reiht ſich Gebet und Belehrung. Es ift ein
diges Ganzes, das nie aufgehört hat, die Herzen des Volks zu ergreifen, fie
Emigen und dem Sittlichen zuzuwenden. Wenn es wahr ift, daß gerade bie
e Art der Belehrung die durch Symbole ift, fo wird man den Formen des as
ſchen Gottesdienſtes das Belchrende und Sittlichwirkende nicht abfprechen, fie
a nach oben, und find infoweit, wie Schiller richtig bemerkt, nicht von dieſer
te — Alb die proteft. Kirche die Eathol. Abendmahlsanfidyt, mit ihr die Meffe
arf, mußte es aud) einen andern Gottesdienft für fie geben. Sie hat feine
ler, ihr blieb nur Predigt und Gefang. Es fcheint, daß diefes ein chriftliche®
üth, was ganz erfüllt ift von der hohen Myſtik, die das Evangelium beut,
ner ganz befriedigen fann. Darum hat fich in neuerer Zeit ein gewiſſes Seh⸗
ach des Katholicismus erhabenen Formen kundgegeben. Dan hat die Lichter,
bat Bilder, man hat eine Priefterkleidung u. ſ. m. reclamirt, Indeſſen wird
Dies das Beduͤrfniß ſchwerlich befriedigen. Solche einzelne Formen koͤnnen
gedeihen, verpflanzt aus ihrem eigenthuͤmlichen Boden. Erſt die katholiſche
dmahlsanſicht gibt den Formen Bedeutung und Leben, und da dieſe die pro⸗
itiſche Kirche nur mit Aufacbung ihres Mefend annehmen könnte, fo if} die
e leicht zu entfcheiden, ob lÜibertragung kathol. Formen dem Proteſtantismus
zen konne.
5 ottesfricde, Treuga dei (Tronge oder Trewa, von dem deutfchen
te Trew, Treu), bieß im Mittelalter eine Belchräntung der Fehden, welche
er Kirdye ausging, um ein Übel, welches fie nicht ausrotten konnte, zu mildern.
:deffiben follten wenigſtens am den heiligen Tagen, vom Donnerftag Abende
Sonntag Abends, in jeder Woche, in der Adventss und Kaflenzeit, und in den
ven, der hohen Feſte die Waffen ruhen. Dieſer Sottesfriede wurde zuerſt 1033
mitanien (ro ein Biſchof den Befehl dazu vom Hüunnmiel erhalten zu haben vore
alsdann in Frankreich und Burgund eingeführt; 1633 kam cr [yon auf dem
Der Ruf feiner Thaten veranlaßte 1095 f. Wahl zu einem der
Kreuzzäge(f.d.). Im Fruͤhjahr 1096 trat er den Zug in !
ber Euftad) und Balduin an. G. zwang ben Kaiſer Klerie 9
Wege nad) dem Orient zu öffnen. Er verfprach demfelben bie 4
übergeben, die er den Ungläubigen entrelßen wuͤrde, wogegen bie
das Heer mit Lebensmitteln zu verfehen. Aber unzufrieden, d
die Umgebungen von Konftantinopel geplündert hatten, hielt AÄler
fprechungen. Gottfried eroberte Richa und 1098 Antiochien.
wurden bald darauf die Kreuzfahrer felbft belagert. Ohne Lebe
fie fich in der Außerften Noth. Da wurde auf bie Anzeige en
Seiſtilchen, weicher eine Offenbarung vorgab, die heilige Lanze au
Begebenheit beiebte ben Muth der Kreuzfahrer bergeftalt, daß fie
f&plugen und einen glänzenden Sieg erfochten. Im folg. 3. am
G., nach einer fuͤnfwoͤchentlichen Belagerung, die Stadt Jer
gläubige wurden niebergemegelt. G., deſſen Sanftmuth f. Ta
fuchte vergebens der Wurh Einhalt zu tbum. Acht Tage nach de
ſalems erwählten ihn die Häupter des Heeres zum Könige der €
bes; aber der fcommme ©. wollte nie an dem Drte eine Krone tr
mit Dornen gekrönt worden; ebenfo lehnte er den Königstitel ab
mit dem Zitel eines Herzogs und Sachwalters des heil. Grabes
von Ägppten erfuhr, daß den Chriften von 300,000 M., die Xı
ten, nur noch 20,000 übrig waren, verfammelte er ein Heer
©. lieferte demfelben In der Ebene von Astalon ein Schlacht, '
M. getoͤdtet haben foll. Diefer Sieg ſetzte ihn, mit Ausnahmı
Sägen, In den Beſit des ganzen gelobten Landes. Nun ben
neuen Staat zu organificen. Er fegte einen Patriarchen ein,
capitel, und erbaute ein Kiofter in dem Thale Joſaphat. Dara
Unterthanen eine Gefeggebung, farb aber ſchon den 18. Jult 11
ber Eroberung von Jeruſalem. ein Leichnam ward beftattet
berge neben bem Grabe des Erloͤſers. Taffo's ſchoͤnes Epos pre
Weiſe diefen großen Fuͤrſten und Zeldhern, den uns die Geſchic
der Frömmigkelt, Tapferkeit und aller Herrfchertugenden darftel
Gotthardsberg Goͤttingen — Univerſitaͤt 791
nd ein andres deutſches Meiſterwerk. In Anmuth, Lieblichkeit, Heiterkeit und
Htigkeit der Darſtellung, in reicher maleriſcher Ausftattung und in ſuͤßem Wohl⸗
unge ſteht Gottfrieds Werk einzig in der altdeutſchen Literatur da, und eine fanfte
: elegijche Empfindungsweife bucchzieht den blühenden Garten feiner Dichtung.
fle Ausg., von $. H. v. d. Hagen (mit den Fortſetz. von Ulrich v. Turheim und
inrich v. Friberg ıc.), Breslau 1823, 2 Bde,
Sotthards berg (Sanct⸗), ein hohes Bergthal in der Kette der hoͤchſten
pengebirge an ber Suͤdgrenze bes Cantons Uri. In der Mitte deſſelben liegt ein
Huchnerhospitium nebft einem Spital und Guͤterlager. Auf bdiefen Punkte rech⸗
man die Erhebung über der Meeresfläche 6339, oder nad) der Weiß'ſchen Eharte
66 Fuß. Auf beiden Seiten ragen noch höhere Bergfpipen empor, welche man
48557 Fuß fchägt. Die Straße über den Gotthard (f. Al penſtraßen) ſoll
RK fahrbar gemacht werden.
Göttingen, k. hanoͤverſche Stadt an ber Leine, In einem fruchtbaren und
men Thale, im ehemaligen Fürftenthbum Kalenberg, jegt im Fuͤrſtenthum
m. Sie gehört zu den fhönften Städten von Niederfachfen, und zählt über
Einw. Sie hat Tuch» und Steumpfmanufacturen, Leinwebereien; und
Mn, auch Mettwurfl- und Leinwandhandel. D. Marz hat „Bättingen in mes
da, phyſik. und Hiftor. Hinficht”” gefchildert (Göttingen 1824), — Hier fliftete
84 König Georg IL. die Univerfitdt Georgia Augusta, welde 1735 eröffe
'a. am 17. Sept. 1737 eingeweiht wurde. Sie iſt jegt zugleich für Braunſchweig
b Raffau die Landesuniverfität. Die Univerfitätsbibliothek, welche fuͤr die neuere
ratur die reichfte in Deutſchland, und vielleicht in Europa Ift, zählt gegen
D,000 Bde. und 5000 Handſchriften. 1751 wurde die k. Soctetät der Willens
aften errichtet, und erhielt 1770 eine zweckmaͤßigere Einrichtung. Site beftcht
s einer mathematifchen, phyſikaliſchen und hiftorifchen Glaffe, hat orbentliche und
erordentliche, einhrimiiche und auswärtige Mitglieder, und hätt monatlich eine
bung. Die einzelnen Claffen fegen abwechſelnd einen Preis von 50 Dukaten
die Beantwortung einer vorgelegten Frage aus. 1773 ward ein Mufeum ans
'gt, welches nebft einer beträchtlichen Münsf ammlung die Merkwürkigkeiten bes
ier⸗, Gewaͤchs⸗ und Mineralreiche, auch eine beträchtliche Sammlung von Res
en aller Art in großer Vollſtaͤndigkeit, ſowie Gemaͤlde, Kupferftiche ıc. enthält.
Te 1784 wird jährl. von jeder der vier Facultäten eine Preisaufgabe für die zu
ttingen Studirenden bekanntgemacht; der Preis befleht in einer 25 Dukaten
peren goldenen Medaille. Außerdem befindet ſich hier ein Predigerfeminarium,
tb ologifches Repetentencollegium und ein Paftoralinftitut, ein chirurgifche®, ein
ouchir⸗ und ein Krankenhospital, ein botaniſcher und dtonomifcher Garten, ein
tomiſches Theater, ein Krankenhaus und ein kliniſches Snftitut, ein chemiſches
pratorium, ein phufilalifcher Inſtrumentenapparat, ein Obferpatorium, ferner
philologifches Seminarium u. ſ. w. Tauſende von jungen Männern aus allen
dern Europas nicht nur, fondern recht eigentlich aus allen Welttheilen haben auf
er berühmten Hochfchule ihre Bildung erhalten. G. ift aber auch vorzuͤglich das
geeignet, Ausländer anzuziehen, weil hier ungleich) weniger als auf den mehrften
dern deutfchen Hochſchulen Local: und Mationalgeift auch in wiſſenſchaftlicher
nficht vorherrfchend war, vielmehr dir Univerfität früh einen univerfell europaͤl⸗
m Charakter annahm. Man hat dus freilich nicht felten derfelben fogar zum
xwurfe gemacht; aber jeder Unbefangene wird gar leicht darin uͤbereinſtimmen,
jwenn irgendwo, eben in den Wiſſenſchaften der fosmopolitifche Sinn gepflegt
erden fol. So hat fih ©. fruͤh durch Die Vielſeitigkeit der Verlefungen, vorzuͤg⸗
yin der philofophifchen Facultaͤt ausgezeichnet ; das politiiche und hillorifche Stu⸗
m, deſſen Intereſſe echt eigentlich ein univerſelles ift, bat bier immer vorsäylich
Mühe. Es verdankt ©. diefe Richtung zunaͤchſt dem Miniſter v. Muͤnchhauſen,
verficät eine bauernde WBiüithe verfpricht, befigt ©. an ben mit &&
dotirten und fortwährend unterhaltenen und aus allen Stürmen ⸗
vorteefflichen wiſſen ſwaftlichen Anftalten und Inflituten alter 7
Bibliothek der erfte Pla gebührt, bie unter des fel. Heyne Leitu
einer der erften von Europa erhob und fortwährend in gleich erf
thume begriffen if. (S. Bibliotheken.) &o ft es gekom
der Studirenden zu Göttingen, trotz einzelner zum Theil duch die
beigeführter Unterbrechungen, ftet6 beträchtlich war, und zumal |
sen außerordentlich zugenommen hat. In dem Sommerfemefteı
1545 Individuen, darunter 807 Ausländer. Unter diefen find ei
und 150 Braunſchweiger mit begriffen. Unter den 89 Lehrern,
lefungen antündigen, nennen wir bie ehrwuͤrdigen Weteranen,
Eichhorn. Welche Wichtigkeit Göttingen für die Literatur erhali
aus Pütter’s Goͤttingiſcher Belehrtengefchichte”, welche Saalfe
gefegt hat, und aus Brandess Beſchreibung.
Gottorp, f. Holftein.
Gott ſched (Yohann Epriftoph), geb. 1700 zu Juditenki
in Preußen, empfing von f. Vater, welcher Prediger bafelbft war,
sicht in Sprachen und Wiffenfdyaften, und bezog ſchon 1714 d
nigsberg. Seine Neigung zog ihn bald von der Theologie, für
war, zu bem Stubium der Phitofophie, der (hönen Wiſſenſchaft
Er ließ bereits hier einige akadem. Abhandlungen phitofophifden
dichte drucken, ward 1723 Magifier, und brgab ſich, um dem
entgehen, 1724 nad} Leipzig, wo Ihn ‚der Eönigöberger Magiſtra
pendium unterftügte. Hier gewann er die Zuneigung des berühr
Joh. Burkh. Menke, der ihm die Erziehung f. Kinder anvertraut
lefungen über die [hönen Wiffenfchaften, und befimpfte darin bei
den Lohenſtein ſchen Schwulſt verderbten Geſchmack, wogegen er d
vermeintliche Nachfolger, die Franzoſen, anpries. 1726 erwaͤbl
Geſellſchaft in Leipzig zu ihrem Senior, Schon im folg. I. bit
bie jegt nur dem Namen nach beftchende Leipziger Deutiche Gefel
Einfluß auf bie deutiche Literatur bamalß bedeutend war. An 1
Gottſched (Louife Adelgunde Victorie) 793
Beiträge zur Eritifchen Geſchichte ber deutfchen Sprache, Poefle und Bes
eit“ heraus, und fing f. unerfprießlichen Bemuͤhungen für die vaterlaͤndi⸗
mean. 1734 wurde er ordentlicher Prof. der Logik und Metaphyſik, gab
er f. „Erſten Gründe der Weltweisheit” heraus; ward hierauf Decemvir
yerfität, der philoſoph. Facultaͤt und des großen Fürftencollegiums Senior,
‚ mehrer gelehrten Geſellſch. Mitglied, und ftarb 1766. In unſerer Lites
G. ein warnendes Beilpiel, zu welcher Schmady audy ein Schriftfteller von
ı Beflreben und manchem unleugbaren Verdienſt durch Einfeitigkeit und
zmus herabfinken kann. Dusch diefe Eigenfchaften hat er es verfchulbet,
‚gegenwärtig mitf. Namen nur die bee eines von Hochmuth aufaeblähten
des Ungeſchmacks und der Afterweisheit verbindet, der fuͤr alle Afthetifche
ſ. Zeitalterd nicht genugfam gezüchtigt werben kann. Seine Verehrer, die
f. erften Auftreten für den Wiederherfteller der Dichtfunft und den Verküns
guten Geſchmacks ausgegeben hatten, wurden bald durch Moft, Pyra, Lis⸗
dmer, Breitinger u. A. zum Schweigen gebracht, deren zum hell gemands
und gründlichen Beweiſen ©. mit fo fchwerfälligen Waffen begegnete,
ser völligen Niederlage nicht entgehen fonnte. Mas &. Gutes gewirkt, ift
enig zu verfennen aldf. Abgeſchmacktheiten. Verdienſtlich war f. Eifer für
yeit der deutfchen Sprache, deren Genius er wenigſtens ahnete, wenn er
t Zalent genug befaß, ſelbſt Muſter darin zu werben; verbienftiich find
ne Bemühungen um die beutfche Grammatik und die Gefchichte der Ältern
Literatur. „Grundlequng einer deutſchen Sprachkunft” (Leipzig 1748 u.
„Noͤthiger Vorrath zur Geſchichte der deutfchen dramatifchen Dichtkunſt“
1757 u. 1765); „Beiträge zur Eritifchen Hiftorie der deutfchen Sprache,
id Beredtſamkeit“ (8 Bde., 1732 — 44); „Das Neuefte aus der anmu⸗
elebrfamteit” (12 Bde. 1732 — 64.) Keiner Beachtung mehr werth
ritiſche Dichtkunft und Rhetorik“. G. mar kein Mufter der Dichtkunſt
zum Neformator der deutfchen Bühne geeignet. Er wollte die Oper und
als widerfinnig ausrotten, die Komödie aber dadurch veredeln und reinigen,
n Hanswurſt, den ergöglichen Liebling der Menge, von der Bühne ver-
Fa, er war graufam genug, in Gemeinfchaft mit der Schaufpieldirectorin
en ehrlichen Geſellen 1737 öffentlich und feierlich zu begrabın. Was er
die Bühne lieferte, war froftig, fleif und lanaweilig. So verkehrte Bes
n lieferten ihn in die Hände f. muthwilligen Gegner, deren Übergewicht
tſchiedener ward, je mehr er fich ereiferte und mit ſtolzem Tone fie nieder
vollte.
It t ſched (Louiſe Adelgunde Victorie), Gattin des Vorigen, Tochter des
ı Leibarzted Kulmus, geb. 1713 zu Danzig, empfing von ihrer Mutter
t in der deutichen und franz. Sprache. Inder Folge bildete fie, befondere
> Lefen des englifhen „Zuſchauers“, ihren Wis und Geſchmack; ebenſo
e fich in der Geographie und Geſchichte außgebreitete Kenntmiffe, und im
und in der Tonkunſt feltene Fertigkeit. Sie las die beften Werke der
ft und Beredtfamkeit, und die ernfihafteften philofopbifhen Schriften.
den fie 1729 periönlich kennen lernte, unterbielt fie einen ununterbroches
fwechſel, und verband ſich mit ihm 1735. Sie lernte jest auch noch La⸗
md Griechiſch, halfihrem Manne bei f, gelehrten Arbeiten, und trat ſelbſt
riftſtellerin, beſonders als Überfekerin, auf, ohne darum ihre häuslichen
Nu vernachtäffigen. Ihre raſtloſe Thaͤtigkeit aber zerftörte ihre Geſund⸗
ſtarb zu Leipzig 1762, im 49. J. ihres Alters. Mad. G. mar eine Frau
liebenswuͤrdigſten Eigenfhaften. Mit feltenen Kenntniffen und einem
hen Ernſt verband fie alle weibliche Zugenden, Eanftmuth, Beſcheidenheit
regſte Gefuͤhl für Liebe und Freundſchaft. Die deutſche Sprache behan⸗
win
teitende Artillerieregiment, und warb dem Artilleriegeneral For
dem Seldzuge von 1805 zeichnete er ſich unter Lannes, beider E
brüde in Wien, und bei Aufteclip, woſelbſt er verwundet ward, ı
hervor bei Jena 1806, dann 1807 in Polen, hierauf 1808 bei
Saragoffa, und 1809 in den Schlachten von Abeneberg, Ed
Ebersberg, Eplingen und Wagram. Mad) dem Frieden führ
Gervehrfabrik zu Verfailies einige Verbeſſerungen in der Anferti
Gewehre ein. Darauf ward er nach Danzig gefendet, die &tı
Gall eines Krieges mit Rußland zu unterfuchen und in der Stil
gerungs · und Bruͤckengeraͤthe anfertigen zu laffen. ein Ber
ihm die befondere Zuneigung des Kaifers, der ihn nun in die £
officiere aufnahm. Spätere Berdienfte erwarben ihm 1812 |
ein Majorat von 2000 Fr. jährt. Einf, Nach dem Feldzuge
faſt allen Treffen und Schlachten beigewohnt hatte, erhob ihn N
Auf dem Rüczuge durchſchwamm ©. mit f. Pferde zwei Mat |
Errichtung ber Brücke zu leiten. 1813 nahm er al6 des Kaiſe
officier an ben Schlachten von Lügen und Bauten Theil, und
Waffenftiltftandes die Oberleitung des Artillerieweſens. Gein
fer über die Haltbarkeit von Dresden, vom 24. Aug., warb di
Napoleon ftatt uber Königftein in den Rüden der Verbündeten
nad) Sachſens Hauptftadt eilte, um dieſen Waffenplag zu beb
malige Dotation von 6000 Fr. und die Ernennung zum Offi
belohnten G.'s einfichtövolle Thaͤtigkelt. Nach der Schlacht ve
ihn der Kaiſer, die Brüde von Freiburg beim Einbruch der Ne
zoͤgerte indeß damit bis zu Anbruch bes Tages, und rettete hieı
Marſchalls Oudinot. Bei der Ruͤckkehr nad) Frankreich war!
ſonders mit bei der Wiederherftellung der Armee an. Nach de
enne rettete ©. dem Kaiſer dadurch das Erben, daß er einen K
einigen Kameraden in den Rüden der Armee geſchlichen hatte u
ftand, Napoleon niederzuſtoßen, mit einem Piſtolenſchuß töbte
ſchenkte ihm der Kaiſer den Deacn, den er auf feinen Feldsüger
hatte Onitor zeichnete (iA Ri han Achlachten van Manai
des Etatmajors der 1. Mifitnixbiviften: Bel den Ereigutffen
Tue er ber Stimme der Pflicht, bis die Bourbens flohen, wo
oleon zu fich berief; den er nun nicht mehr verließ. Nach dem gluͤch
i Fleurus ernannte ihn ber Kaiſer zum Beneraladiutanten unb auf ben
Baterloo war Gourgaud der letzten Einer, weicher wich, Hierauf folgte
ch Malmaiſon, dann nach Rochefort, von wo aus ihn dee Kalſer mit
en Briefe vom 14. Jull an den Prinzregenten von England ſendete
iſt erbat fi) G. das Gluͤck, ſ. Kaifer begleitm zu bürfen Drei 3
m öden Gilande, als eine langwierige Krankheit f. Entfernung ‚von
othwendig machte, Inden bie Ärzte erflärten, er Binndnztr in Curoßa
ben. So kam er nach England, von wo aus er an die in Aachen ver⸗
onarchen und d. 25. Aug. 1818 um die Kalſerin Marie Bonife [dydieh,
ze Lage darſtellte, in welcher ſich der Kaifer befand. Darauf gab ®
über die Schtacht bei Waterloo heraus, wobdurch fich ſowol der
mals das engl. Miniſterium beleibigt fühlte. - Er ward verhaftet, 1;
bt, und in dem hütfiofeften Buftand. nach Kurhaven geſchckt. CME
ſehre Fahre umher ; ‚vergebens bat f. 7Töjaͤhrige Mutter bei: der Kar
tirten um die Erlaubniß zu ſ. Ruͤckkehr nach. Ftankreich, bis fie radu
ver auswaͤrt. Angelegenheiten, Pasquier, im DRärz 1821 bewilligte.
richt von dens Tode bed Kaiſers Kbergab General ©. im Verein tut
Zittſchrift an bie Kammer, daß Frankreich die flerblichen Übrrrefte
verlangen möchte, was aber feinen@ingang fand. Da man ige, derbe
0 3. mit Auszeichnung gedient, wihrend ſ. Aufenthaltes auf Helna;
ı der Armee geſtrichen hatte, fo würde ſ. Loos druͤckend geworden fein,
Großmuth f. kaiſerl. Freundes Ihn durch ln Wrichmif uriabhängig
hat ſich mit der T. des Grafen Roͤderer, ehemaligen Gonventänsisgliet
yerigen Senators, vermähit, und iſt beſchaͤftigt, ausdern reichen Sehne
jen und ber ihm von Napoleon mitgethelitru Um '
der Feldzuͤge des Kaiſers zu ſchreiden. Seitdem bat er niehre Theile
rande armde, Ymercorps & Berissew le 27. et 28. Nav. 10624,
als Gourgaud in vielen Stücken widerlegt. | RER 3
k (Carlo, Graf), Luſtſpieldichter, geb. zu Venedig gegen: 1248, ilbe
Studien, ohne Wadl einer Beftinnmung. :: Der xrſte Gegenfland f.
gen war bietoßcanifche Sprache, dern elgenthänstichen Geiſt eu ſich
‚e als irgmd ein andrer venetianiſcher Schriftſteller 2 &
ſten Gebrauch bavon in burlesken Gedichten; denn fein anfangs tenflse
‚te fich zu Scherz und Epott gewendet, Die Zerrüttung, im weiche
ieth, nöthigte ihn; Inf. 16, Fahre Kriegädienfte zu nehmen andbnach
he @ifemieeevor ai er 19 3. ale —
sit vor ale er alt nach Venedig zur wa,
: Angelegenheiten ſ. Familie ihn mannigfaltig brunrubigten. Er warb
nd würzte. Mit übertriebenem Gifer-verfolgte er ben ſchlechten Ge⸗
er Beifall, den Chiari’d dramatifche . Arbeiten fanden, ertegte [. Balte:
natten und zugleich fhmülftigen Dichter. Nicht minder war 8 os
ein. Gegenſtand ſ. Angriffe. Chiari und Golboni, vorher felhfz wile
nd, vereinigten fich zu gemeinfdaftlichem Miderſtand gegen &.; uber
800 Grab Gracchus
fortzuhelfen. Später trug man ihn von Padua aus ein ehrenvolleres u
ficheres Gefchäft auf. Die Univerfität diefer Stabt follte in allen ihren 2
völlige Reform erfahren, und &. ward erfucht, einen Plan dazu zu
Ein Gehalt von 600 Dukaten jährl., fo lange die Sache bis zur völlige
rung dauerte, und außerdem mehre Sratificationen, waren der Lohn.
fid) daducch aus den Derwidelungen, in welche ihn die Kheaterfpeculation
geftürzt hatte, und verlebte einige angenehme Jahre in Padua, währe
Zeit er auch f. Frau verlor, die er, trog dem vielfältig gemachten Kumme
tig betrauerte. Zuruͤckgekehrt nad) Venedig, wo der Senat, in Betrag
in Padua, ihm ben größten Theil f. dortigen Gehaltes ließ, warb er du
lichkeit genöthigt, die feuchte Luft diefed Ortes zu meiden; er ging deßh⸗
nad) Padua, two er fich mit einer alten Freundin, einer Mad. Genet, bie
viel Sorgfalt erwiefen hatte, aus Dankbarkeit verband. Bald darauf fi
&, alt, im Dec. 1786. Als Kritiker zeichnete ſich &. durd) Tiefe und S
Urtheils ſowol wie durch Unparteilichieit uund Beſcheidenheit aus. ©. ,
degli antichi poeti sopra la moderna censura di Dante etc.‘ (Venedig
Eann ein Mufter in diefer Dinfidht genannt werben. Außer andern Sch
man auch noch „„Opere in versi e in proaa“ (Venedig 1759, 6 Bde.)
die meift aus Übertragungen franz. Trauer und Luſtſpiele beſtehen.
Grab, heiliges, f. Heiliges Grab und Goͤrlitz.
Grabmal, f. Denkmal.
Gracchus (Tiberius Sempronius und Cajus), zwei Homer, d
fie die Republik erneuen und das Wohl des Volks feit begründen wolten,
den bürgerlichen Unruhen In Rom gaben, deren Opfer fie felbft wurden.
Sempronius Örachus, etwa 9 J. älter als [. Bruder, war ein Dann v
Talenten und ſchaͤtzbaren Eigenfchaften. Er ſowol als f. Bruder erhielten
teefflichen Mutter — frühe verloren fie ihren Vater — Cornelia, T. des ı
tern Scipio, eine forgfältige Erziehung ; in fpätern Jahren hatte griedh. F
ihren Geift gebildet und veredelt. Ihre Samilie gehörte zu dem edelſten
nehmften Roms. Tiberius hatte fich früher als Krieger ausgezeichnet;
führung ſ. Schwagers, des jüngern Scipio, war er beider Eroberung 5
ber Erſte auf den Mauern der brennenden Stadt. Schon als-Füngling
in das Collegium dee Augurn aufgenommten, eine Würde, die gewöhnlich
diente Staatömänner belohnte. Er ward hierauf Quaͤſtor bes Conſuls I
der damals das Kleine, aber tapfere und freiheitliebende Volk der Numı
Spanien befriegte. Hier rettete des jungen ©. hohes Anſehen, in deme
diefen Feinden Rom ftand, durch einen Vertrag, der, ohne ſchimpflich zı
Numantinern ihre Unabhängigkeit zuficherte, viele Bürger; ja fie gaben ?
ftor f. nebft dem Gepäd verlorenen Rechnungen und Papiere mit rühren
tungebezeugungen zurüd. Aber der römifche Senat vernichtete den Ver
beſchloß, um diefe Verlegung des Voͤlkerrechts einigermaßen zu rechtfert
Diejenigen, welche ihn gefcyloffen hatten, den Numantinern ausınlic
ward der jüngere Scipio mit einem neuen Derre gegen Numantia abgefdii
große Anfehen jedody, defien ©. ſchon damals genoß, rettete ihn von einer li
lichen Behandlung, und am Ende ward nur Mancinus, den aber die Nu
ungerränkt entließen, ausgeliefert. Diefer Vorfall gab f. politiſchen Lebe
flimmte Richtung, als Gegner des Senats für dus Volk zu handeln. €
ſich um die Würde eines Volkstribunen, die ſ. Perfon, während er fie I
unverleglic machte, und ihn in den Stand feste, f. großen Entwürfe sun
des Volks auf geſetzlichem Wege auszuführen. Das tiefe Elend des größe
des fouverainen römifchen Volks, das er befonders bei ſ. letzten Reife von
vinz nad) der Hauptſtadt bemerkt hatte, führte ihn auf den Gedanken, bi
vr
Gracchus 801
zrundeigenthuͤmer in Italien zu vermehren, und dadurch der Armuth des gro⸗
Haufens, ſowie den meiſten Übeln, an denen die Republik litt, abzuhelfen.
ie Römer Neuerungen nicht liebten, fuchte ee f. Zweck durch die Erneuerung
‚alten, fchon vor 232 3. gegebenen, aber lange vergeffenen Geſetzes zu erreis
Damals war namlich auf den Vorfchlag des Volkstribuns Licinius Stolo
heftigen Streitigkeiten das Gele durchgegangen, „baß Niemand über 600
e (Suyera zu 23,600 Quadratfuß) von dem Gemeinlande (der Staatebomaine,
rpublicus) befigen follte; das Übrige ſollte unter die Piebejer gleichmäßig vers
t werden“. Dieſes Geſetz, das nun, nad) G., das Semproniſche, ober vor»
weiſe das Ackergeſetz genannt wurde, erneuerte er, fügte aber mehre mildernde
limmungen hinzu. So follten für die aufgeführten Gebaͤude und andre Ver⸗
rungen die Befiger entichädigt werden; jeder unmündige Sohn follte die Hälfte
) Zugera) befigen dürfen, und der mündige fonnte als Bürger und Hausvater
Ganze befiten. Dennoch fand des Sempronius Vorfchlag den heftigften Wir
and beider herrfchenden Partei (der Adeligen). Auch wurden dadurch dir italienis
ı Völker verlegt. Sie hatten feit ihrer Unterwerfung unter dem Namen,, Bundes⸗
ſſen des roͤmiſchen Volkes“ durch Geldbeiſteuern und Zruppencontingente eigent«
rie römische Macht gehoben, und unter verfchiedenen Titeln manche Streden
:Smifchen Gemeinlandes an ſich gebracht. Es ift wahrſcheinlich, daß Tiberius
gen unter ihnen, beſonders den Lateinern, zur Entfchädigung das roͤmiſche Buͤr⸗
echt, allen aber mehr Schuß gegen die Erpreffungen einzelner roͤmiſcher Magie
Operfonen verſprach. Ihm entgegenzumirken gewann der Senat einen ber
Isteibunen, den Marcus Octavius, einen jungen, reichen und Eühnen Mann.
nun Xiber, nachdem er, dem Herkommen gemäß, fein Gefeg 19 Tage hin
y öffentlich ausgeftellt Hatte, daffelbe den verfammelten Bürgern zum Abftime
vorlegen wollte, ſprach diefer dagegen fein Veto aus, wodurch da® ganze Untere
zen auf einmal gefcheitert ſchien. Tiber machte zwar jegt von f. ganzen Macht⸗
Gebrauch, verfiegelte die Schatzkammer und unterfagte allen Behörden die Aute
ig ihres Amtes, aber er fah, daß er damit wenig außrichtete. Er wagte daher
ı neuen und biöher in ber römifchen Gefchichte unerhörten Echritt. In der
ten Volksverſammlung trug er auf die Abfekung des Octavius als eines unges
Volksvorſtehers an. Bon den 35 Tribus hatten fhon 17 für die Abfegung
ume; jest trat Tiber zu Dctavius (er war f. Jugendfreund gervefen), und bat
deſchwor ihn, das Vito zuruͤckzunehmen. Diefer hieß ihn die Abflimmung
gen, und kaum war durch bie naͤchſte Tribus die Mehrzahl fie die Abjegung
Jieden, fo warf fich der wuͤthende Pöbel auf ihn, da er mit f. Würde zugleich
werletzlichkeit verloren hatte; und nur durch die Bemuͤhungen Tiber's, der
ansvandte, das Volk zur Maͤßigung zurücdzuführen, duch die Treue eines
ven, der ſich für ihn aufopferte, und die Anftrengungen der Ariſtokraten rettete
m Leben. Noch in derfelben Voltsverfammlung ward das Geſetz vom Volk
gonımen, und drei Sommiffarien die Vollziehung übertragen, dem Ziber felbft,
ns jdıngern Bruder Cajus und feinem Schwiegervater Appius Claudius. Nun
zeigten fich alle Schwierigkeiten, die der Ausführung im Wege flanden, in ih
sollen Lichte ; ſchon die Worarbeit, die Unterfuchung, was Gemeinlaund und
atacker fei, hatte deren im vollem Maße; die Klagen und Beſchwerden aus
Begenden Italiens häuften fi, und Tiber's Popularität fing an zu ſinken,
5 f. Gegner nicht unthätig blieben. Indeſſen kam der Aug. des I. 620, wo
unen für das folgende Jahr gemählt wurden, heran, und G., der indeſſen
deue Vorfchläge ſich in der Gunft des Volks wieder zu heben verſucht hatte,
usb fich von neuem um diefe Würde. Da im Gegentheil die Ariſtoktaten Alles
weten, dies zu verhindern, flieg die Sahrung in Rom auf das hoͤchſte. Ohne
mer Wahl zu kommen, ging ein Wahltag vorüber. Am folgenden befegten
nap. s Ber. Gicbente Aufl. Bd. IV. 51
| 808 Graff Gramme
Gegenſtand, mit Originalitaͤt. Als Leibarzt an den Hof des Herzogs v
Bernburg berufen, machte er ſich um das daſige Krankenhaus, ſowie um
ſ. Mitwirkung entſtandene Alexisbad verdient. Nur die Einladung Rei
ihn vermögen, diefen Poften aufzugeben und 1810 das Lehramt der Chi
der Univerfität zu Berlin anzunehmen. Im Kriege 1813—14 führte ı
viffond: General-Arzt die oberſte Aufſicht über das Haupt⸗Reſerve⸗Feldlaze
das ganze Lazarethweſen zwiſchen der Weichfel und Weſer; 1815 die kei
Drganifation aller Lazarethe zwifchen der Wefer und dem Rhein, im Gr
thume Niederrhein und Holland, aus welchen Anftalten er 85,630 Ger
Fahnen des Könige zuruͤckkgab. Nach dem Krieden finden wir ihn wiede
tigen Lehrer zu Berlin. Er wurde Mitglied der wiffenfchaftl. Deputatio:
nifterium der Geiftlichen«, Unterrichts und Medicinalanftalten, Mitglied!
Eraminationscommilfion (nad D. Goͤrke's Tod), dritter General Stab
Armee mit dem Range eines Oberften, Mitdirector des Friedrich⸗Wilhelr
tuts und der mebicinifch: hirurgifchen Akademie. Die beutfche Chirurgie
ihm viel, u, X. die Einführung und WVerbefferung der faft vergeffenen Mett
lorene Rafen zu erfegen (. Rhinoplaſtik). Insbeſondere machte e
bie erweiterte und verbefierte Einrichtung des Klinikums verdient. Auße
Berichten ven 1816— 1822, von dem Plinifchen Inftitute für Chirurgie
genheilkunde, nennen wir folg. Schriften von ihre: „Angiektaſie, ein Beitr
tionellen Cur und Erkenntniß der Gefägausdehnungen” (Kpz. 1808, 4.); |
für Abloͤſungen großer Gliedmaßen“ (Berlin 1812); „Rbinoplaftik” (Be
ins Lat, überf. von D. Heder und ins Ital. zu Neapel von D. Schönberg)
nal für Chirurgie und Augenheiltunde”, zugleich mit Prof. von Walther
feit 1820 ; „Die epidem.scontag. Augenblennorrhoe Agppten#” (mit Kupf.
Berlin 1823),
Graff (Ant.), & ſaͤchſiſcher Hofmaler, e. der erften Portraitmaler f.
zu Winterthur 1736, deffen Lehrer im Portraitmaien Job. Ulrich Scheil
weſen war, hatte 8 Jahre in Augsburg verlebt, als er 1766 nach Dres
fen wurde. Hier bildete er f. Talent volllommen aus. Zeichnung, Cha
Gotorit find an f. Gemälden gleich lobenswerth und befriedigen den Kem
Zahl f. Portraits, unter welchen die männlichen den Vorzug verdienen, ı
liengemaͤlde bellef ſich ſchon 1796 auf mehr ats 1100. Eine intereffant
lung berfelben aus des Buchhändiers Reich Nachlaß befigt jet die Leipzig
fitaͤts bibliothek. ©. ſtarb zu Dresden 1813.
Gral, Sraal, f. Tafelrunde.
Grammatik, (Sprachkunft), der Inbegriff der Regeln, nach w
Sprache richtig geredet und gefchrieben wird. Jede Sprache hat ihre eig
matik, alle aber umfaßt die allgemeine oder philoſophiſche Grammatik, v
Ruͤckſicht auf eine vorhandene Sprache, nach den Gefegen des Denten
Bedürfniffen des menfchlichen Geiſtes ein ideales Sprachgebaͤude aufführ
jeder menfchlichen Sprache mehr oder weniger, von Eeiner aber vollſtaͤn
wird, noch erreicht werden kann. (Vgl. Sprachlehre) Beiden‘
das Mort Grammatik urſpruͤnglich einen ganz andern, weit umfaſſend
(Vol. Rhetoren und Grammatiker.)
Gramme, bie Einheit des Gewichts In Frankreich, melche® bie ı
Gros oder Quentchen erfegt. Es werden daraus durch Multiplication
fion alle arößere oder Beinere Gewichte gemacht. Soift z. B. das Dei
me ein Bericht von 10 Grammen, fo viel als 23 Quentchen; da6 Dec
me ein Gewicht von 100 Grammen, madıt 14 Unze; das Kiliogra
Gewicht von 1000 Grammen, 2 Pfund und faſt 6 Quentchen; das
gramme ein Geteicht von 10,000 Grammen, beinahe 204 Pfund.
ARE
Grammont Oranat Ä 809
mme iſt ein Zehntheil des Gramms, beinahe 2 Graͤn ſchwer; Centi⸗
me Im des Sramms, beinahe + Graͤn; Milligramme, ein Tauſend⸗
} Sramms, beinahe „1; Grän; es vertritt Die Stelle des ehemaligen Karate.
Irammont(Pphilibert, Graf v.), Sohn des franz. Marſchalls d. N. Sein
ter war der Gemahl der fchönen Eorifandre d'Andouins und er fcheint auf
hältnig mit Heinrich IV. in f. von Hamilton (f. d.) herausgeg. Memoi⸗
ufpielen, wo er behauptet, e8 habe nur von f. Water abgebangen, Heinrichs
ohn zu fein, da der König ihn habe anerkennen wollen, was aber von jenem
nt worden fe. Er diente in früher Jugend unter Gonde und Turenne;
achte er den Krieg in Holland mit, und zeichnete fich überall durch Tapferkeit
iewol er nie weder Heere befehligte, noch Unterhandlungen leitete. Cr ftieg
ıd nach zu Ehren und Würden, fiel aber in Ungnade, als er es wagte, Ludwig
die Liebe der ſchoͤnen Lamotte Houbancoutr flreitig zu machen. Aus Paris
m, ging er, zwei Jahre nach Karls IL. Ruͤckkehr, an deffen üppigen Hof, wo
terkeit, f. lebhafter Hang zu Vergnügungen, f. Wis, f. Gluͤck und noch
vielleicht nicht allzu redliche Geſchicklichkeit im Spiele unter der herrfchenden
heit großen Beifall finden mußten. Saint⸗Evremont, ber geiftxeiche Epi⸗
befien Held G. war, Buffy Rabutin und Hamilton, G.'s Schwager, vers
G. fei in f. Liebeshändeln mehr unternehmend als glüdlicy gewefen, aber
Breigebigkeit, die er in f. Verſchwendungen zeigte, befaß er doch viele Mittel,
zus feffeln, die es mit den Herzenseigenſchaften nicht fo genau nahmen. G.'s
lin ward Hofdame ber Königin von Frankreich, gefiel aber nicht allgemein
fe. ©. feste den Epikureismus, worin St. Evremont f. Lehrer geweſen
fange als möglich fort, ohne auf den frommen Rath f. Stau viel zu achten,
ı f. 75. J. von fchroerer Krankheit befallen ward. Nach ſ. Benefung fol
Bemühungen, ihn zu befehren, voilliger entgegengefommen fein. Er ſtarb,
ilt, 1707. Eine f. beiden Töchter heirathete den Grafen v. Strafforb.
‚ram, ein Goldgewicht, fo viel als ein halbes Loth; deögleichen ein Apo⸗
wicht, der 60. Theil eines Quentchens. Gränoder Öreen, ein Meines
wicht, der dritte Theil eines Gran, oder das Zwölftel eines Karate; beim
ter 18. Theil eines Rothe, oder der 24, Theil eines Pfenniggewichte; ber
beit einer Mark.
Iramada, Königreih in Spanien oder Oberandalufim (453 I M.,
O E.). Die Haupiſt. ge. N. am Fluſſe Zenit, unter einem fehr angenehmen
unden Dimmelsftriche, zählt in 12,000 H. über 66,000 E. In der Naͤhe
vei Berge, ziwifchen denen der reißende Darrobach firömt. Auf einem dies
ge liegt der maurifche Koͤnigspalaſt Alhambra mit f. 30 Thürmen, der allein
um einer Stadt einnimmt. Der andere Berg Alcanaza ift voll Haͤuſer und
. Jedes Haus hat zur Kühle einen Springbrunnen, und wenn diefer fehlt,
ens einen Limonienbaum. Höher wie die Stadt liegen ſtets mit Schnee
Berge (die Alpujarcae) ; dennoch iſt der Winter in Granada milde, ©,
hrabifch., e. Univerfit., 41 Kloͤſt. 13 Hospit., einige Fabriken, viele Denkmaͤ⸗
teifcher Pracht, und den Bazar Alcanteria. Die umliegende aͤußerſt frucht⸗
gend, eine ſpaniſche Domaine, ift fo reich an Maulbeerbäumen, daß bloß
stpflüdtung berfelben für die hiefigen Seidenwürmer 3500 Dublenen Pacht
Sie triigt Alles, was das Tüdlichfte Europa in Vollkommenheit erzeugt. Im
tigen Domkirche find die Grabmaͤler Ferdinands des Katholifchen und der
n Ifabelle, ſowie das des Feldherrn Sonfalvo (f.d.) In der Nähe bie
mer der Stabt Illiberis.
Branat, ein Mineral, welches in Rhombendodekaẽdern Ernflallifict, auch
nem und derb vorfommt. Die Farbe it biuts, kolombin⸗ und braͤunlich⸗
edler Granat, Almanbin, Pprop), wein und honiggelb, olivens, lauch⸗ und
808 Graff Gramme
Gegenſtand, mit Originalitaͤt. Als Leibatzt an ben Hof des Hed⸗
Bernburg berufen, machte er ſich um das daſige Krankenhaus, fo -: "
ſ. Mitwitkung entftandene Alexisbad verdient. Nur die Ein! ;
ibn vermögen, diefen Poften aufzugeben und 1810 das Lehr ı
dee Univerficät zu Berlin anzunehmen. Im Kriege 1817:
vifiond: General: Arzt die oberſte Aufſicht über das Haupt⸗
daß ganze Lazarethweſen zwiſchen der Weichfel und Wr" -
Drganifation aller Lazarethe zroifhen der Wefer und‘.
tbume Niederrhein und Holland, aus welchen Anſt - ——
Fahnen des Königs zurüchgab. Nach dem Frieder —
tigen Lehter zu Berlin. Er wurde Mitglied der· ot,
nifterium der Geiſtlichen⸗, Unterricht und Mer" art Mi
Eraminationscommiffion (nah D. Goͤrke's T. ve Game 4,
Armee mit dem Range eines Oberften, Mitd artigem Granit,
tuts und der medicinifc: hirurgifchen Alade⸗⸗ ete Quatjkeyſtal
Ihm viel, u, A. die Einführung und Verbeſf ‚selbfpathe. Pant $,
lorene Naſen zu erfegen ([.Rhinopla: ‚mmerfchicher, Sr
bie ertoeiterte und verdeſſerte Einrichtung gen und auf Fremdarigauf
Berichten von 1816—1822, von dem - ‚Ketalfen und im allgemeinen it
genpeilfunde, nennen wir folg. Scheifte .! * * 6 muthmahiih
tionellen Gue und Erfenntnißder Gef: alt Bibjrat alt De man Incl de
für X6t6fungen großer Gtiemaßent. “Origen Beldarten ; FR“
Ing Lat. über vonD. Hederund' . und Thonſchiefet und — te. 8
ma fi Ohr und Agrbe Sy nm De pt ie
it 1820; „Di , {
a erben it, welche Arbeiten meift nicht polirt — N
Graf fi Ant), & fahr ge find wenig, ober gar nicht zugehauene
gu Wintertöur 1736, deffe „zam tolofalın Bitbfäule Peters bes Großen p}
weſen war, hatte 8 Fapre ö „90000 Gte. fchweren Granitblode. In neunn
— he DE
f yın Granit, obrool derſelbe eine vortceffliche ii
— Fe x, indem die Arbeiten zu mühfem und zu —
Zahl ſ. Portraits unt man die Blöce und Gefchiebe der fhönern a er
Viengemäßde Bette fich * Schriftgranits, zu Tiſchplatten, Reihen, De
lung derfelben auß? 4 um Bau von Haͤuſern, Kirchen, Brhden, er
der Straßen, zu Eckſteinen u. f. w. wird der Gr—
Fe zu Mühifkeinen, Zapfenlagern, zu Gußſieinen auf$
m i iniſter geu
il AR, nton Perrenot, Gardinal v.), Staateminifter Rat
—— 5— rn Kanne in der Graffchaft Burgund, Mudiene I
Rädficht au Pr ‚a Löwen, und ward darauf von f. Vater in die Srauttsi
Bedärfniffe * Befig von 7 Sprachen, die er mit Leichtigkeit fpradı, ni
jeder menfc * —8 Geduld ausgeſtattet, Dee deaones
wird, nod ‚Gitten, folgte er ganz fo Ehrgeiz, dem feine ei Mr
das Wor A Im 23. J. zum Biſchof von Arras ernannt, deglen Ib
(BER — nach Worms und Regensburg, wo beide Unterhänt .
e die Religioneunruhen zu unterdruͤcken. Auch dem iridentid
Große e und fuchte hier bie Chriſtenheit fl ben Reieg gramm
fonat AM, As nach der Schlacht bei Mühlberg die Protetantn 8
med — G. mit Abfaſſung der Bedingungen beauftragt; und A
mee en von Heilen, dem man die Freiheit zugefichert hatte. ur
Gm Seofanz ben Proteftanten durch Überfall enteeißen. 1550 Im Ha
ara Mfesmmahrte bie Reichtfiegel. AB der Raifer 1952, von In
Ep iin, won Infprud bri Nacht im einer Senfte entfleb,
Draphit Graͤter 813
Mauer Vertrag, welcher bald darauf Deutſchland
“pre. 1553 unterhanelte er die Vermaͤh ⸗
@ nd. 1556 beantwortete er, in Phi⸗
. 6” “ndantung vor den flanderifchen
* würdige Art. Der Waf ·
*
>77 "ich und Spanien auf
— „on und nach anfänglis
ER Z daher Unterhandlungen
— Ambreſis. Philipp verließ
* 42 — Ab ließ Margaretha von Par⸗
* Al, % Ad. Aufdiefem Poften mußte
** ur aßregeln ihm zur Laſt legte, waͤh⸗
* — wãche und Milde die dortſcheitie der
* „die Talente ſ. Miniſters beffer, und er»
P > Sein Eifer für die Wiederberufung des
* cuͤckung des Bajanismus erwarben ihm den
* aeß nicht ab, ihn mit Anklagen zu verfolgen, fie
4 ha gegen ihn einzunehmen, und fo ertheilte ihm
‚ Indie Franche: Comts zurüdhzutehren. Bald ers
‚er, ſich eines fo treuen Miniſters beraubt zu haben.
ar Ruͤckkehr zu bewegen. G. veriebte jept fünf Jahre
mgang mit Gelehrten. Er wohnte ders Gonclave bei,
‚sereählte. 1570 fandte ihn Philipp abermals nad) Rom,
d ben Benetianern ein Buͤndniß gegen die Türken zu ſchlle ⸗
ı Neapel, wohin G. als Bicefönig gefandt wurde. Gr traf
yen Verhältniffen nicht nur zweckmaͤßige Vertheidigunges
d auch teeffliche Verordnungen für den innern Wohiſtand,
1 f. Gefchicklichleit und Rechtſchaffenheit nody größere Vor⸗
1575 in ben Staatstath berufen wurde. Philipp, eiferfliche
ıft zu regieren, begnügte ſich, ©. den Titel eines Präfidenten
ı Statien und Gaftilien zu ertbeilen, ſodaß der Cardinal zwar
‚ aber in der That erfter Minifter war. Als ſolcher unters
gung Portugals mit Spanien, war Zeuge des von ihm vors
es der Niederlande und ſchloß die Verbindung der Infantin
tzog von Savopen, bie ein Meifterftüd! der Politik war, ins
m auf Mailand dadurch entgegengewirkt wurde. So raſt ⸗
1586 an der Schwindſucht. Wie man auch über G. ur⸗
immt man überein, daß er unermuͤdlich, feft in f. Entfchläfe
hochgeſinnt, untadelhaft in der Verwaltung, gemäßigt felbft
nde, und fiets für Spanien und die Religion thätig war.
Reipblei,
Botanik, ein Gewaͤchs, das einen hohlen mit Knoten und
Stengel hat, der bier Halm heißt. Die Blätter jind lang,
figen nicht, wie andre Pflanzenblätter, auf Stielen, fondern
iner Scheide, die den Halm umfchließt. Die Blüthen find
on Farbe und haben Spelzen; fie bringen nur einzelne Gas
ten der Graͤſer ſchlagen, wenn fie mit Exde bedeckt werden,
yierauf gründet ſich die kuͤnſtliche Vermehrung des Getreides,
den Gräjern gehören.
rich David), D. und Prof. ber Phitofophie, geb. den 22.
aligen Reichsſtadt Hall, jet k. würtemb. Paͤbagogarch der,
Donaukreifes, und Rector des &, Gpmnafiums zu Um, ⸗
find. Die Größe des Korn iſt fehr verfhieden; der Fe
der vorhertſchende Gemengtheil. Duck) einzelne in d
fene Feldſpathkryſtalle, wird das Geſtein zu porphprart
Schriftgranmit liegen unvolllommen auögebildete £
freut, oder nach parallelen Linien zerftreut im elbfpati
zufaͤllige Beimengungen, er geht in Gneis, Stimmerfcyiel
im allgemeinen wenig Mineralien auf Gängen und au
geordneten Lagern, ift deſonders arm an Metallen und im
tet. Ein großer Theil des Granits galt bis jegt al da
flein, al6 die Unterlage fämmtlicher übrigen Felſarten; ei
fenbar jünger als Gneis, Glimmer · und Thonſchiefer und
welt verbreitet und bildet meiſt ſchroffe Berge mit ſpitzen
Schon in früher Zeit diente der Granit, namentlich der d
werten ber verſchiedenſten Art, welche Arbeiten meift nicht
nenfteine der alten Nordländer find wenig, ober gar nicht
Das Fußgeftell der bekannten koloſſalen Bildſaͤuie Peter
burg befteht aus einem, 30,000 Gte. ſchweren Granitbloc
menden die Steinmegen den Granit, obwol berfelbe eine
nimmt, im Ganzen feltner, indem die Arbeiten zu mühfaı
deſſen zerſaͤgt und polirt man die Bloͤcke und Geſchiebe be
wungen, befonders des Schriftgranits, zu Tifchplatten, &
u. ſ. w. Als Materiat zum Bau von Häufern, Kirchen,
gen ıc., zum Pflaftern der Straßen, zu Eckſteinen u. f. w.
benugt; endlich auch zu Muͤhlſteinen, Zapfenlagern, zu |
werten u. ſ. w.
Granvella (Anton Perrenot, Cardinal v.), Sta
Ppitipps II, geb. 1517 zu Ornans in der Grafſchaft Bur
dann Theologie zu Löwen, und ward darauf von f. Vater k
geführt. Im Befig von 7 Sprachen, die er mit Leichtig
Ocharfhlich unh unermihoter Bohnfh anansftattet. hahal t
Graphit Graͤter 813
igelegter kanze. Der paſſauer Vertrag, welcher bald darauf Deutſchland
ichte G. Geſchicklichkeit große Ehre. 1553 unterhandelte er die Vermaͤh⸗
Philipps mit Maria von England, 1556 beantwortete er, in Phi⸗
trag die Rede, welche Karl V. bei f. Abdankung vor den flanderifchen
hielt. G. ſprach auf eine des Gegenftandes würdige Art. Der Waf⸗
ıd von Vaucelles hatte die Ruhe zwiihen Frankreich und Spanien auf
:e bergeftellt. Heinrich II., K. v. Frankreich, brach ihn und nach anfänglis
fen ward ihm das Gluͤck guͤnſtig. ©. knuͤpfte daher Unterhandiungen
ıterzeichnete 1559 den Srieden zu Chateau:Cambrefls. Philipp verließ
bereits hoͤchſt unzufriedenen Niederlande, und ließ Margaretha von Par⸗
tatthalterin und ©. als ihren Minifter zurüd, Aufdiefem Poften mußte
aß des Volks treffen, das alle firenge Maßregeln ihm zur Laſt legte, wähs
inde bei Philipp vorgaben, daß f. Schwäche und Milde die Fortfchritte der
ve befördere. Philipp aber kannte die Talente f. Miniſters beffer, und ers
ı zum Erzbiſchof von Mecheln. Sein Eifer für die Wiederberufung des
en Conciliums und die Unterdrüdung des Bajanismus erwarben ihm dem
but. 8.6 Feinde ließen indeß nicht ab, ihn mit Anklagen zu verfolgen, fie
ıch die ſchwache Margaretha gegen ihn einzunehmen, und fo ertheilte ihm
64 Philipp den Befehl, in die Srandyes@omte zuruͤckzukehren. Bald ers
argaretha ihren Fehler, fich eines fo treuen Miniſters beraubt zu haben.
e ihn vergeblich zur Rüdkehr zu bewegen. ©. verlebte jebt fünf Jahre
dien und im Umgang mit Gelehrten. Er wohnte dem Conclave bei,
V. zum Papft erwaͤhlte. 1570 fandte ihn Philipp abermals nach Rom,
m Papft und den Venetianern ein Buͤndniß gegen die Türken zu fchlies
efe bedrohten Neapel, wohin G. als Vicefönig gefandt wurde. Er traf
: fo ſchwierigen Verhältniffen nicht nur zweckmaͤßige Vertheidigungss
1, fondern yab auch teeffliche Verordnungen fr den innern Wohlftand,
el durfte von f. Geſchicklichkelt und Rechtſchaffenheit noch größere Vor⸗
arten, als er 1575 in den Staatsrath berufen wurde. Philipp, eiferſuͤch⸗
a Ruhm, ſelbſt zu regieren, begnügte ſich, ©. den Zitel eines Präfidenten
en Raths von Stalien und Caſtilien zu ertheilen, fobaß der Cardinal zwar
Namen nach, aber in der That erfter Minifter war. Als folcher unters
re die Vereinigung Portugals mit Spanien, war Zeuge bes von ihm vors
nen Aufftandes der Niederlande und ſchloß die Verbindung der Infantin
a mit dem Herzog von Savoyen, die ein Meifterftüd der Politik war, ins
ikreichs Planen auf Mailand dadurch entgegengerirkt wurde. So raſt⸗
ftige ftarb er 1586 an der Schwindſucht. Wie man aud über G. urs
ag, darüber flimmt man überein, daß er unermüdlich, feft in f. Entſchluͤſ⸗
harfem Blick, hochgefinnt, untadelhaft in ber Verwaltung, gemäßigt ſelbſt
hwaͤchern Feinde, und ſtets für Spanien und die Religion thätig war.
aphit, ſ. Reißblei.
a8, in der Botanik, ein Gewaͤchs, das einen hohlen mit Knoten und
derfehenen Stengel hat, der bier Halm heißt. Die Blätter jind lang,
d geſtreift, fie figen nicht, wie andre Pflanzenblätter, auf Stielen, fondern
h unten in einer Scheide, die den Halm umfchließt. Die Bluͤthen find
ſt grünlidy von Farbe und haben Spelzen; fie bringen nur einzelne Gas
» Die Knoten der Graͤſer ſchlagen, wenn fie mit Erde bedeckt werben,
arzeln, und hierauf gründet ſich die Lünftliche Vermehrung des Getreides,
tele Arten zu den Giräfern gehören.
Kter(&riedrid) David), D. und Prof. der Philofophie, geb. den 22.
3 in der ehemaligen Reichsſtadt Hall, jegt k. wuͤrtemb. Paͤdagogarch ber
des Donaukreifes, und Rector bes k. Gymnaſiums gu Ulm.
816 Grave Graͤvell
unterbrochen mit Compoſitionen für die Oper, bis ee 1769 flach. €
vorzug als Sänger befand in dem Vortrag des Adagio, wiewol er c
Partien mit Geſchmack und Leichtigkeit vortrug. Seine Stimme w
Tenor, dem es wol an Nachdruck, aber nicht an Anmuth gebrach.
vergoß Thränen, als er den Zod G.'s zu Dresden erfuhr. Mean zahl
verftändigften und gruͤndlichſten Zonfegern. Die erften Compofitior
man von ihm Eennt, find die Motetten, welche er in Dresden für die
componirte. Später componicte er für den Cantor Reinholdt eine Mer
ftüde. Die Zahl ſ. Werke, die er in Braunfchweig, Rheinsberg und
fertigte, ift fehr groß; es find darunter gegen 30 Opern. eine Muf
ler's Paffionsoratorium, „Der Zod Jeſu“ wird insgemein für ſ. Mei
gefehen, befonder6 wegen der darin befindlichen Recitative und Chöre,
pelmeifter Hiller hat &.’6 Leben befchrieben. .
Grave, zeigtin der Muſik eine langſame, ernſte Bewegung an.
Moten, Bindungen und dgl, feinen im Grave vorzugsmweife zu paffen,
Feierlich⸗Pathetiſche ausdruͤckt.
Graͤvell (Maximillan Friedrich Wilhelm) D., k. preuß. Regi
geb. d. 28. Aug. 1781 zu Belgard in Hinterpommern, wo ſ. Vater al
ger ſtand, ward in Koltbus von ſ. Großmutter, “dann bis zum 15. J.
fchule des Rectors Engmann zu Nieder⸗Wieſe bei Greifenberg in Schle|
Der Gattin dieſes Mannes verdankt er bie Ausbildung ſ. Styls, ſowi
liche in f. Gefühlen und Öefinnungen, welches [yon Damals mit einem
fhloffenen Willen ſich paarte. Als der Prediger Bachſtein, der ihn;
nion vorbereitet hatte, blind geworben war, erbot er fich, ihm täglid
wozu die theologifchen, philofophifchen und literarifchen Artikel der „Au
Bibl.“ gewählt wurden. G. wollte damals Theologie ftudiren; die !
des Religionsedict6 aber beftimmte ihn, ſich dem Rechtsſtudium zu wibı
drei zu Zuͤllichau verlebten Schuljahren bezog er die Univerfität Halle,
phitofophifchen Unterricht bes Prof. Maaß benugte, die Rechtswiſſenſ
in den beften Handbuͤchern ſtudirte. Darauf arbeiteteer 1801 bei de
richte in Berlin ald Aufcultator, nahm 1802 die Stelle eines Regime
meifters in der weftfälifchen Füfelirbrigade an, ging aber 1803 nach B
und ward hier zuerſt als Affeffor beim Kammergerichte, dann bei der 9
Plock angeftellt. Durch den Aufftand der Polen 1306 von dort vertri
ex fich auf f. kleines Landgut bei Storkow; allein ohne Geldmittel, um!
Wirthſchaft deffeiben wiederherzuſtellen, 309 er nad) Kottbus, wo er
Zugleich empfahlen ihn ſ. in Berlin gefertigten Probearbeiten in Drei
daß er zum Suftizbeamten in Kottbus ernannt wurde. 1811 trat er wiet
Dienfte, und warb in dem Oberlandesgericht zu Soldin, bierauf als
bei der Regierung in Stargardt, und fpäter als Rath bei dem Mitit:
ment dafelbft angeftell. Als Preußen 1814 gegen Napoleon die We
trat G. auf eignes Verlangen in die pommerſche Landwehr als Adjuda
mand. Generals ein. Die Unthätigkeit, in welcher fich dieſes Corps bei!
von Küftein befand, veranlaßte ihn, den König umf. Verſetzung zu eine
ftehenden Corps zu bitten, worauf er ald Brigadeadjudant zu dem bergil
pencorps fam, welches zur Blokade von Mainz gebraucht wurde. Nach
Abfchiede vom Militair, machte er den Minifter auf den Verfall der v.
fchen Stiftung im Eottbuffer Kreife aufmerffam, und erhielt von ihm
zur MWiederherftellung derſelben. Allein er fand fo viel Schwierigkeita
Minifterium ihn als Juſtitiar zur Regierung in Merfeburg verfegte.
widelte ihn f. Eifer für die Aufrechthaltung der freien Stimme in colegiali
rathſchlagungen, für die Entfernung alles perfönlichen Einfluffes, und fi
Oravefande | 817
ngte Herrſchaft bed Rechts, forte f. Muth als Schriftfteller, in fehr unanges
ne Verhältniffe, die er felbft erzähle in der „„Neueften Behandlung eines preus
von Staatsbeamten” (2 Hefte, Lpz. 1818) und in bee Broſchuͤre: „Der
riftſteller als Staatsbeamter 20." (Stuttg. 1820). G. betrat f. fchriftftellerifche
bahn mit dem „Antiplatonifchen Staate”. Die durch die Indultgefege erzeugte
ↄtsungewißheit veranlaßte ihn, f. „Commentar zu den preußifchen Creditgeſetzen“
Bde.) und die dazu gehörige „Theorie der hypothekariſchen Proteftationen” zu
üben, Im gleicher Art hat er die Lehren vom Befige und ber Verjährung, die
eraltheorie der Verträge u. ſ. w. bearbeitet. In dem Lager vor Kuͤſtrin blieb
Zeit, nicht nur jenen Commentar fortzufegen, fondern auch f. mehrmals aufs
tes Buch: „Der Menſch“, zu fchreiben, an welches fich fpäter: „Das Mies
ben nad) dem Tode und die „Briefe an Emilie über die Fortdauer unferer Ges
» nach dem Tode”, angefchloffen haben. Vertraute Geſpraͤche mit einem Freunde,
an ber Unfterblichkeit zmeifelte, bervogen den Verf., f. Gründe dafür in jenen
riften weiter zu entwideln, und viele Lefer haben ihm Zroft und Beruhigung
ankt. Als 2. Thl. des Menfchen, erfchien 1822: „Der Bürger, eine Unters
für gebildete Lefer”. Weiden Werken fchloß fich die Schrift: „Der Regent“
3) an. Unter G.'s politifchen Schriften ift f. „Prüfung der Gutachten der k.
E Immediat⸗Juſtizcommiſſion am Rhein, über die dortigen Juſtizeinrichtun⸗
Epz. 1819, 2 Thle.), worin er fich gegen die Jury erklaͤrt, eine der wichtige
Mod) fchrieb er durch Außere Umftände veranlaßt: „Bedarf Preußen einer
itution?“ (1816) und „Wie darf die Verfaffung Preußens nicht werden 2%
. 1819) und den „AntisBenzenberg, über die Verwaltung Hardenbergs“ u. A.
Wenn audy gegen Einzelne in einigen diefer Schriften Manches fich erinnern
fo leuchtet doch aus allen der Blick eines hellen, auf das Höhere gerichteten
bed und das Urtheil eines Mannes hervor, dem Recht und Wahrheit über Alles
Seitdem fohrieb ©. e. „Prakt. Comment. 3. allgem. Gerichtsordn. für d.
ß. Etaaten” (Erf. 1825, 2 Bde.) Jetzt lebt G. auf dem Lande in der Nähe
Epremberg.
Graveſande (Wilhelm Jakob), Philofoph und Mathematiker, geb. 1688
erzogenbufch in Holland, ſtammte von einer alten Patricierfamilie aus Deift,
ste zu Leiden die Mechte, wandte ſich aber bald den phyſikaliſchen und mathes
ſchen Wiffenfhaften zu. Er gab bereite im 19. 3. f. „Verſuch Über die Pers
ine’ heraus, ein Werk, welches Aufmerkfamkeit erregte, und ihm die größten
yefiche von Bernouilli zuzog. Später erlangte er die juriftifche Doctorwärbe
gab dann von 1713 — 22 im Verein mit mehren jungen Öelehrten f. Vaters
$ da6 „„Journal litteraire‘“, heraus, welches [päter in Leiden u. d. T.: „Jour-
le la republique des lettres“‘, fortgefegt wurde. Die Beiträge, welche G.
efem periodifchen Werke !ieferte, gaben demfelben beſonders Beruͤhmtheit, und
bhandlungen über die Conftruction der pneumatifhen Mafchinen, über die
le der Kräfte und über den Stoß in Bewegung gebrachter Körper, Über die Bes
ung der Erde u. f. w. intereffisten die Mathematiker ebenfo wie [. Betrachtungen
Die Freiheit tie Phitofophen. 1715 ging ©. als Gefandtfchaftsfecretait nach
yon, to er mit dem Biichof von Salisbury, Burnet, bekannt und in die koͤnigl.
gerät der Wiffenfchaften aufgenommen wurde. 1717 ward er zum Prof. der
shematit und Aftronomie in Leiden ernannt. 1721 und 1722 lud ihn der
daraf von Heffen » Kaffel zu ſich ein, um f. Gutachten über das von Orphireus
paldaufgeftellte Perpetuum mobile zu vernehmen. ©. hielt es nicht für durchaus
uäslich, eine Mafchine zu verfertigen, die in ununterbrochener Bewegung durch
KR fein koͤnne: einen Srundfas, den er fpäter In einigen Eleinen Gelegenheits⸗
Bitim näher entroidelte und durch Gründe zu belegen fuchte. In der Folge erhielt
weh den Lehrftuhl der Phitofophie, den er mit gleichem Ruhme ausfültte. Durch
Emp.ster. Sicbente Auf. Bd. IV. 5
818 Gravis Gravitation
den Tod ſ. beiden hoffnungsvollen Soͤhne tief gebeugt, verfiel er in eine |
Krankheit, und ſtarb d. 28. Febr. 1742 in einem Alter von 55%. ©.
ungemein ſcharfen und umfaffenden Gelft, und er Eonnte 3. B. währe
‚ plauderd mehrer Menfchen, wie er dies oft während f. Aufeuthalts in G
than hatte, wo Lie Gefandtfchaftscavatiere fich häufig in f. Zimmer aufl
verwickeltſten mathematifchen Berechnungen duchhführen. Seinem Vate
er innig ergeben. Er ſchlug deßwegen mehre vortheilhafte Rufe aus u:
Geburtslande während ded Succeffiondkrieges, theils durch ſ. Rathſchlaͤge
ziellen Angelegenheiten, theils durch ſ. Kunſt im Dechiffriren aufgefan
peſchen. Fuͤr Newton hatte er eine ungemeine Verehrung, doch war ei
nicht fo blind, um nicht bei weiterm Studium Leibnitz in den Punkten beis
wo derfelbe mit Recht andrer Meinung wie der Engländer if. Nihtm
waren f. Verdienfte in der Philoſophie, wo er ſich der von Spinoza und 9ı
geftellten fataliſtiſchen Lehre von der Vorherbeflimmung mit aller Kraft r
. Von f. trefflichen Schriften nennen wir nur, außer den fchon erwähnten:
sices elementa matheinatica, experimentis coufirmata““ (nebft einer
die Newton'ſche Philojophie, Haag, legte Ausg. 1742, ins Engl. u
überf.); 2) „„Matheseos universalis elemeuta etc.‘“ (Leiden 1727); 3
-ductio ad philosophiam, metaplıysicam et logicam“‘ (in 3 Aufl, &
„Arithmetica universnlis, de Newton“ (Haag 1732).
Gravis, f. Accent.
Gravitation, Schwerkraft ober allgemeine Schwere, nennı
in der Körperwelt allgemein wahrgenommene Erſcheinung, daß alle Ki
eine aͤußere fihtbare Urfache fid) einander zu nähern oder ſelbſt in der Entfe
zuziehen fireben. Dies findet nicht nur bei allen auf der Erde befindlichen
fondern auch bei den Himmelskoͤrpern ftatt. Erde und Mond, die Son
umtreifenden Planeten zichen einander gegenfeitig an. Die ©. ift der ©
ein freigelaffenere Stein gegen die Erde lothrecht hinabfaͤllt, fie ift aber
Grund, daß große Gebirgsmaſſen leichte fallende Kdıper von ihrer lothred
tung merklich ablenten und zu fidy hinziehen. Die Atomiften, nad) de
nur von außenher eine Kraft auf die an fid) fefte Materie wirken kann, ver
Urfache der Gravitation nicht zu erklären. Nach der dynamiftifchen Rehr
ſie aufden anziehenden Kräften, die der Materie, als folcher, wefentlid :
und womit die Körper in allen Entfernungen, und felbft durch den ten
auf einander wirken. Nach diefem Syfteme liegt der Grund der allgemeins
. Inder Materie felbft, und die allgemeine Erfahrung ſtimmt damit überein.
Anaxagoras kannte fie, und Lucrez lehrt uns, daß fie ein Sag des Epikurei
ſtems war. Als man bei den Fortfchritten der Aftronomie die Gewißhei
daß die Himmelskoͤrper von Eugelähnlicher Geitalt fein, und nad) der Uri
Geſtalt forfchte, fand man Beine andre als die Schwere, nach welcher di
ein Beftreben habe, ſich zu vereinigen, und nach einem gemeinſchaftliche
zu drängen. Aber das Geſetz, nad) welchem die G. wirkt, fand Newton.
dedite, dag die Wirkungen der G. im umgekehrten Verhaͤltniſſe des Qu:
Entfernungen fliehen, d. h. daß die Schwere z. B. in ber Entfernung de
Erdhalbmeffer vom Mittelpunkt der Erde abflehenden Mondes 3600 Mal
wirkt als auf ihrer Oberfläche ; daß aber für den Fall, daß ein Körper gl
gegen mehre gleichweit von ihm entfernte Körper gravitirt, der Erfolg !
Maffenverhältniß der legteren abhängig fe. (S. Anziehung.) Aust
ungen der ©. laſſen fich alle die Erjcheinungen herleiten, welche unfer &
ſtem darbietet, nämlich die Bewegungen der Planeten und Kometen um die
und der Monde um ihre Hauptplaneten, bie Ungleichheiten in biefen Bene
das Vorrüden der Nachtgleichen, die Schwankung der Exbape, bie Sch
Graͤvius 819
die Planeten durch gegenſeitige Einwirkungen auf einander In Ihren Bahnen
‚ die abgeplattete Seitalt der Erde, des Jupiter u. f. w. Seine weitere Aus⸗
g verdankt dieß Syſtem vorzuglih Laplace(f. d.). — Newton's Gravita⸗
heorie iſt entwickelt in ſ., Principia immathematica philosophiae nataralis‘*
n 1687). Maclaurie („An account of Sir Newton’s philosophical
reries‘‘, Lond. 1748), undPemberton („„A.view of Newton’s pbilosophy“*,
1728) gewaͤhten brauchbare Überſichten; leichter find Voltaire's,Elemens
philosophie de Newton, mis & la portee de tout le monde“ (Laufanne
. — Laplace's Korihungen über diefe Materie enthält f. „Traite de mé-
ıe celeste‘* (bis jetzt 5 Bde., 4.)
Zravius (Johann Georg, eigentlih: Gräfe), Philolog und Kritiker,
632 zu Naumburg an der Saale, erhielt f. erfte Bildung auf der Schul: Pforte,
ſtudir te er in Leipzig die Rechte, fühlte fich jedoch ſtets mehr von den philologi⸗
Biffenichaften angezogen. ine Reife, die er in Gefchäften f. Waters nach
land machte, entfchieb endlich über f. Lebensberuf. Die Gelegenheit, Hol⸗
u fehen, wo Salmafius, Heinſius und Friede. Gronovius glängten, war zu
3, als daß G. fie nicht hätte benupen follen. Außerdem feffelte ihn noch fols
Umſtand an En Die Latinität war in jener Pertode durch das Bei⸗
es geiftreichen Juſt. Lipfius faft auf allın deutfchen Univerfitäten in Verfall .
m. Man hatte fi, aus Sucht ſich auszuzeichnen, von Cicero entfernt und
nad) trodener und ſchwerfaͤlliger alterthuͤmlicher Kürze und Gedrungenheit.
ı foldyer Schule gebildet, hatte bisher noch Feine Ahnung von der Schönheit
isdrucks in der alten Sprache Latiums gehabt, wenn fie mit Geift und Fein⸗
handelt wird. Gronovius lehrte ihn dies kennen, und fein Entfchluß war
Er verließ die Jurisprudenz, und widmete ſich in Deventer den Huma⸗
WB. Hierauf fegte er in Amſterdam feine Studien unter David Blondel und
der Morus fort; auch trat er hier auf Antrieb f. Lehrer von der Iucherifchen
formirten Confeffion über. 1656 erhielt cr einen Ruf als Profeffor nach
urg, wofelbft er zwei Fahre blieb und dann, nach dem Wunfche f. einftigen Leh⸗
ronovius, deffen bisher verwaltete Stelle am Gymnaſium zu Deventer übers
obgleich ihm von Seiten bes berliner Hofes die beften Anerbietungen gemacht
1, werm er in Duisburg bleiben wollte. Den Wünfchen der Utrechter nach⸗
‚nahm er nah 3 J. die Stelle von Amilius als Prof. der Geſchichte an.
Ruf ftieg nun immer höher, und Leiden ſowol als Amfterbam bewarben ſich
Beſitz; aud) der Kurfürft von der Pfalz fuchte ihn für Heidelberg zu gewinnen
yenfo die Republik Venedig für Padua, mo ihm außer einem bedeutenden Ges
uch noch völlige Religionsfreiheit und Sicherftelung vor dem Zeloteneifer
quifition garantirt wurde. Allen G. lehnte ſowol diefe als die oft wieder⸗
Anerbietungen des preliß. Hofes ab. Er blieb in Utrecht biß an f. Ende (d.
m. 1703) und hatte die [Kreude, Schüler aus faft allen Ländern und Ständen
am fich verfammelt zu fehen, wie ihm denn z. B. König Wilhelm III. (von
nd) — ber ihn zu f. Diftoriographen ernannte — ben Unterricht des jungen
m von Naſſau anvertraute. Auch Ludwig XIV. ſchaͤtzte den feltenen Ges
ı und ließ ihm ein anfehnliches Geſchenk übergeben. Die von ©. beforgten
des Hefiod, Cicero, Catull, Tibull, Properz, Juſtin, Sueton, Florus,
u. a. claffifhe Autoren befeftigten ſ. Ruhm als eines gründlichen und — was
beit felten war — auch eleganten Sprachforfcher# und f. „Thesaurus antiqui-
ı romanarum“ , (Utrecht 1694 — 99, 12 Bde., Kol.) fowie der nad) f.
en Burmann beendete „Thesaurus antiquitatum et historiarumn Yinliae**
BIT = 23, 9 Thle., Fol. in 30 Bdn.) und der „‚Thes. antiq. et histor,
„ Corsicae‘‘ (Leiden 1723 — 25, 16 Bde., Fol.) aereichen ihm wahrs
* Ein Sohn von ihm, Theobor@eo eg 1 Magifter eegeg⸗
3% Gray (Johanna)
der Beredtfamken uud Geſchichte in Utrecht), ſchien in die Fußtapf
treten zu wollen; aber ſ. fruͤhzeitiger Tod zerſtoͤrte dieſe Hoffnung.
Kinder, von denen ihn jedoch nur 4 T. uͤberlebten.
Gray (Johanna), Urenkelin König Heinrichs VII. und aͤlte
Marquis von Dorſet war 10 J. alt, als ihr Großonkel, Heinrich VI
deſſen Sohn Eduard VI. ihm in der Regierung folgte. Eduard Sey
v. Somerfet und Onkel des minderjährigen Eduard's VI. wurde 5
wefer ernannt ; dies empfand deffen Bruder, Thomas Somerfet, ül
Dudley, Viscount v. Lisle, e. ehrgeiziger und ränkeflichtiger Hofm:
der Hoffnung, beide Somerfet zu flürzen, und ſich dadurch den 8
Meichsftelle zu bahnen, den Zwieſpalt. Sein Vorhaben gelang ih
Der Reichsverweſer Bagte |. Bruder mehrer Staatsverbrechen meger
durch die Tyrannei bes Tudors laͤngſt an feiges Gehordyen gewöhnte 3
dammte den Ungiüdlichen zum Tode. Jetzt hatte Lisle nur noch den
zu ftürzen und auch dies gluͤckte f. Lift. Eduard Seymour wurde f. €
und Joh. Dudiey, zum Derzog v. Northumberland ernannt, nahr
ein, den er aber, fo lange Somerfet lebte, nicht ruhig glaubte beſi
weshalb er es dahin brachte, daß der geflürzte Reichsverweſer das S
Jetzt Shin Rorthumberland nichts mehr im Wege zu ftehen, als di
des Könige, nach deſſen Abfterhen, dem Teſtamente Heinrichs VII
Töchter Maria und Eliſabeth zum Thron gelangen follten, unter t
Recht den kaum gewonnenen Einfluß wieber zu verlieren fücchtete, da
ehrgeiziger und fleibftändiger waren als ber ſchwache Eduard. Er bei
Verwidelungen in Deinrihe VIII. Samilie (Maria war bigott E
Eliſabeths Geburt haftete ein Flecken wegen ihrer Mutter, die auf de
geftorben war), um Eduard VI. dahin zu bringen, f. Schweftern von bei
zufchließen und Johanna ©., die fid) kurz vorher mit dem Lord G
jüngern Sohne von Northumberland, vermaͤhlt hatte, zu f. Nachfolg
men. Nach einigen Schwierigkeiten willigte auch das deßwegen zufa
Parlament, mehr gezwungen als freiwillig, ein, und Johanna, ber
sechtlicher Sinn ebenfo wenig nach einer Krone ftrebte als die Mittel!
angewendet wurden, jie ihr zu verfchaffen, ward weiter gar nicht ge
als Eduard VI. bald darauf (1563) in f. 16. Jahre ftarb, faft mit G—
Burüdgezogenheit zu Sions Houfe, von ihrem ehrgeisigen Schw
ihrem, gleichfalls Ducch den Glanz des Diadems verbiendeten Bater ı
gehoben, um ihn nach wenigen Zagen mit dem Kerker zu vertaufchen
unb Abel waren ben ehrgeizigen Abfichten be® Herz; v. Northumberla:
neigt. Da nun Heinrichs VIII. Altefte Tochter, bie herrfchfüchtig:
ber Schlinge entging, weldye er ihr gleich nad) Edunrde, von ihm m
heimlichten Tode legte, und nicht von f. Ankängern aufgehoben wurd
ſich bald ein Heer in Suffolt (wohin Maria fidy gerettet hatte) und ri
ſtimmung mit dem größten Theile des Parlaments, Heinrichs VI
techtmäßige Königin aus. Anfangs verfuchte Northumberland zwaı
walt ber Waffen f. Plan, Johannen aufdem Thron zu erhalten, dur
Schwäche f. Streitkräfte nöthigte ihn aber bald davon abzufteben, zu
näherung von Mariens Heere auch die Hauptſtadt fich für dieſe erklaͤr
nun durch fehleunige Unterwerfung fich vetten zu können; Marien
harter Charakter vereitelte indeß diefe Hoffmung. Er wurde auf ihre
dreien ſ. Söhne und einigen Anhängern, fobald die neu: Königin in
zogen war, in den Tower geſetzt und bald darauf hingerichtet. Währı
gänge hatten Johanna und ihr Gemahl bereit eben daſelbſt gelebt, u
v. Suffolk, ihr Vater, wollte diefe Feſtung gegen- die —*—
Grap (Thomas) . ®rag 521
arla vertheidigen; allein gezwungen, bie Thore zu öffnen, waren fomit and) Jo⸗
ma und Grilford in die Hände ber Siegerin gefallen, umd beide wurden jegt an
iſelben Ort als Gefangene bewacht, wo fie kurz vorher im Glanz der Majeſtaͤt ges
nt hatten. Ein Sprud) des Parlaments verurtheilte bie unglüdlichen Gutten,
a einziger Fehler der war, den ehrgeizigen Abfichten ihrer Verwandten nicht ges
Widerſtand geteifter zu haben, zum Tode; Maria beftätigte jedoch aus Staatee
den diesmal das Urtheil nicht. Johanna und Guilford blieben bloß in ſtrenger
t. Da indeß nicht lange nad) Marias Thronbefteigung ber Geift des Mißver⸗
zens in offene Empoͤrung gegen eine Fürftin ausbrach, deren finfterer Charakter
teligiöfee Sanatismus Furcht und Daß erregte, fo mußten, nad) mißlungenem
‚uhr des Ritters Wiat, Lord Guilford und f. Gemahlin, obgleich völlig unwiſ⸗
in der Sache, als Opfer fallen. Maria ließ beiden ben Proceß machen. Den
Febr. 1554 beftieg Joh. G. das Schuffot. Sie war in kurzem Zeitraum bie
» Königin, welche England auf diefe Art enden fah. Eine vierte (Maria Stuart)
e ihr 1587. — Maria hatte Geiſiliche abgefendet, um die Kegerin zu befehren,
G. aber, feft an den Lehren ihres Glaubens haltend und wohlbewandert in den
fiften der Gottesgelehrten, wies ſtandhaft diefe Verfuche zuruͤck und ſtarb mit
Muth der Unfhuld und ter Ergebung einer Chriftin. 17 Jahr war die un«
Siche Fürftin alt. AÄußere und innere Reize ſchmuͤckten fie im gleichen Grabe.
a8 und ſchrieb Griechiſch unt Yateinifch, war fanft und mohlthätig und ein Mu⸗
Helicher Zurtlichkeit. In ı.e Ylacht vor ihrem Tode fchrieb fie einen Troſtbrief
ie Gräfin Pembrode, ihre Schmefter, und einen an ihren Gemahl, den fie
den Schmerz hatte, zum Tode führen zu fehen. Am 17. Sebr. ward audy ihr .
x enthauptet. Mehre Dichter haben das Schickſal diefer Fuͤrſtin als Stoff
Tragödie behandelt; da aber oh. G. ein durchaus mehr leibender als hans
er Charakter ift, fo hat der Erfolg gezeigt, daB die Kataftropbe ihres Untergans
ih esenfo wenig zu einer dramatifchen Darftellung eignet wie das Ende der
Bohylen.
Gray (Thomas), den bie Briten ihren Pindar nennen, iſt uns Deutſchen
ſ. ſchoͤne Elegie, gefchrieben auf einem Dorflicchhofe, wenigſtens in den Übers
on Gotter, Kofegarten und Seume befannt. Er wurde geb. zu London 1716,
te zu Cambridge die Alten, hierauf in London, mit f. Freunde Weſt, die
e, gab bies Stndium aber auf, und begleitete f. zweiten Jugendfreund, Ho⸗
Walpole, auff. Reife durch Frankreich und Italien: f. Briefe aus Italien find
ntereffant. Hier trennten ſich beide durch Walpole's Schuld. ©. mußte f.
allein fortfegen, nicht ohne Unbequemlichteiten, da er wenig Vermögen hatte.
‚traf er wieder in England ein, und wählte f. Aufenthalt zu Cambridge, wo er
a alle Arten von Studien vertiefte. Als er endlid 1768 zum Profeffor der
rn Sprachen und Geſchichte zu Cambridge ernannt wurde, war f. Geſundheit
fo gefhwächt, daß ec ſich außer Stand fühlte, ohne Gehülfen ſ. Poften zu
en. Er ſtarb 1771. Diyden, Collins und Gray werben unter den britifchen
en zuerft genannt. Übertrafen jene ihn an Hoheit, Pathos und Begeifterung,
ertraf er fie wieber weit an Neichthum der Bilder, Glut des Colorits und Dar:
e des Versbaues. Der Gedichte, die er in engl. und lat. Sprache hinterließ,
penige; aber jedes trägt das Siegel der Meifterfchaft. &.’8 „„Poeıns‘* erfchies
a einer guten Ausg. von Wakefield (Kond. 1786.).
Graͤtz, Hauptft. des Derzogtb. Steiermark an ber Muhr, hat 2700 Häus
unter biefen an 50 Palaͤſte, und über 34,000 Einw., von denen an 12,000
y die Zitz⸗ und Cattunfabriken befhäftigt werden. Das Gewerbe wird durch
iche Meſſen befördert. Bemerkenswerth find das Maufoleum Fertinande II.,
we Schulen, Vereine, Sammlungen und Inſtitute, z. B. das Lyceum malt
Sternwarte und Naturalienfammlung, da6 von dem Erzherzog Johann
22 Grazie Orasien |
(f. d.) geftiftete Sohannenum, insbeſondere bie Cultur der Ein. des bi
Mittelftandes.
Gra zie bezeichnet in den fchönen Künften diejenigen Eigenſe
welche ein Gegenftand einen hoͤchſt wohlgefälligen Eindruck fanftere
macht, vornehmlic) aber das Schöne in Bewegung und Ausbrud. 9
für die Wörter Reiz, Anmuth, Lieblichkeit, Liebreiz, Holbfeligkeit,
fenfolge von Ausdräden verwandter Empfindungen, deren bie eine ſich
erhebt. Reiz fcheint das Allgemeine zu fein; die übrigen bezeichnen be
defielben. Das Schöne wird reizend, im edlern Sinne, wenn «6 ı
Vergnügen der Betrachtung erregt, fondern zugleich eine ſchwaͤrmeri
ſich innig mit ihm zu vereinigen, e6 f. Phantafie zu fortdauerndem Ge
geben. Anmuth und Lieblichkeit find von Liebreiz und Holdfeligkeit d
fhieden, daß jene auch von leblofen und thierifchen Wefen, dieſe bloß x
und hoͤhern Werfen gebraucht werden können; jene ein ducch die Au
Form ertegtes angenehmes Lebensgefühl, diefe ein höheres, mit der Si
verwandtes Gefühl ausdrüden, jene in Werken der Kunſt vornehm!
erdnung und Manier, diefe im Ausdrude ihren Grund haben. Liebre
beutfche Wort für Grazie. Er ift vorzugsweiſe dem Geſchlechte eigen
das ſchoͤne nennen, und auch diefem vorzüglich in der Bluͤthe des Leb:
begleitet bel dem weiblichen Gefchlechte den Ausdruck der Bicbe und ath
zauberifhen Mienen und Bewegungen, in welchen der Ausdruck der
Ausdrud einer unfhuldsvollen Begier, die Liebe zu verbergen, frei
verknüpft ift. Ihn f. Werken einzuhauchen, wird dem Künfkler nur i
blide der reinften Begeifterung gelingen. Die Grazie ift der hoͤchſte
Natur und bat in ihrem Ausdrude eine belebende Leichtigkeit und
daher eine gefünftelte Grazie ſich felbft widerfpriht. Holdſeligkeit ifi
fhen, idealifchen weiblichen Geftalten (wie den Madonnen) eigen;
druck vollendeter Reinheit der Seele, erhabener, allumfaffender Lieb
gung gegen niedere Weſen, bei welchen man fich zugleich beftimmt
trauensvoll anzunähern und demuͤthig zuruͤckzuziehen.
Grazien oder Charitinnen, die Ööttinnen der Anmut
Eitte, von welchen, wie Pindar finat, den Sterblihen alles Schi
nehme kommt, durch welche allein der Menſch weile, ſchoͤn oder glo
mes iſt. Nach Hefiodus und den meiften Dichtern und Mythograp!
ter ihe Vater, Bei Hefiodus heikt die Mutter Erpnome; und mit
die meiften Alten überein. Die Lacedämonier und Athenienfer Banı
zwei Grasien, denen jene die Namen Phasnna (die Schimmern!
(die Ruhmvolle), diefe. aber die Namen Degemone (die Fuͤhrerin)
Beglüderin) gaben. König Eteokles führte bei den Orchomeni
tung dreier Grazien ein, und Heſiodus gibt ihnen zuerft die beka
Aglaja (Glanz), Thalia (die Gruͤnende) und Euphrofpne (Heiterkeit)
wähnt ihrer in der „Ilias“ als Dienerinnen der Juno, in der Odpffer
nerinnen der Venus, welche fich von ihnen baden und ſchmuͤcken läßt.
fi) als ein zahlreiche® Gefolge dieſer Göttinnen, ‚beitimmt, die Tage
chen zu begluͤcken. Nach Hefiod waren fie, wie fich [hon aus den 9
jien ergibt, ein Bild von der höchiten Anlage zu gefallen, deren Haup
gefeltfchaftliche Vergnügen zu befürdern, und durch Heiterkeit uad E
Die fpätern Dichter entfernten fi von diefer Vorftellungsart, und
ihnen allegoriihe Dichtungen. Allenthalben aber erſchienen bie Gra
dies fcheine ihren Charakter zu vollenden), nicht als herrfchende, fo
nende Sottheiten. Nicht fie felhes fhimmern, aber Venus ſchim
nicht fie erobern, aber durch fie gervinnt Venus die Herzen. Auch ge
Öresourt Öreenwich | 823
Annehmlichkeiten, Muſik, Berebtfamkeit, Poefle und andre Künfte verfchönern
durch ihren Einfluß; noch wird ihnen die Aushbung des Wohlthuns und ber
mkbarkeit zugefchrieben. In den ältern Zeiten bildete man bie Grazien völlig bes
bet. So waren z. B. ihre goldenen Bildfäulen des Pupalus in Smyrna unb
marmornen bed Sokrates vor tem Eingange der Akropolis von Athen; ebenfo
Tempel zu Elis. Cine von ihnen hielt eine Rofe, die andre einen Myrtenzweig
pumbole der Schönheit und Liebe), die dritte einen Würfel (das Bild harmiofer
zend) in ber Hand, In der Folge bildete man fie auch unbekleibet. In Gries
Hand hatten fie eine große Anzahl von Tempeln, theils allsin, theils mit andern
xheiten gemeinfchaftlicy, namentlidy mit der Venus, den Dufen, dem Amor,
rkur und Apollo. Ihre Feſte biegen Charifien und wurden mit Tanz gefeiert.
igens ſchwur man beiden Chariten und weihte ihnen beim Male den erften Becher.
Grecourt (Jean Baptifte Joſeph Willart de), e. erotifcher Dichter, geb.
3 zu Tours, wurde, als der jüngfte Sohn, dem geiftlihen Stande beftimmt.
ſtubditte in Paris, erhielt 1697 ein Kanonicat an der Kirche St. - Martin in
er Vaterſtadt, und machte fi durch Predigten befannt, die mehr ſatyriſchen
moralifchen Inhalts waren. Aber bald mißfiel f. unruhigen und lebhaften Gets
sefer Stand. ©. ging nad) Paris, wo er al& witziger Kopf Eingang in ten bes
Däufern fand, und die Gunft des Marſchalls d'Eſtrées fid) erwarb. Diefer
wihn mit fi) nach dem Schloffe Veret in Bretagne, einem Orte, din ®. fein
Ges Paradies zu nennen pflegte, weil er hier Allıs fand, was f. Sinnlichkeit
weicheln konnte. Sein ausfchweifender Hang zu Genüffen, und f. zügellofe Eins
angskraft hielten ihn von ernftern Studien ab; f. ganze Beſchaͤftigung beſtand
a, muthwillige Erzählungen, Epigramme und andre Eleine Gedichte zu verfertis
und f. Steunden mit der ihm eigenthümlichen Anmuth vorzulefen. In diefer
ſt war erein ſolcher Meifter, daB die ganze Feinheit ſ. Poefien fich erft durch feinen
trag fühlbar machte. Dieſes Talent und ſ. Iuftigen Einfälle machten ihn an⸗
hm; aber f. Neigung zur Satyre zog ihm auch manchen Seind zu. Er flarb
ours den 2, April 1745. Seine ſaͤmmtlichen Gedichte find nach f. Tode oft
ackt worden. Sie enthalten außer mehren mittelmäßigen Sabeln, Epigram⸗
‚ Liedern und andern Kleinen Gedichten, 91 poetifche Erzählungen (contes)
rin in lateinifcher Sprache abgefaßtes und wider den Sjefuitenorden gerichtete®
icht, Philotanus“. G.'s Poefien find lebhaft und witzig, aber auch jehr frivol.
ibt eine Ausg. f. Werke in + Bon., 12. (Paris 1761).
Ereenwich, Stadt in der Graffchaft ent, am füdlichen Ufer der Themſe,
in großes Sechogpital und eine Sternwarte, 2120 9. und 17,000 Einw.
Hospital ift eines der prachtuollften Gebaͤude, faft ganz aus Sandſtein aufge
t, und beſteht aud vier abgefonderten vieredigen Höfen, twelchr die Namen ber
ten führen, unter denen fie erbaut worden. Koͤnig Karls und der Königin
a Gebäude liegen nach N., König Wilhelms und der Königin Maria Höfe nach
Zwiſchen den beiden erflern ift ein großer Zwiſchenraum, auf welchen die
Mäule George 11. in Marmor ſteht. In König Karls Gebäude find die Gemaͤ⸗
des Oberaufſehers und f. Unterbeamten, auch wohnen hier 300 Koſtgaͤnger.
ber Königin Anna Gebäude werden 437 Veteranen erhalten. Der Theil, wel⸗
König Wilhelms Namen trägt, unftreitig der prächtigfte, ward von Chrifteph
aufgeführt. Hier find 551, endlich in dem Gebäude der Koͤnigin Maria
Betten. Außer den Ringmauern des Hospitals ift noch ein Krankenhaus
64 Zimmern, in deren jedem vier Betten find. Ferner find in der Nähe des
hitals 2 Schulhäuier, worin 1000 Kinder armer Seeleute untestichtet werden.
dem großen Hospital werden etwa 3000 invatide Seeleute unterhalten, und
den Einkünften deſſelben noch 30,000 Auswärtige. Auch Auslaͤnder has
Infprücye auf diefe Wohlthat, wenn fie zwei Fahre in britifchem Sold geflans
824 Gregor ber Große Gregor VIL.
den. Die Witwen der Matrofen nimmt man vorzugeeveife zu Wärterin
144 ba find, die jährlich 8 Pfo. Kohn, nebſt freiem Unterhalt bekommen.
validen erhalten Kleidung, Koſt und etwas Taſchengeld. Liber dieſe tır
ſtalt führen die Exzbifchöfe, der Lord Kanzler und der Lord Mayor von !
Dberauffiht. Die Einkünfte der Anftalt werden theild aus wohlthätige
gen, theils aus Strafgeldern, theils aus den Beiträgen genommen, bie
trofe zu 6 Pence monatlich entrichten muß. Die Koften des Unterhatts
Invaliden ſchaͤtzt man auf 274 Pfd. jährlih. Die 1675 von Karl II.
wich erbaute Sternwarte, durch welche die engl. Geographen und Set
erften Meridian ziehen (17° 40’ von Ferro) hat zum Theil berühmte ?
gehabt. Auf Ftamftead, den erften, folgte Halley, auf diefen Bradley,
und Maskelyne; ; der jegige heißt Pond. In G. ſteht die Trafalgarfäulı
gon mit einer Schiffskrone.
Gregor der Große, f. Pärfte
Gregor VI. (Hildebrand), Das Jahr und der Dre ſ. Gebu
felhaft. Einige nennen Siena, Andre Saone im Zoscanifchen und ı
Mom als f. Geburtsort. So viel iſt gewiß, daß er ſ. Kindheit in Ro:
als ein junger Dann eine Reife nach Srankreich machte, hier mit dem
Clugny in Verbindung kam und um 1045 nah Rom zuruͤckkehrte.
wird ſ. Geſchichte von der Zeit an, mo er fich wieder in dem Kloſter zu €
gefchloffen hatte, und bier dem Papft Leo IX. auf f. Reife durch Frankr
ward. Er begleiteteihn nach Mom, und fpielte von diefer Zeit an,
Dintergrunde, eine bedeutende Rolle, indem er, vermöge der Herrſch
große Geifter über gewöhnliche Menfchen ausüben, die Schritte dieſes
nachfolgenden Päpfte leitete. Nach dem Tode Aleranders II. (1073)
Gardinal Hildebrand den päpftlihen Stuhl. Was er laͤngſt durch Me
denen er den vorhergehenden Päpften gerathen hatte, vorzubereiten bemi
das fuchte er nun felbft mit dem raftiofeften Eifer auszuführen. Es vn
wurf, dem römifchen Stuhl nicht bloß die hoͤchſte Gewalt über die Kir
ſchaffen, und die ganze Fülle der geiftlichen Gewalt in die Hände des
bringen, fondern auch die Kirche von der weltlichen Gewalt ganz un
machen. Er wollte eine Theokratie fliften, in welcher der Papft der
Gottes, der hoͤchſte Regent, in politifchen ſowol als In kirchlichen Ang
fein follte. Darum befchloß er die Abfchaffung der Priefterehe und bie
ber Laieninveflitur, an welchem Rechte der Kürften, die Biſchoͤfe zu bi
anze Gewalt hing, welche die Fürften noch über die Geifklichkeit ihrer
bten. 1074 erfchien f. Verbot der Simonie und ber Priefterehe, und 1C
eret, worin allen Geiftlichen bei Strafe des Werluftes ihrer Amter vert
die Inveſtitur über irgend ein Eirchliche6 Amt aus der Hand eines Laien
gen, und zugleich allen Laien bei Strafe des Bannes verboten ward, en
chen die Inveſtitur zu ertheilen. Als der Kaiſer Heinrich IV. hierauf nicht ac
©, die Händel, in welche der despotiſche Kaifer, durch jugendlichen Leichtſi
Mathgeber irre geleitet, fich mit den Voͤlkern und Fürften Deutſchland
hatte, für feinen Zweck zu benugen. Schon 1075 ſprach er das vorlaͤ
gungsurtheil über mehre beutfche Biſchoͤfe, welche ihre Amter von dem
kauft hatten, und den foͤrmlichen Bann über 5 Raiferl. Näthe aus, u
Handel getrieben haben follten, und da der Kaifer dieſe Raͤthe nicht entlü
Biſchoͤfe fih annahm, machte der Papft 1076 ein neues Decret befam
chem der Kaifer vor eine Synode nach Rom gelaben wurde, um ſich weg
ihn erhobenen Klagen zu verantworten. Heinrich IV. ließ Dagegen dum
node zu Worms das Abfegungsurtheil gegen den Papft ausfprechen; m
fofort den Kalfer In den Bann that, und alle ſ. Unterthanen und Vaſall
©regorlanifcher Calender Öregorius 825
er Treue entband. Bald fah ber Kaifer ganz Oberbeutfchlanb gegen ſich aufs
2, zu eben ber Zeit, da die Sachſen in Niederbeutfchland den Krieg gegen ihn
erten, und als die zu Oppenheim verfammelten Fuͤrſten den Schluß faßten,
ws einer andern Kaiferwahl gefchritten werden follte, ergab er fich ihnen faft un⸗
gt, und mußte ſich vorfchreiben Laffen, daß er den Papſt, dem fie felbft erfuchen
en, In das Reidy zu kommen, als Richter über fich erfennen, ſ. ercommunicies
kaͤthe entlaffen, und fi) al6 fuspendirt von der Megierung betrachten wolle,
ven Papfte und feiner Abfegung zuvorzulommen, eilte jedoch Heinrich IV.
I ſelbſt nach Stalien, wo er ſich zu Sanoffa 1077 einer demuͤthigenden kirchlichen
Bumterzog, und die Abfolution erlangte. Indeß fammelten fich wieder mehre
eunde um ihn, und er trug den Sieg über den Gegenkaiſer, Rudolf von Schwas
davor. Nun ließ er ben Papft aufeiner Synode zu Briren abfegen und einen
apapft, Siemens III., 1080 waͤhlen, eilte nach Rom, und feste den neuen
Taufden Thron. G., welcher in der Engelsburg drei Jahre lang wie im Ges
niffe lebte, konnte durch nichts bewogen werden, die Mechte der Kirche zu vers
. Endlich befreite ihn Robert, Herzog der Normänner, bie Römer aber nös
m ihn, weil Roberts Soldaten die Stadt geplündert hatten, Rom zu verlaffen.
Ing daher nach Saterno zu den Normännern, wo er 1085 farb. Durdy den
bat (f. d.) der Geiftlichen wollte G. diefem Stande eine größere Deiligkeit
haffen und ihn unabhängiger von weltlicher Samilienverbindung machen. Eine
Stuͤtze f. Macht war die Markgraͤfin von Toscana, Mathildis, welche er bes
ste, ihre faft koͤnigl. Beſitzungen dem römifhen Stuhle zu vermaden. Die
im proteftantifchen Sefchichtfchreiber haben G. VII. unerfättlihe Herrſchſucht
genlofen Ehrgeiz vorgeworfen. Betrachtet man aber das Ganze f. Lebens und
Be f. Seiftes, lieſt man f. Briefe, und erwägt man, wie ſtreng er, nicht
gegen Andre, fondern aud) gegen fich felbft war, fo ift es nicht glaublich, daß
loßes Eleinliches Streben nad) eigner Größe der Zweck ſ. Lebens gewefen fel.
mehr iſt es wahrſcheinlich, daß er, wenigſtens bei f. Hauptentwurf, ein hoͤhe⸗
Hei vor Augen hatte, und mit reblicher, wenn auch irriger Überzeugung, für die
je Gottes und Chrifti, für die Sache der Religion und der Kirche zu wirken
Me. Bol. „Dildebrand, als Papft Gregorius VIL und f. Zeitalter“, von 3.
kÜ1B15) und einen Auffag über ihn von Spittler im „Dorgenblatt‘ 1816,
Sregorianifcher Calender, f. Calenber.
Sregorius, Patriarch der griechifchen Kirche des Orients — das Opfer
matifchen Politik der Pforte — geb. 1739 und erzogen in Dimitzana, Stadt
klodien auf Dioren, ftudirte in mehren Kiöftern, zulegt auf dem Berge Athos
»), lebte als Einfiedler, ward dann Erzbifhof zu Smyrna, und 1795 Patri⸗
Ma Konftantinopel. Als ſich 1798 die Sranzefen Ägnptens bemichtigt hatten,
Wan den Griechen geheime Verbindungen mit den Franzoſen Schuld, und der
Mfoberte den Kopf des Patriarchen; allein diefer hielt durch f. Hirtenbriefe bie
Khen ab, fich fuͤr die Sranzofen zu bewaffnen ; und Selim III. ſelbſt erklärte deſ⸗
kaſchuld, verwies ihn jedoch, um ihn zu [hüßen, aufden Berg Athos. Bald
bez ward er wieder in f. vorige Würde eingefegt. Als aber 1806 das Gluͤck
tiſiſchen Waffen und die Erfcheinung einer engl. Flotte vor Konftantinopel die
B der Mufelmänner aufs neue gegen bie Griechen aufreizte, und das Leben des
archen bedroht wurde, obgleich er auch jet duch f. Ermahrungen die Gries
van jeder unruhigen Bewegung abgehalten hatte, fo verwic® ihn Selim noch⸗
au f. Sicherheit auf den Berg Athos; nach einiger Zeit ward ©. das dritte
Ram Patriarchen erwählt. Die apoftolifhen Tugenden der Demuth, Liebe
Mildthaͤtigkeit erwarben dieſem Prälaten allgemeine Verehrung; er lebte eins
Hielt ſtreng auf Sittlichkeit bei den griechifchen Geiftlichen, und wibmete feine
826 ' Gregorius
Einkänfte frommen Zwecken, ben Armen ohne Unterſchled bes Glaubent
len, der Wiederherftellung der Buchdruckerei zu Konftantinopel und |
nuͤtzlicher Schriften. Vorzüglich beförderte er bie Anlegung von Schuln
tigen Unterrichts zu Chios Patmos, Siyrna, Athen, Sparta (Mifitra)
Seine Predigten und Hirtenbriefe zeugen ebenfo für ſ. Srömmigkeit u
als für ſ. Menſchenkenntniß. Er überlegte die Briefe des Apoflels Pi
Meugriecyifche und fchrieb dazu eine Erklaͤrung. Dabei ermabnte er [.
ſtets zur ruhigen Ergebung in ben Willen Gottes und zum Gehorfam.
1821 der Aufſtand der Griechen in Morea, f. Geburtslande, ausbrach
er der Pforte verdaͤchtig; und nur die Hoffnung, die fchon beſchloſſen
Ermordung der Griechen in Konftantinopel zu verhindern, konnte ihn bi
vom Divan drohend verlangten Bannfluch am 21. März 1821, über
GSuzzo's und alle Theilnehmer an dem Aufftande auszuſprechen. Zugl
einen Dirtenbrief an die Geiftlichkeit, der den Glaͤubigen Gehorfam gege
zur Pflicht machte. Mach der Hinrichtung des Fuͤrſten Morufi ward
deffelben vom Großvezier f. Auflicht übergeben. Ohne f. Willen, v
Huͤlfe eines Geiftlichen im Palaſte des Patriarchen, rettete fich die Sami
Beiftand des ruff. Sefandten auf ein Schiff, das fie nach Odeſſa brachte.
ahnete fogleich, daß dies fein Zodesurtheil fei. Er ging auf der Stelle
dvezier, dem wilden Benderli Ali Pafcha, um ihm den Vorfall anzuz
biefer warf aufihn die Schuld. Indeß erfolgte weder Verhaftung nı
hung. Der Großvezier wollte durch eine in der tuͤrkiſchen Geſchichte
hörte Gewaltthat Schreden unter allen Griechen verbreiten. Diele |
Wochen lang dem fanatifchen Pöbel ber Hauptfladt preisgegeben, dah
Rage des Ofterfeftes (22. April) nur wenige die Kirche zu befuchen wu
Patriarch verrichtete ba6 Hochamt, umgeben von feinen Biſchoͤfen, mit
lichen Feierlichkeit; als er aber aus ber Baſilika trat, umringten ihn .
und fchleppten Die Bifchöfe fort; doch hielt fie cine natürliche Scheu v
würdigen Greiſe ab, fofort Hand an ihn zu legen. Ihr Anführer muß
Befehl des Srofheren erinnern, worauf fie den Patriarchen in ſ. Feſtg
der Hauptpforte der Kicche aufknuͤpften. ' Daffelbe geſchah mit den dr
und mit acht Geiftlichen des Patriarchats, die ſaͤmmtlich in ihrer Amtı
‚den Kirchen oder vor dem Palaſte aufgehangen wurden, Ander Bruſ
archen war ein Jafta (das Todesurtheil) befeftigt, welcher ohne Bert
weis, dem Patriarchen Schuld gab: „Er habe um den Aufftand f. £
Morca gewußt und fei hoͤchſt wahrſcheinlich das geheime Haupt der X
gervefen ; baher bie ganze griechifche Nation, obwol fi Unfhuldige in
dem Zorne Gottes und ihrer gänzlichen Vernichtung nicht entgehen koͤ
am 24. ward ber Leichnam abgenommen und den gemeinften Juden uͤl
ihn durdy die Strafen fchleppten und ind Meer warfen, jebedy, durch
mit Geld gewonnen, nicht ganz verfentten, ſodaß ihn griechiihe D
Nachts herausziehen und nach Odeſſa bringen fonnten. Dier warb na
kaiſerl. Genehmigung am 29. Juni a. St. das Märtprertbum des Pat
dem ruffichen Acchimandriten Theophilus durch ein prachtvolles Leid)
gefeiert, wobei ein griechiſcher, durch Beredtſamkeit ausgezeichneter Ge
ter Konſtantin Okonomos, der ſich nad) Odeſſa gerettet hatte, die (nach
fifche und Franz. überf.) Leichenrede hielt. Diefe Schmad der Barbı
Dberhaupte der Kirche, an einem frommen SOjährigen Greife veruͤl
Entweihung und Zerftörung vieler griech. Kirchen und die wildeften Ausſ
gegen bie Sriechen in Konſtantinopel zur Folge, brachte aber ſtatt zu ft
entgegengefegte Wirkung hervor. Die Begeifterung ber Hellenen für di
— —
Gregoriusfeft Greif 827 |
ben® und ber Freiheit flieg bis zur Schwaͤrmerei, und der Krieg warb num
von ihrer Geite mit ber wildeften Exbitterung geführt. (&. Griechen,
fand derfelben.) 20.
Gregoriusfeſt, ein chebem in mehren Gegenden, befonders in Sachſen
tes Schuls und Jugendfeſt, welches gegen Oftern gehalten wurde. Gewoͤhn⸗
igen die Schüler, auf eigne Weife, als Bergleute, Eſſenkehrer, Jaͤger u. ſ. w.
det, durch die Stadt ; an andern kleinern Orten erfchienen fie nur mit Bändern
mußt und jeder gab durdy Derfagung eines Reimes vor den Häufern der Vor⸗
wm zu erkennen, welche Standesperfon aus ber bürgerlichen Geſellſchaft er
le. Einer war ein Arzt, oder vielmehr Duadfalber, mit einem Arzneikaſten;
adrer ein Corporal mit einem Degen und Stode; ein Dritter, mit einer Trom⸗
erſehen, ftelite einen Tambour u. [.w. vor. Dieſes Feſt war unftreitig eine
ahmung des bei den Griechen unter dem Namen Panathenden befannten
Bund Freudenfeftee. Auch zu Rom feierte man jährlich zwei Minervenfeſte
feierliche Umgänge. Dieſe Sefte erhielten durch die Ränge der Zeit eine Hei⸗
tund ließen fich nad) dem Übergange heibnifcher Völker zum Chriſtenthume
zabfchaffen. Daher verordnete Papit Gregor IV. 828, daß zur Ehre eines
wgänger, Gregor I., welcher die erſte Singfchule in Rom geftiftet hatte, um
it, da das große Minervenfeſt fiel, ein eignes Schul: und Kinderfeft u. d. N. des
weiusfefteß gehalten wurde. — Gregoriusfingen nennt man den Umgang,
en jährlich nach Dftern die Dorffchulmeifter, beſonders in Sachſen, in Beglel«
ihrer Schulfinder, durch das Dorf halten, wobei vor jedem Daufe ein Lieb
sine fogenannte Arie abgefungen wird, wofür dem Schuliehrer eine Kleinigkeit
wide gereicht wird, die al ein Theil f. Befoldung in Anſchlag gebracht ift. Im
en Heinern Städten, wo fonft dieſes Gregoriusfingen auch gemöhnlich war,
fe, den Schullehrerftand herabmürbdigende, Bettelei mit Recht abgefchafft und
chrer find auf andre Weile entfchädigt worden.
Breif, ein fabelhaftes Thier des Alterthums, das nad) ber gerdöhnlichen
ı Leib, Küße und Krallen eines Löwen, Kopf und Flügel eines Adlers, Ohren
Merdes, und ftatt ber Maͤhne einen Kamm von Fifchfloflen hatte; der Rüden
befiedert. Alian befegt den Ruͤcken mit ſchwarzen, die Bruft mit rothen und
Rügel mit weißen Federn; Kteſias gibt ihm blaue, glänzende Nackenfedern,
Adlerſchnabel und feurige Augen. Spätere Schriftfteller fegen noch Manches
1. Mad) dem Verf. des Buche: „De rerum natura“, iſt er größer ale ein
&, bat an den Vorberfüßen große Adlerkrallen, an den Hinterfüßen Loͤwenklauen,
legt in fein Neft einen Achat; aus den Klauen macht man Trinkgefaͤße. Er
ſtark, fagt Ktefias, dag er im Kampf mit allen Thieren Sieger bleibt, den
mund Elephanten ausgenommen. Man gab Indien für f. Vaterland aus,
glaubte, daß er aufhohen ‘Bergen nifte ; nie ermachfen, wol aber jung gefangen und
bat werden könne; daß er das Gold der Gebirge bewahre, und fein Neft davon
be, oter nad) andern Angaben, daß er die fürchte, welche Gold fuchen, und f.
In gegen fie vertheitige. Über die Entftebung biefer fabelhaften Bildung haben
Braf von Veitheim in f. Abhandlung von den goldgrabenden Ameifen und reis
Ir Alten, und Böttiger in f. Vaſengemaͤlden viel Sinnreiches gefagt. Lehterer
BR dieſe und Ähnliche Ungeheuer bloß als Erzeugniffe der indifchen Tapetenwir⸗
‚da ſich die Indier von ben Älteften Zeiten her an feltfamen Zufammenfegungen
heiligen Thiere ergönten. Die Griechen, welche an dem Hofe des perfifchen
DS dergleichen Tapeten erblidten, hielten die Darauf abgebildeten Thiere für
he Gefchöpfe des wunberreichen Indiens, und verbreiteten die Sage davon.
Wnliche Art entſtanden die nachherigen Arabesten, Grotesken ıc., mit denen
Kfo einerlei Urſprung hätten. Go viel iſt gewiß, daß der Greif aus Aſien nach
Tamencpem UDerzuge, vem Je0OR) FINE WOHIWOUENDE STORE
nimmt.
Greifswald. Da, wo diefe jegt zum Regieru
börende Stadt liegt (54° 6 N. 8.) fah man chedem ı
Grenze des Fuͤrſtenthums Rügen und der Grafihaft Gügl
ſchen Zürften Jaromit nebft andern Stüden Landes dem 1
Eiftercienferkiofter Hilda oder Eldena geſchenkt warb. Ung
difchen Eintoohner von den Antömmtingen aus Sachſen im
den, ließ ber Abt den Wald aushauen und baute daſelbſt d
Art, welche Anfangs nur Wald oder Wold hicß. Als fr
die Einw. der Stabt wegen der günftigen Rage berfelben au
dee Nähe des Hafens Wpf, gleich den Bewohnern der gi
Handel ſich bereicherten, wußte ber Abt fie nicht mehr in bi
zu erhalten ; er gab fie daher ben Kürften von Pommern zı
zur Veränderung des Namens in Greifswald (Grppse
Durch den weftfälifchen Frieden kam bie Stadt 1648 unter
keit; 1715 fiel fie an Dänemark, ward aber 1721 an €
In Folge des Befreiungskrieges warb fie 1815, fowie d
Pommern, mit bem preuß. Staate vereint. — Die erfte We
der Univerfität fheint der Aufenthalt während ber Un
flüchteter voftodifcher Profeſſoren —8 zu haben. ©i
pommerfchen Herzog Wratislaw IX. wolgaſtiſcher Linie,
Herzogs Otto III. ſtettiniſcher Linie, auf Anrathen und
greifowaldiſchen Bürgermeifters Heinrich Rubenow gefliftet,
des Papſtes Galigtus III. ward unter bem 29. Mai 1456 ı
flätigungsurkunde des Kaiſers Friedrich III. ausgefertigt.
Univerfität inaugurirt, und am folgenden Tage trat ber erfl
benom, f. Amt an; er infcribiete beinahe 300, unter bene
ſelbſt, zwel Biſchoͤfe, drei Äbte und andre vornehme Perfor
im Anfange bes 16. Jahrh. die Kichenverbefferung auch in
⸗
Gres ham 829
adet. Vielfache Schenkungen hatten bie Einkünfte ber Univerficät bereits ans
h erhöht, als der lebte pommerſche Herzog, Bogislaus ALV., 1634 das Amt
a mit den dazu gehörigen Gütern, Einkünften und Gercchtigkeiten, derfelben
gen Zeiten ſchenkte; daber konnte fie die Drangfale des dreißigjaͤhr. Kriege
‚ben, zumal da det neue Landesherr, der König von Schweben, fid) den Flor
Lehranſtalt fer angelegen fein ließ, Der Vorfchlag, fie nad Stettin zu vers
ward nicht ausgeführt. 1747 ward das alte Colegiengebäube abgebrochen
750 das neue eingeweiht. Die Verfaffung ift ſeitdem mehrmals näher bes
«worden. Unter ber Aufficht des Kanzlers, jest bes Fürften Putbus (den bei
chen Promotionen in allen Sucultäten der jedesmalige Generalfuperintendent,
rokanzler vertritt) führt der Mector und der akademiſche Senat oder das Con⸗
), das aus allen ordentlichen Profefforen befteht, ba® Regiment der Univerfis
nur die Inſtitute fliehen unter der Aufficht des Minifteriums der geiftlichen,
richts⸗· und Mebicinalangelegenheiten. Alle Stubentens und Disciplinarfas
interfucht und entfcheidet der Mector mit dem Syndicus; bei Strafen, die
find, als vierzehntägiger Carcerarreſt, votiren auch die Senioren der 4 Facul⸗
‚ Übrigens hat die Univerfität volle, ſowol Civils als Griminalgerichtsbars
ach über alle Univerfitätsverwandte, die nicht Stubenten find, fowie über ihre
hoͤrigen und Bedienten; bie dahin einfchlagenden Verhandlungen leitet Nas
des Mectors und Concils der jededmalige Dekan der Juriſtenfacultaͤt. Die
fität hat das Patronatrecht über 7 Landlirchen und bei ben 3 ftädtifchen Pa⸗
en, forie bei allen ordentlichen Profeffuren (biefe, wie jene, befegt der König)
decht der Praͤſentation. Die wiffenfchaftlichen Inſtitute, die Bibliothek, das
miſche und zoologifche Mufeum, ber botanifche Gurten, das mebicinifche und
gifche Klinicum, die philologifche Geſellſchaft u. f. m. gedeihen immer mehr.
Zahl der Stipendien beträgt jährlich etwa 1300 Thlr. preuß. Cour. Zudem
Reien gehört befondere das 1562 geftiftete und von Zeit zu Zeit erweiterte Con⸗
Ium. Das Vermögen der Univerfität wird von einer befondern Adminiftras
unter der Aufficht des Kanzlers, verwaltet. Eine Sefchichte der Univerfität,
e jeſt etwa 130 Studenten zihlt, gibt ed nicht. Die Stadt felbft hat (nach
äblung vom J. 1822) 8080 Einw., gegen 900 Häufer, drei Kirchen, ein
mafium, ein Lantichulichrerfeminar und mehre Elementarſchulen, ein Lazareth
wei Hoſpitaͤler; fie ift der Sig des Dberappellationdgerichts fuͤr Neuvorpom⸗
und Rügen, des Hofgerichts, des (faft nur auf Ehefachen beſchraͤnkten) Con⸗
ums und des Kreisgericht6 ; die Zuftizverfaffung iſt bis jegt unverändert geblies
nd nicht der in den alten preuß. Provinzen conformitt.
Greshbam (Sir Thomas), der Gründer der londner Boͤrſe, Sohn des
Mapore diefer Stadt, geb. 1519, ‚machte zu Cambridge f. bumaniftifchen Stu⸗
nd widmete ſich der Handlung. Eduards VI. Bormund beſtaͤndig in Geldverles
ten, gebrauchte den reichen und gemandten jungen Kaufmann zu Negulirung f.
ngelegenheiten in Antwerpen, und G. mußte für die Regierung an 40 Mal nach
Dee veijen, wo damals die Rothſchild jener Zage wohnten. Don Flifabeth ward
n Ritter ernannt (1559); auch diefer Königin Geldgeſchaͤfte beforgte er im
des Dadurch wuchs f. Vermögen, und er beſchleß, einen Plan auszufuͤh⸗
en bereits |. Vater gefaßt hatte. Die Kaufleute Londons hatten naͤmlich noch
Verſammlungséort, toofelbft fie fich über ihre Gefchätte beiprechen, Handel
eßen konnten u.dyl. Um ihnen ein ſolches, den Verkehr erleichterndes Zus
meommen zu verfchaffen, erbat fi) ©. einen Platz, und ließ nach dem Muſter
Iefengebäubes in Antırerpen, ein aͤhnliches aufführen, welches noch jest eine
Londons it. Den 7. Suni 1596 ward der erfte Stein dazu gelegt und fchon
das Ganze vollendet, worauf es den 29. Sjan. 1570 von der Königin Elifas
eſucht und „Eönigliche Vörfe” („Ihe royal exchange‘) genannt wurde,
KON NERIHATLEN GEHEN wuroen. WU VIEIR HEIL wato ao v
gerifien, um durch ein andres erfeht zu werben, bel welcher Gel
anftalt in bie untern Säle der Boͤrſe verlegt ward. G. m
wiffenfchaftitch gebildeter Dann. Das Volk nannte ihn wı
f. Verbindung mit dem ‚Hofe Häufig nur ben „Röniglichen Ke
Gref fe t (Iean Baptifte Louis), einer der anımuı
‚geb. 1709 zu Amlens, trat in f. 16. 3. in den Jeſuiterorde
Sabre nachher wegen bes Auffehene, welches f. Gedicht ,.
Im Paris wußte er biefen Ruf zu vermehren, und ward 17:
mie aufgenommen. Er lebte zu Amiens, wo er eine Finau
eine reiche Frau geheicathet hatte. Die ländliche Natur, ar
der entiehnte, ward f. Lieblingsaufenthalt. Nach dem Tod
nad) Paris, unb wurde gewählt, um Ludwig XVI. im Naı
Xhronbefteigung Gluͤck zu wuͤnſchen. Hof und Stadt wi
fehen, der fie fo trefflich geſchildert Hatte. Aber die Meinun
ungen erwedt hatten, tourde ungemein geſchwaͤcht durch ſ.
tin er eine frühere von Suard beantwortete und die Lafter de
Seine Gemaͤlde ſchienen nicht natürlich, fondern Zerrbilder.
den Drud des Werks zu hintertreiben. Nach f. Rüdkehr n
vielmehr neu auflegen, mit einem aus Profa und Werfen
mehrt, morin er f. Feder einen noch freien Kauf verftattet.
1777, ohne Kinder zu hinterlaffen. Die Annehmlichkeit f.
delbarkeit f. Grunbfäge, die Redlichkeit f. Charakters gewan
Freunde. Lubwig XVI. erheb ihn 1775 in den Adelſiend.
ft ein durch Wig, Leichtigkeit und Anmuth aufgejeichnete
um fo größer erſcheint, als ber Stoff felbft wenig Huͤlfem
Gedicht”, fagt d'Alembert, „würde unter den Händen eines
abgefchmadkte Poffe aemorden fein, und in bem Bezirk des 9
wurde, fein Grab gefunden haben. ©. befaß In f. Eingezo,
rechte Maß des Scherzes zu treffen, das einen fo unbebeuten
Augen der feinen Welt anziehend machen konnte”. Er ha
Gefange „‚L’onvroir des nones‘“, Üüberfchrieben, vermehrt;
Gretna ⸗· Oren Groͤtry 831
and der Styl noch kaͤlter. Indem Sidney, der 1745 aufgeführt wurde, If
Intzigue ſchwach und die Verknüpfung gemein; doch finden ſich ſchoͤne Verſe
. „Le méchant““, der 1747 mit großem Erfolg gegeben wurde, iſt wegen
eichtigkeit, Dannigfaltigkeit und [hönen Verfification, wegen ber Lebendigkeit
Külle des Witzes und der Wahrheit der Charakter eine ber beften franz. Komoͤ⸗
Sie wärevolllommen, wenn eine gleiche Fuͤlle des Komifchen diefe ſchoͤnen
nfchaften Erönte. Unbedeutender find f. Oden, f. Überfegungen der Eklogen
if und f. „Discours sur l’harmonie‘‘. Eine Ausg. f. Werke erfchien zu Am⸗
m 1782, 2 Bde. M.
Geretnas⸗ (eigentlich Graitney⸗) Green, Pfarrdorf in der ſchottiſchen
ſſchaft Dumfries, an der Straße nach England, ſeit länger als 70 J. in der
hichte zaͤrtlicher Abenteuer als die Zuflucht beruͤhmt, wo bedraͤngte Liebende den
weniffen, die ihrer Neigung entgegen traten, auswichen, und heimlich ihre
imdung feierten. In Schottland bedurfte es nämlich keines Aufgebots, Peiner
Alfigung der Ältern und keines Priefters zur Zrauung, und die Erklaͤrung des
den Paares vor einem Friedensrichter, daß es ledig und nicht in verbotenem
je verwandt ſei, war hinlänglich zur Schließung einer Ehe, die fein Ausſpruch
fte und die von allen Gerichten als gültig anerfannt wurde. Wer daher in Eng⸗
‚ wo andre Gefege gelten, nicht an das Ziel f. Wuͤnſche kommen konnte, eilte
Geliebten nach Gretna⸗Green. Ein Grobſchmied, der zugleich Friedensrich⸗
ar, Enüpfte während einer langen Reihe von Jahren viele ſolcher Verbindun⸗
Man rechnet, daß hier jährlic) 65 ſolcher Vermaͤhlungen gefchloffen wurden,
jede zu dem gewöhnlichen Preife von 19 Guineen gerechnet, ein jährliches Eins
sen von 1000 Pf. St. gab. Die neuern Strafgefege gegen unbefugte Ver⸗
hungen, die mit Verbannung beftraft werden follen, werden diefem Mißbrauche
nde machen.
Bretry (Andre Erneft Modefte), franz. Componift, geb. zu Lüttich 1741,
ſchon im 4. 3. Gefühl für den mufitalifchen Rhythmus. Er mar allein;
Ballen des fiedenden Waffer in einem eifernen Topf feffelte f. Aufmerkſamkelt;
an, nach diefem trommelähnlichen Gerdufch zu tanzen; darauf wollte er
en, wie fid) diefe® Wogen in dem Gefäß bilde, und goß es in ein ſtark gluͤ⸗
d Steinkohlenfeuer aus. Die Erplofion war fo heftig, daß er, vom Dampf
bt, und faft am ganzen Körper verbrannt zur Erde fill. Dieſes Ereigniß zog
ine langroierige Krankheit zu, und ſchwaͤchte ſ. Augen für immer, 1759 ging
ch Rom, um fid, in ber Muſik zu vervolllommnen. Er genoß hier den Uns
be mehrer Lehrer, aber Gafali ift der einzige, den er anerkannt hat. Er hatte
ja Rom einige ital. Scenen und Symphonien kören laffen, als er von den
Mehmern des Theaters Alberti beauftragt wurde, zwei Intermezzi in Mufik zu
» ein erfter Schritt auf diefer Laufbahn fand großen Beifall. Am fymel-
fteften war ihm das Lob Piccini's. Wohl aufgenommen und verehrt in der
Made Staliens, ſetzte G. daſelbſt f. Studien fort, ats Melon, Mitglied der
Geſandtſchaft zu Rom, ihm eine Partitur von Rose de Colas zeigte, welche
unſch in ihm erweckte, fich in Paris bekannt zu machen. Auf dem Wege
rankreich verweilte er zu Genf, two er bie Oper Iſabelle und Bertrude in Mus
p, welche in Paris gegeben worden war, und beren Muſik etwas ſchwach ges
1. Der Beifall, den die feinige erhielt, beftimmte ihn, nad) Parie zu gehen,
g ein Theater und Schaufpieler zu finden, die feiner würdig wären. Doch
ve bier zwei Jahre lang mandherlei Schwierigkeiten befämpfen, ehe ex von
wıtei den Huron erhielt, deflen Zert und Muſik in ſechs Wochen volendet
und deſſen Aufführung 1769 den entichiedenften Erfolg hatte. Mit noch
ı Einthafiasmus ward bald darauf der Lucile, eine Komödie in 1. Akt, aufe
sen. Er widmete fi) num ausfchließlich dem Theater, und componirte vier»
wann gen mr nn en en ce
und von einem tapfern Normann aus bem Heere Witt
flammte. Grey, geb. 1764, ſtuditte zu Eton, dann zu (
+ fen, und ward durch ben Einfluß ſ. in Northumberland beg
Grafſchaft zum Parlamentsgliebe ernannt. In Verbind
Kambton, Whitbread, Ponfondy u. A., gehörte er bei ſ. aus
den bebeutendften@egnernPitt’8 und des Miniſteriums; er:
mit Frankreich ; ſprach für die Union Irlands, und betrie
mit großer Wärme. Als Burke, Lord Figmiliam, Lord C
vor dem revolutionalten Einfluffe Srankreiche, von For f
ſchon als Mitglied des Whig⸗ Clubs und der Gefelfchaft |
haft deffen Freund, und widerfegte ſich mit ihm vereint ber
Sorpusacte. Er vertheidigte f. Freund Wilberforce gegen
Krieg mit Dänemark und Schweden 1801, indem er für
ſprach, wofür ihm die Kaufleute von Stodholm eine Di
Tor und Grenville das Miniſterlum bildeten, wurde Grey,
erfter Lord der Admiralität und Mitglied des Cabinets, n
Aufhebung des Sklavenhandels thaͤtig beiftand. Nach Fe
deſſen Stele als Staatsfecretait der auswaͤrtigen Angelege
nifterium beſtand aus zwei Parteien : die Freunde von For
Grenville aber und f. Freunde liefen es bei ihrem Haffe geg
Tommen. Da nun überdicd die Minifter ber Sache der A
fo entließ fie der König. Seitdem nahm Lord Grey wegen
den vorigen Antheil an öffentlichen Gefchäften ; doch dranı
lichkeit der Minifter wegen des Zugs nach Walchern, mißb
fehung Portugals und Spaniens, fowie den Krieg gegen
Bei dem Proceß der Königin trat er im Obechaufe als ihr
euf. Übrigens wird ©. allgemein geachtet wegen f. Uneig
ſich weber eine Sinecure noch Penfion geben laffen, vielmeh
im Oberhaufe ſtark geſprochen, und noch andre Exfparnif
kleidet er Beine andre Stelle, als die eines Governor oftlu«
mehren wird f. Med n bie Alien:bill, im Juni 1816,
Enten Bhmalbon l Era
Griechenland, das alte 833
hte bei ſ. Zuruͤckkunft auch einige wichtige Abhandlungen über bie Grenzen
[tungen der Länder, die er bereifet hatte, Er ward zum Obriſtlieutenant er»
und trat bald darnach als General und Commandant des Artilleries und
ecorps, mit Bewilligung f. Königs, in oͤſtr. Dienfte, wohin ihn der Graf v.
empfohlen hatte, weil damals Maria Thereſia, beim Ausbrudy des fiebens
n Kriegs, geſchickte Artillerie » Dfficiere fuchte. Seinen trefflichen Anord⸗
ı bei der Belagerung von Glatz hatte Öfterreich es vorzüglich zu danken, daß
ag, der Schlüffel von Oberfchlefien, den Preußen entriffen wurde. — Im
f der Minen folgte Friedrich mit faft unbebingtem Vertrauen bem Syſteme
elidor; Gribeauval hatte fi) dagegen eine andere Verfahrungsart ausgedacht,
r Sefolg bemie6, dag er Recht hatte, Die Preußen belagertn Schweibnig,
iedrich II. leitete das Unternehmen felbfl. G. vertheibigte unter bes Mar⸗
Guasco Oberbefehl den Ort, Ein unterirdiſcher Kampf ent[pann fi) num
ı welchem ſowol ber König als der General, jeder nad) f. Spfteme verführen,
ch ließ nach Belidor's Methode vier große Minen fpringen, aber umfonft |
uval’s treffliche Gegenanſtalten vereitelten jeben gewiß gehofften Erfolg, und
König auch f. Feinde umter der Erde angriff, überall fand er die wirkungs⸗
Gegenwehr, fo daß er 63 Tage nad) Eröffnung der Trancheen, und nach dem
en Anftrengungen, ſich genöthigt fah, die Belagerung aufzuheben. Schon
die Befehle deßhalb gegeben, als eine gluͤcklich geworfene Bombe Alles äns
Ein Pulvermagazin flog In die Luft, dadurch entfland eine Brefche, weiche
erreicher nöthigte, fich zu ergeben. Gribeauval warb nun ald Gefangener ſ.
Gegner vorgejtelt, der wirklich für einen Augenblid den Dann, deſſen Tas
ı gewiffermaßen überwunden hatte, nicht fehen mochte. Bald fiegte aber in
Gen Königs Seele die beffere Empfindung, Er ließ G. zu fid) kommen, zog
f. Tafel, und beehrte ihn mit den gerechteften Lobfprüchm. 1762 ward G.
: Kaiferin zum Feldmarſchall⸗Lieut. und Großkreuz des Marien: iCherefiens
ernannt ; nach gefchloffenem Frieden kehrte er auf Choiſeul's Einladung nady
eich zuruͤck, wo er, als Marechal be Camp und Geferalinfpecteur der Artilles
eſtellt, fich vielfach um das Genies, Fortifications und Artilleriewefen vers
achte. Eine Zeitlang, mehr durch Choiſeul's und des Grafen Bellegarbe,
ch eigne Schuld, in Ungnade gefallen, trat ex erfl, al Ludwig XVI. auf den
kam, in f. alte Wirkſamkeit und warb kurz vor f. Tode, zum Oberauffeher
Ben Arſenals ernannt, Er flarb d. 9. Mai 1789, eben fo gefhägt ale
) wie al® Krieger. | —
riechenland, das alte. Dieſer Name entſtand in Itallen, wahrſchein⸗
ch die aus Epirus dahin gewanderten pelasgiſchen Colonien, welche, indem fie
raͤcus, dem Sohne ihres Stammvaters Theſſalus, ſich Griechen nannten,
affung gaben, daß dieſer Name auf alle die Voͤlker uͤbergetragen wutde, wel⸗
rlei Sprache mit ihnen redeten. Bei den Eingeborenen hatte Griechenland
frühen Zeiten, 3. ®. bei Homer, keinen allgemeinen Namen ; nachher bes
den Namen Hellas, und nad) der Eroberung durch die Roͤmer den Na⸗
chaja, unter dem jedoch Macedonien und Epirus nicht mit begriffen waren,
ech. Nationen aber waren fo weit zerfireut, daß es fchmwierig wird, genau zus
nen, mas zu Griechenland gehört und was nicht. Bald nahm man Gries
d im engeren Sinne, wie es auf drei Seiten vom mittelländ. Meer umflofs
N. durch die kambuniſchen Gebirge von Macebonien gefchieden, etwa 2000
enthält; bald in einem weitern Sinne, der Macedonien und Epirus mit
eft, das Haͤmusgebirge, das ioniſche und aͤgeiſche Meer ihm zu Grenzen gibt
e Snfein diefee Meere mit aufnimmt. Griechenland befteht theild aus fes
ınde, theils aus Snfelgruppen. Ein Gebirgszug vom ambracifchen Meer
n W. bis Thermopylä in O. fcheidet das noͤrdl. G. vom füdlihen. Das
.⸗Lex. Giebente Aufl. Br. IV. 53
emumın aussen wen vorn sum vun wer men muy ss
kennt 40 Arten N Druiden: se —*
tu8). Griedyenland hat Aues was t, und fehlen
Bein Land fo bequeme Küften, Buchten und Häfen ‚für ben
thellen, als Griechenland. — Man theilt das fefte Land I
land, Mittelgriehenland ober Hella Im enger
loponnes. L.Nordgriehentand umfaßt a)Tpeff:
niah),b) Epfru (f.d.) (jest Albanien), c) Macedonien (jegt
Wilajeti), erſt fet-Philipp und Alrrander zu Griechenland
gleichfam ein Mittelglied zwiſchen Griechenland und Thra
Im Sinne der Griechen, welchem Macebonien felbft frühe:
U. Mittelgriehenland oder Hellas (jegt Kivadien)
nien, hatte rohe und kriegeriſche Einwohner, Beine bedeuten!
b)&tolien, ((.d.), e) Doris oder Doris Zetrapolis (ehemals,
f. d.), mit dem Paß von Thermopylä, e) Phocis, vom Cephiſ
5 ſich der Parnaffus, unter weldhem Delphi (f. d.) Tag.
) At tit a (f.d.), h) Megaris mit der Stadt Megara, die &ı
Landfcyaften. IM. Die Halbinfel des Peloponnı
Welcher durch Megaris der Forintpifche Iſtymus führt, umfaßt
Korintb(f.d.) mit der Stadt gt. M., früher Ephyra genann
Diet von Sithon, mit ber alten Stadt g. N. c) Adhaja, zuerft
genannt, hatte in f. Ausdehnung längs des korinthiſchen Meer!
Melas zdf. Städte; d) EIS; von dem Alpheos durchſtror
Achaja fÜdisefttic) an der Meereskuͤſte Hin. Mor Elis und Kı
((.d.) berühmt. e) Meffenia mit dein Fluſſe Pamifus, ı
Meerestäfte bis zur Landipige hinreichend, mit der Stadt Me
feftungen Ithome und Ira. S)- Eakonla, Lakonica, Lacedaͤn
(der Taygetos), vom Eurotas durchſtroͤmt, wird von dem mef
u, argoliſchen Meecbufen von drei Seiten befpütt. Bauptft.S:
golis,(f.d.). h) Arkadien(f. d.). Die zu Griechenland ge
1. im ioniſchen Meere, an der Weſt · und Suͤdſeite des feiten |
(Corfu), 2 Eephalonia, 3. Aſteris 4. Ithata Reali), 5. Zal
Griechenland, Geſchichte 835
zerſtreut liegende, die oͤſtlichen des Archipelagus. Bu ben Eykladen gehoͤ⸗
os ( Sdilli), Rhenaͤa, Mikonos, Tenos (Tine), Andros, Gyaros, Keos (Zia),
Kyihnos (Thermia), Seriphos, Siphnos, Kimolis (Argentiere), Melos
Thera (Santorin), Jos, wo Homer begraben fein fol; Naxos, früher Dia,
Pario), u. a. m. Bu den Sporaden gehörten Kos (Standhio, Stingo),
Sufd, Patmos (Palmo, Palmofa), Samos, Chios (Scio), mit mehren klei⸗
aliegenden Inſeln, Lesbos (Mitylene), mo die umliegenden kleinern Inſeln
myſoi, d. i. hundert Infeln, heigen, Tenedos (Bokthſcha Adaffi), Lemnos
zene), Imbros (Lembro), Samothrake, Thafos ; und der Küfte Griechens
iher Styros, Euboͤa (Negroponte), — Das alte Macedonien war in f. In⸗
ah, walbig und arm, und erzeugte nur in den Küftengegenden Wein, DI und
wüchte; ebenfo Epirus. Dagegen war Theffalien ein fruchtbares, ſchoͤn be⸗
8 That, das treffliche Pferde lieferte; Boͤotien, eben fo fruchtbar, war reich
zen Rinderheerden. Der Boden von Lokris war mittelmäßig ; befto ts
‚ar Doris, und noch mehr Phocis, weiches guten Wein, fchönes Ol und
n Fülle hervorbrachte. Atoliens rauhe Gebirge liegen weder Viehzucht noch
u gedeihen. Akarnanien, die Seeküfte von Attica und das bergige Megaris
ben fo wenig ergiebig, als Achaja. Argolis hatte einen fruchtbaren Boden,
Lakonien, Dieffenien und Elis blühten Aderbau und Viehzucht; Arkadten
gebirgige® Dirtenland. Die griech. Infeln waren, unter einem gluͤcklichen
1, geößtentheild mit Wein, Obft und Feldfruͤchten reichlich ausgeftattet*).
Ye Geſchichte ber Griechen laͤßt ſich in drei Hauptperioden theilm; in
iode ihres Anfangs, ihrer Blüthe und ihres Verfalls. Die 1. erſtreckt ſich
n früheften Urfprung ber Griechen um 1800 vor Chr. bis auf Lykurg, 875
f., die 2, reicht von da bi zu ihrer Unterjochung durch die Römer, 146 vor
ie Z. zeigt und die Griechen als ein übermundene® Volk, in zunehmendem
, biß endlich feit 300 nach Chr., im byzantintfchen Reiche das alte riechen»
erfhmindet. Die Peladger waren bie erfte unter Inachus, wie bie Gage
nach Griechenland einwandernde Voͤlkerſchaft. Sie wohnten In Höhlen
„Hellas, od. geograph. antiquar. Darftell. des alten Griechenl. u. ſ. Gos
niit Rüdfiht auf die neuern Entdeckungen“. Won F. 8. G. Krufe,
%p3. 1826. 2 B. m. Atlas. In dem „Tageb. e. Reife durch Griechenland
Ganten’’, Berlin 1826, findet man mit Hfnweif. auf das alte Gricchent.
fonders in militalrifcher Hinfiht fehr befriedigende Befchreib. tes jepigen.
Iten und neuen Zuftand von Griechenland beichreiben: Gell und Dodwell
1821 von Sickler überf. m. Anm.), mit den Schriften der Alten in der
geographifch, topographiſch und hiftorifh. Dodwell's Begleiter Pomardi
om 1820) einige Zufäge gegeben. Chandler, Stuart, "Revett haben de
‚echitektonifcher und plaltifher Kunſt der Griechen genau bargeftellt. Spohn
'heler, Le Ghevalicr, Choiſeul⸗Gouffier, zum Theil auch Glarke und Zurs
en einzelne weniger befannte Gegenden und merfwürdige;Pläge forgfältig
ımmen. ©. auch 3, „Horner's Büter de6 griech. Alterthume, od. Dar⸗
er berühmteften Segenden und wichtigſten Kunſtwerke des alten Griechenl.“
1324 ff. über die Sitten und Gebräuche der jegigen Bewohner Sricchen⸗
ind der Inſeln des Achipels enthalten Hughes, Hollany’s, Wautoncourt’6,
‚ Douglas’s, Caſtellan's Reifen; auch Galt (Brief ar d, :Kevante) gute
htungen; das Hauptwerk iſt Pouqueville (chemals franz⸗ Gencralconfuf
Pafıha) „Voy. dans la Grece“ Par. 1820, 6 vols. Zur neueren Gulturges
der Hellenen enthält Zken’s „Hellenion“ zc. gute Beiträge. Alle Eultur,
die Griechen der Emancipation würdig made, fpricht Ihnen Wil. Gel
f. „Narrative of a journey in ihe Morea,“ Lond. 1823. Das Gegentheil
d. Slaquiere in f. „Report on the present state of the greek confeders-
:tc. Lond. 1823, Als bauptwerf: P. D. Broendſted's „Voyages dans la
accompagnes de rechberches archeologiques“. Paris 1826 m. Kpfn. (Cos
6 Zeichnungen von Tardieu geft.) auch deutſch bei Gotta. 4., und engl.
yon.
533 ®
— ⏑ unyguenayun werte wengepmys vn
kanifän Fluth Heß ſich der Phönicier Kadmus in heben
Kenutnij der Buchftabenfchrift dahin. Ceres aus Stdlien
Eleuſis lehrten den Aderbau; Bacchus pflanzte den Weinflei
ber aͤghptiſche Stüdhtling Danaus, nad) Attica Cekrops. Je
ter ber Heroen, zu denen Hercules, Jafon, Pirithous und The
mer alten Raturfänger und Weiſen, wie Thampris, Amphiı
Mufäus, Ehitonn.A.m. Ein kriegeriſcher Geift befeeite t
ber jede einzelne Fehde alle Helden Griechenlands unter die |
bie Kriege gegen Theben, und der Trojanifche Krieg um 1200
eine Haupte poche in der Geſchichte Griechenlaads herbeifüh:
hatte viele Gebiete ihrer Fürften beraubt; daraus entfland eir
zung, in welcher e6 ben Herakliden, 80 3. nach Trojas Erober
Peloponnes zu bemächtigen unb bie Jonier und Achaͤer darau⸗
wandten ſich nach Attica. Da-fie aber bier nicht Raum genu
leus um 1044 eine ioniſche Colonie nach Kleinafien, wo ſche
aus dem Piloponnes angelangt war, und achtzig I. nachher
derließ. Im andern Staaten bildeten ſich Republiken, 3.8. i
in den aſiatiſchen Golonien, endlich auch in Athen u, f. w., fü
400 3. das ganze ſuͤdliche Griechenland meiſtens mit Rey
Woptftand und treffliches Klima machten indes die aſiatiſchen
der Bildung; von hier gmgen Künfte und Wiffenfdyaften aus,
terland der Gefänge Homer's und Heſiod's; hier blähten Ha
Sefeggebung. Doch blieb Griechenland noch bei der alten E
unbekannt mit bem Lurus. Wenn in einem Staate ſich die €
um fo fliftete mar Golonien ;- im 7. und 8. Jahrh. 3. B. bi
Rhegium, Sorakus, Spbaris, Groton, Tarent, Gela, £
Ein und Unteritalin. (&. Großgriechenlande)
ander unabhängigen Staaten Griechenlands aber bedurften eu
Buntes, das ſie zuſammenhielt. Dieſes Band waren der Zı
Amphiktnonmgkidyt und die feierlihen Kampffpiele, unter dı
ſich auszeichhleten, deren Haupterneuerung 776 3. vor Chr. ®
Griechenland, Gefhihte 837
ders in Thracien anfehnliche Handelöpläge an. In Metnaflen aber waren bie
chiſchen Eolonien unter die Herrſchaft des Indifchen Cröfus und bald nachher des
us gekommen; ſelbſt Altgriechenland wurde von Perfiend Beberefchern, Darius
Rerxes, mit gleicher Knechtfchaft bedroht. Da zeigte ſich der Heldenmuth bee
yeitliebenden Griechen in f. herrlichften Slanze. Athen und Sparta wider
den faft allein den ungeheuern Deeren ber Perfer, und die Schlachten bei Das
on, Zhermopylä und Plataͤaͤ, ſowie die Seetreffen bei Artemifium, Salamis
Mykale Ichrten die Perfer, daß Griechenland nie zu ihren Eroberungen gehören
ve. or allen griechifchen Staaten erreichte jetzt Achen die höchfte Bluͤthe und
entfchledenfte Übergewicht. Der Oberfehl, welchen bisher Sparta geführt hatte,
an Athen, defien Feldherr Cimon die Perfer zur Anerkennung ber Freiheit dee
nafiaten zwang. Zugleich war Athen der Mittelpunkt der Künfte und Wils
haften. Jetzt brach der peloponnefifche Krieg aus, als Sparta Athens uͤbermaͤ⸗
a Stolz nicht länger ertragen Eonnte, Diefer Krieg, der Griechenland vers
te, demüthigte Athen, bis Thraſybul es wieder befreite; dagegen mußte ſich
irta auf kurze Zeit unter Thebens große Männer, Epaminonbas und Pelopis
beugen. Diefer Unruhen ungeadtet blühten neben ben Dichtern Kuͤnſtler,
atsmaͤnner und Ppilofophen: der Handel war im größten Flor, Sitten und’
msart waren aufs höchfte verfeinert. Nun aber trat die unglüdliche Periode
wo mit bem Ende der politifchen Freiheit auch Die Bildung der Griechen zu fins
anfing. Im Norden von Griechenland hatte ſich ein erobernder Staat gebils
deſſen Bcherrfcher, Philipp, Tapferkeit mit ſchlauer Politit verband, Die Uns
igkeit unter den griechifchen Staaten bot ihm Gelegenheit, feine herrfchfüchtigen
ane auszuführen, und die Schlacht bei Chäronea 338 v. Chr. gab Macebonien
Oberherrſchaft über ganz Griechenland. Vergebens hoffte baffelbe, nach f. Tode
wieder frei zu machen. Thebens Zerftörung foberte Unterwerfung unter dem
chtigen Genius des jungen Alexanders. Während er alß erfter Feldherr der Grie⸗
r über die Perfer die glänzendften Siege erfocht, veranlaßte eine falfche Nachricht
ſ. Zobe einen nohmaligen Verſuch, die Kreiheit wieder zu gewinnen, den jeboch
ipater vereitelte. Eben fo unglüdlich endigte der lamifche Krieg nad) dem
e Alexanders. Griechenland war jest faſt zu einer macedonifchen Provinz hers
eſunken. Verweichlichender Luxus ſchwaͤchte die alte Tapferkeit und Kraft.
lich ſchloſſen die meiften Staaten des füdl. Griechenlands, Sparta und Ätollen
genommen, den achaͤiſchen Bund zur Behauptung ihrer Freiheit gegen Macedo⸗
te Us diefer Bund fid) aber mit Sparta entzmweite, fuchte er Macedoniens
‘fe und war dadurch fiegreich. Allein diefe Kreumdfchaft ward bald verderblich,
x fie verwidelte Griechenland in die Händel Philippe mit den Römern, welche
® anfänglich die reiheit der griech. Städte beftätigten, während fie in dem
ege gegen Antiochus Ktolien und bald darauf auch Macedonien in eine römifche
vinz vertvandelten ; allein fpäter fingen fie an, den achaͤiſchen Bund unter ſich
ntzweien, mifchten fidy in die innern Streitigkeiten der Griechen, und zwangen
e endlich zu dem legten Verfuch, ihre Freiheit mit den Waffen zu behaupten.
er Ausgang eines fo ungleichen Kampfes konnte nicht lange unentfchieden fein:
Eroberung Korinths 146 v. Chr. unterwarf die Griechen der römifchen Here
ft. Mährend des ganzen Zeitraums von der Schlacht bei Chaͤronea bie zur
berung Korinths blühten Künfte und Wiffenfchaften unter den Griechen; ja die
nft feierte erſt unter Alerander Ihr goldenes Zeitalter, Indeſſen waren doch bie
ch. Colonien in einem noch bluͤherndern Zuſtande ald das Mutterland, befonders
ed jetzt Alexandria in Agypten der Sitz der Gelehrſamkeit. Da fie ebenfalls
v und nad) unter die Botmaͤßigkeit der Römer kamen, wurden aud) fie, wie das
utterland, die Lehrer ihrer überwinder, der Römer. Unter Auguft endlich verlor
ıdie Griechen auch den Schatten ihrer bisherigen Freiheit, und hörten auf, ein
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nd, das neuere. Aufitand der Griechen 839
em und Reinheit bed Herzens. Eben fo lauter war die Sit⸗
—Sriechen. Man trug fie anfangs In finnreichen Sprüdyen vor;
Spruͤche der fogen. fieben Weifen. Nachher traten Sokrates
— ager auf, und verbreiteten gereinigte Grundfäge. Die Freiheits⸗
— — hatte ihren Grund in dem glüdlihen Schickſale, lange ohne
—zärht vor andern Völkern gelebt zu haben, verbunden mit einer
ftigkeit des Geiſtes. Sie war es, welche Heine Heere unuͤber⸗
ind einen Lykurg, Solon und Zimoleon Kronen entfagen ließ.
ürriecchen war ein Werk der Natur und Folge ihrer erflen patriar⸗
tt Die erflen Könige wurden als Hausvaͤter betrachtet, denen
dd zu ſ. eigenen Vorteile gehorchte. Wichtige Angelegenheiten
m dverfammmlung. In f. Haufe war Jeder Herr, Abgaben wurden
— Tahlt. Als aber die Könige ihre Gewalt mehr und mehr ausdehn⸗
——_ auf bedacht, ihre Wide abzuſchaffen, und es entilanden Freiſtaa⸗
ETIIr oder weniger zur Ariſtokratie oder Demokratie hinneigten, oder
—gemifcht waren; bie Bürger liebten ben Staat, weil nicht Willkuͤr,
— efege ihn regierten. Diefe edle Liche für das freie Vaterland war
— -—das dem Perferfönige fagen ließ, er wolle lieber flerben, als über
= sgrfchen, welche den Solon, Themiſtokles, Demofthenes, Phozion bes
_ ungeachtet ded Undants Ihrer Landsleute, lieber ben Staat und den
rem eignen Vortheil dienen mochten. Won der Tätigkeit der Grie⸗
Anbau ihres fruchtbaren Landes, das durch ben Fleiß f. Bewohner
— naͤhrte, und ber Reichthum ihrer Colonien. Allenthalben blühten
Hahrt und Gewerbe; Kenntniffe aller Art wurden eingefammelt ; des
*adung war raſtlos gefhäftig; man lernte die Freuden eines gefelligen,
älig eines uͤppigen Lebens Eennen. Aus diefer Quelle der Thaͤtig⸗
= zugleidy die Liebe zu großen Handlungen und Unternehmungen, wo⸗
Aſche Geſchichte fo viele Veifpiele aufitellt. Noch ein charakteriſtiſcher
= hen war fein Sinn für Schönheit, ſowol geiſtige als koͤrperliche. Dies
= ch die Natur geweckt und gebildet, ſchuf aus ſich felbft ein Ideal von
das ihm und uns zum Maßſtab ward für jedes Erzeugnis der Kunſt.
— hheit ift Allem aufgeprägt, was von ihm ausging. Diefer Sinn machte
zu Lehrern aller Zeiten und Gefchlechter.
echenland, das neuere, nebft Moren und ben Infeln (2000
— Hit etwa 4 Mil. E. wovon + Mil, in Morea und Negropont. Gie
— milch von Griechen, Türken, mahomedan. Albaniern, Juden, Ttalienern,
— u. A. Drei Viertel find eigentliche Griechen, ober Nachkommen der als
en. Rechnet man hierzu die Griechen in Kleinafien, Rußland, Deutfche
- europ, Türkei, fo darf man mol die Anzahl aller jegt lebenden Griechen
1, annehmen. Sie find übrigens in ihrer eigenthümlichen Natur noch bie
riechen. Darum traten fie, nach faft 2000jähriger Unterbrüdung ihres
olkslebens, im 2. Sahrzehent des 19. Jahrh. urplöglich wieder in der Welt
: auf, um entmeber von neuem zu erblühen, ober glorreich unterzugehen.
kr Europa wichtige Ereigniß, der
afftandder Griechen 1821, wird begreiflich, wenn wir I., das Na⸗
bältniß und die gegenfeitige Stellung der Dellenen und Tür
achten. Wenn in einem formlofen Staate Barbarei und Bildungstrieb,
errſchaft und Kreipeitsfinn, Übermuth und Verzweiflung einander widerſtre⸗
befteht fein Gefes und keine Ordnung, für den Gewalthaber fo wenig al®
Interdrüdten. Wo überdies noch zwei Völker, das der Eroberer und das
tgten, Jahrhunderte lang durch Religion, Sprache, Sitten, Gebräuche,
und Charakter getrennt, fich gegenfeitig abftoßen, ba gibt es keinen gefelli»
840 Gelechen (Aufſtand In Griechenland 1821)
gen Verband, und felbft bie Möglichkeit iſt nicht vorhanden, daß er je fid
werde. Ein ſolcher Staat ift kein Staat, fondern ein Zuſammenwurf von;
mern, gehalten von dee Schwere und dem Drud ber Maffen. Menden in
Staate find Leine Bürger ; denn das Loos des Sklaven hängt ab von der }
lichkeit f. Treiber. reift nun das der Willkür und Laune ſ. Zwingheren pı
gebene und Hunden gleich behandelte Volk, endlich von Verzweiflung getrieben
f. alten Rechten, Lämpft ed um Leben, Ehre, Bürgerthum, Glauben und Ber
erhebt es fid) aus der Vermilderung eines gefeßlofen, thierifchen Zuſtandes yı
villfation, und wehrt es von ſich ab die befchloffene Wertilgung : fo ift dies nick
pörung, fondern ein Kampf um das heilige Menſchenrecht der Natur auf Rai
Geſetz und Vaterland, Solchen Kampf, Volk gegen Volk, hat vonjche, |
Völker und Staaten gab, denen häusliche Sicherheit, Schuß des Fleißes md E
thums, Meligion und Bildung theure Güter find, die Geſchichte in ihrem r
gefeiert. Solchem Kampfe verdankt ed Europa, daß es keine Satrapie von d
Rußland, daß es kein mongolifches Khanat, Spanien, daß es Feine Provinz dei,
lifats und Afrikas Nebenland, Ungarn, daß es kein Paſchalik der Osmanen, Da
land, daß es kein Bafallenbund für Napoleons Weltreich geworden if. M
Volk geht unter und verfchwindet, das in fich verborben, an f. Namen und anf
fein verzweifelt, Es gibt keine Römer mehr, aber es gibt noch Griechen.
ältefte Volk in Europa, welches Sprache, Geſtalt, Denkart und Charatter, 0
den Leichtfinn wie die Begeifterung, den Heldenmuth, und die glänzenden Ru
ben wie die Sehler und den Thatendurft f. Altvordern, welches den Ruhmr
Gräber f. Väter zwei Sahrtaufende hindurch, mitten unter dem Zufammenft
N. mit dem S., und des Morgenlandes mit dem Abendlande, treu bewahrt
ches enblich feit vier Jahrh, von Hohn und Verachtung gepeinigt, den Glan]
Chriften nicht verleugnet hat; dieſes Volk kaͤmpft jegt wieder für ſ. alten‘
unbelümmert um das Kunftgefüge des europäifhen Staatenbaues, der jk
und veränderlicher als der geiftig » fittlich > politifche Bildungstrieb der G
welcher Europa felbftändig geftaltet hat, und der jest aufs Neue erwactti
das juͤngſte Gefchlecht der alten Hellenen aus dem Schlamme der Unterdrid
ziehen und aus Knechten des Orients daffelbe in europäifche Bürger zu ven
Darum verdient die legte Erhebung der Griechen gegen Muhammed und}
ſelbſt wenn der Sieg den Kampf nicht Erönen follte, die Achtung der Nachwe
es ift Pflicht der Zeitgenofien, die Kunde davon treu aufzubewahren, obne fi
durch Anfichten irre führen zu laffen, welche das Vorurtheilober der Nutzen
genblicks erzeugt hat. — Hellenen und Osmanen ftchen, durd) Volkes unl
benshaß gefcyieden, feinblich einander gegenüber; 374 3. feit Konftantin
Sturme der Eroberer erfchlagen warb, und 110%. feit die Republik Vene
ren und die Inſeln verlor. Kein Staatsvertrag hat Volk und Land den
unterworfen; ſelbſt Morea ift ohne ausdrüdliche Abtretung von Seiten V
(im paffaromwiger Frieden 1718), nach dem bloßen Rechte bes Waffenbefit
(uti possidetis), eine Provinz der Pforte geblieben. Die Gewalt des Sin
die Ohnmacht des Befiegten entfchieben allein das Schickſal der Hellenm; |
war dieſes Volk nie ganz unterjocht; einzelne Stämme behaupteten in den
gen fortwährend ihre Unabhängigkeit, fo die Sphakioten auf Kreta, fo di
notten, bie Sulioten, die Montenegriner (f. d.); ſelbſt ab
aͤuptlinge fehhttelten oft ihre Feſſeln ab, und die Abenteurer der kuͤhnen ©
ephten genannt, welche vor dem Aufftanbe ein freie Leben unb mit din
immer Krieg führten, wurden der Dauptgegenftand neugriechiſcher Volks
Bio Fanarioten (f. d.) hatten fi dem Sultan unterworfen, weil fie it
ten. Das 8008 der unterjochten Rajahs aber war nie und nirgend aliacıma
lich feſtgeſtellt, fondern ein Spiel der Laune, Habſucht, Wolluſt und Gr
Griechen (Morbereitung bes Aufſtandes) 841
seinen tuͤrkiſchen Statthalter. Nur mo biefe ihren Vorthell in ber Schos
der Griechen fanden, oder aus Gleichguͤltigkeit, bisweilen auch durch ihr eiges
lefuͤhl zur Milde bewogen, um die Giaurs ſich nicht bekuͤmmerten, nur da ers
bee Hellene durch Bienenfleig und Handelsklugheit einigen Wohlftand ; aber
im glüdlichften Kalle vergolbete Ketten, und ſtets hing über f. Haupte an eis
aden ded Damokles Schwert. Durd) Bezahlung des Haratfch, eine® gros
fegeldes, müffen Chriften jährl. ihr Leben erkaufen! nur gegen die Erlegung
Geldſummen, die fie oft nicht aufbringen können, wird ihnen geftattet, ihre
iiſturz drohenden Kirchen aufzubauen! Unter folchem Druck verwilderte das
th; mit der Klugheit paarten ſich Dinterlifl und Betrug, mit dem Heldens
Mäubertrog, mit der Unroiffenheit, Aberglaube und Rohheit. Einzelne tras
och hervor in Bildung und Charakter. Alle aber bewahrten als ein heilige®
t, Sprache, Glauben, Sitte, das alte Natianalgefühl und die Liebe zum Va⸗
— War das Griechenvolk gefunten, am meijten die Sanarioten der Daupts
ur ber Nähe des Serails, wo Drud und Liſt ihren Brennpuntt haben, fo wa⸗
Bie Osmanen noch weit mehr. Ihr Reich, ein ſtarres Conglomerat von dem
mern des buzantinifchen, — die Türken felbft keine Nation, fondern eine rohe
von Kriegern, Befehlshabern und Ulemas, ein Miſchlingsvolk afiatifcher
r, und Baftarde von Tatarblut mit Sklavinnen aus allen Welttheilen ers
— haben keinen andern Innern Verband, als den des Fanatismus und Des⸗
zus. Den geiftig fittlichen Verfall der Osmanen übertrifft noch der politis
Denn in dem Wefen der tuͤrkiſchen Verfaffung liegt der Keim ihrer Auflds
Die Zürken machen in den ausgedehnten von ihnen beberrfchten Ländern
den vierten Theil der Bewohner aus; Jie betrachten die bei weiten größere
brer Nebenvoͤlker als natürliche Zeinde, die fie forafältig hüten, folglich unters
n müffen ; fie fpielen bie wilde Rolle noch jegt fort, die fie als erſte Eroberer
Immen hatten; fie find daher noch immer Fremde in Europa und Einnen nie
n eingeborenen Stämmen zu Einer Nation zufammenfchmelzen. Hieraus
ie ungemeffene Macht, welche man den Pafchen in die Hand legen mußte, zus
aber auch das Mißerauen des Hofes gegen diefe-Macıthaber, deren hiiufige
rungen und deren Untergang, feltener ducch offene Gewalt al durch Hinter⸗
elche nur die Schwäche der Regierung verräth. Bloß die gemeinfchaftliche
on und der Sultan, al& fihtbares Oberhaupt berfelben, nebft dem gemeins
ichen Haß gegen Alles, was Giaur oder Keger heißt, bewirken, daß der Türke
men Afiens den europdifchen noch als f. Bader anerkennt, und daß bie einzels
heile nicht ſchon laͤngſt zerftüdelt worden find. Zugleich entfpringt aus der
htung jedes andern Menfchen, der nicht Mufelmann ift, und aus dem alten
reruͤbermuthe diefer rohen Kriegerkafte jene Geringſchaͤtzung aller Kuͤnſte, wel⸗
ft von Giaurs erlernt werben müßten, zugleich aber auch jene Ruͤckwirkung
Hiäffigter Bildung: die Abhängigkeit der Türken von jedem cultivirten Wolke,
von den Griechen, In Gegenftänden, welche auf Aderbau, Kunftfleiß, Handel
3taatskunſt Bezug haben, ſowle der Verfall ihrer politifchen Macht gegen das
iche Europa, welches im 17. Jahrh. f. Taktik vervolllommnete, da hingegen
mitfcharen, ungeachtet aller Verfuche, die Selim ILL. Thron und Leben Eoftes
nd Mahmud II. nöthigten, ſ. Sugendfreund Hatet binrichten zu laſſen, nie ei»
Schritt darin vorwärts thun wollten, biß fie felbft, ats Empärer und Brandſtif⸗
826) ganz außgerottet werden mußten. So ſteht Osman's flolzer Stamm
erfaulten Wurzeln, und nur der europäifche Staatenbau iſt f. Stüge, wie ein
hes Gemaͤuer nur zwifchen ſtatken Nachbarwaͤnden fich noch hält.
1. Vorbereitung zudem letzten Befreiungskampfe der Hellenen. Ein
adſeliges Natutverhaͤltniß zwifchen Griechen und Türken, wie das eben darges
iſt, muß endlich den Untergang des einen oder des andern Theils herbeiführen,
run wuyınenun sruurın arusaup uuy vrsspoysunmuuye -.
Land verlaffen, wenn er nicht volle Gewalt habe, um der
thun. Er erhielt fie. Zugleich vereinigte fich der Sena
von Hydra, um einen Congteß von Abgeorbneten aus ga!
mata zu verfammeln. Während Maurokordato u. A. di
metrius den Hauptwaffenplag der Türken auf More, Ti
Mantinea) eng eingefchloffen. Schon wollte die Beſal
Erſcheinung der tuͤrti ſchen Sitte in. den Gewäflern des P
gab, Um aber auch die Truppen durch die Furcht vor bei
hartnädigften Widerflande zu bewegen, ließen die Befehl
nehme Griechen und Prälaten, die theils aus eignem 9
theils argloß der trügerifchen Einladung ber Beis gefolgt
zen, bis auf zwei ermorden. Deffenungeachtet bemächtig:
dem 2000 Albangfer feeien Abzug erhalten und die Unterf
Ten ſich jerfchlagen hatten, ber Gtabt mit Sturm (5. Dc:
wurde auf Bedingungen von dem tapfern Kioja Bel ger
rungẽwuth dee Hellenen ließ ſich nicht zuruͤckhalten, und
loren ihr Leben. Im Tripolizza eroberten die Peloponneſi
ſchuͤtz und ber Plag ward ber Sig der helleniſchen Regier
908 verlegte. — Ebenfo gluͤcklich kämpfte Odyſſeus in Th
Banbenführer (darunter Perevos) ſchiugen am 5. und 6. '
aus Macebonien vorgebrumgenes türkifches «Heer mit groß
lid) kam Afrokorinth (26. San. 1822) durdy Gapitulatior
den. Dagegen bemaͤchtigte fid der Paſcha von Salonid
(11. Nov.) mit Sturm, weil die Griechen ſich durch Unel
3000 Hellenen wurden niebergehauen, die Weiber und 9
führt und die wohlangebaute Halbinfel zur Einoͤde gemad;
Einftedler auf dem Monte Santo (Athos) ſchuͤtzten ſich di
und blichen, weil die Türken diefe Felſeneinſiedelel als hı
des Krieges verſchont. Um diefelbe Zeit ftürmte Khurſchi
Feſte Lathariza, und der alte Iyrann von Epirus harrte i
einem Schloſſe in dem See bei Janina, vergebens auf En
Griechen (Rumpf derjelben 1822) 849
a albanefifchen Provinzen. Endlich fandten fie den Zürften Kantakuzeno
taifer Alexander, um ſ. Beiſtand anzuflehen; allein der Fuͤrſt erhielt nicht
nen rufifchen Paͤſſe nach Petersburg. Denn das Spflem der europaͤiſchen
mar Neutralität und Mißbilligung des griech. Aufitandes und friedliche Vers
3. Ebinjo wenig gelang ed den Navarchen von Hydra, den Vicekoͤnig von
sur Neutralität in dem Seekriege zu bewegen. Dieſet hoffte vielmehr bei
elegenheit, Kreta mit Ägypten zu vereinigen. ,
‚ Erfler Verſuch eines geordneten bärgerlihen Zuſtan⸗
Hellenen, 13. Ian. (1. Jan.) 1822 in Epidaucos, während der Kortdauer
ipfes, bis zur zweiten Nationalverfammlung in Aftto 14. März 1823. —
Mühe war es dem edlen Maurokordato und den Primaten gelungen, dem
n Sanzen der in dem Kampfe zuchtloſer Volkshaufen und erbitterter Feinde
eniger als völlig befreiten Kinder eine Art von Bundesſtaatsverfaſſung und
egierung zu geben. Das weltliche Feſtland von Hellas: Akarnanien, Ätos
Spirus, fandte 30 Abgeordnete nad) Miffolunghi, welche unter dem Vor⸗
8 Alex. Maurofordato (3. Nov, 1821) einz Regierung odes Geruſia von LO
ern erwaͤhlten; das öftliche Feſtland: Attika, Böotien, Eubba, Phokis,
Doris, Dzolaͤ, Theſſalien und Makedonien, ſandte 33 Abgeordnete nach
welche unter dem Vorſtande des Theod. Negris, am 16. Nov. aine Re⸗
den Areopag von 14 Mitgliedern einſetzten; der Peloponnes und die In⸗
ra, Ipſara, Spezzia u. ſ. w. verſammelten zu Argos am 1. Dee, unter
ftande des Fuͤrſten Demetrius, 60 Abgeorbnnete, welche die peloponnefifche
von 20 Mitgl. erwählten. Diefe drei hellenifchen Regierungen follten eine
Verfaſſung vorbereiten, welche ſich die Nation in der Kolge an der Hand
yrung geben würde. Sin diefer Adficht bildeten 67 Abgeordnete aus allen
n Griechenlands zu Fpidauroe, unter Maurokordato's Vorſtand, am 10,
22, dieerfte Nationalverfammiung, welche am 13. Jan., dein griech,
ztage, eine Zwifhenverfaffung aufſtellte. Sle beruhte auf folgenden
flimmungen: Einjaͤhrige Amtsdauer aller Provinz, Bezirkes und Ges
‚rfteher; Gefeßgebung durch übereinftimmende Beſchluͤſſe des berathſchla⸗
nd des vollziehenden Raths; Vollziehung der Geſetze durch den Vollzie⸗
b, der die acht Miniſter ernannte, unabhängige Rechtspflege, welche in
fen von den Kantonalgerichten, den Provinzgerichten und dem oberften Gies
e vermoaltet werden follte. Hierauf ernamnte der Conyreß die 33 Glieder,
hfeblagenden und die 5 Glieder des vousichenden Raths; Maurokordato
»Edroß, oder Vorſteher und Theod. Negris Stantsfecretair des Vollziehungs⸗
Dpfilanti, der jene Stelle erwartet hatte, erhielt den Vorfig in der berath⸗
en Berfammlung,. machte aber von diefec Würde Eeinen Gebrauch. End⸗
# der Gong zu Epidauros am 27. San. 1822 ein Manifeft, worin
Bereinigung der Griechen zu einem unabhängigen Foͤderativſtaate aus⸗
So wurden bie erften Keime Der bürgerlichen Ordnung gepflangt; aber
» bie rwiderftrebenden einzelnen Theile nicpt zu einem Ganzen feit verbunden.
miſche Centraltegierung nahm ihren Sig zu Korinth, fpäterhin wieder in
— Die Pforte mußte jegt ihre Kräfte theilen. Ein Heer ftand am Euphrat
e ungluͤcklich in Armenien gegen die Perfer; ein andres-fland an der Donau,
suffifche Heer in Beſſarabien zu beobachten, All's Fall erhöhte jedoch den
Muth der Pforte. Daher konnten Englands und ſtreichs Vorſtellungen
den Divan von dis Kalſers Alexander Friedensliebe und Maͤßlgung Über:
Doc ließ die Pforte auf Rußlande Berlungen, 1822, einige griech: Kir
Der herftellen und einen netten Patriarchen, Anthymos, Bifchof von Chalte⸗
auf die uͤbliche Art wählen ; auin behandelte fie denſelben mir Achtung, um
n bie Griechen zur Annahme der Ammeſtie zu bewegen. Aus den Fuͤrſten⸗
„zes Slebente Aufl. Bi, Vo 54 j
850 Griechen (Rampf derfelben 1822)
thuͤmern sogen im Dat 1822 unter Mord und Plünderung bie aflatifc
ab; im Jull wurden neue Hospodare: Ghika für die Walachei, Stu
Moldau — beide aus der Mitte der Bojaren — ernannt, und die Griech
Stellen in den Fuͤrſtenthuͤmern außgefchloffen 5 allein die neuen Hospot
unter türifchen Serasklers, und es blieben in den Fuͤrſtenthuͤmern europ
Ten als Befagung ; dody räumten fie Jaſſy, das fie aber, aufgebracht übe
orbnung, am 10, Aug. 1822 in Brand ſteckten und plünderten. — !
hatte das J. 1822 in Griechenland wichtige Ereigniffe herbeigeführt. B
befotgten diesmal eine Art von Kriegeplan. Nah Ali's Falle befchlog
Paſcha in Theffalien Verftärkungen aus Rumellen an fidy zu ziehen, wm
und Dorea zu unterwerfen, während im Febr. und März 1822 eine kuͤrk
unter Hali Bei die Feſtungen In Morea mit Truppen verſtaͤrken ſollte, d
fuf Pafdya von Patras und Lepanto aus Khurſchid's Angriff auf den Iſt
das Eindringen in Morea unterftügen koͤnnte. Allein der Verſuch der
Slotte, Morea durdy fiifche Truppen zu unterjochen, ſcheiterte gimzlid
Miderftand der Sulloten hielt den Seraskier in Epitus zuruͤck; dadun
Kotskotroni Zeit, bie gelandeten Truppen in Patras eirtzufcy:ießen und Hi
nad) Akarnanien zu fenden. In derfelben Zeit brad) ein neuer Auffland
denen Orten aus, der den Streitkräften der Pforte eine andre Richtung
vereingelte. Das Unglüd von Chios rettete das griech. Feſtland. Die
griech. Bevoͤlkerung der blühenden aber wehrlofen Inſel Chios (f. Sci
bisher jede Auffoderung, an dem Aufftande Theil zu nehmen, abgelehnt:
am 23. Mär; 1822, eine griech. Flotte von Samos unter Logotheti erid
fen bie durch unaufhoͤrliche Bedruͤckungen gereisten Bauern zu den Wi
fielen große Unordnungen vor, und bie Türken mußten ſich, nachdem fie 8
aus den vornehmften, friedlich gefinnten Einw. der Stadt ausgeboben, i
delle zuruͤckziehen. Da erfchien die große tlirfifche Flotte. Um Chios zu
gab der Kapudan Pafcha f. Keldzugeplan gegen Morea auf, und jegte, am
- nachdem bie Chioten die angebotene Amneftie verworfen hatten, 15,000 |
wildeften afiatifchen Truppen ans Land ; die Infulaner wurden gefchlage
wenig Tagen war der reiche Sruchtgarten von Chios ein große® Keichenfell
fchanderhafte Brandftätte. Kaum vermodhten die europäifchen Gonfuln,
ber frangöfifche, der entfchloffene Digeon, mit eigner Lebensgefahr, und
taind der europäifchen Schiffe, einige Hundert Ungluͤckliche zu retten.
der Samier entfloh aufden Schiffen, bie übrigen festen im Gebirge den 3
Berzweiflung fort. Endlich bewirkten die europdifchen Conſuln, mittelſt
tenbriefs des Erzbiſchofs, und durch die fchriftliche Verficherumg der übrige
daß die Chioten ber angebotenen Verzeihung ded Kapudan Paſcha traum
wenn fie die Anftifter und ihre Waffen auslieferten, die gänzliche Unterm
Landleute; allein deflenungeachtet hörten Mord, Brand umb Pluͤmder
auf. Nach den türkifchen Zollcegiftern Ind bis zum 25. Mat, 41,000
meiſtens Frauen und Kinder in die Sklaverei ausgefuͤhrt werben. —
Schickſal ſollte Spfare, Fine und Samos treffen. Aber die Ipſarioten
relt, ihre Kamilien nach Morea zu ſchicken, umzingelten von fern bie tuͤrkiſ
mit 70 Heinen Schiffen, Barımter mehre Brander (Hephäftia genannt), d
finnceic, eingerichtet waren, als fie geſchickt und kuͤhn geleitet rourben. 43
ten und Hydrioten tweihten fich dem Tode, ruderten barauf mit ihren Se⸗
(eine Art halber Kanonierfchaluppen) mitten durch bie feindliche Flotte, die
der Rhede von Chios lag, und in der Nacht vom 18. zum 19. Juni 18%
Sapttain Georg Brander an das große Admiralſthiff des Kapudan Paſcho
ein andres Einienfchiff. Jenes flog mit 2286 M. In die Kuft; diefe zei
Der Kapudan Paſcha ward, tödtlic verwundet, an das Ufer gebracht, wo
Griechen (Kampf berfelben 1822) 851
z Schrecken befiel die Kürten; aber bald brad) ihre Wuth los, und bie lebte
on Suitue, die bisher noch geſchonten, für die Pforte ſehr einträglichen, Ma⸗
ꝛx wurden vertilgt. In Koniiuntinopel Bauften Muſelmaͤnner chiotifche
n, bloß um fie nach einer Luft ermorden zu können. Die daſelbſt wohnhaf⸗
dem Aufftand unſchuldigen chiotifchen Kaufleute, ſowle die aus nie dorts
rachten Geißeln, wurben ohne Proceform, theild heimlich theil® oͤffentlich,
htet. So lernten Morea und der Archipel das Loos fennen, das fie erware
Endlich ſah die Pforte ein, daß ſie durch ihe Vertilgungéſyſtem die eignen
uellen zerſtoͤre. Denn überall arbeiteten nur bie Rajahs für die Türken, und
eten eine beträchtliche Kopfiteuer. Daber mußte auf bes Srofberen Befehl
ſcha in Smyrna fireng auf Ordnung halten und bie Griechen befchügen ; In
ab der neue Statthalter Juſſuf Bei den auf die erlaffene Amneftie zuruͤck⸗
en Chioten ihre Ländereien wieder. In Cypern endlich, wo die Mordjagd
ch. Chriften, mit Brand und Plünderung bis Ende 1822 fortdauerte, fchüste
Bei, ein menichlich gefinnter Officer bed Pafcha von Agppten, wenigſtens
ce vor der Zerſtoͤrungswuth, und 1823 fuchte der neue Statthalter, Seid
set, die Ordnung auf der ganzen Inſel wieberherzuftellen. Kin andrer
wo ber Anfftand des gebrüdten Volks die Feldherrn der Pforte befchäftigte,
tatedonin. Die Ausichweifungen ber aflatiichen Truppen, welche durch diefe
3 zogen, um zu Khurſchid's Deere zu flogen, reisten die bisher ruhig gebliebes
srfichaften des Gebirgs zum Abfall. Sie befehten, unter den bellenifchen Ras
;Diamantis, Taſſos u. A., die Päffe des Olymps und eroberten, 24. März
den wichtigen Play Kara: WVeria, das alte Berda. Doch zulegt ſchlug fie
ſcha von Salonichi, Abbolubut, mit feiner Reiterei bei Niaufta gänzlich ; die
n liefen auseinander und ein Strich von 150 Dörfern ward wie Chios behans
6000 dhriftliche Familien kamen um, und der Pafcha rühmte fi, an einem
600 Weber und Kinder gemordet zu haben. Selbſt die Pforte mißbilligte
Berfahren, und ber Unmenfch follte erdroffelt werden ; allein von f. Leibwache
en, war er in dem befefligten Salonichi fiher. (Gleichwol ernannte ihn ſpaͤ⸗
forte zum Seraskier von Rumelien, und er z0g von Lariffa im Nov. 1823
OOO M. bis Zeitun.) Während Chios brannte und Makedonien biutete,
de ſich die heilenifche Centralregierung zu Korinth unter Mauroforbato, als
nd des Vollziehungsrathes, in Verbindung mit den Provinzialbehörden, bie
ttung bes Landes durch das Gefek vom 30. April 1822 (dem erften Jahre
abhängigkeit) vorläufig zu organifiren, die Streitmaffen zu ordnen, eine An⸗
ı eröffnen, den Soldaten Laͤndereien (durch das Geſetz vom 7. [19 n. St.)
822) zu verfprechen, und da es außer den Zoͤllen feine directen Steuern gab,
Erzeugniſſe des Bodens eine Abgabe zu legen ; allein fie fand faft überall
fpruch und Trotz, am meiften bei den an alte Unabhängigkeit gemöhnten Kapi⸗
Jeder wollte nur für f. Rechnung kaͤmpfen und befehlen. So der habſuͤchtige
rgeizige Kolokotroni; fo ber troßige Obyffeus *), und ber ſtolze Mauro Midyali ;
Hpfitanti fügte fid) nur ungern in die neue Ordnung. Allen aber war der uns
ige, einfichtsvolle Maurokordato verhaßt, weil er nicht auf dem Kampfı
ie Würde des Proadeos errungen hatte. MNegrie’s Einfluß brachte e6 jedoch
daß Maurokordaro die obrrfte Leitung des Zuges nach Weſthellas (Epi⸗
nebſt der vollen Civil⸗ und Miltairgewalt erhielt. Der Proedros ftieß
mit 2000 Peloponnefiern und dem etwa 300 Mann ftarten Philhellenen⸗
unter ÖeneralRormann (f. d.), am 8. Juni zu den albanefifchen Scharen
DODdyſeus ließ fogar einen tapfern Officer, den Oberſten Haverino Palasca
Inen Kapitan Alexis Nuzzo, welche die Regierung an ihn gefandt hatte, um
a rathen und ihn für cinen übereinflinmenden Kriegeplan zu gewinnen,
hauen. 54
ww # Griehen (Kampf derſtiben 1823) 855
== Roveredo kam, auf dem in Verona verfammelten Gongerie um fo too
268 finden, da der innere Zwleſpalt der Griechen bie Auflöfung des jungen
erwarten ließ. Kolokotroni verweigerte naͤmlich der Regierung ben
woli di Romania, und beſprach ſich mit andern herrſchſuͤchtigen Kapitanis
—ıa4a Über eine Theilung Moreas in erblicye Fuͤrſtenthuͤmer. Gleichwol
—r- Ver hellenifchen Regierung die Gefahr eines Bürgerkriegs abzuwenden,
—wweite Volksverſammlung im San. 1823 nach Aftıo zu berufen. Zus
38 ber Abgeordneten bes Volks waren bereits zwei Wahlftufen, die ber Ges
- «sälteften, einen auf 10 bis 60 Zamilien, und bie der, Senatoren, nad)
durch die Wahlgefehe vom 21.Nov. und 3. Dec. 1822, eingeführt wors
—ıt Wiederberftellung der Eintracht bewirkte vorzuͤglich Maurokordato, ale
- ung aus Verona durch die engl. Geſandtſchaft in Konftantinopel bekannt
Ae Griechen hätten ſich ihrem rechtmäßigen Herrn, dem Sultan, zu uns
-= Bugleidy erhielt man Nachricht von den Ruͤſtungen der Pforte, um
3Baffer und zu Land anzugreifen. Nun fanden ſich Immer mehr Abs
in Aſtro ein; felbft Odyſſeus und andere Kapitanis zogen mit ihren Scha⸗
ipolizza dahin, fo daß bie Nationalverfammlung von 100 Abgeordneten
„orte Aftıo am 14. März eröffnet werden konnte. Sie wählte ben Mauro
‚am erften Vorftande, und den Theodor Negris zum Kanzler. Auch Kos
unterwarf fich den Befchlüffen der Verſammlung. Darauf ernannte fie
so bed gefeßg. und bie bes vollzieb. Raths. Vorſtand des erſtern wurde
‚ote Kondorioti, des leptern Petro Mauromichali, Bei von Maina. Beide
a 80 bis 50 Mill. Piaſter erheben zu laffen, um damit 60,000 M. unb
zere Kriegöfchiffe auszuruͤſten. Übrigens wurden die Grundfäge der orga⸗
3efehläffe von Epidauros mit unweſentlichen Abänderungen für ganz Grie⸗
angenonmmen, und flatt der Provinzialcegierungen Präfecte (Epacchen) ein»
Sodann wurde das franz. Deergefegbudy mit den nöthigen Abaͤnderun⸗
nommen und die Abfaffung eines Steafgefeghuche befchloffen. Hierauf
ie VBerfammlung das neue Berfaffungsgefeg von Aftro den 23. April 1823
und ging auseinander, nachdem die von ihre errichtete Nationalregierung
Apr. ihren Sig zu Tripolisza genommen hatte. So war bie Ordnung ber:
lien die Eintracht der verfchiedenen Volkshaͤupter bei weitem noch nicht
daher auch die oberften Vorſteher der beiden Raͤthe und die Miniſter öfters
w. Maurokordato wurde Präfident, und Kolofotroni Vicepräfident, Des
Vpſilanti aber als untauglich von den Geſchaͤften entfernt; endlich erhielt
itsſecretaitr Negris f. Entlaffung. Nur darin blieben die Hellenen einig,.
ie Amneftie der Pforte und die durch britifche Unterhändler angebotene Art
bhaͤngigkeit, wie fie die Moldau und Walachei genöffen, verwarfen. Die
Politik ließ jegt wenigſtens eine mittelbare Unterſtuͤtung ber Griechen von
nd den ionifchen Infeln aus zu. Auch das franzoͤſ. Eabinet legte des Theil⸗
er Sranzofen an der griechifchen Sache Bein Hindernig in den Weg. Fruͤ⸗
dußland wollte jedoch keine Macht ſich über dieſe Angelegenheit erklaͤren.
lexander hatte bie unmittelbare dipiomatiſche Verbindung mit ber. Pforte
en. Er beftand auf der gänzlihen Räumung der Moldau und Walachei
Hfchen Truppen. Dies, fowie die von der Pforte eingeführte Durdyfus
r europdifchen, nach dem ſchwarzen Meere beſtimmten Schiffe, war der
ulardepefhe von Verona, vom 14. Dec. 1922, enthielt in Beziehung auf
land die Worte: Les Monaryues, decides a repousser le princije de la
en quelque lien et sous quelgue forme.qwil se mopträt, se hatdrent de
' d'une &gale et unanime r6probation. — Mais ecaulant en meme !eına
le leur conscience et d’un devair sacıe, ils plaidesent la cause (le T’lu-
i A irrdflöchie que eoupeble.
pn faveur des vielimes d’une entreprise
854 Griechen (Kampf derſelden 1823)
ward Omer Vrione von Maurokordato und Marko Botfari mis großem
zuruͤckgeſchlagen; er mußte die Belagerung aufbeben, verlor f. Geſchuͤt
fi) nad) Vonizza zuruͤck. Die wichtigfte Folge des verungluͤckten tuͤrkiſch
zugs war der Fall von Napoli di Romania (ſ. d.). Freiwillige
am Tage de6 h. Andreas, des Schugheiligen von Morea (30. Nov. a.
Dec.), die Kefte Palamidi; dadurch kam auch die Stadt in die Gemalt ber @
welche bie Gapitulation genau erfüllten und die tuͤrkiſche Beſatzung nach Ca
va bringen ließen. Schon follte der Sig der Regierung in dieſes Bollwert
abhängigkeit des Peloponnes verlegt werden, ald der alte Zwiſt unter dm.
nis wieder ausbrach, und Kolokotroni der Abficht, unter tuͤckiſchem Eure |
Fürften von Morea zu erheben, verdächtig wurde. — Unterbeffen war Ke
nopel der Schauplag des Janitſcharenaufruhrs. Der unglüdliche Feldzug
rea, die Unfälle in Aften, der Mangel in der Hauptſtadt, verurſacht durch
den Griechen gehemmte Zufuhr, die ſtrengen Befehle des Großhern, we
Zurus in Kleidung und Schmuck unterfagten, und bie Ablieferung bed &o
Silbers in die Münze anorbneten, die Derabfegung bes innern Muͤnzwe
die Stodung des Handelt erregten allgemeine Unzufriedenheit. Halet Ef
treue Jugendfreund des Großherrn — verhaßt durch ſ. Plane, den Zrob
nitſcharen, die nach Morea zu marſchiren ſich weigerten, mit Huͤlfe aſiatiſch
pen und europaͤiſcher Kriegszucht, zu baͤndigen, ſowie durch ſ. Einfluß, der
Ben des Reiche von dem Vertrauen bes Sultans entfernte — wurde ba6
Soldatenwuth. Mahmud ſah ſich genöthigt, die Anhänger Halet's, den
zier Salih Paſcha, den Mufti und andre hohe Beamte abzuſetzen. E
Freund durch eine ehrenvolle Verbamung nach Aſien (10. Nov.) zu rette
er mußte das Todesurtheil ihm nachſenden, und Halet's Kopf ward, at
1822, nebſt den en ſ. Anhänger auf den Thoren des Serails ausgeſte!
gen ee er ben Abdullah⸗Paſcha, einen Freund ber Janitſche
oßvezier ernannte, fchloß mit den Worten: „Nimm deine Gedanken rec
men, dem Gott weiß, die Gefahr iſt groß!"
VI. Einführung einer Berfaffung in Griechenland, u
erfolglofer Feldzug der Türken gegen die Dellenen 1823. Die Central
in welcher Maurokordato und Negris durch richtige Beurtheilung ber ir
aͤußern Verhaͤltniſſe Griechenlands fich auszeichneten, verfolgte jet einen
Zweck. Eingedenk der Worte eines griech. Schriftſtellers: „Da all
Griechenlands herrfchen wollten, haben alle die Herrſchaft verloren‘, fü
Einhelt im Innern zu begründen, worauf zugleich die Hoffaung beruhte
ropa der Wiederherftellung des Hellenenſtaats Vertrauen unb Billigung
fagen werde. In dieſer Abficht erließ die Dieglerung zu Korinth fchon am
1822 eine Erklaͤrung an bie chriftlihen Mächte ; allein bie Verhandiw
die griech. Angelegenheit in Wien und fpäter in Werona nahmen, als bie’
Folge ihres Erflärungen vom 28. Febr. und vom 18. April 1822, m
ſchien, eine für die Griechen ungünftige Wendung. Die Fortbauer ber’
legitime Macht umb bie Erhaltung des Friedens ließen ſich mit der Anerk
nes unabhängigen Griechenſtaats nicht vereinigen ; doch befchloffen bie D
Divan zur Sicherſtellung der Griechen in bürgerlicher und ticchlicher Hin
wegen. Es konnte daher der Abgeordnete der griech. Regierung, Graf!
*) Graf Metara fchrieh_d. 2. San. 3823 von Ancona aus an den $
VI, welchem er tie Lage der Griechen fchilderte, ihn um fein Zürmwe
rona bat, und zugleich erklärte, taß die Griechen ihre Rechte der Mr
Congreſſes unterwerfen und von einer chriftlichen Dynaſtie unter w
dauerhaften Geſetzen beherricht zu werten einmwilligten, nie aber mit !
in irgend eine Verbindung, wieder treten würden. Daſſelbe erklärte
zung zu Argos in einer an den Congreß gerichteten Schrift vom 29. 2
” Griechen (Kampf derfelden 1823) 855
5 ME Roveredo kam, auf dem In Verona verfammelten — um ſo wo
Bebör finden, da der innere Zwieſpalt der Griechen die Aufloͤſung des jungen
ats erwarten ließ. Kolokotroni verweigerte naͤmlich der Regierung ben
Mapoli di Romania, und beſprach ſich mit andern berrfchfüchtigen Kapitanis
volizza über eine Theilung Moreas in erbliche Fuͤrſtenthuͤmer. Gleichwol
es der helleniſchen Regierung die Gefahr eines Buͤrgerkriegs abzuwenden,
ae zweite Volksverſammlung im Jan. 1823 nach Aſtro zu berufen. Zur
nung dee Abgeordneten des Volks waren bereits zwei Wahlſtufen, die der Ge
oder Älteſten, einen auf 10 bis 60 Familien, und die der Senatoren, nach
ten, durch die Wahlgefche vom 21.Nov. und 8. Dec. 1822, eingeführt wor⸗
Die Wiederberftellung der Eintracht bewirkte vorzüglih Maurokordato, al6
Arung aus Verona durch die engl. Geſandtſchaft in Konftantinopel bekannt
Die Griechen hätten ſich ihrem rechtmäßigen Deren, den Sultan, zu uns
m. Zugleich erhielt man Nachricht von den Rüftungen ber Pforte, um
zu Waſſer und zu Land anzugreifen. Nun fanden fi) immer mehr Abs
te in Aftro ein ; feibit Odpffeus und andere Kapitanie zogen mit ihren Scha⸗
Zripolisza dahin, fo daß die Nationalverfammiung von 100 Abgeordneten
Dorfe Aſtro am 14. März eröffnet werden konnte. Sie wählte ben Mauro
zum erften Vorftanbe, und den Theodor Negris zum Kanzler. Auch Kos
| unterwarf fich den Befchläffen der Verſammlung. Darauf ernannte fie
jL des gefegg. und bie des vollzieh. Mathe. Vorſtand des erflern wurde
riote Kondorioti, des legtern Petro Mauromichali, Bei von Maine. Beide
n 40 bis 50 Mitt. Piafter erheben zu laffen, um damit 50,000 M. und
Bere Kriegefchiffe auszuruͤſten. Übrigens wurden die Grundfäge der orga⸗
Befchlüffe von Epidauros mit unmefentlichen Abänderungen für ganz Gries .
angenommen, und ftatt ber Provinzialcegierungen Präfecte (Epacchen) ein
Sodann wurde das franz. Heergefegbuch mit den nöthigen Abaͤnderun⸗
nommen und die Abfaffung eines Steafgefetsbuche, befchloffen. Hierauf
ie Verſammlung das neue Verfaffungsgefeg von Aftro den 23. April 1823
und ging auseinander, nachdem die von ihre errichtete Nationalregierung
Apr. ihren Sit zu Tripolizza aenommen hatte. So war die Drbnung ber:
{Hein die Einteacht der verfchiedenen Wollshäupter bei weitem noch nicht
daher auch die oberften Vorſteher der beiden Räthe und die Minifter öfters
n. Maurokordato wurde Präfident, und Kolokotroni Vicepräfident, Des
Dpfilanti aber ald untauglich von ben Geſchaͤften entfernt; endlich erhielt
itsſecretait Negeis f. Entlaffung. Nur darin blieben die Dellenen einig,.
e Amneftie der Pforte und die durch britifche Unterbändler angebotene Art
ohaͤngigkeit, wie fie die Moldau und Walachei genöffen, verwarfen. Die
Politik ließ jegt wenigften® eine mittelbare Unterftügung ber Griechen von
nd den lonifchen Inſeln aus zu. Auch das franzoͤſ. Eabinet legte der Theil⸗
er Franzoſen an ber griechifchen Sache kein Hinderniß in den Weg, Fruͤ⸗
dußland wollte jedoch Beine Macht fich über diefe Angelegenheit erklaͤren.
lexander hatte die unmittelbare diplomatifche Verbindung mit ber Pforte
ven. Er beftand auf der gänzlichen Räumung der Moldau und W-ulachei
iſchen Truppen. Dies, fowie die von der Pforte eingeführte Durchſu⸗
r euxopäifchen, nach dem ſchwarzen Deere beflimmsen Schiffe, war ber
ulardepefche von Verona, vom 14. Dec. 1922, enthielt in Beziehung auf
and die Werte: Les Monaryues, decides a repousser lo princije de
en quelque lien et sous qualque forme.quil so mopträt, se haterent de
7 d’une egale et unanime röprobation. — Bluis ecauinnt en mıeme lerne
le leur conscience et d’un devoir sacre, ils pluidesent la cause le l'lıu-
om faveur des vielimes d’une entreprise a ierdldchie que eoupeblo.
Pera tar gerettet; aber an 6000 türkifche Diufer, ein X
Tophana) und ein Theil des Serarfenait lagen in Aſche. I
aus: „Gott iſt mit den Gjaurs!" In Folge des Brande
Abdullah abgefegt, und ein ben Janitſcharen abgeneigter Pa
deſſen Stelle. Die Janitfharen fannen daher auf Rache, ı
in Konftantinopel ein neues Feuer aus, wo 1500 Privathau
Fregatten verkrannten. Doch die Ordnung ward durch S
Afien trafen guͤnſtigere Nachrichten ein, und ber Großbert b
nen Vertilgungs zug gegen bie Griechen, wehhalb er alle Mos
zu den Waffen rief. „Dagegen verfuchte in Griechenland d
Heer und Finanzwefen zu bilden. Das aufgelöfte Ppitt
ber Kern des erften griehifhen Regiment. Maurokord«
ber Landmacht. Die Kriegskunft feibft aber mar noch im
Es fehlte den Hellenen an Reiterel und Artileriften. ie 1
wobei Kühnheit und fchneller Anläuf die Taktik erfepten. —
Ianbi, ein Hpbriote, ordnete die Seemacht. Dirfe beitand
zeugen mit Kanonen; das größte Herakles, ein Zweidecker
miral war der reiche Hydriote Miaulis; Viceadmitale: I
‚Hndra, Georg Demitraccl von Spezzia, Nik. Apoſtolos x
ward ein griedg, Verdienflorben (hellblaues Kreus) aeftiftet.
der Finanzmaßtegeln fand uͤberail, vorzüglich; auf den Inüi
Die Streitigkeiten der helleniſchen Regierung mit den hydeiot
gen Soldruͤckſtaͤnde und wegen ber Beute von Nauplia, @ı
den Hpprioten nicht theilen wollten, waren den entworfene
See fehr nachtheilig. Zwar ſchlug bie griech. Flotte am
aͤayptiſche nach Kreta (Kanbia) beftimmte Flotille, altein f
tirefifcher Hülfsteuppen nicht hindern, und bie kühnen Sti
und Samioten an den Küften Kieinafiens waren für das
endlich die Flotte des Kapudan Paſcha Im Yun. erſchien,
Schiffe aus, fo daß fie ungehindert die Plaͤde auf Eubda (Ra
Griechen (Kampf derfriben 1823) 857
| die Eulioten treu und zuverläfig ; weniger die albanefifchen Stämme, wel
xdy ihren Abfall von Omer Brione deffen legte Niederlage verurſacht hatten.
Staͤmme verkauften fid) dem Meiftbietenden; fo nahmen einzelne Haufen
sen die Anträge des Paſcha von Stutari an, welcher endlich 1823 gegen bie
hen ins Feld ruͤckte. Der Aufftand der flreitbaren Bewohner des oͤſtlichen
aliens hatte nämlidy den Mehemed Paſcha (Ali's Mörder), den zweiten Nach⸗
des Secaskier Khurſchid, der die Truͤmmern von Khurſchid's Heer bei Lariſſa
elte, genoͤthigt, ſich aus dem ſuͤdlichen Theſſalien zuruͤckzuziehen. In ſ. Wü»
»aren S:tonichi und Seres von dem helleniſchen Unterfeldherrn Diamantis
bt, der ſich am 23. Febr. 1823 der Halbinſel Kaſſandra bemaͤchtigt hatte,
re drängten jedoch bald die aus Rumellen heranziehenden Truppen zuruͤck.
ch eröffnete das nach fuͤnfmonatlicher Ruͤſtung unter dem Seraskier von Ru⸗
⁊ verſammelte, 25.000 M. ſtarke Heer im Sun. von Lariſſa aus den Feldzug.
tig drang -e6 in zwei Hrermaffen gegen Rivadien vor. Aber die Griechen
Mauro Michali und Maurokordato, blieben diesmal nicht hinter dem Iſthmus
„ſondern nahmen eine Stellung bei Megara, worauf Kolokotroni den Obers
über Odyſſeus und Nikitas erhielt, mit deren Echaren das peloponnefifche
Fi hei Prataͤa vereinigte, Don hier zogen fie Ende Jun. dem Feinde entges
Mach mehren einzeinen Gefechten fchlug Odyſſeus die eine Beerabtheilung
Ürken unter Mehemed Paſcha beiden Thermoppien ; darauf vereinigte er fich
em Deere unter Kolofotroni, der nun das türkifche Kırger unter Muftapha Pas
eidem St. Lukas⸗Kloſter (zwiſchen den Städten Theben und Livadia) am 7.
engriff, das Odyſſeus und Nikitas nach einem blutigen Kampfe eroberten.
Fürfen zogen fidy mit großem Verluſt zuruͤck; Odyſſeus erreichte fie am 17.
in der Eben von Chäronca und fchlug fie gaͤnzlich. Doch der Seraskier ſam⸗
neue Streitkräfte und ruͤckte wieder vor, Indem gleichzeitig Juſſuf und Omer
e, von der Flotte des Kapudan Paſcha bei Patras unterflüßt, gegen Miſſo⸗
i, und der Paſcha von Skutari durch Weſthellas über Vrachori, Wonizza und
na nad) Morten ziehen follten. Allein des Seraskiers Angriffe auf Volos und
albinſel Trikori mißlangen; Juſſuf's Zug ward durch den Abfall von 8000
vefen verzögert, und die Vorhut des Paſcha von Sfutari, der mit 20,000 M.,
Eheil Albancfen, ſchon die Höhen von Agrapha befegt hatte und Atolien bes
t, ward im Lager bei Karpiniffi, am 20. Aug. 1823, um Mitternadyt von
IH Botfari überfallen. Während die theffallfchen und epitotifchen Gebirgs⸗
re aufden von Botfari gegebenen Trompetenſtoß das Lager von vier Seiten ber
ffen, war ber kuͤhne Feldherr ſelbſt mit 500 Sulioten, bis zum Zelte des Pas
ingedrungen, erhielt aber, al& er den Paſcha von Delvino gefangen nahm, eine
che Wunde, worauf f. Bruder Konftantin den Sieg vollendete. Die Türken
en alles Geſchuͤtz und Gepäd, und flerbend rief Marko *) im Anblicke f. Sie⸗
„Konnte ein Sutioten Anführer eines ſchoͤnern Todes ſterben?“ — Die Albas
des Paſcha zerftreuten fi, und er felbft Lehrte nad Skutari zuruͤck, weil die
tenegriner zu Gunſten der Griechen von ihm abgefullen waren. Damals vers
uch die große tuͤrkiſche Flotte, von der Peſt beglritet, am 30. Aug., den Meere
von Patras, und kehrte in den Acchipel zuruͤck, verfchonte die griech. Inſeln,
te das zur See gefperrte Salonichi, und fegelte nach einzelnen, zum Theil den
hen nadıtheiligen Gefechten, ohne etwas entſchieden zu haben, Ende Dct. in
Yardanelien zuruͤck. Bald darauf gab e6 aber blutige Händel swifchen den Hy⸗
ın und Spezzioten über die Theilung der Beute einiger gmommenen Schiffe. —
gend Livadien und Morea bedroht war, hatten fich die Einw, Athens auf bie
1) Marko Borfarl, ein Suliote, diente unter franz. Bahnen, kehrte 1820
irus zurüd, wo ihm Alt Pafcha Suli wicdergab, Tamit er ihm gegen
Her’e Beiſtand leiftete,
858 Griechen (Kampf derſelben 1823)
Inſel Salamine begeben ; ber Unterfeldherr Gura behauptete jedoch die
Die Glieder der Regierung nebft bem berathfchlagenden Rathe, nabmen
auf Salamine ihren Sig, von wo aus beide im Nov. 1823 ſich wieder ni
und Rauplia begaben. Maurofordato führte im Nov. eine Abtheilung |
von Hydra nach dem Golf von Lepanto, wo er die Babaresfenflotte, weid
Iungbi fpeerte, zur Flucht nöthigte. Die Fefte von Korinth ward von den.
im Nov. d. J. mit Capitulation genommen, und der legte vom Palda D
unterflügte Angriff des Juffuf Pafcha auf Anatoliko und Miffotungbi, we.
Metara Befehlsbaber war, durch die Niederlage jenes Paſcha im Mon. 182
lich vereitelt. Muſtapha Paſcha zog ſich nach Janina zuruͤck. Der Ib
geendigt, doch dauerte ber Heine Krieg in Theſſalien und Epirus fort wm
Schiffe drangen bis in den Golf von Smyrna. Indeß ftanden der Pfa
geachtet der Erſchoͤpfung Ihrer Geldquellen, für ben Feldzug 1824 größe
mittel zu Gebote als den Griechen. Denn nad) dem mit Perfin am 2
1823 gefchloflenen Frieden und nad) ber freirilligen Unterwerfung bed cch
Paſcha von St. Jean d’Acre, Eonnte fie ihre Truppen aus Afien, ſowie nad
ter Räumung ber Moldau und Walachei, auch die von der Donau gegen
chen Ins Feld ſchicken. In Konftantinopel hatte endlich der Einfluß des Ja
renpoͤbels auf die Befchlüffe des Divan aufgehört. Durch Galib Paſchat
mung sum Großvezier (dem 5. feit 1821) und Sadik's zum Reis Efendt i
1823, fiegte die gemäßigte Parte. Dagegen nahm bei den Griechen be
Zwieſpalt immer mehr zu. Der Gall von Pfara, die Eroberung Morras,
Mauplia, durch Ibrahim Paſcha, Sohn des Vicekoͤnigs von Kappten, der gl
Untergang vn Miffolungbidf.d.), die (b. zum Apr. 1827) vergeblichen
gungen Athen zu entfegen, und ben tuͤrkiſchen Seraskier Reſchid Paſcha an
bien zu vertreiben, die traurige Zerfplitterung ber griechifchen Seemadt |
Greräuberei; Alles ſchien den nahen Untergang Griechenlands anzutindig:
lein eine wunderbare Lebenskraft hebt das Intereffante Volk der Helenen
wieder empor: Miſſolunghi's Heldenkampf hat die Theilnahme Europas 1
geregt. Sie mar ſeitdem thätiger als je. Endlich haben ſich (4. April
Mußland und England Über die griechifche Sache vereinigt, und ſeitdem
Dforte die Anerkennung eines geſetzlich freien und felbftändigen Griechenla
langt. Die Entfcheidung des fiebenjährigen Kampfes kann nicht fehr entfer
fein. Wir erzählen die einzelnen Ereigniffe des zweiten Hauptabfchnittd
ſchichte des Heilenenkampfs von 1824 bis 1827, In dem Art. Tuͤrken.)
*) Zur Gefchichte des Hellenentampfs enthalten Beiträge: Rafrınd
audg. des „Spectateur oriental'‘ zu Smorna, ten nach ihm Tricorni fortfegt
stoire des evenemens de la Grèce.“ (Paris 1822) vgl. tie Berichtigungen u
Gonv. BI.’ März 1823; — „Considerations sur la guerre actuelle entre I
er les Turcs, par un Grec.“ (Par. 1821), Oberſt Voutier, der 1821 um
Griechenland mitfocht, gab In Paris 1823 „Memoires sur la guerre ache
Grecs‘ heraus. Agratis „Precis des operstions de la flotte ue, daoras
volution de 1821 et 3822. (Par. 1822) (größtentheild nach dem Ercieur
Hydrioten Jak. Zombafis, der als Befehlshaber der Flotte in einem ©
im März 1822 blieb). Der ſchwed. Artilleriemajor Rils Zr. Askling, de
unter den griech. Bahnen diente, Befehlshaber in Navarin war, und 18
Stodholm zurädtehrte, fchrieb e. „Berfuch e. Geſch. ter griech. Ra
(Stodh. 1824). Einzelnes über die‘ Griechen des Feſtlandes enthalte
von Augenzeugen, von Müller, Licher u. A. Allgemeinern Inhalts if da⸗
bare Werk des Prof. Dr. Ernft Muͤnch: „Die Heereözüge tes chrißt. €
wider die Osmanen und die Berf. der Griechen zur Brelbelt, (Bafıl 1&
5%9.)— D. Gidler’d ‚‚Anaftafia”’, (4. 9.1822) iſt einzig diefem Gegenfle
widmet; fo auch D. Schott's und Mebold's „Taſchenb. für Freunde der
des griech. Wolke’. 1823 fag. — Ed. Blaquiers, ter ſelbſt an Orr um
beobachtete, ſchtieb: „TheGreek revolution, its origin and progress, togetbı
Griechen » Hülfsverelne. 859
BriedensHälfspereine (Ppilpellenen Vereine). Als 1821 di
en wider die Pforte aufftanden, überzeugte fich bald ſelbſt ber ununterrichtete
ver Völker Europas, daß hier nicht von einem Aufruhr gegen eine rechtmäßige
ung die Rede fei, fondern von Abwerfung eines unerträglichen Joches, das
iechen nie durch einen Vertrag anerkannt hatten. Sogar entſchiedene Ans
der unumfchränkten ‚Derefchergewalt, wie der franz. „Drapeau hlanc‘‘, ers
ſich laut für die Griechen. Es galt ja hier die Rettung eines Volks! Es
e Rettung unterdrüdter Mitchriften! Dem Prof. Krug in Leipzig bleibt das
nft des erften „Aufrufs an die deutfchen Mitbürger zu Bildung von beutfchen
xereinen für Griechenland” (am 1. Aug. 1821). Zwei Tage nach deffen
ntmachung in Stuttgart, hatten fich dort bereit6 über hundert Männer zu
ng eines Vereins unterzeichnet; fie wählten am 14. Aug. einen Ausſchuß,
n Procurator D. Schott (ruͤhmlich befannt ale Mitglied der würtemb. Staͤn⸗
immlung) als Vorftand. Dierauf trat Prof. Thierſch in München, d. 18.
mit dem Vorfchlag einer deutfchen Legion für Griechenland auf. Allein bie
ungen mißbilligten das Unternehmen; viele unterfagten felbft bie Bildung
Ulfsvereinen. Der Verein in Stuttgart blieb daher längere Zeit der einzige
atfchland ; dies und fein großer Eifer für Griechenland war Urfadx, daß er
auptverein galt, und daß ihm der größte Theil Deutſchlands die fuͤr Griechen⸗
eftimmten Gelber zur Verwendung anvertraute. Inzwiſchen war f. Wirk⸗
t äußerer Umftände wegen anfangs Elein, f. Mühe aber verbättnigmäßig ſehr
Es mußten Verbindungen mit den Sechäfen angelnüpft, die dringendſten
faiffe der Griechen erft erkundet werden. Der Briefmechfel war erfchwert,
» Mitglieder des Ausſchuſſes musten neugriechiſch lernen. Die nähern ital.
fen waren fuͤr die Zwecke des Vereins gefperrt; man mußte Marfellle und
o (fetbft Rotterdam) wählen. Kon Werbung für Griechenland war in
gart nic bie Rede gewefen; es meldeten ſich unaufgefodert Hunderte von juns
Kinnern als Streiter für Öriechenland, und baten um Rath, Empfeblung,
iften auch um Unterflügung. Der Verein unterftügte nach Kräften vorzüge
nefene Milltairs, Ärzte und Wunbärzte; viele wurden abgewieſen, unglüd
riechen aber, welche in ihr Vaterland zuruͤckkehren wollten, vorzuglic bedacht,
8 Geld ging aus allen hellen Deutſchlands, ſelbſt aus Frankreich an bie
cafe ein. Huͤlfreich unterftügten einzelne Freunde der griech. Sache in fols
Irten, wo noch keine Vereine ſich gebildet hatten, die Durchreifenden Pbilhelles
In Marfeille übernahm für diefen Zwed das Handılehaus Sirveling Tan⸗
Comp. bie oft undankbarſten Geſchaͤfte ohne Entſchaͤdigung. Den 24. Oct.
ging die 1. Erpedition mit dem Schiffe St. Lucia, Cap. Veritk, ab, und
:d.8.Nov. in Kalamata auf Morea 31 Phihellenen, unter Anführung des
nen wuͤrtemb. Dauptm. v. Lieſching, bewaffnet und gerüftet aus. ine 2.
> mM. ging d. 11. San. 1822 von Marfeille dahin ad. Mit dem 3. Schiffe
zeneral Erf Normann (f. d.) als Führer von 49 Mann ab; diefe Expe⸗
remarke on the religion etc. in Greece“. (Lond. 1824) m. Kpf. Marime
ud, ein Stabsofficder im Philhellenencorps , gab „Memoires sur la Grece,
vir a l’histoire de la guerre de l’independance 1821 er 22‘, mit topogr.
a (Paris 1825, 2 Ih.) heraus. Dann erfchien vom Oberſten Leiceſter
ope: „Greece, during Lord Byron’s residence in ihst country in 1823
824, (Paris 1825, 2%.) heraus. — Pouquevillc’s „Mist. de la regöners-
le la Grece etc.“ od. die Sefch. von 1740— 1884, m. Gharte und Portr.
1824 (2. A. 1826) 4 Ih. ift mit Villemain's „Lascaris‘* (Paris 1826) zu
den. Die Gerechtigkeit der griech. Sache, und warum man biefe nicht mit
rung gegen die legitime Autorität verwechfeln dürfe, zeigt aus dem religiäss
chen Geſichtspunkte eine dem Herrn von Sturdza beigelegte Schrift: „La
en 1821 et 1822. Correspondancs politique, publise per un Grea.". Paris
Lüberf. m. Aum. vom Prof. Arug)
860 | Griechen » Hülfsverelne
dition mar vor andern gut mit Waffen, Kriegsgeräthe, chirurgifchem Al
a. Bebürfniffen verfehen. Sie wurde das Stammcorps der Deutid«
chenland, das durdy f. Tapferkeit dem deutichen Namen Ehre gemacht
zwiſchen bildeten fich in der Schweiz die Vereine von Zuͤrich, Bern, Bi
u. f. w., in Deutfchland traten, außer den kleinern Vereinen in mehren
Städten, bie Sreunde der Griechen in Darmftadt, Heidelberg, Freiburg u
fammen. So wurde es möulich, daß bie 1823 acht Auschftungen von
und zwei von Fivorno mit mehr als 3U0 M. nad) Griechenland abging
Meiften biefee Philhelienen erhielten Unterflügung ; bedeutende Summe
nach Marſeille zur Ausrüftung der Schiffe gefandt, Allein die Bemüh
Vereine hatten nicht durchaus aimft!gen Erfolg. Bel der Ankmft in
land war Jeder ſich felbft überiaffen ; die griech. Regierung konnte nicht
ciere bei dem Philhellenen:Bataillon in ihrem früheren Grade anftellen,
für den Anfang als Gemeine dienen, viele traten defhalb zuruͤck. Au
Abenteurer, welche, als jeder Unterſtuͤtzung unwerth, von den Vereinen a
auf eigne Rechnung nach Griechenland gegangen waren, und fremd
Durch den Unfug folcher Leute, welche dienſtlos im Lande herumzogen, ı
Griechen mißtrauiſch gegen die Sremben, und es wurde mancher rechtli
unverdient fchlecht von ihnen behandelt. Endlich waren audy die Unme
ten des griechiichen Poͤbels gegen gefangene Türken, benen die noch ſchwe
rung nicht zu ſteuern mußte, Schuld, daß nach und nad) 60 Philhell.ne
täufcht In ihren Erwartungen zuruͤckkehrten, unb bie fchlimmften Sch
von Griechenland machten; oft ungerecht, indem fie nothwendige Folge
bättniffe ohne Weiteres der Nation zur Luft legten, Sogar die Verei
nicht gefchont; man griff begierig auf, wo fie einen Mißgriff aus Unkun
hatten. Um bie bisherigen Erfahrungen zu nügen, traten d. 15. €
Freunde ber griech. Sache aus Darmftadt, Heidelberg, Zürich, Burlelı
gart in leßterem Orte zufammen. Sie veranflalteten in Marſeille €
Einſchiffung von 150 M., theils Artilleriften, Schüsen, Kriegshandwer
zugleich Soldaten waren, theils Officiere, welche fich verbindlich machte
meine zu dienen. Dieſe Erpebition erhielt Maffen für mehre 1000 M.
säthe und Inſtrumente aller Art, Arzte, Wundärzte, Feldapotheke und
Die Fuͤhrung war einem Abgeordneten der griech. Regierung Kepbalos
und man hoffte Alles vermieden zu haben, was beiden früften fehlecha
tet oorden war. Hofmann (f. d.) aus Darmftadt reifle deßhalb auf «
nach Marfeille, um die Einfchiffung zu leiten, tweldye am 22. Nov. 18;
Allein Kephalos entſprach den Erwartungen nicht, und f. Unreblichkeit
fein, daß diefe Philhellenen, ebenfalls getäufcht, gröfitentheil® zuruͤckg
Die bis bahin verwendeten Summen betrr;,n an 36,000 Gldn. frei
wovon der fluttgarter Verein allein über die Hälfte deckte, die andere
übrigen Vereine Deutſchlands und der Schweiz zufammen, und mehr
Stdn. Anleihen für Griechenland zum größern Theil aus Bafel, Cinig
beiberg, Darmftadt u. a. DO. — Seitdem hat fich die Zahl der Verein
An Newyork ward 1823 ein ameritan. Griechen » Hülfsverein geflift
Haag, Hamburg, Stockholm u. a. Städte blieben nicht zuruͤck. 182
die Socidte de la ımorale chretienne zu Paris einen Huͤlfsausſchuß,
Marfeille einen Verein fliftete, um arme Griechen in ihr Waterland zuch
1825 entftand in Paris die Socidts philanthropique en faveur des
beren Spige die Derzoge von Shoifeul, Figiames, Dafberg, Larochefo
comte Chateaubriand, die Herren Lafıtte, Zernauz, Andre u, X. fich befi
fandte am 5. Sept. 1825 die erfte Unterſtuͤzung von Marſeille nad) €
ab, bie meiftene aus Artilferieofficieren und Arbeitern befland, und ven
Griechiſches Feurr Grriechiſche Kirche 861
Maxime Raybaud geführt wurde. Dieſer nahm alles Noͤthige mit, um in
enland eine Stuͤckgießerei und ein Zeughaus zu errichten. Miſſolunghi's
idigung erregte hier, wie in ganz Deutfchland, die huͤlfreichſte Begeifterung.
nfehntichften Beiträge gaben der Herzog von Orleans und Herr Eynard
Letzterer iſt augleich dee thätigfte Vermittler zwiſchen mehren Vereinen und
iechiichen Behörden. In Deut'chland bildete fich der dritte Öffentliche Verein
glücliche Griechen zu Dresden 1826. Denn in Aller Herzen ertönte der Ruf
ichter: Tiedge, Wild. Müller, Amalie v. Helwig. Darauf entftanden in
‚ Berlin, Münden u. a. a. D. ähnliche Vereine. In Baiern handelte der
„als Menſch und als Ehrifl” für die Unteritügung der Griechen, und erlaubte
ern Kriegen (dem Oberſten von Heidegger als Fuͤhrer) nach Griechenland zu
In England erhob zuerft der Prediger Hughes f. Stimme für die Helle⸗
yann Lord Erskine (ſ. d.) inf. Sendſchreiben an Lord Liverpool. Cauning
ets ein Freund der Griechen. 1824 bildete ſich in London ein Dülfsverein ;
‚en Anleihen zu Stande; Dampfichiffe wurben hier wie in Amerika gebaut;
Tänte, Mißtrauen, nachtheilige Berichte über die Lage ber Griechen, ftörten und
den viele Maßregeln. Doch ließen fich hochherzige Männer, wie Lord Byron
dadurch nicht irren. Insbeſondere war ber Oberſte Stanhope (f. d.) ſehr
bis ihn Englands firenge Neutralität zuruͤckrief. Unter den tapferften
Aenen muß der DBertheidiger der Akropolis, der franz. Oberfte Kabvier, vor ,
genannt werden. Seit dem April 1827 greifen aud) Lord Cochrane (f. d.)
ESpitze der griechifchen Seemacht, und Gen. Church, an der Spibe der griech.
sacht, in die Sache der „Dellenen kräftig ein. Andre Phlhelienen, Deutfche und
riger vorzüglich, haben für dieſelbe bereits ihr Reben eingeſetzt. Möchte dieſer
uth die Griechen felbft zum Einmuth auffodern! Ihren Dank hat menigftens
im Juni 1823 der damal. helleniſche Staatskanzler Maurokordatos
den deutſchen und ſchweizeriſchen Vereinen oͤffentlich bezeugt. Drei Mit⸗
des zuͤricher Vereins, Joh. Kasp. Drelli, Bremi und Hirzel, erbielten das
ſche Buͤrgerrecht. (M. vgl. die gedruckten Berichte der verſchied. Verein⸗.)
Briecbifhhes Feuer, wahrſcheinlich ein Gemiſch von Schwefel,
und Salpeter, vielleicht auch Naphtha, welches ber Grieche Kallinikus ange⸗
haben ſoll, als Konſtantinopel 668 durch die Araber belagert wurde. Man
e mit Flachs umwundene Pfeile in dies Gemiſch ober trieb es in Ballen gegen
ind, deſſen Werke und Schiffe, um fiein Brand zu firden. Die Wirkung
Brandfage® war auferordentlich und fcheint der unferes S chiefpulvers
‚.) allerdings fehr ähnlich geweſen zu fein; allein beſtimmte Nachrichten dar⸗
ehlen. Was gleichzeitige Schriftſteller in diefer Hinſicht anführen und ſich
in bis jegt angeſtellten Forſchungen ergibt, macht es wahrſcheinlich, daß Kal⸗
die Ideen zu ſ. Angabe bei den Arabern entlehnt habe und dieſe damals ſchon
niß von der Anwendung einer Miſchung hatten, die unſerm ſogenannten
neue glich.
Sriechifche Kirche, derienige Theil dee Chriftenheit, welcher in f.
enslehten, Gebraͤuchen und kirchlichen Einrichtungen der im ehemal. griech.
thume gegründeten, und vom 6. Jahrh. an unter den Patriarchen von Kon⸗
‚opel, Alexandrien, Antiehien und Jerufalem eigenthuͤmlich ausgebildeten
e und Auslibung des Chriftenthums folgt. Dieim 3. und 4. Jahrh. durch
eine Kirchenveriammlungen und fleißigen Verkehr der Gemeinden mit einane
t mühfam zur Übereinftimmung gebrachte Chriftenheit trug aleichwol wegen
ten ganzen Orient und Occident des römifchen Reichs umfaffenden Ausdeh⸗
und der Verfchiedenheit der ihr zugehörigen Völker an Sprache, Denkart und
, ſchon den Keim einer künftigen Scheidung in fih. Die Gruͤndung dee
Roms in Konftantinopel, die politiſche Trennung des roͤmiſchen Kaifertbums
N
862 Griechiſche Kirche
in das orientaliſche oder griechiſche und oecidentaliſche oder lateiniſche
Kirchenverſammlungen zu Konſtantinopel, 381, und zu Ghafcedon, 4
gefegte Erhebung des Bifchof6 zu Konftantinopel zum zweiten Patriardy
ftenbeit nach dem römifchen, bie Eiferfucht des legtern gegen bie anwachſ⸗
des erftern, dies Alles waren Umftände, bei denen es nur der Zweideutigk—
griech. Kaifer Zend, 482, gegebenen, und den Lateinern wegen des St
Abweichung von ben Beſchluͤſſen ber chalcebonifchen Kirchenverſammlu
gen Edicts, bekannt u. d. N. des Henotikon, bedurfte, um eine foͤrmlich⸗
in der chriftlichen Kirche herbeizuführen. Der Patriarch Selig IT. u 9
über die Patriarchen zu Konflantinopel und Alerandrien, weiche die ve
Werkzeuge des Henotikons geweſen waren, 484 den Bannfludy aus, un
durch) die Kicchengemeinfchaft Tämmtlicher morgenländifchen, dieſen Patri
hängenden Gemeinden mit ben abendblänbifchen auf. Zwar vermochte de
Patriarch Hormisdas, bei veränderten Gefinnumgen des kaiſerl. Hofes,
Wiedervereinigung der griechifchen Kirche mit ber Lateinifchen zu erzwing
diefe ohnehin nicht ernſtlich gemeinte und nur lofe angefnüpfte Verbin
durch Hartnaͤckigkeit von beiden Seiten und roͤmiſche Bannfläche gegen?
ſtuͤrmer unter den Griechen, 733, und gegen den Patriarchen Photius zr
tinopel, 862, wieder aufgelöft. Die Bermehrung des griech. Kirchenge
neubekehrte Voͤlker, 3. B. die Bulgaren, erweckte um biefe Zeit die Eif
Vapſtes auf6 neue, und er verfuhr um fo übermäthiger gegen die Griec
fich von der Oberherrſchaft der griech. Kaifer losgemacht, und an dem n
kiſch⸗ roͤmiſchen Kalſerthum einen ſichern Schut gegen fie hatte. Photu
machte den Lateinern die Willkuͤr zum Vorwurfe, mit der fie einen ſchri
Zuſatz Im das Sombolum vom Ausgange des heiligen Geiſtes eingeſch
manchen Gebrauch der alten rechtglaͤubigen Kirche geändert hätten, 5.8. |
Drieftern die Ehe verboten, das Chrisma wiederholten und Sonnabend
juͤdiſchen Sabbath, fafteten; befonder® abes befchwerte er ſich mit Red
Anmaßung des Papſtes, der fich zum Oberherrn über die ganze Chriſtenh
fen, und auch die griech. Patriachen ale f. Untergebenen behandeln mo
zweimal -vom Papft errungene Abſetzung diefe® Patriarchen fellte denne
dhengemeinfchaft der Griechen mit den Lateinern nicht völlig wieder ber,
tonftantinop. Patriard, Michael Gerularius 1054 bie Lateiner, außer den
tius geruͤgten Punkten, auch wegen des Gebrauchs ımgefäuerter Brote bei
mahl, wegen bes Genuffe vom Blute erſtickter Tiere und der Sittenl
lateiniſchen Gelſtlichkeit überhaupt auf6 neue verketzerte, Papſt Leo IX. it
auf die uͤbermuͤthigſte Weife ercommunicirte, fo kam es zu einer völligen.
der griech. Kirche von der lateiniſchen. Stolz, Rechthaberel und priefte
gennuß vereitelten feit biefer Zeit alle Verſuche, welche theils die Päpfı
Drient in ihr Kicchengebiee zu ziehen, thells die von Kreuzfahrern und Di
danern gleich bedrängten griech. Kaiſer, um ſich des Beiſtandes abendlaͤndi
ſten zu verſichern, zur Vereinigung der getrennten Kirchen machten.
beiden wollte in den oben beruͤhrten ſtreitigen Punkten der andern nachgebei
vend der Katholicismus ſich nzm unter Gregor VII., und durdy bie ſcholaft
loſophie Immer volllommener und eigenthümlicher ausdildete, blieb bie ı
Kirche bei dem von Johannes, dem Damascener, ſchon 730 geordneten &
und ihrer alten Kirchenverfaffung fliehen. Die Eroberung von Konftantim
franz. Kreusfabrer und Venetianer 120%, und die harten Wedrudunge
die Griechen von diefen Lateinern und den päpftt. Eegaten erbuiden mußten,
ihre Erbitterung nur vermehren, und obgleich der griech. Raifer Michael I
logus, der 1261 Konftantinopel wieder erobert hatte, den Primat des Pk
extennen wollte, und durch f. Sefandten und einige f. Ergebenen cus d
Griechiſche Kicche 863
hielt die Slaubmöteennung auf der Klicherwerſammlung zu Lyon 1274 ads
m ließ, auch 1277 zus. Befeſtigung des Vereins mit den Lateinern eine Sp»
u Konftantinopel gehalten ward: fo widerſetzte ſich doch die Maſſe der griech.
heit diefem Schritte; und da Papft Martin IV. 1281 ſelbſt den Kaifer
el aus politifchen Beweggruͤnden in den Bann gethan, ftellten bie 1283 und
zu Konftantinopel von den griech. Blfchöfen gehaltenen Synoden ihre alte
ind die Abfonderung von den Lateinern wieder her. Den legten Verſuch machte
der von den Türken aufs aͤußerſte bebrängte griech. Kaiſer Joh. VII. Palaͤo⸗
nebſt f. Patriarchen Joſeph, auf der 1438 erfl zu Ferrara, und im folg. J.
ven; unter dem Vorſitz des Papftes Eugen IV. gehaltenen Kirchenverſamm⸗
allein bie dafelbft getroffene Bereinigung hatte eher das Anfehen einer Unter»
ig der Griechen unter den römifchen Stuhl, und wurde von ber griech. Geiſt⸗
und dem Volke durchaus verworfen, fobaß es in der That bei der noch jetzt
beenden Trennung beider Kirchen blieb. Die Einmiichung der griech. Kai⸗
elche immer das meifte Jutereſſe bei diefen Wereinigungsverfuchen gehabt Hat
drte mit dem Sturz ihres Kaiſerthums und ber Eroberung von Konftantinos
irch die Türken 14583 von ſelbſt auf, und die Bemühungen ber Roͤmiſch⸗Ka⸗
ben, ſich die griech. Kirche zu unterwerfen, konnten ſeitdem nur den Erfolg
einzeine Gemeinden in Stalien, wohin fich viele Griechen vor ben Türken
wet hatten, in Ungarn, Galizien, Polen und Litthauen unter bie Hoheit des
es zu bringen, welche jet unter dena Namen unirte Griechen befanne find.
Bebiete der griech. Kirche gehörten bis in d. 7. Jahrh. außer Oſtillyrien, dem
ichen Grlechenlande mit Morea und dem Acchipelagus, Kleinaſien, Syrien
alaͤſtina, Arabim, Ägypten und zahlreiche Gemeinden in Mefoposamien und
n; allein durch die Eroberumgen Mohammed's und ſ. Nachfolger verlor fie feit
aft alle ihre Provinzen in Aſien und Afrika, und felbft in Europa wurde bie
hrer Anhänger durch die Türken im 15. Jahrh. beträchtlich vermindert. Auf
dern Seite fielen ihr jedoch mehre ſlaviſche Voͤlkerſchaften, und beſonders bie
ızu, weiche der Großfuͤrſt Wiadimir der Heilige 988 zur Annahme bed grie⸗
hriſtlichen Glaubens nöthigte. Dieſer Nation verdankt die griech. Kirche
as fumboliiche Buch, weiches nebft den Kanons ber erften und zweiten nicde
1 der erfien, zweiten und dritten onftantinopolitanifchen, ber epbefifchen und
oniſchen allgemeinen Kicdyenverfammlungen, und der 692 zu Konſtantinopel
nen Trullaniſchen Synode für die griech. Chriften allein Autorität in Glau⸗
den hat. Nachdem der gelehrte Patriarch Cyrillus Lascaris zu Konſtanti⸗
die in f. Glaubensbekenntniß merkbare Annaͤherung an den Proteflantiemus
malt dem Leben gebüßt hatte, wurde 1642 von Pet. Mogilas, WReteopoliten
w, eine Darftellung bed Glaubens der Ruffen in griech. Sprache abgefafit, m,
Orthodoxes Glaubensbekenntniß der kathol. und apoflolifchen Kirche Chrifti
memtlichen Patriarchen ber griech. Kirche, zu denen ſelt 1580 der fünfte Pas
zu Moskau hinzugelommen war, 1643 unterzeichnet und beflätigt, 1662
fd) und Lat. mit einer Vorrede des Patriarchen Nektarius von Jeruſalem in
d gedrudt, 1696 vom legten ruſſiſchen Patriarchen Adrianus zu Moskau,
722 auf Befcht Peters d. Gr. von der heil. Synode herausgegeben, nachdem
ber 1672 auf einer Synode zu Jerufalem und 1721 in dem.von Theophanes
wicz abgefaßten geiftlichen Reglement Peters d. Gr. für das allgemein gültige
üfche Buch der griech. Kirche erklaͤrt worden war. Diefe Kirche erkennt, wie
yotilche, eine boppelte Quelle ded Glaubens, Bibel und Tradition, an, unter
r legten fie ſolche Lehren verfteht, die die Apoſtel bloß muͤndlich vorgetragen,
e griech. Kirchenvaͤter, befonder® Joh. von Damask, wie aud) bie fieben ges
n allgemeinen Kirchenverſammlungen beftätige haben. Die übrigen noch In
niſch⸗kathol. Kirche gültigen Kirchenverſammlungen erkennt fir nicht an, uns
866 Griechiſche Kunft Geiechiſche Literatur (1. Per
vom Kopfabichneiden, an den Großherrn bezahlen, Wovon nur das weil
ſchlecht frei if. Kein Wunder, daß unter den Griechen in der Türkei
Weiſſagung im Umlauf ift, von Rußland werde einft Hälfe und Rettu
fommen. Sollte dies je gefhehen, und der Eifer, mit dem die ruſſiſche R
fich der Volksaufklaͤrung annimmt, anhaltend und mit gluͤcklichem Erfolz
fein, fo könnte bie griech, Kirche vielleicht auch noch aus den allgemeinen St
ten der Geiſtesbildung in Europa, die ihr bis jegt ziemlich fremd geblich
manchen Vortheil ziehen. Aber lange bat bie ſtarke Anhänglichkeit diefer Ki
Alten jedem Verbefferungsverfucd) im Wege geſtanden. Solche Verſuche ha
Entftchung einiger Secten in ber griech. Kirche Anlaß gegeben, welche bier
ruſſiſche Regierung jegt ungekraͤnkt läßt. Schon im 14. Jahrh. fonderte
Partei der Strigolniken nur aus Haß gegen die Geiſtlichkeit ab, wurde aber,
fonft nichts Eigenthuͤmliches hatte, bald wieber zerſtreut. Daſſelbe thaten w
Erfolg um 1666 bie Rosfolniken (ſ. d.), d. h. Abtruͤnnige. Dielen
sach in zwanzig verfchiedene Parteien zerfallene Secte bildet keineswegs eine ı
fene Eicchliche Gefellichaft mit eignen Symbolen und Gebräuchen, ſondem
von einander unabhängige Gemeinden, welche ſich durch Beibehaltung der u
derten flavonifchen Agende und Liturgie und der alten Kreugbezeichnung
griech. Mutterkirche unterfcheiden, ſelbſt geweihte Geiftliche baben, und de
bere Berfolgungen gedrängt, größtentheils in die oͤſtl. Provinzen des ruffifchen
gewichen find, Die einzelnen Parteien derfelben halten mehr oder weniger
den Roskolniken überhaupt zugefchriebenen Eigenheiten, daß fie den Beh
Tabacks und der ſtarken Getränke für ſuͤndlich erfiären, noch firenger alsd
dore Kirche faften, den Eid verweigern und aus Ähnlichen ſchwaͤrmeriſchen G
wie fonft die Wiedertäufer, zu Empoͤrungen gegen die Obrigkeit geneigt iind
gatſchew, feibft ein Roskolnik, fand bei f. Empörung unter ihnen den mil
bang. Test haben fie viel von diefen und andem Schwärmerrien in Ruͤd
Ehe, der Kleidung, des Priefterftandes und Maͤrtyrerthums nachgelaffen w
nen ſich allmaͤlig wieder unter die Orthodoren zu verlieren. Wertriebene R
Een, welche fidy unter Philipp Puftofreiät, in Litthauen und Oftpreußen ı
Ben, waren die Philipponen (f. d.). Weiter vom Glauben ber gricd
entfernen fi die Duch oborzy, eine aufden Steppen jenfeits bes Dom
delte Secte, die die Dreieinigkeitölehre verwirft und nur die Evangelien #
keine Kirchen und Priefter hat und den Eid, wie die Kriegsdienfte für m
hält. Antiteinitarier ähnlicher Art find die unpopifchen Ruſſen eder foge
ruffifchen Zuden im Gouvernement Archangel und Kathaͤrinoslaw, vonder
nur weiß, daß fie weder Chriſtum noch die Heiligen verehren, felbft die I
werfen und weder Priefter noch Kirchen haben. Über die alten, von di
Kirche ausgegangenen, [hismatifhen und ketzeriſchen Neligionsparteien i
und Afrilaf. Kopten, Habefh, Jakobiten, Neftorianer, R:
ten, Armenier.
Griechiſche Kunft, f. Baukunſt, Bildhauerkunf,
lerei und Mufil Wir nennen bier nur ein Hauptwerk über des
Hein. Meyer’s „Geſch. der bildenden Künfte bei den Griechen”. 3 Abthl
den 1824, (Val. d. A. Griechenland.)
Griechiſche Literatur In ein kaum erbellkares Dunkel»
fic die Anfünge der griechiſchen Literatur, d. h. der Büidung der Griechen burd
ber Sprache und Schrift. Gab es auch in frähern Zeiten Erine eigentliche fi
In Griechenland, fo mangelte es doch keineswegs an Anftalten, von denen Di
ging, was man nicht mit Unrecht litersrifche Bildung. nennen kann, met
fi) nur von dem Vorurtheil entwoͤhnt bat, daß in geſchriebenen Buchſtaba
das Palladium der Menfchheit beftehe. Die erfle Periode griech. Bildung,
Sriechifche Literatur (2. Periode) 867
18 zum Einfall der Herakliden und Dorier In ben Peloponnes, und ben dadurch
£ten bedeutenden Veränderungen, alfo bi6 80 I. nad) dem trojaniſchen Kriege
‚ and mit dem Namen ber vorhomerifchen Periode bezeichnen koͤnnen, ermans
ilſo der Literatur gänzlich; es fragt fich aber, ob audh aller literarifchen Vils
Es verräth Unwiffenheit und Mangel an hiftorifch-literarifchem Sinn, jene
durchaus verneinen zu wollen; denn auch dem Salfchen, was aus diefer Pen
erzählt wird, liegt noch Wahres zum Grunde, das man nur richtig verftchen
Unter den literariſchen Bitdungsbeförderern biefer Periode hat man drei Clafe
3 unterfcheiden: 1) folcye, von denen man feine Schriften kennt, die aber als
Ber, Dichter, Weiſe genannt werden: Amphion, Demodokos, Melampus,
„ Dhemios, Prometheus; 2) folhe, denen man nicht mehr vorhandene
ften faͤlſchlich beilegt: Abaris, Ariftene, Cheiron, Epimenides, Cumolpos,
206, Linos, Palamedes; 3) folhe, von denen man noch Schriftenhat, die
aber in fpätern Zeiten untergefchoben find: Dares, Diktys, Horapollon,
:06, Orpheus, die Ucheber der Sibyllinifchen Orakel. Es iſt hier der Ort nicht,
terſuchen, ob und wie viel Echtes ſich in diefen untergefhobenen Schriften .
genug, daß ſchon der Gedanke des Unterſchiebens felbft ein früher vorhanden
ſenes bezeugt. Und wie waͤre ed auch möglich gewefen, daß die folgende Pes
wie aus dem Nichte, ohne alle Vorbereitung, hervorgegangen wäre! Faſſen
uni Alles zufammen, was geweſen fein mußte, wenn das Folgende follte werben
a; ſo ergibt fi) aus den mancherlei Sagen von der vorhomeriſchen Periode, daß
ihr Anftalten gab, welche durch Religion, Poefie, Orakel, Myſterlen, zue
ilderung der Nation, zur Beförberung ber Cultur, mol meift auf orlentalifche
„ und vielleicht, vom Drient felbft ausgegangen, nicht unkräftig wirkten, und
tefe meiſt prieflerlichen Anftalten vornehmlich in den nördlichen Theilen von
yenland, Thracien, Makedonien ihren Sit hatten. Bemerken muß man hier⸗
aß die Bildung in Griechenland weder auf einmal gebieh, noch bei allen Stäm«
issgleich fich zeigte, duß Griechen nur im Verfolg der Zeit zu Griechen wurden,
nzelne Stämme ſich hierin früher als andre Hervorthaten. Etwa achtzig Fahre
em trojanifchen Kriege begann in den Grenzen Griechenlands ein neues Draͤn⸗
ad Umpherziehen, ein Theil der Einw. wanberte aus dem Mutterlande nach den
nr und Kleinafien aus, eine Verpflanzung, welche für den griechifchen Genius
T Heilfam war, denn auf diefer hafenreichen Küfte und den benachbarten Ins
Bon der Natur zu Handel und Betriebfanskeit beftimmt, fand man nicht nur
higeres Leben, fondern auch größere Bildungsmittel, durch welche in dieſem
t eine neue Kebensroeife entftand. Die Alten legten den Golonien in Jonien
Keinafien den Charakter der Üppigkeit und des Lebensgenuſſes bei. Annehms
BE und Vergnügen waren die Hauptzwede ihre® Lebens. Sanfte Umtiffe,
Meer, veiner Himmel, fchmeichelnde Luft, die feinften Früchte und ſchmack⸗
tern Kräuter im liberfluß, alle Exfoderniffe des Luxus, erfreuende Thaͤler und
Ande Berge fagten ungemein jener fchönen Sinnlichkeit zu, und blieben nicht
Einwirkung auf den Geiſt. Dichtkunſt und Philofophie, Malerei und Bild⸗
»j erreichten bier ihre fchönfte Bluͤthe; man mochte aber große und heidenmüs
Thaten lieber erzählen, als ausführen. In der Nähe der Hauptfcenen be®
wirklichen Nationalunternehmens der Griechen, des trojanifchen Kriege, war
I kein Wunder, wenn die Theilnahme daran bier groͤßer, die Phantafie davon
iger aufgeregt wurde, und fo fand hier die Poefie einen Stoff, durch deffen
ellung fie felbft einen Charakter annehmen mußte, ganz verfchleden von dem
- vorigen Periode. Bei allen Nattonen biühte mit dem Heldenthum zugleich
PDenpoeſie auf; hier folgte den Heroen der erzaͤhlende Sänger, und es bildete
6 Epos. Wir nennen deßhalb diefe zweite Periode das epifche Zeitalter deu
ven. Der Singer (Aoͤdos) erfcheint nun getrennt von dem Priefter, jedoch
. 5 5 *
87V Griechiſche Literatur (4. Periode)
choros aus Himera; Ibykos aus Rhegium; Anakreon und Simonides an!
Dipponaz aus Ephefus; Timokreon ang Rhodos; Laſos aus Dermione; J
aus Zanagra, die Freundin und Lehrerin Pindar’6, erhalten. Als Gnomi
ben genannt: Solon, Theognis, Phocplides, Pythagoras; al® Fabeldichte
Mehre gehörten ber Zeitrechnung nach in die folgende Periode, des Zuſamm
ges wegen fiehen fie am füglichften hier. Betrachtet man die Philofophie
Zeitalter, fo findet man fie vorzuglid) auf das Praktifche gerichtet, weil ven
Altes ausgeht und auf dieſes Alles hinweiſt. Es mußte demnach früher eine‘
ſophie des Lebens als des Wiſſens geben; Philofophie mußte eher cine Bai
lehre ale Wiſſenslehre fein. In diefem Sinne muß man die fogenannten
Weiſen Griechenlands (Periander, ſtatt deſſen Andre Epimenides von u
Myon nennen, Pittakos, Thales, Solon, Bias, Chilon und Kleobulod)
ten, von denen ſechs ihre Namen nicyt durch Grübelei, fondern durch reifen
rung, durd) ihre daraus entiprungene Lebensweißheit, ihre Weltklugheit u
rathung, ihre praftifche Geſchicklichkeit und Zertigkeit in Gefchäften des €
Gerverben und Künften verdienen. Ihre Sprüche find Lebensregeln durch?
erzeugt, oft nur Ausbrud des gegenwärtigen Gefühle. Weil aber Wiffen!
Grundlage der Weisheit ift, fo mußte man bei weiterm Forſchen auch auf di
fen fommen, und fo ging denn auch die theoretifche Philoſophie wenigſtens n)
lee aus. Thales wurde der Stifter der ionifhen Philofophie. Hier fe
nun aber an dem bedeutendſten Grenzpunkte der literarifchen Bildungsg
Griechenlands, wo die Poefie aufhört, der Inbegriff alles Wiſſenswuͤrdi
einzige Lehrerin und Erzieherin zu fein. Bisher hatte fie zugleich auch das
Geſchichte, der Philofophie und Religion verwaltet; was man auf die Rad
bringen, was man von Lebensweisheit und Kenntniffen mitzutheilen, maß ı
Religion einzuflößen hatte, geſchah in ihrer gemefjenen Mede, bie fich chen
weil fie gemeffen war, dem Gebächtniß tiefer und ſeſter einprägte. Dies fell
ander6 werden. Daß Leben des Staatöbürgers mußte aud) auf die Spra
bedeutenden Einfluß haben, Öffentliche Verhandlungen, an denen er Tb
nöthigten ihn, die Sprache des gemeinen Lebens für den öffentlichen Be
ſchickter zu mahen. Dieb, und die nun in Griechenland bekannter '
Buchſtabenſchrift, nebft dem eingeführten Gebrauch des aͤgyptiſchen Papı
reiteten die Bildung dee Profa vor. Alles dies hatte aber weſentlichen
auf den Zuſtand der Wiffenfchaften; aus der epifchen Poefie ging nun all
Geſchichte, aus der portifchen Lebensweicheit die forfchende Phitofophi
Die bisherige Einheit der Anficht gebt dadurch verloren; wir müffen ne
den Bid! nach verfchiedenen Seiten kehren, und in unferer Darftellung ve:
den einzeinen Wiffenfchaften folgen. Es verfteht fi übrigens faft von fe
biefe Trennung des Erkennens und Wiffend mehre andre nach ſich zieh
denn Verftand und Vernunft, welche jet in Thaͤtigkeit gefegt wurden, +
immer mehr ber Unterfuchung Bedürftiges, und fo traten jeber dieſer Hau
(haften mehre Neben» und Hülfswiffenfchaften zus Seite, wodurch der?
Erkenntniſſes in immer mehre Zweige ausfchlug. Alles reiste die Forichbei
überall ward ein wiffenfchaftliches Streben rege. Deßhalb Eönnte man di
nun folgende Periode die der Wiffenfchaftlicykeit nennen. Sie erſtreckt fü
Ende aller griech. Fiteratur, theilt fich aber, nad) Maßgabe des verſchicde
ſtes, der fich darin offenbart, und des Vorwaltens diefer und jener Willen!
. mehre Epochen. Wir rechnen bie erfte von Solon bis Alerander 59% -
Chr. In der Phitofophie zeigt ſich hier zuerft ein phyfifchsfpeculativer Gi
fie ging wol zunaͤchſt von Religion aus, alle Religion aber beruht auf Ber!
von ber Settheit, weiche in jener Zeit von ber Natur nicht unterfchieb:
Da nun die Religionsbegriffe nichts enthielten, als Dichtungen von det E
Griechiſche Literatur (4. Periode) 871
yornehmften Naturerſcheinungen d. i. der Gottheiten, ſo wurde nothwendig die
ke Philoſophie Naturphiloſophie, it welcher der menſchliche Geiſt die bisher
achteten Sinnenerſcheinungen weiter zu zergliedern, befctebigender zu erklären,
als ein Ganzes zu umfaffen ftdebte. Natürlich ift es, dag fi, aus Mangel
Enreichenden Beobachtungen und Verfuchen in der Naturerfenntniß, in das Ges
C des Verftandes und der Vernunft öfters die dichtende Einbildungskraft mifchte,
uch denn diefe philofophifch = phyfifchen Unterfuchungen mit poetifchen Bildern
ↄwebt erichienen. So zeigte fich die ionifche Philofophie, deren Anführer Tha⸗
Die italifche, deren Stifter Pythagoras, und die dltefte und fpätere eleatifche
ofopbie. Zu der ionifchen Schule, die nad) einem materiellen Urcfprung ber
E forfchte, gehörten Pherecydes, Anarimander, Anaximenes, Annragoras,
genes aus Apollonia, Anararcho® und Archelaos von Milet; die vornehmften
Euler der pythagoraͤiſchen Philofophie, welche die Einrichtung der Welt auf Zahl
Maß zuruͤckfuͤhrte, waren Alkmaͤon, Timaͤos von Lokris, Ocellus Lukanus,
Harmos, Theages, Archytas, Philolaos und Eudoxos. Zu der aͤlteſten elea⸗
en Schule welche den Gedanken des reinen Seyns feſthielt, gehoͤren Renopha⸗
Parmenibes; zu der ſpaͤtern Zeno, Meliſſos und Diagoras. An diefe ſchließt
&e atomiftifche Schule, des Leukipp und Demokrit und der Dualift Empebofles ;
gen Heraklit ganz eigenthuͤmlich dafteht mit ſ. Anficht vom ewigen Zluffe der
Be. Ungefähr bie um die YO. Diympiade waren die Philofophen und ihre Schus
durch alle griech. Staͤdte zerfireut gewefen; um diefe Zeit wurbe Athen ihr
ptfig, und dies trug nicht wenig dazu bei, der Philofophie einen andern Geiſt
abauchen, intem hier die Sophiften die Lehrer derfelben wurden. Georgia
Leontium in Sicilien, welcher ſich an die Eleaten anfchloß, Protagoras aus Ab»
Hippias aus Elis, Prodikos aus Keos, Traſimachos und Tiſias find die be
keiten, deren Namen auf und getommen find. Ihr Name bezeichnet fie ſchon
Winner der Wiſſenſchaft, und wirklich waren fie die Encyklopaͤdiſten ihrer Zeit,
he die Gedanken und Empfindungen der vorigen Zeitalter gefammelt und mit
ihrigen bereichert hatten. Beſondere Berdienite hatten fie um Rhetorik und
itik, diefe zwei in bemotratiichen Verfaffungen fo ungemein wichtigen Wiſſen⸗
ten; allein hiermit nicht zufrieden, trugen fie auch Naturwiſſenſchaft, Mather
ik, Theorie der ſchoͤnen Künfte und Philofophie vor. In der legtern nun fcheint
ben eben nicht um Wahrheit, fondern nur um Glans zu thun gemwefen zu fein,
zu diefem Zweck bildeten fich vornehmlich die Sophiftif und Eriftit aus, d. 1.
veiß« und Streitkunft, weldye man auch nachher Dialektik genannt bat, wobei
men darauf ankam, Alles mas fie wollten zu beweifen, Hierzu erfannen fie Trug⸗
iffe, welche nad) ihnen noch jest Sophiftereien heißen, und ſuchten den Gegner
h mancherlei Mittel zu verwirren. Daß dies der Philoſophie felbit nur Nach»
| bringen fonnte, fpringt in die Augen. Deſto glüdticher aber mar es, daß eben
Hefem Zeitalter Sokrates auftrat, nicht nur ein Eräftigen Bekaͤmpfer diefer So⸗
ten, fondern der Philofophie felbft eine neue Bahn anweifend. Wan hat mit
ht von ihm gerüuhmt, er babe die Philofophie vom Himmel auf die Erde herab»
gen, indem Er es war, welcher der Philofophie wieder eine praftifche Richtung
‚ die fid) von ber früher dageweſenen dadurch unterfchied, dag nicht mehr bloße
ahrungen an einander gereibt wurden, fondern daß man die Natur und Verhaͤlt⸗
? des Menichen, den Zweck und bie befte Einrichtung feines Lebens im Zuſam⸗
thange zu unterfuchen anfing und das Nachdenken, ftatt auf Phyſik und Meta
fit, hauptſaͤchlich auf Pinchologie und Moral lenkte. Sokrates hatte viele Schüs
von denen cinige f. Ideen in feiner Manier fchriftlich darſtellten, Cedes, Aſchi⸗
„Xenophon, andre mit mehr oder weniger Abweichung von feinen Ideen und
er Manier Stifter eigner philofophiiher Schulen wurden. Es gingen ndms
aus der Sokratiſchen folgende vier Schulen hervor: 1) die cyreneiſche, deren
fter Ariflippos von Cyrene (f. d.) war; 2) die megarifche, elifhe, eres
872 Griechifche Literatur (4. Periode)
trifche unter Euklides, Phädon und Menedemos; 8) bie akabemiſche, dern
tee Platon, und 4) bie cynifche, deren Stifter Antifthenes war. Platon
war unftreitig das umfaffendfte und glänzendfte Genie, deſſen ahnungsvole
am tiefſten eindrang. Er vereinigte die philofophifchen Kenntniffe der frühen
Philoſophen mit denen der aͤgyptiſchen Priefter und der Beredtſamkeit der Sor
Inniges Gefühl fuͤr das Übericdifche, zarter moralifcher Sinn, feiner, ſcha
tiefblidender Verſtand herrſchen in f. Darftellungen, bie mit allen Grazien de
trage geſchmuͤckt, und durch eine blühende Einbildungskraft beiebt find. D
Exatifche Methode wurde bei ſ. poetifchen Talent zu wahrhaft dramatiſcher Z
lung erhöht, und ber philofophifche Dialog von ihm zum aͤſthetiſchen Kunſtwe
gebildet. Während die Philofophie fo bedeutende Kortfchritte machte, nike
auch die Geſchichte mit ſtarken Schritten dem Gipfel der Vollendung. In de
taume von 550 — 500 v. Chr, entftand zuerft Sagenfchreibung (Kogogra]
ungebundener Rede, und als die aͤlteſten Sagenfchreiber kennt man Kadmos
nyfios und Hekataͤos von Milet, den Argiver Akufilaos, Hellanikos aus M
und Pherecydes aus Leros. Nach ihnen erſchien Heroboto&(f.d.)ausf
naß, der Homer für die Gefchichte. Sein Beifpiel reiste den Thucydides zum
eifer, und f. acht Bücher von der Geſchichte des peloponnefifchen Kriegs jeic
den erften philofophifhen Hiſtoriker als Muſter für alle folgende, Wird:
zufammengedrängte Gedankenfuͤlle oft dunkel, fo herefcht hingegen in Xenog
heiterfte Klarheit, und er wurde das Mufter ruhiger, umgekünftelter Geld
ftellung. Wie Sterne der erften Größe glänzen vornehmlich diefe drei Hifte
biefer Periode hervor, in welcher außerdem noch genannt zu werden verdienen
find, Philiftos, Theopompos, Euphoros, welche legteren jedoch burch rheto
Manier fid bereits von ber echten Geſchichtdarſtellung entfernten. In de
entwidelte ſich während biefer Periode eine ganz neue Gattung ; aus den!
keiten der Dankfeſte naͤmlich, welche das Landvolk nad) der Weinlefe dem 9
geber mit wildem Geſang und Geberbentanz feierte, entflanden, vorzüglid
tita, die Schaufpiele. Sinnreiche Docfkuͤnſtler gaben den allmälig erufl
Chorgefängen oder Dithyramben beim Bodisopfer Mannigfaltigkeit und roh
indem ein Zwifchenredner Volksfabeln erzählte, und der Chor dus ewige
Bacchus durch Sittenlehren, wie die Erzaͤhlung fie barbot, abmwechfelte. J
wenn fie gefielem, war ein Bock. Andre bildeten aus dem Groben bie leid
ten Reigen außer dem Opfer, mit den Schaltöftreichen bes Feſtes und All
Lachen erregte, untermifcht. Bald wurden biefe Spiele des Kelterfefte® auc
dern Tagen wiederholt. Nach einigen Vorgängern gab Solon's Zeitgenst
pis, der ſ. Schaufpieler gleich Kelterern, mit Weinhefen, oder eigentlich ı
beemoft, ſchminkte, anden Scheidetvegen und in Dörfern, auf beweglichen !
bad ernfthaftere Geſchichten mit feierlichen Chören, bald Lufligere mit Reigen
Satyrn und andre Spaßmadjer Gelächter erregten. Ihre Vorftellungen bir
nödien, d. 1. BodBopfergefänge ; Trygoͤdien, Kelter: und Moſtgeſaͤnge; Li
Luftreigen, und Satyrhandlungen (Drama satyricum). Endlich erhoben
Spiele veredelt in prachtvoller Zurüftung auf Schaubühnen der Städte, uw
ſchieden fich immer mehr durch eignen Ton und Sittlihkeit. Statt eines Zwi
nes, der die Gefchichte aus dem Kopfe vortrug, ftellte Äfcyylo® zuerſt handel
fonen auf, die je zwei nach erlernten Rollen ſich befprachen, und wurde berei
Schöpfer der bramatifchen Kunſt. Schnell erhob fich auch diefe zuum Gipfel
endung, bie Tragoͤdie durch Aſchylos, Sophokles, Euripides, die Komödie dur
n08, Eupolis, Krates, vornehmlich aber durch Ariftophanes. Unter der Regi
dreißig Tyrannen wurde die Freiheit der Komödie, lebende Perfonen dem |
Preis zu geben, befchräntt, und daburch bitdete ſich allmälig die mittlere
aus, we der Chor abgefchafft wurde, und mit ben allgemeinen Charakterſt
Griechifche Literatur (4. Periode) 873.
uch die Charaktermasken auflamen. Ariſtophanes und Alexis zeichneten fich
aus. Meben diefen Gattungen bildeten fich als eine eigne Die Mimen des
‚won aus Syrakus, bramatifirte Geſpraͤche in rhythmiſcher Profa, und mit dies
ri Verbindung ſteht die ficilifche Komödie bes Epicharmus, Übrigens gehören
eitfolge nach mehre Gnomiker und Lyriker in diefe Periode; mehre Philofophen
onen als didaktifche Dichter, Zenophane®, Parmenides, Empedokles, und
piker waren berühmt Pifander und Panyafis durch ihre Herakleen, und Antis
DE duch ſ. Thebais. Das Epos wurde aber immer biftorifcher, und verlor an
er poetifcher Geftaltung. Neben die Poefie trat in diefer Periode, als eine
we Schwefter, die Beredtſamkeit, welche bei der republikaniſchen Staatsform
xfni6 war, und bei der Richtung des griech. Geiftes, zur Schönheit ebenfalls
mäßig ausgebildet wurde. Antiphon, Gorgias, Andokides, Liſias, Iſokra⸗
Iſaͤos, Demofthenes, Äſchines werden als Meifter diefer Kunſt gepriefen, fuͤr
e ebenfalls eigne Schulen geftiftet wurden. Bon mehren diefer Redner befiten
och die bervunderten Meiſterſtuͤcke. Wie nahe die Rhetorik daran war, ſelbſt
die Poefie zu fiegen, zeigt fi im Euripides, und es iſt keine Frage, daß fie
auf Platon und Thucydides bedeutenden Einfluß hatte. Als Nebens und
Beiflenichaften bildeten fich für die Philofophie die Mathematik, für die Ges
@e die Seographie aus. Die Aſtronomie verdankt ber ionifchen, die Arithmes
witalifchen, die Geometrie der akademiſchen Schule manche Entdedung. Als
Bematifer waren berühmt Theodoros von Cyrene, Meton, Euktemon, Archi⸗
‚on Zarent, Euboros von Knidos. Die Seographie wurde vornehmlid) durch
edungsreifen bereichert, welche der Handel veranlaßte, und in biefer Hinficht
enen Erwähnung: Hanno's Fahrt um die Weftküfte von Afrika, des Skylar
Bus, Beſchreibang der Küften des Mittelmeers, und des Pytheas von Maſ⸗
Entdedungen im nordweſtl. Europa. Die Naturforfchung fiel ebenfalls den
»fophen anheim, die Arzneitunft aber, von den Asktepiaden bisher in Tempeln
& bildete ſich als ein abgefonderter Zmeig davon aus, und Hippokrates wurde
Schöpfer der wiſſenſchaftlichen Medicin. Der Tag nad) einem Sieg ift auch‘
ein ſchoͤner Tag. Dies gilt von der nun folgenden Periode, welche man im
meinen die alerandrinifche nennen, und ald bie ſyſtematiſirende oder kris
charakteriſiren könnte. Zwar hörte auch jegt Athen nicht auf, f. alten Ruhm
ebaupten, Alerandrien aber wurde doch eigentlich die tonangebende Stadt.
durch mußte nothwendig der Geift der griech. Literatur eine andre Richtung
sen, und es fpringt befondere in die Augen, daß bei dem Gebrauch einer unges
a Bibliothek die eigentliche Gelehrſamkeit und Polphifkorie über das frühere
Geiſtesſtreben fiegen mußte, welches jedoch nicht fogleich erfticht werben konnte.
bee Philoſophie erfchien jept Platon's ſcharfſinniger und gelehrter Schuͤler,
oteles, ald Stifter der peripatetifhen Schule, welche durch Erweiterung des
letes der Philoſophie und fuftematifchen Geift fidy auszeichnet. Er trennte Los
md Rhetorik, Moral und Politik, Phyſik und Metaphyſik (welchen legs
Namen er veranlafte), fügte mehte angewandte philofophliche Wiſſenſchaf⸗
binzu: Hkonomik, Pädagogik, Poetit, Phyſiognomik, erfand bie philofor
hen KRunftausbrüde, und gab durch dies Alles der Philofophie die Geſtalt,
ye fi) Jahrtauſende hindurch erhalten bat. Auf f. Wege in Forſchung
Philoſophie und Naturgefchichte ſchritt ſ. Schüler Theophraftos fort. Je
Batifcher die Philoſophie aber durdy Ariftoteled wurde, defto mehr war den
ſophiſchen Forſchern Behutſamkeit nöthig, und der Geift des Zweifeln
ein ſehr heitfamer Geiſt. Er zeigte ſich vornehmlich in dem Skepticis⸗
;, der von Pyrrhon aus Elis ausging. Ein mwenigftens ähnlicher Geiſt lebte
‚in der mittlern und neuern Akademie, von Arcefilaos und Karneades geftif
Die Sokratiſche Echule trieb noch einige neue Zweige in ber floifchen Schule
wu — —— ———4
einen bedeutenden Gewinn durch die parifche Marmordı
Poefie kommen manche merkwuͤrdige Veränderungen vor,
ohne Einwirkung politiſcher Urſachen, aus der mittlern
welche ſich dadurch, daß fie bie füttliche Menfchennatur zum
flelungen nahm, dem neuern Schaufpiel nähert. Unte
Gattung zeichneten ſich Menander, Philemon und Dipb
men gingen die Idyllen hervor, in deren Dichtung, nach
choros, Asklepiades u. A., befonders Theokritos, Bion ur
neten. Auch) die übrigen Dichtungs atten blieben nicht und
Arbeiten, fowie die Kritit über Poefie und fdyöne Kunft, ma
hin, und defhalb ſchweigen wir hier von ihnen. Am End
die Griechen auf, feibftändig zu fein, und das weltherric
bier feinen Einfiuß. Dan fehe deßhalb die Fortfegung unt
niſches Zeitalter und Roͤmiſche Literatur.
Griehifhe Sprache und Schrift. Ni
Griech nland geſprochen, was wir griechiſche Sprache ncı
war früher von Pelasgern bewohnt. Die alte Epracye |
aber ſchon zur Zeit Herodot's nicht mehr, ber diefe fremde
ſchen ais verſchieden angibt, und hinzufügt, es fei wahrfch
ihte urſpruͤngliche Sprache immer behalten haben (1, €
flamme, darüber find die Meinungen getheilt, denn Einigı
ſiſchen. Andre aus dem Seythiſchen ableiten; zwei Mein
vielleicht vereinigen liefen. Außer Griechenland wurde ſ
von Kleinaſien, dem füblichen Stalin und Sicilien gefpro
genden, wohin ſich griech. Colonlen verbreitet Hatten. B
Bölterfhhaften eines Hauptſtammes laͤßt ſich erwarten, de
arten (Dialekte) muͤſſe gegeben haben, deren Kenntniß be
fo nothwendiger ift, da die Schriftfteller dieſer Nation bie
denen Dundarten im Gebrauch einzeiner Buchftaben, Wir
Griechiſche Sprache und Shit 875
Mt war hart und rauh, ber ionifche der weichfte. Der aolifche Dialekt wurde
schen diesſeits des Iſthmus (außer in Megara, Attika und Doris), in den aͤoli⸗
Colonien Kleinaſiens, und auf einigen nördlichen Inſeln des ägeifchen Meeres ;
wifche im Peloponnes, den borifchen Vierftädten, den borifchen Golonien Klein⸗
I, Unteritaliens (Tarent), Sicilien (Syrakus, Agrigent), am reinften von
Neſſeniern; der ioniſche in den ionifhen Colonien Kieinafiens, und auf den
n bed Archipelagus; der attifche in Attifa. In jedem dieſer Dialekte hat man
ende Schriftfteller und Schriften. Zum ioniſchen Dialekt gehören zum Theil
erke der aͤlteſten Dichter, Homer's, Heſiod's, Theognis's u. ſ. w.; rein findet
ihn in Proſaikern, beſonders Herodot und Hippokrates, im doriſchen Dialekte
? Pindar, Theokrit, Bion und Moſchus: von doriſcher Profa iſt nur wenig
meiſt mathematiſchen und philoſophiſchen Inhalts, im aͤoliſchen Dialekte
wir die Bruchſtuͤcke des Alkaͤss und der Sappho. Als Athen die Oberherr⸗
in Griechenland erhalten, und ſich zum Mittelpunkt aller literariſchen Bil⸗
erhoben hatte, wurde mit den attiſchen Meiſterwerken eines Aſchylos, So⸗
es, Euripides, Ariſtophanes, Thucydides, Zenophon, Platon, Iſokrates,
oſthenes u. A., auch der attiſche Dialekt der allgemeine der Buͤcherſprache.
nmatiker unterſchieden nachher das Echtattiſche, wie es ſich in jenen Meiſtern
Itticismus findet, von dem Attiſchen des gemeinen Lebens, und nannten dies
Jemein griechiſchen oder helleniſchen Dialekt, und ſeldſt die fpätern attifchen
aiftſteller nad) jener fchönften Biüthenzeit der Literatur .Gemeingriechen oder
men. Zu dieſen gehören Ariftoteles, Theophraſt, Apollodor, Polnbius, Plu⸗
und die übrigen fpätern, unter denen doch Manche echtattifch fchrieben, wie
m, Älian und Arrian. Außer den Dramatifcen hielten ſich aber bie uͤbrigen
ter keineswegs ausſchließlich an den attifhen Dialekt; die Dramatiker ſelbſt
uen in ihren Chören, weil diefe zu der Älteften Liturgie der Griechen gehörten,
bes Feierlichen willen, etwas vom Dorifchen auf, und die übrigen Dichter biles
bei der Homerifhen Sprache. Man muß demnad annehmen, daß die Gries
mit ihren verfchiedenen Mundarten befannter waren, als wie mit den unfeigen,
ı vielleicht das allgemeine Lefen bed Homer, der Gebrauch cine religisfen Ri⸗
und der häufige Verkehr derfelben unter einander vornehmlich wirkten. Wahre
ich aber hatten ſich die Dialekte in der frühcften Zeit noch nicht fo von einan«
zeſchieden, wie es ſpaͤterhin geſchah, und daraus muß man fich die Eigenthuͤm⸗
ten der Sprache Homer's und Heſiod's erklaͤtn. „Im Homer und Heſiod“,
Matthiaͤ, „kommen Wortformen und Ausbrüde vor, die von den Gramma⸗
a für Kolifch, dorifch, attifch oder gar für Eigenheiten eines örtlichen Dialekts
geben werden. Allein ſchwerlich waren fie dieſes fchon zur Zeit jener Dichter,
ih eine folche Mifchung wol ebenfo wenig würden erlaubt haben als fich jetzt ein
ter erlauben würde, niederſaͤchſiſche oder oberbeutfche Provinzialidmen unter
aber zu mifchen. Die Sprache Homer's ſcheint vielmehr ganz bie Sprache ber
aligen SSonier zu fein. Bon diefem im Homer gebräuchlichen Wortformen biies
aber nicht alle im ionifchen Dialekt, fondern einige erhlelten ſich nur im aͤoliſch⸗
hen, andre bloß im attiſchen Dialekt. Die Grammatiker nennen nur im Ho⸗
attifch, aͤoliſch, doriſch u. ſ. w., was dieſes zu ihrer Zeit war”, Die Zeit,
R die Veränderungen in den Hauptdialekten erfolgten, läßt fidy nicht beflimmen ;
bt aber aus allem Diefen hervor, daß man, um die griech. Sprache gründlich zu
ten, den Gang der Bildung berfelben hiſtoriſch verfolgen, und Eeine einfeitige
nmatik zum Grunde legen, fondern fid) über alle abweichende Formen der Dias
verbreiten müffe ; eine Mühe, welche biefe an claffifchen Muſtern jeder Art fo
und eben befihalb fo ausgebildete, biegfame, ausdrudsvolle, im Klange fo
he, in der Bewegung fo harmoniiche, in ihren geammatifcdyen Formen und
m Bau fo philofophifhe Sprache verdimt und reichlic) lohnt. Wann mar
876 Gries
angefangen habe, dieſe Sprache durch Schrift zu bezeichnen, daruͤber hat lange Zug
fel obgewaltet. Der gewöhnlichen Meinung zufolge brachte der Phönicier Sala
bie Buchftabenfchrift zu den Griechen. Das Kabmifche Alphabet beſtand ar me
aus 16 Buchftaben ; im trojaniſchen Kriege foll Palamedes noch vir (SEX
ebenfo viel nachher Simonided aus Keos (ZHW2) erfunden haben. Dafteke
zeichneten acht Buchflaben neuer find, iſt theild aus Nachrichten, theils ausdmik
teften Inſchriften gewiß, Weil die Sonier dieſe Buchftaben zuerft aufnahme, u
von biefen die Attiker, fo nannte man das Alphabet mit 24 Buchftaben das icaifde.
Die Figuren der aͤlteſten phoͤniciſchen und griech. Buchſtaben weichen übrigens ide
von den jetzt gebräuchlichen hebräifchen und griechifchen ab. Es hat indefnikten |
folchen gefehlt, welche behaupteten, baß vor Kadmus's Zeiten unter den Pros
ſchon die Schreibekunft geübt worden ſei. Diefe, den Alten nicht unbelannte je
doch durch Eeinen einzigen Schriftfteller von Gewicht beftätigte Meinung ha
neuen Zeiten nicht unbedeutende Anhänger gefunden. Dagegen traten aber auch Aue
auf, welche die Schreibetunft in Griechenland ungleich jünger machten. Derch
der die Aufmerkſamkeit aufdiefe Seite lenkte, mar der Engländer Wood in ſ.
on the original Genius uf Homer‘. Es ift allerdings von großer Wichtige
die Beurtheilung Homer’s und zur Entſcheidung Über vorhomerifche Podı md
Schriften, zu willen, ob zu Homer's Zeiten die Schreibetunft befannt war, it
nicht. Wood's Meinung ift, daß man wol bie Zeit, da in Griecheniand du de
brauch der Buchſtabenſchrift allgemein wurde, und den Anfang profaifcher Gl
ten beinahe in eine Periode fegen könne, ungefähr 55% J. vor Chr. und eben ſolch
nad) Homer. Zu Homer’6 Zeit wurden alle Kenntniffe, Religion und Gef
durch das Gedaͤchtniß erhalten, und eben deßhalb in Verſe gebracht, bis ni
Schrift auch Profa eingeführt wurde. Die Einwendung von mehren angeinh
teen Auffchriften in Zempeln hat Wolf entkräftet, welcher in ſ. Protrgommn
Homer die Streitfrage genauer beflimmend in zwei verwandelte: 1) Wann
die Griechen überhaupt mit der Kunſt zu fchreiben befannt, und 2) mann mıre
bei ihnen allgemein? Bei Unterfuchung der legtern Frage mußte beflimmt
wann bequemere Materialien zum Schreiben verbreitet wurden, und in
Jahrhundert die Griechen die fogenannte Schriftftellerei aufnahmen? Wolfe
nicht bloß, daß Homer von Dem, was er fang, Nichts gefchrieben habe, indeuif
erſt nach ihm zum Schreiben fich der Thiechäute, und erft gegen des Pfanne
Zeit des aͤgyptiſchen Papyrus bedientihabe, fondern auch, daß vor der Mimik
Jahch. vor Chr. diefe Gefänge nirgend fchriftlich vorhanden geweſen. Zu
ten iſt übrigens, daß die Griechen anfänglich die Zeiten von der Rechten zur Eirhe,
dann Buftropbedon (f. d.), endlich allein von der Linken zur Rechten ſchů
Gries (Johann Dietrich), Überſetzer des Taſſo, Arioft und Caideren,
d. 7. Febr. 1775 zu Hamburg, wo f. Vater Senator war, befuchte das Jh
neum, ward gegen f. Neigung im 17.3, für den Kaufmannsftand beftimmtaß
erhielt fpäter die Erlaubniß fich den Studien widmen zu dürfen, Da G. in &t®
Eenutniffen auf dem Johanneum guten Grund gelegt hatte, fo ward es ihm ii
das Verfäumte durch Privatunterricht nachzuholen. 1795 ff. ſtudirte er in I
die Rechte. Doch mar es ihm mehr um Vidung, aldum Unterhalt zu tim. be
fruͤher Jugend an liebte er die Muſik wit Keidenfchaft; ſpaͤterhin fefſſeiten ttaW
Reize der Dichtkunſt und in Jena, Fichte's phitofophifche Vorträge. Gimige MP
nen Licder wurden A. W. Schlegel (damals in Jena) bekannt, defien Beifalikeil
geößern Verſuchen ermunterte. iner derfeiben, Phaethon, ward
zu G.'s Belanntfchaft mit Schiller, der dieſes Gedicht für ben „Mufmoimanl
von 1798 verlangte. Es war das erfte, was von G. gedruckt ward. Vendee
Augenblid bis an das Ende f. Lebens würdigte Schiller ihn f. Zreundfchaft. MP
barauf erfchienen, im Sanuacheft des „Neuen deutfchen Derkurg" v. 1798, [. BP
Griesbach 877
jen a. b. Stal,: „Quelle piume bianche e nere“ und, La biondina
etta““, welchen Wieland in einem ber folg. Hefte ein Lob beilegte, das ben
ichter beftimmte, dieſes Fach beinahe ausſchließlich zu bearbeiten. Auch
Herder würdigten ihn freundlicher Ermunterung. Den Sommer 1798
„in Dresden, um dem Sinn für das Schöne durch Anfchauung der Mei⸗
der Malerei und Plaſtik tiefere Ausbildung zu verleihen. Hier entftand
r Entfchluß, das befreite Serufalem im Versmaße des Originale zu übers
8 vor ihm Keiner verfucht hatte. Im Herbſt kehrte G. nach Jena zuruͤck,
ung Schelling’®, deſſen Sreunbfchaft er in Dresden erworben hat. Die
yenz war in ber legten Zeit vernachläffigt worden ; gleichwol ging er nach
, wo er ein Jahr hauptſaͤchlich dem Rechtoſtudium widmete. Dann
Oftern 1800, in Zena die juridifche Doctorwürde. G. wolite ſich nun
:, Wien und Regensburg mit dem Gange des Reichsproceſſes näher bes
hen. Allein nach kurzem Aufenthalt in Weblar, fand er f. Plane durch
erausbruch des Krieges (1800) gehemmt. Er kehrte alfo nadı Jena zus
unterdeffen der erfte Theil des Taſſo bei Frommann erfchienen war,
Kamilienverhältniffe fegten ihn in den Stand, von nım an ganz f. Y%
feben, da ohnehin eine allmälig anwachfende Gehoͤrſchwaͤche ihn vom Ges
en auszuſchließen ſchien. Er arbeitete jetzt in Jena um fo freier an f.
ın weichen 1803 der legte Theil erfchien. Dierauf gab er 1804 und 1805
erſten The. f. Überf. von Arioft’6 „Rafendem Roland“ heraus. 1806
» &. nach Heidelberg und vollendete bort den Arioft, beffen zwei legte
07 und 1808 erfchienen. 1808 machte G. eine Reife durch die Schweiz
italien und Eehrte dann uͤber München und Nürnberg nad) Jena zutüd,
r 1810 die 2. völlig umgearb. Aufl. des Taſſo drucken ließ. Alsdann vers
ſich an Bojardo's „Orlando innamorato‘‘, deſſen 12. Sefang im Mors
von 1812 erfchien. Allein die Riefenlänge des Gedichts ſchreckte ihn von
tzung ab. Dagegen wandte er fich jegt zum Calderon durch Goͤthe und das
che Theater zunaͤchſt veranlaßt. Bis jetzt ſind von 1815 an, 6 Bde. erſchie⸗
rlin.) Auch gab er 1819 die 3. rechtmaͤßige Aufl. bes Taſſo heraus,
anz neue Überfegung genannt werben kann, und 1826 erſchien die 6. Aufl.
gnen Gedichte und Heineren Überfegungen find zum Theil in Schiller's
Imanachen“ in den „Horen”, bem „Neuen deutſch. Merkur”, Becker's
buch”, Schlegel's „Blumenfträußer ital., fpan. und portug. Poefie” und
Cchriften gedruckt worden. ’
dies bach (Johann Jakob), geft. 1812 als geh. Kirchenrath und erſter
e Theologie zu Jena, hat ſich theils um die Kritik des N. Teſt. theils um
ıng vieler taufend Juͤnglinge bleibende Verdienfte erworben. Zu Bupbach
n:Durmftädtifchen 1745 geb., kam er ald Kind nad) Frankf. a. M., wo.
177 als Prediger und Confiftorialrath farb. Auf den franffurter Gymna⸗
ielt er f. erfte Bildung, und bezog 1762 die Univerfität Tübingen. 1764
ad) Halle, und dann noch ein Jahr nach Leipzig. Chriſtliche Kirchen : und
sgeſchichte wurde das Ziel f. Studien, wobei ihn Exrnefti in Leipzig mit
ıd Büchern unterflügte. Hierauf begann er in Halle große Vorſtudien zur
8 Meuen Teſt. und für die Dogmengefcichte; unter Semler ſchrieb er ſ.
ten Probefchriften über die Hiftorifhe Glaubwürdigkeit in den Dogmen,
den Papft Reo den Großen ihre Beftätigungen erhalten. Entfchloffen, fidy
Kritik des neuteftamentlichen Terte® zu widmen, unternahm er 1769 und
ne gelehrte Reife dur Deutfchland, Holland, England und Frankreich,
enden Winter midmete er in f. Vaterſtadt der Bearbeitung des gemonnenen
und trat 1771 in Halle durch die berühmte Abhandlung von den Recen⸗
er Evangelien vom Drigenes zuerfl als akademiſcher Lehrer mit fo vielem
878 Grillparzer
Beifall auf, daß er zwei Jahre darauf zum Profeſſor ernannt wurde.
muͤdlichem Fleiße verfolgte ex jeßt den Gedauken einer neuen Ausg. des Re
Vorſicht beimog ihn, der den Ruf zu einer ordentlichen Profefjur der Tiy
Jena erhalten hatte, zuvoͤrderſt nur mit feiner Synopſis ber Evangelien di
mung zu prüfen. Bald aber folgte die erfte Ausg. des ganzen Teftamenti
Eigenthuͤmliche derfelben ift, daß bei Ihr nicht bloß von aufgenomyienen und
fenen Lesarten die Rede ift, fondern auch die verfchiedenen Grade der Wa
lichkeit beſtimmt, und durch leicht verftändiiche Zeichen unter dem Tert at
werden. Zu bedauern ift, daß er die vollftändige Ausg., bie 1796 braa
zu Halle und London zugleich erfchien, nicht fo vollenden fonnte, wie re
hatte. Er war indeß bis an f. Tod unabläffig damit beſchaͤftigt, und erlebl
ſtens die Freude, die bei Goͤſchen herausgekommene Prachtausgabe vollen
ben. Neben ber Kirchengefchichte und Eregefe, und ben dazu gehörigen S
fenfchaften fliftete er auch durch f. populäre Dogmatik um fo bleibendern
als er darin, ein gelibter, felbft uͤberzeugter Sachwalter des alten Glauben
der Neuerungsſucht mit weifer Mäßigung Schranken zu fegen wußte. ©
Grieebady’$ „Opuscula academica‘* (Jena 1824, 2 Bde.) herausgegebe
Grillparzer (Kranz), geb. in den neunziger 3. des verflofiene
lebt feit 1823 (als fpftematifirter Hofconcipift) in Wien. Er zog feit 181€
merkfamteit des Publicums als dramatifcher Dichter auffih. Sein erflı
tiſches Werk: die „Ahnfrau“, erwedkte große Hoffnungen. Wie Mülln
Werner's „24. Febr.” angeregt, f. „Schuld“ dichtete, ſo wahrſcheinlich
zer, durch diefe „Schuld veranlaßt f. viel fataliflifchere „Ahnfrau“.
der Nacht wehen durch die ganze Dichtung ; in Nacht gehuͤllt (fie verbirgt a
ches Unnatürliche der Kabel) bewegt ſich die Handlung; in Nacht gehülf
Zuſchauer vor der Bühne und bie Schreden der Darftellung, welche ſich
brochen aneinander reihen, werden größer durch den Eindruck diefer Nacht.
mindert diefe Schrecken, als eben die ununterbrochene Folge felbft, in weld
dem Semüthe von Außen aufbringen, fodaß ber Unbefangene mol fchwerlid
danken, es fei auf ein Gaußelfpiel der Phantafie abgefehen, ganz abhal
Das Zeuer aber erblicken wir hier nur in f. zerſtoͤrenden Wirkung hervorbre
alle Figuren mit einem gewaltfamen Lichte färbend. Mit großer und kuͤhne
Kraft malt der Dichter die Situationen diefer Dichtung aus. Aber weder die
Schilderung, noch die muſikaliſche Sprache beruhigen und verföhnen mit de
idee ; die Ruhe am Schluffe ift nicht die Ruhe der geftirnten Nacht, fonderr
oͤdung räuberifch verbrannter Wohnungen. Die „Ahnfrau” wurde zuerftinS
feitbem faft auf allen deutfchen Bühnen mit Wirkung gegeben und in ver|
Aufl. gelefen. 1818 trat der junge Dichter mit f. „Sappho” auf, Wa
Grundidee das Sehlerhafte, fo wurde es hier die Ausführung, die der Di
ſchwankenden Fabel aus antiker Zeit gab, mit welcher feine durchaus moder
anficht fich nicht vertragen will. Überhaupt hat G. bei weiten mehr baı
intereffante Situationen dramatifch und Inrifch auszubilden, als feine Perl
dramatifchem Wege in diefelben zu verfegen. — Auch dieſes Drama wınde
größten Beifall in Wien und Berlin, ſowie auf mehren andern Bühnen aı
men, wozu ohne Zroeifel beitrug, daß daflelbe in der Rolle der Sappho den
teften tragiſchen Schaufpielerinnen, die wir befigen, einen erwuͤnſchten €
bot, ihre Virtuofitit zu entwickeln. Aber diefer Beifall ift verhallt. Ei
bie Grilfparzer nad) Italien im Gefolge des Kaiſers unternahm, unterbe
deamatifche Wirkfamkeit. Mad) einer laͤngern Paüfe ließ er 1822 f. brittel
tifches Werk, mit welchem fein poetifcdyer Genius fich länger befchäftige hatte, !
„Das goldene Vließ“ in drei Abtheilungen („Der Gaftfreund”, die „Arge
„Medea“) hervortreten, welches aber wenig Gluͤck auf der Buͤhue gemacht
Kritik hat den maetiihen Werth deffeiben anerkannt, ohne ihm die tragiſche
Grimaldi 879
zuzugeſtehen, deren der antike Stoff rählg iſt; und es tft überhaupt bedauert
n, daß ©. mit einer durchaus modernen Sinnes » und Empfindungsart, und
tiefe Anſchauung des Alterthums auf die Bearbeitung antiker Stoffe gefallen
i deren Behandlung man wenigſtens an einen Jetztlebenden andre Foderuns
acht, ald man an frühere Dichter zu machen berechtigt ift. Um fo erfreulicher
‚ihn endlich in f. „Otto tar” (1824) Zrauerfpiel in 5 Aufz., auf vaterländis
Grund und Boden zu finden. Dieſes Trauerfpiel, welches nach manchen
niffen und Schwierigkeiten, in Wien auf die Bühne gebracht worden ift, zeich⸗
h durch eigenthümliche Tuͤchtigkeit vortheilhaft vor allen ibrigen Werken Grills
’8 aus und ift, obgleich in der Anlage durch das Schwanken zwifchen zwei Hel⸗
Dſtreich und Böhmen) verfehlt, doch im Einzelnen von echt dramatiſchem
durchdrungen. | 44,
Grimaldi (die Kamille), eine von den vier, zum hoben Abel gerechneten
llen Genuas. Die in ſpaͤtern Zeiten zu einem Fuͤrſtenthume erhobene Herr⸗
Monaco gehörte über 600 3. (von 980 an) den Grimaldi's. Diefe und
ie68038 fpielten in Genuas Geſchichte ſtets eine große Rolle, beſonders in
tampfe zwifchen ben Gibellinen und Guelfen, zu welcher legtern Partei beibe
lien gehörten. Reiche Befigungen im Königreid, Neapel, in Frankreich und
m, vermehrten den Einfluß der Grimaldi, aus deren Schoß mehre berühmte
rer berdorgingen: 1) Raimund G., war der erfte Genuefe, der bie Krieges
ſ. Republik jenfeits der Meerenge von Gibraltar führte. Zu Gunften Phls
bes Schönen von Frankreich, der in einen langen Streit mit den Flamlaͤn⸗
verwidelt war, fegelte G. u. d. T. eines Admirals von Sranfreidy (1304) mit
mueſiſchen Galeeren und 20 franz. Schiffen nad) Zeland, wo er den Grafen
yon Flandern, der die feindliche, an 80 Schiffe ſtarke Seemacht befehligte,
und gefangen nahm. 2) Antonio ©. zeichnete fich in der erften Hälfte d.
ahrh. gleichfalls im Seedienfte aus. Die Catalonier hatten ſich feindlich ges
zenua bewiefen, das wegen innerlicher Zwiſtigkeiten außer Stand war, die
zu rächen. Als der guͤnſtige Moment ſich dazu nahte, uͤberkam Ant. ©. das
nando derFlotte mit dern Auftrag, die Küften von Gatalonien zu vermüften. Dies
uftrag vollführte der Genueſe nur zu gut. Auch ſchlug er eine aragonifche Flotte
2 Schiffen. 21 Jahre Später aber wurde er von den verbündeten Venetianern
Iataloniern, unter Anführung von Nicolaus Pifani dergeftalt gefchlagen, daß
er ganzen genucfifchen Seemacht nur 17 Schiffe entlamen. Durch diefe Nie⸗
e auf der Höhe von Coiera, d. 29. Aug. 1353, wurden die Genueſer genöthigt,
em Beherrfcher von Mailand, Job. Wisconti, der ihnen Schuß vor ihren
en, den Venetianern, zufagte, zu unterwerfen. 3) Giovanni G., machte
arch den Sieg berühmt, den er am 23. Mai 1431 über den venetianifchen Ads
Nic, Zravifani auf dem Po davon trug, obfchon Sarmagnola, der berühms
Beneral jener Zeit, mit einer anfehnlichen Landmacht am Ufer des Fluſſes zum
and des venetinnifchen Admirals bereit war. Durch ein glüciches Manoeuver
eG. die venetianifche Flotte von dem Ufer zu trennen, wo die Landmacht ihre
ung batte (drei Miglien unterhalb Gremona), und fo gelang es ihm nicht
‚ die Feinde völlig zu fchlagen, fondern ihnen aud) 28 Galeeren und 42 Trans⸗
biffe, nebft einer unermeßlichen Beute abzunehmen. 4) Dominico ©,,
nal, Erzbifchof und Vice: Legat von Avignon, lebte im 15. Jahth. Che er
hohen Würden erhielt, übertrug ihm Pius V. die Oberauffichr über die Galees
es Kirchenfluates, und G. wehnte, obſchon bereite Biſchof (1671), der Sees
Je von Lepanto bei, bei welcher Gelegenheit er ſich durch ſ. Muth ausgezeichnet
fol. Auch ruͤhmen die Annalen der römifchen Kirche von diefem Eriegerifchen
ten, daß es ihm gelungen fei, inf Sprengel das Gift der Härefie gänzlich zu
tuͤcken. Er farb 1529 und Hinterlich einen Band Briefe über diejenigen Er⸗
— ves ates von RIILIA, und Bone
»avon, ‚ Da fie jedoch nichts Näheres
- (plan Grfindung der Euftballons
“r früpern Verfuche nicht gedacht
Maprpeit jener, dem P, Gri⸗
* &., geb. 1667 in Neo
nn, fich aber auch durch fe
0? „logie aus. Am bes
—D die als blinde Anhaͤn ⸗
Zr „getiche‘* herausgaben,
Yun . Schimpfen und Schmaͤ⸗
‚ich des geläfterten Cartefins
„atres ad absurdum. Noch
‚sarb 1784) in Neapel, ber ſich
R andes Verfaffung befannt machte,
'. ein geiſtreichet Dann von mans
‚ und mit den außgezeichnetften Per»
, tar 1723 zu Regensburg geb., und
cha. Obwol f. Älter arm waren, gas
‚ge Erziehung, ſodaß er mit dieſet Ausftate
„ezu erwerben mußte. Nachdem er f. Stu⸗
‚|. Zrauerfpiel,‚Banife" Spott und Zabel in
„leitete er die Söhne bes Grafen v. Schomberg,
"Polen, nad) Paris. Er war Vocleſer des
EFand ſich In fehr beſchtaͤnkter Rage ats I. I. Rouſ⸗
>egegneten fid in ber entfchledenften Neigung zur
»et Diderot, dem Baron Hoibach, der Frau v. Cpl
Et ausgezeichneten Perfonen ein, und es gelang ihm
en Der Graf Friefen machte ihn zu [. Secretale
G. kam jege noch mehr in bie vornehmften Gefell» .
xs den Frauen zu empfehlen. Er verfchmähte fogar
ch dadurch den Spottnamen Tyran le blanc zu. Ais
8 in Parts alle Kenner und Breunde ber Muſik in zwei
G. für fie, und ftand an der Spite des Coin de la
: Partei fich ins Parterre unter der Loge der Königin zu
b die Freunde Rameau's und der franz. Muſik ven
ſchrieb bei dieſer Gelegenheit eine Meine Broſchuͤre vol
: „Le petit prophäte de Boamischbroda‘‘, und als
srten verſuchten, ſchlug er fie durch f. „Lettre zur la
us dem Felde. Aber biefer Brief gab ein fo gewaltiges
Verbannung und Baſtille die Rede war, bis endlich die
f. ſtatt deſſen der Beifall aller Freunde der neum Muſik
eil ward. Die Verbindungen G.'s mit ben Unterneh⸗
jerhältniffe mit den Großen Frankreich, ſ. Kermtuiffe,
. Geiftes, öffneten ihm bald eine glänzende Kaufen.
obe ward er Sectetait des Herzogs von Orleans.
hen Bulletins für mehre deutſche Fuͤrſten, 2
zu ſchreiben, welche unter dem Mamu, Feuilles · do
ızig Abſchriften circulirten, und welche von allen, nur
Geinungen b det fram. Literatur jener Zeit die geile
ıfb Bd. IV. 56
880 Grimaldi
eigniſſe, bei denen er bie Hand mit im Spiele hatte. 6) Sein Neffe €
©. geb. 1597 zu Genua, wurde im 28. 3. zum Vice⸗Legaten ber Rom
zum Biſchof von Albano und Gouverneur von Rom ernannt. Urban \
ihn als Nuncius nach Deutſchland und Frankreich, und bie guten Di
bier dem römifchen Hofe erwies, erwarben ihm 1643 den Garbinals
Dankbarkeit befhüste ©. nad) Urban Tode deffen Familie, und lud d
HZorn von Innocenz auf ſich, ber, fo lange erlebte, die Bulle nicht un
durch weiche G. zum Erzbifchof von Air ernannt war. Erſt unter Inno
folger, Alexander VII., konnte er f. neues Amt antreten (1655), wo er
der ihm untergebenen Geiſtlichen zu beffern bemüht war. Er gründet
Zwed in Air ein Seminarium flr Geiftliche, desgleichen ftiftete er ein H
Arme und vertheilte von f. großen Vermögen an 100,000 Livres untı
duͤrſftige. Mehren Conclaven beimohnend, trug G. befonder® mit zur
Innocenz XI. bei, deſſen Zugenden er verehrte. Obſchon er fpäter zu
ten des heil. Collegiums in Rom ernannt wurde, fo Eonnte er fidy dod
ſchließen, die ihm anvertraute Gemeinde zu verlaffen. Er ſtarb in Aiz
41685. 6) Nicolo ©., geb. 1645, wurde 1706 von Clemens ÄXI., ı
mifchen Purpur bekleidet. Ex ftarb fchon 1717 und hinterließ ein unget
mögen. 7) Noch ein Geronimo ©., 1674 geb., ward mit dem ©:
geſchmuͤckt. Fruͤher fandte ihn der roͤmiſche Hof nach Avignon, dann al
nach Bruͤſſel, Polen und Deutfchland. Später verwaltete er al Card
gatur Bologna. Er ftarb 1733. — Außer biefen Grimaldi's finde
Gleichnamige, die ſich in Wiffenfchaft und Kunft hervorthaten: 1) Gia
ein Literator des 16. Jahrh., deffen Tiraboſchi mit großen Lobe gedenkt.
zu Bologna geb., wibmete fid) dem geiftlihen Stande und machte ſich a
bes Archivs der Petersliche in Rom, durch die Ordnung verdient, meld
Ganze diefer Eoftbaren Sanımlung brachte ; auch fuchte er die unter Pu
gefundenen alten Infchriften durch erläuternde Bemerkungen zu erklären.
zeichniß f. antiquarifhen und philologifhen Schriften findet fid im 3
„Scriptor. Bolognesi“. Er ſtarb 1623. 2) Giovanni Franc
genannt Bolognefe, weil er in biefer Stadt geb. ward, lebte im 17.
zeichnete ſich als Maler, Architekt und Kupferftecher aus. In der erf
Kunft hatte er ſich Correggio zum Vorbild gewählt; auch arbeitete er eiı
mit Albano zufanmen. -Wom Gardinal Mazarin nad) Paris gerufen
mehre Frescos Im Louvre. Als Architekt war er nicht minder ausgezeich
Arbeiten mit dem Grabſtichel ſind ſehr geſucht. Innocenz X. ließ ihn
rungen der Frescos im Vatican und im Quirinal machen. Mehre ſ. beſte
findet man in der Kirche St. Marla dei Monte in Rom; auch das pariſe
ibeſitzt einige ſehr ausgezeichnete von ihm. Er ftarb 1680, 745%. alt.
von ihm, Xleffandro, iſt gleichfalls als Maler bekannt. 3) Frances
G., Mitglied der Geſellſchaft Jeſu, wurde 1613 in Bologna geb. und ze
als Mathemaziker aus. Er ftand dem P. Riccioli in deffen matbematifd
ten bei, und gab fpäter ein Werk über die Mondfleden heraus, denen er
men als die ihnen von Hevelius gegebenen, beilegte. Noch hat man
„Physico-mathesis de lumine, coloribus et iride, aliisque anuexis"
Bologna 1665, 4.). Diefer gelehrte Jeſuit ftarb in ſ. Vaterſtadt 1
Srancesco G. gleichfalls im 17. Jahrh. lebend, geb. im Koͤnigrei
trat zu der Geſellſchaft Jeſu, und iſt als lat. Dichter berühmt. Mani
bucotifhe und dramatiſche Dichtungen von ihm, die von ſ. Talent zeugm.
als Prof. der Rhetorik am Sefuitencoflegium zuRom, 1738, ungefätrt
5) Ein ander Peter ©., gleichfalss Jeſuit und aus Civita⸗-Vecchiag
im 18. Jahrh. und war ange Miffionair in Oſtindien. Wan erzählt von
Grimm (Friedrich Melchior, Baron v.) 881
f. Ruͤckkehr nad) Europa eine Maſchine erfunden habe, mittelft welcher er
von Calais nach Dover innerhalb einer Stunde in ber Luft dahingeſchwebt
‚geflogen“ fein fol. Pingeron in f. Überf. des Werkes von Milizia, und ons
in „Dict. des Artistes‘‘, fpredhen davon. Da fie jedoch nichts Näheres
er ganzen Sache angeben, auch bei der fpätern Erfindung der Luftballons
k) in den daruͤber erſchienenen Schriften jener früheen Verſuche nicht gedacht
fo muß man allerdings einigen Zweifel in die Wahrheit jener, dem P. Grie
zugefchriebenen Luftteiſe fegen. 6) Konftantin G., geb. 1667 in Nea⸗
voſelbſt ee 1750 ſtarb, war Rechtsgelehrter, zeichnete ſich aber auch durch ſ.
tenden Kenntniſſe in der Geſchichte, Medicin und Theologie aus. Am be⸗
teſten wurde er durch ſ. Streit mit den Benedictinern, die als blinde Anhaͤn⸗
er Ariſtoteliſchen Philoſophie, damalsLettere apologetiche“* herausgaben,
chen fie gewaltig über Carteſius loszogen und ſich in Schimpfen und Schmaͤ⸗
jegen ihre Gegner erſchoͤpften. Grimaldi nahm ſich des gelaͤſterten Carteſius
nd fuͤhrte in einer bittern Gegenſchrift die guten Patres ad abaurdum. Noch
7) im 18. Jahrh. ein Franz Anton G. (ſtarb 1784) in Neapel, der ſich
gute Geſchichtswerke über Neapel und dieſes Landes Verfaſſung bekannt machte,
Grimm (Friedrih Melchior, Baron v.), ein geiftreicher Dann von mans
chen Kenntnifien, ber lange in Paris lebte, und mit den ausgezeichnetften Pers
‚des vorigen Jahrh. in Verbindung ftand, war 1723 zu Regensburg geb., und
als Eoruff. Staatsrath 1807 zu Gotha. Obwol f. Ältecn arm waren, gas
le ihrem Sohne dennoch eine forgfältige Erziehung, ſodaß er mit dieſer Ausftate
ſich einen Rang in der Gefellihaft zu erwerben wußte. Nachdem er f. Stu⸗
beendigt, und in Deutfchland für f. Zrauerfpiel „„Banife” Spott und Zabel in
nm Maß eingeerntet hatte, begleitete er die Söhne des Grafen v. Schomberg,
net8minifter des Königs von Polen, nad) Paris. Er war Vorleſer des Ders
von Sachſen⸗Gotha, und befand ſich in fehr befchräntter Lage als J. J. Roufe
f. Freund ward. Beide begegneten ſich in der entfchledenften Neigung zue
Te. Mouffeau führte ihn bei Diderot, dem Baron Holbady, der Frau v. Epie
u. a. durch Geift und Geburt ausgezeichneten Perfonen ein, und es gelang ihm
thalben, fich in Gunſt zu fegen. Der Graf Friefen machte ihn zu f. Secretair
einem anftändigen Gehalt, G. kam jegt noch mehr in die vornehmften Geſell⸗
ften und fuchte fich befonber den Srauen zu empfehlen. Er verfchmähte fogar
Bchminfe nicht, und zog ſich dadurch den Spottnamen Tyren le blanc zu. A16
Kntunft der ital. Bouffons in Paris alle Kenner und Freunde der Muſik in zwei
teien fpaltete, erklärte ſich G. für fie, und fland an ber Spitze des Coin de la
we, fo genannt, weil diefe Partei ſich im Parterre unter ber Loge ber Königin zu
ammeln pflegte, während die Freunde Rameau's und der franz. Muſik den
u da roi bildeten. ©. fchrieb bei diefer Gelegenheit eine Heine Broſchuͤre voll
E, Salz und Gefhmad: „Le petit prophete de Bosmischbroda‘‘, und al®
Gegner darauf zu antworten verfuchten, ſchlug er fie durch f. „Lettre sur la
nique Trangaise‘ völlig aus dem Felde. Aber diefer Brief gab ein fo gewaltiges
zerniß, daß anfangs von Verbannung und Baſtille die Rede war, bis endlich die
th fich legte, und dem Verf. flatt deſſen der Beifall aller Sreunde der neuen Muſik
der ital. Truppe zu Theil ward. Die Verbindungen G.’6 mit den Unternebs
R der Encyklopaͤdie, ſ. Verhältniffe mit den Großen Frankreichs, f. Kermtuiffe,
e die Geſchmeidigkeit ſ. Geiftes, öffneten ihm bald eine glänzende Laufbahn.
& des Grafen Friefen Tode ward er Secretait des Herzogs von Orleans. Das
B fing er an, f. literarifchen Bulletins fie mehre deutiche Fuͤrſten, namentildh
ben Herzog von Gotha, zu ſchreiben, welche unter dem Namen „„Feuilles.de
mm‘‘, vielleicht in zreanzig Abfchriften circulirten, und welche von allen, nur
jermaßen wichtigen Erſcheinungen ber franz. Literatur jenex Zeit die geiſtreich⸗
Oupy.s Ber. Gicbente Aufl Bd. IV. 56
w⸗
882 Grimm (Jakob ludwig Karl). Grimod de la Reynlere
fin Analyſen enthielten. Sriedrich d. Gr., Guftav TIL und die Kaiferin von!
land gaben ihm bie ausgezeichnetiten Beweife ihrer Hochachtung. 1776 em
ihm ber Herzog von Gotha zu f. bevollmächt. Minifter am franz. Hofe; bar
warb er Baron, denn von Geburt war er ein Bürgerlicher. Er ſtand fu
Amte wie ein Dann von Geift vor, ohne f. literarifche Correfpondenz zu mie:
chen, ober fonft f. Gewohnheiten zu ändern. Als die Stürme der Revolution
ben fremden Miniftern unmoͤglich machten, in Paris zu bleiben, begab ſich ©. a
Gotha. 1795 ernannte ihn die ruffifche Kaiferin zu ihrem bevolimaͤcht Bil
am nieberfächfifchen Kreiſe. Diefe Monarchin erhielt ihm ihre Gunſt bis an ie
Tod, und ftand in ununterbrochenem Briefrwechfel mit ihm. Auch unter Pal
verwaltete ©. f. Poften, bie eine ſchmerzhafte Krankheit ihm ein Auge raubtz, m
ihn nöthigte, fih von allen Geſchaͤften zuruͤckzuziehen. Er verlebte nun in O6
f. legten Sabre, ſoviel ihm die Kräfte geſtatteten, ſtets mit Kunft und Wiffenfee
befchäftigt. Außer den genannten Schriften gab er eine Lat. Differtation der W
Geſchichte Maximilians I., „Briefe über die deutſche Literatur u. X. m. bes
Sein anfehnlicher Literarifcher Nachlaß aber iſt von dem ruſſiſchen Hof in
genommen worden. Es finden ſich darunter Memoiren über bie Geſchichte
vom hoͤchſten Intereffe, deren Nichtbefanntmahung ein wahrhafter Veit f
Dagegen ift nad) f. Tode anfangs ein einzelner Abfchnitt aus den ermähnten Ba
eifchen Bulletins u. d. X. : „Correspondance litteraire‘‘, fpäter aber auch ri
gen (zuſammen 16 Bde.) erfchienen: ein Werk, das die anziehendften Detsiüllg
einen wichtigen Zeitraum ber franz. gelehrten und gebildeten Welt und ihre
Verhältniffe und Beziehungen enthält. Barbier hat noch ein „„Supplkemeni
Correspondance‘* herausgegeben, das G.'s übrige franz. Schriften enthaͤtt. |
über ©. die „Mem. de Md. d’Epinay‘‘, 3 Ed., II., &. 113 und bie der Bu
tung jener Cortefpondenz, u. db. T.: „Grimm's und Dideror’s Correfpondeg
1763 — 90 ıc.”, 2 Thle., Brandenburg 1820 vorausgefchickte Biographie.)
Grimm (Jakob Ludwig Karl, gewoͤhnlich nur Jakob), geb. u f
1785, gegenwärtig urfürftlicher Bibliothelar in Kaffe. Er hat fid dad
„Deutliche Grammatik” (1. Thl., Göttingen 1819, n. Auft. 1822) cinen uf
lichen Namen in der Geſchichte der vaterländ. Sprachforſchung ermorben, af
Erſte, welcher auf hiftorifchem Wege den Grundbau und die Kortbildung dei
nifhen Sprachganzen entwidelte. Nicht minder ſchaͤtzenswerth find mas
ihm mit fe Bruder Wilhelm Kari (geb. zu Hanau 1786) gemeinſchaftü
endete Arbeiten für bie altbeutfche Literatur, und namentlich die „Deutfcyen Gay
(Berlin 1817 — 18, 2 Bde.) Die „Kinder und Hausmaͤrchen“ (Berlin IR
— 14, 2 Bde., 12. und feitbem wiederholt), der kleineren Auffäge und
tungen in den „Altdeutfhen Wäldern ꝛc.“ nicht zu gedenken. Jakob's ef!
ſuch auf diefem Felde war die Abhandlung „Über dem beutfchen Meiſte
(Söttingen 1811). Ein dritter Bruder 2. Emil hat fidy durch geiftreich call
Blaͤtter bekannt gemacht, z. B. „Bildniſſe göttinger Profefforen” (Gkcie
1824, Fol.).
Grimod de la Reyniére (Alexandre Balthaſar Laurent), ber mE
tzigſte Epikuraͤer des neueren Frankreich, Mitglied ber Arkadier in Rom und mit
gelehrten Geſellſchaften, geb. zu Paris 1758, war der Sohn eines Genetalpahac
An den Händen mißgeftaltet, wußte ex aͤußerſt geſchickt mit falſchen Fingern mu il
nen, zu fchreiben und Speifen zu zerlegen. Bis 1780 war er Advocat, alea mil
fehr bitter abgefaßte Schrift zog ihm Verweiſung zu. Seitdem lebt er in
Unabhängigkeit ganz ber Literatur, in gelehtten Clubbs, im Foyer ber Schaurid
bäufer und im Gaffeehaufe dn Eavenu. Erſchien diefer Sonderling in den gun
ben Cirkeln ſ. Altern, fo zeigte er fich linkiſch und blöde, und machte fid ta iii
Buͤcklingen über den Rangftolz der vorrtehnten Welt Iuflig. Damals gaben rl w
N
Griſaille Groͤger 883
hint gewordenes großes Gaſtmahl, wozu Niemand kam, der nicht bewies, daß
ı Bürgerlicher ſei. Ein ander Mal lud er ſehr vornehme Leute zu ſich ein, wo
in einem ſchwarz ausgefchlagenen Saale |. Sarg hinter fid) hatte. Much trieb
ıe Zeitlang einen Kramhandel im Daufef. Vaters. Seine Epluft war fo groß,
nur die des Apicius und Vitellius gewefen fein kann. Die Revolution durch⸗
ee frieblih. In den erften Jahren der Regierung Bonaparte's ward er durch
gigen „Almanac des Gourmands“ in ganz Europa beriihmt, den er Cambas
6 Kocye widmete (von 1803 — 12, 8 Bde., 18.). Für-die Emportömmlinge,
uicht wiffen, wie fie ihrem Vermögen Ehre machen follen, ſchrieb er 1808 „„Le
uel des Amphitryons“. Sein Eifer für die Beförderung der Wiffenfchaft
Baumens, wie fie Mortaigne nannte, ließ ihn- eine Sury von Seinfchmedern
ustateurs) errichten, die manatlich im Kocher de Cancale eine Situng bei
ausgewählten Tafel hielt, wo ernfle Kampfrichter und liebenswürdige Actricen
[Schwarzen und weißen Kugeln über ein ſaftvolles Salmi oder ein feineg blauc-
ger fo feierlich abftimmten, wienur einft der römiiche Senat in der bekannten
sots Sigung. Seit 181% lebte Grimod auf dem Lande, allein mit den Wiſ⸗
baften in Verbindung.
Grifaille, er Grau in Grau.
Groͤger (Friedrich Karl) und Aldenrath (Heinrich), ber erfte 1766 In
aim Holfteinifchen, der zweite 1774 in Lübed geb, Wie die Kreunbenamen
Alterthum, Damon und Pythias und der Künftlerbrüder Theodoros und Te⸗
B, unzertrennlid) genannt werden, fo vereinigte eine feltene Freundſchaft und die
-hdernde Kunft diefe beiden Kuͤnſtler unzertrennlich. Heinrich war in früher
nd G.'s Schüler im Portraitzeihnen mit Silberftift und Sepia, und die Hars
Be ihres Talents war fo groß, daß beide, viele Jahre hindurch in Luͤbeck und
aburg, gewöhnlich an demfelben Portrait arbeiteten, fodaß, mern Einer den
tel oder Sitberftift nieberlegte, der Andre ihn aufnahm und an dem Bildniffe
icbeitete. G.'s Talent entmwidelte ſich unter den drüdendften Verhältniffen aus
ſelbſt. Von arnıen Altern geboren, zeigte er [hon ale Kind Kunftfinn, durch
gendes Puppenausfchneiden, Sigurenfchnigeln und Xhoubilbnerei nach dem
m, ſowie durch charakteriftifche® Zeichnen nie gefehener, ihm bloß befchricheneg
waftände, als Schiffe u. dgl. Inder Schneiderwerkſtatt f. Vaters bemalte der
be, trotz mancher Zuͤchtigung, Fenſterbreter, Thüren und Wände, mit gemeis
Rreide, ober mit in aufgelöfte Mauerfteine getuntten Befenreifern. Ja es ging
$, Händen ein kleines Puppentheater, mit coſtumirten Marionetten und Decos
(wen hervor, under gab als Director deflelben den Plönern einen Hamlet, Lips
kan ıc., bis der auf den zwölf: biß vierzehnjährigen Marionettenmeifter erzürnte
er die ganze Bühne in den plöner See warf. Umfonft nahm fich ein Kunft:
ab, Graf Schmettow, des Verzweiflenden an: der ungerathene Schneider
iche ward in eine Drechslerwerkſtatt gefteckt, ging aber bald darauf, auch zu dies
Handwerk unfähig, in die Lehre eines Hausanſtreichers über. Hier fing er an
Fibiſdniſſe in Roͤthel 2c. zu copiren, dann nad) dem Leben ähnlich zu zeichnen,
erwarb ſich dadurch nach und nad) ein Suͤmmchen, um welches jedoch liſtige
wfchen den gutmüthigen Süngling betrogen. Bald wurde dem 17jahr. Kunſtjuͤn⸗
wud) diefe Sphäre zu enge. Er verließ fie mit freiwilliger Zuruͤcklaſſung f. ziem⸗
wengewüchfenen Erwerbs, 309 im Lande umher, zeichnete Menfchengefichter in
ge, und fand endlich in Luͤbeck viele Arbeiten mit Sitberftift und Sepia, und
m Herzensfteund, in f. Schüler Aldenrath, Mit diefem ging er 1789 nad)
wo er dem Mector der Akademie Friſch viel verdankte, dann nady Hamburg,
er vollauf Arbeit fand, und 1798 nad) Dreéden, wo er ganz ben Studien der
En Kunſt und der Dimalerei lebte. Dann theilten beide Freunde ihren Aufent⸗
awiſchen Lübel und Hamburg, teilten nad) Parie, um Pi bort angehäuften
884 Grolman
Schaͤte JItallens zu betrachten, und ließen ſich, nachdem fle einig
und Kopenhagen gelebt hatten, in Hamburg nieder. Beide hatten I
traitzeichnen verlaffen, und ©. ſich zur Ölmalerei, Aldenrath aber
gewandt, G.'s Bitdniffe Haben das Verdienft des dem Leben treuen
rakter der Derfonen ausfprechenden Ausdrucks, babei ein warmes Col
‚Daltung, zarte und fleißige Vollendung des Kopfes und einen mit &
legten Semandmwurf, Auch weiß ſich f. ſchoͤpferiſche Phantafie verfl
nur wenig gelannte Perfonen, nach Befchreibungen oder fchlechten
tenmasten u. dgl. fo zu vergegenwärtigen, daß folche unter ſ. Pinfel,
Leben gemalt, ſprechend ähnlich hervorgehen. Aldenrath's Minia
gen Kraft mit Zartheit, und Geift mit fleißiger Ausführung. KBeidı
zugleich Meifter in der lithographifchen Kunft, wovon, ſowle audı ı
(haften, Vignetten u. f. w. bes genialen hamburgiſchen Künftiers €
diren, die dortige Steindruckerei, in Bildniſſen und Landfchaften, tı
ter liefert. Die perfönlichen Eigenfchaften und gefelligen Talente biefi
ner haben fie laͤngſt den gebilbetfien Cirkeln Hamburgs, ale Gefel
werth gemacht.
Grolman (Karl Ludwig Wilhelm v.), großherz. heſſiſcher S
für da8 Depart. des Innern und der Juſtiz und Präfident der vereinter
warb d. 23. Juli 1775 zu Gießen geb., wo ſ. Vater, ber landgraͤflich⸗l
fäptifche geh. Negierungsrath, Mitgl. der Provinzlafcegierung war.
nete fih ©. auf dem Gymnaſium f. Vaterſtadt bucch Fleiß und Talen
er, noch nicht 17. 3. alt, die Landesuniverfität bezichen konnte, wo
finbirte. Bon hier ging G. nach Erlangen und Bam 1795 nad) Gieß«
er im Nov. den akademiſchen Grab annahm und den Lehrſtuhl beſtieg.
ec zum außerordentl. Prof., zwei 3. barauf aber zum orbentt, Lehrer d
fenfchaften dafelbfl ernannt ; 1894 erhielt er den Charakter eines Obe
gerichtsraths, und im Dec. 1815 bie feit Koch's Tod (1804) erlet
würbe der Landesuniverfität. Auch war in ihm und f. Brüdern 18
Adelöwürde, welche andre Zweige ber Familie ſchon länger führten,
ben. 1816 ward ©. nadı Darmitadt berufen, um dafelbft ben Vorfit
Abfaffung einer neuen Geſetzgebung für das Großherzogthum Heſſen
Gommiffion zu führen: Um die Mitte 1819 ernannte ihn der Großh
Krankheit des Staatsminifters und Directors bed geh, Minifteriun
Lichtenberg, zum Mitgllede des Staatsminiſteriums, unter Verleihun
eines wirkt. Geheimentaths, und nach dem Ableben des Freih. v. Lid
Staatsminifter. Hr. v. ©. blieb einziger activer Staatsminifter uı
folcher alle Zweige der Staatöverwaltung, das Militalrweſen ausger
zum April 1821, wo eine neue Organifation der oberften Staatsbehoͤrt
herzogthum Heffen flattfand, nach welcher die Gefchäfte bes Staats
unter drei von einander gefonderte Departements vertheilt wurden.
Hr.v. G. Staatsminifterfür das Depart. des Innern und der Juſtiz an
der vereinten Minifterien, — Während f. länger als zwanzigiährigen «
Laufbahn erwarb ſich Hr. v. ©. nicht nur große Verdienfte als Rechtsleh
auch einen dauernden Ruhm als Schriftfleller. Seine wichtigften We
„Srundfäge der Criminalwiſſenſchaft, nebft einer ſyſtemat. Darftellun
fchen Criminalgeſetze“. (1798; 2. umgearb. A. 1805 und d. 4. 18
darin aufgeftellte Präventionstheorie veranlaßte weitere Forſch nad
xen Grundlage unſeres peinlichen Rechts. 2) „Über die Beg
rechts und der Strafgefeßgebung, nebſt Entwidelung ber Lehre von ben
der Strafen und der juridifhen Imputation‘‘, (1799). Dieſes Werk hatt
lich zum Zweck, gegen bie Gegner der Präventionstheorie den Beweis
Grönland | 885
on keineswegd, vote fie behaupteten, bie praktiſche Anwendung abgebe.
e des gericht. Verfahrens in bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten, nach ges
tfchen Rechten” (1800 ; 2. umgearb. X. 1803 und die 3. 1818); nach
Ile der Kenner unter G's Werken das gelungenfie. 4) „Handbuch
ode Napoleon, zum Behufe wiſſenſchaftlich gebilbeter beutfcher Geſchaͤfts⸗
tworfen”. Bon biefem auf 10 Bde. berechneten Werke waren die drei
0 — 12 erfchienen, als die Kataftcophe des Spätjahres 1813, und die
nüpften politifchen Veränderungen in Deutfchland deffen Kortfekung ein
Unter G.'s kleinern Schriften nennen wir f. „Verſuch einer Entwicke⸗
htlihen Natur des Ausfpielgefhäfts” (1797) und eine proceffualifche
3er olographe u. mpflifche Zeftamente” (1814). Außerdem war er theild
8 in Verbindung mit andern Öelehrten, Derausgeber mehrer Journale,
eiterung des Gebiets der Rechtswiſſenſchaft und der Phllofophie bezweck⸗
ber gehören: 1) „Magazin flr die Phitofophie des Rechts und der Ges
‚ feit 1798, und feit 1808 in Gemeinfchaft mit dem gießner Prof. v.
ſ. u. d. T.: „Magazin für die Phitofophie und Geſchichte des Rechts und
bung“. 2) „Journal zur Aufklaͤrung über die Rechte und Pflichten des
und Bürgers“, herausgeg. 1799 und 1800 in Gemeinſchaft mit den
Sießen ©. ©. E. Schmidt und 5. W. Snell. 3) „Bibliothet für die
echtswiffenfchaft und Gefchichtsfunde”; der 1. Bd. 1797 war von G.
[8 felbft bearbeitet; an den folgenden fünf Bon. haben 2, Harſcher von
mn und P. G. A. Feuerbach Theil genommen. Noch verdankt die Unis
sen G.'s zweijährigem Nectorat (1810 — 12) die Errichtung des ala»
Disciplinargerichts, eine aus Mitgliedern ber vier Facultaͤten, unter Vor⸗
tors und aus dem Kanzler der Univerfität zufammengefegten und die Aus⸗
: Studentmverbinbungen fpeciell bezwedenden, Behörde. Während
terium erhielt das Großherzogthum Deflen eine flellvertretende Verfaſ⸗
ine neue Organifation der Staatsverwaltung. Auch wurde, unter ber
; Minifters, an einer neuen Civil» und Criminalgefeßgebung fin das
eitet.
nland, ein unter daͤniſcher Landeshoheit ſtehendes Polarland, mit
nftrede (im Weſten) von 300 Meilen, und etwa 20,000 OM., das
erika gerechnet wird. Geit Lieut. Parıy 1819 aus ber Baffinebal durch
ꝛrſtraße in das Polarmeer gefegelt ift, weiß man, daß Groͤnland nicht mit
iſammenhaͤngt, fonbern eine Infel iſt. So weit man es jetzt Eennt, er»
ih von 59° 38 Hi8 789 n. Br. Nach Süden zu verengt es ſich in ein
‚, Cap Farewell. Bon da erftredt fic die weſtliche Küfte nordwaͤrts bie
traße und Vaffinsbai. Grönland, durch eine durch Die Mitte des Lan»
. nah N. laufende Gebirgskette in zwei Theile getheilt, war fchon vor
‚nm Norwegen und Dänemark aus, durch zwei Colonien bevoͤlkert wor
ı bie eine die Weſt⸗, die andre die Oftkürfte inne hatte. Zu Lande bes
yen ihnen, der Gebirge wegen, Beine Verbindung, fondern blog zur See.
in Grönland gefundener Runenftein (jest im kopenhagner Dufeum für
Iterth.) beweift die frühe Entdeddung Groͤnlands von Skandinavien aus.
he Colonie befteht, nach mandherlei Schickſalen, noch jegt. Die Volks⸗
füdl. Theile, bis zum Steome Frith 68° betrug 1811 — 13 3583;
And zählte nicht über 3000 Eingeb. Vom 67 — 69° iſt das Land um«
wößeren Colonien heißen Logen. Das Schickſal der öftlichenCojonie, welche
190 Dörfern beftand und einen Biſchof, zwölf Kirchſpiele und zwei Kloͤ⸗
ift feit jener Zeit in Dunkel gehuͤllt. Bis zu dieſer Zeit waren 16 von
entfandte Bifchöfe. regelmaͤßig auf einander gefolgt; der 17. erreichte,
bgehalten, das Land nicht mehr. Wergebens fuchten dänifche Seefah
auCry ww 10647 UHEL. UN Alm. vun ACID, Yyunvany
J. 1822 eiöfeel, und konnte fie vom 75° ſuͤdwaͤrts herab bie
genau unterfuchen. Dieſem Entdeder verdanken wir bier
von Oftardnland, durch welche von Eggers's Gegengruͤnde
fand in den Ebenen uͤppigen Gtaswuchs; aber nirgends mer
doch verlaſſene Wohnplige mit Jagd» und Hausgeräthe,
Sarg. Der engl. Cap. Sabine befchreibt die Ofiküſte vı
Sradmeffung angef. Werk) vom 72 bis 760 N. Br.
des beſtaͤndigen Eifes, unmöglich, ſich der Oftküfte oberha
übrigens entfchieden ſ. Unterſuchungen, daß es feine Stroͤmu
von jenen Küften herabwaͤrts treiben fol. Auch aufder X
war in ber Mitte d. 14. Jahrh. durch die fürchterliche Peſt,
gen Dod nennt, die Gemeinſchaft mit Norwegen und Jslan
Unser der Königin Etifabeth entdeckten Forbiſhet und Daviı
land aufs neue; feitdem geſchah nichts zur näheren Unterfi
die dänifche Regierung 1721 einen Prediger, Hand Egede,
daß er mit zwei Fahrzeugen im 64° 5' landen ımd am Baals
Niederlaffung „Gute Hoffnung” (Godhaab) gründen konnt
einen Schlag Menfchen, der wahrſcheinlich von Wefien h
gefommen, und den Esfimos in Labrador dem Stamm um!
wandt war. 1733. wagte die Brüderunität, auf Antrieb '
dorf, Niederlaffungen und Miffionen auf diefen unwirthb
Es gibt jegt aufder Meftküfte von Grönland 20 Pflanzorte, 1
Lichtenau, unter dem 60° 3A N. B. liegt. Gleich über hhm
ort, Julianens Hoffnung (Jullanens Haab), In deffen NA
mer.einer alten islaͤndiſchen oder norwegifchen Kirche ficht
nördlicher Friedtichs Hoffnung, Kichtenfeld, Gute Hoffnung
but, Holfteinburg, Eyedesminde, Chriſtians Hoffnung, $
uod-Upernamic im 72° 3’ N. B., die nörblichfte Niederl
von Europdern verlaſſen, bloß noch von Grönländern bewoi
Grönland 887
iche, faſt ofivengrüne Farbe des Körpers aus, Die letztere iſt indeß die Folge,
> von dem Schmus, worin fie leben, theils von ihren Nahrungsmitteln und '
ohnheiten, indem fie beftändig mit Sped und Thran umgehen. Die Weiber,
Jugend auf zum Lafttragen angehalten, bekommen dadurch fo breite Schultern,
fe, wie auch ihres Anzugs wegen, alles weibliche Anfehen verlieren. Ste Elek
Ed in Rennthier⸗ oder Seehundfelle: davon ift das kurze Gewand, davon bie
leider, die Strümpfe und Stiefein beider Gefchlechter. Bel großer Kälte tra»
Te noch unter dieſem Gewande ein Hemde von Vogelhäuten, beſonders der Eis
u8, bed Seerabens und des Papagaitauchers. Im Winter leben fie in Haͤu⸗
won Steinen erbaut, mit zwei Fuß dicken Wänden, deren Dach von Rafen ifl,
in die man auf Händen und Süßen hineinkriehen muß. Selten find in biefen
mungen Senfter, die allemal aus ben Därmen der Walıfifche und Seehunde ges
E werden. Das ganze Haus ift nie über 6 Fuß hoch, 12 Fuß breit und ebenfo
Es befteht nur aus einem Zimmer, an beffen einer Wand eine Bunt, mit
enfell überzogen, zugleich als Tiſch und Bette dient. Unaufhoͤrlich dampft
‘ine Thranlampe, und die Hige, durch die flarke Ausdünftung der Bewohner
dermehrt, ift für einen Europäer ganz unerträglih. Dazu kommt ber ſcheuß⸗
Geſtank von dem Unrath und dem Schlachtvieh, deſſen Abgänge bei großer
- in ben Zimmern liegen bleiben: bazu die ungeheuere Menge Ungeziefer und
Schmus, wovon ihre Kleider und ihre Körper ſtarten. Wenn der Schnee
Ist, welches gewöhnlich in der Mitte des Mat der Fall zu fein pflegt, fo ſinkt
miich das Dach des Haufes ein, und der Grönländer fchlägt nun feine Some
ohnung in einem Zelte auf, welches mit Nobbenfell bedeckt, mit einem Vor⸗
von Walfiihdärmen verfehen und im Innern ebenſo eingerichtet ift, als das
haus. Ihre Geräthe und Werkzeuge find einfach, aber fehr zweckmaͤßig.
jeſtehen in Pfeil und Bogen, in Ranzen, Murfipießen und Harpunen. Ihr⸗
8 find von Bretern, mit Fifchbein zufanımengefügt und mit Robbenfell über
. Dieſe wiflen fie ſelbſt bei ſtuͤrmiſcher See vortrefflidy und ficher zu behan⸗
Auch fahren fie über die gefrorene See 6 — 8 Meilen weit vom Lande in
Men mit Dunden befpannt. Die Schnelligkeit diefer Xhiere ift fo groß, daß
deutſche Meilen in 9 — 10 Stunden zuruͤckiegen Eönnen. Die Sprache dies
Ütterfchaft ift diefeibe, welche von den Estimos und an der Hudſonsbal geredet
Spuren derſelben finden ſich bis an die Nordweſtkuͤſte von Amerika und bie
Rutkafund. Bemundernswürbdig ift In diefer Sprache bie Mannigfaltigkeit der
wen ſowol für die Verben als auch für die Pronomen. Dem gröbften Aber
en ergeben, verehrten die Groͤnlaͤnder Zauberer, die ihre Priefter und Ärzte zus
find. Vom hoͤchſten Weſen haben fie Höchft rohe Begriffe. — Die Nordoſt⸗
t bringen oft im Winter eine folche Kälte bervor, daß das Kahrenheit’fche There
ster 48° unter den Gefrierpunkt ſinkt. Dagegen find die Weſtwinde, die über
wisſtraße herwehen, Immer feucht und mit Thaumetter verbunden. Die
Diane aller Berge und Felfen iſt feinkörniger Granit mit Gneis, Glimmer⸗
r, Hornblende und Weißſtein. ingefprengt oder eingebettet find intereffante
Htene Koffite: eine Menge magnetiſcher Eifenftein, Gadolinit, Cirkon, Allas
Schörl, Turmalin, die fhönften Granaten, Sodaliten, Dicproiten und Hy⸗
ne von ber [chönften himmelblauen Farbe. Scoresby fand hier alle Daupts
nterarten der Urgebirge, vom Gneis bis zum Thonſchiefer. Übergangsge⸗
eten find hier zum erften Date in fo hohen Breiten nachgewieſen; von Fl
er find wenigſtens zwei Kormationen, die der Steinkohlen und die des Trapp
dorphyr entdedt, mit Üiberreften von Pflanzen, deren manche: ein tropifche®
m haben. Unter ben baumartigen Gewaͤchſen können wir nur Eberefchen,
% Wacholder und Zwergweiden nennen. Bon Beeren find nur Preißels
iumspfbeeren vorhanden. Überhaupt läßt fich die Zahl der blühenden vollkom⸗
888. Gronov Gros
menern Gewaͤchſe Baum auf 200 bringen, dafkz aber find bie ımwolllm
Lands und Seegewaͤchſe unzählig. Das Thlerreich liefert an Süugethieran de
fuchs, den weißen Dafen, das Mennthier, den weißen Bär, das Wakıef
Mobben und das Narwall. Des groͤnlaͤndiſche Wallfiſch konnut in große
unb von auferorbentlichem Umfang vor. Unter den Vögel find die Möwe.
cher, Sturmodgel, Pelikane, Rothgaͤnſe, Eidergänfe, Papagaltaucer,
und die geönländifhe Taube die wichtigften. Landvoͤgel kommen fehr w
Unter den Fiſchen verdienen die Alpenforelle, die Polarforelle, der Kabliau
und Schellfiſch genannt zu werben. Bon ben Inſekten iſt eine Art Muk
Sommer die beſchwerlichſte. Die Ausfuhr befteht in Fifchbein, Thra
Barden, Kobbenfellen, Buches, weißen Bären» und Nennthierbälgen,
zen und Narwallhoͤrnern. Dafür aber müffen Mehl und Brot, Thee u
Bier und Gemüfe, ferner Pulver und Blei, alle Eifenwaaren, Leim
Baummolle, Tücher und Glaswaaren eingeführt werden; und body wed
dag noch Vortheil bei diefem Tauſchhandel ift, denn der Werth der groͤn
Erzeugniſſe, die jährlich nach Kopenhagen gehen, wird auf 200,000 Thlt
die Einfuhr in Groͤnland auf 85,000 Thlr. berechnet.
Gronov (Gronovius), berühmte Kritiker und Philologen.
Friedrich G., einer der erften Alterthumsforfcher, geb. 1611 zu
befuchte Leipzig und Jena, ftudirte zu Altdorf die Nechte, hielt fich ein
Dolland und England auf, bereifte Frankreich und Stalien, ward Prof. bei
und Beredtſamkeit zu Deventer, und ging 1658, nach Daniel Heinfi
an defien Stelle nad) Leyden, wo er 1671 flarb. Er verband mit aui
Kenntniffen unermübeten Fleiß und liebenswürbige Leutfeligkeit. Sein
Livius, Statius, Juſtin, Tacitus, Gellius, Phädrus, Seneca, S
nius, Plautus u. A., fowie f. „„Observationes‘ find voll der f
ſten und rihtigften Bemerkungen und Verbefferungen ; f. „Comme
sesterciis‘‘ zeigt bie gründlichfte Kenntniß der roͤmiſchen Sprache und A
und f. Ausg. von Hugo Grotius Buche „„De jure belli et pacis“‘ wir
Anmerk. mit Recht geſchaͤzt. Sein Sohn, Jakob, geb. 1645 zu Di
biete hier und zu Leiden, hielt ſich einige Monate zu Orford und Cambrid
tam nad) Leiden zuruͤck, mo er 1670 eine Ausg. des Polpbius erſ
die folchen Beifall fand, dag er einen Ruf nach Deventer bekam. €
aber aus, um Frankreich, Spanien und Italien zu bereifen. Der
von Toscana übertrug ihm eine Zehrftelle in Pife, die er jedoch 1679 w
und dagegen Prof. ber Ihönen Wiffenfchaften zu Leiden und 1702 C
Univerfität ward. Er farb daſelbſt 1716. Dieſer gelehrte und flei
gab den Tacitus, Polybius, Herodot, Pomponius Mela, Cica
nus Marcellinus u. A. heraus, und fammelte den ſchaͤtzbaren,
antiquitatum graecarum“*“ (Leiden v. 1697 an 13 Bde., Fol.), fe
die Sammlungen des Grävius (f. d.) zur Herausgabe förderte: ı
auch mandye Blößen, und ließ es ſich in f. Düntel beitommen, Mäı
entfchledenften Verdienſten, wie Denricus Stephanus, Spanheim, ®:
mafius, Bochart, Grävius, anzugreifen und zu ſchmaͤhen. Grein &o
bam, zu Leiden 169% geb., hat fich durch ſ. Ausg. des Juſtin,
Mela, Zacitus und Aliın auch ald einen guten Philologen gezeigt.
ſelbſt als Univerfitdtsbibliothelar 1775.
Gros, Schüler von David, ber größte Schlachtenmaler unſere
Kunftftteben nahm eine ganz verfchiedene Richtung. von dee f. Meil
cühmten David. Erſt machte fid) G. durch fprechend ähntiche Porte
bald ging er aber zu dem ihm eigenthüntichern Fach gtoßer und reicher
nen über, wobei ex fich Paul Veronefe zum Vorbild geraͤhlt zu haben ſi
Groſchen Großaventurhandel 889
vefröntes Werk dieſer Art mar das 1804 ausgeſtellte Gemaͤnde: bie Peſtkran⸗
Jaffa. Das Furchtbare dieſes Gegenſtandes iſt zwar dabei in grelles Licht
aber durch treffliche Wirkung und gluͤckliche Gedanken auch wieder gemil⸗
Dies Gemälde erregte allgemeines Aufſehen, die Regierung kaufte es, ‘und
am eine neue Aufgabe: die Schlacht bei Abukir. Er entwarf dieſes überaus
und teiche Gemälde in vollem Feuer erfter Begeifterung, und vollendete e& in
be vierzehn Monaten. Die Schlacht von Eylau, welche ©. malte, iſt von
einer Wirkung, doch ift Vieles darin übertrieben und der gute Gefchmad muß
irſtellung fo vieler Verſtuͤmmelten mißbilligen. - 1814 ftellte G. ein Gemälde
ven Beſuch von Stanz I. und Karl V. in der Abtei St.: Denis darſtellend,
& allgemein bewundert wurde; es iſt für die Sakriſtei diefer Kicche beſtimmt.
breife des Könige in der Nacht d. 20. Maͤrz 1815 war der Gegenftand eines
ı Werkes, weiches &. 1817 ausſtellte. Man tabelt die darin herrfchende
rrung und das Unedle der Hauptgeftalt, eine Gruppe Nationalgardiſten ift
icksvoll, der Lichteffect auf den zweiten Plan und die Geftalt eines alten Dies
ind treffliih. 1824 vollendete ©. fein großes KRuppelgemälde in der Geno⸗
rche, da einen Raum von 3250 Fuß einnimmt, daher alle $iguren koloffal
'efit werben mußten. Es ftellt die den franz. Thron befchügende Genoveva
Gtovis, Karl der Große, der heil, Lubwig und (Napoleon: denn von diefem
der Plan her; ftatt defien) Ludwig XVIII., mit der Herzogin von Angouleme
die Hauptgruppen. Als Karl X. das Gemälde fah, begrüßte er den Meifter
won, und der Minifter gab ihm zu dem Preife des Gemaͤldes (100,000 $e.)
ulage von 60,000 Fr. Alle Gemälde dieſes Künftter® find durch kuͤhne Zeich-
ınd Kraft der Farben beftechend. G. ift Mitglied der Akademie und der Chrens
‚ und Prof. der Schule der Maler s und Bildhauerkunſt. wi.
Brofchen, eine Sibermünze, von grossus, did, genannt: dicke Münze,
genfag ber dünnen Blechmuͤnzen. Die älteften bis jegt befannten Groſ
nin Zrier 1104 gefchlagen. 1296 ſchlug man die erften böhmer Groſchen zu
berg. In der Reihsmünzorbnung von 1626 erhielten fie die Abtheilung in
fennige. 1504 flug zuerft die Stadt Goslar die jegigen kleinen Groſchen
Mariengroſchen halten 8 Pfennige — ber neuen preuß. Sübergrofchen gehen
f einen Thaler. Ä
Sroßaventurbandel, Aventura grossa, Seeverſiche⸗
&s ober Affecuranzhandel. Die Waaren, welche ber europdifche Groß
I nad) entfernten Weltgegenden verfendet, müflen durch viele Hände geben,
: an den legten Verbraucher gelangen, hierdurch wird der Preis derfelben für
gar fehr erhöht; es !ft daher natürlich, daß Jemand, ber diefe Waaren in
ya kauft, mit denfelben in fremde Gegenden reift und fie felbit in Die Hände ber
aucher bringt, diefelben viel wohlfeiler geben kann und doch noch großen Ger
Dabei macht. Nun aber können die mit biefem Handel ſich abgebenden Schifs
Natroſen u. A. dal. Gefchäfte felten mit eignem Vermögen machen, fondern
iſſen entweder die Waaren oder das Geld dazu borgen. Dergleichen Vorſchüͤſſe
ofgenden befondern Gefahren unterworfen. 1) Die Zeit der Wiederbezahlung
gewiß, denn es läßt ſich nicht beftimmen, wie bald das Schiff und malt ihm ber
ende mit dem gelöften Gelde zuruͤckkeommen werde. 2) Der Leihende muß die
Seegefahr für die Hins und Herreife tragen. 3) Der Borgende kommt nach
den, die der Leihende nicht kennt uud wagt fich in Gefahren, die fein Geld
But in ſolche Hände bringen Binnen, aus welchen es fchwerlich wieder zu er»
n ift, ba bie Hand der Gerechtigkeit felten fo weit reicht. 4) Die Borgenden
ewoͤhnlich Perfonen geringen Standes urid nicht immer ganz zuverläffig. Aus
Gruͤnden werben die Binfen fehr hoch beftimmt und fteigen auf ein Drittheil,
f die Hälfte des Capitals. Der in diefem Wege betriebene Handel heißt-Brop-
890 Sroß-Beeren Großbritannien. Geſchichte v. England
aventuchandel, und einen Vorfchuß ber Art machen, beißt auf Gropatentın: vi
Biel Ahnlichkeit mit diefem Geſchaͤft hat die Bobmerei(f. d.).
Groß-Beeren (Treffen bei), den 23. Aug. 1813. Als nach der An
kuͤndigung des Waffenftillftandes der Krieg mit Napoleon d. 17. Aug. 1813 mB
neue begann, wollte der franz. Kaifer drei Blige zu gleicher Zeit fchleudern, uf
Breslau, Prag und Berlin. Sie fielen ſaͤmmtlich aufihn zuruͤck, an der Kahleh
bei Kulm und Groß Beeren. Berlin bebediten ber Randfturm und die Korberumg
welche unter dem damaligen Kronprinzen Karl Johann von Schweben, aut!
u. 4. preuß. Heerſchar, aus den ruffifchen Corp unter Woronzow, Mi
und Gzernitfchef, und aus etwa 22,000 Schweden beitand. Das fr
duch Wuͤrtemberger, Batern, Darmftädter und Sachfen verftärkte Heer beat’
auß vier Örermaffen unter Oudinot, dem Oberfelbheren, Victor, Regnier unb Ber-
trand, nebft der Reiterei unter Arrigbi, und war 80 bis 90,000 M. ſtack
Beſtimmung, Berlin zu erobern, ber General Girard mit der Befagung von
deburg unterſtuͤtzte. Allein der Kronprinz machte ini Kleinen denfelben
tion&plan gegen diefed Heer, den die Verbündeten im Großen gegen die ganze fi
liche Macht entworfen hatten. Er bildete nämlich mit f. Deere einen Bogen
Buchholz, dem Außerften linken Flügel, über Mittenwalbe, Kleins:Beeren, Heuch
dorf, Blankenfelde, Ruͤhlsdorf bis Belig und Treuenbriegen, dem aͤußerſten il
Fluͤgel, von wo die Nuffen in den Bogen einwaͤrts gegen Juͤterbock hin landen, I
Dreußen aber in die Mitte bis Trebbin vorgefchoben waren. Die preuß. Gen
Dirfchfeld und Puttlig beobachteten jemfeit Brandenburg Magdeburg. Veal
den Flügeln freiften leichte Truppen bis Wittenberg, Guben und Baruth, |
Send drang d. 22, in jenen Bogen ein; Regnier im Mittelpuntte, Bertrand
dem rechten, Oudinot auf bem linken Flügel. Sie griffen die Preußen bei Xi
an, welche fich zuruͤckzogen; hierauf ftürzte fich Bertrand d. 23. aufden E
Tauentzien bei Blankenfelde, wurde aber zuruͤckgeworfen. Regnier drang bie
Beeren, den Schlußſtein der Bogenſtellung, etwa noch zwei Meilen von Berlin, wel
Dier griff ihn aber unerwartet der tapfere Bülow an. Zugleich umging Bee
den rechten feindlichen Fluͤgel. Die Preußen fochten im Angefichte ihrer £
ſtadt mit Heldenmuch. Nachdem eine veitende ſaͤchſiſche Batterie in die Flau
faßt und genommen war, brangen fie vor int Sturmfchritt. Kein Gewehr s
ber Näffe wegen; man ſchlug fi) mit Kolbe und Bajonnet. Groß Beer
mit Eturm genommen, die Sachſen und daß zweite franz. Corps wurden g
und die Reiterei des Herzogs von Padua murde verfprengt. Als nun Dubine
drei Deerfcharen des Nachhalts vorruͤcken ließ, ſtuͤrmten ihnen, ſowie fie ans
Gehölze fich entroidelten, die Ruflen und Schweden entgegen. Der (deli
Oberſt Sardell, von einem Neiterangriff unterftügt, nahm das feindlicye Ge
Da brach Dudinot den Kampf ab, und: zog ſich an die Elbe nach Wittenberg
Torgau zurüd. Er verlor 30 Kanonen und über 2000 Gefangene, Die Yun
fen eroberten Juͤterbock, und d. 28, Ludau. Friede. Wilh. III. errichtete eh
tapfern Deere ein pyramibalifches Denkmal von gegoffenem Eifen. K.
Großbritannien und Irland oder die drei vereinigten Reiche €
land, Schottland und Irland. Der Name Großbritannien für das vereinigte Engl
und Schottland kam ſchon unter Jakob I. auf, wurde aber erſt unter der Könige dw
na gewoͤhnlich. Über das Geographifchef. England, Schottland u. Jrienk
England wurde zuerft durch die Römer bekannt, roelche e8 unter dem Namen Duta®
nia zur eömifchen Provinz machten. (S.Britannien.) Alt die Römer kbeai wi
den einbrechenden fremden Voͤlkern gedrängt wurden, 309 Valentinian IH, N)
Legionen aus England zurüd, und Aberließ die Briten ihrem Schickſale. Die
unter der langen Herrſchaft der Roͤmer des Kriege entwöhnt, konnten jetzt den Ew
sen und Picten nicht widerſte hen, und fuchten Huͤlfe beiden um bie Deästung) Fi
Großbritannien. Gefchichte v. England 891
? mohnenden Sachfen, welche auch (449) unter ihren Anführern Hengiſt und
fa nad) England kamen, die Scoten zwar völlig zuruͤcktrieben, aber auch ſich
E in England feflzufegen fuchten. Durch immer neue Haufen ihrer Landes
„beſonders der Angeln, verftärkt, zwangen fie die Briten, die fich lange, vorzüge
unter dem König Artur, vertheidigten, ihnen das Land zu uͤberlaſſen. Die noch
2 gebliebenen Briten mußten ſich in die Fleine Provinz Cambrien — das heutige
es — einichränten laffen, oder flohen nad) Armorica in Frankreich, welches von
a ben Namen Bretagne erhielt. Die Angels Sacfen errichteten nun 7
e Staaten, deren Häupter ſich Könige nannten, aber doch in einer gewilfen Ges
tfchaft blieben, und allgemeine Verſammlungen hielten, in welchen die das ganze
® betreffenden Angelegenheiten verhandelt und entfchieden wurden. Vom J.
an wurde die chriftliche Religion nad) und nad) unter ihnen eingeführt. Eg⸗
Ber Große, König von Weltfer, vereinigte (827) alle diefe Staaten unter dem
sen England. Seine Nacdıfolger mußten den Normännern oder wie man fie
Ingland nannte, den Dänen, welche auf ihren Streifzügen zur See auch die
. Küften angegriffen, und einen Theil des Kandes erobert hatten, einen jaͤhrl.
at (Danegeld) zahlen. Alfred der Große wedte den Muth f. Nation aufs
w überfiel die Dänen, vertrieb fie, befriegte fie felbft in der Kolge zur See unb
miptete fich in dem Beſitz f. Reichs. Sein Tod (901) war ein Verluſt für
Band, das nun wieder von den Dänen angegriffen und (1001) erobert ward,
Wahre lang behaupteten ſich die Dänen unter dem König Kanut und f. Söhnen
migland. Als fie e8 (1041) verlaffen mußten, kam der angelfächfifche Prinz
ard ber Bekenner auf den engl, Thron. Er veranftaltete eine, noch jehr mans
ufte Sammlung aus den Gefegen der Sachſen und Dänen, welche das gemeine
> (Common Law) genannt wurde. Nachdem diefer Eduard, der legte angels
Wiche König (1066) ohne Kinder verftorben war, wurde Harald, Graf v. Weſt⸗
on der Nation ale König anerkannt. Aber Wilhelm, Herzog der Normandie,
nur entfernte Anfprüche auf den engl. Thron hatte, Iandete mit 60,000 M. in
Hand, und wurde durch das enticheidende Treffen bei Haſtings (d. 14. Dct.), in
Harald blieb, Herr des ganzen Landes; er erhielt deßwegen den Beinamen,
er. Wilhelm übergab alle wichtige Amter f. Landésleuten. Verſchie⸗
Empoͤrungen der mißvergnügten Engländer gaben ihm einen Vorwand, ſ.
tſchaft mit größerer Strenge auszuuͤben. Er führte das bis dahin in England
»wöhnliche Lehnrecht und ſchwere Auflagen ein. Da Wilhelm als Herzog ber
mandie Lehnmann des Königs von Frankreich war, der über die zunehmende
ehe ſ. Vaſallen eiferfüchtig werden mußte; fo nahmen von biefer Zeit an die
ge zwiſchen Frankreich und England, die beinahe 400 3. gebauert haben, ihren
ung. Wilhelm ftarb 1087. Er hatte England mit Klugheit, aber auch mit
men Scepter regiert. Ihm folgte f. zweiter Sohn Wilhelm II., der eben fo
ng ergierte, dann der britte Sohn, Heinrich I., der von f. Älteften Bruder, Ro⸗
„den Befig ber Normandie mit Gewalt erzwang, und den Engländern verfchies
ihrer alten Freiheiten wiedergab, übrigen® aber ſ. Habſucht und Derrfchbegierbe
Banfopferte. Da er keine männlichen Nachkommen hatte, ließ er f. an den
Fan Gottfried v. Anjou vermählte Tochter Mathilde von der Nation als Krons
B anerkennen, wodurd die weibliche Thronfolge in England eingeführt, aber
‚Veranlaßt wurde, daß England hernach beftändig von fremden Gefchlechtern bes
He worden iſt. Ungeachtet diefer Verfügung wurde nach Heinrichs I. Tode
5) ſ. Schwefter Adela Sohn, Stephan, Graf v. Blois, von der Nation als
8 anerkannt, der (1154) den Sohn der vorermähnten Mathilde, Heinrich II.
em Beinamen Plantagenet Grafen v. Anjou, zum Nachfolger hatte. Hein⸗
I. war einer der mäctigften Könige Englands ; außer ber Normandie, ſ. muͤt⸗
ven Exbtheile, erbte er von ſ. Vater Anjou, Maine und Touraine, und erhielt
MIT ðtantteich entranpen. Ihm folgte (LLYY) |. 20ruD
Kegent, der, in einem Kriege mit Frankreich, die Norman
Tor, in den Streitigkeiten mit dem Papfte fi) große Dei
mußte, und von f. Unterthanen gezwungen wurde, ihnen
(MagnaCharta, the great Charter) zu geben (1215)
Äft von verfchledenen Königen bekräftigt und erweitert wort
mit den Großen des Reicy6 hatten die Folge, daß Johann
entfegt und nady Schottland zu flüchten genoͤthigt wurde,
heißt, weil er aus England vertrieben wurde, in der Geſch
Sein Sohn Heinrich III. Hatte eine lange, aber durch el;
jlerung ; unter ihm entftand feit 1265 da6 Unterhaus d
Gans dee Gemeinen. Unter ſ. Nachfolgern war Eduard
einer der maͤchtigſten Könige Englands. Cr entzog fid
Dapſtes, und eroberte einen beträchtlichen Theil Frankreit
tel, König von Frankreich, annahm, den f. Nachfolger &
Diefe Eroberungen gingen zum Theil noch bei Eduards
unter f. Enkel und Nacyfolger, Richard L., verloren. R
Nation verlegt hatte, verlor den Thron und im Gefän,
Nun entftanden zroifchen den beiden von Eduard III. abft«
eafter und York wegen ber-Thronfolge Streitigkeiten, die
hindurch dauerten. Sie werben ber Streit zwiſchen ber
‚genannt, weil die Familie Lancaſter eine rothe, York aber
pen führte. Heinzic) VII., Graf v. Richmond, aus dem
tete (1486) den engl. Thron, und vereinigte durch f. Delta
‚Haufe York das Intereffe beider Familien, deren übrige I
tm, Mord und öffentliche Hinrichtungen ganz aufgericher
dem einige von Mifvergnügten erregte Unruhen gedämpfi
England in einen ruhigen Zuftand, welchen es diefem He
Beinamen des engl. Salomo gab, verdankte. Mit ihm I
Regenten aus dem Haufe Tubor (ein Name, ben Heinrichs
die mit Elifabeth endigte. Sein Sohn, Heintidy VIII.,
immer ohne wichtige Folgen. Ex hätte in dem grofen €
Großbritannien. Gefchichte v. England 893
s Schriften Häufig dafelbft geleſen. Heinrich VIII. nicht ohne gelehrte Kennt»
beſonders in der fholaftifchen Theologie, unternahm es, die Lehre ber roͤml⸗
a Kirche von den fieben Sacramenten in einer eignen Schrift zu vertheidigen,
be Luther mit Deftigkeit widerlegte, Papſt Leo X. aber dadurch ehrte, daß er
21) dem Könige den Beinamen Befchüger des Glaubens gab; ein Titel, den
eoteftantifchen engl, Könige noch jetzt führen. Das Anfehen des Papftes war
er in England fehr groß, und der Betrag, der aus diefem Lande jährl, nadı Rom
enden Seldfummen fehr bedeutend gewefen. Dies hörte auf, als König Heine
(1534) mit dem roͤmiſchen Stuhle brach, weil der Papft, aus Furcht vor dem
Fer, in die Ehefcheidung, zwifchen Heinrich und f. Gemahlin Katharina von
gonien, einer Verwandtin Karls V., zu willigen zögerte. Heinrich kündigte
Dapfte allen Gehorfam auf, zog nad) und nach verſchiedene Klöfter und Abs
x ein, erflärte ſich für das Oberhaupt der Kirche, behielt aber doch die Hauptleh⸗
Ber römifchen Kirche bei. Die Reformation fand indeffen viele Anhänger, und
> Merfchiedenheit dee Meinungen, forie das Einziehen der Kirchengüter, veran⸗
e mancherlei Unruhen. Heinrich fuchte, wie fein Vater fchon gethan hatte, bie
gi. Gewalt zu vergrößern. Unter diefem war das erſte große Kriegsſchiff in
nland gebaut worden. Heinrich VIE. ſchuf bie erfte Flotte, mußte aber, una fie
mmannen, fremde Seeleute von den Schiffen der Hanfeftädte, Genuefer und
Betianer, welche damals die erfahrenften Seeleute waren, in Sold nehmen. Er
Ehtete ein Admiralitaͤtsamt, und wies für ſ. Marine Befoldungen an. Nach f.
ne (1547) folgten ihm f. drei Kinder nach einander in der Regierung. Eduard VI.,
Prinz von fanftem Charakter und ein großer Freund der Reformation, grüns
: die anglitanifche (biſchoͤfl) Kirche. Seine Halbſchweſter Maria (1553)
delte In einem ganz entgegengefegten Geifte, und vermählte fich, um einen aus⸗
stigen fichern Beiftand zu haben, mit Philipp II. von Spanien. Diefe Verbins
ng, welche für Beinen der beiden Theile bie gehofften Vortheile getwährte, in Eng⸗
B aber viel Mifvergnügen verurfachte, hatte die Folge, dap England in einen
ug mit Frankreich verwickelt wurde, in welchem es f. legte Eroberung dafelbft,
Isis (1658), verlor. Maria ftarb (1558) gehaßt wegen der häufigen Hinrich⸗
durch welche fie bie Reformation in England zu unterdruͤcken gedachte. Mit
Erwartungen des größten Theils der Nation flieg aus dem Kerker, in wel⸗
m ſelbſt ihr Leben nicht felten In Gefahr geweſen war, Elifabeth auf den Thron,
derfuͤllte die Hoffnungen des Volle. Durch Feſtigkeit im Handeln und Eluge®
uuben der Umftände hob fie den Staat zu einer bis dahin ungewöhnlichen Groͤ⸗
und gründete feine nachherige Macht. Sie befänftigte mit Klugheit die Pars
a, und führte die Reformation nach der noch jetzt beftehenden biſchoͤfl. Einrich⸗
g ein. Sie ermunterte den Kunſtfleiß der Nation, beförberte befonder® bie
Menmanufacturen, auch durdy Aufnahme vieler vom feſten Lande wegen der Re⸗
on Vertriebenen, und begünftigte den auswärtigen Handel. Um die nod) vor⸗
denn Mängel kennen zu lernen, reiſte fie öfters im Bande umher. Dadurch,
Ifie die Reformirten in Frankreich und die Niederländer gegen Spanien unters
ute, verichaffte fie fi, Anfehen im Auslande. Ihre Verhältniffe mit Spanien
Vgten fie, eine größere Seemacht, als ihre Vorgänger zu unterhalten. 1603 bes
ub ihre Flotte aus 42 Schiffen, mit 8500 Seeleuten bemannt. Die größten
B. Seeleute diefer Zeit waren Stanz Drake, der, zuerft nady Magellan, die Reife
Bde Erde machte, und Walther Raleigh (f. d.), der die erfte engl. Golonie in
bamerika gruͤndete. Philipp IL, König von Spanien, den Elifabeth auf mehr
"ine Art gereizt hatte, ruͤſtete (1538) vergebens bie große Flotte, welcher der
den Namen der unuͤberwindlichen gegeben hatte, gegen fie aus. Ohne eine
miche Seefchlacht wurde mehr als die Hälfte diefer Flotte, durch Stürme und
etffe auf einzelne Schiffe, vernichtet, Ein Sieden in Eliſabeths Regierung iſt
894 Großbritannien, Gefch. ſeit 1688
bie Hinrichtung ber, obſchon nicht ganz ohne elgne Schuld, unglädtide
Maria von Schottland. Mit Elifaberth (ſ. d.) ſtarb (1603) die Reih
genten aus bem Haufe Zubor aus.
Jakob, König von Schottland, aus dem alten fchottilhem
Stuarte abftammend, Sohn ber (1587) enthaupteten Königin Maria, wa
sige nahe Verwandte der Elifabeth (feine Urgrogmutter Margaretha wa
Heinrichs VII. von England, des Großvaters der Elifabeth), und wurd
kurz vor ihrem Tode, zur Thronfolge in England beftimmt. Was inte
gehenden Zeiten durch blutige Kriege nicht hatte bewirkt werden koͤnnen, da
tand den Königen von England unterworfen würde, das geſchah jegt auf di
Art; England erhielt einen fchottifchen König zum Negenten. Jakob
ohne Widerfpruch ale König von England anerkannt, aber nicht leicht ha
gent die Erwartungen, die man beim Antritt f. Regierung haben Eonnte,
erfüllt ald er. Statt aus den politifchen Umftänden, befonber® bei dem!
ſchluſſe mit Spanien (1604), den Vortheil zu ziehen, ben er hätte erlangeı
beſchaͤftigte er fich mit theologifhen Streitigkeiten und mit Buͤcherſchreil
war, wiber ben Willen ſ. Mutter, in der proteftantifchen Religion nach der
fägen der in Schottland herrfchenden preßbpterianifchen Kicche erzogen wor
als er König von England geworben war, änderte er f. Gefinnung, und be
wie Elifabeth, die biſchoͤfl. Kirche, indem er die Presbyterianer (Puritan
drückte. Dieſes Benehmen, fowie f. Bemühungen, die koͤnigl. Gewalt ı
nen, und die Freiheiten des Parlaments und ber Nation ale Anmaßunge
nichten, gaben den beiden, anfang® mehr religiöfen als politifchen Partei
und Landpartei) den Urfprung, welche in der Solge al6 Tories und Whigs
liche Meinung in England fo oft getheilt haben, und jegt noch theilen. 1
fen Umftänden geſchah faft nichts zum Beſten des Landes, Jakob Eon
keine genauere Bereinigung f. beiden Reiche, die bloß den NManıcn Großb
gemein hatten, bewirken. England und Schottland behielten jedes f. ei
faffung und f. eignes Parlament. In diefem unfichern Zuſtande hinterli
(1625) den Thron beider Reiche ſ. Sohne Karl J. Diefer in den dei
Srundfägen des Vaters erzogen, felbft von unbeugfamem Geifte, und dur
linge irre geleitet, wollte die koͤnigl. Macht noch weiter ausdehnen und bi
Kirche allgemein machen; beides mißlang und bereitete f. Fall vor. Die
nöthigen und nachtheiligen Kriege mit Spanien und Frankreich — ber ie
(1629) durch einen Srieden geenbigt, in welchem England, das bisher aleiı
fig von Nordamerika gewefen war, Canada an Frankreich abtrat — vermel
Unwillen ber Nation gegen ihn. Das Parlament wiberfegte ſich dem U
Königs, eigenmächtig Steuern aufzulegen, und er fahe ſich endlich (164
thigt, dem koͤnigl. Rechte, das Parlament aufzuheben, zu entfagm. 9
Parlamente hatte fi Diiver Crommelt(f. d.), einer der Mißvergnügta
zeichnet. Bald ftand er an der Spige bed Heers, welches das Parlament d
pen des Königs entgegenftellte. Karl, überall im Felde gefchlagen, von
ihm früher gereizten Schotten, zu benen er im Unglüd f. Zuflucht nahm,
Summe von 400,000 Pf. Sterl. dem Parlamente ausgeliefert, wurde d
Blutgericht, das eine Partei im Hecre, bie Independenten, Cromwell an ih
be, mit Ungeflüm verlangte, zum Tode verurtheilt, und am 30. San. 16%
lich hingerichtet. Dieſes bis dahin beifpiellofe Verfahren erregte im Ausiar
die geringfte politifche Bewegung, fondern bloß eine literarifche Fehde, befont
Seiten einiger niederländifchen und franz. Schriftfteller, denen der befanni
ter Milton, Cromwell's geheimer Secretair, antwortete. Nach Karls Ted
das Parlament die Regierung, doch war es Crommell, ber insgeheim Aut
Karl II., des hingerichteten Könige Sohn, war, von ben Schotten untnfi
= 1.
Großbritannien, Geſch. ſeit 1688 895
glanb eingebrungen, mußte aber, von Cromwell (1661) bei Morcefter gefchlagen,
Ausland eine Freiftätte fuchen. Cromwell richtete bald nachher da6 Parlament
3 fe Willkür ein, und übernahm bie vom ‚Heer ihm übertragene Regierung. Uns
zer Titel eines Protectors regierte er mit unumfchräntter koͤnigl. Gewalt, Im
Blande gefürchtet, hob er England, befonders deſſen Seemacht, auf eine hohe
afe des Anfehens. Einen zweijähr. Krieg zur See mit den Niederländern en⸗
e er (1654) durch einen vortheilhaften Frieden, in welchem bie Vereinigten
naten die Herrfchaft der Engländer zur See anerkennen mußten. Durch einen
aſo glücklichen Krieg entriß er Spanien die Infel Jamaica, und erwarb für Eng⸗
» Dünkicchen und Mardyk. Er ftarb 1658 im hoͤchſten Slanze f. Anfehene,
a Sohn, Richard Cromwell, wurde zwar zum Protector ernannt, aber ſ. Abnei⸗
g gegen diefe Würde, und die Menge der Parteien, die ſich erhoben, betvogen ihn,
Regierung niederzulegen, und fid) in das Privatleben zuruͤckzuziehen. Es ents
d nun eine Anarchie, die damit endigte, baß die koͤnigl. Partei, vom Heere unter
; General Mon unterftügt, Karl II. zurüdktief, der (29. Mai 1661) den väters
Thron wieder beſtieg. Karl II. that bald alles Das, was ſ. Vater das Leben
‚fet hatte, und felbft noch mehr, ganz ungehindert, Man hatte ihm anfang
ei Einkünfte ausgefegt, daß er in diefer Ruͤckſicht unabhängig von der Nation
:5 aber f. Hang zur Verſchwendung verleitete ihn, Duͤnkirchen und Mardyk an
mkreich zu verlaufen. Kin ohne hinlängliden Grund mit den Holländern ans
mgener Krieg, in beflen Lauf der kühne Admiral Ruyter die engl. Kriegsfchiffe
Der Themſe verbrannte, wurde durch den Frieden zu Breda (1667) mehr zum
theil der Holländer geendigt. Ein zweiter Krieg mit eben diefer Nation, der
den Dandel der Engländer fehr nachtheilig war, wurbe durch den Frieden zu
iminfter 1674 geendigt. Bel der immer zunehmenden Willkür des Könige
wte es nicht an Mißvergnügten fehlen; die fchon unter Jakob I. entftandenen
"teten wurden jegt Tories und Whigs genannt. Din Abfichten des Königs, die
el. Religion, zu welcher ſ. Bruder Jakob fich Öffentlich bekannte, wieder einzu⸗
zen, ſetzte das Parlament (1673) die Teſt acte (ſ. d.), durch welche bie Katho⸗
Dvon allen Öffentlichen Ämtern ausgeſchloſſen wurden, entgegen, ſowie den will⸗
Ven Verhaftungen die Habeas⸗Corpus⸗Acte (ſ.d.). Karl handelte groͤß⸗
nach Frankreichs Abſichten; in den letzten vier Jahren ſ. Lebens regierte
ſchraͤnkt und ohne Parlament. Die engl. Seemacht, die unter ihm auf
Dchiffe, darunter 58 Linienſchiffe, vermehrt worden war, verfiel in den legten
wen. Jakob II., ber f. Bruder (1686) auf dem Throne folgte, und ein trefflis
"Geemann war, gab ihr den vorigen Glanz wieber, und vermehrte fie bins
rel Jahren auf 173 Schiffe. Weniger weife und für ihn felbft am nachtheis
wen waren f. übrigen Handlungen. Er wollte mit Gewalt die koͤnigl. Macht
wufchränkt machen und bie fathol. Religion wieber einführen. Er fand maͤch⸗
m Widerſtand. Als nun f. 2. kathol. Gemahlin einen Prinzen gebar, rief bie
Weider Whigs des Könige Schwiegerlohn, Wilhelm v. Oranien, Statthalter
wereinigten Niederlande, zu Huͤlfe. Diefer, von den Niederländern unterſtuͤtzt,
te (Nov. 1688) in England, und obne daß ein Tropfen Blut bei der Revolu⸗
Amie die engl. Geſchichtſchreiber diefe Begebenheit nennen) vergoffen wurde, floh
wb mit ſ. Familie nach Frankreich.
Vilbelm III. wurde zum König von England ernannt, doch unter gewiſſen,
B bie Bill of Rights (Erklärung der Rechte des Volks) beſtimmten Einfchräns
ven der koͤnigl. Gewalt. Durch diefe Regierungsverinderung wurde die alte
daſſung Englands hergeſtellt, und die Staatsverwaltung erhielt eine dem Wohl
angemeſſenere Form. England erhielt ſeit dieſer Zeit ein weit groͤßeres
als vorher unter den europaͤiſchen Staaten. Wilhelm blieb fortwaͤh⸗
Seatthalter ber vereinigten Niederlande, woduch die nähere Verbindung beis
898 Großbritannien, Geſch. feir 1688
der Länder entſtand, die, zum größern Vorthelle Englands, bis in bien
fortgebauert hat. Unter Wilhelms erhielten bie bis bahin immer gebri
bpterianer (Puritaner) völlige Gewiffensfreiheit, die Preßfreiheit wur
und (1694) zu London die Bank von England — dieſes Meifterftüd
wiffenfchaft — mit einem Bond von 1,200,000 Pf. St. errichtet. Du
durch ein von der Bank an die Regierung gemachtes Darlehn von A
der Anfang ber fundirten engl. Nationalfhuld gemacht. In dem 168
nen Kriege mit Frankreich, der durch den Frieden zu Nyswid (20. €
geenbigt wurde, erlitt bie franz. Flotte beila Hogue (1692) eine grofe‘
feitdem erhob ſich Englands Übermadht zur See. Die engl. Flotte befi
Wilhelms Tode (1702) aus 225 Schiffen. Da er Eeine Kinder hinterlie
die Schwefter f. vor ihm verft. Gemahlin, Anna (f. d.), Jakobs II. zwe
nigin. Die Regierung diefer, obwol am Geifte ſchwachen Königin gehoͤ
glänzenbften Perioden der engl. Geſchichte. Der ſchon von Wilheln
Verbindung mit Öftreich eingeleitete Krieg gegen Frankreich wegen !
folge in Spanien (ſpaniſcher Succeffionskrieg) wurde am 15. Mai 17
und theils zu Lande unter Marlborough theild zur See mit vielem Gli
Gibraltar wurde (1704) erobert, und die ſpaniſche Seemacht im Laufe di
größtentheild vernichtet. Während deſſelben ward auch die, von verfd
vorhergehenden Könige vergebene verfuchte Vereinigung Englands und €
in Ein Königreich, unter dem Namen Großbritannten (1707) zu Stan
Beide Nationen erhielten dadurch gleiche Rechte und Freiheiten, und
ward, mit Aufhebung des bisherigen fchottifchen, ein gemeinfchaftlicyes
errichtet. Bald nachher wurde die Thronfolge in England, da Anna |
einem Prinzen Georg von Daͤnnemark vermählt gewefen) ihre 6 Kin
hatte, mit Ausfchließung der, mit der Familie der Stuarte näher verwan
Häufer, Savoyen und Orieans, durch eine Parlamentsacte (1708) de
ten Kurfürftin von Hanover, Sophie, Enteltochter Jakobs I. und ihrem
men zugefihert. Der Friede zu Utrecht (1713), das Merk der Königin
vielmehr der fie regierenden Partei, endete ben van England mit Gluͤt
Krieg wegen ber Erbfolge in Spanien. In biefem Frieden erhielt €
Frankreich verfchtedene Befigungen in Nordamerika, von Spanien Gil
Minorca, auch beträchtliche Handeldvortheile durch den Afftentotract
den verfchiedenen Urfachen, welche England zu diefem, von Dielen getat
densfchluß bewogen, war der außerordentliche Aufwand, den der Krieg
auch durch die an andere Mächte bezahlten Hülfögelder, verurfachte, friı
beblichften. Englands Nationalſchuld mar durch denfelben faft um Sl
Sterl. vermehrt worden. Aber England nahm auch nun den mi
Ton an, den es ſeitdem in allen wichtigen Welthiindeln geführt hat.
Ruhe, welche diefer Sriede eine Zeitlang für ganz Europa hervorbrachte,
für England wohlthätige Folgen. Der Gemerbfleiß wurde wieder gemei
Künfte des Friedens befördert. Anna farb d. 12. Aug. 1714, und!
mentsfchluffe gemäß beftieg Georg Ludwig, Kurfürft von Braunſchweig
Sohn der ‚vorermähnten Enkelin Jakobs I., unter dem Namen Geors
ben engl. Thron. Diefe Regierungsveränderung brachte auch einen 9
Parteien hervor; die Whigs traten auf die Seite des Hofs und behielten
band; gegen die Tories, bie Anhänger der Familie Stuart, wurden (ka
geln ergriffen. Unter George I. kluger und glücklicher Regierung gewan
an Macht und Anfehen; innere Unruhen wurden bald gebämpft, ausm
ge, die der König fcheuete, verhinderte fein in Unterhandiungen großeß ı
thätiges Talent, und fein friedlich gefinnter erfter Minifter, Robert Wil
flügte ihn dabei. Nicht ungegrlindet fcheint indeſſen bie Behauptung;
Großbritannien, Geſch. felt 1688 897
friedlichen Jahre feiner Regierung wol die Mittel Hätten verfchaffen koͤnnen,
nalige Nationalſchuld, wo nicht ganz abzutragen, body wenigſtens fehr zu ver»
m. Georg ftarb d. 22. Suni 1727 zu Osnabrüd, Sein Sohn und Nach⸗
Georg II., fegte alle Verbindungen feines Vaters und beffen Entwürfe, das
gewicht in Europa zu erhalten, fort. Das friedliche Syſtem des noch immer
Spltze des Minifteriums ſtehenden Walpole wurde (1739) durch einen Hans
eg mit Spanien geftört, den die Nation laut verlangte. Ungeachtet der weit
genen Streitkräfte Englands wurde biefer Seekrieg in Amerika nicht mit bem
eil geführt, den man erwarten konnte. Bald nachher mußte England an dem
krbfolgekrieg (1740), als Bürge der von Karl VI. errichteten pragmatis
Sanction, Antheilnehmen. Anfangs unterflügte England ſ. Bundesgenofs
frei (die Königin von Ungarn und Böhmen, Maria Thereſia), nur insge⸗
md durch Huͤlfsgelder, aber feit bern Srieden zu Breslau (1742) und nachdem
edfertige Walpole, als ein Opfer der Parteifucht, f. fo lange behauptete Stelle
erſten Miniſters dem Lord Carteret, einem feurigen Manne und heftigen Geg⸗
ankreichs, hatte uͤberlaſſen müffen, erklaͤrte ſich England öffentlich gegen Frank⸗
nd deffen Verbündete. Es wurde in Deutfchland eine Armee (die pragmas
jenannt) zufammengegogen, an deren Spige Georg II. felbft bei Dettingen
zuni 1743) da8 Schlachtfeld gegen bie Sranzofen behauptete, Die überlegene
Flotte ſchlug die franzöfifche (22. Febr. 1744) bei Toulon, und behielt nach⸗
e Oberhand zur See. Während dieſes Kriegs machte der Prinz Eduard,
des Prätendenten und Enkel bed vertriebenen Jakob II., durch Frankreichs
ſtuͤzung zweimal einen Werfuch, in Schottland zu landen. Der erſte wurbe
b vereitelt; beffer gelang der zweite (1745), bis Eduard bei @u Iloden (f.b.)
) gänzlich gefchlagen und zur Flucht genäthigt wurde, Der Friede zu Aachen
It. 1748) endigte diefen Krieg. England erhielt, ungeachtet ſ. Siege und
rlegenheit, außer dem Verfprechen von Frankreich, den Prätendenten nicht
zu unterftügen und die Thronfolge des Haufes Danover in England anzuer⸗
3, bloß einige Handelsvortheile, die gegen die große Schulbenlaft, weiche bie
zruͤſtungen und die an Öftreich, Sardinien, Dänemark, Sachfen und an⸗
utfche Fuͤrſten bezahlten Huͤlfsgelder verurfacht hatten, in keine Betrachtung
» Die feit 1739 mit Spanien entftandenen Streitigkeiten wurden 1750
einen Vertrag beigelegt, in welchem England den Affiento — die Veranlafs
yerfelben — gegen eine Geldentſchaͤdigung aufgab. Um diefe Zeit (11740 —
) hatte Anfon f. Reife um die Welt vollbracht, und für Handlung und Schiffs
nuͤtzliche Entdeckungen gemacht. Bei der Ausficht auf einen langen Frieden,
och bald verfchwand, war man darauf bedacht, die auf mehr ale 75 Mitt. Pf.
ngervachfene Nationalſchuld wenigſtens in Anfehung der Zinfen zu vermin⸗
und ſetzte biefe großentheils auf 3 pEt. herab. Dies find die fogen. conſoli⸗
oder drei Procent Stock. Bon den an den Zinfen erfparten 800,000 Pf.
nd einigen andern Zuflüffen wurbe ein zur allmäligen Bezahlung der Schuib
ımter Sond (siaking Fond) errichtet, weldyer aber oft zu anderm Gebrauche
ndet worden iſt. Grenzftreitigkeiten in Norbamerika, welche durch bie vors
enden Verträge nicht befeitigt worden waren, veranlaßten (1755) einen neuem
mit Frankreich, der fi) auch auf das fefte Rand verbreitete, wo er u. d. N. des
jährigen befannt geworden iſt. England, deſſen Angelegenheiten von 1768
76 1 der große Pitt (Lord Chatam) leitete, entriß in dieſem Kriege ben Franzo⸗
eren Seemacht ungleich ſchwaͤcher war, viele ihrer auswärtigen Befigungen,
aachte In Dftindien (unter Clive) große Eroberungn. K. Georg II. war im
diefe Krieges (1760) geftorben, und hatte f. Enkel Georg IH. zum Nachfol⸗
Unter ihm wurde der Krieg, zu welchem feit 1762 auch ein Krieg mit Spa:
zekommen war, durch ben Frieden zu Paris (10. Febr. 1763) geendigt: Eng⸗
v9.» 8er. Gicbente Aufl. Bd. IV. 57
898 Großbritannien, Geſch. ſeit 1793
land behielt einen großen Thell der in beiden Indien gemachten Eroberumgen. '
nie hatte England einen fo gluͤcklichen Krieg geführt, deßwegen entſtand auch
die am Ende deffelben bis auf 143 Mill Pf. St. angersachfene Nationalſchulſd
Murren. Die Zahl der engl. Kriegsfahrzeuge rechnete man auf 374, die?
kung derfelben auf 100,000 M., und das Geſchuͤtz über 14,000 Kanonen.
ruhen im Innern von England, welche durch Streitigkeiten über Preßfreiheit
anlaßt wurden, häufige Veränderungen der Minifter, Cook's Entdedtunasreifen,
die mit abwechfelndem Gluͤck geführten Kriege in Dftindien find die Begebenhe
des nächften zehnjährigen Zeitraums. Wichtiger war ber Streit mit ben Golan
In Nordamerika (1774), welche die Minifter befleuern wollten. Durch ihre une
und ſchwankenden Maßregein brach 1775 ein Krieg aus, an welchem Zraufm
(1778) und fpäter auch Spanien Thellnahm. Durch die bewaffnete Neutal
(1780) der nordſchen Mächte gereizt, griff England auch noch die vereinigten Be
berlande an. Allein es konnte die nordamerikanifchen Colonien nicht bezw:
England fcderte daher den Frieden. Diefer wurde 1783 zu Verſailles geidiie
Der wichtigfte Artikel deffelben war, dag England bie Unabhängigkeit der 18 bo
ein. nordamerik. Staaten anerlannte. Wenn aud) England durch diefe Traum
f. Eolonien keinen bedeutenden Verluſt erlitten, weil es num nicht mehr die gie
Koften zu ihrer Vertheidigung, wie vorher, aufwenden darf, und f. Handel in ch I,
fer Ruͤckſicht dabei gewinnt : fo bat es doch in diefem neuen Freiſtaat einen ie
buhler zur See und im Welthandel zu fürchten. Übrigens hatte jener Kg
Nationalſchuld bis auf 240 Mil. Pf. St. erhöht.
Mit dem Aufdlühen des felbftändigen Nordamerika und mit den Eiäi
rungen der politifchen Weltorbnung, weiche bie franzöf. Revolution hervorieulk
beginnt Großbritanniens neueſte Gefchichte. Am 1. Gebr. 1793 kuͤndigte da ie
tlonalconvent des republikaniſchen Frankreichs England den Krieg on, Di
wurde bald ein Kampf auf Tod und Leben. Englands Anftrengungen ww,
Gerordentlih. Es wurden anfehnliche Truppenmaffen auf das fefte Land RR.
oder dafelbft in Solb genommen ; die engl. Seemacht verbreitete ſich über da ge
zen Dcean und toirkte in beiden Indien, tm Canal, und im mitteliindifchen Al
man zahlte (bis 1801 Über 12. Min. Pf. &t.) Huͤlfsgelder an Sardinien, Me}
Ben, Heffen : Kaffel, Öftreich, Portugal, Rußland und die franz. Ausgewauc J.
man verſtaͤrkte dieſe Anſtrengungen, als ſpaͤter die Holländer und Spanier
Seite der Franzoſen traten. Die Ergebniſſe des Landkrieges waren für vb
tion meift ungluͤcklich; indeß gab die Eroberung von Toulon und Corfita (C,
ben britifchen Waffen einen neuen Glanz, nur baf weder das eine, noch des all
behauptet werden onnte. Dagegen ˖ wurden von ben Englaͤndern die meiſten fe)
und hollind. Befigumgen In beiden Indien und in Afrika genommen.
Sieg Über die brefter Flotte (1. Juni 1794), die Niederlage der fpanitäen DE
bei dem Vorgedirge St. Vincent (14. Febr. 1797) und dee hollandiſchen date
mont (11. Oct. 1797) febten bie Briten in den Befig der Seeherrſcheft. MR
feindlichen Küften und Häfen wurden von ihnen bfofict, ber feindliche Sehe⸗
allenthalben zerftört, die franz. Seemacht äußerft geſchwaͤcht und Die heukat
Flotte fogar nach England abgeführt (30. Aug. 1799), nadıdem zuvor dercha
glänzenden Sieg bei Abukir (1. Aug. 1798) die Unternehmung anf Apr
laͤhmt und der Grund zur einer neuen Gonlition gelegt worden war. Zu
Zeit uͤberwaͤltigten die Briten In Dftindien ihren maͤchtigſten Witrrfaher ZUM
Saib, eroberten (4. Mai 1799) f. Hauptſt. Seringapatnam, erbeuteten
liche Schäge, und vereinigten den größten Theil des Koͤnigreichs Moſore mit It
Befisungen. Unterdeß hattın fie durch die Gewaltthaͤtigkeiten, die fie ſich a®
die Schifffahrt der Neutrafen erlaubten und durch Ihre Eingriffe in dat Erert
ber Völker die nordifche Eoalition veranlaßt, in welcher Rußland,
Großbritannien, Geſch. ſeit 1793 899
eben und Preußen zufammentraten ( 1800 — 1801), um bie Rechte der Neu⸗
mit bewaffneter Hand zu vertheidigen. Die engl, Regierung ergriff Dagegen
iche Maßregein. Aber dieſer Zwiſt endigte fchnell. Das Haupt des norbifchen
ve, Kaifer Paul, farb (23. März 1801) u. Dänemark warb durd die Schlacht
iopenhagen gezwungen (2. April), wieder eine friedliche Haltung anzunehmen.
öfte fi) der Bund auf; man verglich fich, ohne ben Hauptpunft des Streis
ı erledigen und die Preußen räumten das von ihnen befegte Hanover wie⸗
Mittlerweile hatte ſich Frankreich mit allen f. Feinden auf dem Feſtlande vers
; nun foderte auch in England die öffentlihe Stimme den Srieden. Die
tsſchuld war naͤmlich auf 451 Mil. Pf. St. geftiegen; Theurung und Abs
ı brachten das Volk zur Verzweiflung ; der Zweck des Krieges, die Wiederher⸗
ng der Bourbons, erfchien als Unmöglichkeit. Das neue Minifterium (Ads
on» Hawkesbury) ſchloß Daher den Vertrag von Amiens (25. März 1802), der
ſolchen Anfttengungen und nad) ſolcher Überlegenheit im Kriege nur geringe
heile gervährte: die Inſel Trinidad, den holländifchen Antheil von Ceylon,
as freie Einlaufen in den Hafen bes Cape. Die Nation war jedoch mit dies
jtiebensbedingungen fehr unzufrieden; auch velste Napoleon ben britifchen
durch neue Anmaßungen ; England erklärte daher den Krieg an Frankreich
8. Mai 1803. Die Franzofen nahmen Hanover in Beſit, gaben ihrem
efpflem gegen England die größte Ausbehnung, ſchloſſen Bundesverträge mit
nd, der ital. Republik und fpäter mit Spanien, und drohten mit einer Lan⸗
auf England. Pitt, der wieder ind Minifterium getreten war, zerftreute die
br der legten, indem er einen neuen Krieg auf dem feften Lande erregte (1806).
: führte derfelbe Napoleon nur zu neuen Siegen und Eroberungen. Dages
ehaupteten die Briten auf allen Meeren die Herrfchaft, und die Schlacht bei
Agar (21. Dit. 1805), in der jedoch Nelfon ftel, Erönte ihren Ruhm. Pitt
am 23. Jan. 1806. Das neue Miniftertum — Grenville, Atdington, Kor
’ar zum Frieden gemelgt, aber nady den Eroberungen, die Napoleon in dem
Kifchsruffifchen Kriege gemacht hatte, und nach beffen feindfeligen Decreten von
in und Mailand, Eonnte man fid) nicht mit ihm verföhnen, ohne f. Herrfchaft
das Feftland anzuerkennen. Man richtete baber alles Beſtraben darauf, die
bene Macht zur See zus behaupten und zu erweitern. Allein die Zerftörung
Ropenhagen und bie Hinwegfuͤhrung ber daͤniſchen Kriegsflotte (Sept. 1807)
ehtte die Feinde Englands; felbft Rußland brach alle f. Berbindungen ab,
noch wurde die von den Kaifern von Rußland und Frankreich von Erfurt aus
en König erlaffene Einladung zum Frieden verworfen, weil England Joſeph Bo⸗
als König von Spanien nicht anerkennen wollte Schon hatte ein nach
ugal gefandte® engl. Heer ben franz. General Junot und bie im Tajo liegende
he Flotte zur Gapitulation (30. Aug. und 3. Sept. 1808) genöthigt. Die
ner, bie gegen Frankreich aufgeftanden waren, wurden mit Geld, Kriegsbebürfs
n und Truppen unterflügt, Sayenne, Martinique, St. Domingo und bie ioni⸗
Inſeln bis auf Corfu und St. Maura wurden erobert, und eine Erpedition
lchern) gegen Seeland und Slandern unternommen, die aber mißlang (1809) ;
gen im folg. 3. Guadeloupe, St. Martin, St. Euſtach, Amboina, Bourbon
Isle de France fih den Briten ergaben. Bald nachher machte die wiederkeh⸗
e Gemuͤthskrankheit des Könige eine Regentſchaft nothwendig, reiche das Par⸗
at dem Prinzen von Wales uͤbertrug. Kür den von der engl. Regierung nie
dem Auge verlorenen Gefihtspunft, daß mit Frankreich nicht Friede gemacht
en könne, es trete denn in f. alten Grenzen zuruͤck und huldige wieder f. alten
entenhaufe, eröffnete der Feldzug von 1812 neue Hoffnungen. Bald war
Kand die Seele der Coalition, die ſich auf dem Feſtlande bildete ; überall hin ers
ſ. Goldſtroͤme. Mit anfehnlicher Macht drüdte es “ bie ſinkende Sache
7 »
yaycın „guspusan avsenunany jw une wen weine su yyuııye nun &
Gewicht fehr bedeutend, zumal da zu derſelben Zeit fich ih
noch durch die Eroberung der Befigungen des Königs von (
nun ganz Ceylon der britiſchen Krone unmittelbargehört. 2
traͤchtilche Erweiterungen und die Benennung eines Köni
Müdkehr änderte nichts an diefem mannigfaltigen Erwerb.
erwarben neuen Ruhm In ber Schlacht bei Waterloo, in dere
d. 13. Juli 1815 den Engländern überlieferte,
Seit 1815. So war Englands Politik feit 23 Jahı
getvefen; alle Kriege des eucopäifchen Continents gegen das
gen das ſtreng monarchiſche Frankreich waren von England <
ũſchem Geld unterhalten worden. Endlich war der Zwed
alte Königeftamm wieder auf den Thron geſeht, fondern a
thigt, in f. alten Grenzen zurüdtgebrängt, ald Seemacht vern
fo gut wie ausgefchloffen. Aber auch fr England hatte d
getragen, welche mm erft nach mehren Sriedensjahren zur
Eine Schuldenmaſſe, deren Capital bie Summe vierzigiährig:
überftieg, und eine Zerrüttung der innern Verhältniffe der N
ten Gefahren drohte, foderten das Mintfterium zu den vorfid
vollften Maßregeln auf. Die leichtfinnige Meinung, daß
ebenfo große Mittel des Wohlſtandes eröffne, als er Kräfte
die That widerlegt worden, und Niemand zweifelte mehr an
rechnungen, weldye felbft von einem minifteriellen Schriftftel
sent state of England inregard to agriculture, trade and.
deutſch von 2. H. von Jakob, p}. 1823) angeftelt, das er
darlegen. Sparfamkeit und Vermeidung aller außerordentl
ders aller Kriege, iſt daher feit 1815 — Geſetz der Verwe
lands Politik dadurch eben fo friedlich geworben, als fie doche
gleich dem Grundfag, welcher von den Übrigen europäifchen 9
HR, daß das gepdife Staatenfpftem berechtigt fel, gewa
Beſtehenden überall mit Waffengewalt zu unterbrüden, dem
ten Intervention, von der engl. Regierung förmiich wideefs
Großbritannien, feit 1815 901
ofitie, Großbritannien bfieb neutral In dem fpanlfchen Feldzuge Kranke
8235 es geftattete Privatperfonen, die Sache der Griechen zu unterftügen,
kannte das Blokaderecht ber griechifchen Infurgenten an; e6 ſchloß mit den
amerikaniſchen Breiftaaten, die e6 1825 förmlich, anerkannte, Handels⸗ und
Sverträge; es glich Portugal mit Brafilien aus; es unterſtuͤtzte, als Portu⸗
er Alllirter, duch Truppenſendung bie Sache der Conftitution und ber Mes
ıft felt dem Ende 1826, und hinderte Spanien, gewaltſam einzufchteiten ;
g felbft hatte ſich ſchon früher nad) Parls begeben, um ſich mit dem franzöf.
te über die Beruhigung der Halbinfel zu vereinigen, und die drei großen
ichte Öftreich, Rußland und Preußen, überließen dem brit. und dem franzöf.
te die Leitung diefer Angelegenheit. Zugleich vereinigte ſich das britifche
(4. April 1826 zu St. Petersburg) mit dem ruffifchen, um die Pforte zum
ben in der griechifchen Sache zu bewegen, und nöthigen Falles zu zwingen.
n entfland Über den Brundfag der Reciprocität, welcher das Princkp der
freiheit bedingte, eine Spannung mit den Vereinigten Staaten. Diefes
niß, fowie der Einfluß der theofratifchen Partei auf das franzöf. Cabinet,
ie rafchere Entwidelung des politiichen Syſtems, das Canning im Parlam.
Dec. 1826 faft zu fühn andentete, gegenwärtig um fo mehr, da er, nad)
erpoof 8 Krankheit, am 11. Apr. 1827 an die Spige des Minifteriums trat,
em er fich mit den Whigs (Landsdown, Burdett, Brougham, Holland,
u. X.) förmlich) vereinigte, die mächtige Partei der Tories (Wellington, Ei»
thurft, Weſtmoreland u. X.) zur O:ppofition auftief.
ıder innern Staatöverwaltung find in diefer Zeit zwar wichtige Schritte
1, welche aber das Gepräge jene langfamen Entwidelung an fid) teagen,
haupt den Charakter der greßbritannifhen Geſetzgebung ausmacht, und
je jener feft verketteten Herrſchaft bee wenigen großen Landeigenthuͤmer zu
nt. Ungeachtet aller Erfparniffe in dee Verwaltung, befonders der großen
‚n der Kriegsmacht, lafteten doch noch fo große Bürden auf dem Volke, und
ſchlechten Ernten 1816 u. 17 war dieNoth der Fahrikarbeiter fo geſtei⸗
den, daß 1819 eine wahre Verzweiflung ſich diefer Elaffe der Nation zu bes
n ſchien. Im Jun. 1819 fingen Die Unruhen in den Manufacturgegene
Dis Recht der Engländer, fich zu verfammeln, um Über ihr gemeinichafte
itereffe zu berathen, murbe von echten Demagogen, befonders dem bekann⸗
t benugt, und überall war eine gänzliche Reform dee Parlamıentswahlen,
liche Erneuerung des Parlaments ein Hauptartikel in dem polltifchen Glau⸗
nntniffe der Verfammlungen. Sie gingen fo weit, fchon Deputirte zu els
en Parlamente zu wählen, und man wußte nicht, was ein verfammelter
‚n vielen Tauſenden ja Hunderttauſenden vielleicht am nächften Tage une
n werde. Daher wurden ernitere Maßregeln ergriffen. ine jolche Ver»
19 zu Manchefter am 16. Aug. 1819 wurde von den dortigen Stadtbeams
‚ die Landwehr (die Veomanıy, aus dem wohlhabenden Bürgern beftehenb)
goner auseinander getrieben, wobei Viele verwundet und getöbtet wurden.
adtbeamten wurde faſt allgemein der Vorwurf gemacht, daß fie nicht nur
th Gewalt gebraucht hätten, fondern, daß aud die Korm keineswegs beob⸗
den ſei. Es kam zu gerichtlichen Anklagen gegen die Beamten, welche
mit Steifprechungen endigen onnten. Doch nahmen diefe Beroegungen
ical-Reformers) einen immer bedenktichern Charakter an, und das
ium fand fid) genöthigt, dem Parlamente noch am Ende des Jahres außer⸗
ye Maßregeln vorzufchlagen, twie wenige Monate zuvor auch In Deutidye
fünf Sabre befchloffen worden waren. Diefe wurden noch am Ende bed
gleichfalls auf fünf Jahre im Parlamente angenommen, und beftanden is
ten: 1) einem Berbote des heimlichen Exercitens; 2) des Beſitzes von
902 Großbritannien, feit 1815
Waffen; 3) Beſchraͤnkung des Rechts, Volksverſammlungen zu halten, welche m
mit Genehmigung der Ortsbeamten und nur nach Pfarreigemeinden geftattet werd
follen; 4) Anmendung des ſchweren Zeitungsftempels auf Flugſchriften unter za
Bogen, gefchärfte Strafen gegen fhriftliche Injurien, und gegen die Werbrei
aufrührerifcher oder irreligiöfer Schriften ; endlich 5) Beſchleunigung des gericht
hen Verfahrens in Fällen geringerer Vergehungen. Der Tod bed Königs Ges
IL am 29. San, 1820 änderte in diefen Beziehungen nichte, fo mandye anl
wichtige Folge er auch hatte, Die Gefahr des Radicalismus verſchwand aber m
felbft, ſowie der Friede, die Damit eingetretene Verminderung ber Zaren, vermeh
ter Abfag der Manufacturwaaren nad) Außen, befondersnad) dem fpanifchen Am
vita, reichere Ernten und wohlfellere Lebensmittel die Lage des Fabrikarbeiters wi
ber verbeffert hatten. Beſonders wirkte dahin auch die Zuruͤcknahme ber Bankı
ſtrictionsbill (die Wiederherftellung ber Baarzahlung der Bank), wodurch ber za
Werth des Geldes fich verbefferte, welches vorzüglich auch ber Claſſe der Zubrilx
beiter zu Gute kam. Es war nur noch als legte Zudung diefer Bewegungen pab⸗
trachten, daß eine Banbe verzweifelter Menfchen (unter Anführung eines Mana
der fonft in beſſern Umftänden gelebt hatte, aber durch wüftes Leben ins Verbrrim
gefunten war, Arthur Thiſtlewood's) fich zu Ermordung ſaͤmmtlicher Miniſta we
ſchwor; fie wurden frühzeitig verrathen, und e& if nody dazu fehr ungewiß geile
ben, ob nicht das Ganze von dem Anzeiger, einem gewiflen Edrivarbs, felbft angb |
tet worden war, wenigſtens haben die Minifter felbft nicht in Abrede geſtellt, daiß
biefen Edwards als Spion gebraucht hatten. Nur Thiſtlewood und vier Verfhume
ne büßten ihr Verbrechen mit dem Tode, vier Andre wurden auf Lebenszeit mb
Botany Bay gefchickt, jenem großen Ableiter aller motaliſchen Unzeinigkriten Id
Mutterlandes, in welchem ſich manche verborbene Säfte wieder veredeln. As
irgend ein wahrhaft revolutionalrer Stoff in Altengland vorhanden geweſen nl
und nicht bloß die wirkliche Noch jene Bewegungen der Radicalen hrroorgeußß
hätte, mit welcher fie auch wieder verſchwanden, fo wuͤrden fie eine fehr gefühide
Wendung in dem Procefie gegen die Königin haben nehmen Binnen. Dieſer Pie
ceß, welchen Fehler und Keidenfchaften von beiden Seiten herbeigeführt hatten, m
in welchem alle Schonung fowol der Frauenwuͤrde als ber Kürftenehre mit abe
getreten wurde, gab der Unzufriebenheit einen neuen Vorwand und einen Pass
gungspunkt. Er begann mit ber Ruͤckkehr der Königin nady England, am 6.38
"1820 durch eine koͤnigl. Botſchaft ans Parlament, die Aufführung der Koͤnirap
unterfuchen, worauf am 5. Sul. der minifterielle Antrag auf eins jener unförmli
perfönlichen Strafgefeße (bill of peins and penalties) folgte, welche die engl. de
ſetzgebung nicht zu ihrem Vortheil auszeichnen. Der Antrag ging bahin, a
ordnen, daß die Königin Karoline des Titels, ber Rechte und Vorzuͤge einer Kia
von Großbritannien verluftig und die Ehe des Königs mit ihr für aufgelök mh
ten ſei. Was im Parlamente Beſchimpfendes gegen bie Königin vorkam,
veichlich vergolten durch Satyren und Spottbilder auf ihren erlauchten Organ, I
denen fi) Alles, was nur Bitteres und Boshaftes zu erfinden war, völlig er
Der Widerwille in dem Volke gegen dies Werfahren war fo groß, daß die
es nicht wagten, die im Oberhaufe genehmigte BIN ind Unterhaus zu brinzen
Zeit war auch allzu gefährlicy, Die Revolutionen in Spanien, Portugal md
waren raſch auf einander gefolgt; die Ermordung des Herzogs v. Brm |
Gebr. 1820), die Catoſtreet⸗-Verſchwoͤrung (23. Zebr.) waren bedenkliche Zit
Deffenungeachtet ging bie Krifis in England ſchnell genug vorkber: bie Unru
Sabricanten ftillte ſich von felbft, fowie ihre Noth ſich hob ; des Königs P
wurde durch f. Beſuche in den Nebenſtaaten wieder hergeſtellt und die Königin v⸗
beinahe vergeffen als fie (7. Aug. 1821) ſtarb (f. Georg IV.). Aber cin wel?
fere Zesrüttung der innern Verhättniffe Großbritannien® zeigte ſich 1822, öl
Großbritannien, ſeit 1815 903
rachen bie Folgen jenes Mißverhaͤltniſfes hervor, weiche ſich zwiſchen dem gro⸗
Srundeigenthum und dem Stande der eigentlichen Anbauer des Bodens in den
hen Infeln vorfindet. Das Eigenthum bes Bodens ift in verhaͤltnißmaͤßig
wenigen Händen vereinigt; außer der Beiftlichkeit, welche etwa 600 gefchlofs
Hüter (estate) befigt und ben Corporationen, deren Befigungen man auf eine
re Anzahl anſchlagen kann, gibt es jest in England nur noch etwa 20,000
ideigenthuͤmer. Das engt. Rechtsſyſtem, welches alles unbewegliche Vermoͤ⸗
em aͤlteſten Sohn allein zuſpricht, iſt ſchon an und fuͤr ſich dieſer Zuſammen⸗
ng des Grundbeſitzes guͤnſtig, allein mehr noch hat der Druck des Krieges dahin
kt, denn 1786 waren noch 250,000 Grundeigenthuͤmer vorhanden. Jetzt
8 faſt keine Bauern mehr, ſondern nur Zeit pachter, deren ein Herr Coke allein
um ſich verſammelte. An Schottland iſt der alte gemeinſchaftliche Befitz der
nmgenoffen auf das Oberhaupt allein übergegangen, in Irland ſind durch die
scationen unter Elifabeth, Crommell umd Wilhelm III. die atten Befiger faſt
verdrängt und das Grundeigenthum unter wenige engl. Kamilien vertheite
m, fobag man dort felbft zu den Parlamentswahlen bioße Zeitpachter zulafſen
e, weil es fonft an Wahlberechtigten fehlen würde. Außer ihren eignen Bes
zen bat die Geiftlichkeit in England uud Irland noch fat auf allen Grundſtuͤ⸗
en Zehnten. Als nun von 1818 an auf der einen Seite die hohen Getreide⸗
herabfanten, auf det andern der Geldcurs durch die Wiedecherftellung der baa⸗
ahlungen aus ber Bank (1320) ſchwerer geworben war, drohte dem ganzen
be der Zeitpachter, alfo in England dem wahren Kern ber Nation, in Irland
oßen Maſſe des Volks, ein unausbleibliches Verderben. Sie konnten bei dem
: nicht mehr beftehen, in England mußten fie einer allgemeinen Verarmung
jenfehen; in Irland entftand nach einer ſchlechten Ernte Hungersnoth. An
ttland bereitete fich eine Vertreibung der Urbewohner aus ihren alten Wohns
vor; ein Herr Murron vertrieb im April 1820 600 Familien aus ihren alten
ungen in der Sraffchaft Roß, und in der Grafſchaft Sutherland that die Mars
v. Stafford ein Gleiches mit mehr ats 15,000 Menſchen, um die Pachtguͤter
träglichere Schafweiden zu verwandeln, Sin England erregte diefer Zuftund
derbaus, weil er einen größern und kräftigern Theil der Nation ergriff, auch
iner tiefern und behartlichern Urfache am, bei weitem größere Beſorgniſſe ale
ruhen der Manufacturgegenden ; die Mittel aber, welche man dagegen vors
„ waren fehr verfchieden. Die Minifter deuteten die wahre Quelle des Ubels
vie fie ſchon 1816 die gegen ihren Willen vom Parlamente befchlofiene Aufbes
der Vermoͤgensſteuer für einen Sieg der Reichen über die Armen erklärt hats
jeflen Kolgen fidy nunmehr entmwidelten. Denn durch jenen Sieg war das
bervegliche Vermögen, das Geldeinkommen aus Capitalien und Colonialbe⸗
jen von allen Beiträgen zu den Staatökaffen befreit, dadurch aber die Laſt faft
Hießlich auf die arbeitenden Staffen und auf die Confumtion der Lebensbebürfs
jewälst worden. Das Reden der DOppofition, daß die Noth eine Wirkung
mäßigen Zaren jei, hatte daher eigentlich Beinen Sinn, denn alle die noch
hen Erfparniffe (befonders Aufhebung der Sinecuren, auch der geiftlichen, 100«
ten) konnten nicht gründliche Abhülfe gewaͤhren, und man hätte mehr auf
techtere Vertheilung der Abgaben hinwirken müffen, wozu aber die Oppofition
wenig Luſt hatte, als bie Minifterialparte. Das Hauptmittel, zu welchem
) früher oder fpäter einft kommen muß, bleibt aber immer eine ſolche Reguli⸗
er Verhältniffe des Grundeigenthums, daß dadurch der eigentliche Bearbeiter
Iden& wieder ein eignes, unmiderrufliches Recht an denfelben bekommt, bie
rente, welche er zut entrichten bat, firirt wird, mit einem Worte, daß der Pach⸗
nigftens Miteigenthuͤmer und eine größere Vertheilung des Grunbelgenthums
twird. Vor einem folchen Gedanken würde. freilich die herrſchende Ariſto⸗
werfen, indem fie Abgaben von der Einfuhr fremden Getteldes
wodurch das Sinken der Getreibepreife bi6 unter einen Preis, b
ter und fie felbft mit ben hohen Pachtungen beſtehen tonnten, ı
anderes Mittel. fanden Einige in den Einkünften ber Geiſtlicht
man in England als eine uͤbermaͤßige, in Irland fogar als
Volks zu betrachten gezwungen ift. In England find theild
IHR. Kirche überhaupt genommen viel größer, als fie nach I
menge fein follten, theils aber iſt auch bie Wertheilung derſelb⸗
ungleich und ungeredht. Sie werden im Ganzen auf 7, 800,0
(&ove, „On the revenues of the church of England, wi
necessity, justice and policy oſ —— mann
Xon. 1823), und find alfo verhältmnißmägig weit größer als die
ſpaniſchen italieniſchen und portug. Geiſtüchkeit. Auf 11
38. in Rußtand für bie @eifttichkeit nach einer Berechnung
consumption of public wealth by the Clergy of every ch
Kon. 1823) 15 Pf., in Frankreich jest 35, in den meiften prı
60, in Spanien und Portugal 100, in England aber 126€
8250 Pf. St. Diefes Einfommen iſt unter 2 Exzbifchöfe,
ter 10,500 andre kirchliche Präbendarien (morunter 5098 !
seien, und 3687 Vicarien) vertheilt. Davon aber find bei weite
chen Amtöverrichtungen verbunden, ſondern werden, wie ehem;
nur al Penfionen und Ginecuren befeffen. Die Zahl der.
flens 5000, bie Zahl der Familien, weiche zur Gelſtlichkeit gı
Die eigentliche dienſtthuende Geifttichkeit iſt dabei auf das
unter den wirklich vorhandenen 4406 Pfartern waren im I
Dienfteintommen nody nicht 60 Pf. St. betrug. Im Can
Pfarrer von den 7,600,000 Pf. St. der biſchoͤfi. Kirche nur
Pf. ober 7%; der geſammten Einkünfte, und da bie ärmern groͤ
ligen Beiträgen ihrer Pfarrkinder unterftüst werden, fo find di
ſten Kirche der Welt noch genöthigt, vom Mitleiden Andter &
es allerdingß fehr nahe, daß man zu Gunften des Volks und fi
lichkeit eine Herabfehuna und aleichere Mertheiluna ber kirchli⸗
Großbritannien, ſeit 1815 905
1, Mectorate u. f. w. Alles dies find reine Sinecuren, well unter der Volks⸗
von 7 Mill. Menfchen nur etwa 400,000 zur englifchsbifchäfl. Kirche gehoͤ⸗
Zleichwol beziehen auch diefe Herren ein Gefammteintommen von 1,300,000
t., wofür fie für Staat und Kirche nicht das Geringfte thun, und das in tie
nuth Iebende Volk muß nody feine kathol. Geiftlichkeit außerdem erhalten, und
elt dies mit der Heiligkeit einer wahren Ehrenſchuld. Auch mit diefen Eins
t der ganz unnügen proteftantifchen Geiftlicykeit würde dem armen Irland
Frleichterung verfchafft werben koͤnnen, wenn nicht die Grundherren⸗Ariſto⸗
n ben Weg träte, denn die großen Landherrenfamilien betrachten diefe Stel⸗
ihr Eigenthum, als eine Verforgungsanftalt für ihre jüngern Söhne, und
ſchoͤfe, Erzbiſchoͤfe und Dechanten find meift Brüder und Vettern der
Sie betrachten jeden Vorfchlag, welcher diefe Einrichtung antaftet, als Kirs
ıb, ſcheuen fich aber nicht, die Einkünfte der Kirche zu beziehen, ohne das Ges
fuͤr die Kirche zu thun. Ein Gefes von 1803 fchrieb den Präbendirten wer
8 eine ſtrengere Refidenz vor, und fegte Strafen darauf, wenn einer Länger
Ronate ohne gefegliche Urfache von feiner Kirche abweſend wäre, Strafen,
ein Jeder einklagen konnte. 1807 brachte ein Herr Wright wirklich 200
Klagen bloß gegen Beiftlihe aus den drei Didcefen London, Norwich und
‚ welche ihm 80,000 Pf. Strafgelder eingetragen haben würden. Aber die
er vereitelten feine Bemuͤhung ducch einen Parlamentsſchluß vom J. 1813,
h alle diefe Proceffe gegen Geiftliche niedergefcylagen wurden. Deflenuns
t iſt diefe Angelegenheit jet in großer Bewegung, unb wird durch jeden Vor⸗
elcher ein üble Licht auf die hohe Geiſtlichkeit wirft, noch mehr angeregt,
ragt nach den Gruͤnden der Beförderung und findet z. B. mit Erftaunen,
: vorige Exrzbifhof von Eafhel vom Schiffslieutenant weg auf dieſen erzbi⸗
Sig erhoben wurde. Aud) der Ärgerliche Hall des Biſchofs von Glogher,
1822 wegen eines unnatürlichen Laſters (weshalb im Nov. 1725 zwei
eute, Zohn Holland und William King gehängt wurden) mit der Degradas
von kam, empörte die Gemüther um fo mehr, als diefer unwuͤrdige Praͤlat
811, da er noch Biſchof von Fermes war, eines folchen Vergebene befchuls
wde, es aber ducch den Einfluß feiner Familie und feine Scheinbeiligkeit bes
daß ber ungluͤckliche Angeber als Verleumder beftraft wurde.
in England iſt die Verlegenheit des Pachterftandes theils durch die ermähns
willigen Nachlaͤſſe der Grundherren, theils durch die etwas geftiegenen Preife
Einfuhrzoͤlle, welche, wenn das Quarter Weizen bie auf 70 Schillinge her⸗
ngen iſt, flattfinden, ziemlich gehoben worden, aber in Irland ift die Noth
186 und ihre Wirkungen, Mohheit, Häufige Mordthaten und Räubereien noch
» Immer ift eine oder die andere Grafichaft im vollen Aufruhr und die
n ber Weißkittel, Bandmänner, Krempler und dgl., welche einen Beinen
saufamen Krieg gegen hartherzige Gutsbeamte, Zwifchenpachter, Friedens»
und Gutsherren führen, find nicht auszurotten. Irland trogt allen Bemuͤ⸗
der Minifter, weil man ſich nie entfchließen wird, das Übel in der Wurzel ans
m, eines Theils die Vechältniffe der Pachter gegen bie Grundherren gefeglich
en, die Söhne Firins in ihr altes Recht am Boden, mit billigen Grundrens
die jegigen Herren deffelben, wieder einzufegen, und antern Theil die Kirs
ter der Kirche des Volks, d. b. der katholiſchen zuzuwenden, und dadurch für
ang und Sittlichkeit des Volks die einzig wirkſame Maßregel zu ergreifen.
genannte Emancipation(f. d.) der Katholiken, d. h. ihre Einfegung in
en gebührenden bürgerlichen Rechte, hängt mit dem zweiten Punkte aufß ges
: zufammen; es wich von den Diniftern darauf hingearbeitet, aber fie ſchei⸗
ımer auf ber einen Seite an dem blinden Eifer der hohen proteflantifchen
ichkeit, auf ber andern an der Undiegfamleit des roͤmiſchen Hofe, welcher ber
verfaffung mit Geſchworenen) ein Werkzeug, ſich manch
welchem man auf gerabem Wege nicht beitommen kann,
ment ig einem amtlidyen Gutachten vorgehalten, baf vor «
wegen eines umgehauenen Baumes, zum großen Schreck
Schöffen, welche nach ihrem Schuldig nur eine Geldbuße
ſtrafe erwarteten, von dem Richter zum Strange verurthei
tem hingerichtet wurde — weil man ihn im Verdacht ha
Umtrieben Theil genommen zu haben. Und im Jul. 18
der Mann, Thomas Ler, in der Grafſchaft Stafford bei
Friedensrichter der Entwendung eines Fiſchnetzes angeklag
lichen Entwender freigeſprochen hatte, und zu fiebenjähri
Botany Bay verurtheilt — weil er in dem Gerede fland,
einen Hafen oder ein Rebhuhn zu fhießen. (Won Wildd
land nicht reden, denn es gibt keine im Eigenthum befinbi
bie Jagd gehört bem Staate, welcher fie den Begünftigten
paͤffe geflattet.) So ift das Gefchwworenengericht auch eiı
in jener Kette, welche die Ariſtokratie des Beſitzes, vornehm
in England zufammenpält, und fie zur eigentlichen Inhabe
erhebt. Darin hat Cottu in ſ. bekannten Werte alfo fe
gerade biefe Seite jene Einrichtung für andre Staaten zu
darf, möchte wol mehr als zweifelhaft fein. Bei dieſen
der Bermögenden, wobei Minifterialpartei und Oppofitic
deutende Nuancen von einander ſcheiden, kommt auch auf
gen und Neigungen des Minifters in den Hauptſachen
Sir Robert Peel, welcher im Jan. 1822 der Nacyfolger
im Miniſterium bes Innern wurde, feit Kurzem angefa
Criminatgefeggebung zu ſichten und zu vereinfachen, naı
betreffenden, und mwahrfcheintich wird ſ. Nachfolger, Mr
d. 12. Apr. 1827), da6 Werk fortfegen.- Auch war die v
amd Canning autgegangene Milderung ber alten ſtreng
Handel und Schifffahrt (die neue Mavigationsactevom 3,
wart. Lit Sannerfat. ALHASIRAM.IIMN dor orfte Schr
‚Großbritannien, feit 1815 907
I, ber nach Reuholland Verwieſenen von 105% auf 1734. Nach ber Wies
eftellung der baaren Zahlungen der Bank (das Werk des Minifters Peel), nady
en Navigationsacte und dem fortgefehten Syſtem der Sparſamkeit und des
ens konnte der Miniſter Peel im Juni 1823 dem Parlamente folgende erfreus
Thatſachen Über die Rage des Landes vorlegen. 1817 waren von 9 Fabrikar⸗
a 7 ohne Arbeit, 1823 keiner. Im Sheffield betrugen die Armentagen im J.
) 36,000 Pf., im 3. 1823 nur 13,000, im 3. 1817 fanden daſelbſt 1600
er leer, 1823 Eeind. In Birmingham mußten 1817 von 84,000 Einwc hnern
I Unterftügungen aus der Armenkaſſe erhalten, ein Drittheil der Handwer⸗
itte gar Beine, der übrige Theil nur halbe Beſchaͤftigung; die Armentaxin bes
n nahe an 60,000 Pf. Im 3. 1823 waren alle Arbeiter befchäftigt, die Ars
ıren betrugen nur 20,000 Pf., der wöchentliche Arbeitslohn der Weber, wel
m J. 1800 13 Schilling betrug, 1817 aber auf3 Sch. 3 Pence gejunten
hatte ſich 1823 wieder auf 10 — 16 Schilling geboben; mit feinem Spinnen
waren wöchentih 30 Sch. und mit grobem 28 Sc. zu verdienen. Die
umte Ausfuhr Englands betrug 1820 48,951,467 Pf; im 5. 1922
34,122 Df.; der Preis des Getreites war im San. 1822 32 Sch. vom
wer Weisen, im Sun. 62 Sch., wobei alfo aud) die Kandwirthe ihre Rechnung
u Dafuͤr aber waren auch (Srland ausgenommen) alle Unruhen und alle Um⸗
Madicalreformers, bis ouf dielegte Spur verfhwunden! Zmar entfland
als eine allgemeine, das Gewerbe niederdruͤckende Noth; allein diefe war
Ngeeiner fein Maß und kein Ziel Eennenden Speculationswuth in auswaͤrtigen
ben und Eoftfpieligen Unternehmungen, fowie der Überfüllung des Waarenmark⸗
England verlor Dadurch ungeheuere Summen an baarem Gelde; zahllofe Ban⸗
ie brachen aus; der Credit war zerrüttet: die Mafchine des bürgerlichen Haus⸗
:beohte ſtill zu fichen. Indeß legte ſich auch diefer Sturm. Das Schreden
med) größer geweſen, als die Gefahr. Dagegen benusten die Minifter diefen
weft, um endlich durch eine im Geiſte der Dandeldfreiheit vorgenommene Mils
RS der Korngeſetze die Lage des Fabrikſtandes gegen das Monopol ber Grund⸗
Mumsariftokratie ficher zu ftellen. Noch war ed aber im Mai 1827 nicht ents
vr ob das neue Minifterium Canning's in Anfehung der Verbefferung der Ges
Wehe die mächtige Oppofition im Oberhaufe befiegen werde. Die Stimme
Ietton ift für Canning.
Der britifche Nationalreichthum iftdie Bafis der britifchen Macht.
ruht theild auf den Erzeugniffen des Bodens, theild und hauptſaͤchlich auf
ebhfleig und Handel. Der große Aderbau wird foryfältig betricben, der Eleine,
oß durch die Familienhuͤlfe, ohne Gefinde betrieben wird, nimmt durch Vers
ag und Ausfauf der kleinen Befiger immer mehr ab; befonders in Schottland,
an das Hütten: und Gemeinheitsrecht der alten Landbewohner auskauft und
imn die Küfte zur Fiſcherei und Seenahrung verfegt; aber die Manufactuten
abriken entzichen ihm zu viel Hände, die Viehzucht und Jagdliebhaberei der
Süterbefiger zu viel Land und der Speculationsgeift der Reichen zu viel Ca⸗
Dean rechnet in England und Wales von 40 Mil. Acres 8 Mitt. wüften
Mill. nicht gehörig benußten Landes. Was der britiſche Kunftfleiß, vors
' in London und in den Manufacturfidäbten Birmingham, Leeds, Manche⸗
in Wollen» und Baummollen =, in Stabl» und Thonwaaren ıc. leiſtet, iſt
nbig. Don 2,941,383 Familien, die Großbritannien im 3. 1821 zählte,
ra ſich 978,656 dem Aderbau, und 1,350,239 der Snduftrie und dem Hans
Über den Handel, die Seele der britifchen Politik, f. die Art. Weichans
Deindifhe Compagnieun. Engl. Reihin Dftindien, und Lon⸗
© Banf. Über die Canalſchifffahtt Englands f. Can aͤle. Noch lange wird
ĩchthum der Solonien Englands Überfluß und furchtbare Macht ſichern. Um
zd
908 Großbritannien, Ritterorden
ſich die Solonien zu erhalten, will die Regierung fie durch Haubelöfreibel
Verwaltungsrecht an das Mutterland, das fie verteidigt, feſter knu
lands auswärtige Befisungen find: in Oftindien außer Ceylon, die dr
terſchaften Bengalen, Bombai, Madras; in Nordamerika Hudfonsbs
Neufoundland, Neufchottland oder Akadien, Canaba; In Weſtindi
und viele Heinere Antillen; in Afrika einige Pläge in Guinea und Sı
in Südindien Botanybai und Port Jakſon. Won den im legten Kriex
Groberungen hat es Malta und Helgoland, bie franz. Inſeln Tabago
und Jole de France, die hollaͤndiſchen Befisungen auf Erplon, das Cap,
Efieguebo und Berbice, und die ſpaniſche Inſel Zeinidad behalten. ©
fortgehend dahin, eine Handel& und Militairnieberlaffung an der Muͤndu
Ströme zu erwerben. So gegenwärtig in Hinterindien und auf der Halbin
Der ungeheuere englifche Nationalreihthum ift, wie biefe Betrachtung
len zeigt, fehr ungleich vertheilt. Da bie Reichen (immer ber Heiner
Gapitale weit mehr auf den auswärtigen Handel, auf die Colonien, an
piere wenden, als auf den weniger einträglichen Landbau und ſelbſt F
ift eine große Menge Menfchen in England ohne Erwerb. Daher dir
mwanderungen und bie große Anzahl der Armen, bie weit über den zehn
ganzen Bevoͤlkerung ausmachen. Die ganze Maſſe des britifchen |
tommens berechnete man 1810 für diejenigen, bie ſolche fingirte Zahlen
. auf 132,470,000 Pf. Dagegen kann man das vorhandene baare Gel
auf 100 Mitt. Pf. anfchlagen. Bon obigen 132 Mil, find, nad) idı
rechnungen, 51 Mil. zum nothdürftigen Unterhalte der Nation erfob
im Frieden ein Überfluß von 81 Mill. bleibt. Die fundirte und nicht f
tionalfchuld betrug im J. 1820 882,280,327 Pf. St. nach Abzug!
gungsfond zuruͤckgekauften Staatsfonds. Jett beträgt ber Tilgungsft
5 Min. Pf. Et. jaͤhrl. Ertrags. Die Zaren find entweder jährliche, di
von neuem bewilligt werden müffen, oder permanente, bie ein für alleı
find. Jene waren fonft die Malztage und die Landtare oder Grundſte
aber war von Pitt 1798 auf 20 Jahre permanmt gemacht, oder viel
verkauft und anticipirt. Die alten ſtehenden Zaren find die Zölle, bie
Stempelpapier, die Fenſtertaxe, die Miethkutſchentaxe und bie Penſioner
ben neuen Zaren, die der Krieg hervorgebracht, war die vorzüglichfte
wyuntare, beſtehend in 10 Proc. von jedem jaͤhrl. Einkommen über 2
einer geringen Abgabe von jedem über 160 Pf. Diele Zare, welche
144 Mil Pf. St. einbrachte, wurde, weil ber Reichthum fie für fehr
Elärte, am 19. März 1816, gegen den Wunſch der Minifter, mit «
Mehrheit der Stimmen abgefchafft. Übrigens gibt es eine unzählige M
auf viele Gegenftände des Lurus und des Berbrauhe. Die Einkuͤn
zwifchen 50 — 60 Mill. Pfund. Die engliihe Marine ift an Sch
Verſchwendung zahlreich, da kein gebrauchtes Schiff.über Z0 Jahrte bi
jetziger Friedenszeit werden 16 bis 20,000 Matroſen von der Krone bee!
im wirklichen Dienft, wogegen Nordamerika ‚ungefähr die Hälfte im
Dienft hat und keine überflüffigen Kriegsfchiffe baut. Im jegiger Frieder
det Großbritannien eine Landmacht von etwa 100,000 M. ; feine oflin!
beißgefellfchaft über 150,000 M.
Der Ritterorden In Großbritannien und Irland find vier: 1)
des blauen Hofenbandes (engl. the Garter, franz. de la jarretiere), «&
ften und angefehenften in Europa, vom König Eduard LIE. im 3.13
Der frühere Urfprung iſt ungewiß. Der Orden hat nur eine Claſſe, und
Großmeifter, welches der König if, 26 Ritter. Seine Devife if: B
qui mal y peuse. Die Beamten des Drbens find angefehene engl.
L-
Größe - Größe (fcheinbare) 909
er Bathorden, geftiftet von Heinrich IV. 1399 und von Georg I. 1725 ers
t. Er wurde 1815 in einen Militairverdienftorben verwandelt, der auch au6s
ſchen Mititairs, die mit Engländern gefochten haben, ertheilt wich, und er⸗
eine neue Einrichtung mit drei Elaffen: Großkreuze, deren 72 fein follen, und
enigftens den Rang von Generalmajors ober Contreadmiralen haben müffen ;
manbeurs, derenZaht bis jegt auf 180 beſtimmt worden, und bie wenigſtens Ober⸗
nants oder Poftcapitains in der Marine fein müffen; Ritter, deren Zahl nicht
amt worden. 3) Der fchottifche Orden von der Diftel oder St. Andreasorben
JFakob V. 1550 geftiftet, von der Königin Anna und von Georg I. erneuert und
Hat, wird nur an 12 fchottifche Große vertheilt. &) Der Orden des heil. Pas
der Schutzpatron von Irland) wird nur an Irifche Pair vertheilt. König
g IN. fiftete ipn 1783. Über Großbritanniens Verfaffung, Verwaltung und
Verhaͤltniſſe ſ. d. Att. England, Schottland, Irland, Englifhes
ch in Indien, Georg L., II., HLumIV., Nationalſchuld u. a. m.
hiſtoriſche Werke nennen wir: die von Hume und Smollet, welche WIN. Jo⸗
u f „„History of England during the reign of George Ill.‘ (Eondon 1825,
ve;) fortgefegt hat. Dieſes Werk enthält zugleich die Zeitgeſchichte. Allein der
iſt nicht unparteiiſch genug. Des kathol. Geiſtl. D. Lingarb „History of
from the first invasion by ihe Romans to the accession of Mary‘*®
2,4. 1825, 6 Bde., 4.) und die Fortfeg. bis auf Georg III. (zufammen
, &.) ift gründlich und gut gefchrieben; aber in Dinficht der kirchlichen Ges
ke einfeitig und befangen. Der Freih. C. A. v. Salis hat dieſes Werk uͤberſ.
ka&.D. 1827 fg.) Gruͤndlich a. d. Quellen und parteilos find Sharon Tur⸗
N Werke: 1) f. „History ofthe Anglo-Saxons from their first appearance
ka Eibe and their invasion of England to the norman conquest‘* (London
D. 4. A., 3 Bde.) 2) f. „History of England during the middle ages‘*
Bi. d. Erob. b. a. Deine. VIII.) (£ondon 1825 fg., 2. A. 6 Bde.) — Des
- John Ruffel „Geſchichte der engl. Regierung und Verfaffung von Heine
VIII. Regierung an bis auf die neuefte Zeit” hat D. Krig nach der 2. fehr
Ausg. uͤberſ. (Leipz. 1825). Ge. Moore's „Geſch. der beit. Revolut. von
u hat B. J. F. v. Dalem a. d. Engl. uͤberſ. pz. 1822. — Über flatifl.s
Berhaͤltn. ſ. m. die „„Lettres sur l’Angleterre‘‘, vom Bar. v. Staël⸗Hol⸗
Waris 1825), deutfch von Scheider u. d. T. „Üb. die Verfaff., Verwalt. u.
Mt, Bemeingeift Englands in Vergleich. m. Frankreich” (Sena 1825.) Auch
Leitres de Saint-James‘* (Genf 1819 — 26, 5 Thle.) verdienen Aufmerk⸗
bie; insbefondre: die „Voyages dans la Gr.-Bretagne, entrepris relati-
isux services publics de la guerre, de la marine et des ponts et chaus-
, aa commerce etäl’industrie, depuis 1816. Par le Bar. Ch. Dupin“
L 1820. 2.%., Paris 1825, 3 Abt. jede von 2 Boͤn.). Auch belehrt ber
meſten flatiftifchen Werhättniffe Lowe „England nach f. gegenwärt. Zuftande
eerbaurs, des Handeis und ber Finanzen betrachtet” deutfch von Jakob
18 )»
röße, Großenlehre, ſ. Mathematik.
BröBe, ſcheinbare. Wenn man von den aͤußerſten Enden eines ſicht⸗
Gegenſtandes gerade Linien nach dem Mittelpunkte der Pupille des Auges
fo Heißt ber Winkel, den fie bier einfchließen, der Sehewinkel, ober die
nbare Größe des Gegenſtandes. Diefer Sehewinkel wird bei einerlei Obs
Rehrlichertveife größer, je näher dieſes dem Auge kommt, und deſto Bleiner, je
es ſich davon entfernt. Nun hängt unfer Urtheil über die Größe der Ges
nde nicht allein von ihren wahren Dimenfionen, fondern auch von dieſem
intel ab; und Gegenftände von fehr verfchiedenen wahren Größen können fich
‚ange ſcheinbar gleich groß barftellen, wenn fie unter einerlei Sehewinkel ers
912 Grube
durften, dieſe Art von Verzierungen wählten. Da die Mauren fich ber
dienten, fo werden fie zuweilen auch Moreölen genannt. Die Römer b
ihren Zimmern Verzierungen an, unter denen man, außer dem Blumenn
Serien, Menſchen, Thiere, Gebäude u. A. auf eine Weiſe verbunden f
es bie fpielende Phantafie dem Kuͤnſtler eingab. Diefe Verzierungen (Di
nun heißen eigentlich Grottesken, weil fie in den Zimmern ber verfchütteter
der alten Römer und in Gewölben unter der Erde, die man Grotten nann
den wurden. Den Urfprung folcher phantaftifhen Sompofitionen, deren
bem fchönen Formenfpiel liegt, leitet Böttiger aus den mit allerlei Zabel
orientalifhen Maͤrchenwelt verzierten Indifchen und perfifchen Teppiche
den Bädern bes Titus und der Livia zu Rom, in der Billa Hadriand zu
den Zimmern der Gebäude von Herculanum und Pompeji und a. a. 9.
deren erhalten, bisweilen zu voll und zu reich verziert, aber in der Anor
Ausführung doch meift fehr fhägbar. Das erkannte Rafael, der durch
insbefondere Giov. Nanni dba Udine, die vaticanifchen Loggien nad) jen
malen ließ. Auch er bediente fich ihrer, wie bie Alten, zu Einfaffungen.
tet der Lieblichkeit aber, die ihnen, wenn fie gut find, nicht abzufprechen
doch oft fehr hart beurtheiltworden. Dieb gefchah von ſolchen, deren V
firenge Wirklichkeitsfoderungen machte, und bie daher das Phantaſtiſch
chenwelt anekelte. Zum Theil aber artete der Geſchmack am Grottesken
Bizarre und Midernatürlihe aus. Diefem gemäß bat ſich der Au
Grottesk ober Grotesk gebildet, welcher auch in andre Künfte überg
und häufig eine Art von Zerrbitd, das Naͤrriſch⸗Seltſame nämlich, dal
nige einer zuchtjofen Phantafie, bezeichnet. Wiefern fo etwas mit Abſicht un
ber Kunſt dargeftellt wird, gehört es zu ber Gattung des Komifchen; bah
endlidy mit Grotesk eine Art des niebern Komifchen bezeichnet. Dan
Art auch das Groteskkomiſche, welches ſich vornehmlich in der th
Tanzkunſt und der deamatifchen Komik zeigt. Wenn man es als Unedl
geſchmacktes geradezu hat verwerfen wollen, fo hat man nur den rechten
Geſichtspunkt dafuͤr noch nicht gefunden, den eines umgelehrten Ideals.
fer Seite betrachtet, erfcheint es, wo es nur ſonſt mit Geift und Wis b
als ungemein fchägbar, denn die Satyre reicht der Komik fchwefterlid
um burd) das umgekehrte Ideal für das Ideale zu wirken.
Grube (Grubengebaͤude, Berggebaͤude, Zeche), in
nen ein auf Gaͤngen, Lagern, Floͤtzen, Stock⸗ und Seifenwerken, au
aus mehren einzelnen beſondern Lagerſtaͤtten der Mineralien beſtehend
zum Betriebe des Bergbaues noͤthigen Waſſer⸗ und Tagegebaͤuden durch
Verleihung und Vermeſſung von Privatperſonen erb⸗ und eigenthuͤml
ter, oder vom Landesherrn vermoͤge des Bergregals beſeſſener Bezirk, wo
oder eine Gewerkſchaft, oder ein Eigenloͤhner Bergleute anfahren laͤßt, u
befindlichen Mineralien bergüblich zu gewinnen. — Insbeſondere nennt ı
oder Grubengebäude (Bau unter Tage) die verfchiedenen Anlagen und un
Aushölungen, deren Bildung durch die Berg» ober Bäuerarbeiten gel
welche die Auffuhung und Gewinnung der Mineralien zum Zweck hal
find ſowol ihren verfchiedenen Zwecken gemäß, als aud) der Form nad), !
Dem Zweck nach unterſcheidet man: 1) Verfuhbaue, Diejenigen &
welche zur Auffuchung bauwuͤrdiger Lagerftätten getrieben werden. ©
ba fie größtentheils im tauben Geftein getrieben werden, am voenigften ei
nen ald Verſuchbaue Stollen, Steeden, Querſchlaͤge, Schächte md
2) Die Abbaue find diejenigen Beranftaltungen, durch welche man bi
Mineralien unmittelbar gewinnt. Die Kormen, in welchen bie Abbas
ober die Theile einer Lagerftätte, die man gewinnen will, außgehaum we
Grube 913
erſchleden. Bei dem Abbau der Gaͤnge und der gangweiſe fallenden Lager
t man folgende Arten an: a) Stroßenbaue, welche in der Richtung von
nach unten angelegt werden, indem man, von der Sohle einer Strede aus,
a niederwärts aushauet. Es wird nämlich auf det Sohle der Strede ein
y Abteufen angefangen und alddann nad) der Richtung der Sohle das Erz aus⸗
m. Iſt der Haͤuer etwas vorwärts, fo wird das Abteufen um einige Fuß ties
dergebracht, und ebenfall nad) der Richtung der Strede von einem zweiten
: das Erz ausgehauen, jedoch fo, daB diefer zweite immer um mehre Fuße hits
m erften zurüdbleibt. Iſt ein ſolcher Bau längere Zeit hindurch betrieben,
ilt ex das Anfeben von einer Treppe. b) Sörftenbaue oder Firftenbaue
e ftufenweifen Aushauungen baumürdigen Grubenfelbes von unten nad) oben;
m Bau vorzurichten, durchfinkt man das Mittel mit einem Schadhte, treibt
Richtung des Mittels (Ragerftätte) eine Strede, welche man mit einer feften
erung, oder mit einem gemauerten Gewölbe verfieht, von welchem aus man
rften anlegt, indem man das taube Geftein zu Süßen hauet, oder ſolches von
andern Punkte der Grube, oder von Tage hereinbringt. Mit der Zeit gewinnt
zu das Anfchen einer umgekehrten Treppe. c) Örters oder Drtbauefind
gen Srubenbaue, wobeiman auf kurzen Diſtanzen Stollen nad ben bauwuͤrdi⸗
unten treibt, um diefe zu gewinnen. d) Querbaue werden nur felten
endet und nur bei mächtigen Gaͤngen und ſteil ftehenden Lagern ; man treibt
in der Michtung der Lagerftätte eine Strecke und auf biefe fenkrecht Beine
läge dicht neben und über einander, wodurdy man bie Erze gewinnt und
man alsdann mit taubem Geſtein ausfülit. — Bei dem Abbau von Floͤtzen
schfallenden Lagern wendet man an: a) den Pfeilerbau. Hierbei richtet
ie Lagerftätte mit einem Stollen oder Schacht aus (fucht fie zu erteichen),
sach dem Streichen derfelben Streden, weldye man mit andern, die nach dent
getrieben worden find, verbindet und fo das Feld in lauter Pfeiler abtheilt,
man wegnimmt und dann die Streden zu Bruch gehen läßt. b) Der Stre
am erfcheint als ein roeiter, in das Floͤtz getriebener Raum, wodurch deffen
irdige Theile abgebauet werben. — Bei dem Abbau der Stöde, Stods
und Stüdgebirge endlich wird der Stockwerksbau, der Steinbruchsbau und
mchbau angewendet. a) Die Stodwertsbaue beftehen in mehr ober
e geoßen in der Erzmaſſe ausgehauenen Weitungen, die von Pfeilern unters
und etagenroeife durch fefte Sohlen von einander abgefonbert find. b) Dei
nbruchbau ift der Abbau ganzer Gebirgsmaflen von Tage nieder und bee
ätfte von allen (f. Steinbrücde). c) Dee Bruchbau ift derjenige, wos
man die, bucch die Altern ſchlechtern Baue zu Bruce gegangenen Theile eine®
verkbaues gewinnt. — 8) Hülfsbaue find Grubenbaue, durch welche
glich gemacht wird, daß die Abbaue beſtehen koͤnnen, und daß das Gewonnene
g zu Tage geſchafft werden kann. Es gehören hierher: a) die Stollen zur
cioſung, zur Foͤrderung und zum Wetterwechſel, wetden aus einem Thale ober
gend einem tiefern Punkte des Gebitgs in horizontaler Richtung In daffelbe hin⸗
zieben. Die Form eines Stollene ift die eines Prisma, deſſen Baſis im All⸗
zen ein Rechteck bildet. Erbſtollen ift ein folcher, welcher der tieffte In
Begend ift und einer oder mehren Gruben Waffer: und Wetterlofung verſchafft.
Sfchen find Stollen, welche ben Maſchinen Waffer zus ober abführen. c) -
Echte find Baue, die entweder von der Erdoberfläche, oder von irgend einem
be unter der Erde ab, in fenkrechter oder in fchiefer Richtung, in beftimmter
und Breite zu verſchiedenen Zweden in die Tiefe des Gebirgs hinab gearbel⸗
zden. Die Form der Schächte ift entweder die eines Länglichen Vierecks, oder
uadrtats, oder einer Ellipfe, oder eines Kreiſes. d) Radſtuben und andre
‚wellung ber Mafchinen ausgchaucne Räume, — Der Form nach unterfchels
my.» Ber. Siebente Aufl. Br. IV. ss
914 Grübel Grumbach
det man: 1) Grubenbaue in Stollenform: a) Stollen; b) Strede
benbaue in Schachtform: a) Schächte; b) Kichtlöcher, d. b. ſolche Sch
Zweck haben, einem Stollm mit Wettern zu verfeben. 3) Grubenba
von Stollm ale Schächten in der Form abweichen und wodurch man
einen oder andern Punkte eine größere Aushöhlung bilben will, find u
verfchiedenen Arten der Abbaue, bie Radfluben u. f. w.
Gräber (Johann Koncad), Bürger und Stadtflafchner zu Ri
dafelbft 1736, lernte von f. Vater, ebenfalls Flaſchner, kuͤnſtliche me
beiten verfertigen, weldye zum Theil nach Italien in Kirchen und a
Piäge gelommen find. Vorzuͤglich iſt er durch f. Gedichte in Nümb
art (4 Bde., von 1798 — 1812) als ein Geiſtesverwandter ſ. Landen
Sachs, ruͤhmlich bekannt geworben. Mach einem thätigen, einfachen
Leben, ſtarb er 1809. Freunde, die den wadern Mann perfönlidh
fihern, daß man ihn ganz aus f. Gedichten kenne. Er ſteht aber in
ftellungen und Äußerungen als ein Mufter von Seradfinn, Menfche
Scharfblick in f. Kreife da. Keine Spur von Schiefheit, falfcher
dunkler Selbſtgenuͤgſamkeit, fondern Alles ar, heiter und rein. Di
er bearbeitet, find meift bürgerlich oder bäuerifh. G. verſteht die ©:
Männer und Grauen, Altern und Kinder, Meifter, Gefellen und
Nachbarn, Nachbarinnen, Vettern und Gevattern, ſowie ber Dier
Dienen, in Gefprächen und Erzählungen auf das Lebhafteſte und An
Augen zu fiellen. Manchmal ergögt er ſich an mehr ober minder beii
mecumögefchichten, bei welchen aber burchgängie bie Ausführung di
Hinfchreiten zu der legten Pointe als das Vorzüglichfte und Eigenthl
fehen tft. Andre Gedichte, wo er fein perfönliches Behagen bei bieft
Genuß ausdrüdt, find hoͤchſt ergöglich; und fehr gefällig iſt es, daß de
dem beften Humor, ſowol in eigner al& dritter Perfon, fich öfter zun
Daß ein fo gerad ſehender, wohldenkender Mann auch in Das, was bie bi
vornehmen, einen richtigen Blick habe, und manchmal geneigt fein
und jene Verirrungen zu tadeln, laͤßt ſich erwarten: allein ſowol bier a
wo ſich ſ. Arbeiten Demienigen nähern, was man Satyre nennen koͤnn
gluͤcklich. Die befchränkten Hanbelöweifen, die der kurzfinnige Men
mit Selbftgefälligkeit ausübt, darzuftellen, ift fein großes Talent.
einen fo wadern Bürger ‚mit leiblicher Bequemlichkeit, bald in, ba
auf Märkten, auf Piägen, auf dem Rathhaufe immer beiter und [paf
fo ift e8 merkwürdig, wie er in ſchlimmen Zagen fich in gleihem Humo
über die außerordentlichen Übel, ſowie die gemeinern ſich erhaben fühlt
fein Styl einen hoͤhern Schwung nähme, flellt er den bürgerlichen Zufl
der Theurung, anhaltenden Froſtes, Überfchmenmumng, ja während ı
vor. Sein Dialekt hat awar etwas Breite, iſt aber doch f. Art zu dich
fie. Seine Spibenmaße find ziemlid) varlirt, und wenn er bem einn
nen auch ducch ein ganzes Gedicht nicht völlig treu bleibt, fo macht es
Zon der ganzen Dichtart feinen Mißtklang.
Grumbad) (Wilhelmv.), ein fränfifcher Edelmann, ber 1553 ü
mit dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg: Kulmbady eine Fehde:
Ihöfe von Bamberg und Würzburg begann, in die Reichsacht verfiel,
für den Verluft f. Güter zu rächen, den Biſchof von Würzburg, Mel
bei, durch Meuchelmord umbringen ließ (1558). Als darauf das Dr
Sache vor den Kaifer brachte, um den Schuldigen beftraft zur fehen, ve
G. einen zahleeihen Anhang unter dem fraͤnkiſchen Adel, uͤberfiel 156
Würzburg, und zwang fie zu einer fchimpflichen Capltulction, Zugl
den leichtgläubigen Herzog von Gotha, Johann Friedrich, Durch bie Hoff
Intereſſe gezogen, daß er die von Karl V. f. Vater entzogene Kurwuͤ
Grund 915
teber erhalten koͤnne. Dafuͤr aber traf auch diefen die Acht, mit
hung Kurfürft Auguft von Sachſen beauftragt wurde. Nach einer
rung wurde Gotha mit dem feften Schloffe Grimmenſtein am 13,
übergeben. Der Herzog mußte durch lebenslaͤngliche Gefangenſchaft
wurde lebendig geviertheilt. Dies war das Ende eines Mannes, der
iglichem Muth, ausdauernder Standhaftigkeit und vieler Einficht in
Kriegsgeſchaͤften Schwäche, Wankelmuth und Bosheit verband.
:d, in ben zeichnenden Künften: 1) die Materie, worauf eine Zeich⸗
n Gemälde verfertigt iſt; 2) die Über diefe Materie verbreitete erſte
worauf das Gemälde fodann gefebt wird; 3) derjenige Sarbenauftrag,
man die Gegenftände des Gemaͤldes erblidt; 4) die Fläche überhaupt,
: Gegenftände geftelit find. Was die erfte Bedeutung betrifft, fo nennt
cher auch den Firniß, mit welchem eine politte Platte überzogen wird,
(gen tauglich zu machen, den Grund, und biefes ganze Verfahren das
oder Grundiren, von welchem zum großen Theil Die Vollkommenheit
hängt. In biefen Grund wird die Zeichnung mit einer Nadel gemacht,
bmwaffer aufgegoffen, welches bloß in den mit der Nadel gemachten Ums
Strichen einfrißt. Dan hat zweierlei Arten von Äggrund, den harten
Meuere Künftter übergründen bie Platte bisweilen noch, d.h. _
yen diejenigen heile ber Platte, an welchen das Scheidewaſſer hinlaͤng⸗
. bat, mit einem Firniß, damit es bloß an den übrigen noch tiefer eins
Was die zweite Bedeutung des Ausdrucks Grund betrifft, fo ift zu
aß jede Materie, worauf gemalt werden foll, gehörig zubereitet werden
das Gemälde theils haltbarer, theils fcheinbarer werde. Holz übers
mit Leim, um die Luftlöcher zu füllen, firnißt baffelbe und ftreicht es
Mauergrund muß ebenfalls befonder6 zubereitet werben; Leinwand
in einm Rahmen, traͤnkt fie mit Leimwaſſer, reibt fie dann mit Bims⸗
st eine einfache Farbe auf, worauf, wenn diefe traden geworben, die
och einmal mit Bimsflein geglättet wird. Dieſes nennt man ebenfalls
er Grundiren, gebraucht denfelben Ausdruck aber aud von der erften
n Farbenlage insbefondere, wobei zu erwägen ift, daß die Wohl diefer
für das Gemälde keineswegs gleichgültig iſt, indem ein geoßer Theil der
id Dauer beffelben davon abhängt. Bei dem Grund in der britten Bes
ichſam al8 Hintergrund des Bemäldes) hat der Maler wol zu beberzigen,
Farben einander zerftören, andre einander heben. Fleiſchfacbe wird
em gelben Grunde, Blaßtoth erfcheint lebhaft und feurig auf einem
de. Man muß alfo den für bie dargeftellten Gegenftände vortheilhaf⸗
ıd nach den Gefegen der Harmonie und des Gontraftes auswählen. Dft
* Grund die allgemeine Wirkung der Scene, unterftügt die Maffen,
Aguren geltend, belebt ober zerftört den Ausdrud. Von Grund in ber
yeutung iſt zu bemerken, dag man bei Landſchafts⸗ und hiſtoriſchen Ges
Grund nach den Graden der Nähe und Entfernung in den Vor s, Mit⸗
ndergrund eintheil. Der Vor⸗ oder Vor derg rund iſt der unterfte
ven, welcher bie nächiten Gegenſtaͤnde vorftellt; der höhere Theil, weicher
eren Gegenftänbe vorftellt, wird der Hintergrund oder die Berne ger
)a8 allgemeine Gefeg für ſolche Darſtellungen ift: die Erhöhungen diefer
a nicht leicht unmittelbar über einander zu ftehen fommen, fondern durch
ng einander ungezwungen ausweichen. Es gilt hier eine genaue Beob⸗
vol der Karben» oder Luft, als der mathematiſchen Perfpective. Die
ı Gegenftände werden verkleinert, mit weniger Deutlichkeit und ſchwaͤ⸗
m gezeichnet, und der ferne Sarbenton barf gegen bie jedetmalige Farbe
d des Himmels nur wenig abflechen. Wo ref nicht durch die
. & v
918 Grundeigenthum
Beſitzergreifer gelegt wuͤrde, Andre von der erſten Bedingung Ihres natkefid
ſeins gänzlich auszufchließen. Daher gehört das Privateigenthum am Ga
Boden zu den Einrichtungen, welche erft durch den Staat zu Stande gebra
den, aber eben deßwegen auch, um dies hier vorläufig zu bemerken, dem S
geftalt unterworfen bleiben, daß fie von ihm, fo oft es nöthig iſt, wieder ab
werden koͤnnen. Außer dem Staate hat der Menſch nichts Eignes aid
ale den Anſpruch auf Achtung ber perfönlichen Wuͤrde, weldye in feiner ho
flimmung liegt und welche Andern verbietet, ihn als bloßes Mittel für ik
zu gebrauchen, fich feiner Kräfte und des bamit Gewonnenen wider fe
len zu bedienen. Arbeit ift alfo der Grund alles Eigenthums (außer dem
und ihr aͤußerliches erkennbares Dafein, d. t. die durch fie hervorgebtac
zugleich daB Zeichen, woran Andre abzunehmen haben, bag in eu
etwas liegt, welches ihnen verbietet, folche für fi zu gebrauchen. .
Arbeit legt der Menfc einen Theil von fi) in eine Sache, und w
mit feiner Perfon, aber keineswegs für ewige Zeiten, fondern nur au]
als bis die Natur jene von den Menfchen ihr aufgedrüdte Korm wied
geftoßen und verwifcht hat. Denn alles Ergebniß der menſchlichen
Naturftoffen ift nur Form und Ortsverhaͤltniß, nicht ein Dervorbting
Menfc kann nichts Neues ſchaffen — dies iſt ein Vorrecht, welches
nach ewigen und unveränderlichen Gefegen vorbehalten worden ift, —
Tann bloß die Formen und Verbättniffe der natürlichen Dinge verändern,
bindungen bringen, worin die ſchoͤpferiſchen Kräfte der Natur feinen 30
bar werden. So druͤckt er den Dingen fein Gepräge auf, und übt jen
des Geiſtes Über bie Materie, deren Erweiterung ein wichtiger heil fe
mungift, ober welche, wenn man auch die Beherrſchung feiner eigna
Triebe nach Vernunftgefegen, und die Unterordnung bes ganzen Menſche
im dußern Handeln unter Befege des Rechts aus dieſem Geſichtspunkt
überhaupt feine Beftimmung auf Erden erſchoͤpft. Es gibt alfo zw
Staat eine Art von Eigenthum, aber nicht als ein felbfländige® und
Recht, wozu es erft im Staate wird; fondern ba der Menſch an der 9)
befigt als die Arbeit, welche er in fie gelegt, d. 1. bie Form, welche et
bat: fo muß dies Recht aufhören, fowie fich jene Arbeit wieder verl
Form verſchwindet. Die Natur bat eine Tendenz, das kuͤnſtliche Ger
abzuftreifen; das Gebild der Menfchen Echrt zur Sormlofigkeit, das gez
zur Wildheit zuruͤck, der bearbeitete Adler wird wieder zur Wildniß.
menfchlichen Arbeit liegt nichts mehr darin, ein Zweiter, welcher die Sa
Zwecke ergreift, entreißt keinem Andern die Fruͤchte feiner Kraftänferung
Eigenthum iſt nicht mehr bie Rede. IV. So wie es nun von dieſem phi
Standpunkte aus durchaus unzulaͤſſig iſt, den Staat als eine Vet
Grundeigenthuͤmer zu betrachten, weil die letztern erſt durch den Staat n
fie find, und es ebenfo ungereimt ift, fein Dafein von etwas abzuleitı
in ihm entfteht, als den Adel fuͤr älter und von dem Fuͤrſtenthum unabt
klaͤren: fo iſt e8 auch von der hiftorifhen Seite durchaus unrichtig.
fchichte aller Staaten kommen wir mit voller Gewißheit bis zu dem M
wo daB Stantögebiet ſich noch im ungetheilten Eigenthume der Gefam
det, aber auch zu der großen Unterfcheibung dieſes Geſammteigenthum
es Stammes s oder Gemeindeeigenthum it. Jenes ift offenbar die d
welche fich zuerſt in der patriarchalifchen Verfaſſung entwickelte, und
faſt aller Staaten zu bemerken if. Die Entftehung des Stamm
weiß man nicht anders abzuleiten, als aus der unmittelbaren Werleihung
Weſens. Go hatte Jehova dem Stamme Abrahams das Land am Ft
Gen, unb fo fchreiben noch heute die nordameritanifchen Stämme dad!
then Menfchen an ihrem gemeinſchaftlichen Jagdbezirk von einer chen
Grundeigenthum 919
Seiſtes her. Daraus wird aber auch erklaͤrlich, wie es zugeht, daß, wenn man
agt, das Sefammteigenthum zu vertheilen, faſt überall ein bedeutender Theil,
»üne bleibende Abgabe, der Zehnten von allen Fruͤchten, für den Dienft der Nas
Lgottheiten vorbehalten wird. Aus dem Geſammteigenthume entfteht aber in
ztriacchalifchen Verfaffung zuweilen ein ausfchließliches Eigenthum des Stams»
berhaupts. Denn indem der Alteſte tes Stammes der Repräfentant des Gans
ı allen Beziehungen wird, geht „uch das Recht aufihn über, das gemeinfcafts
Bebiet zur einzelnen Benusung zu vertheilen. Wenn nämlich die Bevoͤlke⸗
waͤchſt, und die Ausfendung von Golonien oder die Auswanderung eines Theils
Stammes durch die Umſtaͤnde verhindert wird: fo bleibt nichts übrig, als der
durch regelmäßige Anbauung ein reicheres Maß von Nahrungsmitteln abzus
men, und indem ſonach das Jagd⸗ und Nomadenvolk ſich zur härtern Arbeit
ckerbaus bequemt, wird auch eine Vertheilung des Gebiets in ein mehr oder
ver feſtes und ſtrenges Privateigenthum unvermeidlich. Aber die Formen, unter
en biefe große Veränderung vor fich geht, find von unendlicher Mannigfaltigkeit.
find es jährliche Austheilungen an die Einzelnen ; bald wird das Land im Sans»
n Die Zweige des Stammes, die Alteſten des Volkes, und von diefen wieder
> vertheilt; felten gefchieht dies unentgeldlich, meiſtens gegen einen beflimmten
ber Fruͤchte, oder gegen eine ohne Rüdficht auf die Ernte zu entrichtende
me. Die Begriffe des Sefammteigenthums verlieren fi) nach und nad), zus
wenn neben der jährl. Austheilung, oder in benachbarten Völkern, ein fefteres
weigenthum auflommt; das Stammeshaupt witd aus dem Verwalter des Ges
zutes deſſen ausſchließlicher Eigenthuͤmer. So iſt es in den meiften ſuͤdaſiati⸗
Staaten gegangen, aber auch bei dem Wolke Europas, in welchem ſich eine
rechaliſche Verfaffung wenig modificirt durch die allgemeine Staatsverfaſſung
die neuern Zeiten erhielt, in den galifchen Stämmen der fchottifchen Hochlande,
u wir diefelbe Erſcheinung. in jeder Stamm betrachtete fidy.bort als eine Fa⸗
„ deren Älteſter, der Laird, der Here war; das ganze Stammgebiet gebörte
u, er vertheilte Das, was er nicht für ſich und für das Ganze behielt, in größern
Ben an feine nähern Verwandten (Tacksmen), welche e8 wieder in kleinern
en an die Gemeinen verliehen oder verpachteten. Aber audy die Verleihung an
acksmen war nur eine vorübergehende, denn fie mußten immer im Fortgange
kefchlechter wieder den nähern Verwandten des Laird Platz machen. Je deut⸗
diefe urfprüngliche Beſchaffenheit des Grundeigenthums ſich erkennen läßt,
größer ift die Ungerechtigkeit, welche bie jegigen Häupter der hochſchottiſchen
8 dadurch begehen, daß fie den Stamm felbit aus dem gemeinfchaftlichen Eis
um, aus feinen uralten Wohnfigen vertreiben, um das Land ale Schafmeiden
nem höhern Ertrage zu bringen. ine fehr verfchiedene Beſchaffenheit hat das
minteigenthum ded Bodens da, wo die Stammverbindumg durdy die Gemeinde⸗
fung gefprengt wird. Dies mußte überall erfolgen, wo ein Theil der Stämme
mehmender Volksmenge ſich neue Wohnpläge fuchte, und wo, um den Wider⸗
ı der alten Anſiedler zu befiegen, die Auswanderer mehrer Stämme ſich mit ein=
e vereinigten. In der Gemeinbeverfaffung gehörte das Gefammteigenthum
atlichen Senoflen (doch auch hier gewöhnlich ein heil den Göttern, ein Theil
Führer und Vorfteher), und bei der Eriegerifchen Tendenz der meiften Gemein⸗
weiche immer zwifchen Eroberung und Vertheidigung ſchwankten, mußten dies
a darauf bebadıt fein, daß auf dem gemeinſchaftlichen Eande immer eine hinrei⸗
de Zahl flteitbarer Männer fige, fornie daß nicht durch Zufammenkauf, oder
haft ein zu großes Beſitzthum in die Hände eines ober des andern Gemeindeglies
komme, Dan machte daher eine beſtimmte Zahl von Koofen, groß genug, um
Famille von Freien zu ernähren, und fuchte ſowol deren weitere Theilung als
Bufammenfchmelzung durch Geſetze zu verhindern. Dies geſchah vornehmlich
Sparta, aber ohne feinen Zweck zu erreichen. In Rom war vor den 12 Tafeln
Arpelten zwangen. Es war daher ein [ehr großer Wetwinn |
den zwölf Tafeln: in jener berühmten Stelle, Über deren Gin
Antoninen nicht mehr einig war, und welche man fogar von ;
‚per verftanden hat, allem Anfehen nad) Verkaͤuflichkeit und
gerlichen Guͤterlooſes feflgefegt wurde. Zugleich zeigt ſich
Schriften), daß das Verlangen der Volkögemelnde, eine neu
der Gemeinbegrundftüce anzuordnen (die leges agrariae)
ben des Rechts beruhte. Nachdem aber einmal jener bedeu
war, entwidelte ſich im roͤmiſchen Rechte immer mehr eine vol
Theilbarkeit des Grundeigenthums, welche den Charakter bi
macht. In den germanifcyen Staaten war Sprengung ber al
durch die Gemeindeverbindung das Grundprincip, welches i
Gefolges zum Führer feine erfte Entfichung fand. In dent
teten ueuen Staaten entftand aber allerdings ein vielfach com
genes Verhaͤltniß, da bald die alten Bewohner alles Landeigent!
{in Englant, bald nur einen Theil ihres Landbeſitzes abgaber
dem füblichen Frankreich, auch dieſe Theilung felbft mannig|
In Anſehung de& auf die Eroberer kommenden Antheild am
eine Hauptabtheilung.batin, daß ein beftimmter Theil der Me
weldyer davon auch das Gefolge zu ernähren hatte, ein an
felbft, und zwar nach gewiffen Unterabtheitungen, Zehnſch
Gemeindegut eingerJumt wurde. Dies legte (Ails oder Gr
von entfernt, freies Eigenthum zu fein, benn auf ihm haftet
bann zu erfcpeinen. Es hat fidy bier und dort länger ale
wurde zumellen vom Vorfteher der Gemeinde zur Gultur veri
iſt es kriegsdienſtpflichtiges Gut Eingelner geworben. Auf
dete ſich ſowol die Untheilbarkeit, welche man in einigen V
auch die Ausſchließung der Weiber van ber Erbfolge (in die
ten). Diefem Gemeindegute, dem Allode (bei den Sachſen
veland, Volksland, Richterland), fand gegenüber das Kü
dem Fuͤrſten bald dazu benugt wurde, ſich aus der Maffe des |
ger al& der Befiegten, wieder ein neues Gefolge der enger un
Grundeigentum 921
ſowol unter einander ald mit dem Verhaͤltniſſe der freien und unfrelen Pach⸗
:otonen, Erbzins⸗ und dienftpflichtigen Leute; wie fich das Band befonderer
t und Treue bald fefter bald loderer um Alle gefchlungen hat, wie hier die ges
Freiheit im Lehnweſen und in gutshertlichen echten untergegangen ift, dort
ich auch die urfprüngliche Unfreiheit wieder geloͤſt hat, das ift hier nicht weiter
folgen. Es genügte zu zeigen, wie in den neuern europäifchen Staaten das
teigentbum am Grund und Boden fid) aus einem Gefammteigenthume her⸗
dildet hat, und nod) die unverkennbarften Spuren diefer Entftehung an fich
wie es alfo auch auf einer Verleihung von Seiten der Gefammtheit beruht,
‚aber die Grundeigenthuͤmer kein vom Staate unabhängiges Recht an Grund
Boden haben. Was ihnen der Staat dabei gegeben hat, ift nicht etwa bloße
!tennung und Sicherung eines auch ohne ihn vorhandenen Rechts, fondern es
& Recht ſelbſt. Es iſt kein willkuͤrliches Recht, fondern zugleich mit fehr bes
nten Pflichten verknuͤpft, und ficht feinem Dafein und feinem Gebrauche nach
hthin unter der Öefepgebung des Staats. Die Grundeigenthuͤmer find nicht.
Bolt, fondern eine Giaffe deffelben, welche wie alle andre mit ihrem Gute und
br Sur dem Ganzen zum Dienft verflichtet find. Aus jenen unleugbaren hir
chen Vorderſaͤtzen ergibt ſich auch, wie unrichtig es iſt, wenn man die Domals
‚üter unbedingt entroeder für Staatsguͤter oder für Privatgüter der regierenden
‚lien erftäcen will. Die fämmtlichen deutfchen Staaten haben ſich aus Reichs⸗
rn und Adlodialbefigungen zufammengebildet, wovon auch jene mit dem Genuß
mmter Amtsguͤter und nugbarer Rechte verbunden waren. In den Domalnens
llen ift altes Reichsgut, Staatsgut und Privatygut verbunden und eine Schei⸗
3 wäre beinahe vom Anfang an unmoͤglich gewefen. Aber bi6 auf bie neueften
m iſt es ftaxtsrechtlicher Grundfag gewefen, daß auß den Domainen nicht bloß
Jofhaltung, fondern auch die Koften der Staatsregierung beftritten werden mußs
und die Unterthanen nur das Fehlende beizutragen hatten, woraus fid) denn
gemifchte Eigenſchaft jener Güter offenbar ergibt. in großer Theil der neuern
nainen ift überdem ehemaliges Kircyengut, deffen Übergang in das Privateigens
u der fürftt. Familie fehr ſchwer zu erweifen fein möchte. Daher ift auch in den
Ren deutſchen Staaten hierüber durch befondere Verträge das Nöthige bes
mt worden. — V. Die Geſchichte geht aber nun auch darin mit der Philoſo⸗
Hand in Dand, daß wie jene fic) Dagegen verwahrt, daß das Grundeigenthum
ein volllommen freies, und beliebig zu brauchendes Beſitzthum vergeben fei, biefe
folche Verleihung als unzechtmäßig ja als nichtig verwwerfen müßte. Nicht das
ngfte Theilchen wirklich beftehender Rechte darf durch ſolche philofophifche Gründe
hoben werden, aber wol hat die Vernunft bei der Stage, was in den beftehen-
Rechten eigentlich enthalten fei, eine nicht zu veradhtende Stimme. Dem ges
un Menfchenverflande leuchtet ſchon ein, daß einem jeden Menfchen die erfte Ber
zung feines phyſiſchen Beſtehens, ein Platz aufder Erde, gegönnt fein muß, und
m die Zahl derer, welche an der Bruſt diefer gemzinfchaftlichen Mutter ihre Nahe
g fuchen, zunimmt, die früher gefommenen zuruͤcken müffen. &o lange daher
Boden noch Stellen hat, auf welchen fi) Menfchen naͤhren Eönnen, fo kann es
win der Willkuͤr der Befiger liegen, folche der Menſchheit zu entziehen. Sie
ſchuldig, den Boden fo zu benugen, wie es der Zweck des Ganzen erfodert.
hn jedes Recht gründet ſich auf eine Pflicht, und aud) dad Grundeigenthum wird
dadurch zum Mecht, daß es die Verbindlichkeit auf fi) genommen hat, der
nſchheit die naͤhrenden Stoffe von der Natur zu verfhaffen. Se dringender und
iger diefe Pflicht bei fieigender Bevölkerung wird, defto nothwendiger wird für
Staat die Aufjicht über ihre Erfuͤllung, deſto heiliger aber auch das Recht Defs
der fie unmittelbar auf fid) genommen hat. Mad) dieien Vorderſaͤtzen haben
Staaten von jeher gehandelt; fie haben es verhindert, dag cin ertragsfühiges
924 Grundton Gruner (Chriſtian Gottfried)
die Grundſteuer als Antheile ber Regierung an dem Grundvermoͤgen der Pri
perfonen, die ihr von Mechtöwegen zutommen, zufammengebracht und abgeli
werden müffen, fo ändert dies den Begriff der Abgaben uͤberhaupt. Sie hoͤren
Abgaben zu fein und werden eine Laft, die auf dem Grundſtuͤcke haftet, die abe
Grundeigenthuͤmer nicht bezahlt, die ihn alfo auch nicht druͤckt. Das Grund
koſtet ihm um fo weniger Gapital, als die Grundabgaben als proportioniclice
fen betrachtet werth find. Hat z. B. ein Grundſtuͤck 40 Thir. Grundfteue
Lich zu bezahlen, fo ift es LOOO Thlr. weniger werth, al& wenn keine Grund
darauf haftet. Da nun der Eigenthuͤmer diefe 1000 Thlr. nicht bezahlt hat
gehört ihm auch das Einkommen jener 40 Thle. nicht, fondern er hat fie dem St:
dem fie allein gehören, zu berechnen. Die Anhänger diefer Meinung ſchließen
nad), daß e6 völlig einerlei wäre, wie hoch die Grundſteuer ſei, wenn fie nur
verändert würde; die Ungleichheit diefer Steuer fei auch weder ein Fehler, nodı
gerecht. Wer ein fteuerfreies But hat, befigt ein größere® Eigenthum als der, m
cher ein fleuerbares von gleichem Umfange ımd gleicher Güte, Hat. Der lehtcte ſ
den Staat zum Miteigenthämer, erfterer nicht. Wenn daher ber Staat has
freie Güter mit Grundfteuern belegen, oder die Grundſteuer ber fleuerbaren Ode
erhöhen wolle, fo fei da® ungerecht und ein offenbarer Eingriff in das Eigenth⸗
recht. — Dies ſtimmt aber wie gefagt nicht mit dem eigentlichen Sinne der d
gaben. Daß fie das Einkommen bes Gebenden vermindern, ift natürlich; fa
fie aber alle Arten des Vermögens und Einkommens proportionirlich treffen untl
mal die nothwendige Bedingung des Schuge® und der Sicherftellung deſſelben ih
ann fid Niemand davon losmachen wollen ohne ungerecht gegen die übriyap
fein, die aufihre Unkoften ihn übertragen müßten. Werden alfo höhere Ace
nöthig, fo muß ſich das jeder gefallen laffen, mithin auch ber Grunbeigeuthäme F
Der Umftand, dag dadurch fein Grundſtuͤck an Capitalwerthe verliert, kam Bi
Grund zur Befreiung von der Abgabe oder deren Erhöhung fein, benn dies Ira
bann jedem Vermögen. Auch kann nur Verluft am Capitalwerthe der
de entftehen, wenn die Abgaben nicht richtig vertheilt würden, benn auferteam@ |,
mindern fie nur die Einkünfte. Wer bisher feln perfönlicyes Capital auf MR |
Thlr. reines Einkommen nügte und nun eine Abgabe von 5 Proc. zahlen mb P ||
hätt freilich nur noch 950 Thlr. reines Einkommen; aber fein Capital ſch
fich nicht vermindert. Gerade daffelbe begegnet dem Brunbeigentpümer, WW
1000 Thlr. jährlich Pacht erhleit und nun 50 Thir. davon abgeben mul 'M
Kuͤnſtler, dem Gelehrten an ihrem Einkommen von Gewerbe, Talente u, ſ. MB
feiner wird fein Vermögen mehr auf 1000 The. nügen, fondern jeder um S0DW
weniger. — Nur dann, wenn die Grumbdfteuer die einzige nach bem reis
Eommen bemeffene und aufgelegte Steuer wäre, wuͤrde der Einwurf gegrimie Wi
denn in biefem Falle würde jemand fuͤr ein Grundſtuͤck, deffen Einkommen ter
Steuer vermindert wäre, nicht mehr ein fo großes Capital geben, als vorde
dann das reine Einkommen von allen übrigen Capitalen unbeftewert geblieben
dem Befiger alfo immsrfort nody 1000 Thle. brädyten, wo ber Grunde
mer nur 950 gewoͤnne. Aber dadurch würde nicht die Ungerechtigkeit der
feuer überhaupt, fondern nur die einfeitige und ſchlechte Anordnung bei
wiefen.
Grundton,f.Hauptton.
Grundftoffe, f. Elemente,
Gruner (Chriffien Gottfried), ein berühmter Arzt, geb. d. 8. Rev L,
zu Sagan, verbantte ſ. erſte Bildung dem Rector Harmuth daſelbſt. Zur
Art von Selbſtbiographie (f. Gruner’ s ‚Almanach für Ärzte und Nictözzte ur
1787" S. 145), erzählt er die forderbare und mühfame Act, wie er das
der fat. Sprache getrieben. 1762 bezog er das Gymnaſium zu Goͤrin, me 11@
— —
Gruner (Karl Juſtus v.) 925
or Geisler f. Hauptbildung, und vorzuͤglich die Liebe zu den Alten verdankte.
ihre fpäter ging er nach Leipzig, wo fünf Fahre hindurch Ernefli, Morus,
Clodius u. A. [. Hauptichter waren, Allein das Studium der Theologie,
er dem väterlichen Willen gemäß hatte wählen müffen, erichien ihm, wie
limanach für Ärzte) fagt, emengend und befchräntend. Sein Vater war
sftorben, und dies beflimmte ihn, fich der Medicin zu widmen. In dem
3e geiftreicher Maͤnner, eines Bofe, Gehler, Pohl, Reichel u. A. fühlte er ſich
ich, daß ihn nur die Unwahrfcheinlichleit einer baldigen Verforgung abhielt,
und Lehrer in Leipzig fein Fortkommen zu gründen. Er ging daher, nach»
1769 zu Halle promovirt hatte, nach ſ. Vaterlande zuruͤck, und lebte dort bis
(8 praßtifcher Arzt. In d. J. folgte er einem Ruf nad) Jena, als Prof.
anik; 1776 ward er von dem Herzog von Sachfen: Weimar zum Hoftath
IL von dem Herzog von Sachſen⸗Koburg zum geh. Hofrath und Leibarzt
. Nah Neubauer's Tode (1777) ruͤckte er in die zweite, und nach Nicos
leben (1803) in die erfte Stelle der Facuttät hinauf. Er las mit Beifall
e alle praktiſche und theoretifche Theile bee Medicin, bie ans Ende f. Lebens,
ei gründeten einige gluͤckliche Curen f. Praxis, wiewol er ihr in fpätern Jah⸗
agte, da fie ſ. Liebe zur Unabhängigkeit und zum ungeflörten Stubiren hin»
var. Diefer Abgefchiedenheit von der Welt verdanken wir f. zahlreichen,
: über alle Kächer der Medicin verbreitenden Schriften. Die Zahl der grös
erke beläuft fich auf 50; außerdem hat er über hundert Programme und an»
demifche Schriften, Worreden, Recenſionen u. f. w. gefchriebn. Wenig
ıben mit einer fo feltenen Gelehrſamkeit, mit biefer Mannigfaltigkeit und
igleit des Willens, fo viel Klarheit und Tiefe verbunden wie ©. Bei der
hen Theorie, die er befaß, voar er aber dennoch praktifcher Gelehrter ; denn
erft dann in f. Wilfenfchaft die volle Befriedigung, wenn fie, wenigſtens
fe, ins Leben eingriff. Dies hat er u. a. In f. „Bibliothek der alten Ärate in
‚und Ausz.“ (Reipz. 1780— 82, 2 Thle.) gezeigt, wo er immer das Prakti⸗
Auge behält. Die Fortſetzung unterblieb, als die Grimm'ſche Überfegung
en Dippoßrates erfchien. Außer dem Stubium der Sefchichte der Medicin ges
Dathologie und Zeichenlehre („Semiotice physiologicam et pathologicam
xa‘, Halle 1775; deutſch Jena 1794), gerichtliche Medicin und medicinis
igei („Kurzgefaßtes Spftem der gerichtlichen Arzneiwiſſenſchaft, entworfen
D. Metger, nach bed Verf. Tode mit Zuf. herausgeg. von C. G. Gruner“,
. 1814), allgemeine und fpecielle Therapie zu ſ. Lieblingsfähern. S. das
fämmtl. Schriften in Guͤldenapfel's „Jenaiſchem Univerfitätsalmanacy”,
316. Eine Dislocation des Magens, durch Leibſchaͤden erzeugt, endete f.
Leben d. 4. Dec. 1815, im 71.3. Es gab faft feine Akademie oder ges
efelifhaft in und außerhalb Deutfchland, die G. nicht als Ehrenmitglieb
mmen hätte. Mod) kurz vor ſ. Zode erhielt er von dem koͤnigl. Collegium
ın zu Stodholm die filberne Vaccinationsmuͤnze, und wurde von dem König
weden zum Ritter de6 Waſa⸗Ordens ernannt. (75)
runer (Karl Juſtus v.), Sohn des fürftt. Denabrüdifchen Vice⸗Kanz⸗
ors Joh. Chriſtian G., geb. d. 28. Febr. 1777 zu Osnabruͤck, ſtudirte in
en und Halle. An letzterm Orte kam er mit dem dort commandirenden
t den Studenten in fteten Händeln Icbenden Prinz Wilhelm von Braun:
(der als Herzog bei Quatreba® blieb) in Reibungen, und verließ deßwegen
Er ward nun als Richter in f. Vaterftabt angeftelit, gab jedoch die Stelle
ging auf Reiſen. Hier lernte ex den nachherigen Minifter Stein, damals
iſident zu Minden, und Blücher kennen, und erhielt (1803) durch Verwen⸗
8 General⸗Lieut. v. Kneſebeck, eine Anſtellung in preuß. Staatedienften,
dem Golonifationdgefchäft für Suͤdpreußen (wo er ſich der deßhalb nöthigen
N1G) INT Der groyten xuugheu. tonnte iecoq Dem Socyiarja
Teyon laͤngſt auf ihn aufmerffamen und ſeit Schil’s abent
zum Argwohn geflimmten Franzoſen ihn verfolgten unt
Gtelle niederzulegen (1811), worauf er fi, nachdem 1
Polizeifacy im Staatsrathe bearbeitet hatte, ob aus eigen
auf geheimen Vefeht, iſt ungewiß, nad) Friedland in 36
10 er, nebft einigen Gleichgefinnten und umterftügt von E
Verbindungen durch ganz Deutſchland zum Sturz der !
anknüpfte. Der Plan biefer Vereinigung fol geweſen |
‚gen der Franzoſen in Polen, die im Rüden der Armee
Brennen und dann durch einen allgenseinen Auftand in 4
fach getheilten, in Meinung, Form und Anficıten!) den
ten. Mag hiervon wahr fein, fo viel da will, bie franz. 9
fichten zuvor. G. wurde in Prag auf Requifition des prı
und nad) Peterwarbein, an ber flavonifchen Grenze abge
folg. 3. kam er durch die Verwendung des peteröburger Hi
ſiſchen Staatsrath reclamirte, los. Sept erhielt G. du
welcher In Frankfurt a. DR. die Centralverwaltung der fd
gouvernements leitete, bie Direction bed vom Niederrhein
Sitz nehmend, viel für die allgemeine Sache that. Auch |
für den cheinifchen Merkur, den Börres, welchen er zum
-Unterrichts in den Rheinlanden f. Gouvernements ernannı
ward ihm auch die Leitung der Angelegenheiten in ben Ldı
Trier angewiefen. Den 13. Det. 1814 beehrte ihn 8
St. Annen: Orden erſter Elaffe. Sein bei Napoleons R
März 1815, von Düffeldorf aus an die Bewohner jmer ı
furm von Derg erlaffener Aufruf zuc Exgreifung der 2
machte viel Aufieden ; auch ließ er am 19. April deff. J
einen Buß» und Bettag halten, um „den Segen Gottes zı
Befrelungswertes in Deutfchland zu erflehen.“ Nach N
erhielt &. von preuß. Seite bie Leitung ber hohen Poliget
gend. Hier wachte er genau uͤber die Zuruͤckerſtattung d
Grüner Donnerstag Öruppe 927
) nach Wiesbaden zu gehen, wo er den Winter über zubrächte und bafelbft d. 8,
‚1820, erſt 43 3. alt, ftarb. Über die von G. herausgeg. Schriften, theils
zwirthſchaftl. und polizeilichen, theil6 verm. Inhaltes, fo wie über die einzelnen
nente f. bewegten Lebens, f. m. ben XXI. ‚Heft der Zeitgenoffen,
Grüner Donnerstag. Shn fliftete Papft Leo 692 zum jaͤhrl. Ges
miß der Einfegung des heil. Abendmahle. Ex foll den Nanen daher führen,
an folchem die Erftlinge der Früchte geopfert und Gott dargebradyt wurden,
eißt auch natalis calicis, oder eucharistiae, weil die Einfegung an folchem
ehen.
Grünfpan, (Spangrün, Kupfergrün, effigfaures Ku»
e) ein Farbenmaterial, das verkalktes Kupfer (Roſt vom Kupfer) if. Nicht
wäfferichte Seuchtigkeiten, fonbern auch Öle und alle fettige Stoffe, beſonders
hund Säuren, löfen das Kupfer zu einem Kalk auf, und bringen bei der Zerfes
y eine neutralfalzige Verbindung zu Stande Merkwuͤrdig iſt bei der Werkals
bes Kupfers, daß fie in der Kälte befler von Statten geht, als in dee Wärme;
r Siedhitze greifen felbft Säuren, die das Kupfer fonft bald zerfreffen, baffelbe
gan. Der verkäufliche Grünfpan wird durch Legung von Kupferplatten zwi»
ı Weintrebern gewonnen, welches unter allen belannten Mitteln das leichtefte
Diefer Stoff ift für die Geſundheit fehr gefährlich, und kupferne Gefäße koͤn⸗
nur bei der größten Reinlicykeit gebraucht werben.
Gruppe, (ital. gruppo) bezeichnet eine Zufammenordnung mehrer Koͤr⸗
u einem Ganzen für das Auge. Geftalten, nad) den Verhältniffen ihrer Groͤ⸗
Richtung, Bewegung, und ihrer übrigen Erfcheinungen zu einander, fofern fie
nothivendig verknuͤpftes Ganzes ausmachen follen, zufammenorbnen, heißt
sppiren. ine oder mehre fo verbundene Gruppen machen das Bild im
ne der zeichnenben Künfte. Kür die gehörige Anorbnung und Behandlung der
pen, ober für die Kunſt des Gruppirens gibt es Äfthetifche und artiftifche Ges
Alle Anfoderungen der erftern an eine Gruppe laffen ſich auf Einheit des
weffe zurückführen, bei weicher die Mannigfaltigkeit des Ausdruds keineswegs
eboben iſt. In hiſtoriſchen Gemälden erhalten alle Figuren dadurd) Bezie⸗
zauf die Hauptfigur, auf weiche nun bie Aufmerkfamleit vorzüglich gerichtet
d_ Die artiftifchen Geſetze haben zur Abficht, die in diefem Geift erfundenen
pyen dem Sinne faßlich und angenehm zu machen, welches durch bie Korm und
mchtung bewirkt wird. Als Dufterform der Gruppe hat man bald bie Wein⸗
be, bald den Kegel, bald die Pyramide angefehen. Die Zraube nannte Titian
Bufterform, weil fie nad) Umriß und Oberfläche eine Einheit mit der angenehmes
Abwechſelung, und alle nöthige Verfchiedenheiten von Licht und Schatten,
ſchatten und Wiederfcheinen verbunden zeigt. Bei den legtgenannten Mus
men hat man auf das Verhältniß der ſchmalern Höhe gegen die breitere
udfläche gefehen. Menge verlangt, daß man bie größeren Daffen in bie Mitte,
eineren an den Rand bringe, weil da& die Gruppe angenehmer und leichter mas
daß man die Figuren nicht nach der Reihe ftelle, nicht viele äußere Theile in ger
1, horizontalen, ſenkrechten oder fchiefen Linien anbringe, die geometrifchen Kis
1, das allzu Ebenmaͤßige und Wiederholungen vermeide, und nur bie fchönften
le zeige. Außerdem räth er, die Gruppe aus Figuren in ungerader Zahl zuſam⸗
Aıfegen, und auf gleiche Weife bei der Zufammenflellung mehrer Gruppen zu
n Bilde zu verfahren. Unter den geraden Zahlen, fagt er, find die erträglicye
bie, welche auß zwei ungeraden zufammengefeßt werden, z. B. 6, 10,14; bie
wn doppelten aber, 3.8.4, 8,12, Eönnen niemals mit Grazie gebraucht wer⸗
Die Urfache dieſes Rathes ift leicht zu finden ; fie ift keine andre, als Ver⸗
ung des allzu Gleichmaͤßigen. Sind nun aber gleichförmige Figuren in eine
wenicht zu dulden, fo dürften es gleichförmige Gruppen in einem Gemälde mol
Fimpemr wrven wer ayan ww auue gen men
theilte ihm auf f. Reifen auch den Abelsbrief, von dem aber ı
mille jemals Gebraud, gemacht haben. Nach zehniährige
Frankreich und Italien, auf welchen er die Bekanntſchaft dı
lehrten machte, Eehrte er nach Frauſtadt zuruͤck. Mehre Aı
Lehrftellen lehnte er ab, weil er f. Vaterlande dienen wollte, ı
ſyndicus des Fuͤrſtenthums Glogau. Cr farb 1664 mitte
iung der Randftände vom Schlage getroffen. In der Geſchic
Poefie verdient Gryphius ald Vater des neuern beutfchen Dr
Erwähnung. Zu einer Zeit, wo wir außer den Faſtnachtsſp
der Meifterfänger, faſt nichts Dramatifdyes aufzumeifen hatte.
Alten, fo wie bie Natur und das menſchliche Hetz fannte, |
die weit über das Vorhandene in edler und würbevoller Sp
Anordnung des gutgewaͤhlten Stoffs, In richtiger Charakterz
An Theatereinſicht aber fehlt es ihm fehr. Das Sylbenma
der Alerandeiner, allein Die Sorm noch nicht fo enge, wie die 1
der Schauplag wechſelt zuweilen, und die mufilalifchen, zum J
ſchenakte, Reihen genannt, haben einige Äpntichkeit mit den
naͤchſten Mufter waren die Holländer und namentlich Bond:
liche Poffe, Peter Squenz, eine Ertoriterung des burlesfen J
und Thisbe, in Shakſpeare s Sommernachtstraum, iſt mit Ui
ben. Es iſt nebſt guten biographifchen Nachrichten von Gry
genen Gchrifern wieder abgedrudt. Auch unter f. viel
jegräbnißs und Dechreitgedichten, ſowie unter [. Oden, g
Sonetten ift manches Gelungene. Der Charakter ſ. Iyrifi
und Innigkeit des Gefühle, gemifcht mit dunkler Schwermu
Leben ſ. Seele eingeflößt hatte. Aber die Kraft der Religio
muth das Gegengewicht. Die volftändigfte Ausg. ſ. Gedicht
lau und keipzig · Cine Auswahl f. beſſern Gedichte enthaͤit
Bibliothek deutfcher Dichter d. 17. Jahrh., von W. Müller,
Guadeloupe, franzöf. Gouvernement und Inf
Colombus fo benannt, wegen der Ahnlichteit ihrer Berge ı
OR nn nn Mann na An ————
Guarini 929
ſel, die nach v. Zach über 42 Q. M. groß iſt, 109,404 E., darunter 87,998
Elaven, 12,802 freie Weiße und 8604 Farbige. Haupterzeugniſſe find Zus
Saffer, Indigo, Cacao, Rokou und Baumwolle; die Ausfuhr davon nad
eich betrug 1788 über 15 Mill. Livres, die Ausfuhr ber nahen zu diefem Gou⸗
ı . gehörenden, Heinen Infeln Maria Galante, Defitade, und les Saintes mits
ret. Die Angriffe ber Engländer 1691 und 1705 ſchlugen fehl; aber 1759
nad) einer tapfern Gegenwehr in ihre Gewalt und kam erft im Frieden 1763
an Frankreich, 1793 nahmen die Engländer fie ebenfalls weg, wurden aber
. J. vertrieben. Seitdem behaupteten ſich die Franzoſen, bie in den legten
Des San. 1810 eine Überlegene engl. Macht unter den Generalen Bedwith
arcourt erfehien, welche vom Admiral Cochrane mit einer Escadre unterftügt,
em Treffen am 3. Sebr. den General⸗Capitain Ernouf nöchigten, fich mit der
ang kriegegefangen zu ergeben. Indem, den 3. März 1813, zwiſchen Eng⸗
rd Schweden zu Stodholm abgeſchloſſenen Vertrage wurde diefe Infel an
eden abgetreten, das biefelbe aber im parifer Frieden, gegen anderwaͤrts zu ers
de Entfhädigung, an Frankreich zurüdgab. ©. „„Les Autilles francais.
ulier. la Guadeloupe (gefhidhtl. und ftatift.) par le Colonel Boyer-Peyre-
« (Parib 1823, 3 B. m. e. Karte). Die Krone deckt den Ausfall an Eink.
Die Ausg. jährl. mit e. Zufchuß von 1,300,000 Sr.
Suarini (Giovanni Battifta), 1537 zu Ferrara geb., ſtammte aus einer
18 Miederaufblühen der Wiſſenſchaften und der Dichtkunſt verdienten abelis
amille. Nachdem erin f. Vaterftadt, zu Pifa und Padua ftudirt, und an
m Orte über die Ethik des Ariſtoteles Vorlefungen gehalten, trat er in die Dien⸗
B Herz0g6 Alphons II., der ſ. Talente ſchaͤzte, ihn zum Cavalier machte, unb
Sefandten an die Republik Venedig, an Emanuel Filibert, Herzog von Sa⸗
, an Sregor AIII., an Darimilian IL, an den zum Könige von Polen ers
ten Heinrid, von Valois, und als diefer u. d. N. Heinrich III. den franzoͤſ.
n beftiegen hatte, an die polnifchen Stände abfchidte, um ihn, den Derzog,
Könige vorzufchlagen. Das Mißlingen diefer Sendung, für die er einen Theil
rmoͤgens aufopferte, ward von f. Neidern benust, ihm die Gunft f. Fuͤrſten zu
m, fo daß er fich nach fo wichtigen Dienften in Gnaden entlaffen fah. Er lebte
m literarifcher Eingezogenheit theild in Padua, theild auf einem Landgute,
s aber fchon 1585 als Staatsfecretair zurüdgerufen. Aufs neue zu großem
ven am Dofe gelangt, nahm er dennody zwei Jahre darauf f. Entlaffung, da
erzog in einem Streit Guarini's mit der Schwiegertochter deffelben, eine ihm
ige Entfiheidung gegeben hatte, und lebte hicrauf wieder als Privatmann.
"trat er in die Dienfte des Großherzogs Ferdinand I. von Toscana. Aber
bier blieb er nur Eurze Zeit. Er argmohnte, der Herzog habe die von ſ. juͤng⸗
Sohne heimlich und wider des Vaters Willen gefchloffene Ehe begünftigt, ents
ſich darüber ınit ihm, und begab fi zum Herzoge von Urbino. Nachdem er
iben einige Zeit gedient hatte, Echrte er nach Ferrara zurüd, hielt fich aber, f.
ichen Proceffe wegen, in die ihn f. Streitfucht verwidielte, abwechſelnd zu Des
‚ Padua und Rom auf. 1605 erſchien er ai® Abgefandter f. Vaterſtadt in
‚ um Paul V. zu f. Erhebung Gluͤck zu wünfden. Er ftarb 1612 zu Vene⸗
G. gehört zu den zierlichften Schriftftelern und Dichtern Italiens, voie ſ.
e, f. in Dialogifcher Form abgefaßter „Segretario”, f. Luſtſpiel „W’Idropica”, ſ.
ge" und vor Allem f. „Paftor Fldo“ beweiſen. Ducch diefes Schäferdrama, das
) zum erftenmal zu Turin bei der Vermaͤhlung Karl Emanucle, Herzogs von
men, mit Katharina von Öftreich, aufgeführt, nachher häufig auf die Bühne
icht, und faft in alle Sprachen Überfebt wurde, ift ſ. Name unfterblich gewor⸗
Dir fluͤchtigſte Biick lehrt, daß daffelbe keineswegs eine Nachahmung des
ita fel, den es weit uͤbertrifft an finnreichen Wendungen, epigranımatifchen
av.⸗Lex. Gichente Aufl: Bd. IV, j 59
930 Gubig
Wortſpielen umb bichterifhem Schmud, welche Eigenſchaften ihm ab
fie für da6 Schäferbrama wenig paffend hielt, auch Käufigen, doch un
det zugezogen haben. G.s Werke erfchienen zu Serrara 1737 in
Sein ‚‚Trattato della politica liberta“* (gefchrieben um 1599) erfgi
Mai gedrudt, Venedig 1818, mit ſ. Leben, von Ruggieri.
Gubis (Friedrich Wilhelm), Profefior bei der koͤn. Akademie
Berlin, geb.d. 27. Gebr. 1786 in Lpz., beflimmte fid) zum Studium t
Kamilienverbältniffe zwangen ihn aber, an ein rafches Erwerben zu
erwählte die Holzſchneidekunſt und lieferte f. erften Verſuche darin in
von 144%. Sie erregtem ſolches Auffehen, daß er in diefer Kunft !
ben glaubte, feine Studien fortzufegen. Da erkrankte ſ. Vater (d
Stahlſchneidekunſt ausgezeichnet und namentlidy bie ſaͤmmtlichen S
gen. Unger’fchen Schriften und Noten in Stahl geichnitten hat) un!
langwierigen Krankheiten, ein Auge; ber Sohn mußte ſich nun der
kunſt ausſchließend widmen, um Eindliche und brüberliche Pflichten er|
nen. Er vervolllommnete mit Hülfe f. Vaters, nachdem er felbft €
und Buchdruckerei erlernt hatte, jene Kunft fo, daß er bald mit Ale:
darin etwas leifteten, wetteifernd, in mehren Behandlungsarten bee .
3. B. in der Colorit» und Tufchmanier, unübertroffen ift. Er empfäng
aus andern Welttheilen Beftelungen. Auch verföhnte ſich fein heftig
Prof. Freidhof, endlich mit ihm, namentlich als Gubig mit dem Porter:
fin Voß den erflen und glüdlichen Verſuch in der Coloritmanier liefe
Vertheidigung f. Kunft zum Schriftfteller gersorden, machte er fid ı
unglüdlichen Kriegszeit in der Literarifchen Welt befannt. Kaum
(1805) &. f. Lehramt angetreten, ba blieb der nicht bedeutende Gehalt aı
ftifche Verkehr lag barnieder, und fo mußte die SchriftiteBerei ihm Mi
ber böfen Periobe eine neue Kraft entgegenzufegen. Aufden Wunſch
mals mit dem preuß. Hofe in Königsberg lebenden Freunde, gab er vcı
1809 (bei Sr. Maurer in Berlin) eine in jenen Tagen vielgelefene Zeitſchi
Vaterland“ (auf dem Umfchlage auch „Feuerſchirme“ genannt) heran
er mit der franz. Genfur in Händel gerieth. Die Tendenz diefes Jor
dahin, die Gemüther für eine beffere Zukunft zu flimmen. Um zu
übeln Stimmung entgegenzuwirken, wurden bie „Vertrauten Briefe” u
briinde” des H. v. Coͤlln bekämpft, der aber, troß diefer literarifchen Feb
ches Vertrauen zu Gubig gewann, daß fpäter, als, auf Hardenberg's Be
Coͤlln unter angenommenem Namen nad) Berlin kam, er mitten in de
Obdach bei Gubitz fuchte und fand, bis f. Angelegenheit ausgeglichen !
Deraußgeber jener Zeitfchrift fand &. mit den damals merkwuͤrdigſten
. namentlih mit Schill, in Briefwechſel. Bei der Ruͤckkehr des König
Hauptftadt wurde dies Journal gefchloffen. — Fortwährend beſchaͤftie
©. mit. Kunft, lieferte bebeutende Blätter (3. B. obenerroähntes Bi
Heiland nach Lukas Cranach, Landfchaften in der Streich» und Tuſchma
denen ſich ein Wafferfall nad) Klengel auszeichnet, das Portrait Peftalos
liche Verzierungen zu Staatspapieren u. f. w.). Überhaupt hat er üb
Holsfchnittplatten vollendet, nur folche gezählt, die er ohne Beihuͤlfe f. €
fertigte. In ſ. Mußeftunden entflanden einige dramatifche Arbeiten,
Theil mit Gluͤck auf der Bühne gegeben find, z. B. „Die Talentprobe“,
auch gab er zwel Bändchen f. ſchriftſtelleriſchen Arbeiten (Berlin, bei Ri
aus, u. d. T.: „Was mir einfiel” und „Theaterſpiele“. — In den Si
1812 bis 1815 machte er, zum Beſten des „vaterlaͤndiſchen Vereins” (je
gung ber Invaliden), deffen Mitglicd er if, mehre, für jenen Zweck fehr
che Unternehmung. — Mit 1817 begann ©. f. Zeitfcyrift: „Der d
Guelfen Guerillas 931
tiefe hat fich jetzt, troz mancher von ihm ſtets mit Ruhe behandelten Feh⸗
inem der gelefenften Blaͤtter Deutfchlands erhoben. Auch hat er die
ung von Verzierungen, in Abgüffen für die Buchdruderpreffe zu haben“
Vereins: Buchh.) herausgegeben, wovon das zweite Heft bis zu Ar. 1000
dies find gröstentheild Arbeiten f. Schüler, die als Verzierungen faſt in
hdrudereien gebraucht werden. Größere Platten, von ihm felbft, liegen
ı8gabe der Abdruͤcke bereit. Noch ift er mit der Errichtung einer Drudes
ı Schöndrud befcyäftigt, in welchem er bei f. artiflifchen Arbeiten viele Er⸗
ı gefammelt hat.
selfen und Gibellinen, . Welfen.
sercino, eigentliih Gianfrancesco Barbieri dba Cento,
Beinamen Öuercino, weil er fcyielte, geb. zu Eento bei Bologna 1590,
hf. Genie die erften Grundfdge f. Kunſt feibft auf, und bildete fich nach»
Schule des Lodovico Carracci. Eine Akademie, die er 1616 eröffnete,
roße Anzahl Schüler auß allen Theilen Europas zu ihm. Der König
kreich bot ihm die Stelie f. erften Malers an, aber cr 30g es vor, ein Zims
m Palaft des Herzogs von Modena anzunehmen. on Charakter war
aufrichtig, höflich, wohlthätig ; ſ. Kunſtgenoſſen unterftügte er mit Rath und
Er ftarb 1666 in Bologna, wo er ſich nach Guido's Tode niedergelaffen
Seine vorzuͤglichſten Arbeiten befinden fidy zu Rom, Parma, Piacenza,
‚ Reggio und Paris im Muſeum. Er ftellte geroiffe Gegenftände mit vies
cheit dar; aber Correctheit, Adel und Ausdruck fehlten ihm gewöhnlich,
laubte dadurch fein Genie in die Feſſeln der Nachahmung zu legen. Fruͤ⸗
Manier überkräftig, fpäter fchien er ſich mehr dem Guido zu nähern.
Maler haben mit foviel Leichtigkeit und Schnelligkeit gearbeitet. Als er
Geiftlichen am Vorabend eines Feiertage gebeten wurde, ihnen für den
tar einen Bott Vater zu malen, vollendete er das Bild in Einer Nacht bei
win. Man hat aud) eine Anleitung zur Zeichnenkunft von ihm.
nuericke (Otto v.), Bürgermeifter zu Magdeburg, einer der verdienftvolls
fiter d. 17. Jahrh. Er mar dafelbft d. 20. Nov. 1602 geb., ftudirte zu
Helmſtaͤdt und Jena die Rechte, zu Leiden Mathematik, befondere Geome⸗
Mechanik, reifte nad) Frankreich und England, diente als Oberingenieur zu
wurde 1627 Rathsherr zu Magdeburg, 1646 Bürgermeifter und branden⸗
er Math, legte fünf Fahre vor ſ. Tode f. Amter nieder, begab ſich zu ſ. Soh⸗
Hamburg, und ftarb dafelbft d. 11. Mai 1686. Er erfand um 1650 die
ıpe, zu derfelben Zeit, als Robert Boyle eine ähnliche Idee in England faßte.
iefe Mafchine wurde die Geſtalt der Erperimentaiphpfit vöulg verändert,
genauere Kenntniß von der Natur und den Wirkungen der Luft begründet.
achte er auf dem Reichötage zu Regensburg vor Kaifer Ferdinand TIL, defs
ne, dem römifchen Könige Serdinand IV., mehren Kurfürften und andern
aͤnden die erſten sffentlihen Verfuhe mitf. Mafchine. Die erfie Luft
womit Guericke zwei Halbkugeln ziemlich Iuftleer machte, wurde auf ber Ed»
‚bliothet zu Berlin aufbewahrt. Ferner erfand G. eine Luftwage, und die
Blasfiguren (Öuerid’fche Wettermännchen), deren man ſich vor der Erfin⸗
8 Barometers bediente, um die Veränderungen der Temperatur anzuzeigen.
Verfuche wegen ded Druds der Luft fe Halbkugeln (Magdeburger).
sit der Aftronomie befchäftigte er fi. Seine Meinung, daß ſich die Wie:
der Kometen werde beftimmen laffen, hat fich beſtaͤtigt. G.'s wichtigfte
htungen find, von ihm felbft gefammelt, 1672 zu Amfterdam in Fol, erſchie⸗
db. T.: „Experimenta nova, ut vocant, Mlagdehurgica de vacao
, (Bol. Luftpumpe.)
nerillas hießen im fpanifchen Revolutlonetries. ga Kriegerſchaa⸗
WALD. RT ENGL WOENFTAL UIOD. ZUILLOT U. 0.) DALE ede
tion und die Erfolge der Guerillas großen Einfluß.
Gusrin, Schüler von Regnault, einer der bebzute:
franzoͤſiſchen Schule. Sein Styi iſt edel und anmuthig
nend und harmoniſch. Das erite Gemälde, wodurch er fic
Opfer vor Äskulapis Statue nad) Geßner's Idylle. Doc)
bie von ber jugendlichen Unerfahrenheit bes Kuͤnſtlers zeuc
der Galerie zu Verfailles. Darauf malte er den Beta, de
ermordet, dann den Coriolan. Durch f. Marcus Sertus e
gemeine Auffchen. Sein tiefſtes Gemuͤth ſpricht ſich dari
bannte iſt hier dargeſtellt, wie er zurückkehrt und f. geliebte (
naͤchſtes Wert, Hyppolit und Phädra (1802), erwarb ihn
maͤide hat viele Schönheiten, aber auch etwas Theatrali
Es wurde mit großem Beifall aufgenommen, nur der beſche
nicht mit fic) zufrieden, und fehnte ſich, in Italien den rei
erſpaͤhen. Rach ſ. Rüdkehr bekam er den Auftrag, Naı
den Rebellen in Cairo verzeiht. Der Kuͤnſtler wußte alle
zu benugen. Die edeln Formen, die glühende Farbe, die
Morgenländer, ber Glanz jenes Himmels, bie Eigenthuͤmli
Einpeit der Handlung bei der Dannigfaltigkeit der Gefühl
paͤern und Afiaten, Altes diente dem kunſterfahrenen Sinn
etwas erhöht, man fieht ihn Im Profil; ber hier noihwen
Mißtrauens und des ſtillen Ernſtes ift meifterhaft aufgefaß
effectvoll, ein über ber Gruppe der Franzoſen fich ausbreiten!
ſchatten mit durchfallenden Steeiflichtern auf die Ägypter,
kelfarbige Volk defto beftimmter gegen den Elaren, wolke
Bur Ausftellung von 1812 malte Guerin das treffliche G
Voll Reiz und Farbenzauber ift ſ. Cephalus und Aurora.
als je zuvor, ftelite der junge Kuͤnſtler 1817 aus: eine Dido,
Aneas zubört, und eine Kiptämneftra, in dem Augenbl
fie Hindränge zum Mord des ſchlafenden Gatten. Geist
diefer Scene ein büfteres, biutrothes Licht zu wählen.
Öuernfey Guevara 933
Guernſey (franz. Greneſey) und Jerſey, zwei britiſche Inſeln Im Gar
; beide haben ihre eignen Geſetze. Guernſey (6 Q. M. 20,827 E.), hat von
dweſt nad) Nordoft 134, und von D. nad) W., da, wo fie am breiteften ift,
engl. Meile. Die Luft ift gefund, der Boden fruchtbar, aber nicht gehörig an»
mt. Die Uferfind theils burch fleile Felſen, theils durch kuͤnſtliche Befeftiguns
vor jedem Angriff gefihert. Die Hauptft. St. Peteröport hat einen trefflichen
en. Jerſey, ebenfalls duch Natur und Kunft befeftige, zähle auf 5: Q.
28,600 E. Die Viehzucht, beſonders die Pferdezucht, iſt beträchtlich.
wichtigſten Städte find St.⸗Helier und St.⸗Aubin, letztere mit einem guten
en. Hier, wie auf Guernſey, beforgen bie Verwaltung und bie Rechtöpflege
Statthalter, ein Amtmann und zroölf Geſchworene, welche vom König ernannt
den.
Gueschkin (Bertrand du), Gonnetable von Frankreich, verewigte fich durch
gheit und Heidenmuth. Er mar gegen 1314 auf dem Schloffe Motte::Broon
Rennes geb. Die Dichter leiten den Urfprung f. Geſchlechts von einem Maus
oͤnig ab. Seine Ältern vernachlaͤſſigten f. Erziehung fo fehr, daß er, wie die
iten Edelleute damaliger zeit, weder ſchreiben noch lefen lernte. Won Kindheit
ithmete er nur Krieg und Kampf. Er hatte ein Regiment auß f. Alterögenofs
gebildet, fi) zu ihrem General gemacht, und lehrte fie, indem er fie in Compag⸗
ı theilte, die Kunft, ſich in Schlahhtordnung zu ſtellen. Der aufbehaltenen
chrichten zufolge war er ſtark von Wuchs, mit breiten Schultern und nervigen
ren. Seine Augen waren Elein, lebhaft und voll Feuer. Seine Phyſiogno⸗
hatte nichts Angenehnies. „Ich bin fehr haͤßlich““, fagte er als Juͤngling, „ben
men werde ic) nie gefullen; aber ich werde mich wenigſtens den Seinden meines
nigs furchtbar zu machen willen”. Ganz durch eigne Kraft ſchwang er fid)
or, 175. alt, gewann er den Dank ig einem Turnier zu Rennes, Er war
ekannt und wider den Willen ſ. Vaters dahin geg: ngen. Seitdem führte er
blaͤſſig die Waffen, und ftets mit Erfolg. Nach dem unglüdlichen Tage von
"tere, 1356, kam er, während der Gefangenfchaft des Könige Johann, deſſen aͤl⸗
na Sohne Karl, der die Regierung verwaltete, zu Hülfe. Melun ergab fich, bie
we wurde befreit, und mehre Pläge untermarfen fih Ihm. Karl V., der 136%
ater gefolgt war, belohnte Guesclin's Werdienfte nach Gebühr, der noch in demſ.
en Sieg bei Cocherel über den König von Navarra bavontrug. Seine Erfolge
‚Ueunigten den Frieden. Dann unterftügte er Heinrich, der den Titel eines K
von Caſtilien angenommen hatte, gegen f. Bruder, Peter den Graufamen, ent»
Tefem die Krone und ficherte fie Heinrich, der ihn dafür mit einer großen Gelb»
me belohnte und zum Connetable von Gaftilien ernannte. Bertrand Eehrte
wieder nad) Frankreich zuruͤck, um fein Waterland gegen England zu vertheidis
Die biöher fiegreichen Engländer wurden überall gefchlagen. Zum Conne⸗
> von Frankreich erhoben, überfiel er fie in Maine und Anjou, und nahm felbfl
x Anführer Grandfon gefangen. Er brachte Poitou und Saintonge unter die
=fchaft Frankreichs, ſodaß den Engländern nicht übrig blieb, als Bordeaux, Ca⸗
Cherbourg, Breft und Bayonne. Mitten unter ſ. Triumphen ereilte ihn der
vor Chateau⸗neuf⸗de⸗Randon, d. 13. Juli 1380. Sein Leichnam ward mit
31. Ehren neben dem Grabmale beerdigt, das Karl V. für fich beftimmt hatte.
% ihm hat Frankreich unter f. vielen Feldherren nur Einen gehabt, der mit ihm
Tidyen werden kann, Zurenne. Beide waren gleich tapfer, befcheiden und große
big. Du Guesclin war zweimal vermählt, hinterließ aber feine Kinder, außer
en natürlichen Sohne, Michel du Guekklin.
Guevara (Louis Valez de lad Duenas n), ein bramatifcher Dichter, ben
⁊ ſ. Witzes und f. Laune wegen den ſpaniſchen Scarren zu nennen pflegt, wurde
Scija in Andaluſien 1574 geb, Er hatte fich der Rechtekunde gewidmet und
betannter „Diable hoiteuxꝰ iſt eime Art isortjegung davon
man biente dem fpäteren Autor gewiſſermaßen zum Anlel
Roman ift wörtlich ins Franzoͤſ. (vom Verf, der „Lectures
Italienlſche überfegt. G. ſtarb zu Madrid, 72 3. alt, im
Ende fi) der Gunft des Monardyen erfreuend und bis an ſ
ben leidenfchaftlicher Verehrer bes andern Geſchlechts. Vie
fe Vaterlante ins Volt übergegangen und heut zu Tage h
ald Spruͤchwoͤrter jenfeits der Pyrenäen. Es gibt noch meh
Namens.
Guglielmi (Pietro), geb. 1727 zu Maſſa Carrar
Giccomo ©. Gapelimeifter des Herzogs von Modena war,
Jahre die Muſik unter f. Vater, und ging darauf nad) Neap
di Loretto, weichem der berühmte Durante vorftand.
zur Mufit, aber Durante hielt ihn zu ben Studien dee Contt
pofition an. Er trat mit dem 28. 3. aus der Anftalt, und f
ital. Theater komiſche und heroiſche Opern zu componiren.
arbeitete er mit gleichem Gluͤck. Er wurde nad Wien, Ma
fen und fehrte in einem Alter von ungefähr 50 I. nad) Neay
fich f. Talent am glängendften. Zwei Meifter hatten das g
pel eingenommen, und ftritten um die Palme, Eimarofa unt
bie edelfte Rache an letzterem, Liber weldyen er ſich zu beflager
fe Gegners fielite er ein andres entgegen, und befiegte ihn ı
nannte ihn Pins VI. zum Capellmeiſter von St. Peter, we
gab, fich in der Kirchenmuſik aufzuzeichnen. Man zählt vor
welche fich dutch einfachen und lieblichen Geſang, durch eine
monie, und durch Begeiſterung und Eigenthuͤmlichkeit auszei
in * a 3. Sein Sohn, Pietro Carlo, ift ebenfalls ein
poniſt.
Guſla na, ein 400 Stunden langer Landſtrich in S
ſte giebt ſich 100 Seemeilen weit, von dem Ausflug des Dei
dung des Marannon oder Amazonenfluffes. Entdedt warl
niſchen Seefahrer Vasco Nunez, der 1504 die ganze Kuͤſte
Guibert 935
Spaͤterhin haben ſich angeſiedelt: die Franzoſen zwiſchen den Fluͤſſen
id Oyapock; die Portugieſen zwiſchen dem letztern und dem Amazonen⸗
Holländer zwiſchen dem Maroni und dem Gap Naſſau; die Spanier end⸗
n letztern an bis zur Mündung des Orinocco und noch mehre 100 Meis
d hinein. Das fpanifche Guiana, die größte und wichtigſte Befigung,
tebo bis an den Orinocco, hat auf 14,758 Q. M., 120,000 Einw., wors
00 Indianer. Der Küftenftrich beträgt 40 Seemeilen, aber die Nieder:
rinocco ziehen fid) dis an den Aquator hinauf in das Land, welches
) en aufder Erde gehört. Es ift von den wilden und blutduͤrſtigen
evoͤlkert, deren Haß gegen die Spanier bie Dolländer unterhalten follen,
ignen Dandel weiter ausbreiten zu koͤnnen. Die Hauptſt. St.:Thomas
ura (e. Zeitlang der Sitz des Congreffes der Republit Columbia), - liegt
3 Drinoceo, 50 Meilen landeinwaͤrts, und ift der Sitz eines Biſchofs.
laͤndiſchen Antheil, Surinam (f. d.), iſt Paramaribo am Ausflug des
er Hauptort. Auch in Berbice, Demerari und Effeguebo, die den Bri⸗
(zufammen 510 Q. M.), find vorzügliche Niederlaffungen, wo befons
Reis, Baummolle, Caffee und Karbenholz gebaut und ausgeführt wer⸗
em franz. Guiana ift Cayenne, auf einer Infel am Deere, der Haupts
tanz. Ingen.⸗Geogr. Bodin führte 1825 von Cayenne aus eine Unters
edition nad) Guiana. Es gibt nur 50 Pflanzorte im ganzen Lande,
ieſiſche Guiana gehört zu Brafilien. S. Suͤdamerika.
bert (François Antoine, Graf v.), geb. 1743 zu Montauban, wo ſ.
Nann von auegezeichneten militaitifchen Kenntniffen, In dem Reg. Aus
e (fpäter Gouverneur der Invaliden), wurde zu Paris erzogen und Tolge
t, ſ. Vater in den fiebenjähr. Krieg nach Deutfchland, wo er drei Feldzuͤ⸗
ptmann in dem Regim. Auvergne beiwohnte, dann eben fo vielen in
(ftabe der Armee, bei der fein Vater als Maréchal de Camp ftand. Hier
ı fo wenig an Gelegenheit, f. Kenntniffe zu erweitern, als ſich auszuzeich⸗
em Treffen bei Bellinghaufen, 1761, hatte er die befonnene Verwegen⸗
cch den Wechfel der Umftände unpaffend gewordene Ordre, die er übers
, dem Bedürfniß gemäß abzuändern. Im corficanifchen Kriege, 1766,
3 Ludwigkkreuz und bald darauf, als Oberft, den Oberbefchl der neu ers
ifchen Region. Seine Muße benugte er zu fhriftftellerifchen Arbeiten,
ai general de tactique, précédé d’un discours sur l’etät de la poli-
a science militaire en Europe‘* (Kondon 1772), vermuthlich ſchon
deutſchen Feldzüge gefchrieben, erregte um fo mehr Auffehen, ald man
on Heecen damals mit Reformen befchäftigt war. Hierauf machte er
ifche Reife durdy Deutfchland. Sein Reiſetagebuch: „Journal d’un
Allemagne, fait en 1773, ouvrage postlume de Guibert, publie
», et pr&cede d’une notice historique sur la vie de l’auteur par Tou-
avec fig. 1803, war ein bloß für den Verf. feizzirter Entwurf, wird
ıd durch Schilderungen und Anekdoten von berühmten Männern, bes
Stiedrich II., deffen große Eigenfchaften G. Leidenfchaftlid bewundert.
tfpiele: „Lee Connetable de Bourbon‘‘, „‚I.a mort des Gracques“‘,
oleyn“*, haben fich nicht erhalten, da Stylu.Compofition zu mangelhaft
richien f. „Defense du syst&ine de guerre moderne“‘. Eine Strels
zegenſtaͤnde der Taktik, wobei er ſich gegen den Marſchall v. Broglio
das auf den Küften der Normandie zufammengesogene Übungslager
ranlaßte ihn zu mehren Schriften, u. a. zu der „Refutation complete
de M. Menil Durand“. ©, „Histoire de la milice frangaise‘* iſt
im Druck erſchienen. 1786 ward er Mitglied der franz. Alabemie ;
er ſ. berühmte Lobrede auf Sriedrich IL, weiche zu dem würbigften
ungeachtet er noch nicht das gefegliche Alter erreicht h
Hof Ferdinande von Aragonien ernannt wurde. D
an ſ. Hof und übertrug ihm bie Verwaltung von D
Stelle bekleidete er auch unter Hadrian VI. zu allge
hierauf Siemens VII. (von Medicis) den päpftt, Stul
den Parteien ber Guelfen und Gibellinen gerriffene Rı
ihm durch ſtrenge und gewiſſenhafte Ausübung ber €
Muh herzuftellen. Aud) forgte ex hier durch Änlegu
rung Öffentlicher Gebäude, Errichtung nüglicher Anfl
meine Befte. Zum Generallieutenant des heil. Stu
mit großer Tapferkeit das von den Franzoſen belagerte
ex dies In f. Geſchichte ſelbſt; Angeli, Verf, einer Geſc
ihn dagegen einer ungemeinen eigheit), G. wurde |
nad) dem Tode des Johann v. Medicis erſucht, an deſſ
berühmten ſchwarzen Schaar zu übernehmen, wogegen
teftirte, daß er ©. noch für einige Zeit in f. Dienften deh
einen Aufftand in Bologna, und kehrte ungeachtet ber |
behalten ſuchte, in f. Vaterſtadt zuruͤck, wo er (1534)
Stalien begann, das ſeitdem in vielfachen Aufl. erfchler
den Rang unter den erften Hiſtorikern erworben hat.
nügte ©. dem Vaterlande, und f. Rathſchlaͤge hielten
ſchwendungs · und Herrſchſucht des Aler. Medicis, v
fehr hoch fhägte, zuräd. Derſelbe Fall war auch n
©. inf. Verhandlungen mit Neapel befördert:, und
darüůber beklagten, daß er den Florentiner ihnen vorge;
‚ben Augenblick hundert Grande von Spanien, aber in
dardini machen”. Als Alex. Medicis durch ſ. Verwa
(1536) und die Flotentiner unter bes Cardinal Cibo 9
faffung herſtellen wollten, trat G., einfehend, wie w
tauglich war, faft allein auf, unb bewies, daß wenn t
Fremden und der Factionen werden follte, bie mona
‚hend werden müßte: f. Beredtfamkeit und bie Kraft f.
Guido Aretinus Guilleminot 937
ellte. Ein Werk von ihm, das ſpaͤter ins Franz. uͤberſetzt wurde: „Rathſchlaͤge
itaatsſachen“ erſchien 1625 zu Antwerpen. Der Florentiner J. B. Adria⸗
‚ft. 1579) hat in der „Istoria de suoi tempi“ (N. A. 1823), welche man als
zortſetz. des Werks von Guicciardini anfehen kann, die Begebenheiten von 1536
.574 gut ergäblt ; fie erſchien zuerſt nach des Verf. Tode 1583.
&uido (Gui) Aretinus, ſ. Ut re mi.
Guido Rent, ſ. Reni.
Guignes GSoſeph de), Orientaliſt, geb. zu Pontoiſe 1721, ſtudirte die Spra⸗
des Orients unter dem berühmten Etienne Fourmont, warb 1741 zum koͤnigl.
metfcher, und 1753 zum Mitgl. der Akad. der ſchoͤnen Wiffenfchaften ernannt.
ste fich befonder® auf das Stublum der dyinefifchen Charaktere. Indem er
it den alten Sprachen verglich, glaubte er zu entbeden, daß fie nur eine Art von
togrammen feien, gebildet aus drei aͤgyptiſchen Buchitaben, und daraus ſchloß
aß China durch eine aͤgyptiſche Colonie bevölkert worden fel. Das „Journal
savans““ hater 35 J. lang, fowie die Memoiren der Akademie mit einer gros
Anzahl von Auffägen bereichert, in denen ſich tiefe Gelehrſamkeit, neue Anſich⸗
mb eine fcharffinnige Kritik zeigen. In einem Alter von faſt 80 J. gerieth er
y die Revolution in Mangel; aber auch in diefen Verhältniffen behielt er f. Ges
horuhe, ſ. Uneigennägigkeit und f. Unabhängigkeit, die ihm nicht erlaubten, ir⸗
‚eine Unterftügung anzunehmen. Gr flarb zu Paris 1800. Unter f. zahle
en Schriften behauptet den erften Plaß f. „„Histoire generale des Huns, des
es, des Mogols et des autres Tartares occidentaux‘‘, 5 Bbde., 4. In diefem
Se, zu welchem er die Materialien aus den wichtigften, zum heil noch unbenutz⸗
norgenlänbifchen Quellen, zu denen er fi den Weg durch ein umfaffendes
ſtudium gebahnt hatte, fchöpfte, findet man viele Auffchlüffe über die Ges
bee des Khalifats, der Kreuzzuͤge und be Drients überhaupt. Bon Seiten des
jes iſt kaum etwas zu wünfchen uͤbrig geblieben ; dagegen vermißt man hin und
er die gehörige Sorgfalt im Styl, einen reinen Gefhmad und die nöthige Arls
Die Sprache ift zum Theil nadhläffig behandelt. Ein befferer Geſchmack
e die eigenthümlichen orientalifchen Ausdrücke Eräftiger gegeben haben. Mehr
Wophie war nöthig, um bie Dichtungen des Orients zu ergründen, die wahren
federn der Exeigniffe zu enthüllen, und die Hauptfachen zu erörtern, uͤber wel⸗
r oft leicht hHinmweggefchlüpft wird. De Guignes hat, wie Herbelot, aus einer
e von Handſchriften geſchoͤpft, und ift, mie diefer, in häufige Wiederholungen
zumeilen in Miderfprüce verfallen. Von großem Werthe find: f. „Me-
2, dans lequel on prouve que les Chiuois sont une colonie &gyptienne“ ;
Löerſ. bes „Chou-King“ (vom Pater Gaubil), eines ber heiligen Bücher der
efen ; „L’art militaire des Chinois‘‘, von Ampot Überf., und von de Guignes
iSgeg. u. a.m., außerdem 29 Abhandlungen in den Memoiren der Akademie,
Beiträge zu den „‚Notices et extraits dela biblioth&que royale“. Gein
m Chretien, geb. 1759, ebenfalls ein Kenner ber chineſiſchen Sprache und
Atur, fchrieb zahlreiche Abhandlungen daruͤber. Sein chinefifches Wörterbuch,
xanz. und lat. Erklärungen ift in der typographifchen Ausführung ein Meiſter⸗
und wird überhaupt nefchäßt.
Guilleminot Armand Charles, Graf), Generallieutenant, feit dem Det,
3 Pair von Frankreich, geb. in Belgien 1774, erhielt eine forgfültige Erziehung,
Dem Aufftande der Brabanter gegen Oſtreich 1790 focht er in den Reihen ber
Pioten und floh, al& dieſe Habsburgs Macht unterlagen, nach Frankreich, wor
m Generalſtabe des Gen. Dumouriez eine Anftellung erhielt. Nach dem Abs
dieſes Feldherrn in Lille verhaftet, rettete ex fich durch die Flucht und verbarg
Un den Neihen des franz. Heers. Hier nahm ihn Moreau In f. Generalſtab
> ©. biieb daher deffen dankbarer Anhänger auch im Ungluͤck. Im J. 1805 fteffte
Mapoleon bei dem Heere in Deutſchland an, und ernannte ihn 1866 zu f. Fiir
gum ZIELE UrO LOPOHEUPYIT > Lupe Mureuun wur
nannt, und vollzog 1816 und 17, mit den Commiffarien ber (
Vorſchrift des Friedensſchluſſes von 1815, die neue Gren
Frankreich und der Schweiz. In dem Kriege mit Spanien
G., auf ausdruͤckliches Verlangen des Generaliffinus, Herzo—
den Willen bed damaligen, felbft dazu beflimmten Kriegeminii
den wichtigen Poften eines Major: Generals des franz. Hee
ſchaft leitete er den ganzen Feldzug, vom 7. Apr. an, bie zur
Ferdinand (1. Det. 1823), der ihn daflıc mit f. Orden belohn
©. das franz. Befagungsheer in mehre fpanifche Seftungen, fi
gung beffelben auf den Seldfuß, fo wie über andre Gegenftän
Regierung eine UÜbereinkunft ab, und kehrte erſt in ber Mitt
zuruͤck wo ihm der Gefandtfchaftspoften in Ronftantinopel geg
Minifter- Präfidenten von Villdle nicht gelungen war, ihn z
nennen zu laffın. General ©. hatte naͤmlich durch die Di
(8. Aug. 1823), welche der willkuͤrlichen Behandlung der
Seiten der fpanifchen Behörde der Regentfchaft Einhalt thu
des abfoluten Syſtems ſich mißfaͤllig gemacht. Dagegen jeid
‚goulöme ihn durch fein volles Vertrauen aus. Denn G. ha
ral das Spftem, in Spanten durch Mäßigung zu fiegen, den p
der Glaubensſoldaten und des Poͤbels in Schranken zu halten
rale militairiſche Diplomatie, bie ſpaniſchen Heerführer Mo
ſowie bie Seftungsbefehlshaber zum Capitulicen zu bewegen
der Cortes unter fid zu entzweien, klug durchgeführt, und dei
monatlichen Feldzugs, die Unterwerfung von Gabir, gluͤcküt
kam ©. von Konftantinopel mit Urlaub nad) Paris, um in der
ceſſe, der die Lieferungscontracte fuͤr das franzöf. Heer in S
dem Pairsgerichtshofe zu verantworten, Freigeſprochen, ke
nad) Konftantinopel zuruͤck. — General G. ift einer der unte
ficiere, und man hat von ihm eine Gefchichte der neueren Kriey
Gufllotine. Icriger Weiſe wird diefe Köpfmafı
der franz. Revolution von dem Arzte Gutllotin zu Paris gı
Guinea 939
te am 1. Dee. 1789 einen Bericht uͤber das peinliche Geſetzbuch ab, In welchem
Seift der Humanitaͤt herrfchte, und den er mit dem Vorſchlage der ungluͤcklichen
Shine, ftatt des qualvollen Stranges, ſchloß, die f. Namen erhielt, und in der
> dad Werkzeug zur Hinrichtung fo vieler unfchuldigen Schladytopfer wurde,
arb d. 26. Mai 1814 in Paris als einer der gefchickteften Ärzte. Wie Pater
E inf, Reifen erzaͤhlt, ift die Guillotine eine perfiihe Erfindung. Daß fie auch
Uropa fchon früh gebraucht wurde, bemeifen mehre alte Erzählungen und
maͤler. Conradin von Schwaben wurde zu Neapel nicht durch das Schwert,
un allen Nachrichten zufolge durch eine Art von Guillotine enthauptet, die man
ellhe Kalle nannte, und deren Gebrauch überhaupt in Italien nicht ungewoͤhn⸗
war. Aber auch in Deutfchland, Böhmen, England und andern Rändern
Fe man fie. Während der Revolution wurde am 25. April 1792 der erfte Vers
ülte mit der Guillotine hingerichtet. Hernach kamen tragbare Buillotinen in
auch, welche von Drt zu Drt gebracht und aufgerichtet wurden. Schon In dis
Beutfchen und engl, Werken findet man die Guillotine abgebildet. (Indeß hat
otin's Einrichtung die weſentliche Abweichung ber ſchief gerichteten Schneide
Ballbeild, ſodaß der Hals des Hinzurichtenden wirklich abgefchnitten, nicht
Roßen wird, wie bei der ältern Maſchine.)
Guinea, ein großes Kuͤſtenland in Weſtafrika, deffen Grenzen von ben
piedenen handelnden Nationen verfchieden beftimmt werden. Die Holländer .
en Senegambien dazu, und nennen vom Gap Blanco 210 N. B. an, die ganze
» bis hinunter nady Congo und Roango, Guinea, Nach den Franzofen liegt
xea zwifchen ben Cap Monte 114° W. L. und dem Gap Lopez. Die Engläns
glegen den Strich zwifchen dem Gambia, 124° und bem Palmenvorgebirge
8.8,, mit dem Namen Ober: oder Nordguinea, und Suͤdguinea erſtreckt fich
vom Palmenvorgebirge bis zum Gap Lopez. Es gehört demnach, wenn wir diefe
immung annehmen, die Hälfte von Senegambien, das Land der Fulahs,
7a Leona, die Küfte, Sanguin, die Körmers, Zahn: und Goldküfte, die Reiche
omey, Whida, Benin, Ovare, ed gehören endlich die unbefannten 9 N. B.
10 S. B. zu Guinea. Das Land erftredt ſich alfo beinahe 500 Scemeilen an
Räte hinunter und wird von den verfchiedenartigften Völkern bewohnt. Da es
Theil unter dem Äquator liegt, fo ift die Dite das ganze Fahr hindurch aufers
lich groß. Indeſſen wenn wir die Gegend um den Sambia ausnchmen, die,
Ye ganze Küfte, bis an den Rio Grande, fehr niedrig, und daher ungefund ift,
U größte Theil des Landes an fich geſuͤnder, als mandye andre Gegend zwiſchen
Bendekreifen. Die gegen Weihnachten einfallende Harmatta⸗ (trodene Wind⸗)
ſt die Eühifte im Jahre. Das Innere des Landes ift wenig befannt. Nur bie
bungen der europdifchen Niederlaffungen am Gambia, auf Bulam, in Sierra
I, auf der Goldkuͤſte und in Benin, find neuerlic) etwas befannter geworben,
glich das Land der Afhantis durd) den Engländer Bowdic 1817. Entdeckt
en diefe Länder zuerft 1455 durch den Venetianer Ca daMafto (f.d.), in
‘ag des Infanten Heinrich. Die Portugiefen haben im füblichen Theile bie
m Miederlaffungen. Die Engländer, Holländer und Dänen auf der Gold⸗
Sranzofen am Sambia, in Sierra Leona und in Benin, und fogar die Preus
Trichteten unter dem großen Kurfürften drei Niederlaffungen auf der Goldkuͤſte,
indeß nach dreißig J. wieder an die Holländer verkauften. Unter den verfchies
ı Gebieten, in welche Guinea eingetheilt wird, iſt die Pfeffer» oder Körnerküfte
Dürdig. Sie erſtreckt ſich 100 Seemeilen weit vom Cap Mefurabo bis zum
Lenvorgebirge, und ift im Ganzen flach, waldig und von vielen Strömen durch⸗
tt. Den Namen bat diefe Küfte von ben Paradieskoͤrnern und dem langen
er (Malaguete), zweien Arten Amomum, die hier häufig wachen und als ein
tes Gewuͤrz ausgeführt werben. Bewohnt wird diefe Küfte zum Theil von
Georg de la Mina die wichtigfte Ift. Die vornehmſte briti
‚auf diefer Küfte heißt Cap Coaft Caſtle (auch Cabo Corſ
den blutigen Krieg mit ben Afhantis(f.d.)1823. 3
Innere des Landes, iſt außerordentlich volkreich; die A
Mation und gefitteter als ihre Nachbarn. Nach ber G
kuͤſte, die von Rio Volta bis Rio Logos etwa 48 Seemeil
beiden Hauptftaaten Whida und Dahomep, find mid
Engländer, Holänder und Diinen haben hier mehre Factı
außer aͤltern Schriften, z. B. von Römer, Iſert, Labaı
ſionairs Monrad „Beitr. zur Schiiderung Guineas“ (J
Montad erklaͤrt ſich nachdtuͤcklich gegen den Sklavenhand
Guinee, eine engliſche Goldmuͤnze einundzjwan
tend, Über 7 Thlt. Conv.⸗Geid. Die erſten dieſer Miu
aus dem Golde geprägt, welches die Engländer aus Guineı
Guiscard (Robert), Herzog von Apulien unt
berühmten Tankred v. Hauteville, ward um 1015 geb. H
Soͤhne, und f. Befigungen in der Normandie waren nur
drei Alteften Eöhne, Wilhelm ben Eifenarm, Dagobert
Italien zu menden und ihre-Dienfte den dortigen, in ſtete
fin anzubieten. Gluͤck, Muth und Lift verhalfen W
Schwaͤche der ital. Fuͤrſten trefflich zu benutzen verftant
und Robert Guiscard, heranwachſend in biefer Zeit, b
glänzende Loos f. Bruͤder in Itallen zu theilen. Ein Hs
in jener zu allen abenteuerlichen Unternehmungen aufgeleg
nung auf reiche Beute bereit tar, ihm zu folgen, und !
Muth einwohnte wie f. Brüdern, zeichnete fidy run be
fechten fo aus, daß die von ſ. Thaten begeifterten Krieger i
phrey Tode einſtimmig zum Grafen von Apulien ausr
Guiscard auch Bein Bedenken trug anzunehmen, obſcht
durch in ihren Rechten gekraͤnkt wurden. Nun eroberte eı
Beſitz ihn Papft Nicolaus II. beftätigte, der ihn nicht I
fachen Gewaltthaͤtiakeiten. In ben Bann nethan hatte.
Guiscard 941
hwoͤrungen entſtanden, ſo beſtrafte Robert Mehre mit dem Tode und unterwarf
ndern. Jetzt dachte er auch darauf, Sicilien zu erobern, deſſen Beſitz ihm
apſt im voraus zugeſagt hatte. Er ſandte deßwegen den juͤngſten ſ. Bruͤder,
e, deſſen Tapferkeit ſich bereits in manchem Kampf bewährt hatte, an der
e von nur 300 entſchloſſenen Kriegern nach dieſer Inſel, und wirtlich nahm
Roger 1060 Meſſina mit dieſer kleinen Schaar ein. Im folg. J. ſchlugen die
Bruͤder vereint, die Sarazenen in der Ebene von Enna; die Zwiſtigkeiten jedoch,
e unter den Siegern ausbrachen, vernichteten einen Theil der Folgen dieſes
3. Guiscard hatte nämlich ſ. Bruder die Hälfte von Calabrien verſprochen,
hm der Zug nad) Sicilien gelänge ; jegt wollte er ihm indeß nur ein paar Stäbte
‚ und da Roger hierüber unzufrieden war, fo beſchloß Robert, den Bruder
hmen zu lafien. Die Anhänger Rogers kamen ihm aber zuvor; Robert wurde
gefangen und Hoyer war fo edelmüthig, diefen Vortheil nicht zu benugen,
brachte Guiscard zur Befinnung ; er verföhnte fich mit dem Bruder und gab
das Verjprochene. Roger eroberte nun faft die ganze Infel und wurbe erfter
von Sicilien. Guidcard belagerte unterdeſſen die in Unteritälien noch in den
en der Sarazenen ſich befindenden Städte, die fi) zum Theil ungemein lange
n, wie z. B. Saliino und Bari, vor weichem leßtern Ort Guiscard 4 J. lang
nd aller Unbill der Witterung und den Gefahren des Kriegs in einer Kaubhütte,
: fid) an den Waͤllen diefer Stadt hatte erbauen laffen, trotzte. So gelang «6
nady und nach, die Provinzen, welche das heutige Königreich Neapel bilden,
ımenzubringen, und er würde f. fiegreichen Fahnen noch weiter haben flattern
„‚ wäre er nicht wegen eines Einfalles in Benevento von Gregor VII. in dem
gethan worden, was ihn nöthigte, f. Ehrgeiz und f. Eroberungsfucdht nad) bies
eite hin Schranken zu ſetzen. Die Verlobung f. Tochter Helena mit Konſtan⸗
ukas, dem Sohn und Erben von Michael VIE gab ihm fpäter Gelegenheit,
a die wilden Händel des griech. Kaiferreich® zu mifhen. Er rüftete eine ans
che Flotte aus, fandte f. Sohn Bohemund zur Eroberung von Corfu und
te ſich felbft an, Durazzo anzugreifen. Sturm und anftedende Krankheiten
ten aber dies Unternehmen beinahe ſcheiter. Alexis Komnenus, damals
ſcher von Konſtantinopel, nahte fich mit einem überlegenen Heere: es kam uns
m Mauern von Duraszo zur Schlacht, in welcher fich der Sieg erft auf bie
der Griechen neigte; Guiscard's unerfchütterlicher Much gab aber der Sache
andern Ausſchlag. Er fammelte die ſchon fliehenden Haufen der Seinen,
e fie von neuem in den Kampf und errang einen vollfländigen Triumph über
echsmal ſtaͤrkern Feind. Durazzo mußte fid) ergeben, Robert drang in Epis
in, näherte ſich Theſſalonich und verfeste die Hauptftadt des Reiche in Schres
Mitten auf dieſer Siegesbahn hemmte ihn aber die Nachricht, daB Kaifer
ih IV. von Deutfchland in Stalien eingeruͤckt ſei. Er übergab Bohemund
Iberbefehl, und eilte in die Heimat zuruͤck, um Gregor VII., der in der En⸗
urg belagert ward, gegen die Deutfchen beizuftehen. Heinrich IV. ward zum
jug genöthigt, Gregor befreit und nad) Salerno in Sicherheit gebracht. Guis⸗
silte nun von neuem nach Epirus, wo er die Griechen wiederhole::tlich fchlug,
sie Huͤlfe f. Flotte vieler Infeln des Archipels bemichtigte und eben im Begriff
auf Konitantinopel loszugehen, als ihn der Tod auf ber Infel Cephalonia
. Juli 1035, im 70.8. f. Alters, von der Welt abrief. Sein Herr zog fich
' und der griech. Kuiferthron mar gerettet. Guiscard's Leiche wurde auf einer
ve eingeſchifft, die bei Venuſa Schiffbruch litt, roofelbft man dann bie Übers
es Eriegerifchen Fürften in der Kirche zum heil. Geift zur Ruhe brachte. Seine
e Bohemund und Roger theitten fi, nicht ohne Hader, Indie von ihrem Va⸗
berten Laͤnder, fodaß der Erſtere Tarent, ber Andre Apulien befam. Mor
niscard hinterließ den Ruhm, bie Wiflenfchaften beſchuͤzt zu haben und "
Dienſte bis an dus Ende des Kriegs unter großen Gefahre
digte man ihn jedoch vieler Expreffungen. Nach wiebert
fein Regiment 1763 am Tage des Einmarſches zu Berti
hielt der König bei ſich zu Potsdam und ernannte ihn 15
Inder Armee. Er war einer von den wenigen Männern, wel
Umgangs würdigte. Mehte Anekdoten geben Beweife !
aud Vieles von den Raunen des Königs gefallen laffer
beißendem Scherz angriff. Er ftarb 1775 mit dem Rı
Mititaire. In ſ. „Memoires militaires sur les Gre<
in f. „Mewoires critiques et historignes sur plusieurı
litaires:: hat er eine Menge Irrthuͤmer des Chevalier Fol⸗
Guife, der Name einer berühmten herzogl. Famili
benzweigs des lothringifchen Haufes. Claude v. Gu
Herzog6 Renatus v. Lothringen, geb. um 1496, tieß ſich
vermählte fid) 1513 mit Antoinette v. Bourbon. Se
Geift, ſ. großen Eigenſchaften erwarben ihm ein großes 2
zum Gründer eines der erſten Häufer in Scankreih. !
Grafſchaft Guiſe 1527 zum Herzogthum und zur Pairi
1550, hinterließ er ſechs Söhne und fünf T., twovon I
Schottland, Jakob V., vermählt war. Den Glanz det
fein ättefter Sohn: Guiſe, (Franz, Herzog v. Koth
von einer Wunde, die er 1545 bei der Belagerung von
eine bleibende Narbe auf f. Geficht zuruͤckließ/ le balafre
Auf eine auögejeichnete Weiſe bewährte ſich ſ. Muth 15
Karl V. gluͤclich behauptete, obgleich berfelbe geſchwote
tommen, ald unverrichteter Sache abziehen wolle. In
den 13. Aug. 1554, that er Wunder der Tapferkeit. An
Flandern und Italien ; er ward zum Kieutenantgeneral uͤb
nannt. Das Unglüd Frankreichs minderte ſich, fobatb «
pen ftand. Im acht Tagen nahm er Galais und das gi
mitten im Winter. Er entriß die Stadt für immer di
AN Aahen hofeffon hatten T\aranıf araharte ar Whinnnill«
Guiſe (Heinrih, Herzog v. $othringen) 943
ohne jedoch ſich ganz zu verlieren. Seit jener Zeit bildeten fich bie Parteien
nde und Bulfe. Auf der Seite von diefen flanden der Gonnetable v. Monts
ey und der Marfhallv. Saint: Andre; aufder Seite von jenen die Proteftuns
ıd Goligny. Der Herz. v. Guiſe, ein ebenfo eifriger Katholik alsſFeind der Pros
en, befchloß, fie mit den Waffen in der Hand zu verfolgen. Nachdem er d.
irz 1562 bei Vaſſi über die Grenzen der Champagne gegangen war, fand er
koiniften, welche in einer Scheuer die Pfalmen von Marot fangen. Sein
je beleidigte fie, man ward handgemein, und faft 60 diefer Unglüdlichen wur⸗
:öbtet und 200 verwundet. Dieſes unerwartete Ereigniß entzuͤndete den Bürs
g im ganzen Königreih. Der Herzog v. Guife nahm Rouen, Bourges
wann die Schlacht von Dreur d. 19, Dec. 1562. Am Abende nach diefem
blieb er ohne alles Mistrauen in bemfelben Zelte mit dem gefangenen Prinzen
, theilte mit demfelben f. Bett und fchlief ruhig an der Seite f. Gegners, In
m er jetzt nichts mehr als einen Verwandten und Freund fah. Damals war
rzog auf dem Gipfel f. Gluͤcks. Er rüftete ſich zur Belagerung von Orleans,
3 der Mittelpunft der proteftantifchen Partei und ihr Waffenplatz war, als
ſtolenſchuß von Poltrot de Meren, einem hugenottifchen Edelmann, ihn am
br. 1563 tödtete,
SB utfe (Heinrich, Herzog v. Lothringen), ältefter Sohn bes Vorgenannten,
360 geb. Seinen Muth bewies er zuerft in der Schlacht von Sarnac, 1569.
ſchoͤne Geftalt gewann ihm alle Hergen. Er ftellte ſich an die Spitze eines
unter dem Vorwande, den kathol. Glauben zu vertheidigen, und rieth zu
raufamen Blutbade in der St. Bartholomäusnadht (1572). Um fid pers
zu rächen, wollte er die Ermordung Coligny’& auf fich nehmen, den er ben
er ſ. Vaters nannte. 1576 bildete fich die Ligue, eine zuerft von f. Oheim,
tardinal v. Lothringen, entworfene Verbindung. Man legte zu dem Ende
frigften Bürgern von Paris den Plan zu einem Bündniffe vor, das angeblich
rtheidigung der Religion, des Königs und der Sreiheit des Staats zum Zweck
ſollte, wirklich aber die Unterdrüdung des Könige und des Staats beabſich⸗
Der Herzog v. Guiſe, der ſich auf Frankreichs Trümmern erheben wollte,
umte die Aufrührer, erfocht mehre Siege über die Galviniften, und fah ſich
n Stande, f. Fürften feibft Sefege vorzufchreiben. Er zwang Heinrich IIL.,
eiheiten der Huyenotten zu vernichten, und ging in f. gebicterifdyen Foderun⸗
weit, daß der König ihm endlich verbot, nad) Paris zu fommen. Dennoch
ı er dafelbft 1588 und zwang den König, die Stadt zu verlaffen und einen
ich mit ihm zu ſchließen. ber beraufcbt von diefem Triumph, folgte er nicht
der Klugheit, fondern ließ nur zu deutlich wahrnehmen, daß er nad) der hoͤch⸗
ervalt firebte. Kine Folge jenes Vergleichs war der Reichſstag zu Blois. Der
‚ auf die berrfchfüchtigen Plane des Herzogs aufmerkſam gemacht, berieth
it ſ. Vertrauten, d’Aumont, Rambouillet und Beauvais:Nangie, und alle
een der Meinung, das man ihm einen förmlichen Proceß nicht machen koͤnne,
ı ihn heimlich aus dem Wege räumen müffe, und dag diefe Mafregel durch
ıbare Majeftätsverbrechen gerechtfertigt toerde. Der tapfere Grillon weigerte
je Ausführung zu übernehmen. Man übertrug fie daher Lognac, erſtem
jerheren des Könige und Hauptmann ber 45 yasconifchen Edelleute der neuen
Garde. Diefer wählte neun der entfchloffenften aus und verbarg fie in dem
t des Könige. Der Herzog wurde zwar gewarnt, und fein Bruder, der
al rieth ihm, nad) Paris zu gehen ; allein auf den Rath des Erzbifchofs von
der ihm vorftellte, daß ſ. Freunde den Muth verlieren müßten, wenn er Blois
nfo günftigen Augenblid! verließe, befchloß er, das Außerſte zu wagen und zu
. Den folgenden Tag, 23. Dec. 1588, ging er zum König. Er mar ein
betroffen, die Wachen verftärkt zu, ſehen. Sobald er in ben erſten Saal
ven. WIE VELM WUNAEEIUIER JInD von x
ie der größten Guitarrſpieler, und Lehmann (ne
Her Giutiani find neuerdings noch Zocchi, und v. Gärtner
geworben. Ein deutſcher Künftter zu London bereicherte die
echten Baden der Reſonanzdecke mit einer Claviatur von |
genten bei Berührung der Taften aus dem Schallloch herv
berähten, wie bie Haͤmmer eines Pianoforte. Daher hat
Pianoforteguitarre erhalten.
Guizot (Brangois), Prof. der neuern Gefchichte
geb. 1787 zu Nimes, ein Proteftant, ſtudirte zu Genf!
Literatur, ging nach Paris, widmete ſich den Wiſſenſchaft
mehren gebaltvollen Zeitſchriften und gab theils (pradjreifie:
Tannte „Nouv. Dictionn. des synonymes de la laugue ſ
theils biographifche, theils auf die Erziehung und den Zu
in Frankreich Bezug habende Schriften Heraus. Erft 1814
betrat er die abminiftrative Laufbahn, in welcher er, befchi
tesquiou, ſchnell emporftieg und als Generalfecretaic im $
dann im Minifterium der Juſtiz zu einem großen Einfluß g
mie er anfangs manche von ſ. Gönnern betriebene Reformı
nicht beliebt. Bei Napoleons Ruͤckkeht von Elba begleitete
Gent, und ward dafür von dem König zum Requetenmei
rath ernannt. Won jekt an zeigte G. gemäßigtere Gefinnı
fogen. Doctrinairs; allein der Sturz des Miniſters Deca
auch f. Entlaffung zur Folge, Denn das von ihm frü
Schüsling, befolgte Spſtem warb jegt von den Gegnern
geltend gemacht. G. wirkte ſeitdem als Lehrer der Geſchich
Man fchäst vor zuͤglich ſ. (zum Theil mehrmals aufgelegten
publiciftifch « tifhen Schriften; z. B. f. „Idees sur l
1814; f. Buch: „Du gouvernement representatif et
France‘, 1816; f. „Essai sur P’bistoire et surl'etat ac
Frauce“, 1816; und „Du gonvernem. de la France d
du ministöre actuel““ ($. Aufl. 1821). Seine Schrifi
Guldberg Gulden 945
r, wie der vaterländifc gebildete Mittelftand der Kern, und In Zelten ber Ges
ie Stuͤtze der Staaten iſt. Auch gab er eine „„Collection des m&moires re-
ala revolution d’Augleterre‘* (Paris 1823) heraue, die für die Gegenwart
hrreich ift. Jetzt gibt er eine „Collection des m&moires relatifs à l’histoire
ance depuis la fondation de la monarchie jusqu’au treiziè me siecle‘ (mit
Finleitung u. Anmerk.) in 30 Bdn. heraus ; die erfte Sammlung dieſer auch
e deutfche Geſchichte und die des Mittelalters wichtigen Zeugniffe ber Zeitges
. — Bis zur Aufhebung der Genfur und der Auflöfung der Normalſchule
war G. koͤnigl. Cenſor und Prof. an diefer Bildungsanſtalt. Seine Vorträge
ie neuere Geſchichte wurden fo gern gehört, daß der Unterricht srath fie für das
jahr 1824 nicht wieder gejlattete. — Guizot's Gattin, Pauline, geb,
zulan, hat mehre gut aufgenommene Nomane gefchrieben; doch fchadete fie
Rufe durch ihre Sournalfehde mit dem Abbe Salyues, dem Verf. von ziem⸗
nfeitigen Memoiren über Napoleon ald General und Conſul. Auch redigirte
e Zeitlang die das Theater betreffenden Art. in bem „Publiciſte“.
Guldberg (riedrich, mit dem Adeldbeinamen Högh), Profeffor und
, Sohn des ehemal. Staatsminiftere, Ove Hoͤgh-Guldberg, der als Ger
rrath und Danebrogsritter 1808 ſtarb. Prof. Guldberg, geb. zu Kopenha⸗
. 26. März 1771, iſt unftreitig einer der vorzuͤglichſten und originalften daͤni⸗
Dichter. Erine „Drei Rofen des Lebens”, eine hoͤchſt liebliche Idee, wurde durch
r's Nachbildung in ganz Deutſchland bekannt, und nach Doͤring's ſowol als
apellmeiſters Hurka Compoſitionen in vielen Concerten aufgefuͤhrt. Muͤller
rlin behandelte es als Volkslied; Buchhaͤndler Campe aber nahm dieſes Ges
aftslied In feiner erften und richtigern Geſtalt in die von ihm herausgeg. alls
n beliebte Lirderfammlung auf. G.'s Lied auf den fterbenden Abrahamfon,
an in der Alterthumgzeitung: „Idunna und Hermode” für 1816 findet, und
neuere Lieber find vom Hofmuficus Kuhlau zu Kopenhagen mit Compojitios
egleitet, durch welche der eigne Geiſt der alten daͤniſchen Volksmelodien zu we⸗
heint. Ungemein ſchoͤn darunter find „Die Blume der Ewigkeit” („„Exisheds-
sten‘) u. „Der Sterbende” („Den Döende‘‘). Seine früher gefammelten Ges
tamen 1815 — 16 aufs neue in 3 Bbn. heraus, und haben, da fie auch mehre
ſche Stüde von gleichem Werth enthalten, den veränderten Titel: „„Samlede
ing“ (gefammelte Kleinigkeiten). Das Neuefte find f. jedem fühlenden Bis
er gewiß höchftwerthe „„Digte over bibelske Emner‘* (Gedichte über biblifche
nftände) (Kopenh. 1823) für die Jugend beitimmt, deren Herz ind Phuntafie
ich zu ergreifen vollkommen fühig find. Noch verdankt man ihm (mährend f.
ithalts zu Kiel) die Herausgabe der „Zeitung“ für Literatur u. Kunſt in den dis
n Staaten die im Juli 1807 anfing, und mit dem Jun. 1810 gefchloffen
e. Guldb. hat au den Zerenz und Plautus (6 Bde.) überſetzt. 87.
Gulden, eine deutfhe Silbermuͤnze, welche uͤbereinkuͤnftlich 16 Groſchen
30 Kreuzer gilt, Es führen aber noch andre Münzen von verſchiedenem Werthe
d außer Deutfchland diefen Namen, und find theild Nechnungsmünzen, theile
ihe. So ift ein Gulden in Augsburg eine Rechnungsmünze von 20 Gr,
.; in Bafel 14 Gr. I Pf; (Wechſelgeld 16 Gr. 8 Pf.) ; in Züri 15 Sr,
f.; (Mechfelged 17 Gr; Münze 14 Gr. 4 Pf); ein Gulden zu St. Gallen
nungsmünze von 14 Gr.; ein Gulden in Genf2 Gr. ; in Brabant 11 Gr.
f.; (Mechfelgeld, 13 Gr.); in Helland 13 Gr. ; in Lüttih 8 Gr. ; in Oſt⸗
and 8 Gr. 4Pf.; ein Gulden polniſch In Danzig 6 Gr. ; ein Gulden preußilch
bmigeberg 7 Gr. 6 Pf.; ein polniſcher Gulden 4 Gr. (felt 1766 ; vorhee' Akt
r. 4 Pf.); ein preuß. Gulden 8 Gr. (feit 1776; vorher nur 6 Gr. 8 Pf.);
zulden in Riga 8 Gr.; in Trieft 15 Gr. Anfaͤnglich waren die Gulden Gold⸗
jen, die zuerſt in Florenz 1252, auf der einen Seite mit dem Gepraͤge einer Lille,
ber andern mit dem Bilde Johannes bes Taͤufers, gefchlagen wurden, und wg
ınd.= Eis. Sisbente Aufl. Bd. IV. 60
Theil aller Pflanzen ausmacht, fo laͤßt er ſich doch nicht aue
den. Einige Pflanzen und gewiffe Theile derfelben liefern
Ganz rein ift das Gummi weiß, bucchfichtig, hart, fpröde
ſchmack, im Falten Waffer leicht aufloͤslich. Dur Ermd
ichwillt auf, wirft Blaſen und dampft ; endlich wird es Echlig
Gundling (Iatob Paul, Freiherr v.), geb. 1673
bei Nürnberg, wo f. Vater Prediger war, (oder zu Hersbi
‚Helmftädt und Jena, rehſte nad) Holland und England, ur
terakademie zu Berlin. Därauf fpielte ex eine wenig ehren
Königs Friedrich Wilhelm I. von Preußen. Diefer Mona:
noch ðelehrſamteit ſonderlich ſchaͤtte, hörte von Gundling's
Kenntniſſen, die derſelbe in mehren Schriften bewaͤhrt haı
einen brauchbaren Zeitungsreferenten und Hiſtoriographen
Würden erihn ernannte. Auch mar G. dazu allerdings gi
f. Pedanterie und linkiſche Steifheit machten ihn zum Geſpẽ
Übertriebene Neigung zum Trunk und f. albernes jänkifches
der Trunfenheit machten ihn noch laͤcherlicher, und er fan
herab, ohne den Titel zu führen und ohne felbft den geringften
nehme und geringe Hoflente erlaubten ſich die plumpften un]
mit ihm, welche der König zu belachen ſich herabließ. Bu
Menge Titel der hoͤchſten Staats» und Hofämter; doch «
den Spott nicht zu fühlen und nur noch flolger zu werden.
nüchtern ward, farb 1731 zu Potsdam, umb wurde zu Bo
Taffe begraben. Nicht zu verwechfeln ift mit ihm f. Bruder I
mus (geb. 1671, geft. 1729), geh. Rath md Profeffor zu.
tghiftor, ber zu dem Ruhme der Univerfitär Halle nicht wenig
reichen Schriften tragen zwar faft ale die Spuren der Eilfe
‚aber für ihre Zeit nit umer-tfam.
Günther (Irhann Chriftian), geb. 1695 zu Stets
geichnete ſich [hen auf der Schule zu Schweibnig dureh f.
Keider trugen aber Die vielen Lobſpruͤche, weiche er deßhald von
——
Günther (Johann Arnold) 947
achten, In bitteren Satyren und ward endlich Schulden wegen feftgefegt. Als er
Freiheit wieder erhielt, ging er nach Leipzig, wo er an Menke einen Befhüger fand
id ſich wirklich eine Zeitlang fo gut benahm, daß man hoffte, er werde enblich eine
al dem rohen und wuͤſten Leben entfagen. In diefer Periode verfaßte er [. Ge⸗
ht zur Feier des Friedens, welchen ber deutſche Kaifer Damals mit den Türken
yloß, wodurch fein Ruhm ale Dichter allgemeine Ausbreitung erhielt; darauf
ard er von ſ. Befchüger Menke dem Könige von Polen und Kurfürften von Sach⸗
z empfohlen, der den jungen Poeten gern felbft Eennen lernen und für ihn forgen
ollte. Der Wirbel eines luͤderlichen Treibens hatte aber den Unglüdlichen ſchon
leder ergriffen. Als er in Dresden anlam und dem Könige vorgeflellt wurde, war
dermaßen betrunten, daß er kein Wort hervorbringen konnte und der Monarch
n mit Verachtung entließ. Auch Menke, empört über ein folches, ihn felbft coms
omittirendes, Benehmen, 308 f. Hand von ihm ab und Günther irrte von nun an,
amer tiefer in Elend und Ausfchweifung verfinkend, heimathlos und unftit ums
x, allein von den Wohlthaten f. Bekannten lebend und außer Stande, fich durch
nen feften Entfchluß aus der Tiefe, In welche er verloren ging, zu retten. Er flach
15. März 1723, kaum 28 3. alt, im fchredtichften Elend. Sein Talent war
groß, daß ſelbſt In den legten Augenbliden f. in Sammer und Gemeinheit verfins
nden Lebens, noch oft der ihm inmohnende Bötterfunke wie ein Blitz ducch die
Pacht hervorbrach. Nach ſ. Tode kam eine Sammlung f. Gedichte heraus, wovon
e 6. Aufl. 1764 erfchien. Die angeblidy von ihm felbft verfaßte Geſchichte f. Lebens
d ſ. Wanderungen, der einige Briefe von Ihm an Freunde angehängt find, erfchien
ipg. 1732, Vgl. Franz Horn's Auflag über ©. in den „Freundlichen Schriften”,
Günther (Johann Arnold) Licentiat der Rechte, Senator der Stadt Ham⸗
ng, geb. bafelbft 1765, geft. 1805. — Inf. Erziehung von einem vermögenden
er flarrfinnigen Water vernachläffigt, ging er, in der literarifchen Bildung, unter
weren Kämpfen mit dem Schidfal, das ihn zu einer dem höher aufſtrebenden
eiſt unangemeffenen, niedrigen Sphäte veructheilen wollte, unter hartem Geiſtes⸗
ach, und peinlichen, ſ. Phyſiſchen hoͤchſt nachtheilig gewordenen Verfagungen aller
t, als Autodidaktos, aus fich felbft hervor. — Nach in Göttingen vollendeten
tadien, war f. ganzes Leben ſ. Mitbürgern geweiht. Durch meiſtens freiwillig
ernnommene Gefchäfte, öffnete er zuerſt fich ſelbſt dieſe rühmliche Laufbahn. Hierzu
id er in der hamburger (1765 geftift.) patriotifhen Gefellfchaft zur Beförd, der
inſte und nüslichen Gewerbe, der er bei f. Ruͤckkehr nach Hamburg 1780 beitrat,
naͤchſte Veranlaffung, ſowie in dem Kreife ihrer Stifter Buͤſch, Reimarus,
echhoff, Volkmann, Sonnin und a, edlen Männer, gewichtige Mitarbeiter zur
Landung und Vollendung fo mancher gemeinnüsigen Staatsanftalten, die für
umburg, und als Muſter für andre Staaten, aus diefer Geſellſchaft hervorgingen,
d befonders durch G.'s fchaffende, leitende und ordnende Hand, in Wirkfams
t gefegt wurden. Dahin gehören die Vorarbeiten zu ber Allgemeinen Armenans
et, die Stiftung der Creditcaſſe für Erben und Grunbftäde, die der allgemeinen
eforgungss und die ber technologifchen Lehranftalt, die verbefferte und erweiterte
sordnung der Rettungsanflalt für Ertrunkene und Erſtickte, u. & m. Kür biefe
a. Begenftände der Staatswirthſchaft und Polizei verfaßte G. theoretis
‚e und praktiſche Schriften, die zum Theil ungedrudt und dem Auslande unbe⸗
rarıt geblieben find, In den genannten Faͤchern fchrich er von 1788 — 1791
ich für die „Allgem. Jenaiſche LiteratursZeitung” 153 Recenfionen, worunter fich
endete Eritifche Abhandlungen befinden, fowie ähnliche Auffäge für die meiften
erin eingreifenden, bamaligen deutfchen Zeitfchriften. Auf Veranlaſſung einer zu
Bien ausgefeßten Preisfrage arbeitete G. 1789 |, wichtiges, man möchte ſagen,
ft zu tief ergruͤndendes Werl über den Wucher aus, und gewann damit, unter
BO Beantwortungen, den Preis. Es erfhien 1790 u. d. T., Verſuch einer volls
And. Unterfuch, über Wucher und Wuchergefege und über ach bem Wu⸗
$urger patriot. Geſellſchaſt zur Befoͤrd. der Kuͤnſte und Gero
bürgerlichen Bildung fo Manches, und die ihm in f. zehni—
ſchaſte v. 1780 bis 90, fo viel verdaukte, indem er mit ſ. rei
neue Organifation, ihren dauernden Beftand gründete. Sei
trug dazu bei, Indem die Gefellfchaft dadurch die erfte Veran!
ven Mitbuͤrgern freigebig unterftüigten Ankauf eines wohleir
hielt, um darin bie Günther’fche Bibliotheß, mit der ihrigen u
haltigen Sammlungen vereint, zweckmaͤßig aufzuftellen.
Freund und Mitarbeiter an mehren patriotifhen Inftituten,
hat 1810 in f. Schrift: „Johann Arnod Günther. Ein L
edlen bamburgifdyen Patrioten und Staatsmann treffend <
er aus den hintrrlaff. Schriften G.'s, f. auf einer Reife 1791
u. d. T. heraus: „Erinnerungen aus den beutfchen Kriegsgeg
d. angraͤnz. ändern" Hamb. 1806, das viele ſcharfe u. freiſinn
Gurtitt (Johannes Gottfried), D. der Theol., Dir
des Johanneums zu Hamburg, und Prof. der oriental. Spro
daf., geb. zu Leipzig d. 13. März 1754, erhielt f. erfte Bid
Thomasfchule. Die gelehrte Ausbildung aber für die Univer!
dem damai. Rector Joh. Friede. Fifher, deffen gründliche ph
keit und ſtrenget rechtlicher Charakter ihm zum Vorbild wurd
G. 1773 die Univerfität Leipzig. Als afademifher Bürger
fen Stubien mit bem angeftrengteften Fleiße fort, und verb
giſchen und philofophiichen unter Leitung eines Morus, 9
a. In der Theologie herrſchte damals die heftigfte Wer|
mungen. G., ber ſchon früh die Wahrheit jenes berühmten 2
branche erkannt hatte, daß Zweifeln der erfte Schritt zur Mel
feiner Meinung ohne eigene Prüfung zu huldigen gewohnt w
ſtreng orthoboren und faft ſchwaͤrmeriſchen Verlefungen des C
entgegengefegten des gelehrten J. A. Erneſti bei. So ging ı
ſenhaftet Prüfung für ſ. Überzeugung endlich die freiefte rati
tbeofogifchen Glaubensſachen hervor; eine Anficht, welche flet
Gußſtahl Guſtav 1. 949
beſucht, und wenngleich die dort herrſchende freie Lehrart dieſen Eiferern wenig zu-
fagen mochte, fo erhielt body deßhalb das Kloſter kein tadelndes Reſcript; dagegen
ward auf Anftiften von Hermes eine „Recherche des dortigen Schulweſens durch
den Minifter Wöliner verosdnet. Unter denen, die damit beauftragt waren, mar
es Hecker befonders, der &.’8 Werth erkannte, und auf deffen Betrieb er 1797
zum Prof. und Director des Pidagogiums mit ziemlich ausgedehnten Rechten er:
zzınnt ward. Dft wurden ihm Anerbietungen zu andern Amtern gemacht, jedoch
ohne Erfolg, bis ihn 1802 der Senat von Hamburg zum Director des Johans
neums und Prof. des Gymnaſiums bericf. Es wurd ihm zwar ſchwer, Klofter:
Bergen zu verlaffen, aber der Blick in die Zukunft vechieß unter den damaligen Ums
ſtaͤnden Eeine erfolgreiche Thätigkeit mehr. Als G. f. Amt in Hamburg antrat,
bedurfte die Schule dafelbft einer gänzlichen Reform. Wie er diefe mit Beihuͤlfe f.
MObern herbeigeführt, wie er durch unermübliche Tätigkeit, und durch ein auf fefte
Grundfäge gegruͤndetes Verfahren, diefe Anſtalt endlich zu einer der bluͤhendſten
Deutſchlands gemacht, das näher auseinander zu fehen, gehört in eine Schul⸗Ge⸗
ſchichte. Überhaupt ift ſeit f. Wirkſamkeit wiſſenſchaftliches Streben und gründs
liche Wiffenfchaft in Hamburg allgemeiner verbreitet; theologiſche Auftiärung aber
Ansbefondere zu befördern, hielt ©. ſich von jeher fuͤr verpflichtet, vorzuͤglich als Prof.
des akadem. Gymnaſiums (weßhalb ihn audy die helmſtaͤdter Univerfität 1806 zum
D. der Theologie nannte). G.'s zahlreiche Schriften find theils theologifchen,
ꝓhiloſ. und pädagog., theils philolog., hiſtoriſchen und archäolog. Inhalte.
Gußſtahl f. Eifen. '
Guſt av J., König von Schweden, bekannt u. d. N. Guſtav Waſa, geb.
- 1490, war ein Sohn Herzogs Eric Wafa von Grypsholm, und ein Sprößling der
alten koͤnigl. Familie. Er gehörte zu jenen großen Männern, welche die Natur fo
feiten bervorbringt, die fie aber mit allen Eigenfchaften ausftattet, ein Volk zu bes
herrſchen. Schon fein fhöner Wuchs und fein edles Außere gewannen ihm die
Derzen. Seine kunftiofe Beredtſamkeit riß unwiderſtehlich hin; fein Genie ent»
warf verwegene Plane, aber fein unbefiegbarer Muth wußte fie gluͤcklich zum Ziele
zu führen. Er war unerfchroden mit Befonnenheit, voll Sanftmuth In einem noch
sohen Zeitalter, und fo tugendhaft, wie das Oberhaupt einer Partei fein kann. Als
ber tyrannifche Shriftian II. von Dänemark in Gemaͤßheit der kalmariſchen Union
ſich des ſchwediſchen Throne zu bemächtigen ſtrebte, faßte Guſtav den Entfchluß,
fein Vaterland aus dem Unglüd und der Exrniedrigung zu retten: die Ausführung
ſ. Plane wurde jedoch unterbrochen, da Chriftian fich ſ. Perfon bemächtigte, und
ihn, nebft fechB andern vornehmen Schweden, als Geißel in Kopenhagen gefangen
bielt. Als er aber zu Ende 1519 die Erfolge Chriftians vernahm, der die Unters
werfung Schweden faſt vollendet hatte, da faßte ihm auch im Gefaͤngniß der Ges
danke, fein Vaterland zu befreien. Er entflob in Bauernkleidung. Zwölf Meilen
ging er am erften Tage in einem unbelannten Lande; in Flensburg traf er juͤtlaͤndi⸗
fche Ochſenhaͤndler; um fich jicherer zu verbergen, nahm er Dienfte bei ihnen, und
Sam gluͤcklich in übel an. Hier wurde er zwar erfannt, aber von dem Genate in
Schutz genommen; ja man verfprach ihm fogar Unterftügung zu f. Vorhaben, das
er nicht mehr verheimlihte. Darauf fchiffte er ſich ein und landete zu Kalmar.
Die Befapung, der er ſich entdeckte, weigerte ſich, die Partei eines Fluͤchtlings zu
ergreifen. Geaͤchtet von Chriftian, verfolgt von den Soldaten des Tyrannen, zus
züdgeftoßen von Freunden und Verwandten, wendete er ſich nad) Dalecarlien, bei
den kräftigen Bewohnern diefer Provinz Huͤlfe zu ſuchen. Nur mit Mühe denihn
zımgebenden Gefahren entgangen, fand er Aufnahme bei einem Pfarrer, der ihn mit
f. Anfehen, f. Geld und f. Rath unterflügte. Nachdem man die Semüther vorbe⸗
weitet, benuste man ein Feſt, zu pelchem fich die Bauern ded Canton verfammelt
batten; Guftav erfchien unter ihnen. Seine edle, zuverfichtliche Miene, fein Un
glüd und der Abfcheu gegen Cheiftimr, ber eben den Antritt ſ. Regierung burch ein
ya dedlenen, um f. Abficht zu erreichen. Guſtav gen:
und füdrte ihn noch mehr durch Die Überlegenheit ſ. Po
Widrend er Insgeheim bie Fortſchritte des Lutherthu
Bänfllingen bie erledigten Pfeünden, und legte unter t
ieichtern, ber Beifllichleit auf, für den Unterhalt de
wagte er mehr; 1527 verlangte und erhielt er von b
der Vorrechte ber Biſchoͤſe. Die Lchre Luther's verbri
Kit. Guſtav kam den Unruhen zuvor, ober unterdrü
denen Im Zaum, ſchmeichelte den Ehrfüchtigen, gem
endilch Öffenttich zu einer Religionspartei Über, zu de
Untertbanen bekannte. (1530 nahm cin Nationa
Gonfeffion als Glaubensregel an.) Nachdem Guftar
Diefe Weife zum zweiten Mal erobert hatte, blich ib
Wachfolge zu ſichern. Auch die Verlangen bemilligter
due Wahlrecht abfhafften, und das Gefeg der Er!
Schweden eine fehr beſchtaͤnkte Monarchie war, fo üb
ſchraͤnkte Gewalt aus; aber dich war ihm vergönnt,
Schweden im Innern zu beglüden, f. Feinden furchtb
werth zu machen: auch verlegte er nie die Form dei
voutommnete bie Gefepgebung, bildete das Volt, mil
Gewerbfleiñ und Gelehrfamteit und erweiterte den Ha:
rubmvollen Regierung ftarb er 1560, in einem Alter x
Geſch. Suftane Waſa u. f. w.“, Tuͤbingen 1801,2
Guſtav Il, Adolf, Schwedens größter I
Better, war ein Sobn Karls IX., der nach der Ent!
ſchwediſchen Thron gefliegen war, und ein Enkel Gui:
beim 1594, empfing ex die forgfältigfte Erziehung. :
mec, u. ſchon in f. 16. leitete er die Angelegenheiten, cı
der Spide des Heeres, gehorchte als Soldat, unterhai
Wit. OBER mut mac Bunte IV ann
Guſtav IH. 951
em er nach f. eigenen Geſtaͤndniß durch Jacob de la Barbie f. milltairiſchen
ite ausbildete, durch den Krieben von Stolbowa 1617 von der Öftfee ganz aus;
ı aber, wiewol es nicht glüdlicher gegen ihn geweſen war, ging, nach der Erobe⸗
Lieflands durch Guſtav Adolph, nur einen Waffenftiliftand von ſechs Jahren
ren dieſer annahm, theild weil er an ſich vortheilhaft war, theil weil er ihm
jenug ließ, um etwas Entfcheidendes gegen Oſtreich zu unternehmen, deſſen
t, Kaifer Serdinand II., auf alle Weife ſ. Mache zu vergrößern ftrebte, und zus
ein unverföhnlicher Feind der Proteftanten war. Des Kaifers Abficht, ſich
fifee zu bemeiftern, und einen Angriff auf Schweden vorzubereiten, war Beis
‚weifel unterworfen. Aber einen noch mädhtigeren Beweggrund, fich den
hritten fe Waffen entgegenzuftellen, fand Guſtav Adolph in bem Kriege zwi⸗
en Katholifchen und Protiftanten, der mit der beutfchen Freiheit zugleich die
evangelifche Kirche in Gefahr feste. Guſt. Abolf, ber ber Lutherifchen Lchre
abrer Froͤmmigkeit zugetban war, befchloß, beide zu retten. Nachdem er den
zſtaͤnden in einer kraftvollen Rebe f. Entſchluß vorgetragen, mit Tihränen in
ugen ihnen f. T. Chriftina, in dem Vorgefühl, daß er fein Vaterland nicht
fehen wuͤrde, als Kronerbin vorgeftellt, und die Megierung, mit Ausſchließung
gene zärtlic von ihm geliebten Gemahlin, einem Ausſchuſſe von regierenden
räthen anvertraut hatte, Brady er 1630 nad) Deutfchland auf, und landete
OOO Mann an den Küften von Pommern. Welche Schwierigkeiten ihm
heit felbft Fürften entgegenfesten, für deren Scche er gefommen mar ; wie
heit, f. Edelmuth und f. Ausdauer über Wankelmuth, Mißtrauen und
sche fiegten, weiche Deldenthaten er an der Spige f. Heeres verzichtete, und
als ein unbefiegter und unbeflediter Feldherr in der Schlacht bei Lügen, am 6.
1632 unfern von dem befannten großen Stein an der Landſtraße fiel, f. im
geißigjähriger Krieg. Die naͤhern Umftände f. Todes wurden lange
r verfchiedene und wiberfprechende Art erzählt. Indeß weiß man jebt aus
ekannt gemachten Briefe eines Officierd, der anf. Seite verwundet wurde,
durch Öftreichifche Kugeln getroffen, gefallen ift. Man lefe „Die Schlacht bei
nfeld und die Schlacht bei Luͤten“ von K. Corths (Reipz. u. Altenb. 1814)
-fgg. Des Könige blutiges Koller warb nad) Wien gebracht, wo es noch
ahrt wird, ben Leichnam aber führte der edle Bernhard v. Weimar nad)
fels, um ihn dort der Königin zu überliefern. Das Herz ward hier beiges
id blieb in dem Lande, für das er geblutet. S. dw. v. Range, (k. preuß.
„BGuſtav Adolf d. Große, K. v. Schweden”, Leipz. 1524,
uſtav III., König von Schweden, geb. 1716. Diefer Regent, deffen
»te ein Kürftenfpiegel genannt werden kann, war der Ältefte Sohn Adolf:
8, beif. Geburt noch Herzogs v. Holſtein⸗Gottorp, feit 1743 ermäblten
eben von Schweden, und Ulrike Luifens, einer Schwefter Friedrichs ll. Graf
Dem vom fünften 3. des Prinzen an beffen Erziehung allein übertsagen war,
en Beift und Charakter deffelben mit fteter Dinficht auf f. künftige Beſtim⸗
&3 bilden, beſonders war er bemuͤht, ben Ehrgeiz des Juͤnglings zu befchräns
D ihm früh ſchon Achtung für die Verfaſſung Schwedens einzuprägen; fein
Ser, der Graf Scheffer, richtete [. Bemühungen auf daflelbe Ziel. Nichte
Niger entwidelten fidy in dem feurigen Gemuͤthe des Juͤnglings die Kräfte
Hrebungen des ungenügfamften Ehrgeizes, der Derrfchbegierde und der Ei⸗
aber geſchickt wußte er, fo lange ed nöthig war, die innerften Gefühle ſ. Der:
beherrſchen. Ein überaus gefchmeidiges Werfen, gefällige Sitten, und eine
erde Freundlichkeit und Milde verbargen den immer heißer erglühenben Ehr⸗
Thatendrang hinter dem Scheine des anfpruchlofen Charaktere, Ritterli«
ngen, Wiſſenſchaften und Künfte, die feinern Vergnuͤgungen des gefelligen
amd eine mit Geſchmack vereinigte Prachtliebe ſchienen ſ. Lieblingsneigun⸗
etn. Schweden war bamals ber Schauplatz wehrer Parteien, verzüglid) der
954 Guſtav IV.
bier war e8, wo bereits ein Mordanſchlag gegen ihn gefaßt umb verficht worden ma
Die Grafen Horn und Ribbing, die Freih. Bielke und Pechlin, der Obriſtlieu. fi
jehorm und mehre Andre hatten fich verbunden, den König zu ermorden und die di
Ariſtokratie herzuftellm. Ankarſtroͤm (f. d.), der den König perſoͤnlich haft
bot fi) zum Werkzeug an. Eine Maskerade zu Stockholm, in der Nacht vom 1!
zum 16. März 1792 ward zur Ausführung des Verbrechens beſtimmt. Kuru
dem Anfang des Baus erhielt der König ein Warnungsbillet, dennoch begabe fi
um elf Uhr mit dem Grafen Effen auf die Reboute, trat in eine Loge, und da ZU
ruhig war, in ben Saal. Hier umgab ihn plöglidy ein Gewühl von Masten, u
indem ihm eine derfelben (Graf Horn) mit den Worten: „Gute Nacht, Matke
auf die Schultern Eopfte, ward der König von Ankarſtroͤm durch einen Shui
Ruͤcken tödtlich verwundet. Mit feltener Geiſtesgegenwart traf er fogteich Die nl
thigen Verfügungen. Er verfchied am 29. März, nachdem er noch mit Geifteche
terkeit die nöthigften Gefchäfte geordnet (f. Armifelt), und den Befehl unterid
net hatte, f. Sohn zum König auszurufen,
Guftap IV., Adolf, entfegter König von Schweden, geb. d. 1. Rn
1778, ward nach dem Tode f. Vaters (Guftav III.) am 29. März 1792 zum
nige ausgerufen, ſtand 45 J. unter der Wormundfchaft f. Oheims, des Hrag
Karl von Südermannland, der die Regentſchaft führte (nachmal. K. Kart XL
und trat d. 1. Nov. 1796 die Regierung ſelbſt an. Die Burze Megierungsgefäiie
diefee Monarchen zeigt, wie bei Talenten und Derzensgüte, Worurtbeile und ð
denfchaftlichkeit zum höchften Ungtüd führen. Gein Water wollte einen beharch
hen Dann aus ihm bilden, und Guftav IV. mochte felbft glauben, im Geiſe
Vaters zu handeln, wenn er mit eigenfinniger Unbiegfamtleit Alles f. einmal cap
nommenen Syſtem unterorbniete. Er hatte zudem von f. Vater einen Hans mm
Mitterlichen geerbt, daher fo viele f. Schritte den Anftrich des Abenteuerlichen baben
Doch Vieles von dem Unbegreiflichen, das er that, iſt f. Aberglaͤubigkeit zazufdes
ben, die hinlänglichen Stoff befonder6 in Jung's Schriften fand, Er war inſ
18. 3. bereit mit einer Prinzeffin von Medienburg verfprochen, als ihn die Ah
ferin Katharina in der Abficht, ihn mit ihrer Enkelin Alerandra Paulowna u
möäblen, nach Peteröburg eintud. Schon war Alles zu diefer Vermaͤhlung mebr
reitet und der verfammelte Hof erwartete den jungen König, als er fich vorigen IM
Ehecontract zu unterzeichnen, weil man Punkte barin aufgenommen, bie er vaio
ferin nicht zugeftchen wollte; u. a. hatte man der jungen Königin die freie Ausklang
der griech. Religion in ihrem Palaſte zugefichert, was gegen die Grundgeſche Wi
ſchwediſchen Reichs war. Nichts konnte die Weigerung Guſtavs befiegen; re
for: und verfchloß ſich in f. Zimmer, ſodaß das ganze Feſt ruͤckgaͤngig wurde. Einige
Monate fpäter (Det. 1797), vermählte er fid) mit der Prinzeſſin von Dim
Friederike, der Sıhmägerin bed Kaifers Alerander und des Königs von Bu.
Ein auffallendes Zeichen f. Confequenz war, daß er einft auf dem Punkt ſtand, cams
blutigen Kampf mit Rußland zu beginnen, weil er verlangte, daß das Geidae
einer Grenzbrüde auf ber ruffiihen Seite mit Schwedens Farben angeſtrichen u
den follte, was ihm nicht gemährt werden konnte. Als die nordifchen Maͤchte ii
die Erneuerung bes ſchon früher beftandenen, befonder® gegen England grricteit
Bündniffes der bewaffneten Neutralität unterhandelten, begab er ſich 1801 fh,
zu Befchleunigung bes Abfchluffes, nach Petersburg, mo er auch von PauiL, It
ihm in manchen Stüden glich, brüderlic aufgenommen wurde. Des ruft
Monarch ertheilte ihm bei dieſer Gelegenheit den Orden des heit, Johannes wu F
ruſalem. Im Juli 1808 reife er mit ſ. Gemahlin an den Hoff. Schwiegemumt
nad) Sartöruhe, um ben Kaifer und bie Meichsfürften für Die damals ganz und
führbangcheinende Idee, die Bourbons an die Stelle des erblich gewordenen Cenſcũ
wieder an die Spite ber franz. Regierung zu fegen, zu geroianen. Gr befan t
noch in Karlsruhe, als d. 15. März:1804 der Herzog ven Enghlen auf Beer
Guſtav IV. 955
te's Befehl aus dem Babdenfchen mit Gewalt entführt wurde. Guftav fandte fofort
fe Adjutanten nady Paris, mit einem Briefe an Bonaparte, um den Prinzen zu
retten; allein als ber Adjutant ankam, war ber Prinz ſchon tobt. Guſtav übergab
deßwegen nachdruͤckliche Noten in Regensburg, und war mit Alerander I., ber eins
sige Souverain, der über jenen Mord f. Unwillen laut äußerte. Es ift bekannt,
wie ſchimpflich er dafür in dem Moniteur behandelt wurde. Der gänzliche Bruch
mit Frankreich, die Verbindung mit Großbritannien und Rußland, und Spannung
mit Preußen, dem Guſtav den ſchwarzen Adlerorden zuruͤckſchickte, weil Napoleon
ihn auch erhalten und die Ritterehre es verbiete, Waffenbruder eines Moͤrders zu
fein, — war bie Folge f. Haffes gegen Frankreichs neuen Souverain. Ein müffiger
Kopf hatte berechnet, daß in bem Namen „Napoleon Bonaparte” die Zahl 666
enthalten fei, und Guſtav glaubte hierin das Zhier in der Offenbarung Sohannis
‚zw erkennen, das nur eine kurze Zeit regieren würde, und zu deſſen Sturze ex berus
fen fei! Diefe myſtiſche Anſicht veranlaßte fein oft unbegreifliched Betragen. So
würdig die Erklärung war, die f. Gefandter am Reichetage 1806 übergab, daß ber
König an den Verhandlungen bed Reichstags fo Lange Eeinen Theil nehmen werde,
als deffen Beſchluͤſſe unter dem Einfluffe der Ufurpation und des Egoismus ftänden ;
‚und fo edel es war, daß er die von Napoleon kurz vor dem Frieden von Zilfit gemach⸗
te Friedensvorſchlaͤge verwarf: fo bewies er body eine unkluge Hartnädigkeit, als
® d. 3. Juli 1807 den Waffenftiliftand mit Frankreich aufhob, und felbft nach dem
Erieden von Zilfit die von’ Rußland und Preußen gebotene Bermittelumg ausfchlug,
Durch f. Leidenfchaftlichkeit, die ihm eine gleiche Sonderbarkeit in Anfehung des
uffifhen St.Andreasorden® begehen ließ, wie früher mit dem preuß, Adlerorden,
mb durch f. fefte Anhaͤnglichkeit an England ftürzte er f. Volk in einen verderblichen
Krieg mit Rußland, und ward aufs neue Preußens, dann Dänemarks Feind. Finn
and ging verloren, und drohend ftand ein daͤniſches Heer an der Örenze von Schmea
en. Taub gegen alle Vorftellungen, Frieden zu ſchließen, teizte er durch Eigen finn
en Adel und das Heer gegen fih auf, Er beleidigte die Garden und erbitterte die
Ration durd) Ausfchreibung einer neuen Kriegsſteuer, während die ſchwediſchen Sol⸗
atenan Allem Mangel litten. Als er endlid) fogar England von ſich abſtieß, rveil
re, als diefe Macht ihn zu verftändigern Anfichten zuruͤckzubringen verfuchte, auf
He engl. Kauffahrteifchiffe in ben ſchwediſchen Häfen Beſchlag legte; da ward et
febem beutlich, daß er die Wohlfahrt f. Volkes ganz f. Leidenfchaften aufzuopfe en
Shig fei. Ein im tiefſten Dunkel entworfener Plan gedieh zur Reife. Die wert
iche Armee (nach ber norwegifchen Grenze zu), verfichert, daß die Dänen die Grenze
tche Überfchreiten würden, feste fi) in Marfch gegen Stodholm, wo unter den
ächften Umgebungen Guſtavs die erſten der Verſchwornen ſich befanden. Sie war
se noch 15 Meilen von ber Hauptſtadt entfernt, als Guſtav ihre Annäherung ers
uhr. Won Haga aus, wo er fi mit f. Familie befand, eilte ee nach Stodholm,
un fich hier gegen die „Empoͤrer“ zu vertheidigen. Doch er änderte diefen Plan,
mb wollte mit den in Stockholm befindlichen Truppen nad) Einköping gehen. Die
Bank follte die Dauptfladt verlaffen, zuvor aber zwei Mill. Thlr., oder doch
en möglichft größten Vorſchuß an ihn zahlen. Die Commiffarien verweigerten dies;
Burflav wollte fein koͤnigl. Anfehen geltend machen; da ward Gewalt gegen ihn bes
chloſſen. So flanden die Suchen am 12. März 1809 Abende. Der König ar
‚eitete die ganze Nacht vom 12. auf d. 13. März; Alles war zu f. Abreife bereit,
web der Augenblid gelommen, too er das Geld aus der Bank nehmen laffen wollte,
Drei Thore des Schloffe® waren ſchon gefperrt, und alle Officiere, weil es gewoͤhn⸗
icher Parabetag war, beidem Schloffe verfammelt. Noch einmal wolite der Felde
marſchall Klingfpor und der General Adlerkreuz den Weg guͤtlicher Vooſtellungen
Jerfuschen, doch Guſtav beleidigte die Sprecher in ſ. Höchften Zora auf das Empfind»
Achſte. Nun rief Adlerkreuz den Hofmarſchall Silberſparre und 5 Adjutanten her⸗
Bei, foderte dem Könige ſ. Degen ab, und erklaͤrte ihn zum Gefangenen im Namen
Sitzung (10. Mai) manihm Treue und Gehorfam feierli
als f. leiblichen, geborenen und ungeborenen Erben d
Schwedens für jest und die Folgezeit verluſtig erftärte. 5
che Acte ausgefertigt. In Grypeholm beſchaͤftigte der ı
zuͤglich mit der Offenbarung Johannis. Er wünichte €
nen. Die Reicheftände fegten ihm, auf des neugemwählte:
trag, ein jaͤhrl. Einfommen für fid und f. Familie von 61
eignes Privatvermögen, das ſ. Gemahlin und f. Sohnes, |
jedoch für f. Perfon von Schweden nichts angenommer
Aufenthalt auf der Infel Wiſings · Oe bezog er nicht, fondeı
von Grypsholm nach Deutſchland und der Schweiz, wo
v. Gottorp lebte. Ex hat ſich ſeitdem freimillig von f. |
getrennt, und [. Ehe wurde auf f. Verlangen d. 17. Gebr.
demf. 3. verlangte er In die Brübergemeine zu Herrnhut
wie er denn auch felt ſ. Entfernung ſtets das moftifch:pelig
ter⸗ Ordens zu tragen pflegt. Ex reift ſchon feit 1810 ohne |
So begab er ſich 1810 nach Peter&burg; dann 1811 r
1814 rüftete er ſich In Baſel zu einer Reife nach Jeruſ
wiener Gongreffe eine Erklaͤrung überreichen, in welcher
auf den ſchwediſchen Thron in Anfprud) nahm. Zulegt
Namen Buftavsfon angenommen, und privatifirte 1827
Guſtav, geb. 1799, flubirte ia Laufanne und Edinkurg ı
rona, zur Zeit des Congreſſes 1822, und trat 1825 ale DI
nenin &. 8, oͤſtreich. Dienfte, Er lebt zu Wien, und hat den
rei von ihrer vortrefflichen Mutter (geft. 1826) ſorgfaͤl
Die ättefte ward 1819 mit Leopold v. Hochberg, Märkgr.
Guthrie (William), als Herautgeber eines univerfal
aber nicht ſehr ehrenvoll als Schriftfteller bekannt, war 170€
geb. u. anfangs in ſ. Heimath Schulmann. Er kam nad) Le
Säriftftellerel, u. verkaufte f. Feder Jedem, der ihn bezahlte
lohnte f. Dienfte 1745 mit e. Penfion, die er bis zudem En!
Ga fohlteihm nicht.am Walonten unh auch nicht an Benntmit
Outtenberg Guys 937
Suttenberg, richtiger Gutenberg (Johann oder Henne Gaͤnſe⸗
ch von Sorgenlod Sulgeloch] genannt), der Erfinder der Buchdrucker⸗
wurde gegen 1400 in Mainz geb. Die Familie Gutenberg rechnete fich zu
atriziern und führte den Namen Gaͤnſefleiſch fowie Gutenberg (Gubenderg),
wei Grundftäden d. N. 1424 lebte Öutenberg in Strasburg, wo er zwölf
auf mit einem geroiffen Andreas Dryzehn (Dritzehn) und einigen Andern einen
act abfchloß, durch welchen er ſich ihnen für all feine geheimen und wunderbas
uͤnſte verbindlidy machte, (d. h. fie den Andern zu lehren und zu ihrem gemein»
ichen Nugen anzuwenden verſprach). Dryzehn's bald erfolgter Tod machte
das Unternehmen, welches die Sompagnie vorhatte und das vermuthlich die
Anfänge der Buchdruckerkunſt mit in fid) fchloß, fcheitern, um fo mehr, da
Dryzehn, ein Bruder ded Verft., mit Gutenberg einen Rechtsſtreit anfing,
ir legtern ungünftig ausfiel. Wann und wo die erften Verfuche in der Kunſt
uͤcherdruckens gemacht worden find, kann man nicht völlig beflimmt angeben,
itenberg felbft unter die von ihm gedrudten Sachen niemals weber [. Namen
die Zeit ſetzte; fo viel ift indeß gewiß, daß er gegen 1438 zuerft bewegliche Ty⸗
on Holz anwendete. 1443 wandte er fi) von Straßburg, wo er bis dahin
batte, nah Mainz und 1450 ging er die Verbindung mit Joh. Sau ft oder
, einem wohlhabenden Soldarbeiter dieſer Stadt (ber jedoch nicht mit dem bes
en Schwarzkünftler Fauſt (ſ. d.), zu verwechſeln ift) ein, vermöge welcher
das Geld bergab, um eine Druderei anzulegen, in welcher dann die lat. Bis
ım erften Male gedrudt wurde. Aber fchon nad) einigen 3. Iöfte ſich diefer
nieder. Fauſt hatte ftarke Vorſchuͤſſe gemacht, die Gutenberg nun zuruͤck⸗
1 follte, und da er dies nicht wollte oder konnte, fo kam die Sache vor die Ge⸗
und endete damit, daß Kauft die Druderei behielt, die er dann mit Peter
Sffer von Gernsheim gemeinſchaftlich fortfegte und vervolllommnete. Durch
tterftügung von einem Mainzer Rethsherrn, Konrad Hummer, ward Guten⸗
ber von neuem in den Stand geſetzt, ſchon im folg. J. wieder eine Preffe ans
n, in welcher wahrſcheinlich das Wert: „„Hermanni de Saldis speculum
lotum** (in Quart, ohne Datum und Namen des Druders) getrudt wurde.
ſollen hier, wie Einigebehaupten, 4 Ausg. des „Donat” erfchtenen fein, bie
Don Andern der Ofſicin von Fauſt und Schöffer zugefchrieben werden. 1457
en auch bereits bie Pfaimen, mit einer tppographifchen Eleganz gebrudt,
hinlaͤnglich bemweift, wie ſchnelle Kortfchritte die neuerfundene Kunft machte
ĩ t welchem ruͤhmlichen Fleiß fie getrieben vourde. Gutenberg’6 Druderei bes
>i6 1465 in Mainz. Um diefe Zeit murde er von Adolf v. Naffau in den
xnd erhoben, farb aber bereitö den 24. Febr. 1468. Über fein Leben und
r3 und den Dergang der Erfindung und erften Ausbildung der Buchbruderei
weglichen Lettern, herefcht im Ganzen viel Dunkelheit, die jetzt ſchwerlich
Lärt werden dürfte: doch haben mehre Fiteratoren, wie 3. B. Fifcher in f.
ach zur Erklärung alter tupographifcher Merkwürdigkeiten” (Diainz 1802),
in den „„Monunenta typographica“ u, f. mw. (Bamburg 1740), Oberlin
„Beiträgen zur Geſchichte Gutenberg's (Strasburg 1801), Denis, Lichten«
» Panzer u. A. m. manche ſchaͤtzbare Auffchlüffe hieruͤber gegeben.
Buyenne, f. Aquitanien.
Suyon, ſ. Quietismus.
Suys (Pierre Auguftin), geb. zu Marfeille 1721, Kaufmann In Konftans
L, dann in Smyrna, ift durch feine Reifen und die daruͤber herausgegebenen
> berühmt. Später wurde er zum Mitglied des Inſtituts und der Geſellſchaft
kadier in Rom ernannt. Sein erſtes Wert erfchien 1744 und enthält bie
senheiten f. Reife von Konftantinopel nad) Sophia (der Hauptftabt der Bul⸗
in Briefen. 1748 ſchilderte er in Briefform ſ. Reife von Marſeille nad)
na und von da nach Konftantinopel. Am mehrſten verdankt ex ſ. literarifchen
—— wre ⏑ — ae
nem ertlegenften Raume bed Gebäudes, noch hinter dem Hi
Gyps. (Schwefelfaurer Kalk) Dieſes M
den Arten vor: 1) Das Marien» oder Frauenglas
fhiefen geſchobenen Säulen und in kroſtallwiſchen Maffen v
gefüge, iſt waſſerhell und grau, durchſichtig und weich. E—
Im Gyps⸗ und Eteinfalzgebirge, feltner auf Gaͤngen vor.
kommt derb, von faferigem Gefüge, von weißlicher und gr:
ſcheinend auf ſchmalen Gängen und Lagen im Gypsgebirge vc
89 p 6 befteht aus ſchuppigen, loder verbundenen Theiten, ift
fowwie auch die Gy p erde, mit andern Gppsarten vor. 4)
bat ein koͤrniges Gefüge, welches auf der einen Seite ins Die
Ins Schuppige und Blättrige übergeht; ſchneeweiße, ins RE
und Gelbliche ſich verlaufende Farbe. Er bildet die Hauptn
welche in der Urs und Übergangszeit nur felten auftreten,
Floͤbperiode bedeutende Maffen bilden. Sehr häufig kommt
vor. Bon Reften einer frühern organiſchen Welt iſt er theil
hält er nur wenig, als Gerippe von untergegangenen Abı
Xhiere, Vögel, Amphibien, ferner Suͤßwaſſermuſcheln un
ufig find in dem Gyps Höhlen (Schotten, Kalkſchlotte
cher). — Der reine feinkörnige Gyp6, der Alabaſter, di
Dauer angeht, nachftehend, auch ſchwieriger zu policen, al
und zu fhneiden, wird zu Statuen, Säulen, Bafen, Doft
ten, Uhrgehäufen zc., zu innerlichen Verzierungen der Geb,
Mauerftein iſt der Gyps ſchlecht. Den gebranntn Gyps
man zu den Stuffaturarbeiten ; man bereitet aus ihm ben G 1
man Wände, Säulen u. f. w. Überzieht und diefe Dede dam
Boͤden damit ausgegoffen (Efitich) und der daraus bereite
tel) wird zum Mauern an trodenen Stellen benugt. Der
gebrannte Gyps wird auch zur Verbefferung des Bodens ang
gyps benukt man zur Anfertigung von Halsbändern, Oprgeh:
Gyrom ant ie (vom den griech. Wörtern Gyros,
Berzeihniß
in dieſem Bande enthaltenen Aruikel.
F.
Seite Seite
0 0 1 Fagott tree. 11
iliſten — ahne —
dor von) 2 Fabnenberg " (Koto
iximus Fahneneid, Fahnen⸗
) ..— hen, Fahnen⸗
nd Fabli⸗ ſchmied, Fahnen⸗
anzoͤſiſche ſchuh, Fahnen⸗
...— ſchwung, Fahnen⸗
Eglantine wache 00 12
e Fran⸗ Fahrbuͤchſe, Fahrende
eo 0 — abe Fahrrecht,
.68 Fahrt, Fahrſchacht,
Sau) . 6 ahrwaſſer —
Johann Fahrenheit (Babriel
. 7. Daniel) ...133
(Johann Fakir ..—
ı) . — Sairfar Ko 2
int Lord) +
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Seite
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Fatalismus, Fataliſt 40
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Seite
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Verzeichniß der in dieſem Bande enthaltenen Artihel. 963
Seite
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Seite
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Stange, dlagenſchiff,
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Flamaͤndiſche Schule,
ſ. Nicderlaͤndiſche
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Recht.
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ſilber, litten.
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Boris (Franz). . 159
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Flott, Flotte, Fiottille —
Bi Floͤtzgebirge, f.
Geologie und Ges
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der) .
ide, Fihgelgraben,
Slügelmauen . 163
Stugfann . . . 164
Fluß, Flußgoͤtter
Fluß, Glaefluß (Che⸗
mie) d ⏑ü —
Flußſpath, Flußſaͤure —
lußgebiet. „ . 165
(üffigkelt . .
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valier de) ..
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Eu (Hans)
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Lafontaine (Sean) 181
Sontainebleau .
Sontana (Domenico) —
Kontana, (Felice) . 182
Sontanee (Louis,
Marquis von) . 183
Fontanges (Herzogin
. 184
Kontenelle (Bernard
le Bovier de) .
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Konfindflin . . '
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. 171.
Seite
Foote (Samuel) . 185
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Philippe Augufte,
Graf von) . . 186
Forcellini ( Egidio) —
Foͤrdetung, ſ. Berg⸗
werkskunde.. 187
Forkel (Johann Ni⸗
kolaus)..
Form . +...
Sormalien, Formali⸗
täten, Sormaliter,
Formaliſiren, For⸗
maliſt, Formeln,
Formulare.. 188
Formerei und Gieße⸗
rei, ſ. Eifen . »
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Formey (Johann Gas
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Forskaͤl (Peter) -
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Forſter (Johann
Reinhold) ..191
Forſter (Johann Ge⸗
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Sorftee (Georg) . 193
Forſtweſen, Forſtwiſ⸗
ſenſchaft, Forſt⸗
wirthſchaft, Forſt⸗
wirth, Forſtbenu⸗
tzung, Forſttechno⸗
logie, Forſtſchutz,
Forſtpolizei, Forſt⸗
taxatlon, Forſtein⸗
richtung, Forſtver⸗
meffung . . . 194
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Fortepiano, ſ. Pianos
forte . . +
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Fracht, Frachtfaheer 2U
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Verzeichniß der in, biefem Bande enthaltenen Artikel. 965
Seite
Franfes Stiftungen 223
Franke (Sebuftian) 225
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Kreis.
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Friedrich Ludwig,
Freiherr von) .
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Frankfurt am Main . —
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Franklin (Benjamin) 228
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phifch = ſtatiſtiſcher 363
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Stanfreid)) »
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(deutfcher Kaifer) 299
Stanz I. Joſeph Karl
(Kaifer von Oſt⸗
reich)
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Deffau). . + 301
Sranzbranntewein, f.
Brantewein. »
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Fran zoͤſiſche Akademie —
Franzoͤſiſche Bant . 303
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vie... . .«
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Franzoͤſiſche Bildhau⸗
erkunſt, ſ. Bildner
der neuern Zeit.
Franzoͤſiſche Literatut —
Franzoͤſiſche Literatur
in der neueftenzeit 33%
296
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Tranzöfifche Medichn
und Chirurgie . 338
Franzoͤſiſche Muſik. 341
Franzoͤſiſches Recht, ſ.
es, les cinq.
Franzoͤſiſche Schule —
Franzoͤſiſche Sprache 349
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Sreitant . . . 972
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Freidenker..
Freienwalder Geſund⸗
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Freie Städte .
Freigeding, Freige⸗
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Freigeift . . ee. —
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Freimauret, Freimau⸗
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Friedrich I. (dev Roth»
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Friedrich IL. (dev. Ho⸗
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von Dänemark). 210
Friedrich Auguſt I.
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( Kurfürft
Brandenburg) . Wr
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on Preußen)
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von Preuflen) .
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966: Berzelchnis der in biefen Bande enthaltenen Artikel.
Seite Seite
"Karl (König von Frqheinſein . . 456 Heintich — I
MWürtemberg) ... 431 Fuentes (Pedro Hens hann MRubdelf -
Friedrich (k. D.). riquez d’Azevedo, Hans Heinrcich)
Fries, ſ. Säule ’. 435 Scafvon) » + — Fuſtage, Fufti, Zui
Fries (Satob Fried⸗ Kuge » » +’. 457 rechnung .
rich) . ..— Bug Bei De Fur (Johann of
5* 424386 . 458 Fyt (Joham) .
Frieſen. 437 tutwasſWeſchiehe
Fehde, [. Nordiſche — 2 G.
Mythologie..438 Fühlbime .. » 61
Seimont (Zohann, Sähtpflne . 462 © . ...
Baron von) „ — Fuhrhandel, Fracht⸗ Ska ..
Frifchlin (Nikodemus) andel d0 — Gabalis
Friſt, Friſtverlaͤnge⸗ Fulda.... — Gabel..
rung, Friſter Kuda (Friedrich ſarl)4163 Gabler Johann P
ckung.. 20 Sulgurit, ſ. Blitz⸗ ip) ..
Froben. (Johann) . chen ©: 0. — Gabriel. . :
Frobiſher ei, Fuͤllhorn... — BGabrielli (Katharir
c). .. — Fulton (Robert) — Gasſta...
Scohnuen -— . . 441 Fulvia... + 464 Oaeta (Deryog ve
Scohnteilhnamn „ „ — Fundamentalbaß, ſ. f. Saudin . |
Beolffart (Fran) .. 442 Grundbaß... — Gährung .
Fronde, Frondeur. 443 Fundirte Schuld, ſ. —** (Hans &
Frondsberg (Grorg Staatspapire „ — ſtoph Ernſt, Fu
von). - . . 44% Jundirungsmethode — herr von) .
Fronte, Frontiſpic⸗ 445 Fund goirfried Be⸗ Gahr - .
tontignac. » » nei). . 465 Gall(Jean Baprie
Seontinub.. „ - — Yurea . . 466 Gnillarde . .
Feonto (Diareu⸗ Cor⸗ Fucht, Fuͤrchtbar, Galaktit
neu) . . » — Fürchterlich . — Galaktometer.
Fronton, ſ. Giebel. — Furien, f.Eumenidn — Galanterie. . -
Froſchmaͤusler, f. Bol, Suriofe- ... — Galatea
lenhagen . Fuͤrſt — Galatien ..
Froſt... — Fuͤrſtenberg Gurſten⸗ Galba CE
Frucht.... thum 9 Galere. . .
Fruchtbarkeit . — Sheftenberg(Friebrich Sılten - » »
Fruchtbringende Ges Wilhelm Franz, Galen ( Chrifep
flfihft . . 447 Freiherr von) . 270 Bernhard ven)
Fruchtſtuͤck — Fuͤrſtenbund (dent⸗ Galenus (Glandiut
Fruchtwein, ſ. Cider — ſcher). . + 471 Galeniſten, ſ. Taufze
Fructidr... Sürftenccht . . 472 finte . .
Frugoni (Carlo Im Fuͤrſtenſchulen.. — Galeone, Goueniſn
cenzo) - - — Sb - . + +87%4 Galeote, Bomber
Fchhlind - - » . 448 Fus(Berstmfl) » — biergaliote . -
Fruͤhllagsnachtglei⸗ Fuß (Muſi N. — Galerie.
he... Seählinge Fuß (Maß) — Galimi Senm-
4 Hunke . . — SU... .. Satitde. . »
Fry (Madame). . 449 —5 — — Gatitei (Gallleo)
2* (der Mord Fußwaſchen.. — Galiclen
00 — Füpti (Johamn Kas⸗ Gallzien.
. . 466 par — Johann Gall (Joeh. Sorge)
Werzeichniß der in dieſem Bande ensfaltenen Artikel. 967
Seite
fl - . . 492
, Ballenfteine 493
set, Sallerte
tti (Johann Ges
3 Auguſt) -
canifche Kirche 494
cömu6 . . 495
de. 4
mathiad „ . 499
sin (Amalie,
ieſtin) — —
(Warzio Mas
izzi, Marquis v.)600
wie 0. + 501
ppi (Baldeffaro) —
ani (Aloifio) o 502
ıniemus . .
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tben . * . —
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neilt, f. Cle⸗
ne XIII. .
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intmann, Gant⸗
iſter, Gantpro⸗
„Gaantrecht,
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Seite
Safomitee .eo.o 0209
Gaſopyrion.
Gaſſenerleuchtung. —
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Saffendi (Pierre) . 521°
Gaßner (Johann Jo⸗
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Gaſtfreiheit·
Gaſtmaͤhlerder Alten 623
Gaſton de Foix. 624
Gaſtriſchh . »
Saftromanie, Gaſtro⸗
nme . . .
Saftromantie . .
Satterer (Sobann
Ghriftoph) . —
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Sau (Karl Stans) .
Saudin (Martin Mis
chel Charles) . 627
Gauß (Karl Friedrich) —
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Say (John) ..
Gay⸗Luſſac.. 529
Gaza (Theodorus) —
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Gebaͤrde, Gebaͤrden⸗
ſprache, Gebaͤrden⸗
ſpiel...
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Gebirge, ſ. Berge .
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632
medes . . 508 Gebirgsarten, ſ. Geo⸗
t (Dominique gnoſie. . —
ſeph — Pierre Gebirghöhe . -» —
Mn) 2 0. Gebirgskrieg.. —
itafo de la Vega Gebläfe - . . 5833
ıca Garcilaſſo de Gebrchen ». « . —
Vega . . . — Ge burt 0 . 0 0 634
erin (Jean Bap⸗ Geburtsadel, ſ. Erb»
e Dlivier — Ans dd. 2...
: Jacques) . 609 Geburtshuͤlfe.. —
falo(Benvenuto) Sedächtniß, Gedicht:
id (David) . 5910 nißkunſt. . . 538
neun . . 511
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e (Shriflian) .
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»eleuchtung. 619
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Gedaͤchtnißuͤbung. —
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Gedärm, f. Darm.
Gedicht, f. Porfie .
Öciegn . - »
Seite (Friedcich) 540
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Sedritter Schein, ſ.
a ® ® “ 640
Gefaͤll, Sefäle. „ —
Gefaͤngniſſe 0 641
Gefolg...
Gefrieren, Gefric⸗
punft .
Gefühl 0 . 0 —
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Gefuͤhlsvermoͤgen. —
Gegenhewegung. 645
Gegenbeweis... —
Gegenfuͤßler
Gegenſatz, ſ. Antithe⸗
fe und Contraſt. —
Gegenſchein, ſ. Aſpecte —
Gegenwirkung..
Geheime Geſellſchaft⸗
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Geheimſchrift 0o—
Gehirn... 4 650
Gehler (Johann Sa⸗
muel Traugott) 551
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Gehorfam, f. Kiofters
gelübte . „ . 652
Gehörwerlzeuge
Gehrung, Gehrhobel,
Sehmß . . 653
Geller (Johann, von
Kaiſersberg)
Geige, ſ. Violine —
Geißelungen ..
Geiſt . 654
Geiſt (ber heilige) .
Geiſt der Zeit . . 667
Geiſtererſcheinung.
Geiſtesſskrankheiten. 558
Geiſtik oe.
Geiſtlich . »
. 659
9 Geiſtlicher Vorbehalt,
ſ. Vorbehalt..
Geiſtliches Gericht.
Geiſtliches Lied, ſ.
Kirchenmuſik, Lied
und Hymne..
—
968 Verzeichniß der in dieſem Bande enthaltenen Artikel,
Seite
Gaſtiichteit . + 569
Gelz, Ehrgeiz, Geizen 561
Gekuppelte Säulen
Gelbes- Fieber, ſ. Sie
ber (gelbe) - - —
Seibfudt - —
Geld .. .562
Geldern «+ 563
GSelbmangel . —
Seldpreis -. . . 865
Gelbumlauf, f. Circus
lation 0 . 0 —
Geleckt © 0 0 . —
Gelee, f. Sallert .
Gelee (Claude) .
Belchefamkeit . . 566
Geleit, Geleitsbrief 567
Gellert (Chtiſtian
—
Süchtegott) . —
Gellius (Aulus) . 559
Selnhaufen —
lon... . 970
Setun . . . 971
Geluͤbde 6 — —
Geluͤbde (ah . 6572
Gemaͤlde . 673
Gemarke, r. Barmen —
Smin . »
Semeindeorbnungen 574
Örmeingefüht - . . 580
Gemeingeift . . 581
Gemeinheit . »
Gemeinheitstheilung 582
Gemenge . .» «
Smmn . . »
Semmingen ( Otto
Heinrich, Sreih. v.) —
Senf . » »
Gemuͤth, Gemuͤthlichs8a
Gemuͤthsbewegungen,
ſ. Affecten . . 585
Gemuͤthskrankheiten —
Gendarmen . . 586
Genealogie
General, General⸗
ſtab, General⸗
quartiermeiſterſtab,
Generalat . . 588
Sinti . »
Seneralpachter in
Frenkreich . 589
——
nd
—
Seite
Sineralfontn RR
Niederlande . 989
Generation - »
Senf . . »
Oenefun - - ©
Genethliakon, Ge⸗
nethliacus -. . 991
Genetiih - » »
Genf .. .
Genie, Genial. . 693
Gmin. : . - . 59
Genlis (Stephanie
Felicite Ducreſt de
St.⸗Aubin, Mars
quife von Sillery,
Graͤfin von). . 995
Genoveva die Heilige
— die Pfalzgraͤfin 596
Genſerich . . + 997
Gent . ...
Gentleman. . »
Gay. » .
Gentz Friebrich von)
Genua (Herzogthum
und Stadt) . . 698
Geocentriſch . 601
Beocpklifhe Mafchine —
Seodffe .» . »
GSeoffrin Marie The⸗
refe Rodet, Mas
dıme) . .. —
Geoffroy (Zul. Louis)602
Geogenie.. . 604
Geognofie und Geos
logie. . °
Geographie , mather
matifche, phyſikall⸗
fche, politifche Ge⸗
fchichte derſelben 610
Seographifche Kupfers
ftecherkunft, ſ. Ku⸗
pferfieher . . 614
Geologie, ſ. Geognofie —
Geomantie...
Geometrie, Gonio⸗
nd
—
—
+ “ .
metrie -
Geometrifhe Reihe,
f. Progreffion . 615
Georg (der heilige
Ritter St.) -
Georg. (Ludwig).
[U 2
Exit
Georg II. (Auguſt) 61
Georg UI. (Wilhelm
Friedrich)..—
Georg IV. (Friedrich
Auguft). . . 61
Georges Cadoudal. 62
Georgien in Afien . 62
Georgien, f- Vereinig-
te Staaten von
Nordamerika X
Gerade..
Gerando Joſeph Ra⸗
rie de, Baron von
Ramzhauſer). -
Gerard (Francesco) 62.
Gerberei . _
Gerbert, f. Sylve⸗
fer IH... . . 6%
Seredhtiglt . . —
Gerechtigkeitsritter, ſ.
Ahnen....—
Gerhard (Paul). —
Gerichte, Gerichtsbar⸗
keit, Gerichtsverfaſ⸗
ſung, Gerichtöge
wiltt. „. ..
Gerichtliche Ncmeinil:
fenfchaft, ſ. Medi⸗
cin (gerichtliche) und
Polizei (medicini⸗
ſche) . . 0
Gerichtshöfeder Liebe,
Cours d'amour,
Corti d’amore . -
Germain (Saints,
Straf) . 6
Germanicus (Gäfer) 85
Germanien . . .
Sermanismus . .642
Gerning (Joh. Chri⸗
ſtian)
Gerona, Girona "68
Geronten (die Alten) _
Sefau. . ..-
Gersdorff (Karl Fries
rich Wilhelm ven)
Serftenberg (Heintich
Wilhelmvon) . 6H
Seruh. „ . . 68
Geryon ober Grme
nes . ßab
WVerzeichniß ber in diefem Bande enthaltenen Artikel. 96
Gefammte Hand,
Gefammtftinme 646
Gefandte, Gefandt:
fhaftsreht . . —
Gefang. » + + 648
Gefangbücher . + —
Gefangfhulen, ſ.
Singfhuln . 650
Geſchaͤftsſti.. —
Geſchaͤftsiraͤger, ſ.
Gefandte . + 651
Geſchenkte Handwerke —
Geſchichte... —
Geſchichtforſcher . 65%
Geſchichtſchteiber „_ —
Geſchiebe, Geſchuͤbe 66%
Geſchlecht, Ger
ſchlechtaloss.. —
Geſchmack In phyfios
iogiſcher, im äfthes
tifcher Bedeutung,
Gefhmadstritit 666
oral Steine,
Gemmen . . 667
Brei, Kammer
geſch re Orgel⸗
geſchuͤt
Seöninsfäreibekinf,
f. Stenographie. 668
Geſchwornengericht, ſ.
Juin 2...
Gefechater Schein,
fe Apete . . —
Gefellfchaft(Societät) —
Geſellſchaftsrech⸗
nung 2.
Gefeltfchaftöverteng —
Geſenius (Wilhelm) 670
Sf 2... . 671
Gefeggebung, Geſetz⸗
bücher, Gefchges
bende Gewalt . 672
Geſicht. . .679
efatspuntt . .—_
Gm, 2. —
— Geſinde ·
Geon (Joh. 9 Dar
thias) . .
Gesner (Konad) .
Gefpanfhaften . — Gi
Seite
Geſpenſter . . . 681
Geſpilderecht, ſ. Res
tractrecht . . 682
Geßner (Salomon) —
Geſtalt der Exde, ſ.
Ede, Abplattung
u. Gratmeffungen 683
Geftändnif .
Ban 1.6e
baͤtde ..o
Geſtien, ſ. Sternbilder —
Geſundbrunnen —
—42 — Geſund⸗
heitskuni ·—
Getreide 2. . 686
Getreidehandel, fe
Kornhandel, . —
Getreidemagazine, ſ.
Kormmagasine . —
Getreidemangel, f.
Kommangl . —
Sum. 2... —
GSeviertfehein, .
Aſpecte . ._ . 687
Gemäprkiitung, Ger
waͤhradminiſtra ·
ee
Gewand . - _
Geroehr, f. Dei gem,
Flinte u. Waffen 688
Geroehrfabtit . . — Gi
Gewerhefteiheit, ſ.
eſen. —
Gewerbfteuer, Indus
Fr
Gewicht, f. Maß und
Gewicht. . . 689
Gewiß u. Gewißheit —
Gewiſſen, Gewiſſens⸗
ber... —
Gewiffensfall . . 690
Gerviffensfreiheit .—_
Semittr . . —
Getwohnheitsreht . —
Gewürze 601
Gewuͤrinſeln oder
Motuden .. —
Gemwürzneiten . . 693
Geyer (Erit Guſtar) —
herardesca, (Familie
Si
— Ugolino — Rie
eri Drnanatice ”
ee —
nifazio — Ppilipp)69
Ghiberti (Lorenzo) *
Ghirlandajo (Domes
nico — David —
Benedict — Bir
dolfo) - . . . 68
Gianni (Brancssen) -
Giannene (Pietro). 69
Gibson (Edward) . &
Gibellinen, ſ. Weifen 70
Pe ..o.-
icht, ſAtthritiſch 70
ihre (So. Se.
RE —
——
EM —X .%
Giganten . . 3*
Gigantiſch, f. Koloß
Gigli (Hieronymus) -
Gitbert-I. Gabriel —
TI.Nicotas Fofeph 70
Siney, f. Sarkcatur 70
Gimle. f Nordiſche
Mothologie.
inguens -( Pierre
Lou) . 2. -
Gioja (Flavio) . . 71
Gigrdano (Luca) . 71
Giorgione di Caſtel⸗
frano 2... -
Site... .71
Girerdon (Erangols) -
Giro, Gleiten, Gi⸗
rant, Girat, Giro
inblano. . . -
Strobant . . . 71
Erd 2... -
Girendifien . . -
Giutio Romano, f.
Julius Romanus 71
Giunti, Buchdrucket⸗
familie — Giuns
ten 2.
Giuſtinianiſche Ge
maͤldeſammlung 71
970 Berzeichniß der in diefem Bande enthaltenen Artikel.
©eite
. 719
. 720
. 721
‘+
Slade . +
Gladiatoren .
Sl . »
Glasfenſter.
Glasgalle
Glasgow 0
Glasmalerei
Glasſchleifen
Glastropfen
Glaſur...
Glaͤtte oder Bleiglätte —
Glatteis . % o —
Stlaube . ® 0 —N
Glaubenseid . . 725
Staubenseid (&ath.) —
Glauber (Johann Rus
dolf) “ “ ® 726
Stauus . .
Glaz, Grafſchaft u
Kid
Gleditſch (Johann
Theophilus). . 727
Gleichen (Ernſt, nad)
A., Ludwig, Graf
von) . 728
Gleicher, f. Hquator —
Gleichgewicht . »
Gleichgewicht d. Staa:
tn o 0 . © —
Sieihheit „. - . 731
Stein - - . —
Gleichung -. . . 752
Gleim (Johann Wil
beim Ludwig)
Gletſcher, Gletſcher⸗
5 ....79
Gliedermann, Glie⸗
derpuppe.
Glimmer, Glimmer⸗
ſchiefer - »
Globus (Erdglobus,
Himmelsglobus) 736
Glocken 0 0 0 —
Glodenfpil . . 737
Glogau. 0 0 —
Stoffe, Geoff ator,
Stoffen . . 138
Glover (Richard). —
Gluck (CEnriſtoph,
Ritter von) . . 739
Gluͤhen, Güde . 741
® “ “ + ‘ .e + “
—
1735
Seite
Glyptik, Glyptogra⸗
phie 00
Glyptothek...
Gmelin (Johann Ge⸗
org— Philipp
Friedrich — Sa⸗
muel Gottlieb —
Wilh. Frledrich) 743
Gnade... . 74
Gnabenritter, f. Abs
ne 2 oo °
Steid . . »
Gneifenau (Neidharh,
Graf v. ) 09
Gnidus (Knidos). 747
Gnom, Snomiden .
Gnome (griedh.)
Önomon . »
Gnoſis (gried).), Gno⸗
file. W
0... 752
Gobelin Gilles), So:
belinfcharlady, Go⸗
belintapeten. . 753
God save the King —
Goez (Joſeph Franz,
Freihert von). »
Södinge (Leopold
Friedrich Günther
von). « +. . 754
God - . . +7
Goldmacherkunſt, ſ.
Adyymie . . 756
Goldenes ließ, ſ.
Jaſon und Argos
nauten. Orden des
goldenen Vließes
und der drei golde⸗
nen Vließe, ſ. Vließ
(das goltene) .
Goldene Zahl, ſ. Ca⸗
Inder 2. .
Goldgulden, fe Gulden —
Goldoni (Carlo) .
Goldſchlaͤger . . 759
Goldfmithb . . . 760
Golgatha, ſ. Calva⸗
rienberg.. . 761
Geltonda . «
Golownin (W. M.) 762
. 748
€
Gomarus, Gomari⸗
fen f. Reformirte
Kirchen.
Gonfaloniere, Gonfa⸗
loniere des paͤpſt⸗
lichen Stuhls
Gonſalvo ernandez
y Aquilar)..
Gonzage (Familie —
Friedrich — Joh.
Franz — Rudolf
— Kilippino —
Guido — Petrino
— gran, — Joh.
Franz — Luds
wig IL. — Fried⸗
rich II. — Ludwig
— Barba — Iſa⸗
belle — Lucretia —
Louiſe Marie —
Anna) eo.
Gorani (Fof. Grafv.) 7
Gordiſcher Knoten, ſ.
Alexander u. Gor⸗
dius. —
Gordius — 0 0
Gorgonen... 7
Bit. - . .
Goͤrres (Joh. Sofeph) -
Goͤrz (Georg Heinrich,
Freiherr von) . 7
Goͤrz(Johann Euſtach,
Graf von) .. 1
Solar. . »
Goſſec (Srancois J Jo⸗
frpb). - 1
Gotha (Herzogtum
und Stadt) . . -
Goͤthe (Johann Woilf⸗
gang von) .. m
Gothen (Gothones,
Guttones) . . 70
Sothenburg Goͤthe
be) .. .798
Gott und Bitter . -
Gotter Friedrich Win
beim) .
Götterlehre, f. Pr
then, Mytbologie 78
Goͤtterſpeiſe, Ambro-
BB . — 7
o o.
Verzeichniß der in diefem Bande enthaltenen Artikel,
Seite
esbienft, Gottes⸗
nflide Ge
aͤuche — 788
esdienſt, der ka⸗
oliſche 040 789
vefeicder Treuga
Byericht, Goties-
tel, ſ. Ordalien 790
fried v. Bouillon —
fried v. Stras⸗
U. 222 —
hardsberg(St.791
ingen Stad t,.
iverfität - »
orp, T. Holftein 792
* Joh. Chri⸗
ph)
*— (Eoulfe Adele
nde Victorie) 793
Johann Niko⸗
18) * et >» 794
, Goͤtzendiener,
‘sen ..
Johann Mei⸗
or).
Johann Auguſt
braim) » .
eo re 0. 7—
gaud (Gaspard,
iron de) . . 796
(Carlo, Graf) 797
(Gasparo,
af) 0 0 o
heiliges, ſ. Hei⸗
s Grab und
ti ..
nal, f. Denkmal —
hus (Tiberius
mpronius und
us) d0 — —
oſo.. .809
—
tion J— .
' Grad ‘ s
con, Gradi:
wffungen .—
( Karl Ferdi:
)) 00. .807
Unten) . . 808
| Seite
Gral, Graal, ſ. Ta⸗
felrunde.. 808
Stammatit ...
Gramme . .
Grammont (Hhiu⸗
bert, Graf von) 809
Gran, Graͤn ..
Granada oe.
Sram . . .
Granaten, Örenadir 810
Strandes . .
Granit. - - "812
Granvella (Anton
Perrenot, Cardinal
von). »
Graphit, (8 , Retfbtel
Graͤter GFeledtich Da⸗
v 0 eo 0 “ ‘ —
Srau in Grau . 814
Graubuͤndten »
Graun (Karl Hein:
ih) - . .8
Save. 2. . 816
Graͤvell (Marimitian
Karlgeievrih Wi⸗
beim ) ..
Graveſande (Wilheim u
Jakob : 817
Gravis, Act: 818
Grapitation .
Graͤblus (Johann
Georg — Theodor _
Georg) .. .819
Gray (Johanna) . 820
Grad (Thomas) . 821
Sch . 2...
Grazie — . . 822
Grin ..
Grecourt (Fear Bap⸗
. tifte Joſeph Wil⸗
fartde) . „ . 823
Stnwih. - »
Gregor der Große; f.
Pipfle . . . 824
Gregor VII. . .
Gregorianifher Gas
lender, f.Galender 825
Gregorius .
Gregoriusfeft, Grego⸗
rinefingen . . 827
—
971
Seite
Greif 8 0 827
Greifenſon (Samuel,
von Hirſchfeld) 828
Greifswald.. —
Gresham (Thomas,
Sir) . ..»
Sreffet (Jean Bap⸗
tifte Loule) . . 830
Gretna » Green . 831
Sretey(Andre Erneft
Modeſte) .„ -
Gm (Charles Ho⸗
id) . . 832
Seibeauval (Fran
Daptifle Baguette
de) .
Griechenland "das
älte) . - »
Griechenland (das
neuere) - . . 839
Griehenhätfsverehte 859
Grkechifches Feuer 861
Griechiſche Kirche
Griechiſche Kunft .
Sriechifche Literatur —
Griechiſche Spende”
und S . 874
Gries Johann Die⸗
trichh....876
Griesbach (Scham
Talob) . . 877
Grillparzer Frany 878
Grimaldi (Famille
Raimund — An⸗
tonio Giovanni —
Domenico — Hies
ronymus — Nico⸗
lo — Geronimo —
Giacomo — Gio⸗
vanniFrancesco —
Francesco Maria
— Francesco —
Peter— Konftantin
— Stanz Anton) 879
Grimm (Friedrich
Melchior, Baron
von). » . 881
Grimm (Jatob Lud⸗
wig Karl — Wil⸗
heim Karl) . . 882
Grimod de [a Reyniere
— ⸗
972 Verzeichniß der in dieſem Bande enchaltenen Artickel.
8 Seite
. Uterandre Balthas
“far Laurent) . 882
Griſaille, ſ. Grau in
Sau ._ . . 883
Gioͤger ( Friedrich
Kart) und Alden
rath (Hantih) .
Grolmann (Karl Lud⸗
wig Wilhelm von) Fr
Grönland .
Gronov { Sehe
Friedrich) — Jakob
— Abraham) . 888
So 200»
Geoſchen - » 1889
Großadenturhandel
Groß: Beeren Tref⸗
fen bei) . . . 89
—— und
Stand .
By Sehen,
Bi ſcheinbate · —
Groögriechenland. . 910
Sropgsefhm Schlacht
von), [fügen . —
Groͤßtes und Klein
fies, Math), ſ.
Marimum . »
Grotius (Hugo) »
Grotesten, Grottesk,
das Grottestto⸗
mifge . . . 911
Sak REN 912
ruͤbelJol ons
(Stan . 914
za) .
Srumbad) ige
von). »
Srund, Gründen,
Grundiren . . 915
Gtunbanfhlag - 916
Grundbaß . .
Grundeigentum .
Grundkraͤfte . 923
Grundtiß ...
Seite
Grundſteuer . . 923 Guiſchard (Karl FR:
Grundton, f. Haupt lieb) . .
tn 2 2. . 924 Guiſe (Familie _
Grundftoffe, f. Ele Claude v. + Fran
mat 2 2.2. Herzog v. Kothrin-
Gruner „(Sriftion gen)Guife—Hein:
©: )« rich Herzog von
Gruner (Kart Zufue Lothringen) .
on)» 925 Guitare . . .
Scinn Donnerstag 927 Gulzot (François —
Gränfpan . » _ Pauline) . .
Gruppe, Grüppiem — Gulbberg (Fricdrich)
Gryphius (Andreas) 928 Gi
Guarini (Giovanni
Battifta) . . 929
Susi Seide Ri
bellinen, f. Wels
fen !. . .931
Oureino . »
Gurtde (Otto von) —
Guerillas..
Guerin.. 83
Guernſey u, Jerſey. 933
Guesclin ¶ Ber⸗
trand du) . »
Guevara ELouls Valez
de aß Duenas y). —
Sugtielmi (Pietro) 934
Sulana . . »
Sulbert (Brangöis Ans
toiie, Graf v.) . 935
Guleciardini (Frans
wi) . . . 986
Guido Aretinus, ſ.
Utremi. . 937
Guids Reini, ſ. Reni —
Gulgnes (Jofeph de) —
Guilleminot (Armand
Charles, Graf) —
938
.—_
— Guillotine. . -
Guina . . +. 939
GSulne. . . .9
Guiscard (Robert). —
dulden, . »
Güldene Zahl. ſ. &
me‘. .
Eummi . .
. 930 Gunbli tot
0 Gm und” & Sr ig Sata Pa
Freiherr von — N
kolaus Hieronymu⸗
Günther (Johann
Chriftian) . -
Günther (Johann
Amob) . .
Gurlitt FJohanne
GSottfiied) . .
Subftaht, f. Eiſen
Guſtav J.
Guſtav Ir. Adoif
Suſtav UL .
Guſtav IV. Adoif
Guthrie (William).
Guttenberg(Jchann
Supenne, f. Aquita
nin. . .
Guyon, ſ. Quiecismi
Guys (Pierre Augu
flin — Pier At
fonſo)...
Gyges..
Gymnaſtum
Brent . .
vymnoſophiſten -
Opnäceum .
40 Gyps, Gepserde.
Spromantie